Rogier Crijns · Nina Janich (Hrsg.) Interne Kommunikation von Unternehmen
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Rogier Crijns · Nina Janich (Hrsg.) Interne Kommunikation von Unternehmen
VS RESEARCH Europäische Kulturen in der Wirtschaftskommunikation Band 6 Herausgegeben von Prof. Dr. Nina Janich, Technische Universität Darmstadt Prof. Dr. Dagmar Neuendorff, Åbo Akademi, Finnland Dr. Christopher M. Schmidt, Åbo Akademi, Finnland
Die Schriftenreihe verbindet aktuelle sprachwissenschaftliche, betriebswirtschaftliche, kulturwissenschaftliche und kommunikationstheoretische Fragestellungen aus dem Handlungsbereich der Wirtschaft. Im Kontext einer interdisziplinär verankerten und interkulturell angewandten Forschung sollen wissenschaftlich fundierte und praxisnahe Problemlösungsstrategien für die Wirtschaftskommunikation geschaffen werden. Auf diesem Wege wird auch eine Überwindung traditioneller Fachgrenzen zur Erhöhung des Erkenntnisgewinns für die einzelnen Disziplinen angestrebt.
Seit Januar 2008 erscheint die Reihe, die bisher beim Deutschen UniversitätsVerlag angesiedelt war, im Programm VS Research des VS Verlags für Sozialwissenschaften.
Rogier Crijns · Nina Janich (Hrsg.)
Interne Kommunikation von Unternehmen Psychologische, kommunikationswissenschaftliche und kulturvergleichende Studien 2. Auflage
VS RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2005 2. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Christina M. Brian / Dr. Tatjana Rollnik-Manke VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-16397-0
Inhalt Einleitung 1
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Kommunikation im Unternehmen
Corinna Semling Information und Kommunikation in Organisationen – eine Facette der Organisationskultur: Ein verhaltensorientierter Ansatz zur Analyse der Kultur in Organisationen
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Ulrich Graner Erfassung und Analyse subjektiver Eignungstheorien: Eine explorative Untersuchung zur Fundierung betrieblicher Personalentwicklung
37
Silke F. Heiss Communities of Practice als Wissensmanagementmethode zur Förderung des Wissensaustauschs: Eine Analyse der motivationalen Faktoren
75
Alexandra Frauenholz Die „ganze Welt“ von Siemens? Selbstdarstellungsstrategien des Unternehmens in der Mitarbeiterzeitschrift SiemensWelt
2
111
Interne Kommunikation unter internationaler Perspektive
Maurits Willemsen Culture and Communication in a Multinational. An Investigation into the Global and Local Aspects in the Internal Communication of a Multinational
151
Tryggve Söderblom Language as a barrier for accounting harmonization in Europe
171
3
Kommunikation in Konflikten: Fusionen und Kooperationen
Mascha van de Kuit & Dirk de Natris Interne Kommunikation bei Insourcingdeals
205
Verena Stengel Der nationale Fusionsprozess als unternehmenskultureller Schock?
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Einleitung Wie schon im ersten Band der Reihe „Europäische Kulturen in der Wirtschaftskommunikation“ wird auch in diesem Sammelband Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern verschiedener Disziplinen die Möglichkeit geboten, ihre Diplom- und Magisterarbeiten in zusammengefasster Form zu veröffentlichen. Viele solcher Arbeiten können auf der Basis kleinräumiger, aber sorgfältiger empirischer Studien interessante Beiträge zur Forschung liefern, finden aber in der Regel leider kaum Beachtung über die Grenzen der eigenen Universität hinaus. Forschungsergebnisse dieser Art einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und dem wissenschaftlichen Nachwuchs ein interdisziplinäres Forum zu bieten, ist Aufgabe des vorliegenden Bandes. Alle hier versammelten Arbeiten gruppieren sich um den Themenbereich „Interne Kommunikation“ und beleuchten diesen aus verschiedenen Perspektiven. In einem ersten Abschnitt geht es um Aspekte der internen Unternehmenskommunikation und der damit zusammenhängenden Unternehmenskultur: CORINNA SEMLING (Regensburg) widmet sich aus organisationspsychologischer Perspektive der Frage nach dem Stellenwert von Kommunikation und Information im Rahmen der Organisationskultur. Auf der methodischen Basis einer systematisierten Verhaltensbeobachtung und mit Bezug auf die integrativen Modelle zur Organisationskultur von Hatch (1993, 2000) und Szabo (1998) entwickelt sie ein Kategoriensystem, das der Erfassung und Beschreibung von Organisationskultur ebenso wie der Organisationsentwicklung dienen kann. Durch einen modularen Aufbau (= Kultur der Zusammenarbeit, Führungskultur, Informations- und Kommunikationskultur, materielle Symbole, propagierte Organisationskultur) wird das Kategoriensystem zu einem flexiblen Instrument, das an unternehmensspezifische Erkenntnisinteressen angepasst werden kann. ULRICH GRANER (Regensburg) stützt sich in seinem Beitrag auf eine Fallstudie bei der Knorr Bremse AG zu subjektiven Theorien über Mitarbeitereignung. Mit Hilfe von Experten-Interviews, die auf der Basis der „Methode kritischer Ereignisse“ und der „Repertory-Grid-Technik“ entwickelt und ausgewertet werden, erhebt der Autor Eignungskriterien für den unternehmerischen Arbeitsbereich. Aus der Vielfalt dieser Kriterien, die von den Befragten in der
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Einleitung
Regel mit konkreten Anforderungssituationen verbunden werden, lässt sich ein Anforderungsprofil von persönlichen, teamarbeitsbezogenen und sozialen Kompetenzen ableiten (z.B. Gesprächs- und Verhandlungsführung, Wissen und Erfahrung, Teamfähigkeit, Informationsmanagement, Problemlösung, Beziehungsmanagement, Durchsetzungsfähigkeit), so dass sich mit dieser methodenkritischen Studie auch das Potenzial von subjektiven Eignungstheorien für die Personalentwicklung erweist. SILKE F. HEISS (Regensburg) untersucht in ihrer Fallstudie Wissensmanagement in Form von „Communities of Practice“ (CoP) bei Siemens/ Infineon. Durch Interviews werden die in der Literatur genannten Aspekte, die zur Teilnahme an CoPs motivieren, überprüft und modifiziert, durch Fragebögen erfolgt eine Bewertung und Gewichtung dieser Motive durch CoPTeilnehmer selbst: So zählen zu den sechs höchstbewerteten Motiven Wissenserwerb und Lernen, Homogenität der Mitglieder, Sinngebung, Gerechtigkeit, Autonomie und sozialer Vergleich. Die hier vorgenommene empirische Motivationsforschung dient damit nicht nur einer Diskussion der Praxisrelevanz solcher Communities, sondern bietet zugleich nützliche Hinweise zu einer sinnvollen Einrichtung von „Communities of Practice“. Im Beitrag von ALEXANDRA FRAUENHOLZ (Regensburg) stehen die Strategien der Selbstdarstellung von Unternehmen im Medium Mitarbeiterzeitschrift im Vordergrund. Anhand mehrerer Jahrgänge der Mitarbeiterzeitung „SiemensWelt“ wird die Vielfalt der Strategien ebenso eruiert wie ihre Multifunktionalität im Unternehmen (Kontakt, Information, Motivation, Imagebildung). Durch die Analyse von Leserbriefen, die sich immerhin zu über 50% kritisch zu den Instrumentalisierungen des Mediums und der Darstellungsweise (Sprachwahl, Dramatisierung, Korrektheit und Klarheit) äußern, wird das Feedback der Mitarbeiter untersucht. Das Zulassen kritischer Stimmen in Mitarbeiterzeitungen, so kann die Autorin zeigen, besitzt selbst wiederum eine zentrale Funktion: Glaubwürdigkeit auch für das Medium zu schaffen. Ein zweiter Abschnitt ist der internen Kommunikation unter interkultureller und internationaler Perspektive gewidmet. MAURITS WILLEMSEN (Nijmegen) widmet sich der Rolle und der Bewertung der internen Kommunikation in einem multinationalen Unternehmen im Spannungsfeld des „corporate-local-conflicts“, also der Ansprüche einer globalen Organisationskultur und der Bedürfnisse der verschiedenen nationalen Toch-
Einleitung
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terfirmen. Anhand von Interviews und Fragebögen kann er Unterschiede in der Bewertung der Kommunikationsabläufe ebenso wie in der tatsächlichen Mediennutzung zwischen italienischen, deutschen, niederländischen und polnischen Niederlassungen (unter anderen) herausarbeiten. Die Studie zeigt damit nicht nur Konfliktquellen in der internen Unternehmenskommunikation, sondern auch wichtige Forschungsdesiderata im Globalisierungszusammenhang auf. TRYGGVE SÖDERBLOM (Åbo) widmet sich den EU-Gestaltungsrichtlinien von Geschäftsberichten und beleuchtet die sprachlichen wie organisatorischen Probleme, die sich insbesondere für Unternehmen mit Niederlassungen in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten aufgrund unterschiedlicher landesüblicher Gestaltungsprinzipien ergeben. Er diskutiert dabei das Spannungsfeld von Gesamtjahresbericht und Gruppenberichten, das zentrale, aber sehr unklare Orientierungsprinzip des „true and fair view“ sowie Übersetzungsprobleme, die Auswirkungen auf das obligatorisch geforderte Layout der Rechenschaftsberichte haben. Einer seiner Vorschläge zur Lösung der zahlreichen Probleme zielt auf die Etablierung unternehmensinterner Standards, die auf der EUDirektive beruhen, aber doch klarere Anweisungen zur einheitlichen Abfassung von Geschäfts- und Gruppenberichten geben. In einem dritten Teil stehen konfliktträchtige Prozesse wie Outsourcing und Fusion im Vordergrund. Sie stellen im Grunde den Übergang von der internen zur externen Kommunikation dar, da durch diese besonderen Formen der Kooperation von zwei Unternehmen die interne mit der externen Perspektive verschmilzt und externe Kommunikationsprozesse einen besonderen Einfluss auf die internen Prozesse haben. MASCHA VAN DE KUIT und DIRK DE NATRIS (Nijmegen) untersuchen in ihrer Fallstudie die Kommunikationsprozesse und -organisation während eines umfassenden Insourcingdeals. Dabei werden die Nutzung der unterschiedlichen Kommunikationsmedien, die Kommunikationsinhalte und Partnerkonstellationen in zeitlicher Relation zum rechtlich-wirtschaftlichen Prozess dargestellt. Auf der Basis einer Konfliktanalyse können abschließend Empfehlungen zur Kommunikationsplanung abgeleitet werden. VERENA STENGEL (Regensburg) weist anhand von Interviews mit Betroffenen einer Stadtbank-Landbank-Fusion nach, dass auch innernationale Fusionen als Kulturschock verstanden werden können und müssen. Auch bei Fusionen
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Einleitung
von Unternehmen der gleichen Landeskultur lassen sich demnach verschiedene Strategien und Phasen von Akkulturationsprozessen nachweisen. Daraus leitet die Autorin erfolgskritische Faktoren für Fusionen ab, die als Handlungsempfehlungen für die Praxis verstanden werden können. Die Beiträge von Semling, Graner, Heiss und Stengel sind Zusammenfassungen von Diplomarbeiten, die am Institut für Psychologie der Universität Regensburg bei Prof. Dr. Alexander Thomas (Sozial- und Organisationspsychologie) verfasst wurden. Bei den Beiträgen von Willemsen und van de Kuit/ de Natris handelt es sich um zusammengefasste Diplomarbeiten im Rahmen des Studiengangs Unternehmenskommunikation (Bedrijfscommunicatie) an der Radboud Universiteit Nijmegen, betreut von drs. Rogier Crijns bzw. drs. Dirk de Natris. Der Beitrag von Frauenholz basiert auf einer Magisterarbeit, die am Institut für Germanistik der Universität Regensburg im Fach Deutsche Sprachwissenschaft bei Prof. Dr. Albrecht Greule eingereicht wurde. Der Beitrag von Söderblom stützt sich auf zwei frühere ausführliche und publizierte Studien und ergänzt den Band um die Sicht eines Praktikers. Caroline Heitmann und Kai Richter sei ganz herzlich für die arbeitsreiche Redaktion der Beiträge gedankt, ebenso wie Dr. Tatjana Rollnik-Manke vom VS Verlag für Sozialwissenschaften für die wie immer sehr angenehme und konstruktive Zusammenarbeit. Nina Janich, Rogier Crijns
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Kommunikation im Unternehmen
Information und Kommunikation in Organisationen – eine Facette der Organisationskultur: Ein verhaltensorientierter Ansatz zur Analyse der Kultur in Organisationen Corinna Semling
1
Einleitung
„Die Kultur ist daran schuld.“ So oder so ähnlich tönte es in den letzten Jahren als Begründung für gescheiterte Unternehmenszusammenschlüsse oder missglückte organisationale Veränderungen. Bei Fusionen und Firmenübernahmen ist die Passung der Organisationskultur (OK) oder „cultural fit“ mittlerweile zum antizipierten Erfolgsfaktor geworden, und gerade die Durchführung einer Kulturanalyse und Bewertung der OK (sog. „Cultural Due Dilligence“) wird von einer Vielzahl von Organisationsberatern als ein unabdingbares Instrument befürwortet. Gegenstand des folgenden Artikels ist zum einen die Darstellung und Erläuterung einer Methode der OK-Analyse und zum anderen, wie die Kommunikation innerhalb einer Organisation als ein Bestandteil der OK verstanden werden kann, der einerseits Kultur ist und andererseits Kultur produziert. Anfang der 1980er Jahre wurde die Organisationskultur als Konzept zur Erklärung der „weichen Faktoren“ eingeführt, die sich mit den bereits vorhandenen Managementkonzepten nicht mehr erklären oder empirisch fassen ließen. Initiiert durch die damalige „kulturvergleichende Managementforschung“ und einen einsetzenden Wertewandel (Höh 2000) wurde dem Faktor OK eine mit den Jahren zunehmende Relevanz beigemessen. Kilmann u.a. (1985) stellten zu diesem Zeitpunkt fest, dass Manager lediglich eine vage Vorstellung davon hatten, was sich hinter dem Begriff OK verbirgt. Die fehlende Konkretheit des Konzepts sorgte dann auch zu Beginn der 1990er Jahre für einen Abschwung der „Organisationskultur-Euphorie“. Heute kann vielleicht von einer „Renaissance“ der OK gesprochen werden (vgl. Höh 2000), denn durch die Thematisierung in Zusammenhang mit Fusionen sind mittlerweile sowohl Manager als auch Unternehmensberater sensibilisierter für die organisationskulturellen Prozesse. Ist das scheinbar vage Konstrukt OK deshalb konkreter und empirisch fassbarer geworden? Wie Sackmann herausstellt, gibt es „almost as many definitions and understandings of culture as there are people writing about it“
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Corinna Semling
(1991, 2), und so verhält es sich auch mit den Definitionen zur OK. Es gibt keinen Konsens, aber Ähnlichkeiten zwischen den Definitionsinhalten und somit immer wiederkehrende Begriffe wie z.B. Werte, Grundannahmen, Einstellungen und mentale Modelle. Trotz der begrifflichen Unklarheiten oder gerade deshalb, spielt die Analyse von OK in der Praxis der Organisationsentwicklung eine wichtige Rolle, die sich auch durch eine Vielzahl existierender Analyseinstrumente bestätigt. Der vorliegende Artikel stellt die Zusammenfassung einer Diplomarbeit dar, die das Ziel verfolgte, ein Instrument basierend auf der Methode der Verhaltensbeobachtung zur Erfassung und Analyse der OK zu konzipieren. Neben einem wissenschaftlich fundierten Kategoriensystem wurden dabei auch das zukünftige Einsatzgebiet des Beobachtungssystems, die Organisationsentwicklung und ihre spezifischen methodischen Anforderungen bei der Gestaltung des Beobachtungsprozesses sowie bei der Handhabung des Instruments berücksichtigt.
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Erklärungsmodelle der Organisationskultur
Im folgenden Kapitel werden die wichtigsten theoretischen Annahmen der OKForschung vorgestellt. Neben dem Variablenansatz oder funktional-objektivistischen Paradigma, worin OK als eine abgrenzbare und objektivierbare Größe behandelt wird, die neben anderen Variablen wie z.B. Strategie oder Struktur die Abläufe in einer Organisation mit reguliert, wird der Metaphernansatz oder das subjektiv-interpretative Paradigma unterschieden, in dem die Organisation als ein eigenes kulturelles System behandelt wird. Von einer strikten Trennung der beiden Ansätze entwickelt sich die aktuelle Forschung dahingehend, dass die Annahmen beider Ansätze sinnvoll miteinander kombiniert werden. Nach kurzen Ausführungen zu den wichtigsten Grundannahmen der beiden Paradigmen werden anschließend zwei integrative Ansätze von Hatch (1993, 2000) und Szabo (1998) vorgestellt, die auch den theoretischen Denkrahmen für die weitere Entwicklung der Beobachtungskategorien bilden. 2.1
Organisationskultur als Variable oder als Metapher?
Die allgemeinen Annahmen des Variablenansatzes lassen sich in der funktionalistischen Grundannahme zusammenfassen, dass die Organisation
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eine Kultur besitzt, die sich in direkt zugänglichen Werten und Normen manifestiert und deshalb objektiv messbar und gestaltbar ist. OK ist demnach ein strategischer Erfolgsfaktor und damit eine ernst zu nehmende betriebswirtschaftliche Kenngröße, die die Effizienz und Effektivität einer Organisation in besonderem Maße beeinflusst (Scholz 1990; Bromann & Piwinger 1992). Neben anderen betriebswirtschaftlichen Variablen soll die OK einen kausalen Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Erfolg der Organisation aufweisen (siehe z.B. Wilkins & Ouchi 1983). Peters & Waterman (1982), Pioniere der OK-Forschung, konnten durch eine mittlerweile methodisch in Frage gestellte Untersuchung zeigen, dass besonders erfolgreiche US-amerikanische Wirtschaftsunternehmen auch eine besonders „starke“ OK besitzen. Die Stärke der OK wurde dabei an der Umsetzung erfolgsrelevanter Werte gemessen. Der am häufigsten geäußerte Kritikpunkt am Variablenansatz ist seine fehlende wissenschaftliche Fundierung und die als zu pragmatisch angesehene Herangehensweise der meisten Forscher. Der Einsatz von „Kulturgestaltungsinstrumenten“ und die Wahl bzw. Relevanz von kulturdiagnostischen Kriterien werden selten ausreichend begründet (Marré 1997). Den Vertretern des Ansatzes wird zudem eine vereinfachende und mechanistische Systemvorstellung vorgeworfen, die sich nur schwer in die neueren und zunehmend populärer werdenden Strömungen der Organisationstheorie, z.B. die systemischen Organisationstheorien, einbinden lässt. Dies äußert sich besonders in der Homogenitätsannahme der gelebten Werthaltungen der Organisationsmitglieder, die eine Vereinheitlichung der organisational handlungsleitenden Vorstellungen und Handlungsprinzipien vorschreibt. Trotz aller Kritik wurden die Untersuchungen aus dem Bereich des Variablenansatzes in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen und sorgten damit für ein zunehmendes Interesse am Thema und auch für den Anstoß zahlreicher Forschungsvorhaben. Auf der anderen Seite wird im Metaphernansatz, der auch als subjektivinterpretatives Paradigma bezeichnet wird, die Organisation als ein eigenes kulturelles System behandelt. Die Wurzeln dieses Ansatzes liegen in der Anthropologie und beschreiben Organisationen als eigenständige, kulturelle Systeme (Smircich 1983). Ziel des so genannten „root-metaphor“-Ansatzes ist es, die Organisation als eine eigene Kultur, ähnlich einer nationalen Kultur, zu begreifen, die orientierungsstiftende und komplexitätsreduzierende Funktionen für ihre Mitglieder erfüllt. Besonders hervorzuheben ist auch in Zusammenhang
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Corinna Semling
mit der Organisationskommunikation der symbolisch-interpretative Ansatz von Geertz (1973) und dessen Weiterentwicklung im konstruktivistischen Ansatz (z.B. Klimecki & Probst 1990) sowie im kognitiven Ansatz von Sackmann (1991). Gerade Geertz zeigt auch die Bedeutung der Kommunikation in der Entwicklung und Gestaltung von OK auf, wobei Symbole sowohl immaterieller als auch materieller Art die wichtigsten kulturprägenden und kulturschaffenden Elemente in der Organisation darstellen. Kultur wird hier definiert als die sozial konstruierte Wirklichkeit, die subjektiv existiert (Geertz 1973). Sie ist ein System von gemeinsamer sozialer Bedeutung, das kommunikative Symbole enthält und zudem kommunikativ vermittelt wird. Die Anwendung des Metaphernansatzes ist, verglichen mit dem Variablensatz, weniger pragmatisch und als eher aufwändig zu beurteilen, da in der Regel ethnographische bzw. qualitative Forschungsvorgehen zum Einsatz kommen, die sich auf ausführliche Einzelfallstudien stützen. Damit wird versucht der Komplexität des Phänomens gerecht zu werden, und das Ziel ist, ein ganzes System von Bedeutungen, Handlungsmustern, Symbolen und deren Interpretation zu erfassen. Kritisiert wird dabei die rein explorative Vorgehensweise, die für sich genommen wenig an Erklärungs- und Erkenntniswert zu bieten hat, da die OK wie z.B. im ethnographischen Vorgehen lediglich auf einer deskriptiven Ebene erfasst wird (Marré 1997). 2.2
Integration von Metaphern- und Variablenansatz
Die in den nächsten Abschnitten vorgestellten OK-Modelle von Hatch (1993; 2000) und Szabo (1998) folgen den Annahmen von Sackmann (1991) und lassen eine Verknüpfung der beiden OK-Paradigmen zu. Kultur im Kontext von Organisationen ist demnach ein komplexes, dynamisches Konstrukt, das sich in Interaktionen und Aktionen vorzugsweise in Problemsituationen entwickelt und das aus verschiedenen ideellen und materiellen Facetten besteht. Einzelne dieser Facetten sind sichtbar, andere nur in Form ihres Einflusses, den sie auf Wahrnehmung, Denken und Fühlen haben, nachvollziehbar. Die einzelnen Facetten sind in komplexer, multikausaler Weise verknüpft, und jede Organisation ist und hat Kultur, die für sich genommen weder gut noch schlecht ist. Durch ihr Vorhandensein erfüllt sie quasi automatisch gewisse Funktionen in förderlicher oder hinderlicher Weise, während andere Funktionen durch die Gestalt der OK (Art, Gestalt, Form,
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Ausprägung, Subkultur-Bildung etc.) wahrgenommen werden können, jedoch nicht müssen (vgl. Sackmann 1991). 2.2.1 Das „Cultural Dynamic Model“ nach Hatch Das „Cultural Dynamic Model“ nach Hatch orientiert sich in seinem Aufbau an dem Drei-Ebenen-Konzept von Schein (1985) und erweitert dieses. Schein beschreibt OK zunächst auf drei wechselseitig miteinander verbundenen Ebenen: der Ebene der Grundannahmen, der der Werte und der dritten Ebene der Artefakte. OK ist dabei „the pattern of basic assumptions that a given group has invented, discovered, or developed in learning to cope with its problems of external adaptations an internal integration, and that have worked well enough to be considered valid, and, therefore, to be taught to new members as the correct way to perceive, think and feel in relation to those problems” (Schein 1985, 9).
Die „basic assumptions“ oder Grundannahmen bzw. Grundüberzeugungen bilden das zentrale Konzept. Erst wenn diese bestehen, existiert auch eine gemeinsame Kultur. Beispiele für Grundannahmen sind: „the nature of human activity“, „the nature of reality and truth“, „the nature of time“ etc. (Schein 1985, 86). Sie werden nicht mehr hinterfragt und sind in ihrer Unbewusstheit stark handlungsleitend. Die zweite Ebene der Werte erreicht einen höheren Bewusstseinsgrad und vermittelt den Organisationsmitgliedern eine gewisse Vorstellung von gemeinsamen Lösungen, Arbeitsergebnissen etc. Schein unterscheidet zwei Arten von Werten, den „espoused values“, die zu einem bestimmten Zeitpunkt von Einzelnen eingebracht werden, und den „shared values“, die sich in gemeinsamen Handlungen als erfolgreich erwiesen haben. Aus zuverlässigen und erfolgreichen Werten bilden sich im Laufe der Zeit Grundannahmen. Wie dieser Prozess der „cognitive transformation“ (Schein 1985, 15) bei der Entstehung einer Grundannahme genau vor sich geht, wird an dieser Stelle nicht näher ausgeführt. Die dritte, am meisten bewusste und auch sichtbare Ebene bilden Artefakte und beobachtbares Verhalten (z.B. Kleiderordnung, Architektur, Entscheidungsverhalten, Reaktionen auf kritische Ereignisse und Umgang mit Konflikten). Sie ist nach Schein als relevante Analyseebene allerdings zu sehr situationsgebunden, als dass daraus auf die OK geschlossen werden könnte. Hatch (1993; 2000) konzipiert ein komplexes Modell der OK auf der Grundlage der oben dargestellten Dreiteilung der OK nach Schein und sieht gerade im Interaktionsverhalten und auf der Handlungsebene der Organisa-
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tionsmitglieder eine wichtiges Indiz für die Ausprägung und Gestaltung der OK. Für Hatch (1993; 2000) ist OK ein dynamisches, sich permanent veränderndes Konstrukt, das sowohl objektivierbare Aspekte wie z.B. materielle Artefakte und Verhalten enthält als auch subjektiv individuell ablaufende Prozesse. Grundannahmen, Werte und Artefakte werden in ausdrücklicher Anlehnung an Schein wie folgt definiert: „Assumptions represent taken-for-grated beliefs about reality and human nature. Values are social principles, philosophies, goals and standards considered to have intrinsic worth. Artifacts are the visible, tangible, and audible results of activity grounded in values and assumptions.” (Hatch 1993, 659)
Als Weiterentwicklung trifft Hatch eine Unterscheidung nach Artefakt und Symbol, zudem wird von ihr erläutert, unter welchen Bedingungen und mit welchen Prozessen sich ein Artefakt zu einem Symbol ausgestaltet. Wie die folgende Abbildung zeigt, unterscheidet das Modell einen subjektiven versus objektiven Bereich der OK. Dabei wird der Begriff „objektiv“ hier im Sinne von „sichtbar“ oder „gemeinsam“ verstanden. Eine zweite Dimension bezieht sich auf die Handlungen der Organisationsmitglieder, die von Reflexion zu Aktion reichen. Somit unterscheiden sich die vier ablaufenden Prozesse nach ihrem Grad der Subjektivität bzw. Objektivierbarkeit und nach ihrem Grad an Reflexion oder Aktion.
Abb. 1: Das „Cultural Dynamic Model“ nach Hatch (2000, 250)
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Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Hatchs Modell der Komplexität und Dynamik des Konstrukts OK gerecht zu werden versucht und einen ganzheitlichen Rahmen für einen Analyseansatz bietet, für den ein umfassender empirischer Beleg noch aussteht. Hervorgehoben wird durch dieses Modell auch die Objektivierbarkeit der kulturell begründbaren Artefakte und Symbole, die für die Entwicklung eines Beobachtungssystems zur Kulturanalyse besonders von Bedeutung sind. 2.2.2 Das „Integrierte Modell kultureller Aspekte“ nach Szabo Mit dem „Integrierten Modell kultureller Aspekte“ (Szabo 1998) zeigt die Autorin eine holistische Sichtweise der Organisationskultur auf, die sich als ein verhaltensorientierter Erklärungsansatz darstellt. Sie unterscheidet dazu fünf verschiedene Analysefelder, die im Folgenden näher ausgeführt werden. Die offiziell propagierte Organisationskultur ist der gezielte inhaltliche und methodische Gestaltungsversuch der OK, z.B. durch ein Leitbild oder offizielle Führungsleitlinien. Sie ist in der Verwendung der Analyse eine Art Stellgröße, nach der die tatsächlichen Interaktionen der Organisationsmitglieder beurteilt werden können. Zentrale Themen sind diejenigen Gesprächsthemen, von denen die Mehrzahl der Organisationsmitglieder spricht und die im Verlauf von Arbeitsprozessen immer wieder aufgegriffen oder diskutiert werden. Diese können kognitiver oder emotionaler Natur sein und stellen bestimmte Grundprinzipien eines Teams oder des oberen Managements dar. Interaktionen der Organisationsmitglieder geben einen Aufschluss über die verhaltensspezifischen Aspekte der jeweiligen OK, die zwischen zwei oder mehreren Kulturträgern in Erscheinung treten, wobei die Alltagstheorien der Organisationsmitglieder bestimmte Heuristiken und Prinzipien, nach denen innerhalb einer Organisation gehandelt wird und die durch sprachliche Inhalte zum Ausdruck kommen, beschreiben. Zuletzt stellen Kulturfelder die von den Organisationsmitgliedern selbst definierten, kulturellen Gruppierungen in der Organisation dar, z.B. einzelne Berufsgruppen, Teams, organisationale Einheiten. Sie basieren hauptsächlich auf der Primär- und Sekundärsozialisation ihrer Mitglieder. Interessante Aspekte bei der Analyse der Kulturfelder sind deren Entwicklung und Zusammensetzung. Abbildung 2 zeigt noch einmal im Überblick die fünf kulturellen Aspekte nach Szabo. Sie sind durch Linien verbunden, die zeigen sollen, dass zwischen den einzelnen Ebenen eine Beziehung besteht. Welcher Art diese Beziehungen sind, wird aus der Empirie
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nur für die Kulturfelder ersichtlich, die die Alltagstheorien und Interaktionen der Organisationsmitglieder prägen, und dadurch lassen sich verschiedene Gruppierungen im Sinne von Subkulturen innerhalb einer Organisation unterscheiden.
Abb. 2: Das „Integrierte Modell kultureller Aspekte“ nach Szabo (1998, 299)
2.3
Schlussfolgerungen
Durch eine Integration der beiden Forschungsperspektiven Variablen- und Metaphernansatz entstanden integrierte Modelle, die dem erkenntnistheoretischen und dem praktischen Anspruch in der Organisationsforschung und -entwicklung eher gerecht werden können. Sowohl das Modell von Schein (1985) als auch das von Hatch (1993; 2000) stellen OK als ein Mehrebenenkonstrukt dar, das sich durch bewusste und weniger bewusste Annahmen, Normen, Werte und Verhaltensweisen charakterisieren lässt. OK lässt sich zwar objektivieren, ist aber so, wie sie entsteht, sozial und subjektiv durch kommunikative Prozesse konstruiert und nicht homogen für eine Organisation identifizierbar. Die gleichwertige Behandlung der vier Kulturbestandteile (Grundannahmen, Werte, Artefakte und Symbole) ist ein wichtiger Aspekt, der die Konzeption eines Instruments, das durch Beobachtung einen Zugang zu einer weniger bewussten Analyseebene ermöglichen soll, legitimiert. Die Erweiterung des Drei-Ebenen-Ansatzes durch den dynamischen Aspekt ablaufender kultureller Prozesse zeigt für die vorliegende Arbeit auf, dass der dynamische Zusammenhang von internal
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subjektiv ablaufenden Prozessen der Kulturentstehung und -veränderung mit den sichtbaren und mehr oder weniger objektiven Elementen wie Verhaltensweisen, Artefakten und Symbolen abgeglichen und interpretierbar wird. Weiterhin geben die Modelle von Hatch und Szabo einen Analyserahmen vor, der das Konstrukt OK ganzheitlich erfassbar macht. Besonders die fünf dargestellten Analysefelder in Szabos „Integriertem Modell kultureller Aspekte“ stellen die inhaltliche Grundkonzeption des Beobachtungssystems dar, von der aus im nächsten Schritt weitere differenziertere Beobachtungskategorien formuliert werden.
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Analyseebenen der Organisationskultur
In Anlehnung an die vorgestellten Modelle ergeben sich sechs mögliche Analyseebenen (Kulturfelder, offiziell propagierte OK, materielle Artefakte und Symbole, Interaktionen der Organisationsmitglieder, Alltagstheorien und zentrale Themen, Werte und Grundannahmen), die im Folgenden näher erläutert werden. Dabei werden im Hinblick auf die im Vordergrund stehende organisationale Kommunikation die beiden Bereiche „Interaktionen der Organisationsmitglieder“ sowie „materielle Artefakte und Symbole“ fokussiert. Die verbleibenden Analyseebenen werden anschließend ergänzt. 3.1
Interaktionen der Organisationsmitglieder
Bisher wurden keine erschöpfenden bzw. zusammenfassenden theoretischen Überlegungen angestellt, in welchen abgrenzbaren Beobachtungskategorien sich OK äußert. An dieser Stelle werden nun vier Bereiche (Entscheidungs-, Konflikt-, Kommunikations- und Informations- sowie Führungsverhalten) vorgeschlagen, die einerseits unter Anwendungsaspekten für eine OK-Analyse als sinnvoll erscheinen und andererseits durch vorliegende empirische Ergebnisse sowie Vorüberlegungen abgesichert sind. 3.1.1 Kommunikations- und Informationsverhalten Die symbolische Perspektive der OK-Forschung befasst sich am eingehendsten mit den Formen von kommunikativen Interaktionen im Zusammenhang mit OK. Dabei kann das organisationale Kommunikationsverhalten unter zwei Perspektiven betrachtet werden, die Kommunikation einer-
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seits als Produkt beschreiben und auf der anderen Seite darin die Entstehungsbedingung der OK sehen. Die Entstehung einer sozialen Ordnung im Sinne einer OK dient nicht nur dem sprachlichen Austausch von Information und Wissen, es ist auch ein Prozess, der zur Herstellung und Beibehaltung eines normativen Konsenses in allen Verhaltensbereichen abläuft. Kommunikation als Produkt des kulturspezifischen Verhaltens der Organisationsmitglieder lässt sich neben den Formen und wegen des internen Informationsflusses und des Wissensaustauschs auch in den Kommunikationsformen mit Kunden, Geschäftspartnern und anderen Organisationen beobachten. Relevante Fragestellungen in diesem Kontext sind z.B.: „Werden Koordinationsgespräche geführt oder gibt es fest geregelte Dienstwege?“, „Reicht eine kurze Abstimmung oder muss ein längerer Dienstweg gegangen werden?“, „Ist die Kommunikation mit Kunden eher bürokratisch oder flexibel?“ (Fittkau 1997). Zusammenfassend lässt sich die Kommunikationskultur einer Organisation definieren als „the collective creation, maintenance and transformation of organizational meanings and organizational expectations through the sending and using of messages” (Bantz 1993, 18).
Nach Carbaugh (1985) sind drei entscheidende Bestimmungsgrößen zur Identifikation der organisationalen Kommunikation notwendig: Kontext, Bedeutung und Gesprächsform. Dabei sind es die kommunikativen Rituale und die sprachlichen Symbole, in denen sich OK manifestiert. „Rituals, therefore, provide organizational members with models of what to believe, what to celebrate, as invoked by the cultural codes in the event, and models for believing by establishing the appropriate sequencing of symbolic acts. Communicative rituals function, primarily, to regulate activity surrounding common problems and tend to unify organizational members through their aligned performance.” (Carbaugh 1985, 41f)
Besonders sprachliche Symbole spiegeln die Werte und Grundannahmen einer Organisation wider. Sie beeinflussen Verhalten, beispielsweise das Rollenbewusstsein durch Hervorholen von internalisierten Normen und Werten, erleichtern die Kommunikation zwischen den Organisationsmitgliedern über das Leben in ihrer Organisation und integrieren letztendlich Emotionen, Kognitionen und Verhalten in einem Bedeutungssystem (Rafaeli & Worline 2000). Organisationales Informationsverhalten ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Kommunikationskultur, da Kommunikation die symbolische Handlung darstellt und Information das Produkt dieser Handlungen ist (Mumby 1987).
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Scholz verwendet hierzu den Begriff der „Informationskultur“, der seines Erachtens „besteht aus Erfahrungen der Organisationsmitglieder, etablierten Erfolgsmustern, allgemein geteilten Werten, generell gültigen Zielvorschriften sowie allgemeinen Verhaltensrichtlinien in Bezug auf das Informationsverhalten“ (1991, 243)
und sich in der Beschaffung, Verarbeitung und Weiterleitung von Informationen manifestiert. Bereits vorliegende Methoden zur Analyse von Kommunikationsabläufen und -inhalten stammen vor allem aus der anthropologisch orientierten Forschung, z.B. die Analyse der „Organization Communication Culture“ nach Bantz (1993) oder die Analyse von Gesprächen unter symbolischen Aspekten (Carbaugh 1985). Zur Erfassung der Kommunikationskultur kann in der Konzeption eines Beobachtungssystems nun unterschieden werden nach kommunikativen Ritualen, die eine geordnete Sequenz von symbolischen Aktionen darstellen, und sprachlichen Symbolen, die als inhaltliche Bestandteile der Kommunikation in Form sprachlicher Äußerungen (Geschichten, Anekdoten, Legenden, Jargons, Slogans, Witze) und Handlungen (Routineprozeduren, Traditionen, Bräuche, Rituale, „Spiele“) verwendet werden (Neuberger & Kompa 1987). Als weitere Analysekategorien eignen sich zudem die Erfassung des Kommunikationskontextes (formeller vs. informeller Kontext) und die Personenkonstellation (vertikal vs. horizontal). 3.1.2 Entscheidungsverhalten Entscheidungen zu treffen ist ein Bestandteil des Problemlösens und Konfliktmanagements und somit einer der wesentlichen Prozesse in Organisationen. Er kann verstanden werden als ein Prozess, „representing experience and integrating the competencies of the individual to controlgovern-guide his or her actions in performance” (Stewart 1985, 208). Organisationsmitglieder zeigen in ihrem Entscheidungsverhalten eine so genannte „bounded rationality“, d.h. das Verhalten bezieht nicht alle vorliegenden Informationen umfassend mit ein. Es begründet sich auf die von der Umwelt gegebenen Erfahrungen und Einschränkungen, welche vom Individuum als Basis für eine Entscheidung akzeptiert werden und an die das eigene Verhalten angepasst wird (Simon 1976). Putnam (1992) versteht hierunter auch die Beeinflussung von Entscheidungen unter anderem durch das Einbeziehen von unterschiedlichen Zielen und Werten. Daraus kann die Schlussfolgerung
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gezogen werden, dass im Organisationskontext die Kulturmitglieder ihre Entscheidungen auf Grundlage ihres gemeinsamen Wertesystems ausrichten. Nach Pepper (1995) basiert jede Entscheidung innerhalb einer Organisation auf bestimmten Grundannahmen, die die Konzentration von Vorerfahrungen und den zukünftigen Erwartungen darstellen. Sie beeinflussen damit die Wahrnehmung von Sachverhalten, die mit Entscheidungen verbunden sind, wie z.B. die Präferenz bestimmter Entscheidungsoptionen. Beach & Weatherly (1998) konnten in diesem Zusammenhang zeigen, dass gemeinsame Wertvorstellungen neben der Vision bzw. dem Ziel- und Strategiebewusstsein als signifikante Steuerungsgrößen fungieren. Diese so genannten „value images“ koordinieren Entscheidungen auf einer Art Metaebene und nehmen somit indirekt lenkend Einfluss auf die Auswahl der Entscheidungsoptionen. Dabei zeigte sich, dass zu den Werthaltungen kompatible Entscheidungsoptionen bevorzugt gewählt werden. In einer Feldstudie von Sapienza (1985) bestätigte sich ebenfalls die Annahme, dass sich in Entscheidungen der Organisationsmitglieder kulturelle Merkmale abbilden. Beobachtungsdaten zeigten, dass Führungskräfte ihre Wahrnehmungen in Form von Metaphern ausdrücken, die wiederum die strategischen Entscheidungen der Führungspersonen beeinflussten Innerhalb einer OK-Analyse besteht somit Grund zur Annahme, dass die Wahl der Entscheidungsoptionen und die Reaktionen der Organisationsmitglieder auf Entscheidungen durch hierarchisch höher stehende Personen Aufschluss geben können über die Grundannahmen, die diesem Entscheidungsverhalten zugrunde gelegt werden. 3.1.3 Konfliktverhalten Zu den vielen geschriebenen und ungeschriebenen Regeln innerhalb einer Organisation gehören meist auch feste Vorstellungen darüber, wie man mit Konflikten umzugehen hat bzw. welche Konfliktlösung bevorzugt wird. Konflikten kommt im Zusammenhang mit der OK in der Regel eine Art Doppelfunktion zu, d.h. sie sind einerseits Ausdruck der OK, wenn sie auf einem Aufeinandertreffen unterschiedlicher Werthaltungen, Interessen oder Ansichten beruhen: „[...] a form of intense interpersonal and/ or intrapersonal dissonance (tension or antagonism) between two or more interdependent parties based on incompatible goals, needs, desires, values, beliefs, and/ or attitudes“ (Ting-Toomey 1985, 72).
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Die unterschiedlichen Werthaltungen veranlassen die Beteiligten zu voneinander abweichenden Beurteilungen der in Frage kommenden Handlungsalternativen (Kirsch 1977). Somit sind die Implikationen der OK der Streitgegenstand oder die Konfliktursache. Auf der anderen Seite nehmen Konflikte eine kulturprägende Funktion ein, indem sie eine Form sozialen Handelns darstellen, das auf Grund normativer Vorstellungen permanent reguliert wird. Konflikte werden auf einer normativen Ebene dann als funktional erlebt, wenn ein angemessenes Maß an Gleichgewicht und Stabilität reguliert oder beibehalten wird. Voraussetzung ist dazu, dass der Konflikt die Produktivität und Anpassungsfähigkeit des Systems nicht gefährdet. Förderlich ist außerdem ein kultureller Kontext, der ein hohes Maß an Toleranz für Diversität, eine offene Konfrontation mit rationaler Argumentation und offenem emotionalen Ausdruck zulässt (Ting-Toomey 1985). Hinweise auf die OK können auch gefunden werden, wenn der Kontext, in dem ein Konflikt entsteht, mit betrachtet wird. Schein (1985) sowie Wilkins & Ouchi (1983) gehen davon aus, dass gerade in krisenhaften Zeiten und bei massiven Veränderungen, in denen die Normen, Werte und Arbeitsprozeduren neu gestaltet werden, die Grundannahmen einer OK in kritischen Situationen sichtbar werden. In Zusammenhang mit einer OK-Analyse können Unterschiede in der Erscheinungsform der Konflikte, dem Konfliktstil (z.B. Thomas 1976) und die Ursachen und Gründe von Konflikten Hinweise vermitteln auf die dahinterliegenden Werthaltungen und Grundannahmen der Organisationsmitglieder und die Unterschiede zwischen vorhandenen Subkulturen. 3.1.4 Führungsverhalten Wie auch beim Kommunikations- und Informationsverhalten kann das Verhalten von Führungskräften in Organisationen mit seinem kulturbildenden und erhaltenden Einfluss beschrieben werden, im Sinne von kulturrelevanten Führungsprozessen sowie durch die Beeinflussung des Führungsstils durch die OK selbst (Schein 1985; Ebers 1995). Innerhalb der OK-Forschung weisen Konzepte zur Erklärung des Führungsstils innerhalb einer Organisation auf verschiedene relevante Dimensionen hin. Beispielsweise beschreiben Buono u.a. (1985) den Führungsstil in zwei Dimensionen: Managementstil (antizipierend vs. Krisenmanagement) und allgemeine Orientierung (aufgabenorientiert vs. beziehungsorientiert). Eine andere
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Kulturtypisierung von Harrison (1979) unterscheidet vier OKs in Abhängigkeit vom jeweiligen Führungsstil: Macht-, Rollen-, Personen- und Aufgabenkultur. Diese Hinweise zur Erhebung des Führungsstils in Abhängigkeit von der OK decken sich auch mit den Annahmen Ebers (1995), der davon ausgeht, dass sich bedingt durch die OK bestimmte Führungserwartungen herausbilden und Führungsansprüche durchsetzen. Im „Corporate Culture Ansatz“ wurde ebenfalls die Bedeutung des Managements in seiner kulturprägenden Funktion in den Vordergrund gestellt (z.B. Deal & Kennedy 1982). Mittlerweile wird der Einfluss der Führung geringer bewertet, jedoch werden ihr auf Grund ihrer exponierten Stellung vermehrt die Möglichkeit einer Kulturgestaltung sowie -beeinflussung zugeschrieben (z.B. „kulturbewusste Führung“, Ebers 1995). Eine weitere mögliche Operationalisierung des kulturellen Führungsverhaltens schlägt Schein (1985) vor. Für ihn wirken Führungspersonen einflussnehmend durch die klare und konsistente Vermittlung ihrer eigenen Grundannahmen und Werte durch Verhaltensweisen, die als „primary embedding mechanisms“ bezeichnet werden. „The most primary embedding mechanisms for culture embedding and reinforcement are (1) what leaders pay attention to, measure and control; (2) leader reactions to critical incidents and organizational crisis; (3) deliberate role modeling, teaching, and coaching by leaders; (4) criteria for allocation of rewards and status; (5) criteria for recruitment, selection, promotion, retirement, and excommunication.” (Schein 1985, 224f)
Die Mechanismen können sowohl bewusst und intentional als auch unbewusst ablaufen und variieren entlang der Dimensionen Wirksamkeit, implizite oder explizite Botschaften, Intentionalität. 3.2
Materielle Artefakte und Symbole
Eine Analyse der Artefakte und Symbole steht idealerweise in engem Zusammenhang mit der Identifikation oder Erhebung der Werte und Grundannahmen der jeweiligen Organisation, denn nur dadurch kann ein vollständiges Verständnis über ihre Bedeutung erlangt werden (Schein 1991). Neuere Ansätze plädieren dafür, Symbole nicht mehr als homogen interpretierbare Konstrukte zu sehen, sondern besonders heterogenen Interpretationen und Deutungen z.B. innerhalb einer organisationalen Einheit Aufmerksamkeit zu schenken, um dadurch zusätzliche Hinweise auf ihre Entstehung und Verwendung zu erhalten (Szabo 1998). Zu der Analyseebene der materiellen Artefakte und Symbole können folgende Kategorien gezählt werden: Design und Struktur der Organisation,
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visualisiert durch ein Organigramm, Außen- und Innenarchitektur, Gestaltung der Innenräume und Gebäude (Accessoires und Einrichtung, Arbeitsplatzverteilung, spezielle Räume z.B. Cafeteria, Empfangsraum, Besprechungszimmer), sichtbare und formal verfasste Stellungnahmen zu Organisation, Satzung, Glaubensphilosophie (z.B. Anschlagbretter), Dokumente und Medien der Organisationskommunikation (Kobi & Wüthrich 1986; Schein 1985). In den meisten Fällen werden materielle Artefakte und Symbole durch einen oder mehrere gezielte Rundgänge in der Organisation erfasst als Bestandteil einer ethnographischen Studie oder einer teilnehmenden Beobachtung. Hierbei kann es auch von Bedeutung sein, die subjektive Wirkung auf den Beobachter in die Analyse einzubeziehen. 3.3
Weitere Analyseebenen
3.3.1 Offiziell propagierte Organisationskultur Obwohl die meisten Ansätze zur OK deren explizite Gestaltung ablehnen (z.B. Klimecki & Probst 1990), ist es in der Praxis doch weit verbreitet, durch bestimmte Instrumente und Methoden „Kulturarbeit“ zu leisten. In Form von zumeist schriftlich formulierten Werthaltungen, konkreten Verhaltensweisen oder gemeinsamen Leitvorstellungen wird diesen Instrumenten meist eine wichtige Funktion zugeschrieben: die Signalisierung der OK nach innen und nach außen als Bestandteil der „Corporate Identity“ und die damit verbundene bewusste Vorgabe von normativen Vorstellungen organisationalen Verhaltens zumeist durch das Management. Die am häufigsten verwendeten Instrumente zur Gestaltung einer offiziellen OK sind (Unternehmens-)Leitbilder, Unternehmensgrundsätze, (Unternehmens-)Visionen und/ oder Missionen sowie Führungsleitlinien. Letztere werden gewöhnlich definiert als „schriftlich fixierte Verhaltensgrundsätze einer Organisation“, in denen die soziale Interaktion der Führungskraft mit ihren Mitarbeitern koordiniert werden soll. Sie geben Orientierung und sind auch Maßstäbe für die Beurteilung der Führungstätigkeiten (Grawert 1997, 89). Doppler (1992) schreibt diesen Instrumenten ein „kommunikatives Potenzial“ zu, gerade wenn in ihrer Entstehungsphase die Organisationsmitglieder an Workshops oder Ähnlichem partizipieren. Allerdings sieht Doppler die Wirksamkeit der Instrumente als kritisch an: „Danach reduziert sich der kommunikative Wert drastisch auf die Wirksamkeit leblosen Papiers, wenn auch vielleicht werbewirksam aufgemacht.“ (Doppler 1992, 52)
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3.3.2 Werte und Grundannahmen Eine entscheidende Annahme in Bezug auf Werte einer Organisation, über die in Zusammenhang mit der OK-Analyse weitgehend Übereinstimmung herrscht, ist, dass Werte einen Orientierungscharakter besitzen und eine verhaltensregulierende Funktion einnehmen (vgl. Marré 1997). In Untersuchungen zur Rolle von Werthaltungen bei komplexen Problemlagen konnte gezeigt werden, dass in wenig strukturierten, komplexen und intransparenten Situationen ein Rekurs auf die eigenen Werte stattfindet, um die äußere mangelhafte Informationslage zu kompensieren (Lantermann 1998). Auch im organisationalen Kontext wird angenommen, dass in krisenhaften Situationen die Werthaltungen von Managern ihre strategischen Entscheidungen mit beeinflussen (Wilkins & Ouchi 1983). 3.3.3 Zentrale Themen und Alltagstheorien der Organisationsmitglieder Artefakte und Verhalten sind die sichtbaren Bestandteile der Kultur. Ihre Bedeutung liegt auf einer nicht sichtbaren Ebene, die nach Sackmann (1991) beschrieben wird als: „sets of commonly held cognitions that are held with some emotional investment and integrated into a logical system or cognitive map that contains cognitions about descriptions, operations, prescriptions and causes. They are habitually used and influence perception, thinking, feeling and acting” (Sackmann 1991, 34).
Relevant für die Organisationsmitglieder werden diese Kognitionen, wenn sie zum Zweck der Sinnerzeugung auch mehr oder weniger nachdrücklich kommuniziert werden. Meist beziehen sich die Kommunikationsinhalte auf arbeitsbezogene Ereignisse, um sich im Nachhinein gegenseitig Erklärungen zu liefern oder um zukünftige Ereignisse einzuordnen und besser kontrollieren zu können (Silvester u.a. 1999). Die Gesamtheit der Kognitionen, die so genannte „cognitive map“, besteht aus vier Komponenten: deskriptive Kategorie („dictionary knowledge“), kausalanalytische Attributionen („directory knowledge“), kausal-normative Attributionen („recipe knowledge“) und ultimative Erklärungen („axiomatic knowledge“) (Sackmann 1991, 36). Unter dem Begriff der letzten Komponente, der „ultimativen Erklärung“, versteht Sackmann (1991) feststehende Prinzipien und Glaubenssätze, die im Alltag permanent verwendet werden. Aus Untersuchungen von Silvester u.a. (1999) ergeben sich erste Hinweise darauf, dass Attributionsmuster ein Ausdruck der OK sein können. Durch die quantitative
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Analyse von Gesprächsprotokollen konnten Silvester u.a. (1999) zeigen, dass sich im Rahmen eines Veränderungsprojekts innerhalb der Subkulturen einer Organisation homogene Attributionsmuster bzgl. der durchgeführten Veränderungsmaßnahmen herausbildeten. Eng verknüpft mit der Verwendung dieser Alltagstheorien bzw. Attributionsmustern sind zentrale Themen, die in den Gesprächen von Organisationsmitgliedern einen hohen Stellenwert einnehmen und auf für die Personen innerhalb der Organisation wichtige kulturelle Aspekte hinweisen (Szabo 1998). 3.4
Schlussfolgerungen
In den vorausgegangenen Kapiteln wurden unterschiedliche Analyseebenen vorgestellt, die sich für die Ermittlung der OK heranziehen lassen. Für das zu entwickelnde Beobachtungssystem ergeben sich daraus mehrere Konsequenzen. Als geeignet im Rahmen der Verhaltensbeobachtung erweisen sich neben verschiedenen Interaktionsfeldern auch die materiellen Artefakte und Symbole sowie zentrale Themen und Alltagstheorien der Organisationsmitglieder. Um der Komplexität der OK bzw. der Grundannahme der integrierten Ansätze gerecht zu werden, die besagt, dass OK als System zu betrachten ist und sich in allen Bereichen einer Organisation bemerkbar macht und sichtbar ist, sollte auch die offiziell propagierte OK mitberücksichtigt werden. Dabei wird insbesondere die kommunikative Darstellung der Organisation nach innen und außen in die Analyse einbezogen. Um letztendlich Aufschluss über die Werte des kulturellen Systems zu erhalten, muss die deskriptive Ebene der Beobachtung verlassen werden. Nur durch eine gemeinsame Interpretation der erhobenen Analyse von Beobachtern und Organisationsmitgliedern kann ein umfassendes Bild der OK entstehen sowie eine sinnvolle Auslegung von Werten und Grundannahmen stattfinden. Im Folgenden wird dargestellt, inwiefern dieser Sachverhalt bei der Entwicklung und Gestaltung des Beobachtungssystems berücksichtigt werden kann.
4
Die Entwicklung des Beobachtungssystems
Abbildung 3 zeigt den Entwicklungsprozess eines Beobachtungssystems, der sich zunächst auf geeignete Informationsquellen und dabei vor allem auf die theoretisch-deduktive Herleitung der Beobachtungskategorien stützt (siehe
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dazu Kapitel 3). In qualitativen Interviews mit Experten für Organisationsentwicklung (OE) wurden Anforderungen erhoben, denen das Beobachtungssystem für eine Anwendung im Organisationskontext gerecht werden sollte. Daneben wurden Erfahrungen von den Experten erfragt, die sie bereits mit einer OK-Analyse gemacht hatten, und auf welche Kulturmerkmale sie in ihrer Arbeit besonders achteten. In einem nächsten Schritt folgten die Formulierung des Kategoriensystems mit Hilfe einer Videoanalyse sowie die Konzeption des Beobachtungsprozesses und der anschließenden Festlegung der endgültigen Beobachtungsmodule. Abschließend fanden eine erste Erprobung des Instruments sowie die Prüfung der Gütekriterien statt.
Abb. 3: Ablaufplan zur Entwicklung des Beobachtungssystems
4.1
Verhaltensbeobachtung als Zugang zur Organisationskultur
Für den Anwendungsbereich der Organisationsentwicklung, die in der vorliegenden Arbeit den späteren Anwendungskontext des Beobachtungsinstruments darstellt, dient eine Analyse dem Zweck, die Organisation als Entwicklungsfeld weitestgehend begreifbar und nachvollziehbar für die Organisationsmitglieder zu gestalten. Eine OK-Analyse ist hierbei die Grundlage der eigentlichen Entwicklungsarbeit. Sie geht ihr voraus und bestimmt z.B. bei der Planung von weiteren Interventionen auch deren Richtung und Gestaltung.
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In den letzten Jahren lässt sich eine Zunahme der qualitativen OKForschung verzeichnen, da diese Richtung nach Meinung der meisten Forscher der Komplexität des Konzeptes OK am ehesten gerecht wird, ergänzt durch die Annahme, dass nur durch einen multimethodischen Ansatz ein umfassender und vielschichtiger Zugang zur OK erfolgt (Mackenzie-Davey & Symon 2001). Ein Hauptgrund dafür liegt bei der mittlerweile allgemein akzeptierten Sichtweise, dass besonders die Grundannahmen entscheidend für die Ausprägung der OK sind und sich diese nicht durch quantifizierende Methoden erheben lassen (siehe auch Rosseau 1990). 4.1.1 Verhaltensbeobachtung in der Organisationsdiagnostik Die Beobachtungsmethode ist in der Organisationsdiagnostik ein Instrument, das hauptsächlich zur Datenergänzung oder Exploration herangezogen wird. Häufig wird dabei in mehreren Teilschritten die Beobachtung mit anderen Methoden kombiniert, um die Schwächen des einen Instruments mit den Stärken des anderen auszugleichen (Büssing 1998). Jedoch lässt sich feststellen, dass Beobachtungsstudien im Organisationskontext eher rar gesät sind. Dazu können nach Hanlon (1980) zwei Gründe angeführt werden: die Hegemonie der Fragebogenmethode und die Ansicht, dass Verhaltensbeobachtung eine sehr zeitaufwändige Methode ist, da in der Regel ein Beobachtungszeitraum über mehrere Monate hinaus angenommen wird. Dabei wird häufig ignoriert, dass die methodischen Variationen zwischen den Beobachtungsinstrumenten sehr breit sein können. Grundsätzlich wird neben einer unsystematischen bzw. freien eine systematisierte (oder auch: standardisierte, strukturierte, kontrollierte) Vorgehensweise unterschieden (Mees 1977; Fisseni 1990). Es können einerseits Routineabläufe bzw. gleichmäßige Verhaltensmuster von Interesse sein, aber auch „informelle“ Reaktionsmuster oder Abweichungen vom formalen Regelsystem sind in den meisten Fällen für eine Organisationsdiagnose sehr aufschlussreiche Datenquellen. Bei einer systematischen Vorgehensweise liegt in der Regel ein Beobachtungsplan vor, der den Gegenstand und die für die Beobachtung wichtigen Sachverhalte eingrenzt. Außerdem wird vorgegeben, wie die genaue Vorgehensweise auszusehen hat, in welchem zeitlichen und räumlichen Kontext die Daten zu erheben sind und wie zuletzt die Form der Protokollierung erfolgt (Bortz & Döring 1995; Fisseni 1990). Damit ist für eine Objektivierung der Beobachtung gesorgt oder, wie Mees es formuliert, „eine
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auf das Verhalten eines oder mehrerer Individuen gerichtete, methodisch kontrollierte Wahrnehmung und Registrierung“ gewährleistet (Mees 1977, 17). Die unstandardisierte oder auch qualitative Beobachtung (Bortz & Döring 1995) ähnelt sehr der Alltagsbeobachtung und findet sich im Bereich der Organisationsforschung, besonders bei der Ethnographie wieder, wobei eine umfassende Beobachtung fast gänzlich ohne methodische Einschränkungen durchgeführt wird (vgl. Cranach & Frenz 1969). Sie wird meist verwendet, um größere Einheiten, Systeme und Verhaltensmuster (Bortz & Döring 1995) und subjektive Eindrücke des Beobachters, beispielsweise bei einem ersten Rundgang durch die Organisation, zu sammeln oder um erste Hypothesen für das weitere Forschungsvorgehen zu generieren (Mees 1977). Dazu werden meist offenere Beobachtungskategorien und/ oder Fragestellungen als Hilfestellungen für den Beobachter verwendet. Zwischen den beiden Polen systematisch und unsystematisch bzw. frei sind auch Mischformen denkbar, d.h. es kann sich je nach Objekt und Ziel der Beobachtung die Gestaltung der Beobachtungsvorgabe, des Ablaufs und der Einbettung verändern. 4.1.2 Analyse der Organisationskultur Die am häufigsten in Zusammenhang mit der Erschließung von OK verwendete Beobachtungsmethode ist die Ethnographie. Sie wird primär zur Exploration von kulturellen Systemen und deren Symbolen bzw. symbolischen Handlungen eingesetzt und über einen längeren Zeitraum hinweg durchgeführt. Dabei erfolgt die Datenerhebung durch teilnehmende qualitative Beobachtung. Als eine rein qualitative Methode kommt ihr eine hypothesengenerierende Funktion zu und so wird demnach von einem vorab definierten System von Beobachtungskategorien Abstand genommen, um die Beobachtungen nicht „künstlich“ einzuschränken. Die Hypothesenbildung kann während des Beobachtungsvorgangs oder im Nachhinein in Form einer inhaltsanalytischen Auswertung (vgl. Lamnek 1989) erfolgen. Geertz (1973) unterscheidet zwei Vorgehensweisen bei der Aufzeichnung der Daten. Es kann zum einen eine so genannte „thin description“ erstellt werden, bei der lediglich beobachtbares Verhalten kodiert wird, zum anderen eine „thick description“, zu deren Zweck der Kontext (Personen, Räumlichkeit, Sitzkonstellationen), in dem die Handlung stattfindet, protokolliert wird. Die Beobachtungseinheit wird dann vom Forschenden selbst in Form von Ereignissen festgelegt. Neben den Beobachtungen können auch die persönlichen Eindrücke während des Be-
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obachtungsprozesses separat auf den verwendeten Beobachtungsbögen notiert werden. Diese Anmerkungen können für die spätere Interpretation der Daten hilfreich sein. Anhand von zwei Fallbeispielen soll exemplarisch gezeigt werden, wie die bisher eingesetzten Beobachtungsmethoden zur OK-Analyse herangezogen wurden. Neuijen (1992) beschreibt in Zusammenhang mit einer umfangreichen OKAnalyse holländischer und schottischer Firmen auch die Verwendung von freien Beobachtungsdaten in Ergänzung zu Tiefeninterviews und einem strukturierten Fragebogen. Die Beobachter hielten in ihren Abschlussprotokollen die Erfahrungen bzw. Beobachtungen einer fremden Person in einer neuen Organisation fest. Dazu zählten neben ihren Eindrücken von dem Firmengebäude, dem Empfangsbereich, der Architektur und anderen materiellen Artefakten auch die spontan von den Organisationsmitgliedern erzählten Geschichten über besondere Personen oder Begebenheiten aus der Organisationshistorie. In einer zweiten Studie von Smircich (1983) stand das „Eintauchen“ des Beobachters in die Lebenswelt der Organisationsmitglieder, in ihre normalen Verhaltensweisen, Routineabläufen etc. im Vordergrund. Als Gegenstand der Beobachtung wurden die gezeigten Interaktionsmuster, besondere sprachliche Formulierungen, die in Gesprächen behandelten Themen und Bilder und die verschiedenen Rituale herangezogen (Morgan 1997). Die Verhaltensbeobachtung konnte hier die Ambiguität zwischen dem nach außen hin proklamierten Image und der tatsächlich gelebten OK transparent machen. Die oben angeführten Beispiele zeigen, dass die Beobachtung zur OKAnalyse meist in Form einer unstandardisierten Beobachtung für explorative Zwecke verwendet wird. Nach Sichtung der Literatur zur Erfassung und Analyse der OK mit Hilfe der Verhaltensbeobachtung lässt sich festhalten, dass alle bisher angewendeten Methoden der ethnographischen Vorgehensweise ähneln. Sie lassen sich am besten dadurch charakterisieren, dass den Beobachtern in ihrem Vorgehen ein individuelles Beobachtungsspektrum zugestanden wird, das zumeist auf intuitiv gewählten Beobachtungskategorien basiert (vgl. auch Höh 2000). Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zu zeigen, wie eine Form der qualitativen Beobachtung konzipiert werden kann, die durch ein geeignetes Kategoriensystem die Erfassung der OK teilweise standardisiert. Für solch eine Zielstellung werden die methodischen Prinzipien der Assessment-CenterTechnik (siehe dazu Fisseni & Fennekels 1995) als ein geeigneter Rahmen zur
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Konzeption des Beobachtungsprozesses angesehen. Dabei scheinen die Prinzipien der Trennung von Beobachtung und Beurteilung sowie die Verhaltensnähe der Datenerhebung eine plausible Ergänzung zu den Merkmalen der qualitativen Beobachtung für den späteren Einsatzbereich des Instruments im Organisationskontext bzw. innerhalb der OE zu sein. 4.2
Das Kategoriensystem
Das Verfahren zur Entwicklung eines deskriptiven Kategoriensystems zur Strukturierung des Interaktionsgeschehens im Hinblick auf die OK wird in den folgenden Abschnitten beschrieben. Die Vorgehensweise bei der Entwicklung des Kategoriensystems orientiert sich an dem Modell von Simon (1997) und Mayring (1992), das den Prozess ähnlich einer strukturierten Inhaltsanalyse beschreibt. Auf die methodischen Details wird an dieser Stelle verzichtet. Die folgenden Abschnitte konzentrieren sich auf die Herleitung der Kategorien anhand einer Videoanalyse und die Darstellung des fertigen Endsystems zur Erfassung der OK. In dem vorgegebenen Modell zur Entwicklung der Beobachtungskategorien wird zunächst ein rational-deduktiv abgeleitetes System möglicher Beobachtungskategorien zur Erfassung der OK vorgeschlagen (siehe dazu Mayring 1999). Zur Dimensionierung wurden Analysekategorien ermittelt, die das Interaktionsverhalten in Abhängigkeit von der OK beschreiben. Des Weiteren wurden beobachtbare Kategorien gebildet, welche die materiellen und ideellen Merkmale einer OK erfassen. Um die Interviewaussagen der OE-Experten ergänzt, wurden die vorläufigen Dimensionen aus der Literatur durch eine empirische Überprüfung anhand vorhandener Videosequenzen ausdifferenziert und überarbeitet. Tabelle 1 zeigt das endgültige Kategoriensystem.
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Modul
Oberkategorie Entscheidungsfindung
Modul Kultur der Zusammenarbeit
Konfliktmanagement Wissenssystem
Modul Führungskultur
Kulturrelevante Führungsprozesse Führungsstil Wissenssystem
Modul Informations- und Kommunikationskultur Modul materielle Symbole Modul propagierte Organisationskultur
Informationsmanagement
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Subkategorien Prozess der Entscheidungsfindung Merkmale der getroffenen Entscheidungen Konfliktthemen Konfliktbewältigung Themen Attributionen/ Alltagstheorien Aufmerksamkeit und Kontrolle Belohnung und Sanktionierung Verhaltenserwartungen Partizipation/ Einflussausübung Gestaltung der Mitarbeiterbeziehungen Themen Attributionen/ Alltagstheorien vertikaler Informationsfluss horizontaler Informationsfluss
Gesprächsstil sprachliche Symbole
einfache sprachliche Symbole komplexere sprachliche Symbole
Statussymbole Architektur, Räumlichkeiten Organisationsstruktur Führungsleitlinien Leitbild, Organisationsgrundsätze
Tab. 1: Endsystem Beobachtungskategorien zur Analyse der Organisationskultur
Kühlmann & Franke (1989) schlagen vor, für die wichtigsten Dimensionen organisatorischen Erlebens und Verhaltens „Sätze“ äquivalenter, aber situationsspezifischer Maße zu entwickeln, also eine Auswahl der Dimensionen zu treffen, um damit eine Art „Baukastensystem“ zu erhalten. Dadurch können vergleichsfähige Ergebnisse erreicht werden, die trotzdem die Besonderheit des Einzellfalls berücksichtigen. Dieser Forderung der beiden Autoren wird durch die Konzeption des Endsystems in Form eines modularen Aufbaus nachgekommen. In der Anwendung können somit analyserelevante Module mit den entsprechenden Oberkategorien und den dazugehörigen Subkategorien ausgewählt werden. Damit ist die Forderung der OE-Experten nach einer möglichst flexiblen Verwendung und Anpassung an relevante Fragestellungen umgesetzt. Neben den Beobachtungskategorien, die in der Videoanalyse bestätigt werden konnten, und solchen, die zusätzlich formuliert wurden, werden noch die beiden ergänzenden Module „materielle Symbole“ und „propagierte Organisationskultur“ vorgeschlagen. Deren Herleitung fand bisher rein rational-deduktiv bzw. anhand der OE-Experteninterviews statt.
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Das Modul „Kultur der Zusammenarbeit“ beschreibt die Prozesse der Zusammenarbeit zwischen den Organisationsmitgliedern oder der Interaktion mit externen Personen, in denen die gemeinsamen Vorstellungen über die Prozesse der Entscheidungsfindung und des Konfliktmanagements handlungsleitend wirksam werden. Zudem sind die Inhalte des gemeinsam geteilten Wissenssystems Bestandteile der Zusammenarbeit. In der Theorie zur OK wird gerade wieder in neuerer Zeit auf die Rolle der Führungskraft und ihre Bedeutung als Vermittler von Werten, kulturellen Symbolen oder organisationsspezifischen Verhaltensweisen hingewiesen. Die kulturrelevanten Führungsprozesse nach Schein (1985) können zusammen mit dem gezeigten Führungsstil eine umfassende Beschreibung der Führungskultur einer Organisation abgeben. Unter dem Begriff „Führungskultur“ soll dabei allgemein das Verhalten der Führungskraft im Umgang mit ihren Mitarbeitern, Kunden oder anderen organisationsexternen Personen verstanden werden. Für das dritte Modul wird der von Bantz (1983) verwendete Begriff „Kommunikationskultur“ vorgeschlagen. Unter diesem Begriff wird die Herstellung und Veränderung kommunikativer Rituale, sprachlicher Symbole oder der Umgang mit Informationen der Organisationsmitglieder untereinander oder in Abgrenzung zu anderen organisationalen Gruppen oder externen Personen verstanden. Das Modul „materielle Symbole“ ist zur Erfassung materieller oder objektbezogener Symbole vorgesehen. Dazu werden konkrete Gegenstände, Gebäude und Organigramme herangezogen, die neben ihrer begrifflichen Bedeutung auch noch einen komplexeren Sinn bzw. eine komplexere Bedeutung für die Organisationsmitglieder beinhalten bzw. ihnen eine solche vermitteln. Führungsleitlinien, Leitbilder und Organisationsgrundsätze, wie sie mit dem Modul „propagierte Organisationskultur“ erfasst werden, geben Aussagen über die erwünschte OK oder „Soll-Kultur“ wieder. Im Anschluss an die Erhebung der verhaltensbasierten Beobachtungskategorien kann somit ein Vergleich von Ist- und Sollzustand formuliert werden. Daraus können noch nicht umgesetzte Leitsätze oder Werte eines Leitbilds identifiziert oder die besonderen Stärken einer Organisation sichtbar gemacht werden. Der Zugang zu diesen Merkmalen findet über öffentlich sichtbare Medien statt, wie z.B. Stellwände, Plakate, Broschüren, während eines Firmenrundgangs oder über das direkte Erfragen bei verantwortlichen Personen.
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In einem ersten Feldeinsatz im Rahmen von zwei Teamsitzungen erwiesen sich die Kategorien als brauchbare Strukturierungs- und Analysedimensionen für das beobachtbare Interaktionsverhalten während dieser Gesprächsrunden. Die erhobenen Daten wurden qualitativ ausgewertet, d.h. die Aufzeichnungen der beiden Beobachterinnen wurden inhaltlich miteinander verglichen um festzustellen, ob das Kategoriensystem bei den beobachtenden Personen ähnliche oder sogar vollständig übereinstimmende Beobachtungssequenzen im Verhaltensfluss erzeugte. 4.3
Konzeption des Beobachtungsprozesses
Für den Beobachtungsablauf sind bestimmte Standards im Vorfeld und während der Beobachtungsphase einzuhalten. Ein Grundprinzip ist die zeitliche Trennung von Beobachtung und Bewertung, um eine möglichst hohe Verhaltensorientierung der Beobachtungsdaten und -ergebnisse zu gewährleisten und um somit die Interpretationen und Bewertungen des Beobachters nachvollziehbar zu machen. Daneben ist eine möglichst hohe Transparenz über den gesamten Beobachtungsprozess und die angelegten Beobachtungsdimensionen sowie eine kontrollierte Subjektivität durch mehrere Beobachter einzuhalten (siehe dazu Arbeitskreis Assessment-Center 1992). Die Auswahl der Beobachtungsmodule bzw. -kategorien orientiert sich an den Zielstellungen und an den thematischen Schwerpunkten beispielsweise des Veränderungsprojekts, in dessen Rahmen ein solches Instrument eingesetzt wird. Die Datenerhebung erfolgt in Form einer teilnehmenden Beobachtung, bei der ein Beobachter entweder passiv anwesend sein kann oder aktiv am Geschehen partizipiert. Zum Festhalten der Beobachtungen wird ein Protokollbogen eingesetzt, der nach der Beobachtungsphase die Datengrundlage für eine erste Beurteilung der Ergebnisse darstellt. Zur Erhebung der Verhaltenssequenzen werden Ereignisse protokolliert, die den Beobachtenden als relevant zu den vorab ausgewählten Beobachtungskategorien erscheinen (vgl. Holzwarth 1995). Die Ereignisse können wörtlich mitgeschrieben oder in Stichpunkten festgehalten werden. Bei der Strukturierung der erhobenen Verhaltensprotokolle erfolgt im nächsten Schritt eine systematische Beurteilung anhand der vorab ausgewählten Beobachtungskategorien, d.h. es findet eine Klassifikation der Verhaltensausschnitte mit Hilfe von Ankerfragen zu jeder Subkategorie statt, bei der die Beobachter aus ihren Protokollen die Ereignisse den
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entsprechenden Beobachtungskategorien zuordnen und in Form eines Kurzgutachtens abschließend formulieren. Holzwarth verwendet für diesen Schritt der Beurteilungsphase den Begriff der reduktiven Deskription, „da vom konkreten Inhalt abstrahiert wird und einzelne Verhaltensweisen in Kategorien zusammengefasst werden“ (Holzwarth 1995, 96). Dieser erste Beurteilungsschritt wird von den Beobachtern einzeln durchgeführt. Für die Zuordnung der Ereignisse bietet sich bereits in diesem Stadium eine vereinfachte inhaltsanalytische Vorgehensweise zur Strukturierung der Protokolle an. Im letzten Schritt formulieren die Beobachter ein gemeinsames „Kulturfeedback“ aus allen vorliegenden Kurzgutachten. Für die Erstellung des Feedbacks ist darauf zu achten, dass die Subjektivität der Beobachtungen berücksichtigt wird, d.h. dass aufgrund der Einzelurteile die Herstellung eines Konsenses unter den Beteiligten erzielt werden soll. Sichler (1996) versteht dabei unter einem Konsens in den Beurteilungen ein gemeinsam gewonnenes und getragenes Fremdbild vom Verhalten der Organisationsmitglieder. Durch den Austausch der Formulierungen zu den Ober- bzw. Subkategorien wird ein begründetes, nachvollziehbares und akzeptables Feedback über die OK der beobachteten Personen verfasst. Empirische Erhebungen bedürfen in jedem Fall der Rückkopplung mit introspektiven Daten der Organisationsmitglieder, im Sinne des „Survey Feedback“- Verfahrens (siehe dazu French & Bell 1999). Der Organisationsentwickler oder -berater hat dabei die Funktion, durch sein methodisches Know-how den Prozess der Auswertung zu steuern, den Prozess in Gang zu bringen beispielsweise durch Fragen und kritische Stellungnahmen und auch den Prozess am Leben zu erhalten durch das Verdeutlichen von Zusammenhängen und gemeinsamen Erkenntnissen (Becker & Langosch 1995). Die Rückmeldung des „Kulturfeedbacks“ an die Beobachteten führt zu einem Abgleich des kulturellen Selbstbildes der Organisationsmitglieder mit dem Fremdbild der Kulturbeobachter. Grundsätzlich kann als Ziel die Bewusstmachung der eigenen OK bzw. der entsprechenden Grundannahmen und Werte mit Hilfe der Perspektive eines außenstehenden Beobachters formuliert werden. Die hier vorgeschlagene Vorgehensweise lehnt sich an das „klinische Verfahren“ nach Schein (1985) an und kann als eine Selbstanalyse der OK eingeordnet werden. Die Kulturträger erarbeiten durch den Prozess der Reflexion und durch den Austausch mit Außenstehenden einen Zugang zu ihren eigenen handlungssteuernden Werten und Handlungsprinzipien.
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5 Kommunikations- und Informationskultur als eine Facette der Organisationskultur Die Entwicklung des vorliegenden Beobachtungsinstruments folgt den integrierten Ansätzen der OK und versucht damit die Komplexität eines kulturellen Systems auf der beobachtbaren Ebene erfassbar zu machen. Dazu wurde ein Modulsystem vorgeschlagen, dass die unterschiedlichen Facetten oder Dimensionen der OK abbildet. Geertz (1973) sieht die OK als sozial konstruierte Wirklichkeit, die sich gerade im kommunikativen Handeln entwickelt. Damit ist Kommunikation in Organisationen beides, Kulturträgerin und -übermittlerin, aber auch Analysegegenstand, in dem sich Grundannahmen, Werte und Verhaltensnormen spiegeln. Eine dritte Funktion kommt der Außenwirkung der Kommunikation einer Organisation zu. Sie ist die propagierte OK: Werte und Verhaltensregeln, die angestrebt werden und damit sowohl nach innen als auch nach außen identitäts- und somit kulturstiftend funktionieren sollen. Ob dies tatsächlich so ist, kann erst mit Hilfe einer Analyse der OK festgestellt werden. Rosseau (1990) und Sackmann (2001) nennen einige Gründe für die Beliebtheit von qualitativen Methoden zur OK-Analyse. So verlangt z.B. Kultur als sozial konstruierte Realität nach Methoden, die flexibel, interaktiv und personen- und situationsspezifisch sind. Jede OK ist einzigartig, und standardisierte Untersuchungsmethoden mit a priori formulierten Fragestellungen sind wenig erkenntnisfördernd für die entsprechenden Besonderheiten. Letztendlich ist der traditionelle Kulturbegriff aus der Anthropologie untrennbar mit qualitativen Methoden verbunden. Deshalb ist es für das vorliegende Beobachtungssystem essenziell, in Kombination mit anderen Instrumenten verwendet zu werden.
Literatur Arbeitskreis Assessment-Center – Auswahl und Entwicklung von Führungskräften: Projektgruppe „Qualitätsstandards“ (Hrsg.) (1992): Standards der Assessment-Center Technik. München. Bantz, Ch. R. (1993): Understanding organizations: communication cultures. University of South Carolina Press.
interpreting
organizational
Beach, L. R. & Weatherly, K. A. (1998): Organizational culture and decision making. In: Beach, L. R. (Hrsg.): Image Theory: theoretical and empirical foundation. London, 211– 225.
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Becker, H. & Langosch, I. (1995): Produktivität und Menschlichkeit Organisationsentwicklung und ihre Anwendung in der Praxis. Stuttgart. Bortz, J. & Döring, N. (1995): Forschungsmethoden und Sozialwissenschaftler. (2., vollst. überarb. und aktual. Auflage), Berlin.
Evaluation
– für
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Erfassung und Analyse subjektiver Eignungstheorien: Eine explorative Untersuchung zur Fundierung betrieblicher Personalentwicklung Ulrich Graner
1
Theoretische Grundlagen
Jeder Mensch bildet individuelle psychologische Konstrukte, die er im täglichen Leben benutzt, um seine Umwelt zu strukturieren, zu verstehen und sein Handeln zu planen. Auch im Berufsleben spielen diese Einschätzungen eine große Rolle. Aufgrund unserer (subjektiven) Hypothesen über berufliche Anforderungen und persönliche Leistungsvoraussetzungen beurteilen wir unsere Umwelt, treffen Entscheidungen und richten unser Handeln aus. Trotz der Bedeutung solcher subjektiven Theorien beruflicher Eignung für das Denken und Handeln von Organisationsmitgliedern sind diese bisher kaum untersucht. Es ist das Anliegen der vorliegenden Arbeit, ein theoretisches Konzept subjektiver Wissensbestände über berufliche Eignung aus der Literatur abzuleiten und diese Wissensbestände im Rahmen einer explorativen Felduntersuchung am Beispiel der Knorr-Bremse AG zu erfassen und zu analysieren.1 Ziel der empirischen Erhebung ist es, die subjektiven Eignungstheorien der KnorrBremse-Mitarbeiter so zu beschreiben, dass diese zur Fundierung der Personalentwicklungsarbeit beitragen können. 1.1
Subjektive Theorien
Unter dem Einfluss der Erkenntnisse aus Aschs (1946; 1952) klassischen Experimenten zur Eindrucksbildung entwickelten sich nach 1950 verschiedene Ansätze zur psychologischen Erforschung subjektiver Konzeptsysteme: Kellys „Theorie der personalen Konstrukte“ (1955), die Arbeiten zu „impliziten Persönlichkeitstheorien“ (Bruner & Tagiuri 1954) oder Heiders „Commonsense-Psychologie“ (1958) gehörten zu den ersten einflussreichen Ansätzen. In der Folge entstand eine Fülle von Bezeichnungen für subjektive Theorien in Abgrenzung von wissenschaftlichen Theorien. Weber legte 1991 ein diffe-
1
Die Arbeit stellt eine Zusammenfassung von Graner 2001 dar. Dort können Theorie, Methode und Ergebnisse ausführlich nachgelesen werden.
38
Ulrich Graner
renziertes Modell subjektiver Theorien in Organisationen vor, das auf einer früheren, ähnlichen Konzeption von Frei (1985) aufbaut. Wie die meisten Autoren stützen sich sowohl Frei als auch Weber dabei auf die Arbeiten des Forschungsprogramms „subjektive Theorien“ (vgl. Groeben & Scheele 1977; 1982; Groeben u.a. 1988), in dessen Umfeld in den letzten 25 Jahren differenzierte theoretische und methodische Ansätze entwickelt wurden. 1.1.1 Definition subjektiver Theorien Subjektive Theorien werden als ein „Aggregat“ oder ein „System“ von Kognitionen aufgefasst, „die durch Relationen und Operationen miteinander verbunden sind“ (Birkhan 1990, 391). Birkhan zählt in seiner Definition nicht nur deklaratives Wissen zu diesen Wissenseinheiten, sondern explizit auch Handlungsnormen, Wertungen und Überzeugungen, die für die Person bedeutsam oder verbindlich sind. Subjektive Theorien besitzen eine zumindest implizite Argumentationsstruktur. Ein System von Kognitionen stellt also erst dann eine Theorie dar, wenn die einzelnen Kognitionen und die sie verbindenden Relationen und Operationen Schlussfolgerungen bzw. Schlussverfahren beinhalten (Groeben & Scheele 1982). Da subjektive Theorien nicht vollständig bewusst sein müssen, können sie sowohl inhaltlich als auch strukturell z.T. nur implizit vorliegen (Scheele & Groeben 1979). Dennoch wird davon ausgegangen, dass subjektive Theorien „in einem irgendwie zeichengearteten Austausch zwischen Erkenntnisobjekt und Wissenschaftler“ (Groeben & Scheele 1982, 16) zumindest teilweise rekonstruierbar sind. Dazu bedarf es geeigneter Rekonstruktionsmethoden. Zusammenfassend können subjektive Theorien definiert werden als ein „Aggregat (aktualisierbarer) [Hervorhebung v. Verf.] Kognitionen der Selbst- und Weltsicht mit zumindest impliziter Argumentationsstruktur, die eine (zumindest partielle) Explikation bzw. Rekonstruktion dieses Aggregats in Parallelität zur Struktur wissenschaftlicher Theorien erlaubt“ (Groeben & Scheele 1982, 16).
1.1.2 Zur Genese subjektiver Theorien Trotz einer starken Beharrungstendenz (Birkhan 1990; Frei 1985) unterliegen subjektive Theorien einem lebenslangen Entwicklungsprozess: Da das Individuum und seine Umwelt ständigen Veränderungen unterliegen, müssen auch seine subjektiven Theorien diesen Veränderungen Rechnung tragen. Es kann
Erfassung und Analyse subjektiver Eignungstheorien
39
davon ausgegangen werden, dass die Genese subjektiver Theorien vor allem „auf Empirie basiert bzw. auf deren Verarbeitung etwa durch Wertung/ Abstraktion oder Inferenz“ (Frei 1985, 27). Die Ergebnisse eigenen Handelns dürften in diesem Prozess eine Schlüsselstellung einnehmen. Darüber hinaus sind (explizite) Bestandteile subjektiver Theorien über Symbole – speziell über Sprache – mitteilbar, wenn Sender und Empfänger des Kommunikationsaktes über ähnliche subjektive Theorien verfügen (Birkhan 1990). Der Empfänger kann die kommunizierten Theoriebestandteile interpretieren und in seine eigenen Wissensbestände übernehmen bzw. seine eigene Theorie aufgrund der kommunizierten Informationen überarbeiten. Empirische Daten, die eine Modifikation der Theorie nahe legen, müssen also nicht unbedingt direkt beobachtet werden, sondern können auch über kommunikative Prozesse vermittelt werden. Durch einen solchen sozialen Austausch von subjektiven Konstrukten und Theorien können auch sozial geteilte Wissensbestände entstehen, die auf ein lokales soziales System begrenzt sind (z.B. eine Organisation, eine Organisationseinheit). 1.1.3 Zur Funktion subjektiver Theorien In Analogie zu den Zielsetzungen wissenschaftlicher Theoriebildung unterscheidet Dann (1983) für subjektive Theorien folgende vier Grundfunktionen (siehe auch Birkhan 1990; Weber 1991): •
Situationsdefinition,
•
Erklärung,
•
Prognose und
• Handlungsempfehlung. Nach Ansicht vieler Forscher geht die Funktion subjektiver Theorien jedoch über die Handlungsempfehlung hinaus und umfasst auch die Funktion der Handlungssteuerung (Dann 1983; Weber 1991), in die die zuerst genannten vier Funktionen eingehen. Subjektive Theorien beeinflussen also die Art und den Inhalt der Wahrnehmung des Individuums. Seine Vorerfahrungen und individuellen Konzepte beeinflussen die Konstruktionsleistung seiner Informationsverarbeitung: Die durch Prozesse der Wahrnehmung bereits vorstrukturierten Informationen werden durch weitere Strukturierungsprozesse abstrakteren Kategorien zugeordnet und weiterverarbeitet. Auf diese Weise verschafft sich das Individuum Orientierung, indem es die Flut der Eindrücke auf ein handhabbares Maß re-
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Ulrich Graner
duziert. Durch die (relative) Konstanz seiner Theorien und der abgeleiteten Kategorien erlebt der Mensch Orientierungsgewissheit. Aufgrund der Argumentationsstruktur (z.B. Wenn-Dann-Strukturen) seiner subjektiven Theorien ist das Individuum in der Lage, anhand seiner subjektiven Theorien Hypothesen abzuleiten, die eigenes Handeln oder Ereignisse in der Umwelt erklären und vorhersagen. In derselben Weise können aus subjektiven Theorien Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. 1.2
Subjektive Theorien in Organisationen
Wenn hier die Rede von subjektiven Organisationstheorien (Frei 1985; Weber 1991) ist, so sind subjektive Theorien gemeint, die im organisationalen Kontext zur Anwendung kommen und die sich auf organisationale Inhalte beziehen. Subjektive Theorien über berufliche Eignung sind damit zu den subjektiven Organisationstheorien zu rechnen. Der Handlungskontext ist bei der Untersuchung subjektiver Organisationstheorien in zweifacher Hinsicht von Relevanz: Zum einen ist von Interesse, welche Auswirkungen der Organisationsmerkmale auf subjektive Theorien anzunehmen sind; zum anderen interessiert, welchen Einfluss subjektive Theorien auf diesen Kontext ausüben können. Die materiellen, sozialen und strukturellen Merkmale der Organisation wirken sich aus auf die Handlungsmöglichkeiten des Individuums, auf die Folgen seines Handelns sowie auf seine Erwartungen über diese Handlungsfolgen. Folglich wird die Genese und Modifikation subjektiver Theorien in Organisationen auch durch die Merkmale der Organisation beeinflusst. Umgekehrt wirken sich die subjektiven Theorien der Organisationsmitglieder auch auf die Merkmale der Organisation aus, da sie das Denken und Handeln ihrer Träger beeinflussen, deren Verhalten wiederum die Organisation verändern kann. Organisation und subjektive Theorie des Organisationsmitglieds stehen damit in einer über Handlungen vermittelten Wechselbeziehung. Diese Wechselbeziehung wird insbesondere subjektive Organisationstheorien stark betreffen, da sie sich auf organisationale Inhalte beziehen. Da jede Organisation spezifische Ziele hat und versucht, alle Aspekte der Organisation zielorientiert zu gestalten, verändern sich subjektive Organisationstheorien nicht nur durch reguläre Anpassungen an sich ändernde Umweltaspekte, sondern sie sind auch Objekt zielgerichteter Änderungsbemühungen der Organisation. Hier wären z.B. aktive Maßnahmen der Orga-
Erfassung und Analyse subjektiver Eignungstheorien
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nisation zu nennen, die berufliche Sozialisation des (neuen) Organisationsmitglieds im Sinne der Organisationsziele zu gestalten. Hierfür können zwei Wege beschritten werden. Neben der aktiven, gezielten Ermöglichung erwünschter Erfahrungen auf Seiten des zu sozialisierenden Organisationsmitglieds spielen hier vor allem kommunikative Prozesse eine große Rolle. Da sich Organisationen durch eine hohe kommunikative Intensität auszeichnen (Weber 1991), ist zu erwarten, dass kommunikative Prozesse in Organisationen eine größere Bedeutung für die Modifikation subjektiver Theorien haben als in anderen sozialen Kontexten. 1.3
Subjektive Theorien über berufliche Eignung
„Eignung“ bezeichnet in der Psychologie das Ausmaß der Übereinstimmung zwischen Anforderungen und individuellen Leistungsvoraussetzungen. Unter dem Begriff der „individuellen Leistungsvoraussetzungen“ (Hacker 1973) werden in der Regel eine Reihe sehr unterschiedlicher und breiter Klassen an Personmerkmalen subsumiert. Sarges nennt „spezifische Fähigkeiten, Fertigkeiten (‚skills‘), aber auch motivationale Gegebenheiten (Motive, Bedürfnisse, Bereitschaften, Interessen, Einstellungen und Werthaltungen: ‚wills‘) und eventuell sonstige Persönlichkeitsmerkmale (z.B. Extraversion, emotionale Stabilität)“ (Sarges 2000, 157).
Als „Leistungsanforderung“ einer Aufgabe (Hacker 1998) bezeichnet man die spezifische Konstellation an körperlichen und geistigen Leistungsvoraussetzungen, die notwendig sind, um die für das forderungsgerechte Ausführen der Aufgabe notwendigen „psychischen und physischen Teilverrichtungen“ (Hacker 1998, 73) ausführen zu können. Die Leistungsanforderungen einer Aufgabe erwachsen aus der Aufgabe selbst sowie aus den spezifischen Arbeitsbedingungen. Je größer die Übereinstimmung der Leistungsvoraussetzungen eines Probanden mit den Leistungsanforderungen einer Aufgabe, desto geeigneter ist er für die Ausführung dieser Aufgabe. Die Reichweite von Eignungsaussagen in der eignungsdiagnostischen Praxis in Organisationen reicht von Aussagen über die Eignung einer Person für eine genau bezeichnete Aufgabe bis hin zu Aussagen über die Eignung großer Personengruppen (z.B. Absolventen einer Ausbildung) für nur grob charakterisierte Tätigkeitsbereiche, Berufe oder Berufsklassen (vgl. Sarges 2000).
42
Ulrich Graner
1.3.1 Subjektive Eignungstheorien Die geschilderte Modellvorstellung beruflicher Eignung stellt natürlich in mehrfacher Hinsicht eine Vereinfachung der Wirklichkeit dar: Ein sehr komplexes und dynamisches Geschehen wird auf wenige, zudem statische Größen reduziert, aus deren Relation zueinander Eignung erwachsen soll. Andererseits muss in der Praxis, z.B. seitens eines Eignungsdiagnostikers, eine (geeignete) Reduktion der Komplexität vorgenommen werden, um in beschriebener Weise Abbildungen des realen Geschehens zu entwickeln, anhand derer Prognosen erstellt werden können. Ebenso wie der Eignungsdiagnostiker bildet jedes Organisationsmitglied eigene mentale Abbilder des komplexen Geschehens, die ihm erlauben, eigenes und fremdes Verhalten zu beschreiben und zu deuten. Genau wie die Modelle des Wissenschaftlers müssen diese subjektiven Eignungsmodelle notwendig Vereinfachungen der realen Abläufe sein. Das System dieser Hypothesen und die Annahmen und Überzeugungen, auf denen sie beruhen, sollen im Folgenden als subjektive Eignungstheorie des Individuums bezeichnet werden. Sie enthält Auffassungen darüber, •
welche Vorgehensweisen bei welchen Aufgaben und Situationen Erfolg versprechen und welche nicht (Zusammenhang zwischen Aufgabe und Solltätigkeit),
•
welche hypothetischen Personmerkmale erforderlich sind, um die einzelnen Teilverrichtungen dieser Vorgehensweisen ausführen zu können (Zusammenhang zwischen Solltätigkeit und Anforderung),
•
anhand welcher Kriterien erschlossen werden kann, welche Personen über welche dieser aufgabenrelevanten Personmerkmale in welchem Ausmaß verfügen (Zusammenhang zwischen Leistungsvoraussetzungen und Person). Subjektive Eignungstheorien enthalten damit, vor allem durch den ersten Aspekt, zentrale Bestandteile der beruflichen Handlungskompetenz (Sonntag & Schaper 1999a; 1999b) des jeweiligen Mitarbeiters. Damit sind subjektive Eignungstheorien in besonderer Weise für die betriebliche Personalentwicklung von Bedeutung, deren Aufgabe es ist, zu jeder Zeit sicherzustellen, dass die Summe der Organisationsmitglieder über die berufliche Handlungskompetenz verfügt, um die anstehenden Aufgaben der Organisation zu bewältigen (siehe 1.4).
Erfassung und Analyse subjektiver Eignungstheorien
43
1.3.2 Bezüge zu impliziten Eignungstheorien In der Literatur finden sich nur sehr vereinzelt Modelle individueller Theorien über berufliche Eignung. In verschiedenen Veröffentlichungen betont Neubauer (1984; 1989; 1990) die Bedeutung „impliziter Eignungstheorien“ (Neubauer 1984, 67) für Beurteilungsprozesse in Organisationen. Mentges greift Neubauers Sichtweise auf und erweitert diese. Er definiert implizite Eignungstheorien als ein „individuelles, auf Wissensbeständen beruhendes Kognitionssystem“ (Mentges 1990, 73), das subjektive Aussagen über die „mit einer Zielposition assoziierten Anforderungen wie auch die zur Erfüllung dieser Anforderungen als notwendig erachteten Persönlichkeitsmerkmale“ (edb., 70) enthält. Sowohl Neubauer als auch Mentges konzentrieren sich vornehmlich auf die methodischen Probleme der Erfassung und Analyse impliziter Eignungstheorien. Eine Ausdifferenzierung der Theorie unterbleibt weitgehend. Ihre Aussagen über den Charakter impliziter Eignungstheorien legen jedoch nahe, dass diese auch als subjektive Eignungstheorien im Sinne der vorliegenden Arbeit verstanden werden können. Mit der hier beschriebenen Theorie subjektiver Eignungstheorien liegt nun ein Ansatz zur Untersuchung subjektiver Wissensbestände über Eignung vor, der auf der Theoriebildung und Methodenentwicklung des Forschungsprogramms „subjektive Theorien“ aufbaut. 1.4
Personalentwicklung
Ausgehend von der Definition Neubergers werden hier als Personalentwicklung „alle planvollen und systematischen Aktivitäten einer Organisation verstanden, die die Umformung des unter Verwertungsabsicht zusammengefassten Arbeitsvermögens zum Ziel haben“ (Neuberger 1991, 3). Jede Aktivität der Organisation, die diese Kriterien erfüllt, wird im Weiteren als Personalentwicklungsmaßnahme bezeichnet. Neuberger weist darauf hin, dass es zumindest in einer Unternehmung als besonderer Form der Organisation in letzter Konsequenz um Gewinnmaximierung geht. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Organisation die Aktivitäten ihrer Mitglieder koordinieren. Folglich ist weniger das Arbeitsvermögen des einzelnen Individuums von Interesse als vielmehr das spezifische Zusammenwirken aller Organisationsmitglieder als Aggregat. Die Organisation ist also daran interessiert, durch geeignete Gestaltung der
44
Ulrich Graner
sozialen und strukturellen Organisationsmerkmale das individuelle Arbeitsvermögen so zu aggregieren, dass das Ziel der Verwertung bestmöglich erfüllt wird. Neuberger selbst bezeichnet jede Umformung des zusammengefassten Arbeitsvermögens als Personalentwicklung. Wird Personalentwicklung so verstanden, dann findet in jeder Organisation ständig Personalentwicklung statt, egal ob die Organisation die will oder nicht. Für die vorliegende Arbeit erscheint es zweckmäßiger, den Begriff auf die geplanten und systematischen Umformungsbemühungen der Organisation einzugrenzen. Da Personalentwicklung als „die Anpassung des gestalteten Arbeitsvermögens (Personals) an die sich ändernden Arbeitsbedingungen eine komplexe Daueraufgabe ist, muss sie selbst wiederum als Arbeit eingerichtet werden“ (Neuberger 1991, 14).
Die mit dieser Aufgabe betrauten Organisationseinheiten werden häufig auch als Personalentwicklung und/ oder Organisationsentwicklung bezeichnet. Um Verwirrung zu vermeiden, muss also unterschieden werden zwischen Personalentwicklung im Sinne der genannten Definition sowie der als Personalentwicklung bezeichneten Organisationseinheit, die mit der Gestaltung und Steuerung dieser Umformungsprozesse beauftragt ist. Die Organisationseinheit Personalentwicklung ist also bemüht, die Bedeutung der (ebenfalls Änderungen unterworfenen) Organisationsziele für die Gestaltung des Arbeitsvermögens zu interpretieren und, unter Einbezug des aktuellen Zustandes von Arbeitsvermögen und Arbeitsbedingungen, notwendige Umformungen festzustellen und geeignete Maßnahmen zu einer solchen Umformung durchzuführen. Dabei können drei Phasen unterschieden werden: die Analyse des Personalentwicklungsbedarfs (Bedarfsanalyse, Anforderungsanalyse), die Gestaltung und Durchführung von Personalentwicklungsinterventionen sowie deren Evaluation (siehe auch Holling & Liepmann 1993; Schuler 1989; Sonntag 1999; Staufenbiel 1999). Im Folgenden soll dargestellt werden, welche Rolle subjektive Eignungstheorien innerhalb des dargestellten Personalentwicklungsprozesses einnehmen können.
Erfassung und Analyse subjektiver Eignungstheorien
1.5
45
Zur Bedeutung subjektiver Eignungstheorien für die betriebliche Personalentwicklung
Subjektive Eignungstheorien enthalten Auffassungen über die Zusammenhänge zwischen Aufgaben, Solltätigkeiten und Anforderungen. Aus diesen lassen sich Handlungspläne ableiten. Die Realitätsadäquanz der subjektiven Eignungstheorien kann über die Angemessenheit des abgeleiteten Handlungsplans und damit letztlich über den Erfolg der Handlung entscheiden. Damit erfüllen subjektive Eignungstheorien eine wichtige Funktion innerhalb der beruflichen Handlungskompetenz ihres Besitzers. Sie sind Teil seines Arbeitsvermögens. Kraft ihrer handlungsplanenden und -steuernden Funktion können subjektive Eignungstheorien ihren Besitzer zu Handlungen bewegen, die das Arbeitsvermögen der Organisation verändern. Subjektive Eignungstheorien sind also zum einen Teil des Arbeitsvermögens, zum anderen können sie sich verändernd auf das Arbeitsvermögen auswirken. Darüber hinaus können sie ein Netz von Erwartungen an die einzelnen Organisationsmitglieder konstituieren, das für die Beteiligten des Handlungsfeldes reale Anforderungen zeitigt, die über die direkt beobachtbaren Anforderungen der Tätigkeit weit hinausgehen. Es reicht oft nicht, dass das Organisationsmitglied seine Aufgaben bewältigt, wenn es sie nicht so bewältigt, wie es seine Kollegen und Vorgesetzten erwarten. An diesen Beispielen wird deutlich, dass die Berücksichtigung subjektiver Eignungstheorien für die Personalentwicklungsarbeit einer Organisation von großer Bedeutung sein kann. Aus den genannten Aspekten ergibt sich eine Fülle an Möglichkeiten, wie subjektive Eignungstheorien zur Fundierung betrieblicher Personalentwicklung beitragen können. Ein paar Beispiele mögen genügen: 1. Die gebräuchlichen anforderungsanalytischen Verfahren (für eine Übersicht siehe Frieling und Sonntag 1999; Gael 1988) konzentrieren sich zumeist auf die Beobachtung von Handlungen, um daraus Anforderungen abzuleiten (Nerdinger 1999). Bei der Anforderungsbeschreibung komplexer Tätigkeiten kann eine Analyse subjektiver Eignungstheorien zur Identifikation von Anforderungen beitragen, die sich durch rein beobachtende Verfahren nicht erfassen lassen. 2. Für Leistungsanforderungen einer Aufgabe sind neben den objektiven Merkmalen der Aufgabe und der Arbeitsbedingungen auch die spe-
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Ulrich Graner
zifischen Erwartungen der Beteiligten des Handlungsfeldes von Bedeutung. Diese Erwartungen haben ihren Ursprung in den subjektiven Eignungstheorien der jeweiligen Personen. Die Analyse der subjektiven Eignungstheorien kann zur Identifikation verdeckter Anforderungsaspekte beitragen. 3. Um Handeln verändern zu können, ist es notwendig, die handlungsrelevanten kognitiven Systeme der Zielgruppe zu berücksichtigen (Mandl & Huber 1983). Subjektive Eignungstheorien können hier Aufschluss geben über die Konzepte und Inhalte, die Organisationsmitglieder benutzen, um über Anforderungen nachzudenken und zu kommunizieren. Auf diesem Wege können organisationsspezifische Begriffsbestimmungen identifiziert werden, die wiederum genutzt werden können, um z.B. Schulungsinhalte auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abstimmen zu können. In derselben Weise können z.B. auch Anforderungskategorien in Assessment Centers in den organisationseigenen Begriffen und Definitionen formuliert werden. Die genannten Punkte machen deutlich, dass für die Personalentwicklung insbesondere die anforderungsbezogenen Inhalte subjektiver Eignungstheorien von Interesse sind. Subjektive Annahmen über die individuellen Leistungsvoraussetzungen konkreter Personen sind für die Personalentwicklung von eher geringer Bedeutung. 1.6
Fragestellung
In der vorliegenden Arbeit soll am Beispiel eines Unternehmens versucht werden, die subjektiven Eignungstheorien der Mitarbeiter einer Erfassung und Analyse zugänglich zu machen und so zu beschreiben, dass diese zur Fundierung betrieblicher Personalentwicklung herangezogen werden können. Dabei sollen folgende Fragen untersucht werden: 1. Inwieweit können die anforderungsbezogenen Inhalte subjektiver Eignungstheorien durch spezifische Methoden erfasst werden? 2. Welche Inhalte weisen diese Wissensbestände auf? 3. Wie lassen sich diese Inhalte so beschreiben, dass sie für die betriebliche Personalentwicklung nutzbar gemacht werden können?
Erfassung und Analyse subjektiver Eignungstheorien
2
Methoden
2.1
Forschungsansatz und Leitkriterien
47
Die vorliegende Untersuchung wurde im Rahmen einer explorativen Feldstudie in Zusammenarbeit mit der Knorr-Bremse AG durchgeführt. Es wurde ein qualitatives Vorgehen mit dem Ziel einer induktiven Hypothesenbildung gewählt. Diese baut auf dem beschriebenen theoretischen Konstrukt der subjektiven Eignungstheorie auf, ist aber darüber hinaus bewusst unbestimmt gehalten, um eine möglichst breite Erfassung des Gegenstandes zu gewährleisten. Um die genannten Ziele erreichen zu können, müssen bei der Planung und Durchführung der Untersuchung verschiedene Kriterien beachtet werden. Damit die Ergebnisse unmittelbar für die betriebliche Personalentwicklung verwendet werden können, sollten sie in einer Form darstellbar sein, die Vergleiche mit den Ergebnissen anderer Anforderungsanalysen erlaubt. In solchen Vergleichen können dann Rückschlüsse gezogen werden, inwieweit die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung auf Anforderungen hinweisen, die von anderen Verfahren nicht erfasst wurden. Zweitens sollten die Ergebnisse dieser Untersuchung die Besonderheiten der Organisation Knorr-Bremse AG möglichst naturalistisch wiedergeben, um eine unmittelbare Anwendbarkeit der Ergebnisse für die Konzeption, Durchführung und Evaluation von Personalentwicklungsmaßnahmen zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere für sprachliche Besonderheiten wie z.B. organisationsübliche Terminologien. Im Zweifelsfall sollte eine der Zielgruppe angemessene Form des Materials gegenüber dem Gebrauch wissenschaftlicher Konzepte bevorzugt werden. Drittens sollen die Untersuchungsergebnisse auch hinsichtlich ihrer Inhalte eine Form aufweisen, die eine einfache Operationalisierung für Personalentwicklungsmaßnahmen ermöglicht. Dafür ist es notwendig, dass die identifizierten Anforderungen möglichst konkret und verhaltensnah beschrieben werden. Die einzelnen Schritte und Entscheidungen im Forschungsablauf müssen im Hinblick auf diese Kriterien gestaltet werden.
48
2.2
Ulrich Graner
Untersuchungskontext
Die Knorr-Bremse AG ist ein weltweit operierendes Unternehmen im Bereich Bremssysteme für Schienen- und Nutzfahrzeuge und erwirtschaftete im Jahr 2000 einen Umsatz von 2,9 Mrd. DM (vgl. hierzu und zum Folgenden KnorrBremse AG 2000). Der Konzern und seine Tochterunternehmen beschäftigen weltweit 9638 Mitarbeiter, davon 3270 an sieben deutschen Standorten. Die Datenerhebung wurde in den beiden Tochterunternehmen Systeme für Schienenfahrzeuge GmbH (SfS) und Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH (SfN) am Firmenhauptsitz in München durchgeführt. Die SfS beschäftigt dort 1113 Mitarbeiter, die SfN 313 Mitarbeiter. Die Verteilung der Mitarbeiter nach Beschäftigungsverhältnissen ist in Tabelle 1 dargestellt. Beschäftigungsverhältnis
SfS GmbH SfN GmbH
Außertarifliche Mitarbeiter Angestellte Gewerbliche Mitarbeiter Auszubildende Befristete Mitarbeiter
175 587 323 22 6
107 205 – – 1
Gesamtzahl Mitarbeiter
1113
313
Anmerkungen:
SfS = Systeme für Schienenfahrzeuge SfN = Systeme für Nutzfahrzeuge
Tab. 1: Mitarbeiterstruktur der SfS und SfN GmbH am Standort München
2.3
Stichprobe
An der Untersuchung nahmen 28 angestellte und außertarifliche Mitarbeiter der Bereiche Entwicklung und Vertrieb der Knorr-Bremse am Standort München teil. Die Untersuchungsteilnehmer sind alle männlich, zwischen 31 und 63 Jahren alt, mit einem Altersdurchschnitt von 45 Jahren bei einer Standardabweichung von 9. Die Dauer der Unternehmenszugehörigkeit bewegt sich zwischen 2 und 32 Jahren, mit einem Mittelwert von 12 Jahren und einer Standardabweichung von 8. Sieben der Teilnehmer sind promoviert, weitere 19 verfügen über ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Ein Teilnehmer verfügt über die Hochschulreife und eine abgeschlossene Berufsausbildung, ein weiterer Teilnehmer über die mittlere Reife und eine abgeschlossene Ausbildung. Mit Ausnahme eines Verwaltungswissenschaftlers und eines Industriekaufmanns haben alle Teilnehmer eine technische Ausbildung.
Erfassung und Analyse subjektiver Eignungstheorien
49
Die Auswahl der Teilnehmer erfolgte in zwei Schritten: Zunächst wurden sieben leitende Mitarbeiter (Geschäftsführung und 2. Hierarchieebene) ausgewählt, die nach Einschätzung der Personalleitung über eine hohe berufliche Handlungskompetenz in den Funktionsbereichen verfügen, in denen sie tätig sind. Jeder dieser sieben Teilnehmer wurde gebeten, jeweils drei Mitarbeiter aus seinem Verantwortungsbereich zu benennen, die ebenso über eine hohe berufliche Handlungskompetenz im jeweiligen Funktionsbereich verfügen. Dieses Vorgehen wurde vom Auftraggeber gewünscht, um sicherzustellen, dass nur Experten für die jeweilige Tätigkeit befragt werden. 2.4
Untersuchungsablauf
Die Interviews fanden in aller Regel im Büro des jeweiligen Interviewpartners statt. Die Gespräche dauerten zwischen 60 und 120 Minuten. Alle Interviews wurden vom Autor der vorliegenden Arbeit persönlich durchgeführt. Alle Untersuchungsteilnehmer waren mit einer Tonbandaufzeichnung des Gesprächs einverstanden. 2.5
Methoden der Datenerhebung
2.5.1 Zur Rekonstruktion subjektiver Theorien Aufgrund des zumindest teilweise impliziten Charakters subjektiver Theorien muss eine geeignete Erhebungsmethode Maßnahmen beinhalten, die eine Explikation impliziter Theorieanteile fördern. Für die vorliegende Untersuchung wurde der Zugang über mündliche Befragungen gewählt, da sie eine dem explorativen, qualitativen Forschungsansatz angemessene Flexibilität in der Erhebungssituation ermöglichen. Gerade der Dialog zwischen Forscher und Beforschtem bietet außerdem gute Möglichkeiten Introspektionshilfen zu verwenden, um den bewussten Anteil der zu erfassenden subjektiven Eignungsmodelle zu maximieren. Um die Theorien möglichst umfassend unter Ausnutzung verschiedener methodischer Zugänge zu erheben, wurden zwei Erhebungstechniken entwickelt und eingesetzt. Die verwendeten Befragungsverfahren beruhen auf der Methode kritischer Ereignisse (Flanagan 1954) und der Repertory-GridTechnik (Kelly 1955). Beide Methoden werden im Folgenden vorgestellt.
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2.5.2 Methode kritischer Ereignisse Bei der Methode kritischer Ereignisse handelt es sich um ein (ursprünglich) arbeitsanalytisches Verfahren, mit dessen Hilfe so genannte kritische Ereignisse oder „critical incidents“ (Flanagan 1954) erhoben werden. Der Begriff bezeichnet konkrete Verhaltensbeispiele, die zur Erfüllung einer definierten Aufgabe oder Tätigkeit besonders geeignet oder ungeeignet sind. Dazu werden in der Regel Experten für die fragliche Tätigkeit gebeten, die jeweiligen kritischen Ereignisse genau zu beschreiben. Anhand dieser Verhaltensbeschreibungen können dann die „kritischen Anforderungen“2 (Flanagan 1954, 329) der fraglichen Tätigkeit rekonstruiert werden. Als kritisch werden jene Anforderungen bezeichnet, für die anhand der geschilderten Verhaltensbeispiele gezeigt werden kann, dass sie über Erfolg bzw. Misserfolg bei der Ausführung eines wesentlichen Bestandteils der fraglichen Tätigkeit in einer hinreichend großen Anzahl der Fälle entschieden haben (Flanagan 1954). Durch die Fokussierung auf erlebte Verhaltensepisoden in der Tätigkeit stellt die Methode kritischer Ereignisse eine Mischform aus Befragung und Beobachtung dar (vgl. Frieling & Sonntag 1999). Zwar werden keine direkten Beobachtungen vorgenommen, aber die Probanden werden über ihre Beobachtungen befragt. Dabei werden reale Beobachtungen rekonstruiert. Die zu erhebenden Verhaltensbeispiele sollten sich idealerweise auf Anforderungssituationen beziehen, die •
eignungskritisch sind in dem Sinne, dass sie möglichst gut zwischen geeigneten und ungeeigneten Personen differenzieren,
•
erfolgsrelevant sind insofern, als ihre erfolgreiche Bewältigung für das Unternehmen von Bedeutung ist,
•
typisch für die betrachtete Tätigkeit sind in dem Sinne, dass es sich um häufige, nicht einmalige Situationen handelt. Bei den kritischen Ereignissen sollte es sich idealerweise um konkrete Situationen handeln, die der Befragte selbst erlebt hat, sei es als handelnde Person oder als Beobachter. Da davon auszugehen ist, dass viele wesentliche Anforderungen kein eindeutiges Verhaltenskorrelat besitzen, ist es jedoch sinnvoll, die Datenauswertung nicht nur auf beobachtete Verhaltensweisen zu beschränken, sondern auch die begleitenden Wertungen und Schluss2
Übersetzung durch den Autor.
Erfassung und Analyse subjektiver Eignungstheorien
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folgerungen mit einzubeziehen. Diese Vorgehensweise weicht von der klassischen Einsatzweise der Methode kritischer Ereignisse ab, die nur die Erfassung von „real aufgetretenem Verhalten in einer konkreten Situation ohne Nennung von Personmerkmalen oder wertenden Schlussfolgerungen“ (Bownas & Bernardin 1988, 1120)3 vorsieht. Die Anforderung an die Befragten, erlebte (!) Episoden detailliert zu schildern, bewirkt, dass sich die befragte Person ausführlich mit der Situation auseinander setzen muss und dadurch ihren Gedächtnisbesitz besser aktivieren kann (Introspektionserleichterung, Weber 1991). Auch für dieses Material kann also durch ein Zurückversetzen in den ursprünglichen Wahrnehmungskontext bewusstseinsfähiges, aber zunächst nicht verfügbares Wissen wieder zugänglich gemacht werden (Humpert 1982). Da nur Experten für die fragliche Tätigkeit befragt werden, kann davon ausgegangen werden, dass eine hohe Übereinstimmung der rekonstruierten subjektiven Theorien mit den objektiven Anforderungen der Tätigkeit vorliegt. Diese modifizierte Version der Methode kritischer Ereignisse bietet sich also vor allem deshalb für die Erhebung der subjektiven Eignungstheorien an, weil sie durch die beschriebene Fokussierung auf Verhaltensepisoden in Anforderungssituationen die Validität der erhobenen Daten erhöht, indem für diese jeweils ein konkreter Bezug zu realen Anforderungssituationen hergestellt werden kann. Die Eignung der Methode kritischer Ereignisse zur Erhebung realistischer empirischer Daten über tatsächliches Verhalten in Arbeitssituationen ist gut belegt (vgl. Primoff & Fine 1988). Gerade für Tätigkeiten wie die hier untersuchten, die einen hohen Anteil sozialer Interaktionen aufweisen, führt sie zu besseren Resultaten als alternative Anforderungsanalyseverfahren (Primoff & Fine 1988). Damit kann davon ausgegangen werden, dass sich die Methode ebenfalls gut eignet, um subjektive Eignungstheorien zu erheben. 2.5.3 Repertory-Grid-Technik George A. Kelly entwickelte die Repertory-Grid-Technik mit dem Ziel, mit Hilfe von Vergleichen der Eigenschaften konkreter Personen jene Kategorien zu erfassen, mit deren Hilfe der Mensch seine Umwelt strukturiert und kognitiv repräsentiert. Seit der Erstveröffentlichung des Verfahrens (Kelly 1955) gab es zahlreiche Weiterentwicklungen für verschiedene Anwendungsbereiche (vgl. 3
Übersetzung durch den Autor.
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Bannister & Fransella 1971; Birkhan 1990; Fransella 1981; Fromm 1995, Scheer & Catina 1993). Auch zur Erfassung subjektiver Eignungskonstrukte wurden verschiedene Versionen des Verfahrens schon erfolgreich eingesetzt (Mentges 1990; Neubauer 1984; 1989; 1990). Das Verfahren erscheint besonders geeignet zur Erfassung der subjektiven Eignungsprädiktoren im Sinne von Personmerkmalen. Werden als Elemente der Vergleiche konkrete Personen des Arbeitsumfeldes verwendet, so erscheint es möglich, Informationen über die Konstrukte zu erhalten, die tatsächlich zur Eignungsbeurteilung im beruflichen Kontext herangezogen werden. Die bisherigen Erfahrungen mit der Methode zeigen, dass die resultierenden Konstrukte eher abstrakter Art sind. Zur Erhebung konkreter Handlungsweisen im Kontext von Arbeitsaufgaben erscheint das Verfahren weniger geeignet. 2.5.4 Interview Die Befragung wurde in Form von ca. 90-minütigen Einzelinterviews durchgeführt. Die beschriebenen Erhebungsmethoden wurden für den Einsatz in einem halbstandardisierten, teils vollstandardisierten Leitfaden-Interview (vgl. Bortz & Döring 1995; Hopf 1978; 1991) angepasst. Der Interviewleitfaden ist in sechs Teilabschnitte gegliedert. Nach einer Begrüßungs- und einer Orientierungsphase erfolgt im dritten und vierten Teil die eigentliche Datenerhebung mit Hilfe der Methode kritischer Ereignisse sowie der Repertory-Grid-Technik. Hier wurde zunächst eine Definition kritischer Ereignisse in möglichst einfachen Worten gegeben. Je nach Tätigkeitsbereich des jeweiligen Befragten erfolgte nach der Eingangsdefinition die Frage „Was ist denn eine typische kritische Situation, die in der Entwicklung/ im Vertrieb gemeistert werden muss?“, verbunden mit der Bitte um ein konkretes, möglichst selbst erlebtes Beispiel. Die darauf folgende, freie Erzählung des Befragten wurde nur unterbrochen, falls Zweifel bestanden, ob die geschilderte Situation als kritisch, typisch und wichtig für das Unternehmen zu klassifizieren ist. In diesem Fall wurden die Zweifel durch Nachfragen ausgeräumt. In den Probeinterviews zeigte sich, dass eine ausführliche Erhebung unter Verwendung sowohl der Methode kritischer Ereignisse als auch der RepertoryGrid-Technik zu einer Befragungsdauer geführt hätte, die die mit dem
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Unternehmen vereinbarten 90 Minuten weit überstiegen hätte. Da die Repertory-Grid-Technik aufgrund ihrer fehlenden Bezugnahme auf konkrete Anforderungssituationen eine geringere Akzeptanz bei den Befragten der Pilotinterviews verzeichnen konnte, wurde sie zu Gunsten der Methode der kritischen Ereignisse nur in einer gekürzten Form in der Haupterhebung verwendet. Dabei wurde wie folgt vorgegangen: Die Befragten wurden gebeten, sich drei konkrete Personen aus ihrem Arbeitsumfeld vorzustellen, von denen sie jeweils eine als a) besonders geeignet, b) durchschnittlich geeignet bzw. c) ungeeignet für eine Tätigkeit im fraglichen Unternehmen einstufen würden. Um über die ausgewählten Personen reden zu können, ohne deren Anonymität zu verletzen, wurden Karten mit verschiedenen Symbolen verwendet, die die ausgewählten Personen repräsentieren sollten. So konnte auf eine Nennung von Namen verzichtet werden. Die Karten sind in Abbildung 1 wiedergegeben.
-
.
/
Abb. 1: Verwendete Symbole zur Repräsentation der drei Repertory-Grid-Elemente (von links nach rechts: besonders geeignete Person, durchschnittlich geeignete Person, ungeeignete Person)
Anschließend wurden die Probanden gebeten, für jedes Personenpaar anzugeben, inwiefern sich die beiden Personen ähnlich sind und inwiefern sie sich von der dritten Person abheben. Nach Bearbeitung der drei Paarkombinationen wurde abschließend nach Gemeinsamkeiten der drei Prototypen gefragt. Durch die Verwendung von Vergleichen realer Personen als Schlüsselreiz sollte ein Zurückversetzen in den gewünschten Kontext provoziert werden, das den Befragten den Zugriff auf die Kategorien erleichtert, die sie tatsächlich für Eignungseinschätzungen im beruflichen Kontext heranziehen. Durch diese Explizierungshilfe sollte gleichzeitig die Tendenz zu oberflächlichen bzw. sozial erwünschten Nennungen vermindert werden.
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Im fünften Teil wurden weitere Fragen zum Thema Eignung und zur subjektiven Sicht des Befragten auf das Unternehmen gestellt, die jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind. Im letzten Teil wurde dem Befragten die Möglichkeit eingeräumt, sich noch einmal frei zum Gegenstand der Befragung sowie auch zum Interview bzw. zur Studie selbst zu äußern. Insbesondere während der ersten Interviews konnten so weitere Verbesserungsvorschläge für die Interviewdurchführung gesammelt werden. 2.6
Datenauswertung
2.6.1 Datenaufbereitung Es wurden alle Gesprächsteile transkribiert, die sich auf Bestandteile einer subjektiven Eignungstheorie im Sinne der genannten Definition bezogen, und mit Hilfe inhaltsanalytischer Methoden (Mayring 1997; 1999) zusammengefasst. Die resultierenden Texte bildeten das Datenmaterial für die folgende Auswertung. 2.6.2 Induktive Kategorienbildung Zunächst wurden die Daten getrennt nach der jeweiligen Erhebungstechnik behandelt. Nachdem von der Repertory-Grid-Technik im Rahmen der Datenerhebung nur die Systematik der Element-Vergleiche und nicht die Erstellung und Bewertung eines Repertory-Grids im ursprünglichen Sinne übernommen wurde, konnten die resultierenden Daten nicht auf dem üblichen Wege (vgl. Fransella 1981; Kelly 1955) ausgewertet werden. Da die Erhebungstechnik ebenfalls verwendet wurde, um jene Kategorien zu erfassen, die die Befragten für Eignungsbeurteilungen heranziehen, wurde für die Daten der Repertory-Grid-Technik dieselbe Auswertungssystematik verwendet wie für die kritischen Ereignisse. Für beide Datensätze wurden zunächst separate Kategoriensysteme entwickelt. Die induktive Kategorienbildung orientierte sich an dem Verfahren nach Mayring (1997). Die resultierenden Kategoriensysteme wurden hinsichtlich ihrer Inhalte verglichen. Nachdem eine generelle Vergleichbarkeit festgestellt werden konnte, wurden beide Kategoriensysteme zu einem Anforderungsprofil integriert. Jede der resultierenden Anforderungen besteht aus einer Anforderungsbezeichnung, einer Definition der Anforderung sowie aus
Erfassung und Analyse subjektiver Eignungstheorien
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den zugeordneten (Roh-)Daten. Dieses Gesamt-Kategoriensystem bildet das Ergebnis der Auswertung und dient als Grundlage für die nachfolgenden Interpretationen.
3
Ergebnisse
3.1
Ergebnisse der Repertory-Grid-Technik
Die Repertory-Grid-Technik konnte nur in 23 der 28 Interviews angewendet werden.4 Pro Interview konnten zwischen 5 und 28 bedeutungstragende Textstellen den einzelnen konstruierten Anforderungskategorien zugeordnet werden (Median: 12). Insgesamt wurden für 23 Interviews 314 inhaltstragende Textstellen kodiert. Anhand dieses Datenmaterials wurde ein Kategoriensystem mit 40 Anforderungskategorien generiert. Für jeden Teilnehmer wurden zwischen 4 und 13 Kategorien kodiert (Median: 7). 3.2
Ergebnisse der Methode kritischer Ereignisse
Im Gegensatz zur Repertory-Grid-Technik konnte die Methode kritischer Ereignisse in allen Interviews eingesetzt werden. Das Verfahren wurde von allen Teilnehmern positiv aufgenommen. Pro Interview konnten zwischen 21 und 93 bedeutungstragende Textstellen kodiert werden (Median: 43). Insgesamt wurden in 28 Interviews 1343 Textstellen kodiert. Anhand dieses Datenmaterials wurde ein Kategoriensystem aus 55 Anforderungskategorien sowie einer Restkategorie generiert. Für jeden Teilnehmer wurden zwischen 8 und 24 Kategorien kodiert (Median: 15).
4
In einem Interview war die Verwendung der Technik aufgrund des Gesprächsverlaufs nicht möglich. Bei zwei Teilnehmern lag ein Missverständnis vor, das durch die Verwendung der Smiley-Symbolkarten (siehe Abbildung 1) verursacht wurde. Trotz anders lautender Instruktion wurden mit den Karten Attribute wie „sympathisch/ unsympathisch“ bzw. „gut gelaunt/ schlecht gelaunt“ verbunden. Beide Teilnehmer lehnten aufgrund dieses Missverständnisses die Verwendung der Methode mit dem Hinweis ab, dass die simplifizierende Gleichsetzung von „guter Laune“ bzw. „sympathischem Wesen“ mit beruflicher Eignung den wahren Sachverhalten nicht gerecht würde. Zwei weitere Teilnehmer lehnten die Methode als zu global ab. Sie gaben an, keine allgemeinen Aussagen über Eignung machen zu können.
56
3.3
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Vergleich der Kategoriensysteme Repertory-Grid und kritische Ereignisse
Betrachtet man die einzelnen kodierten Textstellen, so ähneln sich zwar beide Systeme von den inhaltlichen Themen her stark, jedoch ist die Struktur der Textstellen sehr verschieden. Beide Datensätze enthalten viele Personmerkmale wie Fähigkeiten oder Einstellungen, z.B. Kollegialität oder Teamgeist. Die Repertory-Grid-Kodiereinheiten (RG-Kodiereinheiten) bestehen jedoch in der Regel nur aus einem Substantiv oder einem Kurzsatz und enthalten häufiger Aussagen über Personen in der Form „kann argumentieren“, während die kritischen Ereignisse Forderungen der Form „muss argumentieren können“ enthalten. Charakteristisch für die meisten Kodiereinheiten der kritischen Ereignisse (KE-Kodiereinheiten) ist ein Bezug auf Anforderungssituationen sowie Beschreibungen von konkreten Verhaltensweisen. Wo eine RG-Kodiereinheit vielleicht „der kann überzeugen“ lautet, hat der entsprechende KE-Code eher eine Form wie „den Vorgesetzten von der Idee überzeugen“. Diese Situationsbezogenheit findet sich auch noch auf der Ebene der Kategorien. Die KE-Daten ermöglichen es damit eher, Kategorien zu entwickeln, die neben der Anforderungsbeschreibung gleichzeitig die Arbeitssituationen charakterisieren, in denen sich die beschriebene Anforderung stellt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass beide Datensätze sich inhaltlich stark überschneiden. Die RG-Kodiereinheiten enthalten jedoch eher kurze, eher abstrakte Aussagen über Persönlichkeitsmerkmale, während die KEKodiereinheiten neben solchen Aussagen auch viele situative Bezüge und konkrete Verhaltensbeschreibungen aufweisen. 3.4
Integriertes Kategoriensystem
Aufgrund der hohen inhaltlichen Ähnlichkeit der Datenmaterialien wurde ein integriertes Anforderungskategoriensystem entwickelt, das auf dem gesamten kodierten Datenmaterial basiert. Sinn und Zweck dieses Schrittes war es, durch eine komprimierte und übersichtliche Darstellung des Datenmaterials in einem Kategoriensystem die Nutzung der Untersuchungsergebnisse in der Personalentwicklung zu erleichtern. Hierbei ergänzen sich die beiden Datensätze sehr gut. Die RG-Kodiereinheiten enthalten zahlreiche subjektive Konstrukte, die als Anforderungsbezeichnungen verwendet werden können.
Erfassung und Analyse subjektiver Eignungstheorien
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Mit Hilfe der KE-Kodiereinheiten können das der Anforderung zugeordnete Verhalten und der situative Kontext beschrieben werden. Das resultierende Kategoriensystem besteht aus 65 teilweise weiter untergliederten Anforderungskategorien, die insgesamt 1657 bedeutungstragende Textstellen enthalten. Die weiteren Analysen beschränken sich auf diejenigen Anforderungskategorien, die für mindestens fünf der Untersuchungsteilnehmer kodiert werden konnten. Das resultierende verkürzte Kategoriensystem enthält bei 33 Kategorien noch 93% aller KE- und 86% aller RG-Kodiereinheiten.5 Die Oberkategorien sind in Tabelle 2 auf der folgenden Seite dargestellt. In Folge des deutlich größeren Datenumfanges der kritischen Ereignisse gegenüber den Repertory-Grid-Daten ist das integrierte Kategoriensystem stark durch die KE-Kodiereinheiten dominiert. Diese stellen 82% der enthaltenen Textstellen. Aus diesem Grunde entspricht das integrierte Kategoriensystem weitgehend dem KE-System. Hinsichtlich der Inhalte dominieren die Themen Gesprächs- und Verhandlungsführung, Wissen und Erfahrung sowie Teamfähigkeit und Teamgeist. Wie Tabelle 2 zu entnehmen ist, nannte beinahe jeder Untersuchungsteilnehmer im Verlauf des Interviews mindestens einmal jede dieser Kategorien als wichtige Anforderung seiner Tätigkeit. Die Anforderungen Informationsmanagement, Denken und Problemlösen, Beziehungsmanagement, Durchsetzungsvermögen und Beharrlichkeit wurden ebenfalls von der Mehrheit der Teilnehmer beschrieben. Im Folgenden werden beispielhaft die am häufigsten genannten Anforderungen des Kategoriensystems anhand ihrer Definitionen erläutert. Die Definitionen sind in Sprache und Inhalt an die kodierten Textstellen angepasst und geben die unterschiedlichen Aspekte des kodierten Materials wieder. 1. Gesprächs- und Verhandlungsführung Definition: Der Mitarbeiter verfügt über ein angemessenes Auftreten, ist freundlich und kontaktfreudig. Er signalisiert Einsatzbereitschaft und Kompromissfähigkeit. Seine Präsentationen sind klar und überzeugend. Auch bei persönlichen Angriffen bleibt er stets sachlich und seriös. Seine Verhandlungsstrategie stimmt er auf die Vorgeschichte, die Gesprächssituation sowie die 5
Pro Interview enthält das Kategoriensystem noch zwischen 19 und 99 bedeutungstragende Textstellen aus beiden Erhebungsverfahren (Median: 51). Für jeden Teilnehmer wurden zwischen 9 und 23 Oberkategorien kodiert (Median: 16).
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Anzahl der Interviews Kategorien Gesprächs- und Verhandlungsführung Wissen und Erfahrung Teamfähigkeit und Teamgeist Informationsmanagement Denken und Problemlösen Beziehungsmanagement Durchsetzungsvermögen und Beharrlichkeit Einsatzbereitschaft Flexibilität Offenheit Belastbarkeit und Stressresistenz Schnelligkeit und Effizienz Planung und Organisation von Ressourcen Eigeninitiative und selbständiges Arbeiten Führung Kreativität und Optimierungsdrang Kundenorientierung Arbeitszufriedenheit; Interesse an Identifikation mit Aufgabe und Unternehmen Transparente Kommunikation, auch in Problemsituationen Persönlichkeit: konstruktiv, optimistisch, ausgeglichen, sympathisch Unternehmerisches Denken Ehrlichkeit Lernfähigkeit und Lernbereitschaft Interkulturelle Kompetenz Risiken und Ungewissheiten akzeptieren und damit leben können Toleranz, Wertschätzung und Respekt Vorausschauendes Arbeiten Zuverlässigkeit Akzeptanz und Verständnis für Unternehmenspolitik und organisationale Gegebenheiten Disziplin Umfassende Vorbereitung Entscheidungsfähigkeit Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
Gesamt (n=28)
MKE (n=28)
RGT (n=23)
28 27 24 23 23 21 20 19 19 18 17 17 17 15 15 14 14
27 26 19 23 23 21 17 17 17 15 17 17 17 13 15 11 14
13 11 16 2 1 3 4 11 9 7 4 1 0 8 1 6 3
11
9
7
11 11 11 8 7 7 7 6 6 5
10 2 11 7 6 7 7 4 5 3
2 10 0 1 1 0 0 4 1 2
5
3
3
5 5 5 5
4 5 5 5
1 0 0 0
Anmerkungen: Gesamt = Gesamtes Datenmaterial. MKE = Mit der Methode kritischer Ereignisse gewonnenes Datenmaterial. RGT = Mit der Repertory-Grid-Technik gewonnenes Datenmaterial. Die Spalten geben für jeden Teil des Datenmaterials die Anzahl der Interviews an, für die die jeweilige Kategorie mindestens einmal kodiert wurde.
Tab. 2: Oberkategorien des integrierten Kategoriensystems, die für mindestens fünf Untersuchungsteilnehmer kodiert wurden (n=28 Interviews)
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Persönlichkeit des Gesprächspartners ab. Es gelingt ihm, die für den Gesprächspartner entscheidenden Elemente herauszuarbeiten und in der eigenen Argumentation auf diesem Schwerpunkt aufzubauen. 2. Wissen und Erfahrung Definition: Der Mitarbeiter verfügt über Kenntnisse in vielfältigen Wissensbereichen, die ihn zur interdisziplinären Arbeit befähigen. Seine Erfahrung mit den Sichtweisen, Strukturen und Abläufen des eigenen Unternehmens und der Geschäftspartner ermöglicht es ihm, Situationen richtig einzuschätzen, Entscheidungen zu treffen und Fehler frühzeitig zu erkennen. 3. Teamfähigkeit und Teamgeist Definition: Der Mitarbeiter lässt sich auf seine Kollegen ein, arbeitet gerne mit ihnen zusammen und ist bereit Erfolge und Misserfolge zu teilen. Die aufgestellten Regeln hält er stets ein. Seinen Kollegen gegenüber ist er fair und hilfsbereit. Wenn seine eigenen Ziele mit den gemeinsamen Zielen kollidieren, ist er bereit erstere den letzteren unterzuordnen. 4. Informationsmanagement Definition: Der Mitarbeiter kennt die Infrastruktur und die Informationswege seines Unternehmens und der für seine Arbeit wesentlichen Organisationen. Seine Informationsquellen fragt er aktiv und tief gehend ab. Dabei versucht er den weiteren Kontext und mögliche Zusammenhänge eines Projektes genau zu erfassen. Die erhaltenen Informationen analysiert er, bereitet sie auf, dokumentiert sie und leitet sie an die relevanten Stellen weiter. Er passt die Informationen an die Bedürfnisse des jeweiligen Empfängers an und sorgt dafür, dass sich alle Beteiligten auf demselben Informationsstand befinden. 5. Denken und Problemlösen Definition: Der Mitarbeiter verfügt über eine schnelle Auffassungsgabe, hohe Konzentrationsfähigkeit und ein analytisches, problemlösendes Denken. Er ordnet die Dinge in einen globalen Zusammenhang ein, erkennt übergeordnete Tendenzen und ist sich der systemischen Auswirkungen seiner Handlungen bewusst. Eigene und fremde Arbeiten hinterfragt er stets kritisch und entdeckt deren Fehler und Mängel. 6. Beziehungsmanagement Definition: Der Mitarbeiter erkennt Möglichkeiten zum Beziehungsaufbau und gewinnt durch faire, offene Zusammenarbeit und gute Leistung das Vertrauen der jeweiligen Personen. Durch ständigen Kontakt und fortgesetzte Beweise
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der eigenen Vertrauenswürdigkeit erhält er dieses Vertrauensverhältnis und baut es aus. Er unterstützt seine Kontaktpersonen und hilft ihnen, um sie an sich zu binden und künftig selbst Gefälligkeiten erfragen zu können. 7. Durchsetzungsvermögen und Beharrlichkeit Definition: Der Mitarbeiter kann sich intern wie extern gegen Widerstände und Ablehnung durchsetzen. Dabei beweist er große Geduld und langen Atem. Er beharrt auf getroffenen Vereinbarungen und ist bereit, für diese zu kämpfen. Einen eingeschlagenen Weg verfolgt er beharrlich und konsequent. In seiner Konzentration lässt er auch über größere Zeiträume nicht nach. 8. Einsatzbereitschaft Definition: Der Mitarbeiter zeigt hohes Engagement und setzt sich überdurchschnittlich für sein Unternehmen ein. Bei Bedarf ist er bereit, persönliche Interessen zurückzustellen, um kurzfristig eine Dienstreise anzutreten oder abends und an Wochenenden Mehrarbeit zu leisten. Er kümmert sich um alle Details, ruht sich nicht auf dem Erreichten aus und übernimmt, wenn nötig, auch unangenehme Tätigkeiten bereitwillig. 9. Flexibilität Definition: Der Mitarbeiter stellt sich schnell auf neue Situationen ein und ist einen plötzlichen Wechsel der Prioritäten und Aufgaben gewohnt. Er denkt in Alternativen und vergleicht diese unvoreingenommen miteinander. Bei veränderten Bedingungen ist er in der Lage, alte Denkstrukturen und Lösungsansätze aufzugeben und einen schnellen Wechsel zu vollziehen, auch wenn damit die Aufgabe eigener, lieb gewonnener Ideen und Projekte verbunden ist. 10. Offenheit Definition: Der Mitarbeiter ist zugänglich und gesprächsbereit. Er ist offen für neue Blickwinkel und Herangehensweisen. Dabei schaut er auch über den Tellerrand seines eigenen Aufgaben- und Fachbereiches hinaus. 11. Belastbarkeit und Stressresistenz Definition: Der Mitarbeiter arbeitet auch unter hohem Zeit- und Erwartungsdruck nüchtern und professionell. Trotz seiner hohen Verantwortung bewahrt er einen kühlen Kopf und bleibt in jeder Situation entscheidungsfähig. Gegenüber persönlichen Angriffen zeigt er eine hohe Frustrationstoleranz. 12. Schnelligkeit und Effizienz Definition: Der Mitarbeiter erledigt Aufgaben schnell und kann Entscheidungen in kurzer Zeit treffen. Auf Anfragen reagiert er auch kurzfristig. Er erkennt,
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welcher Lösungsweg in der gegebenen Zeit der meist versprechende ist und verfolgt diesen konsequent. Die Genauigkeit seiner Ausarbeitungen passt er den zeitlichen Vorgaben und der Bedeutung der Aufgabe an. 13. Planung und Organisation von Ressourcen Definition: Der Mitarbeiter erkennt die wirklich wichtigen Aufgaben und setzt klare Prioritäten. Seine Projekte teilt er in sinnvolle Zeitabstände und Aufgabenpakete ein. Er ist in der Lage intern und extern Ressourcen zu generieren und so auf die Aufgaben zu verteilen, dass eine termingerechte Bearbeitung aller Projekte gewährleistet ist. Unter Ausnutzung möglicher Synergien setzt er alle beteiligten Personen nach ihren Fähigkeiten und Kapazitäten ein. 14. Eigeninitiative und selbständiges Arbeiten Definition: Der Mitarbeiter bringt Ideen und Überlegungen ein, bietet Hilfe und Unterstützung an und stellt so sicher, dass die Aufgaben zu seiner Zufriedenheit erledigt werden. Er denkt voraus, hat ein Gefühl dafür, was zu tun ist, und kümmert sich um die Umsetzung. Bei akuten Problemen wartet er nicht darauf, dass andere Verantwortung übernehmen, sondern leitet selbstständig die notwendigen Maßnahmen ein. Dabei agiert er stets selbständig und selbstgesteuert ohne größere Hilfestellung durch seine Vorgesetzten. Er kennt seine Entscheidungskompetenzen und nutzt diese, ohne dabei eigenmächtig zu handeln. 15. Führung Definition: Der Mitarbeiter ist in der Lage, unterschiedliche Mitarbeiter zu integrieren, zu motivieren und ihre Kräfte auf ein Ziel zu bündeln. Er delegiert fair, ohne Bevorzugung Einzelner. Seinen Mitarbeitern gegenüber verhält er sich freundschaftlich unterstützend und versucht zu überzeugen und mit einzubeziehen, statt zu befehlen. Er erzeugt Verständnis, fördert Kommunikation und offene Streitkultur unter den Mitarbeitern und bietet jedem Entwicklungsmöglichkeiten. Wo nötig, erlaubt es ihm seine natürliche Autorität auch Druck auszuüben und Grenzen aufzuzeigen. 16. Kreativität und Optimierungsdrang Definition: Der Mitarbeiter strebt eine Optimierung der etablierten Produkte und Prozesse an. Dafür verlässt er bekannte Wege und sucht nach neuen Lösungen und Alternativen zu herkömmlichen Verfahren. Er ist in der Lage, eine Sache von verschiedenen Seiten zu betrachten, und so unterschiedliche
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Lösungsansätze zu entdecken. Seine Phantasie, sein Ideenreichtum und seine Erfahrung helfen ihm, neue Lösungswege zu finden und diese auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen. 17. Kundenorientierung Definition: Der Mitarbeiter setzt sich mit dem Kundenunternehmen auseinander und akzeptiert dessen Anforderungen. Sein Ziel ist es, das eigene Unternehmen optimal für seinen Kunden einzusetzen und seine Leistungen auf dessen Bedürfnisse zuzuschneiden. Er geht aktiv auf den Kunden zu, hält engen Kontakt und ist ständig ansprechbar. Er vertritt beim Kunden das Unternehmen als Ganzes und reagiert auch auf Anfragen, die nicht in seine Zuständigkeit fallen, schnell und zuverlässig. Er zeigt sich stets hilfsbereit und engagiert und beweist so das Interesse und den Einsatz des eigenen Unternehmens. 18. Arbeitszufriedenheit; Interesse an/ Identifikation mit Aufgabe und Unternehmen Definition: Der Mitarbeiter zeigt Interesse für seine Aufgaben und hat Spaß an seiner Arbeit. Er identifiziert sich mit seiner Tätigkeit und dem Unternehmen. Mit seiner Situation und seinen Möglichkeiten im Unternehmen ist er zufrieden. 19. Transparente Kommunikation, auch in Problemsituationen Definition: Der Mitarbeiter informiert auch bei auftretenden Problemen frühzeitig und klar, ohne dabei kritische Aspekte zu vertuschen oder zu ignorieren. Er nennt mögliche Konsequenzen und Wege zur Lösung des Problems und hat auch den Mut, eigene Fehler und Defizite einzugestehen. 20. Persönlichkeit: konstruktiv, optimistisch, ausgeglichen, sympathisch Definition: Der Mitarbeiter hat eine positive und konstruktive Grundhaltung. Er ist ausgeglichen, menschlich standfest und mit sich selbst im Reinen. Die Dinge nimmt er, wie sie sind, beschwert sich nicht und betrachtet Unzulänglichkeiten als Chancen. Aufgrund seiner Art wirkt er sympathisch und kann Menschen für sich einnehmen. 21. Unternehmerisches Denken Definition: Die Leistung des Mitarbeiters ist von einer konsequenten Kostenund Ergebnisorientierung geprägt. Er ist stets um Einsparungen und zusätzliche Umsatzchancen bemüht. Dabei handelt er so, als ginge es um sein eigenes Unternehmen. Bei Kunden und Geschäftspartnern vertritt er engagiert die Interessen des Unternehmens und bemüht sich um eine langfristige Absicherung des Geschäftes.
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4
63
Diskussion
Im Folgenden werden die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung interpretiert und hinsichtlich ihres Geltungsbereiches bewertet. Anschließend werden der Erkenntniswert der Studie beurteilt und Implikationen der Arbeit für die weitere Erforschung des Gegenstandsbereiches diskutiert. 4.1
Interpretation der Ergebnisse
4.1.1 Eignung der Erhebungsmethoden Wie bereits erwähnt, wurden die beiden verwendeten Datenerhebungstechniken ausgewählt, um unterschiedliche Aspekte subjektiver Eignungstheorien zu erfassen. Für die Methode kritischer Ereignisse wurde angenommen, dass sie sich aufgrund der Fokussierung auf real aufgetretene Verhaltensepisoden besonders gut eignet, um die eignungskritischen Anforderungen in Form von konkreten Beschreibungen des Arbeitshandelns bzw. der damit verbundenen psychischen Prozesse zu erfassen. Die mit diesem Verfahren produzierten Daten enthalten viele Verhaltensbeschreibungen im Kontext konkreter Anforderungssituationen. Damit entsprechen die Daten genau den Erwartungen. Viele Verfahren, die direkte Fragen nach Anforderungen beinhalten, resultieren in einer Art „Wunschzettel“, dessen Forderungen nur teilweise in einem nachvollziehbaren Zusammenhang zur eigentlichen Tätigkeit stehen (Flanagan 1954). Auch dieses Problem wurde hier durch die situative Einbettung und die Fokussierung auf reales Verhalten effektiv vermieden. Die Methode hat die Erwartungen bestätigt. Darüber hinaus war sie auch geeignet, subjektive Anforderungskonstrukte zu erfassen. Kritisch ist hier anzumerken, dass die geschilderten kritischen Ereignisse trotz detaillierter Instruktion und gezielter Nachfass-Fragen in vielen Fällen auf einem mittleren Konkretheitsniveau blieben. Die Methode war zwar geeignet, die Untersuchungsteilnehmer zur Schilderung allgemeiner Verhaltensweisen und psychischer Prozesse zu bewegen, eine wirklich detaillierte Beschreibung unterblieb jedoch zumeist. Dies ist vermutlich auf die globale Zielsetzung der Untersuchung zurückzuführen, kritische Ereignisse in der Tätigkeit allgemein zu beschreiben. Will man spezifischere Beschreibungen kritischer Ereignisse erhalten, sollte der Zielbereich der zu erfassenden Verhaltensweisen und
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Prozesse enger eingegrenzt werden, z.B. auf konkrete Arbeitsvorgänge spezifischer Funktionen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es jedoch, eine erste Übersicht subjektiver Sichtweisen von Anforderungen relativ breiter Tätigkeitsbereiche zu erarbeiten. Dafür erscheint der realisierte Detaillierungsgrad der Daten angemessen. Auffällig ist die enge Beziehung der beschriebenen Anforderungen zu konkreten Leistungssituationen in der Tätigkeit. Sie belegt, dass die Untersuchungsteilnehmer die geschilderten Anforderungskonstrukte mit konkreten Anforderungssituationen verknüpfen. Dadurch ist auch die zu erwartende soziale Erwünschtheit der Schilderungen niedriger anzusetzen als bei einer einfachen Abfrage der Anforderungen ohne Berücksichtigung des situativen Kontextes. Es kann festgehalten werden, dass sich die Methode kritischer Ereignisse als besonders geeignet zur Erfassung subjektiver Eignungstheorien im Hinblick auf deren praktische Anwendung erwiesen hat. Die Repertory-Grid-Technik wurde dagegen mit dem Ziel eingesetzt, diejenigen Anforderungskonstrukte zu erfassen, die auch in realen Eignungsbeurteilungsprozessen der Untersuchungsteilnehmer zum Einsatz kommen. Die Ergebnisse verdeutlichen die Eignung der Methode für diesen Zweck: Im Vergleich zur Methode kritischer Ereignisse war hier der Anteil der subjektiven Anforderungskonstrukte am Datenmaterial wesentlich größer. Die Beschreibung von Verhaltensweisen oder psychischen Prozessen war vergleichsweise selten. Damit entsprechen die erhaltenen Daten genau den Erwartungen. Dennoch sind die aus dieser Methode resultierenden Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren, da das Verfahren aus den genannten Gründen nur in einer kurzen Version eingesetzt werden konnte. Obwohl angenommen werden kann, dass auch umfangreiche Vergleiche von mehr als drei Prototypen zu qualitativ ähnlichem Material führen würden, ist es nicht auszuschließen, dass eine differenziertere Anwendung des Verfahrens andere Daten produziert. Kritisch ist hier auch anzumerken, dass die Methode von vier der 28 Teilnehmer aus verschiedenen Gründen abgelehnt wurde. Dies ist zum einen auf die Verwendung der Smiley-Symbole zurückzuführen, die offensichtlich bei manchen Untersuchungsteilnehmern unerwünschte Assoziationen hervorriefen und so zur Ablehnung der Methode beitrugen. Für künftige Anwendungen der Technik ist zu empfehlen, auf die Verwendung von Symbolkarten zu
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verzichten, deren Bedeutung missverständlich ist. Darüber hinaus ist es auch möglich, dass den Befragten die Reduktion des Themas auf drei Prototypen als eine zu grobe Vereinfachung erschien. Ein weiterer Grund für die eingeschränkte Akzeptanz des Verfahrens mag zum anderen die Fokussierung auf personale Bestimmungsgrößen der Eignung unter Vernachlässigung situativer Aspekte sein. Für diese Annahme spricht, dass immerhin zwei Teilnehmer angaben, auf einem so allgemeinen Niveau keine Aussagen über Eignung machen zu können. Für weitere Verwendungen von Repertory-Grid-Techniken zur Erhebung subjektiver Eignungstheorien erscheint es deshalb ratsam, den situativen Kontext des fraglichen Leistungsverhaltens mit einzubeziehen. Diese Forderung wird auch von Mentges (1990) erhoben. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es gelungen ist, durch die Kombination der verwendeten Datenerhebungstechniken sowohl die subjektiven Anforderungskonstrukte als auch die damit verbundenen Verhaltensweisen und psychischen Prozesse in der Anforderungssituation zu erfassen. Dabei ergänzten sich die unterschiedlichen Ansätze der Methoden gut. Die mithilfe der beiden Erhebungstechniken produzierten Daten entsprechen den jeweiligen Erwartungen. Dabei zeigte sich, dass die verwendete Fassung der Methode kritischer Ereignisse nicht nur zur Erfassung von Verhaltensweisen und psychischen Prozessen geeignet ist, sondern auch zur Erfassung subjektiver Anforderungskonstrukte eingesetzt werden kann. Obwohl die beiden Erhebungsmethoden ausgewählt wurden, um verschiedene Aspekte des Forschungsgegenstandes zu erfassen, führte die getrennte Analyse der beiden Datensätze zu inhaltlich sehr ähnlichen Ergebnissen. Das deutet darauf hin, dass diese Ergebnisse tatsächlich die anforderungsbezogenen Inhalte der subjektiven Eignungstheorien repräsentieren. Die spezifischen Methodenfehler beider Verfahren scheinen eher vernachlässigbar zu sein. Andernfalls müssten sich die Ergebnisse beider Verfahren stärker unterscheiden. Es darf wohl angenommen werden, dass es gelungen ist, die subjektiven Anforderungskonstrukte der Untersuchungsteilnehmer valide zu erfassen. 4.1.2 Diskussion der subjektiven Eignungsprädiktoren Bei der näheren Betrachtung der erhobenen subjektiven Eignungsprädiktoren fällt zunächst deren große Zahl auf. Auch wenn man nur Konstrukte
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berücksichtigt, die für mindestens fünf Untersuchungsteilnehmer kodiert wurden, umfassen die Ergebnisse noch immer 33 Eignungskonstrukte. Dennoch zeigen die Untersuchungsteilnehmer eine hohe Übereinstimmung hinsichtlich der als eignungsrelevant erachteten Konstrukte. Immerhin 17 der 33 Kategorien konnten für mindestens die Hälfte der Teilnehmer kodiert werden (siehe Tabelle 2). Pro Interview wurden zwischen 9 und 23 der 33 Kategorien mindestens einmal thematisiert. Die Untersuchungsteilnehmer betrachten ihre Tätigkeiten also differenziert und weisen dennoch eine hohe Übereinstimmung hinsichtlich der relevanten Eignungsanforderungen auf. Die hohe Anzahl der genannten Anforderungskategorien pro Untersuchungsteilnehmer ist vor allem auf den Einsatz der Methode kritischer Ereignisse zurückzuführen. Der Median kodierter Kategorien pro Interview ist für die kritischen Ereignisse mehr als doppelt so hoch wie für das Repertory-GridMaterial. Möglicherweise ist diese geringere inhaltliche Vielfalt der RepertoryGrid-Daten auch auf die einseitig personenzentrierte Betrachtung von Eignung zurückzuführen. Es wäre interessant zu untersuchen, wie sich eine stärkere Berücksichtigung situativer Faktoren bei Anwendung der Repertory-GridTechnik auf die thematische Vielfalt der Daten auswirken würde. Bei der Betrachtung der Inhalte des integrierten Kategoriensystems fällt zunächst auf, dass sich unter den Anforderungsbezeichnungen neben vielen alltagspsychologischen Begriffen auch eine Reihe von wissenschaftlichpsychologischen Konstrukten wie z.B. Kreativität und interkulturelle Kompetenz finden. Die verwendeten Bezeichnungen reichen von sehr globalen Konzepten, wie z.B. Wissen und Erfahrung, bis hin zu recht konkreten Anforderungen, wie z.B. transparente Kommunikation, auch in Problemsituationen. Auffällig ist, dass es sich zumeist um überfachliche Qualifikationen handelt. Einzig die Kategorie Wissen und Erfahrung beinhaltet Aussagen über erforderliche Fachkompetenzen im Sinne von spezifischen Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten (Sonntag & Schaper 1999b). Diese Kategorie wurde allerdings für nahezu alle Untersuchungsteilnehmer kodiert. Andere Bereiche beruflicher Handlungskompetenz werden wesentlich differenzierter abgedeckt: Das Kategoriensystem enthält methodische Kompetenzen wie z.B. Informationsmanagement oder Denken und Problemlösen, soziale Kompetenzen wie Gesprächs- und Verhandlungsführung und Teamfähigkeit und Teamgeist sowie Selbst- und Personalkompetenzen (Sonntag & Schaper 1999b) wie Einsatzbereitschaft, Belast-
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barkeit und Stressresistenz. Darüber hinaus finden sich klassische Tugenden wie Disziplin oder Zuverlässigkeit. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die subjektiven Eignungstheorien der befragten Mitarbeiter ein differenziertes Bild der fraglichen beruflichen Anforderungen zeichnen. Die Bedeutung jedes der genannten Teilbereiche beruflicher Handlungskompetenz für die berufliche Eignung wurde betont und differenziert beschrieben. Dies verdeutlicht, dass sich die verwendeten Erfassungsmethoden zur Erhebung aller Teilaspekte beruflicher Handlungskompetenz gleichermaßen eignen. Hinsichtlich der Spezifität der beschriebenen Anforderungskategorien fällt auf, dass es sich weitgehend um sehr allgemeine, globale Qualifikationen handelt. Eindeutig fach- bzw. organisationsspezifische Konstrukte finden sich nicht. 4.1.3 Nutzen der rekonstruierten Inhalte subjektiver Eignungstheorien in der betrieblichen Personalentwicklung Zentrales Kriterium bei der Konzeption, Durchführung und Auswertung der Untersuchung war der Beitrag, den die Ergebnisse zur Fundierung betrieblicher Personalentwicklung leisten können. Die aus dieser Zielsetzung abgeleiteten Kriterien wurden allen methodischen Entscheidungen der vorliegenden Untersuchung zugrunde gelegt. Im Folgenden sollen diese Entscheidungen nochmals resümiert werden, um dann zu einer Beurteilung zu kommen, inwieweit die geforderten Ziele erfüllt werden konnten und inwieweit die Ergebnisse als geeignet für eine Anwendung in der Personalentwicklung gelten können. Um die subjektiven Anforderungskonstrukte möglichst unvoreingenommen erfassen zu können, wurde auf eine Ableitung potenzieller Eignungsprädiktoren aus der wissenschaftlichen Literatur zugunsten eines explorativen qualitativen Vorgehens verzichtet. Die verwendeten Erhebungsmethoden wurden ausgewählt und angepasst, um eine Erfassung sowohl der subjektiven Konstrukte als auch der damit verbundenen Verhaltensweisen und psychischen Prozesse einschließlich der sprachlichen Besonderheiten zu ermöglichen. Bei der Auswertung wurde ebenfalls auf die Verwendung von Fachbegriffen so weit wie möglich verzichtet, um im Rahmen einer induktiven Kategorienbildung die Konstrukte der befragten Untersuchungsteilnehmer zu rekonstruieren.
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Die so gewonnenen Ergebnisse wurden in Form eines „Anforderungsprofils“ dargestellt, um die Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen anderer Anforderungsanalyseverfahren zu fördern. Um die mögliche Anwendung der so gewonnenen Anforderungsmerkmale im Rahmen von Personalentwicklungsmaßnahmen zu erleichtern, wurden für alle Anforderungskategorien Definitionen entwickelt, die die inhaltliche und sprachliche Qualität des Datenmaterials möglichst authentisch wiedergeben. In Verbindung mit den kodierten Textstellen entsteht damit ein differenzierter Anforderungskatalog, dessen einzelne Kriterien vielfach durch Verhaltensbeschreibungen und spezifische Aussagen der Untersuchungsteilnehmer konkretisiert werden (vgl. Graner 2001). Damit sind die einzelnen Kriterien für das Auftraggeberunternehmen leicht zu operationalisieren. So wird z.B. die Anforderung interkulturelle Handlungskompetenz deutlich konkreter, wenn man hinzufügt, dass damit gemeint ist, dass der Mitarbeiter das Verhalten von Angehörigen anderer Kulturen „nicht nur aus der Sicht seiner eigenen Kultur“ bewertet, sondern es versteht „die Perspektive seiner Gesprächspartner zu übernehmen und ihr Verhalten auf ihrem jeweiligen kulturellen Hintergrund zu interpretieren“ (vgl. Graner 2001). Mit diesem Anforderungskatalog liegt damit ein Untersuchungsergebnis vor, das die aufgestellten Kriterien erfüllt. Durch den Aufbau in Form eines Anforderungsprofils ist die Vergleichbarkeit mit anderen Anforderungsanalysen gegeben. Die verhaltensnahe und authentische Beschreibung der einzelnen Anforderungen erleichtert eine Operationalisierung des Materials für Personalentwicklungszwecke. 4.2
Geltungsbereich der Ergebnisse
Die Zielsetzung und die Umgebungsbedingungen der vorliegenden Arbeit als einer explorativen Feldstudie erforderten einige Kompromisse im Forschungsvorgehen, die sich teilweise nachteilig auf die Generalisierbarkeit der Ergebnisse auswirken. Im Einzelnen handelt sich dabei um die Größe der untersuchten Stichprobe von n=28, die mangelnde Repräsentativität derselben und die fehlende experimentelle Kontrolle dritter Variablen. Auf die genannten Ergebnisse zur Eignung der verwendeten Erhebungsmethoden zur Erfassung der Inhalte subjektiver Eignungstheorien dürften sich diese Faktoren nicht auswirken. Hier ist wesentlich, dass es gelungen ist, die
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subjektiven Eignungstheorien in gewünschter Weise zu rekonstruieren und zu beschreiben. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die verwendeten Methoden in betrieblichen Kontexten für Populationen mit ähnlichem Bildungsniveau mit gleichem Erfolg eingesetzt werden können. Für die Generalisierbarkeit der Inhalte der rekonstruierten Eignungstheorien sind insbesondere die Charakteristika der Stichprobe von Bedeutung. Für die Untersuchung wurden vorwiegend Mitarbeiter ausgewählt, denen von ihren Vorgesetzten bzw. von leitenden Mitarbeitern der Personalabteilung eine hohe berufliche Handlungskompetenz in ihren jeweiligen Funktionsbereichen bescheinigt wurde. Damit können die befragten Personen einerseits als Experten für die jeweiligen Tätigkeiten gelten. Es kann daher angenommen werden, dass ihre Aussagen die tatsächlichen Anforderungen gut wiedergeben. Andererseits bildet die befragte Gruppe eine spezifische Auswahl und es ist unklar, ob die Befragung einer repräsentativen Stichprobe zu denselben Ergebnissen geführt hätte. Die hohe Übereinstimmung der Untersuchungsteilnehmer hinsichtlich der wahrgenommenen Anforderungsbereiche deutet jedoch auf eine geringe Streuung dieser Inhaltsbereiche innerhalb der Belegschaft hin. Auch für eine repräsentative Befragung sind deshalb wohl sehr ähnliche Ergebnisse zu erwarten. Über den konkreten Untersuchungskontext hinaus generalisiert werden können vermutlich die Ergebnisse zur Art der wahrgenommenen Anforderungen, da sich das Stichprobenselektionskriterium bzw. der Tätigkeitsbereich der Versuchspersonen in dieser Hinsicht nicht auf das Ergebnis auswirken dürfte. Zudem kommen Untersuchungen mit anderen Personengruppen zu ähnlichen Ergebnissen hinsichtlich der Art der genannten Anforderungen (vgl. Mentges 1990; Neubauer 1984; 1989; 1990). Die im Hinblick auf Frage 3 der Fragestellung (siehe 1.6) entwickelten Kriterien für eine Anwendung der Ergebnisse in der Personalentwicklung sind in ihrer Geltung nicht eingeschränkt, da sie nicht auf den empirischen Ergebnissen beruhen. 4.3
Erkenntniswert und Nutzen der Untersuchung
Obwohl immer öfter auf die Bedeutung subjektiver oder impliziter Eignungstheorien in der betrieblichen Praxis hingewiesen wird – insbesondere im Zusammenhang mit Assessment-Center-Verfahren (vgl. Mentges 1990; Neubauer 1984; 1989; 1990; Obermann 1992) –, existiert bisher kein
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differenziertes Modell subjektiver Eignungstheorien. In der Praxis werden subjektive Wissensbestände über Eignung entweder als Fehlerquelle abgelehnt oder unkritisch als objektives Expertenwissen übernommen. Theoretische und methodische Erfordernisse in der Behandlung dieses Forschungsgegenstandes werden oft vernachlässigt. Mit der hier vorgestellten Arbeit liegt nun eine differenzierte Konzeption subjektiver Eignungstheorien vor. Weiterhin werden Entstehung, Modifikation und Auswirkungen subjektiver Eignungstheorien im organisationalen Kontext besprochen und Hinweise auf die mögliche Bedeutung subjektiver Eignungstheorien für die betriebliche Personalentwicklung gegeben. Das resultierende Modell kann allerdings noch nicht als empirisch bewährt betrachtet werden, da der Gegenstand noch kaum untersucht ist und die herangezogenen Theorien ebenfalls empirisch kaum überprüft sind. Damit bietet die Arbeit zunächst einen theoretischen Rahmen des Konstrukts subjektiver Eignungstheorien sowie Annahmen über deren Bedeutung im organisationalen Kontext, insbesondere für die betriebliche Personalentwicklung. Inwieweit diese Modellvorstellung und die gemachten Annahmen einer empirischen Überprüfung standhalten, müssen künftige Untersuchungen klären. Dennoch stellt das Modell einen wissenschaftlichen Fortschritt dar, da es das Konstrukt einer wissenschaftlichen Überprüfung zugänglich macht. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung konnten weiterhin zwei Erhebungsmethoden zur Erfassung dieses theoretischen Konstrukts ausgewählt und angepasst werden, deren Eignung zur Erfassung subjektiver Eignungstheorien gezeigt werden konnte. Darüber hinaus können Hinweise für eine Optimierung der Methoden aus den Ergebnissen abgeleitet werden. Die inhaltlichen Ergebnisse der Studie fließen direkt in die betriebliche Personalentwicklung der Knorr-Bremse AG ein. 4.4
Ausblick auf weitere Forschungsfragen
Aufbauend auf den vorliegenden Ergebnissen sollte untersucht werden, welche Rolle subjektive Eignungstheorien bei der Handlungsplanung im Arbeitskontext spielen. Im Rahmen einer Handlungsvalidierung sollte überprüft werden, inwieweit sich die hier beschriebenen Eignungstheorien zur Vorhersage individuellen Arbeitshandelns eignen. Dabei müsste untersucht werden,
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1. wie realitätsangemessen die Einschätzungen der Stelleninhaber als Experten für die jeweilige Tätigkeit sind und 2. inwiefern subjektive Eignungstheorien gerade für komplexe Tätigkeiten, wie die hier untersuchten, Hinweise auf Anforderungen liefern können, die von gängigen Anforderungsanalyseverfahren nicht erfasst werden, z.B. weil sie sich einer direkten Beobachtung entziehen. Anhand der Ergebnisse solcher Untersuchungen sollte es möglich sein, den potenziellen Nutzen subjektiver Eignungstheorien für die betriebliche Personalentwicklung besser abzuschätzen. Der nächste Schritt wäre dann, die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zur Fundierung der Personalentwicklung der Knorr-Bremse AG einzusetzen. Entsprechende Vorschläge wurden bereits gemacht (vgl. Graner 2001). Nach Umsetzung dieser Vorschläge muss überprüft werden, inwiefern ein Einbeziehen von subjektiven Eignungstheorien allgemein zur Fundierung der Personalentwicklung beigetragen hat und inwieweit die hier beschriebenen Kriterien zur Analyse, Aufbereitung und Beschreibung subjektiver Eignungstheorien dazu beitragen konnten. Auf die Konsequenzen der vorliegenden Arbeit für die Methodenentwicklung wurde schon hingewiesen. Neben den genannten Maßnahmen zur Optimierung der verwendeten Methoden erscheint insbesondere die Entwicklung eines integrierten Verfahrens unter Ausnutzung der spezifischen Vorteile beider Methoden viel versprechend. So könnten z.B. mit Hilfe der Methode kritischer Ereignisse zunächst anforderungskritische Ereignisse identifiziert werden, um in einem zweiten Schritt die Repertory-Grid-Technik auf jedes dieser Ereignisse anzuwenden. Dafür müssten für jedes kritische Ereignis Prototypen definiert und die entsprechenden Ähnlichkeits- und Unterschiedsvergleiche durchgeführt werden. Ein solches Vorgehen erfordert allerdings einen immensen Mehraufwand, da die Repertory-Grid-Vergleiche für jedes kritische Ereignis separat durchgeführt werden müssen.
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Communities of Practice als Wissensmanagementmethode zur Förderung des Wissensaustauschs: Eine Analyse der motivationalen Faktoren Silke F. Heiss
1
Einleitung
Wie Untersuchungen renommierter Forschungseinrichtungen belegen, sind derzeit über 50% des generierten Mehrwertes in Unternehmen auf spezifisches Wissen zurückzuführen (Bullinger u.a. 1997, 16). Somit wird das Unternehmen zunehmend als ein wissensbasiertes System gesehen, das Wissen integriert und Lernprozesse fördert. Dieses neue Unternehmensverständnis rückt den Menschen als Wissensträger in den Mittelpunkt der Organisation. Reinmann-Rothmeier umschreibt Wissensmanagement als Vorgehensweise, um „Wissensprozesse im Spannungsfeld zwischen Information und Handeln zu beeinflussen bzw. Rahmenbedingungen in der Organisation so zu gestalten, durch die die intendierten Wissensprozesse bewirkt, forciert, unterstützt oder erleichtert werden.“ (ReinmannRothmeier 2001, 18)
Seit einigen Jahren wird eine neue spezifische Organisationsform diskutiert, die das Lernen und den Wissensaustausch in besonderem Maße fördern soll (McDermott 1999; Wenger 1998a; Wenger & Snyder 2000; ReinmannRothmeier 2001). Hierbei handelt es sich um „Communities of Practice“ (CoP1). CoP zeichnen sich durch eine gemeinsame Tätigkeit, ein gemeinsames Interesse oder ein gemeinsames Bestreben aus und sind in einen sozialen und physischen Kontext eingebunden (Wenger 1998b, 72). In der jüngsten Vergangenheit haben sich CoP als eine sehr wirksame Arbeitsmethode für das Wissensmanagement erwiesen (Brown & Gray 1995; Romhardt 2002, 21). CoP haben zum Hauptziel, den Wissensaustausch insbesondere durch Interaktion und Kommunikation zwischen Hierarchien, Standorten und Fachbereichen zu fördern. Das Unternehmen erhofft sich dadurch unter anderem Innovationen und Vermeidung von Doppelarbeiten (McDermott 2000).
1 CoP wird sowohl für den Singular Community of Practice als auch für den Plural Communities of Practice verwendet.
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Der Mehrwert, den sich Unternehmen durch den Einsatz von CoP erhoffen, wird jedoch in der Praxis oft nicht erfüllt. Häufig ist auch die Annahme, dass die Mitarbeiter nicht genügend für die Teilnahme motiviert sind. In vielen Veröffentlichungen (Ferrán-Urdaneta 1999; Reinmann-Rothmeier 2000, 20f; Henschel 2001; Schoen 2001, 112; Trojan & Döring-Katerkamp 2002; Romhardt 2002, 37) wird der Aspekt „Motivation in Communities of Practice“ zwar benannt oder beschrieben, jedoch weist keine von ihnen auf eine Untersuchung diesbezüglich hin. So differieren auch die Angaben, was Personen dazu motiviert, sich an einer CoP zu beteiligen. Zudem werden des Öfteren unter dem Stichwort „Motivation“ Rahmenbedingungen genannt, die der Motivation förderlich sein sollen, jedoch werden die Motive, die dem zugrunde liegen, nicht näher beleuchtet (vgl. Frost & Holzwarth 2001). Bis heute beschränkt sich die wissenschaftliche Seite auf die Beschreibung von psychologischen Barrieren, die den Wissensaustausch verhindern (vgl. Schüppel 1996). Welche Motivationstheorien für die Unterstützung von CoP relevant sind und welche Motive eine besondere Bedeutung haben, ist Gegenstand der vorliegenden Studie. Daraus folgt für die wissenschaftliche Betrachtung eine Überprüfung von Motivationstheorien in der Praxis. Eine angewandte Forschungsarbeit bietet zudem die Möglichkeit die theoretischen Postulate zu bestätigen, zu ergänzen oder zu revidieren. Um die Forschung zu konkretisieren wurde folgende Forschungsfrage formuliert: Welche motivationspsychologischen Faktoren haben für den Wissensaustausch in Communities of Practice eine Bedeutung? Zur Beantwortung dieser Frage wurde das Forschungsvorgehen aufgespalten und gliedert sich in zwei Teilfragen: • Welche Motive stehen in Beziehung zum Wissensaustausch in Communities of Practice? • Wie werden diese gewichtet bzw. welche Bedeutung schreiben Teilnehmer einer Community of Practice diesen Motiven zu?
2
Wissen und Wissensaustausch
Nach North (1999, 12) stellt der Wissensaustausch einen der wichtigsten Prozesse innerhalb des Wissensmanagements dar. Nur durch den Austausch von Wissen kann neues Wissen generiert werden und können Innovationen stattfinden (Brown & Gray 1995; Schütt 2000, 79).
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2.1
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Wissen – eine Begriffsklärung
Die Existenz unterschiedlicher Auffassungen zu dem Begriff ‚Wissen’ in der Literatur gibt in der Praxis immer wieder Anlass zur Kritik (Kieser 1999). Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass der Begriff ‚Wissen’ in sehr vielen Forschungsbereichen (z.B. Ingenieurswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Soziologie und Psychologie) eine zentrale Stellung einnimmt. Aufgrund der unterschiedlichen Erkenntnisinteressen der einzelnen Disziplinen sowie durch die verschiedenen Kontexte und Hintergründe der Autoren, wird Wissen divergent aufgefasst und beschrieben. Daraus resultieren zahllose Versuche, den Wissensbegriff zu definieren. Bis heute gibt es keine einheitliche und allgemein akzeptierte Bestimmung des Begriffs ‚Wissen’. Eine allseitig anerkannte Definition ist selbst der Philosophie nicht gelungen, die sich am längsten mit den Fragen des Wissens beschäftigt. Bis dato wird man deshalb, je nachdem aus welcher Perspektive Wissen betrachtet wird, ein anderes Begriffsverständnis vorfinden (Reinmann-Rothmeier & Mandl 2002). 2.1.1 Abgrenzung zwischen Daten – Information – Wissen Die Abgrenzung zwischen diesen drei Begriffen ist vor allem durch die Vielzahl von Veröffentlichungen aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Bereich zum Thema „Wissensmanagement“ bekannt geworden. Während in der Psychologie schon sehr lange zwischen Information und Wissen unterschieden wird (Zimbardo 1995), werden in den Wirtschaftswissenschaften Information und Wissen oft synonym benutzt (Kochendörfer 2000, 11). So vernachlässigen Probst u.a. (1998) die konkrete Abgrenzung und gehen von einem stetigen Qualitätswandel zwischen den Begriffen ‚Daten’, ‚Information’ und ‚Wissen’ aus. Sie benennen Eigenheiten von Daten (z.B. unstrukturiert, isoliert, kontextabhängig) und welche Merkmale diese dann aus der Wissensperspektive haben: strukturiert, verankert, kontextabhängig. Dabei wird Information nicht beschrieben, sondern als Zwischenform von Daten und Wissen betrachtet (Probst u.a. 1998, 36f; vgl. 372f). Der Leser muss sich an dieser Stelle selbst überlegen, welche Attribute den Begriff ‚Information’ charakterisieren. Die fehlende Klärung des Informationsbegriffs ist zudem dahingehend kritisierbar, dass Wissensmanagement ein neuer Ansatz gegenüber dem vorherigen Informationsmanagement sein soll, der Unterschied jedoch in dieser Darstellung nicht ersichtlich wird.
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Nachfolgend werden die drei Begriffe nach Davenport & Prusak (1998, 27f) und Reinmann-Rothmeier & Mandl (2002) erläutert. Daten kennzeichnen einzelne objektive Fakten zu Ereignissen oder Vorgängen. Sie besitzen als solche kaum Bedeutung oder Zweck. Information wird als Nachricht betrachtet, die gewöhnlich schriftlich dokumentiert oder akustisch bzw. visuell kommuniziert wird. Informationen sollen beim Empfänger eine Veränderung seiner Sicht und seines Selbstverständnisses bewirken. Sie haben einen Bedeutungsgehalt und beinhalten einen bestimmten Zweck. Wissen besitzt im Vergleich zu Daten und Informationen eine größere Komplexität. Es ist reichhaltiger und tiefer. Wissen ist eine fließende Mischung aus Erfahrungen, Wertvorstellungen und Kontextinformationen, die in ihrer Gesamtheit einen Strukturrahmen zur Beurteilung und Eingliederung neuer Erfahrungen und Informationen bietet. Entstehung und Anwendung von Wissen vollziehen sich in den Köpfen der Wissensträger. Wissen ist demnach immer an eine Person und einen Kontext gebunden. 2.1.2 Wissen als Objekt und Wissen als Prozess „Wissen als Objekt“ bedeutet, dass es Wissen in Büchern und Dokumenten gibt (Davenport & Prusak 1998, 33). Es ist teilbar und weder körper- noch kontextgebunden. Wissen wird als Substantiv gebraucht: knowledge. Wissen als Objekt ist eng der Information verhaftet und Reinmann-Rothmeier (2001, 14) wählt dafür auch den Ausdruck „Informationswissen“. Im Gegensatz hierzu ist „Wissen als Prozess“ kontextgebunden, durch Handeln erworben und durch soziale Interaktion konstruiert (Schneider 1996). Es wird als Verb gebraucht: to know, knowing. Wissen als Prozess geht letztlich in Handeln über und wird auch als „Handlungswissen“ bezeichnet (Reinmann-Rothmeier 2001, 14). Schneider (1996) weist zudem darauf hin, dass man das Wissen anderer nicht nutzen kann, ohne es sich zu eigen zu machen. Dies beinhaltet, dass Informationen erst mit den eigenen Vorerfahrungen geprüft, verglichen, bewertet und verknüpft werden müssen. Abbildung 1 zeigt die beiden unterschiedlichen Sichtweisen. „Wissen als Objekt“ wird durch das Paketmodell veranschaulicht, welches besagt, dass der Sender (S) sein Wissen (als Paket) an einen Empfänger (E) weitergibt. Dies erfolgt in der Annahme, dass der Empfänger dann dieses Wissen hat. Die Folge dieses Wissensverständnisses zeigt sich in der Fokussierung auf Wissen als Ressource und damit auf das Informationsmanagement. Dem-
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gegenüber steht „Wissen als Prozess“. Dabei erfolgt ebenfalls ein Austausch zwischen Sender (S) und Empfänger (E), ohne jedoch Wissen an sich festzuschreiben. Wissen im Prozess
Wissen als Objekt Paketmodell
S
Wissen
Interaktionsmodell
E
Wissen wird durch die Nutzung nicht verändert Wissen ist Abbildung der Realität Wissen als Ressource Technologie Informationsmanagement
S
Wissen
E
Wissen entsteht im Prozess Wissen ist Konstruktion über Realität Fokus auf Interaktion & Kommunikation Personal Kompetenzmanagement
Abb. 1: Zwei Perspektiven zum Begriff Wissen (angelehnt an Schneider 1996, 19)
Die Klärung dieser beiden Betrachtungsweisen hat einige Konsequenzen für die Praxis. In dieser dominiert bisher vor allem der Ansatz, Wissen als Objekt zu begreifen. Es überwiegen die Versuche, Wissen über die Technik festzuhalten, zu horten und zu transportieren (Reinmann-Rothmeier 2001). Schneider (1996) weist darauf hin, dass die zwei Perspektiven (Objekt vs. Prozess) oft miteinander vermischt werden, ohne die damit verbundenen Widersprüche zu thematisieren. Jedoch wird derzeit immer mehr ersichtlich, dass sich diese Art des „Wissensaustauschs“ nicht für alle Bereiche eignet und Wissen als Objekt nur einen Zweig des Wissensmanagements abdecken kann. Gegenwärtig zeichnet sich eine Tendenz ab, die die prozessorientierte Perspektive in den Mittelpunkt rückt (Reinmann-Rothmeier 2001). 2.1.3 Explizites versus implizites Wissen Eingangs wurde bereits auf die Problematik zur Bestimmung des Wissensbegriffs hingewiesen. In dem Versuch, Wissen zu strukturieren, werden in der Literatur eine Vielzahl von Taxonomien beschrieben (Roehl 2000, 22f). Die bekannteste epistemologische Unterscheidung ist die zwischen explizitem und implizitem Wissen (Polanyi 1985), die vor allem in der Praxis weit verbreitet ist (Schütt 2000, 76; Reinmann-Rothmeier & Mandl 2002). Explizites Wissen ist methodisch und systematisch strukturiert, formalisiert und mit Hilfe von Worten oder Zahlen leicht artikulierbar oder auch grafisch darstellbar, z.B. in Büchern (Nonaka & Takeuchi 1997, 18).
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Silke F. Heiss
Implizites Wissen lässt sich nach Nonaka & Takeuchi (1997, 18f) unterteilen in eine technische und eine kognitive Komponente. Die technische Komponente beinhaltet praktische Fähigkeiten und Erfahrungen, die durch die Ausführung von Tätigkeiten über einen längeren Zeitraum hinweg erworben werden, wie z.B. Kochen ohne Kochrezept. Dieses Wissen lässt sich somit nur schwer kommunizieren und damit teilen. Die kognitive Komponente umfasst mentale Bilder, Modelle und Überzeugungen, die historisch gewachsen und meist für selbstverständlich erachtet werden bzw. vom Individuum verinnerlicht wurden und somit nicht mehr bewusst wahrgenommen werden (Nonaka & Takeuchi 1997, 73). Osterloh & Wübker (1999, 68) weisen darauf hin, dass implizites Wissen nur durch Kommunikation und Interaktion weitergegeben werden kann (Interaktionswissen). Es lässt sich somit nur situiert, kontextbezogen und innerhalb eines sozialen Austauschs vermitteln. 2.1.4 Individuelles versus kollektives Wissen Eine weitere Klassifizierung stellt die Unterscheidung in individuelles und kollektives Wissen dar (Bullinger & Prieto 1998). Das individuelle Wissen kennzeichnet das persönliche Wissen, über das ein Individuum als Wissensträger verfügt (Schönherr 1998). Es ist jedoch nicht ausreichend, das Wissen in Unternehmen allein aus der Perspektive des Individuums zu betrachten (Reinmann-Rothmeier 2001, 21). Unternehmen stellen koordinierte Handlungszusammenhänge dar und kollektives Wissen ist für sie grundlegend (Schneider 1996). Dieses entsteht über die produktive und effektive Zusammenarbeit verschiedenster Mitarbeiter und Hierarchien (Probst u.a. 1998, 37f, 222f). Es wird in vielen Fällen im Kollektiv erworben und nur im Kollektiv erhalten. Aus diesem Grund werden z.B. ganze Abteilungen von Firmen abgeworben. Sie haben über lange, wechselseitig verlaufende Interaktionen Ideen, Fähigkeiten, Erfahrungen und Strukturen erworben, die sie erfolgreich machen (Schneider 1996). 2.2
Wissensaustausch
Welches Wissen ist nun für CoP als Methode und für den Wissensaustausch von zentraler Bedeutung? Zwei Punkte sollen an dieser Stelle hervorgehoben werden: Erstens stellen CoP über ihre Struktur, die auf Interaktion und Kommunikation basiert, eine Grundvoraussetzung für die mögliche Weitergabe von implizitem Wissen dar. Zweitens wird in CoP sowohl das individuelle
Communities of Practice als Wissensmanagementmethode
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Wissen (man lernt z.B. von Experten aus der Gemeinschaft) als auch das kollektive, geteilte Wissen für das Unternehmen erhalten bzw. gefördert (Reinmann-Rothmeier & Mandl 1999, 10). Der Wissensaustausch erfolgt primär mittels der Wissenskommunikation. Reinmann-Rothmeier nennt den Prozess der Wissenskommunikation die „Wissensbewegung pur“ (2001, 24). Der Austausch ist sowohl mit (z.B. E-Mail) als auch ohne technische Hilfsmittel (persönlicher Kontakt) möglich. Die Kommunikation ist ein wesentliches Medium für den Wissensaustausch und je weiter sich das Wissen dem Handeln nähert, „umso intensiver werden die Interaktionen zwischen den Menschen“ (Reimann-Rothmeier 2001, 25). An den Mitarbeiter wird für diesen Prozess die Anforderung der Kommunikationsfähigkeit gestellt. Als psychologische Hürden sind mangelndes Vertrauen, generelle Antipathie und defizitäre soziale Fertigkeiten zu nennen. Letzteres wirkt sich vor allem bei handlungsnahem Wissen als Barriere aus.
3
Communities of Practice
Der Begriff ‚Community of Practice’ geht auf die Lehr- und Lernforschung der beiden Autoren Lave & Wenger (1991; Wenger 1998b, xiii) zurück. Das zugrunde liegende Konzept bei CoP ist der Ansatz des „Situated Learning“ (Lave & Wenger 1991). Die situierte Sichtweise betont, dass das Lernen ein sozio-kultureller partizipativer Prozess und als das Hineinwachsen in eine praktisch tätige Gemeinschaft zu verstehen ist (Lave & Wenger 1991; Brown & Gray 1995). Die Konzeption von CoP ist dabei keineswegs neu (Wenger 1998a; vgl. Schneider 1999; Wenger u.a. 2002, 5). So gab es bereits im Mittelalter informelle Gemeinschaften wie die Handwerksmeister. Diese waren in Zünften und Gilden organisiert, um einen Erfahrungs- und Gedankenaustausch zu ermöglichen. Durch die Einbindung in soziale Kontexte (z.B. gemeinsame Mahlzeiten) wurde damit mehr als das eigentliche Handwerk gelernt. Es entwickelten sich eine Identität und ein Zusammengehörigkeitsgefühl (Schneider 1999; Wenger & Snyder 2000). 3.1
Definition und Verbreitung des Community of Practice-Ansatzes
Eine Auflistung einiger Definitionen zu CoP findet sich bei Schoen (2001, 57). Eine aktuelle Definition stammt von Wenger u.a (2002, 5):
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Silke F. Heiss
„Communities of practice are groups of people who come together to share and to learn from one another face-to-face or virtually. They are held together by a common interest in a body of knowledge. They typically share information, experiences, insights, advices and solve problems.”
In einer Veröffentlichung von Brown und Duguid (1991) wurde das Thema CoP erstmals in Zusammenhang mit dem organisationalen Lernen im Unternehmenskontext beschrieben und sehr bald als eine Umsetzungsmethode für das Wissensmanagement erkannt. Dadurch gewann das CoP-Konzept merklich an Bedeutung für die Praxis (Romhardt 2002, 21). Dabei stand die Erkenntnis im Vordergrund, dass der Mitarbeiter das für die Verrichtung seiner Arbeit benötigte Wissen nicht nur durch Verfahrensbeschreibungen oder Handbücher erwirbt, in denen expliziertes, dokumentiertes Wissen vermittelt wird. Vielmehr scheint der Wissenserwerb und -austausch am effektivsten in den bestehenden Arbeitszusammenhängen zu funktionieren, also durch den Transfer von (implizitem) Wissen durch die konkrete Anwendung in der Praxis. 3.2
Charakteristika von Community of Practice
Im Rahmen der Beschreibung von CoP wird häufig auf die Unterscheidung bzw. Abgrenzung von Team und CoP eingegangen (Ferrán-Urdaneta 1999), um die „Neuartigkeit“ von CoP hervorzuheben. Für eine differenzierte Darstellung anderer Organisationsformen (Team, Arbeitsgruppe etc.) wird auf Henschel (2001, 53) und Schoen (2001, 56) verwiesen. CoP basieren auf dem Prinzip der informalen Gruppe (Reinmann-Rothmeier 2000). In der Literatur sind nur selten konkrete Angaben über die ideale oder typische Größe von CoP zu finden. Die Gruppengröße ist jedoch als begrenzt anzusehen, wenn sie Interaktionen gewährleisten und persönliche Beziehungen zwischen den Mitgliedern ermöglichen soll (Lindenthal u.a. 2001). CoP erzielen selten ein spezifisches Ergebnis für das Unternehmen (Wenger & Snyder 2000). Die Mitgliedschaft sollte auf den persönlichen Präferenzen der CoP-Mitglieder beruhen und damit freiwillig sein (Wenger 1998a). Wechselseitiges Lernen ist ein zentraler Prozess (Reinmann-Rothmeier 2000, 4). Die Mitglieder einer CoP verbindet ein gemeinsames Interesse oder eine gemeinsame Tätigkeit sowie die Identifikation mit den Werten der CoP, die sich allmählich aus der sozialen Interaktion entwickeln und die spezifische Identität einer CoP ausmachen (Wenger 1998b, 3, 76). In einer Community sind z.T. die einzelnen Teilnehmer weniger stark eingebunden, auch Trittbrettfahrer werden in der Regel geduldet. Eine große Zahl passiver steht oftmals
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einer kleinen Zahl aktiver Mitglieder gegenüber. Die CoP konstituiert sich jedoch aus dem Wissen der einzelnen Mitglieder. Auch wenn CoP keinen großen Bedarf an externem Management haben, kommen sie nach Ansicht von Wenger (1998a) trotzdem nicht ohne interne Führung aus. Innerhalb vieler CoP gibt es z.T. informelle Rollen und Aufgaben (Schoen 2001, 117f). Da es sich bei CoP um selbstorganisierende und soziale Entitäten handelt (Wenger 1998b, 3; Wenger & Snyder 2000), ist es schwierig, ihre Grenzen innerhalb einer Organisation zu definieren. Die realen Grenzen einer CoP verlaufen dort, wo das Teilen von Wissen aufhört (Romhardt 2002). Die Lebensdauer einer CoP ist dadurch festgeschrieben, wie lange die Mitglieder der CoP einen Wert zuschreiben. Eigenschaften von Communities of Practice Entstehung - geteilte Interessen oder Aufgaben - Wert entwickelt sich
Definiert durch Wissen - abhängiges Wissen - durchlässige Grenzen - informale Rollen und interne Führung - informell und unbestimmter Zeitraum - variable Beiträge - Teilnahme durch individuellen Antrieb und damit freiwillig - kooperatives, wechselseitiges Lernen
Begrenzt durch Identität - Normen und Werte entwickeln sich - basiert auf Vertrauen
Tab.1: Zusammenfassung der CoP-Charakteristika
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3.3
Silke F. Heiss
Gestaltung und Förderung von Community of Practice
Viele Autoren sehen es als problematisch an, wenn ein Unternehmen bzw. das Management in den Verlauf einer CoP eingreift: CoP können und sollen nicht von außen organisiert werden (Stamp 1997). Geschieht dies trotzdem, dann ist unter Umständen die Selbstorganisation einer CoP nicht gewährleistet. Andererseits kann sich aber eine Unterstützung von Seiten des Managements oder der Organisationsleitung positiv auf die CoP auswirken (Wenger & Snyder 2000). Eine Einflussnahme oder gar Führung im Sinne der klassischen Top-DownAnsätze ist mit Sicherheit nicht der richtige Weg, jedoch wird immer wieder der Versuch unternommen, CoP zu steuern und zu einem Ergebnis zu „zwingen“. Dies erfolgt häufig aus der Sicht des traditionellen Managements, aus der z.B. Arbeitsprozesse und Kommunikationsstrukturen geplant, gesteuert und bewertbar sein sollen. Die Problematik für Unternehmen liegt nun darin, CoP so viel Unterstützung zukommen zu lassen, dass sie sich frei entwickeln und entfalten können, ohne dadurch ihre Selbstorganisation einzuschränken (Wenger 1998b, 7). 3.4
Legitimierung einer informalen Organisationsstruktur
In zahlreichen Publikationen ist in Bezug auf CoP immer wieder von einer neuen Organisationsform die Rede (Wenger 1998a; Wenger & Snyder 2000; Lindenthal u.a. 2001). Meist wird nicht beschrieben, welche Bezugspunkte zur Organisationstheorie vorhanden sind. So handelt es sich bei CoP als neuer Organisationsform um eine Legitimierung eines bereits von Barnard (1938) beschriebenen Aspekts: der informalen Organisation. „Communities of Practice are not a new kind of organizational unit; rather, they are a different cut on the organization’s structure. A Community of Practice is a special type of informal network.” (Wenger 1998b, 3)
Die informelle Struktur von CoP (informale Interaktion und Kommunikation) macht eine formale Organisation erst effektiv und möglich (Wenger 1998b, 4). Wenn die formale Organisation das „Knochengerüst“ eines Unternehmens ist, dann ist die informale das „Nervensystem“ (Krackhardt & Hanson 1994, 16; vgl. Barnard 1938). Unter betriebswirtschaftlichen Aspekten stand lange Zeit die Formalisierung der betrieblichen Kommunikation im Vordergrund. Dabei wurde die informelle Kommunikation als eine potenzielle Bedrohung für die formale Kommunikation betrachtet und galt als wenig berechenbar und als
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unzuverlässig. Dies änderte sich mit dem Beginn der Human-RelationsBewegung, welche die Wichtigkeit von informellen Kommunikationsprozessen erkannte (Held u.a. 2001). Roethlisberger (1977, 189, 269f) stellt den „zweckrationalistischen Grundbegriffen traditionellen Managements“ eine neuartige und bis dahin unterschätzte Unterscheidung des Harvard-Hawthorne-Ansatzes gegenüber. Als „wirklich relevant und wichtig“ gelten aus Sicht des traditionellen Managements:
Bis dahin ignorierte oder verdrängte Neuentdeckungen der Hawthorne-Forscher:
• logische Handlungen • formale Organisation • technologische Organisation • zweckrationale Handlungslogik • effiziente Beziehungen • Organisationsziele • nutzenmaximierende Entscheidungen
• soziale Interaktion • Gefühle und Verhalten • informale, soziale Organisation • Kommunikation zwischen Subjekten • situativ befriedigende Beziehungen • persönliche Ziele • persönlich befriedigende Entscheidungen
Abb. 2: Organisationsbetrachtung aus Sicht des traditionellen Managements versus HumanRelations-Bewegung (in Anlehnung an Roethlisberger 1977)
Vergleicht man die Ergebnisse der Hawthorne-Forscher (rechte Seite) mit den Merkmalen einer CoP (Tabelle 1), so werden einige Gemeinsamkeiten deutlich. Auch CoP basieren auf der Interaktion ihrer Mitglieder und gehören nicht der formalen Organisation an. Die Kommunikation ist ein wesentliches Element der Identitätsfindung, und persönliche Ziele stehen im Vordergrund. Es bleibt festzuhalten, dass in einigen Organisationen das Management nicht das Potenzial dieser informellen Strukturen sieht (insbesondere der CoP), sondern diese als nicht kontrollierbare Größe und somit als eine mögliche Gefahr für die gesamte Organisation betrachtet (Krackhardt & Hanson 1994).
4
Motivationspsychologische Faktoren
Im Folgenden werden motivationspsychologische Faktoren beschrieben, von denen erwartet wird, dass sie für die Teilnahme an einer CoP bzw. für den Wissensaustausch von Bedeutung sind. Für den Wissensaustausch gibt es sowohl förderliche als auch hemmende Bedingungen. In der Literatur werden überwiegend die hemmenden Faktoren (Barrieren) für den Wissenstransfer besprochen (Streubel & Gloede 2001; Schüppel 1996; Krogh & Köhne 1998, 243f). Zu den förderlichen Bedingungen gibt es hingegen kaum Unter-
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Silke F. Heiss
suchungen. Sie beschränken sich meist auf die Nennungen von günstigen Rahmenbedingungen, ohne auf die zugrunde liegenden Motivstrukturen Bezug zu nehmen (Hendriks 1999; Krogh & Köhne 1998; Frost & Holzwarth 2001). 4.1
Motiv, Anreiz und Motivation
Für die Psychologie als Wissenschaft vom menschlichen Erleben und Verhalten ist das Problem der Motivation fundamental, denn es wird die Frage nach dem Warum bzw. dem Wozu menschlichen Verhaltens gestellt. Innerhalb der Organisation gehört die Motivation von Mitarbeiten zu den wichtigsten Aufgaben (Nerdinger 2001). Dabei interessiert z.B., warum sich verschiedene Personen in denselben äußeren Situationen verschieden oder in verschiedenen Situationen gleich verhalten (Rosenstiel 1999). Motive sind „eine zeitlich relativ konstante und situationsunabhängige Verhaltenstendenz“ (Keller 1981, 24). Sie werden auch als das Wollen, die Triebfeder, das Streben nach oder als Bedürfnisse bezeichnet (Rosenstiel 1999). Der Begriff ‚Motiv’ dient zur Erklärung der Regelhaftigkeit menschlichen Handelns mit Blick auf individuelle Unterschiede (Nerdinger 1995, 11). Motive müssen durch situative Merkmale angeregt werden, damit es zum Verhalten kommt, d.h. die wahrgenommenen Bestandteile einer Situation müssen thematisch mit dem jeweiligen Motiv korrespondieren, damit dieses aktiviert wird. Dies wird als Anreiz bezeichnet. Das bedeutet, dass Anreize ganz bestimmte Motive anregen und angeregte Motive zu einem bestimmten Verhalten führen können. Die Wechselwirkung von Person und Situation, von Motiv und Anreiz wird in der Psychologie als Motivation bezeichnet (Nerdinger 2001, 350). Die Motivationspsychologie versucht zu erfassen, wodurch „Bewegung ausgelöst wird“. Sie versucht Richtung, Intensität und Ausdauer menschlichen Verhaltens zu erklären. Die Richtung bezeichnet die Entscheidung für ein bestimmtes Verhalten. Die Intensität betrifft die Energiemobilisierung für das Verhalten und die Ausdauer beschreibt die Hartnäckigkeit ein Ziel zu verfolgen, auch wenn Widerstände auftreten (Heckhausen 1980, 2). Der Begriff ‚Motivation’ wird auch als Beschreibungsbegriff benutzt, um direktes Erleben zu veranschaulichen. Eigenen Durst kann man selbst unmittelbar erleben und benennen. Der Erklärungsbegriff dient dagegen zur Begründung von Verhalten. Betrachtet wird hierbei die Verhaltensbereitschaft eine Handlung auszuführen. In diesem Sinne wird ein Motiv als intervenierende Variable oder hypothetisches Konstrukt verwendet (Rosenstiel
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1988), d.h. es ist nicht direkt beobachtbar und erfahrbar. Hypothetische Konstrukte können nicht beliebig postuliert werden, sondern sie müssen ihren wissenschaftlichen Wert beweisen, in dem sie über die Beschreibung der beobachtbaren Regelhaftigkeit des Verhaltens hinaus, zur Erklärung des Verhaltens beitragen (Heckhausen 1980, 29). 4.2
Intrinsische und extrinsische Motivation beim Wissensaustausch
Als intrinsisch wird Verhalten bezeichnet, wenn es um seiner selbst Willen geschieht, also die Person aus eigenem Antrieb handelt. Entsprechend wird von extrinsisch gesprochen, wenn der Beweggrund des Verhaltens außerhalb der eigentlichen Handlung liegt, also die Person von außen gesteuert erscheint (Rosenstiel 1975, 116f). Nach Deci & Ryan (1993) gilt Verhalten dann als intrinsisch motiviert, wenn es selbstbestimmt und autonom (vs. von außen kontrolliert) erfolgt. Zudem postulieren sie, dass diesem selbstbestimmten Verhalten ein Bedürfnis nach Kompetenz und Wirksamkeit zugrunde liegt. Osterloh & Frey (2000) diskutieren in ihrem Artikel, welcher Zusammenhang zwischen den beiden Formen von Wissen, explizit und implizit, und den zwei Arten von Motivation, extrinsisch und intrinsisch, besteht. Als Fazit halten sie fest, dass die Weitergabe von implizitem Wissen nicht durch Anreizsysteme angeregt werden kann. Es wird über Interaktion und Kommunikation vermittelt und das Ergebnis kann kaum einem Mitarbeiter zugeschrieben werden, was aber nötig ist, wenn z.B. Prämien vergeben werden sollen. Das Einsetzen von Anreizsystemen benötigt immer einen Referenzpunkt, der bewertet werden kann. Dies ist beim expliziten Wissen gegeben, welches in Form von Dokumenten und Dateien vorliegt. Damit korrespondieren explizites Wissen und extrinsische Motivation. Für die Weitergabe von implizitem Wissen postulieren die Autoren, dass eine intrinsische Motivation vorhanden sein muss. Implizites Wissen wird nur weitergegeben, wenn der Mitarbeiter ein Interesse daran hat zu kooperieren und Zeit zu investieren. Je höher der implizite Anteil des Wissenstransfers ist, desto größer muss der persönliche Einsatz zwischen Sender und Empfänger sein. 4.3
Motivationstheorien
Theorien der Arbeitsmotivation werden zwei Kategorien zugeordnet, die unterschiedliche Klassen des Verhaltens in den Mittelpunkt rücken: Inhaltsund Prozesstheorien (Nerdinger 1995, 11). Während sich die Inhaltstheorien
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Silke F. Heiss
vor allem mit der Frage beschäftigen, welche Ziele (im Sinne von Endhandlungen) angestrebt werden, stellen sich die Prozesstheorien die Frage, auf welchem Wege diese Ziele erreicht werden können (Weinert 1998, 144).
4.3.1 Prozesstheorien Prozesstheorien versuchen zu erklären, auf welche Weise das Motivationsgeschehen abläuft. Sie gehen von der Frage aus, wie „menschliches Verhalten energiert, gerichtet und beendet wird“ und warum sich Menschen in einer konkreten Situation für eine bestimmte Handlungsalternative entscheiden (Weinert 1998, 157). Die Prozesstheorien stellen die ablaufenden kognitiven Prozesse in das Zentrum der Betrachtung. Allen Prozesstheorien ist gemeinsam, dass der Inhalt dessen, was angestrebt wird, nicht interessiert. Diese Ziele können beliebig eingesetzt werden (Rosenstiel 1995). Die Erwartungs-Wert-Theorie von Vroom (1964) stellt eine psychologisch orientierte ökonomische Entscheidungstheorie dar. Sie erklärt, dass die Anstrengung, die ein Individuum aufwendet, um seine Ziele zu erreichen, eine Funktion aus dem Produkt seiner Erwartung ist, ein bestimmtes Resultat zu erreichen, und der Valenz, die dieses Ergebnis für ihn hat. Die multiplikative Verknüpfung besagt damit, dass die Motivation zu einer Anstrengung nur dann besteht, wenn Valenz und Erwartung in einem gewissen Grad vorhanden sind, d.h. Individuen wählen die Alternativen aus, die den subjektiven Nutzen maximieren. Sie haben dabei Erwartungen über die Wahrscheinlichkeit, dass den eigenen Handlungen ein bestimmtes Ergebnis folgen wird (Instrumentalität). Eine weitere wichtige Prozesstheorie ist die Gleichheits- bzw. Equity-Theorie von Adams (1963). Nach ihr strebt der Mensch ein Gleichgewicht an zwischen dem, was er subjektiv leistet, und dem, was er dafür bekommt. Dies ist davon abhängig, ob er ein bei sich selbst wahrgenommenes Leistungs-BelohnungsVerhältnis mit jedem, das er bei anderen wahrnimmt, die in der gleichen Situation sind, vergleicht. Herrscht ein Ungleichgewicht, dann ist die eigene Leistung zu senken oder die Belohnung des Anderen zu reduzieren. Bei der Gerechtigkeitstheorie bleibt inhaltlich offen, was als Geben und was als Belohnung zu betrachten ist.
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4.3.2 Inhaltstheorien Inhaltstheorien gehen von Taxonomien menschlicher Motive aus und versuchen zu beantworten, wonach der Mensch strebt und „welche Anreize diese Motive aktivieren und Arbeitsverhalten motivieren“ (Nerdinger 2001, 352). Handlungsziele werden zu wissenschaftlichen Zwecken in Inhaltsklassen zusammengefasst und mit Begriffen wie z.B. „Leistung“ umschrieben. Diese Inhaltsklassen bilden thematisch zusammenhängende Beweggründe des Handelns (Rosenstiel 1975, 38). Die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg u.a. (1959) gilt als die wohl populärste und am weitesten verbreitete Theorie der Arbeitsmotivation (Weinert 1998). Sie unterscheidet so genannte Hygiene-Faktoren und Motivatoren. Die Hygiene-Faktoren hängen nicht unmittelbar mit der Arbeit zusammen, sondern stellen negative und positive Bedingungen des Arbeitsvollzugs dar. Sie können bei negativer Ausprägung zur Arbeitsunzufriedenheit führen, jedoch erzeugen positive Ausprägungen noch keine Arbeitszufriedenheit. Hygiene-Faktoren sind z.B. gute Entlohnung oder äußere Arbeitsbedingungen (extrinsisch). Die Motivatoren resultieren unmittelbar aus der Arbeit selbst und bedingen die Arbeitszufriedenheit. Dies sind z.B. die Art der Arbeit, Anerkennung, Verantwortung (Herzberg 1987, 113). Ihr Fehlen führt nicht etwa zu Unzufriedenheit, sondern lediglich zu Nicht-Zufriedenheit. Sie können in speziellem Maße leistungssteigernd wirken und korrespondieren mit der intrinsischen Motivation. Maslow (1977) geht in seiner Theorie davon aus, dass einzelne Motive nicht nebeneinander stehen, sondern hierarchisch geordnet sind (Bedürfnispyramide). Für ihn ist das jeweils niedrigste Motiv das Wichtigste, solange es unbefriedigt ist. Ist es befriedigt, so wird das nächsthöhere Motiv bedeutsam. Er unterscheidet fünf voneinander inhaltlich getrennte Motivklassen: Grundbedürfnis, Sicherheitsbedürfnis, Kontaktbedürfnis, Anerkennungsbedürfnis und Selbstentfaltungsbedürfnis. Die ersten vier Motive stellen Defizitmotive dar. Nach Maslow können diese vier, wenn sie über längere Zeit nicht befriedigt werden, zu Krankheit und ihre Befriedigung zu Gesundheit führen. Das Selbstverwirklichungsmotiv ist dabei nicht als Ergebnis, sondern als Prozess zu verstehen. Inhaltstheoretische Ansätze benennen auf mehr oder weniger abstraktem Niveau personale und situative Variablen und bieten damit vor allem Praktikern einen „handlichen Rahmen“, wie Anreizsysteme zu gestalten sind. Ein Problem
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Silke F. Heiss
der Inhaltstheorien liegt jedoch darin, dass zum Teil höchst unterschiedliche Abstraktionsniveaus gewählt werden können. Aus diesem Grund werden sie häufig als willkürlich und selektiv kritisiert (Rosenstiel 1999).
4.4
Motivnennungen aus der Literatur
Wie eingangs erläutert, werden in der Wissensmanagement-Literatur immer wieder Motive genannt, die im Bezug zum Wissensaustausch stehen. Die folgende Liste ist sicher nicht vollständig, deckt aber weitestgehend vor allem die deutschsprachige Literatur zum Thema Wissensaustausch und CoP ab2. Motiv
Beschreibung
Hilfe bei der Ausübung der täglichen Arbeit erfahren; der Wissensaustausch bezieht sich auf Problemstellungen 1.Wissenserwerb & aus der Praxis; der Wissensaustausch bringt einen in der Lernen Arbeit weiter; man kennt die neuesten Entwicklungen zu einem Thema Kosten-Nutzen-Aufwand-Überlegung, d.h. man gibt etwas mit der Hoffnung, etwas zurückzubekommen; 2. Gerechtigkeit ein Geben und Nehmen mit letztlich persönlichem Nutzen Wenn man etwas Sinnvolles in der COP beisteuert; 3. Anerkennung wenn einem die Kollegen zuhören Durch Wissen einen Vorteil gegenüber anderen haben; 4. Macht Macht haben, wem man Wissen mitteilt Schaffen eines persönlichen Netzwerkes; Zugehörigkeit 5. Anschluss zu einer Gruppe; Begegnungen und Kontakte Eigene Kenntnisse, Fähigkeiten oder Kompetenzen 6.Selbstdarstellung werden im Unternehmen bekannt; sich durch sein Wissen profilieren Freiwillige Teilnahme ermöglichen 7. Autonomie Von klugen und kenntnisreichen CoP-Mitgliedern ein 8. Rückmeldung Feedback erhalten; durch Feedback wird emotionale (Feedback) Unterstützung erfahren Wissen teilen, ohne dafür etwas von anderen zu 9. Hilfehandeln erwarten; allein aus Begeisterung anderen helfen
Anzahl Literaturquellen
11
5
4 3 3 3 3 2
1
Tab. 2: Motivnennung aus der Wissensmanagement-Literatur
2
Die Beschreibung der jeweiligen Motive ist eine dem Sinn entsprechende Wiedergabe der Originaldarstellungen. Die Beschreibungen aus der Literatur wurden von der Autorin nach Möglichkeit bereits psychologisch-theoretisch begründeten Motiven zugeordnet. Die Auflistung der Autoren (Literaturquelle) ist detailliert einzusehen bei Heiss (2002, 49).
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4.4.1 Bedürfnis nach Wissenserwerb und Lernen Bei Malsow (1977) steht an der Spitze der Pyramide das Selbstentfaltungsbedürfnis. Darunter wird subsumiert, dass der Mensch danach strebt, sich weiterzubilden und zu lernen. Herzberg (1987) nennt als Motivationsfaktor, dass der Mensch nach der Entwicklung seiner Fähigkeiten strebt, sich persönlich entwickeln und lernen möchte. Comelli & Rosenstiel (1995, 43) gehen davon aus, dass jeder Mensch den Wunsch hat, seine Möglichkeiten zu erweitern und Neues zu erfahren, um dadurch seine Kompetenz zu erweitern. 4.4.2 Bedürfnis nach Gerechtigkeit In Kapitel 4.3.1 wurde bereits auf die Gerechtigkeitstheorie von Adams (1963) eingegangen. Die Austauschtheorie nach Thibaut & Kelley (1959) basiert auf der Annahme, dass die Entscheidung, einer Gruppe beizutreten, und der Grad der Beteiligung an Gruppenprozessen von einer Berechnung von Aufwand und Nutzen abhängt. Jemand anderem zu helfen wird dann erfolgen, wenn man sich einen Nutzen davon verspricht, und unterbleiben, wenn der Aufwand (z.B. Zeitinvestition) als zu groß eingeschätzt wird. Zudem gibt es die Reziprozitätsnorm, die besagt, „dass man demjenigen helfen wird, der einem selbst schon einmal geholfen hat“ (Thomas 1991, 111). Danach müsste derjenige, der Hilfe von einem anderen erhalten hat, um so mehr motiviert sein, dem Hilfegebenden etwas zurückzugeben. 4.4.3 Bedürfnis nach Anerkennung Nach Herzberg (1987) strebt der Mensch nach Anerkennung und bei Maslow (1977) steht das Anerkennungsbedürfnis an zweiter Stelle der Wachstumsmotive. Das Anerkennungsbedürfnis kann vor allem innerhalb von Gruppen befriedigt werden (Comelli & Rosenstiel 1995, 149). Dabei hat Anerkennung in erster Linie eine Informationsfunktion, d.h. mit der Anerkennung wird jemandem signalisiert, dass er in der gleichen Weise weiter handeln soll. Ferner werden über die Anerkennung von Mitmenschen positive Gefühle ausgelöst, die wiederum zur Motivation werden, an einer Tätigkeit unterstützend mitzuwirken (Rosenstiel 1999, 68).
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4.4.4 Bedürfnis nach Macht Nach Rosenstiel (1975, 124f) ist das Machtbedürfnis ein entscheidendes Motiv, warum Menschen in einer Organisation tätig sind. Die Möglichkeit, Kontrolle auszuüben, stellt für viele einen Anreiz dar, innerhalb eines Unternehmen höhere Positionen anzustreben. Der Machthandelnde versucht zudem „andere Menschen im Sinne der eigenen Zielerreichung zu beeinflussen“ (Thomas 1991, 117f). In Bezug auf Wissen wird in der Sozialpsychologie von der so genannten Informationsmacht bzw. Expertenmacht gesprochen. Dem Machthandelnden ist es damit möglich, andere bei der Zielerreichung zu blockieren, wenn diese auf seine Informationen angewiesen sind (Witte 1985, 133). 4.4.5 Bedürfnis nach Anschluss Das Kontaktbedürfnis (Anschlussmotiv) stellt nach Rosenstiel (1975, 123) ein zentrales intrinsisches Arbeitsmotiv zum sozialen Handeln dar. Das Bedürfnis nach sozialem Anschluss führt dann zu befriedigenden Resultaten, „wenn eine wechselseitig ausbalancierte Interaktionssituation verwirklicht wird“ (Thomas 1991, 125). Wie stark das Bedürfnis nach Kontakt ausgeprägt ist, hängt nicht nur vom Grad der Kontaktwilligkeit ab, sondern auch, mit welchen Personen der Kontakt gesucht wird (Thomas 1991, 128). Diese Kontaktsuche erfolgt nicht wahllos, sondern attraktionsfördernde Merkmale sind z.B. Ähnlichkeit von Werten, Einstellungen oder Kompetenz (Thomas 1991, 185). Der soziale Anschluss dient unter anderem dazu, von anderen Personen Hilfe, Unterstützung und Verständnis zu erfahren. 4.4.6 Bedürfnis nach Rückmeldung Rückmeldung oder auch Feedback ist für einen Mitarbeiter wichtig, damit er seine Arbeit einschätzen kann. Dies ist auch dann von Bedeutung, „wenn weder Belohnung noch Kritik mit der Beurteilung verbunden sind“ (Weinert 1998, 52, 187). Nach Herzberg (1987) stellt das Feedback einen Bestandteil der Arbeitsbereicherung dar, d.h. über die Rückmeldungen von Kollegen ist es möglich, die eigenen Leistungen zu überprüfen oder sein Verhalten zu bestimmten Lernprozesse zu modifizieren.
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4.4.7 Bedürfnis nach Autonomie Der Mensch hat ein Bedürfnis nach Autonomie und strebt danach, sich eine gewisse Entscheidungsfreiheit und damit Unabhängigkeit zu bewahren (Deci & Ryan 1993). Knab & Pietruschka (2001) untersuchten in ihrer Studie den Zusammenhang von Autonomie auf die Entwicklung von selbstregulierenden Gruppen. Dabei erwies sich ein hohes Maß an Autonomie als positiv für die soziale Entwicklung einer Arbeitsgruppe. 4.4.8 Bedürfnis nach Selbstdarstellung Die Impression-Management-Theorie besagt, dass Menschen gezielt versuchen, ihre Umgebung hinsichtlich des eigenen Erscheinungsbildes zu beeinflussen. Dies erfolgt über Interaktionsprozesse und die Personen sind ständig bemüht, „den Eindruck, den sie auf andere Personen machen, zu kontrollieren bzw. zu steuern“ (Mummendey & Bolten 1985, 57f). Der Handelnde benutzt also sein eigenes Verhalten, um anderen Personen ein bestimmtes Bild von sich zu vermitteln (Thomas 1991, 47, 191f). Der Begriff ‚Impression-Management’ ist weitgehend gleichbedeutend mit ‚Selbstdarstellung’. 4.4.9 Bedürfnis nach Hilfehandeln Das Hilfemotiv wird auch als prosoziales, altruistisches Verhalten bezeichnet. Dieses Verhalten liegt dann vor, wenn jemand einem anderen z.B. bei der Lösung eines Problems hilft, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Die Hilfeleistung wird zudem auf freiwilliger Basis erbracht (Hartung 2000, 162).
5
Fragestellung und Untersuchungsdesign
Das Ziel dieser Untersuchung ist die Analyse von motivationspsychologischen Faktoren für den Wissensaustausch in CoP und ihre Bewertung durch die Teilnehmer (siehe 1). Sie wählt den Weg eines explorativen Forschungsvorgehens, da es bisher keine Untersuchung zum zugrunde liegenden Forschungsfeld gibt. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, sind zwei Untersuchungsmethoden gewählt worden:
94
Silke F. Heiss
1. Expertenbefragung (Kapitel 6) für die Exploration der Motive: • Entwicklung eines Fragebogens mit den Motiven aus den Interviews. • Pretest des Fragebogens: Prüfung auf Verständlichkeit, Ausdruck und Bearbeitungsdauer. • Modifikation des Fragebogens. 2. Standardisierte Untersuchung (Kapitel 7) für die Gewichtung der Motive (mittels Fragebogen).
6
Expertenbefragung
6.1
Methoden
Das qualitative Interview wird meist zu explorativen Zwecken eingesetzt und leistet eine „erste Orientierung über Informationen und Meinungen zu einem Thema oder über komplexe Einstellungsmuster und Motivstrukturen“ (Bortz & Döring 1995, 218). Der Vorteil des problemzentrierten Interviews liegt bei der Erfassung von Motiven darin, dass die Kommunikation zielorientiert, dabei aber weitgehend offen für die Beschreibungen der Befragten ist (vgl. Lamnek 1995). Für die Interviews wurde ein teilstandardisierter Leitfaden konzipiert, der in den Interviews gewährleistete, dass keine Fragen bzw. Themen von der Interviewerin außer Acht gelassen wurden. Die Reihenfolge der Fragen war offen. Er bot jedoch eine inhaltliche Struktur für die spätere Auswertung. Hauptteil des Interviews war die Befragung nach dem Nutzen, den die CoPTeilnehmer für sich sähen, und ob sie wüssten, wie andere den Nutzen einschätzten. An dieser Stelle sollten die befragten Personen frei erzählen, was ihnen die Teilnahme an einer CoP bringe, was sie an einer CoP schätzten und welche Vorteile sie bei einer Teilnahme für sich sähen. Für die Teilnahme an den Interviews konnten vier CoP-Mitglieder sowie vier CoP-Experten der Siemens AG gewonnen werden.3 Die Befragtengruppe setzte sich wie folgt zusammen:
3
Die Interviews fanden im Zeitraum von 30. Mai bis 20. Juli 2001 statt. Die Gespräche dauerten zwischen 60 und 90 Minuten. Vor Beginn des Interviews wurden die Befragten um Erlaubnis zur Tonbandaufnahme gebeten, wobei keiner dies ablehnte.
Communities of Practice als Wissensmanagementmethode 4 Personen aus einer CoP 2 Rollen CoP-Moderator CoP-Promotor
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4 Experten zum Thema CoP
2 Mitglieder aktiv weniger aktiv
Herr W: Wissenschaftlicher Hintergrund Herr X: CKM mit Schwerpunkt CoP Frau Y: CKM mit Schwerpunkt CoP Frau Z: Betreuung und Unterstützung einer CoP
Anmerkung: CKM = Coporate Knowledge Management; Unternehmensreferat Siemens AG
Abb. 3: Überblick über die acht Interviewpartner
Bei der qualitativen inhaltsanalytischen Vorgehensweise stand das Ziel im Vordergrund „das Überindividuelle-Gemeinsame herauszuarbeiten, Aussagen über Repräsentatives, über gemeinsame Wissensbestände, Relevanzstrukturen, Wirklichkeitskonstruktionen, Interpretationen und Deutungsmuster“ (Meuser & Nagel 1991, 452)
der befragten Personen zu ermitteln. Die Analyse der Interviewdaten lehnt sich an das Verfahren zur Auswertung von Experteninterviews nach Meuser & Nagel (1991) und das Ablaufmodell für zusammenfassende Inhaltsanalysen nach Mayring (1997) an. Diese Kombination wurde gewählt, da die Ablaufstruktur von Mayring ein konsequentes Bearbeiten der vorliegenden Transkriptionsdaten gewährleistet und über die Generalisierung der Paraphrasen Beschreibungen für die extrahierten Kategorien ermöglicht werden. Das Verfahren von Meuser & Nagel wurde hinzugezogen, weil es für einige Auswertungsschritte hilfreiche Zusatzinformationen liefert. Dies sind z.B. die Generierung von Überschriften und die Entwicklung eines inhaltlichen Bezugrahmens aus dem Interviewmaterial. Die Auswertung der erhobenen Daten erfolgte in fünf Teilschritten. 1. Schritt Bestimmung der Analyseeinheiten und Paraphrasierung der inhaltstragenden Textstellen; Angabe von Überschriften 2. Schritt Sortierung nach Überschriften und Generalisierung der Paraphrasen 3. Schritt Reduktion und Vereinheitlichung der Überschriften zu einer Hauptüberschrift 4. Schritt Theoretische Generalisierung 5. Schritt Rücküberprüfung der Überschriften am Ausgangsmaterial
Abb. 4: Ablaufschema der Inhaltsanalyse (vgl. Mayring 1997; Meuser & Nagel 1991)
96
Silke F. Heiss
6.2
Ergebnisse
Die Expertenbefragung wurde durchgeführt, um eine Antwort auf die Frage zu erhalten, welche der in der Forschungsliteratur genannten und möglicherweise zusätzlichen Motive für die Teilnahme an einer CoP wirksam sind. Motivnennungen in der Literatur
Empirisch ermittelte Motive
Wissenserwerb & Lernen
Wissenserwerb & Lernen
Gerechtigkeit
Gerechtigkeit
Anschluss
Anschluss
Selbstdarstellung
Selbstdarstellung
Autonomie
Autonomie
Rückmeldung
abgeschlossene Interaktion
–
Orientierung
–
Verhaltensökonomie
–
Ähnlichkeitserleben
–
Sinngebung
–
sozialer Vergleich
Anerkennung
–
Macht
–
Hilfehandeln
–
Tab. 3: Vergleich der Motivnennungen in der Literatur und der empirisch ermittelten Motive
1. Sechs in der Literatur genannte Motive konnten in der empirischen Überprüfung bestätigt werden. Beim Motiv Wissenserwerb und Lernen (vgl. Kapitel 4.4.1) bestätigen die Interviewten, dass sie über die CoP Hilfestellungen für ihre tägliche Arbeit erhielten und diese durch die CoP auch besser und erfolgreicher erledigen könnten. Nach Comelli & Rosenstiel (1995) suchen Mitarbeiter nach Lernmöglichkeiten, um ihre Kompetenzen zu erweitern. CoP scheinen hierzu eine gute Plattform zu sein, um Wissen über das eigene Arbeitsgebiet zu erwerben. Beim Gerechtigkeitsmotiv finden sich in der Praxis zwei wichtige Merkmale der Theorie (vgl. Kapitel 4.4.2). Als Erstes sagen die Befragten, dass CoP nach dem Prinzip des Gebens und Nehmens funktionierten (vgl. Austauschtheorie von Thibaut & Kelley (1959)). Als Zweites erweist sich die Reziprozitätsnorm als zutreffend (vgl. Thomas 1991). Die Interviewten erweitern diese, indem sie sagen, dass man nach erhaltener Hilfeleistung nicht nur im Gegenzug auch helfen werde, sondern wahrscheinlich sogar noch mehr (z.B. Zeit) investieren würde.
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Das Anschlussmotiv umschreibt den Wunsch, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten (vgl. Kapitel 4.4.5). Der Kontakt zu Kollegen und insbesondere zu CoP-Mitgliedern wird gesucht, wenn ein Problem in der Arbeitstätigkeit vorliegt. Nach den Aussagen der Befragten ermögliche das persönliche Kennenlernen zudem die Vertrauensbildung, der Wissensaustausch werde vereinfacht. Damit falle es leichter, eigene Probleme darzulegen und fehlende Kenntnisse einzugestehen. Das Bedürfnis nach Selbstdarstellung resultiert aus dem Wunsch des Menschen, den Eindruck, den er auf andere macht, zu kontrollieren und zu steuern (vgl. Kapitel 4.4.8). Die Befragten geben hierzu an, dass manche nur an der CoP teilnähmen, damit sie gegenüber ihrem Vorgesetzten sagen könnten, dass sie Mitglied in dieser CoP sind. Andere erhoffen sich über die Teilnahme Kontakte zu erhalten, die sie bei richtiger Beeinflussung des eigenen Erscheinungsbildes für die eigene Karriereentwicklung nutzen können. Das Bedürfnis nach Autonomie stellt eine wichtige Funktion für die Kooperation dar, die auf einer gewissen Handlungs- und Entscheidungsfreiheit basiert (vgl. Kapitel 4.5.7). Die Befragten sagen hierzu, dass sie in der CoP die Möglichkeit hätten frei zu agieren im Gegensatz zum geregelten Arbeitsablauf und auch zum Inhalt der täglichen Arbeit. Damit können CoP eine gewisse Funktion des Autonomiebedürfnisses erfüllen. Das Bedürfnis nach abgeschlossener Interaktion hat zwei theoretische Bezugspunkte. Als Erstes ist der so genannte Zeigarnik-Effekt zu nennen. Dieser Effekt beruht auf der Erkenntnis, dass Handlungen bevorzugt im Gedächtnis bleiben, die als nicht abgeschlossen betrachtet werden. Die Gestaltpsychologie hat diesen Begriff übernommen und in dem Sinne erweitert, dass Menschen auch in Interaktionen und vielen weiteren Prozessen nach einem „guten“ Abschluss streben (Häcker & Stapf 1998, 325f, 959). Der zweite Bezugspunkt ist der Wunsch nach Rückmeldung (vgl. Kapitel 4.4.6). Menschen haben das Bedürfnis etwas darüber zu erfahren, ob ihre Handlungen erfolgreich oder weniger erfolgreich waren bzw. ob ihre Handlung eine Wirkung erzeugt hat. Für die Zusammenarbeit in einer CoP bedeutet das, dass CoPMitglieder das Bedürfnis haben, Feedback über ihre Hilfeleistung zu erhalten, wenn sie z.B. einem Kollegen bei der Lösung eines Problems geholfen haben. 2. Fünf Motive wurden empirisch ermittelt, die in den bisherigen Ausführungen noch nicht thematisiert wurden.
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Menschen haben ein Bedürfnis nach Orientierung. Dies erfolgt unter anderem durch die Bewertung des eigenen Verhaltens und das der anderen (Thomas 1991, 127) und es kommt zur Bildung eines Bezugsrahmens. Im Kontext der Interviewauswertung wird der Begriff weiter gefasst. Das Orientierungsbedürfnis zeigt sich bei den Interviewten in Aussagen vor allem in Bezug auf die Transparenz in und um die CoP. Sie wollen z.B. wissen, wer im Unternehmen ein Experte ist oder wer sich noch mit ähnlichen Arbeitsinhalten beschäftigt. Dies zu wissen, schafft die Möglichkeit, schnell und kompetent Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Das Bedürfnis nach Verhaltensökonomie kann mit Bezug auf die Erwartungs-Wert-Theorie von Vroom (1964) erklärt werden (vgl. Kapitel 4.3.1). Sie besagt, dass die Anstrengung, die ein Individuum aufwendet, um ein Ziel zu erreichen, von der Erwartung und vom Wert, das ein Resultat für das Individuum hat, abhängig ist. Übertragen auf die CoP werden als Erwartungen z.B. Übernahmen von ähnlichen Problemlösungen genannt, der Wert liegt z.B. in der Zeitersparnis oder in der Vermeidung von Fehlern. Der Kategorie Verhaltensökonomie wird aus den Interviews auch die Möglichkeit zugeordnet, sich effizient Informationen (z.B. über eine Datenbank) zu holen. Die Erwartung der CoP-Mitglieder ist es hierbei, mit wenig Aufwand einen hohen Nutzen zu erlangen. Das Bedürfnis nach Ähnlichkeitserleben ist unter anderem ein Merkmal, warum sich Personen einer Gruppe anschließen (Thomas 1992, 51). Menschen bevorzugen den Kontakt zu Personen, die ähnliche Interessen, ein ähnliches Alter oder einen ähnlichen sozialen Hintergrund (Ausbildung) haben. Daher kommt dem Ähnlichkeitserleben in CoP eine große Bedeutung zu: Eine CoP konstituiert sich anhand eines gemeinsamen Themas oder einer Aufgabe und die Mitglieder haben meist einen gemeinsamen Erfahrungshintergrund, z.B. eine ähnliche Berufsausbildung. Die Befragten betonen, dass diese Ähnlichkeit zu den anderen CoP-Mitgliedern den Wissensaustausch erleichtere. Rosenstiel nennt das Bedürfnis nach „Sinngebung“ ein wichtiges Arbeitsmotiv (1975, 126f). Es besagt, dass für den Handelnden die Tätigkeit sinnvoll sein soll, indem sie z.B. einen Nutzen für die Gemeinschaft stiftet. Damit verbunden ist der Wunsch, dass man einen Effekt (Wirkung) seiner Arbeit sehen möchte. Sinn und Bedeutung fördern die Motivation im Prozess des Wissensaustauschs bei allen Beteiligten (Savage 1997, 118). Die Befragten
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geben hierzu an, dass die Teilnahme an einer CoP für sie deshalb sinnvoll sei, weil die Themen der CoP die tägliche Arbeit beträfen und sie einen Nutzen für sich und für andere sähen. Nach Thomas bilden sich Gruppen unter anderem, um einen „sozialen Vergleich“ zu ermöglichen (1992, 51). Das Bedürfnis, die eigenen Fähigkeiten mit anderen zu vergleichen, wird von den Befragten als ein Motiv für die Teilnahme an CoP genannt. Dass sich CoP um ein Thema oder Interesse konstituieren, ermöglicht es den Beteiligten, sich entsprechend auf diesem Gebiet mit anderen zu vergleichen. 3. Die drei folgenden Motivnennungen der Forschungsliteratur konnten empirisch nicht bestätigt werden: Den Interviewdaten konnten keine spezifischen Textstellen entnommen werden, die dem Motiv Bedürfnis nach Anerkennung (vgl. Kapitel 4.4.3) hätten zugeordnet werden können. Es zeigt sich jedoch, dass das Bedürfnis nach Anerkennung ein Bestandteil anderer Motive sein kann, z.B. des Bedürfnisses nach Selbstdarstellung, wenn beispielsweise jemand Impression-Management betreibt, weil er sich dadurch Anerkennung von anderen erhofft. Das Machtmotiv konnte ebenfalls nicht empirisch bestätigt werden. Es gibt einen Faktor, der gegen das Machtmotiv in CoP spricht, nämlich das bereits erläuterte Bedürfnis nach Autonomie. Thomas (1991, 117) ist der Auffassung, dass dem Autonomieerleben das Machtmotiv gegenübersteht, d.h. wäre das Machtmotiv in CoP wirksam, wäre ihnen unter Umständen die Grundlage (Autonomie) für eine Kooperation entzogen. Als letztes Motiv wird in der Literatur das Bedürfnis nach Hilfehandeln genannt (vgl. Kapitel 4.4.9). Inwieweit prosoziales oder altruistisches Verhalten innerhalb eine CoP vorhanden ist, kann aufgrund der Interviewergebnisse nicht belegt werden. Betrachtet man jedoch hierzu das Gerechtigkeitsmotiv, dann wird innerhalb einer CoP erwartet, dass ein Geben und Nehmen stattfindet. Die in der psychologischen Literatur beschriebenen Motive sind also teilweise als Erklärung für die Teilnahme an einer CoP geeignet. Mit dem Motiv Verhaltensökonomie leistet zudem eine Prozesstheorie eine Begründung, sich einer CoP anzuschließen. Das Motiv Ähnlichkeitserleben wird in der Literatur dagegen nicht als eigenes Bedürfnis genannt, sondern meist als Voraussetzung z.B. für den sozialen Vergleich angeführt. In der vorliegenden Untersuchung zeigt sich, dass der Wunsch Mitarbeiter kennen zu lernen, die an
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ähnlichen Themen arbeiten, vorhanden ist und über die Teilnahme an einer CoP befriedigt werden kann. Alle Motive, ob der Literatur entnommen oder empirisch ermittelt, konnten durch psychologische Theorien und Konzepte belegt werden.
7
Standardisierte Untersuchung
Der zweite Schritt des Untersuchungsdesigns (vgl. Kapitel 5) stellt den Einsatz eines Fragebogens dar. Er baut auf den Interviewergebnissen auf und hat zum Ziel, eine Antwort auf die Frage nach der Gewichtung der explorierten Motive in CoP zu ermöglichen. 7.1
Methoden
7.1.1 Konzeption des Fragebogens und Pretest Die Auswahl der Items basiert auf den Interviewdaten. Nach Mummendey (1995, 60) können Aussagen von Experten direkt zur Generierung von Fragebogen-Items verwendet werden. Um die elf Motive mit einem Fragebogen testen zu können, wurden pro Motiv zwischen zwei und sechs Items ausgewählt, die verschiedene Aspekte des Motivs abbilden. Bei der Itembestimmung wurde versucht, so nah wie möglich am Interviewmaterial zu bleiben, um eine mögliche Verzerrung der Expertenaussagen zu vermeiden.4 Die Items der jeweiligen Motive wurden alle als Behauptungen (Statements) übernommen bzw. formuliert und nicht als Fragen gestellt. Nach Bortz & Döring (1995, 233) eignen sich Statements besser zur Erfassung von Positionen, Meinungen und Einstellungen, denen der Befragte zustimmen oder die er ablehnen kann. Bestimmte Items, bei denen eine soziale Erwünschtheit im Antwortverhalten vermutet wird, sind projektiv formuliert, d.h. sie werden auf andere CoP-Mitglieder bezogen, um auf das Motiv des Antwortenden schließen zu können (Gutjahr 1985, 55). Der Fragebogen umfasst insgesamt 63 Items. Im Fragebogen wurden zur Beantwortung der Statements unterschiedliche Antwortformate verwendet, aus denen Daten unterschiedlicher Skalenniveaus resultieren. Der Fragebogen ist so konzipiert, dass nicht ersichtlich ist, dass er zur Prüfung von Motiven dient. 4
Zur fundierten Gestaltung des Fragebogens und zur Vermeidung der häufigsten Fehler wurden die Anregungen und Tipps von Bortz & Döring (1995, 234) sowie Stier (1999, 81, 178) beachtet.
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Über das Anschreiben wird der Eindruck vermittelt, es handle sich um eine Erfassung von Erfahrungen an der CoP-Teilnahme. Es wurde ein Pretest mit sechs Personen durchgeführt, um die Verständlichkeit, die Eindeutigkeit der Fragestellungen und die Bearbeitungszeit zu prüfen (vgl. Mummendey 1995, 62). Dem Fragebogen wurden nach dem Pretest keine weiteren Items hinzugefügt oder entnommen, womit es bei einer angestrebten Bearbeitungszeit zwischen 15-25 Min. blieb. Jedoch wurden bei manchen Items Glättungen vorgenommen, um die Verständlichkeit zu erhöhen. 7.1.2 Stichprobe und Durchführung der Datenerhebung Zwei CoP konnten für die Untersuchung gewonnen werden, die den Kriterien der Autorin entsprachen, nämlich kein vorhandenes Incentive-System, die Größe der CoP sollte maximal 100 Mitglieder umfassen und sie sollte seit mindestens drei Jahren bestehen. Laut Auftraggeber findet in diesen CoP ein reger Wissensaustausch statt. Die gewählten CoP stammen aus dem so genannten KEC-Networking bei der Infineon AG. Dort sind die Prozessingenieure für die jeweiligen Teilschritte (z.B. Ätzen, Etch) bei der Chip-Herstellung seit Anfang 1997 in verschiedene CoP zusammengeschlossen. Je Prozessschritt sind die Ingenieure in einem Netzwerk mit dem Namen KEC (Know-how Exchange) organisiert. Insgesamt gibt es also unter dem Label KEC-Networking zwölf CoP, die sich jeweils an den einzelnen Prozessschritten orientieren. Jede KEC-Networking CoP besteht aus zahlreichen Einzelprozesstechnologie-Experten von verschiedenen Standorten. In jeder der zwölf CoP übernimmt ein anerkannter Experte die Rolle des Moderators und Koordinators. Die CoP haben jeweils zwischen 60100 Mitglieder (pro Standort ca. 5-10 Personen). Alle sechs Monate findet ein Treffen an einem jeweils anderen Standort statt (vgl. Schoen 2001, 30, 165f). Die Mitglieder der CoP sind größtenteils bekannt. Dies ermöglichte ein direktes Anschreiben per E-Mail für die Fragebogenaktion. Die beiden ausgewählten CoP wurden mit CoP-A und CoP-B kodiert, um die Anonymität zu gewährleisten. CoP-A hat ca. 80 Mitglieder und CoP-B ca. 60. Insgesamt wurden 109 CoP-Mitglieder angeschrieben (62 Personen aus CoP-A, 47 Mitglieder aus CoP-B). Die Datenerhebung startete Mitte September 2001 mit dem Ankündigungsschreiben und endete Mitte Oktober mit einer Dankesmail an alle, die geantwortet hatten.
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Bei der Datenauswertung der Fragebögen wurden Mittelwerte gebildet, wenn die Beantwortung der Items auf der Likert-Skala erfolgte (Intervallskalierung). Als Codierung wurde gewählt: 1 = „lehne ab“, 2 = „lehne zum Teil ab“, 3 = „teils teils“, 4 = „stimme zum Teil zu“ und 5 = „stimme zu“. Die Items zu den jeweiligen Motiven wurden zu einem Motiv-Gesamtmittelwert zusammengefasst. 7.2
Ergebnisse
Insgesamt wurden 51 von 109 Fragebögen zurückgesendet (= 46,8%). Ein Fragebogen wurde aus inhaltlichen Gründen für die Auswertung ausgeschlossen. Damit umfasst die Auswertung 50 Fragebögen (CoP-A: 26, CoP-B: 24). Die Tabelle 4 zeigt die Gewichtung der Motive, sortiert nach dem Gesamtmittelwert. Bei dieser Berechnung sind beide CoP eingeschlossen (zum Vergleich der unterschiedlichen Motivgewichtung durch CoP-A und CoP-B siehe ausführlich Heiss 2002). N
Mittelwert
Standardabweichung
Wissenserwerb und Lernen
Motiv
247
4,25
0,91
Ähnlichkeitserleben
100
4,05
0,97
Sinngebung
292
3,94
1,03
Gerechtigkeit
198
3,92
1,01
Autonomie
147
3,83
1,00
Sozialer Vergleich
99
3,82
1,02
150
3,79
0,98
Orientierung
97
3,78
1,17
Selbstdarstellung
96
3,48
1,23
Anschluss
298
3,36
1,25
Verhaltensökonomie
145
3,34
1,25
Abgeschlossene Interaktion
Tab. 4: Motiv-Gesamtmittelwerte (CoP-A und CoP-B)
An dieser Stelle sei nochmals erwähnt, dass die beiden untersuchten CoP im Vorfeld der Studie vom Auftraggeber als gut bis sehr gut bezeichnet wurden, d.h. dass die Motivation, sich an der CoP zu beteiligen, in beiden Untersuchungseinheiten als hoch eingeschätzt wird. Dies spiegelt sich nach Meinung der Autorin sowohl in der Rücklaufquote als auch in der Bewertung der Motive wider. Insgesamt werden die meisten Items sehr positiv gewertet. Tabelle 4 stellt die Reihenfolge der Motive nach ihren höchsten Mittelwerten dar. Wissenserwerb & Lernen und Ähnlichkeitserleben nehmen Rang eins und zwei ein. Sie liegen beide über einem Mittelwert von vier. Diese beiden Motive stellen somit die größte Motivation dar, sich an einer der CoP aus dem
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Untersuchungsfeld zu beteiligen. Dies bedeutet z.B., dass die CoP-Mitglieder bestätigen, dass es durch eine CoP möglich ist Wissen zu erwerben, um die Arbeitstätigkeit besser und erfolgreicher zu verrichten. Auch unterstreichen sie mit ihrer Wertung bei dem Motiv Ähnlichkeitserleben, wie wichtig es ihnen ist, mit Kollegen Kontakt zu haben, die an ähnlichen Themen arbeiten wie sie selbst. Die weiteren sechs Motive liegen bei einem Mittelwert von 3,94 bis 3,78. Dies unterstreicht ebenfalls die Wichtigkeit dieser Bedürfnisse. Drei Motive rangieren am Ende der Tabelle. Hierbei überrascht, dass das Anschlussmotiv an zweitletzter Stelle steht. Betrachtet man die einzelnen Items zu dem Anschlussmotiv, dann zeigt sich ein sehr uneinheitliches Bild. Die Mittelwerte reichen von 2,55 bis 4,44. Die verschiedenen Facetten des Anschlussmotivs werden damit sehr unterschiedlich bewertet. Das Item mit dem höchsten Mittelwert bezieht sich auf Meetings mit der Chance, dort Leute kennen zu lernen und eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Diese Treffen stellen somit eine gute Möglichkeit dar, mit anderen in Kontakt zu kommen und damit Anschluss zu finden. Da Motivation durch das Zusammenwirken einer Vielzahl von Motiven in konkreten Situationen entsteht (Rosenstiel 1988), kann festgehalten werden, dass CoP eine Reihe von Motiven ansprechen und dadurch die Möglichkeit zu motiviertem Handeln vorhanden ist.
8
Diskussion
8.1
Geltungsbereich der Ergebnisse
Die vorliegende Untersuchung fand bei zwei CoP der Infineon AG statt. Die Untersuchungseinheit bestand aus einer homogenen Gruppe. So sind die Befragten alle Prozessingenieure und haben ähnliche Aufgabenbereiche, d.h. in dieser CoP sind nur sehr wenige Personen, die unterschiedliche Positionen im Unternehmen einnehmen. Beide CoP sind zudem international. Ihre Mitglieder arbeiten in den USA, Taiwan, Österreich und Deutschland. Zudem werden diese CoP vom Management gefördert und unterstützt, ohne dass dieses in den Verlauf der CoP eingreift, womit die Selbstorganisation gewährleistet ist. Der Geltungsbereich der Ergebnisse ist damit auf CoP dieser Art beschränkt. Eine Untersuchung in einer anders gelagerten CoP z.B. mit dem Fokus auf Innovationen und zusammengesetzt aus unterschiedlichen Hierarchiestufen kann ein anderes Bild der Motivgewichtung ergeben. Es ist auch
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anzunehmen, dass zudem weitere Motive von Bedeutung sind, die in der vorliegenden Untersuchung nicht zum Tragen kamen. Eine Einschränkung kann in der geringen Generalisierbarkeit von Arbeitsmotiven gesehen werden (Rosenstiel 1975, 129). Auch ändern sich von Zeit zu Zeit die persönlichen Präferenzen und Motive. Aus diesem Grund können das persönliche Engagement der CoP-Mitglieder sowie der Personenkreis, der zu einer CoP gehört, schwanken (Wenger & Snyder 2000, 142). Auch ist eine Generalisierung in Bezug auf unterschiedliche Kulturen schwer möglich. In verschiedenen Kulturen stehen unterschiedliche Motive im Vordergrund (Rosenstiel 1975, 129). Dieser Aspekt ist in der vorliegenden Untersuchung von besonderer Bedeutung, da die Mitglieder der CoP aus unterschiedlichen Nationen stammen. Inwieweit die Motive eines Taiwanesen mit denen eines US-Amerikaners übereinstimmen, ist eine wichtige Frage, die mit dem vorliegenden Setting nicht beantwortet werden kann. Weiterführende Forschung bezüglich global agierender CoP mit der Beachtung kultureller Unterschiede (kulturvergleichende Psychologie) sowie auch in Bezug auf die Interaktionen zwischen den Kulturen (interkulturelle Psychologie), z.B. in den Meetings, ließe weitere Erkenntnisse zu kulturell verschiedenen Bedürfnisstrukturen erwarten. 8.2
Erkenntniswert und Implikationen der Untersuchungen
Ausgangspunkt der Arbeit war einerseits die Fragestellung, welche Motive für die Teilnahme an CoP und für den Wissensaustausch von Bedeutung sind, und andererseits, wie diese Motive in einer existierenden CoP gewichtet werden. Die Ergebnisse aus den Interviews, die eine Antwort auf die erste Fragestellung liefern sollen, stimmen nur zum Teil mit den in der Wissensmanagement-Literatur postulierten Motivnennungen überein (vgl. Tabelle 3). Die Überprüfung der extrahierten Motive aus den Interviews an zwei CoP zeigt zum einen auf, dass sie in unterschiedlicher Weise befriedigt, und zum anderen, dass die einzelnen Motiven verschieden gewichtet werden (vgl. Tabelle 4). Es ist jedoch festzuhalten, dass in beiden untersuchten CoP das gleiche Set von knapp einem Dutzend Motiven angesprochen und bestätigt wurde. Daher kann vermutet werden, dass in CoP allgemein sehr viele unterschiedliche Motive für die aktive Beteiligung eine Rolle spielen. Allerdings
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kann die jeweilige Gewichtung unterschiedlich sein, z.B. je nach Umfeld, organisationalem Kontext, CoP-Struktur und Unternehmenskultur. Es wird angenommen, dass jede CoP durch ihre Merkmale und Dynamik bestimmte Motive aktiviert. Werden durch weitere Forschungsergebnisse zu diesem Gebiet einige Motive auch in anderen Kontexten bestätigt, könnte auf CoP-übergreifende Motive geschlossen werden, d.h. Motive, die aufgrund gemeinsamer Merkmale der CoP wirksam werden. Die vorliegende Arbeit war zudem dadurch motiviert, dass die Geltung von Motivationstheorien im Kontext der CoP untersucht werden sollte. Es kann festgehalten werden, dass sowohl Prozesstheorien als auch Inhaltstheorien zur Erklärung von motiviertem Verhalten im Sinne einer Teilnahme an CoP beitragen. Die durchgeführten empirischen Untersuchungsschritte belegen, dass die Erwartungs-Wert-Theorie von Vroom (1964) und die Gerechtigkeitstheorie von Adams (1963) sowie die Austauschtheorie von Thibaut & Kelley (1959) für die Teilnahme an CoP von Bedeutung sind. An dieser Stelle soll herausgestellt werden, dass im Rückbezug dieser angewandten Forschung kein konzeptueller Mangel in der psychologischen Grundlagenforschung festzustellen ist, d.h. alle Ergebnisse ließen sich in bereits vorhandene Konzepte und Theorien einbetten. Woran hingegen ein Mangel herrscht, sind theoretisch fundierte Aussagen über Zusammenhänge zwischen verschiedenen Motiven. Hier stellt sich die Frage, ob es Motive gibt, die unter bestimmten Rahmenbedingungen positiv oder negativ korrelieren, und ob andere weitgehend unabhängig voneinander sind. 8.3
Gestaltungsempfehlungen für die Praxis
Ein Anliegen dieser Arbeit war es, zu Ergebnissen zu kommen, die nicht nur für die Forschung, sondern auch für die Praxis von Interesse sein können. Dies gilt in erster Linie für die Umsetzung von Rahmen- und Anreizbedingungen in Bezug zu den explorierten Motiven. Es ist schwierig eine Antwort auf die Frage zu geben, welche Motive bevorzugt unterstützt werden sollen und welche nicht. Denn es ist in der Theorie nicht hinreichend sichergestellt, inwieweit die einzelnen Motive ineinander greifen und dadurch möglicherweise durch die Förderung spezifischer Motive die anderen verdrängt werden könnten. Die vielen unterschiedlichen Motive stellen aber auch die Chance von CoP dar, länger zu bestehen, eben weil sie mehr als ein Motiv befriedigen. Man kann also in
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letzter Konsequenz für jedes einigermaßen starke Motiv eine eigene Maßnahme ergreifen und darauf setzen, dass die Motive synergetisch zusammenwirken. Im Folgenden werden die sechs höchstbewerteten Motive (nach Tabelle 4) in ihrer Relevanz für die Praxis beschrieben. 1. Beim Motiv Wissenserwerb & Lernen kann als Kernelement festgehalten werden, dass der Wissensaustausch motivierter ist, wenn es darum geht, konkrete Probleme zu lösen. Für die Gründung von CoP ist es somit sinnvoll, beim Kick-Off tatsächlich relevante Problemfelder mit dem Kernteam der CoP zu erarbeiten. 2. Die Homogenität der Mitglieder (hier Prozessingenieure) wird in ihrer Wichtigkeit für die Zusammenarbeit durch einen Mittelwert von 4,05 deutlich hervorgehoben. Ein Ähnlichkeitserleben ist also für die Teilnahme von großer Bedeutung. 3. Eine CoP hat gute Chancen aktive Mitglieder zu vereinen, wenn das oder die Themen einen realen Bezug zu den täglichen Arbeitsaufgaben hat/ haben und wenn die Mitglieder einen konkreten Nutzen, z.B. im Sinne einer Problemlösung, daraus ziehen können. Diese beiden Punkte sind die wichtigsten in Bezug auf das Motiv Sinngebung und sollten vor allem bei der Gründung beachtet werden. 4. Das Gerechtigkeitsmotiv kann an sich nicht initiiert werden. Der Prozess des Gebens und Nehmens muss sich in der Praxis beweisen. Es wird jedoch vorgeschlagen, dass sich z.B. der Moderator bemühen kann, dass dieses Prinzip im Sinne aller Beteiligten z.B. auf Meetings angesprochen wird. Er könnte auf Erfahrungen aus der CoP verweisen, dass es sich im eigenen Sinne lohnt anderen zu helfen, weil diese im Normalfall dann auch eher bereit sind, sich wiederum Zeit für Lösungen zu nehmen. 5. Wie viel Förderung bzw. Einfluss aus dem Management benötigt eine CoP? Diese immer wieder gestellte Frage kann zumindest für die vorliegende Untersuchung klar beantwortet werden: So wenig wie möglich und so viel wie nötig! Autonomie ist ein Grundelement für die Selbstorganisation von CoP, d.h. aus dem Management kann eine Unterstützung erfolgen, jedoch sollte sie überhaupt keinen Einfluss auf die (Selbst-)Gestaltung von CoP nehmen. 6. Mit dem Motiv des sozialen Vergleichs sind zwei wichtige Funktionen für die Mitglieder verbunden: die Orientierungsfunktion und die Identitätsbildung innerhalb von CoP. Zu Ersterem gehört z.B., dass über den sozialen
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Vergleich erfahrbar wird, wer ein Experte ist, und dass man generell Transparenz gewinnt, wer innerhalb der CoP unter dem Aspekt der Informationsbeschaffung für wen wichtig ist. Meiner Meinung nach kann viel für die Gestaltung und Verbesserung der Zusammenarbeit und damit für den Wissensaustausch getan werden, wenn diese Motive in der Gründung und im Verlauf von CoP beachtet und entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden.
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Die „ganze Welt“ von Siemens? Selbstdarstellungsstrategien des Unternehmens in der Mitarbeiterzeitschrift SiemensWelt Alexandra Frauenholz
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Ziel und Gegenstand der Untersuchung
„Die ganze Welt von Siemens“ (Opfermann 4/2001, 4) will ein Beobachter der Bundesvereinigung für innerbetriebliche Kommunikation in der Mitarbeiterzeitschrift SiemensWelt des Großkonzerns dargestellt sehen. Von Tatsachenverschleierung und Verschweigen von Informationen dagegen ist die Rede in einschlägigen PR-Ratgebern und gesellschaftskritischen Schriften (Held & Schlumberger 1976, Umschlagrückseite), wenn auf das innerbetriebliche Informationsorgan Bezug genommen wird. Dass ein betriebliches Medium, dessen Herausgeber die Unternehmensführung ist und dessen Redakteure Angestellte dieses Unternehmens sind, tatsächlich zum Ziel haben kann, ein uneingeschränkt objektives wie umfassendes Bild der Unternehmensrealität zu vermitteln, oder aber andererseits allein darauf ausgerichtet ist, die Belegschaft zu manipulieren und zu täuschen, darf gleichermaßen angezweifelt werden. Es ist allerdings zu erwarten, dass sich die Intention der Emittenten und die Erwartungen der Rezipienten an das Medium nicht decken, sondern in charakteristischer Weise auseinander fallen. Dass sich diese Differenz sprachlichpragmatisch anhand von Texten aus der Mitarbeiterzeitschrift nachweisen lässt, stellt die Haupthypothese für die folgende Untersuchung dar. Ihr liegen als Korpus fünf vollständige Jahrgänge der SiemensWelt von 1/96 bis 12/00-1/01 zugrunde. Ausschlaggebend für die Auswahl dieser Zeitschrift war vor allem der breite Raum für Lesermeinungen in der SiemensWelt, der auch gemessen am überdurchschnittlichen Umfang der Zeitschrift für das Medium ungewöhnlich ist. Es handelt sich um eine Publikation im Zeitschriftenformat, die zehn Mal im Jahr mit einem Umfang von ca. 45 Seiten in einer Auflage von 300 000 bis 400 000 Stück erscheint.
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Das Medium Mitarbeiterzeitschrift
Innerhalb der Unternehmenskommunikation nimmt die Mitarbeiterzeitschrift eine zentrale Stelle ein: Sie befindet sich an einer Schnittstelle zwischen interner und externer Kommunikation. In erster Linie wendet sie sich zwar an die Mitarbeiter des Unternehmens, sie ist aber ausdrücklich auch für ihre Familienangehörigen gedacht, die auf diese Weise Einblick in das Berufsleben ihres Partners oder Elternteils erhalten sollen. Zu den Adressaten gehört außerdem die große Gruppe der Rentner, die auf diese Weise über die Pensionierung hinaus weiterhin in das Betriebsgeschehen eingebunden werden soll. Mitglieder der Führungsebene stellen folgende Erwartungen an die Mitarbeiterzeitschrift: • Die Loyalität der Mitarbeiter zum Unternehmen und seinen Zielen soll gefördert werden; • sie soll der Informationsvermittlung von „oben“ nach „unten“ dienen • und sie soll die Möglichkeit positiver Selbstdarstellung des Unternehmens und seiner Führung bieten (vgl. Beger u.a. 1989, 127). Da die Konzernführung die finanziellen Mittel für die Produktion der unentgeltlich an alle Mitarbeiter abzugebenden Publikation zur Verfügung stellt, muss sich die Mitarbeiterzeitschrift demnach nicht an Marktfaktoren ausrichten, wie dies bei den meisten anderen Massenmedien der Fall ist, sondern an den Interessen der Unternehmensführung. Dieser Umstand muss allerdings nicht zu einer völlig konfliktfreien und unkritischen Berichterstattung führen, da diese – wie noch zu zeigen sein wird – zum Verlust der Glaubwürdigkeit der Zeitschrift und damit auch der Unternehmensführung selbst führen würde. Die Redaktion1 nimmt eine Mittlerstellung zwischen Führungs- und Mitarbeiterebene ein und fühlt sich sowohl den Interessen der Mitarbeiter als auch der Unternehmensführung verpflichtet. Sie ist keineswegs als reines Erfüllungsorgan des Managements zu verstehen, sondern versucht, einen gewissen Grad an Unabhängigkeit zu bewahren: Von der Mitarbeiterseite werden an die Redaktion Wünsche nach mehr Konfliktkommunikation herangetragen, während auf der anderen Seite die Unternehmensführung größere Eingriffsrechte
1
Die Darstellung der Redaktionsperspektive beruht auf einem Gespräch mit dem Redaktionsmitglied Gerti Windhuber am 13. Mai 2001 in München.
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im Sinne der Erfüllung der oben genannten Erwartungen beansprucht.2 Aus dieser doppelten Verpflichtung gegenüber Management und Mitarbeitern ergibt sich ein eigenständiger Standpunkt der Redaktion. Die Rolle des Textproduzenten zerfällt somit in die eigenständig und mit abweichenden Zielen agierenden Gruppierungen Unternehmensführung und Redaktion. Die Rezipienten der SiemensWelt stellen eine sehr heterogene Gruppe dar. Gemeinsam ist dem Leserkreis lediglich die Tätigkeit im selben Unternehmen. Ihm gehören ungelernte Hilfskräfte und Manager, Auszubildende und Rentner an. Das veränderte gesellschaftliche Verständnis von Arbeit hat Auswirkungen auf die Erwartungen der Mitarbeiter an die innere Unternehmenskommunikation. Arbeit wird nicht allein unter einem verdienstorientierten, sondern auch unter einem sinnstiftenden Gesichtspunkt betrachtet: Arbeiter und Angestellte hinterfragen das „Warum“ ihrer Tätigkeit und verlangen Einsicht in die komplexen Abläufe innerhalb des Unternehmens, um ihre Position und Funktion innerhalb dieses Systems bestimmen und verstehen zu können, zumal sie durch den Erwerb von vergünstigten Belegschaftsaktien häufig selbst zum Mitinhaber des Unternehmens geworden sind. Da es aber immer schwieriger wird, die Transparenz eines Großkonzerns wie Siemens zu gewährleisten, reicht allein die Information der Mitarbeiter nicht aus. Zusätzlich fällt der Mitarbeiterzeitschrift die Aufgabe zu, einen Beitrag zu Ausdruck und Formung einer „Corporate Identity“ des Unternehmens zu liefern. Sie fungiert damit als Ersatz für ein einheitliches unverwechselbares Erscheinungsbild des Unternehmens, oder wie Bogner es formuliert, als „Ersatzreligion für das fehlende Charisma einer Einzelperson“ (Bogner 1990, 33). Eine solche notwendigerweise vereinfachende Darstellung des Wesens eines Unternehmens liegt auch im Interesse der Mitarbeiter, da sie ein Identifikationsangebot mit dem Unternehmen darstellt. Darüber hinaus fordern Mitarbeiter „harte“ Informationen über Geschäftsentwicklung, Strategie des Unternehmens und Markttrends ein, wie eine Leserbefragung zur SiemensWelt gezeigt hat. Die Leser wollen aus erster Hand über die Vorgänge und Entwicklungen in ihrem Betrieb informiert werden, 2
Für die SiemensWelt beschränken sich diese Interventionen der Geschäftsleitung nach Aussagen der Redaktion auf eine „beratende und vorschlagende Funktion“. Darüber hinaus hat sie „keinen zensierenden Einfluss“ (E-Mail von Gerti Windhuber vom 29. Mai 2001).
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möglichst bevor darüber in der Presse berichtet wird. Dies liegt zwar ebenfalls im Interesse der Unternehmensführung, da nur so Gerüchten vorgebeugt werden kann, kann aber in einer monatlich erscheinenden Zeitschrift nicht immer gewährleistet werden. Bei konfliktreichen Themen wie Ausgliederungen, Werkschließungen oder Betriebsunfällen, bei denen eine Vorinformation für die Mitarbeiter am notwendigsten wäre, ergeben sich außerdem Interessenskonflikte zwischen der PR-Strategie der Führung, der positiven Selbstdarstellung abträgliche Themen möglichst „unter der Decke“ zu halten, und der Forderung der Mitarbeiter nach lückenloser Aufklärung.
3
Kommunikationsstrategien in der SiemensWelt
3.1
Funktionen der Mitarbeiterzeitschrift
Die in einem Text dominierende Funktion ist für Klaus Brinker die Grundlage für die Textsortenbestimmung. Als Kriterium legt er „die Art des kommunikativen Kontakts, die der Emittent dem Rezipienten gegenüber zum Ausdruck bringt“ (Brinker 1997, 104), zugrunde. Unter dieser Perspektive gelangt er zu fünf Grundfunktionen: Informationsfunktion, Appellfunktion, Obligationsfunktion, Kontaktfunktion und Deklarationsfunktion. Im Folgenden sollen nur die drei für die Mitarbeiterschrift relevantesten Funktionen vorgestellt werden. Die auch von PR-Ratgebern häufig so bezeichnete Informationsfunktion wird in der Regel als dominierend herausgestellt. Zieht man Texte aus der SiemensWelt zur Überprüfung heran, bestätigt sich dies, wenn als Indikator für die Textfunktion die rein quantitative Analyse von explizit performativen Verben, die Äußerungen mit informativer Funktion einleiten – für die informative Textfunktion sind dies z.B. informieren, mitteilen, melden, eröffnen, berichten, benachrichtigen, unterrichten usw. (vgl. Brinker 1997, 105) –, herangezogen wird. Es überrascht nicht, dass hauptsächlich in Texten wie Kommentar und Editorial, in denen die Unternehmensleitung oder die Redaktion den Rezipienten direkt ansprechen, auffallend häufig Formeln wie wir berichten auftauchen: „Auftakt dieser SiemensWelt sind Osram und Automobiltechnik – zwei äußerst erfolgreiche Einheiten im Siemens-Verbund. […] Wir berichten, warum sie integrale Bestandteile von Siemens sind und daß Zeitungsmeldungen über den ‘geplanten’ Verkauf von AT nur ein Gerücht waren.“ (2/99, 2)
oder:
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„In der Titelgeschichte dieser Ausgabe berichten wir über den Start unserer Innovationskampagne, zeigen, daß Siemens ein junges und innovatives Unternehmen ist, und haben den Forschungschef auch gefragt, wie man Innovationen managt.“ (11/97, 2)
Die beiden Beispiele zeigen aber auch, dass berichten in unterschiedlichem Kontext durchaus Verschiedenes meinen kann: Im ersten Fall kündigt es einen aus Unternehmersicht verfassten Text an, der ein Gerücht aus der Tagespresse entkräften soll. Im zweiten Textbeispiel weist berichten auf eine Imageaktion der Zeitschrift hin. In beiden Fällen handelt es sich um aus der Sicht der Unternehmensführung formulierte Texte, die der positiven Selbstdarstellung des Unternehmens dienen. Unbestreitbar werden auch in solchen Texten Sachverhalte vermittelt, problematisch ist nur, dass aus Unternehmerperspektive wertende Elemente häufig als solche nicht kenntlich gemacht werden. Meist wird die Informationsfunktion nicht durch entsprechende Verben explizit angekündigt, sondern ist aus dem Kontext erkennbar. In Artikeln, in denen die Darstellung von Sachverhalten, wie die Wiedergabe von Fakten aus der Marktbeobachtung, die Vorstellung neuer Produkte oder der Ergebnisse einer Betriebsversammlung, dominiert, kann von dem vorrangigen Ziel der Emittenten ausgegangen werden, die Leser zu informieren. Häufig verbinden sich aber auch in solchen primär der Mitteilung von Fakten dienenden Texten mehrere Funktionen miteinander. Held und Schlumbergers Manipulationsvorwurf an das Medium der Mitarbeiterzeitschrift lässt sich durch die Appellfunktion des Mediums erklären: Der Emittent will eine Einstellungsänderung beim Rezipienten erreichen bzw. ihn zu einer Handlung veranlassen (Brinker 1997, 109). Neutraler kann diese Intention mit dem Begriff der Persuasion im Sinne von ‚Überzeugung’ umschrieben werden, der nicht impliziert, dass ohne das Wissen oder gar gegen den Willen des Rezipienten vorgegangen wird (vgl. Janich 1999, 80). Explizit performative Formeln, die auf die Appellfunktion hinweisen, sind auffordern, anordnen, befehlen, bitten, raten, fragen, appellieren usw. Diese Signale werden allerdings nur sehr selten verwendet, um den Anschein einer Befehlshierarchie von „oben“ nach „unten“ zu vermeiden. Ausnahmsweise treten solche Formulierungen in der Mitarbeiterzeitung aber dennoch auf, meist unter Einbeziehung des Emittenten in die Zielgruppe. Auch im folgenden Beispiel ist aus der Textumgebung ein Wir-Bezug erkennbar: „Gleichrangiges Ziel war, Siemens durch mehr Konsequenz zu einem Unternehmen zu machen, das sich effizienter auf die sich wandelnden Rahmenbedingungen einstellen
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Alexandra Frauenholz
kann. Daran sollten wir weiterarbeiten – deshalb mein Appell: mehr Konsequenz im Tun!“ (8-9/00, 2, Hervorhebung A. F.)
In diesem Beispiel wird die Appellfunktion gleichzeitig durch das Satzmuster mit sollen realisiert (Brinker 1997, 111). Bezeichnenderweise erscheint das finite Verb hier in der ersten Person Plural um eine Trennung zwischen Befehlsgeber und Befehlsempfänger zu vermeiden. Die Mitarbeiterzeitschrift soll ihre Leser motivieren, nicht zum Widerspruch reizen. Dies wird insbesondere an Wir-Appellen wie dem folgenden deutlich, in dem zunächst die Mitarbeiter direkt angesprochen werden, der Emittent sich dann aber selbst in die Zielgruppe mit einbezieht: „Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, packen wir unsere Zukunft gemeinsam an.“ (12/97-1/98, 2)
oder: „Helfen wir den Saudis“ (1/96,15)
Bei den meisten Appellen, unabhängig von ihrer Realisierungsform, ist der Inhalt sehr allgemein gehalten. Da die Leserschaft der Mitarbeiterzeitschrift sehr differenziert ist – vom Management bis zum Fertigungsmitarbeiter sind prinzipiell alle Unternehmensangehörigen angesprochen –, kann es sich gar nicht um konkrete Handlungsanweisungen für den Einzelnen handeln. Die Aufforderungen sind in der Regel als Motivationsformeln aufzufassen, die durch die Verwendung positiv konnotierter Wendungen, wie die Zukunft anpacken, mehr Konsequenz, sein Bestes geben (1/96,15) oder mutig neue Wege gehen (1/94,4), einen Ansporn zu größerer Leistungsbereitschaft und stärkerer Identifikation mit dem Unternehmen geben sollen. Die Interpretation und entsprechende Umsetzung kann daher sehr unterschiedlich ausfallen. Die Kontaktfunktion spielt für die Mitarbeiterzeitschrift insofern eine bedeutende Rolle, als fehlende persönliche Kontakte in einem anonymen Großunternehmen kompensiert werden sollen (Bischl 2000, 58). Dies findet seinen Ausdruck unter anderem durch die Verwendung explizit performativer Formeln wie danken, beglückwünschen, gratulieren, sich beschweren oder willkommen heißen (Brinker 1997, 119): „Wir gratulieren zum Dienstjubiläum“ (u.a. 12/99-1/00, 27) ist regelmäßig eine eigene Seite überschrieben, auf der alle Jubilare namentlich unter ihrem jeweiligen Bereich und Standort aufgeführt werden. Wieder wird die verbindende Wir-Form verwendet, auch wenn nicht deutlich wird, auf wen sich
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dieses wir eigentlich bezieht. In Frage kämen die Unternehmensleitung, die Redaktion oder die Gesamtheit der Mitarbeiter. Die Anzeige der Jubilare ist ein Beispiel für horizontale Informationsvermittlung, da der Kontakt der Arbeiter und Angestellten untereinander, etwa nach einem Arbeitsplatzwechsel, in einem Werk mit mehreren hundert oder tausend Mitarbeitern nicht mehr sichergestellt ist. Eindeutig Kontakt stiftende Funktion hat auch eine regelmäßige Einrichtung zum Jahreswechsel: Der Vorstandsvorsitzende wendet sich an alle Mitarbeiter und zieht in der Form eines Kommentars eine Jahresbilanz. Hier erfüllt er die an ihn gestellten sozialen Erwartungen und bedankt sich direkt bei den Mitarbeitern für ihre Leistung. „Auf diese – und auch auf viele andere – Leistungen können wir stolz sein. Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren Einsatz.“ (12/99-1/00, 2) In Jahren mit schlechteren Abschlüssen und stärkeren Einschnitten, wie der Abtrennung von ganzen Geschäftsbereichen und Einbrüchen auf dem Aktienmarkt, tritt die Kontaktfunktion zugunsten eines stärker motivierenden und appellierenden Grundmusters zurück: Bezeichnenderweise zieht für das für Siemens verlustreiche Jahr 1998 nicht der Konzernchef selbst, sondern der Aufsichtsratsvorsitzende die Bilanz: „Der Erfolg unseres Unternehmens hängt von Ihnen, unseren Mitarbeitern im In- und Ausland, ab. Sie müssen das Motto von top+ mit Leben erfüllen: klare Ziele, konkrete Maßnahmen, eindeutige Konsequenzen. Hierzu brauchen wir Ihre Unterstützung. Erfolgreiche Geschäfte kann man nur mit motivierten Mitarbeitern machen.“ „Ihr Kundenbewusstsein, Ihr Teamgeist, Ihre innovativen Ideen, Ihre Gewinnorientierung bestimmen den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.“ (12/98-1/99, 2, Hervorhebung im Original)
Durch die direkte Anrede der Mitarbeiter in der zweiten Person Plural, die noch durch Fettdruck hervorgehoben wird, fällt die sonst künstlich geschaffene Einheit von Management und „einfachen“ Mitarbeitern deutlich auseinander und herrscht eine einseitige Appellrichtung vor, angezeigt durch ein Satzmuster mit müssen in Sie müssen (...) erfüllen oder die einfache Benennung der Forderungen: klare Ziele, konkrete Maßnahmen, eindeutige Konsequenzen. Das Abhängigkeitsverhältnis wird in der Parenthese unsere Mitarbeiter im In- und Ausland durch das Possessivpronomen explizit benannt, aber im gleichen Zug auch umgekehrt: Indem die Eigenverantwortung der Mitarbeiter und die Abhängigkeit der Unternehmensführung von den Mitarbeitern durch Verbalkonstruktionen wie hängt von Ihnen (...) ab und brauchen wir Ihre Unterstützung herausgestellt wird, soll das Verhältnis einseitiger Abhängigkeit in der Bezie-
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hung zwischen Arbeitgeber und Arbeiter zugunsten des letzteren verschoben werden. Durch die Betonung der Verantwortung der Mitarbeiter kommt in diesem Text neben dem Appell zu größerer Leistungsbereitschaft auch die Kontaktfunktion zum Tragen. In den meisten Texten der Mitarbeiterzeitschrift sind, wie hier, mehrere Textfunktionen miteinander verknüpft. Um in den einzelnen Fällen die jeweils dominierende ermitteln zu können, bedürfte es einer eingehenderen Untersuchung der Themenentfaltung und der Sprechereinstellungen. Für die Analyse der kommunikativen Strategien in der Mitarbeiterzeitschrift genügt es jedoch, den charakteristischen Mix von Informations-, Appell- und Kontaktfunktion aufzuzeigen. Zu ergänzen ist die – auch von Hilb (1975, 65f) erwähnte – Unterhaltungsfunktion, die sich keiner der von Brinker angenommenen fünf Grundfunktionen unterordnen lässt, sich aber auch auf die Art des kommunikativen Kontakts zwischen Emittent und Rezipient bezieht: Rätsel oder der Cartoon Die Simmys, die regelmäßig in der family-Sparte erscheinen, wollen die Leser in erster Linie unterhalten. Auch die Redaktion weist ausdrücklich auf die große Bedeutung der Unterhaltung der Mitarbeiter durch die Mitarbeiterzeitschrift hin.3 Der bunte Magazincharakter mit vielen ansprechenden Fotos – das Layout wird von einer externen Agentur gestaltet – erinnert eher an Wochenzeitschriften wie Spiegel und Stern als an gewöhnlich eher schlicht gehaltene Betriebspublikationen zur Information der Mitarbeiter und soll den Leseanreiz verstärken. Die Funktionen der Mitarbeiterzeitschrift bilden die Grundlage für die Erläuterung der positiven Selbstdarstellung des Unternehmens. Diese wird aber – im Gegensatz zur Ansicht Katrin Bischls – nicht unbedingt als den anderen Funktionen übergeordnet betrachtet. Sie wird vielmehr als eine andere Betrachtungsebene verstanden, der nicht die Art des Kontakts zwischen Emittent und Rezipient als Kategorie zugrunde liegt, sondern die eine inhalts- und handlungsbezogene strategische Kommunikationsform darstellt.
3
Gespräch mit dem Redaktionsmitglied Gerti Windhuber am 13. Mai 2001 in München.
Die „ganze Welt“ von Siemens?
3.2
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Strategien der positiven Selbstdarstellung
Wer sich selbst positive Eigenschaften zuschreibt, setzt sich in unserer Gesellschaft der Gefahr sozialer Diskriminierung aus.4 Seine Vorzüge allzu offensichtlich herauszustellen, wird meist als kommunikativ unangemessen empfunden. Da Unternehmen aber aus den erwähnten Gründen zunehmend dazu gezwungen werden, ein positives Bild von sich zu vermitteln, um sich damit von anderen Unternehmen abzugrenzen, greifen sie auf Ersatzstrategien zurück, die dieses Ziel implizit und unaufdringlicher erreichen sollen: Solche Strategien mit ihren vielfach verästelten Unter- oder Teilstrategien stellt Katrin Bischl in ihrer Dissertation für das Medium Mitarbeiterzeitung dar: Die beiden obersten Ebenen werden bei Katrin Bischl folgendermaßen visualisiert: Das Unternehmen positiv darstellen indem
die positive Darstellung selbst realisiert wird
andere die positive Darstellung des Unternehmens vornehmen, die in der Mitarbeiterzeitschrift vorgestellt wird
das Unternehmen als Bewahrer gesellschaftlicher Werte dargestellt wird
Gesamtstrategie 1 (GS 1)
Gesamtstrategie 2 (GS 2)
Gesamtstrategie 3 (GS 3)
Abb. 1: Die drei übergeordneten Gesamtstrategien der Mitarbeiterzeitung nach Bischl 2000
Während den Gesamtstrategien 1 und 2 als Kriterium der Autor der Selbstdarstellung zu Grunde liegt, füllt die Gesamtstrategie 3 davon abweichend ein inhaltliches Kriterium aus, das die Art und Weise der Selbstdarstellung bezeichnet. Daher kann man Gesamtstrategie 3 als inhaltlichen Aspekt der Gesamtstrategie 2 unterordnen. Das Dilemma der Tabuisierung von Eigenlob bei gleichzeitigem Zwang zur Selbstdarstellung kann wenigstens teilweise umgangen werden, wenn die Präsentation des Unternehmens als „Einlösung einer kommunikativen Pflicht“ (Biere 1994, 13) deklariert wird: Wenn ein Unternehmen auf einer Jubiläumsveranstaltung seine Geschichte, Ziele und Werte darlegt, wird dies als weitaus weniger aufdringlich empfunden, als wenn dasselbe unmotiviert geschieht, da
4
Zum Problem der sozialen Diskriminierung von Eigenlob vgl. Biere 1994,10f.
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das Publikum einer Festtagsrede von vornherein solche Erwartungen entgegenbringt. Neben Jubiläen können auch Produktpräsentationen, ein Tag der offenen Tür, Geschäftsjahresabschluss, Messeauftritte etc. als situativer Rahmen für die Selbstdarstellung fungieren. Diese Strategie ist für alle Arten positiver Selbstdarstellung relevant und läuft daher parallel zu allen Strategieebenen (s.u.). 3.2.1 Die explizite positive Selbstdarstellung5 Von grundlegender Bedeutung für die weitere Differenzierung ist der Autor der positiven Selbstdarstellung. Die Tabuisierung des Eigenlobs wirkt sich besonders problematisch auf die direkte positive Charakterisierung der eigenen „Persönlichkeit“ durch die Person oder Institution selbst aus. Trotzdem findet sie sich in der SiemensWelt vergleichsweise häufig. Um der Stigmatisierung dennoch zu entgehen, wird in diesen Fällen meist auf Ersatzstrategien zurückgegriffen. Ziel der Mitarbeiterzeitschrift ist es in erster Linie, das Unternehmen in seiner Gesamtheit, mit seiner Unternehmenskultur, den dort arbeitenden Menschen, den vertretenen gesellschaftlichen Werten etc. positiv darzustellen. Das kann zum einen erreicht werden, indem man repräsentative Teile stellvertretend für das ganze Unternehmen positiv heraushebt, zum anderen werden in der SiemensWelt aber auch dem Gesamtkonzern positive Eigenschaften zugeschrieben. Allerdings ist diese unvermittelte Methode im Hinblick auf das Dilemma der gesellschaftlichen Tabuisierung von Eigenlob die problematischste und vom Leser als am aufdringlichsten empfundene Selbstdarstellungsmöglichkeit. In ihrer „Reinform“ ist sie daher auch nur sehr selten anzutreffen, meist erscheint sie kombiniert mit Zitatstrategien. Dies gilt auch für die Berichterstattung vom Siemens-Auftritt auf der Expo 2000 in Hannover: Als Fazit steht am Ende des „Siemenstag“: „Siemens hat seine menschliche Seite in vielfältigen Aspekten eindrucksvoll gezeigt. Und zugleich bewiesen, dass sich ‘Neugier, Fantasie und Kreativität nach wie vor lohnen’, wie Pierer in seiner Abschlussrede betonte. ‘Das Engagement, der Ideenreichtum, [sic] und die Erfahrung der Menschen – das ist heute der Schlüssel für den unternehmerischen Erfolg.’“ (7/00, 13)
Die Aussage Siemens hat seine menschliche Seite (...) gezeigt impliziert zunächst Siemens hat eine menschliche Seite oder Siemens ist menschlich. Es 5
Vgl. Bischl 2000, 119-159.
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muss vorausgeschickt werden, dass Menschlichkeit einen der Schlüsselwerte im Selbstverständnis von Siemens darstellt: Immer wieder taucht in der SiemensWelt der Mensch in den Titeln von Beiträgen auf, z.B. „Menschen im Unternehmen“ (8-9/99), in der Rubrik „Menschlich gesehen“ (u.a. 1/97 und 4/97) oder als Coverstory „Mitarbeiter: Menschen bei Siemens“ (10/00). Menschlichkeit des Unternehmens verkörpert in der Zeitschrift viele für das Selbstverständnis von Siemens wichtige Werte wie soziales Engagement, Berücksichtigung der Individualität der Mitarbeiter oder Achtung der Menschenwürde. Sie steht in Opposition zu Anonymität, Bürokratie und hierarchischem Denken. In diesem umfassenden Verständnis gewinnt die Selbstzuschreibung dieser Eigenschaft ein größeres Gewicht und es ist symptomatisch für das Medium, dass sie in einer Äußerung impliziert und solchermaßen als selbstverständlich und unangreifbar vorausgesetzt wird. Nur bei dieser Äußerung kann von einer direkten positiven Selbstdarstellung durch den Redakteur der Mitarbeiterzeitschrift gesprochen werden, bei der Aufzählung der weiteren positiven Eigenschaften Neugier, Fantasie, Kreativität, Engagement, Ideenreichtum, Erfahrung der Menschen wird auf die Aussage einer Autorität – des Vorstandsvorsitzenden Heinrich von Pierer – zurückgegriffen, der außerdem keinen direkten Bezug zu Siemens herstellt, sondern allgemein von unternehmerischen Erfolgsfaktoren spricht. Aus dem Kontext wird dennoch klar, dass sich diese Eigenschaften nur auf Siemens beziehen können. Dieses Beispiel zeigt bereits deutlich auf, dass die einzelnen Teilstrategien nur idealtypisch voneinander isoliert werden können. In der Realität eines konkreten Textes greifen hier die Realisierung der positiven Selbstdarstellung durch die Redaktion und durch einen Repräsentanten des Unternehmens ineinander. Gleichzeitig wird der Anlass der Weltmesse als Rechtfertigung für die Selbstdarstellung des Unternehmens genutzt. Weitaus häufiger als das gesamte Unternehmen werden Angehörige des Unternehmens positiv dargestellt. Da sie als Repräsentanten des Gesamtkonzerns auftreten, also in einer Teil-Ganzes-Relation zum Gesamtunternehmen stehen, ist es auch in diesem Fall gerechtfertigt, von positiver Selbstdarstellung des Unternehmens zu sprechen. Katrin Bischl unterscheidet hierbei zwischen der Darstellung der fachlichen und sozialen Kompetenzen sowie der sportlichen Erfolge von Mitarbeitern. Alle drei Aspekte sind auch in der
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SiemensWelt anzutreffen. Eine hohe Prämierung eines 3i-Vorschlags6 stellt einen günstigen Anlass dafür dar, einen einzelnen Mitarbeiter bezüglich seiner Funktion im Unternehmen und gleichzeitig in seinem privaten Umfeld vorzustellen. Ein Ingenieur wird in der Ausgabe von 10/1997 für seine vielen erfolgreichen Verbesserungsvorschläge, deren letzter mit der Rekordsumme von 120 000 DM belohnt wurde, gewürdigt. Indem er zunächst durch seine Hobbies charakterisiert wird – die Betreibung einer selbstgebauten Sternwarte und Geigenspiel –, wird wiederum der Mensch als Persönlichkeit in den Mittelpunkt gestellt. Es folgt aber auch sogleich die Betonung seiner hohen fachlichen Kompetenz, indem sein Vorschlag zur Optimierung eines Dampfturbinenkondensators vorgestellt wird: „Zu Beginn der Auftragsabwicklung für das Gas- und Dampfturbinen (GUD)-Kraftwerk Nan Pu in Taiwan war er draufgekommen: Der Dampfturbinenkondensator läßt sich in der Konstruktion und verfahrenstechnisch so ändern, daß auf die Hilfskessel vieler Dampfkraftwerke, die bisher beim Kraftwerksstillstand und beim Anfahren benötigt wurden, verzichtet werden kann. Dadurch sinken die Investitionskosten um Millionen sowie der Wartungsaufwand. Außerdem wird Brennstoff gespart, was nicht zuletzt der Umwelt zugute kommt.“ (10/97, 19)
Wegen der doppelten Intention des kurzen Artikels – den Ingenieur als Menschen näher zu bringen und gleichzeitig seine fachliche Kompetenz herauszustellen – ergibt sich ein Zwiespalt bezüglich der sprachlichen Darstellungsweise. Einerseits wird versucht, den in der family-Rubrik der SiemensWelt, in der der Artikel erschienen ist, bewusst gepflegten umgangssprachlichen Ton beizubehalten. Vorwiegend parataktischer Satzbau und vor allem der Gebrauch des Verbalkomplexes war draufgekommen sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Bei der Beschreibung des Verbesserungsvorschlags (Der Dampfturbinenkondensator...verzichtet werden kann.) fällt dagegen die begrenzte Verwendung von Fachausdrücken wie Dampfturbinenkondensator, Konstruktion, verfahrenstechnisch, Hilfskessel und hypotaktischer Satzbau auf, der der Komplexität der Weiterentwicklung der Maschine entspricht. In den folgenden Sätzen werden die positiven Folgen des 3i-Vorschlags aufgezählt: verringerte Kosten, geringerer Wartungsaufwand, bessere Umweltver-
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3i: „ideen, impulse, initiativen“: institutionalisiertes Vorschlagswesen bei Siemens: Gewinnsteigerungen, die durch Verbesserungsvorschläge von Mitarbeitern erzielt werden können, werden anteilig an diese zurückgegeben.
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träglichkeit, wobei letzteres im Sinne der Darstellung des Unternehmens als Wahrer gesellschaftlicher Werte besonders hervorgehoben wird. Auf diese Weise wird versucht, die komplexe Materie durch die Darstellung der für jeden offensichtlichen positiven Folgen möglichst allgemeinverständlich und interessant zu vermitteln und gleichzeitig die technische Leistung und Innovationskraft des Ingenieurs zu verdeutlichen. Der kurze Text dient der Unterhaltung, aber auch der Motivation der Mitarbeiter, ebenfalls Verbesserungsvorschläge einzureichen. Gleichzeitig kann durch die Darstellung der dauerhaften fachlichen Kompetenz des Mitarbeiters, die durch die Unternehmensführung gefördert und gewürdigt wird, auf die Aufgeschlossenheit des Unternehmens gegenüber neuen Ideen, auf seine Innovationskraft und Kompetenz geschlossen werden. Für soziale und sportliche Fähigkeiten von Mitarbeitern ist ebenfalls die TeilGanzes-Relation zum Unternehmen ausschlaggebend: „Was von den Teilen ausgesagt wird, wird auch vom Ganzen ausgesagt“ (Kienpointner 1992, 275). Auf eine Vorstellung entsprechender Beispiele aus der SiemensWelt kann an dieser Stelle verzichtet werden, da die verwendeten Strategien vergleichbar eingesetzt werden. 3.2.2 Die positive Selbstdarstellung als Fremddarstellung Eine sehr effektive Methode, sich selbst positiv darzustellen, ohne sich der Gefahr der gesellschaftlichen Diskriminierung von Eigenlob auszusetzen, ist es, andere für sich reden zu lassen. Positive Äußerungen externer Gruppen über das Unternehmen wirken glaubwürdiger, da man zunächst davon ausgehen kann, dass – anders als bei Äußerungen von Konzernangehörigen – kein persönliches Interesse an einem guten Image des Unternehmens vorliegt. Verstärkt wird dieser Effekt durch die Auswahl von Personen, denen von der Bevölkerung aufgrund ihrer herausgehobenen Stellung in der Gesellschaft oder ihrer erwiesenen und allgemein bekannten Fachkenntnis besonderes Vertrauen entgegengebracht wird. Zwei Wege, dieses Verfahren in der Mitarbeiterzeitschrift anzuwenden, sind die unmittelbare Wiedergabe der positiven Fremddarstellung und der implizite Weg über die Dokumentation des Interesses Außenstehender am Unternehmen, seinen Produkten und Leistungen (Bischl 2000, 160ff). Mitarbeiter als Autoren werden von Katrin Bischl mit dem etwas irreführenden Ausdruck „interne-externe“ Gruppen bezeichnet. Darunter ist zu
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verstehen, dass Personen, die zwar dem Unternehmen angehören, aber aufgrund ihrer Funktion nicht zur positiven Repräsentation des Unternehmens verpflichtet sind, einen distanzierten Standpunkt zum Unternehmen einnehmen. Gerade der Betriebsrat als Vertreter der Belegschaftsinteressen steht in einem natürlichen Gegensatz zur Gruppe der Unternehmer (vgl. Bischl 2000, 162f). Aufgrund der unterschiedlichen Interessen kann der Blick der Mitarbeiter und Betriebsräte auf das Unternehmen annähernd mit dem von externen Personengruppen gleichgesetzt werden. Mitarbeiter7 verfügen aber dennoch über ein auf den Arbeitsalltag bezogenes Insiderwissen: Sie kennen die Arbeitsabläufe, in die sie eingebunden sind, erleben die Führungskultur, und auch strukturelle Schwächen fallen ihnen schnell auf. In der Mitarbeiterzeitschrift haben sie den Status von Fachleuten für ihren engeren Arbeitsbereich, denen ein hoher Grad an Glaubwürdigkeit zugebilligt wird, zumal sie sich auf derselben hierarchischen Ebene befinden wie ein Großteil der Leser. Die Redaktion der Mitarbeiterzeitschrift greift bevorzugt positive Äußerungen der Mitarbeiter auf, beschränkt sich aber aus Gründen der Glaubwürdigkeit meist nicht auf sie, sondern gewährt auch mäßig kritischen Stimmen Raum. Mitarbeiter kommen in der SiemensWelt sehr häufig zu Wort und werden – anders als dies Katrin Bischl (2000, 163) anmerkt – durchaus bei Führungs- und Strategiefragen berücksichtigt. Der Wandel von Siemens zur E-Business-Company ist hierfür ein Beispiel: Er wird in der SiemensWelt über einen längeren Zeitraum mit Expertenbeiträgen, Interviews mit Verantwortlichen, aber auch mit der Veröffentlichung einschlägiger Äußerungen von Mitarbeitern begleitet. Am Anfang steht die direkte Befragung aller mit einem Internet-Zugang ausgestatteten Mitarbeiter durch den Vorstandsvorsitzenden per E-Mail im Juli 2000. Die grundlegenden Entscheidungen sind zu diesem Zeitpunkt zwar gefallen, aber es wird deutlich, dass bei einzelnen Regelungen, die den Mitarbeiter direkt betreffen, noch Modifikationen möglich sind. Forderungen nach Zugang zum Internet für alle Mitarbeiter, mehr Schulungen, Verbesserungen zum Thema Sicherheit und der Aufhebung von hierarchischen Strukturen werden in einem eigenen Bericht zusammengefasst. Außerdem wurden einzelne Reaktionen von Mitarbeitern auf der Leserbriefseite veröffentlicht (10/00, 6 und 43). Es fällt allerdings auf, dass kritische Beiträge meist am Rand oder an einer anderen unauf7
Im folgenden Abschnitt wird vereinfachend von Mitarbeitern gesprochen, die Nichtzugehörigkeit zur Unternehmensleitung wird vorausgesetzt.
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fälligeren Stelle platziert sind, während in den zentralen Artikeln durchweg positive Wertungen wiedergegeben werden. In der Ausgabe 11/00 ist das E-Business Coverstory. Unter dem Titel „Der Schnellste gewinnt“ (11/00, 14f) werden Stimmen zum neu eröffneten Center of E-Excellence eingefangen: Von zehn abgedruckten Eindrücken von Gästen – in der Mehrzahl Siemens-Mitarbeiter – enthalten alle ausnahmslos ein positives Fazit. Dies steht im Gegensatz zu den überwiegend kritischen Äußerungen von Mitarbeitern, die auf der Leserbriefseite der Ausgabe 10/00 (10/00, 6) abgedruckt wurden. In diesen Fällen ist eine Kombination von Zitat- und Platzierungsstrategien zu erkennen. Mitarbeiterstimmen sind durch einen hohen Akzeptanzgrad bei ihren Kollegen gekennzeichnet. Da eine einseitige Veröffentlichung von zustimmenden und lobenden Äußerungen diesen Vorzug zunichte machen könnte, dosiert die Redaktion kritische Beiträge, so dass insgesamt der Eindruck einer überwiegend positiven Haltung unter den Mitarbeitern entsteht. Würde man eine Skala der Glaubwürdigkeit von Autoren positiver Unternehmensdarstellung anlegen, würde der Betriebsrat sicherlich weit oben einzuordnen sein. Durch seine Nähe zu den Gewerkschaften und als Vertreter der Mitarbeiter gegenüber der Unternehmensleitung hat er eine Vertrauensstellung inne, die sich – abgesichert durch seine Rolle im Betrieb – mit hoher Kritikbereitschaft am Management verbindet. Äußert sich einer seiner Vertreter in positiver Weise, eignet sich die Wiedergabe wegen ihrer hohen Glaubwürdigkeit in besonderer Weise zur Untermauerung der Position der Unternehmensleitung. Betriebsräte sind in der SiemensWelt durchaus nicht unterrepräsentiert. Sie stellten immerhin zweimal für das untersuchte Korpus Titelthemen:8 In der Ausgabe 1/96 enthält das Titelstichwort „Betriebsversammlung: Konsequenzen aus top angemahnt“ bereits die kritische Grundtendenz des Beitrags. In aller Ausführlichkeit werden über drei Seiten Vorträge des Betriebsratsvorsitzenden, des Personalvorstands und anderer Redner sowie der anschließende Diskussionsverlauf referiert, ohne dass kritische Aussagen durch den Autor des Berichts bewertet würden. Eingriffe des Redakteurs lassen sich allerdings bei der Aufmachung feststellen. Die beiden Hauptredner werden mit Bild und zwei Kernaussagen ihrer Vorträge, die durch einen
8
Vgl. Ausgaben 1/96 und 12/97-1/98.
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hellgrünen Hintergrund hervorgehoben werden, vorgestellt: Beide Ausführungen beziehen sich auf gemeinsame Ziele der Unternehmensleitung und der Belegschaft bzw. der Betriebsräte. Der Betriebsratsvorsitzende wird folgendermaßen zitiert: „Wir haben nur eine Chance, unsere Arbeitsplätze hier zu erhalten, nämlich sie mit top wettbewerbsfähig zu machen. (...)“ (1/96, 9) Das Hervorheben dieser gemeinsamen Position, die auch vom Personalvorstand betont wird, steht aber im Gegensatz zur grundsätzlich konträren Haltung, die im Fließtext zum Ausdruck kommt. Eine solche durch Platzierungsstrategien erreichte Schwerpunktverschiebung ist in der jüngeren Ausgabe mit Betriebsratstitelthema (12/97–1/98) nicht zu beobachten: Die Bildunterschriften stimmen mit dem kritischen Tenor der im Fließtext wiedergegebenen Redner überein. In diesem Artikel ist die Zwischenposition der Redaktion zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft deutlich spürbar. Der Autor des Berichts operiert weitgehend mit direkter und indirekter Redewiedergabe und vermeidet es ganz, eine persönliche Wertung, sei es auch nur durch die unterschiedliche Gewichtung einzelner Ausführungen, einfließen zu lassen. Es scheint in einer Mitarbeiterzeitschrift, trotz „beratender“ Funktion der Unternehmensleitung, möglich zu sein, konträre Meinungen auf breitem Raum und mit voller argumentativer Entfaltung wiederzugeben. Allerdings beschränken sich Darstellungen in diesem Umfang in der Regel auf die Berichterstattung von der Hauptbetriebsräteversammlung zu Beginn eines Jahres. Die positive Unternehmensdarstellung durch externe Gruppen unterscheidet sich nur in der abweichenden Quelle ihrer Glaubwürdigkeit. Persönlichkeiten von öffentlichem Interesse, Fachleute und Kunden stellen in unserer Gesellschaft Autoritäten dar, deren Meinung bevorzugt übernommen wird. Der Nachahmungseffekt, der durch Personen öffentlichen Interesses ausgelöst wird, spielt auch dann eine Rolle, wenn statt der Wiedergabe positiver Äußerungen über ein Unternehmen nur über das Interesse Außenstehender am Unternehmen berichtet wird: Die Beachtung durch Persönlichkeiten, Messebesucher und Medienvertreter wird als „Gradmesser für Bedeutung und Akzeptanz des Unternehmens“ verstanden (Bischl 2000, 179). Ausschlaggebend sind „Qualität“, also möglichst Prominenz, gesellschaftliche Bedeutung und Sachkenntnis der Personen, die sich für das Unternehmen interessieren, aber auch die Quantität der Interessierten. Als Beispiel dient uns hier ein kurzer Bericht über den Siemens-Messestand:
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„Der Kanzler und die Siemens-Brille Was unser Unternehmen den Besuchern der Industriemesse in Halle 25 bot, konnte man getrost als ein Gesamtkunstwerk bezeichnen. [...] Kein Wunder, daß schon am Eröffnungstag neben vielen anderen Prominenten auch der Bundeskanzler9 und einer seiner möglichen Herausforderer, Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder, einen Blick in die Zukunft mit der Siemens-3D-Brille tun wollten. Daß sie deshalb in Zukunft die Welt nur noch durch die Siemens-Brille betrachten möchten, ist nicht zu erwarten. Aber daß sie den Siemens-Weg im Zeitalter der Globalisierung zwischen Shareholder Value und Verantwortung für die Arbeitsplätze anerkennen, sagte Schröder bei einer Podiums-Diskussion sehr deutlich.“ (5/97, 3)
Zunächst wird der Messestand von Siemens mit dem Hochwertwort Gesamtkunstwerk belegt und durch den einleitenden Ausdruck Kein Wunder der Eindruck erweckt, dass zwischen der Attraktivität des Messestandes und dem Besuch von Kohl und Schröder ein direkter kausaler Zusammenhang besteht. Wie im Verlauf des Beitrags deutlich wird, ist aber wenigstens Schröder einer Einladung der Unternehmensführung zu einer Podiumsdiskussion gefolgt und seine Anwesenheit am Messestand keineswegs durch persönliches Interesse gelenkt. Neben der Quantität der Autoritäten – außer Kohl und Schröder waren weitere Prominente anwesend – wird ihre Qualität als Spitzenpolitiker durch die Nennung ihrer Funktionen Bundeskanzler, möglicher Herausforderer, Ministerpräsident herausgestellt. Es handelt sich um eine indirekte Autoritätsargumentation: Wenn eine Autorität (Schröder) die Ausführung einer Handlung anerkennt, dann ist sie per se angebracht (vgl. Kienpointner 1992, 394). Mit dieser Aussage werden noch keine sachbezogenen Argumente vorgebracht und keine Gegenpositionen – etwa anderer Autoritäten – entkräftet. Dies zeigt die Zweifelhaftigkeit und in diesem Fall auch Einseitigkeit dieser Art der Beweisführung, wenn sie nicht durch weitere Argumente gestützt wird. Dennoch ist dies ein häufiger verwendeter Argumentationsansatz in der Mitarbeiterzeitschrift. Von der Systematik Katrin Bischls blieb bislang die Gesamtstrategie 3 Das Unternehmen als Wahrer gesellschaftlicher Werte unberücksichtigt. Ich schließe mich hier nicht der Annahme an, dass es sich um eine dritte Gesamtstrategie handelt, sondern setze ihre untergeordnete Funktion für die beiden anderen Gesamtstrategien voraus. Als solche wurde sie bereits angesprochen (vgl. S. 9, 12).
9
1997: Helmut Kohl.
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Die folgende vereinfachte Darstellung als Grafikbaum veranschaulicht die modifizierten Gesamt- und Teilstrategien, wie sie sich aus der vorausgegangenen Untersuchung ergeben haben:
Das Unternehmen positiv darstellen
Nutzung geeigneter Anlässe:
Selbstdarstellung als Einlösung einer kommunikativen Pflicht
indem die positive Darstellung selbst realisiert wird
Gesamtstrategie 1 (GS 1)
andere die positive Darstellung des Unternehmens vornehmen, die in der MZ wiedergegeben wird Gesamtstrategie 2 (GS 2) indem
von einem Redakteur der MZ (TS1)
von einem Angehörigen des Unternehmens (TS2)
dies explizit geschieht (TS1) Die MZ gibt die positive Fremddarstellung wieder
indem das Unternehmen als Bewahrer gesellschaftlicher Werte dargestellt wird (TS3)
indem Konflikte zur Stützung der Glaubwürdigkeit kommuniziert werden (TS4)
indem dies implizit geschieht (TS2) Die MZ berichtet über d Interesse Außenstehender
Abb. 2: Strategien der positiven Selbstdarstellung in der SiemensWelt
Grundsätzlich lassen sich als Gesamtstrategien die explizite Selbstdarstellung (GS 1) und die Instrumentalisierung der Fremddarstellung (GS 2) unterscheiden. Beide Strategien wurden unter dem Gesichtspunkt der Tabuisierung des Eigenlobs in der Gesellschaft diskutiert. In dieser Hinsicht sicherlich problematischer ist die erste Gesamtstrategie. Um der Stigmatisierung zu entgehen, muss auf Methoden zur Verschleierung dieser Absicht zurückgegriffen werden: Solche Möglichkeiten stellen die Implikatur positiver Eigenschaften in einem anderen Kontext oder die Nutzung von geeigneten Anlässen zur Umdeutung der Kommunikationsabsicht dar. Zudem werden kausale Argumentationsschemata nach dem Teil-Ganzes-Schema eingesetzt: Indem Teile des Unternehmens – Mitarbeiter, Produkte, Leistungen – positiv bewertet werden, soll auch das Unternehmen insgesamt positiv bewertet werden. Zu diesem Zweck können auch eigentlich „fachfremde“ positive Tugenden, wie Sportlichkeit, Kreativität oder soziale Verantwortung, instrumentalisiert werden.
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Wenn ein Repräsentant das Unternehmen positiv darstellt, greifen zusätzlich Zitatstrategien. In diesem Zusammenhang ist an die Funktion von Interviews zu erinnern, die durch ihren dialogischen Charakter eine unternehmensgünstige Darstellung legitimieren, da der Interviewte zur Beantwortung der Fragen verpflichtet ist. Bei der Gesamtstrategie 2 greifen alle bisher erwähnten Teilstrategien ebenfalls. Darüber hinaus liegt ihre Bedeutung in der größeren Glaubwürdigkeit der Autoren der positiven Selbstdarstellung. Diese kann sich aus ihrer besonderen Sachkenntnis, ihrer Machtposition oder ihrer Unabhängigkeit vom Unternehmen ergeben. Eine Sonderrolle nehmen Mitarbeiter ein, die aufgrund ihrer Stellung außerhalb der Unternehmensführung ebenfalls dieser Gesamtstrategie zugeordnet werden. Sie qualifizieren sich durch ihr Insiderwissen aus dem Arbeitsalltag und ihre Nähe zur Leserschaft. In besonderer Weise gilt dies für die Betriebsräte, die durch ihre institutionalisierte „Kritikerrolle“ besondere Glaubwürdigkeit für sich beanspruchen können. Weitere Strategien sind die dosierte Kommunikation von Konflikten zur Förderung der Glaubwürdigkeit und die Darstellung des Unternehmens als Wahrer gesellschaftlicher Werte. Sie können prinzipiell bei allen anderen Teilstrategien untergeordnet zum Tragen kommen.
4
Leserbriefe als Feedback-Methode im Medium Mitarbeiterzeitschrift
Will man den Intentionen des Sprechers ein entsprechendes Bild der Rezeptionsseite gegenüberstellen, stößt man schnell auf spezifische Schwierigkeiten. In der Pragmatik ist bisher wenig über den rezeptiven Zeichenbenutzer geschrieben worden. Meist wird stillschweigend vorausgesetzt, dass die Funktion des Empfängers allein in der Entschlüsselung der Intention des Sprechers liegt.10 Möglicherweise auftretende Störungen, wie Verweigerung der Aufnahme oder abweichende Interpretationen, werden meist außer Acht gelassen. Der Grund für die „stiefmütterliche“ Behandlung der Rezeptionsseite liegt offensichtlich in der Schwierigkeit, eine Methode zu entwickeln, die die Wahrnehmung des Lesers „messen“ könnte, etwa adäquat zu den performativen Verben oder anderen sprachlichen Mitteln, die auf Sprechhandlungen verweisen.
10
Vgl. Adamzik 2000, 95f.
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Einen Ausnahmefall stellt die Textsorte Leserbrief dar, in dem Einstellungen und Kommentare des Rezipienten in der Form von Texten greifbar werden: Auch wenn einzelne, auf diese Weise mitgeteilte Meinungen keine Repräsentativität für die Mehrheit der Leser für sich beanspruchen können, stellen sie doch eine der wenigen institutionalisierten Möglichkeiten der direkten Rückmeldung der Leser dar. 4.1
Textsorte Leserbrief
Leserbriefe sind individuelle öffentliche Meinungsäußerungen mit kontaktiver/ interpersonaler Funktion, die sich im Wesentlichen auf vorher publizierte Beiträge beziehen, aber auch neue Themen zum Gegenstand haben können. Sie sind mehrfach adressiert: Sie wenden sich an die Autoren der Originalbeiträge, die Herausgeber oder andere zuständige Stellen sowie an die gesamte Leserschaft des Mediums und sind den Textsorten-in-Relation zuordnen, da sie sich auf andere Texte beziehen und auch selbst Referenzpunkt für weitere Darstellungen sein können (vgl. Busch-Lauer 2000; Fix 1994; Loreck 1982). 4.2
Leserbriefe in Mitarbeiterzeitschriften: Ein Widerspruch?
Die letzte empirische Vollerhebung – d.h. die angestrebte Erfassung aller in der Bundesrepublik Deutschland erscheinenden Werkzeitschriften – liegt bereits Jahrzehnte zurück, doch die Ergebnisse über die durchschnittliche Anzahl der Leserbriefe waren so eindeutig, dass ihre Grundtendenz auch heute noch angenommen werden darf (Haller 1982, 34f, 141): Über 90% der Werkzeitschriften erschienen Ende des Jahres 1979 ohne einen einzigen Leserbrief, und auch heute sind eigene Leserbriefrubriken eine Rarität, wie noch Katrin Bischl für ihr Korpus aus dem Jahr 1996 bestätigt (Bischl 2000, 85). Die Rahmenbedingungen in einer Mitarbeiterzeitschrift weichen von jenen anderer Massenmedien auf charakteristische Weise ab. Die Beziehung zwischen den Kommunikatoren ist asymmetrisch: Die Leser der Mitarbeiterzeitung sind gleichzeitig Angestellte und Arbeiter des Unternehmens, dessen Führung als Herausgeber fungiert, und damit von ihm materiell abhängig. Es ist anzunehmen, dass viele Mitarbeiter von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung keinen Gebrauch machen, weil sie bei der Artikulation von Kritik am Unternehmen Konsequenzen bezüglich ihrer Position im Betrieb oder ihrer Karriere fürchten.
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Darüber hinaus zweifelt Katrin Bischl auch daran, dass eine Veröffentlichung fundamentaler Kritik im Rahmen einer Mitarbeiterzeitschrift überhaupt erwartet werden kann, da sie ihrem Hauptzweck – der positiven Selbstdarstellung des Unternehmens – entgegenwirken würde (Bischl 2000, 86). Trotzdem müssen die Veröffentlichung von Leserbriefen und das Ziel des Mediums, ein möglichst positives Bild des Unternehmens zu vermitteln, kein Widerspruch sein: Die Mitarbeiterzeitschrift gewinnt durch das Einbeziehen von Lesermeinungen an Glaubwürdigkeit, da durch das Aufbrechen der monologischen Struktur dem Vorwurf der Einseitigkeit der Berichterstattung entgegengewirkt wird. Die Berücksichtigung anders lautender Meinungen dient besonders dann dem Zweck des Mediums, wenn es sich bei den Leserzuschriften um Detailkritik handelt und konstruktive Gegenvorschläge gemacht werden. Der Effekt gesteigerter Überzeugungskraft des Mediums insgesamt kann allerdings nur dann erreicht werden, wenn sich der Leserbriefschreiber ernst genommen fühlt und seine positive wie negative Kritik nicht einfach verpufft, sondern Reaktionen der zuständigen Stellen nach sich zieht. Zunehmend wird auch von den Redaktionen betrieblicher Medien dieser Vorteil erkannt und strategisch zur Imageförderung eingesetzt. Die Meinungen einzelner Mitarbeiter dürfen nicht als repräsentativ für alle Leser angenommen werden. Um aus der Rezipientenrolle herauszutreten und selbst aktiv zu werden, bedarf es meist eines weiteren Anreizes als nur vages Interesse am Thema. Häufig handelt es sich dabei um eine persönliche Erfahrung, die von der Sichtweise des Autors des betreffenden Artikels abweicht. Der „typische“ Leserbrief hat daher eher eine kritische Grundtendenz, da Zustimmung nicht in gleicher Weise zu einer Handlung veranlasst. Deshalb kann aus negativen Reaktionen nicht abgeleitet werden, dass auch andere Rezipienten ähnliche Erfahrungen gemacht haben und die Darstellung in gleicher Weise ablehnen. Umgekehrt muss aber auch davon ausgegangen werden, dass sich der zuständige Redakteur, dem sich durch die Auswahl und den Zwang zur Kürzung der Beiträge enorme Eingriffsmöglichkeiten bieten, nicht allein durch das Kriterium der repräsentativen Abbildung der enthaltenen Wertungen leiten lässt. Er ist als Redaktionsmitglied auch den Richtlinien und Zielen des gesamten Mediums verpflichtet, und man darf annehmen, dass er im Rahmen seiner Möglichkeiten bestrebt sein wird, das Unternehmen möglichst positiv darzustellen. Er wird daher tendenziell dazu neigen, überproportional viele
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Zuschriften mit positivem Grundton bei der Veröffentlichung zu berücksichtigen. Der zuständige Mitarbeiter hat zwar durch Auswahl und Kürzung der Briefe eine gewisse Steuerungskompetenz, aber er darf die Grundaussagen der Briefe nicht verfälscht wiedergeben, um die Glaubwürdigkeit des Mediums nicht zu gefährden. Deshalb kommen in Leserbriefen – trotz aller Einschränkungen – „wahre“ Leserwahrnehmungen zum Ausdruck, durch deren Untersuchung das Feld bisher notwendiger Spekulationen über mögliche Intentionen von Leserbriefschreibern und Redakteuren verlassen werden kann.
5
Wahrnehmung der Kommunikationsstrategien durch die Leser
5.1
Leserbriefkategorien
Um einen Überblick über die große Anzahl der in der SiemensWelt veröffentlichten Leserbriefe zu gewinnen, bietet sich zunächst eine Einteilung nach Leserbrief-Bezügen an. Sie gibt eine erste Auskunft über die Strukturen des Dialogs zwischen Redakteur/ Herausgeber und Leser bzw. zwischen Leser und Leser. Die Auseinandersetzung mit vorab publizierten Themen in der SiemensWelt oder der SiemensWelt online dominieren eindeutig: 277 der insgesamt 341 Texte, also etwa 81%, sind diesem Typus zuzuordnen, während mit 64 Zuschriften nur etwa 9% der Leserbriefschreiber eigene Themen einbringen.11 Meist ist eine mittelbare dialogische Kommunikationsstruktur festzustellen: Die Leserbeiträge stellen schriftliche Reaktionen auf vorher Veröffentlichtes dar und sprechen die Redaktion bzw. die Herausgeber der SiemensWelt oder andere Leser an. Eher selten ist eine Weiterführung dieses Dialogs durch Gegendarstellungen oder Bestätigungen der Meinungen durch weitere Leser. Nur 7% der Briefe mit Referenz auf vorher Publiziertes beziehen sich auf andere Leserbriefe. Leserbrief-Ketten, bei denen mehrere Texte aufeinander Bezug nehmen, kommen kaum vor, wohl auch wegen der langen Zeitspanne zwischen dem Erscheinen der einzelnen Ausgaben, die das Entstehen eines Dialogs erschwert. Der bei weitem größte Teil – 89% – der Zuschriften nimmt
11
Im Folgenden wird der von Sabine Loreck eingeführte Ausdruck „EigenthemenLeserbriefe“ für diesen Typus verwendet (Loreck 1982, 332).
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ein Thema auf, das Gegenstand einer der letzten Ausgaben der SiemensWelt oder der SiemensWelt online war. Leserbriefe dienen in erster Linie der Meinungsäußerung und bewerten häufig dargestellte Sachverhalte. Es lassen sich Stellungnahmen wertneutraler, überwiegend positiver oder negativer und komplexer Natur unterscheiden. Da sich die Kritik sowohl auf das Medium als auch auf das Unternehmen beziehen kann, ergeben sich bei dieser Einteilung Schwierigkeiten. Trotzdem hat eine solche Aufstellung eine gewisse Aussagekraft: Wenn die oberste Maxime der Mitarbeiterzeitschrift ist, das Unternehmen positiv darzustellen, so kann ein Zusammenhang zwischen der Kritik am Unternehmen und der Realisierung der Zielsetzung des Mediums hergestellt werden. Auf diese Weise lässt sich auch die Beobachtung von Katrin Bischl überprüfen, dass in Leserbriefen „das Unternehmen bzw. einzelne Abteilungen gelobt“ werden und „kritische Töne“ nur „bisweilen“ auftreten (Bischl 2000, 86). Im folgenden Diagramm ist dargestellt, in welcher Verteilung die Wertungen vorkommen. Sind sowohl konkrete positive als auch negative Bewertungen innerhalb eines Textes nachweisbar, wurde er zu den komplexen Bewertungen gerechnet. Neutrale Leserbriefe beinhalten meist Anregungen oder Erfahrungsberichte der Schreiber zu einer in der Zeitschrift angesprochenen Thematik, ohne explizit wertende Elemente zu beinhalten.
kom plex 10%
neutral 11%
positiv 24%
negativ 55% Abb. 3: Verteilung nach überwiegenden Wertungen
Demnach dominieren in etwa der Hälfte der Texte negative, in etwa einem Viertel positive Bewertungen und in kleineren Anteilen kommen komplexe und wertneutrale Texte vor. Damit lässt sich einerseits die von Katrin Bischl angenommene grundsätzliche Scheu vor der Veröffentlichung kritischer Zuschriften
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für die SiemensWelt nicht bestätigen. Andererseits erscheint der Anteil an positiven Wertungen im Vergleich mit Leserbriefseiten anderer Medien sehr hoch. Sabine Lorecks Untersuchungen an nordrheinwestfälischen Lokalzeitungen ergaben im Vergleich einen 70 %igen Anteil an „Kritik-Leserbriefen“ (Loreck 1982, 333) und nur 4 % „Lob-Leserbriefe“. Damit liegt der Anteil der Zuschriften mit überwiegend positiver Bewertung deutlich niedriger als in der SiemensWelt, dem anteilig noch Bewertungen komplexen Charakters zuzurechnen wären. Die Ursachen für diese Verschiebung sind in der Auswahlkompetenz des zuständigen Redakteurs zu vermuten, der im Interesse einer möglichst positiven Darstellung des Unternehmens dazu neigen wird, Briefe mit zustimmenden Inhalten zu bevorzugen. Trotzdem kann in der Mitarbeiterzeitschrift aufgrund der vorherrschenden kritischen Resonanz die Leserbriefrubrik mit Sabine Loreck als „Beschwerdeinstanz“ (Loreck 1982, 333) aufgefasst werden, in der sowohl die Leistungen des Unternehmens als auch des Mediums beurteilt werden. Ziel der folgenden Untersuchung ist es, die Wahrnehmung der oben festgestellten kommunikativen Strategien durch die Leser darzustellen. Das ist nur durch eine konkrete thematische Analyse möglich, weshalb eine Einteilung der Leserbriefe nach inhaltlichen Aspekten im Folgenden bevorzugt wird. Leser haben ein Alltagsverständnis von Texten und Medien, mit denen sie tagtäglich konfrontiert werden, so auch von der Mitarbeiterzeitschrift: Sie bringen ihr bestimmte Erwartungen entgegen, die sich auf ihre Inhalte, ihre sprachliche und bildliche Gestaltungsweise, auf ihre Funktion usw. beziehen. In Leserbriefen werden Bestätigungen und Abweichungen von diesen Erwartungen – bewussten und unbewussten – artikuliert. Die Rezipienten des Mediums nehmen zu nahezu allen im ersten Teil dieser Arbeit untersuchten kommunikativen Aspekten Stellung. 5.2
Leserstellungnahmen...
5.2.1 ...zu Funktionen der Mitarbeiterzeitschrift Auch die Leser verbinden mit dem Medium Mitarbeiterzeitung bestimmte Funktionen und artikulieren sie in ihren Briefen an die Redaktion. In Leserbriefen dominiert ebenfalls die Zuschreibung der Informationsfunktion, die typischerweise als einführende positive Globaleinschätzung verwendet wird, wie in den folgenden Beispielen:
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„Die SiemensWelt ist informativ und unterhaltsam, ich lese sie gerne.“ (12/00-1/01, 6, 1) „Die SiemensWelt hat sich nun wirklich gut profiliert. [...] Es wird breit über das Unternehmen informiert.“ (7/98, 21, 1)
Ergänzt wird dieser Aspekt durch das Verlangen nach verständlicher Aufbereitung der Themen, in der ein Leser sogar eine der Hauptfunktionen der SiemensWelt sieht: „Eine wichtige Funktion der SiemensWelt sehe ich gerade darin, komplizierte (oder nur kompliziert klingende) Zusammenhänge einem breiteren Mitarbeiterkreis nahe zu bringen.“ (7/99, 39, 1)
Die Verständlichkeit der SiemensWelt wird insgesamt deutlich schlechter bewertet als die Erfüllung der Informationsfunktion im Allgemeinen. In einem Zug mit der Informativität wird häufig auch der Unterhaltungswert angesprochen, wie es bereits im ersten Beispiel zum Ausdruck kam. Dabei wird der Grad der Unterhaltsamkeit meist mit einer ansprechenden Gestaltung der SiemensWelt in Zusammenhang gebracht: Das zeigt sich besonders anlässlich der Einführung eines neuen Layouts im Februar 1996 und noch einmal im Dezember 1999/ Januar 2000, das jeweils eine große Resonanz unter den Mitarbeitern hervorrief. Darunter befindet sich der folgende Leserbrief: „Die neue Aufmachung der SiemensWelt finde ich sehr gelungen, und das Lesen macht viel Spaß. Die Texte sind kurz und ‘knackig’, was absolut zum Lesen einlädt.“ (3/00, 6, 6)
Mit jugendsprachlichen Ausdrücken wie poppig, Pep oder sogar knackig wird die umstrukturierte SiemensWelt charakterisiert und in aller Regel gelobt. An seinem „Spaßfaktor“ wird das Medium besonders bei jüngeren Lesern gemessen, unter denen – wie aus der Umfrage von 1998 hervorgeht – der Anteil an Lesern, die die Zeitschrift nur durchblättern und an dem einen oder anderen Artikel hängen bleiben, sehr groß ist. Gefordert werden daher vor allem von dieser Lesergruppe kurze und prägnante Texte mit gut strukturierter grafischer Gestaltung und reichhaltigem anspruchsvollem Bildmaterial. Dass dies jedoch nicht unbedingt für alle Leser gilt, zeigt die folgende Äußerung: „Vielleicht ist die neue SiemensWelt Ausdruck des Zeitgeistes und so gestaltet erforderlich? Doch fand ich die alte Form prägnanter und klarer. Das poppige Outfit mit vielen Balken-Statistiken verwirrt.“ (4/96, 30, 7)
Doch die überwiegende Mehrheit der Zuschriften enthält positive Äußerungen über die bildliche Gestaltung und das Layout, das von allen Aspekten die größte generelle Zustimmung erfährt.
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Viele Leserbriefe haben selbst Kontakt stiftende Funktion, die man zum Teil als direkte Antwort auf entsprechende Angebote der Emittenten verstehen kann. Die Preisrätsel, die in jeder Ausgabe in der family-Rubrik erscheinen, sind dafür ein charakteristisches Beispiel: Sie zielen auf eine aktive Beteiligung der Leser, deren Einsatz durch einen Blumenstrauß – das wohl typischste Geschenk zum Ausdruck persönlicher Verbundenheit – belohnt werden kann. Immer wieder erhält die Redaktion Dankesschreiben für erhaltene Blumengutscheine: „Herzlichen Dank für den Gutschein. Ich habe mir einen schönen Strauß rausgesucht. Der steht jetzt bei mir zuhause und ich freue mich jeden Tag dran!“ (11/96, 31, 7) „Ich freue mich sehr, daß ich zu den glücklichen Gewinnern des Elferrätsels im März-Heft gehöre und bedanke mich sehr herzlich für die Übermittlung des ‘Blumenschecks’. Ich habe mir dafür rosa Geranien für meinen Balkon gekauft, so daß ich auch in den nächsten Monaten an unsere Mitarbeiterzeitschrift erinnert werde.“ (6/97, 31, 2)
Beide Leserinnen fühlten sich offenbar durch den Blumengruß persönlich angesprochen, da sie einen Dankesbrief für nötig befunden haben. Die explizit performativen Formeln des Dankes – herzlichen Dank bzw. sich sehr herzlich bedanken – werden durch den Ausdruck der emotionalen Einstellung der Freude verstärkt. Indem beide Leserinnen genau erläutern, welche Blumen sie gewählt haben, entsteht der Eindruck, es handle sich um einen Briefwechsel zwischen zwei persönlich bekannten Menschen und nicht um einen Leserbrief an eine „anonyme“ Institution. Die beabsichtigte Intensivierung der Bindung der Leser an die Zeitschrift hatte – wenigstens in den zwei erwähnten Beispielen – Erfolg. Ähnliches ist für Fälle vorauszusetzen, in denen Kinderzeichnungen (7/97, 35, 8) oder Urlaubskarten (10/96, 35, 15) an die Redaktion der SiemensWelt geschrieben werden. Die Motivationsfunktion und ihre enge Verknüpfung mit der Appellfunktion drückt sich in der Absicht des Emittenten aus, beim Leser eine Einstellungsänderung durch Überzeugung zu bewirken. Es fällt auf, dass die motivierende Wirkung der SiemensWelt in den Leserbriefen überwiegend negativ beurteilt wird. Ein besonders deutliches Beispiel bezieht sich auf ein Bild in der Ausgabe 5/96, das mit top-Motivation auf norwegisch überschrieben ist und acht Siemens-Mitarbeiter der unterschiedlichsten Hierarchiegruppen von Arbeitern im „Blaumann“ bis zum Abteilungsleiter in Anzug und mit Krawatte zeigt, die jubelnd und mit strahlendem Gesichtsausdruck für den Fotografen posieren.
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„Das Bild ‘top-Motivation auf norwegisch’ ist für mich Zeugnis für die Niveaulosigkeit der SiemensWelt. Vor der top-Bewegung waren darin neben der Selbstdarstellung unseres Unternehmens auch durchaus interessante Beiträge zu lesen. Doch im Verlauf der letzten Monate ist das Blatt zu einem reinen Propaganda-Instrument verkommen! Ich wundere mich immer wieder, wie man mit solchen Sandkasten-Parolen, wie auf diesem Bild dargestellt, gebildete, mitdenkende, erwachsene Menschen ansprechen kann. Oder gibt es solche Menschen in unserem Unternehmen nicht mehr?“ (8-9/96, 35, 5)
Das gestellte Bild, das das Aufbrechen der Hierarchien innerhalb des Konzerns symbolisieren soll, empfindet der Briefschreiber als Sandkasten-Parole und fühlt sich durch die unrealistische und aufdringliche Darstellung nicht ernst genommen. Die beabsichtigte persuasive Wirkung des Bildes ist nicht eingetreten, sondern in ihr Gegenteil umgeschlagen: Was als plakative und motivierende Illustration des neuen Geistes im Unternehmen gedacht war, wird in den Augen dieses Lesers zur lächerlichen Anbiederung. Seine Entrüstung über die seiner Meinung nach dilettantischen Manipulationsversuche gipfelt in der Bezeichnung der SiemensWelt als Propaganda-Instrument. Die Enttäuschung des Lesers erscheint umso größer, als er sich durchaus noch mit dem Unternehmen identifiziert – er spricht immerhin von unserem Unternehmen. Wie nach der Meinung eines anderen Mitarbeiters das Ziel der Motivation dagegen tatsächlich verwirklicht werden könnte, zeigt der folgende Brief: „Ich würde mir wünschen, daß die SiemensWelt kritischer hinterfragt. Denn die Motivationsfunktion gehört ganz sicher zu den Aufgaben der SiemensWelt, und unsere Mitarbeiter sind meines Erachtens vor allem durch klare, nachvollziehbare und vor allem vollständige Argumentation zu überzeugen und zu motivieren.“ (11/98, 38, 3)
Die Ablehnung der persuasiven Tendenzen des Mediums ließe sich demnach durch rationale Argumentation überwinden. Kritische Beiträge würden nicht dem Vertrauen in den Betrieb schaden, sondern vielmehr dazu beitragen, dass Mitarbeiter sich ernst genommen und in die Geschehnisse ihres Unternehmens eingebunden fühlen. Auf diese Weise soll eine Identifikation mit dem Arbeit gebenden Betrieb erreicht werden, die als Motivationsgrundlage die Vorspiegelung „geschönter“ Tatsachen bei weitem übertreffe. Dabei handelt es sich allerdings um kein Patentrezept, das in jedem Falle und auf jeden Rezipienten zutreffen würde. Andere Leser stimmen durchaus mit dem eingeschlagenen Weg der Motivation überein. „Mit großem Interesse lese ich auch als frischgebackener Pensionär die Mitarbeiterzeitschrift. Die Wirklichkeit in den Bereichen war und ist zwar oft viel härter und enthält nicht so viel ‘heile Welt’, wie Sie in so vielen Erfolgsmeldungen gerne schreiben. Trotzdem gefällt [sic] mir Stil und Inhalt, weil ich selbst im Grunde sehr positiv eingestellt bin und weil diejenigen, die in ihrer Meinung zur Gesamtsituation der Firma skeptisch sind, motiviert werden.“ (4/97, 30, 1)
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Dieser Leser demonstriert zwar, dass er die Praxis der betont unternehmensfreundlichen Berichterstattung durchschaut. Er fühlt sich aber durch dieses Mittel nicht manipuliert, sondern erachtet die positive Selbstdarstellung als legitimes – und auch funktionierendes – Motivationsmittel. In Leserbriefen werden vor allem die Funktionen der Information, der Unterhaltung und der Motivation thematisiert. Nicht explizit artikuliert werden die Appellfunktion und die Kontaktfunktion, die aber – wie indirekt über positive wie negative Detailkritik zum Ausdruck kommt – dennoch erkannt werden. Insgesamt werden Informationsgehalt, Unterhaltungswert und die Herstellung und Erhaltung einer persönlich geprägten Beziehung zum Rezipienten überwiegend positiv beurteilt, während die motivierende Wirkung und Überzeugungskraft des Mediums von einem großen Teil der Leser bestritten wird. Stattdessen wird von Lesern eine rationalere Argumentationsweise und eine kritischere Haltung zum Unternehmen angeraten. 5.2.2 ...zur Darstellungsweise Auf Art und Weise der sprachlichen Gestaltung reagieren Leser von betrieblichen Medien durchaus sensibel, wie die überraschend hohe Anzahl an Leserzuschriften zu diesem Thema zeigt. Die Sprachkritik in der SiemensWelt entzündet sich vor allem an drei Gegenständen: Es wird eine „gesellschaftlich korrekte“ Wortwahl angemahnt, Verständlichkeit der sprachlichen Darstellung gefordert und der Gebrauch von Fremdwörtern, insbesondere von Anglizismen, diskutiert. Besonders anstößig scheint für die Leser die Übertragung von Wörtern aus dem Bereich des Menschlichen auf wirtschaftliche Sachverhalte zu sein: Gleich zweimal unterlaufen in einer Ausgabe nach Ansicht eines Lesers solche Fehltritte: „Auf Seite 10 stellt Herr Matthäus fest, Geschwindigkeit und Flexibilität seien ein überlebenswichtiges Plus von EC. Herr Drexel bezeichnet auf Seite 12 eine Situation mit tiefroten Zahlen als lebensbedrohend. Bei allem Respekt vor der Verantwortung und der Leistung der zitierten Herren sage ich: Das gefällt mir überhaupt nicht. Ich verstehe durchaus, daß hier das wirtschaftliche Überleben gemeint war. Trotzdem mahne ich sorgfältigen Umgang mit der Sprache an. Die gewählten Begriffe sind potentiell angsterzeugend, das kann doch niemand ernsthaft wollen.“ (2/99, 31, 1, Hervorhebung im Original)
Die Verwendung der Begriffe überlebenswichtig und lebensbedrohend hält der Leser für so hochwertig und elementar, dass er sie auf Lebewesen beschränkt wissen möchte. Auch in diesem Fall weicht die beabsichtigte Wirkung von der
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tatsächlichen Rezeption ab: Während die Emittenten mit der Verwendung solcher intensivierenden Wörter darauf abzielen, den Ernst der wirtschaftlichen Lage zu verdeutlichen, empfindet ein Leser das als unangebracht und sogar als potentiell angsterzeugend. Ähnlich sieht das auch ein anderer Leser, allerdings in Bezug auf eine positiv konnotierte menschliche Eigenschaft: „Auf den ersten öffentlichen Plakaten der Werbekampagne zum neuen Mobiltelefon C35 lautet der Slogan ‘Super, light and sexy: The new Siemens C35’. Mir stellt sich jedoch die Frage, was das Wort ‘sexy’ mit unseren Mobiltelefonen zu tun hat. Das Gerät hat solch gute Eigenschaften, dass eine Werbung auf diesem niederen Niveau nicht nötig ist.“ (2/00, 6, 5)
Auch die menschliche Eigenschaft sexy wird hier in einem uneigentlichen Sinne auf ein Mobiltelefon angewendet. Das Handy ist in unserer Gesellschaft zu einem Lifestyle-Element geworden, und sexy ist in der Zielgruppe der Jugendlichen längst über seine eigentliche humane Bindung hinaus auf andere Gegenstände ausgeweitet worden. Daher verwies der Werbetexter statt auf technische Eigenschaften des Geräts auf seine Funktion als Ausdruck eines „Lebensgefühls“. Die Irritation des Empfängers kann deshalb durchaus gewollt sein: Die Aufmerksamkeit und das Interesse des Lesers sollen auf diese ungewöhnliche Kombination von Eigenschaft und Gegenstand gelenkt und der Erinnerungswert soll dadurch erhöht werden.12 Im Gegensatz zum ersten Beispiel signalisiert der Empfänger hier nicht, dass er die Absicht des Senders erkannt hat, sondern lehnt diesen Weg der Überzeugung grundsätzlich ab. Er verweigert tatsächlich oder scheinbar – er kann diese Werbestrategie natürlich dennoch durchschaut haben, ohne dies zu artikulieren – die Rezeption. Stattdessen verweist er auf die technischen Vorzüge des Mobiltelefons und fordert eine rationalere Argumentation in der Werbung, von der er sich eine größere Akzeptanz verspricht. Ähnlich wie dies bei der Motivations- bzw. Appellfunktion festgestellt wurde, wird von einem Großteil der Leser im Zusammenhang mit der sprachlichen Darstellung des Unternehmens bzw. seiner Produkte auf schlüssige und rational überprüfbare Begründungen Wert gelegt, die an die Stelle „verschleiernder“ Bewertungen treten sollen. Der kritischen Prüfung werden auch fremdsprachige Elemente in der SiemensWelt unterzogen: Neben der Korrektur falscher Schreibung oder Fle-
12
Vgl. die Teilfunktionen der Persuasivität von Sprache. In: Janich 1999, 80f.
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xion französischer und lateinischer Wörter (3/96, 31, 4; 6/99, 39, 2) stößt vor allem der immense Gebrauch von Anglizismen auf Widerstand: „Weniger erfreulich ist das Englischkauderwelsch, das leider auch die SiemensWelt infiziert. Besonders abschreckendes Beispiel: Die Anzeige der Fujitsu Siemens Computers. Was soll der Kunde mit Aussagen anfangen wie ‘Energizing Our Partnership’ oder ‘commitment 2’? Ich habe nichts gegen das Englisch [sic]. Ich bin selbst zweisprachig aufgewachsen und spreche auch leidlich ein paar weitere Sprachen. Ich bin aber der Meinung, entweder spreche ich deutsch oder englisch, aber nicht beides vermischt. Ein Engländer, US-Amerikaner oder ein Japaner werden, wenn sie nicht Deutsch gelernt haben, einen deutschen Text auch dann nicht verstehen, wenn er mit englischen Brocken – sehr oft auch unzutreffend verwendeten – durchsetzt ist. Sie werden höchstens den Kopf schütteln (sie tun es auch, das ist Tatsache).“ (12/00-1/01, 6, 1)
Ansatzpunkt der Leserbeschwerde ist die beeinträchtigte Verständlichkeit durch die Vermischung der beiden Sprachen, aus der weder ein deutscher Kunde noch englischsprachige Personen einen Vorteil ziehen könnten. Er unterstellt der Verwendung von Fremdsprachigem eine Absicht, die der Emittent wohl gar nicht im Sinn hatte: Er wird sich vom Einsatz von Anglizismen kaum eine bessere Verständlichkeit der Texte für englische Muttersprachler erhofft haben. Vielmehr wollte er wohl durch die Verwendung englischsprachiger Elemente die Internationalität und Modernität des Konzerns demonstrieren. Dieser Zusammenhang scheint von diesem Rezipienten nicht erkannt worden zu sein. Nicht nur wegen des Gebrauchs von Anglizismen, sondern auch von wirtschaftlichen Fachwörtern und Abkürzungen wird der SiemensWelt die Verständlichkeit abgesprochen. Zunächst muss ein äußerst prägnantes Beispiel für die Ursache solcher Kritik in Ausschnitten wiedergegeben werden, um die Leserstellungnahme dazu besser einschätzen zu können: „Durch EFQM zu top+-Aktivitäten [...] Regelmäßige Self-Assessments (Selbstbewertungen) nach dem EFQM-Modell macht der frühere HL-Leitungskreis bereits seit 1994. [...] Die Maßnahmen, die im April 1998 als Resultat der Selbstbewertung verabschiedet wurden und allesamt auch Bestandteile von top+ sind, wurden zügig umgesetzt. Wesentliche Ergebnisse sind: Einführung eines einheitlichen Systems für bereichsübergreifendes Prozeßmanagement Strukturierung des Knowledge-Management-Prozesses für Best Practice Sharing Verstärkung des Asset Management durch Einführung einer ‘Balanced Scorecard’ Weltweite Kundenzufriedenheit Bereichsweite einheitliche Mitarbeiterbefragung [...]“ (5/99, 13)
Angesichts des Textes, auf den Bezug genommen wird, ist es nicht verwunderlich, dass ein Leser konstatiert:
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„Vor diesem Hintergrund könnte man den EFQM-Artikel und die darin verwendete Sprache wahrscheinlich ohne jede weitere redaktionelle Bearbeitung für eine satirische Theateraufführung ‘Aus dem Arbeitsleben’ hernehmen.“ (6/99, 39, 1)
Durch die geballte Verwendung fachsprachlicher Elemente aus der Wirtschaft in Kombination mit siemensinternen Abkürzungen ist der Artikel ein Beispiel für das Verfehlen der Zielgruppe. Mit Gewinn ist dieser Text höchstens von einem langjährigen Mitarbeiter von Siemens in gehobener Position mit einem Betriebswirtschaftslehrestudium zu lesen. Die Mehrzahl der Leser der SiemensWelt dürfte den Artikel nach den ersten Zeilen beiseite gelegt haben. Es muss allerdings betont werden, dass es sich hier um ein Extrembeispiel handelt, das keinesfalls repräsentativ für die Mitarbeiterzeitschrift ist, obwohl ein relativ hoher Anteil an konzernspezifischen Abkürzungen und fachsprachlichen Ausdrücken auch in anderen Artikeln feststellbar ist. Zwei Hauptforderungen der Leser kristallisieren sich aus den bisherigen Betrachtungen heraus: Zum einen soll die Maxime für die sprachliche Gestaltung der SiemensWelt die Verständlichkeit der Texte sein, das gilt besonders im Hinblick auf den Einsatz von Fremd- und Fachwörtern. Zum anderen wird eine vorsichtigere Wortwahl im Sinne einer nicht näher präzisierten „gesellschaftlichen Korrektheit“ angemahnt, was vor allem bei der Übertragung von Wörtern aus dem Bereich des Menschlichen auf andere Bereiche zum Tragen kommt. Der Hauptkritikpunkt zur Darstellungsweise bezieht sich auf die perspektivische Berichterstattung aus Unternehmersicht: Die positive Selbstdarstellung wird von weiten Teilen der Leserschaft rigoros abgelehnt, während sie allerdings auch bei einer Minderheit auf Verständnis und Akzeptanz stößt. Den massivsten Widerstand unter den Lesern ruft die offensichtliche Verzerrung oder Verschleierung von Fakten hervor: Das deutlichste Beispiel für diese Praxis betrifft die irreführende Darstellung der Entwicklung der Siemens-Aktie im Vergleich mit dem Dax durch die Verwendung zweier verschiedener Ordinaten (6/98, 26): Ein ungeübter oder unaufmerksamer Leser musste aus dem veröffentlichten Diagramm schließen, dass SiemensAktie und Dax im Verlauf der letzten beiden Jahre in etwa den gleichen relativen Anstieg verzeichnet hätten, während die Siemens-Aktie tatsächlich weit hinter die Entwicklung des Dax zurückfiel. Von den „zahlreiche[n] Leserbriefen und Anfragen“ (8-9/98, 35), die die Redaktion in der Folge erhielt, werden in der Ausgabe 8-9/98 drei veröffentlicht – zusammen mit einer „‘ungeschminkten’ Variante“ (8-9/98, 35) der Grafik. Ein Beispiel:
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„Warum wird im Artikel ‘Kein Geschäft ohne Gewinn’ eine optisch geschönte DaxSiemens-Vergleichsgrafik eingesetzt? Mit der Verwendung von unterschiedlichen Ordinaten für zwei Größen in einem Diagramm ist der Manipulation Tür und Tor geöffnet, da so, wie hier geschehen, die eigentliche Brisanz der Daten (Siemens rund 30 Prozent plus, Dax rund 105 Prozent plus) entschärft werden kann. Dabei würde die objektive Darstellung (Beginn bei 100 Prozent) viel besser zu dem Artikel passen.“ (8-9/98, 35, 3)
Wie hier erwähnt, wird im zur Grafik gehörigen Artikel durchaus die im Vergleich mit der Gesamtwirtschaft ungünstige Entwicklung von Siemens herausgestellt. Trotzdem handelt es sich um eine Irreführung oder gar Täuschung der Leser, da durch die Aufmachung des Artikels der Blick automatisch zunächst auf die grafische Veranschaulichung im Diagramm gelenkt wird. Der Leser wird dazu verleitet, die im Artikel dargelegten Schwierigkeiten, mit denen Siemens zu kämpfen hat, zu relativieren. Die abgedruckten Leserbriefe dazu decken in der Hauptsache sachlich die Ursachen für den verzerrenden Kurvenverlauf auf, es werden aber auch Vorwürfe der Manipulation und geschönten Darstellung (8-9/98, 3) sowie der Fehlerhaftigkeit und Verzerrung (89/98, 35, 4) erhoben. Es zeugt immerhin von der journalistischen Verantwortung der Redaktion, dass diese Leserzuschriften und vor allem auch die geforderte deutlichere Darstellung der Kurvenverläufe veröffentlicht wurden. In so gravierender Weise werden Fakten selten verfälscht dargestellt. Geschieht es dennoch, zeigt die große negative Resonanz in den Leserbriefen, dass die Mehrheit der Leser nicht bereit ist, dies zu akzeptieren, sondern auf Aufklärung und Richtigstellung drängt. In der Regel folgt die Redaktion auch dieser Aufforderung, was im Gegensatz zu der Beobachtung Katrin Bischls steht, die der Leserbriefseite als Diskussionsforum geringe Bedeutung beimisst (vgl. Bischl 2000, 84-88). Eine Täuschungsabsicht wird der Redaktion bzw. der Unternehmensleitung als Herausgeber im Umgang mit Konflikten unterstellt. Eine globale Einstellung, wie sie häufig gegenüber der SiemensWelt zum Ausdruck kommt, ist in folgendem Leserbrief repräsentiert: „Die SiemensWelt ist schön bunt! Fotos von ständig freundlichen Menschen, lachende Gesichter, Fortschritt auf allen 30 Seiten. Texte wie ‘...hat Siemens für seine 200 000 Mitarbeiter in Deutschland die Verantwortung...’ oder ‘...Wir wollen nicht einfach platt machen, sondern in einen anderen Verbund überführen ...’. Nichts vom grauen Alltag der Mitarbeiter, die sich nicht sonderlich ‘top’ fühlen, da ihr Job eine tickende Zeitbombe zu sein scheint – die Rede ist vom Standort Leipzig!“ (7/97, 35, 1)
Durch den Aufbau eines Gegensatzpaares unter Verwendung von wertenden Ausdrücken – schön bunt vs. grauer Alltag und freundlich, lachend vs. nicht
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„top“ fühlen – wird überspitzt umrissen, dass das Medium nur die positiven Seiten des Unternehmens beleuchte und kritische Situationen – wie die des gefährdeten Werks in Leipzig – verschweige. Zur Stützung dieser These werden Textbeispiele der positiven Bewertung des Unternehmensverhaltens aus der SiemensWelt herangezogen und – da der Leserbriefschreiber aus Leipzig stammt – vermutlich den persönlichen Erfahrungen des Schreibers gegenübergestellt. Ein ähnliches Leserbriefbeispiel bezieht sich auf die Verharmlosung eines für das Unternehmensimage negativen Ereignisses: In einem Artikel über die Schwelbrennanlage Fürth ist die Rede von „einer Panne nach einer Verstopfung durch ein sogenanntes Drahtgewölle“ (3/99, 5). Ein Leser weiß jedoch anderes zu berichten: „Ihr Artikel über das Aus der Schwelbrennanlage in Fürth erstaunt mich etwas. Sie sprechen von einer ‘Panne’. In Wirklichkeit sind damals ungefähr 70 Menschen verletzt worden und mußten sich in ärztliche Behandlung begeben.“ (4/99, 35, 1)
Die Kritik des Lesers wurde hier nicht nur durch den als unangemessen empfundenen Begriff Panne hervorgerufen, sondern durch das Einbeziehen der außertextuellen Realität: Wieder widersprechen die persönlichen Erfahrungen des Lesers der Darstellung in der Mitarbeiterzeitschrift. Solche Differenzen zwischen Selbstbild des Unternehmens und Fremdbild des Mitarbeiters schädigen die Glaubwürdigkeit des Mediums. Im angesprochenen Beispiel wird im Folgenden noch ein weiterer Aspekt – der Austritt übel riechender Gase – angesprochen, der ebenfalls im betreffenden Bericht verschwiegen worden ist, und als Resümee angeführt: „Bei allem Verständnis für die positive Berichterstattung in Ihrer Zeitung gegenüber Siemens, denke ich, wäre etwas mehr Objektivität und Wahrheitsliebe schon auch für das Bild unseres Unternehmens in der Öffentlichkeit hilfreich.“ (4/99, 35, 1)
Dass die Strategie der Mitarbeiterzeitschrift, das Unternehmen positiv darzustellen, allgemein erkannt und vorausgesetzt wird, ist in zahlreichen Zuschriften dokumentiert. Dies wird sinnfällig in Umschreibungen des Mediums mit Ausdrücken wie „heile SiemensWelt“ (4/96, 30, 10 und 7/96, 31, 11) und „Propaganda-Instrument“ (8-9/96, 35,5) oder den Vorwürfen, die Redaktion der SiemensWelt sei der „verlängerte Arm der Geschäftsleitung“ (11/96, 31, 5) und betreibe „Friede-Freude-Eierkuchen“-Berichterstattung (3/96, 31, 50).
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Positive Einschätzungen zum Unternehmen werden auch aus dem Munde von anderen Mitarbeitern nicht notwendigerweise akzeptiert, wenn die Leser hinter der Auswahl der Stimmen die Regie der Redaktion vermuten: „Entwicklung, Förderung und Anerkennung“ – kurz EFA – nennt sich das neue Arbeitsvertragsprogramm für Führungskräfte, mit dessen Hilfe starre Hierarchien fünf neuen Funktionsstufen bei Siemens weichen sollen. Befragt wurden aus diesem Anlass betroffene Mitarbeiter, deren überwiegend positive Haltungen zu der neuen Praxis in der SiemensWelt wiedergegeben wurden. In der Folge erhielt die Redaktion eine große Anzahl von Leserzuschriften, die sich zu der Auswahl der zitierten Führungskräfte äußerten, und von denen fünf ähnlichen Inhalts veröffentlicht wurden. Ein Text sei hier exemplarisch angeführt: „‘Stimmen zu EFA’ sollten eigentlich richtige Trends aufzeigen. Hier wir aber ein nicht richtiger ‘Trend’ vermittelt! Richtig ist, daß 98 Prozent aller AT [Außertarifliche Angestellte, Anm. A.F.] und 77 Prozent aller GB [Gruppenbevollmächtigte, Anm. A.F.] in die Funktionsstufe 5 eingeordnet wurden. Bei den sieben von Ihnen ausgesuchten ‘Stimmen zu EFA’ widersprechen somit fünf in ihrer Tendenz der Realität.“ (1/97, 31, 6)
Der Kritikansatz liegt in allen diesbezüglichen Leserbriefen in der mangelnden Repräsentativität der publizierten Meinungen. Die Auswahl der wiedergegebenen Äußerungen sei „nicht objektiv“ (1/97, 31, 7) und „erweck[e] ein völlig falsches Bild“ (1/97, 31, 4). Wiederum sind abweichende persönliche Erfahrungen in der Unternehmensrealität für das Engagement der Leserbriefschreiber ausschlaggebend. Die genauen Zahlen belegen, dass der weitaus größte Teil der neu eingestuften Führungskräfte in der niedrigsten Funktionsstufe 5 gelandet ist, während im entsprechenden Artikel zwei Mitarbeiter der Stufe 3, drei der Stufe 4 und nur zwei der am häufigsten vergebenen Stufe 5 zu Wort kommen. Differenzen zwischen Darstellung und Wirklichkeit werden der Redaktion auch bei Mitarbeiterzitaten angelastet, da ihre Verantwortung für die Auswahl erkannt wird. Die Intention des Emittenten, durch Zitatstrategien dem Dilemma der gesellschaftlichen Ächtung von Eigenlob zu entgehen, indem er glaubwürdige Kommunikatoren an seine Stelle treten lässt, hat bei diesen Leserbriefschreibern nicht zum Erfolg geführt: Der Vorwurf der subjektiven Berichterstattung wird dennoch dem eigentlichen Emittenten angelastet. Es wird aber nicht nur die einseitige Berichterstattung verurteilt, sondern umgekehrt auch sozialpolitisches Engagement und die Ansprache von Konflikten in der Mitarbeiterzeitschrift honoriert. Der Leser fühle sich dadurch „für
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voll genommen und besser informiert“ (4/96, 30, 1). Dieser Hinweis wiegt umso mehr, als Positiv-Kritik in der Mitarbeiterzeitschrift eher selten ist. Insgesamt kommt in den zahlreichen Texten zur einseitigen positiven Selbstdarstellung des Unternehmens überwiegende Ablehnung der damit verbundenen persuasiven Absichten zum Ausdruck. Auch wenn vereinzelt Verständnis für die besonderen Rahmenbedingungen einer Mitarbeiterzeitschrift geäußert wird, fordern die Leserbriefverfasser in der Regel eine objektivere Berichterstattung. Kritik wird vor allem dann aktiv an die SiemensWelt herangetragen, wenn persönliche Betroffenheit vorliegt, aus der heraus sich eine Differenz zwischen Darstellung in der SiemensWelt und eigener Erfahrung oder subjektivem Weltwissen ergibt. Eine prägnante Zusammenfassung der Erwartungen und Forderungen, die die Mehrheit der Leser an das Medium heranträgt, bietet folgende Leseräußerung: „Eine Mitarbeiterzeitschrift darf nicht Sprachrohr der Unternehmensführung sein, sondern muß vor allem die Mitarbeiter sachlich informieren und auf ihre Belange und Nöte eingehen. Dazu gehört auch, daß die Redaktion der SiemensWelt ein Thema möglichst unabhängig und objektiv recherchieren und bearbeiten kann. Die SiemensWelt als ein offenes Leserforum halte ich für sehr wichtig, da sich die Mitarbeiter hier zu Wort melden können. Man sollte freilich auch diejenigen Mitarbeiter ermuntern, ihre Meinung zu schreiben, die dies aus Angst vor Repressalien heute nicht wagen.“ (3/98, 25, 5)
Erfolg versprechend in Bezug auf die Förderung der Glaubwürdigkeit des Mediums gestaltet sich die beschränkte Thematisierung von Konflikten. Unternehmenskritische Berichterstattung wird von den Lesern nicht nur beständig gefordert, sondern im Fall ihrer Verwirklichung auch gewürdigt. Natürlich steht andererseits ein zu häufiger Einsatz dieses Mittels im Widerspruch zur Motivations- und Selbstdarstellungsfunktion der Mitarbeiterzeitschrift. Dosiert angewendet, verstärkt es aber die Akzeptanz des Mediums insgesamt und den Geltungsgrad der übrigen Artikel erheblich.
6
Fazit und Ausblick
Nachdem nun die Intentionen der Emittenten und die Erwartungen von Rezipienten in ihrem Zusammenspiel beleuchtet worden sind, lassen sich einige grundlegende Aussagen zum Verhältnis von Wirkungsabsicht und Wirkungsrealität des Mediums Mitarbeiterzeitschrift treffen: Die Mitarbeiterzeitschrift dient der Information der Mitarbeiter über Geschehnisse und Entwicklungen im Unternehmen. Darüber besteht weitgehen-
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de Einigkeit zwischen Lesern und Autoren des Mediums. Die Erfüllung dieser Funktion wird von einem Großteil der Rezipienten positiv bewertet. Generelle Zustimmung erfährt die SiemensWelt auch hinsichtlich ihrer Kontaktfunktion, die vor allem von Familienangehörigen und Rentnern sehr geschätzt wird. Sowohl für die Redaktion als auch für die Leser ist der Unterhaltungswert der Zeitschrift als Beurteilungskriterium ein sehr wichtiger Faktor, der besonders nach der Umgestaltung der SiemensWelt allgemein sehr hoch eingeschätzt wird. Anders gestaltet sich das Bild der Lesermeinungen hinsichtlich der Beurteilung der Motivationsfunktion: Während ein kleinerer Teil der Leser die überwiegend unkritische Berichterstattung als Mittel zur Motivation der Mitarbeiter akzeptiert, lehnen andere die Anwendung persuasiver Techniken grundsätzlich als Verschleierung von Tatsachen ab und fordern eine rationalere Argumentationsweise. Damit sind bereits wesentliche Momente angesprochen, die auch bei der Ablehnung der Funktion der Mitarbeiterzeitschrift, das Unternehmen positiv darzustellen, eine wichtige Rolle spielen. Es handelt sich hier um einen fundamentalen Gegensatz der Interessen von Mitarbeitern und Unternehmensleitung, der selbst durch eine Veränderung der Konzeption des Mediums nicht vollständig aufgelöst werden kann: Die Intention der Konzernleitung, mit der sie die Herausgabe und Finanzierung der Mitarbeiterzeitschrift rechtfertigt, ist die „Öffentlichkeitsarbeit nach innen“, d.h. unter den Mitarbeitern soll eine positive Einstellung zur Siemens AG erreicht werden. Dies ist nur möglich, wenn für die Politik und Ziele des Unternehmens geworben wird. Allerdings sind die Produzenten der Zeitschrift mit dem Problem der Tabuisierung des Eigenlobs in unserer Gesellschaft konfrontiert, dem sie u.a. durch Zitat- und Argumentationstechniken (vgl. Kap. 3.2) zu entgehen versuchen. Dass diese Mittel nicht immer zum Erfolg führen, zeigt die überwiegend negative Resonanz in den Leserbriefen zur positiven Selbstdarstellung des Unternehmens. Die Überzeugungsmethoden werden vor allem deshalb nicht akzeptiert, weil die Leser als Mitarbeiter des dargestellten Unternehmens einen sehr guten Einblick in das tatsächliche Betriebsgeschehen haben. Sie können das evozierte Bild von Siemens an der Realität ihres beruflichen Alltags messen: Wenn das Selbstbild des Konzerns zu weit von ihren eigenen Vorstellungen entfernt ist, um es zu integrieren, lehnen sie die Darstellung ab, und es kann zur vollständigen Verweigerung der Rezeption kommen. Bei der Beurteilung des Mediums wird nicht selten ein Zusammenhang zwischen der
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Konfliktarmut des Mediums und seiner mangelnden Glaubwürdigkeit hergestellt. Die Leser fordern von der innerbetrieblichen Kommunikation umfassende Informationen zum Betriebsgeschehen, auch – und vor allem – über problematische Sachverhalte. Dies widerspricht aber den Intentionen der Unternehmensleitung. Es gilt also, eine Balance zwischen der positiven Selbstdarstellung und der Kommunikation von Konflikten in der Mitarbeiterzeitschrift herzustellen, um die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz des Mediums zu fördern. Dass dies auch von der Redaktion angestrebt wird, ist unter anderem an der Ermöglichung eines kontroversen Dialogs mit den Lesern und dem eingeschränkten Aufgreifen von konfliktären Themen zu erkennen. Diese Haltung wird von den Lesern durchweg begrüßt. Die „ganze Welt von Siemens“ bildet die SiemensWelt nicht ab, das kann sie aufgrund der Bedingungen ihres Erscheinens gar nicht. Aber im Rahmen ihrer Möglichkeiten versucht sie, Offenheit zu demonstrieren und den Dialog mit den Lesern zu fördern. Eine wechselseitige Kommunikation wird in der Mitarbeiterzeitschrift angestrebt, wenn auch bestimmte Einschränkungen gemacht werden müssen: Die Kompetenz zur Auswahl, Bearbeitung und nicht zuletzt Platzierung der Leserbriefe liegt beim zuständigen Redakteur und er macht auch im Sinne der Intention der Unternehmensleitung Gebrauch davon. Der Chefredakteur nutzt darüber hinaus die Chance, den Stand der Diskussion aus seiner Sicht zusammenzufassen und abschließend zu kommentieren. Die deutlichen Ansätze zur Öffnung der Kommunikation könnten weiter ausgebaut und den Leserwünschen angenähert werden. Vor allem die Bereitschaft, auf problematische Sachverhalte einzugehen und sie kontrovers zu diskutieren, wird von Lesern immer wieder gefordert und kann auch mit Rücksicht auf die Funktion der positiven Selbstdarstellung noch gesteigert werden.
Literatur Adamzik, K. (2000): Was ist pragmatische Textsortenforschung? In: Dies. (Hrsg.): Textsorten. Reflexionen und Analysen. Tübingen. Beger, R. u.a. (1989): Unternehmenskommunikation. Grundlagen, Strategien, Instrumente. Frankfurt am Main/ Wiesbaden.
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Biere, B. U. (1994): Strategien der Selbstdarstellung. In: Bungarten, T. (Hrsg.): Selbstdarstellung und Öffentlichkeitsarbeit, Eigenbild und Fremdbild von Unternehmen. Tostedt (Beiträge zur Wirtschaftskommunikation 10), 9–26. Bischl, K. (2000): Die Mitarbeiterzeitung. Kommunikative Strategien der positiven Selbstdarstellung von Unternehmen. Wiesbaden. Bogner, F. M. (1990): Das neue PR-Denken: Strategien, Konzepte, Maßnahmen, Fallbeispiele effizienter Öffentlichkeitsarbeit. Wien. Brinker, K. (1997): Linguistische Textanalyse. Eine Einführung in Grundbegriffe und Methoden. (4., durchgesehene und ergänzte Auflage). Berlin. (Grundlagen der Germanistik 29). Busch-Lauer, I.-A. (2000): Fachtexte im Kontrast. Eine linguistische Analyse zu den Kommunikationsbereichen Medizin und Linguistik. Leipzig. Fix, U. (1994): Medientexte diesseits und jenseits der „Wende“. Das Beispiel ‚Leserbrief’. In: Spillner, Bernd (Hrsg.): Fachkommunikation. Frankfurt a.M., 30–55. Haller, K. (1982): Werkzeitschriften in der Bundesrepublik Deutschland. Erhebung und Analyse eines innerbetrieblichen Informationsmittels. Berlin (Hochschul-Skripten/ Medien 26). Held, M. & Schlumberger, H. (1976): Schöne, heile Arbeitswelt... Methoden und Manipulationen der Werkpresse. Frankfurt am Main/ Köln. Hilb, M. (1975): Die Personalzeitschrift als Instrument der innerbetrieblichen Informationspolitik. Untersuchung der Erwartungen verschiedener Publikumskategorien. Bern/ Stuttgart. (Communicatio publica. Schriftenreihe zur Schweizerischen Publizistikwissenschaft 5). Janich, N. (1999): Werbesprache. Ein Arbeitsbuch. Tübingen. Kienpointner, M. (1992): Alltagslogik. Struktur und Funktion von Argumentationsmustern. Stuttgart u.a. (problemata 126). Loreck, S. (1982): Leserbriefe als Nische der öffentlichen Kommunikation. Eine Untersuchung in lerntheoretischer Perspektive. Münster. Opfermann, N. (4/2001): Die ganze Welt von Siemens steht in der SiemensWelt, ibimagazin, 4–5.
2
Interne Kommunikation unter internationaler Perspektive
Culture and Communication in a Multinational. An Investigation into the Global and Local Aspects in the Internal Communication of a Multinational Maurits Willemsen
1
Introduction
This research was conducted to improve the internal communication in a multinational production company. To ensure the anonymity of this company, it will be named Company X. In the year 2001, this multinational was involved in an EFQM improvement process, which is a method to increase efficiency and effectiveness in a company. EFQM stands for the European Foundation of Quality Management, which was founded in 1988. A very important outcome of this EFQM research was that the internal communication should stimulate and assist organizations throughout Europe to participate in improvement activities, leading to excellence in customer satisfaction, employee satisfaction, impact on society, and business results. The system is supposed to support managers of European organizations in accelerating the process of making Total Quality Management a decisive factor in achieving a global competitive advantage. The EFQM Excellence model is a non-prescriptive TQM framework based on nine criteria. Five of these are ‘enablers’ (50%) and four are ‘results’ (50%). The ‘enabler’ criteria cover what an organization does: leadership (10%), people (9%), policy and strategy (8%), partnership and resources (9%), and process (14%). This study focusses on the process (especially on the medium adoption by a specific Communication Satisfaction Questionnaire) related to the employee medium satisfaction issue. Company X is a multinational, producing packaging solutions. The head office of Company X is located in Ratingen (Germany). At the headquarters in Ratingen there are the following departments: Manufacturing and Technology, Finance and Controlling, Sales and Marketing, Human Resources and Purchasing. Company X consists of eight factories in the following countries: Germany, the Netherlands, Italy, Poland, Hungary, Turkey, Philippines, and China. Furthermore there are seven separate trading offices located in Belgium, Austria, France, Spain, United Kingdom, Sweden, and Ukraine. Each country that has its own production facility also has a sales office except for Hungary.
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At the head of each factory there is a general manager or location manager. These report to the president of Company. Each plant has a flat management structure, primarily consisting of a sales and marketing manager, a manufacturing manager, a controller, a purchasing manager, a logistics manager, and a human resources manager. The whole structure can be best described as a locally oriented matrix-organization. The whole production process is strongly automated. The total number of employees working at the different plants of Company X is 1600. These figures exclude Philippines and China; the trading offices have also been excluded.
2
Objectives of the research
The aim of this research is to give recommendations to improve the internal communication within the multinational Company X from several research perspectives by a. linking the organizational matrix structure to possible bottlenecks in the internal communication; b. describing the corporate-local conflict in the organization: the conflict between the common good of the entire company and of the various locations; c. describing the influence of different cultures in the organization – national culture as the whole of standard, expectation targets, and values that are present in a group value dimensions (Hofstede 1997) and underlying attitudes towards the channel choice; d. interviewing employees about their satisfaction with the available means of communication. The main focus considers a Communication Satisfaction Questionnaire (CSQ) trying to find out the bottlenecks in quantity, speed, and attention of the received information in combination with the medium preference by ranking 9 channel options (for example notice board, meetings, e-mail, intranet etc.). In doing this, the research project is aimed at localizing the communication problems in terms of medium-adoption channel choice by preliminary research, quantitative data collecting and analysis of the data. This multiperspective search leads to a range of research questions, the most important being: what communication media need to be researched, what sort of task information to certain employees like to receive by which channel, and what groups have to be represented in the random sample?
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Conceptualization of the problem
The research project consists of three separate areas of research and aims to make a combination out of results from each of them: 2.1.1 The top-down instructions The recognition of types of information play a role in the company’s policy, technical information coming from the central staff and specific day-to-day information. Questions that can be asked about these types of information are: • Who sends the information? • Is the information identical for every subsidiary or should every subsidiary receive adapted information? • What are the possibilities to give feedback? • What is the relevance of the information and what is its frequency? 2.1.2 The media choice • What information is distributed via what medium? • Are both senders and receivers satisfied with the daily routine as far as communication is concerned? • Do employees know about all the different media there are and do they know where they can find specific information? 2.1.3 The corporate identity/ coherence within the organization • To what degree are employees concerned with their organization? • Are they only concerned with their own department, the location as a company on its own, or the location as part of a larger organization? 2.2
The impact of the matrix structure
A matrix organization occurs in the case of (third) control along two lines and balance in influence by the realisation of co-ordination. In a matrix organization there are the normal well-defined line and staff functions, as well as additional functions that cross traditional lines. What is created is an alternate, dynamic organization within the semi-static one. Matrix organizations are usually created to work on projects in which personnel are borrowed from the various functional organizations.
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The disadvantages of a matrix have been described in various research projects that have been carried out in this field (Anderson & Fleming 1990). First of all, one of the characteristics of a matrix is that there always are two supervisors. It can occur that these two supervisors have different opinions about the project. According to Heijnsdijk (1994) it is important that there is a balance of power between the supervisors and that they both possess extensive social and communicative skills. The same goes for the employees: they have to be able to work under two supervisors. Controls are more complicated and less formalised in a matrix organization than in a line organization. Another disadvantage of matrix organizations is that they tend to suffer from too many meetings, e.g. the functional group holds a status meeting, the project group holds a status meeting, the programme manager holds a status meeting and on and on. “The system demands that people spend much more time on meetings – instead of with their jobs – than in a more simple structure. There is a need to communicate more; more information must be sent to more people.” (Knight 1976,126 in Mintzberg 1989)
So, within the matrix, more managers are needed than in traditional structures and this increases costs. It is not the task of this research to investigate the advantages and disadvantages of the matrix organization but it is important to mark the matrix structure as a possible cause for a bad internal communication. This viewpoint is subscribed by Reijnders (1997): “Internal communication is often used as a repository for all sorts of problems by which companies can be struck. In other words, that the internal communication itself does not run smoothly, but that this is caused by other problems. By people who refuse their responsibility, by the risk avoiding company culture, the style of management, by the selection of employees etc.” (Reijnders 1997, 20)
2.3
The influence of culture on the organizational structure and communication
Hofstede (1997) examined Mintzberg’s theories (1989) and looked into the influence culture can have on the structure of the organization. About the matrix organization, Hofstede writes that due to cultural characteristics, the matrix organization was not popular in France. The explanation can be found in the fact that the French expect a hierarchical formal structure instead of the informal horizontal ones in the matrix.
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Company X, which in the first place is a German company, also prefers another type of organization to the matrix structure, based on cultural preferences. Germans prefer the professional bureaucracy, where the key position is possessed by the executives and the co-ordination mechanism is standardization of skills. Germany is a country with a high level of uncertainty avoidance and this means, among other things, that procedures are very important. Procedures are formal rules written down in a handbook every employee has to obey. This forms a contrast with the obliged informality of the matrix structure that does not work without it. 2.4
The corporate-local conflict
The corporate-local conflict is a conflict between the ideas of the worldwide headquarters of a company and the way local subsidiaries deal with these ideas. Due to various reasons, for example differences in culture, ideas at corporate level can have a negative impact on the local organization. The corporate-local conflict can increase the differences between employees. On one hand, they must think in terms of the common good for the entire company and on the other in the interest of their ‘own’ local organization part. The extent to which someone identifies with the organization is closely linked to the information need of an employee. Employees are interested in information about their own job and department, policy information as a rule is primarily interesting when it deals with the policy in the own department. Corporate pressure finds its origin in various possibilities and necessities: • to acquire scale advantages; • to exchange expertise and ‘organizational learning’ (not a daily practice within Company X); • to answer to internationalizing buyers; • for product-standardization in production and marketing; • to realise a global brand/ image. Local pressure finds its origin in, among other things: • the local market situation, e.g. local competition; • specific demands and wishes of local buyers; • specific legal or social-political demands to the organization; • demands of local personnel. In 1967 Lawrence and Lorsch already wrote:
156
Maurits Willemsen
“For effective integration in strongly differentiated organisations there is a great demand for personal face-to-face communication, via taskforces, interdisciplinary teams etc. Formalised communication in function descriptions (very important in the German professional bureaucracy), written procedures and rules often is not suitable.” (Lawrence & Lorsch 1967, 55)
Bekooij (1990, in Reijnders 1997, 18) has developed a model that shows the different degrees of identification in the organization (Fig. 1).
Fig. 1: Model of different degrees of identification in the organization (Bekooij 1990)
As the diagram shows, the middle management functions as a in-between liaison. In the matrix structure, they are the most important people to pass on information upwards and downwards. As mentioned in the section above, the degree of identification with an organization is a very influential factor in the internal communication of a multinational. The middle management should receive more responsibility to be able to distribute information upwards and downwards.
3
Methodology
3.1
Type of research
The intention of this research is to locate bottlenecks with regard to internal communication in Company X. The accent lays on the internal means of communication. Both the global and the local parts of Company X receive the same questionnaire. The difference between global and local is in this way not
Culture and Communication in a Multinational
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present in the research. The reason is, as mentioned before, that many corporate level employees work in Ratingen where they have normal routine responsibilities besides the corporate tasks. This would affect the reliability of the research since employees then would have the opportunity to choose between the two functions they have and take the most suitable one. Another reason is that if they indicated that they are from corporate level, their anonymity could not be guaranteed. For Germany, anonymity was an absolute necessity. In the survey it is more important to see on a local level which departments score well. In this way the survey is locally orientated. Because there is almost nothing known in the company about possible communication bottlenecks, we have to start from the beginning. To do this an explorative research is most suitable. Korzilius (2000, 6) defines the explorative research thus: In an explorative research, the search for and the development and formulating of explanations is the central issue. The explorative character of the research is represented in the semi-structured interviews and the survey with a considerable amount of open questions. The target is to gather as much information as possible to indicate possible bottlenecks. Below, both research methods will be explained further. 3.2
Methods of research
3.2.1 Depth interviews After the desk research, it is necessary to carry out various in-depth interviews to learn more about the company and the current situation with regard to internal communication. This interviewing can be done in written or oral form. First of all, it is necessary to choose between a structured method of data collection and a non-structured method. A structured data collection method is used when it is known from the beginning what information is needed. Non-structured means that the researcher does not know what information is needed and secondly what information he will get. In this research a non-structured interview is preferred to collect useful data. It is possible, however, to introduce a structure in the questions that will help in analysing the answers to the questions. For a nonstructured data collection method it is best to do this via face-to-face interviews. The advantage of an interview is that the interviewer can interrupt to look deeper into an item when needed. In practice, it appears that both types
158
Maurits Willemsen
are used simultaneously in a so-called semi-structured interview. The researcher wishes to explore specific issues but offers the possibility to the interviewed person to elaborate on the subject. The interviews during this research were also semi-structured since four different items were discussed during each interview. Although interviews take quite a lot of time, this research method was chosen in order to obtain a lot of information, mostly about opinions, knowledge, and attitude towards internal communication. 3.2.2 Survey A problem of a practical nature that occurs in this stage of the research is that it has to be carried out in eight different countries for the factories only, combined with seven other countries that have a trading office. It is not possible given the time to travel to all different countries, let alone to travel to them twice (first for the interview and secondly to distribute questionnaires). Therefore the following solutions were found: First of all several studies were conducted in this field that inform the researcher about what questions to ask. There is also literature available about carrying out internal communication research (e.g. contemporary communication research methods). With the help of these sources the researcher set up a questionnaire that was distributed to all participants. Before sending out the questionnaires they were pre-tested by interviewing three people of the plant Doesburg (NL). These people were interviewed by means of the semi-structured interview to see if the questionnaire covered the subject. Then the questionnaires were distributed partly by email and partly by visiting the locations personally. At all locations that were visited three participants were interviewed about the questionnaire to discover if the questionnaire covered the subject in the same way in different countries. By doing so, the questionnaire can be used as a statistically relevant method of research. To further increase the reliability of the research, there was one employee at each plant or sales office responsible for the time of the research. These were mostly the HR-managers. By means of an instruction letter they could carry out the research. Furthermore, they were asked to translate the research where necessary into their own native language without changing the order of questions. Employees at local plants translated the answers given by the open questions. For Turkey, the open questions were translated by an employee
Culture and Communication in a Multinational
159
who works in the Doesburg plant. The reason for translating the research is that employees understand questions better in their own language. Secondly, they feel more comfortable when they can write things in their native language. Because the questions were relatively simple to understand it is not expected that by translating them their meaning would change. With some multiple-choice questions, employees could add another answer possibility. Most questions did not have this option because it was expected that employees would not use other options. Furthermore, it would take more time to do a correct analysis of the data. Finally, it was expected that employees who wanted to say more about a particular topic would use the open questions. The results confirmed that these expectations were right. The questionnaire contained open questions in every topic that was discussed. Employees were asked to write down their positive and negative comments about each topic. Furthermore, there was one open question where employees could fill in what information were missing or delayed. The last question invited employees to think about new media that were not used at the moment. For those employees who really needed more space to write down their comments, there was an extra section after the questionnaire. In many research projects, the researcher leaves out these open questions since not many people use them. The reasons for including them in this research are various. On the one hand, they were included to prevent employees from adding answer possibilities to the multiple-choice questions. On the other, there was the idea that in a plant where employees were very disappointed about the internal communication, they would be more enthusiastic to fill in these open questions. As the outcomes have shown, the open questions were a good initiative. Hereafter, the outcomes will be shortly discussed in general since they are generally the same for all locations. 3.3
Research Units
At the start of this research, the approach chosen was to leave out all production personnel to limit the amount of people taking part in the research. Another reason was that production personnel and management require different types of information. However, the idea was abandoned very quickly because the Company X organization wanted the opinion of employees at all levels. This improved the
160
Maurits Willemsen
value of the research for the company. Therefore all Company X plants and sales offices took part in the research. A subdivision was made between production personnel, management, and sales offices. These groups can be further subdivided by splitting up employees with regard to their time of employment at Company X and responsibilities for other employees (e.g. being supervisor of a production line). In order to facilitate the results for all plants, employees also had to fill in a number corresponding with the department they worked in. Therefore, a list with departments was used containing all different department numbers. 3.4
Analysis
All interviews were analysed in detail right after they were held in order to prevent loss of valuable information. In total thirteen interviews were held. All interviews were transcribed and summarized. The interviews were recorded on tape but only with permission of the interviewed employee. If not, the interviewer made notes on paper. The interviews consisted of several predefined questions. This was done to make a comparison between the different plants. After the questionnaire (the second part of the survey) was held, the interviews were used to see if there were differences between the quantitative part of the research and the qualitative part (the interviews). The plants involved were: Italy, the Netherlands, Poland, and Germany. The following questions were asked: 1. What means of communication do you use? 2. Are you satisfied with the means of communication available? 3. Are there any problems between your plant and other plants due to bad communication? 4. Are there any problems between your plant and the company headquarters? The data of the questionnaire were analysed by means of SPSS 10.0, which is a very useful and common programme. All data from the open questions were entered in a Microsoft Access to create an easy to use database. The database lists all answers to the open questions and subdivides them into country and department.
Culture and Communication in a Multinational
4
Results
4.1
Desk research
161
After the research was carried out, recommendations were made to improve the whole internal communication process. The desk research showed that it was very important to analyse the effectiveness of the matrix structure to decrease loss of information. To structure the internal communication it was advised to create an internal communication department. The absence of an internal communication manager resulted in a relatively unstructured communication process that did not take into account the different cultures within the company while the internal communication should be dealt with differently at all locations. Furthermore, the organization should be aware of the different degrees of identification in the organization, to improve the internal communication in and between different plants. 4.2
Results interviews
The interviews were held for the following reasons: First of all, it improved the quality of the research because the interviews are a more qualitative research method than the survey. Secondly, the interview can provide more detailed information about certain items that deal with internal communication. Finally, the interviews can be compared with the results of the survey to check if there are important differences between both outcomes. The interview was semistructured because it was known beforehand what items were of great importance with regard to the internal communication. Another great advantage of the interview is that it could provide information about the global-local conflict in Company X. Therefore, two items were discussed concerning this topic: the communication between your plant and other plants and the communication between your plant and the head office. This was not further discussed in the survey since the first interviews already showed that only very few people in a plant deal with other plants or the head office. There were two other themes in the interviews that work as a control instrument for the survey. These themes are “What means of communication do you use?” and “How satisfied are you with the available means of communication?”. These themes can be compared with the answers given to
162
Maurits Willemsen
all questions in the survey. Below a summary is presented of the interviews that were held. 1. What means of communication do you use? The Italians claimed they used Lotus Notes most. This answer is not representative for all employees in Italy, because only management and staff were interviewed. Furthermore, video conferencing was mentioned as well as telephone and fax. In Germany a different pattern in the use of communication media was found. All three employees preferred the oral communication most. In the second place Lotus was mentioned as well as telephone and fax. People felt that more oral communication should be established. Furthermore, the employees wanted internet access. In the Netherlands the oral communication was very important as well (mentioned by two people) and secondly telephone. For the first time, the notice board was also mentioned. In Poland there was one person who mentioned meetings as his most important means of communication. Secondly, Lotus Notes was mentioned as well as fax and personal communication. 2. How satisfied are you with the means of communication that are available? In Italy the three people we interviewed were very positive about the internal communication. One person had a key function as a logistics manager and therefore received a lot of information, mostly because he had to deal with many departments. The second person worked in the pre-press department, which is the first stage in the production process and received valuable information about the production process. People kept him up to date because he had an important key function as well. The third person felt that communicating well happens automatically when one is satisfied with a job. In Germany there were some small complaints about the communication between some departments. Furthermore, there was a desire for more oral communication and internet access. It is remarkable that all three people had some complaints about the communication. Two of them mentioned the communication between their department and planning. In the Netherlands, all three people interviewed had points of attention towards the internal communication which can be best described as bad
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163
feedback, no unity, no interest etc. The Netherlands scored worst here compared to the other countries. One Polish employee would like the notice board to be updated better, another mentioned that meetings should be structured better, and the third person would like to receive less unimportant emails. Generally speaking, the Polish employees were very satisfied with email in general. 3. Are there any problems between your plant and other plants due to bad communication? All three people in Italy had no complaints about communication with other plants. One person remarked that this probably is not the case for the whole plant because not every employee has the right position to collect useful information. The first person interviewed in Germany had no contact with other plants. The second one mentioned that there are few contacts mainly between his direct supervisor and other plants. The third one did not have any contact at all. Two people remarked that they would like to be better informed about the other parts of Company X. According to the people interviewed in the Netherlands, there were problems between the Dutch and the German plant. The German style of management was regarded as very bad for the organization. Most contacts with other plants were only for a very short period. A good initiative would be to have more interactions between plants. At the moment one person felt that in different plants people had the same problems without knowing this from each other. One German person interviewed also mentioned this. In Poland the contacts with the German plant were regarded as very useful and very friendly. 4. Are there any problems between your plant and the company headquarters (Ratingen) due to bad communication? There were no problems here as well as far as the Italians are concerned. Partly this was because there was no necessity to communicate with Ratingen. One person remarked that, although here English was not very good, she felt that people in Ratingen were really willing to help here, which is one very positive aspect.
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In Germany (Hanover) two people interviewed did not have any contacts with Ratingen. The third person from the engineering department did have a lot of contacts with Ratingen. This could be explained by the fact that the person in Ratingen used to be ‘Werksleiter’ in Hanover for years. In the Dutch plant the head office was regarded as useless and time-andmoney-consuming. The policy of Company X was not clear and there was no good atmosphere. In Poland, people were very satisfied with communication with headquarters since they sometimes received information that was translated into Polish. Most communication was done via email and the people interviewed were very satisfied about this. When looking at the outcomes of the interviews there are some interesting points that need attention. First of all, almost all interviewed people were relatively positive about the communication in their plant, although they had some comments as well. In Italy there were no problems at all when looking at the interviews, where the survey shows a completely other result! The explanation for this difference lays in the fact that there always is a matter of ‘social desirability’, which is the phenomenon that people are inclined to give opinion other than their real opinion because they know that their real opinion would not be appreciated by their real environment. Another explanation is that all employees filled in their questionnaires during a rather unpleasant time in the factory. Production line employees had a negative opinion about management in general. Because the survey was seen as a management tool it was used to express their anger towards the management. The German employees I interviewed did have some remarks about the communication in general, varying from more oral contacts to better communication between departments and internet access. The people from the Netherlands complain very much about the communication, both internally and externally with other plants. The negative opinion about Germany is especially surprising. It is very likely that this is caused by the bad results of the plant, which would have been caused by the compulsory buying of expensive tin plates from the German plant. The arrogant engineering department may also cause these problems.
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The Polish employees are proud to work for Company X. They are positive about the internal communication although they also have some complaints. In general the interviews done did not identify real bottlenecks in the internal communication except for the Netherlands. The extensive complaints that we noticed during the interviews in Doesburg are an exception to the overall outcomes. This may be explained by the fact that the interviewer was no stranger to the employees in Doesburg so there was less need for social desirability. When looking at the results of the survey, social desirability may well have played a role when interviewing people from the other plants since the overall tendency in the survey was rather negative in contrast with the results from the interviews. 4.3
Results Survey
The most important areas for improvement found in the survey are notice board, meetings, and intranet. The intranet is an especially important point of attention since more and more companies are convinced of the advantages of it and implement it in all their business processes. Because many employees do not have access to computers, meetings, and notice boards should be equally important. 1. The overall indication by employees towards quality, speed, and attention paid to internal communication is rather negative. 28% of the employees regarded the quality of communication as bad or very bad. More employees felt negative about the speed of communication, 30% answered bad or very bad to this question. 27% of all employees thought the management should pay more attention to internal communication. Some countries scored more positives than others did. Countries that were quite satisfied with the situation are Philippines, China, Hungary, and Turkey. Countries that score negative are Germany, Italy, the Netherlands, and the sales offices (all sales offices in different countries). Poland combines both negative and positive aspects. The table below gives an overview of the ranking of all countries on quality, speed, and attention.
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Overall Quality, Speed, Attention Good ? Bad Germany 3 1 2 Italy 3 2 1 The Netherlands 3 1 2 Turkey 1 2 3 Hungary 1 2 3 Poland 2 1 3 Philippines 1 2 2 China 1 2 3 Sales Offices 3 1 2 Total 2 1 3
Ranking 3 4 3 1 1 2 1 1 3
Tab. 1: Overall indication by employees towards quality, speed, and attention
2. The different means of communication available in all parts of the organization showed the differences in more detail. The notice board was the most used medium, 75% of all employees answered that they look at it very often or often. Only 4% of all employees answered that they never look at the notice board. It was remarked by several employees that the notice board is their only way to get informed about company matters and is only a one-way communication medium. More than one third of all employees complained about insufficient updating of the notice boards (36%). 3. The employees were also asked about meetings in general. It was surprising that a lot of employees (26%) did not have meetings at all, which could influence the information flow in the company. Most meetings took 30 minutes to one hour (41%). There were are quite a lot of meetings that took more than one hour (32%). More than 55% of the employees were satisfied with the number of meetings in their departments although still 37% of all employees felt that meetings should be held more frequently. Many employees complained about delay of meetings (36%) and one quarter of all employees shared the opinion that the meetings should be more structured. This should be achieved by handing out agendas beforehand, drawing up minutes during meetings, and better prepared chairmen. The different locations were asked to give both the notice board and the meetings a report mark, the table below presents the mean results of these questions (Fig. 2).
OFNOL?;H> IGGOHC=;NCIHCH;*OFNCH;NCIH;F
9
Mean
8 7 6
Notice Board Meetings
5
Ge rm an Hu y ng ar y Ita Ne the ly rla nd s Po lan d Tu rke Ph ilip y pin es Sa Ch les ina Of fic es
4
#CA2MCHAI@HINC=?MPMG??NCHAM
8,47 4> 9:? ,A,47,-70 ?: :1 ,77 08;7:D00> 1B? L?;MIH CM NB;N JLI>O=NCIH FCH? ?GJFIS??M >C> HIN B;P? ?G;CF ?R=?JN NB? MOJ?LPCMILM &H BCH; HIH? I@ NB? L?MJIH>?HNM B;> ;==?MM NI ?G;CF &H NB? M;F?M I@@C=?M ?G;CF Q;M GIMN CHN?AL;N?> ;N >C@@?L?HN F?P?FM I@ NB? M;F?M ?GJFIS??M B;>;==?MMNI?G;CF1B??GJFIS??MQBI>C>HINB;P?;==?MMNI?G;CF>C> HIN H??> CN ?CNB?L I@ ;FF ?GJFIS??M >I HIN NBCHE NB;N B;PCHA ?G;CF QIOF> ?H;I NB?CL DI< ; FIN I@ ?GJFIS??M QLIN? >IQH NB;N NB?S Q?L? P?LS M;NCM@C?> QCNB ?G;CF ;H> L?Q;L>?> NBCM QCNB ;H ;P?L;A? L?JILN G;LE I@ JF;=CHA?G;CF;NNB?@CLMNJF;=?QB?HCN=IG?MNIIP?L;FFM;NCM@;=NCIH 9?=,90? 4> 9:? 49?02=,?0/ 49 ?30 :=2,94E,?4:9 ,? ,77 :1 ,77 08;7:D00>/:9:?3,A0,..0>>?:4?1B?M;F?MI@@C=?M;H>$?LG;HSQ?L? NB? IHFS FI=;NCIHM QBI CH>C=;N?> NB;N NB?S G;E? OM? I@ NB? CHNL;H?N IH ; L?AOF;L <;MCM 1BIM? ?GJFIS??M QBI G;>? OM? I@ NB? CHNL;H?N Q?L? M;NCM@C?>QCNBNB?@OH=NCIHCHAI@CN 1B?G?;HL?JILNG;LEMI@?G;CF;H>CHNL;H?N;L?JL?M?HN?>;==?MMNINB?M?G?>C;
*;OLCNM4CFF?GM?H
10 9 8 Mean report mark: email Mean report mark: intranet
7 6 5
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4
#CA2M?I@CHNL;H?N;H>?G;CFCH>C@@?L?HN=IOHNLC?M
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Culture and Communication in a Multinational
169
2. What can be the influence of an intranet in an organization? What people need access, what information should be distributed, should it be interactive, and must intranet be adjusted to cultural differences? 3. Sharing information between different organizational levels is a very interesting topic. It appears in this research that the communication between lower hierarchical levels and higher levels is difficult. People in lower hierarchical levels tend to be hostile towards the management. What are reasons for this? Can they be solved by means of internal communication? Practically speaking, what can be done to improve the communication between production employees working on different shifts? 4. Multinationals tend to become larger and larger. What will be the influences on employees’ span of control? What can be done to improve communication despite large operational distances? 5. It appears that within multinationals, the management is not really concerned with the aspects of different cultures within the company. Is this serious enough to improve the cultural awareness at management level? What would be a good method to establish cultural awareness? Will cultural awareness lead to better results? 6. This research should be done on a regular basis in different multinationals to investigate the effectiveness of communicational policies within multinationals.
References Anderson, C.C. & Fleming, M.M.K. (1990): Management Control in an Engineering Matrix Organisation: A Project Engineer’s Perspective, in: IM, March/ April, 8–13. Bekooij, G.A. (1990): Het communicatieperspectief van het middenkader. Lezing tijdens het congres “De rol van het middenkader in de interne communicatie”, Studiecentrum voor Bedrijf en Overheid. Amsterdam [unpublished]. Heijnsdijk, J. (1994): Vitale Organisaties. Groningen. Hofstede, G. (1997): Allemaal Andersdenkenden. Omgaan met cultuurverschillen. Amsterdam. Korzilius (2000): Reader Statistiek. Nijmegen. Lawrence, P. & Lorsch, J. (1967): Organization and Environment. Cambridge. Mintzberg, H. (1989): Mintzberg on management: inside our strange world of organizations. New York. Reijnders, E. (1997): Interne communicatie, aanpak en achtergronden. Assen.
Language as a barrier for accounting harmonization in Europe Tryggve Söderblom
1
Introduction
European accounting harmonization1 has been a popular subject for accounting research for many years and the political unification of Europe has not only increased the general interest for this subject but has also extended the opportunities for research as well as the need. The European Union Fourth Directive for the treaty of the annual accounts of limited companies (78/660/EEC) was an important step in the harmonization process. A report from the implementation of the Fourth Directive executed in 1998 came to the conclusion that the directive had been well implemented by the Member States (European Commission 2000) but a number of research reports and studies shows that it is still a challenge to compare information in annual financial statements from different European countries (e.g. Weetman & Gray 1991; Van der Tas 1992; Theunisse 1994; Frost 1994; Garrod & Sieringhaus 1995; Peill 2000; Aisbitt 2001; d'Arcy 2001). The introduction to the Fourth Directive states that there is a need for coordination and transparency in this area since limited companies often extend their activities outside their own national territory. At the same time, they offer no protection for third parties except for their own net assets. One other major concern besides the protection of creditors is to set a minimum of equivalent legal requirements on the financial information provided by companies competing within the European Union. These aspects of the harmonization interest first of all investors and the capital market but other interested partners will raise different requirements. One interested partner with different needs is made up by multinational companies with subsidiaries in several European countries. These companies have to collect financial information from their foreign units in order to fulfil the requirements for consolidated financial statements but also for management control purpose. The last decade has experienced a boom in cross-border 1
Most of the issues in this work are valid for international accounting harmonization as well but because the actual research project includes Swedish subsidiaries in Germany, the term European accounting harmonization will be used throughout.
172
Tryggve Söderblom
mergers but it is, however, striking how limited the contribution of research in group internal accounting harmonization has been. The interest of multinational companies is addressed in most cases only in a short note in the introduction to the project (e.g. Peill 2000, 5; Pape 1997, 58; Blake et al. 1998b, 144). A recent exception is Fagerström (2002) who studied the choice of accounting methods in the adjustment process from foreign subsidiaries to Swedish multinational stock-listed companies. The study pointed at several matters which lead to low comparability of information from the foreign units. 1.1
Structure of the article
This article discusses language as a barrier in internal group reporting2 between Sweden and Germany, two countries belonging to the same accounting tradition. This is accomplished by studying two central items in the Fourth Directive, the (concept of) true and fair view3 and the mandatory layout of the accounts. An interpretation is that key concepts in accounting can get different meanings or are translated differently in the accounting context they are used in, even if the accounting tradition is supposed to be the same. It is argued here that the Fourth Directive fails to offer a common basis for group internal accounts. Finally, the consequences of this failure and a theoretical framework for the subject are discussed. As discussed further in section 4, TFV is controversial and it has been a popular subject for accounting research since decades. The ideas discussed here are derived from an ongoing field study on group reporting from Swedish subsidiaries in Germany, which is the reason why these countries will be considered in detail. Sections 3, 4, and 5 are based on earlier working papers4 (Söderblom 2001; Söderblom 2002). 1.2
Communication, harmonization and standardization
The motivation for accounting harmonization and for research in this area is so trivial that it sometimes tends to be forgotten. The task of the accounting system is to produce information about a financial activity for parties interested 2
3 4
The expression “group report” is used throughout the article for the set of financial information provided by a subsidiary on regular basis according to instructions from the headquarters. Henceforth abbreviated TFV. The working papers are published on the internet by Åbo Akademi School of Business. http://www.abo.fi/fak/esf/fei/wrkpaper/memostencil2001.htm
Language as a barrier for accounting harmonization in Europe
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in the activity. These parties represent a wide range of different interests such as investors, management, employees, and authorities who despite their wideranging interests have one requirement in common: the ability to understand the information provided. The accounting information provided will thus function as a piece of communication. The lack of comparability of accounting information discussed in the introduction reduces the possibility to compare the activities of companies from different countries. Harmonization is often used in connection with the aim of the Fourth Directive but the Directive itself mentions the word co-ordination (of national provisions) as the target in the introduction. This is understood as the will to achieve equivalence and comparability as far as possible but it does not necessary mean uniformity (Van Hulle 1992, 161; 1993a, 99) since standardization does not lead to uniformity of accounting practices (Thorell & Whittington 1994, 216). Regulation is neither a target nor a method for the harmonization process. Van der Tas (1992, 69–70) defines harmony as a certain degree of co-ordination and distinguishes between material harmony (referring to applied accounting methods) and formal harmony (referring to financial reporting standards) stating that they can exist independently. Mutual recognition of national accounting diversities can bee seen as a step in the harmonization or standardization process but this matter is probably most interesting for legislative work which does nothing to improve the comparability of group reports from subsidiaries. Words and expressions in Swedish and German are written in italics throughout the paper, English words only to stress their legal origin.
2
Annual accounts versus group reports
The annual accounts consist of an income statement, a balance sheet, and the notes, which present no problem. It is also clear that the values in the annual accounts are generated from the balances in the general ledger. These balances form the basis for the local annual accounts, made in accordance with valid accounting regulations in each country, which again are based on the Fourth Directive. Despite this fact and as argued later, it is justified to question whether the annual account from companies in e.g. Germany and Sweden are fully comparable.
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European multinational companies managing foreign business units tend to rely on basic accounting information (Hassel 1991, 32–33). Such companies need detailed accounting information several times a year. Normally, they collect a period report consisting of an incomes statement, a balance sheet as well as some statistics, and maybe some comments within a few days at the end of each month. The group report is for company internal use only, which leads to the conclusion that the period report has the nature of management accounting but uses the format of financial accounting, i.e. incomes statement and balance sheet. The general ledger balances also have to fulfil the requirements for the group report, in addition to the requirements of local law. For this discussion it is not important that the general ledger balances locally might feed both the annual accounts and the fiscal accounts, in Germany Handelsbilanz and Steuerbilanz. Since the group report is delivered in the same format as the local annual accounts, it is natural to believe that the group report is influenced by the local accounting tradition, especially in situations which are not identified by the headquarters. It is taken for granted that international groups try to collect information which is comparable between reporting units, consistent from period to period and in accordance with valid regulations in the home country. This dimension of the European accounting harmonization has not gained so far any interest by the research society. The next chapter will discuss briefly the Fourth Directive, the basis for all accounting legislation in the EU.
3
Fourth Council Directive
The necessity and urgency for co-ordination of published accounting information was noticed by the Council of the European Communities as far back as 1968 (68/151/EEC) but the Fourth Directive was issued not until 1978 (78/660/ EEC). The reason for the delay is found in the considerable differences in accounting systems among the Member Countries. A general model for the reasons for international differences in financial reporting has been developed by Nobes (1998). When work on the Fourth Directive started, very few of the Member States (Belgium, France, Germany, Italy, Luxembourg and the Netherlands) had any detailed accounting rules (Van Hulle 1993b, 391) and so the first draft of the
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Fourth Directive in 1971 was based on the German Public Companies Act, the Aktiengesetz of 1965 (Alexander 1993, 61). From January 1973 Denmark, Ireland, and the United Kingdom joined the European Community.5 The second draft in 1974, as well as the final version in 1978, included major elements of their laws, notably the TFV (Walton 1997, 721, 730). According to several sources (Walton 1993; 1997; Alexander 1993; Nobes 1993; Joos & Lang 1994; Van Hulle 1997), the main differences lay in the basic divergence between the need for detailed rules represented by continental European countries except the Netherlands and the more flexible view represented by the UK. Van Hulle (2000) notices in the introduction to a study of the implementation that both technical and political aspects made a correct implementation by the Member States difficult. It was not until 1991 that Italy, as the last country, implemented the Directive into national law. The Directive consists of 62 articles divided into an introduction and 12 sections, starting with some general instructions and continuing by fixing the format for the balance sheet and the income statement. Detailed disclosure requirements and valuation rules are also included. Audit requirements are described only briefly since the Eighth Directive, adopted in 1984, sets rules for statutory audit. Article 31 in section 7 (Valuation rules) presents a set of general principles, which bear a close resemblance to continental European accounting: a) going concern;6 b) consistency from one year to another; c) prudent valuation (only profits made at the balance sheet days to be included, all foreseeable liabilities and potential losses to be included, depreciation made not depending on the result); d) accrual method; e) separate valuation of assets and liabilities; f) opening balance must correspond to the previous closing balance. These principles are also in accordance with British accounting tradition (Turley 1983, 22). The Fourth Directive should be implemented into national law since article 62 in section 12 (Final provisions) states that “This Directive is addressed to 5 6
Not yet European Union. The company must be presumed to be carrying on its business as a going concern, from year to year.
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the Member States”. An often quoted reference on this matter is Ordelheide (1993, 82) (see e.g. Nobes 1993, 42; Joos & Lang 1994, 146; Van Hulle 1997, 716). He points out that the Directives are European law and that a European conflict would be decided in the last instance by the European Court. Chapter 4 discusses TFV, the general norm of the Fourth Directive.
4
The concept of true and fair view (TFV)
The Fourth Directive states that: “The annual accounts shall give a true and fair view of the company's assets, liabilities, financial position and profit or loss.” (section 1, article 2, § 3),
but the Directive does not describe or define TFV. This stipulation is implemented by both Germany and Sweden. The Directive adds that: “Where in exceptional cases the application of a provision of this Directive is incompatible with the obligation laid down in paragraph 3, that provision must be departed from in order to give a true and fair view within the meaning of paragraph 3. Any such departure must be disclosed in the notes on the accounts together with an explanation of the reasons for it and a statement of its effect on the assets, liabilities, financial position and profit or loss. The Member States may define the exceptional cases in question and lay down the relevant special rules.” (section 1, article 2, § 5)
Neither Germany nor Sweden has implemented the request to depart from a provision of national regulations if, in exceptional cases, the application of this provision is incompatible with a true and fair view. Based on this fact, one would believe that the differences between Germany and Sweden are limited to exceptional cases where the companies are forced to stick to the national rules. This leads to the conclusion that some underlying conditions not included in the Directive must have an essential influence on the way annual financial statements are made. This is especially interesting since both Sweden and Germany have a continental accounting tradition – the first two business professors in Sweden were Germans (Jönsson 1996, 437). It becomes obvious that it is necessary to take a closer look at TFV, its origins, and its substance since TFV is without doubt a controversial subject, even in the UK, the country of its origin. 4.1
TFV in the UK
TFV is described as the most bizarre notion in financial accounting – no one knows what it means but still most discussions on individual accounting
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issues, sooner or later, make appeal to TFV (Walton 1993, 49). Despite a number of attempts to find a definition, no consensus has been reached (Parker & Nobes 1991, 349).7 The standard-setting process in the UK is described in terms of controversy and political lobbying rather than consensus and co-operation (Zeff 1993, 406). It should be noted that the legislation in the UK traditionally has only given a framework and left the details to the practitioners (Turley 1983, 24), and TFV should be regarded as such a framework. This tradition has lead to that the Companies Act, despite the importance of TFV, does not define the expression (Parker & Nobes 1991, 349). The history of TFV goes back at least to mid 1800 (Baker & Wallage 2000, 175) and the present expression is from 1945 (Alexander 1993, 60). The combination of the words true and fair may have been accidental rather than the result of a purposeful process (Van Hulle 1993a, 100)8 but since the message behind the words is more important than the words used, this is not relevant (Walton 1993, 51).9 According to these linguistic advances, there is a difference between the signifier, here TFV, and the signified, here the message that TFV is communicating. Looking at TFV in that way, the underlying meaning instead of the actual words should be considered. The practical difficulty only seems to be that there is no mutual understanding on the real meaning of TFV, the signified. Even British auditors are not able to agree on what TFV really means but distinguish between the meaning of “true” and “fair” (Parker & Nobes 1991, 353), which does not support the view of the importance of the underlying meaning rather than the words expressing the meaning. It also diverges with the suggestion that the role of TFV would be symbolic rather than practical (Walton 1993, 50). According to Walton (1993, 51), TFV is probably defined by generally accepted accounting principles – “defined by current accounting practice”. Since current accounting practice is represented by accountants, this seems to be supported by the some-what provocative interpretation by Ordelheide 7
8
9
Interested readers could refer to for example: Chastney, J.G. (1975): True and fair view – History, meaning and impact of the Fourth Directive, London. Flint, D. (1982): A true and fair view in company accounts. London. Harris, N.G.E. (1987): Fairness in financial reporting. In: Journal of Applied philosophy 4, 1. Van Hulle (1993a) is referring to: Flint, D. (1982): A true and fair view in company accounts. London. Walton (1993) bases his argumentation on: Saussure, F. (1967): Cours de Linguistique Generale, 3rd edition. Paris.
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(1993, 81): true and fair is what British accountants declare it to be. A balanced summary of TFV is that it has a constructed meaning, which changes over time and is related to a particular group (Walton 1993, 51). Nobes (1993, 46) also notes that TFV is connected to practice, which leads to changes from place to place. 4.2
TFV in the Fourth Directive
Never, the target was to develop European standards but to give a set of options which, together with additional notes, would support the idea of mutual recognition (Van Hulle 1993b, 387). Originally, TFV comes from the UK but the principles no longer exclusively come from the UK (Van Hulle 1993a, 99) – also in line with the idea that the Fourth Directive, as noted earlier, should include major items from all Member States. When the Fourth Directive was negotiated, politicians tended to prefer the nice words true and fair to a set of complicated instructions, and there was no strong opinion against the inclusion of TFV (Walton 1997, 726, 728). Here it might be necessary to recall that all languages have identical standing and that translating TFV literally in a meaningful way is impossible (Van Hulle 1993a, 100). Language Spanish Danish German
“... true and fair view ...”
... imagen fiel ... ... paalideligt billede ... ... den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild ... French ... image fidèle ... Italian ... quadro fedele ... Dutch ... getrouw beeld ... Portuguese ... imagem fiel ... Finnish ... oikea ja riittävä kuva ... Swedish ... rättvisande bild ...
Translation back to English ... a (the) faithful picture ... ... a faithful picture ... ... a picture in accordance with the facts ... ... a faithful picture ... ... a faithful picture ... ... present a faithful picture ... ... a loyal view ... ... right and sufficient picture ... ... just and fair picture ...
Tab. 1: TFV in all languages as presented in the document 378L0660 which is available on Internet. The translation back to English is extracted from Nobes (1993, appendix 1), except for Finnish and Swedish which are by the author.
It seems to be a challenge for an European financial director or group controller to judge on the possible differences in meaning between the different versions (table 1), and it is evident that conclusions based on differences between annual accounts from different countries must be hazardous. Van Hulle (1992, 162–163) states that the quality of financial reporting in the EC has increased thanks to the Fourth Directive but Joos & Lang (1994, 166) found no evidence for that the implementation of the Fourth Directive so
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far had not led to any reduction of the differences between the Member States. Support for the later opinion is delivered by Peill (2000). In a study on the implementation of the Fourth Directive, it was stated without exception that the law in all Member Countries explicitly requires that the annual accounts shall give a true and fair view (European Commission 2000). The translations into the European languages in table 1 seem, however, to express TFV in a very different way. As a matter of fact, the analysis performed by Nobes (1993) shows that the situation is far more complicated: Several countries have implemented the TFV in a different way than it is in the Fourth Directive. Van Hulle (1993b, 392) raised doubts whether the Directive has been correctly implemented in all countries. 4.3
Germany and TFV
Financial statements in Germany must be prepared in accordance with the German Commercial Code, Handelsgesetzbuch (henceforth HGB), originally from 1897. It was amended in 1985 with instructions for the annual accounts, based on the Fourth Directive (Hefermehl 2000). HGB defines very detailed instructions for the financial statement, e.g. § 249 (1) 1, where it is stated that an accrual shall be established for maintenance not performed during the financial year but scheduled for the three first months during the following financial year. In addition to the detailed instructions in HGB, some basic concepts guide the financial accounting in Germany. One of them is Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (henceforth GoB), in the literature translated into English in several ways, e.g. “commercial accounting principles” (Busse von Colbe 1992, 28), “German GAAP” (Busse von Colbe 1996, 415, 418), “principles of proper accounting” (Haller 1995, 236), or “required accounting principles” (Alexander 1993, 64). HGB § 264 (2) includes the German version of TFV as written in the Fourth Directive but in connection with an additional instruction: unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. This sentence means that the TFV (under the condition that we accept the German expression as equivalent to TFV) shall be in accordance with German accounting principles. Some fundamental concepts of GoB (see e.g. Ernst & Young 1996, 79), very similar to the requirements in the Fourth Directive, are identified. A summary of GoB does, however, not exist (e.g. Busse von Colbe 1992; Born 1999, 531, 572; Pellens 1999, 126–127), even if GoB is defined as
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“the corner-stone in German accounting” (Schröer 1993, 341, 344). In reality, GoB is a hotchpotch based on oral tradition, included in mandatory law, without clear definition, including elements from taxation, more than one hundred years old but never agreed on in the literature (Born 1999, 460). Another basic concept in German financial accounting is the Maßgeblichkeitsprinzip. Here, too, the literature presents alternative definitions but a good one is in Busse von Colbe (1992, 33–34): “The principle of the determinative influence of the financial balance sheet on the tax balance sheet”. Even if there are an increasing number of exceptions (Frankfurter Allgemeine Zeitung 1999, 27), this principle states that the financial accounts automatically make up the tax accounts. The principle also works in the opposite direction (Schneider 1998, 31) which means that only positions included in the financial accounts can be included in the tax declaration (Busse von Colbe 1992, 34) – a fact confirmed by the German Income tax code § 5 (1). Three more principles, implicitly included in GoB, play an important role in German accounting tradition: prudence, creditor protection, and optional valuation methods, all criticised by academics (Born 1999, 463). Since prudence is also included in article 31 in the Fourth Directive, there is nothing wrong with the principle but the way it is often used in German tradition, to create secret reserves to be used in bad times, does not really correspond to the spirit of the Fourth Directive. Creditor protection is used first of all as a reason for aggregated prudence. Germany has no standard-setting body since standard-setting has always been a task for the legislator (Busse von Colbe 1992, 28). The German Accounting Standards Committee10 and the Institute of Certified Auditors do not have the same position as the corresponding organizations in other countries (e.g. Haller 1995, 236; Pellens 1999, 545–547). The annual accounts show the profit available for distribution to owners, as well as in the form of income tax to the government, without risking the position of the creditors. In a case of a conflict between creditors' rights and owners' rights, creditor protection ranks higher than ownership (Hayn & Waldersee 2000, 13–14). A number of writers criticize the implementation of the Fourth Directive and TFV in Germany (e.g. Busse von Colbe 1992; Alexander 1993; Loidl 1994; 10
A presentation of the German Accounting Standards Committee and their task can be found on their homepage in Internet (http://www.drsc.de).
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Haller 1995; Born 1999). At this stage it might be necessary to recall the original intention of this work to demonstrate the inability of the TFV in the Fourth Directive to form a common basis for group reports from different countries. 4.4
Sweden and TFV
The Swedish Accounting Standards Board (Bokföringsnämnden, hereafter BFN) states on the homepage that: “The accounting legislation in Sweden consists of the Annual Accounts Act of 1995 and the Book-keeping Act of 1999 being the most important ones.”
The Swedish translation of TFV, rättvisande bild, translated back to English means ‘just and fair picture’. The translation of TFV has not caused any discussion in Sweden (Blake et al. 1998a, 23). The Annual Accounts Act (1995, 1554) (Årsredovisningslagen, henceforth ÅRL), valid from the first of January 1996, includes in chapter 2 § 3 word for word the corresponding Swedish expression for TFV. Just before, in § 2, the act however makes a reference to god redovisningssed (hereafter GRS). This reference is also found in chapter 4 § 2 in the Book-keeping Act (1999, 1078). GRS means good accounting practice but is often referred to as Swedish GAAP. GRS was not included in Swedish law until 1976 but from 1976 onwards GRS has been defined as established practice among representative companies required to maintain accounting records (Norrman & Malmer 1987, 261). In chapter 8 § 1 in the Book-keeping Act, we find that BFN is responsible for the development of the GRS but neither the Book-keeping Act nor the Annual Accounts Act give more information about the subject. On the homepage (http://www.bfn.se) BFN also presents a section with frequently asked questions where GRS seems to get a more detailed explanation:11 “What is GRS? GRS means that you handle your book-keeping in accordance with valid laws and generally accepted accounting standards. The definition of GRS can be found among other places from the general advice issued by BFN.”
The expression “among other places” on the homepage indicates, however, the same lack of accuracy as for the German GoB.
11
Translation by the author.
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The main objective of BFN (http://www.bfn.se/bfn/kort) is to “promote the development of, in Sweden, generally accepted accounting principles regarding current recording as well as the setting up of annual accounts”
as also stated in the act, but since BFN is not the only regulatory body, the standard setting in Sweden is rather complicated. The most important bodies are (Törnqvist et al. 2000): • Accounting Standards Board (Bokföringsnämnden, BFN), a governmental body with the task as described above, formed in 1976. General advice from BFN is valid for all Swedish companies. • Financial Accounting Council (Redovisningsrådet, RR), a private sector body, formed as a foundation in 1989. The main target for this body is to adapt IAS to Swedish conditions. A broad set of interesting partners are represented in RR as well as in BFN. • Financial Supervisor Authority (Finansinspektionen, FI), a governmental organization active since 1992, issues standards for financial companies only. • Swedish Society of Financial Analysts (Sveriges Finansanalytikers Förening, SFF), started in 1972. SFF mainly tries to influence other standard setting bodies, first of all BFN and RR. • The Professional Institute for Public Accountants (Föreningen Auktoriserade Revisorer, FAR), founded in 1949, now works through its representation in RR. Thanks to the extensive contacts and cross-representation in the standard setting bodies, other interested parties also play important roles in the standard setting (Törnqvist et al. 2000), among them Stockholm Stock Exchange (OM Stockholmsbörsen), Federation of Swedish Industries (Sveriges Industriförbund, SI), and National Tax Board (Riksskatteverket, RSV). These organizations, including representatives from several other member organizations, maintain both formal and informal contacts and co-operation but the ultimate responsibility of accounting regulation is in the hands of the government (Törnqvist et al. 2000). The role of the tax authorities cannot be overseen but it is interesting to note that a major part of the Swedish society, at least theoretically, has an opportunity to influence the national standards – an unequivocal difference compared to the situation in Germany. The taxation is based on the annual accounts and a condition for the acceptance of the annual accounts by the tax authorities is that they are
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prepared in accordance with GRS (Norrman & Malmer 1987, 262). Symptomatic for the connection between accounting and taxation in Sweden is the name of Holmström (2001), a reference book “for accounting, annual accounts, and tax return”.12 It can be concluded that Sweden, in the same way as Germany, has implemented TFV but under the condition that national standards are paid attention to. The possibilities for foreigners to acquaint themselves with GRS, or generally accepted accounting principles in Sweden, must be considered limited. The back cover text of Holmström (2001) indicates that this must be the case also for Swedes: “Based on what is considered GRS, Redovisa rätt describes in an easy way how to book more than 1200 transactions in an easy way in order to get a true and fair view of the financial position and profit or loss.”13
The fact that this book of reference is not based on GRS but on “what is considered GRS” indicates that GRS cannot be especially clear. 4.5
TFV in other countries14
In Nobes (1993), the analysis of the implementation of TFV shows that not only Germany but several of the Member States at the time must have had intensive discussions about how to implement the concept. This section will discuss some examples. Despite the common tradition with Germany, the Commercial Code in Austria, Handelsgesetzbuch like in Germany (hereafter HGB-AT), has one remarkable difference – the interpretation of TFV (Mandl 1993, 397). Where the HGB used ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild (a picture according to the facts), the Austrian equivalent is ein möglichst getreues Bild (a picture as faithful as possible).15 Even more remarkable is the note that the draft for HGB-AT used ein möglichst sicherer Einblick (a view as reliable as possible),16 which should be less confusing than the one in the German HGB (Loidl 1994, 78–79). One should note that there is no separate Austrian version of the Fourth Directive. 12 13 14
15 16
Translation by the author. Translation by the author. There is no special reason for the countries chosen. A presentation of the situation in some other countries would lead to similar conclusions. Translation by the author. Translation by the author.
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The Finnish translation for TFV, oikea ja riittävä kuva, could be translated back to “right (proper, correct, accurate, sound or true) and sufficient picture” but the Accounting Act (1336/1997), chapter 3 § 2, says that the annual accounts shall give right (proper, correct, accurate, sound or true) and sufficient information. The act however also includes the formulation in the Directive but in brackets. Also, the Finnish act refers to generally accepted accounting principles (chapter 1 § 3). Another interesting matter is the translation of the Swedish version of the Finnish Accounting Act since it asks for a right (proper, correct, accurate, sound or true) and sufficient picture as the equivalent of the Finnish text in the directive but adds in brackets the Swedish text from the Directive, rättvisande bild. Two different concepts equivalent for TFV existed in the Netherlands prior to the adoption of the Fourth Directive in 1978. This has led to the fact that the valid Act on Annual Accounts of Enterprises does not state getrouw beeld (faithful picture) for TFV, as is the official Dutch translation in the Directive, but in parallel uses inzicht (insight). Which one of these alternatives should be preferred has been under debate (Zeff et al. 1999). The fact that the Flemish version of the Belgium law does not recognise inzicht but follows the translation in the directive (Nobes 1993, 41) does not reduce the confusion. Italy has struggled with four different Italian interpretations of TFV (table 2), and today the act makes a request for una rappresentazione veritiera e corretta while the original translation in the Fourth Directive says quadro fedele (Took 1997, 527–528). Italian ... quadro fedele ... ... una rappresentazione veritiera e corretta ... ... evidenza e verita ... ... chiarezza e precisione ...
English ... faithful picture ... ... a truthful and correct representation ... ... evidence and truth ... ... clarity and precision ...
Tab. 2: Alternative for TFV used in Italy (extracted from Took 1997, 527–528, 538) “How the idea of a true and fair view will be interpreted and applied in those countries where it is not an existing requirement must be questioned.” (Turley 1983, 21)
It is expected that the new EU members will also face difficulties when they are to implement the Fourth Directive with TFV.17
17
For further discussion, see e.g. Sucher et al. 1996; Jaruga 1993.
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4.6
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Discussion on TFV as a basis for group reports
Is TFV the common feature for European accounting? This paper indicates that this is not the case. Already, the implementation of the Directive into national legislation in all countries is a controversial issue. “Some Member States were so unhappy about it that they refused to fully implement it” (Van Hulle 1997, 716) is a very clear statement. Thus, it does not give a true and fair view of the situation to talk about an implementation of TFV in all Member States. As the meaning of TFV is unclear and in dispute, also in the UK, it only sounds natural that it is difficult to translate the spirit of TFV into different languages. The very many attempts in most of the Member States clearly demonstrate that. Even if we accept the thesis that only the signifier is different, there is no mutual agreement on what to signify – “vague and amorphous” as Zeff (1993, 404) puts it. The German accounting tradition is surrounded by GoB, MaßgeblichkeitsPrinzip, prudence and creditor protection, and it makes sense to agree with Alexander (1993, 64) who suggested that there must be a difference between TFV on the one hand and TFV under GoB on the other. The fact that TFV is included in European Union law and valid for all countries but can be interpreted differently in German in Austria than in Germany is difficult to understand. The same is valid for Swedish in Sweden and Finland as well as for Flemish/Dutch in Belgium and the Netherlands. The discussion in the Netherlands and in Italy about which version of TFV to use is confusing. When all languages in the Directive have equal value or are original versions – how a different wording can be implemented without a change to the original signifier? Maybe the accounts in Germany show a picture that is in accordance with the facts and maybe the accounts in Sweden are just and fair. It is even possible that both of them give a true and a fair view, but based on these true and fair views, no one is able to compare the accounts in Germany and Sweden without further, detailed guidelines. It is impossible to indicate how TFV differs between Germany and Sweden because of the national accounting traditions, GoB and GRS respectively. An analysis of GoB and GRS would probably not be very fruitful because neither is well documented, even though at the same time both of them play a central role in the national
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taxation system. Consequently – TFV cannot form a common basis for the accounts in Sweden and in Germany. It has been pointed out that accounts which are influenced by tax rules can also show TFV as long as appropriate disclosure is made in accordance with the Fourth Directive (Van Hulle 1997, 715). But we should not expect the tax authorities and the national parliaments to adjust the taxation rules according to the provisions in the Fourth Directive. Most references (e.g. Forker & Greenwood 1995, 26) agree that the harmonization process, as well as the role of TFV, would be easier if the close connection between accounting and taxation, which in Germany even has a name: Maßgeblichkeitsprinzip, could be broken up. Substance or form? The substance of TFV is unclear and the form of TFV is varying. Several researchers have tried to measure the degree of harmonization but Frost (1994, 172) poses an interesting question: Is it also possible to measure the degree of TFV? The opinion presented by Burlaud (1993, 98) that TFV only is for standard-setters and not for business indicates that we should understand the concept of true and fair view as an ultimate target for the accounts rather than as an accounting principle. Under this assumption TFV could even be seen as an ongoing process. It took 13 years from the first committee meeting in 1965 (Walton 1997, 722– 723) until the Fourth Directive was adapted in 1978 and another 13 years until it was implemented, in one way or another, by the Member States. Multinational groups, however, need to evaluate the activities of their foreign subsidiaries continuously and they have to be able to base their analysis on the period report package – available within a few days after the end of each month. TFV has never really been agreed on anywhere (e.g. Parker & Nobes 1991, 349; Walton 1993, 49; see also Aisbitt & Nobes 2001, 83), and it is obvious that a reference to TFV does not make Sweden and Germany comparable. The next step is to question the common format for the income statement and the balance sheet in the Fourth Directive.
5
The mandatory layout in the Fourth Directive
One of the objectives for the Fourth Directive was to introduce “a mandatory layout […] for the balance sheet and the profit and loss account”, and since the
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Fourth Directive has been implemented, the formats prescribed in it should be the ones in use also in Sweden and in Germany. TFV in the Fourth Directive is said to be an element of flexibility whereas the mandatory layout represents an element of rigidity (Van Hulle 1993a, 99). Now we take a closer look at this “rigidity” and how it is treated in the legislation in Germany and in Sweden. Any other of the key issues in the Fourth Directive (valuation, notes, publication, and auditing) are not evaluated unless there is a direct connection to the layout. Since formal harmony can exist independently from material harmony (see section 1.2), it should be possible to find out that the disclosure really is equal despite the lack of material harmony with respect to TFV suggested earlier. Compared to TFV, one would intuitively believe that a mandatory layout can more easily be agreed on. The formulation used by Born (1999, 639) “eine gewisse Vereinheitlichung der äußeren Form” (a certain level of standardization of the disclosure),18 however, creates scepticism and there are very few attempts to analyse the implementation of the mandatory layouts. Based on information from Ernst & Young member firms, a comprehensive one is in each Member State (European Commission 2000). This study systematically goes through the Fourth Directive article by article, and compares the implementation by all Member States. Except for a comparison of some balance sheet items, little is said about the layout. Instead, a surprisingly high number of other deviations are described. The objective was to reach comparability of accounts but not to develop uniform rules: “Options are perfectly acceptable as long as they can be considered equivalent and are supplemented by appropriate disclosures in the notes. This approach is based on the establishment of a modus vivendi. Within certain limits, the remaining differences are mutually recognized.” (Van Hulle 1993b, 387)
This indicates that the focus should be on the information in the accounts, not on the way the information is presented. If there is a conflict, the external format of the accounts, as the balance sheet and the profit and loss account look like, is considered less important than the information included, and finally – we just have to accept that all items cannot always be compared.
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Translation by the author.
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Of course, it is possible to argue whether a mandatory layout is always desirable. However, there should be no doubt about the fact that a common layout makes it easier to compare accounts from different countries i.e. increase the degree of readability. Certainly, this would be a praiseworthy argument since readability studies provide evidence that the verbal information in corporate annual reports often is considered difficult (Jones & Shoemaker 1994, 175). For the comparison of group internal reports from foreign subsidiaries, a common layout is essential since verbal narratives in the notes will have a set of drawbacks. Considering the group report as a piece of management accounting rather than financial accounting underlines the problem. How mandatory is the mandatory layout, and can the group internal reporting function rely on definitions for this mandatory layout? 5.1
Methodology
For the line by line comparison of words and expressions used in the layout in the different language versions of the Directive and the national laws in Sweden and Germany, a number of summaries have been prepared.19 For easy comparison, all summaries include the layout from the Directive in English. However, it would have been more correct to compare the Swedish and the German versions to the French one instead of to the English one since French was the working language for the Fourth Directive (Van Hulle 1997, 716). So the English version should not be seen as the original one and the other language versions as translations. In order to avoid spelling and retyping mistakes as well as time consuming retyping work, the layouts have been copied from publications on Internet. The analysis of differences in the mandatory layout of the annual accounts has been carried out in four steps (figure 1): 1) the three languages in the Directive to each other; 2) the Swedish version of the Directive to ÅRL; 3) the German version of the Directive to HGB; 4) ÅRL to HGB.
19
The interested reader can refer to Söderblom (2002) where the summaries are included. Because of the limited space they are not enclosed here.
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EU 4th Directive
German
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Swedish Step 1.
Step 3.
English
Step 2.
Step 4. National legislation
HGB / Germany
ÅRL / Sweden
Fig. 1: The four steps in the analysis of differences
For Swedish concepts, translations from FAR (2000) have been used. Translations for German concepts are from the references or from Goede (1997) or Neuhaus & Haltern (1991), whereas translations by the author are disclosed in a note. In general, English words and expressions from the English version of the Directive have been used in this paper, e.g. Profit and Loss Account instead of Income Statement (FAR 2000, 528) or Statement of Earnings (Neuhaus & Haltern 1991, 54). The words layout and format are used throughout as synonyms. 5.2
Analysis of the layouts
Member States shall prescribe at least one of the two alternative formats for the balance sheet (henceforth BS) (article 8) and one of the four for the profit and loss account (henceforth P/L) (article 22). If more than one layout is prescribed, the Member States may allow companies to choose between the implemented alternatives. It is interesting, as well as promising, to note that Sweden and Germany specify the same layouts for the BS and the same two alternatives for the P/L. This limitation indicates a high degree of comparability. Both countries allow companies to choose between the layouts for the P/L. In addition to the layouts, the Directive has a vast number of further options and so the degree of flexibility is high. Expressions like “unless national law provides that” are common. The mandatory layout is further impaired by the general provision in article 2 (emphasises by the author): “1. The annual accounts shall comprise the balance sheet, the profit and loss account and the notes on the accounts. These documents shall constitute a composite whole.”
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Numerous of the additional instructions state that further information could, or should, be disclosed in the notes. Legally, the notes are a part of the accounts but the notes usually cannot compensate for distortion of values in BS and P/L and will, de facto, be subordinate (Eberhartinger 1999, 107, 111). This statement is especially valid for group internal purposes since • it is difficult to include notes in a structured format into a period report package; • for monthly and/or quarterly reports there will seldom be time to prepare extensive notes; • it is unreliable to compare reporting units based on verbal information; • it is difficult to communicate such information to the management. Financial security analysts scrutinising balances of selected companies may very well benefit from the additional disclosure in the notes and the requirement for a composite whole but this condition does not make a fast comparison of key items from several companies easier. This would also require that the local controller is aware of how his tradition differs from the one in the country of the headquarters, in this case German controllers in subsidiaries to Swedish multinational companies. It is suggested that additional notes for describing the effect of the national accounting tradition does not suit group internal period reporting. The impression must be that the Member States had numerous options for their implementation of the mandatory layouts into national law. 5.2.1 The Fourth Directive in English, Swedish and German A detailed comparison of the three versions would require a thorough command of the three languages but it is questionable whether such a comparison would lead to any constructive conclusion. There seems to be several opportunities to criticize the translation, such as: • words with different meaning (loans in English for Fordringar in Swedish), • expressions translated with only one word (tools in English for Betriebsund Geschäftsausstattung in German), • long paraphrases in one language (German: Bei den folgenden Posten ist jeweils gesondert anzugeben, in welcher Höhe ...). The analysis also brought differences in the use of punctuation marks to light.
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The reason for these differences is not obvious. It is a subject for further research to investigate whether they originate from cultural differences or perhaps from expressions in local law. Some of them could be as well the result of an inexact translation. 5.2.2 The Fourth Directive in national law Some interesting circumstances were detected when the layout of the BS and the P/L in Swedish and German languages was compared to the corresponding ones in ÅRL and HGB. Sweden In a number of places ÅRL uses different words and expressions from what have been used in the Fourth Directive. The first example is already in the heading where the Directive says Balansräkningens uppställningsform, and ÅRL says Uppställningsform för balansräkningen (kontoform). ÅRL also uses several of the options provided for in the layouts and in the text. For the P/L, ÅRL uses the expressions from the Fourth Directive more often than for the BS, even if some differences occur. One of the most interesting differences might be the famous bottom line where the Directive says Vinst eller förlust under räkenskapsåret, and ÅRL says Årets resultat. These are only a few examples but there are plenty of similar items. Bokslutsdispositioner (appropriations or transfers to/from untaxed reserves), has been called “ingenious accounting devices” (Blake et al. 1998b, 150), and “a promising model for bridging the gap between domestic and international user needs” (Blake et al. 1999, 424).20 The fiscal authorities base the taxation on the financial accounts and use reported net income for that purpose (Rundfelt 1993, 590). The solution was to apply accounting principles in the P/L down to “profit before appropriations” and to adjust the result in accordance with pure tax rules, “appropriations”, in order to achieve the net result (Blake et al. 1999, 424). In the BS the accumulated adjustments are booked as obeskattade reserver (untaxed reserves), an item reported between liability and equity. Since the “profit before appropriations” is equal to profit or loss after financial items (including depreciation according to plan), a sort of dual use of the P/L was reached. The opportunities to build up untaxed re20
Blake et al. quote: Choi, F.D.S. & Müller, G.G. (1992): International accounting. Englewood Cliffs.
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serves have gradually been reduced but some still exist (Lindbergh & Andersson 2001, 5–6). It is obvious that these rules create differences in the layouts between ÅRL and the Directive, as any of the unless national law will also do. With respect to information included a difference in comparison to HGB will arise, even if both influence from taxation as well as untaxed reserves are well known in Germany. FAR (2000), an uncontested authority in Sweden, often uses a different vocabulary in English than the Directives does. It starts with the P/L where FAR uses “income statement” instead but even more colourful examples could be presented. The meaning might be comparable or equal but it is obvious that FAR does not consider the English version of the Directive the right one. The fact that FAR (2000) in some cases recommends expressions (in Swedish) different from those in ÅRL is even more confusing. This interesting observation could be seen in the light of the role FAR plays in Swedish accounting. Germany With respect to vocabulary, the same phenomenon noticed for ÅRL can also be found in HGB: On numerous places in both BS and P/L there are different words and expressions in HGB than in the German version of the Fourth Directive, and as for Sweden, it would be a linguistic challenge to draw any comprehensive conclusion from the differences in vocabulary. Questions like if there really is a difference in meaning, which one better corresponds to (the intention of) the Directive, and whether earlier German legislation has affected the German translation of the Fourth Directive and/or the present version of HGB would arise. It would also be relevant to refer to HGB in Austria like in the case of TFV. In addition, the second characteristic noticed in the case of ÅRL, utilisation of the options provided for in the Fourth Directive, can be found in HGB, and here, too, some inaccurate translations have been corrected, e.g. where the Directive stated Unfertige Erzeugnisse, HGB says Unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen corresponding to “work in progress”. Grammatically, HGB considers the P/L one sentence and so only positions starting with a noun are written with capital letters. Compared to the situation for the BS, the P/L in HGB follows the layout in the Directive closer but some differences still remain.
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Sonderposten mit Rücklageanteil (special item with an equity element) can arise in connection with capital gain from disposal of fixed assets and financial assets with special tax-driven depreciation on fixed assets (Eberhartinger 1999, 100–101). Such a position can only exist in accounting systems where there is no strict separation between financial accounts and tax accounts (Hayn & Waldersee 2000, 142–143). This item is neither included in the Directive nor in the layout in HGB but elsewhere in HGB. In addition to the effects on the BS, two important implications on the evaluation of the result will follow. First, the operative margin is affected, and second, the item should be described in the notes, which reduces the readability of the P/L. 5.2.3 The Fourth Directive, ÅRL and HGB The analysis of the layouts showed that: a) the Directive offers two alternatives for the BS and four for the P/L; b) ÅRL and HGB have the same alternatives for the BS and the P/L; c)
several items in the BS can be reported on two or even three alternative places, in the notes only or with additional comments; d) the notes play an essential role; e) both ÅRL and HGB use a number of the options referred to in c); f) both ÅRL and HGB express several items differently in national law than in the corresponding language version of the Directive; g) both ÅRL and HGB add items specified by national law; h) both ÅRL and HGB leave out a number of items specified in the Directive, as they are not allowed under national law. Also the values in several BS positions could vary between Sweden and Germany, depending on different rules for valuation, either in HGB and ÅRL respectively or in local tax law. An example is the treatment of different types of intangible assets (concessions, patents, licenses, trade marks, publishing rights, software, brands, and databases), capitalization of formation expenses another one. Rules for devaluation of slow moving inventories and bad debts are found in tax laws in both countries but do not necessarily create any difference in the disclosure. Small companies in Germany are allowed to draw up an abridged BS and P/L (HGB § 266 (1) and § 276). ÅRL (3 kap. 11 §) provides this permission for small companies for reasons of competition only. This could create another
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type of distortion when a German controller not used to making a full BS and P/L is to report such ones to the Swedish headquarters. 5.3
Discussion on the mandatory layout as a base for group reports
Where TFV has failed, can the mandatory layout form a common basis for the operative group report from subsidiaries in Germany to the headquarters in Sweden? An element of rigidity (Van Hulle 1993a, 99), “reasonably well” implemented in both countries (Van Hulle 2000), and a standardization of the format (Born 1999, 639) all indicate a positive answer to this question. A strong suspicion, however, arises that the comparability of the national layouts has never been systematically analysed. The fact that both ÅRL and HGB included the same alternative layouts is clearly positive21 but a substantial number of variations reduces the comparability. Both countries used several of the options provided for by the Directive and they also kept the traditional connection between financial accounting and taxation. Even if accounts influenced by tax rules could also give a true and fair view (Van Hulle 1997, 715), such accounts can hardly be compared to accounts prepared under another set of tax rules. For group reporting, the notes to the accounts do not increase clarity, especially not when the notes are used as an alternative way of disclosing information. For obvious reasons, there is no common layout for the notes. The variation in vocabulary is somewhat confusing. The stipulation that “The layout, nomenclature and terminology […] must be adapted” in article 4 indicates no flexibility but it leaves unsettled whether the Member States shall adapt the terminology in the Directive or whether the companies shall adapt the terminology in the national legislation. An investigation of how the translation routines for the European Union Council Directives are arranged might throw some light on the linguistic matters addressed. It is motivated to question the use of words and expressions from the Directive as a guiding rule in any language. The layouts in Sweden and in Germany are optically similar or not completely different, especially for the P/L classified by function. That is of special
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The alternative layouts open up the theoretical possibility that two Member States have no layout in common.
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interest since this version22 was not allowed under German legislation before the implementation of the Directive in Germany in 1985 (Busse von Colbe 1996, 422). At the same time, this layout is probably the most important one for group internal purposes. To sum up – the layouts for the balance sheet and the profit and loss account are not equal in Sweden and in Germany. One reason for this fact is that the Directive provides options to the layouts not only in the layouts themselves but also elsewhere in the Directive. For the headquarters, it would be much easier to judge on the reports from a foreign unit if the layouts of the accounts are equal. The information included might still not be fully comparable but the discussion would be easier, and so would the development of internal accounting guidelines. Four conditions are suggested: 1) Same vocabulary in national law as in the Directive. 2) No options. This matter gets worse in cases where national law also provides alternatives. Example: payments on account from customers as a liability or as a deduction from stock in both ÅRL and HGB. 3) No alternative to show a position or to disclose it in the notes. 4) Resulting from 2) and 3), same reference numbers in national law as in the Directive. Even if these, basically harmless, conditions were to be taken care of, two partly connected factors still disturb: different valuation rules and the tax connection. It is well known that several of the EU Member States have strong connections between financial accounts and tax accounts. Either a discontinuation of this tradition or a higher degree of harmonization of the taxation23 would be necessary in order to achieve not only comparable but also equal layouts. Since both Sweden and Germany connect financial accounting and taxation, some of the most striking differences are somehow connected to taxation. Standardization is the answer but such an approach would of course not only be a “co-ordination of national provisions” as stated in the introduction to the Directive but a complete regulation of the accounts. Strictly speaking, the alternative layouts provided by the Directive, two for the balance sheet and four for the P/L, also reduce the comparability. Since 22
23
Busse von Colbe (1996: 422) uses the expression ”the cost of sales way of presentation of the profit and loss account”. A further discussion of this matter would be both very extensive and completely outside the scope of this work.
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Germany and Sweden have implemented the same alternatives, this is, however, not a big drawback for the comparison here. The concluding impression of the ability of the layout to be the uniting feature can be described with a set of arguments pro and contra: Pro
Contra
The layout in the Directive is mandatory 1 and well structured.
The Directive provides a lot of options which can, and in practice also will, lead to limited comparability, especially the use of further information in the notes.
The same alternative layouts are imple2 mented in both countries and possibly also well implemented.
The layouts look similar, especially the P/L according to article 25 which is considered 3 the most important one for follow up of the group internal result.
Both countries have used many of the options provided for in the Directive.
There are considerable deviations in the underlying concept, to a big extent depending on the connection to the taxation, which lead to differences in the information also where the layouts are equal.
Tab. 3: The ability of the layout to be an uniting feature
Therefore, the final conclusion must be that the mandatory layout can work as a starting point for the group internal reporting instructions but “mandatory layout” does not mean that the accounts have the same format – not to mention the underlying concepts. At the moment, there is plenty of space for the most trivial misunderstanding and confusion. Essential for the comparability of the group reports is thus precise group internal definitions and accounting guidelines on how to value, book, and report each single item important for the own business activity. Without group internal instructions, neither the mandatory layout nor the concept of true and fair view can form a common basis for the accounts in Sweden and in Germany.
6
Conclusions and a theoretical basis for further research
The fact that the accounting research has concentrated on the annual accounts is easy to explain: data is available and this subject is of interest for a big audience. Group reports are of course also of great interest but first of all internally for the groups and they do not like to provide the public with internal information.
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TFV and common mandatory layouts for the annual accounts are valid in all EU countries but a group controller or financial director with reporting units in several European countries cannot only refer to the Fourth Directive in order to grant comparable figures from the foreign units. The solution is a group internal layout, based on the one in the Directive, and detailed instructions on how to book and report. The P/L and the BS in the period report will thus form a piece of management accounting but using the traditional format for financial accounts. In situations which are not described in the group instruction, the local company controller or accountant will probably refer to his own background and environment for advice. It is argued here that the group accounting manual has to be detailed but that there is also a lack of a theoretical explanation on how the local accounting staff is acting. The earlier discussion about accounting in Sweden and in Germany shows clearly enough that it would be wrong to downgrade the question to a purely linguistic matter. Instead local law, including tax law, would probably form a suitable starting point. A major part of the rules for local accounting is, however, a tradition, god redovisningssed, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, or something similar not described in any law. Bagranoff et al. (1994) have noted significant differences in the classification of “extraordinary items” between North American and Australian auditors and they conclude that cross-cultural differences are likely to influence the meaning of accounting concepts. Chanchani & MacGregor (1999) presented a huge number of cultural studies in accounting but they found that there is no real consensus on how to define the cultural elements that steer the reaction in a single situation (Chanchani & MacGregor 1999, 25–26). Many international management studies draw on Hofstede's taxonomy of national culture (Hofstede 1980; 1991) but his definition of each cultural dimension is said to be “insufficient precise to guide consistent applications across studies” (Chow et al. 1999, 456). An important part of the characteristics for the local accounting organization results from formal and informal pressure, like routines for tax return, notary regulations, audit procedures, and expectations from bankers. Since the organization depends on these politically constructed institutions, the local accounting staff will adapt itself to the pressure.
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There are few alternative organizational models when putting up the accounting department in a Swedish subsidiary in Germany. New organizations are built on old ones, managers will search for models from similar companies and a relatively small number of consultants advocate a limited number of standard solutions. This will lead to a set-up similar to the one in other companies. The accounting profession also puts limits on how the department can be organized. In order to cope with laws and regulations, a Swedish subsidiary in Germany will probably employ a Bilanzbuchhalter/-in or at least a Kaufmann/ -frau, and as controller probably a Diplombetriebswirt/-in. These people will make sure that the employment procedures prefer new financial employees with a similar orientation as their own. The term “institutional isomorphism” introduced by DiMaggio & Powell (1983) describes how organizations occupied with the same activity form an organizational field and make themselves more similar to one another. This happens through external pressure (coercive isomorphism), through mimetic processes, and though professionalization (normative pressure). The accounting tradition in a country can be described as an organizational field where the accounting department is subject to coercive isomorphism, mimetic processes, and under normative pressure. The accounting traditions in Sweden and Germany respectively form different organizational fields, and it is suggested that the solution is to create a group-internal organizational field. As a result of the insights outlined in this article, an ongoing research project has been inaugurated in order to test the conclusions above for Swedish subsidiaries in Germany.
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3
Kommunikation in Konflikten: Fusionen und Kooperationen
Interne Kommunikation bei Insourcingdeals Mascha van de Kuit & Dirk de Natris
1
Einleitung
Um die Kundenwerbung zu unterstützen und als Organisation zu wachsen, können Unternehmen zu Outsourcing übergehen: “Outsourcing is the transfer or delegation to an external service provider of the operation and day-to-day management of a business process. The customer receives a service that performs a distinct business function that fits into the customer’s overall business operations.” (http://www.outsourcing-law.com)
Dies kann zum Beispiel bedeuten, dass eine Organisation, die eine eigene Abteilung für Informationstechnologie besitzt, sich dafür entscheidet diesen Bereich an eine externe Firma zu übergeben. In einem solchen Fall besteht die Möglichkeit, dass das beauftragte Unternehmen die Mitarbeiter des beauftragenden Unternehmens, die bis dahin mit dieser Arbeit beschäftigt waren, übernimmt. Dieser Vorgang wird Outsourcing genannt; aus der Sicht der beauftragten/ externen Organisation wird dieser Vorgang als Insourcing bezeichnet. Da Insourcing mit großen finanziellen Risiken für das übernehmende Unternehmen verbunden ist, muss es ein starkes Interesse an einer erfolgreichen Abwicklung haben. Kommunikation spielt in diesem Fall eine große Rolle, da auf diese Weise die neue Strategie innerhalb der Insourcing-Organisation den bereits bestehenden Abteilungen vermittelt werden kann. Das Maß, in dem in einem bestimmten Zeitraum zentrale Organisationsziele wie die schnelle Integration der neuen Mitarbeiter, die Stabilisierung von (übernommenen) Kundenkontakten und die Kontinuität der Dienstleistungen und Produktion erreicht werden, bestimmt den Erfolg des Insourcingdeals. Mögliche Probleme im Übernahmeprozess ergeben sich aus der Notwendigkeit zur gegenseitigen Abstimmung und der Zeit, die entsprechende Verhandlungen beanspruchen. Alle diese Faktoren haben wiederum Auswirkungen auf die Kommunikationspraxis. Viele Organisationen haben keine ausreichenden Erfahrung mit der Art von Kommunikation, die bei großen Insourcingdeals zum Tragen kommt (die Größe der übernommenen Abteilungen ist in diesem Fall ausschlaggebend; siehe Kapitel 2). Strategieempfehlungen und Anleitungen für die Initiierung
206
van de Kuit & de Natris
und Durchführung von Übernahmen sind nur teilweise und nicht für jeden zugänglich, dabei oft genug auch unvollständig. Kommunikationsstrategien müssen daher – risikovoll – ad hoc immer wieder von Neuem entwickelt werden. Damit sind wir bei dem Anliegen dieses Beitrags, nämlich dem Versuch, aus der Analyse eines konkreten Insourcingdeals Empfehlungen zur Erstellung eines kohärenten Kommunikationsplans abzuleiten, um diesen Prozess in Zukunft zu erleichtern. 1.1
Effektivitätsmessung beim Planungsvorgang
Die Planung muss an erster Stelle darauf abzielen, dass die interne Kommunikation im beauftragten Unternehmen und das Erwartungsmanagement bei Insourcingsdeals verbessert wird. Hierbei spielen folgende Aspekte eine Rolle: • Effizienz der Besprechungen. Ein Indiz hierfür ist, wie viel Zeit Besprechungen in Anspruch nehmen und wie oft sie stattfinden. • Mitarbeiterzufriedenheit der „alten“ Mitarbeiter des Insourcingunternehmens. Diese lässt sich durch Umfragen messen sowie daran, wie hoch die Anzahl ausscheidender/ ausgeschiedener Mitarbeiter ist. Eine Gefahr besteht hier durch ein falsche Hoffnungen weckendes Erwartungsmanagement. • Mitarbeiterzufriedenheit der neu übernommenen Mitarbeiter aus dem Outsourcingunternehmen. Es ist anzunehmen, dass ein Großteil möglicher Beschwerden von den neu übernommenen Mitarbeitern kommen wird, wenn diese aufgrund mangelhafter Betreuung mit dem Insourcing und der Kulturveränderung nicht zufrieden sind. Wahrscheinlich ist, dass ein Großteil dieser Gruppe nicht ohne weiteres fähig ist, seinen Fokus von der Vergangenheit auf die Zukunft zu verlegen und der neuen Situation eine pragmatische und aktive Bedeutung zu geben. • Verbesserung der Kommunikationsprozesse und Qualitätssicherung bzgl. der kommunizierten Inhalte. Diese kann im Nachhinein anhand von Interviews und Umfragen bei den verschiedenen Kommunikationsteilnehmern erhoben werden. Auch kann die Qualität der Informationen nach verschiedenen Kriterien beurteilt werden (s. 1.2, Punkt 2).
Interne Kommunikation bei Insourcingdeals
1.2
207
Zielsetzung
In diesem Beitrag wollen wir 1. in Form einer Fallstudie (siehe Kap. 2)1 einen konkreten Insourcingdeal, seinen Gegenstand und seinen Verlauf, sowie die verschiedenen Gruppen, die bei diesem Prozess miteinbezogen werden, mit ihren jeweiligen Beweggründen und Interessen beschreiben. Dies ist als Hintergrundinformation notwendig, um die folgenden Punkte besser zu verstehen. 2. die interne Kommunikation im beauftragten Unternehmen während des Insourcingsdeals beschreiben und bewerten. Dies betrifft die Organisation der Kommunikation, den eigentlichen Kommunikationsprozess sowie den Inhalt der Kommunikation. Der Kommunikationsinhalt wird anhand der Qualität der Informationen beurteilt, die sich aus deren Angemessenheit gegenüber den situativen Erfordernissen ergibt (van der Pijl 1993, 36). Qualitätskriterien sind daher: Zeitpunkt (zu früh/ rechtzeitig/ zu spät); Klarheit und Verständlichkeit; Relevanz (Anschluss an die Informationsbedürfnisse); Zuverlässigkeit (Korrektheit/ Richtigkeit/ Glaubwürdigkeit); Häufigkeit (zu viel/ richtig/ zu wenig); Attraktivität; Informationsmenge (zu viel (information overload)/ ausreichend/ zu wenig (information underload)) (de Moor 1997, 187). 3. ein Phasenmodell der Kommunikation von Insourcingprozessen entwickeln. 4. Empfehlungen zu Entscheidungsabläufen der internen Kommunikation präsentieren. Diese basieren auf Erfahrungen aus der Fallstudie sowie auf entsprechender Forschungsliteratur. Neben der Sichtung betriebsinterner sowie betriebsexterner Informationsquellen wurden hierzu Mitglieder folgender Personengruppen mittels halbstrukturierter Interviews befragt (genauer siehe van de Kuit 2001): • Mitglieder des Transition-Management-Teams (TMT), die das Insourcing abwickeln. Die Mitglieder dieses Teams beschäftigen sich mit wichtigen Aspekten wie Human Resource Management, Finanzierung, rechtlichen Grundlagen, Marketing und Public Relations (siehe 3.2). Sie sind verantwortlich für den guten Verlauf der Übernahme und damit auch für den erfolgreichen Verlauf der Kommunikation;
1
Aus Gründen der Vertraulichkeit werden die Parteien dieser Studie nicht namenlich genannt, sondern mit Buchstaben (X für das beauftragte Insourcingunternehmen, Y für die zu übernehmende Mitarbeitergruppe/ Organisationseinheit, Z für das outsourcende Unternehmen).
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van de Kuit & de Natris
• Trackmanager, die für die einzelnen Aufgabenbereiche innerhalb des TMT zuständig sind (z.B. Service Delivery, Customer Relations, Human Resources) • Mitglieder der Management-Teams der übernehmenden wie der abgebenden Partei; • Mitglieder des Kommunikationsteams; • übernommene Mitarbeiter als die primäre Zielgruppe der Kommunikation; • Mitarbeiter der beauftragten Insourcingorganisation. Nicht mit einbezogen wurden die jeweiligen Vorstände beider Unternehmen oder externe Gruppen wie Presse, Gewerkschaften, Betriebsräte, Kundenorganisationen und Kunden.
2
Die Fallstudie
Die Fallstudie des ausgewählten Insourcingdeals eignet sich gut, um als Basis für die Entwicklung von Kommunikationsrichtlinien zu dienen. In dieser Fallstudie wurde die interne Kommunikation während des Insourcingprozesses untersucht, um auf der Basis ihrer Beschreibung auftretende Probleme zu erkennen und zu beurteilen und daraus Ratschläge für Verbesserungen abzuleiten sowie eine Anleitung für die Kommunikation bei Insourcingdeals zu entwickeln. Die beauftragte Organisation X (ein global agierender Dienstleistungsbetrieb aus dem Bereich Informationstechnologie) und die zu übernehmende, später übernommene Gruppe Y (ein selbstständiger IT-Unit der Kundenorganisation Z) wiesen viele Gemeinsamkeiten in ihrem jeweiligen Service-Portfolio auf; sie ergänzten einander hinsichtlich der geographischen Abdeckung des Marktes und ihre Betriebskulturen ähnelten einander. Daher wurde von X und Z 1999 ein Outsourcingvertrag für den Zeitraum von sieben Jahre unterzeichnet. Der Vertrag regelte die Übernahme von 750 Mitarbeitern und 250 Subunternehmern in den Niederlanden, Belgien, Deutschland, den USA und Asien und hatte einen Outsourcingwert von insgesamt 1 Mrd. Euro. Es handelte sich dabei um ein so genanntes „Big-Bang“-Outsourcing, d.h. dass sämtliche vorzunehmenden Veränderungen zu einem gemeinsamen Zeitpunkt stattzufinden haben, statt sie in verschiedenen Phasen nach und nach abzuwickeln.
Interne Kommunikation bei Insourcingdeals
209
Bei den Dienstleistungen, die die beauftragte Organisation X übernahm, handelte es sich um die globale und lokale Infrastruktur (Help Desk, lokale Dienstleistung, Desktop usw.), allgemeine Applikationen (SAP, legacy systems) und Betriebsapplikationen (technische Automatisierung). Zudem wurden einige wichtige Projekte übernommen, z.B. das Millennium-Problem, die Standardisierung von 35.000 Desktops und einige EU-Projekte. Die hohen finanziellen Risiken dieser Übernahme ergaben sich aus dem außergewöhnlich großen Umfang des vorliegenden Insourcingdeals, der für X zahlreiche Investitionen nötig machte. Da Richtlinien für einen kohärenten Kommunikationsplan während des Insourcings fehlten, entstand eine Reihe von Kommunikationsproblemen. Das Fehlen eines solchen Plans war zuvor nicht als Manko erkannt worden, weil alle vorherigen Insourcingdeals weniger umfangreich gewesen waren. Der wichtigste Grund jedoch, wieso dieses Problem nicht früher angegangen wurde, war das mangelnde Bewusstsein, welche wichtige Rolle Kommunikation für den Verlauf des Insourcingprozesses spielt, zumal wenn die zu übernehmende Organisationseinheit so groß ist. Da Y so viele Mitarbeiter umfasste, hatte dies beachtliche Auswirkungen auch auf das aufnehmende Unternehmen X, und Übernahme und Integration der neuen Mitarbeiter gestalteten sich schwieriger als erwartet. Fast alle Befragten gaben enttäuscht an, dass das Insourcingunternehmen X bei seinem Erwartungsmanagement Defizite sowohl den neuen Mitarbeitern Y als auch den übrigen Gruppen des Kunden Z gegenüber aufwies. X hatte sich als ein geschäftlich gut organisiertes Unternehmen profiliert, das seine Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellt (sog. „Fun-Company“). In der Realität schien es diesen Ansprüchen jedoch nicht gerecht zu werden. Dass dies nicht nur die Befragten so empfanden, sondern dass es sich dabei allgemein um ein akutes Thema handelte, ging aus der Praxis hervor: Noch anderthalb Jahre nach der Übernahme fanden auf höchster Ebene Gespräche zwischen X und Z statt, um Kommunikationsdefizite zu erfassen und ihnen entgegenzuwirken. Anlass für diese Gespräche war beunruhigende Kritik aus den Reihen des Kunden Z. Folgende Probleme wurden in den gemeinsamen Gesprächen fixiert: • X hatte die Erwartungen, die Z hatte, nicht erfüllen können; • es war keine klare Arbeitsweise zu erkennen (Standards von X und Y wurden häufig gemischt);
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van de Kuit & de Natris
• die Dienstleistungen, die Y früher lieferte und die X jetzt liefern müsste, waren immer noch nicht vollständig übernommen worden; • die übernommen Mitarbeiter der Organisationseinheit Y waren sehr unzufrieden; • das Projektmanagement während des Insourcings wies zu wenig Kontinuität auf; • Kostenvoranschläge für neue Projekte wurden oft erst sehr spät und dann unvollständig an Z geliefert, waren zu teuer und ließen Innovationen vermissen. Auch der hohe Anteil ausgeschiedener, ehemaliger Y-Mitarbeiter zählt hierzu. Die jährliche Durchschnittsrate des Ausscheidens von Mitarbeitern in der ITBranche beträgt zirka 15%. Bei Y lag diese ursprünglich deutlich niedriger (zirka 9%). Seit dem Insourcingvorgang stieg der Prozentsatz auf 18,6% im Jahr 2000: In den Niederlanden wurden am 1. Juli 1999 533 Mitarbeiter übernommen. Am 1. Januar 2000 standen nur noch 510 im Dienst der Organisation X, am 1. Januar 2001 waren es nur noch 415. Unterstützt wird die Einschätzung der oben aufgezählten Probleme vom Ergebnis der Befragung: Alle Befragten teilten die Einschätzung, dass die Ziele, die sich X und Y gestellt hatten, nur teilweise erreicht worden waren. Zu den Zielen von X gehörte dabei, den Kunden Z für sich zu gewinnen, Erkenntnisse im Bereich der Prozessindustrie gewinnen, den Umsatz zu erhöhen, die Kontinuität der Dienstleistungen zu gewährleisten, gute Mitarbeiter hinzuzugewinnen und Gewinne zu erzielen. Zu den Zielen von Y zählten, Teil einer kommerziellen, professionellen Organisation zu werden, mit Hilfe von X die internationalen Tätigkeiten von Y auszubauen, mit den neuesten Technologien Schritt zu halten und für die Mitarbeiter eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Wurden einige der Ziele teilweise erreicht, so wurde vor allem die Erweiterung der internationalen Tätigkeiten als gescheitert bezeichnet.
3
Insourcing
Für die vorliegende Studie wird Insourcing folgendermaßen definiert: Insourcing ist das Eingehen einer geschäftlichen Vereinbarung mit einem Kunden, wobei es sich um die Übernahme von Mitarbeitern des Kunden und damit auch die Übernahme der Dienstleistungen der Kunden handelt.
Interne Kommunikation bei Insourcingdeals
3.1
211
Phasen eines Insourcingprozesses
Der Insourcingprozess besteht aus verschiedenen Phasen:
Absichtserklärung (LOI) Zeit
Unterzeichnung des Vertrages
Ende der transition
Buchprüfung/ verification bid-Prozess Transfer
transition-Prozess Transformation
Abb. 1: Phasen des Insourcingprozesses nach Collins (2000a, 1)
Der bid-Prozess beschreibt die Phase, in der gegenseitige Angebote gemacht werden. Es geht bei diesem Prozess vor allem um die Vorbereitung eines Vertragsabschlusses, und dieses Vorhaben wird durch ein spezielles bidTeam begleitet, das den potenziellen Kunden überprüft und eine Kosten/ Nutzen-Analyse erstellt. Dieses Team beurteilt Chancen und Risiken, Kosten und Gewinne und entscheidet auf dieser Basis, ob seine Organisation ein Angebot machen soll. Dies geschieht unter größtmöglicher Geheimhaltung, um zu vermeiden, dass Konkurrenten etwas über die Entscheidungen erfahren und anschließend ebenfalls ein Angebot machen. Oft wird daher ein Codename für ein solches Projekt benutzt. Wenn sich herausstellt, dass ein Outsourcing für beide Parteien vorteilhaft ist, und sich der Kunde mit dem Angebot des Anbieters einverstanden erklärt, wird ein „Letter of Intent“ (LOI), d.h. eine Absichtserklärung unterzeichnet. In diesen Vorgang sind also drei wichtige Parteien integriert: die potenzielle Insourcingorganisation, der Kunde, der ein Outsourcing in Betracht zieht, und die zu übernehmende Organisationseinheit. Während des bid-Prozesses spielen die ersten beiden die wichtigste Rolle. Nach der Unterzeichnung des LOI beginnen weitere Verhandlungen über die genaue Gestaltung des Vertrages. Diese Phase wird verification phase genannt und beinhaltet eine Buchprüfung. Die Verhandlungen enden in der Unterzeichnung eines Vertrages, womit der bid-Prozess beendet ist. Die Umsetzung des Vertrages in die Praxis wird transition process oder auch Übergangsphase genannt und durch ein Transition-Management-Team
212
van de Kuit & de Natris
(TMT) geleitet. Wie man in Abbildung 1 erkennen kann, setzen die Vorbereitungen dafür bereits in einem sehr frühen Stadium an, oftmals sogar noch bevor der LOI unterschrieben ist. Der transition-Prozess besteht aus zwei Schritten, dem Transfer und der Transformation. Obwohl beide Teile des gleichen Prozesses sind, unterscheiden sich die damit bezeichneten Aktivitäten stark voneinander. Die beiden Begriffe werden wie folgt definiert (Collins 2000a, 2): • Transfer bezeichnet die Integration von Menschen, Aktiva, Verträgen und Dienstleistungen in der beauftragten Organisation, während alle existierenden Dienste weiter bestehen und weiter durchgeführt werden. • Transformation meint das Management aller notwendigen Prozesse, um die übernommene Organisationseinheit an das neue Unternehmen anzupassen und dadurch einen messbaren Vorteil zu erreichen. Der wichtigste Unterschied liegt darin, dass der Transfer einen vorwiegend rechtlichen und finanziellen Charakter hat (Regelung von Arbeitsverhältnissen, Gehaltsverwaltung, Büroraumverwaltung usw.), während bei der Transformation die Mitarbeiter im Mittelpunkt stehen (Integration der neuen Mitarbeiter, Neueinteilung der Mitarbeiter, Anpassung der Arbeitsweise). Im Verlauf des transition-Prozesses verändert sich das Verhältnis zwischen Transfer und Transformation. Die eher praktischen Angelegenheiten des Transfers verlangen in der ersten Phase die meiste Aufmerksamkeit; sobald sie erledigt sind, spielt die Transformation die wichtigere Rolle. Der transitionProzess ist beendet, wenn die übernommene Partei vollständig in die beauftragte Organisation integriert ist. Wie gerade beschrieben, wird zwischen dem Vertragsabschluss (bidProzess) und der eigentlichen Umsetzung (transition-Prozess) getrennt: Nach der Unterzeichnung des Vertrages überträgt das bid-Team seine Aufgaben an das Transition-Management-Team (TMT). Diese Zweiteilung des Prozesses hat einige Konsequenzen, die kurz erläutert werden sollen. Eine bedeutende Konsequenz ist, dass viele der erworbenen Einsichten, die während des bid-Prozesses gewonnen wurden, bei der Übergabe an das TMT verloren gehen, das personell anders besetzt ist als das bid-Team. Auch für den Kunden, der sich an das bid-Team gewöhnt und eine Vertrauensbeziehung zu ihm aufgebaut hat, ist dieser Wechsel unangenehm. Würde man die gesammelten Informationen so vollständig wie möglich an das nächste Team weitergeben, könnte man die Unannehmlichkeiten des
Interne Kommunikation bei Insourcingdeals
213
Wechsels für den Kunden minimieren. Mit Hilfe einer Checkliste, auf der alle wichtigen Themen notiert sind und die vom bid-Team und dem TMT erstellt wird, könnten zudem die Erfahrungen aus der Vergangenheit mit einbezogen werden. Diese Themen sollten während eines Workshops besprochen werden, bei dem sowohl das bid-Team als auch das TMT und alle Trackmanager anwesend sind (z.B. in einem kick-off Workshop). Eine zweite Konsequenz ergibt sich aus dem Belohnungssystem, das manche beauftragten Organisationen haben: Die Mitglieder des bid-Teams bekommen bereits nach der Vertragsunterzeichnung einen Bonus und übertragen alle weitere Verantwortung an das TMT. Durch diese Arbeitsteilung ist die Verlockung für das bid-Team groß, die Haltung eines Verkäufers einzunehmen. Die beauftragte Organisation wird positiver dargestellt, als sie in Wirklichkeit ist; die Vorteile des Outsourcings stehen im Vordergrund, während nur wenig über mögliche Nachteile des Insourcings wie z.B. große Kulturunterschiede kommuniziert wird; möglicherweise werden Versprechen abgegeben, von denen nicht sicher ist, ob sie auch eingehalten werden können. Das TMT hat die Folgen zu tragen, denn bei der Durchführung des Vertrages können oft einige Erwartungen nicht oder nur mit hohen Kosten verbunden erfüllt werden. Wenn die bid-Manager nicht nur für den Vertragsabschluss belohnt würden, sondern auch nach den ausgehandelten Leistungen, würden sie mehr Wert auf die Vermittlung eines realen Bildes legen. 3.2
Die Organisation des Insourcings
Die Organisation des Insourcings wird von verschiedenen Gruppen getragen: bid-Team
Beauftragte Organisation und Kunde
Transition-ManagementTeam der beauftragten Organisation
TRACKS
Service Delivery Costumer Relations Human Resources Finance & Accounting Purchasing / Legal Kommunikationsteam
Abb. 2: Organisation des Insourcingprozesses
Management-Team der übernommenen Partei
214
van de Kuit & de Natris
Das bid-Team wird ausschließlich aus Mitarbeitern der beauftragten Organisation zusammengestellt. Sie übernehmen die Initiative beim Insourcing und versuchen eine gute Vertragsbasis zu schaffen. Wie schon erklärt, formulieren sie ein Angebot auf Basis einer Unternehmensanalyse. Während dieser Buchprüfung werden „audits“ zu Struktur, Unternehmenskultur und finanzieller Situation der beiden Organisationen veranstaltet. Nach Vertragsunterzeichnung wird die weitere Ausarbeitung der Übernahmeregelungen dem Transition-Management-Team (TMT) überlassen. Auch dieses Team setzt sich nur aus Mitarbeitern des beauftragten Betriebes zusammen. In der zu übernehmenden Organisationseinheit gibt es ein gleichberechtigtes Team, das bereits vorher bestehende Management-Team. Vor allem in der Anfangsphase spielt dieses eine wichtige Rolle, da es seine eigene Organisation auf die Übernahme und die Veränderungen, die dadurch entstehen, vorbereiten muss. Sobald der Vertrag wirksam und die Übernahme amtlich ist, übernimmt das TMT alle Verantwortlichkeiten. Das ManagementTeam nimmt daher im Verlauf des Prozess eine in der Regel immer weniger prominente Rolle ein. Trotzdem erfüllt das Management-Team eine wichtige Funktion. Die Zusammenstellung des TMT wird vom Programmmanager (der die Verantwortung für den Insourcingdeal trägt) und vom bid-Manager (Vorsitzender der bid-Teams) dem General Management der beauftragten Organisation vorgeschlagen. Dieser Vorschlag wird genehmigt und in einer Sitzung bestätigt, bei der sowohl das General Management als auch das Projektteam (Programmmanager und bid-Manager) anwesend sind. Integriert in das TMT sind verschiedene untergeordnete „Tracks“ (Abteilungen). Im Gegensatz zu bid-Team und TMT sind die dafür verantwortlichen Teams aus Mitarbeitern der beauftragten Organisation und der übernommenen Gruppe zusammengestellt. Sie sind, wie das TMT, mit der Umsetzung der transition beschäftigt, aber jeweils nur für ihr eigenes spezielles Fachgebiet. Das TMT hat die Aufsicht über diese Aktivitäten und ist auch für die transition hauptverantwortlich. Es bestimmt die Vorgehensweise, kontrolliert und greift ein, falls es notwendig ist. Die verschiedenen Tracks sind in Abbildung 2 mit Pfeilen angedeutet. • „Service Delivery“ beschäftigt sich mit den Tätigkeiten und Zuständigkeiten der einzelnen Mitarbeiter und wie man diese in der beauftragten Organisation einsetzen kann.
Interne Kommunikation bei Insourcingdeals
215
• „Costumers Relations“ ist verantwortlich für den Kundenkontakt, muss also dafür Sorge tragen, dass der Kunde immer auf dem neuesten Stand und über die Konsequenzen des Insourcing informiert ist. • „Human Resources“ widmet sich den Mitarbeitern und bereitet sie auf die bevorstehenden Veränderungen in Bezug auf Auswahl, Anstellung, Ausbildung, Einkommen und Arbeitsverhältnis vor. • „Finance & Accounting“ ist für den finanziellen Aspekt der Übernahme zuständig, zum Beispiel für Verträge, Gebäude, Mitarbeiter, Inventar usw. • „Purchasing/ Legal“ kümmert sich um die rechtlichen Aspekte wie die Übernahme von Lizenzen, Verträgen mit Dritten usw. Die Durchführung von Insourcingdeals berührt die bisherigen Organisationsvorgänge nicht. Das bedeutet, dass während der transition für verschiedene Aufgabenbereiche zwei Teams bestehen: So gibt es zum Beispiel die „normale“ Abteilung Human Resource Management (HRM) und eine Abteilung HRM (Track), die sich ausschließlich mit dem Insourcing beschäftigt. Dasselbe gilt für den Bereich Kommunikation. Da sich diese Abteilung auf die Kommunikation beim Insourcingprozess spezialisiert, wird sie genauer vorgestellt. Das Kommunikationsteam hat einen eigenen Status und bildet keinen Track, erfüllt aber eine sehr wichtige Rolle während des Insourcingprozesses. Auch dieses Team setzt sich sowohl aus Mitarbeitern der beauftragten Organisation als auch der übernommenen Gruppe zusammen. Das Team hat eine das TMT und die anderen Tracks unterstützende Funktion. Für die verschiedenen Phasen des Insourcingprozesses wird vom Kommunikationsteam und dem TMT ein Kommunikations-„Drehbuch“ geschrieben, das von den Bedürfnissen der einzelnen Tracks ausgeht. Schließlich gibt es noch eine Gruppe, die aus der beauftragten Organisation und Vertretern der Kunden besteht. Diese Gruppe kontrolliert, ob der Deal vertragsgemäß durchgeführt wird. Das TMT ist dieser Gruppe zu wöchentlichen Berichten verpflichtet. Daneben trifft sich das TMT jede Woche mit allen Trackmanagern und dem Kommunikationsteam. 3.3
Unterschiede in den Betriebskulturen
Bei einem Insourcingdeal kann die große Ähnlichkeit der Betriebskulturen eines der wichtigen Argumente dafür sein, die andere Organisation als Partner zu wählen. In der Realität sind Ähnlichkeiten jedoch in weitaus geringerem
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van de Kuit & de Natris
Maß vorhanden, als man im ersten Moment oft annimmt. Die tatsächlichen Diskrepanzen können dem Transition-Management-Team Probleme bereiten, zumal wenn es nicht auf Kulturunterschiede vorbereitet ist. Um solche Probleme zu vermeiden, muss man sie rechtzeitig erkennen, indem man von vornherein davon ausgeht, dass es prinzipiell nicht zu unterschätzende Kulturunterschiede zwischen zwei Organisationen gibt, selbst wenn diese aus demselben Land kommen. Nur durch ein rechtzeitiges Erkennen der Unterschiede werden eine gute Vorbereitung und ein erfolgreiches Management möglich. Hierfür ist es erforderlich, dass bereits während des bid-Prozesses ein vollständiges Bild sowohl vom Kunden als auch von der Insourcing- Organisation erstellt wird. Des Weiteren muss beachtet werden, dass die beiden Organisationen jeweils nicht eine homogene Gruppe bilden, sondern dass jede organisationelle Abteilung ihre eigene Kultur besitzt. Solche Unterschiede in der Binnenkultur entstehen dadurch, dass unterschiedliche Arbeitsbereiche auch unterschiedliche Typen von Mitarbeitern verlangen. Zur optimalen Vorbereitung des TMT ist daher eine möglichst vollständige Kulturerfassung und Informationsübermittlung nötig.
4
Kommunikation beim Insourcing
Den folgenden Ausführungen wird die Definition von Koeleman für „innerbetriebliche Kommunikation“ zugrunde gelegt. Er beschreibt interne Kommunikation als „das Anbieten einer Nachricht eines Senders an einen Empfänger, der Teil der gleichen Organisation ist, mit der Intention organisatorische und/oder individuelle Ziele zu erreichen. Sender und Empfänger können ihre Rolle tauschen“ (Koeleman 1997, 3; Übersetzung durch die Verf.).
4.1
Drei Dimensionen interner Kommunikation
Um eine Kommunikationsstruktur zu erhalten, arbeitet Koeleman mit einer zweidimensionalen Matrix, die den Inhalt („was“) und den Prozess („wie/ wann“) der Kommunikation abbildet. Um die interne Kommunikation zu vervollständigen, wird in diesem Beitrag eine dritte Dimension hinzugefügt, nämlich die Kommunikationsorganisation und damit der Sender („wer“). Die drei Dimensionen beziehen sich dabei auf die Kommunikation während der Über-
Interne Kommunikation bei Insourcingdeals
217
nahme. Es geht in diesem Fall also nicht um die bereits existierende Kommunikationsstruktur, sondern um die Struktur während der Projektkommunikation. Die drei Dimensionen werden wie folgt definiert (vgl. van Vallin u.a. 1989, 276): • Organisation der Kommunikation: Art, in der verschiedene Akteure zusammenarbeiten und handeln, um eine Kommunikationsstrategie zu entwickeln; Rolle und Aufgaben der verschiedenen Akteure. • Kommunikationsprozess: Gestaltung der Kommunikation bzw. des Kommunikationsmix (Art der Information, Wahl der Kommunikationskanäle und Kommunikationsmittel, Zielgruppe); Einteilung in Kommunikationsphasen unter Einbeziehung sozial-psychologischer Prozesse, die Einfluss auf die Übernahme haben. • Inhalt der Kommunikation: Nachricht bzw. Kommunikationsinhalt, den der Sender dem Empfänger übermitteln möchte. 4.2
Organisation und Akteure der Kommunikation
Im Folgenden werden die Kommunikationsphasen während eines Insourcingprozesses mit Blick auf die handelnden Akteure dargestellt. Im nächsten Abschnitt 4.3 stehen dann die Kommunikationsmittel und -kanäle im Vordergrund. Ohne Kommunikation kann keine Veränderung stattfinden, also auch kein Insourcing. Da Kommunikation eine Grundvoraussetzung für jede Veränderung ist, muss die Kommunikation in Form eines eigenen Teams eine besondere Stellung innerhalb der Projektorganisation einnehmen. Des Weiteren müssen sich auch die übrigen Tracks bewusst machen, welche Verantwortung sie im Bereich der Kommunikation tragen. Das Kommunikationsteam hat dabei eine koordinierende Funktion, um Klarheit und Eindeutigkeit zu gewährleisten. Deswegen ist es erforderlich, dass das Kommunikationsteam von Anfang an aktiv miteinbezogen wird und in der Projektorganisation eine Position zugewiesen bekommt, die ihm den Überblick über das vollständige Projekt, alle Tracks und das TMT ermöglicht. In einen allgemeinen Kommunikationsplan werden die groben Züge der Kommunikation aufgenommen, so dass auf dieser Basis ein detaillierterer Plan erstellt werden kann. Dabei ist es empfehlenswert Freiräume zu lassen, um auf eventuell unerwartete Situationen reagieren zu können. Ansonsten sollte von der Planung jedoch nur abgewichen werden, wenn es absolut
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van de Kuit & de Natris
notwendig ist, und dann muss über solche Abweichungen offen und vollständig berichtet werden. Dies ist eine Grundbedingung für Glaubwürdigkeit bzw. Vertrauen und daraus folgende Unterstützung durch die Betroffenen. Da ein Projektteam ein Insourcing nicht alleine durchführen kann, sondern bei den durchzuführenden Veränderungen von zahlreichen weiteren Beteiligten unterstützt werden muss, hängt der Erfolg des Deals stark von der gelingenden Integration der neuen Mitarbeiter, ihrer Manager, des beauftragten Managements, des Unternehmensrates und der zukünftigen Kollegen ab. Diese Parteien müssen gut informiert und aktiv miteinbezogen werden und sich bewusst sein, dass sie selbst ebenfalls einen Beitrag zum Erfolg des Deals liefern. Die Verantwortlichkeit für das „management of change“ gehört also zwar zum Aufgabenbereich des TMT, unterstützt durch das Kommunikationsteam. Jedoch können weder TMT noch Kommunikationsteam noch die Tracks selbst die Veränderungen realisieren – dafür benötigen sie die Unterstützung aus der Organisation. Es ist daher hilfreich, bereits in einem frühen Stadium in der übernommenen Organisationseinheit einen Meinungsvertreter zu suchen, ihn mit einzubeziehen und als „change agent“ zu aktivieren. Die Art und Weise, wie die Kommunikation bei einem Insourcingdeal organisiert wird, ist abhängig von der Art des Insourcings, der Zahl der zu übernehmenden Mitarbeiter und dem geplanten Insourcingverlauf (also z.B. „BigBang“-Insourcing, bei dem alle Mitarbeiter mit einem Mal übernommen werden, oder schrittweise Übernahme). Jedes Insourcing verlangt daher eine spezifische Organisation der Kommunikation, und doch besitzen alle einige grundsätzliche Gemeinsamkeiten: Vor der Unterzeichnung des „Letter of Intent“ ist in der Regel der Kunde für die interne und externe Kommunikation verantwortlich, die Existenz eines eigenen Kommunikationsteams in der zu übernehmenden Organisationseinheit ist aber eher unwahrscheinlich. Oft wird – je nach Anzahl der übernommenen Mitarbeiter – speziell für die Übernahme ein Mitarbeiter aus der zu übernehmenden Partei neben seinen eigentlichen Aufgaben mit der Verantwortung für die Kommunikation betraut. Die Besprechungen während des bid-Prozesses finden unter weitgehender Geheimhaltung statt. In der Regel sind daher die betroffenen Mitarbeiter nicht darüber informiert, dass nach einer Organisation gesucht wird, die sie übernehmen soll. Dies wird erst bei der Unterzeichnung des „Letter of Intent“ be-
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kannt gegeben. Die interne Kommunikation rund um die Unterzeichung des LOI (Kommunikationsphase 1) wird also vom Kommunikationsmanagement des Kunden bestritten und zielt vor allem auf die Bekanntmachung des Namens der Partnerorganisation und die Begründung dieser Entscheidung. In der darauf folgenden Buchprüfungs-Phase (verification, siehe 3.1) werden innerhalb der beauftragten Organisation ein oder mehrere Verantwortliche für die Kommunikation während der transition eingestellt (Kommunikationsphase 2). Offiziell darf es zwischen den beiden Organisationen noch keinen Kontakt geben, aber es finden bereits Treffen der Kommunikationsteams statt. Da die beiden Teams ab dem Moment der Vertragsunterzeichnung die Kommunikation der transition gemeinsam leiten werden, muss dafür ein Plan erstellt werden. Obwohl die Kommunikation mit den Mitarbeitern während dieser Zeit vom eigenen Kommunikationsteam übernommen wird, ist das Management des Kunden größtenteils von diesen Informationen, die während der vermeintlichen „Funkstille“ kommuniziert werden, abhängig. Die Kommunikation rund um die Vertragsunterzeichnung ist zugleich der Startschuss für die Zusammenarbeit zwischen dem Kommunikationsmanagement der beauftragten Organisation und der übernommenen Partei. Zusammen bilden sie das Kommunikationsteam für den Übergang (Kommunikationsphase 3). Die Mitarbeiter dieses gemischten Teams haben in der Regel einen Kommunikations-, Human Resource- oder Projektmanagementhintergrund. Das Team hält bis nach Unterzeichnung des Vertrages regelmäßige Besprechungen ab. Später nimmt deren Frequenz ab, bis der transitionProzess zu Ende ist. Wichtig für dieses Team sind zwecks gegenseitigen Informationsaustauschs die existierenden Verbindungen zu Kommunikationsabteilungen der beauftragten Organisation und des Kunden. Die vierte Kommunikationsphase ist darauf ausgerichtet, die übernommene Partei in die beauftragte Organisation zu integrieren. Ab jetzt übernimmt die beauftragte Organisation die Verantwortlichkeit für die Kommunikation mit der übernommenen Gruppe. Nach einiger Zeit, wenn der transition-Prozess beendet ist, wird auch das Kommunikationsteam aufgelöst. Ab diesem Moment liegt die Verantwortung für die Kommunikation wieder bei der Abteilung für interne Kommunikation der beauftragten Organisation.
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Abbildung 3 zeigt die Kommunikationsphasen im Überblick: Zeit
Letter of Intent
Buchprüfung
Unterzeichnung des Vertrages
Ende der transition
Bücheruntersuchung (Verifikation) Vorbereitung Phase 1
Vorbereitung Phase 3
Output Phase 1
Output Phase 3
Vorbereitung + Output Phase 2
Vorbereitung + Output + Kontrolle und Anpassung Phase 4
Abb. 3: Phasen der Kommunikation
Bei der Organisation der Kommunikation sollte man Folgendes beachten: • Die Vorbereitungen sollten so früh wie möglich beginnen, um auch wirklich kommunizieren zu können, sobald es notwendig ist. • Es sollte viel Energie in die gute Zusammenarbeit zwischen der beauftragten Organisation und der übernommenen Partei investiert werden, um die wir-ihr-Distanz abzubauen. • Das beauftragte Management sollte frühzeitig mit einbezogen werden, da es erster Ansprechpartner für die neuen Mitarbeiter ist, damit es die Integrationsaufgaben des TMT nach der transition übernehmen kann. • Der Betriebsrat der beauftragten Organisation sollte ebenfalls früh einbezogen werden. 4.3
Der Kommunikationsprozess
4.3.1 Kommunikationsmix In einer Kommunikationsmatrix (auch Medien/Inhalt-Matrix genannt) werden die Kommunikationsmittel verzeichnet, die in der Organisation verwendet werden (siehe das Beispiel bei Koeleman 1995, 77). Bis zum Abschluss der transition, während das Kommunikationsteam der zu übernehmenden Gruppe die Kommunikation leitet, wird nach Möglichkeit Gebrauch von denjenigen Kommunikationsmitteln gemacht, die in der KundenOrganisation schon vorhanden waren und die die zu übernehmenden Mitarbeiter bereits kennen, um die anstehenden Veränderungen möglichst
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konfliktfrei über vertraute Medien leichter zu kommunizieren. Erst allmählich wird das Repertoire mit den Kommunikationsmitteln der beauftragten Organisation erweitert. 4.3.2 Kommunikationsphasen Die Kommunikationsphasen, die bei der Organisation der Kommunikation gelten, spiegeln sich auch in den entsprechenden Kommunikationsvorgängen. Als „Meilensteine“ (auch key-points) gelten dabei wie dargestellt die Unterzeichnung des „Letter of Intent“, die Unterzeichung des Vertrags (faktischer Beginn der Übernahme) sowie das Ende des transition-Prozesses (s.o. Abbildung 3). In diesem Beitrag geht es zwar vor allem um die interne Kommunikation während eines Insourcingprozesses, doch können externe Faktoren einen großen Einfluss auf die Planung der internen Kommunikation haben. In manchen Bereichen und zu bestimmten Zeitpunkten lassen sich interne und externe Kommunikation daher nicht voneinander trennen. So ist die Art und Weise, wie man die Unterzeichnung des „Letter of Intent“ veröffentlicht, sehr wichtig (Kommunikationsphase 1). Wenn beide Betriebe an der Börse sind, wird die Bekanntmachung eines geplanten In-/ Outsourcingdeals den Kurs der Aktien beider Unternehmen beeinflussen, wie dies bei den untersuchten Firmen X (bzw. ihrer Muttergesellschaft) und Z der Fall war. Die Kommunikation muss sich daher nach strikten Regeln richten: Zum Beispiel darf die Bekanntmachung nicht stattfinden, während die Börse geöffnet ist, sondern nur vor oder nach Schließung der Börse. Bei der Vorbereitung der Kommunikation müssen folgende Aspekte beachtet werden: • Mitarbeiter sollten von ihren Managern vor der Presse informiert werden. • Der Betriebsrat muss ebenfalls vorher informiert werden, da er gesetzlich zu einer Stellungnahme verpflichtet ist. • Auch der Kunde muss informiert werden, bevor er die Neuigkeiten aus der Presse erfährt. • Die gesetzlich festgelegten Regeln der Börse müssen eingehalten werden. • Auch die Gewerkschaften sollten persönlich von den Managern informiert werden.
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Die externe Kommunikation ist in diesem Fall eng mit dem internen Kommunikationsprozess verflochten. Der nächste Meilenstein ist die Vertragsunterzeichnung (Kommunikationsphase 3). Hier gilt im Grunde dasselbe wie für die Unterzeichnung des LOI, doch hat letzterer keinen so großen Effekt auf die Börse wie der eigentliche Vertragsabschluss. Vor der Unterzeichnung ist auch hier eine formelle Zustimmung des Betriebsrates notwendig, die eine erste Hürde darstellen kann, insbesondere wenn der Betriebsrat sich nicht ausreichend informiert fühlt. In der Verifikationsphase (Kommunikationsphase 2), die zwischen diesen beiden Phasen liegt, gibt es – laut europäischem Recht – wie gesagt offiziell keine Kontakte zwischen den Mitarbeitern der beiden Organisationen. Diese Phase muss so kurz wie nur irgend möglich gehalten werden, um die Unsicherheit bei den Mitarbeitern nicht zu vergrößern, weil sonst die Gefahr besteht, dass Mitarbeiter den Betrieb, der ein Outsourcing plant, verlassen. Die Gewerkschaften spielen in dieser Phase eine besonders wichtige Rolle, weil sie im Interesse der Mitarbeiter Druck ausüben können, um den Einigungsprozess zu beschleunigen. Aus der Fallstudie geht hervor, wie groß dieser Druck sein kann: Die Gewerkschaften waren in diesem Fall der Meinung, dass der Prozess nicht schnell genug verlaufe, und informierten daher die Presse. Ein Artikel erschien u.a. in der Fachzeitschrift „Computable“. Die Folgen dieses eher negativen Artikels waren intern bei Z bzw. Y spürbar, weil durch die steigende Unruhe und Unsicherheit zahlreiche Mitarbeiter aus Furcht vor einem positiven Verhandlungsergebnis kündigten. Dieses Beispiel zeigt, dass auch die externe Kommunikation die interne beeinflussen kann. Das Kommunikationsteam hat in dieser Phase unter anderem die Funktion eines „Stimmungsbarometers“; es ist z.B. verantwortlich dafür zu sorgen, dass nicht (zu) viele Mitarbeiter die Organisation verlassen möchten. Da jedoch einerseits noch keine Information über konkrete Veränderungen des Arbeitsalltags vorliegen, der Verzicht auf Kommunikation andererseits keine Lösung darstellt, kann diese schwierige Übergangsphase mit Informationen über den möglichen Partner, seine Struktur, Organisationskultur und Arbeitsweise, die Marktsituation u.Ä. gefüllt werden. Da auch die Presse ein großes Interesse an den Vorgängen hat, ist es wichtig, konkrete Ansprechpartner zu benennen und auf eine klare Berichterstattung zu achten, um Missverständnisse und die Publikation von unzu-
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treffenden Sachverhalten im Interesse der Mitarbeiter und Kunden zu vermeiden. In der vierten Kommunikationsphase (Transfer und Transformation) wird die externe Kommunikation unwichtiger, während die interne an Gewicht gewinnt, weil es ab jetzt um konkrete Veränderungen in den Unternehmen geht. Die Kommunikation betrifft sowohl das Erstellen von Transfer-Entwürfen als auch die Transformation selbst (siehe Phaseneinteilung in Abbildung 1). Bei den Kommunikationsphasen 1 und 3 konnte zwischen der Vorbereitung und der Durchführung unterschieden werden, weil es sich dabei um spezifische Kommunikationsanlässe und kurze Phasen handelt (siehe Abbildung 3). In der zweiten und der vierten Phase lässt sich eine solche zeitliche Unterteilung nicht treffen, weil sich beide Phasen über einen längeren Zeitraum erstrecken und währenddessen Planungskontrollen sowie eventuelle Veränderungen in der Kommunikationsstrategie stattfinden. 4.3.3 Sozial-psychologische Prozesse Sozial-psychologische Prozesse, die bei einer Übernahme eine Rolle spielen, sind zum Beispiel der Umgang mit verschiedenen Betriebskulturen, mit dem Verlust an Betriebsklima und dem Verlust von Vertrautheit. Es ist sehr wichtig, auch diesen Prozessen ausreichende Aufmerksamkeit zu widmen, da sie wesentlich dazu beitragen, dass die Integration nicht nur auf dem Papier, sondern auch in den Köpfen der Betroffenen stattfindet. Im Y-Insourcing der Fallstudie wurden bewusst die two-step flow-Theorie (Katz & Lazarsfeld 1955) und das emotion of change-Modell (z.B. Verbeek 1998) als methodische Basis für die Kommunikationsplanung gewählt und als Ausgangspunkt benutzt. Die beiden Modelle werden im Folgenden kurz erklärt. Aus Untersuchungen geht hervor, dass Informationen in einer Organisation häufig nicht alle Empfänger zum selben Zeitpunkt erreichen, sondern erst mehrere Etappen zurücklegen (= two-step flow): Die Informationen werden von einigen Empfängern aufgenommen und interpretiert. Bei der Weitergabe der Information an Personen in ihrer Umgebung werden sie zu Meinungsführern (opinion leader). Außer diesen „Erstempfängern“ wird es auch unter den späteren Empfängern in der Organisation Personen geben, die aufgrund ihrer Position und/ oder ihres Charismas die Rolle von Meinungsführern übernehmen. Insbesondere letztere können eine wichtige Rolle spielen, wenn
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es darum geht, die Mitarbeiter bei den Veränderungen miteinzubeziehen und Zustimmung von ihnen zu erhalten. Für die Durchführung der Kommunikation ist es daher äußerst wichtig zu wissen, wer diese Meinungsführer sind, und sie in den Kommunikationsprozess einzubinden. Das emotion of change-Modell beschreibt einen sozial-psychologischen Prozess, der bei einer Übernahme oder bei organisationalen Veränderungen eine wichtige Rolle spielt. Die amerikanische Psychiaterin Elisabeth KublerRoss (1969) vergleicht Gefühle, die während einer Organisationsveränderung entstehen, mit Gefühlen, die Menschen haben, wenn sie mit etwas Folgenschwerem konfrontiert werden, wie z.B. mit einer lebensbedrohlichen Krankheit. Die Gefühle bei einer Organisationsveränderung sind zwar nicht so intensiv, aber der emotionale Prozess ist der gleiche (siehe Abbildung 4). Aktiv
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Emotionale Reaktion
Zeit
1 7 3
Passiv
2
6
Abb. 4: Emotions of Change (Verbeek 1998, 4)
In der ersten Phase (1) nehmen die Mitarbeiter relativ emotionslos die Ankündigung der bevorstehenden Veränderungen auf. Darauf folgt meist ein Gefühl der Lähmung und Hoffnungslosigkeit, der Angst und Verwirrung. Während der zweiten Phase (2) entsteht allmählich Widerstand gegen Neuerungen. Darauf folgen fast immer Ignoranz (3) und dann Ärger oder Wut (4). Es herrscht nun große Unsicherheit, die Mitarbeiter reagieren häufig unverhältnismäßig. In dieser Phase ist der Widerstand am größten. Wenn die Organisation sich durchsetzt und diese Phasen übersteht, werden die Mitarbeiter anfangen ihre Meinung über die alte Arbeitsweise zu revidieren (5). Schritt für Schritt werden die Mitarbeiter die Vorteile der Veränderungen
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erkennen und einsehen, dass die alte Situation nicht vorteilhafter war. Dann fallen sie jedoch zurück in eine eher passive und niedergeschlagene Haltung (6). Das Unvermeidliche wird hingenommen, sie beginnen die neue Situation zu erproben (7). Die neue Situation wird schließlich akzeptiert (8), die Arbeitsweise wird immer stärker an die Situation angepasst. Die Motivation bestimmt dabei die Aktivität und das Engagement der Mitarbeiter. Die beiden Modelle verweisen für die Planung des Kommunikationsmix auf die wichtige Bedeutung von ausreichender persönlicher Kommunikation und Verständnis für die emotionalen Reaktionen der Mitarbeiter auf die Veränderungen sowie auf die Notwendigkeit einer frühzeitigen Einbeziehung der Meinungsführer. Für die Y-Übernahme wurde eine spezielle, dreiteilige Kommunikationsmatrix erstellt: Der erste Teil nennt alle Kommunikationszielgruppen und die Tracks, die mit diesen Zielgruppen zu kommunizieren haben. Im zweiten Teil sind alle Zielgruppen und die sie jeweils betreffenden verschiedenen Kommunikationsaktivitäten dargestellt. Der dritte Teil markiert je Zielgruppe, welcher Effekt in Bezug auf Art Veränderung, Wissen, Einstellung und Verhalten bewirkt werden soll. Die persönliche Kommunikation wurde während des gesamten untersuchten Insourcingdeals beim Y-Insourcing intensiv praktiziert. So wurden bereits vor Bekanntgabe des Namens von X so genannte com-ins organisiert, zu denen die Mitarbeiter gehen konnten, um über die Outsourcingpläne zu sprechen. Das Ziel dieser Treffen war es, Reaktion und Informationsbedürfnis der betroffenen Mitarbeiter zu erfassen. Des Weiteren wurden einige Mitarbeiter von X eingeladen, die bereits persönlich ein Insourcing erlebt hatten und die über ihre Erfahrungen berichten konnten. Eine solche Vorgehensweise ist aus sozial-psychologischer Sicht sehr empfehlenswert, da die Unsicherheiten, mit denen die Mitarbeiter zu kämpfen haben, in solchen Gesprächen teilweise beseitigt werden können. Auch schaffen sie ein Bewusstsein für Situation und emotionale Folgen. In einem späteren Stadium der Übernahme wurden comins noch einmal eingesetzt, um über die neuen Arbeitsverhältnisse zu reden. Das Kommunikationsteam sorgte dafür, dass alle Y-Mitarbeiter die Nachricht der Unterzeichnung des LOI mit der Organisation X von ihrem eigenen Manager persönlich erfuhren. Auch die Roadshows, in denen das Kommunikationsteam in verschiedenen Filialen der Organisationseinheit Y eine Präsentation über den Partner und die Zukunft zeigte, waren erfolgreich. Nach der
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Übernahme wurden diese noch zweimal zu Themen des Human Resource Managements (wie Arbeitsverhältnisse, Übergangsprotokoll, Rente usw.) organisiert. Während der vierten Kommunikationsphase kam es zunehmend zu einer schriftlichen Kommunikation über Arbeitverhältnisse, Gehälter usw. Diese wurde durch persönliche Kommunikation oder das Vorhandensein von Ansprechpartnern ergänzt. Ein Kommunikationsmittel, das dabei häufig verwendet wurde, war das interface update. Dabei handelte es sich um eine elektronische Zeitschrift, die per E-Mail verschickt wurde und nur über die Übernahme berichtete. Bei Unterzeichnung des Vertrags erhielt jeder Mitarbeiter einen briefing kit, d.h. einen Wilkommensbrief, Informationen über X und dessen Mitarbeiter sowie Informationen über die neuen Arbeitsverhältnisse. Schließlich wurde noch ein Informationsmarkt als eine Art Willkommensgruß für die übernommenen Y-Mitarbeiter abgehalten. Dabei präsentierten sich die verschiedenen Abteilungen von X mit eigenen Ständen, und in Workshops für spezielle Zielgruppen (wie z.B. die Sekretärinnen) wurde über Arbeitsmethoden, Kultur und die internationale Entwicklung von X informiert. Neben den Informationen über X, bot der Markt auch die Möglichkeit, die Mitarbeiter von X informell kennen zu lernen. Die oben besprochenen Kommunikationsaktivitäten hatten alle dieselbe Zielgruppe, nämlich die übernommenen Mitarbeiter. An der Organisation eines Human Resource Transition Workshop war das übernommene/ begleitende Management von Y beteiligt, um zu unterstreichen, dass das Management die Mitarbeiter, ihre Informierung und den Gedankenaustausch unterstützt. 4.4
Die Kommunikationsinhalte
Beim Inhalt der Kommunikation lassen sich verschiedene Arten der Information unterscheiden (Reijnders 1997, 9): • Aufgabeninformationen (Informationen für den primären Prozess, die Arbeit). • Strategische Informationen (richtungsweisende und motivierende Informationen). • Soziale Informationen (Informationen über Persönliches und Soziales). Nach welchen Informationen die Mitarbeiter am meisten verlangen, hängt davon ab, in welchem Stadium des Übernahmeprozesses man sich gerade
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befindet und inwieweit die Übernahme in der Praxis spürbar ist. Logischerweise wollen die Mitarbeiter zuerst wissen, warum ein neuer Partner gesucht wird und um wen es sich dabei handelt. Sobald der Name des Partners bekannt ist, wollen die Mitarbeiter möglichst schnell mehr über ihn, die Arbeitsbedingungen und Aspekte wie Gehalt/ Rente erfahren, auch wenn die Übernahme noch in weiter Ferne liegt und die konkreten Veränderungen der Arbeitsbedingungen noch nicht zu erfassen sind. Abbildung 5 zeigt die Informationsbedürfnisse von Seiten der Mitarbeiter: Personengebundene Informationen
Was bedeutet das für mich? Regelungen? Was für ein Betrieb ist der Partner?
Wer ist der Partner?
Gründe für die Übernahme? Allgemeine Informationen
Abb. 5: Pyramide des Informationsbedarfs
So wie sich der Informationsbedarf mit der Zeit verändert, so kann auch je Kommunikationsphase skizziert werden, welche Informationen eine besondere Rolle spielen (siehe auch Abbildung 3): Die Kommunikationsphasen 1und 3, die nicht lange dauern und sich auf spezielle Text-Entwürfe beziehen (LOI und Vertrag), sind durch Strategieinformationen gekennzeichnet (zum Beispiel zu Gründen für die Übernahme und für die Wahl des Partners oder zur Integration der Übernahme in die Unternehmensstrategie). Hierzu zeigen die beiden untersten Ebenen der Pyramide in Abbildung 5, welche Informationen dabei verlangt werden. Während der dazwischen liegenden, zweiten Kommunikationsphase werden Strategie-Informationen immer stärker betont, doch werden auch soziale und aufgabenbezogene Informationen immer wichtiger. Die Informationen, nach
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denen verlangt wird, liegen in der Pyramide auf der dritten und vierten Ebene von unten. Während der vierten Kommunikationsphase ist die Übernahme zur Tatsache geworden und macht sich in der Praxis bemerkbar. In dieser Phase sind sowohl soziale als auch aufgabenbezogene Informationen wichtig. Die Betroffenen wollen wissen, welche Konsequenzen die Veränderungen für ihre eigene Arbeit (Aufgaben) haben und wie sich die Arbeitsumstände und Arbeitsbedingungen ändern (sozial). Diese Phase korreliert mit der obersten Ebene der Pyramide. Die Art der Information, die die Mitarbeiter erwarten, hängt also mit der Phase zusammen, in der sich der Insourcingprozess befindet. Dies zeigte sich deutlich bei der Y-Übernahme. Um Mitarbeiter gezielt informieren zu können, wurde eine E-Mail-Adresse generiert, an die Mitarbeiter ihre Fragen schicken konnten. Die Mitarbeiter bekamen eine persönliche E-Mail zurück, die am häufigsten gestellten Fragen wurden mit Antwort im Intranet veröffentlicht. Die Art der Fragen, die gestellt wurden, zeigt eindeutig, wie sich das Verlangen nach bestimmten Informationen im Laufe der Zeit geändert hat: Die ersten 45 Fragen waren weitgehend allgemeiner Art zu den Motiven der Wahl von X und zur Organisation X. Danach konzentrierten sich die Fragen auf Vereinbarungen mit und Regeln bei X, wie zum Beispiel auf Arbeitsverhältnisse und Rentenvorsorge in Frage 52, die während der Verifikationsphase gestellt wurde. Die Antwort lautete: „In dieser Phase können wir Ihnen die oben gestellte Frage leider noch nicht (oder nicht korrekt) beantworten. Arbeitsverhältnisse werden mit den Gewerkschaften verhandelt.“ (Übersetzung durch die Verf.). Die Fragen ab Frage 69 wurden nach der Unterzeichnung des Vertrages gestellt und bezogen sich sämtlich auf mögliche persönliche Veränderungen und spezielle Regelungen. Aus dem bisher Gesagten wird deutlich, dass sich das Kommunikationsteam auf die sich ändernden Informationsbedürfnisse der Mitarbeiter einstellen muss. Da weitgehend im voraus abzusehen ist, welche Informationen die Mitarbeiter wann erwarten, bietet sich dem Kommunikationsteam die Möglichkeit, sich darauf vorzubereiten. Selbst wenn z.B. während der Verifikationsphase noch keine konkreten Antworten gegeben werden können, ist es trotzdem wichtig, die Fragen zu bearbeiten und zu beantworten.
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Bewertung der Kommunikationsqualität in der Fallstudie
Für die Befragten der Fallstudie waren die wichtigsten Kriterien für gute Kommunikation, dass sie rechtzeitig und zuverlässig erfolgt, dass die Informationen verständlich, relevant und umfangreich sind sowie ihre leichte Zugänglichkeit. Auch Offenheit wurde häufig genannt, obwohl diese in der gebotenen Auswahl nicht angeführt war. Die Befragten gaben des Weiteren an, dass die Qualität in den verschiedenen Prozessphasen unterschiedlich war. Zum Inhalt der Kommunikation während des Y-Insourcings wurden folgende Plus- und Minuspunkte genannt: Rechtzeitigkeit war während des Y-Insourcing nicht nur eine der wichtigsten Forderungen, sondern auch die am schwierigsten einzulösende für das Kommunikationsteam. Die Y-Mitarbeiter wussten bereits seit längerer Zeit, dass ihr Unternehmen Z nach einem Outsourcing-Partner sucht. Darüber wurde innerhalb Y ausführlich kommuniziert. Als der Partner X bekannt gegeben wurde, wurden die Phasen der erwarteten Informationen schnell durchlaufen. Während der Phase der Verifikation, während der viel verhandelt und nur relativ wenig kommuniziert wird, hatten die Mitarbeiter bereits ein ausgeprägtes Verlangen nach spezifischeren Informationen, die jedoch nicht kommuniziert werden konnten, weil sie noch nicht bekannt waren. Ab diesem Zeitpunkt wurde die Informationsübermittlung immer weniger als zeitgerecht empfunden. Die Auswertungen der Interviews zeigen, dass die Y-Mitarbeiter überwiegend der Meinung sind, dass die gewünschten Informationen zu spät kamen. Der Zeitpunkt der Information kann die Einstellung gegenüber dem Insourcen klar verändern: Dass die Kommunikation rechtzeitig stattfindet, wird als selbstverständlich angesehen. Wenn dies nicht der Fall ist, sind die Mitarbeiter irritiert und es vergrößert sich die Gefahr von Widerstand. Die Schwachpunkte, die genannt wurden, betrafen vor allem die letzte Kommunikationsphase (transition), in der der Inhalt der Kommunikation größtenteils Human Resource-Themen wie Gehalt, sekundäre Arbeitsbedingungen und Rente betrifft. Die Informationen wurden als nicht konkret genug, vage und unklar empfunden, was allerdings möglicherweise auch mit der sehr komplizierten Materie zusammenhängt. Dass Nachrichten klar und verständlich sein sollen, ist für jeden selbstverständlich. Um eine Nachricht klar und verständlich zu formulieren, muss man sich jedoch in den Empfänger hineinversetzen. Die für die Organisation des Insourcings Verantwortlichen haben ein Wissensvorsprung gegenüber den übernommenen Mitarbeitern,
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worauf bei der Formulierung von Nachrichten geachtet werden muss, denn Selbstverständlichkeiten für die Sender sind möglicherweise keine für die Empfänger. Wenn eine Nachricht als nicht konkret genug oder als zu vage erfahren wird, kann dies auch eine Frage der Offenheit sein (s.u.). Offenheit wurde vor allem während der vierten Phase vermisst, was schwer wiegende Folgen für das Vertrauen der übernommenen Mitarbeiter in X hatte. Die Intensität der Kommunikation war während der verschiedenen Phasen sehr wechselhaft. Während der ersten und dritten Kommunikationsphase (LOI und Vertragsunterzeichnung) wurde in kurzer Zeit viel kommuniziert, während der zweiten Phase (Verifikation) deutlich weniger. In der vierten Phase erfolgte plötzlich eine Flut an Informationen, wodurch ein Teil der übernommenen Mitarbeiter den Überblick verlor. Eine gleichmäßigere Intensität der Kommunikation ist empfehlenswert, auch wenn dies in der Praxis schwer zu realisieren ist, weil ja die zugrunde liegenden Informationen nicht gleichmäßig „entstehen“. Es ist zwar verständlich, dass das Kommunikationsteam neue Informationen, die besonders nach der Verifikationsphase und damit nach einer eher informationsarmen Zeit in großen Mengen anfallen, so schnell wie möglich an die Mitarbeiter weitergeben will, doch ergibt sich dadurch ein sehr ungleichmäßiger Informationsfluss. Sowohl eine längere Funkstille als auch unübersichtliche Informationsströme sollten am besten vermieden werden, was vom Kommunikationsteam gute Vorbereitung und Weitsicht verlangt. Die Kritik an der Informationsmenge hängt vom Zeitpunkt im Insourcingprozess und von den Vorkenntnissen und Informationsbedürfnissen der einzelnen Mitarbeiter ab, was die Aufgabe erschwert. Wenn die Mitarbeiter in der Phase sind, in der sie wissen wollen, was die Veränderungen für sie persönlich bedeuten, wird es sehr schwierig, jeden in Bezug auf die Informationsmenge zufrieden zu stellen. Oft sind gerade die Informationen, die die Mitarbeiter wünschen, noch nicht geklärt; die bereits kommunzierbaren Informationen werden dagegen als zu viel abgelehnt. Auch darauf müssen sich TMT, die Tracks und das Kommunikationsteam einstellen. Offenheit wird von den Verantwortlichen als absolut notwendig empfunden, um Zustimmung zu erhalten und damit transition und Kommunikation erfolgreich abzuwickeln. Die betrifft vor allem die konkreten Integrationsmaßnahmen. Ein Mangel an Offenheit kann zur Folge haben, dass sich die übernom-
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menen Mitarbeiter der Übernahme entgegenstellen, selbst wenn sie dem Ganzen ursprünglich positiv gegenüberstanden. Negative Aspekte und Argumente sind bei bestimmten Beschlüssen im Insourcingprozess nicht vermeidbar. Sie werden wie auch die Details der Strategie oder Strategieänderungen nur ungern breiter kommunziert, um frühe Ausstiege zu vermeiden. Nur durch Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen können Verständnis und Zustimmung gefördert werden. Ein letzter Punkt der Kritik betraf die Zugriffsmöglichkeit und Zugänglichkeit von Information. So stellte sich heraus, dass das Intranet unter diesem Aspekt nicht das geeigneteste Kommunikationsmittel war. Wahrscheinlich wäre zumindest eine spezielle Seite, auf der alle relevanten Informationen zugänglich sind, eine bessere Lösung gewesen. Auch eine klare Anlaufstelle fehlte den Mitarbeitern. In einem solchen Insourcingkontext sind push-Kommunikationsmittel (die Informationen werden der Zielgruppe „gebracht“) oft erfolgreicher als pull-Kommunikationsmittel (der Empfänger muss sich seine Informationen holen) – andererseits funktionieren letztere sehr viel einfacher und können klarer koordiniert werden.
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Zusammenfassende Empfehlungen und Ausblick
Aus der Untersuchung lassen sich neben Empfehlungen zur Kommunikation auch einige allgemeine Empfehlungen zum Insourcingprozess ableiten, die keinen direkten Bezug zur Kommunikation haben, aber äußerst wichtig für den Erfolg des Insourcingprozesses sind. Da die externe Kommunikation in diesem Beitrag im Hintergrund stand, wurde sie auch nicht ausführlich diskutiert. In einer Übersicht sind alle Empfehlungen zum Insourcing kurz zusammengefasst. Themen 1. Zusammenhang bid und transition 2. Erwartungsmanagement
Empfehlungen • Sorgen Sie für eine gute Übertragung der wichtigen Informationen von bid zu transition. • Beauftragen Sie bid-Manager mit der Vertragsunterzeichnung und einer erfolgreichen Durchführung. • Achten Sie auf reale Erwartungen beim Kunden und den zu übernehmenden Mitarbeitern und sorgen sie für ein gutes Erwartungsmanagement. • Seien Sie vorsichtig mit Versprechungen, wenn sie nicht wissen, ob Sie sie einhalten können.
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3. Kultur
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• 4. Organisation der Kommunikation
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5. Der Kommunikationsprozess
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Es gibt immer Kulturunterschiede, eine Studie zu diesem Thema ist daher nie überflüssig und sollte sich in Checklisten niederschlagen. Sorgen Sie dafür, dass während der bid-Phase ein vollständiges Bild des Kunden und der zu übernehmenden Partei entsteht und übertragen Sie dieses an das transition-Team. Weder der Kunde noch die zu übernehmende Partei bestehen aus einer homogenen Gruppe, jede Abteilung hat ihre eigenen Merkmale. Das Kommunikationsteam hat von Anfang an einen allgemeinen Überblick und spielt eine wichtige Rolle beim management of change. Lassen Sie in der Planung Raum für plötzliche, unerwartete Situationen. Weichen Sie nur von Ihrer Planung ab, wenn es wirklich nicht anders geht, und kommunizieren Sie dies offen und vollständig. Jeder Track ist verantwortlich für seine eigene Kommunikation, stimmt diese aber vorher mit dem Kommunikationsteam ab. Suchen Sie in einem frühen Stadium die Meinungsführer in der zu übernehmenden Partei und beziehen Sie sie als change agents ein. Benutzen Sie bei der Übernahme so viel wie möglich vertraute Kommunikationskanäle der übernommenen Partei (vorausgesetzt, diese sind akzeptiert und werden gut genutzt). Nutzen Sie Kommunikationsmittel dieses und anderer Deals, deren Erfolg erwiesen ist. push-Kommunikation ist erfolgreicher als pullKommunikation. Pull-Kommunikation funktioniert nur, wenn sie eindeutig und simpel ist. Benutzen Sie sie jedoch, wo es möglich ist. Achten Sie bei Kontrolle und Bestandsaufnahmen auf messbare Resultate (z.B. Reaktionen der Befragten, Zahl der Fragen, Kündigungen, Krankmeldungen). Schenken Sie den sozial-psychologischen Prozessen in einem frühen Stadium Aufmerksamkeit, indem Sie rechtzeitig ein Bewusstsein beim beauftragten Management wie beim übernommenen Personal schaffen und beide Zielgruppen mit Trainings, Workshops usw. vorbereiten. Geben Sie Menschen Zeit für das, was sie können.
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6. Inhalt der Kommunikation
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Offenheit ist absolut notwendig, um Zustimmung zu erreichen und um transition und Kommunikation zu einem Erfolg zu bringen. Seien Sie vorbereitet auf das Verlangen der Mitarbeiter nach bestimmten Informationen. Sorgen Sie dafür, dass dieses Verlangen gestillt wird (siehe Abb. 5). Sorgen Sie für regelmäßige Berichterstattung, auch wenn es keine Neuigkeiten gibt. Wenn eine Nachricht für den Sender eindeutig ist, bedeutet dies nicht automatisch, dass sie auch für den Empfänger verständlich ist. Für eine verständliche Nachricht muss sich der Sender in die Lage des Empfängers versetzen.
Interne und externe Kommunikation während Insourcingdeals sind eng miteinander verflochten und beeinflussen einander stark. In diesem Beitrag stand die interne Kommunikation im Vordergrund. In Unternehmen besteht ein großes Bedürfnis nach Standardisierung von Arbeits- und Kommunikationsprozessen, um Zeit zu sparen und dem Verlust von handlungsrelevanten Informationen vorzubeugen. Anleitungen zur Kommunikationsplanung bei Insourcingdeals tragen zu einer solchen Standardisierung bei und unterstützen die Konservierung situationsrelevanten Wissens. Die oben genannten Empfehlungen sind zwar auf die Organisation X der Fallstudie zugeschnitten, eignen sich jedoch als Ausgangsbasis auch für andere Organisationen, die ein Insourcing planen.
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Reijnders, E. (1997): Interne communicatie: aanpak en achtergronden. Assen. Verbeek, T. (1998) : Service product communications management. Veldhoven. http://www.outsourcing-law.com
Der nationale Fusionsprozess als unternehmenskultureller Schock? Verena Stengel
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Einleitung
Obwohl das Fusionsfieber in Deutschland von der anhaltenden Konjunkturschwäche abgelöst wurde, sind Unternehmensübernahmen nach wie vor an der Tagesordnung. Die Globalisierung forciert diese Entwicklung sogar noch. Stellt man jedoch die Frage nach den Auswirkungen von Fusionen und nicht zuletzt nach deren Erfolg, so ist diese schwierig zu beantworten. Diese Schwierigkeiten in der Definition des Begriffes Erfolg und in seiner Erfassung mögen für die breite Varianz der Erfolgszahlen von Fusionen verantwortlich sein. Positive Ergebnisse erklären 50–60 % der durchgeführten Fusionen für erfolgreich (SZ 28.12.2000, 26), andere nur ca. 25 % (Winkler & Dörr 2001). Feststeht jedenfalls, dass eine erhebliche Anzahl durchgeführter Fusionen von den Beteiligten nicht als erfolgreich beurteilt wird. Hierfür konnten von betriebswirtschaftlicher Seite nicht immer befriedigende Antworten gefunden werden. Bei internationalen „Groß-Fusionen“ dienten die unterschiedlichen Nationalitäten bald als hinreichende Erklärung. Dass unterschiedliche Nationalkulturen aber nur noch einen zusätzlichen Komplexitätsfaktor im Zusammentreffen zweier Unternehmenskulturen darstellen (Grosse-Lege 2000), wurde erst nach und nach erkannt. Nachdem allerdings eine Vielzahl zwischenmenschlicher Probleme auch bei nationalen Fusionen offensichtlich wurde, wie beispielsweise bei der „Hochzeit“ der Bayerischen Vereinsbank mit der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank, wurde die „Unternehmenskultur“ auch bei nationalen Fusionen mehr und mehr als Erklärungsalternative für Integrationsschwierigkeiten herangezogen. Als Folge veröffentlichten viele Personalberater deshalb Erfahrungsberichte und „Erfolgsrezepte” zum Thema „Unternehmenskultur“ und wie man sie zu managen habe (Penzel 2000). Theoretisch fundierte psychologische Untersuchungen, die die ablaufenden Prozesse analysieren, fehlen jedoch weitgehend im deutschsprachigen Raum. Diese Lücke will die vorliegende Arbeit mit der empirischen Untersuchung mehrerer Unternehmenszusammenschlüsse bei genossenschaftlichen Banken schließen (siehe genauer unter 3).
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Verena Stengel
Theoretische Grundlagen: Das Kulturkonzept als Erklärungsmodell für Fusionsprozesse
Im ersten Moment mag es befremdlich erscheinen, dass für eine Arbeit, deren Untersuchungsgegenstände in ein und derselben Nation angesiedelt sind, interkulturelle Konzepte zum Tragen kommen. In dieser Arbeit sollen aber besonders die Interaktionen zwischen den Personen der verschiedenen Unternehmen beleuchtet werden. Da in dieser Studie davon ausgegangen wird, dass Personen im Rahmen einer Fusion vor allem vor dem Hintergrund ihrer Unternehmenskultur handeln, bietet sich ein interkulturelles Theorienkonstrukt zur Analyse an. Der vorliegenden Arbeit liegt eine kulturpsychologische Definition von Thomas (1999) zugrunde: „Kultur ist ein universelles, für eine Gesellschaft, Organisation und Gruppe aber sehr typisches Orientierungssystem. Dieses Orientierungssystem wird aus spezifischen Symbolen gebildet und in der jeweiligen Gesellschaft usw. tradiert. Es beeinflusst das Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller ihrer Mitglieder und definiert somit deren Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Kultur als Orientierungssystem strukturiert ein für die sich der Gesellschaft zugehörig fühlenden Individuen spezifisches Handlungsfeld und schafft damit die Voraussetzungen zur Entwicklung eigenständiger Formen der Umweltbewältigung.“ (Thomas 1999, 104)
Diese Definition ermöglicht die Übertragung des Kulturbegriffs auch auf andere Kulturen als Nationalkulturen, z.B. wie in dieser Arbeit auf Organisationskulturen. Ferner stellt der Begriff des „Orientierungssystems” einen zentralen Punkt dieser Definition dar. Eine Definition, die Orientierung als Grundbestandteil beinhaltet, scheint für einen Untersuchungsgegenstand wie ein Wirtschaftsunternehmen, das stark durch explizite, orientierungsstiftende Strukturen – wie beispielsweise sein Organigramm – geprägt ist, besonders geeignet. Ferner kommt Orientierung vor allem in interkulturellen Interaktionen eine große Bedeutung zu (vgl. Dadder 1987; Thomas 1999). Da in dieser Arbeit dargestellt wird, dass eine Unternehmensfusion als interkulturelle Begegnung verstanden werden kann, wurde die oben genannte Definition gewählt. 2.1
Kulturelle Überschneidungssituation
Im Folgenden soll nun auf die Besonderheit einer kulturellen Begegnung und ihre Einflussfaktoren genauer eingegangen werden.
Der nationale Fusionsprozess als unternehmenskultureller Schock?
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Treffen Personen verschiedener Kulturen aufeinander, kann von einer „kulturellen Überschneidungssituation“ gesprochen werden. Unter „kultureller Überschneidungssituation” (Breitenbach 1974; Thomas 1993) versteht man eine Situation, in der eine oder mehrere Personen aus unterschiedlichen kulturellen Orientierungssystemen miteinander interagieren. Jede der beteiligten Personen versucht die Situation vor dem Hintergrund ihres eigenen Orientierungssystems zu interpretieren und befindet sich so gleichzeitig in mehr als einer Situation (Lewin 1963). Sind sich die beteiligten Personen dessen nicht bewusst, kann Verwirrung oder Verärgerung über das Verhalten der anderen Person(en) entstehen, da dieses nicht in das eigene Orientierungssystem hineinpasst. Es kann somit zu einer „kritischen Interaktionssituation” (Thomas 1993, 381) kommen. „Kritisch“ meint hierbei, dass die beteiligten Personen verwirrt über das Verhalten des Anderen sind. Diese Verwirrung kann auf einer Seite auch durch positive Emotionen geprägt sein. Meist zeichnen sich kritische Interaktionssituationen jedoch auf einer oder beiden Seiten der beteiligten Personen durch mehr oder minder negative Emotionen aus. 2.2
Einflussfaktoren und deren Wirkungen auf Fusion als unternehmenskultureller Überschneidungssituation
In jeder kulturellen Überschneidungssituation stehen verschiedene sozialpsychologische Phänomene mit dem Prozess der interkulturellen Begegnung in wechselseitiger Interaktion. In den folgenden Abschnitten soll erläutert werden, inwiefern die einzelnen sozialpsychologischen Prozesse auf das Fusionsgeschehen Einfluss nehmen können oder durch den Fusionsprozess beeinflusst werden. 2.2.1 Selbstbild, Fremdbild und vermutetes Fremdbild im Fusionsprozess Wie oben dargestellt, spielt die Wahrnehmung der eigenen Person in einer Kultur eine Rolle im Fusionsprozess. Diese Wahrnehmung ist stark durch den Vergleich mit einer anderen Kultur geprägt. Ob zwischen der Wahrnehmung der eigenen Person in einer Unternehmenskultur und der Wahrnehmung von einer Person einer anderen Unternehmenskultur Unterschiede bestehen, soll im Folgenden geklärt werden. Die Wahrnehmung der eigenen Person und der eigenen Gruppe erfolgt nicht auf die gleiche Weise wie die anderer Personen. Während beim eigenen
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Verhalten die Persönlichkeit in den Hintergrund tritt und bei Fehlverhalten Situationsvariablen als Ursache herangezogen werden, konzentriert sich bei anderen Personen die Wahrnehmung wesentlich auf deren Person (vgl. Herkner 1991, 360f). Das bedeutet, dass in einem Fusionsprozess eine Führungskraft beispielsweise Schwierigkeiten im Umgang mit den neuen Mitarbeitern bei sich selbst auf den erhöhten Arbeitsaufwand während der Fusion zurückführt, dennoch aber das Gefühl hat, die neuen Mitarbeiter seien unfähig, was zur Verschärfung der Situation beiträgt. Ross (1977) nennt dies den fundamentalen Attributionsfehler, nämlich die Wirkung von Persönlichkeitsfaktoren zu überschätzen und die Wirkung von Situationsfaktoren zu unterschätzen. Überträgt man die Unterschiede von der Selbst- und Fremdwahrnehmung auf einen Fusionsprozess, so wird klar, dass das Kennenlernen der Fremdbilder des Anderen nicht immer ein angenehmer Prozess ist. Zumeist stimmen unsere vermuteten Fremdbilder mit unseren Selbstbildern überein und sind daher sehr positiv geprägt, da dies zur Stabilisierung eines positiven Selbstwerts beiträgt. Die Fremdbilder, die eine andere Person an uns heranträgt, können jedoch durchaus negativ sein. Diese Differenz des Selbstund Fremderlebens kann im Fusionsprozess zu Schwierigkeiten führen. 2.2.2 Stereotype und Vorurteile Fremdbilder besitzt man nicht nur von Personen oder Organisationen, mit denen intensiver Kontakt stattgefunden hat, sondern auch von denen, die wir nur vom Hörensagen kennen und deren Bild für uns sehr vage ist. So meint man ohne eigene Erfahrungen gesammelt zu haben zu wissen, dass Japaner höflich, Italiener gute Liebhaber und die Genossenschaftsbank im Nachbarort familiär und altmodisch ist. Die Kategorisierung ganzer Personengruppen mit bestimmten Eigenschaften bezeichnet man als Stereotypisierung (Allport 1954; Brislin 1981). Ist dieser Begriff in der Alltagssprache auch zum Teil sehr negativ besetzt, so handelt es sich bei der Stereotypisierung doch um eine fundamentale Wahrnehmungsfunktion, die zur Bewältigung der Informationsflut dient. Eng mit dem Begriff des Stereotyps ist der Begriff des Vorurteils verbunden. So kann eine Einstellung, die bezüglich einer Person nicht mehr revidiert wird, an andere Personen weitergegeben wird und negativ emotional besetzt ist, als Vorurteil bezeichnet werden (vgl. Herkner 1991, 493).
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Stereotype und Vorurteile kommen in allen Bereichen des menschlichen Zusammenlebens vor. Für einen Unternehmenszusammenschluss wird das Thema Stereotype und Vorurteile dann relevant, wenn Unternehmen fusionieren, in denen vor der Fusion starke Vorurteile über das andere Unternehmen bestanden. Diese werden dann in den Fusionsprozess hineingetragen und können zu Konflikten führen. Ferner können Vorurteile im Fusionsprozess entstehen, wenn der kulturelle Hintergrund der Personen eines Unternehmens nicht aufgeklärt wird und somit ungewohnte Verhaltensweisen als negativ kategorisiert werden. 2.2.3 Abgleich von Erwartung und Realität Steht ein Kontakt mit Menschen einer anderen Kultur bevor, so hat man bestimmte Erwartungen bezüglich des Verhaltens der fremden Personen. Je nachdem wie stark mein Fremdbild von Personen einer anderen Kultur ausdifferenziert ist, entsprechen diese Erwartungen der Realität. Arbeitet eine Bank beispielsweise schon viele Jahre mit ihrem zukünftigen Fusionspartner zusammen, so werden sich die Überraschungen über neue Arbeitsweisen in Grenzen halten. Sind die Erwartungen einer Person an das neue kulturelle Umfeld sehr realitätsfremd, so wird dies im kulturellen Kontakt, im vorliegenden Fall während einer Fusion, augenfällig. Die Erwartungen werden dann enttäuscht. Brislin u.a. (1986) bezeichnen dies als so genannte „disconfirmed expectancies“. Wie intensiv negative Emotionen infolge von „disconfirmed expectancies“ empfunden werden, hängt von der Differenz zwischen Erwartung und Realität ab (Brislin 1993). Demnach ist anzunehmen, dass Erwartungen und ihrer Erfüllung eine große Bedeutung in Fusionsprozessen zukommt, nicht zuletzt deshalb, weil in diesem Fall eine Person auf den unterschiedlichsten Ebenen Erwartungen herausbildet. Auf individueller Ebene spielen die Erwartungen bezüglich der persönlichen Karriere und der Rolle im Unternehmen eine entscheidende Rolle. Auf interpersonaler Ebene können Erwartungen, die sich auf die Führungskräfte und Mitarbeiter des Partnerunternehmens beziehen, sich auf den weiteren Fusionsprozess auswirken. Letztendlich sind auch die Erwartungen auf organisationaler Ebene, nämlich was die Unternehmenskultur, die Strategie und den Erfolg des Partnerunternehmens und des künftigen Unternehmens betrifft, von entscheidender Bedeutung.
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2.2.4 Kulturschock Treffen nun Personen unterschiedlicher Unternehmenskulturen im Fusionsprozess aufeinander, so erleben sie häufig einen „Kulturschock“ (Oberg 1960). Forscher, die nach Oberg den Prozess „Kulturschock“ untersucht haben, sind sich einig, dass ein Kulturschock eine normale Reaktion auf den Übertritt in eine neue Kultur und das Streben nach einer stabileren Umwelt darstellt. Übereinstimmung besteht auch darüber, dass dieser Prozess als stressbeladen erlebt wird (Furnham & Bochner 1986). Es kann davon ausgegangen werden, dass der erlebte Stress mit der wahrgenommenen Unterschiedlichkeit der Fremdkultur und der vorhandenen Interdependenz der Interaktionspartner zunimmt (Bochner 1994). Darüber hinaus sollten die positiven Aspekte, die bei dem Kontakt mit einer neuen Kultur vorhanden sind, jedoch nicht übersehen werden (ebd.). Der Begriff „Kulturschock“ hat mittlerweile auch in vielen Bereichen der Alltagssprache Einzug gehalten. Gerade im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenschlüssen wird er als Topos des Öfteren in Zeitungen oder von Beratern verwendet. Daher soll an dieser Stelle der Begriff definiert werden, um im weiteren Verlauf der Arbeit Unklarheiten auszuschließen. Der Begriff des Kulturschocks ist eine „Sammelbezeichnung für alle negativ empfundenen psychischen Phänomene, die sich (bei Ausreisenden aller Art) beim Übertritt in eine andere Kultur einstellen. Er umfasst nicht nur massive Schockphänomene, sondern auch leichtere Formen der Irritation und Konfusion beim Erleben von Fremdartigkeit in einer anderen Kultur, die zu einer Distanzierung von bzw. Ablehnung der Fremdkultur führen.” (Thomas u.a. 1997, 91)
Ein befragter Vorstand schildert den Kulturschock der Partnerbank auf die gemeinsame Fusion folgendermaßen: „Eine Bank, die so ist, da ist natürlich alles überschaubar. Das ist wie ein Nest mit Eiern drin. Und aus diesem Nest sind sie natürlich rausgerissen worden. Das ist klar. Sind eingeführt worden in andere Strukturen. Von einer Bank rein in ein Team. Mit ganz anderen Verantwortlichen, ganz anderen Zuständigkeiten. Das ist mit Sicherheit für viele auch ein Kulturschock gewesen.“
Zum Auftreten eines Kulturschocks führt nach Bochner (1994) die Existenz von sechs Faktoren, die in Push-Faktoren, Faktoren, die von der fremden Kultur abstoßen, und Pull-Faktoren, Faktoren, die die Hinwendung zur eigenen Kultur fördern, unterteilt sind:
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A) Push-Faktoren • Anstrengung Die Orientierung in einem neu strukturierten Feld strengt an. Gewohnte Handlungsmuster funktionieren nicht mehr, so dass man nur durch ausgiebige Informationssammlung und schrittweises Ausprobieren neue Strategien erlernt, was einen hohen Zeitaufwand erfordert. In einem fusionierten Unternehmen kommt diese Neuorientierung zum üblichen Tagesgeschäft zusätzlich hinzu, was bei den Beteiligten Stress und Überlastung bewirken kann. • Hilflosigkeit Wird man sich bewusst, dass viele Versuche, Dinge anders zu gestalten oder Verhaltensänderungen bei sich oder anderen herbeizuführen, nicht zum Erfolg führen, kann dies ein Gefühl der Hilflosigkeit hervorrufen. Die Gewissheit, dass eine Zusammenführung der Unternehmen jemals gelingen kann, wird dann in Zweifel gezogen. • Rollenkonfusion Es besteht Ungewissheit darüber, welche Rolle man in der neuen (Unternehmens-)Kultur einnimmt, da die Rollen der Personen der anderen Kultur einem noch verschlossen sind. • Divergenzwahrnehmung Mehr und mehr wird einer Person bewusst, dass sich die Annahme, die beteiligten Kulturen würden sich sehr gleichen, in keiner Weise bestätigt. Im Gegenteil: Die Unterschiedlichkeit des anderen Orientierungssystems tritt umso deutlicher hervor. Dies kann zu Irritationen führen, besonders dann, wenn man der eigenen Schwierigkeiten gewahr wird, das andere System anzuerkennen. B) Pull-Faktoren • Heimweh Der von Bochner angeführte Faktor Heimweh kann nur sehr bedingt auf Unternehmenskultur übertragen werden, da hiermit Heimweh nach der Familie, den Freunden und dem gewohnten Lebensrhythmus gemeint ist. Heimweh ist außerdem nur zu einem Ort möglich, an den man potenziell wieder zurückkehren kann. Da die alte Unternehmenskultur einer Bank nach einer Fusion aber nicht mehr vorhanden ist, ist es hier besser von „Nostalgie“ als von Heimweh zu sprechen. Heimweh kann im Rahmen von Unternehmensfusionen nur nach den alten Kollegen und Kunden aufkommen, wenn eine starke Durchmischung des Personals oder ein Ortswechsel mancher Abteilungen erfolgt.
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• Statusverlust Hat eine Person in der neuen Kultur nicht mehr den gewohnten Status inne, so kann dies zu Verwirrung, Frustration, Ärger und Wut führen. Gerade bei Unternehmensfusionen hat dieser Faktor eine hohe Relevanz. Besonders bei horizontalen Fusionen sind Führungspositionen doppelt besetzt, was zwangsläufig zur Zurückstufung vieler Personen führen muss, um das Vorhaben noch effizient zu gestalten. Ein Kulturschock kann bei manchen Personen sehr unauffällig verlaufen, andere Personen wiederum können sich sehr stark beeinträchtigt fühlen. Wie intensiv ein Kulturschock letztendlich erlebt wird, dafür macht Bochner (1994) fünf weitere Faktoren verantwortlich: 1. Kulturelle Distanz Ein Kulturschock wird umso intensiver erlebt, je stärker sich die Fremdkultur von der eigenen Kultur unterscheidet. So wird ein Unternehmenszusammenschluss zwischen einer Bank mit ländlicher Kundschaft und einer Bilanzsumme von 100 Mio. und einer durch städtische Kunden geprägten Bank mit 3 Mrd. Bilanzsumme anders verlaufen als eine Fusion unter Banken, die ähnliche Kundschaft bedienen und durch ihre Größe ähnliche Steuerungsmechanismen betreiben. 2. Distanz der Aufgaben Ein Kulturschock wird intensiver erlebt, wenn die Aufgabe, die man in der neuen Kultur zu erledigen hat, sich grundsätzlich von der zuvor gewohnten Aufgabe unterscheidet. So wird ein Mitarbeiter, der vor einer Fusion in der Sachbearbeitung tätig war und nach der Fusion Beratungstätigkeiten übernehmen muss, größere Schwierigkeiten haben mit der neuen Situation zurechtzukommen, als wenn er die gewohnte Tätigkeit beibehält. 3. Soziale Unterstützung Ist in der Fremdkultur wenig soziale Unterstützung für eine Person erreichbar, so wird ein Kulturschock stärker erlebt. Dieser Faktor fällt bei Unternehmensfusionen weniger stark ins Gewicht, da immer eine hohe Anzahl von Personen, nämlich das ganze Unternehmen, von der Veränderung betroffen ist. Ein Mitarbeiter, der alleine in eine neue Abteilung des Partnerunternehmens wechselt, wird allerdings vermutlich weniger soziale Unter-
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stützung erfahren als diejenigen, die gemeinsam in ihrer Niederlassung verbleiben. 4. Dauer und zeitliche Klarheit Bei Auslandsaufenthalten wird davon ausgegangen, dass ein Kulturschock umso gravierender empfunden wird, je länger er dauert. Ein langer Aufenthalt bietet allerdings auch eine reelle Chance, den Kulturschock zu überwinden. Ebenfalls begünstigend wirkt die zeitliche Klarheit über den Auslandsaufenthalt. Hier zeigt sich wiederum eine Besonderheit in der Übertragung der interkulturellen Konzepte von Nationalkulturen auf Unternehmenskulturen und insbesondere auf den Sonderfall einer Unternehmensfusion. In diesem Falle ist eine Reintegration in die eigene Kultur nicht mehr möglich, da das Unternehmen in seiner ursprünglichen Form nicht mehr besteht. Die Dauer und zeitliche Klarheit spielt also nur insofern eine Rolle, als sicher ist, dass der Übertritt in eine neue Kultur endgültig ist. Wie oben erwähnt kann dies zu einer schnellen Überwindung des Kulturschocks führen, da die neue Situation bewältigt werden muss, weil ein Rückzug nur durch Verlassen des Unternehmens möglich ist. 5. Freiwilligkeit Fusioniert eine Bank nicht freiwillig, sondern wird sie direkt oder indirekt dazu gezwungen, so kann dies dazu führen, dass die Mitarbeiter den Kulturschock umso intensiver empfinden. Hierbei können Parallelen zur Theorie der psychologischen Reaktanz (Brehm 1972) gezogen werden. In dieser Theorie wird davon ausgegangen, dass eine Person bei der Einschränkung ihrer Verhaltensfreiheit einen motivationalen Zustand erlebt, in dem sie die verlorene oder bedrohte Freiheit wiederherstellen will. Diesen Zustand nennt man „Reaktanz“. Ihre Stärke hängt von der Wichtigkeit der Freiheit für die Person, dem Umfang der beschränkten Freiheit und der Stärke der Freiheitseinengung ab. 2.2.5 Akkulturation Kommen zwei Kulturen miteinander in Kontakt, so verändern sich die Kulturen, aber auch die Menschen, die diesen Kulturen angehören (Berry 1994). Da in der vorliegenden Arbeit eine Fusion als interkulturelle Begegnung verstanden wird, verändern sich also auch die Mitarbeiter einer Genossenschaftsbank
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während einer Fusion. So können beispielsweise die Mitarbeiter einer kleinen „Landbank“, die von einer großen „Stadtbank“ übernommen werden, viele ihrer gewohnten Verhaltensweisen nicht beibehalten, weil in der neuen Bank andere Werte und Normen gelten. Mit der Zeit ändern sich dadurch auch ihre persönlichen Werte und Normen bezüglich der fusionierten Bank und stimmen nicht mehr mit denen ihres alten Instituts überein. Es bleibt die Frage zu klären, wie dieser Veränderungsprozess verläuft und welche psychologischen Auswirkungen dies auf das Individuum hat. In der Anthropologie und der Psychologie wird dieser Prozess „Akkulturation” genannt. Akkulturation wird allgemein als Veränderung zweier kultureller Systeme durch die Verteilung kultureller Elemente in beide Richtungen definiert (Berry 1980). Sie kann auf der individuellen und der Gruppenebene ablaufen (Berry 1994). 2.2.6 Akkulturationsverlauf eines Fusionsprozesses Ein Akkulturationsprozess lässt sich zeitlich beschreiben, was von Berry (1985, zitiert nach Thomas 1993) in einem Modell dargestellt wird. Das Modell erläutert den Verlauf des Akkulturationsprozesses mit dem Grad der Akkulturationsbelastung in Abhängigkeit von den psychischen Anforderungen, die sich mit dem Kontakt zu einer neuen Kultur ergeben. Dieser Anpassungsprozess vollzieht sich demnach nicht kontinuierlich, sondern mit Schwankungen. Zu Beginn einer kulturellen Begegnung steht bei dem Modell von Thomas (1993) die Entschlussfreude zur Ausreise. Eine Entschlussfreude kann bei einem Unternehmenszusammenschluss auf der Managementebene ebenfalls auftreten. Dies geht allerdings mit den Reaktionen der Mitarbeiter einher, die von dem Beschluss erfahren. Hierbei ist ein weites Reaktionsspektrum der Mitarbeiter denkbar, das von Übereinstimmung mit der Entscheidung über eine neutrale, abwartende Haltung bis zur Ablehnung des Beschlusses reichen kann. Diese Phase geht nach Thomas in die Phase der Ausreisebefürchtungen über. Befürchtungen aufgrund der beschlossenen Fusion können auch bei den Personen eines Unternehmens auftreten. Sie können sich in Form von Skepsis gegenüber den neuen Mitarbeitern, der neuen Unternehmenskultur und der generellen Sinnhaftigkeit des Zusammenschlusses äußern.
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An diese Phase schließt sich die Phase der Anfangsbegeisterung an, in der ein Ausgereister euphorisch alle Neuigkeiten des neuen Landes aufnimmt. Auch in einer Fusion kann eine solche Phase auftreten, wenn sich die ersten Erfolge in der Integration einstellen und die Beteiligten feststellen, dass große Katastrophen ausbleiben. Diese erste Euphorie nimmt jedoch rapide wieder ab, wenn zunehmend klar wird, dass sich die eigene Kultur stark von der Fremdkultur unterscheidet und vermehrt Konflikte auftreten. In der Akkulturationskrise treten demnach die im vorherigen Kapitel beschriebenen Phänomene des Kulturschocks auf. Mit der Zeit entwickeln die Personen der verschiedenen Kulturen jedoch Strategien, um mit der fremden Kultur entsprechend umzugehen. Der Anpassungsprozess beginnt. Auf Unternehmensebene bedeutet dies, dass der Ablauf von Arbeitsprozessen wieder funktioniert und die Kommunikationswege wieder eingespielt sind etc. Die Mitglieder einer Organisation gewinnen ihre Orientierung zurück. Da sich die Modelle von Berry und Thomas auf Akkulturationsverläufe von Personen im Ausland beziehen, ist die Möglichkeit der Rückreise offen. Da es in den meisten Fällen von Unternehmensfusionen nicht zu einer Auflösung des Zusammenschlusses nach längerer Zeit kommt, kann die Phase der Wiedereingewöhnung nicht auf ein Fusionsgeschehen übertragen werden. Diese Tatsache kann sich, wie bereits im vorherigen Kapitel erwähnt, auf den Kulturschock und damit auf den gesamten Akkulturationsprozess auswirken. 2.2.7 Akkulturationsstrategien im Fusionsprozess Es lassen sich nunmehr auch unterschiedliche Strategien unterscheiden, die eine Person oder Gruppe im Akkulturationsprozess anwendet. Die Konzepte, die hierzu in der interkulturellen Psychologie vorgeschlagen werden, beziehen sich auf interkulturelle Kontakte zwischen Nationen. Will man diese Konzepte auf Unternehmenszusammenschlüsse übertragen, so muss man sich wiederum den Unterschied von Unternehmenskultur und Nationalkultur bewusst machen. Akkulturationsstrategien können in diesem Zusammenhang unterschiedliche Formen annehmen. So kann eine Person z.B. das Unternehmen verlassen oder innerlich kündigen. Die meisten Autoren, die sich mit der Fusionsthematik aus unternehmenskultureller Sicht auseinander setzen (vgl. z.B. Nahavandi & Malekzadeh 1988), legen ihren Akkulturationsüberlegungen die vier Akkulturationsstrategien nach
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Berry (1994) zugrunde, die jedoch aus der Perspektive des übernommenen Unternehmens gesehen werden müssen. Die Begriffe sollen auch in der vorliegenden Arbeit verwendet werden, jedoch werden ergänzende Definitionen vorgenommen: 1. Integration Sind Mitglieder eines übernommenen Unternehmens noch sehr stark mit ihrem alten Unternehmen verbunden und nehmen sie das übernehmende Institut jedoch ebenfalls als attraktiv wahr, so besteht die Möglichkeit zu einer integrativen Akkulturationsstrategie. Hierbei werden von jeder Kultur viele Elemente beibehalten, die Kultur des Fusionspartners wird anerkannt. Man kann von einem Kulturpluralismus sprechen. Diese Form der Akkulturation findet jedoch nur statt, wenn das übernehmende Unternehmen dies zulässt (Nahavandi & Malekzadeh 1988). In der durchgeführten Untersuchung schildert ein Befragter diese Strategie folgendermaßen: „Im Nachhinein sage ich, es war eine (partnerschaftliche Fusion), weil jeder hat bluten müssen, sage ich jetzt mal. Es hat sich nicht A durchgesetzt und es hat sich nicht B durchgesetzt, sondern es hat sich das Gute durchgesetzt, sage ich jetzt mal. Wir haben gelernt, wir haben gelernt miteinander zu reden. Wir sind aufeinander zugegangen. […] Und haben dann im Nachhinein, haben wir es doch geschafft, das Gute von unserer Bank und das Gute der anderen Bank irgendwie zusammenzubringen.“
2. Assimilation Diese Form der Akkulturation findet im Gegensatz zur Integration nicht beidseitig statt. Vielmehr gleichen sich die Mitglieder eines akquirierten Unternehmens völlig an die Kultur des Übernahmeinstituts an. Dies kann in den Fällen passieren, in denen die Mitglieder einer Organisation ihre eigene Kultur als dysfunktional erleben und sie sich von einem Wechsel in eine neue Kultur Chancen versprechen. 3. Separation Wenn zwischen den fusionierten Unternehmen so gut wie kein kultureller Austausch stattfindet, spricht man von Separation. Die Mitglieder der übernommenen Organisation haben keinerlei Interesse, sich in die neue Kultur einzufügen, sondern bemühen sich, als Subkultur mit den alten Werten und Normen weiter zu existieren. Ein Befragter äußert sich hierzu wie folgt: „Nein, ich kann mich mit der neuen Bank nicht identifizieren, so schnell geht das nicht. Das dreiviertel Jahr oder Jahr. Ich bin eigentlich immer noch mit dem Herzen bei der alten
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Bank. Ich betrachte das zwar aus der Ferne, aber wenn ich also mal so was mitkriege, dann tut es mir auch wieder weh, was da so abläuft. Wenn man dann zurückdenkt, wie es früher war.“
4. Dekulturation/ Marginalisierung Unter Dekulturation versteht man eine Akkulturationsstrategie, bei der sich die Mitglieder der übernommenen Kultur nicht an das neue Kultursystem anpassen wollen, aber auch ihrer eigenen Kultur, mit den entsprechenden Praktiken und Systemen, wenig Wert beimessen. Eine Form, in der Marginalisierung manifest wird, kann wohl darin gesehen werden, wenn eine Person das Unternehmen verlässt. Aber auch innere Kündigung mit dem Warten auf Pensionierung wäre unter Marginalisierung zu fassen. Das größere Ausmaß der Veränderung wird sich beim Zusammentreffen von Kulturen zumeist bei der nicht-dominanten Kultur vollziehen. Dies kann eine Gruppe von Austauschstudenten im Ausland, aber auch eine kleine, übernommene Bank sein. „Im Umkehrschluss heißt dies jedoch nicht, dass Mitglieder dominanter Gruppen nicht von der Akkulturationssituation tangiert sind“ (Florack 2000, 6), wenn auch die Akkulturationsstrategien dominanter Gruppen in der Forschung vernachlässigt werden (ebd.). Vielmehr sind die Mitglieder aller beteiligten Kulturen gefordert, sich bestmöglich in die neue Situation einzufügen. Hierbei besteht jedoch eine Differenz zwischen den Strategien der dominanten und der nicht-dominanten Kultur (Berry 1989). Diese Differenz liegt in den unterschiedlichen Anpassungsanforderungen begründet (Berry 1984). So werden beispielsweise die Mitarbeiter einer übernommenen Bank bemüht sein, sich nach den Vorgaben des großen Instituts zu richten, während die Mitarbeiter der dominanten Organisation sich bemühen müssen, ihre Vorgehensweisen den Mitarbeitern der Fremdkultur zu verdeutlichen oder zu akzeptieren, dass diese Mitarbeiter einer anderen Unternehmenskultur entstammen und daher anders als sie selbst sind. Da die von Nahavandi & Malekzadeh (1988) verwendeten Begrifflichkeiten für einen Fusionsprozess vor allem aus der Perspektive der übernehmenden Organisation nicht immer adäquat bzw. hinreichend erschienen, wurden diese Begriffe nur für die übernommene Bank verwendet und weitere Begriffe für Akkulturationsstrategien zur Analyse eines Fusionsprozesses verwendet. Als solche wären die Eroberungsstrategie und die Synergiestrategie zu nennen (zitiert nach Kammhuber 2000, 105f):
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Bei der Eroberungsstrategie zwingt der Eroberer der fremdkulturellen Person das eigene Orientierungssystem auf, um dadurch selbst die Orientierung zu behalten bzw. wiederzugewinnen. Diese Strategie kann bei den entsprechenden Machtverhältnissen kurzzeitig zielführend sein. Die dadurch provozierte Beziehungsstörung zum fremdkulturellen Partner kann sich jedoch langfristig negativ auswirken. Die Eroberungsstrategie wird oft von der Bank gewählt, die nach den finanziellen Voraussetzungen eine bessere Machtposition hat. Die oben genannten Folgen des Kulturschocks sollten jedoch bei einem solchen Dominanzverhalten in Betracht gezogen werden. Von Synergiestrategie kann dann gesprochen werden, wenn die Lösung, die in interkulturellen Verhandlungsprozessen gefunden werden, über die Summe der einzelnen Teile hinausgeht. Es kann dann von einer „wirklich interkulturellen Lösung“ (Krewer 1993, 5) gesprochen werden, da etwas Neues entstanden ist. Für einen Fusionsprozess würde diese Strategie bedeuten, dass sich die Fusionspartner nicht damit zufrieden geben, die alten Vorgehensweisen irgendwie zu integrieren, sondern stets versuchen, das Optimale beizubehalten.
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Methode der Untersuchung
In der vorliegenden Arbeit bot sich ein qualitativ orientiertes Forschungsvorgehen an, da gerade dieses ein verstehendes Erforschen komplexer Zusammenhänge ermöglicht. Zudem stellte eine solche Herangehensweise einen Gegensatz bzw. eine Ergänzung zu den bisherigen Studien im nordamerikanischen Raum dar, die überwiegend quantitativ orientiert waren. Die Daten der Untersuchung wurden durch teilstrukturierte, problemzentrierte Interviews (Witzel 1985) mit narrativen Elementen in Kombination mit der „critical incident technique“ (Flanagan 1954) gewonnen. Um den Befragten in seiner Darstellung zusätzlich zu stimulieren, wurde als Unterstützung ein graphisches Verfahren herangezogen. Der Befragte sollte in ein Koordinatensystem, das zwischen zwei Achsen, nämlich Zufriedenheit mit dem Fusionsprozess und zeitlicher Verlauf, aufgespannt war, eine persönliche Kurve einzeichnen. Der gezeichnete Verlauf wurde wiederum vom Befragten erläutert und mit konkreten Situationen belegt. Dieses Verfahren ist an die projektive Methode der „Life-Graphs“ (Bourque & Black 1977) angelehnt, die in der Gerontologie zur Darstellung der eigenen Biographie verwendet wird.
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Befragt wurden 20 Führungskräfte aus sechs verschiedenen Banken. Die Fusion sollte bei den Befragten nicht länger als zwei Jahre zurückliegen. Zudem wurde auf eine größtmögliche Verschiedenheit der Befragten untereinander geachtet. Dies sollte zum einen die Repräsentativität und Perspektivenvielfalt der Stichprobe gewährleisten, zum anderen aber auch der Fallkontrastierung in der Datenauswertung dienen. Das transkribierte Datenmaterial wurde anhand der qualitativen Inhaltsanalyse von Mayring (1993) ausgewertet. Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring versucht den Kontext und latente Sinnstrukturen kodierter Textstellen stärker mit einzubeziehen und dennoch den Voraussetzungen empirischen Forschens zu genügen. Ihr Ziel ist es, fixierte Kommunikation zu analysieren, wobei hierfür ein theoriegeleitetes Kategoriensystem im Mittelpunkt steht. Rückschlüsse auf die zu analysierende Kommunikation werden nur systematisch und regeltreu gezogen. Die Stärke der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring liegt im Gegensatz zu anderen Verfahren darin, dass nach einzelnen, festgelegten Schritten vorgegangen wird.
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Ergebnisse der Untersuchung
Die Unternehmenszusammenschlüsse der untersuchten Fälle wurden von den meisten der Befragten insgesamt als Erfolg beurteilt. Die Gründe dafür können folgende sein: • Die Unternehmen erreichten nach der Fusion einen Synergieeffekt in dem Sinne, dass sie durch die Fusion mehr erwirtschaften als durch die Summe der Unternehmensgewinne. Der Erfolg des Unternehmens überlagerte hierbei zwischenmenschliche Probleme. • Die Fusion konnte trotz sehr schlechter Ausgangsbedingungen gut bewältigt werden. • Die betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten einer Fusion wurden ausgeschöpft und die Akkulturation der Unternehmenskulturen zur Zufriedenheit der Fusionspartner bewältigt (Nahavandi & Malekzadeh 1988). • Die Befragten geben im Sinne sozialer Erwünschtheit an, die Fusion sei insgesamt ein Erfolg gewesen, um andere negative Aussagen abzuschwächen.
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• Für die Fusion Verantwortliche empfinden die Fusion im Nachhinein als Erfolg, um ihre kognitive Dissonanz (Festinger 1954) bezüglich der Fusionsprobleme abzuschwächen. Eine Fusion wurde nur in den Fällen nicht als Erfolg beurteilt, in denen eine Person oder Personengruppe die Akkulturationskrise (Berry 1985) nicht bewältigen konnte. 4.1
Unternehmenskulturelle Unterschiede
Vergleicht man die untersuchten Fälle bezüglich der unternehmenskulturellen Unterschiede miteinander, so zeigt sich, dass in allen Unternehmenszusammenschlüssen die Beteiligten unternehmenskulturelle Unterschiede an ihren Fusionspartnern wahrnahmen, die zu Symptomen eines Kulturschocks führten (vgl. Bochner 1994). Es traten selbst bei strukturell ähnlichen Unternehmen unternehmenskulturelle Unterschiede auf, die Ursache für einen Kulturschock waren. Insbesondere die Führungsebene scheint dabei betroffen. Gerade in kleineren Banken wird die Kultur erheblich von den Führungskräften geprägt, was in diesem Einzelfall eine Erklärung dafür bietet, warum gerade im Führungsbereich verstärkt Kulturschockphänomene auftreten. Treffen unterschiedliche Auffassungen über die Gestaltung eines Unternehmens aufeinander, so kann dies zu Orientierungslosigkeit und Intergruppendifferenzierung (Tajfel & Turner 1979; 1986) führen, wie sich an der Schilderung kritischer Interaktionsereignisse aus den Zusammenschlüssen zeigt. Statt Gemeinsamkeiten zu betonen, wird der Fusionspartner weiterhin als Konkurrent gesehen. Dies spricht dafür, dass eine strukturelle Ähnlichkeit von Unternehmen für das Gelingen eines Fusionsvorhabens nicht allein ausschlaggebend oder manchmal sogar hinderlich ist, wenn unerwartete Schwierigkeiten in der Interaktion auftreten. Es scheint bei strukturell ähnlichen Unternehmen aufgrund sozialer Vergleichsprozesse (Festinger 1954) verstärkt die Machtfrage in der Wahl der Akkulturationsstrategien in den Vordergrund zu rücken, wodurch neue Problemfelder entstehen können. Aus der Analyse der unternehmenskulturellen Unterschiede in den untersuchten Banken können im Folgenden zwei häufig auftretende Kulturtypen prototypisch unterschieden werden:
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Kleine Landbank
Große Stadtbank
Hohe Interaktion mit der Regionalkultur
Geringe Interaktion mit der Regionalkultur
Prozessorientierung
Ergebnisorientierung
Mitarbeiterorientierung
Aufgabenorientierung
Kontrolle
Eigenverantwortung
Pragmatisch
Normativ
Positive kulturelle Identität
Subkulturbildung
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Tab. 1: Prototypische Kulturtypen von Genossenschaftsbanken
Das folgende Fallbeispiel, das anhand der critical incident technique erhoben wurde, illustriert eine Interaktion, bei der sowohl Unterschiede in Eigenverantwortlichkeit und Kontrolle als auch in normativer versus pragmatischer Orientierung relevant werden. „Ausbildung der Azubis“ Der Befragte berichtet von einem Gespräch mit einer Schalterleiterin, für die er zuständig ist. Dabei ging es darum, wie man Auszubildende anleitet. Nach der Ansicht des Befragten führte die Schalterleiterin die Befragten zu eng und kontrollierte zu stark. Die Auszubildenden sollten seiner Meinung nach zu Selbständigkeit und Teamfähigkeit erzogen werden, wie es auch in seiner alten Bank der Fall war. Dazu gehörte seiner Meinung nach auch, dass man die Zuständigkeiten der Bank einhält und nicht, wie es nach seiner Schilderung in der letzten Zeit gehäuft vorkam, direkt zum Vorstand geht, wenn man ein Anliegen hat. Die Schalterleiterin war durchaus nicht seiner Meinung.
In kleinen Unternehmenseinheiten, die oft in einem ländlichen Marktgebiet angesiedelt sind, herrscht häufig eine Prozessorientierung (Hofstede 1990) in dem Sinne vor, dass Altbewährtes beibehalten wird, da auch ein konstanter Kundenstamm dies von der Bank erwartet. In der kleinen Einheit herrscht ein familiärer Charakter vor, in der jeder Person eine feste Rolle zukommt. Dadurch wird die Prozessorientierung zusätzlich gestärkt, aber auch auf die Belange der Mitarbeiter in hohem Maße Rücksicht genommen, so dass ein starkes Wir-Gefühl entsteht. Dieses klare Orientierungssystem wird durch einen patriarchalen Führungsstil unterstützt, wobei das Handeln der Mitarbeiter stark kontrolliert wird und die Führungskraft selbst noch im operativen Bereich tätig ist. Durch eine enge Vernetzung der Regionalkultur mit der Unternehmenskultur wird versucht, den Wünschen der Kunden in jedem Falle nachzukommen. Kreditentscheidungen werden auf der Basis dieser Interaktion „pragmatisch“ (Hofstede 1990) getroffen. Die Mitglieder solcher Organisationen identifizieren sich stark mit der Unternehmenskultur ihrer Bank.
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Die Unternehmenskulturen großer Banken im städtischen Marktgebiet sind dagegen durch Ergebnisorientierung (Hofstede 1990) und Innovation geprägt. Diese zieht eine hohe Aufgabenorientierung (ebd.) mit Leistungsdruck in der Organisation nach sich. Sollen alle Aufgaben mit einem entsprechenden Leistungsniveau erfüllt werden, muss Verantwortung delegiert werden, da eine Führungskraft alleine nicht mehr in der Lage wäre, alle Vorgänge zu kontrollieren. Von den Mitarbeitern wird daher eine hohe Eigenverantwortung, aber auch das Befolgen strenger Richtlinien im Sinne einer normativen Orientierung (ebd.) erwartet. Die Kontrolle durch eine einzige Person, die in einer kleinen Landbank in Person des Vorstands stattfindet, wird in einer großen Stadtbank auf die Befolgung von Richtlinien verlagert. Dies ist deshalb nötig, weil keine enge Verflechtung mit der Regionalkultur besteht und die Kundenkontakte so nur noch flüchtig sind. Die Berater wären nicht mehr in der Lage zu beurteilen, ob eine Person kreditwürdig ist, weil sie deren Umfeld nicht kennen. Sie müssen auf Richtlinien zurückgreifen können, um die Kreditwürdigkeit von Kunden untereinander zu vergleichen. Durch die Größe der Organisation und das fehlende Wir-Gefühl aufgrund der Aufgabenorientierung bilden sich Subkulturen in Form von Abteilungskulturen etc. In diesem Rahmen stecken sich die Mitarbeiter ein engeres Orientierungssystem, um Sicherheit und Zugehörigkeitsgefühl zu gewinnen. In der obigen Typologisierung wurden nur die Dimensionen herausgegriffen, die sich in ähnlicher Kombination in den einzelnen Fällen wiederholten. Dass dies eine Simplifizierung darstellt, die nur der groben Orientierung dient, ist im Vergleich mit den Einzelfällen ersichtlich. Die starke Dichotomisierung kann nur durch eine Analyse der jeweiligen Unternehmenskulturen anhand von Kulturstandards (Thomas 1999) spezifiziert werden. 4.2
Kulturschock
In allen vier Fällen schildern die Befragten deutliche Kulturschockphänomene im Sinne von Furnham & Bochner (1986) bzw. Bochner (1994), die durch die im vorherigen Kapitel dargestellten unternehmenskulturellen Unterschiede hervorgerufen wurden. Dies bedeutet, dass negative Emotionen im Fusionsverlauf mit der Kulturschocktheorie, die bisher auf internationale Begegnungen angewendet wurde, beschrieben und spezifiziert werden können. Ein Kulturschock tritt unabhängig davon auf, ob die Person einer dominanten oder nicht-dominanten Unternehmenskultur angehört.
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4.2.1 Kulturschockphänomene bei Führungskräften Bei Führungskräften treten besonders Gefühle der Hilflosigkeit auf (Bochner 1994). Besonders betroffen von negativen Emotionen sind Führungskräfte, die wegen eines Unternehmenszusammenschlusses ihren bisherigen Status verlieren und eine andere Aufgabe wahrnehmen müssen (Bochner 1994). Kommt es im interkulturellen Kontakt zu einem Statusverlust, so wirkt sich außerdem belastend aus, dass von einem Statusverlust auch Personen außerhalb des Unternehmens mitbetroffen sein können, wie beispielsweise die Familie. Der Faktor Statusverlust kann sich in einer unternehmenskulturellen Überschneidungssituation gravierend auswirken, da der berufliche Status einer Person in einem Unternehmen festgeschrieben ist und sich daraus Verantwortung, Macht und Bezahlung ableiten. In einer nationalkulturellen Begegnung kann eine Person, die bei einer bestimmten sozialen Gruppe wenig Anerkennung erlebt, sich einer anderen Gruppe anschließen. Dies ist in einer Unternehmenskultur nur durch Verlassen der Organisation möglich. Im Zusammenhang mit einem Statusverlust treten bei den Führungskräften der dominanten und nicht-dominanten Unternehmenskultur gehäuft Rollenkonfusionen auf, da beide Fusionspartner über die neue Verteilung von Macht und Status im fusionierten Unternehmen noch nicht orientiert sind. Dies wirkt sich in der Folge auf die Mitarbeiter der vom Statusverlust betroffenen Führungskräfte aus. 4.2.2 Kulturschockphänomene bei Mitarbeitern Bei den Mitarbeitern einer dominanten oder nicht-dominanten Organisation treten zu Beginn des Kulturschocks zumeist ungerichtete Unsicherheit und Angst auf, die im Laufe der Akkulturation und des Erlebens von unternehmenskultureller Distanz in die von Bochner (1994) beschriebenen Kulturschockphänomene übergehen. Von diesen Symptomen sind verstärkt die Mitarbeiter einer nicht-dominanten Unternehmenskultur betroffen. Grund für diese unterschiedliche Ausprägung des Kulturschocks könnte sein, dass die Mitarbeiter wesentlich weniger Information und Kontrolle im Sinne von Osnabrügge u.a. (1985) über den Fusionsverlauf insgesamt haben und daher stärker ungerichtet verunsichert sind als Führungskräfte. Führungskräfte haben generell eine größere Entscheidungsverantwortung im Unternehmen und mehr Informationen über aktuelle Prozesse als Mitarbeiter, weswegen sie weniger ungerichtete Unsicherheit empfinden. Sie erleben jedoch Hilflosigkeit und
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Orientierungslosigkeit, wenn in der Begegnung mit einer neuen Kultur ihre gewohnten Handlungen von Kollegen einer Fremdkultur hinterfragt werden. Im Kulturschock wird den Mitarbeitern und Führungskräften der verschiedenen Banken außerdem schmerzlich bewusst, dass sie durch einen Unternehmenszusammenschluss ihre bisherige Unternehmenskultur und damit ihre bisherige kulturelle Identität (Smith & Bond 1998) verlieren. 4.3
Akkulturation
4.3.1 Akkulturationsphasen Vergleicht man die Akkulturationsverläufe der Fälle miteinander, so lassen sich die Aussagen der Befragten in die Akkulturationsphasen in „W-Form“ nach Berry (1985) bzw. Thomas (1993) einteilen. Es zeichnen acht der zwölf Befragten eine solche Akkulturationskurve. Das bedeutet, dass ein solcher Akkulturationsverlauf, der bisher nur als Beschreibung für Aufenthalte in einer fremden Nation diente, als Heuristik für den Verlauf einer Akkulturation von Unternehmenskulturen bei genossenschaftlichen Fusionen herangezogen werden kann.
Zufriedenheit mit Prozess
Zeit
Abb. 1: Klassischer, von den Befragten gezeichneter, w-förmiger Akkulturationsverlauf
Wichen Personen von einem solchen Fusionsverlauf ab, so hatte dies den Hintergrund, dass sie vom Fusionsgeschehen in besonderer Weise betroffen waren. Entweder waren sie in hohem Maße für Fusionsentscheidungen verantwortlich (steigende Gerade) oder sie konnten die Akkulturationskrise nicht bewältigen (fallender Verlauf). Im Folgenden soll kurz auf die einzelnen Phasen einer Akkulturation eingegangen werden. Es schien in der vorliegenden Studie angebracht, zusätzlich eine Phase der Reaktionen auf die Informationen zur Fusion zu unterscheiden. Da die Kommunikationspolitik der einzelnen Organisationen unterschiedlich ist, wurden die Informationen zur Fusion auf unterschiedliche Weise weitergegeben. Hatten Mitarbeiter und Führungskräfte das Gefühl, dass ‚hinter ihrem Rücken’ Be-
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schlüsse gefasst, sie darüber aber nicht informiert wurden, so entstanden schon vor der eigentlichen Fusionsentscheidung negative Emotionen wie Misstrauen oder Wut, die sich auf die weiteren Akkulturationsphasen negativ auswirkten. Die Phase der Fusionsbefürchtungen war stets sehr ausgeprägt. Besonders Mitarbeiter und Führungskräfte, die Angst um ihren Arbeitsplatz hatten, waren davon betroffen. Je intensiver diese Phase erlebt wurde, desto weniger wurde die Phase der Akkulturationsbegeisterung geschildert und es schloss sich beinahe nahtlos die Phase der Akkulturationskrise an. Die Ausgeprägtheit der Akkulturationskrise hängt von der unternehmenskulturellen Distanz der Fusionspartner, deren Übereinstimmung in den Akkulturationsstrategien und den zusätzlichen negativen Einflussfaktoren ab. In der Anpassungsphase wird die Akkulturationskrise bewältigt. Die Aussagen der Befragten zum Akkulturationserleben betreffen meist sie selbst als Führungskräfte und ihre Mitarbeiter oder Kollegen. Da die Mitarbeiter aber ein differentes Erleben des Akkulturationsprozesses gehabt haben könnten, sollten diese in einer weiteren Untersuchung separat befragt werden, um Unterschiede im Akkulturationserleben abhängig von der Organisationshierarchie zu erheben. 4.3.2 Akkulturationsstrategien Die Übereinstimmung der Fusionspartner in den Akkulturationsstrategien wirkt sich auf den Kulturschock aus. So bestätigte sich bei den Befragten die Theorie von Nahavandi & Malekzadeh (1988), dass sich unvereinbare Akkulturationsstrategien der Fusionspartner negativ auf das Fusionserleben auswirken und damit Kulturschockphänomene verstärken. Welche Akkulturationsstrategien gewählt wurden, hing nicht zwangsläufig von der rechtlichen Übernahme ab. Diese bedingte nicht gleichzeitig eine Eroberungsstrategie (Krewer 1996) in den untersuchten Fällen. Es wurde vielmehr deutlich, dass sich die Fusionspartner auf eine Akkulturationsstrategie einigten. Waren die Fusionspartner beide ungefähr gleich groß und die Machtmittel damit gleich verteilt oder waren mehr als zwei Institute an der Fusion beteiligt, so wurde zumeist eine „Fusion unter Gleichen“, also eine Integrationsstrategie und wenn möglich eine Synergiestrategie verfolgt. Wurde diese Vereinbarung jedoch nicht eingehalten, so wurde das Vertrauensverhältnis (Petermann 1996) zwischen den Fusionspartnern gestört,
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was den Aufbau einer gemeinsamen Unternehmenskultur verhinderte. Dies passierte vor allem dann, wenn einer der Fusionspartner den Eindruck gewann, es werde nur der Aussage nach eine Synergiestrategie (Krewer 1996) verfolgt, in Wirklichkeit versuche aber der Fusionspartner mit den ihm zur Verfügung stehenden Machtmitteln (Morgan 1997) alle seine früheren unternehmenskulturellen Werte durchzusetzen. Finden sich also nicht alle Fusionspartner in der Synergiestrategie ausreichend repräsentiert, so wird es zur Eroberungsstrategie (Krewer 1996) einer Fusionsseite kommen. Eine Eroberungsstrategie mit einer dann vom Fusionspartner geforderten Assimilationsstrategie wurde außerdem meist dann eingeschlagen, wenn einer der Fusionspartner wesentlich kleiner war als der andere oder sich in einer schlechten finanziellen Lage befand. Ob in den Fällen, in denen sich ein Fusionspartner an die fremde Unternehmenskultur anpasste, dies aus Furcht vor Arbeitsplatzverlust oder aus einer Höherbewertung der Fremdkultur geschah, lässt sich nicht in allen Fällen klar beurteilen. Musste ein Unternehmen unter Zwang fusionieren, so war allerdings Angst um den Arbeitsplatz stets der Hauptgrund. In diesem Fall werden auch starke Kulturschockphänomene erlebt. Diese rühren daher, dass das dominante Unternehmen seinen Führungsanspruch deutlich macht und von dem nicht-dominanten Unternehmen völlige kulturelle Anpassung (Berry 1984) erwartet. Der Weg einer Separation (Berry 1984) wird hauptsächlich von den ehemaligen Vorständen gegangen. Bei ihnen scheint die Identifikation mit ihrem alten Unternehmen zu stark zu sein, um sich in die Unternehmenskultur der neuen Bank einzufügen. Die größte Zufriedenheit der Befragten zeigte sich in dem Fall, in dem durch eine Synergiestrategie (Krewer 1996) in der Akkulturation eine neue Unternehmenskultur im Sinne von Casmirs (1998) „Third Culture“ geschaffen wurde. Ein Kulturschock kann durch dieses Vorgehen allerdings nicht vermieden werden, eher ist er stärker ausgeprägt, da die Ausbildung neuer Unternehmenswerte und Verhaltensweisen längere Zeit in Anspruch nimmt als die Anpassung an eine bestehende Unternehmenskultur. Die Orientierungsunsicherheit (Thomas 1999) der Organisationsmitglieder dauert in diesem Falle länger an. In den Fällen, in denen das Erarbeiten einer Interkultur (Krewer 1996) nicht wirtschaftlich gewesen wäre, weil beispielsweise eine sehr große Organisation
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nach gerade bewältigter Veränderung zugunsten eines wesentlich kleineren Instituts eine nochmalige Veränderung hätte vornehmen müssen, wirkte sich ein Kulturpluralismus (Buono & Bowdich 1989) kooperationsfördernd aus. Das Befinden der übernommenen Mitarbeiter in der für sie neuen Unternehmenskultur ist nämlich bestimmt durch überwiegend negative Emotionen, wie z.B. Angst oder im weiteren Verlauf Resignation, so dass Überreste ihres alten Orientierungssystems ihnen Sicherheit bieten. So können außerdem Unternehmenskulturen, die eine sehr hohe kulturelle Distanz aufweisen, in Grundwerten eine Integration anstreben, aber manche Normen und Artefakte der assimilierten Unternehmenskultur können trotzdem beibehalten werden. Die Organisationsmitglieder der sich anpassenden Unternehmenskultur können auf diese Weise Teile ihres Orientierungssystems weiter verwenden, was eine Marginalisierungsstrategie (Berry 1984) mit Unternehmensaustritten vermeidet. Gewinnen die Organisationsmitglieder der sich anpassenden Kultur nach einiger Zeit wieder mehr Orientierung, kann eine weitere Integration versucht werden. Wie lange die Herausbildung einer „neuen Unternehmenskultur“ in einer fusionierten Organisation benötigt, kann aus den Fallanalysen nicht beantwortet werden. Dass der Prozess allerdings länger als zwei Jahre dauern kann, zeigte sich an einem der Fälle. Die Unterschiedlichkeit der Aussagen der Befragten zu diesem Punkt lässt vermuten, dass ein Anpassungsprozess nach Berry (1985) noch nicht abgeschlossen ist. 4.4
Erfolgskritische Faktoren
Neben der unternehmenskulturellen Distanz und den Akkulturationsstrategien hatten in den untersuchten Fällen weitere Faktoren einen Einfluss auf die Qualität des Erlebens einer unternehmenskulturellen Überschneidungssituation. Im Folgenden sollen die Einflussfaktoren zusammengefasst und verglichen werden, die bei den untersuchten Banken relevant wurden. 4.4.1 Motive Ein erfolgskritischer Faktor für eine Fusion als interkulturelle Begegnung ist, aus welchen Motiven eine Fusion zustande kommt. Werden Personen zu einer interkulturellen Begegnung gezwungen, so kann sich ein Kulturschock verstärken (Bochner 1994). In zwei Fällen wird dies immer wieder von den Befragten als problematisch herausgestellt. Die Personen reagieren zum Teil
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schon mit Reaktanz (Brehm 1972), bevor sie sich hinreichend mit der Fremdkultur des Fusionspartners auseinander setzen können. Wird nicht nur die Fusion an sich, sondern auch noch der Partner vorgeschrieben, so wird Reaktanz zusätzlich hervorgerufen. Lediglich die Personen, die die Motive, die für eine Fusion sprechen, im Sinne einer kognizierten Kontrolle (Osnabrügge u.a. 1985) zu ihren eigenen machen, gewinnen etwas Orientierung und Kontrolle im Fusionsprozess. Auch eine kognitive Dissonanzreduktion (Festinger 1957) dürfte bei manchen Beteiligten im Nachhinein zu einer positiven Bewertung des Fusionsprozesses geführt haben. 4.4.2 Erwartungen an eine unternehmenskulturelle Überschneidungssituation Als erfolgskritisch kann die Übereinstimmung von Erwartungen mit der Realität bezüglich der interkulturellen Begegnung, der Fremdkultur des Fusionspartners, des mit der Fusion verbundenen Arbeitsaufwandes und der eigenen Karriereplanung angesehen werden. Hatten die Organisationsmitglieder der Fusionsbanken vor der Fusion wenig Kontakt miteinander, so ist eine Differenzierung des Fremdbilds nicht möglich. Es tritt während des interkulturellen Kontaktes eine hohe Anzahl von enttäuschten Erwartungen (Brislin u.a. 1986) auf, die zu negativen Emotionen führten. Besonders gravierend wirkte es sich aus, wenn die Erwartungen einer Person bezüglich ihrer eigenen Karriere nicht erfüllt werden. Die daraus entstehenden negativen Emotionen führen zu Schuldzuweisungen an Führungskräfte der Fremdkultur und damit zu Vorurteilen, was eine weitere Kooperation im Fusionsprozess erheblich erschwert. Lediglich die Einstellung eines Befragten, dass der Verlauf einer interkulturellen Begegnung nicht planbar sei, führt zu einem gelasseneren Management der Integration, was sich auch auf die Mitarbeiter des Befragten positiv auswirken kann. 4.4.3 Alter Das Alter der Mitarbeiter kann in der Fusion zum erfolgskritischen Faktor werden. Die Mitarbeiter, die schon sehr lange in ihrer Unternehmenskultur arbeiten, sehen diese als einen festen Bestandteil ihrer sozialen Identität (Mummendey & Simon 1997) an. Dies gilt in besonderem Maße für ältere Führungskräfte oder Vorstände. Es fällt ihnen schwer, ihre unternehmenskulturelle Identität, zu der ihre Bank mit den Mitarbeitern zählt, aufzugeben und
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sich an die Kultur des Fusionspartners anzupassen oder in eine neue Unternehmenskultur einzuleben. Das Alter von Führungskräften kann einer Fusion jedoch auch positiv zugute kommen. So trat bei einigen Führungskräften, die sich einige Jahre vor dem Ruhestand befanden, – nach ihren eigenen Worten – ihr persönlicher Ehrgeiz in den Hintergrund und die Optimierung der Unternehmenslage wurde wichtig. Günstig scheint besonders die Mischung im Alter der Mitarbeiter zu sein. In Bank II wirkte sich nach Aussagen der Befragten positiv auf den Fusionsprozess aus, dass der Großteil der Mitarbeiter jung und flexibel ist, die älteren Mitarbeiter bei geringerer Flexibilität aber Erfahrung und Kundenkenntnis beisteuern können. Ein Team kann so verschiedene Rollen in der Darstellung nach außen bedienen und eventuell aus seiner Heterogenität Synergieeffekte schöpfen (Thomas & Stumpf 1999). 4.4.4 Interaktion von Regionalkultur und Unternehmenskultur Das kulturelle Umfeld einer Organisation kann auf den Verlauf einer unternehmenskulturellen Begegnung wie einer Fusion entscheidenden Einfluss haben. Bestanden aufgrund regionaler Konflikte Vorurteile gegenüber Personen eines anderen Ortes und damit auch einer anderen Bank, so wirkten sich diese auch auf die Interaktion während der Fusion aus. Im Sinne der multiplen Identität (Graumann 1983) wird in diesen Situationen weniger die unternehmenskulturelle Identität als vielmehr die regionalkulturelle Identität relevant, die sich aber im unternehmenskulturellen Handlungsfeld auswirkt. Die Interaktionsbeziehung von National- bzw. Regionalkultur und Unternehmenskultur (Sackmann 1997) wird zudem dadurch evident, weil im Fusionsverlauf auf die zurückgestuften Vorstände Druck von ihrer Familie ausgeübt wird, eine adäquate Stellung zu behalten, da sonst die gesellschaftliche Stellung der gesamten Familie leide. Ein Statusverlust (Bochner 1994) in der Unternehmenskultur hat auch einen Statusverlust in der Regionalkultur zur Folge. Dieser Einflussfaktor ist für Genossenschaftsbanken besonders bedeutsam, da sie durch ihren regionalen, partnerschaftlichen Kundenkontakt untrennbar mit der regionalen Kultur verbunden sind. Bei Unternehmen mit einer anderen Historie und Kultur, deren Organisationsmitglieder weniger stark dem Ortsgeschehen verbunden sind, mag diese Komponente weniger entscheidend sein.
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Dies zeigt sich bereits bei Genossenschaftsbanken mit einem großen Marktgebiet und städtischer Kundschaft. Die Kunden stellen einen weiteren Einflussfaktor des organisationalen Umfelds auf den Fusionsverlauf dar. In allen Fällen berichten die Befragten von Kulturschockphänomenen der Kunden. In der Interaktion mit den Mitarbeitern der Unternehmen äußern sich diese Phänomene z.B. in Form von Aggression gegenüber Mitarbeitern und lösen bei diesen zusätzliche Anstrengung aus. Diese verstärkt nach Bochner (1994) wiederum deren Kulturschock. 4.4.5 Zusätzliche Anstrengung Erleben die Mitarbeiter der Fusionsorganisationen neben oder durch den Fusionsprozess zusätzliche Anstrengung aufgrund von Veränderungsprozessen, so wirkt sich dies verstärkend auf einen Kulturschock aus. Die aus der Anstrengung resultierenden negativen Emotionen werden von den Beteiligten allein auf das Zusammentreffen mit den fremdkulturellen Mitarbeitern zurückgeführt.
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Ableitung von Interventionsempfehlungen bei Fusionen als interkulturellen Handlungsfeldern
Aus der Analyse der Fälle und den Empfehlungen der Experten lassen sich verschiedene Handlungsempfehlungen für kooperatives Handeln während der unternehmenskulturellen Überschneidungssituation einer Fusion ableiten. Im Folgenden werden vor allem die Punkte angesprochen, die darauf abzielen einen guten interkulturellen Kontakt zwischen den Unternehmenskulturen herzustellen. An dieser Stelle soll noch auf ein Paradoxon, das sich aus den Ergebnissen dieser Studie ergab, hingewiesen werden. Gerade in den Fällen, in denen keine Synergiestrategie von den Fusionspartnern angestrebt wird, sondern die größere Bank eine Eroberungsstrategie (Krewer 1996) verfolgt und sich die kleine Organisation anpasst, werden besonders wenige Interventionen in den Bereichen Transparenz und Partizipation ergriffen. Bei einer solchen Konstellation erleben die Mitarbeiter der nicht-dominanten Organisation jedoch verstärkt Kulturschockphänomene, was wiederum eine verstärkte Beteiligung der Betroffenen zur Wiedergewinnung von Kontrolle und Orientierung induzieren würde. Eine solche Entwicklung wäre daher in Zukunft wünschenswert.
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Authentische Kommunikation
Bei formellen Informationsveranstaltungen, wie beispielsweise der ersten Information zur Fusion, kommt immer auch die jeweilige Unternehmenskultur der kommunizierenden Person zum Ausdruck. Haben die Mitarbeiter zu Beginn eines Fusionsprozesses den Eindruck, nur positiv verzerrte Informationen zu erhalten, führt dies im weiteren Verlauf beim Auftauchen von mit einer Fusion verbundenen Schwierigkeiten zu Vertrauensverlusten, die nur schwer wieder gutzumachen sind (Petermann 1996). Wird klar und authentisch kommuniziert, dann wird damit den Mitarbeitern der Fremdkultur die Möglichkeit gegeben, sich ein realistisches Fremdbild zu bilden. „Disconfirmed Expectancies“ (Brislin u.a. 1986), die ein Kulturschockerleben verstärken, können so vermieden werden. Da Kommunikation Aufschluss über die eigene Kultur gibt, aber auch zur Bildung einer neuen Kultur beiträgt (Salecker 1995), müssen symbolische Handlungen dahingehend unterstützt werden, dass sie von Mitgliedern der Fremdkultur oder Außenstehenden der Organisation wie z.B. Kunden im gewünschten Sinne verstanden werden können. So sollte beispielsweise bei der Niederlegung eines neuen Leitbildes geprüft werden, ob die Mitglieder aller beteiligten Unternehmenskulturen nicht nur die Begriffe, sondern auch die Bedeutung der festgelegten Sätze verstehen. 5.2
Kulturanalyse
Haben sich zwei oder mehrere Unternehmen zu einer Fusion entschlossen, so sollten deren Unternehmenskulturen vor Beginn der Integration in einer „Cultural due dilligence“ analysiert werden, um auf mögliche kritische Interaktionssituationen vorbereitet zu sein. Hierzu können die in dieser Arbeit dargestellten Kategorien verwendet werden. Eine Analyse sollte möglichst durch eine externe Person durch Erhebung von Interviews in Kombination mit teilnehmender Beobachtung durchgeführt werden. Ein Organisationsmitglied wäre in eine der an der Fusion beteiligten Unternehmenskulturen eingebunden, weswegen ihm wahrscheinlich weniger Merkmale seiner Unternehmenskultur bewusst sind. Diese stellen ja gerade sein Orientierungssystem und damit nichts Außergewöhnliches dar.
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Kontakt
Ist eine Fusion beschlossen und wird mit der Integrationsphase begonnen, so kann ein intensiver Kontakt zwischen den Mitgliedern der verschiedenen Unternehmenskulturen zu einer Kooperation führen (Amir 1994). Durch einen engen Kontakt kann sich das Fremdbild des Fusionspartners differenzieren, so dass Erwartungen, die nicht mit der Realität übereinstimmen, seltener gebildet werden. Es kommt so zu weniger „disconfirmed expectancies“ (Brislin u.a. 1986) und damit zu weniger negativen Emotionen im Fusionsprozess. Es bieten sich zur Kontaktaufnahme gemeinsame Aktivitäten außerhalb der Arbeit wie Betriebsausflüge, Wochenendworkshops, Outdoortrainings etc. an. Innerhalb der Arbeit können Austausch von Mitarbeitern oder gegenseitiges Coaching zu einem besseren Kennenlernen der jeweiligen Arbeitsbedingungen führen. Für eine erfolgreiche Kontaktaufnahme unterschiedlicher kultureller Gruppen ist es außerdem von Nutzen, wenn diese unter einem gemeinsamen Ziel zusammenarbeiten (Amir 1994). So können Intergruppendifferenzierungen abgebaut und eine gemeinsame kulturelle Identität (Tajfel & Turner 1979; 1986) aufgebaut werden. Es bietet sich hierbei die Bildung von Projektgruppen als Intervention an, deren Teilnehmer aus verschiedenen Unternehmenskulturen stammen. Sie können sich mit Teilbereichen des Veränderungsprozesses wie beispielsweise Kundeninformation, einheitlichen Arbeitsabläufen etc. befassen. Durch eine erfolgreiche Kontaktaufnahme zwischen verschiedenen unternehmenskulturellen Gruppen kann Vertrauen im Sinne von Petermann (1996) aufgebaut werden, das für die im Fusionsprozess zu erwartenden Konflikte eine gute Grundlage bietet, um diese kooperativ und kulturangemessen zu lösen. In regelmäßigen Abständen können dann Reflexionsphasen dazwischengeschaltet werden, in denen das bisher Erreichte und die Desiderate erfasst und bearbeitet werden. Die Fähigkeit zur Reflexivität in Veränderungsprozessen hat sich als entscheidendes Erfolgskriterium für Kooperationen erwiesen (Stumpf 2000). Ist die kulturelle Distanz zwischen den Fusionspartnern sehr groß, so bietet sich die Unterstützung durch einen unabhängigen Moderator an. Gerade bei Fusionen, die eine Synergiestrategie in der Akkulturation verwirklichen wollen, kann so vermieden werden, dass einer der Fusionspartner alle Machtmittel an sich reißt und in eine Eroberungsstrategie übergeht. Werden die wichtigsten
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Treffen moderiert, so können Konflikte schon dadurch vermieden werden, dass ein Moderator durch seine Außenperspektive die aufeinandertreffenden, unternehmenskulturellen Symbol- und Orientierungssysteme reflektieren kann. 5.4
Lerntransfer
In und nach der Anpassungsphase einer Akkulturation sollte dafür gesorgt werden, dass die Erfahrungen aus dem bewältigten Fusionsprozess im Sinne eines Wissenstransfers weiterhin zur Verfügung stehen. Wie sich in einem der Fälle zeigt, stellte sich bei den Führungskräften, die bereits selbst eine Fusion erlebt haben, ein Lernprozess durch Erfahrung ein (Kolb 1984). Dieser führt zu der Einstellung, im neuen Fusionsprozess Abläufe besser gestalten zu wollen. Durch den eigenen Erfahrungshintergrund wird ein Perspektivenwechsel erleichtert, der das interkulturelle Verständnis zwischen den Fusionspartnern fördert (Hatzer 2001). In diesem Zusammenhang bietet es sich an, gerade ältere Mitarbeiter verstärkt einzubinden und ihnen damit auch im fusionierten Unternehmen eine verantwortungsvolle Rolle zuzuweisen. So können gewonnene Erfahrungen in einen möglichen weiteren Fusionsprozess eingebracht werden. Dies ist besonders bei Genossenschaftsbanken von immenser Wichtigkeit, da viele Banken mehr als einmal fusionieren. Wird nach den ersten gravierenden Veränderungen der Fusionsprozess außerdem noch nicht als abgeschlossen betrachtet, sondern weiterhin Zeit darauf verwendet, so ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass das fusionierte Unternehmen auf Dauer seine „neue Kultur“ lebt (Grosse-Leege 2000).
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