Kathrin Schneider Modernes Sourcing in der Automobilindustrie
GABLER RESEARCH Informationsmanagement und Computer Aid...
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Kathrin Schneider Modernes Sourcing in der Automobilindustrie
GABLER RESEARCH Informationsmanagement und Computer Aided Team Herausgegeben von Professor Dr. Helmut Krcmar
Die Schriftenreihe präsentiert Ergebnisse der betriebswirtschaftlichen Forschung im Themenfeld der Wirtschaftsinformatik. Das Zusammenwirken von Informationsund Kommunikationstechnologien mit Wettbewerb, Organisation und Menschen wird von umfassenden Änderungen gekennzeichnet. Die Schriftenreihe greift diese Fragen auf und stellt neue Erkenntnisse aus Theorie und Praxis sowie anwendungsorientierte Konzepte und Modelle zur Diskussion.
Kathrin Schneider
Modernes Sourcing in der Automobilindustrie Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Helmut Krcmar
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Technische Universität München, 2010
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Stefanie Brich | Anita Wilke Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-8349-2471-1
Geleitwort Die Aussicht auf monetäre oder strategische Vorteile durch Externalisierung von Teilen der Wertschöpfungskette veranlasst Automobilhersteller dazu, das Organisationskonzept „Outsourcing“ zunehmend einzusetzen. Die Entwicklung geht mittlerweile so weit, dass komplexe Systemlösungen sowie ganze Entwicklungs- und Produktionsumfänge gesamthaft oder in enger Zusammenarbeit mit dem Automobilhersteller zu sog. 0,5-Tier-Zulieferern ausgelagert werden. Solche neuen Formen der Wertschöpfungsnetzwerke erfordern angesichts des Umfangs und der Komplexität eine systematische Planung und Steuerung. Der Fokus liegt hierbei in der integrativen Betrachtung der unternehmensübergreifenden Leistungs-, Prozess- und Systemlandschaft vor dem Hintergrund der übergeordneten Unternehmensstrategie. Die Konsequenzen einer zu kurz gedachten Planung machen sich durch Probleme in der Realisierung und die damit einhergehenden hohen Folgekosten bemerkbar. Dennoch erweist sich eine praktische Ausgestaltung von Wertschöpfungsnetzwerken häufig als schwierig, da es bisher an konkreten Erfahrungswerten und detaillierten Gestaltungsinstrumenten mangelt. Hier setzt die Arbeit von Kathrin Schneider an. Sie entwickelt eine Methode zur Konzeption von Outsourcingmodellen, die gezielt auf die Anforderungen und Rahmenbedingungen von Automobilhersteller und Zulieferer ausgerichtet ist und dabei eine ganzheitliche Ausgestaltung der Ebenen Strategie, Leistung, Prozess und Systeme vornimmt. Dazu werden drei Case Studies, die unterschiedliche Ausprägungen von Fremdvergaben in der Automobilindustrie beinhalten, detailliert untersucht, um die Problematiken moderner Wertschöpfungsnetzwerke zu identifizieren. Im Rahmen einer gelungenen Synthese der Erhebungsergebnisse leitet Frau Schneider ein Anforderungsprofil für eine Methode zur Konzeption von Outsourcingmodellen ab, um für die in der Praxis identifizierten Probleme Lösungsansätze zu liefern. Die Methode beinhaltet ein aufeinander abgestimmtes Set an Werkzeugen und praxisorientierten Gestaltungshilfen zur systematischen Planung komplexer Outsourcingprojekte und zur Bewertung ihrer Machbarkeit und internen Konsistenz. Der wissenschaftliche Beitrag der Arbeit gründet sich dabei vor allem auf die Methodenbestandteile vor dem Hintergrund des praktischen Anwendungskontextes. Die Arbeit ist im Zuge der aktuellen Forschung zu den Themen Wertschöpfungsnetzwerke und IT-Integration entstanden und liefert einen wichtigen Beitrag zur prozessualen und ITtechnischen Ausgestaltung unternehmensübergreifender Wertschöpfungsnetzwerke. Frau Schneider ist ein durchgängiger und praxisorientierter Methodenansatz gelungen. Die systematische Vorgehensweise und die Werkzeuge dienen als Planungs-, Evaluierungs-, Implementierungs- und Kontrollinstrumentarium zur Konzeption komplexer Outsourcingprojekte durch eine umfassende quantitative und qualitative Betrachtung. Die Arbeit ist ein wichtiger Beitrag zur Forschung über die Ausgestaltung moderner Wertschöpfungsnetzwerke. Sie liefert wertvolle Anhaltspunkte für Praktiker bei der Planung und Realisierung von Outsourcingprojekten in unterschiedlichen Ausprägungen. Der Arbeit von Kathrin Schneider wünsche ich daher die ihr gebührende weite Verbreitung.
Prof. Dr. Helmut Krcmar
Zusammenfassung Um die Herausforderungen eines dynamischen Markt- und Wettbewerbsumfeldes zu bewältigen, verlagern Automobilhersteller zunehmend Umfänge ihrer Wertschöpfungskette an Zulieferer aus. Die Entwicklung geht so weit, dass komplexe Systemumfänge bis hin zum Gesamtfahrzeug im Auftrag des Automobilherstellers oder in enger Zusammenarbeit mit ihm entwickelt bzw. produziert werden. Einhergehend mit dem Trend wird sowohl in der Literatur als auch in der Praxis die Forderung nach einer Methode zur Konzeption von Outsourcingmodellen laut, die eine Bewertung, Planung und Kontrolle umfangreicher und komplexer Fremdvergaben ermöglichen. Zudem soll eine solche Methode die Machbarkeit und die interne Konsistenz von Outsourcingprojekten im Vorfeld der eigentlichen Umsetzung überprüfen. Im Rahmen der Arbeit werden mittels Fallstudien zu Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene die Herausforderungen moderner Zusammenarbeitsmodelle zwischen Zulieferer und Automobilhersteller analysiert. Anhand der Ergebnisse der empirischen Untersuchung erfolgt die Ableitung eines Anforderungsprofils für eine Methode, die als Planungs-, Evaluierungs-, Implementierungs- und Kontrollinstrumentarium für Fremdvergabeprojekte dient. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Entwicklung einer Methode zur Konzeption von Outsourcingmodellen mit besonderem Augenmerk auf Informationssystemen und Informationsarchitekturen. Ein Vergleich mit bereits bestehenden Methoden in der Literatur und eine kritische Reflexion der eigenen Methode, ausgehend von einer Expertenevaluierung, runden die Arbeit ab.
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................... XIII Tabellenverzeichnis ................................................................................................................ XV Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................ XVII 1 Einleitung ............................................................................................................................ 1 1.1 Relevanz der Thematik............................................................................................... 1 1.2 Problemstellung und Forschungsbedarf ..................................................................... 3 1.3 Forschungsfragen und Zielsetzung der Arbeit ........................................................... 5 1.4 Forschungskonzept ..................................................................................................... 6 1.4.1 Wissenschaftstheoretische Einordnung .................................................................. 6 1.4.2 Forschungsansatz und -methodik ........................................................................... 7 1.4.3 Begründung für die Verwendung des qualitativen Forschungsansatzes ................ 8 1.5 Aufbau der Arbeit..................................................................................................... 14 2 Theoretische Grundlagen .................................................................................................. 17 2.1 Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes ......................................................... 17 2.1.1 Definition des Outsourcingbegriffs ...................................................................... 17 2.1.2 Definition des Methodenbegriffs ......................................................................... 21 2.1.3 Definition des Outsourcingmodell- und Outsourcingsmodellkonzeptbegriffs .... 22 2.1.3.1 Definition des Geschäftsmodell- und des Geschäftsmodellkonzeptbegriffs 22 2.1.3.2 Herleitung des Outsourcingmodell- und des Outsourcingmodellkonzeptbegriffs .............................................................. 28 2.2 Die Automobilindustrie als empirisches Untersuchungsfeld ................................... 31 2.2.1 Die Automobilindustrie ........................................................................................ 31 2.2.2 Treiber des Wandels ............................................................................................. 34 2.2.2.1 Preisdruck und Veränderungen der Wertschöpfungsstruktur ...................... 34 2.2.2.2 Kundenindividualisierte Produkte ................................................................ 34 2.2.2.3 Technologischer Fortschritt.......................................................................... 35 2.2.2.4 Varietät und Dynamik der Umwelt .............................................................. 36 2.2.2.5 Markt-, Produkt- und Prozesskomplexität ................................................... 37 2.2.3 Paradigmenwechsel in der Automobilindustrie ................................................... 38 2.2.3.1 Zunehmende Externalisierung von Wertschöpfung und Verantwortung ..... 38 2.2.3.2 Konsolidierungstendenzen ........................................................................... 41 2.2.4 Zukünftige Zusammenarbeitsmodelle und Zuliefertypen .................................... 44 2.2.4.1 Modul-, Komponenten-, Systemspezialisten ............................................... 45 2.2.4.2 (Global) Mega-Supplier ............................................................................... 46 2.2.4.3 Systemintegratoren/Komplettanbieter .......................................................... 47 2.2.4.4 Entwicklungstendenzen der Komplettanbieter............................................. 55 2.3 Vor- und Nachteile von Outsourcing in der Automobilindustrie ............................. 56 2.3.1 Faktor Kosten ....................................................................................................... 56 2.3.2 Faktor Wertschöpfung .......................................................................................... 56 2.3.3 Faktor Wissen ....................................................................................................... 57 2.3.4 Faktor Zeit ............................................................................................................ 57 2.3.5 Faktor Flexibilität ................................................................................................. 58 3 Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens ............................................................ 61 3.1 Der Ansatz der politischen Ökonomie ..................................................................... 61 3.2 Anwendung des eklektischen Bezugsrahmens ......................................................... 63 3.3 Makroökonomische Sicht auf Fremdvergaben ........................................................ 64 3.3.1 Outside-in-Perspektive ......................................................................................... 65 3.3.2 Inside-out-Perspektive .......................................................................................... 66
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Inhaltsverzeichnis 3.4 Rationalökonomische Sicht auf Fremdvergaben...................................................... 68 3.4.1 Transaktionskostenansatz ..................................................................................... 69 3.4.2 Principal-Agent-Theorie....................................................................................... 72 3.5 Soziopolitische Sicht auf Fremdvergaben ................................................................ 74 3.5.1 Austauschtheorie .................................................................................................. 74 3.5.2 Resource-Dependence und Power-Dependence-Theorie ..................................... 75 3.6 Synoptische Zusammenfassung und Bewertung der Theorien ................................ 77 Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis .................................................. 81 4.1 Methodologie und empirische Datenerhebung ........................................................ 81 4.1.1 Durchführen der empirischen Untersuchung ....................................................... 81 4.1.2 Beschränkung der Untersuchung ......................................................................... 87 4.2 Beschreibung der Fallstudien ................................................................................... 88 4.3 Analyse der Fallstudien ............................................................................................ 94 4.3.1 Untersuchung des Merkmals „Strategie“ ............................................................. 94 4.3.2 Untersuchung des Merkmals „Fremdvergabeumfeld“ ......................................... 95 4.3.3 Untersuchung des Merkmals „Akteure/Rollen“ ................................................... 98 4.3.3.1 Partnerauswahl und -befähigung .................................................................. 98 4.3.3.2 Sub-Lieferantensteuerung .......................................................................... 101 4.3.4 Untersuchung des Merkmals „Wertschöpfung“ ................................................. 103 4.3.5 Untersuchung des Merkmals „Prozesse“ ........................................................... 106 4.3.5.1 Ausgestaltung der Prozesslandschaft ......................................................... 106 4.3.5.2 Gründe der Prozesstransformation ............................................................. 107 4.3.5.2.1 Sicherstellung der Integrität der Wertschöpfungskette ........................ 107 4.3.5.2.2 Strategische Gründe .............................................................................. 112 4.3.5.2.3 Vertrauen .............................................................................................. 112 4.3.5.2.4 OEM-Unternehmenskultur ................................................................... 113 4.3.5.2.5 Endverantwortung OEM....................................................................... 114 4.3.5.2.6 Komplexität .......................................................................................... 114 4.3.5.3 Folgen der Prozesstransformation .............................................................. 116 4.3.6 Untersuchung des Merkmals „Informationstechnologie“ .................................. 119 4.3.7 Untersuchung des Merkmals „Risiken“ ............................................................. 127 4.3.8 Untersuchung des Merkmals „Ziele“ ................................................................. 128 4.3.9 Untersuchung des Merkmals „Abstraktion“ ...................................................... 131 Stand der Forschung zu Methoden .................................................................................. 135 5.1 Definition Bewertungskriterien .............................................................................. 135 5.2 Bestehende Methodenansätze ................................................................................ 136 5.2.1 Outsourcing-Prozess........................................................................................... 136 5.2.2 Conceptual Framework for evaluating of the make-or-buy ............................... 137 5.2.3 Inter-Business-Networking-Methode ................................................................. 138 5.2.4 Customer-Centered SCM-Process Methodology ............................................... 139 5.3 Bewertung bestehender Methodenansätze ............................................................. 140 Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells ...................................................... 143 6.1 Kernelemente der Methode .................................................................................... 143 6.2 Vorgehensmodell ................................................................................................... 144 6.2.1 Phasen des Vorgehensmodells ........................................................................... 144 6.2.2 Phase 1: Definition der Unternehmensstrategie ................................................. 147 6.2.2.1 Definition externer Trends ......................................................................... 147 6.2.2.2 Definition Unternehmensstrategie.............................................................. 148 6.2.2.3 Definition Unternehmensherausforderungen und -anforderungen ............ 150 6.2.2.4 Definition Unternehmens- und Outsourcing-Leitlinien ............................. 153 6.2.3 Phase 2: Unternehmensplanung ......................................................................... 155
Inhaltsverzeichnis
XI
6.2.3.1 Unternehmens- und Multiprojektplanung .................................................. 155 6.2.3.2 Marktsondierung ........................................................................................ 156 6.2.4 Phase 3: Erstellung des Outsourcingmodellkonzepts......................................... 161 6.2.4.1 Definition Zielsystem ................................................................................. 161 6.2.4.2 Herleitung der Outsourcinganforderungen................................................. 162 6.2.4.3 Modellierung .............................................................................................. 167 6.2.4.4 Szenarioanalyse .......................................................................................... 172 6.2.4.5 Delta-Analyse ............................................................................................. 174 6.2.4.6 Risikoanalyse ............................................................................................. 175 6.2.4.7 Durchführung des Anfrage- und Verhandlungsprozesses .......................... 178 6.2.4.8 Managementempfehlung ............................................................................ 180 6.3 Steuerungsmodell ................................................................................................... 182 6.3.1 Organisation ....................................................................................................... 182 6.3.2 Phasenorientierte Aktivitäten ............................................................................. 186 6.3.2.1 Aktivitäten in den Phasen Unternehmensstrategie und -planung............... 186 6.3.2.2 Aktivitäten in der Phase Konzeption des Outsourcingmodells .................. 188 6.4 Dynamische Komponenten .................................................................................... 190 6.5 Abgrenzung zu bestehenden Methoden und kritische Reflexion ........................... 192 7 Zusammenfassung und Ausblick .................................................................................... 197 7.1 Zusammenfassung .................................................................................................. 197 7.2 Erkenntnisbeitrag ................................................................................................... 203 7.3 Ausblick ................................................................................................................. 205 Glossar .................................................................................................................................... 207 Literaturverzeichnis ................................................................................................................ 209 Anhang ................................................................................................................................... 239
Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Schematische Darstellung des Aufbaus der Arbeit ..................................................... 16 Abb. 2: Strukturierte Darstellung des Outsourcingbegriffs ..................................................... 18 Abb. 3: Partialmodelle des Geschäftsmodellkonzeptes nach Wirtz ......................................... 26 Abb. 4: Bausteine eines Geschäftsmodells .............................................................................. 28 Abb. 5: Entwicklungstendenzen technologischer Innovationen .............................................. 36 Abb. 6: Strategische Kernkompetenzen der OEM ................................................................... 39 Abb. 7: Verlagerung der Wertschöpfung zum Lieferanten ...................................................... 40 Abb. 8: OEM- und Lieferantenkonzentration bis 2015............................................................ 41 Abb. 9: Zukünftige Aktionsfelder der Zulieferindustrie .......................................................... 43 Abb. 10: Herausforderungen und Reaktionen in der Automobilindustrie ............................... 44 Abb. 11: Der Wandel in der Zulieferindustrie ......................................................................... 45 Abb. 12: Trend der Global Mega-Supplier .............................................................................. 47 Abb. 13: Abgrenzung des Zuliefertyps „Komplettanbieter“ .................................................... 48 Abb. 14: Kernanforderungen an Komplettanbieter .................................................................. 49 Abb. 15: OEM-Zuliefer-Beziehungen ..................................................................................... 50 Abb. 16: Zukünftige Zuliefertypen .......................................................................................... 54 Abb. 17: Struktur des Ansatzes der Politischen Ökonomie ..................................................... 62 Abb. 18: Die Fremdvergabe als politische Ökonomie ............................................................. 63 Abb. 19: Das SCP-Schema....................................................................................................... 65 Abb. 20: Branchenstrukturanalyse ........................................................................................... 66 Abb. 21: Bündelung von Kernkompetenzen ............................................................................ 67 Abb. 22: Grundmodell der Transaktionskostentheorie ............................................................ 71 Abb. 23: Grundmodell der Principal-Agent-Theorie ............................................................... 73 Abb. 24: Vorgehen der empirischen Untersuchung ................................................................. 82 Abb. 25: Ausprägungen des Outsourcingmodells Fremdvergabe auf Gesamtfahrzeugebene . 83 Abb. 26: Interviewleitfaden...................................................................................................... 85 Abb. 27: Graphischer Vergleich der Fallstudien ...................................................................... 93 Abb: 28: Übertragung der Steuerungsverantwortung ............................................................ 102 Abb. 29: Synchronisation im Fall Plattform-, Baukasten- bzw. Gleichteileprinzip .............. 115 Abb. 30: Wechselwirkung von Anforderungen in Fremdvergaben ....................................... 118 Abb. 31: Outsourcing-Prozess nach Zahn et al. ..................................................................... 136 Abb. 32: Conceptual Framework for evaluating the make-or-buy decision .......................... 137 Abb. 33: Inter-Business-Networking-Methode ...................................................................... 138 Abb. 34: Customer Center SCM-Process Methodology ....................................................... 139 Abb. 35: Zusammenfassung der Ergebnisse des Validierungsprozesses .............................. 142 Abb. 36: Vorgehensmodell zur Erstellung eines Outsourcingmodellkonzepts für Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene ............................................................. 144 Abb. 37: Zusammenhänge der Zwischenergebnisse ............................................................. 147 Abb. 38: Make-or-Buy-Matrix ............................................................................................... 149 Abb. 39: Kreuztabelle Unternehmensstrategie und Externe Trends zu Unternehmensherausforderungen ............................................................................ 151 Abb. 40: Kreuztabelle U-Herausforderungen zu U-Anforderungen ...................................... 152 Abb. 41: Framework an übergeordneten Unternehmens-Leitlinien....................................... 153 Abb. 42: Ableitung von Outsourcing-Leitlinien .................................................................... 154
XIV
Abbildungsverzeichnis
Abb. 43: Bewertungsschemata 1/2 zur Marktsondierung ...................................................... 158 Abb. 44: Bewertungsschemata 2/2 zur Marktsondierung ...................................................... 159 Abb. 45: Bewertungsschemata potenzieller Outsourcingmodelle ......................................... 160 Abb. 46: Ableitung der Outsourcinganforderungen ............................................................... 163 Abb. 47: Kategorisierungsschemata für Anforderungen........................................................ 164 Abb. 48: Strukturgraph zur Identifikation von Konflikten in trilateralen Beziehungskonstellationen....................................................................................... 168 Abb. 49: Leistungs- und Verantwortungsmodell ................................................................... 169 Abb. 50: Dokumentation der Leistungsschnittstellen ............................................................ 170 Abb. 51: Prozessmodell.......................................................................................................... 171 Abb. 52: IT-Modell ................................................................................................................ 172 Abb. 53: Auszug Szenarioanalyse ......................................................................................... 173 Abb. 54: Auszug aus der Delta-Analyse aus Fremdvergabeszenario1 .................................. 174 Abb. 55: Managementempfehlung ......................................................................................... 180 Abb. 56: Aufbauorganisation während der Konzeptphase des Outsourcingmodells ............. 183 Abb. 57: Steuerungsmodell .................................................................................................... 187 Abb. 58: Einflussfaktoren auf den Konzeptions- und Entscheidungsprozess ........................ 192 Abb. 59: Abgrenzung zu bestehenden Methoden .................................................................. 195 Abb. 60: Struktur und Ergebnisse von Kapitel 7 ................................................................... 197 Abb. 61: Die Ergebnisse der Arbeit im Kontext der Forschungsfragen ................................ 203 Abb. 62: Produktentwicklungsprozess ................................................................................... 241
Tabellenverzeichnis Tab. 1: Gründe für die Grounded Theory ............................................................................... 12 Tab. 2: Definitionsansätze für den Begriff „Geschäftsmodell“ .............................................. 23 Tab. 3: Merkmale eines Geschäftsmodells .............................................................................. 25 Tab. 4: Geschäftsmodellkonzept ............................................................................................. 27 Tab. 5: Merkmale eines Outsourcingmodells .......................................................................... 29 Tab. 6: Adressaten und Funktionen eines Outsourcingmodellkonzepts .................................. 30 Tab. 7: Chancen und Risiken des Outsourcings ...................................................................... 59 Tab. 8: Synoptische Gegenüberstellung relevanter Erklärungsansätze .................................. 79 Tab. 9: Leistungsverteilung FallstudieI .................................................................................... 89 Tab. 10: Leistungsverteilung FallstudieII ................................................................................ 89 Tab. 11: Leistungsverteilung FallstudieIII ............................................................................... 90 Tab. 12: Tabellarischer Vergleich der Fallstudien ................................................................... 93 Tab. 13: Leitfragen des Methodenansatzes ............................................................................ 146 Tab. 14: Beispielhafte Risikoanalyse für FremdvergabeszenarioI ........................................ 177 Tab. 15: Zielekatalog für OEM .............................................................................................. 241
Abkürzungsverzeichnis ISO
International Organization for Standardization
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
AG
Aktiengesellschaft
BMW
Bayerische Motoren Werke AG
CAD
Computer Aided Design
EOP
End of Production
ET
Externe Trends
IDG
Italdesign
IEEE
Institute of Electrical and Electronic Engineers
I&K
Information und Kommunikation
IT
Informationstechnologie
LSV
Leistungsschnittstellenvereinbarungen
MSF
Magna Steyr Fahrzeugtechnik
OA
Outsourcinganforderung
OEM
Original Equipment Manufacturer
O. O.
ohne Ort
O. V.
ohne Verfasser
PSA
Peugeot Société Anonyme
PTI
Produktionstechnische Integration
SOP
Start of Production
UA
Unternehmensanforderungen
UH
Unternehmensherausforderungen
US
Unternehmensstrategie
VBO
Vehicle Brand Owners
VDA
Verband der Automobilindustrie
VDI
Verein Deutscher Ingenieure
ZfAW
Zeitschrift für die gesamte Wertschöpfungskette Automobilwirtschaft
1 Einleitung 1.1
Relevanz der Thematik
Die Thematik „Outsourcing“ nimmt seit langem in der Theorie und Praxis einen überragenden Stellenwert ein. Experten gehen davon aus, dass die jährlichen Wachstumsraten im branchenübergreifenden Outsourcingmarkt in den kommenden Jahren doppelt so hoch sein werden wie die des deutschen Marktes für Informationstechnologie insgesamt (Köhler-Forst 2000, 5). Häufig in seinen Chancen und Möglichkeiten missverstanden, gilt Outsourcing als eines der „bedeutendsten Organisationskonzepte“ der Gegenwart (Matiaske/Mellewigt 2002, 642). 1 Auch in der Automobilindustrie greifen „Original Equipment Manufacturer“ (OEM ) vermehrt auf unterschiedliche Formen des Outsourcings zurück, um sich den zukünftigen Herausforderungen des dynamischen Markt- und Wettbewerbsumfeldes entgegenzustellen. Die Gründe für die stete Zunahme von Outsourcingaktivitäten sind vielfältig: So hat die aufgrund des zunehmend anspruchsvollen Käufermarktes in den 90er Jahren aufgesetzte Modelloffensive im Rahmen der Differenzierungsstrategie mittlerweile ihren Zenit überschritten (Kurek 2004, 11). Für OEMs wird es immer schwieriger, sich in den gesättigten Triaden-Märkten (USA, Europa, Japan) mit großen Stückzahlen zu positionieren (Mattes et al. 2004, 16). Neue Modelle und Varianten, zugeschnitten auf die Bedürfnisse eines exklusiven Käuferkreises, werden auf den Markt gebracht, wobei sich die geringen Stückzahlen im Produktportfolio des OEM nicht unbedingt rechnen. Zudem bedingt die mit der Zunahme der Variantenzahl einhergehende Prozess- und Informationskomplexität steigende Kosten (Kaiser 1993, 21). Der Aspekt Kosten spielt auch in der Forschung und Entwicklung technologischer Innovationen, um den steigenden Ansprüchen des Käufermarktes zu befriedigen, eine wichtige Rolle. Der Kosten- und Innovationsdruck wird auch durch die ernst zu nehmende Konkurrenz aus den asiatischen Märkten erhöht. Schon seit Jahren wird der Verdrängungswettbewerb auf den Kernmärkten durch asiatische Automobilhersteller verstärkt (Ebel/Hofer/Al-Sibai 2004, 3). Zusätzlich verschärft sich die Marktsituation der Automobilhersteller durch Themen wie z.B. Verkürzung der Produktlebenszyklen, Erhöhung der Rohstoffpreise, Risiken aus Wechselkursschwankungen oder durch höhere Verkaufsabschläge (Juchemich 2004, 79; VDA 2008, 14f.). Neben Kunden und Wettbewerbern implizieren zusätzliche Wirtschaftseinheiten dem Beziehungs- und Wertschöpfungsnetzwerk des OEM eine inhärente Dynamik. Gesetzgeber, unabhängige Auditierungs- und Kontrollgremien oder Normierungs- und Qualitätssicherungsinstitutionen geben ständig neue gesetzliche Bestimmungen und institutionelle Richtlinien vor, die wertvolle Unternehmensressourcen binden (VDA 2008, 17f.). Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, sehen sich OEMs gezwungen, verstärkt ihre Kernkompetenzen auszubauen und Leistungen mit geringem Wertschöpfungs- und Differenzierungspotenzial in größeren Umfängen zum Zulieferer zu verlagern (Lang 2004, 313). OEMs fokussieren sich auf ihre Kernkompetenzen und integrieren externe Zulieferunternehmen zunehmend in Produktions- und Entwicklungsprozesse. Eine Studie aus dem Jahre 2001 kommt zum Schluss, dass bis 2010 der Automarkt von Herstellern dominiert wird, die sich auf Design, Marken- und Ressourcenmanagement, Vertrieb und Service konzentrieren werden (Eckardt/Marschner 2005, 22). Die Gewichte innerhalb der Wertschöpfungskette werden sich 1
Original Equipment Manufacturer: Die OEMs fungieren als Erstausrüster (Backhaus 2003, 705), d.h. sind Abnehmer von Leistungsangeboten der Zulieferer, welche zur Erbringung der Marktleistung eingesetzt und genutzt werden (Gablers Wirtschafts-Lexikon 1997, 2911).
K. Schneider, Modernes Sourcing in der Automobilindustrie, DOI 10.1007/ 978-3-8349-6524-0_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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Einleitung
weiter verschieben (VDA 2008, 77). Bereits jetzt werden rund 70% der Wertschöpfung der OEMs durch Zulieferunternehmen erbracht (Wildemann 2004b, 11). Prognosen sprechen von einer Abnahme der durchschnittlichen Wertschöpfung der OEMs auf 23-25% bis zum Jahre 2015 (O.V. 2004a, 1). Als Folge der schwierigen Markt- und Wettbewerbssituation sehen sich sowohl Automobilhersteller als auch Lieferanten gezwungen, ihre Kooperations- und Zusammenarbeitsmodelle zu hinterfragen. Um die zukünftigen Herausforderungen zu bewältigen entwickeln sich neue Formen der Zusammenarbeit oder bestehende Zusammenarbeitsmodelle passen sich den neuen Gegebenheiten an. So folgen Nischen-anbieter und Komponenten-, Modul- und Systemlieferanten dem Spezialisierungstrend. Durch technologisches Spezialwissen in einer Produktgruppe sichern sie sich ihre Marktposition und eine höhere Preisfestsetzungskraft (von Stengel 1999, 272). Als zukünftige Innovationsschmieden der Automobilindustrie bezeichnet (Dannenberg/ Kalmbach 2001, 3), werden sie zunehmend in die Aufgabenbereiche der Automobilhersteller einbezogen (Atzberger 2001). Verbunden mit dem Konsolidierungsprozess entwickeln sich oligopolistische Strukturen in der Zulieferindustrie. Volumenanbieter versuchen, die Automobilindustrie global zu dominieren. Mit dem Ziel, mittels hoher Stückzahlen ihre Skalenerträge zu maximieren und einen möglichst großen Marktanteil zu erlangen, wird damit gerechnet, dass es bis circa 2010 an die 30 bis 50 so genannte Mega-Supplier geben wird. Ausgehend von 3 bis 5 Zulieferer für jedes Modul bzw. System, wird geschätzt, dass jedes Fahrzeug aus noch etwa 10 Modulen bzw. Systemen bestehen wird (O. V. 2000b, 80). 2 Finanzstarke Zulieferer aus den Reihen der Tier-1-Zulieferer entwickeln sich zum so genann3 ten Tier-0,5-Lieferanten . Komplexe Systemumfänge (z.B. Dachkonstruktionen) bis hin zum Gesamtfahrzeug werden in Auftrag des OEM - teils in enger Zusammenarbeit mit dem OEM entwickelt, integriert und gegebenenfalls auch produziert. Abgeschlossene und aktuelle Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene liefern den Beweis, dass sich in der Praxis diese Form des Outsourcings durchgesetzt hat. Beinahe jeder Automobilhersteller, wie MercedesBenz, Fiat, Ford, Renault, Kia, Audi, BMW, Mini, Volkswagen, Volvo und Mazda, hat das Dienstleistungsspektrum von Komplettanbietern, wie Magna Steyr, Karmann, Bertone oder Italdesign in Anspruch genommen. Als Vorzeigeprojekt gilt die 2003 initialisierte Auslagerung von Serienentwicklung und -produktion des Sports Utility Vehicle X3 der BMW Group an den Komplettanbieter Magna Steyr Fahrzeugtechnik (MSF) (Maidl/Axtner/Arlt 2005). Aktuelle Beispiele von Fremdvergaben der Serienentwicklung sind die B-Klasse von DaimlerChrysler und der 1er Cabrio der BMW Group. Auch nutzen neben Porsche für den Boxster und Mercedes für das CLK Coupé die Produktionskapazitäten der Tier-0,5-Zulieferer (Köth 2005b, 30). Studien prognostizieren für die Komplettanbieter eine positive Zukunft. Fast drei Viertel der Befragten unter den Automobilherstellern und Zulieferern halten es für wahrscheinlich, dass Zulieferer eigene Markenstrategien entwickeln und sich stärker dem Endkunden zuwenden. Ein Viertel der Befragten erwartet für 2010, dass zumindest die Volumenhersteller die Fahrzeuge nicht mehr selbst entwickeln, sondern dass dies von herstellerübergreifenden Spezialisten besorgt wird (Wahrendorff/Jeltsch/Baier 2001, 7). Inwiefern sich diese Prognose ange2
Die Positionierung im Zuliefernetzwerk (auch Zulieferpyramide genannt) gibt an, an welcher Stelle innerhalb der Zulieferpyramide der Lieferant positioniert ist. Dabei wird zwischen Tier-1, Tier-2, bzw. Tier-N unterschieden. Gemäß der Zulieferersystematisierung nach Vorgaben des VDA wird unter Tier-1-Zulieferant der Systemlieferant verstanden (VDA 2001, 16f.). 3 Tier-0,5-Lieferant bezieht sich nach der Lieferantenkategorisierung des VDA auf den Zulieferyp „Generalunternehmer“, der in den folgenden Ausführungen auch als Komplettanbieter bezeichnet wird.
Problemstellung und Forschungsbedarf
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sichts der schwierigen internationalen Finanz- und Wirtschaftslage, des weltweiten Absatzeinbruchs bei Fahrzeugen und der drohenden Überkapazitäten bei den Fahrzeugherstellern bewahrheitet, lässt sich schwer sagen (Steiler 2009). Wie die ganze Automobilindustrie blicken auch die Komplettanbieter in eine ungewisse Zukunft.
1.2 Problemstellung und Forschungsbedarf Aufgrund des gestiegenen Interesses der Wirtschaft an Outsourcingaktivitäten kam es in den letzten Jahren zu einer hohen Anzahl an theoretischen und praxisorientierten Publikationen, die von vielen Autoren als inflationär bezeichnet werden (Jouanne-Diedrich 2004, 125ff.; Knolmayer/Mittermayer 2003, 621; Matiaske/Mellewigt 2002, 273ff.). Unterschiedlichste wissenschaftliche Forschungsströmungen, wie die Organisationslehre oder die Netzwerktheorie befassten sich mit dem Thema Leistungstiefenoptimierung. So existieren viele Beiträge zur Bestimmung und Umsetzung unternehmensinterner Kerneigenleistungen (Hess/Brecht 1995, Nippa/Picot 1996). Andere Autoren wiederum untersuchen die Potenziale und Motive für Fremdvergaben aus Sicht einzelner Unternehmen (Renner 2001, 199; Schäfer 2001, 32; Meckl 1998, 27). Wiederum andere liefern Erfolgsfaktoren und Ausgestaltungsempfehlungen für Outsourcingvorhaben (Hahn/Kaufmann 2002). In den letzten Jahren konzentrierte sich der Diskussionsschwerpunkt vermehrt auf die Reorganisation von Unternehmen und die prozessorientierte Neugestaltung durch Reduzierung der Wertschöpfungstiefe (Zentes/Swoboda/Morschett 2003a, 609). Während sich viele Beiträge zum Thema Outsourcing in der Automobilindustrie sowohl in wissenschaftlichen als auch in praxisorientierten Veröffentlichungen finden lassen, reduziert sich die Anzahl an Publikationen nach Eingrenzung des Themenbereichs durch Schlagwörter, wie „Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene“, „Outsourcing Gesamtfahrzeug“, „Komplettanbieter“, „Fremdvergabe an Tier-0,5-Lieferanten“ oder Kombinationen daraus immens. Wissenschaftliche Beiträge, die sich mit Outsourcing beschäftigen, behandeln in erster Linie Komponenten-, Modul- und Systemlieferanten (Koch 2006; Wildemann 2004b). Die Zusammenarbeit zwischen OEM und Entwicklungs- und/oder Produktionspartner auf Gesamtfahrzeugebene wird dagegen nur ansatzweise erwähnt (Köth 2005a; Kurek 2004). In der Automobilindustrie ist dieses Zusammenarbeitsmodell zwischen OEM und Zulieferer noch relativ neu. Daher bietet die Literatur über Outsourcing keine standardisierten Vorgaben oder Erfahrungsberichte vergangener Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene. Somit wurde der Untersuchung struktureller und prozessualer Weiterentwicklung von neuen Organisationsformen wie Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene nicht Rechnung getragen. So drängt sich die Gewissheit auf, dass trotz der Vielfalt an Veröffentlichungen der bisherige Erkenntnisstand zur Outsourcingforschung nur bedingt neue Formen des Outsourcings berücksichtigt. Auch gibt die Literatur keine Hinweise, inwiefern die methodische Unterstützung zur Konzeption von Zusammenarbeitsmodellen der Weiterentwicklungen in der Automobilindustrie Rechnung trägt. Dabei stellt sich die Frage, mit welchen Herausforderungen Fremdvergaben mit großem Umfang und Komplexität zu kämpfen haben. Wie kann die Entscheidung über den Umfang der auszulagernden Leistungen und der Partnerwahl methodisch unterstützt werden? Wie kann die Machbarkeit der Fremdvergabe überprüft werden? Wie kann die maximale Verantwortung der Sub-Lieferantensteuerung an den Komplettanbieter als Generalunternehmer übertragen werden? Wie sollte eine Fremdvergabe auf Gesamtfahrzeugebene unter Berücksichtigung eines monetären Zielrahmens konzipiert werden? Wie kann die Komplexität eines solchen Outsourcingvorhabens mittels Modellierung reduziert werden?
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Einleitung
Aus diesen Fragestellungen kann ein offensichtlicher Bedarf für einen integrativen Methodenansatz zur Herleitung eines ganzheitlichen Outsourcingmodellkonzepts abgeleitet werden. Dabei sind die theoretischen Konstrukte Geschäftsmodell und Geschäftsmodellkonzept auf das Phänomen Outsourcing zu übertragen. Im Strategischen Management sind beide Konstrukte bereits seit längerer Zeit eine Möglichkeit komplexe Organisationsformen ganzheitlich zu erfassen. Dabei wird ein Geschäftsmodell als „[…] ein Modell auf hoher Abstraktionsstufe, das wesentliche, relevante Aspekte des Geschäfts in aggregierter, überschaubarer Form abbildet, um daran Ideen und Konzepte für Geschäfte zu finden, überprüfen und/oder bewerten zu können.“ gesehen (Rentmeister/Klein 2001, 356). Das Geschäftsmodellkonzept geht einen Schritt weiter und stellt „[…] ein integriertes Unternehmensgesamtkonzept dar, d.h. es wird versucht, einerseits alle wichtigen Teilaspekte der Gründungsplanung zu berücksichtigen.“ (Klandt 1999, 84). Obwohl Studien über Misserfolgsraten von Outsourcingprojekten von über 50% berichten und als Grund hierfür unter anderem das defizitäre Geschäftsmodell als Basis der Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Parteien angegeben wird (Ertel/Weiss/Visioni 2001), lässt die Theorie Methoden zur Erstellung von Geschäftsmodellen für Outsourcing missen. Auch Giera und Parker (2006,2) sprechen sich aufgrund ihrer Studienergebnisse, in der 70% der Befragten mit ihren aktuellen Outsourcing Verträgen unzufrieden sind, für die Notwendigkeit eines zugrundeliegenden Geschäftsmodells für Outsourcingvorhaben aus. Dabei unterstützt das Denken in Outsourcingmodellen und ihrer Modifikationsmöglichkeiten die Machbarkeit und die interne Konsistenz des Outsourcingmodells zu überprüfen. Angesichts des zunehmenden Fremdvergabeumfangs und -komplexität, die eine Fremdvergabe auf Gesamtfahrzeugebene mit sich bringt, wird eine Methode zur Erstellung eines Outsourcingmodellkonzept mit Planungs-, Evaluierungs-, Implementierungs- und Kontrollfunktion und zur Entscheidungsunterstützung pro oder contra Outsourcing benötigt. Diese Forderung nach methodischer Unterstützung wird auch in der Literatur nachgegangen. Beispielsweise zeigen Jaschinski/Kang (1997) auf, dass die Praxis einen zusätzlichen Forschungsbedarf zur Fundierung von Entscheidungsprozessen pro oder contra Outsourcing sieht. Insbesondere wenn Outsourcing eine strategische Bedeutung einnimmt, steigt der Bedarf an entsprechender methodischer Entscheidungsunterstützung (Jaschinski/Kang 1997). Dabei fehlt es an einer Systematik, um eine transparente Entscheidungssituation herbeizuführen. Zwar erleichtern Praxisberichte die Entscheidungsfindung durch die Übertragung bisher gemachter Erfahrungen (Paul/Paul 2002, 6; Schürfeld 2001, 72), jedoch bergen sie die Gefahr, dass der Entscheidungsprozess einer subjektiven Färbung, je nach betrieblicher oder persönlicher Ausprägung des Verfassers, unterliegt. Verstärkt wird die Wahrnehmung des Defizits durch die unzureichende Transferleistung wissenschaftlicher Erkenntnisse in Richtung Anwenderzielgruppe in der Praxis und mangelnde methodische Unterstützung für die Praxis (Kang 2002, 9). Um diesen Problematiken in Zukunft in der Praxis einen theoretischen Lösungsrahmen zu bieten und den Kenntnisstand der Literatur an dieser Stelle zu erweitern, adressiert das Promotionsvorhaben die oben genannte Problemstellung. Vor diesem Hintergrund lässt sich der Forschungsbedarf wie folgt zusammenfassen: ¾ Eine umfassende Dokumentation von Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene ist in der Literatur nicht bekannt. Hieraus resultiert ein Defizit an Erfahrungsberichten aus der Pra-
Forschungsfragen und Zielsetzung der Arbeit
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xis hinsichtlich den Herausforderungen und Problematiken, mit denen neue Formen des Outsourcings konfrontiert sind. ¾ Im Bereich Outsourcing auf Gesamtfahrzeugebene besteht ein Bedarf an einer Methode, die eine strukturierte Herangehensweise zur systematischen Ableitung eines Konzepts für Outsourcingmodelle erlaubt. Die Literatur bietet bisher keine adäquate Methode zur Unterstützung der Outsourcingentscheidung für das Management sowie zur Evaluierung, Planung und zur Kontrolle umfangreicher und komplexer Outsourcingvorhaben.
1.3 Forschungsfragen und Zielsetzung der Arbeit Die betriebliche Praxis hat mit der eindeutigen Forderung nach einer Verbesserung zur methodischen Unterstützung von Outsourcing-Entscheidungen und zur Evaluierung, Planung und zur Kontrolle von Outsourcingvorhaben wesentliche Defizite angesprochen. Daraus ergeben sich folgende Forschungsfragen: 1.) Welche Entwicklungstendenzen und Typen an Zulieferern lassen sich in der Automobilindustrie identifizieren? 2.) Welchen Herausforderungen sehen sich Entscheidungsträger und Prozessbeteiligte in Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis konfrontiert? 3.) Gibt es in der Literatur Ansätze oder Methoden zur Erstellung eines Outsourcingmodellkonzepts für Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene? Wie sollte eine solche Methode aussehen? Vor diesem Hintergrund verfolgt die vorliegende Arbeit das Ziel, bezüglich diesem Defizit einen entscheidenden Erkenntnisbeitrag zum Stand der Forschung für Theorie und Praxis zu leisten. Zum Erreichen dieser übergeordneten Kernziele erscheint eine Unterteilung in folgende Subziele als sinnvoll. Es gilt, - die mit dem Konsolidierungs- und Restrukturierungsprozess in der Automobilindustrie einhergehende Formierung zukünftiger Zuliefertypen und ihre Outsourcingmodelle zu identifizieren. - anhand einer Fallstudienanalyse am Beispiel des Outsourcingmodells „Fremdvergabe auf Gesamtfahrzeugebene“ die Herausforderungen moderner Zusammenarbeitsmodelle zwischen Zulieferer und Automobilhersteller aufzuzeigen. - anhand der Ergebnisse der empirischen Untersuchung problembezogene Anforderungen an eine Methode zu formulieren, die es erlaubt, Konzepte für Outsourcingmodelle zu erstellen. - auf Basis des erarbeiteten Anforderungsprofils eine Methode zu entwickeln, die eine Bewertung, Planung und Kontrolle umfangreicher und komplexer Fremdvergaben ermöglicht.
6 1.4
Einleitung Forschungskonzept
Die Beantwortung der zentralen Forschungsfrage und die Erreichung der gesetzten Forschungsziele setzt ein strukturiertes Forschungskonzept voraus. Im Folgenden werden der dieser Arbeit zugrunde liegende Forschungsprozess und die dabei angewandten Forschungsmethoden begründet und beschrieben. 1.4.1 Wissenschaftstheoretische Einordnung Die Basis der Arbeit bildet das Verständnis der Betriebswirtschaftslehre als angewandte und handlungsorientierte Sozialwissenschaft (Ulrich 1984). Die Betriebswirtschaftslehre wird als Führungs- und Managementlehre anerkannt, die sich mit der Gestaltung, Lenkung und Entwicklung zweckgerichteter sozialer Systeme beschäftigt. (Hill/ Ulrich 1979, 163f.) Dabei wird das Postulat, dass die Komplexität eines Unternehmens als soziales System an sich beherrschbar ist, aufgegeben (Ulrich 1984, 168). Ausgangslage für den Forschungsprozess der Arbeit bildet die Praxis als Entstehungsort für Problemstellungen, die mit wissenschaftlichen Methoden strukturiert und formuliert werden. Im Vordergrund des Forschungsvorhabens steht die Darstellung des Entdeckungs- und Anwendungszusammenhangs und nicht die Formulierung von Begründungen und Erklärungen. Die gegenwärtigen Praxisprobleme bei der Gestaltung und Implementierung von Outsourcingvorhaben mit Gesamtfahrzeugentwicklungs- und/oder Gesamtfahrzeugproduktions4 partner in der Automobilindustrie werden vor dem Hintergrund wesentlicher Ansätze des Strategischen Managements, der Institutionellen Ökonomie und der Organsationstheorie beleuchtet. Das Erkenntnisziel ist darin zu sehen, Lösungsbeiträge für die in der Praxis identifizierten Problematiken auf Basis eines theoretischen Fundaments zu leisten. Daraus lassen sich Ansätze zur Gestaltung und Modifikation der sozialen Wirklichkeit ableiten. Die Aufgabe der Wissenschaft ist es, für komplexe sozio-ökonomische Systeme Gestaltungsmodelle für Veränderungen der sozialen Realität zu entwerfen. Den Beteiligten in der Praxis werden Lösungen in Form von Modellen und Handlungsempfehlungen zur Gestaltung der betrieblichen Wirklichkeit bereitgestellt (Ulrich 1984). Gestützt wird diese Aussage durch das Postulat von Kubicek (1977), der der Sinnhaftigkeit und den Möglichkeiten von Erklärungsmodellen angesichts einer fehlenden vollständigen Beherrschung komplexer sozialer Systeme kritisch sieht. Kubicek (1977, 12f.) nimmt von der Überprüfung bereits in der Realität existenter Hypothesen und von der Formulierung wissenschaftlicher Aussagen Abstand. Er sieht den wissenschaftlichen Forschungsprozess darauf ausgerichtet, einen Gestaltungsrahmen für 5 die Konstruktion neuer Realitäten zu bilden . Der Forschungsgegenstand wird konkretisiert bzw. aufgearbeitet und stellt eine Verknüpfung zwischen Praxisproblemen und neuen Forschungsfeldern in den Vordergrund. Die bestehende Realität ist Ausgangspunkt für die Untersuchung möglicher zukünftiger Realitäten im Forschungsprozess (Ulrich 1984a, 179). Der Forschungsprozess wird als iterativer Lernprozess verstanden, der die Grounded Theory als Bestandteil der qualitativen Sozialforschung als methodischen Zugang zum Forschungsbereich zugrunde legt.
4 In der Literatur auch des Öfteren als Tier-0,5-Zulieferer bezeichnet. 5Gemäß dem Verständnis der traditionellen Wissenschaftstheorie, allen
voran des Kritischen Rationalismus nach Karl Popper, ist die Entwicklung von Theorien nicht nur das Ergebnis der Forschung, sondern sie ist in enger Abhängigkeit mit der Kreativität des Forschers zu sehen. (Strauss/Corbin 1996, 27).
Forschungskonzept
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1.4.2 Forschungsansatz und -methodik Lange Zeit galt die induktiv-qualitative Forschung in der Forschungsgemeinschaft als unwissenschaftlich. Sie widersprach Poppers Postulat, das die Tätigkeit des wissenschaftlichen Forschers darin sieht, „Sätze oder Systeme von Sätzen aufzustellen und systematisch zu überprüfen; in den empirischen Wissenschaften sind es insbesondere Hypothesen, Theoriesysteme, die aufgestellt und an der Erfahrung durch Beobachtung und Experiment überprüft werden“ (Popper 2002, 3). Da sich die Betriebswirtschaftslehre als anwendungsorientierte Sozialwissenschaft mit Analyseobjekten im sozialen Kontext beschäftigt (Heinen 1991, 4) und bestrebt ist, hier einen Erkenntnisbeitrag zu liefern, kam die qualitative Forschungsmethode in den letzten Jahren verstärkt zur Anwendung (Wolff 2005, 39). Die Grounded Theory, von den amerikanischen Soziologen Barney Glaser und Anselm Strauss Anfang der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts entwickelt, bezeichnet eine qualitative Untersuchungsstrategie zur Entwicklung gegenstandsbegründeter Theorien (Grounded Theories) (Strauss/Glaser 1965). Die Grounded Theory ist heute international in der wissenschaftlichen Forschung etabliert. Dabei liefert die Grounded Theory, basierend auf hermeneutischen Konstrukten, einen Ansatz, mit dem aus Daten theoretische Konzepte entwickelt werden können (Legewie 2005, 5). Hinter der Grounded Theory verbirgt sich keine Einzelmethode, sondern ein umfassendes abgestimmtes Arsenal an unterschiedlichen Forschungsmethoden (Legewie 2005, 12). Die Grounded Theory gibt dem Forscher keine strikten Vorgehensweisen oder Verfahrensregeln während des Forschungsprozesses vor. Vielmehr handelt es sich um Leitlinien, wie eine strukturierte Sammlung von heuristischen Schritten anzuwenden ist, um sich dem zu untersuchenden Forschungsbereich zu nähern und eine gegenstandsnahe Theorie zu entwickeln. Die Reihenfolge der einzelnen Vorgangweisen kann variieren. Die konkreten Handlungsschritte orientieren sich im Gegensatz zu klassischen Wissenschaftstheorien keinem sequenziell ablaufenden Anwendungsschema, in dem Planung, Datenerhebung, Datenanalyse und Theoriebildung getrennte Arbeitsphasen darstellen. Vielmehr postuliert die Grounded Theory den Dialog- und Prozesscharakter der Theoriebildung. Die zeitliche Parallelität und funktionale Abhängigkeit von Datenerhebung, Datenanalyse und Theoriebildung als ständiger Wechsel zwischen Induktion (Ableitung vom Datenmaterial zu den theoretischen Konzepten) und Deduktion (Überprüfen von entwickelten theoretischen Konzepten an neuem Datenmaterial) wird vorgegeben (Legewie 2005, 2). Gemäß der Grounded Theory kommen für das Dissertationsvorhaben folgende Datenquellen zur Anwendung: Desk Research Die Literatur- und Dokumentenanalyse ermöglichte die konkrete Auseinandersetzung mit theoretischem Gedankengut zur Untermauerung bzw. Erklärung der in der Empirie gewonnenen Erkenntnisse. Parallel dazu wurden in den aufgeführten Fremdvergaben verwendeten Dokumente (z.B. IT-Projektauftrag, Präsentationen, Lessons Learned, Workshopergebnisse, Protokolle, Konzeptpapiere, Geschäftsberichte) gesichtet und auf Relevanz für das Promotionsvorhaben hin geprüft. Neben den in der Praxis gesichteten Dokumenten setzte die Dokumentenanalyse auf Datenmaterial aus Fachzeitschriften sowohl aus den Forschungsgebieten der Wirtschaftsinformatik als auch aus den Wirtschaftswissenschaften. Fachliteratur mit Fokus Automobilindustrie lieferten Erklärungsbeiträge zu den branchenspezifischen Gegebenheiten der betrieblichen Praxis.
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Einleitung
Experteninterview Im Rahmen einer empirisch-explorativen Analyse mit Hilfe eines semi-strukturierten Experteninterviews wurden Mitarbeiter eines renommierten Automobilherstellers, sowohl aus dem Bereich Strategie, als auch Prozesse und IT befragt. Um den Analysefokus abzurunden, wurde der Befragtenkreis neben Projektmitgliedern des OEM auch auf beteiligte Fremdvergabepartner ausgeweitet. Zudem wurden Mitarbeiter ausgewählt, die über den gesamten Lebenszyklus der Fremdvergabe von der Initialisierungs-, Anfrage-, Verhandlungs- bis über die Implementierungs- und Betriebsphase involviert waren. Dabei wurden folgende Fremdvergaben mit Gesamtfahrzeugentwicklungs- bzw. -produktionspartnern analysiert: Fremdvergabe der Serienentwicklung und -produktion an einen europäischen Gesamtfahrzeugentwicklungs- und -produktionspartner Fremdvergabe der Serienentwicklung eines Leadfahrzeuges (siehe Glossar) an einen europäischen Gesamtfahrzeugentwicklungspartner Fremdvergabe der Produktion eines Fahrzeugderivats (siehe Glossar) an einen europäischen Gesamtfahrzeugproduktionspartner. Beobachtung/aktive Mitarbeit/Expertengespräche Der Forschungszyklus dieser Arbeit erstreckte sich über die Jahre 2006 bis 2008. Durch die Mitarbeit des Autors in Fremdvergaben über die Dauer des Promotionsvorhabens konnten wertvolle Erkenntnisse über Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene gewonnen werden. Die Erfahrungen basieren auf aktiver Teilnahme an Arbeitskreisen, fachlichen Lenkungskreisen, Abteilungsmeetings und sind geprägt durch viele Gespräche mit Experten aus der Praxis. Dadurch wurde der Autor für die Herausforderungen in Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene sensibilisiert und der Blick für interessante Fragestellungen aus der Praxis geschärft. Auch konnten Erfahrungen in einer horizontale Kooperationen mit einem weiteren OEM sowie einem Joint Venture mit einem ausländischen Kooperationspartner gewonnen werden. Dies ermöglichte Einblicke in völlig unterschiedliche Formen der kooperativen Zusammenarbeit und führte zu einem tieferen Verständnis ihrer Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Auch durch die Mitarbeit im IT-Projektmanagement zur technischen Anbindung der Fremdvergabepartner konnte ein Verständnis für die Verflechtung zwischen IT- und Prozesswelt und ihrer Wechselwirkungen entwickelt werden. Hierzu dienten zudem themenzentrierte Diskussionen mit verschiedenen Interessensgruppen. 1.4.3 Begründung für die Verwendung des qualitativen Forschungsansatzes Die empirische Forschung wird in die Bereiche quantitativ-statistisch und qualitativinterpretativ eingeteilt. Erstere beschäftigt sich mit der Entwicklung von nomothetischen Aussagen und mit der Überprüfung existierender Theorien durch Vergleiche und Spezifizierung von Kausalzusammenhängen vordefinierter Variablen (Wolff 2005, 39). Zur Erlangung von Forschungsergebnissen bedient sich die quantitative Forschung statistischer Auswertungen. Der Forscher selbst wird als vom Forschungsgegenstand unabhängiger Beobachter gesehen (Flick/Kardorff/Steinke 2000, 25). Die quantitative Forschung ist bestrebt, eine hohe Objektivität sowie intersubjektive Nachvollziehbarkeit und Vergleichbarkeit der Forschungsergebnisse zu erlangen.
Forschungskonzept
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Im Gegensatz hierzu stehen die Grundzüge der qualitativen Forschungsmethode . Der Forscher untersucht das Analyseobjekt in seinem sozialen Kontext und liefert hierzu seinen Beitrag für ein besseres Verständnis (Denzin/Lincoln 2000, 3). Dabei wird er in den Untersuchungsprozess aktiv mit einbezogen. Die Einflüsse des Forschers gelten nicht als Störquelle, sondern mittels kontinuierlicher Reflexion als wichtige Erkenntnisquelle. Die subjektive Sichtweise der untersuchten Personen wird als wichtige Datenquelle verstanden. Ihre Darstellungen und Sichtweisen werden im Rahmen des Auswertungsprozesses interpretiert. Die Datenanalyse und -auswertung erfolgt durch deutende und interpretative Einflüsse. Der Erkenntnisgewinn über den Forschungsgegenstand erfolgt über eine intensive Analyse von Einzelfällen, indem die modellhaften Strukturen aufgezeigt werden (Legewie 1987). Morgan/Smircich (1980, 491) sehen die qualitative Forschung als „[…] an approach rather than a particular set of techniques, and its appropriateness derives from the nature of the social phenomena to be explored”. Qualitative Forschung ist im Wesentlichen geprägt durch folgende Prinzipien (Lamnek 1993): - Offenheit des Forschers gegenüber Forschungsgegenstand, -situationen und -methoden wird vorausgesetzt (Hypothesenmodifikation). - Der reziproke Informationsaustausch zwischen Untersucher und Untersuchtem gilt als konstitutiver Bestandteil des Forschungsprozesses (Forschung als Kommunikation). - Forschung und Forschungsgegenstand weisen hohe Dynamik und Veränderungscharakter auf, den es zu dokumentieren und nachzuvollziehen gilt (Prozesscharakter). - Die Analyse des Gegenstandes und der Gegenstand selbst sind rückbezüglich und kontextgebunden. Sie verweisen auf das Ganze und sind nur durch Rückgriff auf den Kontext ihres Auftretens verstehbar (Reflexivität). - Die Nachvollziehbarkeit des Forschungsergebnisses soll durch Darstellung des Vorgehens gewährleistet werden (Explikation). - Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Bedingungen und Voraussetzungen des Untersuchungsgegenstandes und des Forschungsprozesses wird gefordert (Flexibilität). Qualitative Forschungsmethoden werden vorzugsweise dann eingesetzt, wenn der Untersuchungsbereich bis dato als wenig erforscht gilt (Flick/Kardorff/Steinke 2000, 25), und wenn der Forscher bestrebt ist, den Untersuchungsgegenstand aus der Perspektive möglichst aller Beteiligten zu verstehen (Myers 1997, 241). Kleining (1995, 16) empfiehlt den Einsatz qualitativer Methoden „[…] wenn die Gegenstände und Themen nach allgemeinem Wissensstand, nach Kenntnis des Forschers oder auch nur nach seiner Meinung komplex, differenziert, wenig überschaubar, widersprüchlich sind oder wenn zu vermuten ist, dass sie nur als „einfach“ erscheinen, aber - vielleicht - Unbekanntes verbergen“. Zu guter Letzt hatte die Bewertung anderer Forschungsbeiträge Einfluss auf die Entscheidung für ein qualitatives Vorgehen. Gläser/Laudel (2004) sprechen sich für das Leitfadeninterview als wichtigste Methode in der empirischen Erhebung von Forschungskooperationen aus. Die Grounded Theory ist eine der Forschungsmethoden der qualitativen Forschung. Als datenbasierter, induktiv hergeleiteter, qualitativer Forschungsansatz (Glaser 1998, 12), fand sie
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Die qualitative Forschungsmethode gewinnt an Ansehen. Statt eines Alleinstellungsanspruches der quantitativstatistischen Ansätze (Bortz/Döring 1995, 271), wurde in den letzten Jahren dazu übergegangen, beide Ansätze zu kombinieren (Kelle/Erzberger 2000, 299).
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Einleitung
in den vergangenen Jahren vermehrt Zuspruch in der deutschen wissenschaftlichen Gemeinschaft. Der Grounded Theory werden folgende Annahmen zugrunde gelegt (Strauss 1991, 30ff.): - Die soziale Wirklichkeit ist als Ganzes komplex. Sie unterliegt einem ständigen Wandel der Strukturen, Prozesse und Individuen. Die Aufgabe des Forschers ist es, die Komplexität zu verstehen und möglichst ganzheitlich zu erfassen. - Der Handlungsspielraum der Individuen steht in enger Verbindung zu den strukturellen Bedingungen, die es zu berücksichtigen gilt. Die aktive Rolle der Individuen innerhalb ihrer strukturellen Bedingungen sollte vom Forscher verstanden werden. - Die Beziehung zwischen Forschendem und Untersuchungsgegenstand ist durch Interaktion gekennzeichnet. Die Ergebnisse daraus sind vom Forscher kreativ zu nutzen. - Ein Verständnis der Problemstellung kann in erster Linie im realen Umfeld generiert werden. Hierzu muss der Forscher ins Feld gehen. Als Kunstlehre bezeichnet, ist die Anwendung der Grounded Theory nicht rezeptartig zu erlernen (Böhm 2000, 476). Sie bietet kein striktes methodologisches Regelwerk, sondern vielmehr eine Art Orientierungshilfe. Gegen eine Systematisierung des Forschungsprozesses spricht sich Strauss aus. Nach dessen Meinung spricht dagegen die „ […] Vielfalt von sozialweltlichen Gegebenheiten und die damit verbundenen Zufälligkeiten“ würden „[…] alle Anstrengungen eines Sozialwissenschaftlers nur hemmen oder sogar ersticken“ (Strauss 1991, 32). Die Voraussetzung für eine sinnvolle Handhabung der Grounded Theory liegt in der Fähigkeit zu erkennen, welche Daten von Wichtigkeit sind und dem Ganzen einen Sinn geben (Strauss/Corbin 1996, 30). Die Basis hierfür wird mittels einer Vielfalt an Datenquellen geschaffen. Im Sinne der Nachvollziehbarkeit des Untersuchungsprozesses ist es erforderlich, die zentralen Elemente der Grounded Theory kurz zu beschreiben. Eine Erklärung, wie sie auf das aktuelle Forschungsprojekt angewandt wurde, erfolgt in Kapitel 4.1. - Theoriegeleitete Auswahl der Datenquellen und theoretische Sättigung Charakteristisch für die Datenerhebung sind die drei Konzepte der theoretischen Sensibilität, das theoretische Sampling und die theoretische Sättigung. In der Grounded Theory werden unter dem Prozess der Datenerhebung die Schritte: Datenmaterial identifizieren, sammeln oder selbst erstellen und anschließende Datenanalyse verstanden (Strauss 1991, 48ff.). Das Datenmaterial selbst ist gekennzeichnet durch hohe Varietät und kann neben Interviews, Protokollen, Büchern, Zeitungen, öffentlichen Dokumenten auch persönliche Dokumente beinhalten. Die theoretische Sensibilität verlangt vom Forscher, die Eignung der erhobenen Daten zu bewerten, zu verstehen, Wichtiges vom Unwichtigen zu trennen und ihnen Bedeutung zu verleihen (Strauss/Corbin 1990, 42). Der Zeitpunkt der Datensammlung ist in der Grounded Theory nicht definiert. Er richtet sich vielmehr nach der Art der Fragestellung, die dem Forschungsprozess zugrunde gelegt wird. Grundsätzlich wird im Entscheidungsprozess, wann welche Daten auszuwerten sind, nach einem zirkulären und theoriegeleiteten Auswahlverfahren, dem Theoretical Sampling, vorgegangen (Strauss 1991, 70). Die Entscheidung einer neuen Datenerhebung geschieht in der Erwartungshaltung, neue Erkenntnisse daraus zu gewinnen. Im Laufe des Untersuchungsprozesses wird das Sampling zunehmend gezielter auf die Beantwortung von konkreten Forschungsfragen angewandt und so lange weitergeführt, bis
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das theoretische Modell einen Sättigungsgrad in konzeptioneller Dichte und Erklärungsgehalt aufweist (theoretische Sättigung) (McCann/Clark 2003, 22). Für Strauss (1991, 49) gilt dann eine Theorie gesättigt, „wenn eine zusätzliche Analyse nicht mehr dazu beiträgt, dass noch etwas Neues an einer Kategorie entdeckt wird“. - Theoretisches Kodieren Eng in Verbindung zum Theoretical Sampling steht das theoretische Kodieren als zentraler Prozess der Datenanalyse. Oftmals falsch verstanden, geht Kodieren über eine einfache Zusammenfassung oder Beschreibung des gesammelten Datenmaterials hinaus. Vielmehr setzt es ein intensives Spezifizieren, Analysieren, Erklären, Auslegen, Deuten, Hinterfragen, Erschließen, Nachvollziehen der Daten voraus (Strauss/Corbin 1996, 44). Das Kodierverfahren ordnet einem Untersuchungsphänomen, das z.B. in einem Textabschnitt vorzufinden ist, mittels Analyse und Vergleich einen Kode im Sinne eines Stichwortes oder Begriffs zu. Durch eine konstante komparative Analyse, sprich dem ständigen Gegenüberstellen von Kodes, werden die Kernpunkte der Grounded Theory identifiziert. Das sind konkret die Kategorien sowie ihre Merkmale und kausalen Beziehungen (Glaser/Strauss 1967, 101ff.). - Schreiben von Memos Zur Dokumentation der Forschungsergebnisse empfiehlt Strauss (1991, 62), „häufig den Kodierprozess zu unterbrechen, um ein Theorie-Memo zu schreiben“. Memos können Notizen, Berichte, dokumentierte Kodezusammenhänge, Kommentare usw. sein. Memos halten den aktuellen Stand der Kodierergebnisse fest, mit dem Ziel, weitere Kodieraktivitäten anzustoßen. Anhand mehrerer Kodenotizen (Anmerkungen, Beschreibungen) lassen sich im Laufe der Zeit übergreifende Zusammenhänge erklären, die wiederum Memos ergänzen. Gemäß Glaser (1978, 83) sind Memos der eigentliche Kern der Grounded Theory, er weist ihnen als Ideenquelle eine wichtige Rolle zu. Mit Hilfe von Memos wird eine analytische Distanz zwischen Forscher und Forschungsobjekt hergestellt, die ein abstraktes Denken erst ermöglicht (Strauss/Corbin 1990, 199). Als Repräsentanten des Dialogs zwischen Forscher und Empirie können Memos sowohl induktiven als auch deduktiven Charakter aufweisen (McCann/Clark 2003, 15). - Ausarbeiten eines theoretischen Modells Das Untersuchungsergebnis resultiert im Prinzip aus dem Prozess des Integrierens der Memos zu einem theoretischen Modell bzw. zu einer gegenstandsbegründeten Theorie (Strauss/Corbin 1996, 117). Dabei soll sich auf das Wesentliche konzentriert werden, d.h. die zentralen Aussagen über die Kernkategorie bzw. das Hauptphänomen aufgeschrieben werden (Strauss/ Corbin 1996, 97). Das in der Arbeit zu untersuchende Forschungsobjekt, nämlich die Externalisierung von Leistungsumfängen auf Gesamtfahrzeugebene, ist in der Literatur eine bislang unbeachtete Thematik. Das Phänomen Outsourcing wurde zwar in allen möglichen Facetten oftmals untersucht, dennoch bietet die Literatur wenige Erkenntnisse über Fremdvergaben von Serienentwicklung oder -produktion oder beidem. Zudem sind alle der drei Outsourcingszenarien eine Ausprägung der sozialen Realität, die es gilt, in ihrer Gesamtheit und Komplexität zu erfassen und zu begreifen. Der Einsatz der explorativen, qualitativ-interpretativen Forschungsmethoden erscheint hier sinnvoll, um zielgerichtet zu Forschungsergebnissen zu gelangen. Ähnlich begründet sich auch die Anwendung der Grounded Theory. Ebenso handelt es sich hier vorwiegend um soziale Phänomene. Die Erforschung ihrer Gesetzmäßigkeiten oder ihrer Kausalzusammenhänge wurde von der Wissenschaft bisweilen vernachlässigt (Goulding 2000, 55).
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Einleitung
Wolff (2005, 45f.) fasst in ihrer Dissertation die wesentlichen Gründe für die Anwendung der Grounded Theory in der Literatur zusammen. Bei genauer Betrachtung decken sie sich mit den Gründen im Forschungsprojekt (siehe Tabelle 1). Neben dem bereits erwähnten Forschungsdefizit ist die Grounded Theory dann angebracht, wenn das Untersuchungsobjekt von Interaktion und Dynamik geprägt ist. Sowohl Aufbau und Ablauf des Fremdvergabeprozesses als auch die Interaktion zwischen OEM und Partner kann als äußerst dynamisch bezeichnet werden. Die Vielfalt und Varietät des empirischen Datenmaterials ergibt sich aus der Tatsache, dass die Dokumente und Gesprächspartner aus unterschiedlichen Unternehmen, unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen, unterschiedlichen Hierarchieebenen und unterschiedlichen Fremdvergabephasen stammen. Die Anwendung der Grounded Theory zur Steigerung ihres Bekanntheitsgrades spielt in der Arbeit eine eher untergeordnete Rolle. Vielmehr war es wichtig, dass die Grounded Theory für einen kreativen Untersuchungsprozess ein strukturiertes und systematisches Vorgehen liefert und ihn methodisch untermauert (Priest/Roberts/ Woods 2002, 32). Ihr Beitrag zur Vereinfachung und zur Bewältigung des umfangreichen Datenmaterials bei der Datenanalyse gilt für den Verfasser als unabdingbar. Tabelle 1 liefert eine Zusammenfassung über die Motivation für die Anwendung der Grounded Theory. Die Gründe im Forschungsprojekt entsprechen denen aus der Literatur. Diese Übereinstimmung spricht somit für den Einsatz der Grounded Theorie.
Motivation für Anwendung der Grounded Theory Gründe in der Literatur Untersuchungsphänomen bislang eher unerforscht (Goulding 2002) Bedeutung der Elemente der Interaktion und des Prozesses (Strauss/Corbin 1990) Vielfalt und Varietät des erhobenen Datenmaterials (Strauss 1987)
Gründe im Forschungsprojekt Phänomen Fremdvergabe auf Gesamtfahrzeugebene ist bislang wenig erforscht Interaktion zwischen OEM und Partner, SubLieferanten ist prozessual zu betrachten Empirisches Datenmaterial aus verschiedenen Datenquellen aus unterschiedlichen Unternehmen, Wert-schöpfungsstufen, Hierarchieebenen, etc. Notwendigkeit der Verbreiterung und Wei- Grounded Theory ist in Deutschland bislang terentwicklung der Methodik (Strauss 1987) wenig vertreten Notwendigkeit der Generierung einer effek- Methodik zur Deduktion (Ableitung) eines tiven Theorie (Strauss 1987) Outsourcingmodells existiert bislang nicht, Literatur bestätigt Notwendigkeit für deren Entwicklung Hohe Komplexität des UntersuchungsphäInterorganisationale Outsourcingbeziehungen nomens (Strauss 1987) sind hochkomplexe Phänomene Richtlinien zur Anwendung der GroundedErleichtert die Handhabung der großen MenTheory (Strauss 1987) ge an Datenmaterial und unterstützt den kreativen Analyseprozess Tab. 1: Gründe für die Grounded Theory (Quelle: In Anlehnung an Wolff 2005, 47) In Kombination mit der Grounded Theory sind Fallstudien im qualitativen Forschungsprozess der Arbeit eine wichtige Komponente, um die Datenerhebung zu skizzieren. In der Literatur sind viele wissenschaftliche Untersuchungen zu finden, deren Datenquelle aus Fallstudien stammt und bei denen die Datenanalyse gemäß dem Vorgehen der Grounded Theory erfolgt (u.a. Wicki 2003). Die Methode der Fallstudienerstellung wird für solche Forschungsgebiete
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vorgeschlagen, in denen nicht auf umfangreiches und fundiertes Wissen zurückgegriffen werden kann (Yin 1984, Bonoma 1985, Eisenhardt 1989a, Lee 1989). Benbasat et al. (1987, 370) sehen den Vorteil von Fallstudien in der umfassenden Betrachtung von real existierenden Phänomenen, deren Untersuchungsgrenzen nicht eindeutig festgelegt werden können: „A case study examines a phenomenon in its natural setting, employing multiple methods of data collection to gather information from one or a few entities (people, groups, or organizations). The boundaries of the phenomenon are not clearly evident at the outset of the research and no experimental control or manipulation is used.” Zudem bietet eine quantitative und zahlenmäßig große Erhebung, die durch die geringe Anzahl real existierender Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene einen begrenzten Aussagewert aufweisen würde, keine Möglichkeit einer tiefer gehenden und im Kontext gefassten Betrachtung des Untersuchungsgegenstandes. Um ein generelles Verständnis von Organisationen zu erhalten, weisen Luthans/Davis (1982, 381) auf den Vorteil von Fallstudien hin: „For instance, it is felt that a strong argument for better understanding of organizational behavior can be made by intensive study of one or a few cases of real employees interacting in real organizations before attempting to study a large number of subjects across controlled and standardized environment.” Eine ganzheitliche Erfassung und ein besseres Verständnis der Fallstudien erfordert die Interaktion des Forschers mit dem Untersuchungsfeld mittels der teilnehmenden Beobachtung. Häufig in Kombination mit Experteninterviews und DeskResearch anzutreffen, ermöglicht sie dem Forscher, Individuen in der täglichen Durchführung von Aktivitäten in bestimmten Bereichen zu beobachten. Durch den Aufbau von Beziehungen zu den beobachteten Personen und der Erfassung ihrer Perspektive, erhält der Forscher Zugang zum Untersuchungsfeld. Die teilnehmende Beobachtung als offener, flexibler Prozess wird im Laufe der Untersuchung zunehmend auf relevante Untersuchungsphänomene ausgerichtet. Feldnotizen, die später durch theoretisches Kodieren ausgewertet werden, erleichtern dabei das Dokumentieren der Beobachtungen. Nicht zu unterschätzen sind die gewonnenen Erkenntnisse aus der Analyse des Handelns des Beobachters. Voraussetzung hierfür ist die kritische Reflexion, inwiefern das Untersuchungsfeld und somit die Untersuchungsergebnisse durch seine Teilnahme beeinflusst werden (Flick 1995, 206ff.). Als zentrales Instrument zur Datensammlung wurde die mündliche Befragung im Rahmen eines problemorientierten Experteninterviews anhand eines Interviewleitfadens gewählt. Der Vorteil der mündlichen Befragung besteht darin, dass bereits während des Interviews auf Besonderheiten des Falles eingegangen werden kann, um die Fragestellungen zu vertiefen. Hier besteht die Möglichkeit, unerwartete Erkenntnisse, wechselseitige Beziehungen oder neue Aspekte des zu betrachtenden Falles aufzudecken. (Kubr 1977, 131) Im Gegensatz hierzu bietet die schriftliche Befragung mit Hilfe von Fragebögen trotz eines geringeren zeitlichen und finanziellen Aufwands (Heitmeyer 1985, 67ff.) nicht die Möglichkeit, Verständnisprobleme des Befragten sofort zu klären oder je nach Bedarf in eine vertiefte Diskussion einzusteigen. Die Mitwirkung von Experten hatte zum Vorteil, bei der Beantwortung der Fragen ein hohes Maß an Offenheit zu gewährleisten und auf interessante Fragestellungen vertieft einzugehen, deren Beantwortung bisher weniger Beachtung geschenkt wurden. Zudem konnte eine direkte Rückkopplung bei interessanten Zusatzfragen ermöglicht werden. Als Experten werden Personen bezeichnet, die aufgrund langjähriger Erfahrung (mindestens 10 Jahre) spezifisches Wissen und Können in ihrem Kompetenzbereich aufweisen. Daneben kennzeichnet
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Einleitung
sie die Motivation, sich ständig weiterzuentwickeln (Mieg/Brunner 2001, 4). Ihre Expertise hängt von der spezifischen Fragestellung ab. Als grundlegendes Kennzeichen eines Experten gelten sein Beitrag zur Bewältigung einer Problemlösung und seine Fähigkeit, zu geeigneten Informationen, Individuen, Prozessen oder Bereichen Zugang zu verschaffen (Meuser/Nagel 1991, 443). Witzel (2000) entwickelte auf der theoretischen Basis der Grounded Theory das problemzentrierte Interview. Herausgekommen ist ein flexibles methodisches Vorgehen, das es dem Forscher ermöglicht, die personenabhängigen Handlungen und Wahrnehmungen der sozialen Realität unvoreingenommen zu erfassen und zu konkretisieren. Dabei postuliert er, dass der Forscher sein Wissen aus Theorie und Praxis in die Erstellung und Durchführung des Interviews berücksichtigt und so die Aussagen der Befragten besser nachvollziehen kann. Eine verfrühte Hypothesenbildung sieht Witzel (2000) als nicht zielführend an. Vielmehr habe sich der Forscher auf die Aussagen der befragten Individuen zu fokussieren. Durch Analysieren und Interpretieren sind diese zu erfassen und gegebenenfalls in einem weiteren Befragungsdurchgang tiefer zu explorieren. Angaben zu konkreten Interviewmethoden existieren nicht. Vielmehr soll der Einsatz anpassungsfähiger Befragungsmethoden einen geeigneten Zugang zum Forschungsobjekt gewährleisten (Witzel 2000, 3ff.). Der Informationsaustausch zwischen Interviewer und Interviewtem erfolgt im Dialog. Beide durchlaufen einen Kommunikationsprozess, der ein gegenseitiges Verständnis für die jeweilige Problemsicht unterstützt, neue Problemstellungen aufdeckt oder gegebenenfalls Lösungsansätze anspricht.
1.5 Aufbau der Arbeit Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel. Im einführenden Kapitel I sind Problemstellung, Zielsetzung, Forschungsdefizit und -fragen sowie Forschungskonzept und Aufbau der Arbeit aufgeführt. Im Anschluss werden in Kapitel II die Grundlagen für das weitere Verständnis der Arbeit erklärt. Neben den Definitionen der zentralen Begrifflichkeiten, wird auf die Strukturdaten der Automobilindustrie und auf die zukünftigen Erwartungen im Hinblick auf ihre Entwicklungstendenzen eingegangen. Vor dem Hintergrund der Veränderungen in der Markt- und Wertschöpfungsstruktur werden die sich verändernden Beziehungen zwischen Herstellern und Zulieferern beleuchtet und eine Typisierung von Outsourcingmodellen im Sinne zukünftiger Formen der Zusammenarbeit in der Automobilindustrie vorgenommen. Diese bilden die Erklärungsgrundlage für die Aktualität und Bedeutung der zu behandelnden Thematik. Die Erklärungsgrundlage für die empirische Untersuchung der Forschungsobjekte zieht der Autor aus dem konzeptionellen theoretischen Rahmen in Kapitel V. Mittels Fallstudienanalysen von Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene werden in Kapitel IV Herausforderungen identifiziert, mit denen Verantwortliche in der Praxis konfrontiert sind. Daraus abgeleitete Anforderungen dienen dem eigenen integrierten Methodenansatz, um einen möglichen Lösungsraum für die in der Praxis adressierten Problematiken zu präsentieren. Auf Basis des in den Fallstudien erstellten Anforderungsprofils erfolgt die Identifikation von Defiziten bestehender Methoden in der Literatur im nachfolgenden Kapitel. In Kapitel VI wird der Schwerpunkt der Arbeit vorgestellt: Die Methode zur Ableitung eines Outsourcingmodells auf Gesamtfahrzeugebene. Um das Kapitel abzurunden, wird die erstellte Methode einer Reflexion unterzogen, die den Abdeckungsgrad des Anforderungsprofils aus der Empirie ermittelt.
Aufbau der Arbeit
15
Kapitel VII fasst die Forschungsergebnisse der Arbeit zusammen. Der im Ausblick dargestellte Forschungsbedarf im Sinne offen gebliebener Fragen, die zu weiterführenden Forschungsaktivitäten motivieren sollen, schließen die Arbeit ab.
16
Einleitung
Kapitel 1: Einleitung Ausgangslage
Forschungsmethodik
Problemstellung
Aufbau/Struktur
Kapitel 2: Grundlagen Outsourcing Automobilindustrie
Entwicklungstendenzen
Neue Formen des Outsourcings
Vor-/Nachteile Outsourcing
Kapitel 3: Konzeptioneller Rahmen Strategisches Management
Neue Institutionelle Ökonomie
Soziopolitische Ansätze
Erklärungsbeitrag aus der Theorie für Fallstudien
Kapitel 4: Outsourcing auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis Fallstudie I: Outsourcing Entwicklung/Produktion
Fallstudie II: Outsourcing Entwicklung
Fallstudie III: Outsourcing Produktion
Herausforderungen in der Praxis und Anforderungen an die Methode
Kapitel 5: Defizitanalyse bestehender Methoden
Kapitel 6: Methodenansatz zur Herleitung eines Outsourcingmodells auf Gesamtfahrzeugebene
Kapitel 7: Zusammenfassung und Aussicht Zusammenfassung Forschungsergebnisse
Wissenschaftlicher und Praktischer Beitrag
Weiterer Forschungsbedarf
Abb. 1: Schematische Darstellung des Aufbaus der Arbeit (Quelle: Eigene Darstellung)
2 Theoretische Grundlagen Ziel des Kapitels ist es, dem Leser die theoretischen Grundlagen der Arbeit näher zu bringen, um ihm zu einem besseren Verständnis der nachfolgenden Ausführungen zu verhelfen. Das Kapitel beschäftigt sich neben den grundlegenden Begrifflichkeiten mit den Fragestellungen, welche Einflussfaktoren für den Wandel in der Automobilindustrie zuständig sind, welche Auswirkungen der Wandel auf die zukünftige Ausrichtung der Automobilbranche hat und inwiefern sich die Zusammenarbeit zwischen Fahrzeughersteller und Zulieferer intensivieren wird. Dadurch soll aufgezeigt werden, dass neue Formen der Zusammenarbeit, wie Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene, an Bedeutung gewinnen werden. Somit wird die Notwendigkeit neuer Tools zur methodischen Unterstützung zur Konzeptionalisierung von Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene für die Praxis aufgezeigt. Da die in dieser Arbeit verwendeten Begriffe in der Literatur zum Teil mehrdeutig verwendet werden, führt Kapitel 2 im ersten Teil gängige Begrifflichkeiten auf, um sie anschließend zu eindeutigen Arbeitsdefinitionen zu synthetisieren. Dabei liegt das Hauptaugenmerkmal auf der Herleitung der Begrifflichkeiten „Outsourcingmodell“ und „Outsourcingmodellkonzept“, die auf den Definitionen der Begriffe „Geschäftsmodell“ und „Geschäftsmodellkonzept“ aus dem wissenschaftlichen Teilbereich des Strategischen Managements beruhen. Nachdem die Begrifflichkeiten „Geschäftsmodell“ und „Geschäftsmodellkonzept“ definiert und seine Merkmale, Funktionen, Ziele und Adressaten dargestellt werden, erfolgt die Übertragung der Ausführungen auf das Phänomen Outsourcing. Da im Forschungsprojekt die empirische Datenbasis für die Entwicklung der Methode durch eine qualitative Erhebung in der Automobilindustrie generiert wird, werden im zweiten Teil grundlegende strukturelle Merkmale der Automobilindustrie erklärt. Nachdem die Ursachen für die zunehmenden Externalisierungsbestrebungen aufgezeigt werden, folgt im Anschluss eine Erläuterung über die Konsequenzen daraus für die Zusammenarbeit zwischen Automobilhersteller und Zulieferer.
2.1
Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes
2.1.1 Definition des Outsourcingbegriffs Outsourcing hat sich als Kunstwort aus einer Kombination aus „Outside“, „Resource“ und „Using“, was die Nutzung externer Ressourcen zur Durchführung betrieblicher Leistung be7 deutet in der Literatur etabliert (Hermes/Schwarz 2005, 15; Schwarze/Müller 2005, 6) . Die Auslagerung von Wertschöpfungsaktivitäten von Friedberg/Yarbery (1991, 53) wird als „[…] the transfer of an internal service function to an outside vendor“ definiert. Demnach handelt es sich beim Outsourcing um den Prozess der Auslagerung von bislang in einem Unternehmen selber erbrachten Leistungen an externe Unternehmen (Hellinger 1999, 47). Die unternehmerische Verantwortung wird dauerhaft an den Zulieferer übertragen. Demzufolge hat er die sachgerechte Leistungserstellung an den Auftraggeber zu erbringen (Zahn/Barth/Hertweck 1999, 5f.). Eine Erhöhung des Fremdbezuges wird durch Organisationsinstrumente am Markt definiert (Sydow 1992, 104).
7 Siehe auch Mayer/Söbbing 2004, 9; Hellerforth 2004, 2; Dittrich/Braun 2004, 7ff.; Hodel/Berger/Risi 2004, 25; Friedberg/Yarberry 1991, 53; Ketler/Walstrom 1993, 449; Stauss/Bruhn 2007.
K. Schneider, Modernes Sourcing in der Automobilindustrie, DOI 10.1007/ 978-3-8349-6524-0_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
18
Theoretische Grundlagen
Seit Mitte der 80er Jahre ist die Thematik Outsourcing dank der wissenschaftlichen Strömung der Netzwerkforschung verstärkt in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. In wissenschaftlichen Publikationen werden Netzwerke aus Auftraggeber und -nehmer als die dominante Koordinationsform der Zukunft angepriesen (Snow/Miles et al. 1992, 5). Unter dem Deckmantel von Schlagwörtern wie Lean Production, flexible Spezialisierung, virtuelle Integration oder systemische Rationalisierung entwickelte sich der Gebrauch des Begriffs Oursourcing inflationär (Köhler 1999, 280). Seit kurzem wird der Begriff Outsourcing durch Begrifflichkeiten wie prozessorientierte Neugestaltung, Management- und Organisationsgestaltung von Unternehmen, Optimierung der Kerneigenleistungstiefe oder die Bildung von OEM-Zuliefernetzwerken ersetzt (Knolmayer/Heinz/ Hirschheim 2003, 105; Hendrix/ Abendroth/Wachtler 2003, 26). Im Grunde stellt das Phänomen Outsourcing keine neue Koordinationsform dar, was durch zeitgenössische Berichte über Formen unternehmens-übergreifender Austauschbeziehungen aus dem 19. Jahrhundert belegt werden kann (Sydow/Windeler 1994, 54). Aufgrund der vielen Publikationen, der Varietät an wissenschaftlichen Strömungen, die sich dem Thema annehmen sowie angesichts des mangelnden gemeinsamen Grundverständnisses des Begriffs „Outsourcing“, sind Homogenisierungstendenzen nicht in Sicht (Hollekamp 2005, 25). Übersetzungen wie Ausgliederung, Fremdbeschaffung, Fremdbezug, Externalisierung haben sich im deutschen Sprachgebrauch nicht durchgesetzt (Schlüter 2005, 6; van Bernem 1991, 151). Dennoch werden im Verlauf der Arbeit neben dem Begriff „Outsourcing“ auch die Begriffe „Fremdvergabe“, „Auslagerung“ oder „Externalisierung“ verwendet. Obwohl sich der Begriff „Outsourcing“ in der Literatur durchgesetzt hat, wird er in seiner Definition vielfältig verwendet. So stellte Jouanne-Diedrich (2004) in ihrer Publikation „15 Jahre Outsourcing-Forschung“ fest, dass mehr als 40 Begriffe für Outsourcing bestehen. Abbildung 2 gibt einen Überblick über die unterschiedliche Verwendung des Begriffs Outsourcing, strukturiert nach seinen thematischen Ausprägungen: Grundsatzentscheidung
Grad der Wertschöpfungstiefe
Internes Outsourcing Externes Outsourcing
Organisationsstruktur
Outsourcingform
Kernnahes Outsourcing
Outsourcing von Komplettes Outsourcing Funktionen Selektives Outsourcing Outsourcing von
Kernfernes Outsourcing
Geschäftsprozessen
Ausgliederung Insourcing
Outsourcing
Singlesourcing Multisourcing
Backsourcing Outsourcing Insourcing
Anzahl der Leistungsersteller
Zeitliche Entwicklung
Offshore Sourcing Nearshore Sourcing
Standort
Insourcing Selektives Outsourcing Komplettes Outsourcing Grad des externen Leistungsbezugs
Abb. 2: Strukturierte Darstellung des Outsourcingbegriffs (Quelle: Hollekamp 2005, 26)
Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes
19
Dabei werden die einzelnen thematischen Ausprägungen des Begriffs Outsourcing wie folgt differenziert (Hollekamp 2005, 26f.; Jouanne-Diedrich 2004, 125ff.): Grundsatzentscheidung Im Rahmen der Grundsatzentscheidung erfolgt eine differenzierte Betrachtung zwischen internem Outsourcing, der Übertragung von Leistungen, Funktionen oder Prozessen an ein kapitalmäßig verbundenes Unternehmen, wie z.B. Profit Center oder Tochtergesellschaft (Ausgliederung) und externem Outsourcing, der Auslagerung von Leistungen, Funktionen oder Prozessen an ein rechtlich selbstständiges und kapitalmäßig unabhängiges Unternehmen (Auslagerung). Grad der Wertschöpfungstiefe Der Grad der Wertschöpfungstiefe beschreibt, wie nah die ausgelagerten Prozesse am Kerngeschäft des Unternehmens liegen. Kernnahes Outsourcing bezieht sich auf ausgelagerte Prozesse, die sich nahe am Kerngeschäft des Unternehmens befinden und deren Stellenwert aufgrund ihrer Wichtigkeit für den Erfolg des Unternehmens als hoch einzustufen sind, während beim kernfernen Outsourcing Unterstützungs- und Steuerungsprozesse zum Partner ausgelagert werden, die die Kernprozesse mit Ressourcen versorgen. Organisationsstruktur Die Struktur des Outsourcings hängt von der im Unternehmen vorherrschenden Organisationsstruktur in Funktionen oder Geschäftsprozessen ab. Outsourcingform Die Outsourcingform beschreibt die strukturelle Basis der Entscheidungsfindung für eine interne (Insourcing) oder externe (Outsourcing) Leistungsvergabe. Dabei wird die externe Form der Beschaffung nochmals differenziert betrachtet: - Die Ausgliederung als Leistungserstellung durch ein verbundenes Unternehmen, - das selektive Outsourcing, in dem einzelne Leistungen bzw. Prozesse nach außen vergeben werden und - das komplette Outsourcing, im Rahmen dessen alle Leistungen an Dritte ausgelagert werden. Grad des externen Leistungsbezugs Ähnlich differenziert wie die externen Outsourcingformen beschreibt der Grad des externen Leistungsbezugs den prozentualen Anteil des Outsourcings in Relation zum Gesamtbudget der entsprechenden Unternehmensfunktion. Von selektivem Outsourcing wird gesprochen, wenn die Ausgaben für Fremdleistungen zwischen 20% bis 80% in Bezug auf das Gesamtbudget der Unternehmensfunktion liegt. Wird hundertprozentig das Budget für eine Eigenoder für eine Fremderstellung verwendet, wird von komplettem In- bzw. Outsourcing gesprochen. Standort Die Merkmalsausprägung Standort gibt die geographische Reichweite der Sourcingbeziehung an. Global Sourcing beschreibt den Fremdbezug der Leistung durch einen externen Dritten im Ausland, während Domestic Sourcing sich auf eine Zusammenarbeit innerhalb eines Landes oder einer Region bezieht. Zeitliche Entwicklung Hier wird Outsourcing als Prozess vor dem Hintergrund einer Art Projektzyklus gesehen. Dieser beginnt bei der internen Leistungserstellung (Insourcing) über die Auslagerung der Leistung (Outsourcing) bis hin zur Beendigung der Zusammenarbeit durch anforderungsgerechte Lieferung oder Scheitern des Projektes (Backsourcing).
20
Theoretische Grundlagen
Anzahl der Leistungsersteller Während bei Single Sourcing der Leistungsbezug durch einen Partner durchgeführt wird, erfolgt dieser bei Multisourcing durch mehrere Anbieter. Alle Aufgaben in der Wertschöpfungskette können Gegenstand von Outsourcing sein. Vom Einkauf, über Produktion und Vertrieb bis hin zu Forschung und Entwicklung wird alles in Betracht gezogen (Eisele 2006, 30). Die Wertschöpfungskette nach Porter als Instrument zur Leistungstiefenerstellung dient als Hilfsmittel, um einzelne Unternehmensprozesse auf Outsourcing-Potenziale hingehend zu untersuchen (Porter 1986, 59ff.). Hierbei werden die betrieblichen Tätigkeiten in vier unterstützende Wertaktivitäten (Unternehmensinfrastruktur, Personalpolitik, Technologieentwicklung und Beschaffungspolitik) und in sechs primäre Wertaktivitäten (Forschung und Entwicklung, Materialwirtschaft/Logistik, Produktion, Absatz/Marketing, Verwaltung/Service und Entsorgung) unterteilt. Die primären Aktivitäten befassen sich mit der Beschaffungspolitik von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, der Produktion und dem Verkauf bis hin zu Auslieferung und Kundenservice, während die unterstützenden Aktivitäten die primären Aktivitäten und sich selbst koordinieren (Dreyer 2004, 12). Dabei sollten Leistungen, die als Kernkompetenzen des OEM gelten, wie Forschung, Entwicklung oder Design, in Eigenleistung erbracht werden (Picot/Reichwald et al. 2001, 291) während Produkte, die kein unternehmenseigenes Produkt- oder Prozesswissen erfordern, komplett durch externe Dienstleister oder unter deren Mitwirkung erstellt werden können (Heftrich 2000, 137). 8
In der heutigen Wettbewerbsumwelt verwenden Unternehmen Konstellationen von Strategien, die die klassische Frage des „Make-or-Buy“ vernachlässigen und eine intelligente Form des „Make-and-Buy“ beinhalten. Dabei kommen unterschiedliche Koordinationsmechanismen zum Tragen, die sich angesichts neuer Wettbewerbsdeterminanten relativ zeitnah verändern (Windeler 2001, 341f.). Im Unterschied zu „Make-or-Buy“-Entscheidungen nach ökonomischen Gesichtspunkten treten bei Outsourcingüberlegungen vermehrt strategische Interessen in den Vordergrund (Erdmann 2001, 4). Auch nach Aussage von Fulconis/Pache kann Outsourcing die Quelle eines Wettbewerbsvorteils darstellen, sofern Firmen bereit sind, strategische Partnerschaften einzugehen (Fulconis/Pache 2005, 92). Goles/Chin (2005, 49) bezeichnen daher Outsourcing-Beziehungen als „[…] an ongoing, long term linkage between an outsourcing vendor and customer arising from a contractual agreement to provide […] activities, processes, or services with the understanding that the benefits attained by each firm are at least in part dependent on the other“.
8 Das Unternehmen zeichnet sich idealtypisch durch unabhängiges Agieren auf Märkten aus. Das heißt, es besitzt weitgehende „Freiheit bei der Bestimmung seiner eigenen Ziele“ (Ulrich 1990, 161f.). Es wird mittels einer hierarchischen Organisation durch Koordinations- und Motivationsinstrumente gelenkt. Rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit sind wesentliche Merkmale eines Unternehmens (Macharzina 2003, 14f.). Wirtschaftliche Selbständigkeit bezeichnet dabei den Grad, „[…] zu dem ein Unternehmen in der Lage ist, strategische Wahlentscheidungen selbst zu treffen und umzusetzen“ (Sydow 1992, 90).
Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes
21
2.1.2 Definition des Methodenbegriffs Da im Zentrum der Arbeit neben der empirischen Untersuchung von Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene die Erstellung einer Methode zur Erstellung eines Outsourcingmodellkonzepts steht, lohnt sich ein Blick auf die Bedeutung des Begriffs „Methode“. Der Ursprung des Begriffs „Methode“ geht wahrscheinlich auf den griechischen Ausdruck „methodos“ zurück, welches Nachforschen und Untersuchen bedeutet (O.V. 2000c, 867). Allgemein wird unter einer Methode eine planmäßige Art und Weise des Handelns verstanden, die überprüfbare Ergebnisse mit sich bringen soll. Chmielewicz (1994, 36f.) versteht unter einer Methode „die Art und Weise des Vorgehens sowie die Auswahl von Instrumenten zur Zielerreichung“ oder ein intersubjektiv nachvollziehbares Verfahren bzw. ein Vorgehen nach Plan auf Basis eines Regelsystems, das zur Bewertung der Ergebnisse und der Aktivitäten verwendet wird. Dabei sollen Methoden wissenschaftliche Erkenntnisse oder praktische Ergebnisse erreichen (Schweitzer 1996, 113f.). Die in der Arbeit zu entwickelnde Methode stellt eine idealisierte Vorgehensweise als Generalisierung von Praxiserfahrungen dar. Die Erstellung der Methode basiert auf den Erkenntnissen des Methoden Engineerings nach Gutzwiller (1994, 12ff.) und Heym/Österle (1993). Beide schlagen zur systematischen Entwicklung von Methoden fünf Bestandteile vor, die eine Methode enthalten sollte. Neben einem Datenmodell der Methode (Metamodell) und der Dokumentation von Ergebnissen (Ergebnisdokumentation), liegt der Schwerpunkt einer Methode unter anderem auf der Definition einer Ablauffolge in Form von Aktivitäten. Auch die Reihenfolge der Aktivitäten (Vorgehensmodell), die Werkzeuge zur Erreichung von Ergebnissen (Techniken) sowie die Definition und Zuordnung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung an eine Person/Gruppe zu entsprechenden Phasen (Rollen) werden berücksichtigt (Gutzwiller 1994, 12ff.). Folgt man den Anweisungen von Gutzwiller (1994) besteht eine Methode aus einer Abfolge einzelner Aktivitäten, die in einem Vorgehensmodell zu durchlaufen sind. Jede Aktivität erzeugt durch Anwendung spezifischer Techniken Ergebnisse, die wiederum für nachgelagerte Techniken Voraussetzung sind. Techniken stellen strukturierte Handlungsempfehlungen zur Erstellung von Ergebnissen der Methode zur Verfügung. Techniken sind neben den Ergebnissen die wichtigsten Bestandteile der Methode. Daher geht die Darstellung der Methode mit einer Beschreibung der einzelnen Techniken und einiger Ergebnisdokumente einher (Schulze 2000). Um den Gestaltungsrahmen abzubilden, wird ein Metamodell geschaffen, das alle zu gestaltende Objekte und die zwischen ihnen bestehenden Beziehungen aufzeigt. Das „Methoden Engineering“ ist ein Ansatz zur systematischen Entwicklung von Vorgehensweisen und hat sich bereits bewährt (Legner 1999). Auch die im Rahmen der Arbeit zu entwickelnde Methode fordert ein ingenieursmäßiges Vorgehen auf Basis des Methoden Engineerings. Gemäß der Systematik nach Gutzwiller (1994) soll die Methode ergebnisorientiert sein. Demnach soll sie Techniken zur Erstellung von Ergebnissen beinhalten, das Vorgehen in einer Folge von Aktivitäten strukturieren und die zur Gestaltung des Outsourcingmodells notwendige Rollen beinhalten. Die Notwendigkeit einer Dokumenation des Gestaltungsbereichs der Methode mit Hilfe eines Metamodells wird im Laufe der Arbeit noch hinterfragt. Da die in der Arbeit zu entwickelnde Methode als Klammer um viele Techniken und Ergebnissen zu verstehen ist, wird von einer integrierten Methode gesprochen. Die Anwendung der Techniken erfolgt weitgehend zeitparallel und inhaltlich aufeinander abgestimmt. Die funktionale Trennung ist aufgehoben. Die nachgelagerten Prozessschritte bauen auf vorläufige Zwischenergebnisse auf. Das Gesamtergebnis wird in schrittweiser Konkretisierung erreicht (Lin-
22
Theoretische Grundlagen
demann et al. 1999). Die integrierte Methode ist ein Lösungsrahmen für viele praktische Problemstellungen. Der Einsatz der aufgeführten Techniken ist als optional zu betrachten. Die Anpassbarkeit der Werkzeuge ist vor dem Hintergrund technologischer, zeitlicher und kapazitativer Einflussfaktoren sowie der Akzeptanz und Vorgabe betriebsspezifischer Werkzeuge zu betrachten. Anpassungen der Methode an die Potenziale und Randbedingungen des Unternehmens und an die zu betrachtenden Anwendungsfälle sind erlaubt (Heinen 1991, 465).
2.1.3 Definition des Outsourcingmodell- und Outsourcingsmodellkonzeptbegriffs Die Begrifflichkeiten „Outsourcingmodell“ und „Outsourcingmodellkonzept“ sind bislang in der Literatur zum Thema Outsourcing nicht tiefgreifend etabliert. Im Folgenden wird daher eine geeignete Arbeitsdefinition für die Begriffe „Outsourcingmodell“ und „-konzept“ erarbeitet. Neben der grundsätzlichen Fragestellung, was unter einem Modell zu verstehen ist, wird in diesem Kapitel der Begriff des Geschäftsmodells und des Geschäftsmodellkonzepts aus der wissenschaftlichen Strömung des Strategischen Managements erläutert. Beide Begriffe werden auf den Bereich Outsourcing übertragen und dienen als Definitionsgrundlage für die Termini Outsourcingmodell und Outsourcingmodellkonzept. Die Merkmale, die ein Geschäftsmodell charakterisieren, werden auf den Bereich „Outsourcing“ übertragen und für den Begriff „Outsourcingmodell“ spezifiziert. Im Kapitel 4.3. Analyse der Fallstudien werden die spezifizierten Merkmale zur strukturierten wissenschaftlichen Untersuchung der Fallstudien verwendet. 2.1.3.1 Definition des Geschäftsmodell- und des Geschäftsmodellkonzeptbegriffs Während der Ära der New Economy in den 90er Jahren entstand um den Begriff „Geschäftsmodell“ eine Welle der Euphorie, die viele unterschiedliche Begriffserklärungen hervorbrachte. Bis zum heutigen Zeitpunkt konnte sich keine allgemein gültige und abschließende Definition durchsetzen. Die Definitionen unterscheiden sich je nach Sichtweise und Verständnis der Autoren für das Thema Geschäftsmodell. So beinhaltet für Venkatraman/Henderson (1998) ein Geschäftsmodell spezifische virtuelle Organisationen. Tapscott/Lowry (2000, 4f.) weiten die Sichtweise des Geschäftsmodells auf das gesamte Internet aus. Konkreter äußert sich Timmers (1998, 4), indem er auf die Architektur für Produkte und Leistungen, den Informationsfluss, die Rollen der am Markt aktiven Akteure, die Erlösquellen und den Nutzen des Geschäftsmodells verweist. Angesichts der vielen unterschiedlichen Auffassungen des Begriffs „Geschäftsmodell“, liegt es nahe, seine begrifflichen Bestandteile „Geschäft“ und „Modell“ näher zu betrachten. Hierfür liefert die Literatur folgende Definitionen: Ein Geschäft ist eine „Produkt- und/oder Leistungsgruppe mit eigenem Marktauftritt. Ein Geschäft weist mehr oder weniger starke markt- und ressourcenmäßige Synergien mit anderen Geschäften auf“ (Grünig/Kühn 2000, 470). Gemäß DIN 19226 ist ein Modell die Projektion „[…] eines Systems oder Prozesses in ein anderes begriffliches oder gegenständliches System, das aufgrund der Anwendung bekannter Gesetzmäßigkeiten, einer Identifikation oder auch getroffener Annahmen gewonnen wird.“ Ein allgemeingültiger Modellbegriff wird von Stachowiak (1973) formuliert. Für ihn beschreibt ein Modell als „abstract representation of reality“. Das gleiche Verständnis wird in anderen wissenschaftlichen Disziplinen von vielen Autoren vertreten (u.a. Ferstl/Sinz 2001, 18; Hansen/Neumann 2005, 174; Jensen/Bard 2003, 9). Stachowiak (1973) beschreibt Modelle anhand dem Abbildungs- und Verkürzungsmerkmal sowie dem pragmatischen Merkmal.
Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes
23
Dabei ist das Abbildungsmerkmal auf der Tatsache begründet, dass Modelle stets Abbildungen von natürlichen oder künstlichen Originalen sind. Das Verkürzungsmerkmal fordert für Modelle nicht alle Attribute des Realitätsausschnitts zu betrachten, sondern diesen vereinfacht darzustellen. Die Intersubjektivität bei der Modellerstellung und -nutzung der verwendeten Attribute kommt im Rahmen des pragmatischen Merkmals zum Ausdruck. Dabei muss bei der Modellerstellung aus dem Blickwinkel des Betrachters bedacht werden, wovon, für wen, wann und wozu das Modell konstruiert wird (Stachowiak 1973, 130ff.). Vor dem Hintergrund der oben dargelegten Begriffsverständnisse liefert Tabelle 2 eine Auswahl an Definitionen des Begriffs „Geschäftsmodell“, auf die häufig in der Literatur verwiesen wird: Autor Krüger/Bach 2001
Definition „[…] ist ein Geschäftsmodell die Vorstellung von Geschäftseinheiten bzw. Geschäftspartnern davon, wie dieses Geschäft nutzenstiftend für die Beteiligten zu betreiben ist. Nach außen geht es um die Vorstellung einer Unternehmung und ihrer Marktpartner (auf Absatz- und Beschaffungsmärkten) von der Art und Weise, wie ein Geschäft angebahnt und abgewickelt wird und welcher Partner dabei welche Aufgaben bzw. Prozessteile übernimmt. Nach innen steht die geschäftsspezifische Ausgestaltung der notwendigen Teilprozesse zur Wertschaffung und Erzielung von Wettbewerbsvorteilen im Mittelpunkt.“ Bieger/RüeggEin Geschäftsmodell ist die „Darstellung der Art und Weise, wie ein Stürm/Rohr Unternehmen, ein Unternehmenssystem oder eine Branche am Markt (2002, 50) Werte schafft. Dabei sind Antworten auf folgende Fragen (Konzepte) notwendig:“ Leistungskonzept, Kommunikationskonzept, Ertragskonzept, Wachstumskonzept, Kompetenzkonfiguration, Organisationsform, Kooperationskonzept, Koordinationskonzept. Rentmeister/Klein „Ein Geschäftsmodell ist ein Modell auf hoher Abstraktionsstufe, das (2001, 356) wesentliche, relevante Aspekte des Geschäfts in aggregierter, überschaubarer Form abbildet, um daran Ideen und Konzepte für Geschäfte zu finden, zu überprüfen und/oder zu bewerten zu können. Geschäftsmodelle richten sich als Planungsinstrumente hauptsächlich an Entscheidungsträger im Unternehmen und an (potenzielle) Investoren, aber auch an Mitarbeiter und Kunden des Unternehmens. Ein Geschäftsmodell sollte insbesondere die Leistungs- und Informationsflüsse abbilden, an denen das Unternehmen beteiligt ist, die weiteren daran beteiligten Akteure und die Nutzen, die sich für die Akteure aus den genannten Flüssen ergeben.“ Tab. 2: Definitionsansätze für den Begriff „Geschäftsmodell“ (Quelle: Eigene Darstellung) Scheer/Deelmann/Loos (2003, 20ff.) vergleichen in ihrer Untersuchung 28 Definitionen des Begriffs Geschäftsmodell und analysieren sie nach den Bestandteilen oder inhaltlichen Schwerpunkten der Definitionen. Aus der Betrachtung der wichtigsten Elemente ist erkennbar, dass die Definitionen zwar nicht überschneidungsfrei sind, aber einen sich gegenseitig ergänzenden Charakter aufweisen. Als wichtige Bestandteile von Geschäftsmodellen werden die Merkmale Abstraktion/Aggregation, Akteure/Rollen, Betrachtung von Unternehmen bzw. Unternehmensnetzen, Güter- und Finanzflüssen, Wertschöpfung, Wettbewerbsumfeld, Tech-
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Theoretische Grundlagen
nologie, Wertkette/Kernkompetenzen, Prozesse, Strategie/Ziele und Nutzen betont. Tabelle 3 gibt einen Überblick über die wichtigsten Merkmale und ihre Bedeutung: Merkmal Abstraktion/ Aggregation
Bedeutung „Im Punkt der Abstraktion bzw. Aggregation spiegelt sich der Modellcharakter in der Geschäftsmodelldefinition dahingehend wider, dass es sich um eine vereinfachte Darstellung der betrieblichen Objektwelt handelt“ (Scheer/Deelmann/Loos 2003, 21). Wertschöpfung „[…] spiegelt die Leistungserstellung im Sinne einer Produktion einer betrachteten Organisationseinheit wider. Ausgehend von einem gegebenen Ausgangszustand kann durch einen Transformationsprozess ein Endzustand erreicht werden, der einen gestiegenen Wert aufweist“ (Scheer/Deelmann/Loos 2003, 21). Prozesse „Ein Prozess beschreibt den Vorgang der Zustandsänderung in einem System. Die Zustandsänderung kann dabei Elemente des Systems und deren Beziehung untereinander, aber auch Elemente des Umsystems umfassen, die sich während bestimmter Zeit innerhalb des Systems befinden“ (Dänzer/Huber 1994). „Ein Prozess ist ein systematischer Ablauf von Aktivitäten zur Verwirklichung eines Ziels“ (Juran 1993). Technologie Unter Technologie wird ein „[…] Hilfsmittel zur Erzielung von Wertschöpfung“ verstanden“ (Scheer/Deelmann/Loos 2003, 21). Wettbewerbs„Unter dem Begriff des Wettbewerbsumfeldes können sowohl umfeld Marktkräfte, z.B. Preiskämpfe oder neue Wettbewerber, als auch andere Einflussfaktoren, wie z.B. Veränderungen der Altersstruktur oder Zielgruppe oder ähnliche Punkte, subsumiert werden“ (Scheer/Deelmann/Loos 2003, 21). Strategie/Ziele Eine Strategie dient als Orientierungsrahmen für nachgelagerte Entscheidungen zur Erlangung von Unternehmenszielen (Porter 1985). Akteure/Rollen und „Ein Akteur kann hierbei eine einzelne Person, jedoch auch eine die Be-ziehung ganze Organisationseinheit oder sogar eine Kombination von Orgazwischen den Aknisations-einheiten repräsentieren. An dieser Stelle findet sich die teuren betrachtete Granularitätsstufe im Sinne einer definierten gewinnund verlustverantwortlichen Einheit wieder“ (Scheer/Deelmann/Loos 2003, 21). Betrachtung von „Bei der häufig angeführten Betrachtung eines Unternehmens kann Unternehmen angenommen werden, dass in der Regel als Granularitätsstufe für ein Geschäftsmodell ein Unternehmen betrachtet wird. […] so ist die Wahl des Unternehmens als Betrachtungseinheit nicht immer zutreffend. An dieser Stelle soll dementsprechend der Vorschlag erfolgen, die Betrachtungseinheit vom Unternehmen im Sinne einer rechtlich selbständigen Einheit auf eine im unternehmerischen Sinne gewinnund verlustverantwortlichen Einheit (Organisationseinheit) zu verschieben“ (Scheer/Deelmann/Loos 2003, 21).
Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes
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Güter/Dienstleistungsund Finanzflüsse
„Die Abbildung von Güter- oder Dienstleistungsflüssen spiegelt den produzierenden und wertsteigernden Charakter im Sinne des […] ökonomisch getriebenen Zieles wider.“ Finanzflüsse unterstreichen „[…] die geschäftlich bzw. ökonomisch getriebenen Modellierungsziele. In der Regel werden diese Flüsse diejenigen sein, mit denen die handelnden Subjekte des Geschäftsmodells Gegenwert eines erhaltenen Gutes oder Dienstleistung ausgleichen“ (Scheer/Deelmann/Loos 2003, 21). Tab. 3: Merkmale eines Geschäftsmodells (Quelle: in Anlehnung an Scheer/Deelmann/Loos 2003, 20ff.) Neben dem Begriff „Geschäftsmodell“ werden in der Literatur die Begrifflichkeiten „Geschäftskonzept“, „Geschäftsplan“, „Unternehmensplan“, „Unternehmensgesamtkonzept“ „Geschäftsmodellkonzept“ und „Gründungsplan“ synonym verwendet. Da die Termini in der Literatur nicht überschneidungsfrei definiert werden, existiert keine einheitliche Verwendung der Begriffe (Pecha 2004, 22). Beispielsweise sieht Hamel (2001) keinen Unterschied zwischen Geschäftsmodell und Geschäftskonzept. Für ihn ist ein Geschäftsmodell nichts anderes als ein praktisch umgesetztes Geschäftskonzept. Hingegen setzt Klandt (1999, 84) das Geschäftskonzept dem Unternehmensgesamtkonzept gleich. Dabei versteht er unter einem Geschäftskonzept ein „[…] Ergebnisdokument, in dem die Resultate der Gründungsplanungsaktivitäten festgehalten werden. Es stellt ein integriertes Unternehmensgesamtkonzept dar, d.h. es wird versucht, einerseits alle wichtigen Teilaspekte der Gründungsplanung zu berücksichtigen, und andererseits diese Teilaspekte aufeinander so zu beziehen, dass auf verbaler als auch auf quantitativer Ebene ein einheitliches Gesamtkonzept während des Gründungsplanungsprozesses entsteht“. Schließlich beschreibt Pecha (2004, 39) in seiner Arbeit aus dem Jahre 2004 Konzeptionalisierungsversuche von Geschäftsmodellen als Geschäftsmodellkonzepte. Angesichts der vielen Begrifflichkeiten konzentriert sich die Arbeit auf die Begriffe „Geschäftsmodell“ und „Geschäftsmodellkonzept“. Dem Begriff „Geschäftsmodell“ liegt die Definition von Rentmeister/Klein 2001 zugrunde. Im Wesentlichen unterscheiden sich beide Begriffe, dass ein Geschäftsmodell ein „[…] abstraktes Abbild der relevanten Aspekte der Geschäftstätigkeit“ darstellt, während das Geschäftsmodellkonzept Wege und Mittel aufzeigt, wesentliche Gesichtspunkte der Geschäftstätigkeit verbal und quantitativ darzustellen (Pecha 2004, 24f.). Da sich in der Literatur viele Konzeptionalisierungsversuche von Geschäftsmodellen finden lassen, wird im Folgenden eine Auswahl an Geschäftsmodellkonzepten dargestellt. Die Geschäftsmodellkonzepte wurden dahingehend ausgewählt, inwiefern sie die Bestandteile, die Ziele, die Vorgehensweise zur Erstellung des Geschäftsmodellkonzeptes und die Modellierungssprache zur Darstellung des Geschäftsmodells berücksichtigen. Wirtz (2000) erstellt sein Geschäftsmodellkonzept mit dem Ziel, sowohl die Ideen- und Konzeptfindung des Geschäftsmodells als auch deren Überprüfung zu unterstützen. Dennoch sieht er eine Abbildung aller relevanten Aspekte der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens als nicht zweckmäßig. Wirtz empfiehlt das Geschäftsmodell in die Partialmodelle Kapital-, Beschaffungs-, Leistungserstellungs-, Markt-, Leistungsangebots- und Distributionsmodell einzuteilen. Während das Marktmodell einen Überblick über die Struktur der Märkte, in denen das Unternehmen agiert, bietet, sowie Informationen über die Kunden und die Wettbewerber liefert, befasst sich das Leistungsangebotsmodell mit der Fragestellung, welche Dienstleistun-
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Theoretische Grundlagen
ns tio ibu ell str Di mod
Leistungsangebotsmodell
Le ers istun g tel lun smo g de sll
Marktmodell
gs un aff l sch el Be mod
Ka p mo italde ll
gen an welche Kundengruppe offeriert werden. Das Leistungserstellungsmodell legt fest, welche zuvor im Beschaffungsmodell definierten Produktionsfaktoren in welchem Maße beim Transformationsprozess in Endprodukte eingesetzt werden. Welche Dienstleistungen auf welchem Wege, zu welchem Preis, welche Kunden erreichen, wird im Distributionsmodell festgelegt. Letztendlich beleuchtet der monetäre Erlös- und Finanzierungsrahmen das Kapitalmodell (siehe Partialmodelle in Abbildung 3) (Wirtz 2000, 81ff.). Als Modellierungssprache schlägt Wirtz (2000) eine grafische Notation vor, die in der Lage ist, je nach abzubildendem Sachverhalt alle Partialmodelle abzubilden.
Abb. 3: Partialmodelle des Geschäftsmodellkonzeptes nach Wirtz (Quelle: Wirtz 2000, 83) Ähnlich wie Wirtz (2000), verfolgen Bieger/Rüegg-Stürm/von Rohr (2002) mit ihrem Geschäftsmodellansatz das Ziel, systematisch eigene oder konkurrierende Geschäftsmodelle zu vergleichen oder zu überprüfen. Dabei kommen die Verfasser nach einem Vergleich von bereits acht existierenden Geschäftsmodellkonzepten zum Ergebnis, dass zwischen der Struktur der Konzepte Übereinstimmungen erkennbar sind.
Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes
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Generell kann anhand folgender acht Hauptelemente ein Geschäftsmodell konzeptionalisiert werden: Kernelemente Korrespondierende Frage Leistungskonzept Für welche Kunden welcher Nutzen? Kommunikationskonzept Wie wird die Leistung im relevanten Markt kommunikativ verankert? Ertragskonzept Wie werden Einnahmen erzielt? Wachstumskonzept Welches Wachstumskonzept wird verfolgt? Kompetenzkonfiguration Welche Kernkompetenzen sind notwendig? Organisationsform Welches ist die Reichweite der eigenen Unternehmung? Kooperationskonzept Mit welchen Kooperationspartnern wird zusammengearbeitet? Koordinationskonzept Welches Koordinationskonzept wird angewendet? Tab. 4: Geschäftsmodellkonzept nach Bieger/Rüegg-Stürm/von Rohr (Quelle: Bieger/RüeggStürm/von Rohr 2002, 51) Wie auch Wirtz (2000) bleiben Bieger/Rüegg-Stürm/von Rohr (2002) eine Antwort auf die Frage nach der konkreten Vorgehensweise oder Modellierungstechniken zur Erstellung eines Geschäftsmodells schuldig. Sie konzentrieren sich auf die Beschreibung der Elemente des Geschäftsmodells (Pecha 2004, 52). Das Geschäftsmodellkonzept von Hamel (2001), das als System bezeichnet wird, zeichnet sich durch vier Faktoren und drei Brückenfunktionen aus, die für den Erfolg eines Geschäftsmodells ausschlaggebend sind. Dabei setzt sich die Kernstrategie eines Unternehmens aus dem Gesamtziel der Strategie, dem Wettbewerbsbereich und dem Unterscheidungsgrad zur Konkurrenz zusammen. Das zweite Hauptelement, die strategischen Ressourcen, beinhalten neben den Kernkompetenzen und den Kernprozessen, die strategischen Aktivposten als seltene und wertvolle Aktiva im Besitz des Unternehmens. Zwischen der Kernstrategie und den strategischen Ressourcen steht das Verbindungselement Konfiguration, das die Zusammenführung von Kompetenzen, Aktiva und Prozessen zur Umsetzung einer Strategie veranschaulicht. Der dritte Faktor, die Schnittstelle zum Kunden, stellt die Elemente Art des Kundenkontaktes, Art der Interaktion zwischen Unternehmen und Kunden, die Preispolitik und den Informationsgehalt über Kunden dar. Die Faktoren Kernstrategie und Schnittstellen zum Partner sind über das Brückenelement Kundennutzen verbunden, was den Einklang von Kundennutzen mit der Unternehmensstrategie verdeutlichen soll. Das letzte Kernelement, das Wertschöpfungsnetzwerk, gibt Aufschluss, welche Ressourcen des Unternehmens erweitert oder vervollständigt werden sollen. Hier unterscheidet Hamel (2001) nach Zugang zu in der Wertschöpfungskette vorgelagerten Ressourcen durch Lieferanten, nach Zugang zu eher horizontalen Komplementaritätsressourcen und nach Koalitionen mit gleich gesinnten Konkurrenten. Als Verbindungsstück zwischen strategischen Ressourcen und Wertschöpfungsnetzwerken gilt die Brückenfunktion Unternehmensgrenzen, die der Frage nachgeht, welche Ressourcen bzw. Prozesse selber durchgeführt und welche an die Mitglieder des Wertschöpfungsnetzwerkes vergeben werden. Letztendlich müssen die Brückenfunktionen und Faktoren so zusammenspielen, dass als Ergebnis der Unternehmenswert positiv ist (Hamel 2001, 88ff.).
Theoretische Grundlagen „Brücken“ GewinnKompopoten- Hauptkomponenten nenten zial
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Kundennutzen
Konfiguration
Schnittstelle zum Kernstrategie Kunden - Support - Informationen - Beziehungsdynamik - Preisstruktur
- Business Mission - Produkt-/ Marktumfang - Differenzierungs
Unternehmensgrenzen
Strategische Ressourcen
Wertschöpfungsnetzwerk
- Kernkompetenzen - Kernprozesse
- Lieferanten
- Partner - Bündnisse
Effizienz/Einzigartigkeit/Passgenauigkeit/Gewinnverstärker
Abb. 4: Bausteine eines Geschäftsmodells (Quelle: Hamel 2001, 115) Das Vorgehen beschränkt sich bei Hamel (2001) auf einen Fragenkatalog, der es dem Anwender erlaubt, Defizite seines bisherigen Geschäftsmodells zu identifizieren. Der Schwerpunkt seines Konzeptes liegt wiederum auf der Beschreibung der Bestandteile des Geschäftsmodells. Eine Modellierungssprache wird nicht vorgeschlagen. 2.1.3.2 Herleitung des Outsourcingmodell- und des Outsourcingmodellkonzeptbegriffs In diesem Kapitel wird eine Definition des Begriffs „Outsourcingmodell“ aus der Begriffsdefinition „Geschäftsmodell“ abgeleitet. Im Anschluss werden die Merkmale, die ein Geschäftsmodell charakterisieren, auf den Bereich „Outsourcing“ übertragen. Auf Basis der für den Begriff „Outsourcingmodell“ spezifizierten Merkmale, wird die Fallstudienanalyse in Kapitel 4.3 strukturiert. In Anlehnung an die Definition des Begriffs „Geschäftsmodell“ von Rentmeister/Klein 2001 wird der Begriff „Outsourcingmodell“ wie folgt definiert: „Ein Outsourcingmodell ist ein Modell auf hoher Abstraktionsstufe, das wesentliche, relevante Aspekte der Fremdvergabe in aggregierter, überschaubarer Form abbildet, um daran Ideen und Konzepte für die Fremdvergabe zu finden, überprüfen und/oder bewerten zu können. Es dient als Grundlage für ein gemeinsames Verständnis der organisationsübergreifenden Wertschöpfung, insbesondere der Leistungs- und Verantwortungsteilung, seiner zugrunde liegenden Prozesse und Systeme, seiner Kosten und implizierten Risiken.“ Das Ergebnisdokument, in dem die Resultate aus der Konzeption des Outsourcingmodells festgehalten werden, wird als Outsourcingmodellkonzept gesehen. Zur Herleitung der Definition des Begriffs „Outsourcingmodellkonzept“ orientiert sich der Autor an der Definition des Begriffs „Geschäftskonzept“ von Klandt (1999): „Ein Outsourcingmodellkonzept beschreibt strategische und operative Aspekte einer ordentlichen Geschäftstätigkeit zwischen OEM und Zulieferpartner unter Berücksichtigung der von den Akteuren und ihrer Umwelt implizierten Rahmenbedingungen. Die konkrete Abbildung des Outsourcingmodells stellt ein integriertes Fremdvergabegesamtkonzept dar, das alle wichtige Teilaspekte der Planung berücksichtigt und die Teilaspekte aufeinander so bezieht, dass sowohl aus quantitativer als auch aus qualitativer Sicht ein einheitliches Gesamtkonzept entsteht. Es unterstützt die Entscheidung pro oder contra Auslagerung der Wertschöpfung und
Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes
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fungiert zudem als Planungs- und Steuerungsinstrument über den gesamten Lebenszyklus der gemeinsamen Geschäftstätigkeit hinweg.“ Überträgt man die Elemente eines Geschäftsmodells auf das Phänomen Outsourcing, ergeben sich folgende Bestandteile für ein Outsourcingmodell (siehe Tabelle 5). Merkmal Abstraktion/ Aggregation Wertschöpfung
Bedeutung analog Geschäftsmodell (siehe Tabelle 3)
Die Wertschöpfung spiegelt die Leistungserstellung im Rahmen der Fremdvergabe durch OEM und/oder Partner sowie durch die SubLieferanten wider. Ausgehend von einem gegebenen Ausgangszustand kann durch einen Transformationsprozess ein Endzustand erreicht werden, der einen gestiegenen Wert aufweist. Prozesse Ein Prozess ist ein systematischer Ablauf von Aktivitäten zur Leistungserstellung. InformationsDie Informationstechnologie (IT) gewährleistet den Informations- und technologie Datenaustausch zwischen den Akteuren einer Fremdvergabe. FremdvergabeUnter dem Begriff des Fremdvergabeumfelds können sowohl externe, umfeld z.B. Branchen-, Wettbewerbs- und Marktkräfte, als auch interne Faktoren, z.B. OEM- und partnerspezifische Rahmenbedingungen, Unternehmensorganisation, Machtverhältnisse, die Einfluss auf die Fremdvergabe haben, subsumiert werden. Strategie/Ziele Konkrete Ergebnisse, die durch die Auslagerung von Leistungen an externe Dienstleister erzielt werden. Die Ziele der Fremdvergabe unterstützen übergeordnete strategische Unternehmensziele. Akteure/Rollen Als Akteure werden die an der Fremdvergabe beteiligten Wirtschaftsund die Besubjekte OEM und Partner als gewinn- und verlustverantwortliche ziehung zwischen Organisationseinheiten verstanden. Erweitert wird der Betrachtungsden Akteuren raum durch die Berücksichtigung von Sub-Lieferanten Betrachtung von Als Granularitätsstufe für ein Outsourcingmodell wird die BetrachUnternehmen tungseinheit Unternehmen oder organisatorische Einheit im Sinne einer sowohl rechtlich selbständigen Einheit als auch gewinn- und verlustverantwortlichen Organisationseinheit verwendet. GüterAbbildung von Güter- oder Dienstleistungsflüssen zwischen OEM /Dienstleistungs- und Partner bzw. Sub-Lieferanten. und Finanzflüsse Finanzflüsse analog Geschäftsmodell (siehe Tabelle 3) Tab. 5: Merkmale eines Outsourcingmodells (Quelle: Eigene Darstellung) Die Definition des Begriffs Outsourcingmodell bezieht sich nicht bewusst auf das ganze Unternehmen, da von Outsourcingaktivitäten nicht unmittelbar ein ganzes Unternehmen, sondern auch organisatorische Instanzen eines Unternehmens betroffen sind. Je nach Unternehmensstruktur müssen monetäre Auswirkungen und Risiken von Fremdvergaben vom Unternehmen gesamthaft oder von einzelnen Unternehmensbereichen getragen werden. Da eine Externalisierung der Wertschöpfung erst im Verbund mit anderen Unternehmen Sinn macht und erfolgreich betrieben werden kann, adressiert es alle daran beteiligten Akteure. Die Adressaten der Methode sind sowohl Entscheidungsträger von OEM und Tier-0,5-Zulieferer als auch
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Theoretische Grundlagen
Mitarbeiter auf der strategischen und operativen Ebene während der Initialisierungs-, Anfrage- und Verhandlungsphase bis zur Entscheidung pro oder contra Fremdvergabe. Der speziell für den Untersuchungsgegenstand der Automobilindustrie zutreffenden Annahme Windeler’s (2001), dass Zuliefer-Abnehmer-Beziehungen zwischen einem Tier-0,5 Zulieferer (Systemlieferanten) und einem Tier-2-Zulieferer (Komponentenlieferanten) in entscheidendem Maße von dem weiteren Beziehungsgeflecht zwischen OEM, Tier-0,5/1-Zulieferer und Tier-2Zulieferer abhängen, wird zudem Beachtung geschenkt. Das Konzept des Outsourcingmodells muss im Einverständnis zwischen OEM und Zulieferer erfolgen. Dennoch erfolgt die Erstellung der Methode zur Erstellung eines Outsourcingmodellkonzepts in den weiteren Ausführungen aus Sicht des OEM als Auftraggeber. Tabelle 6 zeigt die Funktionen und die Adressaten, die ein Outsourcingmodellkonzept erfüllen bzw. adressieren sollte: Adressaten
Funktionen des Outsourcingmodellkonzepts Externe - Kunden Kommunikationsfunktion: Sicht - Medien - Vertrauensbildung - Branche - Kapitalbeschaffung - Kapitalgeber - Meinungsbildung Interne - Entscheidungsträger OEM Planungsfunktion: Sicht und Tier-0,5-Lieferanten - Fixierung und Abstimmung der Ziele - Involvierte Sub- Basis für Handlungsalternativen Lieferanten Evaluierungsfunktion: - Projektmitarbeiter OEM - Machbarkeitsprüfung und Tier-0,5-Lieferanten - Überprüfung der internen Konsistenz Implementierungsfunktion: - Zeitliche Koordination der Einzelaktivitäten - Aufgabenteilung und Delegation Kontrollfunktion - Kontrolle Soll-Ist-Abweichung - Rechtzeitige Ziel-/Maßnahmenanpassung Tab. 6: Adressaten und Funktionen eines Outsourcingmodellkonzepts (Quelle: in Anlehnung an Pecha 2004, 23; Dowling 2001b, 220; Finke-Schürmann 2001, 108; Klandt 1999, 87ff.; Sexton/Bowman-Upton 1991, 143ff.)
Die Automobilindustrie als empirisches Untersuchungsfeld 2.2
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Die Automobilindustrie als empirisches Untersuchungsfeld
2.2.1 Die Automobilindustrie Für die deutsche Volkswirtschaft stellt die Automobilindustrie eine Schlüsselindustrie dar. Mit einem Umsatz von 290 Mrd. Euro ist heute mehr als jeder fünfte in Deutschland von der Industrie erwirtschaftete Euro auf die Autobranche zurückzuführen (VDA 2008, 4). Im Jahr 2007 exportierte die deutsche Automobilindustrie Erzeugnisse im Wert von über 187 Mrd. Euro. Im gleichen Zeitraum wurden Fahrzeuge und Teile im Wert von 82 Mrd. Euro importiert. Damit wurden 85 Prozent des Außenhandelsüberschusses der deutschen Wirtschaft von der Automobilindustrie erzielt. Zudem werden in der Automobilindustrie insgesamt 750.000 Arbeitnehmer und somit rund 72.300 Arbeitnehmer mehr als noch vor 10 Jahren beschäftigt. Im gleichen Zeitraum investierte die Automobilbranche am Standort Deutschland über 100 Mrd. Euro und stellte damit 23 Prozent der gesamten Industrieinvestitionen. Allein 2007 beliefen sich die getätigten Investitionen auf über 10 Mrd. Euro (VDA 2008, 5). Darf man Prognosen vergangener Jahre Glauben schenken, sieht die Automobilindustrie einer positiven Zukunft entgegen. Demnach soll die Automobilproduktion bis 2015 weltweit von 57 auf 76 Millionen Einheiten steigen und ein Investitionsvolumen von rund 2.000 Milliarden Euro bewegen. Folglich wächst die Wertschöpfung in Entwicklung und Produktion im gleichen Zeitraum jährlich um durchschnittlich 2,6 %, d.h. von heute 645 auf 903 Milliarden Euro (O.V. 2004a, 1). Dieser Prognose stehen die aktuelle Finanzkrise und die rückläufige Weltkonjunktur entgegen, die den Autobauern schwer zu schaffen machen. Die deutsche Automobilindustrie hatte im Jahr 2008 mit weltweiten Umsatzeinbrüchen mit bis zu 26% und mit Stellenabbau mit bis zu 6% zu kämpfen (Seiwert et. al. 2008). Für das Jahr 2009 ist angesichts der steuerlichen Mehrbelastung der Privathaushalte, der hohen Mobilitätskosten und der durch die CO2-Diskussion eingetretenen Verunsicherungen über die zukünftigen Rahmenbedingungen „ […] eine durchgreifende Belebung der über Jahre hinweg bereits anhaltenden Schwäche der Inlandsnachfrage nach Automobilen noch nicht zu erkennen.“ (VDA 2008, 6). Die Autobranche sieht, laut einer internationalen Umfrage unter 200 Vertretern der Automobil- und Zulieferindustrie des Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG zufolge, die kommenden fünf Jahre als schwierig an. Vorstände und Geschäftsführer von führenden Automobilherstellern und Zulieferern erwarten für 2009 bis 2013 geringere Umsätze und Gewinne, mehr Insolvenzen sowie eine größere Zahl von Fusionen und Übernahmen (Steiler 2009). Da in der Literatur unterschiedliche Begrifflichkeiten zur Beschreibung der Automobilindustrie verwendet werden, lohnt es sich, den Begriff „Automobilindustrie“ näher zu betrachten. Für Terporten (1999, 86) umfasst die Automobilindustrie „[…] Hersteller von Kraftwagen und deren Motoren, von Straßenzugmaschinen, Aufbauten, Anhängern, Kraftfahrzeugteilen und Zubehör“. Wolters (1995, 6f.) versteht die Automobilindustrie als „[…] ökonomische Einheiten, welche eigen- und/oder fremdbezogene Güter zu einem Endprodukt kombinieren und dieses am Markt Kunden und Endkunden offerieren. Dabei können die einzelnen Bauteile aus der eigenen, einer gemeinschaftlichen oder einer fremden Produktion stammen.“ Die Automobilindustrie besteht aus Automobilhersteller und Zulieferer. Dabei wird der Begriff „Original Equipment Manufacturer“ (OEM) synonym zum Automobilhersteller verwendet und als „[…] Nachfrager, die die Produkte […] bei Zulieferern beschaffen, um sie in ihre (End-) Produkte einzubauen“ verstanden (Eckles 1990, 10; Backhaus 2003, 705). Der Begriff „Zulieferer“ charakterisiert Unternehmen, die „[…] Herstellerunternehmen mit industriellen
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Theoretische Grundlagen
Vorprodukten und den zugehörigen Dienstleistungen beliefern“ (Backhaus 2003, 705). Da für die Arbeit die Analyse eines breiten Spektrums an unterschiedlichen Zuliefertypen in der Automobilindustrie eine wichtige Rolle spielt, wird auf eine weiter gefasste Definition des Begriffs „Zulieferer“ zurückgegriffen und wie folgt definiert: „Zu den Automobilzulieferern zählen die Unternehmen, die Produkte oder Vorprodukte herstellen, die direkt im Fahrzeug zur Montage kommen. Die Unternehmen stehen in einmaligen oder regelmäßigen Lieferbeziehungen zu den Automobilherstellern“ (Ittermann/Mühge/Schumann 2003, 14). Zulieferer können anhand der Verwendung der Ergebnisse ihrer Wertschöpfungsaktivitäten eingeordnet werden. Unternehmen der Zulieferindustrie, die Gebrauchsgüter für professionelle Abnehmer herstellen, fallen unter die Kategorie Maschinen- und Anlagenbauer, während Unternehmen, die Verbrauchsgüter für produktive Verwendung produzieren, in die Kategorie Zulieferunternehmen eingeordnet werden (Schuh 2003, 21f). Als Merkmal der Zulieferindustrie gilt die vertikale Arbeitsteilung. Die Zulieferumfänge werden von den technologischen Konzepten der Automobilhersteller definiert, was dazu führt, dass die Zulieferer selbst vom Endverbrauchermarkt abgeschottet sind (Geck/Petry 1983, 14ff.). Die Zulieferindustrie gilt als komplexes, polyzentrisches Unternehmensnetzwerk, das über mehrere hierarchisch geordnete Steuerungszentren verfügt. Nahezu jeder Zulieferer besitzt ein Zuliefernetzwerk, das mit einer steigenden Position in der Wertschöpfungskette an Komplexität zunimmt. Die fokale Position eines Zulieferunternehmens zeigt die Hierarchie des Unternehmensnetzwerkes im Gesamtnetzwerk auf (Windeler 2001, 346). Zudem weist die Zulieferindustrie eine starke Fragmentierung und eine hohe Heterogenität auf. Im Vergleich zu den Automobilherstellern, bei denen die zehn größten Unternehmen circa 85% des Weltmarktes kontrollieren, beherrschen in der Zulieferindustrie die zehn größten Zulieferer nur 30% des Zuliefermarktes (Rösch 2002, 15). Die Heterogenität der Zulieferindustrie resultiert aus der Komplexität, dem Technologiegrad, der Individualität der Zulieferumfänge als auch aus den Unternehmensgrößen und Beteiligungsverhältnissen der Zulieferer (Hanke 1993, 61). Beispielsweise machen 60,4% der Zulieferer kleine und mittlere Betriebe von 10 bis 50 Mitarbeitern aus. Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl von 50 bis 250 stellen 23,5% aller Zulieferunternehmen dar. Lediglich 10% der Zulieferunternehmen haben mehr als 250 Beschäftigte (Mühge/Herwig/Tackenberg 2003, 6f.). Daraus resultiert eine geringere Marktmacht und eine geringere Preisfestsetzungskraft des einzelnen Zulieferers (Wagner 2000, 136). Zur Kategorisierung der einzelnen Zulieferer hat sich bisher noch keine einheitliche Struktur durchgesetzt, so dass mehrere Systematisierungen nebeneinander bestehen. Beispielsweise wird die Zulieferindustrie in insgesamt vier Zuliefertypen zu: Volumen-, Komponenten und Nischenanbieter sowie Modul- bzw. Systemspezialisten eingeordnet (O.V. 2001b, o.S.). Dabei werden in der Literatur die Begriffe Systeme, Module, Komponenten und Teile z.T. synonym verwendet bzw. nicht klar voneinander abgegrenzt, da eine branchenweite Definition nicht vorliegt (Strey 1998, 3). In dieser Arbeit wird unter Modul, montagefähige Einheiten verstanden, die sich an der Einbaureihenfolge des OEM orientieren (Müller-Stewens/Glocke 1995, 13). Sie bestehen aus mehreren Bauteilen und erfüllen als komplexe Baueinheit eine Grundfunktion (Eicke/Femerling 1991, 32f). Wolters (1995, 7) differenziert die Zuliefertypen nach der Art der Zusammenarbeit im Produktentwicklungsprozess in Entwicklungs- und Produktionslieferanten sowie kombinierte Entwicklungs- und Produktionslieferanten. Entwicklungslieferanten sind innerhalb bestimmter Rahmenvorgaben eigenverantwortlich für die Entwicklung von Teilen, Komponenten oder Systemen zuständig. Die Serienproduktion liegt
Die Automobilindustrie als empirisches Untersuchungsfeld
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jedoch nicht in ihrer Verantwortung. Dagegen liefern Produktionslieferanten Zulieferumfänge nach vorgegebenen produktionstechnischen Vorgaben. Somit minimieren die Entwicklungslieferanten durch einen gewissen Entwicklungsanteil die Abhängigkeit von den Produktionskosten als Mittel zur Differenzierung vom Wettbewerb (Wolters 1995, 7ff.). Eine weitere Zulieferkategorisierung in die einzelnen Hierarchieebenen der Zulieferpyramide unterteilt sie in Tier-1- bis Tier-n-Lieferanten. Kombinierte Entwicklungs- und Produktionslieferanten, die Zulieferumfänge zumindest teilweise selbst entwickeln und Zulieferer, die eine aktive Mitarbeit in Entwicklung und Forschung des OEM bieten, gelten als Tier-1Lieferanten. Norm- und Standardteilelieferanten, auch unter dem Begriff Tier-2-Zulieferer bekannt, produzieren nach vordefinierten entwicklungs- und fertigungstechnischen Vorgaben der Auftraggeber. Sie sichern durch Lieferung von Grundstoffen die Vorfertigungskapazitäten ihrer Auftraggeber (Abend 1992, 9). Letztendlich dient die Typologie zur Kategorisierung der Zulieferer gemäß VDA-Standard als Definitionsgrundlage für weitere Ausführungen. Demnach liefert der Teilelieferant bzw. Teilentwickler Standardteile und fertigt nach Vorgaben des Auftraggebers. Er entwickelt keine Produkte und ist nicht oder gering in den Geschäftsprozess des Auftraggebers eingebunden. Der Produktentstehungsprozess des zu liefernden Teils wird vollständig vom Teilelieferanten bzw. Teileentwickler bestimmt (VDA 2001, 16f.). Nach Meinung Wolters (1995, 73) zeichnet sich der (Norm)-Teilelieferant durch den Vorteil der kostengünstigen Produktion aus. Der Komponentenlieferant bzw. Tier-2-Lieferant ist verantwortlich für die Entwicklung und Produktion einer Komponente. Ähnlich wie der Teilelieferant ist er nicht oder wenig in den Geschäftsprozess des Auftraggebers eingebunden und bestimmt den Produktentstehungsprozess selbst (VDA 2001, 18f). Zusätzlich erbringt der Komponentenlieferant Logistikleistungen (z.B. Just-In-Time Anlieferung von Teilen oder höherwertigen Komponenten) (Harrison 2004, 43). Der Modullieferant bzw. -entwickler ist verantwortlich für die Entwicklung, Integration oder Produktion von komplexen Baugruppen. Er besitzt die primären Daten einer Baugruppe und gibt diese im Bedarfsfall und in reduzierter Version an den Auftraggeber weiter (VDA 2001, 20). Der Systemlieferant oder der -entwickler hat die Verantwortung für die Entwicklung und Produktion von funktional zusammenhängenden Entwicklungsbausteinen, die an unterschiedlichen Stellen im Fahrzeug wiederzufinden sind. Systemlieferanten werden in der Literatur oftmals als Tier-1-Lieferanten bezeichnet. Auch ist die Abgrenzung zum Modullieferanten nicht immer gegeben. Systemlieferanten stellen ihre funktionale Integration sicher, verwalten die wesentlichen Daten und liefern im Bedarfsfall reduzierte Daten an den Auftraggeber (VDA 2001, 22). Systemlieferanten sind in der Lage, aktiv an der Weiterentwicklung von Systemen mitzuwirken und an Veränderungen des Fahrzeugdesigns zu antizipieren. Zumeist frühzeitig in den Entwicklungsprozess des OEM einbezogen, übernehmen sie die aktive Steuerung von Sub-Lieferanten (Wolters 1995, 73; Appelfeller/Buchholz 2005, 75). Die Steuerung und Überwachung von Systemlieferanten erfolgt zumeist über automatisierte Informationssysteme des Automobilherstellers (Large 2006, 224; Arnold 2004, 22). Überhaupt wird in diesem Bereich ein verstärkter Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik zur Kostenreduzierung verzeichnet (Iker 2005, 271ff.). Letztendlich verantwortet der Generalunternehmer, auch als Tier-0,5-Lieferant bezeichnet, die komplette Entwicklung und/oder die Produktion. Bezüglich Leistung und Fähigkeit ist er mit dem Auftraggeber vergleichbar, nur die Vertriebs- und Ersatzteilprozesse werden durch den Auftraggeber erledigt (VDA 2002, 24).
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Theoretische Grundlagen
2.2.2 Treiber des Wandels In diesem Kapitel wird dargestellt, welche Faktoren in den letzten Jahren Einfluss auf die Automobilindustrie ausübten, die sich, angesichts kontinuierlich und sich schnell ändernder Rahmenbedingungen des Wettbewerbsumfeldes und Zielmarktes, mit neuen Herausforderungen konfrontiert sieht. 2.2.2.1 Preisdruck und Veränderungen der Wertschöpfungsstruktur Vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten bekamen die Automobilhersteller die Konsequenzen der Globalisierungstendenzen zu spüren (Balling 1997, 32). Demnach sahen sie sich gezwungen, auf das veränderte Kundenverhalten zu reagieren und für einen weltweiten Kundenkreis Produkte bereit zu stellen, der seine differenzierten Bedürfnisse aus dem Produktangebot globaler Anbieter befriedigt. Der globale Umstrukturierungsprozess ist nur eine Ursache für den immer härter werdenden Wettbewerb auf dem Automobilmarkt (Lamming 1994, 36f.). Zudem sieht sich die Automobilindustrie mit einem Rückgang des Marktvolumens in Europa, USA und Japan konfrontiert (Ebel/Hofer/Al-Sibai 2004, 3). Die Sättigungstendenzen der Triadenmärkte sollen durch neue Absatzmärkte in Lateinamerika und Asien kompensiert werden. Derzeit richten sich die Vertriebsstrategien der Automobilhersteller auf den Aufbau von Produktions- und Vertriebsstrukturen in China und Indien (Becker 2005, 11). Steigende Preise auf dem Rohstoffmarkt und die Lage auf den internationalen Finanzmärkten tragen ihren Teil zur schwierigen Situation der Automobilindustrie bei. Folge der Misere sind wachsende Überkapazitäten und zunehmender Preis- und Margenverfall (Wahrendorff/ Jeltsch/Baier 2001, 2). Um sich auf dem Automobilmarkt zu positionieren und durchzusetzen, müssen die Automobilhersteller dem Wettbewerbs- und Innovationsdruck standhalten. Der damit einhergehende Kostendruck führt zu einer Preisdruckwelle, die vom OEM auf die Lieferanten abgewälzt wird (Roth 2005, 6). 2.2.2.2 Kundenindividualisierte Produkte Die Anforderungen der Kunden in Hinblick auf Komfort, Sicherheit und Individualisierung erfordern kostenintensive Technologien und Innovationen (O.V. 2001b, o.S.). Um die Kundenbedürfnisse zu befriedigen, verlangt der Markt nach kundenindividualisierten Produkten. Auch unter dem Schlagwort „mass customization“ bekannt, wird die Meinung vertreten, dass nahezu jeder Kundenwunsch erfüllt werden sollte. Picot (1996, 3) spricht dabei von einem Wandel vom Verkäufermarkt hin zum Käufermarkt während Prasad (1996, 11) sogar den Paradigmenwechsel vom „Push“- zum „Pull“-Prinzip postuliert. Um der Forderung nach individuellen Produkten nachzukommen, wurde in den 90er Jahren die Angebotspalette der Automobilhersteller anhand von Modelloffensiven stark erweitert. Nie zuvor in der Geschichte des Automobils gab es derart viele verschiedene Fahrzeugsegmente. Neben den klassischen Fahrzeugmodellen, z.B. Limousinen, steigt die Nachfrage nach individuellen Autos, wie Cabriolets, Roadster, Coupés, Vans, Off-Roads, Pickups und Sport Utility Vehicles (SUVs) (Ebel/Hofer/Al-Sibai 2004, 4). Waren diese noch vor einem Jahrzehnt den kleineren Spezialherstellern vorbehalten, werden heute fast alle Marktnischen von den großen Herstellern eingenommen (Stockmar 2002, 12). Einhergehend mit dem zunehmenden Angebot an Fahrzeugmodellen stieg auch die Anzahl der Ausstattungsmerkmale, wie Sonderausstattungspakete oder länderspezifische Ausstattungspakete (Wahrendorff/ Jeltsch/Baier 2001). Produktdifferenzierungsstrategien sind bei allen Herstellern in der Automobilindustrie zu beobachten (Paul/Harms 2004, 324). Die Automobilindustrie setzt auf die Differenzierungsstrategie, um
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durch die Befriedigung individueller Marktbedürfnisse neue Marktsegmente zu erschließen und langfristig Absatzpotenziale zu sichern (O. V. 1997a, 140). Jedoch bringt die hohe Anzahl an Produktvarianten nicht nur steigende Umsatzzahlen, sondern stellt auch einen Kostenfaktor dar. Empirische Studien belegen, dass die Verdoppelung der Variantenzahl eine Kostenerhöhung um 20-30% mit sich bringt (Kaiser 1993, 21). Um den Kostenanstieg zu kompensieren, bedienen sich die Automobilhersteller unter anderem der 9 Plattform-, Baukasten- oder Gleichteilestrategien . Beispielsweise stellte VW seine Fahrzeugpalette so um, dass alle Fahrzeuge von VW, Audi, Seat und Skoda auf insgesamt vier unterschiedlichen Plattformen basieren (Müller-Stewens/Glocke 1995, 8). Ähnlich Ford, die bereits seit Anfang der neunziger Jahre die bislang benötigten 24 Fahrzeugplattformen auf 16 reduzierten (Glöckner 1996, 64). Die Gleitteilestrategie wurde bereits Anfang der Neunziger angewandt. Der Honda Domani, der 1992 für den japanischen Markt vorgesehen war, war im Verhältnis zur Gesamtteileanzahl zu 60% identisch mit dem Vorgängermodell Honda Civic. Nur ein Drittel der verwendeten Teile fielen unter die Kategorie Neuteile (MüllerStewens/Glocke 1995, 8). 2.2.2.3 Technologischer Fortschritt Der Einsatz von technologischen Innovationen ist zur Realisierung wettbewerbsdifferenzierender Produkte für den langfristigen Erfolg der Automobilhersteller kritisch (VDI 2001). Daher wird das Automobil als komplexer Technologieträger gesehen. Als ein Produkt, das sich an individuelle Wünsche anzupassen und eine intelligente Verbindung von Technik und Kommunikation darzustellen hat. Bereits im Jahre 2000 wurde der Anteil von Elektrik/Elektronik am Gesamtumfang der Innovationen in der Automobilindustrie auf etwa 80% geschätzt (Dörr 2000). Eine Steigerungsrate der Technologieumfänge von circa 10% wird erwartet (O.V. 2000b, 23). Beispielsweise betrug der Wertschöpfungsanteil von Elektrik/Elektronik bei Einführung der S-Klasse von Mercedes Benz im Jahre 2000 etwa 37% (O.V. 2001c, 10).
9
Siehe Glossar.
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Theoretische Grundlagen
Technological Innovations and „vehicle content“ are the major product-driven growth areas (to 2010)
Body
Cockpit
- Weight reduction - New body concepts - Passive safety
- Increase of comfort - Integration of new functions
Powertrain
Multimedia
- Weight reduction - Electronis integration
- Telematic system - Shorter product cycles
Chassis - Safety features - Comfort features - Weight reduction
Electronics - Electronic features - X by wiretechnologies
Engine - Emission economy regulations - Hybrid fuel cell
Abb. 5: Entwicklungstendenzen technologischer Innovationen (Quelle: O.V. 2000b, 23) Die Möglichkeiten und Auswirkungen neuer Technologien sind mannigfaltig. Die Intelligenz der Automobile dient zur Unterstützung und Entlastung der Kunden. Die positive Wahrnehmung der Kunden provoziert erhöhte Ansprüche an bestehende Technologien und eine erhöhte Erwartungshaltung gegenüber Innovationen. Die zunehmende Integration von Elektrik/Elektronik-Anteilen steigert die Heterogenität der Systeme. Unterschiedliche Lebenszyklen der heterogenen Systeme und die zusätzlichen Kundenbedürfnisse erfordern die ständige Erweiterung von Produkten durch weiterentwickelte Technologien. Die negativen Folgen des technologischen Fortschritts äußern sich in hohen Investitionen für Neu- und Folgeentwicklungen, die die Automobilhersteller und -lieferanten belasten (Schulz 2002, 14). 2.2.2.4 Varietät und Dynamik der Umwelt Automobilhersteller sind in ein dynamisches und globales Wertschöpfungsnetzwerk bestehend aus einer hohen Anzahl heterogener Interessensgemeinschaften eingebettet. Institutionen wie Gesetzgeber, unabhängige Auditierungs- und Kontrollgremien, Normierungs- und Qualitätssicherungsinstitutionen (z.B. ISO), Kunden, Wettbewerber und Zulieferer definieren Rahmenbedingungen bzw. Restriktionen und schränken den Handlungsspielraum der Automobilhersteller ein (Schulz 2002, 16). Im Bereich Politik sind unter anderem die Öffnung der Grenzen, die Änderungen in der Fiskal-, Währungs- und Kreditpolitik sowie der Ein- und Ausfuhrbesteuerung zu nennen, deren Zeitfenster immer enger werden. Der Gesetzgeber verhängt angesichts der Umweltpolitik ständig neue Auflagen über die Automobilindustrie. Neben den gesetzlichen und institutionellen Vorgaben sehen sich Automobilhersteller zunehmender Verpflichtungen gegenüber seinen Zulieferern (Schulz 2002, 15). Multidisziplinäre
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global verteilte Teams, bestehend aus Partnern und Zulieferern, gestalten im Rahmen flexibler Kooperations- und Produktionsnetzwerke gemeinsam den gesamten Wertschöpfungsprozess von Anfang bis Ende (Gartz 1997, 634). Auch die indirekte Beeinflussung des Beschaffungsmarktes durch Kapitalmarkt-Analysten erhöht den Unsicherheitsfaktor wirtschaftlichen Handelns (Hundt 2000, 205). Der Wandel des Unternehmensumfeldes wird durch das unberechenbare Verhalten der Wettbewerber, z.B. durch Besetzung neuer Marktnischen oder neuer Märkte, verstärkt (Späth 2000, 21). Um den operationalen Wert des Produktes zu steigern, wird vermehrt auf Dienstleistungen externer übergeordneter Technologie- und Innovationsträger zurückgegriffen. Als Beispiele sind die Einbindung von mobilen Navigationssystemen, intelligenten Tele-Diagnosen, Agenten-basierten Services, Abruf von Verkehrsinformationen oder der Zugang zu webbasierten Anwendungen zu nennen. Nachteil hierbei ist, dass die Automobilhersteller auf die ständige Weiterentwicklung externer Technologie- und Innovationsträger einen beschränkten Einfluss haben. Vielmehr sind die Fahrzeughersteller den externen Einflüssen ausgesetzt. Soll das Produkt zusätzliche Differenzierungsmerkmale bieten, müssen externe Veränderungen in der Produktentwicklung berücksichtigt werden (Schulz 2002, 16). 2.2.2.5 Markt-, Produkt- und Prozesskomplexität Die Dynamik und die Vielfalt der Umwelt impliziert, dass die Automobilhersteller mit internationalen Märkten, heterogenen Kundenwünschen, einer Vielzahl an gesetzlichen Restriktionen und einer hohen Wettbewerbervarietät konfrontiert sind. Die Anzahl, die Vernetzung und die Volatilität der Interessensgruppen resultiert in einem komplexen Beziehungsnetzwerk, das eine langfristige stabile strategische Ausrichtung eines Unternehmens schwierig erscheinen lässt. Die komplexe und volatile Umwelt der Automobilhersteller resultiert in einer zunehmenden Produkt- und Prozesskomplexität. Beispielsweise erfordern die Ansprüche des Käufermarktes kundenindividualisierte Produkte für viele Kunden mit differenzierten Anforderungen (Krökel 2001, 30ff.; Frank/Zimmermann 2002, 117f.). Einhergehend mit der Produktdifferenzierung der Automobilhersteller und dem forcierten Nischenmarketing ist ein Anstieg der Produktkomplexität zu verzeichnen (Ganal 2002, 9). Beispielsweise zeichnen sich Cabriolets sowohl im Bau als auch in der Entwicklung durch Anforderungen aus, die spezielle technische Lösungen verlangen. Die geforderte Intelligenz des Produktes basierend auf Elektronik und Software setzt eine zunehmende Vernetzung der Funktionalitäten und Informationen voraus (Klocke 1998, 27). Beispielsweise kann das adaptive Kurvenlicht erst durch Zusatzinformationen über Geschwindigkeit, Lenkwinkel, Position des Gegenverkehrs zum vollen Einsatz kommen. Die steigende Anzahl an Systemen und Signalen im Bordnetz eines Automobils kann als ein Indikator für die zunehmende Vernetzung und somit für die zunehmende Komplexität des Produktes herangezogen werden (Schulz 2002, 18). In Folge hat sich das Automobil zum komplexesten Konsumgut mit bis zu 25000 Einzelteilen und an die 6000 Funktionen entwickelt (Kamphausen 1998, 38). Die Anzahl der PKW-Modelle in Deutschland hat sich in den letzten 20 Jahren von 140 auf 260 fast verdoppelt, während die Variantenzahl um ganze 80% zunahm (Roth 2005, 17). Beispielsweise können beim VW Golf Käufer heute über eine Million Varianten konfigurieren (O.V. 2001). Alleine in der 7er Baureihe der BMW Group sind nach den Grundsätzen der Kombinatorik theoretisch 10 hoch 17 verschiedene Varianten möglich. Hält man sich die rechnerisch mögliche Vielfalt von 10 hoch 32 Varianten der Produktpalette der BMW Group vor Augen, wird deutlich, wie hoch die Anforderungen an eine stabile Prozessplanung sind (O.V. 2004b, 15).
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Theoretische Grundlagen
Die zunehmende Produktkomplexität geht mit einem Komplexitätsanstieg der davon betroffenen Prozesse und wiederum Teilprozesse einher. Ursache für den Komplexitätsanstieg ist die Bereitstellung produktbeschreibender Informationen (z.B. CAD-Daten, Spezifikationsdokumente, Qualitätsanforderungen) aus einer hohen Anzahl unterschiedlicher Teilprozesse (Schulz 2002, 18). Bedingt durch die leichte Änderbarkeit von Software, verzeichnen vor allem Funktionen mit einem hohen Anteil an Elektrik und Software eine hohe Änderungsrate. Häufige Änderungen von Sachnummern, Stücklisten, Konfiguration des Bordnetzes und abhängiger Prozesse (z.B. Einkaufsverträge, Lieferabrufe, Wareneingang/Lager) sind die Folge (Schulz 2002, 20). Zusätzlich wird der zunehmende Vernetzungsgrad der Prozesse durch die Verkürzung von Entwicklungszeiten und Produktlebenszyklen kleiner 5 Jahre verstärkt (Roth 2005, 17). Unternehmen greifen dabei auf Prozessmethoden, wie Rapid Prototyping, Simultaneous Engineering zurück, um durch Parallelisierung der Teilprozesse schneller zu den gewünschten Entwicklungsergebnissen zu gelangen. Die direkte Folge der Parallelisierung der Teilprozesse äußert sich in einem Abhängigkeitsgefüge zwischen Informationen und Prozessen. Zudem erfordern parallel verlaufende Prozesse einer ständigen Synchronisation der Prozessergebnisse, was den Steuerungs- und Kontrollaufwand der Prozessabläufe erhöht (Irlinger 1998, 35).
2.2.3 Paradigmenwechsel in der Automobilindustrie Die im vorherigen Kapitel aufgeführten Entwicklungen führen zu Umbruchprozessen in der Automobilindustrie. Mattes et al. (2004, 13) sprechen sogar von einem Paradigmenwechsel. Die Art und Weise, wie Entwicklung, Produktion, Beschaffung und Vertrieb realisiert wurden, hat sich entscheidend geändert. Die Automobilindustrie durchläuft einen nachhaltigen Veränderungsprozess, der alle Wertschöpfungspartner einbindet und von ihnen ein Umdenken fordert. Um die zukünftigen Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen, werden vorherrschende Denkmuster hinterfragt und Raum für neue strukturelle und prozessuale Gestaltungsansätze zugelassen. 2.2.3.1 Zunehmende Externalisierung von Wertschöpfung und Verantwortung Der steigende Wettbewerbsdruck zwingt Automobilhersteller zur Optimierung ihrer Unternehmensaufgaben (Eckardt/Marschner 2005, 22). Die eigene Fertigungstiefe gilt es zu hinterfragen. Eine zu große Fertigungstiefe bindet personelle und finanzielle Ressourcen, die ein Kapazitätsdefizit in anderen Aufgabenbereichen herbeiführen und die Agilität des Unternehmens einschränken (Heftrich 2005, 60). Der Ausbau von Kernkompetenzen nimmt dabei einen hohen Stellenwert ein. Aufgrund des Wandels von einer absatz- und produktgetriebenen Unternehmensstrategie hin zu einer Kundenbedarfs- und Dienstleistungsorientierung konzentrieren sich die Hersteller auf Bereiche, wie Marketing, Vertrieb und Aftersales (Wahrendorff/Jeltsch/Baier 2001). Die Fokussierung auf Kerneigenleistungen wird durch folgende Aussage vom ehemaligen Entwicklungsvorstand der BMW Group Prof. Dr. Göschel untermauert: “Als Premiummarke werden wir die Kernkompetenz im Antrieb, Fahrwerk und Design behalten. Der Bereich der Elektronik gewinnt an Bedeutung. Hinzu kommt die Beherrschung derjenigen Prozesse, die letztlich dafür sorgen, dass das Markenversprechen immer wieder eingelöst wird.“ (Flörecke 2003, 4). Liske/Bernhart (2003, 3ff.) identifizieren eine Reihe zukünftiger Herausforderungen der Automobilhersteller.
Die Automobilindustrie als empirisches Untersuchungsfeld
Anforderungs-Management und zukunftssichere Funktionsspezifikation Sourcing & Management Temporärer WertschöpfungsNetzwerke
MarkenManagement (hins. Markenimage und –qualität)
39
Leichtbau, neue Werkstoffe und -strukturen
OEMStrategische Kernkompetenzen
Alternative Antriebs-Technologie
Fahrsicherheit, Fahrverhalten
Elektrik/Elektronik, Systementwicklung, -integration Funktions-Entwicklung und Gesamtfahrzeugintegration
Design und Packaging
Abb. 6: Strategische Kernkompetenzen der OEM (Quelle: Liske/Bernhart 2003, 5) Beispielsweise müssen Hersteller immer mehr Funktionen in kürzerer Zeit erfüllen. Damit wird die Identifizierung der bestmöglichen Produkte zur neuen Kernaufgabe des Unternehmens. Hersteller sehen in der Integration von Zukunftstechnologien und im Zugang zu den notwendigen Kompetenzen eine der größten Herausforderungen. Vor allem Schnelligkeit, Flexibilität und insbesondere Innovationskraft sind hierfür erforderlich. Diesen Herausforderungen ist ein Großbetrieb nur selten gewachsen. Für Unternehmen gilt es, ihr Wertschöpfungsnetzwerk durch kreative und kapitalstarke Firmen zu erweitern. Vor diesem Hintergrund ist Outsourcing geradezu eine Notwendigkeit für die Automobilindustrie. Die Bildung von Wertschöpfungspartnerschaften ist für die OEMs ein strategisches Instrument zur Bewältigung der Marktanforderungen und des zunehmenden Wettbewerbsdrucks. Bereits in den letzten Jahren wurde eine kontinuierliche Verlagerung der Wertschöpfung vom OEM zum Zulieferer festgestellt (Lang 2004, 313) (siehe Abb. 7). Eine Studie aus dem Jahre 2001 belegt, dass Automobilhersteller sich verstärkt auf das Marken- und Kundenmanagement konzentrieren werden, während die Fertigung und Entwicklung des Automobils zunehmend an andere Hersteller übertragen wird (Atzberger 2001; Piller/Waringer 1999, 114). Laut einer aktuellen Studie „Future Automotive Industry Structure 2015“ von Mercer Management Consulting und dem Fraunhofer-Institut steht die Automobilindustrie vor einer neuen Arbeitsteilung, die den Zulieferern in Zukunft nicht nur größere Fremdvergabeumfänge prognostiziert, sondern auch mehr Verantwortung überträgt (O.V. 2004a, 1). Begünstigt wird diese Entwicklung durch den Einsatz der Baukasten- und Plattformstrategie, so dass der OEM den Auslagerungsumfang einzelner Produktbeschaffungen modell- und markenübergreifend bündeln kann (Wildemann 2005, 83). Die Aufgabenteilung zwischen den Zulieferern und den OEMs ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass die Zulieferer ungefähr zwei Drittel der Wertschöpfung übernommen haben. Laut Prognosen wird sich bis 2015 der Wertschöpfungs-
40
Theoretische Grundlagen
anteil der Zulieferer von 65 auf 78% und das Wertschöpfungsvolumen von 417 Mrd. Euro auf 700 Mrd. Euro erhöhen (VDA 2003, 52; O.V. 2004a, 19). Während die Zulieferer in der Vergangenheit nach spezifiziertem Kundenauftrag für einzelne Module oder Komponenten fertigten, hat sich in den letzten Jahren eine „[...] Zusammenarbeit von Partnern entwickelt, die ihre jeweiligen entwicklungs- und produktionsspezifischen Beiträge im Sinne der Optimierung des Gesamtproduktes koordinieren“ (VDA 2002, 58). Die Position der Zulieferer wird aufgrund zunehmender Verantwortung für Entwicklungsumfänge gestärkt und enger in die betrieblichen Abläufe einbezogen. Nachteil der Entwicklung ist, dass die Automobilhersteller das Entwicklungsrisiko vermehrt auf die Lieferanten abwälzen. Aktuell beträgt der Anteil der Entwicklungskosten, der von der Zulieferindustrie getragen wird, an die 30%. Gemäß Prognosen könnte dieser Anteil bis 2010 auf etwa 50% ansteigen (O.V. 2000b, 45).
Verlagerung der Wertschöpfung von OEM auf Zulieferer Prognose 2002-2015. In allen Hauptmodulen kommt es zu einer Verlagerung der Wertschöpfungsanteile zu den Zulieferern. OEM Fahrwerk
=XQDKPHYRQDXI OEM
Zulieferer =XQDKPHYRQDXI
Antriebsstrang OEM Motor und Aggregate
Zulieferer =XQDKPHYRQDXI
OEM
Zulieferer =XQDKPHYRQDXI
Body OEM Karosserie
Zulieferer
Zulieferer =XQDKPHYRQDXI
Abb. 7: Verlagerung der Wertschöpfung zum Lieferanten (Quelle: O. V. 2004a) Durch die Ausdehnung des Leistungsspektrums, d.h. der vertraglichen Verknüpfung von Gütern (z.B. Stoßdämpfer, Frontend, Kabelbaum) mit zusätzlichen Dienstleistungen (z.B. JustIn-Time-/Just-in-Sequence-Lieferung), sowie den Weiterentwicklungsmaßnahmen entsteht ein ganzes Leistungsbündel, das sowohl in der Leistungsbreite als auch -tiefe zunehmend in den Händen der Zulieferer liegt (Kotler 1999, 429). Beispielsweise wurden im Logistikbereich in der Vergangenheit vom Zulieferer Tätigkeiten mit Unterstützungscharakter innerhalb weniger Logistikprozesse (z.B. Transportprozess) gefordert, werden nun Zusatzleistungen (z.B. Service, Wartung) erwartet (Bund 2000, 45f.). Vom Dienstleister wird somit neben spezifischem Experten-Wissen zusätzliches Know-how über dispositive Steuerungs- und Ma-
Die Automobilindustrie als empirisches Untersuchungsfeld
41
nagementprozesse bis hin zur Kenntnis und Verantwortung umfangreicher Logistikprozesse gefordert. Daher werden große Leistungspakete und ganze Abschnitte der Logistikkette an spezialisierte Drittanbieter vergeben (Bund 2000, 46). 2.2.3.2 Konsolidierungstendenzen Die Konzentration der Automobilhersteller und Zulieferer ist eine weitere Folge struktureller Veränderungen in der Automobilindustrie. Abb. 8 zeigt, dass sich sowohl die Anzahl der Zulieferer als auch die der Automobilhersteller seit Anfang des 20. Jahrhunderts in einem Abwärtstrend befindet (Kurek 2004, 15). Wurden im Jahre 2000 an die 16 unabhängige Automobilhersteller gezählt, waren es 2005 nur noch 10. Der Konsolidierungstrend der letzten Jahre zeigt sich in den Marken Daewoo und Saab wider, die inzwischen Teil des GM Konzerns sind. Volvo und Jaguar wurden von Ford aufgekauft, während Rolls-Royce und Mini in die BMW Group eingegliedert wurden. Porsche sicherte sich im Oktober 2006 eine 27%Beteiligung an Volkswagen und verkündete im Herbst 2008 die Mehrheitsbeteiligung am Volkswagenkonzern. Experten vertreten unterschiedliche Meinungen über die zukünftige Entwicklung der Zahl an Automobilhersteller. Während die einen vor dem Hintergrund der anhaltenden Konsolidierungswelle bis 2010 noch 8 unabhängige Automobilhersteller prognostizieren (Wildemann 2004b, 3), sehen andere den Zenit der Konsolidierungswelle überschritten und spekulieren über Neugründungen (Gorgs 2004a, 61).
40000
Anzahl Lieferanten
30000 (1988) 8000 (1998)
8000
5600 (2000)
5000
~ 2800 (2015)
500 (1910) 500 50
30
50 (1950)
38 (1980)
Anzahl OEMs
13 (2000)
10 (2015)
1900 1950 2000 2015 Abb. 8: OEM- und Lieferantenkonzentration bis 2015 (Quelle: O.V. 2004a, 15) Auch die Zulieferindustrie ist von den Konsolidierungstendenzen betroffen. Wildemann prognostiziert der Zulieferindustrie eine Reduktion der Zulieferbasis auf über ein Drittel (Wildemann 2004b, 3). Die Studie von Accenture beziffert die Reduktion der Zahl der Haupt-
42
Theoretische Grundlagen
lieferanten bis 2010 um 50% auf etwa 4.000. Zudem rechnen sie mit einer Halbierung der Zahl der direkten Zulieferer je Hersteller bzw. Baureihe im selben Zeitraum (Wahrendorff/Jeltsch/Baier 2001, 7). Laut Radtke/Abel/Zielke (2004, 18f.) verringerte sich bereits seit 1980 die Anzahl von Zulieferern von 30.000 auf heute noch 5.600. Beispielsweise wiesen Ford und DaimlerChrysler im Jahr 2002 eine Lieferantenbasis von etwa 800-900 Direktzulieferern auf. Als Ziel wurde eine Reduzierung auf weniger als 400 anvisiert. General Motors verringert seit 2002 mit Hilfe von Rationalisierungsprogrammen die Anzahl ihrer 4.000 Direktlieferanten (Trombly 2002, 48). Erkennbar ist, dass die Lieferantenkonzentration mit dem Trend einhergeht, größere Entwicklungs- und Produktionsumfänge an einzelne Lieferanten auszulagern (O.V. 2007a, 67; Arnold 2004, 134f.). Die Zulieferindustrie reagiert mit Kooperationen mit anderen Zulieferern oder mit Zukauf von Mitbewerbern (siehe Abbildung 9). Zur Beeinflussung des allgemeinen Marktgefüges, insbesondere in Zulieferersegmenten mit wenigen Wettbewerbern, sind strategische Beteiligungen üblich. Im Sinne von Absicherungsstrategien für das eigene Unternehmen gegenüber wirtschaftlich erstarkenden Lieferanten werden Übernahme- oder Kooperationsszenarien als sinnvoll erachtet, um einer drohenden Verdrängung aus dem Markt zu begegnen. Allein im Jahre 2005 wurde in der Zulieferindustrie für 249 Beteiligungs- und Übernahmetransaktionen ein Wertvolumen von 10,3 Mrd. USD umgesetzt (O.V. 2007c). Aktuelle Beispiele wie die Übernahme von Teilen des ehemaligen OEM Rover durch einen chinesischen Zulieferer (Arrunada/Vazquez 2006) oder die kürzlich geführte Diskussion eines Verkaufs des amerikanischen Automobilhersteller Chrysler an den Automobilzulieferer Magna (O.V. 2007d) zeigen die Praxisrelevanz von Bindungsabsichten in der Automobilindustrie auf. Auch die Geschäftsberichte europäischer Hersteller, wie der BMW Group oder der Volkswagen AG, lassen Unternehmensbeteiligungen erkennen. Demnach weist die BMW Group im Konzernanhang des aktuellen Geschäftsberichtes zum 31.12.2006 Beteiligungen an nicht verbundene Unternehmen in Höhe von 195 Mio. Euro aus (O.V.2007b, 86). Die Volkswagen AG hält in der Bilanz zum 31.12.2005 Beteiligungen an nicht verbundenen Unternehmen in Höhe von 336 Mio. Euro (O.V. 2006, 115). Vor allem Tier-2-/Tier-3-Zulieferer müssen sich aufgrund der Verbreiterung der pyramidalen Ausdifferenzierung der Wertschöpfungskette zwischen den Alternativen entscheiden, sich entweder selbst zum Tier-0,5- oder Tier-1-Zulieferer zu entwickeln oder diesen weiterhin als Sublieferanten zu beliefern (Sydow 2003, 309).
Die Auttomobilinduustrie als em mpirisches Untersuchun U ngsfeld
Ve rka u f vo n A u to m o tive -B e re ich e n
43
1 ,5 ku rzfristig
B ö rse n g a n g
4
F u sio n
5
Z u ka u f vo r- u n d n a ch g e la g e rte r W e rtsch ö p fu n g sstu fe n
5 ,5
m itte lfristig 9 18
24
Z u ka u f vo n W e ttb e w e rb e rn
32
K o o p e ra tio n e n /Jo in t Ve n tu re
26
E in tritt in n e u e M ä rkte
6 ,5 36 40
34
Abb. 9: Zukünftigee Aktionsfeelder der Zuulieferindusstrie (Unternnehmensbeffragung, MehrfachM nennunggen möglichh, Angabenn in Prozent,, Quelle: O.V. 2002b, 60) 6 menfassend kann festggehalten weerden, dasss die Verännderungen in der AuttomobilZusamm industrie durch gessetzliche bzw. rechtlichhe Rahmenbbedingungen, Konsumeentenverhallten, und durch MarktM und Wettbewerrbsstruktureen die Autoomobilherstteller stark unter Kostten- und Innovattionsdruck setzen. s Ein Teil davon wird an die Zuliefererr weitergeggeben. Die ZulieferZ industrie reagiert mit m zahlreichhen Markteeintritten neeuer Anbieteer aus Nieddriglohnländdern, mit Konzenntrationstenddenzen der Zulieferer durch d Konzzernbildung, mit Kooperation undd die Zusammennlegung vonn Wertschöppfungsstufeen darauf. Ähnlich Ä siehht es bei denn Automobiilherstellern auss, die durchh die Konzeentration auuf Kernkom mpetenzen, zunehmende z er Verantw wortungsund Rissikoübertragg auf die Zuulieferer unnd Rationalisierungs- und u Standarrdisierungsm maßnahmen denn Herausforrderungen entgegenseh e hen.
44
Theoretische Grundlagen Märkte/Wettbewerber
Aktuelle Herausforderungen
Bisherige Reaktionen
•Globalisierung •Sättigung der Triadenmärkte •Strukturelle Überkapazitäten •Kürzere Modelllebenszyklen •Verdrängungswettbewerb •Globale Strukturen, lokale Produkte •Konzentrationsprozesse •Wechselkursschwankungen
Konsumentenverhalten
Technolog. und Rechtlicher Rahmen
•Volatiler Käufermarkt •Erlebnis- und Technikorientierung •Hohe Kundenanforderungen •Typen- und Variantenexplosion •Individualisierung •Umweltbewusstsein
•Innovationen als Wettbewerbsfaktor •Neue IuK-Technologien •Techn. Produktkomplexität •Zunehmende gesetzliche Vorgaben •Rechtliche Ökologieaspekte
Zulieferer
Original Equipment Manufacturer
•Konzentrationstendenzen •Zunehmende Differenzierung •Neue Geschäftsmodelle •Verantwortungszuwachs •Rolle des Produktinnovators •Risikoübernahme
•Fokussierung auf Kernkompetenzen •Fokussierung auf Marketing, Vertrieb, Design, Service •Verstärkte Integration von Zulieferern •Realisierung von Economies of Scales •Konzentrationstendenzen
Nischenanbieter Zukünftige Zuliefertypen
Komponentenspezialist
Volumenanbieter
Modul-/Systemspezialist
Systemintegrator
Gesamtfahrzeugentwicklungsund/oder -produktionspartner
Abb. 10: Herausforderungen und Reaktionen in der Automobilindustrie (Quelle: Eigene Darstellung) Aufgrund der dynamischen Veränderungsprozesse gilt für beide Seiten die Wertschöpfung kontinuierlich zu hinterfragen und bestehende OEM-Zuliefer-Beziehungen zu überdenken. Aus der Anforderung nach Weiterentwicklung und Neuorientierung von Automobilherstellern und Lieferanten entwickeln sich neue Formen der Zusammenarbeit oder bestehende Zusammenarbeitsmodelle passen sich den neuen Gegebenheiten an. Um für die schwierige Wettbewerbs- und Marktsituation in der Automobilbranche gerüstet zu sein, müssen insbesondere Zulieferer ihre gegenwärtigen Geschäftsmodelle kritisch begutachten und sich für die Zukunft ausrichten. Der Restrukturierungs- und Konsolidierungsprozess bringt Zuliefertypen, wie Volumenanbieter, Nischenanbieter, Komponenten-, Modul-, Systemspezialisten, Systemintegratoren und Gesamtfahrzeugentwicklungs- und/oder Gesamtfahrzeugproduktionspartner hervor, die die Automobilindustrie zukünftig prägen werden (siehe Abbildung 10). 2.2.4 Zukünftige Zusammenarbeitsmodelle und Zuliefertypen Die etablierte Hierarchie von Automobilherstellern und Zulieferern der ersten und zweiten Ebene bleibt auch bis 2015 die dominierende Form der Zusammenarbeit. Ihre Bedeutung nimmt jedoch ab. Die Wertschöpfungskette geht weg von ihrer pyramidalen Ausprägung hin zu einem miteinander verwobenen Wertschöpfungsnetzwerk (Kurr 2004, 2). Dafür nehmen Anzahl partnerschaftlicher Beziehungen zwischen OEM und Lieferanten, und der Vernetzungsgrad innerhalb des Wertschöpfungsnetzwerkes zu. Demnach verzahnt sich die Automobilindustrie analog zur zunehmenden Vernetzung von Fahrzeugkomponenten durch Elektrik/Elektronik auch zunehmend system- und segmentübergreifend (O.V. 2003, 45).
Die Automobilindustrie als empirisches Untersuchungsfeld
45
OEM OEM 2(0
QG7LHU6XSSOLHU UG7LHU6XSSOLHU
Wandel der Automobilindustrie
VW7LHU 6XSSOLHU
Komplettanbieter Systemintegratoren Supplier Network Manager Component Specialists
Engineering Network Manager Ingenieurbüros
z.B. Konstruktion, Simulation)
SW-Dienstleister
(z.B. Bleche, Stoffe, Dichtungen)
Unternehmensberater Unternehmens(z.B. TQM)
berater
New Business Partner
Abb. 11: Der Wandel in der Zulieferindustrie (Quelle: erweiterte Darstellung in Anlehnung an Piller/Waringer 1999, 116; Bartelt 2001, 24; Wildemann 2004b, 88; Liske/Bernhart 2003, 4) Die Studie der Unternehmensberatung Mercer Management Consulting identifiziert viele Formen der Zusammenarbeit wie System-, Produktionskooperationen, EngineeringDienstleister, Spin-offs oder Auftragsfertigung, mit denen sich eine neue Qualität in der Zusammenarbeit zwischen Automobilherstellern untereinander und zwischen Automobilhersteller und Zulieferern erreichen lässt. So nehmen Kooperationen mit branchenfremden Anbietern, z.B. aus der Informationstechnik, Chemie- oder Elektronikbranche, sogenannte laterale Kooperationen, im Technologie- und Innovationssektor an Bedeutung zu (O.V. 2004c, 21). Darunter werden Unternehmen verstanden, die gemeinsam arbeiten, jedoch weder derselben Branche noch derselben Wertschöpfungsstufe angehören (Gleich/Galgenmüller 2004, 8). Um weiterhin ihre strategischen Ziele zu erreichen, behelfen sich OEMs zunehmend mit horizontalen Kooperationen (Liske/Bernhart 2003, 4). Also Partnerschaft zwischen Unternehmen aus der gleichen Branche, deren Tätigkeit sich auf derselben Wertschöpfungsstufe befindet (Gleich/Galgenmüller 2004, 8). Beispiele wie die Zusammenarbeit von Toyota und PSA zur Entwicklung des Toyota Aygo und Citroën C1 (O.V. 2005d, 22) oder das Vertriebs- und Produktions-Joint Venture in China mit der BMW Group und Brilliance gelten als horizontale Kooperationen. Auch die gemeinsame Entwicklung von Benzinmotoren der BMW Group mit PSA oder die Kooperation zwischen VW und Porsche zur Entwicklung des VW Touareg und Porsche Cayenne bestätigen die zunehmende Bedeutung der OEM-OEM-Zusammenarbeit (O.V. 2004d, 20). Was vertikale Zusammenarbeitsmodelle anbelangt, kristallisieren sich folgende Zuliefertypen in der Automobilindustrie heraus: 2.2.4.1 Modul-, Komponenten-, Systemspezialisten Insbesondere klein- und mittelständische Zulieferunternehmen sehen in der Entwicklung technologischer Kompetenzen eine Option, sich langfristig als Komponenten-, Modul- und System-Spezialisten, z.B. Mahle für den Motorenbereich und die Zahnradfabrik (ZF) Friedrichshafen für Lenksysteme, zu positionieren (Liske/Bernhart 2003, 4). Mit der gleichen Intention agieren Nischenanbieter, wie z.B. LuK als Hersteller für Getriebe oder Mitec für Kegelradsätze. Beide Unternehmen treffen mit ihrem Produktwissen als Alleinstellungsmerkmal
46
Theoretische Grundlagen
auf einen begrenzten Anbietermarkt und profitieren durch maßgeschneiderte Kundenlösungen. Die Abnehmer können schwer auf ihr Spezialwissen verzichten. Somit verfügen Spezialisten über eine höhere Preisfestsetzungskraft. Überwiegend in Produktionsverbundsystemen global agierend, weisen sie eine räumliche Nähe zum Endabnehmer auf. Gekennzeichnet durch ein hohes Marktvolumen und die Spezialisierung auf eine Produktgruppe mit hohem technologischem Know-how (Müller-Wondorf 2003). Komponenten-, Modul- und Systemlieferanten werden zunehmend Aufgabenbereiche der OEMs übernehmen und in ihr Geschäftsmodell integrieren (Atzberger 2001). Sie sind in der Umsetzung ihres Geschäftsmodells bisher am weitesten vorangeschritten (O.V. 2001b). Dannenberg und Kalmbach sprechen den Komponentenspezialisten die Stellung als zukünftige Innovationsschmieden der Automobilindustrie zu (Dannenberg/Kalmbach 2001, 3). Eine Übernahme der Technologieführerschaft durch Systemspezialisten im Entwicklungsbereich wird von 57% und in der Serienentwicklung von 69% der Befragten prognostiziert (Wahrendorff/Jeltsch/Baier 2001, 7). 2.2.4.2 (Global) Mega-Supplier Einhergehend mit dem Konsolidierungsprozess der Zulieferindustrie kristallisieren sich oligopolistische Strukturen auf der Anbieterseite heraus. Im Rahmen reger Akquisitionstätigkeiten, um sich technologisches Know-how, Kapazitäten und neue Märkte zu verschaffen, wird die Automobilbranche vermehrt durch Megalieferanten dominiert. Die damit verbundenen Verschiebungen in den Machtkonstellationen gelten als ein aktuelles Diskussionsthema der Automobilindustrie. Wie im Bereich Sitzgarnituren die Firmen Lear, Faurecia und Johnson Controls eine dominante Stellung innehaben, behaupten sich für Kabelbäume die Hersteller Leoni und Dräxlmeier. Begünstigt durch neue Produktarchitekturen und -konzepte, insbesondere dank des Modularisierungsansatzes, geht die Studie der Unternehmensberatung Roland Berger davon aus, dass es bis circa 2010 an die 30 bis 50 dieser Mega-Supplier geben wird. International bilden sich insgesamt 37 Oligopolstrukturen vorwiegend für zentrale Module heraus. Eine klare Definition in ihrer Abgrenzung liegt noch nicht vor. Ausgehend von 3 bis 5 Zulieferer für jedes Modul bzw. System, wird schätzungsweise jedes Fahrzeug aus noch etwa 10 Modulen bzw. Systemen bestehen (siehe Abb. 12) (O. V. 2000b, 80 ff.).
Die Automobilindustrie als empirisches Untersuchungsfeld
G lobal industry consolidation to 3-5 top-suppliers per m odule/system
E nlarged m odule/system s lead to reduced num ber of m odules/system s per vehicle
Number of top suppliers per module/system
Number of top suppliers per vehicle
1820
7-8 5-6 today
2005
3-5 2010
C onsolidation already reached in som e industries, e.g. - S eats - B rake S ystem s - S afety S ystem s
47
30-50 M egasupplier
today
1416 2005
~ 10 2010
E xam ples for extensive m odules/system s - F ront-end - F ront/rear axle m odule - E ntire interior
Abb. 12: Trend der Global Mega-Supplier (Quelle: O. V. 2000b, 80) Mega-Supplier verfolgen ähnlich wie die Volumenanbieter, z.B. Continental AG für Reifen, Edscha für Türscharniere, eine Kostendegressionsstrategie und versuchen über die hohe Stückzahl zu Skalenerträgen zu kommen (economies of scale) (O.V. 2001b, 6). Während Mega-Supplier sich durch teils technologisch komplexe Module/Systeme ihren Marktanteil sichern, agieren Volumenanbieter dagegen in Segmenten mit vergleichbar einfachen Standardprodukten. 2.2.4.3 Systemintegratoren/Komplettanbieter Systemintegratoren verfügen über umfassendes technologisches Wissen, um Komponenten und Module in ein System zu integrieren (Wildemann 2004b, 21) und besitzen zumeist die Entwicklungshoheit für das System. Sie bedienen sich der Integrationsstrategie im Sinne einer funktionalen oder wertschöpfungsrelevanten Erweiterung ihres Dienstleistungsspektrums. Somit integrieren Anbieter nicht nur ganze Systeme, sondern übernehmen auch Zusatzleistungen, wie z.B. Montagen oder Serviceangebote (O.V. 2003, 62). Eine weitere Kernaufgabe ist die Etablierung eines permanenten Innovationsmanagements (Kalmbach/ Dannenberg 2001, 6). Systemintegratoren konzentrieren sich auf größere Umfänge von Entwicklungsleistungen, die sich auf Tätigkeiten wie Konstruktion und Versuch als auch Integration und Steuerung der einzelnen Entwicklungsleistungen zu einem größeren Teilsystem beschränken. Seit etwa Mitte der 90er Jahr beeinflussen sie durch ihre Akquisitionen die Restrukturierung der Automobilzulieferindustrie deutlich. Aufgrund der Sub-Lieferantensteuerung organisiert sich der Systemintegrator in einem Netzwerk aus Zulieferern. Sie bauen globale Produktionsnetzwerke mit weit reichenden Produktportfolios auf. Der Umsatz dieser Kategorie an Zulieferern wird aufgrund der anhaltenden Outsourcingbestrebungen der meisten OEMs auch zukünftig zunehmen (O.V. 2001). Die Auslagerung von komplexen Systemumfängen, auch als Paketumfänge bezeichnet, wird in der Arbeit nicht unter Outsourcing auf Gesamtfahrzeugebene verstanden. In diesem Fall leistet der Zulieferer Entwicklungsleistungen für funktional-
48
Theoretische Grundlagen
logisch miteinander in Verbindung stehende Umfänge (z.B. Paketvergabe von Karosserieund Innenausstattungs-Umfängen). Zudem ist er neben der Konstruktion, Simulation und dem Versuch (operative Leistungen) auch für die Organisation, Prozessbestimmung und -optimierung (steuernde Leistungen) verantwortlich. Auch ausgelagerte umfangreiche Entwicklungsaufträge, wie z.B. Verallradung, Entwicklung Rechtslenker-Varianten oder Modifikationen für den amerikanischen Markt, werden nicht behandelt. Diese stellen keine eigenständige Fahrzeugmodelle bzw. Fahrzeugprojekte dar, sondern lediglich Modellmodifikationen und können somit nicht der Fremdvergabe auf Gesamtfahrzeugebene zugeordnet werden. Fremdvergabe von Gesamtfahrzeugumfängen geht noch einen Schritt weiter. Komplettanbieter bieten dem OEM die Option, entweder die Entwicklung oder die Produktion als auch eine Kombination aus beiden auszulagern (siehe Abbildung 13).
Leistungsumfang
Wertschöpfungsstufe
Entwicklung
Produktion
Entwicklung Produktion
GesamtfahrGesamtfahrzeug Integrator zeugMontagepartner Montagepartner
Gesamtfahrzeug
Gesamtfahrzeug Integrator
System
Systemintegrator
Systemmontagepartner
Komponente
Ingenieurbüros Universitäten KMU
Marktlieferant Commodities
Systemlieferant Konzeptlieferant
Fokus Komplettanbieter
Abb. 13: Abgrenzung des Zuliefertyps „Komplettanbieter“ (Quelle: Eigene Darstellung) Wie Systemintegratoren werden Komplettanbieter in der Literatur oftmals als Tier-0,5Lieferanten bezeichnet. Eine eindeutige Abgrenzung ist bis dato nicht bekannt. Zur besseren Differenzierung des Zuliefertyps wird in der Arbeit die Unterscheidung zwischen Gesamtfahrzeugentwicklungs- und/oder Gesamtfahrzeugproduktionspartner vorgenommen. Sie besitzen keinen eigenen Markennamen, verfügen jedoch über Entwicklungs-, Integrationsund/oder Produktionskompetenzen auf Gesamtfahrzeugebene. Fremdvergabepartner auf Gesamtfahrzeugebene bieten ein Leistungsspektrum vom Design hin bis zur kompletten Produktion eines Fahrzeugs inklusivem Abliefercheck für deren Versand an. Kompetenzen, bei denen Systemlieferanten noch Defizite aufweisen, wird bei Komplettanbietern vorausgesetzt (siehe Abb. 14).
Die Automobilindustrie als empirisches Untersuchungsfeld
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System supplier today do not fulfill many of the requirements for system integration System know-how beyond own products Multi-system vehicle knowledge Design-to-cost competence
Insufficient knowledge of systems beyond own products while system content is increasing Insufficient know-how on the overail vehicle and interaction of multi-systems, limiting system integration And innovation capabilities Lack of design-to-cost competence due to insufficient Consideration of connected systems as well as Manufacturing issues
Subcontractor management
Lack of experience in managing and supporting the Increasing number of sub-suppliers
Simultaneous Engineering
Insufficient simultaneous engineering capabilities to coordinate the development process
Testing Logistics and JIT delivery
Lack of testing capabilities for overall system, preventing suppliers from being an independent system integrator Insufficient logistic competencies to coordinate the Increasing number of sub-suppliers and manage JITsupply
Abb. 14: Kernanforderungen an Komplettanbieter (Quelle: O.V. 2000b, 49) Bereits 1998 berichtete „The Economist“ über diese Art der Auftragsfertigung, welche bei japanischen Automobilherstellern schon länger verbreitet ist und für den europäischen und amerikanischen Markt empfohlen wurde (O.V. 1998, 72). Komplettanbieter treten gewöhnlich als Generalunternehmer und somit als einziger Vertragspartner gegenüber dem OEM auf (siehe Abbildung 15). Neben dem Recht des alleinigen Vergütungsanspruchs tragen sie damit die alleinige Verantwortung für die einwandfreie Leistungserbringung und das gesamte Haftungsrisiko. Zudem hat ein Generalunternehmer die Leistung mit fremder Leistungsunterstützung gesamthaft zu erbringen (VDA 2002, 24). Sublieferanten werden zur Auftragsdurchführung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung beauftragt. In der Generalunternehmerschaft übernimmt der Partner die Sublieferantensteuerung und trägt somit auch die Verantwortung für die einwandfreie Leistungserbringung der Unterauftragnehmer (Berwanger 2000, 48).
50
Theoretische Grundlagen
Hierarchische OEM-Zulieferer-Beziehungen OEM z.B. VW/Audi
Tier-0,5 z.B. Karmann
Tier-0,5. z.B. Pininfarina
Tier-0,5 z.B. Valmet
Tier-1 z.B. Continental
Tier-1 z.B. Bosch
Tier-1 z.B. Visteon
Tier-2
Tier-2 Tier-2
OEM z.B. BMW Group
OEM z.B. Fiat
Tier-0,5 z.B. Bertone
Tier-1 z.B. Mahle
Tier-2 Tier-2
OEM z.B. Toyota
Tier-0,5 z.B. EDAG
Tier-1 z.B. Faurecia
Tier-2 Tier-2
Tier-1 z.B. Johnson Controls
Tier-1 Tier-2
Abb. 15: OEM-Zuliefer-Beziehungen (Quelle: Eigene Darstellung) Die Intention, Wissen aus vergangenen Fahrzeugprojekten mit unterschiedlichen Fahrzeugherstellern oder Vorteile aufgrund Spezialisierung auf bestimmten Segmenten zu erlangen, motiviert Automobilhersteller zur Zusammenarbeit mit Komplettanbietern (O.V. 2005b, 34). Ziel der OEMs ist es, die Schnittstellen weiter zu verringern, so dass die Verantwortung für Neuentwicklungen den Anbietern mit Entwicklungskompetenz bis hin zur Gesamtfahrzeugfähigkeit übertragen werden kann (Kühne/Schwenke 2002, 4). Bei Auslagerungen von Leistungsumfängen auf Gesamtfahrzeugebene wird von strategischen Partnerschaften gesprochen, durch deren Einsatz komplexere Aufgaben mit einer Effizienzund Effektivitätssteigerung bewältigt werden (Kurek 2004, 22). Hierbei wird unter einem strategischen Partner nur jenes Unternehmen verstanden, „[…] das übergreifend Entwicklungsverantwortung für Fahrzeugkomponenten und Module übernimmt und kontinuierlich seine Kompetenzen bis hin zur Gesamtfahrzeugfähigkeit ausbaut“ (Kurek (2004, 84). Dabei ist zu beachten, dass der Markt an Anbietern mit Kompetenzen auf Gesamtfahrzeugebene begrenzt ist. Aus Sicht des Verfassers können gegenwärtig nur wenige Unternehmen identifiziert werden, die in der Lage sind, Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene durchzuführen. Unternehmen wie zum Beispiel Magna Steyr Fahrzeugtechnik (MSF), Willhelm Karmann GmbH, Bertone und Pininfarina gelten als Komplettanbieter und versuchen ein Dienstleistungsspektrum wie ein OEM anzubieten.
Die Automobilindustrie als empirisches Untersuchungsfeld
51
Gesamtfahrzeugentwicklungspartner Oftmals aus dem Zuliefertyp Entwicklungsdienstleister oder Systemintegratoren entstanden, haben sich diese Firmen in den vergangenen Dekaden ein eigenes Entwicklungs- und Integrations-Wissen angeeignet (Kurek 2004, 11). Durch die Externalisierung der Serienentwicklung geht das Fahrzeugprojekt des OEM komplett in den Verantwortungsbereich eines externen Anbieters über. Dieser trägt die Verantwortung der Serienentwicklung des Fahrzeugmodells bis zum Start of Production (SOP) (Automobil Produktion Juli 2005, 3). Wie im Falle eines OEM übernimmt das Unternehmen neben Entwicklungsleistungen die Integration der Einzelleistungen von Sub-Lieferanten für ein Gesamtfahrzeug. Neben den Unterstützungsleistungen zur Konzepterstellung des Fahrzeugs verpflichtet sich der Zulieferer zur Einhaltung vorgegebener Gesamtfahrzeugziele, Erbringung umfassender Entwicklungs- und Integrationsaufgaben und zur eigenständiger Sub-Lieferantensteuerung. Somit wird der Verantwortungsbereich sowohl operativer als auch steuernder Leistungen auf den kompletten Serienentwicklungsumfang ausgedehnt. Gesamtfahrzeugentwicklungspartner bieten mit ihren Konstruktions- und Entwicklungsbüros den Automobilherstellern bei Kapazitätsengpässen die Möglichkeit, auf deren Ressourcen und Wissen zurück zu greifen. Fremdvergaben der gesamten Serienentwicklungen sind in der Praxis häufig anzutreffen. Beispielsweise steht auf der Referenzliste des Osnabrücker Cabriolet-Spezialisten Karmann die Entwicklung der vierten Golf Cabriolet Generation (O.V. 2005d). Fast zeitgleich wurde die Entwicklung des VW New Beetle (1999 bis 2001) an die Osnabrücker Firma übergeben. Auch Chrysler übertrug im Jahre 2000 die gesamte Entwicklungsverantwortung für den Chrysler Crossfire (Cabriolet und Roadster) an Karmann (O.V. 2005). Für die Volkswagentochter realisierte IDG bis 1995 mehrere Gesamtfahrzeugprojekte. Hierzu zählen Fahrzeugmodelle wie der SEAT Toledo, New Ibiza, Cordoba und Toledo (II. Generation). Der Komplettanbieter IDG kooperierte vor allem im Segment der Limousinen mit Volkswagen und Fiat und bewies mit etwa sechs Gesamtfahrzeugprojekten zwischen 1995 bis 2003 seine Kompetenz auf diesem Segment. Gesamtfahrzeugmodelle wie Fiat Palio Notchback, Seat Toledo (II. Generation), Fiat Siena und Croma 8ttoV sowie das Modell Zhonghua für den chinesischen Markt wurde von IDG entwickelt. Als erfolgreiches Beispiel kann auch die Serienentwicklung des Alfa Romeo Brera aufgeführt werden (Eybl 2005). Wie die Vorgängermodelle des Opel Astra Cabriolets wurde auch das aktuelle Modell bei Bertone gesamthaft entwickelt. Auch die Verantwortung der Gesamtfahrzeugentwicklung für das Coupé Modell wurde an Bertone übergeben. Neben diesen Modellen übernahm Bertone 2001 auch die Entwicklung des Alfa Romeo GT Coupé. Gesamtfahrzeugproduktionspartner Neben Entwicklungsumfängen werden auch in der Automobilindustrie reine Produktionsumfänge kompletter Fahrzeuge bei Produktionspartnern ohne Marke realisiert. Die Kernkompetenz der Produktionspartner liegt in der Produktion aktueller Fahrzeugmodelle, überwiegend Fahrzeugderivate. Wiederum weisen Fremdvergaben der Produktion auf Gesamtfahrzeugebene unterschiedliche Ausprägungen auf. Beispielsweise eröffnen Produktionspartner die Möglichkeiten, die Produktion erst gegen Ende der Serienproduktion des OEM zu übernehmen. Der Montagepartner kann auf bereits eingespielte Produktionsprozesse aufbauen. Zudem besteht die Option, die Fertigungsanlagen des OEM in seinen eigenen Fertigungshallen zu installieren. Im Optimalfall kann der Partner seine Produktionskapazitäten auslasten, ohne neue Investitionen zu tätigen, während der OEM in der Lage ist, seine eigenen Werksanlagen und Produktionsprozesse für nachfolgende Fahrzeugprojekte umzurüsten. Aus der Historie an Produktions-
52
Theoretische Grundlagen
übernahmen in der Auslaufphase ist das Cabrioletmodell des Audi 80 durch die Firma Karmann bekannt. Des Weiterem beschloss der Automobilkonzern Volkswagen (VW) die Auslagerung der Auslaufproduktion des VW Golf Variant an Karmann (Glöckner 1998). Zudem ist die parallele Produktion eines Fahrzeugprojektes in zwei verschiedenen Werken, die sogenannte Splitproduktion, zu nennen. Neben der Produktion im eigenen Werk nutzt der OEM die Produktionskapazitäten des Partners primär zur Kompensation von Produktionsspitzen (Köth 2005a, 38). Als Prämisse der Splitproduktion gilt, dass der Output im Partnerwerk dem der internen Produktion entsprechen muss. Unterschiede hinsichtlich qualitativer und optischer Kriterien würde der Markt nicht akzeptieren. Neben Porsche nutzen unter anderem Mercedes-Benz, Chrysler und Volkswagen diese Produktionsstrategie (Köth 2005a, 36). DaimlerChrysler entschied sich 1999 neben der Produktion der M-Klasse in Tuscaloosa (USA) für eine drei Jahre andauernde parallele Produktion der M-Klasse bei Magna Steyr Fahrzeugtechnik in Graz. Als weiteres Beispiel für die Splitproduktion ist der Porsche Boxster (SOP 2003) zu nennen, der beim finnischen Valmet gefertigt wurde. Bereits das Vorgängermodell des Porsche Boxster wurde in Finnland produziert. Nicht zu vergessen, das im Rahmen einer Splitproduktion gefertigte CLK Coupé von Mercedes-Benz (Köth 2005b, 30). Wiederum wird in der Arbeit unter Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene die Vergabe der Produktion ab Serie, also ab Start of Production (SOP), verstanden. Im Vergleich zu Moduloder Systemlieferanten übernehmen die Partner größere Aufgabenbereiche wie die Entwicklung geeigneter Produktionsprozesse und -techniken, Mitarbeiterschulung, die Beschaffung von Fertigungsanlangen, die gesamte Planung bzw. Organisation des Produktionsablaufs sowie die Erfüllung logistischer und produktionstechnischer Anforderungen. Letztendlich wird das montierte Fahrzeug an den OEM ausgeliefert, der dieses auf dem Markt unter seiner Marke anbietet und verkauft. In erster Linie werden Produktionskapazitäten externer Anbieter in Anspruch genommen, um die Nachfragespitzen des volatilen Kundenmarktes auszugleichen. OEMs vertrauen auf die Flexibilität der Produktionsanlagen der Anbieter und nutzen eigene Kapazitäten besser aus (Wildemann 2004b, 30f.). Sobald die Entscheidung für eine Auslagerung der Serienproduktion und die Partnerauswahl getroffen wurde, wird der Partner bereits in die Serienentwicklung des Fahrzeugprojektes mit eingebunden. Auch im Rahmen der produktionstechnischen Integration, aber auch zur Einhaltung von Produktionsprämissen während des Produktionsentstehungsprozesses wird die Expertise des Produktionspartners gefordert. Der Opel Tigra Twin Top, der 2004 auf der 74. Internationalen Genfer Motor Show zum Cabriolet des Jahres gewählt wurde, kann als aktuelles Beispiel für eine erfolgreiche Durchführung einer Fremdvergabe auf Gesamtfahrzeugebene aus dem Segment der Cabriolets, Coupés und Roadster genannt werden (O.V. 2005f.). Bertone produzierte in Italien neben dem FIAT Punto Cabriolet auch das Cabrioletmodell des Opel Astra (Schuf 2003). Neben der Gesamtfahrzeugproduktion des Coupé-Model FIAT 175 wurden drei weitere Gesamtfahrzeugprojekte im Auftrag von Peugeot bei Pininfarina gefertigt. Der Peugeot 205 Cabriolet, 306 Cabriolet sowie das Coupémodell des Peugeot 406 können bei Pininfarina als Gesamtfahrzeugproduktionsreferenzen angegeben werden. Auch für den Alfa Romeo Brero übernahm Pininfarina die Serienproduktion (Eybl 2005). Zudem wurden bei Karmann in Osnabrück die Dächer der angelieferten Coach-Rohkarosserien abgetrennt, Verstärkungen an wichtigen Stellen wie Schweller, Dachpfosten, sowie Trennwand zum Kofferraum vorgenommen und die Autos mit allen cabriospezifischen Teilen für das Renault Mégane Cabrio komplettiert (Priemer 2003).
Die Automobilindustrie als empirisches Untersuchungsfeld
53
Gesamtfahrzeugentwicklungs- und Gesamtfahrzeugproduktionspartner Theoretisch gesehen, kann das Szenario Fremdvergabe der Serienentwicklung mit allen drei vorgestellten Produktionsmodellen (Serien-, Auslauf-, Splitproduktion) kombiniert werden. Diese Arbeit konzentriert sich auf die Auslagerung der Serienentwicklung in Kombination mit der Serienproduktion, während folgende Beispiele sich auf alle drei Kombinationen beziehen können. Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene haben in den Medien durch die erfolgreiche Zusammenarbeit der BMW Group mit Magna Steyr Fahrzeugtechnik im Rahmen der Serienentwicklungs- und Produktionsauslagerung des SUV X3 einen höheren Bekanntheitsgrad erreicht. Noch nie zuvor wurde ein Fahrzeugprojekt dieser Größenordnung von einem externen Anbieter durchgeführt (Maidl/Axtner/Arlt 2005). Etwa 10 Jahre zuvor entschied sich Chrysler, das Voyager-Modell für den europäischen Markt, durch Entwicklung und Produktion mit Hilfe von MSF, zugänglich zu machen. Neben Fahrzeugmodellen von Daimler-Chrysler entwickelte und produzierte die Firma Karmann das A4 Cabriolet von Audi. Die Produktion des Audi A4 wurde bis Ende 2009 auf 5000 Stück ausgeweitet (O.V. 2008a). Zu den wahrscheinlich längsten Partnerschaften zählt die von Karmann und dem Volkswagenkonzern. Ganze drei Fahrzeuggenerationen des Golf Cabriolet wurden in Osnabrück gesamthaft entwickelt und davon 600 000 Stück produziert (O.V. 2008b). Weiterhin beauftragt Peugeot bereits seit Jahrzehnten Pininfarina in Italien mit der Entwicklung und Produktion seiner offenen Modelle wie auch Renault (Priemer 2003). Abb. 16 zeigt eine Zusammenfassung von Zuliefertypen in der Automobilindustrie. Hierbei wurde die Darstellung von Kalmbach/Dannenberg (2001) um den Zuliefertyp Gesamtfahrzeugentwicklungspartner und/oder -produktionspartner erweitert. Zudem wurden der Darstellung um die Merkmale Primärziel OEM, Auftragsumfang, Produktverantwortung, SubLieferantensteuerung und die Messgröße für die erbrachte Leistung angereichert.
54
Theoretische Grundlagen Volumenanbieter
Nischenanbieter
Komponentenspezialisten
Modul-/ Systemspezialist
hohes Volumen Entwicklung/ Diff. durch Produktion Zusatzfunkt. kompl. Syst.
Outsourcingmodell
Standardteile, hohe Stückzahl
kl. Markt Diff. durch Technologie
Gewinnmodell
Skaleneffekt, Low-Cost
Spezialisierung Spezialisierung Kundenlösungen Kundenlösungen
Erfolgsstrategie
Operationale KundenExcellence bei bindung wesentlichen Kernprodukten Innovationsführerschaft Weltweites SCM-Konzept Spezialisierung zur optimalen auf Nische, KapazitätsWachstum mit auslastung Nischentransformation
Vermarktung KomponentenKnow-How bei OEM Abwicklung via Systemintegrator
Austrittsstrategie Integration der Komponenten in System/ Modul Innovation der Systemfunktionalität Differenzierte Know-How-/ Wertschöpfungsstrategie
Systemintegrator
Entwickl. und Integr. mehr. Module/Syst.
Entwickl. und/ oder Prod. Gesamtfahrz.
Wertschöpf.optimierung, Kundenlös.
Komplettanbieter für Nischen
ProgrammMang. mit OEM und Zulief.
OEM-Dienstleistungsspektrum
EntwicklungsnetzwerkStrategie Supply Chain Management Optimierung Wertschöpfungstiefe Paketlösungen
Primärziel OEM
Auftragsumfang
Produktverantwortung SubLieferantenSteuerung Messgröße für die Leistung
Beispiele
Gesamtfahrz. Entwickl.und/oder Prod.partner
Markenverständnis Flexibilität, Innovation in Entwickl./ Produktion Supply Chain Management Kundenbind., Relationshipmanagement
KapazitätsentLastung, Kosten
Kapazitätsentlastung .
Kapazitätsentlastung, Know-How
Lieferumfang Modul, Komponente
Steuerung, Integration Paketumfänge
Entw./Prod. Gesamtfahrzeug
Ziele Integrationsumfänge
Zielsystem Gesamtfahrzeug
Beauf.tragungsumfang
Ja
Ja
Erfüllungsgrad Zielerreichung Ziele der Komponente Kundenlösung
Erreichung Sys./Mod.-, Prozessziele
Zielerreichung Paketumfang
Erreichung Gesamtfahrzeugziele
LuK (Glieder- Trico ketten für (ScheibenCVT-Getriebe) wischer)
Zeuna Starker (Abgassysteme)
Continental (Fahrwerk)
Valmet, MSF, Pirinfarina, Karmann
Kapazitätsentlastung, Kosten
Preiswettbewerb
Know-HowGewinn
Lieferumfang Teile
Lieferumfang Lieferumfang Kundenlösung Komponente
Lieferumfang gemäß Preiswettbewerb
Lieferumfang laut Pflichten-, Lastenheft
Lieferumfang Lieferumfang laut Pflichten-/ laut Pflichten-/ Lastenheft Lastenheft
Nein
Beauf.tragungsumfang
Beauftragungsumfang
Preis
Edscha (Türscharniere)
Abb. 16: Zukünftige Zuliefertypen (Quelle: erweiterte Darstellung in Anlehnung an Kalmbach/Dannenberg 2001, 6)
Die Automobilindustrie als empirisches Untersuchungsfeld
55
2.2.4.4 Entwicklungstendenzen der Komplettanbieter In der Vergangenheit wurde den Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene eine zunehmende Notwendigkeit und Signifikanz für die Automobilindustrie bestätigt (Maidl/Axtner/Arlt 2005, 1). Bis jetzt von den Endkunden abgeschottet, bedingte der zunehmende Wettbewerb die Notwendigkeit, eigene Produkte mit einer Marke zu prägen und sich direkten Kontakt zum Endkunden zu verschaffen. Daher konzentrierten sich die Automobilhersteller vermehrt auf Design, Vertrieb, Marketing und Service und lagerten Entwicklung und Produktion, insbesondere von Nischenmodellen, zu Tier-0,5-Zulieferer aus (Hibbert 1999, 27). Dies geht laut einer Studie aus dem Jahr 2001 soweit, dass 71% der Befragten aus der Automobilbranche es für wahrscheinlich hielten, dass Zulieferer eigene Markenstrategien entwickeln und ein eigenes Marketing aufbauen werden. 38% aller Befragten (46% der Zulieferer und 30% der Hersteller) waren sogar der Meinung, dass Fahrzeughersteller nicht mehr selbst entwickeln, sondern sich aufs Brand Management konzentrieren und die Fertigung externen Dienstleistern ganz überlassen werden (Wahrendorff/Jeltsch/Baier 2001, 4f.). Obwohl seit Anfang der 90er eine positive Entwicklung von Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene erkennbar ist, stehen viele Experten dem Entwicklungspotenzial von Auslagerungen von Entwicklung und/oder Produktion skeptisch gegenüber. So spricht sich Chew (2004, 7) für eine stärkere Ausrichtung der OEMs in Richtung Komplettvergaben aus, unterstreicht jedoch, dass kritische Leistungen wie Design oder Fahrwerk nicht vollkommen an Lieferanten ausgelagert werden. Zwar gibt es Fahrzeughersteller, die auch das Design an Firmen wie Pirinfarina, Bertone oder Italdesign delegieren, jedoch haben sich die Zulieferer dabei an den konkreten Designvorgaben des Auftraggebers zu orientieren (Boley 2002, 27). Auch Harrison (2004, 45) prognostiziert aufgrund der erfolgreichen Fremdvergabe des BMW X3 einen Trend hin zu Auslagerungen an Tier-0,5-Zulieferer. Dennoch werden die OEMs die Kontrolle unternehmenskritischer Leistungen, wie Design, Einkauf und Spezialwissen nicht an externe Dienstleister übergeben. Daher ist für Harrison (2004, 46) die Zukunft der Tier0,5-Zulieferer schwer fassbar. OEMs tendieren dazu, weniger lukrative Nischenmodelle an Komplettanbieter zu vergeben und versuchen, zuerst ihre eigenen Kapazitäten auszulasten. Zudem erschweren schwankende Verkaufszahlen aufgrund des volatilen Nachfragemarkts die Planung der Tier-0,5-Zulieferer. Laut einer Umfrage der KPMG unter Fahrzeugherstellern und Zulieferern, gehen die Hälfte der Befragten für die nächsten fünf Jahre von stark schwankenden Erträgen aus, die eine Einschätzung der Rentabilität ihres Unternehmens erschwert (Steiler 2009). Des Weiteren mussten in der Vergangenheit risikoreiche Investitionen getätigt werden, ohne konkrete Folgeaufträge zu kennen. So investierte der Cabriospezialist Karmann noch im Jahre 2005 125 Millionen Euro in eine neue Lackiererei (Meiners 2007). Nun gibt es für die von Karmann gefertigten umsatzstarken Cabriomodelle Mercedes-Benz CLK, Chrysler Crossfire und Audi A4 für das Jahr 2009 keine Nachfolgeaufträge. Der angeschlagene Komplettanbieter kündigte bereits die Streichung von 1770 Stellen an. Weitere bis zu 1000 der weltweit 7000 Stellen sind im Gespräch (Otterbach 2008). Auch der italienische Auftragsfertiger und Karosseriedesigner Bertone steht vor dem finanziellen Aus und musste im Jahre 2007 Gläubigerschutz beantragen (O.V. 2007d). Zudem stellt die anhaltende Schwäche der Fahrzeugnachfrage und die zunehmenden Überkapazitäten bei den Automobilherstellern als Konsequenz der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, die Komplettanbieter weiterhin auf die Probe und entlassen sie in eine ungewisse Zukunft.
56 2.3
Theoretische Grundlagen Vor- und Nachteile von Outsourcing in der Automobilindustrie
2.3.1 Faktor Kosten Im Vergleich zur internen Leistungserstellung erwarten sich die Automobilhersteller durch die Auslagerung von Entwicklungs- und Fertigungsumfängen Kostenvorteile (Arnold 2004, 135). Insbesondere durch Auslagerung betrieblicher Prozesse, die keine Kernkompetenzen darstellen, erzielen Fahrzeughersteller eine höhere Kapitalrentabilität (Schlüter 2005, 5; Kiefer/Geuer 2003, 11). Auch vor dem Hintergrund des zunehmenden Kosten- und Wettbewerbsdrucks versuchen Automobilhersteller die steigenden Transaktionskosten an die Zulieferer weiterzugeben (Wolters 1995, 27ff.). Trotz steigender Kostenbelastung sehen sich Lieferanten den steigenden Ansprüchen der OEM bezüglich kürzerer Entwicklungszeiten, hohem Qualitätsniveau und Liefersicherheit in ausreichender Quantität gegenüber ( O.V. 2005a, 7; Arnold 2004, 136; Wolters 1995, 40). Der Anteil der Entwicklungskosten in der Automobilindustrie, der bereits heute von der Zulieferindustrie übernommen wird, beträgt um die 30%. Laut Prognosen soll dieser Anteil bis 2010 auf circa 50% ansteigen (Wildemann 2004b, 11). Die Amortisation der Entwicklungskosten erfolgt meist über die Produktion und zwingt den Zulieferer, die Beurteilung von Erfolg oder Misserfolg eines Auftrags am Ende eines Produktlebenszyklus vorzunehmen (Rösch 2002, 15). Outsourcingentscheidungen werden oftmals unter dem Argument der Fixkostenreduzierung getroffen (Schlüter 2005, 11). Viele Autoren belegen Kosteneinsparungen durch Variabilisierung der Fixkosten (Eckardt/Marschner 2005, 22; O.V. 2005a; 47; Kiefer/Geuer 2003, 11; Troge 2005, 58). Smith verdeutlicht die Vorteile flexibler Kostenstrukturen anhand des 10 mathematischen Konstrukts der Realoptionen und belegt somit empirisch Einsparungen bei den Fixkosten für die Automobilhersteller (Smith 2001, 7f.). 2.3.2 Faktor Wertschöpfung Die Auslagerung von Wertschöpfungsaktivitäten zum Lieferanten unterstützt die Automobilhersteller bei der Konzentration auf das Kerngeschäft (Wolters 1995, 45). Die Zielkategorie „Konzentration auf das Kerngeschäft“ subsumiert die unternehmens-individuellen Ziele des Outsourcings (Bravard/Morgan 2006, 18). Durch die Fremdvergabe weniger wertschöpfender Leistungen können OEM ihre internen Ressourcen entlasten und sich auf wettbewerbsdifferenzierende Kernkompetenzen konzentrieren. Durch die Fokussierung auf Kernkompetenzen und die bessere Ausnutzung von Kapazitäten wird in der gesamten Automobilindustrie eine Gewinnsteigerung von 138 Mrd. USD auf 263 Mrd. USD (einschließlich After-SalesServices, z.B. Reparaturen, Wartung) erwartet (Atzberger 2001, 2). Die Einbindung externer Dienstleister in die unternehmensinterne Leistungserstellung bringen neben den positiven Wertschöpfungseffekten auch negative Auswirkungen mit sich (Picot et al. 2001, 289). Picot et al. weisen auf die Gefahr der Abhängigkeiten der OEM durch den Lieferanten hin. Mittlerweile ist die Aufgabenteilung zwischen beiden Akteuren so weit fortgeschritten, dass die Zulieferer ungefähr zwei Drittel der Wertschöpfung übernommen haben. Dieser Anteil wird laut Studien zukünftig noch weiter steigen (VDA 2003, 52; O.V. 2004a, 19). Die zunehmende externe Leistungserstellung reduziert die unmittelbare Einflussnahme und die Kontrolle über die fremdbezogenen Leistungen und erhöht folglich die Abhängigkeiten gegenüber dem Lieferanten (Hilz/Krüger/Haas 2002, VDA 2003, 52.). Zwar wird ver10
Das Konzept der Realoptionen basiert auf den mathematischen Modellen der Optionspreistheorie. Es ist zur finanziellen Bewertung von Flexibilität sehr gut geeignet und wird in diesem Sinne von Smith (Smith 2001) in der Automobilindustrie angewendet.
Vor- und Nachteile von Outsourcing in der Automobilindustrie
57
sucht, den Kontrollmangel über Qualitätsaudits oder Lieferanten-Anreizsystemen zu kompensieren, dennoch ist im Vergleich zur Eigenerstellung ein Kontrollverlust und eine Abhängigkeitszunahme festzustellen (Picot et al. 2001, 290). 2.3.3 Faktor Wissen In einem Wettbewerbsumfeld, das ständigen dynamischen Veränderungen unterworfen ist, ist der permanente Lernprozess hinsichtlich neuer Technologien, Prozesse und Verfahren eine Notwendigkeit, um am Markt langfristig zu bestehen. Innovationen gelten als Quelle unternehmerischen Erfolgs. Sie ermöglichen die Schaffung einer zeitlich begrenzten, monopolartigen Stellung und somit die Abschöpfung von Pioniergewinnen (Schumpeter 1987, 213). Die durch den Zugriff auf andere Ressourcen (z.B. Personen, technische Anlagen, Märkte) erweiterte Wissens- und Ausstattungsbasis, sowie die Heterogenität der Wissensträger wirken sich positiv auf die Generierung von Innovationen aus (Rupprecht-Däullary 1994, 78). Der Vorteil des schnellen und kostengünstigen Wissenstransfers fördert die Entscheidung für OEMZulieferbeziehungen, in der beide Parteien am Wissen des anderen partizipieren und voneinander profitieren können. Zudem ist der Automobilhersteller aufgrund seiner fokalen Stellung im Wertschöpfungsnetzwerk in der Lage, das Produktangebot der Lieferanten aktiv zu beeinflussen. Zusatzleistungen, wie z.B. Logistikleistungen oder Produkt- und Prozessinnovationen, können so vom Zulieferer vertraglich gefordert werden (Helper 1993, 143f.). Allerdings bringt eine enge Zusammenarbeit eine Diffusion von Wissen und somit einen Know-how-Abfluss mit sich (Wildemann 2004b, 6f.; Friese 1999, 143). Zulieferer stellen ihre Dienstleistungen mehreren Automobilherstellern zur Verfügung. Eine eindeutige Kanalisierung von Informationsflüssen kann nicht gewährleistet werden. Auch sind zu Beginn der neuen Geschäftsbeziehung Wissenslücken des Zulieferers bzgl. Herstellerstandards, Prozesse, Konstruktionsvorgaben zu kompensieren. Die Folgen äußern sich in geringerer Produktivität und in erhöhten Prozess- und Coaching-Kosten (Wolters 1995, 176). Diese Kosten gilt es im Laufe der Fremdvergabe zu amortisieren. Ein Zuliefererwechsel würde den Amortisierungsprozess unterbrechen. Der Zuliefererwechsel kommt teuer zu stehen, wenn es sich Lieferanten mit wertvollen Kenntnissen in hochinnovativen Produktsegmenten wie der Hybridtechnologie handelt (Piller/Waringer 1999, 112). Der Mangel an alternativen Anbietern am Markt leistet einen zusätzlichen Beitrag zum Abhängigkeitsverhältnis zwischen OEM und Zulieferer (O.V. 2007a, 67). Maßnahmen im Rahmen von Lieferantenförderungsprogrammen können die OEM-Zuliefererbeziehung stärken, den Lieferantenwechsel vermeiden und schließlich den Verlust beziehungsspezifischer Investitionen begrenzen (Preß 1997, 77f.). Falls ein Lieferantenwechsel doch unumgänglich ist, sollte dies nach einheitlichen und fairen Regeln von statten gehen (Arnold 2004, 24). 2.3.4 Faktor Zeit Wettbewerbsvorteile ergeben sich unter anderem aus Zeitvorteilen (Zentes/Swoboda 1999, 51ff.). Der Zugang zu strategisch relevanten Märkten durch ein schnelles „move to market“ ist vor allem bei der Internationalisierung von Unternehmen wichtig (Friese 1999, 137). Durch die „First-to-Market-Strategie“ versuchen Unternehmen mittels Markteintrittsbarrieren eine zumindest vorübergehende Quasi-Monopolstellung einzunehmen (Friese 2002, 132). Neben unternehmensinternen Maßnahmen zur Effizienzsteigerung spielt die Schnelligkeit der Leistungsbereitstellung durch die Nutzung externer Leistungspotenziale eine wichtige Rolle. Fremdvergaben ermöglichen gleichzeitig einen beschleunigten Zutritt in bisher unbekannte Märkte und die Nutzung der Marktkenntnis des Zulieferers (Wrona/Schell 2003, 320; Win-
58
Theoretische Grundlagen
kelmann 2002, 282). Somit kann auf Kundenwünsche schnell reagiert werden (Kurek 2004, 19). Cusumano/Takeishi (1991, 563) zeigen auf, dass OEMs durch die Nutzung von spezifischem Wissen der Lieferanten in der Lage sind, die Entwicklungszeit für Fahrzeugmodelle signifikant zu verkürzen. Beispielsweise ist der Wissensvorsprung der Karmann GmbH als Spezialist für Dachsysteme in der Automobilindustrie für eine schnelle Positionierung im Nischensegment Cabriolet gefragt. Lediglich 18 Monate benötigte Karmann für die Serienentwicklung des Chrysler Crossfire. Der BMW X3 gilt als das Vorzeigeprojekt für die Fremdvergabe auf Gesamtfahrzeugebene. Das Fahrzeug wurde innerhalb von 27 Monaten von Design Freeze bis Produktion auf den Markt gebracht (O. V. 2004f, 18). Zur Bewerkstelligung des Fahrzeugprojektes wurde das Know-how sowohl der BMW Group als auch von MSF benötigt, was einen Wissenstransfer an den externen Lieferanten bedeutete (Harrison 2004, 43). 2.3.5 Faktor Flexibilität Um zusätzliche Marktsegmente zu erschließen und die individuellen Bedürfnisse des Käufermarktes zu befriedigen, sehen sich Automobilhersteller gezwungen, Nischenfahrzeuge anzubieten. Den Aufwand zur Entwicklung, Produktion und Steuerung vieler Modelle und Varianten bringen die Automobilhersteller oftmals an die Grenzen der Leistungsfähigkeit (Stockmar 2002, 13). Angesichts der Anzahl an Modellen und Varianten bleibt den Herstellern nichts anderes übrig, als auf externe Kapazitäten zurückzugreifen. Die BMW Group sprach sich im Jahre 2001 für Ausgaben für Produktentwicklung von 8,8 Mrd. US Dollar über einen Zeitraum von sechs Jahren aus. Parallel hierzu führte das Unternehmen 20 neue Modelle ein, mit der Betonung: „We don't have the capability to make all these models (by ourselves).” (Chew 2001, 22). Durch Produktionspartner, wie MSF, Bertone, Valmet, wird der Bedarf an flexibler Produktion im Sinne von „Build-to-order“ für spezialisierte Nischenmodelle gedeckt (Bünger 2001, 2). Zudem kann durch die Auslagerung von Nischenmodellen mit geringer Stückzahl eine kosteneffiziente Realisierung erreicht werden, da z.B. kostenintensive Anpassungen von Produktionsanlagen vermieden werden. Beispielsweise nutzte 1997 Porsche zur Splitproduktion des Porsche Boxster den finnischen Anbieter Valmet als verlängerte Werkbank, um seine flexible Produktionsstrategie zu verfolgen. So konnten eigene Kapazitäten, abhängig von der Nachfrage der Hauptprodukte, variiert werden. Teilweise wurden 90% der Boxster Fahrzeugeinheiten bei Valmet produziert. Die Flexibilität von Valmet wurde genutzt, um bei Nachfragerückläufen der Hauptprodukte die Kapazitäten zu optimieren. Die Anzahl der produzierten Fahrzeuge des Boxsters hing von weiteren Produktionseinheiten und von der Kapazitätsauslastung der eigenen Werke ab (Gorgs 2004b). Die Flexibilisierung bringt den Vorteil einer besseren Auftragslage für den Zulieferer, setzt jedoch häufig voraus, dass die Risiken einer Vorfinanzierung der Entwicklungskosten vom Zulieferer alleine getragen werden muss. Die Amortisation der Entwicklungskosten erfolgt meist über die Produktion und zwingt den Zulieferer, die Beurteilung von Erfolg oder Misserfolg eines Auftrags am Ende eines Produktlebenszyklus vorzunehmen (Rösch 2002, 15).
Vor- und Nachteile von Outsourcing in der Automobilindustrie
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Tabelle 7 zeigt eine Zusammenfassung der Chancen und Risiken, die sich aus Outsourcing ergeben können:
Strategisch
Finanziell
Operativ
Chancen Konzentration auf die Kernkompetenzen Schlanke Personalstrukturen Erhöhte Flexibilität bei wechselnden Marktanforderungen Aufbau strategischer Partnerschaften Risikostreuung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer Erschließung neuer Märkte/Segmente Schneller Know-how Zugriff Kostenreduktion Verbesserung der Eigenkapitalquote Kostenstrukturveränderung (Transformation fixe in variable Kosten) Behebung von kurzfristigen Personalengpässen Realisierung von Zeitzielen Abhilfe bei Kapazitätsengpässen Nutzung von Rationalisierungspotenzial
Risiken Abhängigkeit vom Partner Opportunismus Abfluss von strategisch relevantem Wissen Know-how Verlust Anwendung wettbewerbsdifferenzierendem Know-how bei der Konkurrenz
Gefahr der Kostensteigerung bzgl. Durchführung Entwicklung/ Produktion oder Implementierungskosten Aufwendige Kontrollen Schwierigkeiten bei der Zielvereinbarung Komplexitäts- und Schnittstellenproblematik Verlust an operativer Flexibilität Schwierigkeit der Verantwortungsübernahme bei Nicht- oder Mindererfüllung der Leistung Gewährleistungsdefizit Unzureichende Nachvollziehbarkeit von Leistungsänderungen Zugriff auf sensitive Unternehmensdaten
Tab. 7: Chancen und Risiken des Outsourcings (Quelle: Wißkirchen 1999, 127)
3 Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens Ziel dieses Kapitels ist es, einen konzeptionellen Bezugsrahmen, das als theoretisch fundiertes Analyse- und Erklärungsgerüst für empirische Untersuchungen zu nutzen ist, zu entwickeln. Der Ansatz der politischen Ökonomie wird als Rahmenwerk verwendet und auf das Untersuchungsfeld Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene übertragen. Auf dessen Grundlage wird das Vorverständnis zur Analyse und Bewertung der praktischen Fallstudien (siehe Kapitel 4) gebildet. Den Abschluss des Kapitels bilden eine Zusammenfassung der Grundlagentheorien anhand einer synoptischen Gegenüberstellung, sowie eine Bewertung der Ansätze für einen Erkenntnisgewinn für die empirische Untersuchung. Obwohl in den vergangenen Jahren die theoretische Diskussion um Outsourcing vielfältige Literatur hervorbrachte, vermittelt die Sichtung der Beiträge kein einheitliches Bild, was die Art der einbezogenen wissenschaftlichen Ansätze anbelangt. Ursache dafür ist neben der Vielfalt auch die unterschiedliche Ausgestaltung der Ansätze und deren teilweisen Widersprüchlichkeit. Daher wird eine vollständige und überschneidungsfreie Systematisierung als 11 nur bedingt realisierbar eingeschätzt . Die Auswahl von Ansätzen für die Herleitung eines konzeptionellen Bezugsrahmens hat eher einen zweckmäßigen als einen ganzheitlichen oder vollkommen richtigen Charakter. Vielmehr ging es bei der Selektion der Theorien darum, diejenigen zu ermitteln, von denen geeignete Erklärungsansätze für die Fallstudien erwartet 12 werden konnten. Ein Vergleich unterschiedlichster Theorien deutet darauf hin, dass Erkenntnisse für ein Vorverständnis für Feldstudien insbesondere von den Theorien zu erwarten sind, die in den folgenden Abschnitten aufgeführt werden. Für ausführliche Bewertungen oder tiefergehende kritische Würdigungen der Theoriekonstrukte sei auf Darstellungen und wis13 senschaftliche Beiträge in der Literatur verwiesen .
3.1 Der Ansatz der politischen Ökonomie Der Ansatz der politischen Ökonomie zur Untersuchung von neuen Organisationsformen basiert auf den Studien Zalds (1968, 1970a) zur Erklärung von organisatorischen Veränderungen in Non-Profit-Organisationen. Generell beschäftigen sich die Ansätze der politischen Ökonomie mit dem Zusammenhang und der Interaktion von Macht, Zielen und dem ökonomischen Austauschmechanismus (Buchanan, 1964). Zald (1968, 1970a) unterstreicht den Aufbau und die Wechselwirkungen der Organisationseinheiten, indem er sie als Beziehungsgeflecht zwischen soziopolitischen und ökonomischen Strukturen und Prozessen sieht (Zald 1970b, 223). Zur Strukturierung des Ansatzes der politischen Ökonomie wird in - interne und externe politische Ökonomie, - Economy und Polity und in - Prozesse und Strukturen unterschieden (siehe Abb. 17). 11 12
Einer der umfassendsten Systematisierungsansätze ist unter Renz 1998 und Sydow 1992 zu finden. Das Anwendungsfeld der Betriebswirtschaftslehre liefert noch Ansätze aus der System- und Entscheidungstheorie sowie der durch dynamische Elemente angereicherten kybernetischen Theorie. Aus dem Bereich der Entscheidungstheorie wird häufig die Spieltheorie zitiert, die das Entscheidungsverhalten von Akteuren in Konfliktsituationen bei Unsicherheit beleuchtet. 13 Zur tieferen Auseinandersetzung von Theorien siehe Ang/Cummings 1997; Sjurts/Stieglitz 2004; Dibbern 2004; Bacher 2000; Mellewigt 2003, Ruoff 2001, Mayer/Söbbing 2004; Schätzer 1999; Beer 1998; Hellinger 1999; Kieser/Walgenbach 2003; Schreyögg 2003, Kieser 2002, Picot/Reichwald/Wigand 2003; Swoboda 2003; Ortmann/Sydow 2003.
K. Schneider, Modernes Sourcing in der Automobilindustrie, DOI 10.1007/ 978-3-8349-6524-0_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens
Die Differenzierung in externe und interne politische Ökonomie sieht die interne politische Ökonomie nicht als eine in sich abgeschlossene Einheit, sondern als Konstrukt, das in ihre Umwelt eingebettet ist. Beide stehen in einer reziproken Wechselwirkung zueinander (Zald 1970b, 231). Zusätzlich postuliert Zald (1968, 1970a) die politische Ökonomie zur integrativen Betrachtung von zwei Perspektiven - der „economy“ und der „polity“ - zur Analyse ökonomischer und sozio-politischer Merkmale einer Organisation. Da sowohl ökonomische als auch soziopolitische Phänomene in den Betrachtungsraum einbezogen werden, ermöglichen beide Sichtweisen ein komplettes Bild organisatorischer Untersuchungsobjekte (Eistert 1996). Den statischen und dynamischen Phänomenen einer Organisation trägt Zald (1970b, 231) durch die Unterscheidung von Strukturen und Prozessen Rechnung. Neben den strukturellen Gegebenheiten in einer Organisation, wie Aufgabenverteilung, Regeln zur Ressourcenallokation und Strukturen der Anreizsysteme werden auch Transformations-prozesse zur Wertschöpfung betrachtet.
Externe politische Ökonomie
Interne politische Ökonomie
Economy
Polity
globale Umweltfaktoren
Struktur
Struktur
lokale Umweltfaktoren
Prozess
Prozess
Abb. 17: Struktur des Ansatzes der Politischen Ökonomie (Quelle: Zerbe 2000, 74) Arndt (1983, 48) geht einen Schritt weiter und differenziert die externe politische Ökonomie in eine lokale (Mikroumwelt) und in eine globale Umwelt (Makroumwelt). Erstere behandelt standortspezifische Merkmale, die Einfluss auf die Durchführung und Gestaltung von organisatorischen Phänomenen haben. Dazu gehören neben den standortspezifischen rechtlichen und sozialen Rahmenbedingungen auch unternehmensspezifische organisatorische Gegebenheiten. Die globale Umwelt betrachtet nebst Wettbewerbs- und Branchenstruktur, die technischen, ökonomischen, rechtlichen, politischen und sozialen Rahmenbedingungen, in denen Organisationsformen eingebettet sind (Zerbe 2000, 78f.).
Anwendung des eklektischen Bezugsrahmens 3.2
63
Anwendung des eklektischen Bezugsrahmens
Der Ansatz der politischen Ökonomie wird nicht als vordefiniertes Schema zur Untersuchung von Organisationen angesehen, sondern vielmehr als Werkzeug, das dem Untersuchungsziel anzupassen ist (Arndt 1983, 48). Das Konstrukt der politischen Ökonomie dient lediglich als Rahmen und besitzt selbst keine theoretische Aussagekraft. Das Konstrukt der politischen Ökonomie kann auf unterschiedlichste Organisationsformen angewandt werden. Lediglich gilt es, die interne und externe politische Ökonomie festzulegen (Zerbe 2000, 76). Analog der untersuchungszweckbezogenen Adaption des Ansatzes der politischen Ökonomie durch Stern/Reve (1980) zur Analyse von Austauschbeziehungen zwischen Auftraggeber und Lieferanten werden Automobilhersteller und Zulieferer als interne politische Ökonomie betrachtet. Wobei Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene als organisatorische Einheit einen Teil der internen politischen Ökonomie darstellen. Als externe politische Ökonomie werden sowohl globale Umweltfaktoren verstanden, denen alle Fremdvergaben unterworfen sind, als auch lokale Umweltfaktoren, die standortspezifische Merkmale aufgrund der räumlichen Verteilung von Fremdvergabeinhalten.
Globale Umwelt (Makroumwelt) Lokale Umwelt (Mikroumwelt)
Lokale Umwelt (Mikroumwelt)
Fremdvergabeprojekt
Ökonomische Beziehungen
Soziopolitische Beziehungen
Fremdvergabeprojekt
Ökonomische Beziehungen
Tier-0,5-Lieferant Soziopolitische Beziehungen
Original Equipment Manufacturer (OEM)
Abb. 18: Die Fremdvergabe als politische Ökonomie (Quelle: in Anlehnung an Zerbe 2000, 78) Folgende Gründe sprechen für eine Anwendbarkeit des Ansatzes der politischen Ökonomie zur Strukturierung der Analyseschwerpunkte in der empirischen Untersuchung: - Die politische Ökonomie bietet dem Anwender die nötigen Ausgestaltungsfreiheiten des strukturellen Rahmens zugeschnitten auf seine Untersuchungszwecke. Ein offener Ansatz erscheint aufgrund der hohen Variabilität, der schwierigen Erfassungs- und Eingrenzungsmöglichkeit und des hohen Komplexitätsgrades des Untersuchungsobjektes Fremdvergabeprojekte als angemessen. - Der Ansatz der politischen Ökonomie differenziert nach Strukturen und Prozessen. Somit wird eine Analyse sowohl der prozessualen als auch der strukturellen Veränderungen
64
-
-
Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens während des gesamten Lebenszyklus der Fremdvergabe (Initialisierungs-, Anbahnungs-, Durchführungs- und Beendigungsphase) ermöglicht Da soziopolitische Gesichtspunkte unter rationalökonomischer Betrachtung nicht fassbar werden, spielen soziopolitische Einflussfaktoren, wie z.B. die Machtverteilung, die Einflussnahme auf Entscheidungsträger, bei der Untersuchung von Organisationen eine entscheidende Rolle (Zald 1970b, 241). Im Gegensatz zur internen politischen Ökonomie, wird der externen politischen Ökonomie und der Unterscheidung in statische und dynamische als auch rationalökonomisch und soziopolitisch in der Literatur wenig Beachtung geschenkt (Stern/Reve 1980). Der Ansatz der politischen Ökonomie kommt der Forderung einer ganzheitlichen Betrachtung von Fremdvergaben durch die integrative Betrachtung von rationalökonomischen und von soziopolitischen Phänomenen nach. Die politische Ökonomie betrachtet neue Organisationsformen nicht als hermetisch abgeschlossene Einheit, sondern steht in enger Wechselbeziehung mit seiner Umwelt. Globale und lokale Umwelteinflüsse wirken auf Fremdvergaben als organisatorische Einheit, die wiederum auf ihre Umwelt Einfluss haben können. Kapitel 2.2 zeigte technische, ökonomische, politische, rechtliche, wettbewerbstechnische und soziale Umweltfaktoren auf, die unmittelbar Einfluss auf die Automobilhersteller und Lieferanten und folglich auf Fremdvergaben haben. Neben dem zunehmenden Wettbewerbsdruck kann die volatile Marktnachfrage zu Auslagerung von Serienentwicklungs- und Serienproduktionsumfängen an Drittanbieter führen. Zudem beeinflussen rechtliche Vorgaben im Bereich Finanzen, Personalwesen oder Fahrzeugbau die internen prozessualen und strukturellen Merkmale von Fremdvergaben.
Im folgenden Kapitel wird der eklektische Bezugsrahmen aus Abb. 17 durch verschiedene wissenschaftliche Ansätze aus der Literatur ausgefüllt und konkretisiert. 3.3 Makroökonomische Sicht auf Fremdvergaben Erst in jüngerer Vergangenheit wurden unternehmensübergreifende Austauschverhältnisse unter strategischen Gesichtspunkten, im Rahmen des wissenschaftlichen Untersuchungsfelds des strategischen Managements, betrachtet. Einen umfassenden und allgemeingültigen Ansatz, der den Strategiebegriff festlegt und daraus die zukünftige gewinnbringende Richtung von Unternehmen ableitet, existiert in der gegenwärtigen Literatur nicht (Kurr 2004, 99). Nichtsdestoweniger haben sich einige Forschungsansätze in der Vergangenheit bestätigt und sich als grundlegende Theoriekonstrukte des strategischen Managements durchgesetzt. Der durch Porter (1985) geprägte markt- bzw. branchenorientierte Ansatz (market-based view) und die von Prahalad/Hamel (1990) in den 90er Jahren intensivierte Auseinandersetzung des Ressourcen-basierten Ansatzes beeinflussten maßgeblich die wissenschaftliche Strömung des strategischen Managements. Der marktorientierte Ansatz argumentiert, dass der dauerhafte Unternehmenserfolg durch eine gekonnte Wettbewerbspositionierung und -differenzierung durch Kosten- oder Leistungsvorteile möglich ist. Auch fördert der Aufbau von Markteintritts- und Mobilitätsbarrieren die langfristige Positionierung eines Unternehmens (structure-conduct-performance-paradigma). Im Gegensatz hierzu postuliert der Ressourcenbasierte Ansatz den dauerhaften Unternehmenserfolg durch die geschickte Auswahl und Bündelung unternehmensspezifischer Ressourcen und deren Entwicklung zu Kernkompetenzen.
Makroökonomische Sicht auf Fremdvergaben
65
Nach einer anfänglichen Rivalität beider Ansätze wird ihnen seit geraumer Zeit in der wissenschaftlichen Diskussion nunmehr eine Komplementarität bescheinigt (Knyphausen 1999, 772ff., Mahoney/Pandian 1992, 363). 3.3.1 Outside-in-Perspektive In der Literatur auch unter dem Namen „Market-based View“ bekannt, steht die Industrie bzw. die Branche als Betrachtungsgegenstand im Fokus des Forschungsansatzes der Industrieökonomie. Grundlage für die Forschungsarbeit der Outside-in-Perspektive bildet das Structure-Conduct-Performance-Schema (SCP-Schema) (siehe Abb. 19). Demnach hängt das Unternehmensergebnis (performance) vom strategischen Marktverhalten (conduct) ab, das maßgeblich durch die vorgegebene Marktstruktur (structure) beeinflusst wird. Diese Branchenoder Marktstrukturmerkmale gelten als Erfolgspotenziale für die Erreichung überdurchschnittlicher Gewinne der Unternehmen. Laut Sydow (1992, 173) hängt der Unternehmenserfolg von den Kriterien Branchenstruktur, Unternehmensanalyse und den Strategietypen des Unternehmens ab.
Markt-/Industrie-Struktur Structure
Geschäftspolitik der Firma Conduct
Marktleistung Performance Abb. 19: Das SCP-Schema (Quelle: Schreyögg 1984, 52) Ein weiterer Vertreter der Outside-in-Forschungsströmung ist Porter (1985) mit der Branchenstrukturanalyse von Porter (1985) baut auf dem Structure-Conduct-Performance-Schema auf und entwickelt es weiter in seiner Branchenstrukturanalyse, die als Basis für die strategische Ausrichtung von Unternehmen gesehen wird. Der Ansatz hilft Unternehmen, sich in ihrem Wettbewerbsumfeld eindeutig zu definieren und seine Wettbewerber, Lieferanten, Kunden, Ersatzprodukte (Substitute) und potenzielle neue Wettbewerber zu identifizieren, zu analysieren und abzugrenzen. Im Anschluss an die Branchenstrukturanalyse erfolgt die zukünftige Positionierung des Unternehmens durch Kostenführerschaft, Differenzierung oder Konzentration. Mit Hilfe vertikaler, horizontaler und lateraler Allianzen ist es möglich, Lieferan-
66
Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens
ten- und Abnehmermachtpotenziale für das eigene Unternehmen zu binden und die Eintrittsbarrieren für Branchenfremde zu erhöhen.
Potenzielle neue Konkurrenten
Lieferanten
Wettbewerber in der Branche
Abnehmer
Ersatzprodukte
Abb. 20: Branchenstrukturanalyse (Quelle: Porter 1996, 23) Die Kritik an der Outside-in-Perspektive äußert sich in dem Vorwurf, einen zu starken Fokus auf unternehmensexterne Gegebenheiten zu legen und dazu deren inhärenter Dynamik nicht genügend Beachtung zukommen zu lassen (Rühli 1995, 93). Ebenfalls wird der Vereinheitlichung der Strategieansätze vorgeworfen, diese als generische Strategien der Konkurrenz zu kommen zu lassen und somit den Wettbewerb zu verwässern (Hellinger 1999, 18; Mellewigt 2003, 54). Um der Kritik entgegenzuwirken, dass die Industrieökonomie die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen zu einseitig aus der Sicht der Branche und der Unternehmen betrachtet, wurde das wissenschaftliche Gedankengut der Inside-out-Perspektive herangezogen. 3.3.2 Inside-out-Perspektive Als Gegenströmung zu den Outside-in Ansätzen manifestierte sich die Inside-out-Perspektive, die die Fähigkeiten und Ressourcen des Unternehmens in den Mittelpunkt ihrer Strategiebetrachtung stellt. Der Ressourcen-basierten Ansatz, als Vertreter der Inside-out-Perspektive, beinhaltet Ansätze, liefert Erklärungen für das Verhalten und den Erfolg bzw. Misserfolg von Unternehmen mit Hilfe der Existenz und dem Austausch einzigartiger Ressourcen (Rühli 1995, 94). Collis/Montgomery (1995, 118f.) postulieren, dass Unternehmen verstärkt auf ihre internen Faktoren zurückgreifen und nicht wie in den Forschungsströmungen der Inside-outPerspektive von Markt- und Branchenentwicklungen ausgehen sollen. Laut Penrose (1959, 54), die mit ihrem wissenschaftlichen Beitrag „The theory of the growth of the firm“ die Inside-out Strömung hervorrief, basiert der Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens auf der Ein14 zigartigkeit von unternehmenseigenen Ressourcen und Fähigkeiten . Wichtig dabei sind die richtige Auswahl und der richtige Einsatz von erfolgversprechenden Ressourcen eines Unternehmens. 14
Weitere Autoren, die den Ressourcenansatz geprägt haben, sind u.a. Selznick 1957, Barney 2001, Peteraf 1993, Hall 1992, Grant 1991.
Makroökonomische Sicht auf Fremdvergaben
67
Grundlage für den Wettbewerbsvorteil ist die materielle und immaterielle Ressourcenbasis von Unternehmen, die sich im Laufe der Unternehmensgeschichte heraus kristallisiert. Die Heterogenität der Ressourcen gilt als „Grundlage für die Wettbewerbsvorteile und für überdurchschnittliche Renditen von Unternehmen“ (Wernerfelt 1984, 171). Das Unternehmen als soziales System verfügt über eine eigene Geschichte, die zu einer bestimmten Kultur, einem Image oder zu spezifischen Human Assets führt. Die Geschichte des Unternehmens beeinflusst somit die Herleitung möglicher Strategien (Collis 1991, 51). Endprodukte 1
2
3
Geschäftseinheit 1
4
5
6
Geschäftseinheit 2
7
8
9
Geschäftseinheit 3
10 11 12
Geschäftseinheit 4
Kernprodukt 2
Kernprodukt 1
Kompetenz 1
Kompetenz 2
Kompetenz 3
Kompetenz 4
Abb. 21: Bündelung von Kernkompetenzen (Quelle: Prahalad/Hamel 1990, 81) Verfechter der Inside-out-Strömung argumentieren, dass Ressourcen aufgrund eines unvollkommenen Faktormarktes nicht einfach imitiert, zugekauft oder transferiert werden können. Vielmehr sind Ressourcen in einen spezifischen Unternehmenskontext eingebettet, der sich wiederum aus der Unternehmenshistorie entwickelt hat. Der Ressourcentransfer ist demnach nur unter zeitlicher Verzögerung und unter hohem Aufwand zu erreichen. Itami (1987, 12f) sieht dies insbesondere für immaterielle Ressourcen, wie beispielsweise Fähigkeiten und Wissen, die eng an Personen und die Organisation des Unternehmens gebunden sind. Je mehr das Wissen in dokumentierter Form expliziert ist, desto leichter ist es, die Ressource zu transferieren. Analog der Transaktionskostentheorie besteht die Schwäche des Ressourcen-basierten Ansatzes in der Umsetzung von Anforderungskriterien für interne Ressourcen und seine Erfolgspotenziale. Ferner wird ein zu eindimensionales Bild auf interne Prozesse generiert, so dass die Chancen und Risiken des Marktes bei einem Strategiewechsel vernachlässigt werden (Rasche/Wolfrum 1994, 510f.).
68 3.4
Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens Rationalökonomische Sicht auf Fremdvergaben
Im Falle von Outsourcing und daraus entstehenden Geschäftsbeziehungen werden als Erklärungsansätze insbesondere theoretische Konstrukte aus der Neuen Institutionenökonomik zu Rate gezogen (Schwarze/Müller 2005, 7). Die Neue Institutionenökonomik stellt kein einheitliches Theoriegebäude dar, sondern besteht aus mehreren Teiltheorien mit ähnlichen wissenschaftlichen Strömungen, verwandten Grundelementen sowie gemeinsamen Annahmen (Picot et al. 2003, 44). Sie zielt darauf ab, ökonomische Erklärungen für die Entwicklungen von Institutionen zu liefern, sowie Handlungsempfehlungen zur effizienten Gestaltung von Institutionen aufzuzeigen (Picot et al. 2003, 38). Die Ansätze der institutionellen Ökonomik liefern Erklärungsmuster sowohl für das effiziente Management von kooperativen Arrangements als auch für dessen vertragliche Ausgestaltung (Alchian/Demsetz 1972, 794). Beispielsweise um Informations- und Kommunikationsprozesse zu rationalisieren, liefern sie jedem Individuum Informationen über seinen eigenen Handlungsspielraum sowie über wahrscheinliche Verhaltensweisen der anderen (Picot et al. 2003, 38). Gemeinsam haben die Ansätze, dass sie die Analyse der vielfältigen Austauschbeziehungen, die zwischen den spezialisierten Akteuren einer arbeitsteilig organisatorisch aufgestellten Wirtschaftsinstitution existieren, unterstützen. Unter einer Institution sind „[…] sozial sanktionierbare Erwartungen, die sich auf die Handlungs- und Verhaltensweisen eines oder mehrerer Individuen beziehen“ zu verstehen (Dietl 1993, 37). Darunter fallen Gesetze, Normen oder Verträge. Von besonderem Interesse für die Neue Institutionenökonomik sind Institutionen, die den Austausch unter ökonomischen Aspekten betreiben. Dies bezieht sich nicht nur auf Unternehmen, sondern auch auf Märkte oder Rechtssysteme im Allgemeinen (Mueller-Stewens/Lechner 2005, 149). Die rechtliche Ausgestaltung von Organisationsstrukturen regelt die Neue Institutionenökonomik mittels Verträgen. Wobei unterschiedliche Vertragstypen für jede mögliche Organisationsform genannt werden (Picot et al. 2003, 44). Der Vertrag wird dabei im ökonomischen Sinne als „[…] jede bindende explizite oder implizite Vereinbarung über den Austausch von Gütern oder Leistungen zwischen Menschen, die dieser Vereinbarung zustimmen, weil sie sich davon eine Besserstellung versprechen“ verstanden (Wolff 1995, 38). Verträge können auch als Gerüst zwischen rechtlich selbständigen Organisationen wie Unternehmen, Märkte sowie hybride Organisationsformen betrachtet werden (Picot et al. 2003, 44). Verträge bilden einerseits die Organisationsgrundlage für alle wirtschaftlichen Produktions- und Tauschprozesse, andererseits dienen sie als Instrumente zur Koordination wirtschaftlicher Aktivitäten. Gleichzeitig forcieren Verträge die Motivation, indem Anreize für die Austauschpartner abgesichert werden. Sie dienen der „[…] Schaffung von Sicherheit über das Verhalten der Vertragspartner“ (Wolff 1995, 38). Die Theorien der Neue Institutionenökonomik beruhen auf den gleichen Annahmen: - Methodologischer Individualismus Soziale Gebilde, beispielsweise Unternehmen, entstehen durch die Betrachtung der Ziele und Entscheidungen einzelner Individuen, welche innerhalb dieser agieren (Heath 2005, 1). - Axiom individueller Nutzenmaximierung Jeder Akteur wählt bei einer Entscheidung diejenige Alternative, von der er sich den höchsten Nutzen verspricht. Gegebene Verhaltensspielräume werden opportunistisch ausgenutzt. (Wolff 1995, 22 ff).
Rationalökonomische Sicht auf Fremdvergaben
69
- Begrenzte Rationalität Das menschliche Verhalten gilt durch begrenzte Informationsverarbeitungskapazität und durch einen unvollständigen Informationsstand des Einzelnen als begrenzt rational. Vor dem Hintergrund dieser gemeinsamen Ausgangspunkte hat sich die Neue Institutionenökonomik in drei Teiltheorien, die „Transaktionskostentheorie“, die „Principal-AgentTheorie“ sowie die „Property-Rights-Theorie“, aufgespalten (Macharzina 2003, 55). 3.4.1 Transaktionskostenansatz Der Transaktionskostenansatz wird in der Literatur zur Erklärung der Motivlage und der Entstehung von Austauschbeziehungen zwischen Organisationen am häufigsten herangezogen und stellt auch für die empirische Untersuchung der Arbeit einen wichtigen Bezugspunkt dar. Der Transaktionskostenansatz dient zur Erklärung der Entwicklung institutioneller Ordnungsmuster und beschreibt die Gestaltung von Leistungsbeziehungen zwischen Menschen (Picot/Dietl 1990, 178). Bereits 1937 begründet Coase die ersten Ansätze zur ökonomischen Bewertung von Transaktionen, deren Austausch über Marktmechanismen Kosten verursacht (Coase 1937, 390). Seine Argumentation wurde fast 40 Jahre später durch Williamson (1979) aufgegriffen, vertieft und in einen organisationstheoretischen Kontext gestellt. Ziel der Transaktionskostentheorie ist ein Vergleich an Kosten alternativer institutioneller Arrangements, denen als Gemeinsamkeit eine Form der vertraglichen Beziehung zugrunde gelegt wird. Idealtypisch wird die Abwicklung von Transaktionen mittels Markt über langfristige Verträge oder in Organisationen differenziert (Ebers/Gotsch 1999, 225). Unter Transaktionskosten subsumiert Picot (1991, 145f.) diejenigen Kosten, die durch den Prozess der Klärung und Vereinbarung des physischen Austauschvorgangs von Gütern oder Dienstleistungen und die mit ihm verbundene Übertragung von Verfügungsrechten entstehen. Die exakte Höhe der Transaktionskosten ist schwer zu ermitteln. Diese hängt sowohl von den Eigenschaften der zu erbringenden Leistung als auch von der gewählten Organisationsform ab (Williamson 1996, 5). Zudem sind Transaktionskosten nicht immer eindeutig monetär quantifizierbar. Beispielsweise gestaltet sich die monetäre Bewertung von Opportunitätskosten oder von Aktivitäten und ihrer zeitlichen Beanspruchung zur Vertragsüberwachung als schwierig. Zu den Transaktionskosten zählen somit nicht nur pagatorische, sondern auch schwer quantifizierbare Kosten (Kaas/Fischer 1993, 688). Gemäß den Phasen der zeitlichen Transaktionsabwicklung lassen sich die Transaktionskosten in - Anbahnungskosten (z.B. Suche und Beschaffung von Informationen für potenzielle Partner), - Vereinbarungskosten (z.B. Verhandlung und Vertragsformulierung), - Kontrollkosten (z.B. Überprüfung der vertraglich festgelegten Leistungserbringung) und - Anpassungskosten (z.B. Realisierung von Maßnahmen zur Effizienzsteigerung) kategorisieren (Picot 1982, 270). In der Literatur werden vielfältige Vorschläge zur Unterteilung der Transaktionsabwicklung aufgeführt, die sich terminologisch geringfügig unterscheiden oder sich inhaltlich durch einen höheren Detaillierungsgrad auszeichnen. Beispielsweise unterscheidet Hess zwischen den Phasen Akquisition, Konfiguration, Durchführung und Auflösung (Hess 1999, 18), während eine andere Quelle sich für eine Aufteilung in Grob- und Feinplanung ausspricht (Kocian 1999, 141f.).
70
Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens
Der Schwerpunkt der Transaktionskostentheorie liegt auf der Untersuchung von Transaktionskosten, die je nach wechselseitigen Wirkmechanismen von den Verhaltenspartnern der Akteure, den situativen Transaktionscharakteristika und den Bedingungen der Transaktionsatmosphäre als zugrunde gelegte Annahmen untersucht werden (siehe Abbildung 2) (Picot/Dietl/Franck 1997, 68f.). Die Transaktionsatmosphäre wird durch die vier Faktoren „Bounded Rationality“, „Uncertainty/Complexity“, „Opportunism“ sowie „Small Numbers“ beeinflusst (Williamson 1975, 40). Den Transaktionspartnern wird hierbei neben einem begrenzt rationalen Handeln aufgrund eines unvollkommenen Informationsstandes und beschränkter Informationsverarbeitungskapazität ein opportunistisches Verhaltenspotenzial mit grundsätzlich eigennützigem Verhalten, sowie einer gewissen Risikoneutralität unterstellt. Abgesehen von den Eigenschaften der Akteure und der Transaktion, spielt die Transaktionsatmosphäre als Rahmenwerk, unter denen die Austauschprozesse ablaufen, eine signifikante Rolle. Beispielsweise lässt sich über die technologischen Rahmenbedingungen die Wichtigkeit des Einsatzes moderner Informations- und Kommunikationsmittel zur Realisierung kooperativer Arrangements ableiten (Wohlgemuth 2002, 51). Unter der Annahme der beschränkten Rationalität von Wirtschaftssubjekten in Verbindung mit umweltbedingten Faktoren wie Unsicherheit und Komplexität, kann angenommen werden, dass hohe Transaktionskosten, beispielsweise bei Vertragserstellung, Monitoring oder beim Informationsaustausch, anfallen (Picot 1982, 276). Die Ineffizienz der Koordination via Markt wird somit über hierarchische Koordination mittels Werksverträge oder vertikale Integration kompensiert. Da geringe Transaktionskosten als Wettbewerbsvorteil gelten (Williamson 1996, 5), definiert Williamson Faktoren, die die Höhe der Transaktionskosten hierarchischer oder marktlicher Organisationsinstrumente beeinflussen können. Aufbauend auf den Arbeiten von Coase, entwickelt er eine Systematisierung dieser Einflussgrößen, dargelegt in dem von ihm entwickelten „Organizational Failure Framework“ (Williamson 1975, 20ff.). Erklärungsgrundlage sind die situativen Transaktionscharakteristiken, wie Spezifität von verwendungszweckspezifischen Investitionen in Standorte, Sach- und Humankapital, partnerspezifische Sachwerte und Reputation (Ringlstetter 1997, 158), die strategische Bedeutung der Transaktion und die möglicherweise damit in Verbindung stehende Unsicherheit und Häufigkeit der Transaktion. Der Faktor Unsicherheit hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf Transaktionen, da sie die Kooperationspartner veranlassen, unvorhersehbare Entwicklungen bereits im Vertrag zu berücksichtigen oder sie zwingen, die Änderungs- und Anpassungskosten während der Transaktion zu tragen (Williamson 1975, 31f). Dass eine hierarchische Koordination der einer marktlichen vorzuziehen ist, wird in der Diskussion um das opportunistische Verhalten der Wirtschaftssubjekte in Verbindung mit der Spezifität der transferierten Ressource transparent (Williamson 1975, 27f.). Ressourcen sind nach Williamson (1991, 281f.) an eine bestimmte Verwendung gebunden und differenzieren sich demnach in ihrer Spezifität. Der Spezifitätsgrad einer Ressource kann anhand ihrer Standortspezifität (site specifity), Kapitalgüterspezifität (physical asset specifity), partnerbezogene Spezifität (dedicated assets), Humankapitalspezifität (human asset specifity), Markenspezifität (brand name capital) und zeitgebundene Spezifität (temporal specifity) beurteilt werden. Die Idiosynkrasie kann sich zu monopolartigen Austauschbeziehungen entwickeln, die durch Investitionen provoziert wird. Tritt der Fall ein, dass einer der Kooperationspartner die Abhängigkeit seines Partners in opportunistischer Weise ausnutzt, müssen weitere Mechanismen zur Absicherung des Leistungsaustausches implementiert werden. Konsequenz
Rationalökonomische Sicht auf Fremdvergaben
71
daraus sind erhöhte Transaktionskosten, was eine Koordination über Hierarchie als die günstigere Variante erscheinen lässt (Picot 1982, 277). Verstärkt wird opportunistisches Verhalten im Falle einer strategischen Relevanz der Transaktion, wenn vom Austauschmechanismus die Existenz und die Wettbewerbsfähigkeit eines oder aller Partner abhängt (Ebers/Gotsch 1999, 228). Verhaltensannahmen
Transaktionscharakteristika
Erklärungs-/ Gestaltungsgrößen
Infrastruktur der Transaktion
Spezifität von Investitionen Opportunismus Strateg. Bedeutung der Transaktion
Unsicherheit der Transaktion Begrenzte Rationalität
Höhe der Transaktion
Form des Institutionellen Arrangements
Technologische Rahmenbedingungen
Rechtliche Rahmenbedingungen
Sozio-kulturelle Rahmenbedingungen
Häufigkeit der Transaktion
Abb. 22: Grundmodell der Transaktionskostentheorie (Quelle: Wohlgemuth 2002, 52) Trotz der breiten Unterstützung der Transaktionskostentheorie von namhaften Wissenschaftlern stößt der Ansatz in der Literatur auf Kritik. Die unzureichende Vergleichbarkeit von Transaktionskosten zwischen den Koordinationsformen Markt und Hierarchie wird dem Ansatz genauso vorgeworfen, wie deren Widersprüchlichkeit (Schneider 1985, 1240ff.). So wird dem Ansatz hinsichtlich seiner Verhaltensannahmen ein unrealistisches Menschenbild vorgeworfen (Schmidt 1994, 105f.). In Organisationen auftretende Machtprozesse und Konflikte werden unzureichend betrachtet (Sydow 1992, 157). Anders in der Netzwerktheorie. Hier wird Machtprozessen und Konflikten eine signifikante Bedeutung zugesprochen, um eine ungleiche Verteilung von Produktions- und Transaktionskosten in arbeitsteiligen Leistungsbeziehungen zu erzwingen. Lieferanten werden durch fokale Unternehmen mit Machtposition Produkt- und Prozessinnovationen aufgezwungen, Logistikfunktionen übertragen oder die Preisgabe der internen Kostenstruktur abverlangt (Helper 1993, 143f.). Die Abgrenzung des Begriffs Transaktionskosten gegenüber anderen Kostenarten, wie Produktions-, oder Kapitalkosten, bleibt aus. Dies führt in Kombination mit dem relativ unbestimmten Effizienzbegriff dazu, dass sich jede Organisationsform ex post als effizient darstellen lässt (Sydow 1992, 146). Der ausschließliche Fokus auf Transaktionskosten blendet ebenso den Einfluss produktions15 bedingter Effekte wie technischen Abhängigkeiten, Economies of Scope , oder möglichen 16 Economies of Scale , aus (Sydow 1992, 148f.). Picot weist darauf hin, dass die Transaktionskostentheorie hinsichtlich operativer Umsetzung Schwachstellen aufweist, die Strukturen 15 16
Die Senkung der Herstellkosten durch Mehrfachverwendung (Wildemann 2005, 27). Die Senkung der Herstellkosten durch Erhöhung der Ausbringungsmenge (Wildemann 2005, 27).
72
Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens
der Arbeitsteilung nicht berücksichtigt, und spricht der Theorie eine umfassende Übertragbarkeit auf Non-Profit-Organisationen ab (Picot 1982, 281). Nichtsdestoweniger lassen sich mit Hilfe der Transaktionskostentheorie wertvolle organisatorische Gestaltungsempfehlungen für kooperative Formen der Zusammenarbeit ableiten, wobei „[…] nicht erwartet werden darf, dass eine klare Antwort auf die Frage einer effizienten Institution per se gegeben wird“ (Macharzina 2003, 59). 3.4.2 Principal-Agent-Theorie Im Gegensatz zur Transaktionskostentheorie wird eine Austauschbeziehung zwischen Akteuren nicht unter dem Gesichtspunkt von Transaktionen betrachtet, sondern vielmehr als diskrete Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung verstanden. Eine Principal-Agent-Beziehung ist dabei definiert auf Basis eines Vertrages zwischen Principal (Auftraggeber) und Agent (Auftragnehmer) zur Weitergabe von Entscheidungsbefugnissen (Jensen/Meckling 1976, 308). Im Mittelpunkt der Principal-Agent-Theorie steht die Begründung der Vertragsgestaltung sowie der damit verbundenen Anreiz-, Kontroll- und Informationsmechanismen zur Reduzie17 rung der Agency-Kosten. Diese entstehen bei der Leistungserstellung durch den Agenten bei Informationsasymmetrie und Interessenskonflikten gegenüber seinem Principal. Dies kann dazu führen, dass der Agent nicht immer im Sinne des Principal handelt. Es sind folglich Anreize und Überwachungsmechanismen notwendig, um den Spielraum für opportunistisches Verhalten seitens des Agenten einzuschränken (Alchian/Demsetz 1972, 782; Jensen/Meckling 1976). Sie können in Steuerungs- und Kontrollkosten des Principals im Sinne von Monitoring oder Implementierung von Anreiz- und Sanktionssystemen, in Garantiekosten des Agenten (z.B. Schadensersatzverpflichtungen) und Residualkosten (Kosten als Folge suboptimaler Durchführung der Leistungserstellung aus Principal-Sicht) eingeteilt werden (Ebers/ Gotsch 1993, 206). Obwohl theoretisch gesehen die Senkung der Agency-Kosten durch Ersetzung interner Kontroll- und Anreizmechanismen durch den Preis- und Leistungsdruck, also durch Quasi-Externalisierung, erreicht werden könnte, stößt diese Art der Risikoabwälzung an ihre Grenzen, wenn dies zu einem Vertrauensverlust und zur Verringerung von Kontroll- und Sanktionsmechanismen führt. Im Umkehrschluss erhöht ein Vertrauensverlust die AgencyKosten. Daher ist von einer kompletten Risikoabwälzung auf den Agenten abzuraten (Jarillo/Ricart 1987, 89). Eisenhardt (1989b, 59) reichert die Agency-Theorie um einige Annahmen an, indem sie betont, dass die Vertragsgestaltung als zentrales Untersuchungsobjekt von der Beschaffenheit des menschlichen Verhaltens, welches opportunistisch, eigennützig, risikoavers und begrenzt rational ist, abhängt. Die inhärenten Zielkonflikte zwischen den Organisationen und ihren Mitgliedern sind eine weitere Annahme, sowie die Informationsasymmetrien, die zwischen Principal und Agent von Natur aus bestehen. Die Interessensunterschiede und die asymmetrische Informationsverteilung zwischen Auftragnehmer und -geber werden in den als Kernproblematiken formulierten Hidden characteristics, Hidden action bzw. Hidden information und Hidden intention erörtert (siehe Abbildung 23) (Bea/Göbel 1999, 139f.). Dabei beschreibt hidden characteristics die Problematik, dass der Principal vor Vertragsabschluss die Qualität oder Kompetenz des Agenten nicht wirklich kennt. Als Folge davon läuft der Principal Gefahr, einen nicht geeigneten Agenten für die Auftragserfüllung auszuwählen (so genannte Adverse Selection). Das Problem der 17
Für weiterführende Literatur vergleiche Arrow 1985, 39ff., Barney/Ouchi 1986, 205ff., Pratt/Zeckhauser 1985, 5ff.
Rationalökonomische Sicht auf Fremdvergaben
73
Adverse Selection wird im Deutschen auch als Qualitätsunsicherheit bezeichnet (Spremann 1990, 572). Diese tritt vor Vertragsabschluss auf und beschreibt das Informationsdefizit auf Seiten des Principal bezüglich der Leistungsqualität sowie der Eigenschaften eines möglichen Agenten. Des Weiteren ergibt sich für den Principal die Schwierigkeit, dass er in der Lage ist, die Aktionen des Agenten zu beobachten, jedoch nicht beurteilen kann. Der Principal kennt das Ergebnis, ist aber im Unklaren, inwiefern dieses auf das Leistungsverhalten des Agenten oder aber auf äußere Umstände zurückzuführen ist. Daraus ergibt sich für den Principal eine ungünstige Situation, in der der Agent seinen Informationsvorsprung opportunistisch nutzen könnte (so genanntes Moral Hazard). Dieser Fall ist bei Hidden intention bereits eingetreten, der Umstand wird auch vom Principal erkannt, aber aufgrund seiner Abhängigkeit gegenüber dem Agenten nicht verhindert. Hier besteht das Risiko, dass der Agent die ausbleibende Sanktionierung zum Nachteil des Principal ausnutzt (so genanntes Hold up). Wie Hidden action/Hidden information tritt Hidden intention erst nach der Verhandlung und nach dem Vertragsabschluss auf. Als Mechanismen zur Reduzierung dieser Risiken schlägt die Literatur Signalling, Screening, Monitoring und Interessensangleichung vor (Picot/Dietl/Franck 1997, 87ff.). Als Signalling werden Aktivitäten des Agenten bezeichnet, die den Principal von seinen Eigenschaften und Kompetenzen überzeugen sollen, beispielsweise mittels Referenzprojekten oder Gutachten. Auf der Seite des Principals fallen Aktivitäten an, durch die er sich Informationen über die Eigenschaften des Agenten beschafft (Screening). Dazu zählen exemplarische Rückfragen bei Referenzkunden, Erhebung von Informationen aus Sekundärliteratur (z.B. Zeitschriften, Börsenreports) oder Vor-Ort-Besuche beim Agenten. Signalling und Screening mindern die Informationsasymmetrien vor dem eigentlichen Vertragsabschluss und beugen den Risiken der Adverse Selection vor. Nach Vertragsabschluss kommen im Rahmen des Monitoring Maßnahmen zum Einsatz, mit denen der Principal sich mit Hilfe von Planungs- und Kontrollsystemen über das Leistungsverhalten des Agenten einen Eindruck vermittelt. Schließlich gibt es noch die Standardlösung der Interessensangleichung, unter der Maßnahmen zu subsumieren sind, bei denen der Agent mittels Anreizsysteme für ein gewünschtes und vertragskonformes Handlungsergebnis belohnt wird. Verhaltensannahmen
Ungleiche Informationsverteilung
Agency-Probleme
Erklärungs-/ Gestaltungsgrößen
Standardlösungen
Signalling Adverse Selection (aus Hidden Characteristics)
Höhe der Agency-Kosten Screening
Individuelle Nutzenmaximierung
Moral Hazard (aus Hidden Action/Hidden Information)
Hold up (aus Hidden Intention) Zielkonflikte
Vorbereitung und Ausgestaltung der Vertragsbeziehung
Monitoring
Interessensangleichung
Abb. 23: Grundmodell der Principal-Agent-Theorie (Quelle: Wohlgemuth 2002, 62)
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Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens
Ferner wird angemerkt, dass die Qualität der Information als käufliches Gut über die Leistungserstellung des Agenten durch höhere monetäre Aufwände des Principals verbessert werden kann. Vor dem Hintergrund dieser gesetzten Annahmen liegt das Hauptaugenmerk der Theorie darauf, einen möglichst effizienten Vertrag zu generieren. Sein Zweck liegt in erster Linie in der Koordination der reziproken Beziehung zwischen Auftragnehmer und -geber. Die Principal-Agent-Theory gibt hierzu Unterstützungsmechanismen, wie die frühzeitige Identifikation von Informationsasymmetrien, den gezielten Einsatz von Anreiz- und Sanktionsmechanismen, sowie die Vermittlung gemeinsamer Werte und Normen, vor (Girschik 2002, 41). Dabei ist eine Integration der Mechanismen in die Vertragsgestaltung anzustreben. So wird beispielsweise zwischen verhaltens- und ergebnisorientierten Verträgen unterschieden. Während verhaltensorientierte Verträge die vereinbarte Entlohnung des Agenten an der zugesicherten Anwesenheit in bestimmten Zeiträumen oder an der Folgeleistung hierarchischer Anweisungen abhängig machen, gewähren ergebnisorientierte Verträge je nach Markterfolg Provisionen, Aktienoptionen oder sonstige Incentives (Child/Faulkner 1989, 23).
3.5 Soziopolitische Sicht auf Fremdvergaben Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Interorganisationsansätze mit vielen unterschiedlicher, wiederum nicht eindeutig abgrenzbarer Strömungen. Der Fokus der verhaltensorientierten Ansätze liegt auf der verstärkten Ausrichtung auf situationsabhängige Aspekte wie Motivation und Erwartungshaltung der beteiligten Akteure (Stoelzle 1999, 66). 18 Zunächst in den Konstrukten der Netzwerktheorien verankert, wurde die Interorganisationtheorie nach und nach mit Hilfe des Resource-Dependence-Ansatzes theoretisch untermauert. Der Ressource-Dependence-Ansatz, der wirtschaftliche Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den selbständigen Akteuren beleuchtet, hat in der organisations- bzw. interorganisatorischen Literatur viel Beachtung gefunden. Er steht in enger Verbindung zur Austauschtheorie. Gemeinsames Ziel der Ansätze aus der Interorganisationstheorie ist es, „[…] die Entstehung interorganisationaler Beziehungen erklären und Empfehlungen zu ihrer Gestaltung geben zu können“ (Sydow 1992, 192). 3.5.1 Austauschtheorie 19 Die Basis für die austauschtheoretischen Ansätze legten bereits Anfang der 60er Jahre die auf Gruppen bezogenen Arbeiten von Homans (1961) und Emersons (1962). Dabei wird die Existenz interorganisationaler Beziehungen aus der Argumentation der individuellen Nutzenbestrebungen der beteiligten selbständigen Unternehmen durch diesen Austausch begründet. Levine/White (1961, 588) definieren Austausch als „[…) any voluntary activity between two organizations which has consequences, actual or anticipated, for the realization of their respective goals or objective“. 18
Die Netzwerkökonomie beschäftigt sich mit marktlichen Elementen der Koordination von Gütern oder Dienstleistungen, die zwischen den Netzwerkpartnern ausgetauscht werden. Welche Produkt-Eigenschaften die Herausbildung von Netzwerken begünstigen und welche nicht, wird hierbei erläutert. Anhand der Charakteristika - Netzwerkeffekte und signifikante Economies of Scale, - Komplementarität / Kompatibilität / Standards und - Switching Costs / Lock-In, werden Netzwerk-Produkte von anderen abgegrenzt und neue Märkte für sie identifiziert (Shy 2001, 1). 19 Weitere Quellen zur Austauschtheorie siehe Levine/White (1961), Jacobs (1974), White (1974), Schopler (1987), Schmidt/Kochan (1977).
Soziopolitische Sicht auf Fremdvergaben
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Essentiell für das Verständnis der Austauschtheorie ist die Definition des Begriffs “Austausch“ im Gegensatz zum transaktionstheoretischen Begriff „Transaktion“. Ersterer ist weiter gefasst im Sinne eines Austausches von Wertvorstellungen, kulturellen Eigenschaften, Informationen, Gefühlen, Ressourcen, während die Transaktion den Fokus lediglich auf den physischen Austausch legt (Sydow 1992, 193). Levine und White (1961) definieren aufgrund ihrer Studien drei Determinanten von Austauschbeziehungen: - Zugang zu externen Ressourcen - Ziele und Funktionen der am Austausch beteiligten Unternehmen und - domain consens. Darunter werden konfliktäre, überlappende oder komplementäre Ziele der Austauschpartner subsumiert. Getrieben aus der Motivation, einen Vorteil aus der Beziehung zu erzielen, gehen Menschen neue soziale Beziehungen ein. Vor allem Beziehungen zu bereits vorhandenen Bekannten werden aufrechterhalten, weil hier die Belohnung als lukrativ erwartet wird (Blau 1968, 452ff.). Inwiefern die Belohnung monetärer Art ist, lässt sich schwer sagen. Stattdessen sind gegenseitige Verpflichtungen zwischen zwei Austauschpartnern als relativ unspezifisch zu bezeichnen. Eine einseitige Begründung durch rationales Handeln wird dem komplexen Gebilde von Austauschbeziehungen nicht gerecht und unterschätzt seine soziale Komponente. Vielmehr wird Belohnung als Überschuss aus den in die Beziehung eingebrachten und daraus generierten Ressourcen betrachtet, da neben den Werten aus ökonomischer Sicht auch soziale Werte als getauschte Ressourcen hinzukommen (McGrath 1984, 212). Der Austausch wird abhängig von der belohnenden Reaktion fortgeführt und bei Ausbleiben derselben eingestellt (Blau 1968, 453). Vielfach in der Literatur erwähnt, wird der Aspekt des Vertrauens durch seine Mittlerfunktion als notwendiges Element in einem Geflecht von Austauschbeziehungen erkannt. Vertrauen zeigt sich in der Bereitschaft des Partners, die erwarteten ökonomischen und sozialen Ressourcen in die Austauschbeziehung einzubringen (Luhmann 1973, 40). Der Begriff Vertrauen wird wie folgt verstanden: „When my confidence in your assistance derives from my conviction that you will do what is right (not just what is prudent), then I trust you, and trust becomes a powerful tool for our working our mutual wills in the world. So powerful a tool is trust that we pursue it for its own sake; we prefer doing things cooperatively when we might have relied on fear or interest or work alone” (Fried 1982, 8). Während die Transaktionskostentheorie von einem opportunistischen Verhalten provoziert, durch divergierende Interessen ausgeht, zielt der Austauschansatz auf das gemeinsame Interesse der Austauschpartner auf eine Belohnung aus dem Tausch. Die Annahme, dass die Austauschpartner auch dann die abgesprochenen Ressourcen in die Beziehung einbringen, wenn sich lukrativere Optionen für einen der beiden Partner bieten, nimmt eine wichtige Rolle ein (Cook/Emerson 1984, 10). 3.5.2 Resource-Dependence und Power-Dependence-Theorie Die Resource-Dependence-Theorie erweitert die Perspektive der Netzwerktheorie, beschäftigt sich mit Ansätzen zur Vermeidung, Ausnutzung und Entwicklung von Abhängigkeitsverhältnissen (Sydow 1992, 197). Maßgeblich von Pfeffer/Salancik (1978) entwickelt, wird davon ausgegangen, dass Unternehmen über begrenzte Ressourcen verfügen und diese mit anderen Unternehmen austauschen (van Gils 1984, 1081).
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Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens
Im Mittelpunkt der Resource-Dependence-Theorie steht das Überleben von Organisationen. Die hierfür notwendigen Ressourcen, die sie selbst nicht alle zur Verfügung stellen können, beziehen sie aus der Umwelt (Pfeffer/Salancik 1978, 1ff.). Da nach Kieser (1995, 1) die heutige Gesellschaft eine Organisationsgesellschaft ist, verfügen andere Organisationen über lebensnotwendige Ressourcen. Sie stellen für eine Organisation entscheidende Umweltfaktoren dar. Die somit umwelt- und ressourcenabhängige Organisation muss sich daher in ein Austauschverhältnis mit anderen Organisationen einlassen. Dabei kann sich der Austausch auf eine Vielfalt von Ressourcen beziehen: „The exchanges may involve monetary or physical resources, information, or social legitimacy” (Pfeffer/Salancik 1978, 43). Hier fällt auf, dass der Begriff „Ressource“ gemäß Resource-Dependence-Theorie als dehnbar zu sehen ist (Renz 1995, 134). Fakt ist, dass die Theorie, aus der Notwendigkeit interorganisatorischer Austauschkonstellationen in bestimmten Maße eine Kontrolle bzw. Beschränkung der Autonomie der fokalen Organisation impliziert. Zugleich sehen andere Organisationen, die über notwendige Ressourcen verfügen, in der eingeschränkten Autonomie eine gewisse Macht, um ihrerseits Forderungen in der Austauschbeziehung durchzusetzen. Daraus ergibt sich ein Beziehungsnetzwerk von Austauschdependenzen. Geprägt durch Unsicherheit, versuchen Organisationen ihre Beziehungen untereinander zu stabilisieren (Pfeffer/Salancik 1978, 145). Die Resource-Dependence-Theorie spricht entgegnen der Aussage von Williamson/Ouchi (1981, 363f.) die der Überzeugung sind, dass jegliche Macht letzten Endes einem langfristig ausgerichteten Gewinninteresse untergeordnet sei. Geschäftsbeziehungen in Wertschöpfungsnetzwerken gelten als Versuch eines Unternehmens, den eigenen Einfluss auf die Unternehmensumwelt auszubauen, die Abhängigkeit von anderen Unternehmen zu reduzieren und im Gegenzug deren Abhängigkeit von sich selbst zu erhöhen (Sydow 1992, 197). Um die Kontrolle über kritische Ressourcen zu gewinnen und somit die Abhängigkeit zu reduzieren, schlagen Pfeffer und Salancik zwei Möglichkeiten vor. Erstere besagt, dass Ressourcen durch vertikale Integration bzw. Akquisition vollständig absorbiert werden können. Des weiteren können Kooperationen Unsicherheitsfaktoren verringern (Pfeffer/Salancik 1978, 66f.). Hier ist anzumerken, dass Kooperationen die Umweltunsicherheit eines Unternehmens und folglich auch die Autonomie eines Unternehmens reduziert. Zudem werden die in unternehmensübergreifenden Beziehungskonstellationen eingesetzten wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnissen durch Kapitalbeteiligungen als unzureichend betrachtet. Kooperative Formen der Zusammenarbeit werden empfohlen, im Falle dass eine vollständige Integration notwendiger Ressourcen aus anderen Gründen nicht realisierbar ist (Sydow 1992, 228). Während im Rahmen des Austauschansatzes die sozialen Beziehungen unter Berücksichtigung von Vertrauen zwischen den Austauschpartnern erklärt werden, beleuchtet der Resource-Dependence-Ansatz und Power-Dependence-Ansatz die Faktoren Macht und Einflussnahme in Beziehungskonstellationen. In beiden Ansätzen wird das Thema Macht, insbesondere Abhängigkeiten zweier Unternehmen in einer Austauschbeziehung, aufgegriffen, was Emerson folgendermaßen beschreibt: „[…] the dependence of actor B upon actor A is (1) directly proportional to B’s motivational investment in goals mediated by A, and (2) is inversely proportional to the availability of those goals to B outside of the A-B relation” (Emerson 1962, 32). Die Tatsache, dass benötigte Ressourcen über verschiedene Unternehmen verteilt sind, bedeutet für die Unternehmen einen Autonomieverlust und steigende Dependenzen zwischen den Austauschpartnern. Je höher die Kontrolle über das Austauschgut, desto stärker ist die Positi-
Synoptische Zusammenfassung und Bewertung der Theorien
77
on des Ressourcenbesitzer. Um die schwache Stellung des Ressourcennachfragers zu verbessern, entwickeln die Unternehmen Austauschbeziehungen mit anderen Organisationen (Pfeffer 1992, 83). Nicht zu unterschätzen ist die Rolle der Machtposition eines Austauschpartners in Konfliktsituationen. Zwar wird die Abhängigkeit zwischen zwei Partnern nicht zwingend als Ursache für Konflikte betrachtet, jedoch wird sie als Voraussetzung gesehen: „Conflict differs from interdependence in that conflict refers to disagreement about the ends or goals of the social system. Interdependence need not result in conflict if the interdependent actor shares similar preference. On the other hand, conflict is not possible without interdependence, for unless social actors are interdependent, there is no connection between them and hence no basis for conflict” (Pfeffer/Salancik 1978, 66f.). Mit der Vermeidung oder Kompensierung von Abhängigkeiten beschäftigt sich die PowerDependence-Theorie. Sie postuliert, dass Macht ein Instrument ist, um Einfluss auf Abhängige auszuüben, mit der Absicht, deren weiteres Vorgehen für eigene Zielsetzungen zu manipulieren (Emerson 1962, 32). Benson stellt fest, dass mit der Abhängigkeit eines Unternehmens der Widerstand gegen den zunehmenden Einfluss des Ressourcenbesitzers wächst. Im Umkehrschluss wird aufgezeigt, dass eine Koppelung zwischen Ressourcenumfang und Einflussnahme besteht. Mit der Zunahme an Ressourcen, von denen andere abhängig sind, steigt der Einfluss auf den Austauschpartner. Somit werden die Beziehungen zu ihnen für Zielsetzungen im eigenen Interesse geformt. Die Belange des abhängigen Unternehmens treten in den Hintergrund (Benson 1975, 234). 3.6 Synoptische Zusammenfassung und Bewertung der Theorien Sydow (1992, 234) bemerkt, dass einzelne Theorien sowie Theorieansätze wichtige Erklärungsansätze für die Herausbildung von arbeitsteiligen Leistungsbeziehungen bieten, jedoch diesem komplexen Phänomen nicht vollständig gerecht werden. Vielmehr verfolgen die Theorien verschiedene Ziele und basieren auf unterschiedlichen Annahmen. Keine der Theorien kann als umfassende Erklärungsbasis für die Fallstudien als Ganzes herangezogen werden. Zur Maximierung des Erkenntnisgewinns, schlägt auch Sydow das Zusammenführen der einzelnen Ansätze zu einem eklektischen Bezugsrahmen vor. Dennoch warnt er mit der Aussage, „[…] von einer wirklich multi-paradigmatischen Organisationsforschung ist die wissenschaftliche Analyse strategischer und sonstiger Netzwerke, trotz einer Vielzahl zur Erklärung herangezogener Theorieansätze, folglich noch ein Stück weit entfernt“ vor zu großer Euphorie (Sydow 1992, 235). Trotz der kritischen Anmerkung von Sydow (1992), stellen die in Tabelle 8 zusammengefassten Ansätze die Grundlage für viele weiterführende wissenschaftliche Erkenntnissen dar. Alstyne (1997, 144f.) sieht in den Theorieansätzen ein Hilfsmittel, um umfangreiche Analysen durchführen zu können: „[…] interdisciplinary tools provide a more complete view of the attributes that describe, the contexts that favour, and the principles that govern network organizations“. In diesem Sinne erfüllen die oben aufgeführten Theorieansätze ihren Zweck auch in der Arbeit. Die Erklärungsansätze werden als Analyseunterstützung in der empirischen Untersuchung von Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene eingesetzt. Erst sie ermöglichen eine umfassend und facettenreiche empirische Analyse. Als theoretisches Rahmenwerk zur Strukturierung von Analyse- und Betrachtungsschwerpunkte für die empirische Untersuchung dient der Ansatz der politischen Ökonomie, der auf Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene angewandt wird.
78
Kriterium
Theoretische Grundlage Ziel des Ansatzes
Annahme
Zentrale Analyseeinheit Effizienzkriterium
Kernaussage
Stärken
Schwächen
Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens Outside-in/Insideout-Theorie
Transaktionskostentheorie
Principal-AgentTheorie
Austausch-, Resource-Dependence, Power-Dependence Theorie
Strategisches Management
Neue Institutionenökonomik
Neue Institutionenökonomik
Organisationslehre, Soziologie
Gewinnmaximierung durch Erhöhung der Markteintrittsbarrieren für Konkurrenten oder Ausbau der eigenen Kernkompetenzen Unternehmensergebnis hängt vom strategischen Marktverhalten und Marktstruktur ab, Einzigartigkeit von unternehmenseigenen Ressourcen und Fähigkeiten
Gewinnmaximierung mittels Kostenvergleich in Austauschbeziehungen
Gewinnmaximierung durch Einbeziehung von Anreiz- und Kontrollmechanismen und effizienter Vertragsgestaltung
Reduzierung von Unsicherheit und Komplexität aufgrund von Ressourcenabhängigkeit
Opportunismus, Rationalitätsbegrenzung der Akteure, Nutzenmaximierung, Transaktionscharakteristika Häufigkeit, Spezifität, Unsicherheit
Opportunismus Rationalitätsbegrenzung der Akteure, Nutzenmaximierung, Informationsasym., Zielkonflikte zwischen Principal und Agent
Rationales Verhalten, Ressourcenknappheit, hohe Spezialisierung, Transaktion innerhalb eines sozialen Netzwerkes
Markt, Branche, interne Ressourcen
Transaktion
Vertrag zwischen Principal und Agent
Austausch/Interaktion, Ressourcen
Kosten des Markteintritts, Wettbewerbsstrukturen, Kosten Ausbau interner Ressourcen Wettbewerbspositionierung und differenzierung oder interne Konzentration von Kompetenzen sind für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens ausschlaggebend Umfassende Betrachtung der ökonomischen Gegebenheiten bei komplementärer Betrachtung beider Ansätze, Bietet Technik zur Analyse von Wettbewerbs-strukturen Dynamik des Unternehmens-umfeldes nicht berücksichtigt, Zeigt nicht die Grenzen der internen Leistungserstellung auf
Transaktionskosten
Agency-Kosten - Signalisierungskosten - Kontrollkosten - Verbleibende Wohlfahrtsverluste Koordination von Principal/Agent verursacht Agenturkosten, Kooperationen als Hybridform zwischen Markt und Hierarchie
Ressourcenkontrolle, Kosten-NutzenVergleich des Austausch
Effizienz der Transaktion ist umso höher, je optimaler die Organisationsform ist, Kosteneffiziente Transaktions-mechanismen werden angestrebt
ökonomische Betrachtung gegeben, Markt und Organisation wird in Verbindung betrachtet
ökonomische Betrachtung gegeben Beurteilung der Gefahr opportunistischen Verhaltens wird gefördert
mangelnde Bewertbarkeit von Transaktionskosten, soziopolitische Faktoren werden nicht berücksichtigt, Betrachtung des Menschen als rationales Wesen
Vertragseffizienz als Maßstab ist schwer messbar
Gestaltung und Management von Beziehungen können Unsicherheiten reduzieren, Austausch findet statt, wenn Nutzen > Kosten ist, Ressourcenabhängigkeit reduziert die Handlungsautonomie Berücksichtigung soziopolitischer Faktoren Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses wird gefordert, weitere Ebene von Macht und Einflussnahme wird beleuchtet schwer operationalisierbar, ökonomische Betrachtung fehlt
Synoptische Zusammenfassung und Bewertung der Theorien Beitrag für Fallstudien
Strategien zur langfristigen Sicherung des Unternehmenserfolgs, Erklärungsansätze für Outsourcing- ursachen, Komplementarität von Ressourcen/ Prozessen, strategische Fundierung von Outsourcing
Arten von Transaktionskosten, interne ökonomische Strukturen und Prozesse Transaktionskosten als Bewertungsmechan., Überwachung und Kontrolle als kritische Funktion, Schutz vor Unsicherheiten (opportunistisches Verhalten, Marktver-sagen, Abhängigkeiten)
Senkung von Agenturkosten, Verhältnis OEMLieferant unter dem Aspekt Risikoabwälzung, Trade-off zwischen Kontrolle und Vertrauen, Planung und Implementierung von Informationskanälen und -flüssen
79 Erklärung von internen soziopolitischen Strukturen und Prozessen, Ressourcenabhängigkeit erhöht die Partnerabhängigkeit, Nutzenkalkül der beteiligten Partner, Analyse von Interdependenzen, Vermeidung von Abhängigkeiten/ Asymmetrien
Tab. 8: Synoptische Gegenüberstellung relevanter Erklärungsansätze (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Picot/Dietl/Franck 2005, 142) Zur Analyse von Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene sowohl aus strategischer als auch aus ökonomischer sowie soziopolitischer Sicht werden die Inside-out-/Outside-in-Theorie, die Transaktionskostentheorie, die Principal-Agent-Theorie, die Austauschtheoerie und die Ressource- und Power-Dependence-Theorie herangezogen. Diese Ansätze erscheinen aus folgenden Gründen geeignet, gemeinsam zur Erklärung des Untersuchungsobjektes Fremdvergaben verwendet zu werden: -
-
Die Ansätze des strategischen Managements konkretisieren den Bereich der Makroumwelt des eklektischen Bezugsrahmens. Sie sollen Aufschluss über die Wettbewerbs- und Branchenstruktur und über die Geschäftspolitik und Ressourcenlage des Unternehmens geben. Zudem liefern der Outside-in- und der Inside-out-Ansatz Hinweise über Motivation und Ziele von Outsourcingbestrebungen von Unternehmen. Die Outside-in-Perspektive betont den Einfluss des Wettbewerbs- und Branchenumfelds auf Unternehmensstrategien. Damit einhergehende Unternehmensziele, wie Kostenführer-schaft oder Nischenstrategie, erreicht werden können, visieren Unternehmen die Auslagerung von Leistungsumfängen an Drittanbieter an. Die Outsourcingziele haben sich wiederum an den Unternehmenszielen zu orientieren. Sowohl die Outside-in - als auch die Inside-out-Perspektive sieht in der Fremdvergabe die konsequentere Fokussierung auf die eigenen Kernkompetenzen. Während die Outside-In-Perspektive bei Outsourcingvorhaben die Ähnlichkeit von Ressourcen, z.B. durch die Zusammenlegung von Wertschöpfungsstufen, im Vordergrund sieht, sieht die Inside-out-Perspektive in der Kombination komplementärer Ressourcen größeres Erfolgspotenzial. In beiden Fällen spielt das Ressourcenprofil der Fremdvergabepartner eine wichtige Rolle für den Verlauf und den Erfolg von Outsourcing (Stuart 2000, 791). Die Transaktionskostentheorie liefert rationalökonomische Erklärungsansätze zur Ausgestaltung von Fremdvergaben vor dem Hintergrund von Transaktionskosten und auf Effizienz und Kosten begründete Motive für eine Fremdvergabe. Auf Basis der Transaktionskostentheorie entstanden viele Empfehlungen zur Senkung der Transaktionskosten. Eine davon lässt sich als Bildung eines Partnerpools mit dem Vorteil eines besseren Informationsstandes über die Kompetenzen und Ressourcen der Poolteilnehmer und daraus implizierten Reduzierung der Such- und Partner-bewertungsaktivitäten formulieren (Beck 1998, 140; Gulati/Nohria/Zaheer 2000, 209). Vielerorts wird auf den Umstand hingewiesen, dass bereits in der Anbahnungsphase die individuellen Zielvorstellungen, die jeder Partner mit in die kooperative Zusammenarbeit einbringt, offen darzulegen sind. Zweck dabei ist es, unverträgliche Motive und Absichten im Vorfeld zu identifizieren und zu beseitigen. Somit können Transaktionskosten in nachgelagerten Phasen eingespart werden,
80
-
-
Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens sowohl was Konfliktlösungskosten als auch Verhandlungskosten anbelangt. Dabei wird die These aufgestellt, dass die Akteure die gleiche Handlungsalternative umso eher bevorzugen, je stärker ihre Zielvorstellungen übereinstimmen (Sallaba 1999, 238f.). In der Transaktionskostentheorie wird der Faktor Vertrauen als ökonomische Entscheidungsgröße behandelt und der nutzenseitige Effekt des Vertrauens (z.B. kürzere Entwicklungszeiten durch offenen Informationsaustausch) in die Entscheidung mit einbezogen (Pieper 2000, 205; Gulati 1995, 86). Unter anderem sieht Gilbert (1999, 31) Vertrauen als einseitige Vorleistung, bei der einer der Partner dem anderen einen Verfügungsfreiraum über Ressourcen oder Aktionen gewährleistet, wobei er sich dabei darauf verlassen muss, dass die abgemachte Leistung auch tatsächlich erbracht wird. Neben einer zentralen Koordinationsstelle, die zu geringeren Koordinationskosten und besserer Informationsversorgung beiträgt, wird die Forderung nach einer informationstechnologischen Vernetzung der Partner laut, die wiederum einen Beitrag zur Senkung der Transaktionskosten leistet (Malone/Yates/ Benjamin 1987, 487ff.). Die rationalökonomische Sicht wird neben der Transaktionskostentheorie durch die Principal-Agent-Theorie vertreten. Der Principal-Agent-Ansatz liefert Begründungen für die Notwendigkeit vertraglicher Vereinbarungen und Informationen über die Etablierung geeigneter Kontroll- und Anreizmechanismen, Gewinn- und Verlustverteilung, Informationsflüsse und -kanäle und daran beteiligte Informationssysteme. So lässt der Ansatz Rückschlüsse hinsichtlich der Anwendung von Anreiz- und Kontrollmechanismen, um ein zielgerichtetes Verhalten des Auftragnehmers zu gewährleisten, zu. Verträge und Koordinationsmechanismen zur Regelung und Überwachung, dienen dazu, die Gefahr des opportunistischen Verhaltens der Fremdvergabepartner und somit die Agency-Kosten zu senken. Zusätzlich wird sich für eine Einrichtung und Nutzung von Informationsflüssen und kanälen zwischen den Partnern als Maßnahme zur Vermeidung von Informationsasymmetrien ausgesprochen. Sowohl die Transaktionskosten- als auch die Principal-Agent-Theorie beschränkt sich auf objektive, monetär und rational begründbare Annahmen. Wichtige Einflussfaktoren, wie z.B. Macht- und Abhängigkeitsgefüge, die einen Einfluss auf die Form und die Ausgestaltung von Fremdvergaben haben, werden ausgeblendet. Die Austausch-, Power-Dependence- und Ressource-Dependence-Theorien liefern einen wichtigen Beitrag, da sie aus soziopolitischer Sicht Prozesse und Strukturen von Fremdvergaben beleuchten und hierzu Analyse- und Erklärungsansätze geben. Die Bedeutung von Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen in Outsourcingvorhaben und den mögliche Quellen von entsprechenden Asymmetrien wird aufgezeigt. Neben den formal-juristischen Regelungen wird den bestehenden Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen ein erheblicher Einfluss auf Gestaltung und Verlauf über den gesamten Lebenszyklus der Fremdvergabe eingeräumt. Die Berücksichtigung von soziopolitischen Einflussfaktoren in die Gesamtbetrachtung von Fremdvergaben wird von Baur aufgrund der Erkenntnisse seiner empirischen Studie von 60 Make-or-Buy-Entscheidungen eines deutschen Automobilherstellers bestätigt. In diesem Zusammenhang trifft er auf personale und situative Einflussfaktoren, die den oft großen Interpretations- und Gestaltungsspielraum in diesem Entscheidungsprozess füllen. Zur Durchsetzung der Entscheidung spielen mikropolitische Aktivitäten insofern eine wichtige Rolle, als das Ergebnis des Entscheidungsprozesses durch beispielsweise inoffizielle Absprachen, gezieltes „information hiding“, oder unerwartete Ankündigungen gesteuert wird (Baur 1990, 22ff.).
4 Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis Im Kapitel 3 erfolgte eine Analyse von Ansätzen für Outsourcingprozesse aus theoretischkonzeptioneller Perspektive. Kapitel 4 konzentriert sich nun auf die realen Ausprägungen von Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene. Für ein besseres Verständnis der Fallstudien wird empfohlen, sich im Vorfeld mit dem Produktentwicklungsprozess im Anhang (siehe Kapitel 10) auseinanderzusetzen. Zunächst wird die Anwendung einer qualitativen Forschungsmethode begründet. Im Anschluss folgt die Darstellung der praktischen Umsetzung dieser Methoden. Neben der Struktur des Interviewleitfadens liefert der Abschnitt eine Begründung für die Auswahl der Fallstudien. Kapitel 4.2 befasst sich mit der deskriptiven Darstellung der untersuchten Outsourcingfälle in der Praxis. Dabei liefert eine synoptische Gegenüberstellung der Fallstudien anhand von Merkmalsausprägungen einen Überblick über ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Der Schwerpunkt des Kapitels 4 bildet die Analyse der Fallstudien, die als Basis für die Identifikation der Anforderungen an die zu entwickelnde Methode dient.
4.1
Methodologie und empirische Datenerhebung
4.1.1 Durchführen der empirischen Untersuchung Die empirische Untersuchung erstreckte sich über die Jahre 2006-2008. Die Basis der Untersuchung lieferte in erster Linie die Analyse von Datenmaterial, die Auswertung von Gesprächen mit Projektmitgliedern, die aktive Mitarbeit des Autors in Fremdvergaben und das Transkribieren und Codieren von Experteninterviews. Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Fallstudien um die ersten Fremdvergaben von Serienentwicklung und/oder Serienproduktion des OEM handelte. Dank der schnellen Lernkurve konnte der Erfahrungsschatz aus den Erstprojekten auf nachfolgende Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene übertragen werden. Die empirische Untersuchung konzentriert sich auf die Automobilindustrie, was nicht heißen soll, dass die Inhalte nicht auf andere Branchen übertragbar sind. Die Darstellung der Übertragbarkeit der untersuchten Forschungsinhalte auf andere Branchen (z.B. Luft- und Raumfahrtindustrie) ist jedoch nicht Gegenstand der Arbeit. Ein Überblick über die Durchführung der empirischen Untersuchung ist der Abbildung 24 zu entnehmen. Auch wenn sie einen linearen Ablauf suggeriert, wird der Forschungsprozess nach Hildenbrand (2000, 33f.) als triadischer und zirkulärer Prozess verstanden. Die Aktivitäten der Datenerhebung, -interpretation und -auswertung erfolgten nicht zeitlich linear, sondern waren gekennzeichnet durch Dynamik und Reflexivität, d.h. es wurde im Laufe der Untersuchung immer wieder auf alte Daten zurückgegriffen, zwischendurch auf Basis der Zwischenergebnisse neue Daten erhoben und erste Untersuchungsergebnisse formuliert (siehe Abbildung 24). Die Aktivitäten wurden solange durchgeführt, bis Sättigungstendenzen in den Forschungsergebnissen festgestellt werden konnten.
K. Schneider, Modernes Sourcing in der Automobilindustrie, DOI 10.1007/ 978-3-8349-6524-0_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
82
Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis
Entwicklung von theor. und prakt. Vorverständnis
Transkribierung Tonbandaufzeichnungen
Identifikation von Fallstudien
Erstellung des Interviewleitfadens
Durchführung von Experteninterviews
Einschränkung Untersuchungsobjekt
Computergestützte Datenanalyse, Kodierung
Identifikation von Herausforderungen
Durchführung des Pretests
Ableitung von Anford. an eigene Methodik
Abb. 24: Vorgehen der empirischen Untersuchung (Quelle: Eigene Darstellung) Glaser (1998) lehnt ein Literaturstudium im Vorfeld des Untersuchungsprozesses kategorisch ab. Zu sehr würde es die Offenheit und Entdeckungsfähigkeit des Forschers einschränken. Erst eine Anreicherung der Untersuchungsergebnisse durch relevante Literatur hält Glaser für angemessen (Glaser 1998, 67ff.). Für Strauss (1987) hingegen steigert ein einleitender Literaturüberblick die theoretische Sensibilität des Forschers. In diesem Forschungsprojekt wurde gemäß Strauss gehandelt. Um einen Überblick über Inhalt, Struktur und Ergebnisse empirischer Untersuchungen im Umfeld von Entwicklungskooperationen, Netzwerkmanagement, Outsourcing, OEM-Zuliefer-Beziehungen zu erhalten, wurden die als relevant erachteten Beiträge im Vorfeld gesichtet. Somit wurde auch der Fall ausgeschlossen, eine bereits in der Literatur verankerte Fallstudie, ein zweites Mal zu verfassen. Dieses Vorverständnis untermauerte die Entscheidung für das Untersuchungsfeld der Automobilindustrie bzw. Fremdvergabe auf Gesamtfahrzeugebene und folglich die Formulierung der Forschungsfragen. Die im Rahmen des Dissertationsvorhabens verwendeten Fallstudien stellen eine Auswahl an Fremdvergaben eines OEMs im Automobilsektor dar. Eine Untersuchung im Feld setzt gewisse Branchenkenntnisse voraus. Eine fundierte Recherche über die Automobilindustrie mittels Fachzeitschriften, Berichten, Pressemitteilungen und Sekundärliteratur (wissenschaftliche Beiträge, Studien von Institutionen, Unternehmensberatungen, etc.) füllte die anfängliche Wissenslücke. Da als Bewertungs- und Vergleichsgrundlage für die nachfolgenden Fallstudien die unternehmensinterne Realisierung von Fahrzeugprojekten diente, eignete sich der Autor im Vorfeld umfassendes Wissen über den Ablauf von Entwicklung und Produktion im Hause des OEM an. Im Sinne einer theoriegeleiteten Datenauswahl wurden alle vergangenen und noch aktuellen Fremdvergaben des OEM anhand bereits genannter Datenquellen auf interessante Fragestellungen hin untersucht. Die Vorauswahl der Fremdvergaben erfolgte anhand der Kriterien: Inhalt, Umfang und Zeitpunkt der Fremdvergabe. In einem weiteren Schritt wurden die Fallstudien eingeschränkt. Quantität und Qualität des erhobenen Datenmaterials bestimmten unter anderem das Analysespektrum der ausgewählten Fallstudien. Die Wahl fiel auf die folgenden 20 drei Szenarien der „Fremdvergabe auf Gesamtfahrzeugebene“ , die im Anschluss detailliert dargestellt und untersucht werden (siehe Abb. 25): - Outsourcing Serienentwicklung, - Outsourcing Serienproduktion sowie - Outsourcing Serienentwicklung und -produktion. 20 In den folgenden Ausführungen der Arbeit wird aus Gründen der Einfachheit der Begriff „Gesamtfahrzeugentwicklungspartner und/oder Gesamtfahrzeugproduktionspartner“ unter dem „Begriff „Partner“ zusammengefasst.
Methodologie und empirische Datenerhebung
Konzept
Entwicklung
83
Produktion
Outsourcingmodell
Leistung
Interne Serienentwicklung und -produktion
Lieferanten Zeit
Leistung
Externe Serienentwicklung und -produktion
Partner Zeit
Leistung
Externe Serienentwicklung
Partner Zeit
Leistung
Externe Serienproduktion
Partner Zeit
Abb. 25: Ausprägungen des Outsourcingmodells „Fremdvergabe auf Gesamtfahrzeugebene“ (Quelle: Eigene Darstellung) Die Auswahl der Fallstudien wird wie folgt begründet: Die drei Fallstudien bieten eine hohe Zahl an Untersuchungsobjekten für weitere interessante Fragestellungen und tiefergehende Analysen. Die Generierung von Forschungsergebnissen, die bisher in der Literatur so noch nicht verankert sind, ist somit gewährleistet.
Die Fremdvergaben unterscheiden sich im Ergebnis ihres Leistungs- und Verantwortungsmodells, da in jedem Fallbeispiel unterschiedliche Fremdvergabeumfänge betrachtet werden. Während in FallstudieI die Externalisierung der Serienentwicklung betrachtet wird, umfasst das Leistungsspektrum des Partners in FallstudieII sowohl Serienentwicklung als auch -produktion. Im letzten Fallbeispiel steht die Serien-Produktion im Mittelpunkt der Betrachtung. Daraus ergeben sich Implikationen für die Implementierung und Durchführung der Outsourcingvorhaben.
Die Fremdvergaben konnten mittels ihrer Merkmalsausprägungen in eine Struktur eingeordnet werden, die durch ihre Vielfalt ein reichhaltiges Bild hinsichtlich der Beziehung zwischen OEM und Partner, sowie Gestaltung, Ablauf der Outsourcingprozesse und aufkommende Herausforderungen aufzeigt.
84
Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis
Parallel zum Auswahlprozess der Fallstudien entwickelte sich der Interviewleitfaden. Die Ausarbeitung des Interviewleitfadens berücksichtigt keinen hohen Detaillierungsgrad aller möglichen Variablen, sondern zielt auf die Bereitstellung eines Gedankengebäudes, das gewährleistet, dass die durchgeführten Interviews in die gleiche Richtung gelenkt werden. Somit konnte der Inhalt des Fragebogens je nach Tätigkeitsbereich des Befragten angepasst und ein auf ihn zugeschnittenes sinnvolles Frageprofil erstellt werden. Das konzeptionelle Grundgerüst des Interviewleitfadens wurde mit Hilfe des eklektischen Bezugsrahmens aus Kapitel 3 erstellt. Ergänzt wurde der Interviewleitfaden durch die Phasen des Entscheidungsprozesses für Outsourcing im Sinne Make-or-Buy gemäß Dibbern et al. (2004), Simon (1960) und Cyert/March (1963). Dibbern et al. (2004) erweitern die Phasen Intelligence, Design und Choice, in dem von Cyert/March (1963) entwickelten Entscheidungsprozess, um die Phase Implementation und verwenden ihn als Raster für die Strukturierung und Kategorisierung von Forschungsergebnissen. Cyert/March (1963) bauten wiederum auf den von Simon (1960) entworfenen Entscheidungsprozess auf. Dibbern et al. (2004) un21 terscheiden vier Hauptschritte, nach denen sich auch der Interviewleitfaden orientiert : 1. Zielbildungsprozess (Initialisierung): Ziele, die durch die Verlagerung von Produkt oder Dienstleistung an externe Dritte erwartet werden, werden aufgezeigt. Nach Dibbern et al. beinhaltet dieser Prozess im Wesentlichen die Fragestellung nach dem „[…] „why“ an organization might consider outsourcing“ (Dibbern et al. 2004, 16). 2. Informationsprozess (Initialisierung): Um die angestrebten Ziele zu erreichen, wird im Informationsprozess versucht, die unterschiedlichen Outsourcingmodelle und ihre Ausgestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen (Dibbern et al. 2004, 16). 3. Auswahlprozess (Anbahnung): Diese Phase der Suche und Ansprache potenzieller Lieferanten wird auch als Anbahnungsphase bezeichnet. Der Auswahlprozess endet mit der Vereinbarungsphase. Diese umfasst den Vergleich der Lieferantenangebote, die Bewertung sowie die Auswahl der/des am besten geeigneten Anbieter(s) (Appelfeller/Buchholz 2005, 6f.). 4. Umsetzung (Implementierung/Umsetzung bzw. Beendigung): Die Phase der Umsetzung umfasst neben der Implementierung auch die Gestaltung und die Auflösung der unternehmensübergreifenden Wertschöpfungspartnerschaft. Die Struktur des Interviewleitfadens lässt sich aus der Abbildung 26 entnehmen. Die linke Hälfte der Abbildung zeigt die Phasen des Fremdvergabezyklus, die den Bezugsrahmen und das vordefinierte Untersuchungsraster für den Interviewleitfaden bilden. In der rechten Hälfte werden die dazu gehörigen Aspekte in Form einer Liste aufgeführt.
21 Im Folgenden wird zuerst der Name der Phase bzw. Prozessschritt nach Cyert/March (1963) aufgeführt. In Klammern folgt der im Interviewleitfaden verwendete Begriff.
Methodologie und empirische Datenerhebung
Externe politische Ökonomie Makroumwelt
Mikroumwelt
Interne politische Ökonomie Initialisierung
Anbahnung
Implementierung Durchführung
Beendigung
Interviewleitfaden für Fallstudien -Rechtliche, soziale, ökonomische Umwelteinflüsse -Branchen- und Wettbewerbsstruktur -Marktvolatilität -Dynamik der Umwelt -Kernkompetenzen des Unternehmens -Leistungsspektrum des Unternehmens -Ressourcenausstattung -Abhängigkeiten zu Kunden, Geldgebern, -Unternehmensphilosophie/-kultur -Unternehmensstrategie -Unternehmensspezifische Rahmenbedingungen -Motivation und Ziele der Fremdvergabe -Inhalt und Dauer -Anzahl/Standort der Partner -Verlauf des Anfrage- und Verhandlungsprozesses -Leistungs- und Verantwortungsmodell -Vertragliche Vereinbarungen -Transaktionskosten -Ressourcenverteilung -Soziopolitische Einflussfaktoren -Verlauf der Implementierung/Durchführung -Gestaltung des Prozess- und IT-Modells -Transaktionskosten -Soziopolitische Einflussfaktoren -Anreiz- und Sanktionsmechanismen -Projektstruktur -Leistungsverflechtung -Konfliktmanagement, ChangeManagement -Transaktionskosten -Soziopolitische Einflussfaktoren -Strukturelle und prozessuale Veränderungen -Beendigungskosten -Verlauf der Beendigungsphase -Bewertung der Fremdvergabe
Abb. 26: Interviewleitfaden (Quelle: Eigene Darstellung)
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Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis
Die Interviews wurden anhand eines semi-strukturierten Fragebogens mit überwiegend offenen Fragestellungen durchgeführt. Untersuchungsgegenstände, die von einer hohen Variabilität, einer schwierigen Erfassungs- und Eingrenzungsmöglichkeit und einer hohen Komplexität gekennzeichnet sind, erfordern qualitative Aussagen und Diskussionen, die somit garantiert werden konnten. Um einen ganzheitlichen Blick auf die Fremdvergaben zu gewinnen, wurde der Interviewleitfaden sowohl bei Mitarbeitern aus der strategischen Ebene, die in der Initialisierungs- und Anbahnungsphase der Fremdvergaben beteiligt waren, als auch bei Mitarbeitern auf der operativen Ebene, deren Kompetenzen in der Implementierungs-, Durchführungs- und Beendigungsphase gefragt waren, angewandt. Die befragten Experten verfügten über langjährige Erfahrung in Entwicklung, Produktion, Einkauf oder IT. Eine modifizierte Form des Interviewleitfadens kam in weiteren Befragungen bei Mitarbeitern von Komplettanbietern zum Einsatz. Durch die Einbindung von OEM und Komplettanbieter konnte im Sinne des MehrPerspektiven-Ansatzes ein ausgewogenes Meinungsbild in den Fallstudien gewährleistet werden. Der Gesprächsverlauf und die inhaltliche Reihenfolge des Interviewleitfadens orientierten sich am Expertenwissen und an der Erzählweise der Befragten. Neben Einzelinterviews wurden Gruppeninterviews von 2 bis 4 Beteiligten durchgeführt. Die Interviews wiesen eine Dauer von 60 - 120 Minuten auf und wurden in den Büros oder auf den Projektflächen der Experten durchgeführt. Alle Interviews wurden von der Verfasserin persönlich durchgeführt. Allen Befragten wurde Vertraulichkeit und die anonymisierte Auswertung der Daten zugesichert. Ergänzend zu den Experteninterviews wurde zusätzliches Datenmaterial, sofern dieses für den Autor im Rahmen seiner Mitarbeit zugänglich war oder von den Interviewpartnern zur Verfügung gestellt wurde, analysiert. Dokumente, wie Projektaufträge, Präsentationen über Ergebnisse von Entscheiderkreisen, Darstellung der Leistungs- und Verantwortungsaufteilung, Prozessdarstellungen, Dokumentation über den Anfrage- und Auswahlprozess, Darstellungen der unternehmensübergreifenden IT-Landschaft wurden zur Vervollständigung des Untersuchungskontextes herangezogen. Die Auswertung der ersten Interviews führte im Prozess des Theoretical Sampling dazu, dass einzelne Befragte ein zweites Mal zu dedizierten Fragestellungen interviewt wurden. Zudem basierte darauf die Entscheidung zu interessanten Untersuchungsphänomenen noch weitere Experten in die Untersuchung mit einzubeziehen. Parallel zur Erhebung und Auswertung des erhobenen Datenmaterials fanden regelmäßig Rücksprachen mit Experten statt, in denen vorläufige Forschungsergebnisse diskutiert und das weitere Vorgehen abgestimmt wurde. Als ein Element im Rahmen des Theoretical Samplings waren diese Treffen von großer Bedeutung. Einmal dienten sie zur zielgerichteten Steuerung des Untersuchungsprozesses, zudem wurden die Zwischenergebnisse Experten vorgelegt, die sie neben ihrer Relevanz und Richtigkeit auch nach ihrer Operationalisierbarkeit beurteilten. Die Expertenmeinungen sind im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses in den integrierten Methodenansatz wieder mit eingeflossen. Die Tonbandaufzeichnungen der Interviews, mit Ausnahme der Pretest, wurden zur Auswertung wortwörtlich transkribiert. Insgesamt wurden 12 Personen (je Fallstudie 4 Projektmitarbeiter von OEM und Tier-0,5-Zulieferer aus strategischer und operativer Ebene) befragt. Die Tonbandaufzeichnungen belaufen sich auf 22 Stunden. Das theoretische Kodieren wurde mittels Unterstützung des Tools ATLAS/ti durchgeführt. Bei aller Kritik gegenüber der computergestützten Analyse qualitativer Daten wurde der Einsatz des Softwareprogrammes als gro-
Methodologie und empirische Datenerhebung
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ße Erleichterung in der Handhabung des umfangreichen heterogenen Datenmaterials empfunden. Trotzdem wird ihre Anwendung in der Literatur nicht durchwegs begrüßt. Gegner von Softwareprogrammen sehen darin die Gefahr, dass anstatt einer qualitativen eine quantitative Datenanalyse vorgenommen wird. Andere wiederum kritisieren die unzureichende Berücksichtigung des Pluralismus der heterogenen Forschungsmethoden und das Defizit, dem interpretativen Charakter der qualitativen Forschung gerecht zu werden (Welsh 2002, 2; Kelle 2000, 500). Tatsächlich unterstützen einige Tools die quantitative Datenauswertung, und Fakt ist, dass sie dem Forscher weder die Interpretation noch die Analyse abnehmen können. Darin ist, auch nach Meinung des Autors, nicht der Mehrwert der computergestützten qualitativen Analyse zu sehen. Softwareprogramme dienen in erster Linie zur Organisation und Strukturierung der Daten (Böhm 2000, 483ff.). Die Oberfläche bietet Möglichkeiten zur Verwaltung der Daten sowie zur Dokumentation des Auswertungsprozesses. Die Ergebnisse der Untersuchung können als Einheit in einer Datei gespeichert werden. Eine wesentliche Stärke des ToolEinsatzes liegt im schnellen und übersichtlichen Umgang mit großen Datenmengen. Durch die Automatisierung und Strukturierung wird der Codierungsprozess beschleunigt und erleichtert, was wiederum dem Forscher zu Gute kommt, indem er sich verstärkt auf die Datenanalyse konzentrieren kann. Die Kreativität wird gefördert und verbessert schließlich die Qualität der Forschungsergebnisse (Kelle 2000, 499ff.). Im Anschluss an den Codierungsprozess in Kombination mit der sukzessiven Anfertigung von Memos gemäß dem Vorgehen der Grounded Theory wurden die Teilausschnitte zunehmend konzeptionell zu einer Theorie verdichtet. Schwerpunkt der Theoriebildung lag auf der Beantwortung der Forschungsfrage 2, um in einem weiteren Schritt die Anforderungen an die zu entwickelnde Methodik zu extrahieren. Die Verfasserin sieht den gewählten Forschungsansatz aufgrund der bereits oben aufgeführten Gründe für den Forschungsgegenstand als sinnvoll an. Die Anwendung eines qualitativen, interpretativen Forschungsansatzes bringt viele Vorteile mit sich, führt jedoch auch zu Beschränkungen der empirischen Untersuchung.
4.1.2 Beschränkung der Untersuchung Die im Folgenden beschriebenen Fallstudien und ihre Interpretation sind unter Berücksichtigung des ausgewählten Untersuchungsbereiches und der eingesetzten Forschungsmethode zu sehen. Der Untersuchungsbereich Fremdvergabe der Serienentwicklung und/oder -produktion wurde als Untersuchungsbereich gewählt, um mit dieser Arbeit einen Beitrag zur Verbesserung des Kenntnisstandes einer sehr jungen Outsourcingform beizutragen. Die Auswahl der letztendlich untersuchten Fremdvergaben erfolgte nicht nach dem Zufallsprinzip, sondern wurde aufgrund interessanter Aspekte und einer breiten Darstellungsmöglichkeit der Thematik unter Gewährleistung der Anonymität der beteiligten Unternehmen getroffen. Dennoch bilden die ausgewählten Beispiele eine beschränkte Stichprobe. Somit kann eine Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse nur eingeschränkt angenommen werden (Ortmann et al. 1990, 593ff.). Die eingeschränkte Repräsentativität wird seitens des Verfassers, wegen der Vorzüge der höheren Untersuchungs- und Interpretationstiefe des Datenmaterials, in Kauf genommen. Entsprechend des preskriptiven Charakters der Arbeit ist es nicht ihr Primärziel, die Realität möglichst detailliert zu beschreiben, sondern in erster Linie Optio-
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Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis
nen und Instrumente für deren sinnvolle Gestaltung und verbesserte Planung und Durchführung aufzuzeigen. Hinzu kommt, dass eine mündliche Befragung mittels semi-strukturierter Interviews den typischen Nachteilen des qualitativen Forschungsansatzes ausgesetzt ist (Flick 1995). Die Tiefe der Untersuchung und die Gesamtzahl der untersuchten Fälle unterliegen durch die begrenzte Anzahl an geführten Interviews einer Einschränkung. Die mündlichen Befragungen unterliegen dem Problem der doppelten Hermeneutik, der Interpretation einer Interpretation, die eine intersubjektive Überprüfung der Untersuchungsergebnisse erschwert (Giddgens 1984). 4.2 Beschreibung der Fallstudien In Kapitel 4.2 wird dem Leser ein Überblick über Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten der Fallstudien gegeben. Die folgenden Ausführungen beschreiben die Inhalte der einzelnen Fallstudien und dienen nicht der Erklärung von Zusammenhängen oder Phänomenen der empirischen Untersuchung. Die Untersuchungsergebnisse werden in Kapitel 4.3 präsentiert. Zum besseren Verständnis der Fallstudien, werden die Untersuchungsergebnisse mit Auszügen aus den transkribierten Experteninterviews angereichert. Bei PartnerA in FallstudieI handelt es sich um einen europäischen Automobilhersteller, dessen Leistungsspektrum sich auf Entwicklung und Produktion von Fahrzeugen im Premiumund Mittelklassesegment erstreckt. Der Schwerpunkt im Entwicklungsbereich liegt auf den Bereichen Vorentwicklung, Styling- und Designkonzept, Elektrik/Elektronik, Systemintegration, Berechnung und Simulation, Prototypenbau, Erprobung, Fahrzeugversuch und -sicherheit und Homologation. Des Weiteren werden Kompetenzen zur Integration von Komponenten, Modulen, Systemen bis hin zum kompletten Fahrzeug angeboten. In FallstudieII umfasst das Leistungsspektrum von PartnerB als Gesamtfahrzeug-entwicklungspartner die Durchführung von Fahrzeugprojekten von Design, Styling über Konstruktion, Prototyping, Test, Gesamtintegration bis hin zur produktionstechnischen Integration. In FallstudieIII handelt es sich um einen europäischen Gesamtfahrzeug-entwicklungspartner und -produktions-partner. Wie in FallstudieI und II besitzt PartnerC keine eigene Marke, sondern arbeitet im Auftrag anderer OEMs. Das Unternehmen stellt sowohl im Bereich Konzeption, Design von Modellvarianten als auch für die gesamthafte Entwicklung und/oder Produktion seine Dienstleistungen der Automobilbranche zur Verfügung. In FallstudieI umfasste der Fremdvergabeumfang die Serienentwicklung und -produktion eines Fahrzeugmodells im Geländewagensegment. PartnerB realisierte die Serienentwicklung eines Fahrzeugmodells im Kleinwagensegment und in FallstudieIII wurde die Produktion einer Spezialedition eines Trendsetting-Fahrzeugs im Kleinwagensegment an PartnerC in Auftrag gegeben. Die Dauer der Fremdvergabe variierten je nach Fremdvergabeumfang zwischen 7 Monaten (FallstudieIII), 2 ½ Jahren (FallstudieII) und 6 Jahren (FallstudieI). In allen Fallstudien handelten die Partner als Generalunternehmer. Die Komplettanbieter traten als einzige Vertragspartner gegenüber dem OEM auf und hatten alleinigen Vergütungsanspruch. Im Gegenzug trugen sie das Haftungsrisiko und standen somit in der Verantwortung für die eigene termin- und anforderungsgerechte Leistungserbringung und die der Sub-Lieferanten. Zwar handelten die Partner als Generalunternehmer, dennoch wurden in allen Fallstudien die Leistungsumfänge nicht komplett von den Partnern bereitgestellt. Vielmehr waren die Fremd-
Beschreibung der Fallstudien
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vergaben durch eine hohe Aufgabenaufteilung zwischen OEM und Partner gekennzeichnet. Vor allem Leistungsumfänge, die als Kernkompetenzen des OEM, wie z.B. Design, Konzept, Antriebs- und Fahrwerksentwicklung, Vertrieb und Marketing, galten, wurden vom OEM bereitgestellt. Zudem nahm der OEM in allen Fallstudien die Auswahl und Nominierung der Sub-Lieferanten vor. Das Tätigkeitsspektrum von PartnerA umfasste die Gesamtintegration der Ergebnisse der Serienentwicklung, das Änderungs- und Freigabemanagement, sowie die Erreichung der qualitativen Ziele der Produktion. Design, Konzepterstellung, Einkauf, Erprobung, ProduktFreizeichnung, Motoren- und Antriebsentwicklung verblieb in den Händen des OEM (siehe Tabelle 9). Die produktionstechnische Integration, als zentraler Prozess zur Abbildung der Entwicklungsergebnisse in den Produktionsprozessen, wurde von PartnerA verantwortet. OEM PartnerA Design, Konzept, Vorentwicklung Qualitätssicherung Antrieb/Fahrwerk Gesamtintegration Serienentwicklung Einkaufsverantwortung (inklusive Lieferan- Änderungs- und Freigabemanagement, tennominierung) Absicherung Erprobung Produktionstechnische Integration Innovationsmanagement Produktion Freizeichnung, Produkthaftung Beschaffung, Lieferabruf Vertrieb, Service Konstruktion Tab. : Leistungsverteilung FallstudieI(Quelle: Eigene Darstellung) In FallstudieII wurde das Fahrzeugprojekt in einem modernen Zulieferer- und Kooperationsnetzwerk unter der Verantwortung von PartnerB realisiert. Im Zentrum des Netzwerkes stand neben PartnerB und OEM ein weiterer Entwicklungsdienstleister im Bereich Elektrik/Elektronik. Zudem wurde der Motor für das Fahrzeugmodell im Rahmen einer Entwicklungskooperation des OEM mit einem indirekten Wettbewerber entwickelt. Die Steuerung der horizontalen Kooperation zur gemeinsamen Motorenentwicklung lag in der Verantwortung des OEM. Die Produktion des Fahrzeugs erfolgte in der Produktionsstätte des OEM. Zudem verblieb die Einkaufsverantwortung, sowie Erprobung, Freizeichnung und Produkthaftung bzw. Gewährleistungsaspekte in den Händen des OEM während die Steuerungsverantwortung aller Sub-Lieferanten bei PartnerB lag (siehe Tabelle 10). OEM Marketing, Design, Fahrzeugkonzept Antrieb, Fahrwerk Einkaufsverantwortung (inklusive Lieferantennominierung) Freizeichnung, Produkthaftung, Gewährleistung Produktionstechnische Integration Produktion, Vertrieb, Service
PartnerB Fahrzeugkonzeptunterstützung Konstruktion, Entwicklung, Prototypenbau Freigabe- und Änderungsmanagement Qualitätsmanagement
Fertigungsgerechte Produktgestaltung Integrationsverantwortung (funktional, geometrisch) Tab. 10: Leistungsverteilung FallstudieII (Quelle: Eigene Darstellung)
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Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis
Im Gegenzug lieferte PartnerB große Umfänge an Konstruktions- und Entwicklungsleistung, insbesondere Karosserie und Interieur. Zusätzlich verpflichtete sich PartnerB neben der Umsetzung des Qualitätsmanagements, des Prototypenbaus und der fertigungsgerechten Produktgestaltung auch zur Durchführung des Änderungsmanagements und des Freigabeprozesses. Ebenso wurde die funktionale und geometrische Integrationsleistung von PartnerB bereitgestellt. Die produktionstechnische Integration als Brückenfunktion zwischen Entwicklung PartnerB und Produktion OEM wurde in enger Zusammenarbeit zwischen OEM und PartnerB erbracht. In FallstudieIII erbrachte der OEM Leistungen, wie Design, Konzept sowie die Serienentwicklung inklusive der Sub-Leistungen, wie Änderungsmanagement, Freigabe, Freizeichnung, Integrationsleistung, Konstruktion, Qualitätssicherung als auch Karosseriebau (siehe Tabelle 11). Hingegen lagen Montage, Lackierung sowie die Sicherung produktionstechnischer Qualitätsziele in der Verantwortung von PartnerC. Angesichts der engen Verflechtung zwischen Entwicklung und Produktion wurden technische Änderungen am Produkt und die Einsatztermine in der Produktion des Partners in enger Abstimmung zwischen beiden Akteuren durchgeführt. Die Einkaufsverantwortung sowie Materialplanung und -steuerung lagen in der Verantwortung des OEM. Zwar erfolgte die Materialbeschaffung auf Rechnung des OEM, aber zum Zeitpunkt der Lieferung erfolgte durch Verkauf der Teile die Übertragung des Eigentums an PartnerC. Nach Produktion des Fahrzeugs ging das Fahrzeug wieder in die Hoheit des OEM über. OEM PartnerC Design, Konzept, Vorentwicklung Produktion (Montage/Lack) Serienentwicklung Produktionstechnische Integration Lieferantennominierung, Materialsteuerung Produktionstechnische Qualitätssicherung Gesamtintegration Fahrzeug Technische Produktbeschreibung Freigabe- und Änderungsmanagement Freizeichnung Qualitätssicherung Karosserie Vertrieb, Service Tab. 11: Leistungsverteilung FallstudieIII (Quelle: Eigene Darstellung) Ziel der FremdvergabeI war es, durch Auslagerung von Entwicklung und Produktion das neue SUV-Marktsegment „time-to-market“ zu erschließen. Zudem mussten kapazitative Defizite durch externe Ressourcen kompensiert werden. Darüber hinaus versprach sich der Auftraggeber durch Fixkosteneinsparungen eine bessere Rentabilität des Fahrzeugprojektes im Vergleich zu einer internen Leistungserstellung. Kostenvorteile erhoffte man sich auch durch die Fremdvergabe der Serienentwicklungsumfänge in FallstudieII. Zudem sollte ein Wissenstransfer vom Partner zum OEM zur kostengünstigeren Abbildung von Fahrzeugen im Kleinwagensegment erlangt werden. Das gewonnene Wissen sollte in die Entwicklungsprozesse des OEM integriert werden und in nachfolgenden Fahrzeugprojekten Nutzen stiften. Die Motivlage in FallstudieIII zur Auslagerung der Serienproduktion lag angesichts des geringen Produktionsvolumens von 2000 Fahrzeugen nach Angaben der befragten Experten vermutlich in der zu geringen Rentabilität des Fahrzeugsmodells. Eine Abbildung des Fahrzeugs in OEM-eigenen Produktionsstätten hätte zu hohe Kosten verursacht. Zudem sah der OEM in
Beschreibung der Fallstudien
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der Auftragsvergabe an PartnerC einen Beitrag zur langfristigen Sicherung des strategischen Lieferantenportfolios. In FallstudieI und II handelte es sich bei dem Fahrzeugmodell um ein Leadfahrzeug, d.h. um ein Fahrzeug mit den meisten prägenden Eigenschaften für die Fahrzeuge der Baureihe, während in FallstudieIII die Produktion eines Derivats, also eine Variante des Leadfahrzeugs ausgelagert wurde. Der Zeitplan der Derivatsentwicklung war eng gekoppelt am Produktentwicklungsprozess des Leadfahrzeugs. Somit unterlagen sowohl der Anfrage- und Auswahlprozess als auch die Prozess- und IT-Anbindung des Partners dem Synchronisationsplan des Leadfahrzeugs. Die Dimension der Produktspezifität zeigt die Dualität zwischen der ausgelagerten Leistung und dem Kunden auf. Ein hoher Spezifitätsgrad gibt Hinweise auf viele OEM-spezifische Produktanforderungen und auf eine große Individualität der ausgelagerten Leistungen. Die Produktspezifität erwies sich laut den Befragten in FallstudieI und II hoch, während in FallstudieIII die Produktspezifität als geringer eingestuft wurde. Die Produkt- und Integrationskomplexität gilt als Indikator für den Entwicklungs- und Integrationsanspruch hinsichtlich Anzahl Teile insgesamt, Anteil Neuteile, Technologiegehalt und Änderungshäufigkeit eines Fahrzeugmodells. Analog zur Produktspezifität galten die ausgelagerten Leistungsumfänge in FallstudieI und II als komplex, während in FallstudieIII die Produktkomplexität im Vergleich zu FallstudieI und II als geringer eingeordnet wurde. Alle drei Partner waren in ihrer Vergangenheit bereits für viele bekannte Automobilhersteller tätig. Das Dienstleistungsspektrum der Partner wurde auch vom OEM durch mehrere Auftragsarbeiten in den letzten Jahrzehnten in Anspruch genommen. Nichtsdestotrotz betraten in FallstudieI und II sowohl OEM als auch die Partner angesichts des großen Fremdvergabeumfangs und der hohen Komplexität bzw. Spezifität der Fahrzeugmodelle Neuland (Initialprojekt). Hingegen konnte bei FremdvergabeIII bereits auf Erfahrungen aus Vorgängerprojekten mit ähnlichem Fremdvergabeumfang und Komplexitätsgrad aufgesetzt werden (Folgeprojekt). Der europäische Raum galt als Einzugsgebiet aller Partner und Sub-Lieferanten, was die hohe Dispersion der Outsourcingvorhaben aufzeigt. In FallstudieI wurden die Entwicklungsleistungen an den Standorten von PartnerA und OEM erbracht, während die Leistungsintegration und die Produktion am Standort von PartnerA durchgeführt wurden. Die Durchführung der FremdvergabeII erstreckte sich über vier Standorte - Hauptsitz OEM, Werk OEM, Standort PartnerB und Standort E/E-Dienstleister. Die Standorte waren über drei Länder im europäischen Raum verteilt. Als Ort für die Leistungserbringung und -integration von Entwicklung und Konstruktion galt der Standort von PartnerB. Leistungsumfänge des OEM wurden am OEM-Hauptsitz bereitgestellt. Die produktionstechnische Integration wurde im Laufe des Produktentwicklungsprozesses zunehmend vom Standort von PartnerB an den Produktionsstandort des OEM verlagert. In FallstudieIII wurden die Entwicklungsumfänge am OEMHauptsitz realisiert, während Montage/Lack an der Produktionsstätte von PartnerC bewerkstelligt wurde. Die Produktionstechnische Integration wurde im Laufe des Produktentwicklungsprozesses zunehmend vom OEM-Standort zum Werk von PartnerC verlagert. Die Heterogenität einer Fremdvergabe zeichnet sich neben den Unterschieden in der Unternehmensorganisation und -kultur von OEM und Partner auch durch die unterschiedliche Gestaltung ihrer Prozesse und ihrer Informationstechnologie aus. Demzufolge wird die Heterogenität der FremdvergabeI als mittel, die FremdvergabeII als mittel-hoch und die der FremdvergabeIII als gering eingestuft. Alle Fremdvergaben verliefen als Projekt mit einer eigens errichteten Projektorganisation und besaßen einen erkennbaren Start- und Endpunkt, an denen eine Auftraggeber-/Auftrag-
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Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis
nehmerbeziehung gebildet und aufgelöst wurde. In allen Fallstudien kann die Art und Weise der Zusammenarbeit der Projekteams als äußerst reziprok und dynamisch bezeichnet werden. Die Einbindung von Mitarbeitern der Akteure in die jeweiligen Teams lassen auf einen hohen Integrationsgrad von OEM und Partner schließen. In FremdvergabeI wurden neben OEMPersonal auch Informationen in Form von Prozesswissen dem PartnerA bereitgestellt. Zudem wurde die Produktionsstätte des PartnerA für die Fremdvergabe mit OEM-Anlagen ausgestattet. In FallstudieII und III beschränkte sich die Ressourcenteilung auf Personal und Prozesswissen. Wie bereits erwähnt, lag die Motivation hinter den Fremdvergaben in erster Linie in der Generierung zusätzlicher Kapazitäten, Kosteneinsparungspotenziale und von wertvollem Wissen, was auf eine Mehrfachzielbildung schließen lässt. Unter Einbeziehung vieler heterogener Interessensgruppen in den Entscheidungsprozess, beruhten die Entscheidungen auf einer kollektiven, konsensorientierten Meinungsbildung. In FallstudieI und II konnte eine Abweichung zwischen ursprünglicher Zieldefinition und Zielerreichung festgestellt werden. Die Risiken der Fremdvergaben wurden in FallstudieI und II als hoch im Vergleich zur FallstudieIII als niedrig eingestuft. In FallstudieI und II lag der Schwerpunkt der Fremdvergabe auf den Entwicklungsprozessen. Entwicklungsprozesse gelten im Vergleich zu Produktionsprozessen als weniger standardisiert und komplexer. Zudem kamen in beiden Fremdvergaben viele OEM-spezifische Anforderungen in den Partnerprozessen zum Tragen. Hier erforderte die Abbildung individueller OEM-Leistungen viele strukturelle und prozessuale Anpassungen. Zudem kamen viele OEMProzesse zur Leistungserstellung zum Einsatz. Demnach wird von einem hohen Grad der Prozesstransformation gesprochen. Die IT spielte in FallstudieI und II neben der Rolle als „Business-Enabler“ auch eine wichtige Rolle als Prozessberater, während in FallstudieIII die IT eine eingeschränkte Bedeutung hatte. Die Anzahl und die Art der technischen Anbindung der in den Fremdvergaben verwendeten Systeme gelten als Indikator für Umfang und Komplexität der unternehmensübergreifenden IT-Landschaften. In allen Fallstudien bestand die gemeinsame IT-Landschaft vor allem aus OEM-Systemen beim Partner und Schnittstellen zwischen OEM- und Partnersystemen. In FallstudieI kamen 65 OEM-Systeme beim Partner und 80 Schnittstellen zum Einsatz, während in FallstudieII 30 OEM-Systeme beim Partner und zwei Schnittstellen implementiert wurden. In FallstudieIII sind ein OEM-System beim Partner und fünf Schnittstellen zwischen OEM- und Partnersystem bekannt. Die in den vorhergehenden Abschnitten dargestellten Merkmale und Merkmalsausprägungen der Fremdvergaben werden in Tabelle 12 in tabellarischer Form und in Abb. 27 in graphischer dargestellt. Die Merkmalsausprägungen entstanden auf Basis der Expertenaussagen aus den geführten Interviews.
Beschreibung der Fallstudien
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Grad der Zielerreichung Fremdvergabeumfang Dauer (in Jahren) Derivat-/Leadfahrzeug Erfahrungen mit dem Partner Initial-/Folgeprojekt Anzahl Standorte Heterogenität OEM/Partner Risiko Produktspezifität Produktkomplexität Prozesskomplexität Grad der Prozesstransformation Grad der IT-Transformation
FallstudieI 4,5 mittel-hoch 6 hoch 6 sechs 3 Lead 3 mittel 3 Initial 2 zwei 3 mittel 6 hoch 6 hoch 6 hoch 6 hoch 6 hoch 6 hoch
FallstudieII 2 niedrig 4,5 mittel-hoch 2 zwei 3 Lead 3 mittel 3 Initial 4 vier 4,5 mittel-hoch 5 hoch 6 hoch 6 hoch 6 hoch 6 hoch 6 hoch
FallstudieIII 6 hoch 1 niedrig 0,6 ein 6 Derivat 6 hoch 6 Folge 2 zwei 2 niedrig 2 niedrig 2 niedrig 3 mittel 1 niedrig 1 niedrig 1 niedrig
Tab. 12: Tabellarischer Vergleich der Fallstudien (Quelle: Eigene Darstellung)
Vergleich der Fallstudien Grad der Zielerreichung 6 Grad der ITFremdvergabeumfang Transformation 5 Grad der Prozesstransformation
4
Dauer (in Jahren)
3 2 Prozesskomplexität
Derivat-/Leadfahrzeug
1 0
Erfahrungen mit dem Partner
Produktkomplexität
Produktspezifität
Initial-/Folgeprojekt Risiko
Anzahl Standorte Heterogenität OEM/Partner
FallstudieI
FallstudieII
FallstudieIII
Abb. 27: Graphischer Vergleich der Fallstudien (Quelle: Eigene Darstellung)
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Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis Analyse der Fallstudien
4.3.1 Untersuchung des Merkmals „Strategie“ Die Untersuchung des Merkmals „Strategie“ gibt Antworten auf die Fragestellung, inwiefern strategische Aspekte in der Planung von Fremdvergaben eine Rolle spielen. Das strategische Fundament des Unternehmens nahm einen hohen Stellenwert insbesondere in der Initialisierungs- und Anbahnungsphase der Fremdvergabe ein. Die strategische Unternehmensausrichtung zeigte nicht nur generell die Notwendigkeit von Fremdvergaben auf, sondern stellte die Basis für die konkrete Ausgestaltung der Fremdvergaben dar. In allen drei Fallstudien verfolgten die Fremdvergaben Ziele, die den übergeordneten strategischen Gesamtunternehmens- oder Fachbereichszielen dienten. So geschah die Erstellung des Outsourcingmodellkonzepts während des Entscheidungsprozesses für oder gegen Externalisierung von Serienentwicklung und/oder -produktion nicht rein nach monetären Motiven. Auch der Beitrag der Fremdvergaben zur mittel- bis langfristigen Sicherung des Unternehmenswertes wurde hinterfragt. Während in FallstudieII die Strategie zur Erschließung neuer Marktsegmente durch Nischenprodukte den Bedarf für eine Auslagerung von Entwicklung und/oder Produktion an Dritte aufzeigte, definierten Teilstrategien wie die Kerneigenleistungsstrategie den groben Rahmen für die Leistungsaufteilung zwischen Auftragnehmer und -geber. Ein Zitat aus den transkribierten Experteninterviews untermauert die Wichtigkeit von strategischen Aspekten in der Planung von Fremdvergaben: „[…] wir müssen hier noch mal eine Präzisierung schaffen, denn wir müssen eindeutigere strategische Rahmenbedingungen schaffen, damit wir das Ganze unter strategischen Gesichtspunkten entscheiden, und nicht unter Make-or-Buy.“ Die Konkretisierung der Unternehmensstrategie geschah in der langfristigen Unternehmensplanung. Die Unternehmensplanung ist für die Erfassung und Planung zukünftiger interner Ressourcen (u.a. Budget, Personal, Fläche) der jeweiligen Fachbereiche (u.a. Entwicklung, Produktion, Einkauf, Vertrieb) zuständig (Hiller 2002, 41). Aus der Gegenüberstellung der Unternehmensplanung, und der Multiprojektplanung zur Identifikation und Bewertung zukünftiger Fahrzeugprojekte ließen sich potentielle Ressourcenengpässe ableiten. Insbesondere die Personal- und Kompetenzplanung, sowie die Belegung der Entwicklungs- und Produktionsstätten ließen Rückschlüsse auf Kapazitäts- und Wissensdefizite in Entwicklung und Produktion des Unternehmens zu. Diese Defizite galt es durch eine Fremdvergabe zu kompensieren. Beispielsweise war in FallstudieII die Motivlage Know-how-Gewinn mittels Wissenstransfer durch den Partner und die Nutzung des gewonnenen Know-hows im zukünftigen Produktportfolio des OEM. Im Gegensatz hierzu FallstudieI, in der unter anderem die Kompensation kapazitativer Engpässe im Produktionsbereich des OEM angestrebt wurde. War im ersten Beispiel eine Überprüfung der Ressourcenplanung erforderlich, diente im zweiten Beispiel die Planung der Entwicklungs- und Produktionsstätten als Analysegrundlage. Zudem kam, dass nicht jedes Fahrzeugmodell für die Auslagerung an externe Partner in Frage kam. Anhand OEM-spezifischer Selektionskriterien wurde aus der Multiprojektplanung eine Auswahl an fremdvergabefähigen Fahrzeugprojekten getroffen: „Erstmal wurden Grundsätze geschaffen über die Entwicklung hinaus, auch für die Produktionsleistungen, und für die Sourcing Strategie. Und dann wurde eben gesagt, OK, was ergibt
Analyse der Fallstudien
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sich als praktisch. Wir haben von Filtern gesprochen. Wir haben gesagt, wenn man diese Grundsätze als Filter annimmt, für die anstehende Multiprojektsituation, welche Fahrzeuge wären dann vergabefähig?“ Zusammenfassend wird festgehalten, dass in allen drei Fallstudien das Merkmal „Strategie“ anhand der Definition von Unternehmensstrategie und -planung ein integraler Bestandteil der Fremdvergaben darstellte. Die Unternehmensstrategie und -planung galten als Basis sowohl für eine klare Entscheidungslage hinsichtlich der Auswahl des Outsourcingmodells als auch für die Ausgestaltung des Outsourcingmodellkonzepts. Die Berücksichtigung strategischer Elemente in Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene unterstreicht auch die Aussage von Riedl (2003, 8). Demzufolge hat sich Outsourcing an den strategischen Gesamtunternehmensund Geschäftsprozesszielen zu orientieren. Da es sich bei Fremdvergaben nicht um eine Einzelhandlung, sondern um ein Maßnahmenbündel handelt, das auf das Unternehmen unterschiedlich Einfluss ausübt (Hendrix/Abendroth/Wachtler 2003, 27f.), muss Outsourcing aus dem Blickwinkel der Gesamtunternehmensstrategie durchgeführt werden (Grant 2002, 23f.). Anforderung 1: Integrative Betrachtung der strategischen und operativen Ebene Die Methode sollte mit Hilfe eines Referenzprozesses die durchgängige Betrachtung der strategischen und operativen Ebene gewährleisten. Hierbei gilt es, das strategische Fundament des Unternehmens zu formulieren und die Unternehmensplanung als Konkretisierung der Unternehmensstrategie sinnvoll abzubilden.
4.3.2 Untersuchung des Merkmals „Fremdvergabeumfeld“ Im Rahmen der Untersuchung des Merkmals „Fremdvergabeumfeld“ werden makro- und mikropolitische Einflussfaktoren auf das Untersuchungsobjekt Fremdvergaben analysiert. Der Schwerpunkt der Analyse bildet die Frage nach der Art, dem Ursprung und der Einflussnahme externer Einflussfaktoren auf die Fremdvergaben. Die empirische Untersuchung ergab, dass keines der drei Fremdvergaben als eine hermetisch abgeschlossene Einheit betrachtet werden kann. Eine isolierte Betrachtung der Fremdvergaben losgelöst von ihrer Umwelt ist nicht möglich. Vielmehr waren alle Fremdvergaben in eine bereits bestehende Umgebung eingebettet. Umwelt und Fremd-vergabeprojekte standen in einem Beziehungsverhältnis und beeinflussten sich gegenseitig. Die Umwelt der Fremdvergaben bestand neben unternehmensexternen (z.B. Gesetzgeber, Branche) vor allem aus OEMund zulieferspezifischen Institutionen (z.B. Management, Gremien). Die Einflussnahme der Institutionen spiegelte sich anhand vieler Richtlinien und Regularien wider, die die Fremdvergaben wesentlich beeinflussten. Dabei kamen verschiedene Kategorien von Richtlinien zum Tragen. Neben der Differenzierung in unternehmensexterne (z.B. Arbeitnehmerüberlassungsgesetze, ISO-Normen) und interne Rahmenbedingungen (z.B. Überstundenregelung, Konstruktions-vorgaben) kann bei den unternehmensinternen weiterhin in rationalökonomische und soziopolitische Richtlinien unterschieden werden. Erstere wurden durch zentrale Stellen im Unternehmen definiert und schriftlich niedergeschrieben, wie z.B. Entwicklungs- und Produktionsvorgaben. Bei Letzterem handelte es sich um ein ungeschriebenes Regelwerk, das keinen formalen Charakter aufweist, wie z.B. Umgang mit externen Partnern, Diskussions- und Konfliktkultur. Ein Mitar-
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Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis
beiter eines Tier-0,5-Lieferanten sieht den Einfluss von Rahmenbedingungen in Fremdvergaben wie folgt: „Wobei die Anforderungen der OEM-Kollegen auch nicht aus der Luft gegriffen sind. Da gibt es Richtlinien und Werksanforderungen und Dokumentationspflichten, etc. Diese sind bestimmt berechtigt und haben ihre Gründe, und folglich können eigentlich nur wir diese Dinge über Bord werfen, wenn wir das Gesamtpaket in unserer eigenen Verantwortung haben. Dann können wir das Gleiche sicherstellen, nur unter anderen Vorzeichen.“ „Das sind gesetzliche Rahmenbedingungen, aus denen der Arbeitgeber seine eigenen Leute auch nicht raus bekommt und die er auch nicht beeinflussen kann. Ich kann nicht mal einen soeben wo arbeiten lassen. In Österreich z.B. kann man so lange arbeiten, wie man will. Darf ich das als Deutscher auch?“ Die Reichweite der Einflussfaktoren stellte sich in den Fallstudien unterschiedlich dar. Zwar beeinflussten die Richtlinien sowohl die Strukturen als auch die Prozesse (Entwicklung, Produktion, Einkauf, IT) der Fremdvergaben, jedoch unterschiedlich stark. In FallstudieI und II kam eine hohe Anzahl an Leitlinien in den Fremdvergaben zum Tragen. Im Gegensatz hierzu wurde bei FallstudieIII das Fremdvergabeprojekt neben den obligatorischen Rahmenbedingungen (z.B. Gesetzgebung) von wenigen unternehmensexternen und -internen Richtlinien beeinflusst. Eine genaue Anzahl an Richtlinien, die in den einzelnen Fremdvergaben zum Tragen kamen, liegt nicht vor. Die enge Verzahnung der Wertschöpfungsstufen Entwicklung und Produktion und ihre gegenseitige Beeinflussung erschwert eine eindeutige Zuordnung von Richtlinien zu Entwicklung oder zu Produktion und schließlich die genaue Bestimmung der Anzahl an Richtlinien. Grund für die unterschiedliche Einflussreichweite der Richtlinien war primär die Zielvorgabe in den Fremdvergaben. Da Richtlinien als Anforderungen an Fremdvergaben gestellt wurden, verursachten sie in der Implementierungs- und Durchführungsphase Kosten. Aufgrund der monetären Zielvorgaben in FremdvergabeIII wurde versucht, Richtlinien als Kostenverursacher zu vermeiden. In FremdvergabeI hingegen hatte das strategische Ziel, sich mit dem Fahrzeugmodell in einem neuen Marktsegment „Time-to-Market“ zu positionieren, einen übergeordneten strategischen Stellenwert. Auch bei FallstudieII zielte das Management durch den Transfer von Entwicklungskompetenzen für Kleinwagen durch den Partner auf eine zukünftige Positionierung im Kleinwagensegment und somit auf ein strategisches Ziel ab. Um die langfristigen strategischen Ziele zu erreichen, war in FallstudieI und II die Bereitschaft zu investieren höher als zur Erreichung eines operativen monetären Ziels wie in FallstudieIII. Der OEM war generell an langfristig ausgelegten Partnerschaften interessiert, was sich angesichts der Komplexität der Zulieferbranche als vorteilhaft erweist (Wildemann 2004a, 25). Zahn/Soehnle (1996, 26) und Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003, 50) weisen darauf hin, dass strategische Ziele, wie Steigerung der Innovationsfähigkeit im Gegensatz zu operativen Zielen, wie Kostenreduzierung, in der Betriebswirtschaftslehre zwar favorisiert werden, die Praxis aber das Gegenteil beweist. Die Fallstudien aus der Praxis können dies nicht bestätigen. Im Falle von Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugeben wurden auch operative Ziele zugunsten strategischer Ziele zweitrangig behandelt. Die Mehrheit der Richtlinien entstammte aus der externen und internen OEM-Umwelt. Aufgrund des Auftraggeber-Auftragnehmer-Verhältnisses zwischen OEM und Partner wurde die
Analyse der Fallstudien
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Flexibilität zur Umsetzung der Richtlinien in erster Linie vom Partner gefordert. Die Abbildung von Richtlinien bedeutete einen Eingriff in die Organisation der Fremdvergaben und folglich auch in die Organisation der Partner. Dabei unterlag der Partner selbst einer Reihe externer (z.B. rechtliche Verpflichtungen mit anderen Auftraggebern) und interner Rahmenbedingungen (z.B. Dokumentationsvorgaben). Eingeständnisse des Partners gegenüber dem Auftraggeber unterlagen oftmals einer Gratwanderung zwischen der Erfüllung von OEMspezifischen und partnerspezifischen Rahmenbedingungen. „Man hat sich dann auch im Unternehmen schwer getan, Unternehmensvorgaben für die Fremdvergabe zu kippen. Das ist auch so eine Restriktion, Unternehmensvorgaben aufrecht zu erhalten. Wenn ich hier definiere, Systemxy ist das Terminplanungssystem und ich gehe zum Partner und der sagt, ich mache aber Microsoft Project - ja was mache ich dann? Dann habe ich einen Verstoß gegen meine unternehmensinternen Richtlinien. Diese interorganisatorischen Regularien einer Firma spielen bei einer Fremdvergabe insofern immer eine Rolle, dass die Personen, die diese ausüben, immer in dem Konflikt stehen, diese zu verletzen oder dem Partner mit über das Auge zu stülpen. Das sind bereits existierende Rahmenbedingungen und die werden oft vergessen. Die müssen auch mal hingeschrieben werden und sich dafür die Genehmigung holen, falls man diese Rahmenbedingungen verletzt.“ Eine Anzahl von Richtlinien kam erst im Laufe der Implementierung und Durchführung der Fremdvergabe zum Vorschein. Zusätzlicher Implementierungsaufwand spiegelte sich in höheren Kosten des Outsourcingvorhabens wider. Daher empfiehlt es sich, im Vorfeld der Implementierung eine Auflistung aller unternehmensinternen und -externen Rahmenbedingungen und daraus Richtlinien für Fremdvergaben abzuleiten. Zudem sollte eine Überprüfung ergeben, inwiefern Richtlinien als unumstößlich gelten (z.B. Gesetzesvorgaben), welche fallen gelassen werden oder welche als Kompromisslösung vor dem Hintergrund einer belastbaren Kosten-/Nutzenrechnung abgebildet werden können. Auch der Ansatz der politischen Ökonomie nach Zald (1968, 1970a) betrachtet neue Organisationsformen (Fremdvergaben) nicht als hermetisch abgeschlossene, sondern als eine in enger Wechselbeziehung mit seiner Umwelt stehenden Einheit. Somit wirken globale und lokale Umwelteinflüsse auf Fremdvergaben und stehen in Wechselwirkung mit den involvierten Organisationseinheiten. Zald liefert lediglich einen Rahmen zur Definition globaler und lokaler Rahmenbedingungen, den es gilt für Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene nach rationalökonomischen Gesichtspunkten zu füllen. Zudem werden zwar die von der politischen Ökonomie betroffenen Bereiche (Struktur und Prozesse) angegeben, Gründe für die unterschiedlich starke Einflussnahme auf die Organisationsformen, wie z.B. die Zielvorgaben einer Fremdvergabe, bleiben aus. Anforderung 2: Bereitstellung eines Frameworks an Rahmenbedingungen Die Methode soll dem Anwender ein Framework externer und interner Rahmenbedingungen bieten. Angelehnt an der Definition des Begriffs „Framework“ wird darunter ein Grundgerüst verstanden, das wieder verwendbar ist und für einen spezifischen Verwendungszweck angepasst wird. Somit lassen sich aus dem Framework an Rahmenbedingungen Richtlinien für Fremdvergaben ableiten.
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4.3.3 Untersuchung des Merkmals „Akteure/Rollen“ Der Analyseschwerpunkt des Merkmals „Akteure/Rollen“ bilden die Hauptakteure der Fremdvergabe OEM und Tier-0,5-Zulieferer als gewinn- oder verlustverantwortliche Betrachtungseinheit in ihren Rollen als Auftraggeber und -nehmer. Im Vordergrund steht die Fragestellung, wie sich der Partnerauswahlprozess gestaltet und welche Partnerbewertungskriterien eine Rolle spielen. In einem weiteren Schritt wird der Betrachtungsraum auf die Akteure der Sub-Lieferanten in ihrer Rolle als Unterauftragnehmer ausgeweitet. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen das Verhältnis von OEM, Tier-0,5-Zulieferer und Sub-Lieferanten und die Entstehung von Konflikten in der Sub-Lieferantensteuerung. 4.3.3.1 Partnerauswahl und -befähigung Die Partnerauswahl wurde zweistufig durchgeführt. Zuerst bediente sich der OEM, losgelöst von einem konkreten Fremdvergabeprojekt, zur Identifikation potenzieller Anbieter für einen Partnerpool dem Instrument der Marktsondierung. In einem weiteren Schritt wurden nach Erteilung eines Managementauftrages zur Untersuchung des Outsourcingpotenzials eines konkreten Fahrzeugprojektes zwei bis drei Anbieter aus dem Partnerpool für eine detaillierte Bewertung ausgewählt. Anfrage- und Auswahlprozedere, wie Ausschreibungen oder Auktionen, wurden zu diesem Zeitpunkt als suboptimal angesehen. Die Unwissenheit des OEM über Kompetenzreichweite der Anbieter ließ die Verantwortlichen zum Entschluss kommen, im Vorfeld eine Sondierung des Anbietermarktes durchzuführen. Das Auswahlprozedere umfasste sowohl Vor-Ort-Besichtigungen als auch gemeinsame Workshops und Anbieterpräsentationen. Zum Schutz wichtiger Unternehmensinformationen wurden entsprechende Geheimhaltungsklauseln von beiden Seiten unterschrieben. Die Ergebnisse der Marktsondierung dienten als Überblick über Qualität und Quantität von Anbieterkompetenzen. Erst ein Vergleich des Angebots des Anbietermarkts mit den Ergebnissen der Multiprojektplanung, insbesondere der identifizierten fremdvergabefähigen Fahrzeugmodelle und der Ressourcenplanung, entstand ein Gesamtbild über mögliche Outsourcingmodelle. „[…] als es dann klar war, wir entscheiden uns für PartnerA, entweder wir kriegen es mit diesem Partner hin, oder wir lassen es. Da gab es zu diesem Zeitpunkt keinen anderen Partner mehr als Alternative. Der Markt war knapp und man hatte es damals niemand anders zugetraut. Man muss sich auch immer überlegen, wo waren wir zum damaligen Zeitpunkt gestanden? Outsourcing war zwar ein Thema, aber nur begrenzt, jedem Fachbereich schwebte irgendetwas anderes vor.“ Zur detaillierten Bewertung der zwei bis drei Kandidaten wurden wiederum Vor-OrtBesuche, Workshops und Anbieterpräsentation, jedoch zugeschnitten auf einen konkreten Fremdvergabeumfang, durchgeführt. Leistungsschnittstellenvereinbarungen wurden zur Abgrenzung der Leistungsbereiche von OEM und Partner definiert und galten als Bestandteil des Vertrages. Da die Art und Umfang der Leistungen in den jeweiligen Phasen Konzept, Serienentwicklung und Serienproduktion unterschiedlicher Natur war, wurde ein separater Vertrag für die jeweilige Phase abgeschlossen. Die Durchführung der Partnerauswahl war aufwendig. Die Definition von Anforderungen im Entwicklungs- und Integrationsbereich sowie die Quantität und Spezifität der Bewertungsobjekte gestaltete sich schwierig. Erschwert wurde der Bewertungsprozess durch Geheimhaltungsverpflichtungen der Anbieter gegenüber anderen Auftraggebern. Somit konnten einige
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Themen nur kurz behandelt werden. Zusätzliche Themen kamen erst nach Vertragsschluss zum Tragen und verursachten Zusatzkosten. „Als erstes stellt man sich die Frage, was will man denn eigentlich den Bewerber fragen? Worauf kommt es an? Hat er ein Stücklistensystem? Das wird natürlich mit Ja beantwortet, aber man geht nicht ins Detail oder kann sich das Teil nicht anschauen, weil in der Regel die Partner andere Kunden noch haben und dann Systeme im Detail nicht zeigen können, weil dann Informationen und Daten von anderen Kunden drin wären. Oder ich wollte mir das Lager anschauen. Das ging aber nicht, da gesagt wurde, da liegen Teile von einem anderen Kunden und deswegen kann ich nicht ins Lager gehen. […] Das ist so ein Thema, was ich in Zukunft von Haus aus ausschließen würde, wenn der Partner sagt, dass er nur ein Lager hat, wo er alle Teile drin hat, dann würde ich sagen, entweder du machst eine eigenes Lager nur für unser Projekt, zu dem ich jederzeit Zutritt habe oder irgendeine andere Möglichkeit. Aber ein Lager, wo alle Teile aller Kunden gemischt gelagert sind, würde ich nie wieder akzeptieren. […] Wir hatten keine Kontrolle über unsere eigenen Bestände. Das ganze Thema ist dann noch mal aufgegriffen worden und wir bekamen Zutritt zu einem extra abgesperrten Bereich, dass wir die anderen Teile nicht sahen und hatten dann gesehen, dass unsere Teile nicht fachgerecht behandelt wurden. […] Da gibt es ganz genaue Prozessvorschriften, gerade im Bereich E/E Komponenten. Die müssen mit einer antiseptischen Folie verpackt werden, und so weiter. Da gibt es genügend Themen.“ Während Themen wie Entwicklungs-, Integrations- und Produktionskompetenzen sowie die finanzielle Lage der Anbieter detaillierter bewertet wurden, kam Fragestellungen zur Unternehmenskultur ein zweitrangiger Stellenwert zu. Dabei ergaben alle drei Fallstudien, dass kulturelle Eigenschaften im Laufe der Implementierung und Durchführung eine große Bedeutung hatten. Gegenseitiges Verständnis und Akzeptanz der Unternehmenskultur waren unabdingbar. Anfangs nicht berücksichtigte unternehmensspezifische kulturelle Eigenheiten, wie Kommunikationsstil, Diskussions- und Konfliktkultur und Arbeitsmoral, galten im Laufe der Fremdvergabe als Ursache für Missverständnisse zwischen OEM und Partner. “So to create a real team it took time. We had really cultural problem, problem of communication because of the language, because of trusting and so the real processes of development were a little bit weak due to this situation.” Wie positiv sich die Unternehmenskultur des Partners auf die Fremdvergabe auswirken kann, zeigt FallstudieIII. Hier war neben der Fähigkeit, die Produktion eines Fahrzeugs gesamthaft zu übernehmen, die flexible und innovative Gestaltung der Produktionsprozesse wichtig. Die Anpassungsfähigkeit, Lernbereitschaft und Problemlösungsfähigkeit der Mitarbeiter von PartnerC galten als Erfolgsmerkmal für das Gelingen der Fremdvergabe. Problemstellungen in den Produktionsprozessen wurden auch in Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des OEM gelöst. Sowohl Auftraggeber als auch -nehmer hatten die gleiche Vorstellung einer guten Zusammenarbeit, was die Bewerkstelligung der FremdvergabeIII erleichterte. In allen drei Fallstudien wurden die Partner im Vorfeld der eigentlichen Leistungserstellung durch den Automobilhersteller befähigt, d.h. sie wurden mit materiellen (z.B. Anlagen) oder immateriellen (z.B. Prozesswissen) Ressourcen ausgestattet. Wie bereits erwähnt, war die Investitionsbereitschaft des OEM angesichts der unterschiedlichen Vertragslaufzeiten und der
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strategischen Bedeutung der Fallstudien unterschiedlich. In FallstudieI und II mit 2 bzw. 6 Jahren Laufzeit und dem strategischen Ziel der Marktpositionierung war die Investitionsbereitschaft größer als in FallstudieIII mit einer Vertragslaufzeit von 7 Monaten und einem operativen Kostenziel. Auch nach Bartelt begünstigen spezifische Investitionen langfristige Geschäftsbeziehungen (Bartelt 2001, 23). Generell werden kurzfristige Standardverträge bei Lieferanten selten eingesetzt, da eine gewisse Zeit notwendig ist, um die Investitionen zu amortisieren (Wildemann 2004a, 26). Zudem bestätigt die Literatur den Zusammenhang zwischen geringerer Lieferantenzahl pro Produkt und längeren Vertragslaufzeiten (Wolters 1995, 67). Angesichts der geringen Anzahl an Gesamtfahrzeugentwicklungspartnern und -produktionspartnern auf dem Zulieferermarkt wurde versucht, die Partner mittels längerer Vertragslaufzeiten an den OEM zu binden. Je höher die Produktspezifität und je größer die Lücke zwischen Partnerkompetenz und OEMAnforderungsprofil war, desto höher gestaltete sich der Aufwand zur Befähigung des Partners in der Implementierungsphase. Beispielsweise wiesen die Fremdvergabeumfänge in FallstudieII eine hohe Produktspezifität auf. Für PartnerB galt es, die Produktspezifität abzubilden und den hohen Anforderungen seitens OEM genüge zu tragen. Demzufolge variierte die Anzahl der OEM-Mitarbeiter, die vor Ort bei PartnerB arbeiteten, abhängig von der jeweiligen Fremdvergabephase zwischen 20 bis 120 Mitarbeiter. Primär zum Wissenstransfer, zur Sicherstellung von Qualitätsansprüchen und sonstiger Vertragsleistungen arbeiteten OEMMitarbeiter kontinuierlich vor Ort bei den Partnern. Die lokale Präsenz der OEM-Mitarbeiter am Standort der Partner verbesserte aufgrund der kurzen und direkten Kommunikationswege die Zusammenarbeit und erleichterte den Wissenstransfer. Da ein strikter Monitoringprozess mit regelmäßiger Berichterstattung den gesamten Fremdvergabezyklus begleitete, wurden zudem OEM-Mitarbeiter für Monitoringaufgaben zur kontinuierlichen Überprüfung der Arbeitsfortschritte eingesetzt. Auch in FallstudieIII musste PartnerC die physischen Voraussetzungen (z.B. Anlagen, Fertigungsstraßen) sowie Prozess- und IT-Voraussetzungen erfüllen. Im Vergleich zu FallstudieII waren der Leistungsumfang (Produktion von 2000 Fahrzeugen) und -komplexität sowie die Produktspezifität geringer. Daher war der Einsatz von bis zu 15 OEM-Mitarbeitern für Schulungen und zur Klärung von Fragestellungen zur produktionstechnischen Integration vor Ort bei PartnerC ausreichend. Der Autor kommt nach Untersuchung des Partnerauswahl- und Partnerbefähigungsprozesses zur Erkenntnis, dass die Wahl des richtigen Partners für den Erfolg bzw. für den Misserfolg der Fremdvergabe unabdingbar ist. Eine falsche Partnerwahl kann der Grund für fachliche, technische und kulturelle Probleme während der Fremdvergabe sein, was den monetären Zielrahmen zusätzlich belastet. Daher gilt es bereits im Vorfeld der Fremdvergabe neben der Strategie und den Finanzen insbesondere die Kompetenzen und die Kultur des Partners detailliert zu bewerten. Dieser Bewertungsprozess wird auch von der Literatur bestätigt. So wird anhand des Schlagworts „Partner Fit“ die Ähnlichkeit der Outsourcingpartner hinsichtlich Grundwerte und Normen der Unternehmenskulturen gemessen (Dibbern 2004, 159). Darüber hinaus sind nach Goles (2003) besonders die technischen und fachlichen Fähigkeiten sowie Kompetenzen in Planung und Koordination der externen Dienstleister zu hinterfragen. Zentes/Swoboda/ Morschett (2003b) und Ruoff (2001) begrüßen die strukturelle, organisatorische und kulturelle Identität von Unternehmen für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Ein Abgleich der Unternehmenskultur und -organisation zur Identifikation von Gemeinsamkeiten und Unterschiede wird vorgeschlagen.
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Im Gegensatz zur Literatur geht aus den Fallstudien hervor, dass für Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene ein zweistufiger Partnerauswahlprozess anzuwenden ist. Dabei reicht es nicht aus, die kulturelle, organisatorische und fachliche Identität der Unternehmen einmalig zu evaluieren. Vielmehr muss zuerst der Anbietermarkt nach potenziellen Partnern und Outsourcingmodellen sondiert werden. Anschließend müssen die Ergebnisse der Marktsondierung in die Unternehmensstrategie und -planung einfließen, um die langfristigen Möglichkeiten und Grenzen einer Fremdvergabe von Entwicklung und/oder Produktion von Fahrzeugmodellen zu ermitteln. Erst nach Auswahl fremdvergabefähiger Fahrzeugmodelle kommt es zum detaillierten Abgleich kultureller, organisatorischer und fachlicher Aspekte für die konkrete Auswahl des Fremdvergabepartners. Anforderung 3: Bereitstellung eines Werkzeugs zur Sondierung des Anbietermarktes Die Methode sollte dem Anwender ein Werkzeug bereitstellen, das ihn bei der Identifikation potenzieller Partner am Anbietermarkt unterstützt. Die Ergebnisse des Sondierungsprozesses sollen als Basis zur detaillierten Partnerauswahl für ein konkretes Fremdvergabeprojekt dienen.
4.3.3.2 Sub-Lieferantensteuerung Wie bereits erwähnt, wird der Betrachtungsraum auf die Akteure der Sub-Lieferanten in ihrer Rolle als Unterauftragnehmer ausgeweitet. Hauptuntersuchungsmerkmal ist das Verhältnis von OEM, Tier-0,5-Zulieferer und Sub-Lieferanten und die Entstehung von Konflikten in der Sub-Lieferantensteuerung. In der Initial- und Konzeptphase lag die Aufgabe der Sub-Lieferantensteuerung in Händen des OEM. Erst bei Übergang von der Konzept- in die Serienentwicklungsphase wurde die ganzheitliche Verantwortung der Sub-Lieferantensteuerung an den Partner als Generalunternehmer übertragen (siehe Abb: 28). Somit umfasste in allen Fallstudien das vertraglich festgelegte Aufgabenspektrum der Partner neben den Entwicklungs- und/oder Produktionsaufgaben die Koordination und Steuerung von Sub-Lieferanten. Aus der Struktur von OEM, Tier-0,5Zulieferer und Sub-Lieferanten (Tier-1st-, 2nd-, 3rd-Supplier) entstand eine hierarchische Zulieferpyramide, in der die übergeordnete Ebene weisungsbefugt gegenüber der untergeordneten Ebene war. Im Gegensatz zur Übertragung der Koordinations- und Steuerungsverantwortung wurden die vertraglichen Vereinbarungen zwischen OEM und Sub-Lieferanten nicht mit übertragen. Daher bestand die vertragliche Bindung weiterhin zwischen den Sub-Lieferanten und dem OEM. Auch Themen des Lieferantenmanagements, wie Lieferantennominierung, Lieferantenweiterentwicklung, Vertragsabschluss, Preisver-handlungen blieben in den Händen des OEM. Die Vorgabe der Sub-Lieferanten durch den OEM hatte zum Vorteil, dass auf bewährte Qualität und eingespielte Beziehungen zwischen den Prozesspartnern zurückgegriffen werden konnte. Zudem konnte sich schon in der Implementierungsphase der Fremdvergaben über das Innovationspotenzial der Lieferanten eine Meinung gebildet werden.
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Unter50 MvS* 25 MvS SOP nehmensInitialphase Serienbetreuung Frühe Phase Serienentwicklung strategie Request for Konzeptentwicklung Serienentwicklung Weiterentwicklung Concept OEM
OEM P
Z3 Z1
Z2
P
OEM
Z3 Z1
Z2
P
OEM Z3
Z1
Z2
Z3 Z1
Z2
Übertragung der Steuerungsverantwortung Lieferantensteuerung OEM Lieferantensteuerung Partner P: Partner OEM: Original Equipment Manufacturer Z: Zulieferer
MvS: Monate vor Serie SOP: Start of Production * Zahlen beispielhaft aufgeführt
Abb: 28: Übertragung der Steuerungsverantwortung (Quelle: Eigene Darstellung) Die Steuerung der Sub-Lieferanten entwickelte sich im Laufe der Fremdvergabe für die Partner als Generalunternehmer zur Herausforderung. In Konfliktfällen wurden häufig die ursprünglichen Eskalationswege zwischen Partner und Sub-Lieferanten durch den direkten Kontakt zum OEM umgangen. Als Argument galten die fehlenden rechtlichen Beziehungen zum Partner. Somit beriefen sich die Sub-Lieferanten in Konfliktfällen oftmals auf die bestehende Vertragsgrundlage zwischen Sub-Lieferanten und OEM. Dabei wurden bereits bekannte Kommunikationswege zum OEM genutzt. Dieses Phänomen ist in der Literatur unter dem Begriff „By-Passing“ in triadischen Beziehungskonstellationen in der Automobilindustrie bekannt. Bisher haben sich wenige wissenschaftliche Arbeiten mit diesem Phänomen beschäftigt. Die Dissertation von Girschik (2002) ist als einzige wissenschaftliche Arbeit im deutschsprachigen Raum bekannt, die Entstehung und Management solch triadischer Kollaborationen näher beleuchtet. Aus den Fallstudien wird klar, dass die fehlende juristische Hebelwirkung den Handlungsspielraum der Partner einschränkte. Oftmals fiel die Durchführung und somit die Verantwortung der Steuerungsaufgabe der Sub-Lieferanten wieder in die Hände des OEM zurück. Zusätzliche, nicht geplante Arbeitsbelastung der OEM-Mitarbeiter war die Folge. Hinzu kam, dass in einigen Fällen als Ursache für eine nicht termin- oder anforderungsgerechte Leistungserfüllung des Partners die Minderleistung der Sub-Lieferanten angegeben wurde. Aufgrund der Vorgabe der Sub-Lieferanten durch den OEM, übernahm der Partner keine Verantwortung für die Fehlleistung. Somit konnte eine Verantwortungsübernahme sowohl für die Sub-Lieferantensteuerung als auch für die Leistungen der Sub-Lieferanten im Sinne des Generalunternehmertums wie sie ursprünglich vertraglich definiert wurde, vom Partner nur mehr eingeschränkt wahrgenommen werden. Generell können die Konflikte sowohl in Sach- und Strukturkonflikte als auch in Beziehungsund Wertekonflikte eingeteilt werden. Erstere wurden durch ein destruktives Verhaltens- und Interaktionsmuster, das Informationsmangel, ungleiche Informations- bzw. Ressourcenverteilung und ungleiche Macht- und Autoritätsausprägungen mit sich brachte, hervorgerufen. Be-
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ziehungskonflikte dagegen wurden durch wiederholt negatives Verhalten und mangelnde Kommunikation der Sub-Lieferanten gegenüber dem Generalunternehmer provoziert. Konflikte in der Sub-Lieferantensteuerung ziehen sich wie ein roter Faden durch alle Fallstudien. Es ist notwendig, ein Bewusstsein für die Existenz und für die Ursache des „ByPassing“-Phänomens zu schaffen. Durch die Identifikation des „By-Passing“-Phänomens in der Sub-Lieferantensteuerung können viele Konflikte zwischen OEM, Tier-0,5-Lieferant und Sub-Lieferanten während des gesamten Fremdvergabelebenszyklus verhindert werden. Auch die Literatur hält sich mit einem Vorschlag zur Identifikation von triadischen Beziehungskonstellationen zurück. Zwar liefert Girschik (2002) Anleitungen zum Umgang mit triadischen Kollaborationen, schweigt sich jedoch über Identifikationstechniken aus. Anforderung 4: Identifikation von Konfliktpotenzialen in der Sub-Lieferantensteuerung Die Methode sollte die Identifikation möglicher Konflikte in der Koordination und Steuerung von Sub-Lieferanten unterstützen.
4.3.4 Untersuchung des Merkmals „Wertschöpfung“ Im Folgenden wird untersucht, wie sich die Aufteilung der Leistungserstellung zwischen OEM und Partner gestaltete, welche Faktoren die Leistungsverteilung beeinflussten und mit welchen Herausforderungen die Mitarbeiter in der Umsetzung des Leistungsprofils konfrontiert wurden. In FallstudieI und II gestaltete sich, im Gegensatz zur FallstudieIII, die Erstellung des Leistungsprofils aufgrund des umfangreichen Fremdvergabeumfangs, des neuartigen Charakters der Fremdvergabe und der Komplexität des Fahrzeugmodells, als aufwendig. Angesichts der aufgabenspezialisierten Organisation des OEM waren die Leistungen über Organisationseinheiten verstreut. Die vielen Einzelaufgaben zu einem detaillierten Gesamtbild für die Partner zusammenzutragen, galt als Herausforderung. Während die im Innenverhältnis zu erbringenden Leistungen aufgrund der institutionalisierten Prozesse klar waren, brachte die Leistungsabbildung im Außenverhältnis Klärungsbedarf mit sich. Sowohl die Erstellung eines vollständigen Leistungsprofils als auch die Standardisierung der Leistungen für den Partner erwies sich als schwierig. In allen drei Fallstudien konnte keine ganzheitliche Verlagerung der Leistung vom OEM zum Partner festgestellt werden. Vielmehr handelte es sich um ein reziprokes Austauschverhältnis zwischen OEM und Partner, dass in den FallstudienI und II eine hohe Arbeitsteilung aufwies. Grundsätzlich gab es drei Optionen, wer in der Verantwortung der Leistungserstellung stand: - Die Leistung wurde durch den Partner erbracht und verantwortet. - Die Leistung wurde durch den OEM erbracht und verantwortet. - Die Leistung wurde durch OEM und Partner erbracht und vom Partner verantwortet. In allen drei Fallstudien konnte kein eindeutiges Muster in der Leistungsverteilung zwischen OEM und Partner festgestellt werden. Lediglich verblieben in allen Fällen die Kernkompetenzen, wie Design und Antrieb, in Verantwortung des OEM, während weniger wettbewerbsrelevante Leistungen, wie Konstruktion, die Partner erbrachten. Die Varietät des Leistungsprofils in den einzelnen Fallstudien ist durch den Einfluss folgender Faktoren bedingt. Die Punkte gelten auch als die Gründe für die Leistungsverteilung zwischen OEM und Partner:
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Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis
- Materielle und immaterielle Mittel der Zulieferer „Das Leistungs- und Verantwortungsmodell orientiert sich ja an den Kompetenzen des Partners. Ich überleg mir, wer kann was und wie kann derjenige was. Manchmal kann auch sein, ich mach trotzdem die Leistung, weil der andere das nicht kann, geistig vielleicht, aber technisch nicht kann.“ - Interne Entwicklungs- und Produktionskapazitäten Die Auslastung der eigenen Entwicklungs- und Produktionskapazitäten steht bei der Definition des Externalisierungsumfangs der Leistungen im Vordergrund. - Abbildung markenspezifischer Eigenschaften “Was würden wir tun im vergleichbaren Fall, denen wieder zu helfen, um sicherzustellen, dass wir ein Auto mit vier Rädern, mit (OEM-Marken)-Zeichen entwickeln? Wo OEM-Marke drauf steht, ist OEM-Marke auch drin. Es gibt ja viele Eigenschaften, die man nicht auf einem Blatt Papier beschreiben bzw. festhalten kann. […] Ein Beispiel dafür wäre, wie soll man mit irgendeiner Metrik ein knackiges Fahrwerk beschreiben? Das ist technisch nicht möglich. Es ist schwierig bzw. unmöglich zu beschreiben, hier eine Feder weg, noch mal eine Feder weg, an der Achse hier was optimieren etc. Das kann man unmöglich beschreiben. Das ist ein subjektiver Akt, ist aber eine Wettbewerbs entscheidende Eigenschaft von uns.“ - Abbildung Umfang und Komplexität des Fahrzeugmodells „ Im Falle Tier-1-Lieferant habe ich ein Lastenheft und gebe einen bestimmten Umfang komplett heraus. Der ist klein, aber es ist nicht so, dass ich die Konstruktion von der Komponente mache und dann gehe ich zum Lieferanten und sage, übernimm doch mal, ob du das bauen kannst. Nein, wenn ich eine Entwicklungsleistung raus gebe, dann kriegt der ein ganzes Paket auf meistens Modulebene, das ist in sich abgeschlossen und das bekommt er. Aber weil die Komplexität niedriger ist, geht das. Wie beim Föhn. Das kann er noch schaffen.“ Die Auswirkungen der hohen Arbeitsteilung kamen vor allem bei Durchführung der Fremdvergabe zum Vorschein. Aufgrund des reziproken Austauschverhältnisses von Auftraggeber und -nehmer, nahmen Mitarbeiter des OEM abwechselnd sowohl die Rolle des Auftraggebers als auch die des Auftragnehmers ein. Demzufolge hatten interne OEM-Mitarbeiter den Anweisungen des Partners Folge zu leisten. Auch für Fehl- und Minderleistungen mussten die OEM-Mitarbeiter ihre Rolle als Auftragnehmer gerecht werden und Leistungen gemäß der Anforderungen des Partners bereit stellen. Dieses Rollenverständnis stimmte nicht mit der ursprünglichen Rolle der OEM-Mitarbeiter als Weisungs- und Steuerungsbefugter gegenüber dem Partner überein und sorgte anfänglich für Verwirrung. Projektverantwortliche formulierten den dargestellten Sachverhalt wie folgt: „Der Rollenwechsel hat gut funktioniert, aber es war ein gewaltiger Kultursprung. Das war eine Herausforderung dieses Projektes, welches durch die Prozessverantwortlichen gelöst werden musste. Hier musste ab und zu auch Streit geschlichtet werden, wenn es darum ging, dass OEM-Mitarbeiter gesagt haben, sie hätten gerade keine Zeit, etc. PartnerA sagte aber ihr müsst. Das Ganze war natürlich nicht konfliktfrei, aber es hat funktioniert.“ “The contract said clearly, we were reliable for the vehicle. So, if something happened on the street, PartnerB would go in front of the court. Right? The contract was signed with OEM and
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we delivered our services. Lots of departments of OEM were involved but they were always working under our responsibility, because we had to give the vehicle to OEM.” Zudem erschwerte die Arbeitsteilung eine eindeutige Identifikation von Verantwortlichen für Fehl- oder Minderleistungen. Als Ursachen für die nicht anforderungsgerechte Erbringung von Leistungen wurden gegenseitige Abhängigkeiten im Terminplan, mangelnde Kommunikation oder unzureichende Beschreibung des Leistungsprofils angeführt. Diskussionen zwischen OEM und Partner zur Identifikation von Ursache und Verursacher der Fehl- oder Minderleistung führten zu Diskussionen. Schließlich stand der Partner als Generalunternehmer in der alleinigen Verantwortung, alle Leistungen zu einem Gesamtergebnis zu integrieren und dem OEM termingerecht zu liefern. Durch die Mitwirkung des OEM in der Leistungserstellung sah sich der Partner in seinem Handlungsspielraum zur gesamthaften Leistungserbringung eingeschränkt. Während in FremdvergabeI und II die arbeitsteilige Leistungserstellung die oben beschriebenen Problemstellungen auftraten, war FremdvergabeIII davon seltener betroffen. Die hohe Komplexität des Fahrzeugmodells und die Abbildung markenspezifischer Merkmale bedingten in den ersten beiden Fällen den häufigen Einsatz von OEM-Mitarbeitern. Die geringe Produktkomplexität und der überschaubare Fremdvergabeumfang in der dritten Fallstudie, ermöglichte ein fast vollkommen in sich abgeschlossenes Fremdvergabepaket ohne große Mitwirkung des OEM. Dies bestätigt auch die Erkenntnis von Dillmann (1996), der den Grad der Standardisierung mit der Spezifität der Leistung vergleicht. Laut Dillmann (1996) entstehen durch die Standardisierung von Leistungen für den Partner Kosten, z.B. durch den Informationstransfer zwischen den Partnern. Demzufolge entstehen für beide Akteure erhöhte Transformationskosten, wenn die Leistungen eine hohe Spezifität aufweist. Letztendlich zeigen die Fallstudien, dass eine Leistungsaufteilung zwischen Auftraggeber und -nehmer vertraglich zwar fixiert werden kann, aber die Übernahme der Gesamtverantwortung des Partners als Generalunternehmer durch die Leistungsbereitstellung des OEM eingeschränkt wird. Leistungserstellung und Verantwortungsübernahme stehen in einem engen Verhältnis. Die Leistungsformulierung und -verteilung zwischen OEM und Partner muss unter dem Aspekt der maximalen Verantwortungsübernahme seitens des Auftragnehmers ausgestaltet werden. Dabei sind unternehmensübergreifende Schnittstellen zu vermeiden und möglichst in sich gekapselte Leistungen sind an den Auftragnehmer auszulagern. Zudem ist die Standardisierung von Leistungen nach Dittrich/Braun (2004) eine notwendige Bedingung dafür, dass die Fremdvergabeumfänge ganz oder teilweise an externe Dienstleister ausgelagert werden können. Des Weiteren sind in Hinblick auf Leistungen wie Integration Gesamtfahrzeug Schnittstellen zu unternehmenskritischen Prozessen unvermeidbar. Hierbei müssen Kernprozesse des Auftraggebers teilweise offen gelegt werden. Dies steht nicht im Einklang mit den Empfehlungen vieler Autoren, Leistungen von Kernprozessen nicht auszulagern (Nettesheim/Grebe/Kottmann 2003, 25; Beer 1998, Mayer/Söbbing 2004, 31). Anforderung 5/1: Ausgestaltung von Leistung/Verantwortung Die Methode soll die Ausgestaltung der Leistungsverteilung zwischen OEM und Partner vor dem Hintergrund der maximalen Verantwortungsübernahme durch den Auftragnehmer berücksichtigen.
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4.3.5 Untersuchung des Merkmals „Prozesse“ Im Fokus der Analyse des Merkmals „Prozesse“ steht die Untersuchung der gemeinsamen Prozesslandschaften von OEM und Partner. Fragen nach der Ausgestaltung der Prozessmodelle, nach den Gründen für Prozessverflechtungen und die Folgen von Prozesstransformationen werden beantwortet. 4.3.5.1 Ausgestaltung der Prozesslandschaft Die gemeinsame Prozesslandschaft wurde während der Anbahnungs- und Implementierungsphase entworfen. Der Schwerpunkt des Prozessmodells lag je nach Fremdvergabeumfang auf den dem Produktentstehungsprozess und/oder auf den Produktionsprozessen. Der Spielraum zur Ausgestaltung der Prozessmodelle war bei allen Fallstudien unterschiedlich. Das gemeinsame Prozessmodell musste in jeder Fremdvergabe neu definiert werden. Die Prozesslandschaften von OEM und Partnern wiesen unterschiedliche Gestaltungsprinzipien auf. Lediglich die Prozesse zur Erstellung von OEM-Kerneigenleistungen waren fest vorgegeben. Insbesondere Prozesse wie Produktdaten-Management, Änderungsmanagement und Primärbedarfsentwicklung wiesen unterschiedliche Vorgehensweisen auf. Um die bestmögliche Verbindung beider Prozesswelten zu unterstützen, setzte man auf eine offene Kommunikation. Die Offenlegung der Prozesse stärkte das gegenseitige Vertrauen. Zur Klärung der gemeinsamen Prozesslandschaft wurde eine Prozessdokumentation benötigt. Die Prozesslandschaft wurde auf Ebene Geschäftsprozesse aufgeführt, während kritische Prozesse bis auf Aktivitätenebene detailliert dokumentiert wurden. In allen Fallstudien war die Leistungs- und Verantwortungsverteilung zwischen OEM und Partner für das unternehmensübergreifende Prozessmodell ausschlaggebend. Da eine Leistung als Ergebnis eines Prozesses gesehen wurde, bestand zwischen Leistung und Prozess ein enger Zusammenhang. Analog dem Grad der Arbeitsteilung zur Leistungserstellung wies auch die Prozesslandschaft einen entsprechenden Verflechtungsgrad auf. Dementsprechend waren die Prozesse von OEM und Partner in FallstudieI und II im Gegensatz zur FallstudieIII eng miteinander verflochten. In allen Fallstudien bestand die gemeinsame Prozesslandschaft aus einer Mischung aus - Prozessen des OEM, - Prozessen des Partners, - Prozessen des OEM beim Partner, - Prozessen des Partners beim OEM oder - gemeinsam definierten Prozessen. Der Zusammenhang von Leistungserstellung und Prozessdurchführung war eindeutig. Somit erbrachte und verantwortete derjenige die Leistung, der auch den Prozess zur Leistungserstellung durchführte. Im Gegensatz dazu, ließ sich kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Prozessdurchführung und Prozessdefinition feststellen. Das bedeutet, dass nicht jeder Prozess von demjenigen durchgeführt wurde, der den Prozess auch ursprünglich definierte. Folgende Zusammenhänge zwischen Prozessdurchführung und -definition wurden identifiziert und werden mit Beispielen belegt: - Prozessdefinition und -durchführung durch den Partner: PartnerA definierte und führte den Prozess zur Integration der Entwicklungsleistung in seine Produktionsstätte (Produktionstechnische Integration) durch. - Prozessdefinition und -durchführung durch den OEM: Sowohl in FremdvergabeI, II als auch III erstellten OEM-Mitarbeiter die Kerneigenleistungen in OEM-eigenen Prozessen.
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Prozessdefinition durch den OEM und Prozessdurchführung durch den Partner: In FallstudieII wurden OEM-Prozesse für Änderungsmanagement, Freigabe und Qualitätssicherung bei PartnerB eingeführt. Prozesse, wie Prototypenbau oder Versuchsabsicherung, unterlagen dem Einfluss von OEM-Vorgaben. Auch Konstruktionsprozesse wurden durch Vorgaben zur Handhabung der CAD-Systeme durch den OEM beeinflusst. Gemeinsame Prozessdefinition und gemeinsame Prozessdurchführung: In FallstudieII bedingte die Gesamtintegration des Fahrzeugs Konstruktionsdaten von OEM und PartnerB.
In den FallstudienI und II umfassten die Prozessmodelle vor allem OEM-Prozesse, die beim Partner abgebildet wurden. Im Gegensatz hierzu spielten Partner-Prozesse beim OEM eine untergeordnete Rolle. Auch kamen parallelisierte Prozesse in den jeweiligen OEM- und Partner-Prozessen mit anschließender Leistungsintegration mittels Prozessschnittstellen eingeschränkt zum Einsatz. Dagegen arbeitete PartnerC in FallstudieIII fast vollständig in seinen eigenen Prozessen. Transformierte OEM-Prozesse sowie Prozessschnittstellen zwischen PartnerC und OEM kamen eingeschränkt zum Einsatz. „Wir hatten zwar ursprünglich mal gesagt, eventuell können wir Prozesse vom Partner nutzen, aber wenn der Partner keine Prozesse hat, oder welche, die wir nicht akzeptieren können, dann bekommt dieser Partner unseren Prozess. […] PartnerA hatte viele eigene Prozesse, hat aber dann trotzdem nach langen Diskussionen unsere Prozesse übernehmen wollen bzw. müssen. Zum Beispiel Freigabeprozess, der Qualitätsprozess. Aber alles was funktionale Integration ist, da war er relativ stark. Da hat er seine eigenen Prozesse behalten. Auch virtuelle Integration, Themen wie Verallradung, da haben wir ihm nicht rein gesprochen. Auch Auslegung Regelsysteme und eine Entwicklung vom Partner selbst, wie ist es zu erproben, etc., in diesem Punkt hat er uns zweimal erklärt wie und warum er das macht, und dann glaubten wir es ihm. Da konnten wir ihm nicht entgegenwirken. Aber es gab auch klassische Prozessthemen, wo er seine Prozesse gerne selbst gestaltet hätte, jedoch aus Schnittstellen-AndockGründen, war es vernünftiger die Prozesse und Systeme von uns zu übernehmen.“ Bei genauer Betrachtung der Prozesslandschaften aus FallstudieI und II wird deutlich, dass der Verflechtungsgrad der unternehmensübergreifenden Prozesslandschaft im Laufe der Fremdvergabe zunahm. Im Vergleich zur anfangs definierten Prozesstransformation kamen während den Phasen Implementierung und Durchführung zusätzliche OEM-Prozesse bei den Partnern zum Einsatz. Welche Faktoren die Prozesstransformation und -verflechtung förderten und welche Folgeeffekte sich für die Fremdvergabe daraus ergaben, wird in den nachfolgenden Abschnitten erläutert.
4.3.5.2 Gründe der Prozesstransformation 4.3.5.2.1 Sicherstellung der Integrität der Wertschöpfungskette Die Wertschöpfungskette von Konzept über Entwicklung, Produktion bis zum Vertrieb musste in allen drei Fallstudien von OEM und Partner gemeinsam gestaltet werden. Die Durchgängigkeit und Integrität der Geschäftsprozesse, inklusive ihrer Sub-Prozesse galt es zu gewährleisten. Angesichts der engen Verzahnung und der Anzahl an Abhängigkeiten zwischen den
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Geschäftsprozessschritten erwies sich vor allem die Ausgestaltung der Prozessübergänge zwischen Konzept/Serienentwicklung, Serienentwicklung/-produktion und Serienproduktion/Vertrieb als herausfordernd. Prozessübergang Konzept - Serienentwicklung Bei Betrachtung der FallstudienI und II stellt sich der Übergang von Konzept (Verantwortung OEM) und Serienentwicklung (Verantwortung Partner) zur Sicherung der Integrität der Wertschöpfungskette als wichtig für den weiteren Verlauf der Fremdvergabe dar. Beide Fälle zeigen, dass die Einhaltung von gemeinsam vereinbarten Meilensteinen sowohl für die Konzeptübergabe als auch im Laufe des Entwicklungsprozesses für eine reibungslose Zusammenarbeit unabdingbar ist. Im Falle der internen Leistungserstellung von Konzept und Serienentwicklung sah der OEMinterne Prozess vor, dass zum Ende der Konzeptphase das finale Fahrzeugkonzept vorzuliegen hatte. Zusatzaufwände durch Verzögerungen von Synchronisationspunkten beim Übergang in die Serienentwicklung oder Aufwände in der Serienentwicklung aufgrund nachträglicher Konzeptänderungen wurden mittels kurzer Kommunikationswege über institutionalisierte Prozesse hinweg kompensiert. Die Kosten der Verzögerung bzw. der Änderungen wurden unternehmensintern getragen. Im Falle der Auslagerung der Serienentwicklung an die externen Partner war die Übergabe des Fahrzeugkonzeptes an den Partner vertraglich geregelt. Unstimmigkeiten bzw. Verzögerungen des Fahrzeugkonzeptes als Endergebnis des Konzepterstellungsprozesses des OEM verursachten Zusatzaufwände im Serienentwicklungsprozess des Partners. Im Gegenzug entstand aufgrund von fehlendem Konzeptverständnis der Partner zusätzlicher Klärungsbedarf beim Auftraggeber. Oftmals waren der Verursacher und die Ursache der Zusatzaufwände nicht eindeutig zu bestimmen, was in einigen Fällen zu Diskussionen zwischen OEM und Partner führte. Um einen reibungslosen Übergang von Konzept in die Serienentwicklung zu gewährleisten, spielte neben dem Zeitpunkt der Integration des Partners insbesondere sein Verantwortungsumfang in der Konzeptentwicklung eine wesentliche Rolle. In FallstudieII wurde der Partner mittels Dienstleistungsvertrag bereits in die Konzeptphase mit eingebunden. Obwohl der Partner beim Konzeptentwurf in einer Unterstützungsfunktion beteiligt war, kam es während der Serienentwicklung zu Rückfragen. Die Erstellung des Fahrzeugkonzeptes erfolgte nach OEM-Prozess, der vom Partner-Prozess abwich. Zusätzlich forderte ein Mitarbeiterwechsel von der Konzept- zur Serienentwicklungsphase eine mündliche Vermittlung des Fahrzeugkonzeptes. Die Übergabe des Konzeptes in den Verantwortungsbereich von PartnerB basierte größtenteils auf Erklärungen und Unterweisungen des OEM. Eine Überprüfung, inwiefern ein wirkliches Konzeptverständnis beim Partner vorlag, wurde nicht explizit vorgenommen. Mehraufwände in der Serienentwicklungsphase aufgrund von Konzeptmißverständnissen waren die Folge. Aufgrund dieser Erfahrungen entschied man sich bei nachfolgenden Fremdvergaben für eine andere Variante der Konzeptübergabe. In Nachfolgeprojekten konnte durch frühzeitige Einbindung und Ausdehnung des Verantwortungsbereiches von PartnerB in der Konzepterstellung neben Wissenstransfer auch der gewünschte Seiteneffekt der Entlastung von OEM Ressourcen erzielt werden. Zudem wurde die Anzahl an Schnittstellen zu externen Konstruktionsbüros reduziert. Folge hiervon war die schnelle und flexible Integration von neuem Wissen in den Konzepterstellungsprozess und die frühzeitige Generierung eines ganzheitlichen Konzeptverständnisses. Letztendlich konnte dadurch die Verantwortungsübernahme für das Fahrzeugkonzept seitens des Partners gesteigert werden. Das Ausmaß an defizitären Leistungen in der Entwicklung, die auf ein unvollständiges oder unstimmiges Fahrzeug-
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konzept zurückzuführen waren und zusätzlichen Kommunikations- und Koordinationsaufwand zwischen OEM und Partnern verursachten, konnte verringert werden. Prozessübergang Serienentwicklung - Serienproduktion Generell sind die Prozesse Serienentwicklung und -produktion eng miteinander verzahnt. Jede Änderung im vorgelagerten Entwicklungsprozess, beispielsweise aufgrund geänderter Materialien, geänderter gesetzlicher Anforderungen, Änderungen in den Entwicklungszielen, kann Auswirkungen auf den Nachfolgeprozess Produktion haben. Im Gegenzug beeinflussen die Produktionsvorgaben die Entwicklung. Vornehmlich Restriktionen der maschinellen Fertigung geben die Integrationsbedingungen und den Integrationszeitpunkt der Entwicklungsergebnisse in die Produktionsstätte vor. Bereits in der Konzeptphase müssen Produktionsrestriktionen berücksichtigt werden. Bei Nichtbeachtung der Produktions-anforderungen kann es zu Anpassungen in der Entwicklung oder zu Änderungen an bestehenden Produktionsmitteln führen, was beide Male mit Zusatzkosten verbunden ist. Zitate aus den Experteninterviews verdeutlichen den oben erklärten Zusammenhang wie folgt: „[…] und die Randbedingungen der Produktion aufgrund der maschinellen Verarbeitung, dass hier nicht nur Menschen stehen, die hier schrauben auf irgendwelchen Werkbänken, sondern dass dort Maschinen stehen, die im Takt laufen müssen usw. Diese Randbedingungen des Produktionskonzeptes einer maschinellen Verarbeitung sind viel härter als die Flexibilität eines Menschen in der Entwicklung, die auf Maschinen […] nicht angewiesen ist. Und ob er das nachts zusammenschraubt oder morgens, dass interessiert nicht, aber die Produktion kann nicht so einfach das Band anhalten und die Presse anhalten, um das Werkzeug auszutauschen. Das ist ja die Riesenherausforderung, und wenn ich Derivate entwickle und in einen laufenden Produktionsprozess integrieren muss, wie zum Beispiel zurzeit bei einem aktuellen Fahrzeugprojekt xy. Und wenn jetzt noch einer kommt und sagt, das Blech muss noch gemacht werden, vorne andere Motorhaube, dann sagt das Werk, komm ein andermal wieder, dann kann ich die Presse umbauen, aber bis dahin gibt es keine Änderungen. Damit fallen dann wieder Versuche runter in der Entwicklung usw. der ganze Absicherungsprozess wird dann in Frage gestellt und müssen dann für andere Lösungen für das Problem suchen. […] Das ist ein typischer Fall, dass der Partner sagt, unsere Flexibilität besteht darin, dass wir sagen, wir müssen nicht bis zu einem bestimmten Termin alle unsere Freigaben für alle Werkzeuge machen, wir machen das schön Stückchen für Stückchen und das machen wir dann von Langen nach Kurzem und so. Dann sagt das Werk, nein, ich brauch aber jetzt genau das Kurze. Dieses kleine Werkzeug, wo die Änderung nur marginal ist und schnell umgesetzt ist. Weil genau jetzt hab ich an diesem Stückchen die Chance, das Werkzeug zu integrieren. Dieser ganze Randparameter Terminierung in einer maschinellen Fertigung, ist ein knallharter Faktor.“ Die Produktionstechnische Integration (PTI) stellt den Übergang von der Serienentwicklung in die Serienproduktion sicher. Die Verantwortlichen des PTI gewährleisten, dass ein aus Fertigungssicht bereits in der Konzeptphase in sich stimmiges Gesamtfahrzeug-Konzept erstellt wird und die Ergebnisse des Entwicklungsprozesses in die Produktion und umgekehrt beachtet werden. Die PTI ist ein dynamischer, sowie kommunikations- und abstimmungs-intensiver Prozess. Zudem erfordert die PTI viel Wissen über die Produktionsprozesse. Daher wurde die PTI zur Integration der Entwicklungsergebnisse von PartnerB in die Produktion des OEM durch den OEM erbracht. Die Kosten für einen Know-how-Transfer bzw. für eine Prozesstransformation zu PartnerB wären zu hoch gewesen.
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“Yes, at that time OEM put a lot of people, it was the first time for PartnerB to integrate a vehicle into the plant and launch the plant was quite impossible for us, because it was a new world for us.” In FallstudieII verursachten die Rahmenbedingungen aus den Produktionsprozessen des OEM Rückkopplungseffekte in viele Entwicklungsprozesse, die in der Verantwortung von PartnerB lagen. Die Produktionsvorgaben hatten Auswirkungen unter anderem auf die Konstruktion, Änderungssteuerung, Absicherung geometrische/funktionale Integration, Versuchsfahrzeuge sowie auf den fertigungsgerechten Prototypenbau. Eng gekoppelt an den KonstruktionIntegrationsprozess ist der zur Bestätigung von Änderungen vorgesehene Freigabeprozess. Als Basis der Freigabe dient der Absicherungsprozess. Der Absicherungsprozess zielt auf den Ausschluss von sicherheitskritischen Defekten im Kundenfall über die Fahrzeuglebensdauer und auf die Erreichung des Gewährleistungsziels pro Fahrzeug ab. Der Prozess der Vorfreigabe, die den vorläufigen Abschluss der Konstruktionstätigkeiten bestätigt und so die Betriebsmittel- und Werkzeugbestellung für die Serie auslöst, basiert wiederum auf dem Absicherungsprozess. Abschließend erfolgt der Prozess der Produktionsfreigabe, als verbindlicher Abschluss der Entwicklung, die den Serienstand festlegt bis hin zum Einbauversuch am Band in der Produktionsstätte. Die Vorgaben aus der Produktion des OEM zogen sich durch fast alle Entwicklungsprozesse von PartnerB. Die flexible Umsetzung neuer Anforderungen aus der Produktion wurde von PartnerB aufgrund seiner Rolle als Auftragnehmer erwartet. Die Einflüsse aus der Produktion schränkten den Handlungsspielraum zur eigenständigen Leistungserstellung von PartnerB ein, da er sich zunehmend in der Prozesswelt des OEM bewegen musste. Komplexität, Umfang und Auswirkungen der Produktion von OEM auf die Entwicklung von PartnerB kamen erst im Projektverlauf vollständig zum Vorschein. Erschwerend kam die Produkt- und Integrationskomplexität hinzu, die sich in einer hohen Anzahl an Teilen, Komponenten und Systemen und einer hohen Änderungsrate wider spiegelte. Umfangreiche Eingriffe in die Prozesswelt des Partners waren die Folge. Um die Änderungen in den Partnerprozessen zu bewerkstelligen, arbeiteten je nach Fremdvergabephase von 20 bis zu 120 OEM-Mitarbeiter vor Ort bei PartnerB. Die Leistungsunterstützung durch den OEM trat im Projektverlauf vermehrt auf, was nicht mehr dem vertraglich vereinbarten Stand entsprach. Die inhärente Abhängigkeit zwischen Leistung- bzw. Verantwortungsübernahme und der prozessualen Abbildung der Leistung wurde während des Fremdvergabezyklus transparent. „In der FallstudieII hat man sich über den Prozess PTI monatelang Gedanken gemacht und irgendwann hat der Partner gesagt, nein, können wir nicht. Deswegen konnten sie auch kein Änderungswesen machen, weil ihnen das zu mühsam war, weil die ja die Änderungen durchsteuern müssen bis ans Werk, bis zur Freigabe, bis das Ding am Band ist, bis das Teil vom Lieferanten am Werk ankommt usw. Und diese Prozesskette aufrecht zu erhalten, ein Fremder, neben den kulturellen Unterschieden, der kein Mandat hat usw., erschwert das Ganze, das ist eigentlich nicht möglich. Bei der Komplexität, wir sprechen nicht von einem Föhn, wo einer ein Ersatzteil schickt und sagt, bau das mal ein und wo das nur 10 Teile sind und der Bandarbeiter aus 10 Teilen einen Föhn zusammenbaut. Da kann ich auch eine Box dahinter stellen und sagen, und morgen wird das Teil anders. Da ist die Änderung sehr schnell durch gesteuert. Aber bei einer Änderung muss ich ja alles verfolgen. Da muss ich die Freigaben machen, da muss ich die Absicherung machen, damit ich die Freigabe bekomme, dann muss ich den Versuch absichern, muss ich Line-Trials machen, muss ich ans Band gehen, das Ding einbauen, schauen, ob das funktioniert usw. Das muss ich alles tun.“
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Im Vergleich hierzu FallstudieI, in der Entwicklung und Produktion gesamthaft in der Verantwortung von PartnerA lag. Hier stand nicht die Gestaltung der Schnittstelle zwischen Entwicklung und Produktion im Fokus, sondern die Schnittstelle zwischen den Geschäftsprozessen von Produktion (PartnerA) und Vertrieb/Service (OEM). Zwar musste die korrekte Abbildung der Prozess- und Produktanforderungen in Entwicklung und Produktion laut OEMAnforderungen (z.B. fertigungstechnische Konzeptanforderungen, flexibler Orderingprozess) angestrebt werden, jedoch lag die Harmonisierung von Entwicklungs- und Produktionsprozessen alleinig in den Händen von PartnerA. Weder musste eine Integration in laufende OEM-Produktionsprozesse mit unterschiedlichen Modellen bewerkstelligt, noch Rückkopplungseffekte von OEM-Produktionsprozessen in die Entwicklungsprozesse berücksichtigt werden. In FallstudieIII konnte eine Einflussnahme durch die Randbedingungen der Produktion des Partners auf die Entwicklungsprozesse des OEM marginal festgestellt werden. Vielmehr war die Flexibilität der Produktionsprozesse des PartnerC auch vor dem Hintergrund seiner Stellung als Auftragnehmer gefordert. Dennoch wurde versucht, die Änderungen aus der Entwicklung in die Produktionsprozesse des PartnerC gering zu halten, und das selbständige Arbeiten von PartnerC in seinen eigenen Produktionsprozessen wurde unterstützt. Als Voraussetzung galt der Freeze der Stückliste zu einem fixen Zeitpunkt, der nachträgliche Änderungen nur noch vereinzelt bei beidseitigem Einverständnis zuließ. Lediglich verzögerte sich durch eine verspätete Einbindung der PTI-Verantwortlichen in die Konzept- und Entwicklungsphase der Zeitraum für endgültige Abstimmung des Prozesses um circa zwei Monate, was aber keine Auswirkungen auf den Gesamtzeitplan des Fahrzeugprojektes hatte. Im Gegensatz zu einer unternehmensinternen Produktion hätte der Zeitpunkt der Einbindung der Prozessverantwortlichen der PTI ausgereicht. In diesem Fall kam neben der eigentlichen Prozessdurchführung zusätzlicher Zeitbedarf zur Klärung von Themen der gemeinsamen Prozessgestaltung, als auch für den Prozess zur Teamfindung hinzu. Prozessübergang Serienproduktion - Vertrieb In FallstudieI kam es durch die Schnittstelle Produktion (PartnerA) und Vertrieb/Service (OEM) aufgrund des so genannten flexiblen Orderingprozesses des OEM zu Verlagerungen von OEM-Prozessen zu PartnerA. Der flexible Orderingprozess ermöglichte dem Kunden, noch in den letzten Tagen vor Produktion seines Wunschfahrzeugs seine Präferenzen online zu ändern. Nach Überprüfung des Liefertermins teilte das Online-Ordering-System des OEM nach wenigen Sekunden mit, wann das Fahrzeug in der gewünschten Ausstattung bei PartnerA gebaut werden konnte. Anschließend wurde ein Platz im Produktionsprozess reserviert und die Fertigungslogistik bei PartnerA informiert. Ziel war die termingetreue Produktion und Lieferung des Fahrzeugs. Diese Kundenorientierung konnte nur durch eine Optimierung der Prozesse von der Kundenbestellung, der Produktion, der Einbindung der Lieferanten, der Verteilung an das Händlernetz bis hin zur Fahrzeugübergabe ermöglicht werden. Der flexible Orderingprozesses galt als Prozessspezifität des OEM und war ursprünglich nicht in den Produktionsprozessen des PartnerA vorzufinden. Das Zusammenspiel zwischen Produktion/Logistik des Partners und Vertrieb des OEM war so zu gestalten, dass jedes individuell gefertigte Wunschfahrzeug zum vereinbarten Zeitpunkt ausgeliefert werden konnte. Erzielt wurden die termingerechten Auslieferungen mittels schneller Produktionsabläufe, stabiler Produktionssequenzen und exakter Lieferantensteuerungs- und Materialplanungsprozesse. Als Voraussetzung hierfür galt eine hohe Qualität der Primär- und Sekundärbedarfsrechnung. Da diese eng mit den Ordering- und Planungssystemen beim Vertrieb des OEM verknüpft waren,
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kam nicht nur der flexible Orderingprozess des OEM bei PartnerA zum Einsatz, sondern zusätzliche vor- und nachgelagerter OEM-Prozesse. Erst durch die Auslieferung des Fahrzeugs ging es in das Eigentum des Auftraggebers über, der gegenüber Kunden und Zulassungsbehörden als offizieller Hersteller galt. Da der OEM die Vertriebs- und Serviceaufgaben übernahm, führte er die weiteren Schritte bis zur Übergabe des Fahrzeugs an einen Kunden in eigener Regie und mit eigenen Mitarbeitern in den Auslieferungs- und Servicezentren durch. Traten bei der Abnahme Beanstandungen oder Unklarheiten auf, musste der OEM schnell Kontakt zu PartnerA aufnehmen, um Maßnahmen zur Behebung des Mangels einzufordern. 4.3.5.2.2 Strategische Gründe In FallstudieI und II wurde seitens OEM die strategische Option, Nachfolgemodelle mittels interner Ressourcen oder durch andere Anbieter zu realisieren, in Erwägung gezogen. Den Vorbehalt, die Vergabe von Entwicklung oder Produktion von Nachfolgemodellen flexibel zu handhaben, beeinflusste Prozesse, wie die Konstruktion, Freigabe- und Änderungsmanagement, Versuchsabsicherung und das Projektmanagement von PartnerA und PartnerB. Die Anforderung erforderte vollständige Kopien der Ergebnisse zu definierten Zeitpunkten vom Partner zum OEM. Die Daten mussten in ausreichendem Qualitätszustand in der OEMSystemumgebung zur Verwendung für Nachfolgeprodukte zur Verfügung stehen. Des Weiteren gab der OEM in Entwicklung und Produktion einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zur Qualitätssteigerung vor, um den Verkauf von hochqualitativen Produkten im Sinne seiner Marken- und Produktstrategie sicherzustellen. Bei Folgeprodukten wurde auf den Ergebnissen, z.B. Stücklisten, Versuchsberichte oder Konstruktionsumfänge der Vorgängerprodukte zurückgegriffen. Somit konnte auf den Erfahrungswerten vorhergehender Fahrzeugprojekte aufgebaut und die Prozesse kontinuierlich verbessert werden. Die Ergebnisse der Prozessschritte beim Partner mussten daher in Datenqualität und -format des OEM vorliegen, damit eine vollständige Integration geometrischer und administrativer Informationen zu definierten Übergabezeitpunkten in den OEM-Datenbestand gewährleistet werden konnte. 4.3.5.2.3 Vertrauen In FallstudienI und II lässt sich der Faktor Vertrauen in den Partner als weiterer Auslöser für die breit gefächerte Verlagerung von OEM-Prozessen zum Partner anführen. Obwohl die Abbildung OEM-spezifischer Prozesse und markenspezifischer Merkmale von den Partnern zugesichert wurde, wurde anfänglich den Partnern eine Leistungsbereitstellung gemäß dem OEM-Standard nicht zugetraut. Beispielsweise galt die Gesamtfahrzeugintegration als kritischer Prozess, der auf einem langjährigen Erfahrungsschatz des OEM beruhte. Hier wurde eine gleichwertige Bereitstellung der Leistung durch die Partner anfangs angezweifelt. Sydow (1995) erklärt das mangelnde Vertrauen damit, dass Vertrauen dann erst entsteht, wenn die Partner von den Kompetenzen des anderen, z.B. Wissen über Gesamtfahrzeug-integration, überzeugt sind. Auch besteht in der Literatur Einigkeit darüber, dass sich Vertrauen durch positive Erfahrungen im Laufe der Partnerschaft entwickelt (Zentes/Swoboda/Morschett 2003b). Da es in FallstudieI und II das erste Mal in der Geschichte des OEM war, Entwicklungs- und/oder Produktionsleistungen diesen Umfangs und dieser Komplexität auszulagern, lagen keinerlei Erfahrungen vor. Zudem konnten auf Erfahrungsberichte über ähnliche Fremdvergaben bei anderen OEMs nicht zurückgegriffen werden. Verantwortliche aus der FallstudieI und II sahen die Problematik folgendermaßen:
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“Mit dieser Situation hatten viele Fachbereiche Probleme, denn es ist ein einfaches, eine singulär betrachtete Achse zu beschreiben bzw. zu optimieren, aber im Zusammenhang mit Gesamtfahrzeug, und den beschriebenen Parametern, ist dies schwierig. Im Gesamtfahrzeug kommen alle Parameter zueinander, wie z.B. das knackige Fahrwerk, Aerodynamik, Akustik, etc. […] Nun haben die diese erstmals vergeben. Alle haben gesagt, das wird nicht funktionieren. Der PartnerA weiß doch nicht, was wir wollen. Es gab große Widerstände der Integrationsfachbereiche gegenüber einer solchen Fremdvergabe, nach dem Motto Marken-Name steht drauf, dann muss auch Marken-Name drin sein. Das war extrem politisch.“ “Critical success factors were for sure the trust, there was a board achievement to come to PartnerB but nobody knew PartnerB if he was able to do it. So there was a trust for sure. It was critical at the beginning. Then there was the confidence. It was not, that OEM had no confidence. It was difficult for us to explain them that they can have confidence in us.” „Das war die allererste Kooperation in der Form, dass man natürlich auch gesagt hat, wenn wir hier schon so einen Umfang raus geben, dann wenigstens mit unseren Prozessen. Dann kann ich wenigstens noch nachvollziehen, was der Partner so macht. Das ist ein ganz massiver Effekt gewesen, der damit rein gespielt hat.“ Durch die Transformation von OEM-Prozessen zum Partner, erhoffte man sich ein qualitativ gleichwertiges Prozessergebnis wie im Falle der internen Leistungserstellung. Eine Auslagerung von OEM-Prozessen sicherte folglich die Nachvollziehbarkeit der Prozessergebnisse im Sinne der geforderten Leistungserstellung seitens OEM. Zusätzlich wurde zur Überprüfung der Arbeitsfortschritte ein striktes kontinuierliches Monitoring mit regelmäßiger Berichtserstattung während des gesamten Fremdvergabezyklus institutionalisiert. 4.3.5.2.4 OEM-Unternehmenskultur Auch Verhaltensweisen, Normen und Werte der OEM-Unternehmenskultur manifestierten sich in den unternehmensübergreifenden Prozesslandschaften der Fremdvergaben und gilt als Ursache für die Transformation von OEM-Prozessen zum Partner. Beispielsweise fordert die Marken- und Produktphilosophie des OEM die Bereitstellung von qualitativ hochwertigen Produkten für den Markt. Dieses Anspruchsdenken äußerte sich in den Fremdvergaben in der Durchführung der Test- und Absicherungsprozesse. Laut Gesetz sind Bruchsicherheitstests an der Türverkleidung bei minus 20°C durchzuführen. Gemäß OEM-Maßstab gingen die qualitativen Anforderungen weiter und forderten einen Bruchsicherheitstest bei minus 40°C. Obwohl die Prozesse der Partner die gesetzlichen Vorgaben berücksichtigt hätten und somit kostengünstiger gewesen wären, wurde auf OEM-Prozesse zurückgegriffen. Generell wiesen die OEM-Mitarbeiter eine hohe Verbundenheit zum Unternehmen und zum Produkt auf. Im Laufe der Jahre entwickelten die Mitarbeiter eine Emotionalität mit dem Produkt. „Man kann die Ausprägungen der Vernetzung immer stärker ausbilden, je nachdem wie die Kultur der Firma ist. Wir neigen immer dazu, alles noch mal dichter und perfekter und was weiß ich, alles zu machen. Das ist dann wieder der kulturelle Aspekt, der diese Ausprägung verstärken kann und natürlich mit der Emotionalität der Produkte, und die Identifikation der Mitarbeiter usw. natürlich das alles was zu tun hat. Das ist dann aber nur noch eine Art Farbe auf das Grundgerüst.“
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Um den drohenden Kontrollverlust eines emotional wichtigen Produktes entgegenzuwirken, wurden neben den Monitoring- und Reportingmaßnahmen auf bekannte OEM-Prozesse in den Fremdvergaben zurückgegriffen. Um die Nachvollziehbarkeit der Art und Weise der Leistungserstellung sicher zu stellen, kamen OEM-Prozesse beim Partner zum Einsatz. 4.3.5.2.5 Endverantwortung OEM In allen drei Fallstudien trug die Endverantwortung der Fremdvergaben der OEM. Da die Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebsprozesse zeitlich eng gekoppelt sind, galt es in allen Fallstudien, den Start of Production (SOP) (FallstudieII) oder den Auslieferungs-zeitpunkt (FallstudieI und III) nicht zu gefährden. Verspätungen bei der Fahrzeugauslieferung oder die Verschiebung des Fahrzeugübergabetermins beim Kunden fallen primär auf den OEM zurück. Auf der anderen Seite sind Produkthaftungen bei Rückrufaktionen der Hersteller mit großen Kosten verbunden und können dem Lieferanten schnell zum Verhängnis werden (Wildemann 2004b, 6f). Mögliche Ursachen für Verzögerungen mussten daher frühzeitig im Verlauf der Fremdvergaben entdeckt werden, um die Auswirkungen auf nachgelagerte Prozesse zu vermeiden. Die Identifikation von Defiziten in der Leistungserstellung wurde für den OEM durch den Einsatz bekannter Prozesse erleichtert. 4.3.5.2.6 Komplexität Die Ausgestaltung des unternehmensübergreifenden Prozessmodells in FallstudieI und II steht in enger Verbindung zur Produkt- und Projektkomplexität. Folgendes Zitat erklärt den Zusammenhang Produkt- und Projektkomplexität und Prozessmodellausgestaltung: „Ich glaube, dass mit zunehmender Komplexität der Leistung, die zu erwarten ist, auch angesichts der Integration bei Fahrzeugen, für mich ein Zusammenhang besteht. […] Und da wir ja Autos bauen und die Produkte. Das hängt mit mehreren Parametern zusammen: Produktkomplexität, Integrationskomplexität, ja und Prozess- und Informationskomplexität sind dann die Resultate daraus. Aber wenn man mal die Zusammenhänge da mal aufzeigen könnte, dass z.B. ein Föhn oder ein Rasierapparat, weil hier die Produktkomplexität wesentlich niedriger ist. Das heißt hier kann ich die Integrationsverantwortung nach oben schieben, weil die Produktkomplexität einfach ist. Daraus ergeben sich aber die Implikationen.“ Die Fahrzeugmodelle in beiden Fällen waren durch eine hohe Gesamtzahl an Teilen, Varianten und einen hohen Technologiegehalt geprägt. Viele Fahrzeugthemen wie spezifische Motoren- und Antriebsentwicklung, hoher Elektrik/Elektronik-Anteil, hohe Qualitätsziele, gewichtsreduzierende Bauteilmaßnahmen erhöhten die Komplexität der Fahrzeugprojekte. Daraus bedingte sich neben der Änderungshäufigkeit eine hohe Produkt- und Integrationskomplexität, die sich wiederum in einem erhöhtem Koordinations- und Kommunikationsaufwand zwischen den Prozessteilnehmern äußerte. Vor allem verursachte die Abbildung der Variantenvielfalt prozessuale Eingriffe in der Prozesslandschaft. Im Sinne der individuellen Großserienfertigung bietet der OEM dem Kunden eine große Anzahl wählbarer Sonderausstattungen, länderspezifischer Ausstattungen, etc. an. In FallstudieI und II kam nahezu die ganze OEM-Bandbreite an Varianten zum Einsatz. Beide Male hatte diese Anforderung nicht nur auf den Variantenmanagementprozess des Partners Auswirkungen, sondern beeinflusste zusätzliche Prozesse, wie Entwicklung, Absicherung, Freigabe- und Änderungsmanagement und Materialplanung.
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Auch die Anwendung von Plattform-, Baukasten- oder Gleichteilprinzipen , die in der Automobilindustrie bei allen OEMs zunehmende Tendenzen aufweisen, erhöht die Komplexität der Prozesslandschaft. So führte in FallstudieI und II das Baukastenprinzip dazu, dass die Partner auf Teile aus dem OEM-Baukasten zurückgreifen mussten. Daraus ergaben sich Auswirkungen auf den Konstruktions-, Absicherung-, Freigabe- und Änderungsprozess der Partner.
OEM Änderungsmanagement
FB
FB
Lieferant Änderungsmanagement
SubLieferanten
FP
L1
L2
FP
FB
L3 FP
IT-Schnittstelle
L3
Broker
FP
Fachbereich
Sublieferant
Änderungsmanager
FP
Fahrzeugprojekt
Abb. 29: Synchronisation im Fall Plattform-, Baukasten- bzw. Gleichteileprinzip (Quelle: Eigene Darstellung) Jede Änderung im Teileumfang der Fremdvergabe musste vom OEM hinsichtlich Querbezüge und Änderungsrisiko für den Baukastenumfang und vice versa überprüft werden (siehe Abb. 29). Angesichts der Änderungshäufigkeit sahen sich Verantwortliche mit einem hohen Arbeitsaufkommen konfrontiert. Sowohl OEM als auch Partner mussten zu jeder Zeit über ein vollständiges Bild und einen klaren Stand über den Freigabestatus der Teile aus dem Baukastenumfang verfügen. Dies konnte nur durch die permanente und synchrone Bereitstellung an aktuellen vollständigen geometrischen und administrativen Informationen gewährleistet werden. In FallstudieII kam hinzu, dass die Entwicklungsleistung an vier verschiedenen Standorten im europäischen Raum erbracht wurde. Die Verteilung des Fahrzeugprojektes auf vier Standorte erschwerte die Projektarbeit aufgrund Entfernung, Kommunikationshäufigkeit und Informationsverlust. Aufgrund der hohen Dispersion der Fremdvergabe kamen neben nationalen Kultur- und Mentalitätsunterschieden primär unternehmensspezifische Eigenheiten zum Aus22 Zur Differenzierung von Plattform-/Baukastenprinzip und Gleichteil- und Synergieteilestrategie sowie Beispiele zu deren Anwendung in der Praxis siehe Kapitel 2.
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druck, was insbesondere während der operativen Durchführung der Fremdvergabe zum Vorschein kam. Im Vergleich zu den FallstudienI und II gestaltete sich das Prozessmodell von FremdvergabeIII weniger komplex. Hier wurde versucht, die Produkt- und Projektkomplexität bis auf ein Minimum zu reduzieren. Beispielsweise wurde die Variantenvielfalt inklusive Sonderausstattungen, länderspezifische Ausstattungen auf sieben Varianten eingegrenzt. Auch hielten sich die Abhängigkeiten zum OEM-Baukasten in Grenzen. Zudem einigte man sich auf eine limitierte Auflage von 2000 Stück für einen vordefinierten Kundenkreis. Die Prämisse des flexiblen Orderingprozesses, der es dem Kunden erlaubt, seine Fahrzeugwünsche noch innerhalb weniger Tage vor endgültiger Auslieferung an den Händler zu ändern, wurde ausgehebelt. Zudem verpflichtete sich der OEM Änderungen in Konzept und Entwicklung mit Auswirkungen auf die Produktionsprozesse von PartnerC zu vermeiden. Die Projektverantwortlichen sprachen sich für eine schlanke Ausgestaltung der Projektstruktur aus. Für jeden Prozess, z.B. Logistik, Qualitätssicherung, Controlling, gab es einen Hauptverantwortlichen. Ansonsten war die Zusammenarbeit im Projekt gekennzeichnet durch kleine Teams, einen persönlichen Kommunikationsstil und kurze Kommunikationswege. 4.3.5.3 Folgen der Prozesstransformation Die Auslagerung von OEM-Prozessen zum Partner brachte viele strukturelle und prozessuale Veränderungen mit sich. In FallstudieI und II mussten transformierte Prozesse modifiziert und an die Organisation der Partner angepasst werden. Im Gegenzug hatte sich die Organisation des Partners auf die Belange der Prozesstransformation einzustellen. Beispielsweise übernahmen sowohl PartnerA als auch PartnerB die sogenannte Modulstruktur des OEM. Die Modulstruktur ermöglichte die Strukturierung eines Fahrzeugprojektes anhand der Disaggregationsebene Modul nach dem funktionalen Aufbau des Fahrzeugs. Als OEM-unternehmensweiter Standard implizierte die Modulstruktur eine einheitliche Organisations- und Reportingstruktur für Fahrzeugprojekte. Die Abbildung der Modulstruktur bei Partnern gewährleistete die Nachvollziehbarkeit der Leistungserstellung beim Partner. Zudem konnten die Partner die Arbeitsweise des OEM besser verstehen und in OEM-bekannten Strukturen kommunizieren. Aufgrund der prozessualen und strukturellen Gegebenheiten musste die Modulstruktur neu eingeteilt werden. Die OEM-Modulstruktur beinhaltete viele Experten für ein spezielles Thema während der Partner wenige Generalisten für viele Themen vorsah. Die identische Abbildung der OEM-Modulstruktur beim Partner kam nicht in Frage, da dies aufgrund der im Verhältnis zum OEM geringen Mitarbeiterzahl nicht möglich war. Daher mussten Module zusammengefasst und von wenigen Ansprechpartnern verantwortet werden. In FallstudieII kam die organisatorische Abbildung der Schnittstellen zwischen der Entwicklung des Partners und der Produktion des OEM zum Tragen. Um eine klare Kommunikation zwischen den Prozessen Entwicklung und Produktion zu sichern, war jedem Entwicklungsmodul ein Verantwortlicher zugeteilt, der ein entsprechendes Pendant in der Produktion hat. Die Organisationsstruktur im Entwicklungsbereich des Partners musste mit der Organisationsstruktur im Produktionsbereich des OEM kompatibel gestaltet werden. „Beim PartnerB haben wir es geschafft, in der Fremdvergabe mal zu sagen, naja, fassen wir das Frontend mal zusammen und generieren ein Modul Frontend, was es im Unternehmen nicht gibt. Ein Modul Frontend, das gab ja Irritationen im Werk. Die komplette Organisation im Werk, die das Frontend herstellt, die besteht nicht aus einem Frontendmann. Wie hier in
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der Entwicklung, der spricht mit sechs, sieben Leuten. Die einen sind verantwortlich für die Lichter, die anderen für die Motorhaube, die anderen für die Stoßfänger, die für die ganzen Unterbauten. Auch für die Fremdvergabe mit PartnerB war es vorteilhaft, da die auch nur einen Frontendmann haben. Da hätte sonst einer auf sieben verschiedenen Modulsitzungen kommen müssen. Also dahinter steckt ja nicht nur ein Modul Das ist ja auch mit Meetings verbunden, mit Aufwand verbunden, mit Abstimmung und Verantwortung verbunden. So ein Modulleiter verantwortet das komplette Teil. Also das ist alles wichtig. […] Und die Prozesse lassen sich natürlich daraus ableiten. Wenn ich z.B. einen Modulmenschen für das Frontend habe, dann brauch ich keine sechs Modulmeetings, hab nur ein Modulmeeting und der Mann muss natürlich, die Prozesse so organisieren, dass er damit klar kommt und nicht in Zeitnot gerät. Das ist ja nicht nur, dass ich Rollen zusammenführe, sondern auch Arbeitsprozesse usw. hier habe.“ In FallstudieIII wurde als Organisationsstruktur für die Fremdvergabe keine Modulstruktur gewählt. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen prozessualen und strukturellen Gestaltung des Partnerwerkes verbot der gesetzte Zeit- und Kostenrahmen des Fahrzeugprojektes eine weitreichende Transformation von Prozessen und folglich umfassende Eingriffe in die Organisation des Partners. Die Umsetzung der prozessualen und strukturellen Anforderungen war durch die dezentrale Verteilung vieler OEM-Fachbereiche schwierig. Zudem galten die Flexibilität und der begrenzte Dokumentationsgrad von Entwicklungsprozessen als Hürde für eine durchgängige Transformation zum Partner. Sowohl für OEM als auch für Partner war es eine Herausforderung, neue Prozesse und Strukturen im eigenen Unternehmen zu etablieren und für die nötige Akzeptanz zu sorgen. Neue oder veränderte Prozesse und Strukturen mussten erst erlernt werden und entsprachen nicht immer den Vorstellungen einer gemeinsamen Organisation. Zudem erforderte der hohe Abstimmungsaufwand zur gemeinsamen Aufgabenbewältigung eine teamorientierte Zusammenarbeit auf allen Hierarchieebenen. Daher wurden kurze Kommunikations- und Entscheidungswege sowie regelmäßige Austauschmöglichkeiten institutionalisiert. Die Arbeitsstruktur wurde so gewählt, dass Projektleiter und Projektmitglieder gemeinsam in einem Raum saßen. OEM-Mitarbeiter, die eine Unterstützungs-, Beratungs-, Steuerungs- oder Monitoringfunktion inne hatten, saßen vor Ort beim Partner. Um die Interessen der Partner OEM-intern zu vertreten, wurden Mitarbeiter der Partner in die entsprechenden Entscheiderkreise eingebunden. Diese neue Arbeitsweise, die als Basis Teamfähigkeit und Selbstverantwortung der Mitarbeiter verlangte, galt als herausfordernd zu institutionalisieren. Organisatorische und kulturelle Unterschiede mussten im Laufe der Zeit überwunden werden. Änderungen in Struktur und Prozesse brachten in einigen Fällen Widerstände auf beiden Seiten mit sich, da in manifestierte Rollen und Rechte eingegriffen wurde. „Darin finden sich eben sechs Module, das ist eben so. Und das Werk hat dann auch gesagt, nachdem ein Partner-Mitarbeiter mit sechs Mitarbeitern aus dem Frontendmodul nicht kommunizieren kann, nicht in sechs Modulen gleichzeitig sein kann, hat plötzlich gesagt, dann bilden wir aus den sechs Modulen auch einen, […]. Da gab es viele Diskussionen, weil man nicht anders arbeiten wollte. Weil natürlich jeder Mitarbeiter seinen Vertrag hat und hier auch ein Recht hat und das ist mein Modul, und das sind meine Lampen. Der Frontendmann kann gar nicht entscheiden, ob die Lampen da richtig sind, das ist mein Verantwortungsbereich im Werk. Da gab es lange Diskussionen. Aber es hat funktioniert.“
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Der gesamte Lebenszyklus der Outsourcingprojekte unterlag ständiger Veränderungen. OEMinterne Entscheidungen aufgrund neuer Markt- und Wettbewerbsanforderungen oder interner Initiativen zur Effizienz- und Effektivitätssteigerung beeinflussten die Fremdvergaben und die Partner (siehe Abbildung 30). Original Equipment Manufacturer
Fremdvergabe
Partner
Motive für Änderungen • Kundenmarkt • Gesetze und Richtlinien • Markt und Wettbewerb • Unternehmensstrategie Produktstruktur 3URGXNWVWUXNWXU
Struktur
Motive für Änderungen • Umstrukturierung • Händlerstruktur • Lieferantenstruktur •Managementwechsel
Prozesse
Motive für Änder. • Methoden • Händlerstruktur • Lieferantenstruktur • Informationstechn.
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wechselseitige Auswirkungen
Abb. 30: Wechselwirkung von Anforderungen in Fremdvergaben (Quelle: Eigene Darstellung) Da in bereits institutionalisierte Prozesse und in eine existierende IT-Landschaft beim Partner eingegriffen wurde, wurden die Änderungen nicht immer als vorteilhaft angesehen. Darüber hinaus war der Wandlungsfähigkeit der Partnerorganisation durch partnerspezifische Rahmenbedingungen, Verpflichtungen mit anderen Auftraggebern oder organisatorischen Hindernissen Grenzen gesetzt. Zwar kam die Auslagerung von Leistung und somit von Prozessen in vielfacher Form in FallstudieI und II zum Tragen. Dennoch gab es Grenzen der Prozesstransformation. Obwohl die Verantwortung für das Änderungs- und Freigabemanagement in den Händen des PartnerB lag, wurde die Leistungserstellung von einer weiteren externen Firma, die bereits im gleichen Prozess im Hause des OEM Erfahrungen hatte, erbracht. Jede Änderung und jede Freigabe musste einwandfrei dokumentiert und abgenommen sein. Eine Koordination der Änderungen bzw. Freigaben mit vielen OEM-Fachbereichen setzte auch Wissen über die Organisationsstrukturen des OEM voraus. Für eine Prozesstransformation des Änderungs- und Freigabemanagements hätten die Projektverantwortlichen mit einem Aufwand von schätzungsweise 10 Mannjahren (entspricht 10 Mitarbeiter für den Zeitraum eines Jahres) bis Start of Production benötigt. Neben doppeltem Personalaufwand barg die Prozesstransformation Risiken zur fehlerhaften Abbildung eines kritischen Prozesses hinsichtlich Gewährleistungsthemen.
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Die Fallstudien zeigen, dass die Prozesslandschaft von OEM und Partner sowohl aus OEMProzessen, Partner-Prozessen als auch aus gemeinsamen Prozessen besteht. Die Heterogenität und der Verflechtungsgrad der Prozesslandschaft werden durch rationalökonomische und soziopolitische Faktoren beeinflusst. Die Implementierung der unternehmensübergreifenden Prozesslandschaft bedingt prozessuale und strukturelle Eingriffe sowohl auf OEM- als auch auf Partnerseite. Neben Sydow (1995) liefern Zentes/Swoboda/Morschett (2003b) und Wildemann (2004b) Gestaltungselemente und Erklärungsansätze für Outsourcingpartnerschaften. Eine Untersuchung der Auswirkungen von rationalökonomischen und soziopolitischen Einflussfaktoren auf die Gestaltung unternehmensübergreifender Prozesslandschaften wird nicht geliefert. Beer (1998, 172) und Dillmann (1996, 72) zeigen in ihren empirischen Untersuchungen den Zusammenhang zwischen Verhaltens- und Umweltunsicherheit und dem Grad des Outsourcings auf. Beide Autoren kommen zum Entschluss, dass die wachsende Unsicherheit die Erstellung von Leistungen im Unternehmen eher wahrscheinlich mache. Die Fallstudien der Arbeit zeigen auf, dass der Faktor Unsicherheit nicht die Eigenerstellung von Leistungen zur Folge hatte, sondern die Auslagerung von OEM-Prozessen zum Partner, um die Leistungen analog Eigenerstellung zu erbringen. Dennoch wird die Aussage von Beer (1998) und Dillmann (1996), dass sich mit steigender Unsicherheit auch das Ausmaß der Strukturkomplexität erhöht, bestätigt. Der Faktor Unsicherheit begünstigte unter anderem die hohe Anzahl an Prozesstransformationen zum Partner und somit die Zunahme der Strukturkomplexität. Im Gegensatz hierzu, wird die Aussage von Mellewigt (2003), dass die Dauer der Outsourcingprojekte als Indiz für ein geringes Maß an Strukturkomplexität gedeutet werden kann, nicht unterstützt. FallstudienI (6 Jahre) und FallstudieII (2,5 Jahre) weisen eine hohe Strukturkomplexität im Vergleich zur FallstudieIII mit einer kurzen Projektdauer von 6 Monaten auf. Ein Zusammenhang zwischen Strukturkomplexität und Fremdvergabedauer lässt sich nicht erkennen. Bruch (1998) deutet darauf hin, dass sich die Prozessdenkweise gegenüber der Funktionsdenkweise durchgesetzt hat. Laut seiner Aussage wird es immer schwieriger, Unternehmensfunktionen aus dem Unternehmen isoliert zu vergeben. Bruch (1998) sieht die Zukunft in der Auslagerung von Geschäftsprozessen. Dennoch wurde bis jetzt das Phänomen von Rückkopplungseffekten von OEM- Prozesse auf Partnerprozesse, sowie die Auswirkungen auf der Leistungs- und Verantwortungsseite durch den hohen Verflechtungsgrads zwischen Prozessen des Auftraggebers und -nehmers nicht dargestellt. Anforderung 5/2: Ausgestaltung der Prozesse Die Methode soll die Ausgestaltung der gemeinsamen Prozesslandschaft zwischen OEM und Partner berücksichtigen. Faktoren, die eine Prozesstransformation verursachen können und die Folgen der Prozesstransformation müssen im Vorfeld analysiert werden. 4.3.6 Untersuchung des Merkmals „Informationstechnologie“ Im folgenden Kapitel werden die Ausgestaltung der IT-Landschaften in den Fremdvergaben und die Abhängigkeiten von Prozess- und IT-Landschaften untersucht. Zudem werden neben der Rolle der IT die organisatorischen Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz der IT analysiert. In FallstudieI und II erforderte die Implementierung der unternehmensübergreifenden ITLandschaft eine umfangreiche IT-Projektorganisation. Um nach dem Motto „single face to the
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customer“, sowohl gegenüber dem eigenen Fachbereichen als auch gegenüber dem Fachbereiche und der IT der Partner gegenüber zu treten, wurde die IT im so genannten Programmbüro zusammen gefasst, für dessen Institutionalisierung die Rahmenbedingungen in der bestehenden IT-Organisation erst geschaffen werden mussten. Regelmäßige Meetings zur Überprüfung des Implementierungsfortschritts wurden abwechselnd an den Standorten beider Partner abgehalten. In einer eigens geschaffenen und unternehmensübergreifenden ITGremienstruktur konnten Entscheidungen und Eskalationen gemeinsam durchgeführt werden. Der Programmfortschritt wurde durch einheitliche Statusberichte für alle verantwortlichen ITFunktionen vermittelt. Der Terminplan der IT-Anbindung der Partner hatte sich an den Synchronisationspunkten der Entwicklungs- bzw. Produktionsphase des Fahrzeugprojektes zu orientieren. Daher kamen die IT-Systeme nicht zu einem Zeitpunkt sondern zeitlich versetzt zum Einsatz. Die Synchronisation zwischen IT-Implementierung und Entwicklungs- bzw. Produktionsprozessen wurde durch ein extra für die Fremdvergaben entwickeltes Vorgehensmodell methodisch untermauert. Als Grundlage für das Vorgehensmodell diente eine unternehmensübergreifende Prozessanalyse. Anhand der Prozessanalyse konnte auch festgestellt werden, dass aufgrund hoher Prozessabhängigkeiten eine isolierte Inbetriebnahme von Einzelsystemen nicht in Frage kam. Vielmehr wurden die Abhängigkeiten zwischen den Prozessen, den Subprozessen und den IT-Systemen sowie zur IT-Infrastruktur erkannt. Folglich mussten zusammenhängende Prozess- und IT-Bereiche zu einem bestimmten Termin zur Verfügung stehen. Beispielsweise hatte die Anforderung der Variantenvielfalt Anpassungen in der IT-Landschaft des Partners zur Folge. Die OEM Variantenvielfalt musste in den Produktdokumentationssystemen so abgebildet werden, dass die Konfiguration der Endprodukte möglich war. Zudem musste in der Materialplanung, speziell die Bruttobedarfs-Ermittlung, den Bedarf für Teile mit komplexen Logiken, z.B. Kabelbäume, ausreichend genau berechnet werden können. Die Bruttobedarfsrechnung ermittelt des Weiteren aus dem Primärbedarf des Fahrzeuges den daraus abgeleiteten Teilebedarf. Voraussetzung für die Bruttobedarfsrechnung ist eine gefüllte aktuelle Stückliste, korrekte logistische Stammdaten sowie korrekte Fahrzeugaufträge. Die Produktionssteuerung des Partners musste in der Lage sein, variantenreiche Endprodukte ausreichend nach OEM-Anforderungen zu steuern. Der Partner konnte die Anforderung Variantenvielfalt in seiner Systemlandschaft nicht ausreichend abbilden, was zur Implementierung einer Anzahl von Systemen beim Partner führte. Neben Systemen zur Produktdokumentation und zur Bedarfsrechnung mussten die notwendigen Datenquellen und die dazugehörige IT-Infrastruktur zum gewünschten Zeitpunkt produktiv sein. „Und dann das Thema Stücklistensystem. Da muss man sich wirklich überlegen, ob man das System des Partners nehmen will, oder ob man unser eigenes System ausrollt. Das ist natürlich eine Prämisse, die im Projekt schon gesetzt werden muss, weil man irgendwann immer das Problem hat, falls die Produktion im eigenen Werk stattfindet, muss man irgendwann in unsere Stücklistenwelt zurück. […] Ich brauch die Informationen über ein Bauteil so, dass ich in unserem System damit arbeiten kann. Unsere Systeme braucht man ja nicht nur zum Autobau, sondern da hängen ja z.B. auch die Vertriebssysteme, das ganze Ersatzteilgeschäft dran. Und deswegen ist es unabdingbar, dass ich diese Informationen in unsere Systemwelt wieder überführe. […] Die Stückliste ist Dreh- und Angelpunkt für alle nachgelagerten Prozesse. Zum einen aus technischer Sicht, zum anderen auch aus logistischer Sicht. Das hängt alles zusammen.“
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Die gemeinsamen IT-Landschaften in allen Fallstudien bestand aus einer Kombination aus - Systemen des OEM, - Systemen des Partners, - Systemen des OEM beim Partner oder aus - gemeinsamen Schnittstellen zwischen System OEM und System Partner. In FallstudieI wurden an die 65 Systeme des OEM vor Ort bei PartnerA implementiert und 80 Schnittstellen zwischen OEM- und Partnersystemen errichtet. Im Vergleich hierzu wurden 30 OEM-Systeme vor Ort bei PartnerB implementiert und nur zwei Schnittstellen errichtet. In FallstudieI kam neben bereits bestehenden OEM- bzw. Partner-Systemen ein speziell für die Fremdvergabe entwickeltes System zur Fahrzeugabrechnung zum Einsatz. Der OEM-interne Prozess zur Fahrzeugabrechnung musste aufgrund der Auslagerung der Produktion zu PartnerA systemseitig abgebildet werden. Neben der Berechnung der vertraglich vereinbarten Zahlungen an den Partner, musste die Fahrzeugabrechnung im Falle einer Revisionsprüfung nachvollziehbar vorliegen. In FallstudieIII kann von einer losen Kopplung beider IT-Welten mittels weniger Schnittstellen gesprochen werden. Umfangreiche Prozesstransformationen zu PartnerC wurden nicht vorgenommen. Lediglich ist ein einziges Rollout eines OEM-Systems zu PartnerC und fünf Systemschnittstellen bekannt. In vereinzelten Fällen konnten OEMSysteme aufgrund fehlender Funktionalität oder aufgrund des Implementierungsaufwands beim Partner nicht eingesetzt werden. Stattdessen kamen manuelle Work-arounds zum Einsatz. Beispielsweise war ein System zur sequenziellen Auflösung von Fahrzeugaufträgen in ihre einzelnen Teile für Lieferabrufe bei PartnerC nicht vorhanden. Das System hätte keine Auflösung von Fahrzeugen ohne direkte Zuordnung eines Werkes aus dem OEMWerkverbund zugelassen. Diese Auflösung in eine hohe Anzahl an Einzelteilen für die Lieferabrufe musste manuell ausgeführt werden. Zusätzlich wurden in allen drei Fällen Kollaborationssysteme zur Unterstützung zur Koordination und Kommunikation verwendet. OEM und Partner waren über Standleitung des Weitbereichsnetzwerkes (WAN) eines unabhängigen Providers miteinander verbunden. Über diese Netzverbindungen griffen die Mitarbeiter nicht nur auf zentrale Systeme des Unternehmens zu, sondern tauschten auch Dokumente und Systemdaten (z.B. Konstruktionsdaten, Stücklis23 ten ) zwischen den Standorten aus. Der Einsatz eines Datenaustauschservers zum Austausch gemeinsamer Dokumente sicherte die standortübergreifende Versorgung mit Dokumenten für alle Projektbeteiligten. Ansonsten fand die Abstimmung zwischen den Standorten sowohl über digitalen e-Mail-Verkehr als auch über konventionelle Medien wie Telefon oder Fax statt. Vor allem in FallstudieII wurde versucht, hohe Reisekosten aufgrund des hohen Kommunikations- und Koordinationsaufkommens zwischen den vier Hauptakteuren zu vermeiden und verwendete Tools für Video Conferencing und Application Sharing. Dennoch gehörten Reisetätigkeiten zum Arbeitsalltag der Projektbeteiligten an allen Standorten. Persönliche Treffen zur Kommunikation des Projektstatus und der erwarteten Ergebnisse sowie zur Diskussion aktueller Probleme waren für eine vertrauenswürdige Zusammenarbeit unabdingbar. Die Implementierung der IT-Landschaft war abhängig von der Ausgestaltung der Prozesslandschaft. Je nach Charakterisierung der Prozesse können technische Partnerintegrationsszenarien abgeleitet werden. Merkmale der Fremdvergabeprozesse wie Prozessdurchführung (Wer verantwortet den Prozess?) und Prozessdefinition (Wer definiert den Prozess?) (siehe Kapitel 4.3.5), Prozessinitiierung (Wer oder was triggert den Prozess?) sowie die Komplexität 23
Die Stückliste ist ein vollständiges, formal aufgebautes Verzeichnis für das Fahrzeug, das alle zugehörenden Bestandteile unter Angabe von Bezeichnung, Menge und Einheit enthält.
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der Prozesse lassen Rückschlüsse auf die Ausgestaltung der IT-Landschaft zu. Die Komplexität der Prozesse richtet sich nach der Komplexität bzw. der Größe des Datenvolumens sowie nach seiner Verbindung zu OEM-internen Prozessen. Auch die Nutzungshäufigkeit und Grad der Strukturiertheit eines Prozesses gelten als Indikator für die Art und Weise der technischen Anbindung. Je häufiger ein Prozess genutzt wurde und je strukturierter ein Prozess war, umso erstrebenswerter sahen IT-Experten eine Backend-Integration der prozessunterstützenden Systeme an. Aus den genannten Prozessmerkmalen lassen sich folgende technische Partnerintegrationsszenarien ableiten: 1.) Partnerintegrationsszenario 1: Implementierung eines OEM-Presentation-Clients beim Partner Das Partnerintegrationsszenario 1 bietet sich an, wenn die Prozessdurchführung beim Partner aber die Prozessdefinition beim OEM liegt. Die ausgelagerten Prozesse weisen eine geringe Komplexität auf. Zwischen den einzelnen Prozessaktivitäten werden keine größeren Datenmengen automatisch ausgetauscht. Es existieren wenige Schnittstellen zu OEM-internen Prozessen. Es besteht keine Integration zwischen den Anwendungen von OEM und den Anwendungen des Partners. Die Mitarbeiter können die Daten zwischen den Anwendungen nur manuell übertragen (z.B. durch Nutzung von Upload/Download-Funktionalitäten oder der Zwischenablage). Der Presentation-Client, i.d.R. als Thin-Client konfiguriert, enthält selbst keine spezifische Geschäftslogik, sondern interpretiert nur die Präsentationsdaten der Anwendung. Der Client kann in der Regel auch für Verbindungen zu anderen Anwendungen/Servern genutzt werden. Der Client enthält in der Regel keinen eigenen Zustand. D.h. es werden keine Daten auf lokalen Systemen gespeichert. 2.) Partnerintegrationsszenario 2: Implementierung eines Partner-Presentation-Clients beim OEM Das Partnerintegrationsszenario 2 mit Zugriff auf Partner-Systeme durch einen PresentationClient beim OEM entspricht dem Partneranbindungsszenario 1. Lediglich liegen die Prozessdurchführung beim OEM und die Prozessdefinition beim Partner. 3.) Partnerintegrationsszenario 3: Implementierung eines OEM-Systems beim Partner Partnerintegrationsszenario 3 erfordert die Implementierung von OEM-Systemen beim Partner. Die Prozessdurchführung liegt beim Partner während die Prozessdefinition durch den OEM vorgenommen wird. Der Prozess wird häufig durchgeführt. Die Prozesse weisen eine große interne Komplexität auf. Zwischen den einzelnen Prozessaktivitäten werden teilweise große Datenmengen ausgetauscht. Diese werden beim Partner lokal gespeichert, um lange Antwortzeiten zu vermeiden. Anwendungssysteme mit OEM-spezifischer Geschäftslogik werden beim Partner ausgerollt. Die Anwendungssysteme interagieren direkt mit den OEMAnwendungssystemen. Im einfachsten Fall erfolgt der Rollout eines Business-Clients. Ein Business-Client ist ein Client mit integrierter Geschäftslogik, welche mit der Geschäftslogik der Server-Anwendung des OEM kommuniziert. In komplexeren Szenarien erfolgt ein Rollout kompletter Infrastrukturen inklusive Integrationslösungen. 4.) Partnerintegrationsszenario 4: Implementierung von Partner-Systemen beim OEM Das Partnerintegrationsszenario 4 erfolgt analog Partneranbindungsszenario 3, jedoch mit Prozessdurchführung durch den OEM und Prozessdefinition durch den Partner. 5.) Partnerintegrationsszenario 5: Implementierung einer Schnittstelle zwischen OEM und Partner
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Hier führen Partner und OEM den Prozess durch. Die Definition des Prozesses kann durch den OEM, den Partner oder durch beide erfolgen. Zwischen den einzelnen Prozessaktivitäten werden teilweise große Datenmengen ausgetauscht. Diese müssen lokal beim Partner gespeichert werden, um lange Antwortzeiten zu vermeiden. Wiederum dürfen nur wenige Schnittstellen zu internen OEM-Prozessen existieren. Auch hier erfolgt die Datenübertragung in der Regel durch die Mitarbeiter manuell. Die Schnittstelle unterstützt jeweils die internen Geschäftsprozesse von OEM und Partner. Fachliche Geschäftsdaten werden in den OEM- und Partner-Anwendungen generiert und über die Schnittstelle bereit gestellt. 6.) Partnerintegrationsszenario 6: Implementierung von Kollaborationswerkzeugen Durch das Partnerintegrationsszenario 6 wird eine direkte unternehmensübergreifende Nutzerzu-Nutzer-Kommunikation durch die Verwendung entsprechender Clients, beispielsweise für Telefon- und Videokonferenzen oder zur Dokumenten- und Datenablage ermöglicht. Hier führen Partner und OEM den Prozess durch. Die Definition des Prozesses kann durch den OEM, den Partner oder durch beide erfolgen. Zwischen den einzelnen Prozessaktivitäten dürfen keine größeren Datenmengen ausgetauscht werden. Diese müssten dann jeweils von den Systemen des OEM über den Client geladen werden. D.h. die Komplexität der unternehmensübergreifenden Prozesse ist gering. Zudem existieren nur wenige Schnittstellen zu OEMinternen Prozessen. Der Kommunikationsprozess ist beidseitig nutzergetrieben. Jeder Austausch von Daten wird durch einen Mitarbeiter initiiert, manuell ausgelesen und weiterverarbeitet. Zum Einsatz kommen deshalb auf beiden Seiten Clients. Es besteht keine BackendIntegration zu den Systemen. Für die IT-Organisation des OEM war es ein Novum, an Fahrzeugterminplänen gemessen zu werden. Die IT des OEM stand in der Pflicht, die Systeme termingerecht zur Verfügung zu stellen. Die gemeinsame IT-Landschaft musste nicht nur in enger Abstimmung implementiert, sondern auch während des gesamten Lebenszyklus der Fremdvergabe betrieben und gewartet werden. Ab dem vereinbarten Einsatzzeitpunkt mussten sowohl die Systeme als auch die Wartung und der Betrieb zur Verfügung stehen. Die Verfügbarkeit der Systeme galt für eine reibungslose Prozessunterstützung als unabdingbar. Störungen, die die vertraglich vereinbarte Leistungserstellung der Partner beeinflusst hätten, mussten vermieden werden. In einigen Fällen brachten die Prozessanforderungen die IT-Stellen in ein Dilemma, wie am Beispiel prozessuale Abbildung der Gesamtintegration deutlich wird. Partner und OEM hatten sich in FallstudieI und II auf ein Leistungs- und Verantwortungsmodell verständigt, das die Gesamtintegration des Fahrzeugs in der Verantwortung des Partners sah. Um die Gesamtintegration zu verantworten, musste der Partner in Kerneigenleistungsprozesse des OEM eingebunden werden. Einerseits musste der Partner laut Vertrag mit ausreichend Informationen zur Leistungserstellung versorgt werden. Andererseits gab es inhaltliche Themen, wie Marktinformationen des OEM, Entwicklungsthemen, Integration, wettbewerbsdifferenzierende Informationen, welche vom Partner abgeschottet werden mussten. Schließlich sahen sich die ITStellen einer Gratwanderung zwischen Informationsbereitstellung zur vertraglich vereinbarten Leistungserstellung und Schutz wettbewerbsrelevanter Informationen. „Da stellten wir uns die Frage: Was wollen wir überhaupt? Welche Prozesse werden nicht vergeben? Was sind unsere Kernkompetenzen? Viele Fachbereiche wollten natürlich ihre Prozesse nicht outsourcen, da diese geheim waren. Gleichzeitig stellte sich die Frage, wie gestalten wir diese Fremdvergabeprozesse hinsichtlich der Schlagwörter: Know-how-Schutz, IT-Security, IT-Systeme im Allgemeinen.“
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Dennoch spielte der Daten- und Informationsschutz bei allen Fremdvergaben eine große Rolle. Beispielsweise betrug in FallstudieI das Mengengerüst an Systemnutzern in Spitzenzeiten bis zu 1000 User. Das Zulassungsmanagement auf OEM-Systeme wurde zentral gesteuert. Die zentrale Steuerung des Zulassungsmanagements für externe Mitarbeiter wurde von der Unternehmensleitung, basierend auf der einer unternehmensinternen Richtlinie für Konzernsicherheit und Informationsschutz, veranlasst. Somit wurde das Risiko reduziert, dass die Zulassungen auf OEM-Systeme dezentral vergeben wurden. Die Nachvollziehbarkeit und Korrektheit von externen Systemzugriffen auf OEM-Systeme konnte somit gewährleistet werden. In FallstudieI und II wurde die Implementierung der gemeinsamen IT-Landschaft durch die späte Einsteuerung an Anforderungen aus Leistungs- und Prozesssicht erschwert. Die große Anzahl an Leistungsschnittstellen und ihrer implizierten Komplexität brachte eine zeitliche Verzögerung der verbindlichen Definition der IT-Landschaft mit sich. „Je heterogener das Leistungsmodell in der Definition der Verantwortlichkeit für Hauptprozesse ist, desto schwieriger wird hinterher die Prozess- und damit die Systemlandschaft. Definitiv. […] Wenn ich aber klare Verantwortlichkeiten schaffe und Schnittstellen eindeutig definiere, dann kann man klar sagen, alles, was in der Verantwortung beim anderen liegt, brauche ich zunächst nicht kontrollieren. Wichtiger ist erst mal zu sagen, dass ist Input, das ist der Output, und man kann den Partner fragen, was brauchst du, um deiner Verantwortung gerecht zu werden? Was brauchst du vorne von uns, was musst du abliefern, damit wir im nächsten Schritt andocken können und welche Störparameter gibt es? Ein paar der Störgrößen schau ich mir dann genauer vom Prozess her an und was da auf mich zukommt, und natürlich welche Informationen ich im System brauche.“ Zusätzlich erschwert wurde die Arbeit der IT-Stellen durch Prozessunsicherheiten, beispielsweise der Fertigungsprozesse, die in enger Abstimmung sowohl zu vorgelagerten Prozessen wie der Produktionstechnischen Integration als auch zu nachgelagerten wie den Vertriebsprozessen stehen. Solange die Prozessgestaltung nicht geklärt war, konnten die IT-Verantwortlichen ihre Arbeit nicht aufnehmen und für die IT-Anbindung der Fremdvergabe sorgen. Zudem war der Zeit- und Kostenrahmen für die IT-Anbindung und für den IT-Betrieb der Fremdvergabe begrenzt. Somit konnten die Prozesse nicht beliebig oft variiert werden, sondern mussten frühzeitig eine gewisse Stabilität aufweisen. Prozessinstabilitäten und nachträgliche Änderungen verursachten hohe Folgekosten für die IT, insbesondere je weiter die IT- Implementierungsphase fortgeschritten war. „Der heutige Herr xy, war für das Fertigungsprogramm zuständig. Dann sind sie immer ins Strudeln gekommen, und deswegen haben wir denen frühzeitig gesagt, ihr müsst stabil sein und hier musste man frühzeitig Stabilität reinbringen mit unserem Prozess (produktionstechnische Integration), weil wir gesagt haben, wir sind so lean, und wir können nicht jede Woche die Prozesse umschmeißen.“ Da in FallstudieI das Fremdvergabeprojekt das erste seiner Art war, in dem Serienentwicklung und -produktion an einen Komplettanbieter verlagert wurde, trat das Produkt stark in den Mittelpunkt des Interesses. Die IT musste die IT-Lösungen vor dem Hintergrund der bis dato eingeschränkten Erfahrungen und kurzer Vorbereitungszeit zur Verfügung stellen. Auf fachliche Anforderungen musste die IT schnell und kompetent reagieren. Da die unternehmensübergreifende Prozesslandschaft, aus dem sich die gemeinsame IT-Landschaft ableitete, zum
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Zeitpunkt der Erstellung des Leistungs- und Verantwortungsmodells nicht umfassend definiert wurde, gestaltete sich die Planung der IT-Implementierung schwierig. Der Zusammenhang zwischen Leistung, Prozess und Umfang bzw. Inhalt der IT-Unterstützung konnte somit nicht hergeleitet werden. Die Bedeutung der IT wurde von den Fachverantwortlichen anfänglich unterschätzt und in der Anbahnungsphase als auch bei der Vertragsgestaltung nur eingeschränkt berücksichtigt. Daher wurden die Möglichkeiten und Grenzen der IT zur Unterstützung der Prozesse der Fremdvergabe nicht richtig eingeschätzt. Dennoch konnten Prozessprobleme durch die ITStellen gelöst werden. Maßgeblich dazu beigetragen hat die organisatorische Institutionalisierung der IT-Stellen. Zunehmend wurden die IT-Verantwortlichen in fachliche Entscheiderkreise integriert und nahmen ihre Rolle als Prozessgestalter wahr. Erst im Laufe der Zeit wurde den IT-Verantwortlichen neben der Rolle als „Business-Enabler“ eine Beratungsfunktion für Prozessfragen zugesprochen. Verantwortliche aus der Business- und Prozessebene zogen IT-Experten hinzu, um Auswirkungen von Entscheidungen auf der Strategie-, Leistungs- oder Prozessebene auf die IT zu diskutieren. „Es stellte sich die einfache Frage, wie gestalten wir diese Fremdvergabeprozesse? Unter den Schlagworten: Know-how-Schutz, IT-Security, IT-Systeme im Allgemeinen. Je tiefer wir eingestiegen sind, ins Geschäftsmodell, in die Prozessgestaltung, ist uns bewusst geworden, je weiter wir in die Prozesse steigen, desto tiefer kommen wir in die IT rein, weil diese Prozesse nur IT unterstützt laufen. Es ist uns klar geworden, dass wir zu diesen ganzen IT-Themen was machen müssen, damit es uns nicht diffundiert, damit meine ich, dass nicht jeder ein bisschen was macht, sondern wir müssen hier eine zentrale Funktion haben, die sich darum kümmert bzw. steuert, dass die IT sauber läuft. Es wurde somit nach dem und dem gesucht, der sich mit den Prozessen sowie mit der IT ausreichend auskennt. […] Unser Geschäft kannst du nur betreiben, wenn du dir das Prozess Know-how umbindest, damit du qualifiziert mitreden kannst, sonst bist du nur einer, der hinterher das gerade biegen muss, was die anderen schon lange entschieden haben. Man wäre dann nur eine Marionette. Darin sehe ich den eigentlichen Mehrwert der IT.“ Fachliche und IT-Verantwortliche der FremdvergabeII und III profitierten aus den Erfahrungen aus FallstudieI. Die IT-Stellen wurde in den Anfrage- und Verhandlungsprozess bis zur Vertragsgestaltung aktiv mit einbezogen. Die IT wurde während des Anfrage- und Auswahlprozesses frühzeitiger in die Entscheidungen des Business mit eingebunden. Insbesondere Themen zur Prozessgestaltung wurden mit der IT geklärt. Obwohl die Prozessdurchführung und das -verständnis über viele organisatorische Stellen dezentral verstreut waren, gelang es den IT-Verantwortlichen einen Überblick über die Prozesszusammenhänge zu verschaffen. „Die IT hat immer noch ein Überblickswissen über die Businessprozesse. Weil der User sieht nur noch das System, in dem er seine Daten pflegt. […] Er weiß bisweilen nicht, wer hat die Daten rein gestellt oder wer mit seinen Daten weiterarbeitet. Vielleicht noch in der direkt nächsten Stufe, das weiß er unter Umständen noch. […] Damit wir uns im Vertriebsprozess, in den Märkten, gerade in der CKD-Fertigung über das Thema Local Content unterhalten können, ist es wichtig, dass die Bestellungen in unseren Einkaufssystemen ganz vorne am Anfang der Kette aufgelöst wurden.“
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Das IT-Programm-Büro war in die OEM-interne IT-Organisation eingebunden. Methoden für das IT-Projektmanagement wurden zunehmend standardisiert. Betriebs- und Wartungsprozesse der Fremdvergabe wurden zunehmend in OEM-interne standardisierte IT-Prozesse eingebunden. Eine nicht standardisierte Handhabung von Betrieb und Wartung der ITLandschaft der Fremdvergabe hätte zu erhöhten Kosten geführt. Zudem kam es des Öfteren vor, dass bei einem Releasewechsel interner OEM-Systeme, welche, die beim PartnerA vor Ort im Einsatz waren, nicht berücksichtigt wurden. Somit wurden OEM-Systeme bei PartnerA von der IT-Landschaft des OEM abgekapselt. Die Fallstudienanalyse zeigt, dass die IT eine wichtige Rolle zum Gelingen der Fremdvergabe spielte. Die IT gilt als integraler Bestandteil der Fremdvergaben und zeigt Möglichkeiten und Grenzen des Leistungs- und Prozessmodells auf. Um das volle Potenzial der IT zu erschöpfen, müssen neben den technischen auch organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden. Aufgrund der Abhängigkeiten zwischen Leistung, Prozesse und IT müssen Anforderungen an diese drei Ebenen frühzeitig in der Erstellung des Outsourcing-konzepts gestellt werden. Eine mangelhafte und lückenhafte Dokumentation oder missverständliche Formulierung der Anforderungen kann in den nachfolgenden Projektphasen zu zeitlichen Verzögerungen oder Zusatzkosten führen. Konzepte, wie sich die IT-Organisation aufgrund steigender Anforderungen durch den hohen Verflechtungsgrad von unternehmensübergreifenden Prozesslandschaften aufzustellen hat, sind in der Literatur nicht auffindbar. Auch wird der Zusammenhang von Leistung/Verantwortung, Prozesse und IT weder in Arbeiten der Betriebswirtschaftslehre noch der Wirtschaftsinformatik aufgezeigt. Zwar betrachten Österle/Blessing (2000, 77), Frank (1994, 168) und Ferstl/Sinz (1995, 212) in ihren Ansätzen zur Modellierung von Unternehmen die Aspekte Strategie bzw. Unternehmensplan, Prozesse und Informationssysteme. Dennoch wird die Ebene Leistung/Verantwortung nicht berücksichtigt. Auch die Abhängigkeiten zwischen den Ebenen Leistung/Verantwortung, Prozesse und Informationstechnologie werden anhand praxisnaher Beispiele nicht aufgezeigt. Anforderung 5/3: Ausgestaltung der IT Die Methode soll die Ausgestaltung der gemeinsamen IT-Landschaft zwischen OEM und Partner berücksichtigen. Anforderung 5/4: Kategorisierung von Anforderungen Die Methode soll ein Werkzeug bereit stellen, das es erlaubt, die Anforderungen der unterschiedlichen Interessensgruppen in den Kategorien Leistungen bzw. Verantwortung, Prozesse, IT sinnvoll zu strukturieren. Endergebnis sollte ein vollständiges Anforderungsprofil unter Berücksichtigung der gegenseitigen Wechselwirkung zwischen den drei Ebenen sein. Anforderung 5/5: Konfliktidentifikation zwischen Leistung/Verantwortung, Prozesse und IT Die Methode soll es ermöglichen, Konflikte zwischen den Ebenen Leistung bzw. Verantwortung, Prozesse und IT im Vorfeld zu identifizieren.
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4.3.7 Untersuchung des Merkmals „Risiken“ Neben den in Kapitel 2.3 aufgeführten Outsourcing-Risiken sehen befragte Experten als wesentliches Risiko in Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene folgende Punkte: Die umfangreiche externe Leistungserstellung in FremdvergabeI und II, in der die komplette Verantwortung für die Entwicklung und/oder die Produktion an den Partner übertragen wurde, reduziert die unmittelbare Einflussnahme und die Kontrolle über die fremdbezogenen Leistungen und erhöht die Abhängigkeiten gegenüber dem Lieferanten. Die Aussage wird auch von Hilz/Krüger/Haas (2002) und dem VDA (2003, 52.) bestätigt, die einen Zusammenhang zwischen Auslagerungsumfang und Abhängigkeit vom Lieferanten sehen. Bei Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene ist der Kontrollverlust für den OEM besonders folgenreich, da ein Fahrzeug unter seiner Marke verkauft und im Falle von Gewährleistungsansprüchen in Verantwortung gezogen wird. Zudem sehen Experten angesichts des großen Fremdvergabe- und Investitionsumfangs einen Lieferantenwechsel als kostspielig an, was von Piller/Waringer (1999, 112) bestätigt wird. Zudem gibt es auf dem Markt nur wenige Zulieferer, die die Anforderungen eines Komplettanbieters erfüllen. Angesichts des Mangels an alternativen Anbietern am Markt erhöht sich das Abhängigkeitsverhältnis zwischen OEM und Zulieferer (O.V. 2007a, 67). Der finanzielle Schaden und die negativen Auswirkungen auf die Reputation des OEM bei Misserfolg der Fremdvergabe werden in FallstudieI und II als hoch eingestuft. Neben den hohen Investitionen und den strategischen Zielen, die in den Fremdvergaben getätigt bzw. verfolgt wurden, gilt auch die Präsenz der Fremdvergaben in den Medien als Gründe für die starke Wahrnehmung der Fremdvergaben in der Öffentlichkeit. Aufgrund der vielen transformierten OEM-Prozesse zum Partner sehen Experten in FallstudieI und II ein Risiko, dass Wissen zum Partner abfließt. Zudem bringt das reziproke Austauschverhältnis zwischen OEM und Partner eine Diffusion von Wissen und somit einen Know-how-Abfluss mit sich (Wildemann 2004b, 6f.; Friese 1999, 143). Es wird vermutet, dass das Prozess-Know-how in den Wissenspool der Partner und somit bei anderen Auftraggebern, darunter auch direkten und indirekten Wettbewerbern, verwendet wird (siehe auch Weidner 2000, 181): “Let´s say, Partner xy is now for 40 years in this business. And during along these 40 years we worked with all the OEMs in the world. And today Partner xy is what it is thanks to an evolution and also a result of what we got by each OEM and what we transferred to each OEM. So, today the processes of development of partnerxy are a mixture of which we try to get the best of everyone and dispose this process to everyone as well.” Der Anbietermarkt der Komplettanbieter weist einen oligopolen Charakter auf. Die zunehmende Konzentration auf größere Unternehmen kann aufgrund der Preisfestsetzungskraft großer Zulieferer eine Gefahr für den Wettbewerb werden (Wildemann 2004a). Vor allem in FremdvergabeI und II mussten zu Beginn der Geschäftsbeziehungen Wissensdefizite der Partner bzgl. OEM-spezifischer Prozesse, Vorgaben, etc. kompensiert werden. Die Folgen zeigten sich in geringerer Produktivität und in erhöhten Prozess- und CoachingKosten (Wolters 1995, 176). Angesichts des hohen Externalisierungsumfangs, der hohen Komplexität und Spezifität der Fahrzeugmodelle, des strategischen Stellenwerts der Fremdvergaben und der Wahrnehmung der Fremdvergaben in der Öffentlichkeit bargen FallstudieI und II im Vergleich zur
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Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis
FallstudieIII viele Risiken. Daher ist es aufgrund des unterschiedlichen Inhalts und der Ausgestaltung jeder Fremdvergabe notwendig, im Vorfeld eine Risikoanalyse durchzuführen. Anforderung 6: Identifikation und Bewertung von Risiken Die Methode sollte eine umfassende Identifikation und Bewertung potenzieller Risiken der Fremdvergabe ermöglichen. 4.3.8 Untersuchung des Merkmals „Ziele“ Die Fragestellung, welche Aspekte ausschlaggebend zur Erreichung der Ziele der Fremdvergaben waren, steht im Zentrum des folgenden Kapitels. Die wesentlichen Ziele der FremdvergabenI, II und III lassen sich unter den Schlagwörtern Kosten- und Zeitvorteile und Know-how-Gewinn zusammenfassen. In allen Fremdvergaben erhofften sich OEM-Verantwortliche durch die Übertragung von Leistungsumfängen an die Partner, Kostenersparnisse zu erzielen. Zudem spielte der strategische Aspekt „time-tomarket“ neue Marktsegmente in FallstudieI und II zu erschließen, eine wichtige Rolle. In FallstudieII zielte man auf einen Know-how-Transfer zur Herstellung von Fahrzeugen im Kleinwagensegment ab. Das gewonnene Wissen sollte in die Entwicklungsprozesse des OEM für nachfolgende Fahrzeugprojekte einfließen. Aufgrund der umfangreichen Prozess- und IT-Transformation vom OEM zum Partner in FallstudieI und II kam es zur Beeinflussung der Partnerprozesse. Neue Prozesse mussten erlernt und institutionalisiert werden. Angewiesen auf OEM-Wissen und auf Vorgaben durch OEMProzesse, wurden die Partner in ihren Prozessen zur Leistungserstellung eingeschränkt. Entgegen der ursprünglichen Leistungs- und Verantwortungsdefinition musste im Laufe der Fremdvergabe vermehrt auf die Unterstützung durch den OEM zurückgegriffen werden (Ursachen hierfür siehe Kapitel 4.3.5.2 Gründe der Prozesstransformation). Insbesondere in FallstudieII lieferten OEM-Mitarbeiter nicht vertraglich vereinbarte Leistungen, um den PartnerB zu unterstützen. Die ungeplante Leistungsbereitstellung des OEM führte zu internen Prozessunterbrechungen und forderte zusätzliche Ressourcen. Somit konnte das gesetzte Ziel zur Ressourceneinsparung nur eingeschränkt erreicht werden. Dagegen konnte aufgrund der zusätzlichen Leistungsbeistellung durch den OEM die fristgerechte Bereitstellung des Fahrzeugs eingehalten werden. Da ein Projektabbruch oder eine Terminverschiebung des SOP für OEM-Verantwortliche nicht in Frage kam, wurden vermehrt OEM-Leistungen bereit gestellt, je näher der SOP-Zeitpunkt kam. OEM-Verantwortliche sahen sich in der Pflicht, das Outsourcingprojekt gemeinsam mit dem Partner zum gesetzten Markteintrittszeitpunkt zum Erfolg zu führen. „Dann dürften wir hier keine Beistellung von Leistung durchführen, dürften wir nix supporten. Da dürften wir nicht kommen und sagen und macht doch so oder macht doch so. Müssten nur hingucken und sagen, Ergebnis entspricht nicht dem was gefordert. Das würde das Projekt zurück werfen. Dann hätten wir kein Auto, nicht zum jetzigen Zeitpunkt. […] Auch das Werk hatte Aufwand und Personal. Und damit haben wir unsere Prämissen verletzt. Wir haben anders gearbeitet in der Realität, als eigentlich auf der Leistungsseite vereinbart. Das ist das Gleiche, als wenn ich dem Möbelbauer, weil ich dort vorbeikomme, noch mal mithelfe und nach meinen Möbeln mich erkundige, dass ich ihm dann noch mal mithelfe, den Schrank anzufertigen. Das müsste ich alles lassen. Müsste ich konsequent lassen, wenn ich die Verant-
Analyse der Fallstudien
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wortung wirklich zu 100% dort lasse. Das liegt aber weder in der Natur der Sache, noch in der Sache des Projektes, dass damit zum Erfolg geführt wird, bei diesen Zielen, die man hatte.“ Die ursprüngliche Prämisse, dass der Partner die generalunternehmerische Verantwortung auf der Leistungsseite trägt, war nur mehr begrenzt möglich. Letztendlich konnte der Partner nur eingeschränkt in seinen eigenen Prozessen agieren. Angesichts der prozessualen Einflüsse und Abhängigkeiten zum Auftraggeber übernahm der Partner nicht mehr in vollem Umfang die ursprünglich definierte Verantwortung für seine Leistungen. Somit kamen in FallstudieII während der Fremdvergabe die Auswirkungen der prozessualen Abhängigkeiten auf der Leistungsseite zum Tragen. „Da kann der gar nicht kreativ werden und wenn ich dann noch sage, und die Zeichnung mit dem Computer bitte nicht so, du machst das alles schön mit Bleistift, weil ich keine EDVDaten bearbeiten kann. Ja, dann ist er abhängig davon und muss dann plötzlich performen und Verantwortung tragen für etwas, für das er prozesstechnisch gar keine Hoheit hat.“ „Sonst habe ich auf der operativen Ebene, wenn ich als Unternehmen mal den Strich drunter ziehe und ehrlich bin, vielmehr Geld investiert, weil ich ständig dagegen gearbeitet habe, wie ich es eigentlich definiert habe oder eine andere Konsequenz ich habe rechtliche Probleme, weil ich es anders fixiert habe, als ich es abnehme, dann kann ich vielleicht auch Mangelleistung nicht einklagen. Das ist eine rechtliche Konsequenz, die daraus entsteht. Wenn ich hinterher sage, hier und das sind die ganzen Mängel und habe ich aber mitgeholfen und Beihilfe geleistet, dann kann ich hinterher nicht kommen und sagen, du hast das und das nicht gemacht. Geht schlecht. Der Partner kann immer wieder sagen, du hast aber immer wieder mal geholfen, ohne dass ich das wollte. Und an der Ecke, muss man die Hilfe gerade bei Fremdvergabe Serienentwicklung aufgrund unserer starken Prozessvernetzung in den Leistungsschnittstellenvereinbarungen sehr gut definieren. Das muss einem bewusst sein, dass man sich hier nicht auf der grünen Wiese ist und gebe die Serienentwicklung heraus.“ Im Gegensatz zur FallstudieII musste der OEM in FremdvergabeI verhältnismäßiger weniger Leistungen beistellen bzw. kamen weniger OEM-Prozesse und OEM-Vorgaben zum Einsatz. Hier waren die Prozessschnittstellen zwischen Partner und OEM ausschlaggebend. An der Prozessschnittstelle zwischen Produktion (Partner) und Vertrieb (OEM) musste lediglich der Orderingprozess abgebildet werden. Zwar beeinflusste der Orderingprozess des OEM die Produktionsplanung und die Produktion von PartnerA, jedoch erwiesen sich die Rückkopplungseffekte der Vertriebsprozesse auf die Produktionsprozesse als gering. Der Vorteil einer Fremdvergabe von Entwicklung und Produktion bestand darin, dass der Partner selbst verantwortlich für die Integration der Entwicklungsergebnisse in seine Produktions-stätte war. Somit kamen keine Rückkopplungseffekte von den OEM-Produktionsprozessen auf die Entwicklungsprozesse von PartnerA zum Tragen. Da PartnerA in seinen Entwicklungsprozessen nicht durch die OEM-Produktionsprozesse beeinflusst wurde, sah er sich auch mehr im Stande, die Verantwortung für seine Leistungen zu tragen. „Anders sieht das ganze aus, wenn ich vielleicht doch dem Partner auch noch die Produktion machen lasse. Weil dann hat er seine Fertigungsprozess zu integrieren und seine Entwicklung und muss zusehen, dass das harmoniert, und dass er wirklich den SOP schafft usw. Somit steckt der OEM gar nicht mit drin. Da hab ich wirklich viel mehr Verantwortung nach draußen zu definieren.“
130
Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis
In den FallstudienI und II wurde das Ziel Know-how-Transfer vom Partner zum OEM bedingt erreicht. Die zahlreichen Prozesstransformationen von OEM zum PartnerB in FallstudieII führten dazu, dass der Partner die Leistungen vornehmlich in OEM-Prozessen erbrachte. Somit wurde bereits bestehendes OEM-Know-how übernommen anstatt neues zu generieren oder Partner-Know-how an den Auftraggeber weiter zu geben. In FallstudieI berichteten befragte OEM-Experten von vereinzelten Lerneffekten bei Fachprozessen, während andere lediglich von Lerneffekten auf persönlicher Ebene sprachen. Tatsache ist, dass vereinzelt Innovationen oder Prozessverbesserungen von PartnerA übernommen wurden. Beispielsweise setzte man Partnerwissen im Anlaufmanagement und im Bereich Prototypenbau um. Zudem profitierte der OEM durch eine außerhalb des vertraglichen Rahmens entwickelten Antriebstechnologie, die auch bei anderen OEM-Modellen eingesetzt wurde. Generell steigerten solche Innovationsbeiträge das Vertrauen und das Image in den Partner als kompetenten Wissensträger. Im Vergleich hierzu wurden im FremdvergabeszenarioIII (Externalisierung Serienproduktion) die Zeit- und Kostenziele erreicht. Das Ziel Know-how-Transfer spielte in der FremdvergabeIII keine Rolle. Vor dem Hintergrund der Prämisse einer kurzen Vorbereitungszeit, eines geringen Fremdvergabeumfangs und eines begrenzten Projektbudgets wurden kostspielige Prozesstransformationen zum PartnerC vermieden. Zudem wurde versucht, die Produktkomplexität und -spezifität als auch die Komplexität der Projektorganisation in Grenzen zu halten. Beispielsweise wurde die Variantenvielfalt auf sieben Varianten inklusive aller Sonderausstattungen reduziert. Das Variantenmanagement hätte neben der Voraussetzung für die IT auch ein Know-how-Transfer zum Partner bedeutet. Um Eingriffe in die Produktionsprozesse von PartnerC gering zu halten, wurden Anforderungen wie der flexible Orderingprozess des OEM nicht gestellt. Zudem sprachen sich Projektverantwortlichen für eine schlanke Ausgestaltung der Projektstruktur mittels kleiner flexibler Teams aus, um den Koordinations- und Kommunikationsaufwand zu minimieren. Die Untersuchung des Merkmals „Ziele“ ergab, dass die Zielerreichung bei Fremdvergaben durch strukturelle und prozessuale Gegebenheiten beeinflusst wird. Die Unternehmens- und Fremdvergabeziele und die Ausgestaltung der Fremdvergabe dürfen sich nicht widersprechen, sondern müssen unter gegenseitiger Berücksichtigung formuliert werden. Zudem sollte die Methode alternative Kooperations- und Outsourcingmodelle liefern. Hollekamp (2005, 231) sieht die Forderung nach der Kongruenz von Fremdvergabeziel und der strukturellen und prozessualen Ausgestaltung einer Fremdvergabe als zweitrangig. Seiner Meinung nach hängt der Grad der Zielerreichung von den drei Faktoren, Einsatz der Partnerressource, dem Grad der Zufriedenheit mit dem Outsourcingpartner und dem Vertrauen in die Outsourcing-Partnerschaft ab. Dagegen beeinflussen die Wahl der Strategie, die Kosten und die Strukturkomplexität die Erfolgsmessung nicht signifikant. Aufgrund der Ergebnisse aus den Fallstudien wirkt die Aussage von Hollekamp (2005) zu kurz gegriffen. Die Fallstudien liefern nicht nur den Aspekt Vertrauen als ein Grund für Prozesstransformationen, sondern bringen prozessuale, strukturelle, kulturelle, strategische und rechtliche Gründe für eine hohe Prozessverflechtung hervor. Dabei hat die Struktur- und Prozesskomplexität einen signifikanten Einfluss auf die Ziele Know-how-Transfer und Kosteneinsparungen, während Hollekamp (2005) auf den Zusammenhang zwischen prozessualer Ausgestaltung und Zielerreichung der Fremdvergabe nicht eingeht.
Analyse der Fallstudien
131
Anforderung 7: Bereitstellung eines Zielsystems Die Methode sollte die Erstellung eines in sich stimmigen Zielsystems zulassen und Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele berücksichtigen. Anforderung 8: Aufzeigen von Möglichkeiten zur Zielerreichung Die Methode sollte Möglichkeiten zur Zielerreichung durch Anpassung des Outsourcingmodellkonzepts oder durch alternative Outsourcing- und Kooperationsmodelle aufzeigen.
4.3.9 Untersuchung des Merkmals „Abstraktion“ In diesem Kapitel wird die Fragestellung, wie und durch wen die Entscheidung pro oder contra Outsourcing herbeigeführt wurde, untersucht. Zudem soll die Analyse des Merkmals „Abstraktion“ Aufschluss für die Notwendigkeit von Modellen im Anfrage- und Verhandlungsprozess geben. Der Entscheidungsprozess bis hin zur finalen Entscheidung pro oder contra Auslagerung wies in allen Fallstudien kein sequentielles Top-down-Vorgehen, wie es z.B. ein Wasserfallmodell vorsieht, auf. Vielmehr handelte es sich um ein iteratives Vorgehen. Die einzelnen Prozessschritte zur Erstellung des Outsourcingmodellkonzepts waren nicht klar voneinander abgrenzbar. Die Aktivitäten im Rahmen des Anfrage- und Verhandlungsprozesses setzten eine kontinuierliche wechselseitige Abstimmung zwischen den bis zu 30 involvierten Interessensgruppen aus den Fachbereichen Produktion, Entwicklung, Vertrieb, Finanzen und Strategie voraus. Zur Berücksichtigung aller Fachbereichsinteressen wurden aus jedem Fachbereich Vertreter ausgewählt und zu einem Fremdvergabeteam zusammengeführt. Die Kommunikation und Koordination der Interessensgruppen erfolgte in Workshops, Gremien und in Fachbzw. Entscheiderkreisen. Die Interessensgruppen wiesen sowohl eine fachliche als auch disziplinarische Heterogenität auf. Während die fachliche Heterogenität aus dem unterschiedlichen spezifischen Fachwissen der Fachbereichsvertreter resultierte, wurde die disziplinarische Heterogenität durch die unterschiedlichen Hierarchieebenen, die den Fachbereichsvertretern angehörten, impliziert. Die Heterogenität der Interessensgruppen machte eine ganzheitliche Sichtweise auf das Outsourcingvorhaben schwierig. Dennoch war eine Überprüfung der Anforderungen aus mehreren Sichtweisen unabdingbar, um die Wechselwirkungen von Entscheidungen auf angrenzende Themengebiete sowie um die Abhängigkeiten zwischen Strategie und operativer Ebene zu identifizieren. Der multipersonale Entscheidungscharakter musste gezielt gesteuert werden. Bei nicht kongruenten Anforderungen zwischen den Fachbereichen mussten Kompromisslösungen gefunden werden. Sowohl der unterschiedliche fachliche Wissensstand als auch die unterschiedliche Fachsprache erschwerten ein einheitliches Verständnis von Problemstellungen. Neben der Notwendigkeit der Steuerung und Koordination der involvierten organisatorischen Instanzen wurde eine möglichst frühe Einbindung der betroffenen Fachbereiche in den Fremdvergabeprozess gefordert. „Wir fahren, auch solche firmenübergreifende Themen nach demselben Prinzip wie im Hause, nennen wir es demokratisches Vorschlagswesen, d. h. es sind unheimlich viele Leute daran beteiligt und jeder hat das Recht zu einer Meinung. Anschließend diskutieren dann alle über die Meinung. Beim Partner ist es ganz klar so, dass die hierarchisch aufgestellt sind, an der Spitze steht ein Key-Account-Manager und evtl. ein Projektleiter und die werden mit Wissen
132
Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis
gefüttert. Bei uns müssen immer 20 Spezialisten am Tisch sitzen, die sich 10 Fragen beantworten […].“ Der Anfrage- und Verhandlungsprozess verlief nicht immer nach rein monetären Kriterien. Auch die fachbereichsspezifischen Interessen, teilweise divergierend mit den Zielvorstellungen des Fremdvergabeprojekts, hatten Einfluss auf die Ausgestaltung der Fremdvergabe. Beispielsweise spielte die Machtposition von Fachbereichen mit Technologie-Know-how eine Rolle, indem sie sich für die interne Leistungserstellung aussprach. Zudem waren die Entscheidungen aus unterstützenden Abteilungen, beispielsweise die Wahl der finanziellen Bewertungsmethode, für den weiteren Verlauf des Entscheidungsprozesses ausschlaggebend. Bewertungsmethoden wie z.B. Nutzwertanalyse, Kapitalwertmethode, firmeneigene Methoden, Vollkostenrechnungen weisen Unterschiede in verwendeten Kennzahlen und können somit das Ergebnis der finanziellen Bewertung der Fremdvergabe beeinflussen. Da die finanzielle Bewertungsmethode von einer zentralen Controllingstelle festgelegt wurde, hatten Verantwortliche der Fremdvergabe keinen unmittelbaren Einfluss darauf. „Das heißt, dass man dann über Umlagen, diese Kosten zuschlüsseln muss. Nun stellt sich die Frage, wie geht man damit um, wenn sie das Fahrzeug nicht selbst entwickeln, oder nur zum Anteil selbst entwickeln? Das war genau der Streitpunkt beim Fahrzeugprojekt xy24, wo das Controlling eine sehr restriktive Art der Vollkostenzuschlüsselung verwendet hat, wo es also kaum Entlastungen gab, das heißt, dass der Business Case zum Nachteil einer Fremdvergabe ging, während wir in 2004 auch mal eine Methode skizziert haben, die das Controlling ein Jahr später abgelehnt hat anzuwenden […]“ Das Ergebnis des Anfrage- und Auswahlprozesses war unter anderem von den strategischen Zielen der Fremdvergaben abhängig. Eine monetäre Bewertung der Fremdvergabe konnte vor dem Hintergrund eines strategischen Ziels eine untergeordnete Rolle spielen. Fahrzeugprojekte mit einem negativen Kapitalwert wurden akzeptiert, soweit diese einen Beitrag für ein übergeordnetes langfristiges Ziel leisteten (z.B. Besetzung neuer Marktnischen, Stärkung der Kundenloyalität). Im Rahmen der empirischen Untersuchung konnte kein idealtypischer Anfrage- und Auswahlprozess identifiziert werden. Auf den Entscheidungsprozess wirkten in einigen Fällen soziopolitische Faktoren, die einen Einfluss auf Verlauf und Ergebnis des Anfrage- und Auswahlprozesses hatten. Dennoch deuten die vielen heterogenen Interessensgruppen auf die Notwendigkeit eines Vorgehens zur Steuerung und Koordination des multipersonalen Entscheidungsprozesses hin. Zudem fordert die Heterogenität der Interessensgruppen einen Mechanismus, der eine gemeinsame Sicht auf Fremdvergabethemen ermöglicht und ihre Wechselwirkungen mit angrenzenden Themengebieten aufzeigt.
24
Weiteres Fahrzeugprojekt des OEM, das nicht im Fokus der empirischen Untersuchung liegt.
Analyse der Fallstudien
133
Anforderung 9: Steuerungsmodell und dynamische Komponenten Die Methodik soll eine organisatorische Struktur inklusive ihrer Verantwortlichkeiten und Aktivitäten aufzeigen, um die Koordination und Steuerung der vielen heterogenen Interessensgruppen im Laufe des Anfrage- und Verhandlungsprozesses zu erleichtern. Zudem wird ein Framework an dynamischen Komponenten, die als potenzielle Einflussfaktoren auf die Entscheidungslage für oder gegen Outsourcing gelten, bereit gestellt. Anforderung 10: Modellierung Die Methode sollte es ermöglichen, mittels Modellierung die Perspektivenunterschiede einer Vielzahl organisatorischer Instanzen aus verschiedenen Fachbereichen zu überbrücken und somit eine gemeinsame Sicht auf Frage- und Problemstellungen des Outsourcingmodells schaffen. Die in den Fallstudien identifizierten Anforderungen an eine eigene Methode zur Herleitung von Outsourcingmodellen können wie folgt zusammengefasst werden:
Anforderung 1: Integrative Betrachtung der strategischen und operativen Ebene Die Methode sollte mit Hilfe eines Referenzprozesses die durchgängige Betrachtung der strategischen und operativen Ebene gewährleisten. Hierbei gilt es, das strategische Fundament des Unternehmens zu formulieren und die Unternehmensplanung als Konkretisierung der Unternehmensstrategie sinnvoll abzubilden. Anforderung 2: Bereitstellung eines Frameworks an Rahmenbedingungen Die Methode soll dem Anwender ein Framework externer und interner Rahmenbedingungen bieten. Angelehnt an der Definition des Begriffs „Framework“ wird darunter ein Grundgerüst verstanden, das wieder verwendbar ist und für einen spezifischen Verwendungszweck angepasst wird. Somit lassen sich aus dem Framework an Rahmenbedingungen Richtlinien für Fremdvergaben ableiten. Anforderung 3: Bereitstellung eines Werkzeugs zur Sondierung des Anbietermarktes Die Methode sollte dem Anwender ein Werkzeug bereitstellen, das ihn bei der Identifikation potenzieller Partner am Anbietermarkt unterstützt. Die Ergebnisse des Sondierungsprozesses sollen als Basis zur detaillierten Partnerauswahl für ein konkretes Fremdvergabeprojekt dienen. Anforderung 4: Identifikation von Konfliktpotenzialen in der Sub-Lieferantensteuerung Die Methode sollte die Identifikation möglicher Konflikte in der Koordination und Steuerung von Sub-Lieferanten unterstützen. Anforderung 5/1-5/5: Ausgestaltung und Kategorisierung der Anforderungen bzw. Konfliktidentifikation zwischen den Anforderungen Die Methode soll die Ausgestaltung der Leistungsverteilung zwischen OEM und Partner vor dem Hintergrund der maximalen Verantwortungsübernahme durch den Auftragnehmer berücksichtigen. Die Methode soll die Ausgestaltung der gemeinsamen Prozesslandschaft zwischen OEM und Partner berücksichtigen. Faktoren, die eine Prozesstransformation verursachen können und die Folgen der Prozesstransformation müssen im Vorfeld analysiert werden. Die Methode soll die Ausgestaltung der gemeinsamen IT-Landschaft zwischen OEM und Partner berücksichtigen.
134
Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis Die Methode soll ein Werkzeug bereit stellen, das es erlaubt, die Anforderungen der unterschiedlichen Interessensgruppen in den Kategorien Leistungen bzw. Verantwortung, Prozesse, IT sinnvoll zu strukturieren. Endergebnis sollte ein vollständiges Anforderungsprofil unter Berücksichtigung der gegenseitigen Wechselwirkung zwischen den drei Ebenen sein. Die Methode soll es ermöglichen, Konflikte zwischen den Ebenen Leistung bzw. Verantwortung, Prozesse und IT im Vorfeld zu identifizieren. Anforderung 6: Identifikation und Bewertung von Risiken Die Methode sollte eine umfassende Identifikation und Bewertung potenzieller Risiken der Fremdvergabe ermöglichen. Anforderung 7: Bereitstellung eines Zielsystems Die Methode sollte die Erstellung eines in sich stimmigen Zielsystems zulassen und Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele berücksichtigen. Anforderung 8: Aufzeigen von Möglichkeiten zur Zielerreichung Die Methode sollte Möglichkeiten zur Zielerreichung durch Anpassung des Outsourcingmodellkonzepts oder durch alternative Outsourcing- und Kooperationsmodelle aufzeigen. Anforderung 9: Steuerungsmodell und dynamische Komponenten Die Methodik soll eine organisatorische Struktur inklusive ihrer Verantwortlichkeiten und Aktivitäten aufzeigen, um die Koordination und Steuerung der vielen heterogenen Interessensgruppen im Laufe des Anfrage- und Verhandlungsprozesses zu erleichtern. Zudem wird ein Framework an dynamischen Komponenten, die als potenzielle Einflussfaktoren auf die Entscheidungslage für oder gegen Outsourcing gelten, bereit gestellt. Anforderung 10: Modellierung Die Methode sollte es ermöglichen, mittels Modellierung die Perspektivenunterschiede einer Vielzahl organisatorischer Instanzen aus verschiedenen Fachbereichen zu überbrücken und somit eine gemeinsame Sicht auf Frage- und Problemstellungen des Outsourcingmodells schaffen.
5 Stand der Forschung zu Methoden Das folgende Kapitel zeigt den Stand der Forschung für Methoden zur Ermittlung von Outsourcing-Entscheidungen bzw. zur Ausgestaltung von Outsourcingvorhaben auf. Da der zugrunde liegende Forschungsprozess die Definition der Problemstellung aus der Praxis heraus vorsieht, orientiert sich die Defizitanalyse an den in Kapitel 4 identifizierten Anforderungen. Die Anforderungen werden als Bewertungskriterien für den Methodenvergleich verwendet. Da in der Literatur viele Methoden sich mit Thema Outsourcingentscheidung und -konzeption beschäftigen, wurde im Vorfeld der Analysebereich auf vier Methoden eingeschränkt. Die Methoden wurden nach dem Kriterium ausgewählt, inwiefern sie das Potenzial aufweisen, möglichst viele Anforderungen aus Kapitel 4 zu erfüllen. Die Methodenansätze werden zuerst kurz vorgestellt. Im Anschluss werden die Methoden anhand der Anforderungen aus Kapitel 4 einer Kriterienbewertung unterzogen. Die Ergebnisse des Validierungsprozesses werden in Abbildung 35 zusammengefasst. 5.1 Definition Bewertungskriterien Die Bewertung der bereits existierenden Methodenansätze erfolgt anhand eines Kriterienvergleichs. Der Kriterienvergleich, als eine mögliche Bewertungstechnik, bietet verschiedene Optionen, Untersuchungsergebnisse zu erreichen, in dem es vordefinierte Merkmale miteinander vergleicht und gegeneinander abwägt (Siau/Rossi 1998, 315f.). Die identifizierten Anforderungen aus Kapitel 4 werden als Bewertungskriterien der bevorstehenden Validierung zugrunde gelegt, welche zusammengefasst sind:
Anforderung 1: Integrative Betrachtung der strategischen und operativen Ebene Anforderung 2: Bereitstellung eines Frameworks an Rahmenbedingungen Anforderung 3: Bereitstellung eines Werkzeugs zur Sondierung des Anbietermarktes Anforderung 4: Identifikation von Konfliktpotenzialen in der Sub-Lieferantensteuerung Anforderung 5/1-5/5: Ausgestaltung und Kategorisierung der Anforderungen bzw. Konfliktidentifikation zwischen den Anforderungen Anforderung 6: Identifikation und Bewertung von Risiken Anforderung 7: Bereitstellung eines Zielsystems Anforderung 8: Aufzeigen von Möglichkeiten zur Zielerreichung Anforderung 9: Steuerungsmodell und dynamische Komponenten Anforderung 10: Modellierung
K. Schneider, Modernes Sourcing in der Automobilindustrie, DOI 10.1007/ 978-3-8349-6524-0_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
136 5.2
Stand der Forschung zu Methoden Bestehende Methodenansätze
Die inhaltliche Zielsetzung, die einzelnen Bestandteile sowie eine kurze Beschreibung der Vorgehensweise und der Gestaltungsobjekte der jeweiligen Ansätze werden im folgenden Abschnitt aufgeführt. Die Methoden wurden dahingehend ausgewählt, inwiefern sie in der Lage sind, die im Rahmen der empirischen Untersuchung identifizierten Anforderungen abzudecken. 5.2.1 Outsourcing-Prozess Der Methodenansatz nach Zahn et al. (1999) beschreibt die Konzeption und Durchführung von der Identifikation von Outsourcingpotenzialen bis hin zur Vertragsschließung und Realisierung der Outsourcingpartnerschaft (siehe Abb. 31). Am Anfang des Vorgehensmodells steht die IST-Analyse zur Identifikation potenzieller Outsourcingmöglichkeiten mittels Bewertung von Unternehmensinformationen. Als nächster Schritt erfolgt die Identifikation fremdvergabefähiger Leistungen unter der Berücksichtigung internes Know-how nicht zu gefährden oder ein Abhängigkeitsverhältnis zum Partner zu schaffen. Auf Basis eines Kosten/Leistungsvergleichs bei Eigenerstellung im Vergleich zur Fremderstellung wird die Rentabilität der Outsourcingumfänge festgelegt. Mittels Kontaktaufnahme zu möglichen Partnern werden die Leistungsangebote eingeholt und mit unternehmensinternen Anforderungen verglichen. Die rechtlichen Aspekte der zukünftigen Zusammenarbeit werden in einem Vertrag fixiert. Das Vorgehensmodell endet mit der Implementierung und somit mit der konkreten Umsetzung der Outsourcingpartnerschaft (Zahn et al. 1999, 10ff.).
Ist-Analyse
Make-or-Buy-Entscheidung
Kontaktaufnahme
• Identifikation von potentiellen Outsourcing-Chancen • Schaffen von Transparenz und erste Bewertung
• Kernkompetenzen ermitteln • Selektion der Leistungen und Prozesse
• Erstellung eines Soll-Profils • Sichtung der passenden Dienstleistungs-Anbieter
Abgleich
• Bewertung der Partner • Auswahl des Partners und endgültige Auftragsvergabe
Vertrag
• Verteilung der Aufgabe und Verantwortunsbereiche • Formulierung des Vertragstextes
Implementierung
• Konkrete Umsetzung der Outsourcing-Partnerschaft • Integration in bestehende Kontexte
Abb. 31: Outsourcing-Prozess nach Zahn et al. (Quelle: Zahn et al. 1999, 19)
Bestehende Methodenansätze
137
5.2.2 Conceptual Framework for evaluating of the make-or-buy McIvor (1997) sieht in der Identifikation von Kernaktivitäten einen zentralen Bestandteil der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit für ein Unternehmen: „A core activity is central to the company successfully serving the needs of potential customers in each market. The activity is perceived by the customers as adding value and therefore being a major determinant of competitive advantage” (McIvor et al. 1997, 173). Um die langfristige Positionierung des Unternehmens zu garantieren, muss eine Bewertung der strategischen Auswirkungen der Outsourcingaktivitäten erfolgen. Daher steht im Mittelpunkt der Methode die Identifikation von unternehmensinternen Kernkompetenzen (siehe Abb. 32). Im Rahmen einer Kompetenzanalyse der Lieferanten werden die eigenen Kompetenzen mit den Kompetenzen der Lieferanten verglichen und anhand einer Kostenanalyse bewertet. Im Anschluss daran, werden die Grundlagen der Zusammenarbeit mit Hilfe der Vertragsverhandlung geklärt. Ziel von McIvor et al. (1997, 171) ist es, dass weniger wertschöpfende Leistungen vom Lieferanten übernommen werden, damit sich die eigenen Ressourcen auf die Kernkompetenzen konzentrieren können. Define the „core“ activities of the business Go to an analysis of core acitivities identified
Buy - Outsource „non-core“ activities
Profile the appropriate value chain links
Total Cost Analysis of „core“ activities
Make (Maintain Capability) No capable external sources
Analysis of potential suppliers for partnership
No capable sources suitable
Benchmarking the competencies of the core activities
Buy
Invest to make
Number of competible suppliers and/or little threat of competition
No competible suppliers
Abb. 32: Conceptual Framework for evaluating the make-or-buy decision (Quelle: McIvor et al. 1997, 172)
138
Stand der Forschung zu Methoden
5.2.3 Inter-Business-Networking-Methode Alt et al. (2000) stellen die Analyse der Outsourcingpotenziale sowie deren Umsetzung mit Hilfe einer reorganisierten unternehmensübergreifenden Wertschöpfungskette und der eingesetzten Informationssysteme in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung. Das Vorgehensmodell richtet sich nach den Grundsätzen des Methoden Engineering von Gutzwiller (1994) und beinhaltet neben einem Vorgehensmodell auch ein Metamodell, Rollen und Techniken (siehe Abb. 33). Für die Analyse der Outsourcingpotenziale werden die Unternehmensbereiche ausgewählt, für die eine Kooperation den höchsten Nutzen mit sich bringen würde. Es folgt die Definition der Geschäfts- und Prozessarchitektur des Outsourcinginitiators sowie der Ziele und Potenziale der Kooperation. Anschließend wird die erste Fassung der zukünftigen SollProzessarchitektur dokumentiert. Phase 2 dient zur Identifikation geeigneter Pilotpartner und eine Analyse seiner Prozessarchitektur für einen Abgleich der Soll-Prozessarchitektur des Outsourcingsinitiators. Nach Abschluss des Kooperationsvertrags gilt es, das unternehmensübergreifende Projektmanagement zu planen und die Implementierung der Prozess- und ISArchitektur durchzuführen. Die abschließende Bewertung des Pilotprojekts auf Basis der Projektergebnisse dient als Basis für das weitere Vorgehen des Outsourcinginitiators (Alt et al. 2000, 10ff.). Phase 1: Analyse Kooperationspotenziale
Auswahl von Kooperationsbereich und Projektumfang Bestehende Prozess- und Applikationsarchitektur Ziele, Potenziale und Architektur der zukünftigen Prozessarchitektur Kooperationskonzept
Phase 2: Entwurf & Auswahl Umsetzungsalternativen
Auswahl der Pilotpartner Prozessanalyse Entwurf der Applikationsarchitektur Kooperationsinitiative
Phase 3: Planung & Implementierung Pilotprojekt
Management des Projektportfolios Durchführung der internen Projekte
Phase 4: Fortführung bestehendes/ Gewinnung neues Projekt
Operatives Kooperationsmanagement etablieren Fortführung
Abb. 33: Inter-Business-Networking-Methode (Quelle: Reichmayr 2002, 202)
Bestehende Methodenansätze
139
5.2.4 Customer-Centered SCM-Process Methodology Kuglin (1998) beginnt in Phase A, das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Neustrukturierung der Wertschöpfungskette zu schaffen. Die Ausgangslage wird analysiert sowie der Umfang, die Ziele und der Nutzen der Transformation. In Phase B werden die Ergebnisse aus Phase A durch eine Branchen- und Unternehmensanalyse fundiert. Während die Branchenanalyse Aufschluss über Zulieferer, globaler Märkte und Wettbewerber gibt, liefert die Unternehmensanalyse Informationen über die eigenen Werte, Visionen, Strategie, Kultur und Prinzipien. Phase C beinhaltet die Ist-Analyse über Effizienz und Effektivität interner Prozesse und Funktionen, während sich in Phase D auf den zukünftigen Soll-Zustand der Wertschöpfungskette konzentriert wird. Ein Soll-/Ist-Abgleich der Prozesslandschaft folgt in Phase G unter Berücksichtigung der in Phase F formulierten Innovationen. Die Lücke zwischen Soll und Ist wird mit Hilfe eines iterativen Anpassungsprozesses der Wertschöpfungskette in Phase F geschlossen. Der Fortschritt der Transformation wird anhand von Kennzahlen gemessen. Die Ergebnisse der Transformation werden letztendlich dem Unternehmen in Phase J wiederzugeführt (Kugling 1998, 40ff.). Phase A: Getting started
Competitive Frame of references Core culture and values
Mission
Core competencies
Vision
Phase C: Quality
To-be supply chain mang. design Objectives, goals, operating strategies, and customer value management
Process Phase F: As-IsProcessMapping
Rewards Technology
Phase H: Implementation/measuring performance
Phase D: Transformation Design Strategy Renewal
People
Phase G: Build the Bridge
Quick hits
Phase B: Foundation
Organizational Structure
Phase E: Innovation
Operations Renewal
Phase J: Renewal
Abb. 34: Customer Centered SCM-Process Methodology (Quelle: Kuglin 1998, 251)
140 5.3
Stand der Forschung zu Methoden Bewertung bestehender Methodenansätze
Im Folgenden werden die in Kapitel 5.2 gezeigten Ansätze bewertet. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Ansätze einen ergänzenden Charakter aufweisen und nicht konkurrierend zueinander stehen. Demnach wird die Bewertung nicht mit dem Ziel verfolgt, eine Rangordnung mit den Vor- und Nachteilen des jeweiligen Ansatzes zu erstellen. Vielmehr werden die Methoden insgesamt dahingehend bewertet, inwiefern sie die oben genannten Anforderungen erfüllen. Die identifizierten Defizite gilt es dann in der Erstellung der eigenen Methode zu kompensieren. Zur Beurteilung wurde auf die bereits aufgezeigten Anforderungen zurückgegriffen. Diese können von der jeweiligen Methode entweder voll, teilweise oder nicht erfüllt sein. - Anforderung 1: Integrative Betrachtung von Strategie und operativer Durchführung Die aufgeführten Methoden zeigen den Zusammenhang zwischen Strategie und operativer Durchführung nicht auf. Die Existenz einer Unternehmensstrategie wird von allen Methoden vorausgesetzt. Jedoch werden sowohl Herleitung der Unternehmensstrategie als auch deren Konkretisierung in der Multiprojektplanung sowie eine Ableitung von Konsequenzen auf die konkrete Ausprägung des Outsourcingmodells nicht vorgenommen. - Anforderung 2: Bereitstellung eines Frameworks an Rahmenbedingungen Eine systematische Herleitung übergeordneter Unternehmens- und Outsourcing-Leitlinien als Orientierungshilfe nachfolgender Outsourcingprojekte wird nicht durchgeführt. Die Rahmenbedingungen, in denen sich die Outsourcingvorhaben bewegen, müssen je Fremdvergabe neu definiert werden, was eine Erhöhung des Konzeptionsaufwands und eine Reduzierung der Vergleichbarkeit von Fremdvergaben bedeuten würde. Zudem könnte die Dokumentation von Leitlinien als Wissensbasis dem Ziel der kontinuierlichen Prozessverbesserung dienen. Zwar sprechen sich die Autoren für eine Reflexion der Prozessergebnisse aus, inwiefern dies in nachfolgende Projekte einfließt, wird jedoch nicht aufgezeigt. Anforderung 3: Bereitstellung eines Werkzeugs zur Sondierung des Anbietermarktes Die Auswahl potenzieller Anbieter erfolgt in erster Linie mittels eines Abgleichs eines konkreten Soll-Leistungsanforderungsprofils mit einem Ist-Kompetenzprofil. Es erfolgt keine Sondierung des Anbietermarktes zur Identifizierung potenzieller Outsourcingmöglichkeiten. Die Ergebnisse der Marktsondierung fließen weder in die strategische Ausrichtung des Unternehmens noch in die Multiprojektplanung mit ein. Anforderung 4: Identifikation von Konfliktpotenzialen in der Sub-Lieferantensteuerung Die gesichtete Literatur bietet keine methodische Hilfestellung zur Identifikation potenzieller Konflikte in der Sub-Lieferantensteuerung. Anforderung 5/1-5/5: Ausgestaltung und Kategorisierung der Anforderungen bzw. Konfliktidentifikation zwischen den Anforderungen Eine ganzheitliche Erfassung unterschiedlicher Anforderungen aus verschiedenen Perspektiven, um so eine vollständige Sichtweise und Berücksichtigung unterschiedlicher Aspekte auf Leistungs-/Verantwortungs-, Prozess- und IT-Ebene zu erhalten, wird von den oben aufgeführten Methoden ausgeblendet. Dies kann zu einer eindimensionalen Betrachtung der Anforderungen und demzufolge zu einer einseitigen Beurteilung von Problematiken führen. Es gilt zudem, divergierende Ziele und Anforderungen heterogener Interessensgruppen zu einer gemeinsamen Sicht zu integrieren. Daraus entsteht eine Diskussionsbasis, um Wirkmechanismen transparent zu machen, gegenseitiges Lernen und Synergien zu fördern und die Akzeptanz der Ergebnisse zu steigern. Lediglich Alt et al. (2000) liefert einen reduzierten Ansatz aus Strategie, Prozess und IT in Anlehnung an die Erkenntnisse des Business Engineering
Bewertung bestehender Methodenansätze
141
(Österle 1995). Zwar wird der Zusammenhang zwischen Strategie, Prozess und IT postuliert, jedoch wird das Durchspielen der einzelnen Ebenen zur Vervollständigung des Anforderungsprofils nicht vorgeschlagen. Anforderung 6: Identifikation und Bewertung von Risiken Die Notwendigkeit einer Risikoanalyse wird von allen aufgeführten Autoren erkannt. Ein Werkzeug zur Identifikation und Bewertung von Risiken liefert jedoch lediglich Alt et al. (2000). Anforderung 7: Bereitstellung eines Zielsystems Orientierungsloses Vorgehen kann zu Abweichungen von der ursprünglichen Absicht führen, daher bedarf es der Formulierung von Zielen (Brugger 2002, 98). In dieser Aussage sind sich alle aufgeführten Methoden einig und sprechen sich unisono für eine Zieledefinition aus. Die Einbettung der Zieledefinition in den Gesamtkontext der Methode, also die Ableitung der operativen Fremdvergabeziele aus strategischen Unternehmenszielen als auch die Wechselwirkungen zwischen Zielen, Leitlinien und Anforderungen unterbleibt. Anforderung 8: Aufzeigen von Möglichkeiten zur Zielerreichung Möglichkeiten zur Zielerreichung werden im Rahmen des Outsourcingmodellkonzepts nicht aufgezeigt. Auch lassen die Methoden keine Alternativen zum Outsourcing auf Gesamtfahrzeugebene (z.B. Entwicklungskooperation, Joint Venture, Global Delivery, Multisourcing, Paketvergabe) erkennen. Anforderung 9: Steuerungsmodell und dynamische Komponenten Bei der Validierung der Methoden fielen insbesondere das zumeist grob skizzierte Vorgehen und die bei nahezu allen Methoden schwach ausgeprägte methodische Unterstützung auf. Die Integration von Vorgehen, Technik und Verantwortlichkeiten wird lediglich bei Alt et al. vorgenommen. Zudem unterliegen die Methoden dem Irrtum, dass Outsourcing-Entscheidungen aus vorwiegend rationalen Aspekten getroffen werden. Die Begrenztheit der Make-or-BuySichtweise aufgrund des Einflusses strategischer oder soziopolitischer Faktoren auf den Entscheidungsprozess wird nicht aufgezeigt. Zudem beruhen die Methoden vorwiegend auf der konstruktivistischen Denkweise, die von einer klaren Ausgangslage, einem eindeutigen Ziel und von streng sequentiell durchlaufenen und in sich abgeschlossenen Phasen ausgeht (Brugger 2003, 122). Die Option, Erfahrungen in den Entscheidungsprozess zu berücksichtigen und dadurch die Prozessergebnisse qualitativ kontinuierlich zu verbessern, wird eingeschränkt ermöglicht. Anforderung 10: Modellierung Modelle in Form grafischer Darstellungen zur Abstrahierung wesentlicher Elemente der Betrachtungsgegenstände (Brugger 2003, 13) Leistung, Prozess und IT spielen eine untergeordnete Rolle. Nur Alt et al. (2000) bietet Modellierungsansätze. Die Bedeutung von Analyse(Leistung) und Designmodellen (Prozesse/IT) zur Problemanalyse und Lösungsfindung wird in den oben aufgeführten Ansätzen unterschätzt.
142
Stand der Forschung zu Methoden
A5
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A7
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A10
Ausgestaltung und Kategorisierung der Anforderungen
Identifikation und Bewertung von Risiken
Bereitstellung eines Zielsystems
Aufzeigen von Möglichkeiten zur Zielerreichung
Steuerungsmodell und dynamische Komponenten
Modellierung
Anforderung teilweise erfüllt
A4 Identifikation von Konfliktpotenzialen in der SubLieferantensteuerung
Anforderung erfüllt
A3 Bereitstellung eines Werkzeugs zur Sondierung des Anbietermarktes
A
Anforderung nicht erfüllt
A2
Bereitstellung eines Frameworks an Rahmenbedingungen
Anforderung
A1
Integrative Betrachtung von Strategie und operativer Durchführung
Zusammengefasst sind die Ergebnisse des Kriterienvergleichs der Abbildung 35 zu entnehmen:
Outsourcing-Prozess (Zahn et. al. 1999) Framew. for eval. the makeor-buy (McIvor et al. 1997) Inter-Business Networking Methode (Alt et al. 2000) SCM-Process Methodology (Kuglin 1998)
Abb. 35: Zusammenfassung der Ergebnisse des Validierungsprozesses (Quelle: Eigene Darstellung)
6 Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells Ziel dieses Kapitels ist die Entwicklung eines integrierten Methodenansatzes zur Konzeption eines Outsourcingmodells für Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene. Der Methodenentwicklungsprozess orientiert sich an den identifizierten Anforderungen aus Kapitel 4. Um die Methode dem Anwender näher zu bringen, wird sie anhand praxisnaher Beispiele aufgezeigt. Nach einer Übersicht über Bestandteile und einer kurzen Zusammenfassung der Kernbereiche der Methode, werden das Vorgehen und die Techniken näher erklärt. Die Beschreibung des Steuerungsmodells für die Integration von Vorgehen, Rollen und Aufgaben schließt das Kapitel 6 ab.
6.1
Kernelemente der Methode
Da sich das „Methoden Engineering“ (Gutzwiller 1994) als Ansatz zur systematischen Entwicklung von Vorgehensweisen bereits mehrfach bewährt hat (Legner 1999), beinhaltet die folgende Methode vier von fünf Bausteinen, die eine Methode nach Gutzwiller (1994) enthalten sollte. Neben der Dokumentation von Ergebnissen (Ergebnisdokumentation), liegt der Schwerpunkt einer Methode auf der Definition einer Ablauffolge in Form von Aktivitäten (Vorgehensmodell). Zudem beinhaltet eine Methode Werkzeuge zur Erreichung von Ergebnissen (Techniken). Auch wird die Definition und Zuordnung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung an eine Person/Gruppe zu entsprechenden Phasen (Steuerungsmodell) berücksichtigt (Gutzwiller 1994, 12ff.) (siehe hierzu auch Kapitel 2.1.2). Auf die Darstellung eines Metaobjektmodells, das ein konzeptionelles Datenmodell der Bestandteile der wesentlichen Entwurfsergebnisse einer Methode darstellt (Brenner 1995, 11), wird aus Gründen der fehlenden Praxistauglichkeit verzichtet. - Vorgehensmodell/Aktivitäten Das Vorgehensmodell beinhaltet die zeitlich, logische Folge von Schritten in einem Problemlösungsprozess (Heinen 1991, 311). Die Phasen des Vorgehensmodells fassen inhaltlichlogisch zusammenhängende Aktivitäten zusammen. Die Aktivitäten sind mit Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung verbunden und sind zeitlich über einen Start- bzw. Endtermin terminiert. Das Resultat der Prozessschritte unterstützt die Entscheidungsträger über Fortführung oder Beendigung des Analyseprozesses für eine potenzielle Fremdvergabe. - Techniken/Ergebnisdokumente Im Mittelpunkt der Methode stehen Techniken, die systematisch aufeinander aufbauen und eine sukzessive Umsetzung des Vorgehensmodells ermöglichen. Die Ergebnisse der Techniken sollten in Ergebnisdokumenten abgebildet werden (Gutzwiller 1994, 12ff.). Ergebnisdokumente halten die Resultate mittels Darstellungen, Tabellen und Grafiken fest. - Steuerungsmodell Das Steuerungsmodell integriert die Aktivitäten, die beteiligten organisatorischen Instanzen als Aufgabenträger und die Art bzw. Häufigkeit der Unterstützung. Oftmals in der Literatur als Rollenmodell bezeichnet, zeigt es die Zuordnung von Aktivitäten zu Rollen auf. Eine Rolle kann von einer Geschäftseinheit oder einem einzelnen Mitarbeiter besetzt werden. Sie beschreiben, wer in einer bestimmten Projektphase involviert ist. Ausschlaggebend hierbei sind unter anderem zu treffenden Entscheidungen und das zur Erstellung der Ergebnisdokumente nötige fachliche Wissen.
K. Schneider, Modernes Sourcing in der Automobilindustrie, DOI 10.1007/ 978-3-8349-6524-0_6, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
144 6.2
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells Vorgehensmodell
6.2.1 Phasen des Vorgehensmodells Das Vorgehensmodell besteht aus den drei Phasen Unternehmensstrategie, Unternehmensplanung und Konzeption des fremdvergabespezifischen Outsourcingmodells. Abb. 36 zeigt den durchgängigen Prozess zur Herleitung eines Outsourcingmodells von der strategischen Ausrichtung des Unternehmens, über die Unternehmensplanung und konkreten Planung auf operativer Ebene bis zur finalen Managemententscheidung. Eine detaillierte Darstellung des Vorgehensmodells mittels Ereignisorientierten Prozessketten ist dem Anhang C zu entnehmen. Phase 1: Unternehmensstrategie
Definition externer Trends Definition Unternehmensstrategie Definition Unternehmensherausforderungen Definition Unternehmensanforderungen
Phase 2: Unternehmensplanung
Durchführung Marktsondierung
Definition Zielsystem Definition Anforderungsprofil
Risikoanalyse
Modellierung
Deltaanalyse
Lessons Learned
Phase 3: Konzeption des Outsourcingmodells
Durchführung Unternehmensplanung und Multiprojektplanung
Definition Unternehmens-/ Outsourcingleitlinien
Szenarioanalyse
Managementempfehlung
Abb. 36: Vorgehensmodell zur Erstellung eines Outsourcingmodellkonzepts für Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene (Quelle: Eigene Darstellung) - Unternehmensstrategie Die erste Phase bildet die Grundlage für die Unternehmensstrategie und dient zur Erklärung des Unternehmensumfelds. Zentrale Fragestellungen der Phase Unternehmensstrategie sind - Welche externen Einflüsse und welche internen Strategien treiben das Unternehmen? - Was sind die mittel- und langfristigen Herausforderungen des Unternehmens? - Wie kann das Unternehmen auf diese Herausforderungen reagieren? - Welche Unternehmens- und Outsourcing-Leitlinien lassen sich aus der Unternehmensstrategie ableiten?
Vorgehensmodell
145
Das Ergebnis der Phase liefert ein Framework an Rahmenbedingungen, an denen sich das Outsourcingmodell zu orientieren hat. Zudem wird die strategische Ausrichtung von Fremdvergaben und deren Beitrag zur langfristigen strategischen Unternehmenssicherung formuliert. - Unternehmensplanung Die Konkretisierung der Unternehmensstrategie erfolgt in der Unternehmensplanung. Hier wird den Fragestellungen nachgegangen: - Welche internen Entwicklungs- und Produktionskapazitäten stehen uns zur Verfügung? - Welche Fahrzeugmodelle und welche Leistungen kommen für eine Fremdvergabe in Frage? - Welche Leistungen können externe Anbieter übernehmen? Im Zentrum der Phasen Unternehmensstrategie und -planung befinden sich die Fragestellungen „Warum?“ und „Was?“ (siehe Tabelle 13). Zudem wird im Rahmen einer Marktsondierung die Anbieterkompetenz evaluiert und der Frage nach dem „Wer?“ nachgegangen. Die Ergebnisse beider Phasen dienen als übergeordneter strategischer Rahmen für die nachgelagerte Konzeption individueller Outsourcingmodelle. - Konzeption des Outsourcingmodells Die dritte Phase des Methodenansatzes beinhaltet die Konzeption des konkreten Outsourcingmodells. Die Phase beantwortet folgende Fragestellungen: - Wie sieht die Ausgestaltung des Outsourcingmodellkonzepts aus? - Wieviel kostet die Umsetzung des Outsourcingmodellkonzepts? - Wer bekommt den Outsourcingauftrag? - Ist das Outsourcingmodellkonzept konsistent und machbar? Beeinflusst durch die Ergebnisse aus der vorhergehenden Multiprojektplanung, der Marktsondierung und der Leitlinien-Definition werden Ziele und Anforderungen an das Outsourcingmodell gestellt. Die Partnerselektion auf Basis der Ergebnisse der Marksondierung wird mittels Fremdvergabeszenarien konkretisiert. Zur Betrachtung alternativer Soll-Szenarien bzw. zur Detaillierung der Varianten sind Iterationsschleifen im Vorgehensmodell vorgesehen. Aus dem iterativen Prozess in Phase 3 ergeben sich Lessons Learned, die als Outsourcingleitlinien in die Phase 1 zurückfliessen und für nachfolgende Outsourcingprojekte zur Verfügung stehen. Das Ergebnis der Konzeptionsphase endet mit einer Managemententscheidung über Bestätigung bzw. Ablehnung der Partnerempfehlung und über die Realisierung bzw. Nicht-Realisierung des Outsourcingvorhabens.
146
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
Adressierte Ebene Leitfrage
Strategisch
Strategisch
Strategisch/ Operativ
Operativ
Operativ
Warum? (Warum vergeben wir fremd?)
Was? (Was vergeben wir fremd?)
Wer? (An wen vergeben wir?)
Wie? (Mit welchen Prozessen und mit welcher IT wird die Fremdvergabe durchgeführt?)
Wieviel? (Was kostet die Fremdvergabe?)
Ergebnis
Übergeordneter strategischer Rahmen für eine zielorientierte Ableitung des Outsourcingmodells
Identifikation von outsourcing-fähigen Leistungen
Preselektion im Rahmen einer Marktsondierung; Partnerprofil und -bewertung zur Auswahl des Fremdvergabepartners
Einschätzung der operativen Umsetzung; Konzeption des Outsourcingmodells; Zielsystem Anforderungsprofil; Risikobewertung
Maßnahmenkonsolidierung; Projektplanung
Tab. 13: Leitfragen des Methodenansatzes (Quelle: Eigene Darstellung) Orientiert an der oben dargestellten Strukturierung und entwickelten Systematisierung werden wichtige Bestandteile des integrierten Methodenansatzes aus methodisch-instrumenteller Sicht beleuchtet. Das Vorgehensmodell aus Abb. 36 wird durch konkrete Techniken angereichert. Obwohl die Techniken einzeln anwendbar sind, folgen sie einer inhaltlichen Logik und sind aufeinander abgestimmt (z.B. Ableitung der Unternehmens-Leitlinien aus den strategischen Unternehmensgrundsätzen). Dennoch können einzelne Techniken (z.B. Risikoanalyse) durch andere Techniken im Falle eines höheren Verbreitungs- und Akzeptanzgrades im Unternehmen ersetzt werden. Eine Erweiterung der Methode durch zusätzliche Techniken ist unter der Bedingung der Integrationsfähigkeit in den Methodenansatz möglich. Um die Bedeutung der Ergebnisse aus den Phasen Unternehmensstrategie und -planung für die dritte Phase zur Konzeption des Outsourcingmodells näher zu bringen, zeigt Abbildung 37 den Zusammenhang der Zwischenergebnisse aus den einzelnen Prozessschritten. Dabei veranschaulicht die Abbildung einmal den Zusammenhang der Zwischenergebnisse, die sich direkt voneinander ableiten lassen (siehe Legende: Deduktion) und einmal, welche Zwischenergebnisse zwar Einfluss auf weitere Ergebnisse haben, jedoch nicht direkt vom vorherigen Ergebnis abzuleiten sind (siehe Legende: Einfluss).
Vorgehensmodell
147
Unternehmensstrategie Externe Trends
Unternehmensplanung Unternehmensherausforderungen
Multiprojekt-
Legende
planung
- Deduktion: - Einfluss:
Unternehmensstrategie
Unternehmens-
Partner-
anforderungen UnternehmensLeitlinien
OutsourcingLeitlinien
screening
Outsourcing-
Outsourcingmodell-Konzeption
anforderung
Leistung
Prozesse
Information
Applikation
Infrastruktur
Leistungs- und Verantwort.modell
Prozessmodell
ITInformationsmodell
ITApplikationslandschaft
ITInfrastrukturlandschaft
Detail-Leitlinien: - Leistung - Prozesse
Szenarien
- IT
1…n
Lessons Learned
Maßnahmen/
Management-
Risiken
Empfehlung
Vertrag
Abb. 37: Zusammenhänge der Zwischenergebnisse (Quelle: Eigene Darstellung) 6.2.2 Phase 1: Definition der Unternehmensstrategie Outsourcing hat sich an den strategischen Gesamtunternehmens- und Geschäftsprozesszielen zu orientieren und ein oder mehrere konkrete strategische Ziele zu unterstützen (Riedl 2003, 8). Der erste Schritt hierfür ist die Entwicklung eines strategischen Rahmenwerks, das als Grundlage für ein gemeinsames Verständnis für die strategischen Beweggründe einer Fremdvergabe dient. Hierzu bedarf es neben der Identifikation unternehmensexterner Einflussfaktoren und der Formulierung der Unternehmensstrategie, auch der Identifikation von Unternehmensherausforderungen und -anforderungen, deren Umsetzung im Rahmen der Multiprojektplanung zu konkretisieren ist. 6.2.2.1 Definition externer Trends Ausgangspunkt der Strategiephase ist die Umweltanalyse (Herbek 2000, 41ff.). Im Rahmen einer Informationsanalyse ist die Erfassung umfeldbezogener Daten, vorab der Erhebung unternehmensinterner Daten, notwendig. Die Basis zur Bestimmung der strategischen Grundausrichtung eines Unternehmens bildet die Identifikation externer Trends (ET). Die Ermittlung umfeldbezogener Daten dient dazu, aktuelle und zukünftig relevante Rahmenbedingungen eines Unternehmens zu identifizieren, die durch Veränderung ihres Zustands einen Einfluss auf die Strategie des Unternehmens darstellen (Müller-Stewens/Lechner 2003, 205). Das Unternehmensumfeld wird darauf analysiert, ob sich Chancen oder Risiken für Geschäftsfelder abzeichnen. Trends und zukünftige Marktentwicklungen sowie gesellschaftspolitische und soziokulturelle Aspekte fließen in die Unternehmensumfeldanalyse ein (Thommen/Achleitner
148
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
2003, 890ff.). Um das Suchfeld nach Trends möglichst offen zu halten, werden mit Hilfe einer metaplanbasierten Kartenabfrage die umfeldbezogenen Einflussfaktoren erfasst. Das Kategorisierungsschemata unterstützt dabei, die Vielzahl an Einflussfaktoren zu ordnen. Denkbar ist eine Kategorisierung externer Trends gemäß den Ausprägungen - wirtschaftlich - technologisch - sozio-kulturell und - ökologisch (Ulrich 2001, 169f.). Beispiele externer Einflussfaktoren sind: - Zunehmende gesellschaftliche Orientierung/Bewusstsein für Umweltschutz - Zunehmende Umweltauflagen, gesetzliche Auflagen - Steigende Haftungs- und Gewährleistung für Automobilhersteller - Zunehmende Volatilität der Käufermärkte - Zunehmende Volatilität/Risiken auf den Kapital- und Rohstoffmärkten (Schwankungen Fremdwährung, Zinsschwankungen, steigende Rohstoffpreise) - Sättigungstendenzen auf den Triadenmärkten - Zunehmender Kosten- und Preisdruck durch zunehmenden Wettbewerb (Verdrängungswettbewerb im Premium- und Mittelklassesegment) - Kürzere Technologie- und Produktzyklen - Regulatorische Herausforderungen - Veränderungen und Konsolidierungstendenzen in der Zulieferindustrie Bei der Definition externer Trends ist darauf zu achten, dass das Suchfeld nach Interpretation, Abgrenzung und Konkretisierung der identifizierten Trends auf relevante eingeschränkt wird. Ergänzend hierzu werden die einzelnen Trends durch die Repräsentanten der Strategiestellen hinterfragt, ergänzt oder gestrichen (weitere Ausführungen siehe Kapitel 6.3.2.1). Eine abschließende Diskussion der Ergebnisse sorgt für die Akzeptanz der erstellten Liste an externen Trends. Die Auswahl umfeldbezogener Einflussfaktoren dient im Zusammenhang mit der Unternehmensstrategie zur Ableitung der Unternehmensherausforderungen (UH). 6.2.2.2 Definition Unternehmensstrategie Die Unternehmensstrategie dient zur Generierung von unternehmerischen Erfolgspotenzialen, zur Verbesserung der Wettbewerbssituation und zielt auf Wettbewerbsvorteile ab (Picot/ Reichwald/Wigand 2003, 523). Die Strategie kann entsprechend der organisatorischen Ebene nach Unternehmensgesamt-, Geschäftsbereichs- und Funktionsbereichs- bzw. Fachbereichsstrategie differenziert werden. Dabei gibt die Unternehmensgesamtstrategie die generelle Entwicklungsrichtung des gesamten Unternehmens für Wachstum, Stabilisierung und Schrumpfung an. Die Geschäftsbereichsstrategie dient zur Konkretisierung der Unternehmensgesamtstrategie für die einzelnen Produkt-Markt-Bereiche, um Wettbewerbsvorteile, z.B. durch Preis- und Leistungsführerschaft, zu erreichen. Mit dem höchsten Konkretisierungsgrad setzt die Funktionsbereichsstrategie direkt an der operativen Umsetzung an. Sie gewährleistet, dass alle Unternehmensfunktionen, wie Forschung, Entwicklung, Einkauf, Produktion, Vertrieb und IT, mit ihrer jeweiligen Strategie einen Beitrag zur Unternehmensstrategie liefern (Hiller 2002, 51f.). Die Entwicklungs-, Produktions- und Einkaufsstrategiestellen legen durch die Definition der Kerneigenleistungsstrategie die erste Restriktion für die Ausgestaltung der Fremdvergaben fest. Da die Komplementarität der eigenen Leistungen mit denen des Auftragnehmers zu si-
Vorgehensmodell
149
chern ist, geben die Kerneigenleistungsstrategien der Unternehmensbereiche erste Anhaltspunkte für die Leistungsschnittstellen mit externen Dienstleistern. Im Rahmen der Formulierung der Kerneigenleistungsstrategie treten Kernkompetenzen und -prozesse eines Unternehmens in den Mittelpunkt der Betrachtung, auf die sich die Unternehmensaktivitäten zukünftig konzentrieren (Prahalad/Hamel 1990). Die Konzentration auf Kernkompetenzen und Spezialisierung erfolgt auf Basis der Evaluierung, inwiefern Leistungen aus der Wertschöpfungskette vor dem Hintergrund einer belastbaren Kosten-/Nutzenanalyse und dem Kriterium der Einmaligkeit erstellt oder extern bezogen werden. Stärken des Unternehmens - Qualität - Kosten - Zeit
hoch
niedrig
make or buy Supportleistung
make Kernkompetenz
buy Outsourcing
make or buy Supportleistung
niedrig
Differenzierung Hinsichtlich der Konkurrenz
hoch
Abb. 38: Make-or-Buy-Matrix (Quelle: Osterloh/Forst 1998, 215) Die Unternehmens-, Geschäfts- und Funktionsbereichsstrategien werden in sogenannten strategischen Grundsätzen des Unternehmens festgehalten, die beispielhaft wie folgt formuliert werden können: -
-
-
-
Das Unternehmen bringt sich zukünftig vermehrt in strategische Wertschöpfungspartnerschaften ein und fördert den Ausbau des Partnernetzwerkes sowie die Weiterentwicklung des Wertschöpfungsgefüges mit Partnern. Zur Stärkung der Markenreputation werden markenspezifische Kernkompetenzen, Integrationskompetenzen, Qualitätsprozesse und der Ausbau des Händler- und Servicenetzes verstärkt. Alle Elemente der Organisation (Prozesse, Kompetenzen, Mitarbeiter- und Managementweiterentwicklung, Strukturen, Unternehmenskultur, Werte, etc.) orientieren sich an der Strategieausrichtung und an der Zielsetzung des Unternehmens. Die Nachhaltigkeit wird durch eine ganzheitliche, effiziente und effektive Ausrichtung gewährleistet. Auf der Basis von klaren Vereinbarungen findet eine effektive, effiziente und ausgerichtete Zusammenarbeit zwischen Prozesspartnern in Partnernetzwerken statt. Die Mitarbeiter
150
-
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells im Partnernetzwerk nutzen ihr ausgezeichnetes Verständnis über Zusammenhänge, Ziele und Positionen der beteiligten Partner. Das Unternehmen verfügt über eine IT, deren Strategie sich aus der Unternehmensstrategie ableitet und unterstützt die Geschäftsaktivitäten auf eine maximale Art und Weise. Die gesetzlichen Anforderungen werden in den strategischen Grundüberlegungen berücksichtigt.
6.2.2.3 Definition Unternehmensherausforderungen und -anforderungen Aus den strategischen Unternehmensgrundsätzen und den externen Trends werden die wichtigsten Herausforderungen abgeleitet, die auf das Unternehmen mittel- bis langfristig zukommen werden: -
Beherrschen des anspruchsvollen Käufermarkts: Besetzung zusätzlicher Marktnischen durch neue Modelle Beherrschen der zunehmenden Modell- und Variantenvielfalt: Abbildung der erhöhten Variantenanzahl in den Entwicklungs-, Produktions- und Logistikprozessen Beherrschen der zunehmenden Marktvolatilität: Flexibilisierung der Entwicklungs- und Produktionskapazitäten aufgrund von Nachfrage- und Volumenschwankungen Förderung von Innovation und Technologie: Einsatz neuer Technologien zur Stärkung der wettbewerbsdifferenzierenden Produkteigenschaften. Förderung des Wertschöpfungsnetzwerkes: Berücksichtigung des Strukturwandels in der Zulieferindustrie und dahingehende Weiterentwicklung des Partnernetzwerkes
Im Rahmen eines Workshops der strategischen Unternehmensstellen gilt es die strategischen Unternehmensherausforderungen (UH) zu formulieren und auf Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit hin zu überprüfen. In einem weiteren Schritt werden die UHs konkretisiert. Am Beispiel der Unternehmensherausforderung „Beherrschen des anspruchsvollen Käufermarkts“ wird aufgezeigt, wie eine Detaillierung der UH anhand der Ausprägungen Grund, Scope, Wirkung und Metrik aussehen kann: - Grund (Steigerung des Umsatzes bzw. des Angebotsvolumens) - Scope (Produktoffensive, um das Angebotsvolumen im Segment Kleinwagen zu steigern) - Wirkung (Produktoffensive, um das Angebotsvolumen im Segment Kleinwagen zu steigern; daraus werden höhere Margen erzielt) - Metrik (im Segment Kleinwagen werden 5 neue Modell über einen Zeitraum von 3 Jahren auf den Markt gebracht; der Margenanstieg wird mit 25% angegeben) Den Wirkzusammenhang zwischen den strategischen Grundsätzen aus den strategischen Unternehmensgrundsätzen (US) bzw. den externen Trends (ET) und den Unternehmensherausforderungen (UH) wird anhand einer Kreuztabelle veranschaulicht (siehe Abb. 39).
Ausbau Marktanteil
Kompetenzausbau
Fokussierung Kernkompetenzen
US-3
US-4
*
Zeit- und Wertschöpfungsorientierung
UH-3 Zunahme der Volumenvolatilität
US-2
*
US-1
*
ET-09 Steigende Nachfrage im Kleinwagensegment
UH-2 Zunahme der Variantenanzahl
ET-08 Zunehmende gesetzliche Vorgaben
*
ET-07 Zunehmender internationaler Wettbewerb
ET-03 Steigende Marktrisiken
*
Konsolidierte Unternehmensherausforderungen (UH)
ET-06 Schneller Technologie- und Innovationszyklus
ET-02 Steigende Haftungsansprüche
UH-1 Zunahme der Komplexität des Endproduktes
Kreuztabelle Unternehmensstrategie und Externe Trends zu Unternehmensherausforderungen
ET-05 Kosten- und Preisdruck
151
Konsolidierte Externe Trends (ET) und Unternehmensstrategien (US)
Vorgehensmodell
*
*
*
*
*
*
*
* * *
*
*
UH-4 Profitables Wachstum Integration / Nutzung des Know-Hows von Partnern UH-5 und Lieferanten
*
UH-6 Kompetenzmanagement
*
UH-7 Beherrschung der Markrisiken
*
Gewährleistung der Compliance und gesetzliche UH-8 Richtlinien Legende:
* *
*
*
*
*
*
*
*
*
*
wirkt auf * kein Wirkzusammenhang
Abb. 39: Kreuztabelle Unternehmensstrategie und Externe Trends zu Unternehmensherausforderungen (Quelle: Eigene Darstellung) Anschließend sind die Unternehmensanforderungen (UA) aus den Unternehmensherausforderungen abzuleiten. Die Unternehmensanforderungen sind Reaktionsmuster des Unternehmens auf zukünftige Herausforderungen. Zudem zeigen die Unternehmensanforderungen auf, welchen Beitrag das Unternehmen zur Sicherung des mittel- bis langfristigen Unternehmenserfolgs zu liefern hat. Zugrunde liegt die zentrale Fragestellung „Was müssen wir tun, um den zukünftigen Unternehmensherausforderungen zu begegnen?“. Als Beispiele für Unternehmensanforderungen sind aufzuführen: - Die markenprägenden Produkteigenschaften sind weiterzuentwickeln und die emotionale Nutzung des Produktes sollte gestärkt werden. - Aufgrund des volatilen Käufermarktes sind Entwicklung und Produktion flexibel zu gestalten, um auf kurzfristige Übernahmen von neuen Produktinhalten zu reagieren. - Die steigende Modell- und Variantenvielfalt ist zu bewältigen. - Innovationen werden durch externes Wissen oder durch Fokussierung auf Kernkompetenzen unterstützt.
152
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
-
UA-1 UA-2 UA-3 UA-4 UA-5 UA-6 UA-7 UA-8 UA-9 UA-10 UA-11 UA-12 UA-13 UA-14 UA-15 UA-16 UA-17 UA-18
Beherrschung Marktrisiken
Kompetenzmanagement
UH-7
UH-6
Profitables Wachstum
Zunahme der Volumenvolatilität
Zunahme der Variantenanzahl
Integration/Nutzung des Know-Hows von Partnern UH-5
UH-4
UH-3
UH-2
Unternehmensanforderungen (UA) Zunahme der Varianten Besetzung neuer Marktnischen Stärkung der markenprägenden Eigenschaften Effizientere Nutzung der Produktionsressourcen Ausgleich langfristiger Marktschwankungen Wandlungsfähigkeit Produktion Wirtschaftlichkeit von Fahrzeugprojekten Reduzierung der Gewährleistungskosten Behandlung der kürzen Entwicklungszyklen Steigerung der Kundenloyalität Steigerung bzw. Einhaltung Qualitätsanforderungen Potenziale der Lieferanten sind auszuschöpfen Produktivitätssteigerung durch Prozessverbesserung Maximierung des ROIs Förderung IT-Einsatz für Wettbewerbsvorteil Marktrisiken entgegenwirken Ausweitung der Kernkompetenzen Ausweitung des Know-How Kleinwagensegment Legende: wirkt auf * kein Wirkzusammenhang
UH-1
Kreuztabelle Unternehmensherausforderung (UH) zu Unternehmensanforderungen (UA)
Zunahme der Komplexität des Endproduktes
Produktionsprozesse sollten flexibel auf Veränderungen (Volumen, Varianten, Prozesse) reagieren. Analog der Definition der Unternehmensherausforderungen sind die Unternehmensanforderungen zu eruieren und nach Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit zu bewerten. Den Wirkzusammenhang zwischen Unternehmensherausforderung und Unternehmensanforderung wird wiederum in einer Kreuztabelle in folgender Abbildung aufgezeigt:
* * * * * *
* *
*
* * * *
*
* * * * * *
* * * *
* * * *
* * * * * * * * * * *
* *
* * * * * * * * * *
* * * * * * * * * * * *
* *
* * * * * *
* *
Abb. 40: Kreuztabelle U-Herausforderungen zu U-Anforderungen (Quelle: Eigene Darstellung) Sowohl die Ableitung der Unternehmensherausforderungen aus der Unternehmensstrategie und der externen Umfeldanalyse als auch die Ableitung der Unternehmensanforderungen aus den Unternehmensherausforderungen stehen in Abhängigkeit zueinander und können nicht isoliert betrachtet werden. Beispielsweise ergeben sich aus der Unternehmensstrategie (US-01 „Ausbau Marktanteil“) und dem Externen Trend (ET-05 „Kosten- und Preisdruck“) konkrete Herausforderungen für das Unternehmen im Bereich Lieferantenmanagement (UH-5 „Integration/Nutzung des Know-hows von Partnern und Lieferanten“). Daraus ergeben sich wiederum Anforderungen an das Unternehmen (UA-4 „Effizientere Nutzung von Produktionsressour-
Vorgehensmodell
153
cen“ oder UA-17 „Ausweitung von Kernkompetenzen“), die zu erfüllen sind, um externe Entwicklungstendenzen oder interne strategische Stoßrichtungen langfristig zu bewältigen. 6.2.2.4 Definition Unternehmens- und Outsourcing-Leitlinien Generell wird unter dem Begriff „Leitlinien“ Rahmenbedingungen und Restriktionen verstanden. Dabei sind Rahmenbedingungen gegebene Aspekte, die einen erwarteten Einfluss auf die Lösung haben, während Restriktionen Einschränkungen und Vorgaben darstellen, die zwingend zu beachten sind (Brugger 2002, 114f.). Leitlinien, denen in einem Unternehmen nachzukommen ist, können verschiedenen Kategorien zugeordnet werden (siehe Abb. 41). Produktbezogene Rahmenbedingungen •Einhaltung Qualitätsstandards •Bandbreite an Variantenanzahl •Modell-Kompatibilität •Erforderliche Modularität
IT-bezogene Rahmenbedingungen
Personalbezogene Rahmenbedingungen
•Vorgaben Identitymanagement •Vorgaben Informationsschutz •Vorgaben Datenschutz •Standardisierungsgrad
•Ausbildung der Mitarbeiter •Kapazitäten/Verfügbarkeit •Leistungswille/-fähigkeit •Anreizsysteme
Projektbezogene Rahmenbedingungen
Unternehmensbezogene Rahmenbedingungen
•Firmenspezifische Genehmigungsverfahren •Projektportfolio-Abstimmungen •Budgetvorgaben/Zeitdauer
•Dokumentenstandards •Wirtschaftlichkeitsvorgaben •Leitbild/Unternehmensstrategie •Programmverpflichtungen
Rechtsbezogene Rahmenbedingungen
Entwicklungsbezogene Rahmenbedingungen
•Gesetzliche Regelungen •Vorschriften, Verordnungen •Vorgeschriebene Standards •Steuern, Zölle
•Verwendung Methoden •Vorgeschriebene Dokumentation •Vorhandene Entwicklungssys. •Konstruktionsvorgaben
Branchenbezogene Rahmenbedingungen •Wettbewerbsumfeld •Branchenübliche Richtwerte •Vorgaben von Institutionen •Standardisierungsvorgaben
Abb. 41: Framework an übergeordneten Unternehmens-Leitlinien (Quelle: Eigene Darstellung) Unternehmens-Leitlinien (UL) lassen sich aus den strategischen Unternehmensgrundsätzen ableiten. Outsourcing-Leitlinien gelten wiederum als Unterkategorie von UnternehmensLeitlinien (siehe Abbildung 42). Neben den Rahmenbedingungen, die einen Einfluss auf Outsourcingmodelle haben, beschreiben sie die Umwelt, in die sie sich einzuordnen und an zupassen haben.
154
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
Die Differenzierung erfolgt in explizite und implizite Outsourcing-Leitlinien: - Explizite Outsourcing-Leitlinien Explizite Outsourcing-Leitlinien sind Leitlinien, die sich aus Unternehmens-Leitlinien ableiten lassen und in offiziellen Dokumenten fixiert sind (z.B. Dokumentationsrichtlinien, Methodenstandards). - Implizite und erfahrungsbasierte Outsourcing-Leitlinien Implizite Outsourcing-Leitlinien sind Leitlinien, die sich aus Unternehmens-Leitlinien nicht unmittelbar ableiten lassen und implizit im Unternehmen verankert sind (z.B. Kommunikationsstil, Diskussions- und Streitkultur, kognitive und soziale Kompetenzen, Umgang mit externen Mitarbeitern). Zu den impliziten Outsourcing-Leitlinien zählen auch erfahrungsbasierte Outsourcing-Leitlinien, die auf Erfahrungswerten vergangener Fremd-vergaben beruhen. Weiterhin werden Outsourcing-Leitlinien konkretisiert und in die Kategorien Leistungs- und Verantwortungs-Leitlinien, Prozess-Leitlinien und IT-Leitlinien eingeordnet: Unternehmens-Leitlinien -Komponenten sind zur funktionalen Struktur von Fahrzeugprojekten zu verwenden. -Gesetzliche Richtlinien und Vorgaben sind zu erfüllen. -Kontinuierliche Verbesserung der Kernkompetenzen. -Bestmögliche Ausnutzung von Synergieeffekten des Produktionsnetzwerkes. -Gewährleistung markenspezifischer Produktmerkmale.
Deduktion
Outsourcing-Leitlinien Explizite Outsourcing-Leitlinien -Gesetzliche Richtlinien und Vorgaben sind zu erfüllen. -Kernkompetenzen werden nicht an Dienstleister ausgelagert. -Dem Prinzip der Variantenvielfalt ist in der Fremdvergabe folge zu leisten. -Reduzierung der Komplexität des Outsourcingmodells in der Konzeption -Die Informations- und Datenschutzrichtlinien sind einzuhalten. Implizite oder erfahrungsbasierte Outsourcing-Leitlinien - Berücksichtigung von Kultur, Werten und Grundprinzipien. -Größtmögliche Akzeptanz innerhalb des Unternehmens. -Maximale Reduzierung des Abhängigkeitsverhältnisses zum Partner. -Interner Erhalt des Know-How über die Anfrage- und Auswahlprozesse. Deduktion
Leistungs- und Verantwortungs-Leitlinien -Minimierung der Anzahl an Leistungsschnittstellen. -Kerneigenleistungen werden nicht ausgelagert.
Deduktion
Prozess-Leitlinien -Maximale Leistungserstellung in Partner-Prozessen. -Rahmen für maximale Akzeptanz von Partnerprozessen schaffen.
Deduktion
IT-Leitlinien -Daten- und Informationsschutzvorgaben sind -Die Kommunikation verläuft nur verschlüsselt.
Abb. 42: Ableitung von Outsourcing-Leitlinien (Quelle: Eigene Darstellung) Outsourcing-Leitlinien sind nicht speziell auf ein Outsourcingmodell zugeschnitten, sondern unabhängig vom konkreten Fremdvergabefall formuliert. Dabei geben die Leitlinien die grundlegende Richtung der Fremdvergaben an. Die Outsourcing-Leitlinien dienen als Leitplanken bzw. Restriktionen für die Konzeption des Outsourcingmodells. Da Leitlinien als
Vorgehensmodell
155
Argumentationsbasis für fundamentale Fragestellungen wie z.B. Regeln, Restriktionen, Werte, Unternehmenseigenschaften oder Anforderungen an alle zukünftigen Fremdvergaben dienen, garantieren sie eine konsistente Entscheidungsbasis. Zudem unterstützen sie das Ziel, Grundsatzdiskussionen und Fehlentscheidungen zu vermeiden. Da strategische Unternehmensgrundsätze einer inhärenten Dynamik unterliegen, sind Outsourcing-Leitlinien veränderbar. Daher sollten Outsourcing-Leitlinien nicht zu detailliert oder zu generisch formuliert werden. Ihre Gültigkeit sollte bei jeder Anwendung erneut hinterfragt werden. Da sich ein Teil der Anforderungen an das Outsourcingmodell aus den OutsourcingLeitlinien ableiten lassen, ist im Vorfeld eine Auswahl an Outsourcing-Leitlinien zu treffen, die in der Konzeption zum Tragen kommen. Damit sich die Anforderungen innerhalb von Rahmenbedingungen befinden, empfiehlt sich die ständige Überprüfung der Anforderungen anhand der ausgewählten Outsourcing-Leitlinien. Die Outsourcing-Leitlinien orientieren sich an keiner institutionalisierten Unternehmenshierarchie, sondern basieren auf Unternehmenswerten, die für jedermann im Unternehmen, unabhängig von seiner Position, zu akzeptieren sind.
6.2.3 Phase 2: Unternehmensplanung Die vorherige Phase Unternehmensstrategie hatte die Auflistung an externen Trends, die Unternehmens- und Outsourcing-Leitlinien sowie die strategischen Unternehmensgrundsätze als Ergebnisse. Zudem wurden die Herausforderungen, denen sich das Unternehmen für die nächsten Jahre zu stellen hat, sowie die Anforderungen an das Unternehmen zur zukünftigen Bewältigung der Herausforderungen, ermittelt. Die Phase Unternehmensplanung zielt mit Hilfe einer mittel- bis langfristigen Unternehmensplanung darauf ab, die Ergebnisse aus der Phase Unternehmensstrategie zu konkretisieren. Ein Abgleich der Multiprojektplanung für Fahrzeugprojekte und des Unternehmensplans geben Aufschluss über fremdvergabefähige Entwicklungs- und/oder Produktionsumfänge. Parallel zur Unternehmens- und Multiprojektplanung wird der Anbietermarkt nach potenziellen Partnern für Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene sondiert. 6.2.3.1 Unternehmens- und Multiprojektplanung Wie die Unternehmensanforderungen aus der Phase Unternehmensstrategie im Unternehmen in Zukunft umgesetzt werden, ist Inhalt der Unternehmens- und Multiprojektplanung. Als Basis dient die langfristige Unternehmensplanung als strategisches Planungsinstrument des Unternehmens, die sowohl qualitative als auch quantitative Zielsetzungen des Unternehmens beinhaltet. Dabei umfasst der Planungszeitraum die folgenden 6-12 Geschäftsjahre. Im Fokus der langfristigen Unternehmensplanung steht die Erfassung und Planung zukünftiger interner Ressourcen (u.a. Budget, Personal, Fläche) der jeweiligen Fachbereiche (u.a. Entwicklung, Produktion, Einkauf, Vertrieb). Die Multiprojektplanung dient zur Umsetzung der Unternehmensstrategie. Hier werden identifizierte Fahrzeugprojekte bewertet und die Auswahl von Projekten in der Projektlandschaft strukturiert (Hiller 2002, 41). In der Multiprojektplanung sind alle zukünftigen Fahrzeugprojekte in einem Projektportfolio erfasst, die bis zu einem definierten Zeitpunkt entwickelt bzw. produziert werden sollen. Im Projektportfolio werden alle zeitlich begrenzten, inhaltlich und ressourcenspezifisch abhängigen sowie organisatorisch eindeutig zuteilbare Fahrzeugprojekte gebündelt. Die durchgängige Ableitung und Genehmigung von Fahrzeugprojekten ausgehend aus der Unternehmensstrategie bildet dabei die theoretische Basis für die Zusammenstellung
156
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
des effektivsten Projektportfolios (Campana et al. 2005, 18). Der Fahrzeugsteckbrief mit den grundsätzlichen Eckdaten des Fahrzeugprojektes sowie der Business Case dienen als Grundlage zur Bewertung einer unternehmensinternen Leistungsbereitstellung. Als Business Case wird ein „[…] Szenario zur betriebswirtschaftlichen Beurteilung einer Investition, in welchem Annahmen über die Kosten des Projektes und die erwarteten Erträge getroffen werden, um Aussagen über den Return on Invest oder die Amortisationszeit des Projekts machen zu können.“, verstanden (Burghardt 2006, 656). Durch die Beschreibung der Vernetzung zu anderen Projekten werden Synergie- und Konfliktpotenziale aufgezeigt. Die langfristige Unternehmensplanung, insbesondere die Kapazitäten in Entwicklung und die Auslastung der Produktionsstätten für die nächsten Jahre, im Vergleich zu den benötigten Ressourcen laut Multiprojektplanung, zeigen die Ressourcendefizite zur Realisierung von Fahrzeugprojekten auf. Identifizierte Abweichungen sind hinsichtlich ihrer Ursachen und Folgen für Unternehmensplanung und für die Multiprojektlandschaft zu bewerten (Hiller 2002, 27). Auf Basis der Bewertung sind Maßnahmen zur Reduzierung der Abweichungen zu ergreifen. Neben der Option der projektübergreifenden Optimierung, z.B. durch Synergieeffekte in Entwicklungsprojekten oder projektübergreifende Investitionen, ist die Möglichkeit der Fremdvergabe von Entwicklung und/oder Produktion von Fahrzeugprojekten zu beleuchten. Um Fahrzeugprojekte aus dem Projektportfolio, die für eine Fremdvergabe von Entwicklung und/oder Produktion grundsätzlich nicht in Frage kommen, zu identifizieren, werden sie anhand von Ausschlusskriterien, wie z.B. hoher Identifikationscharakter für OEM-Mitarbeiter hoher Technologieanteil hoher Anteil Neuteile hohe strategische Bedeutung hoher Anteil an markenspezifischen Eigenschaften bewertet. Anschließend erfolgt ein Abgleich zwischen den identifizierten fremdvergabefähigen Fahrzeugmodellen und den Ergebnissen aus der Marktsondierung (siehe Kapitel 6.2.3.2). Aus dem festgelegten Partnerpool werden 2-3 Anbieter für eine weitergehende Analyse zur Partnerauswahl nominiert. Die Einschränkung der Partneranzahl ist aufgrund der hohen Kosten für den Anfrage- und Verhandlungsprozess empfehlenswert. Zum Abschluss der Phase Unternehmensplanung wird vom Management ein Untersuchungsauftrag zur Evaluierung konkreter Fremdvergabeszenarien und zur Auswahl eines Fremdvergabepartners für das identifizierte fremdvergabefähige Fahrzeugmodell vergeben. 6.2.3.2 Marktsondierung Die im Rahmen der Marksondierung durchgeführten Due Diligence ergibt eine Auswahl an potenziellen Partnern, die nach Einschätzung des OEM verschiedene Fremdvergabeszenarien auf Gesamtfahrzeugebene bewältigen können. Ziel der Due Diligence ist es, auf Makroebene eine qualitative Gesamtaussage pro Partner über verschiedene Bewertungsbereiche (u.a. Kompetenzen Entwicklung, Kompetenzen Produktion, Referenzprojekte, Finanzen) zu erhalten. Somit erfolgt eine projektunabhängige Bewertung potenzieller Anbieter anhand eines Bewertungsschemas. Anschließend werden die vorselektierten Anbieter für den Partnerpool des OEM vorgesehen. Die konkrete Partnerauswahl erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt nach Erteilung des Untersuchungsauftrags durch das Management.
Vorgehensmodell
157
Zur Informationsgewinnung für die Marktsondierung kann zuerst auf offizielle Datenquellen in Form von Internetseiten, Jahresabschlussberichten, Presse etc. zurückgegriffen werden. Da mittels der Sekundärforschung nur eine oberflächliche Betrachtung des Zulieferers möglich ist, ist auf eine Primärerhebung im Rahmen von Vor-Ort-Besuchen zurückzugreifen. Dies kann durch gezielte Befragung von Führungs- und Fachkräften anhand eines vordefinierten Kriterienkataloges, durch Besichtigungen der Entwicklungs- und Produktionsstätten oder durch Kennenlern-Workshops erfolgen. Um eine qualitative Gesamtaussage mit Vergleichscharakter zu erhalten, werden die Partner anhand gleicher Kriterien und Kriterienausprägung (z.B. Schulnotensystem, Ampelsystem) bewertet. Zur Abbildung einer Gesamteinschätzung je Anbieter werden die Bewertungskriterien inhaltlich-logisch in Bewertungsbereiche zusammengefasst. Die Definition der Einzelkriterien ist prinzipiell von den Anforderungen der Fachbereiche abhängig. Dabei können zwei grundlegende Kategorien von Bewertungsbereichen unterschieden werden. Einmal in Bewertungsbereiche, die die übergeordneten Unternehmensmerkmale der Anbieter wie Strategie, Finanzen, Kultur und IT beinhalten (siehe Abbildung 43). Des Weiteren in Bewertungsbereiche, die die Kriterien zur fachlichen Beurteilung der Integrations-, Entwicklungs-, Produktions- und Steuerungskompetenzen der Anbieter adressieren (siehe Abbildung 44). Das Bewertungskriterium Strategie bewertet unter anderem die strategische Ausrichtung des Anbieters, um die Möglichkeit einer strategischen Partnerschaft zu eruieren. Hierzu sind auch die Abhängigkeiten von anderen OEMs, Investoren oder Muttergesellschaften, die Auswirkungen auf eine strategische Partnerschaft haben könnten, zu untersuchen. Aufgrund der Investitionsintensität von Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene ist die Finanzkraft der Anbieter (z.B. Ertragslage, Kapitalstruktur) von Bedeutung. Eine Analyse der IT als Business-Enabler ist unumgänglich. Die IT gilt sowohl als Indiz für die Flexibilität des Anbieters auf Prozessänderungen des OEM als auch für den Implementierungsaufwand und -dauer der Fremdvergabe. In die Bewertung der Anbieter fließen auch Erfahrungen vergangener Projekte zwischen OEM und den Anbietern ein („Welche Projekte wurden mit dem Partner bisher durchgeführt und wie verliefen diese?“). Des Weiteren geben die Angaben zu bisherigen Referenzprojekten mit anderen OEM einen Einblick, mit welchen Fremdvergabepartnern der Anbieter bereits zusammen arbeitete. Zudem kann daraus entnommen werden, welche Fremdvergabeumfänge er in der Vergangenheit bewältigte („Mit welchen anderen Unternehmen wurden welche Outsourcingmodelle bereits realisiert?“) Des Weiteren haben vorteilhafte Eigenschaften der Anbieter, wie z.B. Rechtsstaatlichkeit, Krisensicherheit, Fördermöglichkeiten (z.B. Forschungsförderungen, Strukturförderungen), Steuervorteile (z.B. Mineralölrückvergütung) oder Schutzrecht durch vorhandene Patente und Lizenzen einen positiven Effekt auf deren Endbewertung. Die Kriterien zur fachlichen Bewertung der Anbieter werden in die Bewertungsbereiche Entwicklung, Produktion und Logistik eingeteilt und werden von den entsprechenden Fachstellen geliefert und bewertet.
158
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
BewertungsBewertungsfaktoren Cluster
Bewertung
Cluster IT
Cluster Finanzen
Cluster Referenz-projekte
Partner1 Vergangene/aktuelle Projekte Komplexität Projekte Anzahl Projekte Auftraggeber Projekstatus Projektdauer Strategische Ausrichtung Langfristige Ausrichtung Marktstellung Kultureller Fit Kultur Fremdvergabefähigkeit Flexibilität Organisation U-Größe Organisationsstruktur Standortverteilung Prozessstruktur Ertragskraft Umsatzrendite Zukunftsperspektive Kapitalstruktur Eigenkapital Kurzfristige Liquidität Standardisierung Datenformate/-typen Interfaces IT-Architektur Open source code Security Mandantenfähigkeit Datenschutz IT-Systeme Flexibilität Usability/Funktionalität IT-Infrastruktur Architektur/ Administration IS/IT Organisation Erfahrungen IT-Anbindung Größe IT-Organisation IT-Landschaft Komplexität Abhängigkeiten Useranzahl Heterogenität
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Legende: kritisch ŷ Abb. 43: Bewertungsschemata 1/2 zur Marktsondierung (Quelle: Eigene Darstellung)
Vorgehensmodell
Cluster Logistik
Cluster Kompetenzen Produktion
Cluster Kompetenzen Entwicklung
BewertungsBewertungsfaktoren Cluster
Fachkompetenzen Methoden-Know-How Konzeptentwicklung Konstruktion Design/Styling Antrieb/Fahrwerk Karosserie Elektrik/Elektronik Qualitätssicherung Änderungsmanagement Interior/Ausstattung Testing/Absicherung Prototypenbau Produktdatenmanagement Abbildung markenspezifischer Eigenschaften Lieferantensteuerung Integrationskompetenzen Geometrische Integration Funktionale Integration Integration Gesamtfahrzeug Produktion Rohbau Oberfläche Montage Umformen Logistik Produktionsplanung Rohbau Montage Logistik Versuchsfahrzeug Montage Logistik Anlaufkompetenz Qualitätssicherung Logistikstrategie Aufbauorganisation Materialsteuerung JIT-/JIS-Steuerung Logistikkosten Logistik IT Materialfluss Logistikplanung Fahrzeugdistribution
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Bewertung Partner1
Partner2
Partner3
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Legende: kritisch ŷ Abb. 44: Bewertungsschemata 2/2 zur Marktsondierung (Quelle: Eigene Darstellung)
160
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
Zunächst sind die Einzelkriterien je Bewertungsbereiche zu bewerten. In einem weiteren Schritt werden die Ergebnisse der Bewertungsbereiche zusammengefasst. Abschließend werden die Anbieter dahingehend bewertet, für welches Outsourcingmodell sie als Fremdvergabepartner in Frage kommen würden (siehe Abbildung 45). In Verbindung mit einer kurzen Zusammenfassung der Schwächen und Stärken der Partner ergibt dies die Abschlussbewertung. Anhand der Abschlussbewertung kann im Falle eines konkreten Untersuchungsauftrages für eine Fremdvergabe eine Auswahl an 2-3 Anbieter genannt werden, die für eine detaillierte Analyse in Frage kommen. ŷ
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Logistik
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Referenzprojekte
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Entwicklung und Produktion
Strategie Finanzen IT Stärken
Leadfahrzeug Derivat Komplexe Systeme
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- Orderflexibilität ausgebaut - Ertragslage Finanzstruktur stabil - Positive /Erfahrungen
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- Vergleichbare Referenzproj. - Hohe Integrationskompetenz - Cultural Fit gegeben
- Vergleichb. Referenzpro. - Cultural Fit gegeben
Schwächen
- Fach- Kritische kompetenzen Auftragslage Karosserie Produktion - Methoden- Unklare Know-How CAD- Besitzverhäl. Konstruktion - Abhängigkeiten - Sicherheitsaspekte IT
- Rechtliche und finanzielle Abhängigk.zur Konkurrenz
Legende:
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Partner tendenziell geeignet
Partner bedingt geeignet,
Partner ist nicht zu empfehlen
Abb. 45: Bewertungsschemata potenzieller Outsourcingmodelle(Quelle: Eigene Darstellung)
Vorgehensmodell
161
6.2.4 Phase 3: Erstellung des Outsourcingmodellkonzepts Nachdem die Phasen Unternehmensstrategie und -planung das Grundgerüst der Methode darstellen, bildet die Phase zur Konzeption des Outsourcingmodells auf Gesamtfahrzeugebene den Kern der Methode. Die beiden ersten Phasen werden unabhängig einer konkreten Ausprägung einer Fremdvergabe durchgeführt. Daher unterliegen die Ergebnisse aus den ersten beiden Phasen einer gewissen Stabilität. Im Vergleich hierzu, ist das nachfolgend beschriebene Vorgehen flexibel auf das geplante Fremdvergabevorhaben anzuwenden. 6.2.4.1 Definition Zielsystem Ein an den Unternehmensinteressen ausgerichtetes Handeln setzt ein vordefiniertes Zielsystem voraus. Nach Ulrich (1970, 105) beschreibt ein Zielsystem eine Gesamtheit von Einzelzielen, die untereinander unterschiedliche Beziehungskonstellationen aufweisen. Das Zielsystem der Fremdvergabe bezieht sich auf die Frage „Was wollen wir erreichen und wie vermitteln wir die Ziele dem Partner?“. Da es sich bei Outsourcing nicht um eine Einzelhandlung, sondern um ein Maßnahmenbündel handelt, das auf das Unternehmen unterschiedlich Einfluss ausübt (Hendrix/Abendroth/Wachtler 2003, 23f.), gilt es die Ziele der Fremdvergabe zu hinterfragen. Daher geht der Anfertigung eines Zielsystems eine Selbstprüfung voraus. Den Bedarf der Fremdvergabe wird anhand der Situationsanalyse aus der Unternehmensstrategie und aus der Unternehmensplanung ermittelt. Hier hat sich das Zielsystem der Fremdvergabe an den strategischen Gesamtunternehmens- und Geschäftsprozesszielen zu orientieren (Riedl 2003, 8). Zudem zeigt die Unternehmensplanung auf, dass eine Realisierung des Fahrzeugprojektes mit der internen Ressourcen- und Wertschöpfungsausgangslage nicht effektiv erreicht werden kann. Als Mittel zur Kompensation der internen Ressourcenund Wertschöpfungslücken kommt es zu einer Außenorientierung (Kraege 1997, 93). Somit werden die Inputgrößen für den Zielfindungsprozess sowohl aus dem Ressourcenplan als auch aus der strategischen Unternehmensausrichtung geliefert. Im Gegensatz zur klassischen Unternehmenstheorie, die den Zielfindungs- und Zielbildungsprozess unter der Prämisse widerspruchsfreier Unternehmensziele betrachtet, sieht ihn die moderne Organisationsforschung als einen Prozess, an dem viele organisatorische Instanzen mit heterogenen Zielvorstellungen beteiligt sind (Cyert/March, 1992, 30ff). In der Netzwerktheorie wird von einer mehrdimensionalen Zielausrichtung unter Netzwerkbeteiligten gesprochen (Wildemann 1998, 24). Im Verlauf des Zielbildungsprozesses sind unterschiedliche Zielvorstellungen soweit in Einklang zu bringen, dass deren Konsequenzen auf die strukturelle und prozessuale Gestaltung der Fremdvergabe so weit wie möglich kongruent sind. Die Zielselektion kann auf zwei verschiedene Arten erfolgen. Zum einen können die Ziele aus einem bereits bestehenden Zielkatalog abgeleitet werden (als Beispiel siehe hierzu im Anhang B den Zielekatalog für OEMs). Die Vorgehensweise beschränkt den Zielbildungsprozess auf die Selektion eines geeigneten Zielkatalogs und daraus ausgewählter Einzelziele. Zum anderen wird in einem offenen Zielbildungsansatz unter Zuhilfenahme von Kreativitätstechniken, die Ziele aus einem aktiven Analyse- und Reflexionsprozess heraus erarbeitet (Wohlgemuth 2002, 140). Dieser Ansatz erscheint vor dem Hintergrund eines multipersonellen und heterogenen Zielbildungsprozesses vorteilhaft. Somit wird ein gemeinsames Verständnis über Ziele und Maßnahmen für ihre Erreichung in der Umsetzung entwickelt. Die Akzeptanz der gesetzten Ziele wird dadurch gefördert. Der Nachteil darin besteht, dass Problematiken in der Zielfindung und -bildung zu langwierigen Diskussions- und Entscheidungsprozessen führen können.
162
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
Prinzipiell ist zu Beginn des Zielbildungsprozesses ein gemeinsames Verständnis über den Auftrag zur Untersuchung der Fremdvergabe seitens der Unternehmensleitung bzw. über seinen Inhalt und Zweck herzustellen. Aus der Auftragsformulierung lassen sich bereits wichtige Diskussionspunkte für die Zielfindung und -bildung ableiten. Für die Spezifikation der Ziele sind im Wesentlichen drei Zielkategorien zu erstellen (Wohlgemuth 2000, 142): - Leitziele: Globale Zielvorstellungen prägend für den gesamten Lebenszyklus der Fremdvergabe (z.B. gemeinsame Produktentwicklung auf Basis bestmöglicher Ausnutzung von Komplementärressourcen) - Basisziele: Strategische Oberziele der Fremdvergabe (z.B. Entlastung interner Ressourcen, Erschließung neuer Kompetenzen) - Vorgehensziele: Operative Ziele zur Ermittlung von Maßnahmen zur Unterstützung von Basiszielen (z.B. Verkürzung der Entwicklungszeiten, Reduzierung der Prozessverlagerung zum Partner) Im Anschluss sind die Vorgehensziele mit Kennzahlen zu versehen. Die Kennzahlen dienen der Erfolgsmessung der Fremdvergabe und kommen entweder in regelmäßigen Abständen während der Fremdvergabe oder gegen Fremdvergabeende zum Einsatz. Im Vorfeld der Kennzahlenbildung ist festzustellen, ob die am Anfrage- und Auswahlprozess beteiligten organisatorischen Instanzen über einen identischen Kennzahlenkatalog verfügen und auch in der Lage sind, die für die Kennzahlenbildung benötigten Daten bereit zu stellen.
6.2.4.2 Herleitung der Outsourcinganforderungen Als Anforderung wird „[…]eine Fähigkeit oder Voraussetzung, Erwartung, Forderung, Bedingung, Eigenschaft, die ein System (Software, Prozess, Maschine, Person, etc.) erfüllen oder besitzen muss, um einen Vertrag, eine Norm oder ähnliches zu erfüllen.“ verstanden (Hodel/Berger/Risi 2006, 65). Die Quellen für Anforderungen an das Outsourcingmodell, im Folgenden als Outsourcinganforderung (OA) genannt, sind vielseitig: Partnerscreening Auf Basis des Partnerscreenings im Rahmen der Marktsondierung konnte eine grobe Evaluierung funktionaler und nicht-funktionaler OEM-Anforderungen an potenziellen Partnern vorgenommen werden. Die konsolidierten Ergebnisse der Anforderungsbewertung und das Stärken-/Schwächenprofil je Partner fließen in die Anforderungsdefinition mit ein. Outsourcing-Leitlinien Outsourcing-Leitlinien werden dahingehend überprüft, ob sie in der Fremdvergabe zum Tragen kommen und werden als Anforderung an das Outsourcingmodell formuliert. Multiprojektplanung Die aus den Unternehmensherausforderungen deduzierten Unternehmensanforderungen werden hinsichtlich Umsetzungspotenzial und Ressourcenabdeckung in der Unternehmens- und Multiprojektplanung überprüft. Die Gegenüberstellung der zukünftigen Ist- und SollWertschöpfung und des Ist- und Soll-Ressourcenplans des OEM gibt Aufschluss über weitere Outsourcinganforderungen. Abb. 46 zeigt die Herleitung der Outsourcinganforderungen aus den vorhergehenden Schritten Unternehmensplanung und Unternehmensstrategie.
Vorgehensmodell
163 ET09 Steigende Nachfrage im Kleinwagen-Segment
US2 Ausbau Marktanteile
UH02
UH04
Variantenvielfalt
Profitables Wachstum
UA01 Zunahme der Varianten um xy%
UA18 Ausweitung Know-How Kleinwagen-Segment
Ja
Unternehmensplanung (Multiprojektplanung) Können diese Anforderungen intern erbracht werden?
Nein
Auftrag Untersuchung Fremdvergabe
Keine Fremdvergabe
Ja
Ergeben sich aus den Unternehmensanforderungen Implikationen für das Outsourcingmodell?
Nein
Ableitung Ziele, Anforderungen an das Outsourcingmodell
OA11 Know-How-Transfer Kleinwagen-Segment
OA02 Gewährleistung Variantenvielfalt
Abb. 46: Ableitung der Outsourcinganforderungen Quelle: (Eigene Darstellung) In einem weiteren Schritt werden die Outsourcinganforderungen in das Kategorisierungsschema bestehend aus den Kategorien Leistung/Verantwortung Prozesse und IT (Information, Applikation, Infrastruktur) eingeordnet (siehe Abb. 47). Aufgrund der Abhängigkeiten zwischen den Anforderungskategorien ergeben sich aus der Diskussion einer Anforderung weitere Anforderungen anderer Kategorien, die umgehend schriftlich fixiert werden. Die Anforderungen werden zwischen den einzelnen Kategorien solange vorwärts- und rückwärts durchgespielt, bis sich ein vollständiges Anforderungsprofil ergibt. Durch die Detaillierung der Anforderungen können sich neue Anforderungen ergeben, die in den Anforderungskatalog als eigener Anforderungspunkt mit aufgenommen werden. In einem abschließenden Bewertungsschritt erfolgt eine Überprüfung, ob das Anforderungsprofil voll-
164
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
ständig und in sich stimmig ist. Hierbei ist auf die Verständlichkeit und Widerspruchsfreiheit der Anforderungen zu achten. Grundsätzlich gilt, dass - Anforderungen sich nicht widersprechen dürfen, - Anforderungen die Ziele unterstützen sollten. - Anforderungen in die gesetzten Rahmenbedingungen passen sollten. Anforderungen, die keiner Kategorie zuzuordnen sind, gelten als übergeordnete Anforderungen, wie z.B. Anforderungen an den finanziellen Rahmen der Fremdvergabe oder notwendige interne Kapazitätsentlastung. Abbildung 48 zeigt die Vervollständigung des Anforderungsprofils anhand der Outsourcinganforderung OA02 Gewährleistung der Variantenvielfalt, die aus den Unternehmensherausforderungen UA18 Ausweitung Know-how im Kleinwagensegment und UA01 Zunahme der Varianten abgeleitet wurde. Es wird veranschaulicht, welche Anforderungen sich für die drei Ebenen Leistung/Verantwortung, Prozesse und IT aus der OA02 ergeben und wie sich durch das Vorwärts- und Rückwärtsspielen der Anforderungen zwischen den drei Ebenen, das Anforderungsprofil vervollständigen lässt.
Aktuelle Bereitstellung der Variantendaten Redundante Datenhaltung Übergreifende Planungs- & Optimierungsmechanismen Verwendung Produktdokumentationssysteme xy Archivierung von Aufträgen aufgrund gesetzlicher Vorgaben - Nachvollziehbare Änderungen in der Variantendokumentation - Compliance-Richtlinien sind einzuhalten - Mandantenfähigkeit der Systeme ist zu gewährleisten
OA02
Gewährleistung Variantenvielfalt
IT
-
Prozesse
- OEM-Prozess für Variantenmanagement wird verwendet - Übergreifende Variantenplanung möglich - Konfiguration des Endproduktes wie bei interner Erstellung - Durchgängiger Freigabe- und Änderungsmanagementprozess
Leistung Verantwortung
- Auslagerung der Leistung Variantenmanagement - Partner übernimmt die Verantwortung der Leistungserstellung - Leistung wird so erstellt wie bei interner Erstellung - Unterstützung der Variantensteuerung für Sonderausstattungen durch OEM
Abb. 47: Kategorisierungsschemata für Anforderungen (Quelle: in Anlehnung an Fugmann et al. (1999, 252); Frank (1994, 170); Österle/Blessing (2000, 77); Ferstl/Sinz (1995, 212)) Das Anforderungsprofil wird unter Zuhilfenahme folgender Fragestellungen erstellt: - Leistung/Verantwortung (Kernfragen: Was? Wer?) Unter Leistungen werden Ergebnisse eines (Geschäfts-)prozesses verstanden. Leistungen sind materieller oder immaterieller Natur und können an interne oder externe Kunden eines Prozesses geliefert werden (Österle 1995, 52).
Vorgehensmodell
165
Leistungsumfang Welche Leistungen werden vom Partner erwartet? Welche Leistungen können vom Partner auf Basis der Ergebnisse der Due Diligence voraussichtlich nicht erbracht werden? In welchen Fällen kommt die Einbindung eines Drittanbieters in Betracht? Wie sehen die Leistungsschnittstellen aus? Welche Leistungen werden von uns erbracht? Welche Kerneigenleistungen haben wir? In welchen Bereichen und in welchem Umfang sollen durch die Fremdvergabe interne Kapazitätsengpässe kompensiert werden? Welche Gründe sprechen gegen eine Leistungserstellung durch den Partner? Gilt es markenspezifische Eigenschaften (objektive versus subjektive Eigenschaften eines Fahrzeugs, Garantie der Abbildung markenprägender Eigenschaften) abzubilden? Gilt es Besonderheiten der Gesamtfahrzeugintegration (Komplexität der Systemintegration und mögliche Wechselwirkungen der Systeme, z.B. E/E-Störungen) zu berücksichtigen? In welchem Umfang liegen unternehmensspezifische Leistungen vor und werden aufgrund Kerneigenleistungs-strategie nicht zum Partner ausgelagert? - Leistungsmerkmale Wie hoch ist der Grad der Spezifität der Leistungen? Wie komplex sind die Leistungen? Wie hoch ist der Grad der Modularisierung und der Standardisierung der Leistungen? Wie hoch ist der Grad der Mehrfachverwendung von Leistungen? Wie sieht es mit der Kompatibilität von fahrzeugmodellübergreifenden Leistungen aus? - Leistungsverantwortung Für welche Leistungen kann der Partner die Verantwortung übernehmen? Für welche nicht bzw. inwiefern sind potenzielle Konflikte hinsichtlich Verantwortungsübernahme durch den Partner identifizierbar? Inwieweit kann eine maximale Verantwortungsübernahme des Partners erreicht werden? Inwiefern schränkt das Prozessmodell den Partner ein, die Verantwortung für die Leistung zu tragen? Inwiefern schränkt das IT-Modell den Partner ein, die Verantwortung für die Leistung zu tragen? - Ort der Leistungserstellung/-integration Wie groß ist die geographische Reichweite der Partner? An welchem Standort wird die Gesamtintegration des Fahrzeugs realisiert? - Leistungsdokumentation Wie soll das Leistungs- und Verantwortungsmodell dokumentiert werden? Bis zu welcher Detaillierungsebene soll das Leistungs- und Verantwortungsmodell dokumentiert werden? Kann die Erbringung der Leistungen nachgehalten werden? Wer überprüft die Änderungen in dem Leistungs- und Verantwortungsmodell? Prozesse (Kernfrage: Wie?) Prozesse zielen darauf ab, Aufgaben zu erfüllen und umfassen mehrere unterschiedliche Bearbeitungsschritte. Dazu benötigen bzw. integrieren sie Abteilungen, Mitarbeiter und Ressourcen. Prozesse erzeugen und verarbeiten Informationen und unterliegen ihrer Steuerung. Sie orientieren sich am Ergebnis oder am Ziel (Eversheim/Bochtler/Laufenberg 1995, 43). Prozessdefinition und -durchführung Sind die Inhalte der OEM- und Partnerprozesse klar (Klärung, welche Prozesse welche Arbeitspakete und Synchronisationspunkte beinhalten)? Welcher Prozess wird verwendet? Wer führt den Prozess durch? Wer verantwortet welchen Prozess? Dabei wird unterschieden in Definition und Durchführung des Prozesses liegt in der Verantwortung des OEM,
166
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
Definition und Durchführung des Prozesses liegt in der Verantwortung des Partners, Definition des Prozesses liegt in der Verantwortung des OEM, die Durchführung beim Partner, Definition des Prozesses liegt in der Verantwortung des Partners, die Durchführung beim OEM und Definition und Durchführung des Prozesses liegt bei beiden Partnern. Aus der Festlegung Prozessdefinition und -durchführung lassen sich Implementierungsaufwände für die zukünftige gemeinsame Prozesslandschaft ableiten. Bei den ersten zwei Fällen kann davon ausgegangen werden, dass es zu keiner Prozesstransformation kommt und jeder in seinen Prozessen arbeiten wird. Lediglich Prozessschnittstellen müssen geklärt werden. Bei Fällen, in denen Definition und Verantwortung der Prozesse unterschiedlich bei OEM oder Partner lokalisiert sind, gilt es im nächsten Schritt Umfang und Kosten der Prozesstransformation zu eruieren. Wird ein Prozess von OEM und Partner definiert und durchgeführt, ist mit weiterem Koordinations- und Kommunikationsaufwand zwischen OEM und Partner zur Abstimmung des gemeinsamen Prozesses zu rechnen. Wie im vorhergehenden Fall ist hier der Implementierungsaufwand des unternehmensübergreifenden Prozesses zu erheben. Prozessintegrität Gibt es kritische Prozessschnittstellen und Abhängigkeiten in der Wertschöpfungskette? Sind Abhängigkeiten zu vor- oder nachgelagerten Prozessen zu berücksichtigen? Gibt es Abhängigkeiten zu Prozessen, die parallel zum Outsourcingprozess laufen (z.B. Berücksichtigung fahrzeugmodellübergreifende Plattform- oder Baukastenstrukturen), zu berücksichtigen? Prozesskomplexität Wie komplex sind die Prozesse (z.B. Anzahl und Art der Aktivitäten, Anzahl Schnittstellen zu benachbarten Prozessen)? Prozessdokumentation Wie und in welcher Granularität sind die Prozesse dokumentiert? Inwiefern gibt es Bedarf der Prozessdokumentation? Sind sowohl die Prozesse als auch die Begrifflichkeiten klar beschrieben und lassen keinen Interpretationsspielraum? Was ist die Projektsprache? Sind Übersetzungen notwendig und versteht darunter jeder das Gleiche? Prozessgranularität Bis zu welchem Detaillierungsgrad sollen OEM-Prozesse zur Leistungserstellung beim Partner vorgegeben werden? Prozesstransformation Inwiefern es möglich ist, den OEM-Prozess zum Partner zu transformieren? Wie hoch ist die Prozessspezifität? Welche Auswirkungen hat die Transformation auf die Organisation des Partners? IT (Kernfrage: Wie?) Das IT-Anforderungsprofil lässt sich wiederum aus den Kategorien Leistung/Verantwortung und Prozess ableiten. Die Kategorie IT umfasst sowohl die Information, Applikationen und IT-Infrastruktur:
Vorgehensmodell
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Information Welche Datenobjekte werden für den Informationsaustausch benötigt? Wie sieht der Datenfluss aus? Wer liefert die Daten und wer benötigt die Daten? Wann und wie oft werden diese benötigt? In welchem Format sollten die Daten vorliegen? Applikation Welche Applikation unterstützen den Prozess? Steht die Applikation zur Verfügung? Wie steht die Applikation zur Verfügung (Web Service, proprietäres System, Portalzugang, etc.)? Wer stellt die Applikation zur Verfügung? Wie sehen die Service Level Agreements aus? Welche sonstigen Anforderungen müssen die Applikationen erfüllen (z.B. IT-Security, Compliance Rules, Softwarestandards, Portalfähigkeit)? Infrastruktur Welche Anforderungen werden an die IT-Infrastruktur von OEM und Partner (u.a. Netzwerk, Hardware) gestellt? 6.2.4.3 Modellierung Die Modellierung verfolgt die konzeptionelle Darstellung des Wertschöpfungsnetzwerkes und der drei Ebenen Leistung/Verantwortung, Prozesse und IT auf Makroebene. Die Darstellung auf Makroebene dient zur Analyse, Kommunikation, Dokumentation und zur Integration unterschiedlicher Anforderungen verschiedener Interessensgruppen. Die Makroebene bildet die Grundlage für eine weitere situative Feinplanung auf Mikroebene. Obwohl die Literatur viele Darstellungstechniken bietet (z.B. Metamodell, Klassen-, Objekt-, Sequenz-, Kollaborationsdiagramm, Prozesslandkarte, Wertschöpfungskettendiagramm), basieren nachfolgende Darstellungstechniken auf praktischen Erfahrungen aus Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene. Wertschöpfungsnetzwerk Die Darstellung des Wertschöpfungsnetzwerks liefert einen Überblick über die SubLieferanten und sonstiger Dritter (z.B. Forschungsinstitute), die eine Leistung im Gesamtkontext der Fremdvergabe erbringen. Zur Strukturierung des Wertschöpfungsnetzwerkes wird sich an der Lieferantenhierarchie (Tier-0,5, Tier-1, Tier-2, Tier-3) orientiert. Im Mittelpunkt der Darstellung stehen der Partner als Generalunternehmer mit fokaler Stellung und die SubLieferanten. Dabei verantworten die Lieferanten sowohl die Leistungsintegration als auch die Steuerung ihrer jeweiligen Sub-Lieferanten. Neben der Zuliefererhierarchie, dem zu erbringenden Leistungsumfang je Lieferant, werden die Beziehungsflüsse zur Erteilung eines Auftrags an die Sub-Lieferanten mittels Strukturgraphen modelliert (siehe Abb. 48). Das Modell dient zum besseren Verständnis der Gestaltungsmöglichkeiten und -restriktionen des Wertschöpfungsnetzwerkes, sowie zur Identifikation von Leistungsdefiziten, wie z.B. fehlende Spezialumfänge. Zudem erleichtert die Modellierung des Wertschöpfungsnetzwerks die Erstellung von Soll-Szenarien, z.B. die Einbindung neuer Lieferanten oder die Konzentration von Leistungen zur Erschließung von Synergieeffekten. Zudem können mit Hilfe der Modellierung des Wertschöpfungsnetzwerkes, Konfliktpotenzia25 le durch das sogenannte „By-Passing-Phänomen“ identifiziert werden (siehe Kapitel 4.3.3.2 Sub-Lieferantensteuerung). Ursache des By-Passing-Phänomens ist die fehlende Rechtsbeziehung zwischen Lieferant und Sub-Lieferant. Dabei sind Lieferanten, die befähigt sind, einen 25
Weiterführende Ansätze zum Management triadischer Beziehungskonstellationen siehe Girschik 2002, 151ff.
168
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
Auftrag an Sub-Lieferanten zu erteilen, nicht unmittelbar durch einen Vertrag miteinander rechtlich verbunden. Oftmals werden dem Partner die Sub-Lieferanten durch den OEM vorgegeben. Der Vertrag zur Leistungserbringung besteht dabei zwischen OEM und den SubLieferanten. Hierbei werden Konfliktfälle zwischen Partner und Sub-Lieferanten aufgrund der fehlenden rechtlichen Bindung am Partner direkt mit dem OEM geregelt. Kommunizieren OEM und Sub-Lieferanten am Partner vorbei, birgt dies das Risiko von opportunistischem Verhalten sowie Koordinationsproblemen und Effizienzverlusten in der Leistungserbringung. Zur frühzeitigen Identifikation von Konflikten in trilateralen Beziehungskonstellationen sollten sich folgende Fragen gestellt werden: Wer steuert die Sub-Lieferanten? Wer nominiert die Sub-Lieferanten? Wer unterschreibt die Sub-Lieferantenverträge? Im Zuge der Beantwortung der Fragestellungen werden zwei Strukturgraphen erstellt, die neben den Leistungsflüssen auch die Vertragsverhältnisse zwischen den Lieferanten aufzeigen. Abbildung 49 veranschaulicht auf der linken Seite die Steuerungsverantwortung der Lieferanten („Wer erteilt an wen einen Auftrag zur Leistungserstellung?“), während auf der rechten Seite das Vertragsverhältnis zwischen Sub-Lieferanten und OEM („Welcher Lieferant besitzt einen Vertrag mit dem OEM?“) aufgezeigt wird. Aus der Darstellung der Steuerungsverantwortung und der Rechtsbeziehungen zwischen den Lieferanten und OEM können Rückschlüsse auf potenzielle Konfliktquellen zwischen Partner und Sub-Lieferanten gezogen werden. L7 OEM
L6 L5
Generalunternehmer Gesamtintegration
L4
Lieferant2 Integration Frontend
Lieferant1 Integration Cockpit
Lieferant3 SI-Integration EE-Umfang
L10 L11 L12 L13
L19 L20 L21
L14 L15 L17 L18
L..
…
…
L..
…
L.. … …
…
Vertragsbeziehung zu OEM Akteur ohne Integrationsverantwortung Akteur mit Integrationsverantwortung Auftrag zur Bereitstellung der Entwicklungsleistung, Komponenten, Module, Systeme (nicht Vertragsbeziehung)
Abb. 48: Strukturgraph zur Identifikation von Konflikten in trilateralen Beziehungskonstellationen (Quelle: Eigene Darstellung)
Vorgehensmodell
169
Leistungs- und Verantwortungsmodell Die Erstellung des Leistungs- und Verantwortungsmodells (siehe Abb. 49) orientiert sich an den folgenden Fragestellungen: - Welche Gesamtleistung wird erwartet? - Welche Leistungspakete zur Erstellung der Gesamtleistung (z.B. Konzepterstellung, Entwicklungsleistung, Produktionsleistung) werden benötigt? - Welche Leistungen beinhalten die Leistungspakete (z.B. Fahrwerk, Änderungsmanagement, Antrieb)? - Wer verantwortet die Leistungspakete bzw. Einzelleistungen (OEM oder Partner)?
/HLVWXQJV XQG9HUDQWZRUWXQJVPRGHOO 0DQDJHPHQW
/HLVWXQJ[\ 3URMHNWPDQDJHPHQW /HLVWXQJ[\ 4XDOLWlWVPDQDJHPHQW /HLVWXQJ[\
,QWHJUDWLRQ
)DFKOLFK,QKDOWOLFKH (UVWHOOXQJ
)XQNWLRQDOH*HVWDOWXQJXQG,QWHJUDWLRQ ,QWHJUDWLRQ(( *HRPHWULVFKH*HVWDOWXQJXQG,QWHJUDWLRQ /HLVWXQJ[\ 'HVLJQ 3URGXNWVWUXNWXUbQGHUXQJVPDQDJHPHQW .RQVWUXNWLRQ /LHIHUDQWHQDXVZDKO /HLVWXQJ[\
(LQNDXI
/HLVWXQJ[\ /HLVWXQJ[\
3URGXNWLRQVWHFKQ ,QWHJUDWLRQ37,
)DEULNSODQXQJ /HLVWXQJ[\ /HLVWXQJ[\ ,QWHJUDWLRQ7HLOH $QODXISODQXQJ)DKU]HXJ /RJLVWLNSODQXQJ 9HUWULHE6HUYLFH
9HUWULHEXQG6HUYLFH
7HLOH =XEHK|U /HLVWXQJ[\
9HUDQWZRUWXQJ EHL2(0 9HUDQWZRUWXQJ EHL3DUWQHU *HPHLQVDPH 9HUDQWZRUWXQJ EHL3DUWQHUXQG 2(0
Abb. 49: Leistungs- und Verantwortungsmodell (Quelle: Eigene Darstellung) Die detaillierte Abbildung des Leistungs- und Verantwortungsmodells erfolgt in den Leistungsschnittstellen-Vereinbarungen. Abb. 50 zeigt Leistungsschnittstellen-Vereinbarungen, die aus den Fallstudien entnommen wurden.
170
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
Sie verdeutlichen, - ob und inwieweit die angebotenen Leistungen des potenziellen Partners mit den Leistungsanforderungen des OEM übereinstimmen. - ob die Leistungen im zukünftigen Angebot des Partners enthalten sind oder Leistungen noch aufgenommen werden müssen. - ob Differenzen zwischen den unterschiedlichen Angeboten erkennbar sind. Neben der Dokumentation von Verantwortlichkeiten je zu erbringender Leistung, wird festgelegt, welche Partei über Verlauf und Ergebnis der Leistungserbringung in Kenntnis gesetzt werden muss.
Leistungsschnittstellenvereinbarung Leistungsschnittstellen Datum: Einkauf Lieferantenauswahl Kaufteilemanagement Vertragsgestaltung Integration Geometrische Integration Funktionale Integration Integration Gesamtfahrzeug Produktionstechnische Integration Produktionsstrategie, Struktur/Fabrikplanung
Verantwortlichkeiten OEM Info
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Entwicklung
Generalunternehmer Info
Durchführung Verantwortung
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Planung, Realisierung, Freizeichnung Fertigungsprozess Absicherung Produkt/Prozess Anlaufplanung Fahrzeug Logistikplanung
Durchführung Verantwortung
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Konstruktion Bauteile Konfigurations- und Änderungsmanagement
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Absicherung
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x
Abb. 50: Dokumentation der Leistungsschnittstellen (Quelle: Eigene Darstellung) Prozessmodell Ausgehend vom Leistungs- und Verantwortungsmodell lassen sich im nächsten Schritt die von der Fremdvergabe betroffenen Prozesse in einem Prozessmodell abbilden. Die Ausgestaltung der Schnittstellen und die Zuständigkeit für die entsprechenden Prozesse kommt bei der Definition der gemeinsamen Prozesslandschaft eine zentrale Bedeutung zu.
Vorgehensmodell
171
Abbildung 51 zeigt beispielhaft eine Darstellung der unternehmensübergreifenden Prozesslandschaft. Die Darstellung hat ihren Ursprung in der Praxis und wurde bereits bei realen Fremdvergabeprojekten verwendet, um die prozessualen Abhängigkeiten zwischen Auftragnehmer und -geber aufzuzeigen. Wichtig hierbei ist die Unterscheidung zwischen Prozessdefinition und -verantwortung. Für genaue Erläuterungen zur Definition der Prozesslandschaft sei auf den Abschnitt „Prozesse“ im Kapitel 6.2.4.2 verwiesen. Hier werden die unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten von Prozessdefinition („Wer definiert den Prozess?“) und Prozessdurchführung („Wer verantwortet den Prozess?“) zwischen OEM und Zulieferer aufgezeigt. Je nach Ausprägung beider Merkmale lassen sich Implementierungsaufwände für die zukünftige gemeinsame Prozesslandschaft ableiten (siehe Kapitel 6.2.4.2). Die grafische Aufbereitung unterstützt die Konfiguration der Prozesslandschaft und die Identifikation von Wertschöpfungspotenzialen auf hoher Abstraktionsebene (Hofer et al. 2005, 12f.). Je nach Komplexität der Prozesse und je nach Klärungsbedarf zwischen OEM und Partner empfiehlt sich für tiefergehende Analysen eine Modellierung mit geringerem Abstraktionsniveau (z.B. ereignisgesteuerte Prozessketten (EPK), Business Process Modeling Notation (BPMN)).
Prozessmodell 3UR]HVV[\
Managementprozesse
Projektmanagement Prozessxy 3UR]HVV[\ 4XDOLWlWVPDQDJHPHQW
Integrationsprozesse
Prozessxy 3UR]HVV[\ 3UR]HVV[\ )XQNWLRQDOH*HVWDOWXQJXQG,QWHJUDWLRQ 6\VWHPJHVWDOWXQJXQG,QWHJUDWLRQ(( *HRPHWULVFKH*HVWDOWXQJXQG,QWHJUDWLRQ 3UR]HVV[\ 'HVLJQ
Fachlich/Inhaltliche Erstellungsprozesse
Konstruktion, Änderungsmanagement Prozessxy Prozessxy /LHIHUDQWHQDXVZDKO
Einkaufsprozesse
Definition und Verantwortung gemeinsam
Verantwortung u. Definition Partner
3UR]HVV[\
Prozessxy
3UR]HVV[\ 3UR]HVV[\
Verantwg. OEM Definition Partner
Fabrikplanung 3UR]HVV[\
Produktionstechn. Integration (PTI)
Prozessxy ,QWHJUDWLRQVSUR]HVV7HLOHLP3(3 $QODXISODQXQJ)DKU]HXJ
Verantw. Partner Definition OEM
Prozessxy
/RJLVWLNSODQXQJ
Vertriebs- und Serviceprozesse
9HUWULHE6HUYLFH
Prozessxy
Verantwortung u. Definition OEM
7HLOH =XEHK|U
Abb. 51: Prozessmodell (Quelle: Eigene Darstellung) IT-Modell Analog zur graphischen Darstellung der Prozesslandschaft liegt der Schwerpunkt bei Abb. 52 auf dem unternehmensübergreifenden IT-Modell. Das IT-Modell zeigt auf, wie die definierte Prozesslandschaft der Fremdvergabe durch die IT unterstützt werden soll. Nach der Abbil-
172
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
dung der unternehmensübergreifenden Informationsflüsse im Informationsmodell (z.B. Kontextdiagramm), wird durch die Anwendungsarchitektur der Frage nachgegangen, welche ITLösungen zum Einsatz kommen. Ausgehend vom Prozessmodell wird abgeleitet, ob ein OEM- oder ein Partner-System oder eine gemeinsame Schnittstelle zum Einsatz kommt (siehe Kapitel 6.2.4.2). Durch die Abbildung der Anwendungslandschaft lassen sich die Implementierungsaufwände ableiten. In einem weiteren Schritt kann eruiert werden, mit welcher Infrastruktur die Anwendungslandschaft betrieben wird. Aus der Systemarchitektur wird dann ersichtlich, welche Infrastrukturkomponenten (z.B. Betriebs- und Datenbankensysteme) und Gerätetypen bereitgestellt werden müssen.
Abb. 52: IT-Modell (Quelle: Eigene Darstellung) 6.2.4.4 Szenarioanalyse Die Szenarioanalyse ist ein Instrument, mit dessen Hilfe zukünftige Szenarien der Fremdvergabe bewertet werden können. Die Bewertung der identifizierten Fremdvergabeszenarien erfolgt durch eine Komplementaritätsanalyse aufgrund vorher definierter Outsourcinganforderungen. Abb. 53 zeigt exemplarisch einen Auszug aus einer Szenarioanalyse, der aus einem realen Fremdvergabeprojekt stammt.
Vorgehensmodell
173 S-01 1. Szenario
S-02 2. Szenario
S-03 3. Szenario
Kurzbeschreibung Partner Gesamtfahrzeugent Gesamtfahrzeugent Gesamtfahrzeugentwicklungspartner 1 wicklungspartner 2 wicklungspartner 3 Leistungsumfang
Erst-/Folgeprojekt Finanzielle Bewertung Bewertungsgrundlage Return on Investement Amortisationszeitraum Kosten (in Tausend Euro) Koordination/Monitoring Prozesstransformation Entsendungskosten Infrastruktur Implementierungszeitraum Komplementarität in % Max. erreichbare Summe Empfehlung Nr. OutsourcingAnforderung
Chassis, Body, Interior, Funktionale Integration, QualitätssicherungA bsicherung,
Chassis, Body, Interior, Gesamtintegration, E/E-Integration, SubLieferantennominieru ng
Logistik Serienteile, Qualitätssicherung, Absicherung, Freizeichnung, Änderungsmang.
Erstprojekt
Folgeprojekt
Folgeprojekt
EOBC 194% 2,2 Jahre
EOBC 79% 2 Jahre
EOBC 122% -
10 000 20 000 10 000 20 000 8 Monate 97 500 485 empfehlenswert
5 000 5 000 5 000 5 000 5 Monate
5 000 12 000 8 000 10 000 6 Monate
83 500 410 empfehlenswert
Rel. Gew.
Sc.
1
5
5
1
20
4
79 500 395 bedingt
Gew Rel. GeGew. Rel. Sc. X Sc. wicht X Sc. Gew.
Score
Gew. X Sc.
1
20
4
OA-001
IntegrationsKnow-How
OA-02
Varianten
0,75
4
3
0,75
3
2,25
1
5
5
OA-003
Einhaltung Produktion
0,75
4
3
0,75
4
3
0,75
3
2,25
OA-004
Einhaltung Ziele Kosten
1
5
5
1
4
4
1
4
4
OA-005
Einhaltung Datenschutz
0,75
3
2,25
0,75
3
2,25
0,75
3
2,25
OA-007
Prod.techn. Integration
0,75
4
3
0,75
3
2,25
0,75
3
2,25
Abb. 53: Auszug Szenarioanalyse (Quelle: Eigene Darstellung) Dabei wird zunächst das Fremdvergabeszenario beschrieben. Die Beschreibung umfasst neben den beteiligten Partnern den auszulagernden Leistungsumfang. Die aus Kapitel 6.2.4.2
174
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
identifizierten quantitativen und qualitativen Outsourcinganforderungen sind auf einer Punkteskala von 1-5 zu bewerten und mit einem Gewichtungsfaktor zu multiplizieren. Schließlich werden die vergebenen Punkte aufsummiert und als Ergebnis dargestellt. Die Details zu den Outsourcinganforderungen werden als Kommentare dokumentiert. Eine Vervollständigung der Szenarioanalyse erfolgt iterativ im Verlauf des Anfrage- und Verhandlungsprozesses. Kann zu einer Anforderung erst nach einer konkreten Anfrage beim externen Dienstleister eine Aussage gemacht werden, sollte vorerst auf eine Bewertung verzichtet werden. Abschließend werden mittels einer Konsistenzanalyse die Fremdvergabeszenarien überprüft, inwiefern sie in sich schlüssig sind. Ausgehend von der Szenarioanalyse erfolgt die Deltaund Risikoanalyse je Fremdvergabeszenario. 6.2.4.5 Delta-Analyse Ausgehend von der Szenarioanalyse erfolgt eine Delta-Analyse, in der die Abweichungen zwischen dem Soll- und Ist-Zustand der Outsourcinganforderungen (OA) systematisch herausgearbeitet werden. Aus der identifizierten Lücke zwischen Soll und Ist werden Maßnahmen zur Beseitigung des Defizits formuliert. Neben den potenziellen Auswirkungen auf die Fremdvergabe bzw. der ordentlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens werden Abhängigkeiten zu weiteren Anforderungen aufgezeigt. Anforderung OA-002: Abbildung der Variantenvielfalt Leistung
Prozess
Information
Applikation Infrastrukt.
Delta
Kompetenz Variantenmanagement beim Partner nicht vorhanden
Variantenmanagement beim Partner nicht etabliert -> Verlagerung mit Kosten verbunden Kein unternehmensübergreifender Prozess für Variantenabgleich Partner-OEM -> zusätzlicher interner Aufwand
Keine konsolidierten, zentral abrufbaren Varianteninformationen
Keine übergreifende Planungsapplikation Applikation nicht mandantenfähig
Einfluss auf die Fremdvergabe
Voraussetzung Variantenmanagement nicht gegeben
Investitionen seitens OEM Abhängigkeiten des Partners
Redundante Datenhaltung (Sicherheit)
Siehe Prozess Sicherheits relevante Aspekte
Etablierung unternehmensübergreifender Variantenmanagementprozess Analyse der Prozessabhängigkeiten (z.B. zum Änderungsmanagement- und Freigabeprozess)
Fachliche Auswahl der intern/extern benötigten Detailinformationen und kreieren der Informationsobj.
Etablierung der Applikationen bzw. Schnittstellen s.o. Überprüfen von Sicherheitskritischen Aspekten Aufbau übergreifender Produktdokumentation
Empfehlung
Kompetenzen Variantenmanagement des Partners überprüfen
Abhängig- Anforderung OA-012 keiten
Änderungsmanagement
Stammdatenrepository fehlt Backboneanbindung fehlt Arbeitsumgebung für OEMMitarbeiter vor Ort beim Partner
Anforderung OA-013 Abbildung flexibler Vertriebsprozess
Abb. 54: Auszug aus der Delta-Analyse aus Fremdvergabeszenario1(Quelle: Eigene Darstellung) Die identifizierten Maßnahmen aus der Delta-Analyse werden als zukünftige Arbeitspakete zusammen gefahren und nach inhaltlicher Korrektheit überprüft. Logisch zusammenhängende
Vorgehensmodell
175
Arbeitspakete werden zu größeren Aufgabenpaketen gebündelt und fließen in die spätere Projektplanung für die Implementierung der Fremdvergabe ein. Vorher gilt es, die Aufgabenpakete einer groben Aufwandsschätzung zu unterziehen. Zudem werden die Aufgabenpakete mittels Signifikanzbewertung nach Dringlichkeit und Wichtigkeit priorisiert. Zur Aufwandsschätzung werden in der Literatur zahlreiche Methoden aufgeführt (siehe Burghardt 2006, 156ff.). Während viele Methoden zur Aufwandsschätzung auf Formeln (algorithmische Methoden), formelmäßige Zusammenhänge (parametrische Methoden) oder Kennzahlen (Kennzahlenmethoden) beruhen, basieren andere in der Praxis gängige Methoden auf erfahrungsbasierte Datenvergleiche oder Expertenbefragungen. Welche davon zu wählen ist, hängt von der unternehmensspezifischen Methodenfestlegung ab. Die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Beurteilung der Aufgabenpakete werden im Laufe des Anfrage- und Verhandlungsprozesses angepasst und verfeinert. Schließlich fließt das finale Ergebnis als Kostenposition in die Managementempfehlung ein. Des Weiteren stellen die Aufgabenbündel die unterste Stufe des Projektstrukturplans zur Implementierung der Fremdvergabe dar. Neben der Zuordnung einer eindeutigen Identifikationsnummer wird in der Beschreibung Inhalt, verantwortliche Organisationseinheiten sowie Kostenträger festgelegt. Die anfängliche grobe Struktur wird im Laufe der Zeit ausdifferenziert, d.h. der Detaillierungsgrad des Projektstrukturplans nimmt zu (Burghardt 2006, 140). Der Projektstrukturplan wird in eine Projektablaufplanung (z.B. Netzplan, Balkenplan, Gantt-Diagramm) überführt, d.h. die Realisierung der Arbeitspakete wird mittels Prozessen, die einer zeitlichen Terminierung unterliegen, abgebildet (Bernecker/Eckerich 2003, 306). 6.2.4.6 Risikoanalyse Obwohl in der Literatur der Risikobegriff unterschiedlich verwendet wird und sich bislang keine einheitliche Definition durchgesetzt hat, orientieren sich viele Autoren über Risikomanagement an der zukunftsorientierten Betrachtung. Nach dieser Sichtweise beschreibt ein Risiko potenzielle Ereignisse in der Zukunft, deren Auswirkungen ein Unternehmen in seiner Zielerreichung oder in der planmäßigen Umsetzung seiner Strategien gefährden können (Blasius 2004, 53; Brühweiler 2003, 42). Eine speziell für Projektvorhaben formulierte Begriffsbestimmung findet sich in der internationalen Norm DIN IEC 62189 (Risikomanagement für Projekte), die ein Risiko als Kombination aus der Eintrittswahrscheinlichkeit eines bestimmten Ereignisses und den negativen Folgen für die Projektziele definiert (O.V. 2002a). Die nachfolgenden Erläuterungen orientieren sich an der Definition von Schmitting/Siemes (2003, 5f.), die Risiko als „[…] potenzielle, nachteilige Divergenz zwischen einer geplanten, für realisierbar erachteten zukünftigen Entwicklung (Vergleichsmaßstab) und der tatsächlichen zukünftigen Entwicklung“ sehen. Blasius (2004, 46) zeigt auf, dass sich projektbezogene Risiken hinsichtlich ihrer Ursachen gruppieren lassen. Basierend auf dieser Aussage werden die Risiken einer Fremdvergabe in Anlehnung an den Ansatz der politischen Ökonomie nach Zaldt (1968, 1970a) in folgende Kategorien eingeordnet: Exogene Risiken Exogene Risiken stellen Ereignisse im makroökonomischen Sinne dar, deren Eintritt negative Konsequenzen für das gesamte Wirtschaftssystem haben. Die Auswirkungen exogener Risiken beziehen sich auf die Gesamtheit aller Unternehmen. Ähnlich zur Identifikation von externen Trends können Risiken aus dem Bereich Makroökonomie weiter in wirtschaftliche,
176
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
sozio-kulturelle, ökologische und politische Risiken differenziert werden (siehe hierzu auch Kapitel 2.2.2). Endogene Risiken Endogene Risiken geben eine interne Sichtweise eines einzelnen Unternehmens im mikroökonomischen Sinne wieder. Die Ursachen eines Risikos sind ausschließlich innerhalb des Unternehmens zu sehen. Da endogene Risiken in allen Bereichen eines Unternehmens auftreten können, werden diese entsprechend ihres Entstehungsortes weiter in Geschäfts-, Projekt-, Leistungs-/Verantwortungs- und Prozess-/IT-Risiko sowie sozio-ökonomische Risikokategorien eingeordnet: Geschäftsrisiken Diese Kategorie beinhaltet Risiken, die sich durch die Fremdvergabe für das gesamte Unternehmen ergeben. Hierunter fällt beispielsweise die Gefahr, dass strategische Ziele nicht erreicht werden. Dabei sind die Auswirkungen der Risiken für ein Unternehmen nicht unbedingt durch eine einzige Fremdvergabe spürbar. Erst die gesamthafte Betrachtung aller Geschäftsrisiken mehrerer Fremdvergaben hinweg kann ein Risiko für das Unternehmen bedeuten (z.B. Imageschäden des OEM aufgrund Verschiebung des Markteinführungszeitpunktes eines Fahrzeugmodells, Abfluss von unternehmenskritischem Wissen). Projektrisiken Die internen und externen Projektrisiken resultieren in übergeordneten Projektrisiken, die monetäre und zeitliche Projektziele gefährden. Dabei können im Wesentlichen drei Fälle von Risiken unterschieden werden: Risiken aus dem unmittelbaren internen Fremdvergabeumfeld (z.B. kostspielige Programme oder gescheiterte Strategien des Auftraggebers) Risiken außerhalb des Einflussbereichs des Auftraggebers, z.B. Aufkauf des Partners durch Wettbewerber Risiken resultierend aus der Fremdvergabe, z.B. Informationsasymmetrien, drohende finanzielle Schieflage des Partners Leistungs- und Verantwortungs-Risiken Unter Leistungs- und Verantwortungsrisiken werden Risiken verstanden, die eine Leistungserbringung oder eine Verantwortungsübernahme durch den Partner aufgrund personeller oder physischer Defizite oder gefährden. Personelle Ressourcen werden hinsichtlich Verfügbarkeit, Erfahrung und Kompetenzen der Mitarbeiter für die zu erbringende Leistung beurteilt. Zudem erfolgt eine Risikobewertung, inwiefern der Partner die Verantwortung für die von ihm erbrachte Leistung vor dem Hintergrund des zugrunde liegenden Prozessmodells übernehmen kann. Letzten Endes sind auch juristische Risiken, wie z.B. die fehlerhafte Einklagbarkeit im Falle einer unzureichend oder nicht erbrachten Leistung aufzuführen. 26 Prozess- und IT-Risiken Auswirkungen der Leistungen auf die Prozess- und IT-Ebene und daraus entstehenden Risiken. Die Risiken werden fachbereichsspezifisch formuliert und bewertet.
26Zur systematischen Auswahl und Entwicklung von Steuerungsmaßnahmen bei IT-Risiken empfiehlt sich das Konzept der Risk Services von Schermann (2009).
Vorgehensmodell
177
Sozio-ökonomische Risiken Unter sozioökonomischen Risiken werden Risiken verstanden, die durch das Verhalten der Projektmitarbeiter induziert werden. Als Beispiel kann hier die aufkommende Unsicherheit von Mitarbeitern aufgrund unklarer Verantwortlichkeiten aufgeführt werden. Falls sozio-ökonomische Einflussfaktoren in eine Beharrungs- und Blockadehaltung übergehen, kann dies als Risiko für die Fremdvergabe gesehen werden (Claß 2005, 71ff.). Pro Fremdvergabeszenario gilt es nun die Risiken zu eruieren. Dabei sollte jedes Risiko einer Bewertung nach Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe unterzogen werden. Tabelle 14 zeigt exemplarisch potenzielle Risiken für das FremdvergabeszenarioI auf:
Risikokategorien
Risikofaktoren
Eintrittswahr-
Schadenshöhe
scheinlichkeit
Exogene Risiken
Wirtschaftliche, sozio-kulturelle, ökologische, politische Risiken
Endogene Risiken
Geschäftsrisiko
Projektrisiko
Leistungs- und Verantwortungs-Risiko
Prozess-/IT-Risiko
Sozio-ökonomische Risiken
Neue Bilanzierungsvorschriften Neue Umweltauflagen Regulierung in Kapitalmärkten Konsolidierung des Tier-0,5Zuliefermarktes Terroranschläge Know-how-Abfluss Verhandlungsnachteil des OEM in Folgeprojekten Marktrisiko des OEM (negatives Image) Nicht-Erreichung strategischer Ziele Verwässerung der Marke Nichterreichung von Zielen, Budget- und Zeitrahmen (z.B. Erreichung SOP) Mitarbeiterfluktuation beim Partner Insolvenz des Partners Risiko der Abhängigkeit Leistungsrückverlagerung zum Auftraggeber Risiko der unzureichenden Verantwortungsübernahme Nichterfüllung von Qualitätsanforderungen Risiko der eingeschränkten SubLieferantensteuerung Kosten der Prozesstransformation für Prozess Prototypenbau Kosten der Prozessentflechtung zwischen Entwicklung und Produktion Organisatorische Anpassungen beim Partner Mangelnde Akzeptanz neuer Projektstrukturen
Tab. 14: Beispielhafte Risikoanalyse für FremdvergabeszenarioI (Quelle: Eigene Darstellung)
178
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
6.2.4.7 Durchführung des Anfrage- und Verhandlungsprozesses Der Anfrage- und Verhandlungsprozess für Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene sollte in Form eines Konzeptwettbewerbs stattfinden und bereits frühzeitig in der Konzeptphase des Fahrzeugprojektes durchgeführt werden. Somit wird neben der kostenseitigen Betrachtung die Bewertung qualitativer Differenzierungsmerkmale und die optimale Nutzung des LieferantenKnow-how zur Leistungsverbesserung auf Seiten des Automobilherstellers ermöglicht (Appelfeller/Buchholz 2005, 69). Es ist zu beachten, dass bereits die Teilnahme an einem Konzeptwettbewerb für beide Seiten einen hohen Aufwand bedeutet und für den Lieferanten mit dem Risiko verbunden ist, innovatives Know-how an Wettbewerber weiterzugeben (Wildemann 2004, 46). Um Vertrauen aufzubauen, sind Geheimhaltungsvereinbarungen geeignet (Wildemann 2004, 29). Durch den Versand eines Letter of Intent mit entsprechenden rechtsverbindlichen Erklärungen kann sowohl die Geheimhaltung als auch ein strukturierter und fairer Prozess für Bewertung und Verhandlungsrunden definiert werden (Kurr 2002, 12). Im Vorfeld des Anfrage- und Verhandlungsprozesses sind Kriterien fest zu legen, die bei Nichterfüllung zum sofortigen Ausschluss des Anbieters von der Verhandlung führen. Beispielsweise war in FallstudieI die Auslagerung des Prototypenbaus aus Ressourcengründen unabdingbar. Anhand des Abgleichs der Anfrageunterlagen mit dem Angebot wurde ersichtlich, dass der Anbieter die Prototypenanfertigung nicht übernehmen konnte. Die Einbindung einer weiteren Fremdfirma kam nicht in Frage. Daher wurde eine Fortführung der Verhandlungsaktivitäten mit dem Anbieter nicht in Erwägung gezogen. Die Anfrageunterlagen beinhalten unter anderem das Konzeptmengengerüst, den Ziele- Leitlinien- und Anforderungskatalog, Lastenheft und die erste Version der Leistungsschnittstellenvereinbarungen. Die Anfrageunterlagen dienen als Orientierungsrahmen für die Kostenbewertung und als Basisinformation für die Anbieter. Da Anfrageunterlagen über einen längeren Zeitraum einem dynamischen Veränderungsprozess unterworfen sind und dies den Plausibilisierungsprozess sowohl für OEM als auch potenzieller Partner erschwert, ist auf deren Konsistenz zu achten. Nach einer ersten Anfrage, die durch Zusenden der Anfrageunterlagen erfolgt, wird ein entsprechendes Angebot von den Kandidaten erwartet. Ab Versenden der Anfrageunterlagen gilt eine für alle Kandidaten einheitliche gesetzte Frist zum Einreichen der Angebote. Die Angebotsstruktur sollte vom OEM definiert werden. Der vorgegebene Leistungs- und Kostenstruktur haben die Kandidaten bei der Angebotserstellung Folge zu leisten. Ansonsten ist eine Vergleichbarkeit der Angebote nicht gewährleistet. Zusätzlicher Klärungsbedarf zwischen den Akteuren wäre ansonsten die Folge. Des Weiteren gilt es, die Anlagen referenzierend auf OEM-interne und externe Richtlinien, Gesetzesvorgaben, Vorschriften, Normen, etc. vor Anfrage zu hinterfragen. Eine pauschale Vorgabe von Anlagen mit Referenzcharakter erhöht den Aufwand der Anbieter zur Erstellung eines Angebots. Die Ziele der Fremdvergabe müssen vor Angebotserstellung den Kandidaten kommuniziert werden. Davon hängt die generelle Ausrichtung der Angebote ab. Während im Fall der Zielvorgabe Kosteneinsparung das Angebot vor dem Hintergrund einer möglichst kostengünstigen Fremdvergabe erstellt wird, steht bei der Zielvorgabe Know-how-Transfer, die Identifikation von Innovations- und Technologiepotenzialen im Vordergrund.
Vorgehensmodell
179
Als Bewertungsgrundlage für die angebotenen Leistungspakete können sowohl bereits bewertete Standardleistungen als auch Leistungspakete vergangener Referenzprojekte dienen. Auf Basis dieser Daten werden die Leistungen gesichtet, plausibilisiert und monetär bewertet. Sind Unstimmigkeiten zwischen den Leistungs- und Kostenblöcken aus Anfrage und Angebot erkennbar, kann dies folgende Ursache haben: - Die Inhalte und Umfänge der in der Anfrage und im Angebot aufgeführten Leistungspakete stimmen nicht überein. - Die Kostenstruktur der Kandidaten kann nicht auf die angefragten Leistungspakete des OEM übertragen werden. - Das Angebot beruht vorerst auf Annahmen, da die Anfrageunterlagen nicht vollständig oder die angefragten Leistungsinhalte und -umfänge für den Partner nicht nachvollziehbar sind. Um diese Unstimmigkeiten vor Angebotsabgabe zu klären, wird den Partnern die Gelegenheit gegeben, ihre Fragestellungen bis zu einem definierten Stichtag schriftlich an den OEM zu richten. Diese werden gebündelt, von den Fachbereichen beantwortet, zentral koordiniert und allen Kandidaten zur Verfügung gestellt. Somit wird ein gleicher Informationsstand für alle potenziellen Partner gewährleistet. Vorteilhaft ist, die Fragestellungen der Partner für nachfolgende Verhandlungen in einer Datenbank abzulegen. Die Detaillierung des Anforderungsprofils (Leistung/Verantwortung, Prozess und IT) und der Delta-, Szenario- und Risikoanalyse erfolgt während der Verhandlungsphase im Rahmen von Workshops, Anbieterpräsentation oder Vor-Ort-Besuchen. Die in der Unternehmensplanung durchgeführte Due Diligence diente lediglich der projektunabhängigen Identifikation potenzieller Partner, während nun eine detaillierte projektabhängige Bewertung vollzogen wird. Insbesondere ist zu überprüfen, ob die gewählte Sprache des OEM in der Außensicht verstanden wird. Basierten die bisherigen Anfrageunterlagen vorwiegend auf den Ergebnissen des Marktsondierungsprozesses und OEM-internen Annahmen, wird nun im Anfrage- und Verhandlungsprozess die Sichtweise der Anbieter mit einbezogen. Regelmäßige Abstimmtermine dienen dazu, Missverständnisse zu klären. Aufgrund des iterativen Charakters des Verhandlungsprozesses, werden alle Schritte zur Konzeption des Outsourcingmodells mehrmals durchlaufen. Mit jeder Wiederholungsschleife konkretisieren sich die Ergebnistypen. Die Iteration wird unter Berücksichtigung von Zeit und Kosten so lange durchlaufen, bis das Ergebnis für eine Managemententscheidung als ausreichend fundiert gilt.
180
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
6.2.4.8 Managementempfehlung Die endgültige Entscheidung pro oder contra Fremdvergabe und die endgültige Wahl des Partners liegt beim Management. Daher werden die Ergebnisse der Phase zur Konzeption des Outsourcingmodells für das Management in einem Managementreport aufbereitet (siehe Abbildung 55). Hierfür werden die Fremdvergabeszenarien anhand einer kurzen Beschreibung dargestellt. Zudem werden neben einer finanziellen Bewertung Angaben zum Implementierungszeitraum der Fremdvergabe gemacht. S-01 1. Szenario
S-02 2. Szenario
S-03 3. Szenario
Kurzbeschreibung Partner
Ort der Leistungserstellung Leistungsumfang
Erst-/Folgeprojekt
Gesamtfahrzeugentwicklungspartner 1, E/EEntwicklungsdienstleister 1
Gesamtfahrzeugentwicklungspartner 1, E/EEntwicklungsdienstleister 2
Gesamtfahrzeugentwicklungspartner 2
Partnerstandort
Partnerstandort
Partnerstandort
Chassis, Body, Interior, Gesamtintegration, E/EIntegration, Logistik Qualitätssicherung, Änderungsmang. Entwicklung
E/E-Steuerung, Logistik Serienteile, Qualitätssicherung, Absicherung, Freizeichnung, Änderungsmang.,
Folgeprojekt
Folgeprojekt
Chassis, Body, Interior, Gesamtintegration, Qualitätssicherung, Freizeichnung, Änderungsmang., Entwicklung, Erstprojekt
Finanzielle Bewertung Bewertungsgrundlage
EOBC
EOBC
EOBC
Return on Investement
194%
79%
122%
Amortisationszeitraum
2,2 Jahre
2 Jahre
-
Koordination/Monitoring
10 000
5 000
5 000
Prozesstransformation
20 000
5 000
12 000
Entsendungskosten
10 000
5 000
8 000
Infrastruktur
20 000
5 000
10 000
Impl.zeitraum
8 Monate
5 Monate
6 Monate
Stärken
-
Geringe Aufwände
Geringe Aufwände
Schwächen
Hoher Initialaufwand
-
-
Chancen
-
Ausbau Partnerschaft
Synergieeffekte
Risiken
fachliches Know-How
Kulturverständnis
Verhandlungsmacht
Kosten (in Tausend Euro)
SWOT-Analyse
Komplementarität % 87 93 Max. Punktzahl 500 500 Summe 435 465 Empfehlung sehr geeignet geeignet Abb. 55: Managementempfehlung (Quelle: Eigene Darstellung)
79 500 395 bedingt geeignet
Vorgehensmodell
181
Eine SWOT-Analyse gibt Aufschluss über Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der jeweiligen Fremdvergabeszenarien. Die SWOT-Analyse dient zur Betrachtung von Unternehmen, Produkten, Prozessen und anderen Analyseobjekten, um bestehende Probleme lösen und bestehende Chancen nutzen zu können. Der Schwerpunkt der Managementempfehlung liegt auf der Gesamtbewertung der Fremdvergabeszenarien, mittels Angaben zur erreichten Punktezahl im Vergleich zur maximal erreichbaren Gesamtpunktzahl. Die Komplementarität in Prozent gibt an, inwiefern das entsprechende Fremdvergabeszenario die vorgegebenen Unternehmens- und Outsourcing-Leitlinien einhält. Kommt keines der Fremdvergabeszenarien für eine Umsetzung in Betracht, sind folgende Alternativen zu untersuchen: Modifikation der Unternehmens- und Outsourcing-Leitlinien Sind die im Outsourcingmodell definierten Unternehmens- und Outsourcing-Leitlinien nur unter hohem Kosten- und Zeitaufwand umsetzbar, so ist die Modifikation der Leitlinien zu überprüfen. Da ein Teil der Leitlinien von extern durch z.B. Markt, Staat oder Gesellschaft vorgegeben werden, sind die Modifikationsmöglichkeiten begrenzt. Modifikation der Ziele Die Ziele der Fremdvergabe (z.B. Time-to-Market, Know-how-Transfer, Kapazitäts- und Kosteneinsparungen) sind anzupassen, falls sie mit keinem der Fremdvergabeszenarien zu erreichen sind. Zudem ist zu überprüfen, inwiefern die geänderten Zielvorgaben Auswirkungen auf die Unternehmensstrategie und -planung haben. - Modifikation der Anforderungen: Änderungen im Anforderungsprofil, z.B. Anpassung der Leistung-/Verantwortungs-, IT-, Prozessmodelle, kommen als weitere Modifikationsmöglichkeiten in Frage. - Modifikation des Outsourcingmodells Zu guter Letzt kann die Frage gestellt werden, ob die Ergebnisse des Anfrage- und Verhandlungsprozesses den ursprünglichen Vorstellungen des Outsourcingmodells noch entsprechen. Ist die Umsetzung des anvisierten Outsourcingmodells „Fremdvergabe auf Gesamtfahrzeugebene“, z.B. aus Kosten-, Gewährleistungs- oder Risikogründen nicht tragbar, kann eine Untersuchung weiterer Outsourcings- oder Kooperationsmodelle als Alternative in Erwägung gezogen werden. Unter anderem sind folgende Alternativen anzuführen: - Die Fusion als vertragliche, freiwillige Vereinigung von vormals unabhängigen Unternehmen ist eine besondere Form von Mergers & Acquisitions. Sie beinhaltet die Verschmelzung von zwei Unternehmen bzw. den Zukauf eines Unternehmens. Das Motiv hinter der Fusion ist die Erreichung einer marktbeherrschenden Stellung oder wirtschaftlicher Vorteile wie Skaleneffekte (Bühler/Jaeger 2003, 97). - Unter Joint Venture wird die Gründung eines neuen Unternehmens verstanden, das von zwei oder mehreren rechtlich und wirtschaftlich voneinander unabhängigen Unternehmen getragen wird. Dabei handelt es sich um eine zeitlich unbefristete Kooperation, bei der die Finanzierung des neu gegründeten Unternehmens von allen beteiligten Unternehmen gemeinsam getragen wird. Das neu gegründete Unternehmen erwirtschaftet die gewünschte Leistung, wobei die Partnerunternehmen an den erzielten Gewinnen meist nach Beteiligungsanteil partizipieren (Theling/Loos 2004, 19). - Die Errichtung eines Virtuellen Unternehmens bietet als „[…] Kooperationsform rechtlich unabhängiger Unternehmen [...], die eine Leistung auf der Basis eines gemeinsamen Geschäftsverständnisses erbringen“ eine weitere Alternative. Hierbei beteiligen sich die kooperierenden Einheiten an der Zusammenarbeit vorrangig mit ihren Kernkompetenzen und wirken bei der Leistungserstellung gegenüber Dritten wie ein
182
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
einheitliches Unternehmen (Byrne/Brandt/Port 1993; Blecker 2001, 110; Arnold et al. 1995, 25; Ries 2001, 17). - Schließlich sind neben der Auslagerung von Serienentwicklung und/oder -produktion noch weitere Fremdvergabeoptionen in Erwägung zu ziehen (z.B. Paketvergabe). - Interne Leistungserbringung Die geplanten Auslagerungsumfänge werden einhergehend mit einer Anpassung der Unternehmensplanung OEM-intern erstellt. - Abbruch des Fahrzeugprojektes Die Möglichkeit des Projektabbruchs ist unter anderem in Erwägung zu ziehen, wenn sich die Unternehmensstrategie aufgrund exogener Einflussfaktoren ändert und die Fremdvergabe weder strategisch noch monetär einen Mehrwert bietet. Auch wenn Fremdvergabeziele nicht erreicht werden können und zudem eine interne Leistungserbringung nicht möglich ist, ist ein Abbruch des Fahrzeugprojektes mit einhergehender Überprüfung für Konsequenzen auf Unternehmensstrategie und -planung erforderlich. Das Ergebnis der Konzeptionsphase endet mit einer Managemententscheidung über Bestätigung bzw. Ablehnung der Partnerempfehlung und über die Realisierung bzw. Nicht-Realisierung des Outsourcingvorhabens. Kapitel 6 zeigte ein durchgängiges Vorgehensmodell zur Herleitung eines Outsourcingmodells. Angefangen von der Definition der Unternehmensstrategie, der Unternehmens-planung und der konkreten Planung auf operativer Ebene bis zur finalen Managemententscheidung wurde das Vorgehensmodell mit Techniken anhand praktischer Beispiele angereichert. Neben denen aufgeführten Leitfragen, die es mit Hilfe des Vorgehensmodells zu beantworten galt, wird im Folgenden die organisatorische Verankerung des Vorgehensmodells mittels eines Steuerungsmodells aufgezeigt.
6.3
Steuerungsmodell
6.3.1 Organisation Die Zielsetzung des Steuerungsmodells besteht darin, die verantwortlichen organisatorischen Instanzen mit den vorher dargestellten Prozessschritten und den Techniken in einem übergeordneten Funktionsdiagramm zu integrieren. Hierfür wird zunächst Aufbauorganisation vorgestellt. Dabei ist zu beachten, dass die beschriebene Zuordnung nicht obligatorisch einzuhalten ist, sondern idealtypisch dargestellt wird. Die im Folgenden präsentierte strukturelle Gestaltung eröffnet die Möglichkeit, auf den Untersuchungsauftrag einer Fremdvergabe durch die Unternehmensleitung schnell zu reagieren. Je nach Ausprägung des Auftrags kann auf die notwendigen Ressourcen aus den betroffenen Fachbereichen zurückgegriffen werden. Die flache Hierarchiestruktur unterstützt eine schnelle Entscheidungsfindung und eine pragmatische Eskalations- bzw. Deeskalationssteuerung. Der Einsatz der Methode setzt voraus, dass sie flächendeckend von allen an der Konzeption des Outsourcingmodells beteiligten organisatorischen Instanzen im Sinne der Gesamtoptimierung angewandt wird. Ebenso ist der Methodeneinsatz von der Akzeptanz bei den Mitarbeitern abhängig, die durch Einweisung der Mitarbeiter mittels Einführungsworkshops erhöht werden kann.
Steuerungsmodell
183
Auf Basis der problemzentrierten Experteninterviews ist zu empfehlen, die Kompetenzen zur Ausgestaltung des Outsourcingmodells und zur Durchführung des Anfrage- und Verhandlungsprozesses intern zu halten. Diese Themen setzen ein hohes Wissen der internen Strukturen und Prozesse voraus, das in erster Linie in den Fachbereichen vorhanden ist. Jede beteiligte organisatorische Instanz sollte Stellvertreter zur Verfügung stellen, die sich auf das Thema Outsourcing auf Gesamtfahrzeugebene spezialisiert haben. Bei Bedarf werden die Experten aus den Fachbereichen zu einem Fremdvergabeteam zusammengezogen. Der Vorteil eines Expertenteams liegt in der effizienten Bearbeitung von Problemstellungen. Zudem ist auf eine niedrige Fluktuationsrate bei den Teammitgliedern zu achten. Ansonsten müssen Aufgaben und Verantwortlichkeiten neu definiert und das Know-how neu generiert werden. Auch vor dem Hintergrund einer kontinuierlichen Prozessverbesserung sollte auf die Kontinuität des eingesetzten Personals geachtet werden. Mit Blick auf die Fallstudien, die die Einbindung von bis zu 30 unterschiedlichen organisatorischen Instanzen in den Anfrage- und Verhandlungsprozess aufzeigt, scheint eine zentrale Durchführung durch eine einzige Organisationsstelle als nicht umsetzbar. Umfang und Komplexität von Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene implizieren, dass eine Organisationsstelle gar nicht in der Lage sein kann, den Prozess bis hin zur Entscheidung pro/contra Fremdvergabe gesamthaft zu betreiben. Der Umfang und die Heterogenität des benötigten Wissens kann von einer einzigen Organisationsstelle nicht zur Verfügung gestellt werden. Zur Durchführung des Anfrage- und Verhandlungsprozesses werden Kenntnisse aus unterschiedlichen Wissensdisziplinen benötigt. Als wesentliche Vertreter aus der Linienorganisation sind die Fachbereiche Strategie, Entwicklung, Produktion, Controlling, Einkauf, IT sowie die Rechtsabteilung zu nennen. Als essentielle Entscheidungsinstanzen werden die Unternehmensleitung oder der Lenkungskreis und die Entscheiderkreise in den Fachbereichen angesehen. Abbildung 56 zeigt die Struktur der beteiligten Organisationseinheiten während der Phase zur Konzeption des Outsourcingmodells. Unternehmensleitung
Linienorganisation
Lenkungskreis
PMO
Projektleiter
Fremdvergabeteam
PMO
Teilprojektleiter Prod.
Teilprojektleiter Entw. Mitarbeiter Fachbereich
Vorsitzender
Fachausschuss E..
Mitarbeiter Fachbereich
Teilprojektleiter XY Fachausschuss P
Mitarbeiter Fachbereich
Fachausschuss XY
Abb. 56: Aufbauorganisation während der Konzeptphase des Outsourcingmodells (Quelle: Eigene Darstellung)
184
Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
Unternehmensleitung Die Unternehmensleitung stellt die ranghöchste Entscheidungsinstanz im Unternehmen dar. Sie verabschiedet die Unternehmensstrategie und -ziele. In diesem Rahmen bestätigt die Unternehmensleitung auch unternehmensweite Leitlinien zur generellen Ausrichtung von Unternehmensaktivitäten. Der Zusammenhang von Unternehmens- und Outsourcing-Leitlinien ist dem Kapitel 6.2.2.4 zu entnehmen. Demnach gelten unternehmensweit explizit oder implizit vorhandene Leitlinien als Basis für Outsourcing-Leitlinien und ihre Sub-Kategorien. Die Unternehmensleitung nimmt zudem die Rolle des Auftraggebers der Fremdvergabe ein. Sowohl der Auftrag zur Untersuchung einer Fremdvergabe von Entwicklung und/oder Produktion eines Fahrzeugprojektes, als auch der Auftrag zur Umsetzung der Fremdvergabe und die Nominierung des Partners, werden durch die Unternehmensleitung formuliert. Im Eskalationsfall hat die Unternehmensleitung die letztendliche Entscheidungsbefugnis. Lenkungs- bzw. Steuerkreis Die Unternehmensleitung kann optional von einem Lenkungs- bzw. Steuerkreis unterstützt werden. Hier sind alle Entscheidungsträger der am Konzept- und Verhandlungsprozess beteiligten organisatorischen Stellen vertreten. Die Unternehmensleitung oder autorisierte Vertreter nehmen den Vorsitz des Lenkungskreises ein. Fremdvergabeteam Das Fremdvergabeteam unterscheidet sich in ein strategisches und in ein operatives Fremdvergabeteam. Das strategische Fremdvergabeteam besteht vornehmlich aus Vertretern der Strategiestellen und kommt in den Phasen Unternehmensstrategie und -planung zum Einsatz. Operative Stellen werden im strategischen Fremdvergabeteam im Rahmen der Sondierung des Anbietermarktes in einer Unterstützungsfunktion eingesetzt. Verstärkt kommen die fachlichen Stellen im operativen Fremdvergabeteam zum Einsatz. Die Hauptaufgabe des operativen Fremdvergabeteams besteht in der Konzeption des Outsourcingmodells. Dabei koordiniert und konsolidiert das operative Fremdvergabeteam die Anforderungen aus den Fachbereichen. Auch fungiert es als zentrale Stelle zur Erstellung der Leistungs-/Verantwortungs-, Prozess- und IT-Modelle. Zudem ist es die zentrale Stelle zur Erstellung der Szenario-, Delta-, Risikoanalyse und der Managementempfehlung. Fachbereiche Die Stellvertreter aus den Fachbereichen (Entwicklung, Produktion, Einkauf, Finanzen, IT) sind verantwortlich, dass die fachlichen Anforderungen in das Fremdvergabeteam korrekt eingesteuert werden. Voraussetzung hierfür ist die fachbereichsinterne Konsolidierung und Abstimmung der Anforderungen im Fachbereichsausschuss. Eindrücke und Fakten aus der Due Diligence oder aus Diskussionen im Fremdvergabeteam müssen in die Fachbereiche zurückgespiegelt und den dortigen Entscheidungsträgern zur Verfügung gestellt werden. Zudem stehen Fachbereichsvertreter als Gutachter für Reviews fachlicher Ergebnisse zur Verfügung. Des Weiteren sorgen sie für einen objektivierten Ergebnisstand, indem sie klare Aussagen über u.a. Partner-Kompetenzen, Kosten, Risiken für eine endgültige Empfehlung beisteuern. Projektleitung Sowohl das strategische als auch das operative Fremdvergabeteam verfügt über eine Projektleitung (Projektmanager). Während der Projektmanager des strategischen Fremdvergabeteams für die Steuerung und Koordination der Ergebnisse aus dem Marktsondierungsprozess zuständig ist, verantwortet er im operativen Fremdvergabeteam die Durchführung des Untersuchungsauftrages. Dabei gilt es, die definierten Ziele und Anforderungen zu steuern und zu überwachen. Bei auftretenden Problemen präsentiert die Projektleitung Lösungsansätze. Die Berichtserstattung ergeht direkt an den Lenkungskreis. Zudem übernimmt der Projektmanager
Steuerungsmodell
185
die Rolle des Moderators und somit die Koordination aller Beteiligten. Als neutrale Stelle gewährleistet er eine unkomplizierte Bereinigung von Konfliktsituationen. Während er im operativen Fremdvergabeteam die Rolle des Moderators für OEM-interne Diskussionen einnimmt, sollte eine weitere Person die Rolle des Koordinators und Kommunikators zum Anbieter übernehmen. Generell empfiehlt es sich, jegliche Aktivität zwischen OEM und Anbieter während des Anfrage- und Verhandlungsprozesses durch eine zentrale Stelle zu koordinieren. Alle für die Kandidaten relevanten Informationen laufen hier zusammen und werden gebündelt weiter gegeben. Diese zentrale Stelle sollte im Sinne der Gesamtoptimierung und Fairness der Verhandlung aus einer übergeordneten neutralen Organisationseinheit kommen (z.B. Einkauf). Projektmanagementoffice (PMO) Ähnlich der Projektleitung wird zwischen einem strategischen und operativen Projektmanagement Office unterschieden. Beide unterstützen die entsprechenden Projektmanager und dienen als zentrale Informationsstelle. Die Mitarbeiter des PMO sind der Projektleitung fachlich direkt unterstellt. Zum Aufgabenbereich der PMOs gehört die Fortschreibung des Marksondierungsprozesses bzw. des Entscheidungsprozesses in einem Projektplan, die Erstellung eines einheitlichen Berichtswesens sowie die Organisation und Durchführung der Projektmeetings. Ferner ist am Anfang des Untersuchungsauftrages die Entscheidung zu treffen, ob das Fremdvergabeteam um externe Berater erweitert werden soll. Dies ist bei umfangreichen Fremdvergaben oder aufgrund der strategischen Bedeutung vorteilhaft. Auch zur Lösung auftretender interner Probleme zwischen Management, Fremdvergabeteam und Fachbereichen erscheint die Einbindung Dritter als sinnvoll. Neben der Erfahrung zur Konzeption und Durchführung von Fremdvergaben, unterstützen externe Berater vor allem durch die notwendige Kenntnis des Anbietermarktes (Wißkirchen 1995, 17). Das im Folgenden verwendete Funktionsdiagramm (siehe Abbildung 57) hat seinen Ursprung in der Personalwirtschaft, in der es für die Zuordnung von Aufgaben zu Stelleninhabern verwendet wird (Oechsler 2006, 167). Dabei sind auf der Ordinate die einzelnen Prozessschritte und auf der Abszisse die Organisationseinheiten oder Stellen abgebildet. Die Organisationseinheiten oder Stellen können Rollen einnehmen. Die Felder der Schnittpunkte von Organisationseinheit und Prozessschritt enthalten neben Informationen über die Art der Zuständigkeit auch Angaben über dessen Durchführungshäufigkeit. Die Art der Zuständigkeit wird durch die Begriffe Responsible, Approves, Supports, Informed und Consulted formuliert und unterscheidet somit die bekannten Rollen der involvierten organisatorischen Instanzen nach Verantwortlicher, Entscheider, Unterstützer und Informierter. Organisationseinheiten, die mit Responsible (R) gekennzeichnet sind, sind verantwortlich für die Durchführung des Prozessschrittes, während der Begriff Approves (A) andeutet, dass die Organisationseinheit die Durchführung des Prozessschrittes genehmigt oder die Ergebnisse des Prozessschrittes bestätigt. Felder, welche mit dem Ausdruck Supports (S) gekennzeichnet sind, unterstreichen die unterstützende Funktion der Organisationseinheit im Sinne eines Ressourcen- oder Know-how-Beitrags. Nach Durchführung der Aktion müssen entsprechende Organisationseinheiten über das Ergebnis in Kenntnis gesetzt werden (Informed (I)). Neben diesen, nehmen auch Organisationseinheiten, die lediglich eine Beraterrolle einnehmen (Consulted (C)), nicht aktiv am Entscheidungsprozess teil (in Anlehnung an Reuter 1994, 59f.).
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Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
Die Durchführungshäufigkeit wird durch die Bezeichnungen regelmäßig und situativ beschrieben (Hill 2002, 97). Ist die Durchführungshäufigkeit regelmäßig wird der Prozessschritt zu fest definierten Zeitpunkten regelmäßig durchgeführt, z.B. monatlicher Lenkungskreis. Gilt als Auslöser des Prozessschrittes ein eintretendes Ereignis, z.B. neue gesetzliche Richtlinien, erfolgt die Durchführung des Prozesses situativ. 6.3.2 Phasenorientierte Aktivitäten 6.3.2.1 Aktivitäten in den Phasen Unternehmensstrategie und -planung Die Grundlage für die Konzeption des Outsourcingmodells wird in den Phasen Unternehmensstrategie und -planung gelegt. Die Gesamtverantwortung für die Aktivitäten im Rahmen der Phasen Unternehmensstrategie und -planung liegt in den Händen der Unternehmensleitung. Ausgehend vom Unternehmensumfeld, werden externe Trends aus den Bereichen Wettbewerb, Gesellschaft, Markt und Politik von den strategischen Stellen zusammengetragen. Da externe Trends in ihrer Wichtigkeit unterschiedlich wahrgenommen und bewertet werden, empfiehlt es sich, strategische Stellen aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen mit einzubinden. Die Analyse externer Einflussfaktoren wird gemeinsam, z.B. in Workshops, durchgeführt. Hieraus ergibt sich eine Auflistung an relevanten externen Faktoren, die in die Strategiebildung mit einfließen. Die Analyse externer Trends wird vorwiegend im Sinne einer kontinuierlichen strategischen Frühaufklärung durchgeführt. Jedoch kann sie auch situativ erfolgen, da plötzlich auftretende Ereignisse, beispielsweise im Bereich Gesetzgebung, vorkommen. Maßgeblich von externen Faktoren beeinflusst, werden in einem weiteren Schritt die Unternehmens- und Fachbereichsstrategien inklusive ihrer Ziele definiert. Teilnehmerkreis für Definition und Entscheidung über strategische Ausrichtung des Unternehmens sind wiederum die strategischen Stellen und die Unternehmensleitung, die die endgültige Unternehmensstrategie bestätigt. Während Autoren von einem ereignisgetriebenen Strategieentwurf sprechen (siehe Dutton/Ottensmeyer 1987), wird bei großen Unternehmen davon ausgegangen, dass ein vollständiger strategischer Planungsprozess einmal im Jahr durchgeführt wird (Foschiani 2000, 345). Angesichts der Größe eines Automobilherstellers kommt eine ereignisgetriebene kurzfristige Strategieentwicklung nur bedingt in Frage. Vielmehr sollte die Strategiedefinition gemäß Foschiani (2000) jährlich überprüft werden und die situative Anpassung angesichts externer Einflüsse in Erwägung gezogen werden. Die Durchführungshäufigkeit und die Verantwortung von Aktivitäten zur Definition der Unternehmensherausforderungen und daraus abgeleiteten Unternehmensanforderungen werden analog den Prozessschritten zur Definition externer Trends und der Unternehmensstrategie ausgestaltet. Sowohl Unternehmensherausforderungen als auch Unternehmensanforderungen sind im Sinne der Strategiekonformität auf wenige zu beschränken. Auch die Ableitung der Unternehmens-Leitlinien und der Outsourcing-Leitlinien erfolgt zentral durch die strategischen Stabsstellen und wird in regelmäßigen Zeitabständen vorgenommen. Zusätzlich werden die Leitlinien durch Erfahrungswerte nach Abschluss der Fremdvergaben angereichert. Die Unternehmensplanung erfolgt in enger Abstimmung mit der Planung der jeweiligen Fachbereiche. Erst durch die Ausplanung zukünftiger Fahrzeugprojekte im Rahmen der Multiprojektplanung ergibt sich ein Gesamtbild, inwiefern Fahrzeugprojekte mit internen Ressourcen realisiert werden können und welche Fahrzeugprojekte für eine Fremdvergabe in Frage kommen.
Steuerungsmodell
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Gremium/Entscheidungsinstanz
Aktivität U-leitung/ Lenk.kreis
Konzeption Outsourcingmodell
Unternehmensstrategie/-planung
Exogene Trends definieren Unternehmensstrategie definieren Unternehmensherausforderungen definieren Unternehmensanforderungen definieren Unternehmens- und Outsourcingleitlinien definieren Marktsondierung durchführen Unternehmens-/ Multiprojektplanung durchführen Zielsystem definieren Fremdvergabeanforderungsprofil definieren Leistungs-, Prozess-, IT-Modell erstellen Szenarioanalyse durchführen Deltaanalyse durchführen Risikoanalyse durchführen Lessons Learned einpflegen Managementempfehlung erstellen
I
Multiprojekt Fachbereich Fremdver- Projektleiter gabeteam ausschuss
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I
PMO
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S
Legende Art der Zuständigkeit Durchführungshäufigkeit Anmerkungen R A S I C
Responsible Approves Supports Informed Consulted
?
situativ regelmäßig
Aktivität wird vom höchsten Projektgremium bzw. der höchsten Entscheidungsinstanz verantwortet Eskalation/Delegation an andere Gremien/ Entscheidungsinstanz ist möglich
Gesamtverantwortung: Höchste Entscheidungsinstanz
Abb. 57: Steuerungsmodell (Quelle: Eigene Darstellung) Zeitlich unabhängig von der Unternehmensplanung verläuft die Sondierung des Anbietermarktes nach potenziellen Partnern für Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene. Zu Beginn sind zunächst einige Grundsatzentscheidungen zum Ablauf der Due Diligence zu treffen. Insbesondere gilt es, das strategische Fremdvergabeteam, die Bewertungsobjekte der Marktsondierung sowie die Granularität und den Umfang der Bewertungsunterlagen vorzugeben. Um die Vor-Ort-Besuche bei den Anbietern effizient zu gestalten, sollten aufwändige Einzelauf-
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Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
gaben (z.B. die Beschaffung von Marktinformationen oder die Erstellung von Bewertungsunterlagen) durch das strategische Fremdvergabeteam mit Unterstützung der Fachbereiche vorbereitet werden. Während Verantwortliche aus den Strategiestellen die strategische Ausrichtung, die Finanzkraft oder die Referenzprojekte der Anbieter beurteilen, bewerten Stellvertreter aus den Fachbereichen die fachliche Kompetenz. Die Ergebnisse der Marktsondierung sollten in regelmäßigen Abständen auf ihre Aktualität hin überprüft werden, um Marktpotenziale rechtzeitig zu erkennen. Unabhängig des Preselektionsprozesses erfolgt im Rahmen der Unternehmens- und Multiprojektplanung die Identifikation von Fahrzeugprojekten, die für eine Fremdvergabe in Frage kommen. Ein Abgleich des Anforderungsprofils anhand des Fahrzeugsteckbriefs des Fahrzeugmodells mit den Ergebnissen aus der Marktsondierung wird von der Teamleitung des strategischen Fremdvergabeteams durchgeführt. Im Anschluss werden die für eine detaillierte Untersuchung in Frage kommenden Partner vom strategischen Fremdvergabeteam vorgeschlagen. 6.3.2.2 Aktivitäten in der Phase Konzeption des Outsourcingmodells Das operative Fremdvergabeteam kommt nach Erteilung des Untersuchungsauftrags durch die Unternehmensleitung zum Einsatz. Zu Beginn der Phase wird das operative Fremdvergabeteam mit Vertretern aus Fachbereichen Entwicklung, Produktion, Controlling, IT, Recht und Einkauf aufgesetzt. Das Fremdvergabeteam steht in engem Kontakt mit den Strategiestellen, die eine Beraterrolle in strategischen Fragestellungen einnehmen. Hierbei ist die personelle Besetzung aus dem strategischen Fremdvergabeteam zu übernehmen, um das vorhandene Wissen zu nutzen. Ansonsten sollte die personelle Kontinuität der Repräsentanten aus den Fachbereichen über die gesamte Phase hinweg sichergestellt werden. Nach Festlegung des operativen Fremdvergabeteams wird den Teilnehmern die Vorgehensweise und die verwendeten Techniken innerhalb eines Workshops näher gebracht. Welche Outsourcing-Leitlinien im Konzept des Outsourcingmodells zum Tragen kommen, wird abhängig vom Fremdvergabeumfang von den beteiligten Organisationseinheiten entschieden. Die Auswahl der relevanten Outsourcing-Leitlinien wird dezentral im jeweiligen Fachbereichsausschuss getroffen. Anschließend werden sie durch die Fachbereichsvertreter in das operative Fremdvergabeteam getragen und dort gemeinsam im Rahmen von Workshops konsolidiert. Das Konsolidierungsergebnis gilt als verbindlich gesetzt. Kommt es während der fremdvergabespezifischen Auswahl der Leitlinien zu Missverständnissen oder Unstimmigkeiten bezüglich der vordefinierten Leitlinien, sollten diese umgehend an die Strategiestellen adressiert und mit ihnen geklärt werden. Der Zielfindungs- und Zielbildungsprozess erfordert organisatorisch gesehen zwei Workshops für das operative Fremdvergabeteam. Für die Moderation und Koordination der Workshops ist in beiden Fällen die Projektleitung des operativen Fremdvergabeteams zuständig. In einem ersten Meeting wird ein gemeinsames Zielsystem mit den jeweiligen Leit-, Basis- und Vorgehenszielen inklusive ihrer Metriken für die Fremdvergabe festgelegt. Ein Teil der Fremdvergabeziele wurden bereits in der Phase Unternehmensstrategie und -planung festgelegt. Diese werden nun einer erneuten Bewertung unterworfen. Die Ergebnisse des ersten Meetings werden in die Fachbereiche zurückgespielt, in den Fachausschüssen bestätigt, modifiziert oder zurückgewiesen. Die Fremdvergabeziele müssen von den Fachbereichen mitgetragen und schriftlich bestätigt werden. Im zweiten Workshop wird geklärt, ob die fachbereichsspezifi-
Steuerungsmodell
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schen Ziele im gemeinsamen Zielsystem ausreichend Berücksichtigung gefunden haben und inwiefern noch Änderungen vorzunehmen sind. Am Ende der Diskussion steht die Verabschiedung des gemeinsamen Zielsystems und dessen Bestätigung durch die Unternehmensleitung bzw. durch den Lenkungskreis. Die Anforderungen werden zuerst in den Fachbereichen formuliert und in die Kategorien Leistung/Verantwortung, Prozesse und IT eingeordnet. Die Anforderungen werden solange zwischen den Kategorien vorwärts- und rückwärtsgespielt, bis ein vollständiges Anforderungsprofil gewährleistet ist. Die abschließende Konsolidierung und Überprüfung der Anforderungen erfolgt innerhalb des operativen Fremdvergabeteams. Neben der Integration der fachbereichsspezifischen Fremdvergabeziele und -anforderungen, hat der Projektleiter dafür Sorge zu tragen, dass die Anforderungen im Vorfeld der Konsolidierung in einem klar definierten und abgestimmten Zustand vorliegen. Die Komplexität des Anforderungsermittlungsprozesses wird wie der Prozess der Zielfindung bzw. -bildung dadurch erhöht, dass das Anforderungsprofil im Vorfeld in den jeweiligen Fachabteilungen nur vage formuliert werden kann. Erst im Laufe des Anfrage- und Verhandlungsprozesses werden die Anforderungen konkreter. Die Durchführung der Szenarioanalyse erfolgt wiederum innerhalb des operativen Fremdvergabeteams unter der Leitung des Projektleiters, während die Aufbereitung der Szenarioanalyse in den Händen des operativen Fremdvergabeteams bzw. des PMO liegt. In einem nächsten Schritt erfolgt je Fachbereich die Deltaanalyse zur Klärung des Implementierungsaufwands je Fremdvergabeszenario. Dabei werden die identifizierten Maßnahmen zu Maßnahmenpaketen gebündelt und einer Aufwandsschätzung unterworfen. Die Aufwandsschätzung erfolgt von den jeweiligen Fachbereichen unter Zuhilfenahme der Controllingstellen. Die Budgetverantwortung übergeordneter Leistungen (z.B. Funktionale Integration), die mehrere Fachbereiche betreffen, ist im Vorfeld zu klären. Die Konsolidierung der Aufwandsschätzung erfolgt wiederum innerhalb des operativen Fremdvergabeteams in enger Zusammenarbeit mit den Controllingstellen. Die finanzielle Bewertungsmethode wird von der Controllingstelle festgelegt. Die finanzielle Bewertungsmethode legt die Bewertungsgrundlage für die kontinuierliche Überprüfung des Outsourcingmodells. Im Falle einer Überschreitung monetärer Grenzwerte kann mit einer Zielanpassung rechtzeitig entgegengesteuert werden. Um im Anfrageprozess eine Vergleichbarkeit der Partnerangebote untereinander und der Partnerangebote mit dem Business Case einer internen Leistungserstellung sicher zu stellen, ist auf eine einheitliche Bewertungsmethode zu achten. Die Risikoanalyse wird sowohl von den strategischen als auch den operativen Organisationsstellen verantwortet. Während makroökonomische Risiken von den Strategiestellen formuliert werden, setzt die Bewertung von Projektrisiken fachliches Wissen voraus. Daher erfolgt die Bewertung der Risiken mit Hilfe eines standardisierten Fragenkatalogs, der von den strategischen und operativen Stellen ausgefüllt wird. Die Konsolidierung der Risiken erfolgt dann unter der Verantwortung des operativen Fremdvergabeteams. Nach Fertigstellung des Anforderungsprofils, der Szenarioanalyse, der Delta-Analyse und der Risikoanalyse beginnt die iterative Verfeinerung der jeweiligen Ergebnisse innerhalb des Anfrage- und Verhandlungsprozesses unter Einbeziehung der Kandidaten. Die Leistungs-/Verantwortungs-, Prozess- und IT-Modelle werden im Fremdvergabeteam gemeinsam mit den Fachbereichsvertretern erstellt. Die Koordination der Fachbereiche liegt
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Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
in der Verantwortung des Projektmanagers, während die Modelle vom PMO erstellt werden. Die Dokumentation der Modelle erfolgt für eine erste Analyse vorerst auf Makroebene. Im Laufe des iterativ-inkrementellen Verhandlungsprozesses kommt es je nach Bedarf zur Detaillierung von Modellausschnitten. Dedizierte Analysen auf Mikroebene können auch nach Auswahl des Fremdvergabepartners während der Implementierungsphase durchgeführt und entsprechend dokumentiert werden (z.B. durch ereignisgesteuerte Prozessketten (EPKs)). Nach Versand der Anfrageunterlagen durch eine zentrale OEM-Koordinationsstelle können die Partner bis zu einem definierten Stichtag einen Abgleich mit ihrem Leistungsportfolio durchführen und ihr Angebot abgeben. Nach erster Sichtung und Bewertung der Anfrage wird ihr Interesse an einem weiteren Vorgehen signalisiert. Ist dies nicht der Fall, wird gegebenenfalls ein weiterer Kandidat mit in den Anfrageprozess aufgenommen (für eine detaillierte Beschreibung des Anfrage- und Verhandlungsprozess siehe Kapitel 6.2.4.7). Die Kommunikation und Koordination der Anfrage und der Verhandlung zwischen OEM und Anbieter liegt in Verantwortung einer zentralen Stelle innerhalb des operativen Fremdvergabeteams. Hier werden alle eingehenden Angebote verwaltet und in die Fachbereiche verteilt. Sowohl Anfrage- als auch Angebotsunterlagen werden zentral unter Berücksichtigung von Sicherheitsrichtlinien (z.B. Informations- und Datenschutzrichtlinien) digital abgelegt. Auch die Konsolidierung der Verhandlungsergebnisse hat zentral über das operative Fremdvergabeteam zu erfolgen, während der fachliche Input dezentral von den Fachbereichen zur Verfügung gestellt wird. Die Verhandlungen werden unter Abwägung von Kosten-/Nutzenaspekten solange fortgeführt, bis ein ausreichend detailliertes Gesamtbild für die Managementempfehlung vorliegt. Die Erfahrungen aus der Phase Konzeption des Outsourcingmodells fließen als Lessons Learned in die Outsourcing-Leitlinien ein. Die Konsolidierung mit bereits vorhandenen Outsourcing-Leitlinien und die Dokumentation erfolgt durch die verantwortliche strategische Stabsstelle. Nach Durchführung des Verhandlungsprozesses erstellt die Teamleitung einen Managementreport, der die Ergebnisse der gesamten Konzeptphase des Outsourcingmodells bündelt. Die Unternehmensleitung bzw. der Lenkungskreis entscheidet auf Basis des Managementreports, ob eine Realisierung der Fremdvergabe mit einem der Partner in Frage kommt, oder ob andere Kooperations- und Outsourcingalternativen in Erwägung gezogen werden. Nach Bestätigung der Partnerempfehlung durch die Unternehmensleitung bzw. durch den Lenkungskreis werden die Kompetenzen der Rechtsabteilung für die Vertragsgestaltung und für den Vertragsabschluss in Anspruch genommen.
6.4 Dynamische Komponenten Der Planungs-, Konzeptions- und Entscheidungsprozess verläuft nicht rein nach monetären Gesichtspunkten, sondern wird unter anderem auch durch soziopolitische, strategische, exogene oder produktbedingte Faktoren beeinflusst. Diese Einflussfaktoren sind nicht deterministisch vorhersehbar und verleihen dem Planungs-, Konzeptions- und Entscheidungs-prozesses eine inhärente Dynamik. Dabei haben sie Auswirkungen sowohl auf die Ausgestaltung des Outsourcingmodells als auch auf die endgültige Entscheidungsfindung. Mit welchen nicht kalkulierbaren Einflussfaktoren während des Planungs-, Konzeptions- und Entscheidungsprozess zu rechnen ist, wird im Folgenden dargestellt.
Dynamische Komponenten
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Exogene Einflüsse Exogene Einflussfaktoren, wie veränderte Marktbedingungen, neue Wettbewerbsstrukturen, neue gesetzliche Vorgaben müssen in der Unternehmensstrategie und in der Unternehmensplanung berücksichtigt werden. Die Erfüllung exogener Anforderungen bindet zusätzliche OEM-interne Ressourcen, was die Entscheidung für eine Fremdvergabe an Drittanbieter begünstigen kann. Im Gegensatz hierzu können exogene Einflussfaktoren den Entscheidungsprozess hinauszögern oder beenden. Beispielsweise erweist sich ein Fahrzeugderivat aufgrund neuer CO2-Auflagen als nicht mehr rentabel und kommt weder für eine interne Erstellung noch für eine Fremdvergabe in Frage. Strategie OEM/Fachbereiche Die Ziele der Fremdvergabe haben sich an der Unternehmens- oder an den Fachbereichsstrategien zu orientieren und hierzu einen Beitrag zu leisten. Unter Berücksichtigung des strategischen Nutzens der Fremdvergabe kann ein negativer Business Case akzeptiert werden. Somit kann die Tatsache, dass mit der Fremdvergabe ein übergeordnetes strategisches Ziel verfolgt wird, den Entscheidungsprozess verkürzen. Zudem ist der Einfluss mächtiger Entscheidungsträger in Unternehmen mit dezentralen Strukturen nicht zu unterschätzen. Aktuelles Business Unternehmens- oder fachbereichsweite Programme führen zu tiefgreifenden strukturellen und prozessualen Veränderungen, die wiederum Auswirkungen auf die Ausgestaltung des Outsourcingmodells haben. Zudem können Forschungs- und Entwicklungsprojekte ihren Bedarf an Spezialwissen anbringen und somit Auslagerungsentscheidungen, mit dem Ziel Partnerwissen zu transferieren, positiv beeinflussen. Ähnlich verhält es sich mit der aktuellen OEM-Multiprojektsituation. Abhängigkeiten (z.B. Ziele, Ressourcen, Zeitplan) zwischen den aktuellen Fahrzeugprojekten und der Fremdvergabe unterliegen Veränderungen, die wiederum Einfluss auf den Konzeptions- und Entscheidungsprozess haben. Horizontale Abhängigkeiten Unter horizontalen Abhängigkeiten wird die Einflussnahme von Unternehmensbereichen mit Unterstützungscharakter, wie Controlling, Einkauf auf den Konzeptions- und Entscheidungsprozess verstanden. Beispielsweise kann sich ein vermeintlich positiver Business Case einer Fremdvergabe nach Anwendung der vorgegebenen finanziellen Bewertungsmethode (z.B. Vollkostenrechnung) als negativ herausstellen. Dementsprechend beeinflussen Vorgaben aus dem Einkauf, wie z.B. die Sourcing Strategie oder vorgegebene Kriterien zur Auswahl strategischer Partner, den Verlauf des Entscheidungsprozesses. Produktmerkmale Externalisierungsobjekte sind u.a. durch den Anteil Neuteile, Variantenvielfalt, Technologiegehalt, Änderungshäufigkeit sowie durch den Anspruch an Modellkompatibilität und markenspezifischer Eigenschaften charakterisiert. Fragestellungen nach der Umsetzung der Produktmerkmale gemäß OEM-Anforderung können erst im Laufe des Anfrage- und Verhandlungsprozesses zureichend beantwortet werden. OEM- und Partnerspezifische Merkmale Strukturelle, prozessuale, kulturelle, personelle oder technische Merkmale von OEM und Partner sind ausschlaggebend für die Entscheidung pro oder contra Outsourcing bzw. auf die Partnerwahl. Im Vordergrund stehen die kulturellen Gemeinsamkeiten zwischen den am Entscheidungsprozess involvierten Parteien. Eine signifikante Lücke zwischen den Unterneh-
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Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
menskulturen hinterlässt bereits während des Entscheidungsprozesses implizit oder explizit ihre Spuren. Zudem sind Fremdvergaben vor dem Hintergrund eines permanenten Spannungsfeldes zwischen Ist- und Soll-Zustand an Quantität und Qualität der Fach-, Methodenund Sozialkompetenz der Humanressourcen zu beurteilen. Sowohl die existente Prozess- und IT-Landschaft als auch das verfügbare Prozess- und ITKnow-how gelten als Schlüsselfaktoren für die zukünftige Ausgestaltung des Outsouringmodells und für die Höhe der Implementierungs- und Umsetzungskosten. Auch strukturelle und finanzielle Abhängigkeiten potenzieller Partner durch Verpflichtungen beispielsweise aus strategischen Partnerschaften, Joint Ventures oder Konzernstrukturen sind zu betrachten.
Übergeordnete Konstrukte Exogene Einflüsse
Strategie OEM
Strategie Fachbereiche Produktmerkmale
Aktuelles Business Produktkomplexität Programme/Projekte Modellkompatibilität Aktuelle Fahrzeugprojekte
Outsourcingmodell
Änderungshäufigkeit
Horizontale Abhängigkeiten
Variantenvielfalt
Entscheidungen in anderen Fachbereichen
Technologiegehalt
OEM-spezifische Merkmale Partner-spezifische Merkmale Organ.
Personal
Kultur
IT
Organ.
Personal
Kultur
IT
Abb. 58: Einflussfaktoren auf den Konzeptions- und Entscheidungsprozess (Quelle: Eigene Darstellung) 6.5 Abgrenzung zu bestehenden Methoden und kritische Reflexion Nachdem die Methode vorgestellt wurde, erfolgt nun eine Abgrenzung zu bestehenden Methoden in der Literatur und eine Reflexion der eigenen Methode. Die Sicherstellung der Validität des Methodenansatzes erfolgte gemäß einem zweistufigen Vorgehen. Zum einen wird im Folgenden die Methode einer Überprüfung anhand des zugrunde gelegten Anforderungsprofils aus den Fallstudien (siehe Kapitel 5.1) unterzogen. Zum anderen kam neben der kontinuierlichen Einbindung von Experten während der Erstellung der Methode eine abschließende Expertenbefragung hinzu. Der Schwerpunkt dabei lag in der Evaluierung und kritischen Reflexion der erarbeiteten Methode. Die Grundmenge des Expertenpools bildeten sowohl Experten des Automobilkonzerns als auch Experten aus der Zulie-
Abgrenzung zu bestehenden Methoden und kritische Reflexion
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ferindustrie, die als Tier-0,5-Lieferanten ihre Dienstleistungen für Entwicklungs- und/oder Produktionsumfänge anbieten. Es wurde darauf geachtet, dass die Schnittmenge an Experten, die im Methodenentwicklungsprozess eine Unterstützungs- und somit Validierungsfunktion inne hatten und Experten, die für eine abschließende Evaluierung herangezogen wurden, klein ausfiel. Der Abgleich der entwickelten Methode mit dem Anforderungsprofil aus Kapitel 4 kommt zu folgendem Ergebnis: Anforderung 1: Integrative Betrachtung der strategischen und operativen Ebene Die strategische Entscheidungsgrundlage für eine Auslagerung von Entwicklung und/oder Produktion wird durch die vorgelagerten Referenzprozesse Unternehmensstrategie und Unternehmensplanung sichergestellt. Die operationale Gestaltung des Outsourcingmodells ist ein integraler Bestandteil der Methode und schließt konzeptionell nahtlos an den vorgelagerten strategischen Referenzprozessen an. Ohne ein durchgängig prozessorientiertes Vorgehen könnten die Abhängigkeiten und Wirkmechanismen der Ergebnisse aus den Phasen Unternehmens-strategie bzw. -planung auf die Konzeptionsphase nicht aufgezeigt werden. Eine kurz- bis mittelfristige Betrachtung des individuellen Outsourcinprojektes ohne Berücksichtigung eines übergeordneten strategischen Rahmens wäre die Folge. Anforderung 2: Bereitstellung eines Frameworks an Rahmenbedingungen Das Regelwerk an Unternehmens- und Outsourcing-Leitlinien stellt sicher, dass sich die Anforderungen an das Outsourcingmodell an unternehmensweite Rahmenbedingungen und Standards hält. Hierdurch kann der Kommunikations- und Koordinationsaufwand zur Abstimmung grundlegender Prämissen reduziert werden. Zudem verbessern die Leitlinien die Vergleichbarkeit der Fremdvergaben, da eine stabile Bewertungsgrundlage garantiert ist. Laut Experten-Aussagen gehen wertvolle Erfahrungen vergangener Fremdvergaben normalerweise verloren. Die vorliegende Methode unterstützt die Umwandlung von Lessons Learned in Leitlinien, die als grundlegende Prinzipien in allen Fremdvergabeprojekten zum Tragen kommen können. Als Kontrastpunkt wurde von den Experten die mangelnde Vergleichbarkeit der Fremdvergaben untereinander als Kritikpunkt angebracht, die eine Übertragbarkeit der Lessons Learned auf Nachfolgeprojekte zunächst in Frage stellt. Anforderung 3: Bereitstellung eines Werkzeugs zur Sondierung des Anbietermarktes Die Methode gibt einen Bewertungsrahmen vor, an dem sich der Preselektionsprozess potenzielle Partner orientieren kann. Jedoch wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Die Aufgabe der Anpassung und der Detaillierung des Bewertungsrahmens wird auf den Endanwender übertragen. Anforderung 4: Identifikation von Konfliktpotenzialen in der Sub-Lieferantensteuerung Die Abbildung des Wertschöpfungsnetzwerkes mittels eines Strukturgraphen dient neben der Identifikation von Wertschöpfungspotenzialen auch zur Identifikation von Konfliktpotenzialen in der Sub-Lieferantensteuerung. Da die Methode auf die Identifikation von Konflikten in der Sub-Lieferantensteuerung ausgelegt ist, bietet sie keine konkreten Lösungsvorschläge oder Präventionsmaßnahmen zur Konfliktvermeidung. Dennoch wurde in der Expertenevaluation der Ansatz zur Identifikation von „By-passing“-Phänomenen positiv aufgenommen. Alle befragten Experten begrüßten den Strukturgraphen, von dessen Anwendung sich erhebliche Einsparungepotenziale in der Lieferantensteuerung erwartet werden.
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Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells
Anforderung 5/1-5/5: Ausgestaltung und Kategorisierung der Anforderungen bzw. Konfliktidentifikation zwischen den Anforderungen Die Methode liefert ein Kategorisierungsschema zur Strukturierung der Anforderungen nach Leistung-/Verantwortung, Prozess und IT. Durch die Kategorien werden alle drei Ebenen in der Anforderungserstellung berücksichtigt und die Auswirkungen der Anforderungen vollständig erfasst. Somit können Planungsfehler früher erkannt und die Entscheidungs- und Konzeptqualität gesteigert werden. Ohne die Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen den drei Ebenen laufen Prozessbeteiligte Gefahr, das Leistungs-, Prozess- und ITModell aus der jeweiligen Sicht eindimensional zu betrachten und nur einen Bruchteil des Implementierungsaufwands zu eruieren. Anforderung 6: Identifikation und Bewertung von Risiken Die Durchführung einer Risikoanalyse im Vorfeld von Fremdvergaben wurde von internen und externen Experten einstimmig bestätigt. Vor allem rückten die bis dato unbekannten Abhängigkeiten zwischen Leistung/Verantwortung, Prozesse und IT und daraus implizierten Risiken (z.B. Gewährleistungsrisiken) in den Mittelpunkt des Interesses und unterstreichen den innovativen Charakter der Methode. Anforderung 7: Bereitstellung eines Zielsystems Sowohl der Prozess zur Erstellung eines Zielsystems als auch der Zusammenhang zwischen Unternehmens- und Fremdvergabezielen werden aufgezeigt. Anforderung 8: Aufzeigen von Möglichkeiten zur Zielerreichung Die Methode liefert konkrete Vorschläge, wie das Outsourcingmodell, z.B. mittels Zielanpassung, ausgestaltet werden kann. Zudem bietet sie eine Auswahl an alternativen Kooperationsund Outsourcingmodellen. Jedoch wird keine Technik angeboten, die aufzeigt, welche kooperative Form der Zusammenarbeit für eine bestimmte Zielsetzung sinnvoll ist. Anforderung 9: Steuerungsmodell und dynamische Komponenten Das Steuerungsmodell integriert Vorgehen und Verantwortlichkeiten zur Steuerung der OEM-internen Aktivitäten während des Entscheidungs- und Konzeptionsprozesses. Ohne Steuerungsmodell wäre ein gemeinsames Verständnis für eine strukturierte Vorgehensweise sowie für Rollen und Verantwortlichkeiten nicht gewährleistet und der Abstimmungs- und Synchronisationsaufwand zwischen den Beteiligten würde ansteigen. Dabei ist das Steuerungsmodell als Orientierungshilfe zu sehen. Sein absoluter Charakter wird durch die Auflistung möglicher dynamischer Komponenten, die den Entscheidungsprozess beeinflussen können, aufgehoben. Das Steuerungsmodell zur Durchführung der Konzeption des Outsourcingmodells im Rahmen des Entscheidungsprozesses ist lediglich auf eine integrative Betrachtung von Rollen, Aufgaben und Prozessschritten ausgerichtet. Eine methodische Hilfestellung, die die Einführung der neuen Methode im Unternehmen oder eine Auflistung an wesentlichen Einflussfaktoren für den Einführungsprozess fokussiert, wird nicht aufgeführt. Hier sei auf die einschlägige Literatur verwiesen (z.B. Viertlböck 2000, 94ff.). Anforderung 10: Modellierung Durch die in der Methode vorgeschlagenen Leistungs-/Verantwortungs-, Prozess- und ITModellen lassen sich Wirkzusammenhänge aufzeigen. Beispielsweise können die Entscheidungen aus der Leistungssicht mit der dazugehörigen prozessualen Sicht überlagert werden. Dies macht die Folgen einer Entscheidung auf der Leistungsseite für die prozessuale Umsetzung deutlich. Zudem vereinfachen Modelle die Problemanalyse, dienen der Kommunikation und stützen die Argumentation bzgl. der Umsetzbarkeit von Anforderungen.
Abgrenzung zu bestehenden Methoden und kritische Reflexion
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Die im Rahmen der Arbeit vorgeschlagenen Modelle wurden von den Experten für einen vollständigen Überblick und für eine schnelle Kommunikation als positiv aufgenommen. Für eine weitergehende Darstellung komplexer Leistungs-, Prozess- und IT-Umfänge wurden jedoch Darstellungsmöglichkeiten mit höherem Detaillierungsgrad gefordert.
A5
A6
A7
A8
A9
A10
Ausgestaltung und Kategorisierung der Anforderungen bzw. Konfliktidentifikation zwischen den Anforderungen
Identifikation und Bewertung von Risiken
Bereitstellung eines Zielsystems
Aufzeigen von Möglichkeiten zur Zielerreichung
Steuerungsmodell und dynamische Komponenten
Modellierung
Anforderung teilweise erfüllt
A4
Identifikation von Konfliktpotenzialen in der SubLieferantensteuerung
Anforderung erfüllt
A3 Bereitstellung eines Werkzeugs zur Sondierung des Anbietermarktes
A
Anforderung nicht erfüllt
A2
Bereitstellung eines Frameworks an Rahmenbedingungen
Anforderung
A1 Integrative Betrachtung von Strategie und operativer Durchführung
Abb. 59 veranschaulicht, inwiefern sich die im Rahmen der Arbeit entwickelte Methode von bereits bestehenden Methoden unterscheidet:
Outsourcing-Prozess (Zahn et. al. 1999) Framework for evaluation the make-or-buy (McIvor et al. 1997) Inter-Business Networking Methode (Alt et al. 2000) SCM-Process Methodology (Kuglin 1998) Konzeption eines Outsourcingmodells (Schneider 2010)
Abb. 59: Abgrenzung zu bestehenden Methoden (Quelle: Eigene Darstellung)
7 Zusammenfassung und Ausblick Das Ziel dieses Kapitels ist es, die Forschungsergebnisse der Arbeit darzustellen und im Kontext der vorangeganenen kritischen Reflektion der Methode zu diskutieren. Im Mittelpunkt steht die Erläuterung der Ergebnisse der Arbeit anhand der Beantwortung der drei gestellten Forschungsfragen. Im nächsten Schritt wird der Beitrag der Arbeit für die Wissenschaft und für die Praxis dargestellt. Abschließend wird ein Ausblick auf anknüpfende Forschungsarbeiten gegeben. Abbildung 60 visualisiert den Ablauf des Kapitels:
Ziel der Arbeit
Entwicklung einer Methode zur Konzeption eines Outsourcingmodells am Beispiel „Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene“ Zusammenfassung
Erkenntnisse
Erweiterung Zuliefertypologie
Anforderungsprofil anhand Fallstudien
Methode zur Konzeption Outsourcingmodell
Erkenntnisbeitrag
Beitrag
Beitrag für die Wissenschaft
Beitrag für die Praxis Ausblick
Potenziale
Erweiterung von Modellierungssprachen
Einsatz in Langzeitstudien
Integration in Change Management
Abb. 60: Struktur und Ergebnisse von Kapitel 7 (Quelle: Eigene Darstellung)
7.1 Zusammenfassung Die Arbeit hat ihren Ausgangspunkt in den Herausforderungen und Entwicklungstendenzen der Automobilindustrie. Dabei steht die mit dem in der Automobilindustrie auftretender Konsolidierungs- und Restrukturierungsprozess einhergehende Formierung zukünftiger Zusammenarbeitsmodelle zwischen OEM und Zulieferer im Mittelpunkt des Interesses. Zu diesem Zweck wird neben der Beschreibung der Entwicklungstendenzen in der Automobilindustrie, die Zuliefertypologie um den Zuliefertyp Komplettanbieter inklusive Merkmalsbeschreibung erweitert. Zudem zielt die Arbeit darauf ab, die Herausforderungen moderner Zusammenarbeitsmodelle zwischen OEM und Zulieferer anhand einer empirischen Untersuchung von Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene aufzuzeigen.
K. Schneider, Modernes Sourcing in der Automobilindustrie, DOI 10.1007/ 978-3-8349-6524-0_7, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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Zusammenfassung und Ausblick
Zur ganzheitlichen Analyse der Fallstudien werden die Kriterien von Outsourcingmodellen angewendet. Hierfür werden im Vorfeld die Konstrukte „Geschäftsmodell“ und „Geschäftsmodellkonzept“ aus dem Strategischen Management auf das Untersuchungsfeld „Outsourcing“ übertragen und somit zwei wissenschaftliche Strömungen der Betriebswirtschaftslehre miteinander verbunden. Die Fallstudienanalyse wird herangezogen, um die Herausforderungen von Entscheidungsträgern und Prozessbeteiligte in Fremdvergaben zu identifizieren sowie problembezogene Anforderungen an die eigene Methode zur Konzeption von Outsourcingmodelle zu formulieren. Dabei unterstreichen die bis dato in der Literatur nicht untersuchten Fallstudien „Fremdvergabe Serienentwicklung“, „Fremdvergabe Serienproduktion“ und „Fremdvergabe Serienentwicklung und -produktion“ den innovativen Charakter der Arbeit. Ein Abgleich zwischen dem erstellten Anforderungsprofil und existierender Methoden verschaffte Klarheit über methodische Defizite über bereits publizierte Methodenansätze. Wie gezeigt werden konnte, liegt eine Lücke zwischen praktischen Problemstellungen und methodischen Lösungsansätzen. Insgesamt basiert die im Rahmen der Arbeit entwickelte Methode einerseits auf der Analyse praktischer Problemstellungen zur Ausgestaltung von Zusammenarbeitsmodellen und andererseits auf einer kritischen Auseinandersetzung mit bestehenden Methoden. Eine kritische Würdigung der eigenen Methode und das Aufzeigen von Weiterentwicklungspotenzialen runden die Arbeit ab. Die Arbeit leistet einen Beitrag zur Schließung der Forschungslücke, indem drei Forschungsfragen beantwortet wurden: Forschungsfrage 1: Welche Entwicklungstendenzen und Typen an Zulieferern lassen sich in der Automobilindustrie identifizieren? Zuerst werden zur Beantwortung der Forschungsfrage die Ursachen für die zunehmenden Externalisierungsbestrebungen in der Automobilindustrie beleuchtet. Die Literaturrecherche ergab, dass externe Einflussfaktoren wie steigender Preisdruck, Veränderungen der Wertschöpfungsstruktur, kundenindividualisierte Produkte, technologischer Fortschritt und Varietät und Dynamik der Umwelt als Hauptursachen für die Entwicklungstendenzen der Automobilindustrie zu nennen sind. Neben den Zusatzbelastungen durch die Automobilhersteller sieht sich die Zulieferbranche mit zunehmender Konkurrenz aus Billiglohnländern und mit steigendem Kosten- und Innovationsdruck konfrontiert. Die Automobilhersteller reagieren darauf mit zunehmender Konzentration auf Kernkompetenzen, mit Rationalisierungs- und Standardisierungsmaßnahmen und mit zunehmender Verantwortungs- und Risikoübertragung auf die Zulieferer während die Zulieferindustrie selbst sich einer Konsolidierungswelle entgegen sieht. Um den zukünftigen Herausforderungen zu begegnen, müssen sowohl die Automobilhersteller als auch die Zulieferer auf externe Veränderungen reagieren. Einhergehend mit dem Transformationsprozess in der Automobilindustrie verändern sich die Geschäftsbeziehungen zwischen Automobilherstellern und Zulieferern. Vor dem Hintergrund der Veränderungsprozesse in der Automobilindustrie gilt für beide Seiten die Wertschöpfungskette und bestehende OEM-Zuliefer-Beziehungen zu hinterfragen. Sowohl Automobilhersteller als auch Lieferanten müssen sich weiterentwickeln, indem neue Formen der Zusammenarbeit entstehen oder sich bestehende Zusammenarbeitsmodelle den neuen Gegebenheiten anpassen. Durch den
Zusammenfassung
199
Restrukturierungs- und Konsolidierungsprozess kristallisieren sich drei Kategorien von Zuliefertypen heraus, die die Automobilindustrie zukünftig prägen: Als Innovationschmieden der Automobilindustrie gehandelt, folgen Nischenanbieter sowie Komponenten-, Modul- und Systemlieferanten der Spezialisierungsstrategie. Ziel der Spezialisierungsstrategie ist es, sich durch technologisches Spezialwissen in einer Produktgruppe eine bessere Marktposition und höhere Preisfestsetzungskraft zu sichern. Volumenanbieter versuchen mittels hoher Stückzahlen ihre Skalenerträge zu maximieren und einen möglichst großen Marktanteil zu erlangen. Volumenanbieter profitieren durch den Konsolidierungsprozess entstandene oligopolistische Strukturen der Zulieferindustrie und streben nach einer Marktstellung als global agierende Mega-Supplier. Neben den Spezialisierungs- und Expansionsstrategien der Zulieferer entwickelten sich die Outsourcingmodelle der letzten Jahre dahin gehend, dass nicht nur Teilleistungen sondern große Leistungsumfänge bzw. der komplette Leistungsumfang des Gesamtfahrzeugs an einen externen Partner vergeben werden. Die Entwicklung geht weg vom klassischen Outsourcing von Teilen, Komponenten, Modulen und Systemen nach OEM-Vorgaben hin zur Auslagerung der Verantwortung für die Produktion und/oder Entwicklung ganzer Fahrzeugmodelle bzw. umfangreicher Paketumfänge an finanzkräftige Komplettanbieter. Die Einbindung von Zulieferern als „Full Service Supplier“ und Produktinnovator manifestiert sich als konstanter Faktor im strategischen OEM-Portfolio. Da die Literatur vorwiegend klassische Zuliefertypen (Teile-, Komponenten-, Modul-, Systemlieferant) betrachtet, lag der Schwerpunkt auf der Beschreibung und auf der Abgrenzung des Zuliefertyps Komplettanbieter. Zudem konzentrierte man sich auf die Beschreibung des Outsourcingmodells „Fremdvergabe auf Gesamtfahrzeugebene“ und seinen Ausprägungen, nämlich Externalisierung der Serienentwicklung, Externalisierung der Serienproduktion und Externalisierung von Serienentwicklung und -produktion. Abschließend wurde die Typologie zur Lieferantenkategorisierung durch den Zuliefertyp „Komplettanbieter“ erweitert. Zur Substantiierung des Forschungsprozesses wurden die Begrifflichkeiten „Outsourcingmodell“ und „Outsourcingmodellkonzept“, die bislang in der Literatur zum Thema Outsourcing nicht etabliert sind, eingeführt. Hierzu bediente man sich den Konstrukten „Geschäftsmodell“ und „Geschäftsmodellkonzept“ aus der wissenschaftlichen Strömung des Strategischen Managements und übertrug sie auf den Untersuchungsbereich Outsourcing. Beide Begriffe sind bereits seit längerem in der Betriebswirtschaftslehre etabliert und werden zur Modellierung sowie zur Überprüfung der Machbarkeit und Konsistenz von Geschäftsmodellen in der Praxis angewendet. Angesichts des steigenden Fremdvergabeumfangs und -komplexität erscheint eine Übertragung der Konstrukte „Geschäftsmodell“ und „Geschäftsmodellkonzept“ auf den Bereich „Outsourcing“ als sinnvoll. Forschungsfrage 2: Welchen Herausforderungen sehen sich Entscheidungsträger und Prozessbeteiligte in Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis konfrontiert? Da Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene noch relativ neu sind, bietet die fachbezogene Literatur hierzu weder standardisierte Vorgaben noch detaillierte Erfahrungsberichte. Um hier Abhilfe zu schaffen, konzentrierte sich die Forschungsfrage 2 auf die Beschreibung und Analyse von Fremdvergaben zur Auslagerung der Serienentwicklung und/oder der Serienproduk-
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Zusammenfassung und Ausblick
tion in der Praxis. Die Einordnung der Fallstudien mittels Merkmalsausprägungen gab Aufschluss über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Fremdvergaben. Dabei galt die Anwendung des qualitativen Forschungsansatzes als Bedingung, um eine ganzheitliche Abbildung der Komplexität von Outsourcingvorhaben auf Gesamtfahrzeugebene zu gewährleisten. Im Vorfeld wurde hierzu ein konzeptioneller Bezugsrahmen auf Basis der politischen Ökonomie entwickelt. Der Ansatz der politischen Ökonomie wurde auf das Untersuchungsfeld Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene übertragen und durch Theorien aus der Neuen Institutionenökonomik, Strategischem Management und Organisationslehre angereichert. Der konzeptionelle Bezugsrahmen galt als theoretisch fundiertes Analyse- und Erklärungsgerüst für die empirische Untersuchung. Die Fallstudienanalyse gab umfassend Aufschluss über Herausforderungen von Verantwortlichen in Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene während des gesamten Fremdvergabelebenszyklus in der Praxis. Auf Basis der in den Fallstudien identifizierten Problemstellungen wurde ein Anforderungsprofil für die eigene Methode abgeleitet. Die Anforderungen an die Methode geben Aufschluss über die Herausforderungen in den Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene und lassen sich schwerpunktmäßig wie folgt formulieren: - Strategische Fundierung Eine fundierte Unternehmensstrategie und -planung als übergeordneter strategischer Rahmen gilt als Voraussetzung für die nach gelagerte Konzeption individueller Outsourcingmodelle. Zudem ist sie ausschlaggebend für die Ausgestaltung und die Bestandteile des Outsourcingmodells. Darüber hinaus haben die Fremdvergaben einen Beitrag zur langfristigen strategischen Unternehmenssicherung zu leisten. Bereits hier gilt es - neben der Definition von Rahmenbedingungen, an denen sich jedes Outsourcingmodell zu orientieren hat - den Anbietermarkt nach potenziellen Fremdvergabepartnern zu sondieren. - Operative Umsetzung Strategische Fundierung und operative Umsetzung weisen kohärente Abhängigkeiten auf. Die enge Kopplung zwischen strategischer und operativer Ebene muss bewusst sein, um die Konsequenzen der strategischen Ausrichtung für die spätere Umsetzung des Outsourcing-modells aufzeigen zu können. Ein in sich stimmiges Outsourcingmodell gilt als wichtige Voraussetzung für das Gelingen einer Fremdvergabe. Um dies zu gewährleisten, müssen potenzielle Konflikte sowohl im Zielsystem als auch im Anforderungsprofil zwischen den Ebenen Leistung/Verantwortung, Prozess und IT sowie in der Sub-Lieferantensteuerung bereits im Laufe des Entscheidungsprozesses identifiziert werden. Aus der Empirie ist erkennbar, dass ein Bedarf an entsprechender methodischer Unterstützung vorhanden ist. Oftmals fehlt es an einer entsprechenden Systematik, um ein in sich stimmiges und plausibles Outsourcingmodell zu erstellen und somit die Entscheidungsherbeiführung pro oder contra Outsourcing zu unterstützen.
Zusammenfassung
201
Forschungsfrage 3: Gibt es in der Literatur Ansätze oder Methoden zur Herleitung eines Outsourcingmodells für Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene? Wenn nein, wie sollten diese aussehen? Im Vorfeld der eigentlichen Erstellung der eigenen Methode, galt es den Stand der Forschung über die in der Literatur vorhandenen Methoden zur Ermittlung von OutsourcingEntscheidungen zu begutachten. Die Validierung bereits existierender Methodenansätze erfolgte anhand eines Kriterienvergleichs. Als Bewertungskriterien diente das Anforderungsprofil aus den Fallstudien. Ziel hierbei war es, die Methoden insgesamt dahingehend zu bewerten, inwiefern sie die aufgeführten Anforderungen erfüllten. Die identifizierten Defizite bestehender Methoden galten als Hinweise für den weiteren Entwicklungsprozess. Die Erkenntnisse aus der Praxis werden durch den Validierungsprozess bestätigt. Auch hier wird die Notwendigkeit einer methodischen Unterstützung deutlich. Die gesichteten Methoden tragen nur bedingt zur effizienteren Durchführung der Konzeption des Outsourcingmodells und des daraus abgeleiteten Beschlusses für oder gegen Inanspruchnahme der Fremdleistung bei. Es existieren viele Methoden, die jede für sich interessante Implikationen bietet. Oftmals ist zu hinterfragen, ob sie auf Basis fundierter Analysen praxisnaher Problemstellungen entwickelt wurden. Sinnhaftigkeit des Technikeinsatzes und Operationalisierbarkeit lassen oftmals einen theoretischen Hintergrund vermuten. Zudem liefert die Literatur keinen Beitrag, der eine differenzierte Betrachtung zur methodischen Entscheidungsunterstützung für Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene zulässt. Als Hauptkritikpunkte lassen sich sowohl die eingeschränkte integrative Betrachtung von Strategie und Umsetzung als auch die ausbaufähige systematisierte und strukturierte Ableitung der Konsequenzen auf Leistung/Verantwortung, Prozesse und IT anbringen. Darüber hinaus enthält keines der validierten Methoden ein Analysetool zur frühzeitigen Identifikation potenzieller Konflikte in der Sub-Lieferantensteuerung. Der Bedarf an einer instrumentellen Unterstützung bestärkte das Ziel der Arbeit, eine Methode zu entwickeln, um die methodischen Defizite bestehender Ansätze zu kompensieren. Demzufolge konzentrierte sich die Entwicklung des integrierten Methodenansatzes zur Deduktion eines stimmigen und stabilen Outsourcingmodells auf Gesamtfahrzeugebene auf folgende Kernpunkte: - Unternehmensstrategie Hier werden externe Einflussfaktoren identifiziert und die strategischen Unternehmensgrundsätze definiert. Aus beidem lassen sich die mittel- und langfristigen Herausforderungen des Unternehmens ableiten. Während die Unternehmensanforderungen Aufschluss geben, inwiefern das Unternehmen auf diese Herausforderungen zu reagieren hat. Darüber hinaus werden Unternehmens- und Outsourcing-Leitlinien aus der Unternehmensstrategie abgeleitet, an dem sich nachfolgende Konzeptionen spezifischer Outsourcingmodelle zu orientieren haben. - Unternehmensplanung Die Konkretisierung der Unternehmensstrategie erfolgt in der Unternehmensplanung. In enger Abstimmung mit der Multiprojektplanung werden - respektive interner Entwicklungs- und Produktionskapazitäten - Fahrzeugmodelle identifiziert, die für eine Fremdvergabe in Frage
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Zusammenfassung und Ausblick
kommen. Parallel hierzu erfolgt eine Marktsondierung zur Identifikation potenzieller Fremdvergabepartner. Dabei fließen die Ergebnisse aus dem Marktsondierungsprozess in die Multiprojektplanung mit ein. Die Ergebnisse beider Phasen dienen als übergeordneter strategischer Rahmen für die nach gelagerte Konzeption des Outsourcingmodells. - Konzeption des Outsourcingmodells Teilweise abgeleitet aus den Ergebnissen aus den beiden vorherigen Phasen wird ein Zielsystem und ein Anforderungsprofil für das Outsourcingmodell erstellt. Ein Kategorisierungsschema bestehend aus den Ebenen Leistung/Verantwortung, Prozesse und IT gewährleistet durch Vorwärts- und Rückwärtsableitung der Anforderungen die Vollständigkeit des Anforderungsprofils. Die Erstellung der entsprechenden Leistungs-/Verantwortungs-, Prozess- und IT-Modelle unterstützt die Integration vielfältiger Meinungen heterogener Interessensgruppen. Eine anschließende Deltaanalyse zur Identifikation von Maßnahmenbündeln und zur Kostenbewertung leistet die Vorarbeit für die Planung zur Implementierung. Unterstützt durch eine Szenario- und Risikoanalyse wird ein Managementreport erstellt, anhand dessen die Entscheidung pro oder contra Outsourcing gefällt wird. Das iterative Vorgehen der Methode ermöglicht die Berücksichtigung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Die Integration von Vorgehen, Werkzeugen und Verantwortlichkeiten erfolgt anhand eines Steuerungsmodells. Im Gegensatz zum traditionellen kostenrechnerischen Kalkül löst sich die entwickelte Methode von der Notwendigkeit, alle Entscheidungen monetär und rational begründen zu wollen. Die Arbeit zeigt dynamische Komponenten auf, die den Verlauf des Entscheidungsprozesses beeinflussen können. Die Validität des Methodenansatzes wurde mittels eines zweistufigen Vorgehens sicher gestellt. Um die Methode zu evaluieren, wurden neben der Überprüfung der Methode anhand des zugrunde gelegten Anforderungsprofils, kontinuierlich Experten in den Methodenerstellungsprozess miteinbezogen und eine abschließende Expertenbefragung durchgeführt. Die Abgrenzung der entwickelten Methode zu bestehenden Methoden und die kritische Reflexion runden die Arbeit ab.
Erkenntnisbeitrag
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Welche Entwicklungstendenzen und Typen an Zulieferern lassen sich in der Automobilindustrie identifizieren?
- Auflistung von Entwicklungstendenzen in der Automobilindustrie - Erweiterung der Zuliefertypologie
Welchen Herausforderungen sehen sich Entscheidungsträger und Prozessbeteiligte in Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene in der Praxis konfrontiert?
Empirische Analyse von Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene
Gibt es in der Literatur Ansätze oder Methoden zur Herleitung eines Outsourcingmodells für Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene? Wenn nein, wie sollten diese aussehen?
- Anforderungsprofil - Stand der Forschung - Methode zur Konzeption von Outsourcingmodellen
Abb. 61: Die Ergebnisse der Arbeit im Kontext der Forschungsfragen (Quelle: Eigene Darstellung)
7.2 Erkenntnisbeitrag Zusammenfassend wird der Beitrag der Arbeit für Theorie und Praxis wie folgt formuliert: Wissenschaftlicher Beitrag Die Zuliefer-Typologie wurde um den Zuliefertyp „Gesamtfahrzeugentwicklungs- und/oder Gesamtfahrzeugproduktionspartner“ als Sinnbild für moderne Zusammenarbeitsmodelle in der Automobilindustrie erweitert. Die Klassifizierung erfolgte anhand unterschiedlicher Merkmale, welche den Zuliefertyp von klassischen Zuliefertypen abgrenzt. Im Zentrum des Interesses standen neben der zu entwickelnden Methode die Fallstudien zur empirischen Untersuchung von Outsourcingprojekten zur Auslagerung von Serienentwicklung, Serienproduktion und Serienentwicklung und -produktion, die bisher in der Literatur nicht betrachtet wurden. Dadurch konnte die Literatur um Praxisberichte aus Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene für weitere wissenschaftliche Untersuchungen angereichert werden. Die Synthese relevanter Anforderungen aus den Fallstudien und die Reflexion bestehender Methoden gab Aufschluss über die methodischen Defizite in der Literatur. Im Rahmen dessen wurde aufgezeigt, dass die Aspekte von zukünftigen unternehmensübergreifenden Zusammenarbeitsmodellen in der Praxis nicht in der Methodenunterstützung aus der Theorie nicht vollständig berücksichtigt werden.
204
Zusammenfassung und Ausblick
Die aufgeführten Theorien und Ansätze geben einen gedanklichen Orientierungsrahmen, der einen nicht zu unterschätzenden Freiraum für strukturelle Erweiterungen von relevanten Grundlagentheorien bietet. Theorien aus der wissenschaftlichen Strömung des Strategischen Managements geben beispielsweise wertvolle Hinweise, mittels Outsourcing eine Stärkung der Marktposition zu erreichen. Die Ansätze des Strategischen Managements berücksichtigen jedoch externe Einflussfaktoren nur deterministisch zum gegebenen Betrachtungszeitpunkt. Schwerpunktmäßig werden stabile Wertschöpfungsstrukturen und der Ausbau bestehender Marktpositionen betrachtet. Eine dynamische Komponente, die Veränderungen der Marktposition und Marktmacht durch die Fremdvergabe im Laufe des Outsourcingprojektes berücksichtigen, fehlt. Auch werden die Auswirkungen von Potenzialen, die im Rahmen der Fremdvergabe generiert wurden, auf die Marktposition von OEM und Partner und auf die daraus entstehenden Wechselwirkungen auf existente Beziehungsverhältnisse ausgeblendet. Die Principal-Agent-Theorie beschäftigt sich hauptsächlich mit der Fragestellung, wie der Auftragnehmer die vom Auftraggeber vorgegebenen Ziele und Aufgaben in seinem Interesse erfüllen kann. Zur Vermeidung von opportunistischen Verhalten werden Instrumentarien wie Kontroll- und Anreizmechanismen, Gewinn- und Verlustverteilung und die Etablierung geeigneter Informationsflüsse und -kanäle sowie dazugehörende Informationssysteme vorgeschlagen. Generell gelten diese Hilfsmittel für alle Outsourcingmodelle. Jedoch sind für Fremdvergaben auf Gesamtfahrzeugebene Unterschiede in der Ausgestaltung der Instrumentarien zu erwarten. Die Fremdvergabekomplexität und -verantwortung deuten auf eine differenzierte Gestaltung und Handhabung der Instrumente hin. Reziprozitätsnormen wie Anreizund Entlohnungssysteme, die eine gemeinsam getragene Verantwortung über einen längeren Zeitraum hinweg fördern, sowie neue Formen von Risk-Sharing-Modellen bieten sich für eine tiefere Untersuchung an. Schließlich zeigt der Resource-Dependence-Ansatz neben der Bedeutung von Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen in Auftragnehmer- und Auftraggeber-Beziehungen mögliche Quellen von Informationsasymmetrien auf. Der Resource-Dependence-Ansatz sollte strukturelle und prozessuale Voraussetzungen zur Erklärung von Informationsasymmetrien und von Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen einen höheren Stellenwert zukommen lassen. Darüber hinaus ist eine dynamische Betrachtungsweise von Bedeutung, die den Verlauf von Asymmetrien und Abhängigkeiten über den gesamten Lebenszyklus der Fremdvergabe und entsprechende Interventionsmaßnahmen aufzeigt. Praktischer Beitrag Die Methode gibt standardisierte Vorgehensweisen vor und beschreibt die zugehörigen Ergebnisse. Damit wird die Transparenz der Fremdvergaben erhöht und die Planbarkeit verbessert. Planungsabweichungen und Risiken werden frühzeitig erkannt. Dadurch lassen sich Prozesse besser steuern, und das Projektrisiko eindämmen. Zudem stellt die Methode sicher, dass die zu liefernden Ergebnisse des Entscheidungsprozesses vollständig und von gewünschter Qualität sind. Die durch die Methode definierten Zwischenergebnisse können auf diese Weise frühzeitig überprüft werden. Die Ergebnisse sind deshalb verständlicher und leichter zu überprüfen. Die Einheitlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse wird dadurch gewährleistet. Somit können mehrere Fremdvergaben miteinander verglichen und Rückschlüsse auf ihren Erfolg bzw. Misserfolg gemacht werden. Die Entscheidung für oder gegen Auslagerung von Serienentwicklung und/oder -produktion liegt transparent vor.
Ausblick
205
Ein einheitliches Vorgehen und Werkzeuge verbessern die Kommunikation und Koordination aller Projektteilnehmer. Die Nachvollziehbarkeit des Entscheidungsprozesses wird verbessert. Neben der Hilfestellung beim Strukturieren eines Projektes kann die Methode für Schulungen oder zur eigenständigen Einarbeitung in das Gebiet Outsourcing eingesetzt werden. Zudem ermöglicht die Formalisierung einen Wissenstransfer, d.h. in einem Projekt erarbeitete Ergebnisdokumente können auch in anderen Projekten verwendet werden. Durch die Anwendung des standardisierten Vorgehensmodells lässt sich der Aufwand für die Implementierung, Durchführung und Entflechtung der Fremdvergaben leichter kalkulieren, abschätzen und steuern. Um Probleme und Konflikte für die Implementierung rechtzeitig im Vorfeld zu identifizieren, wird eine integrative Betrachtung von Strategie und Umsetzung berücksichtigt. Durch ein standardisiertes Vorgehen und einer fundierten Vorbereitung resultiert ein reduziertes Konfliktpotenzial, das positive Effekte auf der Implementierungs-, Durchführungs- und Beendigungsphase nach sich zieht. Letztendlich wird die vorliegende Arbeit ihrem Anspruch dann gerecht, sofern die im Forschungsprozess gewonnenen Erkenntnisse und die Methode im praktischen Anwendungszusammenhang einen signifikanten Nutzen mit sich bringen. Daher ist die Frage nach der Praxistauglichkeit der Methode zu stellen. An dieser Stelle ist fest zu halten, dass die Methode in enger Zusammenarbeit mit Industriepartnern sowohl aus strategischer als auch operativer Ebene entwickelt wurde. Das Wissen der Experten floss kontinuierlich in die konzeptionelle Arbeit zur Erstellung der Fallstudien als auch in die Entwicklung der Methode ein. Die Zwischenergebnisse des Erstellungsprozesses wurden in kontinuierlichen Zeitabständen den Experten vorgelegt. Somit konnten neue Ideen und Verbesserungspotenziale in die nächste Version mit einfließen. Zudem kann die Methode aufgrund der praktischen Beispiele als zumindest prototypisch getestet bezeichnet werden. Schließlich bestätigte die Validierung der Experten, dass die Methode viele grundlegende Problemstellungen des Outsourcingmodells Fremdvergabe auf Gesamtfahrzeugebene adressiert. Darüber hinaus galten die fundierten Fallstudien aus der Praxis als Basis für die Anforderungen an die Methode, die bis auf wenige Ausnahmen erfüllt wurden.
7.3 Ausblick Der iterative Charakter des Forschungsprozesses der Arbeit wirft neue Fragen auf. Daher unterbreitet Kapitel 7.3 zahlreiche Anknüpfungspunkte für weitere Untersuchungen. Insbesondere seit der Forderung nach adäquaten Methoden und Werkzeuge für ein konsequentes Managements von Geschäftsprozessen im Rahmen von „Business Process Reengineering“ (Hammer/Champy 1996) oder „Continuous Process Improvement“ (Schmidt 2002) laut wurden, werden vermehrt unternehmensübergreifende Modellierungsansätze diskutiert. Beispielsweise liefern Klein/Kupsch/Scheer (2004) Vorschläge zur Modellierung inter-organisationaler Prozesse mittels Ereignisgesteuerter Prozessketten. Einen Schritt weiter gehen Colombo/Mylopoulos (2006), indem sie ein multiperspektivisches Framework, das verschiedene Organisationsmuster zur Ausgestaltung des Kommunikations- und Informationsaustausch von Virtuellen Unternehmen liefern. Ausgerichtet an bestimmte Interessensgruppen schlagen die Autoren unterschiedliche Sichten - „intentional view”, „strategic view“ und „process view“ zur Beschreibung von Organisationsstrukturen vor und ergänzen es durch eine Notation. Abgesehen davon, gibt es eine zunehmende Anzahl an publizierten Vorschlägen zur Abbildung unternehmensübergreifender Prozesslandschaften (De Michaelis et al.
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Zusammenfassung und Ausblick
1997; Colombo/Francalanci/Pernici 2004; Colombo/Francalanci 2004). Dennoch gibt es hier noch Verbesserungspotenzial bezüglich einer Notation, die eine Abbildung von Leistungs-, Prozess- und IT-Modellen vor dem Hintergrund inter- und intra-organisationaler Abhängigkeiten und einer systematischen Ableitung von Implementierungsaufwänden erlaubt. Generell sollte sich der Untersuchung gewidmet werden, inwiefern die in der Literatur verankerten Modellierungsmethoden die Anforderungen aus der Praxis zur graphischen Darstellung moderner Zusammenarbeitsmodelle überhaupt noch erfüllen. Hinsichtlich der Evaluation wurden zwar die prinzipielle Anwendbarkeit und der Nutzen der Methode auf Basis der Expertenevaluierung und des Anforderungsprofils aus den Fallstudien aufgezeigt, wobei jedoch aus Gründen der Komplexitätsreduktion nur ein beschränktes Untersuchungsfeld beleuchtet wurde. Der Einsatz der Methode in unternehmens-übergreifenden Langzeitstudien ist also notwendig, um weitere Kenntnisse in der Methodenanwendung zu erlangen und die Methode inhaltlich zu substantiieren. Zudem wird die Methode mit weiteren quantitativen Gesichtspunkten empirisch belegt und der Einsatz der Methode führt zu einer höheren Akzeptanz in der Praxis. Des Weiteren erfolgte die Untersuchung der Fallstudien unter Zuhilfenahme unterschiedlicher wissenschaftlicher Ansätze. Daher bietet sich die empirische Untersuchung der Arbeit für ein tiefer gehendes Verständnis aus Sicht eines theoretischen Konstrukts, z.B. Resource-Dependence-Theorie oder Power-Dependence-Theorie, an. In Bezug auf den Erfolg eines Gestaltungsvorschlags von unternehmensübergreifenden Zusammenarbeitsmodellen kann insbesondere die Integration bestehender Change MangementKonzepte untersucht werden. Zumal der vorgestellte Methodenansatz als Rahmen zur Erstellung eines Konzepts für Outsourcingmodelle dient und die Anpassung der Methode an betriebsspezifische Rahmenbedingungen in der Verantwortung des Nutzers liegt, erscheinen Ansätze zur Verankerung von Veränderungen in Strukturen, Prozessen und insbesondere in der IT-Organisation als vorteilhaft. Die enge Verzahnung von technischer und strategischorganisatorischer Veränderung in Fremdvergabeprojekten, fordert die verstärkte Betrachtung von weichen Faktoren (siehe hierzu auch Schwarz 2000 und Püttgen/Roe 2005). Daher kann für die erfolgreiche Anwendung der Methode, insbesondere bei der Implementierung unternehmensübergreifender Prozess- und IT-Landschaften, die Nutzung von Ansätzen aus dem Bereich Change Management sinnvoll sein.
Glossar Änderungsmanagement Derivat Entwicklung, Konstruktion
Freigabe
Freizeichnung
Funktionale Integration Geometrische Integration Gleich/Synergieteileprinzip
Verwaltung und Nachverfolgung von Änderungen Veränderte Variante des Leadfahrzeugs Die Entwicklung ist der Konstruktion übergeordnet und umfasst neben der eigentlichen Entwicklungstätigkeit die Bereiche Versuch, Musterbau (Prototypenerstellung), Berechnung und Projektmanagement. Die Konstruktionstätigkeit entspricht der Entwicklungstätigkeit, ohne dass die unmittelbare Einbeziehung von Prototypenbau und Versuch bei der jeweils anstehenden Aufgabe nötig ist (Ehrlenspiel 2007, 241). Mittels Freigabe können die erzielten Entwicklungsergebnisse für den nächsten Entwicklungsschritt genutzt werden Die Abnahme beinhaltet die Verifikation (Überprüfung der Übereinstimmung mit den Zielen / Vorgaben) in einer Abnahmeumgebung. Zur Abnahme gehört die Definition und Einrichtung einer konkreten Abnahmeumgebung und die Spezifikation der Testfälle für die Prüfung der gelieferten Ergebnisse. Prozess, der im Rahmen der Fahrzeugentwicklung zum Erreichen eines stimmigen Gesamtfahrzeugs und segmentspezifisch hoher Kundenzufriedenheit eingesetzt wird. Dient zur Bestätigung und Sicherung von Fahrzeugfunktionen/Eigenschaften auf Gesamtfahrzeugebene. Bestätigung und Dokumentation der Zielerreichung entsprechend den Vorgaben aus dem Zielkatalog (Zielverfolgung). Sicherstellung der funktionalen Stimmigkeit eines Gesamtfahrzeugs. Sicherstellung der geometrischen Stimmigkeit eines Gesamtfahrzeugs. Als Gleichteil wird ein identisches Teil über mehrere Fahrzeuge hinweg mit gleicher Sachnummer bezeichnet. Somit kann beispielsweise eine Klimaanlage gleicher Bauart in verschiedenen Fahrzeugen eingebaut werden, während Teile, die bis zu 30% vom Basisteil abweichen, als Synergieteile bekannt sind. Im Rahmen der Gleich- und Synergieteilepolitik werden zunehmend standardisierte Bauteile der Zulieferer beim Bau eines Fahrzeuges verwendet. Der Grund liegt darin, dass die Verwendung von Gleichteilen nicht immer möglich ist, sondern geometrische Anpassungen an den Komponenten in den einzelnen Fahrzeugkonzeptphasen vorgenommen werden müssen. Die Standardisierung erfolgt sowohl horizontal entlang der Produktpalette als auch vertikal über mehrere Serien hinweg. Der Unterschied zur Plattformstrategie besteht darin, dass nur Bauteile
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Homologation
Lastenheft
Leadfahrzeug
Pflichtenheft
Produktionstechnische Integration Prototypenbau (Musterbau) Qualitätsmanagement
Glossar produktübergreifend wieder verwendet werden, die im Sinne der Differenzierungsstrategie keinen Beitrag zur Produktunterscheidung leisten (Heftrich 2000, 64). Das Gleich- oder Synergieteileprinzip als abgeschwächte Form des Plattformoder Baukastenprinzips wird bei Erst- und Folgemodellen einer Baureihe als auch baureihenübergreifenden Modellen verwendet. Dabei handelt es sich nicht um eine Plattform, sondern vielmehr sollen durch ein intelligentes Gleichteilemanagement für jede Baureihe Synergiepotenziale genutzt werden, ohne die Differenzierung der einzelnen Modelle in der Kundenwahrnehmung zu schwächen. Zertifizierung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugkomponenten (z.B. Betriebsgenehmigungen nach den Vorschriften der Bestimmungsländer für den internationalen Vertrieb) Im Sinne der Norm VDI/VDE 3694 beschreibt das Lastenheft eine Zusammenfassung aller Anforderungen des Auftraggebers, also Kundenanforderungen. Fahrzeug mit den meisten prägenden Eigenschaften für die Fahrzeuge der Baureihe. Jedoch nicht zwingend das Ersteinsatzfahrzeug. Im Pflichtenheft sind die Anforderungen beschrieben, die zur Realisierung der Kundenanforderungen im Sinne von Produktanforderungen notwendig sind. Sicherstellung der produktionstechnischen Stimmigkeit eines Gesamtfahrzeugs Anfertigung eines Musters in kleiner Stückzahl oder Einzelstück ohne Zuhilfenahme von Serienwerkzeugen. Alle geplanten und systematischen Tätigkeiten, die innerhalb des Qualitätsmanagementsystems verwirklicht sind, und die erforderlich dargelegt werden, ausreichendes Vertrauen zu schaffen, dass eine Einheit die Qualitätsforderung erfüllen wird. Qualitätsforderung: Formulierung der Erfordernisse oder deren Umsetzung in eine Serie von quantitativ oder qualitativ festgelegten Forderungen an die Merkmale einer Einheit zur Ermöglichung ihrer Realisierung und Prüfung Eine Qualitätsforderung oder Teile davon sind beispielsweise festgelegt in einem Lastenheft, einer technischen Zeichnung, den technischen Lieferbedingungen, der Qualitätsvorschrift (DIN EN ISO 8402). Qualität: Gesamtheit von Merkmalen und Merkmalswerten einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen (DIN EN ISO 8402)
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Anhang Anhang A Der Produktentwicklungsprozess ist die Grundstruktur für die Organisation zur Durchführung der Fahrzeugentwicklung. Der Prozess der Entstehung eines Fahrzeugmodells von der Idee bis zur Produktion, wird im Produktentwicklungsprozess beschrieben. Der folgende Produktentwicklungsprozess ist auf kein spezielles Unternehmen bezogen, sondern stellt eine generische Beschreibung der Produkterstellung dar. Die Abläufe in der Produktentwicklung sind je nach Art des Produkts, der Branche, des Unternehmens, des Produktionsumfangs (Einzel-, Kleinserien- oder Serienfertigung), der Entwicklungsstufe (Neu-/Weiterentwicklung, Modellpflege) (Beneke 2003, 51) und des Einsatzzeitpunkts (Ersteinsatzfahrzeug, Derivat) unterschiedlich. Die Produktentwicklung und der Produktentwicklungsprozess werden wie folgt definiert: „Produktentwicklung ist die Gesamtheit der technischen, markt- und produktionsorientierten Tätigkeiten einer industriellen Unternehmung, die auf die Schaffung eines neuen oder verbesserten Produktes oder Verfahrens ausgerichtet ist und zu diesem Zweck die in der Forschung erzielten Erkenntnisse in diesen Prozess einfließen lässt.“ (Clausius 1993, 15). Der Produktentwicklungsprozess umfasst die „[…] Summe aller operativen und steuernden Aktivitäten, die beginnend mit der ersten Produktidee bis zum Auslauf die Eigenschaften, Kosten und Erträge, Marketing, Vertrieb und Kundendienst des Produkts festlegen und sicherstellen.“ Die Produktentwicklung umfasst „[…] die Gesamtheit der Teilprozesse und ihrer gegenseitigen Abhängigkeiten.“ (Lincke 1995, 28). Strategieentwicklung Der Produktentwicklungsprozess beginnt mit dem modell- und fachbereichsübergreifenden Prozess der Strategieentwicklung, bzw. mit dem Strategieinput. Da es sich um einen kontinuierlich fortschreitenden Prozess handelt, wird hier nicht von einer Phase gesprochen. Die Impulse für die Strategiebestimmung können sowohl aus internen als auch von externen Stellen kommen. Ziel der Strategieentwicklung ist es, zukünftige Potenziale in Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Marketing zu eruieren und danach die Strategie festzulegen. Vorentwicklung/Konzepterstellung Auf Basis dieser Daten werden parallel in der Forschung Ideen für Nachfolgemodelle, Technologien und Innovationen entwickelt. Diese neuen Ansätze fließen über einen Bewertungsund Filtermechanismus in konkrete Fahrzeugprojekte und werden in einem Fahrzeugsteckbrief zusammengefasst, wirtschaftlich bewertet und von der Unternehmensleitung bestätigt. Um zielgerichtete und realisierbare Entwicklungsergebnisse an die Serienentwicklung zu übergeben, verfügt die Vorentwicklung über Schnittstellen sowohl zur Serienentwicklung als auch zu den Marketing-, Vertriebs- und Servicebereichen (Grundwald 2001, 102). Die Ergebnisse der Vorentwicklung sind nicht auf ein Fahrzeugprojekt ausgelegt, sondern fließen über den gesamten Entwicklungsbereich in die Serienprodukte ein. Voraussetzung für die Einbindung der Ergebnisse der Vorentwicklung in den Entwicklungsbereich ist ein kontinuierliches Technologie- und Innovationsmanagement.
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Anhang
In einem weiteren Schritt wird eine erste Zielvision für die Fahrzeugprojekte als auch für die Konzeption der Fahrzeuge, inklusive des Produktterminplans und des Synchronisationsplans erstellt. Die Ergebnisse werden weiter konkretisiert. Zu diesem Zeitpunkt liegt der grobe Rahmen für das weitere Vorgehen zur Konzipierung des Fahrzeuges vor und bildet den eigentlichen Startpunkt für das Fahrzeugprojekt. Während der Konzeption gilt es, die Ziele aus der ersten Zielvision zu detaillieren, zu plausibilisieren und marktfähige Gesamtfahrzeugkonzepte zu entwickeln und zu bestätigen. Um diese Ziele verwirklichen zu können, wird der Aufbau der Projektorganisation für die Serienfertigung festgelegt, das heißt, das Projektteam, -struktur und -plan aufzustellen. Erste Zielkonflikte zwischen Designphilosophien und technischer bzw. kostentechnischer Umsetzung werden gelöst. Gegen Ende der Vorentwicklungsphase entsteht die Ausgangsbasis für das Ersteinsatzfahrzeug und des ersten Derivates einer Baureihe. Die Businesspläne des Ersteinsatzfahrzeuges, inklusive der Derivate werden von der Unternehmensleitung bestätigt. Ein Fahrzeugkonzept für die Serienentwicklung wird abgestimmt, Detail-Ziele werden vereinbart, aber auch mögliche Zielkonflikte gelöst (Grunwald 2001, 103). Die im Vorfeld geplante Projektorganisation wird aufgebaut und Teilkonzepte des Fahrzeuges weiter detailliert und konkretisiert. Als Orientierung für das Konzept bildet der ständige Überprüfung der Produktanforderungen mit den übergeordneten Kosten-, Produkt-, und Projektzielen. Sowohl für die Einzelkonzepte als auch für das Gesamtkonzept wird ein endgültiges Lösungskonzept erstellt und bestätigt. Dabei umfassen Teilkonzepte (z.B. Karosserie, Bremsen etc.), in erster Linie eine technische Lösung, während das Gesamtkonzept nicht einfach als Summe der Einzelkomponenten zu betrachten ist, sondern vielmehr im Konzept verankert sein muss, ob die Teilkonzepte, unter Einhaltung der vordefinierten Rahmenbedingungen, zu einem in sich stimmigen Ganzen zusammengeführt worden sind. Die Phase der Vorentwicklung endet mit der Bestätigung des Design, den Teil- als auch Gesamt-Konzepten als auch der Zielvereinbarungen für das Fahrzeugprojekt. Die Konzepterstellung der einzelnen Fahrzeuge läuft zeitlich versetzt je nach geplanten Serieneinsatz der Fahrzeuge. Ausgehend von einem Ersteinsatzfahrzeugkonzept folgen die einzelnen Derivatkonzepte. Die Ergebnisse der Vorentwicklungsphase dienen als Vorlage für die nachfolgende Serien27 entwicklung, für die die nötigen Vorleistungen erbracht werden. Serienentwicklung Die Phase der Serienentwicklung ist im Gegensatz zur Vorentwicklungsphase durch eng abgestimmten Entwicklungsprozess und durch eine stärkere Planung bzw. Planbarkeit geprägt, in der die Prozesse sich stabilisieren und in häufig wiederkehrenden Abläufen abbilden.
27
Für eine detailliertere Darstellung des PEP von Audi siehe Anhang B. Die wesentlichen Subprozesse des PEP sind im Glossar dargestellt
Anhang
241
In der Serienentwicklung erfolgen die ergebnis-, termin- und kostengerechte Entwicklung des Produktes, die Ausgestaltung der Konzepte aus der Vorentwicklungsphase sowie die Vorbereitung des Serienanlaufs in den Werken. Die Freiheitsgrade in der Entwicklung sind abhängig der Tatsache, ob der gesamte Entwicklungsprozess (Neuentwicklung) oder einzelne Prozessschritte (Weiterentwicklung/Modellpflege) zu durchlaufen sind (Beneke 2003, 53ff.). Strategieentwicklung Produktplanung Konzeptvorentwicklung
Konzeptentwicklung
Serienentwicklung Produktionsvorbereitung
Anlaufphase SOP
Fahrzeugbezogene Vorentwicklung
Definition von Kernkompetenzen/ Fremdleistung
Festlegung Entwicklungsund Beschaffungsstrategie
Simultaneous Engineering
Erstellung ProduktArchitektur Target Costing
Erarbeitung technischer Merkmale und Design
Konkretisierung Ziele und Entwicklungsstückliste
Konzeptfahrzeug/ Baugruppenvorerprobung
Detailkonstruktion
Baugruppenerprobung
Prototypenerprobung
(Beschaffungs-)Freigaben
Nullserien
Abb. 62: Produktentwicklungsprozess (Quelle: in Anlehnung an Groher 2002, 190f.)
242
Anhang
Anhang B Zielgruppe Performanceziele Absatzziele
Einzelziele • Steigerung des Umsatzes • Time-to-Market • Erweiterung des Produktportfolios • Zugang zu Multiplikatoren • Nutzung komplementärer Leistungen (Best-of-Breed) Wettbewerbs- • Stärkung der Wettbewerbsposition ziele • Stärkung der Verhandlungsposition • Zugang zu Marktinformationen/Kontakten Lernziele • Kontinuierlicher Ausbau des Fach- und Prozesswissen in Entwicklung und Produktion • Erschließung neuer Kompetenzfelder • Generierung von Fremdvergabeerfahrung Sicherheits• Verbesserung der eigenen Auslastung, Ausgleich von Schwankungen ziele im Auftragseingang • Kosten- und Risikoteilung durch gemeinsame Finanzierung von Investitionen Tab. 15: Zielekatalog für OEM (Quelle: in Anlehnung an Wohlgemuth (2002, 195))
Anhang C Auf Anhang C kann unter www.gabler.de und „Kathrin Schneider“ im OnlinePLUSProgramm zugegriffen werden.