Nr. 2561
Arndt Ellmer
Insel der goldenen Funken Sie kämpfen gegen VATROX-VAMU – Talanis ist ihre letzte Heimstatt In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das ent spricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit über hundert Jahren herrscht Frieden: Die Sternenreiche arbeiten daran, eine gemeinsame Zukunft zu schaffen. Als aber die Terraner auf die sogenannten Poly port-Höfe stoßen, Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit, tritt die Frequenz-Monarchie auf den Plan: Sie beansprucht die Macht über jeden Polyport-Hof. Mit Raumschiffen aus Formenergie oder über die Transportkamine der Polyport-Höfe rücken die Vatrox vor, und anfangs scheinen sie kaum auf zuhalten zu sein. Dann aber entdeckt man ihre Achillesferse in ihrer stärksten Waffe: Die Vatrox
verfügen mittels ihrer Hibernationswelten über die Möglichkeit der »Wiedergeburt«. Als die Terraner ihnen diese Welten nehmen und die freien Bewusstseine dieses Volkes einfangen, beenden sie die Herrschaft der Frequenz-Monarchie. Allerdings sind damit nicht alle Gefahren besei tigt: Noch immer gibt es Vatrox, darunter den gefährlichen Frequenzfolger Sinnafoch, und mindestens zwei rivalisierende Geisteswesen, die mit dieser fremden Zivilisation zusammen hängen. Eines davon ist VATROX-VAMU, der Erzfeind von VATROX-CUUR und VATROX-DAAG. Während diese in der Milchstraße aktiv sind, greift er das Stardust-System an. Die letzten freien Menschen verbergen sich vor ihm auf der INSEL DER GOLDENEN FUNKEN ...
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aussehenden Mannes, der ihm als einer der Ersten aufgefallen war und der sich an der Spitze der Gruppe befand. Der Porfino stand wie erstarrt. »Was ... wer ... woher ...?« Dicke – wie konnte jemand so dick sein Parfina neben ihm sperrte den Mund und sich dennoch so verhältnismäßig ge weit auf, und in ihrem Gesicht wechsel schmeidig fortbewegen? – schmetterte ten Zweifel, Panik und Faszination ein mit einer beiläufig anmutenden Bewe ander so schnell ab wie dahinjagende gung eine reichlich zerbeulte, blecherne Wolken. Kaffeekanne auf den Schädel seines Er wusste, dass es nicht etwa das deutlich kleineren und drahtigeren Be atemberaubende, wundervolle Gebilde gleiters. Dieser schien es ebenso wenig zu war, das ihr die Sprache verschlug, denn bemerken, wie er dem nachfolgenden ihm ging es ähnlich. Und das Wunder ei Befehl gehorchte: »Sorg dafür, dass die ner tausend Meter hohen und fünfhun guten Leute hier wissen, wen sie vor sich dert Meter durchmes haben, du marsia senden Säule aus wir nische Dörrpflaume!« Die Hauptpersonen des Romans: belnden Goldfunken »Das ist meine«, war nicht eben klein: sagte er nur und ent Timber F. Whistler – Der Administrator sucht den der Palast der Vier wand dem Teigigen Kampf gegen VATROX-VAMU. Himmel, der auf Tala die Kaffeekanne, wo Icho Tolot – Der Haluter organisiert den Widerstand. nis, der letzten freien zu es scheinbar keiner Insel des Stardustsonderlichen Mühe VATROX-VAMU – Ein Geisteswesen überrascht selbst Systems, erschienen bedurfte. Die schwab seine Anhänger. war. beligen Finger des Kardo Tarba – Der ehemalige Jar wird von den Men Hingegen nahmen Bleichen ließen das schen mit Misstrauen betrachtet. sich die Gestalten, die vorsintflutliche Gefäß sofort los. sich ihnen vom un teren Ende der Säule »Na schön«, ver durch einen goldenen Nebel näherten, kündete der Dicke, wobei er ungemein auf den ersten Blick wenig spektakulär gelangweilt klang. »Dann meditiere ich aus. Es waren Menschen, nichts weiter. eben.« Abgesehen von den possierlichen Tier Sprach’s, sank übergangslos in den chen, die ein wenig an ... an ... Porfino fiel Schneidersitz zusammen und schloss die kein kluger Vergleich ein außer der mit Augen. einem Kinderbuch, das er einmal ge »Ich glaub es ja nicht. Wie lange steck schenkt bekommen hatte: Gucky und die ten wir jetzt in ES fest? Man sollte doch Möhrendiebe, das er als kleines Kind annehmen, da hätte er Zeit genug gehabt sehr geliebt hatte, vor allem wegen der für seine Meditationen!« Der Dünne schnaubte verächtlich, blähte die Ton lustigen Hologramme. Ja, irgendwie sa hen sie aus wie dieser »Gucky«. nenbrust und wog die Kaffeekanne nach Aber konnten Kinderbuchhelden denklich in der Hand. Tiefliegende Au überhaupt lebendig werden? Und wenn gen, von denen unzählige Falten das Gesicht überspannten wie ein Netz, be es nur den »einen und einzigen« Gucky gab, wieso sah er dann – ja, wie viele wa gutachteten Porfino. ren das eigentlich? Zweimal zwei Hände, »Verzeihen Sie meine Gedankenlosig wahrscheinlich. keit. Ich nehme nicht an, dass wir uns »Was ist denn das für eine Begrü bereits vorgestellt wurden? Mein Name ßung?«, dröhnte die Stimme des leichen ist ...« häutigen, glatzköpfigen, irgendwie teigig Porfino fühlte, wie ihn starke Arme
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sanft emporhoben und wieder abstell ten. »Tatcher a Hainu!«, vollendete Icho Tolot den begonnenen Satz. Porfino staunte, wie viel Zärtlichkeit in der Stimme des Haluters liegen konn te. »Ich kann Ihnen kaum sagen, wie froh ich bin, Ihren Begleiter und Sie auf un serer Seite zu wissen. Und die anderen erst ...« »Ja.« Der Tatcher a Hainu Genannte lächelte verlegen. »Es schien eine gute Idee zu sein. Oder besser: ES scheint eine gute Idee gehabt zu haben – nun ja, aus der Not geboren. Sie kennen die ande ren?« Icho Tolot lachte donnernd. »Jeden Einzelnen! Aber ich vermute, dass meine Kleinen hier noch nie von Ihnen gehört haben. Sie sind alle noch so jung.« »Ja, das sind sie wohl.« Plötzlich lag etwas wie Traurigkeit und Müdigkeit in der Stimme des Mannes. »Verzeihen Sie, mein Herr ...?« Porfino merkte, wie der andere ihn an sah, und nun war es an ihm, verlegen zu lächeln. »Ich bin Porfino.« Er streckte Tatcher die Hand entge gen. Dieser nahm sie, ohne zu zögern. »Ich bin ein Marsianer der a-Klasse. Und Sie?« »Ich bin Stardust-Terraner«, antwor tete Porfino, ohne nachzudenken. »Ach ja.« Tatcher seufzte. »Die alten Tage sind vergangen, ich weiß. Meine Herkunft sagt Ihnen demnach also wahr scheinlich wenig?« »Nichts«, antwortete Porfino gerade heraus und fuhr fort, ohne auf die alter tümliche Sprache des Mannes einzuge hen: »Aber weshalb glaubt ES, dass du und dein Begleiter und die anderen da bei uns richtig wären?« Direkt vor Porfino gab es ein lautes »Plopp!«, und aus dem Nichts entstan den zwei »Guckys«, von denen der eine allerdings deutlich ... weiblicher aus sah. »Weil wir es sind!«, sagte dieser mit
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hoher, aber zugleich angenehmer Stim me. »Ganz genau«, bekräftigte der andere. »Wir sind das Mutantenkorps! Konter admiral Jumpy meldet sich zum Dienst?« Erneut ertönte das ploppende Ge räusch. »Konteradmiral? Wer hat dich denn jemals dazu befördert? Ich jeden falls nicht, so wahr ich Admiral Gecko heiße! – Apropos, junger Mann: Du weißt nicht zufällig, wer ranghöher ist, der Ad miral oder der Kontraadmiral?«, wandte sich ein dritter, aber merklich dickerer Gucky direkt an Porfino. »Konteradmiral«, verbesserte Jumpy. »Ich ... so etwas weiß ich nicht«, sagte Porfino unsicher. »Aaaa-ha!«, machte Admiral Gecko merklich zufrieden. »Ein solches Amt gibt es überhaupt nicht, Kadett Jumpy!« Plötzlich brach es aus Parfina heraus, die dem allem bisher wortlos zugeschaut hatte: »Aber klar doch! Ihr seid Mutan ten wie wir!« »So ist es«, bestätigte Icho Tolot. »Was ihr vor euch seht, sind Mutanten, die einst in der Superintelligenz ES aufge gangen sind. Vor euch seht ihr die bezau bernde Iltu, Ehefrau von Gucky.« »Gucky? Den gibt es wirklich?« Porfi no erlebte eine Überraschung nach der anderen. »Und wie!«, bestätigte Jumpy. »Er ist mein Paps und der wahrscheinlich größ te Mausbiber aller Zeiten.« »Der fetteste, vielleicht«, sagte Ge cko. »Nimm das zurück! Hast du dich schon mal selbst angeschaut?«, rief Jumpy, und Sekunden darauf jagten die beiden ein ander teleportierend durch die Land schaft von Talanis. »Ich glaube, männliche Ilts bleiben ein Leben lang Kinder«, sagte Iltu, und Por fino wusste nicht zu sagen, ob sie es spöt tisch oder liebevoll meinte. »Das ist bei Terranern angeblich nicht anders«, bestätigte Icho Tolot. »Aber ich
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glaube, wir sollten uns nun alle versam meln, damit ich meinen Kleinen hier die Helden vorstellen kann, die ihnen ES zur Seite stellt.« »Aaaah, man spricht von mir«, sagte die tiefe, gelangweilte Stimme des Tei gigen, und so etwas wie Leben kehrte in die hockende Gestalt zurück. Die Kaffeekanne verfehlte ihn nur um Zentimeter und sauste dann wie von un sichtbaren Fäden gezogen direkt in die ausgestreckte Hand Iltus. »Schluss da mit!«, befahl sie. »Wir haben einen Auf trag.« * Porfino rieb sich die Augen. »Schwes terherz! ES schickt uns seine besten Leu te zur Unterstützung?« »Es sieht so aus, Porfino. Irgendwie ist das alles ziemlich abgefahren. Wie ein Traum.« Für einen Traum waren die Gestalten zu real, fand Porfino. Sein Blick blieb auf dem Zentauren haften, der als einer der Ersten aufgetaucht war. Er gehörte nicht zu den talanischen Zentauren, so viel stand fest. Sein Fell war hellblau, Mähne und Schweif ockergelb. Der menschliche Oberkörper wirkte ziemlich schmächtig. Einen kurzen Augenblick kreuzten sich ihre Blicke. Porfino spürte einen Schauer der Ewigkeit, der ihn übergangslos durch drang. Den Bruchteil eines Augenblicks glaubte er sich entrückt in eine völlig an dere Welt, die so weit war wie das Uni versum und von einer Schönheit, die er nicht beschreiben konnte. Als er es ver suchte, war der Eindruck längst wieder vorbei. Er bemühte sich, ihn festzuhal ten, aber er verwirbelte in den goldenen Funken, die über den Köpfen der An kömmlinge tanzten. Sein Haar war plötzlich rotgelb wie die Schmetterlinge, die sich von allen Seiten näherten, sein Mund so golden wie die Funken um die Säule.
»ES hat uns wahrlich nicht verges sen.« Seine Stimme vibrierte vor Aufre gung. »ES ist auch für uns da, wenn Ge fahr droht.« Er spürte den sanften Händedruck sei ner Schwester, die sich an ihn lehnte. »Herzlich willkommen auf Talanis!«, sagte sie. »Wir haben nicht viel, aber wir teilen es gerne mit euch. Und wenn euch etwas fehlt ... Heu ...« Porfino knuffte sie in die Seite. »Zen tauren sind keine Pferde!«, flüsterte er. »Beleidige ihn nicht. Und die ande ren ...« »Mohrrüben wären nicht schlecht«, krähte Gecko, der soeben mit einer neu erlichen Teleportation neben ihnen auf tauchte. »Die sind für meine Diät.« Er verschwand wieder, als Jumpy di rekt neben ihm erschien. »Zunächst einmal werden wir uns um euch kümmern«, beschied ihnen Iltu. * Iltu watschelte neben ihnen her zu dem Kordon, den die Roboter aus der Silberkugel um die über tausend Men schen gebildet hatten. Inzwischen war eine gewaltige chromblinkende Traube daraus geworden, ein Schwarm, der die Liegenden wie eine Glocke überdeckte. Die Menschen waren alle vor VATROX VAMU auf die Insel geflohen, nachdem jener das Stardust-System eingenommen und die gesamte Bevölkerung geistig versklavt hatte. Nur rund 3000 Menschen schienen immun zu sein, wahrscheinlich, weil sie oder ihre Eltern früher einmal von einem Schauer »goldener Funken« getroffen worden waren. Auf Talanis waren sie vor VATROX VAMU sicher, denn zumindest bisher konnte kein Gefolgsmann des Geistes wesens ihnen dahin folgen. Aber bis auf diese eine, allerdings von vier Planeten aus zu erreichende my thische Insel war das Stardust-System vorerst verloren für die freie Menschheit,
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und so lange die Jaranoc mit ihren Schlachtschiffen zwischen den Planeten kreuzten, existierte eine doppelte Gefahr in den Fernen Stätten. Die von den Robotern umringten Men schen hatten vor Kurzem überstürzt einen kollektiven Para-Angriff auf VATROX-VAMU unternommen – und waren gescheitert. »Das war ziemlich unbedacht von euch«, zwitscherte Iltu, deren Stimme Porfino immer angenehmer wurde. »Denn ihr habt diesen VATROX-VAMU zwar nicht ernsthaft verletzen können, aber jetzt ist er vor euch gewarnt. Jeder neue Versuch wird schwieriger werden als der zuvor.« »Oh!« Daran hatten sie nicht gedacht. »Da hast du wohl recht. Meinst du, sie erholen sich wieder?« Ihm kamen sofort wieder die Menschen in den Sinn. Lebe wesen, echte, stofflich fassbare Ge schöpfe. »Komm mal her, du!«, befahl Iltu und zog telekinetisch einen Roboter heran. »Was ist mit diesen Menschen?« »Die Datenerfassung ist nicht abge schlossen«, lautete die Antwort. »Könnt ihr ihnen helfen?«, fragte Por fino. »Nur den Überlebenden.« Parfina keuchte. »Es gab Tote?« »Das ist zutreffend«, antwortete der Roboter unbeeindruckt. »Wie viele?« »Die Datenerfassung dauert an.« Ein zweiter Roboter schwebte auf Iltu zu. »Niemand kann hier helfen. Über lasst das uns Medos.« »Geht!«, befahl Iltu. Sie klang über haupt nicht mehr fröhlich, und plötzlich echote der Name »Gucky« durch Porfi nos Gedanken, aber nicht so lustig, wie er ihn von Gucky und die Möhrendiebe her kannte, sondern von einer unbe stimmten, tiefen Traurigkeit und Sehn sucht, als sei der Geliebte lichtjahreweit entfernt. Er sah seine Schwester an und begriff,
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dass es ihr genauso erging. Irgendwie hatten sie wohl einen Zipfel von Iltus Gedanken erhascht. »Du vermisst ihn?«, fragte Parfina. Iltu schüttelte in menschlicher Manier den Kopf. »Mehr, als ich euch sagen kann. Aber das spielt keine Rolle. Wir sind hier und wir bleiben.« Die Worte brannten sich einzeln in sein Herz. Wir sind hier und wir bleiben. Das könnte auch das Motto der Star dust-Menschheit sein. Und er begriff, dass es nur darauf ankam. »Ganz genau.« Iltu grinste zufrieden, und wenn er nicht diese düstere Melan cholie hinter ihren Gedanken gespürt hätte, hätten ihn ihr Tonfall und ihre Haltung tatsächlich getäuscht. * Huslik Valtings erster Gedanke war: Es ist alles vorbei. Wir haben es verbockt. Gleichzeitig klang ihm das hässliche La chen des Siganesen in den Ohren. Das leise »Paff, Paff« einer Injektion lenkte ihn ab. Er stutzte, öffnete dann zaghaft ein Auge. Etwas Silbernes war über ihm, eine glänzende Oberfläche wie poliertes Chrom. Er wollte sich reflexar tig wegdrehen, doch etwas hielt ihn fest. »Was ...?« »Mach dir keine Sorgen«, sagte eine freundliche Stimme. »Ich bin dein Medo robot. Es geht dir gut. Deine Körperwer te sind in Ordnung. Du brauchst ein we nig Erholung, das ist alles.« »Wo sind die anderen ...« »Um dich herum. Sie hatten alle das Bewusstsein verloren. Einige sind tot.« Das unsichtbare Prallfeld, das ihn festhielt, wich. Er setzte sich auf. Die Luft war erfüllt von Robotern, die aus sahen wie verchromte Kugeln und Ellip soide. Das taktmäßige Schlagen der aus gefahrenen Injektionstentakel hörte sich an wie bei einer Gefechtsübung.
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Valting starrte das Ei über sich an. »Woher kommt ihr? Ihr seid keine Star dust-Modelle!« »Wir sind zu euch gesandt vom Herrn der Silberkugel.« Valting hatte keine Ahnung, was für eine Silberkugel gemeint war. Er sah nichts außer den Männern und Frauen am Boden, von denen die ersten zu sich kamen, und den chromblitzenden Schwarm ringsum. Ein Summen leiser Stimmen lag über allem. Huslik drehte sich nach rechts. Da lag Rence Ebion, totenbleich und mit halb offenem Mund. Hastig wandte er sich nach links. Shanda Sarmottes Lider flatterten, sie bewegte die Lippen. Er fasste ihre Hand und hielt sie fest. »Ruhig bleiben«, sagte er leise. »Wir sind in Sicherheit.« Sie waren nach Talanis gekommen, gerade rechtzeitig, wie sie gedacht hat ten. Aber der Versuch, VATROX-VAMU mit einem eilig zusammengestellten Pool aus parapsychischen Kräften zu verja gen oder zu besiegen, war gescheitert. Valting vermutete, dass es mehrere Grün de dafür gab. Die Zahl von etwas über tausend Per sonen war zu gering. Es fehlte die Übung bei der Bündelung der Kräfte. Und sie hatten sich wohl auch den falschen Zeitpunkt ausgesucht. Shanda öffnete die Augen und sah Val ting an. »Ich hatte recht. Das Geisteswe sen hat von dem Siganesen Besitz ergrif fen. Vorremar Corma ist sein Sklave. Er hat unsere Parakräfte zurückgeworfen.« Huslik Valting zweifelte, ob sie über haupt in der Lage waren, etwas gegen VATROX-VAMU zu erreichen. Sicher nicht, wenn das Geisteswesen so stark war und sie sich so stümperhaft anstell ten. Beim zweiten Versuch fehlte ihnen nun das Überraschungsmoment. Der Astro-Archäologe erhob sich. »Lass uns gehen, Shanda.«
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»Zurück nach Stardust City? Nein, Huslik. Nicht dahin, wo Corma ist.« »Ich meine unseren Gleiter.« Etwas packte ihn am Stiefel. Er hielt in der Bewegung inne und schaute nach hinten. Das noch immer bleiche Gesicht Rence Ebions starrte zu ihm herauf. »Nicht so schnell! Warte auf mich!« Valting reichte ihm die Hand, aber Ebion war zu schwach, um aufzustehen. Sein Medoroboter verabreichte ihm eine weitere Injektion. »Das war die Hölle«, keuchte Ebion. »Ich dachte, das Ding wolle mich ver schlingen.« »Welches Ding?« »Der purpurrote Feuerball.« Nach und nach kehrten Details seiner Erinnerung zurück. Den Feuerball hatte er auch gesehen. Das Gebilde glich einem überdimensionalen, feurigen Auge, das in sein Bewusstsein schaute. Es hatte sein Denken angehalten, seinen Geist in Dunkelheit gehüllt. Shanda Sarmotte erhob sich schwan kend und hielt sich an Valting fest. Mit der freien Hand half er Ebion auf die Beine. Die Roboter unterzogen sie einem letzten Scan und entließen sie dann aus ihrer Obhut. Die drei Roboter stiegen senkrecht nach oben, erreichten den Schwarm der chromblitzenden Maschinen und hörten auf zu existieren. Valting blinzelte. »Habt ihr das gese hen?« »Was?«, fragte Ebion. »Die Dinger haben sich einfach aufge löst.« »Ich habe nicht darauf geachtet«, meinte Shanda. »Aber jetzt, wo du es sagst ...« Huslik Valting sah sich ein wenig rat los um. Sie standen inmitten von Hun derten Bewusstlosen, die nach und nach erwachten. Er entdeckte mehrere Schwe bebehälter, die menschliche Körper auf nahmen und abtransportierten. Er zähl te sie nicht, aber verteilt über das ganze
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Gelände waren es mehrere Dutzend. Es war ein hoher Preis für einen Ver such, der gescheitert war. Ihn schmerzte das. Als Archäologe war er es gewohnt, Probleme mit Systematik und Bedacht anzugehen, erst zu erkunden, Proben zu nehmen und sich im Voraus ein Bild zu machen. Erst nach der wissenschaft lichen Analyse folgte ein gezieltes Vorge hen, wenn man einiges über das wusste, was einen erwartete. »Wir müssen es nur richtig anfangen«, sagte Huslik zu sich selbst. »Wir brau chen Gruppentraining und Leistungs klassifikation. Und Mutanten mit star ken telepathischen oder empathischen Kräften, die in der Lage sind, das Psipo tenzial jedes Einzelnen von uns zu be messen. Nur so sind wir in der Lage, un sere Möglichkeiten richtig einzuschät zen. Und das wiederum hat Auswirkungen auf die Art und Weise unserer Übungen. Dann können wir ...« Er hielt inne. Die Menschen in seiner Nähe hatten sich ihm alle zugedreht und lauschten seinen Worten mit großen Au gen. »Mann«, sagte einer, »bist du nicht Huslik Valting?« »Ja.« Valting wurde etwas mulmig. In Gedanken ließ er seine Worte Revue pas sieren. »Ich wollte ...« Er sah ein, dass er sich ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt hatte. Eigent lich war das gar nicht sein Stil. Er trat einen Schritt zurück, aber irgendwo blieb er an den Schultern seiner beiden Begleiter hängen. »Hast du gut gemacht«, flüsterte Rence Ebion ihm ins Ohr. »Wir brauchen jemanden wie dich«, sagte der Sprecher und hielt ihm die Hand hin. »Ich heiße Bavanda Momba sar. Bist du einverstanden, dass ich dich als Kandidaten aufstelle?« »Kandidat wofür?« »Für den Sprecher und Organisator unserer Truppe. Ich halte dich für den geeigneten Mann.«
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»Also, ich ...« »Er ist einverstanden«, sagte ein an ders aussehender Zentaur, der sich durch das blaue Fell, die fahle Mähne und das kindliche Menschengesicht deutlich von den anderen Zentauren unterschied, die es auf Talanis gab. Valting starrte den Neuen an, als sähe er einen Geist. Er erkannte ihn. »Du ... du bist Takvorian. Aber ... aber ... du bist doch ... tot?« Takvorian zwinkerte ihm zu. »Nie ge wesen, nur körperlich und geistig in ES aufgegangen.« Mombasar schien der Wortwechsel nicht zu interessieren, er hatte gehört, was er hören wollte. »Fein, fein. Ich organisiere die Wahl«, sagte Mombasar. »Sobald alle wieder auf den Beinen sind, fange ich an.« * Icho Tolot strahlte, wie nur ein Ha luter strahlen kann. »Es ist so lange her«, sagte er immer wieder und umarmte nacheinander die einzelnen legendären Mutanten, mit de nen er über Jahrhunderte gemeinsam Abenteuer erlebt hatte. Einige Menschen kannten ihre Namen noch, aber es wurden immer weniger, die sich mit den Heldengesängen der VorStardust-Ära auskannten. Und dennoch brachte jeder der Namen eine Saite in den Menschen zum Klingen und flößte ihnen Mut und Hoffnung ein. Tako Kakuta, der Teleporter. Kitai Ishibashi. André Noir. Betty Toufry. Ribald Corello. Merkosh. Balton Wyt. Lord Zwiebus. Anne Sloane. John Marshall. Rakal und Troonar Wolver. Takvorian.
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Die Mausbiber ... Und das unvergleichliche Duo Tatcher a Hainu und Dalaimoc Rorvic. Der Haluter begrüßte jeden Einzelnen, aber mit jedem freudigen Wiedersehen wurde ihm nur umso bewusster, wen er nicht traf: Fellmer Lloyd und Ras Tschubai be gleiteten Perry Rhodan auf der Suche nach dem PARALOX-ARSENAL und bildeten gewissermaßen eine lose Ver bindung zwischen ES und dem Terraner. Und was würde Gucky alles dafür geben, seine Frau und seinen Sohn wiederzuse hen und erneut Seite an Seite mit ihnen zu kämpfen? Nun, vielleicht würde es ihm das Herz brechen. Gucky mochte stets einen kes sen Spruch parat haben, aber Icho Tolot wusste um die enorme Zerbrechlichkeit des Mausbibers. Einmal wäre er fast dar an zerbrochen, als er annahm, ES habe ihm die Spur zu anderen Ilts gewiesen, dabei hatte die Superintelligenz damals nur erklärt, es drehe sich um »andere wie ihn«. Damals waren die Schwestern Mila und Nadja Vandemaar zu Perry Rhodan gestoßen; auch sie waren schon lange tot, aber sie waren in diesem Augenblick nicht zurückgekehrt, um der bedrängten Menschheit zu helfen. Viel interessanter als darüber nachzu denken, weshalb einige Mutanten fehl ten, war die Frage, warum ES nie zuvor in derartigem Maßstab auf die Bewusst seine zurückgegriffen hatte, über die die Superintelligenz verfügte. Die Not von ES musste viel größer sein, als der Haluter und die Menschen im Stardust-System erahnen konnten. Wieso hätte ES sonst alles gegen VATROX-VAMU aufgeboten, was ihm möglich war? Die Superintelligenz be raubte sich selbst der meisten Psi-Poten ziale in der Hoffnung, die Gefahr abwen den zu können. Tolot trug Jumpy auf der einen und Gecko auf der anderen Schulter, was al lein wegen deren sehr unterschiedlichen
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Leibesfülle sehr zur Erheiterung der an deren beitrug. »Soll ich euch auf den neuesten Stand bringen?«, fragte der Haluter an die Mu tanten gerichtet, die sich zu seiner Lin ken aufgestellt hatten. Jumpy beugte sich zu Tolots Gesicht und sagte mit seiner hohen Stimme: »Mach halblang, Großer! ES selektiert Informationen nur, wenn sie dem Betrof fenen schaden könnten. Wir sind recht gut über alles informiert, was sich seit ... in letzter Zeit zugetragen hat.« Tolot richtete seine Aufmerksamkeit auf die Menschen, die sich zu seiner rechten Seite eingefunden hatten. Es wa ren über 1500 und mit jeder Minute ka men weitere dazu. »ES schickt uns die Mutanten«, sagte er. Die normale Lautstärke seiner Stim me reichte aus, dass ihn alle bis zur Zelt stadt hören konnten. »Ihr habt vielleicht schon von ihnen gehört – viele sind dar unter, die Perry Rhodans Solares Impe rium von Anfang an unterstützten; au ßerdem die Ilts, die sich einst auf dem terranischen Mars ansiedelten. Sie alle werden uns unterstützen. Zuvor aber ge hört das Wort eurem Adminstrator Whistler.« In den begeisterten Beifall hinein schwebte Timber F. Whistler auf einer kleinen Plattform in die Höhe, damit ihn jeder sehen konnte. Er berichtete vom Vordringen VATROX-VAMU ins Stardust-System, von der mentalen Un terdrückung der Bevölkerung und von dem Phänomen des mentalen Echos, das die meisten Anwesenden erst auf ihre seltene Gabe aufmerksam gemacht hatte. Dann sprach er von den Geschenken der Superintelligenz ES in Form von Oldtimer-Technologie. Es lag im Interes se aller Menschen, dass VATROX-VAMU keinen Zugriff auf diese Machtmittel er hielt. Wie sich VATROX-VAMU weiterhin verhalten würde, blieb offen. Längst
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musste die Wesenheit erkannt haben, dass die Frequenz-Monarchie, der ihre Suche galt, nicht im Stardust-System aktiv war. Womöglich hätte VATROX VAMU das Stardust-System bereits ver lassen, wenn es nicht etwas anderes gab, das ihn interessierte: Das konnten die Hyperkristalle der Howanetze ebenso sein wie die psionisch begabten Bewusst seine der Funkengeborenen oder etwas, von dem sie alle keine Ahnung hatten. Aber was immer VATROX-VAMU vor hatte, dies würde gegen den Willen der Stardust-Menschheit geschehen. »Wir sind hier und wir bleiben!«, ver kündete Whistler zum Ende seiner Rede hin. »VATROX-VAMU aber wird ver schwinden, so oder so! Alle Interessier ten bitte ich zu bleiben, damit wir unser Vorgehen besprechen und abstimmen können. Einsatzgruppe Talanis begibt sich direkt zu Icho Tolot, die Einsatz gruppe Felsennadel kommt zu mir.« »Der Widerstand hat begonnen«, flüs terte Admiral Gecko und reckte die Brust. »Die Mausbiber ziehen in den Krieg!« 2. »Ich habe es von Anfang an gesagt«, verkündete der Gelbling und blickte auf fordernd in die Runde. »Der Dreh- und Angelpunkt des Ganzen ist ES. Die Su perintelligenz schickt uns Mutanten als Unterstützung, und das Stardust-Sys tem birgt offensichtlich eine Technik, wie wir sie nie kennengelernt haben.« Seine Schlitzaugen wurden ein wenig schmaler, als er Porfino und Parfina an sah. Eigentlich hieß er Gimbert dell’Baling, aber das hatte sich in den letzten Tagen schnell abgeschliffen, und es war ein simples »der Gelbling« daraus gewor den. »Für uns will das nichts heißen«, fuhr er fort. »Um die technische Seite küm
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mern sich Leute wie Whistler und Fur tok, um die mentale kümmern wir uns. Der Haluter koordiniert alles.« Porfino zog die Stirn kraus. »Hört sich verdammt gut an. Aber wie sieht es im Detail aus?« »Das ist Sache der Mutanten und Mausbiber.« Porfino widersprach. »In erster Linie ist es unsere Angelegenheit. Wir sind die Mutanten mit dem Potenzial. Nur wenn wir fehlerfrei arbeiten, werden wir Er folg haben.« Im Gesicht des Gelblings arbeitete es. Porfino hatte von der ersten Stunde an die unterschwellige Spannung gespürt, die sich zwischen ihm und diesem Mann aufgebaut hatte. Parfina war es nicht an ders ergangen. Woran es lag, konnten sie nicht sagen. Der Gelbling war als einer der Ersten nach Talanis gelangt. Porfino vermutete, dass er schon dort gewesen war, ehe VATROX-VAMU die Menschen unter drückte. Immer wieder gelangten Men schen an diesen Ort. »Grundlage für unseren Erfolg sind die Arbeitsgruppen, die wir bereits ge bildet haben«, sagte Porfino. »Für Tele pathen, für Teleporter, für Empathen, Zünder und andere Fähigkeiten. Die Empathen zum Beispiel können im Ernstfall die Telepathen mit ihrer men talen Kraft unterstützen. Der zweite Schritt ist, alle Neuankömmlinge rei bungslos in diese Gruppen zu integrie ren.« »Und der erste Schritt?« Da war etwas Lauerndes in der Stimme des Mannes. »Wie soll der deiner Ansicht nach aus sehen?« »Wir müssen die Insel absuchen. Nicht alle Ankömmlinge leitet der mentale Ruf sofort an den richtigen Ort. Und nicht alle finden die Statue des Vojariden und von dort hierher. Für diese Aufgabe brauchen wir sehr viele Leute und alle Fahrzeuge.« Sein Argument hatte vieles für sich.
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Sie mussten alle Kräfte bündeln, wenn sie eine Chance auf Erfolg haben woll ten. Der erste Fehlschlag war schlimm, einen zweiten konnten sie sich nicht leis ten. »Also machen wir uns auf den Weg«, entschied der Gelbling zu Porfinos Über raschung ohne Widerspruch. Sie verteilten sich auf die Gleiter, Schweber und Plattformen, mit denen sie nach Talanis gekommen waren. Nur ein Teil der Fahrzeuge trug Kennzeichen von Aveda; die anderen stammten von Zyx, Trondgarden und Katarakt, wo sich jeweils ein identischer Nebeldom befand. Aber egal, durch welche Nebelwand sie flogen, sie gelangten jedes Mal nach Talanis. Die Geschwister stiegen in den Gleiter, der sie hergebracht hatte. »Wir nehmen die Route über die Gegend, die wir von unseren Spaziergängen schon kennen«, entschied Porfino. »Wer weiß, vielleicht können wir uns dort noch ein wenig um sehen.« Das Fahrzeug stieg senkrecht nach oben und ging anschließend in Horizon talflug über. Rechterhand ragte der Zy linder in die Höhe. Immer mehr Funken sprühten aus ihm. Porfino starrte die Oberfläche eine Weile an, bis er schemen haft ein Gebilde sah. Es erinnerte an ein mittelalterliches Schloss, wie in Gucky und die Riesenmöhre. Das Bauwerk fas zinierte ihn nicht nur architektonisch, es stieß die Menschen auch mit der Nase darauf, dass ihre Existenz nicht erst im Stardust-System des Kugelhaufens Far Away begonnen hatte. Die meisten Aus wanderer von damals lebten zwar noch, aber es waren auch viele Kinder und in zwischen Enkelkinder geboren worden, die keinen unmittelbaren Bezug mehr zur alten Heimat hatten. Porfino und Parfina gehörten dazu. Seit den ersten Tagen der Besiedlung war die Gesamtbevölkerung von 804 Millionen auf inzwischen 1,3 Milliarden Individuen angewachsen.
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Nach mehr als hundert Jahren im Schutz des Sextadimschleiers sah sich die Stardust-Menschheit nun zum ersten Mal einer Gefahr von außen gegenüber. Eine Bewährungsprobe. Aus der Sitzreihe vor Porfino tauchte plötzlich ein pelziger Kopf auf. Unschul dig wirkende Knopfaugen blitzten ihn an. »Störe ich?«, fragte der Mausbiber. »Nein. Wo kommst du her?« »Von draußen.« »Du bist Teleporter?« »Nein, ich bin Ooch. Telekinet und Te lepathchen. Ich war schon vor euch im Gleiter.« * Ein Stück nördlich der Zeltstadt setzten sie sich auf einer großen Trans portscheibe zusammen. Im Halbkreis saßen sie vor dem Haluter. Whistler war als Vertreter der Regierung und aller Stardust-Menschen dabei, Huslik Val ting als neu gewählter Sprecher der Stardust-Mutanten und all jener Men schen, die seit der Besiedlung im Jahr 1346 NGZ von goldenen Funken getrof fen worden waren. Neben dem Archäo logen saßen seine Gefährten aus jüngster Zeit, Shanda Sarmotte und Rence Ebion. Als Vertreter der ES-Mutanten nahmen der Chef des ehemaligen Mutantenkorps John Marshall, der »Supermutant« Ri bald Corello und Guckys Ehefrau Iltu an der Besprechung teil. »Zunächst müssen wir ein paar Si cherheitsvorkehrungen treffen, damit Talanis und die Mutanten vor VATROX VAMU geschützt bleiben«, sagte der Ha luter. »Wir stationieren zwei unserer acht Silberkugeln hier. Sie dienen als Unter kunft und Zuflucht, falls das Geisteswe sen eine Möglichkeit findet, Talanis zu betreten. In der Silberkugel sind die Menschen besser vor physischem oder psychischem Zugriff geschützt.« »Bisher hat VATROX-VAMU keine
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Möglichkeit gefunden, nach Talanis zu gelangen«, entgegnete Whistler. »Gleiter mit Jaranoc mussten ebenso wieder um kehren wie die, in denen geistig versklav te Menschen saßen.« »VATROX-VAMU ist auf einer ver gleichbaren Ebene angesiedelt wie ES, daher müssen wir davon ausgehen, dass er früher oder später Mittel und Wege finden wird, zu uns zu gelangen«, wider sprach Tolot. »Es ist nur eine Frage der Zeit. Es geht auch nicht bloß um Talanis. Wir wissen viel zu wenig über die Schät ze, die in diesem Sonnensystem verbor gen sind. Findet der Feind Zugang zu einer Anlage ähnlich der in der Felsenna del, sinken unsere Chancen auf null.« »Zumindest was den Polyport-Hof an geht, kann ich euch beruhigen.« John Marshall strich sich eine dunkle Haar strähne aus der Stirn. »Er wurde von ES besonders abgesichert, sodass die Fre quenz-Monarchie keinen Zugriff darauf hat. Vergleichbares gilt auch für VATROX-VAMU. Sollte er einen Versuch wagen, wird er sich die geistigen Fühler verbrennen.« »Ihm stehen nicht nur mentale Kräfte, sondern auch die Schiffe der Jaranoc zur Verfügung«, erinnerte Whistler. »Deren Kampfkraft ist gewaltig.« Marshall nickte. »Mag sein. Aber wenn sie NEO-OLYMP angreifen, aktivieren sich die automatischen Schutzmechanis men des Polyport-Hofes. Und diesen sind die Jaranoc nicht gewachsen, das versi chere ich euch.« Icho Tolot benötigte kein Planhirn, um sofort den Wert dieser Information zu erkennen. »Wie lassen sich diese Vertei digungsanlagen am besten im Kampf gegen VATROX-VAMU einsetzen?« »Schutzmechanismen! Ich fürchte, du wirst nicht auf sie zählen können. Sie sind rein passive Defensiveinrichtungen und daher für einen Angriff wertlos«, sagte Iltu. Ribald Corello schloss kurz die über großen Augen. »So ist es. Ihr müsst vor
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allem anderen auf den Parablock aller psibegabten Bewohner des StardustSystems setzen.« »Vor allem anderen ...«, wiederholte Icho Tolot sinnend. Dann klopfte er ge gen den Behälter an seinem Gürtel. »Im Polyport-Hof wurden vor Längerem zwei Behälter mit Psi-Materie gefunden, al lerdings ohne zu wissen, was es war. Ei ner wurde damals versehentlich aktiviert und explodierte. Den anderen hat Tim ber in letzter Sekunde vor VATROX-VA MU in Sicherheit gebracht. Die Psi-Ma terie wird den Mutanten bei der Errich tung eines stabilen Parablocks eine wertvolle Hilfe sein.« »Gut«, sagte Corello und lächelte hin tergründig. »Auch die Howanetze innerhalb der Bahn des ersten und zweiten Planeten könnten eine Rolle spielen«, fügte Whist ler hinzu. »Sie erzeugen Hyperkristalle, deren Emissionen den Parablock eben falls verstärken könnten.« Bei den Howanetzen handelte es sich um wabernde Sphären aus einer Vielzahl ineinander verwundenen Netzstruktu ren, die zur überlichtschnellen, telepor terähnlichen Fortbewegung in der Lage waren. Sie waren eine Lebensform, die sich teils von Hyperstrahlung, teils von fester Materie ernährte und gewisserma ßen als Abfallprodukt Hyperkristalle hervorbrachte. »Sehr gut, aber vielleicht bereits zu spät. Auch VATROX-VAMU interessiert sich für die Howanetze«, sagte John Mar shall. »Das Geisteswesen will sich ver mutlich für die bevorstehende Auseinan dersetzung stärken.« »Oder verlorene Kräfte nach der Aus einandersetzung mit VATROX-DAAG wiedergewinnen«, spekulierte Tolot, der an die Worte Kardo Tarbas dachte. Dem zufolge war VATROX-VAMU vor dem Eindringen in das Stardust-System in einen Kampf gegen VATROX-DAAG verwickelt gewesen. Wie die beiden so ähnlich klingenden Namen zusammen
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hingen, hatte Tarba nicht gesagt oder nicht sagen können. Irgendwie klang es, als ob sich Geschwister stritten. Ge schwister, die vom Namen her irgendwie mit den Vatrox und damit auch der Fre quenz-Monarchie zusammenhingen. Da VATROX-VAMU diese angeblich suchte und möglicherweise eher zu ihren Fein den zählte, dachte der Haluter automa tisch an einen Ausgestoßenen oder Be trogenen. Ohne weitere Informationen blieb das jedoch alles Spekulation. »Wie lange dauert es, bis der Para block steht?«, erkundigte sich Tolot. Iltu, Marshall und Corello verständig ten sich mit einem kurzen Blick. Iltu übernahm es zu antworten. »Es lässt sich nicht auf Tag und Stunde ge nau sagen. Wir fangen mit dem Grup pentraining an. Problemfälle erhalten zunächst Einzelunterricht, bis sie eine gewisse geistige Fingerfertigkeit entwi ckelt haben. In den nächsten Tagen wer den weitere Mutanten dazukommen, die den Ruf hören. Über den Daumen gepeilt ein paar Wochen, würde ich sagen.« »So lange können wir also nicht direkt aktiv werden«, folgerte Whistler. »Es ist vielleicht auch besser so, wenn wir VATROX-VAMU in Sicherheit wiegen. Derzeit rechnet er am ehesten mit einer Wiederholung des Angriffs, würde ich meinen. Und ich möchte vermeiden, dass er die anderen Bewohner unserer Hei mat, Rokinger, Indochimi und StardustTerraner, gegen uns einsetzt oder gar so drangsaliert, dass wir schwach werden könnten.« Der Administrator dachte voller Grau en an die Möglichkeit, dass VATROX VAMU die von ihm Beherrschten als Gei seln einsetzen und mit deren Hinrichtung drohen könnte. So etwas durfte nicht ge schehen, weil es die freien Menschen in Zugzwang bringen würde. Und weil niemand von ihm die Ent scheidung erzwingen durfte, die dahin ter stand: Die Freiheit der einen durch den Tod der anderen zu erkaufen ...
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Tolot hob eine Hand. »Dann lasst uns in Sachen Parablock keine Zeit verlie ren. Ein alter terranischer Spruch lautet: Jede Minute ist kostbar. Diese Bespre chung ist beendet. – Whistleros, du kehrst nun am besten mit der Silberkugel in die Felsennadel zurück und bringst zwei Schiffe hierher.« Der Administrator machte sich auf den Weg. Tolot sah ihm nach, wie er in das Schiff schwebte. Augenblicke später verschwand die Silberkugel im Himmel über Talanis. Der Haluter begleitete Valting, Sar motte und Ebion zu der großen Schar der Mutanten, die sich um die kleine Zelt stadt versammelt hatten. Viele, die dem Ruf in ihrem Bewusstsein gefolgt waren, hatten Ausrüstung und Proviant mitge bracht. Sie verpflegten jetzt all jene, die spontan nach Talanis geflogen waren. In wenigen Stunden würden das die Silberkugeln übernehmen. »Ein Teil der Ersten Raumlandedivisi on wird euch unterstützen und für den Fall der Fälle hier stationiert«, versprach Tolot. »Falls die Jaranoc physisch an greifen.« Absolute Sicherheit vor VATROX-VA MU garantierte nicht einmal die Nebel kuppel. Der Hyperdim-Perforator hatte es beim Sextadimschleier gezeigt. Die Jaranoc hatten die Einzelteile in der Im materiellen Stadt Amethyst mitgebracht und diesen Weg genutzt, um ins Schleier innere vorzudringen. Danach hatten sie das Gerät zusammengebaut und damit den Sextadimschleier um das StardustSystem zum Erliegen gebracht. Er exis tierte zwar wieder, aber mittlerweile war VATROX-VAMU bereits im Innern des Schutzfeldes. Der Haluter richtete seinen Blick hin über zu der Säule aus goldenen Funken. Immer heftiger tobten die Kaskaden. Wahrscheinlich handelte es sich um eine Reaktion auf die zunehmende Zahl von Psipotenzialen, die sich an diesem Ort sammelten. Besonders die Ankunft der
Insel der goldenen Funken
ES-Mutanten schien die Säule anzure gen. Tolot entdeckte noch etwas. Die Inten sität der Funken ließ nach. Sie sprühten und schimmerten nicht mehr so intensiv wie zu Beginn. Es sah aus, als würde ih nen die Energie ausgehen oder als habe jemand das Licht im Innern der Säule gedämpft. Der Haluter richtete die Mess geräte seines Anzugs auf die Säule. Die Instrumente bestätigten, was er vermutet hatte: Die Säule veränderte sich, und möglicherweise traf das auch auf die Dinge zu, die sich in ihr befan den. Tolot kehrte zu Marshall, Iltu und den anderen zurück. Er fragte die Mutanten aus dem großen ES-Reservoir, was es zu bedeuten hatte. »Wir wissen es nicht«, antwortete John Marshall erst nach längerer Pause. »Es kann eine Reaktion auf die StardustMutanten sein oder auf VATROX-VAMU oder auf uns. Am wahrscheinlichsten ist, dass jede der drei Komponenten auf ihre Weise dazu beiträgt.« Iltu schnaubte und ähnelte für einen Augenblick ihrem Mann, wenn dieser im Begriff stand, etwas in den Augen ande rer ganz und gar Törichtes zu tun. Dann wurde sie wieder ruhig. »Wir sollten es herausfinden. Wenn es eine Wechselwir kung zu VATROX-VAMU gibt, sind wir in Gefahr. Aber achtet mal auf die Schmetterlinge. Heißt es nicht, Talanis sei einst die ›Insel der Schmetterlinge‹ gewesen?« Und tatsächlich: Sie sahen weitaus mehr Schmetterlinge als noch vor Stun den. Und sie flatterten heftiger und kräf tiger. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? * Whistlers Silberkugel flog in der Mitte der Formation, als sie zur Landung an
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setzte. Eritrea Kush steuerte die Silber kugel links von ihm, während rechts Miranda Fishbaugh als Pilotin flog. Die drei Silberkugeln brachten Soldaten der 1. und 2. Raumlandebrigade. Tolot traf sich mit den Piloten vor der goldenen Säule und ging gemeinsam mit ihnen die Abläufe der kommenden Tage durch. Unterkünfte und Verpflegung stellten die entsprechend angepassten Silberkugeln. Auch an Gelegenheiten zur Zerstreuung war gedacht worden: Um innerlich ausgeglichen zu bleiben, sollten die Parabegabten all das tun kön nen, was sie in ihrem Alltag sonst auch taten, etwa Sport treiben. Im unteren Teil der beiden Silberku geln entstanden innerhalb von kurzer Zeit entsprechende Räumlichkeiten; ein weiterer Beweis für die Spitzentechnolo gie der Oldtimer. »Die Vorbereitungen sind damit abge schlossen«, sagte der Haluter. »Der orga nisierte Widerstand gegen VATROX-VA MU beginnt in diesen Augenblicken.« An einen Sieg im Sinne einer Elimi nierung der mentalen Präsenz dachte niemand, dazu war sie vermutlich zu mächtig. Aber mit etwas Glück konnten sie VATROX-VAMU Ungelegenheiten bereiten und ihn zum Rückzug zwin gen. Der Sextadimschleier spielte dabei ebenso eine Rolle wie der Hyperdim-Per forator, der in einem Orbit um Aveda kreiste. Dort war er verständlicherweise allen Verantwortlichen ein Dorn im Au ge. Irgendwann musste das Ding weg. Tolot war vorerst zufrieden. Alles Wei tere würde sich aus dem alltäglichen Le ben auf der Insel ergeben. Je schneller sich die Mutanten zu einem stabilen Pa rablock zusammenfanden, desto früher erfolgte der Angriff auf VATROX-VA MU. Auf die ES-Mutanten wartete jede Menge Arbeit und die Vermittlung von Know-how. Die meisten Stardust-Mu tanten waren nur schwach parabegabt und hatten ihre Gabe erst bemerkt, als
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VATROX-VAMU ins Sonnensystem ge kommen war und es erste Echo-Effekte gegeben hatte. Im Wesentlichen waren sie Anfänger. Das hatte sich bei ihrem ersten überhas teten Versuch gezeigt. Auf dieser Basis ließ sich kein Kampf gegen ein derartiges Wesen führen. Der Haluter verabschiedete die beiden Pilotinnen der Silberkugeln und ging ein Stück gemeinsam mit Whistler. Der Abend nahte, die Sonne sank dem Hori zont entgegen, und der Palast der Vier Himmel wurde von immer mehr Schmet terlingen umtanzt. Zugleich verblasste ein beträchtlicher Teil des Goldfunken gestöbers, und die wechselnden Gebäu deformen im Innern gewannen immer mehr an Konturen. Die Eindrücke ver schiedener Bauwerke verschwanden, ei ne einzelne Form schälte sich aus dem Geflimmer, wurde nach und nach stabil. Die Konturen, bisher in ebenso heftiger Bewegung wie die tanzenden Funken, erstarrten. Das Äußere wirkte weitgehend metal lisch – insgesamt überwogen geschwun gene und krummlinige Formen einer de konstruktivistischen Bauweise, die ent fernt an eine geöffnete Blüte erinnerte, wie Whistler anmerkte. Tolot dachte eher an ein großes Schiff mit mehreren Rümp fen übereinander, die teilweise hochge klappt waren, und darüber aufgebausch te Segel. Insgesamt erreichte das Gebilde eine Ausdehnung von mehreren hundert Me tern Länge, Breite und Höhe. An einigen Stellen funkelten gläserne Elemente, es gab bizarre Türme, aber auch wuchtige Vorbauten aus einem hellbraunen sandsteinähnlichen Materi al mit winzigen Fenstern. Die metallverkleideten Elemente erin nerten an knospende Zweige und den Boden aufbrechende Wurzeln. Das nun »materialisierte«, von deutlich abge schwächten Goldfunken umsprühte Ge bäude war eine großformatige Skulptur,
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die organische, fließende Formen mit kühlen Materialien wie Metall und Glas verband, deren Strukturen jedoch gebro chen und gekerbt waren. Der Palast der Vier Himmel ... »Irgendwie erinnert er mich an die Im materiellen Städte auf Katarakt«, flüs terte Timber F. Whistler. »Ja«, sagte Tolot nur. Die beiden schwiegen eine Weile und nahmen den Anblick des Palasts in sich auf. Dann ergriff der Haluter wieder das Wort. »Ich fliege zur Felsennadel und bitte dich, Whistleros, hier die Koordination zu übernehmen.« Whistler nickte. »Kein Problem. Ich nehme an, du willst deinen Jaranoc-Ge treuen befragen?« »Ich nehme Betty Toufry, Ribald Co rello und Iltu mit. Sie können uns viel leicht auch in der Halle der 1000 Aufga ben weiterhelfen.« »Gute Idee. Aber am wichtigsten wird es sein, an weitere Informationen Kardo Tarbas heranzukommen. Von sich aus wird er nichts über sein Volk oder VATROX-VAMU preisgeben, das wir als Waffe benützen können.« In der vom Sextadimschleier ge schützten Felsennadel war Tarba dem Zugriff des Geisteswesens entzogen. Doch wie sah es außerhalb davon aus? Alles, was sie bisher über das Verhältnis von VATROX-VAMU zu den Jaranoc wussten, war eine Äußerung Tarbas: Wenn das Geisteswesen starb, starben die Jaranoc auch. Es deutete auf eine en ge mentale Bindung dieser Wesen zu VATROX-VAMU hin. »Wir dürfen ihn jedenfalls nicht aus der Felsennadel lassen«, sagte Tolot. »Sobald er ungeschützt der Präsenz von VATROX-VAMU ausgeliefert ist, müssen wir davon ausgehen, dass eine mentale Verbindung entsteht, durch die er auto matisch zum Verräter wird.« »Wir verlassen uns auf dich, Tolotos«, sagte Whistler und deutete hinüber auf
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den Zylinder mit den deutlich blasseren Funken. »Ich halte dich auf dem Lau fenden, was den Palast angeht.« 3. »Ich heiße Kitai Ishibashi und bin eu er Tutor oder Übungsleiter, wenn euch das besser gefällt.« »Porfino Claussen. Das ist meine Schwester Parfina Claussen. Wir sind aus Stardust City.« Die anderen der zwanzigköpfigen Gruppe stellten sich ebenfalls vor. Die Flüchtlinge von Trondgarden waren deutlich in der Überzahl. Die restlichen drei Männer und fünf Frauen kamen von Katarakt, Zyx und Aveda. Porfino fiel auf, dass Ishibashi bei je der neuen Namensnennung die Augen schloss. Er prägt sich den Namen dadurch bes ser ein, vermutete Porfino. Dabei könnte er es sich als Telepath deutlich leichter machen. Der junge Erwachsene aus der Pla teausiedlung von Stardust City zog dar aus Rückschlüsse auf den Ehrenkodex der Mutanten. Belauschte ein Telepath etwa nie die Gedanken anderer Men schen? Oder gab es Ausnahmen, etwa, wenn man vermutete, es sei Gefahr im Verzug? Oder wenn der Betroffene die Erlaubnis gab? Für Porfino gab es kaum etwas Vertraulicheres, als an der Gedan kenwelt eines anderen Menschen so in tim teilnehmen zu dürfen. Und er wusste, wovon er sprach, denn Porfino war selbst Telepath. Zumindest kam seine Begabung dem nahe, was er unter Telepathie verstand: Er konnte fremde Gedanken empfangen. Bisher hatte er es allerdings nicht geschafft, ei gene Gedanken verständlich an andere zu senden. Allerdings kannte er seine Gabe auch erst seit Kurzem: Als VATROX-VAMU Aveda erreicht und mit seinen Mentalimpulsen überzogen hatte,
war eine Art Rückkopplung entstanden und hatte sein telepathisches Talent ent hüllt. Zuerst war es furchtbar gewesen: Al les, was Porfino von anderen Menschen empfing, war düster, trüb, verhüllt. Er begriff irgendwann, dass dies auf VATROX-VAMU zurückzuführen war, der sie mit seiner mentalen Macht um hüllte und ihr Bewusstsein teilweise ab schaltete. Sie aßen, tranken und schlie fen, aber sie gingen keiner Arbeit mehr nach. Und sie machten sich über nichts mehr Gedanken, entwickelten keinerlei über die Deckung der Grundbedürfnisse hinausgehende Eigeninitiative. Zumindest funktionierten die positro nischen Systeme. Der Rechner CREST auf dem gleichnamigen Mond arbeitete im Overlay-Modus. Um das Vielfache an Robotern steuern und koordinieren zu können, delegierte CREST Programm teile an untergeordnete stationäre und mobile Maschinen auf den Planeten. VATROX-VAMU unternahm vorerst nichts dagegen. »Wir beginnen mit ein paar Tests«, er öffnete Ishibashi das Training. »Ich muss wissen, welche mentalen Potenziale in euch schlummern und wie wir diese op timal nutzen können. Auch in früheren Zeiten hat es keine andere Möglichkeit dazu gegeben. Unter Anleitung von Crest entdeckten viele Mutanten ihr Potenzial und lernten, es auszuschöpfen. Ich will versuchen, euch auf die gleiche Weise zu helfen wie der alte Arkonide uns.« Dass die Stardust-Menschen es allein nicht schaffen würden, hatte das Versa gen des spontanen Parablocks gezeigt. Die unkontrollierte geballte Kraft hatte VATROX-VAMU nicht gefährlich wer den können. Im Gegenteil, das Geistes wesen hatte brutal zurückgeschlagen. Die Zahl der Toten betrug aktuell 45, aber noch immer schwebten einige in einem kritischen Zustand. »Ich fange vorne links an«, fuhr der Mutant fort. »Keine Störungen, bitte.
Insel der goldenen Funken
Mischt euch nicht ein. Es kommt jeder dran.« Eine kleine Hand berührte Porfinos Seite. Er wandte sich um und blickte in das Gesicht eines Mausbibers, der ihm schelmisch zublinzelte. »Ooch ...« »Alles in Butter, Porfino. Wir haben sie verteilt.« Er meinte die rund 300 Männer und Frauen, einschließlich der Jugend lichen und ein paar Kindern, die sie im Einzugsgebiet der Gleiter aufgesammelt und zum Lager gebracht hatten. »Die Fahrzeuge sind schon wieder in der Luft und fliegen Patrouille entlang der Küs te.« Talanis hatte über 8000 Kilometer Küste. Stündlich kamen neue Flücht linge an, die für jede Orientierungshilfe dankbar waren. Aber es gab ja noch den Funkverkehr mit Dauerpeilsignalen und Daueransage. Ohne das hätten sie es nicht geschafft. Ob sie alle erreichten, blieb eine offene Frage – mitunter kam es zu sonderbaren Störungen. Fast wirkte es so, als befänden sich Abschnitte der Insel gar nicht richtig an Ort und Stelle. Ooch quetschte sich zwischen Porfino und Parfina, zog die Mundwinkel bis zu den Ohren und ließ seinen hochglanzpo lierten Nagezahn blitzen. »Bitte entspannt euch jetzt«, sagte Ishibashi. »Ich möchte beginnen.« Es dauerte eine Weile, bis Porfino an die Reihe kam. Er war schon halbwegs eingeschlafen, als er ein leises Zupfen in seinen Gedanken spürte. Er ließ sich noch mehr gehen als bisher, dachte an nichts und registrierte wie von Weitem das Vorhandensein fremder Gedanken. Ganz leicht nur waren sie da, kaum in Inhalten zu verstehen, ein Zupfen und Tasten eben. Irgendwann wurden sie schwächer und verschwanden. Porfino wartete eine Weile, ehe er vor sichtig die Augen öffnete. Alle Mitglieder der Gruppe verharrten in innerer Ver sunkenheit. Ishibashi saß mit unterge schlagenen Beinen da, den Körper leicht
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nach vorn gebeugt, den Kopf gesenkt, die Handflächen gegen die Stirn gelegt. Er wirkte wie das Original, dem der Teigige nacheiferte, ohne es je zu erreichen. Der Teigige ... Dalaimoc hatten sie ihn ge nannt, das war gewiss noch alberner als sein eigener Name, über den sich schon mancher lustig gemacht hatte. Irgendwann, die gelbe Sonne war ein deutliches Stück am Firmament empor geklettert, richtete sich der ES-Mutant auf. Ein Blick aus leuchtenden Augen traf Porfino. »Das war schon sehr gut«, sagte Ishi bashi. »Unabhängig von den begin nenden Übungen werden wir uns in un regelmäßigen Abständen und zu unter schiedlichen Tageszeiten treffen und den Test wiederholen.« Porfino verstand den Sinn dieses Vor gehens nicht ganz und stellte eine ent sprechende Frage. Kitai Ishibashi nickte. »Ich brauche von jedem ein 24-Stunden-Profil, und das möglichst über ein paar Tage. Eure mentale Leistungsfähigkeit schwankt ebenso wie die eures Körpers und ist an den sogenannten Biorhythmus gekop pelt. Trainierte Mutanten haben mit die sen naturbedingten Schwankungen we niger Probleme und können sie durch Konzentration ausgleichen. Bei euch ist es etwas anderes. Da fallen die Schwan kungen sehr deutlich aus. Für den Ernst fall kann das einen Abfall des gesamten Potenzials um dreißig oder mehr Prozent bedeuten. Unser Vorhaben kann also an einer falsch gewählten Stunde oder Ta geszeit scheitern.« »Wir sind inzwischen knapp über zweitausend«, mahnte Porfino. »Bis alles ausgewertet ist, dauert es Jahre.« »Die Silberkugeln unterstützen uns. Ihre integrierten Computersysteme zeichnen alle mentalen Vorgänge dieser Tests und der nachfolgenden Übungen auf. Die Resultate liegen ohne Zeitverzö gerung vor.« Porfino und die anderen schauten au
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tomatisch an der Zeltstadt vorbei zu den beiden 500-Meter-Kugeln. Schmetter linge flatterten dort in großer Zahl. Im mer mehr kamen herbei, taumelten an der chromartigen Oberfläche auf und nieder. Ihre Flügelschläge wurden schnell kraftvoller, als könnten sie an oder aus den beiden Schiffen neue Lebensenergie tanken. Die Silberoberfläche wurde allmählich von einem Gewimmel aus Gelb, Rot und Blau verschluckt, verbunden mit den Be wegungen der spiraligen Muster auf den Flügeloberseiten. »Eine halbe Stunde Zeit für Locke rungsübungen«, sagte Ishibashi. »Dann geht es weiter.« * »Lass die Augen geschlossen und kon zentrier dich auf den Stein, den ich jetzt vor dich hinlege!«, erklang die Stimme des Tutors schräg über ihm. »Denk nichts, sondern richte deine Sinne nur auf den Stein! Blinzle nicht! Es ist völlig egal, wie der Stein aussieht. Versuche den Stein als Stein an sich zu erfassen, nicht als Bild!« Porfino kam sich vor wie ein Blinder, der etwas über Farbe lernen sollte. Mit den Augen konnte er sie nicht wahrneh men, also musste er es mit seinen anderen Sinnen tun. Gehör, Tastsinn, diese Dinge waren ihm nicht erlaubt. Dafür hatte er eine bescheidene telepathische Fähigkeit. Inzwischen kannte er den Unterschied zwischen aktiver Telepathie und passiver Telepathie. Dieser Definition zufolge war er ein passiver Telepath, weil er Gedan ken anderer Menschen empfangen, ihnen aber keine eigenen Gedanken aktiv mit teilen konnte. Nachrichtenübermittlung gelang in seinem Fall also nur mittels eines anderen Telepathen, der seine Ge danken lesen und ihnen die Informati onen entnehmen konnte. Wie erfasse ich einen Stein, der nicht denkt?, überlegte Porfino.
Die Antwort, die er sich zusammen reimte, war verblüffend einfach: Natür lich dachte ein Stein nicht. Aber er emit tierte Strahlung. Telepathie und die an deren Mutantenkräfte waren ebenfalls Strahlung, aber im Bereich des Hyper spektrums und weit entfernt von der Strahlung eines Steins. Porfino musste also versuchen, mit sei ner Fähigkeit so etwas wie eine Resonanz zu erkennen, die sein Spektrum mit dem des Steins erzeugte. Ob eine Resonanz möglich war, würde er bald erfahren. Das Experiment – so wurde ihm klar – hatte nur Sinn, wenn der Stein tatsäch lich etwas emittierte, was ein schwacher Telepath erkennen konnte. »Ooch hatte damit keine Probleme«, sagte Ishibashi. In Porfinos Ohren klang es wie Hohn. Ooch war Telekinet und ein schwacher Telepath, er hatte sich selbst als Tele pathchen bezeichnet. Aber er war im merhin ein Telekinet! Jemand, der Dinge mit der Kraft seines Geistes packen und bewegen konnte. Porfino konzentrierte sich. Vor ihm lag der Stein, den Ishibashi geräuschlos ab gelegt hatte. Er konnte einen Meter ent fernt sein oder zwei. Auf jeden Fall war er vorhanden, auch wenn er ihn weder mit der Nase noch mit den Ohren wahr nahm. Einmal kurz blinzeln, das reizte ihn schon. Aber der Tutor erkannte den Gedanken selbstverständlich. »Ich halte ein Tuch zwischen dich und den Stein«, sagte Kitai Ishibashi. »Du wirst den Stein also nicht sehen können. Wenn du versuchst zu schummeln, hast du den Test nicht bestanden.« Porfino schottete sich ab, so gut es ging, und hörte auf, nach Geräuschen zu lauschen, die der Tutor verursachte. Ein Stein, egal wie groß. Er emittiert etwas. Das wird sich doch erkennen las sen! Nach einer Weile spürte er ein leichtes Brennen auf der Nase. Es stammte vom Sonnenlicht, nicht von dem Stein.
Insel der goldenen Funken
Die Wahrnehmung zeigte ihm, dass er sich immer noch nicht genug konzent rierte. Porfino versuchte gleichmäßiger zu at men. Es gelang ihm, seinen Pulsschlag zu verringern. Irgendwann spürte er nur noch das Innere des eigenen Körpers und die eigenen Gedanken. Stärker als zuvor konzentrierte er sich mit seiner Paragabe auf das, was sich in seinem Bewusstsein abspielte. Winzige goldene Lichtfunken schienen zu tanzen. Er bahnte sich einen Weg zwischen ihnen hindurch, immer auf der Suche nach einem Echo, einer win zigen Emission. Die Funken waren Echos dessen, was sich bei der Säule abspielte. Irgendwo zwischen dort und hier ... Porfino suchte und stellte bald fest, wie groß das Universum war, in dem er sich bewegte. Draußen in der realen Welt hätte er ein Stück Boden abgetastet, aber an dem Ort, an dem sein Geist sich be fand, blieb ihm nichts anderes übrig, als mehr oder weniger systematisch in alle Richtungen gleichzeitig zu suchen, wo bei der dreidimensionale Raum lediglich ein Hilfsmittel für seine Gedanken war, eine Krücke. Eine Resonanz, ein Echo – er würde wohl noch am nächsten Tag danach su chen und nichts finden. Sein Versuch hatte nichts mit seiner mentalen Kraft zu tun. Dazu gehörte allenfalls ein überent wickelter Sinn für Strahlung. Irgendwann beschloss Porfino, dass es Zeit war, das Experiment abzubrechen. Die Sonne stand inzwischen hoch im Ze nit. Die Strahlen brannten ihm senkrecht auf die Nase. Er löste sich aus seiner Konzentration und entspannte sich. Ein winziges mentales Echo zeigte ihm, dass Ishibashi seinen Platz verlassen hatte. Um ihn standen plötzlich mehrere Maus biber. »Ich nehme das Tuch jetzt weg«, hörte er den Tutor sagen. »Du kannst aufste hen.« Ich will aber nicht aufstehen. Die Worte lagen ihm auf der Zunge. Hastig
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schluckte er sie hinunter. Der Telepath verstand sie trotzdem. »Dann bleib sitzen.« »Ich finde nichts.« »Weil du immer noch nach dem Stein suchst. Du sollst nach dem Echo im Hy perspektrum Ausschau halten.« »Wie erkenne ich ein Echo im Hyper spektrum?« »Ich erkläre es dir. Öffne jetzt die Au gen.« Porfino tat, wie ihm geheißen. Er sah Ishibashi mit dem Tuch in der Hand. Die Mausbiber waren nicht da. Irritiert stand er auf. »Du suchst die Ilts?« Er nickte. »Sie waren gar nicht hier. Ich habe ih re Anwesenheit nur erdacht. Du hast mir geglaubt. Ich stehe übrigens noch an der selben Stelle wie zu Beginn des Experi ments.« »Das winzige Echo ...« »Eine Interferenz, kaum fassbar und dennoch vorhanden. Der Stein hat eine starke energetische Aufladung, sonst hätte es nicht funktioniert.« »Das winzige Echo war vom Stein?« »Ja.« »Unglaublich.« »Du hast dir falsche Vorstellungen von der Suche gemacht. Präge dir ein, was du in den wenigen Minuten alles wahrge nommen hast. Es hilft dir beim nächsten Mal.« * Stunden später tauchte ein Tragerobo ter auf, der den »Supermutanten« Ribald Corello beförderte. Er kam aus einer der mittleren Ebenen der Silberkugel und schwebte zu ihnen herüber. Porfino rief sich eilig ins Gedächtnis, was er über den Supermutanten erfahren hatte: Corello war der Sohn von Kitai Ishibashi und Gevoreny Tatstun. Er ent stammte einem Experiment, das von ver brecherischen Báalols und Aras durch
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geführt worden war. Noch im Mutterleib wurde der Embryo einer Blockade und später einem Offensivprogramm unter zogen, das ihn im Interesse seiner Schöp fer handeln ließ. Er reifte nur sehr lang sam heran, dafür bemaß sich seine Le benserwartung in Jahrhunderten, aber zu allem Überfluss erhielt er auch noch einen Zellaktivator, ein Gerät wie jene beiden, die angeblich im Stardust-Sys tem versteckt waren und auf neue Besit zer warteten. Er brach aus dem Offensiv programm aus und wandte sich gegen die Báalols, die er im Lauf der folgenden Jahrzehnte unterjochte. In einem Gerichtsverfahren wurde festgestellt, dass er für sein bisheriges Verhalten nicht verantwortlich gemacht werden konnte. Er wurde freigesprochen und gehörte von da an zu den Freunden der Menschheit. All das Wissen um die Tragik von Co rellos Existenz verblasste in diesen Au genblicken, als der Trageroboter die Gruppe erreichte und Porfino die Gestalt des Mutanten vor sich sah: diesen rie sigen Kopf auf dem winzigen Körper. Eine spezielle Halterung sicherte den Kopf. Der Trageroboter schwebte – durch pure Gedankenkraft gesteuert – einmal an der Doppelreihe der Mutanten ent lang, hielt dann vor Porfino an. »Wir beginnen«, klang ein dünnes Stimmchen aus einem Verstärker vor der Brust des Mutanten. »Du brauchst nicht nervös zu sein. Dies ist lediglich eine Übung.« »Ja, selbstverständlich«, beeilte Porfi no sich zu sagen. Etwas wie ein Lachen drang aus dem Verstärker. »Atme gleichmäßig, wie du es immer zu Beginn einer Übung tust. Ich warte so lange.« Erwischt! Porfino gestand sich ein, dass er ziemlich aufgeregt war. Er brauchte lange, bis sein Kreislauf sich endlich beruhigt hatte. Er vermied es, Corello direkt anzusehen. »Ich gebe dir zunächst Begriffe vor, die
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du erkennen sollst. Sag mir, wann du so weit bist.« Porfino schluckte zweimal, nickte und schloss die Augen. Ein Wort tauchte in seinem Bewusst sein auf, so schnell und präzise, dass er erschrak. »Birnbaum«, murmelte er. Das nächste Wort war Affengift. Es folgten die Begriffe Heptamer, Hirdo baan, Hayok-Archipel. »Gut so«, hörte er Corello murmeln. »Ich werde schneller.« »Solsystem – Dritte Macht – Kaiserin von Therm – Quiryleinen – Robotre gent ...« Porfino kam kaum mit. Er verhaspelte sich mit den Begriffen, verwechselte die Reihenfolge. Corello ließ alles gelten. »Du hast alle Begriffe richtig erkannt. Jetzt versuchen wir es mit Bildern.« Er sah plötzlich einen zu Eis erstarrten Wasserfall, in der Nähe eine gefrorene Stadt aus Metall. Das nächste Bild kannte er nur zu gut. Es war Stardust City, seine Welt, in der er groß geworden war. Etwas stimmte jedoch nicht, und er brauchte ei ne Weile, um es herauszufinden. »Die Felsennadel fehlt!« »Das Bild ist aktuell«, lautete die Ant wort aus dem winzigen Mund. In rascher Folge identifizierte er Far Away, das Sternbild Orion der heimatli chen Milchstraße, NEO-OLYMP, Aumark mit den Immateriellen Städten, einen Kegelstumpfraumer. Ganz zum Schluss präsentierte Corello ihm einen Gartenar beitsroboter mit einer winzigen grünen Gestalt darin. Vorremar Corma. »Corma wird von VATROX-VAMU be herrscht«, sagte Porfino. »Alles, was mit Kontakten auf Aveda zu tun hat, läuft über ihn. Er hat herumgebrüllt, dass das Geisteswesen ihn auserwählt hat.« »Ja, das entspricht den Tatsachen«, sagte Corello. »VATROX-VAMU hat ihn auserwählt. Als Informationsquelle, als Fortbewegungsmittel, als Anker – Kon zentrier dich wieder. Was ist das?«
Insel der goldenen Funken
»Ein Heißluftballon.« Wieder ging das Bilder- und Begriffe-Raten los. Diesmal schickte der Mutant ihm ganze Sätze, ließ ihn Videosequenzen erkennen und beschreiben. Ganz zum Schluss zeigte Corello ihm eine goldfarbene Hantel, die durch ein interstellares Inferno wirbelte, zwischen Gasmassen und HyperraumEruptionen versackte und wie durch ein Wunder am anderen Ende unbeschädigt herauskam. Porfino war sich nicht sicher, ob er richtig gesehen hatte. »Das Raumschiff ist die SOL«, sagte er. »Den Ort konnte ich nicht identifizie ren.« »Der Ort ist nicht so wichtig. Willst du das Testergebnis hören?« »Hm ...« »Du bist gut, aber du kannst und musst noch besser werden. Das ist wichtig, denn im Ernstfall kommt es auch auf die Geschwindigkeit an. Der Erfahrung und dem Potenzial von VATROX-VAMU kön nen wir nur Übung und Reaktionsschnel ligkeit entgegensetzen.« Der Trageroboter ruckte ein Stück zur Seite, und Porfino hörte den Supermu tanten sagen: »Du bist die Schwester. Man sieht es.« 4. Sein erster Weg führte Icho Tolot in die Halle der 1000 Aufgaben. Im Eilschritt stampfte er an den Reliefs entlang. Der Haluter suchte nach Kartuschen, die ei ne Veränderung anzeigten. Er fand kei ne, alles war so wie bisher. Dort, wo normalerweise der Tunnel nach draußen führte, zeigte die Wandung der Halle nach wie vor keinerlei Riss oder Umriss. Es war, als habe es diesen Tunnel nie gegeben. Tolot beendete seine Runde, dann kehrte er in die Mitte der Halle zurück und trat in den Antigravschacht. Das Feld trug ihn hinauf bis in die Etage des
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Kontrollzentrums, wo die drei Mutanten bereits auf ihn warteten. Im Kontrollraum selbst hielten sich drei Offiziere aus Furtoks Stab auf sowie Kardo Tarba, der an den Kontrollen ar beitete. Mit einem Blick erfasste Tolot, dass alles in Ordnung war. Der Jaranoc ver wendete Suchbegriffe und holte Infor mationen ein. Er war so vertieft in seine Arbeit, dass er die Ankunft des Haluters erst nach längerer Zeit bemerkte. »Ich sammle Informationen über die Immateriellen Städte«, sagte er anstelle einer Begrüßung. »Dabei bin ich auf ein paar erstaunliche Informationen gesto ßen.« Er rief ein Holo auf. In der abgebil deten Landmasse erkannte Tolot sofort den Aumark-Kontinent auf Katarakt, den Lotho Keraete als Verbotene Zone ausgewiesen hatte, als er Reginald Bull das Asyl der Menschheit in den Fernen Stätten erstmals zeigte. Im Norden war die Landmasse von der Ithortha-Halbin sel geprägt, die durch die Sarmun-Meer enge von der Lorthak-Halbinsel im Süd westen getrennt war. Der Süden wurde vom Oriel-Gebirge mit dem 10.855 Meter hohen Otaramo als höchstem Gipfel do miniert. Auf diesem Kontinent existierten die optischen Eindrücke der nunmehr nur noch vier Immateriellen Städte in ihrem jeweils charakteristischen Farbton: Bronze-Stadt, Meergrün-Stadt, MalvenStadt und Perlweiß-Stadt. Für Ortungsgeräte waren diese Städte nicht vorhanden. Sie emittierten keiner lei energetische Streustrahlung, und die Massetaster erfassten ebenfalls nichts. Vorhanden waren diese Städte einzig für das menschliche Auge und für Kame ras. Seit dem Start des Hyperdim-Perfora tors ins All war allerdings AmethystStadt verschwunden, vollständig und spurlos. Icho Tolot wartete gespannt, was der
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Jaranoc dazu sagen würde. Bisher gin gen seine Recherchen nicht über bereits Bekanntes hinaus. Im Holo-Globus erschien eine zweite Projektion, die JOKER über die erste legte. Tolots Augen leuchteten auf, als er die Tragweite der Darstellung erkannte. »Zunächst sind das Hallen wie alle an deren«, erläuterte der Jaranoc. »Beim zweiten Hinsehen und dem Abgleich der Maße fällt aber auf, dass sie völlig iden tisch mit der Halle sind, wie sie unter halb der Felsennadel zugänglich wurde. 8000 Meter im Durchmesser, 50 Meter in der Höhe. 8350 Maschinenblöcke unbe kannter Funktion. Unter jeder Immate riellen Stadt existiert eine solche Halle. Auch dort, wo sich Amethyst-Stadt be fand.« In Ausmaßen und Bestückung ent sprachen sie denen, die die Oldtimer im Singenden Berg von Impos, auf Hayok und Korphyria hinterlassen hatten. Tolots erster Gedanke war, dass sie diese Hallen vor dem Zugriff durch VATROX-VAMU schützen mussten. Ir gendwie. Der beste Schutz war derzeit aber vermutlich die Tatsache, dass nie mand etwas davon wusste. Niemand außer Kardo Tarba. »JOKER hat sich nicht dazu geäußert, wozu diese Hallen dienen. Brauchte man sie einst beim Bau der Städte oder wur den sie später als Kontrollanlagen ge schaffen?«, fragte der Jaranoc. »Wie dem auch sei, auch das ist noch nicht die Überraschung.« Er projizierte ein drittes Holo in die Darstellung. Erst schien sich nichts zu verändern. Dann sah Tolot, wie an zwei weiteren Positionen unter der Oberfläche Aumarks ebenfalls Hallen entstanden. Nun waren es nicht fünf, sondern sie ben Maschinenhallen. Der Jaranoc brauchte die Frage nicht einmal auszusprechen, die den Anwesen den auf den Lippen lag. »Dann gab es also sieben Städte«, fol gerte Tolot. »Sind die fehlenden densel
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ben Weg gegangen wie Amethyst? Wenn ja, wohin?« »JOKER hat die Frage nicht beant wortet oder konnte es nicht«, antwortete Tarba. »Gibt es tatsächlich zwei weitere Wandernde Städte? Und wenn sie wan dern, warum existiert von ihnen kein Abbild auf Katarakt? Die Farbzuord nung ist vorhanden, wie ihr seht.« Die Automaten ordneten den Farben eindeutige Klassifizierungen zu. Das eine war Ultramarinblau, das andere Rubin rot. Die Städte trugen folglich die Be zeichnungen Ultramarin-Stadt und Ru bin-Stadt. »In den Datenspeichern wird RubinStadt als die verschollene siebte Stadt bezeichnet«, fuhr Tarba fort. »Vor meinem Einsatz als Jar der Vierten JaraDivision habe ich gehört, dass Jaranoc Zugriffsversuche auf Wandernde Städte unternommen hatten. Gelungen ist er nur bei Amethyst, wie ihr selbst miter lebt habt.« Hinter dem Rücken des Jaranoc er hielt Icho Tolot mehrere Handzeichen von Betty Toufry und Iltu. Sie signali sierten ihm, dass der Jaranoc es ehrlich meinte und er unbeeinflusst war. Tarba vergrößerte die Darstellung der Koordinaten von Rubin-Stadt. Die ihr zugeordnete Halle befand sich im Innern des Otamaro. In rund 1200 Metern Höhe gab es ein etwa fünf Kilometer durch messendes Hochplateau, das sich am Fuß einer mehrere tausend Meter hohen, fast senkrechten Steilwand erstreckte. Pla teau und Steilwand erwiesen sich als be merkenswert glatt wie von einer künst lichen Bearbeitung. Am Fuß der Steilwand existierte hinter einer Schuttanhäufung ein von einer Ma terieprojektion gefüllter Zugangstunnel, der nach Osten wies. Genau wie der zur Felsennadel war er 27 Meter breit, 33 Me ter hoch, allerdings fast fünf Kilometer lang. Er endete in einer zylindrischen Ver teilerhalle, die ebenfalls den aus der Fel sennadel bekannten Maßen entsprach.
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Eine zehn Meter durchmessende Öff nung im Boden gestattete den Zugang zur Maschinenhalle. Eine Öffnung in der Decke dagegen führte zu einer weiteren kegelförmigen Halle mit einem Grund flächendurchmesser von 8000 Metern und einer Höhe von circa 1500 Metern. In das beinahe ehrfürchtige Schwei gen hinein sagte Betty Toufry: »Jetzt habt ihr im Stardust-System euren eige nen Singenden Berg samt Observatori um.« Der Detailzoom des Holos ließ keinen Zweifel an ihrer Aussage aufkommen. In ein paar hundert Metern Höhe schwebte die naturgetreue Projektion der Star dust-Galaxis. Sie umrundeten die Projektion, sahen sich alles ganz genau und aus der Nähe an. In die einsetzende Stille sagte der Ja ranoc: »Von weiteren Untersuchungen habe ich bewusst abgesehen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass sich hier vom Kontrollstand aus Detailhervorhebungen schalten und Querverbindungen zu ent sprechenden Kartuschen ziehen lassen.« »Ich bedanke mich bei dir«, sagte To lot. »Du leistest hervorragende Arbeit, mein Freund.« »Ich bin dein Vasall«, erwiderte der Jaranoc. Er schwieg einen Augenblick, als sei alles gesagt, dann fuhr er zöger lich fort: »Erlaube mir eine Bitte. Ich weiß, dass es für viele schwierig ist, mir zu vertrauen. Noch ist mein Wissen be züglich Talanis klein, und das ist gut so. Aber ich halte den Zeitpunkt für gekom men, klare Verhältnisse zu schaffen.« Etwas lag in der Stimme Tarbas, was den Haluter persönlich berührte. »Äußere deine Bitte«, sagte Tolot. »Sofern du als mein Herr zustimmst, will ich mich als dein Vasall einer Prü fung unterziehen.« »Wie willst du das tun?« »Schafft mich nach draußen. Setzt mich, wenn ihr es für nötig haltet, in Fes selfeldern dem Einfluss von VATROX VAMU aus.«
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»Das ist uns gefahrlos möglich«, sagte Tolot. »Aber für dich birgt es ein hohes Risiko.« »Ich bin bereit, dieses Risiko einzuge hen. Nur so kann ich meiner eigenen Eh re genügen und in Erfahrung bringen, ob mein früherer Herr mich endgültig aus seinem Dienst entlässt. Ist das nicht der Fall oder macht mich VATROX-VAMU zu seinem Sklaven, verfügt ihr über eure eigenen Methoden, um mich loszuwer den oder zu befreien.« Er warf einen bezeichnenden Blick auf die drei Mutanten, die sich unauffällig im Hintergrund hielten. Tolot verschränkte die beiden Arm paare vor der Brust und deutete eine Ver beugung an. »Wir werden darüber bera ten und dich dann unsere Entscheidung wissen lassen.« * Sie trafen sich in Silberkugel A. Das Schiff projizierte einen speziell abge schotteten Raum in der neun Meter durchmessenden Hohlblase. »Es ist gefährlich«, mahnte Tolot. »Für ihn oder für uns?«, fragte Iltu. »Wir gehen dabei kaum ein Risko ein. Wir bringen ihn mit einem der Schiffe vor die Stadt und schleusen ihn aus. Dann bleiben wir in der Nähe und war ten, was passiert.« »Wenn VATROX-VAMU ihn sofort er kennt und übernimmt, liefern wir ihm zu viele Informationen«, warnte Betty Tou fry. Der Haluter seufzte. »Wir müssen eben besser oder zumindest schneller sein. Es liegt an euch, mögliche Gefahrensituati onen rechtzeitig zu erkennen. Das Schiff wird in einem solchen Fall sofort reagie ren und Tarba in Sicherheit bringen.« Betty Toufry runzelte ärgerlich die Stirn. Sie hatte in ihrem Leben bereits viele gefährliche und einige mit Sicher heit waghalsige Aktionen durchgeführt, und ihr Gesichtsausdruck verriet, dass
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sie mit dem Verlauf des Gesprächs nicht glücklich war. »VATROX-VAMU wird blitzschnell zuschlagen, wenn er es tut. Dagegen sind auch wir machtlos.« »Er ist mein Vasall. Ich will ihn nicht in Gefahr bringen«, sagte der Haluter. »Aber ich verstehe, dass es notwendig ist, Risiken einzugehen. Daher schlage ich vor, dass wir den Versuch direkt außer halb des Sextadimschleiers der Felsen nadel durchführen. Dessen Nähe verzö gert vielleicht das Vorgehen von VA TROX-VAMU und verschafft uns die Zeit, die wir brauchen.« »Ich glaube, mehr können wir nicht erhoffen«, sagte Iltu. »Ich halte mit der Silberkugel Mentalkontakt, und sobald wir Verdacht schöpfen, kann sie den Ja ranoc schnell ins Innere zurückholen.« »Bleibt nur noch, einen möglichst idealen Zeitpunkt zu finden. Ein biss chen Taktik kann nicht schaden. Wenn VATROX-VAMU zuvor ein kleines Er folgserlebnis hatte, ist er eher geneigt, den Jaranoc ziehen zu lassen.« Betty stampfte auf. »Kein von uns ge steuertes Erfolgserlebnis. VATROX-VA MU nimmt die räumliche und zeitliche Nähe von scheinbar unzusammenhän genden Dingen viel besser wahr als wir. Er würde sofort einen Zusammenhang erkennen, auch wenn er gar nicht beab sichtigt ist.« »Es gibt aber durchaus positive Dinge, die eine Entscheidung fördern können. Wenn in ein paar Tagen zum Beispiel die Zahl der Flüchtlinge nach Talanis zurück geht und schließlich ganz versiegt, nimmt das Geisteswesen diesen Vorgang als po sitiv in seinem Sinne wahr. Und wir haben damit nicht das Geringste zu tun.« »Drei, vier Tage«, sagte der Haluter. »Das wird reichen.« Sie holten den Jaranoc zu sich, und Tolot übermittelte ihm ihre Zustimmung zu seiner Bitte. »Bis es so weit ist, musst du dich in diesem Raum aufhalten. Das Schiff sorgt dafür, dass es dir an nichts fehlt.«
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»Die Mutanten werden über mich wa chen.« »So ist es.« »Damit bin ich einverstanden. Ich hät te es auch nicht anders entschieden.« * Icho Tolot kehrte in den Kommando stand hoch oben in der Felsennadel zu rück. JOKER wusste Interessantes zu be richten. Zum einen hatte am HyperdimPerforator hoch über Aveda ein Kegel stumpfschiff der Jaranoc angedockt. Möglicherweise stand der Abtransport der Maschine bevor. Oder sie luden Pro viant für das Bedienungspersonal um. Zum anderen hatte sich Vorremar Cor ma aus der Nähe der Felsennadel und in die Straßen der Stadt zurückgezogen. Ein bestimmtes Ziel ließ sich nicht er kennen. Tolot hielt es für möglich, dass der Si ganese seine Spur verwischen wollte. Wenn VATROX-VAMU seinen Körper beherrschte, würde er versuchen, nach Talanis zu gelangen. Die bisherigen Ver suche mit geistig versklavten Menschen waren ebenso gescheitert wie die mit Ja ranoc, aber wenn das Geisteswesen selbst auftauchte ... * Icho Tolot hatte in den nächsten drei Tagen keinen Kontakt zu seinem Vasal len. Aber er beobachtete ihn öfter, und er verfolgte die Kommunikation des Jara noc mit den Robotern und dem Schiff. Nichts war auffällig, und es hätte den Haluter auch gewundert. Kardo Tarba meinte es genauso ehrlich wie in all den Tagen, seit er sich zu seinem Vasall er klärt hatte. Nicht einmal auf Katarakt war er zu seinen Artgenossen zurückgekehrt, ob wohl er die Gelegenheit dazu gehabt hät te. Der Jaranoc war in der Tat ein Lebe
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wesen mit einem hohen Ehrgefühl. Sein Wort galt. Tarba hätte sich lieber selbst entleibt, als wortbrüchig zu werden. Am Morgen des vierten Tages setzte Tolot sich mit den drei Mutanten und mit Timber F. Whistler – inzwischen wieder in der Felsennadel – in Verbindung. Er teilte ihnen mit, dass er beginnen wolle. Gemeinsam mit dem Administrator schwebte der Haluter hinab in die Ma schinenhalle zu den neun Meter durch messenden Silberkugeln. Tolot instruierte die Kugel entspre chend. Silberkugel A verließ ihren Platz und raste durch den Antigravschacht bis hin auf in die Spitze der Felsennadel. Lang sam und bedächtig glitt die Kugel über das Plateau. An dessen südlichem Ende sank sie nach unten bis zu der Stelle, wo die hinter dem Sextadimschleier verbor gene Felsennadel aufragte. Der Jaranoc saß meditierend in seiner abgetrennten Enklave und wandte den Kopf, als Tolot für ihn sichtbar wurde. Der Haluter deutete zur Schiffswan dung. »Draußen ist ein Plateau mit einer Steilkante«, sagte er. »Das Schiff passt auf. Was immer VATROX-VAMU mit dir anstellt, du wirst nicht abstürzen.« »Ich danke dir!« Icho Tolot sah ihm zu, wie er die Hand flächen gegeneinanderlegte, die Stiefel parallel stellte und den Kopf leicht senkte, bis die Hörner waagrecht nach vorn zeigten. »Während der Jungen Tage der Allzeit wurde der erste Jaranoc geboren«, hörte der Haluter ihn flüstern. »Seine Haut war weich, der Kopf flach und unge schützt. Jeder konnte ihm ansehen, dass er ein kleines niedriges Wesen war. Die anderen Völker des Allraums lachten deshalb über den Jaranoc und trieben Späße mit ihm. Er wurde ihrer aller Knecht, niedriger als ein Tier. Sie ver spotteten und traten ihn. Sein Blut floss in den Staub und versickerte darin. Weil der Jaranoc sich duckte und
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den Kopf senkte in dem Bemühen, ihn zu schützen, entstand der Nacken schild ...« Und aus dieser eurer Erfahrung ent wickelte sich eure Ehre, dachte Tolot vol ler Achtung. Ihr seid ein hochstehendes Volk und viel zu schade, um jemandem wie VATROX-VAMU als Krieger und Kämpfer zu dienen. 5. Das Fremde in seinem Kopf war mäch tig. Und groß wie das Universum. Es war immer zugegen, mal weniger, mal mehr. Es sprach nicht zu ihm, obwohl es quasi in ihm wohnte. Anfangs hatte er es un deutlich wahrgenommen, wie einen Ne bel, in dem nichts zu erkennen war. Aber irgendwann hatte das Fremde beschlos sen, ihn als Anker zu benutzen. Seither existierte diese Schnur in sei nem Kopf, die seinen Körper und seine Gedanken lenkte, als seien es die Zügel eines Reiters. VATROX-VAMU! Vorremar Corma kannte den Namen wie seinen eigenen. Das Geisteswesen hatte sich in seinem Bewusstsein einge nistet und sich breitgemacht. Der win zige Rest seiner eigenen Persönlichkeit, der in diesem gewaltigen mentalen Raum existierte, brannte und loderte immer wieder auf. Aber meistens blieb er ein kleiner Funke, ständig darum bemüht, nicht endgültig zu erlöschen. Ab und zu blitzten kurz die Erkennt nisse des fremden Geistes in ihm auf, der das gesamte Stardust-System ausfüllte. Der Gedanke, für eine hohe Aufgabe ge braucht zu werden, erfüllte ihn mit Stolz. Endlich, nach langer Zeit ... Früher war er einmal Administrator von Stardust gewesen. Das war lange her. Vor ihm hatte Timber F. Whistler re giert, und ein paar Jahrzehnte nach ihm ebenfalls. Whistler war auch gegenwär tig Administrator – ein machtloser Re
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gierungschef. Er hatte dem fremden Geisteswesen nichts entgegenzusetzen. Er kannte nicht dessen Potenzial, sonst wäre er nicht davor geflohen. Dieses Potenzial verlieh Corma Macht und Einfluss ... irgendwann. Er kannte den Standort der Insel, er kannte das In nere der Felsennadel. Er wusste über al les Bescheid, wofür sich VATROX-VA MU interessierte. Vorremar Corma erkannte die Chance seines Lebens. Gleichzeitig aber erfüllte sie ihn mit Angst. Er zitterte angesichts der Tragweite dessen, was sich aus der aktuellen Situation entwickeln konnte. Die Menschheit in ihrer neuen Heimat hatte keine Zukunft mehr, sie war nach so kurzer Zeit an ihrem Ende ange langt. Konnte das sein? Durfte das sein? Was bezweckte VATROX-VAMU mit all dem? Der Druck auf sein Bewusstsein stieg heftig an wie immer, wenn er sich diese Frage stellte. Es geschah nicht schmerz haft, eher wie eine schützende Hand, die den Kopf eines Kindes nach unten drück te, damit es sich nicht an der Tischecke stieß. Cormas Bewusstsein schrumpfte zu einem winzigen Rest, der sich jämmer lich in seinem Winkel wand, bar jeder Chance, einen vernünftigen Gedanken zu fassen. Die Sinne allerdings funktio nierten. Er hörte und er sah. Ohnmächtig betrachtete er sich dabei, wie er den Ro boter von seinem Standort weg nach Sü den vor die Stadt steuerte. Mühsam for mulierte er eine Frage an das Geisteswe sen. Wohin gehen wir? Was willst du von mir, das ich tun soll? VATROX-VAMU hielt ihn keiner Ant wort für würdig, also tat Corma das, was er in solchen Situationen immer tat. Er verlegte sich aufs Beobachten. Ein stiller, geduldiger Beobachter war er, ein Ge dankenprotokollant des Geisteswesens, ohne dass dieses sich seiner Merkfähig keit bewusst war. Vielleicht hätte es ihn
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sonst noch mehr unterdrückt und ihm überhaupt keine Gedankenfreiheit mehr gelassen. In der Nähe des Gartenarbeitsroboters tauchten Menschen auf. Es kam selten vor in den letzten Tagen, dass sie sich im Freien blicken ließen. Ein Unterschied fiel Corma sofort auf. Kein Betreuungs roboter hielt sich in ihrer Nähe auf. Sie waren allein unterwegs. Sie torkelten auch nicht, sie zeigten nicht einmal Ori entierungsschwierigkeiten. Als sie ihn bemerkten, verschwanden sie in einem Hauseingang. Corma wollte ihnen nach, aber der zwanghafte Befehl in seinem Kopf dul dete keine Eigenmächtigkeiten. Er schwebte weiter in die vorgegebene Richtung, einem unbekannten Ziel ent gegen. Immer nach Süden. Wieso eigentlich Süden? Das einzig lohnenswerte Ziel lag im Osten. Wenn er dorthin sollte, brauchte er nur einen Gleiterparkplatz aufzusu chen und sich eine Maschine zu nehmen. Corma beugte sich über die Steuer konsole seines Roboters, der ihm als Fortbewegungsmittel in der Welt der Großen diente. Als Siganese brauchte er so eine Maschine, damit die Riesen ihn überhaupt wahrnahmen. Sonst lief er Gefahr, von ihnen zerquetscht oder zer trampelt zu werden. Ein schmerzhafter Gedanke erinnerte ihn daran, dass er genau deswegen durch Zufall ins Stardust-System verschlagen worden war. Man hatte ihn übersehen. Er war in einem Container vergessen wor den. Er hatte zum Transportpersonal ge hört. Wie er seine Kollegen zu Hause kannte, hatten sie hinterher Witze über ihn gerissen. Am Arbeitsplatz einge schlafen hatte dabei sicher zu den harm losesten Scherzen gehört. Lange war das schon her, verdammt lange. Gemessen an der Lebensspanne eines Siganesen allerdings doch eher eine kurze Zeit.
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Vorremar Corma lauschte auf das Raunen und Rauschen in seinem Innern. Anfangs war die Mentalstimme von VATROX-VAMU stark gewesen. Sie hat te die meisten Menschen in die Knie ge zwungen. Inzwischen beschränkte sich das Geisteswesen auf das notwendige Minimum. Es sparte Energie oder tankte neue Kräfte. Wie anders ließ es sich er klären, dass der Kontakt zu Corma oft mals nur lose existierte? Wenn er gewollt hätte, hätte er deutlich mehr Freiheit für sich in Anspruch nehmen können. So bald VATROX-VAMU es jedoch bemerkt hätte, wäre die Lektion sehr schmerzhaft für ihn geworden und die Unterdrückung noch schlimmer. Der Siganese konnte es nicht genau einschätzen, aber die »Pause« hing wohl mit dem Kampf zusammen, den das Geisteswesen sich mit VATROX-DAAG geliefert hatte, ehe es ins Stardust-Sys tem vorgedrungen war. Die Namensähnlichkeit hatte Corma schnell darauf gebracht, dass es zwi schen den beiden einen Zusammenhang gab. Zwei ungleiche Brüder – die Über legung erinnerte ihn an seine eigene Sip pe in der Heimat. Fast so schlimm wie eine Mehandorsippe war das mit Merryll und Sutton gewesen, ein ewiges Zähne fletschen und gegenseitiges Übertrump fenwollen. Sie hatten sich gegenseitig belauert und oftmals wochenlang nichts anderes getan, als auf den nächsten Feh ler des anderen zu warten. Auch bei VATROX-VAMU gewann Corma jetzt den Eindruck, als warte das Wesen auf einen Fehler des Gegners. Gleichzeitig schwang etwas in den Men talimpulsen mit, was wie Erleichterung klang. Ein Glück, dass der Sextadimschleier um das Stardust-System wieder existier te. Der Hyperdim-Perforator arbeitete zu verlässig – nach allem, was Corma wuss te. VATROX-VAMU setzte ihn nur nicht ein, weil er seine Ruhe haben wollte.
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Ruhe, die er dringend brauchte. Corma dachte intensiv an Regenerati on. Ein mentales Echo zeigte ihm an, dass in den Impulsen des Geisteswesens dieses Wort enthalten war. Ein zweites schien unmittelbar damit verknüpft und tauchte sofort danach in seinem Be wusstsein auf: Howanetze. Vorremar Corma wusste sofort, worum es VATROX-VAMU ging. Die von den Howanetzen ausgeschiedenen Hyper kristalle strahlten reichlich, und sie bil deten eine reichhaltig gedeckte Tafel. Corma ignorierte entsprechende Men talimpulse, die immer wieder zu ihm durchdrangen. Es war eine Sache, Hy perkristalle gewissermaßen als Exkre mente zu erzeugen, und eine völlig ande re, sie zu verspeisen. * Wieder griff die unsichtbare Hand des Geisteswesens nach seinem Bewusstsein und quetschte es auf Körnchengröße zu sammen. Corma verstand es als Warnung wie jedes Mal. VATROX-VAMU gab ihm zu verstehen, dass er nicht auf dumme Gedanken kommen sollte. Nichts lag ihm ferner. Er zog sich in die winzige Ecke zurück, die ihm blieb, ein kleines Flämmchen fast ohne Nah rung, vom nächstbesten Lufthauch zum Erlöschen verdammt. Vorremar Corma stellte fest, dass er von einem Augenblick zum nächsten über völlig neue Informationen verfügte. Der wahre verhasste Feind war die Fre quenz-Monarchie, an ihrer Spitze die »ewigen Gegner«: VATROX-DAAG und VATROX-CUUR. Von VATROX-CUUR hatte Corma bisher nichts gehört. Er klapperte die Informationen auf Hinwei se ab, stellte zudem Fragen. Bruchstückhaft drangen Schlagworte an die Oberfläche, mit denen er zunächst nichts anfangen konnte. Erst als er sie auf seine Weise zu interpretieren begann,
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fing er an zu verstehen. Sie deuteten et was an, was wie ein Eltern-Kind-Ver hältnis war, mit Auflehnung zu tun hatte und von einer Art »feindlicher Übernah me« handelte. Die Frage, in welcher Be ziehung die drei VATROX-Wesen zuein ander standen, blieb allerdings auch durch diese Interpretation unbeantwor tet. Eine Reihe eher vordergründiger Ein drücke prasselte auf Vorremar Corma herab. Das Polyport-System wurde von der Frequenz-Monarchie genutzt. Diese In formation war für die Menschen im Star dust-System nichts Neues. VATROX-VAMU war davon ausge gangen, dass »hier« weitere Hinweise auf die Frequenz-Monarchie zu finden wa ren. Corma vermutete, dass sich diese Information auf die ursprüngliche Kons tellation bezog, nämlich den vom Sexta dimschleier geschützten Kugelhaufen Far Away. Die Jaranoc sollten diesen von innen öffnen, doch das Hindernis ver schwand mit Rhodans Ankunft. Der Zu sammenbau des Hyperdim-Perforators hätte sich eigentlich erübrigt, wäre nicht der Schleier um das Stardust-System entstanden. Die Menschen waren selbst schuld daran, stellte Corma nicht ohne eine ge wisse Genugtuung fest. Noch besser: Perry Rhodan, der Terraner und Günst ling von ES, hatte den Schlamassel ver ursacht. Wenn ihr wüsstet, was ich euch alles zu sagen habe, dachte er in Richtung der Menschen, die er hinter ein paar Panora mascheiben sah. Er hätte es ihnen zuge schrien, aber seine Stimme versagte mit einem scheußlichen Krächzen. Ein löch riger Staubsauger klang ähnlich. Er war es nicht mehr gewohnt zu sprechen. Sein Hals rostete ein. Aber dafür gewann er so viele neue, wertvolle, interessante Informationen ... Er war Teil des Geisteswesens, er parti zipierte an dessen Denken und Handeln.
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Er litt unter dessen Enttäuschung über das Stardust-System, als habe es etwas wie eine Zentrale oder ein Hauptquartier des wahren Feindes erwartet und dafür etwas anderes, Gefährliches gefunden. Corma stutzte bei diesem Gedanken. Er wusste nichts davon, kannte sich aber in den Gedankengängen von VATROX VAMU schon ziemlich gut aus. In seinen Gedanken tauchte übergangslos ein neues Bild auf, das einen achtzackigen Stern zeigte. Corma identifizierte es sofort als den Polyport-Hof. VATROX-VAMU inspizierte das Ge bilde und zuckte so heftig zurück, dass ein Stich durch Cormas Gedanken jagte, schmerzhaft wie von einem heißen Mes ser. Er verstand etwas von einer starken Signatur, die nichts mit der des verhass ten Feindes, sondern eindeutig mit einer Superintelligenz zu tun hatte. Das Zeichen von ES! Für Corma war völlig klar, dass es sich nur darum han deln konnte. Und als VATROX-VAMU in einem weiteren Gedanken das Vorhan densein der Signatur für das gesamte Sonnensystem konstatierte, erfüllte es den Siganesen mit einer gewissen Befrie digung. Es zeigte, dass sie sich tatsäch lich unter dem Schutz ihrer heimischen Superintelligenz befanden. VATROX-VAMU spürte das deutlich. Er mochte eine starke geistige Wesenheit sein, aber keine Superintelligenz. Corma erhoffte sich so etwas wie Ach tung, sogar Ehrfurcht. Nichts derglei chen war zu spüren. Am liebsten hätte er VATROX-VAMU entgegengerufen, dass dieser sich vorsehen solle. Aber das Geisteswesen gab ihm keine Chance. Das Thema war erledigt, es wandte sich diffizileren Dingen zu. Mit allerhöchster Vorsicht schickte es seine Jaranoc zu den vier Nebelkuppeln auf den vier Planeten. Bei den Kuppeln han delte es sich um dimensionale Verwer fungen, um Bruchzonen von Raum und Zeit mit einem hohen Irregulärfaktor. Beachtliche hyperphysikalische Kräfte
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wirkten da, mit Überlappungen und – so die Theorie des Geisteswesens – mit Di rektverbindungen untereinander. Hätte nicht der parapsychische An griff stattgefunden, hätte VATROX-VA MU nicht gewusst, dass es dort Menschen gab. Alle, die er schon vorher aus ihm unbekannten Gründen nicht hatte wahr nehmen können, versammelten sich un ter den Kuppeln. Das Geisteswesen rätselte, wie sie sich seinem Einfluss entzogen. Vorremar Corma nahm alle seine Ener gie zusammen. Er holte tief Luft, kon zentrierte sich auf das eine Wort und wollte ein lautes »ES!« brüllen. Nur ein Säuseln, ein Hecheln einer missratenen Tonprobe kam ihm über die Lippen. Nur sprechen, wenn VATROX-VAMU es gestattete, nur denken, wenn VATROX VAMU nicht dachte – das war es wohl, was das Geisteswesen ihm begreiflich machen wollte. Er spürte Ehrgeiz in dem Raunen und Rauschen, Neugier, die im mer mehr angestachelt wurde, und dann schwenkte sein Roboter wie von Geister hand nach Osten, als habe er selbst mit seinen Fingern nichts dazu getan. Mehr über ES erfahren, über dessen Macht und Einfluss, die Superintelligenz mit ihren eigenen Waffen schlagen ... Corma lachte schallend in seinen Ge danken. Hybris war ein Klacks gegen das, wozu sich VATROX-VAMU erheben wollte. Ein Winzling im Vergleich zu ei ner Superintelligenz ... Oder vielleicht doch nicht? Cormas Erfahrungen besagten, dass diese körperlosen Wesenheiten nie etwas aus Zufall taten. Alles folgte höheren Be rechnungen und Evolutionsgesetzen, die den Völkern aus Körperwesen verborgen blieben. Wenn VATROX-VAMU sich in den Gedanken verstieg, sich mit ES mes sen zu wollen, kam es nur ihm als Kör perwesen wie Hybris vor. In Wahrheit steckte ein höherer Plan dahinter, das Befahren einer Straße, die er als Anker sklave nicht erkennen konnte.
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Ein uralter Spruch fiel ihm ein: Nur wer dienen kann, kann auch herrschen. Er als Sklave lernte nun die niederste Stufe des Knechtseins kennen. Und da nach? Vorremar Corma, Herrscher von Far Away oder einem galaxienumspan nenden Reich ... Das war Hybris, da kannte er sich aus. Aber bei VATROX-VAMU ... * VATROX-VAMU sah durch die Augen der Jaranoc. Und er, Vorremar Corma, hatte teil an diesem Sehen. Er wusste nicht einmal, ob das Geisteswesen ihn absichtlich miterleben ließ oder ob es sich um eine unbewusste Rückkopplung handelte. Der Siganese sah, wie sich Ke gelstumpfraumer hoch über Aveda ver sammelten und die Kommandanten sich darüber unterhielten, wie sie den Angriff in der planetaren Atmosphäre am güns tigsten fliegen sollten. Corma wusste sofort, dass es um den Nebeldom ging. Die Felsennadel bei Stardust City war gänzlich verschwun den. Ein Angriff auf das Nichts wäre dem Siganesen ebenso lächerlich erschienen wie dem Geisteswesen. Außerdem plante es nicht, eine ganze Stadt mitsamt ihren Einwohnern in Schutt und Asche zu le gen, nur um einem Phantom nachzuja gen. Der Nebeldom war greifbar, sichtbar. VATROX-VAMU konnte die hyperphysi kalische Verwerfung erkennen, wenn auch nicht messen. Mit genügend modu lierten Waffensystemen hoffte das Geis teswesen einen wie auch immer gearteten Effekt zu erzielen. Auch über den Nebeldomen auf Zyx, Trondgarden und Katarakt versammel ten sich Schiffe. Schlau war VATROX-VAMU, das musste Corma anerkennen. Die Pulks synchronisierten ihre Aktionen. Auf den Sekundenbruchteil begannen sie gleich
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zeitig zu schießen. Die Atmosphäre über den Nebeldomen erhitzte sich innerhalb kürzester Zeit. Wasser der Ozeane ver dampfte. Dicke Wolkenballungen hüllten die Nebelkuppeln zusätzlich ein. Corma erlebte mit, wie VATROX-VA MU nach einem Resultat gierte, nach ei ner Instabilität, einer winzigen Lücke. Aber sosehr die Schiffe auch modulier ten und probierten, einen tauglichen Ef fekt erzielten sie nicht. Das Raunen in Cormas Kopf verän derte sich schlagartig. Die Gedanken des Geisteswesens wechselten zum nächsten Versuch. Es schickte ein paar Gedanken an die Bedienungsmannschaft des Hy perdim-Perforators. Schon einmal hat ten sie mit diesem Gerät einen Erfolg erzielt. Der Gedanke, dass die Technik hinter den Nebeldomen der des Sexta dimschleiers ähnelte, war nicht einmal so abwegig. Irgendwo in diesem Sonnen system mussten die Maschinen stehen, die das alles erzeugten. Corma entdeckte winzige Zweifel in den mentalen Strömen, die durch sein Bewusstsein wanderten. VATROX-VA MU sah keine Chance mehr außer dieser einen. Aber das Gerät erreichte nur einen einzigen Dom, den auf Aveda. Für die anderen blieb der Beschuss aus den Waf fensystemen der Jaranoc-Schiffe. Die Synchronisation stellte auch dieses Mal kein Problem dar. Sie lief über das Geisteswesen selbst, mit dem alle Jara noc durch ein irgendwie geartetes Band verbunden waren. Corma spürte ein bisschen davon, aber er konnte nicht erkennen, was es genau war. Interpretationen misslangen, dazu war sein Bewusstsein in diesen Augen blicken des finalen Schlages zu sehr ein geengt. Einen Augenblick spürte er Tri umph, der jedoch schnell abstürzte und spurlos verschwand. Der Versuch war misslungen. Der Waf fenbeschuss sowie der gleichzeitige Ein satz des Hyperdim-Perforators erzeugten keine Wirkung außer der einen: Hoch in
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der Atmosphäre über den Nebeldomen wurde es übergangslos extrem heiß. In Sekundenschnelle entwickelten sich Stürme, die durch die Atmosphäre tob ten, Unwetter, Tornados. An der Basis der Nebeldome hingegen blieb es ruhig und mild. ES!, dachte Vorremar Corma in einem Anflug von Trotz. Das ist das Werk von ES! Wann kapierst du das endlich? Mit ein wenig Verzögerung nahm VATROX-VAMU seine Gedanken zur Kenntnis und sandte ihm eine Antwort nach eigenem Ermessen: Glühende Sti che jagten durch sein Bewusstsein und drohten es zu vernichten. Corma litt übergangslos wahnsinnige Schmerzen. Seine Gedanken trübten sich. Wäre er nicht nur ein winziger Rest gewesen, ein Schatten seiner Selbst, dann wäre er in diesen Augenblicken gestorben. So aber konzentrierte sich alles auf dieses win zige Potenzial. Der Siganese erlitt Höllenqualen. In diesem Zustand halber Besinnungslosig keit wurde ihm seltsamerweise klar, auf welcher Seite er eigentlich stehen sollte. Nicht Vasall VATROX-VAMU! Mensch! Bewohner der Fernen Stätten von ES! Töte mich!, flehte er, weil er die Qual nicht mehr aushielt. Quant für Quant schmolz sein Bewusstsein dahin, aber Quant für Quant drangen auch neue Empfindungen und Überlegungen des Geisteswesens auf ihn ein. VATROX-VAMU wollte ihn züchtigen, aber nicht töten. Er spielte in seinen Plä nen eine Rolle. Noch. Bald war er mehr besinnungslos als bei Sinnen. Der Schmerz raste in Wellen durch seinen Körper. Für wenige Sekun den begriff er es sogar. Du hast noch die sen Körper. Für Corma war es wie ein erfrischendes Bad. Keine Qualen mehr, keine Schmer zen, keinen inneren Zwiespalt. Erlösung! Sein letzter Gedanke enthielt so etwas wie Triumph – Triumph
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Vor wor t Werte Leserinnen und Leser, in wenigen Tagen beginnt für mich die Urlaubszeit. Noch einmal Schüler sein ... das wäre schön. Nicht wegen der sechs Wochen zum Wegfahren, sondern wegen der sechs Wochen zum Lesen. Wenn ich die Stapel anschaue, die bei mir ungelesen herum liegen ... Per aspera ad astra! Euer Hermann Ritter
Nachrichten Empfehlung des Monats Dieses Mal war es nicht schwer, eine Empfehlung zu küren, denn Die Sprechblase 218 bietet einen schönen Artikel über die Serien »Pabel Kriminal Roman« und »Die Fledermaus« unter dem Titel »Im Zeichen der FLEDERMAUS oder: Batman hat viele Ahnen«. Dazu kommt eine längere und mit Illustrationen ge krönte Darstellung der Comicreihe »Roland – Ritter Ungestüm« und – mein absolutes Highlight – ein Ar tikel über »Lurchi« vom im PERRY RHODAN-Fandom noch bekannten Werner Fleischer. Dazu natürlich alles über aktuelle Comics, Hintergrundberichte und sogar einige Comic-Beiträge – reich bebildert und schön zu lesen. Das Heft kostet 9,90 Euro, ein Abo über vier Ausgaben kostet 35,60 Euro. Um die Abos und die Herausgabe für Deutschland kümmert sich Oliver Manstein, Eduard-Grunow-Straße 12, 28203 Bremen (E-Mail
[email protected]); das Heft findet man im Internet unter www.die-neue-sprechblase.at. Online: Fantasy Die aktuellen Ausgaben Fantasia 284e und Fantasia 285e enthalten – wie die Vorgängernummer – die
Vierwöchentliche Beilage zur PERRY RHODAN-Serie. Ausgabe 448.
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»Fantastische Flüstertüte« von Alisha Bionda. Viel Ma terial, gerade die Interviews sind hochinteressant. Bei Fantasia 286e steht wieder »Fantastische Flüstertüte« drauf, enthalten sind aber nur Rezensionen, die mir eher der Feder Franz Schröpfs zu entstammen schei nen. Ein Geheimnis, das nicht so einfach zu lösen ist. Herausgeber ist der EDFC e.V., Postfach 1371, 94003 Passau (im Internet unter www.edfc.de zu finden). Online: Historien Weniger unter Fantasy, mehr unter »Gelebte Ge schichte« oder »Re-Enactment« läuft AFaktor 0/2010. Da gibt es Artikel über das bürgerliche Leben im 13. Jahrhundert, etwas über Legionäre und über die Herstellung von Rüstungen. Dazu ein paar Kurzrezen sionen – und fertig ist ein lebendiges Magazin, das primär den Ruhr-Raum beschreibt. Online ist eine (gekürzte) Version kostenfrei unter www.afaktor.de herunterzuladen. Online: Science Fiction In Capricornus 87 geht es mal wieder um MARK POW ERS, dieses Mal Heft 24. Sehr interessant finde ich die Ausführungen über das (vergessene) SF-Magazin Planet. Erstaunlich, wer da alles veröffentlicht hat. Herunterladen kann man das Heft unter http://sf books.here.de. Den Herausgeber erreicht man per E-Mail unter
[email protected]. Abenteuer & Phantastik Die beiden Hauptthemen von Abenteuer & Phantastik 77 sind Serienmörder und das »Das schwarze Auge« Fanprojekt »Leuenklinge«. Diese Umsetzung des deutschen Fantasy-Rollenspiels scheint mir sehr ge lungen; Robert Vogel wirkt als Magier sehr glücklich in seiner Rolle, wenn man den Fotos trauen darf. Man darf auf die Umsetzung gespannt sein. Ein schönes Heft! Das Heft kostet 4,50 Euro. Herausgeber ist der Aben teuer Medien Verlag, Jaffestraße 6, 21109 Hamburg (im Internet unter www.abenteuermedien.de). ACD Der Atlan Club Deutschland (kurz ACD) beschäftigt
sich in intravenös 194 mit Nabelschau. Es geht um Mitglieder, die den Verein verlassen haben, und um die Vorstandswahlen. Dafür gibt es eine sehr lustige »Deutschstunde« von Rüdiger Schäfer. Der beilie gende Progress Report Nr. 3 für den ACD-Con 2010 ist mir ein wenig zu viel Nabelschau, aber einige lus tige Jugendbilder von Klaus N. Frick lockern das Gan ze auf. Kontaktadresse: Rüdiger Schäfer, Kolberger Str. 96, 51381 Leverkusen (E-Mail kontakter@atlan-club deutschland.de). Basis Basis 42 hat nun eine Nummer erreicht, die bekannt lich die Antworten auf alles enthält. Leider kann ich immer noch kein Wort Französisch, daher bleibt mir nur das reine Raten, was da drin ist; auf jeden Fall ein Interview mit Rainer Castor (Teil 1 und 2), ein Interview mit Hubert Haensel, eines mit Marc A. Herren, Rezen sionen und Conberichte. Herausgeber sind Jean-Michael Archaimbault und Claude Lamy, ihre E-Mail ist association.basis@ wanadoo.fr. Ein Preis ist nicht angegeben. Blätter für Volksliteratur Mit immer wieder schönen farbigen Covern und inter essanten Artikeln präsentieren sich die aktuellen Blät ter für Volksliteratur 3/2010. Zu den Artikeln über (dieses Mal mir meist unbekannte) Heftserien und einen längeren Artikel über den zu Unrecht in Verges senheit geratenen Science-Fiction-Schriftsteller Ro bert Kraft findet sich leider eine Würdigung eines Buches über »Reichsflugscheiben«, das ich aus inhalt lichen Gründen lieber ignoriert sehen würde. Trotzdem: Wieder einmal ein schönes Heft. Herausgeber ist der Verein für Freunde der Volks literatur, der »Obmann und Hauptschriftleiter« ist Dr. Peter Soukup, Mengergasse 51, A-1210 Wien (per E-Mail
[email protected]; der Verein findet sich im Internet unter www.volksliteratur.at). Dodgem Logic Als Alan Moore’s Dodgem Logic 4 preist sich dieses englischsprachige Magazin an, das einen längeren Artikel über Science Fiction namens »Frankenstein’s
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Cadillac« von Alan Moore präsentiert. Alan Moore dürfte durch die Arbeit an Comics wie »V for Vendetta« oder »Watchmen« bekannt sein; seine Ausführungen über Science Fiction und ihre Geschichte sind sehr lesenswert. Das Heft kostet 3,50 Pfund und ist (lustigerweise) »for adults only«. Näheres (auch Bezugsbedingungen für den Kontinent) unter www.dodgemlogic.com. Exodus Seit 2007 und dem Neustart unterhält das Fanzine Exodus seine Leser. Exodus 22 erschien im Dezember 2007 und ist seit Langem vergriffen. Jetzt aber wird es in einer Neuauflage noch einmal veröffentlicht – aber dieses Mal in Farbe. Das Heft enthält Kurzgeschichten und Grafiken, alle von hohem Niveau und absolut empfehlenswert. Die 72 Seiten im A4-Format kosten im Inland 9,90 Euro. Weitere Informationen findet man unter www.exodusmagazin.de. Herausgeber ist René Moreau, Schillingsstr. 259, D-52355 Düren (E-Mail
[email protected]). Fandom Observer Ohne Höhepunkte, aber sehr unterhaltsam ist fandom observer 253. Für den PERRY RHODAN-Leser ist in teressant, dass der fandom observer regelmäßig die Taschenhefte, die Silberbände und einzelne Roman hefte bespricht. Herausgeber ist Martin Kempf, Märkerstraße 27, 63755 Alzenau (im Internet findet sich das Heft unter www.fandomobserver.de). Fanzine Kurier Manchmal beneide ich Herausgeber Armin Möhle dar um, dass er in seinen Fanzine-Rezensionen für Hefte wie den Fanzine-Kurier 147 länger auf die zu bespre chenden Fanzines eingehen kann – aber natürlich erreicht er eine andere Zielgruppe als ich mit den Club nachrichten, und er wählt jene Fanzines und Magazine aus, die ihm selbst gut gefallen. Das Heft enthält wieder wohlgefällige Rezensionen. Wie immer. Herausgeber ist Armin Möhle, Eibenweg 18, 49134 Wallenhorst (E-Mail
[email protected]). Ein Abonne ment von sechs Heften kostet unschlagbare 3 Euro.
Flieger Geschickt versteckt Herausgeber Dieter Steinseifer sein Jubiläum in der Titelzeile – der Flieger 60 ist sein 300. Fanzine. Respekt, Herr Steinseifer, Respekt! Un ter den Leserbriefen verbirgt sich einer, der eine Re aktion auf die Erwähnung in den Clubnachrichten ist. Also hat Werbung hier manchmal doch Erfolg. Das Ganze ist Dieters Teil der Science-Fiction-Ama teurpressegruppe FAN. Nett zu lesen, besonders wenn man einige der beteiligten Alt-Fans kennt ... Das Heft ist kostenlos. Gegen eine Anfrage bei Dieter Steinseifer, Dr.-Geiger-Straße 1, 83022 Rosen heim erhält man ein Probeheft. games orbit Natürlich haben es kommerzielle Magazine schwer, in einem Markt zu konkurrieren, der von kostenlosen Internet-Angeboten und Gratis-Magazinen über schwemmt zu sein scheint. Es ist aber wirklich schwer, wenn die Konkurrenz Hefte wie games orbit 21 sind. Nette Rezensionen, ein Interview mit Markus Heitz, ein paar Conberichte – das ganze Ding ist optisch schön gemacht mit vielen Reproduktionen von Covern. Da kann man wirklich wenig gegen sagen. Das Heft wird gratis in Spieleläden abgegeben. Nähe res findet man im Internet unter www.gamesorbit. de. Herausgeber ist die Leuchtameisen Kommuni kations-Kooperative, Heilbronner Straße 7, 70174 Stuttgart. phantastisch! Zu sagen, dass Klaus Bollhöfener ein gutes Magazin macht, wäre untertrieben. Mit phantastisch! 39 prä sentiert er wieder die Stärken des Heftes. Johannes Rüster berichtet unterhaltsam mit »Der Soundtrack meines Lebens« von der Musik zu GenreFilmen (und spricht mir damit völlig aus dem Herzen), Horst Illmer testet im Selbstversuch vier Schwarten an der Grenze zwischen Science Fiction und »Hochlitera tur«, Christian Endres interviewt den Autoren Steven Savile, Carsten Kuhr den Autoren Michael Peinkofer und Achim Schnurrer stellt Voltaire als Phantastik-Au toren vor. Dazu kommen Rezensionen und Berichte aus der Szene. Sehr schön!
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Herausgeber ist der Verlag Achim Havemann, Har lingen 119, 29456 Hitzacker (im Internet findet man das Heft unter www.phantastisch.net). Ein Heft kostet 5,75 Euro, vier Hefte im Abo kosten 19,80 Eu ro. Sherlock Holmes Das Sherlock Holmes Magazin 4 ist – wie seine drei Vorgänger – ein ausgesprochen schön gemachtes Heft. Farbiges Cover, nett geschriebene Artikel. Es gibt etwas über den neuen Holmes-Film, eine Bespre chung zu dem Klassiker »Der Mann, der Sherlock Holmes war« (mit Hans Albers und Heinz Rühmann), Kurzgeschichten, etwas über den Hang des HolmesAutoren Arthur Conan Doyle zum Spiritismus und seine Bekanntschaft zu Harry Houdini. Dazu kommt ein Interview mit Christian Endres und eine Bespre chung seines Buches »Sherlock Holmes und das Uhr werk des Todes«. Sehr schön! Das Magazin kostet 3,90 Euro. Herausgeber ist J. A. Klingsöhr, Nelkenstraße 20, 30167 Hannover. Wer Näheres erfahren will, sucht im Internet unter www. sherlock-holmes-magazin.de. SOL Mit der SOL 59 präsentiert die PERRY RHODAN FanZentrale e.V. ihr aktuelles Heft. Man findet unter an derem ein Interview mit dem Autor und Maler Brom, einen großartigen Artikel über »SF-Werbung aus der
Vergangenheit« (wobei ich die Tiere vermisse, die man nur in Wasser schütten musste ... »Sea Monkeys«, wenn ich mich recht entsinne), es gibt Fotos von der Buchmesse 2010, eine Story von Götz Roderer, den dritten Teil der Serie über »Die Flieger des Johnny Bruck« (eine Wahnsinnsarbeit, was da an Vorlagen herausgekommen ist – wow!) und einen etwas eigen artigen Artikel »Zur Phylogenese der Lemurer«, der weder Fisch noch Fleisch, will sagen weder PERRY RHODAN noch richtig Wissenschaft ist. Ein reich ge füllter Korb, wie man erkennen kann – dazu kommen Meldungen zu PERRY RHODAN und Rezensionen. Der Bezug der SOL ist im Mitgliedsbeitrag der PRFZ von 24 Euro pro Jahr enthalten. Kontakt erhält man über die PERRY RHODAN FanZentrale e.V., Post fach 2352, 76413 Rastatt (im Internet unter www. prfz.de). Zunftblatt Immer professioneller wird Zunftblatt 2/2010. Eines der Hauptthemen dieses Heftes sind »Märchen und ihre Geschichte« (gerade mal wieder aktuell, wenn ich mir die Fanzines so anschaue); sehr gut gefallen hat mir das Interview mit dem Zeichner Brom (»Peter Pan für Erwachsene« betitelt), der Rest sind Rezensionen und gefällige Artikel. Schön gemacht, weiter so! Das Heft kostet 3,50 Euro. Herausgeber ist die Zunft der Lahnsteiner Rollenspieler e.V., Redakteur ist Leander Linnhoff, Bergstraße 35, 56077 Koblenz (E-Mail
[email protected]).
Impressum Die PERRY RHODAN-Clubnachrichten erscheinen alle vier Wochen als Beilage zur PERRY RHODAN-Serie in der 1. Auflage. Anschrift der Redaktion: PERRY RHODAN-Clubnachrichten, Pabel-Moewig Verlag GmbH, Postfach 2352, 76413 Rastatt. Bei allen Beiträgen und Leserzu schriften behält sich die Redaktion das Recht auf Bearbeitung und gegebenenfalls auch Kürzung vor; es besteht kein Anspruch auf Veröffent lichung. Für unverlangte Einsendungen wird keine Gewähr übernommen.
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auf seine Weise. Ein kleines Wesen mit einem großen Sieg am Schluss. Ein Sieg über das Geisteswesen aus der Ferne, über diesen Eindringling ... Etwas fing ihn auf. Der erlöschende Funke seines Bewusstseins erhielt neue Nahrung. VATROX-VAMU, in diesem Augenblick für ihn die personifizierte Bosheit, entfachte den Funken aufs Neue. Er durfte nicht sterben, er wurde ge braucht. Jetzt und hier! Quäl mich nicht länger! Sein Gedanke verhallte ungehört. Seine Ängste und Nö te blieben. Cormas Gedanken bebten vor Wut. Das Geisteswesen beendete die An griffe auf die Nebeldome. Auf diese Wei se gab es kein Durchkommen. VATROX VAMU stieß an seine Grenzen, und Vor remar Corma triumphierte dieses Mal nicht nur einen Augenblick lang. Dies war seine Stunde. Dies war seine Zeit. Das Geisteswesen musste ihn am Le ben lassen, es war auf ihn angewiesen. Ohne ihn ging es nicht. Er war schon auf Talanis gewesen. Er würde eine Mög lichkeit finden, die Nebelzone zu durch stoßen. VATROX-VAMU zögerte. Corma wuss te nicht, was ihn dazu veranlasste. Sei nem Gehirn entnahm er die Informati onen, die er benötigte. Er wusste auch um die von den Medien verbreiteten Infor mationen, dass es auf Talanis eine Mög lichkeit gab, die Heimat von ES aufzusu chen. Corma war überzeugt, dass das Geisteswesen viel mehr mit dieser Infor mation anfangen konnte als er. Der Siganese wünschte VATROX-VA MU zur Hölle. Dieses Wesen würde sich wohl nie entscheiden können. Oder es agierte immer bis zuletzt nach der Prä misse, sich möglichst viele Optionen of fenzuhalten. Den Kampf gegen ES? Beabsichtigte VATROX-VAMU, sich die Fernen Stätten unter den Nagel zu reißen? Daran hatten sich bestimmt schon andere die Finger verbrannt.
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Sei kein Narr! Sei ein Geistesblitz! Und er würde der Statthalter sein oder der Hofnarr. Auf jeden Fall dieses win zige Wesen im Dunstkreis von VATROX VAMU. Das mickrige Fünkchen erhielt Signale von seinem Körper. Die Haut meldete zu nehmende Feuchtigkeit. Corma versank in völlige Apathie und sammelte Kräfte. Nach einer Weile riss er die Augen auf, schaffte es für einen Sekundenbruchteil, die Umgebung in sich aufzunehmen, ehe er wieder in die Dunkelheit des Verges sens sank. Smaragdfarbenes Wasser. Das Meer! Der Roboter schwebte über dem Meer nach Osten. Dafür gab es nur eine Erklärung. Sie waren unterwegs nach Talanis. VATROX-VAMU hörte endlich auf ihn. 6. »Ich glaube, wir schaffen das nicht.« Huslik Valting zuckte die Achseln. John Marshall, der ihre Gruppe an diesem Morgen betreute, wühlte mit den Fingern im dunklen Haar. »Ich sehe durchaus euer Problem«, sagte er. »Aber es wird in ein paar Tagen keines mehr sein.« »Wir haben den Tod gespürt, näher als jeder Mensch, der eines natürlichen Todes stirbt. Wir haben in den Schlund der Höl le geschaut. Und wir sind ihm durch Zu fall entwischt. 45 unserer Freunde hatten nicht das Glück.« »Ein Team aus über dreihundert Ro botern betreut euch. Glaub mir, ihr be kommt das in den Griff.« »Fast ein Viertel aller Betroffenen ist heute nicht zu den Übungen erschie nen.« »Ich weiß, Huslik. Es ist nicht schlimm. Viel schlimmer wäre, wenn dem Para block tausend Männer und Frauen fehlen würden. Das wäre das Aus für die Men
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schen im Stardust-System. Und mögli cherweise auch das Aus für ... ES.« Inzwischen machten Gerüchte die Runde, dass ES in großen Schwierig keiten steckte und die Hilfe der Mensch heit brauchte. Es gab keinen einzigen Menschen auf Talanis, der der Superin telligenz diese Hilfe verweigert hätte. Doch zunächst mussten sie dazu in der Lage sein. Die beste Unterstützung konnten sie ihr geben, indem sie VATROX-VAMU aus dem Stardust-System vertrieben. Valting schüttelte den Kopf, in dem es nachhaltig brummte. »John, mein Pro blem ist, ich werde diese Nebengeräusche nicht mehr los.« Ein paar Stunden nach der Ankunft der ES-Mutanten waren sie plötzlich aufgetaucht. Kein Tinnitus im Ohr, kein Pfeifen in der Nase, nein, ein perma nentes Brummgeräusch im Kopf, wie man es von alten Lautsprecherboxen in Museen her kannte. Und dann sagte ihm der behandelnde Medo, dass dieses Ge räusch eigentlich gar nicht vorhanden war und er es sich nur einbildete. Ein Nachhall des mentalen Schocks sozusa gen, aufgeschaukelte Hyperfrequenzen mit einer Interferenz bis ins menschliche Nervensystem. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie ich mich fühle.« »Ich schicke dich zu Son Okura. Er ist Frequenzseher und nimmt Strahlung wahr, die weit außerhalb des mensch lichen Wahrnehmungsvermögens liegt. Vielleicht ist er in der Lage, die Art der Vibrationen zu erkennen oder deren Quelle ausfindig zu machen.« »Du meinst, sie stammen nicht von mir selbst?« »Sie stammen von VATROX-VAMU. Die Frage ist, welcher Natur sie sind. Hat das Geisteswesen einen posthypnotischen Befehl implementiert? Das würde dann tatsächlich bedeuten, dass ihr nicht für den Parablock infrage kommt.« Valting sah dem Telepathen zu, wie er
Arndt Ellmer
eine chromblitzende Kom-Kugel aus sei ner Jacke fischte und mit dem Schiff kommunizierte. Am anderen Ende mel dete sich Son Okura und trug ihm seine Gedanken vor. Die Silberkugel machte es möglich, dass der Mutant eine halbe Minute später vor ihm stand. Okura war schmächtig und trug eine schmalrandige, anachro nistische Brille. Valting grub in seiner Erinnerung und wurde fündig. Okura brauchte die Brille für den normalen Sichtbereich eines Menschen. Der Mutant musterte ihn kritisch. »Deine Pupillen sind in Ordnung«, meinte er. »Blutdruck und Puls ebenso. Deine Atmung ist normal für die hier vorherrschende Luftfeuchtigkeit von 48 Prozent. Du warst übrigens zu lange in der Sonne. Deine Haut zeigt leichte Reizungen und Rötungen.« Valting schaute zur Nachmittagssonne hinüber. Stardust schien in intensivem Gelb. Er bildete sich ein, die Scheibe am Himmel sei etwas kleiner, als er sie von »draußen« kannte. Es musste an der Ne belkuppel liegen. Sie veränderte die Kon turen und die Farbe, weil andere Be standteile des sichtbaren Spektrums durchdrangen. »Atme gleichmäßig weiter und be schäftige dich in deinen Gedanken mit alltäglichen Dingen«, sagte Okura. »Ich mache mich auf die Suche.« Alltägliche Dinge ... Valting fragte sich, wann er sich zu letzt mit wirklich alltäglichen Dingen beschäftigt hatte, die nicht in irgendeiner Weise mit dem Geisteswesen, Cormas krimineller Energie oder dem Lockruf in seinem Kopf befasst hatte. Die Ausgra bungen auf Katarakt waren für seine Be griffe alltäglich, aber schon länger her. Duschen und Zähneputzen vielleicht ... Er dachte an den seltsamen Kühl schrank in seiner Unterkunft, der ständig leer war. Er orderte Essen und Trinken, das sofort geliefert wurde. Er verzehrte die Hälfte, stellte den Rest in den dafür
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vorgesehenen Kühlschrank und machte die Tür zu. Wenn er sie eine halbe Sekun de später wieder aufriss, waren die Spei sen weg. Vom Materiewandler zurückge führt in reine Energie. Valting beschloss, den Servo dem nächst darauf anzusprechen und ihn mit menschlichen Gewohnheiten vertraut zu machen. Die Antwort wusste er aber jetzt schon. »Aus hygienischen Gründen wer den die Speisen sofort entsorgt. Du kannst dir neue bestellen, sobald du wie der Hunger verspürst.« Mit den Getränken lief das genauso in der Silberkugel. Die Gedanken des Archäologen wan derten weiter. In einem herrlicheren Bett hatte er sein ganzes Leben noch nicht ge schlafen. Schon allein das war ein Grund, für immer in die Silberkugel zu ziehen und da zu bleiben. Ein Handikap gab es allerdings. Wenn das Schiff in seinen Hangar in der Felsennadel zurückkehrte, gab es nur noch einen Durchmesser von neun Metern. Dann war alles weg, das Bett, der Kühlschrank, die Möbel, die Bildwand und die herrliche Panorama aussicht auf den Palast der Vier Him mel. Huslik Valting erschrak, weil Okura ihn plötzlich schüttelte. »He! Mir scheint, du bist ziemlich weggetreten.« »Ich war in Gedanken.« »Das ist immer gut. Da hast du den 1,3 Milliarden Menschen im StardustSystem etwas voraus.« Valting nickte fahrig. »Konntest du denn etwas erkennen?« »Undeutlich. Es liegt eine Überreizung vor, die nur langsam abklingt. Es kann ein paar Wochen dauern, bis das wieder in Ordnung ist.« »Wäre Tiefschlaf eine Lösung?« »Schon. Aber es ist nicht die beste. Ich rate dir, intensiv am Mentaltraining teil zunehmen. Oder du wendest dich an un seren tibetischen Meditationsspezialis ten.« Okura wandte sich an Marshall. »Ich kann vorläufig Entwarnung geben:
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Einen posthypnotischen Befehl vermag ich ebenso wenig wie du zu erkennen.« * In gewissem Sinn waren sie Telepathen. So zumindest behauptete es John Mar shall. Sie waren über tausend und damit ungefähr die Hälfte aller derzeit zur Ver fügung stehenden Mutanten. Sie hatten einen mentalen Kontakt zu VATROX VAMU gehabt, wenn auch nur kurz. Marshall meinte, länger würde der nächste Kontakt auch nicht dauern, aber das sah Huslik Valting anders. Zunächst ging es darum, dass jeder Einzelne von ihnen seine Eindrücke davon wiedergab und die Positroniken daraus ein Profil erstellen konnten. Im Endeffekt ließ es sich auf das grüne Gesicht des Siganesen reduzieren, denn das war der bleibendste Eindruck, den die unkontrollierte Aktion in ihnen hin terlassen hatte. »Wir beginnen früher als erwartet mit der Gruppenphase unseres Trainings«, eröffnete ihnen der Telepath. »Dass ich euch zu so später Stunde zusammenrufe, liegt an der Auswertung aller eurer Bio rhythmus-Daten. Sie hat ergeben, dass jetzt der optimale Zeitpunkt dafür ist.« Huslik Valting warf Shanda Sarmotte und Rence Ebion einen aufmunternden Blick zu. Es wurde langsam ernst. Die ES-Mutanten vergeudeten keine Minute. Fünf Gruppen fanden sich jenseits der Silberkugeln in der Abgeschiedenheit ei ner Bodensenke zusammen, um die neue Phase einzuleiten. Valting glaubte nicht, dass sie einen entscheidenden Fortschritt erzielen wür den. Der Einsatz parapsychischer Kräfte ließ sich nicht in der Theorie erlernen. Die ersten Experimente mit den Steinen hatten es deutlich gezeigt. Jeder Mutant agierte und reagierte ein wenig anders, um ein und dasselbe Ergebnis zu erzielen. Schließlich war jedes menschliche Ge hirn ein klein wenig anders strukturiert,
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und das galt entsprechend auch für die Sektoren, die bevorzugt mit den Paraga ben des Bewusstseins korrespondierten. Deshalb diese Tests mit dem Biorhyth mus. Und deshalb begannen sie bereits mit der Gruppenphase, damit sie sich parallel zu den anderen Übungen ein Ge spür für die spätere Zusammenarbeit aufbauten. Marshall ließ sie in drei kreisförmigen Reihen Platz nehmen. Im Schneidersitz saßen sie da, der Ausbilder im gemein samen Mittelpunkt der Kreise. »Konzentriert euch!«, befahl Marshall leise. Hundert Augenpaare schlossen sich. Huslik Valting drückte kurz Shandas und Rences Hand, die links und rechts neben ihm saßen. Dann war jeder für sich allein, eine einsame Insel inmitten eines dicht gedrängten Archipels. Das Training zahlte sich aus. Inzwi schen bereitete es Valting keine Probleme mehr, seine Gedanken abzuschalten und in sich hineinzulauschen. Erst hörte er nur das Brummen des Gigantlautspre chers, der sein Bewusstsein in einen schier grenzenlosen Schallraum verwandelte. Nach und nach drang ein Raunen in die sen Lärm, das er als sanft und unauf dringlich empfand. Es hielt eine Weile an, wurde dann schwächer und schwankte eine Weile hin und her. »Konzentriert euch stärker«, hörte er Marshall sagen. »Ihr schwingt auf einer gemeinsamen Wellenlänge, ihr dürft nicht nachlassen.« Valting versuchte es. Er war kein Tele path, er hatte keine irgendwie gearteten Parafähigkeiten. Ihn hatten goldene Fun ken getroffen, und seither alterte er nicht mehr. Aber da war noch etwas in ihm, diese leise Resonanz, die er als Raunen empfand. Es mussten die Gedanken der anderen sein, die er als »Hintergrundrau schen« hörte. Er war Teil dieses Reso nanzraums, dieser Schwingung, die sie alle miteinander verband. »So ist es gut«, hörte er wieder die
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Stimme des ES-Mutanten. »Haltet diesen Level!« Huslik Valting schweifte für einen kurzen Augenblick ab. Sofort schien das Brummen in seinem Kopf lauter zu wer den. Er redete sich ein, dass er sich täuschte. Fast augenblicklich wurde das Raunen des mentalen Pools lauter, das Brummen versiegte zum Teil. Ihr könnt vermutlich meine Gedanken empfangen, dachte er. Wenn ich euch stö re, sagt es mir. Es ist dann besser, wenn ich aus der Gruppe ausscheide. Beruhigende Impulse drangen auf ihn ein. Ihm wurde innerlich warm. Zum ers ten Mal spürte er, was es hieß, Teil einer solchen geistigen Gemeinschaft zu sein, die sich ohne Worte verständigte. Er ge hörte ihr an, weil sie alle eine vergleich bare mentale Grundsubstanz aufwiesen, meist erzeugt durch den goldenen Fun kenregen. Diese stellten sie einander nun zur Verfügung. »Die Schwingung ist noch unrein«, verkündete John Marshall. Valting mutmaßte, dass er nur wegen der »Funkenleute« laut redete, weil die seine Worte telepathisch nicht empfan gen konnten. Das Raunen nahm an Intensität zu. Nach und nach wurde es klarer, näherte sich einem einzigen gleichmäßigen Ton, der zunächst schwankte und sich dann langsam stabilisierte. Valting spürte Kraft, die in ihn ström te. Sein Bewusstsein erweiterte sich ra send schnell. Er empfing Reflexe, Wider hall, Resonanz von Wesen oder Dingen, die er nicht identifizieren konnte. Das Brummen versiegte wie ein Motor, dem die Energie ausging. Mit einem leisen Seufzen erstarb es endgültig. »Schon besser. Konzentriert euch stär ker.« Das Universum in seinem Kopf erwei terte sich ein zweites Mal. Wie groß es war, konnte Valting nicht einmal erah nen. Millionenmal größer als der Umfang seines Kopfes vielleicht. Er drängte die
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konkreten Gedanken zurück, gab sich ganz den Eindrücken hin, die er emp fing. Irgendwo in der Ferne spürte er eine ähnliche Kraft, wie der Pool sie erzeugte. Nach und nach präzisierte sich sein Ein druck. Es waren viele einzelne Potenzi ale, Hunderte, Tausende, Abertausende. Sie existierten irgendwo weit weg und sie waren viel zahlreicher als die Mutanten im Stardust-System. Bei diesem Gedanken sackte die Kon zentration im Pool gefährlich ab. Huslik Valting lauschte verwirrt in sich hinein. Er empfand es, als habe jemand einen Vorhang zugezogen. Übergangslos herrschte Dunkelheit. Die bisherige Wärme ließ nach. Das Rau nen existierte noch, aber es wurde leiser und versiegte dann. »Ihr könnt jetzt aufwachen, falls ihr noch schlaft«, erklang die Stimme John Marshalls, und Valting riss überrascht die Augen auf. »Der erste Versuch war vielversprechend. Mit dieser Erfahrung entlasse ich euch zurück in die Einzel übungen. Ihr habt jetzt ungefähr eine Ahnung davon, wo wir hinwollen.« »Diese fernen Kraftfelder, was war das?«, fragte Valting. »Das sind die Hyperkristalle der Ho wanetze.« 7. Vorremar Corma blinzelte in den die sigen Mittag Avedas. Das Raunen in sei nem Innern drang nur schwach in sein Bewusstsein. Das Geisteswesen hatte ihn freigegeben, doch er spürte das schwache Band, das sie miteinander verknüpfte. Wind brauste um ihn. Corma bedauer te, dass die Klarsichtkuppel des Diskus moduls nicht mehr vorhanden war. Shan da Sarmotte hatte sie abgerissen. Am besten rief er einen Gleiter. Die weite Strecke bis zur Insel konnte er we sentlich komfortabler zurücklegen als
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mittels seines lädierten Gärtnerroboters. Ein einziger Funkspruch an die Leitstel le genügte. Er streckte die Hand nach dem Aktivierungsknopf aus und zog ihn schnell wieder zurück. Es ging nicht. Leute wie Whistler, Furtok und andere wussten längst, was mit ihm los war. Shanda Sarmotte und dieser Ebion hat ten den Vorfall garantiert gemeldet. Und dieser Verräter erst, Huslik Valting ... Corma hätte ihn erwürgen können. Val ting hatte ihn im Stich gelassen. Er hätte ihn vor der Knechtschaft bewahren kön nen, in die er geraten war. Der Siganese überlegte. Nein, eigent lich musste er ihm dankbar sein. Die An gelegenheit mit VATROX-VAMU würde zu einem positiven Ende kommen. Corma glaubte fest daran. Er aktivierte die zusätzlichen Prall feldprojektoren des Roboters, der bisher allein mithilfe des Antigravsystems schwebte. Umgehend beschleunigte der Roboter. Umständlich kramte Corma nach dem Schutzhelm, den er für Notfälle bei sich führte. Er fand ihn halb verbeult unter der Bodenabdeckung. Das Ding roch et was streng, nach einer Mischung aus Schmierstoffen und Metall. Er stülpte sich den Helm über und klappte das Plas tikvisier herunter. Die stehende Luft fühlte sich gut an. Überhaupt fühlte sich in diesen Minuten alles gut an, während der Roboter in etwa dreihundert Metern über den Ozean da hinjagte. Vorremar Corma schafft alles, dachte der Siganese. Das Geisteswesen überließ ihn sich selbst. Stundenlang raste der Roboter mit Höchstgeschwindigkeit über das Meer, immer gegen den Wind, der sich als bö iger Rüpel zeigte. Jedes Mal gab es einen Schlag gegen das Gehäuse. Corma duck te sich dann tief in die Steuermulde und konzentrierte sich auf Holovids. Es hatte jedes einzelne schon ein paar Dutzend
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Mal gesehen. Meist waren es Kreationen irgendwelcher positronischer Systeme, entwickelt von Tochterfirmen der Whist ler-Stardust & Co. oder deren Konkur renz. Alte Produktionen aus dem Solsys tem oder der Milchstraße führte er nicht in den Speichern des Roboters. Sie erin nerten ihn zu sehr an die alte Zeit und rissen die Wunde immer wieder auf. Sein Körper meldete sich. Vorremar Corma war müde, der Stress der vergan genen Tage machte sich bemerkbar. Er schlief sechs Stunden, und danach war er ziemlich hungrig. In Situationen wie die ser erwies es sich als Vorteil, dass sein Roboter mit allem ausgestattet war, sogar mit einer Miniküche. Während Corma aß, spürte er plötzlich die Rückkehr VATROX-VAMU. Seine Gedanken schrumpften schlagartig, die Vorfreude auf einen leckeren Pudding wich gaumenfeindlicher Gleichgültig keit. Corma starrte auf das Geschirr und die Speisenreste und wusste nicht, was das war und woher es kam. Bevor es ihm gefährlich werden konnte, warf er es kur zerhand über Bord. Vor seinen Augen wurde es dunkel. Hätte er nicht schon gewusst, was los war, hätte er ans Erblinden gedacht. So aber war ihm klar, dass das Geisteswesen lediglich seine Wahrnehmung zurück drängte und sein Bewusstsein zu der früheren Stecknadelgröße schrumpfte. Der Siganese sah den Nebeldom sich langsam aus dem Dunst über dem Meer schälen. Das laute Summen des Roboters deutete an, dass das Vehikel beschleu nigte. Ein winziger Funke blieb von Vorre mar Corma und verriet ihm, dass er sich gut festhalten sollte. VATROX-VAMU steuerte seinen Körper und die Gliedma ßen und bediente über sie den Gartenar beitsroboter. Corma blieb die Rolle des Zuschauers. Er spürte nicht einmal den ersten Schlag, als der Roboter in die Nebelwand knallte und stark abgebremst wurde. Der
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Roboter steckte übergangslos fest, schal tete auf Gegenschub und sprang mit einem Satz ins Freie. Warum überlässt du nicht mir die Steu erung? VATROX-VAMU schätzte Kritik an seinem Handeln nicht besonders. Wieder stach ein glühendes Messer in den klei nen Funken seines Bewusstseins und rührte darin herum wie in einem Ku chenteig. Warum er ausgerechnet auf Kuchenteig kam, wusste Corma nicht. Er vergaß auch den Teig sofort wieder und schrie seine Not hinaus. Es ist geistiges Ersticken!, warf er dem Wesen vor. Warum tötest du mich nicht gleich? Das Fünkchen glomm heller, während VATROX-VAMU den nächsten Anlauf nahm. * Im Beinahe-Zustand eines Wachkomas verlor Vorremar Corma jedes Zeitgefühl. Er konnte nicht mehr sagen, ob sie Stun den, Tage oder Wochen gegen die Nebel wand anflogen. Irgendwann donnerten fremdartige Energien dagegen an, die sein Bewusstsein zerstanzten. Als er sich wieder seines Selbst bewusst wurde, irrte er in sich umher und sammelte die win zigen Fetzen wieder ein. VATROX-VAMU schöpfte Kraft. Das Geisteswesen machte kein Geheimnis mehr daraus, dass es geschwächt war. Nicht nur der Kampf gegen VATROX DAAG hatte an seiner Substanz gezehrt. Es hatte die großen Kriegsschiffe der Jaranoc aus eigener Kraft bis nach Far Away transportiert. So etwas wäre Cor ma nie in den Sinn gekommen, aber es waren die Jaranoc. Mit ihnen hatte VATROX-VAMU ein besonders enges Verhältnis. Wie genau? Das Geisteswesen überging die Frage. Corma versuchte es anders. Es kann sein, dass wir beim Eindringen
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in die Nebelwand zu schnell sind. Probie re es im Schritttempo! So etwas wie ein Gefühlsausbruch er reichte ihn. Das Geisteswesen verspürte Heiterkeit ob des Vorschlags. Gut, du hast alles schon probiert. Dann kehren wir am besten nach Stardust City zurück! Er hätte es besser gelassen, VATROX VAMU mit seinen Vorschlägen zu kom men, die dem einfachen Geist eines kör perlichen Wesens entsprangen. Das We sen wurde wütend. Es schleuderte den Roboter vorwärts in die Nebelwand, bis das Gehäuse knirschte. Corma empfing plötzlich Bilder: Er sah einen Schlauch, der direkt auf der Insel mündete. Er sah Schmetterlinge und wusste sofort, dass das Talanis war. Aber er sah auch eine Welt auf einer Scheibe und er sah Terra. Die Erde war unver wechselbar. Das Azoren-Archipel hätte er im Schlaf erkannt. Weiter hinten muss ten die Kanaren sein. Und die afrika nische Nordwestküste mit Gibraltar und der Meerenge war ebenfalls unverwech selbar. Der Nebel ... bildete er das Tor dort hin? Immer wieder rannte VATROX-VAMU mit dem Roboter gegen den Nebel an. Jedem Fehlschlag folgte ein Wutausbruch, verbunden mit Schmerz für Corma. Das Geisteswesen änderte den Auftreffwin kel, versuchte es aus allen möglichen Po sitionen und hielt irgendwann erschöpft inne. Der Druck auf Cormas Bewusstsein ließ ebenso vehement nach, wie er ge wöhnlich eintrat. Sein Blick war ver schwommen, als er ihn auf die Umgebung richtete. Alles blieb milchig und kontur los, bis der Roboter sich erneut rückwärts in Bewegung setzte. Der Himmel, das Meer – wenigstens stimmten Oben und Unten. Vorremar Corma wartete, bis er klar denken konnte und sein Kreislauf sich einigermaßen beruhigt hatte. Er lenkte
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den Roboter selbst in die Nebelwand, versuchte alle möglichen Kursvarianten und Flugbahnen. Unterdessen tröpfelte es sachte in sein Bewusstsein. Es geschah so unauffällig, dass er es zunächst gar nicht bemerkte. Als er endlich begriff, was da geschah, stellte er die Flugver suche umgehend ein und saß nur ganz still in seinem Sessel. VATROX-VAMU war erschöpft. In einem Zustand verminderter Kontrolle erhielt Corma Zugang zu einem Teil des Bewusstseinskollektivs, der ihm bisher verschlossen geblieben war. Ein Begriff manifestierte sich in seinem Bewusstsein – Vamu. Vamu bedeutete der Erste oder das Erste, das Einzige oder Einzigartige. War VATROX-VAMU der erste Vatrox? Dann empfing Corma Impressionen von einer Welt, vage und verklärt, irgendwie expressionistisch, die von drei Geis tesmächten durchdrungen war. Sie waren die Kollektivwesen von Vat, VATROX VAMU, VATROX-CUUR und VATROX DAAG. Corma erfuhr, dass dies gleichzu setzen war mit Erster Triumvir, Zweiter Triumvir, Dritter Triumvir. Vorremar Corma fröstelte, als er er fuhr, dass diese drei Wesen ein »Kind« hervorbrachten, das ebenfalls eine starke Psi-Macht darstellte. Was sie trieb, war der Wunsch, ihre Macht auf eine neue Stufe zu heben. Doch sie machten die Rechnung ohne ihr eigenes Geschöpf. Das Kind begehrte auf, es kämpfte gegen die eigenen Eltern und deren Gier. Und es verhinderte, dass ihnen der Sprung auf eine neue Evoluti onsstufe gelang. Das Kind verhinderte die Entstehung einer negativen Superintelligenz. In zä hem Ringen gelang es ihm, VATROX CUUR und VATROX-DAAG in die Flucht zu schlagen. Nur VATROX-VAMU wider setzte sich noch immer. Doch das Kind wuchs über sich hinaus. Es erstrahlte in hellem Glanz, dehnte sich aus und verschlang die Schatten. Und wurde selbst zu VATROX-VAMU. Es be
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gann seine Existenz ausgelaugt, am Ende seiner Kraft, gerade noch dazu fähig, die eigene Existenz aufrechtzuerhalten. Eine lange Zeit der Erholung und Regenerati on verstrich. Als VATROX-VAMU end lich genug Kraft geschöpft hatte, fand er keine Spur von den Geflüchteten mehr. Lange Zeit irrte er durch das Univer sum, begegnete Superintelligenzen und identifizierte deren Mächtigkeitsbal lungen. VATROX-VAMU erkannte die Polarisierung des Universums in die Mächte der Ordnung und des Chaos, hie ßen sie nun positive und negative Super intelligenzen, Materiequellen und Mate riesenken oder Kosmokraten und Chao tarchen. Er beobachtete die Kämpfe auf diesen Ebenen und hielt sich heraus, sah sich als Vertreter einer dritten Machtund Interessensphäre, die dem »Leben an sich« folgte. Und er sah eines überdeutlich. Das »Leben an sich« wurde durch die zerstö rerische Gier von VATROX-CUUR und VATROX-DAAG bedroht. Irgendwann glaubte VATROX-VAMU eine Spur ge funden zu haben. Es versetzte ihm einen Schock. Die beiden hatten ein gewaltiges Kraftzentrum geschaffen und in eine an dere Existenzebene ausgelagert, ein gi gantisches Reservoir aus Psi-Materie, heller als Millionen Sonnen ... VATROX-VAMU handelte, ohne zu zö gern. Er musste darauf zugreifen, die bei den schwächen und verhindern, dass sie diese Kräfte in ihrem Sinne nutzen konn ten. Dabei übersah das Geisteswesen die Sperre in der Signatur. Ein Sicherheits mechanismus wurde ausgelöst. Das gi gantische Reservoir schlug zu und schleu derte VATROX-VAMU davon. Lange Zeit verbrachte das Wesen in einem Zustand der Dämmerung, an einem unbekannten Ort. Nach und nach reali sierte es, dass es sich in der Mächtigkeits ballung eines seltenen Doppelwesens befand, das positive und negative Ele mente in sich vereinte, die mitunter hef tig stritten.
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Die gewaltige Ansammlung von PsiMaterie jedoch war verschwunden, so dass sich VATROX-VAMU abermals auf die Suche machte. VATROX-CUUR und VATROX-DAAG existierten immer noch irgendwo in den Weiten des Univer sums. Und ausgerechnet die Superintelligenz mit ihrer Doppelnatur war es, die VATROX-VAMU einen indirekten Hin weis mit den Fernen Stätten zukommen ließ ... Durch ihre eigene Existenz und die Verbindung der weit voneinander ent fernten Bereiche der Mächtigkeitsbal lung. An dieser Stelle riss die Gedankenver bindung zum Bewusstseinskollektiv und ließ einen verblüfften und gleichzeitig ratlosen Vorremar Corma zurück. 8. Icho Tolot wusste, dass viele Aspekte sein Dasein bestimmten, aber nichts in diesem Augenblick so sehr wie die Triade aus erhöhter Wachsamkeit, kämpfe rischer Entschlossenheit und Elter instinkt. Er warf einen letzten, durch dringenden Blick auf den Jaranoc, dann sah er zu den drei ES-Mutanten hinüber, die in ihren Schutzanzügen warteten. Sie nickten ihm zu. »Alle Kraft des Universums sei mit dir«, sagte der Haluter zu Tarba und hob die Hand. In der Wandung des Schiffes bildete sich eine Beule. Die Silberkugel erwei terte ihren Innenraum bis zu dem Fleck, an dem Kardo Tarba stehen sollte. Fes selfelder hoben ihn an und schoben ihn hinüber. Sie lockerten sich ein wenig, da mit er seine körperliche Beweglichkeit behielt. Aber sie ließen ihn nicht völlig los – eine Art Lebensversicherung. Als sich die Wand des Schiffes zurück zog, stand der Jaranoc im Freien, wenige Meter vom Sextadimschleier der Felsen nadel entfernt. Das Schiff hing ein paar
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Meter daneben in der Luft, bereit, jeder zeit einzugreifen. »Kontakt!«, meldete Iltu. »VATROX VAMU ist bei ihm.« Für den Haluter stellte das keine Über raschung dar. VATROX-VAMU war über all im Stardust-System. Sein mentales Rauschen fehlte an keinem einzigen Ort. In jedem Kubikzentimeter war es gegen wärtig. Vermutlich reagierte das Geistes wesen überrascht, weil es an diesem Ort nicht mit dem Erscheinen eines Jaranoc rechnete. Tolot ließ die drei Telepathen nicht aus den Augen. Jeden Moment rechnete er mit einem Zwischenfall, einem Mordver such, mit etwas, das Tarba in Gefahr brachte. Zugleich versuchte er sich einzureden, dass nichts passieren konnte. Die Jaranoc gehörten seit Urzeiten zu VATROX-VA MU. Zwischen ihnen und dem Geistes wesen existierte eine enge Beziehung mit einer offenbar hundertprozentigen Ab hängigkeit. Wenn VATROX-VAMU starb, starben auch die Jaranoc. So hieß es in den Legenden dieses Volkes. Für Kardo Tarba war dieses Wissen ein unumstöß licher Bestandteil seines Lebens. »Nichts«, sagte Iltu in diesem Augen blick. »Es passiert gar nichts.« »Keine Kommunikation?« »Keine erkennbare Kommunikation. Tarba hält still, er wartet ab. Er denkt Belangloses. VATROX-VAMU ist da, in tensiviert seine mentale Gegenwart. Be wusste Gedanken sind nicht vorhan den.« Kardo Tarba räusperte sich. Es klang wie ein heiseres Krächzen. »Ich hoffe, dass ich die richtige Frage stelle und mein Herz mutig ist ... Wieso hast du mich leben lassen?« Tolot wiederholte die Worte in Gedan ken. Der Jaranoc sprach offenbar von der Zeit auf Katarakt, als er schon Vasall des Haluters geworden war und offensicht lich mit einer Bestrafung durch das Geis teswesen gerechnet hatte.
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Die Antwort interessierte Tolot über alle Maßen. Doch VATROX-VAMU schwieg. Kardo Tarba wartete lange auf Ant wort. Fast zehn Minuten verstrichen, bis der Jaranoc sich erneut räusperte und zu sprechen anfing. »Du hast gesagt, VATROX-VAMU: Nie wieder dürft ihr eure Ehre verraten. Sie ist das, was euer Leben bestimmt. Weil ich den ersten Jaranoc ansah und diese Ehre in ihm fand, erwählte ich ihn. Ich berufe mich jetzt auf diese Ehre – und bitte förmlich um die Entlassung aus dei nen Diensten, weil ich fortan der Vasall eines anderen bin.« Jetzt war es heraus. Wieder herrschte mentale Stille. Iltu zuckte immer wieder die Achseln, und auch von den anderen kam kein Kommentar. »VATROX-VAMU verweigert die Kom munikation«, stellte Tolot nach einer Weile fest. »Los, holen wir Tarba wieder herein.« Aber dann sah er die sich plötzlich er weiternden Pupillen der Iltfrau. »Kontakt zu Vorremar Corma«, flüster te sie. »Nimmt Corma Kontakt zu Tarba auf?« »Nein, er ist lediglich der Anker, das Relais. VATROX-VAMU stellt Kontakt zu dem Jaranoc her.« * Vorremar Corma genoss die vorüberge hende Freiheit, so gut es ging. Er ließ den Oberkörper über den Rand des Diskus hängen und die Arme baumeln. Der Gar tenarbeitsroboter hing vierhundert Meter über der Wasseroberfläche, ein Stück von der Nebelwand entfernt. Der Ausblick auf das Meer im Westen, Süden und Nor den war herrlich. Der Siganese war noch immer völlig perplex angesichts der kosmischen Zu sammenhänge und Perspektiven, die sich
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ihm offenbart hatten. Sie zeigten VATROX-VAMU in einem völlig anderen Licht. Stolz erfüllte ihn, aber sogleich folgte mit dem Gedanken an sein Versagen auch der Katzenjammer. Der Versuch, Talanis zu erreichen, war auf ganzer Linie fehl geschlagen. Die Positronik der Maschine hatte mitgezählt. Es hatte insgesamt 68 Versuche gegeben, die Wand zu durch dringen. Corma waren es wie 600 vorgekom men, aber in diesem Fall ließ er sich gern berichtigen. Die meiste Zeit hatte er als passiver Zuschauer zugebracht. Unterdrückt ... Und wie hatte er die freien Momente genutzt? Er hatte allein an seine Karriere gedacht und daran, dass er zum Herrscher geboren war. Es war idiotisch. Ein Wesen wie VATROX VAMU hätte niemals einen anderen Herr scher neben sich geduldet. Oder vielleicht doch? Der Siganese sah das Geisteswesen plötzlich mit ganz an deren Augen. Er begriff die Tragik in des sen Existenz, er spürte die Verzweiflung, die Ohnmacht, aber auf der anderen Sei te auch den Triumph. Das Geisteswesen hatte einen der beiden Gegner von da mals gestellt und mit ihm gekämpft. Und danach hatte es sich bei dem Versuch, durch die Nebelwand nach Talanis zu ge langen, fast völlig verausgabt. Vielleicht erhoffte es sich einen Kon takt oder Unterstützung von jener Super intelligenz, die bis vor nicht allzu langer Zeit aus ES und Anti-ES bestanden hat te. Vorremar Corma setzte sich auf den Rand des Diskus und ließ statt der Arme die Beine baumeln. VATROX-VAMU war offenbar deut lich geschwächt. Corma rechnete damit, dass er ihn für etliche Stunden in Ruhe lassen würde. Er schwang die Beine ins Innere des Diskus, um nicht aus Versehen in die Tie fe zu stürzen. Die Mentalkopplung mit VATROX-VAMU existierte weiterhin. Er
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sah ein Lebewesen, das er sofort als Jara noc identifizierte. Impulse und Signale der Verwirrung oder der Irritation bom bardierten sein Bewusstsein. Corma ver stand, dass sich etwas Außergewöhn liches abspielte, etwas, womit das Geis teswesen nicht gerechnet hatte. Eine echte Überraschung für ein so mächtiges Wesen – der Siganese geriet beinahe ins Schmunzeln. Dass es so et was heutzutage auch noch gab. Ein Kör perwesen verblüffte VATROX-VAMU. Es war ein Jar namens Kardo Tarba. Er bat um seine Entlassung aus dem Dienst von VATROX-VAMU. Corma spürte dem Verhältnis der Jara noc zu dem Geisteswesen nach, über des sen Existenz er bereits im Bilde war. Ge naues konnte er nicht erkennen. VATROX-VAMU gab nichts Konkretes aus den Tiefen seiner Persönlichkeit preis. Und von dem Jaranoc bekam Cor ma nur die gesprochenen Worte mit. Aber aus den Gedanken des Geistes wesens erfuhr Corma ein paar Details. Tarba hätte beide Möglichkeiten gehabt: überzulaufen oder zu seinem Volk zu rückzukehren. Aber da gab es etwas, das er Ehre nannte und von dem er eine fest umrissene Vorstellung hatte. Er hatte dem Wesen Tolot Treue geschworen und war jetzt dessen Vasall. Gleichzeitig ge hörte er unverbrüchlich zu VATROX-VA MU. Deshalb stellte er sich dessen Ent scheidung. Staunend spürte der Siganese den zar ten, fast rücksichtsvollen Widerhall, den die Worte des Jaranoc in dem Geisteswe sen erzeugten. Ungeachtet dessen gewann die men tale Stimme eine natürliche Strenge, als sie den Jaranoc vor die Wahl stellte. »Bist du bereit, dich zu opfern?« »Mit Freuden werde ich sterben ...« »Dein Herz ist mutig – stellst du auch die richtige Frage?« »Wieso hast du mich leben lassen?« Die Antwort verschlug Vorremar Cor ma die Sprache, weil er nie mit den fol
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genden Worten gerechnet hätte: »Dein Herz ist stark, dein Wille ungezähmt – dein Wunsch sei dir erfüllt.« * »Jetzt!«, stieß Iltu hervor. »VATROX VAMU weicht zurück!« Die Silberkugel reagierte bereits. Sie erzeugte eine Ausstülpung, die den Jara noc dem weiteren Zugriff der Mentalim pulse entzog. Einen Atemzug später gab Iltu Ent warnung. »Alles in Ordnung. Das Geis teswesen hat nicht versucht, ihn zu töten. Es hat ihn in keiner Weise bestraft, die wir hätten erkennen können.« Der Jaranoc war trotz der Fesselfelder in sich zusammengesunken und lag mit Kopf und Knien am Boden. Er rührte sich nicht. Erst, als die Felder ihn hochhoben und auf die Füße stellten, zuckten die Finger. Er bewegte sie hin und her, als müsse er zuerst überprüfen, dass er noch lebte. Dann drang ein Orgeln aus seinem Hals, eine auf- und abschwellende Ton folge, bei der es sich nach Tolots Ein schätzung durchaus um einen Dankge sang handeln konnte. »Und weiter?«, fragte Tolot die drei Mutanten. »Keine Beeinflussung. VATROX-VA MU hat sich vollständig zurückgezo gen.« »Sucht nach posthypnotischen Befeh len!« »Wir hätten sie zum Zeitpunkt ihrer Entstehung bemerkt. Tarba ist völlig sau ber.« Der Jaranoc schwankte. Das Schiff projizierte einen Sessel, in den er sich sinken ließ. Icho Tolot trat zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Alles ist gut.« Kardo Tarba starrte zu Boden – und begann zu rezitieren, erst leise, dann lau ter. »In den Medialen Tagen der Allzeit,
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als das Universum eine neue Schwelle der Expansion erreichte, floh der Jara noc. Sein Weg führte ihn zu vielen Sonnen und auf viele Welten. Aber überall war er der Schwächste, ein erbärmliches, un würdiges Ding. Er beschloss, seiner Exis tenz ein Ende zu setzen, denn mochte er äußerlich auch verletzlich und schwach sein, so besaß er doch Ehre. Er tauchte in den Pfuhl einer Sonne, wo er jedoch nicht starb. Was ihn hätte verbrennen müssen, stärkte seinen Leib. Als er die Sternen glut verließ, war seine Haut zu Hornplat ten gestählt. Mächtige Hörner ragten aus seiner Stirn. Das Alte war verbrannt, Neues war entstanden. Der erste Jaranoc fühlte mit einem Mal den Hauch des Allgebers. Etwas hatte beschlossen, ihm Ansehen zu verleihen, weil es auf die wahre Bedeutung des Ja ranoc geschaut hatte. Dieses Etwas beschloss der Jaranoc zu finden. Sein Herz war stark, sein Wille ungezähmt. »Wer bist du?«, rief er in die Galaxis hinaus. »Wo bist du und wieso hast du mich leben lassen?« An diesem Tag formulierte der erste Jaranoc die drei grundlegenden Fragen des Seins. Auf die ersten beiden kennen wir die Antworten, die dritte steht aus. Sie treibt uns an und verleiht uns den Blick auf den Wahrtraum der Allzeit, die Perspektive auf das, was wirkliche Be deutung besitzt. »Wer bist du?« VATROX-VAMU. »Wo bist du?« Er ist dort, von wo er kommen wird. »Und wieso hast du mich leben las sen?« Sinniere darüber und lass die Frage in dir wirken, auf dass deine Erkenntnis wächst. Nur der ist ein rechter Krieger, der den Sinn hinter der Wirklichkeit er kennt.« Kardo Tarba schwieg. Er starrte noch immer zu Boden.
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»Lebe, um zu erkennen«, sagte Tolot und legte ihm damit sein Verständnis dessen dar, was die Legenden der Jaranoc in sich trugen. Jedes Leben war ein Rin gen um Erkenntnis und ein beständiges Weitergeben von Erkenntnis. Dem Haluter lag eine Frage auf der Zunge, doch er stellte sie nicht. Er wuss te, dass er mit ihr all das zunichte machen würde, was sich bisher an Vertrauen zwi schen ihm und dem Jaranoc aufgebaut hatte. Nie würde er dessen Ehre verletzen oder ihn dazu drängen wollen, sie selbst zu verletzen. Wer genau ist VATROX-VAMU und was will er? Diese Frage und alle daran hängenden Antworten würden zwischen ihnen kein Thema sein. Vielleicht sogar für immer. Tolot würde es akzeptieren und andere Wege suchen, um die Antworten zu finden. Und er wusste, dass Tarba ihn nicht aktiv hindern würde. Eines stand für Tolot allerdings fest. VATROX-VAMU war trotz seines groß mütigen Verhaltens alles andere als ein Freund. Er verfolgte eigene Ziele. Dass er bisher keine Anstalten traf, den Sexta dimschleier erneut aufzulösen und sich dadurch freien Zugang zu Far Away zu verschaffen, sagte viel aus. Das Geistes wesen hatte 1,3 Milliarden Geiseln und würde diese kaum freiwillig loslassen ... Angesichts dieses Potenzials konnte VATROX-VAMU es sich leisten, gegen über einem treuen Jaranoc ein wenig Großmut zu zeigen. Nach einer Weile deutete Kardo Tarba mit dem Kopf hinüber zu den drei Mu tanten. »Haben sie es dir schon berichtet? Waren sie Zeugen der Ehre und Gnade, die VATROX-VAMU mir verliehen hat?« »Ja«, antwortete der Haluter. »Dann sollen sie auch Folgendes hören: Mein Herz ist leicht, meine Seele be schwingt. Mein früherer Herr hat mich gehen lassen. Er weiß, dass ich bei meiner neuen Herrschaft gut aufgehoben bin. Ich habe die Wahl getroffen, ohne ihn vorher
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zu fragen. Aber ich war aufrichtig zu ihm und habe mein Schicksal in seine Hand gelegt. Mehr Ehre findet auch er im Uni versum nicht, um sie anzuerkennen.« Icho Tolot hätte ihm nur zu gern wi dersprochen, denn er hielt die Beweg gründe des Geisteswesens nicht automa tisch für ehrenhaft. Die meisten Ge schöpfe waren vor allem auf den eigenen Vorteil bedacht. »Jetzt, wo keine Zweifel mehr an mei ner Loyalität bestehen, kann ich es kaum erwarten, dir mit meinen Kenntnissen und meiner Überzeugung zu dienen«, fuhr Tarba fort. »Wann brechen wir auf, die neuen Anlagen zu erkunden?« * 1,3 Milliarden Menschen in geistiger Sklaverei, ein abgeschottetes Sonnensys tem und ein paar Kegelstumpfschiffe als Gegner – die militärischen Aussichten standen nicht schlecht. Timber F. Whist ler und Admiral Furtok vertraten zu Recht die Ansicht, dass die Jaranoc für die Silberkugeln keine ernsthaften Geg ner darstellten. Weitere Kriegsschiffe von VATROX VAMU konnten nicht ins Stardust-Sys tem einfliegen, der Sextadimschleier ver hinderte es. Mit dem Hyperdim-Perfora tor waren die Jaranoc zwar jederzeit in der Lage, ihn erneut abzuschalten, aber sie taten es nicht. VATROX-VAMU erteil te ihnen keinen Befehl dazu. Dafür muss te er gewichtige Gründe haben. Tolots Planhirn lieferte eine absolut plausible Erklärung. Die Gefahr für VATROX-VAMU war von außen größer als von innen. Die Gefahr von außen war die Frequenz-Monarchie. Die Gefahr von innen war ES. Die große Frage war, was VATROX VAMU über ES wusste. Diese Frage konnte auch das Planhirn nicht zufrie denstellend beantworten. Icho Tolot erfüllte das mit Sorge. So lange sie nicht mehr erfuhren, konnte es
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zumindest nicht schaden, bei VATROX VAMU entsprechendes Wissen über ES vorauszusetzen. Es bedeutete, dass die Frauen und Männer in der Felsennadel als Unbeeinflusste noch wachsamer sein mussten. Sie durften sich keinen einzigen Fehler erlauben, der dem Geisteswesen ei nen Hinweis auf die verborgenen Anlagen des Planeten Katarakt gegeben hätte. Höchste Vorsicht war geboten. Auf Talanis blieb alles ruhig. Die Sil berkugeln kamen mit der Logistik per fekt zurecht. Die Hälfte der Schiffe war auf Aveda unterwegs, um nach Menschen Ausschau zu halten, die sich außerge wöhnlich benahmen. Vereinzelt spürten sie Mutanten auf, die den Ruf hörten, aber bisher keine Gelegenheit gehabt hatten, unauffällig zu verschwinden und nach Talanis zu fliegen. Icho Tolot beschloss, den Vorstoß nach Katarakt noch am selben Abend zu wa gen. Als sei es Gedankenübertragung, suchte ihn Minuten später der Jaranoc auf. »Ich habe ein Anliegen«, verkündete Kardo Tarba. »Die Mutanten brauchen noch viele Wochen, bis der Parablock steht. In dieser Zeit sollten wir uns um die Maschinenhallen unter den Wan dernden Städten kümmern.« »Noch heute brechen wir auf«, antwor tete Tolot und bemerkte, wie der Jaranoc sich innerlich und äußerlich streckte. »Wir statten dem Singenden Berg einen Besuch ab.« Sie flogen mit Kugel A, als deren Pilot Whistler fungierte. Die Silberkugel von neun Metern Durchmesser raste durch den Antigravschacht aufwärts, durch querte die Schleuse in der Spitze der Fel sennadel und sprang in den Himmel von Aveda. Unbemerkt von allen Sensoren dehnte sich die Kugel auf 500 Meter Durchmes ser aus. In Sekundenschnelle entstanden neue Decks, neue Hallen und Räume, neue Einrichtungen.
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Jede Silberkugel verfügte über ent sprechende Materietransformer, mit de nen sich auch jede Speise und jedes Ge tränk herstellen ließ, sofern die Rezeptur bekannt war. Kugel A durchstieß die äußeren Schich ten der Atmosphäre. Unter der mentalen Steuerung Whistlers legte sie die Strecke zum sechsten Planeten in wenigen Minu ten zurück. Als Tolot sich zum ersten Mal dem Bildschirm zuwandte, prangte der Kontinent Aumark bereits wie ein großes Auge in der Holografie. Der Singende Berg, wie Betty Toufry ihn genannt hatte, lag im Süden des Kon tinents im Innern des Berges Otaramo. Mit 10.855 Metern war es der höchste Berg Aumarks. Während Whistler den Landeanflug vorbereitete, tastete der Haluter den na hen Weltraum ab. Die Kegelstumpfschiffe der Jaranoc waren abgezogen. Keines hielt sich in der Nähe auf. Auch die beiden Einheiten, die gelandet waren, um die 88.000 Soldaten des Jars Tarba aufzunehmen, waren längst wieder gestartet. »Das Schiff soll auf Sonden und ähn liche Mikrospione achten«, sagte Tolot zu Whistler. Gleichzeitig durften sie kein feind liches Beobachtungsgerät zerstören oder an einen anderen Ort versetzen. In beiden Fällen hätte VATROX-VAMU schnell er fahren, dass da jemand aus dem Schutz eines nicht messbaren Energiefelds agier te. Und das wiederum hätte ihnen weitere Nachteile im Kampf gegen das Geistes wesen eingebracht. Der unmotivierte und überhastete Angriff des Parablocks hatte VATROX-VAMU vorgewarnt und ihm gezeigt, womit er rechnen musste. Von der Insel Talanis drohte ihm Ungemach von Leuten, die er mental nicht erkennen konnte. Sie existierten eigentlich gar nicht und stellten doch eine nicht zu un terschätzende Gefahr dar. »Schiff verkleinern und den Otamaro
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anfliegen«, sagte Tolot zu Whistler. »Wir gehen null Risiko ein.« Die Passagiere fanden sich übergangs los in wenigen kleineren Räumen wie der. Die Silberkugel ging in Steilflug über und erreichte wenig später die Flanke des Berges. »Was machen wir mit dem Zugang?«, fragte Whistler. »Öffnen?« »Er bleibt geschlossen.« Tolot rechnete damit, dass VATROX-VAMU einen mate rieprojektiven Vorgang in Verbindung mit einer Änderung des Aggregatszu stands von Materie erkennen konnte, da er sich bei dieser Art von Technik im fünf- und sechsdimensionalen Bereich abspielte. Das Schiff arbeitete in seiner Struktur zwar genauso, aber es veränderte keine Materie um sich oder wenn, dann nur auf begrenztem Raum und im molekularen Bereich. In der Nähe des Tunnels drang die Ku gel in das Felsmassiv vor. Die Materie des Schiffes war dabei bis zu einem gewissen Grad aus dem Standarduniversum ent rückt, und die Grenzschicht blieb im Ver hältnis zur Außenwelt nahezu wechsel wirkungsfrei. Silberkugeln konnten des halb nicht nur aus dem Stand beachtliche Beschleunigungswerte erreichen und ab rupte Bewegungen ausführen. Normale Materie war aufgrund der Entrückung kein Hindernis mehr und konnte pro blemlos durchdrungen werden. Und das, ohne in den Hyperraum wechseln zu müssen. Unter den staunenden Augen der Pas sagiere sank die Silberkugel durch das Felsmassiv und kam Augenblicke später in der 108 Meter durchmessenden Halle wieder zum Vorschein. Eine zehn Meter durchmessende Öffnung in der Mitte ge stattete den Zugang zu der darunter lie genden Maschinenhalle, während es nach oben nicht in diverse Etagen und den Kommandostand ging, sondern in die Halle von Kegelform bei einer Grundflä
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che von 8000 Metern und einer Höhe von 1500 Metern. Whistler hielt die Kugel an, die Män ner und Frauen schwebten hinaus in die Halle zum Schacht und nach oben. »Das ist fantastisch«, entfuhr es Whist ler, als er den ersten Blick in die Kegel halle warf. Die Begleitsoldaten der Raumlandedi vision standen sprachlos. Icho Tolot schwebte ein Stück zur Sei te und ließ den Jaranoc vorbei. »Du hattest an dieser Stelle von wei teren Untersuchungen abgesehen«, sagte er zu Tarba. »Jetzt schau es dir an. Wis senschaftler der Menschheit haben vor dreitausend Jahren eine fast identische Darstellung entdeckt. Der Unterschied besteht darin, dass hier nicht die Milch straße abgebildet ist, sondern die Star dust-Galaxis.« Er dachte Aufwärts! Ein Antigravfeld erfasste ihn und hob ihn nach oben, der Darstellung entgegen, die in ein paar hundert Metern Höhe mitten in diesem Kegel hing und einen Durchmesser von 2200 Metern aufwies. Die Ringgalaxis Stardust, zu der der Kugelsternhaufen Far Away gehörte. Tolot schwebte bis dicht an die ersten Sterne heran. Halt! Von einer simplen Holoprojektion zu sprechen traf die Wahrheit nur teilweise. Das verkleinerte Abbild wirkte unglaub lich natürlich. Per Gedankenbefehl zoomte der Ha luter den Ausschnitt unmittelbar vor sich. Da er im Weg war, vergrößerte sich das Holo nach hinten. Die Sterne waren jetzt so groß wie Fußbälle, die Planeten und andere Himmelskörper trotz ihrer Winzigkeit eindeutig in ihren Details zu identifizieren. Die Oberflächen der Son nen waberten, und Tolot war überzeugt, dass es genauso in diesem Augenblick in Wirklichkeit stattfand, nur viele tausend Lichtjahre entfernt. Der Haluter schaute nach Tarba. Der Jaranoc hing in respektvollem Abstand
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ein Stück unter ihm. Er rief ihn zu sich. »Du bist nicht von hier, ich bin nicht von hier. Wir stammen beide aus einer weit entfernten Galaxis. Lass uns diese Ster neninsel gemeinsam erkunden.« »Einverstanden«, erklärte der Vasall bescheiden. »Sag du, was wir ansehen sollen.« Alle Polyport-Höfe in der StardustGalaxie anzeigen!, dachte er. Zu seiner Überraschung korrigierte eine Mentalstimme: Eigenname Anthuresta. »Die Ringgalaxis, die wir als StardustGalaxis bezeichnen, heißt Anthuresta«, informierte er seine Begleiter. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf die wenigen gelben Markierungen. Das waren die Standorte der Polyport-Höfe. Distribut-Depots markieren und Han delssterne anzeigen! Neue Markierungen flammten auf, diesmal in Blau und Grün. Wenn sie stimmten, gab es in dieser Galaxis min destens zwölf Handelssterne. In der Nähe einer Markierung befand sich ein roter Punkt. Einen zweiten gab es auf der an deren Seite der Ringgalaxis, ebenfalls in der Nähe eines Handelssterns. Die siebente und die achte Hibernati onswelt der Frequenz-Monarchie, erläu terte die Mentalstimme. Tolot entdeckte den Kugelsternhaufen
Far Away. Er fixierte ihn mit seinem Blick: vergrößern! Er zoomte ihn heran, bis die 22 Pla neten des Stardust-Systems vor ihm schwebten, umgeben von einer zarten Seifenblase. Sie symbolisierte den Sexta dimschleier. Der Haluter schwebte weiter, mitten in das Modell hinein. War das tatsächlich eine Holoprojektion? Oder doch ein na türliches Abbild in verkleinerter Form? Was würde passieren, wenn er mit seinem Energiestrahler auf einen dieser Him melskörper schoss? Seine wissenschaftliche Neugier ging zum Glück nicht so weit, dass er sich aufs Zerstören um der Forschung willen ver legt hätte. Im Gegenteil. Er zog sich wie der an den Rand der Projektion zurück und wartete geduldig, bis die Begleiter ihre Ausflüge zwischen den Sternen be endet hatten. Als sich alle sattgesehen hatten, kehrten sie gemeinsam in die Silberkugel zurück. Ohne Ausnahme hatten sie alle noch nie so hautnah und so realistisch eine Galaxis erlebt. »In den kommenden Wochen werden wir viel Zeit hier verbringen«, sagte der Haluter abschließend. »Wir müssen alle wichtigen Daten sammeln und auswer ten.«
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Er war sicher, dass es genau diese In formationen waren, die VATROX-VAMU ganz besonders interessierten. Das war ein Grund mehr, ihn so schnell wie mög lich loszuwerden, ehe er die Geheimnisse des Stardust-Systems entdeckte. Und natürlich galt es, die Geiseln zu befreien. Ein gewaltiges Stück Arbeit, nachdem VATROX-VAMU vorgewarnt war und je derzeit mit einem neuen Angriff rechnete. Beim zweiten Versuch durfte nichts schiefgehen. Zeit spielte dabei nur eine sekundäre Rolle. 9. »Ich sehe durchaus euer Problem«, hatte John Marshall gesagt. »Aber es wird in ein paar Tagen keines mehr sein.« Zweieinhalb Monate nach dieser Aus sage stand endgültig fest: Er behielt recht. Es war kein Problem mehr. Die Übungen im Gruppenverband hatten ge holfen, die Überreste des missglückten Angriffs zu beseitigen. Dass der Kampf gegen VATROX-VAMU nicht einfach sein würde, war ihnen spätestens da klar ge worden. Deshalb übten sie seit zehn Wochen. Längst funktionierte der Parablock in der Gruppe. Nachdem sie erst einmal ka piert hatten, was in ihrem Kopf vorging, war es ihnen viel leichter gefallen. Ver krampfungen gab es nur noch vereinzelt, und wenn einer darunter litt, klinkte ihn die Gruppe sofort aus und machte ohne ihn weiter. »Wann geht es los?«, fragte Porfino, als er Huslik Valting vor der Silberkugel be gegnete. »Die aktuelle Biorhythmuskurve ver rät, dass es irgendwann morgen im Lauf des Vormittags sein wird.« »Morgen also!« »Die Übungen heute Abend finden nicht statt.«
Während Valting im Innern des Schiffes verschwand, setzte Porfino seinen Weg fort. Möglichst unauffällig hielt er nach dem Gelbling Ausschau. Der hatte das Schiff kurz vor ihm verlassen. Porfino war sein Verhalten merkwürdig vorge kommen. Immer wieder hatte er sich um geschaut, als wolle er sich vergewissern, dass ihn niemand beobachtet. Drüben bei den Zelten bewegte sich etwas. Porfino sah flüchtig einen Schat ten. War er das? Wenn er feststellt, dass ich ihn verfolge, sieht er sich vor, dachte Porfino. Dann werde ich nie erfahren, was mit ihm los ist. Anfangs hatte er nur geglaubt, der Typ wolle seiner Schwester schöne Augen machen. Irgendwann war ihm jedoch ein ganz anderer Verdacht gekommen. Die ser Gelbling führte etwas im Schilde. Im mer wieder benahm er sich merkwürdig, und er war deutlich früher auf Talanis gewesen als die meisten Mutanten. Bei den Übungen sah er immer zu, dass er möglichst zu einer anderen Gruppe ge hörte als Porfino und seine Schwester. Eigentlich, wenn er es sich richtig über legte, wusste er nicht einmal, zu welcher Gruppe. Er hatte den Gelbling noch nie in einer Übung gesehen. Porfino ging hinüber zu den Zelten, aber er hielt sich ein Stück weiter nach Norden, um keinen Verdacht zu erregen. Zwischen den Zelten angekommen, tat er, als suche er ein paar alte Bekannte auf, mit denen er anfangs im Gleiter geflogen war. Etliche »Funkenleute« zogen den Aufenthalt dort der technischen Umge bung der Silberkugeln vor. Immer wieder huschte er zwischen Zeltbahnen entlang oder warf einen Blick ins Innere. Oder er fragte flüsternd einen Passanten: »Hast du den Gelbling gesehen?« Niemand wusste etwas. Keiner schien ihn zu kennen. Es war wie verhext. Por fino sah ein, dass er sich selbst genarrt hatte. Der Schatten war jemand anders gewesen.
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Der Telepath machte sich auf den Rückweg zum Schiff. Und dann sah er ihn doch noch. Tief zu Boden gebeugt huschte er hinüber zum Palast der Vier Himmel. Es sah aus, als folge er einer Spur. Die Jacke hing lose über seinem Rücken, damit man den Kopf nicht so gut sah. Porfino war endgültig überzeugt, dass der Kerl etwas zu verbergen hatte. Erst wollte er weitergehen, um Valting zu informieren oder noch besser: die Ad miralin. Dann entschloss er sich aber, hinter dem Kerl herzuschleichen und zu schauen, was er trieb. Porfino hielt vergebens nach ihm Aus schau. Der Gelbling war weg, wie vom Talanisboden verschluckt. Porfino stellte sich auf die Zehenspitzen. Er sah eine Decke, die am Boden lag, ein proviso risches Nachtlager eventuell. Es konnte aber auch die Jacke des Kerls sein. Eben falls geduckt huschte er hinter ihm her, bis er ihn in ganzer Länge vor sich sah. Der Gelbling lag ausgestreckt am Bo den. Er fixierte die Säule, deren goldene Funken nach wie vor die zylinderför migen Umrisse erahnen ließen. Immer wieder streckte er die Hände nach den Funken aus. Sie wichen zur Seite. Er gehörte nicht zu denen, die für einen Kontakt infrage kamen. Deshalb bist du hier? Du willst ewiges Leben haben? Und glaubst, es auf diese Weise zu erhalten? Die eigentliche Tragweite seiner Beob achtung begriff Porfino erst später. Der Gelbling fuhr plötzlich herum und ent deckte ihn. Mit einem Wutschrei sprang er auf und rannte zum Schiff. Porfino folgte ihm langsam. Er ver stand nicht, was den Typ zu einer solchen Handlung trieb. Seit über einem Jahr hundert hatte es immer wieder Funken regen gegeben, aber immer hatten sich die goldenen Funken den Menschen aus gesucht. Nicht umgekehrt. Umgekehrt war es nicht möglich. Der Gelbling muss
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te das doch wissen. Jeder im StardustSystem wusste es. Porfino suchte die Kabine seiner Schwester auf, aber Parfina war nicht da. Sie hatte einen grünen Punkt auf die Tür geklebt zum Zeichen, dass sie mit Freun den unterwegs war. Porfino klebte einen blauen Punkt da neben und ein schwarzes Dreieck. »Ich war da«, hieß das. »Ich gehe jetzt schla fen.« Porfino duschte, putzte die Zähne und legte sich anschließend hin. Das Schiff sorgte dafür, dass er schnell einschlief, tief durchschlief und munter wieder er wachte. * Sie bildeten Kreise um einen ima ginären Mittelpunkt, der ungefähr einen halben Kilometer von den Schiffen und der Säule entfernt lag. Diesmal stand kein ES-Mutant in der Mitte, der ihnen sagte, was sie tun sollten. Die ES-Mutan ten waren mitten unter ihnen, John Mar shall, Kitai Ishibashi, die Ilts, a Hainu und Rorvic, Okura und wie sie alle hie ßen. Sie verfügten über die unterschied lichsten Kräfte, die sie alle in den Para block einbringen würden. 2500 Männer und Frauen saßen bereit und warteten darauf, dass die Sonne noch ein Stückchen höher stieg und den Zenit erreichte. Irgendwo außerhalb der Kreise stand Huslik Valting. Er sprach ihnen Mut zu, riet ihnen zur Gelassenheit. »Setzt euch keinem Zeitdruck aus. Euch steht der ganze Tag zur Verfügung. Orientiert euch an dem, was die ES-Mutanten euch mit teilen. Sie haben die Erfahrung, nutzt ihr Wissen!« Porfino hielt die Hand seiner Schwes ter. »Gestern Abend habe ich etwas Merk würdiges beobachtet«, sagte er. Sie legte ihm einen Finger auf die Lip pen. »Wir sollten uns jetzt auf das kon zentrieren, was vor uns liegt.«
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Sie hatte ja recht. Dennoch ... »Es könnte wichtig sein. Jetzt! Heute!« Parfina hörte ihm gar nicht zu. Valting hatte sich inzwischen in die äußerste Rei he integriert, zwischen Shanda Sarmotte und Rence Ebion. Die drei saßen immer zusammen. Es war ein Fehler, dass ich Valting ges tern Abend nicht informiert habe! Porfino hielt nach dem Gelbling Ausschau, aber der war unauffindbar. Er hätte jemanden fragen sollen, ob er den Gelbling kannte. Aber jetzt war es zu spät. Icho Tolot tauchte auf. Er schwebte von einer Silberkugel herüber. In der Hand des linken Handlungsarms trug er den Behälter mit der Psi-Materie aus NEO-OLYMP. Tolot nahm an dem ima ginären Mittelpunkt Aufstellung. »Ribald Corello wird mir das Zeichen geben, sobald ich den Behälter ein Stück öffnen soll. Alles andere ist eure Sache. Die Psi-Materie wird euch zusätzlich Kraft verleihen.« Porfino nickte. Sobald der Parablock hielt und auch nach längerer Zeit nicht schwächer wurde, lieferte die Psi-Mate rie den eigentlichen Kick, der den Block zu einer mächtigen Waffe werden ließ. Porfino warf einen Blick zum Himmel. Bald war es so weit. Wo war John Mar shall? Er würde sie führen. Er war der Kontaktmann während des Aufbaus des parapsychischen Bollwerks. Er hatte von Anfang an mit ihnen geübt, erst in den Zwanziger-Gruppen, dann in den Hun derter-Gruppen. Und ganz zum Schluss hatte er die Vereinigung zu den Tausen der-Gruppen geleitet. Die schwierigste Phase, alle inzwi schen 2500 Mutanten und »Funkenleute« unter einen Hut zu bringen, hatten die Telepathen gemeinsam geleistet, bis der Block optimiert war. Rings um Porfino breitete sich Gelas senheit aus. Nur Porfino wurde immer aufgeregter. »Ich muss dringend mit Valting spre
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chen«, flüsterte er. »Ich bin gleich wieder da.« Parfinas Hand klammerte sich an seine. Sie ließ ihn nicht los. Wütend sah er sie an, erntete ein heftiges Kopfschütteln. »Du hast Angst«, hauchte sie. »Feste schlucken, gleichmäßig durchatmen, Au gen zu!« Automatisch tat er, was sie ihn hieß. Ich bin ein Idiot. Wieso setze ich mich nicht darüber hinweg? Die Antwort kam von irgendwo gegen über aus den Kreisbögen. »Es ist gleich Mittag«, hörte er John Marshall sagen. »Wir fangen an. Schließt eure Augen, denkt nur an das mentale Band, das euch verbindet.« Porfino tat es, alle taten es. Tat der Gelbling es auch? Es war so leicht. Man lernte es durch schlichtes Probieren, nicht durch das Studieren von Speicherkristallen. Jeder tat es auf seine Weise, und jetzt, wo alle es konnten, war es so leicht. Das Band entstand von ganz allein. Das Raunen war da. Porfino empfand es als leises, gleichmäßiges Säuseln. Wie eine Welle lief es reihum, holte sich selbst ein, stabilisierte sich, baute sich schritt weise zu immer höheren Leistungen auf. Porfino konnte die psionische Kraft spü ren, diese mühsam gezähmte Energie. Wie hatten sie sich anfangs schwergetan, ein stabiles Level zu erzeugen. Jetzt funktionierte es wie von allein. Flüchtig dachte er an die ersten Tests, etwa den mit dem Stein. Solche Experi mente hatten sie im Dutzend wiederholt. Sie hatten nur das eine Ziel gehabt, den Geist für flüchtige oder schwache Wahr nehmungen zu sensibilisieren. Mit ande ren Übungen hatten sie ihn für die star ken, eindringlichen Impulse trainiert. Jetzt brauchten sie beides. Sie wussten nicht, was geschah, wenn VATROX-VA MU reagierte. Aus den Schilderungen Valtings und anderer wussten sie, dass sie der zurückschlagenden Psi-Energie hilf los ausgeliefert waren. Einige von ihnen
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hatte das getötet, die anderen hatten mit viel Glück überlebt. Das Geisteswesen war überall im Star dust-System. Es lauerte und wartete nur darauf, bis sie es wieder versuchten. Beim nächsten Mal konnten sie nicht mit Nach sicht rechnen. Körperlose Wesen waren in mancher Beziehung sehr eigen. So hatte John Mar shall es formuliert. Konzentrier dich! Das war kein eige ner Gedanke Porfinos. Es musste einer der ES-Mutanten sein. Von dem Gelbling geht Gefahr aus! Er erhielt keine Antwort, ging aber da von aus, dass der Telepath seine Mittei lung erhalten hatte. Porfino lauschte in sich hinein. Der Sprung auf das nächste energetische Le vel erfolgte. Wie viele es waren? Er hatte sie nie gezählt. Die Zahl variierte wahr scheinlich von Versuch zu Versuch. Das Potenzial baute sich auf, und die Funken drüben in der Säule stoben aufgeregter und immer heftiger. Echos in weiter Ferne erklangen: die Hyperkristalle der Howanetze. Sie ka men immer näher, wuchsen zu langen Schläuchen an, die mitten in seinem Kopf endeten. Etwas zehrte und fraß an den Hyper kristallen. Porfino zuckte zurück. In sei nem Bewusstsein war plötzlich eine Hand, die ihn sanft zu Seite schob. Wir warten! Er darf uns noch nicht be merken. Der Fresser konnte nur VATROX-VA MU sein. Er stärkte sich an den Hyper kristallen, saugte Kraft von dort. Wenn sie ebenfalls eine Verbindung schufen, merkte er es und griff womöglich an. Ein leises Prickeln entstand in Porfinos Bewusstsein. Bei einer der letzten Übungen waren sie schon einmal bis an diese Stelle gekommen. Porfino wusste, dass der Haluter jetzt den Behälter geöff net hatte, diese Büchse der Pandora. Ein bisschen Psi-Materie entwich und wurde gierig aufgesaugt.
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Bevor der Pool platzte vor Kraft, wech selte er auf den nächsthöheren Level. Im Augenblick befinden wir uns in einem Wettrennen mit VATROX-VAMU, verkündete die lautlose Stimme in sei nem Innern. Wir sind näher an der PsiMaterie, aber er hat die größere Erfah rung im Umgang damit. Kurz darauf kam noch eine Meldung, aber die bekam Porfino nur am Rande mit. Die Silberkugeln waren unterwegs. Whistler und Furtok wollten exakt auf ein vereinbartes Signal hin Angriffe auf Schiffe der Jaranoc über Aveda fliegen, vor allem auf den Hyperdim-Perforator. Aus dem Nichts sozusagen. Das würde VATROX-VAMU für ein paar Augenbli cke vom Wesentlichen ablenken. Das nächste Level. Sie waren schon verdammt stark. Por fino kam sich vor, als könne er allein das gesamte Universum aus den Angeln he ben. Sein Bewusstsein konnte vor lauter Kraft kaum noch denken. Weitere Psi-Materie floss ihnen aus dem Behälter zu, setzte die in ihr gespei cherte Energie frei. Die Macht des Para blocks wuchs erneut. Die Kräfte ad dierten sich nicht, sondern potenzierten sich jedes Mal.
Die Welt des
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Unsichtbare Psifühler griffen aus den Domen der vier Planeten auf das Sonnen system, formierten sich zu unsichtbaren Strängen rund um den weißgelben Stern. Porfino ahnte, dass seine Zeit gekom men war. Der Angriff stand unmittelbar bevor. Die winzigen Echos in der Ferne tauch ten wieder auf. Er entdeckte erneut den Sauger und Fresser, der bei seiner Mahl zeit gestört wurde. Die Hyperkristalle der Howanetze schlossen sich mit den Psi fühlern zusammen und suchten den Kon takt zu den Mutanten. Aus den Vorgesprächen hatte Porfino entnommen, dass VATROX-VAMU in diesem Augenblick erkennen würde, wo her der Angriff kam. Er versuchte zuzu stoßen, aber seine Kraft scheiterte an der Nebelwand. Er versuchte es sofort wie der, diesmal über seinen Anker. Das verzerrte Gesicht des Siganesen war zu sehen. Irgendwo zündete eine psi onische Bombe. Sie zerriss das Gesicht und schleuderte es weg. Aber dieses Mal blieb der Körper in seinem Roboter zu rück. Das psimaterielle Rieseln aus dem Be hälter wurde unangenehm. Porfino wur de schlecht, es lag an der Überdosis. Dann jedoch floss die Psi-Materie so schnell ab, dass ihm schwindelig wurde. VATROX-VAMU greift an! Unter dem Nebeldom tobten die psio nischen Energien. Porfino merkte, wie ihm die Haare zu Berge standen und ständig danach drängten, in den Himmel über der Insel zu fliegen, mit seinem Kopf daran. Er tat das, was sie wochenlang ge übt hatten. Stillhalten, den Level stabili sieren, nicht aus der Ruhe bringen lassen. Sie alle waren die Kraft, das Bollwerk. Für die Kniffe und taktischen Maßnah men sorgten die ES-Mutanten innerhalb des Parablocks. Die Wandung des Nebeldoms fing förmlich an zu kochen. Schwaden schos sen waagrecht davon, quer über die Insel,
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schlugen auf der gegenüberliegenden Seite ein. Porfino erlebte es auf mentaler Ebene mit. VATROX-VAMU versuchte mit allen Tricks, sie zu beeindrucken und aus dem Tritt zu bringen. Er wollte den Parablock sprengen. Und zuckte plötzlich zurück. Wahrscheinlich hatte er die ES-Mu tanten entdeckt. Und wusste, dass er es nicht nur mit ein paar ungeübten Men schen zu tun hatte. In diesem Augenblick begann der An griff aus dem Nichts gegen die Raumer der Jaranoc. Der Parablock gewann weiter an Kraft. Sie griffen an. Ihr Netz reichte mittler weile durch das gesamte Sonnensystem. Porfino wartete darauf, dass neue Energien in das Netz flossen. Stattdessen schwankte der Level, drohte der Para block ein Stück abzustürzen. Irgendwo steckte ein Fehler. Porfino durchzuckte es siedend heiß. Der Gelbling! Der Saboteur! Ohne dass es jemand gemerkt hatte, war es VATROX-VAMU gelungen, einen Saboteur einzuschleusen. Porfino, du störst den Block. Steig aus! Er brauchte sich gar nicht zu lösen. Sie überbrückten ihn, sodass er wie eine rei fe Frucht zu Boden fiel. Seltsam ruhig war es. Der Nebeldom kochte nicht, kein Geräusch war zu hören. Die goldenen Funken schwebten still. Icho Tolot rührte sich nicht, als Porfino schwankend auf stand, vorsichtig über die Schultern der anderen stieg und sich aus dem Reigen entfernte. »Gelbling!«, sagte er halblaut. »Zeig dich!« Er fand ihn leicht, weil er inzwischen wusste, wo er suchen musste. Wütend rannte er hinüber zur zylinderförmigen Säule. Wieder lag der Gelbling auf dem Bauch. Seine Hände steckten in der Ober fläche des Gebildes, aber auch jetzt wi chen ihm die goldenen Funken sorgfältig aus.
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Porfino packte ihn und riss ihn vom Boden hoch. Unbändige Wut erfüllte ihn. »Wieso sabotierst du uns?« Der Gelbling riss die Augen auf. »Was machst du da? Lass mich los. Ich habe dir nichts getan ...« »VATROX-VAMU hat dich konditio niert.« Der unverschämte Kerl gab ihm eine Ohrfeige. »Rühr mich nicht noch einmal an!« »Ich drehe dir den Hals um, klar?« Der Gelbling wich ihm aus. »Was willst du eigentlich?« »Du hast versucht, den Parablock zu zerstören.« »Du bist total verrückt. Ich versuche, etwas vom langen Leben zu erhaschen. Mehr nicht.« Porfino fühlte sich plötzlich wie vor den Kopf geschlagen. Er hätte früher darauf kommen müssen. Er war blind ge wesen. »Du bist gar kein Mutant?« »War ich nie. Ich war nur zufällig auf Talanis, als es passiert ist. Gerade als ich
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wieder abfliegen wollte, kamen die ersten Flüchtlinge an. Dann bin ich natürlich geblieben und habe mich ihnen ange schlossen. Sie hielten mich für einen von ihnen. Überprüft hat das nie einer.« »Entschuldige bitte. Ich hätte es besser wissen sollen.« Vom Parablock her erscholl ein viel stimmiger Schrei. Porfino ließ den Gelbling stehen und rannte davon. Was bin ich für ein Idiot! * Als er wieder im Block war, sah er als Erstes den Siganesen. Der Kopf fehlte, aber der Körper tobte und raste. Porfino begriff, dass VATROX-VAMU das Gar tengerät in die Nebelwand jagte, immer und immer wieder. Irgendwann war der Diskusaufsatz leer, und noch später war das ganze Ding verbogen und ver schwand. Porfino spürte, dass sie ganz nahe dran waren. Aber VATROX-VAMU war ver dammt stark.
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Kappt die Verbindung zu den Howa netzen!, dachte er. Vielleicht ist das der richtige Weg. Corello könnte ... Irgendwie hatte er das Gefühl, mit sei nen Vorschlägen offene Türen einzuren nen. Corello erzeugte mit seinen Super fähigkeiten Psi-Materie, die direkt in den Pool floss, ohne dass das Geisteswesen davon profitierte. Kräfte wurden gebün delt, die Hyperkristalle der Howanetze dienten nun als Reflektoren, fokussierten sie auf VATROX-VAMU! Aber da war auch noch eine andere Quelle, und sie schien Porfino aus der Säule zu kommen, vom Palast der Vier Himmel. Psi-Materie von ES, Kraft aus der Su perintelligenz? Konnte das sein? Woher beschaffte ES diesen Stoff? Aus sich selbst? VATROX-VAMU tobte. Das Geistes wesen musste ganz in der Nähe sein. Es versuchte mit aller Gewalt, auf dem Weg über den Hyperraum unter die Kuppel zu gelangen. Gegen die sechsdimensionalen Komponenten kam es nicht an. Im Parablock entstand ein glühender Fleck. Er wuchs rasch an. Wir brennen durch! Porfino wusste, dass es sie alle das Leben kostete. War es das wert? Er bejahte es. Der glühende Fleck erhielt Konturen, ein Trageroboter mit einem Haltegestell für einen riesigen Kopf. Dieser Kopf wa berte und loderte hoch in den Himmel. Telepsimatischer Zugriff!, sagte wieder die Gedankenstimme. Es war wie eine Initialzündung. Por fino wurde mental übergangslos blind, als Ribald Corello als Koordinator des Parablocks mit einem einzigen Schlag das gesamte Potenzial des Pools frei setzte. Gleichzeitig erweiterte der Pool sein Netz. Telepsimatischer Zugriff ..., dachte Porfino. Das ist eine Art Fiktivtransmit tereffekt. In seinen Gedanken hallte plötzlich ein furchtbarer Schrei. Dann fiel der Para
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block in sich zusammen, als hätte jemand den Stecker gezogen. Porfino schlug die Augen auf und sah Shanda Sarmotte an. Die Telepathin streckte die Arme gen Himmel. »Ich habe Botschaften vonVATROXVAMU empfangen, über seine Herkunft, seine Geschichte, sein Wirken, seine Ängste ... Habt ihr das auch mitbekom men?« Epilog Sie teilten Brot und Salz miteinander, Parfina, der Gelbling und er. Sie taten es zum Zeichen der Freundschaft, aber auch der gegenseitigen Wertschätzung. »Die letzte Wahrnehmung war, dass die Kegelstumpfraumschiffe über eine Dis tanz von mehreren tausend Lichtjahren wegkatapultiert worden sind«, sagte Por fino dann. »Mit VATROX-VAMU ist das selbe passiert. Und habt ihr in der Auf zeichnung aus der Felsennadel die Nova am Himmel über Aveda gesehen? Den Hyperdim-Perforator hat es zerrissen. Von dem Ding ist angesichts des PsiSturms nur Metallpulver übrig.« »VATROX-VAMU haben wir vertrie ben, das ist gut.« Der Gelbling nickte. »So schnell bauen die keinen zweiten Hy perdim-Perforator. Und so schnell schaf fen sie ihn auch nicht mehr unter den Sextadimschleier. Wie geht es all den Menschen?« »Whistler hatte CREST rechtzeitig vorher instruiert. Sofort nach dem fina len Schlag fingen die Roboter damit an, die Menschen über die Vorgänge in Kenntnis zu setzen. Es gab vereinzelt Pa nikreaktionen, aber die sind glimpflich ausgegangen. Keine weiteren Toten im Stardust-System.« »Bis auf einen«, ergänzte Parfina. »Vor einer Stunde sind die Trümmer des Gar tenarbeitsroboters und die sterblichen Überreste von Vorremar Corma ange schwemmt worden.«
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»Das gibt ein Staatsbegräbnis«, meinte Porfino. »Für diesen Schurken?« »Er ist nicht vorbestraft. Und er war mal Administrator. Die Regierung wird nicht umhinkönnen.« »Als ob das wichtig wäre.« Parfina schürzte ihren Schmollmund. »Die Visi onen Shandas und der anderen sind aus gewertet. Es sieht danach aus, als sei VATROX-VAMU indirekt für das Ver schwinden des PARALOX-ARSENALS verantwortlich, nach dem ES so verzwei felt sucht. Kommt jetzt, es ist höchste Zeit, Danke zu sagen.« Sie suchten die Säule auf, wo sich die ES-Mutanten bereits zwischen den gol denen Funken versammelt hatten. Es war der 30. April 1463 NGZ. Der Abschied ging ohne großes Hän deschütteln vor sich, was am Zustand
der meisten Mutanten lag. Sie waren er schöpft, konnten sich teilweise kaum noch auf den Beinen halten. Manche, wie etwa Corello und Mar shall, waren schon transparent, nur mehr Schatten ihrer selbst. Ihr letzter Appell ging an Rhodan: »ES stirbt! Rhodan muss das PA RALOX-ARSENAL bald herbeischaffen! Bis dahin versuchen wir, uns um ES zu kümmern ...« Während sie in der Säule der gol denen Funken verschwanden, öffnete sich der fünfte Himmel, das Tor nach Terra. Alle auf Talanis Anwesenden verloren kurzzeitig den Bezug zu ihrer Umgebung, während sich die Bilder ei ner Vision in ihr Bewusstsein dräng ten. Es war die Vision eines bedrohlichen Feuerauges, das alles verschlang ...
ENDE Der Palast der Vier Himmel hat einige Geheimnisse preisgegeben, und VATROX-VAMU musste feststellen, dass die Stardust-Menschheit nicht gänz lich ohne Hilfe dasteht. Mit dem Roman der kommenden Woche blenden wir um in die Galaxis An thuresta und deren Völker. Mehr davon berichtet Susan Schwartz in Band 2562, der unter folgendem Titel in einer Woche überall im Zeitschriftenhandel erhältlich sein wird: DIE TRYONISCHE ALLIANZ PERRY RHODAN – Erbe des Universums – erscheint wöchentlich in der Pabel-Moewig Verlag GmbH, 76437 Rastatt. Internet: www.vpm.de. Chefredaktion: Klaus N. Frick, Postfach 2352, 76413 Rastatt. Titelillustration: Dirk Schulz. Innenillustration: Dirk Schulz/Horst Gotta. Druck: VPM Druck KG, Karlsruher Str. 31, 76437 Rastatt, www.vpm-druck.de. Vertrieb: VU Verlags union KG, 65396 Walluf, Postfach 5707, 65047 Wiesbaden, Tel.: 06123/620-0. Marketing: Klaus Bollhöfener. Anzeigenleitung: Pabel-Moewig Verlag GmbH, 76437 Rastatt. Anzeigenleiter und verantwortlich: Rainer Groß. Zurzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 36. Unsere Romanserien dürfen in Leihbüchereien nicht verliehen und nicht zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden; der Wiederverkauf ist verboten. Alleinvertrieb und Auslieferung in Österreich: Pressegroßvertrieb Salzburg Gesellschaft m.b.H., Niederalm 300, A-5081 Anif. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie gewerbsmäßige Weiterverbreitung in Lesezirkeln nur mit vorheriger Zustimmung des Verlages. Für unverlangte Manuskriptsendungen wird keine Gewähr übernommen. Printed in Germany. August 2010 Internet: http://www.Perry-Rhodan.net und E-Mail:
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Kommentar
Mutanten und andere in ES (I) Schon beim Abschluss des (Ersten) Galaktischen Rät sels auf der Kunstwelt Wanderer war Ende Januar 1976 die erste Begegnung mit der Superintelligenz ES – da mals mangels weitergehenderer Informationen als Kol lektiv- oder Fiktivwesen umschrieben – mit der Er kenntnis verbunden, dass individuelle Körperlichkeit wie auch körperlicher Tod für eine solche Wesenheit eine ganz andere Bedeutung haben als für einen nor malen Menschen. Entitäten wie ES sind selbstverständlich nicht allmäch tig, aber das, was sie bewirken können, ist auch nicht ohne: Manipulationen von Raum und Zeit und parallelen Welten, von nahezu beliebigen Projektionsgestalten und Formen, von Masse und Energie. Nicht zu vergessen all die paranormalen oder paramechanischen Effekte, die den machtvollen Kollektivbewusstseinen entspringen. Der uralte Ausspruch Arthur C. Clarkes, dass eine aus reichend fortgeschrittene Technik letztlich nicht von Magie zu unterscheiden sei, gewinnt vor dem Hinter grund solcher Wesenheiten völlig neue Bedeutung. ES selbst wurde damals von John Marshall wie folgt beschrieben: Es ist eine in sich verwobene Gesamtheit, ein psychisch lebendes, überdimensioniertes Gemein schaftswesen aus vielen Milliarden Einzelpsychen. Neh men Sie ruhig an, eine ganze Rasse hätte ihre Stofflich keit aufgegeben, um nur noch in geistiger Form zu existieren. Es handelt sich um ein gewolltes Aufgeben der Körperlichkeit nach einem unsagbar langen Leben, das ein Organismus in seiner rein stofflichen Form wahr scheinlich doch nicht mehr länger ausgehalten hätte. ES bleibt ES! Egal ob es sich nun um Milliarden entstoff lichte Gehirne handelt oder nur um ein einziges: Es ist ES. (PR 19) Bereits hier wurde die neben der individuellen Körper lichkeit mögliche geistige Existenz als »reines Bewusst sein« betont. Das galt nicht nur für ES im Sinne eines »abgeschlossenen Systems«, sondern ging gerade mit Blick auf dieses geistige Kollektiv auch darüber hin aus – markant vor Augen geführt durch ein im Rahmen der Lösung des Galaktischen Rätsels in Erscheinung tretendes »Phänomen«, das inzwischen vielfach auf trat –, ohne dass die damit verbundenen Konsequen zen in den Romanen je intensiver beleuchtet worden wären ... Gemeint ist das, gern als Ausdruck des »bizarren Humors« von ES angesehene, Auftreten jener Person, das tatsächlich deutlich mehr bedeutet. Mit dem Revolver
helden Piet Rawland – namentlich eingeführt erst mit PR 1544/PRC 1544 –, dessen Brust zwei blutverkrus tete Einschüsse aufwies und der »nur in seiner Zeit umgelegt« werden konnte (PR 19) – und zwar nur durch den inzwischen berühmt-berüchtigten Colt Peacema ker –, verdeutlichte ES seinen Besuchern, dass Einzel personen zu einem integrierten Bestandteil seiner selbst werden können. Selbst wenn Piet Rawlands damaliges Auftreten ein Einzelfall geblieben wäre, müsste an der Inszenierung insofern gezweifelt werden, weil sie bei näherer Be trachtung jeden Respekt vor einem Toten zu vermissen scheint. Inzwischen aber ist der Revolverheld derart häufig in Erscheinung getreten, dass er längst als Be standteil von ES betrachtet werden muss: Der körper lich tote Texaner ist somit eine jener Personen, die ES im Laufe der Zeit in sein geistiges Kollektiv aufgenom men hat. Ein anderes Beispiel ist Earl Guye of Llandrin dod, dem Atlan einst auf der Erde begegnete und den Perry Rhodan und Reginald Bull später auf Wanderer trafen (PR 69; späteres Auftauchen in PR 1500 und PR 1993). Welches Auswahlverfahren dem zugrunde liegt – ob nun wie beim »Exodus der Mutanten« die »positive energetische Substanz paranormaler Natur« eine Rolle spielt (PR 968) oder nur die persönliche Laune der Su perintelligenz –, wird wohl das Geheimnis von ES blei ben. Fest steht, dass ES eingreifen kann, es auch wie derholt getan hat und vermutlich auch weiterhin tun wird – sofern ES als Ganzes überlebt ... Wie sich beim Vorstoß in den Kessel von DaGlausch im April 1291 NGZ herausgestellt (PR 1993) und beim jüngsten Besuch Rhodans auf Wanderer bestätigt hat (PR 2522), wurden etliche Mutanten und andere Per sönlichkeiten nach ihrem körperlichen Tod aufgenom men: Anne Sloane, John Marshall, Rakal und Tronar Woolver sowie später Ras Tschubai und Fellmer Lloyd. Dieser Aufnahme vergleichbar, aber in der Wirkung noch darüber hinausgehend, war jener Vorgang, bei dem am 2. September 3581 zeitweilig die rund 20 Mil liarden Menschen beim Sturz der Erde durch den Schlund Teil von ES wurden (PR 749) – die späteren Konzepte. Hierbei beschränkte sich der Vorgang näm lich nicht auf das Bewusstsein, sondern die Menschen wurden »mit Haut und Haar«, nämlich auch mit ihren Körpern, »geschluckt«. Rainer Castor
Leserkontaktseite Vorwort
die »Neue Welt des Perry Rhodan« ist da. Die Redaktion hat die Einsteiger-Broschüre in die Serie aktualisiert. Mit erneut erweitertem Umfang präsentiert sich unser Einsteigerheft »Die Welt des Perry Rhodan«. Auf über vierzig farbigen Seiten erklären wir darin das Phäno men PERRY RHODAN – für Einsteiger, Leser und Fans. Ihr könnt euch die Broschüre als PDF herunterladen. Wer Papier bevorzugt, schreibt an: Pabel-Moewig Verlag GmbH PERRY RHODAN-Kommunikation Karlsruher Straße 31 76437 Rastatt Bitte € 1,45 Rückporto beifügen und den Absender nicht vergessen. Die Broschüre wird euch dann umge hend zugesandt.
beliebter Roman »Agent für Terra« bildete im Früh sommer 2009 den Auftakt für die Rei he der PERRY RHO DAN-Planetenro mane – jetzt folgt »Safari ins Unge wisse«. Der Roman ist in der Frühzeit des Solaren Imperiums angesiedelt, im Jahr 2025. Die Erde ist Zentrum eines winzigen Sternenreichs, das sich komplett im Verbor genen hält; nur wenige Raumschiffe stoßen in die Ga laxis vor.
Und noch was Leckeres obendrauf: In diesen Tagen erscheint das achte PERRY RHODAN-Taschenheft mit einem »Planetenroman« von Hubert Haensel. Sein
Das Taschenheft umfasst 160 Seiten und kostet 3,90 Euro (in Österreich 4,50 Euro, in der Schweiz 7,60 Schweizer Franken).
Liebe Perry Rhodan-Freunde,
Zur aktuellen Handlung Bernhard Rösen,
[email protected] Die Handlung wird immer besser, fantastischer und rätselhafter, gerade im Bezug auf ES. Wann treten die Typen/Wesen in Erscheinung, die das PARALOX-ARSE NAL gestohlen haben und keine Freunde der Terraner sind? Es gibt Spekulationen, dass ES die Stardust-Mensch heit als Bewusstseinspotenzial braucht. Ich würde das nicht gutfinden, denn das hatten wir schon einmal mit den Konzepten. Persönlich war ich sehr froh, dass die Konzepte ab Roman 1799 von ES unabhängig wur den. Besonders interessant fand ich damals das PR-Ta schenbuch von Kurt Mahr, »Das Parachron-Attentat«, in dem Julian Tifflor in verschiedene Universen verschla gen wurde. Ein interessanter Stoff, wie ich meine, auch für die Haupthandlung.
Bei den Dieben des PARALOX-ARSENALS hoffe ich noch immer auf die Meister der Insel. PARALOX-ARSENAL: Bitte noch ein klein wenig Geduld. Wenn du das Ende der LKS der vergangenen Woche liest, scheint es gar nicht weit weg zu sein. Werner Hohmann,
[email protected] Band 2554 ist das absolute Tief und an Langeweile kaum zu überbieten. Da ist Kleinkinderliteratur span nender. Nach einem absoluten Tief kommt auch wieder ein absolutes Hoch. Das Verblüffende in diesem Fall: Es geht um ein und denselben Roman. Wer hätte das ge dacht ... Martin Willmann,
[email protected] Gerade habe ich Band 2554 gelesen und finde, dass Leo Lukas mal wieder einen Volltreffer abgeliefert hat.
Leserkontaktseite
Dieses Heft dürfte auch beim gegenwärtigen terra nischen Pontifex auf dem Index stehen. Zu den Leserbriefen: Bernd Rösen spekuliert das Thema »Mögliche Wieder kehr der Meister der Insel« noch einmal aus. Ich selbst bin froh, dass es dazu nicht kommen wird, denn der Zyklus war bereits damals nicht mein Favorit und fiel gegenüber dem nachfolgenden M-87-Zyklus erheblich ab. Wenn man sich das Ganze heute in den Silberbän den nochmals durchliest, fällt es noch mehr auf. Gut, dass die Andromeda-Handlungsebene ohne dieses Comeback erst einmal abgeschlossen wurde. Rainer Pirkner,
[email protected] »Bitterdringend sollen sich die Brösel seines Informati onslaibs im Gewirbel und Getänzel eines Universums zu Clun’stal nach seinem Solitärschlaf trotz seiner amorphen Müdigkeit adhäsieren, nienimmerlich durfte er sich von unstrahligen Gedanken verwirren lassen, obwohl sich sein Meister spitzzornig unnahbar gab und der stumpfkörnige Geschmack und falschkantige Duk tus der Sprache klirre Frostigkeit und einen Panikkeim in ihm erblühen lassen. So klirrt er erst mal einige Dut zend Seiten leise vor sich hin ...« (2551) Mit diesen schrägen, kantigen Vokabeln kann ich mich umso mehr in so einen kristallenen Silikathaufen ein fühlen, der sich nach einem langen Schlaf in alle Ritzen verteilt wiederfindet und sich aus der Staubform zu etwas Ganzerem zusammenfügt. Danke für diese schönen Wortschöpfungen, Michael! Seitdem ich als Jugendlicher die gute alte Eiswelt von Hal Clement gelesen habe, faszinieren mich Romane, die aus einem fremdartigen, nicht humanen Blickwin kel geschrieben sind. Am schönsten und mitreißends ten sind diese Schilderungen, wenn auch die Sprache daraufhin angepasst wird. Weiter so, Michael Marcus Thurner! Juerg Schmidt,
[email protected] Ich habe soeben Band 2550 »Die Welt der 20.000 Welten« von Michael Marcus Thurner gelesen. Begeistert hat mich das farbige PERRY RHODAN-Journal; die fan tastischen Fotos hätten ruhig noch größer sein dürfen. Den Roman selbst fand ich in den Passagen, in denen es um die Psi-Sphäre ging, wenig anschaulich. Dass auf die Hyperimpedanz noch etwas draufgesattelt und selbst die Hightech der JULES VERNE ausgeknipst
wurde, rief bei mir ebenso ein Déjà-Vu (samt folgender
Langeweile) hervor wie der umpfzigste Aufguss einer
Thora-Inkarnation (Wie oft hatten wir das? Endlose-
Armada-Zyklus, der Herr der Toten, Cantaro etc. pp.).
An und für sich mochte ich das Konzept der Psi-Folien,
aber es hätte zur Abwechslung ruhig einmal Mory oder
Orana sein können. Oder Deborah Rhodan, wenn’s
schon hübsch traumatisch sein soll.
Immerhin wird ein wenig Licht auf ein Rätsel geworfen,
das mich bereits seit Jahren beschäftigt:
Daniel C. Würl,
[email protected] Das Gemetzel in Andromeda tat richtig gut. Nach tau send kleinen Nadelstichen im Übermaß (TRAITOR) tut es gut, wenn der Feind mit relativ konventionellen Mit teln geschlagen wird und sich auch (vermeintlich) kleinkriegen lässt. Allein schon die Verlustmeldungen nehmen den betrof fenen Romanen wieder die Schärfe. Die Zahlen sind zu groß für den Verstand. Wer kann sich Hunderttausende Tote vorstellen? Irgendwann setzt das Begreifen aus, und jeder weitere Verlust ist so gut wie keiner. An diesem Punkt der Rückbesinnung auf das Individu um tritt der Wahnsinn des Krieges deutlicher zu Tage als in jeder Brutalität. Die nüchtern eingestreuten Zah len sind der moralische Zaunpfahl, welcher mit Wucht das Gesicht trifft. Gut ist hier Atlan, welcher die Dinge mit der ihm eigenen Härte durchzieht. Dies lässt Perrys »pazifistischen« Geist weiterhin glaubwürdig bleiben, ohne auf den »Wumms« verzichten zu müssen. Sinnafoch bleibt interessant. Ich weigere mich, ihn in die »böse« Ecke zu stellen. Nach dem Maßstab der Frequenz-Monarchie ist er das gewiss nicht. Man mag ihm noch seine Gesinnung aus Band 2500 anrechnen, als er die Terraner in Ruhe lassen wollte, gäben sie ihm nur den Hof zurück (frei aus dem Gedächtnis, der Sach verhalt mag geringfügig anders sein). Es ist gut, wenn das »Gut-Böse-Schema« nicht perfekt sitzt. Die charakterlichen Wandlungen Sinnafochs in Bezug auf die Wiedergeburt sind ebenfalls spannend ge schildert und zeigen, dass er erst zu dem gemacht wurde, was er jetzt ist. Wie viel von den »alten« Sin nafochs steckt noch in ihm, und was passiert, wenn diese hervorbrechen?
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Wie loyal ist unser Meisterstratege, wenn er merkt, wie sehr er missbraucht wurde? Inwiefern sind die Vatrox selbst Opfer der FrequenzMonarchie? Diese wiederum scheint Opfer ihrer Vergangenheit zu sein. Die Angst vor Vernichtung züchtet die schlimms ten Vernichter (wie die terranische Geschichte nur allzu deutlich macht) ... Drückt Kruuper im Übrigen mein Beileid aus. Die Romane zur Zyklushalbzeit brauchten ein wenig bei mir, da sie mich zu sehr an den Planeten Horror im MdI-Zyklus erinnerten. Ihn habe ich als »Werfen wir mal ein paar willkürliche, extrem unglaubwürdige Fal len in einer Hohlwelt zusammen, der Feind käme nie auf die Idee, unerwünschte Gäste einfach in die nächs te Sonne abzustrahlen ...« im Kopf. Details wie die Thora-Folie lockerten dies auf, gleich wohl ich mir mehr »Gezicke« zwischen Thora und Mondra gewünscht hätte. Die chronistisch angekündigte Charakterwandlung Perrys macht mir Sorgen, da dessen Person sich im Lauf der Serie zwar stetig, aber nur sanft veränderte. Hoffen wir das Beste. Der gute alte Bostel wiederum ist mir im Übrigen auch sehr sympathisch – ein Mann mit Prinzipien, welcher die Wahl der Mittel oftmals zu flexibel gestaltet. Er erinnert mich an einen gewissen Major der Space Force zu Frühzeiten eines gewissen Sternenreiches, wenn auch die Wahl der Mittel unserem Verständnis von Gut und Böse mehr entsprach. Gerade bei anderen Völkern wie den Arkoniden, Ako nen, der Frequenz-Monarchie finde ich den »terra nischen« Maßstab in Sachen Moral oft daneben. Der Europäer steht ja auch nicht selten vor Szenen der asiatischen Mentalität (Harakiri und deren Ehrver ständnis im Allgemeinen) und schüttelt den Kopf, wäh rend die das, was sie tun, ganz fein finden. PS: Können wir nicht den Post-Alien wieder auf die LKS knallen? Zwischen dem grauen »Vorwort«-Balken und dem Text lässt sich noch Platz freischaufeln ... Grins! Wenn dir der Hintern vom Kontaktknilch lieber ist als mein Gesicht ... Keine Sorge, ich schreibe das nur, weil es gut auf den nächsten Brief überleitet, der sich unter anderem mit ebendiesem Foto be fasst.
(Fast) Ohne Worte Herbert Balasin,
[email protected] PERRY RHODAN lese ich seit Band 719. Von den Inhal ten beziehungsweise den Autoren bin ich manchmal mehr, manchmal weniger begeistert. Für mich hatte die Serie ihren Höhepunkt unter der Ägide von Willi Voltz, der wie kein anderer Humanität mit Fantastik zu verbinden verstand. Auf die Gegenwart bezogen freut es mich, dass Uwe Anton jetzt die Exposé-Redaktion leitet. Seine Erzäh lungen zum Land Dommrath zählen für mich zu den besten Romanen neueren Datums, und dies setzt sich auch im aktuellen Polyport-Anthurianer-Zyklus fort. Jetzt aber zum eigentlichen Grund meines Schreibens. Die Leserbriefseite wurde aus mir nicht nachvollzieh baren Gründen vom Anfang des Heftes auf das Ende verlegt. Dabei fand ich es nett, vor der eigentlichen Lektüre als eine Art Einstimmung einige Kommentare zu älteren und vorangegangenen Romanen zu lesen. Dies allein wäre allerdings noch kein Grund für eine Zuschrift gewesen. Jetzt prangt das meines Erachtens wenig erfreuliche Foto des Leserbriefredakteurs zusätzlich auf dieser Seite, was doch einiges an Platz für Zuschriften kostet. Nichts gegen Herrn Ellmer, aber würde nicht auch der Autor des jeweiligen Romans sein Konterfei zu Beginn verdienen? Und da wären ja noch Risszeichner und Herr Castor für den Kommentar ... Man sieht, wohin das führt. Außerdem scheint die Leserbriefseite neuerdings zur Monopolmeinungspublikation eines gewissen Herrn Wuetherich (nomen est omen) verkommen, welcher in jedem der letzten drei Bände (2551 bis 2554) Mei nungen veröffentlichen durfte, in 2553 sogar zweimal. Ich finde, das reicht. Hat Herr Ellmer, der wohl für die Redaktion der Seite verantwortlich zeichnet, ein per sönliches Naheverhältnis zu diesem Herrn, oder ist es sein Pseudonym? Sollte man die Leserbriefseite nicht gleich in »Post von Wuetherich« umbenennen? Ich bitte Sie daher, im Hinblick auf eine faire Behand lung von Leserzuschriften diese Zustände abzustellen. Gehen Sie ruhig mit gutem Beispiel voran! Namensver unglimpfungen sind nicht gerade das, was Ihre Mut maßungen glaubhaft erscheinen lässt, mag das Wort
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spiel noch so verlockend sein. Der genannte Leser, den
ich persönlich nicht kenne, heißt Wuethrich, nicht
Wuetherich.
Wenn Sie zur Vielfalt auf der LKS beitragen wollen,
herzlich gern. Schreiben Sie uns bald wieder!
Cliffhanger und Füllromane Daniel C. Würl,
[email protected] Die Struktur der Serie ist darauf ausgelegt, mit einem Cliffhanger zu enden, da ein Kaufanreiz für die nächste Woche existieren muss. Dies führt zur Auflösung der »klassischen« Einleitung-Höhepunkt-Ausklang-Struk tur, da niemand fünf Hefte Ausklang lesen möchte. Wenn jede Woche ein neuer Höhepunkt käme, gingen sie alle unter. In letzter Konsequenz erwächst daraus der Zwang, den Gegner am Ende vollkommen überraschend zu besie gen, was wiederum in der »Tausend-kleine-Nadelsti che-Strunktur« endet. Und sosehr ich den hintersin nigen Feingeist zwischen den Zeilen liebe, bleibt PR am Ende Belletristik und soll gefälligst unterhalten. Das ist auch mein ganz persönliches Plädoyer für »Füll romane«, da mir auch diese die Zeit gut vertreiben. Cliffhanger spielen in einer Serie wie PERRY RHODAN in der Tat eine wichtige Rolle. Was deine Meinung zu »Füllromanen« oder »Lückenfüllern« angeht, bist du nicht allein, wie der folgende Brief zeigt.
Martin Koet,
[email protected] »Lückenfüller« ist ein sicher nicht beliebtes Wort, aber trotzdem ein richtiges, wenn man es nur auf die Fort führung der Haupthandlung bezieht. Dass es sie gibt, ist unbestreitbar. Man sieht es immer sehr schön an den Silberbänden. Bei den letzten Ausgaben, die ich las, waren durchaus Sprünge von mehreren Romanen da bei, die für die globale Handlung ausgeblendet werden oder sich gerafft auf einer Seite wiederfinden. Ich persönlich mag diese Romane sehr, weil sie den Autoren aus meiner Sicht mehr Freiheiten in der Gestal tung erlauben, sei es bei der Beschreibung von sozialen Gesellschaften, einzelnen Personen oder Land schaften. Bei den Silberbänden bitte ich einen ganz wichtigen Aspekt zu berücksichtigen. Es werden thematisch zu sammengehörende Romane in einem Buch veröffent licht. Die Romane dazwischen könnnen in einem vor herigen oder folgenden Buch enthalten sein. Es ist also keine strenge Chronologie entsprechend den Heftnum mern vorhanden. Allerdings, das hast du richtig gese hen, tauchen ab und zu Romane in stark geraffter oder zusammengefasster Form auf. Das war’s für diese Woche. In den nächsten Tagen werfe ich ab und zu einen Blick ins Neue Galaktische Forum. Wenn ihr den einen oder anderen Thread zu dieser LKS aufmacht, diskutiere ich gern mit.
Zu den Sternen!
Euer Arndt Ellmer • Pabel-Moewig Verlag GmbH • Postfach 2352 • 76413 Rastatt •
[email protected]
Impressum Alle abgedruckten Leserzuschriften erscheinen ebenfalls in der E-Book-Ausgabe des Romans. Die Redaktion behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen oder nur ausschnittsweise zu übernehmen. E-Mail- und Post-Adressen werden, wenn nicht ausdrücklich vom Leser anders gewünscht, mit dem Brief veröffentlicht.
Glossar Altmutanten Während der sogenannten Second-Genesis-Krise kamen unter anderem acht Mutanten ums Leben: Kitai Ishibashi, Tako Kakuta, Ralf Marten, André Noir, Son Okura, Wuriu Sengu, Betty Toufry und Tama Yokida. In höchster Not gelang es den Sterbenden jedoch, ihre Bewusstseinsin halte im Hyperraum aufzufangen und zu konservieren. Erst im Jahr 3444 alter Zeitrechnung gelang den Altmu tanten wieder der Kontakt zur Menschheit – in diesem Fall über das PEW-Metall auf dem Planeten Asporc. Ihre Aktivitäten lösten zahlreiche Krisen aus, unter ande rem übernahmen sie den Supermutanten Ribald Corello und zwangen den Transmittergeschädigten Alaska Sae delaere in ihre Dienste. Erst nach zahlreichen Problemen fanden die Altmutanten im PEW-Block von Wabe 1000 eine neue Heimat. (Nachzulesen ist dies alles in den PER RY RHODAN-Büchern 64 bis 67.) Später wurden die Altmutanten mit Wabe 1000 nach Gäa transportiert, um sie dem Zugriff der Laren zu entziehen. Im Jahr 3587 gingen sie dann in ES auf. Funkenleute Mit der vereinfachten Bezeichnung »Funkenleute« wer den innerhalb des Stardust-Systems vor allem jene Men schen bezeichnet, die entweder vom »goldenen Funken regen« getroffen wurden oder Kinder von solchen Personen sind. Das Phänomen des »goldenen Funkenre gens« kam in der Anfangszeit nach Besiedlung des Sys tems deutlich häufiger vor; inzwischen ist es seit Jahren nicht mehr aufgetreten. Dennoch gibt es 3119 offiziell registrierte Personen, die getroffen wurden. Einige davon sind tot. Kinder, deren beide Eltern vom goldenen Funkenregen getroffen wurden, sind Mutanten mit starken Parakräf ten; in den meisten Fällen wurden sie sich dieser Kräfte erst bewusst, als sie die Impulse der Wesenheit VATROX VAMU wahrnahmen. Leyden, Tyll Der terranische Wissenschaftler fand im Jahr 2327 alter Zeitrechnung die wichtigsten Zusammenhänge zwischen den Schreckwürmern, dem Molkex und dem Suprahet heraus. Dadurch konnte er die Galaxis vor einer Katastro phe bewahren; seine Forschungen lieferten darüber hin aus die Hintergründe für ein Waffensystem, das die Mol kex-Panzer der Blues-Raumschiffe brechen konnte. Nach seinen Arbeiten, die er im Zuge der Blues-Krise absolvier te, war er jahrelang im Dienst der Explorer-Flotte tätig. Viel bekannt ist nach wie vor nicht über den Wissenschaft
ler, der Ende des 23. Jahrhunderts geboren wurde. Er galt als Phlegmatiker, der nur das Nötigste sprach und der gern in Ruhe gelassen werden wollte. Gleichzeitig war der jun ge Mann von einer Genialität, die andere verblüffte. Tarba, Kardo Der Soldat der Jaranoc wurde im Jahr 1389 NGZ gebo ren, ist zur Handlungszeit also 74 Jahre alt und damit noch ein junger Jaranoc. Er ist 2,55 Meter groß und wiegt unter Standardgravitation rund 610 Kilogramm. Wie alle anderen Jaranoc ist auch er wuchtig und mus kulös gebaut: Zwei kräftige, sechszehige Beine stützen den Rumpf, dazu kommen zwei ebenfalls kräftige Arme mit sechs Fingern. Der Schwanz des Jaranoc durchmisst rund fünf bis sieben Zentimeter und wird fast zwei Meter lang; er ist extrem beweglich und sehr kräftig, und Kardo Tarba kann ihn wie einen zusätzlichen Arm verwenden. Sein Kopf sitzt auf einem kurzen Hals und wirkt keilför mig. Vorne läuft er in einem kräftigen, gebogenen Schna bel von meist brauner Farbe aus. Jaranoc haben keine Zähne, sondern einen scharfen Schnabelrand im Mund. Von der breiten Stirnwölbung des Kopfes folgt der Über gang zum fingerdicken, nach innen gebogenen knöcher nen »Nackenschild« von grob halbrunder Form. Aus dem Schläfenbereich entspringen beiderseits lange, spitz zu laufende rotbraune Überaugenhörner. Tarbas Augen durchmessen gut 15 Zentimeter; sie sind gewölbt und von faltigen Hautringen umgeben. Für einen Terraner wirken sie wie die eines irdischen Chamäleons. Die dunkelbraune Haut des Jaranoc ist durchsetzt von Hornplättchen und kleinen Hornschuppen sowie von der Lederhaut gebildete Verknöcherungen und »Platten« ins besondere an Rücken, Brust, aber auch an Armen und Beinen. Kardo Tarba ist Soldat aus Überzeugung. Er kam als er fahrener Jar – also als Offizier – ins Stardust-System, und ihm unterstand eine komplette Division mit insge samt rund 10.000 Soldaten und rund 300 Kampfgleitern. Wie die meisten Jaranoc ist er stolz, kriegerisch, meist energisch und zupackend bis hin zu einer aggressiven Grundhaltung. Zum kriegerischen Wesen gehört aller dings auch ein ausgeprägter Ehrbegriff. Tarba ist einer der wenigen Jaranoc, die sich bewusst in Kampftrance versetzen können – es handelt sich hierbei um einen Trancezustand, der seinen Geist erweitert, sämtliche Sinne schärft und auf das gesamte zur Verfü gung stehende Potenzial zurückgreift. Hierbei nutzt er Fähigkeiten, die kaum von Paralkräften zu unterscheiden sind. Die Kampftrance endet erst, wenn sich Tarba be wusst aus ihr löst.