Sven Heidenreich, Frank Huber, Johannes Vogel Flatrates und die Faszination grenzenlosen Konsums
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Sven Heidenreich, Frank Huber, Johannes Vogel Flatrates und die Faszination grenzenlosen Konsums
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GABLER EDITION WISSENSCHAFT
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Sven Heidenreich, Frank Huber, Johannes Vogel
Flatrates und die Faszination grenzenlosen Konsums Eine empirische Studie in der Mobilfunkbranche
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Frauke Schindler / Anita Wilke Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1093-6
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Vorwort In vielen Branchen können Konsumenten für den Bezug von Produkten und Dienstleistungen zwischen unterschiedlichen Tarifen wählen. Dabei ist es in immer mehr Bereichen möglich, neben linearen Tarifen oder klassischen Formen der mengenbezogenen Preisdifferenzierung, wie zweiteilige Tarife, auch Tarife mit einmaliger Zahlung und anschließend unbegrenzter Nutzung, sogenannte „Flatrates“, zu wählen. Folgt man nun den Annahmen volks- und betriebswirtschaftlicher Analysen zur Bestimmung optimaler Preise bei nichtlinearer Preisbildung, so müsste sich ein Konsument immer für den Tarif entscheiden, der seinen Nutzen – gemessen in Konsumentenrente – maximiert. Empirische Studien zeigen jedoch, dass sich Konsumenten häufig gerade nicht für den günstigsten Tarif entscheiden und insbesondere Pauschaltarife respektive Flatrates anderen Tarifen vorziehen, obwohl sie in diesen hinsichtlich der Kosten möglicherweise besser gestellt wären. Viele Konsumenten scheinen somit innerhalb der Tarifwahl einem kognitiven Fehler, der in der Literatur als „Flatrate-Bias“ bezeichnet wird, zu unterliegen. Da Konsumenten mit Flatrate-Bias in ihrem gewählten Tarif einen höheren Rechnungsbetrag als in dem eigentlich günstigsten bezahlen, ist davon auszugehen, dass die anbietenden Unternehmen, zumindest kurzfristig, einen höheren Deckungsbeitrag durch das Vorliegen eines Flatrate-Bias realisieren. Im vorliegenden Buch überprüfen die Autoren anhand von Befragungsdaten zu optionalen Mobilfunktarifen die Existenz und die Konsequenzen des Flatrate-Bias. Anschließend identifizieren und analysieren sie umfassend dessen Determinanten, in Gestalt von motivations-, emotions- und kognitionsbedingten Tarifwahl-Anomalien. Dabei konnte bei über 75 % der befragten Personen ein Flatrate-Bias festgestellt werden, wobei im Durchschnitt der Rechnungsbetrag bei Vorliegen eines Flatrate-Bias um 35 % höher ausgefallen ist als im eigentlich günstigsten Tarif. Als Determinanten des Flatrate-Bias konnten neben dem motivationsbedingten Informationsnachfrageeffekt, mit Entscheidungsstil- und Überschätzungseffekt noch zwei kognitionsbedingte und mit der Flatrate-Präferenz außerdem eine emotionsbedingte Tarifwahl-Anomalie identifiziert werden.
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VI
Vorwort
Darüber hinaus wurden mit Entkopplungs-, Versicherungs- und Flexibilitätsbedürfnis drei Determinanten der Flatrate-Präferenz identifiziert. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend geben die Autoren anschließend Implikationen für das Tarifwahlverhalten von Konsumenten, für die Gestaltung und Kommunikation des Tarifangebots von Unternehmen sowie für das Kundenmanagement. Frank Huber Sven Heidenreich Johannes Vogel
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Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ..............................................................................................XI Abbildungsverzeichnis.............................................................................................XIII Tabellenverzeichnis................................................................................................... XV
1. Zur Relevanz von Flatrates im Kontext der Tarifwahl ...................................... 1 2. Preisdifferenzierung - Tarifstrukturen und deren Eigenschaften ..................... 9 2.1
Preisdifferenzierung .................................................................................. 9
2.1.1
Definition, Kosten und Nutzen der Preisdifferenzierung............................ 9
2.1.2
Arten und Formen der Preisdifferenzierung.............................................. 10
2.2
Mengenbezogene Preisdifferenzierung.................................................. 13
2.2.1
Nichtlineare Preisbildung .......................................................................... 13
2.2.2
Überblick über das Spektrum an Tarifstrukturen ...................................... 15
2.2.3
Formen nicht-linearer Tarife ..................................................................... 18
2.2.3.1 Tarife mit einer Preiskomponente ............................................................. 18 2.2.3.2 Tarife mit zwei Preiskomponenten............................................................ 27 2.2.3.3 Volumentarife............................................................................................ 30 2.2.3.4 Weitere Möglichkeiten zur nichtlinearen Preisbildung............................. 33 2.2.4
Struktur und Konsequenzen optionaler Tarife .......................................... 34
3. Grundlagen des Tarifwahlverhaltens ................................................................. 37 3.1
Entscheidungstheorie .............................................................................. 37
3.1.1
Erkenntnisziele der Entscheidungstheorie................................................. 37
3.1.2
Präskriptive Entscheidungstheorie ............................................................ 38
3.1.3
Deskriptive Entscheidungstheorie............................................................. 39
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VIII
Inhaltsverzeichnis
3.1.3.1 Erkenntnisziele der deskriptiven Entscheidungstheorie............................ 39 3.1.3.2 Prospect-Theorie........................................................................................ 40 3.1.3.3 Mental Accounting .................................................................................... 43 3.2
Präskriptive Grundlagen des Nutzungs- und Tarifwahlverhaltens ... 47
3.2.1
Nutzungsverhalten in einem Tarif ............................................................. 47
3.2.2
Tarifwahlverhalten bei optionalen Tarifen................................................ 50
3.3
Deskriptive Grundlagen des Tarifwahlverhaltens ............................... 53
3.3.1
Tarifwahl-Biases im Rahmen optionaler Tarife........................................ 53
3.3.2
Tarifwahl-Anomalien ................................................................................ 55
3.3.3
Tarif-Präferenz .......................................................................................... 57
3.3.4
Bisherige Erkenntnisse zu Inkonsistenzen innerhalb des Tarifwahlverhaltens................................................................................................... 58
3.3.5
Mögliche Konsequenzen von Tarifwahl-Biases........................................ 62
4. Konzeptionelle Entwicklung eines Untersuchungsmodells zur Überprüfung der Determinanten von Flatrate-Präferenz und FlatrateBias.......................... 65 4.1
Determinanten des Flatrate-Bias ........................................................... 65
4.1.1
Motivationsbedingte Tarifwahl-Anomalie-Informationsnachfrageeffekt. 65
4.1.2
Kognitionsbedingte Tarifwahl-Anomalien................................................ 67
4.1.2.1 Entscheidungsstileffekt.............................................................................. 67 4.1.2.2 Überschätzungseffekt ................................................................................ 68 4.1.3
Emotionsbedingte Tarifwahl-Anomalie - Flatrate-Präferenz.................... 70
4.1.4
Das konzeptualisierte Partialmodell des Flatrate-Bias.............................. 71
4.2
Determinanten der Flatrate-Präferenz ................................................. 72
4.2.1
Entkopplungsbedürfnis.............................................................................. 72
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Inhaltsverzeichnis
IX
4.2.2
Versicherungsbedürfnis............................................................................. 75
4.2.3
Bequemlichkeitsbedürfnis ......................................................................... 79
4.2.4
Smart-Shopping-Bedürfnis........................................................................ 81
4.2.5
Flexibilitätsbedürfnis................................................................................. 82
4.2.6
Das konzeptualisierte Partialmodell der Flatrate-Präferenz...................... 83
4.3
Einfluss möglicher Moderatorvariablen ............................................... 84
4.4
Das konzeptualisierte Totalmodell des Flatrate-Bias .......................... 85
5. Empirische Überprüfung von Existenz, Konsequenzen und Determinanten der Flatrate-Präferenz und des Flatrate-Bias anhand optionaler Mobilfunktarife..................................................................................................... 87 5.1
Auswahl einer geeigneten Forschungsmethode .................................... 87
5.1.1
Ausgewählte Methode PLS ....................................................................... 87
5.1.2
Zur Beurteilung von PLS-Modellen.......................................................... 94
5.2
Erhebung der Daten ................................................................................ 99
5.2.1
Untersuchungsobjekt und Befragungseinheit............................................ 99
5.2.2
Auswahl einer Datenerhebungsmethode ................................................. 102
5.2.3
Deskriptive Auswertungen ...................................................................... 104
5.2.3.1 Soziodemographische Auswertungen ..................................................... 104 5.2.3.2 Auswertungen zur Existenz von Tarif-Präferenzen ................................ 110 5.2.3.3 Auswertungen zur Existenz und Konsequenzen von Tarifwahl-Biases.. 115 5.3
Operationalisierung der zu untersuchenden Konstrukte.................. 121
5.3.1
Entkopplungsbedürfnis............................................................................ 121
5.3.2
Versicherungsbedürfnis........................................................................... 123
5.3.3
Bequemlichkeitsbedürfnis ....................................................................... 125
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X
Inhaltsverzeichnis
5.3.4
Smart-Shopping-Bedürfnis...................................................................... 127
5.3.5
Flexibilitätsbedürfnis............................................................................... 128
5.3.6
Flatrate-Präferenz .................................................................................... 130
5.3.7
Informationsnachfrageeffekt ................................................................... 132
5.3.8
Entscheidungsstileffekt............................................................................ 133
5.3.9
Überschätzungseffekt .............................................................................. 135
5.3.10 Flatrate-Bias ............................................................................................ 136 5.3.11 Involvement............................................................................................. 138 5.4
Darstellung der Schätzergebnisse auf Strukturmodellebene ............ 139
5.5
Darstellung der Ergebnisse der Gruppenvergleiche.......................... 145
5.6
Interpretation der Ergebnisse .............................................................. 152
6. Implikationen für Marketingpraxis und Marketingforschung...................... 163 7. Schlussbetrachtung und Ausblick ..................................................................... 179 Literaturverzeichnis ................................................................................................. 181
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Abkürzungsverzeichnis Abb.
Abbildung
Aufl.
Auflage
bspw
beispielsweise
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
CLV
Costumer-Lifetime-Value
d.h.
das heißt
erw.
erweitert
et al.
und andere (lateinisch)
etc.
und so weiter (lateinisch)
f.
folgende Seite
ff.
folgende Seiten
gg.
gegenüber
H
Hypothese
Hrsg.
Herausgeber
Jg.
Jahrgang
NE
Nutzungseinheit
No.
Nummer (englisch)
Nr.
Nummer
PLS
Partial Least Square
PD
Preisdifferenzierung
S.
Seite
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XII
Abkürzungsverzeichnis
Tab.
Tabelle
u.U.
unter Umständen
Vgl.
Vergleiche
Vol.
Volume (englisch für Band)
WWW
World Wide Web (Internet)
z.B.
zum Beispiel
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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Systematik von Tarifstrukturen, Tarifen und Preiskomponenten .......... 17 Abbildung 2: Rechnungsbetrag, Durchschnittspreis, marginaler Preis des linearen Tarifs....................................................................................................... 19 Abbildung 3: Rechnungsbetrag, Durchschnittspreis, marginaler Preis des FlatrateTarifs....................................................................................................... 22 Abbildung 4: Rechnungsbetrag, Durchschnittspreis, marginaler Preis des zweiteiligen Tarifs.......................................................................................... 29 Abbildung 5: Rechnungsbetrag, Durchschnittspreis, marginaler Preis des Volumentarifs ........................................................................................................ 31 Abbildung 6: Graphische Darstellung optionaler Tarife .............................................. 36 Abbildung 7: Wertefunktion der Prospect-Theorie ...................................................... 41 Abbildung 8: Graphische Darstellung des optimalen Tarifwahlverhaltens.................. 51 Abbildung 9: Tarifwahl-Anomalien und Tarifwahl-Bias ............................................. 56 Abbildung 10: S-R Modell der Tarif-Präferenz............................................................ 57 Abbildung 11: Partialmodell des Flatrate-Bias............................................................. 71 Abbildung 12: Partial-Modell der Flatrate-Präferenz................................................... 83 Abbildung 13: Schematische Darstellung eines Moderatoreffekts .............................. 84 Abbildung 14: Das konzeptualisierte Totalmodell des Flatrate-Bias ........................... 86 Abbildung 15: Schematische Darstellung eines Formativen Modells.......................... 89 Abbildung 16: Schematische Darstellung eines Reflektiven Modells ......................... 91 Abbildung 17: Graphische Darstellung des Präferenzumschwungs mit steigendem Alter ................................................................................................... 113 Abbildung 18: Experimentelles Design zur Ermittlung von Tarifwahl-Biases.......... 117 Abbildung 19: Verteilung der Wertigkeit von Flatrate-Biases innerhalb der Stichprobe ................................................................................................. 119 Abbildung 20: Übersicht über Pfadkoeffizienten und t-Werte des Hypothesenmodells .............................................................................................. 144 Abbildung 21: Übersicht über moderierende Effekte des Involvements.................... 151
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XIV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 22: Stellhebel zur Steigerung des Flatrate-Bias........................................ 166 Abbildung 23: Stellhebel der Kommunikationspolitik zur Steigerung der TarifwahlAnomalien.......................................................................................... 173
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Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Preisdifferenzierung nach Pigou.................................................................. 12 Tabelle 2: Übersicht zu linearen Mobilfunktarifen....................................................... 20 Tabelle 3: Übersicht zu „Teil-Flatrates“ im Mobilfunkbereich.................................... 24 Tabelle 4: Übersicht zu „All-Net-Flatrates“ im Mobilfunkbereich.............................. 25 Tabelle 5: Übersicht zu „Prepaid-Flatrates“ im Mobilfunkbereich.............................. 26 Tabelle 6: Übersicht zu zweiteiligen Mobilfunktarifen................................................ 30 Tabelle 7: Übersicht zu Volumentarifen im Mobilfunkbereich ................................... 32 Tabelle 8: Empirische Befunde zu Tarif-Präferenzen .................................................. 59 Tabelle 9: Empirische Befunde zu Tarifwahl-Biases ................................................... 61 Tabelle 10: Hypothesenübersicht zum Partialmodell des Flatrate-Bias ....................... 72 Tabelle 11: Hypothesenübersicht zum Partialmodell der Flatrate-Präferenz ............... 83 Tabelle 12: Hypothesenübersicht zum Totalmodell des Flatrate-Bias ......................... 86 Tabelle 13: Kriterienkatalog zur Unterscheidung zw. formativen und reflektiven Operationalisierungen................................................................................ 92 Tabelle 14: Kriterienkatalog PLS ................................................................................. 93 Tabelle 15: Prüfkriterien für PLS-Modelle auf Messmodellebene............................... 97 Tabelle 16: Prüfkriterien für PLS-Modelle auf Strukturmodellebene.......................... 98 Tabelle 17: Geschlechterverteilung innerhalb der Stichprobe.................................... 105 Tabelle 18: Altersstruktur der Stichprobe................................................................... 105 Tabelle 19: Berufsverteilung innerhalb der Stichprobe.............................................. 106 Tabelle 20: Bildungsstand innerhalb der Stichprobe.................................................. 106 Tabelle 21: Anteile Mobilfunkanbieter innerhalb der Stichprobe.............................. 107 Tabelle 22: Gewählte Mobilfunktarife innerhalb der Stichprobe............................... 108 Tabelle 23: Geschätzte durchschnittliche Nutzungsmenge (abgehende Gespräche) . 109 Tabelle 24: Geschätzte durchschnittliche Nutzungsmenge (SMS / Monat) .............. 110 Tabelle 25: Übersicht über bevorzugte Zahlungsweisen innerhalb der Stichprobe ... 110 Tabelle 26: Übersicht Tarif-Präferenzen innerhalb der Stichprobe............................ 111 Tabelle 27: Übersicht über bevorzugte Zahlungsweisen in Abhängigkeit des Alters 112
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XVI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 28: Übersicht Tarif-Präferenzen in Abhängigkeit des Alters ........................ 112 Tabelle 29: Übersicht Tarif-Präferenzen in Abhängigkeit des Geschlechts............... 114 Tabelle 30: Übersicht Tarif-Präferenzen in Abhängigkeit der geschätzten Nutzungsmenge ...................................................................................................... 114 Tabelle 31: Übersicht Tarifwahl-Biases innerhalb der Stichprobe............................. 118 Tabelle 32: Übersicht Wert der Tarifwahl-Biases innerhalb der Stichprobe ............. 118 Tabelle 33: Übersicht der Tarifwahl-Biases in Abhängigkeit des Alters der Probanden ................................................................................................ 120 Tabelle 34: Übersicht der Tarifwahl-Biases in Abhängigkeit des Geschlechts der Probanden ............................................................................................... 120 Tabelle 35: Operationalisierung des Konstrukts „Entkopplungsbedürfnis“............... 123 Tabelle 36: Gütebeurteilung des Konstrukts „Entkopplungsbedürfnis“ .................... 123 Tabelle 37: Operationalisierung des Konstrukts „Versicherungsbedürfnis“.............. 124 Tabelle 38: Gütebeurteilung des Konstrukts „Versicherungsbedürfnis“.................... 125 Tabelle 39: Operationalisierung des Konstrukts „Bequemlichkeitsbedürfnis“.......... 126 Tabelle 40: Gütebeurteilung des Konstrukts „Bequemlichkeitsbedürfnis“................ 127 Tabelle 41: Operationalisierung des Konstrukts „Smart-Shopping-Bedürfnis“......... 127 Tabelle 42: Gütebeurteilung des Konstrukts „Smart-Shopping-Bedürfnis“ .............. 128 Tabelle 43: Operationalisierung des Konstrukts „Flexibilitätsbedürfnis“.................. 129 Tabelle 44: Gütebeurteilung des Konstrukts „Flexibilitätsbedürfnis“........................ 130 Tabelle 45: Operationalisierung des Konstrukts „Flatrate-Präferenz“ ....................... 131 Tabelle 46: Gütebeurteilung des Konstrukts „Flatrate-Präferenz“............................. 131 Tabelle 47: Operationalisierung des Konstrukts „Informationsnachfrageeffekt“ ...... 132 Tabelle 48: Gütebeurteilung des Konstrukts „Informationsnachfrageeffekt“ ............ 133 Tabelle 49: Operationalisierung des Konstrukts „Entscheidungsstileffekt“ .............. 134 Tabelle 50: Gütebeurteilung des Konstrukts „Entscheidungsstileffekt“ .................... 134 Tabelle 51: Operationalisierung des Konstrukts „Überschätzungseffekt“ ................. 135 Tabelle 52: Gütebeurteilung des Konstrukts „Überschätzungseffekt“....................... 136 Tabelle 53: Operationalisierung des Konstrukts „Flatrate-Bias“ ............................... 137 Tabelle 54: Gütebeurteilung des Konstrukts „Flatrate-Bias“ ..................................... 137
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Tabellenverzeichnis
XVII
Tabelle 55: Operationalisierung des Konstrukts „Involvement“................................ 138 Tabelle 56: Güte der Skala zur Messung des Involvements....................................... 139 Tabelle 57: Hypothesenprüfung auf Strukturmodellebene ........................................ 141 Tabelle 58: Determinationskoeffizienten der endogenen Konstrukte ....................... 142 Tabelle 59: Ergebnisse des Tests auf Multikollinearität der endogenen Konstrukte 143 Tabelle 60: Ergebnisse des Tests der Vorhersagevalidität auf Strukturmodellebene ....................................................................................................... 143 Tabelle 61: Gütekriterien zur Beurteilung des Strukturmodells für niedriges Involvement............................................................................................. 148 Tabelle 62: Gütekriterien zur Beurteilung des Strukturmodells für hohes Involvement............................................................................................. 148 Tabelle 63: Einfluss des Involvements auf die Kausalbeziehungen des FlatrateBias ......................................................................................................... 150 Tabelle 64: Übersicht zu den Einflüssen der einzelnen Konstrukte auf die FlatratePräferenz ................................................................................................. 154 Tabelle 65: Übersicht zu den Einflüssen der einzelnen Konstrukte auf den FlatrateBias .......................................................................................................... 157
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1.
Zur Relevanz von Flatrates im Kontext der Tarifwahl "Der Konsumideologie liegt der Wunsch zugrunde, die ganze Welt zu verschlingen, der Konsument ist der ewige Säugling, der nach der Flasche schreit."1 Erich Fromm, Psychoanalytiker
Von der Vorstellung grenzenlosen Konsums scheint für viele Konsumenten eine spezielle Faszination auszugehen. Sei es nun die Wahl eines „all-you-can-eat“ Buffets, der Internet-Zugang über einen Flatrate-Tarif, der Bezug einer Zeitung über ein Abonnement oder die Nutzung eines Telekommunikationsanbieters, der es erlaubt, eine unbegrenzte Anzahl an Telefonaten zu führen; Konsumenten scheint die Vorstellung zu gefallen, für einen grenzenlosen Zugang zu einem Service nur eine einmalige Gebühr zu entrichten. So ist es nicht unüblich, dass ein Konsument einen Jahresvertrag mit unbegrenzter Nutzung bei einem Fitnessstudio unterschreibt, obwohl er zeitbedingt über einen obligatorischen, monatlichen Besuch nicht hinaus kommt, oder dass sich die nicht gelesenen Zeitschriften aus einem Abonnement mittlerweile stapelweise anhäufen. Ebenso häufig kommt es vor, dass bewusst hoch gewählte Freikontingente bei Internetzugangs- bzw. Mobilfunktarifen zum Ende des Monats nicht voll ausgenutzt wurden, und ein Teil des bereits bezahlten Kontingents somit ungenutzt verfällt. Konsumenten scheinen somit die Zahlung eines fixen Betrages mit anschließender unbegrenzter Nutzung der Zahlung eines nutzungsabhängigen Entgeltes vorzuziehen, im Extremfall sogar ungeachtet dessen, dass sie in diesem Tarif hinsichtlich der Kosten günstiger gestellt wären. Es ist somit anzunehmen, dass Konsumenten aus Flatrate-Tarifen einen Nutzen ziehen, der über den reinen Wert der Nutzung innerhalb dieses Tarifs hinausgeht. Folglich scheinen Flatrate-Tarife bei Konsumenten einen tarifspezifischen Nutzen zu stiften, der letztendlich zu einer gewissen Flatrate-Präferenz, also einer subjektiv höheren Wertschätzung von Pauschaltarifen bzw. Flatrates, gegenüber anderen Ta1
Fromm (1976), S. 37.
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2
Relevanz von Flatrates im Kontext der Tarifwahl
rifformen führt. Auch der betriebswirtschaftlichen Praxis scheint dieses Phänomen nicht entgangen zu sein. Wie könnte man sonst die Vielzahl an Pauschal- respektive Flatrate-Angeboten erklären, die neben traditionellen Bereichen wie Gastronomie, Zeitschriftenhandel, Tourismus, öffentlicher Verkehr nun auch verstärkt bei ITDienstleistungen zu finden sind. Speziell im Bereich der Internetzugangstarife ist ein Zugang per DSL-Flatrate heutzutage nur noch schwer wegzudenken. Auch scheinen Pauschaltarife nach dem Einzug in der Telekommunikationsbranche in Form von Flatrates bei Festnetz-Anschlüssen nun auch im Mobilfunkbereich Anwendung zu finden. Folglich besitzen Konsumenten bei dem Bezug von Produkten und Dienstleistungen meist die Möglichkeit, aus einer Menge unterschiedlicher Tarife, auch eine Option für einen unbegrenzten Bezug eines Produkts oder einer Dienstleistung, also eine Flatrate, zu wählen, was die Relevanz dieser Thematik unterstreicht. Solche Tarifstrukturen, bei denen für Konsumenten die Option besteht, aus der Menge aller angebotenen Tarife den für sie vorteilhaftesten zu wählen, sind eine Form der mengenmäßigen Preisdifferenzierung respektive nichtlinearen Preisbildung, und werden als optionale Tarife bezeichnet.2 Mit Hilfe dieser versuchen Unternehmen, ihren Gewinn im Vergleich zum Anbieten eines einzelnen Tarifs zu steigern.3 Folgt man nun volks-4 und betriebswirtschaftlichen5 Analysen, so gelangt man zu der Annahme, dass Konsumenten den Tarif wählen, der ihren Nutzen - gemessen in Konsumentenrente - maximiert. Unter Konsumentenrente wird die Differenz zwischen der Zahlungsbereitschaft, also dem Betrag, den der Kunde für das Gut zu zahlen bereit ist, und dem Rechnungsbetrag in dem gewählten Tarif verstanden.6 Folglich müssten sich Konsumenten für den Tarif entscheiden, bei dem sie für die gegebene Nutzungsmenge am wenigstens zahlen und in dem sie gegenüber keinem anderen Tarif hinsichtlich der Kosten schlechter gestellt werden. Im Gegensatz zu diesen Annahmen zeigen em2 3 4
5 6
Vgl. Schulze/Gedenk (2005), S. 158. Vgl. Skiera (1999), S. 105 ff. Vgl. Faulhaber/Panzar (1977), Leland/Meyer (1976), Lewis (1941), Murphy (1977), Oi (1971), Willig (1978). Vgl. Schulze/Gedenk/Skiera (2005), Skiera (1999), Tacke (1989). Vgl. Lambrecht (2005), S. 2.
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Zur Relevanz von Flatrates im Kontext der Tarifwahl
3
pirische Studien, dass sich Konsumenten häufig nicht für den für sie günstigsten Tarif entscheiden. In solchen Fällen liegt somit ein kognitiver Fehler innerhalb der Tarifwahl bei dem Konsumenten vor, weshalb dieser in der Literatur in Analogie zur Psychologie auch als Tarifwahl-Bias bezeichnet wird.7 Erstmalig und vornehmlich innerhalb Studien aus dem Telekommunikationsbereich wird besonders häufig der Fall identifiziert, dass Konsumenten eine Flatrate bzw. einen Tarif mit besonders hohem Freikontingent vorziehen, unabhängig davon, dass sie in einem Tarif mit nutzungsabhängiger Abrechnung oder mit niedrigerer Grundgebühr und/oder Freikontingent einen geringeren Rechnungsbetrag zahlen müssten und somit eine höhere Konsumentenrente erzielen könnten.8 Da es sich um einen Tarifwahl-Bias zu Gunsten eines Flatrate-Tarifs handelt, wird dieser auch als Flatrate-Bias bezeichnet.9 Aber auch innerhalb Studien bzgl. der Tarifwahl bei Fitnessstudioverträgen10, der Tarifwahl zu Online-Zeitungen11 und der Tarifwahl innerhalb eines fiktiven Online Supermarkts sowie eines fiktiven Schwimmbades12 wurde die Existenz eines FlatrateBias bestätigt. Überdies wurden, wenn auch wesentlich seltener, Fälle identifiziert, in denen eine Präferenz für einen nutzungsabhängigen Tarif vorlag, obwohl die Konsumenten mit einer Flatrate hinsichtlich der Kosten besser gestellt gewesen wären.13 In Analogie zu den oben genannten Ausführungen werden solche Fälle in der Literatur unter Pay-Per-UseBias subsumiert. Aufgrund der bisher geringen empirischen Bestätigung des Pay-per-Use-Bias scheint eine ausreichende empirische Relevanz nur hinsichtlich der Flatrate-Präferenz respektive des Flatrate-Bias vorzuliegen, weshalb sich die folgenden Ausführungen eben auch auf diese konzentrieren.
7 8
9 10 11 12 13
Vgl. Lambrecht (2005), S. 2. Vgl. Train/Ben-Akiva/Atherton (1989), Train/McFadden/Ben-Akiva (1987), Hobson/Spady (1988), Kling/van der Ploeg (1990). Vgl. Train (1991) S. 211, Nunes (2000) S. 397. Vgl. Della Vigna/Malmendier (2002). Vgl. Schulze/Gedenk (2005). Vgl. Nunes (2002). Vgl. Kridel/Lehmann/Weisman (1993), Miravete (2002a), Schulze/Gedenk (2005).
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4
Relevanz von Flatrates im Kontext der Tarifwahl
Aus Konsumentensicht scheint es aufgrund der zunehmenden Verfügbarkeit von Flatrates und der damit verbundenen Möglichkeit, durch einen Flatrate-Bias bei der Tarifwahl letztendlich mehr zahlen zu müssen als im wirklich günstigsten Tarif, interessant, die Ursachen, die zu einer Flatrate-Präferenz respektive zu einem Flatrate-Bias führen, zu identifizieren, um eventuelle Determinanten zur Korrektur bzw. Optimierung der Tarifwahl ableiten zu können. Aber auch aus Unternehmenssicht scheint die Thematik um die Tarifform „Flatrate“ viel versprechend, wenn man noch die möglichen Konsequenzen für Unternehmen aus einem Flatrate-Bias in die Betrachtung mit einbezieht. Das Vorliegen eines Flatrate-Bias bedeutet aus Unternehmenssicht, dass ein Kunde mit der Flatrate einen Tarif gewählt hat, in dem er mehr Geld für die Serviceinanspruchnahme des Unternehmens bezahlt, als er eigentlich müsste, wenn er sich für den für sich günstigsten Tarif entschieden hätte. Das Unternehmen erreicht somit durch den Flatrate-Bias, zumindest kurzfristig, einen höheren Deckungsbeitrag und somit einen höheren Gewinn. Langfristig treten jedoch eher die Wirkungen auf den gesamten Customer-LifetimeValue in den Vordergrund, der als Summe aller diskontierten Gewinne, die im gesamten Zeitraum einer Kundenbeziehung zu einem Unternehmen durch den Kunden erzielt werden, definiert ist.14 Dieser berücksichtigt, dass kurzfristige Gewinnsteigerungen in Folge von Deckungsbeitragserhöhungen durch höhere Kündigungsraten kompensiert werden können. Sind die Auswirkungen des Flatrate-Bias nun auf den CLV positiv, also überwiegen die positiven Effekte aus den Deckungsbeitragssteigerungen, so wäre es im Interesse des Unternehmens, dem Flatrate-Bias zumindest nicht entgegenzuwirken. Werden die positiven Effekte aus der Deckungsbeitragssteigerung jedoch durch überhöhte Kündigungsraten überkompensiert, so wäre es für das Unternehmen vorteilhaft dem Flatrate-Bias durch eine Anpassung der Tarifstruktur oder einer gezielten Kundenkommunikation entgegenzuwirken.15
14 15
Vgl. Berger, P. D. / Nasr, N. I. (1998), S. 18, Dwyer, F. R. (1989), S. 73-81. Vgl Lambrecht (2005), S. 5.
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Zur Relevanz von Flatrates im Kontext der Tarifwahl
5
In beiden Fällen ist es für das Unternehmen wichtig, die Determinanten der FlatratePräferenz sowie des Flatrate-Bias zu kennen, um gezielte Maßnahmen gegen oder für das Verbleiben des Kunden im gewählten Tarif einzuleiten. Auch aus juristischer Perspektive, speziell aus Sicht des Verbraucherschutzes sind Tarifwahl-Biases und folglich der Flatrate-Bias relevant.16 Die Aufgabe des Verbraucherschutzes ist es, Konsumenten vor Schaden zu bewahren, der aus der Unübersichtlichkeit des Markts, aus der Täuschung durch Unternehmen oder aus Nebenwirkungen des Konsums entsteht.17 Im Rahmen der Tarifwahl besteht für den Verbraucherschutz dann Handlungsbedarf, wenn Konsumenten aufgrund der vom Unternehmen bereitgestellten Informationen selbst nicht in der Lage sind, den für ihre Bedürfnisse am besten geeigneten Tarif zu identifizieren.18 Aus den bisherigen Überlegungen sowie den Ergebnissen aus verschiedenen empirischen Studien zur Tarifwahl, leitet sich nun implizit die Frage nach der Existenz, den Konsequenzen und den Determinanten der Flatrate-Präferenz sowie des Flatrate-Bias ab. Ziel dieser Arbeit ist es nun, in einem ersten Schritt die Existenz und die Konsequenzen von Flatrate-Präferenz und Flatrate-Bias zu überprüfen, um darauf aufbauend die Ursachen bzw. Determinanten dieser Phänomene zu identifizieren und umfassend zu analysieren. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend sollen dann Implikationen für das Tarifwahlverhalten von Konsumenten, für die Gestaltung und Kommunikation des Tarifangebots von Unternehmen, das Kundenmanagement sowie für den Verbraucherschutz abgeleitet werden. Als Untersuchungsobjekt für die angestrebte Studie wurde mit dem Mobilfunkbereich ein besonders prominentes Beispiel für das Angebot optionaler Tarife gewählt. Gerade im Mobilfunkbereich erscheinen die Einführung von Flatrate-Tarifen19 und die sich daraus ergebenden Konsequenzen besonders interessant, da zum einen dieser Sparte eine enorme wirtschaftliche Bedeutung zukommt und zum anderen, wie aus verschie16 17 18 19
Vgl Lambrecht (2005), S. 5. Vgl. Scherhorn (1973), S. 67. Vgl. Dichtl (1975), S. 30. Anmerkung des Autors: Anfang 2007 wurde mit dem Tarif Base 5 neben den bereits seit geraumer Zeit einige führten „beschränkten“ Flatrates in Form von Volumentarifen die erste „echte“ Flatrate für Mobiltelefonleistungen eingeführt.
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6
Relevanz von Flatrates im Kontext der Tarifwahl
denen Studien hervorgeht,20 noch keine traditionell gefestigten Tarifstrukturen bestehen, die a priori zur Präferenz einer bestimmten Tarifform bei den Konsumenten führen. Bereits im Jahr 2004 konnte der Mobiltelefondienst mit 22,8 Mrd. Euro Umsatz im Jahr fast mit den Umsätzen aus den Leistungen für Festnetzanschlüsse in Höhe von 24,7 Mrd. Euro gleichziehen.21 Stellt man noch die quantitativen Zugangsmöglichkeiten für Sprachkommunikation von Mobilnetzen und Festnetzen gegenüber, so sind inzwischen weit mehr mobile Sprechkanäle (84,3 Mio. in 2006) als Festnetzkanäle (54,2 Mio. in 2006) in Deutschland vorhanden.22 Damit wurde im dritten Quartal 2006 erstmals eine Penetrationsrate von über 100% im deutschen Mobilfunkbereich erreicht. Folglich kommt im statistischen Durchschnitt auf jeden Einwohner ein Mobilfunkvertrag.23 Somit scheint die Relevanz des Mobilfunkbereichs sowohl aus Konsumentenals auch aus Unternehmens- bzw. wirtschaftlicher Sicht gegeben und die Eignung als Untersuchungsobjekt für diese Studie gesichert. Zum besseren Verständnis der angesprochenen Thematik wird im Rahmen von Kapitel 2 über die Erläuterung des Kontextes von Preisdifferenzierungen sowie der Darlegung verschiedener Tarifstrukturen und deren Eigenschaften die notwendige theoretische Basis für die darauf folgenden Kapitel gelegt. Zu Beginn des Kapitels 3 wird über eine knappe Darlegung der präskriptiven sowie deskriptiven Entscheidungstheorie eine theoretische Grundlage für die darauf folgende Modellierung des Tarifwahlverhaltens unter Bezugnahme sowohl präskriptiver als auch deskriptiver Elemente geschaffen. Aufbauend auf den theoretischen Grundlagen wird dann in Kapitel 4 ein Untersuchungsmodell zur Identifikation möglicher Determinanten der Flatrate-Präferenz und des Flatrate-Bias konzipiert. In einem ersten Schritt werden die zu untersuchenden Konstrukte aufbauend auf den Erkenntnissen der voran gegangenen Kapiteln theoretisch konzipiert und darauf aufbauend ein Hypothesensystem über die Kausalzusam20
21
22 23
Vgl. http://www.atkearney.com/shared_res/pdf/Mobinet_2005_Detailed_Results.pdf (05.09.2007), S. 22. Vgl .http://www.bundesnetzagentur.de/enid/53c0b6610a19aed7db799e7d7e9d3fae,0 / Marktbeobachtung /Telekommunikationsdienstemarkt_vo.html#umsaetze (05.09.2007). Vgl. http://www.bundesnetzagentur.de/media/archive/9009.pdf (05.09.2007), S. 59. Vgl. http://www.bundesnetzagentur.de/media/archive/9009.pdf (05.09.2007), S. 70.
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Zur Relevanz von Flatrates im Kontext der Tarifwahl
7
menhänge abgeleitet. Abschließend werden die gewonnenen Erkenntnisse verdichtet und zu einem Totalmodell zusammengefasst, welches als Grundlage für die in Kapitel 5 durchgeführte Prüfung der getroffenen Annahmen anhand der erhobenen empirischen Daten dient. Kapitel 5 beginnt mit Erläuterungen zu der ausgewählten Forschungs- und Datenerhebungsmethode sowie zu den Operationalisierungen der einzelnen Konstrukte, wobei der Schwerpunkt des Kapitels auf der darauf folgenden Darstellung der Ergebnisse zur empirischen Untersuchung und der Evaluation des Untersuchungsmodells liegt. Das Kapitel schließt mit der Interpretation der gewonnenen Ergebnisse. In Kapitel 6 erfolgt eine Synthese der Ergebnisse und es werden darauf aufbauend Implikationen für Marketingforschung und -praxis abgeleitet. Kapitel 7 schließt die vorliegende Arbeit über eine kurze Schlussbetrachtung und einen Ausblick ab.
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2.
Preisdifferenzierung - Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
2.1
Preisdifferenzierung
2.1.1 Definition, Kosten und Nutzen der Preisdifferenzierung Auf den meisten Märkten ist es möglich, die potentiellen und tatsächlichen Abnehmer eines Produktes oder einer Dienstleistung in mehrere Marktsegmente zu unterteilen, die sich bezüglich kaufrelevanter Merkmale voneinander unterscheiden. In Bezug auf das Merkmal Preisbereitschaft ist davon auszugehen, dass Produkte und Dienstleistungen aufgrund der Verschiedenheit von menschlichen Bedürfnissen unterschiedliche Wertschätzungen seitens der Abnehmer erfahren und somit Kundensegmente existieren, die mehr oder weniger als einen Referenzpreis für ein Gut zu zahlen bereit sind.24 Es liegen somit unterschiedliche Preisbereitschaften innerhalb der Abnehmer vor, was den Anbietern Möglichkeiten zur Preisdifferenzierung eröffnet. So ist es z. B. heutzutage üblich, dass bei den Eintrittsgeldern für Schwimmbäder, Kinos, Theater etc. ermäßigte Eintrittspreise für Schüler, Studenten und Kinder existieren oder, dass die Minutenpreise für ein Mobilfunk-Telefonat am Wochenende gegenüber der restlichen Zeit stark reduziert sind. Durch die Anwendung der Preisdifferenzierung erhoffen sich die Anbieter durch ein gezieltes Abschöpfen der Preisbereitschaft höhere Gewinne zu erzielen als bei Festlegung eines Einheitspreises. Der Definition von Fassnacht folgend liegt Preisdifferenzierung vor, „wenn
x ein Anbieter ein Produkt (oder eine Dienstleistung), welches hinsichtlich der räumlichen, zeitlichen, leistungs- und mengenbezogenen Dimension identisch ist, zu unterschiedlichen Preisen verkauft oder x ein Anbieter Varianten eines Produkts (oder einer Dienstleistung), die sich mindestens in einer der vier genannten Dimensionen unterscheiden, ohne dass dabei andere Produkte entstehen, zu unterschiedlichen Preisen verkauft.“25
24 25
Vgl. Diller (2000), S. 286. Faßnacht (1997), S. 721.
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10
Preisdifferenzierung - Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
Der gezielten Abschöpfung der Preisbereitschaft bei den Abnehmern stehen jedoch auch die Kosten der Preisdifferenzierung speziell bei Dienstleistungen gegenüber. Zum einen fallen Kosten für die Marktforschung zur Erstellung von differenzierten Preislisten an,26 zum anderen fallen externe Kosten an, welche wiederum in Arbitragekosten und Kosten der Verärgerung von Kunden zu unterteilen sind.27 Aufgrund der nicht in vollem Maße gegebenen Trennbarkeit der Marktsegmente, führt ein Teil der Kunden aus Sicht des Anbieters unerwünschte Wechsel zwischen den Segmenten durch und verursacht so Arbitragekosten. Kosten der Verärgerung von Kunden resultieren aus Kosten von Kundenbeschwerden und Opportunitätskosten entgangener Umsätze, die in der Einschränkung der Nutzungsmenge bzw. in der Abwanderung unzufriedener Kunden begründet sind.28 Bei der Anwendung der Preisdifferenzierung ist zudem darauf zu achten, dass durch die verschiedenen Preise für ein ähnliches Produkt oder Dienstleistung keine aus Kundensicht schwer zu verstehende und somit intransparente Preispolitik entsteht. Diese könnte sich negativ auf die Kundenzufriedenheit auswirken und somit die externen Kosten der Preisdifferenzierung in die Höhe treiben. Vor diesem Hintergrund ist es leicht ersichtlich, dass die Vorteilhaftigkeit der Anwendung einer Preisdifferenzierung und letztendlich die Intensität, mit der ein Anbieter Preisdifferenzierungen anwenden sollte, für jedes Unternehmen durch ein zielgerechtes Abwiegen zwischen Kosten und Nutzen individuell bestimmt werden muss. 2.1.2 Arten und Formen der Preisdifferenzierung Global betrachtet führt eine Preisdifferenzierung somit zu einer unterschiedlichen preispolitischen Behandlung der Abnehmer, die nach Pigou
29
grundsätzlich auf drei
verschiedene Arten erfolgen kann:
26 27 28 29
Vgl. Simon (1992), S. 389. Vgl. Faßnacht (1998), S. 720. Vgl. Faßnacht (1998), S. 720. Vgl. Pigou (1962), S. 279.
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Preisdifferenzierung
1.
11
Im Rahmen der Preisdifferenzierung ersten Grades wird versucht, bei jedem
Kunden genau den Preis zu erzielen, der seiner maximalen Preisbereitschaft entspricht. Auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass in der Praxis nur selten das Maximalziel erreicht wird, verfolgen die individuelle Preisverhandlung, das Feilschen im Rahmen eines Basars und die Versteigerungen gerade dieses Ziel. Allen Formen der Preisdifferenzierung ersten Grades ist gemein, dass die Verkäufer die Grenze der Preisbereitschaft ihrer Verhandlungspartner in jedem Fall individuell abzuwägen versuchen, um so die gesamte Konsumentenrente abzuschöpfen.30 2.
Bei der Preisdifferenzierung zweiten Grades werden die Leistungen eines An-
bieters so differenziert angeboten, dass diese von verschiedenen Kundensegmenten zu unterschiedlichen Preisen gekauft werden, obwohl es allen Kunden möglich ist, ein Produkt zu allen durch den Anbieter angebotenen Preisen zu erwerben. Durch die Einteilung der Kunden in Segmente mit unterschiedlichen Maximalpreisen wird eine auf die Segmente ausgerichtete Preisstruktur festgelegt, was letztendlich zu einer Selbstselektion der einzelnen Kunden führt.31 Verschiedene Buchungsklassen bei Fluggesellschaften oder die 1. und 2. Klasse bei Bahnfahrten stellen im Rahmen der Preisdifferenzierung zweiten Grades ein Beispiel für eine leistungsbezogene Preisdifferenzierung dar. Die in den folgenden Kapiteln intensiver betrachtete mengenbezogene Preisdifferenzierung bedient sich unter anderem Rabatten, mehrstufigen Preissystemen oder Bonusprogrammen, um den Preis eines Gutes mit der jeweils abgenommenen Menge zu variieren. Letztendlich bietet sich mit der Preisbündelung, bei der mehrere Produkte zu einem anderen Preis als die Summe der Preise aller Einzelprodukte angeboten werden, eine weitere Variante der Preisdifferenzierung zweiten Grades an.32
3.
Innerhalb der Preisdifferenzierung dritten Grades besteht für den Kunden keine
Wahlmöglichkeit zwischen den unterschiedlichen Angeboten und Preisen. Der Anbieter selbst teilt die Kunden in einzelne Kundengruppen ein und verlangt von jeder je30 31 32
Vgl. Diller (2000), S. 287, Simon (1992), S. 381. Vgl. Simon (1992), S. 381. Vgl. Diller (2000), S. 287.
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12
Preisdifferenzierung – Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
weils spezifische Preise. Im Optimum wird bei jeder Kundengruppe aufgrund ihrer Preisbereitschaft bzw. ihrer Preis-Absatzfunktion der gewinnmaximale Preis erzielt. Als Grundlage zur Segmentierung der Gruppen dient dem Anbieter die personelle, räumliche oder zeitliche Preisdifferenzierung. 33
Preisdifferenzierung (PD) nach Pigou PD ersten Grades Preisindividualisierungen
PD zweiten Grades
PD dritten Grades
Leistungsbe-
Mengen-
Preisbün-
Personen-
Räumliche
Zeitliche
zogene PD
bezogene
delung
bezogene
PD
PD
PD
z. B.
PD
z. B.
z. B.
z. B.
z. B.
z. B.
Preisver-
Versteiger-
Liefer- vs.
Mehr-
Set-Preise,
Studenten-,
Internat. PD,
Wochen-
hand-
ungen
Abholpreise,
stufige
Pauschal-
Beamten-
Bahn-
endfahr-
Sitzplatz-
Tarife,
reisen,
oder Senio-
hofspreise
kategorien
Pauschal-
Zubehör-
ren-Tarife
preise
pakete
lungen
preise, Nachttarife
Tabelle 1: Preisdifferenzierung nach Pigou34
Abschließend lässt sich festhalten, dass mit der Preisdifferenzierung ein effizientes Instrumentarium zur Verfügung steht, dass bei unterschiedlichsten Gegebenheiten des Marktes und Bedürfnissen der Nachfrager die Wettbewerbsposition eines Unternehmens zu stärken erlaubt. Welche Art und Form der Preisdifferenzierung und mit welcher Intensität diese zur Anwendung kommt, muss in Abhängigkeit der jeweiligen Situation bestimmt werden. Eine z. B. im Dienstleistungsbereich stark verbreitete Form der Preisdifferenzierung stellt die mengenmäßige Preisdifferenzierung dar, auf die in den folgenden Kapiteln näher eingegangen wird.
33 34
Vgl. Diller (2000), S. 288. Vgl. Pigou (1962), S. 279.
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Mengenbezogene Preisdifferenzierung
2.2
13
Mengenbezogene Preisdifferenzierung
2.2.1 Nichtlineare Preisbildung Eine starke Verbreitung in der betriebswirtschaftlichen Praxis besitzt die mengenmäßige Preisdifferenzierung. Ausgangspunkt der Überlegungen ist hier das Erste Gossensche Gesetz. Dieses besagt, das der Grenznutzen eines Produktes oder einer Dienstleistung mit zunehmender Menge sinkt, also jede weitere Einheit eines Gutes dem Konsumenten einen geringeren Nutzenzuwachs bringt.35 Im Rahmen der mengenmäßigen Preisdifferenzierung wird nun diesem Sachverhalt Rechnung getragen und kein Einheitspreis unabhängig von der abgenommenen Menge festgelegt. Im Gegensatz dazu wird hier ein Produkt oder eine Dienstleistung an ein und demselben Kunden zu unterschiedlichen Preisen verkauft, je nachdem, wie viele Einheiten dieser Kunde von dem Produkt oder der Dienstleistung innerhalb einer bestimmten Periode abnimmt.36 Da sich die Kunden aufgrund ihres tatsächlichen Nachfrageverhaltens selbst bestimmten Segmenten zuordnen, handelt es sich bei der mengenmäßigen Preisdifferenzierung um eine Preisdifferenzierung zweiten Grades i.S. Pigous. Man spricht im Rahmen der mengenmäßigen Preisdifferenzierung auch von Nichtlinearer Preisbildung37 bzw. nicht linearen Preisen oder nicht-linearen Tarifen (aufgrund der starken Verbreitung im Bereich der Dienstleistungen),38 da der Rechnungsbetrag mit steigender Abnahmemenge nicht linear sondern nicht-linear steigt. Ein nicht-linearer Tarif besteht somit stets aus sinkenden marginalen Preisen für aufeinander folgende Intervalle von Nachfragemengen, wobei die Mindestgröße dieser Intervalle einer Einheit des betrachteten Gutes entspricht.39 Mit der Implementierung nicht-linearer Preise werden aus einzelwirtschaftlicher Sicht unterschiedliche Ziele verfolgt. Primär wird im Rahmen der nicht-linearen Tarife eine Umsatz- und Gewinnsteigerung durch Ausschöpfen der – allerdings in der Regel sin-
35 36 37 38 39
Vgl. Simon (1992), S. 399. Vgl. Diller (2000), S. 291. Vgl. Simon (1992), S. 399 ff. Vgl. Diller (2000), S. 291 ff. Vgl. Büschken (1997), S. 6.
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14
Preisdifferenzierung – Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
kenden – Preisbereitschaft für zusätzliche Kaufmengen pro Kunde verfolgt, was durch Anwendung von linearen Tarifen nicht möglich wäre.40 Die Erhöhung des Gewinns kann neben einer verbesserten Abschöpfung der Konsumentenrente auch bei konstanten Erlösen erreicht werden, indem Kostenreduktionen realisiert werden. Erreicht werden kann dies durch höhere Bestellmengen pro Auftrag sowie niedrigerer bestellfixer Kosten pro Stück.41 Schlussendlich gelangt man durch die Anwendung nicht-linearer Tarife über Vorabentgelte bzw. Grundgebühren der Kunden für vorgehaltene Kapazitäten zu einer gewissen Risikoreduktion aus Sicht des Anbieters.42 Für die erfolgreiche Anwendung einer mengenmäßigen Preisdifferenzierung müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein: 43
x Die Konsumenten müssen grundsätzlich Interesse an der Abnahme mehrerer Mengeneinheiten besitzen, da ansonsten die sinkenden Grenzpreise eines nichtlinearen Tarifs wirkungslos bleiben. Simon bezeichnet in diesem Zusammenhang den Anwendungsbereich nicht-linearer Preise als „variable MengenFall“.44 x Den Unternehmen muss ein gewisser Spielraum bei der Preisgestaltung zur Verfügung stehen. Im Fall der in der Volkswirtschaft unter dem Begriff geführten „vollständigen Konkurrenz“ wäre der Preis von jedem Unternehmen als Datum zu akzeptieren und kein für die mengenmäßige Preisdifferenzierung notwendiger Spielraum bei der Preisgestaltung verfügbar. x Es muss eine Nichtübertragbarkeit der Nachfragemenge gegeben sein. Konsumenten dürfen somit nicht in der Lage sein, ihre Einzelnachfrage zu bündeln, um Preisnachlässe zu realisieren. In diesem Fall würde die mengenbezogene Preisdifferenzierung nur zu Arbitragemöglichkeiten und nicht zu den ge-
40 41 42 43 44
Vgl. Büschken (1997), S. 20. Vgl. Diller (2000), S. 291. Vgl. Diller (2000), S. 291, Vgl. Büschken (1997), S. 21ff. Vgl. Skiera (1999), S. 16 ff., Simon (1992), S. 419 ff, Diller (2000), S. 291. Vgl. Simon (1992), S. 408.
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Mengenbezogene Preisdifferenzierung
15
wünschten positiven Erlöswirkungen führen (Abwesenheit von Wiederverkaufsmärkten).45 x Nur durch eine Nichtlagerbarkeit der abgenommenen Produkte oder Dienstleistungen wird die durch eine mengenmäßige Preisdifferenzierung intendierte Erhöhung des Verbrauchs erreicht. Die nachgefragte Menge muss immer in der gleichen Periode verbraucht werden, um nicht Nachfragemengen in den darauf folgenden Perioden zu beeinflussen. x Die von den Unternehmen angewandten Maßnahmen zur mengenmäßigen Preisdifferenzierung müssen rechtlich zulässig sein. x Die nicht-lineare Preisstruktur muss aus Sicht der Nachfrager ausreichend verständlich und transparent sein, damit diese die Vor- und Nachteile verstehen und die erhofften Absatz- und Gewinnwirkungen zustande kommen. Ein Grundpreis kann z. B. als Akzeptanzbarriere bei den Nachfragern wirken, wenn seine reduzierende Wirkung auf den letztendlich zu zahlenden Durchschnittspreis nicht verstanden wird. 2.2.2 Überblick über das Spektrum an Tarifstrukturen Innerhalb der mengenmäßigen Preisdifferenzierung lässt sich durch das Festlegen einer „kontinuierlichen Preisstruktur“46 die größtmögliche Flexibilität bei der Gestaltung von Tarifen erreichen.47 Innerhalb dieser wird für jede Mengeneinheit ein individueller Preis festgelegt ohne dabei funktionale Beziehungen zu den Preisen anderer Mengeneinheiten zu berücksichtigen.48 Daraus folgend kann der mit der Abgabemenge stetig steigende Rechnungsbetrag in manchen Bereichen mit sinkenden, in anderen Bereichen mit steigenden marginalen Preisen verbunden sein. Da mit solch einer Preisfestlegung eine sehr geringe Transparenz und folglich eine wohl geringe Akzeptanz bei den Konsumenten verbunden ist,
45 46 47 48
Vgl. Büschken (1997), S. 26. Vgl. Tacke (1989), S. 37 f. Vgl. Skiera (1999), S. 53. Vgl. Skiera (1999), S. 53.
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Preisdifferenzierung – Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
sind hohe Implementierungskosten zu vermuten,49 was insgesamt zu einer geringen Anwendung der „kontinuierlichen Preisstruktur“ in der betrieblichen Praxis führt.50 Um ausreichende Akzeptanz bei dem Verbraucher zu erzielen, sollten die Preise für einzelne Mengeneinheiten für den Konsumenten in einem deutlich erkennbaren Zusammenhang stehen.51 Von sowohl theoretischer als auch betrieblicher Relevanz sind, nicht zuletzt aufgrund ihrer gegebenen Transparenz, Tarife mit bis zu maximal zwei verschiedenen Preiskomponenten. Um lediglich die in der Praxis üblicherweise auch eingesetzten Tarifstrukturen zu analysieren, beschränkt sich die nähere Betrachtung der möglichen Tarife innerhalb dieser Arbeit auf Tarife, die maximal aus zwei verschiedenen Preiskomponenten bestehen. Zu unterscheidende Preiskomponenten sind zum einen ein Grundpreis, der auch als Grundgebühr oder Eintrittspreis bezeichnet wird,52 und ein konstanter Nutzungspreis bzw. Preis pro Einheit, der vor allem im Rahmen des Telekommunikationssektors auch als Gesprächsgebühr, Nutzungsgebühr oder Minutenpreis bezeichnet wird.53 Der wesentliche Unterschied dieser Preiskomponenten liegt in ihrer Beziehung zu der nachgefragten Menge. Während die Höhe des Grundpreises grundsätzlich unabhängig von der nachgefragten Menge festgesetzt wird und somit den nutzungsunabhängigen Rechnungsbetrag für den Konsumenten darstellt, führt der konstante Nutzungspreis zu einem von der Höhe der Nachfragemenge bestimmten nutzungsabhängigen Rechnungsbetrag. Neben der Differenzierung der Tarifstruktur hinsichtlich verschiedener Preiskomponenten kann auch die Anzahl der angebotenen Tarife variiert werden. Wird dem Konsumenten nur ein einziger Tarif angeboten, so spricht man von einem uniformen Tarif.54 Werden hingegen mehrere Tarife zur Auswahl angeboten, so handelt es sich um
49 50 51 52 53 54
Vgl. Tacke (1989), S. 272, Day/Ryans (1988), S. 6, Dolan (1987), S. 20. Vgl: Tacke (1989), S. 37. Vgl. Skiera (1999), S. 54. Vgl. Skiera (1999), S. 55. Vgl. Skiera (1999), S. 55. Vgl. Bertoletti/Pletti (1997), S.293 f., Skiera (1999), S.55, Pepels (1989), S. 93.
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Mengenbezogene Preisdifferenzierung
17
optionale Tarife.55 Aus Sicht der Konsumenten liegt der Vorteil von optionalen Tarifen in der Möglichkeit, aus der Menge aller angebotenen Tarife den für sie vorteilhaftesten zu wählen. In der folgenden Abbildung ist der oben verbal erläuterte Zusammenhang zwischen Tarifstruktur, den Tarifen und den Preiskomponenten noch einmal graphisch aufbereitet. Während mit der Tarifstruktur die Gesamtheit aller angebotenen Tarife bezeichnet wird,56 besteht ein Tarif lediglich aus den beiden Preiskomponenten des Grund- und Nutzungspreises. Der Tarif stellt somit einen Algorithmus da, der berechnet, wie viel ein Nutzer für eine bestimmte nachgefragte Menge bezahlen muss.57 Mit dem Grundpreis wird der Betrag festgelegt, der unabhängig von der Höhe der nachgefragten Menge zu bezahlen ist (z. B. die Grundgebühr innerhalb eines Mobilfunk-Vertrags). Der Nutzungspreis hingegen bestimmt den Betrag der ausschließlich für die tatsächlich nachgefragte Menge zu entrichten ist (z. B. der Minutenpreis für ein Telefonat in dem gewählten Mobilfunknetz).
Abbildung 1: Systematik von Tarifstrukturen, Tarifen und Preiskomponenten58
55 56 57 58
Vgl. Skiera (1999), S. 55. Vgl. Skiera (1999), S. 57. Vgl. Train/Ben-Akiva/Atherton (1989), S. 62, Train (1994), S. 247. Vgl. Eigene Abbildung in Anlehnung an Skiera (1999), S. 58.
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Preisdifferenzierung – Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
2.2.3 Formen nicht-linearer Tarife 2.2.3.1 Tarife mit einer Preiskomponente In diesem Kapitel erfolgt eine Darstellung möglicher Tarife mit einer einzigen Preiskomponente. Folglich bestehen die Tarife entweder ausschließlich aus einem Nutzungspreis oder einem Grundpreis. Der Vollständigkeit wegen werden auch lineare Tarife aufgeführt, obwohl diese offensichtlich nicht der nichtlinearen Preisbildung zuzuordnen sind.
Lineare Tarife
Tarife, die aus lediglich einem Nutzungspreis bestehen, werden als lineare Tarife bezeichnet.59 Da bei dieser Tarifform der Durchschnittspreis pro Mengeneinheit nicht mit steigender Abnahmemenge sinkt, sondern jeder Nutzer den gleichen Durchschnittspreis für jede nachgefragte Mengeneinheit bezahlt, wird keine mengenbezogene Preisdifferenzierung vorgenommen. Der Rechnungsbetrag bei linearen Tarifen ergibt sich somit aus der Multiplikation der Nachfragemenge im linearen Tarif mit dem Nutzungspreis. Der Gewinn für den Anbieter im linearen Tarif setzt sich aus der Summe der Umsätze der Nutzer abzüglich der mit diesen Umsätzen verbundenen variablen Kosten und der Fixkosten zusammen.60 Bei einem linearen Tarif steigt der Rechnungsbetrag proportional mit der nachgefragten Menge an, wobei der Durchschnittspreis und der marginale Preis in diesem Fall identisch sind. Lineare Tarife finden sich u.a. im Bereich der Telekommunikation, in dem für die Gesprächsdauer ein festgesetzter Minutenpreis berechnet wird (z. B. Tarif Zehnsation von E-plus), oder auch im handwerklichen Bereich, in dem z. B. die Leistung eines Maurers oder eines Automechanikers in der Regel über die Verrechnung eines linearen Entgeltes bezahlt wird. Im Folgenden findet sich eine graphische Darstellung eines linearen Tarifs mit einem Nutzungspreis von 0,10 Cent/Minute wie er zum Beispiel von MobilfunkService-Providern angeboten wird. Der durchschnittliche Preis und der marginale Preis stimmen in der Abbildung überein.
59 60
Vgl. Skiera (1999), S. 58. Vgl. Skiera (1999),S. 59, Lambrecht (2005), S. 14 f.
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Mengenbezogene Preisdifferenzierung
19
Rechnungsbetrag, Durchschnittspreis, marginaler Preis des linearen Tarifs 2,5
Geldeinheiten (Euro)
2
1,5
1
0,5
0 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
Nutzungsmenge (in Minuten) Rechnungsbetrag
Durchschnittspreis/Marginaler Preis
Abbildung 2: Rechnungsbetrag, Durchschnittspreis, marginaler Preis des linearen Tarifs61
Waren lineare Tarife zu Beginn der Mobiltelefonie noch eine weit verbreitete Tarifform, so findet man heutzutage rein lineare Tarife meist nur noch bei PrepaidAngeboten. Im Rahmen von Prepaid-Angeboten erfolgt die Nutzung der von den Mobilfunk-Service-Providern angebotenen Leistungen über vorausbezahlte Guthabenkonten. Aus Kundensicht bietet sich mit dieser Abrechnungsform zum einen der Vorteil, dass man sich über das vorausbezahlte Guthaben ein gewisses Kostenlimit für Mobiltelefonate setzen kann und zum anderen, dass sich Mobiltelefonie über PrepaidKarten62 im Gegensatz zu Laufzeitverträgen durch die nicht vorhandene Mindestvertragslaufzeit flexibler gestaltet. Weiter bietet sich mit Prepaid-Karten für Kunden ohne regelmäßiges Einkommen bzw. mit negativen Schufa-Einträgen oft die einzige Möglichkeit zur Mobilfunknutzung an. Nach Erhebungen des Marktforschungsinstituts Informa Telecoms & Media waren im Jahr 2006 von weltweit knapp 2,3 Milliarden
61 62
Quelle: Eigene Abbildung. Anmerkung des Autors: leitet sich aus dem englischen „prepaid“ für „vorausbezahlt“ und dem aus Kunststoff bestehenden Datenträger (Sim-Karte) ab.
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20
Preisdifferenzierung – Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
Mobilfunkverträgen insgesamt 1,5 Milliarden Prepaid.63 Folglich wurden 2006 61 % aller Mobilfunkverträge im Prepaid-Verfahren abgerechnet. Während in Südamerika, Osteuropa und Afrika Prepaid mit Anteilen von 80 – 90 % die dominante Abrechnungsform darstellt, ist der Anteil von Prepaid in den USA mit 10 % hingegen sehr gering. Im westlichen Europa, im Mittleren Osten und in Asien liegt der Anteil von Prepaid wiederum bei etwa 60 Prozent.64 In Hinblick auf lineare Tarife lässt sich bei den 4 Mobilfunknetzbetreibern in Deutschland feststellen, dass nur noch E-Plus einen reinen linearen Tarif für Vertragskunden anbietet. Bei den restlichen 3 Providern finden sich lineare Tarife vorwiegend innerhalb ihrer Prepaid-Angebote wieder. Die folgende Tabelle gibt einen exemplarischen Überblick über die Gestaltung einiger aktuell von den 4 deutschen Mobilfunknetzbetreibern angebotenen, linearen Tarifen.
Anbieter T-Mobile
Grundgebühr 0.00 €
0.00 €
SMS
intern
extern
60 /1
0.19
0.19
Sek.
€/sms
€/sms
60 /1
0.05
0.15
Sek.
€/sms
€/sms
60
0.20
0.20
/60
€/sms
€/sms
60 /1
0.19
0.19
Sek.
€/sms
€/sms
Netzintern
Netzextern
Takt
0.39 €/min
0.39 €/min
0.39 €/min
XtraClassic Vodafone
SMS
Festnetz
0.25 €/min
0.05 €/min
0.25 €/min
CallYa
Netz D1
D2
Compact Eplus
0.00 €
0.10 €/min
0.10 €/min
0.10 €/min
Zehnsation Classic Web o2
E+
Sek. 0.00 €
0.25 €/min
0.25 €/min
0.25 €/min
O2
Tabelle 2: Übersicht zu linearen Mobilfunktarifen (Stand: November 2007)65
Pauschaltarife bzw. Flatrate-Tarife
Tarife, die wiederum nur aus einer nutzungsunabhängigen Komponente, dem Grundpreis bestehen, werden als Pauschaltarife respektive Flatrate-Tarife bezeichnet. Im Rahmen eines Flatrate-Tarifs bezahlt der Kunde einen Einheitspreis für beliebig viele 63 64 65
http://www.heise.de/newsticker/meldung/75744 (08.11.2007). http://www.heise.de/newsticker/meldung/75744 (08.11.2007). Quelle: Eigene Abbildung in Anlehnung an http://www.handytarife.de/index.php?prepaid_karten (8.11.2007).
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Mengenbezogene Preisdifferenzierung
21
Einheiten eines Gutes. Der Rechnungsbetrag ist somit für jeden Nutzer, unabhängig von der nachgefragten Menge, identisch66 und entspricht gerade dessen Grundpreis. Der Gewinn eines Anbieters von Pauschal- bzw. Flatrate-Tarifen setzt sich aus dem Produkt der Zahl der Nutzer und dem Grundpreis abzüglich des Produkts aus der gesamten Nachfragemenge und den variablen Kosten zusammen.67 Aufgrund des konstanten Rechnungsbetrages innerhalb eines Flatrate-Tarifs, sinkt der durchschnittliche Preis mit Zunahme der nachgefragten Menge und nähert sich dem marginalen Preis von Null an.68 Intensivkäufer bzw. -nutzer bezahlen infolgedessen weniger als Extensivnutzer. Da es jedem Nutzer frei steht, seine nachgefragte Menge selbst zu wählen und dadurch einen unterschiedlich hohen durchschnittlichen Preis zu erzielen, findet bei Flatrate-Tarifen, im Gegensatz zu linearen Tarifen, eine mengenbezogene Preisdifferenzierung zweiten Grades i.S. von Pigou statt.69 Pauschaltarife bzw. Flatrate-Tarife sind in den meisten Branchen mittlerweile stark verbreitet. So ist das Angebot eines Flatrate-Tarifs bei Internetzugängen schon obligatorisch.70 Erste Flatrate-Angebote bei Mobilfunkanbietern71 geben dem Kunden auch dort die Wahlmöglichkeit eines Pauschaltarifs. Ähnliche Konstellationen liegen auch bei geläufigen Jahresbeiträgen für Sportvereine, Fitness- und Golfclubs etc., bei Dauerbesuchsausweisen in Museen oder anderen, unbegrenzt bzw. variabel nutzbaren Servicekapazitäten vor (Ferienclub, Beratungshotline).72 Im Gastronomiebereich und im Tourismusbereich sind Pauschaltarife zudem unter den Bezeichnungen „all-you-caneat“ und „all-inclusive“ bekannt.73 Aus preispolitischer Sicht sinnvoll sind derartige Tarife dann, wenn die Mehrkosten des unbegrenzten Konsums durch abnehmende Produktions- oder Transaktionskosten oder langfristige, positive Imageeffekte und daraus resultierende Kundenzuwächse
66 67 68 69 70 71 72 73
Vgl. Skiera (1999), S. 58. Vgl. Skiera (1999), S. 74f. Vgl. Skiera (1999), S. 73. Vgl. Lambrecht (2005), S. 15, Skiera (1999), S. 73. Vgl. http://www.dslweb.de/dsl-flatrate.htm (05.09.2007). Vgl. http://www.base.de/101_tarif_base5.jsp (05.09.2007). Vgl. Diller (2000), S. 317. Vgl. Skiera (1999), S. 74.
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22
Preisdifferenzierung – Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
überkompensiert werden.74 Problematisch wird die Anwendung eines Flatrate-Tarifs bei Heterogenität der anvisierten Kunden, speziell bezüglich ihrer jeweiligen Ausgabebereitschaft. Um hier einen Kundenzuwachs zu erzielen, muss der Preis für den Flatrate-Tarif u.U. relativ niedrig gehalten werden, was aber wegen des damit verbundenen Preiseffekts zu hohen Erlöseinbußen führt. Um nun insgesamt noch die angestrebten Gewinnzuwächse realisieren zu können, muss der Mengeneffekt über die Kundenzuwächse entsprechend hoch ausfallen.75 In der folgenden Grafik findet sich die Darstellung eines Flatrate-Tarifs mit einer Grundgebühr in Höhe von 10 €. Der marginale Preis ist Null und fällt daher mit der xAchse zusammen.
Rechnungsbetrag, Durchschnittspreis, marginaler Preis der Flatrate 12
Geldeinheiten (Euro)
10
8
6
4
2
0 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
Nutzungsmenge (in Minuten) Rechnungsbetrag Durchschnittspreis Marginaler Preis
Abbildung 3: Rechnungsbetrag, Durchschnittspreis, marginaler Preis des Flatrate-Tarifs76
Betrachtet man nun die von deutschen Mobilfunk-Service-Providern angebotenen Flatrates, so fällt auf, dass es sich nicht bei allen als „Flatrate“ bezeichneten Tarif74 75 76
Vgl. Diller (2000), S. 317. Vgl. Diller (2000), S. 317. Quelle: Eigene Abbildung.
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Mengenbezogene Preisdifferenzierung
23
Angeboten tatsächlich auch um „echte“ Flatrates handelt. Bei dem überwiegenden Teil der angebotenen Flatrate-Tarifen handelt es sich, ähnlich wie bei Volumentarifen, nur um „beschränkte“ Flatrates. Hierbei liegt die Beschränkung jedoch nicht in einem im Vorhinein festgelegten Freikontingent begründet, nach dessen Überschreitung eine nutzungsabhängige Abrechnung vollzogen wird, vielmehr gestaltet sich die hier angewandte Beschränkung derart, dass nur Telefonate in bestimmte Mobilfunknetze von weiteren Kosten freigestellt sind. Telefonate in die übrigen Mobilfunknetze bleiben jedoch weiterhin kostenpflichtig. Bei den von weiteren Kosten freigestellten Telefonaten handelt es sich hierbei meist um solche, die in das eigene Mobilfunknetz des jeweiligen Mobilfunk-Service-Providers oder in das deutsche Festnetz geführt werden. Die folgende Tabelle gibt einen kurzen Überblick über die aktuell in Deutschland verfügbaren „Teil-Flatrates“.
Anbieter
Grundgebühr
Festnetz
Netzintern
Netzextern
Takt
SMS intern
SMS extern
auto mobile
ab 5,00 €
ab 0 €/min
ab 0 €/min
ab 0 €/min
60/10
ab 0 €/sms
Ay Yildiz
25,00 €
inkl.
inkl.
0.30 €/min
60/60
inkl.
ab 0 €/sms 15 €/sms 19 €/sms 19 €/sms
Netz E+ E+
Base 1
15,00 €
inkl.
0.25 €/min
0.25 €/min
60/1
19 €/sms
Base 2
25,00 €
inkl.
inkl.
0.25 €/min
60/1
inkl.
ab 4,99 €
ab 0 €/min
ab 0 €/min
ab 0 €/min
60/60
ab 0 €/sms
ab 0 €/sms
D1
24,99 €
inkl.
inkl.
0.19 €/min
60/1
19 €/sms
19 €/sms
E+
klarmobil FlatOption
3,95 €
ab 0.14 €/min
inkl.
ab 0.14 €/min
60/60
mobilcom BigFlat
29,90 €
inkl.
inkl.
0.29 €/min
60/60
ab 12 €/sms 19 €/sms
ab 12 €/sms 19 €/sms
o2 Genion M
9,99 €
inkl.
inkl.
ab 0.19 €/min
60/60
19 €/sms
19 €/sms
o2
19 €/sms
o2
congstar
Conrad FairPay
E+ E+
D1 D1/D2
o2 Genion L
25,00 €
inkl.
inkl.
0.19 €/min
60/60
19 €/sms
Talkline Easyflat
ab 24,95 €
inkl.
inkl.
0.39 €/min
60/10
19 €/sms
19 €/sms
alle
60/1
19 €/sms
19 €/sms
o2
60/1
19 €/sms
19 €/sms
D1
Tchibo Flat T-Mobile Max S
12,95 € 15,00 €
inkl. inkl.
0.5 €/min 0.29 €/min
0.15 €/min 0.29 €/min
sUppLex
24
Preisdifferenzierung – Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
T-Mobile Max Friends
25,00 €
inkl.
inkl.
0.29 €/min
60/1
inkl.
19 €/sms
D1 D1
T-Mobile Max
35,00 €
inkl.
inkl.
0.29 €/min
60/1
inkl.
19 €/sms
Victorvox FairFlatPhone
19,95 €
inkl.
inkl.
0.25 €/min
60/60
inkl.
19 €/sms
E+
Vodafone Superflat
29,95 €
inkl.
inkl.
0.29 €/min
60/1
19 €/sms
19 €/sms
D2
77
Tabelle 3: Übersicht zu „Teil-Flatrates“ im Mobilfunkbereich (Stand: November 2007)
Neben solchen „beschränkten“ Flatrates, bieten einige wenige Mobilfunk-ServiceProvider seit Anfang 2007 nun auch „echte“ Flatrates für Mobiltelefonieren an, bei denen für Telefonate in alle Mobilfunknetze und in das deutsche Festnetz nach Entrichten der Grundgebühr keine weiteren Kosten mehr entstehen. Da innerhalb dieser Flatrates für Telefonate in alle Netze keine weiteren Kosten mehr anfallen, werden diese auch als „All-Net-Flatrates“ bezeichnet. Aufgrund der hohen Terminierungsentgelte, also den Entgelten, die die deutschen Netzbetreiber bei Gesprächen ihrer Kunden in andere Netze als Gebühr dem Fremdnetzbetreiber zu entrichten haben, liegt der Preis der „All-Net-Flatrates“ noch deutlich über den Preisen der „beschränkten“ bzw. „Teil“-Flatrates. Während die beiden E-Netz-Betreiber E-Plus und o2 pro Minute 9,94 Cent berechnen dürfen, wenn ein Telefonat aus einem Konkurrenznetz in die eigene Netzinfrastruktur überstellt wird, liegen die Terminierungsentgelte bei T-Mobile und Vodafone mit jeweils 8,76 Cent pro Minute etwas darunter.78 In Zukunft ist es jedoch gut vorstellbar, dass die Preise für „All-Net-Flatrates“ aufgrund besserer Kostenstrukturen und zunehmenden Konkurrenzdruck weiter fallen. Die Reduzierung des Einführungspreises des Base 5 Tarifs von 90 € auf 75 € sei hier als Beispiel genannt. Die folgende Tabelle führt die aktuell im deutschen Mobilfunkmarkt angebotenen „All-Net-Flatrates“ auf.
77 78
Quelle: In Anlehnung an http://www.onlinekosten.de/mobilfunk/flatrates/auflistung (08.11.2007). Vgl. http://www.onlinekosten.de/mobilfunk/terminierungsentgelte (08.11.2007).
sUppLex
Mengenbezogene Preisdifferenzierung
25 Festnetz
Anbieter
Grundgebühr
Mobilfunk
SMS
Netz
Mailbox auto-mobile
95,00 €
0 €/min
0 €/sms
E+
Base 5
75,00 €
0 €/min
0.19 €/sms
E+
congstar
84,94 €
0 €/min
0.19 €/sms
D1
freenet Flat XL
89,00 €
0 €/min
0.19 €/sms
D1/D2
Genion XL
80,00 €
0 €/min
0.19 €/sms
o2
Tabelle 4: Übersicht zu „All-Net-Flatrates“ im Mobilfunkbereich (Stand: November 2007)79
Anzumerken bleibt, dass auch andere Leistungen, wie z. B. SMS, von weiteren Kosten innerhalb solcher „All-Net-Flatrates“ freigestellt werden können, wenn man z. B. den Vertrag online abschließt oder zu einer begünstigten Personengruppe gehört. Schließt man z. B. den Vertrag über einen Base 5 Tarif online ab, oder gehört zu einer der Kundengruppen für die eine personenbezogene Preisdifferenzierung vorgenommen wird (Studenten und Personen unter 30 Jahren), so fallen auch für versendete SMS keine weiteren Kosten mehr an.80 Weiter lässt sich neben der soeben vorgenommenen Differenzierung bei MobilfunkFlatrates nach „Teil“- und „All-Net-Flatrates“ auch eine Differenzierung hinsichtlich der Abrechnungsart vornehmen. Während „All-Net-Flatrates“ bisher nur Vertragskunden zugänglich sind, bieten mittlerweile viele Discounter auch sogenannte „PrepaidFlatrates“ an. In Rahmen dieser Tarife bezahlt der Kunde einmalig eine Grundgebühr, die für einen Monat netzinterne Telefonate sowie Telefonate in das deutsche Festnetz von weiteren Kosten freistellt. Es handelt sich hierbei somit auch um „beschränkte Flatrates“ bzw. „Teil-Flatrates“. Im Unterschied zu den „Teil-Flatrates“ der Netzbetreiber Vodafone, T-Mobile, o2 und E-Plus mit Vertragslaufzeiten von zwei Jahren sind die Prepaid-Flatrates der Discounter jeden Monat kündbar. Im Anschluss findet sich eine Übersicht über deutsche „Prepaid-Flatrates“.
79
80
Quelle: In Anlehnung an http://www.onlinekosten.de/mobilfunk/flatrates/auflistung_all_net (08.11.2007). Vgl. http://www.base.de/101_tarif_student.jsp (08.11.2007).
sUppLex
26
Preisdifferenzierung – Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
Anbieter
SMS
SMS
intern
extern
Grundgebühr
Festnetz
Netzintern
Netzextern
Takt
14,99 €
0 €/min
0 €/min
0.14 €/min
60/1
blau.de
15,00 €
0 €/min
0 €/min
0.15 €/min
60/1
ja! mobil
14,99 €
0 €/min
0 €/min
0.14 €/min
60/1
0 €/sms
14,99 €
0 €/min
0 €/min
0.14 €/min
60/1
0 €/sms
15,00 €
0 €/min
0 €/min
15 €/min
60/1
12,95 €
0 €/min
0.5 €/min
15 €/min
60/1
Aldi Talk
Penny Mobil simyo Tchibo Flat
0 €/sms
0.14 €/sms
0.10
0.10
€/sms
€/sms 0.14 €/sms 0.14 €/sms
0.10
0.10
€/sms
€/sms
0.19
0.19
€/sms
€/sms
Netz
E+
E+
E+
E+
E+
o2
Tabelle 5: Übersicht zu „Prepaid-Flatrates“ im Mobilfunkbereich (Stand: November 2007)81
In Bezug auf die Relevanz von Flatrate-Tarifen im Mobilfunkbereich lässt sich abschließend festhalten, dass es sowohl bei den Netzbetreibern als auch bei den Discountern kaum einen Anbieter gibt, der zumindest noch keine „Teil-Flatrate“ in sein Angebot aufgenommen hat. Einige wenige Provider bieten mittlerweile sogar schon „echte“ Flatrates bzw. „All-Net-Flatrates“ an. Ein Grund für diese „Flatrate-Offensive“ kann neben der Beliebtheit von Flatrates bei den Verbrauchern auch in dem Anliegen vieler Mobilfunk-Service-Provider, den Druck auf die Festnetz Betreiber zu erhöhen, gesehen werden. Aufgrund der hohen Marktdurchdringung und der daraus resultierenden Marktsättigung bei mobilen Sprachkanälen und der Tatsache, dass 80 % aller Gespräche in Deutschland noch im Festnetz stattfinden,82 stellt das Abziehen von Gesprächsminuten aus dem Festnetz für viele Mobilfunk-Unternehmen eine attraktive Möglichkeit zur Expandierung dar. Über das Angebot nun auch mobil grenzenlos zum Festpreis telefonieren zu können, wird versucht, die preisliche Attraktivität des Mobil-
81
82
Quelle: In Anlehnung an http://www.onlinekosten.de/mobilfunk/flatrates/auflistung_prepaid (08.11.2007). Vgl.http://appl.welt.de/media/download/39f1352688e178347be94ad23a79bfb0/2007-10-01DWBEHP_13.pdf (08.11.2007).
sUppLex
Mengenbezogene Preisdifferenzierung
27
telefonierens gegenüber Gesprächen im Festnetz zu steigern, um so letztendlich Gesprächsanteile aus diesem abzuziehen.
2.2.3.2 Tarife mit zwei Preiskomponenten Als Tarife mit zwei Preiskomponenten werden ausschließlich so genannte „zweiteilige Tarife“ bezeichnet. Diese kombinieren einen von der Abnahmemenge unabhängigen Grundpreis mit einem von der Abnahmemenge abhängigen Nutzungspreis. Folglich könnte man lineare Tarife und Flatrate-Tarife als Spezialfälle zweiteiliger Tarife bezeichnen, da diese sich ergeben, wenn bei einem zweiteiligen Tarif entweder der Nutzungspreis oder der Grundpreis gleich Null ist.83
Zweiteilige Tarife
Bei zweiteiligen Tarifen setzt sich der Rechnungsbetrag aus der Summe des nutzungsunabhängigen Grundpreises (Grundgebühr) und des mit der nachgefragten Menge multiplizierten Nutzungspreises zusammen. Bei Zunahme der nachgefragten Menge sinkt der durchschnittliche Preis und nähert sich dem konstanten marginalen Preis an. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der nutzungsunabhängige Grundpreis auf eine zunehmende Zahl von Nachfrageeinheiten verteilt wird.84 Auch hier kann der Konsument seine nachgefragte Menge und damit seinen durchschnittlichen Preis selbst festlegen. Wie auch bei Flatrate-Tarifen findet auch bei zweiteiligen Tarifen eine mengenbezogene Preisdifferenzierung zweiten Grades i.S. von Pigou statt. Zweiteilige Tarife können sowohl mit positiven als auch mit negativen Grundgebühren ausgestattet sein. Positive Grundgebühren stellen speziell bei Existenz alternativer linearer Tarife für die gleiche Leistung zunächst einen wirtschaftlichen Nachteil für den Konsumenten dar. Die Möglichkeit, einen Zugang zu einem im Vergleich zu dem linearen Tarif verbilligten, marginalen Preis zu erhalten, kann jedoch den über die Grund83 84
Vgl. Shaffer (1992), S. 327, Leland/Meyer (1976), S. 454. Vgl. Lambrecht (2005), S. 16, Skiera (1998), S. 84.
sUppLex
28
Preisdifferenzierung – Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
gebühr verursachten wirtschaftlichen Nachteil überkompensieren. Die Wahl eines zweiteiligen Tarifs und ebenso die Zahlung einer Grundgebühr sind im Vergleich zur Wahl eines linearen Tarifs immer dann ökonomisch sinnvoll, wenn die Höhe der Nachfragemenge der betreffenden Leistung zu einem ausreichenden Kompensationseffekt für den Nachfrager führt.85 Negative Grundgebühren hingegen stellen für den Nachfrager realisierte Boni, also wirtschaftliche Vorteile für den Zugang zu einem bestimmten Gut bzw. einer bestimmten Leistung dar. Das Angebot einer negativen Grundgebühr impliziert, dass der Anbieter eines solchen Tarifs von einer Kompensation der Kosten für die Boni durch das Kaufverhalten des Nachfragers ausgeht. Somit lassen sich zweiteilige Tarife mit negativen Grundgebühren häufig in solchen Bereichen finden, in denen dem Nachfrager eine bestimmte Mindest-Abnahmemenge oder ein bestimmter Mindestumsatz vorgeschrieben wird.86 Beispielsweise geht man davon aus, dass Einstiegsgeschenke bei Zeitschriftenabonnements über die Einnahmen innerhalb der vorgeschriebenen Mindestlaufzeit überkompensiert werden. Anwendung finden zweiteilige Tarife u.a. im Telekommunikationssektor- und im Versorgungssektor (Gas, Strom, Wasser)87 sowie bei öffentlichen Verkehrsbetrieben (Bahncard). Aus preispolitischer Sicht kann aus beiden Preiskomponenten Gewinnpotential geschöpft werden, allerdings wird in der Praxis häufiger die Subventionierungen der einen durch die andere Preiskomponente verfolgt. So wird bei Mobilfunktarifen, wie weiter oben schon erwähnt, oft der niedrige, variable Nutzungspreis durch eine monatlich erhobene Grundgebühr subventioniert.88 Im Zusammenhang mit Prepaid-Karten wird oft auch ein Anfangsguthaben gewährt, was einem Bonus in Form einer negativen Grundgebühr entspricht.
In der folgenden Abbildung findet sich die Darstellung eines zweiteiligen Tarifs mit einer Grundgebühr von 5 € und einer Nutzungsgebühr von 0,10 Euro. 85 86 87 88
Vgl. Büschken (1997), S. 10. Vgl. Büschken (1997), S. 10. Vgl. Skiera (1998), S. 84, Werbeck (1995), Firner/Tacke (1993). Vgl. Diller (2000), S. 318.
sUppLex
Mengenbezogene Preisdifferenzierung
29
Rechnungsbetrag, Durchschnittspreis, marginaler Preis des zweiteiligen Tarifs 14
Geldeinheiten (Euro)
12 10 8 6 4 2 0 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
Nutzungsmenge (Minuten) Rechnungsbetrag
Durchschnittspreis
Marginaler Preis
Abbildung 4: Rechnungsbetrag, Durchschnittspreis, marginaler Preis des zweiteiligen Tarifs89
Während die Bedeutung linearer Tarife im Mobilfunkbereich stark abgenommen hat, finden sich klassische, zweiteilige Tarife auch weiterhin im Programm eines jeden Mobilfunkanbieters. Über eine geringe Grundgebühr wird hierbei zumeist der Minutenpreis bzw. Preis/SMS im Vergleich zu linearen Tarifen gedrückt. Gerade für Wenigtelefonierer bilden zweiteilige Mobilfunktarife somit auch weiterhin eine attraktive Tarifoption. Die nachfolgende Tabelle führt exemplarisch einige von den deutschen Netzbetreibern angebotenen zweiteiligen Mobilfunktarife an.
89
Quelle: Eigene Abbildung.
sUppLex
30
Preisdifferenzierung – Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
Anbieter T-Mobile
Grundgebühr 9.95 €
Festnetz 0.09 €/min
Basix Vodafone
4.95 €
0.29 €/min
KombiComfort Eplus
10.00 €
0.10 €/min
ZehnsationWeb o2
10.00 €
Genion S
0.25 €/min
Netz-
Netz-
intern
extern
Takt
SMS
SMS
intern
extern
0.29
0.59
60 /1
0.19
0.19
€/min
€/min
Sek.
€/sms
€/sms
0.29
0.29
60 /1
0.19
0.19
€/min
€/min
Sek.
€/sms
€/sms
0.10
0.10
60 /1
0.10
0.10
€/min
€/min
Sek.
€/sms
€/sms
0.25
0.25
60 /1
0.19
0.19
€/min
€/min
Sek.
€/sms
€/sms
Netz D1
D2
E+
O2
Tabelle 6: Übersicht zu zweiteiligen Mobilfunktarifen (Stand: November 2007)90
2.2.3.3 Volumentarife Bei Volumentarifen kann keine direkte Zuordnung anhand der Zahl der Preiskomponenten erfolgen. Je nach Gestaltung des Tarifs und der nachgefragten Nutzungsmenge nimmt der Volumentarif die Eigenschaften eines Tarifs mit einer (Flatrate) oder zwei Preiskomponenten (Zweiteiliger Tarif) an. Grundsätzlich besitzt jeder Volumentarif einen Grundpreis, über den eine bestimmte Nutzungsmenge von weiteren Rechnungsbeträgen freigestellt wird. Wird diese Nutzungsmenge, das Freikontingent, überschritten, erfolgt für die weiteren abgefragten Nutzungseinheiten eine nutzungsabhängige Abrechnung. Somit setzt sich der Rechnungsbetrag aus einem nutzungsunabhängigen Grundpreis und, sofern die Nutzungsmenge das im Grundpreis enthaltene Freikontingent übersteigt, dem mit der Differenz zwischen nachgefragter Menge und Freikontingent multiplizierten Nutzungspreis zusammen. Für eine Nachfragemenge, die kleiner als das Freikontingent ist, hat der Volumentarif folglich die Eigenschaften einer Flatrate, also einen abnehmenden Durchschnittspreis und konstanten marginalen Preis von Null. Für Nachfragemengen größer als das Freikontingent besitzt der Volumentarif die Eigenschaften eines zweiteiligen Tarifs, also einen abnehmenden Durchschnittspreis und einen konstanten marginalen Preis größer Null.91 Folglich könnte man Volumentarife auch als „beschränkte“ Flatrates bezeich90 91
Quelle: in Anlehnung an http://www.handytarife.de/index.php?wenigtelefonierer (8.11.2007). Vgl. Lambrecht (2005), S. 17 f.
sUppLex
Mengenbezogene Preisdifferenzierung
31
nen, da diese bis zu einem bestimmten Nutzungsvolumen die Eigenschaften einer Flatrate, also u.a. Grenzkosten von Null, besitzen.
Rechnungsbetrag, Durchschnittspreis, marginaler Preis des Volumentarifs 7
Rechnungsbetrag (Euro)
6 5 4 3 2 1 0 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
Nutzungsmenge (Minuten) Rechnungsbetrag
Durchschnittspreis
Marginaler Preis
Abbildung 5: Rechnungsbetrag, Durchschnittspreis, marginaler Preis des Volumentarifs92
Anwendung finden Volumentarife u.a. im Bereich von Internetzugangstarifen und im Telekommunikationssektor. In Abbildung 5 findet sich die Darstellung eines Volumentarifs mit einer Grundgebühr in Höhe von 5 € und, sofern das Freikontingent von 10 Minuten überschritten wird, einem nutzungsabhängigen Preis von 0,10 € pro Minute. Neben Flatrate-Tarifen erfreuen sich auch Volumentarife im Mobilfunkbereich stetig steigender Beliebtheit. Mittlerweile bieten alle 4 deutschen Netzbetreiber entsprechende Volumentarife mit verschieden hohen Inklusivvolumina an. Je höher hierbei das Inklusivvolumen ausfällt, desto höher gestaltet sich auch die dafür zu entrichtende Grundgebühr bzw. der Paketpreis. Insgesamt kann hierbei festgehalten werden, dass der rechnerische Minutenpreis bei Vollausnutzung durchweg deutlich günstiger ist, als 92
Quelle: Eigene Abbildung.
sUppLex
32
Preisdifferenzierung – Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
der Preis einer Folgeminute nach Ausnutzung des Freikontingents. Die in den Minutenpaketen enthaltenen Freiminuten besitzen hierbei für alle Netze Gültigkeit, wobei E-Plus als einziger Anbieter dem Kunden eine „Mitnahmeoption“, also die Möglichkeit nicht genutzte Freiminuten in den Folgemonat zu übernehmen, anbietet. Weiter besteht einzig bei E-Plus die Möglichkeit das monatliche Inklusivvolumen neben Gesprächsminuten auch auf SMS anzuwenden. So kann z. B. das monatliche Inklusivvolumen von 50 All-In Einheiten in dem Tarif Time and More All-In 50 z. B. auf 20 SMS und 30 Gesprächsminuten aufgeteilt werden. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die von den deutschen Mobilfunk-Netzbetreibern aktuell angebotenen Volumentarifen.
Anbieter
T-Mobile
Vodafone
E-Plus
o2
Tarif
Relax
Minutenpakete
Time & More All in
Inklusiv Pakete
Paketpreis
10 bis 59 €
12,95 bis 69,95 €
9 bis 57,50 €
5 bis 40 €
Inklusivminuten
50 bis 1.000
60 bis 1.200
50 bis 1.000
50 bis 500
0.6 bis 0.20 €/min
0.6 bis 0.22 €/min
0.6 bis 0.18 €/min
0.8 bis 0.10 €/min
alle Netze
alle Netze
alle Netze
alle Netze
nein
nein
ja
Nein
0.29 bis 0.49 €/min
0.25 bis 0.45 €/min
0.10 bis 0.30 €/min
0.19 €/min
Taktung
60/1
60/1
60/1
60/10
SMS
0.19 €/sms
0.20 €/sms
0.6 bis 0.18 €/sms
0.19 €/sms
Einrichtung
25,00 €
24,95 €
25,00 €
25,00 €
Vertragslaufzeit
24 Monate
24 Monate
24 Monate
24 Monate
Rechnerischer Minutenpreis Inklusivminuten gültig Inklusivminuten übertragbar Minutenpreis Folgeminute
15 % Rabatt auf Online-Vorteil
kein Anschlusspreis
-
bis zu 150 Frei-
die monatl. Ge-
SMS pro Monat
samtrechnung kein Anschlusspreis
Tabelle 7: Übersicht zu Volumentarifen im Mobilfunkbereich (Stand: November 2007)93
93
Quelle: in Anlehnung an http://www.onlinekosten.de/mobilfunk/minutenpakete_ohne_handy (8.11.2007).
sUppLex
Mengenbezogene Preisdifferenzierung
33
2.2.3.4 Weitere Möglichkeiten zur nichtlinearen Preisbildung Für die in der Praxis stark verbreitete nichtlineare Preisbildung existieren neben den bereits angeführten nicht-linearen Tarifen weitere vielfältige Formen und Instrumente um die angestrebten mengenbezogenen Preisnachlässe durchzusetzen. Mengenrabatt Bei Anwendung eines Mengenrabattes werden für größere Abnahmemengen oder auch Umsätze gemäß einer Rabattstaffel höhere Rabattsätze gewährt, so dass mit zunehmender Abnahmemenge der tatsächlich zu zahlende Durchschnittspreis sinkt.94 Beziehen sich die Preisnachlässe auf die gesamte Kaufmenge, so spricht man von einem „durchgerechneten Mengenrabatt“. Gelten die Preisnachlässe hingegen nur für ein bestimmtes Mengenintervall, so spricht man von einem „angestoßenen Mengenrabatt“.95 Der Fall des angestoßenen Mengenrabatts ist formal mit dem Blocktarif identisch.96 Auch dieser besteht aus einer bestimmten Anzahl marginaler Preise für bestimmte Mengenintervalle, so dass sich ebenfalls abschnittsweise lineare Funktionen der Erlöse ergeben.97 Bonusprogramme Insbesondere von Verkehrsunternehmen verstärkt eingesetzt, stellen Bonusprogramme eine Variante des Mengenrabatts da. Boni werden hierbei nachträglich in Form von kumulativen Mengen oder Umsatzrabatten gewährt. So gelangt man zu einer gleichzeitigen Anwendung von Elementen des Mengen- und Treuerabatts, da der Kunde dazu bewegt werden soll, innerhalb einer Abrechnungsperiode möglichst viele einschlägige Käufe bei dem jeweiligen Anbieter zu tätigen. Strategisch steht bei diesen Programmen weniger die kurzfristige Stimulierung der Abnahmemenge als vielmehr dielangfristige Kundenbindung von speziell ertragsstärkeren Intensivkäufern im Vordergrund.98
94 95 96 97 98
Vgl. Simon (1997), S. 400. Vgl. Diller (2000), S. 314. Vgl. Tacke (1989), S. 32. Vgl. Büschken (1997), S. 11. Vgl. Diller (2000), S. 319f, Simon (1997), S. 402.
sUppLex
34
Preisdifferenzierung – Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
Preispunkte Im Rahmen dieser Methode werden für diskrete Abnahmemengen bestimmte Preise festgelegt. Die Preisstruktur wird hierbei so festgelegt, dass der Preis/Stück mit zunehmender Abnahmemenge sinkt. Folglich werden z. B. 3, 5 oder 10 Stück eines Produkts zu einem günstigeren Preis pro Stück als die Einzeleinheit angeboten. Ein bekanntes Beispiel wäre das in den USA weit verbreitete Angebot
x „Buy 2 get 1 free“ innerhalb dessen bei Kauf von 2 Einheiten eines Produktes ein 50 %er Rabatt auf die Summe der ursprünglichen Einzelpreise gewährt wird.99 Im theoretischen Grenzfall unendlich vieler Preispunkte ergibt sich die bereits angesprochene „kontinuierliche Preisstruktur“.
2.2.4 Struktur und Konsequenzen optionaler Tarife Heutzutage werden überwiegend unterschiedliche Tarife zu Tarifstrukturen kombiniert, aus denen der Konsument dann einen Tarif auswählen kann.100 Diese als optionale Tarife bezeichnete Tarifstruktur ermöglicht Unternehmen, durch die unterschiedlichen Tarife verschiedene Marktsegmente anzusprechen, somit mehr Konsumenten im Vergleich zu uniformen Tarifen zu erreichen und insgesamt eine Gewinnsteigerung zu realisieren.101 Neben Internetserviceprovidern findet man auch bei Mobilfunkanbietern vorwiegend optionale Tarife. Während der Mobilfunkanbieter E-Plus mit seinem Tarif Time and More Allin 50102 mit einem niedrigen Grundpreis von 9,90 € und einem niedrige Freikontingent von 50 Minuten vorwiegend Wenignutzer ansprechen möchte, werden mit
99 100 101 102
Vgl. Simon (1992), S. 406. Vgl. Lambrecht (2005), S. 18. Vgl. Skiera (1999), S. 105 ff., Faulhaber/Panzar (1977), Murphy (1977) S. 593 ff, Willig (1978). http://www.eplus.de/tarife/11/11_7/11_7.asp (05.09.2007).
sUppLex
Mengenbezogene Preisdifferenzierung
35
dem Tarif Time and More Allin 1000103 mit einer Grundgebühr von 57,50 € und 1000 Inklusivminuten hauptsächlich Intensivnutzer angesprochen. Ein weiterer Vorteil, speziell bei optionalen Volumentarifen, ist die Integration impliziter Rabatte durch die Gestaltung der Tarifstruktur. Normalerweise ist der durchschnittliche Preis eines Kontingents innerhalb eines wie oben aufgeführten Volumentarifs mit hohem Freikontingent bei Vollauslastung des Freikontingents niedriger als in einem Tarif mit niedrigerem Kontingent.104 Analog zum obigen Beispiel beträgt der durchschnittliche Preis pro Minute in dem Tarif Time and More Allin 50 bei Vollausnutzung 0,198 Cent während er im Tarif Time and More Allin 1000 nur 0,0575 Cent beträgt. Dieser Mengenrabatt bietet dem Nutzer somit einen Anreiz, seine Nutzungsmenge nicht zu unterschätzen, da er sonst bei Überschreitung des vorgegebenen Freikontingents gezwungen wäre, höhere Nutzungspreise zu bezahlen. Bei Nichtausnutzung des Freikontingents hingegen steigt der durchschnittliche Preis, da der für das Freikontingent bezahlte Grundpreis auf eine geringere Anzahl an Mengeneinheiten verrechnet werden kann. Somit besteht für den Nutzer der Anreiz, seine Nutzungsmenge weder zu unterschätzen noch zu überschätzen. Eine möglichst genaue Annäherung der geschätzten Nutzungsmenge an die tatsächliche Nutzungsmenge minimiert somit den Rechnungsbetrag für den Nutzer. Über die Tarifwahl des Nutzers wiederum werden Informationen über seine geplante Nutzungsmenge an den Anbieter geliefert. So wird dem Anbieter die Prognose der Nachfragemenge erleichtert.105 Eine Überschätzung der Nutzungsmenge führt dazu, dass der Konsument sich für ein höheres Freikontingent entscheidet als er tatsächlich nutzt. Somit würden insgesamt mehr Mengeneinheiten bezahlt als eigentlich abgerufen. Der Anbieter würde somit für den Teil des Freikontingents der nicht genutzt wird, Erlöse erzielen, welchen keine Kosten gegenüber ständen. Der Volumentarif würde in diesem Fall zu Ertragssteigerungen führen.106 103 104 105 106
http://www.eplus.de/tarife/11/11_7/11_7.asp (05.09.2007). Vgl. Lambrecht (2005), S. 19. Vgl. Lambrecht (2005), S. 19. Vgl. Lambrecht (2005), S. 18 ff.
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36
Preisdifferenzierung – Tarifstrukturen und deren Eigenschaften
Die folgende Abbildung kombiniert die bereits erläuterten Tarifformen zu einer Tarifstruktur, wie sie auch in der Praxis Anwendung finden könnte. Aufgeführt werden ein linearer Tarif, ein Volumentarif, ein zweiteiliger Tarif sowie ein Flatrate-Tarif.
12
Geldeinheiten (Euro)
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19
Nutzungsmenge (Minuten) Linearer Tarif
Volumentarif
Zweiteiliger Tarif
Flatrate
107
Abbildung 6: Graphische Darstellung optionaler Tarife
107
Quelle: Eigene Abbildung.
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3.
Grundlagen des Tarifwahlverhaltens
3.1
Entscheidungstheorie
3.1.1 Erkenntnisziele der Entscheidungstheorie Im Allgemeinen wird mit dem Begriff „Entscheidung“ ein Wahlproblem umschrieben, dass sich durch seine bedeutende Relevanz auszeichnet. Im Gegensatz hierzu wird im Rahmen der Entscheidungstheorie ein umfassenderer Entscheidungsbegriff angewendet, der alle Wahlakte einschließt. „Unter „Entscheidung“ wird ganz allgemein die (mehr oder weniger bewusste) Auswahl einer von mehreren möglichen Handlungsalternativen verstanden.“108 Der Entscheidungsprozess kann hierbei als Ableitung einer Entscheidung aus Entscheidungsprämissen interpretiert werden.109 Die Entscheidungstheorie versucht nun über logische und empirische Analysen des rationalen oder intendiert rationalen Entscheidungsverhaltens, den Entscheidungsprozess näher zu beleuchten. Je nach Ausrichtung sind entscheidungstheoretische Analysen auf die Gewinnung vorschreibender (normativer, präskriptiver) Aussagen oder auf die Gewinnung beschreibender (deskriptiver) Aussagen ausgerichtet. Somit lässt sich analog zu der im Vordergrund stehenden Zwecksetzung zwischen einer präskriptiven und deskriptiven Entscheidungstheorie unterscheiden. Während die präskriptive Entscheidungstheorie untersucht, wie bei gegebenen faktischen und wertenden Entscheidungsprämissen unter Voraussetzung rationalen Handelns zu entscheiden ist, geht die deskriptive Entscheidungstheorie nur von intendiert rationalem Handeln aus und betrachtet die faktisch gegebenen und wertenden Entscheidungsprämissen nicht als gegebene, sondern als zu erklärende Größen.110 Innerhalb der präskriptiven Entscheidungstheorie steht somit die Fragestellung, wie es bei gegebenen Entscheidungsprämissen zur Entscheidung kommt, im Vordergrund. Die deskriptive Entscheidungstheorie geht hingegen der Frage nach, wie die Entscheidungsprämissen selbst zustande kommen.
108 109 110
Laux, H. (2005), S. 1. Vgl. Bamberg/Coenenberg (1996), S. 1. Vgl. Bamberg/Coenenberg (1996), S. 2 .
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38
Grundlagen des Tarifwahlverhaltens
Auch innerhalb der Tarifwahl geht es um eine Entscheidung für oder gegen einen Tarif respektive zwischen verschiedenen Tarifen, die aus dem Zusammenspiel von den im Konsument verankerten Einstellungen und Präferenzen und den jeweiligen Eigenschaften der zur Auswahl stehenden Tarife resultiert. Somit scheinen die theoretischen Konzeptionen und Annahmen der Entscheidungstheorie weitestgehend auf den Kontext der Tarifwahl übertragbar und eine nähere Betrachtung der einzelnen Stromrichtungen erscheint in Anbetracht der bevorstehenden Modellierung des Tarifwahlverhaltens durchaus angebracht.
3.1.2 Präskriptive Entscheidungstheorie Im Vordergrund der präskriptiven Entscheidungstheorie steht die Entscheidungslogik und somit die Suche nach Regeln zur Bewertung von Aktionsresultaten, die dem Postulat rationalen Verhaltens entsprechen.111 Es handelt sich folglich im Wesentlichen um eine Rationalitätsanalyse, innerhalb derer aufbauend auf den Rationalitätsannahmen der Entscheidungslogik abgeleitet wird, wie sich ein Entscheidungsträger unter der Prämisse der Rationalität verhalten wird bzw. soll. Rationalität lässt sich hierbei auf drei Merkmale reduzieren:112
x Vollkommene Information bedeutet eine absolut sichere Kenntnis sämtlicher Alternativen und Umweltzustände. In einer etwas abgeschwächten Form ist die sichere Kenntnis auf die Eintrittswahrscheinlichkeiten von künftigen Situationen begrenzt. x Erwartungsnutzen-Maximierung bedeutet eine ausschließlich an Gewinnen und Verlusten und ihren Eintrittswahrscheinlichkeiten orientierte Wahl der gegebenen Alternativen. x Verhaltens-Symmetrie bedeutet eine stetige und invariante Bewertung der Entscheidungs-Situationen, also etwa Transitivität von Präferenzen oder eine strikte Rangordnung aller Alternativen. 111 112
Vgl. Bamberg/Coenenberg (1996), S. 3. Vgl. Bronner (2001), S. 173 f.
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Entscheidungstheorie
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Aufgrund des Rationalitätspostulates folgt das abgebildete Verhalten strikt den Regeln der Logik, wodurch kein Anspruch auf die Abbildung tatsächlichen Entscheidungsverhalten erhoben werden kann. Dies stellt zugleich auch den stärksten Kritikpunkt an präskriptiv orientierten Ansätzen dar. Sie „beschränken sich auf die Präsentation von optimalen Lösungen als Ergebnis einer bestimmten zugrunde gelegten Situation.“113 Auf die Entstehung des Ergebnisses bzw. auf den realen Verlauf des Entscheidungsprozesses wird dabei jedoch nicht eingegangen. Weiter werden empirisch beobachtbare Inkonsistenzen innerhalb des Entscheidungsverhaltens weder berücksichtigt noch erklärt. An diesem Punkt setzt nun die deskriptive Entscheidungstheorie an und versucht u.a. über eine verstärkte Hinwendung zu den Verhaltensaspekten die Inkonsistenzen zu erklären und so der praktischen Relevanz mehr Bedeutung einzuräumen.
3.1.3 Deskriptive Entscheidungstheorie 3.1.3.1 Erkenntnisziele der deskriptiven Entscheidungstheorie Die deskriptive Entscheidungstheorie begreift die Ökonomie nun nicht mehr als eine spezielle Optimierungs-Wissenschaft, sondern vielmehr als eine spezielle VerhaltensWissenschaft. Es wird nicht mehr ein optimales Ergebnis bei gegebenen Entscheidungsprämissen gesucht, sondern das Zustandekommen des Ergebnisses und der faktische Entscheidungsprozess rücken in den Vordergrund des Interesses, wobei explizit die empirisch beobachtbare Begrenzung der Rationalität in die resultierenden Aussagen mit einbezogen wird.114 Speziell bei der Ermittlung der für die Entscheidungsfindung benötigten Werte-, Nutzen- und Wahrscheinlichkeitsfunktionen zeigt sich, dass die innerhalb der präskriptiven Entscheidungstheorie getroffenen Anforderungen an die Konsistenz der getroffenen Entscheidungen von Individuen sehr hoch sind.115 Eine Entscheidung erweist sich hierbei erst dann als rational und somit richtig, wenn sie dem Postulat der Zukunftsorientierung, der Dominanz, der Transitivität und der Invarianz entspricht.116 Im Rahmen vieler empirischer Untersuchungen konnten jedoch
113 114 115 116
Bronner (1999), S. 43. Vgl. Bamberg/Coenenberg (1996), S. 4 ff., Bronner (1999), S. 44 ff. Vgl. Herrmann/Bauer (1996), S. 677. Vgl. Eisenführ/Weber (1999), S. 6 ff.
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Grundlagen des Tarifwahlverhaltens
verschiedene systematische Fehler identifiziert werden, denen die Entscheidungspersonen immer wieder unterliegen.117 Das Ziel der deskriptiven Entscheidungstheorie ist es somit, auf Grundlage von Entscheidungsanomalien, also empirisch beobachteter Abweichungen von direkten und indirekten Standardannahmen der präskriptiven Entscheidungstheorie, Gesetzesmäßigkeiten zu suchen, die in der Lage sind, Inkonsistenzen innerhalb des Entscheidungsverhaltens beschreiben zu können.118 Als wichtige Grundlage zur Erklärung einiger dieser Phänomene dient die durch Kahneman/Tversky (1979) formulierte Prospect-Theorie und speziell deren zugrunde liegende Wertefunktion.
3.1.3.2 Prospect-Theorie Die mittlerweile bekannteste deskriptive Entscheidungstheorie für marketingrelevante Fragestellungen119 geht auf die Ende der 70er Jahre veröffentlichten Arbeiten von Kahneman und Tversky120 zurück. Im Rahmen der Prospect-Theorie geht es um die Bewertung von positiven und negativen Folgen von Kaufentscheidungen. Dabei erfolgt eine Unterteilung des Entscheidungsprozesses in eine Editing-Phase und darauf aufbauend eine Evaluations-Phase. In der Editing-Phase werden die zur Auswahl stehenden Alternativen mit dem Ziel einer vereinfachten Darstellung des Entscheidungsproblems analysiert und einer subjektiven Transformation unterzogen.121 Über verschiedene mentale Operationen werden im Rahmen der Editing-Phase Ergebnisse und Wahrscheinlichkeiten entsprechend ihrer Erwartungen transformiert. Im Anschluss an die Editing-Phase werden die vom Entscheider gewählten bzw. editierten Alternativen in der Evaluations-Phase bewertet. Die Alternative mit dem so erzielten höchsten Wert wird ausgewählt.122
117
Für eine Übersicht Vgl. Eisenführ/Weber (1999), S. 366 ff., Auer-Rizzi (1998), Eichenberger (1990), Oehler (1992). Vgl. Klose (1994), S. 11. 119 Vgl. Herrmann/von Nitzsch/Huber (1997), S. 1229. 120 Vgl. Kahneman/Tversky (1979). 121 Vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 274. 122 Für eine ausführliche Darstellung vgl. Kahneman/Tversky (1979). 118
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Entscheidungstheorie
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Im Mittelpunkt der Prospect-Theorie steht die zugrunde gelegte Wertefunktion mit ihrem charakteristischen, s-förmigen Verlauf.
Abbildung 7: Wertefunktion der Prospect-Theorie123
Der Wertefunktion liegen folgende Annahmen zugrunde124:
x Referenzpunktbezogenheit Die Wertefunktion der Prospect-Theorie ist über negative und positive Abweichungen von einem Referenzpunkt definiert. Negative Abweichungen stellen Verluste, positive Abweichungen stellen Gewinne dar. Der Referenzpunkt selbst ist als jene Position definiert, bei der weder ein Verlust noch ein Gewinn entsteht. Ökonomisch gesehen wird durch den Referenzpunkt ein Zustand des unveränderten Wohlstands repräsentiert und ist somit dem Wert Null zugeordnet. Folglich entspricht die räumliche Position des Referenzpunktes dem Ursprung der Wertefunktion.125 Die aus der Referenzpunktbezogenheit abgeleitete, zentrale Annahme bezüglich menschlichen Verhaltens besagt, „dass Menschen den Nutzen von Konsequenzen nicht vom absoluten Niveau ihres Besitzstandes abhängig machen, son-
123
Quelle: Kahneman / Tversky (1979), S. 279. Vgl. Hermann/von Nitzsch/Huber (1997), S. 1229 f., Eisenführ/Weber (1999), S. 378 ff. 125 Vgl. Hermann/von Nitzsch/Huber (1997), S. 1229 f. 124
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Grundlagen des Tarifwahlverhaltens
dern von dessen Änderungen, die als Gewinne oder Verluste interpretiert werden.“126
x Abnehmende Sensitivität Die Wertefunktion besitzt, wie bereits erwähnt, einen s-förmigen Verlauf. Folglich wird davon ausgegangen, dass der Entscheider im Gewinnbereich eine konkave Wertefunktion und im Verlustbereich eine konvexe Wertefunktion besitzt.127 Dies ist gleichzusetzen mit Risikoaversion bei Gewinnen bzw. mit Risikofreude bei Verlusten. Der Entscheider verhält sich damit bei Zugewinnen so, wie es nach dem 1.Gossensches Gesetz des fallenden Grenznutzens postuliert wird. Bei Verlusten hingegen schmerzt eine Zunahme des eigentlichen Verlustes umso geringer, je größer der Verlust im Ausgangspunkt ohnehin schon war. Begründet wird dieser Verlauf durch Ergebnisse im Rahmen psychophysischer Forschung, die herausstellen, dass der Unterschied zwischen z. B. 10 € und 20 € größer erscheint als der zwischen 1.110 € und 1.120 €.128 Weiter kann abgeleitet werden, dass, solange absolute Preisobergrenzen nicht durchbrochen werden, die Zahlung mehrerer Einzelpreise als insgesamt unangenehmer empfunden wird, als die Zahlung eines einzigen Komplettpreises in Höhe der Summe der Einzelpreise. Umgekehrt wird der zusätzliche Gewinn, z. B. durch Rabatte bei Vergabe auf Einzelteile höher empfunden als ein in der Summe gleich großer Gesamtrabatt. 129
x Verlustaversion Schließlich verläuft die Wertefunktion im Verlustbereich steiler als in der Gewinnzone. Formal bedeutet dies, dass die erste Ableitung der Wertefunktion im Verlustbereich betragsmäßig für gleiche Vermögensänderungen größer ist, als die erste Ableitung der Funktion in der Gewinnzone. Inhaltlich bedeutet dies, dass ein Ver-
126
Vgl. Becker (2003), S. 62. Vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 277-280. 128 Vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 277-280. 129 Vgl. Diller (2000), S. 133. 127
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Entscheidungstheorie
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lust bei allen Individuen stärker wiegt als ein im Ausmaß gleicher Gewinn.130 In diesem Zusammenhang sei auch der „Besitzstandseffekt“ erwähnt. In zahlreichen Experimenten wurde festgestellt, dass Menschen stärker dazu neigen, das einmal Erreichte zu verteidigen, als um Zugewinne zu kämpfen. Auch hier scheint der Schmerz über Verluste deutlich größer zu sein als die Freude über zusätzliche Gewinne.131
3.1.3.3 Mental Accounting Auf der Wertefunktion der Prospect-Theorie aufbauend wurde von Thaler132 die Theorie des Mental Accounting abgeleitet, innerhalb derer davon ausgegangen wird, dass Menschen, ähnlich wie in der Buchhaltung, über Unterkonten verfügen, auf denen sie Gewinne und Verluste verbuchen. Hierdurch kann sowohl eine zeitpunktbezogene als auch eine zeitraumübergreifende Betrachtung eingenommen werden. Die Verbuchung der Gewinne und Verluste folgt hierbei keinen rationalen Regeln der kaufmännischen Buchhaltung. Sie erfolgen vielmehr mit unterschiedlichen Gewichtungen, Verrechnungsmodi und insbesondere in einer hedonistisch verzerrten Art.133 Die möglicherweise gewählten Alternativen erscheinen den Menschen somit entweder möglichst attraktiv oder möglichst wenig unangenehm (hedonic editing - Hypothese). Insgesamt ergeben sich somit verschiedene Unterkonten mit ihren jeweiligen Teilurteilen, die zusammengeführt das Gesamturteil repräsentieren. Liegen mehrere Teilurteile vor, so können diese integriert (N (x+y)), also als Einheit bewertet werden, oder segregiert (N (x) + (y)), also getrennt bewertet und erst anschließend zu einem Gesamturteil zusammengefügt werden.134 Je nach Verteilung und Höhe der einzelnen Gewinne und Verluste ergeben sich unterschiedliche Konstellationen,135 für die die jeweilige Vorteilhaftigkeit einer Segregation bzw. Integration bestimmt werden kann. 130
Vgl. Hermann/von Nitzsch/Huber (1997), S. 1230, Vgl. Currim/Sarin (1989), S. 24. Vgl. Diller (2000), S. 133. Vgl. Thaler (1985), Thaler/Johnson (1990). 133 Vgl. Diller (2000), S. 134. 134 Vgl. Thaler (1985), S. 201. 135 Vgl. Thaler (1985), S. 202, Diller (2000), S. 134 f. 131 132
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Wird ein Auto für einen Kaufpreis von 15000 € und einem zusätzlichen Rabatt von 2000 € angeboten, trifft also ein Verlust (Kaufpreis) auf einen Gewinn (Rabatt), wobei der Verlust überwiegt, handelt es sich in der Terminologie des Mental Accounting um einen „mixed loss“. Für diesen Fall lassen sich keine generellen Aussagen treffen, ob nun eine segregierte oder integrierte Verrechnung vorteilhaftere Ergebnisse einbringt, da es hier sowohl auf die relative Höhe der Teilverluste als auch auf den individuellen Verlauf der Nutzenfunktion ankommt. Je größer in solch einem Fall der Verlust im Vergleich zu den Gewinnen ist, desto wahrscheinlicher ist jedoch die Anwendung einer Segregation (ŇN(-y) + N(x)Ň> ŇN(x-y)Ň). Auf das oben angeführte Beispiel angewandt bedeutet dies, dass über die Segregation und somit die einzelne „Präsentation“ des Rabatts dem Käufer über den „Schmerz“ des Kaufpreises hinweggeholfen werden soll. Für das Anfallen mehrerer Gewinne gilt hingegen: N (x) + N (y) > N(x+y). Folglich gilt unter Annahme einer hedonistischen Codierung bei „multiple gains“ eine Segregation der Teilaspekte. Bei „multiple loss“, also mehreren anfallenden Verlusten, hingegen erfolgt eine Integration um die multiplen Verluste insgesamt weniger unangenehm erscheinen zu lassen. Thaler führt hier die von Kreditkartengesellschaften durchgeführte Abrechnungspolitik an: „they pool many small losses into one larger loss and in so doing reduce the total value loss.“136 Aufgrund der von der Prospect-Theorie überführten Nutzenfunktion und so der impliziten Annahme der Verlustaversion führt bei „mixed gains“, d.h. dem Anfallen von gemischten Verlusten und Gewinnen mit Gewinnüberhang, eine Integration (ŇN(y)+N(-x)Ň< ŇN(y-x)Ň) zu einem besseren Ergebnis als eine Segregation. Während die bisher angeführten Mental-Accounting-Hypothesen auf zeitbezogene Teilbewertungen abzielten, können einige auch auf zeitraumübergreifende Teilbewertungen Anwendung finden.137
136 137
Thaler (1985), S. 202. Vgl. Diller (2000), S. 135.
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Entscheidungstheorie
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Während Thaler vergangene Kosten („Sunk Costs“) über die gesamte Transaktion als konstant annimmt, spielen diese bei dem von Gourville/Soman138 identifizierten „Entwertungseffekt bereits durchgeführter Zahlungen“ eine bedeutende Rolle. Der SunkCost-Effekt umschreibt hierbei das Phänomen, dass sich bereits getätigte, nicht mehr revidierbare Ausgaben auf nachfolgende Entscheidungen die mit dieser Ausgabe verbunden sind, auswirken. Individuen neigen dazu, solche Aktivitäten, die mit dieser Ausgabe in Verbindung stehen, verstärkt fortzusetzen, sobald Investitionen in Form von Geld, Zeit oder Mühe getätigt wurden.139 Innerhalb einer empirischen Untersuchung wurde von Gourville/Soman festgestellt, dass sich der Sunk-Cost-Effekt über den Zeitablauf verringert.140 Gourville/Soman gehen davon aus, dass bereits durchgeführte Zahlungen mit der Zeit adaptiert und somit in dem Bewusstsein des Konsumenten „entwertet“ werden. Somit nimmt mit zeitlicher Differenz zwischen Zahlung und eigentlichem Konsum der Wert der Zahlung für den Konsumenten ab. Bei nicht lagerbaren Gütern ist der Konsumdruck somit umso höher, je kürzer der Zeitpunkt der Zahlung zurückliegt (Konzerttickets). Im Gegensatz hierzu nimmt bei lagerfähigen Gütern (z. B. einer Weinflasche, Gesprächsguthaben beim Telefonieren) die Bereitschaft, das Gut zu konsumieren, über den Zeitablauf zu.141 Prelec/Loewenstein stellen innerhalb ihrer „Double-Entry“-Annahme fest, dass der Kauf eines Gutes immer sowohl „the pleasure of consumption and the pain of paying“142 mit sich bringt. Somit ergibt sich der Nettonutzen aus dem Nutzen stiftenden Konsum, abzüglich dem mit der Bezahlung in Verbindung stehendem Negativnutzen und dem Nettonegativnutzen der Bezahlung nach dem Abzug der Nutzenstiftung des Konsums. Darüber hinaus zeigen Prelec/Loewenstein empirisch,143 dass die grundsätzliche Abneigung vieler Verbraucher gegenüber Schuldenaufbau dazu führt, dass bereits bezahlte Leistungen dem Verbraucher mehr Vergnügen beim Konsum bereiten 138 139 140 141 142 143
Vgl. Gourville/Soman (1998). Vgl. Homburg/Koschate (2004), S. 520. Vgl. Gourville/Soman (1998). Vgl. Homburg/Koschate (2004), S. 514. Prelec/Loewenstein (1998), S. 4. Vgl. Prelec/Loewenstein (1998), S. 6 ff.
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Grundlagen des Tarifwahlverhaltens
und damit höheren hedonistischen Nutzen erzeugen, als noch zu bezahlende Leistungen.144 Entsprechend der Annahmen des Double-Entry und der Verlustaversion gelangt man so zu der als „Prospective Accounting“145 bezeichneten Erkenntnis, dass Konsumenten zukünftige Zahlungen voll berücksichtigen, während in der Vergangenheit geleistete Zahlungen weitgehend abgeschrieben werden. Es scheint somit eine „Preference for Prepayment“146 vorzuliegen, d.h. Konsumenten scheinen es zu präferieren, für ihren Konsum im Voraus zu zahlen, um damit ein Gut als "freies Gut" genießen zu können. In Anlehnung an die Verlustaversion heißt dies im Umkehrschluss, dass der Konsument den als unangenehm empfundenen Zahlungsvorgang einer bereits konsumierten Ware vermeiden möchte. Weiter identifizieren Prelec/Loewenstein einen mentalen Link zwischen Kosten und Nutzen, den sie als „Coupling“147 bezeichnen. Der wahrgenommene Nutzen bzw. die wahrgenommenen Kosten aus Konsum und Bezahlung resultieren dabei nicht aus einer hundertprozentigen Konversion der Zahlungen bzw. des Konsums, sondern fallen, je nachdem wie stark der Konsum an die entsprechenden Zahlungen denken lässt, geringer bzw. größer und vice versa aus.148 Somit werden die Kosten nicht hundertprozentig dem Nutzen zugewiesen, sondern nur zu einem bestimmten Teil, da sonst der Nutzen vollständig durch die Kosten egalisiert werden würde. Formal wird dies über die Einführung von den Parametern Į und ȕ ausgedrückt. Į steht hierbei für Attenuation (Abschwächung) und gibt an, inwieweit das Vergnügen des Konsums durch die Gedanken an die Kosten abgeschwächt wird. ȕ, das für Buffering (Dämpfung) steht, gibt hingegen an, inwieweit der Konsum den Schmerz des Bezahlens dämpft. Bei einer niedrigen Ausprägung von Į denkt das Individuum nur wenig an die Kosten und die Freude wird nur gering durch das Leid des Bezahlens abgeschwächt. Die gleiche Wir-
144 145 146 147 148
Vgl. Diller (2000), S. 135. Vgl. Prelec/Loewenstein (1998), S. 10. Vgl. Prelec/Loewenstein (1998), S. 6 ff. Vgl. Prelec/Loewenstein (1998), S. 10 f. Vgl. Diller (2000), S. 135.
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Präskriptive Grundlagen
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kung hat ein hoher Level von ȕ, bei dem die Freude am Konsum so groß ist, dass das Leid des Bezahlens stark gedämpft wird. Abschließend bleibt festzuhalten, dass sowohl die Modellierung des Tarifwahlverhaltens in den nächsten Kapiteln, als auch die Modellierung möglicher UrsacheWirkungsbeziehungen der zentralen Konstrukte dieser Arbeit, der Flatrate-Präferenz und des Flatrate-Bias, im Rahmen von Kapitel 4 auf Basis der in den vorangegangenen Kapiteln erlangten Erkenntnisse aus der Entscheidungstheorie erfolgen kann.
3.2
Präskriptive Grundlagen des Nutzungs- und Tarifwahlverhaltens
3.2.1 Nutzungsverhalten in einem Tarif Im Rahmen der präskriptiven Grundlagen des Nutzungs- und Tarifwahlverhaltens wird, in Anlehnung an die Konzeption der präskriptiven Entscheidungstheorie, die Modellierung des Tarifwahlverhaltens in „klassischer“ mikroökonomischer Tradition, also mit dem Fokus auf die Darstellung, wie sich ein Konsument bei der Tarifwahl unter der Prämisse der Rationalität verhalten wird bzw. soll, vollzogen. Ziel ist es somit, das unter der Prämisse der Rationalität optimale Tarifwahlverhalten abzubilden. Um das Tarifwahlverhalten eines Konsumenten nachvollziehen zu können, muss in einem ersten Schritt zunächst das Nutzungsverhalten eines Konsumenten in einem Tarif abgebildet werden. Das Nutzungsverhalten wird hierbei stark von der Preisgestaltung der in Anspruch genommenen Dienstleistung beeinflusst.149 Während ein Konsument z. B. in einem Tarif ohne Grundgebühr mit einem hohen nutzungsabhängigen Preis die Dienstleistung wahrscheinlich nur wenig in Anspruch nimmt, wird derselbe Konsument in einem Tarif, bei dem nur ein monatliches, nutzungsunabhängiges Entgelt zu entrichten ist, also bei einem Pauschaltarif bzw. einer Flatrate, die Dienstleistung womöglich sehr intensiv nutzen.150 In diesem Zusammenhang sei auch noch einmal das erste Gossensche Gesetz erwähnt, welches besagt, dass zunehmende Einkäufe eines bestimmten Gutes einen abnehmen-
149 150
Vgl. Train/Ben-Akiva/Atherton (1989), S. 62, Skiera/Albers (1989), S. 224. Vgl. Skiera (1999), S. 21.
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Grundlagen des Tarifwahlverhaltens
den Grenznutzen erzeugen. Im Rahmen der Anwendung einer Preisdifferenzierung benötigt der Anwender somit Informationen über den Nutzen den ein Konsument durch den Konsum eines Gutes erfährt sowie über dessen Preisbereitschaft bezüglich dieses Gutes.151 Es gibt mit Zahlungsbereitschafts-, Preisbereitschafts- sowie Nachfragefunktion prinzipiell drei Ansatzpunkte zum Abbilden des preisabhängigen Nutzungsverhaltens.152 Die Zahlungsbereitschaftsfunktion, im angelsächsischen Raum als „willingness-to-pay function“ bezeichnet, beschreibt, wie viel ein Konsument für eine bestimmte Nachfragemenge maximal zu zahlen bereit ist.153 Die Zahlungsbereitschaftsfunktion stellt somit eine direkte Analogie zur Nutzenfunktion dar. Im Gegensatz dazu stellt die Preisbereitschaftsfunktion dar, wie viel ein Konsument für eine zusätzliche Mengeneinheit zu zahlen bereit ist. Sie lässt sich somit durch die erste Ableitung der Zahlungsbereitschaftsfunktion ermitteln. Die Nachfragefunktion gibt schließlich an, welche Menge ein Konsument bei einem bestimmten Nutzungspreis nachfragt. Sie stellt also die Umkehrfunktion der Preisbereitschaftsfunktion für den Fall dar, dass dort die Preisbereitschaft durch den Nutzungspreis ersetzt wird.154 Die Begriffe Zahlungsbereitschaft und Nutzen werden in der Literatur oft synonym verwendet,155 da die Zahlungsbereitschaft dem Nutzen eines Konsumenten entspricht, den er durch die nachgefragte Menge des Gutes erzielt.156 Generell wird bei Zahlungsbereitschaftsfunktionen davon ausgegangen, dass der Nutzen, den ein Konsument durch die nachgefragte Menge eines Gutes erfährt, und somit seine Bereitschaft für diese Menge einen bestimmten Betrag zu zahlen, neben konsumenten-spezifischen Parametern lediglich durch die von ihm genutzte Menge bestimmt wird.157 Der durch die Nutzung eines Gutes erzielte Nutzen wird auch als Brut-
151 152 153 154 155 156 157
Vgl. Diller (2000), S. 292. Vgl. Skiera (1999), S. 21. Vgl. Skiera (1999), S. 21, Finsinger (1980), S.139, Oren/Smith/Wilson (1982), S. 291. Vgl. Lambrecht (2005), S. 21, Skiera (1999), S. 24 ff. Vgl. Mitchell (1978), S. 519 ff., Laffont/Maskin/Rochet (1987) S. 257 ff. Vgl. Lambrecht (2005) S. 21. Vgl. Lambrecht (2005) S. 22.
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Präskriptive Grundlagen
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tonutzen bezeichnet. Als Nettonutzen wird wiederum die Differenz zwischen Bruttonutzen und den mit der Nutzung verbundenen Ausgaben bezeichnet.158 Im Rahmen der Mikroökonomie wird die Annahme getroffen, dass Konsumenten einen möglichst hohen Nutzen erzielen wollen. Folglich versuchen sie, ihren Nettonutzen zu maximieren. Dieser muss mindestens Null betragen und somit der Höhe des Nettonutzens bei Nichtnachfrage entsprechen, damit das Gut auch von den Konsumenten nachgefragt wird. Weiter wird der Nettonutzen durch die Konsumentenrente ausgedrückt, welche den Geldbetrag darstellt, den der Konsument bereit wäre, zusätzlich für die Nutzung des Gutes auszugeben. Die Konsumentenrente ergibt sich folglich aus der Differenz der Zahlungsbereitschaft und des Rechnungsbetrages. Die Wahl des Konsumenten wird immer auf die Nutzungsmenge fallen, bei der er die höchstmögliche Konsumentenrente erzielt.159 Um ausschließen zu können, dass der Konsument eine Nachfragemenge von Null wählt, bei der er eine Konsumentenrente von Null erzielen würde, muss die Nutzungsmenge nichtnegativ sein. Diese Bedingung wird in der Literatur als Nichtnegativitätsbedingung oder Individual Rationality Constraint angeführt (IR-Bedingung).160 Ist der Konsument indifferent zwischen der Nutzung und der Nichtnutzung eines Gutes, weil in beiden Fällen eine Konsumentenrente von Null erzielt wird, so besteht üblicherweise die Annahme, dass der Konsument sich für die Nutzung des Gutes entscheidet.161 Folglich wird ein Konsument sein Nutzungsverhalten in einem Tarif immer an der höchstmöglich erzielbaren Konsumentenrente ausrichten und sich so für die Nutzungsmenge entscheiden bei der die Konsumentenrente maximiert wird.
158
Vgl. Skiera (1999) S. 34, Varian (2003), S. 249. Vgl. Lambrecht (2005) S. 24 ff. 160 Vgl. Sharkey/Sibley (1993), S. 200, Tirole (1988), S. 153, Clay/Sibley/Srinagesh (1992), S. 41. 161 Vgl. Lambrecht (2005) S. 25. 159
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3.2.2 Tarifwahlverhalten bei optionalen Tarifen Bei optionalen Tarifen wird dem Konsument nicht mehr nur ein Tarif angeboten, sondern er hat die Wahl zwischen verschiedenen Tarifen. Folglich muss sich der Konsument unter den angebotenen Tarifen für einen Tarif entscheiden. Neben der bereits aufgeführten Nichtnegativitätsbedingung ist bei optionalen Tarifen zusätzlich die ICBedingung, auch als Incentive Compatibility Constraint bezeichnet, zu beachten.162 Diese besagt, dass der Konsument den Tarif wählt, in dem er die maximale Konsumentenrente erzielt. Für den Fall, dass der Konsument genau indifferent zwischen zwei Tarifen ist, wird angenommen, dass er den Tarif wählt, in dem er eine höhere Menge nachfragt.163 Somit werden insgesamt vier Anforderungen an die Bestimmung der optimalen Menge und der Tarifwahl bei optionalen Tarifen gestellt. Es wird gefordert, dass164
x die optimale Menge nichtnegativ ist, x eine nichtnegative Konsumentenrente erzielt wird (IR-Bedingung), x dies zur höchsten Konsumentenrente aller Tarife führt (IC-Bedingung), x in keinem anderen Tarif bei höherer Nachfragemenge eine genauso hohe Konsumentenrente erzielt werden würde. Falls die ersten beiden Bedingungen nicht erfüllt sein sollten, fragt der Konsument null Mengeneinheiten nach. Abschließend kann festgehalten werden, dass in der mikroökonomisch geprägten Literatur grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass Konsumenten ihre Konsumentenrente maximieren. Folglich entscheidet sich der Konsument bei dem Angebot optionaler Tarife immer für den Tarif, in dem er die höchste Konsumentenrente erzielt. Weiter besteht für alle Tarife eine identische Zahlungsbereitschaftsfunktion, da der Konsument seinen Nutzen ausschließlich aus der nachgefragten Menge bezieht. Somit ist die Bereitschaft des Konsumenten, für die gewählte Nachfragemenge einen bestimmten
162 163 164
Vgl. Sharkey/Sibley (1993), S. 201, Skiera (1999), S. 42. Vgl. Sharkey/Sibley (1993), S. 202 ff., Lambrecht (2005), S. 26. Vgl. Lambrecht (2005), S. 27.
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Präskriptive Grundlagen
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Betrag zu entrichten, für alle Tarife gleich. Dies bedeutet, dass er in einem Tarif für die gewählte Nachfragemenge nicht weniger bezahlen würde als in einem anderen. Das Tarifwahlverhalten bzw. ein gewählter Tarif gilt somit als optimal, wenn durch das Tarifwahlverhalten bzw. in dem gewählten Tarif die Konsumentenrente des Nachfragers maximiert wird. Folglich gilt der Tarifwahlprozess bzw. das Tarifwahlverhalten nur dann als optimal, wenn dieses letztendlich zu der Wahl eines die Konsumentenrente maximierenden Tarifs führt. Die folgende Abbildung wendet das zuvor ermittelte Wahlverhalten auf Mobilfunktarife des Anbieters E-Plus an. Innerhalb der Time and More Allin-Tarife entrichtet der Kunde eine Grundgebühr, für die er ein gewisses Freikontingent zu Verfügung gestellt bekommt. Bei Überschreiten dieses Kontingents erfolgt eine nutzungsabhängige Abrechnung. Es handelt sich somit bei allen drei Tarifen um Volumentarife.
Tarifwahlverhalten am Beispiel von E-Plus Tarifen
90
80
Rechnungsbetrag (Euro)
70
60
50
40
30
20
10
0 0
25
50
75
100
125
150
175
200
225
250
275
300
Nutzungsmenge (Minuten) Time and More Allin 50
Time and More Allin 100
Time and More Allin 200
Zahlungsbereitschaftsfunktion
Abbildung 8: Graphische Darstellung des optimalen Tarifwahlverhaltens165
165
Quelle: Eigene Abbildung.
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52
Grundlagen des Tarifwahlverhaltens
Die Abbildung 8 ordnet den jeweiligen Nutzungsbeträgen in Minuten die im jeweiligen Tarif anfallenden Rechnungsbeträge zu und weist zusätzlich die Zahlungsbereitschaftsfunktion des Konsumenten aus. Die maximale Differenz zwischen Zahlungsbereitschaft und Rechnungsbetrag stellt die maximale Konsumentenrente dar. In dem in der Abbildung 8 aufgeführten Fall wird diese bei Auswahl des Tarifs Time and More Allin 200 erzielt. Der Konsument nutzt hierbei das Freikontingent von 200 Minuten vollständig. Den bisher getroffenen Annahmen folgend, dass der Konsument sich für den Tarif entscheidet, bei dem er die höchstmögliche Konsumentenrente erzielt, müsste sich der Konsument in dem in der Abbildung dargestellten Fall für den Tarif Time and More Allin 200 entscheiden. Somit ist nun klar, wie sich ein Konsument bei der Tarifwahl im klassischökonomischen Sinn optimal zu verhalten hat und welcher Tarif folglich den optimalen Tarif für den Konsumenten darstellt, doch scheint das hier abgebildete präskriptive Tarifwahlverhalten mit dem in der Einleitung bereits dargestellten tatsächlichen Tarifwahlverhalten wenig gemein zu haben. Würde jeder Konsument sich immer für den Tarif entscheiden in dem seine Konsumentenrente maximiert wird, so würde das eingangs beschriebene Phänomen, dass sich Konsumenten häufig für Flatrate-Tarife entscheiden, obwohl andere Tarife günstiger wären, in der Realität nicht auftreten. Da aber viele Studien mittlerweile die Existenz eines Flatrate-Bias bewiesen und diesem, entgegen anderen möglichen Tarifwahl-Biases (Pay-Per-Use-Bias) zudem eine erhebliche empirische Relevanz zugeschrieben haben, scheint eine tiefer gehende Betrachtung dieser Abweichungen des individuellen von dem soeben präskriptiv abgeleiteten optimalen Tarifwahlverhalten als durchaus gerechtfertigt. Im Rahmen der deskriptiven Grundlagen des Tarifwahlverhaltens sollen nun, in Analogie zu den Zielen innerhalb der deskriptiven Entscheidungstheorie, auf Basis empirisch beobachteter Abweichungen von direkten und indirekten Standardannahmen des präskriptiv abgeleiteten Ta-
sUppLex
Deskriptive Grundlagen
53
rifwahlverhaltens, Erklärungsansätze gesucht werden, die in der Lage sind, diese Inkonsistenzen innerhalb des Tarifwahlverhaltens erklären zu können.166
3.3
Deskriptive Grundlagen des Tarifwahlverhaltens
3.3.1 Tarifwahl-Biases im Rahmen optionaler Tarife Wie bereits innerhalb der präskriptiven Grundlagen zum Tarifwahlverhalten dargestellt, gehen mikroökonomische und betriebswirtschaftliche Analysen davon aus, dass Konsumenten immer genau die Kombination von Tarif und Nutzungsmenge wählen, durch die sie ihre Konsumentenrente maximieren.167 Mittlerweile gibt es aber empirische Belege dafür, dass Konsumenten bestimmte Tarife bevorzugen und folglich Inkonsistenzen vorliegen, die im Ergebnis nicht zu dem die Konsumentenrente maximierenden Tarif führen. Dieser kognitive Fehler, der als Tarifwahl-Bias bezeichnet wird, liegt dann vor, „wenn ein Konsument einen Tarif wählt, obwohl er in einem anderen Tarif bei der gewählten Nutzungsmenge weniger gezahlt hätte.“168 In Bezug auf Tarifwahl-Biases kann man zwischen einem Flatrate-Bias und einem Pay-Per-Use-Bias differenzieren. Nunes beschreibt einen Flatrate-Bias als „…the tendency to pay a fixed fee that costs more than measured service would have cost, given their demonstrated demand. The inability to anticipate future usage and minimize expenditures accordingly has been dubbed the "flat rate bias"…”.169 Train hingegen spricht von einem Flatrate-Bias, wenn Konsumenten „value flat-rate service over measured service, even when the bill that consumer would receive under the two services,…, would be the same.”170 In Bezug auf diese Definition bleibt anzumerken dass bei einem Vorzug, einer Flatrate bei Existenz identischer Rechnungsbeträge dieser und der restlichen Tarifformen, wohl nicht von einem Flatrate-Bias im Sinne eines kognitiven Fehlers, der bei Vorzug eines Tarifes trotz höherem Rechnungsbetrages eindeutig gegeben ist, sondern vielmehr von einer generellen subjektiven Präferenz bezüglich
166 167 168 169 170
Vgl. Klose (1994), S. 11. Vgl. Lambrecht (2005), S. 29. Lambrecht (2005), S. 29. Nunes (2000), S. 397. Train (1991), S. 211.
sUppLex
54
Grundlagen des Tarifwahlverhaltens
der Tarifform „Flatrate“ zu sprechen ist. Ähnliches gilt für die Definition von Schulze/Gedenk, die von einem Bias zugunsten eines Pauschaltarifs sprechen, wenn „viele Kunden aus einem Pauschaltarif einen Zusatznutzen ziehen, der nicht ohne weiteres aus der Zahlungsbereitschaftsfunktion abzuleiten ist“171. Auch bezüglich dieser Definition ist anzunehmen, dass das Erzielen eines tarifspezifischen Nutzens aus FlatrateTarifen nicht zwangsläufig einen Flatrate-Bias nach sich zieht. Vielmehr wird ein Konsument, der aus Flatrate-Tarifen einen tarifspezifischen Nutzen ziehen kann, den er aus anderen Tarifformen nicht erhält, Flatrate-Tarifen in erster Linie einen höheren subjektiven Wert als anderen Tarifformen zurechnen. In Kapitel 3.3.3 wird diesen Gedanken mit der Einführung des Begriffes „Tarif-Präferenz“ in Abgrenzung zu Tarifwahl-Biases Rechnung getragen. Diese Arbeit orientiert sich folglich an der auf Nunes aufbauenden Definition von Lambrecht, nach der ein Flatrate-Bias vorliegt, „wenn ein Konsument einen Tarif mit hohem Grundpreis und Freikontingent wählt, obwohl ein Tarif mit niedrigerem Grundpreis und Freikontingent günstiger gewesen wäre“. 172 Durch eine Erweiterung gelangt man zu der für diese Arbeit relevanten Definition. Demnach liegt ein Flatrate-Bias vor, wenn ein Konsument einen Tarif mit hohem Grundpreis und/oder hohem Freikontingent wählt, obwohl ein Tarif mit niedrigerem Grundpreis und/oder niedrigerem Freikontingent respektive ein nutzungsabhängiger Tarif günstiger gewesen wären. Analog zum Flatrate-Bias liegt ein Pay-Per-Use-Bias vor, wenn ein Konsument einen Tarif mit niedrigem Grundpreis und/oder niedrigem Freikontingent respektive einen nutzungsabhängigen Tarif wählt, obwohl ein Tarif mit höherem Grundpreis und/oder höherem Freikontingent günstiger gewesen wäre. Bei dem Tarif mit hohem Grundpreis und/oder hohem Freikontingent kann es sich um einen Volumentarif mit hohem Grundpreis und hohem Freikontingent, also einer „beschränkten“ Flatrate, oder um eine reine Flatrate sowie um einen zweiteiligen Tarif mit hohem Grundpreis handeln. Bei dem Tarif mit niedrigem Grundpreis und/oder niedrigem Freikontingent kann es
171 172
Schulze/Gedenk (2005), S. 161. Lambrecht (2005), S. 30.
sUppLex
Deskriptive Grundlagen
55
sich um einen Volumentarif mit niedrigem Grundpreis und niedrigem Freikontingent oder um einen zweiteiligen Tarif mit niedrigem Grundpreis handeln. Reduziert man die dieser Arbeit zugrunde liegenden Definitionen auf ihr Obligatestes, so gelangt man zu den Definitionen von Skiera/Lambrecht.173 Diese bezeichnen Konsumenten, „die einen Tarif wählen, der sich im Nachhinein als zu groß für sie erweist, also bei dem sie für das gezeigte Nutzungsverhalten einen höheren Rechnungsbetrag als bei einem Tarif mit niedrigerem Grundpreis bezahlen müssen, als Konsumenten mit einem Flatrate-Bias.“174 Weiter bezeichnen Skiera/Lambrecht Konsumenten, „die einen Tarif wählen, der sich im Nachhinein als zu klein für sie erweist, also bei dem sie für das gezeigte Nutzungsverhalten einen höheren Rechnungsbetrag als bei einem Tarif mit höherem Grundpreis bezahlen müssen, als Konsumenten mit einem Pay-per-Use-Bias.“175
3.3.2 Tarifwahl-Anomalien Nachdem nun Klarheit darüber besteht, was ein Tarifwahl-Bias genau umschreibt und welche Formen dieser annehmen kann, stellt sich nun die Frage nach seinen Ursachen. Da ein Tarifwahl-Bias ein vom optimalen Ergebnis abweichendes Ergebnis eines Tarifwahlprozesses, also die Wahl eines die Konsumentenrente nicht maximierenden Tarifs darstellt, liegt die Vermutung nahe, dass die Ursachen für einen Tarifwahl-Bias in dem zeitlich vorgelagerten Tarifwahlprozess zu finden sind. Um nun ein vom optimalen Ergebnis abweichendes Ergebnis innerhalb des individuellen Tarifwahlprozesses erzielen zu können, muss auch der individuelle vom optimalen Tarifwahlprozess abweichen, da gerade aus diesem das vom Optimum abweichende Ergebnis resultiert. Gerade wenn es sich bei diesen Abweichungen um systematische Abweichungen des individuellen von dem optimalen Tarifwahlprozess handelt, liegen in diesen Abweichungen die Ursachen für den Tarifwahl-Bias begründet. In Analogie zu allgemeinen Entscheidungsanomalien bzw. Verhaltens-Anomalien, mit denen Situationen umschrieben werden, in denen sich Menschen systematisch anders 173 174 175
Vgl. Skiera/Lambrecht (2006). Skiera/Lambrecht (2006), S. 14. Skiera/Lambrecht (2006), S. 14.
sUppLex
56
Grundlagen des Tarifwahlverhaltens
verhalten als in der Wirtschaftswissenschaft unterstellt,176 können systematische Abweichungen individuellen Tarifwahlverhaltens von Standardannahmen des präskriptiv abgeleiteten, optimalen Tarifwahlverhaltens als Tarifwahl-Anomalie bezeichnet werden. Während eine Tarifwahl-Anomalie somit das Auftreten einer systematischen Abweichung des individuellen Tarifwahlprozesses von dem optimalen Tarifwahlprozess umschreibt, stellt der Tarifwahl-Bias das letztendlich durch das Auftreten von Tarifwahl-Anomalien bestimmte, mögliche Resultat des Tarifwahlprozesses dar. Je mehr Tarifwahl-Anomalien auftreten respektive je stärker der Effekt der einzelnen Tarifwahl-Anomalie ausfällt, desto größer sind die Abweichungen des individuellen von dem optimalen Tarifwahlprozess und somit auch insgesamt die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Konsument letztendlich nicht für den die Konsumentenrente maximierenden Tarif entscheidet. Folglich stellen die Tarifwahl-Anomalien, die den Tarifwahl-Bias begründenden Ursachen dar. Da eine Tarifwahl im strukturellen Sinn eine bestimmte Wahlaufgabe zwischen unterschiedlichen Alternativen, also eine bestimmte „Form“ der Entscheidung darstellt und Ursachen für Entscheidungsanomalien nach wissenschaftlichem Konsens allgemein in der Charakteristik menschlicher Kognitionen, Motivationen und Emotionen begründet liegen,177 lassen sich bei Tarifwahl-Anomalien ähnliche Muster vermuten. Demzufolge lässt sich der dargestellte Zusammenhang zwischen Tarifwahl-Bias und TarifwahlAnomalien wie folgt graphisch strukturieren:
Abbildung 9: Tarifwahl-Anomalien und Tarifwahl-Bias178
176 177 178
Vgl. Eichenberger/Frey (1990), S. 270. Vgl. Becker (2003), S. 44. Quelle: Eigene Abbildung.
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Deskriptive Grundlagen
57
3.3.3 Tarif-Präferenz In Abgrenzung zu einem Tarifwahl-Bias, der das endgültige Ergebnis eines Tarifwahlprozesses, also eine suboptimale Tarifwahl infolge eines kognitiven Fehlers darstellt, scheint es sinnvoll den Begriff Tarif-Präferenz einzuführen. Während der Tarifwahl-Bias das Ergebnis verschiedener, noch zu klärender kognitiver Vorgänge der Konsumenten bei einer Tarifwahl darstellt, soll mit der Tarif-Präferenz die aus ebenso noch zu klärenden Bedürfnissen und Erwartungen resultierende, emotionale Grundeinstellung der Konsumenten gegenüber den verschiedenen Tarifformen dargestellt werden. Folglich liegt eine Tarif-Präferenz vor, wenn ein Konsument aus einer Tarifform einen tarifspezifischen Nutzen ziehen kann, der über den reinen Wert der Nutzung innerhalb dieses Tarifs hinausgeht, und der Konsument insgesamt der Tarifform so eine subjektiv höhere Wertschätzung entgegenbringt als anderen Tarifformen. Diese Präferenz ist in keinen objektiv-rationalen Aspekten begründet, sondern resultiert rein aus den im Konsumenten verankerten emotionalen Mustern gegenüber den einzelnen Tarifformen. In Analogie zu allgemeinen Stimulus-Response-Modellen des Käuferverhaltens,179 kann der Prozess, der zu einer Tarif-Präferenz führt, vereinfacht wie folgt dargestellt werden:
Stimulus
Organism
Tarifform 1
Soll-Ist-Abgleich
Response
Bedürfnisse des Konsumenten
Tarifform j
Erwartungen an eine im Sinn des Konsumenten optimale Tarifform / Eigenschaften der Tarifformen 1-j
Tarif-Präferenz für Tarifform i
Abbildung 10: S-R Modell der Tarif-Präferenz180
179 180
Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (1997), S. 190 ff. Quelle: Eigene Abbildung.
sUppLex
58
Grundlagen des Tarifwahlverhaltens
Zunächst nimmt der Konsument die zur Auswahl stehenden Tarifformen und deren Eigenschaften als Stimulus wahr. In einer Reihe von internen Prozessen innerhalb des Organismus wird daraufhin bewertet, inwieweit die wahrgenommenen Eigenschaften der Tarifformen mit den auf Grundlage der Bedürfnisse des Konsumenten intern formulierten Erwartungen an eine in seinem Sinne optimalen Tarifform übereinstimmt und je nachdem, welche Tarifform die höchste Kongruenz zwischen formulierten Erwartungen und wahrgenommenen Eigenschaften aufweist, erfolgt für diese eine TarifPräferenz als Response. In Anlehnung an die polarisierten Extrema der existierenden Tarifformen, mit nutzungsabhängigen Tarifen auf der einen und nutzungsunabhängigen Tarifen auf der anderen Seite, lässt sich zwischen einer Pay-Per-Use-Präferenz und einer FlatratePräferenz differenzieren. Eine Pay-Per-Use-Präferenz liegt vor, wenn ein Konsument nutzungsabhängigen Tarifen oder Tarifen mit tendenziell niedriger Grundgebühr und Freikontingent grundsätzlich eine subjektiv höhere Wertschätzung entgegenbringt als nutzungsunabhängigen Tarifen oder Tarifen mit tendenziell hoher Grundgebühr und Freikontingent. Eine Flatrate-Präferenz hingegen liegt vor, wenn ein Konsument nutzungsunabhängigen Tarifen oder Tarifen mit tendenziell hoher Grundgebühr und Freikontingent grundsätzlich eine subjektiv höhere Wertschätzung entgegenbringt als nutzungsabhängigen Tarifen oder Tarifen mit tendenziell niedriger Grundgebühr und Freikontingent. Während bei einer grundsätzlich höheren Wertschätzung eines linearen Tarifs gegenüber allen anderen Tarifformen die maximale Ausprägung einer Pay-Per-UsePräferenz vorliegt, stellt das Entgegenbringen einer grundsätzlich höheren Wertschätzung gegenüber Flatrate-Tarifen die maximale Ausprägung einer Flatrate-Präferenz dar. 3.3.4 Bisherige Erkenntnisse zu Inkonsistenzen innerhalb des Tarifwahlverhaltens Seit den achtziger Jahren wurden innerhalb mehrerer Studien Inkonsistenzen in Hinblick auf Annahmen des präskriptiv abgeleiteten Tarifwahlverhaltens bei der individuellen Tarifwahl von Konsumenten identifiziert. In Bezug auf die Ergebnisse der empi-
sUppLex
Deskriptive Grundlagen
59
rischen Untersuchungen lässt sich eine Zweiteilung der existierenden Studien vornehmen.
Autor
Datengrundlage
Ergebnisse zur Tarif-Präferenz
Train /
Telefonnutzungsdaten
Tarifspezifsche Konstante in Logit-Modell zeigt
McFadden /
von 2.963 Haushalten
Präferenz für Flatrate ggü. nutzungsabhängigem Tarif
Ben-Akiva
Tarifspezifische Konstante in Logit-Modell zeigt Präferenz
(1987)
für Flatrate für große Region ggü. Flatrate für kleine Region
Train /
Telefonnutzungsdaten
Tarifspezifische Konstante in Logit-Modell zeigt
Ben-Akiva /
von 520 Haushalten
Präferenz für Flatrate ggü. nutzungsabhängigem Tarif
Atherton
Tarifspezifische Konstante in Logit-Modell zeigt Präferenz
(1989)
für Tarif mit Freikontingent ggü. Tarif ohne Freikontingent
Kling /
Telefonnutzungsdaten
van der Ploeg
von 1456 Haushalten,
(1990)
Befragungsdaten von
Präferenz Flatrate ggü. nutzungsabhängigem Tarif
860 Haushalten Nunes (2002)
Befragung von 120 Stu-
57 % der Konsumenten ziehen bei gleichen Preisen von Flat-
denten zur Tarifwahl
rate und linearem Tarif die Flatrate vor
bezüglich eines fiktiven Schwimmbades Prelec /
Befragung von 89 Besu-
52% der Konsumenten ziehen bei gleichem Preis von Flatrate
Loewenstein
chern eines Flughafens
und linearem Tarif die Flatate vor, während 28% den linearen
(1998)
Tarif vorziehen
Tabelle 8: Empirische Befunde zu Tarif-Präferenzen181
Zunächst werden Studien aufgelistet, die lediglich eine generelle subjektive Präferenz einer Tarifform gegenüber einer anderen, unabhängig von den jeweiligen Auswirkungen auf die Rechnungsbeträge oder bei Vorliegen gleicher Rechnungsbeträge der zur Auswahl stehenden Tarife, festgestellt haben (vgl. Tabelle 8). Nun folgt eine zusammenfassende Darstellung von Studien, die das tatsächliche Vorliegen eines Tarifwahl-Bias, also die Wahl eines Tarifes, obwohl die Rechnungsbeträge in einem anderen Tarif billiger gewesen wären, festgestellt haben:
181
Quelle: In Anlehnung an Lambrecht (2005) S. 35.
sUppLex
60
Grundlagen des Tarifwahlverhaltens Datengrundlage
Ergebnisse zu Tarifwahl-Biases
Hobson /
Telefonnutzungsdaten
Präferenz Flatrate, selbst wenn Rechnungsbetrag in nutzungs-
Spady
von 172 Einpersonen-
abhängigem Tarif niedriger wäre
(1988)
haushalten
Mitchell /
Telefonnutzungsdaten
Konsumenten mit Nutzung von Null wählen Tarif mit Frei-
Vogelsang
von 151.000 Haushalten
kontingent statt nutzungsabhängigem Tarif
(1991)
im Rahmen eines
Autor
AT&T Tarifexperiments
45% der Konsumenten, die festen Betrag für Preisabschlag
(zzgl. Kontrollgruppe:
am Abend und Wochenende zahlen, nutzen weniger als
60.000 Haushalte)
Break-even-Menge zwischen Tarifen
Kridel /
Telefonnutzungsdaten
65% der Flatrate-Kunden hätten in nutzungsabhängigem Tarif
Lehman /
von Haushalten
Geld gespart
Weisman
10% der Kunden des nutzungsabhängigen Tarifs hätten in
(1993)
Flatrate Geld gespart Telefonnutzungsdaten
76% der Flatrate-Kunden hätten in nutzungsabhängigem Tarif
von 2.786 Haushalten
Geld gespart 3% der Kunden des nutzungsabhängigen Tarifs hätten in Flatrate Geld gespart
DellaVigna /
Nutzungsdaten von
Personen wählen Jahresverträge, obwohl Rechnungsbetrag bei
Malmendier
7.978 Nutzer von
nutzungsabhängiger Abrechnung niedriger wäre und zahlen
(2002)
Fitnessstudios
dafür im Durchschnitt während der Mitgliedschaft $700 mehr
Nunes
Befragung von 100
87% der Befragten bevorzugen Flatrate, obwohl diese mehr
(2002)
Supermarkt-Kunden zur
kostet als nutzungsabhängiger Tarif
Tarifwahl bei fiktivem Online-Supermarkt Nutzungsdaten von 129
61% der Flatrate-Kunden hätten im Durchschnitt in einem
Nutzern eines Fitnessstu-
linearen Tarif 38% weniger bezahlt
dios Miravete
Nutzungsdaten von
6% - 12% der Flatrate-Kunden hätten in nutzungs- abhängi-
(2002a)
1.542 Haushalten im
gem Tarif Geld gespart
Rahmen eines
62% - 67% der Kunden des nutzungsabhängigen Tarifs hätten
Tarifexperiments
in Flatrate Geld gespart
Schulze /
Befragung von 145
17% der Befragten bevorzugen Flatrate, obwohl Konsumen-
Gedenk
Nutzern einer Online-
tenrente bei nutzungsabhängigem Tarif höher
(2004)
Zeitung
8% der Befragten bevorzugen nutzungsabhängigen Tarif, obwohl Konsumentenrente bei Flatrate höher
sUppLex
Deskriptive Grundlagen
61
10882 Nutzungsdaten
37,6 % der Nutzer weisen einen Flatrate-Bias auf und zahlen
Lambrecht
eines Internet-Service-
126,1% mehr als dies im Tarif mit niedrigstem Rechnungsbe-
(2005)
Providers über 3 Monate
trag der Fall wäre 1,3 % der Nutzer weisen einen Pay-Per-Use-Bias auf und zahlen 119,3% mehr als dies im Tarif mit niedrigstem Rechnungsbetrag der Fall wäre
7559 Nutzungsdaten
29,3 % der Nutzer weisen einen Flatrate-Bias auf und zahlen
eines Internet-Service-
120,1% mehr als dies im Tarif mit niedrigstem Rechnungsbe-
Providers über 5 Monate
trag der Fall wäre 0,4% der Nutzer weisen einen Pay-Per-Use-Bias auf und zahlen 120,9% mehr als dies im Tarif mit niedrigstem Rechnungsbetrag der Fall wäre
Befragung von 241 Stu-
Zwischen 18%-89% der Befragten weisen einen Flatrate-Bias
denten
auf und zahlen 13,3% mehr als dies im Tarif mit niedrigstem Rechnungsbetrag der Fall wäre
Befragung von 1078
Zwischen 25%-71% der Befragten weisen einen Flatrate-Bias
Kunden eines Internet-
auf und zahlen 12,5% mehr als dies im Tarif mit niedrigstem
Service-Providers
Rechnungsbetrag der Fall wäre
Tabelle 9: Empirische Befunde zu Tarifwahl-Biases182
Abschließend bleibt festzuhalten, dass über alle Studien hinweg dem Flatrate-Bias bzw. der Flatrate-Präferenz eine beachtliche empirische Relevanz zugesprochen werden kann, während dies bezüglich des Pay-Per-Use-Bias nicht der Fall ist. Nur innerhalb der Studie von Miravete (2002) weist der Pay-Per-Use-Bias mit 62%-67% Anteil in Bezug auf die verwendeten Nutzungsdaten eine deutliche empirische Relevanz auf, während bei nur 6%-12% der Kunden ein Flatrate-Bias vorliegt. Allerdings basieren diese Ergebnisse auf einem Tarifexperiment, bei dem die überwiegende Anzahl der Haushalte Geld sparen, wenn sie den Flatrate-Tarif beibehalten. Dies bedingt bereits, dass der Anteil an Personen, die eine Flatrate wählen, obwohl der nutzungsabhängige Tarif (bzw. zweiteilige Tarif) für diese günstiger wäre, im Vornhinein nur sehr gering sein kann.183 Somit scheint die Reliabilität des außergewöhnlich hohen Anteils des Pay-Per-Use-Bias sowie des geringen Anteils des Flatrate-Bias innerhalb dieses Tarif-
182 183
Quelle: in Anlehnung an Lambrecht (2005) S. 35. Vgl. Lambrecht (2005), S. 33.
sUppLex
62
Grundlagen des Tarifwahlverhaltens
experimentes bei wiederholter Durchführung unter objektivierten Bedingungen zweifelhaft. Eine wirklich eindeutige empirische Relevanz kann aufgrund der bisherigen Studien nur dem Flatrate-Bias bzw. der Flatrate-Präferenz zugeschrieben werden. Somit scheint die zu Anfang dieser Arbeit formulierte These, dass Konsumenten Flatratebzw. Pauschaltarife anderen Tarifformen vorziehen, als erhärtet.
3.3.5 Mögliche Konsequenzen von Tarifwahl-Biases Zunächst einmal bleibt festzuhalten, dass der Nutzer bei Vorliegen eines TarifwahlBias einen Tarif gewählt hat, in dem er mehr bezahlt als in dem eigentlich für ihn günstigsten. Aus dieser grundlegenden Feststellung resultieren für den Nutzer und das den Tarif anbietende Unternehmen verschiedene mögliche Konsequenzen, die in Bezug auf ihren Zeithorizont in kurzfristige und langfristige Konsequenzen unterteilt werden können. Kurzfristige Konsequenzen Kurzfristig ist davon auszugehen, dass Tarifwahl-Biases Auswirkungen auf den Deckungsbeitrag eines Unternehmens haben, da Nutzer mit Tarifwahl-Biases höhere Rechnungsbeträge zahlen als sie es im günstigsten Tarif würden. Es ist davon auszugehen, dass die durch den Tarifwahl-Bias ausgelöste Steigerung des Rechnungsbetrages auf Seiten des Nutzers, auf der Unternehmensseite eine zumindest kurzfristige Steigerung des Deckungsbeitrages mit sich bringt.184
Langfristige Konsequenzen Bei den langfristigen Konsequenzen von Tarifwahl-Biases treten neben den kurzfristig gestiegenen Rechnungsbeträgen bzw. Deckungsbeiträgen noch langfristige Auswirkungen auf die Kundenbeziehung hinzu.
184
Vgl. Lambrecht (2005), S. 46.
sUppLex
Deskriptive Grundlagen
63
Wird Nutzern mit Tarifwahl-Bias ihre falsche Tarifwahl bewusst, so besteht die Möglichkeit, dass diese als Konsequenz in einen Tarif wechseln, der zu einem geringeren Rechnungsbetrag führt.185 Aus Unternehmenssicht geht ab dem Zeitpunkt des Wechsels folglich der zusätzliche Deckungsbeitrag, der aus der falschen Tarifwahl resultierte, verloren. Allerdings wird weiterhin der Deckungsbeitrag erzielt, der normalerweise durch einen Kunden generiert wird, der keinen Tarifwahl-Bias aufweist. Gravierender stellen sich die langfristigen Folgen eines Tarifwahl-Bias für ein Unternehmen dar, wenn der kurzfristige Anstieg des Deckungsbeitrages durch eine erhöhte Kündigungswahrscheinlichkeit von Nutzern mit Tarifwahl-Biases und somit einer niedrigeren Kundenlebensdauer kompensiert wird. In diesem Fall würden die kurzfristigen Deckungsbeitragssteigerungen, die durch den Tarifwahl-Bias erzielt werden, zu Lasten des gesamten Customer-Lifetime-Value gehen, der alle diskontierten Gewinne umfasst, die mit einem Kunden über den gesamten Zeitraum in dem dieser Kunde des Unternehmens ist, erzielt werden.186 Insgesamt bleibt somit festzuhalten, dass durch Tarifwahl-Biases kurzfristig durchaus der Deckungsbeitrag des Unternehmens gesteigert werden kann, langfristig aber über eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen Tarifwechsel oder gar einer Kündigung negative Auswirkungen auf den Customer-Lifetime-Value möglich sind. Im Rahmen einer empirischen Untersuchung zum Tarifwahlverhalten bei Internetzugangstarifen wurden erstmalig durch Lambrecht (2005)187 die Konsequenzen eines Tarifwahl-Bias untersucht. Lambrecht konnte sowohl für einen Flatrate-Bias als auch für einen Pay-Per-Use-Bias kurzfristig eine eindeutig positive Deckungsbeitragswirkung nachweisen. Demnach fallen, je nach Beurteilungskriterium und Tarifwahl-Bias, bis zu viermal so hohe Deckungsbeiträge an, als wenn die Kunden sich für den günstigsten Tarif entschieden hätten.188 Bezüglich der langfristigen Wirkungen eines Tarifwahl-Bias auf den Kundenlebenswert unter Berücksichtigung der Kundenmigration konnte Lambrecht im Fall eines Flatrate-Bias eindeutig positive Wirkungen feststellen, 185 186 187 188
Vgl. Lambrecht (2005), S. 46, Miravete (2003). Vgl. Lambrecht (2005), S. 46 f. Vgl. Lambrecht (2005), S. 161 ff. Vgl. Lambrecht (2005), S. 183 f., 192.
sUppLex
64
Grundlagen des Tarifwahlverhaltens
während im Fall eines Pay-Per-Use-Bias keine klare Wirkung festgestellt werden konnte.189 Je nach anzuwendendem Diskontierungssatz und Beurteilungskriterium konnte eine positive oder negative Wirkung festgestellt werden. Wird die Wirkung auf den Kundenlebenswert von sowohl Flatrate-Bias als auch Pay-Per-Use-Bias auf alle Kunden bezogen, konnte Lambrecht feststellen, dass langfristig Tarifwahl-Biases zu einer Steigerung des Gesamtwertes aller Kunden führt.190 Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Unternehmen über Tarifwahl-Biases, speziell über Flatrate-Biases, erhebliche Gewinnsteigerungen realisieren können. Somit scheint es auch für Unternehmen von Interesse, die Ursachen, in denen ein Flatrate-Bias begründet liegt, zu identifizieren, um so mögliche Stellhebel für die Beeinflussung von Konsumenten in Richtung Bias mit dem Ziel einer Gewinnsteigerung abzuleiten.
189 190
Vgl. Lambrecht (2005), S. 173 ff. Vgl. Lambrecht (2005), S. 193.
sUppLex
4.
Konzeptionelle Entwicklung eines Untersuchungsmodells zur Überprüfung der Determinanten von Flatrate-Präferenz und Flatrate-Bias
4.1
Determinanten des Flatrate-Bias
4.1.1 Motivationsbedingte Tarifwahl-Anomalie - Informationsnachfrageeffekt Wie bereits in den vorangegangenen Kapiteln ausführlich dargelegt, werden die Ursachen für einen Flatrate-Bias in den systematischen Abweichungen des individuellen vom optimalen Tarifwahlprozess, also in den Tarifwahl-Anomalien, vermutet. In einem ersten Schritt soll nun über eine theoretische Zerlegung des Gesamteffektes der Tarifwahl-Anomalien auf den Flatrate-Bias in mögliche Einzeleffekte, unter Berücksichtigung der bereits eingeführten Strukturierung nach motivations-, kognitionsund emotionsbedingten Anomalien, eine konzeptionelle Basis geschaffen werden, welche anhand einer empirischen Untersuchung überprüft wird. Dabei wird zunächst der vermutete Kausalzusammenhang zwischen der eingeführten Tarifwahl-Anomalie und dem Auftreten eines Flatrate-Bias modelliert, worauf aufbauend dann der vermutete Effekt benannt und dessen Wirkung auf den Flatrate-Bias in einer zu überprüfenden Hypothese kompakt postuliert wird. Zu Anfang wird hierbei auf mögliche motivationsbedingte Tarifwahl-Anomalien eingegangen. Eine in der Motivation des Konsumenten begründete Tarifwahl-Anomalie stellt eine unzureichende Informationsnachfrage191 bezüglich der zu Verfügung stehenden Tarife dar. Besitzt der Konsument nur eine geringe Motivation, sich mit der Tarifwahl näher auseinanderzusetzen, wird dieser unter Umständen nicht alle verfügbaren Tarife und Informationen über diese abfragen. In Folge dessen ist anzunehmen, dass bei geringer Motivation und folglich geringer Informationsnachfrage nicht alle verfügbaren Alternativen und Information gesammelt und zur Tarifwahlentscheidung durch den Konsumenten herangezogen werden. Durch die Vermeidung der damit verbundenen
191
Vgl. dazu auch die Ausführungen zu Informationspathalogien von Bronner (2001), S. 184 ff.
sUppLex
66
Konzeptionelle Entwicklung eines Untersuchungsmodells
Suchkosten,192 die nötig wären, alle verfügbaren Tarife zu identifizieren und hinsichtlich der zu erwartenden Rechnungsbeträge zu überprüfen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der für den Konsument günstigste Tarif erst gar nicht mit in den Tarifwahlprozess einbezogen wird und die Tarifwahl so auf einen nicht die Konsumentenrente maximierenden Tarif fällt. Insgesamt bleibt somit festzuhalten, dass der gering motivierte Konsument innerhalb des Tarifwahlprozesses wahrscheinlich keinen Zustand der vollkommenen Information erreichen wird. Dies führt dazu, dass der individuelle Tarifwahlprozess bei Vorliegen einer geringen Informationsnachfrage durch den Konsumenten systematisch von dem optimalen Tarifwahlprozess abweicht, da dieser, den Axiomen der Rationalität folgend, dem Konsumenten u.a. vollkommene Information unterstellt. Innerhalb eines Tarifwahl-Prozesses liegt eine motivationsbedingte TarifwahlAnomalie in Form eines Informationsnachfrageeffektes folglich dann vor, wenn ein gering motivierter Konsument nicht alle verfügbaren Informationen bezüglich der Tarifwahl nachfragt und bei diesem sich so kein Zustand der vollkommenen Information innerhalb des Tarifwahl-Prozesses einstellt. Je geringer die Informationsnachfrage eines Konsumenten, desto stärker der aus einer geringen Informationsnachfrage resultierende Informationsnachfrageeffekt auf den Flatrate-Bias.
H1:
Je stärker der aus einer geringen Informationsnachfrage resultierende Informationsnachfrageeffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias.
Innerhalb einer Studie von Kling/van der Ploeg193 stellen diese fest, dass Haushalte, die nicht explizit die angebotenen Tarife auf unterschiedliche Rechnungsbeträge untersucht haben, eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, eine Flatrate zu wählen.194
192
Vgl. Kaas (1990), S. 542 ff., Shapiro/Varian (1999), S. 126 f. Vgl. Kling/van der Ploeg (1990). 194 Vgl. Lambrecht (2005) S. 41. 193
sUppLex
Determinanten des Flatrate-Bias
67
4.1.2 Kognitionsbedingte Tarifwahl-Anomalien 4.1.2.1 Entscheidungsstileffekt Der in den kognitiven Strukturen eines Konsumenten verankerte Entscheidungsstil kann durch zwei polarisierende Extrema beschrieben werden. Auf der einen Seite kann der Entscheidungsstil sehr emotional und auf der anderen Seite sehr rational ausfallen. Zeichnet sich der bei einer Tarifwahlentscheidung angewandte Entscheidungsstil eines Konsumenten durch eine stark emotionale Prägung aus, so ist anzunehmen, dass auch der Tarifwahlprozess des Konsumenten stark emotional verläuft. Dies hätte zur Folge, dass der individuelle Tarifwahlprozess bei Vorliegen eines emotionalen Entscheidungsstils des Konsumenten von dem optimalen Tarifwahlprozess systematisch abweicht, da dieser sich gerade durch seine gegensätzliche, stark rationale Prägung auszeichnet. Folglich liegt eine kognitionsbedingte Tarifwahl-Anomalie in Form eines Entscheidungsstileffektes dann vor, wenn sich der bei einer Tarifwahlentscheidung angewandte Entscheidungsstil eines Konsumenten durch eine stark emotionale Prägung auszeichnet und sich diese auf den individuellen Tarifwahlprozess überträgt. Demzufolge wird der individuelle Tarifwahlprozess von dem unter der Prämisse der Rationalität abgeleiteten, optimalen Tarifwahlprozess abweichen und sich so möglicherweise keine rationale Tarifwahl hin zu dem die Konsumentenrente maximierenden Tarif ergeben. Je emotionaler der bei einer Tarifwahlentscheidung angewandte Entscheidungsstil eines Konsumenten, desto stärker der aus dem emotionalen Entscheidungsstil resultierende Entscheidungsstileffekt auf den Flatrate-Bias.
H2:
Je stärker der aus einem emotionalen Entscheidungsstil resultierende Entscheidungsstileffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias.
sUppLex
68
Konzeptionelle Entwicklung eines Untersuchungsmodells
4.1.2.2 Überschätzungseffekt Eine Tarifwahl-Anomalie, die ebenso aus den Kognitionen der Konsumenten resultiert, stellt eine Fehleinschätzung der Nutzungsmenge eines Gutes oder einer Dienstleistung durch den Konsumenten dar. Dies kann u.a. das Resultat der Werbung eines Anbieters sein.195 Nunes196 stellt innerhalb einer empirischen Studie fest, dass Konsumenten die Wahrscheinlichkeit überschätzen, mehr als die Breakeven-Menge zwischen zwei alternativen Tarifen zu nutzen. Dabei kommt er zu dem Entschluss, dass Konsumenten sich nicht aufgrund ihrer durchschnittlichen Nutzungsmenge entscheiden, sondern die subjektive Wahrscheinlichkeit, mehr als die Breakeven-Menge zu nutzen, mit der subjektiven Wahrscheinlichkeit weniger als die Breakeven-Menge zu nutzen, vergleichen. Je größer hierbei die subjektive Wahrscheinlichkeit mehr als die Breakeven-Menge zu nutzen ist, desto größer ist laut Nunes auch die Wahrscheinlichkeit, eine Flatrate zu wählen.197 Auch DellaVigna/Malmendier198 identifizieren innerhalb einer Studie zu Mitgliedsbeiträgen von Fitnessstudios einen Überschätzungseffekt. Fitnessstudios zeichnen sich dadurch aus, dass die jetzige Anstrengung erst später durch eine gute Figur belohnt wird, wodurch diese den Gütern mit sofortigen Kosten und späterem Nutzen zuzuordnen sind. Bei solchen Gütern, kann bei zeitinkonsistenten Präferenzen eine Überschätzung der Nutzungsmenge aus einer Überschätzung der Fähigkeit der Konsumenten zur Selbstkontrolle resultieren.199 In diesem Zusammenhang sprechen Schulze/Gedenk auch von einem Selbstdisziplinierungseffekt.200 Dieser liegt vor, wenn ein höherer Konsum von dem Konsument gewünscht wird und der Pauschaltarif bzw. die Flatrate somit einen Anreiz darstellt, den Konsum entsprechend zu erhöhen. Auf ein Fitnessstudio bezogen bedeutet dies, dass die hohe Mitgliedsgebühr einen Anreiz darstellt, das Fitnessstudio möglichst oft 195 196 197 198 199 200
Vgl. Mitchell/Vogelsang (1991), S. 179. Vgl. Nunes (2000). Vgl. Lambrecht (2005), S. 42 f. Vgl. DellaVigna/Malmendier (2003). Vgl. Lambrecht (2005), S. 42. Vgl. Schulze/Gedenk (2005), S. 163.
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Determinanten des Flatrate-Bias
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zu besuchen, um diese abzuarbeiten. Der daraus resultierende „Nebeneffekt“ einer guten Figur stellt das eigentlich gewünschte Resultat des Konsumenten dar. Auch auf den Zeitungsmarkt lässt sich dieser Effekt anwenden. Dort stellt sich dieser derart dar, dass Kunden sich durch das Abonnement motivieren möchten häufiger die Zeitung zu lesen. Möglicherweise erhofft sich der Konsument davon positive Auswirkungen auf seine Allgemeinbildung und letztendlich auf seine Karriere.201 Anzumerken bleibt, dass eine Erklärung der Überschätzung über den Selbstdisziplinierungseffekt nicht bei jedem Gut sinnvoll ist. So erscheint eine Selbstdisziplinierung zu z. B. einer höheren Handy-Nutzung inhaltlich nicht sinnvoll. Auf die Tarifwahl übertragen bedeutet eine Fehleinschätzung der Nutzungsmenge, dass der Konsument eine auf falschen Annahmen beruhende Heuristik zur Auswahl seines Tarifes anwendet. Die individuell geschätzte Nutzungsmenge stimmt nicht mit der realisierten Nutzungsmenge, die im Rahmen vollkommener Information bei der Bestimmung des optimalen Tarifes zugrunde gelegt wird, überein. Folglich dürfte der individuelle Tarifwahlprozess, der auf einer nicht mit der realisierten Nutzungsmenge übereinstimmenden, geschätzten Nutzungsmenge basiert, von dem optimalen Tarifwahlprozess, der gerade die realisierte Nutzungsmenge als Grundlage nimmt, systematisch abweichen. Folglich liegt eine kognitionsbedingte Tarifwahl-Anomalie in Form eines Überschätzungseffektes dann vor, wenn ein Konsument seine Nutzungsmenge im Vergleich zu seiner tatsächlichen Nutzungsmenge überschätzt und somit eine nicht korrekt geschätzte Nutzungsmenge innerhalb des Tarifwahlprozesses verwendet. Liegt ein Überschätzungseffekt vor, so sollte die Wahrscheinlichkeit für die Wahl eines Tarifes mit einer tendenziell hohen Grundgebühr und/oder einem hohen Freikontingent bzw. für eine Flatrate steigen. Insgesamt betrachtet sollte ein Überschätzungseffekt somit die Wahrscheinlichkeit und Höhe für einen Flatrate-Bias steigern.
201
Vgl. Schulze/Gedenk (2005), S. 163.
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70
H3:
Konzeptionelle Entwicklung eines Untersuchungsmodells
Je stärker der aus einer Überschätzung der Nutzungsmenge resultierende Überschätzungseffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias.
4.1.3 Emotionsbedingte Tarifwahl-Anomalie - Flatrate-Präferenz Eine weitere den Flatrate-Bias begründende Tarifwahl-Anomalie resultiert aus der in Kapitel 3.3.3 eingeführten Tarif-Präferenz und ist somit in den Einstellungen und Bedürfnissen des Konsumenten bzw. in seinen Emotionen gegenüber unterschiedlichen Tarifformen begründet. Im Fall der in Kapitel 3.3.3 eingeführten Tarif-Präferenz zieht ein Konsument aus einer bestimmten Tarifform einen tarifspezifischen Nutzen, was letztendlich dazu führt, dass der Konsument dieser Tarifform eine subjektiv höhere Wertschätzung entgegen bringt, als anderen Tarifformen. Da im Rahmen des präskriptiv abgeleiteten, optimalen Tarifwahlverhalten die strengen Axiome der Rationalität zugrunde gelegt und keine Verhaltensaspekte sowie keine tarifspezifischen Nutzenfunktionen berücksichtigt werden, ist davon auszugehen, dass der individuelle Tarifwahlprozess bei Existenz einer Tarif-Präferenz vom optimalen Tarifwahlprozess systematisch abweicht. In eskalierender Form kann eine Tarif-Präferenz zu einer selektiven Wahrnehmung innerhalb des Tarifwahlprozesses führen, so dass ein Konsument mit FlatratePräferenz nur Tarife mit hoher Grundgebühr und hohem Freikontingent bzw. Flatrates wahrnimmt und in seine Tarifwahl-Entscheidung mit einbezieht. Die restlichen Tarife werden so erst gar nicht auf ihre Rechnungsbeträge geprüft und mit denen der präferierten Tarifform entsprechenden Tarife verglichen. Befindet sich nun der für den Konsumenten günstigste Tarif nicht unter der vom Konsumenten präferierten Tarifform „Flatrate“, so wird dieser nicht im Tarifwahlprozess berücksichtigt und der Konsument wird sich wahrscheinlich für einen nicht die Konsumentenrente maximierenden Tarif entscheiden. Demgemäß kommt es zu einem Flatrate-Bias. Folglich liegt eine emotionsbedingte Tarifwahl-Anomalie in Form einer FlatratePräferenz dann vor, wenn ein Konsument Tarifen mit tendenziell hoher Grundgebühr und Freikontingent bzw. Flatrates eine subjektiv höhere Wertschätzung entgegenbringt
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Determinanten des Flatrate-Bias
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als den restlichen Tarifformen und somit in seinem rationalen Vermögen, den für sich günstigsten Tarif zu finden, eingeschränkt wird. Je größer der zusätzliche tarifspezifische Nutzen ist, den ein Konsument durch die Wahl einer Flatrate gegenüber einem Tarif mit niedriger Grundgebühr und Freikontingent ziehen kann, desto größer ist seine subjektive Wertschätzung bezüglich Flatrates respektive seine Flatrate-Präferenz und somit auch der Effekt auf den Flatrate-Bias.
H5:
Je stärker die aus einer höheren subjektiven Wertschätzung gegenüber Flatrate-Tarifen resultierende Flatrate-Präferenz ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias.
4.1.4 Das konzeptualisierte Partialmodell des Flatrate-Bias Im Rahmen der vorangegangenen Kapitel, konnten vier den Flatrate-Bias beeinflussende Tarifwahl-Anomalien identifiziert und deren Wirkungen in vier Hypothesen zur empirischen Überprüfung aufgestellt werden. Abbildung 12 soll über eine graphisch umfassende Darstellung des vermuteten Wirkungsgefüges die unterstellten Zusammenhänge noch einmal verdeutlichen. Die nachfolgende Tabelle führt noch einmal alle aufgestellten Hypothesen auf.
Abbildung 11: Partialmodell des Flatrate-Bias202
202
Quelle: Eigene Abbildung.
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Konzeptionelle Entwicklung eines Untersuchungsmodells
H1
Je stärker der aus einer geringen Informationsnachfrage resultierende Informationsnachfrageeffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias
H2
Je stärker der aus einem emotionalen Entscheidungsstil resultierende Entscheidungsstileffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias
H3
Je stärker der aus einer Überschätzung der Nutzungsmenge resultierende Überschätzungseffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias
H4
Je stärker die aus einer höheren subjektive Wertschätzung gegenüber Flatrate-Tarifen resultierende Flatrate-Präferenz ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias
Tabelle 10: Hypothesenübersicht zum Partialmodell des Flatrate-Bias203
Während somit mögliche Determinanten des Flatrate-Bias identifiziert und die Ursache-Wirkungsgefüge des Informations-, Entscheidungsstil- und Überschätzungseffekts plausibel und bereits erklärt worden sind, besteht weiterhin Unklarheit über das Ursache-Wirkungsgefüge, dass bei Konsumenten zu einer Flatrate-Präferenz führt. In dem nächsten Kapitel soll nun über die Konzeption eines weiteren Partialmodells diese Unklarheit beseitigt werden und anschließend, nach einer Zusammenführung mit dem in diesem Kapitel konzipierten Partialmodell, das integrative Gesamtmodell des Flatrate-Bias anhand einer empirischen Untersuchung überprüft werden. 4.2
Determinanten der Flatrate-Präferenz
4.2.1 Entkopplungsbedürfnis Bereits in Kapitel 3.3.3 wurde in Anlehnung an allgemeine S-R Modelle des Käuferverhaltens eine mögliche Darstellung des Prozesses, der zu einer Tarifpräferenz bei einem Konsumenten führt, gegeben. Als elementare Bestandteile wurden dabei die Eigenschaften der Tarifform und die aus den Bedürfnissen des Konsumenten abgeleiteten Erwartungen an die Tarifform identifiziert. Während die Eigenschaften der Tarifformen bereits ausführlich im Rahmen des 2ten Kapitels dargelegt worden sind und die Erwartungen logische Transformationen der Bedürfnisse darstellen, fehlen zur vollständigen Abbildung und Erklärung der Tarif-Präferenz lediglich die Bedürfnisse der Konsumenten, die letztendlich über den vermuteten Prozess eines Soll-Ist203
Quelle: Eigene Tabelle.
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Determinanten der Flatrate-Präferenz
73
Abgleichs die Präferenz für die jeweilige Tarifform determinieren. Während in den Tarifwahl-Anomalien die Determinanten für den Flatrate-Bias vermutet werden, stellen die Bedürfnisse des Konsumenten das entsprechende Pendant in Bezug auf die Flatrate-Präferenz dar. Aus der in Kapitel 3.1.3.3 dargestellten Theorie des Mental Accounting lässt sich das Entkopplungsbedürfnis als erste mögliche Determinante der Flatrate-Präferenz ableiten. Der Theorie des Mental Accounting folgend, besitzen Konsumenten mentale Konten und Budgets,204 z. B. „Mobiltelephonie“, und rechnen dem Nutzen, den sie durch das Mobiltelefonieren erzielen auch die dadurch entstehenden Kosten zu. Der Gesamtnutzen aus der Mobiltelephonie ist für einen Konsumenten somit der Nutzen, der durch das Mobiltelefonieren erzielt wird, abzüglich der dem Mobiltelefonieren zugerechneten Kosten, also der „Schmerzen“, die bei der Zahlung der Handy-Rechnung entstehen.205 Dabei ist nicht nur der tatsächliche Zeitpunkt der Zahlung ausschlaggebend, sondern die mentalen Konten ermöglichen den Konsumenten auch eine mentale Vorauszahlung von Kosten.206 Bei einer nutzungsabhängigen Abrechnung sind die Kosten zu Periodenbeginn noch unklar, da diese erst durch den eigentlichen Konsum entstehen und werden deshalb auch erst zu dem tatsächlichen Konsumzeitpunkt mental zugerechnet. Dadurch entsteht eine enge Kopplung von Konsum und Kosten, die dazu führt, dass die bei einer nutzungsabhängigen Abrechnung entstehenden „Schmerzen“ die Freude des Konsums stark vermindern.207 Im Gegensatz dazu werden die einmaligen und ohne Bezug anfallenden Kosten einer Flatrate direkt zum Zeitpunkt der Tarifwahlentscheidung bzw. zu Periodenbeginn mental verbucht. Die dabei entstehenden „Schmerzen“ der Zahlung werden durch den Gedanken an den zukünftigen Nutzen gelindert und gelangen aufgrund des Entwertungseffekts bereits durchgeführter Zahlungen im späteren Konsumverlauf in Verges204 205 206 207
Vgl. Thaler (1985), S. 207. Vgl. Prelec/Loewenstein (1998) S. 4 und S. 8. Vgl. Prelec/Loewenstein (1998) S. 19 f. Vgl. Prelec/Loewenstein (1998) S. 11 ff.
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Konzeptionelle Entwicklung eines Untersuchungsmodells
senheit.208 Da zum Konsumzeitpunkt Grenzkosten von Null anfallen, kann der Konsum, für den zu Periodenbeginn bereits gezahlt wurde, genossen werden, als ob dieser kostenlos wäre.209 Die zeitliche Entkopplung von Konsum und Zahlung, die durch die mentale Zurechnung bei einer Flatrate ermöglicht wird, hat somit zur Folge, dass Konsumenten ihre Nutzung bei Wahl einer Flatrate mehr genießen als bei Wahl eines nutzungsabhängigen Tarifs. Auf die Mobiltelephonie übertragen bedeutet dies, dass sich ein Handy-Nutzer mit nutzungsabhängiger Abrechnung ärgert, dass der Rechnungsbetrag mit jeder Minute, die er telefoniert, steigt, während er beim Telefonieren mit nutzungsunabhängiger Abrechnung bzw. über eine Flatrate nicht über den Rechnungsbetrag nachdenkt und somit mehr Spaß am Telefonieren hat.210 Ist bei einem Konsumenten das Entkopplungsbedürfnis sehr stark ausgeprägt, also das Bedürfnis nach zeitlicher Entkopplung von Konsum und Zahlung sehr groß, so wird dieser durch die zeitliche Entkopplung von Konsum und Zahlung, die durch eine Flatrate ermöglicht wird, eine größere Freude am Konsum bei Wahl eines FlatrateTarifs empfinden, als bei anderen Tarifformen, die eben gerade diese Entkopplung nicht ermöglichen. Je stärker somit das Entkopplungsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto größer ist auch der zusätzliche, tarifspezifische Nutzen, den dieser Konsument aus der Wahl einer Flatrate ziehen kann. Folglich ist davon auszugehen, dass mit steigendem Entkopplungsbedürfnis auch die subjektive Wertschätzung gegenüber Flatrate-Tarifen bzw. Tarifen mit höherer Grundgebühr und Freikontingent und somit die Flatrate-Präferenz steigt.
H 5:
Je stärker das Entkopplungsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
208 209 210
Vgl. Lambrecht (2005), S. 40. Vgl. Prelec/Loewenstein, (1998) S. 4 und S. 21, Thaler, (1999) S. 192, Lambrecht (2005), S. 40. Vgl. Lambrecht (2005), S. 40.
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Determinanten der Flatrate-Präferenz
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Empirische Belege zur Existenz und Wirkung des Entkopplungsbedürfnisses sind sehr rar. Prelec/Loewenstein211 stellten innerhalb einer Befragung, ob die Probanden die Nutzung eines Gutes (öffentlicher Nahverkehr, Mahlzeiten während einer Kreuzfahrt, Fitnessstudio, Telefongespräche) bei Zahlung einer Flatrate oder bei einem linearen Tarif mehr genießen würden, fest, dass im Durchschnitt 48% der Befragten die Nutzung eines Gutes bei Zahlung einer Flatrate mehr genießen würden, während nur 19% äußerten, dass sie mehr „Genuss“ bei der Nutzung über einen linearen Tarif empfinden würden.212 In der Literatur findet sich auch die Bezeichnung „Taxametereffekt“, unter dem identische Wirkungsmechanismen zusammengefasst werden wie bei dem soeben beschriebenen Entkopplungsbedürfnis. Schulze/Gedenk213 messen in einer Studie zu Zeitschriftenabonnements den Taxametereffekt und stellen einen positiven Einfluss auf das Vorliegen eines Flatrate-Bias fest. Zu dem gleichen Ergebnis kommt auch Lambrecht
214
in einer Studie zu Internetzugangstarifen. Bezüglich dieser Studien bleibt
anzumerken, dass es sich bei dem Taxametereffekt und dem Entkopplungsbedürfnis um ähnliche Konstrukte handelt, bei der Messung des Taxametereffektes jedoch eine direkte Kausalbeziehung auf den Flatrate-Bias unterstellt und nicht wie innerhalb dieser Arbeit eine indirekte Kausalbeziehung über die Flatrate-Präferenz angenommen wird. 4.2.2 Versicherungsbedürfnis Das Versicherungsbedürfnis gibt an, wie wichtig es für einen Konsumenten ist, Schwankungen im monatlichen Rechnungsbetrag zu vermeiden. Erklärt werden kann dieses Bedürfnis über die im Rahmen der Ausführungen zur Prospect-Theorie bereits erwähnte Risikoaversion eines Konsumenten.215 Ein Konsument gilt dann als risikoavers, wenn dieser bereit ist, „für den sicheren Ausgang einer unsicheren Situation 211 212 213 214 215
Vgl. Prelec/Loewenstein (1998). Vgl. Lambrecht (2005), S. 40. Vgl. Schulze/Gedenk (2005). Vgl. Lambrecht (2005). Vgl. Kahneman/Tversky (1984), S. 341 f., Eisenführer/Weber (2003), S. 222 ff.
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Konzeptionelle Entwicklung eines Untersuchungsmodells
eine Prämie zu entrichten und somit einen Abschlag vom Erwartungswert des Vermögens im Falle einer unsicheren Situation in Kauf zu nehmen.“216 An einem Lotterie-Beispiel lässt sich dieser Sachverhalt leicht verdeutlichen: Ein risikoaverser Konsument, der heute 50 € besitzt, hat die Möglichkeit, entweder an einer Lotterie teilzunehmen oder einen festen Betrag von 10 € zu entrichten. Nimmt der Konsument an der Lotterie teil, so besitzt er zu je 50% die Möglichkeit 25 € zu gewinnen oder zu verlieren. Der sich daraus ergebende Erwartungswert für sein Vermögen beträgt somit weiterhin 50 €. Zieht der Konsument es dagegen vor, die 10 € zu entrichten, so hätte er ein sicheres Endvermögen von 40 €, welches offensichtlich unter dem Erwartungswert im Fall einer Teilnahme an der Lotterie liegt. Der Betrag von 10 €, den der Konsument zusätzlich entrichtet, wird als Risikoprämie bezeichnet. Das Sicherheitsäquivalent stellt dabei den Betrag von 40 € dar, bei dem der Konsument zwischen der sicheren und der unsicheren Konsequenz indifferent ist.217 Auf das Tarifwahlverhalten übertragen bedeutet dies, dass für Konsumenten, die ihre zukünftige Nutzungsmenge nicht genau vorhersagen können, bei der Wahl eines nutzungsabhängigen Tarifs Unsicherheit über den monatlichen Rechnungsbetrag besteht. Risikoaverse Konsumenten, die ein ausgeprägtes Bedürfnis besitzen, sich gegen Schwankungen im Rechnungsbetrag abzusichern, wählen tendenziell eher eine Flatrate oder einen Tarif mit hoher Grundgebühr und Freikontingent, um sich gegen das Risiko eines hohen Rechnungsbetrages in Perioden überdurchschnittlich hoher Nutzung abzusichern.218 Im Fall, dass der Konsument einen zusätzlichen Betrag entrichten muss, entspricht dieser dann der vom Konsumenten gezahlten Risikoprämie.219 Abschließend kann festgehalten werden, dass mit steigender Risikoaversion eines Konsumenten auch das Versicherungsbedürfnis und somit die Wertschätzung gegenüber Tarifformen wie Flatrates, die eine Absicherung gegen Schwankungen im Rechnungsbetrag ermöglichen, zunimmt.
216 217 218 219
Lambrecht (2005), S. 37. Vgl. Eisenführ/Weber (2003), S. 222 f., Laux (2003), S. 216 ff., Varian (2003), S. 224 ff. Vgl. Train (1991), S. 212, Mitchell/Vogelsang (1991), S.179. Vgl. Lambrecht (2005), S. 37.
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Determinanten der Flatrate-Präferenz
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Allerdings besteht in der Literatur kein Konsens darüber, dass Risikoaversion eine ausreichende Erklärung für dieses Phänomen darstellt, da der aus der Wahl eines falschen Tarifs resultierende potentielle Verlust im Vergleich zum Einkommen des Konsumenten und den Kosten der Versicherung durch die Wahl der Flatrate sehr klein ist.220 Infolge dessen kann zudem noch die ebenfalls innerhalb der Darstellung der ProspectTheorie erwähnte Verlustaversion als mögliche Erklärung herangezogen werden. Wie bereits erläutert, wird nach der Theorie der Verlustaversion der negative Wert, der Verlusten im Vergleich zu einem neutralen Referenzpunkt zugerechnet wird, höher bewertet als der positive Wert, der einem Gewinn in derselben Höhe zugerechnet wird.221 Folglich ist der „Schmerz“ über den Verlust eines bestimmten Betrages für den Konsumenten stärker als die „Freude“ über einen Gewinn der gleichen Höhe. Empirische Analysen haben gezeigt, dass Personen kleine monetäre Verluste etwa doppelt so hoch bewerten wie gleich hohe Gewinne,222 was eine gewisse Abneigung bereits gegenüber kleinen Risiken erklärt.223 Auf das Tarifwahlverhalten übertragen bedeutet dies, dass Konsumenten, z. B. aufgrund intensiver Kommunikation des Preises einer Flatrate durch Werbung oder durch Bekannte, die bereits eine Flatrate besitzen, den bei der Wahl einer Flatrate erwarteten Vermögenszustand als Referenzpunkt annehmen. Führen andere angebotene, nutzungsabhängige Tarife aufgrund über- oder unterdurchschnittlich starker Nutzung zu höheren oder niedrigeren Rechnungsbeträgen, als dies bei Wahl der Flatrate der Fall wäre, werden diese als Gewinne oder Verluste gegenüber dem Referenzpunkt gewertet.224 Aufgrund der Theorie der Verlustaversion werden aber mögliche Verluste, die bei der Wahl eines nutzungsabhängigen Tarifs gegenüber der Wahl der Flatrate eintreten, höher bewertet als Gewinne gleichen Betrags. Dies führt dazu, dass die Möglichkeit zukünftiger Verluste die Möglichkeit zukünftiger Gewinne überkompensiert und der verlustaverse Konsument sich durch die Wahl der Flatrate gegenüber diesen Ver220
221 222 223 224
Vgl. Lambrecht (2005), S. 37, Mitchell/Vogelsang (1991), S. 179, Clay/Sibley/Srinagesh (1992), S. 117, Miravete (2002), S. 944. Vgl. Lambrecht (2005), S. 38, Kahneman/Tversky (1979), Weber (1990), S. 99. Vgl. Tversky/Kahneman (1991). Vgl. Rabin (1998), S. 14. Vgl. Lambrecht (2005), S. 36.
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Konzeptionelle Entwicklung eines Untersuchungsmodells
lusten absichern kann. Der verlustaverse Konsument zieht aus dieser Tarifform somit einen Nutzen, der über den reinen Wert der Nutzung innerhalb dieses Tarifs hinausgeht, wodurch auch in der Verlustaversion eine mögliche Ursache für eine FlatratePräferenz gesehen werden kann. Weiter besitzt eine Flatrate nach Kridel/Lehmann/Weisman225 einen Optionswert, der es den Konsumenten ermöglicht, bei gleichem Rechnungsbetrag mehr als die geplante Nutzungsmenge zu konsumieren. Der Optionswert einer Flatrate besteht in der Möglichkeit, innerhalb eines Tarifes mehr als die geplante Nutzungsmenge zu konsumieren, ohne dafür mehr bezahlen zu müssen, so dass die Flatrate die Option einer höheren Nutzungsmenge zu demselben Preis anbietet.226 Während bei nutzungsabhängigen Tarifen solch eine Möglichkeit nicht gegeben ist und so bei diesen eine höhere als die geplante Nutzungsmenge auch zu Schwankungen im Rechnungsbetrag führt, besitzen nutzungsunabhängige Tarife bzw. Flatrates diesen Optionsgehalt und somit die Möglichkeit, sich auch gegen Schwankungen im Rechnungsbetrag durch eine höhere als die geplante Nutzung abzusichern. Aufgrund der Eigenschaft von Flatrate-Tarifen, nur einmalig einen konstanten Rechnungsbetrag in jeder Abrechnungsperiode unabhängig von der letztendlich genutzten Menge zu erheben, stimmen die aus einem hohen Versicherungsbedürfnis formulierten Erwartungen an einen optimalen Tarif, also die Sicherheit konstanter Rechnungsbeträge, mit den Eigenschaften einer Flatrate überein. Letztendlich führt damit ein hohes Versicherungsbedürfnis mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Flatrate-Präferenz bei dem Konsumenten. Folglich führen Verlustaversion und Risikoaversion, die sich in einem hohen Versicherungsbedürfnis des Konsumenten widerspiegeln, zu einer höheren subjektiven Wertschätzung von Tarifen mit hoher Grundgebühr und hohem Freikontingent bzw. Flatrates und somit zu einer höheren Flatrate-Präferenz.
225 226
Vgl. Kridel/Lehmann/Weisman (1993). Vgl. Lambrecht (2005), S. 38.
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Determinanten der Flatrate-Präferenz
H 6:
79
Je stärker das Versicherungsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
Neben Schulze/Gedenk227 stellt auch Lambrecht228 einen Einfluss des „Versicherungseffektes“ auf den Flatrate-Bias fest, der bis auf den angenommenen direkten Einfluss auf den Flatrate-Bias inhaltlich eine Analogie zu dem eben erläuterten Versicherungsbedürfnis darstellt. Kridel/Lehmann/Weisman229 stellen überdies innerhalb einer Studie zur Verbreitung von Flatrate-Tarifen für größere Regionen, einen Optionswert der Flatrate in Höhe von 9,49 USD fest. Dies entspricht in etwa 28% der Zahlungsbereitschaft für die Flatrate.230 4.2.3 Bequemlichkeitsbedürfnis Liegt bei einem Konsumenten ein hohes Bequemlichkeitsbedürfnis vor, so ist davon aus zugehen, dass jegliche Tätigkeit ein ausgesprochen hohes Maß an Arbeitsleid mit sich bringt. Je aufwendiger sich eine Tätigkeit gestaltet, desto stärker ist das sich für den Konsumenten daraus ergebene Arbeitsleid. Wie bereits zu Anfang dieser Arbeit erläutert, unterscheiden sich Tarife in ihrem strukturellen Aufbau z. B. hinsichtlich der Anzahl ihrer Preiskomponenten. Zudem können sich Tarife auch hinsichtlich ihres Kostenrahmens, der das Entgelt für die Nutzung in einem Tarif und somit den endgültigen Rechnungsbetrag festlegt, unterscheiden. Auf einen Mobilfunk-Tarif übertragen, legt ein Kostenrahmen also u.a. fest, ob sich die Minutenpreise für die Handy-Nutzung z. B. morgens, mittags und abends oder während der Woche und am Wochenende unterscheiden. Zudem ob für Anrufe oder SMS in fremde Mobilfunknetze jeweils unterschiedliche Rechnungsbeträge erhoben werden, ob vorab eine Grundgebühr zu entrichten oder eine Mindestnutzung vorgeschrieben ist, bei der sogar im Fall der Nichtnutzung ein Entgelt berechnet wird. Je nach 227 228 229 230
Vgl. Schulze/Gedenk (2005). Vgl. Lambrecht (2005). Vgl. Kridel/Lehmann/Weisman (1993). Vgl. Lambrecht (2005), S. 39.
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Konzeptionelle Entwicklung eines Untersuchungsmodells
Ausgestaltung des Kostenrahmens rund um einen Tarif kann dieser je nach Transparenz und Kompliziertheit unterschiedlich komplex wahrgenommen werden. Ist der Kostenrahmen eines Tarifes stark differenziert gestaltet, also unterscheidet sich z. B. der Nutzungspreis zu verschiedenen Tageszeiten, so wird dieser Tarif als tendenziell komplexer wahrgenommen als ein Tarif mit nur einem Einheitspreis für die Nutzung oder eben als eine Flatrate, innerhalb derer weder Nutzungspreise noch andere durch den Kostenrahmen definierte Aspekte aufgrund der einmaligen Zahlung eines festgelegten Fixbetrages zu beachten sind. Je komplexer sich nun ein Tarif gestaltet, desto größer ist der Aufwand, den ein Konsument investieren muss, um die Tarifbedingungen, also u.a. auch den Kostenrahmen, dieses Tarifes vollständig zu erfassen. Auf die Tarifwahl übertragen gibt das Bequemlichkeitsbedürfnis somit die Bereitschaft eines Konsumenten an, sich mit den Tarifbedingungen, wie z. B. dem Kostenrahmen, näher auseinanderzusetzen. Bei einer hohen Ausprägung des Bequemlichkeitsbedürfnisses besitzt der Konsument nur eine geringe Bereitschaft sich mit den Tarifbedingungen auseinanderzusetzen. Je stärker nun das Bequemlichkeitsbedürfnis eines Konsumenten, also seine Abneigung sich mit dem Aufbau eines Tarifes näher auseinanderzusetzen ist, desto größer ist auch der zusätzliche Nutzen, den der Konsument über die Wahl eines weniger komplexen Tarifes durch die damit verbundene Aufwandsersparnis erzielen kann. Da der mit Flatrate-Tarifen aufgrund ihrer einmaligen Zahlung und folgenden Grenzkosten von Null verbundene Aufwand von Konsumenten wohl als geringer wahrgenommen wird als bei anderen Tarifformen, ist davon auszugehen, dass mit steigendem Bequemlichkeitsbedürfnis auch die subjektive Wertschätzung gegenüber FlatrateTarifen steigt.
H 7:
Je stärker das Bequemlichkeitsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
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Determinanten der Flatrate-Präferenz
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4.2.4 Smart-Shopping-Bedürfnis Das Smart-Shopping-Bedürfnis gibt das Bedürfnis eines Konsumenten wieder, clevere Einkäufe, also echte oder nur als Schnäppchen wahrgenommene Einkäufe, zu tätigen. Besitzt ein Konsument ein stark ausgeprägtes Smart-Shopping-Bedürfnis, so ist der Nutzen bzw. die Freude, die ein Konsument bei dem Kauf eines Schnäppchens empfindet, besonders hoch. In anderen Worten besitzt ein Konsument mit einem starken Smart-Shopping-Bedürfnis ein ausgesprochen starkes Verlangen, sich mit wenig Geld viel leisten zu können. Auf das Tarifwahlverhalten übertragen bedeutet dies, dass ein Konsument mit stark ausgeprägtem Smart-Shopping-Bedürfnis immer versuchen wird, den Rechnungsbetrag möglichst gering und die über den gewählten Tarif abgerufene Leistung aber gleichzeitig möglichst maximal zu halten, um so den bezahlten Rechnungsbetrag mental auf eine möglichst große Nutzungsmenge zu verteilen. Je geringer die sich so ergebenen Kosten pro Nutzungseinheit sind, desto cleverer wird die Entscheidung für den gewählten Tarif durch den Konsumenten wahrgenommen, und desto größer ist das sich ergebende Gefühl ein Schnäppchen gemacht zu haben. Nutzungsunabhängige Tarife wie Flatrates ermöglichen es dem Konsumenten im Gegensatz zu den restlichen Tarifformen, den Rechnungsbetrag mental auf eine nahezu unbegrenzte Menge zu verteilen und somit die sich ergebenden Kosten pro Nutzungseinheit zu minimieren. Somit dürften nutzungsunabhängige Tarife wie Flatrates aufgrund ihrer Grenzkosten von Null im Vergleich zu den restlichen Tarifformen am ehesten von Konsumenten mit hohem Smart-Shopping-Bedürfnis als clevere Wahl bzw. als Schnäppchen wahrgenommen werden. Mit steigendem Smart-Shopping-Bedürfnis, steigt somit auch die subjektive Wertschätzung gegenüber Flatrate-Tarifen und somit auch die FlatratePräferenz.
H 8:
Je stärker das Smart-Shopping-Bedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz.
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82
Konzeptionelle Entwicklung eines Untersuchungsmodells
4.2.5 Flexibilitätsbedürfnis Das Flexibilitätsbedürfnis bringt zum Ausdruck, wie unangenehm es für Konsumenten ist, innerhalb eines Tarifes mehr als die tatsächlich genutzte Menge bzw. die tatsächlich in Anspruch genommene Leistung zu bezahlen. Mit steigendem Flexibilitätsbedürfnis wird eine über die tatsächliche Nutzungsmenge hinausgehende Zahlung somit kontinuierlich als unangenehmer durch den Konsumenten wahrgenommen. Besitzt ein Konsument ein stark ausgeprägtes Flexibilitätsbedürfnis, so wird dieser es prinzipiell anstreben nur seine tatsächliche Nutzungsmenge zu bezahlen. Er wird somit maximale Flexibilität innerhalb seines gewählten Tarifes anstreben, so dass er über seine tatsächliche Nutzungsmenge maximale Kontrolle auf den sich daraus ergebenen Rechnungsbetrag hat. Auf die Tarifwahl übertragen bedeutet dies, dass die unflexible Gestaltung eines Flatrate-Tarifs bewirkt, dass auch im Fall einer Periode mit geringer Nutzung immer der gleiche Rechnungsbetrag zu entrichten ist, der im Vergleich zu einer rein nutzungsabhängigen Abrechnung womöglich höher ausfällt.231 Dies hat zur Folge, dass Konsumenten mit einem hohen Flexibilitätsbedürfnis die unflexible Gestaltung eines Flatrate-Tarifs als sehr unangenehm empfinden und so allgemein aus Tarifformen, wie Flatrates oder Tarifen mit hoher Grundgebühr und Freikontingent, weniger Zusatznutzen ziehen können wie aus anderen tendenziell nutzungsabhängigen und dadurch flexibler gestalteten Tarifen. Die über ein hohes Flexibilitätsbedürfnis induzierte „Angst“, im Fall einer geringen Nutzung bei einer Flatrate zu viel zu bezahlen, führt somit zu einer geringeren Wertschätzung von FlatrateTarifen bzw. Tarifen mit tendenziell hoher Grundgebühr und Freikontingent.
H 9:
231
Je stärker das Flexibilitätsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto geringer ist die Flatrate-Präferenz
Schulze/Gedenk (2005), S. 165.
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Determinanten der Flatrate-Präferenz
83
4.2.6 Das konzeptualisierte Partialmodell der Flatrate-Präferenz In den vorangegangenen Kapiteln konnten insgesamt fünf Determinanten der FlatratePräferenz identifiziert und fünf Hypothesen über deren Wirkung festgehalten werden. Die folgende Abbildung soll über eine graphisch umfassende Darstellung des vermuteten Wirkungsgefüges die unterstellten Zusammenhänge des Partialmodells zur Erklärung der Flatrate-Präferenz noch einmal verdeutlichen. In der darauf folgenden Tabelle sind noch einmal alle Hypothesen, die im Rahmen des Partialmodells der FlatratePräferenz aufgestellt worden sind, zusammengefasst.
Entkopplungsbedürfnis
H5
Versicherungsbedürfnis
H6
FlatratePräferenz
H7
Bequemlichkeitsbedürfnis
H8 H9
Smart-Shopping-Bedürfnis
Flexibilitätsbedürfnis
Abbildung 12: Partial-Modell der Flatrate-Präferenz232
H5
Je stärker das Entkopplungsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H6
Je stärker das Versicherungsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H7
Je stärker das Bequemlichkeitsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H8
Je stärker das Smart-Shopping-Bedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H9
Je stärker das Flexibilitätsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto geringer ist die Flatrate-Präferenz
Tabelle 11: Hypothesenübersicht zum Partialmodell der Flatrate-Präferenz233 232
Quelle: Eigene Darstellung.
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84
Konzeptionelle Entwicklung eines Untersuchungsmodells
Bevor in den folgenden Kapiteln beide Partialmodelle zu einem Totalmodell zusammengeführt und daraufhin einer empirischen Überprüfung unterzogen werden, soll indem folgenden Kapitel zunächst noch einmal auf den Einfluss denkbarer Moderatorvariablen eingegangen werden.
4.3
Einfluss möglicher Moderatorvariablen
Unter einer moderierenden Variablen wird allgemein eine Variable verstanden, die einen Einfluss auf die Beziehung zwischen einer unabhängigen und einer abhängigen Variable ausübt.234 Es handelt sich hierbei um „exogene Größen, die die Form und Stärke der Beziehung zwischen einem Prädiktor und der Zielvariablen determinieren.“235 Es wird folglich davon ausgegangen, dass der Zusammenhang zwischen einer unabhängigen und einer abhängigen Variable nicht immer gleich stark ist, sondern durch die Moderatorvariable in seiner Stärke beeinflusst wird.236 Zur Beurteilung der moderierenden Effekte soll nach der Identifikation möglicher Moderatorvariablen im Rahmen von Gruppenvergleichen237 geprüft werden, inwieweit eine Moderatorvariable die Richtung oder Stärke des Zusammenhangs zwischen einer unabhängigen Variablen und einer abhängigen Variablen innerhalb des Totalmodells des Flatrate-Bias beeinflusst.
Abbildung 13: Schematische Darstellung eines Moderatoreffekts238
233 234 235 236 237
238
Quelle: Eigene Darstellung. Vgl. Baron/Kenny (1986). Huber et al. (2007), S. 48. Vgl. Huber et al. (2007), S. 48. Für eine umfassende Darstellung der Modellierung moderierender Effekte vgl. z. B. Huber et al. (2007), S. 48 ff. Quelle: In Anlehnung an Eggert/Fassot/Helm (2005), S.104.
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Das konzeptualisierte Totalmodell des Flatrate-Bias
85
Das Involvement wird als Moderator in der Literatur in unterschiedlichen Studien verwendet.239 Involvement wird hierbei als Konstrukt begriffen, „das den Grad der Ich-Beteiligung, d.h. das Engagement eines Individuums bei einem Verhalten wiedergibt.“240 Darüber hinaus kann Involvement als Motivstärke begriffen werden, die Aufschluss über das Engagement gibt, objektgerichtete Informationen zu suchen, aufzunehmen, zu verarbeiten und zu speichern.241 In der vorliegenden Studie bezieht sich das Involvement der Konsumenten auf den Mobilfunkbereich insgesamt, also inwieweit sich der Konsument für Themen in diesem Kontext interessiert bzw. wie hoch der Sachverstand und das Wissen des Konsumenten allgemein bezüglich des Mobilfunkkontextes ausfallen. Da in der Literatur bisher keine Erkenntnisse darüber vorliegen, wie sich ein hohes oder ein niedriges Involvement auf die Wirkungszusammenhänge um den Flatrate-Bias bzw. um die Flatrate-Präferenz auswirken, es aber plausibel erscheint, dass moderierende Effekte des Involvement in diesem Kontext existieren, nimmt die vorliegende Studie dies zum Anlass einer explorativen Untersuchung. Nachdem die aufgestellten Hypothesen empirisch überprüft worden sind, sollen nachfolgend innerhalb explorativer Gruppenvergleiche mögliche Moderatoreinflüsse überprüft werden.
4.4
Das konzeptualisierte Totalmodell des Flatrate-Bias
Nachdem nun die Partialmodelle der Flatrate-Präferenz und des Flatrate-Bias dargestellt worden sind, werden diese in einem nächsten Schritt für die anstehende empirische Überprüfung zu einem Totalmodell zusammengeführt. Die nachfolgende Abbildung gibt das Ergebnis der Integration der beiden Partialmodelle zu einem Totalmodell des Flatrate-Bias wieder.
239
240 241
Vgl. z. B. Burroughs/Mick (2004), S.402-411, Mascarenhas/Kesavan/Bernacchi (2004), S. 486496. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 1284. Vgl. Antil (1984), Zaichkowsky (1985), S. 341, Trommsdorff (1998), S. 50, Kroeber-Riel/ Weinberg (2003), S. 360.
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86
Konzeptionelle Entwicklung eines Untersuchungsmodells
Abbildung 14: Das konzeptualisierte Totalmodell des Flatrate-Bias242
H1
Je stärker der aus einer geringen Informationsnachfrage resultierende Informationsnachfrageeffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias
H2
Je stärker der aus einem emotionalen Entscheidungsstil resultierende Entscheidungsstileffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias
H3
Je stärker der aus einer Überschätzung der Nutzungsmenge resultierende Überschätzungseffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias
H4
Je stärker die aus einer höheren subjektive Wertschätzung gegenüber Flatrate-Tarifen resultierende Flatrate-Präferenz ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias resultierender Flatrate-Bias
H5
Je stärker das Entkopplungsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H6
Je stärker das Versicherungsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H7
Je stärker das Bequemlichkeitsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H8
Je stärker das Smart-Shopping-Bedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H9
Je stärker das Flexibilitätsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto geringer ist die Flatrate-Präferenz
Tabelle 12: Hypothesenübersicht zum Totalmodell des Flatrate-Bias243
242 243
Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung.
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5.
Empirische Überprüfung von Existenz, Konsequenzen und Determinanten der Flatrate-Präferenz und des Flatrate-Bias anhand optionaler Mobilfunktarife
5.1
Auswahl einer geeigneten Forschungsmethode
5.1.1 Ausgewählte Methode PLS Nachdem nun in Kapitel 4 die Forschungshypothesen zur Erklärung des Tarifwahlverhaltens, insbesondere der Flatrate-Präferenz und des Flatrate-Bias, aufgestellt worden sind, gilt es nun, diese empirisch zu überprüfen. Bei der Flatrate-Präferenz als auch bei dem Flatrate-Bias handelt es sich um theoretische Konstrukte und somit um a priori nicht direkt messbare Größen. Um Beziehungen zwischen diesen Variablen abbilden zu können, ist in einem vorausgehenden Schritt eine Operationalisierung mittels eines Messmodells nötig.244 Hierzu werden dem jeweils interessierenden Konstrukt in der Regel mehrere beobachtbare Variablen zugeordnet. Die beobachtbaren Größen werden dabei meist als Indikatoren oder manifeste Variablen bezeichnet, die nicht direkt beobachtbaren Größen hingegen als latente Variablen.245 Somit stellt sich vor der eigentlichen Überprüfung der modellierten Hypothesen die Frage nach einem geeigneten Messmodell. Erforderlich für die empirische Überprüfung ist zum einen empirisches Datenmaterial, anhand dessen die Hypothesen an der Realität geprüft werden können und zum anderen eine geeignete mathematischstatistische Methode mit der die Überprüfung durchgeführt werden kann.246 Bei der Auswahl eines für eine empirische Untersuchung geeigneten Analyseverfahrens sind nach Ohlwein247 verschiedene Kriterien zu beachten, die das ausgewählte Analyseverfahren zu erfüllen hat. Um eine unverfälschte Messung zu erhalten, sollte das Messmodell in der Lage sein, die zu untersuchenden Ursache-Wirkungsbeziehungen auch abbilden zu können. Somit stellt die Erfassung von kausalen Beziehungen zwischen latenten Konstrukten 244 245 246 247
Vgl. Anderson/Gerbring (1982), S. 453. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 6. Vgl. Peter (1997), S. 128. Vgl. Ohlwein (1999), S. 218 f.
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88
Empirische Überprüfung
ein notwendiges Kriterium für das zu verwendende Analyseverfahren dar (ĺ Kriterium 1).248 Da es sich bei der Flatrate-Präferenz und dem Flatrate-Bias, wie bereits dargestellt, um hypothetische Konstrukte handelt, könnte ihre Erfassung aufgrund von unzureichender Validität, Reliabilität sowie Objektivität mit Messfehlern behaftet sein. Ursache für solche Unstimmigkeiten sind u.a. bewusste Falschaussagen der Befragten, die sich auf diesem Wege schützen wollen.249 Ein geeignetes Analyseverfahren sollte folglich solche Messfehler explizit berücksichtigen (ĺ Kriterium 2).250 Grundsätzlich weisen Untersuchungsmodelle verschiedene Verflechtungen zwischen den latenten Variablen auf. Ein Analyseverfahren sollte daher in der Lage sein, diese Interdependenzen zwischen den erklärenden Variablen zu erfassen. Da das hier zu überprüfende Modell, menschliches Verhalten im Rahmen einer Tarifwahlentscheidung abbilden und erklären soll, sollte es zudem in der Lage sein, hoch komplexe Verknüpfungen abzubilden (ĺ Kriterium 3).251 Weiter führte die umfassende Betrachtung der Flatrate-Präferenz und des Flatrate-Bias zu einer relativ großen Zahl von Hypothesen. Daher sollte das zu verwendende Analyseverfahren eine simultane Überprüfung all dieser postulierten Zusammenhänge ermöglichen (ĺ Kriterium 4).252 Bei der Prüfung von kausalen Beziehungen ist zusätzlich noch zu berücksichtigen, ob eine latente Variable reflektiv oder formativ operationalisiert wird. Von einer formativen Operationalisierung spricht man, wenn die Prämisse vorliegt, dass die beobachtbaren Indikatoren x1,…, x2 die latente Variable Ș verursachen, so dass sich das Konstrukt aus diversen beobachtbaren Größen zusammensetzt. Sobald sich der Wert eines Indikators verändert, verändert sich auch der Wert der latenten Variable (cause Indicators).253 Die Ausprägung der übrigen Indikatoren kann hiervon unbeeinflusst bleiben, da sie nicht zwingend voneinander abhängig sein müssen. Folg248 249 250 251 252 253
Vgl. Ohlwein (1999), S. 219. Vgl. Bagozzi (1994), S. 26 f. Vgl. Peter (1997), S. 127, Ohlwein (1999), S. 219. Vgl. Ohlwein (1999), S. 219. Vgl. Ohlwein (1999), S. 219. Vgl. Huber et al. (2005), S. 19 f.
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Auswahl einer geeigneten Forschungsmethode
89
lich ist es in einem formativen Messmodell durchaus möglich, dass ein Anstieg des Wertes einer latenten Variable, ausschließlich auf den Anstieg des Wertes eines einzelnen Indikators zurückzuführen ist. Die Korrelationen r zwischen den Indikatoren können somit alle Werte in dem Intervall von -1 bis +1 annehmen.254 Mathematisch gesehen bedeutet dies, dass sich die latente Variable (Ș) als Linearkombination ihrer Indikatoren darstellen lässt:255
Ș = Ȗ1 x1 + Ȗ2 x2 + …. + Ȗn xn + ȗ Dabei geben die Koeffizienten Ȗ1,…, Ȗ2 die Gewichtung der Indikatoren bei ihrer linearkombinatorischen Verrechnung mit der latenten Variable Ș an. Der Fehlerterm der Messung wird mit ȗ bezeichnet und existiert lediglich auf der Ebene der latenten Variablen. Um Verzerrungen bei der Messung innerhalb eines formativen Messmodells zu vermeiden, ist eine fehlerfreie Erfassung der beobachtbaren Größen erforderlich. Weil ein formatives Konstrukt durch die Gesamtheit seiner Indikatoren definiert wird, sollten gering korrelierte Indikatoren aus messtheoretischer Sicht nicht eliminiert werden.256 In der folgenden Abbildung sind die von den Indikatoren zum Konstrukt verlaufenden Kausalbeziehungen noch einmal graphisch dargestellt.
Abbildung 15: Schematische Darstellung eines Formativen Modells257 254 255 256 257
Vgl. Nunally/Bernstein (1994), S. 489. Vgl. Bollen/Lennox (1991), S. 306. Vgl. Diamantopoulos (1999), S. 453 f., Huber et al. (2005), S. 20. Quelle: Eggert/Fassott (2003) S. 4.
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90
Empirische Überprüfung
Bei einer reflektiven Operationalisierung verläuft die Richtung der Kausalität hingegen von dem Konstrukt zu den Indikatoren, da hier die Indikatoren durch das Konstrukt verursacht werden. Verändert sich bei einem reflektiven Messmodell der Wert der latenten Variable Ș, so verändern sich auch die Ausprägungen all ihrer zugehörigen Indikatoren x1,…, x2 (effect Indicators).258 Bei einer reflektiven Operationalisierung können demnach Messfehler lediglich auf der Indikatorebene entstehen, nicht aber beim Konstrukt selbst. Bei einer fehlerfreien Messung der latenten Variablen müssten somit alle Indikatoren einen Korrelationskoeffizienten von 1 aufweisen. Je höher der Messfehler ȗ eines Indikators xi ausfällt, desto geringer fällt ceteris paribus dessen Korrelation mit den restlichen Indikatoren aus. Zu beachten ist, dass in einem reflektiven Messmodell gerade die Indikatoren hochgradig miteinander korreliert sein sollten, da sie grundsätzlich austauschbare Messungen der latenten Variable darstellen.259 Ebenso wie bei der formativen Operationalisierung kann auch der Sachverhalt einer reflektiven Operationalisierung formal dargestellt werden:260
ȋ = īx * Ș + ¨ Während ȋ den Vektor der Indikatoren und īx den Gewichtungsvektor der Indikatoren darstellt, wird durch ¨ der Vektor der Störgröße repräsentiert. Die Abbildung 16 veranschaulicht die dargestellten Wirkungszusammenhänge des reflektiven Messmodells. Abschließend bleibt festzuhalten, dass der grundlegende Unterschied zwischen einem formativen und einem reflektiven Messmodell in der Richtung der Kausalität zwischen der latenten Variable und ihren Indikatoren besteht.261 Neben diesem Unterschied bei der Kausalität besteht u.a. auch eine Abweichung bei der Korrelation der Indikatoren. Innerhalb einer formativen Operationalisierung müssen diese nicht miteinander korreliert sein, da nicht ein einzelner Indikator, sondern eine ganze Itembatterie das Kon258 259 260 261
Vgl. Huber et al. (2005), S. 19 f. Vgl. Bollen/Lennox (1991), S. 308. Vgl. Bollen/Lennox (1991), S. 306. Vgl. Huber et al. (2005), S. 20.
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Auswahl einer geeigneten Forschungsmethode
91
strukt beschreibt. Infolgedessen darf jedoch aber auch kein Indikator eliminiert werden, da sonst das zu operationalisierende Konstrukt verfälscht werden würde. Bei reflektiven Modellen hingegen müssen die Indikatoren bestmöglich miteinander korrelieren, da sie sonst entfernt werden sollten.
Abbildung 16: Schematische Darstellung eines Reflektiven Modells262
In der folgenden Tabelle sind noch einmal alle essentiellen Unterschiede der formativen und der reflektiven Operationalisierung zusammengefasst.
Kriterium
Formatives Modell
Reflektives Modell
Richtung der Kausalität
Indikatoren ĺ Konstrukt
Konstrukt ĺ Indikatoren
Indikatoren
Indikatoren sind definierende
Indikatoren sind Erscheinungs-
Merkmale des Konstrukts
formen des Konstrukts
Ja
Nein
Nein
Ja
Nicht zwingend
Ja
Bewirkt eine Veränderung der Indikatorenausprägungen eine Veränderung des Konstruktes? Bewirkt eine Veränderung des Konstruktes eine Veränderung der Indikatorenausprägungen? Sind die Indikatoren austauschbar?
262
Quelle: Eggert/Fassott (2003) S. 4.
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92
Empirische Überprüfung
Sollten die Indikatoren densel-
Indikatoren müssen nicht den selben
Indikatoren sollten den selben
ben oder ähnlichen Inhalt bzw.
Inhalt oder kein gemeinsames The-
Inhalt oder ein gemeinsames
ein gemeinsames Thema ha-
ma haben
Thema haben
Ja
Nein
Kovarianz der Indikatoren
Nicht zwingend
Wird erwartet
Hat die Veränderung eines
Nicht zwingend
Ja
Kann für Indikatoren variieren
Sollte für Indikatoren nicht vari-
ben? Hat es Auswirkungen auf das Konstrukt, falls Indikatoren eliminiert werden?
Indikators Auswirkungen auf die Restlichen? Nomologisches Netz der Kon-
ieren
strukte? Antezedenzien und Konse-
Indikatoren müssen nicht die selben
Indikatoren sollen die selben
quenzen der Items?
Antezedenzien und Konsequenzen
Antezedenzien und Konsequen-
haben
zen haben
Tabelle 13: Kriterienkatalog zur Unterscheidung zw. formativen und reflektiven Operationalisierungen263
Da der Richtung der Kausalität somit eine essentielle Bedeutung zukommt, sollte das angewendete Analyseverfahren sowohl eine reflektive als auch eine formative Operationalisierung ermöglichen (ĺ Kriterium 5). Nachdem nun alle erforderlichen Kriterien an ein für eine empirische Untersuchung geeignetes Analyseverfahren formuliert worden sind, stellt sich nun abschließend die Frage nach einem diese Kriterien erfüllenden Analyseverfahren. Da innerhalb dieser Studie die Untersuchung kausaler Abhängigkeiten angestrebt wird, bedingt dies die Anwendung eines kausalanalytischen Verfahrens.264 Zur Überprüfung von Zusammenhängen zwischen latenten, d.h. nicht beobachtbaren Variablen eignet sich hierbei die Modellierung von Strukturgleichungsmodellen, die die aus theoretischen und sachlogischen Überlegungen abgeleiteten Beziehungen zwischen den latenten Variablen abbilden.265 Für die Schätzung der Parameter der definierten Glei263
264
265
Quelle: In Anlehnung an Jarvis/MacKenzie/Podsakoff (2003), S. 203 und Huber et al. (2005), S. 19. Für eine umfassende Darstellung des Verfahrens der Kausalanalyse vgl. u.a. Hildebrandt (1995), S. 1126-1135, Homburg/Baumgartner (1995), S. 1091-1108, Bagozzi (1980). Vgl. Huber et al. (2007), S. 3.
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Auswahl einer geeigneten Forschungsmethode
93
chungssysteme können zum einen kovarianzbasierte Verfahren, also Verfahren, die die Modellparameter über eine bestmögliche Reproduktion der empirischen Kovarianzmatrix der Indikatoren schätzen und varianzbasierte Verfahren, die aus verschiedenen regressionsanalytischen Komponenten eine Schätzung für das gesamte Modell generieren, angewandt werden.266 Aufgrund der besseren Prognosefähigkeit von varianzbasierten Schätzverfahren und der Möglichkeit, auch umfangreiche Modelle schon mit relativ kleinen Stichproben schätzen zu können, wird sich im Rahmen der vorliegenden Arbeit für das varianzbasierte Verfahren „PLS“ entschieden. Die angeführten Kriterien für ein geeignetes Analyseverfahren, insbesondere das letzte, werden dabei ausnahmslos von dem PLS-Verfahren erfüllt. PLS steht hierbei für Partial Least Squares. Da dieses Verfahren auf der Kleinst-Quadrat-Methode (KQM) basiert, werden wie gefordert nur verhältnismäßig geringe stochastische Anforderungen an die empirische Erhebung gestellt, was die Verwendung relativ kleiner Stichproben ermöglicht.267 In der folgenden Tabelle sind weitere Kriterien, die das PLSVerfahren auszeichnen, aufgeführt.
Kriterien
PLS
Grundlage des Ansatzes
Varianzanalyse
Schätzalgorithmus
Mehrere Kleinst-Quadrat-Schätzungen
Verteilungsannahmen
Keine Verteilungsannahmen
Beziehung zwischen Indikatoren und Konstrukt
Reflektive und formative Modellierung möglich
Stichprobengröße
Bereits mit kleinen Stichproben schätzbar
Zielsetzung
Vorhersageorientiert
Anwendungsfeld
Praxisorientiert
Tabelle 14: Kriterienkatalog PLS268
Abschließend bleibt festzuhalten, dass PLS als praxisnahes Instrument eine Zielvariable optimal erklären und prognostizieren kann. Aufgrund des hohen Praxisbezuges des 266
267 268
Für eine umfassende Darstellung der Schätzung von Strukturgleichungsmodellen Vgl. u.a. Huber et al. (2007), S. 6 ff. Vgl. Eggert/Fassott(2003), S. 13 f. Quelle: In Anlehnung an Hahn (2002), S. 107.
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Empirische Überprüfung
innerhalb dieser empirischen Studie aufgestellten Hypothesenmodells erscheint die Anwendung von PLS als Analyseverfahren auch im Hinblick auf das Anwendungsfeld als gerechtfertigt. Da die in Tabelle 8 zusammengefassten Aussagen weitgehend selbsterklärend sind und das Verfahren PLS aufgrund der mittlerweile zunehmenden Anwendung in der empirischen Marketingforschung bereits in diversen Beiträgen, 269 auf die hiermit verwiesen wird, angewandt und dargestellt worden ist, wird auf eine umfassende Darstellung in der vorliegenden Arbeit verzichtet. Vielmehr wird direkt zum zentralen Punkt der empirischen Erhebung, zu den Gütekriterien, die das Messmodell in dem vorliegenden Fall PLS zur Verfügung stellt, übergegangen.
5.1.2 Zur Beurteilung von PLS-Modellen Im Rahmen der Gütebeurteilung von PLS-Pfadmodellen soll untersucht werden, inwieweit das spezifizierte Modell in der Lage ist, die Wirkungen zwischen den beobachtbaren Variablen zu beschreiben.270 Um letztendlich eine einwandfreie und um mögliche Messfehler reduzierte Messung garantieren zu können, sollten die Kriterien zur Schätzung des Modells einen Rückschluss auf die Validität (Gültigkeit) und Reliabilität (Zuverlässigkeit) der Modellbeziehungen sowie des Gesamtgefüges zulassen. Das varianzbasierte lineare Strukturgleichungsmodell PLS lässt sich in ein inneres (Strukturmodell) und in ein äußeres (Messmodell) Partialmodell unterteilen. Innerhalb des Strukturmodells erfolgt eine Darstellung und Prüfung der Zusammenhänge zwischen den latenten Konstrukten, wobei eine Differenzierung zwischen:
x exogenen Variablen, die andere Variablen innerhalb des Untersuchungsmodells beeinflussen, selbst aber unbeeinflusst bleiben und x endogenen Variablen, die von anderen latenten Konstrukten beeinflusst werden,271erfolgt. Im Rahmen des Messmodells wird hingegen geprüft, ob die ein269
270
Vgl. z. B. Lohmöller, J.-B.(1989), Chin, W. W. (1998), Chin, W. W. / Newsted, P. R. (1999), Abdi (2007), Huber et al.(2005). Vgl. Huber et al. (2005), S. 8 f.
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Auswahl einer geeigneten Forschungsmethode
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zelnen Indikatoren das jeweilig zugeordnete Konstrukt signifikant erklären können. Insgesamt erfolgt somit eine Abbildung des Beziehungsgeflechts.
Messmodell
Im Rahmen des Messmodells muss bei der Operationalisierung aufgrund der unterschiedlichen Gütekriterien zunächst zwischen reflektiven und formativen Indikatoren unterschieden werden.272 Bei reflektiven Messmodellen stützt sich die Beurteilung der Güte der Indikatoren eines Konstruktes vor allem auf die Höhe und Signifikanz der Faktorladungen.273 Aufgrund der Annahme, dass mehr als 50 % der Varianz eines Indikators auf die latente Variable zurückzuführen sein sollte, lässt sich ableiten, dass für die Ladung der latenten Variable auf eine Indikatorvariable mindestens ein Wert von 0,7 (besser 0,8) als akzeptabel anzusehen ist.274 Zur Einschätzung der Signifikanz der Ladungen mittels tWerten werden im Rahmen des PLS-Verfahrens die Prozeduren „Bootstrapping“ und „Jacknifing“ zur Verfügung gestellt.275 Aufgrund der geringen Standardfehler erfolgt innerhalb der vorliegenden Arbeit die Anwendung der Bootstrapping-Methode.276 Die t-Werte sollten bei einem einseitigen Test mit einem Wert > 1,66 auf 5 % Niveau signifikant sein. Bei der Überprüfung der Plausibilität der Faktorladungen sollte insbesondere auf die „Sinnhaftigkeit“ des Vorzeichens geachtet werden.277 Über die Konstruktvalidität lässt sich überprüfen, inwiefern sich die gewählte Operationalisierung zur Messung des latenten Konstruktes eignet. Zu deren Bestimmung ist sowohl die Untersuchung der Konvergenz- als auch der Diskriminanzvalidität erforderlich. Während sich die Konvergenzvalidität über die Konstruktreliabilität („Erklärungsgrad, wie gut sich ein Faktor zur Erklärung des zu ihm stehenden Blocks reflektiver Indikatorvariablen eignet“) und über die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV) bestimmen lässt,
271 272 273 274
275 276 277
Vgl. Homburg (1992), S. 501. Vgl. Hulland (1999), S. 201. Vgl. Hulland (1999), S. 198. Vgl. Sarkar/Echambadi,/Cavusgil/Aulakh (2001), S. 365, Huber et al. (2005), S. 35. Vgl. Hahn (2002), S. 107. Vgl. Efron/Gong 1983, S. 39 f., Efron/Tibshirani (1993), S. 145 f. Vgl. Gefen/Straub/Boudreau (2000), S. 25.
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Empirische Überprüfung
wird die Diskriminanzvalidität („Unterschiedlichkeitsgrad der Messungen verschiedener Konstrukte mit einem Messinstrument“) über das Formell-Lacker-Kriterium bestimmt. Dieses gilt als erfüllt, sobald die DEV des latenten Konstruktes größer ist als jede quadrierte Korrelation mit einem anderen Konstrukt.278 Mit dem Q2 von StoneGeiser wird das Messmodell auf seine Vorhersagevalidität geprüft, dem bei Vorliegen eines Q2-Wertes größer Null prädiktive Relevanz zugesprochen werden kann. Im Rahmen einer konfirmatorischen Faktorenanalyse wird über die berechneten Kreuzladungen auf Unidimensionalität geprüft, also inwieweit alle verwendeten Indikatoren eines Konstruktes auch nur dieses laden bzw. inwieweit das Konstrukt selbst als alleinige Quelle für die Korrelationen zwischen den verwendeten Indikatoren ursächlich ist.279 Verwendet man hingegen eine formative Operationalisierung, so interessieren zur Beurteilung der Güte in erster Linie die multiplen Regressionskoeffizienten zwischen dem Konstrukt und den Indikatoren sowie deren Signifikanz.280 Die Höhe des Regressionskoeffizienten ermöglicht hierbei eine Beurteilung der Vorhersagevalidität eines Indikators hinsichtlich eines bestimmten Konstruktes. Dabei ist, wie bereits erwähnt zu berücksichtigen, dass Indikatoren mit einem niedrigen Regressionskoeffizienten innerhalb formativer Messmodelle nicht ohne weiteres eliminiert werden dürfen. Analog zu der reflektiven Operationalisierung muss auch hier eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt werden. Zur Evaluierung der Diskriminanzvalidität wird die Eigenschaft der Prädiktorenspezifikation herangezogen, die auf die Berechnung von konkreten Werten für die latenten Variablen abstellt. Als Ergebnis liefert eine Korrelationsmatrix der Konstruktwerte Aufschluss über eine hinreichende Diskriminanz. Die Korrelationen der Korrelationsmatrix der latenten Variablen sollten dabei stets kleiner als 0,9 sein.281 Um das Modell auf eine mögliche Multikollinearität prüfen zu können, sollte zusätzlich der Variance Inflation Factor (VIF) berechnet wer-
278 279 280 281
Vgl. Fornell/Cha (1994), S. 73, Huber et al. (2007), S. 88 ff. Vgl. Huber et al.(2005), S. 28 . Vgl. Huber et al. (2007), S. 96. Vgl. Huber et al. (2007), S. 102.
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Auswahl einer geeigneten Forschungsmethode
97
den. Dieser dient zur Beurteilung, inwieweit die Varianz eines Indikators von den übrigen Konstruktindikatoren erklärt werden kann und stellt somit ein Maß für das Vorliegen von Multikollinearität dar, welche grundsätzlich zu vermeiden ist. Bei einem Wert des VIF kleiner als 10 ist davon auszugehen, dass keine Multikollinearität vorliegt.282 In der folgenden Tabelle sind noch einmal alle Möglichkeiten zur Analyse der Güte des PLS-Modells für die Messmodellebene zusammengefasst. Gütekriterien für das Messmo-
Reflektives Messmodell
Formatives Messmodell
Gewichte
Irrelevant
(keine Vorgabe)
Ladung
> 0,7 (besser 0,8)
Irrelevant
t-Wert
Einseitig > 1,66
Zweiseitig > 1,98
Multikollinearität
(nicht möglich)
Variance Inflation Factor (VIF)
Vorhersagevalidität
Stone-Geissers Q2 (Kommunali-
dell
<10 (nicht möglich)
tät) > 0 Unidimensionalität
Höhe und Korrelation der Residu-
(nicht möglich)
en; Kreuzladungen Konvergenz: DEV
> 0,6
(nicht möglich)
Konstruktreliabilität
> 0,7
(nicht möglich)
Diskriminanz
Fornell-Larcker-Kriterium
Konstrukt-Korrelationen(< 0,9)
Tabelle 15: Prüfkriterien für PLS-Modelle auf Messmodellebene283
Strukturmodell
Nach der Analyse der Gütekriterien auf Messmodellebene gilt es, die Güte der Daten bzw. der Hypothesen auf Strukturmodellebene mittels eines zweiseitigen t-Tests der Pfadkoeffizienten, die den Koeffizienten einer multiplen Regressionsanalyse entsprechen, zu überprüfen.284 Hierbei geben die Strukturparameter Aufschluss über die Einflussstärke eines Konstrukts auf das kausal nachfolgende Konstrukt. Die Höhe der Parameter und der Signifikanzen dienen wieder zur Abschätzung ihrer Güte. Wie gut die Varianz durch die vorgeschalteten Konstrukte erklärt werden kann, wird durch den 282 283
284
Vgl. Huber et al. (2007), S. 100 f. Quelle: In Anlehnung an Huber et al. (2007), S. 45. Vgl. Chin (1998), S. 316.
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Empirische Überprüfung
Determinantenkoeffizienten R2 angegeben.285 Ebenso wie auf der Messmodellebene erfolgt auch auf der Strukturmodellebene eine Analyse der Multikollinearität für die vor geschalteten Konstrukte mittels Varianzinflationsfaktor VIF. Zu diesem Zweck werden für die betroffenen Konstrukte konkrete Werte berechnet und die Erklärungskraft der vorgelagerten Größen eines endogenen Konstruktes untereinander bestimmt.286
Gütekriterien für das Strukturmodell Strukturparameter
(keine Vorgabe)
t-Wert
Zweiseitig > 1,98
R2
> 0,3
Multikollinearität
Variance Inflation Factor < 10
Vorhersagevalidität
Stone-Geissers Q2 (Redundanz)
(bzgl. endogener reflektiver Konstrukte)
>0
Tabelle 16: Prüfkriterien für PLS-Modelle auf Strukturmodellebene287
Obwohl bei PLS kein globales Gütekriterium existiert, lässt sich durch die zusammenfassende Betrachtung aller vorgestellten Gütekriterien eine ausreichende Bewertung der Modellzusammenhänge erreichen.288 Bei Verwendung eines reflektiven Zielkonstruktes kann zusätzlich das auf Redundanzen basierende Q2 nach Stone-Geisser als Indikator für die Vorhersagevalidität von Struktur- und Messmodell dienen.289 Dem Modell kann hierbei Vorhersagerelevanz zugesprochen werden, wenn die Summe der auf Basis der Modellparameter bestimmten Residuen geringer ist, als die bei einer trivialen Schätzung. Dies ist bei einem Wert für Stone-Geissers Q2 über Null anzunehmen.290 Anhand der vorgestellten Gütekriterien kann die Güte der Mess- und Strukturmodellschätzung, die Gegenstand der folgenden Kapitel sein wird, evaluiert werden.
285
Vgl. Hahn (2002), S. 104. Vgl. Huber et al.(2005), S. 36. Quelle: In Anlehnung an Huber et al. (2007), S. 45. 288 Vgl. Fornell/Cha (1994), S. 72 f. 289 Vgl. Fornell/Bockstein (1982), S. 450, Fornell/Cha (1994), S. 72 f. 290 Vgl. Huber et al. (2007), S. 43. 286 287
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Erhebung der Daten
5.2
99
Erhebung der Daten
5.2.1 Untersuchungsobjekt und Befragungseinheit Nachdem nun die Methodik zur Überprüfung des abgeleiteten Hypothesenmodells zum Tarifwahlverhalten im vorangegangenen Kapitel dargestellt worden ist, stellt sich nun die Frage nach einem geeigneten Untersuchungsobjekt für die Erhebung des benötigten Datenmaterials. Wie bereits erwähnt, ist die bisherige Forschung auf dem Gebiet des Tarifwahlverhaltens mit direkter Bezugnahme zu Tarif-Präferenzen und/oder Tarifwahl-Biases recht dünn. Studien aus den 80er und 90er Jahren untersuchen das Tarifwahlverhalten überwiegend am Beispiel von Telefontarifen im US-amerikanischen Festnetz. Prinzipiell scheint sich die Festnetz-Telekommunikation auch als Untersuchungsobjekt für die Erforschung des Tarifwahlverhalten von Konsumenten zu eignen, da durch die starke Verbreitung von Festnetz-Anschlüssen eine breite Konsumentenbasis angesprochen werden kann und zudem über optionale Telefontarife viele denkbare Tarifformen implementiert werden können. Gegen die Wahl der Festnetz-Telekommunikation als Untersuchungsgegenstand spricht jedoch, dass dieses Umfeld nunmehr seit mehreren Jahrzehnten besteht und aufgrund dessen mit hoher Wahrscheinlichkeit traditionell etablierte Tarifstrukturen bestehen, die per se zu einer Präferenz bzw. Bias zugunsten eines Tariftyps führen könnten. Insgesamt würden solche Tarifstrukturen die Untersuchungsergebnisse verfälschen und somit die Erklärung möglicher Inkonsistenzen beider Tarifwahl erschweren. Infolgedessen sollte sich die Wahl eines geeigneten Untersuchungsobjektes zwar auf ein Umfeld konzentrieren, das durch das Angebot optionaler Tarife möglichst viele Tariftypen zu implementieren vermag und durch einen gewissen Verbreitungsgrad zudem aus Konsumentensicht eine gewisse Relevanz besitzt, aber es sollte sich darüber hinaus um ein Umfeld handeln, das möglichst noch am Anfang seines Lebenszyklus steht, so dass gerade keine etablierten Tarifstrukturen bestehen. Eine neuere und die bisher umfassendste Studie zu Tarifwahl-Biases von Lambrecht aus dem Jahr 2005 trägt diesen Überlegungen Rechnung und zieht Internetzugangstarife als Untersuchungsobjekt heran. Im Jahr 2005 hatte sich bei den Tarifstrukturen innerhalb der
sUppLex
100
Empirische Überprüfung
Internetzugangstarife auch noch kein Tariftyp vollständig durchgesetzt. Neben der traditionell nutzungsabhängigen Abrechnung waren Volumentarife und Flatrates noch relativ neu und im Vergleich zur heutigen Zeit auch noch relativ teuer. Insgesamt verteilte sich so die Zahl der Internetnutzer noch relativ gleichmäßig auf die angebotenen Internetzugangstarife. Heutzutage ist dies aber nicht mehr gegeben. Flatrates und Volumentarife haben sich mittlerweile als vorherrschende Tarifformen etabliert und speziell im Bereich der DSL-Internetzugangstarife sind nutzungsabhängige Tarife nahezu vollständig durch Flatrates verdrängt worden. Insgesamt scheinen somit auch bei Internetzugangstarifen mittlerweile etablierte Tarifstrukturen zugunsten von FlatrateTarifen zu bestehen, die per se zu einer Präferenz bzw. Bias zugunsten eines FlatrateTarifes führen könnten. Auch dieses Umfeld scheint sich somit nicht mehr als zielgerechtes Untersuchungsobjekt zu eignen. Ein Umfeld, welches alle Kriterien auch heute noch erfüllt, stellen Mobilfunktarife dar. Der große Vorteil von Mobilfunktarifen im Vergleich zu den beiden erstgenannten Möglichkeiten ist, dass bei diesen keine etablierten Tarifstrukturen vorliegen.291 Neben nutzungsabhängigen bzw. zweiteiligen Tarifen sind auch seit geraumer Zeit Volumentarife und seit Anfang 2007 sogar „echte“ Flatrates (u.a. Base 5)292 verfügbar. Obwohl nutzungsabhängige Tarife zu Beginn der mobilen Kommunikation die einzige verfügbare Tarifform darstellten, scheinen die Tarifstrukturen durch die Einführung der Volumentarife und der ihnen entgegengebrachten Beliebtheit beim Verbraucher wieder gelockert. Mit der Einführung der ersten „echten“ Flatrate Anfang 2007 besteht nun erstmals auch die Möglichkeit unbegrenzt mobil zum Festpreis zu telefonieren und insgesamt scheint sich eine ähnliche Entwicklung abzuzeichnen wie einst bei den Internetzugangstarifen. Auch hier waren Flatrates zu Beginn ihrer Einführung aufgrund der hohen monatlichen Gebühr nur für Intensivnutzer interessant. Mit der Zeit kam es aber u.a. durch zunehmenden Konkurrenzdruck und verbesserten Kostenstrukturen der Anbieter zu deutlichen Preisrückgängen und schlussendlich zu der mittlerweile vorliegenden Vorherrschaft der Tarifform Flatrate bei DSL-Internetzugängen.
291 292
Vgl. u.a. http://www.atkearney.com/shared_res/pdf/Mobinet_2005_Detailed_Results.pdf. Vgl. http://www.base.de/101_tarif_base5.jsp (05.09.2007).
sUppLex
Erhebung der Daten
101
Somit ist es auch im Mobilfunkbereich vorstellbar, dass die 75 € teure BASE 5 Flatrate in naher Zukunft durch preisgünstigere Varianten ersetzt bzw. von der Konkurrenz durch preisgünstigere Varianten ergänzt wird und somit insgesamt ein breiteres Kundensegment durch „echte“ Flatrates angesprochen wird. Auf lange Sicht könnten sich so ähnliche Tarifstrukturen zugunsten von Flatrate-Tarifen etablieren, wie sie mittlerweile bei Internetzugangstarifen vorliegen. Viele Mobilfunk-Service-Provider dürften gerade nach der Einführung der ersten „echten“ Flatrates (u.a. Base 5), verbunden mit dem Erfolg der bereits eingeführten „beschränkten“ Flatrates in Gestalt von Volumentarifen bzw. Flatrates in bestimmte Netze (z. B. Base 1, Base 2),293 vor der Entscheidung stehen, ihr Tarifangebot selbst um „echte“ Flatrates bzw. Varianten dieser zu erweitern. Ein bedeutender Einfluss auf solch eine Entscheidung geht dabei neben üblichen Kostenkalkulationen auch von der zukünftigen Nachfrage von MobilfunkKunden bezüglich bestimmter Tarifformen aus, die letztendlich die Tarifstrukturen einer Branche determiniert. Ist nun eine ähnliche Entwicklung bei Mobilfunktarifen wie einst bei Internetzugangstarifen hin zu einer starken Nachfrage von FlatrateTarifen der Kunden zu erwarten, so ist anzunehmen, dass es für ein Unternehmen tendenziell von Nachteil ist keine Flatrate-Tarife einzuführen. Ein möglicher treibender Faktor könnte hierbei, wie im Bereich der Internetzugangstarife, das Vorliegen einer starken Flatrate-Präferenz bei Mobilfunkkunden sein. Somit scheint eine Untersuchung der Phänomene Flatrate-Präferenz und Flatrate-Bias im Bereich Mobilfunktarife auch in Bezug auf mögliche zukünftige Entwicklungen in diesem Umfeld interessant. Zum einen erfüllen Mobilfunktarife folglich alle an ein zielgerechtes Untersuchungsobjekt gestellten Anforderungen und zum Anderen scheint gerade hier eine Untersuchung, u.a. inwieweit Flatrate-Tarifen aktuell eine überdurchschnittlich hohe Präferenz bei Mobilfunkkunden entgegengebracht wird, in Anbetracht der wohl aktuellen Wahlentscheidung, ob ein Flatrate-Tarif mit in das Tarifangebot eines Unternehmens aufgenommen werden soll oder nicht, interessant.
293
Vgl. http://www.base.de/101_tarife.jsp (05.09.2007).
sUppLex
102
Empirische Überprüfung
Aufgrund des hohen Verbreitungsgrads von Mobiltelefonen mit rund 85,7 Mio. Mobilfunkteilnehmern Ende 2006 bei deutschen Providern,294 scheint eine Relevanz für den Verbraucher durchaus gegeben und auch die Sammlung von empirischem Datenmaterial sollte hierdurch erleichtert werden. Auf der anderen Seite führen die vorliegenden Penetrationsraten jenseits der 100 % im Bereich der mobilen Kommunikation295 zu einem hohen Sättigungsgrad des Mobilfunkmarktes und einem daraus resultierenden, starken Wettbewerbsdruck für anbietende Unternehmen. Neukundenakquisitionen sind bei solch einer Marktdurchdringung nur noch schwer durchführbar und für Unternehmen bleibt zur Ausweitung der Kundenbasis und Steigerung des Umsatzes meist nur die Abwerbung von Kunden anderer Unternehmen. Gerade vor diesem aktuellen Hintergrund erscheint aus Unternehmenssicht eine Untersuchung der Determinanten der Flatrate-Präferenz und des Flatrate-Bias anhand optionaler Mobilfunktarife hinsichtlich möglicher Deckungsbeitragssteigerungen aus Flatrate-Biases viel versprechend.
5.2.2 Auswahl einer Datenerhebungsmethode Grundsätzlich können für die Überprüfung eines Hypothesenmodells Methoden der Primär- oder der Sekundärmarktforschung angewendet werden. Da es Ziel der vorliegenden Arbeit ist, neue Einsichten und Erkenntnisse zu gewinnen, beschränkt sich die Wahl auf den Bereich der Methoden aus der Primärmarktforschung.296 Eine der modernsten Methoden stellt die Onlinemarktforschung dar, wobei die internetbasierte Befragung sich stetig steigender Anwendung und Beliebtheit erfreut. Elementare Vorteile sind hierbei vor allem in der schnellen und kostengünstigen Möglichkeit zu sehen, einen großen und überregionalen Adressatenkreis zu erreichen sowie in dem relativ geringen organisatorischen Aufwand der mit der Auswertung und Durchführung der Befragung von Probanden verbunden ist. Die mit einer internetbasierten Befragung
294
295 296
Vgl. http://www.bundesnetzagentur.de/enid/88a2625422b7c4bdb95362b4ff26ba36,0/ Marktbeobachtung/Mobilfunkdienste_vw.html#mobiltelefondienst_teilnehmerentwicklung (05.09.2007). Vgl. http://www.bundesnetzagentur.de/media/archive/9009.pdf (05.09.2007), S. 70. Für eine detaillierte Übersicht der Methoden vgl. z. B. Hammann/Erichson (2000), S. 75 ff., Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 2-17.
sUppLex
Erhebung der Daten
103
verbundene Anonymität dürfte zudem die Probanden eher auf sensible Fragen offen und ehrlich antworten lassen.297 Nachteile einer internetbasierten Befragung sind zum einen darin zu sehen, dass in Folge der meist selbst selektierten und nicht zufällig ausgewählten Stichprobe die Repräsentativität unter Umständen nicht gewährleistet werden kann.298 Auch die mit einer internetbasierten Umfrage verbundene Gefahr einer zu geringen Rücklaufquote und die mangelnde Kontrollierbarkeit bei der Beantwortung der Fragen könnten sich insgesamt nachteilig auswirken.299 Aufgrund der mit dieser Arbeit verbundenen zeitlichen und finanziellen Restriktionen und der Möglichkeit, durch die Anwendung einer internetbasierten Befragung große Datenmengen bei vergleichsweise geringem Aufwand und Kosten zu generieren, wurde sich in der vorliegenden Arbeit für diese Methode entschieden. Für den Onlinefragebogen wurden Formulierungen aus ähnlichen Untersuchungen sowie aus bereits validierten Messinstrumenten und eigenen theoretischen Überlegungen übernommen. Der verwendete Online-Fragebogen setzt sich aus insgesamt 61 Fragen zusammen, die überwiegend eine geschlossene Form der Fragebogenformulierung aufweisen. Vorteile gegenüber offenen Fragen sind in einer einfacheren Vergleichbarkeit und Auswertbarkeit zu sehen.300 Offene Fragen wurden zumeist bei quantitativen Abfragen verwendet, um bei der Auswertung eine möglichst hohe Flexibilität zu gewährleisten. Im Rahmen des verwendeten Online-Fragebogens kam bei den geschlossenen Fragen ausschließlich eine siebenstufige Rating-Skala301 zur Anwendung. Mit der hierbei gewählten siebenstufigen Einteilung der Skala wurde ein Kompromiss zwischen hoher Reliabilität (wenig Skalenpunkte) bzw. geringer kognitiver Belastung der Probanden und hoher Varianz der Daten (viele Skalenpunkte) verfolgt. Verwendet wurde eine
297 298 299
300 301
Vgl. Bauer/Wölfer (2001), S. 2-17. Vgl. Bauer/Wölfer (2001), S. 17, Bandilla/Hauptmanns (1999), S. 202. Vgl. Herrmann/Homburg (2000), S. 27, Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), S. 449 f., Schnell/Hill/ Esser (1993), S. 367 f. Vgl. Herrmann/Homburg (2000), S. 27. Vgl. Hammann/Erichson (2000), S. 106 f.
sUppLex
104
Empirische Überprüfung
numerische Rating-Skala mit zwei verbal bezeichneten Extrempunkten ohne Benennung der Zwischenstufen. Die im Rahmen des Online-Fragebogens gestellten Fragen wurden dabei so formuliert und angeordnet, dass sie bestimmte Funktionen innerhalb der Befragung erfüllen konnten. Zu Beginn des Online-Fragebogens sollte die Einleitung den Probanden über den Anlass (Diplomarbeit) sowie den Gegenstand der Untersuchung (Tarifwahlverhalten) informieren und ihm eine kurze Einführung in die Thematik unterbreiten. Hierbei wurde bewusst auf detaillierte Ausführungen verzichtet, um den Probanden nicht im Vorhinein bei der Befragung in eine Richtung zu beeinflussen. Um den Probanden nicht unnötig abzuschrecken, wurde im Hauptteil des Fragebogens mit allgemeinen „leichten“ Fragen zu den aktuell gewählten Mobilfunktarifen und -anbietern begonnen. Darauf folgend wurden dann die kognitiv etwas anspruchsvolleren Indikatoren zur Erklärung der Konstrukte platziert. Der Online-Fragebogen schließt mit Fragen zu soziodemographischen und weiteren deskriptiven Aspekten ab. Die Überprüfung auf Vollständigkeit sowie die Datencodierung und die Erstellung der Datenmatrix wurde vollständig und automatisch von der Software Sawtooth SSI Web durchgeführt. Insgesamt nahmen 329 Probanden an der Online-Umfrage teil, wobei nur 244 Teilnahmen durch das Programm als qualifiziert bzw. komplettiert identifiziert wurden. Somit werden Aussagen von 244 Probanden in die Auswertung mit aufgenommen. 5.2.3 Deskriptive Auswertungen 5.2.3.1 Soziodemographische Auswertungen Vor der eigentlichen Auswertung des Hypothesenmodells wird zunächst, um ein besseres Verständnis für die Zusammensetzung und Struktur der Stichprobe zu erhalten, eine Auswertung einiger Segmentierungsdaten zur Differenzierung vorgenommen. Wie bereits erwähnt, stehen 244 Datensätze zur Auswertung zu Verfügung. Erfreulicherweise kann in Bezug auf die Geschlechterverteilung ein nahezu ausgeglichenes Verhältnis festgestellt werden. Von den 244 Probanden sind 126 männlich und 118
sUppLex
Erhebung der Daten
105
weiblich, was nahezu dem Verhältnis zwischen Frauen und Männern in der Bundesrepublik Deutschland von 50:50 entspricht und somit als repräsentativ angesehen werden kann.302
Geschlecht
Häufigkeit (absolut)
Prozent
Weiblich
126
51,6
Männlich
118
48,4
Gesamt
244
100,0
Tabelle 17: Geschlechterverteilung innerhalb der Stichprobe303
Die Alterstruktur der Probanden variiert von Teilnehmern, die unter 20 Jahre alt sind bis hin zu Teilnehmern, die über 60 Jahre alt sind. Beide Altersgruppen sind auch am geringsten vertreten. Das Durchschnittsalter aller Auskunftspersonen liegt bei 30,71 Jahren, wobei der Median bei 25 Jahren liegt. Auffällig ist hierbei, dass über 70 % der Altersstruktur von den Gruppen der 21- bis 25-Jährigen und der 26- bis 30-Jährigen repräsentiert wird.
Alter
Häufigkeit (absolut)
Prozent
3
1,2
21 bis 25 Jahre
104
42,6
26 bis 30 Jahre
71
29,1
31 bis 35 Jahre
9
3,7
36 bis 40 Jahre
12
4,9
41 bis 45 Jahre
10
4,1
46 bis 50 Jahre
17
6,9
51 bis 55 Jahre
8
3,3
56 bis 60 Jahre
9
3,7
Über 60 Jahre
1
0,4
244
100,0
bis 20 Jahre
Gesamt Tabelle 18: Altersstruktur der Stichprobe304
302
303
Vgl. http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/ Bevoelkerung/Bevoelkerungsstand/Bevoelkerungsstand.psml (05.09.2007). Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
106
Empirische Überprüfung
Dieses Ergebnis ist keinesfalls überraschend, da es sich bei den Umfrageteilnehmern zu 50,8 % um Studenten handelt. Mit der Gruppe der Angestellten repräsentieren die beiden Gruppen zusammen fast 90 % der Umfrageteilnehmer. Dies scheint trotz der vielleicht zu vermutenden Repräsentativitätsproblematik eher von Vorteil, da speziell Studenten und auch Angestellte sowie vermutlich prinzipiell jüngere Menschen eine Vertrautheit mit dem Medium Mobiltelefon aufweisen und somit eine adäquate Zielgruppe bei der Untersuchung des Tarifwahlverhaltens von Mobiltelefonnutzern darstellen. Tätigkeit/Beruf
Häufigkeit (absolut)
Prozent
Arbeiterin/Arbeiter
9
3,6
Angestellte/Angestellter
96
38,4
Beamte/Beamter
7
2,8
Selbstständige/Selbständiger
8
3,2
127
50,8
Hausfrau/Hausmann
1
0,4
Rentnerin/Rentner
2
0,8
244
100,0
Studentin/Student
Gesamt
Tabelle 19: Berufsverteilung innerhalb der Stichprobe305
Höchster Bildungsabschluss
Häufigkeit (absolut)
Prozent
Kein Abschluss
1
0,4
Hauptschulabschluss
2
0,81
Mittlere Reife
12
4,91
Abgeschlossene Berufsausbil-
13
5,32
Fachabitur/Fachhochschulreife
18
7,37
Abitur/Hochschulreife
122
50
Hochschul-
76
31,14
244
100,0
dung
/Universitätsabschluss Gesamt
Tabelle 20: Bildungsstand innerhalb der Stichprobe306
304 305
Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Erhebung der Daten
107
Dieses Ergebnis spiegelt sich auch bei dem Bildungsgrad der Umfrageteilnehmer wieder. Während 31 % der Umfrageteilnehmer einen abgeschlossenen Hochschul- oder Universitätsabschluss und 50 % ein Abitur besitzen, besitzt nur eine Person keinen Abschluss, was insgesamt auf einen hohen Bildungsgrad der Stichprobe schließen lässt (vgl. Tab. 20). Für die empirische Untersuchung interessant waren auch nähere Informationen zu den aktuellen Mobilfunktarifen und Mobilfunkanbietern der Umfrageteilnehmer.
Aktueller Mobilfunkanbieter
Häufigkeit (absolut)
Prozent
T-Mobile (D1)
38
15,57
Vodafone (D2)
25
10,24
E-Plus
75
30,73
O2 (Viag Interkom)
64
26,22
Service Provider (Debitel, Mo-
22
9,01
18
7,37
2
0,81
244
100,0
bilcom, Phone House etc.) Discounter (Penny, Aldi, Klarmobil, simply, simyo etc.) Kein Mobilfunkanbieter Gesamt
Tabelle 21: Anteile Mobilfunkanbieter innerhalb der Stichprobe307
Interessant ist hierbei, dass im Gegensatz zu den deutschlandweiten TeilnehmerMarktanteilen der Netzbetreiber, 308 bei denen Vodafone mit 34,7 % und T-Mobile mit 37,7 % Anteil gegenüber E-Plus mit 14,9 % und O2 mit 12,7 % Anteil weitaus stärker vertreten sind, die Anteile sich bei dieser Stichprobe in etwa umkehren. Bei den Umfrageteilnehmern besitzen 30,73 % einen Vertrag mit E-Plus und 26,22 % einen Vertrag bei O2, während nur 15,57 % einen Mobilfunkvertrag mit T-Mobile und 10,24 % einen Vertrag mit Vodafone besitzen. Vermutlich sind E-Plus und O2 aufgrund ihrer stärkeren Ausrichtung auf jüngere Kundensegmente über u.a. besondere Tarifangebote für Schüler, Studenten etc. dort auch beliebter, was sich über das recht niedrige Durch306 307 308
Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung. Vgl. http://www.bundesnetzagentur.de/media/archive/10965.pdf (05.09.2007).
sUppLex
108
Empirische Überprüfung
schnittsalter und den hohen Studentenanteil der Stichprobe auch auf die Anbieteranteile auswirkt. Auch die zwei Probanden ohne aktuellen Mobilfunkvertrag konnten mit in die Auswertung aufgenommen werden, da die Umfrage so konzipiert ist, dass auch Probanden ohne aktuellen Mobilfunkvertrag erfolgreich an der Umfrage teilnehmen können. Neben dem aktuellen Mobilfunkanbieter ist für die vorliegende Arbeit auch der aktuell gewählte Vertrag der Umfrageteilnehmer von Interesse, um schon einmal erste Hinweise auf eine mögliche Tarifpräferenzverteilung bei Mobilfunktarifen schließen zu können. Auffällig ist hierbei, dass mit 43,85 % die noch nicht allzu lang eingeführten Volumentarife bei den Umfrageteilnehmern klar dominieren. Nimmt man noch die 9,83 % der Teilnehmer, die eine Flatrate besitzen, hinzu, setzen sich über 50 % der aktuellen Mobilfunktarife der Umfrageteilnehmer aus „beschränkten“ oder „echten“ Flatrates zusammen, was in Anbetracht der einstigen „Monopolstellung“ nutzungsabhängiger Mobilfunktarife und der erst kürzlich vorgenommenen Einführung von „beschränkten“ (Anfang 2004) und „echten“ (Anfang 2007) Flatrates bei Mobilfunktarifen doch beachtlich erscheint.
Aktueller Mobilfunktarif
Häufigkeit (absolut)
Prozent
Nutzungsabhängiger Tarif
34
13,93
Nutzungsabhängiger Tarif mit
54
22,13
Volumentarif
107
43,85
Flatrate
24
9,83
Prepaidtarif
23
9,42
Kein Mobilfunktarif
2
0,81
244
100,0
Grundgebühr
Gesamt
Tabelle 22: Gewählte Mobilfunktarife innerhalb der Stichprobe309
In diesem Zusammenhang scheint noch eine differenzierte Betrachtung der durchschnittlichen Nutzungsmengen der Umfrageteilnehmer interessant. Hierbei kann das
309
Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Erhebung der Daten
109
Nutzungsvolumen/Monat hinsichtlich abgehender Gesprächsminuten und gesendeter SMS differenziert werden. Während die Umfrageteilnehmer ihr durchschnittliches Volumen abgehender Gespräche auf 147.02 Minuten pro Monat einschätzen, wird das durchschnittliche Volumen gesendeter SMS auf 75,80 SMS pro Monat eingeschätzt. Laut einer Studie von A.T. Kearney lag die durchschnittliche Handy-Nutzung in Deutschland im Jahr 2004 bei 74 Minuten/Monat.310 Somit kann man insgesamt davon ausgehen, dass trotz einer wahrscheinlichen Zunahme der durchschnittlichen HandyNutzung pro Monat in den letzten 3 Jahren, u.a. aufgrund gefallener Minutenpreise, die hier vorliegende Gruppe der Probanden als recht „handyaffin“ eingestuft werden kann. Somit ist davon auszugehen, dass die für die vorliegende Studie erforderlichen Kenntnisse bei den Umfrageteilnehmern vorhanden sind.
Geschätzte durchschnittliche
Häufigkeit (absolut)
Prozent
0-25
60
24,59
26-50
53
21,72
51-100
57
23,36
101-200
30
12,29
201-500
36
14,74
Über 500
8
3,28
244
100,0
Nutzungsmenge (abgehende Gespräche in Minuten / Monat)
Gesamt
Tabelle 23: Geschätzte durchschnittliche Nutzungsmenge (abgehende Gespräche)311
310 311
Vgl. http://www.rp-online.de/public/article/aktuelles/digitale/handy/44065 (05.09.2007). Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
110 Geschätzte durchschnittliche
Empirische Überprüfung Häufigkeit (absolut)
Prozent
0-25
83
34,01
26-50
52
21,31
51-100
50
20,41
101-150
29
11,89
151-200
23
9,43
Nutzungsmenge (Gesendete SMS / Monat)
Über 200 Gesamt
7
2,87
244
100,0
Tabelle 24: Geschätzte durchschnittliche Nutzungsmenge (SMS / Monat) 312
5.2.3.2 Auswertungen zur Existenz von Tarif-Präferenzen Von besonderer Bedeutung für die vorliegende Arbeit galt die Überprüfung der Existenz von Tarifpräferenzen und speziell die Überprüfung der empirischen Relevanz der zwei Extremformen, also der Flatrate-Präferenz und der Pay-Per-Use-Präferenz. Auf die Frage, welche Zahlungsweise die Probanden grundsätzlich bevorzugen würden, gaben 59 % die Tarifform „Flatrate“, 15 % die Tarifform „Volumentarif“ und nur 17 % einen nutzungsabhängigen Tarif, bzw. 6 % einen nutzungsabhängigen Tarif mit Grundgebühr als präferierte Tarifform an. 2,45 % der Probanden waren indifferent und konnten keine Angaben zu einer von ihnen bevorzugten Zahlungsweise machen.
Grundsätzlich bevorzugte Zah-
Häufigkeit (absolut)
Prozent
Flatrate
144
59,01
Volumentarif
37
15,16
Nutzungsabhängiger Tarif
42
17,21
Nutzungsabhängiger Tarif mit
15
6,14
lungsweise
Grundgebühr Weiß nicht Gesamt
6
2,45
244
100,0
Tabelle 25: Übersicht über bevorzugte Zahlungsweisen innerhalb der Stichprobe313 312 313
Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Erhebung der Daten
111
Zieht man nur die Probanden mit Angaben zu ihren Präferenzen heran und fasst solche mit einer Präferenz für „beschränkte“ und „reine“ Flatrates zusammen, so liegt bei über 75 % der Umfrageteilnehmer eine Flatrate-Präferenz vor. Nur 23,94 % der Probanden weisen hingegen eine Präferenz für nutzungsabhängige Tarife bzw. nutzungsabhängige Tarife mit einer Grundgebühr, also eine Pay-Per-Use-Präferenz, auf.
Tarif-Präferenz
Häufigkeit (absolut)
Prozent
Flatrate-Präferenz
181
76,06
Pay-Per-Use-Präferenz
57
23,94
Gesamt
238
100 314
Tabelle 26: Übersicht Tarif-Präferenzen innerhalb der Stichprobe
Insgesamt lässt sich somit bezüglich der Umfrageteilnehmer eine sehr starke FlatratePräferenz bei Mobilfunktarifen feststellen, wobei die Pay-Per-Use-Präferenz in Relation dazu nur sehr gering ausfällt. Interessant wäre hierbei eine differenziertere Betrachtung der Tarifpräferenzen der jeweiligen an der Umfrage teilnehmenden Altersklassen. Bei der Betrachtung der grundsätzlich bevorzugten Zahlungsweisen in Abhängigkeit bestimmter Altersklassen ist auffällig, dass die „reine“ Flatrate von 70 % der „bis 25 Jährigen“ als Zahlungsweise grundsätzlich bevorzugt wird, aber diese Präferenz zugunsten der Flatrate mit steigendem Alter, bis hin zu 20 % bei den „über 46 Jährigen“, abnimmt. Ähnliches ist bei der Präferenz zu Gunsten der Volumentarife zu erkennen. Die Präferenz zu Gunsten nutzungsabhängiger Tarife bzw. nutzungsabhängiger Tarife mit Grundgebühr nimmt hingegen bei den Probanden mit steigendem Alter zu. Während nutzungsabhängige Tarife bei den „bis 25 Jährigen“ nur von 5,61 Prozent bevorzugt werden, sind nutzungsabhängige Tarife mit 54,28 % bei den „ab 46 Jährigen“ die am meisten bevorzugte Zahlungsweise.
314
Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
112 Grundsätzlich
Empirische Überprüfung bevor-
zugte Zahlungsweise
Alter Bis 25 Jahre
26 – 35 Jahre
36 – 45 Jahre
Ab 46 Jahren
Abs.
In %
Abs.
In %
Abs.
In %
Abs.
In %
Flatrate
75
70,10
52
65,00
10
45,45
7
20,00
Volumentarif
24
23,36
9
11,25
3
13,64
1
2,86
6
5,61
11
13,75
6
27,27
19
54,28
2
1,87
4
5,00
3
13,64
6
17,14
Nutzungsabhängiger Tarif Nutzungsabhängiger Tarif mit Grundgebühr
0
0
4
5,00
0
0
2
5,71
107
100
80
100
22
100
35
100
Weiß nicht Gesamt
315
Tabelle 27: Übersicht über bevorzugte Zahlungsweisen in Abhängigkeit des Alters
Fasst man diese Ergebnisse in Hinblick auf die Tarif-Präferenzen zusammen, wird der Präferenzumschwung noch deutlicher. Während bei 92,52 % der „bis 25-Jährigen“ noch eine Flatrate-Präferenz vorliegt, nimmt diese kontinuierlich über die Altersklassen bis zu 22,86 % bei den „ab 46 Jährigen“ ab. Die Pay-Per-Use-Präferenz hingegen nimmt von 7,48 % bei den „bis 25 Jährigen“ über die Altersklassen hin, bis zu 71,43 % bei den „ab 46 Jährigen“ zu.
Anteil Tarif-Präferenz in %
Alter Bis 25 Jahre
36 – 45 Jahre
In %
Abs.
In %
Abs.
In %
99
92,52
61
77,22
13
8
7,48
15
18,99
9
107
100
80
100
22
Flatrate-Präferenz Pay-Per-Use-Präferenz Gesamt
26 – 35 Jahre
Abs.
Ab 46 Jahren Abs.
In %
59,09
8
22,86
40,90
25
71,43
100
35
100
Tabelle 28: Übersicht Tarif-Präferenzen in Abhängigkeit des Alters316
Insgesamt scheint sich somit ein Präferenzumschwung von einer Flatrate-Präferenz hin zu einer Pay-Per-Use-Präferenz mit steigendem Alter bei den Probanden zu vollzie-
315 316
Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Erhebung der Daten
113
hen. Die nachfolgende Graphik soll den entdeckten Präferenzumschwung bezüglich der verfügbaren Tarife noch einmal verdeutlichen. 100
Anteil Tarif-Präferenz in %
90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 bis 25
26-35
36-45
ab 46
Alter Flatrate-Präferenz
Pay-Per-Use-Präferenz
Abbildung 17: Graphische Darstellung des Präferenzumschwungs mit steigendem Alter317
Ursachen hierfür könnten in unterschiedlich ausgeprägten Bedürfnissen der Konsumenten und folglich auch anderen Erwartungen an eine im Sinne der Konsumenten optimalen Tarifform innerhalb der unterschiedlichen Altersklassen zu finden sein. Möglich wäre eine stärkere Ausprägung des Entkopplungs- und/oder Versicherungsbedürfnis bei den jüngeren Probanden und eine auf die Flatrate-Präferenz negativ wirkende, starke Ausprägung des Flexibilitätsbedürfnisses bei älteren Probanden. Hinsichtlich möglicher Unterschiede bei den Tarif-Präferenzen in Abhängigkeit des Geschlechts, ist festzustellen, dass keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Tarif-Präferenzen zu erkennen sind. Sowohl die weiblichen als auch die männlichen Probanden weisen eine starke Flatrate-Präferenz von über 75 % und nur eine relativ schwache Pay-Per-Use-Präferenz von knapp 23 %, bzw. 24 % auf.
317
Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
114 Tarif-Präferenz
Empirische Überprüfung Häufigkeit (absolut)
Prozent
männlich
weiblich
männlich
weiblich
92
89
75,41
76,72
30
27
24,59
23,28
122
116
100
100
Flatrate-Präferenz Pay-Per-Use-Präferenz Gesamt
318
Tabelle 29: Übersicht Tarif-Präferenzen in Abhängigkeit des Geschlechts
Betrachtet man nun die Tarif-Präferenzen in Abhängigkeit der geschätzten Nutzungsmengen, so erkennt man mit steigender Nutzungsmenge eine deutliche Zunahme des Anteils der Flatrate-Präferenz bei den Probanden. Überwiegt bei den Wenigtelefonierern mit einer geschätzten Nutzungsmenge bis 50 Nutzungseinheiten (ergibt sich aus der Summe der geschätzten abgehenden Gespräche in Minuten/Monat und der geschätzten Anzahl an gesendeten SMS/Monat) noch mit 57,62 % die Präferenz für nutzungsabhängige Tarife bzw. nutzungsabhängige Tarife mit Grundgebühr, so liegt nur noch bei 18,99 % der Normaltelefonierer (51-150 NE) und bei 2 % der Vieltelefonierer eine Pay-Per-Use-Präferenz vor. Die Flatrate Präferenz steigt hingegen von 42,38 % bei den Wenigtelefonierern über 77,22 % bei den Normaltelefonierern bis hin zu 98 % bei den Vieltelefonierern. In Anbetracht dessen, dass mit steigendem Volumen der Tarife in der Regel der durchschnittliche Preis für eine Einheit sinkt, ist es nicht verwunderlich, dass mit steigender geschätzter Nutzungsmenge auch die Präferenz für solche Tarife zunimmt.
Anteil
Geschätzte Nutzungsmenge
Tarif-Präferenz
(mit NE = Nutzungseinheit)
in %
Bis 50 NE
51-150 NE
Ab 150 NE
Abs.
In %
Abs.
In %
Abs.
In %
Flatrate-Präferenz
25
42,38
64
77,22
98
98,00
Pay-Per-Use-Präferenz
34
57,62
21
18,99
2
2,00
Gesamt
59
100
85
100
100
100
319
Tabelle 30: Übersicht Tarif-Präferenzen in Abhängigkeit der geschätzten Nutzungsmenge
318 319
Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Erhebung der Daten
115
Insgesamt bleibt somit festzuhalten, dass bei den vorliegenden Umfrageteilnehmern insgesamt eine starke Flatrate-Präferenz bei über 75 % der Probanden und eine nur relativ geringe Pay-Per-Use-Präferenz bei knapp 24 % der Probanden festzustellen ist. Weiter bleibt anzumerken, dass bei der Stichprobe mit steigendem Alter ein Präferenzumschwung weg von einer starken Flatrate-Präferenz hin zu einer starken PayPer-Use-Präferenz festzustellen ist. Weiter konnte mit steigender Nutzungsmenge auch eine steigende Präferenz für Flatrate-Tarife bei den Probanden nachgewiesen werden.
5.2.3.3 Auswertungen zur Existenz und Konsequenzen von Tarifwahl-Biases Von ebenso bedeutender Wichtigkeit für die vorliegende Arbeit war die Überprüfung der Existenz und der Konsequenzen von Tarifwahl-Biases und deren jeweilige empirische Relevanz. Bevor dieser Frage nachgegangen wird, muss zunächst einmal auf die Methodik zur Messung eines Tarifwahl-Bias eingegangen werden. Die wohl effizienteste und auch vorwiegend angewandte Methode320 einen Tarifwahl-Bias zu ermitteln, liegt in der Auswertung von Nutzungsdaten. In einem ersten Schritt wird hierbei der Rechnungsbetrag des gewählten Tarifs des Konsumenten mit der aus den Nutzungsdaten zu entnehmender Nutzungsmenge errechnet. Daraufhin wird der für den Konsumenten günstigste Tarif anhand der Nutzungsdaten bestimmt und der Rechnungsbetrag in dem für den Konsumenten optimalen Tarif (die Konsumentenrente maximierenden Tarif) berechnet. Stimmen der Rechnungsbetrag aus gewähltem Tarif und optimalen Tarif nicht überein, stellt die sich daraus ergebende Differenz den Wert des TarifwahlBias dar. Innerhalb dieser Arbeit gestaltete sich das Problem der Ermittlung eines TarifwahlBias derart, dass nur Befragungsdaten, aber keine echten Nutzungsdaten zur Verfügung standen. Somit musste eine andere Möglichkeit zur Ermittlung eines TarifwahlBias gefunden werden, die auf Grundlage reiner Befragungsdaten möglich war. Die hierbei effizienteste Methode wurde in dem Aufbau einer experimentellen Tarifwahlsituation im Rahmen der Online-Umfrage für den Probanden gefunden. Dem Probanden wurden so in einem ersten Schritt mögliche Mobilfunktarife, differenziert nach 320
Vgl. Lambrecht (2005).
sUppLex
116
Empirische Überprüfung
ihren jeweiligen Eigenschaften, zur Auswahl vorgelegt, anhand derer er sich für einen zusagenden Mobilfunktarif entscheiden sollte. Dabei wurde darauf geachtet, dass die aufgeführten Tarife bezüglich ihrer Kosten und Struktur möglichst den in der Realität zu findenden Mobilfunktarifen entsprachen, so dass insgesamt eine realitätsnahe Tarifwahlsituation geschaffen werden konnte. In Anbetracht möglicher Framing-Effekte aufgrund positiver bzw. negativer Erfahrungen mit existierenden Mobilfunk-ServiceProvidern wurde auf eine experimentelle Erhebung der Tarifwahl anhand von Tarifen eines bestehenden Mobilfunk-Service-Provider verzichtet und die zur Auswahl stehenden Tarife mit fiktiven Bezeichnungen benannt.
In einem nächsten Schritt wurde am Ende der Umfrage die von den Probanden geschätzten durchschnittlichen Nutzungsmengen bezüglich ihrer abgehenden Telefonate in Minuten/Monat und gesendeten SMS pro Monat abgefragt. Anhand der so gewonnenen Informationen konnte dann für jeden Probanden analog zu dem oben beschriebenen Vorgehen berechnet werden, ob ein Tarifwahl-Bias vorliegt und wenn ja, wie hoch dieser ausfällt.
Dazu wurde der Rechnungsbetrag mit der geschätzten Nutzungsmenge für den experimentell ermittelten Mobilfunk-Tarif errechnet und mit dem im optimalen Tarif anfallenden Rechnungsbetrag verglichen. Entsprach der von dem Probanden in der experimentellen Tarifwahlsituation ausgewählte Tarif nicht dem optimalen Tarif, so konnte für diesen zunächst allgemein ein Tarifwahl-Bias festgestellt werden. In einem nächsten Schritt wurde dann überprüft, ob es sich dabei um einen Flatrate-Bias oder um einen Pay-Per-Use-Bias handelte. Gestaltete sich dabei ein Tarifwahl-Bias derart, dass der vom Proband in der experimentellen Tarifwahl-Situation gewählte Tarif eine höhere Grundgebühr und/oder Freikontingent als der in diesem Fall optimale Tarif aufwies, so wurde der Tarifwahl-Bias als Flatrate-Bias identifiziert. Handelte es sich bei dem in der experimentellen Tarifwahl-Situation gewählten Tarif um einen Tarif mit niedrigerer Grundgebühr und/oder Freikontingent, als dies bei dem optimalen Tarif der Fall war, so wurde der Tarifwahl-Bias hingegen als Pay-Per-Use-Bias identifiziert. In ei-
sUppLex
Erhebung der Daten
117
nem letzten Schritt konnte daraufhin durch die Berechnung der Differenz zwischen Rechnungsbetrag im gewählten Tarif und Rechnungsbetrag im optimalen Tarif und anschließender Division durch den Rechnungsbetrag im gewählten Tarif noch der prozentuale Wert des vorliegenden Bias ermittelt werden.321 Die Ausgabe des Wertes des Tarifwahl-Bias in prozentualer Form hat gegenüber dem absoluten Wert den Vorteil, dass die Höhe des Bias so über alle Tarife leicht vergleichbar ist.
Abbildung 18: Experimentelles Design zur Ermittlung von Tarifwahl-Biases322
Insgesamt konnte somit bei 193 der 244 teilnehmenden Probanden ein Tarifwahl-Bias festgestellt werden. Folglich würden knapp 80 % der Probanden in ihrem gewählten Tarif mehr bezahlen als eigentlich nötig ist, während nur 20 % der Probanden genau soviel zahlen, wie in dem für sie günstigsten Tarif. Bezüglich der Form des jeweiligen Tarifwahl-Bias lässt sich festhalten, dass der Flatrate-Bias mit einem Anteil von 76,64 % an allen Probanden erschreckend hoch ausfällt, während der Pay-Per-Use-Bias mit 2,46 %, wohl wie bereits vermutet, nicht als statistisch signifikant anzusehen ist. 321 322
Vgl. dazu auch die Auswertungen im Anhang. Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
118 Vorliegender Bias Flatrate-Bias
Empirische Überprüfung Häufigkeit (absolut)
Prozent
187
76,64
Pay-Per-Use-Bias
6
2,46
Kein Bias
51
20,90
Gesamt
244
100,0
Tabelle 31: Übersicht Tarifwahl-Biases innerhalb der Stichprobe323
Insgesamt kann dem Flatrate-Bias somit auch in dieser Studie zu Mobilfunktarifen mit über 75 % eine bedeutende empirische Relevanz zugesprochen werden. Weiter erscheint eine Betrachtung der Höhe, bzw. des Wertes des Flatrate-Bias interessant. Werden die Differenzen zwischen Rechnungsbetrag im günstigsten Tarif und Rechnungsbetrag im experimentell gewählten Tarif aller Flatrate-Biases summiert, so erhält man einen Betrag in Höhe von 1678,76 €, den die Probanden mit Flatrate-Bias monatlich insgesamt mehr bezahlen würden. Mit anderen Worten würde ein Unternehmen kurzfristig mit den oben dargestellten optionalen Mobilfunk-Tarifen monatlich 1678,76 € mehr Einnahmen bei „nur“ 244 Kunden aufgrund vorliegender FlatrateBiases generieren. Aus Kundensicht bedeutet dies, dass jeder Proband mit Flatrate-Bias im Durchschnitt 35,43 % mehr bezahlt, als er es in dem für sich günstigsten Tarif eigentlich müsste. Aus Unternehmenssicht bedeutet dies, dass kurzfristig bei jedem Probanden mit Flatrate-Bias ein im Durchschnitt in etwa um 35,42 % höherer Kundendeckungsbeitrag erwirtschaftet werden könnte als im Fall ohne Flatrate-Bias.
Vorliegender Bias
Flatrate-Bias Pay-Per-Use-Bias
Summe aller vorliegender Biases
Durchschnittlicher Wert des
(absolut) in €
Bias in %
1678,76
35,43
91,3
33,26
Tabelle 32: Übersicht Wert der Tarifwahl-Biases innerhalb der Stichprobe324
323 324
Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Erhebung der Daten
119
Über Abbildung 19 erhält man eine Übersicht über die jeweilige Stärke der bei den 187 Probanden vorliegenden Flatrate-Biases. Auffällig ist hierbei, dass bei über 50 % der Probanden mit Flatrate-Bias dieser mit einer Höhe von über 25 % (prozentuale Differenz des Rechnungsbetrages im günstigsten Tarif zu dem Rechnungsbetrag im gewählten Tarif) doch beachtlich ist. In anderen Worten würden somit mehr als 50 % der Probanden einen um mehr als 25 % höheren Rechnungsbetrag monatlich zahlen, als sie dies im jeweils günstigsten Tarif eigentlich müssten. Auch bezüglich des Flatrate-Bias scheint eine differenziertere Betrachtung des Ergebnisses in Bezug auf das Alter der Probanden interessant. Wie bei der Flatrate-Präferenz lässt sich auch bezüglich des Flatrate-Bias mit zunehmendem Alter der Probanden eine ähnliche, wenn auch nicht ganz so deutliche abnehmende Tendenz feststellen. Während bei „bis 25-Jährigen“ noch 81,31 % der Probanden einem Flatrate-Bias unterliegen, sind es bei den „über 45-Jährigen“ nur noch 51,43 %.
Anteil an Probanden mit Flatrate Bias in %
60
50
40
30
20
10
0 <5%
5 % -10 %
10 % - 15 %
15 % - 20 %
20 % - 25 %
> 25 %
Wert des Flatrate-Bias
Abbildung 19: Verteilung der Wertigkeit von Flatrate-Biases innerhalb der Stichprobe 325
325
Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
120
Empirische Überprüfung
Anteil Flatrate - Bias in %
Alter Bis 25 Jahre
26 – 35 Jahre
36 – 45 Jahre
Ab 46 Jahren
Abs.
In %
Abs.
In %
Abs.
In %
Abs.
In %
87
81,31
67
83,75
15
68,18
18
51,43
20
18,69
13
16,25
7
31,82
17
48,57
107
100
80
100
22
100
35
100
Flatrate-Bias Kein Flatrate-Bias Gesamt
Tabelle 33: Übersicht der Tarifwahl-Biases in Abhängigkeit des Alters der Probanden326
Weiter lässt sich wie auch bei der Flatrate-Präferenz hinsichtlich des Geschlechts der Probanden kein signifikanter Unterschied in Bezug auf die Anteile des Flatrate-Bias erkennen.
Tarifwahl-Bias
Häufigkeit (absolut)
Prozent
männlich
weiblich
männlich
weiblich
Flatrate-Bias
96
90
76,19
76,27
Kein Flatrate-Bias
30
28
23,81
23,73
Gesamt
126
118
100
100
Tabelle 34: Übersicht der Tarifwahl-Biases in Abhängigkeit des Geschlechts der Probanden327
Insgesamt betrachtet, kann dem Flatrate-Bias somit innerhalb dieser Studie sowohl in Hinblick auf seine Auftrittswahrscheinlichkeit als auch in Hinblick auf seine Stärke bzw. Höhe eine bedeutende Relevanz zugeschrieben werden. Für den Pay-Per-UseBias gilt dies hingegen nicht. Während bei über 75 % der Probanden ein Flatrate-Bias festzustellen war, ist dem Pay-Per-Use-Bias mit einem Anteil von knapp 2,5 %, wie vermutet, eher ein zufälliger als signifikanter Charakter zuzuschreiben. Folglich wurden die zu Anfang der vorliegenden Arbeit formulierten Vermutungen erhärtet und eine Untersuchung der Determinanten der Flatrate-Präferenz und des Flatrate-Bias scheinen aufgrund der im Rahmen dieses Kapitels ermittelten Konsequenzen eines Flatrate-Bias in Form eines durchschnittlich 35 % höheren Rechnungsbetrages nunmehr als gerechtfertigt. 326 327
Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Operationalisierung der zu untersuchenden Konstrukte
121
Bevor jedoch auf die Quantifizierung der Modellbeziehungen im Strukturmodell eingegangen werden kann, muss zunächst eine Darstellung der Operationalisierung der latenten Konstrukte über die manifesten Variablen erfolgen. Die Darstellung der Operationalisierung sowie der Beurteilung der Güte des Messmodells erfolgt im nächsten Kapitel.
5.3
Operationalisierung der zu untersuchenden Konstrukte
5.3.1 Entkopplungsbedürfnis Wie bereits erwähnt, ist die Forschung auf dem Gebiet des Tarifwahlverhaltens mit Schwerpunkt auf Inkonsistenzen in den Annahmen des präskriptiven Tarifwahlverhaltens speziell hinsichtlich Tarifwahl-Biases noch recht dünn. Dementsprechend gering fällt auch das bereits angewendete Messinstrumentarium zu Konstrukten in diesem Kontext aus. Zu der geringen Anzahl der zur Verfügung stehenden Studien kommt bei vielen noch eine unzureichende Dokumentation der Operationalisierung328 und somit der verwendeten Indikatoren. Eine umfangreiche Literaturrecherche zeigte, dass ein Teil der hier zu operationalisierenden Konstrukte in bisher nur zwei Studien329 mit ausreichender Dokumentation erfasst wurden.330 Zur Operationalisierung des Konstruktes „Entkopplungsbedürfnis“ wurde in der vorliegenden Arbeit das Inventar von Lambrecht331 zur Operationalisierung des „Taxametereffekts“, der dem Konstrukt „Entkopplungsbedürfnis“ inhaltlich entspricht, verwendet. Die Autorin ermittelte die Indikatoren aufgrund von Plausibilitätsüberlegungen, welche daraufhin von Experten mit marketing- oder verhaltenswissenschaftlichem Hintergrund auf inhaltliche Relevanz geprüft und in einem Pretest mit 25 Probanden letztendlich getestet wurden. Die daraus resultierende Itembatterie wurde auch in dieser Arbeit als Grundlage herangezogen.
328
329 330 331
Vgl. insbesondere die fehlenden Angaben in den Ausgaben des Journal of Consumer Research und des Journal of Marketing Research in den Jahren 2000 bis 2003. Vgl. Lambrecht (2005), Schulze/Gedenk (2005). Vgl. insbesondere Bruner/James/Hensel (2001) und Bearden/Netemeyer (1999). Vgl. Lambrecht (2005).
sUppLex
122
Empirische Überprüfung
Innerhalb dieser Arbeit wurden die Indikatoren in eine siebenstufige Ratingskala mit den Ankerpunkten „trifft überhaupt nicht zu“ und „trifft vollständig zu“ überführt. Da bei dieser Studie als Untersuchungsobjekt keine Internetzugangstarife, sondern Mobilfunktarife zur Anwendung kommen, wurden die Items an diese Studie angepasst. Aus den ursprünglich 11 sowohl durch Expertengespräche als auch im Pretest positiv getesteten Indikatoren wurden 4 für die hier durchgeführte Online-Befragung übernommen. Da sich jeder Wert der vorliegenden Indikatoren bei einer Variation des Konstruktwertes verändert und diese zudem untereinander austauschbar sind, handelt es sich bei dem „Entkopplungsbedürfnis“ um ein reflektiv zu operationalisierendes Konstrukt und es wird infolge dessen hinsichtlich seiner Güte auf Messmodellebene untersucht. Mittels eines iterativen Prozesses wurden die ausgewählten Indikatoren hinsichtlich ihrer Eignung zur Operationalisierung des Konstruktes „Entkopplungsbedürfnis“ überprüft. Indikatoren, die hierbei die an sie gestellten Gütekriterien nicht erfüllen, können aufgrund ihres reflektiven Charakters zur Verbesserung der Güte der Operationalisierung schrittweise eliminiert werden. Von den 4 in die Online-Umfrage übernommenen Indikatoren musste der Indikator: „Beim Telefonieren möchte ich nicht über die Kosten nachdenken“ aufgrund nicht zufrieden stellender Ergebnisse hinsichtlich der Unidimensionalität eliminiert werden. Neben einer zu schwachen Ladung auf das eigentliche Zielkonstrukt waren noch signifikant höhere Ladungen auf andere Faktoren zu verzeichnen. Unter Anwendung der Bootstrapping-Methode wurden durch das PLS-Programm „PLS-Graph 3.0“ die jeweiligen Faktorladungen und t-Werte der verbleibenden Indikatoren ermittelt. Dabei lagen die ermittelten Faktorladungen und Signifikanzwerte aller Indikatoren ausnahmslos im annehmbaren Bereich und es konnten somit alle verbleibenden Indikatoren beibehalten werden (vgl. Tab. 35) Als weitere Gütekriterien erfüllen sowohl die durchschnittlich erfasste Varianz DEV als auch die Konstruktreliabilität (Konvergenzvalidität) und das Fornell-LarckerKriterium (Diskriminanzvalidität) die an sie gestellten Anforderungen. Die Unidimensionalität der Indikatoren wurde anhand einer konfirmatorischen Faktorenanalyse mit-
sUppLex
Operationalisierung der zu untersuchenden Konstrukte
123
tels Varimax Rotation überprüft, wobei alle 3 verbleibenden Indikatoren die an sie gestellten Anforderungen erfüllen. Eine Gütebeurteilung der reflektiven Konstrukte erfolgte abschließend über die Berechnung der Vorhersagevalidität anhand des StoneGeissers Q2, welches > 0 sein sollte, was bei dem vorliegenden Konstrukt „Entkopplungsbedürfnis“ erfüllt wird. Somit wurden die verbleibenden 3 Indikatoren positiv auf die angeführten Gütekriterien geprüft und ihre Eignung zur Operationalisierung des Konstruktes „Entkopplungsbedürfnis“ kann als bestätigt angesehen werden. Folglich geht das Konstrukt als exogene Variable in das Hypothesensystem ein, da es andere Größen beeinflusst, selbst aber unbeeinflusst bleibt (vgl. Tab. 36).
Indikatoren „Entkopplungsbedürfnis“ Indikator 1
Faktorladung
t-Wert
0.9059
34.9652
0.9501
113.1692
0.9096
53.0110
Ich habe weniger Spaß am Telefonieren, wenn mit jeder Minute die Kosten steigen
Indikator 2
Die Vorstellung, dass beim Telefonieren mit jeder Minute die Kosten steigen, gefällt mir nicht
Indikator 3
Nur, wenn ich beim Telefonieren nicht über die Kosten nachdenken muss, habe ich richtig Spaß dabei
Tabelle 35: Operationalisierung des Konstrukts „Entkopplungsbedürfnis“332
Gütekriterium
Konstrukt „Entkopplungsbedürfnis“
Plausibilität
Erfüllt
Konvergenz x
Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV)
0,850
x
Konstruktreliabilität
0.945
Diskriminanzvalidität (Fornell-Larcker-Kriterium)
Erfüllt
Vorhersagevalidität (Stone-Geissers Q2)
0.6456
Unidimensionalität
Erfüllt
Tabelle 36: Gütebeurteilung des Konstrukts „Entkopplungsbedürfnis“333
5.3.2 Versicherungsbedürfnis Zur Messung des Konstrukts Versicherungsbedürfnis wurde bei der Gestaltung des Fragebogens ebenfalls auf das Inventar von Lambrecht334 zurückgegriffen, das über 332 333
Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
124
Empirische Überprüfung
den „Versicherungseffekt“ ein inhaltlich identisches Konstrukt zu dem in dieser Arbeit operationalisierten Konstrukt „Versicherungsbedürfnis“ erfasst. Auch hier wurde die ursprünglich fünfstufige Skala in eine siebenstufige Skala mit den Extrempunkten „trifft überhaupt nicht zu“ und „trifft vollständig zu“ transformiert. Ebenso wurden die Indikatoren an das unterschiedliche Untersuchungsumfeld angepasst. Von den 14 positiv getesteten Indikatoren wurden 5 in die innerhalb dieser Arbeit verwendete OnlineBefragung übernommen. Ebenso wie das Konstrukt „Entkopplungsbedürfnis“ weist auch das Konstrukt „Versicherungsbedürfnis“ reflektiven Charakter auf, da auch hier eine Veränderung des Konstruktes eine Veränderung der untereinander austauschbaren Indikatoren bewirkt. Ferner konnten auch im Rahmen der Prüfung auf Unidimensionalität bei 2 der 5 Indikatoren Ladungen auf mehrere Faktoren festgestellt werden. Sowohl der Indikator: „Ich habe eine klare Vorstellung, wie hoch meine Kosten für mein Mobil-Telefonieren monatlich höchstens sein dürfen“ als auch der Indikator: „Ich möchte nicht, dass die Kosten, die ich monatlich für meine Handy-Nutzung eingeplant habe, überschritten werden“ mussten so im Laufe des iterativen Prozesses zur Beurteilung der Güte der aufgestellten Indikatoren eliminiert werden. Indikatoren „Versicherungsbedürfnis“ Indikator 1
Faktorladung
t-Wert
0.9381
72.2531
0.9406
84.9798
0.9418
55.6345
Mir ist es wichtig, jeden Monat etwa gleich viel für meine Handy-Nutzung auszugeben und Ausgabenschwankungen zu vermeiden
Indikator 2
Es ist mir wichtig, von Anfang an den festen Betrag zu kennen, den ich monatlich für meine HandyNutzung zahlen muss
Indikator 3
Mir ist es wichtig, dass ich jeden Monat für meine Handy-Nutzung einen gleich bleibenden Betrag einplanen kann
Tabelle 37: Operationalisierung des Konstrukts „Versicherungsbedürfnis“335
334 335
Vgl. Lambrecht (2005). Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Operationalisierung der zu untersuchenden Konstrukte
125
Für die 3 verbleibenden Indikatoren wurden daraufhin in einem ersten Schritt zur Beurteilung der Güte der Schätzung die Faktorladungen und die t-Werte berechnet, die über alle verbleibenden Indikatoren hinweg die an sie gestellten Anforderungen erfüllen (vgl. Tab. 37). Auch die Analyse der restlichen Prüfkriterien verlief positiv. Sowohl die Diskriminanzvalidität als auch die durchschnittlich erfasste Varianz und die Konstruktreliabilität bestätigen der Operationalisierung hinsichtlich der Konstruktvalidität ein zufrieden stellendes Ergebnis. Da auch die Anforderungen an die Vorhersagevalidität über Stone-Geissers Q2 und die Unidimensionalität erfüllt sind, kann die Operationalisierung des Konstruktes „Versicherungsbedürfnis“ über die 3 verbleibenden Indikatoren als geeignet angesehen werden. Gütekriterium
Konstrukt „Versicherungsbedürfnis“
Plausibilität
Erfüllt
Konvergenz x
Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV)
0.884
x
Konstruktreliabilität
0.958
Diskriminanzvalidität (Fornell-Larcker-Kriterium)
Erfüllt
Vorhersagevalidität (Stone-Geissers Q2)
0.7029
Unidimensionalität
Erfüllt
Tabelle 38: Gütebeurteilung des Konstrukts „Versicherungsbedürfnis“ 336
5.3.3 Bequemlichkeitsbedürfnis Da das Konstrukt „Bequemlichkeitsbedürfnis“ bisher in dieser Form in noch keiner Studie operationalisiert worden ist, wurden in diesem Fall Indikatoren einer inhaltlich verwandten 18er Likert-Skala mit der Bezeichnung „Need for Cognition“ von Ailawadi/Neslin/Gedenk337 auf deutsch übersetzt und auf den Kontext der Tarifwahl adaptiert. Die 18 verfügbaren Indikatoren wurden hierbei als Grundlage genommen, um 4 Indikatoren auf den Kontext der Tarifwahl anzupassen und in eine siebenstufige Rating-
336 337
Quelle: Eigene Darstellung. Vgl. Ailawadi/Neslin/Gedenk (2001).
sUppLex
126
Empirische Überprüfung
Skala mit den Ankerpunkten „trifft überhaupt nicht zu“ und „trifft vollständig zu“ zu überführen. Auch hier ist wieder von einer reflektiven Operationalisierung auszugehen, da die Werte der Indikatoren sich bei einer Variation des Konstruktwertes ebenfalls verändern und zudem die Indikatoren untereinander austauschbar sind. Der Indikator:„Komplexe Tarife, bei denen sich z. B. das Nutzungsentgelt mit der jeweiligen Tageszeit mehrmals ändert, sind mir nicht übersichtlich genug“ konnte die an ihn gestellten Kriterien bezüglich der Unidimensionalität nicht erfüllen und musste eliminiert werden. Bei der Ermittlung der Faktorladungen und der t-Werte für die verbleibenden 3 Indikatoren mittels der in PLS-Graph 3.0 vorhandenen Bootstrapping-Methode konnten alle Anforderungen, die an die Werte der Faktorladungen und der t-Werte gestellt werden, ausnahmslos als erfüllt bestätigt werden.
Indikatoren „Bequemlichkeitsbedürfnis“ Indikator 1
Ich würde eher einen einfachen überschaubaren Tarif
Faktorladung
t-Wert
0.9126
48.1866
0.9410
82.0179
0.9505
98.0864
wählen, als einen Tarif, der aufgrund seiner komplexen Kostenstruktur eine verstärkte geistige Auseinandersetzung erfordert Indikator 2
Ich entscheide mich meist gegen Tarife, bei denen ich mich aufgrund fehlender Übersichtlichkeit näher mit den Kostenstrukturen auseinandersetzen muss
Indikator 3
Ich versuche, Tarife zu vermeiden, mit denen ich mich aufgrund komplexer Kostenstrukturen mit großer Wahrscheinlichkeit geistig auseinandersetzen muss
Tabelle 39: Operationalisierung des Konstrukts „Bequemlichkeitsbedürfnis“338
Auch die Konvergenzvalidität erfüllt die Kriterien. Die durchschnittlich erfasste Varianz und die Konstruktreliabilität liegen deutlich oberhalb der geforderten Werte. Die Diskriminanzvalidität und die Vorhersagevalidität sind ebenfalls wie die Unidimensionalität entsprechend den Kriterien für reflektive Operationalisierungen erfüllt. Somit 338
Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Operationalisierung der zu untersuchenden Konstrukte
127
konnten alle verbleibenden Indikatoren beibehalten werden und die Operationalisierung ist als einsetzbar anzusehen. Konstrukt „Bequemlichkeitsbedürfnis“ Gütekriterium Erfüllt
Plausibilität Konvergenz x
Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV)
x
Konstruktreliabilität
0.874 0.954
Diskriminanzvalidität (Fornell-Larcker-Kriterium)
Erfüllt
Vorhersagevalidität (Stone-Geissers Q2)
0.6861
Unidimensionalität
Erfüllt
Tabelle 40: Gütebeurteilung des Konstrukts „Bequemlichkeitsbedürfnis“339
5.3.4 Smart-Shopping-Bedürfnis Ebenso wie das „Bequemlichkeitsbedürfnis“ wurde das Konstrukt „Smart-ShoppingBedürfnis“ in dieser Form noch in keiner Studie operationalisiert. Um die inhaltlichen Gedanken des Konstruktes doch messbar machen zu können, wurde auf eine siebenstufige Likert-Skala von Burton/Lichtenstein/Netemeyer/Garretson340 zurückgegriffen, die das Ausmaß misst, in dem ein Konsument dem Ideal eines Smart-Shoppers entspricht. Alle 4 in der Studie von Burton/Lichtenstein/Netemeyer/Garretson verwendeten Indikatoren wurden für diese Studie ins deutsche übersetzt und an den Kontext des Tarifwahlverhaltens angepasst. Indikatoren „Smart-Shopping-Bedürfnis“ Indikator 1
Faktorladung
t-Wert
0.9248
41.0079
0.9689
153.1652
Wenn ich clever einkaufe, fühle ich mich wie ein Gewinner
Indikator 2
Wenn ich einkaufen gehe, bin ich stolz darauf, clevere Einkäufe zu machen
Indikator 3
Wenn ich clever einkaufe, fühle ich mich gut
0.9591
133.8185
Indikator 4
Ich habe richtig Spaß dabei, clever einzukaufen
0.9463
117.4219
341
Tabelle 41: Operationalisierung des Konstrukts „Smart-Shopping-Bedürfnis“ 339 340 341
Quelle: Eigene Darstellung. Burton/Lichtenstein/Netemeyer/Garretson (1998). Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
128
Empirische Überprüfung
Auch hier ist wieder von einer reflektiven Operationalisierung auszugehen, da die Richtung der Kausalität vom Konstrukt hin zu den 4 Indikatoren verläuft und diese zudem untereinander austauschbar sind. Nach der Prüfung der Faktorladungen und der t-Werte bei einem Signifikanzniveau von 5 %, erwiesen sich alle ermittelten Ergebnisse aus der Tabelle 41 als hochsignifikant. Somit konnten alle 4 Indikatoren beibehalten werden. Die Prüfung der restlichen Gütekriterien stützt die bisherigen Ergebnisse, da sowohl die Anforderungen an die Konvergenz- und Diskriminanzvalidität als auch an die Vorhersagevalidität und Unidimensionalität erfüllt sind. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die erzielten Ergebnisse. Gütekriterium
Konstrukt „Smart-Shopping Bedürfnis“ Erfüllt
Plausibilität Konvergenz x
Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV)
0,902
x
Konstruktreliabilität
0.974
Diskriminanzvalidität (Fornell-Larcker-Kriterium)
Erfüllt
Vorhersagevalidität (Stone-Geissers Q2)
0.6594 Erfüllt
Unidimensionalität Tabelle 42: Gütebeurteilung des Konstrukts „Smart-Shopping-Bedürfnis“
342
5.3.5 Flexibilitätsbedürfnis Für die Operationalisierung des Konstruktes „Flexibilitätsbedürfnis“ standen prinzipiell zwei Skalen zur Auswahl. Zum einen eine Messung von Schulze/Gedenk343, die den inhaltlich identischen „Flexibilitätseffekt“ über eine Einfachfrage operationalisiert. Zum anderen das bereits bewährte Instrumentarium von Lambrecht344 bei dem die Indikatoren im Rahmen des „Versicherungseffektes“ mit einer negativen Richtung der Plausibilität dem Inhalt des hier zu messenden „Flexibilitätsbedürfnisses“ weitestge-
342 343 344
Quelle: Eigene Darstellung. Vgl. Schulze/Gedenk (2005). Vgl. Lambrecht (2005).
sUppLex
Operationalisierung der zu untersuchenden Konstrukte
129
hend entsprechen. Da eine Messung eines Konstruktes über nur einen Indikator möglichst vermieden werden und die Indikatoren zudem möglichst trennscharf sein sollten, wurde sich im Rahmen der Operationalisierung des „Flexibilitätsbedürfnisses“ für die Entwicklung eines eigenen Messinstrumentariums in Anlehnung an die bereits bestehenden Messinstrumentarien von Lambrecht und Schulze/Gedenk entschieden. Die eigens für diese Studie entwickelten Indikatoren wurden daraufhin in Expertengesprächen auf inhaltliche Relevanz geprüft. Auch hier kam wieder eine siebenstufige Rating-Skala mit den Ankerpunkten „trifft überhaupt nicht zu“ und „trifft vollständig zu“ zum Einsatz. Die Richtung der Kausalität verläuft auch bei dem Konstrukt „Flexibilitätsbedürfnis“ vom Konstrukt hin zu den Indikatoren. Die Indikatoren sind untereinander austauschbar, was insgesamt zu der Annahme einer reflektiven Operationalisierung führt.
Indikatoren „Flexibilitätsbedürfnis“ Indikator 1
Es würde mich stören, wenn ich für meine Handy-
Faktorladung
t-Wert
0.8752
33.9706
0.9028
47.1849
0.9372
103.3348
0.9488
102.2133
0.9169
71.7915
Nutzung auch dann den vollen Preis zahlen muss, wenn ich in einem Monat nur wenig telefoniere Indikator 2
Die Vorstellung, bei geringer Nutzung den gleichen Betrag zahlen zu müssen wie bei hoher Nutzung, gefällt mir nicht
Indikator 3
Mir ist es wichtig, dass ich beim Telefonieren durch meine Nutzungsmenge selbst bestimmen kann, wie hoch meine Kosten sind
Indikator 4
Mir ist es wichtig, die Höhe der Kosten für die Handy-Nutzung durch meine Nutzungsmenge selbst zu bestimmen
Indikator 5
Ich bevorzuge Tarife, bei denen ich die Kosten letztendlich selbst durch meine tatsächliche Nutzung bestimmen kann
Tabelle 43: Operationalisierung des Konstrukts „Flexibilitätsbedürfnis“345
345
Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
130
Empirische Überprüfung
Hinsichtlich der Unidimensionalität konnte der Indikator:„Das Entrichten eines monatlichen Fixbetrages, unabhängig von der tatsächlich genutzten Menge, widerstrebt mir“ die an ihn gestellten Anforderungen nicht erfüllen und musste eliminiert werden. Da es sich um ein reflektives Konstrukt handelt, scheint dies gerechtfertigt. In Bezug auf die ermittelten Faktorladungen und t-Werte lassen sich über alle verbleibenden Indikatoren hinweg hoch signifikante Ergebnisse feststellen (vgl. Tab. 43).
Wie aus der Tabelle 44 zu entnehmen ist, überschreiten auch die Messwerte der durchschnittlich erfassten Varianz, der Konstruktreliabilität sowie der Diskriminanzvalidität die an sie gestellten Mindestwerte deutlich. Da zudem die Vorhersagevalidität die an sie gestellten Gütekriterien erfüllt und die Unidimensionalität auch hier bestätigt werden kann, wird das Konstrukt „Flexibilitätsbedürfnis“ mit seinen 5 verbleibenden Indikatoren in die Prüfung des Strukturmodells aufgenommen
Gütekriterium
Konstrukt „Flexibilitätsbedürfnis“
Plausibilität
Erfüllt
Konvergenz x
Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV)
x
Konstruktreliabilität
0.840 0.963
Diskriminanzvalidität (Fornell-Larcker-Kriterium)
Erfüllt
Vorhersagevalidität (Stone-Geissers Q2)
0.7417
Unidimensionalität
Erfüllt
Tabelle 44: Gütebeurteilung des Konstrukts „Flexibilitätsbedürfnis“346
5.3.6 Flatrate-Präferenz Nachdem nun alle die Flatrate-Präferenz erklärenden Variablen aufgeführt worden sind, wird mit der Beschreibung der Operationalisierung des Konstruktes der „FlatratePräferenz“ die erste den Flatrate-Bias determinierende Tarifwahl-Anomalie angeführt. Zur Operationalisierung der ersten endogenen Variable „Flatrate-Präferenz“ wird auf die Operationalisierung von Schulze/Gedenk347 zurückgegriffen. Dabei werden die 3 346 347
Quelle: Eigene Darstellung. Vgl. Schulze/Gedenk (2005), S. 168.
sUppLex
Operationalisierung der zu untersuchenden Konstrukte
131
aufgeführten Zahlungsarten innerhalb der Studie von Schulze/Gedenk um eine vierte, die der Volumentarife, erweitert, und die Itembatterie in eine siebenstufige Ratingskala überführt. Hierbei entspricht die Angabe der Zahlungsart „Flatrate“ als bevorzugte Zahlungsweise dem maximalen Wert der die Flatrate-Präferenz messenden Skala von 7. Weiter entspricht die Angabe „Volumentarif“ dem Wert 5, die Angabe „nutzungsabhängiger Tarif mit Grundgebühr“ dem Wert 3 und die Angabe „nutzungsabhängiger Tarif“ dem Wert 1. Da das Konstrukt „Flatrate-Präferenz“ somit über nur einen Indikator gemessen wird, finden die Gütekriterien zur Operationalisierung eines reflektiven Konstruktes Anwendung. Die über die Bootstrapping-Methode ermittelten Faktorladungen und t-Werte erfüllen alle an sie gestellten Kriterien, wie der folgenden Tabelle zu entnehmen ist.
Indikatoren „Flatrate-Präferenz“ Indikator 1
Welche Zahlungsweise würden Sie grundsätzlich be-
Faktorladung
t-Wert
1.0000
0.0000
vorzugen? Tabelle 45: Operationalisierung des Konstrukts „Flatrate-Präferenz“348
Als ebenso signifikant erweisen sich folgende Kriterien, die die Repräsentativität des Konstruktes bestätigen.
Gütekriterium
Konstrukt „Flatrate-Präferenz“ Erfüllt
Plausibilität Konvergenz x
Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV)
1.000
x
Konstruktreliabilität
1.000
Diskriminanzvalidität (Fornell-Larcker-Kriterium)
Erfüllt
Vorhersagevalidität (Stone-Geissers Q2)
0.0000 Erfüllt
Unidimensionalität 349
Tabelle 46: Gütebeurteilung des Konstrukts „Flatrate-Präferenz“
348
Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
132
Empirische Überprüfung
5.3.7 Informationsnachfrageeffekt Nachdem nun alle erklärenden Variablen der Flatrate-Präferenz aufgeführt worden sind, wird mit der Beschreibung der Operationalisierung des Konstruktes „Informationsnachfrageeffekt“ die zweite den Flatrate-Bias erklärende Variable angeführt. Um diese messbar machen zu können, wurde auf das Instrumentarium von Lambrecht350 zur Messung des inhaltlich ähnlichen „Bequemlichkeitseffektes“ zurückgegriffen. Die bei Lambrecht getesteten 46 Indikatoren stammen hierbei aus verschiedenen Studien zur Messung des Preisbewusstseins und des Impulskaufes.351 Aus den 25 positiv getesteten Indikatoren wurden 4 Indikatoren in die hier zugrunde liegende Online-Umfrage in Form einer siebenstufigen Rating-Skala überführt. Dabei wurden diese an den Kontext der Tarifwahl im Mobiltelefonbereich angepasst. Bei den hier verwendeten Indikatoren wird ebenfalls eine reflektive Operationalisierung angenommen, da eine Variation des Konstruktwertes zu einer Veränderung der Werte der jeweiligen Indikatoren führt und diese untereinander zudem austauschbar erscheinen. Indikatoren „Informationsnachfrageeffekt“ Indikator 1
Faktorladung
t-Wert
0.9262
73.1353
0.9344
104.5353
0.9079
49.2519
0.7912
18.9548
Mir ist es wichtig, möglichst viele Tarifangebote zu kennen, bevor ich mich für eines entscheide, um sicher zu sein, dass ich den billigsten Tarif wähle
Indikator 2
Bevor ich mich für einen Tarif entscheide, informiere ich mich über viele Anbieter, um den billigsten Tarif zu finden
Indikator 3
Ich bin bereit, zusätzlichen Aufwand auf mich zu nehmen, um den für mich billigsten Mobilfunktarif zu finden
Indikator 4
Obwohl das viel Aufwand ist, berechne ich vor der Tarifwahl für einige Tarife, wie viel ich jeweils zahlen müsste
Tabelle 47: Operationalisierung des Konstrukts „Informationsnachfrageeffekt“352
349 350 351 352
Quelle: Eigene Darstellung. Vgl. Lambrecht (2005) S. 111 f. Vgl. Lichtenstein/Ridgeway/Netemeyer (1993), Rook/Fisher (1995). Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Operationalisierung der zu untersuchenden Konstrukte
133
Die Gütebeurteilung anhand der Faktorladungen und der t-Werte verlief hierbei, wie in der Tabelle 47 ersichtlich, sehr zufrieden stellend. Die Konvergenzvalidität, die in Form der durchschnittlich erfassten Varianz und der Konstruktreliabilität überprüft wird, erfüllt mit Werten oberhalb der Mindestvorgaben von 0,6 bzw. 0,7 die gestellten Anforderungen deutlich. Die Kriterien der Diskriminanz- und Vorhersagevalidität wurden ebenfalls erfüllt und die Prüfung auf Unidimensionalität verlief ebenso positiv.
Gütekriterium
Konstrukt „Informationsnachfrageeffekt“
Plausibilität
Erfüllt
Konvergenz x
Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV)
x
Konstruktreliabilität
0.795 0.939
Diskriminanzvalidität (Fornell-Larcker-Kriterium)
Erfüllt
Vorhersagevalidität (Stone-Geissers Q2)
0.6413
Unidimensionalität
Erfüllt
Tabelle 48: Gütebeurteilung des Konstrukts „Informationsnachfrageeffekt“353
5.3.8 Entscheidungsstileffekt Die Messung des Konstruktes „Entscheidungsstileffekt“ erfolgte mit dem Messapparat von Shiv/Fedorikhin,354 innerhalb dessen die relativen Gewichte von Emotionen und Kognitionen bei einer von einer Person getroffenen Entscheidung, abgeschätzt werden sollen. Aus der mit fünf Indikatoren ausgestatteten siebenstufigen Rating-Skala wurden 4 Indikatoren für diese Studie auf Deutsch übersetzt und auf den Kontext der Tarifwahl adaptiert. Auch bei dem Konstrukt „Entscheidungsstileffekt“ ist wieder von einer reflektiven Operationalisierung auszugehen, da die Richtung der Kausalität vom Konstrukt hin zu den 4 Indikatoren verläuft und diese zudem untereinander austauschbar sind.
353 354
Quelle: Eigene Darstellung. Vgl. Shiv/Fedorikhin (1999).
sUppLex
134
Empirische Überprüfung
Da der Indikator:„Die Wahl meines jetzigen Handy-Tarifs traf ich auf Basis: Meiner vorsichtigen Seite/Meiner impulsiven Seite“ neben einer nur schwachen Ladung auf das Zielkonstrukt auch noch weitere starke Ladungen auf andere Faktoren zu verzeichnen hatte und somit die Kriterien zur Unidimensionalität nicht erfüllen konnte, musste dieser im Laufe des iterativen Prozesses eliminiert werden. Bei der Überprüfung der Faktorladungen und der t-Werte konnten bei allen verbleibenden Indikatoren zufrieden stellende Ergebnisse festgestellt werden.
Indikatoren Entscheidungsstileffekt“ Indikator 1
Die Wahl meines jetzigen Handy-Tarifs traf ich auf Basis :
Faktorladung
t-Wert
0.8801
44.4714
0.9223
62.7558
0.8531
28.4743
Meiner Gedanken / Meiner Gefühle Indikator 2
Die Wahl meines jetzigen Handy-Tarifs traf ich auf Basis : Meiner rationalen Seite / Meiner emotionalen Seite
Indikator 3
Die Wahl meines jetzigen Handy-Tarifs traf ich auf Basis : Meines Kopfes / Meines Herzens
Tabelle 49: Operationalisierung des Konstrukts „Entscheidungsstileffekt“355
Die Überprüfung der in der Tabelle 50 aufgeführten Kriterien ergab ebenso ein zufrieden stellendes Ergebnis. Somit geht das Konstrukt „Entscheidungsstileffekt“ in das Hypothesenmodell mit ein.
Gütekriterium
Konstrukt „Entscheidungsstileffekt“ Erfüllt
Plausibilität Konvergenz x
Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV)
0.784
x
Konstruktreliabilität
0.916
Diskriminanzvalidität (Fornell-Larcker-Kriterium)
Erfüllt
Vorhersagevalidität (Stone-Geissers Q2)
0.5336 Erfüllt
Unidimensionalität 356
Tabelle 50: Gütebeurteilung des Konstrukts „Entscheidungsstileffekt“
355 356
Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Operationalisierung der zu untersuchenden Konstrukte
135
5.3.9 Überschätzungseffekt In bisherigen Studien zum Kontext der Tarifwahl wurde der „Überschätzungseffekt“ entweder über einen Vergleich von geschätzter Nutzungsmenge mit der tatsächlichen Nutzungsmenge, die aus Nutzungsdaten entnommen worden ist, oder über die sogenannte „Ratio-Rule“ von Nunes operationalisiert.357 Da für diese Studie keine Nutzungsdaten vorlagen und sich die Anwendung der „Ratio-Rule“ zur Messung des Überschätzungseffektes als sehr aufwendig gestaltet, musste eine eigene Skala in Anlehnung an diese beiden Verfahren entwickelt werden. Über eine Einfachfrage wurde hierbei bei Probanden mit Volumentarifen oder Flatrate-Tarifen nach ihrer Einschätzung gefragt, ob am Ende des Monats innerhalb ihres Mobilfunktarifes das bezahlte Freikontingent nicht vollständig ausgeschöpft worden ist bzw. bezahlte Minuten am Ende des Monats verfallen. Da Konsumenten in der Regel nur so viel Freikontingent an ihren Vertrag binden, wie sie wirklich auch nutzen wollen, kann ein Unterschreiten dieses Kontingents als Überschätzung der eigenen Nutzungsmenge interpretiert werden. Ein Unterschreiten bedeutet hierbei ja gerade, dass die tatsächlich genutzte Menge geringer als die vor dem Vertragsabschluss geschätzte Nutzungsmenge, die sich im gewählten Freikontingent widerspiegelt, ausgefallen ist.Da die hier angewendete Operationalisierung nur über einen Indikator erfolgt, finden die Gütekriterien eines reflektiven Konstruktes Anwendung. Wie der Tabelle 51 zu entnehmen ist, konnten auch bei der Überprüfung der Operationalisierung des „Überschätzungseffektes“ zufrieden stellende Ergebnisse festgestellt werden.
Indikatoren „Überschätzungseffekt“ Indikator 1
Faktorladung
t-Wert
1.0000
0.0000
Falls Sie eine Flatrate oder einen Volumentarif aktuell nutzen, kommt es oft vor, dass sie die Flatrate nicht voll ausnutzen bzw. dass Minuten oder SMS von ihrem Freikontingent am Ende des Monats noch ungenutzt sind und verfallen?
Tabelle 51: Operationalisierung des Konstrukts „Überschätzungseffekt“358
357 358
Vgl. Lambrecht (2005), Nunes (2000). Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
136
Empirische Überprüfung
Auch die Prüfung der restlichen Gütekriterien kann als erfolgreich konstatiert werden, wie der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen ist.359
Gütekriterium
Konstrukt „Überschätzungseffekt“ Erfüllt
Plausibilität Konvergenz x
Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV)
1.000
x
Konstruktreliabilität
1.000
Diskriminanzvalidität (Fornell-Larcker-Kriterium)
Erfüllt
Vorhersagevalidität (Stone-Geissers Q2)
0.0000 Erfüllt
Unidimensionalität 360
Tabelle 52: Gütebeurteilung des Konstrukts „Überschätzungseffekt“
5.3.10 Flatrate-Bias Um auch bei dem Konstrukt „Flatrate-Bias“ eine aus Konsumentensicht erfolgte Operationalisierung zu gewährleisten, wurde auch hier ein Messapparat eigens für die vorliegende Studie entworfen, da in dieser Form der Flatrate-Bias in bisher keiner verfügbaren Studie gemessen wurde. Aus der Tatsache heraus, dass ein Flatrate-Bias die Wahl eines Tarifes darstellt, der nicht dem günstigsten Tarif entspricht, wurde über zwei Fragen nach der Einschätzung der Konsumenten gefragt, den für sich günstigsten Tarif gewählt zu haben. Angewandt wurde hierbei wieder die bewährte siebenstufige Ratingskala mit den Ankerpunkten „trifft überhaupt nicht zu“ und „trifft vollständig zu“. Im Rahmen des ersten Indikators wurde einem Wert von 1, also die Angabe des Konsumenten, dass es überhaupt nicht zu trifft, dass er den für sich günstigsten Tarif gewählt hat, die maximale Ausprägung des Konstruktes „Flatrate-Bias“ zugeordnet und umgekehrt. Im Rahmen des zweiten Indikators wurde hingegen dem Wert 7, also der Angabe, dass es vollkommen zutrifft, dass bei der Tarifwahl Tarife existierten, die günstiger als sein gewählter Tarif waren, die maximale Ausprägung des Konstruktes „Flatrate-Bias“ zu359 360
Vgl. dazu auch Anhang 4. Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Operationalisierung der zu untersuchenden Konstrukte
137
geordnet. Die aufgestellten Indikatoren wurden vor ihrer Anwendung innerhalb von Expertengesprächen auf ihre inhaltliche Relevanz geprüft. Da die Werte beider Indikatoren sich bei einer Variation des Wertes des Konstruktes „Flatrate-Bias“ verändern und die Indikatoren zudem untereinander austauschbar sind, wird eine reflektive Operationalisierung angenommen. Beide Indikatoren weisen bei der Beurteilung der Güte bezüglich ihrer Faktorladungen und der t-Werte, wie aus folgender Tabelle zu entnehmen ist, zufrieden stellende Ergebnisse auf.
Indikatoren „Flatrate-Bias“ Indikator 1
Haben Sie das Gefühl, dass Sie den für sich günstigs-
Faktorladung
t-Wert
0.9285
69.8559
0.9231
61.5209
ten Tarif gewählt haben? Indikator 2
Haben Sie das Gefühl, dass es zum Zeitpunkt ihrer Tarifwahl Tarife gab, die für sie günstiger bzw. billiger gewesen wären, als ihr aktueller Handy-Tarif?
Tabelle 53: Operationalisierung des Konstrukts „Flatrate-Bias“361
Auch die Prüfung der in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Gütekriterien kann als erfolgreich abgeschlossen gelten.
Gütekriterium Plausibilität
Konstrukt „Flatrate-Bias“ Erfüllt
Konvergenz x
Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV)
0.857
x
Konstruktreliabilität
0.923
Diskriminanzvalidität (Fornell-Larcker-Kriterium)
Erfüllt
Vorhersagevalidität (Stone-Geissers Q2)
0.4692
Unidimensionalität
Erfüllt
Tabelle 54: Gütebeurteilung des Konstrukts „Flatrate-Bias“362
Sowohl die Messwerte der durchschnittlich erfassten Varianz, der Konstruktreliabilität als auch der Diskriminanzvalidität überschreiten die an sie gestellten Mindestwerte 361 362
Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
138
Empirische Überprüfung
deutlich. Da zudem die Vorhersagevalidität die an sie gestellten Gütekriterien erfüllt und die Unidimensionalität auch hier bestätigt wird, kann das Konstrukt „FlatrateBias“ als erfolgreich operationalisiert angesehen werden. 5.3.11 Involvement Zur Operationalisierung des Moderators „Involvement“ konnte aufgrund der Fülle an Studien in deren Rahmen Involvement operationalisiert worden ist, aus einem mehr als ausreichenden Spektrum an Messinstrumentarien eine für diesen Kontext geeignete Skala ausgewählt werden. Die Wahl fiel auf das Messinstrumentarium von Keaveney/Parthasarathy,363 das für diese Studie angemessen erschien. Aus der sieben Indikatoren umfassenden, siebenstufigen Likert-Skala wurden 4 Indikatoren in das Deutsche übersetzt und an den Kontext der vorliegenden Studie angepasst. Verwendet wurde auch hier eine siebenstufige Rating-Skala mit den Ankerpunkten „trifft überhaupt nicht zu“ und „trifft vollständig zu“. Indikatoren „Involvement“ Indikator 1
Ich interessiere mich sehr für den Mobilfunkmarkt
Indikator 2
Ich beschäftige mich intensiv mit Mobiltelefonen
Indikator 3
Ich bezeichne mich selbst als Handy-Experten
Indikator 4
Mein Sachverstand bezüglich Handys ist sehr hoch
Tabelle 55: Operationalisierung des Konstrukts „Involvement“364
Zur Überprüfung der Reliabilität der Skala, also dem Grad der Zuverlässigkeit oder Genauigkeit mit dem diese Skala das Konstrukt Involvement misst, wurde mit dem Programm SPSS eine Reliabilitätsanalyse (Inter-Item-Reliabiltät) durchgeführt. Als Maß für die Stärke der internen Konsistenz bzw. der Inter-Item-Reliabilität wurde das Cronbach’s Alpha365 berechnet. Das Cronbach’s Alpha kann hierbei Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Je höher der Wert des Cronbach’s Alpha ist, desto genauer misst die angewandte Skala. Ein Wert von 0,7 gilt in der Literatur allgemein als akzeptabel, ein Wert von 0,8 als gut und ein Wert > 0,9 bereits als sehr gut. 363 364 365
Vgl. Keaveney/Parthasarathy (2001). Quelle: Eigene Darstellung. Für eine ausführliche Darstellung Vgl. z. B. Cronbach (1951).
sUppLex
Darstellung der Schätzergebnisse auf Strukturmodellebene Gütekriterium
Skala „Involvement“
Cronbach’s Alpha
0,945
N der Items
4
139
Tabelle 56: Güte der Skala zur Messung des Involvements366
Der berechnete Wert des Cronbach’s Alpha von 0,945 bescheinigt der angewandten Skala zur Operationalisierung des Involvements eine sehr gute interne Konsistenz. Die Skala kann somit verwendet werden.
5.4
Darstellung der Schätzergebnisse auf Strukturmodellebene
Nachdem nun die einzelnen Indikatoren auf Messmodellebene überprüft worden sind und die Eignung des Messmodells zur Operationalisierung der latenten Konstrukte überprüft und bestätigt wurde, gilt es nun, das theoretisch hergeleitete Hypothesensystem empirisch zu überprüfen. Als Basis der Modellschätzung wird zum einen das in den vorherigen Kapiteln postulierte Hypothesenmodell und zum anderen das im letzten Abschnitt validierte Messmodell herangezogen. Die bereits in Kapitel 5.1.2 angeführten Gütekriterien dienen nachfolgend der Evaluierung des Strukturmodells. Mittels PLS-Graph 3.0 wurden die Parameter des vorliegenden Hypothesenmodells geschätzt. Zur Beurteilung der nomologischen Gültigkeit des postulierten Untersuchungsmodells sind die aufgestellten Hypothesen hinsichtlich der Gütekriterien auf Strukturmodellebene zu prüfen. Dabei ist vorrangig auf die mittels der Bootstrapping-Methode von PLS-Graph 3.0 ermittelten Pfadkoeffizienten zu achten. Diese zeigen den Einfluss eines Konstruktes auf ein kausal nachfolgendes Konstrukt an. Um nun die Modellverbindungen auf ihre Signifikanz überprüfen zu können, also die Aussage über die Annahme oder das Ablehnen von Modellhypothesen treffen zu können, muss die Höhe und Signifikanz der einzelnen Strukturparameter herangezogen werden. Entscheidend dafür ist der t-Wert der Pfadkoeffizienten, der bei einem zweiseitigen t-Test und einem Signifikanzniveau von 5 % den Wert von 1,98 übersteigen
366
Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
140
Empirische Überprüfung
sollte. Eine Erhöhung der Irrtumswahrscheinlichkeit auf 10 % führt dazu, dass der kritische Wert auf 1,66 reduziert wird. Zusätzlich sollte der Pfadkoeffizient aller angenommenen Hypothesen den Wert von 0,1 überschreiten. Einen Überblick über die Ergebnisse der Hypothesenprüfung des Strukturmodells gibt die nachfolgende Tabelle.
Kausalzusammenhang
t-Wert
Pfad-
Ergebnis
koeffizient
H1 Je stärker der aus einer geringen Informationsnachfrage
4.4462
0.2710
Angenommen
6.1749
0.3130
Angenommen
2.3424
0.2310
Angenommen
3.2881
0.1900
Angenommen
resultierende
Informationsnachfrageeffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias
H2 Je stärker der aus einem emotionalen Entscheidungsstil resultierende Entscheidungsstileffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias
H3 Je stärker der aus einer Überschätzung der Nutzungsmenge resultierende Überschätzungseffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias
H4 Je stärker die aus einer höheren subjektive Wertschätzung gegenüber FlatrateTarifen resultierende Flatrate-Präferenz ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias resultierender Flatrate-Bias
sUppLex
Darstellung der Schätzergebnisse auf Strukturmodellebene
H5 Je stärker das Entkopplungsbedürfnis
141
2.2782
0.2050
Angenommen
5.2636
0.4580
Angenommen
0.3826
-0.0210
Abgelehnt
0.5423
-0.0360
Abgelehnt
3.6006
-0.2030
Angenommen
bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H6 Je stärker das Versicherungsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H7 Je stärker das Bequemlichkeitsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die FlatratePräferenz
H8 Je
stärker
das
Smart-Shopping-
Bedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H9 Je stärker das Flexibilitätsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto geringer ist die Flatrate-Präferenz
Tabelle 57: Hypothesenprüfung auf Strukturmodellebene 367
Als überaus signifikant erweisen sich somit die Hypothesen 1, 2, 3, 4, 5, 6 sowie 9 während die Hypothesen 7 und 8 auch bei erhöhter Irrtumswahrscheinlichkeit den kritischen Wert von 1,66 unterschreiten und so verworfen werden müssen. Der Pfadkoeffizient liegt hierbei bei allen angenommenen Hypothesen deutlich über dem kritischen Wert von 0,1. Im Folgenden gilt es zu analysieren, inwieweit die im Untersuchungsmodell herausgefilterten exogenen Konstrukte imstande sind, die zwei endogenen Konstrukte, also die Flatrate-Präferenz und den Flatrate-Bias, zu erklären. Um dies zu untersuchen wird das Bestimmtheitsmaß R2 herangezogen, das den Anteil der Varianz des endogenen Konstruktes angibt, der durch die kausal vorgelagerten Größen erklärt werden kann.368 In der Literatur gilt das endogene Konstrukt als ausreichend gut durch die übrigen im Modell vorhandenen Konstrukte erklärt, wenn die erklärte Varianz, also das R2, den
367 368
Quelle: Eigene Darstellung. Vgl. Fornell/Cha (1994), S. 69, Hulland (1999), S.202, Huber et al. (2005), S. 31.
sUppLex
142
Empirische Überprüfung
Mindestwert von 0,3 bzw. 30 % übersteigt.369 Sowohl das R2 für das endogene Konstrukt „Flatrate-Präferenz“ als auch das R2 für das zweite endogene Konstrukt „Flatrate-Bias“ übersteigen mit 0.5468 bzw. 0.4244 den geforderten Mindestwert von 0,3 deutlich. Endogenes Konstrukt
Erklärte Varianz R2
Flatrate-Präferenz
0.5468
Flatrate-Bias
0.4244
Tabelle 58: Determinationskoeffizienten der endogenen Konstrukte 370
Somit bleibt festzuhalten, dass nicht nur die angeführten Bedürfnisse gut geeignet sind, die Flatrate-Präferenz zu erklären, sondern auch die angeführten TarifwahlAnomalien sich gut eignen, den Flatrate-Bias zu erklären. Des Weiteren ist innerhalb der Gütebeurteilung des Strukturmodells noch die Multikollinearität mit Hilfe einer Regressionsanalyse zu überprüfen. Im Vordergrund stehen hierbei die ein anderes Konstrukt erklärenden Konstrukte. Über die von PLS-Graph 3.0 berechneten Konstruktwerte lässt sich der Variance Inflation Factor für die antezedenten Variablen eines endogenen Konstruktes bestimmen. Dieser gibt Aufschluss darüber, ob die Werte einer beeinflussenden Variablen aus den anderen Prädiktoren zu einem sehr hohen Anteil vorhergesagt werden können. Folglich gibt er Auskunft darüber, ob bei dem untersuchten Konstrukt Multikollinearität zwischen den Einflussgrößen vorliegt, welche grundsätzlich zu vermeiden ist.371 Als Entscheidungsregel gilt hierbei, dass der Variance Inflation Factor (VIF) den kritischen Wert von 10 nicht übersteigen sollte.372 In dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Untersuchungsmodell übersteigt der Variance Inflation Factor bei keinem der endogenen Konstrukte den kritischen Wert von 10, womit Multikollinearität zwischen den jeweiligen Einflussgrößen nicht vorliegt. Die
369 370 371 372
Vgl. Ringle (2004b), S. 14, Huber et al. (2005), S. 35. Quelle: Eigene Darstellung. Vgl. Huber et al. (2007), S .108. Vgl. Huber et al. (2005), S. 36.
sUppLex
Darstellung der Schätzergebnisse auf Strukturmodellebene
143
folgende Tabelle gibt die Ergebnisse zur Multikollinearität betreffend, einen zusammenfassenden Überblick. Korrigiertes R2
VIF
Flatrate-Präferenz
0,5372
2,1610
Flatrate-Bias
0,3862
1,6294
Konstrukt
Tabelle 59: Ergebnisse des Tests auf Multikollinearität der endogenen Konstrukte 373
Abschließend erfolgt noch die Prüfung der Vorhersagevalidität endogener, reflektiver Konstrukte. Hier bedient man sich wie bereits auf der Messmodellebene des StoneGeissers Q2, das als Indikator für die Vorhersagevalidität sowohl auf Mess- als auch auf Strukturmodellebene angesehen wird. Im Strukturmodell steht im Gegensatz zum Messmodell nicht die Kommunalität sondern die Redundanz im Vordergrund.374 Das Stone-Geissers Q2 gibt auf Strukturmodellebene somit an, wie gut eine Rekonstruktion der latenten Variable durch die ihr vorgelagerten Konstrukte möglich ist.375 Nimmt Stone-Geissers Q2 hierbei einen Wert größer Null an, so kann dem betrachteten Konstrukt Vorhersagevalidität bescheinigt werden.376 Da die Überprüfung der Vorhersagevalidität nur für reflektive, endogene Konstrukte möglich ist, wird diese im Rahmen dieses Modells nur für die Konstrukte „FlatratePräferenz“ und „Flatrate-Bias“ durchgeführt. Bei beiden Konstrukten liegt der Wert des Stone-Geissers Q2 über dem kritischen Wert von Null, was beiden eine gute Vorhersagevalidität bescheinigt.
Endogenes Konstrukt
Stone – Geissers Q2
Flatrate-Präferenz
0.4549
Flatrate-Bias
0.2256
Tabelle 60: Ergebnisse des Tests der Vorhersagevalidität auf Strukturmodellebene 377
373 374 375 376 377
Quelle: Eigene Darstellung. Vgl. Fornell/Bookstein (1982), S. 450, Fornell/Cha (1994), S. 72 f., Huber et al. (2005), S. 36. Vgl. Huber et al. (2007) S. 113. Für eine ausführliche Darstellung der Prüfung des Strukturmodells vgl. Huber et al. (2007), S. 35 f. Quelle: Eigene Darstellung.
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144
Empirische Überprüfung
In der nachfolgenden Abbildung findet sich schlussendlich das aufgestellte Hypothesenmodell mit den kausalen Beziehungen und ihren Pfadkoeffizienten sowie den zugehörigen t-Werten, die sich nach der Prüfung auf Strukturmodellebene als statistisch signifikant herauskristallisiert haben. Da für die Konstrukte „Bequemlichkeitsbedürfnis“ und „Smart-Shopping-Bedürfnis“ kein signifikanter Einfluss auf die Flatrate-Präferenz festgestellt worden konnte, werden diese nicht weiter aufgeführt. Somit verbleiben drei Determinanten der FlatratePräferenz und vier den Flatrate-Bias bestimmende Determinanten.
Abbildung 20: Übersicht über Pfadkoeffizienten und t-Werte des Hypothesenmodells 378
Abschließend kann festgehalten werden, dass das theoretisch konzipierte Hypothesenmodell zur Erklärung der Flatrate-Präferenz und des Flatrate-Bias der Konfrontation mit dem empirischen Datenmaterial standgehalten hat. 7 der 9 aufgestellten Hypothesen erwiesen sich bei der Überprüfung auf Strukturmodellebene als signifikant. Bevor die Ergebnisse in einem nächsten Schritt näher betrachtet und interpretiert werden, wird im folgenden Kapitel zunächst auf die Ergebnisse der Gruppenvergleiche eingegangen.
378
Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Darstellung der Ergebnisse der Gruppenvergleiche
5.5
145
Darstellung der Ergebnisse der Gruppenvergleiche
Um die postulierten Zusammenhänge des Untersuchungsmodells noch weiter spezifizieren zu können, wird im Rahmen dieser empirischen Arbeit von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Modell auch hinsichtlich zweier unterschiedlicher Erhebungspopulationen zu schätzen, um mögliche moderierende Einflüsse explorativ zu erfassen und deren Auswirkungen auf die Modellbeziehungen zu bestimmen. Für die Prüfung des Vorliegens eines Einflusses einer moderierenden Variablen auf die Modellbeziehungen, kann der Gruppenvergleich nach Chin angewendet werden. Im Rahmen des Gruppenvergleichs nach Chin379 muss für unterschiedliche Erhebungspopulationen (z. B. Männer vs. Frauen) zunächst getrennt eine Modellschätzung erfolgen, um anschließend die Schätzer (Ladungen, Gewichte, Pfadkoeffizienten) der Modelle der verschiedenen Gruppen auf Unterschiede untersuchen zu können. In einem ersten Schritt kann dadurch auf Messmodellebene (Ladungen, Gewichte) die Aussage getroffen werden, ob die in der Literatur häufig genannte Voraussetzung zur Durchführung eines Gruppenvergleichs, die Forderung nach Messmodellinvarianz, erfüllt ist.380 Es wird hierbei folglich geprüft, ob die Assoziationen zwischen den Konstrukten in den verschiedenen Stichproben auch auf denselben Konstruktinhalt zurückgreifen. Während für reflektive Konstrukte die Übereinstimmung der Ladungen relevant ist, ist für formative Konstrukte die Äquivalenz der Gewichte relevant. Anzumerken bleibt hierbei, dass die strenge Forderung nach absoluter Messmodellinvarianz in der Praxis nicht immer durchführbar ist. Weiter bleibt jedoch darauf zu achten, dass die Messmodelle in Bezug auf die verwendeten Indikatoren identisch sind und so jedes Konstrukt in beiden Modellen mit identischen Indikatoren gemessen wird, um der Forderung nach Messmodellinvarianz zumindest weitestgehend nachzukommen.381 In einem nächsten Schritt sind nun zur Bestimmung des Einflusses einer moderierenden Variablen auf Strukturmodellebene die Pfadkoeffizienten der untersuchten Gruppen auf Unterschiede zu prüfen. Da Messmodellvarianz, also keine Unterschiede in 379 380 381
Für eine umfassende Darstellung Vgl. u.a. Chin (2000), Huber et al. (2007) S. 49 ff. Vgl Huber et al. (2007), S. 50. Vgl Huber et al. (2007), S. 118.
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146
Empirische Überprüfung
den einzelnen Ladungen und den Gewichten der Gruppen, wie bereits erwähnt im Prinzip nie gegeben ist, ist die Prüfung auf Strukturmodellebene von wesentlich größerer Bedeutung als die Prüfung auf Messmodellebene, die folglich nicht unbedingt durchzuführen ist. Dabei bleibt zu beachten, dass der Gruppenvergleich nach Chin nur im Fall des Vorliegens identischer Modelle für die untersuchten Populationen (gleiche Konstrukte und gleiche Indikatoren) durchgeführt werden kann. Um die Differenz zwischen zwei Schätzern hinsichtlich statistischer Signifikanz zu prüfen (im Strukturmodell: Pfadkoeffizienten), ist ein t-Test durchzuführen, der mit folgender Formel berechnet wird:382
m = Größe der ersten Stichprobe n = Größe der zweiten Stichprobe p1x bzw. p2x = Schätzer des Originalsample bezüglich der interessierenden Modellassoziation in beiden Stichproben (ı(p1x) bzw. (ı(p2x) = Standardfehler des für das Modell generierte Bootstrap-Samples.383
Ein Einfluss einer moderierenden Variablen auf einen untersuchten Zusammenhang (Hypothese) ist hierbei dann anzunehmen, wenn der Betrag des berechneten t-Wertes den kritischen t-Wert von 1,66 einer t-Verteilung mit m+n-2 Freiheitsgraden übersteigt.384
382 383 384
Vgl Huber et al. (2007), S. 50 f. Vgl. Huber et al. (2005), S. 38 f. Vgl. Huber et al. (2007) S. 122.
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Darstellung der Ergebnisse der Gruppenvergleiche
147
Im Rahmen des Modellvergleichs sollte geprüft werden, ob ein moderierender Einfluss des Involvements der Befragungsteilnehmer auf die Kausalbeziehungen ausgeht. Zur Durchführung eines Gruppenvergleichs wird in einem ersten Schritt die Gesamtstichprobe anhand der herangezogenen Moderatorvariable in zwei ungefähr gleich große Teilgruppen aufgeteilt, die miteinander verglichen werden sollen. In dem hier vorliegenden Fall wurde die Gesamtstichprobe in zwei Teilgruppen unterteilt, wobei zwischen den Gruppen noch eine gewisse Menge an Probanden nicht miteinbezogen wurde. Insgesamt wurden so 62 tendenziell hoch involvierte Probanden385 und 137 tendenziell niedrig involvierte Probanden386 in jeweils eine Teilgruppe zusammengefasst. Nachdem nun die Gesamtstichprobe in zwei Teilstichproben aufgeteilt worden ist, muss in einem zweiten Schritt analog zum Gesamtmodell jeweils eine Schätzung der Strukturparameter durchgeführt werden. Im Anschluss daran wird die Güte der beiden Schätzungen einzeln evaluiert. Auch die für das Gesamtmodell postulierten Hypothesen können nun jeweils einzeln auf ihre Gültigkeit hin betrachtet werden.387 Innerhalb der Beurteilung der Güte des Strukturmodells für niedriges Involvement konnten für dieses zufrieden stellende Ergebnisse konstatiert werden. Neben dem Determinationskoeffizienten R2 wurde ebenso die Vorhersagevalidität mittels StoneGeissers Q2 für beide Erhebungspopulationen berechnet. Für beide Konstrukte liegen die Werte des R2 deutlich über dem kritischen Wert von 0,3 und die Werte der Vorhersagevalidität (Stone-Geissers Q2) erfüllen beide zudem die an sie gestellte Anforderung > 0 (vgl. Tab. 61) Auch hinsichtlich des Strukturmodells für hohes Involvement verlief die Prüfung der Gütekriterien, wie in der Tabelle 62 ersichtlich ist, zufrieden stellend.
385
386
387
Anmerkung des Autors: Auf einer das Involvement operationalisierenden Skala von 1-7, wobei 1 niedriges Involvement und 7 hohes Involvement widerspiegelt, wurden Probanden mit einem durchschnittlichen Skalenwert > 4 zusammengefasst. Anmerkung des Autors: Auf einer das Involvement operationalisierenden Skala von 1-7, wobei 1 niedriges Involvement und 7 hohes Involvement widerspiegelt, wurden Probanden mit einem durchschnittlichen Skalenwert < 3 zusammengefasst. Vgl. Huber et al. (2007), S. 119 f.
sUppLex
148
Empirische Überprüfung Konstrukt
R2
Vorhersagevalidität
Flatrate-Bias
0,34
0,4199
Flatrate-Präferenz
0,544
0,1345
Tabelle 61: Gütekriterien zur Beurteilung des Strukturmodells für niedriges Involvement388
Konstrukt
R2
Vorhersagevalidität
Flatrate-Bias
0,551
0,3422
Flatrate-Präferenz
0,576
0,3700
Tabelle 62: Gütekriterien zur Beurteilung des Strukturmodells für hohes Involvement389
In einem letzten Schritt wurden daraufhin die Gruppenunterschiede auf Signifikanz geprüft.390 Auf den Hypothesenprüfungen der beiden Teilgruppen basierend, lassen sich hierbei für jede der postulierten Hypothesen drei verschiedene Fälle unterscheiden. Der erste Fall liegt dann vor, wenn in beiden Teilmodellen die Hypothese abgelehnt worden ist und die Wirkungsbeziehungen folglich für beide Gruppen gleich Null sind.391 In solch einem Fall liegt offensichtlich kein Gruppenunterschied vor. Wie der Tabelle 63 zu entnehmen ist, liegt eine solche Konstellation bei den Hypothesen 7 + 8 vor. Da keine der beiden Gruppen einen signifikanten Einfluss aufweist, liegt somit auch kein Unterschied in Abhängigkeit des Involvements vor. Der zweite mögliche Fall besteht dann, wenn eine bestimmte Hypothese für die eine Teilgruppe angenommen, für die andere aber abgelehnt wurde. Während der Einfluss bei einer Teilgruppe somit nicht signifikant, also gleich Null ist, muss dieser bei der anderen Teilgruppe gerade signifikant, also grösser oder kleiner Null sein. Je nach Vorzeichen des signifikanten Pfadkoeffizienten ist der Einfluss einer Gruppe größer oder kleiner als bei der anderen.392 Diese Konstellation lässt sich bei den Hypothesen 2, 3, 4, 5, 6 und 9 beobachten. Exemplarisch lässt sich bezüglich Hypothese 2 bei der Gruppe „niedriges Involvement“ 388 389 390 391 392
Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung. Für eine ausführliche Darstellung Vgl. Huber et al. (2007) S. 122. Vgl. Huber et al. (2007) S. 122. Vgl. Huber et al. (2007) S. 122.
sUppLex
Darstellung der Ergebnisse der Gruppenvergleiche
149
ein signifikant positiver Einfluss des Entscheidungsstileffektes auf den Flatrate-Bias feststellen, während die Wichtigkeit dieses Einflussfaktors bei der Gruppe „hohes Involvement“ hingegen gleich Null ist. Der Entscheidungsstileffekt übt somit bei gering involvierten Probanden einen stärkeren Effekt auf den Flatrate-Bias aus, als bei hoch involvierten Probanden. Wenn beide Strukturparameter entweder signifikant positiv oder signifikant negativ ausfallen, entsteht der dritte zu beobachtende Fall. Durch einfache in Augenscheinnahme lässt sich ein Unterschied nicht mehr identifizieren. Ob die Differenz der beiden Koeffizienten signifikant größer Null ist, lässt sich abschließend nur mit einem tTest klären.393 Kausalzusammenhang
H1
Gruppe „niedriges Invol-
Gruppe „hohes Invol-
vement“
vement“
Ergebnis
Pfad
t-Wert
Pfad
t-Wert
0.2360
2.6087
0.5620
6.0176
0.3330
4.8348
0.1140
1.2729
¥
0.1200
1.3530
0.3000
3.1537
¥
Je stärker der aus einer geringen Informationsnachfrage resultierende Informationsnachfrageeffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Ta-
¥ (t=2,2041)
rifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias H2
Je stärker der aus einem emotionalen Entscheidungsstil resultierende Entscheidungsstileffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias
H3
Je stärker der aus einer Überschätzung der Nutzungsmenge resultierende Überschätzungseffekt ist, desto wahrscheinlicher und größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias
393
Vgl. Huber et al. (2007) S. 122.
sUppLex
150 H4
Empirische Überprüfung Je stärker die aus einer höheren subjektive Wertschätzung gegenüber Flatrate-Tarifen resultierende Flatrate-Präferenz ist, desto wahrscheinlicher und
0.2760
3.7506
0.0120
0.1227
¥
0.1060
0.8232
0.4530
1.8531
¥
0.4890
4.3499
0.1920
0.7185
¥
-0.0100
0.1205
0.0580
0.4107
x
-0.0030
0.0340
-0.0590
0.3867
x
-0.2390
3.1978
-0.1920
1.4246
¥
größer ist ein aus dem Tarifwahlprozess resultierender Flatrate-Bias resultierender Flatrate-Bias H5
Je stärker das Entkopplungsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H6
Je stärker das Versicherungsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H7
Je stärker das Bequemlichkeitsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H8
Je stärker das Smart-ShoppingBedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto stärker ist die Flatrate-Präferenz
H9
Je stärker das Flexibilitätsbedürfnis bei einem Konsumenten ausgeprägt ist, desto geringer ist die Flatrate-Präferenz
Tabelle 63: Einfluss des Involvements auf die Kausalbeziehungen des Flatrate-Bias 394
Wie der Tabelle 63 zu entnehmen ist, stellt Hypothese 1 in diesem Zusammenhang ein Beispiel für den soeben erwähnten Fall dar. Sowohl der Pfadkoeffizient der Gruppe der gering involvierten Probanden mit 0,2360 als auch der Pfadkoeffizient der Gruppe der hoch involvierten Probanden mit 0,5620 ist signifikant positiv. Über Einsetzen des
394
Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Darstellung der Ergebnisse der Gruppenvergleiche
151
Standardfehlers, der Stichprobengröße sowie der Differenz der Pfadkoeffizienten in die zu Anfang dieses Kapitels dargestellte Formel erhält man einen Prüfwert von 2,2041. Verglichen mit dem kritischen Wert von 1,66 bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von Į =10 % zeigt sich ein signifikanter Unterschied. Der Informationsnachfrageeffekt übt somit bei hoch involvierten Probanden einen stärkeren Effekt auf den Flatrate-Bias aus, als bei niedrig involvierten Probanden. Die Tabelle 63 fasst die Evaluierung der Differenzen noch einmal für alle Hypothesen zusammen.
Abschließend werden die gefundenen moderierenden Effekte des Involvements noch einmal graphisch zusammenfassend in dem postulierten Hypothesenmodell dargestellt. Hierbei bedeutet ein mit einem „+“ markierter Pfad, dass die Stärke des angenommenen Zusammenhangs bei hoch involvierten Probanden größer ausfällt, als bei niedrig involvierten Probanden. Ein mit einem „ –“ gekennzeichneter Pfad weist hingegen auf eine geringere Stärke des angenommenen Zusammenhangs bei hoch involvierten Probanden im Vergleich zu gering involvierten Probanden hin.
Abbildung 21: Übersicht über moderierende Effekte des Involvements395
Demnach konnten bei allen im allgemeinen Modell auf Strukturmodellebene signifikant getesteten Hypothesen auch moderierende Wirkungen des Involvements nachgewiesen werden. Lediglich bei den bereits innerhalb des allgemeinen Modells auf Strukturmodellebene verworfenen Hypothesen 7+8 konnten keine moderierenden Ef-
395
Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
152
Empirische Überprüfung
fekte des Involvements festgestellt werden, weshalb diese auch in der Abbildung 21 nicht weiter aufgeführt sind.
5.6
Interpretation der Ergebnisse
Das Ziel dieser kausalanalytischen Studie bestand in der Identifikation der Determinanten der Flatrate-Präferenz und des Flatrate-Bias sowie in der Quantifizierung ihrer Wirkungs-Zusammenhänge. Dabei kann das zur Operationalisierung der Konstrukte aufgestellte Messmodell als sehr zufrieden stellend eingestuft werden, da innerhalb der Gütekriterien auf Messmodellebene durchweg sehr gute bzw. hoch signifikante Ergebnisse erzielt wurden.396 Lediglich die Unidimensionalität betreffend, konnten zu Beginn des iterativen Prozesses der Gütebeurteilung der Indikatoren leichte Inkonsistenzen festgestellt werden, da die Ladungen vereinzelter Indikatoren auf ihre Zielfaktoren nicht immer ganz trennscharf ausgefallen sind. Nach Elimination der problematischen, reflektiven Indikatoren konnten aber auch in erneuten konfirmatorischen Faktorenanalysen global zufrieden stellende Ergebnisse hinsichtlich der Unidimensionalität konstatiert werden.397 Insgesamt ist davon auszugehen, dass die zur Operationalisierung der latenten Konstrukte verwendeten Indikatoren durchweg als geeignet angesehen werden können und folglich das im Rahmen dieser Arbeit aufgestellte Messmodell durchaus in der Lage ist, die zu operationalisierenden Konstrukte und deren Wirkungszusammenhänge, zielgerecht abzubilden. Aufgrund der ermittelten Signifikanzen ist davon auszugehen, dass die angenommenen Zusammenhänge tatsächlich vorliegen und kein Zufallseinfluss besteht. Auf Strukturmodellebene lagen mit Flatrate-Präferenz und Flatrate-Bias zwei zu erklärende Zielkonstrukte vor, wobei die Flatrate-Präferenz selbst auch als TarifwahlAnomalie auf Wirkungen hinsichtlich des Flatrate-Bias untersucht worden ist.
396 397
Vgl. Kapitel 5.3. Vgl. Anhang 3.
sUppLex
Interpretation der Ergebnisse
153
Von den zunächst fünf vermuteten Determinanten der Flatrate-Präferenz erwiesen sich die Wirkungen des
x Entkopplungsbedürfnisses x Versicherungsbedürfnisses x und Flexibilitätsbedürfnisses auf die Flatrate-Präferenz als statistisch signifikant. Da die berechneten t-Werte auf signifikante Zusammenhänge hinweisen, ist davon auszugehen, dass die in den Hypothesen postulierten Wirkungszusammenhänge bezüglich dieser drei Determinanten nicht auf Zufälle zurückzuführen sind. Eine Wirkung des Bequemlichkeitsbedürfnisses bzw. des Smart-Shopping-Bedürfnisses auf die Flatrate-Präferenz konnte hingegen nicht bestätigt werden. Sowohl die Faktorladungen als auch die berechneten t-Werte sind in beiden Fällen sehr gering,398 was insgesamt zu einer Ablehnung der bezüglich dieser Determinanten aufgestellten Hypothesen H7 + H8 führt. Dass sich die angenommenen Wirkungszusammenhänge dieser Konstrukte nicht bestätigt haben, kann an der Operationalisierung der Konstrukte und in diesem Zusammenhang an der inhaltlichen Ausrichtung der Fragen liegen. Zwar erzielten sowohl die Indikatoren des Bequemlichkeits- als auch die des Smart-Shopping-Bedürfnisses auf Messmodellebene mehr als zufrieden stellende Ergebnisse, doch handelt es sich gerade bei den Messinstrumentarien dieser beiden Konstrukte um solche, die aus stark differenten Bereichen adaptiert worden sind und in ihrer Abfrage sehr allgemein gehalten und somit vielleicht auf den Kontext der Tarifwahl in dieser Form nicht anwendbar sind.399 Dies kann dazu geführt haben, dass der Zusammenhang der Fragen mit dem eigentlichen Kontext der Tarifwahl für die Probanden nicht ersichtlich war und so Verständnisprobleme aufkamen. Oder aber die allgemein gehaltene Formulierung hat bei den Befragten den Anschein einer gewissen „Sinnfreiheit“ erweckt, was letztendlich zu verzerrenden Angaben dieser geführt haben könnte. Die nachfolgende Tabelle fasst noch einmal die Effekte der einzelnen Konstrukte auf die Flatrate-Präferenz als Zielkon398 399
Vgl. Kapitel 5.4. Vgl. Kapitel 5.3.
sUppLex
154
Empirische Überprüfung
strukt zusammen. Den größten Einfluss auf die Flatrate-Präferenz übt mit Abstand das Versicherungsbedürfnis, gefolgt von dem Entkopplungsbedürfnis aus. Am geringsten wiederum wirkt sich das Flexibilitätsbedürfnis auf die Flatrate-Präferenz aus. Weiter bleibt in Bezug auf die Wirkungsart festzuhalten, dass sowohl das Versicherungs- als auch das Entkopplungsbedürfnis positiv auf die Flatrate-Präferenz einwirken, während das Flexibilitätsbedürfnis auf diese negativ wirkt.
Konstrukt
Einfluss auf Zielkonstrukt „Flatra-
Einfluss
te-Präferenz“ Entkopplungsbedürfnis
0.2050
direkt
Versicherungsbedürfnis
0.4580
direkt
Flexibilitätsbedürfnis
-0.2030
direkt
Tabelle 64: Übersicht zu den Einflüssen der einzelnen Konstrukte auf die Flatrate-Präferenz 400
Im Folgenden werden nun die zentralen Ergebnisse für jede Determinante der FlatratePräferenz abgeleitet.
Versicherungsbedürfnis
E1:
Als wichtigste Determinante der Flatrate-Präferenz konnte das Versicherungsbedürfnis, also das Bedürfnis, sich gegen Schwankungen im Rechnungsbetrag abzusichern, identifiziert werden.
Mit einem Pfadkoeffizienten von 0.4580 übt das Versicherungsbedürfnis einen sehr hohen und in Anbetracht des hohen t-Wertes von 5.2636 einen ebenso deutlich signifikanten Einfluss auf die Flatrate-Präferenz aus. Konsumenten mit ausgeprägter Flatrate-Präferenz ist es zum einen folglich sehr wichtig, den Rechnungsbetrag, den sie am Ende der Abrechnungsperiode zu zahlen haben, zu Beginn dieser bereits zu kennen und zum anderen Ausgabenschwankungen zwischen verschiedenen Rechnungsperioden zu vermeiden, um so mit einem konstanten Rechnungsbetrag pro Abrechnungsperiode planen zu können. 400
Quelle: Eigene Darstellung.
sUppLex
Interpretation der Ergebnisse
155
Entkopplungsbedürfnis E2:
Als weitere auf die Flatrate-Präferenz positiv wirkende Determinante konnte das Entkopplungsbedürfnis, also das Bedürfnis, die Kosten von der eigentlichen Nutzung weitestgehend zu trennen, identifiziert werden.
Auch das auf die Flatrate-Präferenz positiv wirkende „Entkopplungsbedürfnis“ weist mit einem Pfadkoeffizienten von 0.2050 und einem t-Wert von 2.2782 einen hohen und deutlich signifikanten Einfluss auf die Flatrate-Präferenz auf. Somit scheinen Konsumenten, die Flatrate-Tarife oder Tarife mit hoher Grundgebühr und Freikontingent anderen Tarifen vorziehen, weniger Spaß am Konsum zu haben, wenn sie währenddessen an die Kosten denken müssen. Solche Konsumenten ziehen es vor, den Konsum von der eigentlichen Bezahlung zu trennen, um so die „Freude“ am Konsum möglichst gering durch die „Schmerzen“ der Bezahlung einzuschränken. Die Wahl eines Flatrate-Tarifes ermöglicht Konsumenten mit hohem Entkopplungsbedürfnis folglich, gerade dieses durch den „Freien Konsum“ (Grenzkosten = 0) innerhalb dieser Tarife zu befriedigen.
Flexibilitätsbedürfnis
E3:
Als einzige auf die Flatrate-Präferenz negativ wirkende Determinante, konnte das Flexibilitätsbedürfnis, also das Bedürfnis, nicht mehr zahlen zu müssen, als tatsächlich konsumiert worden ist, identifiziert werden.
Der Einfluss des Flexibilitätsbedürfnisses auf die Flatrate-Präferenz ist hierbei mit einem Pfadkoeffizienten von -0.2030 relativ hoch und auch der t-Wert von 3.6006 bescheinigt der auf die Flatrate-Präferenz bezogenen, negativen Wirkung des Flexibilitätsbedürfnisses eine deutliche, statistische Signifikanz. Während eine hohe Ausprägung der Flatrate-Präferenz bei Konsumenten auf ähnlich hohe Ausprägungen des Entkopplungs- und Versicherungsbedürfnisses schließen lässt, kehrt sich diese Schlussfolgerung in Bezug auf das Flexibilitätsbedürfnis folglich ge-
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156
Empirische Überprüfung
rade um. Konsumenten mit ausgeprägter Flatrate-Präferenz scheinen es demnach zu tolerieren, möglicherweise mehr als die tatsächlich genutzte Menge zu bezahlen und besitzen dementsprechend ein relativ gering ausgeprägtes Flexibilitätsbedürfnis. Abschließend bleibt festzuhalten, dass, auch wenn zwei der zunächst fünf aufgestellten Hypothesen bezüglich der Determinanten der Flatrate-Präferenz nicht bestätigt werden konnten, die Flatrate-Präferenz durch die drei verbleibenden Determinanten doch recht gut erklärt werden kann. Mit einem R2 von 0,5468 liegt der Teil der Varianz der Flatrate-Präferenz, der durch die im Modell berücksichtigten Determinanten erklärt werden kann, deutlich über dem geforderten Mindestwert von 0,3. Weiter bleibt jedoch anzunehmen, dass es wohl weitere Größen gibt, die auf die Flatrate-Präferenz einen Einfluss ausüben, aber nicht in diesem Modell berücksichtigt wurden. Der hohe Erklärungsgrad des Partialmodells zur Flatrate-Präferenz spiegelt sich auch in einer guten Vorhersagevalidität wieder, die mit einem Wert von 0,4549 die Vorgabe >0 deutlich erfüllt. Somit scheinen ausreichend viele Einflussfaktoren der FlatratePräferenz in dem Partialmodell enthalten zu sein, um auf Basis der Parameter des Modells die Variable der Flatrate-Präferenz vorhersagen zu können. Für die vier Determinanten des Flatrate-Bias hingegen, konnten alle in den Hypothesen postulierten Wirkungszusammenhänge durch die empirische Prüfung bestätigt werden. Somit wirken neben den drei über die Flatrate-Präferenz indirekt auf den Flatrate-Bias einwirkenden Bedürfnissen noch folgende Tarifwahl-Anomalien direkt auf den Flatrate-Bias ein:
x Informationsnachfrageeffekt x Entscheidungsstileffekt x Überschätzungseffekt x Flatrate-Präferenz In der Tabelle 65 sind abschließend alle direkten Einflüsse auf den Flatrate-Bias zusammengefasst. Während die Pfadkoeffizienten den jeweiligen Tarifwahl-Anomalien durchweg deutliche Wirkungen auf den Flatrate-Bias bescheinigen, zeugen die relativ
sUppLex
Interpretation der Ergebnisse
157
hohen t-Werte über alle vier Tarifwahl-Anomalien von einer nicht auf Zufälle beruhenden und somit signifikanten Wirkung dieser auf den Flatrate-Bias. Insgesamt betrachtet scheint so die innerhalb dieser Arbeit eingeführte UrsachenKonzeption des Flatrate-Bias über vorliegende Abweichungen des individuellen zum optimalen Tarifwahlverhalten, also über die eingeführten Tarifwahl-Anomalien, als empirisch bestätigt.
Konstrukt
Einfluss auf Zielkonstrukt „Flat-
Einfluss
rate-Bias“ Informationsnachfrageeffekt
0.2710
direkt
Entscheidungsstileffekt
0.3130
direkt
Überschätzungseffekt
0.2310
direkt
Flatrate-Präferenz
0.1900
direkt 401
Tabelle 65: Übersicht zu den Einflüssen der einzelnen Konstrukte auf den Flatrate-Bias
Insgesamt bleibt festzustellen, dass von allen Tarifwahl-Anomalien der Entscheidungsstileffekt den größten Einfluss auf den Flatrate-Bias ausübt, gefolgt von dem Informationsnachfrageeffekt und dem Überschätzungseffekt. Die Flatrate-Präferenz selbst übt den geringsten Einfluss unter den Tarifwahl-Anomalien auf den FlatrateBias aus. Insgesamt scheinen somit die kognitiven und motivationalen Aktivitäten des Konsumenten während des Tarifwahlprozesses für das Zustandekommen eines Flatrate-Bias von größerer Bedeutung, als eine in den emotionalen Mustern der Konsumenten begründete Flatrate-Präferenz. Dies erscheint plausibel, da eine Flatrate-Präferenz zunächst vielleicht die Stoßrichtung bei der Suche und Auswahl eines geeigneten Tarifs vorgibt, aber über z. B. eine hohe Informationsnachfrage und damit verbundene Tarifvergleiche eine über die Flatrate-Präferenz induzierte, suboptimale Wahl eines für den Konsumenten weniger günstigen Flatrate-Tarifs, durch die Identifikation eines günstigeren Tarifs über eben gerade diese Tarifvergleiche verhindert werden kann. Folglich ist anzunehmen, dass ein Flatrate-Bias, wie vermutet, aus dem Zusammenspiel aller
401
Quelle: Eigene Darstellung.
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158
Empirische Überprüfung
Tarifwahl-Anomalien entsteht, wobei die letztendlichen Wirkungen der kognitiven und motivationalen Aktivitäten auf den Flatrate-Bias stärker sind, als selbige der Flatrate-Präferenz. Auch innerhalb der Interpretation zu den Ergebnissen im Rahmen des Flatrate-Bias soll ausgehend von der globalen Betrachtung noch eine genaue Betrachtung der individuellen Ergebnisse der jeweiligen Tarifwahl-Anomalien erfolgen.
Entscheidungsstileffekt
E4:
Als wichtigste Determinante des Flatrate-Bias und somit bedeutendste Tarifwahl-Anomalie konnte der Entscheidungsstileffekt, also das Abfärben eines emotionalen Entscheidungsstils auf das Tarifwahlverhalten des Konsumenten identifiziert werden.
Die Tarifwahl-Anomalie mit dem größten Effekt (Pfadkoeffizient = 0.3130) auf den Flatrate-Bias wird folglich durch den kognitionsbedingten Entscheidungsstileffekt repräsentiert. Der hohe t-Wert von 6.1749 unterstreicht hierbei die Signifikanz der Wirkung auf den Flatrate-Bias. Da bei Anwendung eines emotionalen Entscheidungsstils innerhalb der Tarifwahl und gleichzeitiger Übernahme der emotionalen Prägung auf den Tarifwahlprozess davon auszugehen ist, dass dieser vollständig einer emotionalen Tendenz unterliegt, scheint es nicht überraschend, dass diese Form der Tarifwahl-Anomalie einen besonders großen Effekt auf den Flatrate-Bias hat. Dies liegt darin begründet, dass die Ursachen für einen Flatrate-Bias ja gerade in den Abweichungen des individuellen von dem optimalen Tarifwahlprozess zu suchen sind und diese bei einer emotionalen Prägung des gesamten individuellen Tarifwahlprozesses gegenüber einem stark rational geprägten, optimalen Tarifwahlprozess besonders groß ausfallen müssen. Somit ist die Möglichkeit, einem Flatrate-Bias zu unterliegen, für Konsumenten mit tendenziell emotionalem Entscheidungsstil besonders hoch.
sUppLex
Interpretation der Ergebnisse
159
Informationsnachfrageeffekt
E5:
Als weitere wichtige Determinante des Flatrate-Bias konnte die aus einer geringen Informationsnachfrage resultierende Tarifwahl-Anomalie in Form eines Informationsnachfrageeffektes identifiziert werden.
Mit einem Pfadkoeffizienten von 0.2710 und einem relativ hohen t-Wert von 4.4462 konnte auch für den Informationsnachfrageeffekt eine hohe und deutlich signifikante Wirkung auf den Flatrate-Bias nachgewiesen werden. Dies scheint plausibel, da mit schwindender Informationsnachfrage und wenigen impliziten Tarifvergleichen die Wahrscheinlichkeit, den günstigsten Tarif zu finden, sinkt, und somit die Möglichkeit; dass ein Informationsnachfrageeffekt letztendlich in einen Flatrate-Bias mündet, steigt.
Überschätzungseffekt
E6:
Als weitere Determinante des Flatrate-Bias konnte die aus einer Überschätzung der eigenen Nutzungsmenge resultierende Tarifwahl-Anomalie in Form eines Überschätzungseffektes identifiziert werden.
Auch für die kognitionsbedingte Tarifwahl-Anomalie in Form eines Überschätzungseffektes konnte mit einem Pfadkoeffizient von 0.2310 und einem t-Wert von 2.3424 eine relativ hohe und signifikante Wirkung auf den Flatrate-Bias nachgewiesen werden. Das Vorliegen eines kognitionsbedingten Überschätzungseffektes, also der Tatsache, dass ein Konsument seine eigene Nutzungsmenge überschätzt, hat zur Folge, dass der Konsument seine Tarifwahl auf einer tendenziell zu hohen Nutzungsmenge ausrichtet. Folglich fällt die Tarifwahl des Konsumenten mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auf einen Tarif mit hoher Grundgebühr und/oder Freikontingent, obwohl auf Grundlage der geringeren, tatsächlichen Nutzungsmenge ein Tarif mit geringerer Grundgebühr und/oder Freikontingent wahrscheinlich günstiger gewesen wäre. Die Wahrscheinlichkeit und Höhe für einen Flatrate-Bias steigt somit bei Vorliegen eines Überschätzungseffektes.
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Empirische Überprüfung
Flatrate-Präferenz
E7:
Als weitere Determinante des Flatrate-Bias konnte die aus einer hohen subjektiven Wertschätzung resultierende Tarifwahl-Anomalie in Form einer Flatrate-Präferenz identifiziert werden.
Schlussendlich konnte auch die postulierte Wirkung (Pfadkoeffizient = 0,1900) der emotionsbedingten Entscheidungs-Anomalie in Form einer Flatrate-Präferenz auf den Flatrate-Bias mit einem t-Wert von 3.2881 als signifikant bestätigt werden. Konsumenten mit Flatrate-Präferenz scheinen aufgrund ihrer Tarif-Präferenz die verfügbaren Tarife nur selektiv, ihren Präferenzen folgend, wahrzunehmen und so letztendlich möglicherweise nicht den für sie günstigsten Tarif zu identifizieren und in ihren Tarifwahlprozess mit aufzunehmen, was das Auftreten und die Höhe eines Flatrate-Bias begünstigt. Insgesamt konnten somit alle vier in Bezug auf die Tarifwahl-Anomalien aufgestellten Hypothesen der empirischen Prüfung standhalten. Auch in Bezug auf den Erklärungsgehalt des aufgestellten Modells des Flatrate-Bias kann mit einem R2 von 0,4244 ein zufrieden stellendes Ergebnis festgehalten werden. Gleichzeitig weist dieser Wert noch darauf hin, dass neben den bereits innerhalb dieses Modells berücksichtigten Tarifwahl-Anomalien noch weitere, nicht berücksichtigte Anomalien eine Wirkung auf den Flatrate-Bias ausüben könnten. Abschließend kann auch über die Vorhersagevalidität mit einem Wert von 0,2256 den im Rahmen dieser Arbeit berücksichtigten Determinanten des Flatrate-Bias prädiktive Relevanz bescheinigt werden. Insgesamt betrachtet konnte das innerhalb dieser Arbeit erstmalig in Form von kognitions-, emotions-, und motivationsbedingten Tarifwahl-Anomalien konzipierte Modell zur Erklärung des Flatrate-Bias als zutreffend und signifikant bestätigt werden. Auch die in Abgrenzung zu dem Flatrate-Bias eingeführte Flatrate-Präferenz scheint in Anbetracht der recht guten Erklärungswerte, neben einer plausiblen theoretischen Herleitung, auch empirisch als zielgerecht bestätigt. Während die Flatrate-Präferenz auf Bedürfnissen des Konsumenten und somit auf in dem Konsumenten verankerten Einstel-
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Interpretation der Ergebnisse
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lungen basiert, stellt der Flatrate-Bias eine aus dem Zusammenspiel kognitiver Aktivitäten resultierende, suboptimale Tarifwahl dar. Somit kann abschließend festgehalten werden, dass das Ziel dieser kausalanalytischen Studie mit der Identifikation der Determinanten der Flatrate-Präferenz und des Flatrate-Bias zufrieden stellend erreicht werden konnte. Darüber hinaus kann durch die empirische Bestätigung der angenommenen Hypothesen der Partialmodelle auch das integrative Gesamtmodell zur Erklärung des Flatrate-Bias als empirisch bestätigt gelten. Demzufolge entsteht ein Flatrate-Bias auf der einen Seite, weil Flatrate-Tarife oder Tarife mit hoher Grundgebühr und Freikontingent für Konsumenten einen besonderen Wert aufweisen. Ein ausgeprägtes Entkopplungsbedürfnis und Versicherungsbedürfnis bei gleichzeitig niedrigem Flexibilitätsbedürfnis führen hierbei dazu, dass Nutzer aus der Wahl einer Flatrate einen zusätzlichen tarifspezifischen Nutzen ziehen. Zusammengefasst führen diese einstellungsbasierten bzw. bedürfnisbasierten Effekte zu der emotionsbedingten Tarifwahl-Anomalie der Flatrate-Präferenz. Auf der anderen Seite gibt es auch kognitions- und motivationsbedingte Ursachen des Flatrate-Bias. Diese bestehen zum einen aus einer motivationsbedingten geringen Informationsnachfrage, welche in einen den Bias begünstigten Informationsnachfrageeffekt mündet. Zum anderen existieren noch kognitionsbedingte TarifwahlAnomalien in Form des Überschätzungs- und Entscheidungsstileffektes. Während es innerhalb eines Überschätzungseffektes lediglich zu einer falschen Wahrnehmung der eigenen Nutzungsmenge in Form einer Überschätzung kommt, wirkt sich im Rahmen des Entscheidungsstileffektes der emotionale Entscheidungsstil des Konsumenten auf den gesamten Tarifwahlprozess aus. Letztendlich werden über die daraus resultierenden Abweichungen des individuellen vom optimalen Tarifwahlverhalten Wahrscheinlichkeit und Höhe für einen Flatrate-Bias gesteigert. Die innerhalb des Untersuchungsmodells postulierten Wirkungszusammenhänge wurden im Rahmen der Gruppenvergleiche mit dem Moderator Involvement noch weiter spezifiziert. Die in Kapitel 5.5 dargestellten Ergebnisse sollen nun abschließend zusammengefasst und interpretiert werden.
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Empirische Überprüfung
Involvement
Mit moderierenden Einflüssen auf alle im allgemeinen Modell auf Strukturmodellebene als signifikant bestätigten Wirkungszusammenhänge, kann die dem Involvement allgemein in der Literatur zugetragene Bedeutung als möglicher Moderator auch innerhalb dieser Studie bestätigt werden. In Bezug auf die Kausalzusammenhänge zwischen den Tarifwahl-Anomalien und dem Flatrate-Bias lässt sich abschließend festhalten, dass die Stärke des angenommenen Zusammenhangs zwischen Informationsnachfrage- bzw. Überschätzungseffekt und Flatrate-Bias bei hoch involvierten Probanden stärker ausfällt als bei gering involvierten Probanden. Die Wirkungen von Entscheidungsstileffekt und Flatrate-Präferenz auf den Flatrate-Bias fallen hingegen bei hoch involvierten Probenden geringer aus als bei gering involvierten Probanden. Hinsichtlich der Kausalbeziehungen zwischen Flatrate-Präferenz und ihren Determinanten lässt sich bezüglich der Beziehung zwischen Entkopplungsbedürfnis und Flatrate-Präferenz ein stärkerer Einfluss des Entkopplungsbedürfnisses bei hoch involvierten Probanden feststellen als bei gering involvierten Probanden. Hinsichtlich des Versicherungs- und Flexibilitätsbedürfnis lässt sich wiederum ein stärkerer Einfluss auf die Flatrate-Präferenz bei niedrig involvierten Probanden als bei hoch involvierten Probanden feststellen.
E8:
Je höher das Involvement eines Konsumenten, desto stärker der angenommene Zusammenhang zwischen dem Informationsnachfrage- bzw. Überschätzungseffekt und dem Flatrate-Bias sowie zwischen Entkopplungsbedürfnis und Flatrate-Präferenz und desto schwächer hingegen der angenommene Zusammenhang zwischen Entscheidungsstileffekt bzw. FlatratePräferenz und Flatrate-Bias sowie zwischen Versicherungs- bzw. Flexibilitätsbedürfnis und Flatrate-Präferenz.
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6.
Implikationen für Marketingpraxis und Marketingforschung
Die in dieser Arbeit gewonnenen empirischen Erkenntnisse zum Tarifwahlverhalten von Konsumenten bei dem Angebot optionaler Mobilfunktarife erlauben es, sowohl Implikationen für die Marketingforschung als auch für die Marketingpraxis abzuleiten. Neben Implikationen für die Theorie des Tarifwahlverhaltens von Konsumenten, für die Gestaltung und Kommunikation des Tarifangebots von Unternehmen sowie das Kundenmanagement, können darüber hinaus Implikationen für den Verbraucherschutz abgeleitet werden.
Implikationen für die Marketingforschung und die Theorie des Tarifwahlverhaltens
Wie bereits erwähnt, wird in der präskriptiv geprägten Theorie des Tarifwahlverhaltens davon ausgegangen, dass Konsumenten über eine Zahlungsbereitschaftsfunktion verfügen und folglich immer den Tarif wählen, in dem ihre Konsumentenrente, gemessen als Differenz zwischen Zahlungsbereitschaft und Rechnungsbetrag, maximiert wird. Sowohl volkswirtschaftliche Analysen der mengenbezogenen Preisdifferenzierung und daraus resultierende Annahmen zu Wohlfahrtseffekten402 als auch die Schätzung von Zahlungsbereitschaftsfunktionen zur Ermittlung optimaler Tarife in betriebswirtschaftlichen Analysen403 beruhen auf diesen Annahmen.404 Die im Rahmen dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse lassen jedoch den Schluss zu, dass die präskriptive Theorie des Tarifwahlverhaltens die Realität nur unzureichend abbildet. Über 75 % der Probanden entschieden sich im Rahmen einer experimentellen Tarifwahl für einen Flatrate-Tarif bzw. einen Tarif mit hoher Grundgebühr und/oder Freikontingent, obwohl sie hinsichtlich der Kosten in einem nutzungsabhängigen Tarif oder einem Tarif mit niedrigerer Grundgebühr und/oder Freikontingent besser gestellt worden wären. Folglich verhielten sich 75 % der Probanden nicht den Annahmen der präskriptiven Theorie des Tarifwahlverhaltens entsprechend und wählten einen nicht 402 403 404
Vgl. Lewis (1941), Faulhaber/Panzar (1977), Murphy (1977), Willig (1978). Vgl. Skiera (1999), S. 159 ff., Tacke (1989), S. 201 ff. Schulze/Gedenk/Skiera (2005). Vgl. Lambrecht (2005), S. 195.
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Implikationen für die Marketingpraxis und Marketingforschung
die Konsumentenrente maximierenden Tarif. Dementsprechend lag bei über 75 % der Konsumenten ein Flatrate-Bias vor, was im Gegensatz zu den festgestellten knapp 2,5 % Probanden mit Pay-Per-Use-Bias auf eine deutliche, empirische Relevanz des Flatrate-Bias schließen lässt. Aufbauend auf diesen Ergebnissen sollten zukünftige Modelle bzw. Erklärungsansätze zum Tarifwahlverhalten von Konsumenten die beobachteten Inkonsistenzen hinsichtlich der Annahmen zum präskriptiv abgeleiteten Tarifwahlverhalten in ihren Annahmen und Ausführungen berücksichtigen. Innerhalb dieser Arbeit konnten insgesamt vier Abweichungen des individuellen Tarifwahlprozesses von den Annahmen des präskriptiv abgeleiteten Tarifwahlprozesses in Form der aufgeführten Tarifwahl-Anomalien identifiziert werden. Zum einen scheint die Annahme der „vollkommenen Information“ zu streng, da Konsumenten erwiesenermaßen während ihres Tarifwahlprozesses keinen oder wenn, dann nur sehr selten einen Zustand der vollkommenen Information erreichen und zum anderen auch nicht immer ihre tatsächliche Nutzungsmenge als Grundlage bei ihrer Tarifwahlentscheidung heranziehen, sondern diese oftmals überschätzen. Darüber hinaus erscheint die Annahme, dass sich Konsumenten innerhalb ihres Tarifwahlprozesses vollkommen rational verhalten, in Anbetracht der identifizierten emotionalen Tendenzen innerhalb der bei der Tarifwahl angewandten Entscheidungsstilen ebenfalls nicht der Realität zu entsprechen. Als letzte Tarifwahl-Anomalie konnte bei über 76 % der Probanden eine Flatrate-Präferenz, also eine Bevorzugung von Flatrate-Tarifen bzw. Volumentarifen gegenüber anderen Tarifformen unabhängig von sich daraus möglicherweise ergebenen finanziellen Vorteilen, festgestellt werden. Dieses Ergebnis lässt vermuten, dass Flatrate-Tarife bei Konsumenten einen zusätzlichen Nutzen stiften, der über den reinen Wert der Nutzung innerhalb dieses Tarifs hinausgeht und so dazu führt, dass die Wertschätzung gegenüber solchen Tarifen höher liegt, als bei anderen Tarifformen. Insgesamt ist anzunehmen, dass Konsumenten mit einer Flatrate-Präferenz aufgrund des tarifspezifischen Nutzens, den sie aus Flatrate-Tarifen ziehen, eine höhere Zahlungsbereitschaft für solche Tarifformen aufweisen als für andere. Demzufolge liegt die Vermutung nahe, dass dem individuellen Tarifwahlprozess des Konsumenten eine andere Zahlungsbereitschaftsfunktion zu Grunde liegt, als dem optimalen Tarifwahlprozess, innerhalb dessen
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Implikationen für die Marketingpraxis und Marketingforschung
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keine Berücksichtigung von tarifspezifischem Nutzen vollzogen wird.405 Um nun diese Tarifwahl-Anomalie der Flatrate-Präferenz berücksichtigen zu können, müssten im Rahmen der Schätzung von Zahlungsbereitschaftsfunktionen auch tarifspezifische Zahlungsbereitschaftsfunktionen zugelassen werden.406. Um den Erklärungsgehalt von Flatrate-Präferenz und Flatrate-Bias noch zu verbessern, sollte zukünftige Forschung neben der Prüfung der hier identifizierten Determinanten in anderen Bereichen und unter anderen Bedingungen noch das Ziel verfolgen, weitere mögliche Determinanten der Flatrate-Präferenz und des Flatrate-Bias zu identifizieren. Weiter lassen die Ergebnisse im Rahmen der Prüfung zur empirischen Relevanz des Pay-Per-Use-Bias, der innerhalb dieser Studie nur bei knapp 2,5 % der Probanden auftrat, vermuten, dass diesem Phänomen eher ein zufälliger denn signifikanter Charakter zuzuschreiben ist. Zukünftige Forschungsbemühungen sollten sich daher tendenziell auf den Flatrate-Bias konzentrieren, da zu vermuten ist, dass eine realitätsgerechte Abbildung des individuellen Tarifwahlverhaltens auch ohne Berücksichtigung des Pay-Per-Use-Bias möglich sein sollte.
Implikationen für die Marketingpraxis
Aus Unternehmenssicht ergeben sich aus den innerhalb dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnissen wichtige Implikationen für die Preisgestaltung und die Kommunikation des Tarifangebotes sowie für das Kundenmanagement. Wie in den deskriptiven Auswertungen zu den Konsequenzen des Flatrate-Bias gezeigt, konnte die Annahme, dass ein Unternehmen durch das Vorliegen eines FlatrateBias seinen Deckungsbeitrag steigern kann, bestätigt werden. Der Rechnungsbetrag war hier bei Vorliegen eines Flatrate-Bias durchschnittlich um 35 % höher als im eigentlich günstigsten Vertrag. Da in weiteren Studien407 zudem bestätigt wurde, dass der Flatrate-Bias neben seiner kurzfristig positiven Wirkung auf den Deckungsbeitrag eines Unternehmens auch eine langfristig positive Wirkung auf den Kundenlebenswert
405 406
407
Vgl. Lambrecht (2005), S. 197 ff. Für Möglichkeiten zur Erfassung tarifspezifischer Zahlungsbereitschaftsfunktionen Vgl. Lambrecht (2005), S. 198 ff. Vgl. Lambrecht (2005).
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Implikationen für die Marketingpraxis und Marketingforschung
besitzt, ist davon auszugehen, dass unternehmensseitig ein grundsätzliches Interesse in der Aufrechterhaltung und Verstärkung eines Flatrate-Bias bei den Konsumenten besteht.
Abbildung 22: Stellhebel zur Steigerung des Flatrate-Bias408
Die in dieser Arbeit identifizierten Determinanten des Flatrate-Bias in Form der vier Tarifwahl-Anomalien stellen in diesem Kontext geeignete Stellhebel für die Beeinflussung der Kunden in Richtung Flatrate-Bias dar. Für eine gezielte Ansteuerung der Determinanten scheint die Kommunikationspolitik des Unternehmens bezüglich einer gezielten Positionierung und Bewerbung des Tarifangebotes als geeignet. Die Flatrate-Präferenz repräsentiert innerhalb dieser Studie zwar die TarifwahlAnomalie mit der im Vergleich zu den restlichen Anomalien geringsten Wirkung auf
408
Quelle: Eigene Darstellung.
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Implikationen für die Marketingpraxis und Marketingforschung
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den Flatrate-Bias, doch bieten sich mit den identifizierten Determinanten der FlatratePräferenz über die Eigenschaften eines Tarifes, direkt und leicht anzusteuernde Bedürfnisse des Konsumenten. Um eine möglichst hohe und positive Wirkung über die Flatrate-Präferenz auf den Flatrate-Bias zu erreichen, sollten hierbei bestimmte Eigenschaften der Flatrate-Tarife hervorgehoben werden, die besonders dazu geeignet sind, die aus Entkopplungsbedürfnis und Versicherungsbedürfnis resultierenden Erwartungen zu erfüllen. Dadurch sollte es möglich sein, dem Konsument über die Bewerbung dieser Eigenschaften einen möglichst hohen tarifspezifischen Nutzen durch die Wahl des Flatrate-Tarifes zu suggerieren, um so die tarifspezifische Zahlungsbereitschaft des Konsumenten und letztendlich die Höhe des daraus möglicherweise resultierenden Flatrate-Bias zu steigern. So ist es vorstellbar, dass eine direkte Ansprache des Entkopplungsbedürfnisses die Präferenz des Konsumenten zu Gunsten von Flatrate-Tarifen und folglich die Wahrscheinlichkeit und Höhe für einen Flatrate-Bias steigert. Erreicht werden könnte solch ein Effekt durch eine verstärkte Kommunikation der Tatsache, dass man sich bei der Nutzung über eine Flatrate keine Gedanken über die Kosten machen muss. Ein ähnlicher, wenn auch vielleicht den Ergebnissen dieser Studie folgend stärkerer Effekt auf den Flatrate-Bias kann über eine direkte Ansprache des Versicherungsbedürfnisses über z. B. die Hervorhebung der Tatsache, sich durch eine Flatrate gegenüber Schwankungen im Rechnungsbetrag absichern zu können, erreicht werden. In Hinblick auf den negativen Zusammenhang zwischen Flatrate-Präferenz und Flexibilitätsbedürfnis sollte hingegen die Tatsache, dass die Möglichkeit besteht, bei geringer Nutzung im Rahmen einer Flatrate mehr bezahlen zu müssen als eigentlich genutzt wird, nicht kommuniziert bzw. durch gezielte Kommunikation abgeschwächt werden. Eine Möglichkeit zur Abschwächung bietet sich, speziell bei Volumentarifen, in der Einführung einer Mitnahmeoption, also der Möglichkeit zur Übernahme des nicht genutzten, aber bezahlten Freikontingents in die nächste Abrechnungsperiode. Dies ermöglicht es dem Konsumenten, in einer Periode auch einmal weniger als die im Freikontingent enthaltene Nutzungsmenge zu nutzen, ohne dass am Ende der Abrechnungsperiode ein Teil des bezahlten Freikontingents verfällt. Die normal inhärente
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Implikationen für die Marketingpraxis und Marketingforschung
Inflexibilität von Volumentarifen würde somit abgeschwächt werden. Insgesamt sollten folglich die Wahrnehmung der hinsichtlich des Flexibilitätsbedürfnisses negativen Eigenschaften von Volumentarifen bzw. Flatrates ebenso abgeschwächt werden. Über eine gezielte Kommunikation der Möglichkeit der „Mitnahmeoption“ sollte so auch bei Konsumenten mit ausgeprägtem Flexibilitätsbedürfnis die Wahrscheinlichkeit für die Wahl einer Flatrate und so die Wahrscheinlichkeit für einen Flatrate-Bias gesteigert werden. Anzumerken bleibt, dass das Unternehmen durch die Einführung einer Mitnahmeoption vorerst auf die Bezahlung des ohne Mitnahmeoption normalerweise verfallenden Anteils des Freikontingentes verzichtet. Da dieser bezahlten Nutzungsmenge keinerlei Kosten gegenüberstehen, verzichtet das Unternehmen folglich auf einen sofortigen Gewinn entsprechend der in Rechnung gestellten Kosten in Höhe des in die nächste Periode übernommenen Freikontingents. Die Höhe des Flatrate-Bias wird in der Abrechnungsperiode durch die Mitnahmeoption somit in etwa um den Betrag reduziert, der sich aus Multiplikation des in die nächste Abrechnungsperiode übernommenen Freikontingents mit dem jeweiligen Preis ergibt. Die positive Wirkung eines Überschätzungseffektes auf die Deckungsbeiträge aus einem Flatrate-Bias geht somit vorerst verloren. Kurzfristig kann somit eine Übernahmemöglichkeit des Freikontingents auch zu einer Verringerung der Höhe des Flatrate-Bias führen. Langfristig hängt die Wirkung einer „Mitnahmeoption“ von mehreren Faktoren ab. Sinkt der absolute Wert der einzelnen Flatrate-Biases durch die Einführung einer „Mitnahmeoption“, steigen zugleich aber die Kunden mit Flatrate-Tarif und -Bias aufgrund der gebotenen Flexibilität an, so ist es möglich, dass der Mengeneffekt den Effekt des gesunkenen, absoluten Wertes der Flatrate-Biases überkompensiert. Zudem bleibt zu differenzieren, ob die Mitnahmeoption für die komplette Vertragslaufzeit oder nur für eine bestimmte Anzahl folgender Abrechnungsperioden gültig ist. Kann überschüssiges Freikontingent einer jeden Abrechnungsperiode immer in die nächste Abrechnungsperiode übernommen werden, so addieren sich die übernommenen Nutzungsmengen bis zum Ende der Vertragslaufzeit auf. Läuft der Vertrag aus und der Konsument konnte die aufaddierten Nutzungsmengen nicht vollständig nut-
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Implikationen für die Marketingpraxis und Marketingforschung
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zen, so erhält das Unternehmen zur letzten Abrechnungsperiode erst den Betrag der nicht genutzten Nutzungsmenge. Dabei bleibt zu berücksichtigen, dass der Konsument sein Nutzungsverhalten in Anbetracht steigender, akkumulierter Freikontingente aufgrund der Mitnahme der vorangegangenen Perioden möglicherweise verändert, um das Freikontingent aufbrauchen zu können. In diesem Fall wäre die am Ende der Vertragslaufzeit anfallende Restnutzungsmenge wahrscheinlich geringer als die Summe der Einzelmengen, die am Ende jeder Abrechnungsperiode ohne „Mitnahmeoption“ angefallen wären. Somit ist es wahrscheinlich, dass die negativen Effekte einer „Mitnahmeoption“ in diesem Fall überwiegen, oder der positive Gesamteffekt zumindest gering ausfällt. Im Fall einer „Mitnahmeoption“ ausschließlich in die Folgeperiode, wie es im Mobilfunkbereich mittlerweile üblich ist, kann der oben erwähnte Effekt auf kürzere Intervalle umgelegt und insgesamt die negativen Effekte einer „Mitnahmeoption“ wahrscheinlich reduziert werden. Insgesamt bleibt somit festzuhalten, dass durch die Einführung einer „Mitnahmeoption“ sowohl positive als auch negative Wirkungen auf den letztendlich akkumulierten Gewinn durch einen Flatrate-Bias möglich sind. Ob ein Unternehmen eine solche Option anbieten sollte, muss für jedes Unternehmen individuell über ein genaues Abwägen der damit verbundenen Kosten und Nutzen entschieden werden. Auch die Einführung einer Bestabrechnung, also einer Abrechnung, bei der rückwirkend je Periode anhand des Tarifs, der in dieser der günstigste war, der Rechnungsbetrag bestimmt wird, ist aus Sicht des Flatrate-Bias kritisch zu beleuchten. Zwar würde Flatrate-Tarifen und Volumentarifen durch eine solche Abrechnung jegliche Inflexibilität genommen und folglich die negativen Auswirkungen eines ausgeprägten Flexibilitätsbedürfnisses auf die Flatrate-Präferenz beseitigt werden, doch würden ebenso die aus einem Flatrate-Bias erzielbaren Deckungsbeitragssteigerungen entfallen. Unter dem Gesichtspunkt der Maximierung der Deckungsbeitragssteigerung aus FlatrateBiases ist somit von einer Bestabrechnung abzuraten. Weiter ist jedoch denkbar, dass es aus anderen Gründen aus Unternehmenssicht sinnvoll sein kann, eine Bestabrech-
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Implikationen für die Marketingpraxis und Marketingforschung
nung einzuführen. In solchen Fällen ist jedoch ein genaues Abwägen der zu erwartenden Deckungsbeitragsänderungen durch die Bestabrechnung zu empfehlen.409 Abschließend lässt sich noch, den Ergebnissen zu den Gruppenvergleichen folgend, eine differenziertere Betrachtung hinsichtlich der Wirkung der aufgeführten Maßnahmen zur Verstärkung des Flatrate-Bias über die Flatrate-Präferenz vornehmen. Wie aus den Ergebnissen des Kapitels 5.6 ersichtlich ist, sollten die Maßnahmen zur Verstärkung der Flatrate-Präferenz sowie die letztendliche Wirkung dieser auf den Flatrate-Bias bei gering involvierten Konsumenten stärker ausfallen als bei hoch involvierten Konsumenten. Ein weiterer Stellhebel mit leicht stärkerem Effekt auf den Flatrate-Bias als die Flatrate-Präferenz bietet sich dem Unternehmen in einer Beeinflussung des Überschätzungseffektes. Dabei kann eine durch die Kommunikationspolitik induzierte Hervorhebung der Vielfalt der Nutzungsmöglichkeiten des Produkts oder der Dienstleistung zu einer Steigerung der wahrgenommenen Höhe der maximalen Nutzungsmenge und somit zu einer Verstärkung des Überschätzungseffektes führen.410 Weiter ist davon auszugehen, dass die Wirkung auf den Flatrate-Bias der beschriebenen Maßnahme zur Steigerung des Überschätzungseffektes, den Ergebnissen zu den Gruppenvergleichen folgend,411 bei hoch involvierten Konsumenten stärker ausfallen könnte als bei gering involvierten Konsumenten. Der zweitgrößte Effekt auf den Flatrate-Bias lässt sich durch eine Verstärkung des Informationsnachfrageeffektes erreichen. Eine Möglichkeit die bei einer Tarifwahl durch den Konsumenten nachgefragte Informationsmenge zu reduzieren und so den daraus resultierenden Informationsnachfrageeffekt zu erhöhen, könnte ein Unternehmen durch die Positionierung des Tarifangebotes als zeitlich begrenztes Angebot erreichen. Durch eine verstärkte Kommunikation der zeitlichen Begrenzung des Tarifangebotes soll dem Konsument bei seiner Tarifwahl-Entscheidung das Gefühl von zeitlichem Druck auferlegt werden. Bronner412 konnte in einem Experiment zu Entscheidungs409 410 411 412
Vgl. Lambrecht (2005), S. 200. Vgl. Nunes (2000), S. 407. Vgl. Kapitel 5.6. Vgl. Bronner (1973), S. 118 ff.
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Implikationen für die Marketingpraxis und Marketingforschung
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verhalten unter Zeitdruck eine deutliche Tendenz der Probanden feststellen, die Informationsnachfrage in Situationen unter Zeitdruck gegenüber Situationen ohne Zeitdruck stark zu reduzieren. Auch auf den Kontext des Tarifwahlverhaltens übertragen scheint diese Annahme plausibel. Je geringer die vom Konsumenten wahrgenommene Zeit für die Tarifwahlentscheidung ist, desto weniger Zeit bleibt dem Konsumenten, um Informationen über die verfügbaren Tarife zu sammeln, diese untereinender zu vergleichen und so insgesamt innerhalb seiner Tarifwahl zu berücksichtigen. Daraus resultiert letztendlich ein Zwang zur informatorischen Beschränkung. Folglich ist davon auszugehen, dass das Ausmaß des Informationsnachfrageeffekts und somit letztendlich die Wahrscheinlichkeit und die Höhe eines Flatrate-Bias durch Suggestion von Zeitdruck bei dem Konsumenten gesteigert werden können. Insgesamt sollte folglich eine verstärkte Kommunikation der zeitlichen Befristung des Tarifangebotes durch das Unternehmen letztendlich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Konsument einem FlatrateBias unterliegt und dessen Höhe intensivieren. Anzumerken bleibt, dass die hier vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verstärkung des Informationsnachfrageeffektes, wie in den Gruppenvergleichen dieser Arbeit festgestellt, bei hoch involvierten Probanden wohl insgesamt mehr Wirkung auf den Flatrate-Bias zeigen könnten als bei niedrig involvierten Probanden.413 Während sich eine Beeinflussung der bereits behandelten Tarifwahl-Anomalien über die Kommunikationspolitik des Unternehmens, wie dargestellt, relativ einfach gestaltet, erscheint eine direkte Beeinflussung der Tarifwahl-Anomalie mit dem vermutlich stärksten Effekt auf den Flatrate-Bias, dem Entscheidungsstileffekt, deutlich schwieriger. Es ist zu vermuten, dass der bei einer Tarifwahl angewandte Entscheidungsstil unter Zeitdruck eine eher emotionale Tendenz aufweist, da aufgrund des wahrgenommenen Zeitdrucks der Tarifwahlprozess tendenziell impulsiv bzw. affektiv ablaufen wird. Um eine rationale, fundierte Entscheidung treffen zu können, benötigt der Konsument hingegen Zeit. Da eine Hervorhebung der zeitlichen Befristung bestimmter Tarifangebote dem Konsumenten aber gerade suggeriert, dass er keine, bzw. zumindest nur wenig Zeit für die Tarifwahl besitzt, wird dieser wahrscheinlich eine mög413
Vgl. Kapitel 5.6
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Implikationen für die Marketingpraxis und Marketingforschung
lichst schnelle Tarifwahlentscheidung herbeiführen wollen. Bei Anwendung eines rationalen Entscheidungsstils ist das Ziel einer schnellen Tarifwahl aber nur schwer zu verwirklichen, was letztendlich dazu führt, dass der unter Zeitdruck angewandte Entscheidungsstil tendenziell wenig rational, eher emotional geprägt sein wird. Mit schwindender rationaler Prägung bzw. steigender emotionaler Prägung des bei der Tarifwahl angewandten Entscheidungsstils steigt auch die Wahrscheinlichkeit für, und die Höhe des Entscheidungsstileffektes. Folglich ist davon auszugehen, dass neben einer Verstärkung des Informationsnachfrageeffektes auch eine Verstärkung des Entscheidungsstileffektes durch die Suggestion von Zeitdruck bei dem Konsumenten erreicht werden kann. Weiter sollte ein Unternehmen zur Steigerung des Flatrate-Bias über den Entscheidungsstileffekt bei der Bewerbung seines Tarifangebotes tendenziell emotionale Werbung, also Werbung anwenden, die primär Gefühle (subjektiv wahrgenommene innere Erregungszustände) übermittelt, bzw. über die bei den Konsumenten gezielt Empfindungen hervorgerufen werden können.414 So sollte es möglich sein, den Konsumenten auf einer tendenziell emotionalen Ebene anzusprechen, was sich wiederum in einem tendenziell emotional geprägten Entscheidungsstil bei der Tarifwahl niederschlagen könnte. Insgesamt könnte somit der Entscheidungsstileffekt auch über eine tendenziell emotionale Kommunikationspolitik des Unternehmens verstärkt und so Wahrscheinlichkeit und Höhe eines Flatrate-Bias gesteigert werden. Den Ergebnissen der Gruppenvergleiche folgend, sollten die angeführten Maßnahmen zur Steigerung des Entscheidungsstileffektes bei niedrig involvierten Konsumenten eine stärkere Wirkung auf den Flatrate-Bias haben als bei hoch involvierten Konsumenten. Abschließend bleibt somit festzuhalten, dass ein Unternehmen, um die Deckungsbeitragssteigerungen aus Flatrate-Biases zu maximieren, zum einen über seine Kommunikationspolitik Eigenschaften der Flatrate zur Befriedigung des Entkopplungs- und Versicherungsbedürfnisses profilieren und zum anderen die Wahrnehmung der Inflexibilität von Flatrate-Tarifen abschwächen sollte. Weiter sollte über eine verstärkte Kommunikation der Vielfalt der Nutzungsmöglichkeiten des Produkts oder der Dienstleistung eine Verstärkung des Überschätzungseffektes bei dem Konsumenten verfolgt 414
Vgl. Kloss (2000), S. 91, Kroeber-Riel (1993, S. 37 ff.
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Implikationen für die Marketingpraxis und Marketingforschung
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werden. Abschließend kann noch, über eine zeitliche Befristung des Tarifangebotes und verstärkter Kommunikation dieser nach außen, dem Konsumenten Zeitdruck bei der Tarifwahl oktroyiert werden, um Tarifwahl-Anomalien in Form von Informationsnachfrageeffekt und Entscheidungsstileffekt zu begünstigen. Letztere sollte auch durch Anwendung tendenziell emotionaler Werbung verstärkt werden können.
Abbildung 23: Stellhebel der Kommunikationspolitik zur Steigerung der Tarifwahl-Anomalien415
415
Quelle: Eigene Darstellung.
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Implikationen für die Marketingpraxis und Marketingforschung
Insgesamt sollte somit über eine gezielte Ansteuerung der vier Determinanten des Flatrate-Bias eine Maximierung der zusätzlichen Gewinne aus Flatrate-Biases zu erreichen sein. Die nachfolgende Abbildung fasst die in diesem Kapitel abgeleiteten Maßnahmen zur Steigerung von Flatrate-Biases, über eine Verstärkung möglicher Tarifwahl-Anomalien im Rahmen der Kommunikationspolitik eines Unternehmens, noch einmal zusammen. Weitere Stellhebel zur Steigerung von Flatrate-Biases könnten die Unternehmen durch Kenntnis weiterer Tarifwahl-Anomalien erhalten. Dazu besteht aber derzeit noch weiterer Forschungsbedarf. Insgesamt konnten durch die innerhalb dieser Arbeit identifizierten Determinanten des Flatrate-Bias und der Flatrate-Präferenz konkrete Handlungsempfehlungen zur Sicherung und Steigerung der Deckungsbeiträge von Mobilfunk-Service-Providern aufgezeigt werden. Gerade in Anbetracht der hohen Penetrationsrate hinsichtlich mobiler Kommunikation, der daraus resultierenden Sättigung des Mobilfunkmarktes und der somit geringen Akquisitionsmöglichkeit von Neukunden, erscheint die Möglichkeit den Umsatz auch ohne Neukundenakquisitionen über eine Verstärkung möglicher Flatrate-Biases und daraus resultierender Deckungsbeitragssteigerungen erhöhen zu können, für die Sicherung des Überlebens eines Unternehmens, auch in Zeiten starken Wettbewerbsdruckes, viel versprechend. Die innerhalb dieser Arbeit abgeleiteten Implikationen sollten sich für die Gestaltung der Kommunikationspolitik hinsichtlich einer Flatrate-Bias verstärkenden Positionierung des Tarifangebotes von Mobilfunk-Service-Providern als hilfreich erweisen. Weiter ist anzunehmen, dass die innerhalb dieser Arbeit gewonnenen Implikationen auch auf Unternehmen anderer Branchen, die ebenso optionale Tarife anbieten, in weiten Teilen übertragbar sind. Denkbar wären hierbei z. B. InternetService-Provider, Festnetzunternehmen, Fitnessstudios, Verkehrsbetriebe und Autovermietungen.
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Implikationen für die Marketingpraxis und Marketingforschung
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Implikationen für den Verbraucherschutz
Auch für den Verbraucherschutz ist die im Rahmen dieser Arbeit bestätigte Existenz von Flatrate-Biases relevant.416 Die zentrale Aufgabe des Verbraucherschutzes liegt in dem Schutz der Konsumenten vor negativen Konsequenzen, die sich aus dem Marketing privater Anbieter bzw. privater Güter ergeben.417 Dies bedeutet, dass der Verbraucherschutz den Konsumenten vor Schaden bewahren soll, der aus der Unübersichtlichkeit des Marktes, der Täuschung von Unternehmen oder den Nebenwirkungen des Konsums entsteht.418 Besondere Relevanz kommt neben dem Rechtsschutz und dem Vermögens- und Gesundheitsschutz des Verbrauchers auch dem Informationsschutz zu. Innerhalb diesem wird bestimmt, welche Informationsinhalte, -gestaltungen und -wirkungen auszuschließen sind und festgelegt, welche Informationen dem Verbraucher mindestens mitzuteilen sind.419 Folglich ist es Aufgabe des Verbraucherschutzes, die Informationsasymmetrie zwischen Unternehmen und Konsumenten, die daraus resultiert, dass das Unternehmen die Merkmale seines Produktes und/oder Dienstleistung besser kennt als der Konsument, zu verringern.420 Im Kontext der Tarifwahl besteht für den Verbraucherschutz dann Handlungsbedarf, wenn Konsumenten aufgrund der von den Unternehmen bereitgestellten Informationen nicht in der Lage sind, den für ihre Bedürfnisse am besten geeigneten Tarif zu identifizieren und so implizit einem Flatrate-Bias unterliegen. Somit könnte dem Verbraucherschutz bei Angebot optionaler Tarife die Aufgabe zukommen, Konsumenten über die Konsequenzen und Ursachen von Flatrate-Biases aufzuklären. Dabei bleibt aber zu differenzieren, über welche Tarifwahl-Anomalien es schlussendlich zu dem Flatrate-Bias kommt. Liegt die Ursache des Flatrate-Bias überwiegend in der emotionsbedingten Tarifwahl-Anomalie der Flatrate-Präferenz begründet, so bezahlt der Konsument auf der einen Seite mehr als er eigentlich im günstigsten Tarif zahlen würde. Auf der anderen Seite stiftet der gewählte Flatrate-Tarif bzw. der 416 417 418 419 420
zu den Ausführungen vgl. Lambrecht (2005), S. 202 f. Vgl. Kuhlmann (1990), S. 87 ff. Vgl. Scherhorn (1973), S. 67, Schwalbe (1977), S.55, von Hippel (1986), S. 4. Vgl. Kuhlmann (1999), S. 88. Vgl. Lambrecht (2005), S. 202 f.
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Implikationen für die Marketingpraxis und Marketingforschung
Tarif mit hoher Grundgebühr und Freikontingent dem Konsumenten jedoch einen höheren Nutzen als andere Tarife. Da somit über den Flatrate-Bias auch bestimmte Bedürfnisse - das Entkopplungs- und Versicherungsbedürfnis - befriedigt werden können, die ein anderer Tarif respektive der günstigste Tarif womöglich nicht erfüllen könnte, ist der Flatrate-Bias als Resultat einer Flatrate-Präferenz insgesamt aus Konsumentensicht nicht negativ zu bewerten und es besteht auch aus Sicht des Verbraucherschutzes kein Handlungsbedarf. Bei Vorliegen eines Überschätzungs- bzw. Entscheidungsstileffekt besteht hingegen Handlungsbedarf, da es sich um aus Konsumentensicht ungewollte kognitive Fehler während des Tarifwahlprozesses handelt. In Bezug auf den Überschätzungseffekt könnten Konsumenten z. B. durch Aufklärung ihrer tatsächlichen Nutzungsmenge besser gestellt werden. Über eine verstärkte Kommunikation der Konsequenzen einer Überschätzung der Nutzungsmenge könnte der Verbraucherschutz zudem Konsumenten hinsichtlich einer genaueren Schätzung sensibilisieren. Auch könnten Unternehmen, die bei Unterausnutzung eines Freikontingents oder Nutzung über eine Flatrate derzeit keine Informationen über die tatsächliche Nutzungsmenge bereitstellen, gerade hierzu verpflichtet werden. Weiter könnten Unternehmen, die befristete Aktionen prinzipiell nach Ablauf des zunächst kommunizierten Zeitraums immer wieder um eine Periode verlängern, dazu verpflichtet werden, diese Periode von Anfang an länger zu gestalten. So würde der dauerhafte Eindruck der Konsumenten, bezüglich der Tarifwahl unter Zeitdruck zu stehen und somit ein möglicher Entscheidungsstil- und Informationsnachfrageeffekt, abgeschwächt werden. Liegt eine geringe Informationsnachfrage nicht primär in der Motivation des Konsumenten, sondern in der Intransparenz des Tarifangebotes des Unternehmens begründet, könnte das Unternehmen zur Reduktion möglicher Informationsnachfrageeffekte darüber hinaus zu einer transparenteren Tarifstruktur verpflichtet werden. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Konsumenten hinsichtlich einer genauen Schätzung der Nutzungsmenge, einer ausreichenden Informationsnachfrage und der Einplanung ausreichender Zeitkapazitäten für die Tarifwahl sensibilisiert werden müssen, um die
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Implikationen für die Marketingpraxis und Marketingforschung
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Wahrscheinlichkeit, dass diese einem Flatrate-Bias unterliegen, sowie dessen mögliche Höhe zu reduzieren.
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7.
Schlussbetrachtung und Ausblick
In Anbetracht gesättigter Märkte und steigendem Wettbewerbsdruck im Mobilfunkbereich nimmt eine zielgerechte Tarifoptimierung für Mobilfunk-Service-Provider eine immer bedeutender werdende Stellung ein. Dabei wurde in bisherigen Analysen zur Bestimmung optimaler Preise von der Annahme ausgegangen, dass Konsumenten strikt die Differenz zwischen Rechnungsbetrag und Zahlungsbereitschaft, also ihre Konsumentenrente, maximieren und sich so grundsätzlich für den günstigsten Tarif entscheiden. Die Befunde dieser Arbeit machen jedoch deutlich, dass sich Konsumenten nicht immer für den günstigsten Tarif entscheiden und folglich kognitive Fehler, TarifwahlBiases, innerhalb der Tarifwahl von Konsumenten vorliegen. Insbesondere dem Flatrate-Bias konnte in diesem Zusammenhang eine außerordentliche empirische Relevanz zugeschrieben werden. Darüber hinaus ist sein monetärer Wert erheblich und über eine Berücksichtigung bei der Tarifoptimierung und der letztendlichen Bewerbung des Tarifangebotes sollten sich die Deckungsbeiträge beträchtlich steigern lassen. An diesem Punkt setzen die innerhalb dieser Arbeit abgeleiteten Implikationen an, die Unternehmen Handlungsempfehlungen aufzeigen, die es ihnen über eine gezielte Kommunikation und Bewerbung des Tarifangebotes ermöglichen, die Wahrscheinlichkeit und Höhe von Flatrate-Biases zu beeinflussen. Dabei bieten sich mit den identifizierten Determinanten des Flatrate-Bias in Gestalt von Informationsnachfrage-, Überschätzungs-, Entscheidungsstileffekt und Flatrate-Präferenz geeignete Stellhebel, um den Kunden in Richtung Flatrate-Bias zu beeinflussen und daraus letztendlich Deckungsbeitragsteigerungen zu realisieren. Obwohl das hier konzipierte Modell keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhebt, erscheint es jedoch nahe liegend, dass die gewonnenen Erkenntnisse auch auf Unternehmen anderer Branchen, die ebenso optionale Tarife anbieten, in weiten Teilen übertragbar sind. Denkbar wären hierbei z. B. Internet-Service-Provider, Festnetzunternehmen, Fitnessstudios, Verkehrsbetriebe und Autovermietungen. Aufgrund der empirischen Relevanz sowie der festgestellten Wertigkeit von FlatrateBiases, sollten zukünftige Forschung und optionale Tarife anbietende Unternehmen
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Schlussbetrachtung und Ausblick
bei zukünftiger theoretischer und praktischer Gestaltung und Optimierung von Tarifen bzw. Tarifstrukturen sowie bei der Ermittlung von optimalen Preisen die innerhalb dieser Studie festgestellten Tarifwahl-Anomalien und ihre mögliche Konsequenz in Form eines Flatrate-Bias berücksichtigen. Darüber hinaus sollte neben der Prüfung der im Rahmen dieser Arbeit identifizierten Determinanten der Flatrate-Präferenz und des Flatrate-Bias in anderen Bereichen und unter anderen Rahmenbedingungen auch verstärkt der Suche nach weiteren möglichen Determinanten nachgegangen werden, um den Erklärungsgehalt bereits bestehender Modelle auszuweiten und insgesamt das Auftreten und die Höhe eines Flatrate-Bias noch gezielter beeinflussen zu können.
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Bundesnetzagentur Teilnehmerentwicklung http://www.bundesnetzagentur.de/enid/88a2625422b7c4bdb95362b4ff26ba36,0/Markt beobachtung/Mobilfunkdienste_vw.html#mobiltelefondienst_teilnehmerentwicklung zuletzt aufgerufen am 05.09.2007
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Literaturverzeichnis
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