BEITRÄGE ZUR NEUEREN LITERATURGESCHICHTE DRITTE FOLGE· BAND 141
JÖRG HELBIG ~
Intertextualität und Markierung Unters...
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BEITRÄGE ZUR NEUEREN LITERATURGESCHICHTE DRITTE FOLGE· BAND 141
JÖRG HELBIG ~
Intertextualität und Markierung Untersuchungen zur Systematik und Funktion der Signalisierung von Intertextualität
~ Universitätsverlag C. Winter
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Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschajt
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Inhaltsverzeichnis
Helbig, Jörg:
Intertextualität und Markierung / Jörg He1big. Heide1berg: Winter, 1996 (Beiträge zur neueren Literaturgeschichte; Folge 3, Bd. 141) Zugl.: Berlin, Freie Univ., Diss.
1.
2.
ISBN 3-8253-0340-3 NE:GT
2.1. 2.2. 2.3.
3.
3.1. 3.2 3.2.1. 3.2.2. 3.3. 3.4.
ISBN 3-8253-0340-3 ISSN 0179-4027 Alle Rechte vorbehalten. © 1996. Universitätsverlag C. Winter Heidelberg GmbH Photomechanische Wiedergabe und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nur mit ausdrücklicher Genehmigung durch den Verlag • Imprime en Allemagne. Printed in Germany Satz: Klaus Brecht, Satz. Bild. Grafik., 69123 Heidelberg Druck: Strauss Offsetdruck GmbH, 69509 Mörhinbach
4. 4.1. 4.2. 4.2.1. 4.2.1.1. 4.2.1.1.1. 4.2.1.1.2. 4.2.1.1.3. 4.2.1.2. 4.2.2. 4.2.2.1. 4.2.2.2.
Generelle Vorbemerkungen: Erkenntnisziele und Arbeitsmethode der Untersuchung. . . . . . . .
11
Forschungsbericht zum Problemkreis der Markierung von Intertextualität . . . . . . . . . . . . . . . . .. 17 Typologische Ansätze zur Markierung von Zitat und Allusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Spezifische Untersuchungen zu den Formen intertextueller Markierung . . . . . . . . . . . . . . . 37 Resümee des Forschungsberichts und Folgerungen für die eigene Vorgehensweise . . . . . . . . . . . 52 Zur theoretischen Grundlegung intertextueller Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der zugrundegelegte Intertextualitätsbegriff . . . Zum Begriff der Markierung bzw. der Markiertheit Der linguistische Markierungsbegriff . . . . . . . . Ironiesignale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Differenzierung von unmarkierter und markierter Intertextualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung eines textanalytischen Instrumentariums Arten intertextueller Markierung. . . . . . . . . . Nullstufe: Unmarkierte Intertextualität. . . . . . . Reduktionsstufe: Implizit markierte Intertextualität Emphase durch Quantität. Frequenz . . . Kontamination Repetition Addition . . . Proportion . . Emphase durch Position Distribution Exponiertheit .
58 58 64 64 65 72 75 83
87 91 97 98 98
100 101 102 104 104 105 5
4.2.2.2.1. 4.2.2.2.2. 4.3. 4.3.1. 4.3.1.1. 4.3.1.2. 4.3.2. 4.3.3. 4.3.4. 4.4. 4.4.1. 4.4.2. 4.5. 5. 5.1.
5.1.1. 5.1.2. 5.2. 5.3. 5.4. 5.4.1. 5.4.2. 5.4.3. 5.5.
6.
Referenzen im Haupttext . . . . . . . . . . . Referenzen in Paratexten . . . . . . . . . . . Vollstufe: Explizit markierte Intertextualität . Onomastische Markierungen . Re-used !igures . . . . . . . . . . . . . . . . Re-used authors . . . . . . . . . . . . . . . . Markierung durch linguistische Codewechsel Markierung durch graphemische Interferenzen Mehrfachmarkierte Intertextualität . . . . . . . Potenzierungsstufe: Thematisierte Intertextualität . Markierung durch Thematisierung literarischer Produktion und Rezeption . . . . . . . . . . . . . . . Markierung durch Identifizierung des Referenztextes Markierung im Kontext filmischer Gestaltung .
r Funktionen markierter Intertextualität . . . . . . . . . r Zur rezeptionsästhetischen Bedingtheit intertextueller Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. ,'. Zur Problematik intertextuellen Mißverstehens .. )' Das Funktionspotential markierter Intertextualität . Verzicht auf Markierung . . . . . . . . . . . . . Die Rezipientenorientiertheit als Grundfunktion markierter Intertextualität . . . . . . . Dezentrale Aspekte der Grundfunktion .' Referenztextorientierte Funktionen I.i' Textorientierte Funktionen. . . . . . . I Produzentenorientierte Funktionen . . . Zum Problem der Korrelierbarkeit von Arten und Funktionen intertextueller Markierung. . .
105 106
111 113 113 115 117 121 126 131 131 135 139 143 144 144 148 155 161 168 168 174 181 182
6.1. 6.2. 6.3.
Applikation der Konzeption intertextueller Markierung auf konkrete Textbeispiele David Lodge . . Anthony Burgess lohn Landis ..
7.
Schlußbetrachtungen zu weiterführenden Perspektiven 223
6
188 188 197 . 208
Literaturverzeichnis I. Zitierte Literatur . . . . . . . . . . . . . . ; 226 La Zitierte Quellenausgaben . . . . . . . . · 226 I.b Schriften zum Problemkreis der Markierung von Intertextualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . · 229 I.c Sonstige zitierte Literatur . . . . . . . . . . . ; . . . . · 230 11. Allgemeine Schriften zum Problemfeld der Intertextualität . · 236 .
Ab bildungsverzeichnis Abb.1: Abb.2: Abb.3: Abb.4: Abb.5: Abb.6: Abb.7: Abb.8: Abb.9: Abb. 10: Abb.l1: Abb. 12: Abb.13: Abb. 14:
Typologie verschiedener Zitierweisen nach Meyer . Typologie des Zitats nach Hoek . . . . . . . . . . Typologie literarischer Anspielung nach Ben-Porat . . Typologie intertextueller Verweisarten nach Wheeler Spielarten von Intertextualität nach Füger. . . . . Termini zur Bezeichnung des Deutlichkeitsgrades literarischer Referenzen . . . . . . . . . . . . . . Verweisrichtung intertextueller Markierung . . . . Termini zur Bezeichnung von alludierendem und· alludiertem Text . . . . . . . . . . . . . Modell intertextueller Kommunikation . . . Hauptverfahren intertexueller Markierung . . Progressionsskala intertextueller Markierung. A. C. Doyle, "The Reigate Puzzle" . . . . . . Verweis-Hierarchie der unterschiedlichen Versionen . von A Clockwork Orange . . . . . . . . . . . . Implizite Markierung durch Einordnung in ein Titelparadigma . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19 23 27 32 45 53 73 76 82 95 138 180 204 210
Quellennachweis: Abb. 5 aus W. Füger, "Intertextualia Orwelliana", S. 180. Abb. 10 aus A. C. Doyle, "The Reigate Puzzle", p. 401. Alle übrigen Abbildungen l.H.
7
Prof. Dr. Wilhelm Füger hat die vorliegende Untersuchung von Beginn an betreut und mir jederzeit als kompetenter und interessierter Ansprechpartner mit wertvollem Rat zur Seite gestanden. Ihm möchte ich meine besondere Dankbarkeit aussprechen. Prof. Dr. Manfred Pfister und Prof. Dr. Klaus W. Hempfer danke ich für ihr Engagement und die ausführlichen Gespräche, aus denen zahlreiche wissenschaftliche Anregungen hervorgingen. Mein Dank gilt auch Prof. Dr. Ulrich Broich, Prof. Dr. Heinz Ickstadt und Prof. Dr. Heinrich F. Plett, deren konstruktive Ratschläge die Konturen der Studie mitgeprägt haben. Bei der Konzeption der linguistischen Aspekte dieser Arbeit fand ich Unterstützung durch Prof. Dr. Ekkehard König und Prof. Dr. Bernd Kortmann. Auch ihnen sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danke ich für die großzügige Förderung des Druckes des vorliegenden Buches.
An author ought to consider hirns elf, not as a gentleman who gives a private or eleemosynary treat, but rather as one who keeps a public ordinary, at which all persons are welcome for their money. In the former case, it is well known, that the entertainer provides what fare he pleases; and tho' this should be very indifferent, and utterly disagreeable to the taste of his company, they must not find any fault; nay, on the contrary, goodbreeding forces them outwardly to approve and to commend whatever is set before them. Now the contrary ofthis happens to the master of an ordinary. Men who pay for what they eat, will insist on gratifying their palates, however nice and even whimsical these may prove; and if every thing is not agreeable to their taste, will challenge a right to censure, to abuse and to d--n their dinner without controul. T~ prevent therefore giving offence to their customers by any such disappointment, it hath been usual, with the honest and well-meaning host, to provide a bill of fare, which all persons may peruse at their first entrance into the house; and, having thence acquainted themselves with the entertainment which they may expect, may either stay and regale with what is provided for them, or may depart to some other ordinary better accommodated to their taste.
Henry Fielding, Tom Jones. Book I, Chapter I.
There exists some object X such that either R contains an identifying description of X or S is able to supplement R with an identifying description of X.
John Searle, Speech Acts, p. 95.
Some unhelpful remarks from the author.
Douglas Adams, The Hitchhiker's Guide to the Universe. Headline to the Preface.
8
9
1. Generelle Vorbemerkungen: Erkenntnisziele und Arbeitsmethode der Untersuchung 'Markierung' steht im allgemeinen Sprachgebrauch meist synonym für 'Kennzeichnung' oder· 'Hervorhebung' bestimmter Elemente einer Menge mittels eines besonderen Merkmals, wobei sowohl der Vorgang als auch das Resultat des Markierens gemeint sein kann. In dieser Bedeutung fließt das Wort in unterschiedlichste semantische Kontexte ein: Markiert werden beispielsweise Wege, Strecken und Fahrbahnen, Grenzen und Reviere, Wertzeichen, Banknoten, Spielkarten, Wild und vieles mehr. Auch sprachliche Zeichen können markiert sein. Im Hinblick auf letztere bezeichnet Markierung die Hervorhebung oder Kennzeichnung von Teilen eines Wortes, Satzes oder Textes. Dies kann, im trivialen Sinn der Wortbedeutung, durch den Rezipienten erfolgen, etwa mittels Marginalglossen und Unterstreichungen oder mittels jenes eigens für diesen Zweck konzipierten Schreibutensils, des Text-'markers'. Auch im Zuge elektronischer Textverarbeitung hat der Markierungsbegriff Einzug in den Sprachgebrauch gehalten und bezeichnet dort das Vorbereiten von Zeichenketten für Veränderungen ihres Formats oder Druckbilds. Jeder Verfasser wissenschaftlicher Arbeiten ist zudem mit spezifischen Regeln der Markierung vertraut, die ihm häufig als präskriptive Normen entgegentreten. Die dabei zu beachtenden Richtlinien nähern sich nicht selten der Diktion von Gesetzestexten an: Fremdsprachige Einschübe in einem deutschen Text [... ] werden unterstrichen [... ]. Die Unterstreichung entfällt, wenn es sich um Zitate aus fremdsprachigen Quellen handelt, die bereits durch Anführungszeichen bzw. bei längeren Zitaten durch Einrückung [... ] vom deutschen Text eindeutig abgesetzt sind.!
Als sehr viel facetten- und folgenreicher, mithin insgesamt weitaus komplexer erweist sich das Problem der Markierung im Bereich der Produktion und Rezeption literarischer Texte. Generell wird es dort immer ! Poenicke, Duden: Wie veifaßt man wissenschaftliche Arbeiten?, S. 127.
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dann aktuell, wenn mehrere unterschiedliche Arten von Diskursen sich überlagern oder ineinanderfließen und insbesondere dort, wo ein Erkennen der Differenz von Originaltext und Zitatelement intendiert ist. Die besondere Aktualität dieses Problemfeldes spiegelt sich u.a. in der Tatsache, daß Markierung (bzw. Markiertheit) in diesem komplexeren Sinne als Untersuchungsgegenstand in jüngerer Zeit in verschiedenen Forschungsdisziplinen und hier wiederum in unterschiedlichen Kontexten intensive Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. So kann in diesem Zusammenhang auf die Diskussion der Markiertheit in der Linguistik verwiesen werden, welcher der Deutsche Anglistentag 1983 eine eigene Sektion widmete, sowie insbesondere auf die aktuelle Diskussion von Ironiesignalen innerhalb der linguistischen Pragmatik. 2 Im Rahmen einer literaturwissenschaftlichen Betrachtung wird das erweiterte Forschungsinteresse an Markierungsverfahren besonders durch aktuelle Problemstellungen der Rezeptionslenkung motiviert. Zu denken wäre hierbei etwa an die von Peter J. Rabinovitz postulierten 'rules ojnotice', die im Rahmen eines Versuchs der Grundlegung impliziter Vorannahmen, welche der Rezipient an die Lektüre heranträgt, jene markers beschreiben sollen, mit denen narrative Texte die Aufmerksamkeit des Lesers auf bestimmte Textstellen ziehen. 3 Die systematische Durchleuchtung intertextueller Markierungsverfahren in literarischen Texten' eröffnet einen weiteren Analysespielraum. Insbesondere ermöglicht sie fundierte Rückschlüsse auf intendierte Leserrollen (die nicht zuletzt über Markierungsstrategien definiert werden) und mithin auf eine spezifizierte Lesertypologie, die sich in einschlägigen Forschungsbeiträgen häufig nur als approximatives Spektrum zwischen dem informierten 'Experten', 'Spezialisten' oder 'litteratus doctus' einerseits und dem weniger kompetenten 'Durchschnittsleser' , 'Normalleser' oder 'literarischen Anfänger' andererseits niederschlägt. Die den Strategien intertextueller Markierung zugrunde liegende gewollte Differenzierung zwischen alludierenden und nicht-alludierenden Textsegmenten spiegelt sich bereits in Verfahren zur Trennung von auktorialer und personaler Rede wider. Die Furcht vor möglichen Mißverständnissen veranlaßte beispielsweise Samuel Richardson dazu, 2
3
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Beide Komplexe werden in Kapitel 3.1. auf ihren möglichen Nutzen für die vorliegende Thematik zu befragen sein. Vgl. Rabinovitz, Bejore Reading, bes. Kap. 2.
zahlreiche als erlebte Rede konzipierte Passagen seiner Romane graphemisch zu kennzeichnen- möglicherweise aus gutem Grund: Welch drastische gesellschaftliche Sanktionen ein Verzicht auf Markierung u.U. nach sich ziehen kann, zeigt sich am Beispiel des ehemaligen Präsidenten des Deutschen Bundestages, Philipp Jenninger, den kritische Reaktionen auf seine Gedenkansprache zum 9. November 1988 zum Rücktritt veranlaßten. Der Redner hatte es in dieser Ansprache versäumt, Passagen erlebter Rede in geeigneter Weise als solche zu markieren. In einem 1991 erschienenen Forschungsbeitrag wies Yasushi Suzuki die Markierungsbedürftigkeit dieser Passagen nach,4 insbesondere aufgrund der Beobachtung, daß es im wesentlichen die Ambivalenz der ER [i.e. erlebten Rede] bezüglich der Zuordnung der referierten Ansichten war, die die Gefahr heraufbeschwor, von einem Teil der Zuhörer mißverstanden zu werden. Der Zitatcharakter der inkriminierten Stellen ist vielen Zuhörern nicht erkennt/ich geworden [... ].5
Eine vergleichbare Gefahr des Mißverstehens besteht auch im Bereich intertextueller Bezugnahmen, so daß deren Markierung häufig als (vermeintlicher) Garant einer adäquaten Textauslegung funktionalisiert wird. Angesichts der eminenten Bedeutung, die den Markierungsverfahren im Zusammenhang mit Rezeptionslenkung zweifellos zukommt, ist in jüngeren Forschungsbeiträgen zu diesem Aspekt wiederholt darauf hingewiesen worden, daß eine eingehende Analyse von Theorie und Praxis der Markierung von Intertextualität als wichtiges Forschungsdesideratum gelten muß. "In den zahlreichen Arbeiten zur Intertextualität ist die Frage der Markierung bisher kaum behandelt worden",6 stellt beispielsweise Ulrich Broich fest und formuliert damit ein Unbehagen, das auf den ersten Blick durchaus nicht selbstverständlich erscheint. So ist es im Kontext poststrukturalistischer Intertextualitätsdiskussion alles andere als naheliegend, ein spezifisches Verfahren 4
5
6
Suzuki benennt als geeignete Mittel hierfür "Tonfall und Gebärde" sowie eine Intonation die den Unterschied zwischen der Stimme des Sprechers ~nd der Stimme 'des Besprochenen hörbar werden läßt" (vgl. "Erlebte Rede und der Fall Jenninger", S. 10-11). Suzuki, "Erlebte Rede und der Fall Jenninger", S. 9-10. (Hervorhebungen .. J.H.) Broich Formen der Markierung von Intertextualität", S. 34 f. - Ahnliche Befund~'u.a. bei Füger, "Intertextualia Orwelliana", S. 179 und Plett, "Intertextualities", p. 5, indirekt auch Pfister, "Konzepte der Intertextualität", S. 30.
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ästhetischer Textgestaltung zu analysieren, das sich in individuellen Texten lokalisieren läßt und als intendierte Vertextungsstrategie aufzufassen ist. Eine Dekonstruktion des behaupteten Antagonismus textontologischer und textanalytischer Zugriffsmethoden macht freilich die Notwendigkeit einer systematischen Untersuchung der Mechanismen intertextueller Markierung unmittelbar einsichtig. 7 Intertextualität kann im Bereich fiktionaler Literatur generell als ein Störfaktor beschrieben werden, der die Isotopie 8 eines Textes durchbricht und Impulse aussendet, die aus der präsenten fiktionalen Welt hinausweisen, um auf dem Umweg über eine fremde fiktionale Welt wieder auf den manifesten Text zurückzuwirken. Diese 'Störwellen' lassen sich auf einen jeweiligen Ursprung, auf ein Epizentrum zurückverfolgen, das sich an der Textoberfläche als Reproduktion oder Variation von Signifikanten eines ab senten Textes konkretisiert. Die Tatsache, daß eine vom Autor signalisierte Referenz von einem Rezipienten möglicherweise übersehen werden kann, verweist direkt auf eines der Kernprobleme einer Markierungstheorie: Welche Bedingungen und Faktoren sind fur das Zustandekommen eines vom Autor angestrebten intertextuellen Kommunikationsvorgangs notwendig und welchen Faktoren kommt dabei eine ausschlaggebende Bedeutung zu? Die Allusions(erkennungs-)kompetenz des Empfängers einer intertextuellen Botschaft hängt vordergründig von verschiedenen transtextuellen Variablen ab, etwa vom historischen und nationalspezifischen Kontext sowie insbesondere vom individuellen literarischen Vorwissen eines jeweiligen Rezipienten, d.h. vom jeweils abrufbaren quantitativen und qualitativen Wissen um rezipierte Texte, das seinerseits durch lesertypologische Parameter geschlechts-, alters- oder gruppenspezifischer Art mitgeprägt ist. Auch die generelle Vertrautheit einer Gesellschaft mit der kulturellen Verortung eines spezifischen Referenztextes hat, wie Michael Riffaterre zutreffend feststellt, erheblichen Einfluß auf die Decodierungsprozesse der Rezipienten: "the reader's task is facilitated by the frequency ofreferences to well-known intertexts, or just by chance encounters with them".9 Zwar wäre es verfehlt, bei der Rezeption eines literarischen Werkes von der Fiktion einer vollständigen Kon-
7 8
9
14
Vgl. hierzu ausführlicher Kap. 3.1. Der Begriff der Isotopie wird hier im Sinne von Greimas verwendet (vgl. bes. Semantique structurale, 1966). Riffaterre, "Compulsory Reader Response", p. 58.
gruenz der literarischen Kompetenz von Autor und Leser auszugehen, dennoch gilt hier das Diktum Gerhard Goebels, "daß eine literarische Anspielung, um etwas zu suggerieren, zumindest überhaupt als literarische Anspielung muß erkannt werden können".l0 Zur Gewährleistung dieser Minimalforderung und Entschärfung unkalkulierbarer kommunikativer Störquellen stehen einem Autor spezifische Intertextualitätssignale als Hilfsmittel und Garanten eines erfolgreichen Kommunikationsprozesses zur Verfügung, die wir nachfolgend unter dem Begriff der Markierung subsumieren. ll Das Leistungspotential einer systematischen Beschreibung der Verfahren intertextueller Markierung weist in zwei Richtungen. Im engeren Sinne stellt eine Markierungstheorie ein heuristisches Hilfsmittel der Textdeskription und -analyse bereit, darüber hinaus liefert sie aber vor allem einen wichtigen Baustein für eine übergreifende Theorie- und Modellbildung intertextueller Schreibweisen. Eine Markierungstheorie bildet daher eine entscheidende Voraussetzung für das Erreichen der Fernziele einer Grammatik und einer Geschichte der Intertextualität und gewinnt daher maßgebliche Bedeutung für eine genauere Beschrei12 bung und Binnendifferenzierung des Intertextualitätsbegriffs. Es ist somit zu begrüßen, daß einzelne Beiträge zur Intertextualitätsdiskussion nicht nur das Desiderat einer Markierungstheorie aufdecken, sondern bereits erste Schritte vorzeichnen, wie diesem Desiderat konkret entgegenzuwirken ist. Ausgehend von der Frage, welche textimmanenten Signale eine intertextuelle Einschreibung "sichtbar" werden lassen, erhebt beispielsweise Heinrich F. Plett die Forderung: [Al system of indicators and analytical categories becomes necessary. Such a system presupposes the existence of a comprehensive intertextual sign arsenal. As long as only a rudimentary understanding of such a repertoire exists some relevant properties of the phenomenon can merely be tentatively deduced. 13
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12
13
Goebel, "Funktionen des 'Buches im Buche' in Werken zweier Repräsentanten des 'nouveau roman"', S. 45. Eine schärfere Fokussierung des Markierungsbegriffs erfolgt im Rahmen unserer Entwicklung eines taxonomischen Apparates, S.U., Kap. 3.4. Vgl. hierzu auch Füger, "Intertextualia Orwelliana", S. 179. Plett, "Intertextualities", p. 5.
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Eine wesentliche Zielsetzung der nachfolgenden Erfassung und kritischen Auswertung relevanter Forschungsleistungen besteht zunächst in einer Klärung der Frage, ob und ggf. wo eine zu konzipierende Theorie intertextueller Markierung an vorhandene Ansätze anknüpfen bzw. diese fortentwickeln kann.
2. Forschungsbericht zum Problemkreis der Markierung von Intertextualität Die Ermittlung und erste Sichtung der Forschungslage zum Problemkreis der Markierung von Intertextualität führen zunächst zu drei grundlegenden Einsichten: Erstens liegen spezielle Forschungsergebnisse zu Theorie und Praxis intertextueller Markierung ungeachtet der Vielzahl von Publikationen zum Gesamtkomplex des Themas 'Intertextualität' bislang nur sporadisch und ansatzweise vor. Zweitens sind relevante Forschungsbeiträge häufig in Kontexte eingebunden, die primär anders gelagerte Erkenntnisziele verfolgen, so daß eine eingehende systematische Auseinandersetzung mit dem Problem intertextueller Markierung in den meisten Fällen entweder gar nicht oder nur partiell intendiert ist. l Drittens wollen die wenigen verbleibenden Forschungsbeiträge, die sich nicht nur beiläufig auf die Thematik einlassen, selten über den Anspruch notwendiger Vorüberlegungen hinausgreifen. Die ausführlichsten, wenngleich nach wie vor unzureichenden Untersuchungsergebnisse liegen bislang zu den unterschiedlichen Typen und Ausprägungsformen intertextueller Markierung vor. Andere wichtige Aspekte der Markierung, etwa funktionaler oder literarhistorischer Art, sind dagegen bisher nahezu unbeleuchtet geblieben. Zu den Anliegen des nachstehenden Forschungsberichtes gehört es, die bislang vorliegenden einschlägigen Untersuchungen nach ihren 1
16
Dies gilt erst recht für sporadische Hinweise auf Markierungsverfahren in Forschungsbeiträgen zu spezifischen Ausprägungsformen von Intertextualität. Exemplarisch sei hierzu auf eine einschlägige Passage aus eh. Jansohns Monographie Zitat und Anspielung im Frühwerk von D. H. Lawrence (1990) verwiesen: "Das Zitat kann entweder ohne Hinweis auf seine Herkunft in den neuen Kontext eingearbeitet oder durch Anführungszeichen oder (meist bei fremdsprachigen Zitaten) durch Kursive gekennzeichnet werden. Darüber hinaus macht Lawrence durch den Gebrauch von 'quote' oder 'read' auf die Verwendung fremder Texte aufmerksam." (S. 14) Dieser generalisierende Hinweis auf lediglich drei Markierungsarten macht deutlich, daß die Verfasserin keinen systematischen Zugriff auf verschiedene Arten intertextueller Markierung anstrebt, und in diesem Punkt auch auf eine terminologische Anknüpfung an den aktuellen Forschungsstand verzichtet.
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Ergebnissen zu befragen und dabei deren jeweilige Schwachpunkte aufzudecken, um die potentiellen Anknüpfpunkte ebenso wie die Desiderata auf diesem Arbeitsfeld sichtbar zu machen. Berücksichtigt werden sowohl Beiträge, die sich in der Hauptsache mit intertextueller Markierung als solcher auseinandersetzen, als auch Beiträge, die relevante Erkenntnisse bereitstellen, obwohl sie diese Thematik nur en passant und häufig ohne direkten Rekurs auf die Intertextualitätsdiskussion anschneiden. Gegenüber einer rein chronologischen Ordnung erhält dabei ein Gliederungsprinzip den Vorzug, das allgemeine theoretische Grundlegungsversuche zum Problemkreis der Markierung von solchen Beiträgen trennt, welche Markierung im Kontext übergreifender Aspekte lediglich tangieren. Angesichts der hervorragend dokumentierten Forschungslage zur generellen Theoriebildung innerhalb der Intertextualitätsdiskussion erscheint es dagegen redundant, an dieser Stelle erneut die Chronologie der verschiedenen Forschungsansätze nachzuzeichnen. Einen qualifizierten Überblick über die wichtigsten Positionen der Intertextualitätsforschung vermitteln u.a. die Arbeiten von Manfred Pfister, "Konzepte der Intertextualität" (1985), Ottmar Ette, "Intertextualität" (1985), ThaIS Morgan, "The Space of Intertextuality" (1989), Renate Lachmann, "Konzepte des Dialogischen" (1990) und Heinrich F. Plett, "Intertextualities" (1991.
2.1. Typologische Ansätze zur Markierung von Zitat und Allusion
Wenn, wie bereits erwähnt, Ulrich Broich davon spricht, daß die Frage der Markierung in den zahlreichen Arbeiten zur Intertextualität bisher kaum behandelt worden sei,2 so evoziert er damit in erster Linie einen theoretischen Rahmen, der jene Arbeiten ausgrenzt, die es unternehmen, konkrete literarische Verweistechniken nach dem Gesichtspunkt ihrer Signaldeutlichkeit zu differenzieren, ohne daß hierbei explizit von Intertextualität oder gar von Markierung die Rede wäre. Für eine umfassende Klärung des Problemfeldes intertextueller Markierung erscheint es jedoch notwendig, auch solche Beiträge ins Zentrum der Betrachtung zu rücken, die sich diesem Untersuchungsgegenstand außerhalb des Kontextes der Intertextualitätsdiskussion annähern. Selbst wenn sich 2
18
Vgl. Broich, "Formen der Markierung von Intertextualität", S. 34.
derartige Studien, wie sie insbesondere zu Zitat und Anspielung vorliegen, nicht unmittelbar für eine Typologie intertextueller Markierung nutzbar machen ließen, so könnten doch gerade hierdurch die spezifischen Forschungsdesiderata um so schärfere Konturen annehmen. Rückschlüsse auf mögliche Ansätze zu einer typologischen Differenzierung intertextueller Markierung deuten sich bereits in frühen Untersuchungen zur Theorie des Zitats an. So lokalisiert Hermann Meyer in seiner Studie Das Zitat in der Erzählkunst: Zur Geschichte und Poetik des europäischen Romans (1960) das Zitat im Spannungspol zwischen Assimilation und Dissimilation, da es einerseits mit seiner neuen textuellen Umgebung eine enge Verbindung eingeht, andererseits aber eine fremde Welt in die präsente Fiktion "hineinleuchten" läßt. Auf der Grundlage dieser These führt Meyer aus: Dies gilt nicht nur für das offen zu Tage liegende, sondern auch für das kryptische Zitat, das dem Durchschnittsleser verborgen bleibt und sich nur den Kennern offenbart. Beim kryptischen Zitat handelt es sich weniger um ein einfaches Verstecken als um ein regelrechtes Versteckspiel. Der Sinn des Spieles besteht darin, daß das Zitat entdeckt wird, weil es nur dadurch zu seiner spezifischen Wirkung gelangt. Zwischen dem offenbaren und dem kryptischen Zitat gibt es daher keinen kategorialen, sondern nur einen graduellen Unterschied. Kategorial ist es dagegen verschieden von der einfach versteckten Entlehnung, deren Entdeckung zwar philologische Befriedigung, aber keinen ästhetischen Reiz auslöst. 3
Meyer postuliert somit eine doppelte Opposition, die sich graduell zwischen offenem und kryptischem Zitat, kategorial zwischen diesen beiden Zitattypen und korrespondierenden Ausprägungen der Entlehnung manifestiert. Schematisch ließe sich Meyers Postulat folgendermaßen darstellen: Relationstypus I. 11.
+ < - - - Explizitheitsgrad - - - > -
offenes Zitat offene Entlehnung
kryptisches Zitat versteckte Entlehnung
Abb. 1.: Typologie verschiedener Zitierweisen nach Meyer
Handelt es sich bei der vertikalen Opposition letztlich um eine (nichtsdestoweniger klärungbedürftige) Frage der Terminologie, so tan3
Meyer, Das Zitat in der Erzählkunst, S. 12-13.
19
giert die horizontale Opposition bereits den Problemkreis intertextueller Markierung, da Meyers Dichotomie 'offen' vs. 'kryptisch' eine starke Affinität zu einem vorerst hypothetisch bleibenden Gegensatzpaar 'markiert' vs. 'unmarkiert' vermuten läßt. Wenn Meyer darüber hinaus stark vereinfachend argumentiert, daß sich das kryptische Zitat nur dem 'Kenner', nicht aber dem 'Durchschnittsleser' offenbare, so deutet dies, ungeachtet der unzulässigen Ausblendung wichtiger kommunikativer Parameter über einen Umkehrschluß ein erstes mögliches Funktionspotential i~tertextueller Markierung voraus. Implizit erscheint hier die Überleitung eines kryptischen in ein offenes Zitat als notwendige Voraussetzung dafür, auch Rezipienten mit einem geringen literarischen Vorwissen an einer intertextuellen Kommunikation partizipieren zu lassen. Eine Klärung denkbarer Mechanismen und Motive, welche die Transformation vom kryptischen zum offenen Zitat bedingen, bleibt Meyer zwar schuldig, dennoch sind in seiner taxonomischen und systematischen Grundlegung entscheidende Ansatzpunkte für nachfolgende Arbeiten zu sehen. In der durch Meyer angeregten Untersuchung Die Funktion der Zitate im 'Ulysses' von James Joyce (1970), kommt es Ulrich Schneider zunächst auf eine begriffliche Differenzierung des Zitats 4 sowie auf dessen Abgrenzung gegenüber verwandten Referenzkategorien an. In diesem Zusammenhang unterscheidet Schneider beispielsweise danach, ob eine Einschreibung "als absichtlicher Verweis auf die Quelle" zu werten ist (Le. Zitat) oder "als unabsichtlicher Anklang" (i.e. Reminiszenz).5 Maßgebend sei dabei u.a., ob das zitierte Element in wörtlicher Übereinstimmung mit der evozierten TextsteIle erscheint (Le. Zitat) oder ob diese Übereinstimmung aufgegeben ist (i.e. Anspielung). Einschränkend stellt Schneider jedoch fest, daß sich das Zitat der Anspielung annähern kann, wenn es "ungenau angeführt oder auf einen kurzen Satzteil reduziert" wird. 6 Aufschlußreich im Hinblick auf eine Markierungstheorie erscheint es, wenn Schneider seine Definition des Zitats auch gegenüber der zuvor abgegrenzten Kategorie der Reminiszenz relativiert: "Da sich oft nicht mit Sicherheit sagen läßt, ob ein Verweis vom Autor beab4
5 6
20
Vgl. etwa die Unterscheidung zwischen Fremdzitat und Selbstzitat sowie die Sub differenzierung des letzteren in Selbstzitate aus früheren Werken desselben Autors und innerhalb eines Werkes. Schneider, Die Funktion der Zitate im 'Ulysses' von fames foyce, S. 10. Schneider, Die Funktion der Zitate im 'U!ysses' von fames foyce, S. 9.
sichtigt ist oder nicht, sind die Übergänge zwischen den bei den Begriffen [... ] eher fließend."7 Die Schwierigkeiten, mit denen sich Schneider konfrontiert sieht, wenn er versucht, seine Kategorien in deren Grenzbereichen plausibel zu gestalten, reflektieren zumindest zwei Kernprobleme aus dem Umfeld intertextueller Markierung: Offenbar ist die einer historisch gewachsenen Taxonomie inhärente Unschärfe nicht geeignet, intertextuelle Phänomene mit der gebotenen Präzision zu erfassen, so daß eine schärfere Begrifflichkeit ebenso erhellende Wirkung auf den Problemkreis intertextueller Markierung zeigen müßte, wie umgekehrt eine Markierungstheorie zur Klärung und Konsistenz einer Systematik intertextueller Zugriffsformen beitragen könnte. In der ebenfalls durch Meyer inspirierten Studie Proust - Musil Joyce: Zum Verhältnis von Literatur und Gesellschaft am Paradigma des Zitats (1972) knüpft auch Gerhard R. Kaiser an die dort vorgefundene Terminologie an und sieht die Funktion von Zitaten in der Absicht begründet, "durch einen mehr oder weniger expliziten Verweis, die eigene Rede (den eigenen Text) zu schmücken, durch Autorität zu sichern oder gegen solche kritisch abzusetzen".8 Wenngleich sich Kaisers theoretische Grundlegung als zu unverbindlich für die vorliegende Thematik erweist, so kann doch wenigstens seine Fallstudie zu den Zitaten in Joyces' Ulysses gewinnbringend genutzt werden. Aufschlußreich erscheint hier besonders die Tatsache, daß Kaiser, stärker als dies bei Schneider der Fall ist, konkrete Kriterien benennt, welche die Deutlichkeit eines Zitats beeinflussen können und er seine Taxonomie zumindest punktuell mit spezifischen Funktionstypen des Zitats korreliert. Kaiser skizziert zunächst eine Skala unterschiedlicher "Einführungsformen", welche dazu beitragen, den Deutlichkeitsgrad eines Zitats zu determinieren. Diese Skala spannt einen Bogen von der "Nennung der Quelle oder des Urhebers" eines Zitats über "verschiedene Arten der Anspielung" bis zu einem "Verzicht auf jegliche Art von erläuterndem Kommentar".9 Unverortet bleibt auf dieser Skala hingegen Kaisers Kategorie des 'potenzierten' Zitats, das seinen Verweischarakter mehrfach preisgibt. Eine weitergehende, wenngleich keineswegs erschöpfende Beschreibung erfahren zwei Zitattypen, die als 'kryptisch' und 'plakativ' bezeichnet werden. Ein kryptisches Zitat (dessen 7 8
9
Schneider, Die Funktion der Zitate im 'Ulysses' von fames foyce, S. 10-11. Kaiser, Proust - Musil - foyce, S. 7. Vgl. Kaiser, Proust - Musil - foyce, S. 160.
21
Grenzen "fließend" seien) liegt laut Kaiser vor, wenn unter Verzicht auf einen erläuternden Kommentar ein "relativ unbekanntes" Zitat erscheint, so daß der Verweisungscharakter abgeschwächt bzw. "verdeckt" wird. lo Einen Zusammenhang postuliert Kaiser weiterhin zwischen der Deutlichkeit eines Zitats und seiner relativen Länge, wenn er Kürze und Unvollständigkeit als Kriterien zunehmender Undeutlichkeit benennt die sich funktional als Zurückdrängung des handlungsbezogenen Charakters von Zitaten manifestierten: Kryptische Zitate dienten nicht primär der Kennzeichnung von Szenen und Figuren, sondern "emanzipierten" sich als ein selbständiges ludisches Element, das aus einer Freude am Spiel mit der Sprache, am "Rate- und Versteckspiel" mit dem Leser und der Evokation als solcher entspringt. Das plakativ hervorgehobene, typographisch ausgewiesene Zitat sei demgegenüber "segmentiert", es erwecke den Eindruck, "als habe sich das sprachliche Material für einen Augenblick vom Erzählnexus gelöst" - ein Eindruck, der laut Kaiser dann besonders stark hervortritt, wenn die figuren- oder handlungsll bezogene Relevanz für den Leser nicht unmittelbar einsichtig wird. Mit der versuchten Anbindung unterschiedlicher Zitattypen an spezifische Funktionen geht Kaiser zwar einen wichtigen Schritt über die Theoriebildung von Meyer und Schneider hinaus, doch vermag die dabei verfolgte Argumentationslinie nicht immer zu überzeugen, da selbst die wenigen getroffenen Zuordnungen erhebliche Probleme aufwerfen. So ist beispielsweise nicht einzusehen, weshalb nicht auch ein deutlich signalisiertes Zitat einen ausgeprägt ludischen Charakter haben sollte. Ein entsprechendes "Versteckspiel" mit dem Leser motivieren etwa die in der postmodernen Literatur beliebten (und oft explizit markierten) Pseudozitate. Überhaupt bleiben Kaisers Kategorien der Zitatdeutlichkeit generell zu verschwommen, um als objektivierbare Orientierungspunkte für die Bestimmung der Signal stärke intertextueller Markierung fungieren zu können. Daß Kaisers Kriterien für die Signaldeutlichkeit eines Zitats zudem nicht ohne weiteres mit den im folgenden von uns zu postulierenden Kriterien für dessen Markierung kompatibel sind, zeigt sich an seinem Beispiel von Joyces Dante-Zitat "nel mezzo dei cammin di nostra vita", das so berühmt sei, "daß sich ein Hinweis erübrigt"P Kaisers Kategorie des 'Hinweises' deckt sich somit
nicht mit der Kategorie einer intertextuellen Markiertheit, da das genannte Zitat bei Joyce durch interlingualen und graphemischen Codewechsel gleich doppelt markiert ist. 13 Einen vergleichbaren typologischen Ansatz wie Hermann Meyer verfolgt Leo H. Hoek unter dem Stichwort der "Intertitularität" im Rahmen seiner Studie La marque du titre: Dispositijs semiotiques d'une pratique textuelle (1981). Hoek zeigt dort einen Weg zu einer Systematisierung intertextueller Markierung auf, indem er vier generelle Verfahrensweisen des Zitierens unterscheidet, die sich aus den möglichen Kombinationen der Dichotomien' anonyme' vs. 'signee' sowie' marquee' vs. 'rentree' ergeben. 14 Die Opposition 'anonyme' vs. 'signee' bezieht sich dabei auf die Frage, ob der Ursprung eines Zitats offengelegt wird oder ungenannt bleibt,15 mittels des Begriffspaares 'marquee vs. rentree' differenziert Hoek markierte und unmarkierte Zitate, so daß Markierung (der Referenz) und Identifizierung (des Referenztextes) als kategorial verschiedene Parameter gekennzeichnet werden. Indem Hoek 'citation rentree' zusätzlich gegen 'citation secrete' abgrenzt, klammert er Fälle einer vorsätzlichen Verschleierung des Zitatcharakters aus seiner Betrachtung aus: ,,11 ne s'agit pourtant pas d'une citation vraiment secrete, c'est-adire qui ne supporte pas la reconnaissance, comme c'est le cas pour le plagiat ou le vol. ,,16 Auch Hoeks typologische Darlegungen lassen sich in einem Schema erfassen: Zitattypus
11
12
22
Zum Aspekt des kryptischen Zitats vgl. bes. Kaiser, Proust - Musil- Joyce, S. 148 und 161. Vgl. Kaiser, Proust - Musil - Joyce, S. 159. V gl. Kaiser, Proust - Musil - Joyce, S. 160.
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markiert
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+
-
+
Ursprung genannt
-
-
+
+
Abb. 2: Typologie des Zitats nach Hoek 13
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Vgl. Joyce, Ulysses, p. 204. Hoek, La marque du tifre, pp. 194-195. Zu stark verabsolutiert ist dabei Hoeks Behauptung, Zitate in Titeln gehörten stets dem anonymen Typus an (La marque du tifre, p. 194). Hoek, La marque du tifre, p. 194. Der Bereich der "citation secrete" entspräche demnach den Feldern (3) und (4) in Wilhelm Fügers Skala intertextueller Spielarten (s.u., Abb. 5).
23
Als problematisch erscheint hier vor allem das dem Zitattypus (3) zugrundeliegende Postulat eines unmarkierten Zitats bei gleichzeitiger Aufdeckung seines Ursprungs. Gemeint ist hier wohl der hypothetische Fall eines Autors, der zu erkennen gibt, in seinem Text einen benannten Referenztext zu zitieren, ohne jedoch Ort und Umfang dieses Zitats zu kennzeichnen. Hiergegen ist freilich einzuwenden, daß auch eine in der beschriebenen Weise erfolgte Ankündigung eines Zitats als Markierung betrachtet werden müßte. Die somit eher fragwürdige Kategorie erklärt sich aus Hoeks zu eng gefaßter Definition von Markierung, die keine Möglichkeiten nichtvisueller Markierung zuläßt: "Les marques de la citation sont des signifiants scripturaires qui isolent la citation par differenciation visuelle" .17 Die dabei implizierte kategoriale Differenzierung zwischen typographischer und linguistischer Markierung erscheint jedoch nicht hinreichend motiviert, da in diesem Bereich eher von graduellen Unterschieden auszugehen ist. Unstrittig bleibt hingegen die behauptete Opposition zwischen offenen und kryptischen Zitaten, von der zwanzig Jahre nach Hermann Meyer auch Peter Horst Neumann in "Das Eigene und das Fremde: Über die Wünschbarkeit einer Theorie des Zitierens" (1980) ausgeht. Neumann trifft dabei eine grundlegende Unterscheidung zwischen dem Zitat im juristisch definierten Sinn und dem künstlerischen Zitieren. Der juristischen Forderung Rechnung tragend, "daß das Fremde kenntlich als Fremdes reproduziert werden muß",I8 seien geeignete Maßnahmen zur Kennzeichnung des Zitatcharakters zu ergreifen: "Gefordert sind also Zitatsignale (Anführungszeichen, Verweise uSW.)".I9 In derartigen Markierungsformen erblickt Neumann - hierin die vorgenannten Arbeiten um einen allerdings wenig ergiebigen Aspekt erweiternd gerade den entscheidenden Unterschied zum künstlerischen Zitat: "Künstlerisches Zitieren ver~ichtet weitgehend auf Signalelernente, wo sich Merkzeichen finden, sind sie nur ausnahmsweise von jener Deutlichkeit, die das Zitatrecht verlangt. ,,20 Obwohl Neumann der Markierung in ästhetischen Texten eine eher marginale Bedeutung zugestehen will, erachtet er die systematische Beschreibung der nichtsdestoweniger auffindbaren 'Merkzeichen' als unabdingbare Voraussetzung einer 17 18
19 20
24
Hoek, La marque du titre, p. Neumann, "Das Eigene und Neumann, "Das Eigene und Neumann, "Das Eigene und
195. das Fremde", S. 299. das Fremde", S. 299. das Fremde", S. 299.
Theorie des Zitierens. Es ist Neumanns Anspruch, den Grundstein für dieses Fernziel zu legen; indem er sich die Bestimmung der beiden Extrempunkte einer zu erstellenden Typenskala der Zitierweisen zur Aufgabe macht. Der freilich enttäuschende Lösungsvorschlag hierzu lautet: Als Eck-Werte einer Skala kommen [... ] nur solche Typen in Betracht, bei denen a) die Trennung des Eigenen vom Fremden am deutlichsten oder b) deren Verschmelzung am innigsten ist. Eine beabsichtigte Bezie-
hung des eigenen zum fremden Text wird vorausgesetzt. Diese Bedingungen erfüllen das Motto und die Anspielung. 21
Zur Begründung der Wahl gerade dieser bei den Zitierformen führt Neumann an, daß der Zitat-Typus des Mottos die markanteste Trennung von Zitat-Objekt und Zitat-Medium, d.h. eine "Überdeutlichkeit der Zitat- und Fremdheits-Signale"22 aufweise. Dagegen werde bei dem Zitat-Typus der Anspielung das Zitat-Objekt vom Autor als bekannt vorausgesetzt und auf dessen Identifizierung verzichtet. An die Stelle des expliziten Hinweises auf das Zitat-Objekt träten hier vielmehr "Vertrautheits-Appelle" und "esoterische Winke". Hiermit deutet Neumann zwar mögliche Kategorien intertextueller Signalgebung an, er unterläßt es jedoch, deren mögliche Ausprägungsformen zu konkretisieren. Als gemeinsames Merkmal dieser Kategorien erscheint ihm lediglich die Tatsache, daß sie "verkennbar" seien. 23 Abgesehen von diesem ungenutzt bleibenden Erkenntnispotential erweist sich auch Neumanns Terminologie gerade im Hinblick auf den damaligen Forschungsstand zur literarischen Anspielung, der durch die Arbeiten von Ben-Porat und Perri wesentliche innovative Impulse erhalten hatte, als zu wenig differenziert. In zwei Aufsätzen zur literarischen Anspielung, "The Poetics ofLiterary Allusion" (1976) und "The Poetics of Allusion - A Text Linking 21
22 23
Neumann, "Das Eigene und das Fremde", S. 300. Auch von Neumann wird also die Intentionalität ausdrücklich zu einem Definitionskriterium des Zitats erhoben. Dieselbe Auffassung vertritt u.a. C. Perri für den Bereich der literarischen Allusion. (Vgl. "On Alluding", p. 300.) Neumann, "Das Eigene und das Fremde", S. 302. Die hier postulierten Signale rücken somit in die Nähe von H. F. Pletts weiter unten diskutierten Kategorie der impliziten Markierung, als deren wichtigstes Definitionskriterium ihre Ambivalenz benannt wird. ("Intertextualities", pp. 11-12.)
25
Device - in Different Media of Communication" (1979), definiert Ziva Ben-Porat die Allusion als "a device for the simultaneous activation of two texts".2 4 Wesentlich ist dabei Ben-Porats Auffassung, daß Anspielungen unterschiedlichste Erscheinungsformen annehmen können, darunter auch solche von höchst expliziter Art. Auf einen entsprechenden Wandel des Sprachgebrauchs wies Harold Bloom bereits 1975 hin, als er insgesamt fünf Bedeutungen von allusion differenzierte und dabei u.a. feststellt: "A fourth meaning, which is still the correct modern one, followsrapidly by the very early seventeenth century, and involves any implied, indirect or hidden reference. The fifth meaning, still incorrect but bound to establish itself, now equates allusion with direct, more overt reference."25 In das Zentrum eines generativen Beziehungsmodells von alludierendem und alludiertem Text stellt Ben-Porat ein 'alluding sign', welches als 'marker bezeichnet wird. Die wichtigste Funktion des markers sei es, das Zustandekommen einer komplexen intertextuellen Interpretationsleistung zu gewährleisten: "The reader has to perceive the existence of a marker before any further activity can take place. ,,26 Ausdrücklich weist Ben-Porat darauf hin, daß die Identifizierung der 'markierenden Elemente' nicht von einer formalen Identität des markers mit der Ursprungsform der wiederholten Zeichen abhängig ist: A distorted quotation or a unique noun in a new dec1ension are exampIes of markers that are recognizable as belonging to a certain system in spite of a new form. It may therefore be useful to distinguish between 'the marker' (the marking elements as they appear in the alluding text) and 'the marked' [... ] (the same elements as they appear in the evoked text).27
Die hier vorgenommene Unterscheidung zwischen 'marker und 'marked' kollidiert freilich mit einer in jüngeren Forschungsbeiträgen üblichen und sinnvolleren Unterscheidung zwischen 'dem Markierten' als einer Zeichenkette mit intertextuellem Referenzcharakter und 'der Markierung' als einem auf diese Zeichenkette hinweisenden Signal. Während hierbei Markierung und Markiertes als Bestandteile desselben
24 Ben-Porat, "The Poetics of Literary Allusion", p. 107 sowie "The Poetics of Allusion", p. 589. 25 Bloom, A Map 0/ Misreading, p. 126. 26 Ben-Porat, "The Poetics of Literary Allusion", pp. 109-110. 27 Ben-Porat, "The Poetics of Literary Allusion", p. 110.
26
(nämlich des alludierenden) Textes ausgewiesen werden, definiert BenPorat das Markierte als "an element or pattern belonging to another independent text".28 Nur beiläufig äußert sich Ben-Porat zu den generellen Eigenschaften von markers und identifiziert dabei vier Polaritäten, die freilich eher unreflektiert eingebracht und weder in eine hierarchische Beziehung zueinander gesetzt, noch auf ihre Beschaffenheit oder Funktionalität hin befragt werden. Versucht man dennoch, diese Polaritäten miteinander zu korrelieren, so ergibt sich folgendes Schema: 29 stärkere Formen overt complex concentrated all-inclusive
<- - - - - - - - - > <- - - - - - - - - > <- - - - - - - - - > <- - - - - - - - - > <- - - - - - - - - >
schwächere Formen veiled simple dispersed local
Abb. 3: Typologie literarischer Anspielung nach Ben-Porat
Ben-Porats geringes Interesse an der konkreten Beschaffenheit einer Anspielung erklärt sich aus einem theoretischen Ansatz, der demjeweiligen Explizitheitsgrad keine ausschlaggebende Bedeutung für Interpretationsleistungen bzw. für andere durch eine Allusion initiierte Rezeptionsaktivitäten beimißt: The sign A might be a most transparent marker, direct1y designating the text alluded to. But identification ofthe source does not substitute for the activation of elements which remain to be identified. These elements may be secondary with regard to the element which can best represent a given text, but are primary in terms of the actualized allusion. 30
Ebenso weit gefaßt wie Ben-Porats Allusionsbegriff ist derjenige Carmela Perris, der auch direkte Nennungen eines Referenztextes und offengelegte Zitate abdeckt. In ihrem Artikel "On Alluding" (1978) geht Perri von einem Allusionsbegriff aus, der sich aus drei Komponenten konstituiert: "the marker, the marked, land] the relation between 28 Ben-Porat, "The Poetics of Literary Allusion", p. 108. 29 Vgl. hierzu Ben-Porat, "The Poetics ofLiterary Allusion", pp. 108 und 127. 30 Ben-Porat, "The Poetics of Allusion", p. 590.
27
them".31 Den im Kontext der vorliegenden Untersuchung wichtigsten Bestandteil, den 'marker oder genauer, den 'allusion-marker, definiert Perri als:
(4) The allusion-marker echoes (by, some technical, phonological, or semantic repetition) a source text outside itself, or the marker echoes some part of the text in wh.ich it appears, previous to its occurrence. (5) This echo is sufficient to be recognized as such. (6) The author intends that the allusion-marker's echo will identify the source text for the audience. (We need this rule to disqualify unconscious echoes from counting as allusion-markers.) (7) The source text is possible to know for the audience. (8) Identifying the source text as the referent ofthe allusion-marker's echo is insufficient to make sense out of the marker. (9) This insufficiency of sense, the particular formulation of the marker (i.e. what part ofthe source text it echoes), and the meaning ofthe alluding text previous to the marker's occurrence, suggest the appropriate property(ies) ofthe source text's intension necessary to complete the sense ofthe allusion-marker in its context. (10) The referent source text may, upon further consideration, provide further properties to be applied to the alluding text, or it may suggest properties of texts other than itself for application. 35
the sign - simple or complex - that points to a referent by echoing it in some way. It is also generally assumed that allusion-markers are possible to recognize, an assumption which entails that the echo be sufficiently overt to be understood. [... ] allusion-markers act like proper names in that they denote unique individuals (source texts), but they also tacitly specify the property(ies) belonging to the source text's connotation relevant to the allusion's meaning. 32
Als systematischer Grundstein für den als notwendig erachteten Entwurf einer 'neutralen und objektiven' Typologie literarischer Allusion eignen sich laut Perri in erster Linie die markers, da diese im Gegensatz zu der jeweiligen Beziehung zwischen Markierung und Markiertem objektivierbar seien: ,,[I]t is more profitable to type allusions according to the observable forms their markers may take rather than by the relationship and uses of the marked meanings they evoke. ,,33 Als Aufgabe des Rezipienten definiert es Perri, die ungenannt bleibenden relevanten Konnotationen der alludierten Quelle zu erfassen und auf den präsenten Text zu übertragen, um die Bedeutung einer jeweiligen Allusion nachvollziehen zu können. Die Art und Weise, wie eine literarische Anspielung (und damit eine intertextuelle Referenz allgemein) zur Wirkung gelangt, beschreibt Perri in einem detaillierten Ablaufschema, das sich offenkundig an J. R. Searles rules of reference anlehnt: 34 (1) The alluding author and his audience share the same language and cultural tradition. (2) The allusion-marker must occur as part of some stretch of discourse, the possible world ofthe alluding text, which the audience understands is a work of literature. (3) The allusion-marker has an un-allusive 'literal' meaning within the possible world of the alluding text.
31 32 33
34
28
Perri, "On Alluding", p. 303. Perri, "On Alluding", pp. 290-291. Perri, "On Alluding", p. 304. Vgl. hierzu Searle, Speech Acts, pp. 94-96. Perris zehn Punkte werden hier vollständig wiedergegeben, um die eminente Bedeutung von Punkt (5) einsichtig zu machen.
Unschwer ist die unter (5) genannte Bedingung als neuralgischer Punkt der postulierten Kausalität zu identifizieren: Zwar hängt gerade von dieser Kondition dt?r Erfolg der gesamten Kommunikation ab, doch werden die Mittel und Wege, mit denen "sufficiency" herzustellen wäre, nicht konkretisiert. Die Frage, wie der Zitat charakter einer Zeichenkette hinreichend markiert werden kann, bleibt daher offen; allenfalls deutet Perri die Existenz unterschiedlicher Arten von allusion-markers an, indem sie eher beiläufig zwischen den Kategorien 'simple' und' complex' sowie zwischen 'overt' und 'covert' bzw. 'taät' unterscheidet, freilich ohne diese Begriffe weiterer Klärung zuzuführen. 36 Im Rahmen ihrer vorsorglich als "inadequate sketch,,37 apostrophierten Typologisierung differenziert Perri lediglich drei grundlegende Kategorien der A1lusion: - proper naming - definite description - paraphrase
Unter 'proper naming' versteht Perri "a marker of direct quotation or the actual occurrence of a proper name because for allusion, quotation is
35
36 37
Perri, "On Alluding", p. 300. Perri, "On Alluding", p. 295. Perri, "On Alluding", p. 305.
29
as rigid adescriptor as the proper name.,,38 Diese Kategorie repräsentiert 39 im Verständnis der Autorin den Extremfall einer 'offenen' Allusion. Die Kategorie 'definite description' wird für das kurze inhaltliche oder formale Echo herangezogen, etwa im Rahmen eines Vergleichs oder eines auktorialen Kommentars. Gegenüber 'proper naming' sei dieses Verfahren das verbindlichere, da es explizit wenigstens eine relevante Konnotation im Zusammenhang mit der alludierten Quelle benenne, wobei dieser Rekurs unterschiedlichste Formen annehmen und sogar lediglich aus einem zentralen Begriff oder der Wiederholung einer markanten rhythmischen Formulierung bestehen könne, "so that it is barely _ yet always possibly - perceptible to the audience as a 'definite description,,,.40 Die 'Paraphrase' schließlich wird als erweiterte Form von 'definite description' beschrieben und daher vorwiegend den Langformen 41 epic, romance und novel zugeordnet. Obwohl die Arbeiten von Ben-Porat und Perri letztlich wenig zur Erhellung des Problemfeldes intertextueller Markierung beitragen, bleibt als deren Ergebnis dennoch festzuhalten, daß eine historisch gewachsene und zur Polysemie tendierende Terminologie zur Beschreibung intertextueller Phänomene nicht länger adäquat erscheint und durch eine standardisierte Taxonomie ersetzt werden sollte. Als nachteilig erweist sich bei Ben-Porat und Perrijedoch die Wahl des ebenfalls historisch gewachsenen Allusionsbegriffes, da dieser unweigerlich neue Polysemien ins Spiel bringt, die das normative Potential eines Terminus technicus erheblich reduzieren. Auf die kommunikativen Gefahren einer unreflektierten Verwendung tradierter Begriffe zur Bezeichnung von Textrelationen weist auch Gerard Genette hin, wenn er feststellt: Decidement rien ne s'arrange du cote de la terminologie. D'aucuns en ~onc1uront: 'Vous n'avez qu'a parler comme tout le monde.' Mauvais conseil: de ce cote-Ia, c'est encore pis, car l'usage est pave de mots si familiers, si faussement transparents, qu'on les emploie souvent [...] sans meme songer a se demander de quoi l'on parle. ,,42 Bevor hieraus Schluß38
39
40 41
42
30
Perri, Perri, Perri, Perri
"On Alluding", p. 304. "On Alluding", p. 298. "On Alluding", p. 304. On Alluding", pp. 304-305. Gen~t;e, Palimpsestes, p. 11. - Auch Kaiser zieht indirekt die Tau~lichk~it tradierter Termini als Beschreibungskategorien für Text-Text-Relatlonen m Zweifel wenn er im Zusammenhang mit der 'Scylla and Charybdis'-Episode des Uly~ses feststellt, "was Zitat, was lediglich Anklang, was Pastiche oder
folgerungenJür das eigene Vorgehen gezogen werden sollen, bleibt zu prüfen, wie Arbeiten zur Allusion in der Nachfolge von Ben-Porat und perri mit deren Begriffiichkeit umgehen. Der Nachteil des erweiterten Allusionsbegriffs offenbart sich sogleich in einer taxonomischen Konfusion, weil jüngere Arbeiten zur literarischen Anspielung nur teilweise die neue Sinngebung aufgreifen, andere hingegen ungebrochen an der tradierten Wortbedeutung festhalten. So beschreibt Daniel Ammann in David Lodge and the Art-andReality Novel (1991) die Allusion als "an implicit reference to another work ofliterature" und "a much vaguer affair" im Vergleich zum Zitat. 43 Ammanns Studie weist für die vorliegende Thematik dennoch einige interessante Aspekte auf, da sich der Verfasser mehrfach zum Problem der Markierung äußert und dabei eine beiläufige Differenzierung von offenen und verdeckten Referenzen vornimmt. Anspielungen bleiben danach generell unmarkiert, so daß der Leser initiativ werden rmüsse, um intertextuelle Verdachtsmomente zu erhärten, wobei er auf "similarities, repetition of words as well as other hints in the source text,,44 angewiesen sei. Die Möglichkeit zur Verifizierung einer Allusion stellt danach also der absente Referenztext bereit, nicht der aktuell vorliegende Text. Im Gegensatz dazu - und konträr zu der oben dargelegten Position Neumanns, der ein Merkmal des künstlerischen Zitats gerade in dessen Verzicht auf Markierung erblickt - definiert Ammann das Zitat anhand einer einhergehenden Markierung: "By definition, quotations are not concealed, but rather foregrounded or thrown into relief as alien elements, for example by typographie highlighting such as inverted commas, quotation marks or italies. ,,45 Die hier behauptete Gleichsetzung 'unmarkierte Referenz = Allusion' und 'markierte Referenz = Zitat' erscheint indes allzu reduktionistisch und würde im Falle einer konsequenten Beachtung zu einer erheblichen begriffiichen Verwirrung beitragen. Noch deutlicher als bei Ben-Porat und Perri tritt hier die unzureichende Trennschärfe rhetorischer Kategorien zutage, wenn es darum geht, Formen intertextueller Markierung zu differenzieren, zumal Ammann den von ihm postulier-
43
44 45
was zufällige Übereinstimmung ist, vermag allenfalls der Shakespeare-Philologe zu sagen". (Vgl. Kaiser, Proust - Musil - Joyce, S. 160.) Ammann, David Lodge and the Art-and-Reality Novel, pp. 63, 65. Ammann, David Lodge and the Art-and-Reality Novel, p. 65. Ammann, David Lodge and the Art-and-Reality Novel, p. 66.
31
ten Nexus zwischen zwei spezifischen Arten intertextuellen Zugriffs und der Frage von dessen Markiertheit/Nichtmarkiertheit nicht überzeugend zu belegen vermag. 46 Im Gegensatz zu Ammann knüpfen andere Untersuchungen zur Anspielung an die Vorarbeiten von Ben-Porat an. In The Art 0/ Allusion in Victorian Fiction (1979) verwendet Michael Wheeler' allusion' als generischen Oberbegriff für die intertextuellen Zugriffsformen 'quotation' und 're/eren ce'. Unter' re/eren ce' subsumiert Wheeler Wörter, Sätze oder Textpassagen, welche die Aufmerksamkeit auf einen adoptierten Text lenken sollen, ohne mit diesem eine stilistische Ähnlichkeit aufzuweisen. 47 'Quotation' definiert Wheeler als "an identifiable word, phrase or passage taken from an adopted text".48 Besonders interessant erscheint für unseren thematischen Zusammenhang Wheelers Subdifferenzierungzwischen 'marked quotation' und 'unmarked quotation'. Markierung manifestiert sich danach als Kennzeichnung des Zitatcharakters einer Referenz durch Interpunktion oder Typographie, das unmarkierte Zitat ist definiert durch die Abwesenheit derartiger Signale. 49 Anhand dieser Opposition macht Wheeler zugleich die logische Begründbarkeit des neueren, weiteren Allusionsbegriffs fest, da die Kategorien 're/erence' und 'unmarked quotation' trotz eines deutlichen qualitativen Unterschieds beide unter die von Harold Bloom im Kontext präskriptiver Sprachnorm als "noch korrekt" bezeichnete Definition von Allusion fallen ("any implied, indirect or hidden reference"). 50 Wheelers System der intertextuellen Verweisungen stellt sich somit in seinen Grundzügen folgendermaßen dar:
Während sich die bislang vorgestellten Arbeiten dem Problem der Markierung von Zitat und Allusion nur approximativ und punktuell nähern, zeigt unser letztes Beispiel aus diesem Forschungsbereich bereits deutlich konkretere Ansätze auf. In "Towards a Descriptive Poetics of Allusion" (1991) trifft Udo Hebel zunächst eine Basisdifferenzierung zwischen 'implicit (unmarked) allusions' und 'explicit (marked) allusions', wobei er spezifische typographische Konventionen wie Anführungszeichen oder Kursivdruck als wichtigste Verfahren der Markierung an der Textoberfläche benennt. 51 Markierte und unmarkierte Allusionen stellten dabei unterschiedliche Anforderungen an den Rezipienten, wenn es gilt, im Rahmen einer syntagmatischen Lektüre jene Textelemente zu isolieren, die als potentielle intertextuelle Signale in Betracht kommen: This initial, still hypothetical, assumption will be stirred by the interpreter's allusive competence in most cases of unmarked allusions, and by special features of the alluding text, such as quotation marks, italicization, capitalization, or even a character's comment, in most cases of titles or marked quotations. 52
Zur weiteren Klassifizierung literarischer Allusion schlägt Hebel drei Kategorien vor, die eine systematische Beschreibung intertextueller Anspielungen in einem Text ermöglichen und somit der Beurteilung von dessen Referentialität und Kommunikativität dienen sollen: 53 - onomastic allusion (mit dem Sub typus toponymic allusion) - quotational allusion - titular allusion 54
allusion I
I I
marked quotation
I
I
reference
quotation I
51 52
unmarked quotation
Abb. 4: Typologie intertextueller Verweis arten nach Wheeler 46
47 48
49 50
32
Die von Ammann angeführten Beispiele für Allusion und Zitat können u.E. jeweils sowohl in markierter als auch unmarkierter Form auftreten. Wheeler, The Art 0/ Allusion in Victorian Fiction, p. 3. Wheeler, The Art 0/ Allusion in Victorian Fiction, p. 2. Wheeler, The Art 0/ Allusion in Victorian Fiction, pp. 2-3. V gl. Wheeler, The Art 0/ Allusion in Victorian Fiction, p. 3.
53 54
Hebel, "Towards a Descriptive Poetics of Allusion", p. 142. Hebel, "Towards a Descriptive Poetics of Allusion", p. 141. Hebel impliziert somit zu Recht, daß selbst die Markierung eines Zitats durch Anführungszeichen zunächst nur als hypothetisches Intertextualitätssignal gewertet werden darf. Vgl. zu diesem Aspekt auch die nachfolgenden Ausführungen zu Plett, "Intertextualities" . Vgl. hierzu Pfister, "Konzepte der Intertextualität", bes. S. 26-27. Diese Differenzierung deutete sich bereits bei Ben-Porat an, wo es heißt: "The marker is always identifiable as an element or pattern belonging to another independent text. This is true even when the pattern is a comprehensive one, such as the title of a work or the name of a protagonist." ("The Poetics of Literary Allusion", p. 108.)
33
Bei der onomastischen Anspielung ist, so Hebel, die Opposition zwischen markiert und unmarkiert nur von marginaler Bedeutung, da bereits die "particularly referential nature" von Eigennamen den Leser ohne weiteres auf die Spur eines Referenztextes führen könne - wobei sich jedoch zeigt, daß die von Hebel postulierten Allusionssignale nicht ohne weiteres mit Intertextualitätssignalen gleichgesetzt werden dürfen: "Thus, proper names that do not refer to characters ofthe fictional world are readily affirmed as allusive signals. ,,55 Komplexer gestalte sich dagegen die Situation, wenn der Name einer der präsenten fiktionalen Welt entstammenden Figur zugleich als literarische Anspielung fungiert. In derartigen Fällen könne eine Signalisierung der intertextuellen Vernetzung mittels Herstellung phonetischer oder graphemischer Ähnlichkeiten erfolgen. Unter quotational allusion versteht Hebel die Übernahme von Zeichenketten aus einem alludierten Text, die weder mit dessen Titel noch mit den Namen der dort auftretenden Charaktere identisch sind. Im Gegensatz zur ersten Kategorie sei hier die Markierung einer Anspielung von ausschlaggebender Bedeutung für deren Aufnahme durch den Rezipienten. Ergänzend zu typographischen Markierungen durch Anführungszeichen, Kursivdruck und Reduzierung des Zeilenabstands verweist Hebel auf die Möglichkeit eines Codewechsels durch das Zitieren in der Originalsprache. Unmarkierte Anspielungen auf Titel, 'titular allusions', rechnet Hebel zu den am schwierigsten zu verifizierenden intertextuellen Signalen. Als mögliche Verfahren zur Markierung dieses Typus benennt er neben den bereits angeführten typographischen Mitteln auch die im englischen Sprachgebrauch übliche Form der Großschreibung. Ebenso wie bei den zitathaften Anspielungen könne hier die 'intertextuelle Intensität' des Signals dadurch erhöht werden, daß der Autor eines alludierten Textes namentlich identifiziert wird. Eine weitere Differenzierungsmöglichkeit literarischer Anspielungen bietet Hebel anhand der Kategorie Localization an, die jedoch keine wesentlichen Neuerkenntnisse gegenüber der bereits 1985 von Ulrich Broich entwickelten Systematik intertextueller Markierung bietet. 56 Überdies läßt sich Hebel in diesem Zusammenhang auf eine proble-
matische Argumentation ein, indem er versucht, Broichs formal durchaus schlüssige Kategorisierung inhaltlich zu begründen. So rechtfertigt Hebel eine Differenzierung von Markierung im inneren bzw. äußeren Kommunikationssystem von Texten mit dem Hinweis auf "considerable differences in intertextual intensity between the brief mention of a book as part of a character's reading in the narrator's text as opposed to the explicit discussion of a book".57 Diese Festlegung und die im weiteren aus ihr gezogenen Schlüsse erscheinen freilich keineswegs zwingend, da sich in praxi zahllose umgekehrte Fälle eines extensiven und expliziten auktorialen Kommentars bzw. einer Marginalie im Gespräch zwischen den agierenden Charakteren nachweisen lassen. Zieht man an dieser Stelle ein erstes knappes Fazit des Forschungsüberblicks, so erweist sich als eine prinzipielle Übereinstimmung der vorgestellten Beiträge deren (freilich allzu offensichtliche) Einsicht, daß der Deutlichkeitsgrad intertextueller Einschreibungen variieren kann. Zur Eruierung von undeutlicheren intertextuellen Spuren werden einerseits (meist nicht näher spezifizierte) Leseraktivitäten eingefordert, andererseits rezeptionslenkende Signale in Aussicht gestellt, deren Palette in den genannten Beiträgen freilich in extremer Verkürzung erscheint. Generell bleiben die jeweiligen systematisierenden Ansätze in sehr frühen Stadien stecken; und dort, wo sie punktuell weiterentwickelt werden, führen sie meist zu inkompatiblen und einander widersprechenden Aussagen, die kaum für die vorliegende Thematik nutzbar gemacht werden könr~en. Verantwortlich hierfür zeichnet nicht zuletzt eine heterogene Terminologie, die dazu führt, daß einerseits völlig unterschiedliche intertextuelle Phänomene durch ein und dieselbe Kategorie (z.B. Allusion) beschrieben werden, und daß derartige Kategorien einmal im Sinne eines neutralen Oberbegriffs Verwendung finden, ein andermal in markierte und unmarkierte Formen differenziert werden, ein drittes Mal hingegen entweder nur als markierte oder unmarkierte Form definiert sind. 58 Einen möglichen Ausweg aus dieser unbefriedigenden Situation könnte die von Peter H. Neumann geforderte Typenskala der Zitierweisen aufzeigen, die im Ergebnis durchaus einer Explizitheitsskala inter57
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56
34
Hebel, "Towards a Descriptive Poetics of Allusion", p. 142. Hebel, "Towards a Descriptive Poetics of Allusion", pp. 145-147. Vgl. hierzu nachfolgend Kap. 2.2.
58
Hebel, "Towards a Descriptive Poetics of Allusion", p. 147. Während beispielsweise Wheeler zwischen markierten und unmarkierten Zitaten unterscheidet, repräsentiert für Ammann die hypothetische Kategorie des unmarkierten Zitats eine systematische Leerstelle.
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textueller Markierung vergleichbar wäre. 59 Mit einer Bestimmung der Eckwerte dieser Skala setzt sich Neumann zwar ein lohnenswertes Ziel, doch muß das vorgeschlagene Ergebnis mit Skepsis betrachtet werden. Insbesondere erscheint es mehr als zweifelhaft, ob die von Neumann als Eckwerte identifizierten Kategorien der Allusion und des Mottos tatsächlich die denkbar möglichen Extremfälle der Zitatdeutlichkeit repräsentieren; eine Skalierungsmöglichkeit jenseits der Kategorie der Allusi on impliziert bereits eine beiläufige Äußerung Fritz Senns, wenn dieser im Zusammenhang mit der Interpretation von 10yce-Texten von "the ungraduated range from full-scale quotation, allusion, echo, to possible faint overtones,,60 spricht. Überdies vermag Neumanns Zugriffsmethode, die Bandbreite der anvisierten Typenskala mittels zweier isolierter Werte abzustecken, ohne daß ein Anschluß an das jeweilige typologische Umfeld dieser Eckwerte hergestellt werden könnte, den Eindruck eines allzu unkritischen Zugriffs auf zwei Ausprägungsformen der Zitierweisen nicht abzuschwächen. Die genannten Beispiele machen hinreichend deutlich, daß die letztlich fruchtlose Frage, was (noch) Anspielung und was (schon) Zitat ist, oder wo eine Entlehnung in ein Echo, einen Anklang, eine Reminiszenz oder eine Assoziation übergeht, in eine taxonomische Sackgasse führt. Es erscheint folglich wenig ratsam, dem in Fritz Senns Formulierung vom "ungraduated range" implizit mitschwingenden Forschungsdesiderat durch einen Zugriff auftradierte rhetorische Kategorien gerecht werden zu wollen. Diejenigen Arbeiten, die eine Differenzierung von Deutlichkeitsgraden des Verweisungscharakters einer Referenz auf diesem Weg anstreben, müssen daher im Rahmen unseres Erkenntnisinteresses in den Hintergrund treten. Der weiterführende Ansatz liegt offensichtlich in einer generellen Differenzierung intertextueller Zugriffsarten nach markierten und nicht markierten Ausprägungsformen. Im folgenden muß sich zeigen, wo diejenigen Arbeiten, die sich speziell dem Problemfeld der intertextuellen Markierung zuwenden, geeignete Zugänge zu deren Systematisierung eröffnen.
2.2. Spezifische Untersuchungen zu den Formen intertextueller Markierung
Eine überzeugende theoretische Verortung des Markierungsproblems leistet Renate Lachmann in ihrer Studie Gedächtnis und Literatur: Intertextualität in der russischen Moderne (1990).61 Das Bestreben der Verfasserin ist es zunächst, die 'einer Disziplinierung entgegenwirkende Polyvalenz des Intertextualitätsbegriffes zu kanalisieren, indem sie für diesen eine texttheoretische, eine text analytische und eine literatur- bzw. kulturkritische Bedeutungsperspektive aufzeigt. Die für das Problemfeid der Markierung vorrangig relevante textanalytische Perspektive versteht Lachmann dabei "im Sinne einer reinen Beschreibungskategorie für Texte, deren Struktur durch die Interferenz von Texten oder Textelementen organisiert ist". 62 Im Zentrum von Deskription und Analyse sieht Lachmann eine intendierte, die Textoberfläche organisierende Produktionsintertextualität; die vordringliche Forschungsaufgabe sei hier in der Etablierung eines deskriptiven Apparates zu sehen, "mit dem Ziel, spezifische Strategien der Intertextualität und deren Funktionen zu beschreiben".63 Als vier grundlegende konventionelle Größen benennt Lachmann in diesem Zusammenhang: (1) manifester Text, (2) Referenztext, (3) Referenzsignal und (4) Intertextualität "als jene neue textuelle Qualität, die sich aus der durch das Referenzsignal garantierten implikativen Beziehung zwischen manifestem und Referenztext ergibt". 64 Als wesentlich bleibt hier zunächst festzustellen, daß Lachmann die Kategorie des Referenzsignals unverrückbar in eine Intertextualitätstheorie einbindet. Nur aufgrund der Identifizierung dieser die Textisotopie störenden Signale sei Intertextualität für den Rezipienten überhaupt konkretisierbar. Die solchermaßen etablierte Kategorie der Markierung wird sodann einer Differenzierung zugeführt, die weniger auf der Beschaffenheit der Markierung als solcher gründet als auf einem durch diese indizierten Relationsmodus zwischen präsentem Text und Referenztext. Diesen Relationsmodus bezeichnet die Verfasserin, hierin der Terminologie lakobsons folgend, als Kontiguitätsbeziehung 61
62 59 60
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Vgl. Neumann, "Das Eigene und das Fremde", bes. S. 300. Senn, ,,'Ulysses' Annotated", p. 660.
63 64
Die dort ausgeführten Gedanken hat Lachmann teilweise bereits in "Ebenen des Intertextualitätsbegriffs" (1984) dargelegt. Lachmann, Gedächtnis und Literatur, S. 56. Lachmann, Gedächtnis und Literatur, S. 57. Lachmann, Gedächtnis und Literatur, S. 60.
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d.h. die Evokation eines Referenztextes bzw. dessen Zuweisung zu einer Poetik, etwa mittels Zitierens eines konstitutiven Elementes oder einer spezifischen Vertextungsstrategie - oder als Similaritätsbeziehung .im Sinne eines Aufbaus von Strukturen, die fremdtextlichen Strukturen analog sind, etwa durch formale Äquivalenz bei funktionaler Divergenz.
Eine brauchbare Definition der Markierung muß [... ] über die zu allgemeinen Formulierungen der 'Elementwiederholung' oder des 'Echos' hinaus von zusätzlichen, konkreten markers für den Rezipienten ausgehen, und sie darf nicht vorschnell auf einige wenige Markierungsformen eingeengt werden. 69
Die Referenzsignale ordnet Lachmann dementsprechend zwei unterschiedlichen Arten von Intertextualitätsstrukturen zu, die sie als 'Kontamination' und 'Anagramm' definiert. 65 Kontamination bezeichnet das Ergebnis von Selektion und Kombination einzelner Elemente aus verschiedenen Referenztexten, bzw. von Textstrategien, die unterschiedlichen Poetiken angehören und erfordert eine Rezeptionshaltung, welche die identifizierten Fremdtextelemente unter Wahrung der durch die Montage eingetretenen Sinnkomplexion in ihre ursprünglichen Kontexte zurückführt. Die Decodierung anagrammatischer Signale erfolge dagegen aufgrund eines kombinatorischen Rezeptionsvorganges, der, einem Puzzlespiel vergleichbar, mittels Zusammenfügung der im präsenten Text auffindbaren Fremdtextelemente die kohärente Struktur eines spezifischen Referenztextes rekonstruiert.
Broich will sich insbesondere der erstgenannten Aufgabe einer Bestandsaufnahme der Formen intertextueller Markierung widmen, wobei er für seine Ausführungen lediglich den Status einer vorläufigen gegliederten Materialsammlung in Anspruch nimmt. Der Ansatz, ein umfassendes Inventar möglicher Ausprägungsformen intertextueller Markierung als primäres Erkenntnisziel auszuweisen, ist zweifellos erfolgversprechend, da ein solches Inventar als Grundlage einer tiefergehenden Befragung von Markierung unter hierarchisierenden oder funktionalen Gesichtspunkten heranzuziehen wäre. Um jedoch unterschiedliche Markierungsformen überhaupt ermitteln zu können, ist es notwendig, einen Erfassungsmodus festzulegen, der geeignet ist, typologisch~ Varianten von Markierung möglichst breitfächrig zu registrieren. Die von Broich gewählte Strategie, Typen intertextueller Markierung nach dem Ort ihres Auftretens zu differenzieren, erweist sich jedoch als problematisch. Broich unterscheidet zunächst drei Haupttypen von Markierung:
Während es keine unmittelbare Zielsetzung von Lachmanns Studie ist, die Kategorie des Referenzsignals ("eigentlich die Markierung,,)66 in ihren konkreten Ausprägungsformen erschließen zu wollen, wurden bereits zuvor mehrere Forschungsbeiträge vorgelegt, die sich vorrangig eben dieser Aufgabe zuwenden. Einzugehen ist hier zunächst auf Ulrich Broich, der sich eingangs seines wegweisenden Aufsatzes zum Problemkreis intertextueller Markierung, "Formen der Markierung von Intertextualität" (1985) kritisch gegen die Darlegungen von Ben-Porat und Perri absetzt. Zu Recht beanstandet Broich insbesondere die zu geringe Bandbreite der ins Auge gefaßten markers sowie die dort verankerte Begriffsunschärfe, die eine irreführende Kongruenz von Markierung (im Sinne von Signal) und Markiertem (im Sinne einer intertextuellen Zeichenkette) impliziert. 67 Aus diesen beiden Monita leitet Broich eine doppelte Zielsetzung ab. Zunächst müsse "versucht werden, eine umfassendere Bestandsaufnahme der Formen der Markierung vorzunehmen",68 hierauf aufbauend könne dann das Fernziel einer Definition intertextueller Markierung anvisiert werden: 65 66 67 68
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Lachmann, Gedächtnis und Literatur, S. 61. Lachmann, Gedächtnis und Literatur, S. 60. Broich Formen der Markierung von Intertextualität", S. 34. Broich', "Formen der Markierung von Intertextllr- alität", S. 35. "
- Markierung in Nebentexten - Markierung im inneren Kommunikationssystem von Haupttexten - Markierung im äußeren Kommunikationssystem von Haupttexten Die Markierung in Nebentexten zählt Broich zu den selteneren Markierungsarten. Die häufigste Verwendungs art im Rahmen dieser Kategorie sei im Titel bzw. Untertitel festzustellen, und zwar insbesondere in der Gegenwartsliteratur. Intertextualitätssignale, die im inneren Kommunikationssystem eines Textes erscheinen, müssen, so Broich, als "besonders offensichtliche" Form der Markierung gelten. Als konkrete Verfahren innerhalb dieser Kategorie identifiziert er u.a. die Möglichkeit, den Prätext als physischen Gegenstand in einen Text einzuführen oder Figuren aus dem alludierten Text auftreten zu lassen. Darüber hinaus benennt Broich die Möglichkeiten, "daß die Charaktere eines literarischen Tex69
Broich, "Formen der Markierung von Intertextualität", S. 34-35.
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tes andere Texte lesen, über sie diskutieren, sich mit ihnenidentifizieren oder sich von ihnen distanzieren".7o Den Ort der häufigsten intertextuellen Markierung lokalisiert Broich im äußeren Kommunikationssystem von Texten. Als Intertextualitätssignale gelten hier Stilkontrast, Namensgebung und Abweichung auf graphemischer Ebene, sowie die Schaffung eines Kontextes "permanenter Intertextualität", der die Identifizierbarkeit auch unmarkierter Referenzen begünstigen könne. 71 Diese von der Lokalisierung im Werkkontext ausgehende Typologie stellt zwar einerseits ein Instrumentarium bereit, welches das Problemfeld der Markierung systematisch zu durchleuchten und dadurch die hier auftretenden Phänomene mit zuvor nicht verfügbarer Schärfe zu konturieren vermag. Andererseits greift sie jedoch insofern zu kurz, als die aus dem Ort des Auftretens einer Markierung abzuleitenden Rückschlüsse auf deren Deutlichkeit keineswegs zwingend erscheinen. Während die von Broich vorgenommene Korrelation der Position und Häufigkeit von Markierungen zumindest .weiterer Spezifizierung bedarf,n sind die postulierten Kategorien kaum geeignet, zu einer vorrangig notwendigen Differenzierung des Explizitheitsgrades von Markierungen beizutragen. Zwar erscheint es in vielen Fällen durchaus plausibel, von einem kausalen Nexus zwischen spezifischen Typen von Intertextualitätsindikatoren und deren Position in der Kommunikationshierarchie eines Textes auszugehen, doch sind solche Zusammenhänge mehrheitlich allenfalls erwartbar und nur bedingt generalisierbar. Erst recht gilt dies für das Postulat genereller Unterschiede in der Markierungsdeutlichkeit zwischen den einzelnen Kategorien. Diese typologischen Unschärfen können jedoch gewinnbringend genutzt werden, um den Blick auf neue und weiterführende Fragestellungen zu lenken. So trägt Broichs Systematik insbesondere auch der wichtigen Tatsache Rechnung, daß eine intertextuelle Markierung nur im Ausnahmefall als isoliertes Einzelphänomen betrachtet werden darf. Der Umstand, daß sie "oft auf verschiedenen Ebenen und durch ver70 71 72
40
Broich, "Formen der Markierung von Intertextualität", S. 39. Broich, "Formen der Markierung von Intertextualität", S. 43. So bieten sich u.E. gerade Nebentexte als Ort einer (markierten) intertextuellen Bezugnahme an, zumal es sich zumindest bei einem bestimmten Typus des Nebentextes, nämlich dem Motto, qua definitionem um einen referierenden Text handelt.
schiedene Verfahren gleichzeitig"73 erfolge, bringe eine dynamische Komponente ins Spiel, die eine Progression oder Degression der Markierungsdeutlichkeit bedingen kann. In diesem Zusammenhang verweist Broich zugleich darauf, daß die Markierungsdeutlichkeit im Verlauf der Entstehungs- und Publikationsgeschichte eines konkreten Textes und erst recht im Rahmen der übergeordneten literaturgeschichtlichen Entwicklung zu- oder abnehmen kann. Exemplarisch hierfür benennt Broich als Grundtendenz seit der literarischen Moderne einen Hang zu verdeckteren und weniger expliziten Markierungen im Vergleich zu früheren Epochen. In einem ausdrücklich an Broich anknüpfenden Beitrag versucht Thomas M. Stein, die dort vorgefundenen Ergebnisse für die praktische
Textanalyse nutzbar zu machen. 74 Dabei stellt Stein jedoch in seinem Aufsatz ,,'A World grown old and cold and weary': Intertextuelle Referenzen in John le Carres Trilogie The Quest Jor Karla" (1989) unbeabsichtigt unter Beweis, daß die in Frage stehende Konzeption der Formen intertextueller Markierung auch Anlaß zu Mißverständnissen geben kann. So fällt Stein mit Formulierungen wie: "Die klassische intertextuelle Markierung ist naturgemäß das Zitat",15 gerade hinter die von Broich geforderte Bedeutungsdifferenzierung von 'Markierung' und 'Markiertem' zurück. Auch bleibt unverständlich, weshalb das Zitat ein naturgemäßeres Objekt der Markierung darstellen sollte als andere Verfahren intertextueller Bezugnahme, zumal ein Zitat keineswegs immer markiert sein muß. Vollends aus der von Broich vorgezeichneten Definitionslinie gerät Stein, wenn er auf den. Bereich der Allusion zu sprechen kommt und befindet: "Zur Markierung bedarf der Leser profunder Textkenntnisse."76 Hier tritt ein grundsätzliches Fehlverständnis von Broichs Markierungsbegriff zutage, der ein Instrument des Autors zur Rezeptionslenkung bezeichnet, nicht jedoch eine Rezeptionsaktivität. TragHihige und richtungsweisende Ansätze zur Systematisierung intertextueller Markierung stellt neben Broich vor allem Heinrich F. Plett bereit. Zwar reflektieren Pletts Arbeiten in erster Linie den intertextuellen Sonderfall des Zitats, doch weisen die erzielten Ergebnisse deutlich über den gesteckten Rahmen hinaus, so daß auch grundlegende 73
74 75
76
Broich, "Formen der Markierung von Intertextualität", S. 44. Stein, ,,'A world grown old and cold and weary''', bes. S. 115 und 123. Stein, ,,'A world grown old and cold and weary"', S. 119. Stein, ,,'A world grown old and cold and weary''', S. 122.
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Erkenntnisse für die Markierung von Intertextualität in die Betrachtung eingehen. In seinem 1985 erschienenen Artikel "Sprachliche Konstituenten einer intertextuellen Poetik" geht Plett zunächst von einer generellen Differenzierung zwischen expliziter und impliziter Intertextualität aus und überträgt diese Konzeption auf mögliche Arten der Markierung. Die so entstehenden Kategorien expliziter und impliziter Signale sagen zunächst wenig über die (vom Rezipienten wahrnehmbare) Markierungsdeutlichkeit aus; Plett argumentiert vielmehr aus produktionsästhetischer Sicht und orientiert seine Definition an der Frage, aufgrund welcher Eigenschaften das Zitatsegment in seinem neuen Kontext auffällig wird: Die Signale sprachlicher Intertextualität sind entweder expliziter oder impliziter Natur. Als explizite Signale dürfen solche gelten, die auf Grund von Additionstransformationen ausdrücklich zu dem Zitatsegment hinzutreten. [...] Implizite Signale heben sich von den expliziten dadurch ab, daß sie Eigenschaften des Zitats selbst sind. 77
Definitionskriterium expliziter Markierung wäre danach also der Umstand, daß ein Zitatsegment nicht in seiner ursprünglichen Form im Text erscheint, sondern vom Autor mit dem Ziel der Kontrastmaximierung verändert oder ergänzt wurde. Entsprechende Verfahrensweisen postuliert Plett für alle linguistischen Ebenen; so nennt er exemplarisch die Markierungspause aufphonologischer, die inquit-Formel aufsyntaktischer sowie Kursive, Kapitälchen, Anführungszeichen, Doppelpunkt und spatiale Leerstellen auf graphemischer Ebene. Bleibt das Zitatsegment hingegen unverändert, so kann es nach Plett allenfalls implizit markiert sein, und zwar für den Fall, daß es in seinem neuen Kontext einen Codewechsel und somit eine linguistische Interferenz bedingt. Eine solche durch "Eigenschaften des Zitats selbst" bedingte Interferenz sei grundsätzlich ambivalent, weil "nicht jeder Kodewechsel von vornherein eine Prätextreferenz anzeigt". 78 In dem 1991 publizierten Beitrag "Intertextualities" präzisiert Plett seine Differenzierung von impliziter und expliziter Markierung und revidiert sie teilweise, wobei er eine Grammatik des Zitats postuliert, die sich aus den drei Strukturelementen 'target text', 'source text' und 'quota-
tion properkonstituiert. 79 Die Analyse dieser Elemente orientiert sich an sechs Kategorien, zu denen neben 'quantity', 'quality', 'distribution', 'frequency' und 'inteiference' auch 'markers 0/ quotations' zählen. Letztere definiert Plett als deiktische Zeichen, welche die Nahtstellen zwischen Zitat und Kontext sichtbar werden lassen. 8o Ohne ein System von markers sei eine Grammatik des Zitats nicht denkbar. 81 Je nach der Absicht eines Autors, die Interferenz zwischen Zitat und Kontext entweder zu betonen oder zu kaschieren, unterscheidet Plett zwischen offenen und verdeckten Zitaten, die eine entsprechende Variabilität von Anzahl und Art der Intertextualitätssignale bedingen und zu drei Kategorien von Zitatmarkierungen führen: 'explicit', 'implicit' und 'non-existent', wobei die erste und zweite Kategorie durch die Sonderkategorie der 'misleading or pseudo-markers' zusätzlich modifiziert werden.
Die zuvor entwickelte Differenzierung zwischen expliziter und impliziter Markierung substituiert Plett in dem jüngeren Forschungsbeitrag durch eine Typologie, die auf dem Kriterium der Eindeutigkeit des jeweiligen Signals basiert. Die Bezeichnung 'explizite Markierung' bleibt danach für solche Signale reserviert, die ein Zitat "direkt" anzeigen, als Beispiele hierfür nennt Plett performatives Verb (,,1 quote"), standardisierte Formulierung (,,'quote' - 'unquote"') und Bezeichnung des Prätextes. Diese Definition führt notwendig zum Ausschluß all jener Signale aus dem Kreis expliziter Markierung, die mehrdeutig auslegbar sind. Implizite Markierungen werden weiterhin zunächst als Eigenschaften beschrieben, die dem Zitat selbst inhärent sind und nur dann zum Tragen kommen, wenn zwischen den Spracheodes von Zitat und Kontext eine Interferenz entsteht. Darüber hinaus wird der Bereich impliziter Markierung aber auch auf den Fall eines zum Zitat hinzutretenden Addendums ausgeweitet, als dessen mögliche Konkretisierungen auf phonologischer Ebene die Sprechpause sowie auf graphemischer Ebene Anführungszeichen, Doppelpunkt, Kursive oder Leerräume benannt werden. Als grundlegendes Definitionskriterium impliziter Markierung legt Plett dabei deren Ambiguität fest, die ihre Aufnahme durch den Rezipienten letztlich von dessen Zitat-Kompetenz abhängig macht; 79 80
77 78
42
Plett, "Sprachliche Konstituenten einer intertextuellen Poetik", S. 85. Plett, "Sprachliche Konstituenten einer intertextuellen Poetik", S. 85.
81
Plett, "Intertextualities", p. 8. Plett, "Intertextualities", p. 8. Plett, "Intertextualities", pp. 11-12. Die folgenden Ausführungen zu Plett beziehen sich ausnahmslos auf diese Passage.
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explizite Signale können dagegen auf Grundlage dieser Begriffsbestimmung nur noch dann ambivalenten Charakter annehmen, wenn es sich bei markierten Zitaten und Kommentaren um Pseudozitate bzw. -kommentare handelt. Es ist Pletts unstrittiges Verdienst, die in der Forschung bis dahin zu beobachtende eher intuitive und unsystematische Unterscheidung expliziter und impliziter rezeptionssteuernder Signale auf eine solide rhetorische Basis gestellt zu haben. Andererseits beweisen gerade die von Plett selbst aufgezeigten alternativen Kategorisierungsmöglichkeiten, daß die Frage, wo genau die Schnittstelle zwischen expliziten und impliziten Markierungsarten anzusetzen ist, aus produktionsästhetischer Warte keiner verbindlichen Klärung zugeführt werden kann und in Abhängigkeit von einem jeweils zugrunde gelegten Differenzierungskriterium zu sehen ist. In der durch Broich und Plett vorangetriebenen systematischen Durchleuchtung der Manifestationsformen intertextueller Markierung kommt indes die Frage zu kurz, unter welchen Voraussetzungen sich das Problem der Markierungsbedürftigkeit überhaupt erst stellt. Diese Lücke versucht Wilhelm Füger in seinem Artikel "Intertextualia Orwelliana: Untersuchungen zur Theorie und Praxis der Markierung von Intertextualität" (1989) zu schließen, indem er eine Verbindung von theoretischer Grundlegung und textanalytischer Umsetzung eingeht. Von grundlegendem Erkenntniswert erscheint dabei Fügers Ansatzpunkt, den Blick zunächst auf das Gesamtspektrum von Intertextualität zu lenken, um innerhalb dieses Spektrums das potentielle Anwendungsgebiet für deren Markierung abzustecken. Zur Veranschaulichung seines Vorgehens dient Füger ein Schema, in dem "sämtliche möglichen Spielarten von Intertextualität"82 erfaßt werden:
ist dem AUTOR BEZUG AUF PRÄTEXT
wird dem LESER
44
und soll dem Leser bewußt werden JA
NEIN
BEWUSST
I
3
5
NICHT BEWUSST
2
4
6
Im Rahmen der Felder (3) bis (6), in welchen Textrelationen vom unbewußten und unauflösbaren intertextuellen Echo bis zum Plagiat erfaßt werden, ist laut Füger davon auszugehen, daß ein Autor nicht die Absicht hat, dem Leser einen Prätextbezug signalisieren zu wollen. Diese Felder repräsentieren daher "das Spektrum nichtmarkierter Intertextualität".83 Im Gegensatz dazu stehen die Felder (1) und (2), in denen ein Autor intertextuelle Referenzen nicht nur bewußt einsetzt, sondern diese dem Leser auch vermitteln will, so daß das Kriterium der Markiertheit einer Referenz zugleich einen Kernbereich intendierter Intertextualität bezeichnet. Während markierte Intertextualität als polyfunktional, "da intra- und intertextuell orientiert",84 beschrieben wird, erscheint es zunächst klärungsbedürftig, wenn Füger unmarkierte Intertextualität als monofunktional beschreibt, denn auch diese kann grundsätzlich sowohl intra- als auch intertextuell orientiert sein. Verständlich wird die getroffene Unterscheidung erst vor dem Hintergrund von Fügers weitgreifender Definition von Markierung, wonach die in den Feldern (1) und (2) anzusiedelnden Fälle "bereits insofern als markiert gelten, als hier die Referenz auf den Prätext sowie die damit verbundene Absicht des Autors vom Leser erkannt werden sollen".85
84
Füger, "Intertextualia Orwelliana", S. 180.
NICHT BEWUSST
Abb. 5: Spielarten von Intertextualität nach Füger
83
82
BEWUSST
85
Füger, "Intertextualia Orwelliana", S. 181. Füger, "Intertextualia Orwelliana", S. 181. Füger, "Intertextualia Orwelliana", S. 181.
45
Nach dieser Definition wird der Markierungsbegriff zumindest partiell, nämlich in seiner schwächsten Ausprägung, gleichgesetzt mit dem als bewußt nachweisbaren Einsatz und der intendierten Vermittlung einer intertextuellen Referenz, also auch dann, wenn im Haupttext kein spezifisches Aufmerksamkeitssignal zu einer Referenz hinzutritt. Eine sich hier andeutende Skalierung gradueller Unterschiede der Markierungsdeutlichkeit konkretisiert Füger, wenn er feststellt, daß eine Textstelle in dem Maße intertextuell markiert sei, in dem ihre Appellfunktion evident werde. Als besonders aufschlußreich gestalteten sich in diesem Zusammenhang die in Feld (2) situierten Fälle, "in denen zwar eine entsprechende Intention seitens des Autors erwiesenermaßen vorhanden ist, diese seitens des Lesers aber nicht erkannt, da ihm sofern er den anvisierten Prätext überhaupt kennt - nicht deutlich genug signalisiert wird".86 Fügers Schema der Spielarten von Intertextualität rückt mithin verstärkt die Erkenntnis ins Bewußtsein, daß es vor allem die potentiellen Momente gescheiterter Kommunikation sind, die das Problem der Markierung auch unter funktionalen Gesichtspunkten relevant machen. Ein vorrangiges Ziel von Markierung wäre es demnach, diein Feld (2) angesiedelten Fälle intertextueller Kommunikation nach Feld (1) zu verschieben. Vor der Wahl einer bestimmten Art der Markierung müsse, so Füger weiter, ein Autor grundsätzlich darüber entscheiden, ob eine Referenz explizit oder implizit markiert werden soll. Als Beispiele expliziter Markierung nennt Füger die Identifizierung des Prätextes oder dessen Autors, das physische Auftreten von Figuren aus dem Prätext sowie Addenda in Form von Signalen auf graphischer Ebene. Im Zentrum von Fügers Erkenntnisinteresse steht aber vor allem das bislang nur rudimentär erforschte Konzept impliziter Markierung. Füger unterscheidet hier zunächst vier Komplexitätsstufen implizit markierter Intertextualität, die zugleich als Abgrenzungskriterien gegenüber unmarkierter Intertextualität fungieren: (1) reine Wiederholung eines Signifikanten bzw. einer Signifikantenreihe des Prätextes, (2) modifizierte Wiederholung, (3) totale Negation der Vorgabe des Prätextes und (4) partielle Negation der Vorgabe des Prätextes. 87 . 86 87
46
Füger, "Intertextualia Orwelliana", S. 181. Aus Gesprächen mit dem Verfasser geht hervor, daß sich die Punkte (3) und (4) sinnvoll als Subtypen von (2) denken lassen.
Zur Bestimmung des Transparenzgrades impliziter Markierungen verweist Füger auf eine Reihe potentieller Ursachenkomplexe, die teilweise in der bisherigen Diskussion nur wenig Beachtung gefunden hatten: - der Komplexitätsgrad der sprachlichen und gedanklichen Differenz zum Prätext, jeweils unter Berücksichtigung des Bekanntheitsgrades des letzteren; - die Plazierung und Profilierung des Referenzträgers im Text, speziell im Hinblick auf das Spektrum privilegierter Stellen; - die Situierung der Referenz im Schichtenbau der linguistischen Hierarchie und des Kommunikationsprozesses; - die Häufigkeit der indirekten Verweise auf einen bestimmten Prätext oder dessen Autor; - der funktionale Stellenwert der Bezugnahme für die Sinnstruktur des jeweiligen Textes, d.h. die sinnstiftende Wirkung der postulierten Referenz im Hinblick auf ein zentrales Gehaltsmoment dieses Textes. 88
Zwar ließen sich diese Aspekte noch weiterer Spezifikation unterziehen, doch gelingt Füger anhand einer konkreten Textanalyse am Beispiel von George Orwells Nineteen Eighty-Four immerhin der Nachweis, daß sich mittels des Konzeptes implizit markierter Intertextualität Bedeutungsschichten und Wirkungsintentionen literarischer Texte belegen lassen, die sich ansonsten dem textanalytischen Zugriff entweder gänzlich entziehen oder aber weitgehend im Bereich des Hypothetischen verhaftet bleiben. Vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit widmen die vorgestellten Arbeiten generell den rezeptionsästhetischen Gesichtspunkten intertextueller Markierung. Die hier verorteten Implikationen werden nur gelegentlich und punktuell angedeutet, wenn etwa Gerhard Kaiser seine Kategorien der Zitat deutlichkeit als relative Größen beschreibt, die in starker Abhängigkeit von der Lesersoziol<;>gie zu denken seien: "Selbstverständlich ist der Grad der Eindeutigkeit eines Zitats ein Relationswert, der sich erst in Abhängigkeit vom Wissen eines Lesers bestimmen läßt (und dies schwankt mit Nationalität, Erziehung, Beruf, Alter, usw.)".89 Intensiver setzt sich dagegen Susanne Holthuis mit den rezeptionsästhetischen Aspekten von Markierung auseinander. In ihrer Mono88 89
Füger, "Intertextualia Orwelliana", S. 199. Kaiser, Proust - Musil - Joyce, S. 160.
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graphie Intertextualität: Aspekte einer rezeptionsorientierten Konzeption (1993), lehnt sie sich an die semiotische Texttheorie Petöfis an. Ausgehend von der Frage, ob Markierungen in ihrer spezifischen Funktionalisierung als Intertextualitätssignale ausschließlich leserabhängig oder auch "textgelenkt" sind, verlegt Holthuis in ihrer Untersuchung das vorrangige Forschungsinteresse auf die Leserrolle bei der Erfassung und Verarbeitung intertextueller Bezüge. Ihre Beobachtung, "daß eine autor- bzw. produktionszentrierte Perspektive in den meisten Fällen [... ] nur über entsprechende Rekonstruktionsleistungen des Lesers verfolgt werden kann",9o setzt Holthuis in eine z.T. polemische Kritik an bestehenden Konzepten zur Intertextualitätstheorie um, in denen nachweislich eine produktionsästhetische Ausrichtung dominiert. So geraten etwa die theoretischen Darlegungen von Broich/Pfister, denen sie "rigide Systematisierungen" und "unübersichtliche Begriffsapparate"91 bescheinigt, wiederholt ins Kreuzfeuer ihrer Kritik. Broichs These, daß Autoren das Intertextualitätsbewußtsein des Kommunikationspartners in die Textkonzeption miteinkalkulieren können und Referenzen markieren, damit sie der Leser wahrnimmt und als intendiert erkennt, erscheint ihr "außerordentlich zweifelhaft" und nur dann legitim, wenn eine solche Intention "tatsächlich intersubjektiv nachgewiesen werden kann", etwa anhand der Korrespondenz eines Autors. 92 Zur Darstellung des Explizitheitsgrades von Zitaten erweitert Holthuis ansatzweise das bei Plett vorgefundene dreistufige Modell intertextueller Markierung (explicit, implicit, non-existent) und unterscheidet zwischen (1) "explizit markierten", (2) "quasi explizit markierten", (3) "nicht explizit markierten" (= implizit markierten) und (4) "explizit nicht markierten" Referenzen. 93 Ebenso wie die vorliegende Untersuchung geht Holthuis dabei nicht von starren Kategorien, sondern von einem "Kontinuum" aus, da "vor allem in literarischen Texten eindeutige und in jedem Fall klar festzulegende Abgrenzungen" auszuschließen seien. 94 Entgegen dieser Bekundung erweisen sich die vorgenommenen Differenzierungen bei näherer Betrachtung freilich doch als
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Holthuis, Intertextualität, S. 34. Holthuis, Intertextualität, S. 26. Vgl. Holthuis, Intertextualität, S. 108 sowie Broich, "Formen der Markierung von Intertextualität", S. 3l. Vgl. Holthuis, Intertextualität, S. 108. Holthuis, Intertextualität, S. 108.
starre und höchst formalistische Kategorien. So sieht Holthuis eine explizite Markierung lediglich dann gegeben, wenn zu konventionalisierten graphotextologischen Markierungen (z.B. Anführungszeichen, Wechsel des Schrifttyps, Setzen freier Spatien) zusätzlich vollständige bibliographische Angaben hinzutreten, wie sie in der Zitierpraxis wissenschaftlicher Texte zu Tage treten. 95 Sind diese insofern unvollständig, als etwa nur der Autor und/oder Titel eines Referenztextes zur graphotextologischen Markierung hinzutreten, so spricht Holthuis von einer lediglich "quasi-expliziten" Markierung. Läßt diese vergleichsweise subtile Differenzierung zunächst ein äußerst feinmaschiges Kategoriensystem erwarten, so enttäuschen die weiteren Ausführungen der Autorin insofern, als sich ihre Definition expliziter und quasi-expliziter Markierung insgesamt als extrem eng erweist und zu einer entsprechenden Ausuferung der (in sich nicht weiter differenzierten) Kategorie impliziter Markierung führt, die potentiell ,jedes textuelle Element in einer gegebenen Rezeptionssituation" umfassen soll.96 Diese Asymmetrie überrascht indes nicht, kommt sie doch dem Erkenntnisinteresse der Verfasserin deutlich entgegen: Gewinnbringend für einen rezeptionsästhetischen Ansatz läßt sich natürlich vor allem der Bereich implizit markierter Referenzen betrachten, also der Bereich schwächerer Signale, die den Relevanzentscheidungen des Lesers größeren Spielraum gewähren. Im einzelnen vermag diese Typisierung jedoch nicht zu überzeugen; so subsumiert Holthuis unter impliziter Markierung u.a. so deutliche Signale wie oberflächenstrukturelle Inkompatibilitäten, Titelzitate, metadiskursive Hinweise in Titeln und Normenverstöße. Wie anhand ihrer angeführten Textbeispiele deutlich wird, gilt Holthuis selbst ein eingelagerter Fremdtext als lediglich implizit markiert, der verbal angekündigt wird, durch intersegmentale Zitatsignale gekennzeichnet ist, und der zudem einen auffälligen typographischen, prosodischen und diachronischen Codewechsel bedingt. 97 Bezogen auf den Spezialfall "re-linearisierender" Referenzen (i.e. Zitaten) unterscheidet Holthuis fünf typologische Kategorien: (a) totale und unveränderte Wiederholung, (b) totale und modifizierte Wiederholung, (c) partielle und unveränderte Wiederholung sowie (d) partielle 95
96 97
Holthuis, Intertextualität, S. 109. Holthuis, Intertextualität, S. 109. Vgl. etwa das Beispiel aus Thomas Manns Der Zauberberg auf S. 111.
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und modifizierte Wiederholung fremden/eigenen Textmaterials. Als Sonderform von (b) wird schließlich (e) eine totale und "quasi-nicht98 modifizierte" Wiederholung formaler Textebenen postuliert. Aufschlußreich für die Problematik der Markierung erscheint hierbei Holthuis' Annahme, "daß mit der Skalierung von a)-e) eine zunehmende 'Vagheit' der intertextuellen Referenz und ihrer Rekonstruierbarkeit in Zusammenhang steht, die wahrscheinlich auch mit einer abnehmenden Tendenz zur expliziten Markierung korreliert".99 Als separate Kategorie intertextuellen Zugriffs sieht Holthuis die Allusion. Zwar erkennt sie an, daß die Referenzstrategie des Zitats von der Forschung wiederholt als Referenzsignal der A1lusion funktionalisiert wurde, wendet jedoch ein: "Wenn die Allusion aber zugleich als 'indirect or tacit reference' (Ben-Zorat) [sic!] definiert wird, müssen explizite oder quasi-explizite Markierungen grundsätzlich ausgeschlossen werden" .100 Wenn sie in diesem Zusammenhang U do Hebel vorwirft, das Konzept der A1lusion "in unzulässiger Weise" auszudehnen, so übersieht Holthuis, daß sowohl Hebels als auch Ben-Porats Konzeptionen von Allusion und expliziter Markierung erheblich von ihrer eigenen abweichen. Im Rahmen ihrer Definition literarischer Anspielung, deren Explizitheitsgrad sie zwischen Zitat einerseits und Assoziation andererseits ansiedelt, entwirft Holthuis eine Typologie von Allusionsmarkern, die es ermöglichen soll, "eindeutige von weniger eindeutigen Manifestationsformen zu isolieren".101 Im allgemeinen sei davon auszugehen, "daß sich A1lusionsmarker [...] dadurch auszeichnen, daß sie tendenziell weniger an verbalem Material übernehmen und daß sie im Vergleich zu texttransformierenden Referenzen zu mehr oder weniger unvollständigen Kondensierungen neigen".102 Folglich könne damit gerechnet werden, daß Allusionen nicht die Informationen bereitstellen, die für eine problemlose Identifizierung und Verarbeitung einer intertextuellen Referenz erforderlich sind. Als "klassische" Allusionsmarker begreift Holthuis solche, die auf nicht-linearisierte Aspekte des Prätextes (d.h. nicht materiell auf die Textoberfläche, sondern seman98 99 100
101 102
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Holthuis, Intertextualität, S. 98-105. Holthuis, Intertextualität, S. 105. Holthuis, Intertextualität, S. 125. - Tatsächlich ist es Ben-Porats Anliegen, ein Konzept der Allusion zu entwerfen, das diese gerade nicht als 'indirect' oder 'tacit' kennzeichnet. Holthuis, Intertextualität, S. 124. Holthuis, Intertextualität, S. 131-132.
tisch auf dessen Tiefenstruktur) referieren. Hierzu benennt sie (1) "Autorennamen im 'inneren Kommunikationsrahmen' [... ], ohne daß der Titel des Referenztextes 'zitiert' wird" sowie (2) ,,'die Literatur in der Literatur",.103 Für den letzteren Bereich postuliert Holthuis ein "äußerst breites Spektrum" von A1lusionsmarkern und benennt im einzelnen (a) Namen von Protagonisten, (b) Handlungsorte, (c) die Angabe spezifischer Episo'den und (d) Erzählerkommentare zum Textinhalt. Generell erweist sich Holthuis' rezeptionsästhetisch inspirierter Ansatz als nützlich, wenngleich Argumentationsgang und Resultate der Studie im einzelnen nicht immer zu überzeugen vermögen. So verwirft die Verfasserin einerseits bestehende Forschungsansätze allzu vorschnell, indem sie ihnen schwerwiegende "theoretisch-methodologische Defizite" aufgrund einer "mangelnden Berücksichtigung kognitionsspezifischer Parameter der Textverarbeitung" unterstellt,104 andererseits tendiert sie in ihrer eigenen Argumentation zu einer verengenden Betrachtungsweise und gibt sich in ihren Einsichten häufig mit einer - freilich programmatisch verstandenen - Unverbindlichkeit zufrieden. Diese Befunde erscheinen einerseits durch den methodischen Ansatz der Studie mitbedingt, andererseits wird dieser aber nicht konsequent durchgehalten. Zwar steht die Identifizierung einer konkreten Referenz natürlich unstrittig in Zusammenhang mit der pragmatischen Funktion von Intertextualität, doch sieht sich Holthuis gerade im Kontext der Markierung von Intertextualität wiederholt zu Rückzugsgefechten veranlaßt. So gesteht sie zu, "daß im Text bestimmte Intertextualitätssignale vorliegen, die den Rezipienten, soweit er diese als solche erkennt, dazu veranlassen können, nach Relationen zu anderen Texten zu suchen".105 Somit sieht auch Holthuis die Prägnanz der intertextuellen Disposition eines Textes in Abhängigkeit vom Explizitheitsgrad textimmanenter Signale, den sie freilich in unzulässiger Vereinfachung mit dem "Konventionalisierungsgrad" von Markierungen gleichsetzt. Insofern erscheint es widersprüchlich, wenn Holthuis einerseits "diffuse" und "wenig leserfreundliche Signalisierung" in literarischen Texten moniert,106 wenn es darum geht, eine intertextuelle Relation anzuzeigen, andererseits aber insistiert, daß sich Intertextualität nicht "im und durch den Text selbst" manifestiere. 103 104 105 106
Vgl. hierzu Holthuis, Intertextualität, S. 128-133. Holthuis, Intertextualität, S. 178. Holthuis, Intertextualität, S. 33. Holthuis, Intertextualität, S. 5.
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Gerade die von Holthuis im Zusammenhang mit Intertextualitätssignalen scheinbar beiläufig gebrauchte Formulierung, "soweit der Leser diese als solche erkennt", rückt pointiert das primäre Erkenntnisinteresse der vorliegenden Untersuchung in den Mittelpunkt, das in den meisten der vorgestellten Beiträge explizit oder unausgesprochen als Forschungsdesiderat gekennzeichnet wird: Welche Textstrategien ermöglichen bzw. erleichtern es dem Rezipienten, Intertextualität als solche zu erkennen, d.h. welche Strategien intertextueller Markierung lassen sich postulieren und wie wirken sich diese auf den Rezeptionsprozeß aus?
2.3. Resümee des Forschungsberichts und Folgerungen für die eigene Vorgehensweise
Die Auswertung der Forschungslage zur Markierung von Intertextualität läßt erkennen, daß dieser Problemkreis erst partiell und fragmentarisch erfaßt ist und mehrere zentrale Fragen zu diesem Bereich bislang keiner hinreichenden Klärung zugeführt werden konnten. Verschärfend wirkt es sich auf diesen Befund zudem aus, daß die punktuellen Erkenntnisgewinne untereinander meist nicht kompatibel sind. Das Gesamtbild der Forschung bleibt daher ohne klare Konturen, so daß es kaum möglich erscheint, aus den vorliegenden Einzelergebnissen ein tragfähiges Konzept intertextueller Markierung zu synthetisieren.
liert, deren erforderliche Systematisierung wird jedoch von der Mehrzahl der Beiträge entweder gar nicht geleistet oder sie bleibt diffus, bzw. wird lediglich als hypothetischer Horizont erwartbarer Möglichkeiten skizziert. Die wenigen detaillierteren Konzeptionen erscheinen hingegen von ihren typologischen und/oder methodischen Ansätzen her problematisch. Neben solchen grundsätzlichen Einwänden differieren die geschilderten Positionen auch in ihrer taxonomischen Grundlegung. Insbesondere die Termini zur Bezeichnung des Grades der Signal deutlichkeit von Referenzen erweisen sich nicht immer als konvergent. Zur Verdeutlichung seien nochmals einige der vorgeschlagenen Oppositionen aufgelistet: offen deutlich explizit marquee foregrounded markiert -
kryptisch undeutlich implizit rentree concealed unmarkiert
Abb. 6: Termini zur Bezeichnung des Deutlichkeitsgrades literarischer Referenzen
Ein Konsens zeichnet sich in der Forschung lediglich hinsichtlich einiger propädeutischer Aspekte ab. Dies gilt insbesondere für die häufig vorgenommene Basisdifferenzierung zwischen offensichtlichen und weniger offensichtlichen Referenzen. Exemplarisch kommt dies in einer Formulierung Manfred Pfisters zum Ausdruck, wenn er davon spricht, daß sich eine intertextuelle Stimme "im deutlicheren Echo von Übersetzungen und Zitaten oder im gedämpfteren Nachhall von Anspielungen, Reminiszenzen und Korrespondenzen in Stimmung und Sujet" artikulieren kann. 107
Eine Durchsicht dieser Liste zeigt, daß hier Oppositionspaare mit deskriptivem Charakter (z.B. 'offen' vs. 'kryptisch') solchen Begriffen gegenüberstehen, die ein aktives, gestalterisches Moment implizieren (z.B. ,!oregrounded' vs. 'concealed').108 Da im Kontext der vorliegenden Arbeit Markierung als ein bewußt eingesetztes Steuerungsinstrument definiert wird, erscheint die letztere Art der Differenzierung als die genauere. Von den dafür vorgeschlagenen Bezeichnungen übernehmen ~ir die Dichotomie 'markiert' vs. 'unmarkiert' als Basisdifferenzierung mtertextueller Referenzen.
Weitgehend unstrittig ist auch, daß die Einsicht des Lesers in die intertextuelle Disposition eines Textes durch bestimmte vom Autor gesetzte Signale beeinflußt oder gesteu~rt sein kann. Die Existenz derartiger Intertextualitätsindikatoren wird zwar immer wieder postu-
Abgesehen davon, daß diese Unterscheidung noch nichts über etwaige Deutlichkeitsabstufungen innerhalb der beiden Kategorien und
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Pfister, "Imitation und Intertextualität bei Robert Lowell", S. 315.
Das 'Verstecken' einer Referenz kann ja im Sinne einer produktionsästhetischen Aktivität durchaus selbst als Signal verstanden werden. Näheres hierzu S.u., Kap. 5.2.
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erst recht nichts über mögliche Kriterien hierfür aussagt, wird die Lage noch dadurch kompliziert, daß auch im Bereich dessen, was unter Mai:. kierung jeweils verstanden wird, ein deutlicher Dissens manifest wird. So wird eine im präsenten Text lokalisierbare Zeichenkette, die zugleich einem fremden Zeichensystem angehört, auf das sie verweist, nicht nur uneinheitlich beschrieben, sondern in einigen Forschungsbeiträgen 109 irreführend als 'Markierung' bzw. 'marker bezeichnet. Die vorliegende Studie folgt diesem Wortgebrauch nicht, da es zweifellos möglich ist, ein Fremdtextelement ohne erkennbare Nahtstelle (d.h. unmarkiert) in einen Text zu integrieren und solchermaßen das Paradoxon eines unmarkierten markers entstünde. l1O Es erscheint daher geboten, die Bezeichnung 'Markierung' für spezifische sprachliche oder graphemisch-visuelle Signale zu reservieren, die eine intertextuelle Einschreibung erst als solche kennzeichnen (eben: 'markieren') sollen - sei es, indem sie zu dieser hinzutreten, sei es, daß sie der Einschreibung inhärent sind und durch deren Kontextualisierung Markierungscharakter erhalten. Über diese propädeutischen Gesichtspunkte hinaus geraten insbesondere zwei Fragestellungen ins Blickfeld: In welchen der vorgestellten Forschungsbeiträge werden Kriterien dafür benannt, wann ein Fremdtextelement markiert und wann es unmarkiert ist, und wo lassen sich Ansätze erkennen, welche die Kategorie der Markierung weiterer Sub differenzierung unterziehen? Problematisch erscheinen in diesem Zusammenhang die von einigen Forschungsbeiträgen angebotenen Dichotomien 'overt' vs. 'veiled' bzw. 'overt' vs. 'tacit'. Die Vorstellung eines' overt marking' ist offensichtlich dem linguistischen Diskurs entlehnt und bezeichnet dort die Hinzufügung phonetischen oder morphologischen Materials in einer asymmetrischen Opposition (z.B.: LeserLeserin).l11 Übertragen auf die Markierung von Intertextualität erweist sich diese Definition als zu eng, um als Kriterium einer globalen Subdifferenzierung markierter Intertextualität dienen zu können, ist mit ihr
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So z.B. bei Ben-Porat, "The Poetics ofLiterary Allusion". Vgl. hierzu Kap. 3.4. Vgl. hierzu ausführlicher Kap. 4.1. Vgl. hierzu Kapitel 3.2. - Die dieser Asymmetrie inhärente Problematik schlägt sich auch in der vorliegenden Arbeit nieder, wenn diese von 'dem Leser' bzw. 'dem Rezipienten' spricht und dabei die männliche Form als die geschlechtsneutrale verwendet.
doch hauptsächlich die eher nachrangige Frage angesprochen, ob eine konkrete Markierung auf spezifischen graphemischen und/oder sprachlichen Addenda beruht oder nicht. Sinnvoller erscheint dagegen eine Anknüpfung an die bereits etablierte und vor allem durch H. F. Plett einsichtig gemachte universellere Unterscheidung impliziter und expliziter Markierungen. Desiderata ergeben sich dabei sowohl im Hinblick auf mögliche Subdifferenzierungen dieser Kategorien als auch im Zusammenhang mit der Frage, wie sich konkrete Markierungsverfahren auf diese (Sub-)Kategorien verteilen lassen. Grundsätzlich überdenkenswert erscheint auch das zu grobmaschige und dennoch bislang kaum hinterfragte drei stufige Modell aus nichtmarkierter, implizit und explizit markierter Intertextualität. Einen Versuch weiterer Differenzierung unternimmt Holthuis durch die Einführung 'quasi-expliziter Markierung' als einer der expliziten und impliziten Markierung zwischengeschalteten vierten Kategorie. Dieses Modell erweist sich jedoch insofern als untauglich, als sich die vorgenommene Erweiterung wie gezeigt als zu formalistisch herausstellt und lediglich zur Erhellung eines äußerst eng begrenzten Ausschnitts intertextueller Markierung beiträgt. Auch die von Ulrich Broich verfolgte Möglichkeit einer Differenzierung intertextueller Markierung nach dem Ort ihres Auftretens erschließt einer Markierungstheorie zwar ein wichtiges, letztlich aber nur peripheres Erkenntnisfeld, das als primäre Zugangsweise zu einer Systematisierung des Untersuchungsgegenstands wenig geeignet erscheint. Für die an eine Systematik intertextueller Markierung legitimerweise herangetragene Forderung, Alternativen zu dem alten dreistufigen Modell aufzuzeigen, kann die bisherige Forschung daher nur punktuell herangezogen werden. Als fruchtbarste Ansätze hierzu können sowohl H. F. Pletts Arbeiten als auch Manfred Pfisters Modell zur Skalierung von Intertextualität112 und Wilhelm Fügers Kriterien zur Differenzierung unterschiedlicher Grade impliziter Markiertheit befragt werdenP3 Eine besonders gravierende Forschungslücke offenbart sich im Bereich der möglichen Funktionen von Markierung. Mit Ausnahme einiger weniger Darlegungen zu den Funktionen von Intertextualität als
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V gl. Pfister, "Konzepte der Intertextualität", S. 26-30. - Siehe hierzu Kap. 3.1. Vgl. Füger, "Intertextualia Orwelliana", S. 199.
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solcher lassen sich für eine Durchleuchtung des Funktionspotentials intertextueller Markierung keine nennenswerten Forschungsergebnisse heranziehen, obwohl eine Funktionalisierung von Intertextualität doch gerade dort aktuell und sinnvoll wird, wo diese markiert in Erscheinung tritt.
späteren anwendungsorientierten Teil voll zum Zuge. Diese räumliche Trennung zwischen theoretischer und historischer Herangehensweise a? die Thematik ermöglicht zugleich die gebotene Zwischenschaltung emer Untersuchung des Funktionspotentials intertextueller Markie~ung. Zu d~r Frage '.wie,wi~d markiert?' tritt somit ergänzend die Frage Warum wlfd markIert? hmzu. Ebenso wie die formalen Kategorien werde~ auch die möglichen Funktionen intertextueller Markierung auf deduktIvem Weg erschlossen und systematisiert. Im Rückgriff auf den systematischen Teil sollen dabei die Arten und Funktionen der als markers identifizierten Signifikanten auch auf mögliche Wechselbeziehungen hin befragt werden.
Mit der Zielsetzung, den aufgezeigten Forschungsdefiziten entgegenzuwirken, ergibt sich für die vorliegende Untersuchung eine mehrfache Aufgabenstellung: Im Vorfeld systematisierender Teile der Arbeit bedürfen zunächst verschiedene Aspekte der Klärung: So wird insbesondere auf jene Forschungsgebiete einzugehen sein, die sichjenseits des Rahmens literaturwissenschaftlicher Betrachtung mit dem Konzept der Markierung bzw. der Markiertheit auseinandersetzen. Als wesentliche Vorbedingung einer Markierungstheorie fungiert zudem die Bereitstellung eines begrifflichen Instrumentariums, welches geeignet ist, das zu beschreibende Phänomen als solches wie auch die übrigen am intertextuellen Kommunikationsprozeß beteiligten Faktoren terminologisch zu erfassen. Grundlage des systematischen Teils der Untersuchung bildet ein Inventar der möglichen Konkretisierungen intertextueller Markierung. Diese Bestandsaufnahme soll auf deduktiv-konstruierendem Weg gewonnen und anhand des jeweiligen Deutlichkeitsgrades des Appellcharakters kategorisiert werden, wobei sich als Ordnungskriterium die Progression der Markierungsdeutlichkeit anbietet. Unmittelbares Resultat dieses Arbeitsschrittes ist eine hierarchisch strukturierte Typenskala, die es ermöglicht, die Bandbreite von den unmarkierten bis zu den augenfälligsten Manifestationen von Intertextualität präziser zu fokussieren, als dies bislang möglich war. Die heuristischen Vorteile eines solchen Kategoriensystems liegen zum einen in seiner stärkeren Objektivierbarkeit im Vergleich zu traditionellen Termini zur Bezeichnung von Text-Text-Relationen, zum anderen in einer Monosemierung, die eine eindeutige begriffliche Trennung von Arten und Funktionen intertextueller Markierung gestattet. Dabei sollen die postulierten Systemstellen unter laufendem Rekurs auf vorhandene praktische Beispiele auf ihre Gültigkeit hin überprüft werden.
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Da die systematischen Ausführungen der primären Zielsetzung dienen, das Gerüst einer Markierungstheorie zu errichten, besitzen textanalytische Betrachtungen in diesem Teil der Arbeit vor allem illustrative Funktion, praktische Analysebeispiele gelangen daher erst in einem 56
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fers, "die Vertextetheit und damit kommunikative Relevanz solcher Bezüge von beliebigen Assoziationen unterscheidbar macht".2
3. Zur theoretischen Grundlegung intertextueller Markierung 3.1. Der zugrundegelegte Intertextualitätsbegriff Als offensichtlichster gemeinsamer Nenner der in Kapitel 2 diskutierten Forschungsbeiträge fällt ihr theoretischer Ansatz ins Auge. Ind~m si~ von der meist ungenannt bleibenden Prämisse ausgehen, daß es sIch bel den jeweils untersuchten intertextuellen Phänomenen um konkret lok~ lisierbare und beschreibbare Aktualisierungen in individuellen poetlschen Texten handelt unterstellen sie diesen Texten eine Intentionalität. Folglich wird inte~textuelle Markierung hier vorwiegend als Mittel der Rezeptionslenkung durch einen absichtsvoll agierenden Autor begriffen. Aus Sicht der auf Julia Kristeva zurückgehen~en dekons~ruk tivistischen Konzeption von Intertextualität als einer umversalen EIgenschaft von Texten muß dieser gemeinsame strukturalistisch-hermeneutische Ansatz freilich als (unzulässige) Verengung der Intertextualitätstheorie erscheinen. In ihrer auf die konkrete Textanalyse abzielenden Ausrichtung und der hierdurch bedingten bewußten Konzentration auf einen spezifischen Ausschnitt von Intertextualität sind die ge~annten Forschungsbeiträge jedoch schon aus heuristischen Gründen msof~rn zu einem Ausbruch aus Kristevas Theoriegebäude gezwungen, als sIch der poststrukturalistische Intertextualitätsbegriff gleichsam ~ie das monotone überlappende Echo in der von E. M. Forster beschnebenen Höhle vo~ Marabar verflüchtigt und sich so, "entirely devoid of distinction",1 der textanalytischen Applizierbarkeit und Operationalisierbarkeit radikal entzieht. Einer strukturalistischen Zugriffsweise kann sich auch die vorliegende Arbeit angesichts des von ihr ins Auge gefaßten und ins Zentr~~ ihres Erkenntnisinteresses gerückten Teilsektors von Intertextuahtat nicht verweigern. Sinn macht eine Markierungstheorie in erster Linie dort, wo eine produktionsästhetisch motivierte Signalgebung von Referenzen tatsächlich nachweisbar ist und, mit den Worten Klaus W. Hemp-
Neben der Entscheidung für diese spezielle Zugriffsmethode legt der vorliegende Untersuchungsgegenstand eine Eingrenzung des Intertexualitätsbegriffs im Sinne einer Einzeltextreferenz nahe, d.h. auf die Beziehung zwischen individuellen Texten - einem alludierend~n und mindestens einem alludierten. Hierdurch soll zwar nicht die prinzipielle Möglichkeit der Ausweitung einer (modifizierten) Markierungstheorie auf Systemreferenzen und Systemrelationen negiert werden - und eine solche Anschließbarkeit wird von der Skalierung der Bezugsfelder von Intertextualität durch Broich/Pfister ja durchaus nahegelegt 3 - doch evoziert eine solche Erweiterung zwangsläufig das Problemfeld der Gattungskonventionen, wo eine strukturell und funktional differenzierte Markierungskonzeption erforderlich wird, die auf die Frage des Verhältnisses zwischen Texttypus und einer konkreten Aktualisierung dieses Typus zielt. Im Hinblick auf eine Markierungstheorie erblickt daher Klaus W. Hempfer eine "analysepraktische Notwendigkeit der Scheidung von Intertextualität und Systemreferenz,,4: "Texte sind immer und notwendig Aktualisierungen allgemeinerer textkonstitutiver Strukturen, zusätzlich können sie Bezüge zu anderen, konkreten Einzeltexten aufweisen. Das, was fakultativ ist, muß speziell markiertwerden".5 Diese Tatsache macht notwendige Differenzierungen in einer Markierungstheorie einsichtig, weil "einmal nur Strukturen, allgemeine Regeln und d.h. ein endliches Repertoire bekannt sein müssen, das andere Mal jedoch eine partikular-spezifische Aktualisierung dieser allgemeinen Strukturen".6 Am konkreten Beispiel verdeutlicht Hempfer, daß eine Parodie auktorialen Erzählens jedem Rezipienten zugänglich sei, der die (endliche) 'langue' des auktorialen Erzählens beherrscht, während parodistische Bezüge auf (potentiell unendliche) konkrete Einzeltexte nur zu erkennen sind, wenn der Leser über spezifische Kenntnisse in der 'parole' der evozierten Aktualisierungen verfügt. Erscheint somit der erstere Fall als nicht markierungs bedürftig, kann Markierung im zweiten Fall unter bestimmten kommunikativen Voraussetzungen als sinnstüt-
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Forster, A Passage to India, pp. 158-159.
6
Hempfer, "Intertextualität, Systemreferenz und Vgl. Broich/Ptister, Intertextualität, S. 48-58. Hempfer, "Intertextualität, Systemreferenz und Hempfer, "Intertextualität, Systemreferenz und Hempfer, "Intertextualität, Systemreferenz und
Strukturwandel", S. 16. Strukturwandel", S. 22. Strukturwandel", S. 15-16. Strukturwandel", S. 15.
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zende Maßnahme wünschenswert und erforderlich werden. Aus den genannten Gründen gelangt Hempfer zu dem Schluß, daß es sich bei einer Markierungstheorie "notwendig um eine texttypinvariante Theorie" handeln müsse. 7 Besonders einsichtig wird eine Ausgrenzung sytemreferentieller Intertextualität aus rezeptionsästhetischer Sicht, denn anders als der Rekurs auf einen konkreten Einzeltext ruft die Bezugnahme auf ein Textsystem gänzlich andere Wissensinhalte auf: Die Einordnung eines Textes in einen Gattungshorizont erfordert Vorkenntnisse zu spezifischen Normen und Konventionen, vor deren Folie Leserentscheidungen über im Text angelegte gattungsrelevante Fortschreibungen, Variationen und/oder Normverstöße zu treffen sind. Unsere Fokussierung auf Bezüge zwischen individuellen Texten leugnet indes weder die Berechtigung eines universalistischen Intertextualitätsbegriffs noch impliziert sie eine etwaige Irrelevanz dekonstuktivistischer Forschungsansätze. Wenn wir im Rahmen unseres Untersuchungsfeldes von einem engeren Intertextualitätsbegriff ausgehen, der den 'Dialog der Texte' als spezifische Eigenschaft bestimmter Texte beschreibt - so daß, um mit Karlheinz Stierle zu sprechen, die "Stimme" der Intertextualität isoliert wahrzunehmen ist, "vernehmbar herausgehoben aus dem Rauschen der unbestimmten Verweisungen",8 so geschieht dies nicht zuletzt deshalb, um mit einem Brückenschlag zur Entschärfung der kontrovers geführten Diskussion um textontologische und textanalytische Zugriffsmethoden beizutragen und dem umfassenderen Intertextualitätskonzept ein ergänzendes Modell zur Seite zu stellen, das es ermöglicht, einen spezifischen Ausschnitt des Gesamtspektrums von Intertextualität präziser und transparenter beschreibbar zu machen. Angesichts einer zu beobachtenden Tendenz, den universalistischen (textontologischen) Pol und den applikationsorientierten (textanalytischen) Pol der Intertextualitätsforschung als einander ausschließende Antagonismen zu beschreiben,9 ist jeder Vorstoß zu begrüßen, zwischen diesen nur scheinbar unvereinbaren Positionen durch Klarstellung deren unterschiedlicher Erkenntnisinteressen und Leistungsansprüche zu vermitteln. Geeignete Lösungswege hierzu zeigt neben Renate Lach7 8
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Hempfer, "Intertextualität, Systemreferenz und Strukturwandel", S. 16. Stierle, "Werk und Intertextualität." S. 143. V gl. beispielsweise die Ausführungen in Mai, "Bypassing Intertextuality".
m~nn i~sbesonder~ Manfred Pfister auf: Ausgehend von der These, daß ".d~e Phano~ene, dIe das engere Modell erfassen will, prägnante AktuahSlerungen Jener globalen Intertextualität sind, auf die das weitere Modell abzielt",lo befreien Pfisters Ausführungen den Begriff einer "angewandten In.tertextualität" vom Verdacht des Oxymoronischen. Pfister vera~schauhch~ sei~e Position modellhaft anhand eines Systems konzentnscher KreIse, In dessen Zentrum die maximale Intensität erke~nb~rer In~ertextualität lokalisiert ist. In Richtung auf seine Periphene nahert sIch dieses System dem Crescendo des universalen Intertextes un~d,essen "Verweisstruktur des regressus ad injinitum"Y Zur t~xtan~lyt1.schen ~ms~tzun~ dieses Modells stellt Pfister sechs qualitatIve Krltenen bereIt, dIe es m Kombination mit quantitativen Gesichts?unkten ermöglichen sollen, eine Typenbildung unterschiedlicher l~tertextuel~er Bezüge zu generieren, die ihrerseits als Voraussetzung fur "da~ Projekt einer Geschichte der Intertextualität, ihrer Strukturen, ~trat~glen und Funktionen" deklariert wird. Diese Kriterien stellen sich 1m emzelnen wie folgt dar: 12 (1) "Referentialität", d.h. der Nachdruck, mit dem ein Text auf einen Prätext verweist und diesen thematisiert· (2) "Kommunikativität", d.h. der Bewußtheits- 'bzw. Bewußtwerdungsgrad einer Referenz bei Autor und Rezipient, der Grad der Intentionalität sowie die Deutlichkeit der Markierung des intertextuellen Bezugs; (3) "Autoreflexivität", d.h. die Reflexion über und die Thematisierung von bewußten und markierten Prätextbezügen; (4) "Strukturalität", d.h. die syntagmatische Integration alludierter Texte in den aktuellen Text· (5) "Selektivität", d.h. die Präg~anz der intertextuellen Verweisung;
(6) "Dialo~izi~ät", d.h. das semantische und ideologische Spannungsverhaltms von alludierendem und alludiertem Text. Mit s.einem ~~dell der Intensität intertextueller Verweise gibt uns Pfister em heunstIsches Instrument an die Hand, das es gestattet, den 10 11 12
Pfister, "Konzepte der Intertextualität" ' S• 25 • Pfister, "Konzepte der Intertextualität", S. 24-25. Vg~. hierzu ausführlich Pfister, "Konzepte der Intertextualität", S. 26-30. Im wette ren Verlauf der Argumentation wird wiederholt auf diese Kriterien einzugehen sein.
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Gegenstandsbereich der vorliegenden Untersuchung näher zu bestimmen. Hierfür erscheint es erforderlich, das vorgefundene Modell vorübergehend in sechs separat bestimmbare Einzelwerte a~~zuspalten. Diese Maßnahme erscheint insofern legitim, als der Intensltatsgrad des intertextuellen Bezugs eines konkreten Textes nicht au~omatisch ~ach allen Kriterien gleich beurteilt werden darf und in bestlm~ten ~allen sogar diametral entgegengesetzt sein kann. Pfister selbs~ ~uhrt hler als Beispiel das Plagiat an, das nach den Kriteri~n .S~rukturahtat und. Sel~~ tivität intensiv, nach den Kriterien Referentlahtat und.KommumkatlVltätjedoch nur schwach intertextuell istY Für den v~rh~g~~den Zusamhang erweist sich das Kriterium der Kommumkatlvltat als besonmen .' . t t t ellen ders relevant, das unmittelbar auf die Deutlichkeit e1O.er 10 er ex u Markierung rekurriert. Im engeren Sinne erstreck~ sich unser Ge~e?- standsbereich demnach von einer gedachten penph~ren Grenz!lme, welche die schwächstmögliche Markierung vom Bereich ~nmarklert.er Intertextualität trennt, bis in das Zentrum des konzent~lschen. Kr~IS modells 'Kommunikativität'. Auch die Skalierung der übngen Krlten~~, insbesondere die Referentialität, Autoreflexivität und ~tru~tu~ahtat dürfte ursächlich an den Deutlichkeitsgrad von Referenz1Odlk~tlOnen gekoppelt sein. Entsprechenden Korrelationen wird daher an geeigneter Stelle nachzugehen sein. Eine weitere denkbare Möglichkeit, sich unserem Untersuchungsgegenstand anzunähern, nimmt ihren Au.sgangspunkt in de~ folgenden hypothetischen Dichotomie zur Beschreibung von Texten. (1) Nichtpräsenz von Fremdtextelemente
(2) Präsenz von Fremdtextelementen Teil (1) dieser Differenzierung erweist sich bei näherer B~trac~tung als Illusion: Da jeder Text notwendigerweise auch Intertext 1St, gIbt es nicht den authentischen Text, der durch die Nichtpräsenz von Fremdtextelementen definiert wäre. Folglich kann es im Kontext unserer Untersuchung nur darum gehen, Varianten und A~stufung~n v.on (2).zu systematisieren. Als alternative und sinnvollere DichotomIe bietet sIch daher an: (1) latente Präsenz von Fremdtextelementen
(2) manifeste Präsenz von Fremdtextelementen 13
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V gl. Pfister, "Konzepte der Intertextualität", S. 27.
Die latente Präsenz wäre zu differenzieren in Fälle unabsichtlich latenter Präsenz, also solche, die Autor und Leser normalerweise verborgen bleiben, vom Interpreten aber eventuell eruierbar sind, und Fälle absichtlich latent gemachter, kaschierter, vom Leser jedoch aufdeckbarer Präsenz. Zum letzteren Bereich gehört etwa das Plagiat, das generell unmarkiert bleiben muß, sowie das intellektuelle Spiel mit literarischen Vorlagen, das unmarkiert bleiben kann. Den Kernbereich unseres Untersuchungsgegenstandes bilden jedoch die Fälle der manifesten bzw. manifest gemachten Präsenz von Einschreibungen, die sich in den diversen Spielarten intertextueller Markierung niederschlagen. Wenn wir also einen spezifischen Ausschnitt der Autor-Leser-Kommunikation in das Zentrum unseres Erkenntnisinteresses stellen, so erweist sich der Dissens zwischen den beiden oben skizzierten Polen der Intertextualitätsforschung als weitgehend irrelevant für die vorliegende Thematik. Jenseits notwendiger Überlegungen, ob letztlich der Autor oder der Rezipient die maßgebende Bedeutungsschicht eines Textes konstituiert, bzw. ob in bezug aufliterarische Texte überhaupt von Sinnkonstitution gesprochen werden darf, muß es generell als unstrittig gelten, daß Textproduktion durch diverse Strategien der Rezeptionslenkung mitgeprägt sein kann und häufig auch ist. Besonders leicht nachvollziehbar ist eine derartige auktoriale Disposition im Falle hochgradig intentionaler Textsorten wie der Parodie: "The author may try to dominate us completely by employing every typographic (and linguistic) device to show what is important in his text" .14 Das hier von J. D. Bolter angedeutete anonyme Arsenal typographischer und linguistischer Signale bildet ein reichhaltiges Reservoire potentieller Intertextualitäts-Indikatoren. Auch und gerade derjenige interpretatorische Zugriff, der seine Motivation vordringlich aus der Emanzipation des Rezipienten von jeglicher N ormsetzung durch den Autor herleitet, muß größtes Interesse daran haben, mögliche Mechanismen der Rezeptionslenkung aufzudecken und ein zu erstellendes Inventar intertextueller Signale auf dessen Korrelationen zu spezifischen Textstrategien hin zu untersuchen. Die kritische Distanz, die es einem Rezipienten ermöglicht, sich der Beeinflussung durch derartige hidden persuaders zu entziehen, kann nur auf der Basis einer profunden Kenntnis der ihnen zugrunde liegenden Mechanismen geschaffen werden. 14
Bolter, "Beyond Word Processing", p. 137.
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3.2. Zum Begriff der Markierung bzw. der Markiertheit 3.2.1. Der linguistische Markierungsbegriff
Der Markierung sprachlicher Phänomene ist gerade in jüngerer Zeit auch außerhalb literaturwissenschaftlicher Betrachtung verstärkte Aufmerksamkeit zuteil geworden. Eine bereits differenziert ausgearbeitete Konzeption des Markierungsbegriffes hat insbesondere die Sprachwissenschaft hervorgebracht. 15 'Markiertheit' bzw. 'Nicht-Markiertheit' bezeichnet hier die formale Opposition sprachlicher Einheiten, die sich hinsichtlich ihrer strukturellen Komplexität und/oder ihrer semantischen Spezifizität und/oder ihrer Häufigkeit in einer durchgängig asym16 metrischen Relation zueinander befinden. Der Phonologie der Pr ag er Schule diente markedness seit den Arbeiten von Trubetzkoy und Jakobson17 zur Bezeichnung einer binären Lautopposition aus einem merkmaltragenden (markierten) und eine~ merkmallosen (unmarkierten) Glied. In der generativen Phonologie 18 wurde diese Konzeption zunächst durch Chomsky und Halle zu einer komplexen Markiertheitstheorie erweitert, welche im Rahmen der Erforschung von Universalien auf allen Ebenen linguistischer Hierarchie diejenigen sprachlichen Einheiten als markiert ausweist, die eine nicht-normale Ausnahmeform annehmen. "Damit sind die hinsichtlich eines bestimmten Merkmals nicht markierten Formen die weniger kom-
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Da der linguistische Markiertheitsbegriff letztlich etwas anderes bezeichnet als das im Kontext der Intertextualitätsdiskussion Gemeinte, wollen die nachfolgenden Ausführungen lediglich einen skizzenhaften Eindruck von den gängigen sprachwissenschaftlichen Markiertheitskonzeptionen vermitteln. Gute Überblicks darstellungen zu dieser Problematik finden sich u.a. in Croft, Typology and Universals, pp. 64-94, sowie in Edith Moravcsiks und Jessica Wirths Einleitung der Proceedings der Milwaukee Conference on Markedness 1983 ("Markedness - An Overview"). Zur knappen Einführung vgl. z.B. den Eintrag in Crystal, A Dictionary of Linguistics and Phonetics, pp. 211-212. Einen kompakten Einblick in spezifische Anwendungsbereiche dieser Konzeption vermitteln die unter der Sondersektion "Markiertheit" gesammelten Beiträge in Schlaeger, Anglistentag Konstanz 1983. Zu dieser Definition von Markiertheit vgl. vor allem Greenberg, Language Universals. Vgl. z.B. Trubetzkoy, Grundzüge der Phonologie, und Jakobson, Child Language, Aphasia and Phonological Universals. Vgl. Chomsky/Halle, The Sound Pattern of English.
plexen, natürlicheren, d.h. erwarteten Formen.,,19 Die unmarkierten sprachlichen Einheiten sind daher nicht nur "von allgemeinerer Bedeutung und größerer Distribution",2o sie sind auch einfacher strukturiert weniger spezialisiert und werden daher leichter wahrgenommen und identifiziert als es bei markierten Formen der Fall ist. Wollte man diese Konzeption auf den Bereich ästhetischer Sprachgestaltung übertragen, so erscheint vor allem das Kriterium der strukturellen Komplexität von Interesse. In der Asymmetrie sprachlicher Oppositionen ist das markierte Element dasjenige, das aufgrund einer Additionstransformation nicht mehr als neutral, sondern als mehrfach codiert gekennzeichet ist. Ähnlich wie im linguistischen Kontext wird auch in poetischen Texten die Transparenz eines markierten Elements zunächst nicht erhöht, sondern reduziert: Der Leser bleibt an einem markierten Textelement 'hängen', an einer Zeichenkette von höherer Komplexität, die zu verstärkter, bewußter Aufmerksamkeit bei der Rezeption zwingt, so daß der die Rezeption permanent begleitende unterbewußte Prozeß des Neuarrangierens eines individuellen Wissenshorizontes durch 'störende' Signale ins Bewußtsein gerückt wird. Pragmatisch betrachtet fungiert somit ein konkretes Textelernent, das nicht in seiner üblichen, d.h. im linguistischen Sinne 'normalen' Form auftritt, als Präsupposition. Aus produktionsästhetischer Warte bildet es das Ziel dieser Komplexion, den vorübergehenden Zustand der Desorientierung des Rezipienten durch Reflexion zu überwinden: In dem Moment, wo der Rezipient die Signifikanz der als Anomalie identifizierten Textstelle erschließt, erhöht sich für ihn die Durchsichtigkeit des Textganzen. Darüber hinaus sind freilich der Vergleichbarkeit des linguistischen Markiertheitsbegriffs mit dem Konzept intertextueller Markierung enge Grenzen gesetzt, wodurch der Blick zurückgelenkt wird auf die Mechanism.en ästhetischer Sprachgestaltung. 3.2.2. Ironiesignale
Eine erste Annäherung an den Problemkreis der Markierung im Bereich ästhetischer Textgestaltung ermöglicht der Zugriff auf einen bereits etablierten Forschungsgegenstand: die Markierung des uneigentlichen Sprechens. Ciceros Auffassung, wonach die dissimulatio erst durch ein sie begleitendes Erkennungssignal zur dissimulatio urbana werde, findet 19 20
Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft, p. 310. Lewandowski, Linguistisches Wörterbuch 2, S. 696.
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ihre Bestätigung noch in Teilen der modernen Sprach- und Literaturwissenschaften, wenn dort von 'Ironiesignalen' die Rede ist, welche den Empfänger/Leser auf die Simultaneität von Äußerung und Distanzierung des Sprechers/Autors von einer Botschaft aufmerksam machen und somit dazu beitragen sollen, das eigentlich Gemeinte zu erschließen. Die Existenzberechtigung derartiger Ironiesignale wird meist damit begründet, daß "man in der Praxis des öfteren mit Fällen zweifelhafter Ironisierung konfrontiert wird".21 Die Markierung von Ironie scheint auf den ersten Blick insbesondere deswegen naheliegend, weil das Mißverstehen einer ironischen Äußerung fatale Konsequenzen haben und den Sprecher dem Verdacht eines hypokritischen Diskurses aussetzen kann. Ungeachtet derartiger kommunikativer Fallstricke spielen Ironiesignale etwa in der sprechakttheoretischen Rekonstruktion von Ironie kaum eine Rolle, da der Hörer aufgrund des situativen Kontextes die ironische Disposition des Sprechers im Regelfall als intendiert erkennen kann bzw. sollte - auch ohne Rückversicherung mittels textinterner Markierungen. Ausnahmen von dieser Idealvorstellung sind freilich nicht auszuschließen: [E]s lassen sich unschwer Konstellationen denken, in denen die situative Determination bzw. das Wissen des Hörers über den Sprecher nicht so eindeutig ist, daß die ironische Intention ohne weitere Verdeutlichung erkennbar ist. In solchen Fällen muß der Sprecher ein Verfahren wählen, das so weit als möglich verhindert, daß der Hörer das Gesagte für das Gemeinte nimmt, ein Verfahren also, das dem Hörer das Erkennen einer absichtlichen Verletzung der Aufrichtigkeitsmaxime nahe legt. Dieses Verfahren besteht in der Einführung von (sprachlichen oder nicht-sprachlichen) Mitteln, die ein wörtliches Verstehen der Äußerung stören. 22
Die hier postulierte Notwendigkeit einer Signalisierung von Ironie im Falle mangelnder Stützung durch den situativen Kontext findet ihren Niederschlag in gedruckten Texten mitunter in Form spezifischer graphemischer Indikatoren oder rhetorischer Inkompatibilitäten, im mündlichen Diskurs vor allem in Form modulatorischer und metalinguistischer Zeichen. Das eine ironische Äußerung jeweils begleitende Signal wird von Teilen der Forschung sogar als konstitutiv für Ironie angesehen. Nachdrücklich bezeichnet beispielsweise Harald Weinrich das Ironiesignal als unverzichtbaren Bestandteil der ironischen Äuße21 22
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Stempel, "Ironie als Sprechhandlung", S. 226. Willer/Groeben, "Sprachliche Hinweise auf ironische Kooperation", S. 294.
rung. "Zur Ironie gehört das Ironiesignal",23 stellt Weinrich kategorisch fest und benennt in diesem Kontext verschiedene Indizien sprachlicher Verstellung: Nun gibt es Ironiesignale von vielerlei Art. Das mag ein Augenzwinkern sein, ein Räuspern, eine emphatische Stimme, eine besondere Intonation, eine Häufung bombastischer Ausdrücke, gewagte Metaphern, überlange Sätze, Wortwiederholungen oder - in gedruckten Texten - Kursivdruck und Anführungszeichen. 24
Schon auf den ersten Blick geben sich sämtliche in dieser Aufzählung enthaltenen sprachlichen und metasprachlichen Zeichen als ambivalent zu erkennen. Zwar können alle genannten Signale durchaus auch Ironie anzeigen, doch handelt es sich bei keinem der erwähnten Fälle um ein exklusiv-apodiktisches 'Ironiesignal',25 und ein solches kann es auch nicht geben, da eine Äußerung wie "dies ist/war ironisch gemeint" bereits das Symptom einer kontraproduktiven bzw. gescheiterten Kommunikation darstellt. 26 Dieser Einsicht zollt auch Weinrich indirekt Tribut, wenn er als ein Konstituens des Ironiesignals dessen Eigenschaft identifiziert, "daß es sowohl vernommen als auch überhört werden kann".27 Diese Mehrdeutigkeit führt Weinrich jedoch nicht auf eine dem Ironiesignal prinzipiell inhärente Eigenschaft zurück, vielmehr umgeht er das Problem mittels einer quasi-diastratischen Differenzierung der Adressaten ironischer Sprechakte, indem das Ironiesignal als etwas definiert wird, "an dem nur diejenigen Anteil haben, die Witz haben. Die Halbgebildeten und Süffisanten überhören es, und das Ironiesignal kommt nicht zum Ziel. Das ist aber nicht die Schuld des Sprechers, sondern die Schuld des Hörers".28 Eine solchermaßen festgeschriebene Abhängigkeit der Ironiemarkierung von transtextuellen Faktoren läßt sich weder durch die heuri23 24 25 26
27 28
Weinrich, Linguistik der Lüge, S. 60. Weinrich, Linguistik der Lüge, S. 61. Freilich erhebt Weinrich auch keinen derartigen Anspruch. Neben einer solchen erläuternden Paraphrase wäre z.B. ein (hypothetisches) performatives Verb als eindeutiges Ironiesignal anzusehen. - Im Gegensatz zu der genannten Äußerung erscheint deren Negation ("Ich meine dies nicht ironisch") aus pragmatischer Sicht durchaus legitim, um unter Beachtung des kooperativen Prinzips die Möglichkeit eines Mißverständnisses apriori auszuschließen. Weinrich, Linguistik der Lüge, S. 63. Weinrich, Linguistik der Lüge, S. 63.
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stische Hilfskonstruktion eines idealkompetenten mitangesprochenen Dritten noch dadurch revidieren, daß Weinrich zur adäquaten Decodierung verschrifteter Ironie die Assistenz der gesprochenen Sprache einfordert: "Ironiesignale, die durch geschriebene und gedruckte Texte wirken sollen, müssen vielfach aus der nuancenreichen gesprochenen Sprache erst in ein anderes Ausdrucksmedium übersetzt werden. Die W orte müssen so gewählt sein, daß man gar nicht anders kann, als sie mit einem gewissen ironischen Tonfall zu lesen.,,29 Alternativ zu den von Weinrich vorgeschlagenen Markierungsformen von Ironie, die letztgültig nur dann zur Wirkung gelangen, wenn "der Adressat einer ironischen sprachlichen Handlung die Faktenkenntnisse und das Wertsystem des Sprechers kennt",30 postuliert D. Muecke als wichtigste "alarm signals" die Inadäquatheit von Inhalt und sprachlichem Ausdruck, die reductio ad absurdum mittels Einführung von offenen Widersprüchen und logischen Fehlern sowie die Übertreibung als häufigste stilistische Markierung der Ironie. 31 Die Tauglichkeit der von Weinrich postulierten Ironiemarkierungen, die viel eher der Definition eines Signals im Sinne eines Addendums entsprechen, das entfernt werden kann, ohne daß der Wesensgehalt des Markierten verlorengeht, zieht Muecke jedoch bezeichnenderweise in Zweifel und gelangt zu dem Urteil: "an ironist who winks or nudges or who fills his page with quotation marks, underlinings, and exc1amation marks, or whose voice expresses an indignation not revealed in his lexical and syntactic choices, will not be thought especially subtle.,,32 Es liegt somit offenbar in der Natur der Ironiesignale selbst, wenn jüngere Arbeiten diesen allenfalls den nicht-konstitutiven Status sinnstützender Hilfskonstruktionen zubilligen. In offenem Gegensatz zu Weinrich negiert etwa Paul Grice die Existenz spezifischer intonatorischer Ironiesignale :
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Weinrich, Linguistik der Lüge, S. 64. Berg, Uneigentliches Sprechen, S. 88. Willer/Groeben kritisieren an Mueckes Kategorien zu Recht, daß sie auf logisch sehr disparaten Ebenen liegen. Insbesondere erhebt sich hier auch generell der Einwand, daß kaum mehr abzusehen ist, welche linguistischen bzw. paralinguistischen Markierungen nicht als Ironiesignale fungieren können (Vgl. "Sprachliche Hinweise aufironische Kooperation", S. 292). Gleichlautend auch Lapp, Linguistik der Ironie, S. 30. Muecke, "The Communication of Verbal Irony", p. 40.
I am [... ] doubtful whether the suggested vehic1e of signification, the ironical tone, exists as a specific tone; I suspect that an ironical tone is always a contemptuous one, or an amused tone, or some other tone connected with one or more particular feelings or attitudes; what qualifies such a tone as ironical is that it appears [... ] when an ironical re mark is made. 33
Wenngleich manches dafür spricht, daß auf metalinguistischer Ebene minimale Markierungen von Ironie möglicherweise unvermeidlich sind,34 muß doch für den mündlichen Diskurs und erst recht für gedruckte Texte der generelle Einwand erhoben werden, daß die Möglichkeit eines expliziten Hinweises auf einen ironischen Sprechakt dem Wesen der Ironie gerade zuwiderläuft: "No ironist tells us explicitly that he is being ironieal; this is something we infer or assurne and consequently we may incorrectly infer or wrongly assurne. Many ironists, indeed, aim at minimizing the evidence that enables us to make a correct inference. ,,35 Doch unabhängig davon, wie Ironiesignale im einzelnen beschaffen sind und weshalb sie als prinzipiell unerwünscht oder redundant aufzufassen sind, repräsentieren sie aus pragmatischer Sicht zweifellos ein Instrument der Kommunikationssteuerung. Auch neueste Forschungsbeiträge gehen davon aus, daß spezifische Signale dem Empfänger einer ironischen Äußerung deren Verständnis erleichtern können. 36 Wenn überhaupt, so scheint in diesem Punkt eine Querverbindung zum Problem der Markierung von Intertextualität möglich, insbesondere wenn man jüngere Ironie-Konzeptionen zugrunde legt, die ironische Äußerungen als (im weitesten Sinne) zitierende Sprechakte begreifen und demzufolge von echoic irony bzw. quotational irony sprechen. Ausgehend von der bekannten Unterscheidung in Objektsprache (i.e. use) und Metasprache (i.e. mention) postulieren beispielsweise Sperber/Wilson, "that all standard cases of irony, and many that are nonstandard from the traditional point ofview, involve (generally implicit) mention· of a proposition. These cases of mention are interpreted as echoing a remark or opinion that the speaker wants to characterize as ludicrously
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Grice, Studies in the Way 01 Words, p. 54. - Ähnlich auch Sperber/Wilson, "Irony and the Use-Mention Distinction", p. 559. Vgl. hierzu besonders die empirischen Untersuchungsergebnisse von Fonagy. Muecke, "The Communication of Verbal Irony", p. 35. Vgl. etwa Lapp, Linguistik der Ironie, S. 93.
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inappropriate or irrelevant".37 Die hier behauptete Nähe der ironischen Äußerung zum Zitat impliziert eine Vergleichbarkeit mit den Mechanismen intertextueller Kommunikation. So erscheint es in diesem Zusammenhang aufschlußreich, wenn Sperber/Wilson die Äußerungstypen 'mention 0/ expression' und 'mention 0/ proposition' in implizite und explizite Ausprägungsformen differenzieren und dabei unterschiedliche sprachliche Transparenzgrade postulieren. Danach wird eine direkte Korrelation zwischen der sprachlichen Informationsvergabe durch den Sender und der Identifizierung durch den Empfänger einer Äußerung dergestalt hergestellt, daß ein maximales Gefälle der Signaldeutlichkeit zwischen dem Beispiel für explicit mention 0/ an expression (a) und dem Beispiel für implicit mention 0/ a proposition (b) entsteht: (a) The master began to understand and to share the intense disgust which the archdeacon always expressed when Mrs Proudie's name was mentioned. "What am I to do with such a woman as this?" he asked himself. (b) The master began to understand and to share the intense disgust which the archdeacon always expressed when Mrs Proudie's name was mentioned. What was he to do with such a woman as this?38
Darüber hinaus postulieren Sperber/Wilson unterschiedliche Grade und Typen von echoic mentions und identifizieren dabei Polaritäten, die zumindest entfernt an eine mögliche Differenzierung intertextueller Markierungsarten erinnern, wie etwa 'immediate echoes' vs. (delayed echoes', 'traceable' vs. 'vague' sowie 'obvious' vs. 'suggested,.39 Gestützt wird der Eindruck einer Vergleichbarkeit von Ironie- und Intertextualitätssignalen durch Formulierungen, wie sie verbreiteten linguistischen Nachschlagewerken zu entnehmen sind: "Innerhalb einer metasprachlichen Beschreibung wird das objektsprachliche Beispiel graphisch gekennzeichnet (durch Anführungszeichen, Kursivdruck oder Unterstreichen). ,,40 Ungeachtet dieser augenfälligen Parallelen zwischen Ironie- und Intertextualitätssignalisierung bleibt die Frage der Vergleichbarkeit beider Markierungsstrategien doch zwiespältig. Einerseits scheinen die für Ironiesignale geltenden Restriktionen eine Kohärenz beider Signal37 Sperber/Wilson, "Irony and the Use-Mention Distinction", p. 559. 38 Sperber/Wilson, "Irony and the Use-Mention Distinction", p. 556. (Das Zitat stammt aus Trollopes Barchester Towers.) 39 Vgl. Sperber/Wilson, "Irony and the Use-Mention Distinction", p. 558. 40 Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft, S. 357.
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systeme auszuschließen, andererseits lassen sich aus pragmatischer Sicht durchaus relevante Fragestellungen an die Problematik intertextueller Markierung herantragen. Zu fragen wäre etwa danach, welche Bedeutung dem kommunikativen und situativen Kontext für die intertextuelle Kommunikation zukommt und inwiefern Intuition und Sprachkompetenz des Rezipienten in die Allusionserkennung einfließen bzw. seitens des Autors als intendierte Leserrolle einkalkuliert werden. Dennoch bereitet der Begriff des Ironiesignals Uedenfalls im Kontext ästhetischer Sprachgestaltung) grundsätzliches Unbehagen, da seine Paradoxie allzu augenfällig ist. Wie BedaAllemann treffend beobachtet, ist literarische Ironie nämlich "um so ironischer, je vollständiger sie auf Ironiesignale zu verzichten weiß".41 So greift der Vergleich von Ironiesignalen und Intertextualitätssignalen unter pragmatischen Gesichtspunkten nur partiell: Gravierender als ein Intertextualitässignal muß die Markierung dessen, was ironisch gemeint ist, dem anspruchsvollen Rezipienten als Monitum erscheinen, das sein intellektuelles Vergnügen am literarischen Spiel schmälert. Schlimmer noch, gerade durch das Setzen eines Ironiesignals kann ein Autor durchaus die intendierte Wirkung verfehlen und den komischen Effekt ebenso verderben, als würde er eine gute Pointe umständlich erläutern. Allemanns dezidierte Skepsis wirft daher einen berechtigten Zweifel auf die Legitimation der Ironie als eines geeigneten Zugangs zum Problemkreis intertextueller Markierung: "Die Signale der literarischen Ironie sind von so verborgener Art, daß es schon nicht mehr statthaft ist, überhaupt noch von Signalen zu sprechen."42 Für Teile der Forschung gebietet die Sachlage daher sogar einen Verzicht auf eine Systematisierung von Ironiesignalen: "Eine Verallgemeinerung bestimmter Merkmale als obligatorisch, notwendig oder konstitutiv für Ironie hat für eine adäquate linguistische Erklärung wenig Sinn. Ironiesignale sollten daher nicht als konventionelle sprachliche oder außersprachliche Zeichen im Sinne eines selbständigen Codes [... ] systematisiert werden.,,43 Neben der potentiellen Absicht eines Autors, eine ironische Haltung vor einem Teil seines Publikums zu verbergen,44 können Ironiesignale auch dann 41 42 43 44
Allemann, "Ironie als literarisches Prinzip", S. 20. Allemann, "Ironie als literarisches Prinzip", S. 19. Lapp, Linguistik der Ironie, S; 30. Die Nicht-Beweisbarkeit von Ironie kann u.U. gerade die vom Sprecher gewünschte Eigenschaft darstellen.
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redundant werden, wenn die auktoriale Haltung von der feinsinnigen Ironie ins Sarkastische oder Groteske übergleitet. Hierdurch ist es etwa zu erklären, daß die satirische Intention in Swifts A Modest Proposal deutlicher zum Ausdruck kommt als in Defoes Traktat The Shortest Way with the Dissenters, das bekanntlich Anlaß zu peinlichen Fehlinterpretationen lieferte.
weniger penetrant in Erscheinung, doch erschließt sich hier paradigmatisch ihr Wirkungsprinzip: Die Markierung signalisiert je nach intendierter Wirkung und ästhetischem Anspruch auf mehr oder weniger subtile Weise genau das, was in dem genannten Beispiel autoritär und uncodiert erfolgt. Es handelt sich bei intertextuellen Markierungen also um deiktische Zeichen, welche die Aufmerksamkeit des Rezipienten auf eine ihrerseits deiktische Zeichenkette fokussieren sollen. Stark vereinfacht stellt sich dieser Vorgang folgendermaßen dar:
3.3. Zur Differenzierung von unmarkierter und markierter Intertextualität
Auch im Bereich intertextueller Kommunikation können die drohenden Folgen des Nichterkennens einer spezifischen (beispielsweise parodistischen) Disposition den Einsatz rezeptionslenkender Signale motivieren. Eine alternative Möglichkeit der Annäherung an den Markierungsbegriff ergibt sich im Bereich ästhetischer Sprachgestaltung daher im Zusammenhang mit dem Problemfeld 'Intertextualität'. Die für die Signalisierung einer Bezugnahme auf fremde Texte wichtigste Vorbedingung formulierte bereits E. E. Kellett in Form einer Spekulation über die Motivationslage des - historisch gesehen - ersten alludierenden Autors: He is not like the Spartan boy who stole and gained glory ifundetected: he desires to be detected, and deliberately leaves c1ues to guide his pursuers to their prey. He says, 'Here is a theft from Homer - track it down, and none will rejoice more than I when it is found.'45
Die charakteristischen Eigenschaften der hier angedeuteten 'c/ues' lassen sich vorab anhand eines Extrembeispiels verdeutlichen: Um einen kuriosen Fall intertextueller Markierung wurde die W.eltliteratur im Jahr 1988 durch die deutsche Ausgabe von Amanda Cross' Roman No Word from Winifred bereichert. Eigenmächtig enttarnten dort die Übersetzer einige der im amerikanischen Original auftretenden Referenzen schulmeisterlich durch Hinweise wie ,,(= lit. Zitat)" oder ,,(= lit. Anspielung)".46 Zwar treten intertextuelle Markierungen im Regelfall 45 Kellett, Literary Quotation and Allusion, p. 3. 46 Cross, Albertas Schatten, S. 17 und 21. Offensichtlich griffen die Übersetzer zu dieser denkbar phantasielosen Notlösung in Ermangelung geeigneter (aber zweifellos vorhandener) Übersetzungsmöglichkeiten. - Ein vergleichbares, wenngleich weit weniger drastisches Beispiel liefert die deutsche Übersetzung von John Dos Passos' Roman Manhattan Transfer durch Paul
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präsenter Text
Markierung
Zitatsegment
absenter Text
@-----~@----- .. @-----~~
-+
enhält
verweist auf
evoziert
I I
I I I
--------------------------~ wirkt sinnmodifizierend auf
Abb. 7: Verweisrichtung intertextueller Markierung
Je nach Art der einem Text zugrundeliegenden Wirkungsintention können intertextuelle Echos ohne das geringste Indiz für ihr Vorhandensein auftreten und somit vielleicht ungehört verhallen. Tatsächlich ist das Setzen von Aufmerksamkeitssignalen in zahlreichen Fällen intertextuelIen Kontaktes gar nicht möglich. Dieser Sachverhalt läßt sich an einem einfachen Modell demonstrieren, in dem ein Autor (A) einem Leser (L) eine Referenz (R) an einen alludierten Text (T) übermittelt. Hier ergeben sich zunächst zwei relevante Fragestellungen: 1. Welche Gründe können A daran hindern, R zu markieren? (1) A ist sich über das Vorhandensein von R nicht bewußt. Oder: (1) gilt nicht, aber
(2) A ist ein Plagiator und beabsichtigt, R vor L zu verbergen. Oder: Es gelten weder (1) noch (2), aber (3) A hält eine Markierung für überflüssig, weil er R als allgemein bekannt voraussetzt, oder Bandisch (zuletzt Reinbek: Rowohlt, 1991), wo die im Original kontinuierlich einmontierten Fremdtextsegmente häufig durch Absätze vom übrigen Text getrennt werden.
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(4) weil er in L einen kompetenten Kommunikationspartner vermutet, der die im Text angelegten intertextuellen Verweise auch ohne dargebotene Hilfsmittel zu entschlüsseln vermag, oder (5) A will L bewußt vor eine Decodierungsaufgabe stellen, die Spieloder Prüfungscharakter haben kann. Sofern eine der genannten Ursachen dazu führt, daß Runmarkiert bleibt, ergibt sich als zweite Frage: II Welche Gründe können L daran hindern, R zu identifizieren? (1) L besitzt keine Kenntnis von T. Oder: (1) gilt nicht, aber (2) R wurde von A zu gut getarnt. Oder: Es gelten weder (1) noch (2), aber (3) der in den Fällen I (3) - I (5) anvisierte Kommunikationsprozeß kommt dennoch nicht zustande, weil L im Zuge einer bloß kursorischen Lektüre R nicht wahrnimmt, oder (4) weil L R nicht als Bestandteil von T erkennt, oder (5) weil L R einem falschen Text (Tx) zuordnet. 47
Schon anhand dieser vorläufigen Überlegungen ergeben sich mehrere Folgerungen und Postulate, die ein erstes Licht auf mögliche Arten und Funktionen intertextueller Markierung werfen. Erstens: Offensichtlich sind die potentiellen Gründe, weshalb ein Rezipient es versäumt, eine konkrete intertextuelle Referenz als solche zu identifizieren, auf gänzlich unterschiedlichen hierarchischen Ebenen angesiedelt, die je nachdem, ob der Rezipient den alludierten Text kennt oder nicht, in primäre (allgemeine) und sekundäre (akzidentielle) Ursachen zerfallen.
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Weitere denkbare (und durchaus legitime) Ursachen blenden wir an dieser Stelle bewußt aus der Betrachtung aus. Ausgehend von Stierles Begründungen für eine mögliche Verweigerung des Lesers, eine Identifikationsrolle im Sinne der "Textintention" wahrzunehmen, wonach "ein Leser nicht bereit ist, die ihm zugedachte Rolle zu spielen, oder nicht in der Lage ist, die ihm abverlangten Aufmerksamkeits- und Identifikationsleistungen zu erbringen", beschränken wir uns auf den zweiten Ursachenkomplex, da wir im Rahmen eines idealen Kommunikationsmodells von einer generellen Resonanzbereitschaft auf Seiten des Lesers ausgehen. (Vgl. Stierle, "Der Gebrauch der Negation in fiktionalen Texten", S. 239. Kursive J.H.) Zum Aspekt intertextuellen Mißverstehens vgl. auch nachfolgend Kapitel 5.1.1.
f.
Zweitens: Die unter (11) angeführten Ursachen des Scheiterns der intendierten Kommunikation wurden zunächst nur für den Fall unmarkierter Intertextualität postuliert. Es kann jedoch eine kausale Korrelation der Bedingungskomplexe (I) und (11) dergestalt vermutet werden, daß die meisten der unter (11) zu erwartenden Gründe entfallen, sofern keine der unter (I) angeführten Ursachen gilt, d.h. für den Fall markierter Intertextualität. Drittens: Falls es zutrifft, daß sich die unter (11) genannten Gründe durch das Setzen von Markierungen weitgehend ausräumen lassen, so erscheint es naheliegend, von der Existenz unterschiedlicher Markierungsarten auszugehen, welche geeignet sind, die aus den verschiedenen Ursachenkomplexen abzuleitenden Kommunikationshindernisse gezielt zu neutralisieren. Aus dem Gesagten folgt viertens eine erste Arbeitshypothese: Als archimedischer Punkt einer systematischen Analyse intertextueller Markierung fungiert das Postulat einer Opposition zwischen markierten und nichtmarkierten Text-Text-Kontakten. Die Berechtigung dieses Ausgangspunktes ergibt sich aus der Einsicht, daß Markierung kein notwendiges Konstituens von Intertextualität darstellt, sondern nur unter bestimmten funktional motivierten Bedingungen auftritt. Als Forschungsziel ergibt sich daher neben einer Bestimmung der unterschiedlichen Erscheinungsformen intertextueller Markierung auch eine Klärung des Bedingungshorizontes ihres Auftretens.
3.4. Entwicklung eines textanalytischen Instrumentariums
Besondere Bedeutung im Hinblick auf eine Explizitheitsskala intertextueller Markierung besitzen Fälle gescheiterter Kommunikation, also Fälle, bei denen eine intendierte intertextuelle Reminiszenz vom Rezipienten nicht als solche erkannt wird. Um bei der Erforschung der möglichen Ursachen dieses Scheiterns die vordergründigen Fälle auszuschließen, daß der Leser das Vorliegen von Intertextualität entweder überhaupt nicht registriert oder ihm dieses zwar bewußt wird, der alludierte Text jedoch unbekannt ist, soll zunächst von einem idealen Kommunikationsmodell ausgegangen werden, in welchem sowohl die intertextuelle Dimension einer konkreten Einschreibung als auch der jeweils in Frage stehende Fremdtext als transparent unterstellt ist. In ein solches Modell gehen mehrere Faktoren ein, die vorab terminologisch zu 75
erfassen sind. Hierbei erscheint es zweckdienlich, die ohnehin heterogene Taxonomie der Intertextualitätsforschung nicht durch vermeidbare Neologismen zusätzlich zu inflationieren. Ausgehend von lakobsons Erweiterung des Bühlerschen Funktionsmodells sprachlicher Kommunikation 48 basiert unser Modell des kommunikativ relevanten Kernbereichs intertextueller Strategien auf vier Komponenten. Es sind dies im einzelnen: - der präsente alludierende Text dessen Produzent - dessen Rezipient(en) - mindestens ein absenter alludierter Text Zur Bezeichnung von alludierendem und alludiertem Text wurden von der Forschung u.a. folgende Komplementärbegriffe vorgeschlagen: 49
1. 2. 3.
4. 5. 6.
7. 8.
alludierender Text
alludierter Text
Haupttext hypertexte target text quotation text primary text adoptive text referierender Text Phänotext
Prätext hypotexte source text pre-text referent text adopted text Bezugstext Referenztext
Abb. 8: Termini zur Bezeichnung von alludierendem und alludiertem Text
Die meisten dieser Termini erweisen sich bei näherer Betrachtung aus verschiedenen Gründen als nachteilig. Zur Bezeichnung eines jeweils aktuell vorliegenden Textes erscheint der Begriff 'Haupttext' wenig aussagekräftig und insofern irreführend, als er statt der intendier48
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Eine Anlehnung an das ursprüngliche Bühlersche Sprachmodell erscheint insofern problematisch, als dessen Faktor 'Symbol' die Gegenstände und Sachverhalte der Wirklichkeit evoziert, die nur bedingt als aus dem manifesten Text 'absent' zu denken sind. Im Kontext unserer Thematik geht es jedoch primär um die Frage, wie sich Literatur auf sich selbst, nämlich auf etwas aus (fremder) Literatur Geschaffenes bezieht.
ten Differenzierung von Haupt- und Prätext eher die Opposition von Haupt- und Nebentexten assoziiert. 50 Der aus Genettes terminologisch überfrachteter Monographie Palimpsestes stammende Begriff 'hypertexte' bleibt, ebenso wie sein Pendant' hypo texte' , ohne profunde Kenntnis des dabei zugrunde liegenden extensiven taxonomischen Apparates zu undurchsichtig, zumal Genette je nach Art und Funktion der intertextuellen Bezugnahme noch weitere Subdifferenzierungen vornimmt. Der Terminus 'target text' ist u.a. der Computersprache entlehnt,51 wo Betriebssysteme etwa beim Kopieren von Datenträgern zwischen 'source dis!
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Vgl. in der angegebenen Reihenfolge: (1) Broich, "Formen der Markierung von Intertextualität", (2) Genette, Palimpsestes, (3) Plett, "Intertextualities", (4) Plett, "Intertextualities", (5) Nadel, "Translating the Past", (6) Wheeler, The Art 0/Allusion in Victorian Fiction, (7) Holthuis, Intertextualität, (8) Lachmann, Gedächtnis und Literatur. Vgl. z.B. die Unterscheidung von Haupt- und Nebentexten in Broich, "Formen der Markierung von Intertextualität". Auch die Übersetzungswissenschaft unterscheidet zwischen 'target language' und 'source language'. Ähnliches gilt auf der Gegenseite für den Begriff 'Bezugstext' .
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erscheint, da er einerseits einen - im vorliegenden Zusammenhang unerwünschten - Gegenbegriff 'Kryptotext' evoziert, andererseits Anlaß zu Mißdeutungen in Richtung auf einen phänomenologischen Ansatz bieten könnte. 53 Angesichts der Tatsache, daß die genannten Termini letztlich nur heuristischen Wert besitzen und vielfach eher dazu beitragen, die Transparenz der Argumentation zu verdunkeln statt zu erhöhen, erscheint es sinnvoll, gänzlich auf eine spezifische Wortschöpfung für den alludierenden Text zu verzichten. Stattdessen soll dieser im folgenden schlicht als Text bezeichnet werden und durch ein geeignetes Epitheton (z.B. aktuell, manifest, präsent) eindeutig beschrieben werden. Notwendiges Pendant zum alludierenden Text bildet im Rahmen eines intertextuellen Kommunikationsmodells definitionsgemäß der alludierte Text, für dessen vorgeschlagene Bezeichnungen mutatis mutandis meist die bereits im Zusammenhang mit dem manifesten Text erhobenen Einwände gelten. Es soll daher eigens nur noch auf den von der Forschung häufig gebrauchten Terminus 'Prätext' bzw. 'pre-text' eingegangen werden. Abgesehen davon, daß im Deutschen die aparte Polysemie des französischen Ursprungs 'pretexte' (dessen Auslegung im Sinne von 'Vorwand' auch im Englischen mitschwingt) bedauerlicherweise verlorengeht, spricht gegen diese zweifellos griffige Bezeichnung vor allem der Umstand, daß sie einen chronologischen Nexus in den Vordergrund rückt, der am Wesensgehalt des Relationsmodus beider Texte vorbeizielt. Zwar entspricht die durch das Präfix implizierte Reihenfolge im Sinne von 'precursor text,54 durchaus der üblicherweise zu erwartenden Chronologie, doch ist die intertextuelle Vernetzung von alludierendem und alludiertem Text vorrangig nicht durch die diachronische Verortung in einem historischen Syntagma bestimmt, sondern durch das Paradigma inhaltlicher und/oder formaler Bezugsverhältnisse. Schwerer als die bloße chronologische Abfolge wiegt daher der referentielle Aspekt, der Verweis des präsenten Textes auf den alludierten Text mittels inhaltlicher, stilistischer und/oder formaler Echos. Der alludierte Text wird damit zum Re/erenztext, so daß diese Bezeichnung, speziell im Hinblick auf das Thema 'Markierung', als die geeignetste erscheint.
Als dritter Parameter fließt dasjenige intertextuelle Segment in unser Modell ein, das als Schnittmenge von präsentem Text und Referenztext betrachtet werden kann. Bei diesem Segment handelt es sich um ein im präsenten Text lokalisierbares Zeichen bzw. um eine Zeichenkette, die sich dort synekdochisch als pars-pro-toto-Relation intertextueller Bezugnahme manifestiert und somit eine zentrifugale Disposition dieses Textes begründet. Die zur Bezeichnung einer solchen Einschreibung vorgeschlagenen Termini haben bislang nicht zur Etablierung eines akzeptierten Oberbegriffs geführt. Renate Lachmann beispielsweise beschreibt dieses intertextuelle Segment als 'impliziten Text': "Der implizite Text ist der Ort der Überschneidung von präsentem und absentem Text, der Ort der Interferenz von Texten [... ]. ,,55 Eine ausführlichere Definition des gleichen Phänomens liefert Michael Riffaterre: These signposts are words and phrases indicating, on the one hand, a difficulty - an obscure or incomplete utterance in the text - that only an intertext can remedy; and, on the other hand, pointing the way to where the solution must sought. Such features, lexicalor phrasal, are distinguished from their context by their dual nature. They are both the problem, when seen from the text, and the solution to that problem when their other, intertextual side is revealed. They therefore belong equally in text and intertext, linking the two, and signalling in each the presence of their mutually complementary traits. Accordingly, I shall call them connectives. 56
Diese und andere taxonomische Annäherungen sind freilich ohne größeres Echo geblieben; auch die Versuche, jede Form intertextueller Bezugnahme generell als 'allusion' oder 'marker zu beschreiben, erweisen sich aus bereits genannten Gründen als unzweckmäßig. In dieser terminologischen Verlegenheit behilft sich die Forschung überwiegend damit, den jeweiligen Einzelfall phänotypisch mittels einer tradierten rhetorischen Nomenklatur zu beschreiben. Diese Vorgehensweise erscheint aus zwei Gründen problematisch: Erstens sind viele dieser Bezeichnungen nicht so verbindlich definiert, daß sie eindeutig gegen andere Arten intertextueller Bezugnahme abzu55
53
54
78
Vgl. Lachmann, Gedächtnis und Literatur, bes. S. 51-64. Den Begriff verwendet Culler, "Presupposition and Intertextuality", p. 1395.
56
Lachmann, Gedächtnis und Literatur, S. 63. Dieser Terminus erscheint uns ebenso wie der logisch durchaus begründbare Begriff'Intertext' aufgrund zu starker Konnotierung als mißverständlich Riffaterre, "Compulsory Reader Response", p. 58.
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grenzen wären. Zweitens sind die hier zur Verwendung gelangenden Termini nur unzureichend geeignet, eine notwendige Unterscheidung zwischen Gattungsbezeichnung, Relationsmodus, Verweisstrategie, Markierungsstrategie und Wirkungsabsicht zu gewährleisten. So bezeichnet etwa der Begriff des Cento neben der generischen Qualität auch die Verweisstrategie des wörtlichen Zitats, die Technik der Zitatencollage sowie die (häufig) parodistische Wirkungsabsicht. Das in Frage stehende Bindeglied zwischen präsentem Text und Referenztext soll daher neutral als Einschreibung bzw. intertextuelle Spur bezeichnet werden.
J
schreibung (z.B. Anspielung, Zitat) zweifellos Einfluß auf die Deutlichkeit einer Bezugnahme ausüben kann. Da aber jeder Typus generell sowohl markiert als auch unmarkiert auftreten kann,58 sind Art der Markierung und Typus der Einschreibung auf unterschiedlichen logischen Ebenen angesiedelt. Unsere nachfolgenden Ausführungen zu den Arten intertextueller Markierung gelten daher ceteris pari bus für alle Typen von Einschreibungen.
Damit sind zunächst alle für den Prozeß intertextueller Kommunikation konstitutiven Faktoren genannt, nämlich (1) Autor, (2) Rezipient, (3) manifester Text, (4) Referenztext und (5) Einschreibung. Als sechster Parameter gehen Mechanismen der Fokussierung einer Einschreibung in unser Modell ein, die zur Klärung der intertextuellen Bedingtheit des Fremdtextsegments beitragen sollen. Diese Markierung hat im Gegensatz zu den bisher genannten Faktoren fakultativen Charakter. Schematisch kann das so konstituierte Grundmodell intertextueller Kommunikation wie in Abbildung 9 dargestellt werden, das freilich eine extrem einfache (nämlich lineare) Form des intertextuellen Zugriffs und seiner Markierung aufzeigt. 57 Selbstverständlich sind hier auch wesentlich kompliziertere Relationen denkbar, etwa im Sinne einer Vernetzung, Hierarchisierung, u.ä. Erweitern läßt sich das in Abbildung 9 dargestellte Modell insbesondere durch eine nähere Bestimmung der intertextuellen Spur nach formalen und funktionalen Kriterien. Es ergeben sich dann beispielsweise folgende weiterführende Fragestellungen: - An welcher hierarchischen Position (z.B. im Haupttext, in Metatexten) erscheint die intertextuelle Spur? - Welcher Signalwert (unmarkiert oder markiert) ist ihr inhärent? - Welche Art der Markierung (z.B. implizit, explizit) liegt vor? - Welche Funktion (z.B. Kritik, Sinnkomplexion) kommt der Spur im Werkkontext zu?
Die Bestimmung des Deutlichkeitsgrades intertextueller Markierung verkompliziert sich dadurch, daß der jeweilige Typus einer Ein58
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Die dort dargestellten unterschiedlichen Markierungsverfahren besitzen exemplarischen Charakter.
Selbst ein ausführliches wörtliches Zitat kann unter bestimmten Bedingungen so in einen Text integriert werden, daß seine Nahtstellen gewissermaßen unsichtbar bleiben.
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Vorrangige Zielsetzung einer formalen Analyse intertextueller Markierung muß es sein, ein systematisches Inventar der im Zuge unterschiedlicher Markierungsverfahren jeweils möglichen Konkretisierungen bereitzustellen, um diese hierarchisch strukturieren und nachfolgend funktional beschreiben zu können. Als heuristische Hilfskonstruktion dient hierbei die Einrichtung einer Progressionsskala, auf der die Grade unterschiedlicher Markierungsdeutlichkeit lokalisiert werden können, Der Initialpunkt dieser Progressionsskala wird durch den Bereich unmarkierter Intertextualität festgelegt. N ach der im vorangegangenen Kapitel begründeten generellen Fokussierung auf einen spezifischen Ausschnitt von Intertextualität beschränken wir unseren Textbegriff zur Ermittlung der Systemstellen konkret auf solche Texte, in denen die ästhetische Funktion dominant gesetzt ist, wobei hierunter neben verschrifteten ergänzend auch filmische Texte subsumiert werden sollen, die wir punktuell als Kontrollinstanz für die Gültigkeit postulierter Kategorien in anderen semiotischen Systemen einsetzen. Bei der dabei vorzunehmenden Beispielauswahl konzentrieren wir uns unter einheitsstiftenden Aspekten (aber auch aus Gründen der Arbeitsökonomie) auf Texte der anglo-amerikanischen Literaturen. Diese Restriktionen erfolgen ausschließlich aus heuristischen Gründen und implizieren keine prinzipiellen Unterschiede zu nicht-poetischen Texten oder zu den außer-englischsprachigen Literaturen. Von punktuellen Ausnahmen abgesehen begrenzen wir unsere Textauswahl schließlich auf den Zeitraum des 19. und 20. Jahrhunderts,1 Der Verzicht auf eine weitergehende Diachronisierung ist vor allem deshalb geboten, weil nur innerhalb dieses literarhistorischen Rahmens eine weitgehend homogene Betrachtungsweise intertextueller Markierungsverfahren zulässig erscheint. Ohne den offensichtlichen Wandel der 1
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Eine Ausnahme bilden hier lediglich einige Beispiele aus englischen Romanen des 18. Jahrhunderts, deren Rezeptionsbedingungen bereits denen des 19. und 20. Jahrhunderts vergleichbar sind.
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Vertextungsstrategien zu verkennen, wie er sich auch innerhalb dieses Zeitraums beobachten läßt, sind die Rezeptionsbedingungen seit der frühviktorianischen Epoche doch annähernd vergleichbar, so daß eine Markierungstheorie nicht in eine diachronische Schieflage gerät. Vor dem 19. Jahrhundert war hingegen die intertextuelle Kompetenz des intendierten Lesers innerhalb eines klassischen Kanons in wesentlich stärkerem Maße gewährleistet, so daß im Kontext derartiger Rezeptionsbedingungen eine eigene und in mancher Hinsicht grundlegend andere Markierungstheorie erforderlich scheint, die beispielsweise der Frage einer expliziten Markierung von Referenzen deutlich geringere Bedeutung beimessen dürfte. Seit dem 19. Jahrhundert stellt sich das Problem der Markierung im Gefolge eines umwälzenden sozio-kulturellen Wandels jedoch grundsätzlich anders: Eine verstärkte Literaturproduktion und einhergehende Ausweitung des Lesepublikums, gravierende Veränderungen der Rezeptionsgewohnheiten und eine Neudefinition des Bildungskanons haben zumindest partiell neue intendierte Leserrollen in Texte eingeschrieben, die einer tendenziellen Verringerung der intertextuellen Kompetenz Rechnung tragen. In dem Maße, wie das Modell eines mit umfassendem Lektürehorizont ausgestatteten litteratus doctus seit Beginn des 19. Jahrhunderts an Bedeutung verliert, mußte sich das Konzept einer mehr oder minder deut~ lichen Markierung intertextueller Vernetzungen zu einem ernstzunehmenden Desiderat entwickeln. Andererseits ist diese Entwicklung auch als Teilaspekt einer tiefgreifenden Umschichtung und Neuorientierung intertextueller Kompetenzen zu sehen. Dem drohenden Verlust eines klassischen Lektürekanons steht im 20. Jahrhundert eine sozial-, national- und kulturübergreifende, außerordentlich profunde Allusionskompetenz im Bereich jüngerer Medien gegenüber, deren potentielle Auswirkungen auf eine grundlegende Neugestaltung der Rezeptionsgewohnheiten und eine entsprechend ausgerichtete künftige Lesertypologie sich heute erst in Umrissen abzeichnen. Vergleichsweise schon tradierte und oft hochgradig intertextuell disponierte Medien wie Film, Kurzfilm, Fernsehen, Video oder Populäre Musik stehen bereits seit geraumer Zeit im Wettbewerb mit neuesten Präsentationsformen aus dem Bereich der elektronischen Datenverarbeitung. Als relevant für das Problemfeld der Intertextualität erweisen sich hier beispielsweise die derzeit erst in Ansätzen realisierte Entwicklung virtueller Schauspieler - einer kon:sequent zu Ende gedachten digitalen Variante der literarischen re-used figures - sowie die
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im PC-Bereich weitverbreiteten interaktiven Rollenspiele, die z.T. nur auf der Basis einschlägiger intertextueller Kenntnisse lösbar sind. 2 Ein wichtiges Ergebnis der vorliegenden Arbeit wird es sein, daß auch die Literatur diese neue intertextuelle Kompetenz zunehmend absorbiert und für eigene Vertextungs- und Wirkungs strategien nutzt. Der bekannte Fall des zum kulturellen Leitbegriff aufgestiegenen Cyberspace macht deutlich, daß die Literatur diese neuen Entwicklungen mittlerweile nicht nur antizipiert, sondern ihrerseits den 'Prä-Text' für die Konstituierung neuer Medien bereitstellt. 3 Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund legen wir in dem von uns gesetzten historischen Rahmen einen eher weitgefaßten Textbegriff zugrunde, der sprachliche ebenso wie visuelle Zeichensysteme abdeckt. Eine Auslotung visueller Medien erscheint dabei um so dringlicher, als die dort entstandene Allusionskompetenz und ihre Folgen bislang nur in geringem Maß als Arbeitsfeld der Intertextualitätsforschung genutzt wurden. Während im Verlauf der Argumentation noch mehrfach konkret auf die visuellen Medien einzugehen sein wird, soll an dieser Stelle ein Beispiel genügen, um die potentielle Übertragbarkeit der nachfolgend konzipierten Markierungstheorie auch auf nicht-ästhetische Textsorten zu verdeutlichen. In den achtziger Jahren schaltete die Computerfirma Nixdorf doppelseitige Anzeigen, die mit dem Slogan "Nixdorf ist Robinsons Freitag" überschrieben waren. Mit diesem Slogan werden zwei Figuren der englischen Literatur plakativ in den Wahrnehmungsfokus gerückt, deren hohen Wiedererkennungswert der Werbetexter offensichtlich auch im deutschen Sprachraum einkalkuliert hat. Der Slogan überschreibt hier eipen subtilen, in zwei Hälften zerfallenden Bildaufbau. In der linken Bildhälfte hantiert ein allenfalls anhand eines moderaten Vollbarts und einer karibisch inspirierten, jedoch 'zivilisierten' Kleidung identifizierbarer Robinson an einem PC, auf der gegenüberliegenden Seite mimt ein spärlich bekleideter dunkelhäutiger Darsteller Robinsons Gefährten. Der Bildhintergrund beider Hälften steht in einem beredten Kontrast: Während die linke Bildhälfte durch eine sachlich-unterkühlte helle Leere moderner Großraumbüros charakterisiert
2
3
Es ist absehbar, daß insbesondere das Kriterium der Interaktivität das Rollenverständnis zukünftiger Rezipientengenerationen in einer bislang beispiellosen Radikalität neu definieren wird. Zum Begriff des Cyberspace vgl. vorrangig William Gibsons NeuromancerRomantrilogie
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ist, befindet sich 'Freitag' auf seiner rechten Bildhälfte inmitten eines romantisierten Tableaus aus Palmen und Bananenstauden. Im werbenden Begleittext heißt es u.a.: "So wie Robinson in dem berühmten Roman von Daniel Defoe hat jetzt auch der Robinson Club einen zuverlässigen Freund, der ihm hilft, sich besser zu organisieren. Er heißt nicht Freitag, sondern Nixdorf." Poetischen Texten durchaus vergleichbar werden die intertextuellen Markierungen in dieser Anzeige auf mehreren Ebenen zugleich eingesetzt, nämlich (1) durch onomastische Signale, (2) durch Fokussierung in den Blickfang des typographisch hervorgehobenen Slogans, (3) durch eine korrespondierende Visualisierung der im Slogan benannten Figuren, schließlich (4) durch den expliziten Hinweis auf den Referenztext und dessen Autor. Diese Markierungen verfolgen offensichtlich eine mehrfache Zielsetzung. Zum einen nimmt der durch das beworbene Produkt durchaus nicht zwingend motivierte literarische Rekurs eine Appellfunktion wahr, indem er die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich lenkt. Zum anderen suggeriert die offen betriebene Gleichsetzung einer elektronischen Anlage mit einem menschlichen "Freund" deren Personifizierung und wird zum Träger einer entsprechenden Imageförderung. Die Kehrseite dieser Gleichung deckt freilich auch in eklatanter Weise auf, wie sich literarische Motive im allgemeinen Sprachgebrauch abschleifen und klischeehaft verselbständigen können. So konterkariert die Gleichsetzung des Friday mit einem willenlosen elektronischen Befehlsempfänger nicht nur die Defoe-Rezeption der jüngeren Zeit, sondern verrät zugleich ein Maß an Menschenverachtung, das selbst in Defoes Augen mit Sicherheit keine Gnade gefunden hätte. Die in dem Slogan "Nixdorf ist Robinsons Freitag" mitschwingende Homonymie (ist - ißt), die ja wegen des im Roman thematisierten Kannibalismus_ durchaus naheliegt, assoziiert zudem ein Wortspiel, das eine solche Auslegung auf makabre Weise bestätigt. .1
Wollte man von diesem Beispiel verallgemeinernd auf mögliche Unterschiede zwischen nicht-poetischen und poetischen Textsorten schließen, so ließe sich postulieren, daß der Signalcharakter von Markierungen in nicht-poetischen Texten überdurchschnittlich hoch angesetzt wird. Der in dem ohnehin explizit markierten intertextuellen Kontext redundant erscheinende Hinweis auf den "berühmten Roman von Daniel Defoe" verrät ein beachtliches Mißtrauen gegenüber der inter-
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textuellen Kompetenz des Zielpublikums, das für den Bereich poetischer Texte in dieser Deutlichkeit nicht zu erwarten ist. Die nachfolgende Progressionsskala intertexueller Markierung unterteilt sich in vier Bereiche. Diese bezeichnen wir als: -
Nullstufe Reduktionsstufe Vollstufe Potenzierungsstufe
Obwohl diese Terminologie eine digitale Skalierung impliziert ist die entworfene Systematik als analoges Modell zu verstehen, in dem' die beschriebenen Phänomene eine sukzessive Steigerung der Markierungsdeutlichkeit bedingen. Die als 'Stufen' bezeichneten Teilbereiche dieses Systems ergeben sich aus dem jeweiligen Hinzutreten eines neuen Signalelementes innerhalb einer ansonsten graduellen Progression.
4.1. Nullstuje: Unmarkierte Intertextualität Ten to one. "The still point of the turning world." I sat perched on a high stool behind the high desk, under the glare of the electric light. 4 Since the two men were in airplanes, and one was bored and the other frightened of looking out of the window - since, in any case, the planes were too distant from each other to be mutually visible with the naked eye, the crossing of their paths at the still point of the turning world passed unremarked by anyone other than the narrator of this duplex chronic1e. 5
Diese Passagen aus den Romanen Ginger, You're Barmy (1962) und Changing Places (1975) von David Lodge verweisen beide aufT. S. Eliots Gedicht "Burnt Norton", das erste der Four Quartets. 6 Während die Formulierung "the still point of the turning world", die ein wörtliches Zitat aus diesem Gedicht darstellt, in dem früheren Roman durch graphemische Indikatoren als Zitat kenntlich gemacht, d.h. intertextuell markiert ist, wird dem Leser die Bezugnahme auf Eliot in Changing Places Gedenfalls bei einer isolierten Betrachtung der zitierten Passage) nicht 4 5 6
Lodge, Ginger, You're Barmy, p. 189. Lodge, Changing Places, p. 7. T.S. Eliot, "Burnt Norton", II,16; IV, 10.
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signalisiert.? Die Erkenntnis der intertextuellen Dimension der "sans rupture syntaxique"S in das Sytagma integrierten Passage hängt demzufolge in dem späteren Roman von transtextuellen Variablen ab, die im Rezeptionsakt als pragmatische Präsupposition manifest werden. Unmarkiert ist Intertextualität also dann, wenn neben einem notwendigen Verzicht auf linguistische und/oder graphemische Signale eine sprachlich-stilistische Kongruenz von Zitatsegment und Kontext vorliegt - eine Art literarischer Mimikry, welche die intertextuelle Kommunikativität des Textes reduziert und es ermöglicht, eine intertextuelle Spur nahtlos in einen neuen Kontext zu integrieren, ohne daß hierbei Interferenzen entstehen. Zur Illustration dieses Effektes sei eine Passage aus Tom Iones zitiert: I would avoid, if possible, treating this matter ludicrously, lest grave men and politicians, whom I know to be offended at ajest, may cry pish at it; but, in reality, might not a battle be as well decided by the greater number of broken heads, bloody noses and black eyes, as by the greater heaps of mangled and murdered human bodies? Might not towns be contended for in the same mann er? Indeed, this may be thought too detrimental a scheme to the French interest, since they would thus loose the advantage they have over other nations, in the superiority of their engineers: but when I consider the gallantry and generosity ofthat people, I am persuaded they would never decline putting themselves upon a par with their adversary; or, as the phrase is, making themselves his match. But such reformations are rather to be wished than hoped for; I shall 9 content myself, therefore, with this short hint, and return to my narrative.
Das in dieser Passage enthaltene (leicht modifizierte) Zitat der Robynsonschen Übersetzung des berühmten Schlußsatzes von Thomas Morus' Utopia entgeht zwangsläufig demjenigen Leser, der den alludierten Text nicht kennt. IO Eine unmarkierte intertextuelle Referenz bleibt 7
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Erkennbar wird hier sogleich, daß mit "the still point ofthe turning world" in den beiden Passagen jeweils unterschiedliche Sachverhalte umschrieben werden. Eine textanalytische Auseinandersetzung mit der dabei zugrundeliegenden funktionalen Differenz wird weiter unten, Kap. 6.1., ausführlich diskutiert. Authier-Revuz, "Heterogeneite(s) enonciative(s)", p. 103. Fielding, The History 0/ Tom Jones, pp. 247-248. Die anzitierte Stelle lautet im Original: ,,[S]o must I nedes confesse and graunt, that many thinges be in the utopian weal publique, which in our cities I may rather wisshe for then hoope after." (p. 309).
folglich sowohl jenen Rezipienten verborgen, denen der Referenztext unbekannt ist, als auch jenen, die ein einschlägiges literarisches Vorwissen nicht aktualisieren - sei es aufgrund einer akzidentiellen Indisposition, sei es aufgrund mangelnder Deutlichkeit des intertextuellen Bezugs. Natürlich besaß Fielding gute Gründe, diese spezifische Referenz für nicht markierungsbedürftig zu erachten, konnte er doch davon ausge~en, daß der durch seine der klassizistischen Poetik verpflichtete "new province of writing"U primär angesprochene Classical Reader, zumal durch das Schlüssellexem "reformation" alarmiert, ein Zitat aus einem zentralen Text der Renaissance erkennen würde. Eine Markierung der Bezugnahme auf Sir Thomas More hätte daher nicht nur den Effekt der augenzwinkernden Kommunikation zwischen Eingeweihten zerstört, sie wäre vor allem unvereinbar mit der hier eingelagerten politischen Anspielung gewesen. Als Folge seiner satirischen Attacken gegen politische Korruption und Willkür im allgemeinen sowie gegen Sir Robert Walpole im besonderen l2 hatte Fielding als prominentes Opfer des Licensing Act selbst schmerzliche Erfahrung mit jenen Politikern "to be offended at a jest" gesammelt. Um dem drohenden Bannstrahl politischer Zensur zu entgehen, muß ein Autor Satire oder Kritik möglichst versteckt in seinen Text einflechten und darauf vertrauen, daß sich diese dennoch einer intendierten gleichgesinnten Lesergruppe mitteilen. Offensichtlich spielt Fielding in der zitierten Passage scherzhaft auf seine eigenen Erfahrungen mit derartigen Textstrategien an, wenn er mittels einer un-markierten Einschreibung das Schicksal eines englischen Literaten evoziert, der von Politikern hingerichtet wurde. Eine explizite Markierung dieses "short hint" hätte dieser Funktion folglich diametral entgegengestanden. Gerade im Kontext unmarkierter Intertextualität kommt demjeweiligen Typus einer Einschreibung große Bedeutung zu. So kann eine intertextuelle Spur insbesondere dann unauffällig vom Text absorbiert werden, wenn sie nicht als wörtliches Zitat vorliegt, sondern zum Zwecke der Tarnung sprachlichen Transformationen unterworfen wurde. In letzter Konsequenz können derartige Transformationsprozesse sogar dazu führen, daß sich die Textkonzeption nach den Maß11 12
Fielding, The History 0/ Tom Jones, p. 88. V gl. u.a. Fieldings politische Dramen Pasquin und The Historical Register/or the Year 1736.
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gaben eines oder mehrerer Referenztexte ausrichtet, um so die eingelagerten Spuren nicht als Fremdkörper in ihrer neuen textuelIen Umgebung erscheinen zu lassen. Ein Beispiel für eine solche Vorgehensweise bietet Carl Reiners Filmcollage Dead Men Don't Wear Plaid, deren Originalszenen den zahlreichen Zitatsegmenten aus den klassischen tough movies der vierziger Jahre in Material und mise en scene geschickt angeglichen wurden und dadurch eine originelle Parodie desfUm noire generieren. 13 Wie gerade dieses Beispiel sehr deutlich zeigt, muß der beabsichtigte Effekt unmarkierter Intertextualität durchaus nicht darin liegen, das ihr inhärente Aussagepotential zu tarnen, im Gegenteil: Da dem Kinogänger des Jahres 1981 natürlich bekannt war, daß etwa der 'mitwirkende' Schauspieler Humphrey Bogart vor mehr als zwei Jahrzehnten verstorben war, wird der formal perfektionierte Tarnungseffekt zugleich ostentativ aufgehoben und der Rezipient zu einer Goutierung jener Vertextungsstrategien eingeladen, welche dazu beitragen, die durch die Fremdtextelemente bedingten Kohärenzbrüche zu nivellieren. Intertextualität kann folglich aus unterschiedlichen Gründen unmarkiert bleiben; 14 notwendig ist dies bei unbewußten oder plagiatorischen Bezugnahmen auf fremde Texte der Fall. Demgegenüber steht freilich die als intendiert erkennbare Nichtmarkierung intertextueller Spuren, mit der sich konkrete und wie gezeigt höchst unterschiedliche Funktionen verbinden können. Derartige Fälle definieren wir als Nul/stufe intertextueller Markierung. Die Nullstufe bildet zugleich den neutralen Ausgangspunkt unserer Progressionsskala der Markierungsdeutlichkeit. Mit einem Verzicht auf Markierung geht ein Autor notgedrungen das Risiko ein, eine intendierte Wirkung zu verfehlen. Dieser Unsicherheitsfaktor kann dadurch entschärft werden, daß (wie in dem oben zitierten Beispiel aus Ginger, You're Barmy geschehen) die Identifizierung des Referenztextes durch den Einsatz einer Markierung zumindest begünstigt, gegebenenfalls sogar sichergestellt wird. In ihrer Funktionsweise gleichen intertextuelle Markierungen daher Katalysatoren, die vordergründig in dem Maße zur Wirkung gelangen, wie die sekundärsprachlichen Codes von präsentem und absentem Text divergieren. 15 Die hierbei auftretenden spezifischen Signale werden nachfolgend als 13 14 15
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Vgl. Reiner, Dead Men Don't Wear Plaid (USA 1981). Vgl. generell zu den Funktionen eines Verzichts auf Markierung Kap. 5.2. Vgl. Plett, "Sprachliche Konstituenten einer intertextuellen Poetik", S. 84.
grundlegende. Konstituenten einer intertextuellen Grammatik zu erschließen und zu beschreiben sein.
4.2. Reduktionsstufe: Implizit markierte Intertextualität
Bereits bei flüchtiger Betrachtung werden in praxi gravierende Unterschiede hinsichtlich Transparenz und Intensität intertextueller Markierungsverfahren evident,je nachdem, ob, mit den Worten Gerard Genettes, ,?~a derivation de l'hypotexte a l'hypertexte est [... ] dec1aree, d'une mamere plus ou moins officielIe".16 Die möglichen Auswirkungen dieser. U~terschiede auf die Rezeption eines Textes lassen sich an einem BeIspIel Wolfgang G. MülIers für "exzessive" vs. "schwache" Markierung ablesen: A nice e~ample is Graham Greene's Monsignor QUixote, whose intertextual relatIOn to, Cervante~' no~el is almost excessively emphasized [... ], ~hereas the novel s connectIOn wlth Guareschi's Don Camillo and Peppone IS so weakly marked that it has virtually escaped noticeY
. M~llers durchaus zutreffende Beobachtung wirft gleich mehrere ~lchtige Fragestellungen auf. Wenn die 'schwache' Markierung des mt.~rtextuellen Bezugs zu Guareschis Roman dazu führt, daß diese Ver~nu?fu~g der ~ufmerksamkeit des Rezipienten entgeht (und MülIer hat Ja hIer l1~merhin .~en Philologe~, den 'expert reader im Auge), welcher l!nterschled ~estunde dann zWIschen einer 'schwach' markierten und emer un~ar~lerten Referenz? Und wenn diese intertextuelle Verknüpfung tatsachhch so schwer zu eruieren ist, so muß nach den Gründen ~efragt w~rden, weshalb Müller die intertextuelle Spur in offensichthchem WIderspruch zu seiner aporetischen These dennoch aufnehmen konnte. Die notwendigen Antworten hierauf können nur von einer systematisch begründeten Markierungstheorie ausgehen. Voraussetzung für die Deduktion eines Kategoriensystems intertextueller Markierung ist die Bereitstellung objektivierbarer Kriterien dere~. Existenz in bislang vorliegenden Forschungsbeiträgen nur rudi~ m~n~ar und zu~em oftmals ungenau konkretisiert wurde. Exemplarisch seI hIerzu auf eme Formulierung von Ulrich Broich verwiesen: "Für die 16 17
Genette, Palimpsestes, p. 16. Müller, "Interfigurality", p. 115.
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Stärke der Markierung gibt es zweifellos objektive Kriterien wie etwa die Zahl der markers. [...] Neben der Zahl der markers spielt aber auch deren Explizitheit bzw. Lokalisierung im Werk eine Rolle.,,18 Diese im Grunde zirkuläre Argumentation vermag in einem entscheidenden Punkt nicht zu überzeugen, denn die Explizitheit eines markers repräsentiert in einem hypothetischen hierarchischen Strukturmodell zweifelsfrei eine elementarere Organisationsstufe als die übrigen genannten Kriterien. Eine Differenzierung unterschiedlicher Typen und Subtypen intertextueller Markierung muß daher von deren Deutlichkeitsgrad ausgehen. Anzahl und Lokalisierung können zwar zusätzliche Erkenntnisse speziell im Hinblick auf implizite Markierungsverfahren beisteuern, doch sind diese Kriterien sekundärer Natur. Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, kann etwa die relative Position einer Einschreibung im Werkkontext deren Deutlichkeit durchaus beeinflussen, jeoch bleibt zur Bestimmung der Explizitheit eines Signals der ihm inhärente Deutlichkeitsgrad maßgebend - und zwar vorrangig vor dessen Häufigkeit oder dem Ort seines Auftretens. Als Ordnungskriterium einer zu konzipierenden Typologie intertextueller Markierung kann daher sinnvollerweise nur der jeweilige Explizitheitsgrad fungieren, der seinerseits wesentlich von funktionalen Vorüberlegungen abhängt, die ein Autor an die Textkonzeption heranträgt. Als Ausgangsbasis für die systematische Erfassung und Hierarchisierung von Markierungen bietet sich die in der Forschung bereits etablierte Konzeption impliziter und expliziter Intertextualität an. Diese Konzeption bleibt freilich so lange unzureichend, wie sie lediglich durch traditionelle Begriffe wie 'allusion', 'citation' oder 'plagiat' aufgefüllt wird,19 die weder ein ableitbares Kategoriensystem von Intertextualitätssignalen noch eine hinreichende Darstellung der hierfür konkret zur Verfügung stehenden verbalen und non-verbalen Zeichen ermöglichen. Auch die bislang vorgeschlagenen Erweiterungen und Konkretisierungen dieser Konzeption konnten, wie gezeigt, über den Status wichtiger Vorüberlegungen nicht hinausgreifen Beim Einsatz von Intertextualitätssignalen lassen sich apriori eine eher esoterische (= implizite) und eine eher exoterische (= explizite) Markierungsart als grundlegende Verfahrensweisen unterscheiden. Die Entscheidung eines Autors für eines dieser alternativen Verfahren 18 19
92
Broich, "Formen der Markierung von Intertextualität", S. 33. So durch Genette, Palimpsestes, p. 8.
resultiert aus der Beantwortung der vorrangigen Frage ob dem Autor die Absicht unterstellt werden darf, den Rezipienten 'aktiv am intertextuellen 'Spiel' partizipieren zu lassen, indem er ihm unter Aufrechterhaltung einer latenten Rätselspannung die Aufgabe - und im Fall ihres Gelingens auch die Genugtuung - der Entzifferung intertextueller Bezugnahmen zuweist. Ist dies intendiert, so wird der Autor dazu neigen, eine Referenz implizit (oder auch gar nicht) zu markieren so daß ihre Decodierung nur einem mit dem notwendigen literarisch~n Vorwissen ausgestatteten Expertenkreis zugänglich wird, welcher von Fall zu Fall unterschiedliche Zusammensetzungen annehmen kann. Satirisch zugespitzt ließen sich die Auswirkungen dieser Vorgehensweise mit den polemischen Worten Flann O'Briens umreißen: "A wealth of references to existing works would [... ] effectively prec1ude mountebanks, upstarts, thimbleriggers, and persons of inferior education from an understanding of contemporary literature. ,,20 Sprechen bestimmte Gesichtspunkte gegen dieses Verfahren beispielsweise das Bestreben eines Autors, jegliche Ambiguität und damit das Risiko des Nichterkennens einer Referenz weitgehend auszuschließen, so besteht die Möglichkeit, die Bezugnahme explizit zu markieren um die intertextuelle Kommunikation trotz der Abhängigkeit de~ Rezeptionsaktes von transtextuellen Faktoren zu gewährleisten. In jedem Fall ist der Explizitheitsgrad einer Markierung unabhängig von der Fragestellung zu betrachten, ob ein Referenztext im konkreten Einzelfall vom empirischen Leser auch tatsächlich identifiziert wird. Als hinreichendes Kriterium der Markiertheit einer intertextuellen Einschreibung ist die Erfüllung zumindest einer von drei Bedingungen anzusehen: Kondition 1:
Eine intertextuelle Spur S wird durch emphatischen Gebrauch verstärkt in den Wahrnehmungsfokus des Rezipienten gerückt. Kondition 2:
Das Auftreten von S bedingt in deren neuem Kontext eine linguistische und/ oder graphemische Interferenz.
20
O'Brien, At Swim-Two-Birds, p. 33.
93
Kondition 3: . I' t t Durch sprachliche Informationsvergabe wird S eindeutIg a s In er ex-
Eine intertextuelle Referenz ist I
tuelle Referenz offengelegt. Die Kriterien der Markiertheit von Intertextualität, die sich a~ch gegenseitig überlagern können, formieren sich zu eine: gr~duellen Hl~r archie der Explizitheit, die sich aus jeweils unterschledhchen MarkIerungstypen konstituiert und so deren Reduktionsstuje, deren Vollstuje und deren Potenzierungsstuje bildet. 21 Im Zuge der Bedingungen 1 und 2 wird dabei lediglich ein isoliertes Segment aus dem. Referenztext ma~ kiert; im Rahmen der Bedingung 3 wird hi?gegen die A~fmerksam~eIt auf den Referenztext in seiner GesamtheIt bzw. auf se.me Rezep~lOn fokussiert. Die folgende Systematik intertextueller Mark1er~ng beru.cksichtigt zunächst diesen grundlegenden Unters~hied und dIfferenZiert dabei folgende konkrete Indikatoren von MarkIerung: (1) Markierung von Spuren aus einem Referenztext:
- aufgrund einer Emphase - aufgrund eines Codewechsels . _ aufgrund hinzutretender VerfremdungssIgnale (2) Markierung eines Referenztextes in seiner Gesamtheit: _ durch Darstellung eines Rezeptionsvorgangs _ durch Beschreibung des Referenztextes _ durch Identifizierung des Referenztextes _ durch Thematisierung von Intertextualität Je nachdem, welches der genannten Verfahren bei der Mar~ier.ung einer Referenz jeweils den Vorzug erhält, gelangen unterschledhc~e Konkretisierungen impliziter oder expliziter Art zur Anwendung, dIe sich in ihren Grundzügen modellhaft wie folgt umreißen lassen:
J implizit markiert
~ Steuerung der C DEUTLICHKEIT einer Referenz
j höhere Anforderung an die A1lusionskompetenz des Rezipienten
~
explizit markiert
~ Steuerung von DEUTLICHKEIT und DURCHSICHTIGKEIT einer Referenz
~ geringere Anforderung an die A1lusionskompetenz des Rezipienten
Abb. 10: Hauptverfahren intertextueller Markierung
Die Signale impliziter Markierung sind generell polyvalenter Natur, so daß sie trotz einer möglicherweise stark ausgeprägten Konventionalisierung immer nur als Indiz für Intertextualität fungieren, niemals jedoch als eindeutiger Beweis.22 Anders gesagt: Das Instrumentarium der impliziten Markierung legt Intertextualität nicht als solche offen, es kann jedoch mutmaßliche Intertextualitätssignale stärker in den Wahrnehmungsfokus rücken. Da implizite Markierungen den Zitatcharakter einer Fremdtexteinschreibung nicht eindeutig zu erkennen geben, scheint die primäre Begründung für ihre Anwendung darin zu liegen, ein kompetentes Publikum mit adäquatem literarischen Vorwissen unaufdringlich auf das Vorhandensein eines intertextuellen Bezugs aufmerksam zu machen. Ob diese Intention im konkreten Einzelfall zur Wirkung gelangt, hängt maßgeblich von drei Faktoren ab: (1) vom Bekanntheitsgrad des alludierten Referenztextes und vom
Bekanntheitsgrad der jeweils übernommenen Spur (2) vom Grad der Veränderung dieser Spur (3) vom flankierenden Gebrauch intensivierender Maßnahmen 22 21
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Um einem möglichen Trugschluß vorzubeugen, sei daraufh.ingewiesen, .d.aß die genannten Stufen der Explizitheit nicht mit den postuherten KondltlOnen für Markiertheit deckungsgleich sind.
Im Kontext seiner Studie zum Problemfeld narrativer Fokalisation bestätigt Wilhelm Füger zumindest einen Aspekt dieses Sachverhalts indirekt, wenn er negiert, daß "ein festgestellter Codewechsel ipso facto einen Wechsel des Perzipienten [beweist]". (Füger, "Stimmbrüche", S. 50.)
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Zu (1): Ein weitläufig als bekannt vorauszusetzender Referenztext, wie etwa die Bibel, die Klassiker der Weltliteratur oder ein Text, der zu einem gegebenen Zeitpunkt en vogue ist, muß als vergleichsweise leicht identifizierbar gelten. Aufgrund ihres hohen Transparenzgrades erscheinen Bezugnahmen auf derartige Texte besonders geeignet, dem Rezipienten als Interpretationshilfe zu dienen. So schreibt Michael Wheeler mit Bezug auf den englischen Roman des 19. Jahrhunderts: "Whereas the earlier novelists quoted or referred to works which were familiar to a wide range of readers, thus helping them to understand the jiction, later novelists used allusions more self-consciously and less directly."23 Tatsächlich spricht vieles dafür, daß die Transparenz eines intertextuellen Bezugs auch von der unterschiedlichen Kommunikativität spezifischer Einschreibungen abhängt, so daß das jeweils übernommene Referenztextsegment mehr oder weniger deutlichen Signalcharakter besitzen kann. So dürfte der (unmarkierte) Rekurs auf einen Titel im Regelfall von höherer Kommunikativität sein als eine Bezugnahme auf andere Textteile. Obwohl somit der Eindruck entstehen könnte, als sei der unmarkierte Bezug auf einen bekannten Referenztext unter funktionalen Gesichtspunkten ähnlich zu bewerten wie das Setzen einer Markierung, bleibt der Bekanntheitsgrad eines Textes doch eine subjektive, zudem historisch und nationalspezifisch variable Größe und muß daher als jeweiliger Einzelfall in einem gegebenen historischen Kontext untersucht werden. Zudem kann ein bekanntes Zitat~ gerade im Falle biblischer Wendungen, so sehr in die Alltagssprache eingehen, daß sein ursprünglicher literarischer Kontext kaum noch im Bewußtsein des Rezipienten verankert ist und demzufolge auch nicht aufgerufen wird. Dies bedeutet, daß eine zu große Geläufigkeit die Trans4 parenz einer intertextuellen Einschreibung u.U. sogar trüben kann.2 Zu (2): Aus pragmatischer Sicht ist jeder intertextuellen Äußerung, indem sie bekannte Strukturen präsupponiert, grundsätzlich ein spezifischer Wiedererkennungswert inhärent. Da jede Einschreibung die Handschrift eines fremden Autors trägt, läßt sie auch dann Rückschlüsse auf ihren Ursprung zu, wenn der Rezipient den evozierten Referenztext nicht kennt. Um diesen Sachverhalt in der Terminologie der Chaosforschung zu formulieren: Der Referenztext besitzt eine frak-
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Wheeler, The Art 0/ Allusion in Victorian Fiction, p. ix. (Kursive J.H.) Andererseits muß eine solche Einschreibung auch nicht mehr unbedingt als literarisches Zitat gemeint sein.
tale Struktur, welche die Gestalt des Ganzen nach dem Prinzip der Selbstähnlichkeit in kleinen und kleinsten Strukturen widerspiegelt. Die Veränderung einer intertextuellen Spur übt daher erheblichen Einfluß auf die Deutlichkeit der Bezugnahme aus. Der Reinform des wörtlichen Zitats kann dabei der höchste Wiedererkennungswert unterstellt werden, eine Abweichung vom Original ist hingegen geeignet, die ob-· scuritas der Ref~renz zu verstärken. J edwede Paraphrasierung, erst recht jede stilistische Veränderung, bis hin zu stofflichen Verarbeitungen, die nurmehr bloße Echos des Referenztextes reflektieren, erhöhen den Verdunklungsgrad des Bezugs und reduzieren daher den potentiellen Adressatenkreis. Unter dem Aspekt der Markierung betrachtet ist jedoch auch dieser Punkt generell neutral zu bewerten: Sowohl eine unverändert übernommene als auch eine erheblich verfremdete Einschreibung kann unmarkiert bleiben oder implizit bzw. explizit markiert sein. Zu (3): Bei der Steuerung der Deutlichkeit einer Referenz wird eine Palette flankierender Maßnahmen relevant, die zur Erhellung der intertextuellen Disposition eines Textes ergriffen werden kann. Im Rahmen impliziter Markierung werden nachfolgend als wichtigste Parameter zur Bestimmung des Deutlichkeitsgrades die relative Quantität und Position der intertextuellen Spur sowie der Kontrast zu ihrer textuellen Umgebung zu untersuchen sein. 4.2.1. Emphase durch Quantität
Im unteren Bereich einer' Progressionsskala der Markierungsdeutlichkeit sind sämtliche Maßnahmen zu lokalisieren, die intertextuelle Einschreibungen zwar emphatisch gebrauchen, indem sie sie gewissermaßen, beispielsweise durch Wiederholung, 'inszenieren', im übrigen jedoch auf eine komplexere Signalgebung verzichten. Derartige Verfahren üben keinen unmittelbaren Einfluß auf die Transparenz einer Referenz aus, sie rücken diese jedoch (mit unterschiedlicher 'Intensität) in den Wahrnehmungsfokus des Rezipienten. Eine elementare Strategie der Einflußnahme auf die Deutlichkeit einer intertextuellen Referenz ergibt sich aus der Handhabung ihres quantitativen Gewichtes. Hierzu zählen als ortsunabhängige Parameter die Frequenz und die Proportion, in Relation zum Ort des Auftretens von Markierungen tritt die Distribution als dritter Faktor hinzu. Vorab sei klargestellt, daß die unter den Stichworten 'Quantität' und 'Position' zu diskutierenden Verfahren auch im Kontext expliziter Markierung Anwendung finden können. Während sie dort jedoch der zusätzlichen
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Intensivierung bereits markierter Referenzen dienen, repräsentieren sie die einzigen Möglichkeiten zur Signalverstärkung ansonsten unmarkierter Bezugnahmen. Den Prinzipien der Entstehung von Wirklichkeitsauffassungen in der experimentellen Kommunikationsforschung vergleichbar wirkt Intertextualität hier selbstbestätigend und selbstverstärkend und fungiert dabei quasi als ihre eigene Markierung. 4.2.1.1. Frequenz
Die Häufigkeit intertextueller Referenzen in einem gegebenen Text muß generell als Variable bei der Bestimmung ihres Aufmerksamkeitswertes Berücksichtigung finden. Dabei gilt es, zwischen drei verschiedenen Sachverhalten zu differenzieren, die sich unter dem Begriff der Frequenz erfassen lassen: (1) der allgemeine Durchdringungsgrad eines Textes mit markierter
oder unmarkierter Intertextualität, d.h. die relative Häufigkeit der in einem Text enthaltenen Bezugnahmen auf unterschiedliche Referenztexte (s. 4.2.1.1.1. Kontamination), (2) die mehrfache Bezugnahme auf einen spezifischen Referenztext durch Wiederholung ein und derselben intertextuellen Spur (s. 4.2.1.1.2. Repetition), (3) die mehrfache Bezugnahme auf einen spezifischen Referenztext durch Addition unterschiedlicher intertextueller Spuren (s. 4.2.1.1.3. Addition). 4.2.1.1.1. Kontamination
Der Begriff der Kontamination bezeichnet hier im Sinne von Renate Lachmann das "Ergebnis der Selektion von Einzelelementen aus verschiedenen Referenztexten [... ] und deren Kombination".25 Durch eine solche Verknüpfung unabhängiger und möglicherweise höchst disparater Referenztexte und ihre Hinführung auf ein gemeinsames Bezugssystem können diese zusätzliche Codierungen erfahren. Möglich wird dies dadurch, daß der ursprüngliche "Referenzrahmen"26 einer intertextuellen Spur revidiert und durch die Kombination mit anderen Spuren neu definiert wird. Eine potentielle Steigerung der Deutlichkeit
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Lachmann, Gedächtnis und Literatur, S. 61. Dieser Begriff Renate Lachmanns bezeichnet den Stellenwert einer Einschreibung in einer Texttotalität. (Vgl. Gedächtnis und Literatur, S. 61.)
jeder einzelnen Bezugnahme ergibt sich in stark intertextuell disponierten Texten aus dem Umstand, daß durch das Netzwerk der intertextuellen Verweise eine adäquate Rezeptionsstrategie gewissermaßen programmiert wird. Es gilt hierbei ceteris paribus die These Umberto Ecos, wonach sich ein Autor "mit Hilfe des eigenen Textes den gewünschten Lesertyp"27 schafft - im vorliegenden Fall also dadurch, daß eine einmal erkannte Akkumulation von Referenzen den Rezipienten für die intertextuelle Dimension eines Textes sensibilisieren und seine Wahrnehmungsleistung bei der literarischen Fährtensuche entsprechend erhöhen kann. Diese These geht mit der noch weitergreifenden Auffassung Ulrich Broichs konform, wonach die Schaffung eines Kontextes permanenter Intertextualität eine aktive Rezeptionshaltung initiiert, indem sie "den Leser veranlaßt, auch nach weniger offen oder gar nicht gekennzeichneten Zitaten und Anspielungen zu suchen".28 Die Wahrscheinlichkeit, daß eine Formulierung oder eine Textpassage auf ihren potentiellen intertextuellen Gehalt hin befragt wird, steigt somit idealiter proportional zur Referenzdichte, also zur Relation von Textlänge und Anzahl der enthaltenen Einschreibungen. Am Beginn unserer Progressionsskala markierter Intertextualität steht mithin das Postulat einer Wahrscheinlichkeitsrelation zwischen der Decodierung einer spezifischen Referenz durch den Rezipienten und der relativen Häufigkeit intertextueller Bezugnahmen in einem Text. Zugleich zeigt sich hier exemplarisch der Zusammenhang zwischen pragmatischen Aspekten von Intertextualität und ihrer Markierungsbedürftigkeit bzw. der Art ihrer Markierung. Erwartbar ist, daß eine starke intertextuelle Kontamination eher zu einem Verzicht auf explizite Markierungen beiträgt, als dies bei nur partiell intertextuellen Texten der Fall ist. Eine programmierte intertextuelle Rezeptionshaltung setzt daher die Schwelle der Markierungsbedürftigkeit herauf. Wenngleich sich derartige Kausalitäten letztlich nur empirisch belegen lassen, ist doch immerhin evident, daß Texte spezifische Erwar-
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Eco, Nachschrift zum "Namen der Rose", S. 56. Broich, "Formen der Markierung von Intertextualität", S. 43 (Kursive J.H.). Broich spricht in diesem Zusammenhang von "Markierung durch den Kontext". - Auch Holthuis folgt dieser Auffassung, wenn sie am Beispiel eines Zitats bei Celan bemerkt, dieses signalisiere sich zwar nicht selbst, "wohl aber tut dies der Kontext des ganzen Bandes, und insofern halte ich das Zitat durchaus ftir markiert". (lntertextualität, S. 113.)
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tungshorizonte konstituieren, die durch das während der Lektüre erworbene Wissen um die spezifische Disposition eines Textes oder aber bereits vor der Lektüre aufgerufen werden. So dürften de facta viele Leser - nicht zuletzt aufgrund sprachtranszendenter Kriterien wie einem jeweiligen biographischen oder kulturgeschichtlichen Hintergrund - geneigt sein, in einem postmodernen Roman oder einem klassizistischen Gedicht eher mit literarischen Anspielungen zu rechnen als in einer Restaurationskomödie oder in romantischer Lyrik. 29 Dies bedeutet, daß die intertextuelle Appellstruktur literarischer Werke variieren kann, und zwar je nachdem, welchem Textkanon bzw. welcher Epoche sie angehören. Besonders deutlich wird dies im Kontext überhistorischer Gattungen wie Collage oder Cento, wo der Leser per definitionem dazu angehalten ist, den Text in all seinen Segmenten unter intertextuellen Gesichtspunkten zu rezipieren. Aufgabe einer historisch orientierten Untersuchung intertextueller Markierung wäre es daher, die wechselseitigen Abhängigkeiten von Markierungsdeutlichkeit einerseits sowie Gattung, Epoche, Autor und Publikumserwartung andererseits zu ergründen. 4.2.1.1.2. Repetition
Die Wiederholung ein und derselben Einschreibung im präsenten Text muß als klassischer intensifier betrachtet werden, da durch den eintretenden Konditionierungseffekt der Aufmerksamkeitswert der gelegten intertextuellen Spuren steigt. So dupliziert Malcolm Bradbury in seinem Roman Eating People Is Wrong ein O'Casey-Zitat: "Not really," said Jenkins. "Indeed, you're too tolerant. We allow anything, any change, everything except perhaps bad writing. One develops scruples and respect for others to the point at which action for us becomes impossible. And hence standards become obscured. It's astate ofchassis," he said, stuffing some papers into his briefcase. "A state of chassis. ,,30
Dabei müssen die wiederholten Einschreibungen keineswegs so dicht beieinander stehen wie in diesem Beispiel. Virginia Woolfs leit-
motivisches ,Cymbeline-Zitat "Fear no more the heat o'the sun" erscheint in Mrs Dalloway insgesamt fünfmal an weit voneinander entfernten Stellen. 3l Wie an späterer Stelle zu zeigen sein wird, kann hierdurch die Relevanz des Referenztextes deutlicher als bei Bradbury aus ihrer punktuellen Verankerung gelöst und plakativ als Folie über den manifesten Text gelegt werden. 32 Von geringerer Deutlichkeit als die totale Identität der Wiederholung ist hingegen die lediglich partielle Identität einer durch rhetorische Transformationsoperationen modifizierten Wiederholung, etwa mittels Subtraktion oder Permutation. Generell birgt diese Form der Emphase zudem zwei mögliche Nachteile: Erstens läßt sich die Gefahr des Nichterkennens einer Referenz nicht ohne weiteres durch die Wiederholung dieser Bezugnahme neutralisieren. Zweitens bleibt der Bezug zum Referenztext durch eine einzelne wiederholte Einschreibung nur sehr punktuell, so daß sich das Verfahren weniger für komplexe Textrelationen als für spezifische eng umrissene Wirkungsabsichten eignet, wie sie beispielsweise der running gag verfolgt. 4.2.1.1.3. Addition
Die amplifikatorische Bezugnahme auf unterschiedliche Segmente eines Referenztextes konstituiert einen dritten Aspekt des Faktors 'Frequenz'. Die akkumulierten Einschreibungen bilden in dieser Kategorie ein geschlossenes System, das man als 'Referenz-cluster' bezeichnen könnte. Jedes dieser clusterläßt sich als eine Bedeutungseinheit denken, die sowohl für den manifesten Text als auch für den Referenztext eine Zusatzcodierung erstellt. Textstrategien, die sich argumentativ oder parodistisch mit einem Referenztext auseinandersetzen, sind gewöhnlich darauf angewiesen,
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Wie relativ derartige Rezeptionshaltungen freilich zu beurteilen sind, zeigt L. Lerner zu Beginn seines Artikels "Romantik, Realismus und negierte Intertextualität" am Beispiel von John Keats' "Ode to a Nightingale" (S. 279). Bradbury, Eating People Is Wrong, p. 201. Zitiert wird Sean O'Casey, luno and the Paycock, p. 42.
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Vgl. Woolf, Mrs Dalloway, pp. 11,38,51, 182,244. Der Signalwert wird hier zusätzlich gesteigert, indem das Zitat bei seinem ersten Erscheinen auch typographisch markiert wird. Die Einschreibung zitiert Shakespeare, Cymbefine, IV,ii,258. Vgl. hierzu auch Kap. 5.4.2.1. - Auf einen außerliterarischen Kontext übertragen, läßt sich dieses Prinzip auch in David Lodges campus novel Small World beobachten, wo durch die fünfmalige Wiederholung des Kernsatzes "every decoding is another encoding" nachdrücklich auf den Diskurs poststrukturalistischer Literaturkritik rekurriert wird (vgl. Small World, pp. 25 (2x) , 194, 282, 328).
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unterschiedliche Segmente dieses Werkes zu evozieren, wobei die Deutlichkeit der Rekurse im Verlauf des Textes zu- oder abnehmen und somit gezielt an eine jeweilige Wirkungsabsicht angepaßt werden kann. Durch die Addition von Informationsdaten derselben Verweisrichtung erhöht sich auch hier die Wahrscheinlichkeit, daß ein Referenztext vom Rezipienten identifiziert und als relevant erkannt wird, proportional zur Anzahl der Rekurse. So lädt die Häufung von Blake-Zitaten in Ridley Scotts epochalem Zukunftsfilm Blade Runner den Zuschauer dazu ein, die Handlung vor dem Hintergrund von Blakes visionärem Gedicht America: A Prophecy zu betrachten und das ohnmächtige Aufbegehren des (nicht-menschlichen) Protagonisten Roy Batty als Allegorie eines heroischen Kampfes um Selbstbestimmung und geistige Freiheit zu deuten. 33
Begründung dieses Verfahrens impliziert Lodge im Nachwort eine Korrelation zwischen der Länge einer Referenz und ihrer Deutlichkeit: "In the later chapters they [i.e. the pastiches] become longer, more elaborate and more overt. For aesthetic reasons Iwanted the last ofthese passages to be the most obvious, most appropriate and most ambitious parody of all.,,35 Die Intensitätssteigerung einer intertextuellen Bezugnahme mittels proportionaler Veränderung konvergiert in etwa mit dem von Manfred Pfister postulierten Kriterium der Strukturalität von Texten. Die hierdurch bezeichnete syntagmatische Relationsachse von manifestem Text und Fremdtexteinschreibung(en) erweist sich somit neben dem bereits genannten Kriterium der Kommunikativität36 ebenfalls als markierungstechnisch relevant:
4.2.1.2. Proportion
Je mehr relative Erzählzeit eine intertextuelle Spur für sich beansprucht, desto stärker rückt sie ins Zentrum der Wahrnehmung. Diese simple Kausalität wird modellhaft in David Lodges Roman The British Museum is Falling Down in die Praxis umgesetzt. Die Länge der dort eingebetteten zehn Pastiches nimmt im Verlauf der Handlung stetig zu und reicht von wenigen Zeilen, die auf William Goldings Free Fall und Virginia Woolfs Mrs Dalloway anspielen, bis zu den zahlreiche Druckseiten umspannenden Henry James- und James Joyce-Stilparodien. 34 Zur 33
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Die Zitate erscheinen teilweise in feinsinniger Abwandlung. So modifiziert der filmische Dialog Blakes Vers "Fiery the Angels rose" zu "Fiery the Angels fell". Die eingebetteten Pastiches bzw. Parodien beziehen sich auf William Golding (p. 22), Virginia Woolf (pp. 32-33), Franz Kafka (pp. 35-38), D. H. Lawrence (pp. 44-46), Joseph Conrad (pp. 52-53), C. P. Snow (pp. 65-69), Frederick Rolfe, Baron Corvo (pp. 71-73), Graham Greene (pp. 88-94), Ernest Hemingway (pp. 98-102), Henry James (pp. 102-114) und James Joyce (pp. 153-161). Im Gegensatz zu Lodges metatextuellen Äußerungen erscheinen die meisten dieser Anklänge recht deutlich markiert, und dies nicht nur mittels des running gag, Beginn und Ende der intertextuell disponierten Passagen mit dem Durchschreiten einer Tür anzukündigen. Der Autor nutzt vielmehr ein ganzes Netzwerk von Markierungsverfahren: Abgesehen davon, daß mit Lawrence, Snow, Greene, James und Baron Corvo nahezu die Hälfte der parodierten Autoren und selbst einige der Referenztexte explizit (wenngleich z.T. in 'getarnter' Form, z.B.: "It looked like snow.", p. 65) benannt werden, bedingen die meisten der Referenzen markante stilistische
[D]as bloß punktuelle und beiläufige Anzitieren von Prätexten [ergibt] einen nur geringen Intensitätsgrad der Intertextualität, während wir uns in dem Maße dem Zentrum maximaler Intensität nähern, in dem ein Prätext zur strukturellen Folie eines ganzen Textes wird. 37
Aus dieser Argumentation ergibt sich auch die grundsätzliche Frage, wie klein eine intertextuelle Spur sein darf, um noch als solche identifizierbar zu sein. Generell können Einzellexeme von hinreichender semantischer Prägnanz, wie etwa gewohnheitsmäßige Redefloskein bekannter literarischer Figuren oder Lexeme, die einen Codewechsel im manifesten Text bedingen, einen spezifischen Referenztext evozieren. 38 Hinlängliche Transparenz ließe sich beispielsweise durch das Orwellsche Wortungetüm "doubleplusungood" ebenso herstellen wie durch Sherlock Holmes' stereotypes "elementary". Die Identifizierbarkeit eines Referenztextes scheint aber selbst noch auf kleineren Ebenen der linguistischen Hierarchie gewährleistet. Fiel-
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Codewechsel, eine starke Verdichtung der Sprache und unübersehbare Veränderungen der Erzählperspektive. Lodge, The British Museum is Fal/ing Down, p. 170. S.o'., Kap. 3.1. Pfister, "Konzepte der Intertextualität", S. 28. Vgl. hierzu auch Th. Schaubs Aufsatz "Allusion and Intertext" (1991), wo Melvilles Moby-Dick anhand der Lexeme "inscrutably" and "wrink1ed" als Referenztext einer alludierenden Passage in John Barth's The End o/the Road identifiziert wird (pp. 184-185).
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dings Anti-HeIdin Shamela verweist auf der phonologischen Ebene ~uf ihr literarisches Vorbild, und Laurence Sterne konnte darauf vertrauen, eine Figur mittels der alludierenden Wortschöpfung "tartufish" auf morphologischer Basis hinreichend charakterisiert zu haben. 39 Der Blick auf andere semiotische Systeme bestätigt, daß bereits kleinste Struktureinheiten ausreichen können, um intertextuelle Echos anklingen zu lassen. Während bei einer Bühneninszenierung Details in Kulisse, Kostümierung oder Gestik referentiellen Charakter besitzen können, läßt sich eine Tendenz zur Fragmentarisierung und Minimierung von Informationseinheiten überaus deutlich im zeitgenössischen Spielfilm und besonders in dessen postmodernen Derivatformen wie dem Videoclip beobachten, wo narrative Strukturen im flash cutting- Verfahren gewöhnlich nur noch impliziert werden. 4.2.2. Emphase durch Position
Eine alternative Möglichkeit der impliziten Markierung intertextueller Referenzen ergibt sich aus dem Ort ihres Auftretens. Tangiert sind in diesem Zusammenhang zwei hauptsächliche Problemkreise: - die raum-zeitlichen Relationen von Referenzen (s. 4.2.2.1. Distribution) - die Exponiertheit einer Referenz im Werkkontext, d.h. die Existenz generell privilegierter Positionen in einem Text (s. 4.2.2.2. Exponiertheit) 4.2.2.1. Distribution
Ein vollständiges Bild der quantitativen Aspekte impliziter Markierung fügt sich erst dann zusammen, wenn diese in Beziehung zum Ort ihres Auftretens betrachtet werden. Als Bindeglied zwischen den Faktoren Quantität und Position reguliert die Distribution die räumliche bzw. zeitliche Relation intertextueller Referenzen, und zwar sowohl zum Gesamttext als auch zueinander. 40
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Sterne, ASentimental Journey, p. 23. Als Beispiel minimaler Identität nennt H. F. Plett den Titel von George Taboris M, der Euripides' Medea evozieren soll ("Intertextualities", p. 18). Die Relationen von Markierungen zueinander, d.h. das Problem ihrer Reihenfolge und der damit verbundenen Implikationen, werden unter dem Stichwort der 'Mehrfachmarkierung' gesondert diskutiert (s.u., Kap. 4.3.4.).
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Im Hinblick auf den Gesamttext können prinzipiell zwei Distributionsmodi zur Anwendung gelangen, wonach Referenzen entweder punktuell auf eine Teilmenge des Textes konzentriert oder weit räumig über den gesamten Text verteilt werden. Eine punktuelle Konzentration mehrerer Einschreibungen derselben Verweisrichtung erscheint am ehesten geeignet, einen intertextuellen Bezug zu verdeutlichen, da hierbei günstigenfalls ein innerer Zusammenhang der einzelnen Reminiszenzen erkennbar wird. Je breiter die Streuung der Bezugnahmen erfolgt, desto stärker verflüchtigt sich dieser Potenzierungseffekt, bis schließlich im Zuge einer sporadischen Distributionjede isolierte Referenz nur den in ihrem jeweiligen Kontext gültigen Signalwert beanspruchen kann. Generell bleibt freilich der Markierungseffekt mittels Distribution intertextueller Spuren vergleichsweise gering, da eine einzige Referenz an einem Ort mit hohem Aufmerksamkeitswert stärker zur Geltung kommt als eine Akkumulation von Referenzen, die an wenig exponierter Stelle auftreten. Entscheidendere Bedeutung gewinnt daher die jeweilige Position einer Referenz im Werkkontext und somit die Frage ihrer Exponiertheit. 4.2.2.2. Exponiertheit 4.2.2.2.1. Referenzen im Haupttext
Jeder Text stellt eine Hierarchie unterschiedlich privilegierter Positionen 1;>ereit, die zur impliziten Markierung intertextueller Bezugnahmen nutzbar gemacht werden kann. Als Orte der Emphase kommen generell formale Zäsuren in Betracht. Insbesondere dient dabei der Textanfang als Aufmerksamkeitsfokus, und zwar für alludierte und alludierende Texte gleichermaßen: Der Textanfang besitzt erstens einen vergleichsweise hohen Bekanntheitsgrad, der ihn als emphatisches Referenzobjekt ausweist, zweitens kann der Anfang des manifesten Textes mit einem gesteigerten Aufmerksamkeitswert rechnen, da sich der Rezipient aufgrund des kataphorischen Charakters von Textanfängen zunächst konzentriert in die Darstellung einlesen muß. Ein besonders illustratives Beispiel für diesen Sachverhalt bieten die bekannten Anfangswörter von George Orwells Nineteen Eighty-Four ("It was a bright cold day in April... "), die, wie Wilhelm Füger gezeigt hat, in charakteristischer Alterität auf den bekannten ersten Vers des Prologs der Canterbury Tales ("Whan that Aprill with hise shoures soote ... ") verweisen und durch das 105
Echo der Anfangszeile von T. S. Eliots Gedicht ("April is the cruellest month ... ") die Welt von 1984 zugleich mit einem Waste Land assoziieren. 41 In Texten, die stark auf den Schluß ausgerichtet sind, sei es, weil dieser eine Moral, eine epigrammatische Pointe oder die Auflösung einer Rätselstruktur bereithält, kann es auch das Textende sein, auf welches sich die Aufmerksamkeit des Lesers konzentriert und das daher als privilegierte Position zur Verfügung steht. Seit dem vieldeutigen und vielzitierten Schlußsatz von Thomas Mores Utopia (,,[M]any thinges be in the utopian weal publique, which in our cities I may rather wisshe for then hoope after. ") 42 bilden beispielsweise die Schlußbemerkungen utopischer Werke traditionell einen Aufmerksamkeitsfokus. So hält William Morris mit dem Schlußsatz seiner Utopie Newsfrom Nowhere (,,[I]f others can see it as I have seen it, then it may be called avision rather than a dream. ") 43 dem berühmten Prototypus einen provokativen Aktionismus entgegen und knüpft zugleich emphatisch an sein künstlerisches Leitbild John Keats und dessen Ode to a Nightingale an ("Was it avision, or a waking dream?"), deren Grundstimmung Morris in seiner idyllischen Darstellung einzufangen versucht. 44
4.2.2.2.2. Referenzen in Para texten
Als Orte von erhöhtem Signalwert müssen insbesondere Paratexte gelten,45 die zu ihrem Kotext einerseits in einem engen Bezugsverhältnis stehen, andererseits durch deutliche formale Zäsuren von diesem isoliert sind. Funktional gesehen stellen Paratexte wie etwa Titel, Motti, Widmungen, Vorworte, Kapitelüberschriften oder Fußnoten eine auto-
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Vgl. hierzu die ausführliche Darstellung bei Füger, "Intertextualia Orwelliana", S. 185-198. - Zur Bedeutung von Textanfängen im Hinblick aufpragmatische Präsuppositionen vgl. bes. Culler, "Presupposition and Intertextuality". More, Utopia, p. 309. Morris, News /rom Nowhere, p. 182. Die intertextuelle Vernetzung läßt sich hier natürlich noch wesentlich weiter knüpfen. So bindet der genannte Vers die Ode an Coleridges Kubla Khan an, dessen Untertitel bekanntlich A Vision in a Dream lautet. Der Begriff des Paratextes wird hier im Sinne Genettes verwendet. (Vgl. Palimpsestes, pp. 9-10.)
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ritative Komplementärebene bereit46 und sind daher vor allem als Hilfsmittel des Autors anzusehen, die seine Kontrolle über den Rezeptionsvorgang loptimieren sollen. Paratexte bieten sich daher als Kristallisationspunkte emphatisch gebrauchter intertextueller Spuren an, sie bilden aufgrund ihrer formalen Sonderstellung "sans doute un des lieux privilegies de la dimension pragmatique de l'oeuvre, c'est-a-dire de son action sur le lecteur".47 Freilich bestehen zwischen den einzelnen Typen von Paratexten signifikante Unterschiede hinsichtlich der Verteilung und des Deutlichkeitsgrades von Einschreibungen. So zerfallen diese generell in Titelperipherie und Binnenparatexte, wobei letztere den Leser nicht zum Erwerb eines Textes, sondern eher zur Fortsetzung der Lektüre motivieren sollen. 48 Binnenparatexte bieten sich daher als ideales metakommunikatives Forum an, wo intertextuelle Bezüge explizit markiert oder gar im Sinne des von Manfred Pfister postulierten Kriteriums der Autoreflexivität von Texten thematisiert werden. Wesentlich stärker wird hingegen die Titelperipherie aufgrund ihrer exponierten Position im Werkkontext als Wahrnehmungsfokus genutzt, als "privileged and hierarchical slots in texts, slots, which can be filled in the case of titles - or must be filled with quotes, as in the case of mottoes".49 Für den paratextuellen Sonderfall des Titels umreißt Ulrich Broich dessen emphatische Wirkung mit der Feststellung, daß "der Titel
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Vgl. hierzu Wolfgang Zach mit Bezug auf den Briefroman des 18. Jahrhunderts in "Richardson und der Leser", S. 79. Genette, Palimpsestes, p. 9. - Genette rekurriert in diesem Zusammenhang auf den von Philippe Lejeune postulierten Begriff des "contrat generique". Trotz gewisser Einschränkungen stellt Genette hierzu fest: "il reste que les indices generiques ou autres engagent l'auteur, qui - sous peine de mauvaise reception -les respecte plus souvent qu'on ne s'y attendrait". Diese Beobachtung wird insbesondere unter funktionalen Gesichtspunkten intertextueller Markierung relevant, etwa bei der Kennzeichnung eines Textes als Folgetext oder bei dessen generischer Zuordnung. Selbstverständlich können Binnenparatexte auch andere Funktionen wahrnehmen und etwa der Verdeutlichung der Werkstruktur dienen. Vgl. z.B. die Kapitelüberschriften in Amanda Cross' Roman The fames foyce Murder, die mit den Titeln der Dubliners-Geschichten identisch sind, jedoch zu einer veränderten Reihenfolge gruppiert werden. Karrer, "Titles and Mottoes as Intertextual Devices", p. 123.
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eines Werkes selbst dann einen Signalcharakter hat; wenn der in ihm enthaltene Referenztext-Bezug sonst nicht markiert ist".5o Die Funktion des Titels als Markierungsträger kann nach impliziten und expliziten Ausprägungsformen differenziert werden. Die exponierte Stellung des Titels, die ihm den höchstmöglichen Aufmerksamkeitsgrad im Werkkontext sichert, macht ihn zum Ort kommunikativer Emphase, so daß eine intertextuelle Spur im Titelbereich literarischer Werke bereits aufgrund ihrer privilegierten Position als implizit markiert anzusehen ist. Das vergleichsweise geringe Vertrauen von Autoren in diese Markierungsart spiegelt sich jedoch in der Tatsache wider, daß solche ansonsten unmarkierten Referenzen häufig durch explizierende Hinweise im Haupttext gestützt werden, wie etwa im folgenden Beispiel aus Vladimir Nabokovs Pale Fire: (But this transparent thingum does require Some moondrop title. Help me, Will! Pale Fire.)51 Der synekdochische Charakter literarischer Titel prädestiniert diese aber zugleich für explizite Markierungsverfahren, nämlich für die Identifizierung des Referenztextes mittels Titelnennung. Da die Allusionskompetenz des Rezipienten für den Titelbereich weitaus höher anzusetzen ist als für die jeweils kopräsenten Texte, werden Rekurse selbst auf entlegene Titel im Regelfallleichter erfaßt als Bezugnahmen auf andere Textteile. 52 Es ist deshalb naheliegend, daß sich Autoren mit Vorliebe dieses kollektive Wissen zunutze machen und vom Titel sowohl als Ort intertextueller Bezugnahme als auch als Referenzobjekt so ausgiebigen Gebrauch machen, daß mitunter von einem Phänomen der "Intertitularität" gesprochen werden kann, einem "rapport dialogique d'un titre avec d'autres titres et avec d'autres textes".53 Da mit dem Rekurs auf einen literarischen Titel zugleich dessen Kotext aufgerufen wird, stellt dieser Typus des Paratextes zudem ein
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Broich, "Formen der Markierung von Intertextualität", S. 36. - Als Beispiel wäre hier Ulysses zu nennen. Nabokov, Pale Fire, p. 57. Der Titel zitiert aus Shakespeare, Timon ofAthens. Ulrich Schneider geht in diesem Punkt sogar noch einen wesentlichen Schritt weiter, wenn er unterstellt, daß "der Titel das einzige sein [kann], was der Zitierende von einem Werk kennt". (Die Funktion der Zitate im 'Ulysses' von James Joyce, S. 12.) Hoek, La marque du titre, p. 184.
höchst ökonomisches Referenzobjekt bereit. Besonders deutlich wird dies anhand von Titeln, deren Verweisstrategie sich auf zwei oder mehr Referenztexte auffächert und dadurch eine Relaisfunktion wahrnimmt. So nimmt der Titel An ApologyJor the Life oJMrs. Shamela Andrews nicht nur die dekonstruierte Vorlage Richardsons ins Visier, sondern auch die von Fielding verspottete Autobiographie Colley Cibbers; Brian Aldiss' Frankenstein Unbound verweist (nicht ohne Ironie) auf die jeweiligen Hauptwerke des Ehepaares Shelley, und Anthony Burgess' Enderby's Dark Lady kombiniert die bereits vorliegende eigene Enderby- Romantrilogie indirekt mit den Sonetten Shakespeares. Wie das nachfolgende Beispiel illustriert, entfaltet sich nicht selten ein regelrechter 'Dialog der Titel'.54 In der Nachfolge von Edward Bellamys ebenso einflußreicher wie umstrittener Utopie Looking Backward: 2000-1887 aus dem Jahr 1888 wurden allein bis zum Ende des 19. Jahrhunderts achtzehn Folgetexte sowohl affirmativer als auch kritischdistanzierender Art publiziert, die bereits in Haupt-, Neben- oder Untertitel ihren intertextuellen Charakter deutlich signalisieren. Mehrheitlich geschieht dies durch Wiederholung des Signallexems 'Looking', aber auch durch explizite Identifizierung des Referenztextes und/oder durch Nennung seines Protagonisten Julian West bzw. seines Autors Bellamy. Mitunter wird dabei sogar der Relationsmodus zum Referenztext expressis verbis aufgedeckt: Looking Further Backward, Being aSeries of Lectures Delivered to the Freshman Class at Shawmut College, by Professor Won Lung Li (Successor of Prof Julian West) (Arthur Dudley Vinton, 1890) Looking Backward; and Wh at I Saw (W. W. Satterlee, 1890) Looking Forward; or, the Diothas (John Macnie, 1890) Looking Further Forward... An Answer to Looking Backward (Richard C. Michaelis, 1890) 54
Einen Sonderfall, der nicht unbedingt intertextuellen Charakter haben muß, bilden Tendenzen zur Titelstandardisierung, vgl. etwa Henry James, The Portrait of a Lady; T. S. Eliot, "Portait of a Lady"; James Joyce, A Portrait ofthe Artist as a Young Man; Dylan Thomas, Portrait ofthe Artist as a Young Dog; John Lennon, A Portrait ofthe Asshole as a Madman; Michel Butor, Portrait de l'artiste en jeune singe; etc.
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Looking Upwards (Anon., 1890) Looking Beyond: A Sequel to "Looking Backward(: by Edward Bel/amYl and an Answer to "Looking Further Forward" by Richard Michaelis (Ludwig A. Geissler, 1891) Looking Ahead: A Tale 0/ Adventure. Not by the Author o/"Looking Backward" (Alfred Morris, 1891) Mr. East's Experiences in Mr. Bel/amy's World: Records 0/ the Year 2001 and 2002 (Conrad Wilbrandt, 1891) Etwas später! Fortsetzung zu Bel/amys Rückblick aus dem Jahre 2000 (Philipp Wasserburg, 1891) "Looking Forward" (l O. Andrew, 1891) Looking Upwards; or, Nothing New . The Up Grade: From Henry George past Edward Bel/amy on to Higher Intelligences (Robinson Crusoe [pseud.], 1892) Looking Within: The Misleading Tendencies o/"Looking Backward" Made Manifest (l W. Roberts, 1893) Des Bel/amy Zeitalter, 2001-2010: Erfindungen, Entdeckungen und Begebnisse (Alexander Reichardt, 1893) Young West: A Sequel to Edward Bel/amy's Celebrated Novel, Looking Backward (Solomon Schindler, 1894) Looking Forward; or, The Story 0/ an American Farm (John Rankin Rogers, 1898) Reality; or, Law and Order vs. Anarchy and Socialism: A Reply to Edward Bel/amy's Looking Backward and Equality (George A. Sanders, 1898) Looking Ahead: 20th Century Happenings (H. Pereira Mendes, 1899) Looking Forward: A Dream 0/ the United States 0/ the Americas in 1999 (Arthur Bird, 1899)
Während der Haupttitel oft durch Prägnanz und Originalität gekennzeichnet ist, fällt dem Untertitel häufig die Aufgabe von dessen Präzisierung und Standardisierung zu, indem er dem Leser Zusatzinformatio110
nen zu Inhalt, Gattungszugehörigkeit, u.ä. verschafft, von denen der Haupttitel spätestens seit dem 19. Jahrhundert weitgehend freigehalten wird. 55 Der Untertitel - und ebenso das Motto, das zum Untertitel "häufig enge, teilweise bis zur Identität und folglich Austauschbarkeit reichende Beziehungen besitzt"56 - ist daher häufig der Ort explizit markierter Intertextualität. Unter allen Paratexten nimmt das Motto freilich insofern eine Sonderstellung ein, als diese im Regelfall die Worte des Autors des präsenten Textes wiedergeben, jenes hingegen per de/initionem ein Zitat darstellt. 57 Dem Motto ist somit grundsätzlich eine intertextuelle Qualität inhärent, und zwar meist unter expliziter Angabe der Quelle. 58 Ähnlich wie der Untertitel wird das Motto daher nicht selten zur Explizierung der intertextuellen Disposition des Titels eingesetzt. So wird beispielsweise die Einschreibung im Titel von Margaret Drabbles The Gates o/Ivory im nachstehenden Motto erhellt: "Dreams, said Penelope to the stranger, may puzzle and mislead. They do not always foretell the truth. They come to us through two gates: one is ofhorn, the other is of ivory. [... ] Homer, The Odyssey, Book XIX, 560-65".59
4.3. Vol/stu/e: Explizit markierte Intertextualität
Alternativ bzw. ergänzend zu den bislang vorgestellten impliziten Markierungsverfahren können intertextuelle Spuren auch prononciert als solche deklariert werden. Im Rahmen dieser Vol/stu/e intertextueller Markierung wird im Gegensatz zu Null- und Reduktionsstufe nicht nur die Deutlichkeit einer Referenz, sondern auch ihre Transparenz verstärkt. Ganz im Sinne des von der Intertextualitätsforschung vielzitierten Palimpsests wird im Zuge expliziter Markierung, bildlich gesprochen, die Textoberfläche durchlässig gemacht, um einen fremden Text
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Programmatisch erscheint hier Umberto Ecos Diktum, wonach der Titel die Ideen zu verwirren und nicht zu ordnen habe. (Nachschrift zum 'Namen der Rose', S. 11.) Böhm, Das Motto in der englischen Literatur des 19. Jahrhunderts, S. 240. Ausnahmen bilden hier vor allem fiktive Motti, wie sie u.a. häufig von Walter Scott, George Eliot, oder Rudyard Kipling verwendet wurden, sowie fingierte Motti wie das angebliche Seneca-Zitat "Nil sapientiae odiosius acumine nimio" vor Edgar Allan Po es Kurzgeschichte "The Purloined Letter". VgL als Ausnahme z.B. T.S. Eliot, The Lovesong 0/1. Alfred Pru/rock. Drabble, The Gates o/Ivory, Motto.
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hindurchscheinen zu lassen. Durch den Einsatz expliziter Markierungen können sich die Anforderungen an die Allusionskompetenz des Rezipienten daher auf ein Minimum reduzieren. Während implizite Markierungsverfahren ein Indiz für das Vorhandensein einer intertextuellen Einschreibung liefern können, steigern explizite Markierungen diese Indizierung bis hin zum unwiderlegbaren Beweis. Als Abgrenzungskriterium der expliziten gegenüber der impliziten Markierungsart gilt deshalb erstens eine Tendenz zur Monosemierung, die es einem Rezipienten auch ohne hinreichende literarische Vorkenntnisse erleichtern soll, einen intertextuellen Verweis als solchen zu erkennen. Zweitens bedingt die explizit markierte Einschreibung einen mehr oder weniger deutlichen Bruch in der Rezeption und macht es dem Rezipienten dadurch unmöglich, die Markierung zu übersehen. Für explizite Markierungen gelten somit, jedenfalls in ihren prägnantesten Ausprägungsformen, jene Bedingungen, die Bernd SchulteMiddelich am Beispiel der intertextuellen Signale in Ulrich Plenzdorfs Stück Die Neuen Leiden des jungen W. formuliert. Danach wird durch diese Signale unübersehbar vom (intendierten) Leser eine besondere Rezeptionshaltung verlangt. Auch der reale Leser, gleich mit welchem Grad an literarischer Vorbildung, kann hier [... ] dem intertextuellen Anspruch des Textes nicht ausweichen. [... ] Selbst dem völligen literarischen 'Laien' bleibt so nur die Alternative, sich entweder die nötigen Zusatzinformationen über den Prätext und die besondere Art des hier gewählten Verfahrens hinzuzuerwerben oder sich dem Anspruch des Textes durch bewußte Entscheidung in der Lektüre zu verschließen. 6o
Die Signale expliziter Markierung erstrecken sich über eine breit gefächerte Skala unterschiedlicher Deutlichkeitsgrade. Dabei stehen Markierungen, die den Relevanzentscheidungen des Rezipienten großen Freiraum gewähren, solchen gegenüber, die einen ausgeprägt normativen Charakter besitzen und ein~ Einschreibung eindeutig und unmißverständlich als intertextuell kennzeichnen. Im einzelnen konstituiert sich die Vollstufe durch folgende explizite Markierungsverfahren: - onomastische Signale - linguistische Codewechsel - graphemische Interferenzen 60
Schulte-Middelich, "Funktionen intertextueller Textkonstitution", S. 224225.
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4.3.1. Onomastische Markierungen 4.3.1.1. Re-used jigures
Onomastische Einschreibungen bilden generell einen Aufmerksamkeitsfokus mit eindeutiger Verweisrichtung, aber höchst unterschiedlicher Transparenz. Einen Extremfall repräsentiert hierbei der physische Wiederauftritt von Figuren aus anderen literarischen Texten, in der Forschung als ,jigures on loan" bzw. als "re-used jigures" beschrieben. 61 Dies kann sowohl auf autographischer Ebene (i.e. Texte desselben Autors; vgl. die Figur des Falstaffbei Shakespeare) als auch auf allographischer Ebene (i.e. Texte verschiedener Autoren; vgl. die Figur der Pamela Andrews bei Richardson und Fielding) erfolgen. Hierbei macht es offensichtlich einen Unterschied, ob eine Figur in einen völlig neuen Situationskontext transferiert wird, oder ob sie in ihrem ursprünglichen und lediglich modifizierten Kontext erscheint, wie es gewöhnlich bei der Fortsetzung oder dem Remake der Fall ist. So kann das Lesepublikum von Kriminalliteratur legitimerweise erwarten, einen Father Brown, einen Lord Peter Wimsey oder eine V. I. Warshawski in möglichst stereotypen Situationen wiederzufinden. Vergleichbares gilt für Reinterpretationen literarischer Werke. So ist beispielsweise Adrian Mitchell in seiner Defoe-Replik Man Friday darauf angewiesen, das Personal des dekonstruierten Referenztextes zu übernehmen, um die Handlungsabfolgen des Robinson Crusoe aus der Perspektive einer antagonistisch zum Original angelegten Version des Friday nachzuerzählen und dabei dessen vermeintliche kulturelle Unterlegenheit durch eine Umkehrung des ursprünglichen Mentor-Schüler-Verhältnisses als eurozentristische Fiktion zu entlarven. 62 Wenngleich also ein Wiederauftritt von Figuren zu den Automatismen bestimmter Typen von Anschluß-
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Vgl. Ziolkowski, "Figuren auf Pump: Zur Fiktionalität des sprachlichen Kunstwerks". Wegen der Mißverständlichkeit dieser Bezeichnung schlägt Wolfgang Müller ersatzweise den Begriff "re-used figures" vor ("Interfigurality", p. 107). Eine analoge Interpretation liegt auch der bislang jüngsten Verfilmung des Defoe-Stoffes zugrunde, Caleb Deschaneis Crusoe (GB 1988). Das Prinzip, eine ursprünglich als Nebenfigur konzipierte Gestalt zum Titelhelden eines Folgetextes zu erheben, ist ein gängiges Verfahren der Neucodierung; vgl. etwa Tom Stoppards Rosencrantz and Guildenstern Are Dead. Auf den vergleichbaren Fall von Jean Rhys' Wide Sargossa Sea macht Gisela Ecker in,,'A Map for Rereading'" (S. 305) aufmerksam.
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texten gehört, repräsentieren derartige Begegnungen doch eher seltenere Markierungsformen. Wesentlich häufiger als tatsächliche physische Auftritte lassen sich dagegen Beispiele für bloße Erwähnungen fiktionaler Gestalten finden. Deutliche Signalwirkung geht zweifellos von Hinweisen auf bekannte Protagonisten aus, die wie im folgenden Beispiel einen unverwechselbaren Platz in der Weltliteratur einnehmen: "I was pretty sure that she was in astate to require opiates; and I had not forgotten Christopher Sly, you may be sure, so I told hirn what I had in my head. ,,63 Insbesondere die Nennung von Titelgestalten muß als Quasi-Identifizierung des Referenztextes gelten: "more truly than Othello she might say, To be once in doubt, / Is - once to be resolved".64 Im unteren Bereich dieser Hierarchie können sich derartige Verweise jedoch auch im Grenzbereich zwischen impliziter und expliziter Markierung bewegen. So dürften de facto nur wenige Leser in der Lage sein, hinter der im Waste Land erwähnten "Madame Sosostris, famous c1airvoyante" die Kirmes-Hexe "Sesostris, the Sorceress ofEcbatana" zu erkennen, hinter der sich wiederum der verkleidete Mr. Scogan in Aldous Huxleys Crome Yellow verbirgt. 65 Aus wirkungs ästhetischer Sicht muß die Nennung des Namens einer literarischen Figur diese folglich nicht notwendigerweise als literarische Figur ausweisen. Onomastische Markierungen treten daher häufig in Kombination mit anderen Markierungsformen auf. William Golding beispielsweise vertraute nicht darauf, daß die Allerweltsnamen Jack und Ralph (selbst im Kontext einer Robinsonade) ohne weiteres Ballantynes Jugendroman The Coral Island evozierenen würden. Obwohl Golding davon ausgehen konnte, daß weite Teile des englischsprachigen Lesepublikums mit dem populären Referenztext vertraut sein würden, erschien ihm eine deutlichere Markierung angebracht. 66
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Gaskell, My Lady Ludlow, p. 61. Zur Figur des Christopher Sly vgl. Shakespeare, The Taming olthe Shrew. Notorisch erscheint derartiges namedropping in der Genreliteratur, wie etwa der klischeehafte Rekurs auf Sherlock Holmes in Kriminalhandlungen. Shelley, The Last Man, p. 87. Vgl. Shakespeare, Othello, III,iii,183-184. Eliot, The Waste Land, 1. 43 sowie HuxIey, Crome Yellow, p. 121. Golding nennt explizit den Titel des Referenztextes, vgl. Lord 01 the Flies p.45.
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Um noch 'einsichtiger zu machen, weshalb re-used figures als ein Schwellenphänomen zu betrachten sind, das von der Reduktionsstufe bis an der Rand der Potenzierungsstufe intertextueller Markierung überleitet, sei ein Grenzbeispiel angeführt, wo eine Unbestimmtheitsstelle im Text das Rezeptionspotential 67 so weit vergrößert, daß die produktionsästhetische Sinnkonstitution nicht mehr eruierbar ist - jedenfalls nicht textimmanent. Henry Fielding zieht in Tom Jones den Wissenschaftsanspruch zeitgenössischer Medizin u.a. dadurch ins Lächerliche, daß zwei simultan behandelnde Ärzte die Ursache für Captain Blifils Ableben auf zwei konträre Diagnosen zurückführen und dem auktorialen Erzähler damit Gelegenheit zu einer satirischen blame-by-praiseAttacke bieten. 68 Die Identität der beiden Ärzte gibt Fielding mit "Dr Y." und "Dr Z." an. In ihrem Roman Briefing for aDescent into Hell macht auch Doris Lessing schulmedizinische Inkompetenz zur Zielscheibe vernichtender Kritik. Wenn die Autorin die Therapeuten des schizophrenen Charles Watkins "Doctor X" und "Doctor Y" tauft, so bleibt das Postulat eines Fielding-Echos ohne zusätzliche sinnstützende Markierungen Spekulation. Denkbar wären in diesem Fall auch völlig andere Verweisrichtungen, so eine bnspielung auf die Figur des zu makabren Experimenten neigenden Wissenschaftlers Doctor X, Titelheld eines Kultfilmes 69 nach dem Bühnenstück von Howard W. Comstock und Allen C. Miller. Auch ein außerliterarischer Rekurs auf die Sexualwissenschaft scheint hier insofern naheliegend, als der Dissens zwischen den bei den Ärzten den Antagonismus von X-und Y-Chromosom widerspiegelt. 4.3.1.2. Re-used authors
Dr. Watsons berühmter Ausruf "You remind me of Edgar Allan Poe's Dupin.",1° mit dem in explizitem intertextuellen Anschluß ein überaus 67
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Den Begriff des Rezeptionspotentials verwenden wir im Sinne Stierles, vgl. "Was heißt Rezeption bei fiktionalen Texten?". Vgl. Fielding, Tom Iones, pp. 116-118. Michael Curtiz, Doctor X (USA 1932). - Ulrich Broich verdanke ich den Hinweis, daß hier eventuell auch Bezüge zu spezifischen Bestsellern aus dem Ärztemilieu vorliegen, welche die Identität ihrer Protagonisten, offenbar zur Erhöhung des Authentizitätsscheines, durch kryptische Initialen wie "Doctor X" und "Doctor YZ" zu verschleiern vorgeben. Doyle, A Study in Scarlet, p. 24.
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würdiger Nachfolger für die von Poe prototypisch ins Leben gerufene Figur des analytischen Detektivs eingeführt wird, lenkt den Blick auf einen von der Forschung bislang vernachlässigten Aspekt, der den reused jigures vergleichbar erscheint. Gemeint ist hier der Fall des intertextuelIen Zugriffs mittels Erwähnung oder gar Auftritt fremder Autoren in einem Text, wie beispielsweise die Begegnungen Henry Esmonds mit Addison, Steele und Swift oder der Auftritt zahlreicher literarischer Persönlichkeiten in Adrian Mitchells Drama Tyger. Unter dem Gesichtspunkt der Markierungsdeutlichkeit sind Allftritt und Nennung fremder Autoren tendenziell emphatischer einzuschätzen als es bei "Figuren auf Pump" der Fall ist, nicht nur weil der Bekanntheitsgrad von Autorennamen zumindest ebenso hoch anzusetzen sein dürfte wie derjenige fiktionaler Charaktere, sondern auch weil hierbei schon der Grenzbereich zur Potenzierungsstufe intertextueller Markierung erreicht wird, da der Auftritt von Autoren häufig mit einer Thematisierung der Textproduktion einhergeht. In Extremfällen wie Anthony Burgess' ABBA ABBA überführt daher der Auftritt fremder Autoren, hier John Keats und Giuseppe Gioacchino Belli, die Handlung nahezu vollständig in eine Intertextualitätshandlung. Zumindest kann, wie das folgende Beispiel zeigt, selbst ein unvollständiger Name durch entsprechende Kontextualisierung eindeutig als Autorenname charakterisiert werden: "He was reading something that moved hirn very much. [... ] He was tossing the pages over. He was acting it - perhaps he was thinking himselfthe person in the book. She wondered what book it was. Oh, it was one of old Sir Walter's, she saw [... ].,,71 Auch der Eintritt fremder Autoren in die Textwelt geht mit einer breiten Streuung der Signaldeutlichkeit einher. So rückt die Schwelle zur impliziten Markierung dort näher, wo ein metaphorisch verdunkelter Autorenname von einem Rezipienten mit geringer literarischer Kompetenz in einen falschen semantischen Kontext eingeordnet wer. h eIp to put me m . th e veln. . ,,72 den könnte: "Perhaps a sip of Byron wll1 Wie es um den Verständnishorizont potentieller Leser schlimmstenfalls bestellt sein mag, zeigt sich in David Lodges satirisch geäußerter Befürchtung, daß selbst die Erwähnung einer Autorin von Weltrang nicht unbedingt die zu erwartende Reaktion hervorrufen mag:
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Woolf, To the Lighthouse, p. 158. Woolf, The Waves, p. 57.
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Well, ·one thing he was not going to do while he was in England was to visit Jane Austen's grave. But he must have spoken the thought aloud, because Mary Makepeace asks hirn if Jane Austen was the name of his great-grandmother. 73
Die Komik beruht hier zwar auf dem Überlegenheitsgefühl des Lesers gegenüber einer als ignorant bloßgestellten Figur, doch impliziert dieser satirische Tiefschlag gegen den Bildungsstand seiner literarischen Figur durchaus Rückschlüsse auf Lodges generelle Skepsis gegenüber der voraussetzbaren literarischen Vorbildung einer heranwachsenden Rezipientengeneration, die zur Sicherstellung eines adäquaten Textverständnisses auf deutlichere Markierungen angewiesen scheint. Lodges persönliche Negativerfahrungen mit der Rezeptionsgeschichte seines Romans The British Museum is Falling Down mögen für diese Einschätzung eine Mitverantwortung tragen. 74 4.3.2. Markierung durch linguistische Codewechsel
Eine intertextuelle Spur kann aufgrund ihrer jeweils konkreten Ausprägungsform in einen mehr oder weniger deutlichen Kontrast zu ihrer textuelIen Umgebung treten. Das Legen einer solchen Spur bedingt dann eine Interferenz linguistischer oder typographischer Natur. Die Systematik intertextueller Markierung erreicht somit eine Zone größerer Signal deutlichkeit, da nunmehr erstmalig die Nahtstellen zwischen einer eingelagerten Einschreibung und ihrem Kontext sichtbar werden, und zwar auch für solche Rezipienten, die nicht über die erforderliche A1lusionskompetenz verfügen, um das Zitatsegment semantisch als intertextuelle Einschreibung zu identifizieren. Die Herstellung einer solchen Interferenz ist grundsätzlich auf zwei Wegen möglich: Entweder greift ein Autor manipulierend oder kommentierend ein, um eine Einschreibung zu markieren, oder er übernimmt diese in ihrer ursprünglichen Erscheinungsform in den aktuellen Text. Der letztere Fall setzt voraus, daß ein ursprünglich unmarkiertes (z.B. dialektales, fremdsprachiges, etc.) Textsegment aufgrund des Transfers in eine neue (z.B. nicht-dialektale, nicht-fremdsprachige, etc.) 73
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Lodge, Changing Places, p. 48. Die intertextuelle Relevanz dieser Passage ergibt sich aus der Tatsache, daß den Romanen Jane Austens im Rahmen der inhaltlichen und strukturellen Konzeption von Changing Places eine wichtige einheitsstiftende Funktion zukommt. Vgl. hierzu ausführlicher Kap. 5.3.1.
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textuelle Umgebung zu einer markierten Spur wird, so daß die "Identität des semiotischen Raums" umschlägt in "markierte Konnotationen der semiotischen Differenz".75 Indikator der Interferenz ist in derartigen Fällen ein Codewechsel. Dieser kann als intertextuelle Markierung genutzt werden, da sich die Einschreibung aufgrund eines ihr inhärenten höheren oder geringeren Komplexitätsgrades von ihrem neuen Kontext abhebt und hierdurch einen (wenn auch noch so minimalen) Bruch im kontinuierlichen Rezeptionsvorgang erzwingt. Sinngemäß gilt hier die These Stierles aus dessen Versuch zur Semiotik der Konnotation: "Gerade jene Konnotatoren, die die 'Unauffälligkeit', die 'Selbstverständlichkeit' des Sprechers sichern, werden durch einen Wechsel der Umgebung des Sprechens zu Konnotationen der Auffälligkeit."76 Nach den systematisierenden Darlegungen von H. F. Plett lassen sich u.a. interlinguale, diachrone, diatopische, diastratische, dia77 typische, prosodische und graphemische Interferenzen unterscheiden. Ein Blick auf diese Kategorien läßt freilich schon rein intuitiv eminente graduelle Unterschiede in der Kontrastdeutlichkeit erahnen, so daß zumindest einige der genannten Interferenzen wegen ihrer offenkundigen, auch von einem weniger aufmerksamen Leser nicht zu übersehenden Divergenz zum Kontext auffallen müssen, andere hingegen weniger deutlich zutage treten. Unter heuristischen Gesichtspunkten ist es andererseits wenig sinnvoll, bestimmte Arten des Codewechsels als explizite Markierung, andere hingegen als implizite Markierung zu definieren. Da mit dem Kriterium der Interferenz ein neues Signalelement in die Progressionsskala eingeht, erscheint es uns daher angemessen, in die78 sem Zusammenhang generell von expliziter Markierung zu sprechen. Aus wirkungsästhetischer Sicht ist es in der Regel als nachrangig zu betrachten, ob eine intertextuelle Spur unverändert aus dem Referenztext übernommen oder durch spezifische Addenda verändert wurde. Ein Beispiel aus dem Bereich des Films mag verdeutlichen, daß diese Unterscheidung nicht notwendigerweise Rückschlüsse auf die Markierungs-
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Vgl. Stierle, Text als Handlung, S. 141-142. Stierle, Text als Handlung, S. 142. Vgl. Plett, "Sprachliche Konstituenten einer intertextuellen Poetik", S. 85. H. F. Plett definiert den Codewechsel als implizite Markierungsart, weil ihr Informationsgehalt mehrdeutig sein kann - eine Entscheidung, die wir für ebenso legitim und begründbar halten, solange der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Formen des Codewechsels gewahrt bleibt.
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deutlichkeit zuläßt: In den letzten Teil der Psycho-Filmtrilogie 79 wurde jeweils eine Schlüsselszene aus den beiden Vorgängertexten 80 einkopiert. Diese heben sich aufgrund eines Wechsels zu schwarz-weißem Filmmaterial deutlich gegen den farbigen Kontext ab. Während der Ausschnitt aus Psycho 11 eigens zu diesem Zweck von Farbe auf schwarzweiß umkopiert wurde und folglich nach H. F. Plett als Markierung mittels Additions- (bzw. hier genauer: Diminuitions-)transformation gelten muß, erscheint der Ausschnitt aus dem 1960 entstandenen ersten Teil in seiner ursprünglichen schwarz-weißen Form und fällt mithin unter die Rubrik der Markierung durch Codewechsel. 81 In beiden Fällen wird jedoch die Alterität der Einschreibung gleichermaßen explizit gemacht, dem Zuschauer teilt sich kein Unterschied in der Signal deutlichkeit mit. Eine Notwendigkeit zur typologischen Differenzierung der beiden Zitatmarkierungen ergäbe sich hier also nur aufgrund produktionsästhetischer Gesichtspunkte, nämlich aus dem Vorwissen des Interpreten um den ästhetisierenden Umgang des Autors mit einem spezifischen Referenztext, nicht jedoch aus dem hier vorrangig erscheinenden wirkungsästhetischen Kriterium des jeweils erzielten Effektes einer Markierung. Im sprachlichen Bereich werden die entstehenden Interferenzen häufig nur dem geübten Leser als Codewechsel ersichtlich. Dies kann mehrere Gründe haben: Zum einen kann ein Text so stark von Referenzen durchzogen sein, daß deren Fremdcharakter nicht länger evident wird,82 oder eingeschriebene Zitate können bereits so sehr in den Sprachgebrauch eingegangen sein, daß sie kaum noch als literarische Referenzen aufgefaßt werden. Eine im Kontext von Markierung wichtigere Ursache liegt jedoch vor, wenn der Codewechsel nicht markant genug ist, um im Prozeß der Lektüre als Interferenz wahrgenommen zu werden. Diese Problematik rückt weitere Grenzfälle ins Zentrum der Betrachtung, die im Übergangsbereich zwischen unmarkierter (bzw. nur durch Emphase markierter) und explizit markierter Intertextualität fluktuieren. Die Möglichkeit ungenügender Prägnanz und daraus folgender Nicht-Aktualisierung einer Markierung wird besonders dann akut, wenn 79 80
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Psycho III, USA 1985, Regie: Anthony Perkins. Psycho, USA 1960, Regie: Alfred Hitchcock; Psycho II, USA 1982, Regie: Richard Franklin. Vgl. hierzu Plett, "Sprachliche Konstituenten einer intertextuellen Poetik" bes. S. 85. ' Kaiser nennt als Beispiel hierfür die Bibelrekurse in der Lyrik Klopstocks. (Vgl. Proust - Musil - Joyce, S. 12.)
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sich der Codewechsel in individualisierter Figurenrede verbirgt. So richtet beispielsweise in Anthony Burgess' Roman A Clockwork Orange eine der handelnden Figuren die folgenden Worte an den Protagonisten Alexander de Large: "Settle here, boy. Food is in the food-cupboard. ., ,,83 F"ur den unb ePyjamas are in a drawer. Rest, rest, perturbe d spint. darften Leser ist der letzte Satz, obwohl sprachlich ungewöhnlich, durchaus textimmanent erklärbar. Die narkotisierende Wirkung der reduplizierten Aufforderung "rest" erscheint im semantischen Kontext des Romans ebenso plausibel wie die Formulierung "perturbed spirit", die sowohl emphatisches Mitleid ausdrücken könnte wie unterschwellige Ironie. Im Idealfall lenkt die hier als Markierung fungierende sprachliche Abweichung den Blick des Lesers jedoch auf Hamlets Schlußworte im ersten Akt, die, eingeleitet durch die zitierte Formel Rest rest perturbed spirit" in eine auch für die defekte Romanwelt ~on Clockwork Orange gülti~e und daher interpretationsrelevante Aussage münden: "The time is out of j oint." 84 Ironie ist in dieser Passage somit dennoch zugegen, wenngleich in Form dramatischer Ironie zu Lasten des Sprechers: Indem dieser den Protagonisten mit den Worten Hamlets an den Geist seines ermordeten Vaters anspricht, rechnet er Alexander implizit bereits zu den Toten und verrät dadurch unfreiwillig die Absicht, seinen Gesprächspartner in Kürze umzubringen.
A
Seltener als ein durch die Einschreibung bedingter Codewechsel verweist ein zu ihr hinzutretendes sprachliches Addendum auf deren intertextuellen Charakter. So wird bei Oscar Wilde die unmarkierte Anspielung auf As You Like It, "There is much virtue in that Ir', erst durch die ergänzende Zuordnung "as Touchstone would say" explizit als Zitat kenntlich gemacht. 85 Noch deutlicher wird im folgenden Beispiel die von der Romanfigur Morris zitierte Passage aus Northanger Abbey durch sprachliche Addenda markiert. Der Effekt besteht hier zugleich darin, die hohe Allusionskompetenz herauszustellen, über die der Sprecher im Hinblick auf die Romane Jane Austens verfügt: . PHILIP: You remember that passage in Northanger Abbey where Jane Austen says she's afraid that her readers will have guessed that a happy ending is coming up at any moment.
83 Burgess, A Clockwork Orange, p. 129. 84 Shakespeare, Hamlet, I,V,196. 85 Wilde, The Importance 0/ Being Earnest and Related Writings, p. 97.
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MORRIS: (nods) Quote, 'Seeing in the tell-tale compression of the pages before them that we are all hastening together to perfect felicity.' Unquote."86
4.3.3. Markierung durch graphemische Inte1/erenzen
Auffälliger als im verbalen Bereich kann eine intertextuelle Spur durch einen graphemischen Codewechsel markiert werden. Prägnant wird dies etwa durch jene skripturalen Codewechsel zwischen unterschiedlichen Zeichensätzen illustriert, die Ezra Pound in seine Cantos integriert. Derartige skripturale Interferenzen bilden freilich schon aufgrund der extrem hohen Anforderung an die fremdsprachliche Kompetenz des Rezipienten ein vergleichsweise seltenes Verfahren. Häufiger sind graphemische Codewechsel dadurch motiviert, daß Referenztexte aufgerufen 'Yerden, die fremden Gattungen entstammen. So gehört etwa der Einschub einer lyrischen oder dramatischen Einschreibung seit den Anfängen des Romans zu dessen Repertoire, wobei der Zitatcharakter meist durch Abweichungen im Satzspiegel markiert wird: Yet our spirits flagged, as the day drew near which we had ftxed for our departure. Dire visions and evil auguries, if such things were, thickened around us, so that in vain might men say These are their reasons, they are natural, we feIt them to be ominous, and dreaded the future event enchained to them. 87
Mittels derartiger graphemischer Interferenzen werden oftmals auch Pseudo-Einschreibungen aus expositorischen Textsorten markiert, die allerdings als unspezifische texttypologische Verweise aus dem Rahmen unserer Betrachtung fallen. Beispiele für derartige graphemische N ahtstellen wären etwa die Tagebucheintragungen in The Great Gatsby, das Einlieferungsformular eines Hospitals in Briefing for aDescent into Hell oder jener berühmte Rekurs auf die Textsorte 'Bilanz' in Robinson Crusoes Tagebuch, der nicht nur die Aufmerksamkeit des Lesers plakativ auf die didaktische Zielrichtung einer permanenten Selbstbefragung im Sinne spiritueller Autobiographie lenkt, sondern auch die psycholo86 Lodge, Changing Places, p. 251. Zu dem (minimal modiftzierten) Zitat vgl. Austen, Northanger Abbey, p. 263. 87 Shelley, The Last Man, p. 287. Zitiert wird aus Shakespeare, Julius Caesar, I, iii, 30.
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gisehe Zeichnung des zwischen Verzweiflung und Zuversicht schwan88 kenden Protagonisten als homo oeconomicus untermauert. Daß derartige graphemische Markierungen eine Systemreferenz freilich auch nur vorspiegeln können, in Wahrheit aber auf einen konkreten Referenztext verweisen, zeigt das Beispiel von Lodges Roman The British Museum Is Falling Down, dessen Protagonist Adam Appleby die folgende vierzeilige Anzeige in seiner Morgenzeitung findet: An advertiser's announcement caught his eye: Write the second line of a rhyming couplet beginning: 1 always choose a Brownlong chair
- and win a new three-piece suite or .f 100 cash.
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Der durch Spatiale und Kursive bedingte graphemische Codewechsel verbürgt in diesem Beispiel scheinbar nur den ohnehin explizit markierten Rekurs auf die Textsorte 'Zeitungsinserat'. In Wahrheit verweist Lodge hier jedoch auf eine konkrete Passage in Joyces Ulysses, zu dem The British Museum Is Falling Down in einem engen strukturellen und inhaltlichen Zusammenhang steht. Joyces Protagonist, der Werbefachmann Leopold Bloom, liest in seiner Morgenzeitung ebenfalls eine vierzeilige Anzeige: Wh at is home without Plumtree's Potted Meat? In co mp lete. With it an abode 0/ bliss. 90
Nur derjenige Leser, der den (allerdings unmarkierten) inneren Zusammenhang zwischen beiden Romanen erkennt und folglich Loclges scheinbare Systemreferenz als Einzeltextreferenz liest, kann nachvollziehen, daß die dritte Zeile des Inserats in The British Museum Is Falling Down ein graphemisches Äquivalent zur dritten Zeile des Inserats in Ulysses darstellt. Diese Einsicht bildet wiederum eine zentrale Voraussetzung für die Durchschaubarkeit von Lodges (selbst-)ironischer Erzählstrategie: Applebys zahlreiche derb-komische bis aberwit88
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Vgl. Fitzgerald, The Great Gatsby, p. 180; Lessing, Briefingfor aDescent into Hell, pp. 3-4; Defoe, Robinson Crusoe, pp. 53-54. Lodge, The British Museum Is Fal/ing Down, p. 17. Joyce, Ulysses, pp. 73-74.
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zige Versuche, sich dem vom Inserat geforderten und leitmotivisch wiederholten kreativen Wettbewerb zu stellen, werden aufgrund der Referenz implizit mit dem Anathema eines übermächtigen Prä-Textes konfrontiert, dessen Verdikt unisono lautet: "Incomplete!". Durch spezifische Signale der Verfremdung kann eine Inkongruenz zwischen Einschreibung und Kontext auch erst künstlich erzeugt werden. Diese 'unnatürlichen' Signale, die generell den kommentierenden, auktorialen Charakter von Markierungen evident werden lassen, durchbrechen die Realitätsillusion des manifesten Textes und rücken die Mechanismen ästhetischer Textgestaltung ostentativ ins Bewußtsein des Rezipienten. Eine hochgradig konventionalisierte Möglichkeit der Markierung mittels graphemischer Verfremdungssignale stellen die Anführungszeichen dar, jene "Garanten für die Unverletzbarkeit der eigenen Texte".91 Anführungszeichen müssen zwar riicht notwendigerweise ein Zitat markieren,92 doch ist ihr Informationsgehalt im Regelfall so eindeutig, daß Erfahrungswerte und Leserintuition eine Differenzierung zwischen Zitat und anderen wichtigen Signalkonventionen wie der Figurenrede oder dem uneigentlichen Sprechen gewährleisten. Gerade die Markierung von Übergängen zur Mündlichkeit ist in literarischen Texten oft strikten Konventionen unterworfen,93 auf deren historische und generische Bedingtheit Ann Jefferson in ihrem Artikel "Intertextuality and the Poetics of Fiction" hinweist: The conventions for indicating this shift to reported speech have a variety of forms and are also, to a certain extent, historically determined. [... ] While the absence of consistent typographical markers is a feature of literature before the end of the eighteenth century, [... ] the use of stylistically individuated dis course predominates in the Renaissance and the late eighteenth and the nineteenth centuries [... ] In consisting ofmarked transitions from reporting to reported speech the novel difIers radically from both poetry and drama. 94
91
92
93
94
Bettinger, "Shakespeare be- und verarbeitet", S. 261. Zu möglichen anderen Funktionen von Anführungszeichen vgl. u.a. Authier, ,,'In Gänsefüßchen reden' oder Nähe und Distanz des Subjekts zu seinem Diskurs". Vgl. hierzu u.a. Goetsch, Mündliches Wissen in neuzeitlicher Literatur, S. 3033. JefIerson, "Intertextuality and the Poetics of Fiction", pp. 238-239.
123
Während die stilistische Individualität mündlicher Rede unter dem Stichwort 'Markierung durch linguistische Codewechsel' zu betrachten wäre, handelt es sich bei den von Jefferson genannten typographical markers um Markierungen durch Verfremdungssignale: "inverted commas, dashes, [... ] spacing, the use of capitalletters".95 Zu Recht erblickt daher Wilhelm Füger eine Kohärenz der Markierung oraler Komponenten in literarischen Texten und des übergeordneten Komplexes der Markierung von Intertextualität. 96 Tatsächlich existieren zur Markierung von Intertextualität ähnliche typographische Signale wie zur Markierung von Mündlichkeit. Wie die nachfolgenden Beispiele zeigen, sind diese Intertextualitätsindikatoren jedoch meist weniger konventionalisiert und daher auch weniger transparent als die Anführungszeichen:
[A]nd that warm he art of thine, with a11 its generous and. Öpen vessels, compressed into a clod of the valley!103
Umrahmung eines Zitats durch Anführungszeichen:
Versalien:
Meanwhile her active fancy wove a thousand combinations; she dreamt "of moving accidents by flood and field" - she lost herself delightedly in these self-created wanderings, and returned with unwilling spirit to the dull detail of common life. 97
And the next time he came calling at Hewlands Farm he handed me this sonnet which he had made upon the matter:
Segmentierung durch Schrägstriche:
Look westward, sister/ from this derelictl island, a blister/ soon to be pricked. I speak for the future, madam, Cleopatran N ew Rome, I speak ofblack power,! that's what we'll get;/ although I lack power,! 1'11 get it yet. 101 Vergleichbar stellt sich die Situation dar, wenn Intertextualität nicht durch Interpunktion, sondern durch typographische Verfremdung markiert wird. Von den hier möglichen Interferenzsignalen treten Kursive, Versalien und Kleindruck am häufigsten in Erscheinung: 102 Kursive:
THOSE LIPS THAT LOVE'S OWN HAND DID MAKE BREATH'D FORTH THE SOUND THAT SAID "I HATE" TO ME THAT LANGUISH'D FOR HER SAKE: BUT WHEN S~E SAW MY WOEFUL STATE, [... ]104
Voranstellung eines Doppelpunktes:
Bane lost his nonchalant air, and looked cross: a faint flush coloured his pouchy cheeks. 98 Kombination von Anführungszeichen und Doppelpunkt: He pronounced reason as raisin. And now it flashed in where the joke
was in Falstaffs words: "reasons are as plentiful as blackberries." Of course, raisins. 99 Segmentierung durch Klammern:
(Those are pearls that were his eyes. Look!) 100 95 96
97 98
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Jefferson, "Intertextuality and the Poetics of Fiction", pp. 238, 241 Vgl. Füger, Rez. "Paul Goetsch (Hrsg.), Mündliches Wissen in neuzeitlicher Literatul", S. 112. Shelley, The Last Man, p. 10. Lodge, The British Museum is Falling Down, p. 68. Zitiert wird aus Charles Percy Snow, The Masters. Burgess, ABBA ABBA, p. 38. Die Passage spielt an auf Shakespeare, 1 King Henry IV, lI,iv,234-235. Referentiellen Charakter besitzt in diesem Beispiel freilich vorrangig der Name Falstaffs. Eliot, The Waste Land, 1. 48. Das Zitat stammt aus Shakespeare, The Tempest, I, ii, 401. ("Look!" ist nicht Bestandteil des Zitats.)
124
Klein druck:
They will see weltering humanity still more vividly than we do now, as Shapes like our own selves hideously multiplied,
and will be afraid to reproduce them. 105 Unterstreichung:
They say that the gall of a lion being taken in drink by anyone will kill or poison hirn out of hand. 101 102
103 104
105
Burgess, Enderby's Dark Lady, p. 101. Als weitere, jedoch seltene typographische Markierungen wären Kapitälchen, Fettdruck, Großdruck, Sperrdruck, u.ä. zu nennen. Sterne, Tristram Shandy, p. 452. Zitiert wird Hiob, 21:33. Nye, Mrs Shakespeare, p. 101. (Shakespeares 145. Sonett wird von Nye voller Länge wiedergegeben.) Hardy, Jude the Obscure, p. 354. Hardy läßt hier Shelleys Zeile "All shapes like mine own self, hideously multiplied" anklingen (The Revolt 0/ Islam, Canto 3, Strophe xxiii).
in
125
And I read it in Purchas' Pilgrims that the lioness, by showing her 106 · hin der parts to the male, can mak e h1m run away. 4.3.4. Mehrjachmarkierte Intertextualität
Die letztgenannten Beispiele weisen bereits d~rau~ hin, ~aß interte~ tuelle Markierungen nur im Ausnahmefall als Isol1erte El~zel~rschel nung in einem Text auftreten. Die weitaus h~ufigere Ko~blnatlOn von Markierungen lenkt den Blick auf die spezIfischen Bed~ng~ngen der Mehrfachmarkierung von Intertextualität. Dieser quantItatIve Faktor wirkt sich vor allem dann auf die Markierungsdeutlichkei~ ~us,. wen~ ~er Bezug auf einen spezifischen Referenztext mehr~ach expl1zIt ~lgn~l1S1ert wird. Hierbei gilt es, zwei Aspekte der MarklerungskombmatlOn zu unterscheiden: _ die Mehrfachmarkierung einer einzelnen intertextuellen Spur _ die Distribution unterschiedlicher Markierungsarten Im Zuge der Mehrfachmarkierung einer ei~zelnen Ei~schreibung läßt sich häufig ein Zusammenspiel unterschiedl1cher Marklerungsst~a tegien beobachten. So ist im folgenden Beispiel au~ Poi~t Counter Pomt die Bezugnahme auf Shakespeares 52. Sonett gleIch sIebenfach markiert: She quoted Shakespeare. "Therefore are feasts so solemn and so rare, Since seldom coming, in the long year set, Like stones of worth they thinly placed are ...
They're a row of pearls nowa d ays.
,,107
Die Markierung erfolgt hier: _ durch ein meta-kommunikatives Verb (quoted) _ durch Nennung des Autors des Referenztextes (Shakes~eare) _ durch Interpunktion (Anführungszeichen am Anfang, dreI Punkte am _ _ _ -
Ende des Zitats) . durch graphemische Interferenz (Spatiale; geringerer ZeIlenabstand) durch typographische Interferenz (Kleindruck) durch diachronischen Codewechsel durch prosodischen Codewechsel
106 10?
Nye, Mrs Shakespeare, p. 50. Aldous Hux1ey, Point Counter Point, p. 57.
126
Für derartige Vorgehensweisen zeichnen sich vor allem drei Ursachenkomplexe ab: (1) Die Mehrfachmarkierung kann durch typographische Konventionen mitbestimmt sein, wie es beispielsweise beim Kursivdruck von Buchtiteln, beim eingerückten und kleingedruckten Verszitat oder bei der Kennzeichnung von Zitaten durch Anführungszeichen der Fall ist. Wie bereits ausgeführt bleiben derartige Darstellungskonventionen im Kontext poetischer Literatur zwar generell unverbindlich, sie können sich aber aus ästhetisch-dekorativen Gründen oder zur Vermeidung von Ambiguitäten aufdrängen.
(2) Ausschlaggebend für eine Mehrfachmarkierung kann auch eine übervorsichtige Disposition des Autors sein, die ihn veranlaßt, einen spezifischen intertextuellen Bezug besonders deutlich, gewissermaßen 'hyperexplizit' als solchen zu kennzeichnen, etwa um einem Plagiatsvorwurf zu entgehen. Dem linguistischen Phänomen der hypercorrection vergleichbar dürfte sich diese Form der Markierungskombination im konkreten Einzelfall häufig als ästhetisch unbefriedigend erweisen. (3) Die differenzierteste Motivationslage für eine Mehrfachmarkierung liegt im Bereich der Rezeptionslenkung vor. Da hiermit bereits der nachfolgend zu behandelnde Problemkreis der Funktion von Markierungen tangiert ist, soll an dieser Stelle ein erster allgemeiner Hinweis genügen: Anhand des oben genannten Beispiels aus Point Counter Point wird zweierlei deutlich: Indem Huxley durch die Überstrukturierung eines punktuellen intertextuellen Bezugs dieselbe Information (nämlich: 'literarisches Zitat!') mehrmals vergibt, nimmt er einen hohen Redundanzgrad in Kauf. Dieser Nachteil kann aber dadurch aufgewogen werden, daß ein Autor Mehrfachmarkierungen als Spielmaterial nutzt, um dem Rezipienten wichtige inhaltliche Informationen zukommen zu lassen. Als Beispiel für eine solche Strategie mag das folgende Zitat aus Vladimir Nabokovs Roman Ada, or Ardor dienen: "All happy families are more or less dissimilar; all unhappy ones are more or less alike," says a great Russian writer in the beginning of a famous novel CAnna Arkadievitch Karenina, transfigured into English by R. G. Stonelower, Mount Tabor Ltd., 1880).108
108 Nabokov, Ada, or Ardor, p. 3.
127
Nabokov macht den intertextuellen Bezug in dieser Passage durch ein ganzes Bündel impliziter und expliziter Markierungsarten extrem transparent. Konkret kommen hier folgende Markierungen des eigentlichen 'Zitats' zum Tragen: dominante Markierung:
_ Thematisierung von Intertextualität (says a great...writer) expliziert mittels:
- Hinweis auf den Autor (Russian)109 - Hinweis auf Textsorte und Status (famous novel) - Hinweis auf die Verortung des Zitats (in the beginning) unterstützt durch:
- Emphase durch privilegierte Position (Textanfang) - graphemische Addenda (Anführungszeichen) - sprachliche Addenda (Parenthese) in der Parenthese enthalten:
-
Identifizierung des Referenztextes (Anna ... Karenina) typographische Verfremdung (Kursivdruck) Hinweis auf Übersetzer (R. G. Stonelower) Hinweis auf Verlag (Mount Tabor Ltd.) Hinweis auf Erscheinungsjahr (1880)
Gerade dadurch aber, daß Nabokov den Referenztextbezug so überdeutlich identifizierbar und (scheinbar) überprüfbar gestaltet, macht er die semantische Inkongruenz in seinem Pseudozitat auch für den literarisch weniger gebildeten Leser transparent. Die Erkenntnis, daß hier einer der bekanntesten Romananfänge der Weltliteratur dreist in sein Gegenteil verkehrt wird und dieser Verfälschung auch noch ostentativ durch pseudowissenschaftliche Akribie ihre Echtheit bescheinigt wird, gestattet frühzeitige Rückschlüsse auf das diesem Roman zugrundeliegende Parallelweltmotiv und die damit zusammenhängenden Anomalien der dargestellten fiktionalen Welt. Die semantische Veränderung der Einschreibung projiziert in diesem Fall deren fraktale Struktur vor allem auf den manifesten Text: Das Prinzip der Selbstähnlichkeit ermöglicht hier den Rückschluß von der inhaltlichen Deformation des Zitatsegments auf die nur scheinbar mimetische Relation zwischen Romanwelt und empirischer Realität. 109
Tolstoi wird wenige Zeilen später explizit als Autor genannt.
128
Möglichkeiten zur Rezeptionslenkung ergeben sich aber auch aus der jeweiligen Distribution unterschiedlicher Markierungsarten, also aus der Kombination schwacher und starker Signale. Es ist dieser Aspekt, den Broich als Dynamisierung der Markierung bezeichnet und damit auf die Tatsache rekurriert, daß Bezugnahmen auf einen Referenztext "im Verlauf eines Textes von wachsender oder von abnehmender Deutlichkeit" sein könnenpo Das Hinzutreten einer expliziten Markierung zu ansonsten unmarkierten oder implizit markierten Einschreibungen gleicher Verweisrichtung ist zweifellos geeignet, einen spezifischen intertextuellen Bezug im Bewußtsein des Rezipienten zu motivieren. Je nachdem, ob dabei eine Progression oder Degression der Markierungsdeutlichkeit erkennbar 'Yird, können u.U. Rückschlüsse auf die jeweils zugrunde liegende Wirkungsabsicht gezogen werden. Das frühe Auftreten einer expliziten Markierung signalisiert autoritativ die Präsenz des Referenztextes und veranlaßt den Leser aufgrund einer ostentativen Störung der Textisotopie, eine intertextuelle Bezugnahme bewußter wahrzunehmen und daher auch stärker zu memorieren. Indem ein solches Intensitätsgefälle der Markierungsarten die Rezeption kanalisiert, eignet es sich für - im weitesten Sinne - didaktisch ausgerichtete Texte. Beispielhaft kann in diesem Zusammenhang auf Jude the Obscure verwiesen werden. Noch pessimistischer als in seinen früheren Romanen doziert Thomas Hardy in seinem letzten Erzählwerk über die Determiniertheit des Individuums im Räderwerk blind waltender Schicksalsmächte und heuchlerischer gesellschaftlicher Institutionen. Bei der narrativen Umsetzung seiner didaktischen Konzeption weist Hardy dem wiederholten Rekurs aufHiob eine zentrale strukturbildende Bedeutung zu, die darin kulminiert, daß Jude auf seinem Totenbett mehrere längere Passagen aus dem Buch Hiob zitiert. Entsprechend der oben geschilderten Methode, frühzeitig eine intertextuelle Bezugsfolie im Bewußtsein des Rezipienten zu etablieren, wird in Jude the Obscure der erste Rekurs auf das Buch Hiob deutlich markiert: "But 'tis as Job said: 'Now they that are younger than I have me in derision, whose fathers I would have disdained to have set with the dogs of my flock."dll Spätere Bezugnahmen auf denselben
110
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Vgl. hierzu Broich, "Formen der Markierung von Intertextualität", S. 44-46, hier S. 45. Hardy, Jude the Obscure, p. 56.
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Text werden dagegen nur noch durch Interpunktion und typographische Verfremdung ohne Aufdeckung der Quelle angezeigt. 112 Besonders einsichtig wird die Notwendigkeit einer frühzeitigen Konstituierung einer intertextuellen Leserrolle in Parodien. So etabliert der deutliche parodistische Ansatz der Anfangskapitel von Fieldings Joseph Andrews jenen intertextuellen Interpretationsmodus, der den Leser u.a. dazu veranlassen soll, Fannys Verhalten als Kontrastfolie zu dem vom Autor als heuchlerisch denunzierten Tugendbegriff Pamelas zu lesen und sich somit im Verlauf der Lektüre Fieldings kritische Position zu eigen zu machen. Ist eine starke explizite Markierung den schwächer markierten Einschreibungen hingegen nachgestellt, werden dem Rezipienten bedeutungsrelevante Informationen erst retrospektiv zugänglich gemacht, so daß eine entsprechende Neubewertung des manifesten Textes oder gar dessen Re-Lektüre erforderlich werden kann. Daß diese Vorgehensweise häufig durch ein ausgeprägtes ludisches Element motiviert ist, zeigt sich exemplarisch in Arthur C. Clarkes Kurzgeschichte "Expedition to Earth". Dort studieren extraterrestrische Historiker die untergegangene Zivilisation des Planeten Erde anhand eines fossilen Films, der das scheinbar normale Alltagsleben einer amerikanischen Kleinstadt dokumentiert. Aus Sicht des Rezipienten beinhaltet die Synopse der Filmhandlung freilich einige unerklärliche Details, auch gelangen die außerirdischen Wissenschaftler zu offensichtlich irrelevanten Schlußfolgerungen. Diese änigmatische Erzählstruktur zwingt den Rezipienten zu klärenden Hypothesenbildungen, die ihn letztlich dazu verleiten, die (aus seiner Sicht deutlich werdenden) Inkonsistenzen der Filmhandlung dem verzerrten Perzeptionsmuster einer fremdartigen Spezies bzw. den subjektiven Relevanzentscheidungen anderer Rezipienten zuzuschreiben. Erst die Schlußpointe der Kurzgeschichte ermöglicht retrospektiv eine Rekonstruktion des tatsächlichen Handlungsverlaufs: Die von den Außerirdischen für authentisch gehaltene Quelle erweist sich als Zeichentrickfilm von Walt Disney, der die Figur der Mickey Mouse als vermeintlich archetypische Repräsentantin des 112
130
So z.B. p. 341 durch Anführungszeichen ("Let the day perish wherein I was born, and the night in which it was said, There is a man child conceived. ") und pp. 485-486 durch Anführungszeichen und Kursive ('Let that day be darkness; let not God regard itjrom above, neither let the light shine upon it. Lo, let that night be solitary, let no joyjul voice come therein. ').
homo sapiens für immer in die extraterrestrischen Enzyklopädien einschreiben wird. Die Perspektive der fiktiven Rezipienten erscheint somit im nachhinein zwar als in sich schlüssig, doch erweist sich hier in grotesk übersteigerter Beispielhaftigkeit, wie eine fehlende intertextuelle Kompetenz zwangsläufig zu einer inadäquaten Bedeutungskonstitution führen kann.
4.4. Potenzierungsstu!e: Thematisierte Intertextualität 4.4.1. Markierung durch Thematisierung literarischer Produktion und Rezeption
Zu den wichtigsten und gebräuchlichsten expliziten Intertextualitätssignalen zählen jene sprachlichen Referenzindikatoren, die einen Referenztext oder dessen Rezeption deskriptiv erfassen und dadurch das Problemfeld 'Intertextualität' als solches thematisieren. Hierzu gehören beispielsweise meta-kommunikative Verben zur Bezeichnung der Rezeption von Texten wie: lesen, vorlesen, verlesen, ablesen, rezipieren, zitieren, rezitieren, deklamieren, etcp3 Mit derartigen Fällen thematisierter Intertextualität erreicht die Progressionsskala der Markierungsdeutlichkeit eine Zone größerer Explizitheit, denn es besteht ein grundsätzlicher qualitativer Unterschied zwischen der Verknüpfung einer Einschreibung mit sprachlichen Zusätzen wie quoted, recited, etc. und dessen bloßer graphemischer Verfremdung: Im ersten Fall erfolgt ein notwendiger Rückschluß auf Intertextualität, im zweiten dagegen nicht. Bislang ist die Forschung dennoch kaum der Frage nachgegangen, inwiefern derartige Formen thematisier-" ter Intertextualität als Markierung dienen können. Allenfalls gerät die thematisierte Intertextualität im Zusammenhang mit den sogenannten 'Intertextualitätshandlungen'1l4 in den Blick der Forschung, also dort, wo ein Referenztext als physischer Gegenstand in der Handlung präsent ist, oder sogar die Illusion einer unmittelbaren Einsichtnahme in den Referenztext erzeugt wird.
113
114
Ähnlich auch: memorieren, interpretieren, übersetzen, etc.; In filmischen und dramatischen Inszenierungen kann diese Markierungsart gleichwertig durch die Visualisierung eines Rezeptionsaktes substituiert werden. Vgl. zu diesem Begriff Suerbaum, "Intertextualität und Gattung", S. 61.
131
Das Ziel dieses Markierungstypus liegt nicht notwendigerweise in der Identifizierbarkeit des Referenztextes, generell kann jedoch der gemeinte Text über ein breites Spektrum sprachlicher Informationsvergabe etwa zu Inhalt, Autor, Textsorte, Erscheinungsort oder Publikationsdatum konkretisiert werden. Zur Illustration der sich hier bietenden Möglichkeiten seien nachfolgend fünf Beispiele zitiert, die verdeutlichen, wie die Identifizierbarkeit eines Referenztextes durch jeweils konkreter werdende Hinweise auf dessen Autor erleichtert werden kann.
(4) Ein weiterer Schritt führt vom anonym bleibenden zum vage namentlich identifizierten Autor. In der folgenden Aporie wird ein Zitat spekulativ mit dessen vermeintlichem Verfasser assoziiert: "Then I thought ofthat famous quote (is it Shakespeare? You would know) 'Our little life is rounded by a sleep."'1l8 Die aus Unsicherheit formulierte Hypothese über die Verfasserschaft, die den Rezipienten zur Verifizierung vehement herausfordert, geht hier psychologisch überzeugend mit einer leichten Unstimmigkeit im Zitat selbst konform. 1l9
(1) Im ersten Beispiel dieser Reihe wird die Vorstellung des hinter
(5) Das auf dieser Skala am weitesten im Bereich expliziter Markierung verhaftete Verfahren besteht in der eindeutigen Identifizierung eines Autors:
einer intertextuellen Einschreibung stehenden Verfassers noch gänzlich aus dem Zentrum der Aufmerksamkeit verdrängt und lediglich der Zitatcharakter der sprachlichen Äußerung betont: ,,'But for that fear of something after death,' he quoted to himself."1l5
"Believe me, I thought so long and hard that at times I might well have really been on the verge of catatonia! Moreover, the conc1usion wasn't a dull, elaborate deduction like a scientific discovery so called that is the result of statistical compilation, it was a revelation. It opened out in sheer vistas that had me breathless with adoration like a nun. W ordsworth,
(2) Ein erster Schritt in Richtung auf die explizite Identifizierung eines Verfassers besteht in der bloßen Betonung des Faktums einer bestimmten Urheberschaft. So bleibt Lord Byron bei Charles Dickens ungenannt: "My dear madam," returned Mr. Micawber, "perhaps I cannot better express the conc1usion at which Mrs. Micawber, your humble servant, and I may add our children, have jointly and severally arrived, than by borrowing the language of an illustrious poet, to reply that our Boat is on the shore, and our Bark is on the sea. ,,116
(3) Eine höhere Konkretisierungsstufe wird durch einen periphrastischen Rekurs auf spezifische Autoren erreicht, welcher Rückschlüsse auf deren Identität gestattet. So werden im folgenden Beispiel die Autoren Jonson, Browning, Swinburne, Shelley und Burton umschrieben: "There were poets abroad, of early date and oflate, from the friend and eulogist of Shakespeare down to hirn who has recently passed into silence, and that musical one ofthe tribe who is still among uso [... ] The Poet of Liberty used to walk here, and the great Dissector of Melancholy there.,,1l7 115
116
117
Lawrence, The Trespasser, p. 202. Das etwas inkorrekte Zitat entstammt Hamlets Monolog in III,i,78. Dickens, David Coppeljield, p. 770. Zitiert wird Lord Byron: "My Boat is on the shore, / And my bark is on the sea;" in The Complete Poetical Works, p.230. Hardy, Jude the Obscure, pp. 126 und 473.
132
q.V."120
Die Kriterien zur Beschreibung eines Referenztextes sind indes nicht auf die Person des Autors beschränkt, auch Informationen zu Inhalt, Textsorte, Datierung oder Erscheinungsort können zur Thematisierung der intertextuellen Bedingtheit einer Referenz herangezogen werden. Die große Bandbreite der hier zur Verfügung stehenden Intertextualitätsindikatoren sei anhand einiger Beispiele angedeutet: Genereller Hinweis auf Literatur: "With adesire of amusement, therefore, which better discipline might so on have converted into a thirst for knowledge, young Wavedey
118
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120
Lodge, Paradise News, p. 288. - Je unbekannter das gewählte Zitat ist, um so überzeugender kann dieser Unsicherheitsfaktor motiviert werden. Selbst im Falle einer Quasi-Identifizierung des Referenztextes kann wie im folgenden Beispiel ein letzter Rest von Zweifel zum Ausdruck kommen: "Before she went upstairs to take a leisurely bath, Sally rooted in George's bookshelves for a sexy book to read in bed, and finally selected a Henry Miller, Tropic 01 Capricorn I think it was, which she'd heard was highly inflammatory." (Lodge, The British Museum Is Falling Down, p. 76; Hervorhebung J.H.). Korrekt müßte das Zitat lauten: "and our Httle life / Is rounded with a sleep." Shakespeare, The Tempest, IV,i,157-158. Golding, The Paper Men, p. 130.
133
drove through the sea of books, like avessei without a pilot or a rudder.,,121
noch dem kundigen Rezipienten erschließt, repräsentiert dieser Markierungstypus auf unserer gedachten Progressionsskala noch nicht das Stadium maximaler Markierungsdeutlichkeit, er bildet jedoch den Bereich unmittelbar davor.
Genereller Hinweis auf Referenzcharakter: "'We're both edibles then. Junkets, me.' 'Junkets? Oh yes. Jun Kets.' 'To be eaten by Fairy Mab.' Elton did not catch the reference."122
4.4.2. Markierung durch Identifizierung des Referenztextes .1
Hinweis auf den Autor:
"I think a lot of the big trouble which was to happen started with me giving Changez Harold Robbins to read, because it stimulated Changez in a way that Conan Doyle never did. ,,123
I !
Der Endpunkt einer Explizitheitsskala von Intertextualitätssignalen ist der Ort der geringsten Gefahr intertextuellen Mißverstehens. Dieser Punkt wird mit der konsequent durchgeführten Extremlösung expliziter Markierung erreicht, nämlich mit der Identifizierung eines Referenztextes expressis verbis, die eine normative intertextuelle Bezugsfolie präskribiert:
Hinweis auf Autor und Erscheinungszeitraum:
Anyhow; she was free now to listen to what Paul Rayley was trying to say about books one had read as a boy. They lasted, he said. He had read some ofTostoi at school. There was one he always remembered, but he had forgotten the name. Russian names were impossible, said Mrs Ramsey. 'Vronsky,' said Paul. He remembered that because he always thought it such a good name for a villain. 'Vronsky,' said Mrs Ramsey; '0, Anna Karenina,' [... ].127
"I'd been to a movie, come horne and gone to bed with a bourbon nightcap and the newest Simenon [...].,,124 Hinweis auf Gattung und Nationalliteratur:
"Donna Rodolpha's Library was principally composed of old Spanish Romances: These were her favourite studies, and once a day one of these unmerciful Volumes was put regularly into my hands.,,125 Hinweis auf Gattung und Inhalt:
"He recalled a novel he had read about a man who had been locked up by the Gestapo in total darkness with a sinister, soft, moist, yielding object, which the man in his terror imagined to be all kinds of horrible things, such as a piece of human flesh looking like a lump of raw meat, but which turned out to be nothing more than a wet cloth." 126 Gemeinsamer Nenner in allen genannten Beispielen ist die ausdrückliche und unmißverständliche Offenlegung einer intertextuellen Bezugnahme. Bei nahezu gleichbleibender Transparenz der intertextuellen Disposition der so markierten Passagen variiert jedoch die Identifizierbarkeit der Referenztexte erheblich und kann im Extremfall sogar gänzlich verlorengehen. Da sich ein Referenztext dann allenfalls 121 122 123 124 125 126
Scott, Waverley, p. 48. Burgess, ABBA ABBA, p. 8. Kureishi, The Buddha 0/ Suburbia, p. 96. Capote, Break/ast at Tiffany's, p. 142. Lewis, The Monk, pp. 133-134. Lodge, The British Museum Is Falling Down, p. 22.
134
Außer durch Titelnennung kann die Identifizierbarkeit des Referenztextes aber auch anhand einer eindeutigen Paraphrase gewährleistet sein, speziell durch eine Bündelung expliziter Markierungen, die es dem Rezipienten ermöglicht, das gemeinte Werk allein anhand der bereitgestellten Informationen zweifelsfrei zu eruieren. 128 So wäre es mit Hilfe geeigneter bibliographischer Hilfsmittel ohne weiteres möglich, einen Referenztext aus Kurt Vonneguts Roman Slaughterhouse Five zu identifizieren, von dem es heißt, es handele sich um ein Buch "by an Englishman named David Irving. It was an American edition, published by Holt, Rinehart and Winston in 1964.,,129 127 128
129
Woolf, To the Lighthouse, p. 146. Die Möglichkeit zur Identifizierung des Referenztextes findet im non-verbalen Bereich nur wenige gleichwertige Analogien, so daß die Identifizierung auch in visuellen Medien vorwiegend durch Erzähler- bzw. Figurenrede oder durch schriftsprachliche Signale realisiert wird. Ausnahmen sind lediglich dann möglich, wenn die schriftliche Information durch eine rein optische Codierung gleichwertig substituiert werden kann. So stellt etwa die Abbildung eines schwarzen Buchs mit eingeprägtem goldenen Kreuz eine hinreichende Identifizierung dar. Vonnegut, Slaughterhouse 5, p. 124. (Wir verwenden dieses Beispiel ungeach-
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Tendenziell tritt dieser Typus expliziter Markierung eher zu Beginn eines Textes auf, um einen spezifischen Referenztext bzw. einen Relationsmodus im Bewußtsein des Rezipienten zu etablieren und diesen für nachfolgende, impliziter gehaltene Bezugnahmen aufnahmefähiger zu machenYo Gleich nach dem dritten Wort seiner Elegy signalisiert etwa Thomas Gray plakativ ein Dante-Zitat mittels Fußnote;131 das nachfolgende Feuerwerk der intertextuellen Verweise bleibt zwar überwiegend unmarkiert, der Rezipient ist jedoch vorgewarnt und animiert, von sich aus nach weiteren Einschreibungen Ausschau zu halten. Nahezu obligatorisch wird die Identifizierung eines Referenztextes, wenn dieser in das innere Kommunikationssystem des manifesten Textes eingeführt wird und die handelnden Figuren ihn rezipieren oder sich mit ihm auseinandersetzen. 132 Im Rahmen derartiger Intertextualitäts-
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I
• !
handlungen kann der Referenztext Anlaß zu kritischer Diskussion oder bewunderndem Zuspruch bieten bzw. eine Figur sogar dazu veranlassen, sich wie Catherine Morland oder Dorian Gray mit vorgefundenen fiktionalen Gestalten oder Motiven zu identifizieren. Ist der Referenztext auf solche Weise in das Handlungsgerüst eingebunden, wird er nicht nur identifiziert, sondern es wird häufig auch sein Relationsmodus zum präsenten Text autoreflexiv dokumentiert und kommentiert, womit die Zone maximaler Explizitheit intertextueller Markierung erreicht ist. Einen schematisierten Überblick über die zentralen Aspekte der postulierten Progressions skala vermittelt nachstehend Abb. 11.
tet der Tatsache, daß Vonnegut zusätzlich auch den Titel des Buches benennt: The Destruction 0/ Dresden.) - Wheeler schlägt ein vergleichbares Rezeptionsverhalten auch im Fall von Signalen vor, die nach unserer Definition als Markierung durch Codewechsel gelten, wobei er dem Leser einen erheblichen bibliographischen Aufwand zumutet: "Ifthe reader notices that the style of a passage in the adoptive text seems markedly different from that of the paragraph in which it is embedded, he might hunt through author concordances, Cruden's biblical concordance and dictionaries of quotations, and discover that the passage is an unmarked quotation." (The Art 0/ Allusion in. Victorian Fiction, p. 6.) Problematisch mutet es freilich an, daß Wheeler einen "markedly different style" als "unmarked" bezeichnet. Einen weiteren Schwachpunkt seiner Argumentation gesteht Wheeler offen ein: "Even ifthe publishers of concordances were to pool their computer tapes and a tape library ofworld literature were built up, however, only the mechanical business oflocating a passage in an unfamiliar adopted text would have been facilitated." (The Art 0/ Allusion in Victorian Fiction, p. 6-7.) Augenfallig wird dieser Sachverhalt angesichts einer gehäuften Identifizierung von Referenztexten in Titeln, Untertiteln, Vorworten und Motti. Vgl. Gray, Elegy Written in a Country Church-Yard: "The Curfew tolls* the knell ofparting day, [... ] (* --------squilla di lontano, / Che paia '1 giorno pianger, che si muore.)" Es überrascht nicht, daß das anonym bleibende "yellow book" aus The Picture 0/ Dorian Gray in diesem Punkt eine Ausnahme bildet. Wie die Wilde-Forschung belegt, läßt sich dieses Buch legitimerweise nicht auf einen einzigen Referenztext reduzieren, es liegt somit keine Einzeltextreferenz vor; vgl. hierzu u.a. Fehr, "Das gelbe Buch in Oscar Wildes 'Dorian Gray'" und Maier, Oscar Wilde, "The Picture 0/ Dorian Gray". '
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137
4.5. Markierung im Kontext filmischer Gestaltung
Ein vergleichender Blick aufintertextuelle Verfahren im Bereich filmischer Gestaltung zeigt, daß dieses semiotische System neben zahlreichen Überschneidungen zu anderen Medien über ein eigenes Zeichenrepertoire verfügt und daher auch eigene Markierungsformen hervorgebracht hat. Relevant wird die Differenz der Systeme intertextueller Verweis signale etwa im Kontext von Literaturverfilmungen, wo der Film Äquivalente für die im verschrifteten Medium vorgefundenen Markierungen bereitstellen muß. Um ein Beispiel zu nennen: Jede Verfilmung von Joseph Andrews ist mit dem grundsätzlichen Problem konfrontiert, ob und wie sich die von Fielding explizit gemachte intertextuelle Anbindung seines Romans an Cervantes' Don Quijote filmisch 133 umsetzen läßt. In einer Inszenierung aus dem Jahr 1977 entscheidet sich der Regisseur Tony Richardson dafür, den Bezug implizit zu markieren, indem er in der ersten Einstellung des Films eine Windmühle in Großaufnahme zeigt. Abgesehen von der augenfälligen Visualisierung eines der bekanntesten Motive aus Don Quijote liefert dieses Beispiel bereits einen Hinweis darauf, daß filmische Stilmittel wie Einstellungsgröße und Kamerahandlung zur Markierung intertextueller Vernetzungen herangezogen werden können.
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Eine systematische Erfassung filmischer Markierungsstrategien erweist sich jedoch als Lücke filmphilologischer wie filmsemiologischer Forschung. Deutlich wird dies beispielsweise in Klaus Kanzogs 1991 publizierter Einführung in die Filmphilologie, deren Analyse eines Filmbeispiels intertextuellen Referierens die naheliegende Frage nach produktionsästhetischen Einflußmöglichkeiten auf die Wahrnehmungsschwelle des Rezipienten ungeklärt läßt und das Zustandekommen intertextueller Kommunikation stattdessen in toto in die Abhängigkeit einer lesertypologisch motivierten Allusionskompetenz führt: ,,[Filmische] Zitate zielen auf Kommunikation mit dem Publikum und müssen als solche (zumindest für ein bestimmtes [i.e. cineastisches] Publikum) erkennbar sein.,,134 Im Rahmen der vorliegenden literaturwissenschaftlichen Studie kann ein Inventar filmischer Markierungsformen nur approximativ und
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Joseph Andrews, GB 1977 . Kanzog, Einführung in die Filmphilologie, S. 157.
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exemplarisch erstellt werden. Der Anschaulichkeit halber sei hierzu Jan Marie Peters' filmsemiologisches Modell eines vierschichtigen Filmbildes zugrundegelegt, wonach der filmische 'Text' aufgefächert wird in (1) die materielle Schicht, also den Informationsträger, (2) die Vorstellungsschicht, d.h. die dargestellten Objekte und die Handlung vor der Kamera, (3) die Abbildungsschicht, d.h. Kamerablick und Kamerahandlung sowie (4) die akustische Schicht, also Musik, Geräusche und Kommentar. 135 Jede dieser Schichten verfügt über spezifische Ausdrucksmöglichkeiten, die sich in den Dienst intertextueller Markierung stellen lassen: (1) Auf der materiellen Schicht können optische Interferenzen als Markierung intertextueller Bedingtheit funktionalisiert werden. Ein besonders explizites Referenzsignal bildet dabei der Wechsel zwischen farbigem und schwarzweißem Filmmaterial, 136 wobei ein schwarzweißes insert in einem Farbfilm zugleich einen archaisierenden Effekt haben kann, d.h. bereits optisch auf einen älteren Text verweist, so daß hier die optische Interferenz - wie auch bei einem Wechsel der Körnigkeit - wirkungsästhetisch betrachtet mit einer diachronischen Interferenz einhergehen kann.
(2) Mißt man die Vorstellungsschicht an so weitgreifenden Begriffen wie Setting und Handlung, so wird schnell deutlich, welch stark verdichteter Raum sich hier der Markierung intertextueller Vernetzung darbietet. Um die dabei in Frage kommenden Markierungsarten in der Terminologie einer Semiotik des Theaters zu beschreiben, werden etwa die Kategorien der Raumzeichen, der Schauspielererscheinung und der Schauspielertätigkeit relevant,137 also beispielsweise Dialoge, sprachliche Modulation, Gestik, Mimik, Kostüme, Maske, Kulisse oder Objekte. Zu den spezifischen Markierungsformen einer 'kinematographischen' Textsemantik gehört insbesondere die Visualisierung fremder Texte, d.h. ihre Einrückung in den Bildausschnitt. In diesem Zusammenhang sind zumindest zwei grundsätzliche Verfahren zu unterschei135
136 137
Vgl. Peters, "Bild und Bedeutung. Zur Semiologie des Films". Peters' Modell erscheint uns in manchen Punkten modifizierungsbedürftig, doch verf'ügt es im vorliegenden thematischen Zusammenhang über hinreichende Anschaulichkeit. Vgl. hierzu das Beispiel in Kap. 4.3.2. Vgl. bes. Fischer-Lichte, Semiotik des Theaters, Bd. 1.
140
den. Ein Text kann von seinem ursprünglichen Publikationsmedium gelöst typographisch in das Filmbild einkopiert werden. So erscheinen in Orson Welles' Debütfilm Citizen Kane (USA 1940) die beiden Anfangszeilen von Coleridges Kubla Khan als eingeblendeter Schriftzug und durchbrechen damit offen die Realitätsillusion des Films. Dem filmischen Realismus angemessener ist dagegen die Illusion einer direkten Einsichtnahme in verschriftete Fremdtexte. Doch auch derartige Verweise sind in jüngerer Zeit stark rückläufig, da sie im Bewußtsein von Autoren und Rezipienten zunehmend als dem Medium unangemessen und daher als ästhetisch inferiore Lösung gelten. Die historische Verortung dieser Markierungsform führt ihrerseits dazu, daß die Einblendung von Printmedien in jüngeren Filmen bewußt als historisierendes Zitat funktionalisiert wird. 138 Parallel zu der Zurücknahme schriftlicher Zitatsegmente läßt sich seither allerdings eine verstärkte Sichtbarmachung filmischer Referenztexte beobachten. 139 (3) Große Bedeutung für implizite Markierungsverfahren kommt der Abbildungsschicht zu, die als Substitut für graphemische Referenzindikatoren herangezogen werden kann. Durch Einstellungsgröße, Kameraposition und -bewegung kann der Rezipient, stärker als dies in schriftlichen Texten möglich ist, in einen Wahrnehmungsfokus regelrecht 'hineingezogen' werden, ohne sich dessen immer bewußt zu werden. 140 Deutlich sichtbare formale Zäsuren und folglich potentielle Bausteine expliziter Markierung ergeben sich dagegen aus dem Einsatz spezifischer filmischer Segmentierungs- und Deformationstechniken wie Überblendungen, 'weiche' Blenden oder Wechsel der Aufnahmegeschwindigkeit, die allerdings aufgrund ihrer Polysemie nicht auf generelle Funktionszuweisungen reduzierbar sind. Eines der gelungensten 138 139
140
Vgl. Z.B. Francis Ford Coppola, The Cotton Club, USA 1984. Wie Kanzog nachweist, können solche Einsichtnahmen über die intertextuelle Signalisierung hinaus mit spezifischen Funktionen verknüpft sein. Sein Beispiel eines via Fernsehbildschirm eingeblendeten filmischen Referenztextes, der zum Erscheinungszeitpunkt des alludierenden Films noch gar nicht im Fernsehen aufgeführt worden war, wertet Kanzog als Ironiesignal. (Vgl. Einführung in die Filmphilologie, S. 157.) Denkbar erschiene bei diesem Beispiel freilich auch die Funktion der Illusionsdurchbrechung oder der Kennzeichnung eines futuristischen Setting. Vgl. hierzu u.a. Prümm, der davon spricht, daß Filmsegmente "durch die Einstellungsgröße besonders markiert" sein können. (Film-Script: William Shakespeare, S. 193.)
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Beispiele für intertextuelle Markierung durch Zeitdeformation repräsentiert in jüngerer Zeit Brian de Palmas The Untouchables (USA 1986), wo in einer zweiminütigen Zeitlupensequenz die berühmte Freitreppen-Montage aus Sergej Eisensteins Stummfilmklassiker Panzerkreuzer Potemkin zitiert wird. (4) Auch die vierte, die akustische Schicht stellt ein wichtiges Zeicheninventar bereit, das sich markierungstechnisch nutzbar machen läßt. Unterschiede in der Markierungsdeutlichkeit ergeben sich hier vor allem aus semantischen Interferenzen zwischen Ton und Bildinhalt, aus Variationen der Lautstärke sowie aus der Frage, ob eine Markierung als Begleitmusik eher im Wahrnehmungshintergrund erscheint oder als Geräusch stärker in den Vordergrund gerückt wird. Um hierfür ein Beispiel anzuführen: In Lewis Gilberts hochgradig selbstironischem Agentenfilm Moonraker (GB/F 1978), einer Adaption von lan Flemings 1955 publiziertem gleichnamigen Roman, bewegt sich die Referenzebene im wesentlichen auf der akustischen Schicht. So charakterisiert Gilbert seinen Protagonisten durch Übernahme des musikalischen Hauptthemas aus lohn Sturges Westernklassiker The Magnijicent Seven (USA 1960) einerseits als heroischen Einzelkämpfer, andererseits stellt ihn das Zitat in einen filmhistorischen Kontext und entlarvt ihn somit ausdrücklich als fiktive Gestalt. Strukturelle Klammerfunktion haben dagegen zwei musikalische Themen zu Beginn des Films, die, jeweils als Geräusche getarnt,141 den späteren futuristischen Handlungsteil vorausdeuten, indem sie zwei Filme zitieren, die zum Publikationszeitpunkt als Meilensteine des Science Fiction-Genres galten, Stanley Kubricks 2001: A Space Odyssey (GB 1965-68) und Steven Spielbergs Close Encounters 0/ the Third Kind (USA 1977).
Eine zentrale Fragestellung, der sich zukünftige Untersuchungen zum Thema der Literaturverfilmung zuwenden müßten, betrifft die Auswirkungen des Medienwechsels auf die in einem literarischen Text vorgefundenen Markierungsstrategien. Da zu vermuten ist, daß· sich diese im Film auf jede der genannten vier Schichten verteilen, wäre insbesondere die Möglichkeit regelmäßiger Äquivalenzrelationen zwischen verschrifteten und filmischen Markierungsformen zu prüfen.
5. Funktionen markierter Intertextualität Die Tatsache, daß sich die Forschungslage zu den möglichen Funktionen der Markierung von Intertextualität als besonders defizitär erweist, vermag kaum zu überraschen, da Intentions- und Funktionszuweisungen im Licht poststrukturalistischer Intertextualitätskonzeption prinzipiell als terrain interdit gelten müssen. 1 Im Hinblick auf den Kernbereich intendierter Intertextualität - in welchem der gesonderte Ausschnitt markierter Intertextualität anzusiedeln ist - erscheint eine funktionale Beschreibung von Markierungsverfahren dennoch begründet und erforderlich. In einer differenzierten Untersuchung zu den Funktionen von Intertextualität als solcher - die sich freilich nicht pauschal auf das Funktionspotential von deren Markierung übertragen lassen - geht Bernd Schulte-Middelich davon aus, daß im Bereich literarischer Produktion Intertextualität "Rezipienten-bezogen funktionalisiert" wird; als notwendige Voraussetzung seien dabei "Intentionalität einerseits und durch bewußt gesetzte Signale gewährleistete Erkennbarkeit der intertextuellen Verfahren andererseits" anzunehmen. 2 Berechtigte Kritik übt Schulte-Middelich vor allem an einer Tendenz in der bisherigen Forschung, das Funktionspotential von Intertextualität auf die Dichotomie 'Affirmation' vs. 'Destruktion' der Vorgaben des Referenztextes zu reduzieren und dabei in unzulässiger Vereinfachung von einer grundsätzlichen Dominanz der Folgetexte über die Referenztexte auszugehen. Auf einer Sub-Ebene erweitert Schulte-Middelich diese unzureichende dichotomische Funktionszuweisung durch Einführung eines neutralen Funktionstypus zu einer triadischen Skala. Darüber hinaus bestehe "die Notwendigkeit, bei der Interpretation den Mischformen und Abweichungen zumindest ebenso große Aufmerksamkeit zu wid-
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141
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Die Themen erscheinen in Form eines Jagdsignals sowie als akustische Impulse an einem elektronischen Zahlenschloß.
2
Beachtenswerte Ausnahmen ergeben sich vor allem im Kontext konkreter Fallstudien; verwiesen sei hier exemplarisch auf Ulrich Schneiders Studie Die Funktion der Zitate im lU/ysses' von James Joyce. Schulte-Middelich, "Funktionen intertextueller Textkonstitution", S. 206.
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men wie den tradierten 'reinen' Formen der Affirmation und der Destruktion".3 Im Rahmen seiner Systematik intertextueller Wirkungsstrategien postuliert Schulte-Middelich vier Funktionstypen, denen auf jeweils spezieller werdenden Unterebenen konkrete Funktionen zuzuordnen seien: Funktionstyp 1. Der Prätext erhält zumindest eine Zusatzcodierung. Funktionstyp 2. Der Folgetext oder Textteile (= Folgetext ohne Prätextanteile) erhalten zumindest eine Zusatzcodierung. Funktionstyp 3. Der Prätext und der Folgetext beziehungsweise die entsprechenden Textteile erhalten gemeinsam j eweils zumindest eine Zusatzcodierung. Funktionstyp 4. Jenseits von Prätext und/oder Folgetext oder -textteil entsteht auf einer Metaebene zumindest eine neue Codierung. 4
Auch diese Typologie orientiert sich mithin weitgehend am Verhältnis von manifestem Text und Referenztext. Gemessen an den spezifischen Rahmenbedingungen, die das Funktionspotential markierter Intertextualität konturieren, erscheint dieser Ansatz indes wenig geeig:net, da er dem Rezipienten als Adressaten der intertextuellen Kommunikation ein zu geringes Gewicht beimißt. Das Funktionsspektrum intertextueller Markierung ist im wesentlichen von pragmatischen Gesichtspunkten geprägt. Zumindest in ihrem Kernbereich stellt Markierung stets eine Art 'Leserservice' dar, wenngleich sich dabei, wie zu zeigen sein wird, auch deutliche Funktionsverschiebungen ergeben können. Am Beginn einer Funktionsanalyse intertextueller Markierung soll daher der Akzent der Untersuchung auf die kommunikative Relevanz von Intertextualitätssignalen gelegt werden.
5.1. Zur rezeptionsästhetischen Bedingtheit intertextueller Markierung 5.1.1. Zur Problematik intertextuellen Mißverstehens "Shall I compare thee to a summer's day?" he enquired politely. "No thanks!" I said. 5
Die komische Wirkung dieser Eröffnung von Robert Nyes Roman Mrs Shakespeare ergibt sich nicht nur aus dem diachronischen und diastratischen Gefälle und der dadurch offensichtlich werdenden sprachlichen Diskrepanz zwischen Frage und Antwort. Komik wird hier vor allem durch ein gängiges Wirkungsprinzip der Textsorte 'Witz' freigesetzt, nämlich durch die Einsicht des Lesers, daß die Adressatin der Äußerung die rhetorische Frage aus dem bekannten Anfangsvers von Shakespeares achtzehntem Sonett in denotativem Sinn mißdeutet und deshalb zu einer unangemessenen Reaktion gelangt. Die Lektüre und Sinnkonstitution eines Textes durch einen individuellen Leser ist grundsätzlich als selektiver Prozeß beschreibbar, der einer Reihe nicht vorhersagbarer optionaler Entscheidungen dieses Lesers unterworfen ist. Diese erscheinen ihrerseits als Folgen komplexer kognitiver Steuerungsmechanismen und orientieren sich u.a. an Parametern wie Erwartungshorizont, Kontextwissen und intertextueller Kompetenz. Vor diesem Hintergrund zeichnen sich mehrere Ursachenkomplexe für intertextuelle Mißverständnisse ab. Die bestehenden Optionen, aufgrund derer ein Rezipient die intertextuelle Disposition eines Textes im konkreten Einzelfall nicht aktualisiert, werden freilich von einem im Text angelegten System wahrnehmungslenkender Signale überlagert, so daß auch hier mögliche Ursachen intertextueller Mißverständnisse zu vermuten sind, insbesondere dann, wenn keine Referenzindikatoren im Text angelegt sind oder diese nicht explizit genug ausfallen. So kommt es in dem oben genannten Beispiel aus Mrs Shakespeare u.a. deswegen zu einer Kommunikationsstörung, weil das vom Sprecher präsupponierte intertextuelle Wissen nicht explizit aufgerufen wird. Als mögliche Ursachen intertextuellen Mißverstehens kommen folglich sowohl rezeptionsästhetische als auch produktionsästhetische Aspekte in Betracht. Im Hinblick auf produktionsästhetisch bedingte Ursachen sind in diesem Zusammenhang erstens Fälle retardierter Markierung zu betrachten, die im Zuge einer raffinierten Diskursstrategie die intertextuelle Dimension eines Textes zunächst absichtlich verschleiern, um diese dann allmählich oder als finale Pointe aufzudecken. 6 6
3
4 5
Schulte-Middelich, "Funktionen intertextueller Textkonstitution", S. 200. Schulte-Middelich, "Funktionen intertextueller Textkonstitution", S. 214. Nye, Mrs Shakespeare, p. 3.
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Vgl. hierzu das Beispiel "Expedition to Earth" in Kap. 4.3.4. - Nicht zu verwechseln ist diese Form der retardierten Markierung mit dem Fall einer nachträglichen Markierung, etwa mittels Nachschrift, einem später eingefügten Vorwort, erläuternder Korrespondenz, etc.
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Die Textstrategie läuft hierbei also darauf hinaus, die Markierung nur vorübergehend zu verweigern. Vergleichbar hiermit sind Fälle von Schein- oder Falschmarkierung, wo die Indizierung eines intertextuellen Bezugsfeldes den Rezipienten bewußt auf eine falsche Fährte locken soll. Dabei ergibt sich notwendigerweise die paradox anmutende Situation, daß der Rezipient um so nachhaltiger von einem adäquaten Textverständnis abgelenkt wird, je expliziter die Markierung ausfällt. Ein Beispiel aus dem hierfür besonders geeigneten Medium des Films macht dieses Verfahren einsichtig. 7 Der amerikanische Spielfilm Romancing the Stone 8 handelt von der Schriftstellerin Joan Wilder, Autorin trivialer Abenteuerromane, die unfreiwillig selbst in eine romantische Abenteuerhandlung verstrickt wird. Der Erwartungshaltung des Zuschauers völlig zuwiderlaufend wird der Film jedoch durch eine dreiminütige Eingangssequenz aus einem typischen Western eröffnet. Da sich der Film hermetisch auf diese Perspektive einläßt, ist es dem Zuschauer nicht möglich, das Dargestellte als visualisierte Phantasie der Protagonistin zu durchschauen, in deren Vorstellung ihr jüngster Roman soeben Gestalt annimmt. Ohne sich dessen bewußt zu sein, rezipiert der Zuschauer zunächst also einen (zur Haupthandlung in einem autoreflexiven Verhältnis stehenden) Referenztext, bevor der eigentliche, 'reale' Handlungsstrang einsetzt. Mit dieser irreführenden Eingangssequenz nutzt der Regisseur habitualisierte Rezeptionsmuster geschickt aus: Gerade das Vertrauen des Rezipienten in die Zuverlässigkeit von Markierungen wird instrumentalisiert, um seine pragmatische Erwartungshaltung erst zu dekonstruieren und sie psychologisch um so wirkungsvoller nachträglich dennoch einzulösen. Es leuchtet ein, daß der solchermaßen in eine intertextuelle Falle gelockte Rezipient die Textstrategie weniger leicht durchschauen kann als in Fällen der Nichtmarkierung. Die grundsätzliche Möglichkeit, daß intertextuelle Spuren unzuverlässig sein können, hat Vladimir Nabokov in einem couplet auf subtile Weise umrissen: "Was he in Sherlock Holmes, the fellow whose / Tracks pointed back when he reversed his shoes?".9 Die auto reflexive Kompo-
7
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9
Da ein Film generell eine stärkere Kontrolle über das Rezeptionsverhalten ausübt als ein Buch, fällt es in diesem Medium leichter, die Reaktionen des Rezipienten zu manipulieren. Für weitere Beispiele vgl. a. Kap. 6.3. USA 1984, Regie: Robert Zemeckis. Nabokov, Pale Fire, p. 29 (Canto- One, 11. 27-28).
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nente dieser Frage liegt natürlich in dem gespielten Zweifel, der es offen läßt, ob die im ersten Vers gelegte intertextuelle Spur möglicherweise in eine falsche Richtung führt. Auch der Kommentar des fiktiven Herausgebers Charles Kinbote entzieht sich an dieser Stelle ostentativ einer Antwort, wenn er Holmes zwar als Protagonisten der Geschichten Conan Doyles identifiziert, weitere Aufklärung jedoch verweigert: ,,1 have no means to ascertain at the present time which ofthese [stories] is referred to he re but suspect that our poet simply made up this Case of the Reversed Footprints."lO
)
Dem angestrebten Effekt der Irreführung bzw. der Verunsicherung liegt in derartigen Fällen freilich zwingend eine Markierung zugrunde, so daß nunmehr bereits die Grundfunktion intertextueller Markierung erkennbar wird, nämlich die eines (hier allerdings unzuverlässigen) Signals, das der Autor für den Rezipienten einrichtet. Generell bleiben in poetischen Texten die Signale der Rezeptionslenkung unverbindlich; sie können vollständig fehlen oder gezielt durchbrochen werden, zumindest aber sind sie prinzipiell interpretationsbedürftig. Dieser Umstand bedingt einerseits die legitime Forderung nach einer rezipientengesteuerten Bedeutungskonstitution, zugleich beinhaltet er aber die Möglichkeiten der inadäquaten Textauslegung, des Mißverständnisses und des Nicht-Verstehens, was beispielsweise dazu führen kann, daß der Verfasser eines fachdidaktisch motivierten Forschungsbeitrags zu Roman Polanskis Macbeth-Verfilmung ratlos der Frage gegenübersteht, wie dort reale Szenen von Traumsequenzen unterschieden werden können und beklagt, daß im Film "die Signale, auf eine andere Wirklichkeitsebene umschalten zu müssen, nicht einheitlich sind"Y Die vielschichtigen Ursachen für mögliche Störungen intertextueller Kommunikation schlagen sich in unterschiedlichen Arten des Miß-_ verstehens nieder. Seitens des Rezipienten lassen sich diese zu drei übergreifenden Kategorien zusammenfassen: (1) Eine im Text nachweisbare Referenz wird vom Rezipienten nicht erkannt. Dieser Fall dürfte, jedenfalls für den von Michael Riffaterre definierten 'Normalleser' ("readers armed only with their linguistic competence and trying to make do without the philological crutches offootnotes and scholarly
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11
Nabokov, Pale Eire, p. 65. Schröder, "Polanskis Macbeth im Englischunterricht", S. 125.
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)
gloSS"),12 ZU den häufigsten Ursachen intertextuellen Mißverstehens zählen. (2) Umgekehrt kann ein nicht-referentielles Textsegment vom Rezipienten als intertextuelle Bezugnahme ausgelegt werden. Hierbei ist zwischen zwei grundsätzlich verschiedenen Möglichkeiten zu differenzieren. (2a) Der Rezipient kann eine nicht-indizierte intertextuelle Verknüpfung als kreative Interpretationsleistung an den manifesten Text herantragen unddiese-ni ·da.riiit ein neues Sinnpotential erschließen. (2b) Bei der aufgedeckten Referenz kann es sich andererseits um eine im Text latent angelegte intertextuelle Spur handeln, die einen unbewußten oder absichtlich verdeckten Einfluß auf den Autor reflektiert. (3) Schließlich können vorhandene und indizierte Einschreibungen vom Rezipienten auf eine Weise interpretiert werden, die der in den Text eingeschriebenen Leserrolle zuwiderläuft, so daß beispielsweise eine Pa!-~die als Im_ita~ion gelesen wird und umgekehrt. 13 Die genannten Arten intertextuellen Mißverstehens ziehen unterschiedliche Folgen nach sich, die das Problemfeld der Markierung aufrufen: Die im Zuge der Textkonzeption antizipierten Konsequenzen erwartbarer Rezeptionsstörungen motivieren die Prägnanz rezeptionslenkender Maßnahmen, deren Funktionspotential nachfolgend 'zu durchleuchten sein wird. 5.1.2. Das Funktionspotential markierter Intertextualität A delicate allusion to a work unknown to the reader, which therefore go es unnoticed, will have a dormant existence in that reading. On the other hand, the reader's experience of some practice or theory unknown to the author may lead to a fresh interpretation. 14
Diese These von Still/Worton verweist auf zwei grundlegende Aspekte intertextueller Bedingtheit. Einerseits unterliegen die intertextuellen Bezüge eines Textes einer produktionsästhetischen Bestimmung, deren Rekonstruktion unter wirkungsgeschichtlichen Gesichtspunkten jedoch nicht in jedem Fall erforderlich ist. Andererseits trägt der Leser eigene intertextuelle Relationen produktiv an den Text heran, die dort keineswegs vorgeprägt sein müssen. Produktionsästhetische 12 13
14
Riffaterre, "Compulsory Reader Response", p. 58. Vgl. hierzu etwa das von Schulte-Middelich angeführte Beispiel des Oeuvres der Lyrikerin Friederike Kempner. ("Funktionen intertextueller Textkonstitution", S. 209-210.) Still/Worton, "Introduction", p. 2.
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und rezeptions ästhetische Codierungsverfahren erscheinen daher im Licht eines jeweiligen Erkenntnisinteresses gleichermaßen als legitime Zugangsweisen zur Bestimmung des Funktionspotentials der intertextuellen Verweisstruktur von Texten. Bei der Funktionsanalyse des speziellen Bereichs markierter Intertextualität sind freilich die vom Text selbst indizierten Referenzen vorrangig zu betrachten. Dabei ist es generell geboten, dieses Funktionspotential zunächst aus der in der bisherigen Forschung vorherrschenden Konzentration auf das Verhältnis zwischen manifestem Text und Referenztext zu lösen und stattdessen den Dialog zwischen Autor und Rezipient stärker in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken. Letzter Zielpunkt und Adressat intertextueller Markierung ist stets der Rezipient. Die Markierung dient dabei als Anweisung, den manifesten Text anders als üblich, nämlich intertextuell zu lesen, also seine Bedeutung gegen die Folie eines oder mehrerer anderer Texte zu konstituieren. 15 Mißachtet der Rezipient diese zentrifugalen Signale, gibt er leichtfertig wertvolle Optionen aus der Hand und macht sich zum freiwilligen 'Gefangenen' des manifesten Textes. Wie bereits mehrfach angesprochen, steht das Problemfeld intertextueller Markierung in engem Zusammenhang mit der individuellen literarischen Vorbildung und den (teilweise hieraus resultierenden) zu erwartenden Relevanzentscheidungen des Rezipienten. Eine solche Vorbildung - etwa der Grad der Belesenheit, das Wissen um die Arbeitsweise eines spezifisc~en Autors, etc. - kann selbstverständlich auch als Erwartungsparameter in die Textproduktion einfließen. Dabei können unterschiedliche Markierungsstrategien auf unterschiedliche Lesertypen zugeschnitten sein und ein System einander überlagernder Bedeutungsschichten konstituieren. Die Frage, welche Markierungen von einem individuellen Rezipienten jeweils erkannt und kognitiv verarbeitet werden, ist zwar nicht pauschal beantwortbar, doch fließt dieser Aspekt unweigerlich in die Beantwortung der Frage ein, weshalb ein Autor bestimmte Präsuppositionen gerade nicht an den Leser heranträgt, spezifische Referenzen also als markierungs-bedüJj'tig erachtet. Zur Klärung dieses Bedingungshorizonts ist es notwendig, den Blick einer leserorientierten Intertextualitätsforschung zuzuwenden, zu der 15
Vgl. hierzu Klaus W. Hempfers Definition von Intertextualität als einem kommunikativ-semiotischen Phänomen in "Intertextualität, Systemreferenz und Strukturwandel", bes. S. 19-20.
149
vor allem die Arbeiten Michael Riffaterres einen wesentlichen Beitrag geleistet haben. "There cannot be an intertext without our awareness ofit." 16 Mit diesen Worten unterstreicht Riffaterre zwar pointiert die Notwendigkeit einer Einbeziehung rezeptionsästhetischer Fragestellungen in die Intertextualitätsforschung, dennoch entläßt er den Rezipienten nicht aus der Abhängigkeit von textbedingten Steuerungsmechanismen. Im Zusammenhang mit seiner Definition des Intertextes als eines Textes oder mehrerer Texte, die ein Leser kennen muß, um die Gesamtbedeutung eines literarischen Werkes zu erfassen, unterscheidet Riffaterre zwei Arten der Textkenntnis: When we speak of knowing an intertext [... ] we must dinstinguish between the actual knowledge of the form and content of that intertext, and a mere awareness that such an intertext exists and can eventually be found somewhere. This awareness in itself may be enough to make readers experience the text's literariness. They can do so because they perceive that something is missing from the text: gaps that need to be mIed, references to an as yet unknown referent, references whose successive occurren17 ces map out, as it were, the outline of the intertext still to be discovered.
Dabei sieht Riffaterre die Rez~D: _durch Signale gelenkt, durch "veritables agrammaticalites", 18 die als IndIzien -einer intertextuellen Textstrategie funktionalisiert werden: "when it activates or mobilises the intertext, the text leaves little leeway to readers and controls c10sely _their !espons~."19 In dieser dezidierten Einschränkung des rezeptionsästhetischen Ermessensspielraums erblickt Riffaterre die Voraussetzung dafür, daß ein Text seine eigene Identität im Wandel der Zeiten bewahrt, trotz eines sich permanent verändernden Soziolekts und trotz der unvorhersehbaren Zusammensetzung nachwachsender Lesergenerationen. In ihrem Versuch, die Intertextualitätsforschung in eine "Abhängigkeit von Leserentscheidungen" einzubinden, macht Susanne Holthuis eine "rigide Klassifikationshierarchie" in Wolfgang Karrers Aufsatz "Titles and Mottoes as Intertextual Devices" zum Aufhänger ihrer Kritik
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17 18 19
Riffaterre, Riffaterre, Riffaterre, Riffaterre,
150
"Compulsory Reader Response", p. 75. "Compulsory Reader Response", pp. 56-57. "Semiotique intertextuelle", p. 134. "Compulsory Reader Response", p. 57.
an einer "in der literaturwissenschaftlichen Intertextualitätsdiskussion anzutreffende[n] Vorstellung, daß Gradationsstufen intertextueller Referenzen und Referenztypen abstrakt und unabhängig vom Leser allgemeinverbindlich festzulegen wären".2o Ausgehend von der Behauptung, daß derartige Taxonomisierungsversuche als fragwürdig zu betrachten seien, betont Holthuis die Relativität ,jeglicher Systematisierungsversuche insofern, als taxonomische Klassifizierungen immer nur als Approximationen zu werten sind, die weder das gesamte Spektrum möglicher Referenz- und Markierungstypen vollständig erfassen noch verbindliche Regeln dazu aufstellen können, in welcher Reihenfolge und Intensität Referenzen identifiziert, funktionalisiert und verarbeitet werden können". Im Licht dieser Betrachtungsweise lehnt Holthuis jene theoretischen Ansätze ab, die es unternehmen, den Explizitheitsgrad einer intertextuellen Referenz mit der semantischen Übercodierung zu korrelieren)und somit darauf hinzielen, daß die Menge des übernommenen, modifizierten oder nicht-modifizierten verbalen Materials des Referenztextes, der Grad der Markierung und die Position der Referenz Identifizierungsleistungen erleichtern und möglicherweise auch die Annahme einer vom Autor intendierten intertextuellen Relation stützen oder bestimmte Werturteile hinsichtlich der Literarizität des (referierenden) Textes motivieren. Diese Korrelationen bleiben [... ] ohne die Anbindung an konkrete Texte und Leser ebenso spekulativ wie die Annahme, daß Referenzen im 'äußeren Kommunikationsrahmen' [... ] grundsätzlich referenzmächtiger und inter(textuell intensiver sind als Referenzen im 'inneren Kommunikationsrahmen' (Broich). Hier klaffen das Wunschdenken des Theoretikers und die Realität der Textverarbeitung deutlich auseinander [... ].21
Im Kontext "referentieller intertextueller Relationen", also von Einzeltextreferenzen,_unterscheidet Holthuis generell 'konstruktiv-autonome' von 'konstruktiv-substitutionären' Funktionstypen,22 wobei sie die Zuordnung eines Textes zu einem jeweiligen Funktionstypus in Ahängigkeit von den subjektiven Relevanzentscheidungen des Lesers sieht. Konstruktiv-autonome Funktionen intertextueller Relationen liegen danach solchen Einschreibungen zugrunde, die über die "manifeste Einheit hinausgehend keine bedeutungskonstitutive Rolle spielen",23 20 21 22 23
Vgl. hierzu und zum folgenden Holthuis, Intertextualität, S. 152-153. Holthuis, Intertextualität, S. 153. Vgl. Holthuis, Intertextualität, S. 211-219. Holthuis, Intertextualität, S. 211.
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wie es in Collage-Typen häufig der Fall sei. Fraglich erscheint hier indes, ob derartige Vertextungen tatsächlich ausschließlich darauf ausgerichtet sind, Modi intertextueller Textstrategien transparent zu machen, ohne daß dabei das Bedeutungspotential der Referenztexte tangiert ist. Im Kontext konstruktiv-substitutionärer Funktionen wird in Holthuis' Differenzierungsmodell hingegen auch der Referenztext für die Bedeutungskonstitution relevant, da hier u.a. Entscheidungen darüber zu treffen seien, in welchem Verhältnis Referenztext und manifester Text zueinander stehen, ob sich eine bedeutungskonstitutive Wirkung nur in den markierten Einschreibungen oder auch in den übrigen Texteinheiten entfaltet und welche Teile des manifesten Textes einer Re-Interpretation zu unterwerfen sind. Als einen Sonderfall konstruktiver Funktionalisierung definiert Holthuis die Beeinflussung der Bedeutungskonstitution durch Referenzstrategie und Markierungspraxis. Die Verfasserin legt dabei einen Fragenkatalog vor, der in groben Zügen die bestehenden Forschungslücken zur Funktion intertextueller Markierung umreißt. Im einzelnen sei zu fragen, welche Funktion eine bestimmte Referenzstrategie und/oder Markierungspraxis im konkreten Text hat und welche Rückschlüsse daraus im Hinblick auf die Textproduktion zu ziehen sind [... ], mit welcher Intention der Autor im konkreten Text zitiert oder paraphrasiert, mit welcher Intention er nicht explizit markiert, welche Rückschlüsse das auf seine individuelle und möglicherweise intertextuelle Schreibweise erlaubt, wie er mit 'Fremdmaterial' umgeht, etc. 24
Wenngleich auch Holthuis die Existenz einer werkseitigen Signalgebung zumindest implizit anerkennt, erscheint doch eine stärkere Berücksichtigung rezeptionsästhetischer Fragestellungen innerhalb der Intertextualitätsforschung durchaus wünschenswert. Die vielversprechendsten Ansätze hierzu bieten sich dort, wo sowohl die vom Text motivierten Intertextualitätssignale als auch die Tatsache berücksichtigt werden, daß sich Intertextualität erst in der Interaktion zwischen Text und Leser konstituiert. 25 Kein Autor kann einen Leser daran hindern, interpretierend und bedeutungskonstituierend auf einen Text einzuwirken, er kann jedoch versuchen, Einfluß auf die Tragweite von Relevanzentscheidungen des Lesers zu nehmen, und zwar. durch ein Mehr oder
Weniger an Offenheit und Unbestimmtheit der Textstrategie. 26 Auch eine Markierungstheorie muß folglich einerseits der bedeutungskonstituierenden Rolle des Lesers Rechnung tragen, sie muß aber andererseits, um Kommunizierbarkeit überhaupt herzustellen, auch intersubjektiv mitteilbar, d.h. objektivierbar se~n. Bevor das Funktionsspektrum markierter Intertextualität im einzelnen näher beleuchtet wird, soll es zunächst in seinen Grundzügen abgesteckt werden. Minimalintention einer intertextuellen Markierung ist es, einen vorab definierten Rezipientenkreis, bei dem eine Resonanzbereitschaft als gegeben vorausgesetzt wird, auf eine literarische Referenz aufmerksam zu machen. Die Gerichtetheit der Markierhng auf den Rezipienten kann somit als ihre funktionale Grundbedingung aufgefaßt werden. Daß diese Grundbedingung allen Funktionsvarianten auf mehr oder weniger deutliche Weise inhärent ist, läßt sich besonders deutlich im Kontext der Intermedialität nachweisen. Wie Horst Zander am Beispiel von Shakespeare-Bearbeitungen zeigen konnte, bildet beim Medienwechsel häufig allein die Markierung die Voraussetzung dafür, daß der intertextuelle Bezug dem Rezipienten überhaupt einsichtig werden kann. So hat beispielsweise beim Medienwechsel vom Text zur instrumentalen Musik oder zur bildenden Kunst insbesondere die Titelgebung "Markierungsfunktion".27 Dennoch wäre es zu kurz gedacht, intertextuelle Markierung vorschnell auf eine einzige Funktion reduzieren zu wollen, nämlich auf die Signalisierung einer Referenz und folglich auf die bloße Verdeutlichung übergeordneter Funktionen, welche dieser Referenz als solcher inhärent sind. Wenngleich im konkreten Einzelfall oftmals nur schwer zu entscheiden sein dürfte, inwieweit eine Markierung über eine reine Katalysatorfunktion hinausgreift, muß doch prinzipiell von einem breiter gefächerten Funktionspotential ausgegangen werden. Zwar handelt es sich bei Markierungen letztlich stets um Signale, die ein Sender (hier:
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27
24 25
Holthuis, Intertextualität, S. 219. Vgl. hierzu u.a. Holthuis, Intertextualität, S. 32.
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Dabei müssen intertextuelle Markierungen nicht notwendigerweise im Sinne einer Minimierung dieses Spielraums eingesetzt werden. So kann etwa in der postmodernen Literatur Markierung gerade zur Unbestimmtheit des Textes beitragen und als Ermutigung zu einer Aufbrechung des geschlossenen Textes funktionalisiert werden. Vgl. Zander, "Intertextualität und Medienwechsel", S. 188. Zander spricht etwa von einem Bild, "das keinen Titel und also keine klare Markierung hat" (S. 190).
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Autor) über das Medium Text an einen Empfänger (hier: Rezipient) richtet, doch darf diese Konstellation nicht zu der reduktionistischen Schlußfolgerung verleiten, daß Markierung generell eine das Textverständnis fördernde Institution zum alleinigen Profit des Rezipienten darstellt. Angesichts der vielschichtigen Motivationslage, vor deren Hintergrund literarische Texte entstehen, wird vielmehr schnell deutlich, daß Markierungen auch gänzlich anders gelagerte Wirkungsintentionen verfolgen können. Deutliche Nuancen werden bereits innerhalb einer (im engeren Sinne) rezipientenorientierten Funktionalität deutlich. So kann es Aufgabe einer Markierung sein, einen potentiellen Leser bereits vor der Lektüre werbewirksam anzusprechen oder ihm während der Lektüre interpretations dienliche Instrumente an die Hand zu geben. Darüber hinaus kann der Signalcharakter einer Markierung von dem Versuch einer gezielten Einflußnahme auf den Rezipienten überlagert werden, etwa im Sinne eines Appells zu spielerisch-kreati~ vem Umgang mit dem Text bis hin zu handfester Manipulation.
sich, je nach Erkenntnisinteresse, durchaus weiter auffächern oder aber durch Kombination reduzieren. Die differenzierten Aspekte des Funktionsspektrums implizieren insbesondere keine isolierte Betrachtungsweise, vielmehr sind sie geprägt vom Bewußtsein ihrer gegenseitigen Durchdringung und Interaktion, wobei, um dies nochmals zu betonen bei allen vorgestellten Funktionsvarianten der Rezipientenbezug letzt~ lich als privilegiert und übergeordnet anzusehen ist. Dabei wird im Einzelfall nicht immer eindeutig zwischen der Funktion von Intertextualität als solcher und der Funktion ihrer Markierung zu trennen sein. Generell gilt jedoch, daß anhand der in den folgenden Kapiteln 5.3. und 5.4. diskutierten Beispiele die jeweilige Funktion einer Referenz nur greift, weil diese markiert ist.
5.2. Verzicht auf Markierung
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Abweichungen von der rezipientenorientierten Grundfunktion von Markierung ergeben sich vor allem dann, wenn ein Intertextualitätssignal schwerpunkthaft nicht an den Rezipienten selbst, sondern jedenfalls partiell - an eine der übrigen Konstituenten intertextueller Kommunikation gekoppelt ist. In unserem oben diskutierten Modell war der intertextuelle Kommunikationsprozeß auf die vier Hauptaspekte Rezipient, Autor, präsenter Text und Referenztext aufgegliedert worden. 28 Die Tatsache, daß in praxi häufig alle vier Aspekte gleichzeitig involviert sind und diese sich wechselseitig bedingen können, weist der Markierung einen polyfunktionalen Charakter zu, der einer präzisen Trennung einzelner funktionaler Kategorien entgegensteht. Tritt jedoch einer der vier Aspekte dominant in den Vordergrund, so kann die Grundfunktion von Markierung als 'Leserservice' vorübergehend überschattet werden, beispielsweise vom Streben eines Autors nach Selbstdarstellung oder von dem Bemühen um eine ästhetische Verortung des manifesten Textes. Nachstehend werden daher neben der Grundfunktion auch 'Streuungen' des Funktionspotentials zu beschreiben sein. Bei den dabei aufgestellten Kategorien handelt es sich um Idealtypen, die einen systematischen Zugang zu dem potentiell unendlichen Funkionsspektrum von Markierung ermöglichen sollen. Die Anzahl dieser Kategorien ließe
Dieter A. Berger leitet seine Untersuchung zur Parodie in der Dichtung der englischen Romantik mit einem Blick auf die Rejected Addresses der Brüder James und Horace Smith ein, einem "Höhepunkt der literarischen Parodie in der englischen Romantik".29 Diese 1812 erschienene Sammlung von 21 parodistischen Nachahmungen zeitgenössischer Dichter bildet den ironischen Kommentar der Verfasser zu der umstrittenen Entscheidung jenes Komitees, das im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung ein Festgedicht anläßlich der Wiedereröffnung des 1809 niedergebrannten Drury Lane Theaters auszuwählen hatte. Angesichts der unerwartet hohen Zahl der Einsendungen sah sich das Komitee überfordert; einen Ausweg fand man in der heimlichen Bestellung eines Auftragsgedichts bei Lord Byron. Als die Brüder Smith hiervon erfuhren, verfaßten sie jene 21 Fälschungen und publizierten sie als vermeintlich authentische Anthologie der besten zurückgewiesenen Festgedichte. Obwohl die stilistischen und thematischen Eigenheiten der parodierten Autoren deutlich herausgearbeitet wurden, markierten, die Smiths jedes Gedicht zusätzlich durch Nennung der Initialen seines angeblichen Verfassers - eine Maßnahme, die vielen Lesern als Übermarkierung erschien. So bemerkte Francis Jeffrey in seiner Rezension des Bandes: "No reader ofScott, Crabbe, Southey, Wordsworth, Lewis,
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Vgl. Kap. 3.4.
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Vgl. hierzu und zum folgenden Berger, Die Parodie in der Dichtung der englischen Romantik, S. 23-24.
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Moore or Spencer, could require the aid of their initials, to recognize them in their portraits."3o Das Beispiel der Rejected Addresses macht auf die wichtige TatsacHe aufmerksam, daß der Entscheidung eines Autors über eine jeweils angemessene Markierungsart die Frage vorgeschaltet ist, ob die Markierung einer Referenz im konkreten Einzelfall überhaupt wünschenswert bzw. erforderlich ist. Am Beginn einer Auslotung des Funktionspotentials intertextueller Markierung steht daher eine Klärung der Bedingungen des Fehlens einer Markierung. Ebenso wie bei der Systematisierung der Markierungsarten konzentrieren wir uns dabei auf den Kernbereich von Intertextualität und unterstellen, daß dem Autor ein intertextueller Bezug bewußt ist und er eine absichtsvolle Entscheidung für oder gegen deren Markierung trifft. Aus produktionsästhetischer Sicht ergeben sich drei funktionale Felder der Nichtmarkierung, je nachdem, ob eine unmarkierte Einschreibung tendenziell (1) allen, (2) nur einigen oder aber (3) keinem Rezipienten verborgen bleiben soll. Zu (1): Da die hier zu subsumierenden Fälle im Kontext der vorliegenden Thematik, sofern überhaupt, nur am Rande interessieren, seien sie lediglich kurz umrissen. Zwangsläufig resultiert eine Nichtmarkierung aus dem Bestreben des Autors, einen intertextuellen Bezug grundsätzlich als solchen zu verschleiern. Augenfälligstes Beispiel hierfür ist der plagiatorische Zugriff auf fremde Texte, deren Spuren möglichst vollständig verwischt werden sollen. 31 In vergleichbarer Weise kann auch die auktoriale Pose einer ostentativ negierten Intertextualität ein Werk prophylaktisch dem Verdacht literarischer Einflüsse zu entziehen versuchen. So erwies sich beispielsweise Daniel Defoes narrative Prosa im Licht philologischer Forschung häufig als Ergebnis eklektizistischer Quellenausbeutung, dennoch reklamierte der Autor für seine narrativen Schriften aus bekannten Gründen den Status des (vermeintlich) Originären.
30
Edinburgh Review, 20 (November 1812),434. Zit. n. Berger, Die Parodie in der Dichtung der englischen Romantik, S. 24.
31
Wie jedoch u.a. die Romane von Kathy Acker zeigen, muß die scheinbare Inkompatibilität von Plagiat und Markierung unter poststrukturalistischen Gesichtspunkten einer grundsätzlichen Revision unterzogen werden.
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Unter gänzlich anderen Gesichtspunkten propagiert mitunter auch die Literatur der Postmoderne eine totale Negation eines Anspruchs des Rezipienten auf Eruierung von als prinzipiell irrelevant denunzierten 'Quellen'. Als programmatisch erweist sich in diesem Zusammenhang Raymond Federmans berühmt gewordener Satz: "I shall not reveal my sources because these sources are now lost in my own discourse and moreover, because they are no sacred sources for thinking and' writ~ ing."32 Zu (2): Während die unter (1) genannten Gründe auf eine Indifferenz gegenüber (berechtigten oder unberechtigten) Leserinteressen hindeuten können, sei es aus dem Versuch der betrügerischen Manipulation heraus, sei es im Kontext einer prinzipiellen Revision der Rollenverteilung von Produzent und Rezipient poetischer Texte, erscheint die Intention des Autors, eine Referenz lediglich einer spezifischen Teilmenge von Rezipienten zu offenbaren, rur die Intertextualitätsforschung insgesamt ergiebiger, weil hier nuanciertere Schreibweisen erforderlich werden und eine intendierte Leserrolle meist in klaren Umrissen hervortritt. 33 In derartigen Fällen bewirkt die Nichtmarkierung zwei konträre Effekte: Einerseits soll sich das literarische Kunstwerk - oder zumindest bestimmte Bedeutungsschichten - prinzipiell nur an eine elitäre Zielgruppe mit einem gehobenen ästhetischen Anspruch wenden, die nicht durch redundante Signale um das intellektuelle Vergnügen an der literarischen Spurensuche und letztlich um die Motivation zur Fortsetzung der Lektüre gebracht werden soll. Der Autor verzichtet hier also auf Markierung, weil er sich darauf verläßt, daß das (unterstellte) literarische Vorwissen des so angesprochenen Rezipienten die latent vorhandene Interferenz zwischen aufnehmendem und eingelagertem Text aktualisiert. Jonathan Cullers Feststellung, daß die kommunikative 32 33
Federman, "Imagination as Plagiarism", p. 566. In Extremfällen können intertextuelle Spuren nur von Rezipienten aus dem persönlichen Umfeld des Autors eruierbar sein. Daß dergleichen auch in anderen semiotischen Systemen möglich erscheint, zeigt Hans Körners Analyse zweier Titelblattentwürfe Edouard Manets, die von einem "Netz von privaten Anspielungen" durchzogen sind: "Die Anspielungen konnten verstanden werden von jenem Kreis von Dandys, Boulevardiers und Bohemiens, dem Manet ebenso angehörte wie Baudelaire und Delvaux. Dieser Kreis von 'esprits libres' war der eigentliche Adressat von Manets Chiffrierkunst." ("Obszöne Metaphorik und peinture pure", S. 242.)
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Intention Hörer, die den Spracheode beherrschen, präsupponiert,34 gilt selbstverständlich auch für den Spezialfall unmarkierter intertextueller Kommunikation. Indem sich ein Autor an ein literarisch vorgebildetes Publikum wendet, gilt es, diesem Publikum den ennui einer pleonastischen Informationsvergabe zu ersparen, bzw. ihm ein zusätzliches ästhetisches Stimulans durch gezielte Verrätselung der Textoberfläche zu verschaffen. Als klassisches Beispiel mag hier Fieldings Vorwort zu Joseph Andrews angeführt werden, wo der Autor die zahlreichen im Text vorkommenden Anspielungen ankündigt als "not necessary to be pointed out to the Classical Reader, for whose Entertainment those Parodies ·1 or Burlesque Imitations are chiefly calculated".35 Denkbar ist in diesem Zusammenhang sogar der Fall einer Rekonstruktion des status quo ante, wie sie etwa James Joyce durch die Streichung der auf die Episoden der Odyssee verweisenden Kapitelüberschriften im Ulysses exemplarisch vorführte. Die Zielgruppe, die einen Verzicht auf Markierung zu goutieren weiß, kann freilich von Fall zu Fall sehr unterschiedlich definiert sein und ist nicht notwendigerweise mit einer Elite hochbelesener literarischer Gourmets gleichzusetzen. Auch der regelmäßige Leser von 'Schemaliteratur' verfügt über ein genrespezifisches Hintergrundwissen, das ihn als quasi-elitären Adressaten qualifiziert. Entscheidend ist hierbei also weniger das ästhetische Niveau eines Textes als vielmehr die Tatsache, daß eine jeweilige implizite Leserrolle nicht durch überflüssige Markierungen in Frage gestellt wird. Auf der anderen Seite bringen es derartige Fälle von innuendo zwangsläufig mit sich, daß eine Referenz denjenigen Rezipienten verborgen bleibt, die nicht über das erforderliche Hintergrundwissen verfügen. Dieser Effekt kann vom Autor entweder billigend in Kauf genommen werden oder aber das eigentliche Ziel der Nichtmarkierung darstellen, etwa in dem Bestreben, einer politischen oder moralischen Zensur zu entgehen: Ein offener Verweis auf tabuisierte Werke bzw. Autoren wäre etwa im England des 17. Jahrhunderts ebenso sicher auf geistlichen wie in frühviktorianischer Zeit auf verlegerischen Widerstand gestoßen.
Verzicht auf Markierung transparent. 36 So konnte Wilkie Collins zweifellos davon ausgehen, daß seinem Lesepublikum auch ohne Markierung sowohl die inhaltlichen Implikationen von Baron Foscos anmaßender Formulierung "tcame, saw, and conquered Fairlie"37 ins Auge springen würden als auch die formale Parallele zwischen Foscos ÄUßerung und dem zitierten Original, die beide Teil ~iner brieflichen Mitteilung sind. Zu vermuten ist somit eine generelle Korrelation zwischen dem Bekanntheitsgrad eines jeweiligen Referenztextes in einem spezifischen historischen Kontext und der Bereitschaft zur Signalisierung einer Bezugnahme auf diesen. Durch einen Verzicht auf Markierung entzieht sich ein Autor in derartigen Fällen von vornherein dem Vorwurf der Pedanterie. In anderem Zusammenhang räumte Kingsley Amis unverblümt ein, daß ein Autor aus Furcht, für kleinlich oder wichtigtuerisch gehalten zu werden, auf (Über-)Markierung verzichten kann. Amis führt hierzu aus: The astute reader will have guessed that I'm quoting here from Mr Fleming's text. If I put in quotation marks no guessing would be necessary. But to do this with short extracts like this one always, to my mind, looks fussy and can seem sardonic, so I've avoided it [... ].38
Parallel hierzu ist der Verzicht auf eine explizite Identifizierung des Referenztextes bei markierten Rekursen zu sehen, so im Fall des folgenden Milton-Zitats, dessen Herkunft Jane Austen mit gutem Grund als bekannt voraussetzte: "I consider the blessing of a wife as most justly described in those discreet lines of the poet, 'Heaven 's last best gift. ",39 Ein Verzicht auf Markierung kann in dieser dritten Kategorie aber auch erzähltechnisch bedingt sein, etwa dadurch, daß eine literarische Figur einen intertextuellen Bezug herstellt, ohne sich dessen bewußt zu sein. In Hardys Jude the Obscure beispielsweise wird Arabella durch eine solche Narrationsstrategie zum Opfer dramatischer Ironie: Nachdem sie
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Zu (3): Hat ein literarisches Zitat den Status eines geflügelten Wortes angenommen und kann infolgedessen als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, so bleibt der Zitatcharakter in der Regel auch bei einem 37
34 35
V gl. Culler, Structuralist Poetics, p. 30. Fielding, foseph Andrews, p. 4.
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Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang allerdings, daß das Erscheinen eines geflügelten Wortes in einem Text vom Leser als Codewechsel empfunden werden kann und somit als implizit markiert zu betrachten wäre. Im übrigen darf diese Form des Zitats, das immer noch einen literarischen Kontext evoziert, nicht mit dem Zitat eines (kontextfreien) Sprichworts gleichgesetzt werden. Collins, The Woman in White, p. 563. Amis, The farnes Bond Dossier, p. 20. Austen, Mansjield Park, p. 43.
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Jude mit Hilfe einer vorgetäuschten Schwangerschaft in die Ehe gelockt hat, ist sie aus naheliegenden Gründen gezwungen, früher oder später die Wahrheit preiszugeben. Als es schließlich zu dem unausweichlichen Geständnis kommt, versucht sie, ihren konsternierten Ehemann mit den Worten zu besänftigen, "What's done can't be undone.,,4o Mit Sicherheit ist sich Arabella in dieser Situation nicht bewußt, daß sieLady Macbeth zitiert,41 sie kann diesen intertextuellen Bezug folglich auch nicht durch entsprechende Markierungen reflektieren. Gleichwohl liegt es offenbar im Interesse des Autors, daß der Leser die alludierte Figur eruiert, werden dadurch doch auf elegante Weise zwei Frauengestalten parallelisiert, denen ein entscheidender Anteil am tragischen Untergang ihrer jeweiligen Partner zugewiesen werden kann. An diesem Beispiel erweist sich, daß es unter funktionalen Aspekten einen erheblichen Unterschied macht, ob ein Verzicht auf Markierung im inneren oder äußeren Kommunikationssystem eines Textes erfolgt. Wie das weiter unten ausführlich zu diskutierende Beispiel von David Lodges Roman Ginger, You're Barmy zeigt, ist die Nichtmarkierung im inneren Kommunikationssystem häufig Bestandteil der Diskursstrategie einer Figur und hat als solche entscheidenden Anteil an deren Charakterisierung. 42 In Ergänzung zu den bislang genannten Ursachen kann die Nichtmarkierung einer intertextuellen Bezugnahme mit dem Herunterspielen eines Einflusses, mit einer gewollten Herabsetzung in der Hierarchie relevanter Referenztexte einhergehen. Freilich ist hier auch der umgekehrte Fall denkbar, wonach die Absenz einer Markierung als solche ostentativ eingesetzt wird: Der Leser stutzt dann gerade deswegen, weil ein zu erwartendes Zitat nicht verbalisiert wird, d.h. eine bestimmte erwartete Referenz bleibt bewußt aus und erscheint so als auffällige Leerstelle im präsenten Text, die nur durch den Rekurs auf einen spezifischen Referenztext zu füllen ist. In ,diesem Sinne erklärt sich beispielsweise das Vorgehen Margaret Drabbles in ihrem Roman The Gates 0/ Ivory, wo die Wiederaufnahme eines Fadens aus ihrem vorausgegangenen Roman A Natural Curiosity durch zwei re-used /igures ins Leere führt und auch eine überraschend auftretende auktoriale Erzählerfigur ein spielerisch-prätendiertes Nichtwissen zur Schau stellt, die den Leser erst recht zu einer Verifizierung der Reminiszenz motiviert: 40 41 42
Hardy, Jude the Obscure, p. 106. Vgl. Shakespeare, Macbeth, III,ii,12. S.u., Kap. 6.1.
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A fatal curiosity. He remembers invoking -that phrase once while dining with his friend Liz Headleand in Bertorelli's at the beginning ofthe year. Her memory ofthis conversation is vague and defective, and so is his, and so is mine, but it had nevertheless taken place, and it lingers on in both their recollections and in the limbo of my old Amstrad word processor like a formative shadow. 43
5.3. Die Rezipientenorientiertheit als Grund/unktion markierter Intertextualität
Ihre 'natürliche' Funktion scheint die Markierung von Intertextualität dann wahrzunehmen, wenn sie als kommunikatives Bindeglied zwischen Autor und Leser den präsenten Text sinnstützend oder sinnerweiternd beleuchtet, um so eine adäquate Rezeption zumindest zu begünstigen. In der Forschung wird in diesem Zusammenhang häufig die Überzeugung zum Ausdruck gebracht, daß die wesentliche Funktion intertextueller Markierung auf die (partielle) Nivellierung einer behaupteten Opposition zwischen Durchschnittsleser und Literaturkenner gerichtet sei. Implizit kommt dies beispielsweise bei Peter H. Neumann zum Ausdruck, der im Rahmen seiner kritischen Momentaufnahme "der modernen Literatur" moniert, daß eine deutliche Zunahme literarischer Anspielungen, die für das Verständnis eines Textes von zentraler Bedeutung sind, mit einer rückläufigen Entwicklung desjenigen Lesepublikums einhergeht, das fähig ist, solche Anspielungen zu verstehen, weil "dieser Zitat-Typ so viel an Bildung und Unterscheidungsvermögen voraussetzt wie sonst kein anderer". 44 Wenn demzufolge eine Figur in David Lodges Small World bekundet "I respect a man who can recognize a quotation. It's a dying art.",45 so könnte man geneigt sein, intertextuelle Markierungen als Therapeutikum zu betrachten, das den dahinsiechenden Patienten der Allusions43 44 45
Drabble, The Gates o/Ivory, p. 84. Neumann, "Das Eigene und das Fremde.", S. 304. Lodge, Small World, p. 245. - Ein Beispiel dafür, wie sich eine Figur durch Erkennen eines unmarkierten Zitats den Respekt ihres Gesprächspartners erwirbt, findet sich auch in William Goldings Roman The Paper Men: ,,'Age and decay. No, Rick, duty and dereliction leads me back to solitude.' 'Shelley.' I had to respect that, however unwillingly, because I only knew the quotation by a freakish chance. The line was in Shelley's scraps, not in his published works." (pp. 58-59).
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kompetenz indirekt am Leben erhält. Solchermaßen als Verständnisoder Interpretationshilfe für den weniger alerten Leser eingesetzt soll die Markierung einen kognitiven Prozeß initiieren, der sich, stark vereinfacht, aus folgenden Einzelschritten konstituiert: (1) Irritation durch Wahrnehmung eines Störfaktors im Verlauf der Rezeption (2) Identifizierung des Störfaktors als Referenzmarkierung (3) Identifizierung des Referenztextes46 (4) Aktualisierung von Konnotationen, die im Zusammenhang mit dem Referenztext freigesetzt werden (5) Übertragung relevanter Konnotationen auf den präsenten Text (6) Schlußfolgerungen für die Interpretation Kann der Adressat der intertextuellen Botschaft bis zu Punkt (3) dieses Modells noch weitgehend als "Objekt der ihn steuernden Signale"47 gelten, so setzt spätestens mit Schritt (4) eine kreative Eigenleistung des Rezipienten ein, die der Autor, wenn überhaupt, nur noch bedingt steuern kann. Ob diese Sequenz interpretatorischer Schritte jedoch überhaupt zustande kommt, hängt entscheidend von Punkt (1) ab. Der 'Störfaktor' intertextuelle Markierung fungiert hierbei als Initialschub, wobei das Energiepotential dieser Schubkraft aus den sekundären Entscheidungen über die jeweilige Art der Markierung resultiert. Der spektakuläre Fall eines post festum mit Fußnoten versehenen Waste Land scheint eine Bereitschaft zur Gewährung von Hilfestellungen bei der Textauslegung ebenso zu belegen wie zahllose metatextuelle Reflexionen von Autoren, die sich ungeachtet der poststrukturalistischen Revision der Rollenverteilung ästhetischer Kommunikation bis in die jüngste Zeit belegen lassen. In seinem Vorwort zu der deutschen Ausgabe von The British Museum Is Falling Down bedauert beispielsweise David Lodge seinen ursprünglichen (zwü;chenzeitlich revidierten) Verzicht auf Markierungen. Dabei ist Lodges Hinweis auf die angestrebte Vermeidung nationalitätsbedingter (und somit akzidentieller) Interpretationshemmnisse besonders aufschlußreich: Die Parodien waren ja nicht als etwas zum Verständnis des Buches absolut Unerläßliches gedacht, sondern sollten auf einer weiteren Ebene 'zusätzliches Interesse und Vergnügen bereiten. Später habe ich diese Ent46
47
In diesem Modell ist der Einfachheit halber unterstellt, daß die Markierung eine eindeutige, 'korrekte' Verweis richtung vorgibt. Jauss, "Zur Metaphorik der Steuerung", S. 464.
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scheidung bedauert und meine heute, daß der Leser verlangen kann, auf spezielie Aspekte eines Romans hingewiesen zu werden. [... ] Es liegt auf der Hand, daß die Parodien die deutsche Leserschaft vor besondere Probleme stellen, [... ] es wäre zu viel verlangt, vom deutschen Leser zu erwarten, daß er - von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen - die literarischen Vorlagen, aus denen sich die einzelnen Stilelemente herleiten, ohne weiteres erkennt. 48
Tatsächlich erscheint die Notwendigkeit einer expliziten paratextuellen Markierung der Referenzen hier insofern gegeben, als die Transparenz der eingewobenen Anspielungen durch den zusätzlichen Filter des Sprachwechsels reduziert wird. 49 Lodges einleitende Begründung für das Fehlen expliziter Markierungen in der Muttersprache gestattet aber gerade einen Umkehrschluß darauf, wann ihm ein Verzicht auf Markierungen auch dort nicht legitim erschienen wäre, nämlich dann, 48
49
Lodge, Adamstag, S. 12-13. Über die Ursachen und Folgen seines Verzichts auf Markierung äußert sich Lodge in der britischen Ausgabe des Romans wie folgt: "When the novel was in production [... ] I discussed with my editor [... ] the advisability of drawing attention to the parodies in the blurb on the dust jacket. He was against doing so, and I accepted his advice. I later came to think that the reader is entitled to a hint about what to look for in the book. Very few reviewers recognized the full extent of the parodies, and a surprising number made no reference to them at all. [... ] When an American edition was published later, the blurb carefully drew attention to the parodies, and they were duly noticed and generally approved." ("An Afterword" to The British Museum Is Falling Down, p. 171.) Gerade im Zusammenhang mit Sprachbarrieren entstehen Verständnispro: bleme, die ein Autor bei der Markierung literarischer Referenzen bedenken muß, sofern er fremdsprachige Ausgaben nicht der alleinigen Kompetenz von Übersetzern und Herausgebern überantworten möchte. Das Dilemma, mit dem ein Autor dabei unweigerlich konfrontiert wird, illustriert E. E. Kellett anschaulich am folgenden Beispiel: ,,1 remember very c1early showing a page of a very allusive author to a friend of mine, an Englishman who had been educated in Germany. The page contained no fewer than thirteen veiled quotations. My friend could speak English as well as I: but, his reading having been mainly in German literature, every one of the quotations passed him by; as, doubtless, similar allusions in a German author of the same kind would pass me by. He complained that there was no hint to give him warning: there ought, at least, he said, to have been inverted commas. But I objected that this would have drawn too much attention to the quotations: the author's desire was simply to give the reader a slight titillation ofthe memory - a gentle feeling that this was the old refurbished." (Kellett, Literary Quotation and Allusion, p.11.)
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wenn es sich bei den fraglichen Textpassagen um etwas Substanzielles, etwas "zum Verständnis des Buches absolut Unerläßliches" gehandelt hätte. Für diesen Fall impliziert Lodge (und dies sicherlich stellvertretend für viele Autoren) einen Handlungsbedarf im Sinne der Grundfunktion intertextueller Markierung. In Extremfällen kann dieser Funktionstypus von einer ergänzend hinzutretenden Erläuterung zu einer eigenständigen Bedeutungseinheit anwachsen, der schon quantitativ erhebliches Gewicht beigemessen wird. Ein Beispiel hierfür bildet Anthony Burgess' Orwell-Replik 1985, wo Referenztextbezug und Autorenintention auf 90 Seiten in unterschiedlichen quasi-expositorischen Textsorten, die freilich integrale Bestandteile dieses Romans bilden, offengelegt und kommentiert werden. In diesem Zusammenhang wird auch die Frage relevant, ob zur Markierung von Intertextualität konventionalisierte Indikatoren bereitstehen. Wie ein exemplarisches Zitat aus einem verbreiteten Leitfaden zum Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten belegt, stehen etwa graphemische Markierungen in der latenten Gefahr, dort als aufdringlich empfunden zu werden: Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, daß viele dieser Hervorhebungen im allgemeinen Schriftbrauch unüblich sind. Sie bringen Unruhe in das Schriftbild und können in einigen Fällen auch Verwirrung stiften. Ehe man sie einsetzt, sollte man sich darum wenigstens zwei Dinge fragen: 1. Läßt sich die gewünschte Steigerung der Aufmerksamkeit nicht ebenso wirkungsvoll durch syntaktische Mittel, d.h. durch geschicktes Plazieren der in Frage stehenden Wörter in emphatische Satzpositionen erreichen? 2. Ist das gewählte optische Verfahren nicht schon für die Auszeichnung ganz bestimmter Sachverhalte (Literaturtitel, fremdsprachiger Einschub, Zitat o.ä.) reserviert?50 '
Überträgt man diese Argumentation auf die Verfahren intertextueller Markierung in poetischen Texten, so werden mehrere Parallelen erkennbar: Auch hier stiften Markierungen insofern 'Verwirrung', als sie die Komplexität eines Textes erhöhen. Dieser Effekt ist jedoch bei der Markierung von Intertextualität gerade beabsichtigt, die Verwirrung wird im positiven Sinne als kreativer Impuls instrumentalisiert. Der von Poenicke empfohlene Verzicht auf typographische Markierungen zugunsten emphatischer Positionierung - mit anderen Worten eine Rücknahme expliziter zugunsten impliziter Markierung - mag auch 50 Poenicke, Duden: Wie ver/aßt man wissenschaftliche Arbeiten?, S. 126.
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unter ästhetischen Gesichtspunkten wünschenswert erscheinen, doch ist diese Frage in poetischen Texten weniger an Konventionen als an eine jeweilige Wirkungs absicht gekoppelt. Zwar haben sich auch im Bereich intertextueller Markierung gewisse typographische Konventionen herausgebildet, so daß eine habituelle Reservierung konkreter Markierungsarten für spezifische Formen der Bezugnahme nicht völlig auszuschließen ist, wie etwa der Kursivdruck zur (an sich redundanten) Kennzeichnung fremdsprachiger Zitate. Je nach Textsorte und Nationalliteratur variieren derartige Konventionen jedoch erheblich und bleiben im Bereich poetischer Textgestaltung prinzipiell unverbindlich. Die funktionalen Spielarten rezeptionslenkender Markierung können sich daher auch als programmatische Alternativposition manifestieren, nämlich als Negierung einer verbindlichen Auslegung des präsenten Textes. Im intertextuellen Dialog tritt dabei der Aspekt des prodesse zugunsten des de/ectare in den Hintergrund, so daß die Markierung als Einladung zum spielerischen Umgang mit einer als pla(y)giarism verstandenen Literatur funktionalisiert wird. 51 Häufig ist es die Kunst der intertextuellen Bezugnahme selbst, die in den Mittelpunkt des Interesses gerückt werden soll und sich dem Rezipienten als selbstzweckhaftes jeu d'esprit mitteilt. Im Rahmen einer Skalierung von Zugriffs- bzw. Markierungsarten in Finnegans Wake gelangt beispielsweise James Atherton zu der Erkenntnis, daß die intertextuellen Verweise eines Autors selbst im Falle expliziter Markierung derart undurchsichtig bleiben können, daß sie nicht länger eruierbar sind und vom Leser daher als Spielangebot aufzufassen sind: Joyce intended, by his quasi-encyc1opaedic naming of authors and books, to subsume their work into his own. It may have been his intention simply to use them as decoration, and to thicken the texture of his prose. His aims are doubtful, but his practice is obvious: many ofthe Irish writers he is satisfied to name, for others he quotes only the title of one of their books, more rarely he gives simply a short distorted quotation from one of their books, occasionally he uses the book at some length. 52
Vergleichbare ludische Strategien liegen besonders häufig postmodernen Werken zugrunde. Der Text kann dabei die Beziehungsvielfalt collagenartig überblendeter Referenztexte amalgamieren und mit diesen .ebenso spielerisch verfahren wie Friedrich und Philine in Wil51 Zum Begriff "pla(y)giarism" vgl. Federmann, Take It or Leave It. 52 Atherton. The Books at the Wake, p. 90.
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helm Meisters Lehrjahren, die sich ihre Lektüre vom Takt der Sanduhr
diktieren lassen. Indem ein solches Netzwerk intertextueller Verweise durch Markierung aufgedeckt wird, verlagert sich die Rezeption von der Rätselstruktur zur Puzzletaktik, von der Textarchäologie zur Entertainment-Funktion. Deutlich greifbar wird diese Funktion von Markierungen in den Romanen Peter Ackroyds. In einer Studie zu dessen Erzählstrategien konnte Annegret Maack 1993 zeigen, wie Ackroyd die explizit signalisierte Präsenz fremder Texte und Autoren dazu nutzt, die tradierte Rolle des Autors als bedeutungskonstituierender Instanz zu dekonstruieren. Ganz im Sinne Roland Barthes soll der Leser "die Vollendung der angeblich unvollendeten Romane übernehmen und die Kette der Spiegelungen und Echos weiter fortsetzen".53 Dabei sind es gerade die 'Regieanweisungen' der von Ackroyd gesetzten Markierungen, die eine solche Rezeptionshaltung nicht nur motivieren, sondern auch kanalisieren. In ähnlicher Weise ist das Zusammentreffen eines Zeitreisenden mit William Shakespeare in Anthony Burgess' Roman Enderby's Dark Lady geeignet, den Rezipienten zu einer Neuorientierung in seinem Verhältnis zum Kunstwerk zu veranlassen. Burgess führt hier die poststrukturalistische Problematik um Originalität und Authentizität literarischer Texte spielerisch-parodistisch in einen unauflösbaren Widerspruch: Shakespeare kopiert in dem Roman eine Ausgabe von The M erchant 0/ Venice, die der Zeitreisende aus der Zukunft mitgebracht hat, so daß die Frage nach dem geistigen Ursprung dieses Werkes in die Abgrüpde eines logischen Paradoxons gezogen wird und dadurch jegliche Relevanz einbüßt. 54 Über die bislang genannten Funktionen hinaus zielen Autoren, die markierte Intertextualität nicht nur als Hilfestellung für die Textauslegung einsetzen, sondern sie mit imperativischen Leseanweisungen verknüpfen, um ihr Lesepublikum zu einer konkreten Verhaltensaktivität zu veranlassen. Als stärkste Triebfeder dieses Funktionstypus erweist sich meist eine gezielt didaktische, oft moralistische Intention. In den Romanen Daniel Defoes beispielsweise verlangt der ausgeprägte missionarische Anspruch im Sinne puritanischer Erbauung nach einer deutlichen Markierung der zahlreichen Rekurse auf die Bibel, die nicht nur explizit zitiert wird, sondern auch als physisches Objekt Intertextuali-
tätshandlungen initiiert. 55 Auch Henry Fielding legt in Joseph Andrews deutlich lesbare Spuren zu Richardsons Pamela, um einerseits hypocrisy und affeetation als negativ besetzte Verhaltensmuster zu entlarven und dabei gleichzeitig ein kontrastiv angelegtes virtue-Konzept zu propagieren. Sowohl Defoe als auch Fielding sahen sich angesichts eines subjektiv als pathologisch empfundenen Sozialverhaltens - zunehmende Säkularisierung und Abkehr von tradierten puritanischen Glaubenswerten einerseits, heuchlerische Tugend- und Moralbegriffe andererseits dazu veranlaßt, erzieherisch auf ihre Leserschaft einzuwirken. Im Kontext der vorliegenden Thematik erscheint die Tatsache bemerkenswert, daß zur Umsetzung dieser didaktischen Intentionen Referenztexte herangezogen wurden, die funktional in völlig unterschiedlichen Bezugsverhältnissen zu ihren neuen textuelIen Umgebungen stehen: Während Defoe die Bibel als Autorität und normative Instanz in seine Romane einschreibt, etabliert Fielding eine Norm gerade qua Dekonstruktion des Referenztextes. Durch diese gegenläufige Vernetzungsstrategie führen die beiden Beispiele zu der wichtigen Einsicht, daß hier die leserorientierte Funktion eines intertextuellen Zugriffs dem Problem der Affirmation vs. Destruktion der Vorgaben des Referenztextes übergeordnet ist. Der hohe Stellenwert, den der persuasive Appell an den Leser in der funktionalen Hierarchie dieser Texte genießt, findet seinen Ausdruck nicht zuletzt in der entsprechend expliziten Markierungspraxis. Werbestrategische Gesichtspunkte bilden schließlich den Hintergrund für eine triviale Ausprägungsform der rezipientenorientierten Grundfunktion, wenn intertextuelle Markierungen zum Einsatz gelangen, um eine spezifische Zielgruppe zu Erwerb und Lektüre eines Textes zu animieren. Augenfällig wird dies im Fall von Markierungen, die auffrühere, bekannte und erfolgreiche Texte aus dem Korpus desselben Autors rekurrieren. Eine in diesem Sinne markierte Referenz muß zwar nicht notwendigerweise zu einer Auflagensteigerung führen - sie kann Erwartungshorizonte auch kanalisieren und damit selektiv auf das potentielle Lesepublikum einwirken; daß solche Markierungen in der Regel freilich von ökonomischem Wunschdenken getragen sind, verraten transparente Formulierungen wie "Author of the Bestse/ling
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Maack, "Der Roman als 'Echokammer"', S. 333. Burgess, Enderby's Dark Lady, pp. 142-160.
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Vgl. etwa Robinson Crusoes Bergung einer Bibel aus dem Schiffswrack und den erheblichen Einfluß ihrer späteren Lektüre auf den Fortgang der Handlung.
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Earthly Powers".56 Solche Hinweise auf eine gemeinsame Urheberschaft
zweier Texte implizieren eine thematische und stilistische Kohärenz, die schon zu jenen Zeiten konkrete Vorerwartungen wecken sollten, als sich Autoren noch hinter Herausgeberfiktionen zu verbergen pflegten: "Published by the Editor ofPamela".57 Die ausgeprägte Appellstruktur derartiger Markierungen zeigt sich vor allem dann, wenn die mittels Titelindizierung jeweils geschaffenen Erwartungshorizonte semantisch weder durch den Referenztext noch durch den manifesten Text motiviert sind. Ein Beispiel hierfür liefert der dritte Teil von Anthony Burgess' Enderby- Tetralogie. Während der zweite Band dieser Romanfolge (Enderby Outside, 1968) im Titel noch deutlich an seinen Vorgängertext (Inside Mr Enderby, 1963) anschließt und damit seinen Fortsetzungscharakter signalisiert, erschien der dritte Band 1974 unter dem Titel The Clockwork Testament und gibt sich erst im Nebentitel, Enderby's End, als Fortsetzung der beiden Referenztexte zu erkennen. Der Titel The Clockwork Testament stellt freilich seinerseits eine Markierung dar und verweist implizit auf den unmittelbar voral,lsgegangenen Erfolg der filmischen Adaption von Burgess' Roman A Clockwork Orange. Die Wiederholung des Signallexems "Clockwork", für das ein großer Teil des zeitgenössischen Lesepublikums in erheblichem Maß sensibilisiert war, prätendiert eine Fortsetzung dieses Kultstoffes und legt somit in exemplarischer Weise offen, daß vermeintliche Intertextualitätssignale eine weitgehend bedeutungsleere Appellstruktur besitzen können, die für den evozierten Referenztext ebenso irrelevant ist wie für den manifesten Text. Im Gegensatz hierzu stehen die stärker text- bzw. referenztextorientierten Funktionen von Markierung.
5.4. Dezentrale Aspekte der Grund/unktion 5.4.1. Re/erenztextorientierte Funktionen The existing monuments form an ideal order among themselves, which is modified by the introduction ofthe new (the really new) work of art among them. The existing order is complete before the new work arrives; for order to persist after the supervention of novelty, the whole existing order must be, if ever so slightly, altered; and so the relations, proportions,
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Burgess, The End oi the World News. U 1. (Emphase J.H.) Richardson, Clarissa, Titel.
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values of each work of art toward the whole are readjusted; and this is conformity between the old and the new. 58
Aus dieser Diagnose T. S. Eliots läßt sich mutatis mutandis eine referenztextorientierte Funktion von Intertextualität ableiten. Das Schlagwort vom 'Dialog der Texte' impliziert, daß ein Referenztext nicht nur einseitig sinnkonstituierend auf einen post-Text einwirkt, sondern daß auch umgekehrt seine Bedeutung durch einen Folgetext modifiziert wird. 59 Konsequent weitergedacht ist somit jeder A1lusion in einem poetischen Text insofern eine mehrschichtige referentielle Funktion inhärent, als sie erstens auf einen spezifischen Vorgängertext verweist, diesen aber gerade aufgrund der Referenzindikation zugleich unweigerlich in seiner Bedeutung re-codiert. Der quantenmechanischen Unschärferelation vergleichbar bewirkt daher der alludierende (ebenso wie der diskursiv-analytische) Zugriff auf das komplexe System 'Referenztext' dessen unvermeidbare Modifizierung. Im Kontext markierter Intertextualität erscheint es indes sinnvoll, von einem referenztextorientierten Funktionstypus nur dann zu sprechen, wenn das betreffende Werk gezielt vor dem Hintergrund eines spezifischen Textes konzipiert wurde und ohne Kenntnis dieses literarischen Zusammenhangs nicht adäquat rezipiert werden kann. Dies gilt insbesondere für stark intertextuell disponierte Textsorten wie Replik, Parodie oder Fortsetzung, die über ihr Bezugsverhältnis zu konkreten literarischen Vorgängern definiert sind und für die der intertextuelle Bezug die conditio sine qua non bildet. Die Zusatzcodierung eines Referenztextes kann sich in ihren Extremfällen als explizit affirmative Bedeutungsbestätigung oder als radikale Destruktion von dessen ursprünglicher Aussageintention niederschlagen, wobei im letzteren Fall treffender von 'Neucodierung' zu sprechen wäre. Innerhalb dieser Skala gliedern sich die Relationsmodi entsprechend in affirmativ-rekonstruierende, neutrale und kritischdistanzierende Funktionstypen, wobei Konsens und Dissens sowohl totaler als auch partieller Art sein können. 6o 58
59
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Eliot, "Tradition and the Individual Talent", p. 50. Auch Holthuis erkennt hier ein Forschungsdesiderat, das "in vielen Intertextualitätskonzeptionen zwar programmatisch festgelegt, in den konkreten Analysen dann aber in den meisten Fällen vernachlässigt wird". (lntertextualität, S. 215.) Zu den möglichen Auswirkungen totaler oder partieller Relationsmodi auf
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Im Kontext sinnstützender Relationsmodi kann der jeweilige Affirmationsgrad eines Textes erheblich variieren - von ostentativ epigonalen Fortschreibungen über eine wohlwollend-kritische Disposition, die ergänzende oder aktualisierende Variationen des Referenztextes generiert, bis zu neutralen und nur noch indirekt affirmierenden Synonymitätsrelationen wie Sprachwechsel, Gattungswechsel und Medienwechse1. 61 Der intertextuelle Zugriff kann dabei zunächst dazu dienen, dem präsenten Text den Charakter einer Hommage an ein ausgewiesenes, bewund~rtes oder gar als unerreichbar empfundenes Vorbild zu verleihen, wobei dieses Vorbild sowohl ein Autor als auch ein Text sein kann. Der Einsatz von Markierungen geht hier allerdings mit der Gefahr einher, das Gegenteil des Gemeinten zu erreichen: In den Augen des Rezipienten vermag eine Markierung die Hommage möglicherweise zu schmälern, da sie im Gegensatz zu einer unmarkierten Referenz dem zu Ehrenden oder dem zu würdigenden Text scheinbar unterstellt, markierungsbedürftig bzw. nicht bekannt genug zu sein. Konstitutiv wird Markierung hingegen im Texttypus der Fortschreibung. Anders als beim Plagiat, wo die Spuren eines intertextuellen Bezugs möglichst verwischt werden sollen, bekennen sich Fortschrei-
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den Komplexitätsgrad intertextueller Markierung vgl. auch Füger, "Intertextualia Orwelliana", bes. S. 182-184. Letztere Relationen wären freilich nicht mehr unter dem Aspekt der Referenz, sondern der Texttransformation zu betrachten. Es soll in diesem Zusammenhang daher ausreichen, exemplarisch auf das Phänomen der novelization hinzuweisen, also auf das Entstehen eines Romans nach einer Filmvorlage, das eine Umkehrung des üblichen Adaptionsverhältnisses darstellt. Derartige Fälle sind für die vorliegende Thematik deswegen interessant, weil hier werbestrategische Automatismen dazu geführt haben, einen quasi-obligatorischen Kanon intertextueller Markierung zu etablieren, nämlich (1) die Identität von Film- und Romantitel, die mitunter sogar zu einer Umbennung von Romanen führt, die im Sog einer erfolgreichen Verfilmung neu aufgelegt werden. So mußte Philip K. Dicks ebenso origineller wie schwerfälliger Romantitel Do Androids Dream of Electric Sheep? (1968) nach dessen Verfilmung durch den britischen Regisseur Ridley Scott 1982 dem prägnanteren Blade Runner weichen. (Dieser Titel zitiert seinerseits - inhaltlich allerdings kaum nachvollziehbar - den 1974 publizierten Roman Blade Runner von Alan E. Nourse.) Im Rahmen der Titelperipherie wird (2) das Adaptionsverhältnis explizit aufgedeckt und dabei (3) zwar auf Qualität und Rezeption des adaptierten Films, nicht jedoch des aktuell vorliegenden Buches rekurriert.
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bungen offen zu einem epigonalen Status im Sinne einer unkritischen und ungebrochenen literarischen Kontinuität. Die Markierung der Bezugnahme ergibt sich hier nahezu zwangsläufig aus dem Bestreben eines Autors, eine (tatsächliche oder behauptete) intertextuelle Nähe zum Referenztext suggestiv im Bewußtsein des Rezipienten zu verankern. Exemplarisch spiegelt sich diese Disposition in dem immensen literarischen Recycling-Ausstoß wider, der gewöhnlich im Kielwasser von Bestsellern zu beobachten ist und jüngst, "im Zeitalter der unendlichen Reproduzierbarkeit",62 zu inflationären Fortschreibungen von Romanklassikern geführt hat, wobei der angestrebte Schulterschluß mit den jeweiligen Referenztexten ausnahmslos mit größtmöglicher Deutlichkeit signalisiert wird. 63 Da Texte nur im Ausnahmefall einen konkreten Möglichkeitshorizont denkbarer post-Texte entwerfen,64 besteht für Anschlußtexte, die vom Prestige oder kommerziellen Erfolg eines Vorgängertextes profitieren wollen, eine starke Motivation, ihren Fortsetzungscharakter appellativ- zu signalisieren. Wie die folgenden Beispiele verdeutlichen, dienen zur Markierung des Fortsetzungscharakters eines Textes meist markante Lexeme des Ursprungstitels, die zusätzlich durch eindeutige Fortsetzungs-markers ergänzt werden können: 65
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So A. Meyhöfer, die eine derartige Wiederverwertungsmentalität als "schandbares Geschäft mit der Literatur" brandmarkt. ("Fortsetzung folgt. .. ", S. 113.) Vgl. etwa die Wuthering Heights-Fortsetzungen Heathcliff von Lin HaireSargeant und Heathcliff von Jeffrey Caine sowie die Pride and PrejudiceAnschlußtexte Presumption von Julia Barrett und Pemberley von Emma Tennant. Alle vier Romane geben sich auf der Titelseite explizit als Fortsetzungen zu erkennen. Eine Ausnahme bildet beispielsweise Anthony Burgess' Autobiographie Little Wilson and Big God, wo ein hypothetischer Nachfolgetext bereits in dem ironisch-archaisierendem Untertitel annonciert wird: "Being the First Part of the Confessions of Anthony Burgess". Besonders originelle Signale der Serialisierung lassen sich dabei in der Kriminalliteratur beobachten, und zwar vor allem dort, wo die Titelfolgen der logisch-analytischen Disposition der Gattung nachempfunden sind: A is for Alibi, B isfor Burglar, C isfor Corpse, ... bzw. Sunday the Rabbi Stayed at Horne, Monday the Rabbi Took Off, Tuesday the Rabbi Saw Red, ... (Romantitel von Sue Grafton bzw. von Harry Kemelman)
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Titel des Referenztextes (Daniel Defoe): The Life and Strange Surprizing Adventures of Robinson Crusoe 66 Titel der autographischen Fortsetzung: 67 The F art her Adventures of Robinson Crusoe Titel des Referenztextes (Samuel Butler): Erewhon
Titel der autographischen Fortsetzung: Erewhon R e v i s i ted
Titel des Referenztextes (Emily Bronte): Wuthering Heights Titel der allographischen Fortsetzung (Anna L'Estrange): R e t u r n to Wuthering Heights Titel des Referenztextes (Dashiell Harnrnett): The Thin Man Titel der allographischen Fortsetzung (Woodbridge \Strong van Dyke): A not her Thin Man Eine markierte Anlehnung an eine literarische Tradit~on kann freilich auch als Provokation zeitgenössischer Orthodoxie gemeint sein. Die offen zur Schau getragene und programmatisch artikulierte Renaissance einer historischen Perspektive fungiert dann im Sinne des von David Lodge postulierten zyklischen Rhythmus der Literaturgeschichte als "regression to the last fashion but one".68 Die dieser Textstrategie innewohnende Ambivalenz kann in einen destruktiven Funktionstypus umschlagen, der ohne Umwege eine antagonistische Position signalisiert und direkte Kritik an konkreten Vorgängertexten äußert. Im Kontext solcher distanzierenden Funktionstypen rückt zunächst die Parodie ins Blickfeld.
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Diese und nachfolgende Emphasen I.H.: Fettdruck = Signallexem, Sperrdruck = Fortsetzungs-marker. Zu den Begriffen 'autographisch' und 'allographisch' vgl. Genette, Palimpsestes, p. 9. sowie Müller, "Interfigurality", p. 110. - In bezug auf intertextuelle Markierung wird diese Dichotomie insofern relevant, als in allographischen Fortsetzungen aufgrund der divergierenden Autorennamendie Markierung 'identischer Autor' verlorengeht, so daß eine geeignete Kompensierung an anderer Stelle zu erwarten ist. Lodge, Modernism, An timodernism, and Postmodernism, p. 9.
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Als "one of the most calculated and analytic literary techniques"69 verfehlt kaum eine Textsorte ihre Wirkung so vollständig und mit so fatalen Konsequenzen wie die unerkannt bleibende Parodie. Gemessen an der erheblichen Irritation von Autoren, deren parodistisches Anliegen von der Rezeption unbeachtet bleibt, erscheint die literarische Parodie für rezeptionslenkende Eingriffe und folglich als Anwendungsgebiet intertextueller Markierung prädestiniert. Die maßgebliche Bedeutung, die Markierungen in diesem Zusammenhang annehmen können, spricht bereits aus den Worten von Hans Robert Jauß, wenn er parodistische Texte als Idealfälle beschreibt, "die den durch eine Gattungs-, Stil- oder Formkonvention geprägten Erwartungshorizont ihrer Leser erst eigens evozieren, um ihn sodann Schritt für Schritt zu destruieren".7o Markierungen können hier also funktionalisiert werden, um einen zu parodierenden Text aufzurufen und eine intertextuell motivierte Rezeption zu initiieren. Ob die Markierung zugleich die parodistische Disposition des manifesten Textes signalisieren kann, darüber gehen die Meinungen auseinander. So behauptet. Susanne Holthuis: Zwar ist davon auszugehen, daß Parodien ihren Referenztext aufgrund entsprechender Markierungen, bzw. Rezeptionssignale, etwa in Subtiteln, Annotationen oder metadiskursiven Hinweisen indizieren, damit wird aber nicht das 'parodistische Moment' selbst signalisiert, sondern zunächst nicht mehr als der Referenzbezug. 71
Dieser Auffassung läßt sichjedoch nur teilweise folgen, denn ebenso wie den harmonischen Gleichklang mit einem Referenztext kann eine Markierung selbst in der verkürzten Darstellungsform des Titels eine antagonistische Haltung signalisieren. So markieren in Fieldings Shamela oder in John Sladeks Kurzgeschichte "The Purloined Butter" die phonetischen Ähnlichkeiten ja nicht nur den Referenzbezug, sondern kündigen auch die Art und Weise der Bezugnahme an. Erst recht erscheint es wenig einsichtig, daß Texte annotativen Charakters ein 'parodistisches Moment' nicht markieren könnten. Wie der bereits erwähnte Fall von David Lodges Roman The British Museum is Falling Down exemplarisch zeigt, bietet sich die metadiskursive Ebene gerade an, um nicht nur die parodistische Relation zu einem Referenztext auf69 70
71
Fowler, A Dictionary 0/ Modern Critical Terms, p. 137. Iauß, "Literaturgeschichte als Provokation der Literaturwissenschaft", S. 176. (Kursive I.H.) Holthuis, Intertextualität, S. 121.
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zudecken, sondern sogar die spezifischen Mechanismen zu thematisieren, welche die Parodie jeweils zur Wirkung gelangen lassen.
"'Ahaven't got time to get any water. The whole bloody hut'H go up in flames in aminute." "Then piss on it." The suggestion appealed to Norman, and ripping open his flies, he emptied his capacious bladder on to the smouldering remnants ofthe fire. "Gulliver's Travels," I said to Mike, and he grinned in acknowledgement of the reference. 72
1
Generell erscheint freilich die appellative Disposition kritischdistanzierender Anschlußtexte geringer ausgeprägt als dies bei affirmierenden Textrelationen der Fall ist. Da die meist wesentlich komplexere subversive Textrelation eine intensive Bezugnahme auf den Referenztext erfordert, verlagert sich der intertextuelle Dialog tendeI?-ziel1 von der Titelperipherie in den Binnentext. So markiert H. G. WeHs mittels des Signal1exems 'Utopia' im Titel seines postdarwinistischen Weite ntwurfs A Modern Utopia dessen Anbindung an diverse Vertreter der literarischen Utopie, deutet aber zugleich durch die programmatische Verwendung des unbestimmten Artikels den Konflikt zwischen deren überkommener statischer und der alternativ gesetzten kinetischen Utopievorstel1ung voraus. Die notwendige argumentative Auseinandersetzung mit den Vorgängertexten kann jedoch erst im Text selbst stattfinden. Auch aufgrund der für den Titel gebotenen Prägnanz läßt sich Alterität lexikalisch meist weniger eindeutig signalisieren als ein affirmativer Relationsmodus: Zwar wird durch Titelformulierungen wie 'Anti-', 'Reply to ... ' oder 'Answer to ... ' plakativ ein kontradiktorischer Anschluß markiert doch ist bereits ein Titel wie 1985, Anthony Burgess' Replik auf Geo;ge Orwells Nineteen Eighty-Four, vieldeutig auslegbar. Obwohl der Bezug zum Referenztext hier durch die starke Affinität zu dessen Titel manifest wird, bleibt zunächst offen, in welcher Relation die Texte zueinander stehen, da der Titel 1985 für sich genommen anstel1e einer Replik eher eine Fortsetzung oder auch eine Parodie assoziiert. Eine Klärung der Sachlage erbringt folglich auch hier erst der Text selbst. 5.4.2. Textorientierte Funktionen
Den referenztextorientierten Markierungen, die mittels Durchbrechung des fiktionalen Kontinuums zentrifugal aus dem aktuellen Text hinausweisen, stehen jene Markierungen gegenüber, welche die Aufmerksamkeit des Rezipienten zentripetal auf den manifesten Text fokussieren sol1en. Ein wichtiges Anwendungsgebiet für Markierungen ergibt sich dabei im Zusammenhang mit der Charakterisierung fiktionaler Gestalten. Wie das folgende Textbeispiel belegt, wird hier die Frage "akut, ob eine Markierung im inneren oder äußeren Kommunikationssystem des Textes erfolgt:
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Wenn der Ich-Erzähler von Ginger, You're Barmy angesichts der sich ihm darbietenden Situation spontan Gullivers Reise nach Lilliput assoziiert,?3 so scheint die intertextuel1e Referenz in dieser Passage vordergründig eine ästhetisierende Funktion zu erfüllen. Sie trägt nicht nur zur Charakterisierung des Ich-Erzählers bei, sondern dient auch als eomie relief, indem sie den Leser nach einem eher schwermütigen und bedrückenden Handlungsabschnitt ins Heitere, ja Burleske entläßt. Wenn Lodge den Verweis auf Swift durch zwei explizite Markierungen unterstützt - typographisch durch Kursive, sprachlich durch das Lexem "re/erenee" - so geschieht dies auf den ersten Blick offenbar deshalb, um das Wirkungspotential der Referenz nachdrücklich zur Entfaltung zu bringen. Die subtile Pointe der Markierung liegt hier jedoch in der Tatsache begründet, daß sich der Adressat Mike in einer völlig anderen Kommunikationssituation befindet als der Leser. Mike durchschaut die Implikationen der knappen mündlichen Äußerung auch ohne Markierung, denn er 'hört' weder den Kursivdruck, noch muß ihm explizit mitgeteilt werden, daß die Äußerung eine "re/erenee" beinhaltet. Die explizite Markierung der Referenz richtet sich daher ausschließlich an den Leser; das erzählende Ich erbringt mithin unaufgefordert eine zusätzliche Serviceleistung, die das erzählte Ich in der konkreten Kommunikationssituation unterlassen hatte. Unter pragmatischen Gesichtspunkten verrät dieses unterschiedliche Sprecherverhalten zunächst einiges darüber, wie sich der Sender einer intertextuellen Botschaft auf die jeweils geltenden Rezeptionsbedingungen einzustellen hat. In diesem speziellen Fal1 konnte sich das erlebende Ich darauf verlassen, daß sein Gegenüber die Sinngebung der
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Lodge, Ginger, You're Barmy, p. 98. Vgl. die entsprechende Episode in Swift, Gulliver's Travels, Part I, Chapter 4 (p. 92).
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Referenz auch ohne Markierung verstehen würde. Dadurch, daß die' intertextuelle Kommunikation in jener konkreten Sprechsituation auch ohne Markierung erfolgreich verläuft, werden indirekt die Persönlichkeiten der Kommunikationspartner, ihr gemeinsamer Bildungshintergrund und ihre Beziehung zueinander effizient charakterisiert. Als fiktiver Autor wendet sich der Ich-Erzähler hingegen an eine ihm unbekannte Empfängerinstanz und versucht daher, die Wirkung seines aphoristischen Einwurfs durch zwei explizite Markierungen abzusichern. Doch gerade aufgrund dieser Rückversicherung wird schlagartig die ironische Erzählstrategie des impliziten Autors transparent, der seinen Ich-Erzähler zu einem Akt unfreiwilliger Demaskierung zwingt und ihn in nuce als selbstverliebten Pedanten vorführt. 74 Wie das genannte Beispiel verdeutlicht, tritt bei diesem Funktionstypus die Bedeutung des Referenztextes selbst in den Hintergrund. Der einmalige und beiläufige Bezug auf Swift bleibt in seiner Wirkung auf die punktuelle Situationskomik begrenzt, er erweist sich weder als bedeutungskonstitutiv für den manifesten Text, noch wird dadurch eine Zusatzcodierung des Referenztextes nahegelegt. Funktionsträger der Sinnkomplexion ist hier also nicht der intertextuelle Bezug als solcher, sondern die Art seiner Markierung. Auf vergleichbare Weise stellt Virginia W oolf die Art der Markierung in den Dienst der Konzeption ihres Romans Mrs Dalloway, wo sich u.a. die drei folgenden Shakespeare-Zitate finden: But what was she dreaming as she looked into Hatchards' shop window? What was she trying to recover? What image of white dawn in the country, as she read in the book spread open: Fear no more the heat o'the sun Nor the furious winter's rages. [... ]
'Fear no more,' said Clarissa. Fear no more the heat o'the sun; for the shock of Lady Bruton asking Richard to lunch without her made the moment in which she had stood shiver, as a plant on the riverbed feels the shock of a passing oar and shivers: so she rocked: so she shivered. [ ... ]
So on a summer's day waves collect, overbalance, and fall; collect and fall; and the whole world seems to be saying 'that is all' more and more pon-
derously, until even the he art in the body which lies in the sun on the beach says too, that is all. Fear no more, says the he art. Fear no more, says the heart, committing its burden to some sea, which sighs collectively for all sorrows, and renews, begins, collects, lets fall. 75
Die durch insgesamt fünfmalige Wiederholung implizit markierte Einschreibung aus Cymbeline fügt sich strukturell, thematisch und formal in W oolfs Romankonzeption ein. Die Dialektik der Verse "Fear no more the heat o'the sun / Nor the furious winter's rages" reflektiert die zentralen Polaritäten und Bildbereiche von Mrs Dalloway und wird als gezielte Einstimmung auf die Themen der Vergänglichkeit und des Todes sowie als Bindeglied zwischen den kontrapunktisch angelegten Handlungssträngen um Clarissa Dalloway und Septimus Warren-Smith funktionalisiert. Die Art der Markierung paßt sich dabei psychologisch überzeugend der Fragmentarisierung der Reflexionen im Strom der Bewußtseinszustände an: Abstufungen des Explizitheitsgrades erfolgen hier je nachdem, ob die intertextuelle Spur sensorisch indiziert oder assoziativ als Teil jener "myriads of irrelevant and incongruous ideas,,76 des menschlichen Bewußtseinsstroms spontan aufgerufen wird. Etwas anders stellt sich die Situation injenen zahlreichen Fällen dar, wo ein intertextueller Rekurs aus (vorwiegend) stilistischen Gründen erfolgt. Der rhetorische Reiz liegt hierbei in der Möglichkeit einer eleganten Reduktion schwerfälliger auktorialer Einschübe. Durch die Bezugnahme auf einen Referenztext kann ein Autor so zur brevitas seines Textes beitragen, damit aber zugleich "die Gefahr der Obskurität in Kauf [nehmen], um dem sprachlichen Ausdruck die Wirkung des Suggestiven zu erschließen".77 Um eine solche Wirkung erzielen zu können, muß zu der Referenz eine explizite Markierung hinzutreten, sei es in Form von re-usedjigures, Nennung von Autoren oder durch Identifizierung von Titeln. Eine der häufigsten Referenzstrategien besteht hier im vergleichenden Zugriff auf Gestalten außerhalb der manifesten fiktionalen Welt, wobei das implizite tertium comparationis als Substitut einer ausführlichen Charakterisierung dient. Kipling genügt beispielsweise der explizite Verweis auf eine bekannte Gestalt aus Alice in Wonderland, um eine spezifische Motorik zu assoziieren: "The big things answered
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76 74
Vgl. hierzu ausführlich Kap. 6.1.
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Woolf, Mrs Dalloway, pp. 11, 38, 51. Woolf, "Mr. Bennett and Mrs. Brown", p. 323. Plett, Einführung in die rhetorische Textanalyse, S. 57.
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by bowing and waving their flippers like the Frog-Footman.,,78 In Thackerays The Newcomes manifestiert sich der Generationsunterschied zwischen Colonel N ewcome und seinem Sohn Clive auch in deren lite:rarischen Vorlieben und Wertungen, die im folgenden Beispiel wiederum durch onomastische Referenzen markiert sind: He heard opinions that amazed and bewildered hirn. He heard that Byron was no great poet, though a very clever man. He heard that there had been a wicked persecution against Mr. Pope's memory and farne, and that it was time to reinstate hirn: that his favourite, Dr. Johnson, talked admirably, but did not write English: that young Keats was a genius to be estimated in future days with young Raphael; and that a young gentleman of Cambridge who had lately published two volumes of verses, might take rank with the greatest poets of all. Doctor Johnson not write English! Lord Byron not one ofthe greatest poets ofthe world! Sir Walter a poet ofthe second order! Mr. Pope attacked for inferiority and want of imagination; Mr. Keats and this young Mr. Tennyson of Cambridge, the chiefs of modern poetic literature!What were these new dicta, which Mr. Warrington delivered with a puff of tobacco smoke: to which Mr. Honeyman blandly assented and Clive listened with pleasure?79
Im gleichen Roman zeigt sich, daß Intertextualitätshandlungen auch Rückschlüsse auf das Setting eines Textes zulassen. So erfolgt durch den Rekurs auf Oliver Twist, der als literarische Neuerscheinung vorgestellt wird, eine indirekte Datierung des entsprechenden Handlungsabschnitts auf den Zeitraum 1837/38. 80 Wie treffend eine Figur anhand ihrer bevorzugten Lektüre charakterisiert werden kann, zeigt sich besonders deutlich an Extrembeispielen. So ergeben sich zwangsläufige und fundamentale Wesensunterschiede, zwischen Charakteren wie dem durch die ästhetischen Theorien des Kipling, The Jungle Books, p. 80. Zur Figur des Frog-Footman vgl. Carroll, Alice's Adventures in Wonderland, Kap. VI. Derartige Verfahren sind nicht auf die Figurenebene beschränkt. Prädestiniert für intertextuelle Vergleiche ist - freilich aus anderen Gründen - der Fall des (noch) unbekannten Autors, der mit einem etablierten Autor/Werk verglichen wird. So erschien Fowles The French Lieutenant's Woman mit folgendem Hinweis auf dem Einband: "Anyone who enjoys 19th century fiction will be engaged by this novel, a kind oflove story set in 1867, written in the style of an uncensored and emancipated Thackeray." (Fowles, The French Lieutenant's Woman. U 4.) 79 Thackeray, The Newcomes, p. 261. 80 V gl. Thackeray, The Newcomes, p. 496. 78
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Yellow Book beeinflußten Lord Henry Wotton einerseits und Emile andererseits, dessen Lektüreerfahrung Rousseau mit Robinson Crusoe zu monopolisieren gedachteY Auch die Aufdeckung eines (uneingestandenen) Mangels an Belesenheit vermag eine Person als heuchlerisch oder ignorant der Lächerlichkeit preisgeben, wie die folgende satirische Demaskierung aus Northanger Abbey exemplarisch verdeutlicht: "Have you ever read Udolpho, Mr. Thorpe?" "Udolpho! Oh, Lord! not I; 1 never read novels; 1 have something else to do." [... ] "I think you must like U dolpho, if you were to read it; it is so very interesting." "Not I, faith! No, if 1 read any, it shall be Mrs. Radclitrs; her novels are amusing enough; they are worth reading; some fun and nature in them. ,,82
Ein weiterer Anwendungsbereich dieses Referenztypus liegt in der Spiegelung von Teilen des Sinnpotentials eines Textes durch Analogiebildungen. Dem Prinzip der dumb-show in Hamlet vergleichbar wird hierbei eine Aussagehaltung in Relation zu einem spezifischen Referenztext en miniature dupliziert und reflektiert. So hat der Agent D. aus Graham Greenes The Confidential Agent, im bürgerlichen Leben Dozent für Mediävistik, das fiktive "Berner Manuskript" des Rolandsliedes entdeckt und ediert, welches den Titelhelden in Abweichung zur kanonisierten Interpretation als "big brave fool" denunziert. 83 Die (quasi -) inte!!~tuelle Bezugnahme fungiert hier als ill}.plizite Rezeptionsanweisung, wonach-diese spezifische Destruktion des Heldenmythos zu generalisieren und auf die romantisierenden Gattungsklischees des Spionageromans zu übertragen wäre. Erkennbar wird diese Funktion auch in der folgenden Passage aus Giles Coopers Roman The Other Man: "George suddenly saw hirn [= Henry Potter] as he had been, years ago, thin and eager, telling hirn the story of a book with a weird name. All he could remember was that it was about an imaginary country where crime was regarded as a disease and disease was a crime. ,,84 Diese kurze Inhaltssynopse eines Referenztextes verweist auf die verkehrte Welt von Samuel Butlers Satire Erewhon, die ein Analogon zu der auf der 81 82 83
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Vgl. Rousseau, EmU, oder Über die Erziehung, S. 180. Austen, Northanger Abbey, p. 40. Greene, The Conjidential Agent, p. 61. Vgl. hierzu auch die Ausführungen von Schöneich, "Der Leser als Agent", bes. S. 283-284. Cooper, The Other Man, p. 174.
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I
Hypothese eines alternativen Geschichtsverlaufs basierenden kontrafaktischen Welt von The Other Man repräsentiert. Markierte intertextuelle Bezüge können schließlich auch direkten Einfluß auf den Handlungsverlauf ausüben. In Sternes Sentimental Journey beispielsweise bietet eine griflbereite Hamlet-Ausgabe nicht nur Anlaß zu hintergründiger Situationskomik, sie inspiriert auch den Protagonisten Yorick zu einem Geistesblitz, der ihm letztlich dazu verhilft, sich aus lästigen bürokratischen Verstrickungen zu befreien There is not a more perplexingaffair in life to me, than to set about telling any one who I am - for there is scarce any body I cannot give a better account ofthan ofmyself; and I have often wish'd I could do it in a single word - and have an end of it. It was the only time and occasion in my life, I could accomplish this to any purpose - for Shakespear [siel] lying upon
the table, and recollecting I was in his books, I took up Hamlet, and turning immediately to the grave-diggers scene in the fifth act, I lay'd my finger upon YORICK, and advancing the book to the Count, with my finger all the way over the name - Me Voicil said 1,85 In Extremfällen kann ein Plot fast gänzlich aus einem Referenztext abgeleitet werden. Beispielsweise erzeugt die graphemische Einblendung des folgenden (fiktiven) Handschriftfragments eine Rätselspannung, deren Auflösung die Organisation des manifesten Textes determiniert
took up the scrap of paper, a facsimile of which is here reproduced
__ ätr~iö AJ.. ~ .,u..
Derartige Funktionen markierter Intertextualität werden spätestens im Zusammenhang mit Intertextualitätshandlungen relevant, wo die agierenden Figuren selber Texte rezipieren und ihre Lektüreerfahrungen in Reflexionen und Diskussionen oder gar in aktive Handlung umsetzen. Besonders deutlich wird dies in Fällen "gelebter Literatur in der Literatur",86 wo eine individuelle Textrezeption als Voraussetzung der Handlung und Vorgabe der Handlungsstruktur fungiert. 5.4.3. Produzentenorientierte Funktionen
Markierungen kann ein Autor auch pro domo setzen. Die Aufmerksamkeit des Rezipienten soll dann weniger auf den jeweils vorliegenden Text als auf die Person des Autors selbst projiziert werden, dessen Bestreben es dann ist, zu renommieren, sich mitzuteilen, sich zu rechtfertigen, o.ä. Dabei wird ein unmittelbarer Dialog zwischen Autor und Rezipient suggeriert, bei dem der manifeste Text nur als scheinbar zufälliges Medium der relevanten Botschaft fungiert. Die Argumentation verfolgt hierbei vor allem zwei Zielsetzungen: (Selbst-)Verteidigung und Selbstdarstellung. Ein erster Aspekt dieses Funktionstypus kann im weitesten Sinn mit der Textstrategie einer 'negierten Intertextualität' umrissen werden. 87 Im Kontext markierter Intertextualität kann hier allerdings nicht die Absicht im Vordergrund stehen, "intertextuelle Abhängigkeit zu verschleiern",88 indem etwa Zitate unmarkiert bleiben oder sogar unkenntlich gemacht werden, sondern die dezidierte und deutlich markierte Leugnung einer Abhängigkeit von spezifischen Referenztexten. Motivation dieser Funktion ist mithin nicht der Versuch einer Neucodierung von Referenztexten, sondern Anxiety 0/Inj/uence,89 die einen Autor dazu veranlaßt, sich durch lautstarken (aber u.U. nur prätendierten) Bruch mit einem literarhistorischen Kontinuum gegen die als Bürde empfundene Erblast des Kanons der Weltliteratur abzugrenzen, um so die Eigenidentität zu wahren. Umgekehrt kann sich als Triebfeder dieses argumentativen Funktionstypus die Besorgnis eines Autors erweisen, mißverstanden zu wer86
Abb. 12: A. C. Doyle, "The Reigate Puzzle", p. 401.
87
88 85
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Sterne, ASentimental Journey, p. 85.
89
So der Titel des einschlägigen Werkes von Theodor W olpers. Vgl. hierzu auch Lerner, "Romantik, Realismus und negierte Intertextualität" sowie Pfister, "Intertextuelles Reisen", bes. S.112-115. Pfister, "Intertextuelles Reisen", S. 112. Vgl. Harold Blooms gleichnamige Monographie.
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den, wobei der explizite Verweis auf konkrete Fremdtexte als präventive oder retrospektive Verteidigungsstrategie gegen Anfechtungen ins Feld geführt wird. Leicht nachvollziehbar wird eine solche Strategie, wenn eine kritische Anfechtung nicht sine ira et studio erfolgt, sondern ein Autor aufgrund außerliterarischer Motive diffamiert wird, etwa im Zuge persönlicher Invektiven oder aufgrund ideologischer, ethnischer oder religiöser Vorbehalte. 9o Eine Defensivhaltung wird häufig auch von Autoren eingenommen, die in Gattungen schreiben, welche nicht oder noch nicht zum Kanon ästhetisch hochwertiger Literatur gerechnet werden und daher um Anerkennung werben (müssen). Die markierte Referenz soll hierbei als Korrektiv einer vom Autor als unangemessen empfundenen Rezeption dazu beitragen, einen Text erkennbar in die Immunität eines schützenden literarischen Bezugsrahmens zu betten und dabei implizit die Autorität der jeweils aufgerufenen Referenztexte für das eigene Produkt einzufordern. Durch entsprechende Versuche intertextueller Vernetzung wurde etwa in vielen englischen Romanen des 18. Jahrhunderts ein Prestigegewinn angestrebt. Um den zahlreichen Einwänden gegen seine Handlungsführung zu begegnen, bemühte etwa Samuel Richardson im "Postscript" zu Clarissa den literarischen Beistand von Aristoteles, Horaz und der Bibe1.91 Auch Richardsons Widersacher Henry Fielding galt der Verweis auf antike Vorbilder (oder auch nur auf die eigene klassische Vorbildung) als Argument für die ästhetische Akzeptanz seiner Romane und Abgrenzung gegenüber Autoren wie Defoe, Richardson und Cibber.
5.5. Zum Problem der Korrelierbarkeit von Arten und Funktionen intertextueller Markierung
Die Möglichkeiten der Korrelation von Arten und Funktionen intertextueller Markierung in poetischen Texten sind generell von arbiträrer Natur. Wie in jüngerer Zeit die Ergebnisse der Chaosforschung gezeigt haben, unterliegen komplexe Systeme, also auch Texte, einer nicht90
91
Meist wird diese spezifische Funktion der Markierung auf der Para- bzw. Metaebene wahrgenommen. Formal betrachtet besteht daher eine enge Verwandtschaft zur separat publizierten erläuternden Nachschrift zu einem Text, doch ist die Motivation hier weniger dokumentierender als rechtfertigender Natur. Vgl. Richardson, The Works, vol. VIII, pp. 522-540.
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linearen Dynamik. Dies wird nicht nur im rezeptions ästhetischen Kontext eines durch den Akt des Lesens permanent modifizierten Textes evident, auch die Entscheidungen eines Autors für oder gegen spezifische Markierungsarten lassen sich grundsätzlich nicht auf eine lineare Kausalität zurückführen. Während eine stark markierte Referenz für einen gegebenen Text nur periphere Bedeutung haben kann, mögen unmarkierte Bezüge gerade die maßgebende Bezugsfolie dieses Textes bereitstellen. Ein Beispiel hierfür liefert David Lodges Roman Small World, in dessen "Prologue" der eher nebensächliche Rekurs auf Chaucer stark markiert ist,92 der wichtigere Bezug zur Artuslegende und speziell zum Motiv der Gralssuche dagegen weniger deutlich signalisiert wird. Der hier manifest werdende Gestaltungsspielraum verwandelt die im Rahmen der Markierungsstrategie fälligen subjektiven Entscheidungen eines Autors jedoch keineswegs in einen reinen Willkür akt und darf auch nicht ohne weiteres zu der Schlußfolgerung verleiten, daß Markierungen generell fakultativen Charakter besitzen. Vielmehr sind für zahlreiche funktionale Spielarten von Intertextualität einhergehende Signale mit größter Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Unverzichtbar ist Markierung natürlich erst recht für den Sonderfall der Signalisierung eines pseudointertextuellen Verweises, da hierbei kein außertextliches Referenzobjekt existiert und somit auch kein literarisches Vorwissen des Lesers, das die Eruierbarkeit des Referenzcharakters gewährleisten könnte. 93 Ergiebiger als die Überlegung, ob Markierung in einem bestimmten Kontext notwendig oder fakultativ ist, erscheint indes die Frage, ob sich Regelmäßigkeiten zwischen spezifischen Wirkungsabsichten und korrespondierenden Arten der Markierung postulieren lassen. Unter der vorbehaltlichen Einschränkung, daß solche Korrelierbarkeiten im Kontext ästhetischer Textproduktion nicht verabsolutiert werden dürfen und die nachfolgend skizzierten möglichen Wechselbeziehungen als entsprechend approximativ anzusehen sind, ergeben sich gewisse Wahrscheinlichkeitsrelationen zwischen der Funktion einer intertextuellen Einschreibung und: 92
93
So besteht u.a. der erste Absatz aus einer Paraphrase der Anfangszeilen der Canterbury Tales und wird zudem explizit als Chaucer-Zitat ausgewiesen. Die pseudointertextuelle Einschreibung verstößt folglich gegen Punkt (7) von Carmela Perris Ablaufschema literarischer Allusion; s.o., Kap. 2.1.
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- ihrer Position und Quantität - der Deutlichkeit ihrer Markierung 94 - der Entscheidung über Markierung oder Nichtmarkierung.
Die wohl offensichtlichsten Korrelationen bestehen zwischen spezifischen Funktionszuweisungen und dem Ort des Auftretens einer Einschreibung. Im trivialen Sinne müssen etwa werbestrategische Markierungen notwendigerweise vor der Lektüre eines Textes zugänglich sein und können daher sinnvoll nur im Bereich der Titelperipherie situiert werden. Entsprechendes gilt für Texte, die in besonderem Maße darauf angewiesen sind, frühzeitig eine intendierte Leserrolle zu konstituieren. Eine parodistische Wirkung beispielsweise hängt oft von der frühen Herausbildung intertextueller Lektürestrategien ab und legt daher möglichst explizite Markierungen im Bereich des Textanfangs nahe. Andere Funktionstypen erfordern - etwa im Zuge von Defensivstrategien oder korrigierender Rezeptionslenkung - die Möglichkeit einer ungebundenen und unverstellten auktorialen Kommentierung und verlegen entsprechende Markierungen daher vorzugsweise auf eine metatextuelle Ebene. 95 So verwahrt sich·Samuel Butler im Vorwort zur zweiten Auflage von Erewhon gegen den Verdacht der Verschleierung einer intertextuellen Komponente, in diesem Fall der plagiatorischen Bezugnahme auf Bulwer-Lyttons The Coming Race: I may perhaps be allowed to say a word or two here in reference to The Coming Race, to the success of which book Erewhon has been very generally set down as due. This is amistake, though a perfectly natural one. The fact is that Erewhon was finished, with the excep~ion of the last twenty; pages [... ] before the first advertisement of The Coming Race appeared. [... ] I then went abroad [... ] and, being in an out-of-the-way part of Italy, never saw a single review of The Coming Race, nor a copy of the work. On my return, I purposely avoided looking into it until I had sent back my last revises to the printer. 96
Die Position einer Einschreibung bestimmt zugleich die jeweilige Weite ihrer Gültigkeit. Den Hauptunterschied zwischen Signalen, die 94 95
96
Vgl. zum letzgenannten Aspekt Kap. 5.2. Ausnahmen liegen hier beispielsweise in ausgeprägt auktorialen Erzählsituationen im englischen Roman des 18. und 19. Jahrhunderts vor oder im Kontext der ostentativen Durchbrechung des Fiktionalitätsanspruchs in postmoderner Literatur, wo auch der Text selbst für kommentierende Einschübe zur Verfügung stehen kann. Butler, Erewhon, p. 29.
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an exponierter Stelle auftreten und solchen, die im Text selbst 'versteckt' sind, sieht Wolfgang Karrer in der jeweiligen Dimension des overcoding, d.h. in der Größe desjenigen Textsegmentes, für das ein intertextueller Bezug Relevanz besitzt. 97 Karrer postuliert dabei verschiedene hierarchische Ebenen, wonach Titel und Motti im Bereich der Titelperipherie den gesamten Text codieren, Titel und Motti für Kapitel und Textteile dagegen lediglich denjenigen Textabschnitt, dem sie zugewiesen sind, so daß ihr overcoding durch die nächste Referenz auf gleicher hierarchischer Ebene abgelöst wird. Einschreibungen im fortlaufenden Text nehmen danach die niedrigste hierarchische Position ein. Bezogen auf das Problemfeld intertextueller Markierung würde dies bedeuten, daß eine Markierung funktional um so dominanter anzusehen ist, je höher sie in der Hierarchie der privilegierten Positionen rangiert. Auch im Hinblick auf mögliche konsistente Zusammenhänge zwischen der Funktion einer Einschreibung und der Explizitheit ihrer Markierung lassen sich einige Postulate entwickeln. Wie in der Argumentation deutlich geworden ist, kann. eine Markierung zur Aktualisierung relevanten literarischen Vorwissens des Rezipienten beitragen. Da aber die Relation zwischen dem individuellen Wissenshorizont eines Rezipienten und der kommunikativen Disposition eines Textes grundsätzlich arbiträr ist, ist relevantes Vorwissen, das durch eine Markierung aufgerufen werden könnte, u.V. gar nicht vorhanden. Zwar können die Signale der Titelperipherie (insbesondere Titel, Autor und Layout) in hohem Maße selektiv wirken, so daß die arbiträre Relation zwischen Leserwissen und Textstrategie zumindest teilweise in eine motivierte Relation überführt wird. Ist dies jedoch nicht der Fall, können im Extremfall solche idiosynkratischen Lektürehaltungen entstehen, wie sie scherzhaft durch James Thurber in seiner Kurzgeschichte "The Macbeth Murder Mystery" vorgeführt wurden, deren Protagonistin Shakespeares Tragödie nach den starren Rezeptionsregeln des Kriminalromans liest und dadurch zu einer extrem reduktionistischen Interpretation gelangt. Für die Markierung von Intertextualität bedeutet dies, daß letztlich nur Signale von höchster Explizitheit eine intertextuell motivierte Rezeption auch tatsächlich sicherstellen können. Als hilfreich bei einer Durchleuchtung der Korrelierbarkeit von Arten und Funktionen der Markierung erweist sich ein abschließender 97
Karrer, "Titles and Mottoes as Intertextual Devices", p. 123.
185
Zugriff auf Manfred Pfisters Skalierungsmodell intertextueller Intensität. Setzt man hierbei das Kriterium der 'Kommunikativität' vereinfachend mit dem Deutlichkeitsgrad von Intertextualitätssignalen gleich, so kann dieses Kriterium als Bezugsfolie instrumentalisiert werden, auf deren Grundlage sich andere Indikatoren intertextueller Intensität auf mögliche Wechselbeziehungen hin befragen ließen. 98 Eindeutig scheint eine Kohärenz im Falle des Parameters 'Referentialität' gegeben. Das von nur schwacher intertextueller Intensität geprägte nahtlos integrierte Zitat, dessen sich der manifeste Text "bedient", ist generell schwächer markiert als ein Verweis, der seinen Zitatcharakter im Sinne metatextueller Kommunikation pointiert herausstreicht. Der Parameter 'Autoreflexivität' , welcher zur weiteren Intensitätssteigerung der vorgenannten Kriterien beiträgt, ist ebenfalls insofern an die Markierungsdeutlichkeit gekoppelt, als die Thematisierung der eigenen intertextuellen Bedingtheit des präsenten Textes einen Transparenzgrad erfordert, der über eine 'bloß' markierte Bezugnahme hinausgreift. Eine vergleichbare Konstellation ergibt sich auch für den Parameter 'Strukturalität': Wird ein Referenztext zur strukturellen Folie des präsenten Textes, so erfolgt die Bezugnahme notwendigerweise ausführlicher als dies bei einem lediglich "punktuellen und beiläufigen Anzitieren" der Fall ist. Eine Parodie beispielsweise läßt sich kaum auf einen bloß punktuellen Bezug reduzieren und ist daher zumindest im Sinne einer Emphase durch Extension bzw. durch Akkumulation markiert. Als generell erwartbare Korrelation kann hier formuliert werden, daß eine Akkumulation von Einschreibungen au,s einem spezifischen Referenztext (i.e. Addition) eher für eine Zusatzcodierung des Referenztextes spricht, wogegen ein allgemeiner intertextueller Durchdringungsgrad (i.e. Kontamination) eher für eine Zusatzcodierung des manifesten Textes spricht.
text nicht notwendigerweise deutlicher (wohl aber anders) markiert sein muß als die generisch-typologische Einbindung eines Textes. Auch im Falle des Parameters 'Dialogizität' ist keine eindeutige Korrelierbarkeit erkennbar: Relationstypen von vergleichsweise schwacher dialogischer Intensität wie Adaption, Übersetzung oder Imitation sind ebensowenig an die Peripherie des Kreismodells 'Kommunikativität' gebunden wie Texte von großer dialektischer Spannungskraft an dessen Zentrum Wenn Pfister einschränkend feststellt, daß man von einer exakten Meßbarkeit intertextueller Intensität - sofern überhaupt möglich - noch weit entfernt sei, so gilt dies erst recht für die Korrelierbarkeit der einzelnen Parameter untereinander. Es handelt sich bei den postulierten Wechselbeziehungen daher lediglich um erwartbare Vertextungsstrategien, die zu enttäuschen gerade ein mögliches und legitimes Anliegen -___ von Literatur sein kann.
Differenzierter gestaltet sich die Korrelierbarkeit dagegen bei den übrigen Parametern: Im Kontext des Kriteriums 'Selektivität' muß zwar eine deutlichere Markierung für exakt segmentierbare, zitierende Referenzen erwartet werden als für lediglich andeutende Verweise; die ebenfalls durch dieses Kriterium erfaßte Differenzierung zwischen Einzeltext- und Systemreferenz verhält sichjedoch nicht kohärent zum Aspekt der Kommunikativität, da eine Referenz an einen individuellen Einzel98
Vgl. zu den folgenden Ausführungen Pfister, "Konzepte der Intertextualität", S. 26-29.
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6. Applikation der Konzeption intertextueller Markierung auf konkrete Textbeispiele Wenn nachfolgend der Frage nachgegangen wird, wie sich das postulierte System intertextueller Markierung in der literarischen Praxis niederschlägt, muß sich die Untersuchung nunmehr nicht nur der einzelnen Markierung zuwenden, sondern im besonderen auch dem Ineinandergreifen des Markierungsgeflechts eines Textganzen. Es wird dabei also vor allem zu prüfen sein, wie unterschiedliche Arten intertextueller Markierung aufeinander bezogen werden, um spezifische Funktionen zur Wirkung kommen zu lassen. Grundlegende Anforderung an die zu analysierenden Texte ist ihre Eignung, einzelne Markierungsformen unter verschiedenen Bedingun-' gen vorzuführen, nämlich (1) an möglichst vielen Systemstellen der Progressionsskala intertex-
tueller Markierung (2) in unterschiedlichen Gattungen und Zeichensystemen (3) sowohl textimmanent als auch textübergreifend (4) in unterschiedlichen Funktionszuweisungen. Als Analysebeispiele werden nachstehend Texte der britischen Autoren David Lodge und Anthony Burgess sowie als Vergleichsfolie zu einem anderen semiotischen System zwei Werke des amerikanischen Regisseurs John Landis herangezogen.
6.1. David Lodge
Als Einstieg in den systematischen Teil unserer Untersuchung dienten uns zwei Passagen aus David Lodges Romanen Ginger, You're Barmy und Changing Places, die exemplarisch den grundsätzlichen Unterschied zwischen Markiertheit und Nichtmarkiertheit verdeutlichen konnten, da in ihnen das Eliot-Zitat "the still point of the turning world" einmal 188
markiert und einmal unmarkiert auftrat.! Was in unserem theoretischsystematischen Teil lediglich als Illustrationsbeispiel gedacht war, soll nunmehr als Einstieg in die textanalytischen Betrachtungen des Anwendungsteils dienen, wobei'primär nach den funktionalen Implikationen solch unterschiedlicher Vorgehensweisen zu fragen sein ~wird. Eine detaillierte Textanalye von Ginger, You're Barmy führt zu dem Ergebnis, daß die Eliot-Einschreibung in diesem Roman plakativ als literarisches Zitat funktionalisiert wird. Die graphemische Markierung durch Anführungszeichen signalisiert hier nicht nur die intertextuelle Referenz, sondern auch - und darin liegt ein entscheidender Hinweis eine wörtliche Rede des Ich-Erzählers Jonathan Browne. Diese wenig sympathische Figur, die sich im Verlauf der Handlung als selbstsüchtig und opportunistisch herausstellt, hat sich während ihres Studiums der Englischen Literatur eine beachtliche Belesenheit und Allusionskompetenz angeeignet, die sie bei passender Gelegenheit auch gerne zur Schau stellt. Gedankenlos überschreitet Browne dabei mitunter die Grenze vom erhabenen homme d'esprit zum lächerlichen Schulmeister, wenn er beispielsweise seinen ehemaligen Kommilitonen Mike Brady süffisant korrigiert, als dieser ein Shakespeare-Zitat dem falschen Drama zuordnet: 'Dur friend Norman is rather like Caliban, don't you think.' he observed as we walked through the dusk. "'A very landfish".' 'That's Ajax, in Troilus and Cressida, actuaUy,' I said. 'He's grown a very land-fish, languageless, a monster. Thersites, Act Three scene three, I think.'2
Durch seine entlarvende Wortwahl charakterisiert sich der Sprecher in seiner Antwort indirekt selbst. Anstelle der von Brady erwarteten affirmierenden Meinungsäußerung korrigiert und komplettiert Browne die in der Fragestellung enthaltene Shakespeare-Referenz, die sein Gesprächspartner durch eine onomastische Falschmarkierung The Tempest zugeordnet hatte. Psychologisch überzeugend fügen sich einerseits die besserwisserisch wirkende Verstärkung "actually",3 andererseits das snobistische Understatement "I think" in die Äußerung ein. Vor allem jedoch unterstützt Lodge die psychologische Zeichnung durch einige 1 Vgl. hierzu Kap. 4.1. 2 Lodge, Ginger, You're Barmy, p. 33. 3 Dieselbe Verstärkung wird nur drei Seiten später ausdrücklich ins Lächerliche gezogen; vgl. Lodge, Ginger, You're Barmy, p. 36.
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Finessen der typographischen Markierung. Augenfällig ist zunächst, daß das Shakespeare-Zitat nicht wie bei Brady konventionell durch Anführungszeichen als Fremdtext gekennzeichnet wird, sondern durch Kursive markiert ist, die im vorliegenden Fall ein phonetisches Moment hervorkehren und der Einschreibung den Charakter einer emphatisch gebrauchten Eigenrede verleihen. Ausgesprochen perfide erscheinen zudem die typographischen Details: die durch Groß- und Kleinschreibung penibel versinnbildlichte Trennung zwischen Akt und Szene sowie insbesondere der maliziös eingebettete, philologisch korrekte Bindestrich in "land-fish". Die in der zitierten Passage erkennbar werdende Markierungsstrategie läßt sich dem poetologisch-ästhetischen Funktionstypus zuordnen: Die Markierungen dienen hier vornehmlich der Figurencharakterisierung und kontrastieren in der Verdichtung auf einen minimalen Dialog effizient Jonathan Brownes eklektische und angepaßte Denkweise mit Mike Bradys kreativer, aber chaotischer Persönlichkeit. Wesentlich an diesem Beispiel ist die Einsicht, daß solche Möglichkeiten der Figurencharakterisierung nicht nur von der Markiertheit als solcher getragen werden, sondern auch von der Art eines jeweils gewählten Markierungsverfahrens. Der Wechsel vom Anführungszeichen zum Kursivsatz und der eingefügte Bindestrich verleihen dem so markierten Zitat den Charakter eines emphatisch-dozierenden Diskurses und gestatten es dem Autor, das Profilierungsstreben seines Ich-Erzählers elegant zu konterkarieren.
scheinlich in der aktuellen Situation gerade auseinandersetzt: Während einer Nachtwache unterbricht Browne unmittelbar vor dem Zitat seine Lektüre von William Empsons Studie Seven Types 0/Ambiguity, wo Eliot mehrfach behandelt wird. Durch diese intertextuelle Vernetzung wird natürlich auch für "the still point of the turning world" eine Ambiguität nahegelegt,6 wobei zunächst das 'stUr neben der offensichtlichen Bedeutung 'not moving' aufgrund der monotonen Stille in der Wachbaracke zugleich die Bedeutung 'sUent' annimmt. Darüber hinaus wird gerade dieses Eliot-Zitat noch auf andere Weise durch den situativen Kontext evoziert. In der gegebenen Situation befindet sich Browne kurz vor seiner Entlassung aus dem Militärdienst und wurde zu seiner letzten Wache eingeteilt. Die Einsamkeit früherer Wachen und das qualvoll langsame Dahinfließen der Zeit bilden einen der nachhaltigsten Eindrücke, die Browne in seiner Militärzeit sammelte. Das beherrschende Geräusch, das er im Verlauf seiner Lektüre von Empsons Buch wahrnimmt, ist der Klang der Stiefel des Soldaten Chalky, während dessen monotonem Patrouillengang um die Wachbaracke: "Round and round he went, like a satellite circ1ing a dying planet.,,7 Dieses zynische und lebensfeindliche Bild eines ewigen kosmischen Kreislaufs wird von einem zweiten Bild flankiert, das sich im wiederholten Blick des Erzählers auf seine Armbanduhr konstituiert, deren Zeiger ebenfalls monoton und endlos um den Mittelpunkt des Zifferblattes rotieren. Wie selbstverständlich assoziieren diese zwei Bewegungen die besagte Zeile jenes Autors, den der Zitierende nicht nur latent, sondern auch aktuell im Bewußtsein hat. Dabei wird das EliotZitat selbst von den zwei Kreisbewegungen buchstäblich umschlossen, denn es steht unmittelbar nach Brownes Blick auf das Zifferblatt und vor der Wiederaufnahme des Bildes von Chalkys Kreislauf: "Chalky's footsteps slowly approached, passed, receded, beginning another circ1e. ,,8
In dieses funktionale Muster fügt sich Brownes bereits erwähnte Swift-Reminiszenz4 ebenso ein wie unser Ausgangsbeispiel, "the still point of the turning world". Auch dieses Zitat geht mit der psychologischen Zeichnung des Ich-Erzählers konform: Zweifellos entspricht es Brownes Perzeptionsmuster, einen jeweiligen situativen Kontext spontan mit einem literarischen Echo zu assoziieren, zumal er in diesem Fall keinen beliebigen Autor zitiert, sondern eben jenen T. S. Eliot, mit dessen Werk er offensichtlich vertraut ist, 5 und mit dem er sich höchstwahr-
Die Eliot-Referenz nimmt damit eine zentrale Bedeutung für die Binnenstruktur von Ginger, You're Barmy an. Das Leben des Ich-Erzählers wird vor allem durch zwei Faktoren bestimmt, durch das Warten auf
S.o., Kap. 5.4.2. In einer vorangegangenen ähnlichen Situation zitiert Browne ebenfalls T. S. Eliot: '''I should have been a pair 01 ragged claws Scuttling across the floors 01 silent seas.' 'What's that?' said Mike. 'Eliot, isn't it.'
'The Swan-song 01 Trooper J. Alfred Prulrock,' I confirmed." (Lodge, Ginger, You're Barmy, p. 157.) Die Ambiguität dieses Zitats entspricht am ehesten dem dritten Typus von Empsons sieben Kategorien. Lodge, Ginger, You're Barmy, p. 195. Lodge, Ginger, You're Barmy, p. 200.
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das Verrinnen der Zeit und durch den minuziös geregelten Tagesablauf zwischen Morgenappellen und Eisenbahnfahrplänen. Genaue Zeitangaben durchziehen den gesamten Roman und umspannen ihn wie eine strukturelle Klammer. Indem sie jeweils wenige Minuten nach zwölf Uhr spielen, sind Anfang und Ende des Romans unmittelbar aufeinander bezogen. Auch die Formulierung "Ten to one. 'The still point of the turning world. '" verweist intratextuell auf eine vorausgegangene Passage des Romans: Während des ersten Rendezvous des Ich-Erzählers mit seiner späteren Ehefrau Pauline bemerkt diese auf dem Weg zu einem Waschsalon: "Good heavens! It's ten to one. I had no idea ... ,,9 Im Waschsalon beobachtet der Ich-Erzähler, wie Pauline auf das Ende des Reinigungsvorgangs wartet: ,,[S]he was sitting before the machine, staring into the little window behind which the c10thes were revolving, as if it were a crystal ball that could tell her something about her future".l0 Dieses Bild verweist ebenso wie die spätere Szene in der Wachbaracke auf das dem Roman zugrundeliegende Thema des ewigen Kreislaufs, aus dem der Ich-Erzähler nicht ausbrechen kann. Sein zyklisches Weltbild zwingt ihm eine fatalistische Lebensauffassung auf, so daß Browne als fiktiver Autor seinen 'autobiographischen' Roman mit der Zukunftsperspektive eines angepaßten und ereignislosen Lebens beschließt, dessen Stationen ihm bereits determiniert erscheinen: Questions, questions ... one could not forbear to ask them, tossing the pennies in the air, crying 'Heads' or 'Tails'; but they all fell behind a wall that could only be c1imbed in one direction. Meanwhile there was the coffee to be sipped in the quaint Edwardian comfort ofthe Pullman car, the cigarette and Badmore flashed past in the preferred order, Pauline to be greeted with an easy kiss at Waterloo, the mild dissipations of a Mediterranean holiday to be enjoyed, another degree to be acquired, a middlec1ass wedding to be arranged, a semi-detached house to be purchased, a carefully-planned family to be raised ..
.n
Während also in Ginger, You're Barmy das explizit markierte EliotZitat "The still point ofthe turning world" den Leser unmittelbar auf die Spur einer zentralen Aussage des Romans setzt, fungiert in Changing Places dasselbe Zitat, nunmehr unmarkiert, zunächst im vordergründigen Sinn als geographische Angabe, als bildhafte Umschreibung des
soeben überflogenen Nordpols und somit auch nur als vergleichsweise unscheinbarer Teil eines Sytagmas - ein Eindruck, der nur wenige Seiten später durch die sehr ähnliche Wortwahl der Ortsangabe "four miles above the turning globe"12 noch verstärkt wird. Große Bedeutung kommt hier jedoch der Tatsache zu, daß das Zitat als Teil der Einleitung durch den auktorialen Erzähler zu betrachten ist, der auf den ersten Seiten des Romans, häufig in direkter Leseranrede, die wichtigsten Handlungs- und Konstruktionsprämissen des folgenden Romangeschehens aufdeckt bzw. vorausdeutet. Die auktoriale Einführung verleiht der eigentlichen Handlung den Charakter eines hypothetischen Spiels, das der Autor, einem Marionettenspieler vergleichbar, an unsichtbaren Fäden kontrolliert. Diese Vorstellung wird sogleich zu einem Bild weiterentwickelt, wenn der Erzähler davon spricht, seine Protagonisten, die beiden Professoren für Englische Literatur, Morris Zapp und Philip Swallow, hingen an "an infinitely elastic umbilical cord [... ] which stretches and stretches almost to the point of invisibility, but never quite to breaking-point"Y Aufgrund der Teilnahme des Amerikaners Zapp und des Briten Swallow an einem akademischen Austauschprogramm gibt sich Changing Places als Verdoppelung des Ortswechsels in Maleolm Bradburys Roman Stepping Westward (1965) zu erkennen, wo der englische Schriftsteller James Walker der Einladung folgt, für ein Jahr als writer-in-residence an einer Universität im amerikanischen Mittelwesten zu lehren. 14 In ihren interkulturellen Spiegelwelten werden Lodges Protagonisten zu Teilen eines auktorialen Bauplans aus mitunter absurd erscheinenden Zufällen und Parallelen degradiert, dessen Determiniertheit Zapps Ehefrau Desiree mit ihrer Feststellung "Nothing is completely accidental.,,15 zumindest implizit aufdeckt. Wie drastisch der Autor die fiktionalen Charaktere als seine wehrlosen Spielbälle vorführt, zeigt sich auf spektakuläre Weise, wenn Lodge in grotes12 13 14
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9 10 11
Lodge, Ginger, You're Barmy, p. 166. Lodge, Ginger, You're Barmy, pp.l66-167. Lodge, Ginger, You're Barmy, pp. 217-218.
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Lodge, Changing Places, p. 22. Lodge, Changing Places, p. 8. Walkers Vorname verweist seinerseits auf Henry James, der die dominante intertextuelle Bezugsfolie bereitstellt. Walker selbst wird einmal als "Henry James in reverse" bezeichnet. Vgl. Bradbury, Stepping Westward, p. 56. Lodge, Changing Places, p. 174. - Es fallt auf, daß sich Zapp und Swallow häufig im Spiegel betrachten (bes. pp. 167-178, 203-205) und Swallow sich wünscht, durch einen Spiegel hindurchtreten zu können, um dadurch in der Lage zu sein, als "some zombie replica ofhimseIr' in beiden Welten zugleich existieren zu können (vgl. p. 178).
193
ker Übersteigerung des Zufallsprinzips seine Protagonisten gegen Schluß des Romans an Bord zweier Passagierflugzeuge auf Kollisionskurs führt und die drohende Katastrophe erst in letzter Sekunde durch ein waghalsiges Flugmanöver abwendet. 16 Der Spielcharakter, der das fiktionale Geschehen als bewußt gestaltetes Kunstprodukt entlarvt, wird auf mehreren Ebenen verdeutlicht. Als besonders auffälliger Bildbereich dient hierbei die Symbolik des Schachspiels. Indirekt beschreibt der auktoriale Erzähler in diesem Zusammenhang die Rolle des Autors, wenn er über Morris Zapps Position am Department reflektiert: "he often felt like a grandmaster of chess overlooking a match between two novices - able to predict the entire pattern ofthe game"17 Übertragen auf den Roman stellt sich mithin die Frage nach dem pattern, welches Changing Places zugrunde liegt. Den wichtigsten Schlüssel zu dessen Ergründung birgt der deutlich markierte und thematisierte Bezug zu dem Buch Let's Write a Novel von A. J. Beamish (dessen Initialen auf Jane Austen verweisen, Morris Zapps hauptsächliches Forschungsgebiet und Grundlage seiner wissenschaftlichen Reputation).18 Die häufige Erwähnung und auszugsweise Wiedergabe dieses Leitfadens narrativer Textgestaltung zwingt den Rezipienten immer wieder dazu, den Gegenstand der Lektüre an den Richtlinien des eingebetteten Kompendiums zu messen, das natürlich ebenso wie sein Autor fiktiver Natur ist. Das enge Bezugsverhältnis bei der Texte kommt in den entsprechenden (Pseudo-)Einschreibungen auch deutlich zum Ausdruck. So heißt es in Let's Write a Novel: [... ] there are three types ofstories, the story that ends happily, the story that ends unhappily, and the story that ends neither happily norunhappily, or, in other words, doesn't really end at all. [... ] the worst kind is the story that has no ending at all. The novice is advised to begin with the first kind of story. Indeed, unless you have Genius, you should never attempt any other kind. 19
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Vgl. Lodge, Changing Places, p. 238. Lodge, Changing Places, p. 216. - Eine burleske Verzerrung dieses Vergleichs repräsentiert eine anschließende Verfolgungsjagd in einem Paternoster, in deren Verlauf Zapp und sein Kontrahent den jeweils folgenden strategischen Zug des Gegners vorauszuahnen versuchen (vgl. pp. 225-227). Zu den entsprechenden pseudo-bibliographischen Angaben vgl. Lodge, Changing Places, pp. 87-88. Lodge, Changing Places, pp. 87-88.
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Aufgrund der Tatsache, daß Changing Places dem hier an dritter Stelle genannten Typus zuzurechnen ist, also in den Augen des fiktiven Autors Beamish eine Geschichte erzählt, "that has no ending at all",2o setzt Lodge seinen Roman in ein ironisches Spannungsverhältnis zu dem vermeintlichen Lehrbuch, das selbstreflexiv auf den manifesten Text zurückweist. Dieser autoreflexive Charakter von Changing Places wird mehrfach deutlich akzentuiert. Inmitten des vollständig als Briefroman konzipierten dritten Kapitels wird beispielsweise folgendermaßen auf Let's Write a Novel rekurriert: "What a funny little book it iso There's a whole chapter on how to write an epistolary novel, but surely nobody's done that since the eighteenth century?"21 Auch Desirees Worte "You can't go back, once you've started. You can only go forwards." finden nur wenige Zeilen später ihr Echo, wenn Philips Blick zufällig auf die folgende Passage von Let's Write a Novel fällt: ,,'Flashbacks should be used sparingly, ifat all. They slow down the progress of the story and confuse the reader. Life, after all, goes forward, not backwards.",22 In signifikanter Abwandlung greift Philip diesen Satz kurz darauf in einem Brief an seine Frau Hilary auf: "Life, after all , should go forwards, not backwards.,,23 Mit dieser Formulierung zieht Philip Swallow zugleich das Resümee des Romangeschehens aus Sicht der Protagonisten. Die durch das Austauschprogramm unerwartet initiierte Horizonterweiterung gibt dem Leben beider Handlungsträger entscheidende Impulse und wird zum programmatischen Aufbruchsignal für einen Neubeginn. Das Einsetzen der Romanhandlung markiert folglich den Schritt von Stillstand zu Erneuerungswillen, von Stagnation zu Dynamik, von "the still point ofthe turning world" zu "changing places". 20
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22
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Der Autor läßt die Handlung abrupt abreißen, während sich die beiden Literaturwissenschaftler darüber unterhalten, daß sich für den Zuschauer eines Films das Ende des Rezeptionsvorgangs schwieriger vorhersagen läßt, als für den Leser eines Romans. Lodge, Changing Places, p. 130. - Wie bereits James Acheson beobachtet hat, bezeichnet die Titelformulierung nicht nur den offensichtlichen geographischen Ortswechsel der beiden Protagonisten, sondern auch den von Kapitel zu Kapitel erfolgenden Wechsel der Erzählperspektive. (Vgl. Acheson, "The Small Worlds of Malcolm Bradbury and David Lodge", p. 87.) Lodge, Changing Places, p. 186. - Fast überdeutlich wird die selbstreflexive Bedeutung dieser Passage durch den Beginn des folgenden Satzes: "They assembled self-consciously". (Kursive J.H.) Lodge, Changing Places, p. 196.
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Bei dem Buch Let's Write a Novel handelt es sich zwar um einen fiktiven Text, doch verweisen seine thematische Ausrichtung und seine Argumentationsweise, vor allem aber sein angebliches Erscheinungsjahr 1927 latent auf einen konkreten Referenztext, nämlich auf E. M. Forsters erzähltheoretische Abhandlung Aspects 0/ the Novel. Zur Gewißheit wird dieser Verdacht spätestens, als Lodge ein wörtliches Zitat aus Aspects 0/ the Novel in seinen Roman einbaut: ,,'Every novel must tell a story,' it began. 'Oh, dear, yes,' Morris commented sardonically."24 Von solchen eher spielerischen Ausnahmen abgesehen rückt Lodge den intertextuellen Bezug zu Forster jedoch zu Recht in den Hintergrund. Das Funktionspotential des Referenztextes ist im vorliegenden Fall nicht nach außen, sondern nach innen gerichtet, auf den manifesten Text selbst. Die Transformationen, die den realen Text Aspects 0/ the Novel in den fiktiven Text Let's Write a Novel verwandeln, stellen eine optimale Signaldeutlichkeit der autoreflexiven Disposition des Romans sicher. Diese Autoreflexivität lädt den Leser nachdrücklich dazu ein, auch der intertextuellen Dispoition des Romans auf den Grund zu gehen und nach weiteren, weniger deutlich markierten Einschreibungen zu suchen. Als selbstreflexiv erweist sich Lodges Roman auch in seiner Positionsbestimmung zum Medium Film. Auffallend häufig neigen sowohl der auktoriale Erzähler als auch die Figuren zu Vergleichen aus der Filmwelt. So reduziert sich der authentische Blick auf ein malerisches Panorama zum bloßen Echo einer "visual tour de/orce at the beginning of a Cinerama film" und selbst Morris Zapp bemüht ein universelles filmisches Gedächtnis, um einen Bekannten zu beschreiben: "He looks like the kind of doctor who used to take bullets out of gangsters in old 'B'
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Lodge, Changing Places, p. 87. - Dieser Einschreibung liegt eine besonders interessante Markierungsstrategie zugrunde: In dem genannten Zitat sind zwei Wortgruppen durch Anführungszeichen markiert. Handelt es sich im ersten Fall angeblich um ein durch graphemische Addenda markiertes literarisches Zitat, so liegt hier in Wahrheit nur ein Pseudozitat vor, das zwar sinngemäß durchaus von Forster stammen könnte, tatsächlich jedoch so nicht vorkommt. Die zweite Wortgruppe 'Oh, dear, yes' repräsentiert dagegen ein authentisches Zitat aus Forsters Text (Vgl. Aspects 0/ the Novel, pp. 17 und 29). Dadurch, daß die entsprechende graphemische Markierung hier als Figurenrede getarnt ist, bleibt einem Leser ohne einschlägiges literarisches Vorwissen der intertextuelle Verweischarakter der Formulierung "Oh, dear, yes" demzufolge trotz der Anführungszeichen verschlossen.
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pictures."25 perartige Vergleiche liefern ein deutliches Indiz dafür, daß der Film in mancherlei Hinsicht bereits das Erbe der Literatur als eines universellen kulturellen Erfahrungshorizonts angetreten hat, und daß. die Literatur dadurch ihrerseits schon heute eine solide filmische Allusionskompetenz in intendierte Leserrollen einschreiben kann. Die hypothetischen Zukunftsoptionen dieser Entwicklung veranschaulicht Lodge auf formaler Ebene im sechsten Kapitel von Changing Places, wo die narrative Vermittlung durch einen letzten und zugleich besonders symbolträchtigen Bruch in ein Drehbuch übergeht. Dort erscheinen Philip Swallows Schlußworte programmatisch für das in Changing Places zumindest auf Figurenebene prognostizierte Ende der GutenbergÄra: 26 "WeIl, the novel is dying, and us with it. [... ] Those kids [... ] are living a film, not a novel. ,,27 Die zunehmende Verzahnung literarischer und filmischer Ausdrucksformen stellt eine immer dringlicher werdende Herausforderung an die Literaturwissenschaft dar, der sich diese bislang nur zögernd und punktuell gestellt hat. Auch im Hinblick auf eine Markierungstheorie, die auf dem Weg zu einer universellen ästhetischen Theorie über den hier zuvorderst untersuchten Bereich verschrifteter Texte notwendigerweise hinausgreifen muß, bleiben in der bisherigen Forschung gerade auf diesem Sektor besonders viele Aspekte ungeklärt. Um dieser gravierenden Forschungslücke zumindest partiell entgegenzuwirken, öffnen wir unsere nachfolgenden textanalytischen Betrachtungen in Richtung auf die visuellen Medien. Daß dieser expandierende ästhetische Bereich nicht nur in der Forschung, sondern auch seitens der Autoren auf ein hohes Maß an Sensibilität stößt und dementsprechend auch zukünftig noch erheblichen Einfluß auf individuelle Markierungsstrategien ausüben dürfte, zeigt sich exemplarisch an dem nachfolgend diskutierten Roman A Clockwork Orange von Anthony Burgess. 6.2. Anthony Burgess
Paul Boytinck leitet seine Standard-Bibliographie zu Anthony Burgess mit den Worten ein: "Farne, said Rilke, is the sum of all the misunder25
26 27
Lodge, Changing Places, pp. 56 und 208. Für weitere Vergleiche aus dem Bereich des Films vgl. u.a. pp. 203, 227, 229, 245. Vgl. Lodge, Changing Places, p. 59. Lodge, Changing Places, p. 250.
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standings that cluster about a name. In the case ofBurgess the misunderstanding can be put in three words: A Clockwork Orange."28 Mit A Clockwork Orange betitelte Burgess gleich zwei seiner Werke: einen 1962 publizierten, kontrovers aufgenommenen Roman und dessen musikalische Bühnenadaption aus dem Jahr 1987. Einen der ungewöhnlichsten Aspekte des jüngeren Textes bildet eine abschließende Regieanweisung, die aufgrund einer onomastischen Markierung einen intertextuellen Bezug herstellt: "A man bearded like Stanley Kubrick comes on playing, in exquisite counterpoint, Singin' in the Rain on a trumpet. He is kicked off the stage."29 Diese Regieanweisung evoziert unweigerlich die filmische Adaption von A Clockwork Orange, 1971 von dem Amerikaner Stanley Kubrick inszeniert. In Abweichung von der Romanvorlage mißt der Film dem von Arthur Freed geschriebenen Gene Kelley-Song "Singing in the Rain" eine zentrale Bedeutung im Leben des Ich-Erzählers ZU. 3D Da der Film von Publikum und Kritik gleichermaßen als brillantes Kunstwerk gefeiert wurde und schon bald einen Kultstatus erlangte, der auch Burgess zu ungeahnter Popularität verhalf, scheint es auf den ersten Blick unverständlich, weshalb die Adaption Burgess zu der zitierten polemischen Invektive gegen Kubrick veranlaßte. Die Begründung lieferte Burgess freilich selbst mit seinem unermüdlich wiederholten kompromiß31 losen Einwand, der Film sei "a radical remaking" seines Romans. Es wäre somit zu fragen, ob die onomastische Markierung in diesem Fall der reinen Selbstdarstellung des Autors dient und folglich dem produzentenorientierten Funktionstypus von Markierung zuzuordnen wäre. Zur Erhellung dieses Problems soll zunächst der Frage nachgegangen werden, warum Burgess Kubricks Film als eigenständigem Kunstwerk vorbehaltlosen Beifall zollte, ihn als Romanadaption jedoch für einen Fehlschlag hielt. Dem Buch A Clockwork Orange war der große Erfolg zunächst versagt geblieben. Dieser stellte sich erst im Anschluß an seine kongeniale
Verfilmung.ein - eine Kausalität, die, wie Dieter Petzold treffend feststellt, "ein bezeichnendes Schlaglicht auf die Funktionsweise der heutigen Kulturmedien,,32 wirft. Kubricks ästhetisch hochrangiger Film bescherte der Romanvorlage nicht nur unvorhergesehene Auflagenrekorde,33 auch die Forschung würdigte A Clockwork Orange seither als einen der zentralen dystopischen Texte der englischen Literatur. Als Folgeerscheinung dieser Rezeptionsgeschichte geriet der Roman allerdings zunehmend in die Gefahr, als 'Buch zum Film' abqualifiziert zu werden, und Burgess selbst mußte es sich gefallen lassen, fortan in einem Atemzug mit dem von ihm ungeliebten Frühwerk genannt zu werden. Diese Rollenzuweisung löste bei Burgess um so größere Irritationen aus, als sich Kubrick imZuge seiner Adaption Freiheiten genommen hatte, die dem Autor als grobe Verfälschung seiner Aussageintentionen erschienen. 34 Burgess bemühte sich daher um Schadensbegrenzung, indem er sich in zahlreichen Metatexten ausdrücklich von Kubricks Version distanzierte und dabei stets den ursprünglichen Sinngehalt zu rekonstruieren versuchte. Diese Vorgehensweise einer nachträglichen Korrektur im Sinne des argumentativen Funktionstypus intertextueller Markierung wurde nicht zuletzt deshalb notwendig, weil der Autor im Roman auf deutliche Markierungen ebenso verzichtet hatte wie auf sinnerhellende Paratexte: kein Untertitel tritt kommentierend zu dem kryptischen Titel hinzu, von einem erläuternden Vorwort nahm Burgess ebenso Abstand wie von dem zunächst ins Auge gefaßten Motto aus The Winter's Tale: "I would there were no age between ten and three-and-twenty, or that youth would sleep out the rest; for there is nothing in the between but getting wenches with child, wronging the ancientry, stealing, fighting _.".35 Auch die für die Erschließung des Sinnpotentials seines Romans unverziehtbaren intertextuellen Querverbindungen, insbesondere zu B. F. 32 33
34 28 29 30
31
Boytinck, Anthony Burgess. p. v. Burgess, A Clockwork Orange: A Play with Music, p. 48. Der Ich-Erzähler Alexander de Large singt dieses Lied während eines von ihm und seinen Komplizen begangenen brutalen Überfalls. Als er Monate später zufällig an den Ort des Verbrechens zurückkehrt, verrät er seine Täterschaft unbeabsichtigt, indem er dort dasselbe Lied singt. Burgess, "Clockwork Marmalade", p. 197.
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35
Petzold. "Der Moralist als Provokateur", S. 7. Allein die britische Paperback-Ausgabe verzeichnete innerhalb von zehn Jahren nach Uraufführung des Spielfilms siebzehn Auflagen. Burgess' ablehnende Reaktion dürfte teilweise darauf zurückzuführen sein, daß er für eine bereits zuvor geplante Verfilmung ein eigenes Drehbuch verfaßt hatte, das Kubrickjedoch keines Blickes würdigte, was durch eine Aussage des Regisseurs bestätigt wird: "I had virtually no opportunity of discussing the novel with Anthony Burgess. [... ] I think it it reasonable to say that, whatever Burgess had to say about the story was said in the book." (Strick/ Houston, "Interview with Stanley Kubrick", p. 63.) Vgl. hierzu Burgess, A Clockwork Orange: A Play with Music, p. x.
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Skinners neo-behavioristischen Schriften und dessen Utopie Waiden Two sowie zu Arthur Koestlers Janus, bleiben sämtlich unmarkiert. Da sich Burgess dennoch dazu veranlaßt sah, den intertextuellen Bezugsrahmen seines Romans nachträglich explizit aufzudecken, gilt eS,eine Klärung der Motivationslage vorzunehmen. Eines der entscheidenden Monita der Filmversion erkannte Burgess in der Auslassung des letzten Romankapitels, in dem die Konversion des Protagonisten Alexander de Large36 vom Hooligan und Mörder zum bürgerlichen Familienvater in spe geschildert wird. Zwar stellt es durchaus kein Novum in der Literaturgeschichte dar, daß eine derartige Konversion von der Kritik als aufgesetzt und psychologisch nicht überzeugend zurückgewiesen wird,37 doch ist Burgess' Klage berechtigt, die Kürzung zerstöre nicht nur die Symmetrie der Romankonzeption, sondern verfälsche auch die Aussage. Tatsächlich impliziert eine Auslassung des Schlußkapitels des ursprünglich in drei Teilen zu je sieben Kapiteln38 konzipierten Romans eher ein lineares anstelle des intendierten zyklischen Geschichtsbildes: Da der von der Regierung medienwirksam inszenierte Versuch eines behavioristisch fundierten therapeutischen Eingriffs in Alex' Persönlichkeitsstruktur kläglich scheitert und sich der Protagonist des ersten Kapitels charakterlich kaum von dem des zwanzigsten Kapitels unterscheidet, muß der Eindruck einer deterministischen Geschichtsauffassung entstehen, in deren Licht jede vorübergehende Deviation unweigerlich auf eine ursprünglich vorgezeichnete Entwicklungslinie zurückfallen muß. Eine eindeutige Absage an dieses Geschichtsverständnis erteilt jedoch erst das einundzwanzigste Kapitel, in dem Alex aufgrund einer freien Willensentscheidung aus der scheinbar vorherbestimmten Entwicklung ausbricht. So überzeugend Burgess' inhaltliche Einwände gegen die Streichung des Schlußkapitels in der filmischen Adaption auch sind, waren die Gründe hierfür doch größtenteils selbstverschuldet. Der Roman A 36
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Die deutliche Affinität zu 'Alexander the Great' weist den Ich-Erzähler implizit als einen Schüler des Aristoteles aus, wobei jener eine sehr eigenwillige Interpretation des Menschen als Zoon politikon verkörpert. Vgl. z.B. die repentance-Debatten um Defoes Titelgestalten Moll Flanders und Roxana. Die drei Teile begründen eine zyklische A-B-A-Form des Romans - neben der offensichtlichen und vielschichtigen symbolischen Bedeutung der Zahl 'Sieben' (z.B. Schöpfungsmythos, Tugenden/Todsünden), steht die Summe der Kapitel symbolisch für den Eintritt in das Erwachsenenalter.
Clockwork Orange repräsentiert ein markantes und außergewöhnlich gut dokumentiertes Beispiel für mögliche kausale Zusammenhänge zwischen der Markierungsstrategie eines Textes und seiner Editionsgeschichte. Ohne sinnstützende Markierungen wurde der Roman in ersten Rezensionen vorschnell in die Rolle eines "nasty little shocker" gedrängt,39 in welchem das Schlußkapitel forciert wirken mußte. Eine amerikanische Ausgabe des Buches erschien folgerichtig (und mit Zustimmung des Autors) ohne den vermeintlichen Fremdkörper, dafür mit einem Glossar, das den nadsat-Slang des Ich-Erzählers ins standardenglish überträgt, was Burgess metatextuell zu Recht als "defiance of my intention" brandmarkte. 4o Kubrick legte seiner Verfilmung die ihm zugängliche gekürzte Ausgabe zugrunde. Die Originalversion, die ihm nach eigenem Bekunden erst während der Dreharbeiten zur Kenntnis gelangte, verwarf der Regisseur als minderwertig, da sie wenig überzeugend wirke und weder Stil noch Geist des Buches entspreche. 41
Lediglich mittels eines intertextuellen Verweises in der Schlußeinstellung des Films impliziert Kubrick einen gesellschaftlichen N euanfang für Alex: Sie zeigt den Protagonisten inmitten einer Menschengruppe, die durch Kostüme und Auftreten deutlich die Gesellschaft des Filmmusicals My Fair Lady evoziert. Hierdurch markiert Kubrick eine originelle, wenngleich eher marginale inhaltliche Parallele zwischen A Clockwork Orange und Shaws Pygmalion: Die bereits durch ihr jeweiliges Argot charakterisierten Protagonisten Alexander de Large und Eliza Doolittle repräsentieren gesellschaftliche Außenseiterfiguren, welche auf dem Umweg über wissenschaftlich begründete, letztlich jedoch ungeeignete Umerziehungsmaßnahmen ihrer sozialen Integration entgegengehen. Erweist sich hier die Kostümierung als spezifische Mög39 40
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So die anonyme Rezension in Times Literary Supplement vom 25. Mai 1962. Vgl. Burgess' Leserbrief in Times Literary Supplement vom 11. Januar 1980, p. 38. Vorübergehend folgte auch Penguin dieser von Norton etablierten Version. - Burgess reagierte verständlicherweise deswegen ablehnend, weil der Leser durch das allmähliche Einlesen in den nadsat-Jargon ebenso wie der Protagonist einem Konditionierungsprozeß unterworfen werden sollte und damit eine der wichtigsten Methoden des Behaviorismus aus eigener Erfahrung kennenlernt. Burgess tut Skinner hier freilich insofern Unrecht, als dieser für eine Verhaltens änderung durch positive Verstärkung eintrat, Burgess konditioniert seinen Protagonisten hingegen durch negative Verstärkung. Vgl. Ciment, Kubrick, S. 160. Kubrick unterstellt dabei im Gegenzug, daß Burgess das Schlußkapitel wider besseres Wissen auf Drängen seines Verlegers angefügt haben könnte.
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lichkeit intertextueller Markierung auf der Vorstellungs schicht, so wird bereits zuvor eine nur durch Detailanalyse eruierbare Markierungsstra_ tegie erkennbar. Indem Kubrick nach Alexanders Suizidversuch mehrere (fiktive) Titelblätter von Tageszeitungen einblendet, auf denen der Ex-Häftling durchgängig als "Alex Burgess" figuriert,42 obwohl dieser zuvor ausdrücklich als "Alexander de Large" eingeführt wurdeY Da der onomastische Verweis auf den Autor der Romanvorlage an dieser Stelle unmotiviert erscheint, drängt sich um so nachdrücklicher die Frage nach den Gründen auf, die Kubrick bewogen haben, den adaptierten Text gerade auf diese Weise zu markieren. Neben der vordergründigen Ausdeutbarkeit als Hommage an den geistigen Schöpfer des Filmstoffes läßt sich hier vor allem ein subtiles Spiel mit dem Zuschauer vermuten. Die Vielzahl der in rascher Frequenz auf den Zuschauer einstürzenden optischen Informationen schließt eine unmittelbare Aufnahme dieser Markierung nahezu aus. Diese erschließt sich daher erst im Laufe mehrfacher Rezeption des Films bzw. durch detaillierte Analyse, so daß sich die nach unseren bisherigen Kriterien explizit markierte Referenz nur einem eng umrissenen Ausschnitt des Filmpublikums mitteilt. Dies bedeutet, daß die Kriterien der Signaldeutlichkeit in Film und verschriftetem Text unterschiedlich gewichtet sein können.
would he be able to stop his own son, brothers. And so it would itty on to like the end of the world, round and round and round [... ].44
J
Den vorangegangenen Kreislauf, oder anders gesagt: Alex' eigene Zukunft, verkörpert die Figur des Schriftstellers F. Alexander, der als (fiktiver) Autor eines politischen Pamphlets mit dem Titel A Clockwork Orange zu einer deutlich thematisierten intratextuellen Vernetzung und Selbstreflexivität des Romans beiträgt. 45 Alexanders implizite Identifizierung mit dem Ich-Erzähler wird zunächst durch die Namensähnlichkeit nahegelegt, wobei die Initiale "F." durch Auflösung zu/uture bzw. zu /ather sowohl einen prospektiven als auch einen retrospektiven Aspekt auf sich vereint. 46 Kubricks intertextuelle Markierung erweitert diese Perspektive und bezieht effizient die Ebene des realen Autors von A Clockwork Orange in den Kreislauf mit ein. Der von Burgess ursprünglich historisch gemeinte Zyklus verwandelt sich dadurch in eine literarische mise en abyme, der sich auch Kubricks Adaption als (seinerzeit) letztes Glied der Kette anschließt. Die Verweishierarchie der insgesamt fünf Versionen von A Clockwork Orange verdeutlicht Abbildung 13:
Eine weitere Funktion dieser Markierung, welche die beiden vorgenannten Aspekte keineswegs ausschließt, besteht in der teilweisen Neucodierung des Referenztextes. Dort hatte Burgess seinen Protagonisten Alex in ein zyklisches Geschichtsbild eingebunden, das sich augenfällig in dessen illusionsloser Darstellung des Generationswechsels manifestiert: My son, my son. When I had my son I would explain all that to hirn when he was starry enough to like understand. But then I knew he would not understand or would not want to understand at all and would do all the veshches I had done [... ] and I would not be able to really stop hirn. And nor
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Zwei Leitartikel auf den insgesamt sieben kurz im Bild befindlichen sorgfältig nachempfundenen Titelseiten beginnen wie folgt: "Brainwashing techniques were responsible for the suicide bid of Alex Burgess, the 'wondereure' boy murderer released from jail only a few days ago." - "Doctors last night blamed secret laboratory experiments on criminals for causing Alex Burgess, the 'Cat-Woman Killer,' to attempt suicide." V gl. die (im Roman nicht enthaltenen) Angaben zur Person während Alex' Einlieferung ins Gefängnis.
44 45
46
Burgess, A Clockwork Orange, p. 148. Während seines Überfalls auf den Schriftsteller zitiert Alex aus dessen bereitliegendem Manuskript. Vgl. Burgess, A Clockwork Orange, p. 21. Aus psychoanalytischer Warte interpretiert Philip E. Ray den gewalttätigen Konflikt zwischen F. Alexander und Alex als ödipale Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn. (Vgl. "Alex Before and After", bes. pp. 484-486.)
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A Clockwork Orange
wenige Kritiker geneigt sind, der Einschätzung Kubricks zu folgen. 47 Überwiegend wird das Schlußkapitel als integraler Bestandteil des Buches verteidigt und für notwendig befunden. So betont Rabinovitz:
A Clockwork Orange [T]he original ending is not as sentimental as it first appears; there is truth, even poeticjustice, in the idea ofyesterday's reprobate changing diapers for his own neophyte reprobate. [... ] As it turns out, many ofhis [=Bur. restore d.48 gess'] ideas are c1arified when the last chapter 1S
A Clockwork Orange A Clockwork Orange A Clockwork Orange
fiktives politisches Pamphlet von F. Alexander
Noch kompromißloser kritisiert John Tilton die gekürzte Version als a considerably lesser work" und führt zur Berechtigung des Schlußkapi"tels aus: The final chapter heightens one's awareness that more is going on in the novel than Burgess's stated intentions embrace, primarily because in the final chapter the integral techniques of the novel and its organic form are fully realized - and not until then. Only with the final chapter can . one respond to the total concept1On and execut'IOn. 49
fiktive Autobiographie von Alexander de Large Roman von Anthony Burgess Spielfilm von Stanley Kubrick
Den überzeugendsten Beleg dafür, wie problematisch eine Streichung des Romanschlusses zu beurteilen ist, liefern jene Interpretationen, die allein auf der Kenntnis der gekürzten Fassung basieren und daher zu falschen Schlußfolgerungen gelangen: The method is retrospective - at first glance the usual 'Bildungsroman' approach. But there is no trace of the confessional element, Alex, as we have seen, being completely amoraland consequently incapable offeeling even rudimentary compunction. The narrator is not a reformed juvenile delinquent, writing about his distant past with a mixture offascination and regret. The whole point ab out his story is that it shows him free to start his evil career all over again, if he wishes to. 50
Musical von Anthony Burgess Abb. 13: Verweis-Hierarchie der unterschiedlichen Versionen von A Clockwork Orange
So wie der fiktive Autor Alex in seiner Erzählung das 'Urmanuskript' F. Alexanders zitiert, verweist auch Kubrick explizit auf den Ursprung seiner Version des Stoffes. Indem Kubrick durch seine Markierung Burgess zumindest implizit mit F. Alexander, also einem "writer of subversive literature" identifizierte, eröffnete er einen extensiven metatextuellen Dialog, der seinen spektakulären Abschluß darin fand, daß Burgess in seinem Musical einen Kubrick-Darsteller von der Bühne werfen läßt.
Vor dem Hintergrund derartiger Mißverständnisse wurde neben Kubrick auch Burgess in eine Diskussion um verharmlosende Gewaltdarstellung gezogen. Die Entkräftung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe erwies sich für Burgess als Sisyphosaufgabe: "It looks as though I must go through life as the fountain and origin of a great film, and as a 47
Burgess' massive inhaltliche Kritik an der filmischen Adaption seines Romans hat in der Forschung zu einer anhaltenden Debatte darüber geführt, ob und inwieweit die vorgenommene Kürzung ästhetisch legitimierbar ist. Ein kurzer Exkurs in die Burgess-Forschung zeigt, daß nur 204
48 49 50
Vgl. Z.B. Arno Heller, der die "domestizierte Trivialität" des Schlußkapitels moniert. ("Anthony Burgess: A Clockwork Orange", S. 239.) Rabinovitz, "Mechanism vs. Organism", pp. 538-539. Tilton A Clockwork Orange: Awareness is All", p. 23. , " "Anthony Burgess, A Clockwork Orange: Impact and Form" ,p. 126 . Hartveit,
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man who has to insist, against all opposition, that he is the most unviolent creature alive.,,51 Durch unzählige Stellungnahmen in Artikeln, Interviews, Leserbriefen, Vorworten und selbst in integralen Bestandteilen seiner Prosa52 betrieb Burgess eine wohl beispiellose metatextuelle Selbstinszenierung, die gewisse Rückschlüsse darauf zuläßt, wie die Re'zeptionsgeschichte eines Textes die Markierungsbereitschaft eines Autors motivieren kann. Das Nichterkennen oder die vermeintliche Verzerrung von zugrunde liegenden Intentionen führen hier dazu, daß die Markierungsdeutlichkeit von Haupttext und Metatexten in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis zueinander stehen. Mit einer Rücknahme der Explizitheit der im manifesten Text gesetzten Signale vergrößert sich der Spielraum einer rezipientengesteuerten Bedeutungskonstitution, zugleich steigt aber auch der Entscheidungsdruck auf den Autor, korrigierend in die Rezeptionsgeschichte eines Textes einzugreifen, was hier in dem notwendigerweise vergeblichen Versuch endet, einen vermeintlich inadäquaten Umgang mit dem Text zu unterbinden und den künftigen Interpretationsrahmen durch nachträgliche Markierungen drastisch zu verengen. 53 Von der Aussichtslosigkeit des Kampfes für einen lost cause ermüdet oder aber aus Einsicht in den unvermeidlichen rezeptionsgeschichtlichen Wandel streckte Burgess schließlich die Waffen und übertrug das im Mittelpunkt von A Clockwork Orange stehende Thema des freien mensch51 Burgess, "Clockwork Marmalade", p. 199. 52 Zum letztgenannten Aspekt vgl. Burgess, 1985, pp. 83-96. 53 Es erscheint in diesem Zusammenhang aufschlußreich, daß Burgess verschiedentlich auch als Hüter eines statischen sprachlichen Korrektheitsideals in Erscheinung getreten ist. In dem präskriptiven Harper Dictionary 0/ Contemporary Usage beispielsweise bewies Burgess als Mitglied des sog. 'Usage Pand (einer nicht-repräsentativen Gruppe von 136 Konsultanten, vorwiegend aus dem journalistischen und schriftstellerischen Bereich) eine der niedrigsten Toleranzschwellen gegenüber strittigen sprachlichen Erscheinungen und erteilte damit dem Selbstregulativ des permanenten Sprachwandels eine klare Absage. Zur Illustration sei aus den über einhundert Fragen nach der jeweiligen Akzeptanz eines strittigen Sprachgebrauchs ein Beispiel zitiert: "QUESTION: Alibi in law means a defense based upon proof that the accused was not at the scene when the crime was committed. Many writers and speakers use it in the broader sense of any kind of excuse. [... ] Do you approve the use of alibi in this sense? - ANTHONY BURGESS: No. 'Alibi' means 'somewhere else' to me. It can't mean one thing in Latin and law and another thing in nonlegal English." (Morris/Morris, Harper Dictionary 0/ Contemporary Usage, p. 24.)
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lichen Willens auch auf die kritische Aufnahme dieses Romans. Sein Vorwort zu der 1988 erschienenen amerikanischen Revised Edition, welche die ursprüngliche Form eines mittlerweile zum "modern c1assic"54 kanonisierten Romans restaurieren will, beschließt der Autor mit den Worten: Readers of the twenty-first chapter must decide for themselves wh ether it enhances the book they presumably know or is really a discardable limb. I meant the book to end in this way, but my aestheticjudgement may have been faulty. [... ] Eat this sweetish segment or spit it out. You are free. 55
Dennoch hatte Burgess mit diesem Zugeständnis das letzte Wort noch nicht gesprochen. Seine Erfahrung mit der filmischen Adaption veranlaßte ihn vielmehr fünfundzwanzig Jahre nach Erscheinen seines Erfolgsromans zu einer erstaunlichen Konsequenz, indem er eine musikalische Dramatisierung des Werkes in der ausdrücklichen Absicht vorlegte, unautorisierte Bühnenadaptionen durch eine autoritative Bezugsfolie im Sinne der eigenen Aussageintention zu präskribieren: I am disclosing a certain gloom about visual adaptation of my littIe book, and the reader has now the right to ask why I have contrived a stage version of it. The answer is very simple: it is to stern the flow of amateur adaptations that I have heard about though never seen. It is to provide a definitive actable version which has auctorial authority.56
Wie eine bittere Pointe mutet es an, daß Burgess in dieser Dramatisierung auf die subtileren intertextuellen Verweise des Romans verzichtete. So bleiben die während ihrer Überfalle benutzten Masken der Gangmitglieder in der Musical-Version unspezifiziert. Im Roman hingegen trägt Alex' Komplize Dirn eine Maske Percy Bysshe Shelleys.57 Burgess markiert hiermit den Bezug auf einen Referenztext, dessen Titel das Romangeschehen zumindest ebenso treffend umschrieben hätte: The Masque 0/ Anarchy. 54 So die "Publisher's Note" zu dieser Ausgabe. 55 Burgess,,,A Clockwork Orange Resucked", p. xi. 56 Burgess, A Clockwork Orange: A Play with Music, p. ix. - Eine 1992 an der Berliner Volksbühne von Frank Castorf inszenierte deutsche Bühnenfassung hielt sich denn auch, den Schluß betreffend, an die von Burgess vorgegebene Version. 57 Vgl. Burgess, A Clockwork Orange, p. 21.
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6.3. lohn Landis
Der Spielfilm hat die in der postmodernen Literatur vorherrschende Tendenz zu intertextuellen Schreibweisen ohne größere Verzögerung mitvollzogen und dabei eigene Markierungsformen entwickelt, die in zwei abschließenden Beispielanalysen beleuchtet werden sollen. 58 Angesichts des hier verfügbaren nahezu unüberschaubaren Textkorpus ist der Eindruck des Willkürlichen bei der Auswahl eines konkreten Films kaum zu vermeiden. Dennoch sollten im Kontext der vorliegenden Thematik neben der generellen Forderung nach einer möglichst vielseitigen Markierungspraxis zumindest zwei Kriterien erfüllt sein: Der zu analysierende Spielfilm sollte nicht auf einer literarischen Vorlage basieren, da anderenfalls die filmischen Markierungsverfahren von vornherein eingeschränkt oder zumindest präjudiziert wären. Zweitens sollte es sich um einen Film handeln, bei dem die intertextuellen Bezüge auf den ersten Blick keine substantielle Rolle zu spielen scheinen, deren Analyse dann aber einen um so gewinnbringenderen Zugang zu tieferen Bedeutungsschichten ermöglicht. Diese Kriterien werden u.a. von dem Film An American Werewolj in London erfüllt, 1981 von dem Amerikaner John Landis inszeniert, der· auch die Drehbuchvorlage schrieb. Die vordergründige Handlung dieses Spielfilms ist ebenso schaurig wie trivial. Zwei junge Amerikaner, David Kessler und Jack Goodman, trampen in ihren Sommerferien durch Europa. Eines Nachts werden sie in der englischen Provinz von einem Untier angefallen, das später als Werwolf identifiziert wird. Drei Wochen nach dem Überfall erwacht David äußerlich nur leicht verletzt in einem Londoner Hospital und erfährt vom Tode Jacks, der - wie eine makabre Parodie Banquos - noch mehrmals auftritt, um seinen Freund zu beschwören, sich das Leben zu nehmen und somit die für den kommenden Vollmond prognostizierte Verwandlung in einen Werwolf zu verhindern. David schlägt diese Warnungen jedoch aus, mutiert alsbald in eine mordende Bestie und findet durch Polizeikugeln den Tod. Diese an spektakulären Schauereffekten reiche Oberflächenstruktur ist ein besonders illustratives Beispiel dafür, wie der Rezipient zum passiven 'Gefangenen' des manifesten Textes werden kann, wenn er die im
Text angelegte und signalisierte kommunikative Disposition mißachtet. Die in den Film integrierten, teils unmarkierten, teils sehr deutlich markierten Referenzen kennzeichnen die Handlung lediglich als Vehikel eines übergeordneten Themas, das sich ausschließlich über die intertextuelle Dimension des Films erschließen läßt. Die intertextuelle Eingebundenheit dieses Films ist zunächst nur implizit markiert, indem sie durch die Titelformulierung in den Wahrnehmungsfokus gerückt wird. An American Werewoljin London - dieser Titel ermöglicht nicht nur einen reizvollen Brückenschlag zu den vorangegangenen textanalystischen Betrachtungen: Immerhin darf Lodges Protagonist Morris Zapp als veritabler American Professor in London bezeichnet werden,59 und die von Stanley Kubrick zur Gewalthymne zweckentfremdete Komposition "Singing in the Rain" wurde bekanntlich von Gene Kelly interpretiert, der als Amerikaner in Paris Berühmtheit erlangte. 60 Dieser implizit markierte Bezug liefert zugleich den Zugang zur intertextuellen Vernetzung von Landis' Film. Das Syntagma 'An American Werewolj in London' verweist mittels Parallelismus auf gleich drei Referenztexte, die alle auf der identischen Grundidee basieren, einen aus den USA stammenden Protagonisten mit jeweils spezifischen Erscheinungsformen europäischer Kultur zu konfrontieren. Der offensichtlichste Gleichklang besteht dabei zwischen An American Werewoljin London und Vincente Minnellis 1951 uraufgeführtem Filmmusical An American in Paris, wobei Landis' Werk inhaltlich in einem scharfen Kontrast zu der charmanten Heiterkeit dieses Musicals steht. Ungeachtet der emphatischen Parallele fließt dieser Referenztext kaum in Landis' Film ein 61 und besitzt keine unmittelbare Relevanz für die Interpretation, doch verweist er implizit auf zwei weitere, weniger augenfällige Parallelismen, nämlich auf Henry James' The American sowie insbesondere auf Mark Twains satirischen Roman A Connecticut Yankee in King Arthur's Court, der den entscheidenden Zugang zur Inter59 60
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Die Häufung intertextuell ausgerichteter Spielfilme während der vergangenen zwei Jahrzehnte hängt natürlich auch damit zusammen, daß viele Filme nach entsprechenden literarischen Vorlagen entstanden sind.
Vgl. Zapps Ausflug nach London in Changing Places, pp. 110-116. In dem von ihm selbst inszenierten Filmmusical Singin' in the Rain (USA 1952) interpretiert Kelly den Titelsong in einer unvergeßlichen Tanzszene. Kelly drehte Singin' in the Rain unmittelbar nach seiner Hauptrolle in Vincente Minnellis Erfolgsfilm An American in Paris. In einer Einstellung zu Beginn des Films sieht man allerdings die beiden Protagonisten David und Jack, wie sie singend durch den Regen laufen - eine eher versteckte Anspielung auf die bekannteste musikalische Einlage in Minnellis Film.
209
pretation von Landis' Film eröffnet. Es ergibt sich somit folgendes Paradigma:
Titel, syntagmatisch gegliedert in:
1. 2.
3. 4.
Protagonist
Schauplatz
An American Werewolf An American A Connecticut Yankee The American
in London in Paris in King Arthur's Court ,
---
Abb. 14: Implizite Markierung durch Einordnung in ein Titelparadigma
Über diesen intertextuellen Bezug hinaus enthält der Titel eine durch das Schlüssellexem 'Werewolf markierte Systemreferenz, die den Ko-Text explizit in eine Subgattung der gothic literature einbindet. Dieser generischen Zuweisung kommt zur Bestimmung der Aussageintention zwar nur marginale Bedeutung zu, doch gibt der Gattungskontext . durch Fortschreibung tradierter Konventionen immerhin den Rahmen für wichtige Parameter der Vorstellungsschicht wie Raumzeichen, Darstellertätigkeit, Darstellererscheinung, Handlungsverlauf und Figurenkonstellationen vor. Es bleibt somit festzuhalten, daß jene beiden intertextuellen Verweisrichtungen, welche die maßgeblichen Folien für Werkstruktur und Aussagehaltung bilden, bereits am Ort der höchsten Emphase genannt sind, wobei der Bezug auf A Connecticut Yankee in King Arthur's Court (zunächst) nur implizit, derjenige zur Gattung der Schauerliteratur dagegen explizit markiert ist. Das Werwolfmotiv wird während des gesamten Handlungsverlaufes äußerst emphatisch behandelt und fungiert dabei teilweise als indirekte Vorbereitung der zugrunde liegenden Thematik. So befinden sich David und Jack in der ersten Einstellung des Films als Anhalter auf einem Viehtransporter inmitten einer Schafherde. Diese symbolträchtige Verortung versinnbildlicht einerseits die Opferrolle der beiden Amerikaner, die sich im Urzustand naiver Harmlosigkeit, als Innocents Abroad schutzlos und unvorbereitet einem britischen Kulturschock aussetz~n andererseits dient die kontrastive Zusammenführung von Mensch u~d Tier bereits als ironische Vorausdeutung der bevorstehen-
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den Konflikte zwischen Jägern und Gejagten. 62 Als inhaltlich relevant erweisen sich jedoch vor allem die explizit markierten intertextuellen Rekurae auf die vorgefundene Werwolfliteratur. Ausdrücklich werden zwei Vorgängerfilme des Genres, George Waggners The Wolf Man (1941) und ein nicht namentlich identifizierter Genrefilm, "the one with Oliver Reed",63 diskutiert und zu den Ereignissen der fiktionalen Realität in Beziehung gesetzt. Die wiederholt thematisierte Bezugnahme auf die Gattungstradition liefert einen ersten interpretatorischen Fingerzeig im Sinne der Grundfunktion intertextueller Markierung: Indem die Protagonisten die Wirklichkeit ihrer eigenen Situation beharrlich an ihrer filmischen Rezeptionserfahrung messen, gibt Landis - ähnlich wie Lodge in Changing Places - der hier besonders doppelbödigen Überzeugung Ausdruck, daß sich das Weltbild des zeitgenössischen Rezipienten zunehmend aus filmischer Fiktion herleitet und ästhetisch begründete Einsichtsmuster die Erfahrbarkeit empirischer Realität teilweise bereits substituieren. In diese Aussage fügen sich auch die zahlreichen re-used jigures, die in Form von Erwähnungen bekannter Schauspieler in den Film einfließen und den agierenden Figuren ebenso als permanente Verweis struktur und omnipräsentes Familiensurrogat dienen wie dem internationalen Kinopublikum. Kommt es wie im vorliegenden Fall für die agierenden Figuren zu einer Kollision realer Ereignisse mit Handlungsmustern, die bislang nur die filmische Erfahrungswelt'bereitstellte, so mündet dies nahezu zwangsläufig in eine Verhaltensstrategie, die Authentizität an einer künstlich bereitgestellten Bezugsfolie verifiziert. Unterstrichen wird dieses Rezeptionsverhalten durch Kommunikationsstörungen zwischen den agierenden Figuren. Das von Jack beiläufig geäußerte Zitat "Remember the Alamo" interpretiert eine Gesprächspartnerin fälschlicherweise als Aufforderung zu einer Unterhaltung über den Spielfilm The Alamo,64 so daß eine historische Referenz als 62
63
64
Das Thema des todbringenden Wolfs wird noch dadurch intensiviert, daß der erste Ort, an den sich David und Jack zu Beginn des Films begeben, ein Pub namens "The Slaughtered Lamb" ist, der seinerseits einen Wolfsschädel im Wappen trägt. Die Markierung des Werwolfmotivs erstreckt sich sogar auf die akustische Schicht des Filmbildes. So erfolgt die musikalische Untermalung des Films durch Lieder, die das Lexem 'moon' im Titel tragen und dadurch die wiederholten optischen Einblendungen des Vollmonds als einem klassischen Topos der Werwolfliteratur akutisch reflektieren. Es handelt sich offensichtlich um den Film The Curse 01 the Werewolf (GB 1961, Regie: Terence Fisher). USA 1959, Regie: John Wayne.
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intertextuelle mißdeutet und folglich auch hier eine fiktionale Wirklichkeit der realen Historie vorgeschaltet wird. 65 Dieses intertextuelle Mißverständnis liefert zugleich einen weiteren Baustein für die Bedeutungskonstitution: Zwar fügt sich diese dritte kinematographische Referenz des Films nahtlos in die Thematik des Bezugsverhältnisses von filmischer zu empirischer Realität ein, doch fallt The Alamo als Vertreter des Westerngenres inhaltlich scheinbar völlig aus der Reihe. Die um so naheliegendere Frage nach einem inhaltlichen Berührungspunkt vo~ The Alamo und An American Werewolf in London führt zu der entscheIdenden Einsicht daß beide Filme ein schicksalhaftes Aufeinandertreffen von Amerikanern und Vertretern einer jeweils anderen Nation beschreiben. 66 Diese Thematik verweist den Interpreten zurück zu Mark Twains Satire A Connecticut Yankee in King Arthur's Court, die nach der eher kryptischen Titelanspielung im Verlauf des Films durch mehrfachen expliziten Rekurs starke Beachtung erfahrt. Während ~avi~ nac~ d~m traumatischen Überfall noch ans Krankenbett gefesselt 1st, best dIe Ihn betreuende Krankenschwester in einem Buch. Auf die Frage des Rekonvaleszenten nach dem Inhalt des Buches stellt sie es als "A Connecticut Yankee in King Arthur's Court, by Samuel L. Clemens" vor. Als ironisches Spiel mit dem Rezipienten erscheint hierbei die Tatsache, daß Landis nach der expliziten Identifizierung des Referenztextes diesen wiederum verschleiert, indem er Clemens' bekannteres Pseudonym verschweigt. Die von der Krankenschwester anschließend zitierten Anfangsworte des Rahmenerzählers besitzen ihrerseits stark autoreferentiellen Charakter: It was in Warwick Castle that I came across the curious stranger whom I am going to talk about. He attracted me by three things: his candid sim-
plicity, his marvelous familiarity with ancient armor, and the restfulness of his company - for he did all the talking. We fell together, as modest people will in the tail of the herd that was being shown through, and he at once beg~n to say things which interested me. As he talked along, soft~y, pleasantly, flowingly, he seemed to drift away imperceptibly out ofthIS world 65 Es handelt sich hier also um den von uns postulierten Typus (2) intertextuellen Mißverstehens, s.o., Kap. 5.1.1. 66 Der Spielfilm The Alamo schildert den historischen Stoff der Belagerung und Eroberung von Fort Alamo durch mexikanische Truppen unter Santa Ana während des texanischen Unabhängigkeitskampfes im Februar und März 1836.
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and time, and into some remote era and old forgotten country; and so he gradually wove such a spellabout me that I seemed to move among specters and shadows and dust and mold of a gray antiquity, holding speech with a reHc of it!".67
Zusätzlich zu der verbalen Markierung wird die Bezugnahme auf Mark Twain auch optisch markiert, indem die entsprechende PenguinAusgabe während der gesamten Szene deutlich ins Bild gerückt wird. Nachdem der Zuschauer solchermaßen mit diesem Titelbild vertraut gemacht wurde, reicht es Landis zur weiteren Markierung aus, das Buch gelegentlich dezent im Bildausschnitt zu plazieren. 68 Die wiederholten expliziten Markierungen dieses intertextuellen Bezugs deuten darauf hin, daß A Connecticut Yankee in King Arthur's Court in einem engen thematischen Bezugsverhältnis zu An American Werewolf in London steht. Tatsächlich schildern beide Texte in satirischer Absicht die Konfrontation eines Repräsentanten zeitgenössischer amerikanischer Zivilisation mit einer traditionsverhafteten, vermeintlich rückständigen britischen Gesellschaft und nutzen dabei die USA als Metapher für ein jeweils antagonistisches Kulturverständnis. Verkörperte Mark Twains Protagonist Hank Morgan einen einseitig an den Regeln der Marktwirtschaft orientierten Fortschrittsbegriff, der letztlich an den unerbittlichen Gesetzen eines historischen Determinismus scheitert, werden: die USA bei Landis durch die sämtlich explizit markierten (Pop )Kulturmedien Fernsehen, Comic, Rockmusik und insbesondere Spielfilm repräsentiert, die als allgegenwärtiger, hier aber ausdrücklich entfremdeter und sinnentleerter Kulturexport neue rezeptionsästhetisehe Muster prägen. Dabei ironisiert Landis die scheinbar beliebige Austauschbarkeit der Medien und Gattungen, indem er einige der exponiertesten Ikonen populärer amerikanischer Kultur in für sie untypischen generischen Kontexten einbringt - die Stummfilmstars Stan Laurel und Oliver Hardy erscheinen als Helden eines Comicstrips,69 die archetypische Comicgestalt Mickey Mouse dekoriert als funktionslose Nippesfigur ein Wohnzimmer, und der Kultfilm-Darstel67 Mark Twain, A Connecticut Yankee in King Arthur's Court, p. 1. 68 Bezeichnenderweise liest David gerade in dem Roman, als er sich zum ersten Mal in einen Werwolf verwandelt. 69 Dies ist wohl zugleich als Hommage an jene beiden Schauspieler zu verstehen, denen An American Werewolf in London zahlreiche Slapstickelemente verdankt.
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ler Humphrey Bogart blickt von einem Werbeplakat für den Film Casablanca - was den Zuschauer daran erinnert, daß Bogart in seiner berühmtesten Rolle eine Hank Morgan-Version verkörpert, da auch er als Amerikaner im Ausland seinen Beitrag zur Veränderung der Historie leisten will, wenngleich aus gänzlich anderen Motiven. Seine Satire auf die multimediale Konsumgesellschaft verdichtet Landis schließlich in einer weiteren (pseudo )intertextuellen Markierung. Der fiktive Referenztext See You Next Wednesd ay 70 ist ein billiger pornographischer Film im Film, der durch Plakatierung in einem Londoner U-B~hnhof,71 durch die Außenwerbung eines Kinos am Piccadilly Circus und schließlich durch 'authentische' Filmausschnitte in die Spielhandlung eingeschrieben wird. Indem sich dieser denkbare Tiefpunkt künstlerischen Schaffens seinen Platz mitten im Herzen einer der traditionsreichsten europäischen Kulturmetropolen grell behauptet, wird der betonte Gegensatz zwischen einer ästhetisch begründeten Lesekultur und zeitgenössischem Kulturkonsum auf die Spitze getrieben. Der symbolträchtig inszenierte Standort des Kinos unmittelbar zwischen einem 'Book Shop' und einem' Video Shop' versinnbildlicht die tiefe Kluft, die Landis zwischen den bei den Kulturen aufreißt. Während die amerikanische Kultur vorwiegend mit filmischen Produkten gleichgesetzt wird, ist britische Kultur in An American Werewolf in London nahezu ausschließlich durch Literatur repräsentiert, insbesondere durch Klassiker der englischen Schauerliteratur des 19. Jahrunderts, von denen u.a. Conan Doyles The Hound 0/ the Baskervilles und Bram Stokers anglo-irischer Roman Dracula explizit genannt werden. Wie stark die britische Kultur mit literarischer Tradition gleichgesetzt wird, veranschaulicht eine Szene, in der David Kessler einen Londoner Polizisten durch eine Serie von Verbalinjurien zu provozieren versucht, um dadurch seine eigene Verhaftung zu erreichen. Die geäußerten Blasphemien steigern sich letztlich zu dem vermeintlichen ikonoklastischen Superlativ, Shakespeare sei ein Franzose gewesen!
70
71
Vgl. hierzu auch die nachfolgenden Ausführungen zum Medium des Videoclips. Die Tatsache daß dieser Verweis während einer rasanten Kamerafahrt kaum eine Sekund~ am Bildrand erscheint und lediglich dann zu identifizieren ist, wenn der Film in extremer Zeitlupe rezipiert wird, läßt darauf schließen, daß der Regisseur einige Markierungen sehr bewußt für eine detaillierte Filmanalyse gesetzt hat.
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Am Beispiel des Spielfilms An American Werewolf in London wird resümierend deutlich, wie einer Handlung eine Aussageintention unterlegt werden kann, die ausschließlich über die Decodierung intertextueller Spuren zu erschließen ist. Die explizite Markierung dieser Spuren erscheint dabei im vorliegenden Fall besonders naheliegend, weil die in postmodernen Texten gerne eingenommene ostentative Trivialitätspose den Rezipienten leicht dazu verleitet, die Existenz tieferliegender Bedeutungsschichten zu verkennen. Die in An American Werewolf in London entwickelten Themen kondensierte Landis bereits zwei Jahre später in ein neues Medium, den Videoclip.72 Wie Landis haben zahlreiche renommierte Filmregisseure den Videoclip als Experimentierfeld und Objekt künstlerischer Innovation genutzt und zur Begründung für diese Interessenverlagerung meist auf die ausgeprägte experimentelle Komponente verwiesen. Das schöpferische Potential des neuen Mediums erwies sich dennoch als zu kurzatmig, um über den kreativen Schub der Initiierungsphase noch beachtenswerte kreative Impulse liefern zu können. Seit dem Ende der achtziger Jahre ist der Videoclip daher in ein epigonales Stadium eingetreten und erschöpft sich bis auf wenige Ausnahmen in permanenter Repetition der Strukturmuster einer einmal geschaffenen Ästhetik. Im Hinblick auf die vorliegende Thematik seien vorab zwei konstitutive Merkmale dieser Ästhetik herausgestellt: (1) Die extreme Verkürzung der Einstellungen und die elektronisch erzeugte Überlagerung simultaner Signale im Sinne der Eisensteinschen ,;vertikalen Montage" schafft eine außergewöhnliche Komplexität der auf den Rezipienten einstürzenden Zeichen.
(2) Der unter (1) genannten Tendenz einer Reizüberflutung scheinbar entgegenwirkend steht die Tatsache einer im Vergleich zum konventionellen Spielfilm minimalisierten Spieldauer, so daß der Erzählzeit enge Grenzen gesteckt sind und dem Medium zur Markierung intertextueller Bezüge nur ein erheblich reduziertes Repertoire an Erzählmustern zur Verfügung steht, was in der Regel zu einem stärkeren Rekurs auf visuelle Codes führt.
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Teile des folgenden Abschnittes erschienen in veränderter Form bereits unter dem Titel "Perfekte Metaphern der Postmoderne" in anglistik & englischunterricht, 36 (1988).
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Im Zentrum der nachfolgenden Betrachtungen steht die Frage, wie sich Intertextualität in einem Medium markieren läßt, das auf die Möglichkeit ausführlicher linearer Darstellung weitgehend verzichten muß. Tatsächlich haben sich spezifische Markierungsverfahren im Videoclip relativ schnell herausgebildet: Neben einer [... ] impliziten Selbstzitierung und -thematisierung der Videokunst im Clip findet sich [... ] auch die explizite Form. Die Gattung thematisiert sich hier selbst, stellt die Zeichen und Zitate als solche aus, 73 konfrontiert sie miteinander und lädt zu ihrer Begutachtung ein.
Geht man der hier genannten Differenzierung empirisch auf den Grund, so erweist sich, daß der von BachorskilReichelt postulierte Typus einer expliziten "Selbstzitierung und -thematisierung" eher eine Ausnahme darstellt. 74 Dies erscheint aus drei Gründen naheliegend: Erstens konnte die noch junge Gattung bislang nur relativ wenige Klassiker und entsprechend wenige metakritische Folgetexte hervorbringen. Zweitens steht das Medium unter einem kommerziell motivierten fruchtbaren Druck zur Überwindung von Gattungszwängen, der sich in einer permanenten Suche nach neuen visuellen Ausdrucksformen entlädt. Drittens läuft die kurze Erzählzeit Möglichkeiten der expliziten Markierung tendenziell zuwider. Während jedoch die explizite Markierung intertextueller Spuren aufgrund der spezifischen Gattungsmerkmale des Videoclips nur eine untergeordnete Rolle spielt, exemplifiziert das elektronische Medium75 um so nachhaltiger mögliche Verfahren impliziter Markierung. Das für den vorliegenden Zusammenhang ergiebigste Material stellen jene vergleichsweise wenigen Videoclips zur Verfügung, deren Bilderfolge nicht arbiträr ist, sondern einer -kausalen Logik folgt und sich mitunter zu einer durchgängigen narrativen Handlung verdichtet. Im 73
74
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Bachorski/Reichelt, "Beschleunigung der Bilder - Stillstand der Zeit?", S.309. Seltenheitswert besitzt beispielsweise ein affirmierender oder kritischer Anschlußcharakter innerhalb der Gattung. Hierdurch setzt sich das Medium durchaus in beredten Kontrast zur seriellen Ausrichtung des zeitgenössischen Spielfilms, die gleichzeitig parodistischen Ansätzen einen idealen Nährboden beschert. Diese Bezeichnung scheint ungeachtet der Tatsache gerechtfertigt, daß ein geringer Prozentsatz von Videos mit herkömmlichem Filmmaterial produziert wird.
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Idealfall treten dabei die Gesangspartien völlig hinter ein asynchrones Bild zurück oder sind zumindest plausibel in die Erzählstruktur integriert, ohne daß eine unmotivierte Zäsur zwischen Spielhandlung und Gesang entsteht. 76 In Anknüpfung an die obigen Ausführungen zum Spielfilm bietet sich für eine exemplarische Analyse intertextueller Markierung in Videoclips die von John Landis aufwendig inszenierte und bis heute qualitativ unerreichte Verfilmung des 1982 von Rod Temperton geschriebenen und von Michael Jackson interpretierten Pop songs Thriller an, die mehrere Parallelen zu An American Werewolf in London aufweist. Mit dem im Dezember 1983 erstausgestrahlten gleichnamigen Video setzte Landis neue ästhetische Maßstäbe für das Medium und erreichte, was Ausstattung, Spezialeffekte, Choreographie und Darstellung betrifft, erstmals in der Geschichte des Videoclips das Niveau einer Spielfilmproduktion. Die symbolträchtige Filmhandlung von Thriller versetzt den Betrachter in der ersten Sequenz zunächst in die Szenerie eines nächtlichen Waldes, wo das Auto eines jungen Paares nach kurzer Fahrt mit leerem Benzintank liegenbleibt. Der Umstand, ihren Weg notgedrungen zu Fuß fortsetzen zu müssen, liefert den beiden Protagonisten Michael und Ola einen willkommenen Anlaß zu einer Aussprache, in deren betont klischeehaftem und nahezu parodistisch konzipiertem Verlauf sie sich gegenseitig ihre Liebe gestehen. Doch wird die augenscheinliche Idylle einer Teenagerromanze zerstört, als sich Michael vor den Augen seiner entsetzten Freundin in einen furchterregenden Werwolf verwandelt. Die Verwandlung dient Landis hier als Metapher männlicher Begierde und zugleich als ironischer Fingerzeig auf die bis dahin marginale Rolle der Sexualität in Videoclips, deren strikte Tabuisierung durch groteske Übersteigerung und Dämonisierung demonstrativ der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Der weitere Handlungsverlauf folgt texttypologischen Vorgaben und reproduziert die (visuellen und akustischen) Klischees des klassischen Horrorfilms: Nach kurzer Verfolgung setzt der
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Beispiele für Videoclips mit linearer Erzählstruktur liefern u.a. die Produktionen Eaten Alive (Interpretin: Diana Ross), die eine Kürzestversion von H. G. Wells' Roman The lsland ojDr. Moreau darstellt, sowie Take on Me (Interpreten: A-ha), deren Protagonistin in eine fiktionale Textwelt eintritt und dadurch, in letzter Konsequenz einer rezipientenbestimmten Bedeutungskonstituierung, den Schluß der dort vorgezeichneten Handlung verändert.
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Werwolf Olas verzweifelter Flucht ein jähes Ende, indem er sie zu Boden wirft und sich mit grimmiger Drohgebärde über sie beugt. Auf diesem Höhepunkt der Spannungskurve sieht sich der Rezipient einer abrupten Um orientierung ausgesetzt, die als befreiende Antiklimax und listige Pointe zugleich fungiert. Ein harter Umschnitt auf die Gesichter eines Kinopublikums, das erwartungsvoll "mit gemeinsamem Blick sich selbst und ein Ereignis betrachtet",77 entlarvt den bisherigen Handlungsverlauf als filmische Fiktion und zerstört damit osten~ativ den zuvor sorgfältig konstruierten Realitätsanspruch. Dennoch bleIben die beiden Realitätsebenen auf ungewöhnliche Weise ineinander verwoben da sich inmitten der Zuschauer wiederum Michael und Ola befind~n. Obwohl Michael der filmischen Darstellung mit sichtlichem Vergnügen beiwohnt, verlassen beide auf Drängen der entnervten Ola alsbald den Kinosaal. Der Beginn der zweiten Handlungssequenz konfrontiert den Zuschauer mit der subtil gestalteten Außenfassade des Kinos,78 wo für einen kurzen Augenblick außerhalb des Wahrnehmungszentrums u.a. ein Ankündigungsplakat von John Landis' Debütfilm SCHLOCK (USA 1972) ins Bild gerückt wird, der seinerseits klassische Horrorfilme parodistisch zitiert und somit die folgende musikalische Einlage bereits vorausdeutet. Vor dem Kino macht sich Michael zunächst über die Furchtsamkeit seiner Freundin lustig. "It's only a movie", argumentiert er mehrdeutig und läßt in einem Lied - dem eigentlichen Titelsong - die gängigen Klischees des Horrorfilmgenres scherzhaft Revue passiere~. Als der Heimweg die zwei an einem Friedhof entlangführt, nehmen dIe soeben noch übermütig ausgemalten Phantasien unvermutet Gestalt an. Zahlreichen Gräbern entsteigen gespenstische Kreaturen, die sich den bei den Protagonisten drohend in den Weg stellen. Von diesem Moment an wiederholt sich das Martyrium der Hauptdarstellerin: Erneut durchläuft Michael eine makabre Metamorphose, und unter seiner Führung nehmen die Untoten die Verfolgung von Ola auf, die sich von Panik ergriffen in einem verfallenen Haus verbarrikadiert. Aber auch in dieses letzte Refugium dringen die Dämonen unaufhaltsam ein. Erst als Michael schon die Hand nach Ola ausstreckt, löst sich die alptraum hafte 77 78
Hamburger, "Shakespeare und die Medien", S. 12. . .. Dort wird beispielsweise, das Spiel mit der Verschachtelung von Reahtat.sebenen fortsetzend, der Titel des soeben gesehenen Werwolffilms als "Thnller" identifiziert.
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Szenerie abermals in Wohlgefallen auf. Unvermittelt findet sich Ola auf einem bequemen Sofa in Michaels behaglich erleuchtetem W ohnzimmer wieder. Was sie soeben noch als mörderischen Zugriffwahrgenommen hat, erweist sich als Michaels Versuch, seiner hysterischen Freundin beruhigend die Hand auf die Schulter zu legen. Doch kaum hat das Phantastische als Konstrukt einer übersteigerten Einbildungskraft scheinbar seine rationale Erklärung gefunden, blickt Michael in der letzten Einstellung des Films noch einmal in die Kamera - abermals ist alles Humane aus seinen Zügen gewichen. Insbesondere die erste Sequenz dieses Videos weist ausgeprägte intertextuelle Züge auf, da Landis dort zahlreiche Eigenzitate aus An American Werewolf in London montiert, die von einzelnen identischen Einstellungen bis hin zu der generellen Atmosphäre einer Durchdringung von Traum- und Wirklichkeitssequenzen reichen. Diese Kumulation intertextueller Spuren beschränkt sich zunächst nur auf ein augenzwinkerndes Spiel mit dem wissend erkennenden Cineasten. So wird beispielsweise in der ersten Sequenz ein subtiler Verweis auf An American Werewolfin London eingewoben, während die Kamera in das Kinopublikum blickt, der Ton des Werwolf-Films jedoch weiterhin aus dem Off zu hören ist. Dabei kann der aufmerksame Zuschauer im Hintergrund folgenden scheinbar völlig bedeutungslosen Dialog wahrnehmen: "He left a message." - "What does it say?" - "See you next Wednesday." Als Dialog getarnt erscheint an dieser Stelle also der Titel jenes fiktiven Films, den Landis in An American Werewolfin London integriert hatte. Der Aufruf des gemeinten Referenztextes erfolgt somit nicht direkt, sondern auf dem Umweg über eine ausdrücklich als fiktionales Produkt preisgegebene Pseudo-Einschreibung. Diese wird ihrerseits nicht im Kontext des manifesten Textes selbst zitiert, sondern in einem ebenfalls offen als Fiktion enttarnten eingebetteten Text. Diese mehrfach gebrochene Verweisstrategie und der doppelt fiktionale Status der beteiligten Texte liefern einen wichtigen interpretatorischen Schlüsselhinweis, der sich wegen der zurückhaltenden Markierungsstrategie vorerst jedoch nur dem geübten Rezipienten erschließt. Für den weniger alerten Zuschauer werden sinnerhellende Markierungen dagegen erst aus der Retrospektive sichtbar und relevant. Der intertextuelle Charakter der ersten Handlungssequenz wird durch die explizite Darstellung einer Rezeptionssituation überaus deutlich markiert. Dabei nehmen Michael und Ola zwei konträre Rezeptionshaltungen ein; sie repräsentieren einerseits das intellektuelle Vergnügen an 219
der ästhetischen Gestaltung eines als Fiktion durchschauten Produkts, andererseits die Unfähigkeit zu einer Distanzwahrung durch rationale Trennung von Wirklichkeits- und Fiktionsebene. Mag dem Zuschauer letztere,Rezeptionshaltung zunächst als naiv erscheinen, muß er, nachdem er mehrfach Landis' ironischem Spiel mit der Realitätsillusion erlegen ist, seine eigene Rolle neu überdenken. Landis manipuliert die Zuschauerreaktionen nach Belieben, indem er spezifische generische Konventionen durch abrupte und radikale Umschwünge revidiert. In beiden Hauptsequenzen des Videos suggeriert die romantisierte Interaktion des Liebespaares zunächst eine Atmosphäre des Harmlos-Verspielten, bevor die Stimmung schockartig durch den Einbruch des Irrationalen und Phantastischen in ihr Gegenteil verkehrt wird. Auf dem Höhepunkt der phantastischen Handlungsfäden erfolgt jeweils ein erneuter kompletter Illusionsbruch, der den Rezipienten zum Schein in die Welt der Normalität entläßt. In beiden Sequenzen wird dabei eine rationale Erklärung des phantastischen Zwischenspiels angeboten. Im ersten Fall erscheint das Grauenhafte explizit als Teil einer integrierten Filmhandlung, im zweiten Fall implizit als alptraumhafte Vision der weiblichen Protagonistin, die offenbar noch unter dem Eindruck des traumatischen Kinoerlebnisses stand. Diese ungewöhnliche Dramaturgie signalisiert, daß es in Thriller trotz aufwendiger visueller Schockeffekte nicht um ein vordergründiges Horrorerlebnis geht. Den Zugang zu einer tieferen Bedeutungsebene eröffnen auch im vorliegenden Fall weniger die evozierten Referenztexte als die Art ihrer Markierung. Nur scheinbar erfüllt die erste Einstellung dieses Videos die übliche Funktion eines establishing shot, dem Zuschauer eine zuver-, lässige Orientierung über das Setting zu vermitteln - in Wahrheit dient der establishing shot hier dazu, den erst retrospektiv offenbarten intratextuellen Charakter der folgenden Sequenz zu verschleiern. Landis setzt also eine Falschmarkierung, indem er die Sehgewohnheit des Betrachters ausnutzt, den Informationen der 'objektiven' Kamera unkritisch zu vertrauen und provoziert dadurch zwangsläufig eine Fehlinterpretation. Die eigentlich relevante Information, die der Zuschauer durch den establishing shot erhält, betrifft somit die für Thrillertypischen Themen der Fehlinterpretation, der Unzuverlässigkeit des Augenscheins und der Frage nach dem Bezugsverhältnis von filmischer und empirischer Realität. Das Thema der Fehlinterpretation wird sogleich explizit gemacht. Im Anschluß an die erste Einstellung werden die Handlungsträger mit
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folgendem Dialog eingeführt: [Michael:] "Honestly, we're out of gas." [Ola:] "So, what are we gonna do now?". Anstelle einer zu erwartenden verbalen Antwort sieht der Betrachter in der folgenden Einstellung die Protagonisten ihren Weg zu Fuß fortsetzen. Als sich Ola zu dem Eingeständnis "I'm sorry I didn't believe you" veranlaßt sieht, wird ohne explizite Ausformulierung oder Darstellung deutlich, was in der durch einenjump cut überbrückten Zeit geschehen ist: Ola mißdeutete die klischeehafte Autopanne als von ihrem männlichen Begleiter vorsätzlich herbeigeführt. 79 Auf diese Weise wird das Thema der Fehlinterpretation durch eine der agierenden Personen bereits eingeführt, lange bevor der Rezipient erkennt, daß er selbst dem gleichen Zwang unterliegt. Indem der Regisseur das emotionale Wechselbad eines kompletten Illusionsbruches provokativ gleich fünfmal anwendet,80 führt er dem Zuschauer unwiderlegbar vor Augen, daß dieser dem Willen des gestaltenden Autors nahezu wehrlos ausgeliefert ist, und veranlaßt ihn im Idealfall, sein eigenes Rezeptionsverhalten kritisch zu reflektieren. Möglich wird dies erst durch die Nichtmarkierung des fiktionalen Status der ersten Handlungssequenz. Indem dessen retardierte explizite Markierung den Rezipienten unvorbereitet und wider seine Erwartung trifft, entfaltet die Markierung eine schockartige Wirkung, welche die Aussagehaltung um so nachhaltiger stützt. Die Art und Weise, wie der Regisseur seine Markierungen hier einsetzt, verrät ein ausgeprägtes ludisches Element, das zweifellos geeignet ist, den Unterhaltungswert eines Textes beträchtlich zu erhöhen. Retrospektive Umdeutungen eines fiktionalen Geschehens, wie sie in Thriller betrieben werden, sind insbesondere aus der Literatur der Postmoderne, etwa aus William Goldings post mortem-Roman Pincher Martin, seit längerem bekannt. Auch und vor allem mit der Destruktion von Rezeptionsgewohnheiten, dem Nebeneinander divergenter Stilund Inhaltsebenen und der offenen Ironisierung des Mimesisanspruches geht Thriller mit zentralen Kriterien postmoderner Fiktion konform. Die weitgehende Abkehr postmoderner Literatur vom MimesisGedanken hatte ihren Ursprung nicht zuletzt in der Einsicht, daß der Film für die realistische Repräsentation der Alltagswirklichkeit das 79
80
Zugleich wird hier exemplarisch deutlich, wie der medienbedingten Kürze durch den effektiven Einsatz von jump cuts begegnet werden kann. Das Schluß-Standbild deutet an, daß sich dieses Grundmuster in einem ewigen Zyklus fortdenken ließe.
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geeignetere Medium darstellt. Nunmehr schlagen auch filmisc~e Medien den in der Erzählliteratur teilweise vorgezeichneten Weg em. Zahlreiche Spielfilme jüngerer Produktion widmen sich dem Verhältnis von filmischer und empirischer Realität oder durchbrechen gar offen den eigenen Realitätsanspruch. 81 Bezeichnenderweise taucht diese Thematik besonders häufig injenem Medium auf, das vielleicht als prägnanteste ästhetische Ausdrucksform postmodernen Zeitgefühls gelten kann: dem Videoclip.
7. Schlußbetrachtungen zu weiterführenden Perspektiven Die in Kapitel 6 vorgestellten Textanalysen konnten exemplarisch verdeutlichen, wie sich die postulierten Arten intertextueller Markierung in praxi niederschlagen. Dabei konnten zumindest drei zentrale Ergebnisse der erarbeiteten Markierungstheorie bestätigt werden: Erstens kann offensichtlich nicht nur eine intertextuelle Einschreibung als solche, sondern auch die Art ihrer Markierung unterschiedlich funktionalisiert werden. Zweitens hat sich erwiesen, daß die im wesentlichen für verschriftete Texte gültigen Ergebnisse auch im Kontext anderer semiotischer Systeme greifen, wenngleich mit signifikanten Abweichungen. Drittens wird durchi die diskutierten Beispiele die naheliegende Vermutung bestätigt, daß Einschreibungen, die ein Autor als zentral für das Verständnis eines Textes 'ansieht, am ehesten eine explizite rezipientenorientierte Markierung motivieren. Ziel der vorliegenden Markierungstheorie war es aber auch, einen Baustein zur Errichtung übergreifender Theoriegebäude bereitzustellen. Dies gilt insbesondere für die Fernziele einer Grammatik und Geschichte der Intertextualität sowie für die generelle Theoriebildung im Kontext rezeptionslenkender Maßnahmen. Um den Beitrag, den eine Markierungstheorie hierzu leisten kann, in vollem Maße auszuschöpfen, ist es geboten, die bisher vorliegenden Ergebnisse durch Folgeuntersuchungen insbesondere textdeskriptiver und textanalytischer Art zu ergänzen und zu vertiefen. Vorrangig wäre dabei der Frage nachzugehen, ob und wo sich außerhalb des von uns untersuchten Textkorpus - poetische Texte der englischsprachigen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts - signifikante Abweichungen von den dargelegten Resultaten nachweisen lassen. Hierzu kann der von uns gesteckte Rahmen einerseits weiterer Spezifizierung unterzogen werden, vor allem aber ist er in vierfacher Richtung erweiterbar:
81
Vgl.
222
Z.B.
Woody Allen, The PurpIe Rose 0/ Cairo (USA 1984).
(1) Es wäre zu prüfen, ob sich das hier entwickelte Konzept der Markierung problemlos von der intertextuellen Ebene auf intratextuelle Vernetzungsstrategien übertragen läßt. N uancierungen sind hierbei schon deshalb zu erwarten, weil dem Leser im letzteren Fall die jewei223
ligen Referenztexte notwendigerweise bekannt sind, Markierungen also nicht primär auf ein außertextliches Vorwissen rekurrieren. Die in diesem Zusammenhang zu erwartenden Einsichten wären auch im Hinblick auf einen Vergleich auto-intertextueller und hetero-intertextueller Referenzen relevant. (2) Auch das ins Auge zu fassende typologische Spektrum ließe sich erweitern, und zwar vor allem in dreierlei Hinsicht. (a) Eine eingehende Untersuchung erfordert der Bereich nicht-poetischer Texte, der hier nur angerissen werden konnte. 1 Hierzu gehört auch eine systematische Bestimmung von Zitat-markers im mündlichen Diskurs, die neben standardisierten Formeln wie 'quote - unquote' zu einem großen Teil auf metakommunikativer Ebene zu erwarten sind. (b) Zu geringe Aufmerksamkeit hat bislang der Aspekt der Intermedialität erfahren. 2 Dabei eröffnet die Übertragung einer Markierungstheorie auf andere Zeichensysteme ein höchst ertragreiches Forschungsgebiet, das vorerst systematisch zu konturieren wäre. Einen vielversprechenden Ansatzpunkt hierzu liefert H. F. Plett unter dem Stichwort 'Medial Substitution', wo der Zeichentransfer zwischen verbalen, visuellen und akustischen Zeichenklassen unter Verweis auf mögliche Subdifferenzierungen modellhaft umrissen wird. 3 Ein so geschaffenes typologisches Raster könnte sich als ein wichtiges heuristisches Instrument erweisen, um mögliche visuelle und akustische Intermedialitätsindikatoren zu erfassen und zu beschreiben. (c) Zu untersuchen bleibt auch der im vorliegenden Zusammenhang bewußt ausgeklammerte, da nur indirekt relevante Bereich der Systemreferenz. Als lohnender Ausgangspunkt einer dies1
2
3
Ansätze hierzu finden sich etwa bei Holthuis, die in ihrer Studie den (hierfür allerdings wenig ergiebigen, da durch normative Vorgaben und Konventionen gebundenen) Typus des fachwissenschaftlichen Diskurses in einem Exkurs streift. Im Hinblick auf die Markierung gelangt Holthuis allerdings kaum über naheliegende Hypothesen hinaus, wonach hier vornehmlich explizite und quasi-explizite Markierungen sowohl im inneren wie im äußeren Kommunikationsrahmen zu erwarten seien und nicht nur die Referenz selbst, sondern zumeist auch die Referenzstrategie markiert werde. (Vgl. Holthuis, Intertextualität, S. 158.) Reichhaltiges Material zur Text-BildlBild-Text-Beziehung bieten z.B. die Bände Text und Bild, Bild und Text (1990, hrsg. W. Harms) sowie Bild und Text im Dialog (1993, hrsg. K. Dirscherl). V gl. Plett, "Intertextualities", p. 20. - Stark revisions bedürftig erscheint dkgegen ein Schema medialer Transformationsprozesse von H.-J. Prümm in Film-Script: William Shakespeare, S. 366.
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bezüglichen Untersuchung erscheint uns die Frage, inwiefern sich notwendige Unterschiede zwischen der markierten "repetition 0/ signs" und der markierten "repetition 0/ ru/es" ergeben. 4 (3) Mögliche Unterschiede der Markierungspraxis ergeben sich des weiteren im Kontext monolingualer und heterolingualer Intertextualität. Der Fall des Autors, der Markierungen in seinem Text als unzureichend für eine auswärtige Sprachgemeinschaft erachtet, wurde bereits angesprochen, zu untersuchen blieben jedoch die Konsequenzen des interlingualen Transfers aus der Sicht der Übersetzungswissenschaft. Der geschilderte kuriose Fall expliziter Markierung in der deutschen Ausgabe von Amanda Cross' Roman No Word/rom Winifred läßt dabei besonders aufschlußreiche Einsichten vermuten. 5 Im weiteren Sinn verbindet sich der Aspekt des Sprachtransfers mit der übergeordneten Frage nach möglichen nationalspezifischen Unterschieden in der Markierungspraxis. (4) Einen zentralen Untersuchungsaspekt, der zukünftiger Forschung vorbehalten bleibt, wirft schließlich die diachronische Dimension auf. Der Rückgriffüber den von uns gesetzten historischen Rahmen hinaus wird erforderlich, um dem Desiderat einer Geschichte der Markierung zu begegnen und Arten und Funktionen von Markierung und ihrer rezeptionsästhetischen Implikationen im literaturgeschichtlichen Wandel darzustellen. Abschließend sei auf ein weiteres Problemfeld verwiesen, dessen Bearbeitung die Ergebnisse der vorliegenden Studie fortführen und vertiefen könnte. Dieses betrifft die Frage, welche Leserreaktionen die im Text erkennbaren Markierungsstrategien und hieraus ableitbaren intendierten Leserrollen im konkreten Einzelfall hervorrufen. Als Grundlage einer Klärung dieser Problemstellung wären empirische kognitionsspezifische Erhebungen bereitzustellen, welche die postulierten Kriterien der Markierungsdeutlichkeit im Hinblick auf das idiosynkratische Kontextwissen im allgemeinen sowie auf die intertextuelle Kompetenz eines individuellen Rezipienten und seinen hieraus resultiernden Interpretationsentscheidungen im besonderen überprüfen und ggf. modifizieren könnten.
4 5
Begriffe von Plett, "Intertextualities", p. 7. S.o., Kap. 3.3.
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Personenregister Acheson, James 195 Acker, Kathy 156 Ackroyd, Peter 166 Addison, Joseph 116 Aldiss, Brian W. 109 Alighieri, Dante 22, 136 Allemann, Beda 71 Allen, W oody 222 Amis, Kingsley 159 Ammann, Daniel 31-32, 35 Andrew, J.O. 110 Atherton, James 165 Austen, Jane 117, 120-121, 137, 159, 179, 194 Authier-Revuz, Catherine 88, 123 Bachorski, Hans-Jürgen 216 Ballantyne, RM. 114 Barrett, Julia 171 Barthes, Roland 166 Baudelaire, Charles 157 Bellamy, Edward 109-110 Belli, Giuseppe Gioacchino 116 Ben-Porat, Ziva 25-27,30-33,38,50, 54 Berg, Wolfgang 68 Berger, Dieter A. 155-156 Bettinger, Elfi 123 Bird, Arthur 110 Blake, William 102 Bloom, Harold 26, 32, 181 Bogart, Humphrey 90, 214 Böhm, Rudolf 111 Bolter, Jay David 63 Boytinck, Paul 197-198 Bradbury, Ma1colm 100, 193 Broich, Ulrich 13, 18, 34-35, 38-41, 44,48,55,59,77,91-92,99,107-108, 115, 129, 151
Browning, Robert 132 Bühler, Karl 76 Bulwer-Lytton, Edward 184 Burgess, Anthony 109, 116, 120, 124-125,134,164,166,168,171,174, 197-207 Burton, Robert 132 Bußmann, Hadumond 65, 70 Butler, Samuel 172, 179, 184 Butor, Michel 109 Bronte, Emily 172 Byron, George Gordon, Lord 116, 132, 155, 178 Caine, J effrey 171 Capote, Truman 134 Carroll, Lewis 177 Celan, Paul 99 Cervantes, Miguel de 139 Chaucer, Geoffrey 105, 183 Chomsky, Noam 64 Cibber, Colley 109, 182 Cicero 65 Clarke, Arthur C. 130 Coleridge, Samuel Taylor 106, 141 Collins, William Wilkie 159 Comstock, Howard W. 115 Conrad, Joseph 102 Co oper, Giles 179 Coppola, Francis Ford 141 Crabbe, George 155 Croft, William 64 Cross, Amanda 72, 107, 225 Crystal, David 64 Culler, Jonathan 78, 106, 157-158 Curtiz, Michael 115 Defoe, Daniel 72, 85-86, 113, 121122, 156, 166-167, 171, 181, 199
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Delvaux, Paul 57 De Palma, Brian 142 Deschanei, Caleb 113 Dick, Philip K. 170 Dickens, Charles 132, 178 Dirscherl, Klaus 224 Disney, Walt 131 Dos Passos, John 72 Doyle, Arthur Conan 103, 115, 134, 147, 180, 214 Drabble, Margaret 111, 160-161
Goetsch, Paul 123 Golding, William 102, 114, 132, 161, 221 Grafton, Sue 171 Gray, Thomas 136 Greenberg, Joseph H. 64 Greene, Graham 91, 102, 179 Greimas, Algirdas Julien 14 Grice, Paul 68-69 Groeben, Norbert 68 Guareschi, Giovanni 91
Ecker, Gisela 113 Eco, Umberto 99, 111 Eisenstein, Sergej 142 Eliot, George 111 Eliot, T.S. 87,106,109,111,114,124, 162, 169, 188-191 Empson, William 191 Ette, Ottmar 18
Haire-Sargeant, Lin 171 Halle, Morris 64 Hamburger, Maik 218 Hammett, Dashiell 172 Hardy, Oliver 213 Hardy, Thomas 126, 129-130, 132, 159 Harms, Wolfgang 224 Hartveit, Lars 205 Hebel, Udo 33-35, 50 Heller, Arno 205 Hemingway, Ernest 102' Hempfer, Klaus W. 58-60, 149 Hitchcock, Alfred 119 Hoek, Leo H. 23-24, 108 Holthuis, Susanne 47-52, 55, 77, 99, 150-152, 169, 173, 224 Homer 111 Huxley, Aldous 114, 126-127
Federman, Raymond 157, 165 Fielding, Henry 88-89,104,109,113, 115, 130, 139, 158, 167, 173, 182 Fischer-Lichte, Erika 140 Fisher, Terence 211 Fitzgerald, Francis Scott 121 Fleming, lan 142, 159 Fonagy, Ivan 69 Forster, E.M. 58, 196 Fowler, Roger 173 Fowles, John 178 Franklin, Richard 119 Freed, Arthur 198 Füger, Wilhelm 13, 15,23,44-47,55, 95, 105-106, 124, 170 Gaskell, Elizabeth 114 Geissler, Ludwig A. 110 Genette, Gerard 30, 77, 91-92, 106107, 172 Gibson, William 85 Gilbert, Lewis 142 Goebel, Gerhard 15 Goethe, Johann Wolfgang 165-166
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Jackson, Michael 217-221 Jakobson, Roman 37, 64, 76 James, Henry 102, 109, 193, 209-210 Jansohn, Christa 17 Jauss, Hans Robert 162, 173 Jefferson, Ann 123-124 Jeffrey, Francis 155 Jenninger, Philipp 13 Johnson, Samuel 178 Jonson, Ben 132 Joyce, James 20-23, 36, 102, 107109, 122, 158, 165
Kafka, Franz. 102 Kaiser, Gerhard 21-22, 30, 47, 119 Kanzog, Klaus 139, 141 Karrer, Wolfgang 108, 150, 185 Keats, John 100, 106, 116, 134, 178 Kellett, E.E. 72, 163 Kelley, Gene 198, 209 Kemelman, Harry 171 Kempner, Friederike 148 Kipling, Rudyard 111, 177-178 Klopstock, Friedrich Gottlieb 119 Koestler, Arthur 200 Körner, Hans 157 Kristeva, Julia 58 Kubrick, Stanley 142, 198-207, 209 Kureishi, Hanif 134 Lachmann, Renate 18,37-38,60, 7779,98 Landis, John 208-222 Lapp, Edgar 68-69, 71 Laurel, Stan 213 Lawrence, D.H. 17, 102, 132 Le Carre, John 41 Lejeune, Philippe 107 Lennon, John 109 Lerner, Laurence 100, 181 Lessing, Doris 115, 121 L'Estrange, Anna 172 Lewandowski, Theodor 65 Lewis, Matthew Gregory 134, 155 Lodge, David 31, 87-88, 101-103, 116-117,120-124,133-134,160-164, 172-173,175-176,183,188-197,209 Maack, Annegret 166 Macnie, John 109 Mai, Hans-Peter 60 Manet, Edouard 157 Mann, Thomas 49 Mark Twain 209-214 Melville, Herman 103 Mendes, H. Pereira 110 Meyer, Hermann 19-24 Meyhöfer, Annette 171
Michaelis, Richard C. 109 Miller, Allen C. 115 Miller, Henry 133 Milton, John 159 Minnelli, Vincente 209 MitchelI, Adrian 113, 116 Moore, George 155 Moravcsik, Edith 64 More, Thomas 88-89, 106 Morgan Thais 18 Morris, Alfred 110 Morris, William 106 Muecke, D.C. 68-69 Müller, Wolfgang G. 91, 113, 172 Nabokov, Vladimir 108, 127-128, 146 Nadel, Alan Mitchell 77 Neumann, Peter Horst 24-25,35-36, 161 N ourse, Alan E. 171 Nye, Robert 125-126, 144-145 O'Brien, Flann 93 O'Casey, Sean 100 Orwell, George 47,103,105,164,174 Perkins, Anthony 120 Perri, Carmela 25, 27-31, 38, 183 Peters, Jan Marie 140 Petöfi, Janos S. 48 Petzold, Dieter 199 Pfister, Manfred 13, 18,33,48,52,55, 59, 61-62, 103, 107, 181, 186 Plenzdorf, Ulrich 112 Plett, Heinrich F. 13, 15, 18, 25, 33, 41-44, 48, 55, 77, 90, 104, 118-119, 177, 224-225 Poe, Edgar Allan 111, 115-116 Poenicke, Klaus 11, 164 Polanski, Roman 147 Pope, Alexander 178 Pound, Ezra 121 ~rümm, Hans-Joachim 141, 224
261
Rabinovitz, Peter J. 12, 205 RadelifTe, Ann 179 Ray, Philip E. 203 Reed, Oliver 211 Reichardt, Alexander 110 Reichelt, Ursula 216 Reiner, Carl 90 Rhys, Jean 113 Richardson, Samuel 12, 107, 109, 113, 130, 167-168, 181 Richardson, Tony 139 Riffaterre, Michael 14, 79, 147-148, 150 Robbins, Harold 134 Roberts, J.W. 110 Rogers, John Rankin 110 Rolfe, Frederick 102 Ross, Diana 217 Rousseau, Jean-Jacques 179 Sanders, George A. 110 Satterlee, W.W. 109 Schaub, Thomas 103 Schindler, Solomon 110 Schlaeger, Jürgen 64 Schneider, Ulrich 20-22, 108 Schöneich, Christoph 179 Schröder, Gottfried 147 Schulte-Middelich, Betnd 112, 143144, 148 Scott, Ridley 102, 170 Scott, Walter 111, 116, 134, 155, 178 Searle, John R. 28 Seneca 111 Senn, Fritz 36 Shakespeare, William 101, 108-109, 113-114,120-121,124-126,132-133, 145, 160, 166, 176-177, 179, 185, 189-190, 199, 208, 214 Shaw, George Bernard 201 Shelley, Mary 109, 114, 121, 124 Shelley, Percy Bysshe 109, 125, 132, 161, 207 Skinner, B.F. 200 Sladek, John 173
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Smith, Horace 155 Smith, James 155 Snow, C.P. 102, 125 Southey, Robert 155 Spencer, Herbert 156 Sperber, Dan 60-70 Spielberg, Steven 142 Steele, Richard 116 Stein, Thomas M. 41 Stempel, Wolf-Dieter 66 Sterne, Laurence 104, 125, 180 Stierle, Karlheinz 60, 74, 116, 119 Still, Judith 148 Stoker, Bram 214 Stoppard, Tom 113 Sturges, John 142 Suerbaum, Ulrich 131 Suzuki, Yasushi 13 Swift, Jonathan 72, 116, 175-176 Swinburne, Charles Aigernon 132 Tabori, George 104 Temperton, Rod 217 Tennant, Emma 171 Tennyson, Alfred 178 Thackeray, William Makepiece 178 Thomas, Dylan 109 Thurber, James 185 Tilton, John 205 Toistoj, Aleksej 128, 135 Trubetzkoy, N.S. 64 Van Dyke, Woodbridge Strong Vinton, Arthur Dudley 109 Vonnegut, Kurt 135
Wilbrandt, Conrad 110 Wilde, Oscar 120, 136-137 Willer, Bernhard 68 Wilson, Deirdre 69-70 Wirth, Jessica 64 Wolpers, Theodor 181 Woolf, Virginia 100-102, 116, 135, 176-177
Wordsworth, William 133, 155 Worton, Michael 148 Zach, Wolfgang 107 Zander, Horst 153 Zemeckis, Robert 146 Ziolkowski, Theodore 113
116,
172
Waggner, George 211 Walpole, Robert 89 Wasserburg, Philipp 110 Wayne, John 211 Weinrich, Harald 66-68 Welles, Orson 141 Wells, H.G. 174, 217 Wheeler, Michael 32, 35 l 77, 96, 136
263