Aufbaukurs Mathematik Herausgegeben von Martin Aigner Peter Gritzmann Volker Mehrmann Gisbert Wüstholz
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Aufbaukurs Mathematik Herausgegeben von Martin Aigner Peter Gritzmann Volker Mehrmann Gisbert Wüstholz
In der Reihe ,,Aufbaukurs Mathematik“ werden Lehrbücher zu klassischen und modernen Teilgebieten der Mathematik passend zu den Standardvorlesungen des Mathematikstudiums ab dem zweiten Studienjahr veröffentlicht. Die Lehrwerke sind didaktisch gut aufbereitet und führen umfassend und systematisch in das mathematische Gebiet ein. Sie stellen die mathematischen Grundlagen bereit und enthalten viele Beispiele und Übungsaufgaben. Zielgruppe sind Studierende der Mathematik aller Studiengänge, sowie Studierende der Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Auch für Studierende, die sich im Laufe des Studiums in dem Gebiet weiter vertiefen und spezialisieren möchten, sind die Bücher gut geeignet. Die Reihe existiert seit 1980 und enthält viele erfolgreiche Klassiker in aktualisierter Neuauflage.
Klaus Hulek
Elementare Algebraische Geometrie Grundlegende Begriffe und Techniken mit zahlreichen Beispielen und Anwendungen 2., überarbeitete Auflage
Klaus Hulek Institut für Algebraische Geometrie Leibnitz Universität Hannover Deutschland
ISBN 978-3-8348-1964-2 DOI 10.1007/978-3-8348-2348-9
ISBN 978-3-8348-2348-9 (eBook)
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Spektrum © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2000, 2012 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Planung und Lektorat: Ulrike Schmickler-Hirzebruch | Barbara Gerlach Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Spektrum ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.springer-spektrum.de
Vorwort zur zweiten Auflage Es hat mich gefreut, dass mich der Verlag Springer Spektrum ermuntert hat, eine Neuauflage des Buches Elementare Algebraische Geometrie zu erarbeiten. Der Text dieser Ausgabe folgt in weiten Teilen der ersten Auflage, es sind jedoch auch ¨ eine Reihe von Anderungen und Erg¨anzungen vorgenommen worden. Zun¨achst war es mir ein Anliegen, die, leider allzu zahlreichen, Irrt¨ umer der ersten Auflage zu beseitigen. Dar¨ uber hinaus wurde der Text an einigen Stellen u ¨berarbeitet in der Hoffnung ihn so lesbarer zu machen und die Motivationen f¨ ur bestimmte Definitionen und Konzepte klarer darzustellen. Die Zeichnungen in der zweiten Auflage wurden weitgehend aus der inzwischen erfolgten amerikanischen Ausgabe u ¨bernommen. ¨ Neu an dieser Auflage ist auch, dass f¨ ur die Ubungsaufgaben, von denen mehrere neu aufgenommen wurden, L¨osungshinweise gegeben werden. Das Literaturverzeichnis wurde ebenfalls aktualisiert. An dieser Stelle m¨ochte ich auch auf die interaktive Ausstellung Imaginary verweisen, welche in den letzten Jahren vom Mathematischen Forschungsinstitut Oberwolfach entwickelt wurde. Dort k¨onnen die Leserinnen und Leser dieses Buchs viele Bilder finden, die ihnen die Konzepte, welche in diesem Buch dargestellt werden, anschaulich n¨aher bringen. Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle Herrn Malek Joumaah. Er hat mich ¨ bei der Uberarbeitung des Werkes in wertvoller Weise unterst¨ utzt. Dies betrifft nicht nur Verbesserungen bei Layout und Zeichnungen, sondern vor allem auch die Unterst¨ utzung bei der Erstellung der L¨osungshinweise, welche teilweise von ihm erarbeitet wurden. Des weiteren gilt mein Dank folgenden Kolleginnen und Kollegen in Hannover: W. Ebeling, A. Fr¨ uhbis-Kr¨ uger, S. Krug, D. Ploog, F. Schulze, O. Tommasi und M. Wandel. Sie alle haben Teile des Manuskripts Korrektur gelesen. Es ist m¨ ußig zu betonen, dass s¨amtliche verbleibenden Fehler in meiner Verantwortung liegen.
Hannover, im Mai 2012
Klaus Hulek
Vorwort Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um die Ausarbeitung einer Vorlesung u ¨ber Algebraische Geometrie, die ich mehrfach an der Universit¨at Hannover gehalten habe. Die Vorlesung richtet sich an Studierende, die die einf¨ uhrenden Vorlesungen u uber hin¨ber Algebra und Funktionentheorie geh¨ort haben. Dar¨ ausgehende Vorkenntnisse sind nicht notwendig. Besonders wichtig war es mir, in diesem Buch das Wechselspiel zwischen allgemeiner Theorie einerseits und konkreten Beispielen und Anwendungen andererseits darzustellen. Der Umfang entspricht dem Stoff einer 1-semestrigen 4-st¨ undigen Vorlesung. Auf Garben- und Kohomologietheorie wurde in diesem Buch verzichtet. Die vorliegende Einf¨ uhrung soll aber die Studierenden darauf vorbereiten, sich fortgeschrittenere Texte zu erarbeiten. Von den im Literaturverzeichnis angegebenen B¨ uchern habe ich mich insbesondere auf das Buch Undergraduate Algebraic Geometry von M. Reid gest¨ utzt. Vor allem das Kapitel V, in dem ein elementarer Beweis f¨ ur die Existenz der 27 Geraden auf einer glatten kubischen Fl¨ache gegeben wird, beruht auf diesem Buch. Ich danke Herrn S. Schr¨oder und Frau S. Guttner sehr herzlich f¨ ur die sorgf¨altige Erstellung des TEX-Skriptums und f¨ ur die Anfertigung der Zeichnungen. Herrn Dr. A. Gathmann und Herrn Dr. J. Spandaw danke ich f¨ ur Hilfe beim Korrekturlesen. Ebenso danke ich einigen H¨orerinnen und H¨orern meiner Vorlesung f¨ ur Hinweise auf Druckfehler.
Hannover, im Juli 2000
Klaus Hulek
Inhaltsverzeichnis 0
Einleitung
1
Affine Variet¨ aten
2
3
4
5
1 16
1.1
Der Nullstellensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
1.2
Polynomiale Funktionen und Abbildungen . . . . . . . . . . . . .
32
1.3
Rationale Funktionen und Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . .
41
Projektive Variet¨ aten
52
2.1
Projektive R¨aume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
2.2
Projektive Variet¨aten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
2.3
Rationale Funktionen und Morphismen . . . . . . . . . . . . . . .
62
Glatte Punkte und Dimension
81
3.1
Glatte und singul¨are Punkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
3.2
Algebraische Charakterisierung der Dimension . . . . . . . . . . .
86
Ebene kubische Kurven
95
4.1
Ebene Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
4.2
Schnittmultiplizit¨aten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
4.3
Klassifikation glatter Kubiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
4.4
Die Gruppenstruktur einer elliptischen Kurve . . . . . . . . . . . 113
Kubische Fl¨ achen
118
5.1
Existenz von Geraden auf einer Kubik . . . . . . . . . . . . . . . 119
5.2
Die Konfiguration der 27 Geraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
INHALTSVERZEICHNIS
VIII 5.3 6
Rationalit¨at von Kubiken
Theorie der Kurven
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 137
6.1
Divisoren auf Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
6.2
Der Grad von Hauptdivisoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
6.3
Der Satz von B´ezout . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
6.4
Linearsysteme auf Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
6.5
Differentialformen auf Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
6.6
Projektive Einbettungen von Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . 160
L¨ osungshinweise
173
0
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
1
Affine Variet¨aten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
2
Projektive Variet¨aten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
3
Glatte Punkte und Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
4
Ebene kubische Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
5
Kubische Fl¨achen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
6
Theorie der Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
Literaturverzeichnis
186
A
Kommutative Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
B
Grundlegende algebraische Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . 186
C
Fortgeschrittene algebraische Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . 188
D
Weitere Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
E
Kommentare und Verweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
Abbildungsverzeichnis Einleitung
1
1
Kreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
2
Parabel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
3
Hyperbel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
4
Entartete Kegelschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
5
Kubik mit Doppelpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
6
Neilsche Parabel
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
7
Deformationen der Kurven Cλ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
8
Torus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
9
Aufgeschnittene Sph¨are . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
10
Verklebung zweier aufgeschnittener Sph¨aren . . . . . . . . . . . .
10
11
Entstehung eines Torus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
12
Das Gitter Λτ mit Fundamentalgebiet . . . . . . . . . . . . . . . .
10
13
Torus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
14
Zweischaliges Hyperboloid, einschaliges Hyperboloid, Kugel und Kegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
Affine Variet¨ aten
16
1
Achsenkreuz als Beispiel einer reduziblen Variet¨at . . . . . . . . .
18
2
Geometrische Deutung der Noether-Normalisierung . . . . . . . .
28
3
Vf als affine Variet¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
X Projektive Variet¨ aten
52
1
Die reelle projektive Gerade P1R . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
2
Zerlegung der reellen projektiven Ebene P2R . . . . . . . . . . . . .
53
P3k
3
Quadrik in
mit Regelscharen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
4
Projektion von P0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
5
Aufblasung der Ebene in einem Punkt. . . . . . . . . . . . . . . .
77
6
Strikte Transformierte einer Kubik mit Doppelpunkt . . . . . . .
78
Glatte Punkte und Dimension
81
1
Tangentialraum an eine Variet¨at V
. . . . . . . . . . . . . . . . .
82
2
Lokale Koordinaten in der Umgebung eines glatten Punktes . . .
83
3
Aufl¨osung der Singularit¨at der Kubik C
. . . . . . . . . . . . . .
Ebene kubische Kurven
92 95
1
Typen von ebenen Kubiken, die in drei Geraden zerfallen . . . . .
2
Schnittverhalten der Neilschen Parabel mit den Koordinatenachsen 99
3
Ebene Kubiken, die in einen Kegelschnitt und eine Gerade zerfallen 101
4
Ebene Kubiken mit Singularit¨aten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
5
Gruppenstruktur auf einer ebenen Kubik . . . . . . . . . . . . . . 114
Kubische Fl¨ achen
97
118
1
Die Clebsche Diagonalkubik mit 27 Geraden . . . . . . . . . . . . 118
2
Konfigurationen von Geraden in einer Kubik, die in einer Ebene enthalten sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
3
Die Konfiguration der zehn Geraden, die eine gegebene Gerade l schneiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
4
Quadratischer Kegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
5
Konstruktion von Transversalen auf einer glatten Quadrik . . . . 130
6
Konfiguration von Geraden, die nicht in einer glatten kubischen Fl¨ache enthalten sein kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
7
Teil der Konfiguration der 27 Geraden auf S . . . . . . . . . . . . 132
ABBILDUNGSVERZEICHNIS Theorie der Kurven
XI 137
1
Kurve vom Geschlecht g mit g L¨ochern . . . . . . . . . . . . . . . 150
2
Eine Multisekante L einer Kurve C vom Grad 5 in P3R . . . . . . . 167
3
Projektion vom Punkt P , der auf einer Multisekante L liegt . . . 167
Kapitel 0 Einleitung In der linearen Algebra studiert man L¨osungsmengen linearer Gleichungssysteme: a11 x1 .. .
+ . . . + a1n xn .. .
= b1 .. .
am1 x1 + . . . + amn xn = bm , ur solche Gleichungssysteme wird wobei aij , bl Elemente eines K¨orpers k sind. F¨ eine vollst¨andige Theorie entwickelt, die genaue Aussagen u ¨ber die Existenz von L¨osungen und die Struktur der L¨osungsmenge macht. Mit Hilfe symmetrischer Matrizen klassifiziert man außerdem affine und projektive quadratische Hyperfl¨achen n i,j=1
aij xi xj +
n
bi xi + c = 0,
i=1
wobei aij die Koeffizienten einer symmetrischen Matrix sind. W¨ahrend in der Theorie der linearen Gleichungssysteme die Eigenschaften des Grundk¨orpers k keine wesentliche Rolle spielen, ist bereits die Klassifikation der Quadriken stark abh¨angig davon, ob man u ¨ber R oder C arbeitet. In der Algebra studiert man die L¨osbarkeit von Polynomgleichungen beliebigen Grades: f (x) = an xn + an−1 xn−1 + . . . + a1 x + a0 = 0
(ai ∈ k).
Die Frage nach der L¨osbarkeit h¨angt nun stark von dem Grundk¨orper k ab. Will man erreichen, dass eine Gleichung obigen Typs stets eine L¨osung hat, so muss man voraussetzen, dass k algebraisch abgeschlossen ist. K. Hulek, Elementare Algebraische Geometrie, DOI 10.1007/978-3-8348-2348-9_1, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2000, 2012
KAPITEL 0. EINLEITUNG
2
Die algebraische Geometrie befasst sich nun mit L¨osungen beliebiger Gleichungssysteme von Polynomgleichungen in mehreren Variablen, also Gleichungssystemen der Art: f1 (x1 , . . . , xn ) = 0 .. .. .. . . . fm (x1 , . . . , xn ) = 0, wobei die fi (x1 , . . . , xn ) Polynome sind. Wir definieren nun zun¨achst formell den Begriff der algebraischen Menge. Hierzu halten wir einen Grundk¨orper k fest, der im Moment noch beliebig sein kann. Der affine Raum der Dimension n u ¨ber k ist An := Ank := k n = {(a1 , . . . , an ); ai ∈ k}. Man beachte, dass die R¨aume k n und Ank als Mengen gleich sind. W¨ahrend jedoch k n die Struktur eines Vektorraums tr¨agt, betrachten wir Ank als affinen Raum, d. h. es gibt keine Addition und keine speziellen Punkte. Insbesondere ist der Ursprung nicht ausgezeichnet. Auf der anderen Seite werden wir Ank weiter unten die Struktur eines topologischen Raums geben. Jedes Polynom f ∈ k[x1 , . . . , xn ] definiert eine Abbildung f:
An −→ k (a1 , . . . , an ) −→ f (a1 , . . . , an ).
(Man beachte, dass die durch f definierte Abbildung nur dann das Polynom f eindeutig bestimmt, wenn k unendlich viele Elemente besitzt. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn wir k als algebraisch abgeschlossen voraussetzen). Ein Punkt P = (a1 , . . . , an ) ∈ An heißt eine Nullstelle von f , falls f (P ) = 0 ist. Das Nullstellengebilde von f ist die Menge V (f ) := {P ∈ An ; f (P ) = 0}. Es sei nun T ⊂ k[x1 , . . . , xn ] eine Teilmenge des Polynomrings. Definition. Das Nullstellengebilde von T ist die Menge ur alle f ∈ T }. V (T ) := {P ∈ An ; f (P ) = 0 f¨
Dies f¨ uhrt uns sofort auf den Begriff der algebraischen Menge.
3 Definition. Eine Teilmenge Y ⊂ An heißt eine (affine) algebraische Menge (oder eine abgeschlossene bzw. Zariski-abgeschlossene Menge) in An , falls es eine Teilmenge T ⊂ k[x1 , . . . , xn ] gibt, mit Y = V (T ).
Wir bemerken zun¨achst, dass es nicht notwendig ist, beliebige Teilmengen T von k[x1 , . . . , xn ] zu betrachten. Zu jeder Teilmenge T k¨onnen wir n¨amlich das durch T erzeugte Ideal J := (T ) ⊂ k[x1 , . . . , xn ] betrachten. Da k[x1 , . . . , xn ] ein noetherscher Ring ist, gibt es endlich viele Polynome f1 , . . . , fm ∈ k[x1 , . . . , xn ] mit J = (f1 , . . . , fm ). Lemma 0.1. Es gilt V (T ) = V (J) = V (f1 , . . . , fm ). Beweis. Offensichtlich gilt V (J) ⊂ V (T ). Es sei nun g ∈ J. Dann gibt es Polynome h1 , . . . , hl ∈ T sowie q1 , . . . , ql ∈ k[x1 , . . . , xn ] mit g = h1 q1 + . . . + hl ql . Ist P ∈ V (T ), so gilt h1 (P ) = . . . = hl (P ) = 0 und damit auch g(P ) = 0. Dies zeigt die Umkehrung V (T ) ⊂ V (J). Die Gleichheit V (J) = V (f1 , . . . , fm ) folgt analog. Dieses Lemma zeigt also, dass es keine Einschr¨ankung darstellt, sich auf endliche Gleichungssysteme von Polynomgleichungen zu beschr¨anken. Bevor wir nun daran gehen, algebraische Mengen systematisch zu untersuchen, wollen wir einige Beispiele diskutieren. Beispiel 0.2. Die einfachsten algebraischen Teilmengen von An sind solche, die durch lineare Gleichungen beschrieben werden. Eine solche algebraische Menge heißt ein affiner Unterraum und ist selbst isomorph zu einem affinen Raum. Beispiel 0.3. Bekannte Beispiele sind die Kegelschnitte f (x, y) = a1 x2 + a2 y 2 + a3 xy + a4 x + a5 y + a6 = 0
(ai ∈ R).
KAPITEL 0. EINLEITUNG
4 Spezialf¨alle hiervon sind etwa f (x, y) = x2 + y 2 − 1 = 0
(Kreis)
Bild 1: Kreis
f (x, y) = y − x2 = 0
(Parabel)
Bild 2: Parabel
oder f (x, y) = xy − 1 = 0
(Hyperbel).
Bild 3: Hyperbel
5 Darunter fallen aber auch Geradenpaare wie etwa in Abbildung 4.
(a) (x − y)(x + y) = 0
(b) x2 − 1 = 0
(c) x2 = 0 bzw. x = 0
Bild 4: Entartete Kegelschnitte
Wir sehen hier bereits, dass die Menge V (T ) die sie bestimmenden Gleichungen nicht eindeutig definiert. Beispiel 0.4. Beispiele f¨ ur ebene Kurven h¨oheren Grades, d. h., dass die definierende Gleichung h¨oheren Grad hat, sind etwa: C : y 2 = x3 + x2 .
Bild 5: Kubik mit Doppelpunkt
Die Kurve C l¨asst sich wie folgt parametrisieren“: ” ϕ : R −→ R2 t −→ (t2 − 1, t3 − t), d. h. es gilt ϕ(R) = C. Diese Abbildung ist injektiv mit Ausnahme von ϕ(1) = ϕ(−1) = 0. Dies erkl¨art den Doppelpunkt“ von C. ” Ein anderes Beispiel ist die sogenannte Neilsche Parabel . Diese ist durch die folgende Gleichung gegeben: C : y 2 = x3 .
KAPITEL 0. EINLEITUNG
6
Bild 6: Neilsche Parabel
Auch diese Kurve l¨asst sich parametrisieren, n¨amlich durch ϕ:
R −→ R2 t −→ (t2 , t3 ).
In diesem Fall ist die Abbildung ϕ bijektiv auf ihr Bild C, jedoch verschwindet das Differential von ϕ im Ursprung. Dies erkl¨art die Spitze“ von C. ” Wir sehen hier schon, dass die Kurven C glatte“ ( regul¨are“) und singul¨are“ ” ” ” Punkte haben, ein Begriff, den wir sp¨ater pr¨azisieren werden. Beispiel 0.5. Wir betrachten nun folgende Familie ebener Kubiken Cλ : y 2 = x(x − 1)(x − λ)
(λ ∈ R).
F¨ ur λ = 0, 1 haben wir eine Kurve mit Doppelpunkt (wenigstens im Komplexen), ansonsten ist Cλ glatt. F¨ ur spezielle Werte λ sieht Cλ wie in Bild 7 gezeichnet aus:
Bild 7: Deformationen der Kurven Cλ
¨ Die Kurve C1 kann u C k¨onnen C0 ¨ber R rational parametrisiert werden. Uber und C1 rational parametrisiert werden. Dagegen k¨onnen die glatten Kurven Cλ weder u ¨ber R noch u ¨ber C rational parametrisiert werden und verhalten sich damit sehr verschieden von den Kurven C0 , C1 .
7 Satz 0.6. Es sei k ∈ {R, C}. Ferner seien f, g ∈ k(t) rationale Funktionen, die eine Gleichung der Form (0.1)
g 2 = f (f − 1)(f − λ)
(λ = 0, 1)
erf¨ ullen. Dann sind f, g konstant, d. h. f, g ∈ k. Korollar 0.7. Es gibt f¨ ur λ = 0, 1 keine nicht-konstante rationale Abbildung (f, g) : k −→ Cλ
(f, g ∈ k(t)).
ur λ = 0, 1 nicht rational parametrisieren. Insbesondere l¨asst sich Cλ f¨ Beweis von Satz 0.6. Wir schreiben p f= , q
g=
r s
mit p, q ∈ k[t] und r, s ∈ k[t] jeweils teilerfremd. Nach Wegmultiplizieren der Nenner wird Gleichung (0.1) zu (0.2)
r2 q 3 = s2 p(p − q)(q − λq).
ur Also gilt s2 |q 3 und, da p und q teilerfremd sind, gilt auch q 3 |s2 , also s2 = aq 3 f¨ ein a ∈ k. Damit ist aq = (s/q)2 ∈ k[t] ein Quadrat. Multipliziert man Gleichung (0.2) mit a und k¨ urzt mit s2 , so erh¨alt man r2 = ap(p − q)(p − λq). Da p, q teilerfremd sind, folgt, dass es reelle Zahlen b, c, d gibt, so dass bp, c(p − q), d(p − λq) Quadrate in k[t] sind. Das folgende Lemma wird uns zeigen, dass dann p, q ∈ k, also f ∈ k folgt. Nach Gleichung (0.1) ist dann aber auch g ∈ k. Lemma 0.8. Es seien p, q ∈ C[t] teilerfremd. Falls es vier verschiedene Verh¨altnisse λ/μ ∈ C ∪ {∞} gibt, so dass λp + μq ein Quadrat in C[t] ist, dann folgt, dass p, q ∈ C. Beweis. Weder die Voraussetzung noch die Behauptung ¨andert sich unter linearen Transformationen (0.3) p = αp + βq, q = γp + δq mit αγ βδ ∈ Gl(2, C). Wir verwenden nun Fermats Methode des unendlichen Abstiegs. Wir nehmen an, dass die Aussage des Lemmas falsch ist und w¨ahlen
KAPITEL 0. EINLEITUNG
8
ein Gegenbeispiel p, q so, dass max{deg p, deg q} minimal ist. Nach Anwendung einer Transformation (0.3) k¨onnen wir annehmen, dass p, q, p − q, p − λq ∈ C[t] Quadrate sind. Also gilt p = u2 , q = v 2 mit u, v teilerfremd. Es gilt max{deg u, deg v} < max{deg p, deg q}. Wegen p − q = u2 − v 2 = (u − v)(u + v) p − λq = u2 − λv 2 = (u − μv)(u + μv) mit μ2 = λ folgt, dass auch u − v, u + v, u − μv, u + μv Quadrate sind. Wir haben also ein weiteres Gegenbeispiel zu dem Lemma gefunden, und damit die Minimalit¨at von {p, q} zu einem Widerspruch gef¨ uhrt. ¨ ur λ = 0, 1 nicht durch rationale Die obigen Uberlegungen zeigen, dass man Cλ f¨ Funktionen parametrisieren kann. Dennoch gibt es u ¨ber C eine explizite Parametrisierung mit Hilfe meromorpher Funktionen. Hierzu m¨ ussen wir etwas ausholen und betrachten die komplexe Kurve CλC = {(x, y) ∈ C2 ; y 2 = x(x − 1)(x − λ)} ⊂ C2 bzw. C¯λC = CλC ∪ {∞} ⊂ C2 ∪ {∞} ⊂ P2C . Die projektive Ebene P2C wird in Abschnitt 2.2.1 formal eingef¨ uhrt werden. Dabei entspricht der Punkt ∞ hier dem Punkt (0 : 1 : 0), vgl. hierzu Beispiel (2.14) (wobei allerdings auf Grund anderer Koordinatenwahl (0 : 0 : 1) der Punkt im Unendlichen ist). Die komplexe Kurve C¯λC kann auch als Riemannsche Fl¨ache betrachtet werden (siehe Abschnitt 3.1.2). Als Riemannsche Fl¨ache ist C¯λC hom¨oomorph zu einem Torus (siehe Bild 8).
Bild 8: Torus
9 Um dies zu sehen, betrachten wir die Projektion
π:
C¯λC −→ C ∪ {∞} = S 2 (x, y) −→ x ∞ −→ ∞.
Dies definiert eine 2:1-Abbildung, die der Projektion des Graphen von y = ± x(x − 1)(x − λ) ¨ auf die x-Achse entspricht. Uber jedem Punkt von C ∪ {∞} haben wir zwei Urbilder mit der Ausnahme von 0, 1, λ und ∞. Schneiden wir also die Sph¨are S 2 auf entlang von Wegen, wie sie in Bild 9 eingezeichnet sind,
¾
¼
½ ½
Bild 9: Aufgeschnittene Sph¨are
so zerf¨allt das Urbild unter π von S 2 ohne die beiden Wege in zwei disjunkte Bl¨atter. Jedes dieser Bl¨atter ist hom¨oomorph zu einem halben Torus“ wie in ” Bild 11, wobei die Schlitze ge¨offnet werden und die offenen Enden der Halbtori bilden. Der Rand jeder der Komponenten ist hom¨oomorph zu zwei Kopien des Kreises S 1 , von denen jede das Urbild von einem der Wege auf S 2 ist. F¨ ur jeden dieser Wege entspricht die Inklusion des Urbildes in beide Komponenten dem Verkleben der Randkreise wie in Bild 11. Das Ergebnis ist ein Torus.
KAPITEL 0. EINLEITUNG
10
πq−1 (λ)
πq −1 (λ)
π −1 q (0)
q π −1 (∞)
π −1 (0) q q π −1 (∞) π −1 (1) q
π −1 (1) q
Bild 10: Verklebung zweier aufgeschnittener Sph¨aren
∼ =
Bild 11: Entstehung eines Torus
Aus der Funktionentheorie weiß man, dass man einen Torus auch auf andere Weise konstruieren kann. Ein Vorteil der funktionentheoretischen Konstruktion ist, dass die Gruppenstruktur leichter zu sehen ist. Wir werden diese Gruppenstruktur in Abschnitt 4.4.4 untersuchen. Wir starten mit einem Punkt τ ∈ C in der oberen Halbebene, d. h. Im τ > 0. Ein solcher Punkt definiert ein Gitter (siehe Bild 12) Λτ = Z + Zτ = {m + nτ ; m, n ∈ Z}.
·½ ½
Bild 12: Das Gitter Λτ mit Fundamentalgebiet
11 Der Quotient Eτ = C/Λτ ist zum einen eine abelsche Gruppe, andererseits ist Eτ (versehen mit der Quotiententopologie) in nat¨ urlicher Weise ein topologischer Raum, der zus¨atzlich die Struktur einer kompakten Riemannschen Fl¨ache tr¨agt. Topologisch ist dies ein Torus (siehe Bild 13).
Bild 13: Torus
Die Weierstraßsche ℘-Funktion 1 ℘(z) := 2 + z
(m,n)=(0,0)
1 1 − 2 (z − (mτ + n)) (mτ + n)2
ist eine meromorphe Funktion auf C, die genau in den Gitterpunkten Λτ Pole der Ordnung 2 besitzt. Zudem ist ℘ periodisch bez¨ uglich Λτ , d. h. ℘(z + w) = ℘(z)
(w ∈ Λτ ).
Bekanntlich erf¨ ullt die Weierstraßsche ℘-Funktion die folgende Differentialgleichung (℘ )2 = 4℘3 − g2 ℘ − g3 , wobei g2 = 60
(m,n)=(0,0)
1 , (mτ + n)4
g3 = 140
(m,n)=(0,0)
1 (mτ + n)6
komplexe Zahlen sind. Nun betrachten wir die ebene kubische Kurve CgC2 ,g3 = {(x, y) ∈ C2 ; y 2 = 4x3 − g2 x − g3 } bzw. die (projektive) Kurve C¯gC2 ,g3 = {(x, y) ∈ C2 ; y 2 = 4x3 − g2 x − g3 } ∪ {∞} ⊂ P2C .
KAPITEL 0. EINLEITUNG
12
(Hierbei entspricht ∞ wieder dem Punkt (0 : 0 : 1) ∈ P2C .) Wir erhalten nun eine Abbildung ϕ = (℘, ℘ ) : C \ Λτ −→ CgC2 ,g3 z −→ (℘(z), ℘ (z)). Bildet man das Gitter Λτ auf den Punkt ∞ ab, so kann man ϕ fortsetzen zu einer Abbildung ϕ¯ = (℘, ℘ ) : C −→ C¯gC2 ,g3 . Da ℘, und damit auch ℘ , periodisch bez¨ uglich Λτ ist, definiert dies nun eine Abbildung ϕ˜ : Eτ −→ C¯gC2 ,g3 . Von dieser Abbildung kann man zeigen, dass sie bijektiv ist. Mittels einer linearen Koordinatentransformation kann man nun die Kurve C¯gC2 ,g3 in eine Kurve C¯λC f¨ ur ein passendes λ transformieren. Jede Kurve C¯λC mit λ = 0, 1 l¨asst sich auf diese Weise erhalten. Wir kehren nun wieder zu unserer Liste von Beispielen algebraischer Mengen zur¨ uck. Beispiel 0.9. Um Beispiele in h¨oheren Dimensionen zu erhalten, k¨onnen wir etwa quadratische Hyperfl¨achen in R3 betrachten, wie z.B.
(a) x2 + y 2 − z 2 = −1
(b) x2 + y 2 − z 2 = 1
(c) x2 + y 2 + z 2 = 1
(d) x2 + y 2 = z 2
Bild 14: Zweischaliges Hyperboloid, einschaliges Hyperboloid, Kugel und Kegel
13 Beispiel 0.10. Wir betrachten das Bild C der Abbildung ϕ : A1 −→ A3 t −→ (t, t2 , t3 ). Die Bildmenge C = ϕ(A1 ) ist eine algebraische Menge, da C = Q1 ∩ Q2 wobei
x21 − x2 = 0 Q1 : Q2 : x1 x2 − x3 = 0.
Man kann also C als Durchschnitt zweier quadratischer Hyperfl¨achen beschreiben. Man u ¨berlegt sich auch leicht, dass C als determinantielle Variet¨at beschrieben werden kann:
1 x 1 x2 3 <2 . C = (x1 , x2 , x3 ) ∈ R ; Rang x1 x 2 x 3 Beispiel 0.11. Ein anderes Beispiel f¨ ur eine algebraische Menge ist die allgemeine lineare Gruppe Gl(n, k) := {A ∈ Mat(n × n, k); det A = 0}. Um zu sehen, dass Gl(n, k) eine algebraische Menge ist, betrachten wir den affinen 2 Raum An +1 mit Koordinaten (xij )1≤i,j≤n und t. Die Menge 2 +1
V := {(xij , t) ∈ An
; det(xij )t − 1 = 0}
ist eine algebraische Menge. Die Abbildung ϕ:
Gl(n, k) −→ V A = (aij ) −→ (aij ), det1 A
definiert eine Bijektion von Gl(n, k) mit V . Man beachte, dass die Multiplikationsabbildung μ : Gl(n, k) × Gl(n, k) −→ Gl(n, k) (A, B) −→ AB sowie die Bildung des Inversen i : Gl(n, k) −→ Gl(n, k) A −→ A−1 durch Polynome, bzw. rationale Abbildungen in den Matrixeintr¨agen beschrieben wird. Damit wird Gl(n, k) zu einer algebraischen Gruppe. Allgemeiner ist eine
KAPITEL 0. EINLEITUNG
14
algebraische Gruppe eine algebraische Menge, die zugleich eine Gruppe ist, so dass die Gruppenmultiplikation, bzw. die Inversenbildung durch u ¨berall definierte rationale Funktionen beschrieben werden. Weitere Beispiele sind die spezielle lineare Gruppe Sl(n, k), die orthogonale Gruppe O(n, k) oder die symplektische Gruppe Sp(2n, k), aber auch der Torus Eτ . Beispiel 0.12. Ein besonders ber¨ uhmtes Beispiel ist die Fermatkurve, d. h. das Nullstellengebilde FnQ := {(x, y, z) ∈ Q3 ; xn + y n = z n }. Einige Punkte dieser Kurve sieht man sofort, wie zum Beispiel (1, 0, 1) und (0, 1, 1) bzw. (1, −1, 0) falls n ungerade ist, sowie die rationalen Vielfachen hiervon. Das Fermatsche Problem fragt danach, ob dies alle Punkte dieser Kurve (¨ uber Q) sind. Die endg¨ ultige L¨osung dieses Problems wurde 1995 durch Andrew Wiles gegeben. Theorem 0.13. (Wiles, 1995) Es gibt keine L¨osung (x, y, z) ∈ FnQ mit xyz = 0 f¨ ur n ≥ 3. Dies ist ein typisches Beispiel f¨ ur ein diophantisches Problem. F¨ ur n = 2 gibt es unendlich viele nicht-triviale ganzzahlige Tripel (x, y, z) mit x2 + y 2 = z 2 (pythagor¨aische Zahlentripel). Der Unterschied zwischen n = 2 und n ≥ 3 liegt darin, dass F2C rational parametrisierbar ist, w¨ahrend dies f¨ ur FnC , n ≥ 3 nicht der Fall ist. Die Frage nach den L¨osungen von Systemen von Polynomgleichungen h¨angt wiederum stark vom Grundk¨orper ab. Etwa hat die Gleichung x2 + y 2 + 1 = 0 u ¨ber R ¨ keine L¨osung. Uber C bzw. u ¨ber einem algebraisch abgeschlossenen K¨orper definiert hingegen jedes nicht-konstante Polynom eine nicht-leere algebraische Menge. Deswegen macht man in der algebraischen Geometrie meist die Generalvoraussetzung. Der Grundk¨orper k sei algebraisch abgeschlossen, d. h. k = ¯ k. Der Leser kann sich in erster Ann¨aherung zun¨achst auf den Fall k = C beschr¨anken. Dennoch spielen Grundk¨orper positiver Charakteristik oft eine wichtige Rolle.
¨ Ubungsaufgaben zu Kapitel 0 0.1 Sind die folgenden Mengen algebraische Variet¨aten? (a) M1 := {(cos t, sin t); t ∈ [0, 2π]} ⊂ R2 , (b) M2 := {(t, sin t); t ∈ R} ⊂ R2 .
15 0.2 Zeigen Sie, dass die folgenden Mengen algebraische Variet¨aten sind: (a) Die spezielle lineare Gruppe Sl(n, C) = {A ∈ Mat(n × n, C); det A = 1}, (b) die reelle orthogonale Gruppe O(n, R) = {A ∈ Mat(n × n, R); t AA = 1n }. 0.3 Es sei f ∈ R[x, y] ein irreduzibles kubisches Polynom. Die Menge C = {(x, y) ∈ A2R ; f (x, y) = 0} heißt eine reelle ebene affine Kubik. Finden Sie m¨oglichst viele Polynome, die zu qualitativ verschiedenen Nullstellengebilden f¨ uhren und skizzieren Sie diese. (Hinweis: Es gibt insgesamt f¨ unf qualitativ verschiedene Bilder. Diese k¨onnen alle durch einen Ansatz der Form f (x, y) = y 2 − g(x), wobei g Grad 3 hat, gefunden werden.) 0.4 Zeichnen Sie die folgenden reellen verallgemeinerten Parabeln x2 − y 3 = 0, x3 − y 4 = 0, x3 − y 5 = 0. (Diese F¨alle ergeben qualitativ alle verschiedenen Bilder von Kurven xp − y q = 0 mit p, q teilerfremd.) 0.5* Beweisen Sie, dass die Gleichung x4 + y 4 = 1 nur die rationalen L¨osungen (±1, 0), (0, ±1) besitzt. (Hinweis: Man betrachte die Gleichung x4 + y 4 = z 2 und verwende ein Abstiegsargument ¨ahnlich wie im Beweis von Lemma (0.8).)
Kapitel 1 Affine Variet¨ aten In diesem Kapitel wird die Beziehung zwischen Idealen im Koordinatenring k[x1 , . . . , xn ] und affinen algebraischen Mengen in Ank diskutiert. Das zentrale Ergebnis ist der Hilbertsche Nullstellensatz. Dies wird erweitert zu einer Beziehung zwischen polynomialen Abbildungen und k-Algebrahomomorphismen, welche in der Sprache der Kategorientheorie interpretiert wird. Schließlich werden Funktionen auf algebraischen Mengen ausf¨ uhrlicher behandelt. Der Grundk¨orper k wird als algebraisch abgeschlossen vorausgesetzt.
1.1
Der Nullstellensatz
Es sei A := k[x1 , . . . , xn ] der Polynomring in n Ver¨anderlichen u ¨ber k. Bereits in der Einleitung hatten wir zu einem Ideal J ⊂ A die Nullstellenmenge ur alle f ∈ J} V (J) = {P ∈ Ank ; f (P ) = 0 f¨ definiert. Wir erhalten damit eine surjektive Abbildung V : {Ideale in A} −→ {algebraische Mengen in Ank } J −→ V (J). Umgekehrt k¨onnen wir zu jeder Teilmenge X ⊂ Ank wie folgt ein Ideal definieren: I(X) = {f ∈ A; f (P ) = 0 f¨ ur alle P ∈ X}. Damit erhalten wir eine Abbildung I : {Teilmengen von Ank } −→ {Ideale in A} X −→ I(X). K. Hulek, Elementare Algebraische Geometrie, DOI 10.1007/978-3-8348-2348-9_2, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2000, 2012
1.1. DER NULLSTELLENSATZ
17
ur alle k ≥ 1 zeigen, dass die Beispiele wie etwa V (x1 , . . . , xn ) = V (xk1 , . . . , xkn ) f¨ Abbildung V nicht injektiv ist. Die Abbildung I ist weder injektiv noch surjektiv. So gilt etwa in A1k , dass I(Z) = I(A1k ) = (0), w¨ahrend Ideale der Form (xn ) f¨ ur n ≥ 2 nicht im Bild von I liegen. Wir werden allerdings sehen, dass V und I zu zueinander inversen Bijektionen werden, wenn wir uns auf geeignete Klassen von Idealen bzw. algebraischen Mengen beschr¨anken. Wir stellen zun¨achst einige Eigenschaften dieser Abbildungen fest. Lemma 1.1. Es gilt: (i) V (0) = Ank , V (A) = ∅ (ii) I ⊂ J ⇒ V (J) ⊂ V (I) (iii) V (J1 ∩ J2 ) = V (J1 ) ∪ V (J2 ) (iv) V ( λ∈Λ Jλ ) = λ∈Λ V (Jλ ). Beweis. Die einzige nicht-triviale Aussage ist (iii). ⊃“: Es sei P ∈ V (J1 ) ∪ V (J2 ). Wir k¨onnen annehmen, dass P ∈ V (J1 ). Ferner ” sei g ∈ J1 ∩ J2 . Dann ist g(P ) = 0, also P ∈ V (J1 ∩ J2 ). ⊂“: Es sei P ∈ V (J1 ) ∪ V (J2 ). Dann gibt es f ∈ J1 und g ∈ J2 mit f (P ) = 0 ” und g(P ) = 0. Also ist f g(P ) = 0. Andererseits ist f g ∈ J1 ∩ J2 und daher P ∈ V (J1 ∩ J2 ). Lemma 1.2. Es gilt: (i) X ⊂ Y ⇒ I(Y ) ⊂ I(X) (ii) F¨ ur jede Teilmenge X ⊂ Ank gilt X ⊂ V (I(X)). Gleichheit gilt genau dann, wenn X algebraisch ist. (iii) Ist J ⊂ A ein Ideal, so gilt J ⊂ I(V (J)). Beweis. (i) und (iii) sind offensichtlich. Ebenso ist die Beziehung X ⊂ V (I(X)) evident. Gilt X = V (I(X)), so ist X algebraisch. Ist andererseits X algebraisch, so gilt X = V (J0 ) f¨ ur ein Ideal J0 . Insbesondere gilt J0 ⊂ I(X) und daher V (I(X)) ⊂ V (J0 ) = X. Im Allgemeinen ist J ⊂ I(V (J)) eine echte Inklusion, wie das Beispiel J = (xk1 , . . . , xkn ), k ≥ 2, zeigt, da I(V (J)) = (x1 , . . . , xn ). Definition. Ist J ein Ideal in einem Ring R, so ist das Radikal von J definiert durch √ J = {r; es gibt ein k ≥ 1 mit rk ∈ J}. √ Ein Ideal heißt Radikalideal , falls J = J gilt.
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
18
√ Bemerkung 1.3. Aus dem binomischen √ Lehrsatz folgt schnell, dass J ein Ideal ist. Offensichtlich gilt stets J ⊂ J. Radikalideale spielen in der Beziehung zwischen Idealen und Variet¨aten eine große Rolle, da jedes Ideal der Form I(X) automatisch ein Radikalideal ist. Weitere Beispiele f¨ ur Radikalideale sind Primideale. 1.1.1 Die Zariski-Topologie. Wir hatten bereits algebraische Mengen als Zariski-abgeschlossen bezeichnet. Diese Bezeichnung erf¨ahrt durch obiges Lemma ihre Berechtigung, da die algebraischen Mengen die Axiome f¨ ur die abgeschlossenen Mengen einer Topologie erf¨ ullen. Die zugeh¨orige Topologie heißt die Zariski-Topologie auf Ank . Eine Teilmenge von Ank heißt Zariski-offen, wenn ihr Komplement Zariski-abgeschlossen ist. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Zariski-Topologie sich sehr verschieden von den in der Analysis u ¨blichen Topologien verh¨alt. Insbesondere ist sie weit davon entfernt, Hausdorffsch zu sein. Beispiel 1.4. Wir betrachten die Zariski-Topologie auf A1k . Die leere Menge und A1k sind zugleich offen und abgeschlossen. Jedes echte Ideal J ⊂ k[x] ist ein Hauptideal und von der Form J = ((x − a1 ) · . . . · (x − an )) (beachte, dass wir k als algebraisch abgeschlossen vorausgesetzt haben). Eine von ∅ und A1k verschiedene Teilmenge des A1k ist also genau dann Zariskiabgeschlossen, wenn es eine endliche Teilmenge ist. Jede nicht-leere Zariski-offene Menge ist dicht. Definition. Eine algebraische Teilmenge X heißt irreduzibel , wenn es keine Zerlegung X = X1 ∪ X2 (X1 , X2 X) in echte algebraische Teilmengen X1 , X2 gibt. Ansonsten heißt X reduzibel . Beispiel 1.5. Die Teilmenge V (x1 x2 ) ⊂ A2k ist reduzibel, da V (x1 x2 ) = V (x1 ) ∪ V (x2 ). V (x1 )
6
V (x2 ) -
Bild 1: Achsenkreuz als Beispiel einer reduziblen Variet¨at
1.1. DER NULLSTELLENSATZ
19
Satz 1.6. Es sei X = ∅ eine algebraische Menge mit zugeh¨origem Ideal I(X). Dann gilt: X ist irreduzibel ⇔ I(X) ist ein Primideal. Beweis. (i) X sei reduzibel, d. h. X = X1 ∪ X2 mit X1 , X2 X und X1 , X2 algebraisch. Die Inklusion X1 X bedeutet, dass es ein Element f ∈ I(X1 )\I(X) gibt. Analog folgt aus X2 X die Existenz eines Elements g ∈ I(X2 )\I(X). Da f g auf X1 ∪ X2 = X verschwindet gilt f g ∈ I(X) und I(X) ist kein Primideal. (ii) Es sei nun vorausgesetzt, dass I(X) kein Primideal ist. D. h. es gibt f, g ∈ A mit f g ∈ I(X), aber f, g ∈ I(X). Es sei J1 := (I(X), f ) und J2 := (I(X), g). F¨ ur X1 = V (J1 ) und X2 = V (J2 ) gilt X1 , X2 X. Andererseits gilt X ⊂ X1 ∪ X2 . Ist n¨amlich P ∈ X, so ist f g(P ) = 0, also f (P ) = 0 oder g(P ) = 0. Dann folgt P ∈ X1 oder P ∈ X2 . Wir haben bereits benutzt, dass A = k[x1 , . . . , xn ] ein noetherscher Ring ist. Dies ist u. a. dazu ¨aquivalent, dass die Bedingung acc (ascending chain condition) gilt, d. h., dass jede aufsteigende Kette I1 ⊂ I2 ⊂ I3 ⊂ . . . In ⊂ . . . ur ein n0 und alle k ≥ 0. Ist nun von Idealen station¨ar wird, d. h. In0 +k = In0 f¨ X1 ⊃ X2 ⊃ . . . ⊃ Xn ⊃ . . . eine absteigende Kette von algebraischen Mengen, so ist I(X1 ) ⊂ I(X2 ) ⊂ . . . ⊂ I(Xn ) ⊂ . . . eine aufsteigende Kette von Idealen. Ist Xn Xn+1 eine echte Inklusion, so gilt dies auch f¨ ur I(Xn ) I(Xn+1 ) (dies folgt aus Lemma (1.2) (ii)). Damit folgt, dass jede absteigende Folge von algebraischen Mengen station¨ar wird. Ein topologischer Raum mit dieser Eigenschaft heißt ein noetherscher topologischer Raum. Aus dem Auswahlaxiom folgt dann, dass jedes nicht-leere System Σ von algebraischen Mengen in Ank ein minimales Element besitzt. (Ein Element X ∈ Σ heißt minimal, wenn es kein Element Y ∈ Σ mit Y X gibt.) Satz 1.7. Jede algebraische Menge X ⊂ Ank besitzt eine (bis auf die Reihenfolge) eindeutige Darstellung X = X1 ∪ . . . ∪ Xr , wobei die Xi irreduzibel sind und Xi ⊂ Xj f¨ ur i = j. Definition. Die Xi heißen die irreduziblen Komponenten von X. Beweis von Satz 1.7. Wir f¨ uhren einen Beweis durch Widerspruch. Es sei Σ die Menge aller algebraischen Mengen, die keine solche Darstellung besitzen. Wir
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
20
nehmen Σ = ∅ an. Dann besitzt Σ ein minimales Element X. Die algebraische Menge X ist reduzibel, da ansonsten X ∈ Σ. Wir betrachten also eine Zerlegung X = X1 ∪ X2 mit X1 , X2 X. Auf Grund der Minimalit¨at von X folgt X1 , X2 ∈ Σ. D. h. X1 , X2 besitzen eine Zerlegung in irreduzible Komponenten und damit auch X. Es bleibt noch zu zeigen, dass eine solche Zerlegung eindeutig ist. Dazu betrachten wir eine weitere Zerlegung X = Y1 ∪ . . . ∪ Y l mit Yi irreduzibel und Yi ⊂ Yj f¨ ur j = i. Dann ist Xi = Xi ∩ X =
l
(Xi ∩ Ym ).
m=1
Da Xi irreduzibel ist, gilt Xi ∩Ym = Xi f¨ ur ein m. Also gilt insbesondere Ym ⊃ Xi . Vertauscht man die Rollen der beiden Zerlegungen, so kann man analog schließen, dass es ein j gibt mit Xj ⊃ Ym ⊃ Xi . Also gilt i = j und Xi = Ym . Man sieht sofort, dass die Aussage des obigen Satzes sowie der Beweis f¨ ur alle noetherschen topologischen R¨aume gilt. Wir halten hier eine weitere n¨ utzliche Tatsache u ¨ber irreduzible Teilmengen fest, die in jeder Topologie gilt. Lemma 1.8. F¨ ur eine abgeschlossene Menge V ⊂ Ank sind die folgenden Aussagen ¨aquivalent: (i) V ist irreduzibel. (ii) F¨ ur je zwei offene Mengen ∅ = U1 , U2 von V gilt U1 ∩ U2 = ∅. (iii) Jede offene Menge ∅ = U ⊂ V liegt dicht in V . ¨ Beweis. Die Aquivalenz von (i) und (ii) folgt aus U1 ∩ U2 = ∅ ⇔ (V \ U1 ) ∪ (V \ U2 ) = V. Andererseits ist eine Teilmenge U eines topologischen Raumes V genau dann dicht, wenn sie jede offene nicht-leere Teilmenge von V trifft. Dies ergibt die ¨ Aquivalenz von (ii) und (iii). 1.1.2 Affine Variet¨ aten. Nachdem wir die topologischen Eigenschaften von Ank , mit der Zariski-Topologie, betrachtet haben, wenden wir uns jetzt der algebraischen Sichtweise zu. Wir werden weitere algebraische Hilfsmittel ben¨otigen, um Hilberts Nullstellensatz und verwandte Konzepte zu diskutieren. Definition. Eine affine Variet¨at (¨ uber k) ist eine affine algebraische Menge.
1.1. DER NULLSTELLENSATZ
21
Das Wort Variet¨at besitzt in der Literatur verschiedene Bedeutungen. Manche Autoren bezeichnen nur irreduzible algebraische Mengen als Variet¨aten. Mitunter wird unter Variet¨at eine abstrakte Variet¨at verstanden; dies ist ein Objekt, das durch affine Variet¨aten u ¨berdeckt wird. Wir wollen nun den Hilbertschen Nullstellensatz beweisen. Im Folgenden seien Ringe stets als kommutativ mit 1 vorausgesetzt. Definition. Es sei B ein Teilring von A. (i) A heißt endlich erzeugt u ¨ber B (oder endlich erzeugt als B-Algebra), falls es endlich viele Elemente a1 , . . . , an gibt mit A = B[a1 , . . . , an ]. (ii) A heißt eine endliche B-Algebra, falls es endlich viele Elemente a1 , . . . , an gibt mit A = Ba1 + . . . + Ban . Beispiel 1.9. Der Polynomring k[x1 , . . . , xn ] ist eine endlich erzeugte k-Algebra, aber keine endliche k-Algebra. Der Nullstellensatz kann auf die folgende algebraische Aussage zur¨ uckgef¨ uhrt werden: Theorem 1.10. Es sei k ein K¨orper mit unendlich vielen Elementen. Ferner sei der Ring A = k[a1 , . . . , an ] eine endlich erzeugte k-Algebra. Falls A ein K¨orper ist, so ist A algebraisch u ¨ber k. Wir werden diesen Satz als einfache Konsequenz der Noether-Normalisierung (1.18), welche von unabh¨angigem geometrischen Interesse ist, ableiten. In der Tat gilt die Aussage f¨ ur alle K¨orper k. Die Beweisidee ist die folgende: angenommen t ∈ A sei ein transzendentes Element. Dann hat k[t] unendlich viele verschiedene Primelemente (Euklids Argument). Damit kann k(t) u ¨ber k nicht durch endlich viele Elemente der Form ri = pi /qi erzeugt werden, da man auf diese Weise nur endlich viele verschiedene Primfaktoren im Nenner erh¨alt. Theorem 1.11. (Hilbertscher Nullstellensatz): Es sei k ein algebraisch abgeschlossener K¨orper. Dann gilt: (i) Jedes maximale Ideal m ⊂ A = k[x1 , . . . , xn ] ist von der Form m = (x1 − a1 , . . . , xn − an ) = I(P ) f¨ ur einen Punkt P = (a1 , . . . , an ) ∈ Ank . (ii) Ist J A ein echtes Ideal, so gilt V (J) = ∅. (iii) F¨ ur jedes Ideal J ⊂ A gilt: I(V (J)) =
√
J.
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
22
Die entscheidende Aussage ist (ii), die besagt, dass jedes nicht-triviale Ideal mindestens eine Nullstelle besitzt. Dies erkl¨art auch den Namen des Satzes. Offensichtlich ist die Aussage dieses Satzes f¨ ur nicht-algebraisch abgeschlossene K¨orper falsch, wie etwa das Ideal (x2 + 1) ⊂ R[x] zeigt. Korollar 1.12. Die Abbildungen V,I
{Ideale in A} ←→ {Teilmengen in Ank } definieren Bijektionen 1:1
{Variet¨aten in Ank } {Radikalideale in A} ←→ ∪ ∪ 1:1 {Primideale in A} ←→ {irreduzible Variet¨aten in Ank } ∪ ∪ 1:1 {maximale Ideale in A} ←→ {Punkte in Ank }. Beweis. F¨ ur jede algebraische Menge X ⊂ Ank gilt V (I(X)) = X und nach √ dem Hilbertschen Nullstellensatz (iii) gilt f¨ ur jedes Ideal J, dass I(V (J)) = J. Die zweite Bijektion folgt aus Satz (1.6). Beweis des Nullstellensatzes. (i) Wir stellen zun¨achst fest, dass (x1 − a1 , . . . , xn − an ) ein maximales Ideal ist. Dies folgt, da die Auswertungsabbildung k[x1 , . . . , xn ] −→ k f −→ f (P ) einen Isomorphismus k[x1 , . . . , xn ]/(x1 − a1 , . . . , xn − an ) ∼ = k definiert. Es sei nun m ⊂ k[x1 , . . . , xn ] ein maximales Ideal, dann ist K := k[x1 , . . . , xn ]/m ein K¨orper. Außerdem ist K eine endlich erzeugte k-Algebra (als Erzeugende k¨onnen die Restklassen xi mod m gew¨ahlt werden). Nach Theorem (1.10) ist K algebraisch u urliche Abbil¨ber k. Da k algebraisch abgeschlossen ist, ist die nat¨ dung π ϕ : k ⊂ k[x1 , . . . , xn ] −→ k[x1 , . . . , xn ]/m = K ein Isomorphismus. Es sei bi := xi mod m ∈ K und ai = ϕ−1 (bi ). Dann ist xi − ai ∈ ker π = m. Also ist (x1 − a1 , . . . , xn − an ) ⊂ m, und da (x1 − a1 , . . . , xn − an ) bereits ein maximales Ideal ist, gilt sogar die Gleichheit (x1 − a1 , . . . , xn − an ) = m.
1.1. DER NULLSTELLENSATZ
23
(i)⇒(ii) Es sei J ⊂ A = k[x1 , . . . , xn ]. Dann gibt es, da k[x1 , . . . , xn ] ein noetherscher Ring ist, ein maximales Ideal m mit J ⊂ m. Nach (i) ist m = I(P ) f¨ ur einen Punkt P ∈ Ank und damit P = V (I(P )) ⊂ V (J). (ii)⇒(iii) Diesen Schritt beweist man meist mit dem Trick“ von Rabinowitsch. ” Wir starten mit einem Ideal J ⊂ k[x1 , . . . , xn ] und einem Element f ∈ I(V (J)). N Wir m¨ ussen zeigen, dass es ein N gibt mit f ∈ J. Dazu f¨ uhren wir eine neue Variable t ein und betrachten das Ideal Jf := (J, f t − 1) ⊂ k[x1 , . . . , xn , t]. Dies macht Sinn f¨ ur jedes Polynom f ∈ k[x1 , . . . , xn ]. Dann gilt V (Jf ) = {Q = (a1 , . . . , an , b) = (P, b) ∈ An+1 ; P ∈ V (J), bf (P ) = 1}. k Dies folgt unmittelbar aus der Definition von Jf . Projektion auf die ersten n Koordinaten identifiziert V (Jf ) also mit jener Teilmenge von V (J) f¨ ur die f (P ) = 0 gilt. Da f ∈ I(V (J)) gew¨ahlt war, ist V (Jf ) = ∅ und nach (ii) folgt, dass Jf = k[x1 , . . . , xn , t] ist, insbesondere ist 1 ∈ Jf , d. h. es gibt eine Relation (1.1) 1= gi fi + g0 (f t − 1) ∈ k[x1 , . . . , xn , t] mit gi , g0 ∈ k[x1 , . . . , xn , t], fi ∈ J. Es sei tN die h¨ochste Potenz von t, die in den Polynomen gi , g0 vorkommt. Durch Multiplizieren mit f N wird (1.1) zu Gi (x1 , . . . , xn , f t)fi + G0 (x1 , . . . , xn , f t)(f t − 1), (1.2) fN = wobei Gi = f N gi als Polynom in x1 , . . . , xn , f t geschrieben wird. Obige Gleichung gilt in k[x1 , . . . , xn , t]. Wir betrachten nun diese Gleichung modulo (f t − 1) und erhalten fN = hi (x1 , . . . , xn )fi ∈ k[x1 , . . . , xn , t]/(f t − 1). Da die nat¨ urliche Abbildung k[x1 , . . . , xn ] −→ k[x1 , . . . , xn , t]/(f t − 1) injektiv ist, folgt dass bereits im Polynomring k[x1 , . . . , xn ] gilt: hi (x1 , . . . , xn )fi ∈ J. fN = Beispiel 1.13. Eine affine Hyperfl¨ache in durch eine Gleichung gegeben ist:
Ank
ist eine algebraische Teilmenge, die
V (f ) = {P ∈ Ank ; f (P ) = 0}
(f ∈ k[x1 , . . . , xn ] \ k). rm Ist die Primzerlegung von f gegeben durch f = f1r1 · · · fm , so ist (f ) = (f1 ·. . .· fm ). Das Ideal (f ) ist genau dann prim, wenn f irreduzibel ist, also m = 1, r1 = 1 gilt. Wir erhalten also folgende Bijektion: {irreduzible Hyperfl¨achen in Ank } ←→ {f ∈ k[x1 , . . . , xn ]; f irreduzibel}/k ∗ . 1:1
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
24
1.1.3 Ergebnisse der kommutativen Algebra. Bevor wir Theorem (1.10) beweisen k¨onnen, ben¨otigen wir noch einige algebraische Vorarbeiten. Dabei werden wir gleichzeitig den Noetherschen Normalisierungssatz beweisen, den wir sp¨ater geometrisch deuten werden. Lemma 1.14. Es seien C ⊂ B ⊂ A Ringe. (i) Ist B eine endliche C-Algebra und A eine endliche B-Algebra, so ist A auch eine endliche C-Algebra. (ii) Ist A eine endliche B-Algebra, so ist A ganz u ¨ber B, d. h. jedes Element x ∈ A erf¨ ullt eine Gleichung der Form xn + bn−1 xn−1 + . . . + b1 x + b0
(bi ∈ B).
(iii) Erf¨ ullt umgekehrt x ∈ A eine Gleichung der obigen Form, so ist B[x] eine endliche B-Algebra. Beweis. (i) Ist B = Cb1 + . . . + Cbm und A = Ba1 + . . . + Ban , so ist A = Ca1 b1 + . . . + Can bm . (iii) Es gilt, dass B[x] = B + Bx + . . . + Bxn−1 . (ii) Dies beweist man mit einem Determinantentrick“. Es sei ” (1.3)
A = Ba1 + . . . + Ban .
Ist x ∈ A, so ist auch xai ∈ A; i = 1, . . . , n. Also gibt es bij ∈ B mit xai =
n
bij aj .
j=1
Dies kann man auch in der Form (1.4)
n
(xδij − bij )aj = 0
j=1
schreiben. Wir betrachten die Matrix M := (xδij − bij )i,j sowie die Determinante Δ := det M ∈ A. F¨ ur den Vektor t a = (a1 , . . . , an ) besagt (1.4) gerade (1.5)
M a = 0.
1.1. DER NULLSTELLENSATZ
25
Ist M adj die Adjunkte zur Matrix M , so folgt aus (1.5) die Beziehung 0 = M adj M a = det M · a. Also ist det M · ai = 0 f¨ ur i = 1, . . . , n und wegen (1.3) gilt insbesondere det M = det M · 1 = 0. Nun ist det M = xn + bn−1 xn−1 + . . . + b1 x + b0 f¨ ur geeignete bi ∈ B und wir haben die gew¨ unschte Gleichung hergeleitet. Wir werden das folgende Lemma verwenden um die Noether-Normalisierung geometrisch zu deuten. Lemma 1.15. (Nakayama-Lemma): Es sei A = 0 eine endliche B-Algebra. Dann gilt f¨ ur jedes maximale Ideal m von B, dass mA = A. Beweis. Wir nehmen an, dass mA = A. Ferner sei A = Ba1 + . . . + Ban . Nach unserer Annahme mA = A haben wir Darstellungen ai = bij aj , bij ∈ m. j
Wie vorhin schließen wir dann, dass Δ = det(δij − bij ) = 0. Entwickeln der Determinante zeigt dann aber, dass 1 ∈ m, ein Widerspruch. F¨ ur den Beweis von Theorem (1.10) ben¨otigen wir das folgende Lemma. Lemma 1.16. Es sei A ein K¨orper und B ⊂ A ein Unterring, so dass A eine endliche B-Algebra ist. Dann ist auch B ein K¨orper. Beweis. Es sei 0 = b ∈ B. Da A ein K¨orper ist, existiert b−1 ∈ A. Wir m¨ ussen zeigen, dass b−1 bereits in B liegt. Nach Lemma (1.14) (ii) gibt es eine Relation b−n + bn−1 b−(n−1) + . . . + b1 b−1 + b0 = 0
mit bi ∈ B.
Multiplizieren mit bn−1 gibt b−1 = −(bn−1 + bn−2 b + . . . + b0 bn−1 ) ∈ B. F¨ ur den Beweis der Noether-Normalisierung ben¨otigen wir ein weiteres Lemma.
26
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
Lemma 1.17. Es sei f = 0 ein Element aus k[x1 , . . . , xn ] mit d = deg f . Dann enth¨alt f¨ ur geeignete α1 , . . . , αn−1 ∈ k das Polynom f (x1 + α1 xn , . . . , xn−1 + αn−1 xn , xn ) einen Term der Form cxdn mit d = deg f und c = 0. Beweis. Es sei d = deg f der Grad von f . Dann haben wir eine Zerlegung f = Fd + G, wobei Fd homogen ist vom Grad d und deg G ≤ d − 1. Dann gilt f (x1 + α1 xn , . . . , xn−1 + αn−1 xn , xn ) = Fd (α1 , . . . , αn−1 , 1)xdn + Terme niederer Ordnung in xn . Nun ist Fd (α1 , . . . , αn−1 , 1) ein von 0 verschiedenes Polynom in α1 , . . . , αn−1 und hat damit eine von An−1 verschiedene Nullstellenmenge. (Dies folgt da k unendk liche viele Elemente besitzt.) Es gen¨ ugt nun α1 , . . . , αn−1 ∈ k so zu w¨ahlen, dass Fd (α1 , . . . αn−1 , 1) = 0 ist. Wir kommen nun zur Noether-Normalisierung, die, wie wir sp¨ater sehen werden, von unabh¨angigem geometrischen Interesse ist. Insbesondere zeigt die geometrische Interpretation der Noether-Normalisierung (siehe 1.1.4), wie die geometrische Idee von Dimension mit der algebraischen Struktur des Koordinatenrings einer Variet¨at zusammenh¨angt (siehe Bemerkung 1.23). Theorem 1.18. (Noether-Normalisierung): Es sei k ein unendlicher K¨orper und A = k[a1 , . . . , an ] eine endlich erzeugte k-Algebra. Dann gibt es ein m ≤ n sowie y1 , . . . , ym ∈ A, so dass: (i) y1 , . . . , ym sind algebraisch unabh¨angig u ullen keine Poly¨ber k, d. h. sie erf¨ nomgleichung mit Koeffizienten in k, (ii) A ist eine endliche k[y1 , . . . , ym ]-Algebra. Bemerkung 1.19. Dass y1 , . . . , ym algebraisch unabh¨angig sind, ist ¨aquivalent dazu, dass die Abbildung des Polynomrings k[t1 , . . . , tm ] in m Variablen u ¨ber k nach k[y1 , . . . , ym ], die durch ti → yi gegeben wird, ein Isomorphismus ist. Beweis. Wir f¨ uhren den Beweis durch Induktion nach n. Es sei k[x1 , . . . , xn ] der Polynomring u ¨ber k in n Variablen. Ferner sei I := ker(k[x1 , . . . , xn ] −→ k[a1 , . . . , an ] = A) der Kern des durch xi → ai gegebenen Homomorphismus. Ist I = 0, k¨onnen wir y1 = a1 , . . . , yn = an und m = n w¨ahlen. Sei nun 0 = f ∈ I. Wir w¨ahlen α1 , . . . , αn−1 ∈ k wie in Lemma 1.17 und setzen ai := ai − αi an und A := k[a1 , . . . , an−1 ] ⊂ A. Dann ist f¨ ur eine Konstante 0 = c ∈ k das Polynom 1 F (xn ) := f (a1 + α1 xn , . . . , an−1 + αn−1 xn , xn ) c
1.1. DER NULLSTELLENSATZ
27
ein monisches Polynom in A [xn ] mit F (an ) = 0, d. h. an ist ganz u ¨ber A . Nach Induktionsannahme gibt es y1 , . . . , ym ∈ A mit folgenden Eigenschaften: (i) y1 , . . . , ym sind algebraisch unabh¨angig u ¨ber k, (ii) A ist eine endliche k[y1 , . . . , ym ]-Algebra. Nach Lemma (1.14) (iii) ist A = A [an ] eine endliche A -Algebra und nach Lemma (1.14) (i) ist A dann auch eine endliche k[y1 , . . . , ym ]-Algebra. Bemerkung 1.20. Analysiert man den Beweis, so sieht man, dass man f¨ ur y1 , . . . , ym allgemeine“ Linearformen in a1 , . . . , an w¨ahlen kann, da die Koordi” natenwechsel aus Lemma 1.17 allgemein“ gew¨ahlt werden k¨onnen. Hiemit ist das ” Folgende gemeint: Die m-Tupel von Linearformen in a1 , . . . , an bilden ebenfalls einen affinen Raum Anm k . Wenn man sagt, ein allgemeines Tupel von Linearformen erf¨ ullt die Eigenschaft, bedeutet dies, dass alle Linearformen außerhalb einer echten Zariski-abgeschlossenen Teilmenge dieses Raumes die Eigenschaft erf¨ ullen. Sie wird also von einer dichten Menge von Linearformen erf¨ ullt. Das Konzept von allgemeinen“ Objekten, also Objekten, die von Punkten einer offenen dichten ” Teilmenge einer Variet¨at parametrisiert werden, tritt in der algebraischen Geometrie h¨aufig auf. Beweis von Theorem 1.10. Es sei nun A = k[a1 , . . . , an ] eine endlich erzeugte k-Algebra, von der wir voraussetzen, dass A ein K¨orper ist. Wir w¨ahlen y1 , . . . , ym wie im Normalisierungssatz und schreiben B = k[y1 , . . . , ym ]. Dann ist B = k[y1 , . . . , ym ] ⊂ A und A ist eine endliche B-Algebra. Nach Lemma (1.16) ist B ein K¨orper. Dies geht aber nur, wenn m = 0 gilt. Damit ist A eine endliche K¨orpererweiterung von k, also algebraisch u ¨ber k. 1.1.4 Geometrische Deutung der Noether-Normalisierung. Es sei X ⊂ Ank eine (der Einfachheit halber) irreduzible Variet¨at, d. h. das Ideal I = I(X) ⊂ k[x1 , . . . , xn ] ist ein Primideal. Wir betrachten dann A = k[x1 , . . . , xn ]/I = k[a1 , . . . , an ]
(ai = xi mod I).
(Wir werden sp¨ater A als den Koordinatenring von X bezeichnen.) Dann seien y1 , . . . , ym allgemeine Linearformen in a1 , . . . an im Sinne der obigen Bemerkung. Fasst man die y1 , . . . , ym als Linearformen in x1 , . . . , xn auf, so definieren diese eine lineare Projektion π = (y1 , . . . , ym ) :
Ank −→ Am k .
Wir setzen p = π|X :
X −→ Am k .
Diese Abbildung ist durch y1 , . . . , ym festgelegt.
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
28
−1 Satz 1.21. F¨ ur jeden Punkt P ∈ Am k ist p (P ) eine nicht-leere endliche Menge.
Beweis. Wir zeigen zun¨achst die Endlichkeitsaussage. F¨ ur i = 1, . . . , n haben wir eine Relation N −1 i aN + . . . + f0i (y1 , . . . , ym ) = 0 i + fN −1 (y1 , . . . , ym )ai
mit Polynomen fki (y1 , . . . , ym ), k = 0, . . . , N − 1. Dies bedeutet, dass N −1 i xN + . . . + f0i (y1 , . . . , ym ) = 0 mod I, i + fN −1 (y1 , . . . , ym )xi
d. h. bei gegebenen Werten (y1 , . . . , ym ), haben wir nur endlich viele L¨osungen (x01 , . . . , x0n ) ∈ X. Um zu zeigen, dass p−1 (P ) stets nicht-leer ist, gen¨ ugt es zu zeigen, dass f¨ ur jeden Punkt P = (b1 , . . . , bm ) (1.6)
IP := I + (y1 − b1 , . . . , ym − bm ) = k[x1 , . . . , xn ]
gilt. Die Behauptung folgt dann aus dem Hilbertschen Nullstellensatz, da π −1 (P ) = V (IP ) = ∅. Die Aussage (1.6) ist ¨aquivalent dazu, dass im Ring A = k[a1 , . . . , an ] gilt, dass (y1 −b1 , . . . ym −bm ) = A. Nun ist (y1 −b1 , . . . , ym −bm ) in k[y1 , . . . , ym ] ein maximales Ideal (vgl. den Hilbertschen Nullstellensatz). Damit k¨onnen wir Lemma (1.15) anwenden, wobei A = k[y1 , . . . , ym ] und B = k[a1 , . . . , an ] ist. Geometrisch ergibt sich folgendes Bild:
Bild 2: Geometrische Deutung der Noether-Normalisierung Beispiel 1.22. Es sei f = x1 x2 +x2 x3 +x3 x1 ∈ k[x1 , x2 , x3 ]. F¨ ur die quadratische Hyperfl¨ache S := V (f ) ⊂ A3k haben wir A = k[x1 , x2 , x3 ]/(f ) und wie oben sei ai = xi mod (f ) f¨ ur i = 1, 2, 3. Da f keinen Term der Form xm alt, m¨ ussen i enth¨
1.1. DER NULLSTELLENSATZ
29
wir einen Koordinatenwechsel durchf¨ uhren. Zum Beispiel sei z = x2 + x1 . Dann ist f = z(x1 + x3 ) − x21 . Nun ist A endlich u ¨ber k[a1 + a2 , a3 ] und die zugeh¨orige Abbildung p ist gegeben durch p:
S −→ A2k (x1 , z, x3 ) −→ (z, x3 ).
Die Faser p−1 (a, b) = {(x, a, b); x2 − ax − ab = 0} besteht aus h¨ochstens zwei Punkten. Man beachte, dass S die Koordinatenachsen enth¨alt, so dass f¨ ur alle 1 ≤ i < j ≤ 3 die Projektion auf die xi -xj -Ebene S −→ A2k (x1 , x2 , x3 ) −→ (xi , xj ) eine unendliche Faser u ¨ber (0, 0) besitzt. Ist allgemeiner (a, b, c) ∈ S, so enth¨alt S die Gerade L := {(λa, λb, λc); λ ∈ k} und die Projektion (x1 , x2 , x3 ) → (bx1 − ax2 , cx1 −ax3 ) bildet L auf (0, 0) ab. Es gibt jedoch eine dichte Menge von Ebenen, so dass die entsprechende Projektion endliche Fasern hat. Bemerkung 1.23. Die Zahl m in der Noether-Normalisierung ist der Transzendenzgrad des Funktionenk¨orpers der k-Algebra A. (Dies wird in Kapitel 3 genauer besprochen) Ist A = k[x1 , . . . , xn ]/I der Koordinatenring einer affinen Variet¨at X, so gibt es nach Satz (1.21) eine surjektive Abbildung auf Am k mit endlichen Fasern. Da Am Dimension m hat, ist es sinnvoll zu erwarten, dass auch X Dimension k m hat. In Kapitel 3 werden wir eine rigorose Definition von Dimension geben und sehen, dass die hier diskutierte intuitive Idee Sinn macht. Wir werden allgemeiner zeigen, dass die Dimension einer affinen Variet¨at gleich dem Transzendenzgrad ihres Funktionenk¨orpers ist (Theorem 3.11). 1.1.5 K¨ orper positiver Charakteristik. F¨ ur sp¨atere Anwendungen versch¨arfen wir noch die Aussage von Theorem (1.11). Das Folgende spielt vor allem im Falle positiver Charakteristik eine Rolle. Die Charakteristik eines K¨orpers k ist bekanntlich die eindeutig bestimmte Primzahl p, f¨ ur die p · 1 = 1 + . . . + 1 = 0 p−mal
gilt, bzw. 0, falls p · 1 = 0 stets. Beispiele f¨ ur K¨orper positiver Charakteristik sind die K¨orper Fp = Z/pZ, bzw. deren algebraische Abschl¨ usse. Der K¨orper C hat die Charakteristik 0. Definition. Ein nicht konstantes irreduzibles Polynom f = an xn + . . . + a1 x + a0 ∈ k[x]
30
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
heißt separabel , falls die formale Ableitung f = nan xn−1 + . . . + a1 = 0. Ansonsten heißt f inseparabel . Ein beliebiges Polynom f heißt separabel, wenn jeder irreduzible Faktor von f separabel ist. Ein irreduzibles Polynom f ∈ k[x1 , . . . , xn ] heißt separabel bez¨ uglich xi , falls die formale Ableitung nach xi nicht 0 ist. ¨ Uber einem K¨orper der Charakteristik 0 ist jedes Polynom separabel. Ein Beispiel f¨ ur ein irreduzibles inseparables Polynom ist durch f (x) = xp − t ∈ Fq (t)[x] gegeben. Ein irreduzibles Polynom ist in Charakteristik p genau dann inseparabel u ¨ber k, wenn es von der Form f (x) = g(xp ) ist. Ist k algebraisch abgeschlossen, so k¨onnen wir dann f (x) = g(xp ) = h(x)p schreiben, wobei h(x) aus g(x) entsteht, in dem wir jeden Koeffizienten durch eine p-te Wurzel ersetzen. Die Behauptung folgt dann aus der in Charakteristik p g¨ ultigen Frobenius-Identit¨at ap + bp = p (a + b) . Definition. Ist K/k eine K¨orpererweiterung und x ∈ K algebraisch, so heißt x separabel (bzw. inseparabel ) u ¨ber k, falls das Minimalpolynom von x u ¨ber k separabel (bzw. inseparabel) ist. Eine algebraische K¨orpererweiterung K/k heißt separabel , falls jedes Element separabel u ¨ber k ist. Wir k¨onnen nun den Satz u ¨ber die Noether-Normalisierung etwas versch¨arfen. Hierzu setzen wir voraus, dass der Ring A = k[a1 , . . . , an ] ein Integrit¨atsring ist. Dies ist ¨aquivalent dazu, dass das Ideal I = ker(π : k[x1 , . . . , xn ] −→ k[a1 , . . . , an ]) wobei π durch π(xi ) = ai definiert ist, ein Primideal ist. Dies impliziert insbesondere, dass I zumindest ein irreduzibles Element f = 0 enth¨alt, sofern nicht I = 0. Satz 1.24. Es sei k ein algebraisch abgeschlossener K¨orper. Ferner sei A = k[a1 , . . . , an ] ein Integrit¨atsring. Dann gibt es y1 , . . . , ym ∈ A, so dass die Aussagen (i) und (ii) von Theorem (1.18) gelten, und dass zus¨atzlich f¨ ur den Quotientenk¨orper K von A gilt: (iii) K/k(y1 , . . . , ym ) ist eine separable K¨orpererweiterung. Beweis. Da in Charakteristik 0 jede algebraische K¨orpererweiterung separabel ist, k¨onnen wir annehmen, dass die Charakteristik p von K positiv ist. Ist I = 0, so ist nichts zu beweisen. Ansonsten w¨ahlen wir ein irreduzibles Element f ∈ I. Dann behaupten wir, dass f bez¨ uglich wenigstens einer Variablen xi separabel p ist. Ansonsten ist f ∈ k[x1 , . . . , xi , . . . , xn ] f¨ ur alle i, also f = g(xp1 , . . . , xpn ) = h(x1 , . . . , xn )p
1.1. DER NULLSTELLENSATZ
31
f¨ ur geeignete Polynome g, h. Dies widerspricht aber der Irreduzibilit¨at von f . Wir k¨onnen also annehmen, dass f etwa bez¨ uglich xn separabel ist. Genau wie zuvor liefert dann f (a1 + α1 an , . . . , an−1 + αn−1 an , an ) = 0 ur allgemeieine monomiale, separable Gleichung f¨ u r an u ¨ber A = k[a1 , . . . , an−1 ] f¨ ne Wahl von α1 , . . . , αn−1 . Dann kann man wieder induktiv argumentieren, wobei man noch verwenden muss, dass die Zusammensetzung separabler K¨orpererweiterungen wieder eine separable K¨orpererweiterung ist. 1.1.6 Reduktion auf den Fall einer Hyperfl¨ ache. Wir schließen den Abschnitt mit einer weiteren Folgerung der Noether-Normalisierung ab, die auf dem folgenden Resultat basiert. Theorem 1.25. (Satz vom primitiven Element): Es sei K ein K¨orper mit unendlich vielen Elementen, und L ⊃ K sei eine endliche separable K¨orpererweiterung. Dann gibt es ein Element x ∈ L mit L = K(x). Gilt zudem, dass L u ¨ber K durch Elemente z , . . . , z erzeugt wird, so kann man x als Linearkombination 1 n x= αi zi w¨ahlen. Beweis. Es sei K ⊂ M der normale Abschluss von L u ¨ber K. Dann ist K ⊂ M eine endliche Galois-Erweiterung. Nach dem Fundamentalsatz der Galoistheorie existieren dann nur endlich viele Zwischenk¨orper zwischen K und M . Die Zwischenk¨orper {Kj } zwischen K und L bilden endlich viele K-Untervektorr¨aume von L. Falls K unendlich viele Elemente hat, gibt es ein x ∈ L, das nicht in der Vereinigung der Ki liegt. Dann gilt L = K(x). Sind nun z1 , . . . , zn gegeben, so dass diese nicht alle zu einem Ki geh¨oren (d. h. sie erzeugen L), so kann man x = αi zi w¨ahlen. Korollar 1.26. Die Voraussetzungen seien wie in Satz (1.24). Dann kann man Elemente y1 , . . . , ym+1 so w¨ahlen, dass y1 , . . . , ym die Eigenschaften (i)-(iii) erf¨ ullen und dass der Quotientenk¨orper K von A durch y1 , . . . , ym+1 erzeugt wird. Beweis. Nach Satz (1.24) k¨onnen wir annehmen, dass K eine separable K¨orpererweiterung von k(y1 , . . . , ym ) ist. Ist A = k[a1 , . . . , an ], so erzeugen die ai den K¨orper K als K¨orpererweiterung u ¨ber k(y1 , . . . , ym ). Wir k¨onnen dann ym+1 als Linearkombination der ai mit Koeffizienten in k(y1 , . . . , ym ) w¨ahlen. Nach Multiplizieren mit dem Hauptnenner kann man ym+1 als Linearkombination der ai mit Koeffizienten in k[y1 , . . . , ym ], also als Element in A w¨ahlen. Wir haben also gesehen, dass wir die K¨orpererweiterung K ⊃ k wie folgt zerlegen k¨onnen k ⊂ K0 = k(y1 , . . . , ym ) ⊂ K = K0 (ym+1 ).
32
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
Dabei ist die erste K¨orpererweiterung rein transzendent, w¨ahrend die zweite K¨orpererweiterung primitiv, d. h. durch ein Element erzeugt, ist. Also ist K = k(y1 , . . . , ym+1 ), wobei es nur eine algebraische Relation zwischen den yi gibt. Wir werden sp¨ater sehen, dass dies die folgende geometrische Bedeutung hat: Jede irreduzible Variet¨at ist fast“ zu einer Hyperfl¨ache isomorph (siehe ” Satz 2.25).
1.2
Polynomiale Funktionen und Abbildungen
1.2.1 Der Koordinatenring einer Variet¨ at. In diesem gesamten Abschnitt bezeichnet V eine affine Variet¨at in Ank . Definition. Eine Polynomfunktion auf V ist eine Abbildung f : V → k, so dass es ein Polynom F ∈ k[x1 , . . . , xn ] gibt mit f (P ) = F (P ) f¨ ur alle P ∈ V . Das Polynom F ist nicht eindeutig bestimmt, ist n¨amlich G ein weiteres Polynom mit F − G ∈ I(V ), so ist F |V = G|V . Andererseits impliziert F |V = G|V , dass F − G ∈ I(V ). Dies f¨ uhrt auf die folgende Definition. Definition. Der Koordinatenring von V ist definiert durch k[V ] := k[x1 , . . . , xn ]/I(V ). Wir haben dann die folgende Identifikation: k[V ] = {f ; f : V −→ k ist eine Polynomfunktion}. Die Bezeichnung Koordinatenring kommt daher, dass die Koordinatenfunktionen x1 , . . . , xn den Ring k[V ] erzeugen. Aus Satz (1.6) ergibt sich sofort V ist irreduzibel ⇔ k[V ] ist ein Integrit¨atsring. ur V dieselbe Rolle Ist V = Ank , so ist k[V ] = k[x1 , . . . , xn ]. Der Ring k[V ] spielt f¨ wie der Polynomring k[x1 , . . . xn ] f¨ ur Ank . Insbesondere kann man die abgeschlossenen Mengen W , die in V enthalten sind, mit den Idealen in k[V ] in Verbindung bringen. Die Projektion π : k[x1 , . . . , xn ] → k[V ] = k[x1 , . . . , xn ]/I(V ) definiert durch J → J/I(V ) eine Bijektion: {Ideale J ⊂ k[x1 , . . . , xn ]; J ⊃ I(V )} ←→ {Ideale J ⊂ k[V ]}. 1:1
(Die Umkehrabbildung ist durch J → π −1 (J ) gegeben.) Bei dieser Korrespondenz entsprechen Radikalideale, Primideale und maximale Ideale einander. Wir
1.2. POLYNOMIALE FUNKTIONEN UND ABBILDUNGEN
33
erhalten damit wie in Korollar (1.12) die folgenden Korrespondenzen 1:1
{Radikalideale J ⊂ k[V ]} ←→ {abgeschlossene Mengen W ⊂ V } ∪ ∪ 1:1 {Primideale J ⊂ k[V ]} ←→ {irreduzible Mengen W ⊂ V } ∪ ∪ 1:1 {maximale Ideale J ⊂ k[V ]} ←→ {Punkte P ∈ V }. Die abgeschlossenen Teilmengen in V definieren eine Topologie auf V . Dies ist genau die von der Zariski-Topologie auf Ank induzierte Topologie. Wir besprechen nun eine weitere wichtige Eigenschaft von Koordinatenringen. Definition. Eine Algebra A heißt reduziert, falls A keine nilpotenten Elemente enth¨alt, d. h., wenn xn = 0 f¨ ur ein x ∈ A und ein n ≥ 1, dann ist bereits x = 0. Die Algebra k[x1 , . . . , xn ]/I ist genau dann reduziert, wenn I ein Radikalideal ist. Da f¨ ur eine Variet¨at V das Ideal von V stets ein Radikalideal ist, ist der Koordinatenring reduziert. Nach Konstruktion ist der Koordinatenring k[V ] einer affinen Variet¨at eine endlich erzeugte k-Algebra. Diese Eigenschaften charakterisieren Koordinatenringe in dem Sinn, dass man f¨ ur eine gegebene endlich erzeugte reduzierte k-Algebra A wie folgt eine zugeh¨orige algebraische Variet¨at konstruieren kann. Wenn wir Erzeugende a1 , . . . , an w¨ahlen, so k¨onnen wir A = k[a1 , . . . , an ] schreiben, und wir haben einen surjektiven Homomorphismus π:
k[x1 , . . . , kn ] −→ A = k[a1 , . . . , an ] xi −→ ai .
Es sei I = ker(π). Dann ist V = V (I) eine Variet¨at, die genau dann irreduzibel ist, wenn A ein Integrit¨atsring ist (Satz 1.6). Da A reduziert ist, ist I ein Radikalideal, also I(V ) = I und damit nach Konstruktion A = k[V ]. Beispiel 1.27. Wir betrachten nun zwei Beispiele f¨ ur Koordinatenringe, auf die wir sp¨ater zur¨ uckkommen werden. F¨ ur die gew¨ohnliche Parabel C0 = {(x, y) ∈ A2k ; y − x2 = 0} gilt
k[C0 ] = k[x, y]/(y − x2 ) ∼ = k[x] ∼ = k[A1k ].
F¨ ur die Neilsche Parabel erhalten wir C1 = {(x, y) ∈ A2k ; y 2 − x3 = 0} und damit k[C1 ] = k[x, y]/(y 2 − x3 ). Man beachte, dass k[C1 ] kein ZPE-Ring ist. Als Mengen sind C0 und C1 bijektiv zu A1k , da man beide Kurven rational ein-eindeutig parametrisieren kann (durch t → (t, t2 ) bzw. t → (t2 , t3 )), als algebraische Mengen verhalten sie sich jedoch unterschiedlich.
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
34
1.2.2 Polynomiale Abbildungen. Wir betrachten nun Abbildungen zwischen algebraischen Mengen. Es seien V ⊂ Ank , W ⊂ Am k abgeschlossene Mengen und xi f¨ ur 1 ≤ i ≤ n und yj f¨ ur 1 ≤ j ≤ m die Koordinatenfunktionen von Ank bzw. Am k . Definition. Eine Abbildung f : V → W heißt eine polynomiale Abbildung, falls es Polynome F1 , . . . , Fm ∈ k[x1 , . . . , xn ] gibt, so dass f (P ) = (F1 (P ), . . . , Fm (P )) ∈ W ⊂ Am k f¨ ur alle Punkte P ∈ V . Lemma 1.28. Eine Abbildung f : V → W ist genau dann eine polynomiale Abbildung, wenn f¨ ur alle j = 1, . . . , m gilt, dass fj := yj ◦ f ∈ k[V ]. Beweis. Die Hintereinanderschaltung von f mit yj liefert uns die Projektion auf die j-te Koordinate: f - W ⊂ Am V k @
yj @ fj @ R ? @ A1k
Ist f polynomial, so gilt f¨ ur fj = yj ◦f , dass fj (P ) = Fj (P ) mit Fj ∈ k[x1 , . . . , xn ]. Damit ist fj polynomial, also fj ∈ k[V ]. ur jedes j, so gibt es Polynome F1 , . . . , Fm Ist andererseits fj = yj ◦ f polynomial f¨ mit f (P ) = (F1 (P ), . . . , Fm (P )) f¨ ur alle P ∈ V . Wir k¨onnen also jede polynomiale Abbildung f : V → W in der Form f = (f1 , . . . , fm ) mit f1 , . . . , fm ∈ k[V ] schreiben. Lemma 1.29. Eine polynomiale Abbildung f : V → W ist stetig in der ZariskiTopologie. Beweis. Wir m¨ ussen Folgendes zeigen: Ist Z ⊂ W abgeschlossen, dann auch −1 f (Z). Ist Z = {h1 = . . . = hr = 0}, so ist f −1 (Z) = {h1 ◦ f = . . . = hr ◦ f = 0}, also ebenfalls abgeschlossen. Beispiel 1.30. Die Abbildung von A1k in die Parabel f : A1k −→ C0 t −→ (t, t2 ) ist eine polynomiale Abbildung. Die Abbildung ist bijektiv. Ebenso ist die Abbildung g : A1k −→ C1 t −→ (t2 , t3 ) polynomial und bijektiv.
1.2. POLYNOMIALE FUNKTIONEN UND ABBILDUNGEN
35
Beispiel 1.31. Polynomiale Abbildungen spielten schon bei der NoetherNormalisierung eine Rolle. F¨ ur jede Wahl von Linearformen y1 , . . . , ym in den Variablen x1 , . . . , xn ist f = (y1 , . . . , ym ) :
Ank −→ Am k
eine polynomiale Abbildung. Wir hatten gesehen, dass es f¨ ur jede irreduzible Variet¨at V ein m gibt, so dass f¨ ur allgemeine Wahl von y1 , . . . , ym die Abbildung p = f |V surjektiv ist und endliche Fasern besitzt. l Sind V ⊂ Ank , W ⊂ Am k und X ⊂ Ak algebraische Mengen, und sind f : V → W, g : W → X polynomiale Abbildungen, dann ist auch g ◦ f : V → X eine polynomiale Abbildung. Dies folgt sofort daraus, dass das Einsetzen von Polynomen in Polynome wieder Polynome ergibt.
Es sei nun f : V → W eine polynomiale Abbildung. F¨ ur g ∈ k[W ] setzen wir f ∗ (g) = g ◦ f . Da g eine polynomiale Funktion ist, ist auch g ◦ f eine polynomiale Funktion. Dies zeigt, dass wir eine Abbildung f ∗ : k[W ] −→ k[V ] g −→ f ∗ (g) = g ◦ f haben. Die Abbildung f ∗ ist ein Ringhomomorphismus, da f ∗ (g1 + g2 ) = (g1 + g2 ) ◦ f = g1 ◦ f + g2 ◦ f = f ∗ (g1 ) + f ∗ (g2 ), f ∗ (g1 · g2 ) = (g1 · g2 ) ◦ f = (g1 ◦ f ) · (g2 ◦ f ) = f ∗ (g1 ) · f ∗ (g2 ) gilt. F¨ ur jede Konstante c ∈ k ist f ∗ (c) = c. Die Abbildung f ∗ ist also auch ein k-Algebrahomomorphismus. Sind nun f : V → W , g : W → X polynomiale Abbildungen, so gilt (g ◦ f )∗ = f ∗ ◦ g ∗ : k[X] −→ k[V ]. Dies folgt unmittelbar, da f¨ ur h ∈ k[X] gilt (g ◦ f )∗ (h) = h ◦ (g ◦ f ) = (h ◦ g) ◦ f = g ∗ (h) ◦ f = f ∗ (g ∗ (h)). Wir haben nun insbesondere gesehen, dass jede polynomiale Abbildung f : V → W einen k-Algebrahomomorphismus f ∗ : k[W ] → k[V ] definiert. Der n¨achste Satz besagt, dass auch die Umkehrung gilt. Satz 1.32. Ist ϕ : k[W ] → k[V ] ein Homomorphismus von k-Algebren, so gibt es genau eine polynomiale Abbildung f : V → W mit ϕ = f ∗ .
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
36
Beweis. Es sei W ⊂ Am k und y1 , . . . , ym seien die Koordinatenfunktionen. Dann ist k[W ] = k[y1 , . . . , ym ]/I(W ) = k[¯ y1 , . . . , y¯m ]. Wir setzen fi := ϕ(¯ yi ) ∈ k[V ] f¨ ur i = 1, . . . , m. Dann ist f = (f1 , . . . , fm ) : V −→ Am k eine polynomiale Abbildung (vgl. Lemma (1.28)). Wir behaupten zun¨achst, dass f (V ) ⊂ W . Sei dazu G = G(y1 , . . . ym ) ∈ I(W ). Also ist G(¯ y1 , . . . , y¯m ) = 0. Damit folgt, dass y1 ), . . . , ϕ(¯ ym )) = G(f1 , . . . , fm ). k[V ] 0 = ϕG(¯ y1 , . . . , y¯m ) = G(ϕ(¯ Dies zeigt die Behauptung. Als n¨achstes m¨ ussen wir zeigen, dass ϕ = f ∗ gilt. Die Elemente y¯1 , . . . , y¯m erzeugen die k-Algebra k[W ]. Also gen¨ ugt es zu zeigen, dass ∗ ϕ(¯ yi ) = f (¯ yi ) = fi gilt. Aber dies ist genau die Definition der fi . Gleichzeitig liefert dieses Argument die Eindeutigkeit von f = (f1 , . . . , fm ). Damit erhalten wir sofort das Korollar 1.33. Es gibt eine Bijektion 1:1
{f ; f : V → W pol. Abb.} ←→ {ϕ; ϕ : k[W ] −→ k[V ] k-Alg.homom.} f −→ f ∗ . Definition. Eine polynomiale Abbildung f : V → W ist ein Isomorphismus, falls es eine polynomiale Abbildung g : W → V gibt mit f ◦ g = idW , g ◦ f = idV . Korollar 1.34. Eine polynomiale Abbildung f : V → W ist genau dann ein Isomorphismus von Variet¨aten, wenn f ∗ : k[W ] → k[V ] ein Isomorphismus von k-Algebren ist. Beispiel 1.35. Es sei A = (αij ) eine invertierbare (n×n)-Matrix. Dann definieren die Linearformen n αij xj yi = j=1
einen Isomorphismus f = (y1 , . . . , yn ) : Ank −→ Ank . Beispiel 1.36. Wir betrachten die Parabel C0 = {y − x2 = 0} in A2k und die Parametrisierung f : A1k −→ C0 f (t) −→ (t, t2 ).
1.2. POLYNOMIALE FUNKTIONEN UND ABBILDUNGEN
37
Die Projektion p : A2k → A1k auf die erste Koordinate liefert durch Einschr¨ankung auf C0 eine Umkehrabbildung g:
C0 −→ A1k (x, y) −→ x.
Also ist f ein Isomorphismus. Wir k¨onnen dies auch an der Abbildung f ∗ : k[C0 ] → k[A1k ] feststellen, da f ∗ : k[C0 ] ∼ = k[x] −→ k[A1k ] = k[t] x −→ t ein Isomorphismus ist. Beispiel 1.37. Anders verh¨alt es sich mit der Neilschen Parabel C1 = {(x, y); y 2 = x3 }. Zwar ist die Abbildung f : A1k −→ C1 t −→ (t2 , t3 ) bijektiv. Das Bild f ∗ (k[C1 ]) ⊂ k[A1k ] = k[t] wird durch f ∗ (x) = t2 und f ∗ (y) = t3 erzeugt. Also ist f ∗ (k[C1 ]) k[t] und damit kann f kein Isomorphismus sein. Die Umkehrabbildung g:
C1 → A1k y/x falls (x, y) = (0, 0) g(x, y) = 0 falls (x, y) = (0, 0)
ist keine polynomiale Abbildung.
1.2.3 Grundlagen der Kategorientheorie. Wir wollen nun die oben diskutierten Zusammenh¨ange in der Sprache der Kategorien formulieren. F¨ ur eine ausf¨ uhrlichere Einf¨ uhrung in die Kategorientheorie verweisen wir auf [B]. Definition. Eine Kategorie C besteht aus (1) einer Klasse von Objekten A, B, . . . ∈ Ob C, (2) einer Familie von Mengen MorC (A, B) f¨ ur je zwei Objekte A, B ∈ Ob C. Die Elemente dieser Menge werden Morphismen genannt. (3) Abbildungen MorC (A, B) × MorC (B, C) −→ MorC (A, C) (f, g) −→ g ◦ f,
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
38 so dass Folgendes gilt:
(a) ◦ ist assoziativ, d. h. (g ◦ f ) ◦ h = g ◦ (f ◦ h), (b) f¨ ur jedes Objekt A ∈ Ob C gibt es einen Morphismus idA ∈ MorC (A, A), genannt die Identit¨at auf A, mit f ◦ idA = f,
idA ◦ g = g
(f ∈ MorC (A, B), g ∈ MorC (B, A)).
Beispiele. (1) Die Kategorie der Mengen und Abbildungen. (2) Die Kategorie der topologischen R¨aume und stetigen Abbildungen. (3) Die Kategorie der Gruppen und Gruppenhomomorphismen. Definition. Es seien C, D Kategorien. Ein kovarianter (kontravarianter) Funktor F : C → D besteht aus: (1) einer Abbildung F : Ob C → Ob D (2) Abbildungen MorC (A, B) −→ MorD (F (A), F (B)) (bzw. MorD (F (B), F (A))) mit folgenden Eigenschaften (a) F (idA ) = idF (A) (b) F (f ◦ g) = F (f ) ◦ F (g) (bzw. F (f ◦ g) = F (g) ◦ F (f )). Beispiel 1.38. Auf jeder Kategorie C existiert der Funktor idC , der jeweils durch die Identit¨at gegeben wird. Beispiel 1.39. Man hat vergessliche“ Funktoren wie ” F : {Gruppen, Homomorphismen} −→ {Mengen, Abbildungen}. Beispiel 1.40. Wir haben oben den folgenden Funktor diskutiert ⎧ endlich erzeugte ⎪ ⎪ ⎨ reduzierte k-Algebren, F : {Variet¨aten, polynomiale Abb.} −→ Homomorphismen von ⎪ ⎪ ⎩ k-Algebren V − → k[V ] (f : V → W ) − → (f ∗ : k[W ] → k[V ]). Dies ist ein kontravarianter Funktor.
⎫ ⎪ ⎪ ⎬ ⎪ ⎪ ⎭
1.2. POLYNOMIALE FUNKTIONEN UND ABBILDUNGEN
39
Um eine genauere Beschreibung der Eigenschaften dieses Funktors anzugeben, f¨ uhren wir weitere Begriffe ein. Definition. (i) Sind F, G : C → D zwei kovariante (bzw. kontravariante) Funktoren, so ist ein funktorieller Morphismus ϕ : F → G eine Familie von Morphismen {ϕ(A) : F (A) → G(A)} f¨ ur alle Objekte A ∈ Ob C, so dass f¨ ur alle Morphismen f : A → B mit A, B ∈ Ob C gilt, dass im kovarianten Fall das Diagramm ϕ(A)
F (A) −−−→ G(A) ⏐ ⏐ ⏐ ⏐G(f ) F (f ) ϕ(B)
F (B) −−−→ G(B) kommutiert, w¨ahrend im kontravarianten Fall das Diagramm ϕ(B)
F (B) −−−→ G(B) ⏐ ⏐ ⏐ ⏐G(f ) F (f ) ϕ(A)
F (A) −−−→ G(A) kommutiert. (ii) Der funktorielle Morphismus ϕ definiert einen funktoriellen Isomorphismus ϕ:F ∼ = G, falls es einen funktoriellen Morphismus ψ : G → F gibt mit ψ◦ϕ = idF und ϕ ◦ ψ = idG . ¨ Definition. Man sagt, dass ein Funktor F : C → D eine Aquivalenz von Kategorien definiert, falls es einen Funktor G : D → C gibt, mit G ◦ F ∼ = idC und F ◦G∼ = idD . Satz 1.41. Die Zuordnung V → k[V ], (f : V → W ) → (f ∗ : k[W ] → k[V ]) ¨ definiert eine kontravariante Aquivalenz von Kategorien: ⎫ ⎧ ⎨ Kategorie der endlich ⎬ erzeugten reduzierten {Kategorie der affinen Variet¨aten} ←→ ⎭ ⎩ k-Algebren bzw.
Kategorie der affinen irreduziblen Variet¨aten
⎫ ⎧ ⎨ Kategorie der endlich ⎬ erzeugten k-Algebren, . ←→ ⎭ ⎩ die Integrit¨atsringe sind
Beweis. Man erh¨alt einen Funktor G in die andere Richtung wie folgt. ist A eine endlich erzeugte k-Algebra, so w¨ahle man Erzeugende a1 , . . . , an von A und betrachte den Homomorphismus π : k[x1 , . . . , xn ] → A = k[a1 , . . . , an ],
40
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
der durch π(xi ) = ai gegeben wird. Das Ideal I = ker π definiert eine Variet¨at V . Diese Variet¨at ist genau dann irreduzibel, wenn I(V ) ein Primideal ist, d. h. wenn A ein Integrit¨atsring ist. Jeder Homomorphismus ϕ : A → B liefert nach Satz (1.32) einen Morphismus f : W → V . Aus unseren obigen Aussagen folgt, ¨ dass die beschriebenen Funktoren eine Aquivalenz von Kategorien liefern. 1.2.4 Produkte zweier Variet¨ aten. Ein kategorisches Produkt ist ausschließlich durch die Existenz bestimmter Morphismen in der betrachteten Kategorie definiert. Wenn man im Fall der Kategorie der affinen Variet¨aten sagt, dass V × W das kategorische Produkt der Variet¨aten V und W ist, so bedeutet dies das folgende: V × W ist eine affine Variet¨at und es gibt polynomiale Abbildungen pV : V × W → V und pW : V × W → W (die Projektionsabbildungen), so dass f¨ ur jede affine Variet¨at Z und alle polynomialen Abbildungen f : Z → V und g : Z → W eine eindeutige polynomiale Abbildung h : Z → V × W existiert, so dass das folgende Diagramm kommutiert:
Z
S
hS g f ? V ×W S QS Sw / pWQQ + pV sS V W
Tats¨achlich ist f¨ ur affine Variet¨aten V, W das kategorische Produkt von V und W durch das mengentheoretische Produkt V × W gegeben: Im obigen Diagramm seien V × W das mengentheoretische Produkt, pV , pW die Einschr¨ankungen der Projektionen der jeweiligen affinen R¨aume und h = (f, g). Es bleibt lediglich zu zeigen, dass das mengentheoretische Produkt V × W wirklich eine affine Variet¨at ist. Satz 1.42. Sind V ⊂ Ank und W ⊂ Am aten, so gilt: k Variet¨ n+m (i) V × W ⊂ Ank × Am ist eine Variet¨at, k = Ak
(ii) sind V und W irreduzibel, dann ist auch V × W irreduzibel. Beweis. (i) Sind f1 , . . . , fl ∈ k[x1 , . . . , xn ] und g1 , . . . , gr ∈ k[y1 , . . . , ym ] Polynome mit V = {f1 = . . . = fl = 0} und W = {g1 = . . . = gr = 0}, so ist V × W = {f1 = . . . fl = g1 = . . . = gr = 0}.
1.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND ABBILDUNGEN
41
(ii) Zun¨achst stellen wir fest, dass f¨ ur jedes w ∈ W die Projektion auf den ersten Faktor einen Isomorphismus von V × {w} mit V definiert. Ebenso ist {v} × W isomorph zu W . Wir betrachten nun eine Zerlegung V × W = Z1 ∪ Z2 . Dies induziert eine Zerlegung V × {w} = (V × {w} ∩ Z1 ) ∪ (V × {w} ∩ Z2 ). Da V × {w} isomorph zu V und damit irreduzibel ist, gilt entweder V × {w} ∩ Z1 = V × {w} oder V × {w} ∩ Z2 = V × {w}, d. h. V × {w} ⊂ Z1 oder V × {w} ⊂ Z2 . Wir definieren nun Wi := {w ∈ W ; V × {w} ⊂ Zi }
(i = 1, 2).
Dann ist W1 ∪ W2 = W . Falls wir zeigen k¨onnen, dass die Wi abgeschlossen sind, folgt aus der Irreduzibilit¨at von W , dass W1 = W oder W2 = W . Im ersten Fall ist V × W = Z1 , im zweiten Fall ist V × W = Z2 . F¨ ur jeden Punkt v ∈ V betrachten wir nun die Mengen Wiv := {w ∈ W ; (v, w) ∈ Zi }
(i = 1, 2).
Dann ist Wiv abgeschlossen, da {v} × Wiv = ({v} × W ) ∩ Zi . Da Wi =
Wiv
v∈V
gilt, sind auch die Mengen Wi abgeschlossen. Bemerkung 1.43. Man beachte, dass die Zariski-Topologie auf V × W nicht die Produkttopologie ist.
1.3
Rationale Funktionen und Abbildungen
Wir nehmen nun an, dass V eine irreduzible Variet¨at ist. Dann ist der Koordinatenring k[V ] ein Integrit¨atsring und besitzt also einen Quotientenk¨orper. Definition. Der Funktionenk¨orper von V ist der Quotientenk¨orper k(V ) = Quot(k[V ]). Die Elemente f ∈ k(V ) heißen rationale Funktionen auf V. Jede rationale Funktion besitzt also eine Darstellung f = g/h mit g, h ∈ k[V ]. Da im Allgemeinen k[V ] kein ZPE-Ring ist, ist eine solche Darstellung nicht eindeutig. Wir k¨onnen f nur dann als Funktion mit wohldefiniertem Funktionswert in einem Punkt P auffassen, wenn es eine Darstellung f = g/h mit h(P ) = 0 gibt. Definition. Es sei f ∈ k(V ) und P ∈ V . Die rationale Funktion f heißt regul¨ar im Punkt P , bzw. man sagt, dass P im Definitionsbereich von f liegt, falls es eine Darstellung f = g/h gibt mit h(P ) = 0. Der Definitionsbereich von f ist die Menge dom(f ) := {P ∈ V ; f ist regul¨ar in P }.
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
42
(Die Notation dom(f ) kommt dabei von dem Wort domain“.) ” Definition. F¨ ur jede polynomiale Funktion h ∈ k[V ] setzen wir Vh := {P ∈ V ; h(P ) = 0}. Offensichtlich ist Vh eine offene Teilmenge von V . Theorem 1.44. F¨ ur jede rationale Funktion f ∈ k(V ) gilt: (i) dom(f ) ist offen und dicht in V (ii) dom(f ) = V ⇔ f ∈ k[V ] (iii) dom(f ) ⊃ Vh ⇔ f ∈ k[V ][h−1 ]. Beweis. (i) F¨ ur f ∈ k(V ) definieren wir Df := {h ∈ k[V ]; f h ∈ k[V ]} ⊂ k[V ]. Dann ist Df ein Ideal, das Ideal der Nenner von f . Nach der Definition von Df gilt Df = {h ∈ k[V ]; es gibt eine Darstellung f = g/h} ∪ {0}. Dann ist V \ dom(f ) = {P ∈ V ; h(P ) = 0 f¨ ur alle h ∈ Df } = V (Df ). Also ist dom(f ) offen. Da dom(f ) offensichtlich nicht-leer ist, ist dom(f ) auch dicht in V (Lemma (1.8) (iii)). (ii) Es ist dom(f ) = V genau dann, wenn V (Df ) = ∅. Nach dem Hilbertschen Nullstellensatz ist dies ¨aquivalent dazu, dass 1 ∈ Df , d. h. also f ∈ k[V ] ist. (iii) Es gilt dom(f ) ⊃ Vh genau dann, wenn h auf V (Df ) verschwindet. Wiederum nach dem Hilbertschen Nullstellensatz ist dies ¨aquivalent dazu, dass hn ∈ Df f¨ ur ein n ≥ 1, also dazu, dass f = g/hn ∈ k[V ][h−1 ]. Das obige Theorem besagt also insbesondere, dass die polynomialen Funktionen genau die rationalen Funktionen sind, die u ¨berall regul¨ar sind. Wir werden daher in Zukunft auch von den regul¨aren Funktionen sprechen. Definition. Der lokale Ring von V im Punkt P ist der Ring OV,P := {f ∈ k(V ); f ist regul¨ar in P }.
1.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND ABBILDUNGEN
43
Dann ist OV,P ⊂ k(V ) und wir haben die Beschreibung OV,P = k[V ]{h−1 ; h(P ) = 0}. Der Ring OV,P ist tats¨achlich ein lokaler Ring, d. h. besitzt genau ein maximales Ideal, n¨amlich
f ∈ k(V ); f, g ∈ k[V ], f (P ) = 0, g(P ) = 0 . mP := g
1.3.1 Lokalisierung von Ringen. Nachdem wir den lokalen Ring OV,P definiert haben, der im Folgenden eine wichtige Rolle spielen wird, ist es an dieser Stelle sinnvoll, den Begriff der Lokalisierung einzuf¨ uhren. Dies ist eine Methode, aus beliebigen Ringe lokale Ringe zu erzeugen. Wie stets sei R ein kommutativer Ring mit 1. Definition. Ein multiplikativ abgeschlossenes System in R ist eine Teilmenge S ⊂ R∗ = R\{0} mit folgenden Eigenschaften: (i) a, b ∈ S ⇒ ab ∈ S (ii) 1 ∈ S. Beispiel 1.45. Ein Ring R ist genau dann ein Integrit¨atsring, wenn R∗ = R\{0} multiplikativ abgeschlossen ist. Beispiel 1.46. Ein Ideal p = R ist genau dann ein Primideal, wenn R\p ein multiplikativ abgeschlossenes System ist. Wir wollen nun in dem Ring R Elemente aus S im Nenner zulassen“. Dies ” verallgemeinert die Konstruktion des Quotientenk¨orpers eines Integrit¨atsrings. ¨ Auf dem Produkt R × S f¨ uhren wir die folgende Aquivalenzrelation ein: (r , s ) ∼ (r , s ) :⇔ es gibt ein s ∈ S mit s(r s − r s ) = 0. ¨ Die Menge der Aquivalenzklassen wird mit RS := R × S/ ∼ ¨ bezeichnet. F¨ ur die durch (r, s) definierte Aquivalenzklasse verwenden wir die Schreibweise r/s. uhren wir wie folgt eine Addition sowie eine Multiplikation ein Auf RS f¨ rs + r s r r + := ; s s ss
r r rr · := . s s ss
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
44
Man rechnet sofort nach, dass diese Operationen wohldefiniert sind. Damit wird urliche AbbilRS zu einem kommutativen Ring mit Einselement 1 = 11 . Die nat¨ dung R −→ RS r r −→ 1 ist ein Ringhomomorphismus. Definition. Der Ring RS heißt die Lokalisierung von R nach dem multiplikativen System S. Beispiel 1.47. Es sei R ein Integrit¨atsring und S = R∗ = R\{0}. Dann ist RS = Quot(R) und R → RS ist eine Inklusion. Beispiel 1.48. Es sei p ⊂ R ein Primideal, S = R\p. Man schreibt oft Rp := RS und bezeichnet Rp als die Lokalisierung von R nach p. In der Tat ist Rp ein lokaler Ring, besitzt also genau ein maximales Ideal. Dies ist p ; p ∈ p, s ∈ S ⊂ Rp. mp := s Dann ist mp Rp ein Ideal. Jedes Element, welches nicht in mp ist, ist von der Form ss mit s ∈ S, besitzt also ein Inverses ss und ist damit eine Einheit. Beispiel 1.49. Es sei R ein Integrit¨atsring, 0 = f ∈ R und S = {f n ; n ≥ 0}. Man schreibt Rf := RS . Da R ein Integrit¨atsring ist, ist die Abbildung R → Rf , r → man erh¨alt Rf = R[f −1 ] ⊂ Quot(R).
r 1
eine Inklusion und
An dieser Stelle sei daran erinnert, dass die Notationen Rf und R(f ) verschiedene Bedeutungen besitzen. 1.3.2 Die Strukturgarbe einer Variet¨ at. Der zuvor eingef¨ uhrte lokale Ring OV,P ist ein Ring, der durch Lokalisieren entsteht. Ist n¨amlich ¯ P = {f ∈ k[V ]; f (P ) = 0} M das zu dem Punkt P geh¨orige maximale Ideal, so gilt OV,P = k[V ]M¯ P ,
1.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND ABBILDUNGEN
45
¯ P . Das d. h. OV,P entsteht aus dem Koordinatenring durch Lokalisieren nach M maximale Ideal von OV,P ist dann gegeben durch mP = {f ∈ OV,P ; f (P ) = 0}. F¨ ur jede offene Menge ∅ = U ⊂ V definieren wir O(U ) := OV (U ) := {f ∈ k(V ); f ist regul¨ar auf U }. Dann ist OV (U ) ein Ring, bzw. eine k-Algebra. Die Menge der Ringe OV (U ) (wir setzen OV (∅) := {0}) bilden zusammen mit den nat¨ urlichen Einschr¨ankungshomomorphismen die Strukturgarbe OV . Der lokale Ring OV,P ist der Halm der Strukturgarbe im Punkt P , die Elemente heißen auch Funktionskeime. Nun kann man Theorem (1.44) auch wie folgt formulieren: OV (V ) = k[V ]
(Theorem (1.44) (ii))
und OV (Vh ) = k[V ][h−1 ] = k[V ]h
(Theorem (1.44) (iii)),
wobei der Ring k[V ]h die Lokalisierung des Koordinatenrings k[V ] nach dem multiplikativen System {hn ; n ≥ 0} ist. In diesem Buch verzichten wir auf eine systematische Darstellung von Garben. Andererseits ist die Garbentheorie f¨ ur jede tiefergehende Besch¨aftigung mit der algebraischen Geometrie ein unverzichtbares Hilfsmittel. F¨ ur eine Darstellung der Garbentheorie sei etwa auf das Buch von Hartshorne [Ha] verwiesen. 1.3.3 Rationale Abbildungen. V sei wiederum eine irreduzible affine Variet¨at. Es wird oft notwendig sein, Abbildungen zu betrachten, die nicht u ¨berall definiert sind, daher f¨ uhren wir das folgende Konzept ein. Definition. (i) Eine rationale Abbildung f : V Ank ist ein n-Tupel f = (f1 , . . . , fn ) rationaler Funktionen f1 , . . . , fn ∈ k(V ). Die Abbildung f heißt regul¨ar im Punkt P , falls alle fi in P regul¨ar sind. Der Definitionsbereich dom(f ) ist die Menge aller regul¨aren Punkte von f , d. h. dom(f ) = ni=1 dom(fi ). (ii) Ist W ⊂ Ank eine affine Variet¨at, so ist eine rationale Abbildung f : V W eine rationale Abbildung f : V Ank , so dass f (P ) ∈ W f¨ ur alle regul¨aren Punkte P ∈ dom(f ) gilt. Der Definitionsbereich einer rationalen Abbildung ist eine nicht-leere offene Teilmenge von V . Sind f : V W und g : W X rationale Abbildungen, so ist es nicht immer m¨oglich, sinnvoll die Komposition g ◦ f zu erkl¨aren. Dies sieht man schon an folgendem einfachen
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
46 Beispiel 1.50. f:
A1k → A2k , f (x) = (x, 0)
g:
A2k → A1k g(x, y) = xy .
Das Problem liegt darin, dass f (A1k ) ∩ dom(g) = ∅. Algebraisch stellt sich das Problem wie folgt dar: Wir versuchen, die Komposition g ◦ f = f ∗ (g) zu definieren, d. h. eine Abbildung f ∗ : k(W ) −→ k(V ). Zun¨achst k¨onnen wir in der Tat einen Homomorphismus f ∗ : k[W ] −→ k(V ) definieren: Ist g ∈ k[W ], so ist es von der Form g = G mod I(W ) f¨ ur ein Polynom G = G(x1 , . . . , xn ) ∈ k[x1 , . . . , xn ]. (Wir nehmen an, dass W ⊂ Ank ist). Dann ist G(f1 , . . . , fn ) =: f ∗ (g) ∈ k(V ) wohldefiniert. Andererseits ist es m¨oglich, dass f ∗ (h) = 0 f¨ ur Elemente 0 = h ∈ k[W ] gilt. Dann kann man f ∗ (g/h) nicht durch ∗ ∗ f (g)/f (h) erkl¨aren. Man f¨ uhrt deswegen den folgenden neuen Begriff ein. Definition. Eine rationale Abbildung f : V W heißt dominant, falls f (dom(f )) in W eine Zariski-dichte Teilmenge ist. F¨ ur eine rationale Abbildung definieren wir f¨ ur eine Teilmenge U das Urbild U bez¨ uglich f durch f −1 (U ) = {P ∈ dom(f ); f (P ) ∈ U }. ¨ Ahnlich wie im Beweis von Lemma (1.29) zeigt man, dass f¨ ur eine offene Menge −1 U auch f (U ) offen ist. Dies bedeutet Folgendes: Ist g : W A1k eine rationale Abbildung, so ist, falls f dominant ist, f −1 (dom(g)) ⊂ dom(f ) offen und nichtleer und damit auch dicht. Also ist g ◦ f : V A1k auf einer offenen und dichten Teilmenge erkl¨art. Algebraisch ist die Situation wie folgt: Es seien V, W irreduzibel und f : V W eine rationale Abbildung mit zugeh¨origem Homomorphismus f ∗ : k[W ] −→ k(V ). F¨ ur g ∈ k[W ] gilt:
f ∗ (g) = 0 ⇔ f (dom(f )) ⊂ V (g).
Insbesondere gilt f ∗ : k[W ] → k(V ) injektiv ⇔ f ist dominant.
1.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND ABBILDUNGEN In diesem Fall ist
47
f ∗ : k(W ) −→ k(V )
durch f ∗ (g/h) = f ∗ (g)/f ∗ (h) wohlerkl¨art. Sind f : V W und g : W X dominant, dann ist auch g ◦ f : V X dominant. Wir erhalten dann Theorem 1.51. Es gilt (i) Jede dominante rationale Abbildung f : V W definiert einen k-linearen K¨orperhomomorphismus f ∗ : k(W ) → k(V ). (ii) Ist umgekehrt ϕ : k(W ) → k(V ) ein k-linearer K¨orperhomomorphismus, so gibt es genau eine dominante rationale Abbildung f : V W mit ϕ = f ∗ . (iii) Sind f : V W , g : W X dominant, so ist auch g ◦ f : V X dominant und es gilt (g ◦ f )∗ = f ∗ ◦ g ∗ . Beweis. Zu (i) und (iii) ist nichts mehr zu sagen. Der Beweis von (ii) erfolgt genau wie beim Beweis von Satz (1.32). Es sei W ⊂ Am k , dann erzeugen die Koordinaten y1 , . . . , ym den K¨orper k(W ). Wir setzen fi := ϕ(yi ) ∈ k(V ) und f := (f1 , . . . , fm ) : V W . Es bleibt nur zu zeigen, dass f dominant ist, die Aussage f = ϕ∗ folgt dann wie fr¨ uher. In jedem Fall gilt f ∗ = ϕ|k[W ] : k[W ] → k(V ). Da ϕ ein K¨orperhomomorphismus ist, ist ϕ injektiv, also auch f ∗ : k[W ] → k(V ). Damit ist f dominant. 1.3.4 Quasi-affine Variet¨ aten. Da sich offene Teilmenge affiner Variet¨aten oft genauso verhalten wie affine Variet¨aten selbst, f¨ uhren wir die folgende Bezeichnung ein. Definition. Eine quasi-affine Variet¨at ist eine offene Teilmenge einer affinen Variet¨at. Definition. Es seien nun U1 und U2 irreduzible quasi-affine Variet¨aten, die in affinen Variet¨aten V bzw. W enthalten sind. (i) Ein Morphismus f : U1 → W ist eine rationale Abbildung f : V W mit U1 ⊂ dom(f ), d. h. f ist regul¨ar in jedem Punkt P ∈ U1 . (ii) Ein Morphismus f : U1 → U2 ist ein Morphismus f : U1 → W mit f (U1 ) ⊂ U2 . (iii) Ein Isomorphismus quasi-affiner Variet¨aten ist ein Morphismus f : U1 → U2 , so dass es einen Morphismus g : U2 → U1 gibt mit g ◦ f = idU1 und f ◦ g = idU2 . F¨ ur zwei beliebige affine Variet¨aten V, W folgt aus Theorem (1.44), dass die Morphismen zwischen V und W genau die polynomialen Abbildungen sind, d. h. es gilt {f ; f : V → W ist Morphismus} = {f ; f : V → W ist polynomiale Abbildung}.
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
48
Beispiel 1.52. F¨ ur die Neilsche Parabel C1 = {(x, y) ∈ A2k ; y 2 − x3 = 0} hatten wir die Parametrisierung f : A1k −→ C1 t −→ (t2 , t3 ) angegeben. Wir haben in Beispiel (1.37) gesehen, dass f ∗ : k[C1 ] → k[A1k ], und somit auch f , kein Isomorphismus ist. Allerdings ist die Einschr¨ankung f : A1k \{0} → C1 \{(0, 0)} ein Isomorphismus mit Umkehrabbildung g(x, y) = y/x; in der Terminologie des n¨achsten Kapitels sind A1k und C1 birational ¨aquivalent. Nach Theorem (1.51) gibt es einen Homomorphismus f ∗ : k(C1 ) → k(A1k ) mit f ∗ (y/x) = t. Damit ist f ∗ surjektiv, und als K¨orperhomomorphismus ist f ∗ auch injektiv. Dies zeigt, dass die Funktionenk¨orper k(A1k ) = k(t) und k(C1 ) isomorph sind. (In Theorem (2.23) werden wir sehen, dass Funktionenk¨orper beliebiger birationaler Variet¨aten isomorph sind und umgekehrt.) Ist V eine affine Variet¨at und f ∈ k[V ], so hatten wir bereits Vf := V \V (f ) = {P ∈ V ; f (P ) = 0} definiert. Satz 1.53. Vf ist isomorph zu einer affinen Variet¨at mit Koordinatenring k[Vf ] = k[V ][f −1 ] = k[V ]f . Beweis. Wir verwenden hier eine Idee, die wir bereits beim Beweis des Nullstellensatzes verwendet haben. Es sei J := I(V ) ⊂ k[x1 , . . . , xn ] das Ideal der Variet¨at V ⊂ Ank . Ferner sei F ∈ k[x1 , . . . , xn ] ein Polynom mit F |V = f . Wir setzen JF := (J, tF − 1) ⊂ k[x1 , . . . , xn , t], und betrachten die zugeh¨orige Variet¨at W = V (JF ) ⊂ An+1 . k Die Abbildungen p: und q:
W → Vf p(x1 , . . . , xn , y) = (x1 , . . . , xn )
Vf → W 1 q(x1 , . . . , xn ) = (x1 , . . . , xn , F (x1 ,...,x ) n)
sind zueinander inverse Morphismen.
1.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND ABBILDUNGEN
49
Bild 3 illustriert den Satz f¨ ur den Fall V = A1k und f = x − 1. in diesem Fall ist p die Projektion auf die x-Achse. t-Achse W = V (t(x − 1) − 1) p
?
x-Achse, V = A1k
Vx−1 die Gerade x − 1 = 0 Bild 3: Vf als affine Variet¨at
Jede offene Menge in V ist eine Vereinigung von Mengen der Form Vf . D. h. die Mengen Vf bilden eine Basis der Zariski-Topologie auf V . Aus Satz 1.53 ergibt sich somit folgendes, f¨ ur viele Anwendungen n¨ utzliches Korollar 1.54. Die Zariski-Topologie auf V besitzt eine Basis aus affinen Mengen. Bemerkung 1.55. Man beachte, dass es quasi-affine Variet¨aten gibt, die nicht affin sind. Ein einfaches Beispiel ist A2k \{(0, 0)} (siehe Kapitel 2, Aufgabe (2.10)). 1.3.5 Abstrakte affine Variet¨ aten. Will man sich bei der Definition von Variet¨aten von dem umgebenden affinen Raum befreien, und isomorphe Variet¨aten zugleich identifizieren, kann man mit folgender Definition arbeiten. Definition. Eine abstrakte affine Variet¨at u ¨ber einem K¨orper k ist ein Paar (V, k[V ]) bestehend aus einer Menge V und einer endlich erzeugten k-Algebra k[V ], bestehend aus Funktionen auf V , so dass es Erzeugende x1 , . . . , xn von k[V ] u ¨ber k gibt, so dass die Abbildung V −→ Ank P −→ (x1 (P ), . . . , xn (P )) eine Bijektion auf eine Zariski-abgeschlossene Teilmenge von Ank liefert. Wir werden im Folgenden aber weiter mit unserer urspr¨ unglichen Definition arbeiten.
¨ Ubungsaufgaben zu Kapitel 1 1.1 Beweisen Sie, dass das Radikalideal
√
J eines Ideals J ein Ideal ist.
¨ KAPITEL 1. AFFINE VARIETATEN
50
1.2 Betrachten Sie die algebraische Menge V = V (I) ⊂ A3k , die durch das Ideal I = (x2 − yz, xz − x) gegeben wird. Zerlegen Sie V in seine irreduziblen Komponenten. 1.3 Untersuchen Sie den Zusammenhang zwischen Idealen und Variet¨aten am Beispiel der folgenden Ideale in C[x, y, z]: I1 = (xy + y 2 , xz + yz), I3 = (xy 2 + y 3 , xz + yz).
I2 = (xy + y 2 , xz + yz + xyz + y 2 z),
Untersuchen Sie f¨ ur k, l = 1, 2, 3 und k < l: (a) Ist Ik = Il ? (b) Ist V (Ik ) = V (Il )? Skizzieren Sie die durch obige Ideale gegebenen algebraischen Mengen. 1.4 Gegeben seien die folgenden Variet¨aten X, Y ⊂ C4 : X = {(t, t2 , t3 , 0); t ∈ C},
Y = {(0, u, 0, 1); u ∈ C}.
Die Join-Variet¨at von X und Y ist die Menge
J(X, Y ) := P Q ⊂ C4 , P ∈X, Q∈Y
wobei P Q die Gerade durch P und Q ist. Beschreiben Sie die Menge J(X, Y ). Ist J(X, Y ) eine affine (quasi-affine) Variet¨at? 1.5 Es sei C ⊂ C2 die Neilsche Parabel C = {(x, y) ∈ A2C ; y 2 − x3 = 0}. Zeigen Sie, dass die Abbildung ϕ : A1C → C t → (t2 , t3 ) ein Hom¨oomorphismus bez¨ uglich der Zariski-Topologie ist. (Wir haben bereits gesehen, dass ϕ kein Isomorphismus von Variet¨aten ist.) Ist ϕ ein Hom¨oomorphismus bez¨ uglich der gew¨ohnlichen (komplexen) Topologie? 1.6 Beweisen Sie, dass die Hyperbel C := {(x, y) ∈ A2C ; xy = 1} nicht isomorph zu A1C ist.
1.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND ABBILDUNGEN
51
1.7 Es sei A = k[x1 , x2 ]/(x22 − x31 + x1 ). Bestimmen Sie u ¨ber k algebraisch unabh¨angige Elemente y1 , . . . , ym ∈ A, so dass A eine endliche k[y1 , . . . , ym ]Algebra ist. 1.8 Betrachten Sie die folgenden affinen Variet¨aten: X = {(x, y) ∈ A2C ; xy = 0} (Achsenkreuz) Y = {(x, y) ∈ A2C ; y 2 − x3 − x2 = 0} (Kubik mit Doppelpunkt). (a) Zeigen Sie, dass der lokale Ring von X in einem Punkt (0, u), u = 0, isomorph ist zu C[t](t) , d. h. zum lokalen Ring einer Geraden. (D. h. der lokale Ring von X in einem Punkt (0, u), u = 0 sieht“ die Komponente ” y = 0 nicht.) (b) Zeigen Sie, dass der lokale Ring von Y im Ursprung ein Integrit¨atsring ist, der lokale Ring von X im Ursprung jedoch nicht. (D. h. der lokale Ring von Y im Ursprung sieht“ noch, dass die beiden im Ursprung zusammen” treffenden Zweige zusammengeh¨oren.) 1.9 Geben Sie ein Beispiel daf¨ ur an, dass das Bild einer polynomialen Abbildung f : Cn → Cm im Allgemeinen keine algebraische Menge ist. 1.10 Es sei X = {y − xz = 0} ⊂ A3k . Zeigen Sie, dass es Geraden L ⊂ X und M ⊂ A2k gibt, so dass X \ L isomorph ist zu A2k \ M . (Hinweis: Betrachten Sie die Projektion (x, y, z) → (x, y).) 1.11 Es sei p ein Primideal in dem Ring R. Zeigen Sie, dass es eine Bijektion gibt zwischen der Menge der Primideale p ⊂ p in R und der Menge der Primideale q in der Lokalisierung Rp. 1.12 Zeigen Sie, dass die Zariski-Topologie auf A2k = A1k × A1k nicht die Produkttopologie der Zariski-Topologie auf den beiden Faktoren A1k ist. 1.13 Gegeben seien die beiden Ebenen X = {x1 = x2 = 0} und Y = {x3 = x4 = 0} in A4C , Zeigen Sie, dass das Ideal von X ∪ Y nicht durch zwei Elemente erzeugt werden kann. (Man sagt, dass X ∪Y kein idealtheoretischer vollst¨andiger Durchschnitt ist.) 1.14 Es sei k = Fp . Die Abbildung −→ Ank , F : Ank (x1 , . . . , xn ) −→ (xp1 , . . . , xpn ) heißt Frobeniusabbildung. (a) Zeigen Sie, dass F ein bijektiver Morphismus ist. (b) Ist F ein Isomorphismus?
Kapitel 2 Projektive Variet¨ aten In diesem Kapitel werden projektive Variet¨aten eingef¨ uhrt und Morphismen zwischen projektiven Variet¨aten untersucht.
2.1
Projektive R¨ aume
Es sei V ein endlich-dimensionaler Vektorraum u ¨ber k. Auf V \ {0} betrachten ¨ wir die Aquivalenzrelation: u ∼ v :⇔ es gibt λ ∈ k ∗ mit u = λv. Zwei Vektoren sind also genau dann ¨aquivalent, wenn sie in V dieselbe Gerade aufspannen. Definition. Der zu V geh¨orige projektive Raum ist definiert durch P(V ) := V \ {0} ∼ . Die Dimension von P(V ) wird als dim P(V ) = dim V − 1 definiert. Geometrisch ist der projektive Raum also die Menge aller Ursprungsgeraden in V . F¨ ur V = k n+1 setzen wir insbesondere Pn := Pnk = P(k n+1 ).
K. Hulek, Elementare Algebraische Geometrie, DOI 10.1007/978-3-8348-2348-9_3, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2000, 2012
¨ 2.1. PROJEKTIVE RAUME
53
Beispiel 2.1. Die reelle projektive Gerade P1R = P(R2 ) ist hom¨oomorph zur Kreislinie S 1 .
S1
P1R ≈
Bild 1: Die reelle projektive Gerade P1R Beispiel 2.2. Die reelle projektive Ebene besitzt eine Zerlegung P2R = P(R3 ) = R2 ∪ P1R . Bei dieser Zerlegung entspricht R2 der Menge jener Geraden, die nicht in der (x, y)-Ebene liegen und P1R der Menge der Geraden in der (x, y)-Ebene. z
R2
x P1 (R) y Bild 2: Zerlegung der reellen projektiven Ebene P2R
Wir haben die Restklassenabbildung π : V \ {0} −→ P(V ). Speziell im Fall von Pnk f¨ uhren wir die folgende Bezeichnung ein: (x0 : . . . : xn ) := π((x0 , . . . , xn )).
¨ KAPITEL 2. PROJEKTIVE VARIETATEN
54
Dann nennt man (x0 : . . . : xn ) die homogenen Koordinaten des Punktes P = π((x0 , . . . , xn )) ∈ Pnk . Diese sind nur bis auf einen gemeinsamen Skalar bestimmt. Dennoch wird sich herausstellen, dass man mit ihnen rechnen“ kann. ” Die Zerlegung in einen affinen Raum und einen projektiven Raum kleinerer Dimension, die wir im Fall der reellen projektiven Ebene gesehen haben, existiert f¨ ur alle projektiven R¨aume. Wir betrachten hierzu f¨ ur ein l, 0 ≤ l ≤ n: Ul := {(x0 : . . . : xn ) ∈ Pnk ; xl = 0} Hl := {(x0 : . . . : xn ) ∈ Pnk ; xl = 0}. Dann kann man Hl mit dem projektiven Raum Pn−1 identifizieren. Außerdem k kann man Ul mit Ank identifizieren, und zwar u ¨ber folgende Abbildungen: il :
Ank −→ Ul (x1 , . . . , xn ) −→ (x1 : . . . : xl : 1 : xl+1 : . . . : xn )
beziehungsweise jl :
Ul −→ Ank x0 (x0 : x1 : . . . : xn ) −→ , . . . , xxl−1 , xxl+1 , . . . , xxnl xl l l
.
Damit erhalten wir eine disjunkte Zerlegung Pnk = Ul ∪ Hl = Ank ∪ Pn−1 . k Man bezeichnet Ul als affinen Teil von Pnk und Hl als Hyperebene im Unendlichen. Hierbei ist die spezielle Wahl von Ul , bzw. Hl lediglich eine Konvention, man kann eine beliebige Hyperebene aus Pnk entfernen, und erh¨alt stets einen affinen Raum. Definition. Ein projektiver Unterraum von P(V ) ist eine Teilmenge der Form π(W \ {0}), wobei W ⊂ V ein linearer Unterraum ist. Wir schreiben P(W ) ⊂ P(V ). Ein projektiver Unterraum ist in nat¨ urlicher Weise selbst ein projektiver Raum. Ist dim W = dim V − 1, so heißt P(W ) eine Hyperebene von P(V ). Projektive R¨aume der Dimension 1, bzw. 2 heißen projektive Geraden, bzw. projektive Ebenen. Lemma 2.3. Es seien P(W1 ) und P(W2 ) projektive Unterr¨aume des n-dimensionalen projektiven Raums P(V ). Falls dim P(W1 )+dim P(W2 ) ≥ n, so schneiden sich P(W1 ) und P(W2 ), d. h. P(W1 ) ∩ P(W2 ) = ∅. Beweis. Es gilt dim W1 + dim W2 ≥ n + 2 = dim V + 1. Also schneiden sich W1 und W2 zumindest in einer Geraden. Insbesondere schneiden sich also stets zwei Geraden in einer projektiven Ebene. Damit entf¨allt die Fallunterscheidung zwischen parallelen und nicht-parallelen Geraden, die im Affinen gemacht werden muss.
¨ 2.2. PROJEKTIVE VARIETATEN
55
¨ Der projektive Raum Pnk besitzt eine offene Uberdeckung Pnk = U0 ∪ U1 ∪ . . . ∪ Un ¨ durch affine R¨aume. Im Fall k = R oder k = C kann man diese Uberdeckung n n benutzen, um auf PR , bzw. PC die Struktur einer n-dimensionalen reellen bzw. komplexen Mannigfaltigkeit einzuf¨ uhren. Diese ist kompakt, da die Sph¨are in Rn+1 , bzw. Cn+1 ∼ = R2n+2 surjektiv auf PnR , bzw. PnC abgebildet wird. Die komplexe projektive Gerade ist also eine kompakte Riemannsche Fl¨ache, und man erh¨alt auf diese Weise die Riemannsche Zahlenkugel: P1C = C ∪ {∞} ≈ S 2 , wobei ≈ f¨ ur Hom¨oomorphie steht.
2.2
Projektive Variet¨ aten
Man will auch in projektiven R¨aumen das Nullstellengebilde von Polynomgleichungen betrachten. Da allerdings die homogenen Koordinaten eines Punktes P = (x0 : . . . : xn ) ∈ Pnk nur bis auf einen gemeinsamen Skalar bestimmt sind, muss man sich auf homogene Polynome beschr¨anken. Dabei heißt ein Polynom aν0 ···νn xν00 · · · xνnn f (x0 , . . . , xn ) = homogen, wenn alle Monome denselben Grad d = ν0 + . . . + νn haben. Ist f homogen vom Grad d, so gilt f (λx0 , . . . , λxn ) = λd f (x0 , . . . , xn ). Insbesondere ist die Nullstellenmenge von f V (f ) := {(x0 : . . . : xn ) ∈ Pnk ; f (x0 , . . . , xn ) = 0} ⊂ Pnk wohldefiniert. Definition. Eine projektive Variet¨at ist eine Teilmenge V ⊂ Pnk , so dass es eine Menge homogener Polynome T ⊂ k[x0 , . . . , xn ] gibt mit ur alle f ∈ T }. V = {P ∈ Pnk ; f (P ) = 0 f¨ Wie im affinen Fall ist es keine Einschr¨ankung anzunehmen, dass T aus endlich vielen Elementen besteht. Wir geben nun einige Beispiele projektiver Variet¨aten. Beispiel 2.4. Die Hyperebene im Unendlichen ist eine projektive Variet¨at: Hn = {(x0 : x1 : . . . : xn ); xn = 0}.
¨ KAPITEL 2. PROJEKTIVE VARIETATEN
56
Beispiel 2.5. In der Einleitung hatten wir den affinen Teil kubischer Kurven der Form C1 = {(x : y : z) ∈ P2C ; y 2 z = 4x3 − g2 xz 2 − g3 z 3 } bzw. C2 = {(x : y : z) ∈ P2C ; y 2 z = x(x − z)(x − λz)} diskutiert. Dort wurden die Kurven durch affine Gleichungen in zwei Variablen beschrieben. Aus diesen erh¨alt man durch Homogenisierung die projektiven Gleichungen. Dies wird im Beweis von Satz (2.12) und in Beispiel (2.14) genauer behandelt. Beispiel 2.6. Wir betrachten die Abbildung ϕ:
P1k −→ P3k ϕ(t0 : t1 ) = (t30 : t20 t1 : t0 t21 : t31 ).
Dann ist C = ϕ(P1k ) eine projektive Variet¨at, es gilt n¨amlich
x0 x1 x 2 3 C = (x0 : x1 : x2 : x3 ) ∈ Pk ; Rang ≤1 . x1 x 2 x 3 D. h. die Kurve C ist der Durchschnitt dreier Quadriken C = Q1 ∩ Q2 ∩ Q3 mit Q1 = {x0 x2 − x21 = 0}, Q2 = {x0 x3 − x1 x2 = 0}, Q3 = {x1 x3 − x22 = 0}. Man kann C nicht durch zwei quadratische Gleichungen beschreiben. Andererseits gilt C = Q1 ∩ F mit F = {x0 x23 − 2x1 x2 x3 + x32 = 0}. uhren sich entlang der Kurve C.) Die Kurve (Die Quadrik Q1 und die Kubik F ber¨ C heißt die (projektive) rationale Normkurve vom Grad 3. Beispiel 2.7. Wir betrachten die Abbildung ϕ:
P1k × P1k −→ P3k ϕ((x0 : x1 ), (y0 : y1 )) = (x0 y0 : x0 y1 : x1 y0 : x1 y1 ).
Dann ist das Bild Q = ϕ(P1k × P1k ) die Quadrik Q = {(z0 : z1 : z2 : z3 ) ∈ P3k ; z0 z3 − z1 z2 = 0}.
¨ 2.2. PROJEKTIVE VARIETATEN
57
Auf der Quadrik Q gibt es zwei Familien von Geraden, n¨amlich die Bilder ϕ(P1k × {P }), bzw. ϕ({Q} × P1k ). Diese beiden Familien von Geraden heißen die Regelscharen auf der Quadrik Q und man nennt Q daher eine Regelfl¨ache.
Bild 3: Quadrik in P3k mit Regelscharen
2.2.1 Graduierte Ringe und homogene Ideale. Um die Beziehung zwischen projektiven Variet¨aten und Idealen zu untersuchen, ben¨otigen wir einige algebraische Vorbereitungen. Definition. Ein graduierter Ring ist ein kommutativer Ring S zusammen mit einer Zerlegung in abelsche Gruppen ! S= Sd , d≥0
so dass f¨ ur die Multiplikation gilt Sd · Se ⊂ Sd+e . Die Elemente von Sd \ {0} heißen die homogenen Elemente vom Grad d. Das f¨ ur uns wichtigste Beispiel ist der Polynomring ! S = k[x0 , . . . , xn ] = k d [x0 , . . . , xn ], d≥0
wobei k d [x0 , . . . , xn ] = {f ∈ k[x0 , . . . , xn ]; f ist homogen vom Grad d} ∪ {0}.
58
¨ KAPITEL 2. PROJEKTIVE VARIETATEN
Definition. Ein Ideal I in einem graduierten Ring S heißt ein homogenes Ideal , falls ! I= (I ∩ Sd ). d≥0
Ein Ideal ist genau dann homogen, wenn jedes Element f ∈ I eine eindeutige Zerlegung f = f0 + . . . + fN in homogene Elemente fi ∈ I ∩ Sdi besitzt. Man beweist nun leicht das folgende Lemma 2.8. F¨ ur ein Ideal I in einem graduierten Ring S gilt: (i) I ist genau dann homogen, wenn es von homogenen Elementen erzeugt wird. (ii) I sei ein homogenes Ideal. Dann ist I genau dann ein Primideal, falls f¨ ur je zwei homogene Elemente f, g ∈ S gilt: Ist f g ∈ I, so ist f ∈ I oder g ∈ I. (iii) Summen, Produkte, Durchschnitte und Radikale homogener Ideale sind wieder homogene Ideale. Wir haben eine projektive Variet¨at als das Nullstellengebilde eines Systems ho¨ mogener Gleichungen definiert. Aquivalenterweise h¨atten wir eine projektive Variet¨at auch als das Nullstellengebilde eines homogenen Ideals oder von endlich vielen homogenen Polynomen definieren k¨onnen: Ist T eine Menge homogener Gleichungen und (T ) das davon erzeugte homogene Ideal, so gilt: V (T ) = V ((T )) = V (f1 , . . . , fk ) f¨ ur homogene Erzeugende f1 , . . . , fk von (T ). Wie im affinen Raum beweist man: Lemma 2.9. (i) Die Vereinigung endlich vieler projektiver Variet¨aten ist wieder eine projektive Variet¨at. (ii) Der Durchschnitt projektiver Variet¨aten ist wieder eine projektive Variet¨at. (iii) Pnk und die leere Menge sind projektive Variet¨aten. Damit erf¨ ullen die projektiven Variet¨aten wiederum die Axiome einer Topologie auf Pnk . Diese heißt die Zariski-Topologie auf Pnk . Genau wie im affinen Fall k¨onnen wir auch jede projektive Variet¨at in irreduzible Komponenten zerlegen. Definition. Eine quasi-projektive Variet¨at ist eine offene Teilmenge einer projektiven Variet¨at. Wir wollen nun den Zusammenhang zwischen projektiven Variet¨aten und homogenen Idealen studieren.
¨ 2.2. PROJEKTIVE VARIETATEN
59
Wir haben Abbildungen
homogene Ideale I ⊂ k[x0 , . . . , xn ] I
bzw.
projektive Variet¨aten V ⊂ Pnk V
−→
projektive Variet¨aten V ⊂ Pnk
−→
V (I)
−→
homogene Ideale I ⊂ k[x0 , . . . , xn ]
−→
I(V )
"
"
mit ur f ∈ I, f homogen} V (I) := {(x0 : . . . : xn ) ∈ Pnk ; f (x0 , . . . , xn ) = 0 f¨ und I(V ) := Ideal erzeugt von den homogenen Polynomen f mit f |V = 0.
Bei der Formulierung des Nullstellensatzes m¨ ussen wir auf folgendes achten: Nat¨ urlich gilt V ((1)) = ∅. Andererseits ist ! m = (x0 , . . . , xn ) = k d [x0 , . . . , xn ] d≥1
ebenfalls ein homogenes Ideal mit V (m) = ∅. Definition. m heißt das irrelevante Ideal. Ist I ein homogenes Ideal, so k¨onnen wir nicht nur das projektive Nullstellengebilde V = V (I) ⊂ Pnk betrachten, sondern auch das affine Nullstellengebilde V a = V (I) ⊂ An+1 . Dann gilt, falls I = k[x1 , . . . , xn ], dass k V a = π −1 (V ) ∪ {0}, wobei π : V \ {0} → P(V ) die Restklassenabbildung ist. Insbesondere gilt, dass (x0 , . . . , xn ) ∈ V a ⇔ (λx0 , . . . , λxn ) ∈ V a
f¨ ur alle λ ∈ k ∗ .
Definition. V a heißt der affine Kegel u ¨ber der projektiven Variet¨at V (I) ⊂ Pnk . Theorem 2.10. (Projektiver Nullstellensatz): Es sei k ein algebraisch abgeschlossener K¨orper. Dann gilt f¨ ur homogene Ideale J das Folgende: √ (i) V (J) = ∅ ⇔ J ⊃ (x0 , . . . , xn )
¨ KAPITEL 2. PROJEKTIVE VARIETATEN
60
(ii) Ist V (J) = ∅, dann gilt I(V (J)) =
√ J.
Beweis. (i) Es gilt V (J) = ∅ ⇔ V a (J) ⊂ {0} ⇔
√ J ⊃ (x0 , . . . , xn ).
¨ Die zweite Aquivalenz folgt dabei aus dem affinen Nullstellensatz. (ii) Ist V (J) = ∅, so gilt (f¨ ur ein passendes n ≥ 1) f ∈ I(V (J)) ⇔ f ∈ I(V a (J)) ⇔ f n ∈ J ⇔ f ∈
√
J,
wiederum unter Verwendung des Nullstellensatzes. Man beachte hierbei Folgendes: Ist f = fi ein Polynom mit seinen homogenen Komponenten fi , so ist (da der K¨orper k unendlich viele Elemente enth¨alt) f (λx0 , . . . , λxn ) = 0 f¨ ur alle λ genau dann, wenn fi (x0 , . . . , xn ) = 0 f¨ ur alle i. Korollar 2.11. Die Abbildungen J → V (J) und V → I(V ) definieren Bijektionen
homogene Radikalideale projektive Variet¨aten 1:1 ←→ J k[x0 , . . . , xn ] V ⊂ Pnk ∪ ∪
irreduzible projektive homogene Primideale 1:1 . ←→ Variet¨aten V ⊂ Pnk J k[x0 , . . . , xn ] Hierbei ordnen wir der leeren Menge das irrelevante Ideal m zu. Beweis. Es bleibt nur zu zeigen, dass V genau dann irreduzibel ist, wenn I(V ) prim ist. Der Beweis verl¨auft analog zum Beweis von Satz (1.6) unter Verwendung von Lemma (2.9) (ii). ¨ Wir kehren nun zu der Uberdeckung des Pnk durch die affinen Mengen Ui = {xi = 0} zur¨ uck: Pnk = U0 ∪ . . . ∪ Un . F¨ ur jede Menge Ui haben wir eine Bijektion ji :
Ui −→ Ank x0 (x0 : . . . : xi : . . . : xn ) −→ , . . . , xxi−1 , xxi+1 , . . . , xxni . xi i i
Auf Ui k¨onnen wir die von der Zariski-Topologie auf Pnk induzierte Topologie betrachten, Ank tr¨agt die bereits in Kapitel I eingef¨ uhrte Zariski-Topologie. Satz 2.12. ji ist ein Hom¨oomorphismus.
¨ 2.2. PROJEKTIVE VARIETATEN
61
Beweis. Der Einfachheit halber betrachten wir i = 0. Es sei S h := {f ∈ k[x0 , . . . , xn ]; f ist homogen} A := k[x1 , . . . , xn ]. Dann betrachten wir die Abbildung α:
Sh → A α(f ) := f (1, x1 , . . . , xn )
sowie die Homogenisierungsabbildung β:
A → Sh g β(g) := xdeg g 0
x1 , . . . , xxn0 x0
.
¯ ⊂ Pn der Es gilt α ◦ β(g) = g. Es sei nun X ⊂ U0 abgeschlossen in U0 und X k n ¯ ¯ Abschluss in Pk . Also ist X = X ∩ U0 . Da X eine projektive Variet¨at ist, gibt ¯ = V (T ). Es sei T = α(T ). Dann es eine (endliche) Teilmenge T ⊂ S h mit X ist j0 (X) = V (T ). Das heißt, dass j0 abgeschlossene Mengen auf abgeschlossene Mengen abbildet, bzw. dass j0−1 stetig ist. Es bleibt noch die Stetigkeit von j0 zu zeigen. Dies geht analog: Ist W ⊂ Ank abgeschlossen, so ist W = V (T ) f¨ ur eine (endliche) Teilmenge T ⊂ A. Es sei T = β(T ). Dann ist j0−1 (W ) = V (T ) ∩ U0 , insbesondere also abgeschlossen. ¨ Ist nun X ⊂ Pnk eine projektive Variet¨at, so haben wir eine Uberdeckung X = X0 ∪ . . . ∪ Xn ,
Xi = X ∩ Ui .
Identifizieren wir Ui mittels ji mit Ank , so k¨onnen wir die Xi als affine Variet¨aten ¨ auffassen. Die obige Uberdeckung heißt dann auch die affine Standard¨ uberdeckung von X. Der Beweis des obigen Satzes liefert dann sofort: Korollar 2.13. Die Zuordnung X → X0 = X ∩ U0 definiert eine Bijektion
irreduzible Variet¨aten irreduzible affine Variet¨aten 1:1 . ←→ X ⊂ Pnk mit X ⊂ {x0 = 0} X0 ⊂ Ank Die Umkehrung dieser Abbildung wird durch die Bildung des Zariski-Abschlusses gegeben. Beispiel 2.14. Wir kommen hier auf die schon fr¨ uher betrachtete kubische Kurve zur¨ uck: C0 : {x22 − x1 (x1 − 1)(x1 − λ) = 0} ⊂ A2k . F¨ ur f (x1 , x2 ) = x22 − x1 (x1 − 1)(x1 − λ) ist die Homogenisierung β(f ) = x0 x22 − x1 (x1 − x0 )(x1 − λx0 ).
62
¨ KAPITEL 2. PROJEKTIVE VARIETATEN
Also ist C¯0 = {(x0 : x1 : x2 ) ∈ P2k ; x0 x22 − x1 (x1 − x0 )(x1 − λx0 ) = 0}. Es ist C¯0 ∩ H0 = {(0 : 0 : 1)}, d. h. in diesem Fall entsteht C¯0 aus C0 durch Hinzunahme eines Punktes im Unendlichen. (Dies ist aber eine spezielle Situation. Im Allgemeinen wird man bei einer ebenen Kurve vom Grad d auch d Punkte im Unendlichen hinzuf¨ ugen m¨ ussen.)
2.3
Rationale Funktionen und Morphismen
Will man Funktionen auf projektiven Variet¨aten V ⊂ Pnk definieren, so kann man nicht ohne weiteres mit (homogenen) Polynomen arbeiten, da diese keine wohldefinierten Funktionswerte f¨ ur Punkte P ∈ Pnk besitzen. Sind jedoch f und g homogene Polynome vom selben Grad d, so gilt f (λx0 , . . . , λxn ) λd f (x0 , . . . , xn ) f (x0 , . . . , xn ) = d = . g(λx0 , . . . , λxn ) λ g(x0 , . . . , xn ) g(x0 , . . . , xn ) ¨ Es sei nun V wieder eine irreduzible projektive Variet¨at. Obige Uberlegungen f¨ uhren uns zu folgender Konstruktion:
# f k(V ) := ; f, g ∈ k[x0 , . . . , xn ] homogen, deg f = deg g, g ∈ I(V ) ∼ , g wobei
f f ∼ :⇔ f g − gf ∈ I(V ). g g
Man u uft leicht nach, dass k(V ) mit den nat¨ urlichen Verkn¨ upfungen ein ¨berpr¨ K¨orper ist. Definition. k(V ) heißt der Funktionenk¨orper von V . Die Elemente von k(V ) heißen rationale Funktionen auf V . Lemma 2.15. Es sei V eine irreduzible projektive Variet¨at mit V ⊂ {x0 = 0} sowie V0 = V ∩ {x0 = 0} der affine Teil in U0 . Dann ist k(V ) ∼ = k(V0 ). Beweis. Wir haben zueinander inverse Abbildungen k(V ) −→ k(V0 ) f (1, x1 , . . . , xn ) f (x0 , . . . , xn ) −→ g(x0 , . . . , xn ) g(1, x1 , . . . , xn )
2.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND MORPHISMEN
63
beziehungsweise k(V0 ) −→ k(V ) f ( xx10 , . . . , xxn0 ) f (x1 , . . . , xn ) −→ . g(x1 , . . . , xn ) g( xx01 , . . . , xxn0 ) Man kann die Bildung des Funktionenk¨orpers auch mit Hilfe des Begriffs der Lokalisierung verstehen. Ist V ⊂ Pnk eine irreduzible Variet¨at mit affinem Kegel V a ⊂ An+1 , so tr¨agt k S(V ) := k[V a ] := k[x0 , . . . , xn ]/I(V ) wieder die Struktur eines graduierten Rings durch Sd (V ) := {f¯ ∈ S(V ); f ist homogen mit deg f = d} ∪ {0}. Dies ist wohldefiniert: Gilt n¨amlich f¯ = g¯, so ist f − g ∈ I(V ). Ist deg f = deg g, so impliziert dies f, g ∈ I(V ), also f¯ = g¯ = 0. Definition. S(V ) heißt der homogene Koordinatenring von V . Im Gegensatz zu affinen Variet¨aten h¨angt der homogene Koordinatenring einer projektiven Variet¨at von der Einbettung ab. Mit anderen Worten, verschiedene homogene Koordinatenringe k¨onnen zu isomorphen projektiven Variet¨aten f¨ uhren (wie schon das Beispiel von P1k und einem glatten Kegelschnitt C ⊂ P2k zeigt, siehe Aufgabe (2.6)). (Der Begriff der Isomorphie projektiver Variet¨aten wird in Abschnitt 2.3.3 erkl¨art.) 2.3.1 Lokalisierung graduierter Ringe. In Abschnitt 1.3.1 haben wir die Lokalisierung eines beliebigen Rings definiert. F¨ ur Anwendungen im projektiven $ Fall m¨ ussen wir die Lokalisierung graduierter Ringe behandeln. Es sei S = d≥0 Sd ein beliebiger graduierter Ring und T ⊂ S ein multiplikativ abgeschlossenes System homogener Elemente. Auf dem lokalen Ring ST k¨onnen wir wieder eine Graduierung einf¨ uhren, und zwar indem wir f¨ ur ein homogenes Element f ∈ S und g ∈ T definieren, dass f /g homogen ist vom Grad deg
f := deg f − deg g. g
Dies ist wohldefiniert, denn ist f /g = f /g , so gilt nach Definition h(f g −gf ) = 0 f¨ ur ein h ∈ T , d. h. hf g = hf g. Durch Betrachten der homogenen Komponenten k¨onnen wir annehmen, dass h homogen ist. Dann gilt deg h + deg f + deg g = deg h + deg f + deg g,
¨ KAPITEL 2. PROJEKTIVE VARIETATEN
64
und wir sehen, dass der Grad deg(f /g) wohldefiniert ist. Definition. S(T ) :=
f f ∈ ST ; ist homogen vom Grad 0 . g g
Ist p ⊂ S ein homogenes Primideal, so ist die Menge T := {f ∈ S; f ist homogen, f ∈ p} ein multiplikativ abgeschlossenes System. Man definiert dann S(p) := S(T ) . Ist 0 = f ∈ S ein homogenes Element und S ein Integrit¨atsring, so ist die Menge T := {f n ; n ≥ 0} multiplikativ abgeschlossen. Wir setzen S(f ) := S(T ) . Kehren wir nun zur¨ uck zu der projektiven Variet¨at V ⊂ Pnk . Lemma 2.16. Es gilt
k(V ) ∼ = S(V )((0)) .
Beweis. Unmittelbar aus der Konstruktion von k(V ).
2.3.2 Regul¨ are Funktionen. Wir besprechen nun regul¨are Funktion auf offenen Teilmengen von V . Im Gegensatz zum affinen Fall entspricht der homogene Koordinatenring nicht den regul¨aren Funktionen auf V , da seine Elemente keine Funktionen auf V definieren. Vielmehr werden wir sehen, dass jede regul¨are Funktion auf einer irreduziblen projektiven Variet¨at konstant ist. Definition. Ist f ∈ k(V ) eine rationale Funktion, so heißt f regul¨ar im Punkt P , falls es eine Darstellung f = hg mit h(P ) = 0 gibt. Der Definitionsbereich dom(f ) von f ist die Menge aller Punkte, in denen f regul¨ar ist. Wie im affinen Fall ist dom(f ) eine nicht-leere offene Teilmenge von V . Definition. Der lokale Ring von V im Punkt P ist wie folgt definiert OV,P := {f ∈ k(V ); f ist regul¨ar in P }. OV,P ist ein lokaler Ring:
2.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND MORPHISMEN
65
Definition. Das maximale Ideal von V in P ist definiert durch mV,P := {f ∈ OV,P ; f (P ) = 0}. In der Tat ist mV,P das einzige maximale Ideal, da jedes Element g ∈ OV,P mit g(P ) = 0 eine Einheit ist. ur einen Punkt Ist V eine irreduzible Variet¨at mit V ⊂ {x0 = 0}, so haben wir f¨ P ∈ V0 = V ∩ U0 zwei lokale Ringe OV0 ,P und OV,P definiert, je nachdem, ob wir P als Punkt der projektiven Variet¨at V oder der affinen Variet¨at V0 auffassen. Der Isomorphismus aus Lemma (2.15) liefert uns einen Isomorphismus OV,P ∼ = OV ,P . 0
Ist P ∈ V , so k¨onnen wir das maximale Ideal MP := ({f ∈ S(V ); f homogen, f (P ) = 0}) ⊂ S(V ) betrachten. Lemma 2.17. Es gilt
OV,P ∼ = S(V )(MP ) .
Beweis. Auch dies ist unmittelbar klar aus den Konstruktionen.
Ist U ⊂ V eine offene Menge, also eine quasi-projektive Variet¨at, so f¨ uhren wir wie folgt regul¨are Funktionen ein: Definition. Der Ring der regul¨aren Funktionen auf U ist O(U ) := {f ∈ k(V ); U ⊂ dom(f )}.
Bemerkung 2.18. Aufgefasst als Teilmenge von k(V ) gilt O(U ) = P ∈U OV,P . Theorem 2.19. Ist k = k¯ und V eine irreduzible projektive Variet¨at, so ist jede regul¨are Funktion auf V konstant, d. h. O(V ) ∼ = k. Bevor wir den Beweis geben k¨onnen, ben¨otigen wir noch einige algebraische Vorbereitungen. Es sei auch noch auf folgenden Zusammenhang hingewiesen: Ist V ⊂ PnC eine glatte projektive Variet¨at, so folgt das Theorem bereits aus der Aussage, dass jede holomorphe Funktion auf einer zusammenh¨angenden kompakten komplexen Mannigfaltigkeit konstant ist. Es sei R ein Ring mit 1. Definition. Ein Modul u ¨ber R (oder R-Modul ) ist eine abelsche Gruppe M zusammen mit einer Multiplikation R × M −→ M (r, m) −→ rm, so dass Folgendes gilt:
¨ KAPITEL 2. PROJEKTIVE VARIETATEN
66 (i) r(m1 + m2 ) = rm1 + rm2 (ii) (r1 + r2 )m = r1 m + r2 m (iii) (r1 r2 )m = r1 (r2 m) (iv) 1m = m.
Spezielle Beispiele f¨ ur Moduln sind Vektorr¨aume. In diesem Fall ist der Ring R ein K¨orper. Die Definition von Untermoduln erfolgt analog wie bei Vektorr¨aumen. Dasselbe gilt f¨ ur Homomorphismen von Moduln. Definition. Ein R-Modul M heißt endlich erzeugt, wenn es endlich viele Elemente m1 , . . . , mk gibt mit M = Rm1 + . . . + Rmk .
Definition. Ein R-Modul M heißt noethersch, wenn jeder Untermodul U ⊂ M endlich erzeugt ist. Lemma 2.20. Ist R ein noetherscher Ring und M endlich erzeugt, so ist M ein noetherscher Modul. Beweis. Es sei M = Rm1 + . . . + Rmk . Dann gibt es einen surjektiven Homomorphismus ϕ : Rk −→ M, der durch ϕ(ei ) = mi gegeben wird. Ist U ein Untermodul, dann ist auch ϕ−1 (U ) ein Untermodul. Es gen¨ ugt also, diese Aussage f¨ ur Rk zu beweisen. Wir machen Induktion nach k. Ist k = 1, folgt die Aussage aus der Annahme, dass R ein noetherscher Ring ist. Es sei nun U ⊂ Rk , k ≥ 2 gegeben. Dann bilden die ersten Komponenten der Vektoren u = (u1 , . . . , uk ) ∈ U ein Ideal I in R. Da R noethersch ist, ist dieses Ideal endlich erzeugt, also (1)
(l)
I = (u1 , . . . , u1 ). (i)
Wir betrachten nun Elemente u(i) ∈ U deren erste Komponente gerade u1 ist. Dann gibt es f¨ ur jedes u ∈ U Elemente r1 , . . . , rl ∈ R mit u − r1 u(1) − . . . − rl u(l) = (0, u∗2 , . . . , u∗k ). Ist Rk−1 ⊂ Rk der Untermodul der Elemente von Rk mit erster Komponente 0, so betrachten wir den Untermodul U = U ∩ Rk−1 .
2.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND MORPHISMEN
67
Nach Induktionsvoraussetzung ist U endlich erzeugt, etwa durch Elemente v1 , . . . , vm . Dann sind u(1) , . . . , u(l) , v1 , . . . , vm Erzeugende von U . Beweis von Theorem 2.19. Zun¨achst k¨onnen wir annehmen, dass V in keiner Hyperebenen Hi = {xi = 0} enthalten ist, da wir sonst nur Pnk durch Pn−1 k ¨ ersetzen. Wir betrachten die affine Uberdeckung V = V0 ∪ . . . ∪ Vn . Wir hatten gesehen, dass k(V ) ∼ = k(Vi ) ist. Ist f ∈ O(V ) regul¨ar auf V , so ist auch f |Vi regul¨ar auf Vi . Nach Theorem (1.44) (ii) ist f |Vi polynomial. D. h. es gibt eine Darstellung gi (2.1) f |Vi = Ni , gi ∈ S(V ), homogen vom Grad Ni . xi Da V irreduzibel ist, ist I(V ) ein Primideal. Also ist S(V ) = k[x0 , . . . xn ]/I(V ) ein Integrit¨atsring. Wir betrachten den Quotientenk¨orper L := Quot S(V ) = k(V a ), wobei V a der affine Kegel u ¨ber V ist. Dann liegen O(V ), k(V ) und S(V ) in L. Wegen (1) gilt i xN i f ∈ SNi (V ), wobei Sd (V ) den homogenen Anteil vom Grad d des graduierten Rings S(V ) bezeichnet. Wir w¨ahlen nun N ≥ Ni . Dann ist SN (V ) ein endlich-dimensionaler i k-Vektorraum. In jedem Monom in SN (V ) kommt mindestens ein xN i vor. Also gilt SN (V )f ⊂ SN (V ). Durch Induktion erhalten wir SN (V )f q ⊂ SN (V )
f¨ ur q ≥ 1.
Insbesondere gilt q xN 0 f ∈ SN (V )
also
f¨ ur q ≥ 1,
S(V )[f ] ⊂ x−N 0 S(V ) ⊂ L.
Nun ist x−N 0 S(V ) ein endlich erzeugter S(V )-Modul. Nach Lemma (2.20) ist auch der Ring S(V )[f ] endlich erzeugt u ¨ber S(V ). Nach Lemma (1.14) (ii) ist f ganz u ullt eine Gleichung der Form ¨ber S(V ), d. h. erf¨ f m + am−1 f m−1 + . . . + a1 f + a0 = 0
(ai ∈ S(V )).
Da f homogen vom Grad 0 ist, k¨onnen wir dies auch f¨ ur die ai annehmen, da man ai durch die Grad 0 Komponente von ai ersetzen kann. Also ist ai ∈ S0 (V ) = k. Folglich ist f algebraisch u ¨ber k, und da k = k¯ angenommen wurde, folgt f ∈ k.
¨ KAPITEL 2. PROJEKTIVE VARIETATEN
68
2.3.3 Rationale Abbildungen. Es sei nun V eine irreduzible projektive Variet¨at. Definition. (i) Eine rationale Abbildung f : V Am k ist ein m-Tupel f = (f1 , . . . , fm ) von rationalen Funktionen f , . . . , f ∈ k(V ). Der Definitionsbereich von f ist 1 m dom(f ) = m dom(f ). Auf dieser Menge ist f eine wohldefinierte Abbildung i i=1 mit f (P ) = (f1 (P ), . . . , fm (P )). (ii) Eine rationale Abbildung f : V W ⊂ Am k ist eine rationale Abbildung m f : V Ak mit f (dom(f )) ⊂ W . Nun sei V eine irreduzible projektive oder affine Variet¨at. Definition. Eine rationale Abbildung f : V Pm k ist gegeben durch f (P ) = (f0 (P ) : . . . : fm (P )) f¨ ur rationale Funktionen f0 , . . . , fm ∈ k(V ). Ist 0 = g ∈ k(V ), so definieren (f0 , . . . , fm ) und (gf0 , . . . , gfm ) dieselbe rationale Abbildung. Definition. Eine rationale Abbildung f : V Pm ar im Punkt P , k ist regul¨ falls es eine Darstellung f = (f0 : . . . : fm ) gibt, so dass gilt: (i) P ist regul¨ar f¨ ur alle fi . (ii) Es gibt ein i mit fi (P ) = 0. Definition. Eine rationale Abbildung f : V W ⊂ Pm k ist eine rationale Abm bildung f : V Pk mit f (dom(f )) ⊂ W , wobei dom(f ) der Definitionsbereich, d. h. die Menge aller regul¨aren Punkte von f ist. Es seien nun V1 , V2 irreduzible affine oder projektive Variet¨aten und U1 ⊂ V1 , bzw. U2 ⊂ V2 offene Mengen. Definition. (i) Ein Morphismus f : U1 → U2 ist eine rationale Abbildung f : V1 V2 mit U1 ⊂ dom(f ) und f (U1 ) ⊂ U2 . (ii) Ein Morphismus f : U1 → U2 ist ein Isomorphismus, falls es einen Morphismus g : U2 → U1 gibt mit g ◦ f = idU1 und f ◦ g = idU2 . Beispiel 2.21. Wir betrachten die rationale Normkurve ϕ:
P1k → Pnk ϕ(t0 : t1 ) = (tn0 : tn−1 t1 : . . . : tn1 ). 0
Es gilt % & n n n−1 t1 t0 t0 t1 ϕ(t0 : t1 ) = : ... : . : : ... : 1 = 1 : t1 t1 t0 t0 Dies zeigt zugleich, dass die Abbildung rational und u ¨berall regul¨ar ist.
2.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND MORPHISMEN
69
Wir betrachten ein weiteres Mal die Abbildungen il :
Ank −→ Ul = {xl = 0} ⊂ Pnk (x1 , . . . , xl ) −→ (x1 : . . . : xl−1 : 1 : xl : . . . : xn )
bzw. jl : (x0 : . . . : xl−1
Ul −→ Ank : xl : . . . : xn ) −→ ( xx0l , . . . , xxl−1 , xxl+1 , . . . , xxnl ). l l
Wir haben in Satz (2.12) gesehen, dass jl ein Hom¨oomorphismus ist. Es gilt zudem Satz 2.22. jl : Ul −→ Ank ist ein Isomorphismus. Beweis. il und jl sind zueinander inverse Morphismen.
2.3.4 Birationale Abbildungen. V, W seien irreduzible affine oder projektive Variet¨aten. Definition. (i) Eine rationale Abbildung f : V W heißt birational (oder eine birationale ¨ Aquivalenz ), falls es eine rationale Abbildung g : W V gibt mit f ◦ g = idW und g ◦ f = idV . (ii) Zwei Variet¨aten V und W heißen birational ¨aquivalent, falls es eine birationale ¨ Aquivalenz f : V W gibt. Theorem 2.23. F¨ ur eine rationale Abbildung f : V W sind die folgenden Aussagen ¨aquivalent: (i) f ist birational. (ii) f ist dominant und f ∗ : k(W ) → k(V ) ist ein Isomorphismus. (iii) Es gibt offene Mengen V0 ⊂ V und W0 ⊂ W , so dass f |V0 : V0 → W0 ein Isomorphismus ist. ¨ Beweis. Die Aquivalenz von (i) und (ii) beweist man genau wie in Theorem (1.51). Die Aussage (iii)⇒(i) ist auch klar, da der zu f |V0 : V0 → W0 inverse Morphismus g : W0 → V0 nach Definition eine rationale Abbildung g : W V ist. Dann sind g ◦ f : V V und f ◦ g : W W rationale Abbildungen, die auf V0 , bzw. W0 die Identit¨at sind. Da V0 und W0 dicht liegen, folgt, dass g ◦ f = idV und f ◦ g = idW gilt. Es bleibt die Implikation (i)⇒(iii) zu zeigen. Es sei g : W V eine zu f inverse rationale Abbildung. Wir setzen V := dom(f ) und W = dom(g). Dann sind ϕ = f |V : V → W und ψ := g|W : W → V Morphismen. Wir haben nun das Diagramm
¨ KAPITEL 2. PROJEKTIVE VARIETATEN g
←
ψ −1 (V ) W
-
V
ψ-
V
→
→
W
f-
W
ϕ-
W.
1 idW
=
70
. Da f ◦ g = idW als rationale Abbildungen, gilt ϕ(ψ(P )) = P
f¨ ur alle P ∈ ψ −1 (V ),
d. h. dieses Diagramm kommutiert. Es seien nun V0 := ϕ−1 (ψ −1 (V )), W0 := ψ −1 (ϕ−1 (W )). Dann ist ϕ : V0 → ψ −1 (V ) ein Morphismus. F¨ ur P ∈ ψ −1 (V ) −1 −1 gilt ϕ(ψ(P )) = P , also P ∈ ψ (ϕ (W )) = W0 . Damit gilt ψ −1 (V ) ⊂ W0 . Damit ist ϕ : V0 → W0 ein Morphismus und analog zeigt man, dass ψ : W0 → V0 ein Morphismus ist. Offensichtlich sind ϕ und ψ zueinander invers. F¨ ur das Verst¨andnis der Aussage in Theorem (2.23) (iii) sei daran erinnert, dass in der Zariski-Topologie nicht-leere offene Mengen von irreduziblen Variet¨aten dicht sind. Der allgemeinste Begriff von Variet¨at, den wir bisher kennengelernt haben, ist der der quasi-projektiven Variet¨at. Jede projektive, affine oder quasi-affine Variet¨at kann insbesondere als quasi-projektive Variet¨at aufgefasst werden. Wir k¨onnen Theorem (2.23) in der Sprache von Kategorien wie folgt formulieren: Korollar 2.24. Die Zuordnung V → k(V ), bzw. (f : V W ) → (f ∗ : k(W ) → ¨ k(V )) definiert eine kontravariante Aquivalenz zwischen der Kategorie der irreduziblen quasi-projektiven Variet¨aten mit dominanten rationalen Abbildungen als Morphismen und der Kategorie der endlich erzeugten k-K¨orpererweiterungen mit k-K¨orperhomomorphismen. Beweis. Es ist noch zu erw¨ahnen, dass jede endlich erzeugte K¨orpererweiterung K von k isomorph zum Funktionenk¨orper einer Variet¨at ist. Es seien dazu y1 , . . . , yn ∈ K Erzeuger der K¨orpererweiterung. Dann ist der Ring k[y1 , . . . , yn ] ⊂ K isomorph zum Koordinatenring einer affinen Variet¨at V mit k(V ) ∼ = K. Behandelt man ein Klassifikationsproblem in der algebraischen Geometrie, so ¨ kann man Variet¨aten entweder bis auf birationale Aquivalenz (Grobklassifikation) oder Isomorphie (Feinklassifikation) zu klassifizieren versuchen. Da viele ¨ Eigenschaften einer Variet¨at unter birationaler Aquivalenz erhalten bleiben, ist es oft sinnvoll, sich auf birationale Klassifikation zu beschr¨anken. Die birationale Klassifikation von Fl¨achen spielte eine große Rolle in der Entwicklung der algebraischen Geometrie durch die klassische italienische Schule.
2.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND MORPHISMEN
71
Am Ende von Abschnitt 1.1.6 haben wir gesagt, dass aus der NoetherNormalisierung folgt, dass jede irreduzible Variet¨at fast“ isomorph zu einer Hy” perfl¨ache ist. Wir sind nun in der Lage, diese Aussage pr¨azise zu machen. Satz 2.25. Jede quasi-projektive irreduzible Variet¨at ist birational ¨aquivalent zu einer affinen Hyperfl¨ache. Beweis. Da jede quasi-projektive Variet¨at birational ¨aquivalent zu einer affinen Variet¨at ist, gen¨ ugt es, sich auf diesen Fall zu beschr¨anken. Es sei also V ⊂ Ank eine irreduzible affine Variet¨at. Nach Korollar (1.26) gibt es Elemente y1 , . . . , ym+1 ∈ k[V ], so dass Folgendes gilt: y1 , . . . , ym sind algebraisch unabh¨angig und die K¨orpererweiterung k(y1 , . . . , ym ) ⊂ k(V ) ist algebraisch und wird von dem Element ym+1 erzeugt. Wir betrachten das Minimalpolynom N N −1 + a1 ym+1 + . . . + aN = 0 ym+1
(ai ∈ k(y1 , . . . , ym ))
von ym+1 u ¨ber k(y1 , . . . , ym ). Nach Multiplizieren mit dem Hauptnenner erhalten wir eine irreduzible Gleichung N N −1 b0 ym+1 + b1 ym+1 + . . . + bN = 0
(bi ∈ k[y1 , . . . , ym ]).
mit k(W ) ∼ Diese Gleichung definiert eine irreduzible Hyperfl¨ache W ⊂ Am+1 = k k(V ). Die Aussage folgt daher aus Theorem (2.23). Definition. Eine quasi-projektive Variet¨at V heißt rational , falls V birational ¨aquivalent zu Ank (oder Pnk ) ist. Satz 2.26. Die folgenden Aussagen sind ¨aquivalent: (i) V ist rational. (ii) k(V ) ∼ = k(x1 , . . . , xn ) (iii) Es gibt offene Mengen V0 ⊂ V und U0 ⊂ Ank , die zueinander isomorph sind.
Beweis. Sofort aus Theorem (2.23). Beispiel 2.27. Wir haben bereits gesehen, dass die Kurven C 0 : y 2 = x3 C1 : y 2 = x3 + x2
(Neilsche Parabel)
rational sind. Dagegen sind die Kurven Cλ : y 2 = x(x − 1)(x − λ)
(λ = 0, 1)
nicht rational. Ein weiteres Beispiel f¨ ur eine rationale Variet¨at ist die Quadrik Q ⊂ P3k , wie wir im unten stehenden Beispiel sehen werden. Sp¨ater werden wir Rationalit¨at von kubischen Fl¨achen behandeln.
¨ KAPITEL 2. PROJEKTIVE VARIETATEN
72
Wir schließen diesen Abschnitt mit einigen Beispielen von birationalen Abbildungen ab. Beispiel 2.28. Die Abbildung f : A1k → C = {(x, y) ∈ A2k ; y 2 − x3 = 0} t → (t2 , t3 ) ist eine birationale Abbildung, aber kein Isomorphismus (da die Koordinatenringe von A1k und C nicht isomorph sind). Die Einschr¨ankung f0 := fA1k \{0} : A1k \{0} → C\{0}. ist dagegen ein Isomorphismus zwischen Zariski-offenen Mengen. Beispiel 2.29. Rationale Abbildungen treten sehr oft bei Projektionen in projektiven R¨aumen auf. Die Abbildung π := (x1 : . . . : xn ) :
Pnk Pn−1 k
ist eine rationale Abbildung, die u ¨berall auf Pnk mit Ausnahme des Punktes P0 = (1 : 0 : . . . : 0) definiert ist. Man nennt π die Projektion von P0 . Identifiziert man Pn−1 mit {x0 = 0} in Pnk , so ist π(P ) gerade der Durchschnitt der Geraden P0 P k mit Pn−1 : k P0 = (1 : 0 : · · · : 0) P
π(P ) ∼ Pn−1 = V (x0 ) k Bild 4: Projektion von P0
Wir betrachten nun die Quadrik Q = {x0 x3 − x1 x2 = 0}.
2.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND MORPHISMEN
73
Dann liegt P0 = (1 : 0 : 0 : 0) auf Q und die Einschr¨ankung der Projektion π ist eine rationale Abbildung p = π|Q : Q P2k . Diese Abbildung ist birational mit Umkehrabbildung q:
P2k Q x1 x 2 q(x1 : x2 : x3 ) = : x1 : x2 : x3 = (x1 x2 : x1 x3 : x2 x3 : x23 ). x3
Die Abbildung q ist u ¨berall definiert mit Ausnahme der Punkte (1 : 0 : 0) und (0 : 1 : 0). Beispiel 2.30. Die Abbildung ϕ : P2k P2k ϕ(x0 : x1 : x2 ) = (x1 x2 : x0 x2 : x0 x1 ) = ( x10 :
1 x1
:
1 ) x2
ist birational mit ϕ = ϕ−1 . Die Abbildung ϕ ist in den Punkten (1 : 0 : 0), (0 : 1 : 0), (0 : 0 : 1) nicht definiert und kontrahiert die Geraden {xi = 0} zu Punkten. Eine birationale Abbildung des P2k in sich heißt eine Cremona-Transformation. 2.3.5 Produkte. Wir haben bereits die Existenz von Produkten affiner Variet¨aten untersucht. F¨ ur projektive Variet¨aten ist die Situation etwas komplizierter. Wir betrachten hierzu die Segre-Abbildung sn,m : Pnk × Pm → PN (N = (n + 1)(m + 1) − 1) k k sn,m ((x0 : . . . : xn ), (y0 : . . . : ym )) = (x0 y0 : x0 y1 : . . . : x0 ym : x1 y0 : . . . : xn ym ). Diese Abbildung ist wohldefiniert. Das Bild Σn,m := sn,m (Pnk × Pm k ) heißt Segre-Variet¨at. Lemma 2.31. Die Abbildung sn,m : Pnk × Pm k → Σn,m ist bijektiv und Σn,m ist N eine projektive Variet¨at in Pk . Beweis. Wir bezeichnen die Koordinaten auf PN k mit zij , 0 ≤ i ≤ n, 0 ≤ j ≤ m. Dann erf¨ ullen die Punkte in Σn,m offensichtlich die homogenen Gleichungen zik zjl − zil zjk = 0 (i, j = 0, . . . , n; k, l = 0, . . . , m). Es sei Z die durch diese Gleichungen beschriebene Variet¨at. Offensichtlich ist Σn,m ⊂ Z. Wir behaupten, dass es zu jedem Punkt R ∈ Z genau ein Paar
¨ KAPITEL 2. PROJEKTIVE VARIETATEN
74
(P, Q) ∈ Pnk × Pm k mit sn,m (P, Q) = R gibt. Dann folgt, dass Σn,m = Z und sn,m 0 0 0 bijektiv auf das Bild ist. Es sei R = (z00 : z01 : . . . : znm ). Ohne Einschr¨ankung 0 0 nehmen wir an, dass z00 = 0, bzw. z00 = 1 ist. Die anderen F¨alle k¨onne analog behandelt werden. Wir setzen 0 0 Q := (1 : z01 : . . . : z0m ) ∈ Pm k 0 0 P := (1 : z10 : . . . : zn0 ) ∈ Pnk .
Wegen 0 0 0 0 z0j = z00 zij = zij0 zi0
gilt sn,m ((P, Q)) = R und man sieht auch sofort, dass (P, Q) das eindeutig bestimmte Paar ist, das unter der Abbildung sn,m auf R abgebildet wird. Lemma 2.32. Σn,m ist irreduzibel. n m Beweis. Die Projektionen von Pnk × Pm k auf Pk bzw. Pk definieren ein kommutatives Diagramm
*
p1
Pnk × Pm k
sn,m
Pnk 6
q1
-
Σn,m
HH
HH p2 HH HH j H
q2 ?
Pm k
n P Man sieht sofort, dass die Abbildungen sQ n,m : Pk × {Q} → Σn,m , bzw. sn,m : m N {P } × Pk → Σn,m Isomorphismen auf projektive Unterr¨aume von Pk sind. Der Beweis von Lemma (2.31) zeigt auch, dass die Abbildungen qi Morphismen sind. Die Fasern der Abbildungen qi sind also projektive Variet¨aten, die isomorph zu n Pm at von Σn,m k , bzw. Pk sind. Insbesondere sind sie irreduzibel. Die Irreduzibilit¨ kann dann genauso wie im Beweis von Satz (1.42) (ii) bewiesen werden.
Im Folgenden identifizieren wir Pnk × Pm k mittels der Segre-Abbildung sn,m mit n Σn,m . Auf diese Weise k¨onnen wir Pk × Pm at k als irreduzible projektive Variet¨ auffassen. Beispiel 2.33. Wir hatten bereits die Abbildung s1,1 :
P1k × P1k −→ P3k ((x0 : x1 ), (y0 : y1 )) −→ (x0 y0 : x0 y1 : x1 y0 : x1 y1 )
2.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND MORPHISMEN
75
betrachtet. In diesem Fall ist Σ1,1 die Quadrik Σ1,1 = Q = {z00 z11 − z01 z10 = 0}. Satz 2.34. (i) Sind V, W projektive Variet¨aten, so ist auch V × W eine projektive Variet¨at. (ii) Sind V, W irreduzibel, dann auch V × W . Beweis. (i) Es seien V ⊂ Pnk , W ⊂ Pm k gegeben durch homogene Gleichungen V : fi (x0 , . . . , xn ) = 0 W : gj (y0 , . . . , ym ) = 0
i = 1, . . . , r j = 1, . . . , s.
Es sei di der Grad von fi und ej der Grad von gj . Dann kann man die Menge V × W ⊂ Pn × Pm als Nullstellenmenge der Polynome Fik = fi ykdi Gjl =
e gj x l j
i = 1, . . . r,
k = 0, . . . , m
j = 1, . . . s, l = 0, . . . , n
beschreiben. Die Fik , bzw. Gjl kann man als homogene Polynome Fik = Fik (zμk ), bzw. Gjl = Gjl (zlν ) betrachten. Zusammen mit den Gleichungen zμν zρσ −zμσ zρν = 0 erhalten wir ein homogenes Gleichungssystem f¨ ur die Menge V × W ⊂ PN k . (ii) Die Irreduzibilit¨at beweist man genau wie beim Beweis von Lemma (2.31). In der Tat ist V × W ein Produkt in der Kategorie der projektiven Variet¨aten. Man beachte, dass V × W nicht die Produkttopologie tr¨agt. Analog erh¨alt man Produkte von quasi-projektiven Variet¨aten. 2.3.6 Aufblasungen. Als ein weiteres Beispiel f¨ ur birationale Abbildungen betrachten wir die Aufblasung der Ebene in einem Punkt. Wir betrachten die Menge V := {((x, y), (t0 : t1 )) ∈ A2k × P1k ; xt1 − yt0 = 0}. Dies ist eine quasi-projektive Variet¨at. Projektion auf den Faktor A2k definiert einen Morphismus π : V −→ A2k . Die Abbildung π ist surjektiv, und es gilt {(0, 0)} × P1k , −1 π ((x, y)) = ((x, y), (x : y))
falls (x, y) = (0, 0) sonst.
¨ KAPITEL 2. PROJEKTIVE VARIETATEN
76
Die Faser E = π −1 ((0, 0)) ist also eine projektive Gerade und heißt die exzeptionelle Gerade. Die Abbildung π ist birational mit Umkehrabbildung π −1 :
A2k V π (x, y) = ((x, y), (x : y)). −1
Diese Abbildung ist im Ursprung nicht regul¨ar. ¨ ¨ Die affine Uberdeckung P1k = U0 ∪U1 mit Ui = {ti = 0} definiert eine Uberdeckung V = V0 ∪ V1 ,
Vi ⊂ A2k × A1k ,
wobei V0 : xt1 − y = 0,
V1 : x − yt0 = 0.
V0 und V1 sind beide isomorph zu A2k , wobei wir die Koordinaten x, t1 f¨ ur V0 und y, t0 f¨ ur V1 verwenden k¨onnen. Wir betrachten Geraden in A2k durch den Ursprung Lλ,μ : λx − μy = 0. Dann ist π −1 (Lλ,μ ) ∩ V0 : −1
π (Lλ,μ ) ∩ V1 :
xt1 − y = λx − μy = 0 x − yt0 = λx − μy = 0.
Unter Verwendung der Koordinaten x, t1 auf V0 , bzw. y, t0 auf V1 erhalten wir π −1 (Lλ,μ ) ∩ (V0 ∼ = A2k ) : π −1 (Lλ,μ ) ∩ (V1 ∼ = A2 ) : k
x(λ − μt1 ) = 0 y(λt0 − μ) = 0.
Die exzeptionelle Gerade E ist durch x = 0, bzw. y = 0 gegeben. Also erhalten wir, dass das Urbild von Lλ,μ in V wie folgt aussieht: π −1 (Lλ,μ ) = E ∪ Lλ,μ , wobei Lλ,μ zu Lλ,μ isomorph ist. Ferner gilt, dass Lλ,μ ∩ E = (μ : λ) ∈ P1k . Wir sehen also, dass die Punkte von E genau den Richtungen in der Ebene A2k entsprechen.
2.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND MORPHISMEN
77
E ˜2 A k Lλ,μ
π Lλ,μ (0, 0)
A2k
Bild 5: Aufblasung der Ebene in einem Punkt.
Beispiel 2.35. Zum Abschluss betrachten wir noch die Kurve C : y 2 = x3 + x2 , die im Ursprung einen Doppelpunkt hat. Dieselbe Rechnung wie eben liefert π −1 (C) ∩ V0 :
x2 (x + 1 − t21 ) = 0
π −1 (C) ∩ V1 :
y 2 (yt30 + t20 − 1) = 0.
Das Urbild enth¨alt also die exzeptionelle Gerade (doppelt gez¨ahlt) und eine weitere Kurve C : π −1 (C) = E ∪ C und es gilt C ∩ E = {(1 : 1), (1 : −1)}. Diese beiden Punkte entsprechen den beiden Tangentenrichtungen von C im Ursprung. Die Kurve C ist glatt“. (Wir werden dies im n¨achsten Kapitel mathe” matisch exakt formulieren.) Man nennt C die strikte Transformierte der Kurve C und sagt auch, dass der Doppelpunkt von C in C aufgel¨ost wird. Die Kurve C ist birational ¨aquivalent zu C, nicht aber isomorph zu C.
¨ KAPITEL 2. PROJEKTIVE VARIETATEN
78
E C˜ = π −1 (C) L1,1
L1,−1 π
A2k
C
Bild 6: Strikte Transformierte einer Kubik mit Doppelpunkt
¨ Ubungsaufgaben zu Kapitel 2 2.1 Zeigen Sie, dass die rationale Normkurve vom Grad 3, die in Beispiel (2.6) definiert wurde, nicht als Durchschnitt zweier Quadriken geschrieben werden kann. 2.2 Diskutieren Sie den Unterschied zwischen affinen und projektiven Quadriken an folgenden Beispielen. Wir betrachten die reellen affinen Quadriken Q1 Q2 Q3 Q4 Q5
:= := := := :=
{x2 + y 2 = 1} {x2 − y 2 = 1} {x2 − y = 0} {x2 − y 2 = 0} {x2 = 1}
(Kreis) (Hyperbel) (Parabel) (sich schneidende Geraden) (parallele Geraden).
usse dieser Quadriken. Es seien Q1 , . . . , Q5 die projektiven Abschl¨ (a) Skizzieren Sie Q1 , . . . , Q5 . (b) Bestimmen Sie die Schnittmenge von Q1 , . . . , Q5 mit der Geraden im Unendlichen. (c) Zeigen Sie, dass Q1 , Q2 und Q3 durch projektive Transformationen ineinander u uhrt werden k¨onnen. ¨berf¨ (d) Gilt dasselbe f¨ ur Q4 und Q5 ?
2.3. RATIONALE FUNKTIONEN UND MORPHISMEN
79
2.3 Beweisen Sie Lemma (2.8). 2.4 Zeigen Sie, dass jeder Morphismus f : X → Y einer projektiven Variet¨at in eine affine Variet¨at konstant ist, d. h. X auf einen Punkt abbildet. 2.5 Es sei X die durch x0 x2 = x21 definierte Variet¨at in P2k . Bestimmen Sie dom(f ) f¨ ur die rationale Funktion f = xx01 . 2.6 Gegeben sei der Morphismus ϕ:
P1k → P2k , (x0 : x1 ) → (x20 : x0 x1 : x21 ).
Es sei Y := ϕ(P1k ). Zeigen Sie, dass P1k und Y isomorphe projektive Variet¨aten sind, dass aber die homogenen Koordinatenringe S(P1k ) und S(Y ) nicht isomorph sind. m+n 2.7 Zeigen Sie, dass die Produktvariet¨at Pnk × Pm und damit k birational zu Pk eine rationale Variet¨at ist.
2.8 Gegeben sei die projektive Variet¨at
x0 x1 x2 X = (x0 : x1 : x2 : x3 : x4 ); Rang < 2 ⊂ P4k . x 3 x2 x4 (a) Zeigen Sie, dass es einen Morphismus ϕ : X → P2k gibt, der auf der durch (x0 , x1 , x2 ) = (0, 0, 0) gegebenen offenen Menge von X mit der Projektion (x0 : x1 : x2 : x3 : x4 ) → (x0 : x1 : x2 ) u ¨bereinstimmt. (b) Bestimmen Sie f¨ ur jeden Punkt P ∈ P2k das Urbild ϕ−1 (P ). 2.9 Es seien fk und fk−1 teilerfremde, homogene Polynome vom Grad k bzw. k − 1 in n Variablen. Zeigen Sie, dass die Variet¨at X := {(x0 : . . . : xn ); fk (x1 , . . . , xn ) + x0 fk−1 (x1 , . . . , xn ) = 0} ⊂ PnC eine rationale Variet¨at ist. 2.10
(a) Zeigen Sie, dass A2k \{(0, 0)} weder zu einer affinen, noch zu einer projektiven Variet¨at isomorph ist. (b) Zeigen Sie, dass P2k \{(1 : 0 : 0)} weder zu einer affinen, noch zu einer projektiven Variet¨at isomorph ist.
2.11 Zeigen Sie, dass jeder Isomorphismus f : P1C → P1C eine projektive Transformation ist (d. h. durch einen linearen Automorphismus C2 → C2 induziert wird).
80
¨ KAPITEL 2. PROJEKTIVE VARIETATEN
2.12 Es seien X, Y irreduzible quasi-projektive Variet¨aten. Zeigen Sie: Ein Morphismus f : X → Y ist genau dann ein Isomorphismus, wenn f ein Hom¨oomorphismus (bez¨ uglich der Zariski-Topologie) ist, und wenn f¨ ur jeden Punkt P ∈ X der Homomorphismus f ∗ : OY,f (P ) → OX,P , f ∗ (g) = g ◦ f ein Isomorphismus ist.
Kapitel 3 Glatte Punkte und Dimension In diesem Abschnitt wollen wir glatte und singul¨are Punkte einer Variet¨at definieren, sowie die Dimension einer Variet¨at erkl¨aren.
3.1
Glatte und singul¨ are Punkte
3.1.1 Der Tangentialraum einer Hyperfl¨ ache an einem Punkt. Wir betrachten zun¨achst eine irreduzible affine Hyperfl¨ache V = V (f ) = {(x1 , . . . , xn ) ∈ Ank ; f (x1 , . . . , xn ) = 0}, wobei f ∈ k[x1 , . . . , xn ] ein irreduzibles, nicht-konstantes Polynom ist. Definition. Es sei P = (a1 , . . . , an ) ∈ V . Der Tangentialraum an V im Punkt P ist definiert durch " n ∂f n (P )(xi − ai ) = 0 . TP V = (x1 , . . . , xn ) ∈ Ak ; ∂xi i=1 ∂f Hierbei bezeichnet ∂x die (formale) Ableitung von f nach xi . Der Raum TP V ist i ein affiner Unterrraum von Ank mit P ∈ TP V . In der Literatur wird auch oft der zu TP V parallele lineare Unterraum als der Tangentialraum an V in P bezeichnet. Die Bezeichnung Tangentialraum wird durch das folgende Lemma gerechtfertigt.
Lemma 3.1. Es sei L ⊂ Ank eine affine Gerade durch den Punkt P . Dann hat f |L genau dann eine mehrfache Nullstelle im Punkt P , wenn L ⊂ TP V . Beweis. Wir parametrisieren die Gerade durch L : xi = ai + bi t, K. Hulek, Elementare Algebraische Geometrie, DOI 10.1007/978-3-8348-2348-9_4, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2000, 2012
KAPITEL 3. GLATTE PUNKTE UND DIMENSION
82
wobei P = (a1 , . . . , an ) und (b1 , . . . , bn ) ein Richtungsvektor von L ist. Es sei g := f |L , d. h. g(t) = f (a1 + b1 t, . . . , an + bn t). Da P = (a1 , . . . , an ) ∈ V , ist g(0) = f (P ) = 0. Also gilt, dass g genau dann eine mehrfache Nullstelle in 0 hat, wenn ∂f ∂g (0) = 0 ⇔ bi (P ) = 0 ⇔ L ⊂ TP V, ∂t ∂xi i=1 n
¨ wobei die letzte Aquivalenz direkt durch Einsetzen in die Gleichung von TP V folgt. TP V P
V Bild 1: Tangentialraum an eine Variet¨at V
Definition. P heißt ein glatter (oder regul¨arer ) Punkt von V wenn es ein i gibt ∂f mit ∂x (P ) = 0. Ansonsten heißt P ein singul¨arer Punkt (eine Singularit¨at) der i Variet¨at V . Wir erhalten damit auch sofort die folgende Charakterisierung glatter bzw. singul¨arer Punkte: P ist glatter Punkt von V P ist singul¨arer Punkt von V
⇔ TP V ist eine affine Hyperebene ⇔ TP V = Ank .
Wie das folgende Resultat zeigt, sind singul¨are Punkte speziell in dem Sinne, dass der allgemeine Punkt einer affinen Variet¨at glatt ist. Satz 3.2. Die Menge Vglatt = {P ∈ V ; P ist glatter Punkt von V } ist eine offene und dichte Teilmenge von V .
¨ 3.1. GLATTE UND SINGULARE PUNKTE
83
Beweis. Die Menge VSing = V \ Vglatt ist gegeben durch ∂f ∂f ⊂ Ank . ,..., VSing = V f, ∂x1 ∂xn Da dies offensichtlich eine abgeschlossene Teilmenge ist, ist Vglatt offen. Es bleibt zu zeigen, dass VSing = V ist. Ist VSing = V , so verschwinden alle Ableitungen ∂f ∂f ∂f auf V , d. h. ∂x ∈ (f ). Da der Grad von ∂x kleiner ist als der Grad von f , ∂xi i i ∂f impliziert dies ∂xi = 0. Im Fall char(k) = 0 folgt hieraus bereits, dass f konstant ist, ein Widerspruch. Im Fall von char(k) = p > 0 folgt, dass f ein Polynom in den xpi ist (vgl. die Diskussion nach Satz (1.21)). Aber dann ist, da wir voraussetzen, dass der Grundk¨orper k algebraisch abgeschlossen ist, f von der Form f = g p im Widerspruch zur Irreduzibilit¨at von f . 3.1.2 Reelle und komplexe Mannigfaltigkeiten. An diesem Punkt soll auf den Zusammenhang mit Mannigfaltigkeiten hingewiesen werden. Es sei nun k = R oder k = C, und P ein glatter Punkt von V . Wir setzen voraus, dass ∂f (P ) = 0. Dann hat die Abbildung ∂x1 Ank −→ Ank (x1 , . . . , xn ) −→ (f (x1 , . . . , xn ), x2 , . . . , xn ) ∂pi . Nach dem Satz u im Punkt P eine regul¨are Jacobische Matrix ∂x ¨ber inverse j p:
i,j
Funktionen gibt es Umgebungen (in der gew¨ohnlichen Topologie) U von P und W von p(P ), so dass p : U → W ein Diffeomorphismus (biholomorph) ist. Bez¨ uglich der Koordinaten y1 , . . . , yn von Ank ist also p(V ) ∩ W = {y1 = 0} ∩ W . Damit ist V lokal diffeomorph (biholomorph) zu einer offenen Menge des Rn−1 (bzw. Cn−1 ). D. h. V ist in einer Umgebung von P eine Mannigfaltigkeit mit lokalen Koordinaten x2 , . . . , xn . x2
y2 U = Einheitskreisscheibe
P =(0,0)
x1
W = p(U ) y1
p p(P )
p : (x1 , x2 ) → (x1 + x22 , x2 ) V = V (x1 + x22 )
p(V ) = V (y1 )
Bild 2: Lokale Koordinaten in der Umgebung eines glatten Punktes
3.1.3 Dimension, glatte und singul¨ are Punkte irreduzibler affiner Va¨ riet¨ aten. Wir wollen diese Uberlegungen nun auf beliebige affine Variet¨aten
KAPITEL 3. GLATTE PUNKTE UND DIMENSION
84
ur ein Polynom f ∈ k[x1 , . . . , xn ] V ⊂ Ank u ¨bertragen. Zun¨achst definieren wir f¨ und einen Punkt P = (a1 , . . . , an ) den linearen Anteil von f in P = (a1 , . . . , an ) durch n ∂f (1) fP := (P )(xi − ai ). ∂xi i=1 Definition. Der Tangentialraum an V im Punkt P ∈ V ist definiert durch TP V =
'
(1)
{fP = 0} ⊂ Ank .
f ∈I(V )
Dies ist ein affiner Unterraum von Ank , der P enth¨alt. Ist V eine Hyperfl¨ache, so stimmt der Tangentialraum mit dem zuvor definierten u ¨berein. Satz 3.3. Die Funktion V → N, P → dim TP V ist nach oben halbstetig in der Zariski-Topologie, d. h. f¨ ur alle r ist die Menge Sr (V ) = {P ∈ V ; dim TP V ≥ r} abgeschlossen. ur Beweis. Es seien g1 , . . . , gm Erzeugende des Ideals I(V ). Dann l¨asst sich f¨ (1) (1) jedes f ∈ I(V ) der lineare Anteil fP als Linearkombination der gi,P darstellen, d. h. m ' (1) TP V = {gi,P = 0} ⊂ Ank . i=1
Es gilt dim TP V = n − Rang
(3.1) und daher
P ∈ Sr (V ) ⇔ Rang
∂gi (P ) ∂xj
, ij
∂gi (P ) ∂xj
≤ n−r. ij
Letzteres ist genau dann erf¨ ullt, wenn alle (n − r + 1) × (n − r + 1)-Minoren ∂gi von ∂xj (P ) verschwinden. Da dies Polynomfunktionen sind, folgt, dass Sr (V ) ij
abgeschlossen ist.
Satz 3.4. Es sei V ⊂ Ank eine irreduzible affine Variet¨at. Dann gibt es eine offene dichte Teilmenge V0 ⊂ V und eine Zahl r, so dass dim TP V = r f¨ ur alle P ∈ V0 und dim TP V ≥ r f¨ ur alle P ∈ V .
¨ 3.1. GLATTE UND SINGULARE PUNKTE
85
Beweis. Es sei r := min{dim TP V ; P ∈ V }. Dann ist Sr (V ) = V und Sr+1 (V ) = V . Da Sr+1 (V ) abgeschlossen ist, ist V0 := V \ Sr+1 (V ) offen. Definition. Die Zahl r heißt die Dimension von V . Definition. Es sei V eine irreduzible affine Variet¨at. Dann heißt P ∈ V ein glatter (regul¨arer ) Punkt von V , falls dim TP V = dim V , ansonsten heißt P ein singul¨arer Punkt. Im Fall von Hyperfl¨achen stimmt die gerade gegebene Definition mit der fr¨ uheren u ¨berein, denn es gilt ∂f ∂f (P ) = 0 f¨ ur ein i ⇐⇒ Rang (P ) = 1. ∂xi ∂xi i Mit (3.1) zeigt dies auch, dass eine Hyperfl¨ache V in Ank die Dimension dim V = n − 1 besitzt. Definition. Die Kodimension einer irreduziblen affinen Variet¨at V in Ank ist definiert als codimV = n − dim V. Bemerkung 3.5. Es sei V ⊂ Ank durch r Polynome f1 , . . . , fr definiert. Aus Gleichung (3.1) and Satz 3.4 folgt, dass die Kodimension durch den Rang der Matrix (∂fi /∂xj )ij an einem glatten Punkt P gegeben ist, und somit codimV ≤ r. Um eine irreduzible affine Variet¨at der Kodimension r zu definieren, ben¨otigt man also mindestens r Gleichungen. 3.1.4 Komplexe Variet¨ aten als Mannigfaltigkeiten. Ist k = C, so kann man das zuvor gegebene Argument dahingehend erweitern, zu zeigen, dass eine irreduzible affine Variet¨at V der Dimension n−r in einer Umgebung eines glatten Punktes eine komplexe Mannigfaltigkeit derselben Dimension ist: es sei P ein glatter Punkt von V . Nach Definition gibt es Funktionen f1 , . . . , fr ∈I(V ) mit linear ∂fi (P ) unabh¨angigen linearen Anteilen in P , und somit ist die Matrix ∂x j i,j=1,...,r
invertierbar. Nach dem Satz u ¨ber inverse Funktionen bildet die Abbildung p: Ank −→ Ank , (x1 , . . . , xn ) −→ (f1 (x1 , . . . , xn ), . . . , fr (x1 , . . . , xn ), xr+1 , . . . , xn ), eine Umgebung von P biholomorph auf eine Umgebung von p(P ) ab, und wir k¨onnen xr+1 , . . . , xn als lokale Koordinaten f¨ ur V in einer Umgebung von P w¨ahlen. 3.1.5 Beliebige affine Variet¨ aten. Um unsere Diskussion abzuschließen, betrachten wir nun eine beliebige Variet¨at V mit einer Zerlegung V = V1 ∪ . . . ∪ Vl ,
86
KAPITEL 3. GLATTE PUNKTE UND DIMENSION
wobei V1 , . . . , Vl die irreduziblen Komponenten von V sind. Definition. Die Dimension von V ist definiert als das Maximum der Dimensionen der irreduziblen Komponenten Vi . Definition. Ein Punkt P ∈ V heißt ein glatter (regul¨arer) Punkt von V , falls gilt: (i) P liegt auf genau einer irreduziblen Komponente Vi von V , (ii) P ist ein glatter Punkt von Vi .
3.2
Algebraische Charakterisierung der Dimension einer Variet¨ at
Es sei K der Quotientenk¨orper des Koordinatenrings einer irreduziblen affinen Variet¨at. In Abschnitt 1.1.6 haben wir als Konsequenz der NoetherNormalisierung gesehen, dass es einen (nicht eindeutig bestimmten) K¨orper k ⊂ Kt ⊂ K gibt, wobei K/Kt algebraisch und Kt /k rein transzendent ist, d. h. Kt ist isomorph zum K¨orper der rationalen Funktionen in n Variablen (also Kt ∼ = k(x1 , . . . , xn )). Man sagt, dass α1 , . . . , αm den transzendenten Teil von K aufspannen, falls K/k(α1 , . . . , αm ) algebraisch ist. Die Elemente α1 , . . . , αm heißen eine Transzendenzbasis, wenn α1 , . . . , αm zudem algebraisch unabh¨angig sind. Es existiert stets eine Transzendenzbasis und je zwei Transzendenzbasen haben dieselbe L¨ange. Diese Zahl heißt dann der Transzendenzgrad tr degk K von K u ¨ber dem K¨orper k. F¨ ur eine ausf¨ uhrliche Diskussion des Transzendenzgrades sei der Leser auf [La, Chapter VIII] verwiesen. Ist V ⊂ Ank eine irreduzible Hyperfl¨ache, so ist dim V = n−1. Ist f eine Gleichung von V , d. h. I(V ) = (f ), so ist der Koordinatenring k[V ] = k[x1 , . . . , xn ]/(f ). Nach eventuellem Umnummerieren k¨onnen wir annehmen, dass die Gleichung f die Variable x1 enth¨alt. Dann ist k(V ) = k(x2 , . . . , xn )[x1 ]/(f ) , d. h. x2 , . . . , xn bilden eine Transzendenzbasis von k(V ). Es gilt also tr degk k(V ) = n − 1 = dim V. Wir werden sehen, dass diese Beziehung stets gilt. Der Tangentialraum TP V wurde bisher durch explizite Gleichungen beschrieben. Wir wollen den Tangentialraum nun intrinsisch charakterisieren. Dies liefert uns
3.2. ALGEBRAISCHE CHARAKTERISIERUNG DER DIMENSION
87
gleichzeitig, dass die Begriffe regul¨ar“ und singul¨ar“ nicht von der Einbettung ” ” einer affinen Variet¨at in einen Raum Ank abh¨angen. Der Einfachheit halber nehmen wir hierf¨ ur an, dass P = (0, . . . , 0) der Ursprung ist. (Dies k¨onnen wir durch eine Translation stets erreichen.) Das maximale Ideal von P in Ank ist MP = (x1 , . . . , xn ) ⊂ k[x1 , . . . , xn ]. Dies definiert das maximale Ideal ¯ P = MP /I(V ) ⊂ k[V ]. M Ferner haben wir das maximale Ideal im lokalen Ring, n¨amlich
f ∈ k(V ); f (P ) = 0, g(P ) = 0 ⊂ OV,P ⊂ k(V ). mP = g Theorem 3.6. Es gibt einen nat¨ urlichen Isomorphismus TP V ∼ = (mP /m2P )∗ := Homk (mP /m2P , k). Beweis. Es sei (k n )∗ der Dualraum von k n . Die Koordinaten x1 , . . . , xn sind Linearformen auf k n , also k¨onnen wir x1 , . . . , xn als Basis von (k n )∗ auffassen. Ist f ∈ k[x1 , . . . , xn ], so ist, da wir P = (0, . . . , 0) vorausgesetzt haben, (1)
fP =
n ∂f (0)xi ∈ (k n )∗ . ∂x i i=1
Wir erhalten also eine lineare Abbildung d : MP −→ (k n )∗ durch (1)
d(f ) := fP . Die Abbildung d ist surjektiv, da d(xi ) = xi und die xi eine Basis von (k n )∗ (1) sind. Ist f (P ) = 0, so ist fP = 0 genau dann, wenn f nur Terme der Ordnung mindestens 2 hat, also f ∈ MP2 gilt. Wir haben also gesehen, dass d einen Isomorphismus MP /MP2 ∼ = (k n )∗ induziert. Es sei nun V ⊂ Ank eine affine Variet¨at. Dann ist TP V ⊂ k n ein Unterraum. Diese Inklusion entspricht einer Surjektion (k n )∗ −→ (TP V )∗ , die darin besteht, dass eine Linearform λ auf TP V eingeschr¨ankt wird. Damit erhalten wir eine Surjektion D : MP /MP2 −→ (k n )∗ −→ (TP V )∗ .
KAPITEL 3. GLATTE PUNKTE UND DIMENSION
88 Wir behaupten, dass
ker(D) = MP2 + I(V ).
(3.2) Es gilt n¨amlich, dass (1)
(1)
f ∈ ker D ⇔ fP |TP V = 0 ⇔ fP =
(1)
f¨ ur Elemente gi ∈ I(V ).
ai gi,P
Da f ∈ MP , d. h. f (0) = 0, ist dies wiederum ¨aquivalent zu f− ai gi ∈ MP2 f¨ ur Elemente gi ∈ I(V ) ⇔ f ∈ MP2 + I(V ). Wegen (1) folgt nun ¯ P2 ∼ ¯ P /M M = (TP V )∗ . = MP /(MP2 + I(V )) ∼ Schließlich bleibt noch zu zeigen, dass (3.3)
¯ P2 ∼ ¯ P /M M = mP /m2P .
¯ P ⊂ mp induziert eine Inklusion Die Inklusion M ¯ 2 −→ mP /m2 . ¯ P /M ϕ:M p P Es bleibt zu zeigen, dass ϕ surjektiv ist. Dazu sei fg ∈ mP . Dann ist c := g(0) = 0 und f 1 1 f − =f − ∈ m2P , c g c g d. h. dass ϕ(f /c) = (f /g) ∈ mP /m2P . Aus (1) und (2) folgt mP /m2P ∼ = (TP V )∗ und die Behauptung folgt dann durch Dualisieren.
Korollar 3.7. Der Tangentialraum TP V h¨angt nur von einer Umgebung von P in V ab, d. h. ist f : V W eine birationale Abbildung, die eine Umgebung V0 von P isomorph auf eine Umgebung W0 von Q = f (P ) abbildet, dann gibt es einen Isomorphismus TP V ∼ = TP W . Beweis. Die birationale Abbildung f : V W definiert einen Isomorphismus f ∗ : k(W ) = k(W0 ) −→ k(V ) = k(V0 ), der regul¨are Funktionen in Q auf regul¨are Funktionen in P abbildet. Dies induziert einen Isomorphismus =
=
f¯∗ : mQ /m2Q −→ mP /m2P . (TQ W )∗
(TP V )∗ .
3.2. ALGEBRAISCHE CHARAKTERISIERUNG DER DIMENSION
89
Korollar 3.8. Sind V, W zueinander birational ¨aquivalente Variet¨aten, so gilt dim V = dim W . Definition. Es sei f : V → W ein Morphismus mit f (P ) = Q. Der durch Dualisieren der Abbildung f¯∗ : mQ /m2Q → mP /m2P erhaltene Homomorphismus df (P ) : TV,P −→ TW,Q . heißt das Differential des Morphismus f im Punkt P . Sind V und W glatte komplexe Variet¨aten, so u ¨berzeugt man sich leicht, dass diese Definition mit der u ¨blichen Definition des Differentials einer holomorphen Abbildung u ¨bereinstimmt. Theorem 3.9. Es sei V eine irreduzible affine Variet¨at. Dann gilt: dim V = tr degk k(V ). Beweis. V ist birational ¨aquivalent zu einer affinen Hyperfl¨ache, die notwendigerweise dieselbe Dimension und denselben Funktionenk¨orper hat. Dort hatten wir die Behauptung jedoch bereits gesehen. Korollar 3.10. F¨ ur jede affine Variet¨at V ist die Menge der glatten Punkte eine offene, dichte Teilmenge. Beweis. Dies entnimmt man entweder direkt aus Satz (3.4) und der Definition eines regul¨aren Punktes, oder man benutzt Korollar (3.7), um es auf den Hyperfl¨achenfall und damit Satz (3.2) zur¨ uckzuf¨ uhren. 3.2.1 Quasi-projektive Variet¨ aten. Schließlich betrachten wir noch den Fall von (quasi-)projektiven Variet¨aten. Definition. Es sei V eine quasi-projektive Variet¨at. Ein Punkt P ∈ V heißt ein glatter (oder regul¨arer ) Punkt von V , wenn es eine affine Umgebung U von P in V gibt, so dass P ein glatter Punkt von U ist. Aus Korollar (3.7) folgt sofort, dass dies dann f¨ ur alle affinen Umgebungen von P gilt. Auch in diesem Fall ist die Menge der glatten Punkte eine offene und dichte Teilmenge. Die Dimension einer quasi-projektiven Variet¨at ist wie folgt definiert. Zun¨achst sei V eine irreduzible projektive Variet¨at in Pnk , mit der affinen Standard¨ uberdeckung V = V0 ∪ · · · ∪ Vn . Wir k¨onnen annehmen, dass V in keiner Hyperebene Hi ⊂ Pnk enthalten ist. Dann folgt leicht, dass die Vi dieselbe Dimension haben, und wir nennen dies die Dimension von V . Die Dimension einer irreduziblen quasi-projektiven Variet¨at wird als die Dimension eines projektiven Abschlusses definiert (dies ist unabh¨angig vom gew¨ahlten Abschluss). F¨ ur beliebige (quasi-)projektive Variet¨aten wird die Dimension wieder als das Maximum der Dimensionen aller Komponenten definiert.
90
KAPITEL 3. GLATTE PUNKTE UND DIMENSION
3.2.2 Krulldimension. Man kann die Dimension von Variet¨aten auch auf andere Art einf¨ uhren. Hierauf soll im Folgenden kurz eingegangen werden. Da jede Variet¨at birational ¨aquivalent zu einer affinen Variet¨at ist, sei im Folgenden V stets eine irreduzible affine Variet¨at. Wir hatten bereits gesehen, dass Ank , und damit auch V , ein noetherscher topologischer Raum ist, d. h. jede Kette von irreduziblen abgeschlossenen Mengen hat endliche L¨ange l: (∗)
V = V0 V1 V2 . . . Vl = ∅.
Definition. Die Krulldimension kr dim V ist das Supremum u ¨ber die L¨angen aller absteigenden Ketten der Form (∗). Einer absteigenden Kette der Form (∗) entspricht eine aufsteigende Kette von Primidealen {0} I1 I2 . . . Il
(∗∗)
in dem Koordinatenring k[V ] = k[x1 , . . . , xn ]/I(V ). Definition. Es sei A ein Ring. (i) Die H¨ohe ht(I) eines Primideals ist das Supremum u ¨ber die L¨angen von Primidealketten I0 I1 I2 . . . Il = I. (ii) Die Krulldimension dim A von A ist das Supremum u ¨ber die H¨ohen ht(I) aller Primideale I = A. Damit ergibt sich aus dem oben Gesagten sofort die Beziehung kr dim(V ) = dim k[V ]. Aus der kommutativen Algebra ist folgender Satz bekannt. Theorem 3.11. Es sei A ein Integrit¨atsring, der eine endlich erzeugte k-Algebra ist. Dann gilt dim A = tr degk Quot(A). Beweis. [Ma, Ch. 5, §14].
Damit ergibt sich sofort das folgende Korollar 3.12. Ist V eine irreduzible affine Variet¨at, so gilt kr dim V = tr degk k(V ) = dim V. Beweis. Sofort aus Obigem und Theorem (3.9). Man kann die Dimension auch mit Hilfe der lokalen Ringe OV,P beschreiben.
3.2. ALGEBRAISCHE CHARAKTERISIERUNG DER DIMENSION
91
Satz 3.13. F¨ ur alle Punkte P ∈ V gilt dim OV,P = dim k[V ]. Beweis. Dies folgt aus den “going-up” und “going-down” S¨atzen von Cohen– Seidenberg. F¨ ur Einzelheiten siehe [AM, Theorem 11.25]. Wir ben¨otigen schließlich noch folgendes Ergebnis aus der kommutativen Algebra. Satz 3.14. Es sei (A, m) ein noetherscher lokaler Ring mit Restklassenk¨orper k = A/m. Dann gilt stets dimk (m/m2 ) ≥ dim A.
Beweis. [Ma, S. 78]
Bemerkung 3.15. Im geometrischen Fall, d. h. f¨ ur den lokalen Ring OV,P , folgt diese Aussage auch aus Satz (3.3), Theorem (3.6) und Satz (3.13). Definition. Ein noetherscher lokaler Ring (A, m) heißt ein regul¨arer lokaler Ring, wenn dimk (m/m2 ) = dim A gilt. Korollar 3.16. Ein Punkt P ∈ V ist genau dann glatt, wenn OV,P ein regul¨arer Ring ist. Beweis. Ein Punkt P ist nach Theorem (3.6) genau dann ein glatter Punkt, wenn gilt dimk (m/m2 ) = dim V = dim k[V ] = dim OV,P . 3.2.3 Aufl¨ osung von Singularit¨ aten. Der bereits fr¨ uher beschriebene Begriff der Aufblasung kann dazu benutzt werden, um Singularit¨aten aufzul¨osen“. ” Wir betrachten dazu 2 2 ˜ = V −→ A , π: A k k wobei V = {((x, y), (t0 : t1 )) ∈ A2k × P1k ; xt1 − yt0 = 0} und π die Projektion auf A2k ist. Beispiel 3.17. Wir hatten schon fr¨ uher die Kurve C : y 2 = x3 + x 2 betrachtet, die im Ursprung eine Singularit¨at hat und hatten gesehen, dass π −1 (C) = C˜ + 2E
92
KAPITEL 3. GLATTE PUNKTE UND DIMENSION E
C˜
π
(0, 0)
A2k
C
Bild 3: Aufl¨osung der Singularit¨at der Kubik C
ist, wobei E die exzeptionelle Gerade ist. Hierbei bedeutet die Schreibweise 2E, dass die mittels π zur¨ uckgezogene Gleichung von C auf dem exzeptionellen Divisor E mit Vielfachheit 2 verschwindet. Genauer hatten wir gezeigt, dass auf der offenen Teilmenge V0 von V gilt π −1 (C) ∩ V0 = {x2 (x + 1 − t21 ) = 0}, wobei C˜ durch x + 1 − t21 gegeben wird. Dann ist C˜ glatt und schneidet E transversal in zwei Punkten. Beispiel 3.18. Betrachten wir nun C : y 2 = x3 . Setzen wir y = xt1 , so ergibt sich π −1 (C ) ∩ V0 = {x2 (t21 − x) = 0}, also
π −1 (C ) = C˜ + 2E,
wobei C˜ durch t21 − x = 0 gegeben wird, also ebenfalls glatt ist. In beiden F¨allen ist also die sogenannte strikte Transformierte der urspr¨ unglichen singul¨aren Kurve glatt. Hierbei ist die strikte Transformierte einer Kurve C als der Abschluss von π −1 (C\{(0, 0)}) definiert.
3.2. ALGEBRAISCHE CHARAKTERISIERUNG DER DIMENSION
93
Im Allgemeinen wird die strikte Transformierte einer Kurve nicht unbedingt glatt sein. Man kann jedoch zeigen, dass durch iteriertes Aufblasen jede Kurvensingularit¨at aufgel¨ost“ werden kann. Ein sehr tiefliegender Satz von Hironaka besagt, ” dass, zumindest in Charakteristik 0, jede Variet¨at durch sukzessives Aufblasen glatt gemacht werden kann. Dieses Ergebnis auch in positiver Charakteristik zu beweisen, ist ein noch offenes Problem.
¨ Ubungsaufgaben zu Kapitel 3 3.1 F¨ ur welche Werte von (λ : μ) ∈ P1C ist die Kurve E(λ:μ) :
(λ + μ)y 2 z − (λ + μ)x3 − μxz 2 = 0
singul¨ar? Skizzieren Sie diese singul¨aren Kurven (¨ uber R). 3.2 Bestimmen Sie die singul¨aren Punkte der Steinerschen Fl¨ache {x20 x21 + x20 x22 + x21 x22 − x0 x1 x2 x3 = 0} ⊂ P3C . 3.3 Es sei C = {(x : y : z) ∈ P3C ; x2 y 2 + y 2 z 2 + z 2 x2 = 0}. (a) Berechnen Sie die Singularit¨aten von C. (b) Zeigen Sie, dass C rational ist. (Hinweis: Wenden Sie die CremonaTransformation an.) 3.4 Zeigen Sie: Ist X ⊂ Pnk eine Hyperfl¨ache vom Grad d > 1, die einen linearen Unterraum der Dimension r ≥ n/2 enth¨alt, dann ist X singul¨ar. (Hinweis: Der Durchschnitt von n Hyperfl¨achen in Pnk ist nicht leer.) 3.5 Gegeben sei der Morphismus ϕ : A1k → A4k , t → (t4 , t5 , t6 , t7 ). Zeigen Sie, dass X = ϕ(A1k ) eine algebraische Kurve ist und berechnen Sie den Tangentialraum T0 X von X im Ursprung. Schließen Sie hieraus, dass X nicht zu einer Kurve in A3k isomorph ist. 3.6 Sind die beiden folgenden algebraischen Mengen isomorph: X = {xy = xz = yz = 0},
Y = {z = xy(x + y) = 0}?
KAPITEL 3. GLATTE PUNKTE UND DIMENSION
94
der 3.7 Es sei X ⊂ Pnk eine irreduzible projektive Variet¨at und X a ⊂ An+1 k zugeh¨orige affine Kegel (vgl. Abschnitt 2.2.1). Zeigen Sie, dass f¨ ur die Dimension dim X a = dim X + 1 gilt. 3.8 Gegeben seien die folgenden singul¨aren ebenen Kurven in A2C : (a) x2 + y n = 0, n ≥ 2, (b) x3 + y 4 = 0, (c) x3 + y 5 = 0, (d) x2 y + xy 2 − x4 − y 4 = 0, (e) xy − x6 − y 6 = 0. Bestimmen Sie das eigentliche Urbild dieser Kurven unter der Aufblasung ˜ 2 → A2 . Was k¨onnen Sie u π : A ¨ber die Singularit¨aten der eigentlichen k k Urbilder aussagen? 3.9 Es sei V = {((x1 , . . . , xn ), (t1 : . . . : tn )) ∈ Ank × Pn−1 ; xi tj − xj ti = 0, k 1 ≤ i, j ≤ n}. (a) Zeigen Sie, dass V eine glatte Variet¨at der Dimension n ist, und dass die Projektion π : V → Ank eine birationale Abbildung ist. (b) Bestimmen Sie die Fasern von π. ˜ n die Aufblasung von An im Nullpunkt.) (Man nennt V = A k k 3.10
(a) Berechnen Sie die Singularit¨aten der Quadrik Q = {x21 − x2 x3 = 0} ⊂ A3k . ˜ 3 → A3 die Aufblasung von A3 im Ursprung (siehe Auf(b) Es sei π : A k k k ˜ 3, ˜ = π −1 (Q\{0}) ⊂ A gabe (3.9)). Bestimmen Sie das eigentliche Urbild Q k ˜ ˜ und beschreiben Sie den Durchschnitt Q ∩ E von Q mit dem exzeptionellen Divisor E = π −1 (0).
Kapitel 4 Ebene kubische Kurven Wir wollen in diesem Abschnitt die ebenen kubischen Kurven klassifizieren und zeigen, dass eine irreduzible ebene Kubik genau dann rational ist, wenn sie singul¨ar ist. Im letzten Abschnitt beschreiben wir die Gruppenstruktur auf einer glatten kubischen Kurve. Wir setzen in diesem Kapitel voraus, dass die Charakteristik von k verschieden von 2 und 3 ist.
4.1
Ebene Kurven
Ist 0 = f ∈ k[x0 , x1 , x2 ] ein homogenes Polynom vom Grad d ≥ 1, so ist C := {(x0 : x1 : x2 ); f (x0 , x1 , x2 ) = 0} ⊂ P2k eine projektive Variet¨at der Dimension 1. Wir nennen dann C eine ebene Kurve. Offensichtlich bestimmen f und cf , c ∈ k ∗ dieselbe Kurve C. Anders als bisher wollen wir aber zwischen Kurven, die durch f und etwa Potenzen von f gegeben sind, unterscheiden. Damit erhalten wir eine Bijektion 1:1
{ebene Kurven vom Grad d} ←→ P(k d [x0 , x1 , x2 ]).
D. h. die ebenen Kurven bilden einen projektiven Raum der Dimension d+2 − 1. 2 Der Raum der Geraden, d. h. der projektiven Kurven vom Grad 1, ist die duale projektive Ebene (P2k )∗ . Falls f keine mehrfachen Faktoren besitzt, so ist nach unserer fr¨ uheren Definition ein Punkt P genau dann ein singul¨arer Punkt, wenn ∂f (P ) = 0, i = 0, 1, 2. f (P ) = 0; ∂xi Wegen der Eulerschen Beziehung ∂f d·f = xi ∂xi K. Hulek, Elementare Algebraische Geometrie, DOI 10.1007/978-3-8348-2348-9_5, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2000, 2012
KAPITEL 4. EBENE KUBISCHE KURVEN
96
ist im Fall, dass char(k) = 0 oder char(k) > d ist, P genau dann ein singul¨arer ∂f (P ) = 0 f¨ ur i = 0, 1, 2 gilt. Wir u Punkt, wenn ∂x ¨bernehmen diese Definition i auch f¨ ur den Fall, dass f mehrfache Faktoren hat. Dann kann es aber passieren, dass C keine glatten Punkte besitzt, wie etwa das Beispiel {x20 = 0} zeigt. Das Polynom f besitzt eine Zerlegung in irreduzible Faktoren f = f1d1 · . . . · frdr , die bis auf Permutationen und konstante Faktoren eindeutig bestimmt ist. Mit Ci = {fi = 0} schreiben wir dann C = d1 C1 + . . . + dr Cr und nennen die Ci die irreduziblen Komponenten von C. Hat f keine mehrfachen Komponenten, so entspricht dies genau unserer fr¨ uheren Zerlegung in irreduzible Komponenten. Ist P ∈ C, so definieren wir den Tangentialraum an C in P durch 2 " ∂f (P )xi = 0 ⊂ P2k . TP C = ∂x i i=0 Dann ist P genau dann glatt, wenn TP C eine Gerade ist. Dies ist der projektive Abschluss des fr¨ uher definierten affinen Tangentialraums. Ist A ∈ Gl(3, k), so f¨ uhrt die durch A gegebene lineare Abbildung k 3 → k 3 Geraden durch den Ursprung wieder in Ursprungsgeraden u ¨ber. Damit induziert A eine projektive Transformation ϕ = ϕA : P2k −→ P2k . Wir sagen, dass zwei Kurven C und C projektiv ¨aquivalent sind, wenn es eine Koordinatentransformation A ∈ Gl(3, k) gibt, so dass die definierenden Gleichungen f und f ineinander transformiert werden. Lemma 4.1. Es sei C eine ebene Kubik, die in drei Geraden zerf¨allt. Dann ist C projektiv ¨aquivalent zu einer der folgenden Kurven (i) C = {x0 x1 x2 = 0} (ii) C = {x0 x1 (x0 + x1 ) = 0} (iii) C = {x20 x1 = 0} (iv) C = {x30 = 0}. Beweis. Nach Voraussetzung ist C = l1 ∪ l2 ∪ l3 , wobei die Geraden li als Punkte li ∈ (P2k )∗ aufgefasst werden k¨onnen. Wir haben folgende F¨alle:
¨ 4.2. SCHNITTMULTIPLIZITATEN
97
(i) Die drei Geraden li sind alle verschieden und schneiden sich nicht in einem Punkt. Dies ist ¨aquivalent dazu, dass l1 , l2 , l3 ∈ (P2k )∗ nicht auf einer Geraden liegen. Da Gl(3, k) je zwei 3-Tupel von Punkten in allgemeiner Lage in (P2k )∗ ineinander u uhrt, folgt, dass C projektiv ¨aquivalent zu {x0 x1 x2 = 0} ist. ¨berf¨ (ii) Die drei Geraden sind verschieden und schneiden sich in einem Punkt. Dann sind die Punkte li ∈ (P2k )∗ verschieden, liegen aber auf einer Geraden. Die Behauptung folgt dann, da Gl(3, k) transitiv auf P2k operiert und Gl(2, k) 3-fach transitiv auf (P1k )∗ operiert, also jedes Tripel paarweise verschiedener Punkte in jedes andere solche Tripel abgebildet werden kann. (iii) l1 = l2 = l3 . Dies gibt Fall (iii). (iv) l1 = l2 = l3 . Dies gibt Fall (iv).
(i)
(ii)
(iii)
(iv)
Bild 1: Typen von ebenen Kubiken, die in drei Geraden zerfallen
4.2
Schnittmultiplizit¨ aten
Wir betrachten ebene Kurven C = {f = 0} und C = {g = 0} und setzen zun¨achst voraus, dass C und C keine gemeinsamen Komponenten besitzen. Definition. Die Schnittmultiplizit¨at von C und C im Punkt P ∈ P2k ist definiert durch IP (C, C ) := dimk OP2k ,P /(f, g). Lemma 4.2.
IP (C, C ) ≥ 1 ⇔ P ∈ C ∩ C .
KAPITEL 4. EBENE KUBISCHE KURVEN
98
Beweis. Ist P ∈ C ∩ C , etwa P ∈ C, so ist f eine Einheit in OP2k ,P , also (f, g) = OP2k ,P , d. h. dimk OP2 ,P /(f, g) = 0. Ist umgekehrt P ∈ C ∩ C , so ist f, g ∈ mP , d. h. (f, g) ⊂ mP , also dimk OP2k ,P /(f, g) ≥ dimk OP2k ,P /mP = 1. Es sei L ⊂ P2k eine Gerade durch P . Wir k¨onnen annehmen, dass P = (0 : 0 : 1) und L = {x1 = 0}. Wir betrachten f in affinen Koordinaten f = f (x, y). Die Gerade L ist gegeben durch {y = 0}. Also ist IP (C, L) = dimk OP2k ,P /(f, x1 ) = dimk OA2k ,0 /(f, y). Dies zeigt, dass IP (C, L) = multP (f |L ). Wir sehen auch, dass L ⊂ TP C ⇔ IP (C, L) ≥ 2. Definition. Die Kurven C und C schneiden sich transversal in P ∈ C ∩ C , wenn TP C ∩ TP C = {P } ist. Dies bedeutet, dass C und C in P glatt sind und verschiedene Tangenten besitzen. Das folgende Lemma ist eine Version des Nakayama-Lemmas: Lemma 4.3. Es sei V eine quasi-projektive Variet¨at und P ∈ V . Falls die Elemente f1 , . . . , fr ∈ mP den k-Vektorraum mP /m2P erzeugen, so erzeugen sie bereits das Ideal mP . Beweis. Wir k¨onnen zun¨achst annehmen, dass V affin ist. Wir setzen B := OV,P und A := mP /(f1 , . . . , fr ). Ist P = (a1 , . . . , an ), so erzeugen die Restklassen von x1 − a1 , . . . , xn − an den Modul A u ¨ber B. Nach dem Nakayama-Lemma (1.15) gilt entweder A = 0 oder mP A = A. Nach Voraussetzung gilt nun aber mP A = ((f1 , . . . , fr ) + m2P )/(f1 , . . . , fr ) = mP /(f1 , . . . , fr ) = A und damit A = 0, d. h. mP = (f1 , . . . , fr ).
Lemma 4.4. Zwei Kurven C und C schneiden sich genau dann transversal in P , wenn IP (C, C ) = 1. Beweis. Wir k¨onnen annehmen, dass P = (0 : 0 : 1) ist, und rechnen in affinen Koordinaten x, y. Da P ∈ C ∩ C , ist (f, g) ⊂ mP , und IP (C, C ) = 1 ist ¨aquivalent dazu, dass (f, g) = mP . Dann m¨ ussen aber die Linearteile von f und g den 2-dimensionalen Vektorraum mP /m2P aufspannen, insbesondere also linear unabh¨angig sein. Nehmen wir umgekehrt an, dass sich C und C in P
¨ 4.2. SCHNITTMULTIPLIZITATEN
99
transversal schneiden, so k¨onnen wir nach einer eventuellen Koordinatentransfor(1) (2) mation annehmen, dass fP = x, fP = y. Dann zeigt man entweder elementar sofort, dass f und g das Ideal mP erzeugen, oder man kann das eben formulierte Nakayama-Lemma benutzen. L¨asst man die Voraussetzung, dass C und C keine gemeinsamen Komponenten haben, weg, so kann man immer noch die lokale Schnittmultiplizit¨at IP (C, C ) definieren. Diese nimmt allerdings den Wert ∞ an, falls P auf einer gemeinsamen Komponente von C und C liegt. Beispiel 4.5. Wir betrachten wieder die Neilsche Parabel C = {z02 z2 − z13 = 0} bzw. in lokalen Koordinaten um P = (0 : 0 : 1): C = {x2 − y 3 = 0}. Es seien L1 = {z0 = 0} und L2 = {z1 = 0}. Dann gilt IP (C, L1 ) = dimk OP2k ,P /(x2 − y 3 , x) = dimk OP2k ,P /(x, y 3 ) = 3 sowie IP (C, L2 ) = dimk OP2k ,P /(x2 − y 3 , y) = dimk OP2k ,P /(x2 , y) = 2.
Bild 2: Schnittverhalten der Neilschen Parabel mit den Koordinatenachsen Satz 4.6. Es sei C ∈ P2k eine Kurve vom Grad d und L eine Gerade, die nicht in C enthalten ist. Dann schneiden sich C und L in d Punkten, d. h. IP (C, L) = d. P
KAPITEL 4. EBENE KUBISCHE KURVEN
100
Beweis. Es sei C = {f = 0}, wobei f = f (x0 , x1 , x2 ) ein homogenes Polynom vom Grad d ist, und L = {x2 = 0}. Dann ist f |L = f (x0 , x1 , 0) = a0 xd0 + a1 x0d−1 x1 + . . . + ad xd1 ein homogenes Polynom in zwei Variablen vom Grad d. Wir k¨onnen nun noch annehmen, dass (1 : 0) ∈ L keine Nullstelle von f |L ist. Dann m¨ ussen wir nach der Bemerkung nach Lemma (4.2) die Nullstellen des Polynoms f (x) = a0 xd + a1 xd−1 + . . . + ad mit Vielfachheiten z¨ahlen. Nach dem Fundamentalsatz der Algebra sind dies genau d St¨ uck. Theorem 4.7. (B´ ezout): Es seien C und C zwei ebene Kurven vom Grad d bzw. d , die keine gemeinsame Komponente besitzen. Dann schneiden sich C und C in dd Punkten, d. h. IP (C, C ) = dd . C.C := P
Wir werden diesen Satz im Folgenden nicht anwenden, kommen aber sp¨ater auf den Beweis zur¨ uck. Wir kehren nun zur Klassifikation der ebenen Kurven zur¨ uck. Wir erinnern zun¨achst an die projektive Klassifikation der Kegelschnitte. Jede homogene quadratische Gleichung kann in der Form q(x0 , x1 , x2 ) = qA (x0 , x1 , x2 ) = xA tx mit x = (x0 : x1 : x2 ) und A = tA ∈ Mat(3 × 3, k) geschrieben werden. Die einzige Invariante modulo Koordinatenwechsel ist der Rang der Matrix und wir erhalten ¨ bis auf Aquivalenz die folgenden F¨alle: (i) q(x0 , x1 , x2 ) = x20 + x21 + x22 (glatter Kegelschnitt), √ √ (ii) q(x0 , x1 , x2 ) = x20 + x21 = (x0 + −1x1 )(x0 − −1x1 ) (Geradenpaar), (iii) q(x0 , x1 , x2 ) = x20 (Doppelgerade). Wir bemerken noch, dass der Kegelschnitt x20 + x21 + x22 = 0 projektiv ¨aquivalent zu x0 x2 − x21 = 0 ist. Satz 4.8. Es sei C eine ebene Kubik, die in einen irreduziblen Kegelschnitt (d. h. eine Kurve vom Grad 2) und eine Gerade zerf¨allt. Dann ist C projektiv ¨aquivalent zu einer der beiden folgenden Kurven: (i) C = {(x0 x2 − x21 )x1 = 0} (ii) C = {(x0 x2 − x21 )x0 = 0}.
¨ 4.2. SCHNITTMULTIPLIZITATEN
101
Beweis. Nach Voraussetzung ist C = C0 + L wobei C0 ein irreduzibler Kegelschnitt und L eine Gerade ist. Der Kegelschnitt C0 ist durch eine irreduzible Quadrik {q(x0 , x1 , x2 ) = 0} gegeben. Nach dem Satz u ¨ber die Hauptachsentransformation ist C0 zu dem Kegelschnitt {x0 x2 − x21 = 0} projektiv ¨aquivalent. Nach Satz (4.6) schneidet die Gerade L den Kegelschnitt in zwei Punkten. Da C0 glatt ist, haben wir die folgenden zwei M¨oglichkeiten: (i) L schneidet C0 transversal in zwei Punkten, (ii) L ist Tangente an C0 in einem Punkt P0 . Wir erhalten die Kurve C0 als das Bild von P1k unter der Abbildung ϕ:
P1k −→ C0 ⊂ P2k . (t0 : t1 ) −→ (t20 : t0 t1 : t21 )
Eine Koordinatentransformation t0 → at0 + bt1 , t1 → ct0 + dt1 induziert eine Abbildung t20 − → a2 t20 + 2abt0 t1 + b2 t21 t0 t1 − → act20 + (ad + bc)t0 t1 + bdt21 t21 − → c2 t20 + 2cdt0 t1 + d2 t21 . Die Matrix
⎛
⎞ 2ab b2 a2 ⎝ ac (ad + bc) bd ⎠ c2 2cd d2
definiert also eine Koordinatentransformation auf P2k , die den Kegelschnitt C0 invariant l¨asst. Durch Operation mit einer geeigneten Matrix ( ac db ) k¨onnen wir erreichen, dass die beiden Schnittpunkte L ∩ C0 (bzw. der Schnittpunkt L ∩ C0 ) auf die beiden Punkte (1 : 0 : 0) und (0 : 0 : 1) (bzw. den Punkt (0 : 0 : 1)) abgebildet werden. Dies gibt die F¨alle (i) und (ii).
(0 : 0 : 1) (1 : 0 : 0)
(0 : 0 : 1)
Bild 3: Ebene Kubiken, die in einen Kegelschnitt und eine Gerade zerfallen
Wir klassifizieren nun als N¨achstes die singul¨aren irreduziblen Kubiken.
KAPITEL 4. EBENE KUBISCHE KURVEN
102
Satz 4.9. Es sei C eine irreduzible singul¨are Kubik. Dann besitzt C genau eine Singularit¨at und ist projektiv ¨aquivalent zu einer der beiden folgenden Kurven (i) C = {x21 x2 − x30 − x20 x2 = 0} (ii) C = {x2 x21 − x30 = 0}. Von beiden Kurven hatten wir auch schon gesehen, dass sie rational sind.
(i) Ebene Kubik mit einem gew¨ ohnlichen Doppelpunkt
(ii) Ebene Kubik mit einer Spitze
Bild 4: Ebene Kubiken mit Singularit¨aten
Beweis. Die Kurve C kann h¨ochstens eine Singularit¨at besitzen. Ansonsten w¨ urde die Gerade, die zwei Singularit¨aten verbindet, die Kurve C in mindestens vier Punkten (richtig gez¨ahlt) schneiden, was Satz (4.6) widerspr¨ache. Wir k¨onnen nun annehmen, dass die Singularit¨at von C im Punkt P = (0 : 0 : 1) liegt. F¨ ur die Gleichung f von C bedeutet dies, dass sie die Form f = x2 q(x0 , x1 ) + bx30 + cx20 x1 + dx0 x21 + ex31 hat. Dabei ist q(x0 , x1 ) ≡ 0, da sonst f nach dem Fundamentalsatz der Algebra in drei Linearformen zerfallen w¨ urde. Wiederum nach dem Fundamentalsatz der Algebra zerf¨allt q in Linearformen q(x0 , x1 ) = l0 (x0 , x1 )l1 (x0 , x1 ). 1. Fall: l0 (x0 , x1 ) = c l1 (x0 , x1 ). In diesem Fall k¨onnen wir nach einer Koordinatentransformation annehmen, dass l0 (x0 , x1 ) = x0 ,
l1 (x0 , x1 ) = x1 .
D. h. f hat die Form f = x2 x0 x1 + b x30 + c x20 x1 + d x0 x21 + e x31 .
4.3. KLASSIFIKATION GLATTER KUBIKEN
103
Nun ist b e = 0, da f sonst zerf¨allt. Die Koordinatentransformation x2 = βγ(x2 − 6x0 ) +
c d (x0 + x1 ) + (x0 − x1 ) β γ
1 x0 = − (x0 + x1 ) β 1 x1 = − (x0 − x1 ) γ mit β 3 = b , γ 3 = e ergibt f = x2 ((x0 )2 − (x1 )2 ) − 8(x0 )3 . Dies ist offensichtlich projektiv ¨aquivalent zu x21 x2 − x20 x2 − x30 . 2. Fall: l0 (x0 , x1 ) = c l1 (x0 , x1 ). Hier k¨onnen wir l0 (x0 , x1 ) = l1 (x0 , x1 ) = x1 annehmen und erhalten so f = x2 x21 + b x30 + c x20 x1 + d x0 x21 + e x31 . urde. Setzt man nun Es ist b = 0, da sonst der Faktor x1 abspalten w¨ x0 = x0 −
c x1 , 3b
so erh¨alt man f = x2 x21 + b (x0 )3 + d x0 x21 + e x31 ,
b = 0.
Mittels x2 = −b x2 − d x0 − e x1 geht dies u ¨ber in f = −b (x2 x21 − (x0 )3 ) und dies ist offensichtlich projektiv ¨aquivalent zu x2 x21 − x30 .
4.3
Klassifikation glatter Kubiken
Hierzu ben¨otigen wir zun¨achst den Begriff des Wendepunkts. Die Klassifikation ebener Kubiken beruht darauf, dass jede solche Kurve einen Wendepunkt besitzt. Definition. Ein glatter Punkt P ∈ C heißt ein Wendepunkt von C, falls IP (C, TP C) ≥ 3. In diesem Fall heißt TP C eine Wendetangente von C.
KAPITEL 4. EBENE KUBISCHE KURVEN
104
Es sei nun C = {f = 0} eine ebene Kurve. Wir betrachten die Hessesche von C: 2 ∂ f . Hf := det ∂xi ∂xj 0≤i,j≤2 Dann ist, falls Hf nicht identisch verschwindet, Hf ein homogenes Polynom vom Grad 3(d − 2). Es sei H = {Hf = 0} ⊂ P2k . Ist d = 2, so kann H leer sein. Ansonsten ist H entweder P2k oder eine ebene Kurve vom Grad 3(d − 2), die sogenannte Hessesche Kurve von C. Satz 4.10. Es sei C eine glatte ebene Kurve vom Grad d ≥ 3. Ferner sei (char(k), d − 1) = 1. Dann ist H ∩ C genau die Menge der Wendepunkte von C. Beweis. Wir u ¨berlegen zun¨achst, wie sich die Aussage bei Koordinatenwechsel verh¨alt. Es sei ⎛ ⎞ ⎞ ⎛ x0 x0 A : ⎝ x1 ⎠ −→ A ⎝ x1 ⎠ , A ∈ Gl(3, k). x2 x2 Dies f¨ uhrt ein Polynom f ∈ k[x0 , x1 , x2 ] in ein Polynom f ∗ u ¨ber. Mit Hilfe der Kettenregel rechnet man leicht nach, dass Hf ∗ = (det A)2 (Hf )∗ ist. Die Aussage ist also invariant gegen¨ uber Koordinatenwechsel. Daher k¨onnen wir nun annehmen, dass P = (0 : 0 : 1) und TP C = {x1 = 0}. Wie u ¨blich rechnen wir mit den affinen Koordinaten x = x0 /x2 und y = x1 /x2 . Dann gilt f (x, y) = y(a + bx + cy + g(x, y)) + ex2 + h(x), wobei g(x, y) mindestens quadratische Terme besitzt, und alle Terme von h von Ordnung ≥ 3 sind. Ferner sind a, b, c, e ∈ k mit a = 0. In homogenen Koordinaten bedeutet dies d−2 2 d−2 2 f (x0 , x1 , x2 ) = ax2d−1 x1 + bxd−2 2 x0 x1 + cx2 x1 + ex2 x0 + Terme, die x0 , x1 mit Ordnung ≥ 3 enthalten.
Also gilt ⎛
⎞ 2e b 0 2c (d − 1)a ⎠ = −2ea2 (d − 1)2 . Hf (0 : 0 : 1) = det ⎝ b 0 (d − 1)a 0
4.3. KLASSIFIKATION GLATTER KUBIKEN
105
Da (char(k), d − 1) = 1 und a = 0, gilt Hf (0 : 0 : 1) = 0 ⇔ e = 0. Nun gilt OP2k ,P /(f, x1 ) = OA2k ,0 /(ex2 + h(x), y) , also IP (C, TP C) ≥ 3 ⇔ e = 0 ⇔ P ∈ H. Bemerkung 4.11. Wie man dem Beweis entnimmt, kann man daraus die folgende, etwas sch¨arfere Aussage herleiten: Es sei C eine ebene, nicht notwendig glatte, Kurve und P ein glatter Punkt von C. Dann ist C genau dann ein Wendepunkt, wenn P ∈ H ist. Wir m¨ochten nun die Existenz mindestens eines Wendepunktes f¨ ur eine glatte Kurve vom Grad d ≥ 3 zeigen. Zur Vorbereitung ben¨otigen wir Lemma 4.12. Zwei ebene Kurven C und C haben stets nicht-leeren Durchschnitt. Beweis. Es sei C eine Kurve vom Grad d. Dann betrachten wir die VeroneseAbbildung d+2 2 N vd : Pk −→ Pk , N = − 1, 2 die durch vd (x0 : x1 : x2 ) = (xd0 : x0d−1 x1 : . . . : xd2 ) = (. . . : xI : . . .)I∈Λd gegeben wird, wobei Λd := {(i0 , i1 , i2 ) ∈ N30 ; i0 + i1 + i2 = d} . Wir und xI = x(i0 ,i1 ,i2 ) = xi00 xi11 xi22 ist. Man rechnet leicht nach, dass |Λd | = d+2 2 bezeichnen die Koordinaten von PN k mit zI , I ∈ Λd . Wie im Fall der Segreabbildung rechnet man leicht nach, dass vd eine Einbettung ist, deren Bild durch die Gleichungen zI zJ = zK zL (I + J = K + L) gegeben wird. Es sei f eine Gleichung von C vom Grad d. Diese k¨onnen wir in folgender Form schreiben f= aI x I . I∈Λd
KAPITEL 4. EBENE KUBISCHE KURVEN
106
In PN k betrachten wir die Hyperebene H= aI zI = 0 . Dann gilt vd (C) = vd (P2k ) ∩ H. Dieses Argument zeigt, dass P2k \ C affin ist. W¨are C ∩ C = ∅, so w¨are C ⊂ P2k \ C ⊂ AN k . Da C nicht aus einem Punkt besteht, gibt es eine Koordinatenfunktion N w auf Ak , die durch Einschr¨ankung eine nicht-konstante regul¨are Funktion auf C liefert. Dies widerspricht Theorem (2.19). Korollar 4.13. Jede glatte Kurve C vom Grad d ≥ 3 mit (char(k), d − 1) = 1 besitzt mindestens einen Wendepunkt. Beweis. Nach Lemma (4.12) ist C ∩ H = ∅. Damit folgt die Aussage aus dem eben bewiesenen Satz (4.10). Bemerkung 4.14. Die Aussage von Korollar (4.13) gilt allgemeiner f¨ ur jede glatte Kurve vom Grad d ≥ 3 u ¨ber einem algebraisch abgeschlossenen K¨orper k. Wir werden dieses Korollar jedoch im Folgenden nur f¨ ur Kubiken verwenden. Da wir char(k) = 2, 3 annehmen, ist die Voraussetzung des Korollars dann stets erf¨ ullt. Man kann Korollar (4.13) nat¨ urlich auch aus dem Satz von B´ezout herleiten. Genauer kann man sogar zeigen, dass 1 ≤ #Wendepunkte ≤ 3d(d − 2). Wir hatten bereits fr¨ uher die Weierstraßsche Form einer Kubik betrachtet, die in affinen Koordinaten durch y 2 = 4x3 − g2 x − g3 gegeben ist. Wir betrachten die zugeh¨orige projektive Kurve Cg2 ,g3 :
x0 x22 − 4x31 + g2 x1 x20 + g3 x30 = 0,
wobei der Zusammenhang zwischen den homogenen und den inhomogenen Koordinaten durch x = xx10 und y = xx20 gegeben ist. Die Diskriminante von Cg2 ,g3 ist definiert durch Δ := g23 − 27g32 . Satz 4.15. Cg2 ,g3 ist genau dann glatt, wenn Δ = 0.
4.3. KLASSIFIKATION GLATTER KUBIKEN
107
Beweis. Wir betrachten f (x0 , x1 , x2 ) = x0 x22 − 4x31 + g2 x1 x20 + g3 x30 und die partiellen Ableitungen (1) (2) (3)
∂f = x22 + 2g2 x1 x0 + 3g3 x20 , ∂x0 ∂f = −12x21 + g2 x20 , ∂x1 ∂f = 2x0 x2 . ∂x2
Wegen der Euleridentit¨at 3f =
2 ∂f xi ∂xi i=0
ist ein Punkt P genau dann eine Singularit¨at von Cg2 ,g3 , wenn die Terme (1) – (3) alle verschwinden. Aus (3) folgt zun¨achst, dass x0 = 0 oder x2 = 0 ist. Ist x0 = 0, so folgt aus (2), dass x1 = 0, also ist P = (0 : 0 : 1). Dies ist allerdings niemals ein singul¨arer ∂f Punkt, da ∂x (P ) = 1 = 0 ist. Es sei nun x2 = 0. Dann werden (1) und (2) zu 0 (1) (2)
2g2 x1 x0 + 3g3 x20 = 0 −12x21 + g2 x20 = 0.
Ist g2 = g3 = 0, so ist P = (1 : 0 : 0) ein singul¨arer Punkt. Falls g3 = 0, g2 = 0, schließt man aus (1) , da x0 = 0 bereits behandelt wurde, dass x1 = 0. Aber der Punkt P = (1 : 0 : 0) ist wegen (2) ein glatter Punkt. Ist g2 = 0, g3 = 0, so folgt aus (1) , dass x0 = 0, was wir bereits behandelt haben. Es sei nun g2 g3 = 0, und wir k¨onnen x0 = 0 annehmen. Wegen (2) k¨onnen wir auch x1 = 0 voraussetzen. Aus (1) erhalten wir 2 g2 x1 . x0 = − 3 g3 Einsetzen in (2) ergibt −12x21 +
4 g23 2 x = 0. 9 g32 1
Diese Gleichung hat genau dann eine nicht-triviale L¨osung, wenn −12 +
4 g23 = 0 ⇔ Δ = 0. 9 g32
KAPITEL 4. EBENE KUBISCHE KURVEN
108
Satz 4.16. Es sei C eine glatte Kubik. Dann ist C projektiv ¨aquivalent zu einer Kurve Cg2 ,g3 . Beweis. Nach Korollar (4.13) besitzt C einen Wendepunkt P . Wir k¨onnen annehmen, dass P = (0 : 0 : 1), und dass die Wendetangente gleich {x0 = 0} ist. Dies bedeutet, dass die Gleichung f von C eingeschr¨ankt auf {x0 = 0} in (0 : 0 : 1) eine dreifache Nullstelle hat, also nach eventueller Multiplikation mit einem Skalar f = −x31 + x0 (ax20 + bx21 + cx22 + dx0 x1 + ex0 x2 + gx1 x2 ). Da C in (0 : 0 : 1) glatt ist, gilt c = 0. Setzt man √ 1 x2 = ( cx2 + √ (ex0 + gx1 )), 2 c so geht f u ¨ber in f = x0 (x2 )2 − (x31 + b x21 x0 + d x1 x20 + a x30 ) mit b =
g2 − b, 4c
Mittels
d =
eg − d, 2c
a =
e2 − a. 4c
1 x1 = x1 + b x0 3
geht f u ¨ber in f = x0 (x2 )2 − ((x1 )3 + d x1 x20 + a x30 ) mit a = a − Setzt man schließlich
1 3 1 (b ) − b d , 27 3
d = d − (b )2 .
1 x1 = √ x1 3 4
erhalten wir die Weierstraßsche Normalform f = x0 (x2 )2 − (4(x1 )3 + d x1 x20 − a x30 ) mit a = a ,
d =
√ 3
4d .
Satz 4.17. Eine irreduzible Kubik ist genau dann rational, wenn sie singul¨ar ist.
4.3. KLASSIFIKATION GLATTER KUBIKEN
109
Beweis. Wenn C singul¨ar ist, so hatten wir bereits fr¨ uher bewiesen, dass C rational ist. Ist C eine glatte Kubik, dann k¨onnen wir C zun¨achst in Weierstraßsche Normalform y 2 = 4x3 − g2 x − g3 = 4(x − λ1 )(x − λ2 )(x − λ3 ) bringen. Die Gr¨oße Δ = g23 − 27g32 ist die Diskriminante der kubischen Gleichung 4x3 − g2 x − g3 = 0. Das bedeutet, dass aus Δ = 0 folgt, dass die Wurzeln λ1 , λ2 , λ3 paarweise verschieden sind. Nach einer Transformation der Geraden y = 0 k¨onnen wir annehmen, dass λ1 = 0, λ2 = 1 ist (der Punkt im Unendlichen bleibt fest). D. h. C ist projektiv ¨aquivalent zur Kurve y 2 = x(x − 1)(x − λ)
(λ = 0, 1).
Die Behauptung folgt dann aus Korollar (0.3), wenn wir noch bemerken, dass der dort gegebene Beweis f¨ ur jeden algebraisch abgeschlossenen K¨orper g¨ ultig ist. Sind C und C zwei glatte Kubiken und ϕ eine projektive Transformation, die C in C abbildet, so bildet f einen Wendepunkt P von C auf einen Wendepunkt P von C ab. Nach dem zuvor Gezeigten k¨onnen wir annehmen, dass C und C Kurven in Weierstraßform mit P = P = (0 : 0 : 1) sind. In diesem Fall bildet ϕ auch die Wendetangente {x0 = 0} in sich selbst ab. Damit k¨onnen wir die Transformation ϕ in den affinen Koordinaten x, y betrachten. Lemma 4.18. Eine affine Transformation ϕ, die eine Weierstraßkurve y 2 = 4x3 + g2 x + g3 wieder in eine Weierstraßkurve u uhrt, ist von der Form x → u2 x, y → ¨berf¨ 3 ∗ u y, u ∈ k . Beweis. Die allgemeine Transformation ϕ ist von der Form x − → α1 x + α2 y + α3 y − → β1 x + β2 y + β3 . Da auf der linken Seite der Weierstraßgleichung keine kubischen Terme auftreten, folgt zun¨achst α2 = 0. Aus der Umkehrbarkeit der Transformation folgt α1 β2 = 0. Da bei einer Weierstraßgleichung keine gemischten Terme xy auftreten, schließt man, dass β1 = 0 ist. Da keine linearen Terme in y auftreten, folgt weiter, dass
KAPITEL 4. EBENE KUBISCHE KURVEN
110
β3 = 0. Ebenso treten keine quadratischen Terme in x auf, d. h. α3 = 0. Damit hat ϕ die Form x − → α1 x y −→ β2 y ur und es muss gelten, dass α13 = β22 . Aber dies bedeutet, dass α1 = u2 , β2 = u3 f¨ ein geeignetes u ∈ k ∗ . Definition. Eine projektive Transformation ϕ, die eine Weierstraßkubik Cg2 ,g3 auf eine andere Weierstraßkubik Cg2 ,g3 abbildet, und f¨ ur die zus¨atzlich ϕ(0 : 0 : 1) = (0 : 0 : 1) gilt, heißt eine zul¨assige Transformation. Definition. Die J-Invariante einer glatten Weierstraßkubik ist definiert durch J(g2 , g3 ) :=
g3 g23 = 3 2 2. Δ g2 − 27g3
Satz 4.19. Zwei glatte Weierstraßkubiken Cg2 ,g3 und Cg2 ,g3 sind genau dann unter einer zul¨assigen Transformation ¨aquivalent, wenn J(g2 , g3 ) = J(g2 , g3 ). Beweis. Ist ϕ : Cg2 ,g3 → Cg2 ,g3 eine zul¨assige Transformation, so ist g2 =
g2 , u4
g3 =
g3 . u6
Dann gilt J(g2 , g3 ) = J(g2 , g3 ). Es sei nun umgekehrt J(g2 , g3 ) = J(g2 , g3 ). (1) J(g2 , g3 ) = 0: In diesem Fall ist g2 = 0 = g3 . Dann w¨ahlen wir ein u mit g3 = g3 /u6 . Die Transformation x → u2 x, y → u3 y f¨ uhrt Cg2 ,g3 in Cg2 ,g3 u ¨ber. (2) J(g2 , g3 ) = 1: Dies ist ¨aquivalent zu g3 = 0 = g2 . In diesem Fall w¨ahlen wir u so, dass g2 = g2 /u4 . (3) J(g2 , g3 ) = 0, 1: Dann ist g2 , g3 = 0. Die Bedingung J(g2 , g3 ) = J(g2 , g3 ) ist ¨aquivalent zu (g )3 g23 = 2 2 . 2 g3 (g3 ) Ist g2 = αg2 , g3 = βg3 , so bedeutet dies, dass α3 = β 2 , d. h. α = v 2 , β = v 3 f¨ ur v = β/α. W¨ahlen wir nun ein u mit u2 = v, so gilt g2 = g2 /u4 , g3 = g3 /u6 und die Transformation x → u2 x, y → u3 y liefert das Gew¨ unschte. Im Folgenden sei k = C. Wir hatten bereits fr¨ uher den Zusammenhang mit komplexen elliptischen Kurven (komplexen Tori) angesprochen. Sind ω1 , ω2 ∈ C zwei reell unabh¨angige Zahlen mit w1 /w2 ∈ H = {z ∈ C; Im z > 0}, so k¨onnen wir hierzu ein Gitter L = L(ω1 , ω2 ) = Zω1 + Zω2
4.3. KLASSIFIKATION GLATTER KUBIKEN
111
und eine elliptische Kurve E = E(ω1 , ω2 ) = C/L(ω1 , ω2 ) definieren. Mittels der Weierstraßschen ℘-Funktion 1 1 1 ℘(z) = 2 + − z (z − w)2 ω 2 ω∈L\{0}
erhalten wir eine Isomorphismus Riemannscher Fl¨achen ϕ : E −→ Cg2 ,g3 ⊂ P2C z −→ (1 : ℘(z) : ℘ (z)). Entscheidend ist dabei die Differentialgleichung der Weierstraßschen ℘-Funktion (℘ )2 = 4℘3 − g2 ℘ − g3 . Der Zusammenhang von g2 , g3 mit dem Gitter ist dabei gegeben durch
g2 = g2 (ω1 , ω2 ) = 60
ω∈L\{0}
1 ω4
g3 = g3 (ω1 , ω2 ) = 140
ω∈L\{0}
1 . ω6
Man kann nun zeigen, dass jede glatte Weierstraßkubik auf diese Weise zustande kommt. Genauer gibt es zu jedem Paar g2 , g3 mit Δ = g23 − 27g32 = 0 ein Gitter L = L(ω1 , ω2 ) mit g2 (ω1 , ω2 ) = g2 , g3 (ω1 , ω2 ) = g3 . Setzt man τ=
ω1 ∈H ω2
und Λτ = Zτ + Z Eτ = C/Λτ , so sind die Riemannschen Fl¨achen E(ω1 , ω2 ) und Eτ isomorph. Wir setzen g2 (τ ) = g2 (τ, 1), g3 (τ ) = g3 (τ, 1). Die Gruppe Sl(2, Z) operiert auf der oberen Halbebene H durch a b : τ −→ (aτ + b)(cτ + d)−1 . g= c d
KAPITEL 4. EBENE KUBISCHE KURVEN
112
Man zeigt in der Funktionentheorie, dass Eτ ∼ = Eτ ⇔ τ ∼ τ modulo Sl(2, Z). Die Funktion J:
H → C J(τ ) =
g23 (τ ) − 27g32 (τ )
g23 (τ )
ist eine holomorphe Funktion. Zudem ist J invariant unter der Gruppe Sl(2, Z), d. h. J(g(τ )) = J(τ ) f¨ ur alle g ∈ Sl(2, Z). Man kann sogar zeigen, dass jede Sl(2, Z)-invariante holomorphe Funktion auf H eine Funktion in J ist. Die Funktion J nimmt (modulo Sl(2, Z)) jeden komplexen Wert genau einmal an. Damit erh¨alt man Bijektionen 1:1 1:1 {Eτ ; τ ∈ H}/ ∼ = ←→ H/Sl(2, Z) ←→ C. J¯
¯ ]) = J(τ ). Es gilt Hierbei ist J([τ J(ρ) = 0 J(i) = 1.
(ρ = e2πi/3 ),
Man kann die Weierstraßkubiken Cg2 ,g3 ⊂ P2C auch als kompakte Riemannsche Fl¨achen auffassen. In Verallgemeinerung der obigen Diskussion kann man zeigen, dass folgende Aussagen a¨quivalent sind. (i) Cg2 ,g3 ∼ = Cg2 ,g3 als Riemannsche Fl¨achen (ii) Cg2 ,g3 ∼ = Cg2 ,g3 als projektive Variet¨aten (iii) Cg2 ,g3 und Cg2 ,g3 sind projektiv ¨aquivalent (iv) es gibt eine zul¨assige Transformation ϕ mit ϕ(Cg2 ,g3 ) = Cg2 ,g3 (v) J(g2 , g3 ) = J(g2 , g3 ). ¨ Die Aquivalenz von (iv) und (v) wurde in Satz (4.19) bewiesen. Offensichtlich ¨ gilt (iv)⇒(iii)⇒(ii)⇒(i). Die Aquivalenz von (i) und (v) zeigt man in der Funktionentheorie (siehe [FB, Kapitel V, §7]).
4.4. DIE GRUPPENSTRUKTUR EINER ELLIPTISCHEN KURVE
4.4
Die Gruppenstruktur Kurve
einer
113
elliptischen
Auf Grund der Definition E(ω1 , ω2 ) = C/L(ω1 , ω2 ) ist E(ω1 , ω2 ) eine abelsche Gruppe. Die Addition und die Inversenbildung + : E(ω1 , ω2 ) × E(ω1 , ω2 ) −→ E(ω1 , ω2 ) −: E(ω1 , ω2 ) −→ E(ω1 , ω2 ) sind holomorphe Abbildungen. Damit wird E(ω1 , ω2 ) zu einer kompakten, 1dimensionalen komplexen abelschen Liegruppe. (Umgekehrt ist jede solche Liegruppe von der Form E(ω1 , ω2 ).) Mittels ϕ : E(ω1 , ω2 ) → P2C wird E(ω1 , ω2 ) auf eine Weierstraßkubik Cg2 ,g3 abgebildet, wobei der Ursprung auf den Wendepunkt P = (0 : 0 : 1) abgebildet wird. Daher tr¨agt auch Cg2 ,g3 , und damit jede glatte Kubik, eine abelsche Gruppenstruktur. Man kann diese auch rein geometrisch definieren. Wir schildern hier die geometrische Definition der Gruppenstruktur, ohne zu beweisen, dass diese mit der vom Torus induzierten Gruppenstruktur u ¨bereinstimmt (siehe hierzu wieder [FB, Kapitel V, §7]). Hierzu sei C eine glatte ebene Kubik in P2C und O ein Wendepunkt von C. Sind P1 , P2 ∈ C Punkte auf C, und P1 P2 die Gerade durch P1 , P2 , so schneidet P1 P2 die Kurve C nach dem Fundamentalsatz der Algebra in 3 Punkten. P1 P2 ∩ C = {P1 , P2 , P3 }. Wir bezeichnen den Punkt P3 , der durch P1 und P2 eindeutig bestimmt wird, mit (P1 P2 ). Diese Konstruktion macht auch Sinn, wenn P1 und P2 zusammenfallen; dann muss man f¨ ur P1 P2 die Tangente TP1 C nehmen. Ist P ∈ C, so definieren wir −P := (P O). Wir setzen nun P + Q := −(P Q). Dann folgt sofort, dass P + O = O + P = P und P + Q = Q + P gilt.
KAPITEL 4. EBENE KUBISCHE KURVEN
114
Bild 5: Gruppenstruktur auf einer ebenen Kubik
Man zeigt dann mit im wesentlichen elementaren Mitteln, dass auch das Assoziativit¨atsgesetz (P + Q) + R = P + (Q + R) gilt. Damit wird C zu einer abelschen Gruppe mit neutralem Element O und inversem Element −P . Nach Konstruktion gilt P + Q + R = 0 ⇔ P, Q, R sind kollinear. Man rechnet ebenfalls elementar nach, dass die Abbildungen +: C ×C (P, Q) −: C P
−→ −→ −→ −→
C P +Q C −P
Morphismen sind. Damit wird C zu einer algebraischen Gruppe. Die oben durch¯ ¨ gef¨ uhrten Uberlegungen gelten f¨ ur beliebige Grundk¨orper k = k. Die zul¨assigen Transformationen f : Cg2 ,g3 → Cg2 ,g3 halten den Ursprung O = (0 : 0 : 1) fest. Da Geraden auf Geraden abgebildet werden, ist f ein Gruppenisomorphismus.
4.4. DIE GRUPPENSTRUKTUR EINER ELLIPTISCHEN KURVE
115
Zum Schluss seien noch zwei weitere Normalformen erw¨ahnt, n¨amlich y 2 = x(x − 1)(x − λ)
Legendresche Normalform (λ = 0, 1).
Auch diese Normalform hatten wir im Einf¨ uhrungskapitel schon verwendet. Die Form Cμ : x30 + x31 + x32 − 3μx0 x1 x2 = 0
Hessesche Normalform (μ = 1, ρ, ρ2 , ∞)
(ρ = e2πi/3 ) ist besonders geeignet, die Symmetrien einer ebenen Kubik zu beschreiben. Dieser Pencil (ein Pencil ist eine lineare 1-dimensionale Familie) enth¨alt genau vier singul¨are Kurven, die alle aus drei verschiedenen Geraden bestehen. Ist Cμ eine Kurve des Hesse-Pencils, so ist die Hessesche Kurve Hμ :
x30 + x31 + x32 −
4 − μ3 x0 x 1 x2 = 0 μ2
wieder ein Element des Hesse-Pencils. Die neun Punkte x30 + x31 + x32 = x0 x1 x2 = 0 geh¨oren zu allen Elementen des Hesse-Pencils. Dies sind die neun Wendepunkte der Kurven Cμ , falls Cμ glatt ist.
¨ Ubungsaufgaben zu Kapitel 4 4.1 Zeigen Sie, dass es zu 9 Punkten P1 , . . . , P9 ∈ P2k stets eine Kubik C gibt, die P1 , . . . , P9 enth¨alt. Ist C stets eindeutig bestimmt? 4.2 Es seien P1 , . . . , P8 Punkte in P2k , so dass keine vier dieser Punkte auf einer Geraden und keine sieben auf einem Kegelschnitt liegen. Dann werden die ebenen Kubiken durch die Punkte P1 , . . . , P8 im Raum aller ebenen Kubiken durch einen P1k parametrisiert. 4.3 Es seien P1 , . . . , P9 neun Punkte in P2k , die der Durchschnitt zweier ebener Kubiken C1 , C2 sind. Dann geht jede Kubik, die durch P1 , . . . , P8 geht, auch durch P9 . (Hinweis: Man verwende Aufgabe (4.2).) 4.4 Berechnen Sie die Schnittmultiplizit¨aten der folgenden Paare von Parabeln im Unendlichen: (a) y = x2 und y = x2 + 1, (b) y = x2 und y = (x + 1)2 . 4.5 Gegeben sei die ebene Kurve C := {x30 + x20 x2 − x21 x2 = 0} ⊂ P2k . Bestimmen Sie die Schnittmultiplizit¨at mit den Kurven Dj im Punkt (0 : 0 : 1):
KAPITEL 4. EBENE KUBISCHE KURVEN
116 (a) D1 = {x30 − x21 x2 = 0}, (b) D2 = {x20 − x21 = 0}.
4.6 Geben Sie ein Beispiel einer glatten ebenen Kurve C, so dass der Durchschnitt C∩H mit der Hesseschen H nicht gleich der Menge der Wendepunkte von C ist (d. h. die Voraussetzung (char(k), d − 1) = 1 in Satz (4.10) kann nicht ohne weiteres weggelassen werden). 4.7 Man finde eine Kurve (¨ uber einem Grundk¨orper der Charakteristik p > 0), die die Eigenschaft hat, dass jeder Punkt ein Wendepunkt ist. 4.8 Gegeben seien die folgenden ebenen affinen Kubiken (char(k) = 0): (a) x3 + y 3 = 1, (b) y 2 + y = x3 − x, (c) y 2 + y = x3 + x, (d) y 2 = x3 − x2 + x. Bringen Sie diese Kubiken in Weierstraßform und berechnen Sie die JInvariante. 4.9 Berechnen Sie f¨ ur eine Kubik y 2 = x(x − 1)(x − λ), (λ = 0, 1) in Legrendrescher Normalform die J-Invariante. 4.10* Bestimmen Sie Normalformen f¨ ur ebene projektive Kubiken in dem Fall, dass der Grundk¨orper k die Charakteristik 2 besitzt. 4.11* Bestimmen Sie Normalformen f¨ ur ebene projektive Kubiken in dem Fall, dass der Grundk¨orper k die Charakteristik 3 besitzt. 4.12* Zeigen Sie, dass f¨ ur die in Abschnitt (4.4) beschriebene geometrische Definition der Gruppenstruktur auf einer glatten ebenen Kubik das Assoziativgesetz gilt. (Hinweis: Man verwende Aufgaben (4.2) und (4.3).) 4.13 Zeigen Sie mit Hilfe der geometrischen Definition der Gruppenstruktur auf einer glatten ebenen Kubik C, dass die Addition + : C × C → C, (P, Q) → P + Q und die Inversenbildung − : C → C, P → −P Morphismen sind. 4.14 Betrachten Sie eine glatte Kubik C in Weierstraß-Form mit der geometrischen Definition der Gruppenstruktur. Ein n-Torsionspunkt auf C ist ein Punkt P mit nP = P · · + P = O. Bestimmen Sie die 2-Torsionspunkte + · n
von C.
4.4. DIE GRUPPENSTRUKTUR EINER ELLIPTISCHEN KURVE
117
4.15 Beweisen Sie den Satz von Pascal: Es sei C ⊂ P2C ein glatter Kegelschnitt und P1 , . . . , P6 paarweise verschiedene Punkte auf C. Mit Li sei die Verbindungsgerade von Pi und Pi+1 (mit P7 = P1 ) bezeichnet. Zeigen Sie, dass dann die Schnittpunkte L1 ∩ L4 , L2 ∩ L5 und L3 ∩ L6 auf einer Geraden liegen. (Hinweis: Es seien hi Linearformen mit Li = {hi = 0}. Man wende dann den Satz von B´ezout auf {h1 h3 h5 − λh2 h4 h6 = 0} f¨ ur einen komplexen Parameter λ an.)
Kapitel 5 Kubische Fl¨ achen In diesem Kapitel wollen wir zeigen, dass jede glatte Kubik in P3k genau 27 Geraden enth¨alt. Im ersten Abschnitt zeigen wir, dass eine kubische Fl¨ache u ¨berhaupt Geraden enth¨alt, und im zweiten Abschnitt werden wir ihre Anzahl und Konfiguration bestimmen. Dies ist ein klassisches Thema der algebraischen Geometrie, dessen Geschichte bis in das 19. Jahrhundert zur¨ uckreicht. F¨ ur eine ausf¨ uhrliche klassische Darstellung sei der Leser etwa auf das Buch von A. Henderson [He] verwiesen. Ein Beispiel ist die Clebsche Diagonalkubik (siehe Aufgabe (5.3)), f¨ ur die alle 27 Geraden auf das reelle Modell der Fl¨ache gezeichnet werden k¨onnen (siehe Bild 1). Dieses Kapitel folgt [R2, §7]. Auch hier setzen wir char k = 2, 3 voraus.
Bild 1: Die Clebsche Diagonalkubik mit 27 Geraden (erstellt mit Hilfe des Programms Surf“ von S. Endrass [En]) ”
K. Hulek, Elementare Algebraische Geometrie, DOI 10.1007/978-3-8348-2348-9_6, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2000, 2012
5.1. EXISTENZ VON GERADEN AUF EINER KUBIK
5.1
119
Existenz von Geraden auf einer Kubik
Es sei f = f (x0 , x1 , x2 , x3 ) ∈ k 3 [x0 , x1 , x2 , x3 ] ein homogenes Polynom vom Grad 3. Wir betrachten die zugeh¨orige kubische Fl¨ache (oder wieder kurz Kubik ) S = {(x0 : x1 : x2 : x3 ) ∈ P3k ; f (x0 , x1 , x2 , x3 ) = 0}. Im Folgenden nehmen wir an, dass S glatt ist. Dies ist f¨ ur allgemeine Gleichungen f der Fall. (Genauer gesagt gibt es eine Zariski-offene Teilmenge von kubischen Polynomen f , so dass S glatt ist.) Das Hauptziel des Abschnitts ist der Beweis des folgenden Theorems: Theorem 5.1. Jede glatte kubische Fl¨ache S ⊂ P3k enth¨alt eine Gerade. Wir beweisen diese Aussage in zwei Schritten. Zun¨achst zeigen wir, dass es einen Punkt P ∈ S gibt, f¨ ur den der Durchschnitt CP := S ∩ TP S entweder eine Gerade enth¨alt oder eine ebene Kubik mit einer Spitze ist. Im ersten Fall erh¨alt man die geforderte Gerade. Im zweiten Fall zeigen wir, dass es eine Gerade auf S gibt, die einen Punkt auf CP enth¨alt. Lemma 5.2. Zwei Fl¨achen in P3k haben nicht-leeren Durchschnitt. Beweis. Der Beweis ist analog zu dem von Lemma (4.12).
Lemma 5.3. Es sei S eine glatte kubische Fl¨ache. Dann ist f¨ ur jeden Punkt P ∈ S der Durchschnitt CP = S ∩ TP S eine singul¨are ebene Kubik. Es gibt einen Punkt P in S, so dass CP zerf¨allt oder eine ebene Kubik mit einer Spitze (Neilsche Parabel) ist. Beweis. Da S irreduzibel ist (jede reduzible kubische Fl¨ache ist singul¨ar), ist CP stets eine Kurve. Wir nehmen an, dass P = (0 : 0 : 0 : 1) ∈ S, und dass TP S = {x2 = 0} ist. In affinen Koordinaten x, y, z gilt dann f¨ ur die Gleichung f von S: f = z + q(x, y, z) + h(x, y, z), wobei q homogen quadratisch und h kubisch ist. In homogenen Koordinaten bedeutet dies: f = x2 x23 + q(x0 , x1 , x2 )x3 + h(x0 , x1 , x2 ). Es folgt unmittelbar, dass f |{x2 =0} in P quadratisch verschwindet, d. h. dass CP in P singul¨ar ist. Wir nehmen nun an, dass CP f¨ ur alle Punkte P ∈ S irreduzibel ist. Nach dem Beweis von Satz (4.9) ist CP genau dann eine Kubik mit einer Spitze, wenn die quadratische Form q˜(x0 , x1 ) = q(x0 , x1 , 0)
¨ KAPITEL 5. KUBISCHE FLACHEN
120
das Quadrat einer Linearform ist. Schreibt man q(x0 , x1 , x2 ) =
2
aij xi xj ,
aij = aji ,
i,j=0
so ist dies ¨aquivalent dazu, dass die Matrix A˜ = (aij )i,j=0,1 den Rang 1 hat. Wir betrachten nun die Hessesche von f : 2 ∂ f . Hf = det ∂xi ∂xj i,j Wir hatten bereits im Beweis von Satz (4.10) festgestellt, dass sich die Hessesche bei einer Koordinatentransformation, die durch eine Matrix M ∈ Gl(4, k) beschrieben wird, durch Hf ∗ = (det M )2 (Hf )∗ transformiert. In unserem Fall gilt ⎛ ⎞ 2a00 2a01 2a02 0 ⎜ 2a10 2a11 2a12 0 ⎟ ⎟ Hf (P ) = det ⎜ ⎝ 2a20 2a21 2a22 2 ⎠ . 0 0 2 0 Daraus folgt
Hf (P ) = 0 ⇔ det
a00 a01 a10 a11
= 0.
Also ist CP genau dann eine Kubik mit einer Spitze, wenn P ∈ S ∩ H, wobei H = {Hf = 0}. Da H entweder P3k oder eine kubische Fl¨ache ist, folgt aus Lemma (5.2), dass der Durchschnitt S ∩ H nicht leer ist. Wir m¨ochten feststellen k¨onnen, ob eine Gerade in einer kubischen Fl¨ache enthalten ist. Da jede Gerade von der Form P Q f¨ ur zwei Punkte P und Q ist, f¨ uhren wir das folgende Konzept ein, welches uns hilft zu bestimmen, ob die Gerade P Q in der Fl¨ache {f = 0} enthalten ist. Definition. F¨ ur ein homogenes kubisches Polynom f in x0 , . . . , x3 ist die Polare von f definiert als f1 (x0 , . . . , x3 ; y0 , . . . , y3 ) :=
3 ∂f yi . ∂xi i=0
Die geometrische Bedeutung dieser Konstruktion liegt in folgender Beobachtung. F¨ ur P ∈ S und Q = P gilt P Q ⊂ TP S ⇔ f1 (P ; Q) = 0. Dies folgt unmittelbar aus der Definition des Tangentialraums. Sind P = Q beliebige Punkte, so zeigt eine elementare Rechnung, dass f (λP + μQ) = λ3 f (P ) + λ2 μf1 (P ; Q) + λμ2 f1 (Q; P ) + μ3 f (Q).
5.1. EXISTENZ VON GERADEN AUF EINER KUBIK
121
Also gilt (5.1)
P Q ⊂ S ⇔ f (P ) = f1 (P ; Q) = f1 (Q; P ) = f (Q) = 0.
Diese Bedingung zeigt, dass es n¨ utzlich w¨are, feststellen zu k¨onnen, ob zwei oder mehr Polynome eine gemeinsame Nullstelle besitzen. Dies ist ein klassisches Problem, welches mit Hilfe von Resultanten gel¨ost wird. Definition. F¨ ur homogene Polynome r und s in Variablen u und v von der Form r(u, v) = a0 u2 + a1 uv + a2 v 2 s(u, v) = b0 u3 + b1 u2 v + b2 uv 2 + b3 v 3 ist die Resultante von r und s definiert als ⎛ a0 a1 ⎜ a0 ⎜ R(r, s) := det ⎜ ⎜ ⎝ b0 b1 b0
a2 a1 a0 b2 b1
⎞ ⎟ a2 ⎟ a1 a2 ⎟ ⎟. ⎠ b3 b2 b3
Die Bedeutung der Resultante liegt in folgendem Ergebnis. Lemma 5.4. Zwei homogene Formen r und s vom Grad 2 bzw. 3 in zwei Variablen haben genau dann eine gemeinsame Nullstelle in P1k , wenn R(r, s) = 0. Beweis. Wir betrachten den Vektorraum V aller homogenen Polynome vom Grad 4 in u, v. Die Dimension von V ist 5. Die Zeilen der obigen Matrix sind gerade die Koeffizienten der f¨ unf Polynome u2 r, uvr, v 2 r, us, rs bez¨ uglich der Standardbasis aus Monomen. Die Determinante ist genau dann 0, wenn diese Polynome linear abh¨angig sind, also wenn es eine Relation qr = ls gibt, wobei q = q(u, v) homogen vom Grad 2 und l = l(u, v) eine Linearform ist. Aus dieser Gleichung folgt, dass qr und ls dieselben Nullstellen haben. Dies ist aber nur m¨oglich, wenn r und s eine gemeinsame Nullstelle besitzen. Besitzen umgekehrt r und s eine gemeinsame Nullstelle, so besitzen auch die f¨ unf Polynome diese Nullstelle und k¨onnen somit nicht den Raum V aufspannen, d. h. sie sind linear abh¨angig. Bemerkung 5.5. Die Theorie der Resultanten ist ein wichtiger Gegenstand in der klassischen algebraischen Geometrie. In der Tat k¨onnen Resultanten zweier
¨ KAPITEL 5. KUBISCHE FLACHEN
122
homogener Polynome allgemeiner definiert werden und ein entsprechendes Lemma gilt immer noch, wir ben¨otigen es aber nur f¨ ur diesen Spezialfall. Die Matrix aus der Definition der Resultante ist auch als Sylvestermatrix bekannt und die Resultante als Sylvestersche Determinante. Tats¨achlich war die Resultante (in ziemlich genau dieser Form) schon Leibniz bekannt und kann in einem Brief von Leibniz an l’Hospital [L] gefunden werden. (Hierauf wurde ich von D. Eisenbud und F.-O. Schreyer hingewiesen.) Beweis von Theorem 5.1. Falls es einen Punkt P ∈ S gibt, so dass CP reduzibel ist, enth¨alt CP , und damit S, eine Gerade und wir sind fertig. Ansonsten k¨onnen wir nach Lemma (5.3) annehmen, dass es einen Punkt P gibt, so dass CP eine Spitze hat. Nach einer eventuellen Koordinatentransformation k¨onnen wir annehmen, dass P = (0 : 0 : 1 : 0) und TP S = {x3 = 0} ist. Ferner k¨onnen wir nach Satz (4.9) annehmen, dass C := CP = {x20 x2 − x31 = 0}
(in {x3 = 0})
ist. Damit ist die Gleichung f von S von der Form f = x20 x2 − x31 + x3 g,
g = g(x0 , . . . , x3 ),
wobei g homogen vom Grad 2 ist. Da S in P glatt ist, muss g(0 : 0 : 1 : 0) = 0 gelten, und wir k¨onnen annehmen, dass g(0, 0, 1, 0) = 1 ist. Wir werden zeigen, dass S eine Gerade durch einen Punkt auf CP enth¨alt. Die Punkte auf CP sind durch Pα = (1 : α : α3 : 0) f¨ ur α ∈ k parametrisiert. Jede Gerade durch Pα ist von der Form Pα Q f¨ ur einen Punkt Q = (0 : x1 : x2 : x3 ) in der Ebene {x0 = 0}. Da f (Pα ) = 0 ist, gilt nach (5.1) Pα Q ⊂ S ⇔ f1 (Pα ; Q) = f1 (Q; Pα ) = f (Q) = 0. Wir bezeichnen f1 (Pα ; Q), f1 (Q; Pα ), f (Q) ∈ k[α][x1 , x2 , x3 ] mit Aα , Bα , Cα . Diese Polynome sind homogen in x1 , x2 , x3 vom Grad 1, 2 und 3 mit Koeffizienten, die von α abh¨angen. Wir definieren das Polynom R27 (α) als die Resultante R27 (α) = R(Bα (x1 , A˜α (x1 , x3 ), x3 ), Cα (x1 , A˜α (x1 , x3 ), x3 )), wobei x2 = A˜α (x1 , x3 ) die Relation ist, die man aus der linearen Gleichung Aα (x1 , x2 , x3 ) = 0 enth¨alt. (Wir werden sehen, dass R27 (α) ein Polynom vom Grad 27 ist.) Nach Lemma (5.4) gilt R27 (α) = 0 ⇔ Aα , Bα , Cα haben eine gemeinsame Nullstelle (ηα : ξα : τα ) ∈ P2k . Um das Theorem zu beweisen, gen¨ ugt es zu zeigen, dass R27 (α) eine Nullstelle besitzt, da f¨ ur jede Nullstelle α0 von R27 (α) die Gerade Pα0 Q mit Q = (0 : ηα0 : ξα0 : τα0 ) auf S liegt.
5.1. EXISTENZ VON GERADEN AUF EINER KUBIK
123
ugt es zu zeigen, dass R27 (α) Um zu zeigen, dass R27 (α) eine Nullstelle besitzt, gen¨ nicht konstant ist. Dazu berechnen wir R27 (α) explizit. Die Polare der Gleichung f = f (x0 , . . . , x3 ) = x20 x2 − x31 + x3 g ist gegeben durch f1 = 2x0 x2 y0 − 3x21 y1 + x20 y2 + g(x0 , . . . , x3 )y3 + x3 g1 (x0 , . . . ; . . . , y3 ), wobei g1 die Polare der quadratischen Gleichung g ist. Durch Einsetzen erhalten wir A = Aα = −3α2 x1 + x2 + g(1, α, α3 , 0)x3 B = Bα = −3αx21 + x3 g1 (1, α, α3 , 0; 0, x1 , x2 , x3 ) C = Cα = −x31 + x3 g(0, x1 , x2 , x3 ). Wir wollen nun hieraus die Variablen x1 , x2 , x3 eliminieren, und dabei die h¨ochste Potenz von α verfolgen. Da g(0, 0, 1, 0) = 1 gilt, folgt g(1, α, α3 , 0) = α6 + Terme niederer Ordnung =: a(6) . Hierbei ist a(6) ein normiertes Polynom in α vom Grad 6. Wir eliminieren nun zun¨achst x2 aus der Gleichung f¨ ur A und erhalten x2 = 3α2 x1 − a(6) x3 . Einsetzen dieses Ausdrucks in B ergibt B = −3αx21 + x3 g1 (1, α, α3 , 0; 0, x1 , 3α2 x1 − a(6) x3 , x3 ). Da g1 (1, α, α3 , 0; 0, x1 , x2 , x3 ) linear in x1 , x2 , x3 ist, folgt, dass B = b0 x21 + b1 x1 x3 + b2 x23 mit b0 = −3α b1 = g1 (1, α, α3 , 0; 0, 1, 3α2 , 0) = 6α5 + . . . b2 = g1 (1, α, α3 , 0; 0, 0, −a(6) , 1) = −2α9 + . . . , wobei die P¨ unktchen Terme niedrigerer Ordnung bezeichnen. Analog erhalten wir durch Einsetzen in C die Gleichung C = −x31 + x3 g(0, x1 , 3α2 x1 − a(6) x3 , x3 ).
¨ KAPITEL 5. KUBISCHE FLACHEN
124
Durch Entwickeln des quadratischen Polynoms g erhalten wir C = c0 x31 + c1 x21 x3 + c2 x1 x23 + c3 x33 , wobei c0 c1 c2 c3
= = = =
−1 g(0, 1, 3α2 , 0) = 9α4 + . . . g1 (0, 1, 3α2 , 0; 0, 0, −a(6) , 1) = −6α8 + . . . g(0, 0, −a(6) , 1) = α12 + . . .
Nach Definition gilt
⎛
b0 b1 b2 ⎜ b0 b1 ⎜ b0 R27 (α) := det ⎜ ⎜ ⎝ c0 c1 c2 c0 c1
⎞ ⎟ b2 ⎟ b1 b2 ⎟ ⎟. ⎠ c3 c2 c3
Offensichtlich ist R27 (α) ein Polynom in α. Ersetzt man die Polynome bi bzw. cj durch ihren Leitterm, so erh¨alt man die Determinante ⎛ ⎞ −3α 6α5 −2α9 ⎜ ⎟ −3α 6α5 −2α9 ⎜ ⎟ 5 9 ⎟ −3α 6α −2α det ⎜ ⎜ ⎟= ⎝ −1 9α4 −6α8 α12 ⎠ 4 8 12 −1 9α −6α α ⎞ ⎛ −3 6 −2 ⎟ ⎜ −3 6 −2 ⎟ ⎜ 27 27 ⎜ −3 6 −2 ⎟ α det ⎜ ⎟=α . ⎠ ⎝ −1 9 −6 1 −1 9 −6 1 Es folgt, dass R27 (α) ein normiertes Polynom vom Grad 27 ist.
5.2
Die Konfiguration der 27 Geraden
Wir wollen nun zeigen, dass es auf einer glatten Kubik genau 27 Geraden gibt. Eine Konsequenz hiervon ist, dass jede glatte Kubik rational ist. Wir ben¨otigen f¨ ur das Folgende noch eine Aussage u ¨ber singul¨are Punkte von Quadriken. Es sei hierzu " n aij xi xj = 0 ⊂ Pnk , aij = aji . Q= i,j=0
5.2. DIE KONFIGURATION DER 27 GERADEN
125
Lemma 5.6. (i) Q ist genau dann glatt, wenn die Matrix A = (aij ) den maximalen Rang n + 1 hat. (ii) Der singul¨are Ort von Q ist der lineare Unterraum Sing Q = P(ker A) = {x ∈ Pnk ; Ax = 0}. Beweis. Nach dem Satz u ¨ber die Hauptachsentransformation gibt es eine invertierbare Matrix M mit ⎛ ⎜ ⎜ ⎜ M At M = ⎜ ⎜ ⎜ ⎝
1
⎞ ...
⎟ ⎟ ⎟ ⎟ =: Er+1 , ⎟ ⎟ ⎠
1 0
... 0
wobei die Anzahl der Einsen gleich r + 1 = Rang(A) ist. D. h. die Matrix M induziert eine projektive Transformation, die Q auf die Quadrik Qr+1 = {x20 + . . . + x2r = 0} abbildet. Dann gilt Sing Qr+1 = {x0 = . . . = xr = 0} = P(ker Er+1 ). Definition. Der Rang der Quadrik Q ist definiert als der Rang der zugeh¨origen Matrix A = (aij ). Satz 5.7. Es sei S eine glatte Kubik. (i) Ist E eine Ebene, so besteht E ∩S entweder aus einer irreduziblen Kubik, oder einem Kegelschnitt und einer Geraden, oder aus drei verschiedenen Geraden. (ii) Durch einen Punkt P ∈ S gehen h¨ochstens drei Geraden, welche in S enthalten sind. Gehen durch P zwei oder drei Geraden, die in S enthalten sind, so liegen diese Geraden in einer Ebene E und E ∩ S ist eine der beiden folgenden Konfigurationen:
¨ KAPITEL 5. KUBISCHE FLACHEN
126
b t b bb b b b b
P
b
P
b t b b b
b
b b
b
b b
b b
b b b
Bild 2: Konfigurationen von Geraden in einer Kubik, die in einer Ebene enthalten sind
Beweis. (i) Es ist auszuschließen, dass E∩S eine mehrfache Gerade l enth¨alt. Wir k¨onnen annehmen, dass E = {x3 = 0} und l = {x2 = 0} ⊂ E gilt. Falls S ∩ E die Gerade l mehrfach enth¨alt, so bedeutet dies f¨ ur die Gleichung f von S, dass f = x22 g(x0 , x1 , x2 ) + x3 h(x0 , x1 , x2 , x3 ), wobei deg g = 1, bzw. deg h = 2 gilt. Die Menge Δ := l ∩ {h(x0 , x1 , x2 , x3 ) = 0} ist nicht leer. Dann ist aber die Fl¨ache S in Δ singul¨ar. (ii) Es sei l ⊂ S eine Gerade durch P . Dann gilt l = TP l ⊂ TP S. Der Tangentialraum TP S ist, da S glatt ist in P , eine Ebene. Damit folgt die Behauptung aus (i). Satz 5.8. Es sei S eine glatte Kubik und l ⊂ S eine Gerade. Dann gibt es genau f¨ unf Paare (li , li ) von Geraden, die auf S liegen und die folgenden Eigenschaften haben: (i) l ∪ li ∪ li liegt in einer Ebene. Insbesondere schneiden die Geraden li , li die Gerade l (i = 1, . . . , 5). (ii) (li ∪ li ) ∩ (lj ∪ lj ) = ∅ f¨ ur i = j.
5.2. DIE KONFIGURATION DER 27 GERADEN
127
l l1 l1
l2
l2
l3 l3
l4 l4
l5
l5
Bild 3: Die Konfiguration der zehn Geraden, die eine gegebene Gerade l schneiden
Beweis. Wir betrachten alle Ebenen E durch die Gerade l. Dann ist E ∩ S = l ∪ q, wobei q ⊂ E ein Kegelschnitt ist. Entweder ist q irreduzibel, oder E ∩ S hat nach Satz (5.7) eine der Konfigurationen aus Bild 2. Wir m¨ ussen also zeigen, dass es genau f¨ unf Ebenen E ⊃ l gibt, so dass der Kegelschnitt q zerf¨allt. Die Aussage (ii) folgt dann sofort aus Satz (5.7). Wir k¨onnen annehmen, dass l = {x2 = x3 = 0} ist. Die Gleichung der Fl¨ache S hat, da f auf l verschwindet, die folgende Form: f = Ax20 + Bx0 x1 + Cx21 + Dx0 + Ex1 + F, wobei A, . . . , F ∈ k[x2 , x3 ]. Der Grad von A, B, C ist 1, der Grad von D, E ist 2, und der Grad von F ist 3. Der Pencil der Ebenen durch die Gerade l ist gegeben durch Eλ,μ : {λx3 − μx2 = 0}. Es sei μ = 0. Dann k¨onnen wir annehmen, dass μ = 1 ist. Auf Eλ,1 haben wir dann homogene Koordinaten (x0 : x1 : x3 ). In diesen Koordinaten ist l = {x3 = 0} und f |Eλ,1 = x3 q(x0 , x1 , x3 ) mit q(x0 , x1 , x3 ) = A(λ, 1)x20 + B(λ, 1)x0 x1 + C(λ, 1)x21 +D(λ, 1)x0 x3 + E(λ, 1)x1 x3 + F (λ, 1)x23 . Dieser Kegelschnitt ist nach Lemma (5.6) genau dann singul¨ar, wenn ⎞ ⎛ A(λ, 1) 12 B(λ, 1) 12 D(λ, 1) 0 = det ⎝ 12 B(λ, 1) C(λ, 1) 12 E(λ, 1)⎠ 1 1 F (λ, 1) 2 D(λ, 1) 2 E(λ, 1) 1 = A(λ, 1)C(λ, 1)F (λ, 1) + B(λ, 1)E(λ, 1)D(λ, 1) 4 1 1 1 − C(λ, 1)D2 (λ, 1) − A(λ, 1)E 2 (λ, 1) − F (λ, 1)B 2 (λ, 1). 4 4 4
¨ KAPITEL 5. KUBISCHE FLACHEN
128 Wir betrachten daher das Polynom
Δ(x2 , x3 ) = 4ACF + BDE − AE 2 − CD2 − F B 2 ∈ k[x2 , x3 ]. Dies ist ein homogenes Polynom vom Grad 5. Der Satz folgt damit aus der Behauptung. Δ(x2 , x3 ) ≡ 0 und hat nur einfache Nullstellen. Um die Behauptung zu zeigen, betrachten wir eine Nullstelle von Δ(x2 , x3 ). Nach einer Koordinatentransformation in x2 , x3 k¨onnen wir annehmen, dass dies x2 = 0 ist. Es gen¨ ugt nun zu zeigen, dass Δ nicht durch x22 teilbar ist. In jedem Fall zerf¨allt E ∩ S in drei Geraden, und je nachdem, ob wir im Fall (2a) oder (2b) sind, k¨onnen wir annehmen, dass (i) l = {x3 = 0}, l1 = {x0 = 0}, l1 = {x1 = 0} oder (ii) l = {x3 = 0}, l1 = {x0 = 0}, l1 = {x0 − x3 = 0}. Wir behandeln nun den Fall (ii). Die Berechnung f¨ ur den Fall (i) ist in [R2, S. 107] zu finden. Falls (ii) vorliegt, gilt f = x0 x3 (x0 − x3 ) + x2 g, wobei g quadratisch ist. Also gilt A = x3 + x2 a, D = −x23 + x2 λ, x2 |B, C, E, F.
a∈k λ(x2 , x3 ) linear
Der Punkt P = (0 : 1 : 0 : 0) liegt auf S. Da S in P glatt ist, folgt, dass C = cx2 mit c = 0. Also gilt Δ ≡ −cx2 D2 mod x22 . Da x2 D, erhalten wir einen Widerspruch und damit folgt die Behauptung. Wir wollen nun die Konfiguration der Geraden auf einer glatten Kubik S in P3k bestimmen. Hierzu ben¨otigen wir noch das folgende Lemma 5.9. Die Geraden l1 , . . . , l4 in P3k seien disjunkt. Dann gibt es die folgenden zwei F¨alle: (i) l1 , . . . , l4 liegen auf einer glatten Quadrik Q. In diesem Fall gibt es unendlich viele Transversale (d. h. Geraden, die l1 , . . . , l4 schneiden). (ii) l1 , . . . , l4 liegen auf keiner Quadrik. Dann gibt es 1 oder 2 gemeinsame Transversale. Beweis. F¨ ur die Dimension der homogenen Polynome vom Grad 2 in 2, bzw. 4 Variablen gilt dim k 2 [x0 , x1 ] = 3 3+2 2 = 10. dim k [x0 , x1 , x2 , x3 ] = 3
5.2. DIE KONFIGURATION DER 27 GERADEN
129
Der Raum der Quadriken kann also als 9-dimensionaler projektiver Raum betrachtet werden. Dass eine Quadrik Q = {f = 0} durch einen vorgegebenen Punkt geht, ist eine lineare Bedingung an die Koeffizienten von f . Eine Gerade l liegt bereits auf Q, wenn Q drei verschiedene Punkte von l enth¨alt. Die Forderung, dass drei Geraden auf einer Quadrik liegen, kann also durch neun lineare Bedingungen ausgedr¨ uckt werden. Da der Raum der Quadriken projektiv 9-dimensional ist, gibt es also mindestens eine Quadrik Q, die alle drei Geraden enth¨alt. Wir m¨ ussen nun zeigen, dass Q glatt ist. Da die Geraden l1 , l2 , l3 disjunkt sind, kann Q nicht in zwei Ebenen zerfallen. Ebenso kann Q keine Quadrik vom Rang 3 sein, da auf einer solchen Quadrik jede Gerade durch die Singularit¨at von Q, d. h. die Kegelspitze geht (siehe Bild 4). Dies kann man durch Betrachten der Projektion von der Spitze sehen. Geraden laufen entweder durch die Spitze und werden auf einen Punkt abgebildet, oder werden auf Geraden abgebildet. Aber das Bild ist eine glatter Kegelschnitt und enth¨alt keine Geraden.
Rang(Q) = 3
Bild 4: Quadratischer Kegel
Damit ist Q eine glatte Quadrik, die l1 , l2 , l3 enth¨alt. Da sie disjunkt sind, liegen sie in derselben Regelschar auf Q. Wir haben nun die folgenden M¨oglichkeiten: (i) l4 ⊂ Q. Dann muss l4 in derselben Regelschar wie l1 , l2 , l3 liegen und es gibt unendlich viele Transversale, n¨amlich die Geraden der anderen Regelschar auf Q. (ii) l4 ⊂ Q. Dann besteht l4 ∩ Q aus einem oder zwei Punkten. Falls es zwei Punkte P und R sind, wie in Bild 5, dann sind die Regelgeraden lP und lR durch diese Punkte, die in der Regelschar liegen, zu denen die li , i = 1, 2, 3, nicht geh¨oren, die gemeinsamen Transversalen. Falls l4 die Quadrik Q nur in einem
¨ KAPITEL 5. KUBISCHE FLACHEN
130
l4 Q
l1 l2
P lP lR
R
l3
Bild 5: Konstruktion von Transversalen auf einer glatten Quadrik Punkt trifft, dann erhalten wir eine Gerade in Q, die transversal zu allen vier Geraden l1 , . . . , l4 ist. Man beachte, dass eine Gerade, die l1 , l2 und l3 trifft, also mit Q mindestens drei Punkte gemeinsam hat, bereits in Q liegen muss, so dass wir alle m¨oglichen gemeinsamen Transversalen von l1 , . . . , l4 beschrieben haben. Lemma 5.10. Eine glatte Kubik S kann nicht vier windschiefe Geraden m1 , m2 , m3 , m4 enthalten, die drei gemeinsame Transversale n1 , n2 , n3 auf S besitzen. D. h. S kann nicht sieben Geraden mit einer Konfiguration wie in Bild 6 enthalten.
Bild 6: Diese Konfiguration von Geraden kann nicht in einer glatten kubischen Fl¨ache enthalten sein
Beweis.
Wir nehmen an, es g¨abe eine solche Konfiguration auf S. Da
5.2. DIE KONFIGURATION DER 27 GERADEN
131
m1 , m2 , m3 , m4 drei gemeinsame Transversale besitzen, liegen sie nach Lemma (5.9) auf einer glatten Quadrik Q. Die mi liegen in einer Regelschar auf Q und die ni in der anderen. Jeder Punkt P ∈ Q liegt auf einer Geraden L in derselben Regelschar wie die ni . Die Gerade L schneidet m1 , m2 , m3 , m4 , d. h. sie schneidet S in mindestens vier Punkten und muss somit in S enthalten sein. Damit gilt P ∈ S f¨ ur jeden Punkt P ∈ Q, also Q ⊂ S. D. h. die Kubik zerf¨allt in Q und eine Hyperebene H. Dann ist S aber entlang des Durchschnitts Q ∩ H singul¨ar, ein Widerspruch. Wir ben¨otigen noch die folgende Tatsache u ¨ber die Geraden aus Satz (5.8). Lemma 5.11. Sind l, li , li Geraden auf einer glatten kubischen Fl¨ache S wie in Satz (5.8), so schneidet jede andere Gerade m auf S genau eine der Geraden l, li , li . Beweis. Es sei Ei die Ebene mit Ei ∩ S = l ∪ li ∪ li . Dann gilt m ∩ (l ∪ li ∪ li ) = m ∩ (Ei ∩ S) = (m ∩ S) ∩ Ei = m ∩ Ei = ∅, da sich eine Gerade und eine Ebene in P3k stets schneiden. Also trifft m mindestens eine der drei Geraden. Trifft m mehr als eine der Geraden, so trifft m entweder Ei in zwei Punkten oder zwei der Geraden in ihrem Schnittpunkt. Im ersten Fall folgt sofort, dass m in Ei enthalten ist, im zweiten Fall folgt dies aus Satz (5.7) (ii). In beiden F¨allen erh¨alt man einen Widerspruch zu Satz (5.7) (i). Theorem 5.12. Auf einer glatten Kubik S liegen genau 27 Geraden. Beweis. Es sei l ⊂ S eine Gerade. Wir betrachten die f¨ unf Paare (li , li ), i = 1, . . . , 5 von Satz (5.8). Es sei m ⊂ S eine zu l windschiefe Gerade, welche nach Satz (5.8), angewandt auf l1 , existiert. Nach Lemma (5.11) schneidet m genau eine der Geraden li oder li . Durch eventuelles Umbenennen k¨onnen wir annehmen, dass m die Geraden li , i = 1, . . . , 5 schneidet und mit den Geraden li , i = 1, . . . , 5 leeren Durchschnitt hat. Die nach Satz (5.8) zu m geh¨origen f¨ unf Geradenpaare sind dann Geraden (li , li ), i = 1, . . . , 5. Die li sind verschieden von allen lj : es gilt li = li , denn sonst w¨are l = m. Außerdem gilt li = lj f¨ ur i = j, da lj ∩ li = ∅. Wiederum nach Satz (5.8) (ii) ist li ∩ lj = ∅ f¨ ur i = j. Andererseits trifft jede Gerade auf S eine der drei Geraden l, lj oder lj . Also gilt li ∩ lj = ∅ f¨ ur i = j. Bild 7 zeigt einige der Schnittpunkte. (Hierbei ist es auch m¨oglich, dass sich l, li , li oder m, lj , lj in einem Punkt schneiden.) Bisher haben wir 17 Geraden l, m, li , li , li ; i = 1, . . . , 5 gefunden. Wir m¨ ussen also zehn weitere Geraden finden. Behauptung. (i) Ist n ⊂ S eine weitere außer den bisher gefundenen Geraden, so schneidet n genau drei der f¨ unf Geraden li .
¨ KAPITEL 5. KUBISCHE FLACHEN
132 l2
l1
l3
l5
l4
m l123 l l1
l1
l2
l2
l3
l3
l4
l4
l5
l5
Bild 7: Teil der Konfiguration der 27 Geraden auf S
(ii) Umgekehrt gibt es zu jedem Tripel {i, j, k} ⊂ {1, 2, 3, 4, 5} genau eine Gerade lijk auf S, die windschief zu m und l ist und li , lj und lk schneidet. Beweis der Behauptung (i) Es sei n eine Gerade auf S, die verschieden von den 17 bisher angegebenen Geraden ist. Zun¨achst kann n weder l noch m schneiden, da die li , li , li alle Geraden sind, die l oder m schneiden. Schneidet die Gerade n mindestens vier der Geraden li , so gilt wegen Lemma (5.9), dass l = n oder l = m, ein Widerspruch. Falls n h¨ochstens zwei der Geraden li trifft, dann trifft n mindestens drei der Geraden li . Wir k¨onnen dann annehmen, dass n etwa die Geraden l2 , l3 , l4 , l5 oder l1 , l3 , l4 , l5 schneidet. Andererseits sind l und l1 gemeinsame Transversale von l1 , l2 , l3 , l4 , l5 . Damit sind n, l und l1 gemeinsame Transversale vier disjunkter Geraden, ein Widerspruch zu Lemma (5.10). Die zeigt (i). (ii) Wir zeigen zun¨achst, dass lijk eindeutig ist. Es sei lijk eine weitere Gera de, die windschief zu l und m ist und li , lj und lk trifft. Falls lijk und lijk sich schneiden, liegen die f¨ unf Geraden li , lj , lk , lijk , lijk in einer gemeinsamen Ebene, im Widerspruch zu Satz (5.7). Falls sie sich nicht schneiden, sind li , lj , lk gemein same Transversale der windschiefen Geraden l, m, lijk und lijk , was wieder nach Lemma (5.10) unm¨oglich ist.
Wir zeigen schließlich, dass alle Geraden lijk existieren. Nach Satz (5.8) gibt es zehn Geraden, welche l1 schneiden. Von diesen sind vier in den aufgez¨ahlten 17 Geraden enthalten, n¨amlich l, l1 , m und l1 . Die anderen sechs Geraden treffen genau zwei der verbleibenden Geraden {l2 , . . . , l5 }. Hierf¨ ur gibt es 42 = 6 M¨oglichkeiten. Es m¨ ussen also alle Geraden l1jk vorkommen. Dasselbe Argument zeigt die Existenz aller Geraden lijk und somit haben wir (ii) gezeigt. Insgesamt ist die Menge der Geraden auf S gegeben durch {l, m, li , li , li , lijk ; 1 ≤ i < j < k ≤ 5}.
¨ VON KUBIKEN 5.3. RATIONALITAT
133
Die Anzahl dieser Geraden ist 1 + 1 + 5 + 5 + 5 + 10 = 27. Die Konfiguration der 27 Geraden l¨asst sich also wie folgt zusammenfassen. Jede Gerade trifft zehn andere Geraden: l trifft l1 , . . . , l5 und l1 , . . . , l5 , m trifft l1 , . . . , l5 und l1 , . . . , l5 , l1 trifft l, m, l1 , l1 , und l1jk f¨ ur 2 ≤ j < k ≤ 5, l1 trifft l, l1 , lj f¨ ur 2 ≤ j ≤ 5 und l234 , l235 , l245 , l345 , l1 trifft m, l1 , lj f¨ ur 2 ≤ j ≤ 5 und l234 , l235 , l245 , l345 , l123 trifft l1 , l2 , l3 , l4 ,l4 ,l5 ,l5 , und l145 , l245 , l345 . Das Schnittverhalten der u ¨brigen Geraden erh¨alt man durch Permutation der Indizes.
5.3
Rationalit¨ at von Kubiken
Wir k¨onnen nun zeigen, dass jede glatte Kubik rational ist, was eine Konsequenz der Existenz von Geraden auf der Kubik ist. Satz 5.13. Es sei S eine glatte Kubik. (i) Auf S existieren zwei disjunkte Geraden. (ii) S ist eine rationale Fl¨ache. Beweis. Aussage (i) folgt aus der Konstruktion der 27 Geraden auf einer Kubik, wobei man eigentlich nur Theorem (5.1) und Satz (5.8) ben¨otigt. Mittels zwei windschiefer Geraden l, m k¨onnen wir eine rationale Abbildung πl,m :
S P1k × P1k
wie folgt konstruieren. F¨ ur einen Punkt Q ∈ l ∪ m gibt es genau eine Gerade n = n(Q) durch Q, die l und m schneidet. Wir betrachten die Abbildung πl,m : P3k \ (l ∪ m) −→ l × m = P1k × P1k Q −→ (n(Q) ∩ l, n(Q) ∩ m). Dies ist ein Morphismus. Wir k¨onnen n¨amlich nach einer Koordinatentransformation annehmen, dass l = {x2 = x3 = 0} und m = {x0 = x1 = 0}. Dann ist πl,m : P3k \ (l ∪ m) −→ l × m (x0 : x1 : x2 : x3 ) −→ ((x0 : x1 ), (x2 : x3 )).
¨ KAPITEL 5. KUBISCHE FLACHEN
134 Wir zeigen nun, dass die Einschr¨ankung
ϕ = πl,m |S : S l × m ein rationales Inverses besitzt. F¨ ur Punkte (P, Q) ∈ l × m betrachten wir die durch P, Q aufgespannte Gerade P Q in P3k . Nach Satz (5.8) gibt es h¨ochstens endlich viele Geraden P Q, die in S enthalten sind. Ist P Q ⊂ S, dann gilt P Q ∩ S = {P, Q, R}. Wir definieren ψ:
l × m S (P, Q) → R.
Dies ist eine rationale Abbildung, da die L¨osungen von f |l(P,Q) algebraisch von den Punkten P und Q abh¨angen. Offensichtlich sind ϕ und ψ zueinander inverse Abbildungen. Da l × m ∼ = P1k × P1k eine rationale Fl¨ache ist (d. h. birational zu 2 Pk ), folgt die Behauptung. Wir hatten bereits gesehen, dass eine kubische Kurve C ⊂ P2k genau dann rational ist, wenn C singul¨ar ist. Die Frage, ob eine glatte Kubik X ⊂ P4k rational ist, f¨ uhrt auf ein interessantes Problem. Definition. Eine n-dimensionale irreduzible Variet¨at X heißt unirational , falls es eine Inklusion k(X) ⊂ k(x1 , . . . , xn ) gibt. Geometrisch bedeutet dies, dass es eine dominante, generisch endliche Abbildung Pnk X gibt. Offensichtlich ist jede rationale Variet¨at unirational. Im Fall n = 1 oder n = 2 und char(k) = 0 ist jede unirationale Variet¨at auch rational (Satz von L¨ uroth im Fall n = 1, Fl¨achenklassifikation im Fall n = 2). Es ist seit langem bekannt, dass jede glatte Kubik X ⊂ Pnk , n ≥ 3 unirational ist. Theorem 5.14. (Clemens, Griffiths, 1971): Eine glatte Kubik X ⊂ P4C ist unirational, aber nicht rational. Der Beweis dieses Satzes verlangt Hilfsmittel, die deutlich u ¨ber den Stoff dieses Buches hinausgehen. Die Frage, ob eine glatte Kubik X ⊂ Pnk , n ≥ 5 rational ist, ist zur Zeit immer noch offen.
¨ Ubungsaufgaben zu Kapitel 5 5.1 Beweisen Sie Fall (i) im Beweis von Satz (5.8). 5.2 Finden Sie explizite Gleichungen f¨ ur die 27 Geraden auf der Fermatkubik x30 + x31 + x32 + x33 = 0.
¨ VON KUBIKEN 5.3. RATIONALITAT
135
5.3 Gegeben sei die Clebsche Diagonalkubik " 4 4 3 xi = xi = 0 ⊂ P4C . X= i=0
i=0
(Dies ist eine kubische Fl¨ache in der durch 4i=0 xi = 0 gegebenen Hyperebene von P4C .) Zeigen Sie, dass alle Geraden auf X reell sind (d. h. in P4R enthalten sind). In den folgenden drei Aufgaben geht es darum, dass man kubische Fl¨achen in P3k dadurch erhalten kann, dass man das Linearsystem von ebenen Kubiken durch 6 Punkte in allgemeiner Lage in P2k betrachtet. Der Einfachheit halber nehmen wir k = C an. Um zu zeigen, dass die hier konstruierte Fl¨ache eine glatte Kubik ist, ben¨otigen wir Resultate des n¨achsten Kapitels. In diesem Buch werden wir die allgemeine Theorie der Linearsysteme auf Fl¨achen nicht diskutieren; in Abschnitt 6.4.1 werden wir aber Linearsysteme auf Kurven definieren und zeigen, wie sie Abbildungen in einen projektiven Raum bestimmen. 5.4 Es seien P1 , . . . , P6 ∈ P2C Punkte, von denen keine 3 auf einer Geraden und keine 6 auf einem Kegelschnitt liegen. Zeigen Sie, dass dann die Menge aller Kubiken C ⊂ P2C , die durch P1 , . . . , P6 gehen, durch einen projektiven Unterraum P(U ) ⊂ P(C3 [x0 , x1 , x2 ]) der (projektiven) Dimension 3 parametrisiert werden. 5.5 Es seien P1 , . . . , P6 ∈ P2C wie in Aufgabe (5.4) und F0 , . . . , F3 sei eine Basis des Vektorraums U . Dann definieren F0 , . . . , F3 eine rationale Abbildung (5.2)
ϕ : P2C P3C , P −→ (F0 (P ) : . . . : F3 (P )).
In Abschnitt 2.3.6 haben wir die Aufblasung von A2k im Ursprung beschrieben. Dieselbe Konstruktion kann benutzt werden, um die Aufblasung einer beliebigen offenen Teilmenge von A2k , die den Ursprung enth¨alt, zu definieren. F¨ ur jeden Punkt P ∈ P2k gibt es eine offene Umgebung U von P und einen Isomorphismus zwischen U und einer offenen Teilmenge von A2k , der P auf den Ursprung abbildet. Durch Identifizieren von U mit seinem Bild in A2k kann man dann die Aufblasung von P2k in P definieren. Um mehrere Punkte P1 , . . . , Pm in P2k aufzublasen, kann man Umgebungen Ui von Pi w¨ahlen, die P2k u / Ui f¨ ur i = j, und jeden Punkt ¨berdecken, so dass Pj ∈ einzeln aufblasen. Dann kann man die aufgeblasenen Mengen U˜i verkleben um eine Variet¨at zu erhalten, die man die Aufblasung von P2k in P1 , . . . , Pm nennt. Wir u ¨berlassen es dem Leser zu zeigen, dass dies eine wohldefinierte projektive Variet¨at ist, und sie explizit als Untervariet¨at von P2k × (P1k )m zu beschreiben.
136
¨ KAPITEL 5. KUBISCHE FLACHEN ˜ 2 die Aufblasung von P2 in den Punkten P1 , . . . , P6 . Zeigen Sie: Es sei P C C ˜ 2 → P3 (a) Die rationale Abbildung ϕ kann zu einem Morphismus ϕ˜ : P C C fortgesetzt werden. (b) Der Morphismus ϕ˜ ist eine Einbettung im Sinn von Abschnitt 6.6, d. h. ˜ 2 ist auch das Differential dϕ(P ϕ˜ ist injektiv, und in jedem Punkt P ∈ P ˜ ) C 2 3 injektiv. Nach Satz (6.31) ist dann das Bild S := ϕ(P ˜ C ) ⊂ PC eine glatte ˜ 2 → S ist ein Isomorphismus. Fl¨ache in P3C und ϕ˜ : P C (c) Die Fl¨ache S hat Grad 3, d. h. das Urbild einer allgemeinen Geraden l ⊂ P3C unter ϕ˜ besteht aus 3 Punkten.
5.6 Die Bezeichnungen seien wie in Aufgabe (5.5). Finden Sie die 27 Kurven auf ˜ 2 , die auf die 27 Geraden in S abgebildet werden. P C 5.7 In P2C seien die Geraden Li = {xi = 0}, i = 0, 1, 2, und L3 = {x0 + x1 + x2 = 0} gegeben. Es seien P1 , . . . , P6 die Schnittpunkte Li ∩ Lj , 0 ≤ i < j ≤ 3. (a) Zeigen Sie, dass die Abbildung ϕ : P2C P3C von Aufgabe (5.5) auch ˜ 2 → P3 bestimmt. in diesem Fall einen Morphismus ϕ˜ : P C C (b) Bestimmen Sie den Ort, wo ϕ˜ keine Einbettung ist. ˜ 2 ) projektiv ¨aquivalent zur Fl¨ache (c) Zeigen Sie, dass die Fl¨ache S = ϕ( ˜P C {x0 x1 x2 + x0 x2 x3 + x0 x1 x3 + x1 x2 x3 = 0} ⊂ P3C ist. (Man nennt diese Fl¨ache die Cayley-Kubik .) (d) Zeigen Sie, dass die Fl¨ache S genau 4 singul¨are Punkte besitzt.
Kapitel 6 Einfu ¨ hrung in die Theorie der Kurven In diesem Kapitel wollen wir eine Einf¨ uhrung in die Theorie der algebraischen Kurven geben. Nachdem Divisoren auf Kurven definiert werden, wird gezeigt, dass jeder Hauptdivisor den Grad 0 hat. Als Anwendung erhalten wir eine Form des Satzes von B´ezout. Anschließend diskutieren wir Linearsysteme auf Kurven und Einbettungen in den projektiven Raum.
6.1
Divisoren auf Kurven
Im Folgenden sei, falls nicht ausdr¨ ucklich anders festgestellt, C stets eine glatte projektive Kurve u ¨ber einem algebraisch abgeschlossenen K¨orper k, d. h. eine glatte, irreduzible projektive Variet¨at der Dimension 1. Definition. Ein Divisor D auf C ist eine formale endliche Summe D = n1 P1 + . . . + nk Pk ,
ni ∈ Z, Pi ∈ C.
Der Grad des Divisors ist definiert durch deg D := n1 + . . . + nk . Die Menge aller Divisoren Div C = {D; D ist ein Divisor auf C} ist nichts anderes als die freie abelsche Gruppe, die von den Punkten von C erzeugt wird. Sie heißt die Divisorengruppe von C. Der lokale Ring OC,P besitzt das maximale Ideal mP = {g ∈ OC,P ; g(P ) = 0}. K. Hulek, Elementare Algebraische Geometrie, DOI 10.1007/978-3-8348-2348-9_7, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2000, 2012
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
138
Da C glatt ist, gilt nach Theorem (3.6) dimk mP /m2P = dim C = 1. Ist t ∈ mP ein Element, dessen Restklasse t¯ den Vektorraum mP /m2P erzeugt, dann ist t nach dem Nakayama-Lemma (4.3) ein erzeugendes Element von mP . Die Kette mP m2P . . . mkP mk+1 ... P urde tk (1 − ist eine echt absteigende Idealkette. (W¨are n¨amlich mkP = mk+1 P , so w¨ k gt) = 0 f¨ ur ein g ∈ OC,P folgen, also t = 0. Dies ist ein Widerspruch dazu, dass OC,P in dem Funktionenk¨orper k(C) enthalten ist.) Definition. Man nennt t einen lokalen Parameter im Punkt P . ∗ ur eine Einheit u ∈ OC,P . Wir Sind t und t zwei lokale Parameter, so ist t = ut f¨ werden diese Aussage im Folgenden h¨aufig verwenden.
Lemma 6.1.
∞ '
mkP = {0}.
k=1
Beweis. Es sei U eine affine Umgebung von P in C. Dann ist der Koordinatenring k[U ] noethersch. Da der lokale Ring aus k[U ] durch Lokalisieren nach einem maximalen Ideal hervorgeht, ist auch der lokale Ring OC,P noethersch. Aus dem Hilbertschen Basissatz folgt dann auch, dass der Ring OC,P [T ] noethersch ist. Es sei nun α∈
∞ '
mkP .
k=1
f¨ ur alle k, und es gibt eine Darstellung α = fk (t), wobei t ein Also ist α ∈ lokaler Parameter und fk ∈ OC,P [T ] ein Polynom der Form fk = gk T k , gk ∈ OC,P ist. Wir betrachten das von den Polynomen fk erzeugte Ideal I in OC,P [T ]. Da OC,P [T ] noethersch ist, gibt es Elemente f1 , . . . , fl , die I erzeugen. Damit gibt es eine Darstellung mkP
(6.1)
fl+1 (T ) =
l
hi (T ) ∈ OC,P [T ],
hi (T ) fi (T ),
i=1
wobei hi (T ) = pi T l+1−i , pi ∈ OC,P . Substituiert man t f¨ ur T , so ergibt sich hi (t) ∈ ml+1−i ⊂ mP und setzt man μi = hi (t), so ergibt Formel (6.1) die Beziehung P α=
l i=1
μi α = μα,
μ=
l i=1
μi ∈ mP .
6.1. DIVISOREN AUF KURVEN
139
Also gilt α(1 − μ) = 0. Da (1 − μ)(P ) = 1 = 0, ist 1 − μ eine Einheit in OC,P , also folgt α = 0.
Wegen Lemma (6.1) k¨onnen wir die folgende Definition vornehmen: Definition. F¨ ur jede in P regul¨are Funktion 0 = g ∈ OC,P definieren wir die Vielfachheit von g in P durch vP (g) := max{k; g ∈ mkP }. Die Funktion g verschwindet also genau dann in P , wenn vP (g) ≥ 1. Ist die Vielfachheit von g gleich k, so gibt es eine Darstellung g = htk ,
h(P ) = 0,
∗ wobei t ein lokaler Parameter und h ∈ OC,P eine Einheit ist. Aus dieser Darstellung sieht man auch sofort, dass vP (f g) = vP (f ) + vP (g) gilt.
Definition. F¨ ur jede rationale Funktion 0 = f ∈ k(C) ist die Vielfachheit von f in P definiert durch vP (f ) := vP (g) − vP (h) mit f = g/h und g, h ∈ OC,P . Ist vP (f ) > 0, so sagt man f habe eine Nullstelle der Ordnung vP (f ) in P , ist vP (f ) < 0, so sagt man f habe eine Polstelle der Ordnung −vP (f ) in P . Die obige Definition ist unabh¨angig von der Darstellung f = g/h. Ist n¨amlich f = g/h = g /h , so ist gh = g h und es gilt: vP (g) + vP (h ) = vP (gh ) = vP (g h) = vP (g ) + vP (h). F¨ ur jeden Punkt P ∈ C haben wir also eine Abbildung vP : k(C)∗ −→ Z f −→ vP (f ) definiert. Diese Abbildung hat die folgenden Eigenschaften: (i) vP (f g) = vP (f ) + vP (g) (ii) vP (f + g) ≥ min{vP (f ), vP (g)}. Eine Abbildung mit diesen Eigenschaften nennt man eine diskrete Bewertung f¨ ur den K¨orper k(C). Es gilt ferner, dass OC,P := {f ∈ k ∗ (C), vP (f ) ≥ 0} ∪ {0} mP := {f ∈ k ∗ (C), vP (f ) > 0} ∪ {0}. Man sagt dann, dass OC,P ein diskreter Bewertungsring von k(C) ist.
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
140
Allgemeiner hat man den folgenden Begriff. Definition. Ein Integrit¨atsring R heißt ein diskreter Bewertungsring, falls es auf dem Quotientenk¨orper K von R eine Bewertung v gibt, d. h. eine Abbildung v : K ∗ → Z mit (i) v(xy) = v(x) + v(y) (ii) v(x + y) ≥ min{v(x), v(y)}, so dass R der Bewertungsring von v ist, d. h. R = {x ∈ K ∗ ; v(x) ≥ 0} ∪ {0}. Es gilt Satz 6.2. Es sei (A, m) ein noetherscher lokaler Integrit¨atsring der Dimension 1. Dann sind folgende Aussagen ¨aquivalent: (i) A ist ein diskreter Bewertungsring, (ii) A ist ganz abgeschlossen, (iii) A ist ein regul¨arer lokaler Ring, (iv) m ist ein Hauptideal.
Beweis. [AM, Proposition 9.2].
Lemma 6.3. Ist 0 = f ∈ k(C), dann gibt es nur endlich viele Punkte P ∈ C mit vP (f ) = 0. Beweis. Wir haben eine Darstellung f = g/h mit g, h homogenen Polynomen vom selben Grad (hierzu haben wir eine Einbettung C ⊂ Pnk gew¨ahlt). Nach Voraussetzung sind die Mengen {g = 0} und {h = 0} auf C echte abgeschlossene Teilmengen. Da C eine Kurve ist, bestehen beide Mengen nur aus endlich vielen Punkten. Definition. Es sei 0 = f ∈ k(C) eine rationale Funktion. Der durch f definierte Divisor ist (f ) := vP (f )P ∈ Div C. P ∈C
Definition. Ein Divisor D ∈ Div C heißt ein Hauptdivisor , falls es eine rationale Funktion 0 = f ∈ k(C) gibt mit D = (f ). Offensichtlich gilt (f g) = (f ) + (g),
1 = −(f ), f
6.2. DER GRAD VON HAUPTDIVISOREN
141
d. h. wir haben einen Gruppenhomomorphismus k(C)∗ −→ Div C f −→ (f ) von der multiplikativen Gruppe k(C)∗ in die additive Gruppe Div C definiert. Insbesondere bilden die Hauptdivisoren eine Untergruppe von Div C. Definition. Zwei Divisoren D und D heißen linear ¨aquivalent, falls ihre Differenz ein Hauptdivisor ist, d. h. falls D − D = (f )
f¨ ur ein f ∈ k(C)∗
gilt. Man schreibt D ∼ D . Also ist D ∼ 0 genau dann, wenn D ein Hauptdivisor ist. Offensichtlich ist lineare ¨ ¨ Aquivalenz eine Aquivalenzrelation. Definition. Die Divisorenklassengruppe von C ist definiert durch Cl(C) := Div C/ ∼ . Da die Hauptdivisoren eine Untergruppe bilden, ist die Divisorenklassengruppe Cl(C) in nat¨ urlicher Weise eine abelsche Gruppe. Beispiel 6.4. Es sei C = P1k . Dann gilt D ∼ 0 ⇔ deg D = 0. Diese Behauptung sieht man wie folgt: Da jede rationale Funktion von der Form f = g/h mit homogenen Polynomen g, h ∈ k[x0 , x1 ], deg g = deg h ist, folgt sofort,dass deg(f ) = 0 ist. Ist umgekehrt deg D = 0, so gilt D − D mit D = D = nP P , nP > 0 und D = mP P, mP > 0, sowie nP= mP . Dann gibt es homogene Polynome g und h vom Grad N = nP = mP , die genau auf D , bzw. D verschwinden. Also gilt f¨ ur f = g/h, dass (f ) = D − D = D. Als Folgerung erh¨alt man, dass die Gradfunktion einen Isomorphismus deg :
Cl(P1k ) ∼ =Z
induziert. Ist C nicht isomorph zu P1k , so ist die Struktur von Cl(C) sehr viel komplizierter.
6.2
Der Grad von Hauptdivisoren
In diesem Abschnitt beweisen wir, dass jeder Hauptdivisor den Grad 0 hat.
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
142
Theorem 6.5. Ist C eine glatte, projektive Kurve, so hat jeder Hauptdivisor auf der Kurve C Grad 0. Zun¨achst ben¨otigen wir noch einige Vorbereitungen. Man kann zeigen (Satz (6.34)), dass jeder nicht-konstante Morphismus f : C → C zwischen glatten projektiven Kurven surjektiv ist. Wir werden dies allerdings im Folgenden nicht benutzen, außer f¨ ur den Fall, dass C = P1k ist, wof¨ ur wir unten einen elementaren Beweis angeben werden. Wir setzen also zun¨achst voraus, dass f : C → C eine surjektive Abbildung zwischen glatten, projektiven Kurven ist. Ist Q ∈ C , so w¨ahlen wir einen lokalen Parameter t in Q, d. h. einen Erzeuger des maximalen Ideals mQ . Das Urbild f −1 (Q) ist eine echte abgeschlossene Teilmenge von C, besteht also aus endlich vielen Punkten. Wir setzen
f ∗ (Q) :=
vPi (f ∗ (t))Pi .
Pi ∈f −1 (Q)
Dieser Divisor ist unabh¨angig von der Auswahl von t. Ist n¨amlich t ein weiterer lokaler Parameter, so ist t = ut f¨ ur eine Einheit u ∈ OC,Q . Insbesondere ist u(Q) = 0, also vPi (f ∗ (t )) = vPi (f ∗ (ut)) = vPi (f ∗ (u)) + vPi (f ∗ (t)) = vPi (f ∗ (t)). Durch lineare Fortsetzung erhalten wir einen Gruppenhomomorphismus f∗ :
Div C −→ Div C.
Eine surjektive Abbildung f : C → C induziert durch Zur¨ uckholen von Funktionen eine Inklusion k(C ) ⊂ k(C). Da k(C) und k(C ) beide Transzendenzgrad 1 haben, ist k(C)/k(C ) eine endliche K¨orpererweiterung. Definition. Ist f : C → C eine surjektive Abbildung zwischen projektiven Kurven, dann ist der Grad von f definiert durch deg f := deg[k(C) : k(C )]. Der wesentliche Schritt im Beweis von Theorem (6.5) ist der Satz 6.6. Ist f : C → C eine surjektive Abbildung glatter projektiver Kurven, so gilt f¨ ur alle Punkte Q ∈ C , dass deg f ∗ (Q) = deg f. Dieser Satz liefert uns zugleich eine geometrische Deutung des Grades einer Abbildung f : C → C . Er besagt, dass der Grad von f gerade die (richtig gez¨ahlte) Anzahl der Urbilder eines (jeden) Punktes Q ∈ C ist. Wir stellen den Beweis dieses Satzes zur¨ uck und diskutieren zun¨achst Anwendungen dieses Ergebnisses. Hierzu ben¨otigen wir zun¨achst das folgende
6.2. DER GRAD VON HAUPTDIVISOREN
143
Lemma 6.7. Ist C eine projektive Kurve, dann ist jede nicht-konstante Abbildung f : C → P1k surjektiv. Beweis. Ist f nicht surjektiv, so k¨onnen wir annehmen, dass f eine Abbildung f : C → A1k ist. Dann ist f ∗ (x) = x ◦ f eine nicht-konstante regul¨are Funktion auf C, was nach Theorem (2.19) nicht m¨oglich ist. Lemma 6.8. Es seien C und C glatte Kurven. Ist C projektiv, so ist jede rationale Abbildung f : C C ein Morphismus. Beweis. Es gen¨ ugt, rationale Abbildungen f : C Pnk zu betrachten. Die Aussage ist lokaler Natur. Es sei P ∈ C und t ein lokaler Parameter in P . Dann ist f = (f0 : . . . : fn ), fi ∈ k(C). F¨ ur die rationalen Funktionen fi haben wir Darstellungen fi = tli f˜i ,
li ∈ Z, f˜i ∈ OC,P mit f˜i (P ) = 0.
Wir k¨onnen annehmen, dass l0 ≤ . . . ≤ ln gilt. Dann ist f = (tl0 f˜0 : tl1 f˜1 : . . . : tln f˜n ) = (f˜0 : tl1 −l0 f˜1 : . . . : tln −l0 f˜n ). Nun sind alle Komponenten von f regul¨are Funktionen in P und f˜0 (P ) = 0. Daher ist f regul¨ar in P . Korollar 6.9. Zwei glatte projektive Kurven C und C sind genau dann isomorph, wenn sie birational ¨aquivalent sind. Beweis. Es seien ϕ : C C und ϕ−1 : C C zueinander inverse rationale Abbildungen. Nach Lemma (6.8) sind ϕ und ϕ−1 Morphismen, und es gilt ϕ−1 ◦ ϕ = idC , sowie ϕ ◦ ϕ−1 = idC . Beweis von Theorem 6.5. Es sei const. = f ∈ k(C). Dann definiert f eine rationale Abbildung f : C P1k . Nach Lemma (6.8) ist f ein Morphismus. Dieser ist nach Lemma (6.7) surjektiv. Nun gilt (f ) = f ∗ (0) − f ∗ (∞). Nach Satz (6.6) gilt deg f ∗ (0) = deg f ∗ (∞) = d = deg f. Also folgt
deg(f ) = deg f ∗ (0) − deg f ∗ (∞) = 0.
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
144
Bevor wir nun Satz (6.6) beweisen k¨onnen, ben¨otigen wir zwei weitere Aussagen. Wir betrachten eine surjektive Abbildung f : C → C und das Urbild eines Punktes Q ∈ C , also f −1 (Q) = {P1 , . . . , Pm }. Wir betrachten ferner den Ring ˜ := O
m '
OC,Pi ⊂ k(C).
i=1
Dies sind gerade die rationalen Funktionen auf C, die in den Punkten P1 , . . . , Pm regul¨ar sind. Mittels der Inklusionen OC ,Q ⊂ k(C ) → k(C) ˜ enthalten. Insbesondere k¨onnen wir O ˜ als einen OC ,Q -Modul aufist OC ,Q in O fassen. ˜ mit vP (tj ) = δij . InsbesonLemma 6.10. (i) Es gibt Elemente t1 , . . . , tm ∈ O i dere sind die ti lokale Parameter in Pi . ˜ so gibt es eine Darstellung (ii) Ist u ∈ O, u = tl11 · . . . · tlmm v ˜ mit li = vPi (u) und v invertierbar in O. ˜ ist ein freier OC ,Q -Modul vom Rang d = deg f , Lemma 6.11. Der Modul O d ∼ ˜ d. h. O = OC ,Q . Wir stellen die Beweise dieser Aussagen zun¨achst zur¨ uck. Beweis von Satz 6.6. Wir betrachten einen lokalen Parameter ˜ t ∈ OC ,Q ⊂ O. Nach Lemma (6.10) gibt es eine Darstellung t = tl11 · . . . · tlmm v,
˜ ∗. li = vPi (t), v ∈ O
Also gilt (6.1)
∗
f (Q) =
m
li Pi
i=1
(6.2)
deg f ∗ (Q) =
m i=1
li .
6.2. DER GRAD VON HAUPTDIVISOREN
145
Da vPi (tj ) = δij gilt, sind die ti paarweise teilerfremd. Also folgt aus dem chinesischen Restsatz, dass m ! ˜ ˜ li ). O/(t) = O/(t i i=1
˜ li ) = li . Mit Hilfe dieser Aussage folgt die Behauptung Behauptung. dimk O/(t i von Satz (6.6) nun schnell aus Lemma (6.11). Zun¨achst gibt die obige Behauptung die Aussage m m ˜ ˜ li ) = (6.3) dim O/(t) = dim O/(t li = deg f ∗ (Q). i i=1
i=1
Andererseits besagt Lemma (6.11), dass ˜∼ O = OCd ,Q ,
d = deg f.
Also gilt (6.4)
∼ ˜ O/(t) = kd. = (OC ,Q /(t))d ∼
Aus (3) und (4) folgt nun sofort, dass d = deg f ∗ (Q). Es bleibt nun, die Behauptung zu beweisen. Die Funktionen 1, ti , . . . , tili −1 sind linear unabh¨angig u ¨ber k, d. h. ˜ li ) ≥ li . dimk O/(t i
˜ eine Darstellung Es gen¨ ugt nun zu zeigen, dass jedes Element w ∈ O w ≡ α0 + α1 ti + . . . + αli −1 tili −1
mod tlii ,
αi ∈ k
besitzt. Wir zeigen dies durch Induktion nach li = s. Ist s = 0, so ist nichts zu zeigen. Wir nehmen nun an, dass die Aussage f¨ ur s stimmt. Damit haben wir eine Darstellung w ≡ α0 + α1 ti + . . . + αs−1 ts−1 i
mod tsi .
Nach Eigenschaft (i) von Lemma (6.10) ist s−1 ˜ ⊂ OC,P . w ˜ := t−s )∈O i i (w − α0 − α1 t1 − . . . − αs−1 ti
Setzen wir αs := w(P ˜ i ), so hat w˜ − αs eine Nullstelle in Pi , d. h. w˜ − αs ∈ (ti ). In anderen Worten s−1 ) αs ≡ t−s i (w − α0 − . . . − αs−1 ti
bzw. nach Multiplizieren mit
tsi
mod ti ,
folgt
w ≡ α0 + . . . + αs−1 ts−1 + αs tsi i
mod ts+1 . i
146
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
Beweis von Lemma 6.10. (i) Wir betrachten eine projektive Einbettung C ⊂ Pnk . Dann k¨onnen wir zun¨achst eine Hyperebene H w¨ahlen, die keinen der Punkte Pi enth¨alt. Also ist {P1 , . . . , Pm } ⊂ U = C \ H, wobei U ⊂ Ank . Nun k¨onnen wir affine Hyperebenen Hi w¨ahlen, die C in Pi transversal schneiden (d. h. TPi C ⊂ Hi ) und durch keinen der Punkte Pj , j = i gehen. (Bei diesem Argument verwenden wir, dass der K¨orper k = k¯ unendlich viele Elemente besitzt.) Die Gleichungen der Hyperebenen Hi eingeschr¨ankt auf die Kurve C ergeben schließlich die gesuchten Funktionen ti . ˜ Wir setzen (ii) Es sei nun u ∈ O. li = vPi (u) ≥ 0. F¨ ur 1 m v := t−l · . . . · t−l 1 m u
˜ ∗ eine Einheit. Aus der Gleichung gilt vPi (v) = 0; i = 1, . . . , m. Also ist v ∈ O l1 u = t1 · . . . · tlmm v folgt die Behauptung. Der nun folgende Beweis von Lemma (6.11) ist der subtilste Schritt im Beweis von Theorem (6.5). Beweis von Lemma 6.11. Wir gehen in mehreren Schritten vor. (1) Wir betrachten eine affine Umgebung V ⊂ C von Q. Mit B = k[V ] bezeichnen wir den Koordinatenring von V . Wir k¨onnen B als Unterring von k(C) auffassen. Es sei A := ganzer Abschluss von B in k(C). Nach [ZS, Theorem V.4.9] ist A selbst wieder eine endlich erzeugte k-Algebra mit Quotientenk¨orper k(C). Also gibt es eine affine Kurve U mit k[U ] = A. Wir behaupten zun¨achst, dass U glatt ist. Nach Korollar (3.16) ist dies dazu ¨aquivalent, dass alle lokalen Ringe OU,P regul¨are lokale Ringe sind. Zu jedem Punkt P ∈ U gibt es ein maximales Ideal m in A mit OU,P ∼ = Am . Da A ganz abgeschlossen in k(C) ist, gilt dies auch f¨ ur Am , wie man elementar zeigt (siehe auch [ZS, p. 261]). Damit folgt die Aussage aus Satz (6.2). (2) Da der Quotientenk¨orper von A = k[U ] der K¨orper k(C) ist, gibt es eine birationale Abbildung ϕ : U C. Nach Lemma (6.8) ist ϕ : U → C ein Morphismus. Unser Ziel ist es, zu zeigen, dass ϕ die affine Kurve U isomorph auf ϕ(U ) ⊂ C abbildet, und dass ϕ(U ) = f −1 (V ) ist. Zun¨achst kann man feststellen, dass ϕ(U ) offen ist. Denn da ϕ : U → C birational ist, gibt es offene Mengen U ⊂ U und U ⊂ C, so dass ϕ|U : U → U ein Isomorphismus ist. Also ist U gleich C minus endlich vieler Punkte. Damit gilt dasselbe f¨ ur ϕ(U ).
6.2. DER GRAD VON HAUPTDIVISOREN
147
Als n¨achstes wollen wir zeigen, dass die Abbildung ϕ : U → ϕ(U ) ein Isomorphismus ist. Hierf¨ ur gen¨ ugt es, nachzuweisen, dass die rationale Umkehrabbildung ϕ−1 : ϕ(U ) U ein Morphismus ist. Da U affin ist, k¨onnen wir dies nicht aus Lemma (6.8) schließen. Wir nehmen an, dass U ⊂ Ank liegt, und dass ϕ−1 = (g1 , . . . , gn ),
gi ∈ k(C).
Es sei S = ϕ(R) ein Punkt, in dem ϕ−1 nicht regul¨ar ist. D. h. es gibt (nach eventuellem Umnummerieren) eine lokale Darstellung g1 =
h1 , h2
h1 (S) = 0, h2 (S) = 0.
Sind z1 , . . . , zn die Koordinaten von Ank , so gilt g1 = (ϕ−1 )∗ (z1 ), d. h. also und damit
ϕ∗ (g1 ) = z1 ϕ∗ (h1 ) = z1 ϕ∗ (h2 ).
Da h2 (S) = 0, gilt ϕ∗ (h2 )(R) = h2 (ϕ(R)) = h2 (S) = 0. Damit folgt aber auch ϕ∗ (h1 )(R) = 0, also h1 (S) = 0, im Widerspruch zur Annahme. Im Folgenden wollen wir U mittels ϕ mit dem Bild ϕ(U ) identifizieren, d. h. wir fassen U als offene Teilmenge von C auf. (3) Wir wollen nun zeigen, dass U = f −1 (V ) gilt. Die Inklusion f∗
B = k[V ] ⊂ A = k[U ] induziert ein kommutatives Diagramm U → C f↓ ↓ f. V → C Insbesondere gilt U ⊂ f −1 (V ). Wir nehmen nun an, dass keine Gleichheit gilt. ˜ ∈ C, R ˜ ∈ U mit S˜ = f (R) ˜ ∈ V . Es sei Dann gibt es einen Punkt R ˜ ∩ U = {R ˜1, . . . , R ˜ l }. f −1 (S) ¨ Ahnlich wie beim Beweis von Lemma (6.10) (i) findet man leicht eine rationale ˜1, . . . , R ˜ l , aber nicht in R, ˜ Funktion g ∈ k(C), die regul¨ar ist in den Punkten R d. h. g ∈ OC,R˜ ; g ∈ OC,R˜i , i = 1, . . . , l.
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
148
Ist X ⊂ C die Menge der Punkte, in denen g nicht regul¨ar ist (d. h. die Menge der Pole), so gilt S˜ ∈ f (X ∩ U ). Wiederum mit derselben Technik kann man nun eine Funktion h ∈ k[V ] = B konstruieren mit hg ∈ k[U ] = A, hg ∈ OC,R˜ . (Man w¨ahle h so, dass h Nullstellen gen¨ ugend hoher Ordnung in f (X ∩ U ) hat, aber in S˜ nicht verschwindet.) Nach Konstruktion ist g = hg in A und damit nach Definition von A ganz u ullt eine Gleichung ¨ber B. D. h. g erf¨ (g )n + bn−1 (g )n−1 + . . . + b0 = 0,
bi ∈ B = k[V ].
Damit gilt in dem K¨orper k(C) g = −bn−1 − bn−2 (g )−1 − . . . − b0 (g )−n+1 . ˜ hat, ist g ∈ O ˜ , aber bi (g )−1 ∈ O ˜ . Damit liefert obige Da g einen Pol in R C,R C,R Gleichung einen Widerspruch und wir haben die Gleichheit U = ϕ−1 (V ) gezeigt. ˜ = AOC ,Q gilt. Die (4) Als n¨achstes wollen wir beweisen, dass die Gleichheit O ˜ ˜ Inklusion AOC ,Q ⊂ O ist offensichtlich. Es sei nun g ∈ O und X die Menge der Polstellen von g. Wegen (3) k¨onnen wir nun wiederum eine Funktion h ∈ k[V ] finden mit h(Q) = 0 und hg ∈ A. Da h(Q) = 0 ist, gilt h−1 ∈ OC ,Q , also g ∈ AOC ,Q . Wiederum nach dem bereits zitierten Ergebnis [ZS, Theorem V.4.9] ist A endlich ˜ ein endlich ˜ = AOC ,Q folgt, dass O erzeugt als B-Modul. Wegen der Gleichheit O erzeugter OC ,Q -Modul ist. Der lokale Ring OC ,Q ist ein Hauptidealring. (Jedes Ideal ist von der Form (tk ).) Nach dem Hauptsatz u ¨ber endlich erzeugte Moduln u ¨ber Hauptidealringen folgt dann, dass ˜=O ˜Cm ⊕ T, O ,Q
T = Torsionsanteil.
˜ ⊂ k(C), d. h. da O ˜ in dem K¨orper k(C) enthalten ist, kann es Da OC ,Q ⊂ O keinen Torsionsanteil geben, also ist T = 0. ˜ Es bleibt nun, die Zahl m, also die Anzahl der unabh¨angigen Elemente von O u ¨ber OC ,Q zu bestimmen. Durch Wegmultiplizieren von Nennern sieht man, dass ˜u dies gleich der Anzahl der unabh¨angigen Elemente von O ¨ber k(C ) ist. Da d = deg[k(C) : k(C )] der Grad der K¨orpererweiterung ist, gilt m ≤ d. Andererseits seien f1 , . . . , fd eine Basis von k(C) u ¨ber k(C ). M¨oglicherweise haben f1 , . . . , fd −1 Pole in der Menge f (Q). Multipliziert man jedoch mit einer geeigneteten Potenz ˜ unabh¨angige tl , wobei t ein lokaler Parameter in Q ist, so sind f1 tl , . . . , fd tl ∈ O Elemente u ¨ber k(C ), d. h. m ≥ d.
6.2. DER GRAD VON HAUPTDIVISOREN
149
Bemerkung 6.12. Im Fall k = C kann man . Theorem (6.5) auch analytisch beweisen. Dazu betrachtet man das Integral γ df /f u ¨ber einen geeigneten geschlossenen Weg γ. Nach dem Cauchyschen Integralsatz z¨ahlt dieses Integral die Differenz zwischen der Anzahl der Nullstellen und der Polstellen von f im In” ¨ neren“ von γ. Wendet man dieselbe Argumentation auf das Außere“ von γ an, ” so erh¨alt man insgesamt den Wert 0. Da jeder Hauptdivisor den Grad 0 hat, induziert die Gradfunktion einen Homomorphismus deg : Cl(C) −→ Z. Definition. Wir definieren die Jacobische Variet¨at von C (vom Grad 0) durch Jac0 C := Cl0 (C) := {D ∈ Cl(C); deg D = 0}. Dann haben wir eine exakte Sequenz deg
0 → Cl0 (C) → Cl(C) → Z → 0. Satz 6.13. Es sei C eine glatte projektive Kurve. Dann ist Cl0 (C) genau dann trivial, wenn C rational (d. h. isomorph zu P1k ) ist. Beweis. Wir hatten bereits gesehen, dass Cl0 (P1k ) = {0} ist. Ist umgekehrt Cl0 (C) = {0} vorausgesetzt, so gilt f¨ ur je zwei Divisoren D und D vom selben Grad, dass sie linear ¨aquivalent sind. Es seien insbesondere P = Q zwei verschiedene Punkte von C. Da P ∼ Q, gibt es eine rationale Funktion 0 = f ∈ k(C) mit (f ) = P − Q. Die rationale Abbildung f : C P1k ist nach Lemma (6.8) eine regul¨are Abbildung. Es gilt f ∗ (0) = P , f ∗ (∞) = Q. Insbesondere hat f Grad 1, induziert also einen Isomorphismus der Funktionenk¨orper und ist damit nach Korollar (6.9) ein Isomorphismus von C mit P1k . Da die Jacobische Variet¨at Cl0 (C) der Kern des Homomorphismus deg : Cl(C) → Z ist, besitzt sie eine Gruppenstruktur. Konkret ist diese durch Addition von Di¨ visoren gegeben, welche kompatibel mit linearer Aquivalenz ist. Es ist eine tiefliegende Aussage, und diese rechtfertigt erst die Bezeichnung Jacobische Variet¨at, dass Cl0 (C) eine g-dimensionale abelsche Variet¨at ist, d. h. eine projektive Variet¨at mit der Struktur einer abelschen Gruppe, so dass die Addition (a, b) → a+b ¨ und die Inversion a → −a Morphismen sind. Uber C ist eine abelsche Variet¨at ein g-dimensionaler Torus, der zugleich eine projektive Variet¨at ist. Nach dem Satz von Torelli bestimmt ferner die (polarisierte) abelsche Variet¨at Cl0 (C) die Kurve C. ¨ Die Dimension g von Cl0 (C) ist das Geschlecht der Kurve C. Uber dem Grundk¨orper C ist dies gerade das topologische Geschlecht, also die Anzahl der L¨ocher der C zugrunde liegenden Riemannschen Fl¨ache. Im Abschnitt 6.5 werden
150
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
wir das Geschlecht von C als Anzahl der unabh¨angigen regul¨aren Differentialformen auf C definieren und es zum Grad des kanonischen Divisors in Beziehung setzen. Das Geschlecht wird auch in der Formulierung des Satzes von Riemann– Roch benutzt werden.
Bild 1: Kurve vom Geschlecht g mit g L¨ochern
Wir betrachten nun den Fall einer glatten ebenen Kubik C ⊂ P2C . In der Einleitung haben wir eine topologische Beschreibung von Kubiken in LegendreNormalform gegeben und gesehen, dass eine solche Kurve hom¨oomorph zu einem Torus ist. Somit hat C das Geschlecht 1. In Aufgabe (6.11) ist zu zeigen, dass f¨ ur einen festen Punkt O ∈ C die Abbildung C −→ Cl0 (C) P −→ P − O einen Isomorphismus von C mit Cl0 (C) definiert. F¨ ur weiterf¨ uhrende Literatur zu Jacobischen Variet¨aten seien die Leser auf die B¨ ucher [Mu1], [Mu2] und [ACGH] verwiesen.
6.3
Der Satz von B´ ezout
Wir hatten den Satz von B´ezout bereits als Theorem (4.7) formuliert. Mit Hilfe von Theorem (6.5) k¨onnen wir nun den Satz von B´ezout in dem Fall beweisen, dass eine der Kurven glatt ist. Wir betrachten also eine glatte Kurve C = {f (x0 , x1 , x2 ) = 0} ⊂ P2k vom Grad d. Auf Grund von Lemma (4.12) wissen wir, dass C notwendig irreduzibel ist. Es sei C = {g(x0 , x1 , x2 ) = 0} eine weitere Kurve, von der wir nun voraussetzen, dass C die Kurve C nicht enth¨alt. F¨ ur jeden Punkt P ∈ C k¨onnen wir die Gleichung g von C in einer affinen Umgebung von P als regul¨are Funktion auffassen, d. h. wir k¨onnen g als ein Element von OC,P auffassen (dies ist
´ 6.3. DER SATZ VON BEZOUT
151
allerdings nur bis auf einen von Null verschiedenen Skalar bestimmt). Ist vP (g) die Vielfachheit von g in P , so erhalten wir auf diese Weise einen Divisor vP (g)P ∈ Div C. D= P ∈C
Es sei f eine lokale Gleichung von C in einer Umgebung von P . Da C glatt ist, k¨onnen wir eine Linearform l w¨ahlen, so dass f und l das maximale Ideal mP2k ,P erzeugen. Insbesondere ist die Einschr¨ankung von l auf C ein lokaler Parameter t. Es gibt daher eine Darstellung g = u tvP (g) mit einer Einheit u. Daraus folgt, dass IP (C, C ) = vP (g). Also ist (6.5)
C.C =
IP (C, C ) = deg D.
P
Theorem 6.14. Es seien C und C zwei ebene Kurven vom Grad d bzw. d . Die Kurve C sei glatt und C enthalte C nicht als eine Komponente. Dann schneiden sich C und C in dd Punkten, genauer C.C = IP (C, C ) = dd . P
Beweis. Wir betrachten die rationale Funktion h = g/xd0 . Dabei k¨onnen wir annehmen, dass C = {x0 = 0} ist. Die rationale Funktion h definiert auf C einen Hauptdivisor (h) = D − d D0 , wobei D wie oben und D0 der durch x0 definierte Divisor auf C ist. Ist L die Gerade {x0 = 0}, so gilt deg D0 = L.C = d, wobei das letzte Gleichheitszeichen aus dem Fundamentalsatz der Algebra folgt. Nach Theorem (6.5) gilt (6.6) also
0 = deg(h) = deg D − d deg D0 , deg D = d deg D0 = dd .
Damit folgt die Behauptung aus (6.5).
Mit Hilfe dieser Methode l¨asst sich auch die allgemeine Fassung des Satzes von B´ezout zeigen. Man muss hierzu C in seine irreduziblen Komponenten C1 , . . . , Cn zerlegen und, falls diese nicht glatt sind, die Normalisierung νi : C˜i → Ci betrachten. (Zu jeder irreduziblen Kurve C gibt es genau eine glatte Kurve C˜ zusammen
152
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
mit einem birationalen surjektiven Morphismus ν : C˜ → C, die sogenannte Normalisierung von C.) Verwendet man dann, dass IP (C, C ) =
n
IP (Ci , C )
i=1
ist, kann man die Behauptung wieder auf Theorem (6.5) zur¨ uckf¨ uhren.
6.4
Linearsysteme auf Kurven
Sind D1 = nP P und D2 = mP P zwei Divisoren, so schreibt man D1 ≥ D2 , falls nP ≥ mP f¨ ur alle P ∈ C gilt. Dies definiert eine partielle Ordnung der Divisoren auf C. Definition. Ist D ein Divisor, so definiert man L(D) := {0 = f ∈ k(C); (f ) ≥ −D} ∪ {0}. Offensichtlich ist der Raum L(D) ein k-Vektorraum. Die Dimension dieses Vektorraums bezeichnet man mit l(D) := dimk L(D).
Definition. Der Tr¨ager eines Divisors D =
nP P ist definiert durch
supp D := {P ; nP = 0}.
Definition. Ein Divisor D heißt effektiv , falls D ≥ 0 gilt. Lemma 6.15. (i) Ist deg D < 0, so ist L(D) = {0}. (ii) F¨ ur jeden effektiven Divisor D gilt l(D) ≤ deg D +1. Gleichheit tritt nur ein, wenn C rational oder D = 0 ist. Insbesondere ist L(D) ein endlich-dimensionaler Vektorraum. Beweis. (i) W¨are deg D < 0 und 0 = f ∈ L(D), so h¨atte die rationale Funktion f mehr Nullstellen als Polstellen im Widerspruch zu Theorem (6.5). (ii) Ist deg D = 0, dann ist, da D effektiv ist, D = 0 und L(D) der Raum der Konstanten, also l(D) = 1. Es sei nun d := deg D ≥ 1 und P1 , . . . , Pd+1 seien
6.4. LINEARSYSTEME AUF KURVEN
153
verschiedene Punkte, die nicht im Tr¨ager von D liegen. Dann ist L(D − P1 − . . . − Pd+1 ) gleich dem Kern der Abbildung (6.7)
L(D) −→ k d+1 f −→ (f (P1 ), . . . , f (Pd+1 )) ,
und somit ist die Kodimension von L(D − P1 − . . . − Pd+1 ) in L(D) h¨ochstens d + 1. Da nach (i) aber L(D − P1 − . . . − Pd+1 ) = {0} ist, gilt dimk L(D) ≤ d + 1. Wir nehmen nun an, dass die Gleichheit l(D) = d + 1 gilt. Dies ist a¨quivalent dazu, dass die Abbildung (6.7) surjektiv ist. Dann ist auch die Abbildung L(D) −→ k d−1 f −→ (f (P1 ), . . . , f (Pd−1 )) surjektiv mit Kern L(D − P1 − . . . − Pd−1 ). Also gilt dim L(D − P1 − . . . − Pd−1 ) = 2, und es seien f, g ∈ L(D − P1 − . . . − Pd−1 ) linear unabh¨angig. Aus deg(D − P1 − . . . − Pd−1 ) = 1 folgt, dass (f ) = P1 + · · · + Pd−1 − D + P und (g) = P1 + · · · + Pd−1 − D + Q f¨ ur Punkte P = Q auf C mit P ∼ Q. Der Beweis von Satz (6.13) zeigt dann, dass es einen Isomorphismus C ∼ = P1k gibt. Satz 6.16. Ist D1 ∼ D2 , so gilt L(D1 ) ∼ = L(D2 ). Beweis. Es sei D1 − D2 = (f ). Ist g ∈ L(D1 ), so gilt (gf ) = (g) + (f ) ≥ −D2 . Wir erhalten somit einen Isomorphismus L(D1 ) −→ L(D2 ) g −→ gf. Definition. Es sei D ein Divisor. Das durch D definierte vollst¨andige Linearsystem ist |D| := {D ≥ 0; D ∼ D}. Ist deg D < 0, dann gilt |D| = ∅, da linear ¨aquivalente Divisoren denselben Grad und effektive Divisoren nicht-negativen Grad haben. Satz 6.17. Es gibt eine nat¨ urliche Bijektion zwischen dem vollst¨andigen Linearsystem |D| und dem projektiven Raum P(L(D)).
154
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
ur λ ∈ k ∗ Beweis. Ist 0 = f ∈ L(D), so ist Df = (f ) + D ≥ 0 und Df ∼ D. F¨ gilt (f ) = (λf ) und wir erhalten damit eine Abbildung P(L(D)) −→ |D| f −→ Df . Diese Abbildung ist surjektiv. Ist n¨amlich D ≥ 0 und D ∼ D, so gibt es eine rationale Funktion f mit (f ) = −D + D . Da D ≥ 0 ist, ist f ∈ L(D). Es bleibt zu zeigen, dass die Abbildung injektiv ist. Sind f, g zwei rationale Funktionen mit (f ) = (g), so ist f /g eine u ¨berall regul¨are Funktion, und nach Theorem (2.19) ist f /g konstant, d. h. es gibt λ ∈ k ∗ mit f = λg. Wir werden im Folgenden |D| und P(L(D)) miteinander identifizieren. Insbesondere tr¨agt |D| dadurch die Struktur eines projektiven Raums. Definition. Ein Linearsystem ϑ auf C ist ein projektiver Unterraum eines vollst¨andigen Linearsystems |D|. Definition. (i) Ein Punkt P ∈ C heißt Basispunkt des Linearsystems ϑ, falls ϑ = ϑ∩|D−P |. Hierbei fassen wir |D − P | als projektiven Unterraum von |D| auf. (ii) Ein Linearsystem ϑ heißt basispunktfrei, falls es keine Basispunkte besitzt. Ist P ein Basispunkt von |D|, so ist L(D) = L(D − P ). Durch Subtrahieren aller Basispunkte von D erh¨alt man ein basispunktfreies Linearsystem |D | mit L(D) = ¨ L(D ). Wir werden uns daher bei den folgenden Uberlegungen auf basispunktfreie Linearsysteme beschr¨anken. Beispiel 6.18. Es sei C ⊂ Prk eine glatte Kurve, die nicht in einer Hyperebene enthalten ist. Dann definieren die Hyperebenen H von Prk eine Menge von Divisoren C ∩ H, die sogenannten Hyperebenenschnitte. Genauer gesagt ist C ∩ H dadurch definiert, dass man eine Gleichung {s = 0} von H auf die Kurve C einschr¨ankt. Auf jeder offenen Menge C \ {xi = 0} kann man s als regul¨are Funktion auffassen und die Nullstellen von s mit den entsprechenden Vielfachheiten betrachten. Dies definiert den effektiven Divisor D = C ∩ H. Sind H1 = {s1 = 0} und H2 = {s2 = 0} zwei Hyperebenen, so ist s1 /s2 eine rationale Funktion und die Divisoren D1 und D2 sind daher linear ¨aquivalent. Die Hyperebenenschnitte H ∩ C bilden ein basispunktfreies, nicht notwendig vollst¨andiges Linearsystem ϑ. Die Divisoren des Linearsystems ϑ haben alle denselben Grad d. Wir nennen d den Grad der eingebetteten Kurve C ⊂ Prk . 6.4.1 Die durch ein Linearsystem definierte Abbildung. Es sei nun D ein Divisor auf einer Kurve C, dessen zugeh¨origes Linearsystem |D| basispunktfrei ist. Es sei l = l(D) > 0. Wir w¨ahlen eine Basis f0 , . . . , fl−1 von L(D). Nach dem
6.4. LINEARSYSTEME AUF KURVEN
155
Beweis von Lemma (6.8) ist die Abbildung ϕD : C −→ Pl−1 k P −→ (f0 (P ) : . . . : fl−1 (P )) ein Morphismus. Wir nennen ϕD die durch das vollst¨andige Linearsystem |D| definierte Abbildung. Nat¨ urlich h¨angt ϕD von der Wahl der Basis ab, zwei verschiedene Basen f¨ uhren aber zu Abbildungen, die sich nur um einen projektiven Automorphismus von Pl−1 unterscheiden. Ist l ≥ 2, so ist ϕD : C → ϕD (C) eine k Abbildung mit endlichen Fasern. Analog kann man jedem basispunktfreien Linearsystem ϑ ⊂ |D| der projektiven Dimension r einen Morphismus ϕϑ : C → Prk zuordnen (nach Wahl einer Basis). Beispiel 6.19. Es sei C = P1k mit homogenen Koordinaten x0 , x1 . Auf C betrachten wir den Divisor 3∞, wobei ∞ = (1 : 0), Dann ist l(D) = 4 und wir erhalten eine Basis von L(D) durch x30 x20 x1 x20 x0 x21 x0 x31 , = , = , = 1 ∈ L(D). x31 x31 x21 x31 x1 x31 Die Abbildung ϕD ist gegeben durch ϕD : P1k −→ P3k , x3 (x0 : x1 ) −→ ( x30 : 1
x20 x21
:
x0 x1
: 1) = (x30 : x20 x1 : x0 x21 : x31 ).
Dies definiert gerade die Einbettung von P1k als kubische Normkurve im P3k . In Beispiel (6.18) haben wir gesehen, dass die Hyperebenenschnitte einer eingebetteten Kurve C ein basispunktfreies Linearsystem auf C bilden. Wir werden nun zeigen, dass man die Elemente eines beliebigen basispunktfreien Linearsystems ϑ durch Zur¨ uckziehen der Hyperebenenschnitte von ϕϑ (C) erh¨alt. Es sei ϑ ⊂ |D| ein basispunktfreies Linearsystem der projektiven Dimension r und f0 , . . . , fr ∈ L(D) eine Basis von ϑ. Dies definiert die Abbildung ϕϑ : C −→ Prk , P −→ (f0 (P ) : . . . : fr (P )). Es seien x0 , . . . , xr die projektiven Koordinaten von Prk und H = { λi xi = 0} eine Hyperebene von Prk . Dann kann der Hyperebenenschnitt ϕϑ (C)∩H zu einem Divisor ϕ∗ϑ (H) auf C zur¨ uckgezogen werden, der durch die Punkte in ϕ−1 ϑ (H), mit Vielfachheiten gez¨ahlt, gegeben ist. Die Vielfachheiten sind dabei wie folgt defi niert. Man kann ϕ∗ϑ ( λi xi ) in jedem Punkt P ∈ C als lokale Funktion auffassen (die bis auf Multiplikation mit einer von 0 verschiedenen Konstanten definiert
156
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
ist), und die Vielfachheit des Punktes P in ϕ∗ϑ (H) ist gleich der Verschwindungsordnungdieser Funktion in P . Der so erhaltene Divisor ist gerade der durch fH := λi fi definierte effektive Divisor DfH = (fH ) + D ∈ ϑ. Definiert ϕϑ eine Einbettung, so entsprechen die Elemente von ϑ gerade den Hyperebenenschnitten der eingebetteten Kurve. Dies ist historisch der Ausgangspunkt f¨ ur die Untersuchung von Linearsystemen. Beispiel 6.20. Es sei C eine komplexe elliptische Kurve mit Nullpunkt O. Wir betrachten den Divisor D = 3O. Da C nicht rational ist (vgl. Beispiel (0.5)), gilt nach Lemma (6.15)(ii), dass l(D) ≤ 3. Da andererseits 1, ℘(z), ℘ (z) ∈ L(D) (hier verwenden wir stillschweigend, dass die meromorphen Funktionen ℘(z) und ℘ (z) rationale Funktionen auf der algebraischen Kurve C sind) und linear unabh¨angig sind, folgt l(D) = 3. Damit sind 1, ℘(z), ℘ (z) ∈ L(D) eine Basis von L(D) und die Abbildung ϕD : C −→ P2k , z −→ (1 : ℘(z) : ℘ (z)) bildet C bijektiv auf eine Weierstraßkubik ab. Identifiziert man C mit dem Bild unter dieser Abbildung, so bedeutet dies f¨ ur das vollst¨andige Linearsystem gerade das Folgende: P1 + P2 + P3 ∼ 3O ⇔ P1 , P2 , P3 liegen auf einer Geraden.
6.5
Differentialformen auf Kurven
Ist D ein Divisor auf einer Kurve C, so ist es ein ebenso naheliegendes, wie wichtiges Problem, die Dimension l(D) zu bestimmen. Das wesentliche Hilfsmittel ist der Satz von Riemann–Roch, den wir in diesem Buch nicht beweisen, sondern nur formulieren wollen. F¨ ur historische Bemerkungen zum Satz von Riemann– Roch sei auf [W] verwiesen. Um den Satz formulieren zu k¨onnen, m¨ ussen wir zun¨achst das Konzept von Differentialformen einf¨ uhren. Wir werden nun regul¨are und rationale Differentialformen auf einer glatten Kurve C definieren. Zun¨achst betrachten wir f¨ ur jede offene Menge U ⊂ C den Vektorraum "
φ(U ) := ϕ : U −→ mx /m2x ; ϕ(x) ∈ mx /m2x . x∈U
Ist f ∈ OC (U ) eine regul¨are Funktion, so definiert diese ein Element df ∈ φ(U ) durch df (x) := f − f (x) mod m2x .
6.5. DIFFERENTIALFORMEN AUF KURVEN
157
Wie in der elementaren Analysis gelten die folgenden Identit¨aten: (1) (2) (3)
d(f + g) = df + dg, d(f g) = f dg + g df, g df − f dg f = wenn g = 0. d g g2
Die erste Gleichung ist offensichtlich und (2) und (3) erh¨alt man nach einer einfachen Rechnung durch Vergleichen beider Seiten der Gleichung modulo m2x . Ist zudem F ∈ k[x1 , . . . , xn ], so gilt f¨ ur regul¨are Funktionen f1 , . . . , fn auf U (4)
dF (f1 , . . . , fn ) =
n ∂F (f1 , . . . , fn )dfi . ∂xi i=1
Wegen (1) kann man annehmen, das F ein Monom ist. Dann kann man die Aussage mittels (2) durch Induktion nach dem Grad des Monoms zeigen. Mit Hilfe von (3) sieht man sofort, dass Formel (4) auch f¨ ur rationale Funktionen F auf ihrem Definitionsbereich gilt. Definition. Ein Element ω ∈ φ(U ) heißt eine regul¨are Differentialform auf U , falls es zu jedem Punkt P ∈ U eine Umgebung V , sowie regul¨are Funktionen f1 , . . . , fl , g1 , . . . , gl ∈ OC (V ) gibt, so dass (6.8)
ω|V =
l
fi dgi .
i=1
Die Menge aller regul¨aren Differentialformen auf U ist ein OC (U )-Modul, den wir mit Ω1C [U ] bezeichnen. Bemerkung 6.21. Nach Theorem (3.6) kann mx /m2x mit dem Dualraum des Tangentialraums von C an x identifiziert werden. Die disjunkte Vereinigung dieser R¨aume heißt das Kotangentialb¨ undel u ¨ber U . Die Elemente von φ(U ) heißen Schnitte des Kotangentialb¨ undels, und die obige Definition legt fest, welche Schnitte regul¨ar genannt werden sollen. Beispiel 6.22. Es sei t die Koordinate von A1k . Dann ist dt eine Basis von mx /m2x f¨ ur jedes x ∈ A1k , und somit ist jedes Element ω ∈ φ(U ) von der Form ω = f dt f¨ ur eine Funktion f auf A1k . Ist ω ∈ Ω1A1 [A1k ], dann folgt aus (6.8) und Formel (4), k ur eine auf V regul¨are Funktion g ist. Dann ist f |V = g, d. h. f dass ω|V = g dt f¨ ist regul¨ar und somit Ω1A1 [A1k ] = k[A1k ] dt. k
Satz 6.23. Es sei C eine glatte Kurve und P ∈ C. Dann gibt es eine affine Umgebung U von P , so dass Ω1C [U ] ∼ = OC (U ) als OC (U )-Moduln.
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
158
Beweis. Wir k¨onnen C ⊂ Ank annehmen und w¨ahlen affine Koordinaten x1 , . . . , xn , so dass t1 := x1 |C ein lokaler Parameter in P ist. Es seien F1 , . . . , Fl Erzeugende des Ideals I(C) von C in Ank . Dann gilt Fi (t1 , . . . , tn ) = 0 f¨ ur 1 ≤ i ≤ l, wobei tj = xj |C . Nach Formel (4) gilt (6.9)
n ∂Fi // / dtj = 0. ∂xj C j=1
Da die Dimension von C gleich 1 ist, hat die Matrix ∂Fi (P ) ∂xj i,j den Rang n − 1. Wir k¨onnen also (6.9) benutzen, um lokale Darstellungen dti = gi dt1 f¨ ur i = 2, . . . , n zu erhalten, wobei die gi regul¨are Funktionen in einer Umgebung von P sind. Es sei U eine affine Umgebung von P , auf der alle gi definiert sind. Da dx1 , . . . , dxn den Kotangentialraum von Ank an jedem Punkt aufspannen, folgt, dass dt1 (x) = 0 ∈ mx /m2x f¨ ur alle x ∈ U ist. Somit besitzt jedes Element ω ∈ Ω1C [U ] eine Darstellung ω = f dt1 f¨ ur eine Funktion f auf U . Andererseits folgt aus (6.8) mit Formel (4) und dti = gi dt1 , dass jeder Punkt Q ∈ U eine Umgebung V besitzt, so dass ω|V = g dt1 , wobei g regul¨ar auf V ist. Dann ist aber f |V = g, d. h. f ∈ OC (U ) und somit gilt Ω1C [U ] ∼ = OC (U ) als OC (U )-Moduln. Korollar 6.24. Es sei t ein lokaler Parameter in einem Punkt P ∈ C. Dann gibt es eine affine Umgebung V von P , so dass Ω1C [V ] = OC (V ) dt. Beweis. Es seien U und t1 wie im Beweis von Satz (6.23). Dann ist dt = g dt1 f¨ ur ein g ∈ OC (U ). Da t ein lokaler Parameter in P ist, gilt g(P ) = 0. Dann kann man eine beliebige affine Umgebung von P nehmen, auf der g nicht verschwindet. Wir definieren nun rationale Differentialformen. Dazu betrachten wir Paare (U, ω), wobei U ⊂ C offen und nicht-leer ist, und ω eine regul¨are Differential¨ form auf U . Wir definieren eine Aquivalenzrelation durch ur ein nicht-leeres offenes V ⊂ U ∩ U . (U, ω) ∼ (U , ω ) ⇐⇒ ω|V = ω |V f¨ ¨ Definition. Eine rationale Differentialform auf C ist eine Aquivalenzklasse von Paaren (U, ω), wobei U eine nicht-leere offene Menge in C und ω eine regul¨are
6.5. DIFFERENTIALFORMEN AUF KURVEN
159
Differentialform auf U ist. Wir bezeichnen die Menge der rationalen Differentialformen auf C mit Ω1 (C). Offensichtlich ist Ω1 (C) ein k(C)-Vektorraum. Ist f ∈ k(C) eine rationale Funktion, dann definiert df eine rationale Differentialform auf C. F¨ ur ω ∈ Ω1 (C) sei Uω die Vereinigung aller offenen Mengen U , so dass ω einen Repr¨asentanten (U, ω ) besitzt, wobei ω regul¨ar ist. Dann ist ω ∈ Ω1C [Uω ] und Uω heißt der Definitionsbereich von ω. Satz 6.25. Ω1 (C) ist ein 1-dimensionaler Vektorraum u ¨ber k(C). ur einen Beweis. Es sei U ⊂ C eine offene Menge, so dass Ω1C [U ] = OC (U ) dt f¨ lokalen Parameter t ist. Es sei ω ∈ Ω1 (C). Dann gibt es eine offene Teilmenge V ⊂ U , so dass ω|V regul¨ar ist. Es gilt immer noch Ω1C [V ] = OC (V ) dt, also ω|V = g dt f¨ ur ein g ∈ k[V ] ⊂ k(C). Die Abbildung ω → g liefert den gew¨ unschten Isomorphismus. Wir k¨onnen nun den kanonischen Divisor auf einer Kurve C definieren. Es sei 0 = ω ∈ Ω1 (C) eine rationale Differentialform auf C und P ∈ C. Dann gibt es eine Umgebung U von P , so dass ω|U = g dt f¨ ur einen lokalen Parameter t in P und eine rationale Funktion g. Wir definieren die Ordnung von ω in P als Ordnung von g in P . Dies ist wohldefiniert: ist n¨amlich t ein anderer lokaler ur eine Einheit u in einer Umgebung von Parameter, dann gilt lokal dt = u dt f¨ P . Auf diese Weise erh¨alt man einen Divisor (ω) ∈ Div C. Ist ω = 0 eine andere rationale Differentialform auf C, dann folgt aus Satz (6.25), dass ω = f ω f¨ ur ein f ∈ k(C)∗ , und hieraus folgt (ω) ∼ (ω ). Damit erhalten wir eine wohldefinierte Divisorenklasse K := (ω) ∈ Cl(C). Definition. K heißt kanonischer Divisor auf C. Satz 6.26. Es gibt einen Isomorphismus Ω1C [C] ∼ = L(K). Beweis. Es sei ω1 eine von 0 verschiedene rationale Differentialform auf C, welche einen kanonischen Divisor K = (ω1 ) definiert. Nach Satz (6.25) ist jede rationale Differentialform auf C von der Form ω = f ω1 f¨ ur eine rationale Funktion f ∈ k(C). Es gilt (ω) = (f ) + (ω1 ). Die Form ω ist genau dann regul¨ar, wenn (ω) ≥ 0. Dies wiederum ist ¨aquivalent zu (f ) ≥ −K, also zu f ∈ L(K). Dies zeigt den behaupteten Isomorphismus. Definition. Das Geschlecht von C ist definiert als g := l(K). Das Geschlecht einer glatten Kurve C ist also gleich der Anzahl der linear unabh¨angigen regul¨aren Differentialformen auf C.
160
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
¨ Uber dem Grundk¨orper C ist g gleich dem topologischen Geschlecht der Riemannschen Fl¨ache C (siehe Bild 1). Dies ist eine tiefliegende Aussage; f¨ ur Details sei der Leser auf [Mu1] verwiesen. Eine glatte Kurve C hat genau dann Geschlecht 0, wenn sie isomorph zu P1k ist. Man kann entweder direkt u ufen, dass P1k keine ¨berpr¨ regul¨aren Differentialformen besitzt, oder den Satz von Riemann (siehe unten) benutzen. Die umgekehrte Richtung wird aus Satz (6.33) folgen. Aus Aufgabe (6.8) folgt, dass eine glatte ebene Kubik Geschlecht 1 hat. Theorem 6.27. (Riemann–Roch): Ist C eine projektive Kurve vom Geschlecht g und D ein Divisor vom Grad d auf C, dann gilt l(D) − l(K − D) = 1 + d − g. Streng genommen handelt es sich hier um eine Kombination des Satzes von Riemann–Roch mit der Serre-Dualit¨at. Der Satz ist ein tiefliegendes Ergebnis, das, u ¨ber C, eine Verbindung zwischen den algebraischen und topologischen Eigenschaften der Kurve herstellt. Aus dem Satz von Riemann–Roch ergeben sich leicht die beiden folgenden Korollare. Korollar 6.28. Der Grad des kanonischen Divisors ist gegeben durch (6.10)
deg K = 2g − 2.
Beweis. Man setze D = K. Da L(K − D) = L(0) = OC (C) = k ist, folgt l(K − D) = 1. Nach Definition gilt l(K) = g und man erh¨alt sofort die Behauptung. Korollar 6.29. (Satz von Riemann): Ist D ein Divisor vom Grad d > 2g − 2, so gilt l(D) = d + 1 − g. Beweis. Da d > 2g − 2 ist, folgt deg(K − D) < 0. Nach Lemma (6.15)(i) gilt l(K − D) = 0. Bemerkung 6.30. Wir h¨atten auch Gleichung (6.10) zur Definition des Geschlechts nehmen k¨onnen.
6.6
Projektive Einbettungen von Kurven
Es sei f : X → Y ein Morphismus zwischen Variet¨aten mit f (P ) = Q. Durch Zur¨ uckholen von Funktionen erhalten wir eine Abbildung: f ∗ : mY,Q /m2Y,Q −→ mX,P /m2X,P
6.6. PROJEKTIVE EINBETTUNGEN VON KURVEN
161
und durch Dualisieren einen Vektorraumhomomorphismus df (P ) : TX,P −→ TY,Q . Die Abbildung df (P ) hatten wir in Kapitel 3 als das Differential von f in P definiert. Definition. Ein Morphismus f : X → Pnk von einer projektiven Variet¨at X in den projektiven Raum Pnk heißt eine projektive Einbettung von X, falls f injektiv ist und das Differential df (P ) in jedem Punkt P von X injektiv ist. Die Rechtfertigung f¨ ur diese Terminologie liegt im folgenden Satz begr¨ undet, den wir hier aber nicht beweisen wollen. Satz 6.31. Ist X eine projektive Variet¨at und f : X → Pnk eine projektive Einbettung, dann ist f (X) eine Untervariet¨at des Pnk und f induziert einen Isomorphismus f : X → f (X). Beweis. Siehe [Ha, Proposition II.7.3].
Wir wollen im Folgenden untersuchen, welche Divisoren eine Einbettung definieren. Definition. Ein Divisor D auf einer Kurve C heißt sehr ampel , falls |D| basispunktfrei und die Abbildung ϕD : C → Pl−1 k , l = l(D), eine Einbettung ist. Satz 6.32. F¨ ur einen Divisor D auf einer Kurve C sind ¨aquivalent: (i) D ist sehr ampel, (ii) F¨ ur je zwei Punkte P, Q ∈ C (einschließlich des Falles P = Q) gilt dim |D − P − Q| = dim |D| − 2. Beweis. (ii)⇒(i) Zun¨achst gilt f¨ ur jeden Divisor D und je zwei Punkte P und Q auf C, dass dim |D − P − Q| ≤ dim |D| − 2 gilt. Dies folgt aus dem Argument, welches im Beweis von Lemma (6.15)(ii) benutzt wurde. Aus demselben Argument folgt auch, dass, wenn dim |D − P − Q| = dim |D| − 2 f¨ ur alle P und Q gilt, auch dim |D − P | = dim |D| − 1 gelten muss, d. h. |D| kann keine Basispunkte besitzen. Wir zeigen nun, dass ϕD unter der angegebenen Bedingung eine Einbettung ist. Es seien P = Q zwei beliebige Punkte auf C. Da |D −P −Q| = |D −P | ist, gibt es eine Funktion f ∈ L(D), so dass P im Tr¨ager des effektiven Divisors Df = D+(f ) liegt, w¨ahrend Q dies nicht tut. Wir k¨onnen f zu einer Basis f = f0 , . . . , fl−1 von L(D) erg¨anzen. Mit dieser Wahl einer Basis gilt, dass die erste Koordinate von ϕD (P ) gleich 0 ist, w¨ahrend die erste Koordinate von ϕD (Q) ungleich 0 ist. Insbesondere ist ϕD (P ) = ϕD (Q) und die Abbildung ϕD ist injektiv. Um
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
162
zu sehen, dass das Differential df (P ) in einem Punkt P injektiv ist, muss man zeigen, dass es eine Funktion f ∈ L(D) gibt mit der folgenden Eigenschaft: es gilt (f ) + D − P ≥ 0, aber (f ) + D − 2P ist nicht effektiv. Erg¨anzt man n¨amlich ein solches f zu einer Basis f = f0 , . . . , fl−1 von L(D), so bedeutet dies gerade, dass lokal ϕ∗D (x0 ) ∈ mP , aber ϕ∗D (x0 ) ∈ m2P gilt, d. h. die Abbildung zwischen den zu den Tangentialr¨aumen dualen R¨aumen ist surjektiv, und damit ist das Differential injektiv. Die Existenz der gesuchten Funktion f ist ¨aquivalent zu der Aussage, dass |D − P | = |D − 2P |. Dies folgt aber, wenn man die Voraussetzung auf den Fall P = Q anwendet. (i)⇒(ii) Das Linearsystem |D| sei basispunktfrei und die Abbildung ϕD : D → Pl−1 sei eine Einbettung. Es seien P, Q zwei verschiedene Punkte von C. Nach k Voraussetzung ist ϕD (P ) = ϕD (Q) und nach einer Koordinatentransformation k¨onnen wir annehmen, dass ϕD (P ) = (1 : 0 : . . . : 0) und ϕD (Q) = (0 : 1 : . . . : 0) ist. Dann definiert ϕ∗D (x0 ) einen effektiven Divisor, der in |D|, nicht aber in |D−P | liegt, d. h. dim |D − P | = dim |D| − 1. Ferner ist ϕ∗D (x1 ) ∈ |D − P | \ |D − P − Q| und daher folgt, dass dim |D −P −Q| = dim |D|−2 ist f¨ ur P = Q. Wir behandeln nun den Fall P = Q. Wir k¨onnen annehmen, dass ϕD (P ) = (1 : 0 : . . . : 0) ist, und das die Tangente an ϕD (C) im Punkt ϕD (P ) diejenige Gerade ist, die durch (1 : 0 : . . . : 0) und (0 : 1 : . . . : 0) aufgespannt wird. Die Hyperebene {x1 = 0} enth¨alt den Punkt ϕD (P ) = (1 : 0 : . . . : 0) und ist transversal zur Tangente an ϕD (C) in diesem Punkt. Also ist ϕ∗D (x1 ) ∈ |D − P | \ |D − 2P | und damit gilt, dass dim |D − 2P | = dim |D| − 2 ist. Die klassische Sprechweise f¨ ur die Tatsache, dass ϕD injektiv ist, bzw. injektives Differential hat, ist, dass das Linearsystem |D| Punkte trennt“ bzw. Tangen” ” ten trennt“. Der oben bewiesene Satz erm¨oglicht es, eine einfache hinreichende Bedingung daf¨ ur anzugeben, dass ein Divisor D sehr ampel ist. Satz 6.33. Es sei C eine glatte projektive Kurve vom Geschlecht g und D ein Divisor vom Grad d auf C. (i) Ist d ≥ 2g, so ist |D| basispunktfrei. (ii) Ist d ≥ 2g + 1, so ist |D| sehr ampel. Beweis. (i) Wegen d ≥ 2g erf¨ ullen die Divisoren D und D − P die Voraussetzung des Satzes von Riemann. Also gilt l(D) = 1 + d − g,
l(D − P ) = d − g = l(D) − 1
und somit ist |D| basispunktfrei. (ii) Wiederum nach dem Satz von Riemann gilt f¨ ur je zwei Punkte P, Q ∈ C l(D − P − Q) = 1 + d − g − 2 = l(D) − 2. Damit folgt die Behauptung aus Satz (6.32)(ii).
6.6. PROJEKTIVE EINBETTUNGEN VON KURVEN
163
Mit den hier behandelten Methoden k¨onnen wir nun den folgenden Satz zeigen, welchen wir bereits zu Beginn von Abschnitt 6.2 erw¨ahnt haben. Satz 6.34. Ist f : C → C ein nicht-konstanter Morphismus zwischen glatten projektiven Kurven, dann ist f surjektiv. Beweis. Es sei f nicht konstant mit f (C) = C . Wir w¨ahlen einen Punkt P ∈ C , der nicht im Bild von C liegt. Falls wir zeigen k¨onnen, dass C \ {P } affin ist, so erhalten wir wie im Beweis von Lemma (6.7) einen Widerspruch zu der Tatsache, dass jede regul¨are Funktion auf C konstant ist. Es sei g das Geschlecht von C . Der Divisor D = (2g + 1)P erf¨ ullt die Voraussetzung von Satz (6.33)(ii) und definiert daher eine Einbettung ϕD : C → Pg+1 k . Nach Konstruktion von ϕD gibt es eine Hyperebene H mit C ∩ H = {P } (genauer gesagt trifft H die Kurve ϕD (C ) nur im Punkt ϕD (P ) und ber¨ uhrt sie dort von der Ordnung 2g + 1). Dies zeigt, dass C \ {P } affin ist. Bemerkung 6.35. Verwendet man die Normalisierung von C und C , so kann man zeigen, dass dieser Satz f¨ ur beliebige irreduzible projektive Kurven gilt. Satz (6.33) kann auch dazu benutzt werden, das kanonische Linearsystem |K| auf einer Kurve C zu studieren. Lemma 6.36. Es sei C eine glatte projektive Kurve vom Geschlecht g ≥ 2. Dann ist |K| basispunktfrei. Beweis. Nach Definition gilt l(K) = g. Wir m¨ ussen zeigen, dass f¨ ur jeden Punkt P ∈ C gilt, dass l(K − P ) = g − 1 ist. Der Satz von Riemann–Roch besagt, dass l(K − P ) − l(P ) = g − 2. Da P effektiv ist, gilt l(P ) ≥ 1, andererseits folgt aus Lemma (6.15)(ii) und der Voraussetzung g ≥ 2 die Gleichheit l(P ) = 1 und damit l(K − P ) = g − 1. Definition. Eine glatte projektive Kurve C heißt hyperelliptisch, falls g(C) ≥ 2 und falls es einen surjektiven Morphismus C → P1k vom Grad 2 gibt. Satz 6.37. Ist C eine glatte projektive Kurve vom Geschlecht g ≥ 2, so ist entweder |K| sehr ampel oder C ist hyperelliptisch. Beweis. Um zu beweisen, dass |K| sehr ampel ist, m¨ ussen wir nach Satz (6.33)(ii) zeigen, dass f¨ ur je zwei Punkte P, Q ∈ C gilt, dass l(K − P − Q) = g − 2 ist. Der Satz von Riemann–Roch liefert uns l(K − P − Q) − l(P + Q) = g − 3.
164
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
Ist l(P + Q) = 1, so folgt l(K − P − Q) = g − 2. Ansonsten ist l(P + Q) = 2. Da C nicht rational ist, folgt aus Lemma (6.15)(ii), dass f¨ ur jeden Divisor D auf C vom Grad 1 gilt, dass l(D) ≤ 1. Daher ist |P + Q| basispunktfrei und definiert somit einen Morphismus ϕP +Q : C → P1k vom Grad 2. die kanonische EinbetDefinition. Ist |K| sehr ampel, so heißt ϕK : C → Pg−1 k tung von C und ϕK (C) heißt kanonisches Modell von C. Zum Abschluss dieses Abschnitts wollen wir noch beweisen, dass jede projektive glatte Kurve C in P3k eingebettet werden kann. Wir werden hierbei allerdings einige Aussagen u ur deren ¨ber Sekanten- und Tangentenvariet¨aten verwenden, f¨ Beweis wir auf die Literatur verweisen m¨ ussen. Wir verweisen die Leser insbesondere auf die Diskussion in [Ha, IV.3], welche unserer Darstellung zu Grunde liegt. In Kapitel 2 hatten wir bereits die Projektion von einem Punkt P ∈ Pnk betrachtet. Wir w¨ahlen hierzu eine Hyperebene Pn−1 , die P nicht enth¨alt. Dann ist die k Projektion von P auf Pn−1 die Abbildung k , πP : Pnk \ {P } −→ Pn−1 k die jedem Punkt Q = P den Durchschnitt der Geraden P Q mit der Hyperebene Pn−1 zuordnet. Zwei verschiedene Hyperebenen f¨ uhren auf Abbildungen, die sich k nur durch eine projektive Transformation unterscheiden. W¨ahlt man die Koordinaten in Pnk so, dass P = (1 : 0 : . . . : 0) und Pn−1 = {x0 = 0} ist, so ist πP k gerade gegeben durch πP (x0 : x1 : . . . : xn ) = (x1 : . . . : xn ). Ist nun C ⊂ Pnk eine Kurve mit P ∈ C, so definiert die Projektion πP durch Einschr¨ankung auf C eine Abbildung πP : C → Pn−1 . In der Sprache der Lineark systeme ist diese Abbildung durch das Linearsystem ϑ = {H ∩ C; P ∈ H} ∼ = Pn−1 k gegeben. Wir wollen nun untersuchen, wann die Projektion πP : C → Pn−1 eine k Einbettung ist. Unser Ziel ist es, eine Folge von Einbettungen zu finden, so dass wir zu einer Einbettung in P3k gelangen. Definition. Sind Q, R zwei verschiedene Punkte von C, so heißt die Gerade QR eine Sekante von C. Liegt der Punkt P auf der Sekante QR, so gilt offensichtlich πP (Q) = πP (R) und die Projektion πP : C → Pn−1 ist nicht injektiv, d. h. wir wollen das Projektik onszentrum so w¨ahlen, dass P auf keiner Sekante von C liegt. Dies f¨ uhrt auf den Begriff der Sekantenvariet¨at, welche als Menge die Vereinigung aller Sekanten und Tangenten von C ist. Um eine Definition zu geben, aus der ersichtlich ist, dass die Sekantenvariet¨at eine Variet¨at ist, m¨ ussen wir Grassmann-Variet¨aten einf¨ uhren.
6.6. PROJEKTIVE EINBETTUNGEN VON KURVEN
165
Definition. Die Grassmann-Variet¨at der Geraden in Pnk ist gegeben durch Gr(1, n) := {L; L ist eine Gerade in Pnk }. Man 0 kann Gr(1, n) mit der Teilmenge der zerfallenden Tensoren v ∧ w in P( 2 k n+1 ) identifizieren. Dann ist Gr(1, n) eine (glatte) projektive Variet¨at, die durch quadratische Gleichungen gegeben ist. Letzteres l¨asst sich mittels der Pl¨ uckerrelationen zeigen. (F¨ ur eine Diskussion u ¨ber Grassmann-Variet¨aten sei der Leser auf [GH, Chapter 1.5] verwiesen). Die Menge F (1, n) := {(P, L) ∈ Pnk × Gr(1, n); P ∈ L} heißt Fahnenvariet¨at. Dies ist ebenfalls eine glatte projektive Variet¨at. Da F (1, n) ⊂ Pnk × Gr(1, n) ist, haben wir Projektionen F (1, n)
p
S
/
Pnk
S
S
q S
SS w
Gr(1, n).
Die Fasern der Projektion q sind isomorph zu P1k . Man kann nun zeigen, dass die Abbildungen t : C → Gr(1, n), Q → TQ C, die jedem Punkt Q ∈ C die Tangente an C im Punkt Q zuordnet, und s : C × C → Gr(1, n), QR, falls Q = R, (Q, R) → TQ C, falls Q = R Morphismen projektiver Variet¨aten sind. Definition. Die Tangentialfl¨ache der Kurve C ist definiert durch Tan C := p(q −1 (t(C))). Die Sekantenvariet¨at von C ist definiert durch Sec C := p(q −1 (s(C × C))).
Als Menge ist Tan C gerade die Vereinigung der Tangenten an die Kurve C, und Sec C die Vereinigung der Sekanten und Tangenten von C. Es gilt C ⊂ Tan C ⊂ Sec C.
166
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
Da Tan C das Bild der projektiven Variet¨at q −1 (t(C)) unter dem Morphismus p ist, folgt, dass Tan C eine projektive Variet¨at in Pnk ist ([S1, Chapter I.5, Theorem 2]). Da C eine Kurve ist, und q ein dominanter Morphismus mit eindimensionalen Fasern, hat q −1 (t(C)) Dimension ≤ 2, und damit gilt auch dim Tan C ≤ 2. Hier benutzen wir, dass f¨ ur einen dominanten Morphismus projektiver Variet¨aten die Dimension des Bildes plus die Dimension der allgemeinen Faser gleich der Dimension des Definitionsbereiches ist ([S1, Chapter I, §6, Theorem 7]). Es gilt in der Tat stets, dass dim Tan C = 2 ist, außer wenn C eine Gerade ist. ¨ Ahnlich zeigt man, dass Sec C eine projektive Variet¨at der Dimension ≤ 3 ist. In der Tat hat Sec C stets Dimension 3, außer f¨ ur den Fall, dass C eine ebene Kurve ist. Wir kehren nun zur¨ uck zur Projektion πP : C → Pn−1 einer Kurve C von einem k Punkt P ∈ C. Satz 6.38. Die Projektion πP : C → Pn−1 ist genau dann eine Einbettung, wenn k gilt: (i) P liegt auf keiner Sekante von C, (ii) P liegt auf keiner Tangente von C. Beweis. Die Abbildung πP ist durch das Linearsystem der Hyperebenenschnitte mit allen Hyperebenen durch P gegeben. Da P ∈ C, ist dies ein basispunktfreies Linearsystem. Dieses Linearsystem trennt genau dann Punkte, wenn es f¨ ur je zwei Punkte Q = R von C eine Hyperebene durch P gibt, die durch Q, nicht aber durch R geht. Dies ist ¨aquivalent dazu, dass P nicht auf der Sekante QR liegt. Es sei R ∈ C. Dann trennt das Linearsystem genau dann Tangenten in R, wenn es eine Hyperebene H durch P und R gibt, die die Tangente TR C transversal schneidet, d. h. TR C ⊂ H. Dies ist genau dann der Fall, wenn P nicht auf der Tangente TR C liegt. Korollar 6.39. Jede glatte projektive Kurve C kann in P3k eingebettet werden. Beweis. Es sei D ein Divisor vom Grad d = 2g + 1, wobei g = g(C) das eine Einbettung. Geschlecht der Kurve C ist. Nach Satz (6.33) ist ϕD : C → Pg+1 k Ist g ≤ 2, so sind wir fertig. Ist g ≥ 3, so gibt es, da dim Sec C ≤ 3 ist, einen Punkt P ∈ Sec C. Die Projektion von P liefert nach Satz (6.38) eine Einbettung C → Pgk . Dieses Verfahren, d. h. Projektion von einem Punkt P ∈ Sec C kann man aus Dimensionsgr¨ unden so lange fortsetzen, bis man eine Einbettung in P3k erhalten hat. Ist C eine Kurve in P3k , so wird man im Allgemeinen erwarten, dass Sec C = P3k ist, so dass eine weitere Projektion auf eine singul¨are ebene Kurve f¨ uhrt. In der Tat kann man im Allgemeinen eine Kurve C nicht in die Ebene P2k einbetten.
6.6. PROJEKTIVE EINBETTUNGEN VON KURVEN
167
Man kann zum Beispiel zeigen, dass eine glatte Kurve C ⊂ P2k vom Grad d das Geschlecht 1 g(C) = (d − 1)(d − 2) 2 hat. So kann etwa eine glatte Kurve vom Geschlecht 2 nicht als ebene Kurve realisiert werden. Es ist jedoch m¨oglich, jede glatte projektive Kurve in einer solchen Weise in die Ebene abzubilden, dass die Singularit¨aten vom einfachsten Typ sind, d. h. gew¨ohnliche Doppelpunkte (wir werden weiter unten eine pr¨azise Definition geben). Wir diskutieren nun, wie man das erreicht. Definition. Eine Gerade L heißt Multisekante einer Kurve C ⊂ Pnk , falls es einen Divisor D auf C vom Grad mindestens 3 gibt, der in jedem Divisor C ∩ H enthalten ist, wobei H eine Hyperebene durch L ist. C L
H Bild 2: Eine Multisekante L einer Kurve C vom Grad 5 in P3R L P
C
πP (C)
P2k
Bild 3: Projektion vom Punkt P , der auf einer Multisekante L liegt Bemerkung 6.40. Ist C in keiner Hyperebene enthalten, so ist, wie in Beispiel (6.18) erw¨ahnt, die Anzahl der Punkte in C ∩ H (mit Vielfachheiten gez¨ahlt), der
168
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
Grad von C. Ist L eine Multisekante von C, so trifft L die Kurve C in mindestens 3 Punkten, mit Vielfachheiten gez¨ahlt. Ein Beispiel ist in Bild 2 dargestellt. Bild 3 zeigt die Art der Singularit¨at, die πP (C) haben kann, wenn P auf einer Multisekante von C liegt. Definition. Eine Sekante L von C, die die Kurve C in zwei Punkten R = Q schneidet, heißt eine Sekante mit koplanaren Tangenten, wenn die Tangenten TR C und TQ C in einer Ebene liegen (was ¨aquivalent dazu ist, dass sie sich schneiden). Wir untersuchen nun, welche Singularit¨aten man bei einer generischen Projektion einer Kurve in die Ebene erh¨alt. F¨ ur einen Punkt Q ∈ P2k sei mQ das maximale Ideal im lokalen Ring von P2k in Q. F¨ ur eine irreduzible Kurve C = {f = 0} gilt Q ∈ C genau dann, wenn f ∈ mQ ist, und Q ist genau dann ein singul¨arer Punkt von C, wenn f ∈ m2Q ist. Ist f ∈ m2Q \ m3Q , so nennen wir Q einen Doppelpunkt von C. In geeigneten affinen Koordinaten gilt m2Q /m3Q = ¯ x2 , x¯y¯, y¯2 . Das Element f¯ ∈ m2Q /m3Q l¨asst sich also durch ein homogenes Polynom vom Grad 2 in zwei Variablen darstellen und zerf¨allt demnach in zwei Linearformen f¯ = l¯1 l¯2 . Die beiden Geraden L1 = {l¯1 = 0} und L2 = {l¯2 = 0} heißen die Tangenten an C im Doppelpunkt Q. Definition. Man sagt, dass die Kurve C = {f = 0} einen gew¨ohnlichen Doppelpunkt (Knoten) im Punkt Q besitzt, falls f ∈ m2Q \ m3Q , und falls die Tangenten L1 und L2 an C in Q verschieden sind. Satz 6.41. Es sei C ⊂ P3k eine glatte Kurve und P ∈ C. Die Projektion πP : C → πP (C) ⊂ P2k ist genau dann eine birationale Immersion (d. h. eine birationale Abbildung, deren Differential an jedem Punkt injektiv ist), so dass die Bildkurve πP (C) nur gew¨ohnliche Doppelpunkte besitzt, wenn folgende Bedingungen erf¨ ullt sind: (i) P liegt nur auf endlich vielen Sekanten von C, (ii) P liegt auf keiner Tangente von C, (iii) P liegt auf keiner Multisekante von C, (iv) P liegt auf keiner Sekante von C mit koplanaren Tangenten. Beweis. Wie im Beweis von Satz (6.38) folgt aus Bedingung (ii), dass die Projektion πP : C → P2k eine Immersion ist. Es sei M die Menge aller Punkte auf C, die auf einer Sekante von C durch P liegen. Wie im Beweis von Satz (6.38) folgt, dass πP einen Isomorphismus zwischen C \ M und πP (C) \ πP (M ) definiert. Aus Bedingung (i) folgt, dass C und πP (C) birational sind, und πP (C) ist glatt an Punkten πP (R) f¨ ur Punkte R ∈ C, die nicht auf einer Sekante von C durch P liegen.
6.6. PROJEKTIVE EINBETTUNGEN VON KURVEN
169
Es bleibt zu zeigen, dass die Bildkurve h¨ochstens gew¨ohnliche Doppelpunkte besitzt. Es sei L eine Sekante von C durch P . Wegen (ii) und (iii) ist der Schnitt gegeben durch C ∩ L = R1 + R2 , wobei R1 und R2 zwei verschiedene Punkte auf C sind. Aus Bedingung (iv) folgt, dass die Geraden L1 := πP (TR1 C) und L2 := πP (TR2 C) verschieden sind. Diese Geraden sind Tangenten an πP (C) in Q := πP (R1 ) = πP (R2 ). Wir m¨ochten zeigen, dass die Verschwindungsordnung der Gleichung f von πP (C) im Punkt Q gleich 2 ist, d. h. f ∈ m2Q \ m3Q . Die Verschwindungsordnung von f in Q ist gleich der Schnittzahl in Q von πP (C) mit einer allgemeinen Geraden L3 in P2k durch Q. Zieht man die Gerade L3 mittels der Projektion πP zur¨ uck, erh¨alt man die Ebene E, die von L3 und P aufgespannt wird. Um die Schnittzahl von L3 und πP (C) in Q zu berechnen, m¨ ussen wir den Schnitt von E und C entlang der Sekante L bestimmen. Da L nach (ii) und (iii) weder eine Tangente noch eine Multisekante von C ist, und da L3 verschieden von L1 und L2 ist, schneidet die Ebene E die Kurve C entlang L transversal in den zwei Punkten R1 und R2 und nirgends sonst, d. h. in einem Divisor vom Grad 2. Daher ist die Schnittzahl von L3 und πP (C) in Q gleich 2. Diese Schnittzahl erh¨oht sich um 1, wenn L3 gleich L1 oder L2 ist. Daraus k¨onnen wir schließen, dass f = l1 l2 + Terme h¨oherer Ordnung, wobei l1 und l2 die linearen Gleichungen von L1 und L2 sind. Da L1 und L2 verschieden sind, zeigt dies, dass Q ein gew¨ohnlicher Doppelpunkt der Kurve πP (C) ist. Korollar 6.42. Jede glatte projektive Kurve C ist birational zu einer ebenen Kurve C , die nur gew¨ohnliche Doppelpunkte besitzt. Beweisskizze. Nach Korollar (6.39) k¨onnen wir annehmen, dass C ⊂ P3k ist. Ist C eine ebene Kurve, so sind wir fertig. Ansonsten m¨ ussen wir zeigen, dass wir einen Punkt P finden k¨onnen, der die Bedingungen (i) - (iv) von Satz (6.41) erf¨ ullt. Dies erreicht man durch Abz¨ahlen von Bedingungen“. Da dim Tan C ≤ 2 ” ist, kann man sicher (ii) erf¨ ullen. Die gr¨oßte Schwierigkeit besteht darin, zu zeigen, dass man einen Punkt P finden kann, der nicht auf einer Multisekante oder einer Sekante mit koplanaren Tangenten liegt. Hierzu sei auf [Ha, Proposition IV.3.8] verwiesen. Wir begn¨ ugen uns damit zu zeigen, dass man einen Punkt P finden kann, der nur auf endlich vielen Sekanten liegt. Hierzu sei Δ ⊂ C × C die Diagonale. Wir betrachten die Einschr¨ankung der Projektion p : q −1 (s(C × C \ Δ)) → Sec C. Wie bereits bemerkt, besitzen die Fasern von q die Dimension 1. Das Bild s(C × C \ Δ) hat Dimension ≤ 2 und somit gilt dim q −1 (s(C × C \ Δ)) ≤ 3 (wieder nach [S1, Chapter I, §6, Theorem 7]). Ist dim Sec C ≤ 2, so kann man einen Punkt P ∈ Sec C w¨ahlen. Damit ist die Projektion πP : C → P2k eine Einbettung. Ansonsten gilt f¨ ur einen allgemeinen Punkt P ∈ Sec C, dass die Faser
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KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
p−1 (P ) 0-dimensional und damit endlich ist. Ein solcher Punkt P liegt nur auf endlich vielen Sekanten von C. Ist C eine glatte Kurve vom Geschlecht g, die birational auf eine ebene Kurve C vom Grad d abgebildet wird, so dass C nur gew¨ohnliche Doppelpunkte besitzt, so sagt die Doppelpunktformel , dass die Anzahl der Doppelpunkte gleich 1 δ = (d − 1)(d − 2) − g 2 ist. F¨ ur 0 ≤ δ ≤ (d − 1)(d − 2)/2 definieren wir die quasi-projektive Variet¨at Vd,δ als den Raum, der die ebenen Kurven vom Grad d mit δ gew¨ohnlichen Doppelpunkten parametrisiert. Es liegt nahe, die Geometrie von Vd,δ zu untersuchen. Severi hat bereits 1921 behauptet, dass diese Variet¨at irreduzibel ist und die Dimension 21 d(d + 3) − δ besitzt. Im Jahr 1985 wurde von J. Harris ein vollst¨andiger Beweis dieser Aussage gegeben.
¨ Ubungsaufgaben zu Kapitel 6 6.1 Es sei C eine Kurve vom Geschlecht g. Zeigen Sie, dass es einen Morphismus ϕ : C → P1k von Grad d ≤ g + 1 gibt. 6.2 Es sei C eine glatte projektive Kurve und P1 , . . . , Pr seien Punkte auf C. Zeigen Sie, dass es eine rationale Funktion f auf C gibt, die in P1 , . . . , Pr Pole besitzt und sonst u ¨berall regul¨ar ist. 6.3 Es sei C ⊂ Pnk eine glatte, irreduzible Kurve vom Grad n, die nicht in einer Hyperebene enthalten ist (d. h. jede Hyperebene schneidet C in einem Divisor vom Grad n). Beweisen Sie, dass C rational ist. 6.4 Gegeben sei die projektive Variet¨at C = {x20 − x0 x2 − x1 x3 = x1 x2 − x0 x3 − x2 x3 = 0} ⊂ P3k . Zeigen Sie mit Hilfe der Projektion vom Punkt (0 : 0 : 0 : 1) auf die Ebene {x3 = 0}, dass C isomorph zu einer glatten ebenen Kubik ist. (Die Kurve C ist ein Beispiel f¨ ur eine elliptische Normkurve vom Grad 4 in P3k .) 6.5 Beweisen Sie, dass eine irreduzible Quartik C ⊂ P2k h¨ochstens 3 singul¨are Punkte haben kann. Wie viele singul¨are Punkte k¨onnen h¨ochstens auf einer irreduziblen Kurve C ⊂ P2k vom Grad n liegen? 6.6 Es sei k ein K¨orper der Charakteristik 2. Zeigen Sie, dass der Kegelschnitt C = {x20 − x1 x2 = 0} ⊂ P2k eine glatte Kurve ist, und dass es einen Punkt P gibt, durch den alle Tangenten von C gehen. Was passiert, wenn man die Kurve C von P aus auf P1k projiziert?
6.6. PROJEKTIVE EINBETTUNGEN VON KURVEN
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6.7 Zeigen Sie, dass auf der affinen Kurve x2 + y 2 = 1 durch ω = 1/y dx eine regul¨are Differentialform definiert wird. Wie verh¨alt sich diese Differentialform im Unendlichen? 6.8 Gegeben sei eine glatte Weierstraßkubik C = {z0 z22 = 4z13 − g2 z1 z02 − g3 z03 }
(g23 − 27g32 = 0).
F¨ ur i = 0, 1, 2 sei Ui = {(z0 : z1 : z2 ); zi = 0} ⊂ P2C und Ci = C ∩ Ui . Die affinen Koordinaten auf Ui seien mit xi , yi bezeichnet. Zeigen Sie: (a) Auf C0 wird durch ω0 =
dx0 dy0 =− . ∂f (x0 , y0 )/∂y0 ∂f (x0 , y0 )/∂x0
eine regul¨are Differentialform ohne Nullstellen definiert. (b) Auf C2 wird durch ω2 =
dx2 dy2 =− . ∂f (x2 , y2 )/∂y2 ∂f (x2 , y2 )/∂x2
eine regul¨are Differentialform ohne Nullstellen definiert. (c) ω0 |C0 ∩C2 = ω2 |C0 ∩C2 . (Damit definieren ω0 und ω2 eine regul¨are, nirgends verschwindende Differentialform ω auf C und es folgt, dass der kanonische Divisor K = 0 ist.) ¨ 6.9 Divisoren und lineare Aquivalenz von Divisoren kann man ebenso auf quasiprojektiven glatten Kurven definieren. (a) Zeigen Sie, dass es f¨ ur jede glatte quasi-projektive Kurve C und jeden Punkt P ∈ C eine exakte Sequenz Z → Cl(C) → Cl(C \ P ) → 0. gibt. (b) Geben Sie je ein Beispiel daf¨ ur an, dass die erweiterte Sequenz 0 → Z → Cl(C) → Cl(C \ P ) → 0, exakt, bzw. nicht exakt ist. 6.10 Geben Sie Beispiele an f¨ ur: (a) eine glatte affine Kurve C mit Cl(C) = 0. (b) eine glatte affine Kurve C with Cl(C) = 0.
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
172 6.11 Wir betrachten die Abbildung
ϕ : C −→ Jac0 (C), P −→ P − O von einer komplexen elliptischen Kurve C in ihre Jacobische Jac0 (C), wobei O ein Wendepunkt von C ist. Zeigen Sie, dass diese Abbildung einen Gruppenisomorphismus induziert, wobei C die in Abschnitt (4.4) geometrisch beschriebene Gruppenstruktur tr¨agt.
Lo ¨sungshinweise 0
Einleitung
0.1
(a) M1 = V (x2 + y 2 − 1)
(b) Es sei f ∈ k[x, y] mit M2 ⊂ V (f ). Dann besitzt g(x) = f (x, 0) ∈ k[x] unendlich viele Nullstellen kπ, k ∈ Z, d. h. g ≡ 0. Damit ist (x, 0) ∈ V (f ) f¨ ur alle x ∈ R. 0.2 (a) F¨ ur A = (xij )1≤i,j≤n ist det A ∈ k[xij ] und Sl(n, C) = V (det A − 1). (b) F¨ ur A = (xij )1≤i,j≤n ist (tAA)kl = ni=1 xik xil ∈ k[xij ]. 0.3
y 2 = x3
y 2 = x2 (x + 1)
y 2 = x(x − 1)(x + 1)
y 2 = x(x2 + 1)
y 2 = x2 (x − 1)
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
174 0.4
x2 − y 3 = 0
x3 − y 4 = 0
x3 − y 5
0.5 Man nehme an, dass x4 + y 4 = z 2 eine ganzzahlige L¨osung bes¨aße. Ohne Einschr¨ankung sei (x, y, z) = 1, d. h. x2 , y 2 , z bilden ein primitives pythagor¨aisches Tripel. Dann ist (evtl. nach Vertauschen von x und y) x2 = 2pq, y 2 = p2 − q 2 , z = p2 + q 2 mit p, q teilerfremd. Die zweite Gleichung definiert wieder ein primitives pythagor¨aisches Tripel und man kann dies zu einem unendlichen Abstieg f¨ uhren.
1
Affine Variet¨ aten
1.1 Es seien a, b ∈
√
J, also etwa an , bm ∈ J. Dann ist n+m−1 n + m − 1 n+m−1 (a + b) ak bn+m−1−k = k k=0 n−1 n + m − 1 k n−1−k m a b = b k k=0 n+m−1 n + m − 1 ak−n an bn+m−1−k ∈ J, + k k=n
also a + b ∈
√
J. F¨ ur r ∈ R ist (ra)n = rn an ∈ J, also r ∈
√ J.
1.2 I = (x2 −yz, xz−x) = (x2 −yz, x)∩(x2 −yz, z−1) = (yz, x)∩(x2 −y, z−1) = (y, x)∩(z, x)∩(x2 −y, z −1), also V (I) = V (y, x)∪V (z, x)∪V (x2 −y, z −1). 1.3 Es gilt xz + yz + xyz + y 2 z = (y + 1)(xz + yz) ∈ I1 und umgekehrt xz + yz = xz + yz + xyz + y 2 z − z(xy + y 2 ) ∈ I2 , also I1 = I2 . Außerdem ist xy 2 + y 3 = y(xy + y 2 ) ∈ I1 , aber xy + y 2 ∈ I3 , d. h. I3 I1 . Jedoch ist (xy + y 2 )2 = (x + y)(xy 2 + y 3 ) ∈ I3 und somit V (I3 ) = V (I1 ) = V (x + y) ∪ V (y, z).
¨ 1. AFFINE VARIETATEN
175
1.4 Es ist J(X, Y ) = {(λt, λt2 + (1 − λ)u, λt3 , 1 − λ); λ, t, u ∈ C} und es gilt J(X, Y ) ⊂ V (x31 −x3 (1−x4 )2 ) =: Z. Diese Inklusion ist echt, da (0, 1, 0, 0) ∈ J(X, Y ). Da Z irreduzibel ist, ist J(X, Y ) keine affine Variet¨at. Genauer gilt J(X, Y ) = (Z \ V ((1 − x4 )x4 )) ∪ X ∪ Y. J(X, Y ) ist also auch keine quasi-affine Variet¨at. 1.5 Da ϕ bijektiv und stetig ist und endliche Teilmengen von C abgeschlossen sind, ist ϕ ein Hom¨oomorphismus bez¨ uglich der Zariski-Topologie. Die Umkehrabbildung
y/x, (x, y) = (0, 0) ϕ (x, y) = 0, (x, y) = (0, 0) −1
ist auch in der komplexen Topologie stetig: sind xn , yn Nullfolgen mit yn2 = x3n , so gilt |yn /xn |3 = |yn | → 0, also auch |yn /xn | → 0. 1.6 Da x ∈ k[C] = k[x, y]/(xy − 1) eine Einheit mit x ∈ k ist, ist k[C] nicht isomorph zu k[A1C ] = k[t]. 1.7 Es gilt A = k[x1 ] + k[x1 ] x2 , man kann also m = 1 und y1 = x1 w¨ahlen. 1.8 (a) In OX,(0,u) ist x = 0, da xy = 0 und y eine Einheit ist. Somit ist OX,(0,u) ∼ = C[y](y−u) ∼ = C[t](t) . (b) Die Restklassen von x und y sind in OX,(0,0) von 0 verschieden und es gilt xy = 0. Angenommen es g¨abe Nullteiler in OY,(0,0) , d. h. Br¨ uche hg11 , hg22 mit gi = 0, hi (0, 0) = 0 und f g1 g2 = 0 f¨ ur ein f mit f (0, 0) = 0. Dann w¨are bereits der Koordinatenring von Y kein Integrit¨atsring. 1.9 Das Bild von f : C2 → C2 , (x, y) → (x, xy) ist (C2 \ V (x)) ∪ (0, 0), also keine algebraische Menge. 1.10 Es sei L = V (x, y) ⊂ X und M = V (x) ⊂ A2k . Die Projektion (x, y, z) → (x, y) liefert einen Isomorphismus X \ L → A2k \ M mit Umkehrabbildung (x, y) → (x, y, y/x). urliche Homomorphismus. Ist p ⊂ p ein Primideal 1.11 Es sei j : R → Rp der nat¨ in R, dann ist q = j(p ) · Rp = { rs ; r ∈ p , s ∈ p} ein Primideal in Rp. Ist umgekehrt q ein Primideal in Rp, so ist p = j −1 (q) ein Primideal in R mit p ⊂ p. 1.12 Die echten abgeschlossenen Mengen in der Produkttopologie sind Vereinigungen endlich vieler Punkte und achsenparalleler Geraden. Die Diagonale V (x − y) ist abgeschlossen in der Zariski-Topologie, aber nicht in der Produkttopologie. 1.13 Es ist I(X ∪ Y ) = (x1 x3 , x1 x4 , x2 x3 , x2 x4 ). Jedes Element aus I(X ∪ Y ) besteht aus Monomen vom Grad ≥ 2 und die quadratischen Anteile zweier Polynome erzeugen einen maximal 2-dimensionalen C-Vektorraum.
176
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
1.14
(a) Da F durch Polynome definiert ist, ist es ein Morphismus. Da Fp algebraisch abgeschlossen ist, ist F surjektiv. Es gelte xp = y p f¨ ur x, y ∈ Fp . Dann ist 0 = xp − y p = (x − y)p , also x = y. Dies zeigt, dass F injektiv ist. (b) Der Homomorphismus F ∗ : k[x1 , . . . , xn ] → k[x1 , . . . , xn ], xi → xpi ist nicht surjektiv, da xi nicht im Bild liegt.
2
Projektive Variet¨ aten
2.1 Angenommen es g¨abe Quadriken Q1 und Q2 mit Q1 ∩ Q2 = C. Da die Qi irreduzibel sein m¨ ussen, sind es entweder glatte Quadriken oder quadratische Kegel. Es sei H eine Ebene durch eine Regelgerade von Q1 , bzw. eine Gerade durch die Spitze. Dann enth¨alt H noch eine zweite Gerade auf Q1 . Die beiden Geraden schneiden Q2 in insgesamt 4 Punkten (mit Vielfachheit), die zu H ∩ C geh¨oren, aber C schneidet jede Ebene in genau 3 Punkten (mit Vielfachheit). 2.2
(a)
x2 + y 2 = 1
x2 − y 2 = 1
x2 − y 2 = 0
x2 − y = 0
x2 = 1
(b) Es sei L = {z = 0} die Gerade im Unendlichen.
¨ 2. PROJEKTIVE VARIETATEN
177
Q1 ∩ L = ∅ Q2 ∩ L = {(1 : 1 : 0), (1 : −1 : 0)} Q3 ∩ L = {(0 : 1 : 0)} Q4 ∩ L = {(1 : 1 : 0), (1 : −1 : 0)} Q5 ∩ L = {(0 : 1 : 0)}
(c) Aus Q1 erh¨alt man Q2 durch Vertauschen von y und z. Aus Q3 erh¨alt man Q1 durch y → y + z und z → y − z. (d) Aus Q4 erh¨alt man Q5 durch Vertauschen von y und z. 2.3 Man benutze die Zerlegung von S in direkte Summanden Sd . 2.4 Es sei Y ⊂ Ank . Da yi := xi ◦ f regul¨are Funktionen auf X sind, gilt yi ∈ k und f (X) = {(y1 , . . . , yn )}. 2.5 Auf X gilt xx01 = xx12 , d. h. f ist in X \ {(1 : 0 : 0)} regul¨ar. Da es auf einer projektiven Variet¨at keine nicht-konstanten regul¨aren Funktionen gibt, kann f in (1 : 0 : 0) nicht regul¨ar sein. 2.6 Betrachte die Morphismen ψ1 : U1 = Y \ {(0 : 0 : 1)} → P1k , (y0 : y1 : y2 ) → (y0 : y1 ) ψ2 : U2 = Y \ {(1 : 0 : 0)} → P1k , (y0 : y1 : y2 ) → (y1 : y2 ). Auf U1 ∩ U2 gilt ψ1 = ψ2 und man erh¨alt einen zu ϕ inversen Morphismus Y → P1k . Da dimk S1 (P1k ) = 2 und dimk S1 (Y ) = 3 sind die homogenen Koordinatenringe nicht isomorph. m+n 2.7 Die offenen Teilmengen Ank × Am sind isomorph zueinander. k bzw. Ak 2.8 (a) Betrachte die Morphismen
ϕ1 : U1 = X \ {x0 = x1 = x2 = 0} → P2k , (x0 : x1 : x2 : x3 : x4 ) → (x0 : x1 : x2 ) ϕ2 : U2 = X \ {x2 = x3 = x4 = 0} → P2k , (x0 : x1 : x2 : x3 : x4 ) → (x3 : x2 : x4 ). Es ist U1 ∪ U2 = X und auf U1 ∩ U2 gilt ϕ1 = ϕ2 . (b) F¨ ur P = (u : v : w) gilt {(x0 : 0 : 0 : x3 : 0 : 0)} ∼ = P1k ϕ−1 (P ) = {(uv : v 2 : vw : uw : w2 )}
falls P = (1 : 0 : 0), sonst.
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
178 2.9 Die Projektion
, (x0 : x1 : . . . : xn ) → (x1 : . . . : xn ) X Pn−1 k ist eine birationale Abbildung mit Umkehrabbildung fk (x1 : . . . : xn ) : x1 : . . . : xn . (x1 : . . . : xn ) → − fk−1 (x1 : . . . : xn ) 2.10
(a) Eine regul¨are Funktion auf A2k \{(0, 0)} ist von der Form f /g, mit f, g ∈ k[x, y] und g(x, y) = 0 f¨ ur alle (x, y) = (0, 0). Dann muss g schon konstant sein, d. h. O(A2k \ {(0, 0)}) = k[x, y]. W¨are A2k \ {(0, 0)} affin, so w¨ urde die Inklusion A2k \ {(0, 0)} → A2k einen Isomorphismus der Koordinatenringe induzieren, w¨are also selbst ein Isomorphismus. A2k \ {(0, 0)} ist auch nicht projektiv, da es nicht-konstante regul¨are Funktionen gibt. (b) Nach (a) sind alle regul¨aren Funktionen auf P2k \ {(1 : 0 : 0)} konstant und somit ist es nicht affin. W¨are P2k \ {(1 : 0 : 0)} projektiv, so w¨are dies auch die abgeschlossene Teilmenge P2k \ {(1 : 0 : 0)} ∩ {x2 = 0} ∼ = A1k , aber 1 auf Ak gibt es nicht-konstante regul¨are Funktionen.
2.11 Nach einer projektiven Transformation kann man f (∞) = ∞ annehmen und die Einschr¨ankung f0 : A1C → A1C betrachten. Dann gilt f0 ∈ k[x]. Da f0 injektiv ist, muss deg f0 = 1 gelten, also etwa f0 = ax + b. Dann ist f (x : y) = (ax + by : y). 2.12 Nach Voraussetzung gibt es eine stetige Umkehrabbildung g = f −1 : Y → X, von der zu zeigen ist, dass sie ein Morphismus ist. Es sei Q = f (P ) ∈ Y und U ⊂ Ank , V ⊂ Am k affine Umgebungen von Q bzw. P mit g(U ) ⊂ V und g|U = (g1 , . . . , gm ). Betrachte die i-te Koordinatenfunktion xi ∈ OV,P ∼ = OX,P . Dann gibt es ein h ∈ OY,Q mit xi = h ◦ f , d. h. h = gi in einer Umgebung von Q. Dies zeigt, dass gi eine regul¨are Funktion.
3
Glatte Punkte und Dimension
3.1 Die Kurve E(1:0) ist singul¨ar in (0 : 0 : 1). Die Kurve E(1:−1) zerf¨allt in eine Doppelgerade und eine weitere Gerade. Die u ¨brigen Kurven sind glatt.
3. GLATTE PUNKTE UND DIMENSION
179 z2 = 0
y=0
E(1:0) = {y 2 z − x3 = 0}
E(1:−1) = {yz 2 = 0}
3.2 Die Menge der singul¨aren Punkte besteht aus den 3 Geraden {x0 = x1 = 0} ∪ {x0 = x2 = 0} ∪ {x1 = x2 = 0}. 3.3 Die Singularit¨aten von C sind P1 = (1 : 0 : 0), P2 = (0 : 1 : 0) und P3 = (0 : 0 : 1). Wir wenden die Cremona-Transformation ϕ : P2C P2C , (x : y : z) → ( x1 : y1 : z1 ) = (yz : xz : xy) an. Es gilt ϕ∗ (x2 y 2 + y 2 z 2 + z 2 x2 ) = z 2 + x2 + y 2 . Die Cremona-Transformation induziert also einen Isomorphismus zwischen C∩{xyz = 0} = C\{P1 , P2 , P3 } und Q∩{xyz = 0}, wobei Q = {x2 + y 2 + z 2 = 0} ein glatter Kegelschnitt, also isomorph zu P1C ist (siehe Aufgabe 2.6). 3.4 Man kann annehmen, dass X = {f = 0} den Unterraum L = {xr+1 = . . . = ∂f xn = 0} enth¨alt. F¨ ur i = 0, . . . , r verschwindet dann ∂x auf L. Die u ¨brigen i n − r Ableitungen sind wegen d > 1 entweder 0 oder nicht-konstant und definieren somit (h¨ochstens) n − r Hyperfl¨achen in L, die wegen r ≥ n/2 einen nicht-leeren Schnitt haben. 3.5 Es sei f ∈ I(X), d. h. f (t4 , t5 , t6 , t7 ) = 0 ∈ k[t]. Wir schreiben f = f (1) + g, wobei f (1) der lineare Anteil von f in 0 ist. Da g(t4 , t5 , t6 , t7 ) nur Monome in t vom Grad ≥ 8 enthalten kann, gilt f (1) (t4 , t5 , t6 , t7 ) = 0 und damit auch f (1) = 0. Somit gilt T0 X = A4k . F¨ ur eine Kurve Y in A3k gilt dagegen dimk TP Y ≤ 3. 3.6 Es gilt T0 X = A3k und T0 Y = {z = 0}. 3.7 Ist dim X = 0, so ist X ein Punkt und X a eine Gerade, also dim X a = 1. Nun sei dim X = n und Y = V (f ) ⊂ X eine Hyperfl¨ache, also dim Y = n − 1. Nach Induktionsvoraussetzung gilt dim Y a = dim Y + 1 = n. Andererseits ist Y a = V (f ) ⊂ X a ebenfalls eine Hyperfl¨ache, also dim X a = dim Y a +1 = n + 1. 3.8 (a) Das strikte Urbild ist in der Karte t1 = 1 enthalten und durch t20 +y n−2 = 0 definiert. F¨ ur n = 2 besteht es aus zwei disjunkten Geraden, f¨ ur n = 3 ist es eine glatte irreduzible Kurve, und f¨ ur n ≥ 4 eine singul¨are Kurve. (b) Das strikte Urbild t30 + y = 0 ist glatt.
180
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN (c) Das strikte Urbild t30 + y 2 = 0 ist singul¨ar. (d) Das strikte Urbild ist in der Karte t1 = 1 durch t0 + t20 − y(t40 + 1) = 0 gegeben und ist glatt. Es schneidet den exzeptionellen Divisor in den Punkten (0 : 1), (−1 : 1) und (1 : 0). (Den Punkt (1 : 0) sieht man in der Karte t0 = 1.)
(e) Das strikte Urbild ist in der Karte t1 = 1 durch t0 − y 4 (t60 + 1) = 0 gegeben und ist glatt. Es schneidet den exzeptionellen Divisor in den Punkten (0 : 1) und (1 : 0). (Den Punkt (1 : 0) sieht man in der Karte t0 = 1.) 3.9 (a) In der Karte tj = 1 ist V gegeben durch xi = xj ti , i = 1, . . . , n, d. h. V ∩ {tj = 0} ∼ = Ank . Dies zeigt, dass V glatt ist und dim V = n. Die Projektion π besitzt die Umkehrabbildung π −1 : Ank V, (x1 , . . . , xn ) → ((x1 , . . . , xn ), (x1 : . . . : xn )). und sonst π −1 ((x1 , . . . , xn )) = (b) π −1 ((0, . . . , 0)) = (0, . . . , 0) × Pn−1 k {((x1 , . . . , xn ), (x1 : . . . : xn ))}. 3.10 (a) Die einzige Singularit¨at von Q ist (0, 0, 0). ˜ = {t2 − t1 t2 = 0} ⊂ V und Q ˜ ∩ E = {t2 − t1 t2 = 0} ⊂ E. (Man (b) Q 0 0 beachte, dass E eine projektive Ebene ist.)
4
Ebene kubische Kurven
4.1 Die Kubiken, die einen Punkt Pi enthalten, bilden eine Hyperebene in P(k 3 [x, y, z]) ∼ = P9k und 9 Hyperebenen schneiden sich stets. C ist im Allgemeinen nicht eindeutig bestimmt: w¨ahlt man z. B. alle Pi auf einer Geraden L, so erf¨ ullen alle Kubiken, die in L und einen Kegelschnitt zerfallen, die Bedingung. 4.2 Wie in 4.1 sieht man, dass der Raum der Kubiken durch P1 , . . . , P8 mindestens 1-dimensional ist. Angenommen er w¨are mindestens 2-dimensional. Dann g¨abe es zu zwei beliebigen Punkten R, S stets eine Kubik C durch P1 , . . . , P8 , R, S. W¨ahlt man R, S auf der Geraden L = P1 P2 , so muss C nach B´ezout in L und einen Kegelschnitt Q zerfallen. Es sei T ein Schnittpunkt von L und Q. Dieser ist verschieden von P1 und P2 , da sonst Q durch 7 Punkte der Pi geht. Es gibt es eine von C verschiedene Kubik C durch P1 , . . . , P8 , T . Diese muss auch in L und einen Kegelschnitt Q zerfallen. Dann gibt es zwei verschiedene Kegelschnitte Q, Q durch P3 , . . . , P8 und somit gibt es auch einen Kegelschnitt durch P2 , . . . , P8 , ein Widerspruch. 4.3 Nach dem Satz von B´ezout k¨onnen nicht 4 der Punkte auf einer Geraden oder 7 auf einem Kegelschnitt liegen. Somit ist der Raum der Kubiken durch
4. EBENE KUBISCHE KURVEN
181
P1 , . . . , P8 nach 4.2 eine Gerade L in P(k 3 [x, y, z]). Da L die Hyperebene H der Kubiken durch P9 in zwei Punkten C1 , C2 schneidet, muss L schon in H enthalten sein. 4.4 (a) Da sich die Parabeln nur in (0 : 1 : 0) schneiden, ist die Schnittmultiplizit¨at nach B´ezout dort 4. (b) Im Fall char(k) = 2 handelt es sich um dieselben Kurven wie in (a). Ansonsten schneiden sich die Parabeln in A2k in einem Punkt transversal und im Unendlichen nur in (0 : 1 : 0), also ist die Schnittmultiplizit¨at dort 3. 4.5 (a) Auf der affinen Karte x2 = 1 lauten die Gleichungen x30 + x20 − x21 = x30 − x21 = 0 und hieraus erh¨alt man lokal x20 = x21 = 0, d. h. die Schnittmultiplizit¨at ist 4. (b) Man erh¨alt x30 = x21 = 0, d. h. die Schnittmultiplizit¨at ist 6. 4.6 Es sei char(k) = 2 und f = x2 y + y 2 z + z 2 x. Dann ist Hf = 0, aber (0 : 0 : 1) ist kein Wendepunkt. 4.7 Es sei C = {xp y + y p x + z p+1 = 0} in Charakteristik p ≥ 3. Man kann x = 1 annehmen und erh¨alt die Gleichung f = y + y p + z p+1 . Es gilt ∂f = 1 und ∂y ∂f p = z . Die Tangente L an C in P = (y0 , z0 ) wird also durch (y0 −λz0p , z0 +λ) ∂z 2 parametrisiert. Damit ist f |L = y0 − λz0p + y0p − λp z0p + (z0 + λ)(z0p + λp ) = 2 λp (λ + z0 − z0p ), also IP (C, L) ≥ p. 4.8 (a) Man betrachtet den projektiven Abschluss x3 + y 3 = z 3 und mit x = z, y = x, z = x + y erh¨alt man z 3 − 3z 2 y + 3z y 2 − x3 = 0. Auf der affinen 1 Karte z = 1 ist 3y 2 − 3y = x3 − 1 und hieraus erh¨alt man y 2 = 4x3 − 12 , also J = 0. √ x (b) Mit y = y + 12 und x = √ erh¨alt man y 2 = 4x3 − 3 4x + 14 , also 3 4 J = 64 . 37 √ (c) y 2 = 4x3 + 3 4x + 14 und J = 64 . 91 (d) Mit x = x − 13 ist y 2 = x3 + 23 x + √ 7 und J = 32 . y 2 = 4x3 + 23 3 4x + 27 81 4.9 Mit x = x − 1 (λ 27
1+λ 3
und x =
x √ 3 4
und mit x =
7 27
erh¨alt man y 2 = 4x2 −
+ 1)(λ − 2)(2λ − 1) und J =
4(λ2 −λ+1)3 27λ2 (λ−1)2
√ 3
x √ 3 4
4 (λ2 3
erh¨alt man − λ + 1)x −
.
4.10 Siehe [Hu, Chapter 3, §6]. 4.11 Siehe [Hu, Chapter 3, §5]. 4.12 Man betrachte die 6 Geraden, die in der Definition von (P + Q) + R und P + (Q + R) benutzt werden, und teile sie so in zwei zerfallende Kubiken C1 , C2 auf, dass 8 der Schnittpunkte C1 ∩ C2 auf C liegen, und schließe, dass
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
182
der letzte Schnittpunkt ebenfalls auf C liegt. (Siehe [R2, S. 35] und [Hu, S. 63].) 4.13 Wir berechnen l : C × C → C f¨ ur eine Kubik C = {y 2 = x3 + ax + b}. Wir nehmen hier an, dass P = (x0 , y0 ) und Q = (x1 , y1 ) zwei Punkte auf C mit 0 x0 = x1 sind. Dann ist P Q = {y = xy11 −y (x − x0 ) + y0 }. Durch Einsetzen −x0 in die Gleichung von C erh¨alt man ein kubisches Polynom g in x, dessen Nullstellen x0 , x1 , x2 sind, wobei (x2 , y2 ) = l(P, Q). Da der Koeffizient von (y1 −y0 )2 (y1 −y0 )2 ¨ x2 in g durch (x 2 gegeben ist, gilt x2 = (x −x )2 − x0 − x1 . Ahnlich zeigt 1 −x0 ) 1 0 man, dass die y-Koordinate ein Morphismus ist. F¨ ur den Fall x0 = x1 siehe [R2, S. 76]. 4.14 F¨ ur einen Punkt P auf C gilt genau dann P + P = O, wenn es einen Punkt R gibt mit l(P, P ) = R und l(R, O) = O. Aus der letzten Gleichung folgt R = O, d. h. gesucht sind die Punkte P , so dass die Tangente an C in P durch O geht. Die Geraden durch O sind die Parallelen der y-Achse sowie die Gerade im Unendlichen. Die 2-Torsionspunkte sind also O sowie die drei Schnittpunkte von C mit der x-Achse. 4.15 h1 h3 h5 + λh2 h4 h6 = 0 definiert einen Pencil von Kubiken durch P1 , . . . , P6 und durch die Schnittpunkte L1 ∩L4 , L2 ∩L5 , L3 ∩L6 . Ist Q ∈ C ein weiterer Punkt, dann gibt es also eine solche Kubik durch P1 , . . . , P6 , Q. Nach B´ezout muss diese Kubik in den Kegelschnitt C und eine Gerade L zerfallen, welche durch die drei Schnittpunkte l¨auft.
5
Kubische Fl¨ achen
5.1 Siehe [R2, S. 107]. 5.2 x30 + x31 = x32 + x33 = 0 besteht aus 9 Geraden x0 + ρi x1 = x2 + ρj x3 = 0, wobei ρ = e2πi/3 und i, j = 0, 1, 2. Durch Permutation der Indizes erh¨alt man die Gleichungen der u ¨brigen 18 Geraden. 5.3 x0 = x1 + x2 = 0 definiert eine Gerade auf X und durch√ Permutation der Indizes erh¨alt man insgesamt 15 Geraden. Es sei τ = 1+2 5 . Dann definiert x0 + τ x1 + x2 = x1 + τ x0 + x3 = 0 eine Gerade auf X und durch Permutation der Indizes erh¨alt man insgesamt 12 Geraden (vgl. [PT]). 5.4 Der Raum der Kubiken durch P1 , . . . , P6 ist mindestens 3-dimensional. W¨are er 4-dimensional, so g¨abe es f¨ ur beliebige Punkte R1 , . . . , R4 stets eine Kubik durch alle Pi und Rj . W¨ahlt man R1 und R2 auf dem Kegelschnitt Q durch P1 , . . . , P5 , so m¨ usste diese Kubik in Q und eine Gerade L durch P6 zerfallen. Dies ist aber unm¨oglich, wenn man R3 und R4 so w¨ahlt, dass P6 , R3 , R4 nicht kollinear sind. ¨ 5.5 (a) Ahnlich wie in 5.4 sieht man, dass jeder Punkt P mit F0 (P ) = . . . = F3 (P ) = 0 bereits einer der Pi ist. Angenommen, alle Kubiken aus P(U )
¨ 5. KUBISCHE FLACHEN
183
bes¨aßen eine gemeinsame Tangentialrichtung in P1 , d. h. es g¨abe eine Gerade L, die in P1 alle diese Kubiken ber¨ uhrt. Dann g¨abe es stets eine solche Kubik durch drei weitere Punkte Q1 , Q2 , Q3 . Dies ist aber unm¨oglich, wenn man Q1 , Q2 ∈ L w¨ahlt, und Q3 nicht auf dem Kegelschnitt durch P2 , . . . , P6 . (b) Es seien Q, R ∈ P2C zwei von den Pi verschiedene Punkte. Der Raum ¨ der Kubiken durch P1 , . . . , P6 , Q ist 2-dimensional. Ahnlich wie vorher folgt hieraus, dass es eine solche Kubik gibt, die R nicht enth¨alt, d. h. ϕ(Q) = ϕ(R). Nun sei L eine Gerade durch Q. Angenommen, alle Kubiken durch P1 , . . . , P6 , Q w¨aren in Q tangential zu L. Dann g¨abe es eine solche Kubik, die in L und einen Kegelschnitt zerf¨allt, welcher P1 , . . . , P6 enthalten m¨ usste, ein Widerspruch. Dies zeigt, dass das Differential von ϕ in Q injektiv ist. Die u ¨brigen F¨alle zeigt man a¨hnlich. (c) Das Urbild einer Hyperebene H = {a0 x0 + . . . + a3 x3 = 0} ⊂ P3C unter ϕ ist eine Kubik {a0 F0 + . . . + a3 F3 = 0} aus P(U ). Das Urbild einer Geraden besteht aus dem Schnitt zweier solcher Kubiken, also aus P1 , . . . , P6 sowie drei weiteren, im allgemeinen Fall von den Pi verschiedenen, Punkten Q1 , Q2 , Q3 . Das Urbild unter ϕ˜ besteht dann aus π −1 ({Q1 , Q2 , Q3 }). 5.6 Die strikten Transformierten der 15 Geraden Lij = Pi Pj werden auf Geraden abgebildet: ist H ⊂ P3k eine Ebene, so ist ϕ−1 (H) eine Kubik, die Lij in Pi , Pj und einem weiteren, im allgemeinen Fall von den Pk verschiedenen, Punkt Q schneidet. Da der Schnitt in Pi und Pj transversal ist, besteht ˜ ij nur aus einem Punkt π −1 (Q). Die allgemeine Ebene schneidet ϕ˜−1 (H) ∩ L ˜ ¨ ϕ( ˜ Lij ) also in einem Punkt, d. h. es ist eine Gerade. Ahnlich sieht man, dass die strikten Transformierten der 6 Kegelschnitte Qi durch {P1 , . . . , P6 }\{Pi } auf Geraden abgebildet werden. Die 6 exzeptionellen Divisoren Ei werden ebenfalls auf Geraden abgebildet: die allgemeine Kubik C aus P(U ) ist glatt in Pi , d. h. C˜ schneidet Ei in einem Punkt transversal. 5.7
(a) Dies kann man a¨hnlich wie in 5.5 zeigen. (b) Es sei Q ein von P1 , . . . , P6 verschiedener Punkt auf Li und C eine Kubik durch P1 , . . . , P6 , Q. Dann schneidet C die Gerade Li in 4 Punkten und muss sie somit enthalten. Dies bedeutet, dass ϕ˜ die strikte Transformierte von Li zu einem Punkt kontrahiert. Außerhalb der Li kann man wie in 5.5 argumentieren. (c) F0 = −xyz, F1 = xy(x + y + z), F2 = yz(x + y + z), F3 = zx(x + y + z) bilden eine Basis von U mit F0 F1 F2 + F0 F1 F3 + F0 F2 F3 + F1 F2 F3 = 0. (d) (1 : 0 : 0 : 0), (0 : 1 : 0 : 0), (0 : 0 : 1 : 0) und (0 : 0 : 0 : 1).
KAPITEL 6. THEORIE DER KURVEN
184
6
Theorie der Kurven
6.1 Durch sukzessives Hinzunehmen von Punkten zeigt man, dass es auf C einen Divisor D mit l(D) = 2 gibt. Nach Riemann–Roch gilt deg D ≤ g + 1 und nach Abziehen eventueller Basispunkte definiert |D| den geforderten Morphismus. 6.2 Es sei D = n1 P1 + . . . + nr Pr mit ni > 0 und deg D ≥ 2g. Dann ist l(D) > l(D − Pi ) ≥ l(D − ni Pi ). 6.3 Es sei D = C ∩ H ein Hyperebenenschnitt und ϑ ⊂ |D| das Linearsystem aller Hyperebenenschnitte. Die projektive Dimension von ϑ ist n, d. h. l(D) ≥ n + 1. Wegen deg D = n folgt aus Lemma 6.15, dass C rational ist. 6.4 Durch Elimination von x3 erh¨alt man, dass die Bildkurve C durch x30 − x0 x22 − x21 x2 = 0 gegeben ist. Die Projektion definiert eine birationale Abbildung zwischen C und C . Da C und C glatt sind, definiert die Projektion also einen Isomorphismus. 6.5 C habe 4 singul¨are Punkte P1 , . . . , P4 und R sei ein weiterer Punkt auf C. Dann gibt es einen Kegelschnitt Q durch P1 , . . . , P4 , R und es gilt C.Q ≥ 9. Auf einer irreduziblen Kurve von Grad n k¨onnen h¨ochstens 12 (n − 1)(n − 2) singul¨are Punkte liegen. Angenommen C w¨are eine Kurve mit m = 12 (n − 1)(n − 2) + 1 Singularit¨aten. Dann gibt es eine Kurve C von Grad n − 2 durch die m Singularit¨aten und n − 3 weitere Punkten von C. Dann ist C.C ≥ 2m + n − 3 = n(n − 2) + 1, ein Widerspruch. ∂f ∂f ∂f (P ) = ∂x (P ) = ∂x (P ) = 0 genau f¨ ur P = (1 : 0 : 0) und dieser 6.6 Es gilt ∂x 0 1 2 Punkt liegt nicht auf C, d. h. C ist glatt. In der affinen Karte x0 = 1 ist C durch 1 − x1 x2 = 0 gegeben, und die Tangente an C in (y1 , y2 ) besitzt die Gleichung y2 x1 + y1 x2 = 0. Die Tangenten in (0 : 1 : 0) und (0 : 0 : 1) sind durch x2 = 0 bzw. x1 = 0 gegeben. Jede Tangente an C geht also durch (1 : 0 : 0). Da (1 : 0 : 0) auf keiner Sekanten von C liegt, ist die Projektion injektiv. Das Differential der Projektion verschwindet allerdings an jedem Punkt. (Man nennt dies eine inseparable Abbildung.) Die Kurve C ist ein Beispiel f¨ ur eine “strange curve” (d. h. alle Tangenten gehen durch einen festen Punkt). Außer Geraden hat nur der Kegelschnitt in P2k , char(k) = 2 diese Eigenschaft (siehe [Ha, Theorem IV.3.9]).
6.7 Es gilt 0 = d(x2 + y 2 ) = 2x dx + 2y dy, also y1 dx = − x1 dy. Die Form ω √ besitzt in (1 : ± −1 : 0) jeweils einen Pol der Ordnung 1 (bzw. einen Pol der Ordnung 2, falls char(k) = 2). 6.8
(a) Aus 0 = df =
∂f dx0 ∂x0
+
∂f dy0 ∂y0
folgt
dy0 dx0 =− . ∂f /∂y0 ∂f /∂x0
6. THEORIE DER KURVEN
185
Da C glatt ist, ist an jedem Punkt eine der beiden Darstellungen regul¨ar. Ist ∂f /∂y0 = 0, so ist x0 ein lokaler Parameter, d. h. ω0 besitzt keine Nullstellen. (b) wie (a) (c) Auf U0 ∩ U2 gilt x0 = also dx0 =
y2 1 , y0 = , x2 x2
dy2 y2 dx2 dx2 − , dy0 = − . x2 (x2 )2 (x2 )2
Damit rechnet man die Aussage leicht nach. 6.9 (a) Die Abbildung Cl(C) → Cl(C \ P ), Q nQ Q → Q=P nQ Q ist wohldefiniert und surjektiv und ihr Kern ist das Bild von Z → Cl(C), n → nP . (b) F¨ ur C = P1k ist die Sequenz exakt. F¨ ur C = A1k ist sie nicht exakt. 6.10
(a) Es sei C = A1k und D = n1 x1 + . . . + nk xk ein Divisor auf C. Dann ist D = (f ) f¨ ur f = (x − x1 )n1 · . . . · (x − xk )nk . (b) Es sei C der affine Teil einer glatten ebenen Kubik, die die Gerade im Unendlichen in einem Punkt Q ber¨ uhrt. Es sei P ein Punkt auf C und es gebe eine rationale Funktion f mit (f ) = P . Auf C¯ w¨are dann (f ) = P − Q, also P ∼ Q, ein Widerspruch.
6.11 F¨ ur D ∈ Jac0 (C) betrachten wir den Divisor D = D + O. Dann gilt deg D = 1, also nach dem Satz von Riemann l(D ) = 1. Es gibt also genau einen Punkt P ∈ |D | mit ϕ(P ) = D, d. h. die Abbildung ist bijektiv. Nach Beispiel (6.20) gilt ϕ(P ) + ϕ(Q) + ϕ(R) = 0 ∈ Cl(C) genau dann, wenn P + Q + R = 0 in C ist. Hieraus folgt, dass ϕ ein Gruppenhomomorphismus ist.
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E
Kommentare und Verweise
Bei der Erarbeitung dieses Buches habe ich mich auf verschiedene Lehrb¨ ucher gest¨ utzt. An erster Stelle m¨ochte ich hier das Buch [R2] von Miles Reid nennen. Kapitel 5 u ¨ber die 27 Geraden auf einer Kubik folgt eng [R2, §7]. Das Descent Argument in Korollar 7 und die daran anschließende Diskussion finden sich in [R2, §2]. Der Inhalt der Kapitel 1,2 und 3 ist Standardmaterial jedes einf¨ uhrenden Buches u ¨ber algebraische Geometrie, die hier gew¨ahlte Darstellung hat ihren Ursprung ebenfalls in [R2]. Als weitere Quellen haben mir vor allem [S1] und [Ha] gedient. Der Beweis von Theorem 6.5 folgt [S1, Chapter III], w¨ahrend die Diskussion der Einbettung algebraischer Kurven auf [Ha, Chapter 4.3] beruht. Grunds¨atzlich ist festzustellen, dass viele Beweise, die sich in diesem Buch finden, zum Kanon der algebraischen Geometrie geh¨oren und daher in ¨ahnlicher Form an verschiedenen Stellen der Literatur zu finden sind. Studierende k¨onnen heute aus einer Vielzahl von Lehrb¨ uchern u ¨ber algebraische Geometrie ausw¨ahlen. Dies war nicht immer so. Bis in die zweite H¨alfte der 1970er Jahre war die Situation v¨ollig anders. Damals war [EGA] die Standardreferenz, jedenfalls f¨ ur alle Themen, die etwas fortgeschrittener waren. Eine dramatische Z¨asur stellte dann das Erscheinen von Hartshornes Buch [Ha] dar, gefolgt von dem mehr analytischen Zugang von Griffiths und Harris [GH]. Auch heute noch ist [Ha] einer der wichtigsten Zug¨ange zu Themen wie Garben, Schemata und Kohomolgie. Inzwischen sind jedoch viele B¨ ucher dazu gekommen und die Leser k¨onnen aus einem weiten Angebot ausw¨ahlen, welches Lehrbuch jeweils besonders zusagt. Eine Liste m¨oglicher B¨ ucher, ohne jeden Anspruch auf Vollst¨andigkeit, ist oben angegeben. Bei den Einf¨ uhrungstexten m¨ochte ich insbesondere auf das Buch von Cox, Little und O’Sheia [CSL] hinweisen, da dort auch Aspekte der Computeralgebra eine Rolle spielen. Als
190
LITERATURVERZEICHNIS Einf¨ uhrung in Schemata m¨ochte ich besonders das Buch von Eisenbud und Harris [EH] erw¨ahnen, in dem nicht nur die Theorie, sondern auch viele Beispiele behandelt werden. Liebhaber klassischer Themen werden in [D] reich belohnt werden. Eine besonders attraktive visuelle Einf¨ uhrung in die algebraische Geometrie finden die Leserinnen und Leser in der interaktiven Ausstellung Imaginary, welche vom Mathematischen Forschungsinstitut Oberwolfach konzipiert und entwickelt wurde [Im].
Index abelsche Variet¨at, 149 abgeschlossene Menge, 3 abstrakte affine Variet¨at, 49 affine Standard¨ uberdeckung, 61 affine Variet¨at, 20 affiner Kegel, 59, 94 affiner Raum, 2 affiner Unterraum, 3 algebraische Gruppe, 13 algebraische Menge, 3 ¨ Aquivalenz von Kategorien, 39 ascending chain condition, 19 Aufblasung, 75, 94, 135 Aufl¨osung einer Singularit¨at, 77, 91
regul¨are, 157 Dimension einer affinen Variet¨at, 86 einer irreduziblen affinen Variet¨at, 85 eines projektiven Raums, 52 diskrete Bewertung, 139 diskreter Bewertungsring, 139 Diskriminante, 106 Divisor, 137 einer rationalen Funktion, 140 Divisorengruppe, 137 Divisorenklassengruppe, 141 dominante rationale Abbildung, 46 Doppelgerade, 100, 178 Doppelpunkt, 5, 77, 102, 168 gew¨ohnlicher, 168 Doppelpunktformel, 170
B´ezout Satz von, 100, 151 Basispunkt, 154 basispunktfrei, 154 Bewertungsring, 140 ¨ birationale Aquivalenz, 69
ebene Kurve, 95 effektiver Divisor, 152 elliptische Kurve, 110 elliptische Normkurve, 170 endlich erzeugte Algebra, 21 endlich erzeugter Modul, 66 endliche Algebra, 21 exzeptionelle Gerade, 76
Cayley-Kubik, 136 Charakteristik, 29 Clebsche Diagonalkubik, 118, 135 Cremona-Transformation, 73, 93 Definitionsbereich einer rationalen Abbildung, 45 einer rationalen Differentialform, 159 einer rationalen Funktion, 41, 64 determinantielle Variet¨at, 13 Differential, 89 Differentialform rationale, 158
Fahnenvariet¨at, 165 Fermatkubik, 134 Fermatkurve, 14 Frobeniusabbildung, 51 Funktionenk¨orper einer affinen Variet¨at, 41 einer projektiven Variet¨at, 62 Funktionskeim, 45
191
INDEX
192 Funktor, 38 funktorieller Isomorphismus, 39 Morphismus, 39
Ideal, 3 inseparabel Abbildung, 184 Polynom, 30 irreduzibel Geradenpaar, 5, 100 affine Variet¨at, 18 Geschlecht, 149, 159 irreduzible Komponenten, 19, 96 gew¨ohnlicher Doppelpunkt, 168 irrelevantes Ideal, 59 glatter Punkt Isomorphismus einer affinen Variet¨at, 86 affiner Variet¨aten, 36 einer Hyperfl¨ache, 82 quasi-affiner Variet¨aten, 47 einer irreduziblen affinen Variet¨at, quasi-projektiver Variet¨aten, 68 85 einer quasi-projektiven Variet¨at, 89 J-Invariante, 110, 116 Jacobische Variet¨at, 149 Grad Join-Variet¨at, 50 einer Abbildung, 142 einer eingebetteten Kurve, 154 kanonische Einbettung, 164 eines Divisors, 137 kanonischer Divisor, 159 graduierter Ring, 57 kanonisches Modell, 164 Grassmann-Variet¨at, 165 Kategorie, 37 H¨ohe eines Primideals, 90 Halm, 45 Hauptdivisor, 140 Hessesche, 104 Hessesche Kurve, 104 Hessesche Normalform, 115 Hilbertscher Nullstellensatz, 21 homogen Element eines graduierten Ringes, 57 Ideal, 58 Polynom, 55 homogene Koordinaten, 54 homogener Koordinatenring, 63 Homogenisierung, 56 Hyperbel, 4, 50 Hyperebene, 54 im Unendlichen, 54 Hyperebenenschnitt, 154 hyperelliptisch, 163 Hyperfl¨ache affine, 23
Kegelschnitt, 3, 100 entarteter, 5 Knoten, 168 Kodimension, 85 Koordinatenring, 32 homogener, 63 Kotangentialb¨ undel, 157 Kreis, 4 Krulldimension einer Variet¨at, 90 eines Rings, 90 kubische Fl¨ache, 119 Legendresche Normalform, 115 linear ¨aquivalent, 141 linearer Anteil, 84 Linearsystem, 154 vollst¨andiges, 153 lokaler Parameter, 138 lokaler Ring einer affinen Variet¨at, 42 einer projektiven Variet¨at, 64 regul¨arer, 91
INDEX
193
Lokalisierung, 44 eines graduierten Ringes, 63
projektive Variet¨at, 55 projektiver Raum, 52
maximales Ideal in einem Punkt, 65 Modul, 65 Morphismus quasi-affiner Variet¨aten, 47 quasi-projektiver Variet¨aten, 68 multiplikativ abgeschlossenes System, 43 Multisekante, 167
Quadrik, 56, 72 quasi-affine Variet¨at, 47 quasi-projektive Variet¨at, 58
Nakayama-Lemma, 25, 98 Neilsche Parabel, 5, 33, 37, 50, 71, 99 Noether-Normalisierung, 26 noetherscher Modul, 66 noetherscher topologischer Raum, 19 Normalisierung, 152 Nullstelle einer rationalen Funktion, 139 eines Polynoms, 2 Nullstellenmenge, 2, 55 orthogonale Gruppe, 15 Parabel, 4, 33 Pencil, 115 Polare, 120 Polstelle, 139 Polynomfunktion, 32 polynomiale Abbildung, 34 Polynomring, 16 Produkt affiner Variet¨aten, 40 kategorisches, 40 projektiver R¨aume, 73 Projektion, 72 projektiv ¨aquivalent, 96 projektive Ebene, 54 reelle, 53 projektive Einbettung, 161 projektive Gerade, 54 reelle, 53 projektive Transformation, 96
Radikal, 17 Radikalideal, 17 Rang einer Quadrik, 125 rationale Abbildung zwischen affinen Variet¨aten, 45 zwischen projektiven Variet¨aten, 68 rationale Differentialform, 158 rationale Funktion auf einer affinen Variet¨at, 41 auf einer projektiven Variet¨at, 62 rationale Normkurve, 56, 68, 78, 155 rationale Variet¨at, 71 reduzibel affine Variet¨at, 18 reduzierte Algebra, 33 reelle projektive Ebene, 53 reelle projektive Gerade, 53 Regelfl¨ache, 57 Regelschar, 57 regul¨are Differentialform, 157 regul¨arer lokaler Ring, 91 regul¨arer Punkt einer affinen Variet¨at, 86 einer Hyperfl¨ache, 82 einer irreduziblen affinen Variet¨at, 85 einer quasi-projektiven Variet¨at, 89 einer rationalen Abbildung, 45, 68 einer rationalen Funktion, 41, 64 Resultante, 121 Riemann–Roch Satz von, 160 Ring der regul¨aren Funktionen, 65 Satz vom primitiven Element, 31 Satz von B´ezout, 100, 151 Satz von Pascal, 117
INDEX
194 Satz von Riemann, 160 Satz von Riemann–Roch, 160 Satz von Torelli, 149 Schnittmultiplizit¨at, 97 Segre-Abbildung, 73 Segre-Variet¨at, 73 sehr ampel, 161 Sekante, 164 mit koplanaren Tangenten, 168 Sekantenvariet¨at, 165 separabel K¨orpererweiterung, 30 Polynom, 30 singul¨arer Punkt einer affinen Variet¨at, 85 einer Hyperfl¨ache, 82 Singularit¨at, 82, 85 spezielle lineare Gruppe, 15 Spitze, 6, 102 Steinersche Fl¨ache, 93 strange curve, 184 strikte Transformierte, 77, 92 Strukturgarbe, 45 Sylvestermatrix, 122 Sylvestersche Determinante, 122 Tangentialfl¨ache, 165 Tangentialraum einer affinen Variet¨at, 84 einer Hyperfl¨ache, 81 einer projektiven Kurve, 96 Torus, 8 Tr¨ager, 152 transversal, 98 Transversale, 128 Transzendenzbasis, 86 Transzendenzgrad, 29, 86 Trick von Rabinowitsch, 23 unendlicher Abstieg, 7 unirational, 134 Unterraum affiner, 3
projektiver, 54 Urbild einer rationalen Abbildung, 46 Variet¨at abstrakte affine, 49 affine, 20 projektive, 55 quasi-affine, 47 Veronese-Abbildung, 105 Vielfachheit einer rationalen Funktion, 139 einer regul¨aren Funktion, 139 vollst¨andiger Durchschnitt, 51 vollst¨andiges Linearsystem, 153 Weierstraßsche ℘-Funktion, 11 Weierstraßsche Form, 106 Wendepunkt, 103 Wendetangente, 103 Zariski-abgeschlossen, 3, 18 Zariski-offen, 18 Zariski-Topologie auf Ank , 18 auf Pnk , 58 zul¨assige Transformation, 110