Postvertriebsstück . Entgelt bezahlt . D 8138
2 2002
44. Jahrgang
WIRTSCHAFTS INFORMATIK WI
Aktuelle Themen Nutzen von ERP-Systemen Komponentenbasierte SCM-Software Automatisierte Auktionen IV-Controlling – eine Fallstudie Softwareindustrie und Innovation Learning-Management-System
www.wirtschaftsinformatik.de
In eigener Sache
In eigener Sache
Der Autor
Wolfgang Ko¨nig Institut fu¨r Wirtschaftsinformatik, Universita ¨ t Frankfurt, Mertonstraße 17, 60054 Frankfurt am Main
Die Herausgeber unserer Zeitschrift u¨ben ihr Amt fu¨r eine begrenzte Zeit aus. Endet eine Mitgliedschaft im Herausgeberkreis, bestimmt das Gremium neue Mitglieder durch geheime Wahl. Wir begru¨ßen als neue Herausgeber PD Dr. Hans-Dieter Groffmann, Chief Information Officer, Gruner und Jahr AG, Hamburg, sowie Christian A. Hufnagl, Vorsitzender der
Gescha¨ftsfu¨hrung der T-Systems International GmbH, Frankfurt am Main, und freuen uns auf eine spannende und erfolgreiche gemeinsame Arbeit. Gleichzeitig danken wir Prof. Dr. Dr. Seelos, der aus dem Herausgebergremium ausgetreten ist, fu¨r die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Prof. Dr. Wolfgang Ko¨nig
Die WIRTSCHAFTSINFORMATIK im Internet Das ganze Wissen der WIRTSCHAFTSINFORMATIK ko¨nnen sie auch online nutzen: Facharchiv / Newsletter / Diskussion im Forum / Veranstaltungen / Buchtipps / Stellenmarkt http://www.wirtschaftsinformatik.de
WIRTSCHAFTSINFORMATIK 44 (2002) 2, S. 101
WI – Inhalt
Inhalt Heft 2 2002
In eigener Sache
WI – Kolumne
WI – Aufsatz
Wolfgang Ko¨nig
In eigener Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
101
Peter Mertens
Mehr Mathematik in der Wirtschaftsinformatik? . . . . . . . . .
106
Reiner Martin, Heiko Mauterer, Hans-Georg Gemu¨nden
Systematisierung des Nutzens von ERP-Systemen in der Fertigungsindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
109
ERP-Systeme, SAP R/3, Nutzen, Fertigungsindustrie
Jo ¨ rg-Michael Friedrich, Peter Mertens, Walter Eversheim, Ralf Kampker
Der CW-SCM-Ansatz Eine komponentenbasierte Supply-Chain-Management-Software fu¨r kleine und mittlere Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . .
117
Supply-Chain-Management (SCM), kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Componentware, KMU-Netzwerke, Available-to-Promise (ATP), Vendor Managed Inventory (VMI)
Ralf Peters
Automatisierte Auktionen Konzeption und Implementierung eines vollautomatischen, multidimensionalen und polypolistischen Marktsystems . . . . . .
131
elektronische Ma ¨ rkte, automatisierte Verhandlungen, intelligente Agenten, Auktionsmechanismen, Multi-Agenten-System
Thorsten Spitta, Helmut Schmidpeter
IV-Controlling in einem Systemhaus Eine Fallstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
141
Dienstleister, Berichtswesen, Interne Projekte, IT-Services, IV-Controlling, Softwareha ¨ user, Systemmanagement
WIRTSCHAFTSINFORMATIK 44 (2002) 2, S. 102–103
WI – State-of-the-Art
WI – Inhalt
103
Die Innovationsta¨tigkeit der deutschen Softwareindustrie. . . . . .
151
Michael Friedewald, Knut Blind, Jakob Edler Innovation, Softwareindustrie, sequentielle Innovationen, quelloffene Software, Interoperabilita ¨t
WI – Innovative Produkte
Frank Milius
CLIX – Learning-Management-System fu¨r Unternehmen, Bildungsdienstleister und Hochschulen . . . . . . . . . . . . . .
163
E-Learning, Learning-Management-System, Komponenten-basierte FrameworkArchitektur, CLIX Corporate Learning & Information eXchange
WI – Schlagwort
WI – Interview
WI – Literatur
WI – Studentenforum
WI – Aktuell
Stephan Mantel, Martin Schissler
Application Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
171
Peter Mertens
Interview mit Peter Gerard. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
175
Fu¨r Sie gelesen
Peter Mertens referiert A Web Site Design Model for Financial Information . . . . . . .
179
Buchbesprechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
180
Dissertationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
185
Arbeitsberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
186
Jochen Dzienziol, Michael Eberhardt
Master of Science im Studiengang „Financial Management & Electronic Commerce“ – Aufbaustudium mit zukunftsweisender Ausrichtung an der Universita¨t Augsburg . . . . . . . . . . . . .
189
Aus den Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
192
Call for Papers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
193
Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
195
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196
WI – Kolumne
Mehr Mathematik in der Wirtschaftsinformatik?
Der Autor
Peter Mertens Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Peter Mertens, Universita ¨ t Erlangen-Nu¨rnberg, Bereich Wirtschaftsinformatik I, Lange Gasse 20, D-90403 Nu¨rnberg, E-Mail:
[email protected]
Die Ergebnisse der TIMSS- und der PISAStudie ließen die Nation aufschrecken, auch was das schlechte Abschneiden deutscher Schu¨lerinnen und Schu¨ler in der Mathematik betrifft. Ju¨ngere Umfragen des Instituts der deutschen Wirtschaft [KoGr02; Memo98] erbringen, dass nach fast u¨bereinstimmender Meinung von Professoren und Erwerbsta¨tigen mathematische Kenntnisse, die u¨ber Grundlagenwissen hinausreichen, besonders wichtig sind, aber auf Gymnasial-Ebene nur unzureichend vermittelt werden. Mag man geteilter Meinung sein, ob die Universita¨t diese Ma¨ngel „vom Gymnasium an die Unternehmen weiterreichen soll“ oder das Ihre tun muss, um sie zumindest teilweise zu beseitigen, so ko¨nnte doch die Hochschulausbildung in Wirtschaftsinformatik samt Nachbarfa¨chern (insbesondere Operations Research (OR)) genutzt werden, um etwas Abhilfe zu schaffen. Und wie sieht es auf der Hochschulebene, speziell in der Wirtschaftsinformatik, aus? Naturgema¨ß wird zuna¨chst an Mathematik als Mittel zur Schulung des Analysevermo¨gens zu denken sein. Bezogen auf das Software Engineering vertritt Keith Devlin [Devl01] folgende Auffassung: „When we subject the human brain to an extended educational experience, it undergoes permanent changes. In physical terms, those changes are the growth and strengthening of certain neural pathways. In functional and experiential terms, we acquire new knowledge and skills. The more repetitive the learning process, the stronger and longer lasting are those changes. The effect of
repetitive learning is nowhere more dramatic than in mathematics. Though the payoff from learning (any) mathematics is greater for the computer professional than most other people, in today’s society the benefits affect everyone.“ Der O’Reilly Report des U.S. Department of Education von 1997 zeigte, dass Studierende, die eine profunde Algebra- oder Geometrie-Ausbildung auf der High School absolvierten, unabha¨ngig von der Studienrichtung an der Universita¨t erfolgreicher waren. Mitte der neunziger Jahre wurden Erfahrungen aus dem Frachtbeiladungsgescha¨ft in Linienflu¨gen ausgewertet, wonach in einem großen Luftverkehrsunternehmen auf Strecken mit Kapazita¨tsengpa¨ssen pro einzelnem Direktflug ein vierstelliger Nutzeffekt (in DM, ohne Opportunita¨tskosten) nicht realisiert wurde, was bei vorsichtiger Hochrechnung fu¨r den gesamten Betrieb ja¨hrlich zu entgangenen Erlo¨sen im Millionenbereich fu¨hrte. Der Grund war, dass im engen Korsett des Ablaufplans eines durchfinanzierten Softwareentwicklungsprojektes im Rahmen der viermonatigen Designphase nicht ausreichend Zeit war, bei wichtigen Mitarbeitern die Grundlagen der stochastischen dynamischen Optimierung nachzuholen und die Ertragsfolgen spezifischer Annahmen zu verifizieren [Ko¨We96]. In der Wirtschaftsinformatik gibt es viele Aufgaben, die solide Mathematikkenntnisse verlangen. Auch mit dem Aufkommen des Lieferkettenmanagements ist der Stellenwert der Mathematik- und OR-Kennt-
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WI – Kolumne
nisse erneut deutlich geworden. Je mehr man sich in der Praxis mit so genannten „Extraprises“ befasst, desto offenkundiger ko¨nnte der Bedarf an mathematischen Verfahren werden. Ein franzo¨sisches Unternehmen (ILOG) hat in der Zeit, als Operations Research nicht so hoch im Kurs stand, „die Nerven behalten“, interessante Verfahren und die zugeho¨rige Software entwickelt und jetzt eine sehr starke Marktposition als Zulieferer von Softwareha¨usern. Neue Aufgaben entfalten einen Bedarfssog. Insbesondere wird man entscheidungsunterstu¨tzende Systeme dahin weiterentwickeln mu¨ssen, dass sie nicht nur der Symptomerkennung dienen, sondern auch Diagnosen stellen, „Therapievorschla¨ge“ generieren und zu den einzelnen Therapien Wirkungsprognosen bereithalten, was beispielsweise mit verfeinerten Simulationsmodellen gelingen mag. Ein aktuelles Beispiel dafu¨r ist das Supply Chain Event Management. Ein großes Thema ist die Wiederentdeckung der Ressourcenauslastung, in einem weiten Sinn begriffen. Die von der betriebswirtschaftlichen Theorie immer wieder geforderte Simultanbetrachtung von Zeit bzw. Terminen und Ressourcenbelegung gelangt auch in der Praxis wieder sta¨rker ins Blickfeld. Durch die APS-Module (Advanced Planning and Scheduling) tragen die Anbieter von betrieblicher Standardsoftware, etwa zu PPS oder SCM, dem Rechnung.
Selbst die Beherrschung der Parameter von Standardsoftware beinhaltet manche mathematische Herausforderung. Das Argument, dass die Mathematik in die Standardsoftware vom Hersteller eingebaut und daher vom Anwender als „schwarze Kiste“ zu betrachten sei, ist folglich nicht zielfu¨hrend. Mit dem Bedarfssog korrespondiert ein Technologiedruck: Gro¨ßere und preiswertere Hauptspeicher, die so genannte LiveCache-Technik und neue Algorithmen, vor allem naturanaloge Verfahren, schaffen ihn. Es scheint nicht optimal zu sein, die Verfahren, die der Wirtschaftsinformatiker beno¨tigt, allein von Mathematikern und ORSpezialisten entwickeln zu lassen, denn Methoden des Wirtschaftsinformatikers mo¨gen in der Zukunft Kombinationen aus mathematischen Methoden einerseits und typischen Wirtschaftsinformatik-Betrachtungsgegensta¨nden andererseits sein. Letztere sind vor allem solche, die nahe an der Datenverwaltung bzw. an Informationsbanken liegen, wie beispielsweise das Case Based Reasoning, Collaborative Filtering, das Data- und das Text-Mining. Das Concept Clustering ko¨nnte Vorla¨ufer einer Klasse von Methoden werden, die sich fu¨r viele Probleme, mit denen sich der Wirtschaftsinformatiker auseinandersetzt, besonders eignen: Um das mathematische Verfahren effizienter werden zu lassen, fu¨hrt man ihm ein gewisses Anfangswissen aus Datenbasen zu. Dieses wird genutzt, um einige theoretisch denkbare Lo¨sungswege von vornherein auszuschließen und
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so Suchra¨ume zu verkleinern und raschere Antwortzeiten zu erreichen. Man ko¨nnte versucht sein zu argumentieren, dass im Hochschulstudium der Wirtschaftsinformatik die Lehrstu¨hle des OR fu¨r das no¨tige Training in Mathematik sorgen. Aber: Viele OR-Lehrstu¨hle wurden in den letzten etwa zehn Jahren samt dem Pflichtfach stillgelegt oder umgewidmet (wovon auch die Wirtschaftsinformatik insofern profitierte, als so die neuen Professuren zum Ausbau der Disziplin entstanden). Widmen wir also der gru¨ndlichen Mathematikausbildung von Studierenden der Wirtschaftsinformatik große Sorgfalt und legen wir – wo no¨tig – den Hebel um!
Literatur [Devl01] Devlin, K.: The Real Reason Why Software Engineers Need Math. In: Communications of the ACM 44 (2001) 10, S. 21–22. [KoGr02] Konegen-Grenier, C.: Studierfa¨higkeit und Hochschulzugang. Deutscher Institutsverlag, Ko¨ln 2002. [Ko¨We96] Ko¨nig, W.; Wendt, O.: Optimale DVUnterstu¨tzung der Logistik – dargestellt am Anwendungsbeispiel der Luftfrachtkommissionierung. In: Schuh, G.; Weber, H.; Kaju¨ter, P. (Hrsg.): Logistikmanagement, Scha¨ffer-Poeschel, Stuttgart 1996. [Memo98] Memorandum „Mathematik, Naturwissenschaften und Technik: Wissen fu¨r die Welt von morgen“. http://www.iwkoeln.de/Forsch/ ha1/memorandum.htm, 1998-10-19, Abruf am 2002-01-15.
WI – Aufsatz
Systematisierung des Nutzens von ERP-Systemen in der Fertigungsindustrie
1 Einleitung Die Autoren
Reiner Martin Heiko Mauterer Hans-Georg Gemu¨nden Prof. Dr. Reiner Martin, Dipl.-Wi.-Ing. Heiko Mauterer, Fachhochschule Konstanz, Fachbereich Informatik, Brauneggerstr. 55, 78462 Konstanz, Tel.: (0 75 31) 2 06-5 00, E-Mail:
[email protected],
[email protected]; Prof. Dr. Hans-Georg Gemu¨nden, TU Berlin, Lehrstuhl fu¨r Technologieund Innovationsmanagement, Hardenbergstr. 4–5, 10623 Berlin, Tel.: (0 30) 3 14-2 68 33, E-Mail:
[email protected]
ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) sind mittlerweile in hohem Maße in den Unternehmen implementiert [GaGo00]. Diese integrierten betriebswirtschaftlichen Standardsoftwarepakete bieten die IT-seitige Unterstu¨tzung nahezu aller Funktionsbereiche und Prozesse im Unternehmen an, wie z. B. Rechnungswesen, Personalwirtschaft, Produktion, Materialwirtschaft und Vertrieb, mit Ausnahme der technischen Funktionsbereiche (CAx). Sowohl die breite Funktionspalette der Systeme als auch die organisatorischen und personellen Schwierigkeiten, die mit einer Implementierung einhergehen, fu¨hrten zu einer enormen Komplexita¨t bei der Implementierung dieser Systeme. Diese Vorhaben waren daher oft mit einem sehr hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand fu¨r die Unternehmen verbunden. In den letzten Jahren wurde daher eine Vielzahl an empirischen Studien zu ERP-Systemen durchgefu¨hrt. Die meisten Studien untersuchten den Auswahlprozess der Software [BeKo00], die Verbreitung der einzelnen am Markt angebotenen Systeme, die kritischen Erfolgsfaktoren bei der Einfu¨hrung sowie den Verlauf, die Kosten und die Dauer der Implementierungsprojekte [BaSS98; HoLi99; PaSD99]. Beispielsweise ergab eine Studie im Jahr 1996, bei der 220 europa¨ische Unternehmen untersucht wurden, durchschnittliche Kosten bei der Einfu¨hrung von SAP R/3 in Ho¨he von ca. DM 10 Mio. Die durchschnittliche Einfu¨hrungsdauer betrug 13,5 Monate [BuKo96]. Zu a¨hnlichen Ergebnissen kam eine Untersuchung 1997 bei Schweizer
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Unternehmen, nach der die durchschnittlichen Einfu¨hrungskosten (Personal-, Hardware- und Softwarekosten) pro 100 „Named User“ ca. CHF 2,3 Mio. und die durchschnittliche Einfu¨hrungsdauer 15 Monate betrugen [Arb97]. Angesichts dieser enormen Aufwendungen stellen sich die verantwortlichen Personen in vielen Unternehmen die Frage, welchen Nutzen diese Systeme bieten ko¨nnen. Bislang bescha¨ftigten sich jedoch nur wenige Untersuchungen mit der Systematisierung und Messung des Nutzens von ERP-Systemen [Bril99; Musc99; MuOe99; ShSe00]. Wa¨hrend in einigen dieser Arbeiten konkrete Kennzahlensysteme fu¨r Prozess-Benchmarks (z. B. fu¨r Auftragsdurchlaufzeiten, Liefertermintreue, Lieferbereitschaftsgrad, Lagerbesta¨nde etc.) geliefert werden [Musc99; MuOe99], fokussieren andere Untersuchungen speziell die qualitative Einscha¨tzung des Nutzens einer ERP-Einfu¨hrung, wie z. B. die Auswirkungen auf die Mitarbeitermotivation oder die Innovationsfa¨higkeit des Unternehmens [Bril99; GaGo00]. Die Fragen, die im vorliegenden Artikel untersucht werden, lauten daher: &
&
Nach welchen Kriterien kann der durch eine ERP-Einfu¨hrung entstehende Nutzen so umfassend und ganzheitlich wie mo¨glich systematisiert werden? An welcher Stelle entsteht, ausgehend von den somit ermittelten Nutzenkategorien, der gro¨ßte Nutzen im Unternehmen und wo muss vielleicht sogar mit Nachteilen gerechnet werden?
110
Reiner Martin, Heiko Mauterer, Hans-Georg Gemu¨nden
Zur Beantwortung dieser Forschungsfragen wird im Folgenden ein Effizienzkonzept vorgestellt, mit dessen Hilfe die zu untersuchenden ERP-Nutzenkategorien abgeleitet werden. In den darauf folgenden Kapiteln werden zwei ausgewa¨hlte Fallbeispiele vorgestellt. Hier wird untersucht, inwieweit die Nutzenkategorien tatsa¨chlich von der Einfu¨hrung eines ERP-Systems beeinflusst werden ko¨nnen. Insgesamt wurden im Verlaufe des Forschungsprojektes BeFITT (Benefit Focus in IT-enabled Transformations) acht Fallstudien erarbeitet. Die beiden im Folgenden explizit betrachteten Fallstudien wurden bei der Pfeiffer GmbH in Radolfzell sowie bei der Geberit GmbH in Pfullendorf durchgefu¨hrt. Sie ko¨nnen als besonders erfolgreiche Beispiele einer ERP-Einfu¨hrung betrachtet werden. Im weiteren Verlauf des Forschungsprojektes wird eine großzahlige empirische Erhebung durchgefu¨hrt, bei der die hier entwickelte Systematisierung zur quantitativen Nutzenmessung angewandt werden soll. Das Forschungsprojekt BeFITT wird vom Land Baden-Wu¨rttemberg im Rahmen der Initiative „Innovative Projekte/ Kooperationsprojekte WissenschaftWirtschaft“ gefo¨rdert und steht unter der Leitung des Fachbereiches Informatik der Fachhochschule Konstanz. Es wird durchgefu¨hrt in Kooperation mit der Cap Gemini Ernst & Young GmbH, Bad Homburg, und dem Lehrstuhl fu¨r Technologie- und Innovationsmanagement der TU Berlin.
2 Der Nutzen von ERP-Systemen Bevor Kategorien fu¨r die Untersuchung des Nutzens eines ERP-Systems abgeleitet werden ko¨nnen, ist es notwendig, ein Versta¨ndnis fu¨r den wirtschaftswissenschaftlichen Nutzenbegriff zu entwickeln und hieraus eine Definition fu¨r den Begriff „Nutzen von ERP-Systemen“ abzuleiten. Die Volkswirtschaftslehre nahm in der klassischen Nutzentheorie an, dass der Nutzen ein numerisches Maß fu¨r das Glu¨ck eines Konsumenten sei [Vari91]. Dabei entstand das Problem, dass die klassischen konomen nicht in der Lage waren, den Nutzen bzw. das Ausmaß des Nutzens absolut zu messen. Diesem Problem wurde in der neueren konomie begegnet, indem einem Wirtschaftssubjekt zwei Gu¨terbu¨ndel zur Wahl gestellt wurden, bei denen entschie-
den werden musste, welches der beiden den ho¨heren Nutzen bot. Um wie viel ho¨her war dabei zuna¨chst bedeutungslos. Die Vorteile dieser Betrachtung bestehen darin, den Nutzen nun nicht mehr metrisch messen zu mu¨ssen, wie bei der klassischen Nutzentheorie, sondern ordinal im Sinne einer Beurteilung, ob Gu¨terbu¨ndel A weniger, gleich viel oder mehr Nutzen bietet als Gu¨terbu¨ndel B [Brau76]. Wird dieser mikroo¨konomische Ansatz auf die vorliegende Problematik der Bestimmung des Nutzens eines ERP-Systems angewendet, dann mu¨ssen bestimmte geeignete Personen im Unternehmen entscheiden, ob das eingefu¨hrte und eingesetzte ERP-System (Gu¨terbu¨ndel A) einen geringeren, gleichen oder ho¨heren Nutzen fu¨r das Unternehmen bietet als das Vorga¨ngersystem (Gu¨terbu¨ndel B). Es handelt sich hier also um eine ordinale Messung relativ zum Vorga¨ngersystem. Ein solches Vorga¨ngersystem ko¨nnte ein anderes ERPSystem desselben oder eines anderen Herstellers, ein oder mehrere individuell programmierte Systeme, sowie sa¨mtliche Kombinationen aus diesen Mo¨glichkeiten sein. Der auf diese Weise ermittelte Nutzen ist damit auch abha¨ngig von den Eigenschaften dieses Vorga¨ngersystems. Im Gegensatz zur Volkswirtschaftlehre erfolgt die Messung des Nutzens eines Gutes bzw. einer Investition in der Betriebswirtschaftslehre hauptsa¨chlich im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsanalysen. Die Verfahren zur Wirtschaftlichkeitsrechnung setzen den Mitteleinsatz (Kosten) auf bestimmte Art und Weise (meist mit einer Rechenanweisung) in eine Beziehung zum erzielten oder erwarteten Output (Ertrag bzw. Nutzen) [Schu92]. Die herko¨mmlichen Ansa¨tze zur Wirtschaftlichkeitsrechnung wie z. B. die dynamische Investitionsrechnung oder die Interne-Zinsfuß-Methode ko¨nnen jedoch nicht uneingeschra¨nkt zur Bestimmung der Wirtschaftlichkeit von IT-Investitionen herangezogen werden, da die schwer erfassbaren qualitativen Nutzenwirkungen einen wesentlichen Teil des Nutzenpotenzials ausmachen [FaLT95; Kein94; WaTB96]. Es haben sich daher eine Reihe von Vorgehensweisen zur Nutzen- bzw. Wirtschaftlichkeitsbestimmung von IT-Investitionen herausgebildet, die auch diese nicht-moneta¨r bewertbaren Nutzeneffekte abscha¨tzen [Pott98]. Es sind dies beispielsweise die Benefits Evaluation Ladder [FaLT95], der Ebenenansatz von Schumann, das hedonistische Verfahren oder
das Time-Savings-Times-Salary-Verfahren [Nag90; Schu92; Schu93; Wolf91]. Einige dieser Modelle basieren auf der Annahme, dass Nutzen durch ein IT-System nur dann entsteht, wenn bezogen auf die Unternehmensziele positive Einflu¨sse erzielt werden [Bril99; Rett96]. Durch diese Fokussierung auf die Unterstu¨tzung von Unternehmenszielen wird verhindert, dass bereits technische Eigenschaften als Nutzengro¨ße betrachtet werden [Bau95]. Diesem ganzheitlichen Ansatz und der Systematik der ordinalen Nutzentheorie folgend wird der „Nutzen eines ERP-Systems“ folgendermaßen definiert: „Ein ERP-System fu¨hrt dann zu Nutzensteigerungen fu¨r ein Unternehmen, wenn es im Vergleich zum Vorga¨ngersystem einen ho¨heren Beitrag zur Erreichung von u¨bergeordneten Unternehmenszielen leistet. Umgekehrt liegt im Fall eines geringeren Beitrags zur Unternehmenszielerreichung eine Nutzeneinbuße vor.“ Ausgehend von dieser Definition ko¨nnen nun im Folgenden die relevanten ERP-Nutzenkategorien abgeleitet werden. Die unternehmensweite Einfu¨hrung eines ERP-Systems stellt nicht nur eine technische, sondern vor allem eine große organisatorische Herausforderung fu¨r das jeweilige Unternehmen dar [GaGo00; Mart95; PaSD99]. Ein wa¨hrend der Durchfu¨hrung der Fallstudien interviewter Gesamtprojektleiter eines SAP-R/3-Projektes formulierte es kurz und bu¨ndig: „Nach dem Going-live wird unser Unternehmen nicht mehr dasselbe sein wie vorher!“ Diese enge Verzahnung von Informationstechnologie und Organisation, auf die auch schon von den „Auslo¨sern“ der BusinessReengineering-Welle, Michael Hammer und James Champy, hingewiesen wurde [HaCh93], legt nahe, zur Beurteilung der Nutzeffekte von ERP-Systemen auf ein organisationstheoretisches Konzept zuru¨ckzugreifen, das die Auswirkungen von organisatorischen (Um-)Strukturierungsmaßnahmen auf die Unternehmensziele untersucht. Das Effizienzkonzept von Frese und v. Werder [Fres00; FrWe93; Grun99; WeGr00] stellt ein derartiges organisatorisches Konzept dar, bei dem durch die Ableitung der Effizienzkriterien aus den Unternehmenszielen eine ganzheitliche Nutzenbetrachtung sichergestellt werden kann. Zwar existieren eine Reihe von Effizienzkonzepten, hinsichtlich der Adaptierbarkeit an die Besonderheiten der jeweili-
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Systematisierung des Nutzens von EPR-Systemen in der Fertigungsindustrie
gen wissenschaftlichen oder praktischen Problemstellung [Grun99] erscheint jedoch das im Folgenden beschriebene Konzept als besonders geeignet. Es geht von der Annahme aus, eine auf die Lo¨sung betrieblicher Gestaltungsprobleme ausgerichtete Organisationstheorie mu¨sse Annahmen u¨ber die zu Grunde zu legende Zielstruktur der Unternehmen treffen. Aus dem u¨bergeordneten Unternehmensziel (beispielsweise Gewinnmaximierung, langfristiges berleben oder Shareholder Value) werden daher Unterziele (auch Effizienzkriterien genannt) abgeleitet. „Diese Subziele lassen sich zwar nicht logisch-zwingend aus den Oberzielen ableiten, mu¨ssen zu diesen aber in einer erkennbaren Zweck-Mittel-Relation stehen [Grun99].“ Die Subziele entsprechen damit den gesuchten Nutzenkategorien. Frese und v. Werder haben diese wie folgt gruppiert: Prozesseffizienz, Markteffizienz, Ressourceneffizienz, Delegationseffizienz und Motivationseffizienz [Fres00; FrWe93]. Bei Vorliegen eines solchen Zielsystems mu¨ssen die einzelnen Ziele nicht zwangsla¨ufig in neutraler Beziehung zueinander stehen [Gem95]. Die positive Erfu¨llung eines Ziels, kann sich negativ auf die Erfu¨llung eines anderen Ziels auswirken (Zielkonkurrenz). Beispielsweise kann sich eine Reduzierung der Lagerbesta¨nde negativ auf die Lieferfa¨higkeit auswirken. Ebenso ist es mo¨glich, dass sich die positive Erfu¨llung des einen Ziels auch positiv auf die Erfu¨llung eines anderen Ziels auswirkt (Zielkomplementarita¨t). Prozesseffizienz (Gescha¨ftsprozesse): Dieses Effizienzkriterium beurteilt die Fa¨higkeit eines Unternehmens, die Gescha¨ftsprozesse bzgl. der Kriterien Kosten, Qualita¨t und Zeit zu verbessern. Hierbei geht es beispielsweise um Verbesserungen der Auftragsdurchlaufzeiten und der Liefertermintreue. Eine verbesserte Effizienz der Prozesse ist gewo¨hnlich das wichtigste Verkaufsargument von ERPHerstellern und Systemintegratoren. Auch in der Literatur wird ha¨ufig von bedeutenden Verbesserungen in der Prozesseffizienz aufgrund der Einfu¨hrung eines ERP-Systems berichtet [Musc99; MuOe99; LAOO98; BeFO97]. ERP-Systeme unterstu¨tzen Unternehmen bei der Verbesserung der zu implementierenden Prozesse insbesondere dadurch, dass die in den Systemen eingebetteten Referenzmodelle ha¨ufig als „best practice“ angesehen werden ko¨nnen.
Markteffizienz (Kunden- und Marktorientierung): Dieses Kriterium zielt auf das Nutzen von Chancen auf externen Absatzund Beschaffungsma¨rkten. Es geht dabei um ein koordiniertes Auftreten gegenu¨ber Kunden bzw. Lieferanten. Auf der Lieferantenseite kann dieses Ziel durch verbesserte Zusammenarbeit mit Lieferanten oder Bu¨ndelung der Nachfrage zur Sta¨rkung der Marktmacht angestrebt werden. Auf der Kundenseite kann dieses Ziel durch in Qualita¨t oder Preis verbesserten Produkten und Dienstleistungen angestrebt werden. Die große Bedeutung der Informationstechnologie fu¨r Kundenservice und Dienstleistungen wurde bereits von v. Werder und Gemu¨nden herausgestellt [WeGe89]. Ressourceneffizienz (Produktivita¨t und Wirtschaftlichkeit): Bei diesem Effizienzkriterium wird die Nutzung von Ressourcen in Form von Personen, Anlagen, Maschinen, Geba¨uden und Kapital betrachtet. Verbesserungen der Kapazita¨tsauslastung in der Produktion, Lagerbestandsreduzierungen oder Reduzierung der Anzahl der beno¨tigten Mitarbeiter (bei gleicher Ausbringungsmenge) fu¨hren zu Verbesserungen der Ressourceneffizienz. Mit dem Begriff der Ressourceneffizienz subsumieren wir auch die Begriffe Produktivita¨t und Wirtschaftlichkeit. Delegationseffizienz (Effizienz der Informationsgewinnung): Gegenstand ist die
111
Nutzung des Problemlo¨sungspotenzials hierarchisch u¨bergeordneter Einheiten. Die Nutzung dieses Potenzials ist allerdings mit Kosten der Informationsaufbereitung und -weitergabe von hierarchisch untergeordneten Einheiten an die hierarchisch u¨bergeordneten Einheiten verbunden. Im ERP-Zusammenhang ko¨nnen die Kosten dieser Informationsverarbeitung und -weitergabe durch ho¨here Geschwindigkeit, Qualita¨t, Verla¨sslichkeit und unternehmensweite Vergleichbarkeit von IT-gestu¨tzten Reports und Analysen gesenkt werden. Motivationseffizienz (Mitarbeiterebene): Jedes Unternehmen hat das grundsa¨tzliche Problem, dass die Ziele des Unternehmens und die der Mitarbeiter nicht in jedem Fall u¨bereinstimmen und diese Diskrepanz durch organisatorische Regelungen nicht vollsta¨ndig u¨berwunden werden kann. Motivationseffizienz beschreibt die Fa¨higkeit einer Organisation, diese Diskrepanz zu u¨berwinden, indem gu¨nstige Voraussetzungen fu¨r unternehmungszielkonformes Verhalten der Mitarbeiter geschaffen werden. Bei diesem Kriterium handelt es sich demnach um die Betrachtung der Arbeitsplatz- bzw. Mitarbeiterebene [Schu93]. In der Literatur hat sich diesbezu¨glich ein eigener Forschungszweig (die so genannte „Akzeptanzforschung“) herausgebildet, der u. a. die Auswirkungen der Einfu¨hrung eines neuen IT-Systems auf die betroffenen
Kernpunkte fu ¨r das Management Dieser Beitrag stellt ein Konzept zur Systematisierung des Nutzens von integrierter betriebswirtschaftlicher Standardsoftware (ERP-Systeme) vor. Hierzu werden die folgenden Nutzenkategorien herangezogen: „Prozesseffizienz (Gescha ¨ ftsprozesse)“, „Markteffizienz (Kunden- und Marktorientierung)“, „Ressourceneffizienz (Produktivita ¨ t und Wirtschaftlichkeit)“, „Delegationseffizienz (Effizienz der Informationsgewinnung)“ und „Motivationseffizienz (Mitarbeiterebene)“. Anhand zweier Fallstudien untersuchen wir, ob und wie Nutzen in den einzelnen Kategorien realisiert werden kann. Zur Datengewinnung wurden perso¨nliche Gespra ¨ che mit Mitarbeitern aller Hierarchieebenen durchgefu¨hrt. &
&
Bei den Gescha ¨ ftsprozessen konnte bei den betrachteten Unternehmen der gro¨ßte Nutzen erzielt werden. Es handelt sich um Verbesserungen bei den Auftragsdurchlaufzeiten, der Liefertermintreue und der Prozesstransparenz. Auf Mitarbeiterebene ist mit einer erho¨hten Arbeitsbelastung und mit Akzeptanzproblemen zu rechnen. Gru¨nde hierfu¨r sind die Komplexita ¨ t des Systems und die hohen Anforderungen an die Datenstruktur.
Stichworte: ERP-Systeme, SAP R/3, Nutzen, Fertigungsindustrie
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Reiner Martin, Heiko Mauterer, Hans-Georg Gemu¨nden
Benutzer untersucht [Mart93]. Auswirkungen der Einfu¨hrung eines IT-Systems auf Mitarbeiter ho¨herer Hierarchieebenen werden u. a. von den Arbeiten zum „Political research“ betrachtet [KwZm87]. Nachfolgend wird exemplarisch anhand von Fallstudien dargestellt, inwieweit mit der vorgestellten Systematisierung differenzierte Aussagen zum Nutzen gewonnen werden ko¨nnen.
3 Methodik der Fallstudien Um eine Vergleichbarkeit sicherzustellen und substanzielle Nutzenaussagen zu erhalten, wurde auf folgende Auswahlkriterien fu¨r die betrachteten Unternehmen geachtet: &
&
&
&
Branche: Das Unternehmen muss der Fertigungsindustrie und hier im Speziellen den Stu¨ckgutfertigern (discrete manufacturers) angeho¨ren. Unternehmensgro¨ße: Es wurde die Einfu¨hrung und der Einsatz von ERP-Systemen an einzelnen Produktionsstandorten von mittelsta¨ndischen Unternehmen und Großunternehmen betrachtet. ERP-System: Das Unternehmen muss das System R/3 der SAP AG einsetzen, da dieses System als weit verbreiteter typischer Vertreter der ERP-Systeme gilt. Moduleinfu¨hrungsumfang: Das Unternehmen muss einen Grossteil des R/3-Systems (hierzu geho¨ren mindestens die Module FI, CO, MM, PP und SD) mindestens seit drei Monaten einsetzen.
Um eine mo¨glichst umfassende Sichtweise auf den Nutzen zu erhalten, wurden im zweiten Quartal 2000 in acht untersuchten Unternehmen jeweils teilstrukturierte Interviews mit dem EDV-Leiter, dem internen R/3-Gesamtprojektleiter, mindestens einem Fachbereichsleiter, insbesondere aus Logistik, Produktion oder Finanz- und Rechnungswesen, sowie mindestens einem R/3-Benutzer durchgefu¨hrt. Bei drei der acht Unternehmen wurde außerdem das fu¨r die R/3-Einfu¨hrung verantwortliche Mitglied der Gescha¨ftsfu¨hrung bzw. des Vorstandes interviewt. Nach Absprache mit den Interviewten wurden alle Gespra¨che auf Tonband aufgezeichnet und protokolliert [BoDo95]. Nachfolgend stellen wir erste im Wesentlichen qualitativen Ergebnisse fu¨r zwei der acht untersuchten Unternehmen vor. Es zeigt sich dabei die
bekannte Schwierigkeit, bei einer La¨ngsschnittanalyse realisierte Vera¨nderungen (etwa Lagerbeststandsreduktionen) einem erkla¨renden Faktor (hier: die R/3-Einfu¨hrung) zurechnen zu ko¨nnen. Daru¨ber hinaus ist klarzustellen, dass es sich bei den beiden Fa¨llen um u¨berdurchschnittlich erfolgreiche ERP-Einfu¨hrungen handelt (die anderen Unternehmen waren nicht mit einer namentlichen Vero¨ffentlichung ihrer Daten einverstanden). Des Weiteren pru¨fen wir bei der Darstellung der Fa¨lle, ob die entwickelte Nutzensystematisierung fu¨r ERP-Systeme tra¨gt.
4 Ing. Erich Pfeiffer GmbH, Radolfzell-Bo¨hringen Die Fa. Pfeiffer mit Niederlassungen in Deutschland, USA, Frankreich und Irland, stellt Zersta¨uber- und Dosiersysteme fu¨r die Pharmazie- und Kosmetikbranche her. Das Unternehmen erzielte 1999 mit 620 Mitarbeitern einen Umsatz von ca. DM 136 Mio. Gemeinsam mit vier anderen Unternehmen schloss sich die Fa. Pfeiffer 1993 unter dem Dach der AptarGroup zusammen. Diese ist an der New Yorker Bo¨rse notiert und ha¨lt an jedem dieser fu¨nf Unternehmen 100 %. Schwerpunkt der folgenden Betrachtungen bildet der Produktionsstandort der Fa. Pfeiffer in Radolfzell-Bo¨hringen, an dem auch die Unternehmenszentrale angesiedelt ist. Das Unternehmen fu¨hrte mit Unterstu¨tzung eines externen Beratungsunternehmens zum 1. Juli 1996 zuna¨chst die R/3-Module HR, FI und CO und zum 1. Januar 1997 die Module MM, PP, SD, QM, AM und PM im Release 2.2 ein. Eine aus heutiger Sicht wichtige Vorgabe bei der Einfu¨hrung war, sich streng am R/3-Standard zu halten, also keinerlei nderungen an diesem Standard vorzunehmen. Diese Vorgabe konnte auch eingehalten werden, obwohl dadurch in manchen Detailfragen auf bestehende Funktionalita¨ten verzichtet werden musste. Dies fiel besonders schwer, da das Vorga¨ngersystem, Individualprogramme auf CTM-Rechnern (Computer Technik Mu¨ller), das 18 Jahre im Einsatz war, im Laufe der Jahre perfekt auf die funktionalen Anforderungen der Anwender zugeschnitten worden war. Besonders die Kapazita¨tsplanung konnte mit
der alten Software besser durchgefu¨hrt werden als mit R/3. Es gab auch zum Erhebungszeitpunkt noch einige Funktionalita¨ten, bei denen man mit R/3 Abstriche machen musste, insbesondere beim Produktionsleitstand. Das konsequente Festhalten am R/3-Standard fu¨hrte zuna¨chst in einigen Bereichen zu funktionalen Einbußen, vereinfachte jedoch spa¨tere Releasewechsel und damit die Partizipation an zusa¨tzlichen, im Standard ausgelieferten Funktionalita¨ten. Nach mittlerweile zwei durchgefu¨hrten Releasewechseln, die mit relativ geringem Aufwand durchgefu¨hrt werden konnten, setzte das Unternehmen zum Untersuchungszeitpunkt das Release 4.0B ein und befand sich in den Vorbereitungen auf den Wechsel auf Release 4.6. Gescha¨ftsprozesse: Bei der Fa. Pfeiffer konnten im Bereich der Gescha¨ftsprozesse im Vergleich zum Vorga¨ngersystem starke Verbesserungen realisiert werden. Die Durchlaufzeiten des Auftragsbearbeitungsprozesses („Auftragseingang bis Auslieferung“) betragen heute beispielsweise nur noch ca. die Ha¨lfte im Vergleich zur Situation vor der R/3-Einfu¨hrung. Die Durchlaufzeiten ha¨ngen jedoch stark von der Art des bestellten Produktes ab. Bezieht der Kunde Roh- oder Halbfabrikate, kann dieser Prozess heute innerhalb von zwei Tagen durchlaufen werden. Wenn der Kunde bestimmte fertige Pumpen wu¨nscht, deren Fertigungstiefe, Handfertigungsanteil oder Losgro¨ße sehr hoch ist, kann dieser Prozess bis zu 9 Wochen in Anspruch nehmen. Viele Prozesse, die optimiert werden konnten, ha¨ngen bei der Fa. Pfeiffer mit der Liefertreue zusammen, wie z. B. „erstbesta¨tigter Termin gehalten“ oder „Kundenwunsch gehalten“. Beispielsweise wurde bei A-Kunden, mit denen 80 % des Umsatzes gemacht wird, durch eine R/3-gestu¨tzte Vorplanung bei der Kennzahl „erstbesta¨tigter Termin gehalten“ ein Wert von 98 % erreicht. Durch den Einsatz von R/3 vereinfachte sich außerdem die Implementierung zusa¨tzlicher Funktionalita¨ten und Technologien als Erweiterungen bzw. Erga¨nzungen des Hauptsystems. Hierbei handelt es sich hauptsa¨chlich um die unproblematische Anbindung von E-Commerce-Funktionalita¨ten, einer optischen Archivierung sowie Workflow-Funktionalita¨ten. Dies fu¨hrte u. a. zu Verbesserungen bei der Prozessflexibilita¨t. Das Unternehmen fu¨hlt sich mit der
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jetzigen Konfiguration (Standard) gut geru¨stet fu¨r Anforderungen der Zukunft, wie z. B. die Internet-Anbindung. In diesem Zusammenhang arbeitete man zum Erhebungszeitpunkt beispielsweise an einer internetbasierten Order-Tracking-Lo¨sung, mit welcher der Status der eigenen Lieferung bei den entsprechenden Logistik- und Transportunternehmen verfolgt werden kann. Des Weiteren gab es Verbesserungen bei der Prozesstransparenz: Die Fa. Pfeiffer kann heute beispielsweise Ru¨ckrufaktionen mittels Chargenru¨ckverfolgung durchfu¨hren, ein in der pharmazeutischen Industrie sehr wichtiger Aspekt. Dadurch hat sich die Auskunftssicherheit gegenu¨ber den Kunden erho¨ht. Prozessflexibilita¨t und Prozesstransparenz ko¨nnen somit als Teilaspekte der Prozesseffizienz angesehen werden. Damit zeigt sich an dieser Stelle die Notwendigkeit, das bestehende Konzept zu erweitern und unter dem Konstrukt der Prozesseffizienz auch die Prozesstransparenz und die Prozessflexibilita¨t zu subsumieren.
Ebene ergeben sich Vorteile durch den weltweiten Zugriff auf ein und dieselbe Datenbank. Durch die Einfu¨hrung von R/3 im gesamten Aptar-Konzern ko¨nnen nun Reports, die fu¨r die Strategie der gesamten Aptar-Gruppe von Bedeutung sind, aus den einzelnen R/3-Systemen generiert, zusammengefu¨hrt und bereitgestellt werden. Das Generieren gemeinsamer Reports erforderte zuna¨chst eine Einigung auf gewisse Datenstandards. Dies hatte den Nebeneffekt, dass die Kommunikation zwischen den Schwesterunternehmen verbessert wurde. Im Logistikbereich liefert R/3 nach Einscha¨tzung der Fa. Pfeiffer allerdings zu viele Kennzahlen, von denen die meisten nicht verwendet werden beziehungsweise nicht verwendet werden ko¨nnen. Außerdem bereitet die Terminologie der SAP hier Probleme.
Produktivita¨t und Wirtschaftlichkeit: Bei Pfeiffer liefert das R/3-System die notwendige Informationsbasis und Planungs- und Steuerungsfunktionen, um Analysen zur Messung und Verbesserung der Produktivita¨t durchfu¨hren zu ko¨nnen. Außerdem konnte zwischen 1996 und 1998 durch verbesserte R/3-gestu¨tzte Vorhersagen eine Lagerbestandsreduzierung von 29 % erreicht werden.
Mitarbeiterebene: Die Auswirkungen auf der Mitarbeiterebene mu¨ssen differenziert betrachtet werden. Insgesamt kam es zu einer Leistungs- und Motivationsumschichtung in der Belegschaft. Hierbei hing es hauptsa¨chlich von den Fa¨higkeiten, der grundsa¨tzlichen Arbeitseinstellung und dem Aufgabenbereich der Mitarbeiter sowie von der Adaption des Systems fu¨r die jeweiligen Arbeitspla¨tze ab, wie sich die Implementierung des Systems auf die Motivation der einzelnen Mitarbeiter auswirkte. Mitarbeiter, die das System hauptsa¨chlich zur Gewinnung von Informationen nutzten, gaben an, mehr Nutzen aus dem System ziehen zu ko¨nnen als Mitarbeiter, die das System hauptsa¨chlich fu¨r die Eingabe und Pflege bestimmter Daten nutzten. SAP R/3 wurde von diesen Mitarbeitern als zu kompliziert und unu¨bersichtlich angesehen, was zu Akzeptanzproblemen fu¨hrte. Die Notwendigkeit, bestimmte Datenstandards konsequent einhalten zu mu¨ssen, fu¨hrte bei vielen Mitarbeitern zu einer ho¨heren Arbeitsbelastung. Die nderungen fu¨r die Mitarbeiter bei ihrer ta¨glichen Arbeit waren in einigen Bereichen sehr einschneidend. Beispielsweise wurde das gesamte seit Jahrzehnten gewachsene Artikelnummernsystem gea¨ndert.
Effizienz der Informationsgewinnung: Der Fa. Pfeiffer bietet das System bessere Informations- und dadurch bessere Reportingmo¨glichkeiten als das Vorga¨ngersystem. Beispielsweise ko¨nnen die Belegflussketten lu¨ckenlos verfolgt und weltweit Auswertungen u¨ber Produktionsfehler wie Gratbildung oder Verschmutzung durchgefu¨hrt werden. Auch auf strategischer
berraschenderweise konnte jedoch auch festgestellt werden, dass das Top-Management und bestimmte Manager der Fachbereiche, wie z. B. Abteilungsleiter, anfangs mehr „Beru¨hrungsa¨ngste“ mit dem neuen System hatten als die eigentlichen Anwender, z. B. Sachbearbeiter im Einkauf. Dies kann daran liegen, dass die Manager in ihrem Tagesgescha¨ft nicht regelma¨ßig und
Kunden- und Marktorientierung: Bestimmten Kunden kann heute ein „Rundum-Service“ u¨ber die Lieferung von Zersta¨ubern hinaus angeboten werden, z. B. der Versand ganzer Flaschen-Pumpe-Systeme. Derartige Dienstleistungen, die Koordinationscharakter haben, wa¨ren mit dem Vorga¨ngersystem nicht mo¨glich gewesen. Im Gegensatz hierzu hatte die R/3-Einfu¨hrung bei der Neuproduktentwicklung keine spu¨rbaren Auswirkungen.
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kontinuierlich mit dem System arbeiten mu¨ssen.
5 Geberit GmbH, Pfullendorf Die Geberit Gruppe ist ein Schweizer Konzern, der 1955 die erste Auslandsniederlassung in Pfullendorf gru¨ndete. Geberit ist in Europa einer der fu¨hrenden Anbieter von Sanita¨rtechnik. Das Produktspektrum umfasst die fu¨nf Produktlinien Installationssysteme, Abwassersysteme, Wasserversorgungssysteme, Spu¨lsysteme und DoucheWCs. Die Geberit Gruppe ist in u¨ber 70 La¨ndern aktiv, hat eigene Produktionsstandorte in acht La¨ndern und Vertriebsorganisationen in Europa, Nordamerika, dem Mittleren Osten und Asien. Das Unternehmen erzielte 1999 mit weltweit ca. 4.300 Mitarbeitern einen Umsatz von ca. CHF 1,2 Mrd. Die nachfolgenden Ausfu¨hrungen beziehen sich ausschließlich auf den Standort Pfullendorf, an dem ca. 1.400 Mitarbeiter bescha¨ftigt sind und der fu¨r ca. 40 % des gesamten Konzernumsatzes verantwortlich ist. An diesem Standort sind die Geberit GmbH (verantwortlich fu¨r den Vertrieb) mit den To¨chtern Geberit Verwaltungs GmbH und Geberit Produktions GmbH vertreten. 1991 entschloss sich die Geberit GmbH, SAP R/3 einzufu¨hren. Vorher wurde selbst entwickelte Individualsoftware auf einer AS400 eingesetzt. Dieses System befand sich bis dato bereits auf einer sehr hohen Entwicklungsstufe, die es ermo¨glicht ha¨tte, das System am freien Markt anzubieten. Anlass fu¨r die R/3-Einfu¨hrung war die Umsetzung der neuen Konzernstrategie „Lean Management“, die das Top-Management Anfang der 90er Jahre entwickelte. In diesem Zusammenhang wurde u¨berlegt, wie diese Strategie mittels neuer Aufbauorganisation, prozessorientiertem Denken und neuer Informationssysteme umgesetzt werden kann. Die R/3-Einfu¨hrung war dabei nicht nur ein wichtiger Schritt zur Modernisierung der Informationssysteme, sondern auch zur Etablierung der Prozessorientierung. Es gab weitere organisatorische Konzepte zur Umsetzung der neuen Strategie, wie z. B. die Einfu¨hrung einer segmentierten Fertigung und die Schaffung eines Auftragszentrums, aber auch diese Konzepte mussten mit R/3 informationstechnisch abgebildet werden. Der R/3-Einfu¨hrung kam damit eine Schlu¨sselrolle bei
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der Umsetzung der neuen Strategie zu. Zuna¨chst wurden zum 1. Januar 1992 die Module FI und AM im Release 1.1H eingefu¨hrt. Ein Jahr spa¨ter kamen CO und HR dazu. Das eigentliche große Einfu¨hrungsprojekt begann im 4. Quartal 1994 und betraf die Logistikmodule MM, PP und SD. Diese Module wurden zum 1. Januar 1996 in einem „Big bang“ eingefu¨hrt. Nach mittlerweile drei Releasewechseln war zum Untersuchungszeitpunkt das Release 4.6B im Einsatz. Gescha¨ftsprozesse: Wie bei der Fa. Pfeiffer konnte auch bei der Geberit GmbH bei den Gescha¨ftsprozessen sowohl eine Verbesserung der Effizienz als auch der Transparenz und der Flexibilita¨t erzielt werden. Prozesseffizienz: Die Geberit GmbH erzielte vor allem bei den Lieferzeiten und bei der Liefertreue starke Verbesserungen. Die Mindestlieferzeit konnte von zwei Wochen auf eine Woche verku¨rzt werden. R/3 als ERP-System wird in diesem Zusammenhang als „Tool“ bzw. „Enabler“ angesehen, das solche Optimierungsprozesse ansto¨ßt, unterstu¨tzt und ermo¨glicht. Mittlerweile sieht sich das Unternehmen durch Roll-out-Projekte bei Auslandsto¨chtern in der Lage, einen weltweit einheitlichen und standardisierten Informationsfluss im Konzern sicherzustellen, was insbesondere zu einer Verbesserung der standort- und la¨nderu¨bergreifenden Prozesse und Zusammenarbeit beigetragen hat. Außerdem hat sich das Prozessversta¨ndnis der beteiligten und betroffenen Mitarbeiter bei Geberit erho¨ht. Prozessflexibilita¨t bedeutet in diesem Zusammenhang das reibungslose Anbinden und Abbilden neuer Prozesse und Funktionalita¨ten. Beim Legacy-System (auf AS400) musste bei neuen funktionalen Anforderungen von Seiten der Fachbereiche das gesamte zugrundeliegende Datenmodell hinterfragt und gegebenenfalls modifiziert werden. Jetzt kann man auf ein großes Potenzial, das R/3 hinsichtlich der Implementierung neuer Funktionen bietet, zuru¨ckgreifen. Das Unternehmen ist damit in der Lage, auf Anforderungen der Fachbereiche hinsichtlich neuer Funktionalita¨ten schneller, einfacher und kostengu¨nstiger zu reagieren. Beispielsweise konnte ein optisches Archiv auf R/3-Basis sehr schnell und stabil realisiert werden. Außerdem wird R/3 als ein Werkzeug betrachtet, das die Integration u¨bernommener Unterneh-
men bei Akquisitionen erleichtert. Als weiterer Vorteil wird in diesem Zusammenhang die Mo¨glichkeit der weltweiten Einfu¨hrung von R/3 und die weltweit zur Verfu¨gung stehende Unterstu¨tzung angesehen. Dieselben Aussagen gelten mit gewissen Einschra¨nkungen auch fu¨r die Abbildung von strategischen Allianzen und Kooperationen. Diese ho¨here Flexibilita¨t wird als ein sehr bedeutender Nutzen der R/3-Einfu¨hrung bemerkt. Prozesstransparenz: Die Verbesserungen bei der Transparenz spiegeln sich beispielsweise in der nun vorhanden Mo¨glichkeit wider, den Belegfluss zu verfolgen sowie alle Vorga¨ngerbelege eines Vorganges, bis hin zum Originalauftrag aus dem optischen Archiv, zu betrachten. Diese Erho¨hung der Transparenz wird allerdings durch ho¨here Anforderungen an die Datenstruktur „erkauft“: Der Benutzer muss konsequent standardisiert arbeiten. Transparenz, Integration und Standardisierung bedingen sich damit gegenseitig. Diese Zusammenha¨nge haben wiederum Auswirkungen auf die Arbeitsabla¨ufe und Ta¨tigkeiten und damit auch auf die Motivation und Leistungsfa¨higkeit der Mitarbeiter. Hier entsteht eine Schnittstelle zur Nutzenkategorie „Mitarbeitermotivation“. Dies gilt im brigen auch fu¨r die oben angesprochene „Flexibilita¨t“ der Gescha¨ftsprozesse. Bei der Transparenz kommen zusa¨tzlich berschneidungen mit der Nutzenkategorie „Effizienz der Informationsgewinnung“ hinzu, da eine verbesserte Transparenz auch die Mo¨glichkeiten des Controllings verbessert. Kunden- und Marktorientierung: Insgesamt sind die Auswirkungen auf die „Kunden- und Marktorientierung“ eher neutral zu beurteilen. Anfangs war ein hoher Aufwand notwendig, um beispielsweise bei der Gestaltung bestimmter Formulare wie Rechnungen oder Lieferscheine zu einer aus Kunden- und Lieferantensicht befriedigenden Lo¨sung zu kommen. Hier hatte die fru¨here Eigenentwicklung klare Vorteile. Man war froh, den Status Quo mit R/3 u¨berhaupt abbilden zu ko¨nnen, ohne die Kunden zu sehr zu belasten. Auf die Neuproduktentwicklung und damit auf die Qualita¨t der Produkte an sich hatte die R/3-Einfu¨hrung zuna¨chst keine Auswirkungen.
Produktivita¨t und Wirtschaftlichkeit: Bei der Geberit GmbH wurden im Zuge der R/3-Einfu¨hrung Produktivita¨tsfortschritte erzielt. Im Lagerbereich konnte z. B. eine 30 prozentige Bestandsreduzierung erreicht werden. Effizienz der Informationsgewinnung: Aufgrund der Integration und Standardisierung der auswertbaren Daten verbesserte sich das Berichtswesen, obwohl die Auswertungsabfragen selbst in ABAP/4 programmiert werden mussten. Auch hier gehen die Vorteile der Integration und Standardisierung mit ho¨heren Anforderungen an die Datenstruktur und insgesamt gro¨ßerer Systemkomplexita¨t einher, was wiederum in bestimmten Bereichen zu ho¨heren Belastungen der Benutzer fu¨hren kann. Mitarbeiterebene: Auch bei Geberit konnte festgestellt werden, dass der perso¨nliche Nutzen fu¨r die Mitarbeiter stark von der individuellen Arbeitseinstellung und dem Aufgabenbereich der jeweiligen Mitarbeiter abha¨ngt. Einige Mitarbeiter in der EDV-Abteilung hatten beispielsweise Probleme mit der Entscheidung fu¨r R/3, da sie befu¨rchteten, dass ihr AS400- und SQL-Know-how in der neuen R/3- und ABAP/4-Welt nun nicht mehr beno¨tigt wird und sie den Anschluss verpassen. Die Klagen der Fachbereiche schlossen neben den Widersta¨nden gegen Vera¨nderungen die teilweise unbefriedigende Adaption des Systems an die spezifischen Arbeitsplatzanforderungen mit ein. Eine typische Klage war: „Fru¨her habe ich eine bestimmte Transaktion mit nur einer Maske durchfu¨hren ko¨nnen, und heute beno¨tige ich mit R/3 fu¨nf Masken dazu!“ Insgesamt betrafen die nderungen fu¨r die Mitarbeiter einerseits das Aufgabenspektrum und andererseits die Arbeitsbelastung. Aufgabenspektrum: Im Gegensatz zu fru¨her mu¨ssen die Benutzer in vielen Bereichen jetzt ganze Prozessketten bearbeiten. Zuna¨chst wurde diese Ausweitung des Ta¨tigkeitsspektrums von den betroffenen Mitarbeitern sehr kritisch betrachtet. Die Akzeptanz fu¨r das neue System hat sich erst nach intensiven Schulungen und nach einiger Zeit der Nutzung eingestellt [Mart93]. Als weiteren nicht zu vernachla¨ssigenden Aspekt wiesen die Verantwortlichen bei Geberit jedoch darauf hin, dass die Firma als Arbeitgeber fu¨r potenzielle neue Mitarbeiter attraktiver geworden ist, da an den Arbeitspla¨tzen mit R/3 ein „at-
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traktives“ IT-System im Einsatz ist. Außerdem haben die PCs gegenu¨ber den alten Terminals klare Vorteile fu¨r den Anwender. Arbeitsbelastung: Durch die Einfu¨hrung und den Einsatz von R/3 kam es insgesamt zu einer Erho¨hung der Arbeitsbelastung derjenigen Mitarbeiter, die R/3 sehr ha¨ufig im Tagesgescha¨ft einsetzten. Gru¨nde hierfu¨r waren die Systemkomplexita¨t, die hohen Anforderungen an die Datenstruktur und die Tatsache, dass sich die Mitarbeiter nicht nur in ein neues Informationssystem einarbeiten, sondern auch neue Vorga¨nge und Prozesse erlernen mussten.
schnittlich erfolgreich einzustufende R/3-Anwenderunternehmen handelt. Die sechs weiteren Fallstudienteilnehmer berichteten u¨ber weit geringere Nutzensteigerungen, teilweise sogar u¨ber Nutzeneinbußen und erkla¨rten sich nicht zuletzt deswegen zu einer namentlichen Vero¨ffentlichung ihrer Daten leider nicht bereit. Ziel dieses Artikel war es jedoch nicht, die Ho¨he des Nutzens von ERP-Systemen empirisch zu quantifizieren, sondern zu u¨berpru¨fen, ob die vorgestellte Systematisierung des Nutzens ein fu¨r weitere Forschungsarbeiten anwendbares Indikatorensystem darstellt.
Insgesamt zeichnen die vorgestellten Fallstudien ein differenziertes Bild bezu¨glich der Ausscho¨pfung der Nutzenpotenziale in den einzelnen Nutzenkategorien: Bei den Kriterien Gescha¨ftsprozesse, Kundenund Marktorientierung, Produktivita¨t und Wirtschaftlichkeit und Effizienz der Informationsgewinnung konnten die beiden betrachteten Unternehmen zum Teil bemerkenswerte Verbesserungen erzielen. Auf der Mitarbeiterebene hing es vom Aufgabengebiet und der grundsa¨tzlichen Arbeitseinstellung des einzelnen Mitarbeiters sowie von der aufgabengerechten Adaption des Systems ab, ob Verbesserungen oder Verschlechterungen bezu¨glich der Motivation und Akzeptanz zu verzeichnen waren.
Insgesamt kann das vorgestellte Nutzenkonzept fu¨r differenzierende Nutzenuntersuchungen als geeignet betrachtet werden. Es konnte verdeutlicht werden, dass viele der identifizierten Nutzenpotenziale aufgrund der Standardisierung und Integration der Systeme realisiert werden ko¨nnen, diese Vorteile aber immer mit ho¨heren Anforderungen an die Datenstruktur und einer ho¨heren Systemkomplexita¨t einher gehen. Dies fu¨hrt umgekehrt dazu, dass bei den betrachteten R/3-Einfu¨hrungen die gro¨ßten Abstriche in der Nutzenausbeute auf der Mitarbeiterebene gemacht werden mu¨ssen. Der Erhalt der Motivation, Leistungsfa¨higkeit und Akzeptanz der Mitarbeiter scheint ein zentrales Problem bei der Einfu¨hrung eines ERP-Systems zu sein. In diesem Bereich mu¨ssen sowohl von den Systemintegratoren bzw. IT-Beratungsha¨usern als auch von den Herstellern der ERP-Systeme Verbesserungen gefordert werden. Erstere sollten zum einen sensibler auf die tatsa¨chlichen Auswirkungen bestimmter Maßnahmen auf die Mitarbeiter achten und zum anderen eben diese durch noch intensivere Kommunikation und Schulungen auf die bevorstehenden nderungen im Tagesgescha¨ft und auf die Komplexita¨t der Systeme vorbereiten. Solche Maßnahmen erscheinen wichtiger als das „Verrennen“ in einen technischen Perfektionismus im Sinne einer Ausscho¨pfung aller technischen Mo¨glichkeiten. Fu¨r die ERP-Hersteller gilt es, den Spagat zu schaffen zwischen der Abbildung unternehmensweiter und damit komplexer und integrierter Prozesse einerseits und der Begrenzung der Einfu¨hrungsaufwendungen und der Erhaltung der Benutzerakzeptanz andererseits.
An dieser Stelle soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass es sich bei den beiden betrachteten Fa¨llen um u¨berdurch-
Im weiteren Verlauf des Forschungsprojektes BeFITT soll anhand einer großzahligen schriftlichen Befragung zu den einzel-
6 Fazit und Konsequenzen Anhand der beiden Fallstudien konnte zum einen gezeigt werden, dass Nutzenaspekte, die wie beschrieben kategorisiert wurden, tatsa¨chlich durch die Einfu¨hrung und den Einsatz eines ERP-Systems beeinflusst werden ko¨nnen. Zum anderen konnte beschrieben werden, dass mit dem verwendeten Nutzenkonzept die wichtigen in der Praxis aufgetretenen Nutzenpotenziale erfasst werden ko¨nnen. Außerdem wurden einige berschneidungen und Abha¨ngigkeiten zwischen den einzelnen Nutzenkategorien dargelegt. Wie bereits bei den Voru¨berlegungen in Kapitel 2 ero¨rtert mu¨ssen bei Existenz eines Zielsystems die einzelnen Ziele nicht unbedingt in einer neutralen Beziehung zueinander stehen [Gem95].
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nen Aspekten der hier vorgestellten ERP-Nutzenkategorien das entsprechende Verbesserungsspektrum erfasst werden. Die Autoren versprechen sich hiervon fundierte Daten zum erzielbaren Nutzen durch die Einfu¨hrung von ERP-Systemen, die zur Potenzialanalyse von bereits bestehenden oder zuku¨nftigen ERP-Anwendern herangezogen werden ko¨nnen.
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Abstract Classifying the benefits of ERP systems in the manufacturing industry This paper classifies and explores the benefits of Enterprise Resource Planning (ERP) systems using the individual manufacturing facility as the level of analysis. We focused on German companies using SAP R/3. Two successful cases are described in detail. The cases revealed that remarkable benefits have been realized in the following categories: „Process efficiency (business processes)“, „Market efficiency (market and customer orientation)“, „Resource efficiency (productivity and profitability)“, and „Delegation efficiency (gathering of information)“. Data standardization and integration explain many of these benefits. However, the users complain about higher workloads as a result of the complexity and required data structures of these systems. Therefore, they show lower acceptance for the new system. Keywords: ERP systems, SAP R/3, benefits, manufacturing industry
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WI – Aufsatz
Der CW-SCM-Ansatz Eine komponentenbasierte Supply-Chain-ManagementSoftware fu ¨ r kleine und mittlere Unternehmen
1 Probleme kleiner und mittlerer Unternehmen im Supply-ChainManagement
Die Autoren
Jo ¨ rg-Michael Friedrich Peter Mertens Walter Eversheim Ralf Kampker Dipl.-Kfm. Jo¨rg-Michael Friedrich, Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Peter Mertens, Forschungsverbund Wirtschaftsinformatik – FORWIN, Friedrich-Alexander-Universita ¨t Erlangen-Nu¨rnberg, ußerer Laufer Platz 13–15, 90403 Nu¨rnberg, Tel.: (09 11) 53 02-1 57, Fax: (09 11) 53 02-1 49, E-Mail:
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[email protected] Univ.-Prof. Dipl.-Wirt. Ing. Dr.-Ing. h.c. mult. Walter Eversheim, Dipl.-Ing. Ralf Kampker, Forschungsinstitut fu¨r Rationalisierung, Rheinisch-Westfa ¨ lische Technische Hochschule Aachen, Pontdriesch 14/16, 52062 Aachen, Tel.: (02 41) 4 77 05-0, Fax: (02 41) 4 77 05-1 99, E-Mail:
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Viele Konzerne haben aufwa¨ndige SupplyChain-Management (SCM)-Projekte gestartet. Diese u¨bergeordneten Anwendungssysteme verlangen von allen an einem solchen Liefernetzwerk beteiligten Unternehmen eine Anpassung an die meist proprieta¨re Art der Informationsbereitstellung. (Im Folgenden werden die Begriffe Supply Chain, Liefernetzwerk, Lieferkette und Versorgungsnetz synonym gebraucht.) Im Umfeld kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) ist der Austausch von Informationen u¨ber Unternehmensgrenzen hinweg jedoch noch nicht sehr ausgepra¨gt. Beim Wettbewerb der KMU um die Positionen der Konzernzulieferer sind deshalb Unternehmen, die bereits fru¨hzeitig eine gut abgestimmte u¨berbetriebliche Zusammenarbeit realisiert haben, ihren Konkurrenten einen Schritt voraus. Fu¨r SCM gibt es kaum kostengu¨nstige, skalierbare und robuste Software-Lo¨sungen. Die derzeit erha¨ltlichen Produkte fu¨r das Lieferkettenmanagement der drei Marktfu¨hrer – Advanced Planner and Optimizer (APO) von SAP [SAP01a], i2 Five.Two von i2 Technologies [i201] sowie NetWORKS von Manugistics [Manu01] – sind zu komplex und in Anbetracht ihrer eingeschra¨nkten finanziellen und personellen Ressourcen fu¨r KMU nicht geeignet. Daru¨ber hinaus kann eine solche Standardsoftware nicht ohne lange Einfu¨hrungszeiten und hohe Kosten implementiert wer-
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den [Neun99]. Nur wenige Anbieter oder Institutionen offerieren SCM-Lo¨sungen fu¨r die Zielgruppe KMU. Zu nennen sind an dieser Stelle z. B. die Produkte von infor [info01], Navision [Navi01] sowie das Supply Chain Information System von b-log [blog00], einem Spin-off-Unternehmen des Fraunhofer-Instituts fu¨r Produktionstechnik und Automatisierung. Einige Anbieter von SCM-Software haben diese Problematik erkannt und versuchen, neue Wege zu beschreiten, um den Markt fu¨r mittelsta¨ndische Unternehmen zu erschließen. Mit internetbasierten Ansa¨tzen bemu¨ht man sich darum, die Total Cost of Ownership (TCO) bei nahezu gleich bleibender Funktionalita¨t zu senken und die Produkte dadurch fu¨r kleinere Unternehmen attraktiver zu gestalten. Beispielsweise beno¨tigen die Anwender des von der SAP AG stammenden Internet-Portals mySAP.com lediglich einen Internet-Anschluss und einen Webbrowser, u¨ber den sie einen rollenbezogenen und personalisierten Zugriff auf die von ihnen beno¨tigten Daten und Funktionen des zugrunde liegenden R/3- bzw. APO-Systems erhalten [SAP00]. Derartige Ansa¨tze werden bisweilen auch mit dem Angebot eines Application Service Provider (ASP) gekoppelt [ASP01]. Ein externer Dienstleister betreibt dabei die Hard- und Software. Die Wassermann AG bietet z. B. ihre SCMSoftware Way in Kooperation mit der Deutschen Telekom als ASP an [Tele00]. Eine andere Mo¨glichkeit besteht darin, vorkonfigurierte und speziell auf die Bedu¨rfnisse von KMU abgestimmte Branchenlo¨sungen bereitzustellen, wie es beispielsweise im Rahmen der SAP.ready-
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towork-Lo¨sungen der Fall ist [SAP01b]. Allerdings zeigt sich auch hier, dass derartige Bestrebungen meist nur fu¨r den gro¨ßeren Mittelstand infrage kommen und keine echte Alternative fu¨r kleine Unternehmen darstellen.
2 Componentware – Supply-ChainManagement (CW-SCM) Ein Kooperationsprojekt des Bayerischen Forschungsverbunds Wirtschaftsinformatik (FORWIN), Nu¨rnberg, mit dem For-
schungsinstitut fu¨r Rationalisierung, RWTH Aachen, bescha¨ftigt sich damit, den Anforderungen von KMU an Software zur Unterstu¨tzung des u¨berbetrieblichen Auftragsdurchlaufs dadurch gerecht zu werden, dass man Systeme zur Steuerung derartiger Gescha¨ftsprozesse nach dem Componentware-Ansatz konzipiert. In diesem Zusammenhang entsteht zurzeit das System „Componentware – SupplyChain-Management“ (CW-SCM). Es stellt eine Weiterentwicklung von „Componentware – Produktionsplanung und -steuerung“ (CW-PPS) [Mo¨Br98; BrKa98] in Richtung auf u¨berbetriebliche Belange dar. CW-PPS resultierte ebenfalls aus einem
Supply Chain
4
3 Individuelles CW-SCM-System
2 KomponentenRepository von CW-SCM
Microsoft-OfficeKomponenten: MS Access MS Excel MS Word
Gemeinschaftsprojekt der beiden Institute und lo¨st verschiedene Aufgaben der PPS unter Verwendung von Microsoft-OfficeKomponenten. Ziel dieses Projektes war es, zu untersuchen, inwiefern ein Componentware-basiertes System mit einfachen Mitteln und mo¨glichst geringem Ressourcenaufwand entworfen werden kann, das den Anspru¨chen von KMU bezu¨glich PPS genu¨gt. Componentware bietet die Mo¨glichkeit, gu¨nstige Software-Lo¨sungen fu¨r KMU zu entwickeln. Dabei versucht man, die Vorteile von Standard- und Individualsoftware miteinander zu verbinden und gleichzeitig deren Nachteile auszuschließen [Brau99, 5; Turo01, 269]. Der Grundgedanke von Componentware zeigt sich in der Wiederverwendung von bestehendem Code [Grif98, 47–50] und in der Kapselung einzelner Funktionen in Komponenten. Dem Baukastenprinzip folgend lassen sich dann mehrere dieser Komponenten flexibel zu kompletten Anwendungssystemen zusammenfu¨gen [MeBr97, 25f.]. Dadurch wird es mo¨glich, individuell konfigurierbare Lo¨sungen, die beispielsweise die Branche oder den Betriebstyp eines Unternehmens beru¨cksichtigen, kostengu¨nstig zu realisieren. Nachdem dieser Ansatz erfolgreich in vier verschiedenen Branchen in die Praxis umgesetzt werden konnte, streben wir nun an, ein a¨hnliches Konzept fu¨r SCM auszuarbeiten. CW-SCM besteht ebenso wie CWPPS aus einer Anzahl flexibel kombinierbarer Komponenten. Diese lo¨sen die Aufgaben einer u¨berbetrieblichen Kooperation in der Supply Chain fu¨r KMU. Dabei sollen so weit als mo¨glich bereits bestehende Funktionen in den Microsoft-Office-Produkten verwendet und nicht neu programmiert werden, um den notwendigen Implementierungsaufwand zu reduzieren. Der Ansatz ist gleichzeitig ein Beispiel dafu¨r, wie eine Kombination aus pragmatisch verstandener Componentware und Aktionsorientierter Datenverarbeitung [Hofm01] helfen kann, die Informationssysteme von KMU zwischenbetrieblich zu integrieren.
1 2.1
berblick
MS MapPoint MS Outlook MS NetMeeting
Bild 1
berblick – CW-SCM
Der Weg von einzelnen Software-Komponenten bis hin zu individuellen CWSCM-Systemen, die Liefernetze koordinieren, kann in vier Abschnitten dargestellt werden. Bild 1 verdeutlicht den Zusam-
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Der CW-SCM-Ansatz
menhang zwischen der Kapselung von SCM-Funktionen in einzelnen SoftwareKomponenten (˚), der Ansiedlung und Verwaltung der Module in einem Komponenten-Repository (¸), der Generierung individueller CW-SCM-Systeme () und dem operativen Einsatz von CW-SCM im Liefernetzwerk (˝). Ausgehend von den Funktionen, welche die Microsoft-Office-Produkte (Word, Access, Excel, Outlook, Project, MapPoint usw.) offerieren (so genannte Off-theshelf-Funktionalita¨ten), werden die verschiedenen SCM-Funktionalita¨ten im ersten Schritt in einzelne Komponenten fu¨r CW-SCM gekapselt (˚ in Bild 1). Dies geschieht anhand eines im Folgenden erkla¨rten Modells fu¨r SCM (siehe Abschnitt 2.2). Die Module von CW-SCM werden anschließend in einem Komponenten-Repository verwaltet (¸). Die Anzahl der Komponenten darf dabei allerdings nicht als fix angesehen werden. Vielmehr gewinnt CWSCM durch eine sukzessive Erweiterung mit neuen Bausteinen an Funktionalita¨t, die beispielsweise auf branchen- bzw. betriebstypische Besonderheiten eingeht oder weitere Funktionen fu¨r das SCM zur Verfu¨gung stellt. Entschließen sich Unternehmen, ein Lieferkettenmanagement mithilfe von CW-SCM einzufu¨hren, so ko¨nnen sie aus dem vorhandenen Vorrat unterschiedlicher Komponenten jene auswa¨hlen, die sie fu¨r ihre speziellen Bedu¨rfnisse beno¨tigen. Aus ihnen wird im dritten Schritt ein individuelles CW-SCM-System generiert (). Teilweise ko¨nnen Komponenten genau in der vorliegenden Form u¨bernommen werden. Andere Module mu¨ssen eventuell um zusa¨tzliche Funktionalita¨ten erweitert werden. Der vierte Abschnitt stellt schließlich das Zusammenspiel von CW-SCM mit der vorhandenen Supply Chain beim Einsatz fu¨r das Lieferkettenmanagement dar (˝). In der schematischen Abbildung verdeutlichen die hellen Pfeile die Materialflu¨sse zwischen den beteiligten Unternehmen. Die dunklen Verbindungen veranschaulichen den Informationsfluss zwischen den Unternehmen und CW-SCM.
2.2
berfu¨hrung von SupplyChain-Funktionen in Software-Komponenten
Die Kapselung der verschiedenen SCMFunktionalita¨ten in einzelnen Komponen-
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Tabelle 1 Betrachtungshorizont und -gegenstand der drei SCM-Ebenen Supply-Chain-Ebene
Betrachtungshorizont
Betrachtungsgegenstand
Konfiguration
Strategisch
Netzwerkaufbau
Planung
Taktisch
Logistiknetzplanung
Ausfu¨hrung
Operativ
Auftragsabwicklung
ten fu¨r CW-SCM erfolgt mithilfe einer Systematik, die sich an das am Forschungsinstitut fu¨r Rationalisierung entworfene Modell der Planungsebenen des SCM anlehnt [PiWr99, 10]. Die SCM-Funktionalita¨ten verteilen sich auf die drei Ebenen: Supply-Chain-Konfiguration, -Planung und -Ausfu¨hrung. Sie unterscheiden sich hinsichtlich Betrachtungshorizont und -gegenstand (siehe Tabelle 1). Die Konfigurationsebene betrachtet den langfristigen Aufbau der Supply Chain unter strategischen Gesichtspunkten. Hier werden die Netzknoten, -kanten und die Objekte, die durch das logistische System kursieren, unter Beru¨cksichtigung von Restriktionen, wie z. B. Produktions-, Lager- und Transportkapazita¨ten, entsprechend der Zielsetzungen der Supply Chain angeordnet. Die Planungsebene legt einen mittelfristigen Fokus auf das Liefernetzwerk. Gegenstand sind die Prognose auf Endproduktebene, die Distributionsplanung und Rahmenentscheidungen fu¨r das Unternehmensnetzwerk, wie beispielsweise die bezogen auf Rahmenrestriktionen richtige Ressourcenbereitstellung. Auf der untersten Schicht, der Ausfu¨hrungsebene, werden die operative Durchfu¨hrung der Kundenauftra¨ge und die zwischenbetriebli-
che Kooperation im Liefernetzwerk teilautomatisiert. Den oben aufgefu¨hrten Ebenen des SCM ko¨nnen aufgrund dieser Aufgabenverteilung erste Software-Komponenten zugeordnet werden, die einzelne Teilfunktionalita¨ten des SCM erfu¨llen (Bild 2). Diese stellen jedoch keine abschließende Aufza¨hlung aller denkbaren Module fu¨r CW-SCM dar. Vielmehr sind sie als Basis fu¨r das Komponenten-Repository zu sehen, das sukzessive mit weiteren Bausteinen gefu¨llt werden soll. Die aktuelle Version von CWSCM entha¨lt noch keine Basiskomponente fu¨r eine u¨berbetriebliche Produktionsplanung, denn ein solches Modul wu¨rde die Komplexita¨t des Systems extrem steigern. Die Grunddatenverwaltung nimmt in der Systematik eine Sonderstellung ein, da sie fu¨r alle Komponenten Informationen zur Verfu¨gung stellt. Sie erstreckt sich folglich als Querschnittsmodul u¨ber alle drei SCMEbenen und muss bei jeder Installation von CW-SCM als grundlegendes Element eingerichtet sein. Alle anderen Module ko¨nnen wahlweise in ein individuelles CWSCM aufgenommen werden. Der folgende Abschnitt gibt einen kurzen Einblick in die oben aufgefu¨hrten Komponenten.
Kernpunkte fu ¨r das Management Der Artikel geht auf Problemfelder im Supply-Chain-Management fu¨r KMU ein. Anschließend stellt er die Entwicklung von CW-SCM vor, einem System, das es KMU erlaubt, ihre Supply Chain kostengu¨nstig zu koordinieren. Aus technologischer Sicht verwendet CWSCM den Componentware-Ansatz, setzt bereits vorhandene Funktionalita ¨ t der MicrosoftOffice-Produkte ein und basiert auf Java. Stichworte: Supply-Chain-Management (SCM), kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Componentware, KMU-Netzwerke, Available-to-Promise (ATP), Vendor Managed Inventory (VMI)
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und zweiter Ordnung sowie das Saisonverfahren von Winters werden in ihrer Funktionalita¨t identisch in CW-SCM u¨bernommen und fu¨r die Prognose auf u¨berbetrieblicher Ebene eingesetzt. Das Ergebnis der Prognose speichert CW-SCM in der Grunddatenverwaltung. Somit ist es fu¨r alle Teilnehmer jederzeit zuga¨nglich. Mithilfe einer u¨berbetrieblichen Stu¨ckliste (siehe Abschnitt 2.3.8) kann man aus dem Prognoseergebnis die zu erwartenden Prima¨rbedarfe der partizipierenden Betriebe ableiten.
Supply-ChainKonfigurator
Supply-Chain-Konfiguration Absatzplanung
Grunddatenverwaltung
Distributionsplanung
Supply-Chain-Planung Available-toPromise
Vendor Managed Inventory
Supply Chain Informer
Electronic Procurement
2.3.3 Distributionsplanung
Supply-Chain-Ausführung
Bild 2
Zuordnung von CW-SCM-Komponenten auf die SCM-Ebenen
2.3
Basiskomponenten von CW-SCM
2.3.1 Supply-Chain-Konfigurator Auf der Konfigurationsebene befindet sich die Komponente Supply-Chain-Konfigurator (SCK). Sie dient zur Modellierung und Visualisierung logistischer Netze. Die Anwender des SCK ko¨nnen damit den Materialfluss ihres Liefernetzwerks modellieren, der aus verschiedenen Knotenpunkten, Kanten und Objekten besteht. Die Knoten des Netzwerks repra¨sentieren Orte mit Transformations- und Transferkapazita¨ten. Die Kanten verbinden die Knotenpunkte und stellen mo¨gliche Transportwege fu¨r die durch die Lieferkette fließenden Objekte dar. Dabei handelt es sich um die Gu¨ter, welche die beteiligten Unternehmen kaufen, herstellen, lagern bzw. transportieren. Dies ko¨nnen Rohstoffe, Erzeugnisse, Ersatzteile oder auch Ausschuss sein. Das Modellieren der Netzwerkstrukturen im SCK dient dazu, einerseits den beteiligten Unternehmen zu verdeutlichen, welche Strukturen in dem Netzwerk u¨berhaupt vorliegen und welche Verbindungen innerhalb ihres Versorgungsnetzes bestehen. Andererseits ko¨nnen diese Informationen dazu verwendet werden, unterschiedliche Liefernetzstrukturen hinsichtlich verschiedener Faktoren miteinander zu vergleichen. Beispielsweise mag mithilfe der angegebenen Produktions- und Transportzeiten die Durchlaufzeit in verschiedenen Netzkonfigurationen gegenu¨bergestellt werden.
2.3.2 Absatzplanung Das Grundanliegen einer gemeinsamen Absatzplanung liegt darin, die vernetzten Unternehmen auf Basis derselben Ausgangsinformationen agieren zu lassen. Stellt na¨mlich jeder Betrieb, wie bisher, seine eigenen Berechnungen an, so gehen die Teilnehmer oftmals von unterschiedlichen Pra¨missen aus. Zusa¨tzlich verfu¨gt jedes Unternehmen nur u¨ber Informationen zu seiner eigenen Situation und nicht u¨ber die der gesamten Supply Chain bzw. die des Endkunden. Daru¨ber hinaus fu¨hrt die Verwendung unterschiedlicher Prognosemethoden mo¨glicherweise zu differenzierten Planungsergebnissen. Indem die Unternehmen ihre Informationen u¨ber vergangene Absatzzahlen und zuku¨nftig erwartetes Kundenverhalten zusammenbringen und in eine gemeinsame Absatzplanung einfließen lassen, mag fu¨r die Supply Chain insgesamt eine bessere Prognose resultieren. Diese kann als gemeinsame Ausgangsbasis fu¨r das Liefernetzwerk dienen. Das Modul Absatzplanung ermittelt den fu¨r die na¨chste Periode zu erwartenden Bedarf der Endkunden fu¨r die gesamte Supply Chain. Dazu werden die bewa¨hrten Methoden einer herko¨mmlichen Absatzplanung herangezogen. Im Sinne des Componentware-Gedankens setzen wir fu¨r die Absatzplanung die entsprechende Komponente aus CW-PPS ein. Anstatt auf lokaler Ebene zu planen, wird die Komponente in CW-SCM mit u¨berbetrieblichen Daten versorgt. Die in CW-PPS implementierten Prognoseverfahren [Brau99, 55] Mittelwertbildung, Exponentielles Gla¨tten erster
Die Distributionsplanung versucht zu ermitteln, welche Menge welchen Produkts zu welcher Zeit mit welchem Transportmittel zwischen welchen Knotenpunkten des Supply-Netzwerks transportiert werden soll. Die Transporte durch das Liefernetzwerk mu¨ssen sicherstellen, dass keine Verspa¨tungen auftreten, die eine Verzo¨gerung der Kundenauftragsabwicklung verursachen. Das Modul Distributionsplanung lenkt also die zwischenbetrieblichen Transporte innerhalb der Supply Chain auf einer u¨berbetrieblichen Ebene. Dies bietet den Vorteil, dass mit einer ganzheitlichen Betrachtung der Lieferkette Kosteneinsparungspotenziale ausgescho¨pft werden ko¨nnen, die vorher nicht bekannt waren. Somit ist es z. B. mo¨glich, die noch freie Kapazita¨t eines LKW, der auf seiner Route am Lager eines anderen Unternehmens im Liefernetz nahe vorbeifa¨hrt, zu nutzen. Diese wa¨re ohne Kenntnis der Gegebenheiten verfallen. Sobald Terminverspa¨tungen, Probleme mit Transportkapazita¨ten oder andere Sto¨rungen der normalen Abla¨ufe im Liefernetzwerk auftreten, kann die Distributionsplanung dazu beitragen, deren Auswirkungen so gering wie mo¨glich zu halten. Denn die Distributionsplanung la¨sst sich auch zur Simulation unterschiedlicher Transportmittel und der damit verbundenen Zeiten und Kosten heranziehen. So ko¨nnte z. B. eine drohende Lieferverspa¨tung, die eine empfindliche Konventionalstrafe mit sich bringen wu¨rde, durch die Wahl eines schnelleren aber teureren Transportmittels vermieden werden. Insgesamt ist das Modul jedoch recht einfach gehalten und kann mit großen Systemen, wie dem APO, nicht mithalten.
2.3.4 Available-to-Promise Ein Available-to-Promise-(ATP-)Modul ermittelt die Verfu¨gbarkeit von Produkten
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Der CW-SCM-Ansatz
u¨ber die gesamte Supply Chain [BuKo¨00, 88]. Daru¨ber hinaus kann man auch Kundenauftra¨ge simulieren und somit einen zu erwartenden fru¨hesten Liefertermin fu¨r die Ausfu¨hrung eines Kundenauftrags errechnen. Einer solchen Verfu¨gbarkeitspru¨fung kommt eine besondere Bedeutung zu, denn ha¨ufig ist nicht das bessere dem schlechteren, sondern das verfu¨gbare dem nicht verfu¨gbaren Produkt u¨berlegen (vgl. [MeKr00, 44] und [Chri98, 25]). ATP gibt den Unternehmen Auskunft daru¨ber, &
&
ob ein gegebenes Lieferversprechen eingehalten und welcher Liefertermin fu¨r einen neuen Kundenauftrag zugesagt werden kann.
Die herko¨mmliche Methode, Liefertermine festzulegen bzw. deren Einhaltung zu u¨berpru¨fen, beinhaltet eine Reihe personeller Maßnahmen, wie z. B. die eigenen Lagerbesta¨nde nachzusehen, mit Lieferanten zu telefonieren und Faxe zu versenden. Schließlich erha¨lt man nach la¨ngerer Suche nur eine relativ ungenaue Aussage u¨ber den tatsa¨chlichen Liefertermin. Diesem Missstand wirkt das ATP-Modul entgegen. Mithilfe der Verfu¨gbarkeitspru¨fung ko¨nnen die involvierten Unternehmen die oben genannten Anfragen durchfu¨hren. Die Teilnehmer veranlassen ATP-Pru¨fungen, indem sie entsprechende Anfragen an das System stellen. CW-SCM nimmt diese entgegen und startet Verfu¨gbarkeitspru¨fungen bei allen Unternehmen der Supply Chain, die das gewu¨nschte Produkt liefern. Das System sendet jedem betroffenen Teilnehmer eine Anfrage mit der geforderten Menge und dem zugeho¨rigen Liefertermin sowie optional auch einer Angabe u¨ber den maximalen Preis. Die Hersteller pru¨fen dann auf lokaler Ebene, ob sich noch genu¨gend nicht-reservierte Einheiten auf Lager befinden. Ist dies der Fall, so ko¨nnte die Stu¨ckzahl sofort geliefert werden. Reichen die vorhandenen freien Lagerbesta¨nde nicht aus, um den Bedarf zu erfu¨llen, so muss ein entsprechender Planauftrag angelegt und im lokalen Planungssystem terminiert werden. Hier wiederum ist es mo¨glich, dass einzelne Kaufteile nicht in ausreichender Menge vorhanden sind. Dann kann der Lieferant seinerseits weitere ATP-Anfragen bei seinen Lieferanten anstoßen, die parallel zur urspru¨nglichen Verfu¨gbarkeitspru¨fung in CW-SCM erfolgen. Als Antwort auf die ATP-Anfrage sendet jedes befragte Unternehmen die Stu¨ckzahl
sowie den dafu¨r verlangten Preis zuru¨ck, die es bis zum gesetzten Termin liefern ko¨nnte. Das System teilt dies in konsolidierter Form dem urspru¨nglich anfragenden Teilnehmer mit und schla¨gt ihm vor, bei welchem Lieferanten er welche Stu¨ckzahl bestellen sollte.
2.3.5 Vendor Managed Inventory Die Komponente Vendor Managed Inventory (VMI) bietet den teilnehmenden Betrieben die Mo¨glichkeit, ihre KundenLieferanten-Beziehungen noch enger aufeinander abzustimmen. VMI bewirkt eine Umkehrung der normalen Gescha¨ftsbeziehung. Im Gegensatz zur herko¨mmlichen Bevorratung ist nicht mehr der Kunde, sondern sein VMI-Lieferant fu¨r den Lagerbestand eines bestimmten Produktes verantwortlich [Whan98, 9]. Der Lieferant bevorratet also eigensta¨ndig das Lager seines Kunden. Dazu ist es notwendig, folgende Informationen zwischen den Gescha¨ftspartnern auszutauschen: & &
&
&
Aktueller Lagerbestand beim Kunden, Sekunda¨rbedarfe aus angenommenen Auftra¨gen des Kunden, Absatzprognosen des Kunden bzw. der Supply Chain [KnMe00, 59], Ausnahmemeldungen (z. B. Unterschreitung des Meldebestands).
Beschließen zwei Gescha¨ftspartner, ein VMI einzurichten, so muss diese Information zuna¨chst in der Grunddatenverwaltung von CW-SCM hinterlegt werden, damit das System diesbezu¨gliche Anfragen und Antworten den richtigen Unternehmen zuordnen kann. Anschließend fragt der Lieferant in zuvor festgelegten Zeitintervallen beim Kunden immer wieder den aktuellen Lagerbestand an. Dieser antwortet ihm mit dem gegenwa¨rtigen Bestand und einem Zeitstempel, um festzulegen, zu welchem Zeitpunkt diese Information entstanden ist. Daru¨ber hinaus definieren beide Parteien zu Beginn des VMI eine kritische Bestandsgrenze. Wird sie erreicht bzw. unterschritten, so meldet dies CW-SCM selbststa¨ndig dem Lieferanten. Dieser kann daraufhin Gegenmaßnahmen ergreifen, um das Lager wieder entsprechend aufzufu¨llen. Neben dem Austausch von Bestandsinformationen erha¨lt der Lieferant ebenso Informationen u¨ber den in na¨chster Zukunft bereits feststehenden Sekunda¨rbedarf aus angenommenen Auftra¨gen des Kunden, damit er sich rechtzeitig auf besondere Situationen, wie die Annahme eines Großauftrags, ein-
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richten kann. Der Lieferant bekommt von CW-SCM auch Informationen u¨ber Absatzprognosen der Supply Chain, die von der Absatzplanungskomponente geliefert werden. Damit kann er sich auf die erwarteten zuku¨nftigen Bedarfe einstellen und dahingehend das Kundenlager bevorraten. Schließlich rundet die Mo¨glichkeit, Ausnahmemeldungen vom Kunden an den Lieferanten zu versenden, die Funktionalita¨t der VMI-Komponente ab. Hiermit informiert der Kunde seinen Gescha¨ftspartner z. B. u¨ber spezielle Werbekampagnen, die eine nderung des regula¨r zu erwartenden Bedarfs fu¨r sein Produkt nach sich ziehen.
2.3.6 Supply Chain Informer Im Supply Chain Informer ko¨nnen sich die beteiligten Unternehmen im Sinne eines betriebsu¨bergreifenden Management-Informationssystems u¨ber die aktuelle Situation im Versorgungsnetz informieren. Besta¨nde, Durchlaufzeiten oder der Status eines bestimmten Kundenauftrags sind typische Informationen, die im Supply Chain Informer u¨berwacht werden ko¨nnen. Mit Hyperlinks und Zusta¨ndigkeitslisten ist es mo¨glich, mit den zusta¨ndigen Personen in den verschiedenen Unternehmen schnell und unkompliziert Verbindung aufzunehmen. Dabei sollen verschiedene synchrone und asynchrone Kommunikationswege beschritten werden. Neben der Kommunikationsunterstu¨tzung erkennt der Supply Chain Informer mittels eines MonitoringDienstes im Sinne eines Management by Exception auch Ausnahmezusta¨nde in der Supply Chain automatisch und benachrichtigt vorher definierte Personen. Dabei sollen Material-, Kapazita¨ts- und Transportzusta¨nde sowie Kennzahlen zu Lieferleistung, Durchlaufzeit und Durchsatz beobachtet werden ko¨nnen.
2.3.7 Electronic Procurement Die Komponente Electronic Procurement stellt Funktionen bereit, um moderne elektronische Beschaffungsverfahren, wie beispielsweise Power Buying oder Desktop Purchasing, fu¨r die Beschaffung in der gesamten Lieferkette einzusetzen. Die Verfahren des E-Procurement werden sowohl fu¨r die Beschaffung innerhalb der Supply Chain als auch fu¨r die Beschaffung von außerhalb des Liefernetzwerks eingesetzt. Als erste Funktionalita¨t soll in CW-SCM ein Power-Buying ermo¨glicht werden. Einen interessanten Aspekt stellt hier die
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Komponente ein Forum einrichten, in dem die SCM-Teilnehmer ihre Bedarfe bekannt geben. Dazu ist es notwendig, dass es eine einheitliche und u¨ber die gesamte Supply Chain bekannte Klassifikation der betreffenden Artikel gibt, um nicht „pfel und Birnen“ miteinander zu bu¨ndeln. Dies geschieht in CW-SCM mithilfe einer u¨berbetrieblichen Stu¨ckliste, die in der Grunddatenverwaltung hinterlegt ist.
Koppelung mit externen Internet-Marktpla¨tzen dar. Die gebu¨ndelten Bedarfe der Supply Chain ko¨nnten dort weltweit ausgeschrieben werden, um den bestmo¨glichen Preis zu erzielen. Dabei sind jedoch ho¨here Lagerkosten und zusa¨tzliche Logistikkosten fu¨r die Verteilung der gemeinsamen Bestellung dem erzielten niedrigeren Preis gegenu¨berzustellen. In CW-SCM kann man mithilfe der E-Procurement-
Endprodukt Endprodukt der der Supply Supply Chain Chain
Stückliste Unternehmen 1 Stückliste Unternehmen 2 Stückliste Unternehmen 3
Bild 3
Schematische Darstellung einer u¨berbetrieblichen Stu¨ckliste
CW-SCM-Server
MS Office
Grunddaten ATP
XML
VMI
...
...
XML
MS Office
MS Office
CW-SCM-Client 1 ATP
VMI
...
...
2.3.8 Grunddatenverwaltung Die Grunddatenverwaltung speichert die Stammdaten der Lieferkette und macht sie fu¨r alle Komponenten verfu¨gbar. Von den Betrieben sind z. B. die geografischen Koordinaten der verschiedenen Standorte (die Knotenpunkte der Supply Chain) zusammen mit deren Eigenschaften (Kapazita¨t, Ansprechpartner, . . .) hinterlegt. Daru¨ber hinaus werden auch Informationen u¨ber die Transportverbindungen (Transportmittel, -dauer, -kosten, -richtung und -kapazita¨t), genauso wie die durch das Liefernetzwerk bewegten Objekte, in die Grunddatenverwaltung aufgenommen. Zusa¨tzlich speichert dort jede Komponente statische Daten ab, die sie fu¨r ihren reibungslosen Ablauf beno¨tigt. Beispielsweise hinterlegt das VMI-Modul, welches Unternehmen welches Lager aktiv bevorratet sowie die zugeho¨rigen Mindest- und Meldebesta¨nde. Fu¨r die Koordination in der Supply Chain ist es notwendig, dass CW-SCM nicht nur die Gegebenheiten des Netzwerks, sondern auch die Struktur der produzierten Einheiten kennt, um beispielsweise die richtigen Adressaten einer Available-toPromise-Anfrage ermitteln zu ko¨nnen. Dazu beno¨tigt man eine u¨berbetriebliche Stu¨ckliste. Ihr Aufbau unterscheidet sich prinzipiell nicht gravierend von dem einer herko¨mmlichen Erzeugnisstruktur. In der liefernetzwerkweiten Variante werden die einzelnen Stu¨cklisten der Supply-ChainTeilnehmer zu einer das gesamte Liefernetzwerk umfassenden Liste konsolidiert (vgl. Bild 3). Endprodukte eines Teilnehmers werden dadurch zu Baugruppen der gemeinsamen Stu¨ckliste. Der entscheidende Unterschied zwischen einer u¨berbetrieblichen und einer herko¨mmlichen Stu¨ckliste liegt darin, dass bei Ersterer eine Zuordnung der einzelnen Elemente zu den partizipierenden Unternehmen hinterlegt wird.
CW-SCM-Client 2 ATP
VMI
...
...
3 CW-SCM-Rahmenwerk Konnektor
Lokale IV-Systeme
Unternehmen 1
Bild 4
Konnektor
Lokale IV-Systeme
Unternehmen 2
Beispiel eines einfachen CW-SCM-Systems mit zwei Teilnehmern
Die Lenkung einer Supply Chain stellt eine a¨ußerst anspruchsvolle Aufgabe dar [KnMe00, 1ff.]. CW-SCM erhebt jedoch den Anspruch, eine Softwarelo¨sung fu¨r KMU zu sein. Deshalb verzichtet es auf hoch komplexe Planungsalgorithmen, die teure Hardwarearchitekturen fu¨r die zuge-
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Der CW-SCM-Ansatz
ho¨rigen Softwaresysteme implizieren, wie beispielsweise die liveCache-Technik der SAP AG [BaBi01, 222]. Suboptimalita¨t wird bei CW-SCM in Kauf genommen. CW-SCM ist als Client-/Server-Applikation konzipiert. Der Server stellt die informatorische Zentrale des Liefernetzwerks dar und kann sowohl bei einer der teilnehmenden Parteien als auch bei einem externen Dienstleister installiert sein, der das System als ASP anbietet. Auf dem Server befindet sich die Grunddatenbank, die somit allen Parteien zur Verfu¨gung steht. Zusa¨tzlich koordiniert er den Informationsfluss in der Supply Chain (siehe na¨chster Abschnitt). Die CW-SCM-Clients mu¨ssen bei allen beteiligten Unternehmen lokal eingerichtet werden. Sie stellen die Benutzungsoberfla¨che der installierten Komponenten bereit und interagieren mit den lokalen Anwendungssystemen. Außerdem sind sie fu¨r den Empfang und das Versenden relevanter Informationen bei einem Teilnehmer von CW-SCM verantwortlich. Die einzelnen Komponenten von CWSCM gliedern sich in jeweils einen serverund einen clientseitigen Bestandteil. Jeder logische Baustein von CW-SCM besteht folglich aus zwei physischen Elementen. Es gibt eine als „Core“ bezeichnete physische Einheit, welche die jeweilige Basisfunktionalita¨t anbietet. Sie muss bei jedem Teilnehmer, der diese Komponente einsetzt, zusammen mit dessen Client von CW-SCM installiert werden. Daneben existiert fu¨r jeden logischen Baustein ein so genannter „Mediator“ auf dem Server. Seine Aufgabe ist es, Zugriffe auf die Grunddaten von CW-SCM zu ermo¨glichen sowie die Kommunikation zwischen den zugeho¨rigen Core-Komponenten bei den Teilnehmern zu steuern.
3.1
Informationsfluss
Informationen, die zwischen den beteiligten Parteien ausgetauscht werden sollen, versendet das System in Form von Nachrichten. Diese stellen entweder Anfragen einzelner Teilnehmer bzw. des Servers an andere Teilnehmer oder Antworten auf Erstere dar. Als Kommunikationsinfrastruktur dient das Internet. Alle Beteiligten senden sa¨mtliche Mitteilungen an das logische Zentrum der Supply Chain. Der gesamte Informationsfluss in CW-SCM erfolgt also nicht direkt zwischen den Teilnehmern, sondern verla¨uft
immer indirekt u¨ber den Server. Er fungiert somit als zentraler Informationsknotenpunkt der Lieferkette und kann aufgrund der Informationen aus der Grunddatenverwaltung alle Nachrichten an die jeweils richtige Stelle in der Lieferkette senden. Diese Konstellation hat den Vorteil, dass die einzelnen Clients von den Koordinationsmechanismen innerhalb des Netzwerks entbunden werden. Der Server nimmt die Anfragen und Antworten entgegen und interpretiert sie. Anhand einer Komponenten-Markierung erkennt er, welches serverseitige Modul vom Eintreffen einer Nachricht in Kenntnis gesetzt werden muss. Dieses empfa¨ngt die Mitteilungen und veranlasst je nach Inhalt entsprechende Transaktionen. Im einfachsten Fall, wenn keine Berechnungen oder Datenbankabfragen auf dem Server notwendig sind, gibt der Mediator die Nachricht unvera¨ndert an den/die Empfa¨nger der Nachricht weiter. Es kann aber auch vorkommen, dass jene erst durch weitere Aktionen auf dem Server bestimmt werden. Dies ist beispielsweise bei einer allgemeinen Available-to-Promise-Anfrage der Fall: Der ATP-Mediator ermittelt anhand der vorliegenden Informationen die infrage kommenden Lieferanten aus der Grunddatenbasis. Anschließend leitet er an diese die Anfrage weiter.
3.2
Interaktion mit lokalen Informationssystemen
In CW-SCM interagieren die lokal installierten Clients sowohl mit den vorhandenen betrieblichen Informationssystemen als auch mit den Benutzern selbst. Damit ist sichergestellt, dass auch kleinste Unternehmen, die weder u¨ber eine ERP- noch eine PPS-Software verfu¨gen, trotzdem CW-SCM einsetzen ko¨nnen. Anstelle der automatisierten Abfrage einer lokalen Software erha¨lt der Benutzer in diesem Fall die Mo¨glichkeit, beno¨tigte Informationen selbst einzugeben. Damit o¨ffnet sich zwar die potenzielle Fehlerquelle, dass Anwender Falscheingaben durchfu¨hren. Es stellt jedoch die einzige Alternative dar, auch die ganz kleinen Betriebe einer Supply Chain in die elektronische Netzwerkkoordination aufzunehmen. Davon profitieren schließlich alle Unternehmen des Liefernetzwerks.
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An der Schnittstelle zwischen den Clients von CW-SCM und anderen Anwendungssystemen arbeiten Konnektoren. Sie werden zusammen mit den Clients von CWSCM aufgespielt, mu¨ssen jedoch fu¨r jede lokale Software, mit der Informationen ausgetauscht werden sollen, individuell eingerichtet werden. Die Aufgaben der Konnektoren bestehen darin, einerseits CW-SCM an beliebige betriebliche Anwendungssoftware anzubinden und andererseits die Integrationsproblematik von der Systemarchitektur zu trennen. Sie stehen als „Puffer“ zwischen den stets u¨ber dieselben Schnittstellen verfu¨genden CWSCM-Clients und den vorhandenen IVSystemen auf der jeweiligen Benutzerseite. Somit ko¨nnen Erstere unabha¨ngig von lokalen Gegebenheiten bezu¨glich der Systemlandschaft konzipiert und realisiert werden. Fu¨r jede lokale Software, die in das SCM eingeschlossen wird, ist im Detail zu untersuchen, welche Informationen zwischen ihr und dem SCM-System ausgetauscht, beziehungsweise welche Transaktionen dort angestoßen und wohin und in welcher Form die jeweiligen Ergebnisse u¨bermittelt werden sollen. Nach diesen Vorgaben passt man anschließend die Konnektoren fu¨r die verschiedenen Anwendungssysteme individuell an. Fu¨r jede zusa¨tzliche betriebliche Planungssoftware, die innerhalb der Supply Chain zum Zuge kommt, muss also lediglich der Konnektor modifiziert werden. Alle anderen Bereiche von CW-SCM bleiben unvera¨ndert.
3.3
Interaktion mit der Microsoft-Office-Welt
Ein Eckpfeiler der Konzeptionsphilosophie fu¨r CW-SCM besteht in der Wiederverwendung bereits bestehenden Programmcodes von Microsoft-Produkten. Dazu ist es allerdings auch notwendig, dass die Produkte von Microsoft Office in der Supply Chain zur Verfu¨gung stehen. Sowohl die server- als auch die clientseitigen Bestandteile der Komponenten greifen auf Funktionen aus verschiedenen OfficeProdukten zuru¨ck. Deshalb ist die Performanz des Systems gro¨ßer, wenn sowohl der Server als auch jeder Client direkten Zugang zur Office-Welt haben, also die Microsoft-Produkte bei allen Teilnehmern und auf dem Server installiert und lizen-
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ziert sind. Alternativ kann aber auch die gesamte Office-Palette nur auf dem Server eingerichtet werden. Dann mu¨ssen alle Komponenten, die nicht lokal auf das Office-Paket zugreifen ko¨nnen, entfernte Funktionsaufrufe u¨ber das Netzwerk durchfu¨hren. Darunter leidet jedoch die Geschwindigkeit von CW-SCM. Allerdings spart man Lizenzkosten. Denkbar ist daru¨ber hinaus eine Hybridlo¨sung, in der die ga¨ngigen Produkte wie beispielsweise Access und Excel lokal bei allen Parteien aufgespielt sind und darauf auch direkt zugegriffen wird. Aufgrund ihrer weiten Verbreitung ist in den meisten Fa¨llen ohnehin davon auszugehen, dass die Anwender bereits u¨ber eine Lizenz dieser Standardsoftware verfu¨gen und somit hierfu¨r keine zusa¨tzlichen Kosten entstehen. Nur die
SupplyChainKonfigurator
MS Access MS MapPoint
MS Access Absatzplanung
MS Excel
Distributionsplanung
MS Access
Availableto-Promise
Vendor Managed Inventory
MS MapPoint
MS Access
MS Access MS Excel MS Word MS Access
Electronic Procurement
MS Outlook
Supply Chain Informer
MS Access
MS Word
MS Outlook MS NetMeeting
Bild 5 Einsatz von Microsoft-OfficeProdukten in CW-SCM
weniger verbreiteten Bausteine wie MapPoint werden auf dem Server eingerichtet und u¨ber das Netzwerk von den betroffenen Teilnehmern angesprochen und mu¨ssen dann nicht von jedem Unternehmen selbst angeschafft werden.
3.4
Gesamtdarstellung des CW-SCM-Rahmenwerks
Im Folgenden werden die Elemente der CW-SCM-Architektur noch einmal zusammenfassend in eine Gesamtdarstellung eingeordnet. Zur Veranschaulichung wird hier das CW-SCM-Rahmenwerk anhand eines simplifizierenden Beispiels mit nur zwei beteiligten Unternehmen erkla¨rt. Bild 4 illustriert das Szenario. Das System besteht aus einem CW-SCMServer und zwei CW-SCM-Clients. Auf dem Server liegen die Grunddaten zur allgemeinen Verfu¨gung. In dem einfachen Beispiel sind lediglich die beiden Komponenten ATP und VMI eingerichtet. Sie gliedern sich jeweils in Client- und ServerBestandteile und werden dementsprechend verteilt bei den Teilnehmern und dem Server aufgespielt. Letzterer hat einen direkten Zugang zu allen beno¨tigten MicrosoftProdukten und kann entweder bei einem der beiden Unternehmen oder, wie in dem Beispiel, bei einem externen Dritten laufen. Eine gestrichelte Linie umrahmt jeweils die Einflussbereiche der beiden partizipierenden Unternehmen. Bei den Teilnehmern sind sowohl der CW-SCM-Client samt der Core-Einheiten der ausgewa¨hlten Module als auch mehrere MS-Office-Produkte eingerichtet, auf die nahtlos zugegriffen werden kann. Unterschiedliche Konnektoren auf der Benutzerseite garantieren die Anbindung der lokal vorhandenen betrieblichen Anwendungssysteme mit dem jeweiligen CW-SCM-Client. Der Nachrichtenaustausch zwischen den Clients und dem Server erfolgt u¨ber das Internet mithilfe von standardisierten XML-(ExtensibleMarkup-Language-)Dateien.
3.5
Systemumgebung
CW-SCM soll einerseits das weit verbreitete und mit umfassender Funktionalita¨t ausgestattete Microsoft Office nutzen, um
Entwicklungskosten zu senken. Andererseits beschra¨nkt es sich somit auf die Windows-Welt und grenzt potenzielle Anwender aus, die diese Systeme nicht einsetzen. Gerade fu¨r eine SCM-Software ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, mit heterogenen IV-Strukturen umgehen zu ko¨nnen und nicht auf bestimmte technologische Voraussetzungen angewiesen zu sein. Nicht zuletzt ist auch zu beachten, dass insbesondere a¨ltere Legacy-Systeme in der Regel nicht auf Windows-Rechnern laufen. Um diesem Dilemma zu entgehen, wurden die Clients von CW-SCM plattformunabha¨ngig in Java realisiert. Sie ko¨nnen also auf jedem Betriebssystem eingerichtet werden, fu¨r das es eine Java Virtual Machine (JVM) gibt. Es stellt sich jedoch die Frage, wie die Clients Zugriff auf Funktionen in Microsoft-Produkten erhalten. Microsoft stellt zwar mit der Component-Object-Model-(COM-) und der Distributed-COM-(DCOM-)Technologie die Grundlage fu¨r verteilte Anwendungssysteme, die auch von außen ansprechbar sind. Allerdings vermag Java nicht direkt Methoden von COM-Objekten auszufu¨hren. Wir verwenden das Produkt J-Integra von Intrinsyc Software, um eine Java-COMBru¨cke herzustellen [Intr01], die Java- in COM-Aufrufe umwandelt und umgekehrt. In CW-SCM kommen die Off-the-shelfFunktionalita¨ten aus MS Office vielfa¨ltig zum Einsatz und vermindern dadurch die Entwicklungskosten. Bild 5 gibt einen berblick daru¨ber, welche CW-SCM-Module auf welche Microsoft-Office-Komponenten zuru¨ckgreifen. Beispielsweise wird die Lineare Programmierung des Excel-Solvers nun eingesetzt, um „einen Absatzplan zu generieren, der den Deckungsbeitrag u¨ber einen mittelfristigen Planungshorizont maximiert“ [Brau99, 30]. Die in Outlook vorhandenen Funktionen zum Versenden und Empfangen von E-Mails, zur Verwaltung von ToDo-Listen und zum Kalendermanagement werden genauso in CW-SCM genutzt, wie Access als Datenbank zum Hinterlegen der relevanten Daten in der Grunddatenverwaltung dient. Auf die relationale Datenbankverwaltung von Access greifen die Komponenten mit Structured-Query-Language(SQL-)Abfragen u¨ber eine Java-DatabaseConnectivity-(JDBC-)Open-Database-Connectivity-(ODBC-)Bru¨cke zu. Die letztgenannte Zugriffsmethode verdeutlicht die Skalierbarkeit des Systems, denn falls die zu verarbeitende Datenmenge die Grenzen
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Der CW-SCM-Ansatz
von Access zu sprengen droht, kann es jederzeit durch eine leistungsfa¨higere ODBC-Datenbank (z. B. Microsoft SQL Server oder Oracle 9i) ersetzt werden. Konkurrierende Zugriffe ko¨nnen sowohl direkt in Access oder auch in der JDBCODBC-Bru¨cke ausgeschaltet werden.
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Bild 6 Kern-Schalen-Modell der Anforderungen an SCM-Funktionsmodule der Auftragsabwicklung fu¨r die Automobilindustrie [Zeie02, 119]
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Stand der Systementwicklung
Fu¨r einige der oben beschriebenen Komponenten existieren prototypische Implementierungen. In den bisherigen Programmierarbeiten wurden die Basisfunktionen einer ATP- und einer VMI-Komponente fu¨r CW-SCM geschaffen. Auch fu¨r den Supply-Chain-Konfigurator existiert ein Prototyp, der die Standorte und Transportverbindungen eines Liefernetzwerks visualisieren kann. Daru¨ber hinaus besteht eine Grunddatenverwaltung, welche die Daten fu¨r die bisherigen Komponenten sowie die Grunddaten der gesamten Supply Chain inklusive einer u¨berbetrieblichen Stu¨ckliste bereitstellt. Sie ist derart gestaltet, dass weitere Module problemlos aufgenommen werden ko¨nnen. In Bearbeitung sind derzeit die beiden Module Distributionsplanung und Supply Chain Informer.
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Auszudruckende Gescha¨ftsdokumente wie Lieferscheine, Bestellungen oder Rechnungen ko¨nnen als Vorlage in Word abgelegt und bei Bedarf auf Papier gebracht werden. Das bisher wenig verbreitete MicrosoftOffice-Produkt MapPoint [Micro01] erschließt der Gescha¨ftswelt die thematische Kartografie. Die Modellierung des Liefernetzwerks im Supply-Chain-Konfigurator kann MapPoint mit kartografischen Daten in Verbindung bringen. Eine Darstellung der Knoten und Kanten in den exakten geografischen rtlichkeiten auf einer Landkarte ist dadurch ohne großen Aufwand mo¨glich. Außerdem ko¨nnen die in MapPoint enthaltenen Funktionen zur Routenfindung in der Distributionsplanung eingesetzt werden, um beispielsweise neue Touren zwischen vorgegebenen Standorten zu errechnen. Dabei ermittelt MapPoint nicht nur die Distanz und die einzukalkulierende Dauer der Route, sondern auch zugeho¨rige Transportkosten. Der kostenlose Baustein Microsoft NetMeeting stellt synchrone Kommunikationsmo¨glichkeiten u¨ber das Internet fu¨r den Supply Chain Informer bereit.
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Bild 7 Kern-Schalen-Modell der Anforderungen an SCM-Querschnittsfunktionsmodule fu¨r die Automobilindustrie
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Jo ¨ rg-Michael Friedrich, Peter Mertens, Walter Eversheim, Ralf Kampker
Tabelle 2 Anforderungskatalog an ein SCM-System fu¨r die Automobilindustrie (in Anlehnung an [Zeie02, 117–122]) Anforderungen 1. Hohe Leistungsfa ¨ higkeit der Planung
45. Sicherheit des Datenaustauschs
2. Datenaustausch mit Office-Software-Paketen
46. Datenbeschaffung
3. Enge Integration mit den verbundenen ERP-Systemen
47. Abstimmung der Absatzprognose mit Marktdaten
4. Unterstu¨tzung offener Internet-Standardschnittstellen
48. Auftragsprognose
5. Schlanke Datenstruktur
49. Auftragserzeugung
6. Benutzungsfreundlichkeit
50. Auftragserfu¨llung
7. Konsensbasierte Prognosen
51. Werkzeuge fu¨r die flexible Definition von Kooperationsprozessen
8. Datenbanken mit Prognosen und Absatzverla ¨ ufen
52. Analyse und Synthese abweichender Prognosen
9. Planen auf mehreren Aggregationsebenen
53. Automatisierte Abweichungsanalyse und Information der SC-Mitglieder
10. Umfangreiche Informationsbasis fu¨r die Prognosen
54. SC-Datenpool, Unterstu¨tzung umfangreicher Analyse- und Visualisierungsmo ¨ glichkeiten
11. Weitreichendes Angebot an Prognoseverfahren
55. Ermittlung der Kundenauftragsprognose unter Beachtung relevanter Faktoren
12. Automatisierte Auswahl ada ¨ quater Prognosemethoden
56. Automatisierte Analyse der Planungsergebnisse
13. Automatisierte Analyse der Prognosequalita ¨t
57. Beru¨cksichtigen detaillierter Partnerinformationen in der Produktionsplanung
14. Automatisierte Planung
58. Partnern Einblick in die Produktionsplanung gestatten
15. Verwaltung der Erla ¨ uterungen zu Prognosen
59. Partnern Einfluss auf Produktionsplanung erlauben
16. Geringe Antwortzeiten
60. Visualisierung des Liefernetzes
17. Konsistenz bei parallelen Pru¨fungen
61. Monitoring des Liefernetzes
18. Pru¨fen auf Bestandsebene
62. Beobachtung und Benchmarking von KPIs
19. Automatisierte Alternativensuche
63. Ursachenforschung
20. Pru¨fen gegen Kapazita ¨ ts- und Materialsituation
64. Modellierung
21. Einbezug von Partnersoftware
65. Optimierungsverfahren und Heuristiken
22. Webbasierte Internetanbindung
66. Simulation
23. berwachung der zugesagten Liefertermine
67. Vergleich alternativer Szenarios
24. Bevorzugte Neuterminierung bei Verspa ¨ tung
69. Logistiknetzplanungsheuristiken fu¨r Planung von Perioden- und Einzelbedarfen
25. Einbeziehung wichtiger Restriktionen
79. Zeitliche Abha ¨ ngigkeiten einzelner Produktionsschritte
26. berpru¨fung der Planung
80. Zuteilung von Fertigungsauftra ¨ gen zu verschiedenen Fertigungslinien
27. Reichweitenszenarios
81. Koordination der Fließgeschwindigkeit
28. Detailliertes Kostenmodell
82. Reihenfolgeplanung
29. Verbesserung des Liefernetzes
83. Kontrolle des Fertigungsfortschritts
WIRTSCHAFTSINFORMATIK 44 (2002) 2, 117–130
Der CW-SCM-Ansatz
127
Tabelle 2 (Fortsetzung) Anforderungen 30. Bestandsplanung und -steuerung
84. Datenstruktur fu¨r die Abbildung einer „Linien-Ressource“
31. Aufteilung des Produktangebots
86. Lebenszyklusplanung in der Absatzprognose
32. Zuordnung von Produktalternativen
87. Abbildung kurzer Produktlebenszyklen in der Verfu¨gbarkeitspru¨fung
33. Internetbasierte Beschaffung
89. Beru¨cksichtigung la ¨ nderspezifischer Merkmale
34. Einsatz von Optimierungsmethoden in der Produktionsplanung
90. Transmissionsmechanismen zur Nivellierung la ¨ nderspezifischer Besonderheiten
35. Grafische Produktionsplantafel
91. Chargenfindung in der Produktionsplanung
36. Modellierung der unternehmensu¨bergreifenden Zusammenha ¨ nge
92. Chargenfindung in der Verfu¨gbarkeitspru¨fung
37. Auswahl der Transportart
93. Beachtung der Chargeninformation in der Verfu¨gbarkeitspru¨fung
38. Tourenplanung
94. Abbildung der Chargeninformation in der Produktionsplanung
39. Grafischer Distributionsleitstand
98. Außerordentliche Leistungsfa ¨ higkeit der Variantenplanung
40. Optimierung der Transportmittelbeladung
99. Unterstu¨tzung der Produktdatenpflege
41. Gewichtung der Optimierungsziele
100. Absatzprognose fu¨r Produktvarianten
42. Cross Docking
101. Merkmalsbasierte Produktionsplanung
43. Tracking and Tracing
102. Merkmalsbasierte Verfu¨gbarkeitspru¨fung
44. Datenaustausch mit Partnerunternehmen u¨ber EDIFACT und internetbasierte Lo ¨ sungen
104. Reservation Planning
Es gibt erste Aspiranten, die daran interessiert sind, einzelne Bausteine von CWSCM in der Praxis einzusetzen. Dabei mu¨ssen aber noch branchenbezogene und betriebstypische Besonderheiten Beru¨cksichtigung finden und die Basismodule entsprechend angepasst werden. Bei einem mittelsta¨ndischen Automobilzulieferer sollen die Fa¨higkeiten des SupplyChain-Konfigurators genutzt werden, um dezentrale Informationen aus dem Liefernetzwerk gebu¨ndelt zu visualisieren. Im Elektronik-Großhandel sieht man Potenziale fu¨r den Einsatz von CW-SCM, um Bestandsdaten zwischen Herstellern und Wiederverka¨ufern auszutauschen und Transparenz bezu¨glich der vorhandenen Ware in einem Ha¨ndlernetzwerk zu schaffen. Und in der Transportindustrie soll die Distributionsplanung dazu beitragen, kleine Spediteure an eine unter-
nehmensu¨bergreifende Koordination anzuschließen.
4 Fazit und Ausblick Wa¨gt man die Vor- und Nachteile eines SCM unter Nutzung hoch komplexer Standardsoftware mit denen des Ansatzes von CW-SCM ab, so kommt man zu folgendem Urteil: Konzepte wie das hier beschriebene scho¨pfen zwar nicht alle vorhandenen Rationalisierungspotenziale im Liefernetz aus, stellen jedoch eine kostengu¨nstige Alternative fu¨r KMU dar, ein eingeschra¨nktes SCM einzurichten. Gegenu¨ber der urspru¨nglichen Situation ohne ein SCM-System ko¨nnen die beteiligten Unternehmen nun auf Basis genauerer und realita¨tsna¨herer Informationen pla-
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nen. Dadurch ist es mo¨glich, Einsparungspotenziale auszuscho¨pfen, die ohne CWSCM brach la¨gen. Das System reduziert auch den sog. Peitschen- bzw. BullwhipEffekt [LePa97], indem alle Teilnehmer von derselben Informationsbasis ausgehen und wichtige Informationen direkt an die zusta¨ndigen Personen weitergeleitet werden. Daru¨ber hinaus ko¨nnen anfa¨ngliche Vertrauensdefizite dadurch abgebaut werden, dass man zuna¨chst nur Komponenten installiert, die ohne kritische Unternehmensinformationen arbeiten. Sukzessive ist es mo¨glich, das SCM durch die Nutzung weiterer Bausteine zu intensivieren. Dadurch mu¨ssen zuna¨chst nur so viele sensible Interna offengelegt werden, wie die Teilnehmer bereit sind preiszugeben. Dies ist von entscheidender Bedeutung, denn Vertrauen in die Partner des Liefernetzwerks wird als eine der wich-
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tigsten Voraussetzungen fu¨r ein funktionierendes SCM gewertet [Christ98, 33; ScBo¨00, 43]. Wa¨hrend das erwa¨hnte Vorga¨ngerprojekt CW-PPS nach einer entsprechenden Ausreifungszeit nach Branchen und Betriebstypen differenziert werden konnte (vgl. [Brau99, 96]), ist dies bei CW-SCM zwar vorgesehen, aber erst in einigen – hier nicht beschriebenen – Funktionalita¨ten geschehen. Ausfu¨hrliche theoretische Vorarbeiten (vgl. [HaZe00; HaZe01]) wurden geleistet, und insbesondere in Kern-Schalen-Modellen niedergelegt. Beispielsweise mu¨sste eine SCM-Software in der Automobil-Branche die in Tabelle 2 aufgefu¨hrten Anforderungen erfu¨llen. Das zugeho¨rige Kern-Schalen-Modell zerfa¨llt in zwei Bestandteile, um zwischen Auftragsabwicklungs- und Querschnittsfunktionsmodulen zu unterscheiden. Bild 6 illustriert die Anforderungen an das System von der Absatzprognose bis zur Transportplanung. Bild 7 hingegen stellt diejenigen der unternehmensu¨bergreifenden Zusammenarbeit, des Monitorings und Controllings sowie der strategischen Netzwerkplanung dar. Bislang stellen die Konnektoren von CWSCM eine Anbindung an CW-PPS zur Verfu¨gung. Weitere Systeme sollen in zuku¨nftigen Projektphasen erschlossen werden. Insbesondere stellt sich hier die Herausforderung, eine Anbindung an die Produkte von SAP, i2 Technologies und Manugistics bereitzustellen. Ist ein Informationsaustausch von CW-SCM mit diesen mo¨glich, so kann man CW-SCM dazu einsetzen, KMU an dem SCM großer Gescha¨ftspartner teilhaben zu lassen, die teuere Standardsoftware einsetzen, ohne dass die KMU diese selbst beno¨tigen. CW-SCM dient dann nicht mehr als eigensta¨ndige SCM-Lo¨sung, sondern als Mechanismus, der es KMU erlaubt, sich flexibel in das SCM anderer Unternehmen „einzuklinken“. Fu¨r ein solches Szenario soll in fortfu¨hrenden Arbeiten eruiert werden, auf welche Anfragen ein KMU reagieren und welche Informationen es an das SCM-System des Gescha¨ftspartners liefern muss.
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Switchback Eine Richtungsänderung von mehr als 90°.
Jeder Weg hat eine Abkürzung. Auch der nach oben. Wenn Sie genau wissen, wo Sie hinwollen, zeigen wir Ihnen gerne, wo’s langgeht. Die Deutsche Telekom steht heute an der Spitze des europäischen Kommunikationsmarktes und ist als Global Player bereits in 34 Ländern auf fünf Kontinenten tätig. Eine Position, die wir mit unseren vier strategischen Divisionen T-Com, T-Systems, T-Mobile und T-Online auch in Zukunft weiter ausbauen werden. Denn bei der zunehmenden Verschmelzung von Telekommunikation und Informationstechnologie sind integrierte Lösungen aus allen Bereichen der Kommunikation gefragt. Lösungen, die man nur in einem starken Team realisieren kann. Dazu gehören Eigeninitiative, Kreativität, analytisches Denken und Zielstrebigkeit – kurz: die richtigen Leute auf den richtigen Positionen. Egal, ob Sie bereits TK- oder IT-Profi sind oder gerade erst ins Rennen gehen, mit uns haben Sie immer die Nase vorn. Join the Team Infos und Bewerbungen unter: www.telekom.de/jobs Oder per eMail:
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Schinzer, Heiko (Hrsg.): Electronic Commerce – Anwendungsbereiche und Potentiale der digitalen Gescha¨ftsabwicklung, Mu¨nchen 2000. [Tele00] Telekom (Hrsg.): Flexibilita¨t schla¨gt Gro¨ße. Lo¨sungen fu¨r Supply Chain Management. Deutsche Telekom Whitepaper, 2000. [Turo01] Turowski, Klaus: Spezifikation und Standardisierung von Fachkomponenten. In: Wirtschaftsinformatik 43 (2001) 3, S. 269–281. [Whan98] Whang, Seungjin: Complementaries in Supply Chain Management. In: Lee, H. L.; Ng, S. M. (Hrsg.): Global Supply Chain and Technology Management. POMS, Miami 1998. [Zeie02] Zeier, Alexander: Identifikation und Bewertung betriebs- und branchentypischer Faktoren fu¨r Supply-Chain-Management-Software. Dissertation, Erlangen-Nu¨rnberg 2002.
Abstract The CW-SCM approach – a component-based supply chain management software for small and medium sized enterprises In a cooperation of the Bavarian Information Systems Research Network (FORWIN), Nuremberg, with the Research Institute for Operations Management (FIR), Aachen University of Technology, a prototype of a lean and flexible supply chain management system for small and medium sized enterprises (SME) is currently being developed. The aim of this project is to design a componentware-based solution enabling SME to implement an SCM with the basic functionality. Keywords: supply chain management (SCM), small and medium sized enterprises (SME), componentware, SME networks, available-to-promise (ATP), vendor managed inventory (VMI)
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WI – Aufsatz
Automatisierte Auktionen Konzeption und Implementierung eines vollautomatischen, multidimensionalen und polypolistischen Marktsystems
1 Einleitung Der Autor
Ralf Peters Dr. Ralf Peters, Institut fu¨r Wirtschaftsinformatik, Universita ¨ t Hamburg, Von-Melle-Park 5, D-20146 Hamburg, E-Mail:
[email protected]
Die zurzeit diskutierten Einsatzgebiete elektronischer Ma¨rkte reichen von Wertpapierbo¨rsen u¨ber Strom- und Logistikma¨rkte bis hin zur innerbetrieblichen und technischen Ressourcenallokation [Clea96; GoBu99; WeSc00]. Eine u¨bergreifende Forschungsfrage bildet in diesem Zusammenhang die Automatisierung der Verhandlungen, also der Interessenausgleich zwischen Anbietern und Nachfragern [Rebs01]. Fu¨r die Konstruktion derartiger Marktsysteme sind sowohl erweiterte Verhandlungsmechanismen als auch praxistaugliche Automatisierungskonzepte notwendig. In diesem Beitrag werden die zentralen Elemente eines allgemein verwendbaren Marktsystems vorgestellt und diskutiert, das auf
diesem Teilgebiet der Verteilten Ku¨nstlichen Intelligenz (VKI) wurde auch der Einsatz von Auktionsverfahren, insbesondere zur Allokation technischer Ressourcen wie Netzwerkbandbreiten, untersucht [MiKr96; MaBa96]. Im Kontext elektronischer Ma¨rkte sind viele neuere Arbeiten entstanden, die in unterschiedlichem Maße polypolistische Szenarien und differenzierte Interessensausgleiche zum Gegenstand haben [ChMa96; WuWe98; BiKl00; Opti01]. Einen Literaturu¨berblick zur elektronischen Unterstu¨tzung und Automatisierung von Verhandlungen liefert [Rebs01].
abzielt [Pete00, 415]. Wa¨hrend die beiden ersten Punkte die Menge der realisierbaren Marktszenarien abgrenzen, ist die Automatisierung insbesondere fu¨r die Kostenund Zeiteffizienz der Marktinstitution von Bedeutung.
Ein anderer, von der VKI weitgehend unabha¨ngiger Ansatz zur Modellierung und Analyse der strategischen Interaktion mehrerer Akteure ist die Spieltheorie, die sich ausgehend von von Neumann und Morgenstern [NeMo44] zu einem eigenen Forschungsgebiet entwickelt hat [Holl00]. Eine aktuelle Verbindung zu Konzepten aus der Informatik besteht darin, dass beispielsweise das Internet und agentenorientierte Softwarearchitekturen die technologische Grundlage fu¨r einen Praxiseinsatz erweiterter Auktionsmechanismen und Automatisierungskonzepte bieten, der ohne diese Technologien aufgrund hoher Transaktionskosten nicht mo¨glich wa¨re. Damit entsteht die Mo¨glichkeit eines interdisziplina¨ren Ansatzes zur Konstruktion elektronischer Ma¨rkte.
Zu Teilausschnitten dieser Fragestellung existieren bereits zahlreiche Arbeiten. Der Einsatz marktbasierter Koordinationskonzepte in Multi-Agenten-Systemen (MAS) findet sich beispielsweise im Begriff des Market-based Control wieder [Clea96]. In
Das hier vorgestellte Marktsystem unterscheidet sich von den eingangs genannten Arbeiten in zwei Aspekten. Erstens wird eine integrierte Lo¨sung der drei oben genannten Punkte angestrebt. Dieses Ziel wurde bisher nur in SMACE [CaOl01] un-
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polypolistische Marktszenarien mit multilateralen Verhandlungen, differenzierte Interessensausgleiche hinsichtlich des Transaktionspreises und weiterer Kontrakteigenschaften und vollsta¨ndige Automatisierung der Verhandlungen
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tersucht [Rebs01]. Zweitens wird ein spieltheoretischer Konstruktionsansatz verwendet, dessen Ergebnisse anschließend in ein Softwaresystem umgesetzt werden. Die dargestellten Konzepte sind im Rahmen des Forschungsprojektes memba (multidimensional electronic market of bargaining agents) erarbeitet worden, das mitsamt eines Demonstrationsprototypen im Internet unter der URL http://www.ecortex.de/memba erreichbar ist. Den Ausgangspunkt bildet der Entwurf eines erweiterten Auktionsverfahrens, das die Realisierung polypolistischer Ma¨rkte mit kontraktdifferenzierten („multidimensionalen“) Verhandlungen ermo¨glicht. Anschließend wird ein spieltheoretisch fundiertes Konzept zur vollsta¨ndigen Automatisierung der Verhandlungen eines polypolistischen Akteurs vorgestellt. Im Gegensatz zu anderen Ansa¨tzen la¨sst sich fu¨r dieses Konzept analytisch zeigen, dass es den erwarteten Gewinn des Polypolisten maximiert. Zur Umsetzung des spieltheoretischen Basismodells in ein Softwaresystem werden das gewa¨hlte Verhandlungsprotokoll und die Architektur diskutiert. Zwei charakteristische Fallstudien und ein kurzer Ausblick beschließen den Beitrag.
2 Auktionsverfahren Der Verhandlungsmechanismus einer Marktinstitution beschreibt die Regeln,
[Auktionsstart] Bietphase [Auktionsende]
Transaktionspartnerwahl und Kontraktoptimierung
Transaktionsbildung
Preisbildung
Informationsverteilung
Bild 1
Ablauf der kpi-Auktion
nach denen die Marktteilnehmer miteinander interagieren und Transaktionen aushandeln. In der gegenwa¨rtigen Praxis elektronischer Ma¨rkte werden hierzu u¨berwiegend elektronische Produktkataloge sowie in zunehmendem Umfang einfache Auktionen und Ausschreibungen eingesetzt [Bich01, 7ff.]. Diese Mechanismen bieten jedoch hinsichtlich Transaktionspartnerwahl, Kontraktoptimierung und Preisbildung nur eingeschra¨nkte Mo¨glichkeiten [Pete00, 414f.]. Elektronische Produktkataloge beinhalten im Sinne eines „Take-it-or-leave-it“-Angebotes keinen dynamischen Verhandlungsprozess. Einfache Auktionen erlauben die einseitig multilaterale Verhandlung zwischen einem Anbieter und vielen Nachfragern (bzw. einem Nachfrager und vielen Anbietern im Fall einer Ausschreibung), sind jedoch auf den Interessenausgleich hinsichtlich des Preises beschra¨nkt und nicht auf polypolistische Szenarien anwendbar.
alle Eigenschaften einer Transaktion mit Ausnahme der Identita¨t der Transaktionspartner i 2 Na und j 2 Nn sowie des Preises p 2 R. Der Kontraktraum K ¼ {1, . . . , nk} ist die Menge der verschiedenen u¨ber den Markt gehandelten Kontrakte. Er bildet das Spektrum der auf einem Markt gehandelten Waren und Dienstleistungen ab, wobei sich die einzelnen Kontrakte beispielsweise hinsichtlich der Produkteigenschaften, der Liefermenge und der Zahlungsmodalita¨ten unterscheiden ko¨nnen. Da doppelte Auktionen nur den Handel homogener Kontrakte (nk ¼ 1) ermo¨glichen, und multidimensionale Auktionen nicht auf polypolistische Szenarien (na > 1 und nn > 1) anwendbar sind, wurde ein neuer Mechanismus entwickelt, der beide Anforderungen abdeckt. Diese in Bild 1 dargestellte kpi-Auktion bietet ein Konzept zur Realisierung kontraktdifferenzierter, polypolistischer und iterierter (kpi) Marktszenarien.
Als Verhandlungsmechanismen sind daher neben den klassischen einfachen Auktionsverfahren, wie beispielsweise der zurzeit im Internet u¨berwiegend eingesetzten Englischen Auktion, die erweiterten Konzepte der doppelten Auktion und der multidimensionalen Auktion von besonderem Interesse. Doppelte Auktionen bieten als Erweiterung gegenu¨ber den einfachen Auktionen die Mo¨glichkeit, viele Anbieter und Nachfrager miteinander zu koordinieren, also polypolistische (beidseitig multilaterale) Verhandlungen durchzufu¨hren [Frie93]. Multidimensionale Auktionen ermo¨glichen, neben dem Preis simultan u¨ber alternative Kontrakteigenschaften zu verhandeln [Thie88; Che93; Bran97].
Das Verfahren ist eine iterierte Auktion, d. h., es finden in regelma¨ßigen Absta¨nden einzelne Auktionen statt. Die erreichbare Auktionsfrequenz ist insbesondere von der Automatisierung der Akteure abha¨ngig. Falls als Akteure intelligente Agenten eingesetzt werden, so ist es mo¨glich, die Auktionsfrequenz so hoch zu wa¨hlen, dass sich ein na¨herungsweise kontinuierlicher Handel ergibt.
Viele reale Marktszenarien sind dadurch charakterisiert, dass sowohl polypolistische als auch multidimensionale Rahmenbedingungen vorliegen. Dies gilt beispielsweise fu¨r Logistikma¨rkte, die viele Anbieter und Nachfrager von Transportdienstleistungen hinsichtlich des Preises und weiterer Kontrakteigenschaften wie Frachtkapazita¨t und Transportgeschwindigkeit koordinieren. Weitere Beispiele sind der klassische Commodity-Bereich sowie Ma¨rkte fu¨r Elektrizita¨t und Telekommunikation.
Die einzelne Auktion beginnt mit einer verdeckten Bietphase, d. h., die Abgabe von Angebots- und Nachfrageofferten erfolgt geheim. Eine Erweiterung gegenu¨ber einfachen Auktionen besteht darin, dass die Verhandlungsteilnehmer (sowohl die Anbieter als auch die Nachfrager) kontraktdifferenzierte Offerten o 2 Rnk angeben. Eine derartige Offerte besteht aus zueinander alternativen Teilofferten ok 2 R zu den verschiedenen Kontrakten, anhand derer ein Teilnehmer seine Pra¨ferenzen in den Verhandlungsprozess einbringen kann. Werden auf dem Markt beispielsweise zwei Kontrakte K ¼ {1, 2} gehandelt, so ko¨nnen die Teilnehmer ihre relativen Pra¨ferenzen anhand kontraktdifferenzierter Offerten o ¼ (o1, o2) mit unterschiedlich hohen Teilofferten o1 und o2 ausdru¨cken.
Im weiteren sei N ¼ (Na, Nn) die Menge aller Anbieter Na ¼ (1, . . . , na) und Nachfrager Nn ¼ (1, . . . , nn). Als Verallgemeinerung differenzierter Waren und Dienstleistungen wird der Begriff des Kontraktes verwendet. Ein Kontrakt definiert
Die anschließende Transaktionsbildung hat die Aufgabe, die abgegebenen Offerten in Transaktionen zu u¨berfu¨hren, wobei jede einzelne Transaktion (i, j, k, p) aus einem Anbieter i, einem Nachfrager j, einem Kontrakt k und einem Preis p besteht. Die
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Transaktionsbildung erfolgt in zwei Teilschritten. Im ersten Teilschritt wird eine integrierte Transaktionspartnerwahl und Kontraktoptimierung durchgefu¨hrt, d. h., es werden Tupel (i, j, k, .) unter dem Ziel einer effizienten Allokation gebildet. Das Optimierungsziel ist die Maximierung des gesamten Bewertungsu¨berschusses aller Transaktionen, wobei der Bewertungsu¨berschuss einer Einzeltransaktion (i, j, k, .) als die Differenz zwischen Nachfrage- und j Angebotsofferte b(i, j, k, .) ¼ ok oik definiert ist. Die Kontraktoptimierung beinhaltet damit keine Annahmen u¨ber den Kontraktraum K und ist so auf beliebige Differenzierungen anwendbar, beispielsweise hinsichtlich Qualita¨t und Menge. Zur Durchfu¨hrung dieses Schrittes wurden verschiedene Algorithmen konzipiert, die sich unter anderem in dem numerischen Aufwand des zu lo¨senden Optimierungsproblems unterscheiden. Eine einfache Variante besteht darin, in jeder Auktion nur maximal eine Transaktion durchzufu¨hren, also vollsta¨ndig auf die Eigenschaft einer Multi-unit-Auktion zu verzichten. Dazu wird die Transaktion mit dem ho¨chsten Bewertungsu¨berschuss gesucht und genau dann durchgefu¨hrt, falls b(i, j, k, .) 0 gilt. Existieren mehrere Transaktionen mit identischem Bewertungsu¨berschuss, so wird zwischen diesen zufa¨llig mit gleicher Wahrscheinlichkeit gewa¨hlt. Im zweiten Teilschritt, der Preisbildung, werden die Transaktionstupel um die Transaktionspreise erga¨nzt, d. h., es findet die Distribution der Allokationsgewinne statt. Hierbei ist das bertragen von klassischen Preisbildungsverfahren wie Erst-, Zweit- und Durchschnittspreisen auf die kpi-Auktion mo¨glich. Fu¨r polypolistische Szenarien ist das Verfahren des Durchj schnittspreises p ¼ (ok þ oik )/2 aufgrund der Symmetrie beider Marktseiten besonders geeignet. In den in Kapitel 5 beschriebenen Experimenten zeigte sich, dass die Beschra¨nkung auf maximal eine Transaktion pro Auktion in Kombination mit einer hohen Auktionsfrequenz zuverla¨ssig zu marktra¨umenden Preisen und einer Paretooptimalen Marktallokation bei geringen numerischen Aufwa¨nden fu¨hrt. Abgeschlossen wird die Einzelauktion mit einer Informationsverteilung, in der die Marktteilnehmer Informationen u¨ber die gerade durchgefu¨hrte Auktion erhalten. Die Ausgestaltung dieses Schrittes, die Informationsmodellierung, ist insbesondere
fu¨r die im Rahmen der Automatisierung der Verhandlungen notwendige Erwartungsbildung der Akteure von Bedeutung und wird im Rahmen des polypolistischen Automatisierungskonzeptes beschrieben.
3 Polypolistisches Automatisierungskonzept Eine zentrale Fragestellung unter dem Ziel geringer Transaktionskosten ist die Automatisierung der Verhandlungen. Der Automatisierungsgrad bezeichnet hierbei, in welchem Umfang der Anwender eines Automatisierungskonzeptes u¨ber die Spezifikation seines Transaktionsbedu¨rfnisses hinaus in die Verhandlungen eingebunden ist. Der im Forschungsprojekt mit spieltheoretischen Methoden erreichte Automatisierungsgrad ist eng mit der Marktmacht verbunden, die dem einzelnen zu automatisierenden Akteur zukommt. Es wurden Konzepte fu¨r verschiedene Akteurtypen entwickelt, von denen das polypolistische Automatisierungskonzept eine vollsta¨ndige Automatisierung der Verhandlungen ermo¨glicht. Der Polypolist ist als reiner Preisnehmer modelliert, also als ein Akteur ohne Marktmacht, dessen Verhalten keinen signifikanten Einfluss auf das Marktgeschehen hat. Handlungsziel des Polypolisten auf dem Markt ist das Umsetzen eines individuellen Transaktionsbedu¨rfnisses in eine Transak-
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tion. Das Modell des Transaktionsbedu¨rfnisses besteht aus einer Bewertung v 2 Rnk der alternativen Kontrakte {1, . . . , nk} und einem Zeitlimit tmax 2 N, an dem das Transaktionsbedu¨rfnis erlischt, falls es nicht zuvor in eine Transaktion umgesetzt werden konnte. Die Bewertung eines Nachfragers stellt seine maximale Zahlungsbereitschaft dar, die eines Anbieters seinen Reservationspreis, also den niedrigsten Preis, zu dem er zu einer Transaktion bereit ist. Das hierauf aufbauende Automatisierungskonzept ist in Anlehnung an das spieltheoretische Modell des Bayes’schen Spiels [Hars67] in die Teile Erwartungsbildung und Strategie untergliedert (vgl. Bild 2). Die endogene Erwartungsbildung hat die Aufgabe, die Informationen u¨ber das Marktgeschehen zu sammeln und von dieser Basis auf das zuku¨nftige Marktverhalten zu schließen. Die Strategie baut auf diesen Erwartungen und dem individuellen Transaktionsbedu¨rfnis des Akteurs auf und berechnet einen optimalen Handlungsplan. Optimal bedeutet hierbei, dass der Handlungsplan analytisch beweisbar den erwarteten Transaktionsgewinn maximiert. Grundlage der Zweiteilung ist die Annahme, dass der Polypolist keine Marktmacht besitzt, er also beim Abwa¨gen seiner Handlungsalternativen keine Ru¨ckwirkungen auf das Marktgeschehen und damit auf seine Erwartungen bezu¨glich zuku¨nftiger Auktionen beru¨cksichtigen muss. Diese Teilung fu¨hrt zu einer erheblichen Kom-
Kernpunkte fu ¨r das Management Elektronische Ma ¨ rkte bieten hinsichtlich der Verhandlungsphase große, noch unausgescho ¨ pfte Automatisierungspotenziale. Der Beitrag diskutiert Lo ¨ sungskonzepte und Ergebnisse, die fu¨r das Marktsystem memba erarbeitet wurden: &
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Ein erweiterter Auktionsmechanismus ermo ¨ glicht differenzierte Interessensausgleiche in polypolistischen Ma ¨ rkten. Ein spieltheoretisches Konzept mit analytisch beweisbarer Optimalita ¨ t bietet eine vollsta ¨ ndige Automatisierung der Verhandlungen. Umfangreiche Fallstudien zeigen, dass sich das Marktsystem entsprechend der o¨konomischen Theorie des vollkommenen Marktes verha ¨ lt. Ein Komponentenansatz erleichtert die Integration in bestehende E-Commerce Applikationen.
Stichworte: elektronische Ma ¨ rkte, automatisierte Verhandlungen, intelligente Agenten, Auktionsmechanismen, Multi-Agenten-System
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Offerte definieren. Aus diesen beiden Funktionen ist dann beispielsweise die Ableitung des ex-post erwarteten Transaktionsgewinns p(o) mo¨glich. konkretes Optimalverhalten
der Marktinformationen auf. Viele Informationen ko¨nnen vertraulich sein, zum Beispiel welcher konkrete Akteur eine Offerte unternommen hat. Ein vollsta¨ndiges Informationsmodell beinhaltet zudem eine Datenmenge, die mit der Anzahl der Marktteilnehmer wa¨chst. In Szenarien mit vielen Teilnehmern und einer hohen Auktionsfrequenz ko¨nnen damit auch Probleme im Rahmen der Datenu¨bertragung, -speicherung und der Verarbeitung seitens der Akteure entstehen.
Welche Informationen unter dieser Maßgabe, also zur Definition der Transaktionsfunktion und der Preisfunktion, an die Akteure u¨bermittelt werden mu¨ssen, variiert stark mit der Gestalt des eingesetzten Auktionsverfahrens. Zur Illustration sei kurz das hinreichende Informationsmodell einer einfachen verdeckten Erstpreisauktion wie beispielsweise der Holla¨ndischen Auktion aus der Perspektive eines Nachfragers betrachtet. Fu¨r die Transaktionsfunktion wird hier zum einen der Betrag der ho¨chsten abgegebenen Offerte o* beno¨tigt. Eine hypothetische Offerte mit dem Betrag o < o* besitzt eine ex-post Transaktionswahrscheinlichkeit von T(o) ¼ 0. Eine Offerte o > o* ha¨tte sicher zu einer Transaktion gefu¨hrt, entsprechend gilt T(o) ¼ 1. Um die Transaktionswahrscheinlichkeit fu¨r eine hypothetische Offerte o ¼ o* berechnen zu ko¨nnen, muss zusa¨tzlich die Konkurrenz c bekannt sein, d. h. wie viele Offerten mit dem Ho¨chstbetrag o* insgesamt vorlagen. Falls das Auktionsverfahren bei mehreren Ho¨chstofferten zufa¨llig mit gleicher Wahrscheinlichkeit den Zuschlag vergibt, so ergibt sich die Transaktionswahrscheinlichkeit als reziproker Wert der hypothetischen Konkurrenzsituation, also T(o*) ¼ 1/(c þ 1). Die Preisfunktion fu¨r dieses einfache Auktionsverfahren lautet P(o) ¼ o. Sie beno¨tigt keine Informationen u¨ber das Marktgeschehen, da der Ka¨ufer in einer Erstpreisauktion einen Preis in Ho¨he seiner Offerte zu zahlen hat. Bei einer Preisbildung in Form des Zweitpreises und Durchschnittspreises ist dies nicht der Fall, sodass dort weitere Informationen beno¨tigt werden.
Als Konsequenz dieser berlegungen wurde das Konzept des hinreichenden Informationsmodells entwickelt. Hinreichend bedeutet hierbei, dass die Akteure zum Abschluss jeder Einzelauktion im Rahmen der Informationsverteilung genau die Informationen erhalten, die notwendig sind, um ex-post den Erfolg einer beliebigen hypothetischen Offerte o 2 Rnk in der bereits abgeschlossenen Auktion beurteilen zu ko¨nnen. Der Erfolg bemisst sich hierbei an einer Transaktionsfunktion T: Rnk ! [0, 1]nk und einer Preisfunktion P : Rnk ! Rnk, die die ex-post erwarteten Transaktionswahrscheinlichkeiten und -preise in Abha¨ngigkeit der hypothetischen
Das Informationsmodell der kpi-Auktion ist aufgrund ihrer komplexeren Struktur weitaus umfangreicher als das soeben skizzierte Beispiel, eine detaillierte Darstellung bietet [Pete02]. Die Informationsmodellierung verbindet die Konstruktion von Verhandlungsmechanismus und Automatisierungskonzept so eng miteinander, dass ein entkoppelter Entwurf beider Komponenten nicht sinnvoll mo¨glich ist. Insbesondere die Transaktionsbildung der kpi-Auktion wurde mit dem Ziel eines kompakten und numerisch effizient verarbeitbaren Informationsmodells gestaltet. Das resultierende Informationsmodell beinhaltet beispielsweise keine Transaktionspreise,
Strategie
Transaktionsbedürfnis
Erwartungen / Umweltmodell endogene Erwartungsbildung Informationen über das Marktgeschehen
Bild 2
Polypolistisches Automatisierungskonzept
plexita¨tsreduktion und ist Grundlage der vollsta¨ndigen Automatisierung. Fu¨r einen monopolistischen Akteur ist eine derartige Zweiteilung aufgrund seiner Marktmacht beispielsweise nicht mo¨glich. Dementsprechend wurde fu¨r diesen Akteurtypen nur ein geringerer Automatisierungsgrad erzielt.
3.1
Erwartungsbildung und Informationsmodellierung
Ausgangspunkt der Erwartungsbildung sind die im Rahmen der Informationsverteilung der kpi-Auktion bereitgestellten Informationen. Eine zentrale Entwurfsaufgabe bildet die Informationsmodellierung, also die Frage, welche Informationen der Auktionsmechanismus bereitstellt. Ein nahe liegender Ansatz besteht darin, den Akteuren die Preise der durchgefu¨hrten Transaktionen mitzuteilen. Die spieltheoretische Analyse zeigt jedoch, dass dieses Informationsmodell zur Berechnung eines analytisch beweisbar optimalen Handlungsplanes unzureichend ist, da beispielsweise Informationen zur Konkurrenzsituation auf dem Markt fehlen. Ein alternativer Ansatz besteht darin, den Akteuren grundsa¨tzlich alle Informationen u¨ber das Marktgeschehen zur Verfu¨gung zu stellen. Dieses Modell vermeidet zwar die oben skizzierte unzureichende Infor-
mationssituation, weist jedoch Probleme hinsichtlich der & & & &
Vertraulichkeit, bertragung, Speicherung und Verarbeitung
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sondern andere aus dem Marktgeschehen abgeleitete Informationen. Die eigentliche Erwartungsbildung erfolgt, indem die Informationen u¨ber das Marktgeschehen auf zuku¨nftige Auktionen extrapoliert werden. Im gegenwa¨rtigen Modell geschieht dies anhand statistischer Methoden. Es wird ein Erwartungswert der Transaktions- und der Preisfunktionen vergangener Auktionen gebildet, der die Informationen zu den einzelnen Auktionen entsprechend der inzwischen verstrichenen Zeit gewichtet. Die so konstruierte Transaktionserwartung TE : Rnk ! [0, 1]nk und die Preiserwartung PE : Rnk ! Rnk haben dieselbe Form wie die Transaktions- bzw. die Preisfunktion. Eine interessante Erweiterung kann darin bestehen, zusa¨tzliche Elemente aus der o¨konomischen Theorie adaptiver oder rationaler Erwartungen zu integrieren [FeHo91, 258ff.].
3.2
Strategie
Die zweite Komponente des polypolistischen Automatisierungskonzeptes, die Strategie, baut auf den Erwartungen TE(o) und PE(o) sowie dem Transaktionsbedu¨rfnis (v, tmax) auf. Falls pro Zeiteinheit genau eine Auktion durchgefu¨hrt wird, so stehen dem Akteur zur Umsetzung seines Transaktionsbedu¨rfnisses entsprechend seinem Zeitlimit genau tmax Auktionen zur Verfu¨gung. Im einperiodigen Fall tmax ¼ 1 besteht der optimale Handlungsplan damit aus einer einzelnen Offerte. Zur Berechnung der optimalen Offerte o* dient eine analytisch aus den Erwartungen und dem Transaktionsbedu¨rfnis abgeleitete Funktion, die zu einer geplanten Offerte o den erwarteten Gewinn p(o) angibt. Der erwartete Gewinn eines Nachfragers ist die mit der Transaktionserwartung TEk(o) multiplizierte Differenz zwischen seiner Zahlungsbereitschaft vk und der Preiserwartung PEk(o), wobei u¨ber alle Kontrakte k 2 K summiert wird. Die Gewinnfunktion lautet also p(o) ¼ Sk 2 K [(vk PEk(o)) TEk(o)]. Anhand dieser Funktion wird die gewinnmaximale Offerte o* gesucht, d. h., es wird die Optimierungsaufgabe o* ¼ arg maxo p(o) gelo¨st. Der Polypolist agiert damit als individuell-rationaler Nutzenmaximierer, wobei p(o) als quasilineare Erwartungsnutzenfunktion im von Neumann und Morgenstern’schen Sinne dient [NeMo44].
Im mehrperiodigen Fall tmax > 1 muss anstelle einer einzelnen Offerte o* ein Handlungsplan (o*1, . . . , o*tmax ) aus Offerten o*t zu jeder Auktion t ¼ 1, . . . , tmax berechnet werden. Die mehrmalige Fortschreibung des einperiodigen Kalku¨ls fu¨hrt nicht zum optimalen Ergebnis, da der so berechnete Handlungsplan die mehrperiodige Struktur des Entscheidungsproblems unberu¨cksichtigt la¨sst und damit das spieltheoretische Konzept der Teilspielperfektheit [Selt65] verletzt. Die Optimierung muss stattdessen u¨ber eine Gewinnfunktion p (o1, . . . , otmax ) erfolgen, wobei analog dem einperiodigen Fall der optimale Handlungsplan o* ¼ (o*1, . . ., o*tmax ) mit o* ¼ arg maxo p(o) gesucht wird. Die Lo¨sungskomponente o*1 stellt hierbei die in der aktuellen Auktion optimale Offerte dar. Diese Optimierung muss fu¨r jede Folgeauktion aufgrund der hinzukommenden Marktinformationen und dem reduzierten Zeitlimit erneut durchgefu¨hrt werden. Die Berechnung des optimalen Handlungsplanes ist mit erheblichem numerischen Aufwand verbunden. Das zugrunde liegende Optimierungsproblem la¨sst sich vereinfachen, indem das Bellman’sche Optimalita¨tsprinzip [Bell57] angewendet wird. Dazu wird das Ausgangsproblem in tmax Teilschritte zerlegt und per Backward-Induction, also ausgehend von der letzten Periode tmax, gelo¨st. Der nach dieser Vereinfachung verbleibende numerische Aufwand ist jedoch weiterhin sehr groß. In dem in Kapitel 5 betrachteten Experimentalszenario wa¨ren bei einer Variation der Kontraktanzahl nk unter ansonsten unvera¨nderten Rahmenbedingungen beispielsweise tmax (21)nk 40 nk Iterationsschritte zur Berechnung eines Handlungsplanes notwendig, wobei sich die Konstanten 21 und 40 aus den Rahmenbedingungen des Szenarios ergeben. Die exponentielle Abha¨ngigkeit des Optimierungsaufwandes von nk hat zur Folge, dass die Anzahl der u¨ber das Marktsystem verhandelbaren Kontrakte aus numerischen Gru¨nden nach oben beschra¨nkt ist. Das dem polypolistischen Automatisierungskonzept zugrunde liegende individuell-rationale Nutzenmaximierungskalku¨l impliziert, dass die optimale Offerte eines Akteurs typischerweise nicht seinen wahren Pra¨ferenzen entspricht. Das deswegen zu erwartende strategische Verhalten findet sich innerhalb einer einzelnen Offerte darin wieder, dass sowohl die absolute Be-
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wertung der verschiedenen Kontraktalternativen als auch die relative Bewertung dieser Alternativen zueinander von den wahren Pra¨ferenzen abweicht. Im mehrperiodigen Kalku¨l tritt der dynamische Effekt hinzu, dass der optimale Handlungsplan in der Regel keine Folge identischer Offerten ist, sondern beispielsweise im Fall eines Nachfragers typischerweise ein sukzessives Erho¨hen der Offerten im Zeitverlauf vorsieht [Pete00, 418f.]. Im Zusammenhang mit dem strategischen Verhalten der Einzelakteure ist besonders interessant, inwieweit dieses zu Effizienzverlusten der Marktinstitution fu¨hren kann. Aufgrund der Komplexita¨t des Zusammenwirkens vieler Marktakteure la¨sst sich diese Frage jedoch nicht in allgemeiner Form im Rahmen eines analytischen Gesamtmodells beantworten, sondern erfordert ein empirisches Vorgehen auf der Basis eines Experimentalsystems. Einige experimentelle Ergebnisse werden in Kapitel 5 dargestellt.
4 Architektur und Verhandlungsprotokoll des Marktsystems Die spieltheoretischen Konzepte wurden zuna¨chst in ein objektorientiertes Kernsystem, den memba-Kernel, umgesetzt. Dieses doma¨nenunabha¨ngige Kernsystem dient zum einen zur empirischen Untersuchung der spieltheoretischen Konzeption anhand von Fallstudien und zum anderen als Plattform fu¨r den Aufbau doma¨nenspezifischer elektronischer Ma¨rkte, wie dem spa¨ter vorgestellten Demonstrationsprototypen memba.
4.1
Kernsystem
Das Kernsystem ist in die zwei Grundkomponenten Agent und Marktplatz untergliedert. Dem Marktplatz kommt die Aufgabe zu, verschiedene Varianten der kpi-Auktion bereitzustellen. In dem Agenten sind neben dem hier vorgestellten polypolistischen Automatisierungskonzept auch monopolistische und oligopolistische Konzepte implementiert. Beide Komponenten interagieren durch den Austausch von Nachrichten, wobei die Nachrichten des Agenten im Weiteren als Aktionen und die des Marktplatzes als Informationen bezeichnet werden.
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Agenten u¨bermittelt. Anhand von shutdown wird den Agenten das Terminieren des Marktplatzes angezeigt.
Tabelle 1 Aktionen des Agenten
Zugang
Verhandlung
Sonstiges
Aktion
Ru¨ckgabe-Information
register hNamei [buy|sell]
ok register hcidi | error
unregister hcidi
ok | error
ask hoi haidi hcidi
ok | error
bid hoi haidi hcidi
ok | error
get_info_history hni
hListe der Marktinformationeni
message hTexti
ok | error
Das Verhandlungsprotokoll hat einen einfachen Aufbau, der sich an der spieltheoretischen Konzeption orientiert. In Tabelle 1 sind zuna¨chst die Aktionen des Agenten dargestellt. Die Parameter der verschiedenen Aktionen sind jeweils in Klammern h. . .i angegeben. Mit der Aktion register kann sich der Agent unter Angabe seines Namens als Anbieter oder Nachfrager auf dem Marktplatz anmelden und erha¨lt eine Client-ID cid, die im Weiteren der Identifikation dient. In einem kommerziellen System wa¨re hier eine Erweiterung um geeignete Authentifizierungsmechanismen notwendig. Die Aktion unregister dient dem Abmelden vom Marktplatz. Die Offerten werden anhand der Aktion ask bzw. bid abgegeben, wobei neben der eigentlichen kontraktdifferenzierten Offerte o die Client-ID und die Nummer der aktuellen Auktion aid anzugeben ist. Die Auktionsnummer dient dazu, Synchronisationsfehler zwischen Agent und Marktplatz zu erkennen. Es wird also eine optimistische,
kollisionsbehaftete Nebenla¨ufigkeitskontrolle verwendet [Tane95, 601ff.]. Anhand der Aktion get_info_history haben zu einem spa¨teren Zeitpunkt in den Markt eintretende Agenten die Mo¨glichkeit, die Marktinformationen u¨ber bereits abgeschlossene Auktionen abzufragen. Die Informationen des Marktplatzes sind in Tabelle 2 aufgefu¨hrt, die Parameter sind wiederum in Klammern angegeben. Die Information start teilt allen Agenten den Beginn einer neuen Auktion mit. Darin enthalten ist die bereits angesprochene Auktionsnummer aid, die in ask und bid referenziert wird. Mit end wird das Ende der Bietphase bekannt gegeben. Die Information transact benachrichtigt Ka¨ufer und Verka¨ufer daru¨ber, dass sie miteinander eine Transaktion bezu¨glich des Kontraktes k zum Preis p durchfu¨hren. Mit DI_info_model_buy und DI_info_model_sell werden die im Informationsmodell der kpi-Auktion enthaltenen Elemente an die
Tabelle 2 Informationen des Marktplatzes Information
Adressat
start haidi
alle Agenten
end
alle Agenten
transact hki hpi hKa ¨ ufernamei hVerka ¨ ufernamei
Ka ¨ ufer und Verka ¨ ufer
front
DI_info_model_buy ho
i hn
front
i hbhini hci
Zur Illustration des Verhandlungsprotokolls ist in Bild 3 eine exemplarische Interaktionssequenz zwischen einem Agenten und dem Marktplatz dargestellt. In einem realen System interagieren natu¨rlich viele Agenten simultan mit einem Marktplatz. Zum Marktplatz ist zusa¨tzlich der periodische Ablauf der aus Bietphase, Transaktionsbildung und Informationsverteilung bestehenden Einzelauktionen eingezeichnet.
alle Nachfrager
DI_info_model_sell hofronti hnfronti hbhini hci
alle Anbieter
shutdown
alle Agenten
message hTexti
alle Agenten
Die Sequenz beginnt damit, dass der Agent lara sich auf dem Marktplatz als Nachfrager anmeldet (1) und die Client-ID 4711 zugeteilt bekommt (2). Anschließend beschafft sich der Agent mit get_info_history Informationen u¨ber die bereits abgeschlossenen Auktionen um einen Grundstock fu¨r die Erwartungsbildung zu erhalten (3, 4). Dann endet die aktuelle Bietphase (5), es findet eine Transaktionsbildung statt und der Agent erha¨lt Informationen u¨ber die gerade abgeschlossene Auktion (6). Mit dem Start der na¨chsten Einzelauktion wird dem Agenten zuna¨chst die neue Auktionsnummer 33 mitgeteilt (7). Der Agent berechnet nun anhand des polypolistischen Automatisierungskonzeptes einen optimalen Handlungsplan und gibt in der Bietphase erstmalig eine kontraktdifferenzierte Offerte ab, die hier exemplarisch aus den Teilofferten o1 ¼ 12 und o2 ¼ 10 besteht (8). Dies wird vom Marktplatz besta¨tigt (9) und die Bietphase endet erneut (10). Anschließend fu¨hrt der Marktplatz wiederum eine Transaktionsbildung auf Basis aller in der Bietphase abgegebenen Offerten durch. In dem hier dargestellten Beispiel wird angenommen, dass die erste vom Agenten abgegebene Offerte sofort zu einer Transaktion fu¨hrt. Der Agent wird u¨ber die Transaktion benachrichtigt (11), womit sein Transaktionsbedu¨rfnis befriedigt ist. Er erha¨lt noch zwei Informationen (12, 13) bevor er sich vom Marktplatz abmeldet (14, 15).
4.2
Demonstrationsprototyp memba
Das Kernsystem bietet eine doma¨nenunabha¨ngige Plattform zum Aufbau elektronischer Marktpla¨tze. Eine einfache Anwendung des Kernsystems ist der u¨ber das Internet unter www.ecortex.de/memba
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Automatisierte Auktionen
Marktplatz (1) register lara buy (2) ok register 4711
MailClient
Bietphase
Client
Agent
137
(3) get_info_history (4) ...
WebClient
Internet
SMTPServer
allgemeine Information
(10) end (11) transact ... (12) DI_info_model_buy ... (13) start 34 (14) unregister 4711 (15) ok
Transaktionsbildung
RDBMS
Informationsverteilung Bietphase
memba-Kernsystem
ExchangeManager
Exemplarische Interaktionssequenz
erreichbare Demonstrationsprototyp eines solchen Marktplatzes. Als Beispiel einer beliebigen Kontraktdifferenzierung wird der Handel roter und blauer Tassen betrachtet. Der Demonstrationsprototyp ist also ein Marktplatz, auf dem zwischen einer Vielzahl von Anbietern und Nachfragern simultan u¨ber die Transaktionsparameter Preis p 2 R und Kontrakt k 2 {rot, blau} verhandelt wird. Das System besteht aus einer doma¨nenspezifischen Web-Applikation, die sich indirekt des Kernsystems bedient. Die WebApplikation bietet dem Anwender die Mo¨glichkeit, das allgemeine Marktgeschehen zu beobachten, eigene Agenten zu starten sowie deren Verhalten und die daraus resultierenden Marktreaktionen zu verfolgen. Beim Start eines Agenten sind insbesondere die fu¨r das polypolistische Automatisierungskonzept relevanten Parameter zu definieren. Dies sind im Einzelnen: die Marktseite des Akteurs (Anbieter oder Nachfrager),
Agent
Marktplatz
Filesystem
Bild 4
&
Web-Applikation
Bietphase (8) bid 12;10; 33 4711 (9) ok
Bild 3
Web-Server
Agentenstart
Informationsverteilung
Auswertung
Zeit
(7) start 33
Web-Kernsystem
Benutzerverwaltung
(6) DI_info_model_buy ...
Transaktionsbildung
Server
(5) end
&
&
Architektur des Demonstrationsprototypen memba
das Transaktionsbedu¨rfnis in Form des Reservationspreises bzw. der Zahlungsbereitschaft v 2 R2 fu¨r alternativ eine rote oder eine blaue Tasse, also v ¼ (vrot, vblau) mit vrot, vblau 2 R, und des Zeitlimits tmax 2 N sowie das Automatisierungskonzept, wobei alternativ zum polypolistischen Automatisierungskonzept auch beispielsweise die in Kapitel 5.2 dargestellte KASBAH-Strategie gewa¨hlt werden kann.
Weitere Funktionen der Web-Applikation sind eine einfache Benutzerauthentifizierung und das Bereitstellen statischer Hintergrundinformationen. Das am Demonstrationsprototypen beobachtbare Marktverhalten, beispielsweise in Form von Kreuzpreiseffekten zwischen roten und blauen Tassen, entspricht der o¨konomischen Theorie des vollkommenen Marktes. Die Web-Applikation und das Kernsystem interagieren im Rahmen einer losen Kopplung, die durch die Komponente des Ex-
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change-Managers realisiert wird (vgl. Bild 4). Der Exchange-Manager hat die Aufgaben, einerseits die in der Datenbank der Web-Applikation hinterlegten Agentenstarts auf dem Kernsystem durchzufu¨hren, und anderseits die vom Kernsystem erzeugten und im Filesystem abgelegten Informationen in diese Datenbank zu importieren. Die Komponente des ExchangeManagers nimmt damit eine einfache Form einer Enterprise-Application-Integration (EAI) vor, die Kernsystem und Web-Applikation miteinander verbindet. Der Integrationsansatz einer losen Kopplung bietet sich insbesondere an, um einen erweiterten elektronischen Markt, wie beispielsweise das hier vorgestellte Kernsystem, in eine bereits bestehende E-Commerce-Applikation zu integrieren. Eine Architekturvariante besteht darin, die Agenten direkt auf den Client-Rechnern der Benutzer zu starten. Diese Alternative bietet als Vorteile, dass erstens die mit dem polypolistischen Automatisierungskonzept verbundenen numerischen Aufwa¨nde auf viele Rechner verteilt werden, und zwei-
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Ralf Peters
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Angebots- und Nachfragekurve des Basisszenarios
tens, dass die vertrauliche Information des eigenen Transaktionsbedu¨rfnisses eines Akteurs dessen Rechner in dieser Architekturvariante nicht verla¨sst. Fu¨r den Demonstrationsprototypen wurde demgegenu¨ber die in Bild 4 dargestellte Architektur gewa¨hlt, um anhand eines reinen WebClient eine maximale Plattformunabha¨ngigkeit auf der Client-Seite zu erreichen.
5 Experimentelle Ergebnisse Mit dem Kernsystem wurde ein breites Spektrum von Fallstudien zum Marktverhalten durchgefu¨hrt. Als Parameter sind beispielsweise Angebot und Nachfrage hinsichtlich der Menge und der Reserva-
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Exemplarische Gleichgewichtsprozesse
tionspreise bzw. Zahlungsbereitschaften der individuellen Transaktionsbedu¨rfnisse variiert worden. Eine ausfu¨hrliche Darstellung der Experimente findet sich in [Pete02]. Das Gesamtergebnis der Fallstudien ist, dass sich das spieltheoretisch konstruierte Marktsystem entsprechend der o¨konomischen Theorie des vollkommenen Marktes verha¨lt. Dies beinhaltet, dass sich quasi durch eine „unsichtbare Hand“ gefu¨hrt marktra¨umende Preise herausbilden und damit auch, dass der Markt trotz des strategischen Verhaltens der Einzelakteure effiziente Allokationen erzielt. Im Folgenden werden exemplarisch zwei charakteristische Fallstudien vorgestellt. Beiden Fallstudien liegt ein polypolistisches Basisszenario zugrunde, in dem sich die Transaktionsbedu¨rfnisse auf beiden Marktseiten periodisch wiederholen, sodass ein kontinuierliches Marktgeschehen resultiert. Aus Gru¨nden der Anschaulichkeit wird ein Markt mit nur genau einem Kontrakt (nk ¼ 1), also quasi der Fall homogener Gu¨ter, betrachtet. In jeder einzelnen Periode stehen sich 10 Anbieter und 10 Nachfrager gegenu¨ber. Die Reservationspreise und Zahlungsbereitschaften der Akteure sind so gewa¨hlt, dass sich die in Bild 5 dargestellten linearen Angebotsund Nachfragekurven ergeben. In dieser aus makroo¨konomischen Lehrbu¨chern bekannten Darstellung ist zu erkennen, dass in dem betrachteten Szenario ein theoretischer Gleichgewichtspreis p ¼ 10 bzw. ein Intervall marktra¨umender Preise p 2 [9, 11] vorliegt.
5.1
Gleichgewichtsprozess
In der ersten Fallstudie wird der Gleichgewichtsprozess, d. h. die Konvergenz des Marktsystems hinzu marktra¨umenden Preisen, betrachtet. Hierzu werden dem eingangs beschriebenen Basisszenario drei verschiedene Ausgangssituationen vorangestellt. In Bild 6 sind die Preise der in den ersten 300 Auktionen durchgefu¨hrten Transaktionen fu¨r den Fall eines initialen Nachfrageu¨berschusses (Symbol ^), eines initialen Angebotsu¨berschusses (Symbol &) und einer initial ausgeglichenen Marktsituation (Symbol ~) dargestellt. Aus der Darstellung ist zu erkennen, dass der Marktpreis zuna¨chst die initiale Marktsituation widerspiegelt, und anschließend in allen drei Fa¨llen das Intervall marktra¨umender Preise erreicht. Diese Konvergenzeigenschaft gilt fu¨r das breite Spektrum aller untersuchten Szenarien, hierzu za¨hlen auch Fallstudien mit mehreren Kontrakten und variierenden Kreuzpreis-Elastizita¨ten.
5.2
Einfaches Benchmarking
Als zweite Fallstudie wird ein einfaches Benchmarking des polypolistischen Automatisierungskonzeptes durchgefu¨hrt. Der Vergleich erfolgt exemplarisch mit einem Ansatz, der dem am MIT entwickelten KASBAH-System entnommen ist [ChMa96]. Aus der Perspektive eines
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Automatisierte Auktionen
Nachfragers sieht diese KASBAH-Strategie vor, die Offerten im Zeitverlauf, ausgehend von einem fest vorgegebenen Minimalwert, sukzessive bis zur maximalen Zahlungsbereitschaft zu erho¨hen. Der hier dargestellten Fallstudie ist ein linearer Offertenverlauf zugrundegelegt. Die qualitativen Ergebnisse gelten jedoch auch fu¨r andere Verlaufsformen. Der Vergleich bezieht sich auf den von beiden Konzepten erzielten Periodengewinn, d. h. den pro Periode durchschnittlich erzielten Transaktionsgewinn. Hierzu werden die Konzepte im Basisszenario fu¨r den Nachfrager mit der Zahlungsbereitschaft v ¼ 17 alternativ eingesetzt. Die Auktionsfrequenz ist so gewa¨hlt, dass pro Zeiteinheit genau eine Auktion stattfindet. Es zeigt sich, dass der relative Erfolg beider Ansa¨tze stark von dem Zeitlimit tmax, also der dem Akteur bis zum Erlo¨schen seines Transaktionsbedu¨rfnisses zur Verfu¨gung stehenden Zeit, abha¨ngt. In Bild 7 ist der Periodengewinn beider Konzepte fu¨r alternative Zeitlimits dargestellt. Die Datenreihen sind jeweils um eine Regressionsgerade erga¨nzt. Die mit dem Symbol & dargestellten Periodengewinne des polypolistischen Automatisierungskonzeptes zeigen eine nur marginale Abha¨ngigkeit vom Zeitlimit. Der Akteur erzielt in allen Fa¨llen na¨herungsweise den aus theoretischer Perspektive erwarteten Periodengewinn p ¼ 7 in Ho¨he der Differenz zwischen der eigenen Zahlungsbereitschaft v ¼ 17 und dem Marktpreis p ¼ 10. Das Ergebnis der KASBAH-Strategie (Symbol ^) ist demgegenu¨ber stark vom Zeitlimit abha¨ngig, und erreicht nur bei großen Werten fu¨r tmax anna¨hernd einen Periodengewinn von p ¼ 7. Das exemplarische Benchmarking zeigt, dass die spieltheoretische Konzeption und die damit verbundene Optimalita¨t des polypolistischen Automatisierungskonzeptes im praktischen Vergleich mit anderen Ansa¨tzen deutliche Vorteile bieten kann.
6 Zusammenfassung und Ausblick Zu elektronischen Ma¨rkten bestehen derzeit sowohl hinsichtlich der realisierbaren Marktszenarien als auch bezu¨glich des Automatisierungsgrades große Forschungsbedarfe. Die in diesem Beitrag vorgestellten
Konzepte adressieren ein polypolistisches multidimensionales Marktszenario mit vollsta¨ndig automatisierten Verhandlungen. Die spieltheoretischen Grundkomponenten des entwickelten Marktsystems sind ein erweitertes Auktionsverfahren, die kpiAuktion, und verschiedene Automatisierungskonzepte, von denen das polypolistische Automatisierungskonzept dargestellt wurde. Der gewa¨hlte Konstruktionsansatz zeigt die enge Interdependenz von Verhandlungsmechanismus und Automatisierungskonzept. Diese Interdependenz macht einen integrierten Entwurf beider Komponenten erforderlich, der besonders im Informationsmodell zum Ausdruck kommt. Das so entwickelte polypolistische Automatisierungskonzept besitzt eine analytisch beweisbare Optimalita¨t, die direkt aus seiner Konstruktion, d. h. aus der Berechnung eines optimalen Handlungsplanes auf Basis des hinreichenden Informationsmodells, folgt. Es ermo¨glicht die vollsta¨ndige Automatisierung der Verhandlungen. Das Umsetzen der spieltheoretischen Konzepte in ein konkretes Softwaresystem erfolgte in der Form eines doma¨nenunabha¨ngigen Kernsystems, das zur empirischen Analyse des Marktverhaltens und als Plattform fu¨r den Aufbau doma¨nenspezifischer elektronischer Ma¨rkte dient. Das Gesamtergebnis eines breiten Spektrums von Fallstudien ist, dass sich das System wie in den zwei exemplarisch dargestellten Beispielen entsprechend der o¨konomischen Theorie des vollkommenen Marktes verha¨lt. Mit dem Demonstrationsprototypen memba wurde exemplarisch ein Web-basierter elektronischer Markt aufgebaut, der das Kernsystem in Rahmen einer an EAI-Konzepte angelehnten losen Kopplung nutzt. Dieser Ansatz bietet eine flexible Mo¨glichkeit, ein erweitertes elektronisches Marktsystem in eine bestehende E-Commerce-Applikation zu integrieren. Der Demonstrationsprototyp sowie aktuelle Informationen sind unter der URL http://www.ecortex.de/memba zuga¨nglich. Ein na¨chster Schritt hinzu einem realen Praxiseinsatz ist die Anwendung des Kernsystems auf konkrete Fachdoma¨nen, wie beispielsweise den Logistik- oder Strommarkt. Eine nicht unerhebliche Aufgabe besteht darin, auf Anwenderseite das notwendige Vertrauen und die Akzeptanz fu¨r eine vollsta¨ndige Delegation der Verhand-
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lungsaufgabe an einen Agenten zu schaffen. Hierbei ko¨nnen analytisch beweisbare Eigenschaften des Marktsystems, wie die Optimalita¨t des polypolistischen Automatisierungskonzeptes, von Bedeutung sein.
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Abstract Automated auctions Regarding electronic markets, both the realm of realizable market scenarios and the attainable degree of automated bargaining are important fields for research. In this paper, we discuss design issues and key concepts of the completely automated, multidimensional and polypolistic market system memba. Keywords: electronic markets, automated negotiations, intelligent agents, auction design, multi-agent-system
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WI – Aufsatz
IV-Controlling in einem Systemhaus Eine Fallstudie
1 Interne IV-Dienste von IV-Dienstleistern
Die Autoren
Thorsten Spitta, Helmut Schmidpeter Prof. Dr.-Ing. Thorsten Spitta, Universita ¨ t Bielefeld, Fakulta ¨ t fu¨r Wirtschaftswissenschaften, D-33501 Bielefeld, E-Mail:
[email protected]; Dipl. Ing. (FH) Helmut Schmidpeter, sd&m AG, Thomas-Dehler-Str. 27, D-81737 Mu¨nchen, E-Mail:
[email protected]
IV-Controlling ist das Controlling der Querschnittsfunktion Informationsverarbeitung (IV) im Unternehmen. Eine der Hauptaufgaben des Controlling allgemein ist die Definition und Beschaffung von Fu¨hrungsinformationen, entweder als Unterstu¨tzung fu¨r strategische Entscheidungen oder fu¨r die operative Fu¨hrung. Den Reifegrad einer Controllingfunktion kann man daran messen, ob sich ein fu¨r die Controllingziele geeignetes Berichtssystem feststellen la¨sst, das routinema¨ßig Fu¨hrungsinformationen liefert und es ermo¨glicht, Ad-hoc-Fragen schnell zu beantworten.
sowohl effektiv als auch effizient einsetzen (IT-Profis). Ihnen standen 49 % IT-Laien (IT weder effektiv noch effizient), 13 % ITSnobs (IT nicht effizient) und 11 % IT-Sparern (IT nicht effektiv) gegenu¨ber. Auch deutsche Untersuchungen in Großunternehmen zeigen zwar ein ausgepra¨gtes Problembewusstsein der IT-Leiter zum Thema IV-Controlling, aber keinen entsprechenden Entwicklungsstand [Krcm92a; Scho¨97]. Wa¨hrend sich aber Großbetriebe mit einem gut ausgebauten IV-Controlling finden lassen [DoBJ99; KrBR00], ist der Stand des IV-Controlling bei kleinen und mittleren Unternehmen sehr schwach ausgepra¨gt [Krcm92b; Spit98].
Ist der Einsatz der IV effektiv, d. h., unterstu¨tzt der IV-Bereich die Unternehmensziele? Geschieht dies effizient, d. h. kostengu¨nstig?
Alle genannten Untersuchungen beziehen sich auf Anwender. So sollen hier Unternehmen bezeichnet werden, in denen der IV-Bereich lediglich eine Unterstu¨tzungsfunktion fu¨r einen Gescha¨ftszweck hat, der nicht auf die Erstellung von Informationstechnik zielt. Als Lieferanten des Anwenders treten Systemha¨user auf, auch Softwareha¨user genannt, die Software oder Dienstleistungen anbieten. Sie geho¨ren in Deutschland u¨berwiegend in die Klasse der kleinen und mittleren Unternehmen 1. Es erscheint lohnend, einmal zu untersuchen, welchen Anforderungen das BereichsControlling der IV eines Systemhauses genu¨gen sollte. Dies ko¨nnte eine Anregung sein, dass sich Dienstleister einmal ihre eigene interne Dienstleistung ansehen.
Nach einer internationalen Untersuchung von McKinsey innerhalb der eigenen Klientel [McKi98] wurden nur 27 % (von 70 großen) Unternehmen gefunden, die ihre IT
Es kann allerdings nicht auf eine Befragung zuru¨ckgegriffen werden, die allgemeine Schlu¨sse zuließe. Stattdessen wird ein normativer Rahmen entwickelt, welche Spezi-
Das IV-Controlling fa¨llt in Abgrenzung zum (Unternehmens-)Controlling in die Kategorie Bereichs-Controlling [Ku¨pp97], wie etwa auch Marketing- oder LogistikControlling. In Betrieben wird es meist als IT-Controlling (Informationstechnik-Controlling) bezeichnet, wobei die Kommunikationstechnik zum IT- bzw. IV-Bereich hinzugerechnet wird. Das IV-Controlling soll fu¨r das Unternehmen zwei Fragen beantworten: &
&
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142
Thorsten Spitta, Helmut Schmidpeter
fika des untersuchten Unternehmenstyps zu beachten sind und wie ein geeignetes Berichtssystem aussehen ko¨nnte. Der Rahmen wurde mittels einer Fallstudie aus einem Unternehmen entwickelt, das seit 20 Jahren erfolgreich am Markt agiert. Diese Fallstudie schließt den Beitrag ab.
2 Spezifika von Systemha¨usern Zuna¨chst mu¨ssen die Schwerpunkte des betrachteten Unternehmenstyps herausgearbeitet werden. Nur so ist entscheidbar, ob dem IV-Bereich u¨bertragene Aufgaben effektiv i. S. des IV-Controlling sind, also Ziele und Spezifika des Unternehmenstyps unterstu¨tzen.
2.1
Der Unternehmenstyp Systemhaus
In der betriebswirtschaftlichen Grundlagenliteratur zum Dienstleistungsmanagement werden System- oder Softwareha¨user bzw. IT-Dienstleister nicht behandelt [Cors97]. Sie geho¨ren jedoch unstrittig zu den Dienstleistungsunternehmen, denen als wesentliche Merkmale zugeschrieben werden [EnKR93]: &
&
Das Produkt ist u¨berwiegend immateriell und bildet ha¨ufig zusammen mit Sachgu¨tern ein Leistungsbu¨ndel. Dies gilt etwa im Falle einer Beratung (Prozess) mit abschließendem Bericht (wahrnehmbares Ergebnis). An der Leistungserbringung ist immer (vgl. verschiedene Beitra¨ge in [Cors94]) ein externer Faktor beteiligt, meist der Kunde bzw. der Leistungsnehmer. Ohne den sog. externen Faktor kann die Leistung nicht erbracht werden.
Andere Merkmale (vgl. eine Typologie von Fischer [Fisc00, 51]) gelten als nicht konstitutiv, sind aber zum Teil bei einem Systemhaus Bestandteil eines Controlling-Konzeptes, insbesondere die Kapital- vs. Personalintensita¨t. Wenn man sich als Beispiel das gro¨ßte deutsche Systemhaus ansieht, die SAP AG, ist die Personalintensita¨t eines Dienstleistungsunternehmens bereits auf hoch aggregierter Ebene erkennbar: Der Gescha¨ftsbericht 2000 weist 39 % des Umsatzes als „Software“ aus (Sachleistung) gegenu¨ber 60 % immateriel-
ler Dienstleistung (27 % Maintenance, 26 % Consulting, 7 % Training) [SAP00], die durch Personal erbracht werden. Ein Systemhaus vertreibt Dienstleistungen in Form von organisatorischer und technischer Beratung, Systemkonzepten, Softwareerstellung, Softwarewartung und Implementierung von Standardsoftware. Einige Systemha¨user vertreiben zusa¨tzlich Standardsoftware, meist im Leistungsbu¨ndel mit Beratung oder Implementierungsunterstu¨tzung und Schulung (s. o. Beispiel SAP AG). Gemessen an der Zahl der Unternehmen gibt es u. W. relativ wenige Systemha¨user, die Standardsoftware vertreiben und sehr viele, die nur kundenindividuell arbeiten. Das charakteristische Systemhaus bera¨t, entwickelt und implementiert. Es erbringt damit den u¨berwiegenden Teil seiner Leistungen in Projekten. Dies entspricht dem in der betriebswirtschaftlichen Literatur diskutierten Prozesscharakter vieler Dienstleistungen. In Softwareprojekten und bei Beratungen sind als externer Faktor Mitarbeiter des Kunden beteiligt. Dies ist die in der Softwaretechnik seit langem geforderte Benutzerbeteiligung [MuWe84], die insofern Bedeutung hat, als bereits der Erstellungsprozess des Produktes fu¨r den Kunden transparent ist. Sto¨rungen wa¨hrend des Prozesses ko¨nnen negative Auswirkungen auf das Image des Lieferanten haben. Daraus ergeben sich Anforderungen an die IVUnterstu¨tzung der Mitarbeiter des Systemhauses und damit fu¨r das IV-Controlling. Projekte sind der dominierende „Gescha¨ftsprozess“, den es zu unterstu¨tzen gilt.
2.2
Technologische Rahmenbedingungen
Systemha¨user arbeiten fu¨r Kunden mit sehr verschiedenen IT-Infrastrukturen. Sie ko¨nnen sich nicht wie ein Anwender auf eine mo¨glichst homogene Systemplattform und wenige Softwarewerkzeuge konzentrieren. Selbst ein gro¨ßerer SAP-Dienstleister muss in der Lage sein, fu¨r Kunden mit den verschiedensten Betriebssystemen 2 auf unterschiedlichster Hardware zu arbeiten. Da das Systemhaus nicht in jede Systemplattform investieren kann oder will, wird u. W. ha¨ufig auf Rechnern des Kunden entwickelt oder es werden fu¨r die Dauer von Projekten Netzwerke u¨ber die Unternehmensgrenzen hinweg betrieben. Die Ver-
zahnung mit dem externen Faktor dehnt sich vom Personal auf die Infrastruktur aus. Dies stellt hohe Anforderungen an den IV-Bereich bezu¨glich Sicherheit und Verfu¨gbarkeit.
2.3
Personelle Aspekte
Ein weiteres Spezifikum von Systemha¨usern ist die hohe Personal- und die geringe Kapitalintensita¨t. Unseres Wissens sind rund 70 % der Gesamtkosten Personalkosten, die Abschreibungen fu¨r Anlagen liegen unter 10 %. Dies kann man durch eine Kostenartenbetrachtung auf der ho¨chsten Aggregationsstufe des Rechnungswesens u¨berpru¨fen. Bild 3 der Fallstudie (Abschnitt 5) demonstriert dies. Es wurde strukturell durch eine Kurzumfrage bei 5 Systemha¨usern mit u¨ber 200 Mitarbeitern erha¨rtet 3. Der oben schon erwa¨hnte Gescha¨ftsprozess Projekt ist zu einem hohen Anteil kommunikativ gepra¨gt. Dies zeigen Befunde aus der Softwaretechnik und der Betriebswirtschaftslehre. Boehm hat in seinen grundlegenden Untersuchungen u¨ber die Arbeitszeitverteilung von Softwareentwicklern festgestellt, dass in Projekten u¨ber 30 % der Arbeitszeit fu¨r Kommunikation verbraucht werden [Boeh81, 341]. Dies wird durch neuere Untersuchungen besta¨tigt, bei denen der Kommunikationsanteil sogar auf u¨ber 40 % gestiegen ist [WeOr92; HeFr94]. Da wir es heute mit verteilten Anwendungen und Teams zu tun haben, ist anzunehmen, dass sich der hohe Anteil von 40 % tendenziell nicht verringern wird. Ein anderer Befund von Lechler [Lech97], der 448 Projekte in Deutschland hinsichtlich ihrer Erfolgsfaktoren untersucht hat, zeigt ebenfalls das Gewicht der Kommunikation in der Projektarbeit. Erfolgsfaktoren sind nicht die bu¨rokratischen Planungselemente (Richtlinien, Formalien etc.), sondern die menschlich-kommunikativen Faktoren: Team, Kommunikation und Top-Management [GeLe98]. Wenn also Projekte erfolgreich sein sollen, muss es fu¨r die standortu¨bergreifende Kommunikation (Mail, Telefon, Videokonferenz u. .) eine gute und zuverla¨ssige technische Unterstu¨tzung geben. Weiterhin sind die Befunde von Boehm zu den Produktivita¨tsfaktoren bei der Soft-
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IV-Controlling in einem Systemhaus
wareentwicklung bis heute nicht widerlegt. Danach wird die Produktivita¨t u¨berwiegend von der Qualifikation der Mitarbeiter bestimmt, weit vor einer Unterstu¨tzung durch technische Hilfsmittel [Boeh87]. Auch wenn die Qualifikation im engeren Sinne (Kennen und Ko¨nnen) wohl kaum durch IV-Dienste zu beeinflussen sein wird, du¨rfte die Motivation der Projektmitarbeiter (das Wollen) durch die Stabilita¨t und Qualita¨t einer IV-Unterstu¨tzung beeinflusst werden. Becker za¨hlt das Wollen zur Qualifikation als Potenzial hinzu [Beck97]. Es kann angenommen werden, dass Sto¨rungen der IT-Infrastruktur besonders solche Mitarbeiter demotivieren ko¨nnen, die bereits durch ha¨ufige Ortswechsel und Reisezeiten hoch belastet sind. Dies wird u. W. in vielen Systemha¨usern die Mehrzahl der Mitarbeiter sein.
2.4
Fazit zur Effektivita ¨t
Der Schwerpunkt interner IV-Dienste eines Systemhauses muss die Unterstu¨tzung der Produktivita¨t der Mitarbeiter und der Projekte sein. Sie hat in einem personalintensiven Unternehmenstyp ein besonderes Gewicht. Effektiv i. S. des IV-Controllings ist eine sto¨rungsfrei arbeitende IV-Infrastruktur, die Kommunikation gut unterstu¨tzt, Reisezeiten verringern hilft und die Einbindung des externen Faktors ohne Sicherheitslu¨cken fo¨rdert. Jeder Ausfall oder jede fehlende IV-Unterstu¨tzung verursachen Opportunita¨tskosten, gefa¨hrden Projekttermine und bescha¨digen das Image gegenu¨ber dem Kunden. Im Gegensatz zum Anwender ist das Projektmanagement selbst nicht Aufgabe des IV-Bereiches. Dies ist das Kerngescha¨ft eines Systemhauses.
3 Aufgaben des IV-Bereiches
fu¨r organisatorische Zwecke nicht geeignet, da sie unsinnige Arbeitsteilungen erfordern wu¨rde. Gu¨nstiger erscheint ein prozessorientiertes Modell von Hegering und Abeck [HeAN99, Kap. 17], das die drei Grundprozesse Routinebetrieb, Sto¨rungs- und nderungsbearbeitung unterscheidet. Diesem Modell a¨hnlich, aber trennscha¨rfer ist der Vorschlag der Central Computer and Telecommunications Agency der britischen Regierung, der in Form einer IT Infrastructure Library (ITIL) dargestellt ist [CCTA01]. Dieses soll hier abgewandelt zu Grunde gelegt werden. Die ,library‘ trennt die Aufgaben in ,sets‘, die in Tabelle 1 aufgefu¨hrt und hinsichtlich ihrer Relevanz fu¨r ein Systemhaus bewertet sind. Die Beschreibungen aus ITIL wurden nicht wo¨rtlich u¨bernommen, sondern durch u. E. besser zutreffende ersetzt. Die nicht deutsch u¨bersetzten Leistungsarten sind nur beim Anwender relevant; die umrahmten Zeilen ohne englische Bezeichnung sind eigene Erga¨nzungen, die nachfolgend diskutiert werden. Erprobung und Entwicklung ist ein Aufgabenbereich, der heute in jedem IV-Bereich separat ausgewiesen sein sollte. Die Arbeit muss projektma¨ßig organisiert, dadurch fu¨r die Fu¨hrung transparent und fu¨r die Nutzer in ihren Ergebnissen verla¨sslich sein. Als Beispiel sei nur angefu¨hrt, dass bereits ein ungetestet verteiltes Office-Paket verheerende Auswirkungen auf die Do-
laufender Kundenprojekte
Wissensmanagement ist in kleinen und mittleren Systemha¨usern wahrscheinlich noch keine verbreitete Aufgabe, da derzeit nur große Unternehmen die hierfu¨r erforderlichen Investitionen und den laufenden Personalaufwand aufbringen [BeR01]. Es ist jedoch stark anzunehmen, dass die Bedeutung dieses Aufgabenbereiches fu¨r Systemha¨user steigen wird 4. Da der Bedarf fu¨r ein rechnergestu¨tztes Wissensmanagement im Systemhaus in Folge der Personalintensita¨t ho¨her ist als in der IV des Anwenders, muss auch die Organisation diesem Trend folgen. Deshalb kann die Betreuung und Qualita¨tssicherung einer Wissensbasis im IV-Bereich angesiedelt werden, wenn kein spezieller Querschnittsbereich aufgebaut werden soll. Im folgenden Abschnitt wird ein auf die besprochenen Aufgaben zugeschnittenes Berichtssystem skizziert.
4 Ein Berichtssystem des IV-Controlling Ziel des IV-Controllings ist es, durch ein geeignetes Berichtssystem die Kosten und Leistungen des IV-Bereiches transparent zu machen. Ein solches wird hier unter
Kernpunkte fu ¨r das Management Systemha ¨ user sind personalintensive Dienstleistungsunternehmen. Der Beitrag untersucht die Spezifika dieses Unternehmenstyps und leitet daraus Anforderungen an die internen IT-Services ab. IV-Controlling heißt, diese Dienste sowohl effektiv als auch effizient zu gestalten und durch ein Berichtswesen transparent zu machen. Effektivita ¨ t der internen IV-Dienste bedeutet fu¨r Systemha ¨ user, &
&
Als Gesamtaufgabe des IV-Bereiches verbleibt das Systemmanagement. Es gibt hierzu kaum Literatur [Kru¨l01]. Daher finden sich auch nur wenige Vorschla¨ge zur Gliederung der Aufgaben. Das OSI-Management-Modell nennt in ISO-7498-4 fu¨nf Funktionsbereiche fu¨r den Betrieb verteilter Systeme: Konfigurations-, Fehler-, Leistungs-, Abrechnungs- und Sicherheitsmanagement. Diese Gruppierung ist
kumentation haben kann.
143
&
die Kommunikation in den Projekten durch entsprechende Anwendungen wirkungsvoll zu unterstu¨tzen, die Einbindung von Mitarbeitern des Kunden in eine einheitliche Infrastruktur zu leisten, in Sicherheit und Verfu¨gbarkeit zu investieren und damit die Produktivita ¨ t der Mitarbeiter zu fo ¨ rdern.
Effizient sind die Dienste, wenn die Mo¨glichkeiten von Standardisierung und Automatisierung genutzt werden, ohne die Beru¨cksichtigung der Kundenwu¨nsche zu vernachla ¨ ssigen. Durch die Heterogenita ¨ t der Kunden sind die Freiheitsgrade des Systemhauses bei der Standardisierung geringer als beim Anwender. Stichworte: Dienstleister, Berichtswesen, Interne Projekte, IT-Services, IV-Controlling, Softwareha ¨ user, Systemmanagement
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Thorsten Spitta, Helmut Schmidpeter
Tabelle 1 Aufgaben des Systemmanagements in Anlehnung an [CCTA01] Leistungsart (set)
Beschreibung
relevant f. Systemhaus?
&
Management (manager)
Planung, Fu¨hrung und Berichtswesen, Lieferanten- und Kundenbeziehungen, Qualita ¨t
ja
&
Bereitstellung (service delivery)
Beschaffung, Installation und Konfigurationsmanagement arbeitsplatz- und personenbezogener Informations- und Kommunikationstechnik. Dies schließt Projektgruppen ein.
ja
&
Betreuung (service support)
Allgemeine Dienste wie Datensicherung, Archivierung, Sicherheit, Help Desk, Softwareverteilung, Fehlerbehebung, personen- und projektgruppenbezogene Unterstu¨tzung.
ja
&
Netzdienste (network service)
Einrichten, Betrieb und Absichern aller IT-Infrastrukturen, die nicht Personen oder Projektgruppen zugeordnet werden ko ¨ nnen. Hierzu geho ¨ ren auch projektu¨bergreifend genutzte Server und alle Datenverbindungen zum Kunden.
ja
&
software support
Betreuung installierter Anwendungssoftware
nein
&
computer operation
Betrieb zentraler Rechner („Rechenzentrum“)
nein
&
Erprobung und Entwicklung
Test neuer Techniken, Entwicklung von Unterstu¨tzungssoftware im Rahmen von Projekten
ja
&
Wissensmanagement
Aufbau, Betrieb und Qualita ¨ tssicherung einer (Unternehmens-)Wissensbasis
ja
dem Aspekt der Erfassbarkeit der Daten vorgestellt.
4.1
Kosten des IV-Service
Die Kosten lassen sich recht einfach und differenziert erheben. Dies ist einfacher als beim Anwender, da dessen Durchsetzungsproblem fu¨r eine Zeiterfassung entfa¨llt (Details s. [SpBe00]). Im Systemhauses mu¨ssen fast alle Mitarbeiter (bis auf das Management) ihre Zeiten kontieren, denn sonst ko¨nnte weder fakturiert noch nachkalkuliert werden. Die Zeiterfassung erlaubt dann, nach Leistungsarten und deren Verfeinerungen (hier Servicearten) zu differenzieren. Wie die Fallstudie zeigen wird (s. auch [SpBe00, 49]), sind die Personalkosten eine dominierende Kostenart auch im IV-Bereich. Durch Ermittlung besonders personalintensiver Servicearten ko¨nnen Automatisierungsdefizite aufgedeckt werden. Daneben fallen insbesondere Abschreibungen (AfA) und Leitungskosten an. Sie werden in der Anlagen- und Debitorenbuchhaltung ermittelt und sind insofern Routine des Rechnungswesens. Kritischer fu¨r ein Berichtswesen ist jedoch, dass diese
Daten dem IV-Bereich nicht auf einfache Weise zur Verfu¨gung stehen, weil alle uns bekannten Anlagenbuchhaltungen hierfu¨r ungeeignet sind 5. Trotz evtl. mangelnder Datenintegration in konkreten Produkten gibt es keine konzeptionellen Hindernisse, die Kosten des IV-Bereiches nach Kostenarten, Leistungsarten und Servicearten zu planen (Plankosten), die Ist-Daten zu erfassen und etwa als Plan-Ist-Vergleiche darzustellen. Durch die Zeiterfassung erha¨lt man auch die Kostenstellen der Leistungsempfa¨nger bei Adhoc-Unterstu¨tzung, sodass detaillierte Berichte auch kostenstellenbezogen mo¨glich sind. Die in Tabelle 1 eingefu¨hrten Leistungsarten sind die maßgebliche Gruppierung fu¨r Kostenberichte. Die Aufteilung in Servicearten wird themen- und firmenspezifisch sein. Tabelle 2 zeigt ohne Anspruch auf Vollsta¨ndigkeit eine mo¨gliche Aufteilung der ersten drei Leistungsarten. Die Auflistung von Servicearten in Berichten macht neben den quantitativen Kosteninformationen auch qualitativ deutlich, was u¨berhaupt IV-Service ist. Auf die Messbarkeit der Leistung wird im folgenden Abschnitt eingegangen.
4.2
Leistungsmaße fu¨r den IV-Service
Im Gegensatz zu den Kosten ist nicht nur die Erfassung, sondern bereits die Definition von Leistungen bei Diensten schwierig und nur mit Hilfskonstrukten mo¨glich. Bei Sachgu¨tern ist die Leistung die Anzahl oder eine sonstige Menge der produzierten Einheiten. Dies scheidet bei einem intangiblen Produkt aus. Selbst die aufgewendete Arbeitszeit wa¨re eine ho¨chst problematische Gro¨ße, denn sie sagt nichts u¨ber Intensita¨t oder Qualita¨t, ja nicht einmal etwas u¨ber Erfolg oder Misserfolg aus. Noch zusa¨tzlich erschwert wird eine Leistungsmessung durch den externen Faktor. Der Leistungsnehmer ist am Zustandekommen des Ergebnisses beteiligt. Damit sind auch noch die Verantwortlichkeiten verwischt. Wie weiter unten diskutiert wird, lo¨st sich der Konflikt auf, wenn man den externen Faktor in die Messung mit einbezieht. Nun ko¨nnte man zu jeder Serviceart einen oder mehrere Indikatoren finden, die als Hilfsgro¨ßen fu¨r „Leistung“ dienen, etwa Anzahl gedruckte Seiten, u¨bertragenes Datenvolumen, Arbeitszeit (wie oben dis-
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IV-Controlling in einem Systemhaus
Tabelle 2 Berichtsstruktur der Leistungsarten Leistungsart
Serviceart
Bereitstellung
& & & & &
& &
Messgro¨ße Leistung
Arbeitsplatzrechner Entwicklungsumgebungen Arbeitsplatzsoftware mobile Kommunikation arbeitsplatzbezogene Kommunikation Projektunterstu¨tzung u. a.
Bereitstellungszeit [Tage] – Einzelarbeitsplatz – Projektausstattung
Betreuung
&
. . . (alle Servicearten . . . der Bereitstellung, s. oben) & Virenschutz & Benutzerverwaltung & Schulungsunterstu ¨tzung & Rufbereitschaft & u. a.
Antwortzeit [Sekunden] Reaktionszeit [Minuten]
Netzdienste
&
Backup/Archivierung Call-In File Service Print Service Mail Groupware Videokonferenz Sicherheit Projekt-Datenleitungen WAN Gateways u. a.
Verfu¨gbarkeit [ % der Kern-Arbeitszeit]
& & & & & & & & & & &
Erprobung & Entwicklung
gruppiert nach Projekten
Termineinhaltung [ % fristgerechter Projekte]
Wissensmanagement
gruppiert nach Systemen oder Prozess-Schritten
derzeit kein sinnvolles aggregiertes Maß [MaHa ¨ 01]
kutiert) und viele andere. Man ha¨tte einen hohen Datenerhebungsaufwand und dennoch kein befriedigendes Ergebnis: Qualitative Aspekte sind nicht messbar und viele Maßzahlen interessieren den Benutzer gar nicht. In der Literatur zum Systemmanagement konnten keine Vorschla¨ge fu¨r die Leistungsmessung gefunden werden [HeAN99]. Dem gegenu¨ber ist diese Problematik im Bereich des Dienstleistungsmarketing intensiv untersucht worden [PaZB88; StHa90]. Die Konzepte wurden bereits auf Informationsdienste u¨bertragen [GuGR99]. Auch im Marketing steht man vor dem Problem, die Qualita¨t einer Dienstleistung messen zu mu¨ssen. Die Erkenntnisse lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
&
&
&
Die Leistungsbeurteilung muss beim Kunden ansetzen. Dies ist in unserem Fall der Mitarbeiter im Systemhaus. Fu¨r den Kunden za¨hlt nur eine subjektiv wahrgenommene Qualita¨t. Diese kann erheblich von einer evtl. objektiv messbaren abweichen. Eine wichtige Rolle bei der Qualita¨tsbeurteilung eines Dienstes spielen kritische Ereignisse. Dies sind Sto¨rungen aus Sicht des Kunden. Sie pra¨gen das Urteil des Kunden wesentlich sta¨rker als ungesto¨rte Abla¨ufe. Diese werden kaum wahrgenommen [StHa90].
Im Marketing werden Ereignisse meist durch Erhebungen erfasst. Dies kann bei einer Dienstleistung, die Automaten bereit-
WIRTSCHAFTSINFORMATIK 44 (2002) 2, 141–150
145
stellt, nicht sinnvoll sein. Daher sollten Daten soweit als mo¨glich durch Technik unterstu¨tzt erfasst werden. Ein Leistungsbericht ha¨tte dann folgende Struktur: 1. Fu¨r alle Leistungsarten gibt es einen Sto¨rungsbericht, der zeitlich und sachlich dargestellt wird. Er sollte bis zum Einzelereignis nachvollziehbar sein. Die Ereigniserfassung sollte u¨ber ein Help Desk System oder wenigstens behelfsma¨ßig u¨ber E-Mail erfolgen, sodass maschinelle Uraufschreibungen der internen Kunden existieren 6. 2. Zu jeder Leistungsart gibt es eine oder wenige hoch verdichtete Maßzahlen (vgl. Tabelle 2), die im Rahmen eines Service Level Agreement (SLA) festgeschrieben sind. Die Sollwerte sind zwischen Dienstleister und internen Kunden vereinbart, die gemessenen Istwerte werden regelma¨ßig berichtet. Die fu¨r ein Systemhaus mit großem Abstand wichtigste Leistungsgro¨ße ist die Verfu¨gbarkeit der Netz-Infrastruktur und einiger ihrer Dienste. Ausfa¨lle verursachen breit gestreute Kosten und Terminprobleme. Grundvoraussetzung fu¨r eine hohe Verfu¨gbarkeit ist eine einfach zu handhabende Infrastruktur. Hier ist eine Homogenisierung hilfreich und erreichbar. Nicht homogenisierbar sind im Systemhaus die verschiedenen kundenspezifischen Server-Technologien, Datenbanken, Entwicklungsumgebungen usw., wohl aber das Basisnetz bis zur Ebene 4 des OSI-Modells. Dies ist beim derzeitigen Stand der Technik TCP/IP. Fu¨r berga¨nge in andere Netze der externen Kunden, insbesondere SNA, sorgen dann Gateways. Die Erfassung einer hoch aggregierten Maßzahl wie der Verfu¨gbarkeit ist selbst in einem homogenen Netz keineswegs trivial. Bild 1 deutet die tatsa¨chliche Komplexita¨t nur an. Verschiedene Netzkomponenten geben Basisdaten nach herstellerspezifischen Protokollen ab. Der Benutzer am Bildschirm einer Workstation nimmt nur die Verfu¨gbarkeit einer Anwendung wahr. Welche Komponenten diese evtl. behindern, die Workstation, der Server oder das Netz, interessiert ihn nicht. Ein fu¨r unsere Zielgruppe ka¨ufliches Netzmanagementsystem gibt es nicht, allenfalls lassen sich „Managementinseln“ [HeAN99, 239] bilden. Der Markt bietet derzeit nur wenige, auf Großanwender zugeschnittene Werkzeuge. Selbst die Aufbereitung von Rohdaten der Accountingsysteme bedarf eigener Entwicklungen [Kru¨l97].
146
Thorsten Spitta, Helmut Schmidpeter
5.1
WAN Router
Gateway
Router
Desktop-System
Bild 1
Der IV-Service heißt bei sd&m TI – Technische Infrastruktur. Die Organisation folgt einer Matrixorganisation, d. h., die TI-Mitarbeiter der Niederlassungen (NL) unterstehen disziplinarisch dem NL-Leiter, fachlich dem Leiter TI. Dieser berichtet an einen der Vorsta¨nde. Es werden in geringem Umfang auch externe Beratungen durchgefu¨hrt (TI-Consulting; knapp 2 Mitarbeiter-Jahre). Unter Abzug dieser 2 Jahre betrugen bei 22 TI-Mitarbeitern der Personalaufwand fu¨r TI 3,4 % des gesamten Personalaufwandes7 bzw. die IV-Kosten insgesamt 4,4 % vom Umsatz.
Server
Einige die Verfu¨gbarkeit und Antwortzeit beeinflussende Komponenten
Kosten
Leistung
Zeiterfassung nach Leistungsarten (Personalkosten)
Andere Kostenarten aus der Buchhaltung (AfA, Reisekosten etc.)
Erfassung Leistungdaten
[manuell]
[Schnittstelle]
[teilweise maschinell]
Um die Arbeit in den Niederlassungen (NL) zum Zusammenspiel und nicht zur Konkurrenz mit den Kundenprojekten zu machen, wurden auf Unternehmensebene „Spielregeln“ vereinbart. Sie sind in Bild 4 wiedergegeben. Insbesondere durch die letzte Regel werden die NL-Leiter in die Verantwortung fu¨r ausreichende TI-Kapazita¨t eingebunden. Das Wissensmanagement ist bei sd&m nicht bei TI angesiedelt, sondern in einer strategischen Einheit Technologiemanagement (vgl. [MaHa¨01, S. 498]).
Berichtswesen IV-Controlling
Quartals- und Jahresberichte
LängsschnittAuswertungen
Datenbasis
Bild 2
berblick u¨ber Datenquellen und Ergebnisse des Berichtswesens
Die Erfassung der Verfu¨gbarkeit ist ein Beispiel fu¨r ein Projekt, das der IV-Bereich eines kleinen oder mittelgroßen Unternehmens bei heutiger Technik selbst durchfu¨hren muss, wenn er globale Leistungsmaße haben mo¨chte.
4.3
Fazit zum IV-Controlling der internen IV-Dienste
Von IV-Controlling sollte nur gesprochen werden, wenn der IV-Bereich u¨ber ein routinema¨ßiges Berichtswesen und u¨ber eine dem zu Grunde liegende Datenbasis verfu¨gt. Aus ihr heraus lassen sich neben den Routineberichten zu Kosten und Leistungen auch Ad-hoc-Fragen beantworten. Die Erfassung von Leistungsdaten wird beim derzeitigen Stand der Technik nur u¨ber interne Projekte des Service-Bereiches realisiert werden ko¨nnen. Bild 2 gibt einen schematischen berblick u¨ber das Berichtswesen.
Aufgaben und Organisation des IV-Service
5 Fallstudie sd&m AG Die sd&m AG ist ein Systemhaus, das auf die Entwicklung individueller, komplexer Softwaresysteme und entsprechende IVBeratung fokussiert ist. Die Einfu¨hrung von Standardsoftware geho¨rt nicht zum Gescha¨ftsprofil. 1982 von Ernst Denert und Ulf Maiborn gegru¨ndet, erwirtschaftete das Haus im Jahr 2000 mit durchschnittlich 735 Mitarbeitern einen Umsatz von 125 Mio. Euro und verfu¨gt u¨ber viele Referenzen erfolgreich eingesetzter Systeme. In Deutschland sind neben der Zentrale in Mu¨nchen acht Niederlassungen von den internen IV-Services zu betreuen, hinzu kommt eine ausla¨ndische Niederlassung in der Schweiz. Bild 3 belegt die in Abschnitt 2 diskutierte Personal- und die geringe Kapitalintensita¨t des Unternehmens. Alle Zahlen der folgenden Fallstudie beziehen sich auf das Gescha¨ftsjahr 2000.
Eine interne Leistungsverrechnung fu¨r die Infrastruktur erfolgt nicht, sondern nur fu¨r die direkt Projekten zurechenbare Unterstu¨tzung oberhalb einer Bagatellgrenze. Dieser verrechnete Aufwand betrug knapp 8 % des Aufwandes von TI. Das IV-Controlling-Konzept wurde in der hier vorgestellten Form 1999 konzipiert und im Jahr 2000 erstmals praktiziert.
5.2
Berichtswesen
Das Berichtswesen entspricht dem in Abschnitt 4 angegebenen Konzept, nicht aber den Gruppierungen im Einzelnen, die erst mithilfe der Fallstudie entwickelt wurden. Leistungsdaten liegen derzeit noch nicht vor.
5.2.1 Kostenberichte Bild 5 zeigt die Aufteilung der Gesamtkosten von TI nach Kostenarten und Leistungsarten. Man erkennt die Dominanz der Personalkosten, den ebenfalls erhebli-
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IV-Controlling in einem Systemhaus
chen Anteil der AfA fu¨r die IT-Infrastruktur und die Leitungskosten. Nicht auf der Kostenartenebene erkennbar sind die Kosten fu¨r mobile Kommunikation, die in Sonstiges enthalten sind und 5 % der Gesamtkosten ausmachen. Die Leistungsarten folgen noch nicht der vorgeschlagenen Systematik, deuten sie aber an. Man sieht, dass die Leistungsart Betrieb&Betreuung alleine nicht sehr aussagefa¨hig ist. Die der Bereitstellung aus Tabelle 2 entsprechende, aber nur mit 1 % ausgewiesene Leistungsart Beschaffung umfasst die reine Einkaufsfunktion fu¨r die Informationstechnik. Die Zentralisierung des IT-Einkaufs dient weniger der Einsparung als der Entlastung der Kundenprojekte und der Standardisierung. Unter verrechnete Leistung ist die direkte Unterstu¨tzung von Kundenprojekten erfasst. Eine genauere Sicht der Leistungsart Betrieb&Betreuung zeigt Bild 6 fu¨r die Personalkosten, indem es nach Servicearten differenziert. Man erkennt deutlich die dominierende Serviceart Client-Service. Hier liegt ein wichtiger Ansatzpunkt fu¨r Kostenreduzierungen und evtl. auch Verbesserungen der Verfu¨gbarkeit (Warum ist die Betreuung so personalintensiv?). Maßnahmen hierzu sind Standardisierung, berpru¨fung technologischer Grundsatzentscheidungen und Automatisierung, z. B. eine automatische Softwareverteilung. Die Darstellung erlaubt aber auch eine qualitative Aussage u¨ber die Struktur interner IVDienste: Der Aufgabenbereich ist gepra¨gt von vielen Einzelaktivita¨ten, die sich auf sehr viele Objekte und Themenbereiche erstrecken. Ein Vergleich der Servicearten mit unserem Vorschlag der Leistungsarten in Tabelle 2 zeigt, dass es einfach wa¨re, die Netzdienste bereits auf der Ebene der Leistungsarten zu zeigen, dass dies aber bei Bereitstellung und Betreuung wegen der sich u¨berschneidenden Servicearten nicht mo¨glich ist. Eine Trennung wa¨re jedoch bereits fu¨r die Beantwortung einer nahe liegenden Frage nu¨tzlich: Fa¨llt der hohe Aufwand schon bei der Bereitstellung oder erst bei der Betreuung an? Die starke Differenzierung der Servicearten ist aber auch ohne aussagefa¨hige Leistungsarten nu¨tzlich fu¨r das operative IV-Controlling. Zwei Beispiele ko¨nnen zeigen, welche Indikatorfunktion solch differen-
zierte Kontierungen ero¨ffnen. Fast 600 Stunden (0,6 % in Bild 6) wurden fu¨r buchhalterische Ta¨tigkeiten verbraucht, na¨mlich das Aktivieren und Deaktivieren kleinteiliger Anlagegu¨ter der heutigen IT. Es ist anzunehmen, dass hier Verbesserungen mo¨glich sind. Dies ko¨nnte man noch als wenig gewichtiges Kostenproblem abtun. Anders sind jedoch die u¨ber 500 Stunden zu sehen, die fu¨r Viren&Sicherheit angefallen sind, davon ca. 400 Stunden fu¨r Virenbeseitigung. Die Zahl signalisiert Opportunita¨tskosten in unbekannter Ho¨he, da sicher hierdurch Mitarbeiter in ihrer Arbeit behindert waren. Die Beispiele zeigen, dass eine differenzierte Kostenbetrachtung weit u¨ber eine Kostenkontrolle hinaus gehende Potenziale fu¨r das Controlling bietet. Die u¨brigen Kostenarten (AfA, Leitungen, Sonstiges) wurden aus Gru¨nden der bersicht nicht in Bild 6 gezeigt. Erga¨nzt seien aber noch einige erwa¨hnenswerte Zahlen: &
&
&
147
Bild 3 Verteilung der Kostenarten von sd & m
Bild 4 Zusammenarbeit TI $ Niederlassung
26 % der Abschreibungen (AfA) entfallen auf die Arbeitspla¨tze (Client), sodass insgesamt 35,4 % der Kosten von Betrieb & Betreuung auf die Arbeitsplatzausstattung entfallen. Zu den geringen Personalkosten fu¨r Telekommunikation (1 % in Bild 6) kommen 13 % Leitungskosten als zweite herauszuhebende Serviceart. 18,3 % der Gesamtkosten stehen fu¨r AfA der Vorjahre. Bis 1999 wurden Abschreibungen nicht Servicearten zugeordnet, sodass sich der Kostenblock von 18,3 % nicht im Nachhinein auflo¨sen la¨sst.
Der Nutzen einer Kostenkontrolle liegt weniger im Soll-Ist-Vergleich als vielmehr im mehrperiodigen Langfristvergleich, den wir aber noch nicht zeigen ko¨nnen.
5.2.2 Kennzahlen Neben den in Abschnitt 5.1 bereits erwa¨hnten, allgemein u¨blichen Kennzahlen sind fu¨r ein Systemhaus die Mitarbeiterzahl und der Stundensatz wichtige Kenngro¨ßen. Daraus ergeben sich folgende Kennzahlen fu¨r den IV-Service mit den entsprechenden Werten fu¨r TI: & &
&
Betreuungsniveau: 33 : 1 [Mitarbeiter] (TI-)Personalkosten pro MitarbeiterStunde: 0,89 [Euro/Std] DB-Belastung pro Mitarbeiter-Stunde: 4,92 [Euro/Std]
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Bild 5 Verteilung der Kosten- und Leistungsarten von TI
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Thorsten Spitta, Helmut Schmidpeter
Unternehmen, die nur auf die ga¨ngige Kennzahl IT-Kosten vom Umsatz sehen, sollten bedenken, dass sie schnell vom ITSparer zum IT-Laien [McKi98] werden ko¨nnten. Dann wu¨rde im Falle des Systemhauses gelten: Der Schuster tra¨gt die schlechtesten Schuhe.
Danksagung Wir danken den Gutachtern fu¨r wertvolle Hinweise zur Verbesserung des Beitrages.
Anmerkungen Bild 6 Aufteilung der Personalkosten nach Servicearten fu¨r die Leistungsart Betrieb & Betreuung in Prozent der Gesamtkosten (Sv ¼ Service)
Das Betreuungsniveau setzt die Anzahl der „produktiven“ Mitarbeiter zur Anzahl der IV-Service-Mitarbeiter in Beziehung. Die Deckungsbeitragsbelastung (DB~) ergibt sich aus dem Quotienten der Gesamtkosten fu¨r TI pro Mitarbeiter (des Unternehmens) und dem Personalaufwand pro Mitarbeiter in Stunden. Die Daten lassen sich aus dem Rechnungswesen gewinnen. Die auf Mitarbeiterstunden bezogenen Kennzahlen sind systemhausspezifisch, da der Divisor beim Anwender u¨blicherweise nicht bekannt ist.
1
Bei der besonders wichtigen Systemverfu¨gbarkeit wurde von dem urspru¨nglich gewu¨nschten Wert von 99,99 % Abstand genommen, da er kurzfristig nicht realisierbar war. Diese Verfu¨gbarkeit entspricht 35 Minuten Ausfallzeit im Jahr. Auch der jetzt vereinbarte Wert von 175 Minuten, also knapp drei Stunden im Jahr ist nur mit hochverfu¨gbaren Servern und stabilen Betriebssystemen erreichbar.
Bei den Leistungsdaten stehen noch keine Ist-Daten zur Verfu¨gung. Die Erfassung der in Tabelle 2 aufgefu¨hrten Gro¨ßen wird durch interne Projekte vorangetrieben. Die Software zur Erfassung der Verfu¨gbarkeit ist fertig gestellt und wird ab 2002 eingesetzt. Folgende Service Level Agreements wurden vereinbart: &
&
&
Systemverfu¨gbarkeit eines Client im Netz inklusive Mail- und File-Service an Werktagen zwischen 6.oo und 22.oo Uhr ¼ 99,95 % Antwortzeit netzbasierter Anwendungen im Intranet ¼ 1 Sekunde Reaktionszeit bei gesto¨rtem Client an Arbeitstagen zwischen 8.00 und 18.00 Uhr ¼ 1 Stunde
2 Insbesondere R/2: Großrechner IBM und R/3: Windows, verschiedene UNIXDerivate, Linux. 3
Dies sind zwei Aktiengesellschaften in Berlin sowie eine AG und zwei GmbH’s im Raum Bielefeld. 4
Siehe mehrere Beitra¨ge in: WIRTSCHAFTSINFORMATIK 43(2001) 5. 5
6 Schluss 5.2.3 Leistungsdaten
Nach der amtlichen Umsatzsteuerstatistik gab es 1999 19.353 solcher Unternehmen, davon nur 124 mit mehr als 25 Mio. DM Umsatz bzw. 25 mit mehr als 100 Mio. DM [StBu99]. Dies ist die aktuellste amtliche Statistik. Unsere Fallstudie betrachtet eines dieser 25 Unternehmen.
Es scheint sinnvoll zu sein, dass IV-Dienstleister durch Selbstbeobachtung versuchen, interne Transparenz u¨ber ihre eigenen internen Dienste herzustellen. IV-Controlling kann diese Transparenz erzeugen. Damit kann die Effektivita¨t (Was wird unterstu¨tzt?) und die Effizienz (Was kostet das?) der IV beurteilt werden. Am Fall eines Systemhauses ließ sich diesbezu¨glich zweierlei zeigen. Erstens ist eine Kostentransparenz einfacher herzustellen als beim Anwender, weil das Akzeptanzproblem fu¨r eine Zeiterfassung entfa¨llt. Zweitens ist eine Leistungstransparenz fu¨r Anwender wie Systemha¨user gleichermaßen weder einfach noch schnell zu erreichen. Dieses Ziel sollten Systemha¨user aber verfolgen, wenn die Unternehmensleitungen wissen wollen, ob ihre Projekte seitens des IV-Bereiches bestmo¨glich unterstu¨tzt werden.
So beno¨tigt man etwa in SAP R/3 fu¨r das Controlling der IT-Anlagen den Materialstamm. Dieser war aber bis zum Release 4.1 nicht mit der Anlagenbuchhaltung integriert [Spit00; Beck01]. Wie uns aus dem Hause SAP bekannt ist, beno¨tigte das Systemhaus diese Integration fu¨r sein eigenes IV-Controlling. Hauptproblem war, dass der Anlagenstamm keine Stu¨cklisten erlaubt. Diese beno¨tigt man aber, um Aggregate aus mehreren Anlagegu¨tern abzubilden, etwa die IT-Ausstattung eines Arbeitsplatzes. 6
Natu¨rlich muss es pragmatische Vorgehensweisen etwa fu¨r den Fall geben, dass das Tra¨gersystem fu¨r die Meldungen selbst ausfa¨llt. 7 „Aufwand“ bezeichnet hier umgangssprachlich geleistete Stunden, ist also im Gegensatz zum Gebrauch in der Betriebswirtschaftslehre unbewertet. Dieser
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Sprachgebrauch fu¨r Leistungs- bzw. Verbrauchsmengen ist u. W. in Systemha¨usern u¨blich. Stunden und Stundensa¨tze (Preise) sind eine verbreitete Fu¨hrungs- und Kommunikationseinheit, nicht die bewerteten Stunden. Auch in der Betriebswirtschaftslehre wird u¨ber die traditionelle („deutsche“) Kostenrechnung diskutiert, u. a. daru¨ber, ob nicht origina¨re Mengengro¨ßen aussagefa¨higer fu¨r bestimmte Entscheidungen sind als durch Preise bereits transformierte Gro¨ßen [PfWe98, 158].
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150
Thorsten Spitta, Helmut Schmidpeter
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Abstract IT-Controlling in a Software House – A Casestudy This paper analyses the characteristics of software houses as service providers. The tasks of internal IT-services are determined from these characteristics and a reporting system for the IT-controlling is outlined. The concept results from the analysis of one of the 25 largest German software houses. The paper concludes with a case study of the fiscal year 2000 IT-controlling report of the above-mentioned firm. Keywords: internal projects, reporting system, IT-controlling, IT-services, service providers, software houses, system management
L
Stellenmarkt für Wirtschaftsinformatiker unter ... www.wirtschaftsinformatik.de WIRTSCHAFTSINFORMATIK 44 (2002) 2, 141–150
WI – State-of-the-Art
Die Innovationsta ¨ tigkeit der deutschen Softwareindustrie
1 Einleitung Die Autoren
Michael Friedewald Knut Blind Jakob Edler Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Michael Friedewald, Dr. rer. pol. Knut Blind, Dr. rer. pol. Jakob Edler, Fraunhofer-Institut fu¨r Systemtechnik und Innovationsforschung, Breslauer Straße 48, D-76139 Karlsruhe, Telefon: (07 21) 6 80 91 46, E-Mail: {fri | kb | je}@isi.fhg.de
Der Umsatz mit Software hat sich in den letzten Jahren massiv erho¨ht, ein Ende des Wachstums ist nicht abzusehen. Der deutsche Markt fu¨r Software und IT-Services soll laut Angabe des European Information Technology Observatory im Jahr 2001 um rund 12 Prozent auf EUR 34 Mrd. wachsen [EITO01]. Dabei wird der Markt fu¨r Standardsoftware weitgehend von amerikanischen Unternehmen wie Microsoft, Oracle und CA Computer Associates beherrscht, wa¨hrend sich nur wenige deutsche Unternehmen (z. B. die SAP AG oder die Software AG) in diesem Bereich spezialisiert haben. Die meisten Anbieter haben sich vielmehr auf die kundenindividuelle Softwareentwicklung bzw. -anpassung und auf Softwaredienstleistungen konzentriert. In Deutschland wird nach einer ju¨ngeren Untersuchung [FKZS00] in mindestens 19.200 Unternehmen Software entwickelt bzw. angepasst, die u¨berwiegend kleinund mittelsta¨ndisch gepra¨gt sind. Es ist ein ga¨ngiges Klischee, dass die Softwarebranche neben der Bio- und Gentechnologie heute der innovativste und sich technologisch am schnellsten entwickelnde Wirtschaftszweig ist. Dabei wird in der Regel auf die kurzen Zeitra¨ume zwischen der Auslieferung neuer Versionen eines Softwareprodukts verwiesen. Dieses Bild bezieht sich allerdings auf die massenhaft vertriebenen Standardprodukte der großen (amerikanischen) Softwarekonzerne, nicht aber auf das Beta¨tigungsfeld typischer deutscher Softwareunternehmen. Im Folgenden soll deshalb der Frage nachgegan-
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gen werden, wie das Innovationsverhalten dieser Unternehmen eigentlich aussieht. Dabei wird beru¨cksichtigt, dass Software heutzutage in allen Wirtschaftsbereichen nicht nur als Arbeitsmittel von Bedeutung ist, sondern auch zunehmend Bestandteil von Produkten und Dienstleistungen wird. Da folglich nicht nur Softwareha¨user, sondern Unternehmen aus fast allen Wirtschaftsbereichen Software entwickeln, wird im Folgenden (grob) zwischen der so genannten prima¨ren und sekunda¨ren Softwarebranche unterschieden. Fu¨r die Unternehmen der Prima¨rbranche stellt die Herstellung von Software den Hauptgegenstand der Gescha¨ftsta¨tigkeit dar, wa¨hrend die Sekunda¨rbranchen im Rahmen ihrer Gescha¨ftsta¨tigkeit auch Software herstellen. Innerhalb der Prima¨rbranche werden gelegentlich die Entwickler von quelloffener und nichtkommerzieller Software gesondert betrachtet. Unter quelloffener (Open Source) Software versteht man Programme, deren Quellcode (ha¨ufig kostenlos) Dritten zur Nutzung und Weiterentwicklung zur Verfu¨gung gestellt wird (z. B. das Betriebssystem Linux). Betrachtet werden im Folgenden Produkt- und Dienstleistungsinnovationen. Innovatoren sind dabei solche Unternehmen, die innerhalb des vergangenen Jahres mindestens ein Innovationsprojekt erfolgreich abgeschlossen haben, unabha¨ngig davon, ob ein anderes Unternehmen die Innovation bereits eingefu¨hrt hat. Prozess- bzw. Verfahrensinnovationen wie neue Methoden des Software Engineering und des Projektmanagements sind nicht Gegenstand der Untersuchung [vgl. hierzu DHPS99; SFBJ00].
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Michael Friedewald, Knut Blind, Jakob Edler
ber den Softwaremarkt und die Struktur der deutschen Softwareindustrie liegen schon wegen seiner dynamischen Entwicklung wenig aktuelle Daten vor. In der amtlichen deutschen Wirtschaftsstatistik ist dieser Bereich nicht als eigensta¨ndig erfasst. ber die Situation in den Sekunda¨rbranchen gibt es fast u¨berhaupt keine Daten, zumal es dort problematisch ist, die Bedeutung von selbst entwickelter Software fu¨r die Unternehmen geeignet zu quantifizieren. Lediglich die damalige Gesellschaft fu¨r Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) hat zwischen 1976 und 1989 regelma¨ßige Studien u¨ber den deutschen Softwaremarkt durchgefu¨hrt, um den Anwendern und Anbietern von Informationstechnik und Software Informationen u¨ber den Status Quo und die Entwicklung des Softwaremarkts zur Verfu¨gung zu stellen. Diese regelma¨ßige Marktuntersuchung wurde nach 1989 nicht mehr fortgesetzt und hat heute allenfalls historischen Wert [BFNO89]. Das Innovationsverhalten der EDV- und Telekommunikationsbranche wird seit einigen Jahren durch das Mannheimer Innovationspanel erfasst, allerdings ohne auf die Binnenstruktur oder mo¨gliche Besonderheiten der Branche eingehen zu ko¨nnen [JEGH01a]. Das hinter quelloffener Software stehende Entwicklungs- und Gescha¨ftsmodell hat seit kurzem das Interesse der Wirtschaftsinformatik gefunden [Nu¨Te00a-c], dennoch liegen bislang noch keine breiten Untersuchungen vor, die die o¨konomische Bedeutung quelloffener Software valide quantifizieren.
2 Methodik Grundlage der Analyse sind zwei empirische Untersuchungen, die das FraunhoferInstitut fu¨r Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) in den Jahren 2000 und 2001 im Auftrag des Bundesministeriums fu¨r Bildung und Forschung bzw. fu¨r das Bundesministerium fu¨r Wirtschaft und Technologie durchgefu¨hrt hat. In Ermangelung amtlicher Unternehmenszahlen musste fu¨r die Prima¨rbranche zuna¨chst die Grundgesamtheit ermittelt werden. Dazu wurden die Zahlen der Umsatzsteuerstatistik fu¨r die dienstleistungsorientierten Teilbranchen (WZ-Code 72 Datenverarbeitung und Datenbanken) herangezogen und durch Zahlen des Statistischen Bundesamtes und der Bundesanstalt fu¨r Arbeit erga¨nzt. Auf dieser Grundlage ergab sich eine Zahl von insgesamt 35.797 Unternehmen in der Prima¨rbranche. Innerhalb des produzierenden Gewerbes und des Dienstleistungssektors wurden fu¨nf exemplarische Sekunda¨rbranchen selektiert (Maschinenbau, Elektrotechnik, Fahrzeugbau, Telekommunikation und Finanzdienstleistungen), die einen besonders hohen Anteil an Softwareentwicklung aufweisen und fu¨r die umfangreiche offizielle Statistiken vorliegen. Durch eine telefonische berpru¨fung von 1.494 Adressen in der Prima¨r- und 3.863 Adressen in den Sekunda¨rbranchen wurde folgende Zusammensetzung der deutschen Softwareindustrie ermittelt (Tabelle 1):
Tabelle 1 Struktur der Softwareindustrie in Deutschland Branche Prima¨rbranche
Unternehmen insgesamt
Unternehmen mit Softwareentwicklung
35.797
10.568
147.857
8.660
– Maschinenbau
22.340
2.295
– Elektrotechnik
25.053
2.482
– Fahrzeugbau
2.635
124
– Telekommunikation
1.300
229
96.529
3.530
Sekunda¨rbranchen
– Finanzdienstleistungen
Quelle: Statistisches Bundesamt, Bundesanstalt fu¨r Arbeit, Umsatzsteuerstatsitik, eigene Berechnungen
Aus dieser Grundgesamtheit wurde eine disproportionale Zufallsstichprobe gezogen, die bei Befragungen im Unternehmenssektor notwendig ist: Große Unternehmen mu¨ssen in den Stichproben u¨berrepra¨sentiert werden, damit auch fu¨r sie statistisch valide Aussagen getroffen werden ko¨nnen. Im Sommer 2000 wurden insgesamt N ¼ 920 Vertreter der Prima¨rbranche (nP ¼ 249) und der Sekunda¨rbranchen (nS ¼ 671) telefonisch zur Softwareentwicklung in ihrem Unternehmen befragt. Interviewpartner war in der Regel der Leiter der Softwareentwicklung, in kleineren Unternehmen ha¨ufig auch der Inhaber oder Gescha¨ftsfu¨hrer. Die anhand eines standardisierten Fragebogens erhobenen Daten wurden in einer Datenbank erfasst und nach Branchen und Unternehmensgro¨ße ausgewertet [FKZS00]. Die Ergebnisse dieser Befragung sind im folgenden Abschnitt dargestellt. Die in Abschnitt 4 bis 6 vorgestellten Ergebnisse basieren auf einer im Fru¨hjahr 2001 durchgefu¨hrten repra¨sentativen Internet-basierten Befragung. Dabei wurde so vorgegangen, dass die Adressaten in einer E-Mail oder einem Fax die Internetadresse des Fragebogens sowie das fu¨r die jeweilige Gruppe des Samples zutreffende Passwort mitgeteilt bekamen und dann die Fragen online beantworteten. Die Antworten wurden unmittelbar u¨ber das Internet in eine Datenbank eingetragen. Die Brancheneinteilung sowie die Stichprobenziehung orientierten sich an der oben dargestellten Systematik zur Ermittlung der Grundgesamtheit. Von 417 in der Prima¨rbranche und 303 in der den Sekunda¨rbranchen verschickten Fragebo¨gen waren 187 bzw. 67 verwertbar. Im Ru¨cklauf der Prima¨rbranche waren auch 38 freiberufliche Softwareentwickler enthalten. Eine Analyse in Bezug auf Umsatz, Mitarbeiter und Produktpalette ergab eine weitgehende bereinstimmung in der Zusammensetzung beider Erhebungen, sodass auch eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse angenommen werden kann [BEFF01]. Neben der gewollten berpra¨sentation gro¨ßerer Unternehmen in der Stichprobe kommt es vor allem durch die Beschra¨nkung auf nur fu¨nf Sekunda¨rbranchen zu Verzerrungen. Diese Beschra¨nkung war aus zweierlei Gru¨nden notwendig. Wegen des aufwa¨ndigen Verfahrens zur Ermittlung der Grundgesamtheit verbot sich allein aus forschungso¨konomischen Gru¨nden eine repra¨sentative Erhebung u¨ber alle
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Die Innovationsta ¨ tigkeit der deutschen Softwareindustrie
Sekunda¨rbranchen. Andererseits ist insbesondere im Dienstleistungsbereich die Grenze zwischen Softwareentwicklung im engeren Sinne und anderen Ta¨tigkeiten (z. B. Erstellung von interaktiven Webseiten) kaum zu bestimmen. In diesem Sinne sind die Ergebnisse nur fu¨r die betrachteten Branchen repra¨sentativ. Alle moneta¨ren Gro¨ßen basieren auf Selbsteinscha¨tzungen der Befragten, Einscha¨tzungsfragen wurden auf einer fu¨nfstufigen Skala gemessen. Im Folgenden werden im Fließtext Circa-Angaben verwendet, in einigen Fa¨llen sind genauere Werte in den Abbildungen zu finden.
3 Forschung und Forschungskooperation im Bereich Softwareentwicklung Die rasche Weiterentwicklung von Anwendungen und Entwicklungstechnologien wird stark von Forschungsaktivita¨ten vorangetrieben. In Anlehnung an eine Definition des Stifterverbandes fu¨r die Deutsche Wissenschaft [GrMa01] werden unter dem Begriff „Forschung“ in Abgrenzung zur (Vor-) Entwicklung alle Arbeiten im Bereich der Softwareentwicklung subsummiert, deren Lo¨sung nicht alleine mit Hilfe von allgemein bekannten Methoden mo¨glich ist. Die Befragung der Unternehmen hat ergeben, dass insgesamt 22 Prozent, d. h. nur 4.200 der Software entwickelnden Unternehmen der Prima¨rbranche und der Sekunda¨rbranchen, derzeit Forschung im Bereich Softwareentwicklung betreiben (Bild 1). Bei einer differenzierten Betrachtung zeichnet sich die Prima¨rbranche im Vergleich zu den Sekunda¨rbranchen durch eine deutlich intensivere Forschungsta¨tigkeit aus: Insgesamt 3.400 Unternehmen (32 Prozent) der Prima¨rbranche betreiben Forschung im Bereich Softwareentwicklung. Der Vergleichswert in den Sekunda¨rbranchen liegt mit 9 Prozent deutlich niedriger. In der Prima¨rbranche ist ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Unternehmensgro¨ße und Forschungsaktivita¨t festzustellen: Mit zunehmender Mitarbeiterzahl steigt der Anteil der Unternehmen, die Forschung im Bereich Softwareentwicklung betreiben. Innerhalb der Sekunda¨rbranchen fu¨hren insbesondere in den Software-intensiven Branchen Elektrotechnik (21 %) und Telekommunikation (18 %)
u¨berproportional viele Unternehmen Forschung durch. Fu¨r Forschung investieren die Unternehmen der Prima¨rbranche und der Sekunda¨rbranchen ja¨hrlich rund EUR 766 Mio., d. h. durchschnittlich rund EUR 179 Tsd. je Unternehmen. Mitarbeiterstarke Unternehmen haben dabei erwartungsgema¨ß ho¨here Budgets als kleinere Unternehmen. Die Forschungsausgaben verteilen sich entsprechend der Forschungsaktivita¨t der Sektoren: 91 Prozent des gesamten Forschungsaufwandes (EUR 697 Mio.) werden von Unternehmen der Prima¨rbranche investiert. Die Unternehmen der Sekunda¨rbranchen geben nach den Ergebnissen der Befragung ja¨hrlich nur ca. EUR 69 Mio. fu¨r Forschung im Bereich Softwareentwicklung aus. Ein Drittel aller Software entwickelnden Unternehmen unterha¨lt Kooperationen mit Hochschulen und o¨ffentlichen Forschungseinrichtungen (Bild 1). Der Schwerpunkt dieser Kooperationen liegt auf der Zusammenarbeit mit Hochschulen: 96 Prozent der kooperierenden Unternehmen bieten Praktika fu¨r Studenten an (ca. 5.000 Unternehmen), 72 Prozent vergeben Diplomarbeiten (ca. 4.500 Unternehmen), 43 Prozent investieren Zeit in die Teilnahme an universita¨ren Vortragsreihen (ca. 2.700 Unternehmen). Alle drei genann-
153
ten Aktivita¨ten sind auch deshalb so beliebt, da sie den Unternehmen Mo¨glichkeiten bieten, neue Mitarbeiter zu rekrutieren. Studentische Mitarbeiter und Praktikanten bieten außerdem verha¨ltnisma¨ßig gu¨nstig Zugang zu neuem Fachwissen (vgl. Bild 2). Intensivere Formen der Kooperation wie Forschungsprojekte (37 %, 2.300 Unternehmen) oder Beratung bezu¨glich neuer Softwaretechnologie-Trends (33 %, 2.100 Unternehmen) werden deutlich weniger ha¨ufig genutzt. In der Prima¨rbranche unterhalten rund 5.000 der Software entwickelnden Unternehmen Kooperationen mit Hochschulen und o¨ffentlichen Forschungseinrichtungen (45 %). Dabei steigt mit wachsender Unternehmensgro¨ße auch die Kooperationsbereitschaft: Wa¨hrend lediglich 40 Prozent der kleinen Unternehmen mit Hochschulen und o¨ffentlichen Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten, wird diese Form des Erfahrungs- und Know-howAustausches bei 70 Prozent der großen Unternehmen der Prima¨rbranche genutzt. In den Sekunda¨rbranchen pflegen lediglich 1.600 (19 %), vorwiegend gro¨ßere Unternehmen, Kooperationen im Bereich der Softwareentwicklung mit Forschungseinrichtungen. Dabei werden im Gegensatz zur Prima¨rbranche u¨berdurchschnittlich
Kernpunkte fu ¨r das Management Der Beitrag befasst sich mit der Struktur, dem Umfang und den Besonderheiten der Innovationsta ¨ tigkeit der deutschen Softwareindustrie und differenziert dabei nach der prima ¨ ren (Kern-IT-Branche) und sekunda ¨ ren Softwarebranchen. Die Kernaussagen sind: &
&
&
&
Nur etwa ein Viertel bis ein Drittel der Unternehmen betreibt eigene Forschungen im Softwarebereich, dennoch ist die Branche durch eine Vielzahl von innovativen Entwicklungen gekennzeichnet. Entwicklungen im Bereich der Software sind von einer sehr hohen Dynamik auf der Angebots- wie auch auf der Nachfrageseite gekennzeichnet. Im Vergleich gibt es im Softwarebereich zwar nicht ha ¨ ufiger Marktneuheiten, aber deutlich ha ¨ ufiger inkrementelle Weiterentwicklungen. Die Sequenzialita ¨ t von Innovationen kann besta ¨ tigt werden. Quelloffene Software hat eine stark zunehmende Bedeutung fu¨r die Softwarebranche, Unternehmen folgen aber nur bedingt der klassischen Open-source-Philosophie
Stichworte: Innovation, Softwareindustrie, sequentielle Innovationen, quelloffene Software, Interoperabilita ¨t
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Michael Friedewald, Knut Blind, Jakob Edler
verbreitete Unwissenheit bei den betroffenen Unternehmen u¨ber die notwendigen Schritte zur Initialisierung einer Zusammenarbeit (10 %). Dagegen beklagen Unternehmen der Sekunda¨rbranchen, dass Hochschulen und Studenten ihre Art der Softwareentwicklung ha¨ufig fu¨r wenig attraktiv erachten und deswegen geringes Interesse an Forschungskooperationen zeigen (12 %). Einige Unternehmen im Maschinenbau oder aus der Elektrotechnik beurteilen ihre Anforderungen an die Softwareentwicklung als zu speziell und deswegen nicht fu¨r Kooperationen mit Forschungseinrichtungen geeignet.
10568
Unternehmen insgesamt
4765 (=45 %)
Primärbranche ... mit Forschungskooperationen
... mit eigener Forschung
3400 (=32 %)
8660
Sekundärbranchen
1603 (=18 %)
799 (=9 %)
0
Bild 1
2000
4000
6000
8000
10000
Der vergleichsweise geringe Forschungsanteil der Sekunda¨rbranchen muss allerdings differenziert bewertet werden. Obwohl tatsa¨chlich nur ein geringer Anteil der Unternehmen im Bereich der grundlegenden Forschung ta¨tig sind, werden in vielen Unternehmen ho¨chst innovative Verfahren und Produkte entwickelt. Obwohl diese Ta¨tigkeiten meist als Vorentwicklung bezeichnet werden, handelt es sich vielfach um hochkara¨tige angewandte Forschung. So entfallen mittlerweile in den Sekunda¨rbranchen durchschnittlich etwa 15 Prozent der Neuentwicklungskosten von Produkten und Dienstleistungen auf die Software. Besonders hoch liegt dieser Anteil wiederum in den Branchen Telekommunikation (23 %) und Elektrotechnik (25 %).
12000
Unternehmen mit eigener Softwareforschung und Forschungskooperationen
Praktika
6000 Unternehmen
Diplomarbeiten
4500 Unternehmen
Vortragsreihen
2700 Unternehmen
Forschungsprojekte
2300 Unternehmen
Beratung
2100 Unternehmen
Sonstiges
1400 Unternehmen
0%
10%
96%
72%
43%
37%
34%
22%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
4 Charakteristika deutscher Softwareprodukte
100%
Bild 2 Art der Kooperation zwischen Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Anteil an der Gesamtheit der Unternehmen mit Kooperationen
ha¨ufig auch intensivere Kooperationsformen unterhalten. So vergeben 26 Prozent der kooperierenden Unternehmen Forschungsauftra¨ge an Universita¨ten oder Forschungseinrichtungen. Ein Nicht-Zustandekommen jeglicher Zusammenarbeit wird aus Sicht der Unternehmen der Prima¨rbranche vor allem mit mangelndem Handlungsbedarf begru¨ndet (22 %). Die gegenwa¨rtige Auftragslage verfu¨hrt Unternehmen zu kurz- und mittelfristiger Auftragsbearbeitung (10 %), was
zu Lasten langfristiger Innovationsaktivita¨ten geht. Andere Unternehmen der Prima¨rbranche erachten sich selbst als „zu klein“ und unterhalten deshalb keine Kooperationen mit Hochschulen oder o¨ffentlichen Forschungseinrichtungen (15 %). Gerade diese Unternehmen, die sich keine eigene Forschung leisten ko¨nnen, ha¨ngen langfristig von der Kooperation mit externen Forschungseinrichtungen ab. Hemmend fu¨r eine konkrete Zusammenarbeit mit externen Forschungseinrichtungen in Form von Auftragsforschungsprojekten ist u. a. die
Die Unternehmen wurden auch danach befragt, wie sich ihr Umsatz auf verschiedene Typen von Software verteilt. Eine erste Dimension ist hierbei die Eigensta¨ndigkeit der entwickelten Produkte, die sich zwischen Stand-alone-Lo¨sungen und vollkommener Einbindung in andere Software bzw. Hardware erstreckt. Bild 3 zeigt hier deutliche Unterschiede zwischen der Prima¨rund Sekunda¨rbranche. Der durchschnittliche Umsatzanteil mit eigensta¨ndigen Softwareprodukten bela¨uft sich in der Prima¨rbranche auf etwas u¨ber 58 Prozent, in der Sekunda¨rbranche auf etwas mehr als 35 Prozent. Beim Umsatzanteil mit so genannter „Embedded Software“, also Software, die fester Bestandteil von Hardware ist und nur im Zusammenspiel mit dieser
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Die Innovationsta ¨ tigkeit der deutschen Softwareindustrie
155
funktioniert (z. B. Steuerungssoftware im Maschinen- und Fahrzeugbau, Software in Mobiltelefonen), ist dieses Verha¨ltnis erwartungsgema¨ß umgekehrt. 0%
Bei der Prima¨rbranche liegt der durchschnittliche Umsatzanteil von Embedded Software bei lediglich 7 Prozent, wa¨hrend er bei der Sekunda¨rbranche nahezu 36 Prozent ausmacht und damit dem Anteil der eigensta¨ndigen Software weitgehend entspricht. Diese Verteilung bedeutet, dass die besondere Problematik der Embedded Software fu¨r die Prima¨rbranche keine wesentliche Rolle spielt, wa¨hrend fu¨r die Sekunda¨rbranche sowohl die Besonderheiten eigensta¨ndiger Software als auch der Embedded Software relevant sind.
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
58% Software als eigenständiges Endprodukt 36%
Software, die nur in funktionaler Verbindung mit bestehender Software Dritter Kundennutzen stiftet (z.B. Treiber, Plug-Ins, Bibliotheken)
19% 15%
16%
Softwareentwicklungen zur kundenspezifischen Individualisierung bestehender Software
14%
7% Embedded Software 36%
Daru¨ber hinaus wurden die Unternehmen nach der Funktionalita¨t bzw. den Einsatzbereichen ihrer Softwareprodukte befragt (Bild 4).
Primär (n = 178)
Bild 3
Es zeigt sich, dass die Sekunda¨rbranche den gro¨ßten Umsatzanteil mit systemnaher Software erwirtschaftet, gefolgt von etwa gleichen Anteilen an Anwendersoftware aus den Bereichen Betriebswirtschaft, technische Anwendungen, Steuerungs- und Regeltechnik und Multimedia. In der Prima¨rbranche hingegen spielt die Anwendersoftware eine gro¨ßere Rolle (angefu¨hrt von betriebswirtschaftlicher Software), systemnahe Software nimmt hier mit 11 Prozent nur den dritten Platz ein.
Sekundär (n =59 )
Umsatzanteile verschiedener Typen von selbst entwickelter Software
0%
2%
4%
6%
8%
10%
12%
14%
16%
18%
20%
Betriebswirtschaftliche Anwendersoftware Anwendersoftware im Bereich Multimedia/Internet Systemnahe Software
Technische Anwendersoftware Software für Steuerungs- und Regeltechnik Finanz- und Handels-Software
Software-Entwicklungswerkzeuge
Eine weitere Differenzierung der Unternehmen bezu¨glich ihrer Produkte unterscheidet danach, inwieweit sie ihre Produkte als individuell zugeschnittene Softwarelo¨sungen fu¨r einzelne Kunden bzw. kleine Kundengruppen entwickeln. Es zeigt sich, dass in der Sekunda¨rbranche am ha¨ufigsten Kleinserien fu¨r bestimmte Kundenkreise entwickelt werden (46 %), wa¨hrend die Prima¨rbranche sta¨rker polarisiert ist und jeweils deutlich mehr als ein Drittel ihres Umsatzes entweder aus der kundenspezifischen Einzelentwicklung (35 %) oder aus Produkten des Massenmarktes (38 %) stammt.
5 Innovationsdynamik Die Softwareentwicklung ist gepra¨gt von sehr kurzen Zyklen und hoher Dynamik. In beiden Teilbranchen geben ca. 90 Prozent der Unternehmen an, dass sie im Jahr
Büroautomation und Grafik
Programm-Bibliotheken
Sonstige Software Primär (n = 172)
Bild 4
Umsatzanteile mit Software unterschiedlicher Funktionalita¨t
2000 neue Softwareprodukte entwickelt haben. Dies ist ein sehr hoher Wert, wie der Vergleich mit dem Anteil der Innovatoren bei unternehmensnahen Dienstleistungen zeigt. Dieser liegt gema¨ß der ju¨ngsten Innovationserhebung bei 64 Prozent und ist damit u¨ber 20 Prozent niedriger als im Softwarebereich [JEGH01b]. Ein Unterschied zwischen den Branchen zeigt sich bei der Betrachtung, inwiefern die Innovationen echte Marktneuheiten darstellen. Hier geben die Unternehmen
WIRTSCHAFTSINFORMATIK 44 (2002) 2, 151–161
Sekundär (n = 49)
der Sekunda¨rbranche in gro¨ßerem Umfang an, fu¨r den Markt neue Software zu entwickeln, wa¨hrend in der Prima¨rbranche viele Unternehmen Software entwickeln, die zwar fu¨r ihr Unternehmen, nicht jedoch fu¨r den Markt neu sind. Im Vergleich zum Gesamtbereich der unternehmensnahen Dienstleistungen, wo der Anteil von Unternehmen mit Marktneuheiten bei 37 Prozent liegt [JEGH01a, JEGH01b], erzielt die Softwarebranche nur Durchschnittswerte (34 %). Damit werden die relativ hohen Innovatorenanteile wieder
156
Michael Friedewald, Knut Blind, Jakob Edler
linksschiefe U-Verteilung. Die Mehrzahl der Unternehmen hat zwischen 0 und 30 Prozent des Umsatzes mit neuen Produkten gemacht. Dabei machen die Unternehmen der Sekunda¨rbranche einen signifikant geringeren Umsatz mit neuen Produkten als diejenigen aus der der Prima¨rbranche. Hier geben 15 Prozent der Unternehmen an, u¨ber 50 Prozent ihres Umsatzes mit vo¨llig neuen Produkten gemacht zu haben, fu¨r immerhin ein Viertel der Unternehmen liegt der Wert bei u¨ber 30 Prozent (Bild 5). Im Vergleich zum Gesamtbereich der unternehmensnahen Dienstleistungen liegen diese Werte wiederum leicht unter dem Durchschnitt, da dort der Umsatzanteil mit neuen Produkten 29 Prozent betra¨gt.
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0% 0-5%
6 - 10 %
11 - 20 %
21 - 30 %
Primär (n = 159)
Bild 5
31 - 40 %
41 - 50 %
über 50 %
Sekundär (n = 46)
Die hohe Dynamik spiegelt sich auch in den Entwicklungszyklen wider. In beiden Branchen dauert die Entwicklung von Produkten in u¨ber 40 Prozent der Unternehmen nicht la¨nger als ein halbes Jahr. Dagegen hat weniger als ein Drittel aller Produkte eine Entwicklungszeit von u¨ber 12 Monaten (Bild 6).
Umsatzanteile mit neuen Produkten im Jahr 2000
0%
10%
20%
30%
40%
50%
Die sehr kurzen Zyklen entsprechen dem von den befragten Unternehmen wahrgenommenen Nachfrageverhalten im Softwarebereich. ber 75 Prozent der Kunden in der Prima¨rbranche (Sekunda¨rbranchen: ca. 66 Prozent) ersetzen nach Aussage der befragten Unternehmen ihre Software durch verbesserte Produkte innerhalb eines Jahres. 40 Prozent der Kunden in der Prima¨rbranche ersetzen im Durchschnitt innerhalb von 2 Jahren ihre Software sogar durch vo¨llig neue Produkte. In der Sekunda¨rbranche ist das Nachfrageverhalten etwas weniger dynamisch, aber auch hier wollen 22 Prozent der Kunden innerhalb von zwei Jahren vo¨llig neue Produkte.
1 - 6 Monate
7 - 12 Monate
13- 24 Monate
mehr als 24 Monate
Primär (n = 195)
Bild 6
Sekundär (n = 70)
Durchschnittliche Entwicklungsdauer von Softwareprodukten
relativiert und ko¨nnen dahingehend interpretiert werden, dass die Softwarebranche zwar u¨berdurchschnittlich viele inkrementelle, aber nur durchschnittlich viele radikale Innovationen hervorbringt. Die u¨berdurchschnittliche Innovativita¨t der Sekunda¨rbranchen hat offenbar seine Ursache darin, dass viele der Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe und der Dienstleistungsbranche erst vor wenigen Jahren begonnen haben, Software als wettbewerbsentscheidenden Faktor zu erkennen. Ausgehend von einem niedrigen Ni-
veau sind die Unternehmen deshalb noch in der Lage, eine Vielzahl von Produktinnovationen hervorzubringen. Diese Entwicklung wird durch den Trend zu produktbegleitenden Dienstleistungen weiter versta¨rkt [PKTG00]. Ein weiteres in der Innovationsforschung u¨bliches Maß zur Erfassung der Innovationsdynamik ist der Umsatzanteil mit Produkten, die in den vorangegangenen 12 Monaten erstmalig angeboten wurden. Fu¨r das Jahr 2000 zeigt sich eine typisch
Als Fazit kann festgehalten werden, dass Entwicklungen im Softwarebereich sowohl in der Prima¨r- als auch in der Sekunda¨rbranche von einer sehr hohen Marktdynamik gekennzeichnet sind. Die durchschnittliche Entwicklungsdauer in beiden Branchen ist mit etwa sechs Monaten entsprechend gering. Dies fu¨hrt zu einer wettbewerbsentscheidenden Bedeutung von schnellen Innovationen und effektiven Entwicklungsprozessen. Hemmnisse bei der Durchfu¨hrung von Entwicklungsarbeiten sind deshalb im Bereich der Software noch schwerwiegender als in anderen Bereichen der Industrie.
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Die Innovationsta ¨ tigkeit der deutschen Softwareindustrie
157
6 Besonderheiten der Entwicklungsaktivita¨ten im Softwarebereich 0%
6.1
Sequenzialita ¨t
Software ist ein unko¨rperliches und wissensintensives Produkt und damit ein beispielhaftes Wirtschaftsgut der sich entwickelnden Informationsgesellschaft. Vielfach wurde angenommen, dass die Entwicklung von Software anderen Regeln unterliegt als die ko¨rperlicher Produkte in anderen Wirtschaftsbereichen. Dies wird u. a. damit begru¨ndet, dass in der Softwarebranche Innovationen sowohl sequenziell als auch komplementa¨r sind. Mit sequenziell ist gemeint, dass jede Erfindung auf einer vorhergehenden aufbaut. Komplementa¨r bedeutet, dass jeder potenzielle Innovator einen etwas anderen Lo¨sungsansatz wa¨hlt und damit die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Innovation erho¨ht. Die Sequenzialita¨t und Komplementarita¨t von Innovationen ist in den vergangenen Jahren intensiv untersucht worden [GoKl82, GrSc95, Jaff96]. Bessen und Maskin [BeMa00] haben gezeigt, dass Sequenzialita¨t und Komplementarita¨t einen erheblichen Einfluss auf die Wirkung von gewerblichen Schutzrechten und damit auf die Innovativita¨t eines Wirtschaftszweiges haben ko¨nnen. Ihre Analysen beziehen sich vor allem auf den Ru¨ckgang der FuE-Investitionen und der Produktivita¨t in der amerikanischen Softwarebranche nach der expliziten Einfu¨hrung von Softwarepatenten zu Beginn der 80er Jahre. Jedoch standen neben diesen auf Sektorebene aggregierten Daten keine empirischen Daten auf Unternehmensebene zur Verfu¨gung. Eine erste Dimension fu¨r die Besonderheiten der Softwareentwicklung ist der Grad der Wiederverwendung bestehenden Codes fu¨r die Entwicklung neuer Software als Indikator fu¨r Sequenzialita¨t der Softwareentwicklung. Das Ergebnis der Befragung ist hier eindeutig: Bei fast einem Drittel aller Unternehmen ist u¨ber 50 Prozent des Inputs fu¨r neue Entwicklungen bereits bestehender Code. Fast zwei Drittel der Unternehmen geben einen Anteil von u¨ber 30 Prozent Codewiederverwendung an (Bild 7). Die Bedeutung der Sequenzialita¨t in der Softwareentwicklung ist damit besta¨tigt.
WIRTSCHAFTSINFORMATIK 44 (2002) 2, 151–161
5%
10%
15%
20%
25%
5%
6 - 10 %
11 - 20 %
21 - 30 %
31 - 40 %
41 - 50 %
über 50 %
Primär (n = 167)
Bild 7
Sekundär (n = 59)
Anteil der Codewiederverwendung bei eigener Software
Bild 8 Anteil fremder Bestandteile an neu entwickelter Software (oben: Prima¨rbranche nP ¼ 177, unten: Sekunda¨rbranchen nS ¼ 64)
30%
35%
158
Michael Friedewald, Knut Blind, Jakob Edler
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
ware) in der Prima¨rbranche mittlerweile fast 20 Prozent des Inputs aus und damit fast doppelt so viel wie zugekaufte Standardsoftware und drei Mal so viel wie speziell in Auftrag gegebene Software. Von allen fremden Bestandteilen in den Softwareentwicklungen der Prima¨rbranche ist quelloffene Software mit Abstand der wichtigste. Im Vergleich dazu hat diese in der Sekunda¨rbranche mit 3,5 Prozent am gesamten Input fu¨r Softwareentwicklungen zurzeit noch eine signifikant geringere Bedeutung, wa¨hrend sich die Anteile andere fremder Bestandteile in a¨hnlichen Gro¨ßenordnungen bewegen.
90%
ja, generell
ja, häufig
gelegentlich
in Einzelfällen
Die große Bedeutung, die quelloffene Software schon heute fu¨r die Prima¨rbranche spielt, wird allerdings dadurch relativiert, dass innerhalb der Prima¨rbranche die Nutzung der quelloffener Software (noch) in großem Maße von den freien Entwicklern bestimmt ist. La¨sst man in der Prima¨rbranche die freien Entwickler außer Acht, dann ergibt sich ein differenziertes Bild bezu¨glich der Verwendung von Software aus dem Open-source-Bereich. Wa¨hrend letztere bei der Erstellung von Software u¨ber 70 Prozent aus diesem Umfeld entnehmen, liegt dieser Wert bei den u¨brigen Unternehmen der Prima¨rbranche a¨hnlich wie bei den Unternehmen der Sekunda¨rbranchen bei etwa 6 Prozent.
nie
Primär (n = 177)
Bild 9
Sekundär (n = 58)
Verbreitung der Praxis, Code ohne Entgelt fu¨r die Allgemeinheit offenzulegen
Qualitätsausweis/Transparenz zum Kunden (Signalling) Ausweitung und Verbesserung von Kooperationsmöglichkeiten Weiterentwicklung meines Produktes durch Dritte ermöglichen Entwicklung komplementärer Produkte durch Dritte erleichtern Sicherung der Interoperabilität meines Produktes zu anderen Eigene Entwicklung zum Standard machen Ideen für komplementäre Produkte von Kunden, Lieferanten fördern Um im Gegenzug auch frei auf andere Quellcodes zugreifen zu können Verbesserung eigener Systemsoftware durch Dritte zulassen schnelle Marktdurchdringung erreichen 1 Freie Entwickler (n=37)
Sekundärbranche (n=64)
2
3
4
5
Primärbranche ohne freie Entwickler (n=140)
Bild 10 Motivation zur Offenlegung von Code (1 ¼ sehr geringe Bedeutung, 5 ¼ sehr große Bedeutung)
Um die Bedeutung der Sequenzialita¨t fu¨r die Innovativita¨t der ganzen Branche abscha¨tzen zu ko¨nnen, ist nicht nur das Ausmaß der Code-Wiederverwendung, sondern vor allem die Herkunft der Programmbestandteile, die in die Entwicklungen der Unternehmen einfließen, von Relevanz. Dabei zeigt sich zuna¨chst, dass der u¨berwiegende Anteil des Codes, der wieder verwendet wird, aus eigener Entwicklung stammt und damit von Aktivita¨ten Dritter oder gewerblichen Schutzrechten nicht tangiert wird. Dies trifft fu¨r beide
Branche zu, ist in der Sekunda¨rbranche aber mit 70 Prozent noch ausgepra¨gter als in der Prima¨rbranche.
6.2
Die Bedeutung von quelloffener Software
Ein weiteres wichtiges Ergebnis liefert die Analyse der fremden Bestandteile in eigenen Entwicklungen (Bild 8). Danach macht quelloffene Software (Open-source-Soft-
Bedeutsam ist die Bewertung der ku¨nftigen Entwicklung. ber 60 Prozent der Unternehmen in der Prima¨rbranche geben an, dass in Zukunft die Bedeutung von quelloffener Software weiter steigen wird. Dagegen wird die Bedeutung der Eigenentwicklung nach der Einscha¨tzung der befragten Unternehmen deutlich abnehmen. In der Sekunda¨rbranche erwarten sogar 70 Prozent der Unternehmen, dass die Bedeutung quelloffener Software als Input fu¨r eigene Entwicklung steigen wird. Und auch fu¨r die Sekunda¨rbranche gilt, dass die Abha¨ngigkeit von externen Quellen steigen und damit der Austausch von Softwarebestandteilen zwischen Unternehmen zunehmen wird. Neben der Inanspruchnahme und der Verwendung von quelloffener Software interessieren auch die Praktiken und Bedingungen fu¨r die eigene Offenlegung von Quellcode. Hier sind verschiedene Modi zu unterscheiden. Der Quellcode wird entweder unentgeltlich und fu¨r die Allgemeinheit zur Verfu¨gung gestellt oder gegen Entgelt fu¨r die Allgemeinheit oder nur fu¨r
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Die Innovationsta ¨ tigkeit der deutschen Softwareindustrie
spezifische Kunden. Die einzige Kategorie dieser drei Ausgestaltungsformen, in denen es signifikante Unterschiede zwischen der Prima¨r- und der Sekunda¨rbranche gibt, ist die unentgeltliche Abgabe an die Allgemeinheit (Bild 9). Zwar ist in beiden Branchen die Mehrzahl der befragten Unternehmen nie zu einer solchen bedingungslosen Offenlegung bereit. Jedoch ist diese Weigerung in der Sekunda¨rbranche mit 84,5 Prozent signifikant gro¨ßer als in der Prima¨rbranche. In Letzterer geben immerhin 13 Prozent an, generell den Code freizugeben (Sekunda¨rbranche 1,7 %) und ca. 10 Prozent tun dies ha¨ufig (Sekunda¨rbranche 3,4 %).
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3
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5
... Ihrer Kunden
... Ihres Zulieferers
... von Anbietern von Konkurrenzprodukten
... von Anbietern komplementärer Produkte
Dieses Charakteristikum der Prima¨rbranche wird allerdings durch die freien Entwickler hervorgerufen. So gibt die Ha¨lfte der freien Entwickler an, Code grundsa¨tzlich an die Allgemeinheit ohne Entgelt abzugeben. Mit anderen Worten, die Mehrzahl der freien Entwickler, aber auch eine Reihe von Unternehmen der Prima¨rbranche folgen einem Gescha¨ftsmodell, in dem Code unentgeltlich offen gelegt wird und dessen o¨konomische Anreize offensichtlich nicht in der alleinigen Bereitstellung von Software bestehen. Verbreiteter ist die Praxis, Code gegen Entgelt fu¨r die Allgemeinheit freizugeben: Lediglich 16 Prozent der Unternehmen in der Prima¨r und 13 Prozent in den Sekunda¨rbranchen legen mehr oder weniger regelma¨ßig ihren Quellcode offen.
Primär (n=177)
Sekundär (n=62)
Bild 11 Bedeutung der Interoperabilita¨t zu Software verschiedener Akteursgruppen (1 ¼ sehr gering, 5 ¼ sehr groß)
35% 34%
Offenlegung der Schnittstellen
31% 31% 21% 22%
Verw endung von Branchenarchitekturen
18% 21% 13% 10%
vertraglich vereinbarte Kooperationen
14% 14% 13% 10% 10%
Durchsetzung des eigenen Standards
14%
Die Bereitschaft zur Offenlegung des Quellcodes fu¨r den Kunden ist allerdings deutlich ho¨her, wenn die Software im Rahmen eines Kundenprojekts entwickelt wird. In diesem Fall geben nur noch etwa 20 Prozent der Unternehmen an, auch in solchen Fa¨llen nicht offen zu legen, etwas mehr als ein Drittel in beiden Branchen legt in Einzelfa¨llen offen. Etwa 17 Prozent der Unternehmen der Sekunda¨rbranche und etwas u¨ber 20 Prozent der Unternehmen der Prima¨rbranche legen generell ihren Code im Rahmen von Kundenbeziehungen offen. Die Offenlegung von Quellcode beschra¨nkt sich nicht auf bestimmte Formen von Software, sondern ist u¨ber die gesamte Palette von Software u¨blich. Bedeutsam erscheint, dass gerade fu¨r die Systemsoftware die Werte insbesondere in der Prima¨rbranche und hierbei vor allem bei den freien Entwicklern recht hoch sind, was tendenziell die Bedeutung der Offenlegung fu¨r
Interoperabilität ... zu komplementären Produkten ... zu Konkurrenzprodukten
13% Orientierung am Standard des Marktführers
16% 13% 13%
...zur Softw are der Kunden 10% 11% 12% 10%
Offenlegung des Codes
0%
Bild 12
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
Strategien zur Sicherung der Interoperabilita¨t (N ¼ 238)
das Funktionieren von Systemen mit generischem bzw. Infrastruktur-Charakter erho¨ht. Um die o¨konomische Bedeutung der Offenlegung von Quellcode zu verstehen, muss man genau deren Motivation betrachten (Bild 10). Hier zeigt sich eindeutig, dass die Masse der freien Entwickler quelloffene Software nach dem klassischen Muster nutzt: Die vier wichtigsten Gru¨nde entsprechen der Open-source-Philosophie, wonach durch die Offenlegung das eigene Produkt weiterentwickelt bzw. das eigene
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... zur Softw are der Zulieferer
Systeme verbessert, der Zugang zum Code anderer ero¨ffnet sowie die Qualita¨t der eigenen Arbeit demonstriert werden soll [Raym01; Nu¨Te00a-c]. Im Gegensatz zu den freien Entwicklern fu¨hren Unternehmen selten altruistische Motive an, warum sie Quellcode offen legen [LeTi01]. Die Motive der Prima¨rbranche und der Sekunda¨rbranchen, die allerdings bis auf einzelne Ausnahmen nur fu¨r durchschnittlich wichtig gehalten werden, unterscheiden sich nur wenig in ihren Werten, weisen allerdings eine etwas andere Reihenfolge auf. Der wichtigste Grund der Unternehmen in
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Michael Friedewald, Knut Blind, Jakob Edler
der Prima¨rbranche ist der Qualita¨tsausweis, wa¨hrend die Unternehmen der Sekunda¨rbranche die Offenlegung am sta¨rksten zur Anbahnung und Verbesserung von Kooperationen nutzen. Interessanterweise geben die Unternehmen beider Branchen als relativ wichtigen Grund die Mo¨glichkeit an, dass das eigene Produkt weiterentwickelt wird, wa¨hrend die Aussicht auf Nutzung fremden Codes keine wesentliche Rolle spielt. Mit anderen Worten, die Nutzung von quelloffener Software folgt nur bei den freien Entwicklern der umfassenden Logik des von Raymond beschriebenen „do ut des“.
6.3
Interoperabilita ¨t
Eine letzte Besonderheit der Softwareentwicklung im Vergleich zu anderen Produkten ist die notwendige Interoperabilita¨t zwischen Systemen und Anwendungen bzw. zwischen verschiedenen Anwendungen. Hinsichtlich der Interoperabilita¨t sind vier Dimensionen zu unterscheiden. Bild 11 zeigt, dass fu¨r beide Branchen die Interoperabilita¨t zur Software der Kunden mit weitem Abstand am wichtigsten ist. Die Interoperabilita¨t zu Zulieferprodukten nimmt einen mittleren Wert ein und ist in etwa gleich bedeutend wie die Interoperabilita¨t zu Produkten komplementa¨rer Anbieter. Der signifikant ho¨here Wert der Prima¨rbranche bei der Interoperabilita¨t zu Konkurrenzprodukten zeigt die Bedeutung, die der funktionalen Vertra¨glichkeit des eigenen Produktes mit anderen auf dem Markt befindlichen Produkten beigemessen wird. In der Sekunda¨rbranche ist dieses strategische Motiv dagegen nicht ausgepra¨gt. Insbesondere Software, die als Bestandteil anderer Software gedacht ist (Bibliotheken, Treiber), ist maßgeblich auf Interoperabilita¨t angewiesen. Deshalb messen Unternehmen, die Softwarekomponenten produzieren, der Interoperabilita¨t zu Software von Kunden, Zulieferern und Wettbewerbern im Vergleich zu den u¨brigen Unternehmen eine besonders hohe Bedeutung bei. Zusa¨tzlich muss gefragt werden, wie die Interoperabilita¨t u¨berhaupt hergestellt wird. Mit weitem Abstand ist das am ha¨ufigsten genannte Instrument die Offenlegung von Schnittstellen, gefolgt von der Verwendung von standardisierten Branchenstrukturen. Eine durchweg hohe Be-
deutung haben zudem vertragliche Kooperationen, wa¨hrend die Offenlegung von Code in der Prima¨r- und Sekunda¨rbranche eine eher untergeordnete Rolle einnimmt. Fu¨r die freien Entwickler ist die Codeoffenlegung jedoch – gleichrangig mit der Offenlegung der Schnittstellen – die bedeutendste Strategie, die Interoperabilita¨t sowohl zu Kunden und Zulieferern als auch zu konkurrierenden und komplementa¨ren Produkten herzustellen.
7 Fazit Die Analyse der Innovationsta¨tigkeit der deutschen Softwareindustrie hat eine Reihe von Eigenschaften, Verhaltensweisen und Einstellungen bei den Software entwickelnden Firmen der Prima¨r- und der Sekunda¨rbranche deutlich werden lassen. Entwicklungen im Bereich der Software sind sowohl in der Prima¨r- als auch in der Sekunda¨rbranche von einer sehr hohen Dynamik auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite gekennzeichnet. So ist die durchschnittliche Entwicklungsdauer fu¨r neue Produkte mit sechs Monaten deutlich geringer als in anderen Wirtschaftsbereichen. Im Vergleich gibt es im Softwarebereich zwar nicht ha¨ufiger Marktneuheiten, aber deutlich ha¨ufiger inkrementelle Weiterentwicklungen. Dies bedeutet, dass schnelle Innovationen und effektive Entwicklungsprozesse noch sta¨rker als in anderen Dienstleistungsbranchen wettbewerbsentscheidende Bedeutung besitzen. Besta¨tigt werden konnte, dass Softwareentwicklung durch eine Reihe von Besonderheiten gekennzeichnet ist. Der hohe Grad an Codewiederverwendung legt nahe, dass Softwareinnovationen sequenziellen Charakter haben. Daru¨ber hinaus sind die Entwicklungsaktivita¨ten zunehmend auf die Verfu¨gbarkeit passender externer Inputs angewiesen, und die unternehmensu¨bergreifende Verschra¨nkung von Softwareentwicklungen nimmt stetig zu. Quelloffene Software ist in der Prima¨rbranche schon jetzt die wichtigste externe Quelle bei der Softwareentwicklung. Diese Bedeutung wird allerdings eindeutig von den freien Entwicklern getragen. Betrachtet man die Prima¨rbranche ohne die freien Entwickler, so ist die Verwendung von quelloffener Software in der Prima¨rbranche nur noch geringfu¨gig gro¨ßer als in der Se-
kunda¨rbranche. Ihre Bedeutung wird allerdings nach der Einscha¨tzung der Befragten in beiden Teilbranchen stark zunehmen. Dabei hat quelloffene Software ha¨ufig generischen Charakter, d. h. es ist in vielen Fa¨llen ein funktionaler Input, der die Entwicklung eigener Software effektiviert. Die Offenlegung des Quellcodes hat fu¨r die Unternehmen vor allem eine Informationsfunktion fu¨r die eigene Leistungsfa¨higkeit: Qualita¨tsausweis und Transparenz zum Kunden bzw. Signale fu¨r Kooperationspartner. Demgegenu¨ber bleibt der klassische Open-source-Modus, d. h. die Praxis, Code ohne Entgelt fu¨r die Allgemeinheit offen zu legen und damit zu einer breiten Diffusion von neuem Code beizutragen, die Doma¨ne der freien Entwickler. Interoperabilita¨t ist fu¨r beide Branchen ein zentraler Aspekt, wobei die Interoperabilita¨t zur Software der Kunden mit weitem Abstand am wichtigsten ist. Interoperabilita¨t zur Software der Kunden und Zulieferern und zu konkurrierenden und komplementa¨ren Produkten wird vor allem durch die Offenlegung von Schnittstellen hergestellt, Offenlegung von Code spielt eine nachgeordnete Rolle.
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161
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Abstract Innovation Activities of the German Software Industry In this article we present the results of two empirical studies focusing on the structure and extent of the innovation activities of the German Software Industry and analyze distinctive features of Software Innovations. We distinguish the activities of the primary (core) Software Industry and secondary industries such as Mechanical and Electrical Engineering, Motor Industry and Telecommunications. A special focus is put on the question if innovations in Software are sequential, on the role of Open Source Software and the importance of interoperability. Keywords: innovation, software industry, sequential innovations, open source software, interoperability
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WI – Innovative Produkte
CLIX – Learning-ManagementSystem fu ¨ r Unternehmen, Bildungsdienstleister und Hochschulen
1 Einleitung Der Autor
Frank Milius Dipl.-Kfm. Frank Milius, imc information multimedia communication AG, Altenkesseler Str. 17, Geba¨ude B2, D-66115 Saarbru¨cken, Tel. (06 81) 97 62-2 27, E-Mail:
[email protected], http://www.im-c.de
Die Doma¨ne E-Learning wurde in den letzten zehn Jahren durch universita¨re Projekte, in denen das Konzept eines erweiterten, virtuellen Lehrbetriebs entwickelt und getestet wurde [KrMi98], maßgeblich beeinflusst. Anfa¨nglich wurde untersucht, welche Mo¨glichkeiten Multimedia-Technologien bei der Erstellung von Lernprogrammen ero¨ffnen. Mit zunehmender Verbreitung des Internets verschob sich der Fokus der Forschungsaktivita¨ten darauf, wie eine online-gesteuerte Zusammenarbeit von Studenten erfolgen kann und wie Informationssysteme gestaltet sein mu¨ssen, um die operativen Prozesse im Rahmen eines Bildungsmanagements zu unterstu¨tzen. Parallel zu dieser Entwicklung haben Unternehmen den Einsatz von Computer Based Trainings und Web-Based Trainings im Rahmen von Aus- und Weiterbildungsprogrammen erprobt. Dabei hat sich gezeigt, dass „virtuelle“ Bildungsmaßnahmen ohne ein ganzheitlich ausgerichtetes organisatorisches Rahmenkonzept nicht auskommen. Unternehmen haben zunehmend nach professionellen Softwareanbietern von Lernplattformen [MiKr00] gesucht, mit deren Hilfe sie ihre Lernmedien den Mitarbeitern zentral u¨ber das Intranet zur Verfu¨gung stellen konnten. Heute werden solche Systeme als Learning-Management-Systeme bezeichnet. Das Einsatzspektrum und der Funktionsumfang von Learning-Management-Systemen haben sich erheblich erweitert. Sie unterstu¨tzen alle relevanten Gescha¨ftsprozesse im Rahmen eines um-
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fassenden, integrierten Bildungs- und Wissensmanagements. Gerade privatwirtschaftliche Bildungsdienstleister und Universita¨ten erkennen, dass sich durch den Einsatz von Learning-ManagementSystemen neue Gescha¨ftsfelder erschließen lassen. Dadurch haben sich die Kundensegmente fu¨r die Anbieter von Learning-Management-Systemen erweitert. Der Beitrag beschreibt zuna¨chst typische Einsatzszenarien von Learning-Management-Systemen. Anschließend wird aufgezeigt, welche Anforderungen an die Architektur von Learning-ManagementSystemen aus den genannten Beispielen resultieren. Darauf aufbauend wird die fachliche und technische Systemarchitektur des Learning-Management-Systems CLIX1 (Corporate Learning & Information eXchange) vorgestellt. Der Beitrag schließt mit Thesen zur Evolution von Learning-Management-Systemen.
2 Einsatzszenarien von Learning-ManagementSystemen Die drei grundlegenden Einsatzfelder von Learning-Management-Systemen sind Unternehmen, Bildungsdienstleister und Universita¨ten. Innerhalb dieser Einsatzfelder ko¨nnen bei na¨herer Betrachtung typische Nutzungsszenarien charakterisiert werden. Die nachfolgend beschriebenen leiten sich aus den heuristischen Betrachtungen eines Softwareanbieters ab.
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Einsatz in Unternehmen Im Zuge der vielfach erwa¨hnten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie Globalisierung und Informations- bzw. Wissensgesellschaft, entwickeln Unternehmen Konzepte, um die Ressource Wissen besser zu nutzen und sich so langfristige Wettbewerbsfa¨higkeit zu sichern. Dabei gewinnt die Einbindung des Topmanagements in die Weiterbildungsaktivita¨ten des Unternehmens versta¨rkt an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund gehen immer mehr Unternehmen dazu u¨ber, fu¨r ihre Fu¨hrungskra¨fte eigene Corporate Universitys [Krae00] aufzubauen. Diese sind klar auf die Verbesserung der Wertscho¨pfung ausgelegte Instrumente der strategischen Unternehmensfu¨hrung. LearningManagement-Systeme u¨bernehmen daher in diesem Zusammenhang nicht nur die Aufgabe, (virtuelle) Weiterbildungsangebote fu¨r Fu¨hrungskra¨fte u¨ber das Intranet zu distribuieren. Sie werden vielmehr als Wissensmanagement-Werkzeug eingesetzt. Mit ihrer Hilfe sollen fu¨r ein Unternehmen strategisch wichtige Informationen zentral zur Verfu¨gung gestellt und Wissensnetzwerke aufgebaut werden. In einem zweiten Szenario werden Learning-Management-Systeme eingesetzt, um den Mitarbeitern Qualifizierungsmaßnahmen anzubieten, die als Hilfe dienen, um die operativen Gescha¨ftsprozesse abbilden zu ko¨nnen, die mit einem Stellenprofil und dem dazugeho¨rigen Aufgabenspektrum verbunden sind. Man spricht in diesem Zusammenhang von „Job Related Learning“. Typische Beispiele fu¨r Qualifizierungsmaßnahmen sind Schulungen zu IT-Standardapplikationen wie Office-Anwendungen und Vertriebsschulungen zu den Produkten und Dienstleistungen des Unternehmens. Hauptziel fu¨r die Nutzung einer Lernplattform ist hier die Etablierung unternehmensweiter Qualita¨ts-, Produktions- und Dienstleistungsstandards. Gleichzeitig sollen die Kostensenkungspotenziale ausgescho¨pft werden, die mit der Substitution von Pra¨senzschulungen durch virtuell durchgefu¨hrte Trainings erzielt werden ko¨nnen. Der dritte Anwendungsfall fokussiert auf die fachliche betriebliche Weiterbildung und Qualifizierung, u¨ber die sowohl kaufma¨nnische als auch gewerblich-technische Fachkompetenz vermittelt werden soll. In der Regel sind in diesem Zusammenhang Ausbildungsga¨nge oder fest vorgegebene
Personalentwicklungspla¨ne eng mit einem solchen Anwendungsszenario verknu¨pft. Lehr- und Lernprozesse richten sich nach festen Curricula. Diese bieten die Mo¨glichkeit, Teile der Lerninhalte u¨ber die Lernplattform anzubieten und unternehmenseigene Ausbildungszentren kapazitativ zu entlasten.
Transaktionen im Zuge eines Massengescha¨fts. In beiden Fa¨llen werden hohe Anforderungen an Learning-Management-Systemfunktionalita¨ten hinsichtlich Vermarktung und Kundenmanagement gestellt. Einsatz in Hochschulen
Einsatz bei Bildungsdienstleistern Die Ausweitung ihrer Gescha¨ftsfelder durch den Aufbau von Online-Akademien stellt fu¨r Bildungsdienstleister, deren Kernkompetenzen bisher auf den Vertrieb und die Durchfu¨hrung von Pra¨senztrainings beschra¨nkt waren, eine logische Konsequenz dar. Hierbei ko¨nnen zwei wesentliche Einsatzszenarien unterschieden werden: Der erste Anwendungsfall entspricht einem „Business to Business“-Gescha¨ftsmodell. Typische Anwender sind beispielsweise Business Schools. Ihre Hauptumsatztra¨ger sind Weiterbildungsprogramme wie Masterstudienga¨nge und Qualifizierungsmaßnahmen, die auf die individuellen Bedu¨rfnisse von Firmenkunden zugeschnitten werden. Der Betrieb einer Lernplattform zielt darauf ab, die existierenden Bildungsprodukte komplementa¨r zu erga¨nzen, um Mehrwerte fu¨r den Kunden zu schaffen. So kann der Lernprozess im Rahmen von Weiterbildungsprogrammen, die in Pra¨senzphasen und Selbstlernphasen unterteilt sind, durch virtuelle Kursra¨ume kontinuierlich fortgefu¨hrt werden. Einmalig stattfindende Seminare werden aufgewertet, indem die Teilnehmer auf Lerninhalte bereits im Vorfeld und auf Arbeitsergebnisse nach Beendigung zugreifen ko¨nnen. Die Lernplattform wird folglich auch als Instrument genutzt, um die Kundenbindung zu erho¨hen. Das zweite Einsatzszenario findet sich bei Bildungsdienstleistern, die sich auf ein „Business to Consumer“-Gescha¨ftsmodell konzentrieren. Typische Anwender sind hier Kammerorganisationen oder Volkshochschulen. Ihre Bildungsleistungen sind angebotsorientiert ausgerichtet, um eine mo¨glichst große Zahl an Kunden zu bedienen. Dies spiegelt sich in der Angebotsvielfalt der Bildungsleistungen wider. Es werden insbesondere hohe Anforderungen an ein Learning-Management-System gestellt bezu¨glich der Verwaltung von Kursen, Trainern, Teilnehmern, Lernmedien und der Abwicklung betriebswirtschaftlicher
Die gerade in Deutschland viel diskutierte Bildungsmisere, die durch die Ergebnisse der PISA-Studie [ArBa01] der Organisation fu¨r wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wieder an Aktualita¨t gewonnen hat, hat dazu gefu¨hrt, dass Hochschulen sich versta¨rkt mit der Entwicklung und Implementierung medienbasierter Lehrangebote bescha¨ftigen. Dies geschieht zum Einen, um die Qualita¨t und Effizienz des Dienstleistungsangebots gegenu¨ber den Studierenden zu erho¨hen, zum Anderen aber auch, weil die Medienentwicklung die Option ero¨ffnet, Finanzierungspotenziale zu erschließen, indem Weiterbildungsdienstleistungen an Kunden außerhalb der Universita¨ten vertrieben werden. In diesem Fall sind die Einsatzszenarien vergleichbar mit den oben beschriebenen Typen von Bildungsdienstleistern. Als Beispiel kann auf den Betrieb von Fernuniversita¨ten verwiesen werden. Zunehmend werden Learning-Management-Systeme im Rahmen von intra- und inter-universita¨ren Kooperationsverbu¨nden eingesetzt. Ziel ist es, das Spektrum an angebotenen Leistungen innerhalb eines Fachgebietes zu vertiefen bzw. fachgebietsu¨bergreifend auszuweiten. Ein Referenzbeispiel ist das Bildungsnetzwerk WINFOLine. Ziel von WINFOLine ist es, ein universita¨ts- und bundeslandu¨bergreifendes Bildungsnetzwerk im Umfeld der Wirtschaftsinformatik zu etablieren. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung. Im Rahmen einer Lehrkooperation ko¨nnen Wirtschaftsinformatik-Studenten der Universita¨ten Saarbru¨cken, Kassel, Go¨ttingen und Leipzig seit vier Jahren unabha¨ngig von ihrer „Heimatuniversita¨t“ die virtuellen Bildungsangebote der anderen Universita¨ten nutzen. Hierbei sind die Bildungsangebote in die curricularen Strukturen der beteiligten Hochschulen integriert [EhSc01].
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CLIX – Learning-Management System
3 ArchitekturAnforderungen an Learning-ManagementSysteme Die obigen Beispiele zeigen, dass sich aus den verschiedenen Einsatzarten eines Learning-Management-Systems unterschiedliche Anforderungen ableiten lassen, die beim Entwurf der Software-Architektur beru¨cksichtigt werden mu¨ssen. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Anforderungen hinsichtlich fachlicher, organisatorischer und technischer Rahmenbedingungen zu untersuchen und Implikationen fu¨r den Architekturentwurf abzuleiten. Fachliche und organisatorische Rahmenbedingungen Auf den ersten Blick scheinen sich die beschriebenen Szenarien hinsichtlich ihrer fachlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen voneinander zu unterscheiden. Dies betrifft vor allem Betreibermodelle, Lernszenarien und Organisationsstrukturen, die mit Hilfe eines Learning-Management-Systems abgebildet werden sollen. Es la¨ge daher nahe, differenzierte Anwendungsarchitekturen zu entwerfen, die vollsta¨ndig auf die dargestellten Segmente abgestimmt sind. Bei na¨herer Betrachtung der Szenarien lassen sich jedoch auf funktionaler Ebene Gemeinsamkeiten erkennen, auf deren Basis Anwendungsbausteine abgeleitet und klar strukturierte Architekturebenen identifiziert werden ko¨nnen. Unterschiede bestehen vor allem hinsichtlich der Prozesse, den mit ihnen verbundenen Daten und Begrifflichkeiten, die ein Anwendungsbaustein unterstu¨tzen bzw. verarbeiten soll. Dies impliziert, dass ein Learning-Management-System modular aufgebaut sein muss. Die einzelnen Module mu¨ssen in hohem Maße konfigurierbar sein und flexibel miteinander kombiniert werden ko¨nnen. Ein zentrales Objekt-Repository stellt die Grundlage zur Umsetzung eines solchen Ansatzes dar. Technische Rahmenbedingungen Eine wesentliche technische Rahmenbedingung fu¨r den Anbieter einer Lernplattform ist die Heterogenita¨t von existierenden Internet-Infrastrukturen bei Kunden. Dies betrifft sowohl unterschiedliche Hard- als auch Softwarekomponenten, wie mit Rechnerarchitekturen verbundene Betriebssysteme, Web-Server, Datenbanken oder
Browser-Clients. Eine Ausrichtung der Architektur an Plattform-neutralen Standards ist daher geboten. Fu¨r den Betreiber eines LearningManagement-Systems liegt es nahe, vorhandene operative Unternehmensanwendungen, wie ERP-Systeme, mit der Lernplattform zu verbinden. So ko¨nnen beispielsweise kostenpflichtige Bildungsangebote u¨ber die Lernplattform bezogen werden, die Leistungsverrechnung kann jedoch u¨ber das ERP System erfolgen. Integrationsszenarien beschra¨nken sich nicht nur auf den Austausch von betriebswirtschaftlichen Informationen i. S. v. Stammund Bewegungsdaten. Learning-Management-Systeme verwalten prima¨r Lerninhalte, die sie auch von anderen Applikationen wie beispielsweise Content Management Systemen beziehen ko¨nnen. Eindeutig definierte, auf Internetstandards wie XML beruhende Schnittstellen sind daher notwendig, um die Integrationsfa¨higkeit auf Anwendungsebene zu gewa¨hrleisten. Daru¨ber hinaus ergeben sich weitere technische Rahmenbedingungen aus der Tatsache, dass die Benutzerzahlen eines Learning-Management-Systems je nach Einsatzszenario stark variieren. Bei Unternehmen und Universita¨ten bewegt sich diese Anzahl derzeit innerhalb eines Intervalls von fu¨nfhundert bis fu¨nfzigtausend potenziellen Teilnehmern. Dagegen sehen sich Bildungsanbieter, deren Gescha¨ftsmodell den Vertrieb von Dienstleistungen auf einem anonymen Konsumentenmarkt vorsieht, mittel- und langfristig mit einer Gruppe von mehreren hunderttausend Benutzern konfrontiert. Dieser Sachverhalt erfordert, dass die Anwendung in hohem Maße skalierbar sein muss, um stetig steigende Benutzerzahlen bewa¨ltigen zu ko¨nnen.
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4 CLIX Die Gesamtheit der skizzierten Anforderungen und ihrer Implikationen haben die Entwurfsentscheidungen der CLIX1 Anwendungsarchitektur maßgeblich gepra¨gt. Dabei galt es zuna¨chst, eine zukunftsfa¨hige Architekturphilosophie zu identifizieren, die zu Beginn des Produktentwicklungsprozesses das Investitionsrisiko unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten als vertretbar erschienen ließ. Implikationen, die sich aus fachlichen und organisatorischen Anforderungen ergeben haben, fanden ihren Niederschlag in den Architekturebenen. Als Entscheidungsgrundlage bei der Auswahl von technischen Systemkomponenten wurden die Implikationen beru¨cksichtigt, die sich aus den dargestellten technischen Anforderungen ergaben.
4.1
Architekturphilosophie
Die Architekturphilosophie von CLIX1 folgt den Prinzipien und Grundgedanken komponentenbasierter Frameworks [Pree97]. Im Gegensatz zur Grundidee einer Klassenbibliothek, die sich einzig auf die Wiederverwendung von bereits implementierten Objektklassen konzentriert, wird mit der Entwicklung und Nutzung von Frameworks das Ziel verfolgt, auch die Ergebnisse des Fachkonzeptentwurfs wieder zu verwenden. Daher steht bei der Entwicklung eines Frameworks die Anwendungsdoma¨ne im Mittelpunkt aller Entwurfsentscheidungen. Grundgedanke ist, dass innerhalb der Anwendungsdoma¨ne in der Regel gleichartige Software-Komponenten von den Anwendern beno¨tigt werden, wobei die Anzahl an beno¨tigten Komponen-
Kernpunkte fu ¨r das Management Der Beitrag beschreibt zuna ¨ chst typische Einsatzszenarien von Learning-Management-Systemen. Anschließend wird aufgezeigt, welche Anforderungen an die Architektur von Learning-Management-Systemen aus den genannten Beispielen resultieren. Darauf aufbauend wird die fachliche und technische Systemarchitektur des Learning-Management-Systems CLIX1 (Corporate Learning & Information eXchange) vorgestellt. Der Beitrag schließt mit Thesen zur Evolution von Learning-Management-Systemen. Stichworte: E-Learning, Learning-Management-System, Komponenten-basierte Framework-Architektur, CLIX1 Corporate Learning & Information eXchange
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Frank Milius
ten in Abha¨ngigkeit von den zu unterstu¨tzenden Prozessen und ihren Funktionen variieren kann. Registrierung
Vermarktungsdienste
Authentifizierung
Informationsdienste
Helpdesk
Eine Komponente erbringt in diesem Zusammenhang einen Softwaredienst, mit dessen Hilfe ein Benutzer oder eine andere Softwarekomponente die Bearbeitung eines abgegrenzten, spezifischen Sachverhalts fachlich und technologisch optimal durchfu¨hren kann. Dies erfordert, dass die Komponente in unterschiedlichen Kontexten mehrfach erprobt und qualita¨tsgesichert wurde. Die Kommunikation mit anderen Komponenten oder Anwendungssystemen erfolgt u¨ber eine standardisierte Schnittstelle, wobei die interne Implementierung einer Komponente nach außen hin verborgen wird (Black-Box-Prinzip).
Hitlisten
Portaldienste Officeanwendung
Wissensmanagement Dienste für Lernende, Tutoren & Betreiber Tracking
Monitoring
Kurskataloge
Reporting
Bibliotheken
Persönlicher Arbeitsplatz Funktionsumfang in Abhängigkeit von Benutzerrechten
Fähigkeiten & Fertigkeiten
Vorgehensmodell zur Einführung
Buchungs- und Verwaltungsprozesse Programme Communitys
Kurse
Veranstaltungen
Lernlogik
Lernprozesse Aufgaben Medien
Autorenwerkzeuge
& Tests
Kommunikation
& Kollaboration
Metadaten-Repository
Lerninhalte Plattformrollen Gruppen
Benutzer
Mandanten
Die Anzahl an Referenzinstallationen von CLIX1 bei namhaften Großunternehmen, Bildungstra¨gern und Universita¨ten wie beispielsweise DaimlerChrysler AG [Mu¨Kr01], E.ON AG, HypoVereinsbank AG, KPMG [VeHa01], Metro AG, Deutsche Industrie und Handelskammer, Universita¨tsseminar der Wirtschaft Schloss Gracht, Deutsche Sparkassenakademien, Ludwigs-Maximilians-Universita¨t Mu¨nchen oder Albert-Ludwigs-Universita¨t Freiburg unterstreicht die Bemu¨hungen ebenso wie den Erfolg der imc AG, fu¨r die noch „junge“ Doma¨ne E-Learning ein Standard-Anwendungssystem zu entwickeln.
Zugriff und Kontrolle
Lernorganisation
4.2
Benutzeroberflächen
n
IT-Infrastruktur
ge
n su
lö
en
Enterprise
Campus
CLIX1-Architekturebenen
h nc
a
r Market Place B
Systemverwaltung
Architekturebenen
Sicherheit
Sprachen Komponenten Repository
Bild 1
Ziel komponentenbasierter Frameworks ist es, die Brauchbarkeit von Anwendungssystemen fu¨r die Doma¨ne zu verbessern und gleichzeitig den Software-Entwicklungsprozess zu beschleunigen.
In Bild 1 ist die fachliche Systemarchitektur von CLIX1 abgebildet. Die Systemkomponenten verteilen sich auf 6 Ebenen, die logisch aufeinander aufbauen. Von oben nach unten gelesen spiegeln die Ebenen den Umfang und die Tiefe an Funktionalita¨ten wider, die einem Benutzer – abha¨ngig von den ihm zugeteilten Benutzerrechten – zur Verfu¨gung stehen. Von unten nach oben bilden die Architekturebenen implizit ein Vorgehensmodell zur Einfu¨hrung von CLIX1 ab. Anhand dieses „Bottom-Up“-Ansatzes werden
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CLIX – Learning-Management System
nachfolgend die Architekturebenen und ihre Komponenten beschrieben. Systemverwaltung Die Ebene Systemverwaltung umfasst alle Komponenten, mit deren Hilfe grundlegende und notwendige Systemkonfigurationseinstellungen vorgenommen werden. Hierbei sind die Komponenten der Pakete Sprachen, Benutzeroberfla¨chen, IT-Infrastruktur und Sicherheit von allgemeingu¨ltiger Relevanz, d. h. diese sind so auch bei anderen Internet-Applikationen unabha¨ngig vom Anwendungskontext anzutreffen bzw. einsetzbar. Das Sprachenpaket gewa¨hrleistet zum einen die Mehrsprachigkeit der Anwendung auf Benutzeroberfla¨chenebene. Zum anderen stellt es die Softwaredienste zur Verfu¨gung, die die mehrsprachige Verwaltung von Inhaltsobjekten, Kursen und Programmen ermo¨glichen. Mit Hilfe des IT-Infrastruktur-Paketes werden die zum Betrieb von CLIX1 notwendig einzusetzenden Web-, Applikations-, File- und Datenbank-Server konfiguriert und aufeinander abgestimmt. Das Paket Sicherheit bietet mehrere Verschlu¨sselungsverfahren fu¨r sichere Datentransaktionen. Die Komponenten des Paketes Benutzeroberfla¨che dienen dazu, an zentraler Stelle Sprachkonstrukte von HTML und Javascript zu verwalten, die zur dynamischen Generierung von HMTL-Seiten und zur Darstellung von Benutzeroberfla¨chenelementen eingesetzt werden. Dabei wird beru¨cksichtigt, dass Browser in Abha¨ngigkeit vom Hersteller und von den Produktversionen diese Sprachkonstrukte unterschiedlich interpretieren. Wie oben beschrieben, variieren je nach Anwendungssegment Daten, Prozesse, Begrifflichkeiten und damit auch der vom Kunden geforderte Funktionsumfang. Um diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen, kann CLIX1 mittels eines zentralen Komponenten-Repositorys vorkonfiguriert fu¨r Unternehmen, Bildungstra¨ger und Universita¨ten ausgeliefert werden. Das Komponenten-Repository bildet die Basis fu¨r zuku¨nftige Produktvarianten von CLIX1. Auf diese Weise ko¨nnen z. B. spezielle Branchenlo¨sungen angeboten werden, ohne dabei die verfolgte Single-Source-Strategie aufgeben zu mu¨ssen.
treiber des Learning-Management-Systems vorgesehene Organisationsmodell mit beliebiger Detailtiefe abzubilden. Ein solcher Ansatz impliziert, dass es auf Seiten der Anwendung keinerlei feste Vorgaben fu¨r Benutzerrollen und den mit ihnen verbundenen Zugriffsrechten geben darf. Aus diesem Grund ko¨nnen und mu¨ssen die vom Komponenten-Repository zur Verfu¨gung gestellten Komponenten im Kontext einer konkreten Anwendung initialisiert werden. Hierzu mu¨ssen fu¨r jede Komponente objektbezogene Zugriffsrechte und -kontrollen definiert werden. Den Berechtigungsprinzipien von Betriebssystemen folgend kann bestimmt werden, ob eine Komponente zur Verfu¨gung stehen soll und vom Anwender ausgefu¨hrt werden kann. Ebenso kann definiert werden, ob mittels der Komponente Objekte erstellt, bearbeitet, kopiert und gelo¨scht werden ko¨nnen. Weiterhin kann es notwendig sein, dass zur Laufzeit Benutzerberechtigungen von Administratoren flexibel vera¨ndert bzw. anderen Anwendern vererbt werden ko¨nnen. Um nun dedizierte Plattformrollen zu entwerfen, mu¨ssen die fu¨r die Komponenten festgelegten Benutzerberechtigungen mit den existierenden Organisationsstrukturen verbunden werden. Hierzu stellt CLIX1 einen Satz an Softwarepaketen fu¨r das Organisationsmanagement bereit, der u¨ber die Benutzer- und Gruppenverwaltung bis hin zur Administration von Mandanten reicht. Mittels komponentenbezogener ObjektRepositorys ko¨nnen beliebige Profilinformationen fu¨r Benutzer und Gruppentypen definiert werden. Die Mandantenfa¨higkeit
von CLIX1 ermo¨glicht es, Anwendungen, die logisch getrennt voneinander zu betreiben sind, auf einer gemeinsamen physikalischen Infrastruktur zu betreiben. Lerninhalte Die Erstellung und Verwaltung von Lernobjekten sowie von Kommunikations- und Kollaborationsobjekten, die zur Unterstu¨tzung von Instruktionsprozessen eingesetzt werden ko¨nnen, stehen im Mittelpunkt der Architekturebene Lerninhalte. Um dem Betreiber einen hohen Freiheitsgrad an Gestaltungsspielraum bei der Definition und dem Einsatz von Lerninhalten zu erlauben, stellt CLIX1 eine Vielzahl von Objekttypen zur Verfu¨gung, von denen individuelle Instanzen abgeleitet werden ko¨nnen. Solche Objekttypen sind in Tabelle 1 dargestellt. Die fachlichen Mo¨glichkeiten, die ein solcher Ansatz ero¨ffnet, verdeutlicht folgendes Beispiel: Das wissenschaftliche Personal an einer Universita¨t „produziert“ eine Vielzahl von Textdokumenten, die im Rahmen von virtuellen Aus- und Weiterbildungsangeboten eingesetzt werden ko¨nnen. Dem Ersteller von solchen Angeboten wie auch dem Lernenden erschließen sich der Nutzen bzw. die Einsatzmo¨glichkeiten des Instruktionsmediums in erster Linie nicht u¨ber physische Dateiformate wie *.doc oder *.rtf. Das „Wesen“ des Textdokumentes muss daher definiert werden, wie beispielsweise Buch, Skript, Zeitschriftenaufsatz, Forschungsbericht, Seminarprotokoll usw. Fu¨r jede so gebildete Objektklasse ko¨nnen Attribute definiert
Tabelle 1 Typen von unterstu¨tzten Instruktionsobjekten in CLIX1 Medien & & & & & & & & &
Lernorganisation Die Komponenten der Ebene Lernorganisation werden eingesetzt, um das vom Be-
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&
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Typen von Lernobjekten Aufgaben und Tests
Text Pra ¨ sentation Animation Glossar Linkliste FAQ Video Audio Computer-Based Training Web-Based Training
& & & & &
& & & & & &
Eingangstest Zwischentest Abschlusstest Einfach-Multiple-Choice Mehrfach-MultipleChoice Lu¨ckentext Freitextaufgabe Assoziationsaufgabe Zuordnungsaufgabe Umordnungsaufgabe Image Map
Typen von Kommunikationsund Kollaborationsobjekten & & & &
Chat Diskussionsforum Schwarzes Brett Dokumentenarchiv
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Frank Milius
werden, welche ihre Instanzen inhaltlich beschreiben. Hierzu bietet das MetadatenRepository einen Satz an Attributen an, die pro Objektklasse frei wa¨hlbar sind. Besondere Beru¨cksichtigung finden in diesem Zusammenhang Beschreibungsattribute von internationalen E-Learning-Standards [Dodd01; AICC01]. Als weitere Komponenten auf dieser Architekturebene stehen Autorenwerkzeuge zur Verfu¨gung. Sie unterstu¨tzen die Inhaltsverantwortlichen erstens bei der Erstellung von Lerninhalten. Zweitens bieten sie u¨ber definierte (XML-)Schnittstellen die Mo¨glichkeit, existierende, bereits internetfa¨hige Inhalte zu importieren, bis hin zur Transformation von Textdateien in Web-Based Trainings. Lernprozesse Mit Hilfe der Softwaredienste der Lernprozessebene werden konkrete Bildungsmaßnahmen zusammengestellt und verwaltet. Ebenso wie bei Instruktionsobjekten ko¨nnen verschiedene Instanzen von einzelnen Pra¨senzveranstaltungen, Kursen, Communitys und Programmen abgeleitet und mit Attributen zur Beschreibung ihrer Eigenschaften versehen werden. Typische In-
Bild 2
Perso¨nliche Startseite
stanzen von Pra¨senzveranstaltungen an Universita¨ten sind beispielsweise Vorlesungen, bungen, Seminare oder Exkursionen. Die Komponente Lernlogik ermo¨glicht es, Curricula fu¨r einzelne oder mehrere miteinander verknu¨pfte Bildungsangebote zu definieren. Es werden insbesondere Lernziele, Lerninhalte, Lernpfade, Handlungsanweisungen fu¨r Lerner und Tutoren, Methoden zur Lernfortschrittskontrolle inklusive Regeln und Zeitparameter bestimmt. Die Lernlogik-Komponente unterstu¨tzt sowohl die Erstellung von unstrukturierten, lernergesteuerten als auch von strukturierten Lernarrangements auf der Basis von „wenn . . . dann“-Ausfu¨hrungsregeln. Mittels dieser Ausfu¨hrungsregeln kann systemseitig auch ein automatisiertes Anpassungsverhalten (Adaptivita¨t) des Lernpfades definiert werden, beispielsweise das Freischalten von unterstu¨tzenden Zusatzmodulen. Weiterhin kann jede Bildungsmaßnahme mit Fa¨higkeiten und Fertigkeiten verbunden werden, u¨ber die ein Lernender nach erfolgreicher Absolvierung dieser Bildungsmaßnahme verfu¨gen soll. Hierzu steht dem Betreiber eine frei definierbare Taxonomie zur Verfu¨gung. Insbesondere beim Einsatz von CLIX1 in Unternehmen
dient diese Taxonomie zur zielgerichteten Steuerung von Weiterbildungsmaßnahmen im Rahmen der Personalentwicklung. Sie kann zudem als Ausgangsbasis fu¨r die Strukturierung von Wissensnetzwerken herangezogen werden [Krae01]. Vor der „Freischaltung“ eines Bildungsangebotes ist es notwendig, die relevante Zugangsform zu bestimmen. Diesen Dienst erbringt die Komponente Buchungsprozesse und -workflows. Als Buchungsarten kommen Selbstanmeldung und Fremdanmeldung zum Einsatz, die ihrerseits unterschiedliche Benachrichtigungs-, Besta¨tigungs- und Verwaltungsprozesse auslo¨sen ko¨nnen. Perso¨nlicher Arbeitsplatz Die Komponenten der Ebene Perso¨nlicher Arbeitsplatz unterstu¨tzen den Benutzer bei der Planung, Organisation und Durchfu¨hrung seiner Lern-, Lehr- oder Verwaltungsaktivita¨ten. Zentrales Element stellt in diesem Zusammenhang eine personalisierte Startseite dar, die dem Benutzer, in Abha¨ngigkeit von den definierten und ihm zugeordneten Plattformrollen, den Zugriff auf seine Informationsobjekte und Systemkomponenten bereit stellt. Eine personalisierte Startseite ist in Bild 2 exemplarisch dargestellt. ber die Komponenten Katalog und Bibliothek ko¨nnen Bildungsangebote und frei zur Verfu¨gung gestellte Lernmedien in strukturierter Form verwaltet, angeboten, durchsucht und bezogen werden. Dem Lernenden werden Werkzeuge angeboten, die einen berblick und Statusinformationen zu laufenden, abgeschlossenen und gebuchten Kursen geben. Aktionen von Lernenden, wie beispielsweise die Nutzungsha¨ufigkeit eines Web-Based Trainings, ko¨nnen, sofern erlaubt bzw. gewu¨nscht, mitprotokolliert (Tracking) werden. Dies ermo¨glicht es Tutoren, den Lernfortschritt bis hin auf Individualebene zu beobachten (Monitoring), um gegebenenfalls korrigierend in den Lernprozess einzugreifen. Auf der Basis von Daten, die beim Tracking und Monitoring gewonnen werden, ko¨nnen aggregierte Reports erstellt werden. Damit lassen sich Bildungsangebote formativ und summativ evaluieren. Benutzer, deren Aufgabe es ist, die Plattform administrativ zu betreiben, ko¨nnen auf der Ebene von definierten Bildungsangeboten Teilnehmer und Tutoren verwalten, erbrachte Leistungen verrechnen
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CLIX – Learning-Management System
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und Statistiken u¨ber die Nutzung und den Erfolg der durchgefu¨hrten Maßnahmen erstellen. So kann, im Sinne eines aktiven Bildungscontrollings, die Nachhaltigkeit der Investition in ein Learning-ManagementSystem sichergestellt werden. Komponenten, mit deren Hilfe Benutzer ihre Profil- und Zugangsdaten verwalten ko¨nnen, stehen allen Plattformrollen zur Verfu¨gung. Zu dieser Kategorie za¨hlen auch „Officeanwendungen“ wie Adressbuch, Kalender, Notizblock und ein CLIX1-internes E-Mail-System. Weiterhin stehen Werkzeuge zur Erstellung von Personenverzeichnissen bereit, mit deren Hilfe organisationsspezifische Wissenslandkarten angelegt werden. Diese ko¨nnen von den Anwendern nicht nur durchsucht, sondern auch aktiv gepflegt werden.
Browser
Bild 3
Web-Server
Servlet Engine
CLIX® E-LearningFramework
JDBC
Datenbank
CLIX1 Software-Architektur
Datenbank-Server
Browser Load Fail Over
Portaldienste Die Softwarekomponenten der Portalebene dienen prima¨r zur Vermarktung des Bildungsangebots und zur Darstellung des Betreibers des Learning-Management-Systems gegenu¨ber aktiven, aber auch potenziellen „Kunden“.
Browser Balancing Web-/ Application-Server
Fail Over Content-Server
Browser
Hierzu ko¨nnen Hitlisten konfiguriert und erstellt werden, die dem Benutzer anzeigen, welche Bildungsangebote beispielsweise am ha¨ufigsten genutzt oder von den Anwendern am besten bewertet wurden. Redaktionswerkzeuge ermo¨glichen es, auf den Portalseiten Nachrichten zu platzieren und zu pflegen. Als Vermarktungsdienste stehen zum einen eine Newsletter-Komponente zur Verfu¨gung, u¨ber die der Betreiber E-Mail-gestu¨tzte Versandaktionen durchfu¨hren kann. Zum zweiten ko¨nnen sich Anwender zu verschiedenen Themengebieten, die vom Betreiber definiert werden, individuelle Informationsabonnements konfigurieren. Sind neue Kurse, Diskussionsforen, Lernmedien usw. in der Plattform vorhanden, wird der Anwender systemseitig davon in Kenntnis gesetzt. Abschließend sind auf der Portalebene Komponenten angeordnet, mittels derer sich ein Benutzer auf der Plattform registrieren und anmelden kann.
4.3
Technische Systemkomponenten
CLIX1 basiert systemtechnisch auf einer Client-Server-Architektur, die sich aus den
Bild 4
Skalierbarkeit von CLIX1
Bestandteilen Browser, Web-Server, Applikationsserver (Servlet Engine) und Datenbankserver zusammensetzt. Dies ist in Bild 3 dargestellt. Die Nutzung des Gesamtsystems erfolgt sowohl fu¨r Lernende als auch fu¨r Nutzer mit weiter reichenden Berechtigungen, wie z. B. Administratoren, vollsta¨ndig Browser-gesteuert. Werden vom Web-Client Daten von der Applikation angefordert, leitet der WebServer diese Anfrage an den Applikationsserver weiter, der seinerseits die Businesslogik zur Verfu¨gung stellt. Die Businesslogik ist mittels plattformneutraler Java-Komponenten (Servlets) abgebildet. Die Gesamtheit der Java-Komponenten stellt das E-Learning Framework dar. Ein angesprochenes Servlet fordert dann Daten vom Datenbankserver u¨ber einen JDBCTreiber (Java Database Connectivity) an. Die Datenbank u¨bergibt die beno¨tigten Informationen ihrerseits an das Servlet, welches die Daten verarbeitet und die Ergebnisse als dynamisch generierte Web-Seiten
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u¨ber den Web-Server an den Client zuru¨ckliefert. Die Plattformneutralita¨t von Java erlaubt es, eine Vielzahl an unterschiedlichen Hard- und Softwarekomponenten fu¨r den Betrieb von CLIX1 zu nutzen, die standardma¨ßig bei Internet-Anwendungen zum Einsatz kommen. Gleichzeitig ermo¨glichen diese Standard-Technologien sowohl einen verteilten Applikationsbetrieb wie auch eine verteilte Datenhaltung. Die Skalierungsfa¨higkeit muss als kritischer Erfolgsfaktor fu¨r Learning-Management-Systeme angesehen werden. In der Regel sollen in der Endausbaustufe eines Anwendungsszenarios mehrere zehntausend Benutzer auf eine Lernplattform zugreifen ko¨nnen. Außerdem ist es aufgrund von immer noch geringen Bandbreiten notwendig, datenintensive Inhalte auf dezentrale Content-Server zu verteilen. Wie Bild 4 zeigt, bestehen Skalierungsmo¨glichkeiten nicht nur in der Verteilung von Systemkomponenten auf unterschiedliche Applikationsserver, sondern auch in der Duplizierung von Applikationsservern. Hierzu
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Frank Milius
werden Loadbalancing-Techniken eingesetzt, die Benutzeranfragen auf Anwendungsserver leiten, die zum Zeitpunkt des Zugriffs weniger Belastung ausgesetzt sind als andere Server im Verbund. FailoverTechnologien werden eingesetzt, um die Ausfallsicherheit fu¨r Datenbanken und Content-Server zu gewa¨hrleisten.
5 Ausblick Abschließend werden vier Thesen zur Evolution von Learning-Management-Systemen aufgestellt. Sie reflektieren, da aus der Sicht eines Softwareanbieters formuliert, in erster Linie produktstrategische berlegungen. Gleichzeitig sollen sie aber auch Gedankenansto¨ße liefern, um den notwendigen konstruktiven Diskurs zwischen Wirtschaftsinformatikern, die sich mit E-Learning i.w.S. bescha¨ftigen, anzuregen. 1. Learning-Management-Systeme werden, dem Leitgedanken einer EDV-orientierten Betriebswirtschaftslehre folgend [Sche90], die Gestaltung und Weiterentwicklung der Doma¨ne ELearning beeinflussen und vorantreiben. Kurzfristig wird die Definition von echten Standards hinsichtlich Daten, Prozessen und Begrifflichkeiten im Fokus der Softwarehersteller stehen. Hierzu sind die vielfa¨ltigen und unterschiedlichen Anforderungen, die von Unternehmen, Bildungsdienstleistern und Universita¨ten an LearningManagement-Systeme gestellt werden, systematisch zu erfassen. Diese Anforderungen sind, in Abha¨ngigkeit von organisatorischen und fachlichen Rahmenbedingungen, auf Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede hin zu analysieren und zu dokumentieren. Aus Sicht der Wirtschaftsinformatik ko¨nnen Referenzmodelle in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag liefern. 2. Learning-Management-Systeme werden sich als betriebswirtschaftliche Standardanwendungen sowohl in Unternehmen als auch an Universita¨ten etablieren, da sie systemtechnisch die operativen Gescha¨ftsprozesse im Rahmen von Aus- und Weiterbildungsaktivita¨ten durchga¨ngig unterstu¨tzen. In beiden Fa¨llen, insbesondere jedoch im Falle der Hochschulen, werden Learning Mangement Systeme zusa¨tzlich einen wesentlichen Beitrag bei der Implementierung einer strategisch ausgerichteten
Organisationsentwicklung leisten. Betrachtet man in diesem Zusammenhang die Forderung nach der Austauschbarkeit von Lerninhalten zwischen Learning-Management-Systemen, besteht die Chance, dass sie die Rolle eines Enablers von Public-Private-Partnership-Modellen zwischen Hochschulen und Unternehmen einnehmen ko¨nnen. 3. Plattformneutrale, Komponenten-basierte Frameworks werden sich als Architekturansa¨tze fu¨r LearningManagement-Systeme durchsetzen. Zum einen, weil im Mittelpunkt von fachlichen Entwurfsentscheidungen die Anwendungsdoma¨ne steht. Vor allem aber, weil Komponenten die notwendige Flexibilita¨t im Hinblick auf kundenindividuelle Systemlo¨sungen bieten. Insbesondere ermo¨glichen sie die effiziente Integration des LearningManagement-Systems in bestehende, komplexe E-Business-Infrastrukturen. 4. Mittelfristig werden LearningManagement-Systeme im Zuge einer vertikalen Integration KnowledgeManagement-Applikationen und Content-Management-Anwendungen ersetzen, nicht nur, weil eine solche Entwicklung fachlich nahe liegt und als sinnvoll erachtet werden kann. Vielmehr werden marktgetriebene Konsolidierungsprozesse auf Anbieterseite diesen Prozess fordern und fo¨rdern.
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Abstract CLIX – learning management for enterprises, education providers and universities This article describes typical situations in which learning management systems are used. Afterwards, it is pointed out which requirements for the architecture of learning management systems result from the examples mentioned. Based on this, the technical and technological system architecture of the learning management system CLIX1 is presented. The article is concluded by theses about the evolution of learning management systems. Keywords: e-learning, learning management system, component based framework architecture, CLIX1 corporate learning & information eXchange
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WI – Schlagwort
Application Integration
1 Begriffsbestimmung Die Autoren
Stephan Mantel Martin Schissler Dipl.-Wirtsch.-Inf. Stephan Mantel, Dipl.-Wirtsch.-Inf. Martin Schissler, Projekt OASYS – Bayerischer Forschungsverbund Wirtschaftsinformatik (FORWIN), Lehrstuhl fu¨r Wirtschaftsinformatik, insbesondere Systementwicklung und Datenbankanwendung, Otto-Friedrich-Universita ¨ t Bamberg, 96045 Bamberg, E-Mail: {stephan.mantel|martin.schissler}@wiai.uni-bamberg.de
Eine wichtige Vorraussetzung fu¨r die Gestaltung von innerbetrieblichen und u¨berbetrieblichen Gescha¨ftsprozessen ist die Integration der zugeho¨rigen Anwendungssysteme. Ansa¨tze zur Erreichung einer solchen Integration werden in der einschla¨gigen Literatur unter dem Begriff Application Integration diskutiert (vgl. z. B. [Lint01]). Anwendungssysteme fu¨hren automatisierte Aufgaben von Gescha¨ftsprozessen durch und stellen daher maschinelle Aufgabentra¨ger dar. Bestehen Beziehungen zwischen Aufgaben, die unterschiedlichen Anwendungssystemen zugeordnet sind, so ergibt sich die Notwendigkeit zur Integration der Anwendungssysteme. In der Praxis finden sich zahlreiche unterschiedliche Einsatzszenarien der Anwendungssystem-Integration. Unterschieden werden z. B. EAI (Enterprise Application Integration) und B2B (Business-to-Business), wobei die Begriffe jedoch teilweise recht unscharf verwendet werden. Eine Strukturierung des Problembereichs kann durch eine Unterscheidung zwischen einer inner- und einer u¨berbetrieblichen Anwendungssystem-Integration erfolgen. Hierbei werden zum einen die Aufgabenbeziehungen und zum anderen die Beziehungen zwischen den zu integrierenden Anwendungssystemen betrachtet: &
Aufgabenbeziehungen: Sind die zu integrierenden Aufgaben die Aufgaben eines einzigen Unternehmens, so spricht man von innerbetrieblichen Aufgabenbeziehungen. Sind die zu integrierenden
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&
Aufgaben unterschiedlichen Unternehmen zugeordnet, liegen u¨berbetriebliche Aufgabenbeziehungen vor. Anwendungssystem-Beziehungen: Werden die zu integrierenden Anwendungssysteme von einem einzigen Unternehmen betrieben, so kann man von innerbetrieblichen AnwendungssystemBeziehungen sprechen. Werden die Anwendungssysteme von verschiedenen Unternehmen betrieben, resultiert dies in u¨berbetrieblichen Anwendungssystem-Beziehungen.
Hieraus ergeben sich die in Bild 1 dargestellten vier Kombinationsmo¨glichkeiten. Zum Beispiel liegt bei der Kombination von innerbetrieblichen Aufgabenbeziehungen und u¨berbetrieblichen Anwendungssystem-Beziehungen aus Sicht der Aufgaben eine innerbetriebliche, aus Sicht der Anwendungssysteme hingegen eine u¨berbetriebliche Anwendungssystem-Integration vor. Die Integration von Anwendungssystemen kann auf zwei verschiedenen Wegen erreicht werden. Eine nicht- oder teil-automatisierte Kopplung kann durch einen gemeinsamen personellen Aufgabentra¨ger (vgl. [FeSi01, 221]) oder durch mehrere koordinierte personelle Aufgabentra¨ger erfolgen. Ein ho¨herer Automatisierungsgrad bis hin zu einer Voll-Automatisierung kann durch Einsatz einer Kopplungsarchitektur erreicht werden. Unter einer Kopplungsarchitektur wird dabei eine Projektion auf die Anwendungssystem-Architekturen von zwei oder mehreren integrierten Anwendungssystemen verstanden. Sie umfasst alle fu¨r die Integration relevanten Elemente
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Stephan Mantel, Martin Schissler
der integrierten Anwendungssysteme sowie die Beziehungen zwischen diesen Elementen. Die Kopplung von Anwendungssystemen kann im Rahmen einer Kopplungsarchitektur auf drei unterschiedliche Arten erfolgen. Diese unterscheiden sich in der Art der Beziehung zwischen den, von den Anwendungssystemen umfassten Aufgabenrealisierungen: &
&
&
Lose Kopplung von Aufgabenrealisierungen verschiedener Anwendungssysteme durch die bertragung von Ereignissen und zugeho¨rigen Daten. Enge Kopplung von Aufgabenrealisierungen verschiedener Anwendungssysteme durch die gemeinsame Nutzung von Daten. Gemeinsame Nutzung einer Aufgabenrealisierung durch mehrere Anwendungssysteme.
In diesem Beitrag werden zur Differenzierung dieser drei Arten von Kopplungsarchitekturen die Begriffe ereignisorientierte Kopplungsarchitektur, datenorientierte Kopplungsarchitektur und verfahrensorientierte Kopplungsarchitektur verwendet.
2 Potenziale Die Kopplung von Anwendungssystemen u¨ber personelle Aufgabentra¨ger war vor allem in der Vergangenheit ha¨ufig anzutreffen. Die Potenziale dieser Form der Anwendungssystem-Integration sind als relativ gering anzusehen. Die Anwen-
innerbetrieblich überbetrieblich
AS-Beziehungen
Aufgabenbeziehungen innerbetrieblich
überbetrieblich
Diese Kombination wird im Allgemeinen unter dem Begriff Enterprise Application Integratrion (EAI) diskutiert.
Betrieb eines AwS durch ein Unternehmen, wobei das AS unternehmensfremde Aufgaben durchführt.
Auslagerung des Betriebs eines AwS zu einem ASPAnbieter (Application Service Providing)
Diese Kombination wird im Allgemeinen unter dem Begriff Business-toBusiness (B2B) diskutiert.
Bild 1 Inner- vs. u¨berbetriebliche Integration von Anwendungssystemen (AwS)
dungssystem-Integration mittels einer Kopplungsarchitektur bietet dem gegenu¨ber bedeutend mehr Vorteile. Im Weiteren werden daher ausschließlich diese Ansa¨tze betrachtet. Die grundsa¨tzlichen Vorteile einer Anwendungssystem-Integration durch Einsatz einer Kopplungsarchitektur sind seit mehreren Jahrzehnten bekannt. Die Potenziale einer ereignisorientierten Kopplungsarchitektur sind vor allem in der Automatisierung der bertragung von Ereignissen und Daten zwischen Anwendungssystemen begru¨ndet, wodurch Durchlaufzeiten wesentlich verku¨rzt werden ko¨nnen. Weitere Effekte sind die Vermeidung von Medienbru¨chen und die Vermeidung von Fehlern, die bei der manuellen Erfassung der Daten nie vollsta¨ndig ausgeschlossen werden ko¨nnen. Durch die gemeinsame Nutzung von Daten durch mehrere Anwendungssysteme kann bei einer datenorientierten Kopplungsarchitektur die Mehrfacherfassung der Daten vermieden werden, wodurch auch hier die Durchlaufzeiten gesenkt werden ko¨nnen. Außerdem werden der Aufwand zur Pflege der Daten verringert, Medienbru¨che verhindert und Fehler bei der Eingabe reduziert. Die Konsistenz der gemeinsam genutzten Daten wird durch die Kopplungsarchitektur anwendungsu¨bergreifend sichergestellt. Die Potenziale einer verfahrensorientierten Kopplungsarchitektur ergeben sich aus der einmaligen Implementierung der gemeinsam durch mehrere Anwendungssysteme genutzten Aufgabenrealisierung. Dies hat den Vorteil, dass der Aufwand zur Pflege der Aufgabenrealisierungen reduziert wird und Fehler vermieden werden, die durch inkonsistente mehrfache Pflege entstehen ko¨nnen. Weitere Potenziale ergeben sich aus der Tatsache, dass die gemeinsam genutzten Aufgabenrealisierungen auch Daten beinhalten. Diese entsprechen den Potenzialen einer datenorientierten Kopplungsarchitektur. Die Ausnutzung der genannten Potenziale war in der Vergangenheit aufgrund unzureichender Architekturkonzepte und Basistechnologien nur eingeschra¨nkt mo¨glich. Als besonders problematisch erwies sich die Verwendung monolithischer Anwendungssystem-Architekturen. Man beschra¨nkte sich deswegen vor allem auf den Fall der innerbetrieblichen Anwendungssystem-Inte-
gration. Neuere Entwicklungen in diesen Bereichen ermo¨glichen mittlerweile eine bessere Ausnutzung der beschriebenen Potenziale, sowie die Realisierung von Kopplungsarchitekturen, die als Grundlage fu¨r neue und innovative betriebswirtschaftliche Konzepte dienen ko¨nnen. Diese sind vor allem auf eine Verbesserung der Koordination innerhalb von Unternehmen und zwischen Unternehmen ausgerichtet. So setzt z. B. das Supply-Chain-ManagementKonzept Vendor-Managed Inventory voraus, dass die Anwendungssysteme eines Lieferanten Zugriff auf die Daten der Lagerverwaltungssysteme seiner Kunden haben. Dies kann durch eine datenorientierte Kopplungsarchitektur erreicht werden.
3 Kopplungsarchitekturen Bei der Kopplung von Anwendungssystemen mittels einer Kopplungsarchitektur wird zwischen Anwendungssystem-Kern und Kopplungs-Subsystem unterschieden. Der Anwendungssystem-Kern entha¨lt Elemente, die nicht fu¨r die Integration der Anwendungssysteme relevant sind bzw. nicht ausschließlich im Integrationskontext genutzt werden. Das Kopplungs-Subsystem entha¨lt Elemente, die ausschließlich der Integration von Anwendungssystemen dienen. Kopplungs-Subsysteme ko¨nnen der Integration innerhalb eines Anwendungssystems (Intra-Integration) oder der Integration zwischen Anwendungssystemen (Inter-Integration) dienen. Die Kopplungsarchitektur eines Anwendungssystems umfasst den im jeweiligen Integrationskontext genutzten Teil des AnwendungssystemKerns, sowie das der Inter-Integration dienende Kopplungs-Subsystem. Ereignisorientierte Kopplungsarchitekturen Eine ereignisorientierte Kopplungsarchitektur ermo¨glicht die automatisierte bertragung von Ereignissen und zugeho¨rigen Daten zwischen Anwendungssystemen. Das Kopplungs-Subsystem u¨bernimmt hierbei vor allem die Abwicklung der Kommunikation zwischen den Anwendungssystemen. Außerdem entha¨lt es typischerweise Funktionen zur Ermittlung der Empfa¨nger eines Ereignisses, und Funktionen zur berwindung einer zwischen Quell- und Ziel-Anwendungssystem eventuell vorhandenen technischen und fachlichen Heterogenita¨t.
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Application Integration
Der Austausch von Ereignissen zwischen Anwendungssystemen erfolgt ha¨ufig in Form von Szenarien, die nicht nur ein einzelnes Ereignis, sondern eine ganze Sequenz von Ereignissen umfassen. Zur Behandlung von solchen Sequenzen muss das Kopplungs-Subsystem um Funktionen eines Workflow-Management-Systems erweitert werden. Konkret handelt es sich hierbei um Funktionen zur Definition von Workflows, zur Verwaltung des aktuellen Zustands einer Workflow-Instanz und zur Weiterleitung von Ereignissen unter Beru¨cksichtigung des aktuellen Zustands der zugeho¨rigen Workflow-Instanz. Datenorientierte Kopplungsarchitekturen Eine datenorientierte Kopplungsarchitektur ermo¨glicht die gemeinsame Nutzung von Daten durch mehrere Anwendungssysteme. Hinsichtlich ihrer Realisierung kann zwischen einer nicht-redundanten und einer redundanten Haltung der gemeinsam genutzten Daten unterschieden werden. Bei letzterer Variante hat jedes Anwendungssystem eine eigene Kopie der Daten. Die nicht-redundante Haltung, die ha¨ufig auch als physische Datenintegration bezeichnet wird, findet sich vor allem im Bereich EAI. Im Problembereich B2B hingegen findet sich eher die redundante Haltung von Daten, da durch sie eine gro¨ßere Unabha¨ngigkeit der integrierten Anwendungssysteme erreicht werden kann. Auch hier u¨berwindet das Kopplungs-Subsystem die eventuell vorhandene technische und fachliche Heterogenita¨t. Bei einer nicht-redundanten Haltung ermo¨glicht das Kopplungs-Subsystem außerdem den Anwendungssystemen den Zugriff auf die gemeinsamen Daten. Werden die Daten redundant gespeichert, so stellt sich vor allem das Problem der Gewa¨hrleistung der Datenkonsistenz. Hierzu sind entsprechende Mechanismen in das Kopplungs-Subsystem aufzunehmen. Sollen mehrere Anwendungssysteme schreibend auf die gemeinsamen, redundant gehaltenen Daten zugreifen ko¨nnen, dann werden z. B. Mechanismen beno¨tigt, die eine 1-Kopien-Serialisierbarkeit sicherstellen. Verfahrensorientierte Kopplungsarchitekturen Eine gemeinsame Nutzung von Aufgabenrealisierungen durch mehrere Anwendungssysteme kann durch eine verfahrensorientierte Kopplungsarchitektur erreicht werden. hnlich wie bei der datenorien-
173
tierten Kopplungsarchitektur kann auch hier zwischen einer redundanten und einer nicht-redundanten Speicherung des die gemeinsam genutzte Aufgabenrealisierung implementierenden Programmmoduls differenziert werden. Zusa¨tzlich muss unterschieden werden, ob die Aufgabenrealisierung in einem oder in getrennten Prozessen ausgefu¨hrt wird. Bei letzterer Variante fu¨hrt jedes Anwendungssystem die Aufgabenrealisierung in einem eigenen Prozess aus. Die sich durch Kombination der beschriebenen Dimensionen ergebende 4-Felder-Matrix ist mit Ausnahme der Kombination redundante Speicherung des Programmmoduls/gemeinsamer Prozess vollsta¨ndig besetzt.
entierte Middleware, wie beispielsweise ein SQL-Gateway in Verbindung mit einer ODBC- bzw. JDBC-Schnittstelle, verwendet. Werden weiterfu¨hrende Funktionen hinsichtlich Transformation und Routing der Daten beno¨tigt, so werden auch hier Integration Server eingesetzt. Sind die gemeinsam genutzten Daten redundant zu speichern, so ko¨nnen außerdem entweder die Replikationsmechanismen der eingesetzten Datenbankverwaltungssysteme oder spezielle, vor allem im Data-Warehouse-Umfeld verbreitete, Extraktions-, Transformations- und Lade-Werkzeuge (ETL-Werkzeuge) genutzt werden, um die Datenkopien zu erstellen und konsistent zu halten.
Bei der Nutzung eines gemeinsamen Prozesses muss das Kopplungs-Subsystem die zentral gehaltene Aufgabenrealisierung verwalten und nach außen anbieten. Dies umfasst die Abwicklung der Kommunikation, die berwindung der fachlichen und technischen Heterogenita¨t, die Weitergabe der Aufrufe an die zusta¨ndige Aufgabenrealisierung, die Koordination paralleler Zugriffe und die Zugriffskontrolle. Bei einer redundanten Haltung des Programmmoduls wird durch das Kopplungs-Subsystem vor allem die Konsistenz der Kopien sichergestellt.
In der Vergangenheit wurden verfahrensorientierte Kopplungsarchitekturen vor allem unter Verwendung von TP-Monitoren realisiert (vgl. zu TP-Monitoren [GrRe94]). Heutzutage werden hierfu¨r versta¨rkt Komponententechnologien, wie CORBA, COMþ oder EJB eingesetzt.
Werden die in den Aufgabenrealisierungen beinhalteten Daten redundant gehalten, so sind Mechanismen zur Kontrolle dieser Redundanz vorzusehen. Diese entsprechen den bereits im Rahmen der datenorientierten Kopplungsarchitektur diskutierten Mechanismen.
4 Technologien Zur Realisierung einer ereignisorientierten Kopplungsarchitektur kommen meist so genannte Integration Server zum Einsatz, die Transformations- und Routingfunktionen fu¨r ein- und ausgehende Nachrichten bereitstellen. Die Transformation der Nachrichten kann z. B. auf Basis eines XSLT-Prozessors erfolgen. Fu¨r den Transport der Nachrichten werden MessageQueuing-Systeme, wie z. B. MQSeries von IBM, verwendet. Als Nachrichtenformat dient ha¨ufig XML, als bertragungsprotokoll HTTP. Zur Realisierung einer datenorientierten Kopplungsarchitektur wird meist datenori-
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5 Entwicklungstendenzen Eines der gro¨ßten Probleme bei der Anwendungssystem-Integration, die Bewa¨ltigung der fachlichen Heterogenita¨t, wird in Zukunft durch die versta¨rkte Verbreitung standardisierter XML-Gescha¨ftsvokabulare und Gescha¨ftsprozessstandards entscha¨rft werden. Mit ebXML (vgl. z. B. [ebXM01]), RosettaNet (vgl. z. B. [Rose01]) und OAGIS (vgl. z. B. [OAG01]) sind hier bereits viel versprechende Standardisierungsbemu¨hungen zu verzeichnen. Die Anwendungssystem-Integration wird zuku¨nftig außerdem durch das Konzept der Web Services erleichtert werden. Obwohl eine einheitliche Definition des Begriffs Web Service zurzeit nicht vorhanden ist, ko¨nnen sie jedoch allgemein als Software-Komponenten verstanden werden, die Dienste durch wohl definierte Schnittstellen u¨ber standardisierte Web-Protokolle zur Verfu¨gung stellen und die u¨ber zentrale Verzeichnisse gefunden werden ko¨nnen. Sie werden ha¨ufig unter Verwendung der XML-basierten Sprachen und Protokolle UDDI (Universal Description, Discovery and Integration), WSDL (Web Service Description Language) und SOAP (Simple Object Access Protocol) realisiert (vgl. hierzu [UDDI01], [W3C01a], [W3C01b]).
Generell ist eine Tendenz zu ho¨heren Basismechanismen zu beobachten. Dies a¨ußert sich v. a. in einer Anreicherung der zur Realisierung von Kopplungsarchitekturen eingesetzten Produkte um fachliche Funktionen. Hierdurch wird eine schnelle und kostengu¨nstige Implementierung von Kopplungsarchitekturen ermo¨glicht.
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Literatur
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[ebXM01] ebXML. http://www.ebxml.org, Abruf am 2001-12-17. [FeSi01] Ferstl, O. K.; Sinz, E. J.: Grundlagen der Wirtschaftsinformatik. Band 1, 4. u¨berarbeitete und erweiterte Auflage. Oldenbourg, Mu¨nchen 2001. [GrRe94] Gray, J.; Reuter, A.: Transaction processing – concepts and techniques. 2. Auflage. Kaufmann, San Mateo 1994. [Lint01] Linthicum, D. S.: B2B Application Integration – e-Business-Enable Your Enterprise. Addison-Wesley, Boston 2001. [OAG01] Open Applications Group. http://www.openapplications.org, Abruf am 2001-12-17. [Rose01] RosettaNet. http://www.rosettanet.org, Abruf am 2001-12-17. [UDDI01] UDDI. http://www.uddi.org, Abruf am 2001-12-18. [W3C01a] World Wide Web Consortium, Web Service Description Language. http://www.w3.org/ TR/wsdl/, Abruf am 2001-12-18. [W3C01b] World Wide Web Consortium, Simple Object Access Protocol. http://www.w3.org/ TR/SOAP/, Abruf am 2001-12-18.
Redundanzfreie relationale Bestandsführung Integritätsprüfungen Datenauswahl und Sicherung von Abfrageergebnissen Objekttypen und Methoden Sammlung von Objekten Objekt-Tabellen und Objekt-Views Rechte- und Rollen-Konzept Einbettung von SQL-Anweisungen Im Zeichen von Internet und eCommerce werden zunehmend datenbankgestützte Applikationen benötigt. Das Buch vermittelt das notwendige Grundwissen und die aktuellen Techniken für den Einsatz von SQL und die Programmierung von ORACLE-Datenbanken. Insbesondere werden die ORACLE-spezifische Programmiersprache PL/SQL und das Precompilersystem PRO*C/C++ berücksichtigt.
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Mein Spezialgebiet
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WI – Interview
Interview mit Peter Gerard
Werdegang Mit Wirkung vom 17. Oktober 2000 wurde Peter Gerard in den Vorstand der KarstadtQuelle AG und zugleich zum Vorstandsvorsitzenden der KarstadtQuelle New Media AG berufen. Er ist im Vorstand der KarstadtQuelle AG zusta ¨ ndig fu¨r die Ressorts „Neue Medien und Services“. 1966 nahm Gerard als System Ingenieur seine Ta ¨ tigkeit bei IBM Deutschland auf. Dort bekleidete er verschiedene Positionen in der Fertigung, Forschung & Entwicklung sowie Marketing & Vertrieb in den USA und Europa.
Peter Gerard
Interviewt von
1989 wechselte er zur Deutschen Bank AG in Eschborn. 1990 wurde er zum Generalbevollma ¨ chtigten, 1996 zum Mitglied des Bereichsvorstandes der Group Services Division benannt. In beiden Positionen war Gerard weltweit zusta ¨ ndig fu¨r die Ressorts Informationstechnologie, Clearing Services und Einkauf. 1999 nahm Peter Gerard als Mitglied des Vorstandes bei der Mannesmann AG in Du¨sseldorf seine Ta ¨ tigkeit auf. Dort zeichnete er fu¨r die Bereiche Tele-Commerce und Informations-Technologie verantwortlich.
Peter Mertens Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Peter Mertens, Universita ¨ t Erlangen-Nu¨rnberg, Bereich Wirtschaftsinformatik I, Lange Gasse 20, D-90403 Nu¨rnberg, E-Mail:
[email protected]
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WI: KarstadtQuelle war einer der Pioniere unter den Shopping Malls und wurde wegen der Kinderkrankheiten hart kritisiert. Was haben Sie aus dem sehr fru¨hen Start gelernt und was wu¨rden Sie anders machen, wenn Sie von vorn anfangen ko¨nnten? Gerard: KarstadtQuelle betreibt seit Jahren insgesamt 45 Internet-Shops, wobei die beiden großen Shops quelle.de und neckermann.de schon 1995 online gegangen sind. Karstadt hat seinen Online-Shop 1996 gestartet und nach fast fu¨nf Jahren Betrieb Ende April 2001 durch eine vo¨llig neu entwickelte Plattform ersetzt. Wir blicken in diesem Bereich also auf mehr als sechs Jahre Erfahrung zuru¨ck und haben alle Entwicklungsstadien des E-Business aktiv miterlebt. Neben den offensichtlichen Erfolgsfaktoren wie interessante Produkte, große Bedienungsfreundlichkeit und schnelle Lieferung spielen jedoch auch Aspekte eine Rolle, die man nur indirekt beeinflussen kann. Beispielsweise ist von den mittlerweile mehr als 27 Millionen Internet-Surfern in Deutschland leider nur ein Teil bereit, auch online zu kaufen. Unabha¨ngig von technisch mo¨glichen Schutzmaßnahmen schaffen wir mit unseren bekannten Marken ein „Trusted Environment“ im Internet, sodass unsere potenziellen Kunden das no¨tige Vertrauen zum Online-Kauf bekommen. Dabei hilft natu¨rlich, dass Karstadt, Neckermann und Quelle einen Bekanntheitsgrad von u¨ber 90 % in der Bevo¨lkerung haben. Grundsa¨tzlich wird Erfolg im Internet jedoch nicht durch einen bestimmten Einzelaspekt entschieden, sondern durch ein
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Interview mit Peter Gerard
u¨bergreifendes Gesamtkonzept. Wir verfolgen seit Jahren eine integrierte MultiChannel-Strategie fu¨r den On- und Offline-Bereich, und die konzernweite B2C-Bruttonachfrage von u¨ber 800 Millionen a in 2001 beweist, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind. WI: Ihr Haus plant konzernweite Kundenkarten. Wie sieht das Konstrukt aus und wie beabsichtigen Sie, die Kundenkarten zu nutzen? Gerard: Im Hause Karstadt haben wir mit dem Klub Karstadt schon ein sehr erfolgreiches Kundenbindungsprogramm. Hier hatten wir Ende 2001 bereits mehr als 6,3 Millionen Kundenkarteninhaber. Daneben gibt es kleinere Programme z. B. bei SinnLeffers, Quelle oder Schaulandt, sodass weitere 2 Millionen Karteninhaber hinzukommen. Unser jetzt laufender konzernweiter Ansatz macht das Programm fu¨r den Kunden viel einfacher und attraktiver: Er meldet sich einmal an, bekommt eine Kundenkarte, sammelt Punkte bei mehreren Partnern und erreicht so schnell attraktive Pra¨mien. Wir bieten kein Rabattprogramm, sondern statten die Karte mit Mehrwert und Services aus, wie z. B. Zahlungs- und Finanzierungsfunktionen sowie individuellen Leistungen unserer Unternehmen, die dem Kunden einen klaren Nutzen bringen. Daneben bieten wir natu¨rlich auch attraktive Sach-, Reise- und Eventpra¨mien fu¨r Punktguthaben. Natu¨rlich lernen wir die Pra¨ferenzen und Gewohnheiten unserer Kunden im u¨bergreifenden Programm noch besser kennen. So werden wir unseren Kunden noch gezielter und effizienter individuell zugeschnittene Angebote unterbreiten und die Kommunikation weiter vertiefen. Enorme Potenziale liegen in einer Ausweitung des Programms u¨ber unser Unternehmen hinaus. Hier haben wir bereits wichtige Schritte geta¨tigt, indem wir mit dem wohl besten Partner in Sachen Kundenbindung, der Deutschen Telekom, ein gemeinsames Projekt initiiert haben, dessen Details im Rahmen einer speziellen Pressekonferenz kommuniziert werden. Das Rennen um den Kartenplatz im Portemonnaie des Kunden werden bundesweit zwei oder drei Kundenkarten machen, und eine davon ist garantiert unsere.
WI: Ist eine Konzern-Kundendatenbank vorgesehen, in der die Besta¨nde von Karstadt, Neckermann und Quelle zusammengefu¨hrt werden? Gerard: Im Hinblick auf eine konzernweite Datenbank sind durch das Datenschutzgesetz strenge Auflagen zu beachten. So du¨rfen wir zwar unsere 64 Millionen Kundenadressen zusammenfu¨hren, wir du¨rfen jedoch nicht die Informationen zum Kaufverhalten der aktiven Kunden hinzunehmen. Diese Profile werden daher anonymisiert in einer Konzern-Datenbank zusammengefasst, um beispielsweise Analysen im Hinblick auf kundengruppenbasiertes Cross-Selling durchzufu¨hren. WI: Welche speziellen Probleme bei der Zusammenfu¨hrung der Kundendatenbanken von Karstadt und Quelle sind bisher bekannt geworden (Post Merger Integration)? Gerard: Das gro¨ßte Problem bestand in unterschiedlichen Schlu¨sseln fu¨r Artikel und Warengruppen. Denn die beiden Unternehmen haben ja in der Vergangenheit vo¨llig unabha¨ngig voneinander gearbeitet und daher natu¨rlich auch vo¨llig verschiedene Artikelnummern und sehr unterschiedliche Warengruppen verwendet. Hier war eine Angleichung im Hinblick auf die Ausscho¨pfung von Synergien dringend erforderlich, und so wurden beispielsweise 156 Warengruppen neu definiert. WI: Welche Ideen zum Customer Relationship Management (CRM) werden daraus abgeleitet? Gerard: Durch die konzernweite Zusammenfu¨hrung der anonymen Profile aus den verschiedenen Unternehmen entsteht ein ungleich gro¨ßerer Datenpool. Die Analyse dieser Daten im Hinblick auf bestimmte Muster fu¨hrt natu¨rlich zu besseren Ergebnissen, die dann zur Akquisition neuer Kunden sowie zur Aufrechterhaltung und Intensivierung bestehender Kundenbeziehungen viel effizienter genutzt werden ko¨nnen. WI: Haben Sie bei KarstadtQuelle DataMining-Projekte durchgefu¨hrt? Wenn ja, ko¨nnten Sie den Anwendungsbereich na¨her beschreiben? Gerard: Im Versandhandel ist die systematische und intensive Auswertung der Kundendaten schon seit Jahrzehnten integraler
Bestandteil unseres Kerngescha¨fts, denn nur so ko¨nnen wir unsere Kunden mit speziell zugeschnittenen Direkt-MarketingAktionen optimal ansprechen. Im Kaufhaus-Bereich ist die Situation etwas anders, denn die 3 Millionen Kunden, die jeden Tag unsere Kaufha¨user aufsuchen, mu¨ssen sich natu¨rlich nicht am Eingang ausweisen. Normalerweise wu¨ssten wir daher gar nicht, wer unsere Kunden sind. Mit der Einfu¨hrung der KlubKarstadt-Kundenkarte erhalten wir jedoch inzwischen auch hier kundenspezifische Kaufdaten, sodass wir jetzt auch hier effiziente Auswertungen durchfu¨hren ko¨nnen. WI: Welche Pla¨ne zur Personalisierung bei der Kundenansprache im WWW haben Sie? Gerard: Fu¨r registrierte Kunden bieten wir in unseren Internet-Shops eine ganze Reihe von Optionen zur Personalisierung. Dies reicht von der Speicherung des Warenkorbs und des Zahlungsmittels u¨ber das Order Tracking und die Abfrage des Kontostandes bis hin zum Abonnement von Newslettern. Die Personalisierung ist sehr stark von der rasanten technischen Entwicklung gepra¨gt, und daher ist die Optimierung der perso¨nlichen Kundenansprache ein kontinuierlicher Prozess. Neben dem herko¨mmlichen Internet werden bald auch der Mobilfunk (so genanntes Permission Based Marketing auf SMS-Basis) und spa¨ter das digitale Fernsehen eine sta¨ndig steigende Bedeutung fu¨r die personalisierte Kundenansprache haben. Beispielsweise wird es schon in drei bis vier Jahren Fernsehwerbung geben, die genau auf die Bedu¨rfnisse des jeweiligen Zuschauers zugeschnitten ist. WI: Sind Online-Kunden letztlich u¨berhaupt profitabel (da diese meistens einen Papierkatalog besitzen)? Oder sollen die bisherigen Papierkatalog-Kunden zu Online-Kunden werden? Gerard: Wir haben mit unseren großen Internet-Shops bei Neckermann und Quelle mittlerweile rund 10 % Anteil am Distanzhandel. Somit ist E-Commerce inzwischen eine bedeutende Sa¨ule und integraler Bestandteil unseres Kerngescha¨fts und wirklich kein Experiment im Testlabor mehr. Natu¨rlich freuen wir uns u¨ber jeden Kunden, der online geht und daher eigent-
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lich keinen Papierkatalog mehr braucht. Grundsa¨tzlich folgt KarstadtQuelle jedoch einer Multi-Channel-Strategie, das heißt, unsere Kunden ko¨nnen mit uns auf jede denkbare Art kommunizieren und Gescha¨fte abwickeln. Wir versenden rund 1,2 Milliarden Direct Mailings ja¨hrlich (inklusive der 38 Millionen großen Neckermann- und Quelle-Kataloge), wir haben fast 10.000 Filialgescha¨fte (inklusive der mehr als 7.000 Quelle-Shops), 45 InternetShops und natu¨rlich die anderen Kana¨le wie Telefon, Fax, Brief und Fernsehen. Unsere Kunden entscheiden, wie sie mit uns Kontakt aufnehmen, wie sie sich u¨ber unsere Produkte informieren und wie sie bei uns einkaufen. Hauptsache sie kaufen bei uns. WI: In der schnelllebigen Szenerie des Electronic Commerce ist momentan oft zu ho¨ren oder zu lesen, dass die Gewinner die großen Konzerne sein werden, weil sie in der Erfahrungskurve der Versandlogistik Jahrzehnte Vorsprung haben, so wie Ihr Haus. Wu¨rden Sie von daher die Chancen von kleinen Neuanko¨mmlingen von vornherein nahe Null sehen? Gerard: Neuanko¨mmlinge haben kaum eine Chance, weil zu einem erfolgreichen E-Shop leider nicht nur ein buntes FrontEnd, sondern insbesondere die unterbrechungsfreie Vernetzung mit einem leistungsfa¨higen Back-End geho¨rt. Wir sind mit unseren beiden Universalversendern Neckermann und Quelle seit Jahrzehnten sehr erfolgreich aktiv und bezogen auf den Umsatz die Nummer 2 im Versand in Europa. Alle Back-Office-Bereiche, wie beispielsweise Call Center, Kundendatenbanken, Distributionszentren sowie Zahlungsverkehr inklusive Bonita¨tspru¨fung und Inkasso, sind seit Jahrzehnten integraler Teil unseres Kerngescha¨fts. Wer bei uns bis 12 Uhr eine Bestellung aufgibt, der bekommt seine Ware am na¨chsten Werktag ins Haus geliefert. Unser Erfolg im Internet basiert zu einem großen Teil auf unserem bestehenden Back-End, denn im Prinzip mussten wir in den Prozessketten lediglich papierbasierte Kataloge durch Internet-Shops ersetzen. Der Aufbau eines funktionierenden BackEnds birgt fu¨r jeden Neuanko¨mmling ein großes Risiko und ist eine fast unu¨berwindbare Eintrittsbarriere. Da bleibt eigentlich nur die Kooperation mit bestehenden Versendern.
WI: Welche Kooperationen zwischen dem Versandhandel und kleinen E-CommerceBetrieben planen Sie? Gerard: Wir ko¨nnen jedem, der das wu¨nscht, die kompletten Back-EndDienstleistungen zur Verfu¨gung stellen. Dabei spielt die Art des Absatzkanals unseres Gescha¨ftspartners keine Rolle, das heißt, es kann sich um einen Katalogversand, einen Internet-Shop oder einen TV-Shop handeln. So machen zwei unserer Tochterunternehmen, die servicelogiQ GmbH und die FONETIX Call Center GmbH & Co. KG, beispielsweise die komplette Logistik fu¨r den TV-Shoppingkanal H.S.E. WI: Welche Rolle spielen die neuen Mo¨glichkeiten, die sich durch die digitale Aufru¨stung der deutschen TV-Kabelnetze ergeben, fu¨r KarstadtQuelle? Gerard: Zur Orientierung einige Fakten: Von 82 Millionen Einwohnern in Deutschland surfen erst 33 % (27 Millionen) im Internet. Die Internet-Nutzung betra¨gt mit durchschnittlich 30 Minuten ta¨glich nur rund ein Fu¨nftel der durchschnittlichen TV-Nutzung. Die Ha¨lfte der Erwachsenen-Bevo¨lkerung mo¨chte nichts mit dem PC zu tun haben. Breitbandigen Internetzugang auf DSL-Basis hatten Ende 2001 erst 2,2 Millionen von fast 35 Millionen deutschen Haushalten. Das digital aufgeru¨stete TV-Kabelnetz wird uns in zweierlei Hinsicht sehr nu¨tzen: Zum einen werden viel mehr Haushalte in viel ku¨rzerer Zeit Breitband-Internetzugang erhalten und zum anderen wird es ganz neue Mo¨glichkeiten fu¨r transaktionsorientiertes Fernsehen geben. Das TV-Shopping aktueller Auspra¨gung mit dem Telefon als Ru¨ckkanal wird zuku¨nftig wie aus der Steinzeit wirken. Die Bedienung inklusive Kauforder wird vollsta¨ndig u¨ber die bekannte TV-Fernbedienung abgewickelt werden ko¨nnen und die wichtigsten Kundendaten, wie beispielsweise seine Adresse, werden in der SetTop-Box abgespeichert sein. Um aktiv Einfluss auf die Gestaltung dieser neuen Shopping-Formate nehmen zu ko¨nnen, sind wir im September 2001 als erster Ha¨ndler weltweit Mitglied der „MHP Implementers Group“ geworden. Die Multimedia Home Platform (MHP) ist der inzwischen fast weltweit vereinbarte Standard fu¨r Applikationen im zuku¨nftigen Digital TV.
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Der Knackpunkt beim interaktiven Fernsehen ist aus unserer Sicht die offene Frage, wann eine kritische Masse auf Anwenderseite erreicht wird. Mit anderen Worten: Wann sind so viele Haushalte umgeru¨stet, dass die Entwicklung und der Einsatz neuer Shopping-Formate auch betriebswirtschaftlich Sinn machen. Spa¨testens zu Beginn 2010 wird sich das Problem von selbst lo¨sen, denn es wurde gesetzlich festgelegt, dass das bestehende analoge Fernsehen in Deutschland Ende 2009 komplett abgeschaltet und durch digitales Fernsehen ersetzt wird. WI: Sie haben u¨ber die Online-Marktpla¨tze GlobalNetExchange und TexYard Beschaffungsauktionen veranstaltet. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? Gerard: KarstadtQuelle kauft pro Jahr Waren im Wert von rund 7,8 Mrd. a ein, daher haben wir schon fru¨h das Potenzial von B2B-Marktpla¨tzen fu¨r unseren Einkauf erkannt. Im Oktober 2000 haben wir uns an dem vertikalen Marktplatz TexYard beteiligt, weil dieser speziell auf die besonderen Anforderungen im Bereich Textilien und Bekleidung zugeschnitten ist, denn rund 38 % unseres ja¨hrlichen Einkaufsvolumens liegt in diesem Bereich. Ende 2000 haben wir dann schon gemeinsam mit unseren Lieferanten eine ganze Reihe von Reverse Auctions erfolgreich durchgefu¨hrt. Folgerichtig war der na¨chste Schritt unserer B2B-Strategie dann im ersten Quartal 2001 die Beteiligung an dem horizontalen Marktplatz GlobalNetExchange (GNX), denn dieser Marktplatz ermo¨glicht den Einkauf von Produkten aller Art. Neben Carrefour, Sainbury’s, Sears u. a. sind wir einer von acht GNX-Anteileignern, die zusammen ein ja¨hrliches Einkaufsvolumen von rund 330 Mrd. USD haben. In 2001 haben wir mit beiden Marktpla¨tzen insgesamt rund 500 Reverse Auctions durchgefu¨hrt. Die bisher erzielte Reduzierung der Einkaufspreise aufgrund der gro¨ßeren Markttransparenz bewegt sich zwar „nur“ im oberen einstelligen Prozentbereich, bezogen auf das Gesamtvolumen ergibt dies jedoch unterm Strich eine beachtliche absolute Summe. Mindestens ebenso wichtig ist fu¨r uns jedoch die Reduzierung der Prozesslaufzeit fu¨r die Preisfindung von normalerweise fast 12 Tagen auf nur noch anderthalb bis zwei Stunden. Die „gewonnene“ Zeit nutzen unsere Ein-
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Interview mit Peter Gerard
ka¨ufer beispielsweise fu¨r ein intensives Qualita¨tsmanagement bei den vielen neuen potenziellen Lieferanten, die sich auf unseren Marktpla¨tzen registrieren lassen mo¨chten. Grundsa¨tzlich gehen B2B-Experten davon aus, dass ein Handelsunternehmen wie unseres ungefa¨hr ein Drittel seines Einkaufs u¨ber B2B-Plattformen abwickeln kann. Die Grenzen bestehen zum einen darin, dass Produkte ab einem gewissen Komplexita¨tsgrad nicht mehr eindeutig genug im Internet beschrieben werden ko¨nnen, und zum anderen machen Reverse Auctions fu¨r Markenartikel eines Herstellers keinen Sinn.
Allgemeine Betriebswirtschaftslehre
In 2002 weiten wir den operativen Einsatz der Reverse Auctions systematisch auf mo¨glichst viele Warengruppen, Einkaufsbu¨ros und Tochtergesellschaften aus, um die positiven Ergebnisse fu¨r KarstadtQuelle zu maximieren.
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Allgemeine Betriebswirtschaftslehre Umfassende Einführung aus managementorientierter Sicht 3., vollst. überarb. u. erw. Aufl. 2001. 1020 S. Geb. € 49,00 ISBN 3-409-33016-X
Jean-Paul Thommen / Ann-Kristin Achleitner/Alexander Bassen
Allgemeine Betriebswirtschaftslehre Arbeitsbuch Repetitionsfragen – Aufgaben – Lösungen 3., überarb. u. erw. Aufl. 2002. 385 S. Br. € 32,00 ISBN 3-409-33204-9 Änderungen vorbehalten. Erhältlich beim Buchhandel oder beim Verlag.
Abraham-Lincoln-Str. 46 65189 Wiesbaden Tel: 06 11 78 78-124 Fax: 06 11 78 78-420 www.gabler.de
WI – Literatur Fu¨r Sie gelesen Peter Mertens referiert
A Web Site Design Model for Financial Information von Michael Ettredge, Vernon J. Richardson und Susan Scholz Ettredge, M.; Richardson, V. J.; Scholz, S.: A Web Site Design Model for Financial Information. In: Communications of the ACM 44 (2001) 11, S. 51–55. Ausgangspunkt der berlegungen, die die Autoren anstellen, ist, dass das Marketing eines Betriebs nicht auf die Ansprache von mo¨glichen Ka¨ufern seiner Produkte beschra¨nkt bleibt, sondern die Unternehmung auch gegenu¨ber den Investoren vermarktet werden muss. So versuchen die Autoren, Erkenntnisse aus der Marketingtheorie in die finanzielle Fu¨hrung des Unternehmens zu u¨bertragen, namentlich auch Forschungsergebnisse, die Maheswaran und Sternthal [MaSt90] zusammengetragen haben. Hier geht es um Vorhersagen, welche Arten von Informationen verschiedene Gruppen von Informationsempfa¨ngern u¨berzeugen. Nach dem Stand des Wissens tendieren Konsumenten, die substanzielles Wissen u¨ber einen Produkttyp besitzen, dazu, objektive Informationen u¨ber die Produkteigenschaften sta¨rker zu scha¨tzen, wohingegen weniger kundige Verbraucher von subjektiv gefa¨rbten Informationen eher angesprochen werden. Im Kontext von Finanzinformationen la¨sst Literatur, die vom NIRI (National Investor Relations Institute) vero¨ffentlicht wurde, darauf schließen, dass die fu¨r die „Investor Relations“ Verantwortlichen ihre Aufgabe darin sehen, Finanzinformationen gezielt zu vermarkten. Fallstudien zum Verhalten der „Investor Relations Officers“ erbrachten, dass viele Mitglieder dieser Berufsgruppe den Aufbau einer Webseite als eine Aufgabe ho¨chster Priorita¨t betrachteten. Bemerkenswerterweise hat die SEC (U.S. Securities and Exchange Commission) derartige Aktivita¨ten wohl wollend kommentiert und den finanzierungsbezogenen Inhalt von Unternehmensseiten kaum reguliert. Die Betriebe ko¨nnen also jegliche Kombination von finanziellen Berichten, Aktienkursen oder anderen Informationen pra¨sentieren, vorausgesetzt, dass die Berichterstattung im Web nicht fraudulo¨s
ist. So u¨berrascht es nicht, dass sich im Internet Art und Menge der Finanzinformationen der Einzelunternehmen stark unterscheiden. Den oben erwa¨hnten Erkenntnissen aus der Marketingforschung folgend haben die Autoren die Hypothese aufgestellt, dass objektive Informationen dann im Webauftritt dominieren sollten, wenn dieser vor allem auf einen Personenkreis mit hoher Expertise der Unternehmensfinanzierung adressiert ist. Hierzu za¨hlen insbesondere professionelle Analysten. Andererseits wa¨ren dann subjektive Informationen vor allem an relative Laien der Unternehmensfinanzierung zu richten; dies sind besonders Personen, die ihr eigenes Geld in Aktien anlegen. Um den objektiven und subjektiven Gehalt jeder Webseite abzuscha¨tzen, wurden bestimmte Informationen der Kategorie „objektiv“ zugewiesen, z. B. die aktuellen und die historischen Aktienkurse, Links zu Aktienkursen, die an anderer Stelle im Internet vero¨ffentlicht werden, Kalender der fu¨r Investoren interessanten Ereignisse, Informationen u¨ber Pla¨ne zur Reinvestition von Dividenden oder Verweise auf die Seiten von Analysten. Informationen mit subjektivem Charakter sind Textpassagen, Pra¨sentationen von Unternehmensvertretern oder Werbeaussagen zu den Vorzu¨gen einer Beteiligung am jeweiligen Unternehmen. Die Forscher haben die Webseiten von Betrieben in zwei der bedeutendsten Hochtechnologiebranchen (Halbleiter und Biotechnologie) besucht. Sie fanden dort Firmen mit ganz unterschiedlichen Auspra¨gungen der Merkmale Alter, Gro¨ße und Ausreifung („Stages of Maturity“) vor. Je nach dem Gehalt der oben erwa¨hnten Kriterien wurden von zwei Personen anhand von Checklisten unabha¨ngig voneinander Punkte fu¨r den objektiven und subjektiven Charakter jeder Seite vergeben. Bei Diskrepanzen in der Beurteilung entschied eine dritte Person. Die Punktesummen (Scores) brachte man in Regressionsmodelle ein. Nachdem fru¨here Untersuchungen gezeigt hatten, dass gro¨ßere Unternehmen in jedem Kontext mehr Finanzinformationen vero¨ffentlichen, wurde zusa¨tzlich als Maßstab fu¨r die Betriebsgro¨ße das Unternehmensvermo¨gen als Indikator aufgenommen. Es konnte gezeigt werden, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem „Objective score“ und der Anzahl der Analysten, die das Unternehmen begleiten, einerseits und ein ebensolcher Zusammenhang zwischen dem „Subjective score“ und der Anzahl der Privat-Investoren („Retail Investors“) bestand. Die Forschungsergebnisse zeigen den Weg zu einem gezielt differenzierten Aufbau der
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Webseite fu¨r die beiden Adressatengruppen im Sinne des Stereotypen-Ansatzes und damit einer Differenzierung der Unternehmenskommunikation in der Finanzspha¨re. Die Autoren verweisen darauf, dass einige bedeutende Unternehmen sich bereits a¨hnlich verhalten: Microsoft pra¨sentiert ihre Finanzberichte in unterschiedlichen internationalen Formaten. Intel stellt sie fu¨r bestimmte Empfa¨ngergruppen in einer Form bereit, die es erlaubt, die Zahlen sofort in Excel zu laden und damit weiteren Analysen zuga¨nglich zu machen.
Bezug zur Wirtschaftsinformatik Zuna¨chst ist der Aufsatz ein scho¨nes Beispiel dafu¨r, wie das WWW fu¨r empirische Forschung in der Wirtschaftsinformatik genutzt werden kann, denn es gestattet Analysen zu den Handlungsweisen der Unternehmen, ohne diese zu bela¨stigen: Man beutet einfach die Informationen aus dem Internetauftritt aus. Zum Zweiten handelt es sich um ein treffendes Exempel zu so genannten StakeholderInformationssystemen, die man wiederum als moderne Synthese aus ffentlichkeitsarbeit und Werbung begreifen mag. Schließlich steht die Abhandlung fu¨r Personalisierung in der Wirtschaftsinformatik, die auf solider betriebswirtschaftlicher Theorie gru¨ndet. Den mit den Besonderheiten der finanziellen Fu¨hrung in US-Unternehmen nicht so vertrauten Leser ko¨nnten die Schnittstellen zwischen Marketing und Finanzierung bei der Vermittlung von Informationen an potenzielle Investoren beeindrucken.
Literatur [MaSt90] Maheswaran, D.; Sternthal, B.: The Effects of Knowledge, Motivation, and Type of Message on Ad Processing and Product Judgments. In: Journal of Consumer Research 17 (1990) 1, S. 66–73.
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Peter Mertens, Universita ¨ t Erlangen-Nu¨rnberg, Bereich Wirtschaftsinformatik I, Lange Gasse 20, D-90403 Nu¨rnberg, E-Mail:
[email protected]
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WI – Literatur
Buchbesprechungen Brockhaus-Redaktion (Hrsg.) Technologien fu¨r das 21. Jahrhundert ISBN 3-7653-7945-x, F. A. Brockhaus, Leipzig, Mannheim 2000, 704 Seiten, a 49,95
In der Brockhaus-Reihe „Mensch Natur Technik“ ist der o. g. Band neben Ba¨nden zu solchen essentiellen Themen wie „Vom Urknall zum Menschen“, „Pha¨nomen Mensch“, „Lebensraum Erde“, „Mensch, Maschinen, Mechanismen“ und „Die Zukunft unseres Planeten“ erschienen. Bei so gewichtigen Themen sollte man neugierig sein, ob das eigene Fachgebiet auch zu den Technologien des begonnenen Jahrhunderts geho¨rt. Und, wie nicht anders zu erwarten, die Informationstechnologie geho¨rt selbstversta¨ndlich zu den Technologien des 21. Jahrhunderts neben sechs weiteren Technologiebereichen. Dann ist interessant zu wissen, wie wird das eigene Fachgebiet Wirtschaftsinformatik eingeordnet. Dazu seien nach der formalen Darstellung des Inhalts des Bandes einige Ausfu¨hrungen am Ende gemacht. Der Band ist solchen Erfindungen, Gera¨ten, Verfahren oder Materialien (Technologien) gewidmet, die der menschlichen Zivilisation einen regelrechten Entwicklungsschub gaben und die Gesellschaft – aus der heraus sie entstanden – verwandeln. Beispiele hierfu¨r sind die Steinzeit, die Bronzezeit, die ra des Buchdrucks oder die Dampfmaschinenepoche. Diese Schlu¨sseltechnologien werden meist erst in der Ru¨ckschau der Geschichte erkannt. Jedoch kann man den Herausgebern der Brockhausredaktion bescheinigen, dass es ihnen zusammen mit 25 Wissenschaftlern staatlicher und privater deutscher Forschungseinrichtungen als Beitragsautoren gelungen ist, sich der vor uns liegenden Entwicklung ein gutes Stu¨ck anzuna¨hern. Diese Anna¨herung erfolgt nicht in der Art medienwirksamer Warnungen eines Bill Joy und Ray Kurzweil vor den Risiken der Forschung auf den Gebieten der Gentechnik, der Nanotechnologie und der Robotik, sondern in sorgfa¨ltigem enzyklopa¨dischen Darstellen des jeweiligen Fachgebietes. Farbige Abbildungen, Grafiken und Fotos erga¨nzen in gelungener Weise diese Gesamtschau. Als spannendste und viel versprechendste Technikbereiche unserer Zeit werden der Stand der Entwicklung und die Innovationspotenziale – untergliedert in die sieben Bereiche und entsprechende Kapitel – der Genforschung (unter der Kapitelu¨berschrift: Vera¨nderungen des Erbgutes – Gentechnik), der Lasertechnik (Laser – das besondere
Licht), der Energietechnik (Energieversorgung – Optionen fu¨r die Zukunft), der Materialwissenschaften (Neue Materialien und Werkstoffe), die Mikrotechnik (Miniaturisierung), der Computertechnik (Neue Wege der Informationsverarbeitung – Computerwissenschaft) und der Raumfahrt (Raumfahrt – zwischen Himmel und Erde) dargestellt. Das sechste Kapitel, das der Informationstechnologie gewidmet ist, gliedert sich in vier Abschnitte mit den Themen: (I) Vom Industrieroboter zur integrierten Fertigung, (II) Ku¨nstliche Intelligenz, (III) Die neuen Supercomputer: Parallelrechner und (IV) Ku¨nstliche Intelligenz – Abschied von einer Illusion. Wie schon die berschriften erkennen lassen, handelt es sich um sehr technische (CIM, fraktale Fabriken) Sichten und um Auseinandersetzungen aus deutscher Kerninformatik-Sicht. Die fu¨r eine Technologie wesentlichen Auswirkungen auf die Gesellschaft insbesondere u¨ber o¨konomische Beziehungen wie die Netzwerko¨konomie werden leider nicht angesprochen. Auch erscheint die u¨berkritische Auseinandersetzung mit der Ku¨nstlichen Intelligenz, solche Potenziale, wie sie z. B. in der Agententechnologie vorhanden sind, ganz zu negieren. Den Beitrag eines Konrad Zuse oder der Halbleitertechnik zur Entwicklung der Informationstechnologie findet man im Abschnitt: „Von der Elektronenro¨hre zum Mikrochip“ des Kapitels Miniaturisierung. Trotz der kritischen Bemerkungen handelt es sich bei dem vorliegenden BrockhausBand um eine umfassende Enzyklopa¨die, in der die Historie und wesentliche Eckpunkte der Entwicklung von Naturwissenschaften und Technik solide aufgearbeitet sind. Es kann allen Praktikern, Wissenschaftlern und Studenten empfohlen werden, die sich in Erga¨nzung zum Wissen im Internet u¨ber ein neues Anwendungsgebiet informieren mo¨chten. Manfred Grauer, Siegen
Meyer, Jo ¨rn-Axel; Kittel-Wenger, Ellen; Gerlich, Rosi (Hrsg.) Call Center fu¨r kleine und mittlere Unternehmen Erfolgsfaktor im regionalen und u¨berregionalen Wettbewerb ISBN 3-89012-813-0, Eul, Lohmar, Ko ¨ln 2000, 132 Seiten, a 27,61
Der Band pra¨sentiert die gesammelten Vortra¨ge der Tagung „Call Center fu¨r KMU – Erfolgsfaktor im regionalen und u¨berregionalen Wettbewerb“, die im Ma¨rz 2000 in
Flensburg abgehalten wurde. Ziel ist es, die Umsetzungsformen, Vorteile und Risiken von Call Centern fu¨r KMU zu diskutieren. Die ersten beiden Aufsa¨tze vermitteln Basisinformationen zum Thema: Die Fragen nach der neuen Bedeutung der Kundenorientierung und der Rolle, die ein Call Center dabei spielen kann, werden angerissen. Auch wird ein erster Blick auf die technischen Mo¨glichkeiten geworfen. Der darauf folgende Block von vier Aufsa¨tzen ist unterschiedlichen Fragen der Umsetzung von Call Centern innerhalb der Unternehmen gewidmet. Im ersten Aufsatz wird die Frage nach dem Wert eines Call Centers fu¨r KMU aufgeworfen und unterschiedliche Realisierungsformen (untergliedert nach Branchen) vorgestellt. Der zweite Aufsatz stellt das Pha¨nomen Call Center in den gro¨ßeren Zusammenhang von CRM und geht besonders auf die (auch technische) Integration in die Unternehmensprozesse ein. Im dritten Aufsatz steht die Frage nach qualifizierten Mitarbeitern eines Call Centers und deren Aus- und Weiterbildung im Zentrum. Der vierte Aufsatz behandelt das Thema „Personaleinsatzplanung per Computer in Call Centern“, jedoch ausschließlich aus der Sicht eines speziellen PersonalplanungsTools. Im abschließenden Teil berichten drei Autoren u¨ber ihre jeweiligen Erfahrungen mit Call Centern in der Praxis. Insgesamt betrachtet ist sowohl in der Gesamtkonzeption des Bandes als auch in den einzelnen Aufsa¨tzen der Anlass – die Tagung – deutlich erkennbar. Fast alle Autoren beginnen mit einer Definition und Einordnung des Begriffs. Das mag auf den ersten Blick als Schwa¨che des Bandes erscheinen, zeigt jedoch recht gut die unterschiedlichen Auffassungen des Themas. Positiv ist auch der gestaffelte Aufbau – der Weg vom Grundsa¨tzlichen u¨ber einzelne theoretische Aspekte hin zu Berichten aus der Praxis. Schade hingegen ist, dass auf die zahlreichen abgedruckten Folien im Text kaum eingegangen wird. Zwar werden deren Inhalte durch den Text im Großen und Ganzen abgedeckt, doch vermisst man hin und wieder einen direkten Bezug. Angaben zu weiterfu¨hrender Literatur ha¨tten zudem fu¨r den interessierten Leser von Nutzen sein ko¨nnen. Alles in allem stellt der Sammelband einen informativen Einstieg in das Thema dar, wenn auch die meisten Aspekte wegen der Ku¨rze der Aufsa¨tze nur angerissen werden konnten. Johanna Bertsch, Siegen
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Buchbesprechungen
Kagermann, Henning; Keller, Gerhard (Hrsg.) SAP-Branchenlo¨sungen Business-Units erfolgreich managen ISBN 3-934358-44-6, Galileo Press, Bonn 2000, 235 Seiten, a 49,90
Urspru¨nglich wurden ERP-Systeme wie das Großrechnerprodukt SAP R/2 und das Nachfolgeprodukt SAP R/3 als universelle Unternehmenssoftware entwickelt, die fu¨r alle Branchen zum Einsatz kommen sollten. Der Rezensent kann sich noch gut an die Diskussion im Anschluss an den Vortrag „Perspektiven leistungsfa¨higer Standardsoftware fu¨r Kostenrechung und Controlling“ vom November 1990 wa¨hrend des Kongresses Kostenrechnung ’90 in Frankfurt erinnern, in dem Hasso Plattner, der damalige Vorstandsvorsitzende der SAP AG, die Branchenneutralita¨t des R/2-Systems gegenu¨ber Nachfragen aus dem Auditorium verteidigt hat. Seit einigen Jahren hat sich jedoch die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Vielfalt an Anforderungen unterschiedlicher Branchen die Funktionalita¨t von ERP-Systemen noch weiter u¨berfrachten wu¨rde. Vor diesem Hintergrund hat die SAP AG seit einigen Jahren begonnen, das R/3-System als branchenneutralen Kern bereitzustellen und daru¨ber hinaus hierauf aufbauende branchenspezifische Lo¨sungen bereitzustellen. Das Werk ist eine Sammlung von Beitra¨gen verschiedener Autoren, die insgesamt 11 Branchen nach einem weitgehend einheitlichen Gliederungsschema beschreiben. Nach einer Einfu¨hrung in die Besonderheiten der jeweiligen Branche wird die von SAP bereitgestellte Funktionalita¨t vorgestellt. Hierbei wird auf das von der SAP entwickelte Instrument der sog. Solution Map, einer fachlichen Beschreibung der unterstu¨tzten Funktionalita¨t der Branche, zuru¨ckgegriffen. Meist werden auch Anwendungsbeispiele aus der Praxis vorgestellt. Behandelt werden die Branchen: Aerospace & Defense (Luftfahrtindustrie), Automotive (Automobilindustrie), Chemicals (Chemische Industrie), Engineering & Construction (Maschinen und Anlagenbau), Insurance (Versicherungen), Media (Medienunternehmen), Mill Products (Metall-, Papier- und Textilindustrie), Oil & Gas (l- und Gasindustrie), Real Estate (Immobilienverwaltung), Retail (Handel) und Service Provider (Dienstleistungen). Allerdings fehlen einige wichtige Branchen, wie z. B. Public Sector (ffentlicher Bereich). Leider fehlt auch ein Glossar, das branchenspezifische Begriffe erla¨utert, die im Text verwendet werden (z. B. SPEC2000, S. 37). Dies erschwert die Lektu¨re des Buches fu¨r Branchenfremde interessierte Leser.
Fazit: Das Buch ist als berblicksband fu¨r Unternehmen geeignet, die noch keine SAPSoftware einsetzen und sich grundlegend u¨ber die Mo¨glichkeiten des Einsatzes der SAP-Software in ihrer Branche informieren wollen. Sie ko¨nnen hierbei die Gelegenheit nutzen, auch die Funktionalita¨t anderer Branchen zu betrachten. SAP erfahrene Anwender haben meist schon das erforderliche Grundwissen, um sich auch direkt mit Hilfe der Produktbeschreibungen der SAP AG u¨ber die ggf. vorhandene Branchenlo¨sung Ihrer Branche zu informieren. Fu¨r sie sind mo¨glicherweise aber die im Vorwort angeku¨ndigten Spezialbu¨cher zu einzelnen Branchen interessant. Andreas Gadatsch, Niederkassel
Jung, Reinhard; Winter, Robert (Hrsg.) Data Warehousing Strategie, Erfahrungen, Methoden, Visionen ISBN 3-540-67308-3, Springer-Verlag, Berlin u. a. 2000, 290 Seiten, a 44,95
Im vorliegenden Buch werden die Zwischenergebnisse dargestellt, die im Kompetenzzentrum Data Warehousing Strategie (CC DWS) am Institut fu¨r Wirtschaftsinformatik der Universita¨t St. Gallen (IWI-HSG) erarbeitet wurden. Das Buch entha¨lt acht Fachbeitra¨ge und acht Praxisberichte. Die Autoren kommen aus Partnerunternehmen des Kompetenzzentrums und vom Institut fu¨r Wirtschaftsinformatik der Universita¨t St. Gallen. Bei den Fachbeitra¨gen geben die Herausgeber in einem ersten Beitrag eine Einfu¨hrung in das Thema und stellen die bisher erzielten wissenschaftlichen Ergebnisse des Kompetenzzentrums vor. Weitere Fachbeitra¨ge behandeln u. a. den ETL-Prozess, Maßnahmen und Konzepte zur Sicherung der Datenqualita¨t und Organisationskonzepte. Ein spezieller Beitrag ist dem Datenschutz gewidmet. Hier werden ein Konzept des Datenschutzes, mo¨gliche Herausforderungen und Ansa¨tze zu einem datenschutzkonformen Data Warehousing diskutiert. Die Fachbeitra¨ge schließen mit einem Aufsatz von Winter zur Positionierung und Weiterentwicklung des Data Warehousing in der betrieblichen Applikationsarchitektur. In den Praxisberichten stellen Referenten der Kooperationsunternehmen ihre Erfahrungen im Data-Warehousing-Bereich dar. So berichten sie beispielsweise u¨ber die Notwendigkeit von Vorstudien, u¨ber Strategien,
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Konzepte und Projekte, die in unterschiedlichen Unternehmungen erprobt und ausgefu¨hrt wurden. Das Buch entha¨lt interessante Beitra¨ge zu einem Thema, das sowohl in der Theorie als auch in der Praxis immer noch von großer Bedeutung ist. In den Fachbeitra¨gen werden wichtige Aspekte des Data Warehousing anschaulich und versta¨ndlich dargestellt. Grundlegende Problemstellungen, so z. B. beim Datenbeschaffungsprozess, bei der Sicherung der Datenqualita¨t und Gewa¨hrleistung des Datenschutzes, werden herausgearbeitet und diskutiert. Die Praxisberichte geben einen guten Einblick in die Einsatzmo¨glichkeiten der Systeme und zeigen ihre Nutzungspotenziale auf. Das vorliegende Buch liefert somit nu¨tzliche Beitra¨ge zur Data-Warehousing-Diskussion und kann sowohl den Studierenden und Wissenschaftlern als auch den Praktikern empfohlen werden. Roland Gabriel, Bochum
Lehner, F.; Maier, R. (Hrsg.) Electronic Business und Multimedia ISBN 3-824-47245-7, DUV Verlag, Wiesbaden 2000, 327 Seiten, a 59,00
Electronic Business und Multimedia – so der Titel des Sammelbandes – sind aktuelle Themen und „stehen fu¨r den dynamischen Wandel des wirtschaftlichen und des gesellschaftlichen Lebens.“ Das Buch pra¨sentiert Forschungsergebnisse im Bereich der beiden Themen, insbesondere unter Beru¨cksichtigung der gegenseitigen Wechselwirkungen, mit dem Ziel hiermit verbundene Chancen nutzen zu ko¨nnen. In insgesamt 16 Beitra¨gen, die in fu¨nf Kapitel gruppiert sind, pra¨sentieren Forscher der Universita¨t Regensburg (insbesondere des Instituts fu¨r Wirtschaftsinformatik) sowie Fachleute, die eng mit diesen Institutionen verbunden sind, Beitra¨ge, in denen verschiedenste Aspekte in diesem Umfeld thematisiert werden. Der interdisziplina¨re Ansatz des Themas wird schon bei erster Betrachtung des Inhaltsverzeichnisses deutlich. So bescha¨ftigen sich die vier Beitra¨ge des Kapitels „Electronic Business“ mit Themen wie Business-TV sowie juristischen Aspekten. In zwei weiteren Beitra¨gen wird das Thema „Electronic Banking“ thematisiert und insbesondere auf die Situation in sterreich eingegangen. Das Thema „Multimedia in der Lehre“ ist Gegenstand von vier Beitra¨gen, die neben dem Schlagwort „Teleteaching“ Aspekte des Einsatzes im Bereich der Wahrnehmungspsy-
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WI – Literatur
chologie sowie des Geschichtsstudiums behandeln. „Gesellschaftliche und berufliche Aspekte von Multimedia“ werden in drei Beitra¨gen aufgegriffen, in denen neben grundsa¨tzlichen beruflichen Perspektiven auf die Ausbildung sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch die universita¨re Ausbildung eingegangen wird. In drei weiteren Beitra¨gen werden ausgewa¨hlte Einsatzbereiche von „Multimedia-Anwendungen in der Medizin“ vorgestellt.
dv-technologischer Virtualita¨t (S. 1–152) Ansa¨tze eines auf Praktikabilita¨ten orientierten theoretischen Versta¨ndnisses zusammenbringt und einige Anwendungsspezifika aufzeigt. M. E. ist hier ein inhaltlich-gestalterisches Defizit der Arbeit darin zu sehen, dass Prozesse der materiellen und wissenschaftlichen Arbeit zu wenig differenziert betrachtet werden und es auf diese Weise fa¨lschlich leicht zu Fehlinterpretationen kommt.
Das Werk von Lehner und Maier trifft thematisch den Puls der Zeit und differenziert sich durch die inhaltliche Diversifikation und Interdiziplinarita¨t gegenu¨ber anderen Werken. Die damit verbundene eher geringe inhaltliche Vertiefung der Themen kann somit vernachla¨ssigt werden, zumal diese anhand der Literaturverweise zu den einzelnen Beitra¨gen durch den Leser gezielt vorgenommen werden kann. Hervorzuheben ist ferner der Praxisbezug der einzelnen Beitra¨ge aufgrund der Darlegung von Erfahrungen aus Praxisprojekten bzw. Prototypen.
„Technologien fu¨r virtuelle Organisationen“ (S. 153–266) bieten praktische Lo¨sungshilfen an, um Virtualisierungseffekte erzielen zu ko¨nnen: Netzinfrastruktur, Telearbeit und Telelernen werden u. a. angefu¨hrt. „Praxisbeispiele“ (S. 267–316) drehen sich naturgema¨ß zuna¨chst um das virtuelle Verdienen realen Geldes und zeigen dann Beispiele bezogen auf die „Verwaltungsentwicklung“ (S. 317–474).
Lars Schwarze, Frankfurt/Main
Gora, W.; Bauer, H.(Hrsg.) Virtuelle Organisation im Zeitalter von E-Business und E-Government Einblicke und Ausblicke ISBN 3-540-41171-2, Springer Verlag, Berlin et al. 2001, 498 Seiten, a 49,95
Die Zielgruppe des obigen Buches ist breit gefa¨chert: vom Studenten u¨ber den Systementwickler zu inhaltlich Involvierten aus Leistungs- und Leitungsbereichen aller Ebenen der verschiedensten Unternehmen. Fast fu¨nfzig Autoren bieten in 32 Beitra¨gen ein facettenreiches Bild vorwiegend praktischer Ansa¨tze zur Nutzung von IKT als virtuelles Organisationsmittel, einem i. A. erfolgbringenden Versuch, durch Kombinationsmechanismen begrenzte Ressourcen so zu organisieren, dass neue Nutzungseffekte erzielt werden ko¨nnen, die in ihren softwaregestu¨tzten Leistungen u¨ber die Mo¨glichkeiten der Komponenten hinausgehen (Wesen des Virtuellen). Allerdings darf man diese Software-Leistung auch nicht als neue, alles Problematische auflo¨sende Wunderwaffe missdeuten, die z. B. alle Probleme sinkender Ressourcen auszugleichen (vgl. S. 463) in der Lage ist. Die inhaltliche Strukturierung der vorliegenden Publikation ordnet die Beitra¨ge vier Gruppen zu, von denen zuna¨chst eine konzeptionelle Diskussion um das Pha¨nomen
rgerlich ist fu¨r einen o¨konomisch empfindenden Leser die Platzvergeudung am Ende von Beitra¨gen; fu¨r manche Abbildung wa¨re dagegen die Mitlieferung einer Lupe angezeigt, z. B. auf den Seiten 286/7 oder 299 ff. Uneinheitlich sind des Weiteren im Autorenverzeichnis (S. 475–489) die Lebensla¨ufe pra¨sentiert. Nach meinem Empfinden haben sich die Herausgeber zu wenig Mu¨he gemacht, diese Beitragssammlung theoretisch weiter aufzubereiten, als sie nur thematisch zu strukturieren. Interessant wa¨re auch, die Initialzu¨ndung fu¨r das Zustandekommen dieser Beitragssammlung genauer zu erfahren – nicht nur den Hinweis auf ein Preisausschreiben. Reiner Tschirschwitz, Rostock
Fiedler, R. Controlling von Projekten Projektplanung, Projektsteuerung und Risikomanagement ISBN 3-528-05740-8, Vieweg, Braunschweig, Wiesbaden 2001, 220 Seiten, a 35,28
Die Bedeutung des Projektcontrollings hat in den letzten Jahren durch zunehmend komplexer werdende Projekte mit hohem Termin- und Kostendruck zugenommen. Projektrelevantes Controllingwissen beno¨tigt nicht nur der Controller, sondern im besonderen Maße auch das Management und die Projektverantwortlichen. ber das reine Projektmanagement hinausgehende Grundkenntnisse des Projektcontrollings sind ebenso fu¨r viele Projektmitarbeiter zur Vo-
raussetzung fu¨r die erfolgreiche Bewa¨ltigung ihrer Aufgaben geworden. Mit dem vorliegenden Buch wird das Ziel verfolgt, den Projektverantwortlichen, Projektmitarbeitern und Controllern eine zugleich theorieorientierte und praxisfundierte Beschreibung des Projektcontrollings und seiner wesentlichen Instrumente anzubieten. Sie sollen Anregungen fu¨r die Lo¨sung ihrer ta¨glichen Probleme in den Projekten erhalten. Das Buch wendet sich auch an Studierende, die sich an der Hochschule mit der systematischen Projektabwicklung bescha¨ftigen. Zuna¨chst wird in Kapitel 1 ein berblick u¨ber Projektcontrolling und Projektmanagement gegeben. Angesprochen werden die Aufgaben und Ziele des Projektcontrolling sowie die Abgrenzung zum Projektmanagement. Kapitel 2 behandelt das Projektcontrolling aus strategischer Sicht. Es geht vor allem um Instrumente zur Auswahl und Priorisierung in einem Multiprojektumfeld. In Kapitel 3 sind die wesentlichen Phasen der Projektplanung und die dabei einsetzbaren Methoden und Instrumente beschrieben. In Kapitel 4 wird die Planungssicht um die Aspekte der Steuerung und Kontrolle erga¨nzt. Auch hier stehen wichtige Instrumente im Mittelpunkt. Neben der Earned-Value-Analyse wird vor allem die Analyse abgeschlossener Projekte betont. Systematische Erfahrungssicherung ist die Grundlage eines effektiven und effizienten Projektcontrollings. In Kapitel 5 wird verdeutlicht, worauf bei der Gestaltung des Berichtswesens fu¨r Projekte zu achten ist. Außerdem werden diverse DV-Tools fu¨r das Projektcontrolling beschrieben und beurteilt. Den Abschluss des Buches bildet Kapitel 6 mit zwei Praxisbeispielen fu¨r das Projektcontrolling. Herr Andreas Do¨ring erla¨utert das Projektcontrolling bei der Lufthansa Systems GmbH. Frau Sabina Rosemann von der MIS AG beleuchtet speziell die Einsatzmo¨glichkeiten eines Management-Informationssystems. In dem Buch wird gezeigt, wie ein wirkungsvolles Projektcontrolling aufzubauen und in das Projektmanagement zu integrieren ist. Praxiserprobte Instrumente und Werkzeuge fu¨r das Projektcontrolling werden ausfu¨hrlich beschrieben. Dazu kommen praktische Anwendungsbeispiele aus Unternehmen. Großer Wert wird auf eine versta¨ndliche Darstellung gelegt. An vielen Stellen werden konkrete Handlungsanweisungen gegeben. Der Autor bietet mit dem vorliegenden Buch den Projektverantwortlichen, Projektmitarbeitern und Controllern eine zugleich theorieorientierte und praxisfundierte Beschreibung des Projektcontrollings und seiner wesentlichen Instrumente an. Sie sollen
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Buchbesprechungen
Anregungen fu¨r die Lo¨sung ihrer ta¨glichen Probleme in den Projekten erhalten. Das Buch wendet sich auch an Studierende, die sich an der Hochschule mit der systematischen Projektabwicklung bescha¨ftigen. Damit man die Inhalte schnell und mit geringem Aufwand erfassen kann, wurde großer Wert auf eine leicht versta¨ndliche Darstellung gelegt. Viele Abbildungen und Praxisbeispiele tragen dazu bei, dass sich der Leser rasch mit der Thematik vertraut machen kann. Ein lesenswertes Buch, das auch als Nachschlagewerk hilfreich ist.
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Ernest Wallmu¨ller, Zu¨rich
Hassler, Vesna Security Fundamentals for E-Commerce ISBN 1-58053-108-3, Artech House, Boston, London 2001, 409 Seiten, a 96,43
Das in englischer Sprache verfasste Buch „Security Fundamentals for E-Commerce“ verfolgt die Zielsetzung, einen vertiefenden berblick u¨ber Sicherheitsprobleme und -lo¨sungen speziell fu¨r den Bereich E-Commerce im Internet zu bieten. Es gibt dabei einen umfangreichen und systematischen berblick u¨ber technische Konzepte, Protokolle und Verfahren, die im Bereich Internet/TCP-IP sowie insbesondere bei E- und M-Commerce-Anwendungen zum Tragen kommen. Das Buch gliedert sich in 6 abgeschlossene und systematisch aufgebaute Teilbereiche, die durchaus unabha¨ngig voneinander gelesen werden ko¨nnen: &
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Teil 1 – „Information Security“ vermittelt technische Grundlagen, wobei vor allem auf Verschlu¨sselungsverfahren, elektronische Signaturen, sowie Schlu¨sselmanagement und Zertifikate eingegangen wird. Teil 2 – „Electronic Payment Security“ stellt Alternativen zur technischen Realisierung elektronischer Bezahlung vor. Vertieft werden Fragestellungen zur Absicherung digitaler Transaktionen mit elektronischer Bezahlung (z. B. bzgl. Anonymita¨t und Nicht-Abstreitbarkeit) sowie Sicherheitsaspekte bei digitalen Mu¨nzen und elektronischen Schecks. Das „Internet Open Trading Protocol“ (IOTP) wird als Framework zur Gewa¨hrleistung der Interoperabilita¨t verschiedener Zahlungsverfahren vorgestellt. Teil 3 – „Communication Security“ detailliert Sicherheitsprobleme, die insbesondere in TCP/IP-Netzen anfallen. Die Autorin widmet dafu¨r jeder Schicht der TCP/IP-Protokollfamilie ein eigenes Kapitel. In Teil 3 werden dem Leser u. a.
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konkrete Hintergru¨nde zu Firewalls, Network-Adress-Translation, Intrusion-Detection-Systemen und a¨hnlichen Infrastrukturmaßnahmen vermittelt. Teil 4 – „Web Security“ vertieft Fragen, die speziell bei Web-basierten Anwendungen beachtet werden mu¨ssen. Dabei werden in einem einfu¨hrenden Abschnitt Sicherheitsaspekte des „Hypertext Transfer Protocol“ behandelt, danach wird die Web-Sicherheit getrennt aus den Perspektiven des Servers (u. a. CGI, Servlets etc.) und aus der des Clients (z. B. Web Spoofing, Anonymisierung etc.) beleuchtet. Schließlich werden der Einsatz von Java und Active-X sowie kurz spezifische Technologien fu¨r Web-basierte E-Commerce-Anwendungen erla¨utert. Teil 5 – „Mobile Commerce“ stellt ein Sammelsurium dar, das neben Sicherheitsaspekten in GSM/WAP-basierten Anwendungen auch Mobile Agenten sowie unter der berschrift „Smart Card Security“ eine Reihe spezieller Hardware-basierter Sicherheitstechnologien wie Java- und SIMCards oder Biometrie thematisiert.
Leider verzichtet die Autorin in ihren Ausfu¨hrungen auf Fallbeispiele oder empirische Daten, die eine Einordnung und Bewertung der vorgestellten Verfahren erleichtern wu¨rden. Die oftmals mathematisch gehaltenen Ausfu¨hrungen erfordern vom Leser zudem viel Zeit und Konzentration, anderseits ermo¨glichen sie es auch, ein korrektes und pra¨zises Versta¨ndnis der jeweiligen Sachverhalte zu gewinnen. Organisatorische oder juristische Aspekte werden in dem Buch ebenso wenig thematisiert wie die Problematik der Risikoanalyse und Wirtschaftlichkeitsbewertung. Vor allem aufgrund dieser Beschra¨nkung auf ausschließlich technische Fragestellungen ist „Security Fundamentals for E-Commerce“ nicht als Referenzwerk zur Thematik „Sicherheit im E-Commerce“ zu empfehlen, es kann jedoch sehr wohl als sinnvolle und aktuelle Erga¨nzungs- oder Vertiefungsliteratur fu¨r vorwiegend technisch interessierte Leser herangezogen werden. Henning Baars, Ko¨ln
Peren, Franz W. (Hrsg.) Kompendium 2000 zur Informations- und Kommunikations-Technologie ISBN 3-8258-5086-2, Lit, Mu¨nster 2000, 184 Seiten, a 20,90
Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien) sind in alle Lebensbereiche vorgedrungen und tragen zu
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erheblichen Vera¨nderungen in Wirtschaft und Gesellschaft bei bzw. durchlaufen selbst sta¨ndig Vera¨nderungen. Es gibt daher eine ganze Fu¨lle von Publikationen, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen, ohne den Anspruch erheben zu ko¨nnen, sa¨mtliche Facetten zu erfassen oder auf dem aktuellsten Stand zu sein. Von einem einschla¨gigen Kompendium im Sinne eines Abrisses oder eines kurzen Lehrbuches verspricht man sich daher zumindest einen Einstieg in Grundlagen und Einsatzbereiche bzw. -potenziale von IuK-Technologien. Das vorliegende Kompendium richtet sich laut Vorwort an „wirtschaftende Unternehmer und Verbraucher“ und „rahmengebende Politiker“ und soll „in einer serio¨s wissenschaftlichen, jedoch allgemein versta¨ndlichen Ebene transparenter [zu] machen“. Die Inhalte verteilen sich auf elf Kapitel von verschiedenen Autoren(-Teams) aus der Unternehmenspraxis, wobei sich die Beitra¨ge deutlich hinsichtlich inhaltlicher Qualita¨t und Umfang unterscheiden. Der erste Beitrag „T-DSL – breitbandiger Anschluss fu¨r jedermann“ (Peter Kahl) bescha¨ftigt sich mit der ADSL-Technologie und beschreibt Angebot und Strategie der Deutschen Telekom im Bereich breitbandiger Netze. Die recht plakativen Darstellungen („Mit T-DSL kommen nicht nur die vorhandenen Internet-Angebote auf Touren.“, S. 13) konzentrieren sich auf das Leistungsangebot der Deutschen Telekom, wa¨hrend allgemeine technische Aspekte vernachla¨ssigt werden. Im zweiten Beitrag „Customer Relationship Management“ (Volker Puke, Wilfried Schramm) werden wesentliche Grundideen und -elemente dieses aus dem Database Marketing entstandenen Konzepts vorgestellt. Technologien sind dagegen nicht Gegenstand der Ausfu¨hrungen. In „Digitalisierte Gescha¨fte – Neue Technologien schaffen neue Handels- und Kommunikationsformen“ (Martin Raab) wird auf Online-Shops im E-Commerce eingegangen. Hier werden vergleichsweise ausfu¨hrlich erforderliche Maßnahmen z. B. im Lager- und Logistikmanagement und das Leistungsangebot der Deutschen Post behandelt. Der mit 3,5 Seiten sehr kurze Beitrag „o.tel.o“ (Christian Ehrentraut) behandelt dagegen recht oberfla¨chlich die Situation und das o.tel.o-Angebot im Telefonie- und Internetbereich nach dem Wegfall der fru¨heren Quasi-Monopolposition der Deutschen Telekom. Im Anschluss daran wird auf das „TeleServiceCenter in Deutschland“ (Ulla Urmersbach, Frank Gast) eingegangen. Zentraler Gegenstand sind Befragungen mit dem Ziel einer Marktsondierung fu¨r die Vermarktung derartiger Center, wobei eine genaue Definition, Einordnung und Abgrenzung von TeleServiceCenter unterbleibt. Der Bei-
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WI – Literatur
trag „Ziele und Nutzungsmo¨glichkeiten eines Call Centers bei Herstellern langlebiger Konsumgu¨ter im Rahmen der direkten Kommunikation mit Endverbrauchern“ (Olaf Irmer) bescha¨ftigt sich dagegen fundiert mit dem Einsatz und Nutzen von Call Centers. Im Unterschied zu den anderen Beitra¨gen werden im Text Namen und Erscheinungsjahre von Literaturquellen genannt, jedoch fehlt ein Literaturverzeichnis – offensichtlich basiert der Beitrag auf einer anderen Arbeit, in der ein solches Verzeichnis vorhanden sein du¨rfte. Nichtsdestotrotz fa¨llt der Beitrag durch seine inhaltliche Qualita¨t positiv auf. In dem anschließenden Beitrag „Kommunikationsinstrument Internet – Chancen und Risiken am Beispiel des Versicherungsmarktes“ (Jan Vorwerk) werden Nutzungspotenziale des Internets fu¨r die Kommunikation im Versicherungsbereich behandelt. Eine weitere Nutzungsmo¨glichkeit des Internets wird in dem Beitrag „Stellenma¨rkte im Internet“ (Simon Wengert) vorgestellt. In diesem Beitrag werden Stellenma¨rkte aus Bewerbersicht und Unternehmenssicht relativ kurz beschrieben und beurteilt, wobei die Formulierung konkreterer Anforderungen und die Nennung einiger Beispiele wu¨nschenswert gewesen wa¨re. Der mit 48 von insgesamt 184 Seiten la¨ngste Beitrag „Neue Medien – Film/Video, Internet und CD-ROM – im Einsatz der Unternehmenskommunikation“ (Mike Gensheimer) ist im Gegensatz zu den u¨brigen Beitra¨gen inhaltlich umfassender angelegt. Neben einigen Grundlagen der Kommunikation werden verschiedene Medien (Film, Video und CD-Rom) und Grundlagen des Internets im Zusammenhang mit der Unternehmenskommunikation behandelt. Fu¨r sich genommen greift der Beitrag viele Facetten von IuKTechnologien auf und stellt die angerissenen Themen in einen inhaltlichen Zusammenhang, den man in dem gesamten Buch eher vermisst. Unklar ist beispielsweise die Rolle des Beitrags „Ich schau Dir auf die Augen, Surfer!“ (Michael Bachofer) der sich recht oberfla¨chlich mit Methoden der Blickaufzeichnung bei der Untersuchung von Webseiten und Gestaltungshinweisen auseinander setzt. Fraglich ist ebenfalls die inhaltliche Relevanz des abschließenden Beitrags „Die erfolgsorientierte Balanced Scorecard als Informations- und Fu¨hrungsinstrument in einer vera¨nderten konomie“ (Franz W. Peren, Kerstin Birkholz). Zwar werden die Grundlagen der Balanced Scorecard grob umrissen, ein deutlicher Bezug zum Thema des Herausgeberbandes ist aber nicht erkennbar. Da das Buch mit diesem Beitrag schließt, gibt auch kein inhaltlich abschließendes Kapitel Auskunft daru¨ber, in welchen Kontext der Herausgeber das Buch einordnet und welche ku¨nftigen Entwicklungen im
Bereich IuK-Technologien aus seiner Sicht zu erwarten sind. Sicherlich ist es aufgrund der Vielschichtigkeit und Vera¨nderlichkeit des Themas nur schwer mo¨glich, bei der Behandlung von IuK-Technologien einen Herausgeberband zu realisieren, der allen mo¨glichen Erwartungen gerecht werden kann. Aufgrund der teilweise unklaren Schwerpunktsetzung des Buches und der einzelnen Beitra¨ge entsteht jedoch der Eindruck, dass die Inhalte des Buches nur bedingt mit dem Titel vereinbar sind, zumal technologische Aspekte kaum eine Rolle spielen. Leider entha¨lt das Buch mit Ausnahme einer einzigen Fußnote auf S. 23 keinerlei Hinweise auf weiterfu¨hrende Literatur. Insgesamt ist das Buch nur empfehlenswert, wenn man sich u¨ber sehr spezielle Randfacetten von IuK-Technologien ein grobes Bild machen mo¨chte und an tiefergehenden Betrachtungen nicht interessiert ist. Dies mag fu¨r die im Vorwort genannten Adressaten zutreffen. Von Transparenz „in einer serio¨s wissenschaftlichen, jedoch allgemein versta¨ndlichen Ebene“ kann jedoch nicht die Rede sein. Ein Kompendium im eigentlichen Sinne stellt dieses Buch nicht dar. Matthias Meyer, Mu¨nchen
Versteegen, G.; Salomon, K.; Heinold, R. Change Management bei SoftwareProjekten ISBN 3-540-67809-3, Springer Verlag, Berlin et al. 2001, 241 Seiten, a 44,95
Die erfolgreiche Entwicklung komplexer Softwaresysteme stellt gerade zu Zeiten starker Verbreitung von Internetanwendungen und deren Integration in bestehende Backend-Systeme eine Herausforderung fu¨r das Entwicklerteam dar. Einem der gro¨ßten Aufwandstreiber in der Softwareentwicklung, den sta¨ndigen Anforderungsa¨nderungen und dessen Management, – dem Change Management – widmen sich die drei Autoren in ihrem Erfahrungsbericht. Im ersten Kapitel, mit 66 Seiten auch zugleich das umfangreichste Kapitel, wird ein berblick zum Thema Anforderungsmanagement gegeben, indem der Begriff und verschiedene Anforderungstypen erla¨utert, sowie die Reaktionen auf Anforderungen betrachtet werden. Kapitel zwei ist den Ursachen fu¨r Anforderungsa¨nderungen gewidmet, wobei die Gescha¨ftsprozessaspekte gesondert von den weiteren Ursachen wie z. B. technologischer Fortschritt betrachtet werden. Ferner wer-
den die Auswirkungen von Anforderungsa¨nderungen betrachtet, um abschließend den Aspekt der Fru¨herkennung von Anforderungsa¨nderungen und entsprechenden Gegenmaßnahmen zu beschreiben. Das Anforderungsmanagement im Kontext des Rational Unified Process (RUP) ist Bestandteil des dritten Kapitels. Nach einer kurzen Darstellung des RUP werden die darin enthaltenen Best Practices vorgestellt, welche die Basis fu¨r die Projektabwicklung auf Basis des RUP darstellen und als einen Aspekt auch das Anforderungsmanagement beinhalten. Im Kapitel 4 erfolgt die Darstellung der Unterstu¨tzung des Anforderungsmanagements durch entsprechende DV-Werkzeuge. Neben einer kurzen allgemeinen Betrachtung von DV-Werkzeugen in diesem Zusammenhang erfolgt die Darstellung anhand von Rational Requisite Pro als Bestandteil von Rational Suite AnalystStudio. Somit wird auch der Bezug zur Darstellung des RUP im vorangegangenen Kapitel gewa¨hrleistet. Die Ausfu¨hrungen werden anhand der Phasen des Anforderungsmanagements erla¨utert und durch zahlreiche Screenshots unterlegt. Die Auseinandersetzung mit zuku¨nftigen Entwicklungen und deren Einfluss auf das Anforderungsmanagement rundet das Buch ab. Zusammenfassend gibt das Buch einen guten berblick u¨ber ein aktuelles und wichtiges Thema in kurzer und pra¨gnanter Form. Somit eignet es sich vor allem fu¨r Praktiker, die vor oder wa¨hrend eines derartigen Projektes eine Einfu¨hrung in das Thema Change Management suchen. Allerdings orientiert sich das Buch nahezu ausschließlich am Rational Unified Process und den darauf basierenden DV-Werkzeugen. Trotz der hohen Verbreitung dieser Methode und Werkzeuge gibt es auch einen nicht unwesentlichen Anteil an Softwareentwicklungsprojekten, die nicht darauf basieren. Fu¨r diese Zielgruppe sind eher andere Publikationen zu empfehlen. Lars Schwarze, Frankfurt/Main
Eggert, Andreas; Fassott, Georg (Hrsg.) Electronic Customer Relationship Management Management der Kundenbeziehungen im Internet-Zeitalter ISBN 3-7910-1831-0, Scha ¨ ffer-Poeschl, Stuttgart 2001, 375 Seiten, a 49,95
Die Herausgeber widmen diesen Band dem 60. Geburtstag von Prof. Dr Friedhelm Blie-
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Dissertationen
mel und bringen damit zum Ausdruck, dass bei betrieblich relevanten Problemstellungen nicht nur technologische Lo¨sungen, sondern vielmehr Konzepte u¨ber Erfolg und Misserfolg im praktischen Einsatz entscheiden. So widmet sich das Buch nicht dem traditionellen Marketing und der Kundengruppe anonymer Durchschnittskunden, sondern den realen Beziehungen eines Unternehmens zu seinen individuellen Kunden. Um nun konzeptionelles Gedankengut des Beziehungsmarketings technisch und betrieblich sinnvoll umsetzen zu ko¨nnen, widmen sich die Autoren zuna¨chst in Teil 1 den Erfolgsfaktoren in der Internet-Economy. In Teil 2 gehen sie auf Chancen und Grenzen von elektronischem Customer Relationship Management ein. In Teil 3 werden die Instrumente des E-CRM (Customer Relationship Management) vorgestellt, um in Teil 4 anhand konkreter Anwendungsbereiche den Einsatz dieser Instrumente zu zeigen. Teil 5 bildet den Abschluss und fokussiert auf organisatorischen und implementierungs-technischen Details des E-CRM. Elektronisches Kundenbeziehungs-Management wird dabei als das Management von Kundenbeziehungen mithilfe elektronischer Medien unter dem Ziel einer umfassenden Ausrichtung des Unternehmens auf ausgewa¨hlte Kunden verstanden. Die Herausgeber sind bemu¨ht, aufbauend auf einer integrierten Definition, welche auf der Analyse, Planung und Steuerung mithilfe elektronischer Medien, insbesondere des Internets basiert, die Beitra¨ge anerkannter Forscher auf dem Gebiet des E-CRM darzustellen. Elektronisches Kundenbeziehungs-Management wird insofern als integrativer Ansatz verstanden, als unterschiedliche Forschungstraditionen miteinander verknu¨pft werden. Ausgehend von den Konzepten des Business-to-Business-Marketings sowie des Database-Marketings wird von einem Konstrukt des Beziehungs-Marketings ausgegangen, welches durch Computer Aided Selling/ Sales unterstu¨tzt wird, um so zu Internet-basierten Ansa¨tzen zu fu¨hren. Auf diese Konzeption sind auch die Beitra¨ge in den 5 Teilen abgestimmt. Besonderen Stellenwert nimmt die Abgrenzung zwischen New und Old Economy ein. So werden 9 kritische Erfolgsfaktoren definiert, welche u¨ber einen erfolgreichen Kundenkontakt im Internet entscheiden. Fu¨r die New Economy scheint auch der Prozess der Wahrnehmung und des Wahrgenommen-Werdens zunehmend an Bedeutung zu gewinnen. Die Grenzen des Beziehungs-Marketings im Internet werden zum einen aus dem fu¨r Kunden erfahrbaren Nettonutzen und zum anderen durch die nach wie vor elementare menschliche Komponente im Kundenbeziehungs-Management
gesetzt bzw. bestimmt. So ist ein abgestimmter Informationstechnologie-Einsatz Voraussetzung fu¨r erfolgreiches Kundenbeziehungs-Management. Die Instrumente fu¨r erfolgreiches E-CRM haben dies zu beru¨cksichtigen, wie exemplarisch anhand einiger Anwendungsbereiche (mobiles BeziehungsManagement, elektronische Marktpla¨tze im Business-to-Business-Bereich, Cooperate Banking und Online-Versandhandel) gezeigt wird. Organisatorische und strategische Maßnahmen sind erforderlich, um fu¨r Unternehmen wie Kunden Nutzen aus dem elektronischen Beziehungs-Management zu ziehen. Ein Ansatz stellt dabei wissensbasiertes Beziehungs-Management dar, welches prospektiv wie auch reaktiv eingesetzt werden kann. Das Buch empfiehlt sich fu¨r Praktiker, obwohl sowohl deutsche als auch englische Beitra¨ge in dem Band zu finden sind. Die Autoren bestechen durch ihre Fokussierung auf die wesentlichen Elemente, sodass Praktiker wie auch konzeptionelle Entwickler die relevanten Faktoren bei der Einfu¨hrung und Bewertung von elektronischen BeziehungsManagement-Lo¨sungen finden. Insgesamt ein gelungenes Werk, welches dem eigenen Anspruch der Autoren, na¨mlich einen berblick u¨ber den State-of-the-Art des elektronischen Kundenbeziehungs-Managements zu geben, gerecht wird.
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Christian Stary, Linz
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WI – Dissertationen Die Rubrik Dissertationen ist unter der Adresse http://www.wirtschaftsinformatik.de online (u¨ber die Links „Hochschule“ und „Dissertationen“) zu erreichen. Auf diesen Seiten wird zurzeit eine Datenbank mit abgeschlossenen sowie laufenden Dissertationen auf dem Gebiet der Wirtschaftsinformatik aufgebaut. Alle Doktoranden werden gebeten, sich unter der oben genannten Adresse zu registrieren. Drei der Eintra¨ge in die Datenbank abgeschlossener Dissertationen sind nachstehend aufgefu¨hrt.
Schmitzer, Benno Beitra¨ge zur Verwendung der Framework-Technologie bei der Entwicklung und Einfu¨hrung von Systemen der betrieblichen Informationsverarbeitung Produktkataloge Promotion am 2000-11-21, vero¨ffentlicht unter dissertation.de, 139 Seiten, 35,30 a, ISBN: 3-89825-190-X
Die Arbeit leistet einen Beitrag zur Akzeptanz von betriebswirtschaftlich orientierten Frameworks bei der Entwicklung von betrieblichen Informationssystemen nach dem Komponentengedanken. Es werden ausgewa¨hlte Umsetzungsmo¨glichkeiten fu¨r Software-Zwischenformen beschrieben. Bei einer Marktbetrachtung wird ein Framework-Hersteller herausgegriffen und sein Markteintritt sowie seine Strategien, Referenzkunden usw. analysiert. Es werden strategische, architektonische und prozessuale Aspekte eines betriebswirtschaftlich orientierten Frameworks beschrieben und gruppiert. Aus Experimenten werden Erfahrungen zu verschiedenen, speziell im Framework-Bereich auftretenden Szenarien gewonnen. Gutachter: Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Peter Mertens, Universita¨t Erlangen; Prof. Dr. Hans Ju¨rgen Schneider, Universita¨t Erlangen Stichworte: Framework, KomponentenSoftware, Objektorientierung
E-Mail:
[email protected] http://www.wi1.uni-erlangen.de/smi
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WI – Literatur
Nothhelfer, Robert Lernprozesse in Organisationen Promotion am 2000-12-13, erschienen beim Peter Lang Verlag, 210 Seiten, 35,28 a, ISBN: 3631378696
Die Dissertation betrachtet systematisch die Lernprozesse, die in einer Organisation stattfinden. Ausgehend von einem evolutiona¨ren Modell der Organisation wird ein Strukturmodell entwickelt, das eine umfassende Systematisierung von Lernprozessen ermo¨glicht; dabei werden mehrere Lernformen (individuelles/soziales Lernen und Vera¨nderungs-/Anpassungslernen) sowie drei Lernebenen (Individuum/Gruppe/Organisation) unterschieden. Auf der Basis dieses Modells wird die aktuelle Management-Literatur zur Gestaltung von Lernprozessen diskutiert und die Eignung der vorgeschlagenen Maßnahmen untersucht. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Fu¨hrungsverhalten sowie der Information und Kommunikation in der Organisation und deren technischen Unterstu¨tzung zu. In der abschließenden Fallstudie werden zwei exemplarische Lernprozesse einer Wirtschaftspru¨fungsgesellschaft auf ihre strukturellen Charakteristika hin untersucht und verglichen. Gutachter: Prof. Dr. Franz Schober, Universita¨t Freiburg; Prof. Dr. Bernd Schauenberg, Universita¨t Freiburg Stichworte: Lernen, Wissen, Organisation, Unternehmen, Evolution E-Mail:
[email protected]
Stapf, Wolfgang Gescha¨ftsprozessmanagement – Eine Konzeption zur prozessorientierten Unternehmens-(Re-)Organisation Promotion am 2000-11-24, 308 Seiten
Das Ziel der Dissertation ist die Entwicklung einer integrierten Konzeption zur prozessorientierten Unternehmens-(Re-)Organisation. Ausgangspunkt bildet hierzu ein Gescha¨ftsprozessmodell aus Zielen, Gescha¨ftsobjekten, Rollen, Regeln und Ressourcen, die u¨ber einen Ablauf miteinander verknu¨pft sind („Gescha¨ftsprozesspyramide“). Darauf aufbauend ist ein durchga¨ngiges Vorgehensmodell konzipiert, das – basierend auf Wissensmanagement – sowohl das Management des (r)evolutiona¨ren Gescha¨ftsprozesswandels als auch der Gescha¨ftsprozessausfu¨hrung repra¨sentiert („Gescha¨ftsprozess-Lebenszyklus“). In Form einer Web-basierten Systemarchitektur werden al-
le zur Unterstu¨tzung von Gescha¨ftsprozessmanagement notwendigen Informationsund Kommunikations-Systemkomponenten sowie ihr Zusammenspiel aufgezeigt. Eine prinzipielle Vorgehensweise fu¨r die Einfu¨hrung von Gescha¨ftsprozessmanagement, die die Transformation eines „traditionellen Unternehmens“ in ein gescha¨ftsprozesszentriertes Unternehmen beleuchtet, schließt die Konzeption ab. Gutachter: Prof. Dr. Heidi Heilmann, Universita¨t Stuttgart; Prof. Dr. Hans Dietmar Bu¨rgel, Universita¨t Stuttgart Stichworte: Gescha¨ftsprozess, Gescha¨ftsprozess-(Re-)Organisation, Reengineering, Kaizen, Workflow-Management E-Mail:
[email protected] www.drstapf.de
WI – Arbeitsberichte Maier, Matthias Strukturen und Prozesse im „Netzwerk fu¨r Arbeit“ # Arbeitsbericht des Bayerischen Forschungsverbunds Wirtschaftsinformatik, Bamberg, Bayreuth, Erlangen-Nu¨rnberg, Regensburg, Wu¨rzburg, FWN-2001-006, August 2001, 48 Seiten
Stichworte: Netzwerk fu¨r Arbeit, Gesamtprozess, Personalzuteilungsstrategien, Personalleitstand- und Mitarbeiter-Abrechnung, Prototyp einer regionalen Personalbo¨rse im WWW Eine Kopie der Schrift kann zum Preis von a 10 u¨ber die folgende Anschrift bestellt werden: FORWIN Bayerischer Forschungsverbund Wirtschaftsinformatik, ußerer Laufer Platz 13–15, D-90403 Nu¨rnberg. Der Beitrag ist auch unter folgender Adresse im Internet verfu¨gbar: http://www.forwin.de. Dieser Bericht behandelt die strukturelle und die prozessuale Sicht auf ein Netzwerk fu¨r Arbeit, in dem sich Betriebe einer Region tempora¨r nicht beno¨tigtes Personal gegenseitig zur Verfu¨gung stellen. Organisatorische Fragen zur inhaltlichen Ausgestaltung bilden einen ersten Schwerpunkt. Dazu za¨hlen in Bezug auf den Unternehmensverbund etwa Rechtsform, Reichweite des Unternehmensnetzwerks, Branche der beteiligten Unternehmen, Anzahl der beteiligten Unternehmen, Laufzeit des Unternehmensnetzwerks, Zugeho¨rigkeit des Personals, Regelung von Grundsa¨tzen sowie Verwaltung des Netzwerks. Anschließend werden die dazugeho¨rigen technischen Grundlagen erla¨utert, zu denen die Systemarchitektur, die Benutzungsoberfla¨che und die Datenbank (inkl. Benutzer- und Benutzergruppenverwaltung) za¨hlen. Neben dem u¨berblickartig gestalteten Gesamtprozess (bestehend aus den Bausteinen Konkretisierung des Angebots und der Nachfrage, Vorfilterung, Auswahl, Vergabe, Verwaltung, Durchfu¨hrung und Abrechnung) stehen Personalzuteilungsstrategien bei konkurrierenden Anfragen und Abrechnungsmodelle im Mittelpunkt des Prozesskapitels. Prototypisch implementierte Prozesse sowie Funktionstests der regionalen Personalbo¨rse schließen den Bericht ab. Die einzelnen Beispiele zeigen die breite Einsatzfa¨higkeit eines solchen Werkzeugs auf, wenn neben Lagerarbeitern auch Sportler, Stewardessen und ganze Flugzeugbesatzungen sowie auch Communities eingebunden werden ko¨nnen.
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Arbeitsberichte
Ziel dieser Arbeit ist es, einen regionalen Personalkapazita¨tsausgleich (regionales Personal-Clearing) zwischen vernetzten Unternehmen u¨ber ein WWW-basiertes Informationssystem vorzustellen (Netzwerk fu¨r Arbeit). Man konnte sehen, dass es sich dabei um ein interdisziplina¨res „Kunstwerk“ handeln muss, das den sparsamen Umgang mit knappen Personalressourcen und gute Informationsverwaltung bu¨ndelt.
Maier, Matthias; Gollitscher, Marion berlegungen zum Skill-Matching-Modul eines Leitstands fu¨r den regionalen, zwischenbetrieblichen Personalaustausch # Arbeitsbericht des Bayerischen Forschungsverbunds Wirtschaftsinformatik, Bamberg, Bayreuth, Erlangen-Nu¨rnberg, Regensburg, Wu¨rzburg, FWN-2001-007, August 2001, 24 Seiten
Stichworte: Personalzuordnung (Matching), lineare Optimierung, Branch-and-BoundVerfahren, Heuristiken, Fuzzy-Systeme, Neuronale Netze, Genetische Algorithmen Eine Kopie der Schrift kann zum Preis von a 10 u¨ber die folgende Anschrift bestellt werden: FORWIN Bayerischer Forschungsverbund Wirtschaftsinformatik, ußerer Laufer Platz 13–15, D-90403 Nu¨rnberg. Der Beitrag ist auch unter folgender Adresse im Internet verfu¨gbar: http://www.forwin.de. Nach einem kurzen Grundlagenteil zu Qualifikations- und Anforderungsprofilen im Personalmanagement werden theoretische Personalzuordnungsmodelle betrachtet. Daran schließen sich konkretere Personalzuordnungsverfahren (Heuristiken und optimierende Verfahren) an, die den „Stand der Kunst“ in diesem Bereich erheben. Zu den optimierenden Verfahren za¨hlen die Verfasser etwa die Enumeration oder die Lineare Programmierung, wa¨hrend sie die Punktbewertungsmethode oder die Profilmethode den Heuristiken zuordnen. Zu Letzteren geho¨ren auch Verfahren des so genannten „Soft Computing“ wie bspw. Fuzzy-Systeme, Neuronale Netze und Evolutiona¨re (Genetische) Algorithmen. Das Ziel bei allen vorgestellten Lo¨sungswegen fu¨r die Personalzuordnung ist allerdings nicht der Ersatz eines Sachbearbeiters durch geeignete IV-Instrumente, die IVtechnische Unterstu¨tzung von Prozessen wie Personalbeurteilung und -auswahl sollen vielmehr fu¨r den Entscheider „handliche Arbeitsportionen“ erzeugen, indem eine Vorauswahl von Kandidaten stattfindet.
Anhand von zwei Beispielen wird gezeigt, wo sich Chancen und Grenzen auch schon bei einfachen Implementierungsversuchen ergeben ko¨nnen. Die IV-technische Unterstu¨tzung eines zwischenbetrieblichen Personalaustausches hat eine doppelte Rolle. Einerseits muss sie vor dem Hintergrund der Netzwerkorganisation die kostengu¨nstige Abwicklung der Prozesse im „Netzwerk fu¨r Arbeit“ erlauben, um den Aufwand fu¨r die beteiligten Unternehmen mo¨glichst gering zu halten. Andererseits ist gerade dieses Funktionieren ein wichtiger Erfolgsfaktor und damit Vertrauensgarant in das Konzept an sich. Die vorliegende Ausarbeitung soll bei der Gestaltung oder Auswahl eines zum Einsatz kommenden SkillMatching-Moduls Hilfe leisten.
Mehlau, Jens Ingo Ist-Aufnahme IT-Architekturen bei Finanzdienstleistern # Arbeitsbericht des Bayerischen Forschungsverbunds Wirtschaftsinformatik, Bamberg, Bayreuth, Erlangen-Nu¨rnberg, Regensburg, Wu¨rzburg, FWN-2001-011, November 2001, 29 Seiten
Stichworte: IT-Architekturen, Softwarearchitekturen, Hardwarearchitekturen, Finanzdienstleister Eine Kopie der Schrift kann zum Preis von a 10 u¨ber die folgende Anschrift bestellt werden: FORWIN Bayerischer Forschungsverbund Wirtschaftsinformatik, ußerer Laufer Platz 13–15, D-90403 Nu¨rnberg. Der Beitrag ist auch unter folgender Adresse im Internet verfu¨gbar: http://www.forwin.de. Umfassendere Funktionalita¨ten und kurze Entwicklungszyklen erfordern den zunehmenden Einsatz und die Integration von neuen Informations- und Kommunikationstechnologien. Der Artikel behandelt die Frage, wie Finanzdienstleister versuchen, dieser Anforderung durch die Gestaltung ihrer ITSysteme gerecht zu werden. Zuna¨chst wird das methodische Vorgehen, durch das insbesondere organisatorische, netzwerktechnische und softwarearchitekturspezifische Aspekte herausgearbeitet werden sollen, erla¨utert. Im Anschluss erfolgt die Darstellung der durchgefu¨hrten Ist-Aufnahme, die im Einzelnen die IT-Architekturen der Commerzbank, Dresdner Bank, HypoVereinsbank, MLP und den bayerischen Sparkassenverband beschreibt. Hierdurch erlangt man einen Einblick, wie die deutsche Finanzdienstleistungsbranche die Gestaltung ihrer IT-Systeme vornimmt. Dabei erfolgt ei-
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ne separate Betrachtung der Systemarchitektur, bestehend aus Hard- und Systemsoftware, und der Anwendungsarchitektur, die ein logisches Modell der Anwendungssysteme inklusive ihren Schnittstellen darstellt. Es la¨sst sich deutlich erkennen, dass in der deutschen Finanzdienstleistungsbranche zwei unterschiedliche Strategien verfolgt werden: &
&
Einige Finanzdienstleister versuchen durch strategische Partnerschaften mit Softwareherstellern eine Senkung der ITKosten zu erreichen. Andere wiederum favorisieren den Einsatz von offenen Softwarestandards, um sich so in Fragen der Informationstechnologien eine hohe Unabha¨ngigkeit zu ermo¨glichen.
Schließlich erlaubte die Aggregation der Analyseergebnisse die Erstellung von Referenzarchitekturen, anhand derer man die Schlu¨sseltechnologien der Finanzdienstleistungsbranche erkennen kann.
Thome, Rainer; Schu¨tz, Stefan; Zeißler, Gernot Ermittlung betriebswirtschaftlicher Anforderungen zur Definition von Gescha¨ftsprozessprofilen # Arbeitsbericht des Bayerischen Forschungsverbunds Wirtschaftsinformatik, Bamberg, Bayreuth, Erlangen-Nu¨rnberg, Regensburg, Wu¨rzburg, FWN-2001-010
Stichworte: Anforderungsanalyse, Einfu¨hrungswerkzeug, Expertensystem, Gescha¨ftsprozess, eBusiness-Matrix, Business eType, eComponent Type Eine Kopie der Schrift kann zum Preis von a 10 u¨ber die folgende Anschrift bestellt werden: FORWIN Bayerischer Forschungsverbund Wirtschaftsinformatik, ußerer Laufer Platz 13–15, D-90403 Nu¨rnberg. Der Beitrag ist auch unter folgender Adresse im Internet verfu¨gbar: http://www.forwin.de. Mit ADONIS wird ein Werkzeug entwickelt, das Unternehmen bei der Ermittlung einer individuellen eC-Strategie und Auswahl geeigneter Softwarekomponenten unterstu¨tzt. Auf Grund seiner Ausrichtung auf die Bedu¨rfnisse von kleinen und mittelsta¨ndischen Unternehmen (KMU) soll es nicht nur benutzerfreundlich, sondern auch kostengu¨nstig einsetzbar sein. Als erster Schritt zur Strategiefindung wird die Ist-Situation im Unternehmen ermittelt. Dabei kommt es nicht nur darauf an, die Organisationsstruktur zu analysieren, sondern auch die Gescha¨ftsprozesse, die in dem Un-
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WI – Literatur
ternehmen sowie im Zusammenspiel mit den Gescha¨ftspartnern von Bedeutung sind. Ausgangsbasis hierfu¨r ist die eBusiness-Matrix. Mit Ihrer Hilfe werden aus den verschiedenen Szenarien der digitalen Gescha¨ftsabwicklung diejenigen eruiert, die fu¨r das Unternehmen in Frage kommen. Die detaillierte Analyse der Anforderungen an eine zuku¨nftige eBusiness-Lo¨sung erfolgt anschließend u¨ber einen Frage-Antwort-Dialog, um das Gescha¨ftsprozess-Anforderungsprofil des Unternehmens zu erstellen. Diese Unternehmensanforderungen werden anschließend mit vordefinierten eComponents abgeglichen. EComponents sind Bausteine einer eBusiness-Lo¨sung, die bestimmte Aufgaben bei der Abwicklung von Gescha¨ftsprozessen erfu¨llen. Durch diesen Abgleich ko¨nnen die Komponenten ausgewa¨hlt werden, die den Anforderungen des Unternehmens am besten entsprechen. Dieser Projektbericht hat die Anforderungsanalyse mit ADONIS zum Gegenstand. In einem ersten Schritt werden bestehende Ansa¨tze der Anforderungsanalyse analysiert und einer Bewertung im Hinblick auf ihre Verwendungsmo¨glichkeiten fu¨r ADONIS unterzogen. Fu¨r ADONIS wird eine internetbasierte, datenbankgestu¨tzte Umgebung pra¨feriert, um die eingangs genannten Anforderungen an dynamische Umwelta¨nderungen und deren zu¨gige Umsetzung in ADONIS zu erfu¨llen. Der Schwerpunkt des Berichtes liegt in der Entwicklung eines Fragenkataloges sowie des zugrundeliegenden Regelwerkes. Dieses dient zum einen einer sinnvollen Reduktion des Fragenumfangs, zum anderen stellt sie die Navigation des Anwenders durch den Fragenkatalog sicher. Die Arbeit schließt mit einer kurzen bersicht u¨ber geplante Weiterentwicklungen im ADONIS-Projekt.
Kronewald, Karl; Menzel, Georg; Taumann, Wolfgang; Maier, Matthias Portal fu¨r bu¨rgergerechte Dienstleistungen in der Sozialen Sicherheit # Arbeitsbericht des Bayerischen Forschungsverbunds Wirtschaftsinformatik, Bamberg, Bayreuth, Erlangen-Nu¨rnberg, Regensburg, Wu¨rzburg, FWN-2001-005, August 2001, 34 Seiten
Stichworte: Electronic Social Security Services (e3s), Zugangsmedien, Portal, Soziale Sicherheit, Prozessbausteine und -skelette, Benutzerprofile, Bu¨rgerprofile, Netzwerke
Eine Kopie der Schrift kann zum Preis von a 10 u¨ber die folgende Anschrift bestellt werden: FORWIN Bayerischer Forschungsverbund Wirtschaftsinformatik, ußerer Laufer Platz 13–15, D-90403 Nu¨rnberg. Der Beitrag ist auch unter folgender Adresse im Internet verfu¨gbar: http://www.forwin.de. Diese Schrift beschreibt im ersten Teil die aktuellen Trends in der Sozialen Sicherheit und die sich daraus ergebende inhaltliche Neuausrichtung des Bereichs GPM SC (Global Portfolio Management Social Care) bei der Siemens Business Services GmbH & Co. OHG (SBS) mithilfe des e3s-Rahmenwerks (electronic social security services). Den Schwerpunkt bilden berlegungen zu einem bu¨rgergerechten Portal und die damit einhergehende Individualisierung von Dienstleistungen in der Sozialen Sicherheit. Merkmale des e3s-Rahmenwerks sind EventOrientierung, Integration der beteiligten Institute zum Netzwerk der Sozialen Sicherheit, Bu¨rgerorientierung, Aktive Dienstleistungssteuerung und verschiedene Zugangsmedien. Der zweite Teil stellt dann vor, wie dies mithilfe der Instrumente der betrieblichen Informationsverarbeitung umgesetzt werden kann. Dazu werden zuna¨chst die mo¨glichen Teilnehmer und Dienstleistungen der Arbeitsverwaltung klassifiziert. Die Frage der Personalisierung von Dienstleistungen lo¨sen die Autoren mithilfe von Prozessskeletten, Bausteinen und Profilen. Zuerst sind ausreichend Informationen zu beschaffen, welche Prozesse bisher wie und von wem abgebildet wurden. Es entsteht dadurch ein idealtypisches Skelett, das durch Zerlegung und Integration von Ta¨tigkeiten in Bausteine zu unterteilen ist. Bei der Personalisierung der ausgewa¨hlten Bausteine kann man auf bereits vorhandene Konzepte zuru¨ckgreifen. Es sind dies Benutzermodellierung, Parametrierung und Case-based Reasoning (CBR). Die vorliegende Arbeit zeigt zwei Entwicklungsrichtungen unterschiedlichen Ursprungs auf, die hinsichtlich einer „Neuausrichtung“ der Sozialen Sicherheit leicht zusammen zu fu¨hren sind: Personalisierungsproblematik und Vernetzung. Gerade der in Bezug auf das Internet und seine Mo¨glichkeiten „erwachende“ o¨ffentliche Sektor bietet dann ein breites Experimentierfeld, um Gedankengut aus anderen Anwendungen zu u¨bertragen.
Leichter lernen, effizienter studieren
Christine Stickel-Wolf/ Joachim Wolf Wissenschaftliches Arbeiten und Lerntechniken Erfolgreich studieren – gewusst wie! 2., durchges. Aufl. 2002. XIV, 323 S. Br. € 29,00 ISBN 3-409-21826-2
In diesem Buch finden Sie ausführliche Tipps zum rationellen, verhaltens- und behaltensorientierten Lesen, zum aktiven Zuhören und Mitschreiben, zum zielführenden Arbeiten in der Gruppe, zur mündlichen Präsentation wissenschaftlicher Arbeiten, zur effizienten Vorbereitung auf Prüfungen sowie zur erfolgsgerichteten Studienplanung und -organisation.
Änderungen vorbehalten. Erhältlich beim Buchhandel oder beim Verlag.
Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Tel: 06 11 78 78-124, Fax: 06 11 78 78-420 www.gabler.de
WI – Literatur Fu¨r Sie gelesen Peter Mertens referiert
A Web Site Design Model for Financial Information von Michael Ettredge, Vernon J. Richardson und Susan Scholz Ettredge, M.; Richardson, V. J.; Scholz, S.: A Web Site Design Model for Financial Information. In: Communications of the ACM 44 (2001) 11, S. 51–55. Ausgangspunkt der berlegungen, die die Autoren anstellen, ist, dass das Marketing eines Betriebs nicht auf die Ansprache von mo¨glichen Ka¨ufern seiner Produkte beschra¨nkt bleibt, sondern die Unternehmung auch gegenu¨ber den Investoren vermarktet werden muss. So versuchen die Autoren, Erkenntnisse aus der Marketingtheorie in die finanzielle Fu¨hrung des Unternehmens zu u¨bertragen, namentlich auch Forschungsergebnisse, die Maheswaran und Sternthal [MaSt90] zusammengetragen haben. Hier geht es um Vorhersagen, welche Arten von Informationen verschiedene Gruppen von Informationsempfa¨ngern u¨berzeugen. Nach dem Stand des Wissens tendieren Konsumenten, die substanzielles Wissen u¨ber einen Produkttyp besitzen, dazu, objektive Informationen u¨ber die Produkteigenschaften sta¨rker zu scha¨tzen, wohingegen weniger kundige Verbraucher von subjektiv gefa¨rbten Informationen eher angesprochen werden. Im Kontext von Finanzinformationen la¨sst Literatur, die vom NIRI (National Investor Relations Institute) vero¨ffentlicht wurde, darauf schließen, dass die fu¨r die „Investor Relations“ Verantwortlichen ihre Aufgabe darin sehen, Finanzinformationen gezielt zu vermarkten. Fallstudien zum Verhalten der „Investor Relations Officers“ erbrachten, dass viele Mitglieder dieser Berufsgruppe den Aufbau einer Webseite als eine Aufgabe ho¨chster Priorita¨t betrachteten. Bemerkenswerterweise hat die SEC (U.S. Securities and Exchange Commission) derartige Aktivita¨ten wohl wollend kommentiert und den finanzierungsbezogenen Inhalt von Unternehmensseiten kaum reguliert. Die Betriebe ko¨nnen also jegliche Kombination von finanziellen Berichten, Aktienkursen oder anderen Informationen pra¨sentieren, vorausgesetzt, dass die Berichterstattung im Web nicht fraudulo¨s
ist. So u¨berrascht es nicht, dass sich im Internet Art und Menge der Finanzinformationen der Einzelunternehmen stark unterscheiden. Den oben erwa¨hnten Erkenntnissen aus der Marketingforschung folgend haben die Autoren die Hypothese aufgestellt, dass objektive Informationen dann im Webauftritt dominieren sollten, wenn dieser vor allem auf einen Personenkreis mit hoher Expertise der Unternehmensfinanzierung adressiert ist. Hierzu za¨hlen insbesondere professionelle Analysten. Andererseits wa¨ren dann subjektive Informationen vor allem an relative Laien der Unternehmensfinanzierung zu richten; dies sind besonders Personen, die ihr eigenes Geld in Aktien anlegen. Um den objektiven und subjektiven Gehalt jeder Webseite abzuscha¨tzen, wurden bestimmte Informationen der Kategorie „objektiv“ zugewiesen, z. B. die aktuellen und die historischen Aktienkurse, Links zu Aktienkursen, die an anderer Stelle im Internet vero¨ffentlicht werden, Kalender der fu¨r Investoren interessanten Ereignisse, Informationen u¨ber Pla¨ne zur Reinvestition von Dividenden oder Verweise auf die Seiten von Analysten. Informationen mit subjektivem Charakter sind Textpassagen, Pra¨sentationen von Unternehmensvertretern oder Werbeaussagen zu den Vorzu¨gen einer Beteiligung am jeweiligen Unternehmen. Die Forscher haben die Webseiten von Betrieben in zwei der bedeutendsten Hochtechnologiebranchen (Halbleiter und Biotechnologie) besucht. Sie fanden dort Firmen mit ganz unterschiedlichen Auspra¨gungen der Merkmale Alter, Gro¨ße und Ausreifung („Stages of Maturity“) vor. Je nach dem Gehalt der oben erwa¨hnten Kriterien wurden von zwei Personen anhand von Checklisten unabha¨ngig voneinander Punkte fu¨r den objektiven und subjektiven Charakter jeder Seite vergeben. Bei Diskrepanzen in der Beurteilung entschied eine dritte Person. Die Punktesummen (Scores) brachte man in Regressionsmodelle ein. Nachdem fru¨here Untersuchungen gezeigt hatten, dass gro¨ßere Unternehmen in jedem Kontext mehr Finanzinformationen vero¨ffentlichen, wurde zusa¨tzlich als Maßstab fu¨r die Betriebsgro¨ße das Unternehmensvermo¨gen als Indikator aufgenommen. Es konnte gezeigt werden, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem „Objective score“ und der Anzahl der Analysten, die das Unternehmen begleiten, einerseits und ein ebensolcher Zusammenhang zwischen dem „Subjective score“ und der Anzahl der Privat-Investoren („Retail Investors“) bestand. Die Forschungsergebnisse zeigen den Weg zu einem gezielt differenzierten Aufbau der
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Webseite fu¨r die beiden Adressatengruppen im Sinne des Stereotypen-Ansatzes und damit einer Differenzierung der Unternehmenskommunikation in der Finanzspha¨re. Die Autoren verweisen darauf, dass einige bedeutende Unternehmen sich bereits a¨hnlich verhalten: Microsoft pra¨sentiert ihre Finanzberichte in unterschiedlichen internationalen Formaten. Intel stellt sie fu¨r bestimmte Empfa¨ngergruppen in einer Form bereit, die es erlaubt, die Zahlen sofort in Excel zu laden und damit weiteren Analysen zuga¨nglich zu machen.
Bezug zur Wirtschaftsinformatik Zuna¨chst ist der Aufsatz ein scho¨nes Beispiel dafu¨r, wie das WWW fu¨r empirische Forschung in der Wirtschaftsinformatik genutzt werden kann, denn es gestattet Analysen zu den Handlungsweisen der Unternehmen, ohne diese zu bela¨stigen: Man beutet einfach die Informationen aus dem Internetauftritt aus. Zum Zweiten handelt es sich um ein treffendes Exempel zu so genannten StakeholderInformationssystemen, die man wiederum als moderne Synthese aus ffentlichkeitsarbeit und Werbung begreifen mag. Schließlich steht die Abhandlung fu¨r Personalisierung in der Wirtschaftsinformatik, die auf solider betriebswirtschaftlicher Theorie gru¨ndet. Den mit den Besonderheiten der finanziellen Fu¨hrung in US-Unternehmen nicht so vertrauten Leser ko¨nnten die Schnittstellen zwischen Marketing und Finanzierung bei der Vermittlung von Informationen an potenzielle Investoren beeindrucken.
Literatur [MaSt90] Maheswaran, D.; Sternthal, B.: The Effects of Knowledge, Motivation, and Type of Message on Ad Processing and Product Judgments. In: Journal of Consumer Research 17 (1990) 1, S. 66–73.
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Peter Mertens, Universita ¨ t Erlangen-Nu¨rnberg, Bereich Wirtschaftsinformatik I, Lange Gasse 20, D-90403 Nu¨rnberg, E-Mail:
[email protected]
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WI – Literatur
Buchbesprechungen Brockhaus-Redaktion (Hrsg.) Technologien fu¨r das 21. Jahrhundert ISBN 3-7653-7945-x, F. A. Brockhaus, Leipzig, Mannheim 2000, 704 Seiten, a 49,95
In der Brockhaus-Reihe „Mensch Natur Technik“ ist der o. g. Band neben Ba¨nden zu solchen essentiellen Themen wie „Vom Urknall zum Menschen“, „Pha¨nomen Mensch“, „Lebensraum Erde“, „Mensch, Maschinen, Mechanismen“ und „Die Zukunft unseres Planeten“ erschienen. Bei so gewichtigen Themen sollte man neugierig sein, ob das eigene Fachgebiet auch zu den Technologien des begonnenen Jahrhunderts geho¨rt. Und, wie nicht anders zu erwarten, die Informationstechnologie geho¨rt selbstversta¨ndlich zu den Technologien des 21. Jahrhunderts neben sechs weiteren Technologiebereichen. Dann ist interessant zu wissen, wie wird das eigene Fachgebiet Wirtschaftsinformatik eingeordnet. Dazu seien nach der formalen Darstellung des Inhalts des Bandes einige Ausfu¨hrungen am Ende gemacht. Der Band ist solchen Erfindungen, Gera¨ten, Verfahren oder Materialien (Technologien) gewidmet, die der menschlichen Zivilisation einen regelrechten Entwicklungsschub gaben und die Gesellschaft – aus der heraus sie entstanden – verwandeln. Beispiele hierfu¨r sind die Steinzeit, die Bronzezeit, die ra des Buchdrucks oder die Dampfmaschinenepoche. Diese Schlu¨sseltechnologien werden meist erst in der Ru¨ckschau der Geschichte erkannt. Jedoch kann man den Herausgebern der Brockhausredaktion bescheinigen, dass es ihnen zusammen mit 25 Wissenschaftlern staatlicher und privater deutscher Forschungseinrichtungen als Beitragsautoren gelungen ist, sich der vor uns liegenden Entwicklung ein gutes Stu¨ck anzuna¨hern. Diese Anna¨herung erfolgt nicht in der Art medienwirksamer Warnungen eines Bill Joy und Ray Kurzweil vor den Risiken der Forschung auf den Gebieten der Gentechnik, der Nanotechnologie und der Robotik, sondern in sorgfa¨ltigem enzyklopa¨dischen Darstellen des jeweiligen Fachgebietes. Farbige Abbildungen, Grafiken und Fotos erga¨nzen in gelungener Weise diese Gesamtschau. Als spannendste und viel versprechendste Technikbereiche unserer Zeit werden der Stand der Entwicklung und die Innovationspotenziale – untergliedert in die sieben Bereiche und entsprechende Kapitel – der Genforschung (unter der Kapitelu¨berschrift: Vera¨nderungen des Erbgutes – Gentechnik), der Lasertechnik (Laser – das besondere
Licht), der Energietechnik (Energieversorgung – Optionen fu¨r die Zukunft), der Materialwissenschaften (Neue Materialien und Werkstoffe), die Mikrotechnik (Miniaturisierung), der Computertechnik (Neue Wege der Informationsverarbeitung – Computerwissenschaft) und der Raumfahrt (Raumfahrt – zwischen Himmel und Erde) dargestellt. Das sechste Kapitel, das der Informationstechnologie gewidmet ist, gliedert sich in vier Abschnitte mit den Themen: (I) Vom Industrieroboter zur integrierten Fertigung, (II) Ku¨nstliche Intelligenz, (III) Die neuen Supercomputer: Parallelrechner und (IV) Ku¨nstliche Intelligenz – Abschied von einer Illusion. Wie schon die berschriften erkennen lassen, handelt es sich um sehr technische (CIM, fraktale Fabriken) Sichten und um Auseinandersetzungen aus deutscher Kerninformatik-Sicht. Die fu¨r eine Technologie wesentlichen Auswirkungen auf die Gesellschaft insbesondere u¨ber o¨konomische Beziehungen wie die Netzwerko¨konomie werden leider nicht angesprochen. Auch erscheint die u¨berkritische Auseinandersetzung mit der Ku¨nstlichen Intelligenz, solche Potenziale, wie sie z. B. in der Agententechnologie vorhanden sind, ganz zu negieren. Den Beitrag eines Konrad Zuse oder der Halbleitertechnik zur Entwicklung der Informationstechnologie findet man im Abschnitt: „Von der Elektronenro¨hre zum Mikrochip“ des Kapitels Miniaturisierung. Trotz der kritischen Bemerkungen handelt es sich bei dem vorliegenden BrockhausBand um eine umfassende Enzyklopa¨die, in der die Historie und wesentliche Eckpunkte der Entwicklung von Naturwissenschaften und Technik solide aufgearbeitet sind. Es kann allen Praktikern, Wissenschaftlern und Studenten empfohlen werden, die sich in Erga¨nzung zum Wissen im Internet u¨ber ein neues Anwendungsgebiet informieren mo¨chten. Manfred Grauer, Siegen
Meyer, Jo ¨rn-Axel; Kittel-Wenger, Ellen; Gerlich, Rosi (Hrsg.) Call Center fu¨r kleine und mittlere Unternehmen Erfolgsfaktor im regionalen und u¨berregionalen Wettbewerb ISBN 3-89012-813-0, Eul, Lohmar, Ko ¨ln 2000, 132 Seiten, a 27,61
Der Band pra¨sentiert die gesammelten Vortra¨ge der Tagung „Call Center fu¨r KMU – Erfolgsfaktor im regionalen und u¨berregionalen Wettbewerb“, die im Ma¨rz 2000 in
Flensburg abgehalten wurde. Ziel ist es, die Umsetzungsformen, Vorteile und Risiken von Call Centern fu¨r KMU zu diskutieren. Die ersten beiden Aufsa¨tze vermitteln Basisinformationen zum Thema: Die Fragen nach der neuen Bedeutung der Kundenorientierung und der Rolle, die ein Call Center dabei spielen kann, werden angerissen. Auch wird ein erster Blick auf die technischen Mo¨glichkeiten geworfen. Der darauf folgende Block von vier Aufsa¨tzen ist unterschiedlichen Fragen der Umsetzung von Call Centern innerhalb der Unternehmen gewidmet. Im ersten Aufsatz wird die Frage nach dem Wert eines Call Centers fu¨r KMU aufgeworfen und unterschiedliche Realisierungsformen (untergliedert nach Branchen) vorgestellt. Der zweite Aufsatz stellt das Pha¨nomen Call Center in den gro¨ßeren Zusammenhang von CRM und geht besonders auf die (auch technische) Integration in die Unternehmensprozesse ein. Im dritten Aufsatz steht die Frage nach qualifizierten Mitarbeitern eines Call Centers und deren Aus- und Weiterbildung im Zentrum. Der vierte Aufsatz behandelt das Thema „Personaleinsatzplanung per Computer in Call Centern“, jedoch ausschließlich aus der Sicht eines speziellen PersonalplanungsTools. Im abschließenden Teil berichten drei Autoren u¨ber ihre jeweiligen Erfahrungen mit Call Centern in der Praxis. Insgesamt betrachtet ist sowohl in der Gesamtkonzeption des Bandes als auch in den einzelnen Aufsa¨tzen der Anlass – die Tagung – deutlich erkennbar. Fast alle Autoren beginnen mit einer Definition und Einordnung des Begriffs. Das mag auf den ersten Blick als Schwa¨che des Bandes erscheinen, zeigt jedoch recht gut die unterschiedlichen Auffassungen des Themas. Positiv ist auch der gestaffelte Aufbau – der Weg vom Grundsa¨tzlichen u¨ber einzelne theoretische Aspekte hin zu Berichten aus der Praxis. Schade hingegen ist, dass auf die zahlreichen abgedruckten Folien im Text kaum eingegangen wird. Zwar werden deren Inhalte durch den Text im Großen und Ganzen abgedeckt, doch vermisst man hin und wieder einen direkten Bezug. Angaben zu weiterfu¨hrender Literatur ha¨tten zudem fu¨r den interessierten Leser von Nutzen sein ko¨nnen. Alles in allem stellt der Sammelband einen informativen Einstieg in das Thema dar, wenn auch die meisten Aspekte wegen der Ku¨rze der Aufsa¨tze nur angerissen werden konnten. Johanna Bertsch, Siegen
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Buchbesprechungen
Kagermann, Henning; Keller, Gerhard (Hrsg.) SAP-Branchenlo¨sungen Business-Units erfolgreich managen ISBN 3-934358-44-6, Galileo Press, Bonn 2000, 235 Seiten, a 49,90
Urspru¨nglich wurden ERP-Systeme wie das Großrechnerprodukt SAP R/2 und das Nachfolgeprodukt SAP R/3 als universelle Unternehmenssoftware entwickelt, die fu¨r alle Branchen zum Einsatz kommen sollten. Der Rezensent kann sich noch gut an die Diskussion im Anschluss an den Vortrag „Perspektiven leistungsfa¨higer Standardsoftware fu¨r Kostenrechung und Controlling“ vom November 1990 wa¨hrend des Kongresses Kostenrechnung ’90 in Frankfurt erinnern, in dem Hasso Plattner, der damalige Vorstandsvorsitzende der SAP AG, die Branchenneutralita¨t des R/2-Systems gegenu¨ber Nachfragen aus dem Auditorium verteidigt hat. Seit einigen Jahren hat sich jedoch die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Vielfalt an Anforderungen unterschiedlicher Branchen die Funktionalita¨t von ERP-Systemen noch weiter u¨berfrachten wu¨rde. Vor diesem Hintergrund hat die SAP AG seit einigen Jahren begonnen, das R/3-System als branchenneutralen Kern bereitzustellen und daru¨ber hinaus hierauf aufbauende branchenspezifische Lo¨sungen bereitzustellen. Das Werk ist eine Sammlung von Beitra¨gen verschiedener Autoren, die insgesamt 11 Branchen nach einem weitgehend einheitlichen Gliederungsschema beschreiben. Nach einer Einfu¨hrung in die Besonderheiten der jeweiligen Branche wird die von SAP bereitgestellte Funktionalita¨t vorgestellt. Hierbei wird auf das von der SAP entwickelte Instrument der sog. Solution Map, einer fachlichen Beschreibung der unterstu¨tzten Funktionalita¨t der Branche, zuru¨ckgegriffen. Meist werden auch Anwendungsbeispiele aus der Praxis vorgestellt. Behandelt werden die Branchen: Aerospace & Defense (Luftfahrtindustrie), Automotive (Automobilindustrie), Chemicals (Chemische Industrie), Engineering & Construction (Maschinen und Anlagenbau), Insurance (Versicherungen), Media (Medienunternehmen), Mill Products (Metall-, Papier- und Textilindustrie), Oil & Gas (l- und Gasindustrie), Real Estate (Immobilienverwaltung), Retail (Handel) und Service Provider (Dienstleistungen). Allerdings fehlen einige wichtige Branchen, wie z. B. Public Sector (ffentlicher Bereich). Leider fehlt auch ein Glossar, das branchenspezifische Begriffe erla¨utert, die im Text verwendet werden (z. B. SPEC2000, S. 37). Dies erschwert die Lektu¨re des Buches fu¨r Branchenfremde interessierte Leser.
Fazit: Das Buch ist als berblicksband fu¨r Unternehmen geeignet, die noch keine SAPSoftware einsetzen und sich grundlegend u¨ber die Mo¨glichkeiten des Einsatzes der SAP-Software in ihrer Branche informieren wollen. Sie ko¨nnen hierbei die Gelegenheit nutzen, auch die Funktionalita¨t anderer Branchen zu betrachten. SAP erfahrene Anwender haben meist schon das erforderliche Grundwissen, um sich auch direkt mit Hilfe der Produktbeschreibungen der SAP AG u¨ber die ggf. vorhandene Branchenlo¨sung Ihrer Branche zu informieren. Fu¨r sie sind mo¨glicherweise aber die im Vorwort angeku¨ndigten Spezialbu¨cher zu einzelnen Branchen interessant. Andreas Gadatsch, Niederkassel
Jung, Reinhard; Winter, Robert (Hrsg.) Data Warehousing Strategie, Erfahrungen, Methoden, Visionen ISBN 3-540-67308-3, Springer-Verlag, Berlin u. a. 2000, 290 Seiten, a 44,95
Im vorliegenden Buch werden die Zwischenergebnisse dargestellt, die im Kompetenzzentrum Data Warehousing Strategie (CC DWS) am Institut fu¨r Wirtschaftsinformatik der Universita¨t St. Gallen (IWI-HSG) erarbeitet wurden. Das Buch entha¨lt acht Fachbeitra¨ge und acht Praxisberichte. Die Autoren kommen aus Partnerunternehmen des Kompetenzzentrums und vom Institut fu¨r Wirtschaftsinformatik der Universita¨t St. Gallen. Bei den Fachbeitra¨gen geben die Herausgeber in einem ersten Beitrag eine Einfu¨hrung in das Thema und stellen die bisher erzielten wissenschaftlichen Ergebnisse des Kompetenzzentrums vor. Weitere Fachbeitra¨ge behandeln u. a. den ETL-Prozess, Maßnahmen und Konzepte zur Sicherung der Datenqualita¨t und Organisationskonzepte. Ein spezieller Beitrag ist dem Datenschutz gewidmet. Hier werden ein Konzept des Datenschutzes, mo¨gliche Herausforderungen und Ansa¨tze zu einem datenschutzkonformen Data Warehousing diskutiert. Die Fachbeitra¨ge schließen mit einem Aufsatz von Winter zur Positionierung und Weiterentwicklung des Data Warehousing in der betrieblichen Applikationsarchitektur. In den Praxisberichten stellen Referenten der Kooperationsunternehmen ihre Erfahrungen im Data-Warehousing-Bereich dar. So berichten sie beispielsweise u¨ber die Notwendigkeit von Vorstudien, u¨ber Strategien,
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Konzepte und Projekte, die in unterschiedlichen Unternehmungen erprobt und ausgefu¨hrt wurden. Das Buch entha¨lt interessante Beitra¨ge zu einem Thema, das sowohl in der Theorie als auch in der Praxis immer noch von großer Bedeutung ist. In den Fachbeitra¨gen werden wichtige Aspekte des Data Warehousing anschaulich und versta¨ndlich dargestellt. Grundlegende Problemstellungen, so z. B. beim Datenbeschaffungsprozess, bei der Sicherung der Datenqualita¨t und Gewa¨hrleistung des Datenschutzes, werden herausgearbeitet und diskutiert. Die Praxisberichte geben einen guten Einblick in die Einsatzmo¨glichkeiten der Systeme und zeigen ihre Nutzungspotenziale auf. Das vorliegende Buch liefert somit nu¨tzliche Beitra¨ge zur Data-Warehousing-Diskussion und kann sowohl den Studierenden und Wissenschaftlern als auch den Praktikern empfohlen werden. Roland Gabriel, Bochum
Lehner, F.; Maier, R. (Hrsg.) Electronic Business und Multimedia ISBN 3-824-47245-7, DUV Verlag, Wiesbaden 2000, 327 Seiten, a 59,00
Electronic Business und Multimedia – so der Titel des Sammelbandes – sind aktuelle Themen und „stehen fu¨r den dynamischen Wandel des wirtschaftlichen und des gesellschaftlichen Lebens.“ Das Buch pra¨sentiert Forschungsergebnisse im Bereich der beiden Themen, insbesondere unter Beru¨cksichtigung der gegenseitigen Wechselwirkungen, mit dem Ziel hiermit verbundene Chancen nutzen zu ko¨nnen. In insgesamt 16 Beitra¨gen, die in fu¨nf Kapitel gruppiert sind, pra¨sentieren Forscher der Universita¨t Regensburg (insbesondere des Instituts fu¨r Wirtschaftsinformatik) sowie Fachleute, die eng mit diesen Institutionen verbunden sind, Beitra¨ge, in denen verschiedenste Aspekte in diesem Umfeld thematisiert werden. Der interdisziplina¨re Ansatz des Themas wird schon bei erster Betrachtung des Inhaltsverzeichnisses deutlich. So bescha¨ftigen sich die vier Beitra¨ge des Kapitels „Electronic Business“ mit Themen wie Business-TV sowie juristischen Aspekten. In zwei weiteren Beitra¨gen wird das Thema „Electronic Banking“ thematisiert und insbesondere auf die Situation in sterreich eingegangen. Das Thema „Multimedia in der Lehre“ ist Gegenstand von vier Beitra¨gen, die neben dem Schlagwort „Teleteaching“ Aspekte des Einsatzes im Bereich der Wahrnehmungspsy-
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WI – Literatur
chologie sowie des Geschichtsstudiums behandeln. „Gesellschaftliche und berufliche Aspekte von Multimedia“ werden in drei Beitra¨gen aufgegriffen, in denen neben grundsa¨tzlichen beruflichen Perspektiven auf die Ausbildung sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch die universita¨re Ausbildung eingegangen wird. In drei weiteren Beitra¨gen werden ausgewa¨hlte Einsatzbereiche von „Multimedia-Anwendungen in der Medizin“ vorgestellt.
dv-technologischer Virtualita¨t (S. 1–152) Ansa¨tze eines auf Praktikabilita¨ten orientierten theoretischen Versta¨ndnisses zusammenbringt und einige Anwendungsspezifika aufzeigt. M. E. ist hier ein inhaltlich-gestalterisches Defizit der Arbeit darin zu sehen, dass Prozesse der materiellen und wissenschaftlichen Arbeit zu wenig differenziert betrachtet werden und es auf diese Weise fa¨lschlich leicht zu Fehlinterpretationen kommt.
Das Werk von Lehner und Maier trifft thematisch den Puls der Zeit und differenziert sich durch die inhaltliche Diversifikation und Interdiziplinarita¨t gegenu¨ber anderen Werken. Die damit verbundene eher geringe inhaltliche Vertiefung der Themen kann somit vernachla¨ssigt werden, zumal diese anhand der Literaturverweise zu den einzelnen Beitra¨gen durch den Leser gezielt vorgenommen werden kann. Hervorzuheben ist ferner der Praxisbezug der einzelnen Beitra¨ge aufgrund der Darlegung von Erfahrungen aus Praxisprojekten bzw. Prototypen.
„Technologien fu¨r virtuelle Organisationen“ (S. 153–266) bieten praktische Lo¨sungshilfen an, um Virtualisierungseffekte erzielen zu ko¨nnen: Netzinfrastruktur, Telearbeit und Telelernen werden u. a. angefu¨hrt. „Praxisbeispiele“ (S. 267–316) drehen sich naturgema¨ß zuna¨chst um das virtuelle Verdienen realen Geldes und zeigen dann Beispiele bezogen auf die „Verwaltungsentwicklung“ (S. 317–474).
Lars Schwarze, Frankfurt/Main
Gora, W.; Bauer, H.(Hrsg.) Virtuelle Organisation im Zeitalter von E-Business und E-Government Einblicke und Ausblicke ISBN 3-540-41171-2, Springer Verlag, Berlin et al. 2001, 498 Seiten, a 49,95
Die Zielgruppe des obigen Buches ist breit gefa¨chert: vom Studenten u¨ber den Systementwickler zu inhaltlich Involvierten aus Leistungs- und Leitungsbereichen aller Ebenen der verschiedensten Unternehmen. Fast fu¨nfzig Autoren bieten in 32 Beitra¨gen ein facettenreiches Bild vorwiegend praktischer Ansa¨tze zur Nutzung von IKT als virtuelles Organisationsmittel, einem i. A. erfolgbringenden Versuch, durch Kombinationsmechanismen begrenzte Ressourcen so zu organisieren, dass neue Nutzungseffekte erzielt werden ko¨nnen, die in ihren softwaregestu¨tzten Leistungen u¨ber die Mo¨glichkeiten der Komponenten hinausgehen (Wesen des Virtuellen). Allerdings darf man diese Software-Leistung auch nicht als neue, alles Problematische auflo¨sende Wunderwaffe missdeuten, die z. B. alle Probleme sinkender Ressourcen auszugleichen (vgl. S. 463) in der Lage ist. Die inhaltliche Strukturierung der vorliegenden Publikation ordnet die Beitra¨ge vier Gruppen zu, von denen zuna¨chst eine konzeptionelle Diskussion um das Pha¨nomen
rgerlich ist fu¨r einen o¨konomisch empfindenden Leser die Platzvergeudung am Ende von Beitra¨gen; fu¨r manche Abbildung wa¨re dagegen die Mitlieferung einer Lupe angezeigt, z. B. auf den Seiten 286/7 oder 299 ff. Uneinheitlich sind des Weiteren im Autorenverzeichnis (S. 475–489) die Lebensla¨ufe pra¨sentiert. Nach meinem Empfinden haben sich die Herausgeber zu wenig Mu¨he gemacht, diese Beitragssammlung theoretisch weiter aufzubereiten, als sie nur thematisch zu strukturieren. Interessant wa¨re auch, die Initialzu¨ndung fu¨r das Zustandekommen dieser Beitragssammlung genauer zu erfahren – nicht nur den Hinweis auf ein Preisausschreiben. Reiner Tschirschwitz, Rostock
Fiedler, R. Controlling von Projekten Projektplanung, Projektsteuerung und Risikomanagement ISBN 3-528-05740-8, Vieweg, Braunschweig, Wiesbaden 2001, 220 Seiten, a 35,28
Die Bedeutung des Projektcontrollings hat in den letzten Jahren durch zunehmend komplexer werdende Projekte mit hohem Termin- und Kostendruck zugenommen. Projektrelevantes Controllingwissen beno¨tigt nicht nur der Controller, sondern im besonderen Maße auch das Management und die Projektverantwortlichen. ber das reine Projektmanagement hinausgehende Grundkenntnisse des Projektcontrollings sind ebenso fu¨r viele Projektmitarbeiter zur Vo-
raussetzung fu¨r die erfolgreiche Bewa¨ltigung ihrer Aufgaben geworden. Mit dem vorliegenden Buch wird das Ziel verfolgt, den Projektverantwortlichen, Projektmitarbeitern und Controllern eine zugleich theorieorientierte und praxisfundierte Beschreibung des Projektcontrollings und seiner wesentlichen Instrumente anzubieten. Sie sollen Anregungen fu¨r die Lo¨sung ihrer ta¨glichen Probleme in den Projekten erhalten. Das Buch wendet sich auch an Studierende, die sich an der Hochschule mit der systematischen Projektabwicklung bescha¨ftigen. Zuna¨chst wird in Kapitel 1 ein berblick u¨ber Projektcontrolling und Projektmanagement gegeben. Angesprochen werden die Aufgaben und Ziele des Projektcontrolling sowie die Abgrenzung zum Projektmanagement. Kapitel 2 behandelt das Projektcontrolling aus strategischer Sicht. Es geht vor allem um Instrumente zur Auswahl und Priorisierung in einem Multiprojektumfeld. In Kapitel 3 sind die wesentlichen Phasen der Projektplanung und die dabei einsetzbaren Methoden und Instrumente beschrieben. In Kapitel 4 wird die Planungssicht um die Aspekte der Steuerung und Kontrolle erga¨nzt. Auch hier stehen wichtige Instrumente im Mittelpunkt. Neben der Earned-Value-Analyse wird vor allem die Analyse abgeschlossener Projekte betont. Systematische Erfahrungssicherung ist die Grundlage eines effektiven und effizienten Projektcontrollings. In Kapitel 5 wird verdeutlicht, worauf bei der Gestaltung des Berichtswesens fu¨r Projekte zu achten ist. Außerdem werden diverse DV-Tools fu¨r das Projektcontrolling beschrieben und beurteilt. Den Abschluss des Buches bildet Kapitel 6 mit zwei Praxisbeispielen fu¨r das Projektcontrolling. Herr Andreas Do¨ring erla¨utert das Projektcontrolling bei der Lufthansa Systems GmbH. Frau Sabina Rosemann von der MIS AG beleuchtet speziell die Einsatzmo¨glichkeiten eines Management-Informationssystems. In dem Buch wird gezeigt, wie ein wirkungsvolles Projektcontrolling aufzubauen und in das Projektmanagement zu integrieren ist. Praxiserprobte Instrumente und Werkzeuge fu¨r das Projektcontrolling werden ausfu¨hrlich beschrieben. Dazu kommen praktische Anwendungsbeispiele aus Unternehmen. Großer Wert wird auf eine versta¨ndliche Darstellung gelegt. An vielen Stellen werden konkrete Handlungsanweisungen gegeben. Der Autor bietet mit dem vorliegenden Buch den Projektverantwortlichen, Projektmitarbeitern und Controllern eine zugleich theorieorientierte und praxisfundierte Beschreibung des Projektcontrollings und seiner wesentlichen Instrumente an. Sie sollen
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Buchbesprechungen
Anregungen fu¨r die Lo¨sung ihrer ta¨glichen Probleme in den Projekten erhalten. Das Buch wendet sich auch an Studierende, die sich an der Hochschule mit der systematischen Projektabwicklung bescha¨ftigen. Damit man die Inhalte schnell und mit geringem Aufwand erfassen kann, wurde großer Wert auf eine leicht versta¨ndliche Darstellung gelegt. Viele Abbildungen und Praxisbeispiele tragen dazu bei, dass sich der Leser rasch mit der Thematik vertraut machen kann. Ein lesenswertes Buch, das auch als Nachschlagewerk hilfreich ist.
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Ernest Wallmu¨ller, Zu¨rich
Hassler, Vesna Security Fundamentals for E-Commerce ISBN 1-58053-108-3, Artech House, Boston, London 2001, 409 Seiten, a 96,43
Das in englischer Sprache verfasste Buch „Security Fundamentals for E-Commerce“ verfolgt die Zielsetzung, einen vertiefenden berblick u¨ber Sicherheitsprobleme und -lo¨sungen speziell fu¨r den Bereich E-Commerce im Internet zu bieten. Es gibt dabei einen umfangreichen und systematischen berblick u¨ber technische Konzepte, Protokolle und Verfahren, die im Bereich Internet/TCP-IP sowie insbesondere bei E- und M-Commerce-Anwendungen zum Tragen kommen. Das Buch gliedert sich in 6 abgeschlossene und systematisch aufgebaute Teilbereiche, die durchaus unabha¨ngig voneinander gelesen werden ko¨nnen: &
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Teil 1 – „Information Security“ vermittelt technische Grundlagen, wobei vor allem auf Verschlu¨sselungsverfahren, elektronische Signaturen, sowie Schlu¨sselmanagement und Zertifikate eingegangen wird. Teil 2 – „Electronic Payment Security“ stellt Alternativen zur technischen Realisierung elektronischer Bezahlung vor. Vertieft werden Fragestellungen zur Absicherung digitaler Transaktionen mit elektronischer Bezahlung (z. B. bzgl. Anonymita¨t und Nicht-Abstreitbarkeit) sowie Sicherheitsaspekte bei digitalen Mu¨nzen und elektronischen Schecks. Das „Internet Open Trading Protocol“ (IOTP) wird als Framework zur Gewa¨hrleistung der Interoperabilita¨t verschiedener Zahlungsverfahren vorgestellt. Teil 3 – „Communication Security“ detailliert Sicherheitsprobleme, die insbesondere in TCP/IP-Netzen anfallen. Die Autorin widmet dafu¨r jeder Schicht der TCP/IP-Protokollfamilie ein eigenes Kapitel. In Teil 3 werden dem Leser u. a.
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konkrete Hintergru¨nde zu Firewalls, Network-Adress-Translation, Intrusion-Detection-Systemen und a¨hnlichen Infrastrukturmaßnahmen vermittelt. Teil 4 – „Web Security“ vertieft Fragen, die speziell bei Web-basierten Anwendungen beachtet werden mu¨ssen. Dabei werden in einem einfu¨hrenden Abschnitt Sicherheitsaspekte des „Hypertext Transfer Protocol“ behandelt, danach wird die Web-Sicherheit getrennt aus den Perspektiven des Servers (u. a. CGI, Servlets etc.) und aus der des Clients (z. B. Web Spoofing, Anonymisierung etc.) beleuchtet. Schließlich werden der Einsatz von Java und Active-X sowie kurz spezifische Technologien fu¨r Web-basierte E-Commerce-Anwendungen erla¨utert. Teil 5 – „Mobile Commerce“ stellt ein Sammelsurium dar, das neben Sicherheitsaspekten in GSM/WAP-basierten Anwendungen auch Mobile Agenten sowie unter der berschrift „Smart Card Security“ eine Reihe spezieller Hardware-basierter Sicherheitstechnologien wie Java- und SIMCards oder Biometrie thematisiert.
Leider verzichtet die Autorin in ihren Ausfu¨hrungen auf Fallbeispiele oder empirische Daten, die eine Einordnung und Bewertung der vorgestellten Verfahren erleichtern wu¨rden. Die oftmals mathematisch gehaltenen Ausfu¨hrungen erfordern vom Leser zudem viel Zeit und Konzentration, anderseits ermo¨glichen sie es auch, ein korrektes und pra¨zises Versta¨ndnis der jeweiligen Sachverhalte zu gewinnen. Organisatorische oder juristische Aspekte werden in dem Buch ebenso wenig thematisiert wie die Problematik der Risikoanalyse und Wirtschaftlichkeitsbewertung. Vor allem aufgrund dieser Beschra¨nkung auf ausschließlich technische Fragestellungen ist „Security Fundamentals for E-Commerce“ nicht als Referenzwerk zur Thematik „Sicherheit im E-Commerce“ zu empfehlen, es kann jedoch sehr wohl als sinnvolle und aktuelle Erga¨nzungs- oder Vertiefungsliteratur fu¨r vorwiegend technisch interessierte Leser herangezogen werden. Henning Baars, Ko¨ln
Peren, Franz W. (Hrsg.) Kompendium 2000 zur Informations- und Kommunikations-Technologie ISBN 3-8258-5086-2, Lit, Mu¨nster 2000, 184 Seiten, a 20,90
Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien) sind in alle Lebensbereiche vorgedrungen und tragen zu
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erheblichen Vera¨nderungen in Wirtschaft und Gesellschaft bei bzw. durchlaufen selbst sta¨ndig Vera¨nderungen. Es gibt daher eine ganze Fu¨lle von Publikationen, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen, ohne den Anspruch erheben zu ko¨nnen, sa¨mtliche Facetten zu erfassen oder auf dem aktuellsten Stand zu sein. Von einem einschla¨gigen Kompendium im Sinne eines Abrisses oder eines kurzen Lehrbuches verspricht man sich daher zumindest einen Einstieg in Grundlagen und Einsatzbereiche bzw. -potenziale von IuK-Technologien. Das vorliegende Kompendium richtet sich laut Vorwort an „wirtschaftende Unternehmer und Verbraucher“ und „rahmengebende Politiker“ und soll „in einer serio¨s wissenschaftlichen, jedoch allgemein versta¨ndlichen Ebene transparenter [zu] machen“. Die Inhalte verteilen sich auf elf Kapitel von verschiedenen Autoren(-Teams) aus der Unternehmenspraxis, wobei sich die Beitra¨ge deutlich hinsichtlich inhaltlicher Qualita¨t und Umfang unterscheiden. Der erste Beitrag „T-DSL – breitbandiger Anschluss fu¨r jedermann“ (Peter Kahl) bescha¨ftigt sich mit der ADSL-Technologie und beschreibt Angebot und Strategie der Deutschen Telekom im Bereich breitbandiger Netze. Die recht plakativen Darstellungen („Mit T-DSL kommen nicht nur die vorhandenen Internet-Angebote auf Touren.“, S. 13) konzentrieren sich auf das Leistungsangebot der Deutschen Telekom, wa¨hrend allgemeine technische Aspekte vernachla¨ssigt werden. Im zweiten Beitrag „Customer Relationship Management“ (Volker Puke, Wilfried Schramm) werden wesentliche Grundideen und -elemente dieses aus dem Database Marketing entstandenen Konzepts vorgestellt. Technologien sind dagegen nicht Gegenstand der Ausfu¨hrungen. In „Digitalisierte Gescha¨fte – Neue Technologien schaffen neue Handels- und Kommunikationsformen“ (Martin Raab) wird auf Online-Shops im E-Commerce eingegangen. Hier werden vergleichsweise ausfu¨hrlich erforderliche Maßnahmen z. B. im Lager- und Logistikmanagement und das Leistungsangebot der Deutschen Post behandelt. Der mit 3,5 Seiten sehr kurze Beitrag „o.tel.o“ (Christian Ehrentraut) behandelt dagegen recht oberfla¨chlich die Situation und das o.tel.o-Angebot im Telefonie- und Internetbereich nach dem Wegfall der fru¨heren Quasi-Monopolposition der Deutschen Telekom. Im Anschluss daran wird auf das „TeleServiceCenter in Deutschland“ (Ulla Urmersbach, Frank Gast) eingegangen. Zentraler Gegenstand sind Befragungen mit dem Ziel einer Marktsondierung fu¨r die Vermarktung derartiger Center, wobei eine genaue Definition, Einordnung und Abgrenzung von TeleServiceCenter unterbleibt. Der Bei-
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WI – Literatur
trag „Ziele und Nutzungsmo¨glichkeiten eines Call Centers bei Herstellern langlebiger Konsumgu¨ter im Rahmen der direkten Kommunikation mit Endverbrauchern“ (Olaf Irmer) bescha¨ftigt sich dagegen fundiert mit dem Einsatz und Nutzen von Call Centers. Im Unterschied zu den anderen Beitra¨gen werden im Text Namen und Erscheinungsjahre von Literaturquellen genannt, jedoch fehlt ein Literaturverzeichnis – offensichtlich basiert der Beitrag auf einer anderen Arbeit, in der ein solches Verzeichnis vorhanden sein du¨rfte. Nichtsdestotrotz fa¨llt der Beitrag durch seine inhaltliche Qualita¨t positiv auf. In dem anschließenden Beitrag „Kommunikationsinstrument Internet – Chancen und Risiken am Beispiel des Versicherungsmarktes“ (Jan Vorwerk) werden Nutzungspotenziale des Internets fu¨r die Kommunikation im Versicherungsbereich behandelt. Eine weitere Nutzungsmo¨glichkeit des Internets wird in dem Beitrag „Stellenma¨rkte im Internet“ (Simon Wengert) vorgestellt. In diesem Beitrag werden Stellenma¨rkte aus Bewerbersicht und Unternehmenssicht relativ kurz beschrieben und beurteilt, wobei die Formulierung konkreterer Anforderungen und die Nennung einiger Beispiele wu¨nschenswert gewesen wa¨re. Der mit 48 von insgesamt 184 Seiten la¨ngste Beitrag „Neue Medien – Film/Video, Internet und CD-ROM – im Einsatz der Unternehmenskommunikation“ (Mike Gensheimer) ist im Gegensatz zu den u¨brigen Beitra¨gen inhaltlich umfassender angelegt. Neben einigen Grundlagen der Kommunikation werden verschiedene Medien (Film, Video und CD-Rom) und Grundlagen des Internets im Zusammenhang mit der Unternehmenskommunikation behandelt. Fu¨r sich genommen greift der Beitrag viele Facetten von IuKTechnologien auf und stellt die angerissenen Themen in einen inhaltlichen Zusammenhang, den man in dem gesamten Buch eher vermisst. Unklar ist beispielsweise die Rolle des Beitrags „Ich schau Dir auf die Augen, Surfer!“ (Michael Bachofer) der sich recht oberfla¨chlich mit Methoden der Blickaufzeichnung bei der Untersuchung von Webseiten und Gestaltungshinweisen auseinander setzt. Fraglich ist ebenfalls die inhaltliche Relevanz des abschließenden Beitrags „Die erfolgsorientierte Balanced Scorecard als Informations- und Fu¨hrungsinstrument in einer vera¨nderten konomie“ (Franz W. Peren, Kerstin Birkholz). Zwar werden die Grundlagen der Balanced Scorecard grob umrissen, ein deutlicher Bezug zum Thema des Herausgeberbandes ist aber nicht erkennbar. Da das Buch mit diesem Beitrag schließt, gibt auch kein inhaltlich abschließendes Kapitel Auskunft daru¨ber, in welchen Kontext der Herausgeber das Buch einordnet und welche ku¨nftigen Entwicklungen im
Bereich IuK-Technologien aus seiner Sicht zu erwarten sind. Sicherlich ist es aufgrund der Vielschichtigkeit und Vera¨nderlichkeit des Themas nur schwer mo¨glich, bei der Behandlung von IuK-Technologien einen Herausgeberband zu realisieren, der allen mo¨glichen Erwartungen gerecht werden kann. Aufgrund der teilweise unklaren Schwerpunktsetzung des Buches und der einzelnen Beitra¨ge entsteht jedoch der Eindruck, dass die Inhalte des Buches nur bedingt mit dem Titel vereinbar sind, zumal technologische Aspekte kaum eine Rolle spielen. Leider entha¨lt das Buch mit Ausnahme einer einzigen Fußnote auf S. 23 keinerlei Hinweise auf weiterfu¨hrende Literatur. Insgesamt ist das Buch nur empfehlenswert, wenn man sich u¨ber sehr spezielle Randfacetten von IuK-Technologien ein grobes Bild machen mo¨chte und an tiefergehenden Betrachtungen nicht interessiert ist. Dies mag fu¨r die im Vorwort genannten Adressaten zutreffen. Von Transparenz „in einer serio¨s wissenschaftlichen, jedoch allgemein versta¨ndlichen Ebene“ kann jedoch nicht die Rede sein. Ein Kompendium im eigentlichen Sinne stellt dieses Buch nicht dar. Matthias Meyer, Mu¨nchen
Versteegen, G.; Salomon, K.; Heinold, R. Change Management bei SoftwareProjekten ISBN 3-540-67809-3, Springer Verlag, Berlin et al. 2001, 241 Seiten, a 44,95
Die erfolgreiche Entwicklung komplexer Softwaresysteme stellt gerade zu Zeiten starker Verbreitung von Internetanwendungen und deren Integration in bestehende Backend-Systeme eine Herausforderung fu¨r das Entwicklerteam dar. Einem der gro¨ßten Aufwandstreiber in der Softwareentwicklung, den sta¨ndigen Anforderungsa¨nderungen und dessen Management, – dem Change Management – widmen sich die drei Autoren in ihrem Erfahrungsbericht. Im ersten Kapitel, mit 66 Seiten auch zugleich das umfangreichste Kapitel, wird ein berblick zum Thema Anforderungsmanagement gegeben, indem der Begriff und verschiedene Anforderungstypen erla¨utert, sowie die Reaktionen auf Anforderungen betrachtet werden. Kapitel zwei ist den Ursachen fu¨r Anforderungsa¨nderungen gewidmet, wobei die Gescha¨ftsprozessaspekte gesondert von den weiteren Ursachen wie z. B. technologischer Fortschritt betrachtet werden. Ferner wer-
den die Auswirkungen von Anforderungsa¨nderungen betrachtet, um abschließend den Aspekt der Fru¨herkennung von Anforderungsa¨nderungen und entsprechenden Gegenmaßnahmen zu beschreiben. Das Anforderungsmanagement im Kontext des Rational Unified Process (RUP) ist Bestandteil des dritten Kapitels. Nach einer kurzen Darstellung des RUP werden die darin enthaltenen Best Practices vorgestellt, welche die Basis fu¨r die Projektabwicklung auf Basis des RUP darstellen und als einen Aspekt auch das Anforderungsmanagement beinhalten. Im Kapitel 4 erfolgt die Darstellung der Unterstu¨tzung des Anforderungsmanagements durch entsprechende DV-Werkzeuge. Neben einer kurzen allgemeinen Betrachtung von DV-Werkzeugen in diesem Zusammenhang erfolgt die Darstellung anhand von Rational Requisite Pro als Bestandteil von Rational Suite AnalystStudio. Somit wird auch der Bezug zur Darstellung des RUP im vorangegangenen Kapitel gewa¨hrleistet. Die Ausfu¨hrungen werden anhand der Phasen des Anforderungsmanagements erla¨utert und durch zahlreiche Screenshots unterlegt. Die Auseinandersetzung mit zuku¨nftigen Entwicklungen und deren Einfluss auf das Anforderungsmanagement rundet das Buch ab. Zusammenfassend gibt das Buch einen guten berblick u¨ber ein aktuelles und wichtiges Thema in kurzer und pra¨gnanter Form. Somit eignet es sich vor allem fu¨r Praktiker, die vor oder wa¨hrend eines derartigen Projektes eine Einfu¨hrung in das Thema Change Management suchen. Allerdings orientiert sich das Buch nahezu ausschließlich am Rational Unified Process und den darauf basierenden DV-Werkzeugen. Trotz der hohen Verbreitung dieser Methode und Werkzeuge gibt es auch einen nicht unwesentlichen Anteil an Softwareentwicklungsprojekten, die nicht darauf basieren. Fu¨r diese Zielgruppe sind eher andere Publikationen zu empfehlen. Lars Schwarze, Frankfurt/Main
Eggert, Andreas; Fassott, Georg (Hrsg.) Electronic Customer Relationship Management Management der Kundenbeziehungen im Internet-Zeitalter ISBN 3-7910-1831-0, Scha ¨ ffer-Poeschl, Stuttgart 2001, 375 Seiten, a 49,95
Die Herausgeber widmen diesen Band dem 60. Geburtstag von Prof. Dr Friedhelm Blie-
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Dissertationen
mel und bringen damit zum Ausdruck, dass bei betrieblich relevanten Problemstellungen nicht nur technologische Lo¨sungen, sondern vielmehr Konzepte u¨ber Erfolg und Misserfolg im praktischen Einsatz entscheiden. So widmet sich das Buch nicht dem traditionellen Marketing und der Kundengruppe anonymer Durchschnittskunden, sondern den realen Beziehungen eines Unternehmens zu seinen individuellen Kunden. Um nun konzeptionelles Gedankengut des Beziehungsmarketings technisch und betrieblich sinnvoll umsetzen zu ko¨nnen, widmen sich die Autoren zuna¨chst in Teil 1 den Erfolgsfaktoren in der Internet-Economy. In Teil 2 gehen sie auf Chancen und Grenzen von elektronischem Customer Relationship Management ein. In Teil 3 werden die Instrumente des E-CRM (Customer Relationship Management) vorgestellt, um in Teil 4 anhand konkreter Anwendungsbereiche den Einsatz dieser Instrumente zu zeigen. Teil 5 bildet den Abschluss und fokussiert auf organisatorischen und implementierungs-technischen Details des E-CRM. Elektronisches Kundenbeziehungs-Management wird dabei als das Management von Kundenbeziehungen mithilfe elektronischer Medien unter dem Ziel einer umfassenden Ausrichtung des Unternehmens auf ausgewa¨hlte Kunden verstanden. Die Herausgeber sind bemu¨ht, aufbauend auf einer integrierten Definition, welche auf der Analyse, Planung und Steuerung mithilfe elektronischer Medien, insbesondere des Internets basiert, die Beitra¨ge anerkannter Forscher auf dem Gebiet des E-CRM darzustellen. Elektronisches Kundenbeziehungs-Management wird insofern als integrativer Ansatz verstanden, als unterschiedliche Forschungstraditionen miteinander verknu¨pft werden. Ausgehend von den Konzepten des Business-to-Business-Marketings sowie des Database-Marketings wird von einem Konstrukt des Beziehungs-Marketings ausgegangen, welches durch Computer Aided Selling/ Sales unterstu¨tzt wird, um so zu Internet-basierten Ansa¨tzen zu fu¨hren. Auf diese Konzeption sind auch die Beitra¨ge in den 5 Teilen abgestimmt. Besonderen Stellenwert nimmt die Abgrenzung zwischen New und Old Economy ein. So werden 9 kritische Erfolgsfaktoren definiert, welche u¨ber einen erfolgreichen Kundenkontakt im Internet entscheiden. Fu¨r die New Economy scheint auch der Prozess der Wahrnehmung und des Wahrgenommen-Werdens zunehmend an Bedeutung zu gewinnen. Die Grenzen des Beziehungs-Marketings im Internet werden zum einen aus dem fu¨r Kunden erfahrbaren Nettonutzen und zum anderen durch die nach wie vor elementare menschliche Komponente im Kundenbeziehungs-Management
gesetzt bzw. bestimmt. So ist ein abgestimmter Informationstechnologie-Einsatz Voraussetzung fu¨r erfolgreiches Kundenbeziehungs-Management. Die Instrumente fu¨r erfolgreiches E-CRM haben dies zu beru¨cksichtigen, wie exemplarisch anhand einiger Anwendungsbereiche (mobiles BeziehungsManagement, elektronische Marktpla¨tze im Business-to-Business-Bereich, Cooperate Banking und Online-Versandhandel) gezeigt wird. Organisatorische und strategische Maßnahmen sind erforderlich, um fu¨r Unternehmen wie Kunden Nutzen aus dem elektronischen Beziehungs-Management zu ziehen. Ein Ansatz stellt dabei wissensbasiertes Beziehungs-Management dar, welches prospektiv wie auch reaktiv eingesetzt werden kann. Das Buch empfiehlt sich fu¨r Praktiker, obwohl sowohl deutsche als auch englische Beitra¨ge in dem Band zu finden sind. Die Autoren bestechen durch ihre Fokussierung auf die wesentlichen Elemente, sodass Praktiker wie auch konzeptionelle Entwickler die relevanten Faktoren bei der Einfu¨hrung und Bewertung von elektronischen BeziehungsManagement-Lo¨sungen finden. Insgesamt ein gelungenes Werk, welches dem eigenen Anspruch der Autoren, na¨mlich einen berblick u¨ber den State-of-the-Art des elektronischen Kundenbeziehungs-Managements zu geben, gerecht wird.
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Christian Stary, Linz
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WI – Dissertationen Die Rubrik Dissertationen ist unter der Adresse http://www.wirtschaftsinformatik.de online (u¨ber die Links „Hochschule“ und „Dissertationen“) zu erreichen. Auf diesen Seiten wird zurzeit eine Datenbank mit abgeschlossenen sowie laufenden Dissertationen auf dem Gebiet der Wirtschaftsinformatik aufgebaut. Alle Doktoranden werden gebeten, sich unter der oben genannten Adresse zu registrieren. Drei der Eintra¨ge in die Datenbank abgeschlossener Dissertationen sind nachstehend aufgefu¨hrt.
Schmitzer, Benno Beitra¨ge zur Verwendung der Framework-Technologie bei der Entwicklung und Einfu¨hrung von Systemen der betrieblichen Informationsverarbeitung Produktkataloge Promotion am 2000-11-21, vero¨ffentlicht unter dissertation.de, 139 Seiten, 35,30 a, ISBN: 3-89825-190-X
Die Arbeit leistet einen Beitrag zur Akzeptanz von betriebswirtschaftlich orientierten Frameworks bei der Entwicklung von betrieblichen Informationssystemen nach dem Komponentengedanken. Es werden ausgewa¨hlte Umsetzungsmo¨glichkeiten fu¨r Software-Zwischenformen beschrieben. Bei einer Marktbetrachtung wird ein Framework-Hersteller herausgegriffen und sein Markteintritt sowie seine Strategien, Referenzkunden usw. analysiert. Es werden strategische, architektonische und prozessuale Aspekte eines betriebswirtschaftlich orientierten Frameworks beschrieben und gruppiert. Aus Experimenten werden Erfahrungen zu verschiedenen, speziell im Framework-Bereich auftretenden Szenarien gewonnen. Gutachter: Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Peter Mertens, Universita¨t Erlangen; Prof. Dr. Hans Ju¨rgen Schneider, Universita¨t Erlangen Stichworte: Framework, KomponentenSoftware, Objektorientierung
E-Mail:
[email protected] http://www.wi1.uni-erlangen.de/smi
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WI – Literatur
Nothhelfer, Robert Lernprozesse in Organisationen Promotion am 2000-12-13, erschienen beim Peter Lang Verlag, 210 Seiten, 35,28 a, ISBN: 3631378696
Die Dissertation betrachtet systematisch die Lernprozesse, die in einer Organisation stattfinden. Ausgehend von einem evolutiona¨ren Modell der Organisation wird ein Strukturmodell entwickelt, das eine umfassende Systematisierung von Lernprozessen ermo¨glicht; dabei werden mehrere Lernformen (individuelles/soziales Lernen und Vera¨nderungs-/Anpassungslernen) sowie drei Lernebenen (Individuum/Gruppe/Organisation) unterschieden. Auf der Basis dieses Modells wird die aktuelle Management-Literatur zur Gestaltung von Lernprozessen diskutiert und die Eignung der vorgeschlagenen Maßnahmen untersucht. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Fu¨hrungsverhalten sowie der Information und Kommunikation in der Organisation und deren technischen Unterstu¨tzung zu. In der abschließenden Fallstudie werden zwei exemplarische Lernprozesse einer Wirtschaftspru¨fungsgesellschaft auf ihre strukturellen Charakteristika hin untersucht und verglichen. Gutachter: Prof. Dr. Franz Schober, Universita¨t Freiburg; Prof. Dr. Bernd Schauenberg, Universita¨t Freiburg Stichworte: Lernen, Wissen, Organisation, Unternehmen, Evolution E-Mail:
[email protected]
Stapf, Wolfgang Gescha¨ftsprozessmanagement – Eine Konzeption zur prozessorientierten Unternehmens-(Re-)Organisation Promotion am 2000-11-24, 308 Seiten
Das Ziel der Dissertation ist die Entwicklung einer integrierten Konzeption zur prozessorientierten Unternehmens-(Re-)Organisation. Ausgangspunkt bildet hierzu ein Gescha¨ftsprozessmodell aus Zielen, Gescha¨ftsobjekten, Rollen, Regeln und Ressourcen, die u¨ber einen Ablauf miteinander verknu¨pft sind („Gescha¨ftsprozesspyramide“). Darauf aufbauend ist ein durchga¨ngiges Vorgehensmodell konzipiert, das – basierend auf Wissensmanagement – sowohl das Management des (r)evolutiona¨ren Gescha¨ftsprozesswandels als auch der Gescha¨ftsprozessausfu¨hrung repra¨sentiert („Gescha¨ftsprozess-Lebenszyklus“). In Form einer Web-basierten Systemarchitektur werden al-
le zur Unterstu¨tzung von Gescha¨ftsprozessmanagement notwendigen Informationsund Kommunikations-Systemkomponenten sowie ihr Zusammenspiel aufgezeigt. Eine prinzipielle Vorgehensweise fu¨r die Einfu¨hrung von Gescha¨ftsprozessmanagement, die die Transformation eines „traditionellen Unternehmens“ in ein gescha¨ftsprozesszentriertes Unternehmen beleuchtet, schließt die Konzeption ab. Gutachter: Prof. Dr. Heidi Heilmann, Universita¨t Stuttgart; Prof. Dr. Hans Dietmar Bu¨rgel, Universita¨t Stuttgart Stichworte: Gescha¨ftsprozess, Gescha¨ftsprozess-(Re-)Organisation, Reengineering, Kaizen, Workflow-Management E-Mail:
[email protected] www.drstapf.de
WI – Arbeitsberichte Maier, Matthias Strukturen und Prozesse im „Netzwerk fu¨r Arbeit“ # Arbeitsbericht des Bayerischen Forschungsverbunds Wirtschaftsinformatik, Bamberg, Bayreuth, Erlangen-Nu¨rnberg, Regensburg, Wu¨rzburg, FWN-2001-006, August 2001, 48 Seiten
Stichworte: Netzwerk fu¨r Arbeit, Gesamtprozess, Personalzuteilungsstrategien, Personalleitstand- und Mitarbeiter-Abrechnung, Prototyp einer regionalen Personalbo¨rse im WWW Eine Kopie der Schrift kann zum Preis von a 10 u¨ber die folgende Anschrift bestellt werden: FORWIN Bayerischer Forschungsverbund Wirtschaftsinformatik, ußerer Laufer Platz 13–15, D-90403 Nu¨rnberg. Der Beitrag ist auch unter folgender Adresse im Internet verfu¨gbar: http://www.forwin.de. Dieser Bericht behandelt die strukturelle und die prozessuale Sicht auf ein Netzwerk fu¨r Arbeit, in dem sich Betriebe einer Region tempora¨r nicht beno¨tigtes Personal gegenseitig zur Verfu¨gung stellen. Organisatorische Fragen zur inhaltlichen Ausgestaltung bilden einen ersten Schwerpunkt. Dazu za¨hlen in Bezug auf den Unternehmensverbund etwa Rechtsform, Reichweite des Unternehmensnetzwerks, Branche der beteiligten Unternehmen, Anzahl der beteiligten Unternehmen, Laufzeit des Unternehmensnetzwerks, Zugeho¨rigkeit des Personals, Regelung von Grundsa¨tzen sowie Verwaltung des Netzwerks. Anschließend werden die dazugeho¨rigen technischen Grundlagen erla¨utert, zu denen die Systemarchitektur, die Benutzungsoberfla¨che und die Datenbank (inkl. Benutzer- und Benutzergruppenverwaltung) za¨hlen. Neben dem u¨berblickartig gestalteten Gesamtprozess (bestehend aus den Bausteinen Konkretisierung des Angebots und der Nachfrage, Vorfilterung, Auswahl, Vergabe, Verwaltung, Durchfu¨hrung und Abrechnung) stehen Personalzuteilungsstrategien bei konkurrierenden Anfragen und Abrechnungsmodelle im Mittelpunkt des Prozesskapitels. Prototypisch implementierte Prozesse sowie Funktionstests der regionalen Personalbo¨rse schließen den Bericht ab. Die einzelnen Beispiele zeigen die breite Einsatzfa¨higkeit eines solchen Werkzeugs auf, wenn neben Lagerarbeitern auch Sportler, Stewardessen und ganze Flugzeugbesatzungen sowie auch Communities eingebunden werden ko¨nnen.
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Arbeitsberichte
Ziel dieser Arbeit ist es, einen regionalen Personalkapazita¨tsausgleich (regionales Personal-Clearing) zwischen vernetzten Unternehmen u¨ber ein WWW-basiertes Informationssystem vorzustellen (Netzwerk fu¨r Arbeit). Man konnte sehen, dass es sich dabei um ein interdisziplina¨res „Kunstwerk“ handeln muss, das den sparsamen Umgang mit knappen Personalressourcen und gute Informationsverwaltung bu¨ndelt.
Maier, Matthias; Gollitscher, Marion berlegungen zum Skill-Matching-Modul eines Leitstands fu¨r den regionalen, zwischenbetrieblichen Personalaustausch # Arbeitsbericht des Bayerischen Forschungsverbunds Wirtschaftsinformatik, Bamberg, Bayreuth, Erlangen-Nu¨rnberg, Regensburg, Wu¨rzburg, FWN-2001-007, August 2001, 24 Seiten
Stichworte: Personalzuordnung (Matching), lineare Optimierung, Branch-and-BoundVerfahren, Heuristiken, Fuzzy-Systeme, Neuronale Netze, Genetische Algorithmen Eine Kopie der Schrift kann zum Preis von a 10 u¨ber die folgende Anschrift bestellt werden: FORWIN Bayerischer Forschungsverbund Wirtschaftsinformatik, ußerer Laufer Platz 13–15, D-90403 Nu¨rnberg. Der Beitrag ist auch unter folgender Adresse im Internet verfu¨gbar: http://www.forwin.de. Nach einem kurzen Grundlagenteil zu Qualifikations- und Anforderungsprofilen im Personalmanagement werden theoretische Personalzuordnungsmodelle betrachtet. Daran schließen sich konkretere Personalzuordnungsverfahren (Heuristiken und optimierende Verfahren) an, die den „Stand der Kunst“ in diesem Bereich erheben. Zu den optimierenden Verfahren za¨hlen die Verfasser etwa die Enumeration oder die Lineare Programmierung, wa¨hrend sie die Punktbewertungsmethode oder die Profilmethode den Heuristiken zuordnen. Zu Letzteren geho¨ren auch Verfahren des so genannten „Soft Computing“ wie bspw. Fuzzy-Systeme, Neuronale Netze und Evolutiona¨re (Genetische) Algorithmen. Das Ziel bei allen vorgestellten Lo¨sungswegen fu¨r die Personalzuordnung ist allerdings nicht der Ersatz eines Sachbearbeiters durch geeignete IV-Instrumente, die IVtechnische Unterstu¨tzung von Prozessen wie Personalbeurteilung und -auswahl sollen vielmehr fu¨r den Entscheider „handliche Arbeitsportionen“ erzeugen, indem eine Vorauswahl von Kandidaten stattfindet.
Anhand von zwei Beispielen wird gezeigt, wo sich Chancen und Grenzen auch schon bei einfachen Implementierungsversuchen ergeben ko¨nnen. Die IV-technische Unterstu¨tzung eines zwischenbetrieblichen Personalaustausches hat eine doppelte Rolle. Einerseits muss sie vor dem Hintergrund der Netzwerkorganisation die kostengu¨nstige Abwicklung der Prozesse im „Netzwerk fu¨r Arbeit“ erlauben, um den Aufwand fu¨r die beteiligten Unternehmen mo¨glichst gering zu halten. Andererseits ist gerade dieses Funktionieren ein wichtiger Erfolgsfaktor und damit Vertrauensgarant in das Konzept an sich. Die vorliegende Ausarbeitung soll bei der Gestaltung oder Auswahl eines zum Einsatz kommenden SkillMatching-Moduls Hilfe leisten.
Mehlau, Jens Ingo Ist-Aufnahme IT-Architekturen bei Finanzdienstleistern # Arbeitsbericht des Bayerischen Forschungsverbunds Wirtschaftsinformatik, Bamberg, Bayreuth, Erlangen-Nu¨rnberg, Regensburg, Wu¨rzburg, FWN-2001-011, November 2001, 29 Seiten
Stichworte: IT-Architekturen, Softwarearchitekturen, Hardwarearchitekturen, Finanzdienstleister Eine Kopie der Schrift kann zum Preis von a 10 u¨ber die folgende Anschrift bestellt werden: FORWIN Bayerischer Forschungsverbund Wirtschaftsinformatik, ußerer Laufer Platz 13–15, D-90403 Nu¨rnberg. Der Beitrag ist auch unter folgender Adresse im Internet verfu¨gbar: http://www.forwin.de. Umfassendere Funktionalita¨ten und kurze Entwicklungszyklen erfordern den zunehmenden Einsatz und die Integration von neuen Informations- und Kommunikationstechnologien. Der Artikel behandelt die Frage, wie Finanzdienstleister versuchen, dieser Anforderung durch die Gestaltung ihrer ITSysteme gerecht zu werden. Zuna¨chst wird das methodische Vorgehen, durch das insbesondere organisatorische, netzwerktechnische und softwarearchitekturspezifische Aspekte herausgearbeitet werden sollen, erla¨utert. Im Anschluss erfolgt die Darstellung der durchgefu¨hrten Ist-Aufnahme, die im Einzelnen die IT-Architekturen der Commerzbank, Dresdner Bank, HypoVereinsbank, MLP und den bayerischen Sparkassenverband beschreibt. Hierdurch erlangt man einen Einblick, wie die deutsche Finanzdienstleistungsbranche die Gestaltung ihrer IT-Systeme vornimmt. Dabei erfolgt ei-
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ne separate Betrachtung der Systemarchitektur, bestehend aus Hard- und Systemsoftware, und der Anwendungsarchitektur, die ein logisches Modell der Anwendungssysteme inklusive ihren Schnittstellen darstellt. Es la¨sst sich deutlich erkennen, dass in der deutschen Finanzdienstleistungsbranche zwei unterschiedliche Strategien verfolgt werden: &
&
Einige Finanzdienstleister versuchen durch strategische Partnerschaften mit Softwareherstellern eine Senkung der ITKosten zu erreichen. Andere wiederum favorisieren den Einsatz von offenen Softwarestandards, um sich so in Fragen der Informationstechnologien eine hohe Unabha¨ngigkeit zu ermo¨glichen.
Schließlich erlaubte die Aggregation der Analyseergebnisse die Erstellung von Referenzarchitekturen, anhand derer man die Schlu¨sseltechnologien der Finanzdienstleistungsbranche erkennen kann.
Thome, Rainer; Schu¨tz, Stefan; Zeißler, Gernot Ermittlung betriebswirtschaftlicher Anforderungen zur Definition von Gescha¨ftsprozessprofilen # Arbeitsbericht des Bayerischen Forschungsverbunds Wirtschaftsinformatik, Bamberg, Bayreuth, Erlangen-Nu¨rnberg, Regensburg, Wu¨rzburg, FWN-2001-010
Stichworte: Anforderungsanalyse, Einfu¨hrungswerkzeug, Expertensystem, Gescha¨ftsprozess, eBusiness-Matrix, Business eType, eComponent Type Eine Kopie der Schrift kann zum Preis von a 10 u¨ber die folgende Anschrift bestellt werden: FORWIN Bayerischer Forschungsverbund Wirtschaftsinformatik, ußerer Laufer Platz 13–15, D-90403 Nu¨rnberg. Der Beitrag ist auch unter folgender Adresse im Internet verfu¨gbar: http://www.forwin.de. Mit ADONIS wird ein Werkzeug entwickelt, das Unternehmen bei der Ermittlung einer individuellen eC-Strategie und Auswahl geeigneter Softwarekomponenten unterstu¨tzt. Auf Grund seiner Ausrichtung auf die Bedu¨rfnisse von kleinen und mittelsta¨ndischen Unternehmen (KMU) soll es nicht nur benutzerfreundlich, sondern auch kostengu¨nstig einsetzbar sein. Als erster Schritt zur Strategiefindung wird die Ist-Situation im Unternehmen ermittelt. Dabei kommt es nicht nur darauf an, die Organisationsstruktur zu analysieren, sondern auch die Gescha¨ftsprozesse, die in dem Un-
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WI – Literatur
ternehmen sowie im Zusammenspiel mit den Gescha¨ftspartnern von Bedeutung sind. Ausgangsbasis hierfu¨r ist die eBusiness-Matrix. Mit Ihrer Hilfe werden aus den verschiedenen Szenarien der digitalen Gescha¨ftsabwicklung diejenigen eruiert, die fu¨r das Unternehmen in Frage kommen. Die detaillierte Analyse der Anforderungen an eine zuku¨nftige eBusiness-Lo¨sung erfolgt anschließend u¨ber einen Frage-Antwort-Dialog, um das Gescha¨ftsprozess-Anforderungsprofil des Unternehmens zu erstellen. Diese Unternehmensanforderungen werden anschließend mit vordefinierten eComponents abgeglichen. EComponents sind Bausteine einer eBusiness-Lo¨sung, die bestimmte Aufgaben bei der Abwicklung von Gescha¨ftsprozessen erfu¨llen. Durch diesen Abgleich ko¨nnen die Komponenten ausgewa¨hlt werden, die den Anforderungen des Unternehmens am besten entsprechen. Dieser Projektbericht hat die Anforderungsanalyse mit ADONIS zum Gegenstand. In einem ersten Schritt werden bestehende Ansa¨tze der Anforderungsanalyse analysiert und einer Bewertung im Hinblick auf ihre Verwendungsmo¨glichkeiten fu¨r ADONIS unterzogen. Fu¨r ADONIS wird eine internetbasierte, datenbankgestu¨tzte Umgebung pra¨feriert, um die eingangs genannten Anforderungen an dynamische Umwelta¨nderungen und deren zu¨gige Umsetzung in ADONIS zu erfu¨llen. Der Schwerpunkt des Berichtes liegt in der Entwicklung eines Fragenkataloges sowie des zugrundeliegenden Regelwerkes. Dieses dient zum einen einer sinnvollen Reduktion des Fragenumfangs, zum anderen stellt sie die Navigation des Anwenders durch den Fragenkatalog sicher. Die Arbeit schließt mit einer kurzen bersicht u¨ber geplante Weiterentwicklungen im ADONIS-Projekt.
Kronewald, Karl; Menzel, Georg; Taumann, Wolfgang; Maier, Matthias Portal fu¨r bu¨rgergerechte Dienstleistungen in der Sozialen Sicherheit # Arbeitsbericht des Bayerischen Forschungsverbunds Wirtschaftsinformatik, Bamberg, Bayreuth, Erlangen-Nu¨rnberg, Regensburg, Wu¨rzburg, FWN-2001-005, August 2001, 34 Seiten
Stichworte: Electronic Social Security Services (e3s), Zugangsmedien, Portal, Soziale Sicherheit, Prozessbausteine und -skelette, Benutzerprofile, Bu¨rgerprofile, Netzwerke
Eine Kopie der Schrift kann zum Preis von a 10 u¨ber die folgende Anschrift bestellt werden: FORWIN Bayerischer Forschungsverbund Wirtschaftsinformatik, ußerer Laufer Platz 13–15, D-90403 Nu¨rnberg. Der Beitrag ist auch unter folgender Adresse im Internet verfu¨gbar: http://www.forwin.de. Diese Schrift beschreibt im ersten Teil die aktuellen Trends in der Sozialen Sicherheit und die sich daraus ergebende inhaltliche Neuausrichtung des Bereichs GPM SC (Global Portfolio Management Social Care) bei der Siemens Business Services GmbH & Co. OHG (SBS) mithilfe des e3s-Rahmenwerks (electronic social security services). Den Schwerpunkt bilden berlegungen zu einem bu¨rgergerechten Portal und die damit einhergehende Individualisierung von Dienstleistungen in der Sozialen Sicherheit. Merkmale des e3s-Rahmenwerks sind EventOrientierung, Integration der beteiligten Institute zum Netzwerk der Sozialen Sicherheit, Bu¨rgerorientierung, Aktive Dienstleistungssteuerung und verschiedene Zugangsmedien. Der zweite Teil stellt dann vor, wie dies mithilfe der Instrumente der betrieblichen Informationsverarbeitung umgesetzt werden kann. Dazu werden zuna¨chst die mo¨glichen Teilnehmer und Dienstleistungen der Arbeitsverwaltung klassifiziert. Die Frage der Personalisierung von Dienstleistungen lo¨sen die Autoren mithilfe von Prozessskeletten, Bausteinen und Profilen. Zuerst sind ausreichend Informationen zu beschaffen, welche Prozesse bisher wie und von wem abgebildet wurden. Es entsteht dadurch ein idealtypisches Skelett, das durch Zerlegung und Integration von Ta¨tigkeiten in Bausteine zu unterteilen ist. Bei der Personalisierung der ausgewa¨hlten Bausteine kann man auf bereits vorhandene Konzepte zuru¨ckgreifen. Es sind dies Benutzermodellierung, Parametrierung und Case-based Reasoning (CBR). Die vorliegende Arbeit zeigt zwei Entwicklungsrichtungen unterschiedlichen Ursprungs auf, die hinsichtlich einer „Neuausrichtung“ der Sozialen Sicherheit leicht zusammen zu fu¨hren sind: Personalisierungsproblematik und Vernetzung. Gerade der in Bezug auf das Internet und seine Mo¨glichkeiten „erwachende“ o¨ffentliche Sektor bietet dann ein breites Experimentierfeld, um Gedankengut aus anderen Anwendungen zu u¨bertragen.
Leichter lernen, effizienter studieren
Christine Stickel-Wolf/ Joachim Wolf Wissenschaftliches Arbeiten und Lerntechniken Erfolgreich studieren – gewusst wie! 2., durchges. Aufl. 2002. XIV, 323 S. Br. € 29,00 ISBN 3-409-21826-2
In diesem Buch finden Sie ausführliche Tipps zum rationellen, verhaltens- und behaltensorientierten Lesen, zum aktiven Zuhören und Mitschreiben, zum zielführenden Arbeiten in der Gruppe, zur mündlichen Präsentation wissenschaftlicher Arbeiten, zur effizienten Vorbereitung auf Prüfungen sowie zur erfolgsgerichteten Studienplanung und -organisation.
Änderungen vorbehalten. Erhältlich beim Buchhandel oder beim Verlag.
Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Tel: 06 11 78 78-124, Fax: 06 11 78 78-420 www.gabler.de
WI – Studentenforum
WI – Studentenforum Ausgabe 59
Zuschriften bitte an Universita ¨ t Go¨ttingen, Institut fu¨r Wirtschaftsinformatik, Prof. Dr. M. Schumann, Redaktion Studentenecke, z. Hd. Dipl.-Kfm. Robert Schmaltz, Platz der Go¨ttinger Sieben 5, D-37073 Go¨ttingen, Tel.: (05 51) 39-78 84, E-Mail:
[email protected]
Die Einfu¨hrung neuer, internationaler Abschlu¨sse und Studienga¨nge ist an deutschen Universita¨ten zurzeit keine Seltenheit. Im folgenden Beitrag beschreiben Jochen Dzienziol und Michael Eberhardt ihre Erfahrungen im Aufbaustudiengang „Financial Management und Electronic Commerce“ an der Universita¨t Augsburg, der den Erwerb des Titels „Master of Science“ ermo¨glicht. In engem Kontakt mit Partnern aus der Praxis kann hier eine wissenschaftlich fundierte Zusatzausbildung zu den Zu-
kunftsthemen Finanzwirtschaft und E-Commerce erworben werden. Innerhalb von drei Semestern kann man in kleinen Gruppen von maximal 30 Teilnehmern pro Jahrgang eine attraktive Zusatzqualifikation erwerben. Auch ku¨nftig gilt: Wenn Ihr Vorschla¨ge oder Ideen fu¨r die Studentenecke habt oder vielleicht selbst etwas schreiben mo¨chtet, so wendet Euch bitte an uns. Zur Kontaktaufnahme genu¨gen eine Postkarte, ein Anruf oder eine E-Mail. Wir freuen uns u¨ber Zuschriften.
Master of Science im Studiengang „Financial Management & Electronic Commerce“ – Aufbaustudium mit zukunftsweisender Ausrichtung an der Universita¨t Augsburg Mit dem neuen Studienangebot an der Universita¨t Augsburg wird in dieser Ausgabe der Wirtschaftinformatik eine interessante Mo¨glichkeit des universita¨ren Aufbaustudiums auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften vorgestellt. Jochen Dzienziol und Michael Eberhardt stellen den Studiengang vor und schreiben u¨ber ihre eigenen Erfahrungen und Einscha¨tzungen, die sie in den letzten drei Semestern gemacht haben. Wie der Beitrag verdeutlicht, liegt eine Mo¨glichkeit moderner Hochschulausbildungen in solchen international anerkannten interdisziplina¨ren Studienga¨ngen mit hohem Praxisbezug.
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Einleitung: Was ist der Master of Science im Studiengang „Financial Management & Electronic Commerce“? Im anbrechenden Information Age gewinnt der Bereich des Electronic Commerce fu¨r deutsche Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Zudem macht der steigende private Vorsorgebedarf, die Deregulierung und Globalisierung von Finanz- und Kapitalma¨rkten den Markt fu¨r Finanzdienstleistungen zu einem zuku¨nftigen Wachstumsmarkt. Die damit verbundene Dynamik der Arbeitswelt erfordert Fu¨hrungspersonal, das den mit diesen Entwicklungen
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Studentenforum
gewachsenen Anspru¨chen genu¨gt. Mit dem Ziel, diesem Bedarf zu begegnen, hat die Universita¨t Augsburg zum Wintersemester 2000/2001 diesen neuen Studiengang eingefu¨hrt. Eine fokussierte fachliche Ausbildung in den Themenfeldern Finanzwirtschaft und E-Commerce sowie Praxisbezug stehen dabei im Mittelpunkt. Der kurze (drei Semester) Studiengang bietet im Gegensatz zum traditionellen Diplom mit dem Titel Master of Science einen international anerkannten PostgraduateAbschluss. Hierdurch soll den Absolventen der Zugang zum internationalen Arbeitsmarkt erleichtert werden. Gerade die Verbindung von finanzwirtschaftlichen Fragestellungen mit Umsetzungs- und Vermarktungs-Know-how vor dem Hintergrund der Potenziale des Electronic Commerce machen den Bereich und damit die Ausbildung spannend und – wie der Arbeitsmarkt zeigt – bei vielen Unternehmen sehr gefragt. Im Mittelpunkt des Financial Management steht die Beschreibung, Erkla¨rung und innovative Gestaltung der sich daraus ergebenden Aufgaben und Fragestellungen. Hier werden zukunftweisende Gestaltungsansa¨tze unter Beru¨cksichtigung von Risikoaspekten und Steuern erarbeitet, erforscht und vermittelt. Komplementa¨r dazu ist die Ausbildung im Bereich Electronic Commerce. Ziel ist dabei die Analyse des Potenzials dieses Feldes und die Vermittlung der Gestaltungsmo¨glichkeiten, die sich durch die Entwicklung und Nutzung von Electronic Commerce Lo¨sungen – insbesondere im Hinblick auf Financial Management Fragestellungen – ergeben. Die Konzeption des Studiengangs legt dabei insbesondere Wert auf Praxisrelevanz, weshalb mit auf diesen Gebieten renommierten Unternehmen intensiv zusammengearbeitet wird. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Entwicklung und Fo¨rderung von Soft Skills, da die effiziente Zusammenarbeit im Team, das erfolgreiche Management von Vera¨nderungsprozessen und die Fa¨higkeit zur Integration und Motivation von Menschen fu¨r viele Unternehmen erfolgskritisch ist. Intensive Teamarbeit ist somit ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung. Das Programm richtet sich als Aufbaustudium an besonders engagierte und qualifizierte Studenten, die bereits einen in- oder ausla¨ndischen Hochschulabschluss (Bachelor, Diplom, Master) im Spektrum von Wirtschaftswissenschaften u¨ber Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsinge-
nieurwesen bis hin zur Mathematik, Statistik und Informatik erworben haben und damit bereits u¨ber entsprechende Qualifikationen verfu¨gen. Angesprochen sind insbesondere Studierende, die in ihrer spa¨teren Ta¨tigkeit im Bereich des Financial Management und/oder des Electronic Commerce Fu¨hrungsaufgaben und Verantwortung u¨bernehmen mo¨chten. Die Ausbildung soll durch eine intensive Betreuung der Studierenden und gezielte Fo¨rderung und Forderung des Einzelnen unterstu¨tzt werden, weshalb u¨ber ein Auswahlverfahren die Anzahl der Teilnehmer pro Jahrgang auf ca. 30 (je nach Qualita¨t der Bewerber) begrenzt ist. Struktur und Aufbau: Es gibt viel zu tun . . . Um die ehrgeizigen Ausbildungsziele zu erreichen, besteht das Curriculum aus vier gleichgewichteten Bausteinen: Pflichtveranstaltungen, Wahlpflichtveranstaltungen, Projektstudium und Masterarbeit. In den Pflichtveranstaltungen werden die Grundkenntnisse in den Schwerpunktbereichen Financial Management und Electronic Commerce durch Veranstaltungen aus dem finanzwirtschaftlichen Bereich (wie z. B. u¨ber „Financial Engineering“ oder „Marktbedingungen auf Netzma¨rkten“) und dem IT-Bereich (z. B. u¨ber die „Entwicklung betriebswirtschaftlicher Informations- und Kommunikationssysteme“) vermittelt. Die Auswahl von Veranstaltungen aus einem umfangreichen, thematisch passenden und fokussierten Katalog an Wahlpflichtveranstaltungen ermo¨glicht eine Spezialisierung innerhalb der Schwerpunktbereiche. Durch eine Kooperation von derzeit 15 Lehrstu¨hlen der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakulta¨t und des Instituts fu¨r Informatik der Universita¨t Augsburg werden die Schwerpunktthemen aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet und vernetzt. Dabei kommt durch Veranstaltungen zu den Themenbereichen Teamentwicklung und Interaktionsmanagement auch die Entwicklung von Soft Skills nicht zu kurz. Inhalt des Projektstudiums sind Seminarleistungen, Hausarbeiten und Referate. Dabei erfolgen alle Projektarbeiten in Teamarbeit. Des weiteren geht die Aufgabenstellung weit u¨ber eine reine Literaturaufbereitung hinaus. Ziel ist es vielmehr, dass die Studierenden eigene Ideen einbringen und z. B. selbst kleine origina¨re Mo-
delle entwickeln. Die Kooperation mit einer Reihe von Praxispartnern ermo¨glicht hierbei den Einbezug von relevanten Fragestellungen der Praxis und stellt die Ergebnisse auf einen kritischen Pru¨fstand. So wurden bisher beispielsweise Seminare in Zusammenarbeit mit Unternehmensberatungen wie Accenture und A. T. Kearney angeboten. Den Abschluss des Studiengangs bildet die sechsmonatige Masterarbeit im 3. Semester. In ihr sollen die erworbenen Kenntnisse und Fa¨higkeiten unter Beweis gestellt werden, weshalb sie verpflichtend praxisrelevant sein muss. Eine Zusammenarbeit mit einem der Praxispartner oder innerhalb eines Forschungsprojektes an einem Lehrstuhl bietet sich hierfu¨r an. Insgesamt sind in jedem Bereich 30 Leistungspunkte zu erwerben, also insgesamt 120 Leistungspunkte fu¨r den erfolgreichen Abschluss des Masterstudiengangs. Dabei wird ein flexibles und effizientes Selbstmanagement des Studiums ermo¨glicht, da keine fest vorgegebene Reihenfolge fu¨r die Modulpru¨fungen besteht. Praxispartner fu¨r den Master Die Relevanz der Schwerpunktbereiche und die praxisnahe Ausbildung haben eine Reihe international renommierter Unternehmen dazu bewegt, den Studiengang personell, finanziell und/oder ideell zu unterstu¨tzen. Zu ihnen za¨hlen Unternehmen wie Accenture, Allianz, A.T. Kearney, Deutsche Bank, Ernst & Young, SGL Carbon, HypoVereinsbank, Kleindienst Datentechnik oder Siemens. Zugangsvoraussetzungen und Bewerbung Um den Praxisbezug und die intensive Betreuung der Studierenden ermo¨glichen zu ko¨nnen, ist die maximale Studentenzahl pro Jahrgang auf ca. 30 begrenzt. Grundvoraussetzung fu¨r eine Zulassung ist ein u¨berdurchschnittlicher in- oder ausla¨ndischer Abschluss eines Bachelor-, Diplomoder Masterexamens (Universita¨t oder Fachhochschule) in einem thematisch naheliegenden Bereich (vgl. oben). Die zugelassenen Studierenden werden u¨ber ein zweistufiges, von der Universita¨t durchgefu¨hrtes Auswahlverfahren ermittelt. Nach einer Vorauswahl von Bewerbern anhand der schriftlichen Bewerbungen erfolgt ein Auswahlgespra¨ch mit in der Regel zwei Professoren. Dieses wird in deutsch und englisch gefu¨hrt und soll zeigen, ob
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Master of Science im Studiengang „Financial Management & Electronic Commerce
der Bewerber in der Lage ist, die erho¨hten Anforderungen des Masterstudiengangs erfolgreich anzugehen und bereit ist, im Team zu arbeiten. Finanzierung: Stipendium statt Gebu¨hren Sofern der Masterstudiengang als Aufbaustudiengang absolviert wird, fallen derzeit keine Studiengebu¨hren an, ansonsten sind die fu¨r ein Zweitstudium u¨blichen Gebu¨hren zu entrichten. Seit September 2001 besteht die Mo¨glichkeit, sich zusa¨tzlich fu¨r ein Stipendienprogramm bei einem der Fo¨rderunternehmen zu bewerben. Stipendiaten werden dabei mit 15 monatlichen Raten a` 500 a und einem Praktikum im Fo¨rderunternehmen unterstu¨tzt. Neben den Vorteilen der finanziellen Unterstu¨tzung ko¨nnen die Stipendiaten hierbei den Praxisbezug auch abseits von Lehrveranstaltungen und Seminaren erleben und bereits fru¨hzeitig einen engen und perso¨nlichen Kontakt zu dem Unternehmen aufnehmen, das sie wa¨hrend der drei Semester des Masterstudiums begleitet. Mit jedem vergebenen Stipendium fließt zudem ein Betrag von 5000 a vom Fo¨rderunternehmen an den Masterstudiengang, um die Qualita¨t der Lehre zu verbessern und das Angebot exklusiver und hochwertiger Masterveranstaltungen zu ermo¨glichen. Perso¨nliche Erfahrungen aus dem Startjahrgang Kennzeichnendes Unterscheidungsmerkmal zum gewo¨hnlichen BWL-Studium, welches wir parallel absolvierten, war aus unserer Sicht insbesondere das Projektstudium. Die mehrmalige Herausforderung, mit unterschiedlichen, zufa¨llig zusammengewu¨rfelten Teamkollegen anspruchsvolle Aufgaben zu bewa¨ltigen, fo¨rderte nicht nur die fachliche Kompetenz sondern gerade die Kooperationsfa¨higkeiten und die Auseinandersetzung mit Meinungsverschiedenheiten. Unter den 15 Studenten des ersten Jahrgangs waren auch Kommilitonen aus Indien, der Ukraine und Tschechien, was die Teamarbeiten um interkulturelle Aspekte bereicherte. Eines der Highlights in Hinsicht auf den Praxisbezug stellte ein Seminar in Zusammenarbeit mit A.T. Kearney dar. Die Seminaraufgabe bestand darin, ein strategisches E-Commerce-Konzept fu¨r einen bestimmten Industriezweig zu erarbeiten und in einer typischen Pra¨sentationssituation von
Unternehmensberatern dem fiktiven Vorstand (gestellt von A. T. Kearney Beratern) vorzustellen. Der Umgang mit harter Kritik sowie Tipps und Tricks fu¨r den Aufbau derartiger Pra¨sentationen machten dieses Seminar zu einer wertvollen Erfahrung. Die enge Betreuung durch wissenschaftliche Mitarbeiter und Professoren bei der Auseinandersetzung mit Praxisfragestellungen und der Entwicklung von eigenen Lo¨sungen und Modellen machten die vielen Seminare zu etwas, was nur auf wenige unserer normalen Vorlesungen im BWLStudium zutraf: Sie waren spannend, wenn auch anstrengend. Durch die perso¨nliche und individuelle Betreuung wurden wir entsprechend unserer perso¨nlichen Fa¨higkeiten, Sta¨rken und Schwa¨chen gefo¨rdert und gefordert. In unserem Fall reichte die Zusammenarbeit mit den Betreuern sogar so weit, dass aus den in Projekten und Seminaren gemeinsam entwickelten Gedanken mehrere Publikationen auf internationalen Tagungen oder in wissenschaftlichen Zeitschriften entstanden sind. Der damit verbundene, hohe Zeitaufwand (der auch einige Nachtschichten umfasste) darf dabei allerdings nicht vergessen werden. Derzeit absolvieren wir beide unsere Masterarbeiten in Kooperation mit PlanetHome bzw. e.stradis. Wa¨hrend die Kernkompetenz von PlanetHome der Betrieb eines Immobilienportals im WWW mit entsprechenden Makler-, Finanzierungs- und weiteren Funktionalita¨ten ist, konzentriert sich e.stradis auf die Entwicklung von finanzwirtschaftlichen Informationssystemen, beispielweise fu¨r das Risikomanagement oder zur Anlageberatung. Bei einer solchen Praxisarbeit mit wissenschaftlichen Hintergrund wird einem immer wieder das Gefu¨hl vermittelt, in der Praxis etwas zu bewegen und einen produktiven Baustein fu¨r das Kooperationsunternehmen zu entwickeln und nicht nur eine Arbeit zu verfassen, die danach lediglich im Archiv der Universita¨t landet. Die regelma¨ßigen Treffen mit unseren Praxispartnern machen besonders Spaß, da aus dieser Diskussion meist ebenso wichtige Erkenntnisse gewonnen werden wie in der Bibliothek beim Studium der theoretischen Literatur. Die besondere Herausforderung besteht letztendlich darin, die Bru¨cke zwischen den wissenschaftlichen Fragestellungen und den Restriktionen und Anforderungen der Praxis in einer Arbeit herzustellen und ein fu¨r beide Zielgruppen interessantes Werk zu erstellen.
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Fu¨r die Zukunft ist eine Kooperation mit einer ausla¨ndischen Universita¨t angedacht, was wir nur begru¨ßen ko¨nnen, da der internationale Bezug, welcher bisher durch die Verwendung von englischsprachiger Literatur und Case-Studies u¨ber internationale Unternehmen sowie Auslandspraktika und die Teamarbeit mit ausla¨ndischen Kommilitonen zum Ausdruck kam, durchaus noch weiter ausbaubar ist. Was bringt uns aber der Abschlusstitel „Master of Science“, neben den im Studiengang gesammelten Erfahrungen? Dies konnten wir beide wa¨hrend ku¨rzlich erfolgter Praktika im englischsprachigen Ausland erleben: wo der Begriff „Diplom“ nur unversta¨ndiges Stirnrunzeln hervorrief, bewirkte der „Master of Science“ anerkennendes und verstehendes Kopfnicken. Kurzum: hinsichtlich der gesammelten Erfahrungen hat sich der erhebliche Zusatzaufwand neben dem BWL-Studium mehr als gelohnt. Die Frage, ob die alleinige Abschlussbezeichnung „Master of Science“ anstatt einem Diplom den Absolventen die besseren Startvoraussetzungen bringt, ist fu¨r das Ausland unserer Meinung nach eindeutig zu bejahen. In Deutschland wird dies voraussichtlich noch einige Jahre dauern. Ansprechpartner/Informationen/Kontakt Umfassende Informationen u¨ber den Studiengang und die Bewerbung sind erha¨ltlich bei: Dennis Kundisch, Lehrstuhl fu¨r Betriebswirtschaftslehre, Wirtschaftsinformatik und Financial Engineering, Wirtschaftswissenschaftliche Fakulta¨t, Universita¨t Augsburg, Universita¨tsstraße 16, D-86135 Augsburg, Telefon: (08 21) 5 98-41 43, Fax: (08 21) 5 98-42 25 sowie im WWW unter http://www.master-fmec.de oder per E-Mail an
[email protected].
Jochen Dzienziol, Betriebswirtschaftslehre, Master of Science im Studiengang „Financial Management and Electronic Commerce“, Universita ¨ t Augsburg, 9. Semester, E-Mail:
[email protected]; Michael Eberhardt, Betriebswirtschaftslehre, Master of Science im Studiengang „Financial Management and Electronic Commerce“, Universita ¨ t Augsburg, 9. Semester, E-Mail:
[email protected]
WI – Aktuell Aus den Hochschulen PD Dr. Joachim Eigler, Jahrgang 1966, der sich an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakulta¨t der Universita¨t Regensburg mit einer Arbeit zum Thema „Interne Rechnungslegung zur Steuerung und Kontrolle dezentralisierter Unternehmungen“ habilitierte, hat den Ruf auf eine Professur fu¨r Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Medienwirtschaft, am Fachbereich 5 – Wirtschaftswissenschaften der Universita¨t Siegen angenommen. Seine Forschungsschwerpunkte sind Electronic Business aus transaktionskostentheoretischer Sicht, Einsatz von Medien in Unternehmungen aus betriebswirtschaftlicher Sicht und Management von Unternehmungen der Medienbranche. Dr. Jo¨rg Michael Haake, Jahrgang 1961, bisher ta¨tig als Bereichsleiter fu¨r offene kooperative Systeme am Fraunhofer Institut fu¨r Integrierte Publikations- und Informationssysteme in Darmstadt, hat den Ruf auf eine Professur fu¨r Praktische Informatik am Fachbereich Informatik der FernUniversita¨t Hagen angenommen. Seine Forschungsschwerpunkte sind kooperative verteilte Systeme, kooperatives Lernen und kooperatives Arbeiten in verteilten Organisationen. Prof. Dr. Thomas Hess, Jahrgang 1967, hat den an ihn ergangenen Ruf auf den Lehrstuhl fu¨r Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftsinformatik mit dem Schwerpunkt Neue Medien, der Ludwig-MaximiliansUniversita¨t Mu¨nchen (vgl. WIRTSCHAFTSINFORMATIK 43 (2001) 5, S. 520) angenommen. Prof. Dr. Hans-Georg Kemper, Jahrgang 1957, hat nach einja¨hriger Vertretung den Ruf auf die Professur fu¨r Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik in der Fakulta¨t 8 an die Universita¨t Stuttgart angenommen. Seine Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Business Intelligence sowie Electronic und Mobile Business. PD Dr. Ronald Maier, Jahrgang 1968, Institut fu¨r Wirtschaftsinformatik, Universita¨t Regensburg, wurde die Venia Legendi im Fach Wirtschaftsinformatik verliehen. Der Titel seiner Habilitationsschrift lautet „Knowledge Management Systems“. Dr. Georg Mu¨ller-Christ, Jahrgang 1963, bisher Gescha¨ftsfu¨hrer der Interdisziplina¨ren
Forschungsstelle Umweltmanagement im Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Universita¨t Bayreuth, hat den Ruf auf eine Professur fu¨r Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Nachhaltiges Prozessmanagement in Handel, Dienstleistung und Industrie, am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universita¨t Bremen angenommen. Seine Forschungsschwerpunkte sind nachhaltige Unternehmensfu¨hrung, Umweltmanagement sowie nachhaltiges Wirtschaften.
Prof. Dr. Wolfgang Pree, Jahrgang 1964, bisher Leiter der Arbeitsgruppe Softwaretechnik im Fachbereich Informatik und Informationswissenschaft der Universita¨t Konstanz, hat einen Ruf auf die Professur fu¨r Praktische Informatik / Softwaretechnologie am Institut fu¨r Computerwissenschaften in der Naturwissenschaftlichen Fakulta¨t der Universita¨t Salzburg angenommen. Seine Forschungsschwerpunkte sind Embedded Software und Softwarekomponenten.
Dr. Kai Rannenberg, Jahrgang 1964, hat den an ihn ergangenen Ruf auf die T-Mobile-Stiftungsprofessur fu¨r M-Commerce an der Universita¨t Frankfurt am Main (vgl. WIRTSCHAFTSINFORMATIK 43 (2001) 6, S. 638) angenommen.
PD Dr.-Ing Ralf Salomon, Jahrgang 1959, Institut fu¨r Informatik der Universita¨t Zu¨rich und seit Dezember 1999 bei der UBS AG, Zu¨rich, im Bereich Capacity Management ta¨tig, hat den Ruf auf eine Professur fu¨r Technische Systeme und Anwendersoftware am Fachbereich Informatik der Universita¨t Rostock erhalten. Seine Forschungsschwerpunkte sind Soft Computing, Transfer von Methoden der Ku¨nstlichen Intelligenz auf Real-World-Anwendungen sowie Security und Performance im Rahmen von großen (E-Business-)Anwendungen. Der Aufsichtsrat der gemeinnu¨tzigen Deutschen Forschungszentrums fu¨r Ku¨nstliche Intelligenz (DFKI) GmbH in Kaiserslautern und Saarbru¨cken hat die Aufnahme des Instituts fu¨r Wirtschaftsinformatik, bisher Universita¨t des Saarlandes, unter Leitung von Prof. Dr. Dr. h. c. mult. AugustWilhelm Scheer als Abteilung beschlossen. Als Gesellschafter des DFKI fungieren DaimlerChrysler, Dresdner Bank, Fraunhofer-Gesellschaft, IDS Scheer, INSIDERS, KIBG, SAP, TECMATH und die Universita¨t Kaiserslautern sowie die des Saarlandes. Vorsitzender der Gescha¨ftsfu¨hrung des
DFKI ist Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Wolfgang Wahlster. Forschungsschwerpunkte des Instituts fu¨r Wirtschaftsinformatik sind die Umsetzung moderner Informationstechnologien und Managementmethoden in neuen Anwendungskonzepten, insbesondere die Gestaltung komplexer und verketteter Gescha¨ftsprozesse. Im Zentrum der Arbeiten des DFKI stehen intelligente Benutzerschnittstellen, Informationsmanagement und intelligente Kooperationssysteme. Prof. Dr. Rainer Schwabe, Oberassistent am Institut fu¨r Medizinische Biometrie in der Medizinischen Fakulta¨t der Universita¨t Tu¨bingen sowie außerplanma¨ßiger Professor an der Freien Universita¨t Berlin, hat einen Ruf auf die Professur fu¨r Mathematische Stochastik in der Fakulta¨t fu¨r Mathematik der Universita¨t Magdeburg erhalten. Seine Forschungsschwerpunkte sind optimale Versuchsplanung und sequenzielle Verfahren in der Statistik. Dr. Hans Peter Wolf, Jahrgang 1956, Mitarbeiter am Lehrstuhl fu¨r Statistik und Informatik in der Fakulta¨t fu¨r Wirtschaftswissenschaften der Universita¨t Bielefeld, hat sich auf der Grundlage einer Arbeit zum Thema „Werkzeuge fu¨r eine Explizite Statistik“ habilitiert. Ihm wurde die Lehrbefugnis fu¨r das Fach Computational Statistics erteilt. Seine Forschungsschwerpunkte sind elektronische Bu¨cher, Computer-gestu¨tzte Statistik sowie Literate Programming. PD Dr. Volker Wulf, Jahrgang 1962, der sich Ende 2000 mit einer Arbeit „Zur anpassbaren Gestaltung von Groupware“ am Fachbereich Informatik der Universita¨t Hamburg habilierte und am Fraunhofer Institut for Applied Information Technology (FIT) in St. Augustin die Forschergruppe „Benutzerorientiertes Software Engineering“ leitet, hat den Ruf auf die Professur fu¨r Medieninformatik in der Fakulta¨t fu¨r Informatik der Technischen Universita¨t Chemnitz erhalten. Seine Forschungsschwerpunkte sind Computer-unterstu¨tzte Gruppenarbeit, Wissensmanagement und Usability Engineering.
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Call for Papers
Call for Papers Schwerpunktthema WIRTSCHAFTSINFORMATIK Heft 2/2003
IT-Systeme als Objekt und Instrument vera¨nderter Sourcing-Strategien (IT sourcing and IT-enabled sourcing strategies) Zu den strategisch bedeutsamsten Fragestellungen der Unternehmensfu¨hrung geho¨rt jene der Eigenerstellung oder des Fremdbezugs betrieblicher Leistungen. Dieses Thema ist fu¨r die Wirtschaftsinformatik von hoher Bedeutung, weil &
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einerseits die Fragen nach der zwischenbetrieblichen Arbeitsteilung von Aufgaben der Informationsverarbeitung (IV) und der Zweckma¨ßigkeit verschiedener Formen des Outsourcings immer sta¨rker ins Bewusstsein des Managements treten und andererseits die Fortschritte bei den Informations- und Kommunikationstechnologien, insbesondere im Umfeld des Internets, neue Gestaltungspotenziale fu¨r die Bereitstellung externer Produktionsfaktoren ero¨ffnen.
Insbesondere wegen der weithin propagierten Konzentration auf Kernkompetenzen, des mit der Reduktion der Fertigungstiefe einhergehenden Rationalisierungspotenzials, der steigenden Komplexita¨t von Informationssystemarchitekturen und des Mangels an qualifizierten Arbeitskra¨ften gewinnt die Auslagerung von Teilaufgaben der IV an rechtlich unabha¨ngige Dienstleistungsunternehmen, Tochtergesellschaften und Joint Ventures mit Technologieanbietern immer gro¨ßere Bedeutung. Die Formen des Outsourcings und die damit verbundenen Managemententscheidungen werden zunehmend komplexer. Die ju¨ngsten Entwicklungen und die Attraktivita¨t dieses Marktes lassen die bisherigen Abgrenzungen zwischen traditionellen Outsourcing-Anbietern, ausgegliederten Systemha¨usern, Hardwareherstellern, Internet-Service-Providern, Application-Service-Providern, Marktplatzbetreibern, Softwareanbietern und Telekommunikationsunternehmen verschwimmen. Immer mehr Auslagerungsformen und Spezialisierungen der Anbieter sind zu beobachten. Auch aus Sicht der Nutzer haben sich die Fragestellungen vera¨ndert: Wa¨hrend man zu Beginn der 90er Jahre fragte „Sollen wir auslagern?“, bescha¨ftigen heute eher die Fragen „Was sollen wir auslagern?“ und „Wie sollen wir auslagern?“.
Zudem wird ersichtlich, dass die Potenziale der Informations- und Kommunikationstechnik zu bedeutsamen Vera¨nderungen in der Bereitstellung von Dienstleistungen und Produkten fu¨hren. Mit dem geplanten Schwerpunktheft soll eine Zwischenbilanz gezogen und der Stand der Diskussion um die Neugestaltung des Sourcings von bzw. durch Leistungen der Informationsverarbeitung beleuchtet werden. Dabei sind theoretisch fundierte Arbeiten ebenso erwu¨nscht wie empirische Studien zu Vorgehensweisen und Erfahrungen sowie Fallstudien aus der Perspektive von Wissenschaft und Praxis. Beispiele fu¨r Themengebiete von Beitra¨gen sind:
Outsourcing von Leistungen der Informationsverarbeitung (IT Outsourcing): &
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Kriterien fu¨r die Wahl der Organisationsform (Governance Structure) Ausgelagerte IV-Funktionen Spezialisierungsrichtungen wie & vertikal nach Branchen (Tele Facility Management, Electronic Bill Presentment and Payment, Airline Reservations, etc.) & horizontal nach Technologieebenen (Infrastructure Services versus Application Services wie Personalmanagement oder Enterprise Resource Planning) und & internationale Arbeitsteilung („Offshore Outsourcing“) Determinanten des IT Outsourcings Vorbereitung von Outsourcing-Entscheidungen und -Vertra¨gen Erfolgsfaktoren und Erfolgsmessung der zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit sowie einzelwirtschaftliche und gesamtwirtschaftliche Effekte
Outsourcing auf Basis von Leistungen der Informationsverarbeitung (IT-enabled Outsourcing) &
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Auspra¨gungsformen (z. B. Business Process Outsourcing, Auslagerung ausgewa¨hlter betrieblicher Teilprozesse) Determinanten alternativer Bereitstellungsprozesse Auswirkungen auf Intermedia¨re Fachkonzepte und technologische Umsetzung alternativer Bereitstellungsprozesse Vorbereitung von Entscheidungen und Vertra¨gen
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Erfolgsfaktoren und Erfolgsmessung der zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit sowie einzelwirtschaftliche und gesamtwirtschaftliche Effekte
Einreichung von Betra¨gen Sollten Sie beabsichtigen, einen Beitrag einzureichen, so wa¨ren wir Ihnen fu¨r eine baldige, unverbindliche Mitteilung u¨ber den geplanten Arbeitstitel dankbar. Bitte beachten Sie die Hinweise zu formaler Gestaltung und Umfang von Beitra¨gen fu¨r die WIRTSCHAFTSINFORMATIK. Beitra¨ge sollten bis zu 10 Druckseiten umfassen; das entspricht ca. 50.000 Zeichen einschließlich Leerzeichen, abzu¨glich 5.000 Zeichen je Seite an Bildern. Beitra¨ge sollten in deutscher oder englischer Sprache verfasst sein und elektronisch (als *.doc oder *.rtf-Dokumente) eingereicht werden. Grafiken von angenommenen Beitra¨gen werden als separate Dateien in bestimmten Formaten (cdr, eps mit Voransicht oder tif) beno¨tigt. Eingereichte Beitra¨ge werden (anonymisiert) von jeweils drei Gutachtern auf Relevanz, Originalita¨t und fachliche Qualita¨t beurteilt. Neben den Herausgebern des Schwerpunktheftes und jenen der Zeitschrift WIRTSCHAFTSINFORMATIK wirken dabei weitere ausgewiesene Perso¨nlichkeiten aus Wissenschaft und Praxis im In- und Ausland mit. Erga¨nzend zu den Aufsa¨tzen sind auch Beitra¨ge zum Schwerpunktthema fu¨r andere Rubriken der Zeitschrift WIRTSCHAFTSINFORMATIK willkommen, z. B. fu¨r WI – State-of-the-Art, WI – Schlagwort, WI – Arbeitsberichte, WI – Innovative Produkte, WI – Interview, Fu¨r Sie gelesen und Fu¨r Sie gesurft. Auch in diesem Fall bitten wir um fru¨hzeitige Kontaktaufnahme.
Zeitplan Einreichung von Beitra¨gen: 2002-07-31 Benachrichtigung der Autoren: 2002-09-30 berarbeitungs- und Folgebegutachtungszyklen: 2002-11-30 Redaktionsschluss: 2003-01-10 Geplanter Erscheinungstermin Heft 2/2003: 2003-04-08
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WI – Aktuell
Beitra¨ge mu¨ssen bis 2002-07-31 elektronisch eingereicht werden bei Prof. Dr. Gerhard Knolmayer E-Mail:
[email protected] Fu¨r Ru¨ckfragen stehen Ihnen die Herausgeber des Schwerpunktheftes gerne zur Verfu¨gung:
Prof. Dr. Rudy Hirschheim Bauer College of Business University of Houston Houston, TX 77204-6282 USA Tel. (þþ1) (713) 743-4692 Fax (þþ1) (713) 743-4693 E-Mail:
[email protected]
Prof. Dr. Armin Heinzl Lehrstuhl fu¨r Wirtschaftsinformatik Universita¨t Bayreuth D-95440 Bayreuth Tel. (09 21) 55-28 08 Fax (09 21) 55-22 16 E-Mail:
[email protected]
Prof. Dr. Gerhard Knolmayer Institut fu¨r Wirtschaftsinformatik Universita¨t Bern CH-3012 Bern Tel. (þþ43) (31) 631.3809 Fax (þþ43) (31) 631.4682 E-Mail:
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Christoph Ludewig, Existenzgründung im Internet 2. Aufl. 2000. 226 Seiten. Broschur. € 22,00
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Firma
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WIRTSCHAFTSINFORMATIK 44 (2002) 2, 192–194
WIRTSCHAFTS INFORMATIK Gegenstand der Zeitschrift sind Forschungsergebnisse im Bereich der Wirtschaftsinformatik und Praxisbeispiele von fortschrittlichen Anwendungen. Konkrete Lo¨sungen fu¨r technologiegestu¨tzte Anwendungssysteme werden nur dann publiziert, wenn sie Modellcharakter auch fu¨r andere Anwendungen besitzen. Wichtige Randgebiete werden ebenfalls abgedeckt, soweit die Entwicklungen im Bereich der engeren Wirtschaftsinformatik wesentlich betroffen sind Beispiele hierfu¨r sind; die Wirkung der Informatik auf Wirtschaft, Individuum und Gesellschaft sowie Fragen der Ausund Weiterbildung. Die Zeitschrift wendet sich an Leser in Wissenschaft und Praxis, die auf dem Gebiet der Wirtschaftsinformatik arbeiten. Besonders sind auch Studierende und andere Personen angesprochen, die den Anschluss an die modernen Entwicklungen in diesem Fach suchen. In der Zeitschrift werden wissenschaftliche Originalbeitra ¨ ge publiziert. Die Aufsa ¨ tze werden einem anonymen Begutachtungsverfahren unterworfen. Ein Teil der Hefte wird einem Schwerpunktthema gewidmet. Es sind derzeit folgende Rubriken eingerichtet (in Klammern die verantwortlichen Herausgeber):
Rubriken WI WI WI WI WI WI WI
State-of-the-Art (Chamoni) Innovative Produkte (Winand 1) Fu¨r Sie gesurft (Knolmayer) Schlagwort (Sinz) Interview (Mertens, Strunz) Fu¨r Sie gelesen (Mertens) Vergleichende Buchbesprechung (Frank) WI – Buchbesprechungen (Grauer) WI – Dissertationen (Buxmann 2) WI – Arbeitsberichte (Ehrenberg) WI – Studentenforum (Schumann) Meinung/Dialog (Buhl) Mitteilungen des FB 5 der GI (Becker) Mitteilungen der WKWI (Weinhardt) Aus den Hochschulen (Ko¨nig) WI – Online (Loos 3) – – – – – – –
Gescha ¨ ftsfu ¨ hrender Herausgeber Prof. Dr. Wolfgang Ko¨nig, Institut fu¨r Wirtschaftsinformatik, Universita ¨ t Frankfurt, Mertonstraße 17, D-60054 Frankfurt (Main) Telefon (0 69) 7 98-2 85 94, Telefax (0 69) 7 98-2 85 85 E-Mail:
[email protected]
Herausgeber Prof. Dr. H.-J. Appelrath, Universita ¨ t Oldenburg Prof. Dr. J. Becker, Universita ¨ t Mu¨nster Prof. Dr. H. U. Buhl, Universita ¨ t Augsburg Prof. Dr. P. Chamoni, Universita ¨ t GH Duisburg Prof. Dr. G. Disterer, FH Hannover Prof. Dr. D. Ehrenberg, Universita ¨ t Leipzig Prof. Dr. U. Frank, Universita ¨ t Koblenz-Landau Dr. F. Fro¨schl, Siemens AG, Mu¨nchen Prof. Dr. M. Grauer, Universita ¨ t GH Siegen PD Dr. H.-D. Groffmann, Gruner und Jahr AG, Hamburg Prof. Dr. U. Hasenkamp, Universita ¨ t Marburg Prof. Dr. A. Heinzl, Universita ¨ t Bayreuth D. S. Hoch, McKinsey & Company, Du¨sseldorf C. A. Hufnagl, T-Systems International GmbH, Frankfurt (Main) Prof. J. A. Illik, FH Furtwangen Prof. Dr. M. Kleinaltenkamp, FU Berlin Prof. Dr. G. Knolmayer, Universita ¨ t Bern H.-J. Lamberti, Deutsche Bank AG, Frankfurt (Main) Prof. Dr. C. Lo ¨ bbecke, Universita ¨ t Ko¨ln Prof. Dr. Dr. h. c. mult. P. Mertens, Universita ¨ t Erlangen-Nu¨rnberg Prof. Dr. G. Mu¨ller, Universita ¨ t Freiburg Prof. Dr. A. Oberweis, Universita ¨ t Frankfurt (Main) Prof. Dr. Dr. h.c. A. Picot, Universita ¨ t Mu¨nchen Prof. Dr. C. Rautenstrauch, Universita ¨ t Magdeburg Prof. Dr. M. Schumann, Universita ¨ t Go¨ttingen Prof. Dr. E. Sinz, Universita ¨ t Bamberg Dr. W. Sinzig, SAP AG, Walldorf Prof. Dr. R. Steinmetz, TU Darmstadt Prof. Dr. H. Strunz, ExperTeam AG, Ko¨ln Prof. Dr. R. Studer, Universita ¨ t Karlsruhe (TH) Prof. Dr. A. Taudes, Wirtschaftsuniversita ¨ t Wien Dr. M. Teufel, VEW Energie AG, Dortmund Dr. Th. Wedel, IBM Deutschland GmbH, Stuttgart Prof. Dr. C. Weinhardt, Universita ¨ t Karlsruhe
Redaktion Prof. Dr. Ulrich Hasenkamp, Dipl.-Volksw. Matthias Goeken, Dipl.-Kfm. Claus Ha ¨ berle, Dipl.-Kfm. Jens Lehmbach Wirtschaftsinformatik, Universita ¨ t Marburg D-35032 Marburg Telefon (0 64 21) 28-2 38 94, Telefax (0 64 21) 28-2 65 54 E-Mail:
[email protected] Dipl.-Kfm. Sven Grolik, Universita ¨ t Frankfurt (Main) E-Mail:
[email protected]
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Prof. Dr. U. Winand, Universita ¨ t GH Kassel Prof. Dr. P. Buxmann, TU Freiberg 3 Prof. Dr. P. Loos, TU Chemnitz 2
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WIRTSCHAFTS INFORMATIK Die Zeitschrift erscheint seit 1959 unter folgenden Bezeichnungen: 1.–13. Jahrgang, 1959–1971: elektronische datenverarbeitung, 14.–31. Jahrgang, 1972–1989: Angewandte Informatik, ab dem 32. Jahrgang, 1990: WIRTSCHAFTSINFORMATIK. Gescha ¨ ftsfu¨hrende Herausgeber: Dr. Hans Konrad Schuff >, mbp Dortmund: 1959–1966 Prof. Dr. Paul Schmitz: 1966–1991 Prof. Dr. Dr. h. c. Norbert Szyperski: 1971–1991 Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Peter Mertens: 1990–2000 Prof. Dr. Ulrich Hasenkamp: 1992–2000 Prof. Dr. Wolfgang Ko¨nig: seit 1998 Organ des Fachbereichs Wirtschaftsinformatik der Gesellschaft fu¨r Informatik e. V. und der Wissenschaftlichen Kommission Wirtschaftsinformatik im Verband der Hochschullehrer fu¨r Betriebswirtschaft e. V.
Impressum
44. Jahrgang Heft 2 April 2002 http://www.wirtschaftsinformatik.de Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden http://www.vieweg.de Gescha¨ftsfu¨hrer: Dr. Hans-Dieter Haenel Verlagsleitung: Dr. Heinz Weinheimer Gesamtleitung Produktion: Reinhard van den Ho¨vel Gesamtleitung Vertrieb: Heinz Detering Gesamtleitung Anzeigen: Thomas Werner Leserservice: Tatjana Hellwig Telefon (06 11) 78 78-1 51 Telefax (06 11) 78 78-4 23 E-Mail:
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Erscheinungsweise und Bezugspreise: Ja ¨ hrlich 6 Hefte. – Jahresabonnement 2002: EUR 216,–/sFr 384,– (fu¨r Studenten gegen Studienbescheinigung und GI-Mitglieder EUR 108,–/sFr 192,–) oder Zweijahresabonnement 2002/2003: EUR 384,–/ SFr 683,–, Einzelheft EUR 39,–/sFr 70,50, jeweils zuzu¨glich Versandkosten. Alle Bezugspreise und Versandkosten unterliegen der Preisbindung. Bezug durch den Buchhandel oder den Verlag. Abbestellungen mu¨ssen schriftlich spa ¨ testens 6 Wochen vor Ende des Bezugszeitraumes erfolgen. Perso ¨ nliche Mitglieder des Fachbereichs 5 „Wirtschaftsinformatik“ der Gesellschaft fu¨r Informatik erhalten die Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Im laufenden Jahr kann jeweils ein Sonderheft erscheinen, das nach Umfang berechnet und den Abonnenten im Erscheinungsjahr mit einem Nachlass von 25 % des jeweiligen Ladenpreises geliefert wird. Bei Nichtgefallen kann das Sonderheft innerhalb einer Frist innerhalb von 3 Wochen zuru¨ckgegeben werden. Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig/Wiesbaden, 2002 Der Verlag Vieweg ist ein Unternehmen der Fachverlagsgruppe BertelsmannSpringer. Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages vervielfa ¨ ltigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fa ¨ llt insbesondere die gewerbliche Vervielfa ¨ ltigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfa ¨ ltigung auf CD-ROM und allen anderen elektronischen Datentra ¨ gern.
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