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JÜDISCHE •• ALTERTUMER
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Flavius Josephus Jüdische Altertümer
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JÜDISCHE •• ALTERTUMER
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Flavius Josephus Jüdische Altertümer
Flavius losephus ••
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Übersetzt und mit Einleitung und Anmerkungen versehen von Dr. Heinrich Clementz
Mit Paragraphenzählung nach F1avii Josephi Opera recognovit Benedictus Niese (Editio minor), Berlin 1888-1895
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losephus rerum judrucarum testis omnium optimus. (Ant. Pagius bei Havercamp.)
2. Auflage 2006 Alle Rechte vorbehalten Es ist nicht gestattet, Texte oder Abbildungen dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder mit Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages. Neu gesetzte und überarbeitete Ausgabe für Marix Verlag GmbH, Wiesbaden 2004 nach der Ausgabe Halle an der Saale, 1899 Wissenschaftliche Betreuung: HD Dr. theol. habil. Michael Tilly, Wiesbaden Covergestaltung: Thomas Jarzina, Köln Bildnachweis: AKG, Berlin Satz und Überarbeitung: Pinkuin Satz und Datentechnik., Berlin Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck Printed in Germany ISBN -10: 3-937715-62-2 ISBN-13:978-3-937715-62-9 www.marixverlag.de
EINLEITUNG Der jüdische Geschichtschreiber Flavius Josephus ist geboren zu Jerusalern im Jahre 37 n. Chr. unter der Regierung des römischen Cäsars Gajus Caligula und unter dem Landpfleger Marcellus, nachdem Pontius Pilatus eben erst, im Jahre 36, abberufen worden war. Er war der Sohn des jüdischen Priesters Matthias und mütterlicherseits mit dem Königsgeschlechte der Asmonäer verwandt. Die Juden der damaligen Zeit erzogen ihre Kinder in religiöser Hinsicht sehr gewissenhaf4 und so wurde auch Josephus, der übrigens sehr begabt war, mit großer Sorgfalt erzogen und zum Schriftgelehrten herangebildet. Mit Ausnahme einer Reise nach Rom (siehe unten) lebte er bis zu dem im Jahre 66 n. Chr. erfolgten Ausbruche des jüdischen Aufstandes gegen die Römer in Jerusalern als der Pharisäersekte angehöriger Priester. Schon als er kaum dem Knabenalter entwachsen war, zeigte sich sein freier Blick und sein hohes geistiges Streben darin, dass er sich nacheinander in die drei Sekten des damaligen Judentums, die der Pharisäer, Sadduzäer und Essener aufnehmen ließ, um nach Prüfung ihrer Grundsätze der nach seiner Ansicht besten Gemeinschaft beizutreten. Nachdem er dann' noch drei Jahre bei dem Einsiedler Banus zugebracht hatte, entschied er sich für die Pharisäer, denen er auch, soweit ersichtlich, bis zum Ende seines Lebens treu geblieben ist. In seinem sechsundzwanzigsten Lebensjahre unternahm Josephus eine Reise nach Rom, wo er zu hoch stehenden Personen in Beziehungen trat und namentlich auch Poppaea, der Gemahlin des Cäsars Nero, vorgestellt wurde. Bald nach seiner Rückkehr trat er dann die öffentliche Laufbahn in seinem Vaterlande an, und im Jahre 67 n. Chr., ein Jahr nach Beginn des Aufstandes, ernannten ihn die Leiter desselben zum Statthalter in Galiläa. Hier bewies er sich als tapferer Feldherr im Kampfe gegen die Römer, wurde aber nach dem Falle der Festung Jotapata, wo er sich mit Waffengefahrten in einer Zisterne verborgen hatte, dem Vespasianus verraten. Dieser ließ ihn in Fesseln legen, schenkte ihm jedoch das Leben, weil Josephus, mit schlauer Berechnung den Propheten spielend, ihm den Cäsarenthron verhieß. Als Vespasianus zwei Jahre später wirklich auf den Thron gelangt war,
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erklärte er den Josephus für seinen Freigelassenen und beschenkte ihn reichlich. Um diese Zeit scheint Josephus seinem hohen Gönner zu Ehren dessen Familiennamen Flavius angenommen zu haben. Von Alexandria aus begleitete er dann den Titus vor Jerusalem, wo er Zeuge der Belagerung seiner Vaterstadt wurde. Während derselben unternahm er es zu wiederholten Malen, seinen Landsleuten die Zwecklosigkeit ferneren Widerstandes vorzuhalten und sie zur Ergebung an die Römer aufzufordern, wurde aber von ihnen abgewiesen und für einen Verräter erklärt. Nach der Zerstörung Jerusalems begab sich Josephus mit Titus nach Rom, wo er das römische Bürgerrecht, einen kaiserlichen Freitisch und großen Landbesitz in Judäa erhielt. Als reicher Mann lebte er nunmehr seinen Studien, deren Ergebnisse in seinen Werken vorliegen. Das Jahr seines Todes ist unbekannt; im Jahre 93 war er jedenfalls noch am Leben, doch scheint er die Regierungszeit des Trajanus (bis 117) nicht überlebt zu haben. Was nun die Eigenschaften, und zwar zunächst die persönlichen, unseres Schriftstellers anlangt, so steht fest, dass er infolge seiner hohen Begabung einen hervorragenden Platz nicht nur unter den ersten Männern seines Volkes überhaupt, sondern auch unter den engherzigen und hartköpfigen Angehörigen seiner Sekte einnimmt, denen er an Elastizität des Geistes weit überlegen war. So war er nicht minder ein schriftgelehrter Pharisäer, als überhaupt einer der gelehrtesten Männer seiner Zeit, und in der orientalischen wie griechischen Literatur wohl bewandert. Einige sittliche Schwächen kann man bei Josephus nicht wegleugnen. Zunächst war er bis zur Eitelkeit selbstbewusst, sodass er zum Beispiel am Schlusse seiner »Altertümer« behauptet, ein Werk wie dieses habe weder ein anderer Jude noch ein Nich~ude in solcher Vollendung zustande zu bringen vermocht. Eine andere Schwäche ist seine egoistische Klugheit oder vielmehr Verschlagenheit, die ihn nicht nur von seinem Volke zu den Römern übergehen lässt, als dies für ihn vorteilhafter erscheint, sondern die ihn auch geradezu zu betrügerischem Handeln verleitet. Beweis dessen ist sein Verhalten in der Zisterne zu Jotapata (siehe »Jüdischer Krieg«, Buch III, Kapitel 8), wo er, den Trieb der Selbsterhaltung über alle anderen Rücksichten setzend, offenbar die Lose betrügerischerweise so mischte, dass seine Gefährten vor ihm dem Tode verfielen, den sie der Übereinkunft gemäß nach der Reihenfolge der Lose erleiden wollten, um nicht in die Hände der Römer zu geraten. Josephus verleugnete eben niemals den echten Pharisäer, der anderen gern alle Lasten aufbürden möchte, die er selbst zu tragen sich scheut.
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Wenngleich man nun unter diesen Umständen unserem Schriftsteller ein besonders entwickeltes Nationalgefühl und opferwilligen Patriotismus zuzuerkennen nicht berechtigt ist, so muss doch immerhin zugegeben werden, dass er niemals seine Religion verleugnete und sich von kriechender Unterwürfigkeit gegen die römischen Cäsaren, die sein Volk in den Staub getreten hatten, freihielt. Er blieb vielmehr stets ein Freund seines Volkes und leistete ihm durch seine schriftstellerische Tatigkeit große Dienste, was umso höher anzuschl~gen ist, als die Juden im Allgemeinen im römischen Reiche verachtet und gehasst wurden. Allerdings verschweigt Josephus in seinen Werken manches, was bei den Heiden Anstoß hätte erregen können, manches auch deutet er um, aber er gibt keine der großen Wahrheiten seiner Religion preis. Als Schriftsteller st~ht Josephus großartig da. Seine Darstellung ist klar, lebendig und elegant, und er darf zu den besten nachklassischen griechischen Schriftstellern gerechnet werden. Allerdings bleibt er hinter der Einfachheit und Kraft biblischer Darstellung oft zurück, zum Teil infolge seines Bestrebens, es mit seinen heidnischen Lesern nicht zu verderben, zum Teil aber auch infolge der oft in die Geschichtserzählung eingeflochtenen langen Gespräche und Reden, die offenbar nur den Zweck haben sollen, die Juden in der Rhetorik den Griechen ebenbürtig erscheinen zu lassen. Klassisch vollendete Geschichtschreibung bietet Josephus besonders in den sechs letzten Büchern der »Altertümer«, und dass er auch ein Meister in der Kleinmalerei ist, beweist er durch seine exakten Schilderungen der Tempelgebäude, der hohepriesterlichen Gewänder und der heiligen Geräte. Besonders erwähnenswert erscheint mir in dieser Beziehung die äußerst sorgfältige Beschreibung der Hyoscyamus- oder Bilsenkrautpflanze (Ill, 7, 6), die noch heute in jedem Lehrbuche der Botanik Platz finden könnte, sowie die Schilderung des goldenen, von Ptolemäus Philadelphus den Juden für den Tempel geschenkten Tisches (XII, 2, 8 und 9). Orientalische Übertreibungen und spezifische pharisäisch-philosophische Anschauungen finden sich übrigens nicht selten in Josephus' Werken, aber er gilt doch im Allgemeinen für durchaus glaubwürdig. Die Werke des Josephus sind folgende: 1. »Archäologie« oder »Jüdische Altertümer« (20 Bücher); 2. »Über den jüdischen Krieg« (7 Bücher); 3. Seine Selbstbiographie; 4. »Über die Maccabäer oder über die Herrschaft der Vernunft«; 5. »Gegen Apion oder über das hohe Alter des jüdischen Volkes« (2 Bücher). Am Schlusse der »Altertümer« bekundet Josephus seine Absicht, vier Bücher von Gott und seinem Wesen sowie ein Werk über die
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Gesetze zu schreiben oder darüber, weshalb den Juden gewisse Handlungen erlaubt und andere verboten seien. Ob er dieses Vorhaben je verwirklicht hat, wissen wir nicht. Was nun sein größtes Werk, die vorliegenden »Jüdischen Altertümer« betrifft, so sind dieselben zunächst von großer Wichtigkeit für die jüdische Geschichte überhaupt. Sie ordnen nämlich den Inhalt des alten Testamentes in der Reihenfolge und in chronologischer Hinsicht, füllen Lücken in der Erzählung aus und erklären dunklere Stellen. Noch höher wird ihr Wert dadurch, dass sie für den Abschnitt der jüdischen Geschichte, der von der babylonischen Gefangenschaft bis über die ersten christlichen Jahrzehnte hinausreicht, so gut wie die einzige Quelle sind. Endlich bieten die »Altertümer« auch Belege für geschichtliche Angaben der Evangelien wie der Apostelgeschichte und (im achtzehnten Buche) das berühmte, freilich bezüglich seiner Echtheit auch viel umstrittene Zeugnis über die Person Jesu Christi, sowie interessante Nachrichten über Joannes den Taufer und Jakobus den Jüngeren. Die Neuherausgabe .einer Übersetzung der »Jüdischen Altertümer« bedarf wohl keiner besonderen Rechtfertigung. Ist das Werk doch ebenso ein echt volkstümliches Geschichtsbuch als ein unschätzbares Rüstzeug in der Hand des Historikers. Nicht zum wenigsten ist für die Neuübersetzung die Erwägung maßgebend gewesen, dass die Geschichte des heiligen Landes infolge der im vorigen Jahre stattgehabten Palästinareise unseres Kaisers Wilhelm 11, sowie auch infolge der Vorliebe neuerer Dichter, ihre Stoffe aus der Herodianerzeit zu entnehmen (Lauff, Herodias, Hebbel, Herodes und Mariamne, Sudermann, Johannes) mehr als sonst in den Vordergrund des Interesses tritt. Wer die genannten Dichtungen recht verstehen will, kann einer genauen Darlegung der Verhältnisse am Hofe des Herodes, wie Josephus sie bietet, nicht entraten. Möge die vorliegende Ausgabe eine Anregung sein zu weiteren fruchtbringenden Studien über den Schriftsteller Josephus, zu dessen vollem Verständnis noch manches zu tun übrig bleibt. »Die Philologen«, sagt Paret, »pflegen ihn als einen der Theologie angehörigen Schriftsteller zu betrachten, die Theologen umgekehrt als einen solchen, der sie nicht direkt angehe. So kam es, dass er vernachlässigt und nicht so häufig zum Gegenstande von Spezialstudien gemacht wurde, wie er wohl verdienen würde. Wie zu seinen Lebzeiten, so hat er, kann man sagen, auch jetzt noch unter seiner Zwitterstellung zwischen Jerusalern und Rom zu leiden.«
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Die Übersetzung _habe ich angefertigt nach der Textausgabe von Dindorf (Paris, Didot 1865) unter vergleichsweiser Heranziehung der alten, aber sehr schönen kritischen Ausgabe von Havercamp (Amsterdam 1726). Die den einzelnen Büchern vorausgeschickten Inhaltsübersichten folgen der Dindorf'schen Ausgabe, während die Überschriften der einzelnen Kapitel sich im Allgemeinen an die Kapitelüberschriften der Havercamp'schen Ausgabe anlehnen (der Dindorf'sche Text weist keine Kapitelüberschriften auf). Für den Gebrauch der Übersetzung glaube ich darauf hinweisen zu müssen, dass die einzelnen Nummern der Inhaltsübersichten nicht den Kapitelüberschriften entsprechen. Bei den Eigennamen habe ich die Schreibweise des Josephus durchgängig beibehalten und an den wenigen Stellen, wo die Namen allzu sehr von der uns geläufigen biblischen Schreibweise abweichen, erklärende Anmerkungen zugefügt. Dass die speziell römischen Namen in der lateinischen und nicht in der griechischen Form aufgeführt sind, versteht sich ja von selbst. Zum genussreichen Studium der Werke des Josephus, insbesondere der »Altertümer« und des »Jüdischen Krieges«, bedarf es auch einiger geographischen Hilfsmittel, und zwar können zu diesem Zwecke schon alle guten Atlanten dienen, die Karten von Palästina zur Zeit der Einteilung in die zwölf Stämme und zur Zeit Christi enthalten. Gründlichere Belehrung bieten die besonderen Bibelatlanten, unter denen ich den von Riess (Freiburg, Herder) namentlich empfehlen möchte. Die Palästina-Karte des Andree'schen Handatlas weist den Vorzug auf, dass sie die neuen wie die alten Ortsbezeichnungen gleichzeitig bringt. Immerhin bleibt zu bedauern, dass nicht ein spezieller Atlas zu den Werken des Josephus seinen Bearbeiter gefunden hat, und es bedarf vielleicht nur dieser Anregung, um eine geeignete Kraft zur Herausgabe eines solchen Atlas zu veranlassen. Weitere Hilfsmittel bei der Lektüre des Josephus bieten gute Reise- und geographisch-geschichtliche Werke über Palästina, wie die von BädekerSocin, Robinson, v. Raumer und Schwarz. Nicht übergehen will ich endlich das mit großem Fleiße bearbeitete »topographisch-historische Lexikon zu den Schriften des Flavius Josephus« von Gustav Böttger, dem auch die geographischen Bemerkungen des dieser Übersetzung beigefügten Namenregisters entstammen. Diese Bemerkungen sind von mir absichtlich in dem Register untergebracht worden, um den eigentlichen Text nicht zu sehr mit Anmerkungen zu überlasten. Die Zeichnungen zu den illustrationen mit Ausnahme des Herodiani-
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sehen Tempels sind von meinem Neffen, dem Architekten Joseph Lauff zu Köln, nach meinen Angaben und unter teilweiser Anlehnung an Abbildungen des Neumann'schen Werkes »die Stiftshütte«, deren Benutzung der Verleger Friedrich Andreas Perthes zu Gotha mit dankenswerter Bereitwilligkeit gestattete, angefertigt worden. Maßgebend war dabei hauptsächlich der Gesichtspunkt, dass die Bilder der Schilderung des Josephus möglichst getreu entsprechen müssten. Demzufolge ist z. B. beim Brandopferaltar das viel umstrittene »netzförmige Flechtwerk« als Rost des Altares zwischen die Hörner desselben gelegt worden, da die klare Darstellung unseres Schriftstellers keine andere Deutung zulässt; ebenso sind die Cherubim auf der heiligen Lade, die Josephus »geflügelte Tiere« nennt, unter Anlehnung an die altassyrischen Kherubsgestalten als geflügelte Mischwesen von Mensch und Stier aufgefasst worden, wie das auch Neumann in dem zitierten Werke getan hat. Von den beiden Stammbäumen der Asmonäer und Herodianer hoffe ich, dass sie das Verständnis der betreffenden Stellen des Werkes erheblich fördern werden; namentlich bei den etwas verwickelten Verhältnissen der Familie des Herodes ist eine solche geordnete Übersicht kaum zu entbehren. Zum Schlusse versichere ich, dass die Übersetzung durchaus wortgetreu und vollständig ist. Ob sie auch die dritte Bedingung einer guten Übersetzung erfüllt, nämlich möglichst wohllautend zu sein, das zu beurteilen, überlasse ich dem geneigten Leser. Dr. Heinrich Clementz.
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1. Diejenigen, welche sich der Geschichtschreibung befleißigen, tun dies nicht aus ein und denselben, sondern aus vielfachen, meist unter sich verschiedenen Beweggründen. Denn einige gehen an diese Art Arbeit, um ihre Redegewandtheit leuchten zu lassen und dadurch berühmt zu werden, andere, um denen zu gefallen, über die sie schreiben. Freilich trauen sich diese Letzteren oft mehr zu, als sie vermögen. Wieder andere treibt ein gewisser Zwang, die Ereignisse, deren Zeugen sie waren, schriftlich vor Vergessenheit zu bewahren; viele auch veranlasst die Erhabenheit wichtiger, im Dunkel verborgener Tatsachen, diese zum allgemeinen Besten zu erzählen. Von den genannten Beweggründen sind fur mich die zwei letzten in Betracht gekommen. Denn den Krieg zu beschreiben, den wir Juden mit den Römern gefuhrt haben, dazu war ich als Mitkämpfer gewissermaßen gezwungen, um diejenigen zu widerlegen, welche in ihren Schriften Falsches darüber berichtet haben. 2. Das vorliegende Werk dagegen nahm ich in Angriff, weil ich allen Griechen damit etwas Bedeutendes bieten zu können glaubte. Es wird nämlich unsere ganze Altertumskunde und die Verfassung unseres Staates enthalten, wie ich sie aus hebräischen Schriften (ins Griechische) übertragen habe. Schon früher, als ich die Geschichte des Krieges schrieb, gedachte ich auch kundzugeben den Ursprung der Juden, ihre mannigfaltigen Schicksale, wie sie unter einem großen Gesetzgeber die Verehrung Gottes und alle übrigen Thgenden kennen lernten, welche Kriege sie im Laufe der Zeiten geführt und wie sie endlich wider ihren Willen zum letzten Kriege gegen die Römer gedrängt wurden. Doch der zu große Umfang des Stoffes nötigte mich, die Geschicke der Juden vor dem Kriege mit den Römern von Anfang an bis zu diesem Zeitpunkte besonders zu beschreiben. Aber im Laufe der Zeit beschlich mich, da ich mich unterfangen, einen so gewaltigen Stoff in einer fremden, ungewohnten Sprache wiederzugeben, oft eine gewisse Trägheit, wie es denen gewöhnlich ergeht, die allzu Schwieriges unternehmen. Indes ermunterten mich viele, das Werk fortzusetzen, in erster Reihe Epaphroditus, ein Mann, der allen Wissenschaften und besonders der Ge-
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schichte sehr zugetan war, zumal er selbst große Ereignisse und mancherlei Schicksale erlebt hatte, wobei er stets eine geistig hervorragende Natur und unerschütterte Wahrheitsliebe offenbarte. Diesem hochherzigen Gönner aller nützlichen und ehrbaren Bestrebungen gegenüber schämte ich mich, den Anschein zu erwecken, als ob ich den Müßiggang fleißiger Arbeit vorzöge, und ich nahm daher alle meine Geisteskräfte zusammen. Dazu kam noch, dass ich immer und immer wieder erwog, wie gern unsere Vorfahren ihre Geschichte den Fremden mitzuteilen geneigt waren, und wie manche Griechen vor Eifer brannten, unsere Schicksale kennen zu lernen. 3. Ich erfuhr besonders, dass der König Ptolemäus 11, wie er überhaupt den Wissenschaften und dem Bibliothekswesen sehr zugetan war, danach verlangte, unsere Gesetze und die Bestimmungen unserer Staatsverfassung ins Griechische übertragen zu sehen, und dass Eleazar, der an 'fugend keinem unserer Hohepriester nachstand, keinen Anstand nahm, dem Könige den Gebrauch derselben zu gestatten, den er doch gewiss verweigert haben würde, wenn es nicht bei uns alte Sitte gewesen wäre, Gutes und Anständiges vor niemand geheim zu halten. Daher glaubte ich, dass es auch mir wohl anstehe, die Großmut unseres Hohepriesters nachzuahmen, umso mehr, als ich überzeugt bin, dass auch heute gar viele es dem König an Wissbegierde gleichtun möchten. Doch hat der König nicht die ganze heilige Schrift erhalten können, sondern die, welche nach Alexandrien zum Zwecke der Interpretation gesandt worden waren, haben ihm nur die Gesetzbücher übergeben. Es sind aber noch außerdem unzählige andere Dinge in den heiligen Schriften aufbewahrt, die die Geschichte von 5000 Jahren mit ihren merkwürdigen Ereignissen, ihrem wechselnden Kriegsglück, ihren herrlichen Feldherrnleistungen und ihren vielen Staatsumwälzungen umfassen. Im Allgemeinen kann man leicht aus dieser Geschichte entnehmen, dass denjenigen, die Gottes Willen befolgen und seine wohl gemeinten Gesetze zu übertreten sich scheuen, alles wider Erwarten zum Besten gedeiht und der Lohn der Glückseligkeit Gottes winkt, dass hingegen die, welche von der treuen Beobachtung der Gesetze abweichen, das unüberwindlich finden, was sonst leicht erscheint, und das Gute, das sie zu tun unternehmen, in heillose Verwirrung umschlagen sehen. Daher ermahne ich diejenigen, welche diese Bücher lesen wollen, ihren Sinn auf Gott zu richten und Acht zu haben, wie unser Gesetzgeber die Natur Gottes geziemend aufgefasst und ihm nur solche Taten beigelegt hat, die seiner Macht würdig sind, und wie er sich fern gehalten von eider Fabelei, obgleich doch das hohe Alter der Begebenheiten ihn leicht zur Erfin-
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dung irgendwelcher Lügen hätte verleiten können. Denn er ist geboren vor 2000 Jahren, zu einer Zeit, in welche die Dichter nicht einmal den Ursprung ihrer Göttet; geschweige denn Taten oder Gesetze sterblicher Menschen zu verlegen gewagt haben. Alles dieses wird im Folgenden in gebührender Ordnung dargestellt werden, denn es ist mein fester Vorsatz, in der Darstellung weder etwas wegzulassen noch hinzuzufügen. 4. Weil im Übrigen alles der Weisheit des Gesetzgebers Moyses zuzuschreiben ist, erscheint es mir notwendig, einiges über ihn vorauszuschicken, damit es dem Leser nicht auffallend erscheine, dass, obgleich der Titel des Werkes Berichte von Gesetzen und Taten verspricht, doch so vieles auf die Naturgeschichte Bezügliche darin enthalten ist. Es ist daher notwendig zu wissen, dass jener Mann es fur unumgänglich gehalten hat, dass deIjenige, der sein eigenes Leben wohl einrichten oder anderen Gesetze geben will, vornehmlich die Natur Gottes zu erkennen streben und durch innige Betrachtung seiner Werke dem erhabenen Vorbilde aller nachzueifern und zu folgen versuchen müsse. Denn ohne diese Erkenntnis wird weder der Gesetzgeber selbst ein gutes Gemüt haben, noch werden seine Schriften das Gemüt der Leser zur 'fugend hinlenken können, wenn diese nicht vor allem das erkannt haben, dass Gott, da er aller Herr und Vater ist und alles sieht, denjenigen, die ihm gehorchen, ein glückseliges Leben verleiht, diejenigen aber, die vom Pfade der 'fugend abweichen, im größten Elend versinken lässt. Moyses hat daher, um seinen Mitbürgern diese Erkenntnis beizubringen, nicht wie andere auf Satzung und Übereinkommen seine Gesetze aufgebaut, sondern er hat ihren Sinn auf Gott und die Betrachtung der Schöpfung hingelenkt und sie gelehrt, dass auf Erden wir Menschen das schönste Werk Gottes seien. Nachdem er sie so zuerst zur Religiosität erzogen, überzeugte er sie leicht von allem Übrigen. Andere Gesetzgeber hielten es mit Fabeln und dichteten ihren Göttern der Menschen schändliche Laster an; so gaben sie den Gottlosen hinreichende Gründe zur Entschuldigung. Moyses hingegen zeigte, dass Gott die Tugend rein und unbefleckt besitze, und lehrte die Menschen mit aller Kraft dahin streben, dass sie ihrer teilhaftig würden. Gegen die aber, welche das nicht erkannten und nicht glaubten, schritt er mit Strenge ein. Von diesem Gesichtspunkte aus wolle der Leser dieses mein Werk beurteilen. Wer so denkt, wird nichts darin finden, was widersinnig oder der Majestät Gottes und seiner Liebe zu den Menschen unwürdig wäre. Denn alles ist in höchster Ordnung und naturgemäß dargestellt: einiges nach dem Sinne des Gesetzgebers nur angedeutet, anderes nur allegorisch ausge-
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drückt, endlich das klar und geordnet auseinander gesetzt, was eine volle Beleuchtung verdient. Freilich für diejenigen, die die letzten Gründe der einzelnen Dinge erforschen wollen, würde die Betrachtung zu ausgedehnt und zu philosophisch werden müssen, weshalb ich dies auf eine andere Zeit zu verschieben mir vornehme. Gewährt mir Gott ein längeres Leben, so will ich nach Vollendung dieses Werkes auch noch an jene Arbeit herangehen. Nunmehr will ich mich zur eigentlichen Erzählung wenden. Einiges über die Erschaffung der Welt werde ich nach den Worten des Moyses voranschicken. Dies fand ich in den heiligen Büchern aufgezeichnet, und es verhält sich damit also, wie folgt.
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ERSTES KAPITEL Die Einrichtung der Welt und die Anordnung der Elemente.
1. Im Anfange erschuf Gott Himmel und Erde. Da diese aber noch dem Anblicke entzogen und in tiefer Finsternis verborgen war, während der Geist über ihr schwebte, befahl Gott, dass das Licht werde. Nach dessen Erschaffung betrachtete Gott die ganze Masse und schied das Licht von der Finsternis. Und die Finsternis nannte er Nacht, das Licht aber Tag, Morgen den Beginn des Lichtes, und Abend den Beginn der Ruhe. Und dieses war der erste Tag. Moyses aber nannte ihn einen Tag. Den Grund hierfür könnte ich schon jetzt angeben. Weil ich jedoch versprochen habe, die Gründe aller Dinge in einem besonderen Werke zu erörtern, werde ich es bis dahin verschieben. Sodann setzte Gott über das Ganze am zweiten Tage den Himmel, weil er ihn von dem Übrigen getrennt für sich angebracht wissen wollte. Und er umgab ihn mit Kristall und machte ihn feucht und wasserreich, damit Regen entstehe zur Befruchtung des Bodens. Am dritten Tage erschuf er das Land und umgab es von allen Seiten mit Meer. An demselben Tage sind Pflanzen und Samen der Erde entsprossen. Am vierten Tage erleuchtete er den Himmel mit Sonne, Mond und anderen Sternen; allen wies er Bewegung und Bahn an, wodurch Zeit- und Witterungsverhältnisse entstanden. Am fünften Tage entsandte er die Fische und Vögel, jene in die Tiefe, diese durch die Lüfte. Zugleich paarte er sie, damit sie sich fortpflanzten, und ihr Geschlecht wachse und sich vermehre. Am sechsten Tage aber erschuf Gott die Vierfrißler, männliche und weibliche, und an diesem bilde-
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te er auch den Menschen. So ist nach Moyses die Welt mit allem, was auf ihr ist, in diesen sechs Tagen erschaffen worden. Am siebenten Tage aber habe Gott geruht und keine Arbeit verrichtet. Daher enthalten auch wir uns an diesem Tage der Arbeit und nennen ihn Sabbat, was in hebräischer Sprache »Ruhe« bedeutet. 2. Bevor nun Moyses nach dem siebenten Tage in der Schilderung fortHihrt, beschreibt er die Erschaffung des Menschen wie folgt. Gott bildete den Menschen, indem er Staub von der Erde nahm und diesem Geist und Seele einhauchte. Und dieser Mensch hieß Adam, das heißt in hebräischer Sprache »rot«, weil er aus roter weicher Erde gemacht ist, die die jungfräuliche und wahre Erde darstellt. Gott rührte alsdann dem Adam die einzelnen Tiergeschlechter zu und zeigte ihm Männchen und Weibchen; und Adam gab ihnen Namen, die sie heute noch haben. Da Gott aber sah, dass Adam der Gesellschaft und Gemeinschaft eines Weibes entbehrte (denn es war noch keines da) und sich über der anderen Lebewesen Gebaren verwunderte, nahm er ihm im Schlafe eine Rippe und bildete daraus ein Weib. Und als er sie ihm zuführte, erkannte Adam, dass sie aus ihm gemacht sei. Ein Weib heißt in hebräischer Sprache Issa; sie aber wurde Eva genannt, das heißt »Mutter aller Lebendigen.« 3. Er erzählt dann weiter, Gott habe gegen Osten einen Garten gepflanzt, prangend in mancherlei Gewächsen. Unter diesen sei ein Baum des Lebens gewesen, und ein anderer der Erkenntnis des Guten und Bösen. In diesen Garten habe Gott den Adam mit seinem Weibe geführt und ihnen aufgetragen, die Gewächse zu pflegen. Bewässert aber wird dieser Garten von einem einzigen Flusse, der die ganze Landschaft umfließt und sich in vier Arme teilt. Von diesen fließt der Phis on (das heißt »Mengecc) nach Indien und ins Meer; von den Griechen wird er Ganges genannt. Der Euphrat und der Tigris münden ins Rote Meer; Ersterer heißt Phora (Zerstreuung oder Blume), letzterer Diglath (scharf und eng). Der Geon endlich fließt durch Ägypten und heißt: »von Osten her uns zuströmend«; die Griechen nennen ihn Nil. 4. Gott gestattete also dem Adam und seinem Weibe, von den übrigen Gewächsen zu kosten, von dem Baume der Erkenntnis dagegen verbot er ihnen zu essen, indem er ihnen drohte, falls sie ihn berührten, werde es ihr Verderben sein. Da aber zu jener Zeit alle Tiere sich der Sprache bedienten, überredete die Schlange, die mit Adam und seinem Weibe vertraulich verkehrte und sie um ihr Glück beneidete,. das sie im Gehorsam gegen Gott genossen, das Weib, dass es von dem Baume der Erkenntnis koste, wohl
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wissend, dass die beiden in ihr Unglück stürzten, sobald sie vom Pfade des Gehorsams abwichen. Sie stellte ihr nämlich vor, an diesem Baume hänge die Unterscheidung des Guten und Bösen, und wenn sie diese erlangt hätten, würden sie ein glückseliges Leben wie Gott genießen. Und so verführte sie das Weib, Gottes Gebot zu missachten. Als Eva nun von dem Baume gekostet und sich an der Speise ergötzt hatte, beredete sie auch den Adam, davon zu essen. Da aber erkannten sie, dass sie nackt seien, und voll Scham suchten sie nach Bekleidung, denn jener Baum machte sie scharf sehend und klug. Sie verhüllten sich daher mit Feigenblättern und bedeckten ihre Scham, und sie kamen sich glücklicher vor, weil sie das gefunden, was sie früher entbehrt hatten. Da nun Gott in den Garten kam, verbarg sich Adam im Bewusstsein seiner Sünde, weil er doch früher vertrauten Umgang mit ihm gepflogen hatte. Gott aber forschte verwundert nach der Ursache, weshalb er sich früher an seinem Umgange erfreut habe, nun aber denselben fliehe und fürchte. Und da Adam im Bewusstsein der begangenen Übertretung nichts antwortete, sprach Gott: »Ich hatte über euch beschlossen, dass ihr ein glückliches, sorgenfreies Leben führen solltet, durch kein Leid beirrt und im Genusse alles dessen, was euch durch meine Fürsorge zu Nutz und Frommen gereicht hätte, ohne jede Mühe und harte Arbeit, und dass schnelles Alter euch nicht beschieden sein, vielmehr euer Dasein sich lange hinziehen sollte. Nun aber hast du mein Gebot verachtet und meinen Willen übertreten, und kein Zeichen der Tugend ist es, dass du schweigst, sondern des bösen Gewissens.« Da versuchte Adam seinen Fehltritt zu entschuldigen und bat Gott, ihm nicht zu zürnen. Sein Weib trage die Schuld und sie habe ihn zur Sünde verleitet. Das Weib seinerseits klagte die Schlange an. Da strafte Gott den Adam, weil er dem Rate des Weibes gefolgt sei, indem er ihm kundtat, die Erde werde ihnen fürder nicht mehr von selbst Frucht hervorbringen, sondern trotz mühevoller Arbeit werde sie ihnen nur einiges gewähren, anderes dagegen versagen. Die Eva aber strafte er mit Geburtsschmerzen, weil sie den Adam mit in das ihr von der Schlange bereitete Verderben verwickelt habe. Dann nahm er der Schlange die Sprache, erzürnt über ihr boshaftes Verhalten gegen Adam, und ihrer Zunge gab er Gift, erklärte sie für den Feind des Menschengeschlechtes und verhieß ihr, dass ihr Kopf zerschlagen werden solle, teils weil in ihm der Menschen Verderben beruhe, teils weil sie so am leichtesten getötet werden könne. Endlich beraubte er sie der Füße und hieß sie sich im Staube der Erde fortwälzen. Nachdem Gott diese Strafen verhängt hatte, verwies er Adam und Eva an einen anderen Ort.
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ZWEITES KAPITEL Von der Nachkommenschaft Adams und den zehn Geschlechtern von ihm bis zur Sintflut. 52
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1. Adam und Eva erzeugten zwei Söhne, von denen der ältere Kais, das ist »Besitzung« hieß, der jüngere aber Abel, das ist »'!rauer.« Auch Töchter wurden ihnen geboren. Die Brüder nun hatten verschiedene Neigungen. Abel, der jüngere, pflegte die Gerechtigkeit, und da er Gott bei all seinem Tun gegenwärtig glaubte, lebte er tugendhaft als Hirt. KaIS aber, in hohem Grade gottlos und nur auf Gewinn bedacht, pflügte zuerst die Erde und tötete seinen Bruder aus folgender Veranlassung. Da sie beide Gott opfern wollten, brachte KaIS von den Früchten des Feldes und der Bäume dar, Abel aber Milch und Erstgeburt der Herde. An diesem Opfer der freigebigen Natur nun hatte Gott mehr Gefallen als an dem, was der habgierige Mensch mit seiner Kraft hervorgebracht. KaIS aber ergrimmte über diese Bevorzugung seines Bruders, tötete Abel und verbarg seinen Leichnam in dem Wahne, die Tat werde so geheim bleiben. Doch Gott erkannte den Frevel, kam zu KaIS und forschte, wo sein Bruder sei, den er nun schon tagelang nicht gesehen, obgleich er doch früher immer mit ihm verkehrt habe. KaIS aber, tückischen Gemütes und außerstande, Gott zu antworten, behauptete, auch er sei in Ängsten über den Verbleib seines Bruders. Als nun Gott beharrlich in ihn drang, entgegnete er trotzig, er sei nicht der Hüter und Wachter seines Bruders, und dessen Angelegenheiten kümmerten ihn nicht. Da beschuldigte Gott ihn offen des an Abel verübten Totschlages und sprach: »Ich wundere mich, dass du nicht wissen willst, was deinem Bruder zugestoßen ist, da du ihn doch selbst getötet hast.« Durch ein Opfer des KaIS und sein Flehen um Verzeihung wurde nun Gott zwar bewogen, ihm die Strafe für den Totschlag zu erlassen, aber er verfluchte ihn und verkündete ihm, dass er seine Nachkommen bis ins siebente Glied züchtigen wolle. Dann vertrieb er ihn samt seinem Weibe aus dem Lande. Da aber Kais die Befürchtung aussprach, er möchte beim Umherirren auf der Erde eine Beute wilder Tiere werden, hieß ihn Gott nichts dergleichen besorgen, denn es werde ihm kein Übel von wilden Tieren zustoßen, und er werde furchtlos auf Erden wandern können. Jedoch drückte Gott ihm ein Zeichen auf, an dem er erkannt werden könnte, und hieß ihn dann sich aus seinen Blicken wenden.
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2. KaIs aber durchzog mit seinem Weibe viele Länder und kam endlich nach NaIda, wo er zu wohnen beschloss und Kinder erzeugte. Übrigens ließ er sich seine Strafe keineswegs zur Warnung dienen, sondern steigerte seine Bosheit mehr und mehr. Denn er ging jeder Art von Lüsten nach, wenn er sie auch nur durch Benachteiligung seiner Gefährten erreichen konnte. Sein Vermögen vermehrte er durch Raub und Gewalttätigkeit, verleitete seine Genossen zu Schwelgerei und Räuberei und unterrichtete sie in allen Schlechtigkeiten. Die bisherige Einfachheit der Lebensweise veränderte er durch Erfindung von Maß und Gewicht und verkehrte die Unschuld und Arglosigkeit des Wandels sowie den Adel des Geistes in Verschlagenheit und PfIffIgkeit. Er war der Erste, der der Feldmark Grenzen setzte, eine Stadt erbaute, sie mit Mauern befestigte und die Hausgenossen zwang, zusammenzuwohnen. Diese Stadt nannte er nach Anoch, seinem ältesten Sohne, Anocha. Anoch hatte einen Sohn Jared, und von diesem stammte Maluel, dessen Sohn Mathusala war. Der Letztere zeugte den Lamech, der von zwei Weibern, der Sella und Ada, siebenundsiebzig Söhne hatte. Von diesen errichtete Jobel, der Sohn der Ada, Zelte und betrieb Viehzucht. Sein Bruder Jubal übte die Musik und erfand das Psalter- und Harfenspiel. Thobel aber, ein Sohn des anderen Weibes, der an Körperkraft alle überragte, verlegte sich auf die Kriegskunst und verschaffte sich dadurch das, was körperlicher Lust dienen konnte. Auch erfand er die Schmiedekunst. Lamech hatte auch eine Tochter, mit Namen Noema. Da er übrigens Sehergabe besaß, konnte es ihm nicht entgehen, dass auch er dem Strafurteile aus dem Brudermorde des KaIs unterworfen sei, woraus er auch seinen Weibern gegenüber kein Hehl machte. Des KaIS Nachkommenschaft aber wurde noch bei Lebzeiten Adams überaus frevelhaft; in der Schlechtigkeit folgte der eine dem anderen, und so wurde das Geschlecht immer verderbter. Zu Krieg und Räubereien waren sie über die Maßen geneigt, und war auch vielleicht einer zu Mordtaten weniger fahig, so tat er sich sicher umso mehr in sinnloser Verkehrtheit, Übermut und Ungerechtigkeit hervor. 3. Nach Abels Ermordung und KaIs' Flucht hatte nun Adam (um auf diesen zurückzukommen) den sehnlichen Wunsch, weitere Nachkommen zu erhalten, obgleich er schon zweihundertunddreißig Jahre alt war. Er lebte dann noch siebenhundert Jahre. Da es aber zu weit führen würde, von allen Söhnen Adams zu reden, so werde ich nur von Seth und seinen Nachkommen erzählen. Seth zeichnete sich, als er zu den Jahren der Unterscheidung gekommen war, durch tugendhaftes Streben aus, und wie er selbst ein vor-
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trefflicher Mann war, hinterließ er auch ebensolche Söhne. Sie alle lebten einträchtigen Gemütes und glücklich in einem und demselben Lande, ohne dass sie während ihres ganzen: Lebens ein Unheil traf. Sie erfanden die Sternkunde, und damit ihre Erfindungen nicht verloren gingen und vernichtet würden, ehe sie zu allgemeiner Kenntnis gelangten (denn Adam hatte den Untergang aller Dinge teils durch Feuer, teils durch heftige Überschwemmungen vorhergesagt), so errichteten sie zwei Säulen, die eine aus Ziegeln, die andere aus Stein, und schrieben das von ihnen Erfundene auf beiden ein, damit,·wenn die Säule aus Ziegeln durch Wasserflut vernichtet werden sollte, die steinerne wenigstens noch erhalten bleibe und den Menschen ihre astronomischen Inschriften und zugleich auch die Tatsache kundtun könne, dass außer ihr auch eine Ziegelsäule errichtet worden sei. Die steinerne Säule steht übrigens noch heute in Syrien.
DRITTES KAPITEL Von der Sintflut, und wie Noe mit seiner Familie in der Arche gerettet wurde und dann in der Ebene Sennaar wohnte. 72
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l. In diesem Zustande blieben die Nachkommen Seths sieben Geschlechter hindurch, verehrten Gott als den Herrn des Weltalls und lebten tugendhaft. Im Laufe der Zeit aber wandten sie sich von den Gebräuchen der Vater ab und dem Bösen zu, versagten Gott die schuldige Verehrung und übten Ungerechtigkeit gegen die Menschen. Und wie sie früher tugendhaften Wandel gepflegt, so warfen sie sich jetzt mit doppeltem Eifer auf Schlechtigkeit, wodurch sie Gottes Feindschaft sich zuzogen. Denn es verkehrten viele Engel Gottes mit Weibern und erzeugten ruchlose Söhne, die im Vertrauen auf ihre Kraft alles Gute verachteten und gleich den Giganten der Griechen in Freveltaten sich auszeichneten. Noe, über ihr Treiben entrüstet, riet ihnen eindringlich zur Umkehr. Da er aber sah, dass sie ihm nicht gehorchten und ganz in Laster versunken waren, fürchtete er, mit Weib und Kind von ihnen getötet zu werden, und verließ deshalb das Land. 2. Gott aber liebte den Noe wegen seiner Gerechtigkeit; jene anderen hingegen verdammte er nicht allein um ihrer Bosheit willen, sondern er beschloss auch, das ganze Menschengeschlecht zu vertilgen und ein anderes, sündenreines an seine Stelle zu setzen. Vorher noch kürzte er die Le-
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benszeit ab, die sich nicht mehr über hundertundzwanzig Jahre ausdehnen sollte. Dann überschwemmte er das feste Land mit Wasser, das alle Menschen zugrunde richtete. Noe allein wurde gerettet, da Gott selbst ihm Mittel und Wege dazu offenbarte. Noe erbaute nämlich eine Arche mit vier Abteilungen, dreihundert Ellen lang, fünfzig Ellen breit und dreißig Ellen hoch. In diese ging er mit seinem Weibe, seinen Söhnen und deren Weibern und nahm das zum Lebensunterhalt Notwendige mit, ferner von allen Tieren je sieben Paare, damit sie nicht ausstürben. Die Arche aber hatte starke Wände und Fugen und ein kräftiges Dach, sodass sie dem Anprall der Wogen wohl widerstehen konnte. So wurde Noe mit den Seinigen errettet. Er war der zehnte von Adam an als Sohn des Lamech, dessen Vater Mathusala war. Dieser aber stammte von Anoch ab, dem Sohne des Jared. Des Letztern Vater war Maluel, der nebst mehreren Schwestern von Kainas abstammte, dem Sohne des Enos. Enos aber war ein Sohn des Seth, welcher den Adam zum Vater hatte. 3. Die Überschwemmung ereignete sich im sechshundertsten Lebensjahre Noes, im zweiten Monat, der von den Makedoniern Dios, von den Hebräern aber Marsuane genannt wird; denn so wurde in Ägypten das Jahr eingeteilt. Moyses aber setzte für die Einrichtung der Festtage als ersten Monat den Nisan oder Xanthikos fest, weil er in diesem die Hebräer aus Ägypten geführt hatte. Auch bei allem auf den Gottesdienst Bezüglichen nahm er diesen Monat als Ausgangspunkt, wogegen er für Käufe und Verkäufe sowie die übrigen Einrichtungen die frühere Ordnung beibehielt. Nach Moyses begann die Überflutung am siebenundzwanzigsten des vorgenannten Monats. Von Adam an aber war eine Zeit von zweitausendsechshundertsechsundfünfzig Jahren verflossen; diese Zeit ist in den heiligen Büchern vermerkt, da man damals überhaupt sehr sorgfältig den Anfang und das Ende des Lebens berühmter Männer zu verzeichnen pflegte. 4. Dem Adam nämlich wurde Seth geboren, als er zweihundertunddreißig Jahre alt war, und Adam lebte im ganzen neunhundertunddreißig Jahre. Seth aber zeugte im Alter von zweihundertundfünf Jahren den Enos, der, neunhundertundzwölf Jahre alt, seinem Sohne Kainas die Verwaltung übergab, den er in seinem hundertundneunzigsten Jahre gezeugt hatte. Enos aber lebte neunhundertundfünfzig Jahre und Kainas neunhundertundzehn Jahre, nachdem ihm in seinem hundertundsiebzigsten Lebensjahre Maluel geboren worden war. Maluel wurde achthundertfünfundneunzig Jahre alt und hinterließ den Jared, den er in seinem einhundertfünfundsechzigsten Lebensjahre zeugte. Diesem folgte, als er neunhundertzweiundsechzig Jah-
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re gelebt hatte, sein Sohn Anoch, geboren im einhundertzweiundsechzigsten Lebensjahre seines Vaters. Anoch aber ging in seinem dreihundertfünfundsechzigsten Lebensjahre zu Gott ab, weshalb man über das Ende seines Lebens nichts verzeichnet findet. Mathusala, der dem Anoch in seinem einhundertfünfundsechzigsten Jahre geboren wurde, erhielt den Lamech in seinem einhundertsiebenundachtzigsten Jahre und übergab diesem die Herrschaft, als er sie selbst neunhundertneunundsechzig Jahre innegehabt hatte. Lamech herrschte siebenhundertsiebenundsiebzig Jahre, und es folgte ihm dann sein Sohn Noe, den er in seinem einhundertzweiundachtzigsten Jahre erhielt. Noe aber herrschte neunhundertfünfzig Jahre. Alle diese Jahre zusammengenommen ergeben die oben benannte Summe. Niemand aber darf das Todesjahr dieser Männer erforschen wollen, denn ihr Leben erstreckte sich über Kinder und Kindeskinder hinaus, sondern man wolle bei der Zählung der Jahre nur darauf achten, wann sie geboren sind. 5. Nachdem nun Gott die Menschen durch Zeichen gewarnt hatte, fing es an zu regnen, und es fiel anhaltend vierzig Tage lang so viel Wasser vom Himmel, dass dasselbe fünfzehn Ellen über der Erde stand. So fanden die meisten Menschen jeden Ausweg zur Rettung versperrt; Und erst hundertfünfzig Tage nach dem Aufhören des Regens fing das Wasser endlich am siebenten Tage des siebenten Monats an zu sinken. Als dann die Arche in Armenien auf dem Gipfel eines Berges stehen geblieben war, öffnete Noe dieselbe und schöpfte, da er einiges Land sah, daraus neue Hoffnung. Und da nach einigen Tagen das Wasser noch mehr gefallen war, ließ er einen Raben fliegen. Denn er wünschte zu wissen, ob noch weiteres Land trocken geworden sei, damit er sich hinauswagen könne. Aber der Rabe kehrte, weil er noch alles vom Wasser bedeckt fand, zu Noe zurück. Dann ließ Noe nach Verlauf von sieben Tagen eine Taube los, um den Zustand der Erde zu erforschen, und da diese mit schmutzigen Füßen und einem Ölzweige zurückkehrte, erkannte er, dass das Land vom Wasser frei sei. Und nachdem er dann noch sieben Tage gewartet, ließ er die Tiere aus der Arche hinaus und folgte selbst mit den Seinen voll Dank gegen Gott. Diesen Ort nennen die Armenier Apobaterion, das heißt »Ort des Ausganges«, und man zeigt heute dort noch Reste der Arche. 6. Der Sintflut und der Arche tun übrigens auch die Schriftsteller anderer Völker Erwähnung, so Berosus der Chaldäer, der ungefähr so von der Flut berichtet: »Es heißt, dass noch jetzt in Armenien auf dem Kordyäergebirge ein Teil jenes Fahrzeuges vorhanden sei, und dass manche Harz davon ent-
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nehmen, um sich desselben als Zaubermittels gegen drohende Übel zu bedienen.« Ferner spricht davon Hieronymus der Ägypter, der die Geschichte der Phöniker geschrieben, ebenso Mnaseas und andere. Nikolaus von Damaskus sagt in seinem sechsundneunzigsten Buche also: »Oberhalb Minyas in Armenien liegt ein gewaltiger Berg, Baris genannt, auf den viele zur Zeit der großen Flut geflohen sein sollen, wodurch sie gerettet wurden. Einer soll in einer Arche gefahren und auf dem Gipfel des Berges gelandet sein, und es sollen sich lange Zeit Überreste des Schiffsholzes dort erhalten haben. Vielleicht ist das derselbe, von dem Moyses, der jüdische Gesetzgeber, berichtet hat.« 7. Noe aber besorgte, Gott möchte jedes Jahr zur Vertilgung der Menschen solche Wasserfluten schicken. Daher brachte er ein Brandopfer dar und flehte zu Gott, er möge die frühere Weltordnung wieder einführen und keine solche Flut, die allem Lebendigen den Untergang drohe, wieder zulassen, sondern er möge die Bösen bestrafen, der Guten aber sich erbarmen und sie vor so kläglichem Unheil bewahren. Denn diese seien noch unglücklicher als die Bösen, wenn sie nicht vor neuen Fluten sicher seien, einmal weil sie den Schrecken der früheren Überschwemmung erfahren hätten, dann aber auch, weil sie in der späteren Flut doch untergehen müssten. Er bat also Gott, sein Opfer mit gnädiger Huld anzunehmen und nicht wieder solchen Schrecken der Erde zu senden, damit sie dieselbe fleißig bebauen, Städte errichten und ein glückseliges Leben führen könnten. Auch möge er ihnen alles Gute, wie vor der Flut, wieder gewähren und ihnen, wie ihren Vorfahren, ein langes Leben verleihen. 8. Als Noe diese Bitten ausgesprochen, verhieß ihm Gott deren Erfüllung, weil er ihn seiner Gerechtigkeit wegen liebte, indem er hinzufügte, nicht er habe die in der Flut Umgekommenen ins Verderben gestürzt, son. dern sie hatten nur die Strafe für ihre Frevel erlitten. Denn er würde sie nicht ins Leben gerufen haben, wenn er sie später hätte zu Grunde richten wollen, da es besser sei, das Leben überhaupt nicht zu geben, als es später wieder zu vernichten. »Aber«, sprach Gott, »weil sie mir durch ihre Sünden solche Schmach angetan, haben sie mich zu diesen Strafen herausgefordert. Übrigens will ich sie nicht mehr mit solcher Wucht züchtigen, umso mehr, da du für sie bittest. Darum, wenn ich wieder ungewöhnliches Unwetter errege, braucht ihr der Regengüsse Gewalt nicht mehr zu fürchten, denn ich werde den Erdkreis nicht mehr überschwemmen. Ich befehle euch aber, euch der Vergießung von Menschenblut zu enthalten und den Totschlag zu scheuen; wer aber solches tut, den sollt ihr bestrafen. Hingegen gestatte ich
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euch den Gebrauch aller Tiere zu eurem Vergnügen und nach Belieben. Denn ich habe euch über alle Tiere gesetzt, die auf der Erde, im Wasser und in der Luft leben. Doch genießet nicht mit dem Fleische zugleich das Blut, denn in ihm ist die Seele. Und zum Zeichen meiner Huld soll euch der Bogen dienen (das ist der Regenbogen, denn dieser wird von den Juden fur den [Streit-]Bogen Gottes gehalten).« Nachdem Gott dies verheißen und verkündet, verließ er den Noe. 9. Noe nun lebte nach der Sintflut noch dreihundertundfunfzig Jahre glücklich und starb dann im Alter von neunhundertundfünfzig Jahren. Niemand aber, der das heutige kurze Leben mit dem unserer Vorfahren vergleicht, möge die Berichte über dieselben für unwahr halten in dem Glauben, es müsse, da die Menschen jetzt nicht mehr so lange leben, auch ihnen kein so langes Leben beschieden gewesen sein. Denn jene Menschen waren Lieblinge Gottes, von ihm selbst direkt geschaffen, und sie bedienten sich auch einer zwecksmäßigeren Nahrung. Übrigens gab ihnen Gott auch deshalb ein längeres Leben, damit sie eifriger die Tugend üben und ihre Erfindungen in der Sternkunde und Geometrie durch Gebrauch und Erfahrung mehr ausnützen könnten. Denn wenn sie nicht wenigstens sechshundert Jahre gelebt hätten, so hätten sie nichts Sicheres ermitteln können, da das so genannte große Jahr aus so vielen Jahren besteht. Ich beziehe mich außerdem auf das Zeugnis griechischer und fremder Schriftsteller, so des ägyptischen Geschichtschreibers Manetho, des chaldäischen Berosus, des Mochus, Hestiaeus und des Ägypters Hieronymus, die der Phöniker Geschichte geschrieben haben und die mit mir übereinstimmen. Hesiod, Hekataeus, Hellanikus, Akusilaus, Ephorus und Nikolaus berichten sogar, dass die Alten tausend Jahre gelebt hätten. Hierüber mag indessen jeder denken, wie es ihm gut scheint.
VIERTES KAPITEL Vom babylonischen Thrm und der Sprachenverwirrung. 109
1. Noe hatte drei Söhne, Sem, Japheth und Chamas, die hundert Jahre vor der großen Flut geboren waren. Sie stiegen zuerst vom Gebirge in die Ebene hinab, beschlossen, da zu wohnen, und beredeten auch andere, die aus Furcht vor der Flut die Ebenen mieden und ungern die Gebirge verlie-
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ßen, ihnen vertrauensvoll zu folgen. Die Ebene, wo sie dieselben zuerst hinführten, heißt Sennaar. Obgleich nun Gott ihnen befahl, um der Vermehrung der Menschen willen sich in anderen Gegenden anzusiedeln, damit sie nicht untereinander in Streit gerieten und durch Bebauung größerer Flächen reichere Ernten erzielten, gehorchten sie ihm in ihrem Unverstande nicht und gerieten ins Elend. Und als sich ihre Jugend sehr vermehrte, gab ihnen Gott wiederum den Rat, sie in Kolonien zu verpflanzen. Sie aber, im Glauben, den Genuss des Lebensglückes nicht Gottes Güte, sondern eigener Kraft zu verdanken, gehorchten Gott wiederum nicht. Ja, sie wähnten sogar, er wolle sie nur darum in andere Wohnsitze locken, um sie zerstreuen und leichter unterdrücken zu können. 2. Zu dieser Verachtung und Verhöhnung Gottes verleitete sie Nebrod, der Enkel Chamas: des Sohnes Noes, denn er war kühn, und seiner Hände Kraft groß. Dieser überredete sie zu dem Wahn, nicht von Gott komme ihr Glück, sondern ihre eigene 'llichtigkeit sei die Ursache ihres Wohlstandes. Und allmählich verkehrte er sein Benehmen in 'I)rrannei, weil er die Menschen umso eher von Gott abzuwenden gedachte, wenn sie der eigenen Kraft hartnäckig vertrauten. Er wolle, sagte er, sich an Gott rächen, falls er mit erneuter Flut die Erde bedränge, und er wolle einen Thrm bauen, so hoch, dass die Wasserflut ihn nicht übersteigen könne. So werde er für den Untergang seiner Vorfahren Vergeltung üben. 3. Die Menge pflichtete den Absichten Nebrods bereitwillig bei, da sie es für Feigheit hielt, Gott noch zu gehorchen. Und so machten sie sich an die Erbauung des Thrmes, der bei unverdrossener Arbeit und den vielen Arbeitskräften schnell in die Höhe wuchs. Da er aber sehr breit war, fiel seine Höhe minder auf. Gebaut wurde er aus Ziegeln, die mit heißem Harz zusammengekittet waren zum Schutze gegen das andrängende Wasser. Obgleich nun Gott ihr unsinniges Benehmen sah, wollte er sie doch nicht vertilgen, wiewohl sie durch Erinnerung an die Sintflut eigendich auf bessere Gedanken hätten kommen müssen und also eine solche Strafe wohl verdienten, sondern er verwirrte ihre Sprache und entzweite sie so, dass der eine den anderen nicht verstehen konnte. Der Ort des Thrmbaues aber wird wegen der Verwirrung der Sprache, die früher bei allen dieselbe war, .Babyion genannt, denn auf Hebräisch heißt Babel »Verwirrung.« Des Thrmbaues und der Sprachenverwirrung gedenkt auch Sibylla mit folgenden Worten: »Da alle Menschen eine und dieselbe Sprache redeten, begannen sie einen sehr hohen Thrm zu bauen, als wollten sie auf ihm in den Himmel steigen. Die Götter aber erregten einen Sturm, der den Turm umstürzte,
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und gaben jedem eine besondere Sprache, woher die Stadt Babyion ihren Namen hat.« Die Ebene Sennaar erwähnt Hestiaeus: »Die geretteten Priester kamen mit den Heiligtümern des Zeus Enyalios nach Sennaar in Babylonien.«
FÜNFTES KAPITEL Wie Noes Nachkommen über die ganze Erde hin sich Wohnsitze gründeten. 120
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Also zerstreuten sie sich der Verschiedenheit der Sprache halber. Die einen nahmen dieses Land in Besitz, die anderen jenes, wie Gott sie führte, sodass das ganze Festland, Binnenland sowohl wie Küste, von ihnen bevölkert wurde. Einige auch setzten auf Schiffen nach den Inseln über. Dabei behielten die Völker zum Teil die ihnen von ihren Gründern beigelegten Namen, zum Teil veränderten sie dieselben, zum Teil auch nahmen sie solche Namen an, die ihren Nachbarn geläufiger waren. Letzteres veranlassten besonders die Griechen, die, nachdem sie die Macht erlangt, ruhmsüchtig wie sie waren, anderen Völkern mit ihrer Staatsverfassung auch den Namen aufdrängten.
SECHSTES KAPITEL Wie die einzelnen Völker von ihren Gründern Namen erhielten. 122
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1. Noes Söhne hatten wieder Söhne, denen zu Ehren die Völker, sobald sie ein Land in Besitz genommen hatten, genannt wurden. lapheth, der Sohn Noes, hatte sieben Söhne, deren Landbesitz von den Bergen Taurus und Amanus in Asien bis zum Flusse Tanai's, in Europa bis nach Gadira reichte. Da diese Lands;triche bis dahin unbewohnt waren, so gaben sie den dort sich niederlassenden Völkern ihre Namen. So hießen die jetzigen Galater einst Gomaremser, da sie von Gomar stammten, und die jetzigen Skythen Magoger von ihrem Stammvater Magog. Von den anderen Söhnen lapheths, 10vanus und Mades, stammten ab: von Letzterem die Madäer, die die Griechen Meder nennen, von Ersterem die Ionier und Griechen. Den
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Thobelern, die heute Iberer genannt werden, gab Thobel den Namen, den Mosochenern, die jetzt Kappadokier heißen, Mosoch. Doch ist noch eine Spur des alten Namens erhalten, da ihre Stadt Diazaka an denselben erinnert. Von ihrem Herrscher Thiras nannten sich die Thirer, die Thraker der Griechen. Das sind die von Japheth abstammenden Völkerschaften. Von den Söhnen des Gomar war Aschanaxes der Stammvater der Aschanaxer, die jetzt von den Griechen Rheginer genannt werden. Von Riphates stammten die Riphatäer, jetzt Paphlagoner, und von Thorgames die Thorgamäer, jetzt Phryger genannt. Auch Jovanus hatte drei Söhne, Elysas, Stammvater der Elysäer, jetzigen Äoler, Tharsus der Tharsenser, jetzigen Cilicier. Von Letzterem hat ihre berühmte Hauptstadt Tarsus offenbar den Namen, wenn auch das Theta in Tau umgeändert ist. Chetimus endlich nahm die Insel Chetima, die heutige Cyprus, in Besitz, und es werden deshalb von den Hebräern alle Inseln und die meisten Küstenorte Chethim genannt. Zum Beweise dessen dient eine Stadt auf Cyprus, die zufällig ihren Namen noch bis heute bewahrt hat, denn sie heißt auf Griechisch Kition, was von Chetim nicht besonders abweicht. Übrigens möchte ich hier, bevor ich fortfahre, eine Bemerkung einschalten, die den Griechen vielleicht weniger bekannt ist. Die Namen sind nämlich zur Ergötzung der Leser von den Griechen ihrer zierlichen Sprache gemäß geändert worden, während die Unseren diese Formen nicht gebrauchen, vielmehr Form und Endung unverändert lassen. So heißt Noeos bei uns Noe, und es bleibt diese Form stets unverändert. 2. Des Chamas' Söhne nahmen das Land in Besitz, welches sich von Syrien und den Bergen Amanus und Libanon bis ans Meer und den Ozean erstreckte. Doch sind deren Namen teils verloren gegangen, teils stark verändert und in andere verwandelt, sodass man sie schwerlich wieder erkennen kann, und nur wenige sind unversehrt erhalten. Von den vier Söhnen des Chamas hat die Zeit dem Chus nicht geschadet, denn noch jetzt werden die Äthiopier, deren Herrscher er war, sowohl von sich selbst als auch von allen Asiaten Chusäer genannt. Auch die Mesträer haben ihren Namen bewahrt, denn die Unseren nennen Ägypten Mestre und die Ägypter Mesträer. Nach Libyen führte Phutes Kolonisten und nannte sie nach seinem Namen Phuter. Auch gibt es im Maurenlande einen Fluss dieses Namens, den samt dem benachbarten Lande Phute auch viele griechische Geschichtschreiber erwähnen. Seinen jetzigen Namen hat Libyen von Libys, einem der Söhne des Mestralm; später werde ich die Ursache angeben, weshalb es auch Mrika heißt. Chanaan endlich, der vierte Sohn des Chamas, bewohnte das jet-
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zige Judäa und nannte es von sich Chananaea. Die Söhne des Chamas hatten wieder Söhne, und zwar hatte Chus deren sechs, von denen Sabas der Sabäer, Evilas der Eviläer Qetzt Gaetuler), Sabathes der Sabathener (griechisch Astabarer), Sabaktes der Sabaktener, Regmus endlich der Regmäer Stammvater war. Der Letztere hatte zwei Söhne: Judadas, von dem die in West-Äthiopien wohnenden Judadäer, und Sabaeus, von dem die Sabäer abstammten. Nebrod, ebenfalls ein Sohn des Chus, blieb bei den Babyloniern und beherrschte diese, wie schon oben mitgeteilt wurde. Mestrai:m ferner hatte acht Söhne, die das Land von Gaza bis nach Ägypten in Besitz nahmen. Jedoch hat die Gegend nur den Namen des Philistin behalten, und die Griechen nennen einen Teil derselben Palästina. Von den übrigen, Ludiim, Enemim, Labim (der allein Kolonisten nach Libyen führte und diesem Lande den Namen gab), Nedem, Phethrosim, Chesloem und Chephthorim, wissen wir außer den Namen fast nichts. Denn im äthiopischen Kriege, von dem ich später erzählen werde, sind ihre Städte zerstört worden. Chanaan aber hatte folgende Söhne: Sidon, der eine Stadt seines Namens in Phönizien erbaute, die auch die Griechen noch so nennen, Amathius, der Amathine bewohnte, das noch heute steht und von seinen Bewohnern Amathe genannt wird, während die Makedonier es nach einem der Nachfolger Alexanders Epiphania nennen, ferner Aradaeus, der die Insel Aradus bewohnte, und endlich Arukaeus, der die im Libanon gelegene Stadt Arke besaß. Von den übrigen sieben ist außer den Namen Chettaeus, Jebusaeus, Amorrhaeus, Gergesaeus, Eudaeus, Sinaeus, Samaraeus nichts in den heiligen Büchern zu finden, denn die Hebräer haben deren Städte zerstört. 3. Als nun nach der Sintflut die Erde ihr früheres Aussehen wiedererlangt hatte, betrieb Noe den Ackerbau. Auch pflanzte er Weinstöcke, las zur Zeit der Reife die '!rauben, bereitete Wein und genoss davon, nachdem er vorher geopfert hatte. Da er aber berauscht wurde, fiel er in Schlaf und lag nackt und unwürdig da. Der jüngste Sohn, der ihn so sah, zeigte ihn spöttelnd seinen Brüdern; diese aber bedeckten des Vaters Scham. Als Noe das erfuhr, segnete er die anderen Söhne, die Nachkommen des Chamas aber verfluchte er, obgleich er ihn selbst als nahen Blutsverwandten mit dem Fluche verschonte. Daher verfolgte die göttliche Rache Chanaans Nachkommen, wovon ich weiter unten noch reden werde. 4. Sem, der dritte Sohn Noes, hatte fünf Söhne, die Asien bis zum Indischen Ozean vom Euphrat an bewohnten. Elams Nachkommen waren die Elamäer, von denen die Perser stammen. Asuras aber erbaute die Stadt Ninus und unterjochte die Assyrer, die er nach seinem Namen nannte. Diese
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glänzten durch Kriegsruhm. Arphaxades gab denen, die jetzt Chaldäer heißen, den Namen. Von Aram stammen die Aramäer, von den Griechen Syrer genannt, von Lud die Luder, die jetzt Lyder heißen. Aram aber hatte wieder vier Söhne, von denen Usus 'frachonitis und Damaskus gründete, welche zwischen Palästina und Coelesyrien in der Mitte liegen. Ulus beherrschte Armenien, Gatherus die Baktrian er, Mesas die Mesanäer, in deren Land Spasini Charax liegt. Von Arphaxades stammte Sales, von diesem Heber, nach welchem die Juden anfangs Hebräer hießen. Heber zeugte Juktas und Phalek. Letzterer hieß so, weil er zur Zeit der Verteilung der Wohnplätze geboren wurde, denn Phalek bedeutet bei den Hebräern »Verteilung.« Juktas aber hatte folgende Söhne: Elmodad, Saleph, Azermoth, Eiraes, Edoram, Aezel, Deklas, Ebal, Abimael, Sabeus, Opheires, Evilates, Jobab. Diese wohnten bei dem indischen Flusse Kophene und in dem nahe dabei liegenden Arien. So viel von Sems Nachkommen. 5. Ich komme jetzt zu den Hebräern. Von Phalek, dem Sohne Hebers, stammte Ragav, von diesem Serug, dessen Sohn Nachor, der Vater des Tharrus, war. Der Letztere aber war der Vater Abrams, des zehnten nach Noe. Abram war im zweihundertzweiundneunzigsten Jahre nach der Sintflut geboren. Denn Tharrus zeugte in seinem siebzigsten Jahre den Abram, Nachor aber in seinem hundertzwanzigsten Jahre den Tharrus. Den Nachor wieder zeugte Serug in seinem hundertzweiunddreißigsten Jahre, und Ragav erhielt den Serug, als er hundertdreißig Jahre alt war. In demselben Alter zeugte Phalek den Ragav, Heber aber, hundertvierunddreißig Jahre alt, den Phalek, während Heber von Sales gezeugt wurde, als dieser hundertdreißig Jahre zählte. Den Sales zeugte Arphaxades in seinem hundertfünfunddreißigsten Lebensjahre, und Letzterer war zwölf Jahre nach der Sintflut geboren. Abram aber hatte zwei Brüder, Nachor und Aran. Letzterer hinterließ einen Sohn Lot sowie zwei Töchter, Sarra und Melcha, und starb zu Ur in Chaldäa, wo bis heute noch sein Grab gezeigt wird. Melcha nun wurde von Nachor, Sarra von Abram zum Weibe genommen. Da aber Tharrus sehr um Aran trauerte und deshalb des Aufenthaltes in Chaldäa überdrüssig wurde, zogen sie alle zusammen nach Charra, in Mesopotamien. Hier starb Tharrus und ward auch daselbst bestattet, nachdem er zweihundertfünf Jahre gelebt hatte. Allmählich nämlich verkürzte sich das Leben der Menschen mehr und mehr bis zur Geburt des Moyses. Von da an wurde dasselbe von Gott auf hundertzwanzig Jahre festgesetzt, welches Alter auch Moyses erreichte. Dem Nachor und der Melcha aber wurden acht Söhne geboren: Uxus, Bauxus, Kamuel, Chazad, Azav, Pheldas, Jadelphas
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und Bathuel. Das waren Nachors rechtmäßige Söhne, denn Tabaeus, Gaamus, Tavaus und Machaus gebar ihm sein Kebsweib Ruma. Bathuel aber, einer von den rechtmäßigen Söhnen, hatte eine Tochter Rebekka und einen Sohn Laban.
SIEBENTES KAPITEL Wie unser Stammvater Abram aus Chaldäa auszog und eine Zeit lang in Chananaea wohnte, welches jetzt Judäa heißt. 154
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1. Abram aber nahm seinen Neffen Lot, den Bruder seiner Gattin Sarra an Kindes statt an, weil er wenig Hoffnung auf Nachkommenschaft hatte, und zog in seinem fünfundsiebzigsten Lebensjahre auf Gottes Befehl aus Chaldäa nach Chananaea, das er selbst bewohnte und seinen Nachkommen hinterließ. Er besaß einen scharfen Blick, große Überredungsgabe und selten irrende Urteilskraft, und da er auch tugendhaft war und im Ansehen eines weisen Mannes stand, beschloss er, die -hergebrachten falschen Ansichten von Gott in richtige umzuwandeln. Daher erklärte er zunächst, dass es nur einen Gott gebe, den Schöpfer aller Dinge, und dass dieser alles, was zum Glücke diene, gewähre, während der Mensch aus eigener Kraft dies nicht erlangen könne. Das schloss er aus den Vorgängen auf dem Lande und dem Meere, an der Sonne und dem Monde, und aus den Veränderungen am Himmelsgewölbe. Denn, so sagte er, läge die Kraft in der Schöpfung selbst, so würde sie auch selbst für ihre Erhaltung sorgen. Dass dies aber nicht der Fall sei, liege auf der Hand. Deshalb trage sie auch nicht aus eigener Kraft zu unserem Nutzen bei, sondern sie sei abhängig von der Macht eines höheren Wesens, dem allein Dank und Ehre gebühre. Als nun darauf die Chaldäer und andere Bewohner Mesopotamiens den Aufruhr gegen ihn schürten, hielt er es für das Beste, auszuwandern, und nahm mit Willen und Hilfe Gottes das Land Chananaea in Besitz. Dort angelangt, errichtete er einen Altar und opferte Gott. 2. Auch Berosus erwähnt unsern Vater Abram, allerdings ohne seinen Namen zu nennen, mit folgenden Worten: »Im zehnten Geschlechte nach der Sintflut gab es bei den Chaldäern einen gerechten und hervorragenden Mann, der in der Himmelskunde erfahren war.« Hekataeus aber gedenkt seiner nicht nur oberflächlich, sondern er hat ein ansehnliches Schriftstück
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über ihn hinterlassen. Nikolaus von Damaskus sagt im vierten Buche seiner Geschichte also: »ZU Damaskus regierte Abram, der mit einem Heere aus dem oberhalb BabyIon gelegenen Lande der Chaldäer dorthin gekommen sein soll. Und nicht lange nachher wanderte er mit seinem Volke von dort wieder aus nach Chananaea, welches jetzt Judäa heißt und wo sich die Seinen stark vermehrten. Hiervon werde ich in einem anderen Buche erzählen.« Abrams Name ist auch jetzt noch im Damaszenerlande berühmt, und man zeigt dort ein Dorf, das nach ihm Abramsheim genannt wird.
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ACHTES KAPITEL Wie Abram infolge einer Hungersnot in Chananaea n~ch Ägypten zog, dort eine Zeit lang sich aufhielt und dann zurückkehrte.
1. Als aber eine Hungersnot über Chananaea hereingebrochen war und Abram von der Ägypter Wohlstand hörte, begab er sich freudig dorthin, um von ihrem Überflusse zu genießen und die Meinung ihrer Priester über die Götter zu vernehmen. Wenn dieselben Besseres lehrten, wollte er ihnen folgen, andernfalls versuchen, sie eines Besseren zu belehren. Da er nun auch die Sarra mitnahm und bei dem bekannten Hang der Ägypter zu Ausschweifungen fürchtete, der König möchte ihn wegen der Schönheit seiner Gattin töten lassen, so erfand er die List, sich für ihren Bruder auszugeben und ermahnte Sarra, sich danach zu richten, da es in ihrem beiderseitigen Interesse liege. Als sie nun nach Ägypten gekommen, traf es sich, wie Abram gefürchtet; denn überallhin verbreitete sich der Ruf von Sarras Schönheit. Und so wurde der König Pharao, der, mit dem Gehörten nicht zufrieden, sie zu sehen heftig verlangte, von dem Wunsche erfüllt, sich ihrer zu bemächtigen. Gott aber vereitelte sein unreines Begehren, indem er pestartige Krankheit und Verwirrung über ihn verhängte. Und als er die Priester befragte, was er zur Abwendung des Unheils tun müsse, das Gott ihm geschickt, antworteten diese, er habe gegen die Gattin eines Fremdlings Gewalt brauchen wollen. Erschreckt hierüber erforschte er von Sarra, wer sie und ihr Begleiter seien, und da er den Sachverhalt vernahm, entschuldigte er sich bei Abram; er habe sie für seine Schwester, nicht für seine Gattin gehalten, und er habe nur seine Verwandtschaft gesucht, nicht aber vorgehabt, ihr Unrecht zuzufügen. Dann beschenkte er ihn reichlich und ermög-
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lichte ihm den Umgang mit den gebildetsten Ägyptern; infolge davon verbreitete sich der Ruf seiner Tugend mehr und mehr. 2. Da nämlich die Ägypter verschiedene Gebräuche hatten, die sie sich gegenseitig verächtlich zu machen suchten, so hielt er mit den Einzelnen Unterredungen ab, wies ihre Einwürfe zurück und zeigte, dass diese schal und gehaltlos seien. Deshalb wurde er von ihnen bewundert und für höchst weise gehalten, weil er mit scharfem Verstande und mächtiger Überzeugungsgabe ausgestattet sei. Er unterrichtete sie in der Arithmetik und der Sternkunde, Wissenschaften, die vor seiner Ankunft ihnen völlig fremd waren; denn sie gelangten von den Chaldäern zu den Ägyptern und von da zu den Griechen. 3. Als nun Abram nach Chananaea zurückgekehrt war, teilte er das Land mit Lot, da unter ihren Hirten Streit wegen der Weideplätze entstanden war; dabei ließ er dem Lot völlig freie Wahl. Er selbst nahm die von Lot verlassene Gegend nahe dem Gebirge ein und wohnte in der Stadt Chebron, die sieben Jahre älter ist als Tanis in Ägypten. Lot hingegen bewohnte die Ebene am Flusse Jordan nahe bei Sodom, welche damals noch gottesfürchtig war, jetzt aber infolge des göttlichen Zornes verschwunden ist. Die Ursache hiervon werde ich an geeigneter Stelle darlegen.
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Zur Zeit der Herrschaft der Assyrer in Asien blühte Sodom sehr; sein Reichtum vergrößerte sich mehr und mehr, und es wies eine zahlreiche Jugend auf. Die Sodomiter wurden von fünf Königen beherrscht: Ballas, Barsas, Senabares, Syrnoborus und dem Könige der BaIener, von denen jeder sein Gebiet hatte. Da überzogen die Assyrer sie mit Krieg; mit einem in vier Abteilungen unter je einem Anführer geteilten Heere belagerten sie die Sodomiter, besiegten sie in einer Schlacht und legten den Königen Tribut auf. Nachdem die Sodomiter zwölf Jahre lang dienstbar gewesen waren und den auferlegten Tribut entrichtet hatten, fielen sie ab, weshalb die Assyrer von neuem gegen sie zogen unter Führung des Amraphel, Ariuch, Chodollamor und Thadal. Diese plünderten ganz Syrien und rotteten das gewaltige Geschlecht aus. Dann kamen sie ins Land der Sodomiter und
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schlugen ihr Lager in einem »Harzbrunnen« genannten Tale auf. Zu jener Zeit nämlich gab es dort viele Brunnen; doch jetzt befindet sich an der Stelle, wo einst Sodom stand, ein See, Asphaltsee genannt. Über diesen See werde ich noch weiter unten berichten. Als nun die Sodomiter mit den Assyrern in heißer Schlacht zusammentrafen, fielen eine Menge von ihnen, die übrigen aber wurden in die Gefangenschaft geführt, unter ihnen auch Lot, der den Sodomitern zu Hilfe geeilt war.
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ZEHNTES KAPITEL Abram zieht gegen die Assyrer, bleibt Sieger und fUhrt die gefangenen Sodomiter nebst der im Stich gelassenen Beute wieder zurück.
1. Als Abram von ihrem Unglück hörte, beschloss er in Sorge um seinen
Vetter Lot und voll Mitleid mit den Sodomitern, seinen Freunden und Nachbarn, diesen zu Hilfe zu kommen, und brach ungesäumt mit den Seinen auf. In der fünften Nacht ereilte er die Assyrer bei Danus, der einen Quelle des Jordan, griff sie unversehens an und tötete die einen in ihren Betten; die anderen, die noch nicht eingeschlafen waren und unfahig zum Kampfe umhertaumelten, schlug er in die Flucht. Dann verfolgte er sie und zwang sie am anderen Tage, sich in die Stadt Hoba im Damaszener-Gebiet zurückzuziehen. Hierdurch bewies er, dass der Sieg nicht auf der Menge der Krieger, sondern auf ihrer Rüstigkeit und Tapferkeit beruhe. Denn mit dreihundertzwölf Mann der Seinen und mit drei Freunden hatte er ein so gewaltiges Heer geschlagen. Und was von Feinden seiner Hand entgangen war, musste sich schmachbedeckt zurückziehen. 2. Abram brachte nun die gefangenen Sodomiter und seinen Vetter Lot in Sicherheit und kehrte in Frieden heim. Und es kam ihm der König der Sodomiter entgegen bis zu einem »Königsfeld« genannten Orte; dort wurde er von Melchisedek, dem Könige von Solyma, empfangen. Melchisedek heißt der gerechte König, und das war er nach allgemeinem Urteil, weshalb er auch zum Priester Gottes bestellt wurde. Solyma ist das spätere Jerusalern. Dieser Melchisedek bewirtete die Krieger Abrams gebührend und gewährte ihnen alle Lebensbedürfnisse reichlich, und beim Mahle begann er den Abram zu loben und Gott zu danken, weil er die Feinde in seine Hand gegeben. Abram dagegen gab ihm von der Beute den Zehnten, den Melchi-
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sedek als Geschenk annahm. Als nun der König der Sodomiter den Abram bat, die Beute für sich zu behalten und ihm nur die befreiten Sodomiter auszuliefern, erklärte Abram, er könne diese Bedingung nicht annehmen; von der Beute wolle er nur das nehmen, was seine Leute zum Lebensunterhalt gebrauchten, wie auch ein Teil seinen befreundeten Mitkämpfern gebühre, nämlich dem Escholes, Enner und Mambres. 3. Gott aber gefiel dieses tugendhafte Benehmen Abrams, und er versprach ihm Lohn für seine Ruhmestaten. Dieser aber meinte, wozu ihm der Lohn dienen solle, da er doch keine Nachkommen habe (bis dahin nämlich war er ohne Kinder). Da verhieß ihm Gott einen Sohn, und sein Geschlecht solle zahlreich werden wie die Sterne des Himmels. Und Abram brachte Gott ein Opfer nach seiner Vorschrift und nach folgender Weise: Er nahm ein dreijähriges Rind, eine dreijährige Ziege und einen dreijährigen Widder, auch eine Thrteltaube und eine andere Taube und zerteilte sie nach Vorschrift, doch die Vögel zerteilte er nicht. Als dann die Vögel, ehe der Altar errichtet war, nach dem Blute lüstern umherflogen, erscholl Gottes Stimme, die verkündete, seine Nachkommen würden vierhundert Jahre lang in Ägypten böse Nachbarn haben; dann aber würden sie nach schweren Leiden ihre Feinde überwinden, ausziehen und nach Besiegung der Chananäer deren Land und Städte in Besitz nehmen. 4. Abram aber wohnte damals bei einer Eiche, die Ogyges genannt wurde; dieser Ort liegt in Chananaea, nicht weit von Chebron. Und da er darüber betrübt war, dass seine Gattin ihm noch keine Nachkommen geboren, flehte er demütig zu Gott, ihm einen Sohn zu schenken. Gott aber ermahnte ihn, zu hoffen: wie er ihn aus Mesopotamien glücklich herausgeführt habe, so werde er ihm auch Kinder gewähren. Sarra führte ihm auf Geheiß Gottes eine ihrer Mägde, Agar, eine Ägypterin, zu, damit er von ihr Kinder erhielte. Als aber die Magd schwanger geworden war, trachtete sie nach der Herrschaft und verachtete die Sarra, als ob auf ihr Kind die Herrschaft übergehen würde. Da nun Abram sie der Sarra zur Bestrafung übergab, sann Agar auf F1uchtgelegenheit und bat Gott, dass er sich ihrer erbarme. Und als sie in der Wüste umherirrte, begegnete ihr ein Engel Gottes und befahl ihr, zu ihrem Herrn zurückzukehren: sie würde besser dran sein, wenn sie sich bescheiden aufführe; in der jetzigen schlimmen Lage sei sie nur deshalb, weil sie undankbar und anmaßend gegen ihre Herrin gehandelt habe. Wenn sie gegen Gottes Willen weiterwandere, werde sie untergehen; wenn sie aber zurückkehre, werde sie einen Sohn gebären, der später über jenes Land herrschen solle. Diesen Ermahnungen folgte sie, kehrte zu ihrer Herr-
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schaft zurück und 'erhielt deren Verzeihung. Nicht lange danach gebar sie den Ismael, das heißt »von Gott erhört«, weil Gott ihr Gebet erhört hatte. 5. Ismael wurde dem Abram in seinem sechsundachtzigsten Lebensjahre geboren, und als er neunzig Jahre alt geworden, erschien ihm Gott, verhieß ihm einen Sohn von der Sarra und befahl ihm, diesen Isak zu nennen. Von ihm würden große Völker und Könige abstammen, die ganz Chananaea von Sidon bis nach Ägypten erobern würden. Er gebot ihm aber, sein Geschlecht nicht mit anderen zu vermischen; deshalb solle am achten Tage nach der Geburt die Beschneidung vollzogen werden. Den Grund für unsere Beschneidung werde ich übrigens anderwärts anführen. Auch über seines Sohnes Ismael Zukunft befragte Abram Gott; dieser antwortete, er werde lange leben und der Vater großer Völker sein. Und Abram dankte Gott und ließ sich sogleich mit den Seinen, darunter auch Ismael beschneiden. Letzterer war damals dreizehn, Abram selbst neunundneunzig Jahre alt.
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ELFTES KAPITEL Wie Gott die Sodomiter ausrottete im Zorn über ihre Freveltaten.
1. Um diese Zeit wurden die Sodomiter durch ihren Reichtum stolz, gewalttätig und religionslos; sie gedachten der Wohltaten Gottes nicht mehr; übten keine Gastfreundschaft und missbrauchten den vertraulichen Umgang. Darob erzürnte Gott und beschloss, sie zu strafen und nicht nur ihre Stadt zu zerstören, sondern auch ihr Land zu verwüsten, sodass es fürder keine Pflanzen noch Früchte hervorbringen solle. 2. Als nun Gott dieses beschlossen, sah Abram, an der Tür seines Hauses in Mambre sitzend, drei Engel und im Glauben, sie seien Fremdlinge, stand er auf; begrüßte sie und bat sie, seine Gastfreundschaft anzunehmen. Jene sagten zu, und er ließ sogleich Brot aus Weizenmehl bereiten, ein Kalb schlachten, zubereiten und ihnen unter einer Eiche das Mahl herrichten. Sie taten nun, als ob sie speisten, und fragten auch, wo seine Gattin Sarra sei. Und da er antwortete, sie sei drinnen, erklärten sie, sie würden nach einiger Zeit wiederkehren und sie dann als Mutter vorfinden. Sarra aber lachte darüber und meinte, dass sie doch wohl keine Kinder mehr gebären könne, da sie selbst schon neunzig und ihr Mann hundert Jahre alt sei. Da verstellten sie sich nicht länger und bekannten, dass sie Engel Gottes seien; einer von
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ihnen sei gesandt, um ihm den Sohn zu verkündigen, die beiden anderen, um die Sodomiter auszurotten. 3. Als Abram dies hörte, betrübte er sich über die Sodomiter, stand auf und bat Gott, doch mit den Gotdosen nicht zugleich die Gerechten und Guten zu verderben. Gott aber erwiderte ihm, unter den Sodomitern sei kein Guter mehr; wenn aber nur zehn unter ihnen wären, wolle er ihnen die Strafe für ihre Sünden nachlassen. Da schwieg Abram. Und die Engel kamen nach Sodom, wo Lot sie bat, bei ihm einzukehren, denn er zeichnete sich durch Gastfreundschaft aus und wetteiferte mit Abram in freundlichem Wesen. Als nun die Sodomiter sahen, dass so schöne Jünglinge bei Lot einkehrten, wollten sie ihnen sogleich Schande und Gewalt antun. Doch Lot beschwor sie, sich zu mäßigen und die Fremdlinge nicht zu beleidigen, sondern die Gastfreundschaft heilig zu halten; wenn sie sich nicht bezwingen könnten, wolle er lieber seine Töchter anstelle der Fremdlinge ihrer Lust opfern. Doch auch damit waren sie nicht zu beruhigen. 4. Gott aber, durch ihr lasterhaftes Unterfangen erzürnt, schlug sie mit Blindheit, sodass sie den Eingang in das Haus nicht finden konnten, und er weihte alle Sodomiter dem Verderben. Lot, dem Gott den Untergang der Sodomiter verkündete, entfernte sich mit seinem Weibe und seinen Töchtern, die beide noch Jungfrauen waren; denn ihre Verlobten verschmähten es, mitzugehen, indem sie Lots Mahnungen Torheiten nannten. Da warf Gott Feuer in die Stadt und verbrannte sie mit den Einwohnern; auch das Land ringsum zerstörte er durch Feuer, wie ich es in der Geschichte des Jüdischen Krieges schon erzählt habe. Übrigens wurde Lots Weib, die beim Abzug nach der Stadt zurückblickte und ihren Untergang allzu neugierig anschaute, obgleich Gott dies ausdrücklich verboten hatte, in eine Salzsäule verwandelt. Diese Säule habe ich selbst gesehen, denn sie steht noch da. Lot aber gelangte mit seinen Töchtern an einen kleinen Ort, der vom Feuer verschont geblieben. Dieser Ort heißt noch jetzt Zoher, was im Hebräischen »klein« heißt. Dort lebte er eine Zeit lang, getrennt von den Menschen, kümmerlich und elend. 5. Die Jungfrauen aber verkehrten in der Meinung, das ganze Menschengeschlecht sei vertilgt, mit ihrem Vater, ohne dass er etwas davon gewahrte, und zwar um dasselbe vor dem Untergang zu bewahren. Und so gebaren sie Söhne, die ältere den Moab, das heißt »vom Vater«, die jüngere den Amman, das heißt »Sohn des Volkes.« Von Moab stammen die Moabiter, die noch jetzt ein großes Volk bilden, von Ainman die Ammaniter; beide Völker bewohnen Coelesyrien. So ist Lot von den Sodomitern weggezogen.
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ZWÖLFTES KAPITEL Von Abimelech; ferner von Ismael, dem Sohne Abrams, und seinen Nachkommen, den Arabern.
1. Abram aber wanderte nach Gerara, einer Stadt Palästinas, indem er die Sarra für seine Schwester ausgab, und zwar aus Furcht, wie er dies auch früher getan. Er fürchtete nämlich den Abimelech, den König der Bewohner dieses Ortes, der die Sarra liebte und vor Begierde brannte, sie zu schänden. Gott aber unterdrückte dieses schändliche Verlangen, indem er ihm eine schwere Krankheit schickte. Und da die Ärzte ihn schon aufgegeben hatten, wurde er durch ein 'fraumgesicht ermahnt, dem Weibe des Fremdlings kein Unrecht zuzufügen. Als er sich nun besser fühlte, zeigte er seinen Freunden an, dass Gott ihm diese Krankheit gesandt habe, um ihn vor der Verletzung des Gastrechts zu bewahren, denn das Weib sei nicht die Schwester des Fremdlings, sondern seine Gattin; und es sei ihm verheißen worden, er werde in Gottes Huld stehen, wenn er jenen von der Sorge um sein Weib befreie. Er beschied dann den Abram auf den Rat seiner Freunde zu sich und hieß ihn keine Besorgnis um Sarra haben, denn sie werde unbehelligt bleiben und unter Gottes Schutz ohne Unbill ihm wieder zugeführt werden. Bei Gott und dem reinen Gewissen des Weibes aber beschwor er, er würde sie nie begehrt haben, wenn er gewusst, dass sie verheiratet gewesen sei; da er sie aber für seine Schwester gehalten habe, glaube er, nichts Unrechtes getan zu haben. Abram möge ihm wohlgesinnt bleiben und Gottes Gnade für ihn erbitten. Wolle er nun bei ihm bleiben, so solle es ihm an nichts fehlen, wolle er aber wegziehen, so werde er ihn sicher geleiten lassen und ihn mit allem versehen, dessen er bedürfe. Darauf entgegnete Abram: Was er über die Verwandtschaft mit seinem Weibe gesagt, sei keineswegs erlogen, denn sie sei seines Bruders Tochter, und ohne diese Täuschung sei ihm die Wanderung zu unsicher erschienen. Und wie er nicht die Krankheit des Königs verschuldet habe, so wolle er sich auch ferner dessen Wohlergehen angelegen sein lassen und gern bei ihm bleiben. Abimelech gab ihm darauf einen Teil seines Landes und Vermögens, und sie beschlossen, arglos miteinander zu leben, was sie durch Schwur bei einem Brunnen bekräftigten, der Bersuba hieß. Wir können das mit »Brunnen des Bündnisses« übersetzen. Diesen Namen hat der Brunnen noch heute.
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2. Nicht lange nachher gebar Sarra dem Abram einen Sohn, wie Gott verheißen hatte, und er nannte ihn Isak, das heißt »Gelächter«, weil Sarra gelacht hatte, als Gott ihr den Sohn versprach, den sie in so hohem Alter nicht mehr erwartete. Am achten Tage wurde der Knabe sogleich beschnitten. Diesen Tag beobachten auch jetzt noch die Juden bei der Beschneidung ihrer Kinder, die Araber aber tun es im dreizehnten Jahre, weil ihr Stammvater Ismael, der von dem Kebsweibe Abrams geboren wurde, in diesem Alter beschnitten worden ist. Davon will ich jetzt Näheres mitteilen. 3. Sarra liebte anfangs den Ismael, den Sohn der Agar mit derselben Zuneigung, als ob er ihr eigener Sohn gewesen sei. Als sie aber den Isak geboren, hielt sie es nicht für gut, den Ismael mit ihm zusammen zu erziehen, da dieser als der Ältere nach dem Tode des Vaters ihm leicht Unrecht zufügen könne. Sie überredete also den Abram, ihn mit seiner Mutter wegzubringen. Abram ging hierauf zunächst nicht gern ein, weil er es für hart hielt den noch nicht erwachsenen Knaben und das aller Mittel bare Weib von sich zu stoßen. Später jedoch, da auch Gott den Plan der Sarra billigte, übergab er das Kind, das den Weg noch nicht allein machen konnte, seiner Mutter, und hieß sie mit einem WasserkFug und Brot gehen, wohin die Not sie treiben würde. Als ihr nun auf der Reise der Mundvorrat auszugehen begann, wurde sie besorgt und ängstlich. Und da nun auch fast kein Wasser mehr vorhanden war, setzte sie den Knaben unter einen Tannenbaum und entfernte sich, damit er nicht in ihrer Gegenwart seinen Geist aufgebe. Da kam ihr ein Engel Gottes entgegen und zeigte ihr eine nahe Quelle, indem er ihr befahl, den Knaben sorgsam zu pflegen, denn mit Ismaels Wohlergehen hänge ihr eigenes Glück zusammen. Darauf fasste sie wieder Mut, zumal sie bald Hirten traf, durch deren Sorgfalt und Güte sie aus ihrem Elend gerettet wurde. 4. Als nun der Knabe erwachsen war, erhielt er ein Weib aus Ägypten (woher auch seine Mutter stammte), die ihm zwölf Söhne gebar: Nabaioth, Kedar, Abdeel, Massam, Idumas, Masmas, Masses, Chodad, Theman, Jetur, Naphaesus, Kedmas. Diese bewohnten das ganze Land vom Euphrat bis zum Roten Meere, welches man Nabatena nennt. Sie haben dem Volk und den Stämmen der Araber ihre Namen gegeben, mit Rücksicht auf ihre eigene Tüchtigkeit sowohl als auf die Würde Abrams.
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DREIZEHNTES KAPITEL Von Isak. dem rechtmäßigen Sohne Abrams.
1. Isak wurde von seinem Vater über die Maßen gelieb~ sowohl weil er sein einziger (rechtmäßiger) Sohn war, als auch weil er ihm von Gott an der Schwelle seines Alters geschenkt worden war. Diese Zuneigung und Liebe seiner Eltern vermehrte der Knabe selbst noch durch Übung jeglicher Thgend, Gehorsam gegen die Eltern und innige Gottesverehrung. Abram erblickte sein Glück darin, bei seinem Tode den Sohn sorgenfrei zurücklassen zu können, was ihm auch durch Gottes Willen zuteil wurde. Gott aber wollte die Ergebenheit Abrams noch auf die Probe stellen; daher erschien er ihm, zählte ihm alle Wohltaten auf, die er ihm erwiesen, hielt ihm vor, wie er die Feinde in seine Hand gegeben, wie seine Güte ihm zu seinem Glück den Sohn Isak geschenk~ und forderte von ihm, dass er ihm den Isak opfern solle. Und er befahl, ihn auf den Berg Moria zu führen, dort einen Altar zu errichten und den Isak als Brandopfer darzubringen. Denn so werde er seine Frömmigkeit beweisen können, wenn er das, was Gott angenehm und wohlgefällig sei, der Wohlfahrt seines Sohnes vorziehe. 2. Abram aber hielt es für Unrech~ Gott in irgend einer Sache ungehorsam zu sein, da man ihm vielmehr in jeder Beziehung als dem Geber des Lebens willfahren müsse. Doch verhehlte er der Gattin Gottes Befehl und dass er selbst seinen Sohn schlachten wolle. Ja nicht einmal einem seiner Knechte gab er sein Vorhaben kund, damit er nicht am Opferdienste gehindert würde, und so nahm er den Isak und zwei Knechte nebst einem EseL der das zum Opfer Nötige trug, und ging auf den Berg zu. Zwei Tage begleiteten ihn die Knechte, am dritten Tage aber, als er den Berg erblickte, ließ er seine Begleitung in der Ebene zurück und kain mit dem Knaben allein auf den Berg, wo später der König David einen Tempel erbaute. Sie trugen aber alles, was zum Opfer gehörte, mit Ausnahme des Opfertieres. Als nun Isak, der fünfundzwanzig Jahre zählte, den Altar herrichtete und zugleich frug, was Abram denn opfern wolle, da doch kein Opfertier da sei, sagte dieser, Gott werde es ihnen gewähren, der den Menschen spenden könne, was ihnen fehle, und nehmen könne, was sie besäßen, wenn sie auf ihn ihr Vertrauen setzten. Er werde ihnen also auch ein Opfertier geben, wenn er an seinem Opfer Gefallen habe. 3. Nachdem nun der Altar errichte~ das Holz darauf gelegt und alles vor-
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bereitet war, redete Abram seinen Sohn also an: »0 Sohn, mit tausend Bitten habe ich deine Geburt von Gott erfleht und dich mit größter Sorgfalt erzogen, seit du in dieses Leben eingetreten bist, und ich kannte kein größeres Glück, als dich in deiner Manneskraft zu erblicken und dich bei meinem Tode als Erben meiner Herrschaft zu hinterlassen. Aber weil ich durch Gottes Willen dein Vater geworden bin, und er jetzt von mir fordert, deiner zu entsagen, so ertrage starkmütig deine eigene Opferung. Denn ich trete dich an Gott ab, da er dies zu seiner Ehre verlangt und stets mein gnädiger Helfer und Beschützer gewesen ist. Wie du nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge gemäß geboren wurdest, so sollst du auch aus dem Leben scheiden auf besondere Weise, nämlich von deinem eigenen Vater Gott, dem Erzeuger aller Dinge, zum Opfer gebracht werden. Hat er dich doch für wert gehalten, dass du nicht durch Krankheit, Krieg oder ein anderes Unglück, wie es den Menschen zuzustoßen pflegt, aus diesem Leben scheidest, sondern dass er deine Seele unter Gebet und feierlichem Opfer aufnehme und bei sich unterbringe. Du wirst deshalb doch der Pfleger und Hüter meines Alters sein, wozu ich dich vornehmlich erzog, indem du durch dein Verdienst Gott an deine Stelle setzest.« 4. Isak aber, edelmütig, da er von einem solchen Vater abstammte, nahm die Rede gutwillig auf und sprach: Er wäre nicht wert geboren zu sein, wenn er nicht dem folgen würde, was Gott und sein Vater über ihn beschlossen hätten, da es doch schon unrecht sei, den Gehorsam zu versagen, wenn sein Vater allein befehlen würde. Darauf trat er zum Altare hin, um sich schlachten zu lassen. Und sicher würde dies auch geschehen sein, wenn Gott es nicht verhindert hätte. Denn er rief Abram beim Namen und hieß ihn von der Tötung seines Sohnes abstehen. Er sei nicht begierig nach Menschenblut und habe auch den Tod Isaks nicht verlangt, um ihn dem Vater, dem er selbst ihn g
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nanaea rühmlich erobern und ihres Glückes wegen von allen anderen beneidet werden. Als Gott so gesprochen hatte, führte er ihnen plötzlich einen Widder zum Opfer zu. Jene aber, die sich wider Erwarten einander wiedergegeben sah~n und der Verheißung so großen Glückes teilhaftig geworden waren, umarmten sich gegenseitig, schlachteten das Opfertier und kehrten zu Sarra zurück. Und sie lebten glücklich, da Gott ihnen in allen ihren Unternehmungen gnädig half.
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VIERZEHNTES KAPITEL Vom Tode der Sarra, der Gattin Abrams.
Nicht lange danach starb Sarra im Alter von einhundertsiebenundzwanzig Jahren und wurde in Chebron begraben. Zwar wollten die Chananäer von ihrem Gemeindeland einen Begräbnisplatz hergeben, doch nahm Abram dieses Anerbieten nicht an und kaufte um vierhundert Sekel* ein Stück Land von einem gewissen Ephralm aus Chebron. Hier haben sich Abram und seine Nachkommen Grabdenkmäler errichtet.
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FÜNFZEHNTES KAPITEL Wie von der dem Abram vermählten Chetura das Geschlecht der Troglodyten abstammte.
Hierauf heiratete Abram die Chetura, von welcher ihm sechs mit großer Körperkraft und scharfem Verstande begabte Söhne geboren wurden: Zambran, Jazar, Madan, Madian, Josubak und Su. Diese hatten wieder Kinder. Von Su stammten Sabathan und Dadan. Letzterer erzeugte den Latusim, Assuris und Luorn; Madian den Ephas, Ophren, Anoch, Ebidas und Eldas. Alle diese Söhne und Enkel führte Abram in Kolonien, und sie nah. men das Land Troglodytis und das glückliche Arabien bis zum Roten Meere ein. Ophren soll einen Zug nach Libyen unternommen und dieses erobert * 1 Sekel = 1,62 Euro, ungefähr: übrigens von schwankendem Werte.
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haben; seine Nachkommen hätten dort Wohnsitze gegründet und das Land nach ihm Mrika genannt. Hierfür berufe ich mich auf das Zeugnis des Alexander Polyhistor, der also sagt: »Der Seher Kleodemus, auch Malchus genannt, der die jüdische Geschichte wie der jüdische Gesetzgeber Moyses geschrieben hat, erzählt, Abram habe mit der Chetura mehrere Söhne gezeugt.« Er nennt auch von dreien die Namen: Apher, Suris und Japhra. Von Suris habe Assyrien den Namen, vom Apher und Japhra die Stadt Aphra und das Land Mrika. Diese seien auch dem Herkules in seinem Kriege gegen Libyen und Antaeus zu Hilfe gekommen, und Herkules habe des Aphra Tochter geheiratet und mit ihr den Didor gezeugt. Von Letzterem stamme Sophones ab, von dem die Sophaker unter den Barbaren den Namen haben.
SECHZEHNTES KAPITEL Wie Isak die Rebekka heiratete. 242
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1. Als Isak etwa vierzig Jahre alt war, beschloss Abram, ihm die Rebekka, seines Bruders Nachor Enkelin, zum Weibe zu geben, und schickte als Brautwerber seinen ältesten Knecht ab, nachdem er ihn unter strengem Eide verpflichtet hatte. Das geschah so: Sie legten einander die Hände auf die Oberschenkel und riefen Gott zum Zeugen ihrer zukünftigen Handlungen an. Auch gab er ihm Geschenke für seine dortigen Freunde mit, die daselbst selten oder gar nicht vorhanden waren und deshalb besonders geschätzt wurden. Der Knecht aber brauchte zur Reise eine lange Zeit, da der Weg durch Mesopotamien im Winter wegen des vielen Kotes, im Sommer wegen Mangels an Wasser beschwerlich war. Auch machten Straßenräuber, denen der Reisende nur bei äußerster Vorsicht entgehen konnte, die Gegend unsicher. Endlich kam er aber zur Stadt Charra. In deren Weichbild traf er mehrere Jungfrauen, die Wasser holen gingen, und er bat Gott, er möge ihn die Rebekka (wegen deren Werbung ihn Abram gesandt hatte) unter den Mädchen finden lassen, wenn die Schließung der Ehe ihm wohlgefällig sei. Er möge ihn dieselbe daran erkennen lassen, dass sie ihm auf seine Bitten einen Trunk gewähre, während die anderen ihm denselben verweigern würden. 2. In dieser Absicht näherte er sich dem Brunnen und bat die Jung-
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frauen, sie möchten ihm zu trinken geben. Als diese ihm aber die Bitte abschlugen, da sie das Wasser selbst brauchten, um es nach Hause zu tragen (denn das Wasser war mühsam zu schöpfen), tadelte eine von ihnen sie wegen ihrer Unfreundlichkeit gegen den Fremdling und fragte sie, was sie denn ihren Mitmenschen eigentlich mitteilen wollten, wenn sie nicht einmal Wasser hergäben. Und sie erfüllte freundlich seinen Wunsch. Daraus schöpfte jener gute Hoffnung; um sie aber noch besser kennen zu lernen, lobte er ihr gütiges Benehmen und dass sie sich nicht weigere, mit eigener Mühe Durstigen behilflich zu sein. Dann erkundigte er sich nach ihren Eltern, wünschte ihnen Glück zu einer solchen Tochter und dass sie dieselbe mit einem rechtschaffenen Manne verloben möchten, auf dass sie ihm eheliche Kinder gebäre. Die Jungfrau aber verweigerte ihm die Antwort nicht, sondern tat ihm auf sein Verlangen ihre Herkunft kund. »Ich heiße Rebekka«, sagte sie; »mein Vater war Bathuel, doch ist er schon tot, und mein Bruder Laban verwaltet mit meiner Mutter das Hauswesen und beschützt meine Jungfrauschaft.« Darüber freute sich der Knecht und schloss daraus, dass Gott offenbar auf der Reise sein Beschützer gewesen. Dann zog er ein Halsband hervor und andere Zierraten, mit denen Jungfrauen sich zu schmücken pflegen, und bot sie ihr an als Belohnung für den Trunk und als Zeichen seiner Hochachtung; es sei billig, dass sie so belohnt werde, da sie so viele Mädchen an Güte übertreffe. Zugleich bat er, bei den Thrigen einkehren zu dürfen, da die Nacht ihn an der Weiterreise hindern würde; auch führe er weibliche Putzgegenstände von hohem Werte bei sich, die er nirgends sicherer unterbringen könne als bei Leuten, wie sie sei. Er fügte hinzu, dass er wohl auf die Menschenfreundlichkeit und Zugänglichkeit ihrer Mutter und ihres Bruders aus ihrem eigenen schicklichen Benehmen schließen dürfe; auch werde er ihnen nicht lästig fallen, vielmehr für die Beherbergung zahlen und auf seine eigenen Kosten leben. Das Mädchen dankte ihm für seine gute Meinung von der Freundlichkeit ihrer Angehörigen; diese seien aber nicht geizig, wie er meine, denn er werde alles unentgeltlich erhalten. Doch wolle sie ihrem Bruder Laban erst Mitteilung machen, und wenn dieser zusage, wolle sie ihn einführen. 3. Als dieses geschehen und er als Gast eingeführt war, nahmen Labans Knechte seine Kamele zur Besorgung; ihn selbst aber führte Laban zu Tische. Und nach der Mahlzeit sprach er also zu Laban und seiner Mutter: »Abram ist der Sohn des Tharrus und euer Verwandter; denn Nachor, 0 edle Frau, der Großvater deiner Kinder, ist Abrams Bruder und hatte denselben Vater und dieselbe Mutter. Dieser Abram schickt mich hierher, um für sei-
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nen rechtmäßigen Sohn, den einzigen Erben seiner Güter, die Hand dieser Jungfrau zu begehren. Wohl hätte er aus den Weibern jenes Landes ein sehr reiches auswählen können; doch wollte er das nicht, sondern aus Verehrung für sein eigenes Geschlecht wünscht er aus diesem ein Weib fur seinen Sohn. Dieses sein Vorhaben bitte ich zu begünstigen, denn durch Gottes gnädige Fügung habe ich sowohl eine glückliche Reise zurückgelegt als auch dieses Mädchen und euer Haus gefunden. Als ich nämlich in die Nähe der Stadt gekommen, sah ich mehrere Jungfrauen zum Brunnen gehen. Da flehte ich zu Gott, dass ich diese hier treffen möchte, was denn auch geschah. Daher wollet auch ihr diese von Gott beschlossen8 Ehe gutheißen und den Abram, der mich mit so großer Sorgfalt hierher geschickt, durch Überlassung der Tochter ehren.« Da ihnen nun der Antrag ehrenvoll und angenehm erschien und sie den Willen Gottes erkannten, so schickten sie die Tochter unter den erbetenen Bedingungen mit. Und Isak heiratete sie und wurde Herr über alle Güter, denn die Kinder der Chetura waren in Kolonien gezogen.
SIEBZEHNTES KAPITEL Von Abrams Tod. 256
Nicht lange darauf starb auch Abram, ein Mann, der an TIlgenden jeglicher Art hervorragte und den Gott seiner ausgezeichneten Frömmigkeit wegen ganz besonders liebte. Er lebte einhundertfunfundsiebzig Jahre und wurde von seinen Söhnen Isak und Ismael in Chebron neben seiner Gattin Sarra bestattet.
ACHTZEHNTES KAPITEL Von Isaks Söhnen Esau und Jakob, ihrer Geburt und Erziehung. 257
1. Nach Abrams Tode wurde Isaks Weib von ihm schwanger, und da ihr Leib auffallend stark wurde, ängstigte sich Isak und befragte Gott deswegen. Dieser antwortete, Rebekka werde ihm Zwillinge gebären, von denen
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gleichnamige Völker abstammen würden; der Kleinere werde den Größeren übertreffen. Und bald darauf erhielt er, wie Gott vorhergesagt, Zwillinge, von denen der ältere von Kopf bis zu Füßen über die Maßen rau behaart war, während der jüngere die Ferse des vor ihm Geborenen mit der Hand festhielt. Der Vater aber liebte den älteren, der wegen seiner starken Behaarung Esau hieß, während der jüngere, Jakob, von der Mutter bevorzugt wurde. 2. Als nun eine Hungersnot im Lande wütete, beschloss Isak, nach Ägypten zu ziehen; Gott aber befahl ihm, sich nach Gerara zu begeben. Der König Abimelech nahm ihn wegen der gastfreundlichen Beziehungen, in denen er zu Abram gestanden hatte, mit großem Wohlwollen auf; später aber änderte er sein Benehmen aus Neid darüber, dass Gott dem Isak so überaus gnädig war, und vertrieb ihn. Isak zog darauf an einen Ort, der nicht weit von Gerara lag und »Tal« hieß. Als er nun hier einen Brunnen grub, überfielen ihn Hirten, um ihn daran zu hindern. Er aber wollte sich nicht in einen Kampf einlassen und räumte das Feld. Dann begab er sich weiter fort und grub einen anderen Brunnen; da aber andere Hirten des Abimelech wieder auf ihn eindrangen, ging er auch von da weg, um sicher leben zu können. Als ihm darauf der König gestattete, ohne jede weitere Behelligung einen Brunnen zu graben, tat er dies und nannte den Brunnen Rooboth, das heißt »weiter Raum.« Von den früher gegrabenen Brunnen nannte er den einen Eskon, das heißt »Brunnen des Kampfes«, und den anderen Sitenna, dass heißt »Brunnen der Feindschaft.« 3. In der Folgezeit wuchs Isaks Macht durch die Größe seines Reichtums, und Abimelech fürchtete, dass sie ihm gefährlich werden könne. Denn da sie früher gegeneinander argwöhnisch gewesen, und Isak in heimlicher Feindschaft von ihm weggezogen war, glaubte er nicht, dass die ehemalige Freundschaft ihm viel nützen werde. Deshalb wollte er diese wieder erneuern und ging in Begleitung des Phikol, eines seiner Feldherren, zu Isak. Und als er von der Güte Isaks, der wegen der alten Freundschaft gern verzieh, alles, was er wünschte, erlangt hatte, kehrte er nach Hause zurück. 4. Esau, dem der Vater sehr günstig war, heiratete in seinem vierzigsten Jahre die Ada, Tochter Helons, und die Alibama, Tochter Esebeons, zweier in Chananaea sehr mächtigen Männer, und zwar auf eigene Faust, ohne mit seinem Vater sich zu beratschlagen. Denn dieser würde die Verbindung nicht gutgeheißen haben, da er keine Verwandtschaft mit den Einwohnern jenes Landes schließen wollte. Um aber seinem Sohne nicht zu nahe zu treten, widersetzte er sich der Heirat nicht und beschloss zu schweigen.
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5. Als nun Isak alt geworden und erblindet war, rief er den Esau zu sich, beklagte sein Alter und dass seine Blindheit ihn hindere, den Gottesdienst zu verrichten, und befahl ihm, auf die Jagd zu gehen und ihm von dem erlegten Wilde ein Mahl zu bereiten. Nachdem er dieses verspeist, wolle er zu Gott flehen, dass er seinem Sohne im ganzen Leben Helfer und Beschützer sein möge; denn es sei ungewiss, ob er nicht bald sterben müsse, und da wolle er nicht aus dem Leben scheiden, ohne ihm Gottes Gnade erfleht zu haben. 6. Darauf eilte Esau zur Jagd. Rebekka aber, die es rür billig hielt, dass Gottes Segen über Jakob erfleht würde, befahl diesem ohne Vorwissen Isaks, Böckchen zu schlachten und davon ein Mahl zu bereiten. Jakob gehorchte der Mutter, und als das Mahl fertig war, band er sich ein Bocksfell um den Arm, damit der Vater ihn wegen der zottigen Haut für den Esau halten sollte (denn dadurch allein unterschied er sich von dem Zwillingsbruder, dem er sonst in allem glich). Doch war er sehr in Sorge, der Vater möchte, bevor er den Segen gesprochen, die arge List merken und den Segen in Fluch verwandeln. Als Jakob nun das Mahl dem Vater vorgesetzt, rief dieser ihn zu sich, da er die eigentümliche Stimme vernahm. Jakob aber streckte den mit Bocksfell überzogenen Arm vor, und da Isak ihn rau behaart fand, rief er aus: })An Stimme bist du dem Jakob ähnlich, aber deiner Behaarung nach scheinst du mir Esau zu sein.« Und nichts Böses ahnend, rief er nach dem Mahle Gott an und sprach: })ü Herr von Ewigkeit her und aller Dinge Schöpfer, du hast meinem Vater eine Menge Glücksgüter verheißen und auch mich meines jetzigen Wohlstandes gewürdigt. Meinen Nachkommen hast du versprochen, dass du ihnen Beschützer und Spender alles Guten sein wollest; das wollest du feierlich bestätigen und mich nicht verachten um meiner jetzigen Schwäche willen, in der ich mehr als je deiner Hilfe bedarf. Erhalte mir gnädig diesen meinen Sohn, bewahre ihn vor allem Übel, verleihe ihm ein glückseliges Leben und den Besitz alles Guten, das du ihm gewähren kannst. Lass ihn von seinen Feinden gefürchtet, von seinen Freunden aber geehrt und geliebt werden.« 7. So betete er zu Gott, wie er glaubte, für den Esau. Kaum hatte er geendet, als Esau von der Jagd ankam. Nun merkte Isak den Betrug, schwieg aber still. Esau aber verlangte, in gleicher Weise gesegnet zu werden wie sein Bruder. Dies verweigerte der Vater, weil er alle Bitten auf Jakob vereinigt hatte. Weil aber Esau sich wegen der Tauschung grämte, wurde Isak von seinen Tränen bewegt und verhieß ihm, dass er auf der Jagd und im Gebrauch der Waffen und in anderen Werken sich auszeichnen werde, und
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dieser Ruhm werde ihm und seinen Nachkommen immer verbleiben; dem Bruder aber müsse er untertänig sein. 8. Jakob fürchtete übrigens, Esau werde sich an ihm rächen, weil er ihn um den Segen gebracht, und darum entzog ihn die Mutter dieser Gefahr, indem sie den Gatten überredete, er möge dem Jakob ein mesopotamisches Weib aus seiner Verwandtschaft zur Ehe geben. Denn auch Esau hatte die Basemmatha, die Tochter Ismaels, wider den Willen des Vaters geheiratet. Isak aber war gegen die Chananäer nicht wohlgesinnt und hatte es ungern gesehen, dass Esau in verwandtschaftliche Beziehungen zu ihnen getreten war, die Basemmatha geheiratet hatte und sie mit solcher Innigkeit liebte.
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NEUNZEHNTES KAPITEL Jakob flieht aus Furcht vor seinem Bruder nach Mesopotamien.
l. Jakob wurde also von seiner Mutter nach Mesopotamien gesandt, um dort die Tochter seines Oheims Laban zu heiraten, nachdem Isak seinem Weibe zu Gefallen seine Einwilligung gegeben hatte. Er zog durch Chananaea, wollte aber aus Hass gegen die Einwohner bei keinem derselben einkehren, sondern übernachtete unter freiem Himmel und ruhte mit dem Kopfe auf zusammen gehäuften Steinen. Da sah er im Schlafe vor sich eine Erscheinung. Er wähnte eine Leiter zu sehen, die von der Erde bis zum Himmel reichte; auf derselben stiegen Wesen herab, die über menschliche Natur erhaben waren. Über der Leiter sah er deutlich Gott selbst, der ihn mit Namen rief und also sprach: »Jakob, da du einen so guten Vater hast, und dein Großvater hervorragend in der Thgend war, sollst du dich um das Gegenwärtige nicht bekümmern, sondern Besseres erhoffen. Denn unter meinem Schutz wird dir die Fülle des Guten zuteil werden. Auch Abram habe ich aus Mesopotamien hierher geführt, da er von seinen Verwandten vertrieben war; deinen Vater habe ich glücklich gemacht, und auch dein Los wird kein schlechteres sein. Darum ziehe nur gutes Mutes weiter und vertraue meiner Führung. Die Heirat, die du vorhast, wird glücklich sich vollziehen, und du wirst gute Kinder erhalten. Die Menge deiner Nachkommen aber wird unzählig sein, und dein Geschlecht wird wachsen; ich werde ihm die Herrschaft dieses Landes geben, und die Nachkommen werden das ganze Land bevölkern und das Meer, so weit die Sonne es bescheint. Fürch-
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te also keinerlei Gefahr und scheue keine Mühe, denn bei all deinen Handlungen werde ich deine Vorsehung und dein Schutz sein, sowohl jetzt als in Zukunft.« 2. Solches verkündete Gott dem Jakob. Dieser aber goss in seiner Freude über das, was er gesehen und gehört, Öl auf die Steine, weil er auf ihnen die Verheißung so großen Glückes erlangt hatte. Dann gelobte er, er werde hier Gott opfern, wenn er gesund zurückkehre: auch werde er Gott den Zehnten von allem, was er sich erworben, darbringen. Den Ort aber ehrte er mit dem Namen Bethel, das heißt »Gottes Haus.« 3. Von da marschierte er dann rüstig weiter nach Mesopotamien und gelangte nach Charra. Und als er im Weichbilde der Stadt Hirten, Jünglinge und Jungfrauen traf, die am Brunnen saßen, trat er zu ihnen und bat um einen Trunk. Dabei fragte er sie, ob sie seinen Verwandten, einen gewissen Laban, kännten, und ob er noch am Leben sei. Jene erwiderten, sie kännten ihn alle sehr wohl; seine Tochter weide mit ihnen die Herde, und sie wunderten sich, dass sie noch nicht da sei. Von ihr werde er alles erfahren, was er zu wissen wünsche. Während sie sich nun unterhielten, kam das Mädchen mit den Hirten, die mit ihr weggegangen waren; und sie zeigten ihr den Jakob mit dem Bemerken, der Fremdling sei gekommen, sich nach ihrem Vater zu erkundigen. Da freute sie sich kindisch über Jakobs Ankunft, frug ihn, wer und woher er sei und was ihn hierher führe, und erbot sich, ihm in allem behilflich zu sein. 4. Jakob aber ward weniger durch seine Verwandtschaft mit ihr und durch ihr freundliches Wesen als durch Liebe zu dem Mädchen gefesselt, da er ihre herrliche Gestalt bewunderte, eine Gestalt, wie sie wenige Weiber besaßen, und er sprach: »Mich verbindet mit dir und deinem Vater, wenn du Labans Tochter bist, ein Band, das älter ist als du und ich; denn Abram, Aran und Nachor waren des Tharrus Söhne, und dein Großvater Bathuel war der Sohn Nachors, mein Vater Isak aber ist der Sohn des Abram und der Sarra, der Tochter Arans. Und noch näher hat uns einander ein Verwandtschaftsband jüngerer Zeit gebracht, denn meine Mutter Rebekka ist die Schwester deines Vaters Laban und hat mit ihm denselben Vater und dieselbe Mutter. Wir sind somit Geschwisterkinder. Nun aber komme ich hierher, um euch zu begrüßen und die alte Verwandtschaft zu erneuern.« Da erinnerte sie sich (wie Kinder gewöhnlich tun) alles dessen; was sie früher von ihrem Vater über Rebekka gehört hatte, und da sie wohl wusste, wie gern ihre Eltern den Namen derselben hörten, umarmte sie den Jakob unter Tränen, begrüßte ihn und sprach: »Du machst meinem Va-
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ter und meiner Familie eine sehr große Freude, denn er hat deine Mutter nicht ver3essen und spricht oft von ihr, und er wird dich deshalb aufs höchste schätzen.« Alsdann hieß sie ihn auf dem Fuße ihr zum Vater folgen, damit diesem nicht länger das Vergnügen, ihn zu sehen, entzogen werde. 5. Laban aber erkannte ihn sogleich, und da Jakob sich hier unter Freunden keinen Zwang auferlegte, bereitete er ihm durch seine unerwartete Ankunft große Freude. Als aber einige Tage verflossen waren, sagte Laban, er freue sich über Jakobs Anwesenheit mehr, als er mit Worten sagen könne; doch wolle er wissen, weshalb er seine betagten Eltern verlassen habe, die doch seiner Hilfe sehr bedürften, und hierher gekommen sei Alle seine Wünsche werde er nach Kräften zu erfüllen suchen. Darauf erklärte ihm Jakob alles und sagte, Isak habe Zwillingssöhne, ihn und den Esau. Dieser trachte ihm nach dem Leben, weil er ihn um den väterlichen Segen gebracht, den er (Jakob) durch der Mutter List empfangen habe, wodurch er je~em die ihm von Gott bestimmte Herrschaft zugleich mit dem Glücke, das der Vater ihm von Gott erfleht, entrissen habe. Dies und der Befehl seiner Mutter seien die Ursachen seiner Ankunft. »Wir haben zwar«, fügte er hinzu, »fast überall Verwandte, doch zog die Mutter euch als die nächsten vor. Dir also vertraue ich mich in meiner jetzigen Lage nächst Gott, der auf der Reise mein Beschützer war, ganz besonders an.« 6. Laban versprach ihm darauf seiner Eltern wegen alle Freundschaft, zumal aus Gefalligkeit gegen seine Mutter, die er durch Sorgfalt um ihn besonders beweisen zu können glaube. Er wolle ihm die Oberaufsicht über seine Herden übertragen, und wenn er heimzukehren wünsche, wolle er ihn mit Geschenken und Ehren, die eines so nahen Verwandten würdig seien, ziehen lassen. Jakob freute sich darüber und sagte, er wolle dableiben und gern jede von ihm verlangte Arbeit auf sich nehmen; an Lohnes statt aber verlange er die Rachel zur Ehe, die er besonders deshalb hoch achte, weil er durch sie Zutritt zu ihm gefunden (die Liebe zu dem Mädchen gab ihm diese Worte ein). Laban, hierüber erfreut, sagte ihm seine Tochter zu, da er sich keinen besseren Schwiegersohn wünschen könne. Doch könne die Hochzeit erst stattfinden, wenn er noch eine Zeit lang bei ihm bleiben werde; denn er wolle seine Tochter nicht gern nach Chananaea schicken, da es ihn gereue, seine Schwester dorthin verheiratet zu haben. Hiermit war Jakob auch zufrieden, und sie kamen auf sieben Jahre Dienstzeit überein; in dieser Zeit werde Laban die Tüchtigkeit seines Schwiegersohnes erproben und beurteilen können, was er für ein Mann sei. Und als
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die festgesetzte Zeit verstrichen war, ließ er das Hochzeitsmahl herrichten. In der Nacht aber hieß er seine ältere Tochter, die nicht so schön wie Rachel war, sich zu Jakob legen, der davon nichts merkte, sondern, von Weinrausch und Dunkelheit getäuscht, ihr beiwohnte. Als er nun am Morgen den Betrug merkte, warf er dem Laban seine Treulosigkeit vor. Dieser entschuldigte sich, er habe nur gezwungen so gehandelt; denn nicht aus bösem Willen, sondern aus einem wichtigen Grunde habe er ihm die Lia zugelegt. Doch werde deshalb seiner Heirat mit Rachel nichts im W~ge stehen, vielmehr werde er sie ihm nach weiteren sieben Jahren geben, wenn er sie liebe. Jakob willigte ein, da er die Rachel wirklich sehr liebte und nicht anders handeln zu können glaubte. Und als nun noch sieben Jahre um waren, erhielt er die Rachel zur Ehe. 7. Jeder Tochter hatte der Vater eine Magd zugeteilt, der Lia die Zelpha und der Rachel die Balla, doch nicht als Sklavinnen, sondern nur als Untergebene. Lia nun ärgerte sich über des Gemahls Liebe zu Rachel und erwartete, mehr geehrt zu werden, wenn sie ihm Kinder gebäre, weshalb sie Gott inständig darum bat. Und als sie einen Knaben geboren hatte und ihr Gatte ihr deshalb mehr gewogen wurde, nannte sie den Sohn Rubel, weil sie ihn durch Gottes Barmherzigkeit erhalten hatte; denn das bezeichnet der Name. Später gebar sie noch drei Söhne: Simeon, das heißt »von Gott erhört«, Levis, das heißt »Befestiger der Verbindung«, und Judas, das heißt »Danksagung.« Da nun Rachel besorgte, sie möchte bei der Fruchtbarkeit ihrer Schwester in der Gunst ihres Gatten sinken, legte sie dem Jakob ihre Dienerin Balla zu. Diese gebar einen Sohn Dan, das heißt »Gottes Gericht«, später den Nephthalim, das heißt »durch keine List zu bekämpfen«, weil seine Mutter durch List ihrer Schwester Fruchtbarkeit wettzumachen gesucht hatte. Dieselbe List gebrauchte aber auch Lia, indem auch sie ihre Dienerin dem Gatten zulegte. Von der Zelpha aber wurde Gad geboren, das heißt »zufällig«, später Aser, das heißt »Glück bringend«, weil das Glück der Lia durch ihn sich vermehrt hatte. Als nun einst Rubel der Lia ältester Sohn, seiner Mutter Mandragora-Äpfel brachte, bat Rachel um einen Teil davon, weil es sie nach der Speise gelüstete. Lia jedoch verweigerte dies, indem sie meinte, Rachel könne doch zufrieden damit sein, ihr die Liebe des Gatten entrissen zu haben. Rachel versprach aber, um die Schwester zu beschwichtigen, sie wolle zugeben, dass ihr Mann sich in der nächsten Nacht zu Lia lege, was diese dankend annahm. Jakob wohnte also der Lia bei, und sie gebar ihm wieder Söhne, den Isachar, das heißt »zur Belohnung geboren«, den Zabulon, das heißt »Pfand des Wohlwollens«, und eine Toch-
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ter Dina. Später gebar auch Rachel noch einen Sohn Joseph, das heißt »ZUwachs zukünftiger Sache.« 8. Wahrend dieser ganzen Zeit, zwanzig Jahre lang, weidete und besorgte Jakob dem Schwiegervater die Herden. Nach Ablauf dieser Zeit aber begehrte er, mit seinen Weibern nach der Heimat zurückkehren zu dürfen, und da sein Schwiegervater dies verweigerte, beschloss er, es heimlich zu tun. Nachdem er die Weiber um ihre Meinung gefragt, und diese die Reise gebilligt, nahm Rachel die Götzenbilder, die man von alters her verehrte, und floh mit ihrer Schwester, ihren beiderseitigen Kindern, den Dienerinnen nebst ihren Kindern und der gesamten Habe. Jakob aber trieb die Hälfte des Viehes weg, ohne dass Laban dies merkte. Die Götzenbilder aber nahm Rachel mit, obgleich Jakob sie gelehrt hatte, ihre Verehrung zu verschmähen; sie wollte nämlich, wenn ihr Vater ihnen nachsetzte und sie ergriffe, zu ihnen wenigstens ihre Zuflucht nehmen, um seine Verzeihung zu erlangen. 9. Laban, der die Flucht Jakobs und seiner Töchter erst am dritten Tage nachher erfuhr, setzte ihnen voll Zorn mit einer starken Schar nach und erreichte sie am siebenten Tage, als sie sich auf einem Hügel zur Ruhe gelegt hatten; doch enthielt er sich wegen des baldigen Anbruches der Nacht des Angriffes. Gott aber erschien ihm im Schlafe und ermahnte ihn, dem Schwiegersohn und den Töchtern versöhnlich entgegenzutreten und nicht im Zorne gegen sie hart zu verfahren; vielmehr solle er mit Jakob ein Bündnis schließen, denn er (Gott) werde mit Jakob streiten, wenn Laban sich mit ihm in Geringschätzung seiner kleinen Streitmacht in einen Kampf einlassen wolle. Auf diese Vorstellungen Gottes lud Laban am folgenden Tage den Jakob zu einer Unterredung, indem er ihm Kunde von seinem Traume gab. Und da Jakob vertrauensvoll zu ihm kam, machte er ihm Vorwürfe und schalt ihn: arm und hilfsbedürftig habe er ihn aufgenommen und ihm von seinem Überfluss reichlich gespendet. »Meine Tochter«, sagte er, »gab ich dir zur Ehe und hoffte, durch diese Verbindung deine Freundschaft mit mir zu befestigen. Du aber nahmst weder auf deine Mutter noch auf unsere Verwandtschaft, noch auf deine Weiber und Kinder Rücksicht und behandeltest mich nicht anders denn als Feind. Mein Eigentum hast du mir geraubt, meine Tochter zur Flucht aus der Heimat beschwätzt, die Heiligtümer, die meine Vorfahren und ich hoch verehrten, mitgenommen und, was der Feind dem Feinde kaum anzutun wagt, das hast du als mein Neffe, als der Gatte meiner Tochter und noch dazu als mein Gastfreund und Hausgenosse mir angetan.« Darauf entgegnete Jakob, nicht ihm allein, sondern
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auch allen anderen habe Gott die Liebe zum Vaterlande eingepflanzt, und es sei billig, dass er nach so langer Zeit sich dorthin zurückbegebe. »Was aber den VOIwurf der Beraubung betrifft«, sagte er, »so würdest du von einem anderen Richter wohl selbst wegen Ungerechtigkeit verurteilt werden. Denn du schuldest mir vielmehr Dank dafür, dass ich dein Vermögen bewahrte und vermehrte; wie willst du es also ungerecht finden, dass ich mir einen kleinen Teil davon mitnahm? Und was deine Tochter anlangt, so wisse, dass sie nicht auf bösen Rat von mir hin mich begleitet haben, sondern aus Anhänglichkeit an den Gatten, wie es Eheweibern geziemt. Sie folgen also nicht so sehr mir als ihren Kindern.« So sprach Jakob, um zu beweisen, dass er ihm kein Unrecht getan. Dann aber beschuldigte er den Laban selbst, dass er, der Bruder seiner Mutter und Vater seiner Weiber, ihn zwanzig Jahre lang durch harte Maßnahmen gequält habe. Den Betrug bei der Hochzeit, obgleich er an sich schlimm gewesen, wolle er dennoch nicht so hoch anschlagen; viel schlimmer seien die Vorgänge nach der Hochzeit, von denen man kaum glauben sollte, dass er sie einem Freunde zugemutet hätte. Laban hatte allerdings den Jakob sehr unbillig behandelt; denn da er sah, dass Gott dessen Wunsche sämtlich begünstigte, versprach er ihm bald von den weißen, bald von den schwarzen Schafen. Und als die dem Jakob zukommenden Schafe sehr an Zahl zugenommen hatten, hielt er jedes Mal nicht Wort, sondern versprach sie ihm immer wieder rur das nächste Jahr aus Neid über das Wachstum seines Vermögens. Immer tröstete er ihn mit Versprechungen, weil er hoffte, der Nachwuchs werde nicht so groß sein; war dies dennoch der Fall, so betrog er ihn. 10. Wegen der mitgenommenen Heiligtümer aber stellte Jakob ihm eine Untersuchung anheim. Als nun Laban eine solche vornehmen wollte, verbarg RacheL die davon gehört hatte, dieselben unter der Decke des Kamels, auf dem sie selbst ritt, und setzte sich darauf unter dem Vorgeben, dass sie ihre monatliche Reinigung habe. Darauf stand Laban von der weiteren Durchforschung ab, denn er glaubte, dass seine Tochter sich in diesem Zustande den Götzenbildern nicht nahen würde. Dann schwor Laban dem Jakob, er werde des vorgekommenen Unrechtes ferner nicht gedenken, und dieser hingegen, er werde seine Tochter stets liebevoll behandeln. Dieses Bündnis schlossen sie auf einem Berge, wo sie eine Säule in Gestalt eines Altars errichteten. Davon hat der Berg den Namen Galad und das Land den Namen Galadena erhalten. Alsdann hielten sie ein feierliches MahL und Laban kehrte nach Hause zurück.
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ZWANZIGSTES KAPITEL Jakobs und Esaus Zusammentreffen.
1. Auf seinem Marsche nach Chananaea hatte Jakob Erscheinungen, die ihm für die Zukunft gute Hoffnung einflößten; den Ort der Erscheinungen aber nannte er deshalb »Lager Gottes«. Und da er erst die Gesinnung seines Bruders kennen lernen wollte, sandte er Kundschafter voraus, denn er fürchtete ihn wegen des früheren Argwohnes. Diese beauftragte er, Folgendes dem Esau zu sagen: Jakob habe aus freien Stücken die Heimat verlassen, um mit dem erzürnten Bruder nicht zusammenwohnen zu müssen; und nun, da er glaube, nach so langer Zeit werde sich eine Versöhnung bewerkstelligen lassen, mit Weib und Kind und mit einem durch fleiß erworbenen Vermögen auf dem Heimweg begriffen, wolle er sich mit all seinen Kostbarkeiten ihm ergeben. Denn er halte es für sein höchstes Glück, mit dem Bruder teilen zu können, was Gott ihm beschert habe. Esau war hierüber erfreut und eilte dem Bruder mit vierhundert Bewaffneten entgegen. Als Jakob aber vernahm, dass er mit so vielen Bewaffneten ihm entgegenkomme, erschrak er sehr; doch setzte er seine Hoffnung auf Gott und traf Vorkehrungen für seine und der Seinen Sicherheit, wenn jene feindliche Absichten haben sollten. Zu diesem Zweck teilte er die Seinigen und ließ die einen voranziehen und die anderen nachfolgen, damit die vordersten, wenn sie durch Esaus Angriff bedrängt würden, sich auf die Nachhut zurückziehen konnten. Nachdem er seine Leute so geordnet hatte, sandte er einige mit Geschenken zu seinem Bruder. Diese bestanden in Rindvieh und allerlei Vierfüßern, die dem Empfanger wegen ihrer Seltenheit von großem Wert waren. Die Abgesandten hieß Jakob in Abständen marschieren, damit sie ununterbrochen ankämen und so eine große Zahl vortäuschten. Da es nun wahrscheinlich war, dass die Geschenke den Zorn Esaus besänftigen würden, wenn er überhaupt noch zürne, befahl er den Abgesandten, ihn recht freundlich anzureden. 2. Nachdem unter diesen Anordnungen der Tag verstrichen, setzte sich gegen die Nacht hin der Zug in Bewegung. Als aber die Leute den Gießbach Jabakchus überschritten hatten, blieb Jakob etwas zurück und stieß auf ein Gesicht, gegen welches er ankämpfte und Sieger blieb. Dieses redete ihn darauf an und ermahnte ihn, er solle nicht glauben, gegen etwas Kleines gekämpft zu haben, sondern er habe einen Engel Gottes besiegt. Das sei
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ihm ein Vorzeichen großen Glückes, und sein Geschlecht werde nicht erlöschen, noch ein Sterblicher es überwinden. Auch befahl ihm der Engel er solle sich von jetzt an Israel nennen, das heißt in hebräischer Sprache »Bekämpfer des Engels Gottes.« Und er verkündete ihm dies auf sein Verlangen; denn als Jakob merkte, dass ein Engel Gottes ihm erschienen sei, bat er ihn, ihm sein zukünftiges Geschick zu enthüllen. Dann verschwand die Erscheinung. Jakob aber freute sich über das Gehörte und nannte den Ort Phanuel, das heißt »Gottes Angesicht.« Weil er aber beim Ringen einen Schmerz in seiner Hüftsehne empfunden hatte, enthielt er sich von da an der Verspeisung dieses Körperteiles, und auch uns ist seinetwegen nicht erlaubt, davon zu genießen. 3. Als nun Jakob erkannte, dass sein Bruder in der Nähe sei, hieß er die Weiber zur Seite treten und mit ihrem Gefolge von ferne dem Kampf der Männer zuschauen, wenn Esau denselben beginnen sollte. Er selbst aber flehte den nichts Böses denkenden Bruder, als er ihm nahe kam, um Gnade an. Dieser begrüßte ihn und fragte ihn nach seinen Weibern und Kindern, und da er alles vernommen, wollte er sie selbst zum Vater führen. Jakob aber schützte Ermüdung seines Viehes vor; deshalb kehrte Esau zurück nach Salr, wo er wohnte. Dieser Ort wurde »Zottig« genannt von der rauen Behaarung Esaus.
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1. Jakob kam darauf nach Skenae, wie der Ort noch heute heißt, und von
da nach Sikim* im Lande der Chananäer. Und da die Sikimiten diesen Tag festlich begingen, ging Dina, Jakobs einzige Tochter, zur Stadt, um sich den Schmuck der Frauen dieser Gegend anzusehen. Da erblickte sie Sychem, des Königs Emmor Sohn, raubte und schändete sie, und von Liebe zu ihr ergriffen, bat er seinen Vater, ihm das Mädchen zur Ehe zu geben. Dieser willfahrte ihm, ging zu Jakob und ersuchte ihn, seinem Sohne Sychem die Dina zur rechtmäßigen Ehe zu geben. Jakob aber, der weder nein sagen wollte wegen der hohen Wurde des Antragstellers, noch auch seine Tochter einem Fremdling vermählen mochte, erbat sich Bedenkzeit, und der König * Sichern.
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entfernte sich in der Hoffnung, Jakob werde in die Vermählung einwilligen. Alsdann teilte Jakob seinen Söhnen die ihrer Schwester widerfahrene Beleidigung und den Antrag Emmors mit und hieß sie überlegen, was zu tun sei. Die meisten von ihnen schwiegen, ungewiss über das, was man unternehmen solle. Simeon und Levis aber, die rechten Brüder des Mädchens, einigten sich über folgendes Vorgehen. Als die Sikimiten ein Fest feierten und sich beim Mahle vergnügten, überfielen sie zuerst die Wachter und machten dieselben im Schlafe nieder; dann drangen sie in die Stadt, töteten alle Männer, auch den König und seinen Sohn, und verschonten nur die Weiber. Und als sie dies, ohne Vorwissen ihres Vaters, vollführt hatten, brachten sie ihre Schwester wieder zurück. 2. Jakob war erschüttert über dies Beginnen und zürnte deshalb seinen Söhnen. Gott aber erschien ihm, hieß ihn wohlgemut sein und nach Reinigung der Zelte ihm diejenigen Opfer darbringen, die er ihm auf der Reise nach Mesopotamien nach der Traumerscheinung gelobt hatte. Als er nun die Seinen durch ein Sühnopfer gereinigt, stieß er auf die Götzenbilder Labans, ,die Rachelohne sein Vorwissen mitgenommen hatte, und er vergrub sie bei Sikim unter einer Eiche. Dann zog er von da weg und opferte bei Bethel wo er die Traumerscheinung gesehen hatte, als er nach Mesopotamien reiste. 3. Als er auch von hier fort- und nach Ephratana gezogen war, starb ihm die Rachel infolge einer Geburt, und er bestattete sie. Thr allein von seinen Verwandten wurde die Ehre der Beisetzung in Chebron nicht zuteil. Jakob trauerte sehr um sie und nannte den Sohn, den sie geboren, Benjamin, weil die Mutter durch ihn so gelitten hatte. Jakob hatte also im ganz~n zwölf Söhne und eine Tochter. Von den Söhnen waren acht rechtmäßige, sechs von der Lia und zwei von der Rachel; vier stammten von den Mägden, von jeder zwei. illre Namen habe ich bereits oben erwähnt.
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ZWEIUNDZWANZIGSTES KAPITEL Isaks Tod und seine Bestattung in Chebron.
Von da kam Jakob nach Chebron in Chananaea, wo Isak wohnte. Hier lebten sie nicht lange zusammen (Rebekka hatte Jakob schon nicht mehr lebend angetroffen), denn Isak starb bald darauf und wurde von seinen Söhnen in Chebron beigesetzt, wo auch die Grabstätten seiner Vorfahren
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sich befanden. Isak war ein Liebling Gottes, der ihn nach Abrams Tode seiner besonderen Fürsorge gewürdigt hatte. Er erreichte ein hohes Alter, denn er starb, nachdem er hundertfünfundachtzig Jahre, reich an Thgend, gelebt hatte.
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D'ESES 13UCH umFRSST E'NEN ZE1TRRum VON Z.ZD JRHREN
ERSTES KAPITEL Wie Isaks Söhne, Esau und Jakob das Land, wo sie wohnten, teilten und wie Esau Idumäa, Jakob aber Chananaea erhielt.
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1. Nach Isaks Tode hielten seine Söhne das überkommene Land nicht zusammen, sondern teilten es unter sich. Esau überließ die Stadt Chebron seinem Bruder und wohnte in Sm. Er beherrschte Idumäa, welches von ihm den Namen hat. Denn er führte den Beinamen Edom, den er aus folgender Ursache erhalten hatte. In seiner Jugend kam er einst erschöpft und hungrig von der Jagd nach Hause und. traf seinen Bruder, wie er sich ein Linsengericht bereitete, das. von roter Farbe war. Voll Verlangen nach dieser Speise fragte er ihn, ob er ihm davon mitgeben wolle. Jakob betrog nun seinen Bruder, indem er sich dessen Hunger zu Nutzen machte, und beredete ihn, ihm für das Linsengericht das Recht der Erstgeburt zu überlassen. Esau, von Hunger gedrängt, ging darauf ein und bekräftigte es mit einem Eide. Wegen der roten Farbe jener Speise nun wurde er von seinen Altersgenossen zum Spotte Edom genannt, das heißt im Hebräischen »rot.« Deshalb heißt denn auch jene Gegend so; die Griechen aber nennen sie mit dem besser klingenden Namen Idumäa. 2. Esau zeugte funf Söhne, nämlich Jaus, Jeglom und Kore mit seinem Weibe Olibama, Eliphaz mit der Ada, und Raguel mit der Basemmatha. Eliphaz hatte fünf rechtmäßige Söhne: Theman, Oman, Sophar, Gotam und Kenez, sowie einen unehelichen, Amalek, mit seinem Kebsweibe Thamnaa. Diese bewohnten Idumäa, auch Gobolitia genannt, und Amalekitis, das von Amalek den Namen hat. Idumäa aber erstreckte sich einst weithin, und es wurde das ganze Land mit diesem Namen bezeichnet, während später die einzelnen Teile die ihnen von ihren ersten Bewohnern beigelegten Namen behielten.
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Auslassungen im Text. ** Anders Niese.
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ZWEITES KAPITEL Wie Jakobs Sohn Joseph wegen der 'Ifäume, die ihm sein zukünftiges Glück verkündeten, von seinen Brüdern beneidet wurde.
1. Jakob aber erlangte ein so großes Glück wie kaum ein anderer Mensch. Denn er übertraf einerseits die Bewohner jenes Landes durch seinen Reichtum, andererseits war er aber auch geachtet und berühmt wegen der Tugenden seiner Kinder, die zu Handarbeiten geschickt, im Ertragen von Strapazen geübt und mit scharfem Verstande begabt waren. Zudem trug der Himmel selbst so große Sorge um sein Wohlergehen, dass sogar aus Widerwärtigkeiten ihm reiches Glück erblühte. Auch war es ihm und seinen Söhnen beschieden, unseren Vorfahren den Weg zum Auszuge aus Ägypten zu bahnen, und zwar aus folgender Veranlassung. Jakob liebte den Joseph, den ihm die Rachel geboren, sowohl seiner körperlichen Schönheit als auch seiner geistigen Fähigkeiten wegen (er war allen seinen Brüdern an Klugheit überlegen) mehr als die anderen Kinder. Diese Zuneigung seines Vaters aber häufte auf Joseph den Hass und Neid seiner Brüder, und es wuchs derselbe noch mehr durch seine Glück verheißenden Träume, die er dem Vater und den Brüdern mitteilte. Es liegt ja in der menschlichen Natur, auf das Glück selbst der nächsten Verwandten eifersüchtig zu sein. Die Erscheinungen aber, die Joseph im Schlafe hatte, waren folgende. 2. Als er einmal mit seinen Brüdern vom Vater zur Erntezeit zum Einsammein von Getreide hinausgeschickt worden war, sah er eine Erscheinung, die weit abwich von dem, was man gewöhnlich zu träumen pflegt. Beim Erwachen nun erzählte er den Traum seinen Brüdern, damit sie ihn erklären möchten. Es habe ihm in der vergangenen Nacht geschienen, als ob seine eigene Weizengarbe an dem Ort, wohin er sie gestellt, unbeweglich feststehe, ihre Garben aber zu der seinigen hinkämen und dieselbe verehrten, wie Diener ihren Herrn zu verehren pflegten. Jene aber erkannten, dass der Traum ihm Glück und Macht verkünde, und dass sie ihm untertan sein würden. Doch sagten sie es dem Joseph nicht und taten, als wenn ihnen die Auslegung des Traumes unbekannt sei. Im Stillen aber hofften sie, dass ihre Befürchtung sich nicht erfüllen möchte, während ihr Hass nur noch umso größer und nachhaltiger wurde. 3. Darauf sandte Gott, dem ihr Neid zuwider war, dem Joseph einen anderen, noch wunderbareren Traum. Es schien ihm nämlich, als ob die Son-
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ne mit dem Monde und den übrigen Gestirnen auf die Erde herabstiege und ihn anbete. Diesen Traum erzählte er dem Vater in Gegenwart seiner Brüder, ohne etwas Böses zu ahnen, und bat ihn, ihm denselben auszulegen. Jakob aber freute sich über den Traum, da er in ihm eine Vorherverkündigung der Zukunft seines Sohnes erkannte, und frohlockte über die ihm in Aussicht gestellte Macht. Dann erklärte er den Glück verheißenden Traum dahin, dass nach Gottes Fügung eine Zeit kommen werde, da Joseph bei seinen Eltern und Brüdern in höchster Verehrung stehen werde. Der Mond und die Sonne bedeuteten Vater und Mutter, weil der Mond allem Erschaffenen Wachstum und Nahrung, die Sonne aber Gestalt und Kraft verleihe. Die Sterne bedeuteten seine Bruder, weil auch sie wie die Sterne elf an der Zahl seien und von den Eltern, wie die Sterne von Sonne und Mond, ihre Kraft erhielten. 4. So deutete Jakob den Traum nicht ohne feinen Witz, die Brüder aber waren über ihn nichts weniger als erfreut. Und sie wurden sehr gereizt gegen Joseph, gleich als sei es ein Fremdling, dem das im Traume verkündete Glück erblühen werde, und nicht ihr eigener Bruder, mit dem sie doch wahrscheinlich all das Gute zusammen genießen würden, wie sie auch von gleicher Abkunft mit ihm waren. Deshalb beschlossen sie, ihn zu töten. Und als sie diesen Entschluss gefasst hatten, geschah es, dass sie nach beendigter Ernte nach Sikim zogen, wo es fette und bequeme Weideplätze gibt, und hier ihre Herden hüteten, ohne dass sie dem Vater davon Mitteilung gemacht hätten. Da nun der Vater keine Kenntnis von ihrem Verbleib hatte, und auch keiner von den Hirten zu ihm kam, der ihm etwas Sicheres von ihnen hätte melden können, wurde er sehr betrübt und sandte bekümmerten Herzens den Joseph zu den Herden, damit er sich nach seinen Brüdern erkundige und ihm Nachricht über sie bringe.
DRITTES KAPITEL Wie Joseph aus Hass von seinen Brüdern nach Ägypten verkauft wurde. 20
1. Die Brüder freuten sich, als sie den Joseph kommen sahen, jedoch nicht wie über die Ankunft eines nahen Verwandten und Boten ihres Vaters, sondern wie über die eines Feindes, den Gott in ihre Gewalt gegeben. Um nun die günstige Gelegenheit nicht entschlüpfen zu lassen, schickten sie
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sich sogleich an, ihn umzubringen. Als aber Rubel, der älteste von ihnen, sah, was sie tun wollten und dass sie eines Sinnes waren, versuchte er ihren Frevelmut zu zügeln, indem er ihnen zeigte, welch gewagtes und schändliches Beginnen sie vorhätten. Denn wenn es vor Gott und den Menschen schon ein Gräuel sei, einen fremden Menschen zu töten, um wie viel frevelhafter sei es dann, die Schuld des Brudermordes auf sich laden zu wollen, zumal das Unglück rückwirkend auch den Vater treffen und die Mutter in trostlose Verlassenheit stürzen würde. Sie sollten sich daher hüten, eine so unnatürliche Tat zu begehen, und von ihrem verwegenen Unternehmen abstehen. Sie möchten doch bedenken, was sie selbst leiden würden, wenn ihnen ihr bester Sohn entrissen werden sollte. Auch sollten sie Gott fürchten, der ihren Anschlag gegen das Leben des Bruders durchschaue. Wenn sie von der Tat Abstand nähmen, werde Gott sie um ihrer Reue und Sinnesänderung willen lieben. Beständen sie hingegen auf der Ausführung ihres Vorhabens, so werde er sie gewiss mit den erdenklichsten Strafen belegen, weil sie seine allgegenwärtige Vorsehung beleidigt, vor der nichts verborgen bleibe, möge es nun in der Einsamkeit oder im Gewühl der Städte geschehen. Denn wo immer der Mensch sei, da sei auch Gott gegenwärtig. Auch würde, wenn sie die Tat wagten, ihr eigenes Gewissen sie verfolgen; diesem aber könne niemand entfliehen, sei es gut oder böse wie das ihrige, wenn sie den Brudermord begingen. Überdem fügte er noch hinzu, wie unrecht es sei, selbst einen nichtswürdigen Bruder zu töten, und dass man auch an Freunden sich nicht räche, wenn man sich von ihnen beleidigt glaube. Sie aber wollten den Joseph umbringen, obgleich er ihnen nicht das geringste Böse zugefügt habe und sein zartes Alter vielmehr ihr Mitleid, ihre Fürsorge und ihren Schutz verlange. Vermehrt werde übrigens die Schlechtigkeit der Tat noch durch den Beweggrund, der sie dazu treibe, und das sei nur der Neid über das zukünftige Glück Josephs, das sie doch mitgenießen würden, da sie in engster Gemeinschaft mit ihm lebten. Denn sie müssten bedenken, dass das, was Gott dem Joseph beschere, auch ihnen zugute kommen werde. Der Zorn des Himmels werde also schwer auf ihnen lasten, wenn sie den töteten, den Gott eines solchen Glückes gewürdigt habe. Auch beraubten sie Gott selbst dessen, den er mit Glücksgütern überhäufen wolle. 2. Durch diese und andere Vorhaltungen und Bitten versuchte Rubel sie vom Brudermorde abzuschrecken. Da er aber sah, dass sie um nichts versöhnlicher geworden waren, vielmehr es mit dem Morde eilig zu haben schienen, suchte er sie wenigstens zu einer milderen Todesart zu bestimmen. Denn da sie seiner flehentlichen Bitte, die Tötung zu unterlassen, nicht
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nachkämen, vielmehr darauf beständen, ihn aus dem Wege zu räumen, so würden sie wenigstens eine leichtere Sünde begehen, wenn sie seinem Rate folgten. Thren Zweck würden sie ja so auch erreichen, aber auf eine andere, weniger gehässige Weise. Er beschwor sie nämlich, nicht selbst Hand an ihren Bruder zu legen, sondern ihn in die nächste Zisterne zu werfen und dort sterben zu lassen; so würden sie den Vorteil haben, ihre Hände nicht zu beflecken. Als sie hierzu ihre Zustimmung gaben, führte Rubel den Knaben weg, band ihn an ein Seil und ließ ihn langsam in eine Zisterne hinab, die hinreichend trocken war. Dann entfernte er sich und suchte sich einen passenden Weideplatz. 3. Judas aber, auch einer von Jakobs Söhnen, erblickte arabische .Kaufleute vom Stamme Ismaels, welche Gewürze und syrische Waren aus Galad nach Ägypten brachten. Nach Rubels Weggang nun riet er seinen Brüdern, den Joseph aus der Zisterne zu ziehen und ihn den Arabern zu verkaufen. Wenn ihn dann auch weit weg bei Fremden der Tod ereilen sollte, so würden sie sich wenigstens von der Schuld des Mordes freihalten. Dieser Vorschlag gefiel ihnen, und sie zogen daher den Joseph aus der Zisterne heraus und verkauften ihn um zwanzig Minen* den Kaufleuten; er war damals 17 Jahre alt. Rubel aber kam in der Nacht zur Zisterne, da er den Joseph ohne Vorwissen der Brüder retten wollte. Als er nun auf sein Rufen keine Antwort erhiel~ vermutete er, die Brüder hätten ihn nach seinem Weggange getötet, . und machte ihnen deshalb Vorwürfe. Diese aber erzählten ihm den wahren Hergang, worauf er zu trauern aufhörte. 4. Sobald nun die Brüder solches gegen Joseph bewerkstelligt hatten, überlegten sie, was zu tun sei, um den Verdacht des Vaters abzulenken. Und sie kamen darauf, das Unterkleid, welches Joseph getragen, als er zu ihnen kam, und das sie ihm ausgezogen, als sie ihn in die Zisterne hinabließen, mit Bocksblut zu bespritzen, es dem Vater zu bringen und ihm zu zeigen, damit er glaube, sein Sohn sei von wilden Tieren zerrissen worden. Also taten sie auch, begaben sich zu dem alten Vater, dem schon etwas über seinen Sohn zu Ohren gekommen war, und sagten ihm, sie hätten den Joseph nicht gesehen, wüssten auch nicht, was ihm zugestoßen sei. Doch hätten sie dieses blutbefleckte und zerfetzte Kleid gefunden, woraus sie geschlossen hätten, er sei von wilden Tieren angefallen worden und habe so den Tod gefunden, wenn dies das Kleid sei, in welchem er von Hause sich entfernt habe. Jakob aber, der noch leise gehofft hatte, der Knabe sei vielleicht ir* 1 Mine (Mna), griechische Silbermünze, = 100 attische Drachmen = 40,19 Euro.
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gendwohin gefangen weggeführt worden, gab nun diesen Gedanken auf, hielt das Kleid für ein sicheres Zeichen seines Todes (denn er erkannte, dass es dasselbe sei, in welchem er den Joseph zu seinen Brüdern geschickt hatte) und betrauerte ihn, als wenn er wirklich umgekommen sei. Und er stellte sich so an, als ob er sein einziger Sohn gewesen sei, und wollte von dem Troste der anderen Söhne nichts wissen. Denn er war überzeugt, dass Joseph, noch ehe er mit seinen Brüdern gesprochen hatte, von wilden Tieren zerrissen worden sei. So saß er da, mit einem Sacke bekleidet und von Schmerz gebeugt, verschmähte den Trost seiner Söhne und ließ selbst aus Erschöpfung von der Trauer nicht ab.
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VIERTES KAPITEL Josephs ausgezeichnete Selbstbeherrschung.
1. Den Joseph kaufte von den Händlern ein Ägypter Petephres*, der Küchenmeister des Königs Pharao, und hielt ihn hoch in Ehren. Denn er ließ ihn in den freien Künsten unterrichten, gab ihm bessere Nahrung, als bei Dienern üblich war, und machte ihn zum Vorsteher seines Hauses. Joseph nahm das alles an, ohne von seiner gewohnten 'fugend abzuweichen; vielmehr bewies er, dass Klugheit die größten Schwierigkeiten des Lebens überwinden könne, wofern sie nur rein und unbefleckt und nicht bloß den augenblicklichen günstigen Verhältnissen angepasst sei. 2. Es war nämlich seines Herrn Weib wegen seiner Schönheit und Geschicklichkeit von Liebe zu ihm entbrannt, und sie glaubte, sie werde, wenn sie ihm dies mitteile, ihn leicht zu sündigem Umgang verlocken können, ja er werde es als ein Glück betrachten, dass seine Herrin solches von ihm verlange; denn sie dachte nur an seinen gegenwärtigen Stand eines Knechtes, nicht aber an seine guten Sitten, die trotz des veränderten Standes dieselben geblieben waren. Als sie aber ihr heftiges Verlangen ihm verriet und ihm den Beischlaf antrug, wies er ihr Begehren zurück und hielt es für unrecht, dass sie ihm eine Gunst gewähren wolle, welche über den, der ihn gekauft hatte und ihn in so hohen Ehren hielt, nur Schmach und Schande bringen würde. Dann ermahnte er sie, ihre Begierde zu zügeln, und nahm ihr die * Potiphar.
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Hoffnung, als ob er je ihr willfahren würde; denn so, meinte er, werde sie eher von ihrem ungestümen Verlangen abstehen. Auch habe er sich fest vorgenommen, eher das Äußerste zu erdulden, als ihr zu Willen zu sein. Denn wenn es sich auch für den Knecht nicht zieme, der Herrin sich zu widersetzen, so glaube er doch für seinen Ungehorsam gegen ihren Befehl hinreichende Entschuldigung zu haben. Da sie aber solchen Widerstand nicht erwartet hatte, wurde ihre Liebe nur noch heftiger, und weil ihre schlechte Begierde sie dazu trieb, beschloss sie, ihn ein zweites Mal zu bestürmen. 3. Als nämlich ein öffentliches Fest bevorstand, dessen Besuch auch für die Frauen Sitte war, schützte sie bei ihrem Gatten Krankheit vor, um ihr Verlangen an Joseph wieder stellen zu können, wenn Ruhe und Stille im Hause herrsche. Als sie das erreicht hatte, bestürmte sie ihn mit noch einschmeichelnderen Worten als früher: Es sei besser gewesen, wenn er früher ihrem Verlangen willfahrt und keinen Widerstand geleistet hätte, teils aus Ehrfurcht vor ihr, teils wegen der Heftigkeit ihrer Liebe, die sie, die Herrin, veranlasst habe, sich unter ihre Würde zu erniedrigen. Doch könne er durch kluges, entgegenkommendes Benehmen seine Unterlassung wieder gutmachen. Wenn er eine zweite Bitte ihrerseits erwartet habe, so tue sie das jetzt, und zwar inständiger als zuvor. Sie habe Krankheit vorgeschützt und seine Gesellschaft dem rauschenden Feste vorgezogen. Habe er aber ihren früheren Worten misstraut und ihnen deshalb nicht nachgegeben, so könne er jetzt daraus, dass sie auf ihrem früheren Verlangen bestehe, leicht entnehmen, dass sie keine böse Absicht habe. Deshalb könne er sowohl das gegenwärtige Glück, das ihm schon winke, genießen, wenn er ihr Verlangen erfülle, als auch auf noch größeres hoffen. Dagegen aber könne er sich auf ihren Hass und ihre Rache gefasst machen, wenn er ihre Bitte zurückweise und lieber seine Keuschheit bewahren, als seiner Herrin zu Willen sein wolle. Die Keuschheit werde ihm übrigens wenig nützen, denn sie brauche nur die Anklage gegen ihn vorzubringen und ihrem Manne vorzulügen, sie sei von ihm angegriffen worden, und Petephres werde doch ihren Worten mehr Glauben schenken als den seinigen, und wenn sie noch so sehr den Schein der Wahrheit an sich trügen. 4. So beschwor ihn das Weib unter 'fränen; doch ließ er sich weder aus Mitgefühl noch aus Furcht von seiner Keuschheit abbringen, sondern er widerstand ihren Bitten wie ihren Drohungen und verabscheute das Böse. Denn lieber wollte er bitteres Leid ertragen, als augenblickliches Wohlbehagen genießen und dem Weibe zuliebe etwas begehen, das ihm, dessen war er sich bewusst, von Rechts wegen den Tod zuziehen musste. Auch er-
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mahnte er sie, ihrer ehelichen Verbindung und Pflichten zu gedenken und beschwor sie, darauf mehr Rücksicht zu nehmen als auf die Befriedigung einer augenblicklichen Lust. Denn dieser würden Reue und Schmerz folgen, die die Sünde nicht ungeschehen machen könnten; zudem werde sie in beständiger Furcht vor Ertappung schweben und es als einzige Wohltat betrachten, wenn der Frevel geheim bliebe. Mit ihrem Gatten dagegen könne sie ohne Gefahr verkehren und habe dann auch noch die Zuversicht eines guten Gewissens vor Gott und den Menschen. Auch werde sie, wenn sie ihre Reinheit bewahre, eher das Recht der Herrin ihm gegenüber vertreten können, als wenn die Scham über sein Mitwissen um ihre Sünde sie darin beschränke. Denn es sei besser, den rechten Weg offen zu wandeln, als im Geheimen zu sündigen. 5. Durch diese und ähnliche Vorstellungen versuchte er die heftige Begierde des Weibes zu zügeln und sie von ihrer verkehrten Leidenschaft zu vernünftigem Nachdenken hinüberzulenken. Sie aber bestand nur umso fester auf ihrem Begehren, und da sie daran verzweifelte, ihn mit Worten sich geneigt machen zu können, legte sie Hand an ihn und versuchte ihn mit Gewalt zu zwingen. Joseph aber floh entrüstet, und indem er das Kleid, an welchem sie ihn gefasst, zurückließ, stürmte er aus ihrem Schlafgemach hinaus. Da sie aber befürchtete, er möchte ihrem Gatten von der Sache Mitteilung machen, hielt sie, schmerzlich ergriffen wegen ihrer schmachvollen Niederlage, es für geraten, den Joseph bei Petephres falsch anzuklagen und so Rache fur die ihr widerfahrene Beleidigung zu nehmen. Denn sie hielt es für klug und ihr als Frau wohl anstehend, ihm mit der Beschuldigung zuvorzukommen. Und so saß sie betrübt und verwirrt da und heuchelte Schmerz, als ob ihre Schamhaftigkeit verletzt worden sei, während sie in Wirklichkeit doch nur aufgebracht darüber war, dass ihre Begierde nicht gestillt worden war. Als nun ihr Gatte heimkehrte und sich über ihren Anblick entsetzte, fing sie auf seine Frage nach dem Grunde ihrer Betrübnis an, den Joseph zu beschuldigen und sprach: »Du verdienst zu sterben, 0 Gemahl, wenn du den nichtswürdigen Knecht, der dein Ehebett entehren wollte, nicht mit gebührender Strafe belegst. Denn uneingedenk des Zustandes, in dem er unser Haus betrat, und uneingedenk der Wohltaten, die du ihm erzeigtest, hat er, statt Dankbarkeit gegen uns zu beweisen, tückischerweise dein Ehelager zu entweihen versucht, und dazu noch an einem Festtage in schlauer Berechnung deiner Abwesenheit. Die Bescheidenheit, welche er früher zur Schau trug, legte er sich nur aus Furcht vor dir auf, und nicht etwa, weil er wirklich rechtschaffenen Gemütes war. So ist es aber
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gekommen, weil er wider Verdienst und Erwarten zu Ehren gelangt war; infolgedessen hielt er es für billig, dass er, dessen treuer Verwaltung du alle deine Güter anvertraut und den du über deine älteren Diener gesetzt hattest, sich nun auch an deiner Gattin vergreifen dürfe.« Nach diesen Worten zeigte sie ihm das Kleid, gleich als wenn er es zurückgelassen hätte, als er ihr Gewalt antun wollte. Petephres aber, der weder den '!ränen und Worten seiner Gattin noch dem Augenschein misstraute und sie überdies sehr liebte, stand von weiterer Untersuchung des Sachverhaltes ab, lobte sein Weib ob ihrer Schamhaftigkeit und ließ den Joseph, den er nun fur nichtswürdig hielt, ins Gefängnis werfen. Von seiner Gattin dagegen dachte er nur Gutes, weil er ihre Züchtigkeit und Keuschheit erprobt habe.
FÜNFTES KAPITEL Was Joseph im Gefängnisse begegnete und wie er zu hohen Ehren gelangte. 60
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l. Joseph stellte nun sein ganzes Geschick Gott anheim und verschmähte sowohl seine Verteidigung als auch eine genaue Darstellung des Sachverhaltes, viel mehr trug er schweigend seine Ketten und vertraute Gott, der die wahre Ur~ache seines Unglückes kenne und mächtiger sei als die, welche ihn ins Gefängnis geworfen. Und bald erfuhr er auch Gottes Vorsehung an sich. Denn der Kerkermeister nahm ihm mit Rücksicht auf seinen fleiß, seine Zuverlässigkeit und seine schöne Körpergestalt die Fesseln ab und machte ihm hierdurch wie auch durch die Gestattung besserer Kost sein Unglück leichter und erträglicher. Unter den Gefangenen nun, die, von gleichem Elend gebeugt, sich in den kurzen Erholungspausen nach schwerer Arbeit über die Gründe ihrer Verurteilung zu unterhalten pflegten, befand sich auch ein Mundschenk des Königs, der diesem sehr lieb gewesen, aber im Zorne von ihm ins Gefängnis geworfen worden war. Und da er mit Joseph dieselben Fesseln trug, wurde er vertrauter mit ihm und erzählte ihm ( er hatte erkannt, dass dieser die übrigen Gefangenen an Scharfsinn übertraf) einen '!raum mit der Bitte, ihm denselben zu deuten, wenn man ihm eine Bedeutung beilegen könne. Er beklagte dabei sehr, dass ihm außer dem vom Könige über ihn verhängten Elende auch noch die '!räume solche Beunruhigung brächten.
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2. Er erzählte ihm also, er habe im 'fraum drei Rebzweige gesehen, an denen große und ausgereifte Weintrauben hingen; diese habe er in einen Becher ausgepresst, den der König in der Hand hielt, dann habe er den Most durchgeseiht und ihn dem Könige zum Thnken gereicht, der ihn gnädig angenommen habe. Diesen Traum, sagte er, habe er gesehen, und er bat Joseph, ihm die Deutung desselben mitzuteilen, wenn er dazu die Einsicht besitze. Joseph aber hieß ihn gutes Mutes sein, denn in drei Tagen könne er seine Befreiung aus dem Kerker erwarten, und der König werde seine Dienste wieder begehren und ihn dazu wieder berufen. Die Frucht des Weinstockes nämlich sei durch Gottes Freigebigkeit den Menschen zu ihrem Nutzen gegeben worden, da sie ihm selbst geopfert werde und da sie Freundschaft und Vertrauen unter den Menschen vermittele, Feindschaft löse, Verwirrung und 'frauer zerstreue und großes Vergnügen bereite. »Du sagst nun, du habest mit deinen Händen aus drei Weintrauben den Saft gepresst, und der König habe ihn angenommen. So wisse also, dass du einen guten 'fraum gehabt hast, der dir zeigt, dass du in so viel Tagen, als es Weintrauben waren, aus denen du Wein gepresst im 'fraume, aus deinem Elend wirst erlöst werden. Wenn du nun die Wahrheit dieser Deutung erprobt haben wirst, so erinnere dich meiner, der dir dieses Glück verkündet hat, und siehe nicht auf uns, die du hier im Kerker zurücklässt, verächtlich herab, wenn du die Freiheit wiedererlangt hast und das Glück findest, das ich dir vorhergesagt habe. Denn nicht durch meine Schuld bin ich in Banden geworfen worden, sondem wegen meiner Tugend und Sittsamkeit erleide ich die Strafe von Verbrechern, da ich dem, der mich hierher gebracht hat, nicht aus schnöder Lust Schande antun wollte.« Über eine solche 'fraumdeutung freute sich natürlich der Mundschenk und harrte nun des Erfolges. 3. Noch ein anderer Diener des Königs, der oberste der Bäcker nämlich, war zugleich 'mit dem. Mundschenk eingekerkert worden. Da nun auch er einen Traum gehabt und die günstige Auslegung vernommen hatte, die Joseph dem 'frau me des Mundschenken gab, fragte er ihn hoffnungsvoll, was . sein eigener 'fraum bedeute, den er in der verflossenen Nacht gehabt. Dieser aber war folgender: »Es schien mir«, sagte er, »ich trüge auf meinem Kopfe drei Körbe, davon zwei mit Broten gefüllt; der dritte aber mit Zukost und anderen Esswaren, wie sie dem Könige bereitet werden. Da kamen Vogel angeflogen und verschlangen alles, und obwohl ich sie zu vertreiben suchte, konnte ich sie nicht abschrecken.« Und der Bäcker erwartete eine ähnlich günstige Auslegung, wie sie dem Mundschenk zuteil geworden. Joseph aber dachte über den 'fraum eifrig nach und verkündete ihm dann, er
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möchte ihm gern eine freudigere Deutung geben, als in dem TI-aume versteckt liege. Er habe nämlich nur noch zwei Tage zu leben (denn das bedeuteten die Körbe), am dritten aber werde er gekreuzigt und eine Speise der Vogel werden, und er werde nichts dagegen vermögen. Und beiden geschah, wie Joseph vorhergesagt hatte. Denn als an dem erwähnten Tage der König seinen Geburtstag feierte, ließ er den obersten der Bäcker kreuzigen, den Mundschenk aber entließ er aus dem Kerker und setzte ihn in sein früheres Amt ein. 4. Als nun Joseph zwei Jahre im Gefängnis zugebracht und von dem Mundschenk trotz der günstigen Prophezeiung keine Hilfe erlangt hatte, erlöste Gott selbst ihn aus seinen Banden auf folgende Weise. Pharao hatte in einer Nacht zwei Träume und zu jedem eine besondere Deutung erhalten; die Deutung hatte er vergessen, während er sich der TI-äume noch entsann. Da er nun über die TI-äume bekümmert war (sie schienen ihm nämlich TI-auriges zu verkünden), berief er frühmorgens die weisesten der Ägypter und verlangte von ihnen die Auslegung der Träume. Und als diese in ihren Meinungen schwankten, wurde der König umso mehr beunruhigt. Der Mundschenk aber erinnerte sich, da er den König wegen der TI-äume in Unruhe sah, des Joseph und seiner Geschicklichkeit im TI-aumdeuten. Er ging also zum König und erzählte ihm von Joseph, von dem TI-aum, den er ihm gedeutet, dass der Ausgang genau der Deutung entsprochen habe und dass an demselben Tage der oberste der Bäcker gekreuzigt worden sei, ebenfalls genau nach Josephs Deutung. Der Letztere sei von dem Küchenmeister Petephres gefangen gesetzt worden, dessen Knecht er gewesen sei. Er sei ein Hebräer und von angesehenem Geschlecht. Diesen möge der König zu sich bescheiden, wenn anders er nicht wegen seiner gegenwärtigen üblen Lage darauf verzichten wolle, und er werde dann von ihm erfahren, was die TI-äume bedeuteten. Da befahl der König, dass Joseph ihm vorgeführt werde; und diejenigen, denen dies oblag, kleideten und schmückten ihn nach des Königs Befehl und führten ihn demselben vor. 5. Der König aber nahm ihn bei der Hand und sprach: »0 Jüngling, mein Diener hat mir Beweise von deiner Thgend und Einsicht gegeben; also gewähre auch mir die Gefälligkeit, die du ihm erwiesen hast, und verkünde mir die Deutung der TI-äume, die ich gehabt. Doch will ich, dass du nichts verschweigst, auch darfst du mir nicht mit schmeichlerischer, auf Gunst und Wohlgefallen gerichteter Rede dienen, wenn auch das Antlitz der Wahrheit etwas erschrecklicher sein sollte. Also es träumte mir, ich wandelte längs eines Flusses dahin und sähe sieben wohlgenährte und durch Größe ausge-
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zeichnete Kühe aus dem Flusse kommen und auf einen Sumpf zugehen, sowie sieben andere sehr magere und hässliche Kühe aus dem Sumpfe steigen und jenen entgegengehen. Die mageren Kühe aber verschlangen die sieben fetten und großen Kühe, ohne dass sie dadurch zQnahmen; vielmehr blieben sie elend und ausgehungert. Nach diesem Traume wachte ich beunruhigt auf und überlegte, was das Bild wohl bedeuten könne. Darüber schlief ich wieder ein und hatte nun einen zweiten noch wunderbareren Traum, der mich noch mehr erschreckte und verwirrte. Ich meinte nämlich sieben Ähren zu sehen, die aus einer Wurzel sprossten und voll schwerer und reifer Körner waren, daneben aber auch sieben andere, armselige, trockene und schmächtige Ähren, welche sich zu den schönen hinneigten, um sie aufzuzehren, worüber ich mich sehr erschreckte.« 6. Darauf antwortete Joseph und sprach: »Dein Traum, 0 König, ist zwar scheinbar ein doppelter, bezeichnet jedoch in Wirklichkeit einen und denselben Vorgang. Denn was die Kühe betrifft (sie sind, nebenbei bemerkt, zum Pflügen bestimmt), die von den mageren verschlungen, und die Ähren, die von den schlechteren verzehrt werden, so verkünden sie für Ägypten ebenso viele Jahre des Hungers und der Unfruchtbarkeit, als Jahre des Überflusses vorangegangen sind, und dass der Überfluss der letzteren von der Unfruchtbarkeit der folgenden verzehrt werden wird. Und es wird die Not so groß werden, dass es schwer sein wird, ihr abzuhelfen, was ich daraus schließe, dass die mageren Kühe, nachdem sie die fetten verschlungen, doch nicht satt werden konnten. Gott sagt aber sicherlich den Menschen die Zukunft voraus, nicht um sie zu erschrecken oder zu betrüben, sondern damit sie in kluger Vorsicht sich Erleichterung verschaffen können, wenn die vorher verkündeten Ereignisse eintreten. Wenn du daher den Ertrag der vorhergehenden Jahre aufspeicherst und weise verteilst, so werden die Ägypter die nachfolgende Hungersnot nicht merken.« 7. Der König aber bewunderte Josephs Weisheit und Klugheit, und er fragte ihn, wie denn zur Zeit des Überflusses für die Zukunft gesorgt werden könne, um die Unfruchtbarkeit erträglicher zu machen. Darauf antwortete Joseph mit dem Rat, er solle mit der Ernte möglichst sparsam umgehen und den Ägyptern nicht gestatten, den Überfluss zu verschwenden, sondern ihnen befehlen, denselben für die Zeit der Not aufzubewahren. Auch ermahnte er ihn, er möge das Getreide von den Ackersleuten in Empfang nehmen, es in Scheunen bergen und jedem nur so viel verabfolgen lassen, als er zum Lebensunterhalt brauche. Pharao bewunderte den Joseph sowohl seiner Traumauslegung als des guten Rates wegen, den er gegeben,
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und betraute ihn selbst mit der Anordnung; er solle alles so machen, wie er es für das Volk der Ägypter und den König für ersprießlich halte, denn als der Urheber des guten Rates sei er auch der geeignetste Mann, ihn auszuführen. Joseph erhielt also vom Könige die Befugnis, dessen Siegel zu gebrauchen und Purpur zu tragen. Im Wagen fuhr er durch ganz Ägypten, sammelte von den Landleuten das Getreide und teilte jedem nur so viel davon zu, als er zur Saat und Nahrung gebrauchte. Doch verriet er niemand den Grund, warum er so verfuhr.
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l. Joseph war damals dreißig Jahre alt und wurde vom König mit allen erdenklichen Ehren überhäuft. Wegen seiner staunenswerten Weisheit gab er ihm den Beinamen Psothomphanech, das heißt »Entdecker verborgener Dinge.« Auch ging Joseph eine sehr ehrenvolle eheliche Verbindung ein. Denn unter Vermittlung des Königs heiratete er die Aseneth, die jungfräuliche Tochter des Petephras, eines Priesters in Heliopolis. Von dieser erhielt er noch vor der Hungersnot zwei Söhne, deren ältester Manasses hieß. Dieser Name bedeutet »vergessen«, weil er sein früheres widriges Schicksal vergaß, als er in glückliche Verhältnisse kam. Der jüngere Sohn hieß Ephrai.'m, das heißt »wieder eingesetzt«, weil er in die Freiheit seiner Vorfahren wieder eingesetzt worden war. Als nun Ägypten die sieben glücklichen Jahre, wie sie Joseph in der 'fraumdeutung vorherverkündet, hinter sich hatte, brach im achten Jahre die Hungersnot herein. Und da man sich für dieselbe schlecht vorgesehen hatte, strömte alles in großer Not zum königlichen Palast. Der König ließ den Joseph kommen, der das Getreide anwies und sich in Wahrheit als Erretter des Volkes zeigte. Und nicht allein den Einwohnern dieser Gegend öffnete er sein Haus, sondern er war auch bereit, den Auswärtigen Getreide zu verkaufen. Denn er hielt es für billig, dass alle ärmeren Menschen von denen, die im Überfluss lebten, unterstützt würden, da sie ja doch alle miteinander verwandt seien. 2. Weil nun auch Chananaea sehr unter der Hungersnot litt (die Plage hatte nämlich das ganze Land ringsum ergriffen), schickte Jakob, der ver-
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nommen hatte, dass auch Auswärtige den dortigen Markt besuchen dürften, alle seine Söhne nach Ägypten, um Getreide einzukaufen. Nur den Benjamin, Josephs leiblichen Bruder, den Sohn der Rachel, behielt er bei sich. Als diese nun nach Ägypten gekommen waren, baten sie den Joseph, auch ihnen den Ankauf von Getreide zu gestatten. Denn nichts geschah ohne Josephs Willen, und es nutzte nichts, dem König Verehrung zu erweisen, wenn man sie nicht vorher dem Joseph erwiesen hatte. Dieser erkannte in ihnen seine Brüder, die aber ihrerseits an ihn nicht im entferntesten dachten; denn als er von ihnen getrennt wurde, war er noch jung, und jetzt war er schon zu einem Alter gelangt, in dem sich seine Gesichtszüge so verändert hatten, dass sie ihn nicht zu erkennen vermochten, zumal sie nicht ahnen konnten, dass er zu so hoher Würde erhoben worden sei. Und Joseph dachte sie auf die Probe zu stellen und ihre Gesinnung zu erforschen. Denn er schlug ihnen das Getreide ab und sagte, sie seien nur gekommen, um zu spionieren; aus verschiedenen Gegenden seien sie zusammengetroffen und gäben nun vor, Verwandte zu sein. Es sei nicht denkbar, dass ein Privatmann so viele und so wohlgestaltete Söhne erziehen könne, da Königen kaum ein solches Glück zuteil werde. So sprach er aber nur, um etwas Sicheres über seinen Vater zu erfahren, wie es ihm gehe und was er erlebt habe, seit er (Joseph) von ihm weggegangen war; auch hätte er gern gehört, wie es mit Benjamin stehe, denn er fürchtete, sie hätten auch diesen Bruder, ebenso wie ihn selbst, aus dem Wege geräumt. 3. Die Brüder wurden hierdurch beunruhigt und erschreckt, denn sie sahen sich von großer Gefahr bedroht und dachten nicht im Geringsten an ihren Bruder. Sowie sie sich aber etwas gefasst hatten, ergriff Rubel als der älteste das Wort und entgegnete also: »Wir sind weder hierher gekommen, um jemand unrecht zu tun, noch um dem Könige Schaden zuzufügen, sondern nur um Hilfe für unser eigenes Leid zu erlangen, und wir hoffen bei eurer Menschenfreundlichkeit Zuflucht zu finden in der Not, die über unser Vaterland hereingebrochen ist. Denn wir haben vernommen, dass ihr nicht bloß euren eigenen Leuten, sondern auch Auswärtigen Getreide verkauft, und dass ihr allen helfen wollt, die der Hilfe bedürfen. Dass wir aber Brüder sind und Blutsverwandte, geht schon daraus hervor, dass wir an Gestalt einander in hohem Grade ähnlich sind. Unser Vater ist Jakob, ein Hebräer, dem wir zu zwölf Söhnen von vier Frauen geboren wurden. Solange wir nun alle noch am Leben waren, waren wir glücklich; seitdem aber unser Bruder Joseph umgekommen ist, hat sich unsere Lage mehr und mehr verschlimmert. Denn der Vater trauert beständig um ihn, und auch wir beklagen das Un-
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glück seines Todes und das Leid des alten Vaters gar sehr. Und nun kommen wir hierher, um Lebensmittel zu kaufen, und haben unseren jüngsten Bruder Benjamin zur Pflege des Vaters und zur Verwaltung des Hauswesens daheim gelassen. Um die Wahrheit unserer Worte zu erproben, kannst du Boten in unsere Heimat schicken und dich erkundigen lassen.« 4. Mit diesen Worten versuchte Rubel dem Joseph eine günstigere Meinung von ihnen beizubringen. Joseph aber ließ, da er gehört, dass Jakob noch am Leben und Benjamin nicht umgekommen sei, seine Brüder in Gewahrsa~ bringen, als wolle er sie bei Gelegenheit einem Verhör unterziehen. Am dritten Tage jedoch ließ er sie vor sich führen und sprach zu ihnen. »Da ihr behauptet, ihr wäret nicht gekommen, um dem König zu schaden, und ihr wäret Brüder und stammtet von dem Vater ab, den ihr genannt, so könnt ihr mir die Wahrheit dieser Behauptung dadurch beweisen, dass ihr einen von euch bei mir zurücklasst, dem kein Leid widerfahren soll; ihr anderen aber bringt das Getreide eurem Vater und kehrt dann hierher zurück mit dem Bruder, den ihr eurer Angabe gemäß zu Hause gelassen habt. Daran werde ich erkennen, ob ihr mich nicht belogen habt.« Darüber gerieten sie in ein noch schlimmeres Leid; sie vergossen Tränen und beklagten heftig Josephs Schicksal, als ob ihnen wegen des an ihm begangenen Unrechtes diese Drangsal von Gott als Strafe geschickt worden sei. Rubel aber hielt ihnen eindringlich vor, dass ihre Reue dem Joseph doch nichts mehr nützen könne, und er beschwor sie, alle Leiden starkmütig zu ertragen, da sie von Gott als Strafe für das an ihrem Bruder verübte Unrecht ihnen geschickt seien. Also sprachen sie zueinander in dem Glauben, Joseph verstehe ihre Sprache nicht. Auf Rubels Vorstellungen hin aber ergriff sie Trauer und Reue, weil sie eine Tat verübt, fur die Gott sie gerechterweise büßen lasse. Da nun Joseph sie in solcher Not sah, weinte er sehr; weil er aber nicht wollte, dass sie dies sähen, entfernte er sich eine kleine Weile von ihnen. Dann kam er zurü~k, hielt den Simeon als Bürgen für die Wiederkehr seiner Brüder fest und hieß die anderen nach Hause ziehen, sobald sie Getreide auf dem Markt eingekauft hätten. Einem Knechte aber befahl er, er solle das Geld, das sie zum Ankauf des Getreides mitgebracht hatten, heimlich wieder in ihre Säcke legen, und dieser vollzog den Befehl. 5. Als Jakobs Söhne nun nach Chananaea gelangten, erzählten sie dem Vater, was sich in Ägypten mit ihnen zugetragen habe. Sie seien fur Spione gehalten worden und ihrer Angabe, sie seien Brüder und hätten den elften beim Vater zurückgelassen, sei kein Glaube beigemessen worden. Den Si-
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meon aber hätten sie dem Landpfleger als Bürgen stellen müsse~ bis Benjamin selbst dorthin kommen und die Wahrheit ihrer Aussagen beweisen würde. Sie baten also ihren Vater, er möge ohne Angst den Bruder ihnen mitgeben. Jakob aber war mit ihrem Beginnen unzufrieden und ärgerlich darüber, dass Simeon in Ägypten festgehalten worden war; fur Torheit erklärte er es, den Benjamin auch noch dahin bringen zu wollen. Und selbst als Rubel ihm für diesen seine beiden Söhne als Pfand bot, die er töten könne, wenn dem Benjamin auf der Reise etwas zustoße, ließ er sich nicht dazu bewegen. Bei dieser üblen Lage wurden sie ängstlich und unruhig; noch mehr aber verwirrte sie der Umstand, dass sie das Geld in ihren Säcken versteckt fanden. Als nun später der mitgebrachte Weizen verbraucht war und die Hungersnot immer drückender wurde, gab Jakob nach und entschloss sich, den Benjamin mit seinen Brüdern zu schicken, weil sie nicht nach Ägypten zurückkehren konnten, ohne ihn mitzubringen. Denn da die Hungersnot von Tag zu Tag heftiger wütete, und die Söhne ihn inständig baten, blieb ihm nichts anderes zu tun übrig. Namentlich sprach Judas, der von Natur heftig war, eindringlich mit dem Vater: Er brauche sich nicht um ihren Bruder zu quälen und zu ängstigen, denn ohne den Willen Gottes könne ihm nichts zustoßen; übrigens könne das, was ihm bestimmt sei, ihn auch zu Hause treffen. Er möge sie doch nicht dem offenbaren Untergang überantworten und ihnen nicht aus törichter Angst um seinen Sohn die notwendigen ;Lebensmittel vorenthalten, die ihnen Pharao gewähren wolle. Auch müsse er das Wohlergehen Simeons bedenken und dürfe nicht zulassen, dass dieser vielleicht umkommen werde dadurch, dass er Benjamins Reise verweigere. Er möge also seinen Sohn Gott befehlen, denn er selbst werde ihn entweder wohlbehalten wieder nach Hause bringen oder zugleich mit ihm zugrunde gehen. Hierauf gab Jakob endlich nach und überließ ihnen den Benjamin. Auch gab er ihnen den doppelten Preis fur Getreide mit sowie für Joseph Geschenke aus den Produkten Chananaeas: Balsam, Myrrhenharz, Terebinthen und Honig. Darauf vergossen sowohl der Vater als die scheidenden Söhne bittere Tränen: denn jener war in Sorge, ob er seine Söhne noch einmal wohlbehalten wieder sehen würde; die Söhne aber fürchteten, sie möchten den Vater nicht mehr wieder finden, da er vielleicht der 'frauer um ihre Abwesenheit erliegen könnte. In dieser Bekümmernis brachten sie einen ganzen Tag zu. Dann begaben sich die Söhne auf den Weg nach Ägypten und suchten ihren Schmerz mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu lindern;'der Greis aber blieb tief gebeugt zu Hause. 6. In Ägypten angekommen, wurden sie gleich zu Joseph geführt. Sie
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hatten aber nicht geringe Furcht, es möchten ihnen Vorwürfe wegen des Getreidepreises gemacht werden, gleich als hätten sie denselben betrügerischerweise wieder mitgenommen. Daher entschuldigten sie sich bei Josephs Hausverwalter mit den Worten, sie hätten das Geld zu Hause in ihren Säcken gefunden und es jetzt wieder mit zurückgebracht. Als dieser aber entgegnete, er verstehe nicht, wovon sie redeten, verschwand ihre Angst. Simeon ward nun aus dem Gefängnis entlassen und gesellte sich seinen Brüdern bei. Unterdessen kam auch Joseph vom Dienste beim König zurück, und sie überreichten ihm die Geschenke. Als er sich nun erkundigte, wie sich ihr Vater befinde, sagten sie, sie hätten ihn wohlbehalten angetroffen. Dann fragte er, da er den Benjamin erkannt hatte, ob das ihr jüngster Bruder sei. Und da sie ihm diese Frage bejahten, sprach er: Gott lenkt alles, und er fing vor Bewegung an zu weinen und entfernte sich, damit seine Brüder dies nicht merkten. Alsdann lud er sie zu Tische, und sie setzten sich in derselben Reihenfolge wie zu Hause. Joseph behandelte sie alle freundlich, den Benjamin aber ehrte er mehr als die anderen Tischgenossen und ließ ihm von den Speisen doppelt so viel geben als den Brüdern. 7. Als sie sich nun nach der Mahlzeit zum Schlafe niederlegten, befahl er dem Verwalter, er solle ihnen das Getreide zumessen und den Preis dafür wieder heimlich in die Säcke legen, in Benjamins Gepäck aber solle er seinen silbernen Becher verstecken, aus dem er zu trinken pflegte. Auf diese Weise wollte er seine Brüder erproben, ob sie ihrem Bruder beistehen würden, wenn er, wegen Diebstahls angehalten, in Gefahr schwebe, oder ob sie ihn im Stiche lassen und, als wenn die Übeltat sie selbst nichts anginge, zu ihrem Vater zurückkehren würden. Der Verwalter vollzog den Befehl, und ohne Ahnung von alledem zogen die Söhne Jakobs bei Tagesanbruch mit Simeon ab, doppelt erfreut, einmal, weil sie den Simeon wieder bei sich hatten, dann aber auch, weil sie den Benjamin wieder mit nach Hause brachten, getreu dem ihrem Vater gegebenen Versprechen. Da umringten sie auf einmal Reiter, die den Diener bei sich führten, welcher den Becher in Benjamins Gepäck getan hatte. Erschreckt ob des plötzlichen Angriffes, fragten sie nach der Ursache, warum sie so überfallen würden, da sie noch kurz zuvor von Joseph ehrenvoll seien bewirtet worden. Jene entgegneten, sie seien nichtswürdige Menschen, da sie ohne Erkenntlichkeit für die gastliche, freigebige und freundliche Aufnahme, die Joseph ihnen habe angedeihen lassen, sich nicht gescheut hätten, Unrecht zu begehen und den Becher mitzunehmen, aus dem er ihnen wohlwollend zugetrunken. Für unrechtmäßigen Gewinn hätten sie Josephs Freundschaft verscherzt und
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sich selbst in die Gefahr begeben, ertappt zu werden. Doch würden sie da- 129 fur büßen müssen; denn vor Gott könne es nicht verborgen bleiben, dass sie mit dem geraubten Gut entflohen seien, wenn es ihnen auch gelungen sei, den Knecht zu betrügen. Und nun fragten sie auch noch, weshalb die Reiter da seien, da sie doch wohl wüssten, dass sie bald ihre Strafe erhalten würden. Mit diesen und noch mehreren Worten schalt sie der Diener aus. Sie 130 aber hielten, da ihnen ein Betrug fern gelegen hatte, seine Worte für Scherz und verwunderten sich darüber, dass er so leichtfertig ihnen eine solche Handlung nachzusagen wage, da sie doch den Preis für das Getreide, den sie in ihren Säcken gefunden, nicht behalten, sondern wieder mitgebracht hätten, obgleich niemand darum gewusst habe. Sie seien also weit entfernt davon gewesen, etwas Böses zu tun. Doch wollten sie, anstatt einfach zu 131 leugnen, sich lieber einer Durchsuchung unterziehen, und sie wollten gern jede Strafe erleiden, wenn einer von ihnen des Diebstahls überführt würde. Denn da sie sich keines Verbrechens bewusst waren, hatten sie Mut und glaubten ihrer Sache ganz sicher zu sein. Die Reiter nahmen die vorgeschlagene Untersuchung an, doch sagten sie, derjenige müsse allein die Strafe erleiden, der des Diebstahls überführt würde. Darauf schritten sie zur Un- 132 tersuchung, und nachdem sie das Gepäck der anderen in Ordnung gefunden, kamen sie endlich zu dem des Benjamin, wohl wissend, dass in seinem Sacke der Becher versteckt sei. Doch wollten sie sich den Anschein geben, als ob sie mit aller Gewissenhaftigkeit zu Werke gegangen seien. Die ande- 133 ren aber waren, da sie selbst von ihrer Sorge befreit waren, nur wegen Benjamins noch etwas bekümmert. Voller Hoffnung indes, man werde auch ihm nichts nachweisen können, warfen sie ihren Verfolgern schon freimütig vor, . diese seien schuld daran, dass sie nicht bereits einen guten Teil ihrer Reise hinter sich hätten. Als aber bei der Durchsuchung des Gepäckes Benjamins 134 der Becher sich fand, fingen sie an zu jammern und zu klagen, zerrissen ihre Kleider und beweinten nicht nur ihren Bruder, weil er bald die Strafe für den Diebstahl zu erleiden hätte, sondern auch ihr eigenes Schicksal, weil sie das dem Vater bezüglich Benjamins gegebene Versprechen nun nicht halten könnten. Vermehrt wurde ihr Leid noch dadurch, dass, als sie schon allem 135 Unheil entronnen zu sein wähnten, widriges Geschick sie noch in dieses Unglück gestürzt habe. Und sie bekannten sich als Urheber nicht nur des Unglückes ihres Bruders, sondern auch der Trauer ihres Vaters, den sie wider seinen Willen veranlasst hatten, den Knaben mit ihnen zu schicken. 8. Die Reiter ergriffen darauf den Benjamin und führten ihn zu Joseph 136 zurück; die anderen Brüder aber folgte~ ihnen. Da nun Joseph den Benja-
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min gefangen genommen und die Brüder in Trauer um ihn versunken sah, sprach er zu ihnen: »Was denkt ihr, ihr Nichtswürdigen, von meiner Menschenfreundlichkeit und voll Gottes Vorsehung, da ihr solches gegen euren Wohltäter und Gastfreund verüben konntet?« Sie aber erboten sich, die Strafe für Benjamin zu erleiden, riefen sich auch ins Gedächtnis zurück, wie frevelhaft sie gegen Joseph gehandelt, und priesen ihn glücklich, dass er (wenn er gestorben sei) den Mühsalen des Lebens entrückt sei. Sei er aber noch am Leben, so erlitten sie jetzt die Strafe, die Gott ihnen für ihre Freveltat auferlegt; und sie nannten sich des Vaters Unheil und Verderben, weil sie zu seinem Leid um Joseph noch die Trauer um Benjamin hinzugefügt hätten. Besonders heftige Vorwürfe machte ihnen Rubel. Joseph aber erklärte, er wolle die anderen ziehen lassen, da sie ja nichts verbrochen hätten, und mit der Bestrafung des Knaben allein zufrieden sein. Denn es sei nicht weise gehandelt, diesen den Unschuldigen zu Gefallen freizulassen, noch sie zugleich mit dem offenkundigen Dieb zu bestrafen. Alsdann versprach er ihnen beim Abzug sicheres Geleit. Sie waren hierüber bestürzt und vor Schmerz sprachlos. Judas aber, der den Vater beschwätzt hatte, den Knaben mit ihnen ziehen zu lassen, und der überhaupt entschiedenen und tatkräftigen Charakters war, entschloss sich, für das Wohlergehen des Bruders der Gefahr zu trotzen, und sprach: »Unrecht haben wir gegen dich, 0 Landpfleger, begangen und Strafe verdient, der wir uns alle unterziehen wollen, obgleich nur der Jüngste die Schuld trägt. Eigentlich müssten wir seinetwegen an unserer Rettung verzweifeln, aber doch lässt uns deine Güte noch einige Hoffnung hegen und eröffnet uns Aussicht auf Befreiung aus der Gefahr. Sieh daher nicht uns an noch die Tat, die wir verbrochen, sondern lass walten deine Herzensgüte und 'lUgend. Den Zorn aber, von dem kleinliche Menschen sich in allen Lebenslagen so leicht hinreißen lassen, weise ab von ~ir, lasse dich nicht von ihm überwinden und überantworte nicht die dem Verderben, die um ihr Heil nicht selbst Sorge tragen können, dasselbe von dir vielmehr flehentlich erbitten. Denn nicht zum ersten Mal zeigst du dich freigebig gegen uns, sondern du hast uns~ als wir zu dir kamen, um Getreide zu kaufen, dazu Gelegenheit gegeben und uns so viel davon überlassen, als nötig war, um unsere Familie vor dem Hungertode zu bewahren. Es ist aber kein Unterschied, ob du dich der Darbenden annimmst und sie vor dem Untergang bewahrst oder ob du die von Strafe freisprichst, von denen die Menschen glauben, dass sie gefehlt haben, und die sie um der Wohltätigkeit willen beneiden, welche du ihnen erzeigst. Es ist ganz dieselbe Gnade, wenngleich sie in verschiedener Weise erzeigt
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wird. Erhalte also die, welche du bis jetzt gespeist hast, und rette uns das Leben, wie du uns vor dem Hungertode bewahrt hast. Es ist ebenso groß und bewunderungswürdig, uns das Leben zu schenken, als es durch Freigebigkeit vor dem Untergange zu bewahren. Ich halte dafür, dass Gott dir nur den Weg zur Vermehrung deines Ruhmes hat zeigen wollen, als er uns in dieses Unglück stürzen ließ, damit du nämlich ebenso viel Ruhm erlangest durch Vergebung des Unrechtes, das wir dir zugefügt, wie du schon erworben hast durch menschenfreundliche Unterstützung derer, die aus anderen Gründen deiner Hilfe bedurften. Denn es ist etwas Großes, denen zu helfen, die in Not sind; doch noch viel größer und herrlicher ist es, die zu begnadigen, die sich durch Frevel Strafe zugezogen haben. Und wenn es schon zu großem Lobe gereicht, kleinere Vergehen zu verzeihen, so reicht es doch fast an Gott selbst heran, den Zorn zu bezähmen und denjenigen zu verzeihen, die uns beleidigt und so das Leben verwirkt haben. Hätten wir nicht einen Vater, der sich um Josephs Tod abhärmt und der sich so schwer um den Verlust seiner Kinder grämt, so hätte ich nicht so viele Worte um unser Leben verloren, wenn ich es nicht in Ansehung deiner Güte getan hätte, der du es für erhaben hältst, denen das Leben zu schenken, die nach ihrem Tode niemand beweinen würde; vielmehr hätten wir mit Gleichmut die Strafe erlitten, die du über uns verhängen würdest. Jetzt aber, da wir nicht mit uns selbst Mitleid haben, obzwar wir noch jung sind und noch wenig von des Lebens Genüssen gekostet haben, sondern vielmehr mit unseres Vaters Greisenalter, bitten wir dich inständig und flehentlich, du wollest uns das Leben schenken, das wir durch unsere Übeltat gegen dich verwirkt haben. Denn unser Vater ist nicht schlecht und hat auch uns nicht so erzogen, sondern er ist ein rechtschaffener und ehrbarer Mann, der ein solches Geschick nicht verdient hat und jetzt wegen unserer langen Abwesenheit von Kummer und Sorgen gequält wird. Wenn er aber von unserem Tode und dessen Ursache Kunde erhielte, so würde er umso eher wünschen, aus dem Leben scheiden zu können; er würde sich verzehren in '!rauer, und unsere Schmach würde seinen Tod beschleunigen und überdies ihn in Trostlosigkeit sterben lassen, da er doch jetzt schon, noch ehe er Nachricht über uns erhalten, fast von Sinnen ist. Bedenke dies doch, und wenn auch unsere Tat deinen Zorn erregt hat, so lass dem Vater zulieb Gnade walten und dein Mitleid mit ihm größer sein als unsere Ruchlosigkeit. Habe Rücksicht auf sein Greisenalter; er würde, wenn wir umkämen, in Verlassenheit leben und sterben. Denn indem du so handelst, ehrst du auch deinen eigenen Vater und dich selbst, und mit Freuden wirst du seinen
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Namen tragen. Dazu verleihe dir seine Gnade Gott, der Vater aller; denn auch ihm wirst du mit solcher liebevollen Gesinnung Ehre erweisen, wenn du nämlich Mideid hast mit unserem Vater und bedenkest, was er durch den Verlust seiner Kinder leiden würde. Bei dir steht es daher, uns das Leben, das Gott uns gegeben hat, und das du uns jetzt nehmen kannst, wiederum zu schenken und so an Güte sein Ebenbild zu werd~n, so viel du das vermagst. Schön ist es, eine so große Macht zu anderer Nutzen und nicht zu ihrem Schaden zu gebrauchen und, wenn man andere verderben kann und das Recht dazu hat, dieses nicht auszuüben, gleich als wäre es nicht vorhanden, sondern seine Gewalt nur zum Heile anderer zu verwenden. Und je mehr Menschen man beglückt, desto größeren Ruhm erwirbt man sich selbst. Du kannst uns jetzt alle retten, wenn du unserem Bruder verzeihst, was er gegen dich gefrevelt. Denn auch uns wird es nicht mehr möglich sein zu leben, wenn er die Todesstrafe erleidet, da wir ohne ihn nicht zum Vater zurückkehren dürfen. Darum verhänge über uns dieselbe Strafe, gleich als ob wir Genossen seines Verbrechens wären; denn wir wollen dasselbe Schicksal erleiden, das unserem Bruder bevorsteht. Es ist uns lieber, mit ihm verurteilt zu werden und zu sterben, als dass wir nach seinem Tode uns in Trauer aufreiben. Ich will nicht davon reden, dass er noch jung und sein Verstand noch nicht ausgebildet und dass es deshalb nach menschlicher Sitte schicklich ist, ihm eher Verzeihung zu gewähren. Vielmehr will ich das alles deiner Beurteilung anheim stellen und zum Schluss meiner Rede kommen, damit, wenn du uns verurteilst, es meine eigene Schuld sei, dass ich nicht alles gesagt habe, was deinen Zorn gegen uns mildern könnte, dass hingegen, wenn du uns lossprichst, du das Bewusstsein habest, dies in deiner Güte und Milde getan zu haben. Denn dann schenkst du uns nicht nur das Leben, sondern erweisest uns auch die Gnade, uns für besser zu halten, als wir sind, und bist mehr auf unser Wohl bedacht als wir selbst. Hast du also beschlossen, ihn zu töten, so lass mich für ihn die Todesstrafe erleiden und sende ihn dem Vater zu. Willst du ihn aber lieber der Knechtschaft überantworten, so bin ich selbst noch tauglicher als er zu deinem Dienste. Zu beiden Strafen bin ich, wie du siehst, geeignet und bereit.« Hieraufwarf sich Judas, der freudigen Herzens für das Wohlergehen seines Bruders leiden wollte, Joseph zu Füßen und versuchte so, dessen Zorn zu besänftigen und zu beschwichtigen. Ebenso taten auch die anderen Brüder und erboten sich unter Tränen, für Benjamin zu sterben. 9. Joseph aber wurde von Mideid überwältigt und konnte sich nicht länger zornig stellen. Und er befahl den Anwesenden, sich zu entfernen, damit
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er ohne Zeugen sich seinen Brüdern zu erkennen geben könne. Als nun alle sich zurückgezogen hatten, gab er sich seinen Brüdern zu erkennen und sprach: »Eure liebevolle Gesinnung gegen unseren Bruder muss ich loben, und ich sehe, dass ihr doch ein besseres Gemüt habt, als ich nach dem erwarten konnte, was ihr einst gegen mich ins Werk gesetzt habt. Denn ich habe alles, was ihr hier an euch erfahren habt, nur deshalb angeordnet, um eure brüderliche Liebe auf die Probe zu stellen. Ich glaube auch, dass ihr von Natur nicht bösartig gegen mich gesinnt waret, sondern ich schreibe alles dem Willen Gottes zu, der uns den Genuss der gegenwärtigen Güter gestattet und den der zukünftigen nicht vorenthalten wird, wenn er fortfährt, uns gnädig zu sein. Da ich nun auch erfahren habe, dass der Vater gegen meine Erwartung noch wohlbehalten ist, und dass ihr euren Bruder so sehr liebt, so will ich weiterhin dessen, was ihr an mir gesündigt, nicht mehr gedenken. Auch will ich euch deswegen keinen Hass nachtragen, vielmehr euch Dank abstatten, weil ihr mit mir die Ursache gewesen seid, dass Gott so gnädig für uns sorgte. Und so wünsche ich, dass auch ihr das Geschehene vergesst. Freut euch, dass eure damaligen bösen Anschläge zum Guten gediehen sind, und betrübt euch nicht darüber, dass ihr etwas getan, dessen ihr euch schämen müsst. Auch lasst es euch nicht schmerzen, dass ihr so übel mit mir verfahren seid, da eure Absicht ja nicht verwirklicht worden ist. Freut euch vielmehr, dass Gott es so gelenkt hat, und nun zieht hin und verkündet es dem Vater, damit er nicht länger von Sorge um euch gequält werde und er so vielleicht eher sterbe, als ich ihn wieder gesehen und ihn zum Teilhaber aller dieser meiner Güter gemacht habe. Nehmt also den Vater, eure Weiber und Kinder und eure ganze Verwandtschaft und wandert hierher. Denn es ziemt sich nicht, dass die, die mir die liebsten sind, sich an meinem Glücke nicht erfreuen sollten, zumal da die Hungersnot noch fünf Jahre anhalten wird.« Nach diesen Worten umarmte Joseph seine Brüder. Diese aber brachen in 'fränen und Klagen aus, indem sie des Bösen gedachten, das sie gegen ihn verübt; denn sie hatten noch immer Angst, hinter dem freundlichen Gebaren ihres Bruders möchte sich die verdiente Strafe verbergen. Daraufwurde ein Mahl hergerichtet. Und auch der König freute sich über die Ankunft der Brüder Josephs gar sehr, und er stellte sich an, als ob ihm selbst etwas Gutes zuteil geworden sei. Dann schenkte er ihnen Wagen, mit Getreide hoch beladen, und Gold und Silber für ihren Vater. Und nachdem sie auch von Joseph noch viele Geschenke, teils für ihren Vater, teils für sich, am meisten aber für Benjamin erhalten hatten, zogen sie nach Hause.
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l. Als nun Jakob von seinen Söhnen bei der Rückkehr hörte, dass Joseph, den er schon als tot betrauert hatte, nicht nur noch am Leben sei, sondern dass er auch in Glanz und Glück lebe, zugleich mit dem König Ägypten regiere und fast die ganze Verwaltung unter sich habe, zweifelte er umso weniger an der Wahrheit der Nachricht, als er der Herrlichkeit Gottes und seiner Güte gedachte, die nur eine Zeit lang sich nicht zu offenbaren schien. Und sogleich machte er sich auf den Weg und eilte zu Joseph. 2. Nachdem er zum Brunnen des Bündnisses gekommen, opferte er Gott; denn er besorgte, seine Söhne möchten aus Ägypten seiner Fruchtbarkeit wegen nicht mehr wegziehen wollen, und ihre Nachkommen möchten nicht mehr nach Chananaea zurückkehren, das doch nach Gottes Verheißung in ihrem Besitz verbleiben sollte. Weiterhin fürchtete er, sein Geschlecht möchte, da er die Reise nach Ägypten ohne den Rat Gottes angetreten, irgend ein schweres Unglück treffen, oder er werde aus dem Leben scheiden müssen, ehe er den Joseph wieder gesehen hätte. Über diesen Gedanken schlief er ein. 3. Im '!raume aber erschien ihm Gott, rief ihn zweimal beim Namen und sprach auf seine Frage, wer er sei, also zu ihm: »Es ist nicht denkbar, dass du, Jakob, den Gott nicht kennen solltest, der deinen Vätern und dir stets getreulich beigestanden hat. Denn als dein Vater beabsichtigte, dir die Herrschaft zu entziehen, habe ich sie dir erhalten. Unter meinem Schutze bist du allein nach Mesopotamien gereist, hast dort gut geheiratet, und reich an Kindern und Vermögen bist du von dort zurückgekehrt. Meine Vorsehung erhielt dir alle deine Nachkommen unversehrt und erhob den Joseph, den du schon verloren glaubtest, zum glücklichen Herrn von Ägyp ten, der sich nicht viel vom König unterscheidet. Und nun komme ich und will dein Führer auf diesem deinem Wege sein, und ich verkündige dir, dass du in Josephs Armen sterben wirst, dass dein Geschlecht viele Jahrhunderte hindurch groß und berühmt sein wird, und dass ich es in das Land zurückführen werde, welches ich ihm verheißen habe.« 4. Durch diesen '!raum wurde Jakob mit Vertrauen erfüllt und zog nun umso williger mit seinen Kindern und Kindeskindern nach Ägypten, die im
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ganzen siebzig an der Zahl waren. illre Namen wollte ich zuerst nicht anführen, da sie schwierig auszusprechen sind; indes glaubte ich dies doch tun zu müssen, um diejenigen zu widerlegen, die behaupten, wir stammten nicht aus Mesopotamien, sondern aus Ägypten. Jakob also hatte zwölf Söhne, von denen Joseph ausgeschieden werden kann, da er schon erwähnt ist. Von den anderen Söhnen hatte Rubel vier Söhne: Anoch, Phallus, Assaron und Charmis; Simeon sechs: Jamuel Jamin, Jaod, Jachin, Soar und Saul; Levis drei: Gersom, Kaath, Marari; Judas ebenfalls drei: Sales, Phares und Zaras, und außerdem zwei Enkel von Phares: Esrou und Amyr. Isachar hatte vier Söhne: Thulas, Phuas, Jasub und Samaron; Zabulon drei: Sarad, Elon und JaIe!. Diese stammten nebst der Dina von der Lia, zusammen dreiunddreißig. Rachel hatte zwei Söhne. Von diesen hatte Joseph wieder zwei Söhne, Manasses und EphralID, der andere, Benjamin, deren zehn: Bolosor, Bachar, Asabel Gera, Naeman, Jes, Ros, Momphis, Optals und Arad. Diese Vierzehn machen mit den vorher genannten zusammen siebenundvierzig aus. Das waren Jakobs rechtmäßige Kinder. Von Balla, Rachels Dienerin, wurden ihm geboren Dan und Nephthali, von denen der Letztere vier Söhne hatte: Jesel Gunis, lasares und Sellim, Dan aber nur einen: Usis. Diese zu der obigen Zahl zugezählt gibt vierundfünfzig. Von der Zelpha, Lias Dienerin, stammten Gad und Aser. Gad führte sieben Söhne mit sich: Sophonias, Augis, Sunie, Azabon, Aeris, Eroedes und Arielas; Aser aber eine Tochter Sara und sechs Söhne: Jomnes, Isus, Isuis, Baris, Abar und Melchiel. Diese sechzehn den genannten vierundfünfzig zugezählt ergeben, die oben angegebene Zahl bei der Jakob selbst nicht mitgezählt ist. 5. Als nun Joseph von seines Vaters Ankunft Kunde erhalten (Judas war nämlich vorausgeeilt, um ihm dieselbe zu melden), ging er ihm entgegen und traf ihn bei der Stadt der Heroen. Vor allzu großer Freude wäre da Jakob beinahe gestorben. Joseph aber erfrischte ihn wieder; obgleich auch er sich vor Freude kaum halten konnte, hatte sie ihn doch nicht so ergriffen wie den Vater. Dann hieß Joseph seinen Vater langsam nachkommen; er selbst aber eilte mit fünf seiner Brüder zum König und meldete ihm, dass Jakob mit seiner ganzen Familie angekommen sei. Dieser nahm die Nachricht freudig auf und erkundigte sich bei Joseph, welche Lebensweise sie vornehmlich führten, damit er ihnen zur Fortsetzung derselben behilflich sein könne. Joseph entgegnete, sie seien vortreffliche Hirten, außerdem aber verständen sie keinen anderen Beruf. So wollte er verhüten, dass sie voneinander getrennt würden. Sie sollten vielmehr zusammenwohnen und für den Vater sorgen und nicht zu viel Verkehr mit den Ägyptern pflegen,
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wie es geschehen wäre, wenn sie mit ihnen dieselbe Lebensweise geführt hätten. Denn den Ägyptern war es verboten, Herden zu weiden. 6. Da nun Jakob zum König kam, ihn begrüßte und ihm Glück zu seiner Regierung wünschte, fragte ihn Pharao, wie alt er sei. Und als Jakob antwortete: hundertunddreißig Jahre, bewunderte ihn der König ob seines hohen Alters. Jakob aber fügte hinzu, er habe das Alter seiner Vorfahren noch nicht erreicht. Alsdann wies Pharao ihm und seinen Söhnen Heliopolis als Wohnsitz an, wo auch die Hirten des Königs Weideplätze hatten. 7. Die Hungersnot aber nahm von Tag zu Tag zu und wurde für die Ägypter immer drückender. Denn es fehlte die Bewässerung des Landes, da der Nil nicht aus den Ufern trat, und auch Gott keinen Regen sandte. Das Volk aber hatte keine Vorsorge für die Zukunft getroffen, da es sie nicht voraussehen konnte, und Joseph ließ Getreide nur gegen bares Geld verabfolgen. Als nun das Geld zu mangeln anfing, bezahlte man mit Vieh und Sklaven, und wer Äcker hatte, gab diese für Getreide hin. So gelangte aller Grundbesitz in das Eigentum des Königs, und der eine musste hierhin, der andere dorthin ziehen, damit der König umso sicherer und unbehelligter das Eigentumsrecht an Grund und Boden behielt. Nur den Priestern verblieb ihr Besitz. Die große Not führte schließlich dazu, dass man nicht nur den Leib, sondern auch die Seele verkaufte und so gezwungen war, auf unsittliche Weise sein Leben zu fristen. Als aber endlich die Hungersnot nachließ, der Fluss das Land wieder überschwemmte, und dieses wieder reichlich Frucht erzeugte, begab sich Joseph zu jeder Gemeinde, rief das Volk zusammen und gab das Land, das dem Könige abgetreten worden war, und von dem er allein die Nutznießung hatte, den früheren Eigentümern zurück. Diese ermahnte er, wohl zu bedenken, dass das Land von Rechts wegen Eigentum des Königs sei; sie sollten sich also dessen Bebauung nicht dadurch verdrießen lassen, dass sie fortan den fünften Teil des Ertrages an den König abliefern müssten. Sie aber freuten sich, so unverhofft wieder in den Besitz ihres Ackerlandes gekommen zu sein, und verpflichteten sich zur strengen Beobachtung dieses Befehls. Hierdurch wuchs sowohl das Ansehen Josephs bei den Ägyptern als auch die Anhänglichkeit der Untertanen an den König in hohem Grade. Dieser Gebrauch, den fünften Teil des Ertrages abzuliefern, blieb auch unter den folgenden Königen unverändert bestehen.
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ACHTES KAPITEL Vom Hinscheiden Jakobs und Josephs.
1. Als Jakob siebzehn Jahre in Ägypten gelebt hatte, erkrankte er und starb in Gegenwart seiner Söhne, nachdem er ihnen zuvor noch alles Gute gewünscht und in prophetischer Weise verkündet hatte, dass ihre Nachkommen das Land Chananaea bewohnen würden, wie es auch später wirklich geschehen ist. Dem Joseph aber erteilte er besonderes Lob, weil er nicht nur das Unrecht verziehen, das seine Brüder ihm zugefügt, sondern ihnen nur noch desto mehr Güte erwiesen habe, indem er sie mit Wohltaten überhäufte, die sie nicht vergelten konnten. Deshalb befahl er seinen Söhnen, sie sollten die Söhne Josephs, Ephralm und Manasses, in ihre Zahl aufnehmen und das Land Chananaea mit ihnen teilen, wovon später die Rede sein wird. Dann verlangte er noch, in Chebron begraben zu werden. Und er starb im Alter von hundertsiebenundvierzig Jahren. Niemand seiner Vorfahren übertraf ihn an Frömmigkeit, und für seine ausgezeichneten Verdienste war ihm der gebührende Lohn zuteil geworden. Joseph brachte mit Einwilligung des Königs den Leichnam seines Vaters nach Chebron und bestattete ihn dort mit aller Pracht. Als aber seine Brüder sich weigerten, mit ihm nach Ägypten zurückzukehren (sie fürchteten nämlich, er werde nach des Vaters Tode sich an ihnen für das begangene Unrecht rächen, weil niemand mehr da sei, dem er mit der ihnen erzeigten Freundlichkeit einen Gefallen erweisen könne), bat er sie, die Furcht und das Misstrauen gegen ihn abzulegen. Sie gingen nun auch wieder mit ihm, und er beschenkte sie mit großem Landbesitz und ließ nicht nach, ihnen sein ganzes Wohlwollen zuzuwenden. 2. Als Joseph aber hundertzehn Jahre alt war, starb er auch selbst. Er war mit hervorragenden Eigenschaften begabt, lenkte und leitete alles mit großer Weisheit und machte von seiner angesehenen Stellung nur guten und verständigen Gebrauch. Diese Eigenschaften bewirkten sein großes Glück bei den Ägyptern, obwohl er ein Fremdling und den Ränken und der schimpflichen Behandlung ausgesetzt gewesen war, deren wir oben Erwähnung getan. Auch seine Brüder starben in Ägypten, nachdem sie glücklich gelebt. Thre Gebeine brachten ihre Kinder und Kindeskinder später nach Chebron und setzten sie hier bei. Josephs Gebeine aber nahmen die Hebräer erst dann nach Chananaea mit, als sie aus Ägypten auszogen; denn
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hierzu hatte sie Joseph eidlich verpflichtet. Welche Geschicke nun die einzelnen Nachkommen zu bestehen hatten, und unter welchen Mühseligkeiten es ihnen gelang, Chananaea in Besitz zu nehmen, werde ich später erzählen, nachdem ich die Veranlassung erörtert habe, weshalb sie Ägypten verließen.
NEUNTES KAPITEL Bedrückung der Hebräer. Moyses' Geburt und Erziehung. 201
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1. Die Ägypter aber waren genusssüchtig und 'träge, hingen an sinnlichem Vergnügen und jagten nach Gewinn. Daher beneideten sie die Hebräer um ihres Glückes willen und wurden feindselig gegen sie gesinnt. Da sie nämlich bemerkten, wie sehr die Israeliten sich vermehrten und wie sie durch fleiß und 'nichtigkeit zu großem Reichtum gelangten, befürchteten sie, dieselben möchten ihre Macht zum Verderben der Ägypter anwenden. Und da auch das Andenken an Josephs Wohltaten mit der Zeit verblasste, und die Regierung an eine andere Dynastie übergegangen war, wurden die Israeliten misshandelt und zu allerlei schweren Arbeiten herangezogen. Man befahl ihnen, den Fluss in viele Bäche abzuleiten, Mauern um die Städte zu ziehen und Dämme zu errichten, damit das Wasser nicht aus den Ufern treten und Sümpfe bilden könne. Auch erschöpften sie die Unseren durch den Bau von Pyramiden und zwangen sie, mancherlei Künste zu erlernen und sich an schwere Arbeit zu gewöhnen. Dieses Schicksal ertrugen sie volle vierhundert Jahre, und es schien beiderseitig ein Wetteifer zu entstehen, in welchem die Ägypter die Israeliten durch übermäßige Arbeit zugrunde richten, diese hingegen dartun wollten, dass ihnen keine Anstrengung zu groß sei. 2. Während sich die Unseren mit solchen Arbeiten befassen mussten, ereignete sich etwas, das bei den Ägyptern den Wunsch, uns zu vertilgen, noch reger machte. Einer von ihren Schriftkundigen (denn diese waren in der Vorhersagung der Zukunft bewandert) weissagte dem König, es werde um jene Zeit aus hebräischem Blute ein Knabe geboren werden, der, wenn er erwachsen sei, die Herrschaft der Ägypter vernichten, die Israeliten hingegen mächtig machen werde. An 'fugend werde er besonders hervorragen, und sein Andenken werde ein ruhmvolles sein. Durch diesen Spruch wurde der König erschreckt, und er befahl, alle israelitischen Knaben gleich nach
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der Geburt in den Fluss zu werfen und zu töten. Die ägyptischen Geburtshelferinnen sollten genau erforschen, wann die hebräischen Weiber niederkommen würden, und die Geburt sorgsam überwachen. Und nur ägyptische Geburtshelferinnen sollten bei Hebräerinnen Dienste tun, weil nur von diesen eine strenge Befolgung des Gebotes zu erwarten war. Diejenigen aber, die dieses Gebot überträten und ihre neugeborenen Kinder zu verbergen wagten, sollten mit ihrer ganzen Familie den Tod erleiden. Den Hebräern erschien das Gebot grausam, nicht nur, weil sie ihre Kinder verlieren und noch selbst Henkersdienste an ihnen verrichten sollten, sondern auch, weil sie daran dachten, dass nach der Tötung ihrer Kinder auch sie selbst nicht lange mehr leben würden, da sie von Unglück und Trübsal würden niedergebeugt werden, und dass so ihr Geschlecht von Grund aus vernichtet werden würde. Sie waren also in einer trostlosen Lage. Aber gegen Gottes Ratschluss kann man nicht ankämpfen, wenn man auch tausend Listen dagegen ersinnt. Denn der Knabe, vor dem jener Schriftkundige gewarnt hatte, wurde den Nachstellungen des Königs zum Trotz heimlich erzogen, und alles, was er von ihm vorhergesagt hatte, bewahrheitete sich. Der Hergang war folgender. 3. Amaram, ein vornehmer Jude, war um sein Volk besorgt, da keine männliche Jugend mehr nachwuchs, und auch in Bezug auf sich selbst war er äußerst beängstigt, denn seine Gattin war schwanger. Und er rief Gott an und flehte zu ihm, er möge sich doch des Schicksals derjenigen erbarmen, die ihn bisher so treu verehrt hätten, und sie aus ihrer gegenwärtigen Not befreien, indem er den Ägyptern die Hoffnung auf gänzliche Vernichtung der Israeliten raube. Gott erbarmte sich seiner, erhörte sein Gebet, erschien ihm im Schlafe und ermahnte ihn, an der Zukunft nicht zu verzweifeln. Er erinnere sich der Frömmigkeit der Israeliten und werde sie dafür geziemend belohnen, da er doch auch ihren Vorfahren gnädig gewesen sei und sie aus einer geringen Anzahl zu einem großen Volke habe anwachsen lassen. Denn Abram sei allein von Mesopotamien nach Chananaea gezogen und glücklich gewesen; auch habe seine Gattin, die vorher unfruchtbar gewesen, später seinem Wunsche gemäß noch Kinder geboren, und dem Ismael und dessen Nachkommen habe er Arabien, den Söhnen der Chetura Troglodytis, dem Isak aber Chananaea hinterlassen. »Und wenn ihr nicht«, fuhr Gott fort, »gottlosen und undankbaren Gemütes seid, so müsst ihr euch erinnern, was für Kriegstaten er unter meinem Schutze verrichtet hat. Jakob ist wegen des großen Glückes, in dem er selbst gelebt und das er seinen Kindern und Enkeln hinterlassen, bei den auswärtigen Völkerschaf-
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ten zu großer Berühmtheit gelangt. Mit siebzig Angehörigen im Ganzen kam er nach Ägypten, und ihr seid schon auf mehr als sechshunderttausend angewachsen. Jetzt aber, das merke dir, bin ich für euer Wohlergehen und deinen Ruhm besorgt. Denn jener Knabe, dessen Geburt die Ägypter so fürchten, dass sie die israelitischen Kinder alle töten wollen, wird dir geboren werden. Er wird denen verborgen bleiben, die ihm nachstellen, auf wunderbare Weise wird er erzogen werden und das Volk der Hebräer aus ägyptischer Knechtschaft befreien. Und sein Andenken wird in alle Zeiten fortdauern nicht nur bei den Hebräern, sondern auch bei den Fremden. Diese Gnade will ich dir und deinen Nachkommen erweisen. Auch wird er einen Bruder haben, der den Ruhm genießen wird, mit seinen Nachkommen mein Priestertum zu versehen bis in ewige Zeiten.« 4. Nachdem ihm dies im '!raume kund geworden, erwachte Amaram und erzählte den Vorfall seiner Gattin Joachebed. Doch fürchteten sie sich sehr wegen dessen, was ihnen im '!raum war verkündigt worden. Denn sie waren nicht nur wegen des Knaben besorgt, sondern auch wegen der Größe des ihm bevorstehenden Glückes. Einen Beweis für die Wahrheit der Prophezeiung bot aber schon die Niederkunft der Frau; denn diese erfolgte leicht und ohne heftige Geburtswehen und blieb auch den Spähern verborgen. Drei Monate lang zogen sie den Knaben heimlich zu Hause auf. Dann aber fürchtete Amaram doch, die Sache könne entdeckt werden und der König in seinem Zorne ihn mitsamt seinem Söhnchen umbringen lassen, und es möchte so die Verheißung Gottes zunichte werden. Deshalb entschloss er sich, lieber das Heil des Knaben dem Willen Gottes anheim zu geben, als ihn noch länger im Versteck zu behalten. Denn so drohe nicht nur dem heimlich auferzogenen Knaben, sondern auch ihm selbst die größte Gefahr. Gott dagegen habe es in der Hand, für dessen Sicherheit zu sorgen und so seine Verheißung zu verwirklichen. Als sie dieses beschlossen, verfertigten sie ein Körbchen aus Papyrusbast, einer Wiege ähnlich und so groß, dass es den Knaben bequem aufnehmen konnte. Dann dichteten sie dasselbe gehörig mit Harz (denn dieses lässt Wasser nicht eindringen), legten den Knaben hinein, setzten ihn im Flusse aus und befahlen ihn der Obhut Gottes. Das Körbchen schwamm leicht auf dem Wasser, und Mariamme, die Schwester des Knaben, ging auf Geheiß der Mutter am Ufer entlang, um zu beobachten, wohin das Körbchen getrieben würde. Und jetzt bewies Gott, dass menschliche Klugheit nichts vermag, sondern dass er alles nach seinem Willen zum Besten wenden kann, und dass diejenigen, die zu ihrer Sicherheit anderen Verderben bereiten wollen, auch bei größ-
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ter Beharrlichkeit nicht zum Ziele gelangen, dass hingegen diejenigen, die nach Gottes geheimem Ratschluss verloren zu sein scheinen, wider Erwarten gerettet und mitten aus der Drangsal zum Glücke geleitet werden können. So wird auch aus dem Schicksal dieses Knaben Gottes Allmacht kund und offenbar. 5. Der König hatte eine Tochter mit Namen Thermuthis. Als diese am Ufer des Flusses lustwandelte, sah sie ein Körbchen auf dem Wasser schwimmen und befahl einem Schwimmkundigen, ihr dasselbe zu holen. Als dieser den Befehl vollzogen, und sie den Knaben in dem Körbchen erblickte, freute sie sich sehr ob seiner Größe und Schönheit. Denn mit so großer Huld beschirmte Gott den Moyses, dass er sogar von denen ernährt und erzogen werden musste, die aus Furcht vor seiner Geburt den grausamen Befehl erlassen hatten, alle hebräischen Knaben zu töten. Darauf ließ Thermuthis ein Weib herbeiholen, die den Knaben säugen sollte. Als aber das Kind weder von dieser noch von anderen Ammen, die man eine nach der anderen herbeigeholt, Nahrung annehmen wollte, da erschien Mariamme, die scheinbar unabsichtlich herzu gekommen war, um zu sehen, was es gebe, und sagte: »Es nützt nichts, 0 Königstochter, dass du diesem Knaben Ammen gibst, die nicht eines Stammes mit ihm sind. Willst du aber eine hebräische Amme holen lassen, so würde er wohl von dieser, als einer Stammesgenossin, sogleich die Brust nehmen.« Da dies der Königstochter einleuchtete, hieß sie Mariamme selbst gehen und eine Amme herbeiholen. Diese führte den Auftrag aus und kam mit ihrer eigenen Mutter zurück, die sonst niemand von Angesicht bekannt war. Und weil der Knabe von ihr willig die Brust nahm und sich innig an sie schmiegte, so bat die Königstochter sie, denselben aufzuziehen und zu ernähren. 6. Darauf gab sie ihm, weil er im Flusse ausgesetzt worden war, hiervon den Namen, denn die Ägypter nennen Wasser »Mo«, »yses« aber diejenigen, die man dem Wasser entreißt. Aus diesen beiden Worten ist der Name Moyses zusammengesetzt. Moyses aber übertraf zweifellos an Seelengröße und Fähigkeit zur Ertragung von Beschwerden alle anderen Hebräer, wie Gott verheißen hatte. Von Abram an war er der siebente, denn er war ein Sohn des Amaram, des Sohnes des Kaath, dessen Vater Levis ein Sohn Jakobs war, der von Isak stammte. Isak aber war ein Sohn Abrams. Das Alter des Knaben aber blieb hinter seinem Verstande und seiner Klugheit zurück, denn er war an Weisheit und Ausbildung des Geistes so entwickelt, dass er einem vorgerückteren Alter Ehre gemacht hätte. Und was er in der Jugend tat, ließ die Hoffnung berechtigt erscheinen, er werde später noch Größeres
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vollbringen. Als er drei Jahre alt war, verlieh Gott ihm einen hohen, schlanken Wuchs und eine so große Schönheit, dass niemand, wenn er auch noch so unempfänglich für äußere Vorzüge war, ihn anschauen konnte, ohne von seiner Gestalt entzückt zu sein. Und oft geschah es, dass jemand, der ihm begegnete, seine Geschäfte vergaß und, in bewunderndem Anschauen versunken, stehen blieb. Denn seine kindliche Anmut, verbunden mit der Einfachheit seines Wesens, fesselte die Zuschauer so, dass sie sich kaum von ihm trennen konnten. 7. Da er nun von so herrlicher Gestalt und hoher Begabung war, nahm Thermuthis, weil sie ohne rechtmäßige Nachkommen war, ihn an Kindes statt an. Und als sie ihn einst zu ihrem Vater brachte, sprach sie den Wunsch aus, ihn zu ihrem Erben einzusetzen, falls Gott ihr keinen anderen Sohn schenken würde, und fügte hinzu: »Diesen Knaben mit seiner göttlichen Gestalt und seinem edlen Gemüte habe ich auferzogen, und da ich ihn auf wunderbare Weise aus dem gütigen Flusse erhalten habe, so habe ich beschlossen, ihn zu meinem Sohne und zum Nachfolger in deiner Herrscherwürde zu machen.« Mit diesen Worten legte sie den Knaben in die Arme ihres Vaters. Dieser nahm ihn, drückte ihn an seine Brust und setzte ihm, um seiner Tochter gefällig zu sein, aus Scherz seine Königskrone auf. Moyses aber warf sie zur Erde, rollte sie kindisch umher und trat sie mit Füßen. Das schien böse Vorbedeutung für die Königs~ürde zu sein. Jener Schriftkundige aber, der aus seiner Geburt den Untergang der ägyptischen Herrschaft geweissagt hatte, hatte kaum den Vorgang bemerkt, als er herzueilte, um den Knaben zu töten, indem er voll Schrecken ausrief: »Das ist der Knabe, 0 König durch dessen Tötung wir unsere Sicherheit nach Gottes Verkündigung erlangen werden. Denn ein Zeichen für die Wahrheit der Prophezeiung ist es, dass er deine Königswürde verspottet und deine Krone mit Füßen tritt. Lass ihn daher töten und befreie so die Ägypter von der Furcht vor ihm, den Hebräern aber nimm die Hoffnung, die sie auf ihn setzen.« Thermuthis aber kam ihm zuvor und verbarg den Knaben, und auch der König zögerte, ihn umzubringen, weil Gott, der um das Leben des Moyses Sorge trug, ihm dies eingegeben hatte. Moyses wurde auf das sorgfaltigste erzogen, und die Hebräer setzten alle ihre Hoffnung auf ihn; den Ägyptern dagegen war seine Erziehung nicht nach dem Sinn. Da aber der König ihm durch Adoption verwandt war und deshalb vor seiner Tötung zurückscheute und auch sonst sich niemand fand, der den Ägyptern zu Gefallen infolge jener Weissagung sich dazu hergegeben hätte, so unterblieb dieselbe.
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ZEHNTES KAPITEL Wie Moyses gegen die Äthiopier Krieg führte.
1. Als nun Moyses auf diese Weise geboren, erzogen und groß geworden war, zeigte er bei einer besonderen Gelegenheit, dass Tapferkeit ihm in hohem Grade eigen war, und dass er der Mann sei, um die Ägypter zu unterdrücken, die geknechteten Hebräer aber aufzurichten. Die Äthiopier nämlich, die den Ägyptern benachbart waren, waren in deren Land eingefallen und hatten geraubt und geplündert. Die Ägypter, darüber erzürnt, beschlossen, ihre Schmach zu rächen, und rüsteten ein Heer gegen sie aus. Jedoch wurden sie geschlagen; ein Teil von ihnen fiel in der Schlacht, der andere zog sich in schmählicher Flucht nach Hause zurück. Die Äthiopier, die es für ein Zeichen von Feigheit hielten, wenn sie nicht ganz Ägypten sich unterjochten, setzten den Fliehenden nach und verwüsteten das Land weithin; und da sie reiche Beute machten, konnten sie es nicht unterlassen, von Tag zu Tag aufs Neue anzugreifen. Weil sie nun die nächsten Gegenden durchstreift hatten, ohne dass sich ihnen jemand zur Wehre setzte, rückten sie bis nach Memphis und ans Meer vor, und keine Stadt konnte ihren Ansturm aushalten. In dieser Bedrängnis nahmen die Ägypter zu Orakeln und Weissagungen ihre Zuflucht. Und da ihnen Gott den Rat gab, sie sollten einen Hebräer zu Hilfe rufen, verlangte der König von seiner Tochter den Moyses, um ihn zum Befehlshaber seiner Truppen zu machen. Diese willigte ein, nachdem er ihr eidlich versprochen hatte, nichts zu Moyses' Verderben ins Werk zu setzen. Denn sie hielt dafür, dass sie dem Lande damit eine Wohltat erweise, für die ihr Dank gebühre, und warf den Priestern vor, dass sie sich jetzt nicht schämten, dessen Hilfe zu begehren, den wie einen Feind zu töten sie früher geraten hatten. 2. Moyses aber unternahm, da Thermuthis ebenso wie der König ihn darum baten, bereitwillig den Kriegszug, worüber die beiderseitigen Schriftkundigen sich sehr freuten, die der Ägypter, weil sie Gelegenheit zu finden hofften, den Moyses nach Überwindung der Äthiopier mit List aus dem Wege zu räumen, die der Hebräer aber, weil sie unter Führung des siegreichen Moyses aus der Knechtschaft der Ägypter sich freizumachen gedachten. Moyses nun wollte die Feinde überfallen, ehe sie von seiner Ankunft Kunde erhielten, und führte daher seine Truppen nicht am Ufer des Flusses entlang, sondern mehr durch das Innere des Landes dem Feinde entgegen.
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Hierbei zeigte er seine bewundernswerte Weisheit. Da nämlich der Weg wegen der Menge der Schlangen sehr schwer zu passieren war (denn dieser Landstrich erzeugt dieselben in übergroßer Zahl, darunter auch einige Arten, die sich sonst nirgendwo finden und die sich durch ihre Schädlichkeit und, ihren ungewohnten Anblick sehr von den anderen unterscheiden, ja sogar geflügelte, die nicht nur auf der Erde verborgen schaden, sondern auch aus der Höhe oft plötzlich Unheil bringen), ersann er, um das Heer sicher und ungefährdet weiterführen zu können, folgenden wunderbaren Plan. Er ließ Geflechte aus Papyrusbast in Gestalt von Kästchen anfertigen und führte dieselben, mit Ibissen gefüllt, bei sich. Denn die Schlangen fürchten diese Tiere sehr und fliehen vor ihnen, da sie von ihnen ebenso wie von Hirschen verschlungen werden. Die Ibisse sind übrigens nur wild gegen Schlangen, sonst aber zahm und gutmütig. Doch will ich mich nicht weiter darüber verbreiten, da die Griechen den Ibis wohl kennen. Da nun das Heer in die Gegend kam, die von Schlangen wimmelte, ließ er die Ibisse auf sie los, die mit Wut über sie herfielen und sie unschädlich machten. So vollendete er unangefochten seinen Marsch, überfiel unversehens die Äthiopier, schlug sie und nahm ihnen die Hoffnung auf die Eroberung Ägyptens. Auch griff er ihre Städte an, zerstörte dieselben und richtete unter den Äthiopiern ein großes Blutbad an. Nach diesen glänzenden Kriegstaten des Moyses schreckte das Heer der Ägypter vor keiner Anstrengung mehr zurück, sodass schließlich den Äthiopiern nur die Wahl zwischen Gefangenschaft und gänzlicher Vernichtung blieb. Zuletzt wurden sie nach Saba, der Königsstadt Äthiopiens, zurückgedrängt, die später Kambyses nach seiner Schwester Meroe nannte, und hier belagert. Dieser Platz war aber fast uneinnehmbar, da der Nil rings um ihn floss, und auch noch andere Flüsse, Astapus und Astabora, den Angriff erschwerten. So bildete die Stadt gleichsam eine Insel; außer dem Schutz, den die Flüsse gewährten, hatte sie auch eine starke Ringmauer, und zudem noch große Dämme hinter der Mauer zur Abhaltung von Überschwemmungen, die der Stadt beim Anschwellen der Flüsse drohen. Das alles machte dem Feind, auch wenn er die Flüsse . überschritten hatte, die Einnahme der Stadt sehr schwierig. Während nun Moyses darüber verstimmt war, dass sein Heer hier müßig liege (denn der Feind wagte keinen Kampf), begab sich Folgendes. Der König der Äthiopier hatte eine Tochter namens Tharbis. Diese sah, wie Moyses sein Heer an die Stadtmauer führte und selbst tapfer kämpfte, und wunderte sich über das, was er schon ausgedacht und in Angriff genommen hatte, wie er nämlich nicht nur den Ägyptern, die an ihrer Befreiung schon verzweifelten, diesel-
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be glücklich verschafft, sondern auch die Äthiopier, die bereits ruhmreiche Taten verrichtet, in die äußerste Enge getrieben hatte; und sie wurde von heftiger Liebe zu ihm ergriffen. Und da ihre Neigung von Tag zu Tag größer wurde, schickte sie ihre vertrautesten Diener zu ihm und ließ ihm die Ehe anbieten. Moyses ging hierauf ein unter der Bedingung, dass ihm die Stadt übergeben würde. Und als er einen Eid darauf geleistet, dass er sie zur Ehe nehmen und dass er nach Übergabe der Stadt an dem Vertrage festhalten wolle, schritt man vom Worte zur Tat. Darauf dankte er Gott ftir die Besiegung der Äthiopier, feierte seine Hochzeit und ftihrte das Heer der Ägypter in die Heimat zurück.
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ELFTES KAPITEL Wie Moyses aus Ägypten floh und nach Madian kam.
1. Statt aber dem Moyses für ihre Errettung zu danken, verlegten sich die Ägypter eifrig darauf, Ränke gegen ihn zu schmieden. Denn man argwöhnte, er werde infolge seines Kriegsglückes übermütig werden und den Ägyptern neuen Schaden ersinnen, und drang deshalb in den König, ihn töten zu lassen. Dieser aber hatte auch schon dasselbe überlegt, teils aus Neid über Moyses' glücklichen Feldzug, teils aus Furcht, von ihm gestürzt zu werden. Und da er auch noch von den Schriftkundigen aufgereizt wurde, brannte er vor Verlangen, ihr umbringen zu lassen. Als aber Moyses von diesen Plänen hörte, suchte er sich zu verbergen, und da die Wege durch Wächter besetzt waren, nahm er seine Flucht durch die Wtiste; an diese Möglichkeit hatten seine Feinde nicht gedacht. Und obgleich er hier Mangel an Nahrung litt, so ertrug er denselben doch geduldig und starkmütig. Endlieh kam er zur Stadt Madian, die am Gestade des Roten Meeres lag und von einem der Söhne Abrams und der Chetura ihren Namen hatte. Hier ruhte er, von seinen Mühen erschöpft, zur Mittagszeit an einem Brunnen nicht weit von der Stadt aus, als er infolge der Gebräuche des Landes Gelegenheit fand, seine Tugend offenkundig zu machen und sich den Weg zur Verbesserung seiner Lage zu bahnen. 2. Da nämlich in jener Gegend Wassermangel herrschte, gaben sich die Hirten Mühe, zuerst die Brunnen in Beschlag zu nehmen, damit nicht, wenn sie von anderen geleert wären, ihr Vieh des Wassers entbehre. Zu dem
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Brunnen kamen nun sieben Schwestern, Töchter des Priesters Raguel und noch Jungfrauen, deren Vater von den Bewohnern der Gegend hoch geehrt wurde. Sie hüteten die Herden ihres Vaters, denn nach alter Sitte der 'Iroglodyten mussten auch Weiber diesen Dienst verrichten. Als sie nun, bevor die anderen kamen, hinreichend Wasser fur ihr Vieh in die dazu verfertigten Mulden aus dem Brunnen geschöpft hatten, wollten die Hirten, die etwas später anlangten, sie vertreiben und das Wasser für sich in Beschlag nehmen. Moyses aber, der es für unwürdig hielt, das Unrecht, das den Jungfrauen angetan wurde, ruhig geschehen zu lassen und zuzugeben, dass die rohe Gewalt der Männer mehr gelte als das gute Recht der Jungfrauen, leistete den Hirten Widerstand und half den Mädchen, wie es sich geziemte. Jene bedankten sich für die Hilfe, und als sie zu ihrem Vater kamen, berichteten sie ihm von der schlechten Handlung der Hirten und dem Beistand, den ihnen der Fremdling geleistet. Darauf baten sie den Vater, die Wohltat nicht unbelohnt lassen zu wollen. Raguel aber lobte ihre dankbare Gesinnung gegen ihren Wohltäter und hieß sie den Moyses zu ihm geleiten, damit er ihm den Gefallen vergelten könne. Als dieser angelangt war, teilte er ihm mit, was seine Töchter ihm von seiner bereitwilligen Hilfe erzählt hatten, bewunderte sein edles Verhalten und sagte ihm, er habe diese Wohltat keinem Undankbaren erwiesen. Vielmehr werde er ihm nicht nur mit gleichem, sondern mit noch viel größerem Danke vergelten. Und einige Zeit nachher nahm er ihn an Kindes statt an und gab ihm eine von seinen Töchtern zur Ehe. Außerdem machte er ihn zum Hüter und Herrn seiner Viehherden, in welchen damals der ganze Reichtum der Barbaren bestand.
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l. Da nun Moyses von Jothor (das war der Beiname Raguels) solche Wohltaten erfahren, blieb er bei ihm und hütete seine Herde. Als er nun einst wieder das Vieh weidete, kam er zum Berge Sinai, der der höch~te von allen Bergen der Gegend war und die schönsten Weideplätze darbot. Denn. er war reich an guten Gräsern und vorher nie abgeweidet worden, weil man allgemein glaubte, hier wohne Gott selbst, und fromme Scheu den Hirten verbot, ihn zu besteigen. Dort bot sich ihm ein wunderbares Ereignis dar.
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Feuer nämlich ergriff einen Brombeerstrauch, und die Flamme ließ die Blätter und Blüten, wie auch die Frucht tragenden Zweige unversehrt, obgleich sie hell und stark leuchtete. Von dieser ihm neuen und wunderbaren Erscheinung ward Moyses betroffen; noch mehr aber erstaunte er, als aus dem Feuer eine Stimme ertönte, die ihn beim Namen nannte und ihm seine Verwegenheit vorwarf, da er sich nicht gescheut, diesen heiligen und noch von keinem Menschen bisher berührten Ort zu betreten, auch ihm den Rat gab, sich so weit als möglich von der Flamme zu entfernen und sich an dieser Erscheinung genügen zu lassen, die zu sehen er wegen seiner und seiner Vorfahren 'fugend gewürdigt worden sei, und über die er nicht weiter neugierig nachforschen solle. Ferner verkündete ihm die Stimme, wie große Ehre und wie großen Ruhm er bei den Menschen durch Gottes Vorsehung und Hilfe erlangen werde, und sie hieß ihn vertrauensvoll sich nach Ägypten wenden. Dort werde er der Führer des hebräischen Volkes werden und seine Stammesgenossen von der grausamen 'IJrrannei der Ägypter erlösen. »Denn dein Volk«, fuhr die Stimme fort, »wird jenes glückliche Land bewohnen, das Abram, euer Stammvater, dereinst besessen hat, und alle Güter genießen, und du sollst es durch deine Weisheit dorthin führen.« Und nachdem er die Hebräer aus Ägypten geführt, solle er daselbst ihm ein Dankopfer darbringen. Da erkannte Moyses, dass Gottes Stimme aus dem Feuer zu ihm gesprochen habe. 2. Moyses aber, von Staunen ergriffen über das, was er gesehen, und noch mehr über das, was er gehört, sprach zu Gott: »Deiner Macht, 0 Herr, die ich selbst verehre, und die, wie ich weiß, meinen Vorfahren hilfreich und gnädig gewesen ist, zu misstrauen halte ich für die größte Torheit, die ich begehen könnte. Ich sehe aber nicht ein, wie ich, ein einfacher Mensch und ohne jede Gewalt, meine Stammesgenossen überreden könnte, das Land, das sie jetzt bewohnen, zu verlassen und mir zu folgen, wohin ich sie auch führen möge. Wenn ich sie aber auch dazu überreden könnte, wüsste ich nicht, wie ich den Pharao dahin zu bringen vermöchte, dass er die Hebräer ziehen ließe, durch deren Mühe und Arbeit der Wohlstand der Ägypter sich mehrt.« 3. Gott aber riet ihm, wohlgemut zu sein, da er ihm beistehen werde. Wo er der Worte bedürfe, werde er ihm Überredungsgabe verleihen, Kraft aber, wo er Taten brauche. Und zur Bekräftigung seiner Verheißung hieß er ihn seinen Stab auf die Erde werfen. Als er das getan, ward daraus eine Schlange, die auf dem Boden kroch, sich in Windungen wickelte und ihren Kopf erhob, als wenn sie ihre Verfolger bedrohen wollte; und darauf wurde sie wieder zum Stabe. Danach gebot er ihm, die rechte Hand in seinen Busen
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zu stecken. Und als er das getan und sie hervorzog, war sie weiß und an Farbe dem Kalk ähnlich, worauf sie ihr früheres Aussehen wiedererhielt. Auch wurde ihm befohle~, Wasser in der Nähe zu schöpfen und es auf den Boden zu gießen, und es bekam Blutfarbe. Als nun Moyses sich hierüber verwunderte, ermahnte ihn Gott, er solle Mut fassen und versichert sein, dass er ihm ein mächtiger Helfer sein werde, und zur Bekräftigung solle er sich bei allen derselben Wunder bedienen, damit er sie überzeuge, dass er von Gott gesandt sei und seine Befehle vollziehe. »Tu also, wie ich dir geheißen, begib dich ohne jeden Verzug nach Ägypten und eile Tag und Nacht hindurch, damit du keine Zeit verlierst und die harte Knechtschaft der Hebräer nicht in die Länge ziehst.« 4. Moyses aber zweifelte nicht weiter an Gottes Verheißungen, da er der Augen- und Ohrenzeuge so vieler Wunderzeichen geworden war, und er bat Gott, ihm dieselbe Kraft, wenn es not tue, auch in Ägypten zu verleihen und ihm ferner die Kenntnis seines Namens nicht vorzuenthalten, sondern ihm dieselbe zu gewähren, da er ihn doch auch seines Anblickes und seiner Stimme gewürdigt habe. Da verkündete ihm Gott seinen Namen, der früher noch keinem Menschen war kundgetan worden. Diesen Namen* aber darf ich nicht aussprechen. Moyses erhielt also die Macht, solche Wundertaten zu verrichten, so viele ihrer und so oft sie erforderlich seien. Durch alle diese Zeichen ward er noch mehr überzeugt von der Wahrheit dessen, was er aus dem brennenden Brombeerstrauche vernommen, und er glaubte, dass Gott ihm ein gnädiger Helfer sein werde. Auch hoffte er, seine Stammesgenossen befreien und den Ägyptern Unheil antun zu können.
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1. Da nun Moyses erfahren hatte, dass Pharao**, der König der Ägypter, der damals regierte, als er geflohen war, gestorben sei, erbat er sich von Raguel die Erlaubnis, zum Besten seiner Stammesgenossen nach Ägypten
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Jehovah. Nach Homme~ Geschichte des alten Morgenlandes, war dieser Pharao kein anderer als Ramses H.
Zweites Buch . Dreizehntes Kapitel
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ziehen zu dürfen, und er nahm sein Weib Sepphora, die Tochter Raguels, und die Söhne, die sie ihm geboren, Gersus und Eleazar, und begab sich auf die Reise. Von diesen beiden Namen bedeutet Gersua im Hebräischen: »in ein fremdes Land gekommen«, und Eleazar: »unter dem Beistande des Gottes seiner Vater den Ägyptern entflohen.« Nachdem sie sich nun der Grenze genähert, begegnete ihm auf Gottes Geheiß sein Bruder Aaron, dem er sofort mitteilte, was ihm auf dem Berge begegnet war und was Gott ihm aufgetragen hatte. Als sie aber weiterzogen, kamen ihnen die vornehmsten der Hebräer entgegen, die von ihrer Ankunft Nachricht erhalten hatten; und da sie seinen Worten keinen Glauben schenken wollten, führte Moyses ihnen die Wunderzeichen vor Augen. Und sie wurden von Verwunderung ob des Geschehenen ergriffen, fassten Mut und gaben sich der frohen Hoffnung hin, Gott werde für ihre Sicherheit sorgen. 2. Als er so die Hebräer sich willfährig gemacht, die sich ganz ihm anzuvertrauen versprachen, da sie ein lebhaftes Verlangen nach Befreiung trugen, ging Moyses zum König, der jüngst die Regierung angetreten hatte*, und erinnerte ihn daran, wie nützlich er sich den Ägyptern erwiesen habe, als ihre Äcker von den Äthiopiern verwüstet, und sie diesen zum Gespött geworden seien, und wie er die Beschwerden des Kriegsdienstes für sie ertragen habe, als wären sie seine eigenen Angehörigen gewesen. Dann zeigte «r ihm, dass er sich der höchsten Gefahr ihretwegen unterzogen habe, wofür sie ihm noch nicht einmal Dank gewusst hätten. Auch teilte er ihm mit, was ihm auf dem Berge Sinai begegnet, wie Gott zu ihm geredet und zur Bestätigung seines Befehles vor seinen Augen Wunder vollbracht habe, und er beschwor ihn, an seine Sendung zu glauben und dem Willen Gottes sich nicht zu widersetzen. 3. Als aber der König ihn verlachte, gab Moyses ihm eine Probe von den Wundern, die er auf Sinai erblickt hatte. Der König jedoch erzürnte und schalt ihn einen Frevler, der einst der ägyptischen Knechtschaft entflohen, jetzt aber mit Betrug und Bosheit zurückgekehrt sei, um durch Blendwerk und magische Künste das Volk in Erstaunen zu setzen. Nach diesen Worten hieß er seine Priester dieselben Wundertaten vollbringen; denn auch die Ägypter verständen diese Künste, und Moyses besitze nicht allein göttliche Kraft, da er doch seine Gaukeleien nur vorführe, um das rohe und ungebildete Volk zum Glauben an ihn zu verleiten und es zu täuschen. Und da sie ihre Stäbe zu Boden warfen, wurden auch diese zu Schlangen. Moyses aber * Mer-en-Ptah, Sohn Ramses des Zweiten.
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wurde davon nicht im Geringsten betroffen und sprach: »Ich verachte zwar die Weisheit der Ägypter nicht, aber ich behaupte, dass meine Werke ihre magischen Künste ebenso übertreffen als Gottes Werke die der Menschen. Und ich will beweisen, dass meine Werke keine Gaukeleien sind und kein Betrug, sondern dass sie durch Gottes Einfluss und Kraft geschehen.« Nach diesen Worten warf er seinen Stab zur Erde und hieß ihn sich in eine Schlange verwandeln. Derselbe gehorchte dem Befehl, griff die Stäbe der Ägypter, die dem Auge in der Gestalt von Schlangen erschienen, einen nach dem anderen an und verschlang sie sämtlich. Dann erhielt er wieder seine frühere Gestalt, und Moyses hob ihn auf. 4. Der König aber wurde hierdurch um nichts mehr gerührt, sondern geriet in Zorn und sagte, er werde mit seiner Geschicklichkeit und Schlauheit doch nichts gegen die Ägypter ausrichten. Und er befahl dem Aufseher der Hebräer, er solle ihnen keine Erholung von den Arbeiten mehr bewilligen, sie vielmehr mit noch schwereren Arbeiten als früher belasten und zum Gehorsam zwingen. Dieser gewährte ihnen also fürder keine Spreu mehr zur Verfertigung von Ziegelsteinen wie früher, sondern am Tage quälte er sie mit den drückendsten Arbeiten und zwang sie dann des Nachts auch noch, die Spreu zu sammeln. Und als so ihre Plackereien sich verdoppelten, zürnten sie dem Moyses, weil er die Schuld trage, dass sich ihre Arbeit und ihr Elend vermehrt habe. Er aber wich weder den Drohungen des Königs noch den Klagen und Vorwürfen der Hebräer, sondern er blieb festen Gemütes und scheute keine Mühe, um den Seinigen die Freiheit wiederzugeben. Und so ging er wieder zum König, um ihn zu überreden, die Hebräer auf den Berg Sinai zu endassen, wo sie Gott nach dessen Vorschrift opfern wollten. Gottes Willen aber solle er keinen Widerstand entgegensetzen, sondern sein Wohlwollen allem anderen vorziehen und ihnen den Abzug gestatten, damit er nicht dereinst seine Hartnäckigkeit sich vorzuwerfen habe, wenn er das erdulden müsse, was dem zu geschehen pflege, der Gottes Befehle missachte. Denn auf diejenigen, die Gottes Zorn sich zuzögen, ströme von allen Seiten Unglück heran, da weder der Himmel noch die Erde, noch ihre eigene Nachkommenschaft ihnen wohlgesinnt seien, vielmehr überall Hass und Feindschaft auf sie lauere. Und alle diese Übel würden über die Ägypter verhängt werden, während das Volk der Hebräer trotz ihrem Widerstande dennoch den Auszug aus ihrem Lande bewerkstelligen werde.
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VIERZEHNTES KAPITEL Von den zehn Plagen, die Ägypten heimsuchten.
1. Da aber der König des Moyses Worte verachtete und auf seine Mahnungen nicht im Mindesten hörte, befielen schwere Übel Ägypten, die ich einzeln aufzählen werde, teils weil nie einem Volke Ähnliches zugestoßen ist, teils weil Gott dadurch die Wahrheit dessen, was Moyses verkündet hatte, erweisen wollte, und endlich auch, weil es den Menschen von Nutzen sein kann, sie kennen zu lernen. Dann werden sie umso eher sich der Beleidigung der göttlichen Majestät enthalten und Gottes Zorn nicht durch Ungerechtigkeit reizen. Zunächst also färbte sich das Wasser des Stromes blutrot, sodass es zum Trinken untauglich wurde; eine andere Wasserquelle aber war nicht da. Das Wasser hatte jedoch nicht nur eine blutrote Farbe, sondern verursachte auch denen, die es trinken wollten, Schmerzen und heftige Qual. So erschien es aber nur den Ägyptern, den Hebräern dagegen süß und trinkbar und seiner Natur nach nicht verändert. Durch dieses Wunderzeichen wurde der König sehr in Angst versetzt, und da er wegen der Ägypter besorgt war, gestattete er den Hebräern den Abzug. Kaum hatte die Plage indes nachgelassen, so änderte er seine Gesinnung und nahm die Erlaubnis zurück. 2. Gott aber schickte, da der König sich so undankbar bewies und nach der Befreiung von dem Unglück keine bessere Einsicht bekam, den Ägyptern eine andere Plage. Eine ungeheure Menge Frösche verwüstete ihr Land, und auch der Fluss wimmelte von ihnen, sodass die, welche Wasser schöpfen wollten, nur solches erhielten, das mit dem Blute dieser Tiere, die zu Tausenden darin untergingen und verfaulten, verunreinigt und besudelt war. Auch war das ganze Land der Ägypter mit stinkendem Schlamm bedeckt, da die Frösche in Menge zugrunde gingen. Verwirrung aber brachten sie in das häusliche Leben, denn sie fanden sich in Speisen und Getränken und hüpften in den Betten umher. Der Geruch von den schnell dahinsterbenden Tieren endlich verpestete die Luft. Da nun die Ägypter von diesen Plagen sehr gequält wurden, hieß der König den Moyses mit den Hebräern abziehen. Sofort, nachdem er dies befohlen, verschwand die Menge der Frösche, und Land wie Fluss kehrten in ihren früheren Zustand wieder zurück. Sobald aber das Land von der Plage frei war, vergaß Pharao die Ursache derselben und hielt die Hebräer fest. Und grade als ob er noch
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viel Unheil hätte erfahren wollen, verhinderte er den Moyses und sein Volk am Wegzug, den er ihnen vorher mehr aus Furcht als aus gutem Willen gestattet hatte. 3. Da strafte Gott seine Arglist mit einer neuen Plage. Eine unzählige Menge von Läusen entstand aus den Leibern der Ägypter, welche davon hart bedrängt wurden, da sie weder durch Baden noch durch Salben mit Arzneien umzubringen waren. Der König aber, bestürzt und in Furcht, sein Volk möchte zugrunde gehen und dazu noch auf eine so schmähliche Weise, kam halb zu besserer Einsicht. Er gab nämlich den Hebräern die Erlaubnis zum Abzuge; kaum aber war er etwas zur Ruhe gekommen, als er auch gleich wieder forderte, dass die Weiber und Kinder als Geiseln zurückgelassen werden müssten. Dadurch reizte er Gott noch mehr, da er glaubte, seine Vorsehung hintergehen zu können, als ob Moyses und nicht Gott die Ägyp ter wegen der Hebräer strafe. Und Gott erfüllte das Land mit mancherlei und vielgestaltigen Tieren, dergleichen niemand früher gesehen. Diese bereiteten vielen Menschen den Untergang, sodass das Land unbebaut und wüst dalag. Und was dem Verderben auf diesem Wege entging, erlag einer Krankheit, von der die Menschen befallen wurden. 4. Als aber Pharao dem Willen Gottes nicht gehorchen und zwar die Weiber mit den Männern abziehen lassen, die Kinder dagegen zurückhalten wollte, unterließ Gott nicht, seine Bosheit mit mannigfaltigen und noch schwereren Übeln als vorhin zu züchtigen. Denn er ließ die Leiber der Ägypter sich mit ekelhaften Blattergeschwüren bedecken, welche die Eingeweide in langsamem Schwund verzehrten; so kam ein großer Teil der Ägyp ter um. Und da auch nach dieser Plage der König nicht zur Einsicht kam, ließ Gott einen Hagel vom Himmel fallen, wie er früher nie in Ägypten gefallen war und wie er anderswo zur Winterzeit nicht rällt, ja sogar noch stärker, als er in den nördlichen Ländern gegen den Frühling hin vorkommt. Dadurch wurden die Feldfrüchte zerschlagen, und was vom Hagel noch verschont blieb, fraßen Heuschrecken auf, sodass den Ägyptern keine Hoffnung auf Ernte blieb. 5. Jedem nun, der nicht gottlos und unverständig zugleich war, würden die genannten Plagen genügt haben, um ihn zur Einsicht und Überlegung zu bringen. Pharao aber widerstand Gott nicht so sehr aus Unverstand als aus Bosheit, obgleich er die Ursache des Übels wohl erkannte, und verschloss sich hartnäckig jeder besseren Einsicht. Daher befahl er wohl dem Moyses, er· solle mit Weibern und Kindern abziehen, jedoch sollten die Hebräer all ihr Besitztum den Ägyptern überlassen, die durch so viele Pla-
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gen alles verloren hatten. Als nun Moyses geltend machte, das sei eine unbillige Forderung, weil sie ihre Habe brauchten, um Gott davon ein Opfer darzubringen, und über dem vielen Wortwechsel die Zeit verstrich, wurden die Ägypter plötzlich von einer dichten Finsternis umhüllt, sodass sie nicht sehen und auch wegen der Schwere der Luft nicht atmen konnten. Und so starben viele in dem dichten Nebel elend dahin. Nach drei Tagen und ebenso vielen Nächten lichtete sich endlich die Finsternis, und es zerstreute sich der Nebel. Da aber Pharao noch immer zögerte, den Hebräern freien Abzug zu gestatten, ging Moyses zu ihm und sprach also: »Wie lange gedenkst du noch dem Willen Gottes zu widerstreben? Denn er selbst befiehlt dir, die Hebräer ziehen zu lassen, und ihr werdet nicht eher von den Plagen befreit werden, bis du das gestattest.« Der König aber, erzürnt über diese Sprache, drohte, ihm den Kopf vom Rumpfe trennen zu lassen, wenn er noch einmal komme und ihn mit der Sache belästige. Moyses entgegnete ihm, er wolle keine Worte mehr deswegen verlieren; es werde aber noch dahin kommen, dass er mit den vornehmsten der Ägypter die Hebräer anflehen werde, so bald als möglich abzuziehen. Und nach diesen Worten entfernte er sich. 6. Gott aber gedachte noch mit einer Plage die Ägypter zu bedrängen, um sie zur Entlassung der Hebräer zu zwingen. Er befahl daher dem Moyses, dem Volke zu verkündigen, sie sollten das Opfer bereithalten und sich rüsten vom Zehnten des Monats Xanthikos (der so bei den Makedoniern, bei den Ägyptern aber Pharmuthi und bei den Hebräern Nisan heißt) bis zum Vierzehnten. Alsdann solle er selbst die Hebräer wegfuhren, und sie sollten all ihre Habe mitnehmen. Und als Moyses die Hebräer zum Auszug vorbereitet hatte, ordnete er sie nach Stämmen und hielt sie an einem Orte beisammen. In der Frühe des vierzehnten Tages brachten sie, zum Auszug gerüstet, ein Opfer dar, nahmen darauf Hyssop-Büschel, besprengten ihre Häuser mit Opferblut und reinigten sie so. Und nachdem sie gespeist hatten, verbrannten sie die F1eischreste, als wollten sie gleich ausziehen. Daher stammt unsere Sitte, dass wir auch heute noch so opfern an einem Feste, welches wir Pascha nennen, das heißt ~) Übergang«, weil an jenem Abend Gott an den Hebräern vorüberging, den Ägyptern aber die Pest sandte. Denn in dieser Nacht ging alle Erstgeburt der Ägypter zugrunde, sodass sehr viele, die in der Nähe des königlichen Palastes wohnten, zusammenliefen und dem Pharao rieten, er solle die Hebräer entlassen. So ließ sie denn endlich der König mit Moyses abziehen in der Hoffnung, es werde nach ihrem Wegzug aus dem Lande das Letztere von Plagen be-
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freit sein. Und sogar Geschenke gab man den Hebräern, teils damit sie umso schneller ausziehen möchten, teils auch aus nachbarlicher Gefalligkeit.
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1. So zogen die Hebräer aus; die Ägypter aber weinten, denn es reute sie, dass sie die Hebräer so schlecht behandelt hatten. Diese nahmen ihren Weg durch Latopolis, das damals Wüste war und wo später zur Zeit, als Karnbyaes Ägypten verwüstete, BabyIon erbaut wurde. Und da sie schnell marschierten, kürzten sie die Wege ab und gelangten schon am dritten Tage nach Belsephon am Roten Meere. Die Gegend aber war wüst und öde, sodass sie von Früchten nicht leben konnten; sie mussten daher mit Brot ihr Leben fristen, das sie aus Mehl leicht geknetet und dann an schwachem Feuer gebacken hatten. Davon lebten sie bis zum dreißigsten Tage, denn länger reichte das nicht aus, was sie aus Ägypten mitgenommen hatten, und um davon leben zu können, mussten sie sparsam damit umgehen und durften nicht bis zur Sättigung davon genießen. Zum Andenken an diese Not feiern wir acht Tage hindurch das Fest der ungesäuerten Brote. Und die Menge der aus Ägypten Auswandernden war so groß einschließlich der Weiber und Kinder, dass man sie kaum zählen konnte; an streitbaren Männern waren sechshunderttausend vorhanden. 2. Sie verließen aber Ägypten im Monat Yanthikos um die Zeit des Vollmondes am fünfzehnten Tage, im vierhundertdreißigsten Jahre nach der Ankunft unseres Vaters Abram in Chananaea und im zweihundertfunfzehnten nach dem Zuge Jakobs gen Ägypten. Moyses war damals 80 Jahre alt, und sein Bruder Aaron war drei Jahre älter. Und sie führten mit sich die Gebeine Josephs, wie dieser seinen Söhnen befohlen hatte. 3. Die Ägypter aber reute es bald, die Hebräer ziehen gelassen zu haben, und da der König unwillig war, weil er glaubte, die Plagen seien nur den Zaubereien· des Moyses zuzuschreiben, beschloss er, ihnen nachzusetzen. Die Ägypter griffen daher sogleich zu den Waffen und ihrer sonstigen Kriegsausrüstung und verfolgten die Hebräer, um sie wieder in die Knechtschaft zu fuhren, falls sie ihrer habhaft werden könnten. Man glaubte, sie würden nicht weiter Gott anflehen, nachdem ihnen der Auszug geglückt
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war, und da sie wehrlos und vom Marsche ermattet seien, hoffte man, sie leicht überwinden zu können. Die Ägypter fragten nun jeden, der ihnen begegnete, wo die Hebräer hingezogen seien, und verfolgten sie in Eilmärschen, obgleich der Weg schon für gewöhnliche Wanderer, geschweige denn für ein Kriegsheer, recht beschwerlich war. Moyses aber hatte die Hebräer deshalb diesen Weg nehmen lassen, damit die Ägypter, falls sie der Auszug der Hebräer gereuen sollte, und sie ihnen mit Heeresmacht nachsetzten, die Strafe für ihre Bosheit und für die Verletzung des Vertrages finden sollten: Dann aber wollte er auch vor den Palästinern sicher sein, die noch einen alten Groll gegen die Hebräer hatten, und deren Land an Ägypten grenzte. Darum führte er das Volk nicht geradewegs auf Palästina zu, sondern wollte lieber durch die Wüste auf großen Umwegen, wenn auch unter Mühen und Beschwerden, Chananaea zu erreichen suchen. Hierzu kam noch der Befehl Gottes, der geboten hatte, das Volk solle zum Berge Sinai geführt werden und ihm dort opfern. Als nun die Ägypter die Hebräer eingeholt hatten, rüsteten sie sich zum Kampfe, schlossen die Hebräer mit großer Macht ein und trieben sie in die Enge. Denn sie hatten sechshundert Wagen, fünfzigtausend Reiter und zweihunderttausend Fußsoldaten; auch hatten sie alle Wege besetzt, auf denen die Hebräer ihnen hätten entkommen können. So hielten sie dieselben zwischen unzugänglichen Abhängen und dem Meere eingeschlossen. Denn an Letzteres grenzt ein steiles und unwegsames Gebirge, das jeden Ausweg abschneidet. Zwischen diesem und dem Meere saßen also die Hebräer fest, und den einzigen Ausweg in die Ebene hatten die Ägypter durch ein hier angelegtes Lager versperrt. 4. Da nun die Hebräer einerseits aus Mangel an Lebensmitteln keiner Belagerung standhalten, andererseits aber auch keinen Ausweg zur Flucht entdecken konnten, und da ihnen, selbst wenn sie hätten kämpfen wollen, die Waffen dazu fehlten, so blieb ihnen, wollten sie nicht zugrunde gehen, keine andere Hoffnung, als sich den Ägyptern auf Gnade oder Ungnade zu ergeben. Dem Moyses aber machten sie Vorwürfe, da sie die Wunder, welche Gott zum Zwecke ihrer Befreiung gewirkt hatte, bereits vergessen hatten. Ja, sie gingen so weit, dass sie den Propheten, der sie zum Ausharren ermahnte und ihnen ihre Errettung in Aussicht stellte, steinigen und sich wieder in die Gewalt der Ägypter begeben wollten. Die Weiber und Kinder aber jammerten und wehklagten, da sie den sicheren Tod vor Augen sahen; denn ringsum waren sie von Bergen, Meer und Feinden eingeschlossen, und kein Rettungsweg war zu entdecken.
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5. Obwohl nun die Menge gegen ihn aufgebracht war, ließ Moyses doch nicht im Mindesten von der Fürsorge für dieselbe ab. Vielmehr vertraute er auf Gott, er werde, wie er sonst seinem Versprechen gemäß fur ihre Erlösung gesorgt, so auch jetzt sie nicht ihren Feinden überantworten, die sie entweder wieder in die Knechtschaft schleppen oder töten würden. Daher begab er sich in ihre Mitte und sprach zu ihnen: »Es wäre schon unbillig, wenn ihr Menschen, die bis jetzt eure Angelegenheiten gut verwaltet haben, misstrauen würdet, gleich als ob sie in Zukunft dazu weniger geeignet wären; um wie viel törichter wäre es da, an Gottes Vorsehung zu verzweifeln, der euch alles gewährt hat, was er euch durch mich zu eurem Heile und in Hinsicht eurer Erlösung aus der Knechtschaft gegen alle eure Erwartung verheißen hat. Vielmehr geziemt es euch, in eurer jetzigen Notlage auf Gottes Hilfe zu bauen. Denn nur deshalb hat er eure Einschließung in diesen Engpass zugelassen, um euch gegen eurer Feinde Erwarten aus dieser Gefahr zu erlösen und euch dadurch seine Allmacht und besondere Fürsorge zu beweisen. Gott erzeigt nämlich denen, auf die er mit Wohlgefallen sieht, nicht nur in kleinen Angelegenheiten seine Hilfe, sondern erst recht dann, wenn die Menschen jedwede Hoffnung auf Besserung ihrer Lage aufgegeben haben. Vertraut daher fest auf einen solchen Helfer, der aus Kleinem Großes zu erzeugen und auch die Kraft solcher gewaltigen Heeresmassen zu schwächen vermag, mit denen euch die Ägypter schrecken. Wollet auch nicht verzweifeln, weil euch durch Meer und Berge die Flucht abgeschnitten ist; denn wenn Gott will, werden die Berge in Ebenen und das Meer in trockenes Land verwandelt werden.«
SECHZEHNTES KAPITEL Wie das Meer sich vor den Hebräern teilte und ihnen die Bucht· vor den Ägyptern ermöglichte. 334
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1. Nach diesen Worten führte er sie im Angesichte der Ägypter ans Meer. Diese konnten nämlich die Hebräer erblicken, hielten es aber, da sie von der Verfolgung ermüdet waren, für ratsam, den Kampf auf den kommenden Tag zu verschieben. Und als nun Moyses das Gestade erreicht hatte, ergriff er seinen Stab und flehte zu Gott um Schutz und Hilfe mit diesen Worten: »Du weißt, 0 Herr, dass wir vergeblich zu menschlicher Kraft und Überle-
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gung unsere Zuflucht nehmen, um der gegenwärtigen Not zu entgehen. In deiner Macht aber liegt es, deinem Volke, das in Gehorsam gegen deinen Willen aus Ägypten auszog, Erlösung zu gewähren. Daher nehmen wir, hoffnungslos und ratlos wie wir sind, zu dir allein unsere Zuflucht und flehen dich an. Angstvoll erwarten unsere Herzen das Eingreifen deiner Vorsehung, damit wir den Händen der wutentbrannten Ägypter entrissen werden. Doch komme schnell und zeige uns deine Macht; flöße dem Volke, das aus Verzweiflung zusammenzubrechen droht, Mut ein und richte wieder auf seine Hoffnung und sein Vertrauen auf Erlösung. Du vermagst unsere Not zu beseitigen - denn dein ist das Meer, und dein sind die Berge, die uns umschließen. Willst du, so tun sie sich auf, und das ~.1eer verwandelt sich in trockenes Land. Ja, durch die Luft können wir fliegen und so entkommen, wenn deine Allmacht uns also erretten will.« 2. Nach diesem Gebete zu Gott schlug Moyses mit seinem Stabe aufs Meer. Dieses aber gab dem Schlage nach, wich zurück und ließ das Land trocken, um den Hebräern die flucht zu ermöglichen. Daran erkannte Moyses Gottes Gegenwart, und da er sah, dass das Meer von seinem Grunde gewichen war, schritt; er zuerst hinein und hieß die Hebräer ihm folgen auf dem Pfade, den Gott ihnen gebahnt. Dann ermahnte er sie in der Freude über die Gefahr, in welche die nachsetzenden Feinde zu stürzen drohten, sie sollten Gott danken, der ihnen einen so unverhofften Weg zur Rettung geöffnet habe. 3. Als die Hebräer nun im Vertrauen auf Gottes Gegenwart ohne Zögern nacheilten, glaubten die Ägypter, sie seien von Sinnen, da sie offenbar ihrem Verderben entgegenliefen. Doch als sie sahen, dass die Hebräer wohlbehalten weiter vorrückten, ohne Schwierigkeiten und Hindernisse anzutreffen, begannen sie ihnen zu folgen, als ob auch vor ihnen das Meer ruhig zurückweichen würde; ihre Reiterei schickten sie dabei voraus. Indes sie sich aber ihre Waffen angelegt und damit Zeit verloren hatten, waren die Hebräer schon wohlbehalten am jenseitigen Ufer angelangt. Dadurch wurden die Ägypter noch mehr angestachelt zur Verfolgung, in dem Glauben, dass auch ihnen nichts Übles widerfahren würde. Sie hatten aber außer Acht gelassen, dass der Weg nur für die Hebräer, nicht aber fur andere geschaffen worden, und dass er zur Erlösung der Gefährdeten, nicht aber für die bestimmt war, die ihn zum Verderben anderer benutzen wollten. Als daher das gesamte Heer der Ägypter den Weg betreten hatte, strömte plötzlich das Meer wieder zusammen und begrub, von Sturm gepeitscht, mit gewaltigem Andrang die Ägypter in seinen fluten. Zugleich stürzten Re-
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gengüsse vom Himmel und grause Donnerschläge wechselten mit zuckenden Blitzen; kurz, was Gottes Zorn den Menschen zu schicken pflegt, schien hier vereinigt zu sein, denn auch dichte Finsternis und Nacht gesellte sich hinzu. So gingen die Ägypter sämtlich unter, und es blieb noch nicht einmal einer übrig, der die Botschaft von dem Unglück hätte nach Hause bringen können. 4. Die Hebräer aber konnten sich vor Freude über ihre unverhoffte Errettung und die Vernichtung ihrer Feinde kaum halten, und sie glaubten nun einer festen und gesicherten Zukunft entgegenzugehen, da Gott sie so offenbar beschützt hatte. Und weil sie selbst der Gefahr so wunderbar entronnen waren, ihre Feinde aber von einem Strafgericht ereilt sahen, wie es seit Menschengedenken nicht da gewesen, verbrachten sie die Nacht mit Gesang und in freudigem Jubel. Moyses selbst verfasste zur Ehre Gottes ein Lied in sechsfüßigen Versen, das Gottes Lob besang und ihm fur seine Wohltaten dankte. 5. Alles dies habe ich aufgezeichnet, wie ich es in den heiligen Büchern geschrieben fand. Niemand aber möge sich darüber verwundern und es für unglaublich halten, dass die damaligen Menschen, die in Schlechtigkeiten noch nicht so bewandert waren, einen Weg zu ihrer Errettung, sei es nach Gottes Willen oder von selbst, durch das Meer gefunden haben sollen. Denn es ist noch nicht so lange Zeit verstrichen, da auch vor dem Heere Alexanders, des Königs von Makedonien, das Pamphylische Meer zurückwich und ihm, da es keinen anderen Weg zu Gebote hatte, einen solchen eröffnete. Gott bediente sich nämlich seiner Hilfe, um die Herrschaft der Perser zu stürzen. Das bezeugen alle, welche die Kriegstaten Alexanders beschrieben haben. Doch möge hierüber jeder denken, wie ihm beliebt. 6. Als nun am folgenden Tage die sturmbewegten Meereswogen die Waffen der Ägypter ans Gestade geworfen hatten, ließ Moyses, der darin ein Zeichen der Vorsehung Gottes erblickte, dieselben sammeln und rüstete mit ihnen die Hebräer aus, damit diesen von jetzt an die Wehr nicht fehle. Alsdann führte er sie zum Berge Sinai, um dort Gott zu opfern und ihm fur die Errettung des Volkes zu danken, wie derselbe ihm früher befohlen hatte.
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ERSTES KAPITEL Wie Moyses das Volk in beschwerlichen Märschen zum Berge 8inai führte.
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1. Obgleich nun den Hebräern auf diese Weise eine unverhoffte Erlösung zuteil geworden war, schlug es doch auf dem Marsch nach dem Berge Sinai der Umstand nieder, dass die Gegend sehr öde war und großen Mangel an fester Nahrung wie auch an Wasser aufwies, sodass sie nicht einmal genügendes Futter für das Vieh, geschweige denn Lebensmittel fur die Menschen bot. Sie war nämlich ganz trocken und hatte nicht die geringste Feuchtigkeit, um Früchte hervorbringen zu können. Durch eine solche Gegend mussten sie nun wandern, da sie keinen anderen Weg benutzen konnten. Wasser hatten sie zwar auf Befehl ihres Führers an den Orten, die sie durchzogen hatten, mitgenommen; als dieses aber verbraucht war, mussten sie, um Wasser zu bekommen, Brunnen anlegen, und diese Arbeit war sehr mühsam wegen der Härte des Erdreiches. Und hatten sie dann endlich Wasser gefunden, so war es bitter und ungenießbar, und dazu noch nicht einmal hinreichend. Als sie so weitermarschierten, kamen sie eines Tages gegen Abend an einen Ort mit Namen Mar, der so hieß wegen des schlechten Wassers; denn Bitterkeit heißt im Hebräischen Mar. Und da sie durch die langen Märsche, wie auch durch den Mangel an Nahrung, sehr erschöpft waren (es mangelten ihnen nämlich damals jegliche Lebensmittel), so blieben sie hier eine Zeit lang. Denn es befand sich dort ein Brunnen, und wenn derselbe auch nicht fur eine so große Menge Menschen genügen konnte, so trösteten sie sich doch schon damit, ihn wenigstens gefunden zu haben, da sie von Kundschaftern vernommen hatten, sie würden bei ihrem Weitermarsch gar nichts mehr antreffen. Doch war das Wasser des Brunnens bitter und nicht nur für Menschen, sondern selbst für das Vieh ungenießbar. 2. Als nun Moyses sah, dass das Volk mutlos wurde, und er es mit den Worten nicht mehr trösten konnte (denn er hatte nicht bloß ein Heer von Männern vor sich, das der Macht der Verhältnisse tapfer hätte trotzen kön-
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nen, sondern ein Schwarm von Kindern und Weibern, die zu schwach waren, um sich vernünftigen Vorstellungen fügen zu können, übertäubte alle Regungen von Starkmut), geriet er in eine üble Lage, da er die Not, die alle litten, so empfand, als hätte er sie allein zu ertragen. Denn sie wandten sich an keinen anderen als an ihn und baten ihn flehentlich, die Mütter für ihre Kinder und die Männer für ihre Weiber, er möge sich ihrer annehmen und ihnen einen Weg zu ihrer Errettung zeigen. Daher richtete Moyses sein Gebet zu Gott und flehte ihn an, er möge dem Wassermangel abhelfen und das bittere Wasser in trinkbares verwandeln. Und als Gott ihm die Erhörung seiner Bitte zugesagt, nahm er ein Stück Holz, das gerade vor ihm lag, spaltete es der Länge nach, warf es in den Brunnen und gab den Hebräern kund, Gott habe sein Gebet erhört und ihm verheißen, er werde ihnen Wasser nach Wunsch gewähren, wenn sie nur seine Befehle schnell und bereitwillig vollziehen wollten. Auf ihre Frage aber, was sie tun müssten, um das Wasser trinkbar zu machen, befahl er, die stärksten Männer sollten Wasser aus dem Brunnen schöpfen, und wenn dann der größte Teil des Wassers entfernt sei, werde das übrige trinkbar sein. Jene unterzogen sich der Arbeit, und so wurde das Wasser, durch die starke Bewegung gereinigt, bald genießbar. 3. Von da zogen sie weiter und kamen nach Elis, das von weitem wegen der Palmen, die dort standen, sehr schön aussah, in der Nähe aber sich ebenfalls als unwirtlich erwies. Denn es waren höchstens siebzig Palmbäume, die dazu noch schlecht gewachsen und wegen des Wassermangels sehr niedrig waren. Ferner war die ganze Gegend trocken und sandig; die Quellen aber, zwölf an der Zahl, boten wenig Wasser dar, denn sie hatten keinen starken Sprudel und spendeten auch nicht einmal immer Wasser. Und auch, wenn man im Sande grub, fand sich nichts vor; waren es aber wirklich einmal wenige Tropfen, so waren sie so trüb, dass sie als Trinkwasser nicht verwendet werden konnten. Dazu waren auch die Bäume wegen Mangel an Wasser, das sie hätte anregen und erquicken können, zu schwach, um Früchte zu tragen. Infolgedessen machten die Hebräer ihrem Führer Vorwürfe und maßen ihm die Schuld an ihrem Elend und ihrer Not bei. Denn sie hatten in den dreißig Tagen, die seit Beginn der Reise verflossen waren, alle mitgeführten Lebensmittel aufgezehrt, und da sie nun nichts zur Stillung ihres Hungers vorfanden, waren sie nahe daran, ganz zu verzweifeln. Und nur mit dem Gedanken an ihr gegenwärtiges Elend beschäftigt, vergaßen sie alles, was Gott und des Moyses Tapferkeit und Weisheit ihnen bis jetzt hatten zuteil werden lassen, und wurden so heftig gegen ihren Führer auf-
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gebracht, dass sie ihn steinigen wollten, gleich als sei er der Urheber ihres Unglücks. 4. Als nun die Menge so heftig gegen ihn erregt war, trat Moyses im Vertrauen auf Gottes Hilfe und im Bewusstsein, dass er stets nur das Wohl seiner Stammesgenossen im Auge gehabt habe, mitten unter sie, obgleich sie heftig lärmten und Steine gegen ihn erhoben hatten. Und weil er von imponierender Erscheinung war und die Gabe besaß, durch natürliche Beredsamkeit aufVolksmassen einzuwirken, versuchte er ihren Zorn zu besänftigen. Er beschwor sie, über dem gegenwärtigen Ungemach nicht die früheren Wohltaten Gottes zu vergessen und, obgleich sie jetzt Mangellitten, der reichen Gaben zu gedenken, mit denen er wider ihre Erwartung sie überhäuft habe. Sie sollten fest vertrauen, dass Gott sie aus ihrer jetzigen verzweifelten Lage befreien werde, der sicher dieses Unglück nur deshalb über sie verhängt habe, um ihre Thgend und Standhaftigkeit zu erproben und zu sehen, ob sie seiner früheren Wundertaten noch gedächten oder dieselben in ihrer Not vergessen hätten. Doch es zeige sich ja klar, dass sie Ungemach standhaft zu ertragen nicht vermöchten, noch auch der früher erworbenen Verdienste eingedenk seien, da sie Gott und seinen Willen, dem zufolge sie Ägypten verlassen hätten, jetzt so gering schätzten und selbst seinen Diener mit so unversöhnlichem Hass verfolgten, der ihnen doch bei Verkündigung dessen, was Gott ihm aufgetragen, nie die Unwahrheit gesagt habe. Alsdann zählte er ihnen im Einzelnen auf, wie schwer die Ägypter geschlagen worden seien, weil sie gegen Gottes Befehl sie hätten zurückhalten wollen; wie ein und dasselbe Wasser den Ägyptern blutig und ungenießbar, ihnen dagegen süß und trinkbar erschienen sei; wie das Meer vor ihnen zurückgewichen sei und ihnen einen Weg freigemacht habe zu ihrer Errettung, während ihre Feinde elend umkamen; wie Gott ihnen Waffen im Überfluss verschafft habe, da sie wehrlos gewesen, und wie er sie aus anderen schweren Gefahren unerwartet errettet habe. Sie sollten daher an seiner mächtigen Vorsehung nicht verzweifeln, sondern in Geduld das Weitere abwarten und bedenken, dass seine Hilfe nie zu spät komme, wenn sie auch nicht sofort erscheine, nachdem ihnen etwas Hartes zugestoßen sei. Auch sollten sie wohl erwägen, dass Gott nicht deshalb zögere, weil er sie vergessen habe, sondern um ihre Standhaftigkeit auf die Probe zu stellen und ihre Liebe zur Freiheit, sowie um zu· erforschen, ob sie lieber für ihre Freiheit Hunger und Durst leiden oder aber lieber Sklaven dienste tun wollten gleich den Tieren, die von ihren Herren zu deren Dienst und Nutzen gemästet werden. Endlich sei er nicht um sein eigenes Wohl besorgt, denn
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für ihn sei es kein Unglüc~ wenn er ungerechterweise sterbe; viehnehr liege ihm ihr Wohlergehen am Herzen, da sie, wenn sie ihn steinigten, in Wahrheit Verächter Gottes sein würden. 5. Auf diese Weise gelang es ihm, sie zu beruhigen, sodass sie von seiner Steinigung Abstand nahmen und über ihren Anschlag Reue empfanden. Da er aber sah, dass sie, wenn auch nicht ohne ihr eigenes Verschulden, wirklich in großer Not sich befanden, so beschloss er, sich im Gebete an Gott zu wenden. Und er bestieg eine Anhöhe und betete zu Gott (bei dem allein all ihr Heil sei), er möge doch dem Volk Hilfe und Erlösung aus seiner großen Drangsal gewähren und ihm verzeihen, was es unter dem Drucke seines Elendes verbrochen habe. Sei doch der Mensch von Natur aus geneigt, im Unglück zaghaft und widerspenstig zu werden. Darauf verhieß ihm Gott, er werde sich ihrer annehmen und ihnen die erbetene Hilfe gewähren. Als Moyses dies vernommen hatte, stieg er wieder zum Volk herab, das ihn ob der Verheißungen Gottes erfreut sah, und dessen '!rauer sich darum rasch in Freude verwandelte. Und Moyses trat in ihre Mitte und verkündete ihnen, er bringe ihnen von Gott Erlösung aus ihrer Drangsal. Nicht lange danach kam eine große Menge Wachteln (diese Vogelgattung lebt vorzugsweise am Arabischen Meerbusen) über da~ Meer angeflogen, die, da sie müde vom langen Flug waren und überhaupt mehr als andere Vogel sich der Erde zu nähern wagen, sich bei den Hebräern niederließen. Diese fingen sie mit den Händen, betrachteten sie gleichsam als Nahrung, die Gott selbst ihnen bereitet habe, und machten damit ihrer Not ein Ende. Moyses aber wandte sich zu Gott und dankte ihm, dass er seiner Verheißung gemäß ihnen so schnell geholfen habe. 6. Bald schickte ihnen Gott nach dieser ersten Speise noch eine andere. Denn als Moyses seine Hände zum Gebet erhob, fiel Tau, und da derselbe an seinen Händen hängen blieb, vermutete er, Gott habe auch damit ihnen eine Speise beschert, und freute sich sehr darüber. Weil er aber sah, dass das Volk die Substanz irrigerweise für Schnee hielt, wie er im Winter zu fallen pflegt, belehrte er sie, das vom Himmel Gefallene sei kein Tau, wie sie meinten, sondern eine Speise zu ihrer Ernährung und Erhaltung. Und nachdem er selbst davon gekostet hatte, hieß er sie gleichfalls sich überzeugen, und sie folgten seinem Beispiele und freuten sich der Speise, denn sie schmeckte angenehm und süß wie Honig. An Aussehen aber glich sie dem Gewürz Bdellium und an Größe der einzelnen Körner dem Koriandersamen. Sie wurde nun eifrig gesammelt, und jeder musste täglich ein Assaron (ein bestimmtes Maß) davon auflesen; denn auf diese Weise werde es
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ihnen an Nahrung nicht mangeln. Es geschah das aus Vorsicht, damit nicht die Stärkeren, die mehr zu sammeln vermochten, den Schwächeren das Einsammeln ihrer Nahrung erschweren konnten. Diejenigen aber, welche über das vorgeschriebene Maß hinausgingen, hatten davon doch keinen Nutzen. Denn sie fanden nicht mehr als ein Assaron, und was für den folgenden Tag aufgespart wurde, war ungenießbar, da es dann bitter und voll von Würmern war. Es war eine göttliche und unbegreifliche Speise, denn wer davon genoss, konnte jede andere Nahrung entbehren. Noch bis auf den heutigen Tag fällt in jener ganzen Gegend diese Substanz nieder, wie sie Gott damals dem Moyses zu Gefallen als Nahrung bescherte. Diese Speise nennen die Hebräer Manna, denn in unserer Sprache ist »man« die FragepartikeL wenn wir fragen wollen: »was ist das?« Die Hebräer aber freuten sich dessen, was vom Himmel fieL gar sehr, denn sie genossen diese Speise vierzig Jahre lang, also in der ganzen Zeit, da sie in der Wüste lebten. 7. Nachdem sie nun von da weitergezogen und nach Raphidin gekommen waren, litten sie argen Durst, weil sie an den vorhergehenden Tagen nur sehr vereinzelte Quellen angetroffen hatten. Und da sie sahen, dass das ganze Land überhaupt trocken und wasserarm war, und sie wieder in Not geraten würden, murrten sie aufs Neue gegen Moyses. Dieser aber entzog sich für kurze Zeit dem Ungestüm des Volkes und wandte sich zu Gott, den er flehentlich bat, er möge, wie er früher ihnen Speise verschafft habe, so auch jetzt den Trank ihnen nicht versagen; denn wenn ihnen dieser fehle, werde ihnen die Speise allein nicht viel nützen. Gott aber zögerte in seiner Güte nicht, sondern versprach dem Moyses, es werde sich ihnen eine wasserreiche Quelle zeigen, wo sie dieselbe am wenigsten erwarteten. Dann hieß er ihn mit seinem Stab auf den Felsen schlagen, den er zunächst erblicken werde; sie würden dann so viel Wasser erhalten, als sie wünschten, auch solle es ihnen ohne alle Mühe und Arbeit zufließen. Als Moyses dies von Gott vernommen hatte, kehrte er zum Volke zurück, das in gespannter Erwartung seiner harrte; denn es hatte schon von einer Anhöhe aus nach ihm ausgespäht, als er beschleunigten Schrittes vom Berge herabstieg. Und als er ankam, verkündete er ihnen, Gott wolle sie auch aus dieser Not erlösen und ihnen unverhoffte Hilfe senden; denn es werde Wasser aus einem Felsen hervorquillen. Sie aber erstaunten hierüber, als wenn sie, von Durst und den Beschwerden des Marsches erschöpft, nun auch noch einen Felsen anhauen müssten. Und als nun Moyses mit seinem Stab auf den Felsen schlug, der sich sogleich öffnete und reichlich klares Wasser hervorsprudeln ließ, gerieten sie ob der Neuheit der Erscheinung in solches Erstaunen, dass
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schon vom bloßen Anschauen ihr Durst gestillt wurde. Darauf tranken sie und fanden das Wasser lieblich und süß, ein wahres Geschenk Gottes. Und sie bewunderten den Moyses, den Gott so sehr ehrte; Gott aber brachten sie für seine große Fürsorge Opfer dar. Die heilige Schrift aber, die im Tempel aufbewahrt wird, erklärt uns, Gott habe dem Moyses vorherverkündigt, dass er auf diese Weise dem Felsen Wasser entströmen lassen werde.
ZWEITES KAPITEL Wie die Amalekiter und die benachbarten Völker die Hebräer mit Krieg überziehen, von ihnen aber besiegt werden und einen großen Teil ihres Heeres verlieren.
1. Als nun der Ruf der Hebräer sich weit und breit ausdehnte und das Gerede über sie mehr und mehr zunahm, befiel die Eingeborenen eine große Furcht, und sie schickten Boten hin und her und ermunterten einander, ihre Streitkräfte zu vereinigen und auf die gänzliche Ausrottung jenes Volkes hinzuarbeiten. Am meisten rieten hierzu die Bewohner von Gobolitis und Petra, welche Amalekiter hießen und die kriegerischsten von den benachbarten Völkerschaften waren. Deren Könige reizten durch Boten ihr eigenes Volk sowohl, als auch die ringsum wohnenden Völker zum Kriege gegen die Hebräer auf, indem sie vorgaben, diese seien ein Heer von Fremdlingen, die der Knechtschaft der Ägypter entronnen seien und nun kämen, um ihnen den Untergang zu bereiten. »Wir dürfen sie«, hieß es, »keineswegs verachten, sondern müssen sie, was das Sicherste und Klügste ist, bevor sie an Macht wachsen, sich ausbreiten und, durch unser Zögern kühn gemacht, uns zuerst mit Krieg überziehen, unterdrücken und für das, was sie in der Wüste getrieben, sie züchtigen, ehe sie an unsere Städte und unseren Reichtum ihre Hand legen. Denn es ist viel vernünftiger, der Feinde Macht zu stürzen, sobald sie zu wachsen beginnt, als später ihren Fortschritt hemmen zu wollen, wenn sie schon erstarkt ist. Im letzteren Falle stehen wir da, als ob wir dem Feinde wegen seiner großen Macht grollten, während wir im ersteren Falle ihm jede Gelegenheit zu Anschlägen gegen uns von vornherein abschneiden.« So reizten sich die Völkerschaften gegenseitig durch Boten auf, und endlich ward beschlossen, die Hebräer mit Krieg zu überziehen.
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2. Moyses aber, der solche Feindseligkeit nicht erwartet hatte, geriet durch die Rüstungen der Eingeborenen in große Verlegenheit. Und als es nun zum Kampfe kommen und das Kriegsglück versucht werden sollte, bemächtigte sich große Verwirrung der Hebräer, denn sie sollten, obgleich nicht hinreichend vorbereitet, mit einem gut geleiteten und gerüsteten Heere streiten. Moyses aber sprach ihnen Trost zu und ermahnte sie, auf Gottes Hilfe zu vertrauen und wohlgemut zu sein. Er, der ihnen zur Freiheit verholfen, werde ihnen auch den Sieg über ihre Feinde verleihen, die ihnen jene wieder rauben wollten. Sie sollten erwägen, dass ihr Heer doch nicht so klein und schwach sei, auch an Waffen, Geld, Lebensmitteln und allem anderen, was zur Kriegführung nötig sei, keinen Mangel habe, weil sie der Hilfe Gottes sicher seien. Der Feinde Heer dagegen sei klein, schlecht bewaffnet und schwach, und Gott werde nicht zulassen, dass sie von solchen Männern überwunden würden. Auch sollten sie sich ins Gedächtnis rufen, wie mächtig der Helfer sei, dessen Beistand sie in so vielen und noch weit schlimmeren Gefahren kennen gelernt hätten. Denn hier hätten sie nur mit Menschen zu kämpfen, früher dagegen seien Hunger und Durst, Berg und Meer ihre viel gefährlicheren Gegner gewesen, und auch die hätten sie doch mit Gottes gnädiger Hilfe vollständig überwunden. Sie sollten daher freudigen Herzens in den Kampf ziehen, denn reiche Beute winke ihnen nach Besiegung ihrer Feinde. 3. So feuerte Moyses den Mut des Heeres an. Alsdann berief er die Stammeshäupter und die Edelsten des Volkes, erst einzeln, danach alle zusammen, zu sich und ermahnte die Jüngeren, den Befehlen der Älteren zu gehorchen, die Letzteren aber, dem Führer des Heeres den schuldigen Gehorsam nicht zu versagen. So erwarteten sie denn gestählten Mutes und in der Hoffnung auf endliche Erlösung aus ihrer schlimmen Lage den Kampf und baten den Moyses, sie gradeswegs und unverzüglich gegen den Feind zu fUhren, damit ihr Eifer nicht erkalte. Moyses wählte nun aus der ganzen Menge die streitbarsten Männer aus und stellte sie unter den Befehl des Jesus*, Sohnes des Nave, aus dem Stamme Ephriim, eines tapferen und abgehärteten Mannes, der im Denken und Reden energisch war, sich durch treue Verehrung Gottes auszeichnete (Moyses selbst hatte ihn hierin unterwiesen) und bei den Hebräern in hohen Ehren stand. Dem schwächeren Teil der Bewaffneten aber übertrug er außer der Sorge für das Wasser den Schutz der Frauen und Kinder sowie des Lagers im Allgemeinen. Und die * Josua.
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ganze Nacht hindurch rüsteten sie sich, setzten ihre Waffen instand und harrten ihrer Anführer, damit sie, sobald Moyses das Zeichen geben würde, sogleich in den Kampf ziehen könnten. Auch Moyses brachte die Nacht schlaflos zu und gab dem Jesus genaue Anweisung zur Aufstellung des Heeres. Bei Tagesanbruch aber ermahnte er ihn, er möge im "freffen die Hoffnung rechtfertigen, die man auf ihn setze, und sich durch seine Kriegstaten die Achtung seines Heeres zu erwerben suchen. Ebenso ermahnte er jeden Einzelnen aus den Besten der Hebräer und entflammte dann auch die ganze Streitmacht zur Tapferkeit. Und nachdem er das Heer also angefeuert und vorbereitet hatte, stieg er auf einen Berg und befahl dasselbe Gott und dem Jesus. 4. Die feindlichen Heere trafen nun zusammen, und es kam zum Handgemenge. Auf beiden Seiten wurde wacker gestritten, und einer feuerte den andern an. Solange nun Moyses seine Hände ausgestreckt hielt, waren die Hebräer den Amalekitern überlegen. Als er aber wegen großer Ermüdung seine Hände nicht länger ausgestreckt halten konnte (sobald er sie nämlich sinken ließ, hatten die Feinde die Oberhand), hieß er seinen Bruder Aaron und seinen Schwager Orus, den Mann seiner Schwester Mariamme, sich neben ihn stellen und seine Hände unterstützen; und sie sollten hiermit nicht nachlassen. So kam es, dass die Hebräer die Amalekiter vollständig schlugen, und sie würden dieselben gänzlich aufgerieben haben, wenn die hereinbrechende Nacht sie daran nicht gehindert hätte. Unsere Vorfahren aber hatten einen glänzenden und erfolgreichen Sieg erfochten, denn abgesehen von der gänzlichen Niederwerfung ihrer Feinde jagten sie auch den ringsum wohnenden Völkerschaften großen Schrecken ein und gewannen dazu noch, gleichsam als Lohn fur ihre Anstrengung, eine sehr reiche Beute. Denn in dem Lager der Feinde fanden sie nach dessen Einnahme ungeheure Schätze, die sowohl für den allgemeinen als für den privaten Gebrauch verwendbar waren und ihnen bei ihrer großen Not sehr zustatten kamen. Die Vorteile dieses Kampfes traten aber nicht allein in der Gegenwart zutage, sondern ließen sich auch für die Zukunft erwarten. Denn abgesehen davon, dass sie die Feinde unter ihre Botmäßigkeit brachten, beugten sie auch deren Mut und flößten durch den herrlichen Sieg über die Amalekiter auch den umliegenden Völkern gewaltigen Schrecken ein. Zudem vermehrten sie ihren Reichtum. Denn der Feind hatte eine Menge Gold- und Silbergeschirr, eherne Gefäße zum Küchengebrauch, geprägtes Gold- und Silbergeld, Gewebe, kunstvolle Waffen und andere Kunst- und Ausrüstungsgegenstände, außerdem viel Vieh und allerhand Gerät, das ein
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Heer auf dem Marsche zu gebrauchen pfleg~ zurückgelassen. Die Hebräer aber wurden sich auch infolge des Sieges ihrer Tapferkeit mehr bewusst und vertrauten mehr als bisher ihren Kräften und ihrer Ausdauer im Ertragen von Mühen. Ja, sie waren überzeug~ dass niemand mehr· ihnen widerstehen könne. Einen so großartigen Erfolg hatte dieser Kampf gezeitigt. 5. Am folgenden Tage ließ Moyses den gefallenen Feinden die Rüstungen ausziehen, die Waffen, welche die Flüchtigen von sich geworfen, sammeln und verteilte an die, welche sich besonders hervorgetan, Belohnungen. Den Jesus aber lobte er vor versammeltem Kriegsheere, das Zeuge seiner herrlichen Taten gewesen war. Von den Hebräern war niemand im Kampfe gefallen, von den Amalekitern dagegen so viele, dass sie kaum zu zählen waren. Um nun Gott das schuldige Dankopfer darzubringen, errichtete Moyses einen Altar und rief Gott den Siegreichen an. Dann verkündete er, die Amalekiter müssten gänzlich vertilgt werden, weil sie die Hebräer ohne Veranlassung mit den Waffen angegriffen hätten und dazu noch in der Wüste, wo sie ohnehin in großer Drangsal lebten. Zum Schlusse gab er dem gesamten Heere ein Freudenmahl. Das war also der erste Krieg, den die Hebräer nach dem Auszug aus Ägypten gegen herausfordernde Feinde geführt haben. Nachdem nun das festliche Mahl, mit dem die Hebräer den Sieg feierten, zu Ende gegangen, ließ Moyses sie einige Tage sich erholen und ruhen; dann aber führte er sie in geordnetem Zuge weiter. Und da er eine große Zahl Schwerbewaffneter hatte, kam er nur langsam vorwärts und gelangte erst im dritten Monat nach dem Auszug aus Ägypten zum Berge Sinai, wo, wie ich früher erwähnt habe, das Wunderzeichen an der Brombeerstaude und andere Ers~heinungen ihm begegnet waren.
DRITTES KAPITEL Wie Moyses seinen Schwiegervater Raguel (Jothor), der zu ihm an den Berg Sinai kommt, freudig empfängt. 63
Als Raguel, der Schwiegervater des Moyses, von dessen Kriegstaten Kunde erhalten, machte er sich auf, um ihm Glück zu wünschen. Moyses, seine Gattin Sepphora und seine Söhne nahmen ihn freundlich auf und waren über seine Ankunft sehr erfreut. Und nachdem Moyses Gott ein Opfer dargebrach~ bereitete er dem Volke ein Freudenmahl nicht weit von jener
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Brombeerstaude, welche vom Feuer verschont geblieben war. Die Menge ließ sich, nach Stämmen geordnet, an der Tafel nieder. Aaron aber und Raguel sangen mit den Thrigen Gott Loblieder als dem Urheber und Spender ihres Glückes und ihrer Freiheit, und auch priesen alle ihren Führer, weil durch seine Tapferkeit alles sich ihnen nach Wunsch gestaltet habe. Endlich erteilte Raguel in seiner Danksagung an Moy~es dem Volke viele Lobeserhebungen, den Moyses aber feierte er ganz besonders, weil er für seiner Freunde Errettung so große Tapferkeit in Beschwerden und Gefahren bewiesen habe.
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VIERTES KAPITEL Wie Raguel dem Moyses riet, das Volk. zu teilen und Befehlshaber über je tausend und je hundert Mann usw. zu setzen und wie Moyses diesem Rat folgte.
1. Am anderen Tage bemerkte RagueL dass Moyses mit Geschäften zu sehr überlastet sei. Denn er schlichtete alle Streitigkeiten, sooft dies begehrt wurde; alle wandten sich an ihn, da sie kein Recht erlangen zu können meinten, wenn Moyses nicht Schiedsrichter sei. Und auch diejenigen, die bei dem Spruch verloren, nahmen dies nicht übeL weil sie die Entscheidung als nach strengem Recht gefällt anerkannten. Doch schwieg Raguel zunächst dazu, weil er niemand hindern wollte, den Schiedsspruch des erlauchten Führers einzuholen. Als aber die Menge sich entfernt hatte, nahm er ihn mit sich und gab ihm, als sie allein waren, seine Meinung kund in Betreff dessen, was zu geschehen habe. Er riet ihm nämlich, die unerheblichen Sachen anderen zu überlassen, selbst aber nur die wichtigeren Geschäfte zu erledigen und so für das allgemeine Wohl zu sorgen. Denn es würden sich doch gewiss noch viele Hebräer finden, die zur Rechtsprechung geeignet wären; für das Wohl so vieler Tausenden aber zu sorgen verstehe niemand als Moyses oder ein ihm Gleichstehender. »Da du«, sagte er, »wohl weißt, wie hoch du über den anderen stehst und wie viel du im Dienste Gottes für ihre Sicherheit und ihr Gedeihen getan hast, so lass sie die Entscheidung ihrer Händel anderen übertragen. Du aber widme dich nur dem Dienste Gottes, und du wirst auf diese Weise nicht weniger zum Heile und Besten des Volkes leisten. Befolge also meinen Rat hinsichtlich
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der Verwaltung, lass das Heer sorgfaltig schätzen und teile es in Abteilungen von je zehntausend, dann weiter in solche von je tausend, fünfhundert, hundert, fünfzig, dreißig, zwanzig und zehn Mann. Über die einzelnen Abteilungen aber setze Vorgesetzte, die aus ihnen ausgewählt sind und nach der Zahl ihrer Untergebenen genannt werden. Diejenigen, die beim Volke als tugendhafte und gerechte Männer gelten, sollen in Streitsachen Recht sprechen und wichtigere Sachen zur Entscheidung derjenigen bringen, die an Würde höher stehen. Wird aber auch diesen die Urteilsfällung zu schwer, so sollen sie die Sache an dich verweisen. So wird dem Volke sein Recht, und du kannst in eifrigem Dienste Gottes Wohlwollen noch mehr auf dasselbe herabrufen.« 2. Moyses ließ sich diesen Rat Raguels gern gefallen und ordnete alsbald alles so an. Doch nahm er die Erfindung der Einrichtung keineswegs für sich in Anspruch, vielmehr gab er dem Volke den Urheber derselben kund. Auch in seinen Büchern gedenkt er ausdrücklich des Raguel als des Erfinders der vorgenannten Einrichtung; denn er hielt es für wohlgetan, die großen Verdienste anderer gebührend ins Licht, zu setzen, deren Anerkennung und Hervorhebung zudem rühmlich sei. Hieraus kann man schließen, wie groß die Uneigennützigkeit des Moyses war, wovon ich auch an anderen Stellen dieser Schrift gelegentlich berichten werde.
FÜNFTES KAPITEL Wie Mayses auf den Berg Sinai stieg, von Gott Gesetze erhielt und sie den Hebräern gab. 75
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1. Moyses aber berief das Volk zusammen und sagte ihm, er werde auf den Berg Sinai sich begeben, dort mit Gott verkehren und ihnen seine Aussprüche überbringen. Und er befahl ihnen, das Lager bei dem Berge Sinai aufzuschlagen, damit sie Gott so nahe als möglich seien. Nach diesen Worten stieg er auf den Berg Sinai, welcher der höchste Berg jener Gegend und wegen seiner Höhe und steilen Abhänge nicht bloß unwegsam ist, sondern auch kaum ohne Ermüdung der Augen betrachtet weI'den kann. Nach allgemein verbreiteter Sage wohnte hier Gott, und deshalb flöße der Berg Schrecken ein und sei noch nie bestiegen worden. Dem Befehle des Moyses zufolge schlugen nun die Hebräer ihr Lager am Fuße des Berges auf und
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waren froh und wohlgemut, da sie hofften, Moyses werde mit herrlichen Verheißungen von Gott zurückkehren. Und in Erwartung seiner Rückkehr hielten sie Freudenmahle, beobachteten Reinigungsvorschriften, die Moyses ihnen gegeben, und enthielten sich nach seinem Befehle drei Tage hindurch des Umganges mit den Weibern. Zu Gott aber flehten sie, er möge den Moyses gnädig aufnehmen und ihm solche Gaben verleihen, die ihr Dasein glücklicher machen könnten. Auch nahmen sie reichlichere Nahrung zu sich und schmückten und putzten sich nebst ihren Weibern und Kindern. 2. So verbrachten sie zwei Tage in festlicher Schmauserei. Am dritten Tage aber vor Sonnenaufgang überzog das ganze Lager der Hebräer eine Wolke, wie sie eine solche nie erblickt hatten, und erfüllte den ganzen Raum, wo ihre Zelte standen. Und während im Übrigen der Himmel heiter war, erhob sich plötzlich heftiger Sturm, reichlicher Regen stürzte vom Himmel, und schauerliche Blitze, gefolgt von heftigen Donnerschlägen, verkündeten die Gegenwart Gottes, der in seiner Huld nahe war und des Moyses Begehren entgegennahm. Doch mag das jeder Leser aufnehmen, wie ihm beliebt; ich glaube nur das mitteilen zu müssen, was in den heiligen Büchern geschrieben steht. Als nun die Hebräer dieses sahen und das schreckliche Getose vernahmen, ergriff sie Zittern und Angst, denn sie waren an solche Ereignisse nicht gewöhnt, und das Gerücht, Gott besuche häufig den Berg, erfüllte ihre Gemüter mit großem Zagen. Sie hielten sich darum niedergeschlagen und bekümmert in ihren Zelten und fürchteten, Gott habe in seinem Zorn den Moyses vernichtet, und das Gleiche werde auch ihnen geschehen. 3. Als sich die Hebräer nun so ängstigten, erschien plötzlich Moyses bei ihnen, fröhlich und erhaben anzuschauen. Und wie sie ihn erblickten, schwand ihre Furcht, und Hoffnung erfüllte sie, zumal qa der Himmel sich aufheiterte und das Unwetter sich verzog, als Moyses angekommen war. Dieser berief das Volk zusammen, um Gottes Befehle zu vernehmen. Und als es sich versammelt hatte, betrat er einen hervorragenden Ort, von wo seine Stimme allen vernehmlich war, und verkündete Folgendes: »Gott hat mich, 0 Hebräer, mit demselben Wohlwollen aufgenommen wie früher, und er ist selbst jetzt in eurer Mitte gegenwärtig, um euch Mittel und Weg zu einem glücklichen Leben und einer guten Staatsverfassung zu zeigen. Deshalb beschwöre ich euch bei ihm und seinen herrlichen Werken, meine Worte nicht zu verachten, indem ihr nur auf meine Person Rücksicht nehmt und darauf, dass nur eines Menschen Zunge also zu euch spricht. Erwägt
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vielmehr die Erhabenheit der Worte, und ihr werdet daran die Majestät dessen erkennen, der sie ausgedacht und sich herabgelassen hat, zu unserem Besten mit mir zu reden. Denn nicht Moyses, der Sohn des Amaram und der Joachebed, gibt euch diese Gebote, sondern der, der durch seine Allmacht zum Zwecke eurer Errettung das Wasser des Nil blutig gemacht und den Übermut der Ägypter durch mancherlei Plagen gedemütigt hat; der euch einen Weg durch das Meer bereitete; der euch Speise vom Himmel sandte, als ihr hungrig, und reichliches Wasser aus dem Felsen sprudeln ließ, als ihr durstig waret; von dem Adam empfangen hat, was Erde und Meer erzeugt; der den Noe aus der Sintflut errettete und dem umherirrenden Abram das Land Chananaea schenkte; durch den Isak seinen Eltern noch in deren hohem Alter geboren wurde; der den Jakob mit zwölf tugendhaften Söhnen beschenkte und dem Joseph die Herrschaft über die Ägypter verlieh - er gibt euch durch mich diese Gebote. Diese sollen euch heilig sein und teurer als eure Weiber und Kinder. Wenn ihr sie beobachtet, werdet ihr glücklich sein, das Land wird euch Früchte tragen, das Meer von Stürmen nicht erregt werden; eure Kinder werden euch glücklich geboren werden, und ihr werdet euren Feinden ein Schrecken sein. Ich habe Gott gesehen und seine unsterbliche Stimme gehört: So sehr liegt ihm euer Geschlecht und dessen Erhaltung am Herzen.« 4. Nachdem er so gesprochen, führte er das Volk mit Weibern und Kindern heran, damit sie selbst von Gott vernähmen, was sie zu tun hätten, und damit nicht die Glaubhaftigkeit der Worte dadurch Schaden litte, dass sie nur von menschlicher Zunge verkündigt und so ihr Ansehen beeinträchtigt würde. Und es drang die Stimme aus der Höhe zu aller Ohren, sodass jeder die einzelnen Gebote deutlich vernehmen konnte, die Moyses auf zwei Tafeln aufgezeichnet hinterlassen hat. Doch ist es nicht notwendig, dass ich dieselben Wort für Wort wiedergebe, weshalb ich nur ihren Sinn hier darle• gen will. 5. Das erste Gebot lehrt uns, dass nur ein Gott ist, und dass er allein zu verehren sei; das zweite schreibt vor, dass man keines Tieres Bild anbeten darf; das dritte, dass man bei Gott nicht leichtfertig schwören darf; das vierte, dass man jeden siebenten Tag heilig halten und an ihm von aller Arbeit ruhen soll; das fünfte, dass man die Eltern ehren soll; das sechste, dass man nicht töten soll; das siebente, dass man nicht ehebrechen soll; das achte, dass man nicht stehlen soll; das neunte, dass man kein falsches Zeugnis ablegen soll; das zehnte, dass man kein fremdes Eigentum begehren soll. 6. Als nun das Volk von Gott selbst das vernommen hatte, was Moyses
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ihm schon mitgeteilt hatte, empfand es eine große Freude und zerstreute sich wieder. In den folgenden Tagen aber kamen sie oft zu seinem Zelte und begehrten, dass er ihnen die von Gott gegebenen Gesetze verkünden möchte. Moyses willfahrte ihnen und schrieb ihnen vor, was sie in jeder Lebenslage zu tun hätten; hiervon werde ich an geeigneter Stelle noch sprechen. Den größten Teil der Gesetze aber werde ich mir fur ein anderes Werk aufsparen, worin ich diese gesondert behandeln werde. 7. Unter diesen Umständen ging Moyses wiederum auf den Berg Sinai, nachdem er den Hebräern seine Absieht mitgeteilt hatte; und sie sahen ihn den Berg besteigen. Und da er hier lange verweilte (er war vierzig Tage abwesend), fürchteten die Hebräer, es möchte ihm ein Unglück zugestoßen sein; von allen Übeln aber, die sie schon erduldet, würde sie keines so hart getroffen haben, als wenn sie hätten überzeugt sein müssen, Moyses sei gestorben. Man äußerte verschiedene Vermutungen. Die einen glaubten, er sei von wilden Tieren zerrissen worden; zu diesen gehörten meist diejenigen, die ihn hassten. Die anderen meinten, er sei zu Gott heimgegangen. Die Klügeren aber, denen keine von beiden Ansichten gefiel, hielten es wohl für möglich, dass er von wilden Tieren zerrissen worden, und sogar seiner Tugend wegen für wahrscheinlich, dass Gott ihn zu sich genommen habe, waren aber doch über sein Geschick nicht in Sorge. Dagegen waren sie ihrer selbst wegen in großer Trauer darüber, dass sie einen Führer und Ratgeber verloren haben sollten, wie sie ihn niemals wieder zu bekommen hoffen konnten. Und wenn sie auch die Erwartung hegen konnten, es sei ihm nichts Übles widerfahren, so konnten sie sich doch nicht enthalten, betrübt und traurig zu sein. Mit Rücksicht auf Moyses' Befehl aber, dass sie hier bleiben sollten, wagten sie auch nicht weiterzuziehen. 8. Als nun bereits vierzig Tage und Nächte verstrichen waren, erschien endlich Moyses, ohne irgendeine Nahrung zu sich genommen zu haben. Bei seinem Anblick ergriff Freude das ganze Heer, zumal er ihnen auseinander setzte, wie sehr Gott um ihr Wohlergehen besorgt sei. Gott habe ihm, sagte er, gezeigt, wie sie ihre Verfassung einzurichten hätten, um gut und glücklich zu leben. Auch verlange Gott, sie sollten ihm eine Hütte bauen, in die er herabsteigen wolle, sooft es ihn verlange, bei ihnen zu sein. Die Hütte sollten sie auch auf ihren Zügen mit sich fuhren, sodass es fürder nicht nötig sein werde, den Berg Sinai zu besteigen; vielmehr werde Gott selbst zu ihnen kommen, um ihre Gebete zu erhören. Und es sollte die Hütte so groß und von solcher Gestalt werden, wie Gott selbst es ihm vorgeschrieben; sie sollten sich also ungesäumt ans Werk machen. Nach diesen
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Worten zeigte er ihnen die beiden Tafeln, auf denen die zehn Gebote geschrieben standen, fünf auf jeder. Die Schrift aber war von Gottes Hand geschrieben.
SECHSTES KAPITEL Von der Hütte, die Moyses Gott in der Wüste erbaute und weihte, damit sie die Stelle des Tempels vertrete. 102
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1. Die Hebräer, erfreut über das, was sie gesehen und von Moyses gehört hatten, ließen es an fleiß und Eifer nicht fehlen und trugen herbei Silber, Gold und Erz, Holz von bester Qualität, das der Fäulnis nicht so leicht unterlag, Ziegen- und Schaffelle in Blau, Scharlachrot, Weiß und Purpur gefärbt, Wollstoffe von denselben Farben, Byssusleinwand, Edelsteine, die man in Gold gefasst als Schmuck zu tragen pflegt, endlich allerlei Räucherwerk. Aus solchen Stoffen erbaute man die Hütte, die sich in nichts von einem tragbaren Tempel unterschied. Als alle in regem Wetteifer, viele auch über ihr Vermögen hinaus beigesteuert hatten, bestimmte Moyses auf Befehl Gottes Baumeister zu dem Werke, die besten, die das Volk selbst aus gewählt hätte, wenn ihm die Wahl überlassen worden wäre. illre Namen, die in den heiligen Büchern aufgeschrieben stehen, waren BeseleeL Sohn des Urus aus dem Stamme Judas und Enkel der Mariamme, der Schwester des Moyses, und Eliab, Sohn des Isamach, aus dem Stamme Dan. Das Volk aber unterstützte das Unternehmen mit solchem Eifer, dass Moyses ihnen Einhalt tun musste und verkündigen ließ, es seien nach Ansicht der Baumeister keine weiteren Beiträge mehr nötig. So begann also der Bau der Hütte. Moyses gab die einzelnen Maße an, wie Gott sie ihm mitgeteilt hatte, sowie die Größe und Menge der zum Opferdienste erforderlichen Geräte. Auch die Frauen wetteiferten miteinander in der Anfertigung priesterlicher Gewänder und anderer Gegenstände, die zum Schmuck der Hütte und zum Gottesdienst bestimmt waren. 2. Als nun alles in Bereitschaft war, Gold, Silber, Erz und Gewebe, verkündete Moyses einen Festtag und ordnete an, dass jeder nach Kräften ein Opfer bringen solle. Darauf begann der Bau der Hütte. Zuerst maß er den Vorhof ab, fünfzig Ellen breit, hundert Ellen lang, und richtete eherne Pfeiler auf, fünf Ellen hoch, zwanzig Ellen in der Längsseite und zehn in der
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Breitseite messend; jeder der Pfeiler trug Ringe. Die Pfeilerkapitelle waren von Silber, die Fußgestelle von Gold und zugespitzt wie Lanzenspitzen; der in der Erde befestigte Teil der Pfeiler aber war von Erz. Durch die Ringe waren Seile gezogen, die am Anfange an eherne Nägel von der Länge einer Elle festgebunden waren, über die einzelnen Pfeiler liefen und in den Erdboden befestigt wurden, um die Hütte gegen den Ansturm der Winde zu sichern. An drei Seiten umgab diesen Raum ein Vorhang von feinstem Byssusleinen, der von den Pfeilerkapitellen bis zum Fußgestelle herabfloss und sich scheinbar von einer Wand nicht unterschied. An der vierten Seite aber, der Vorderseite des ganzen Baues, der fünfzig Ellen maß, befand sich das Tor von zwanzig Ellen Öffnung, an dessen beiden Seiten Doppelpfeiler nach Art eines Einganges standen. Diese waren ganz mit geglättetem Silber überzogen außer den Füßen, die von Erz waren. An jeder Seite des Einganges aber standen drei Pfeiler, die in die hölzernen Torhalter fest eingelassen waren, und an denen das Gewebe aus Byssusleinwand herabgeführt war. Über das Tor, welches zwanzig Ellen in der Breite maß und fünf Ellen in der Höhe, war ein Vorhang aus Purpur und scharlachrotem Zeug mit blauem Stoff und Byssus durchwebt ausgebreitet, der mancherlei Stickerei, jedoch mit Ausschluss von Tiergestalten, trug. Innerhalb des Tores stand ein ehernes Wasserbecken mit einem Sockel von demselben Stoff, aus dem die Priester ihre Hände wuschen und ihre Füße übergossen. So war die Einfriedigung des Vorhofes ausgestattet. 3. Die Hütte selbst stellte er in dessen Mitte nach Osten gewendet, damit die aufgehende Sonne ihre Strahlen darauf sende. Ihre Länge betrug dreißig, ihre Breite zehn Ellen; eine der Seitenwände sah nach Süden, die andere nach Norden, und die Rückwand nach Westen. Sie erhob sich zu derselben Höhe, wie sie breit war. An beiden Seiten hatte sie je zwanzig Bretter, viereckig geschnitten, eineinhalb Ellen breit und vier Finger dick. Von außen sowohl wie von innen waren sie mit goldenen Platten beschlagen. An den einzelnen Brettern befanden sich je zwei Zapfen an den Fußenden, die von Silber waren und in entsprechende Löcher passten. Die Westwand aber hatte sechs Bretter, welche alle aneinander passten und fest verbunden waren, sodass man die Fugen nicht bemerkte und das Ganze eine einzige Wand zu bilden schien. Von innen und außen war sie mit Goldblech überzogen. Die beiden Seitenwände hatten, wie gesagt, je zwanzig Bretter, jedes eineinhalb Ellen breit und vier Finger dick, sodass damit die dreißig Ellen ausgefüllt waren. An der Hinterwand, die aus sechs Brettern von zusammen neun Ellen bestand, fügte man noch -zwei Bretter von je einer halben Elle
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hinzu, welche die Ecken einnahmen und wie die großen Bretter ausgestattet waren. Die einzelnen Bretter aber hatten goldene Ringe, die nach vorn herausragten und in genauer Ordnung einander entsprachen. Durch die Ringe gingen vergoldete RiegeL jeder fünf Ellen lang, die die Bretter zusammenhielten, indem immer der eine mit dem anderen durch kunstgerechte Schraubenwirbel verbunden war. An der Hinterwand aber ging durch alle Bretter eine einzige Stange, in welche auch die Riegel der Seitenwände eingriffen, sodass alles fest miteinander verbunden war. Auf diese Weise war dafür gesorgt, dass die Hütte gegen die Gewalt der Winde oder irgendeinen anderen Anprall gesichert war und unbeweglich feststand. 4. Im Inneren war die Hütte der Länge nach in drei Teile geteilt. Zehn Ellen vom Ende ab standen, wenig voneinander entfernt, vier Säulen, in derselben Ausstattung und von demselben Stoff wie die anderen und auf ähnlichen Fußgestellen ruhend. Der hinter diesen Säulen befindliche Raum war das Allerheiligste; der übrige Raum der Hütte war den Priestern zugänglich. Diese Einteilung der Hütte sollte gleichsam das ganze Weltall darstellen. Denn das hinter den vier Säulen liegende DritteL welches auch die Priester nicht betreten durften, war ein Bild des Himmels. Der zwanzig Ellen lange Raum, der nur den Priestern zugänglich war, war gleichsam Land und Meer, welches den Menschen freigegeben ist. Vorn aber am Eingang standen fünf Säulen auf ehernen Fußgestellen. Die Hütte bedeckte man mit Teppichen, die aus Byssus, Purpur, blauen und scharlachroten Stoffen zusammengewirkt waren. Der erste Teppich maß zehn Ellen im Geviert und ruhte auf den Säulen, welche, quer durch die Hütte angeordnet, das Allerheiligste abgetrennt hielten, das jedem Anblick entzogen war. Die ganze Hütte hieß das Heilige, der durch die vier Säulen abgeschlossene Raum das Allerheiligste. Der Vorhang des Letzteren war schön verziert mit allerlei Blumen, welche der Erde entsprießen, und mit allem anderen durchwebt, was zum Schmucke dienen kann, mit Ausnahme von Tiergestalten. Der andere Teppich aber, dem ersten an Größe, Webart und Farbe ähnlich, bedeckte die fünf Säulen am Eingang; am oberen Ende jeder Säule mit Ringen befestigt, hing er nur bis zur Mitte der Säulen herab. Der übrige Raum war den Priestern zugänglich. Vor ihm war ein Vorhang von Linnen in gleicher Größe ausgebreitet, der durch Schnüre auseinander gezogen werden konnte, welche durch Ringe liefen, sodass man ihn schließen und öffnen konnte. Im letzteren Falle gestattete er den Einblick ins Heiligtum, wie es an Festtagen zu geschehen pflegte. An anderen Tagen aber und besonders bei Regenwetter diente er als Decke für den buntfarbigen Vorhang. Daher
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stammt der Gebrauch, auch an dem später erbauten Tempel die Eingänge mit leinenen Vorhängen zu verhüllen. Außerdem gab es noch zehn Decken von vier Ellen Breite und achtundzwanzig Ellen Länge, welche durch goldene Haken und Ösen so verbunden werden konnten, dass sie einen einzigen Teppich zu bilden schienen. Diesen breitete man oben über die Hütte aus, sodass er beide Seitenwände und die Rückwand bedeckte und bis auf Fußbreite an die Erde herabreichte. Ferner hatte man noch elf weitere Teppiche, ebenso breit, aber länger als die vorhin erwähnten, denn sie maßen dreißig Ellen. Sie waren aus Haaren gewebt, aber ebenso fein wie die von Wolle, und hingen am Eingang bis zur Erde herab. So bildeten sie eine Art Giebel wozu namentlich der elfte Teppich verwendet wurde. Darüber waren wieder aus Häuten verfertigte Teppiche gezogen, welche ebenfalls buntfarbig waren und Schutz gegen Hitze und Regen gewähren sollten. Wer das Ganze von ferne sah, geriet in Erstaunen; denn die Farben schimmerten so herrlich, dass man den Himmel selbst zu sehen vermeinen konnte. Die aus Haaren und Häuten verfertigten Decken hingen wie ein Vorhang über die Tür der Hütte herunter und hielten Sonnenbrand und Regen ab. So war die Hütte beschaffen. 5. Man verfertigte ferner eine Lade aus starkem und fäulnisfreiem Holze, um sie Gott zu weihen. Diese Holzart heißt in unserer Muttersprache Eron. Die Lade war folgendermaßen eingerichtet. Sie war fünf Spannen lang und drei Spannen hoch und breit. Von innen und außen war sie ganz mit Gold bekleidet, sodass man das Holz nirgends sehen konnte. Der Deckel aber war kunstvoll aus goldenen Platten zusammengefügt und so befestigt, dass er nirgends vorstand und überall gleichmäßig passte. An den beiden Längsseiten trug die Lade zwei goldene Ringe, die durch das ganze Holz gingen. Durch diese Ringe waren vergoldete Stangen gezogen, sodass die Lade, sooft dies erforderlich war, von einem zum anderen Ort getragen werden konnte. Denn man fuhr sie nicht auf Wagen, sondern die Priester trugen sie. Auf ihrem Deckel waren zwei Bilder angebracht, von den Hebräern Cherubim genannt, das sind geflügelte Tiere, wie sie nie ein Sterblicher lebendig gesehen hatte. Moyses sagte, er habe sie am Throne Gottes dargestellt gesehen. In diese Lade legte er die beiden Tafeln, auf denen die zehn Gebote geschrieben standen, fünf auf jeder Tafel und zwei und ein halbes auf jeder Seite. Die Lade selbst aber setzte er ins Allerheiligste. 6. In das den Priestern zugängliche Heiligtum setzte er einen Tisch ähnlich dem delphischen, der zwei Ellen lang, eine Elle breit und drei Spannen hoch war. Seine Füße waren von unten auf zur Hälfte fein ausgearbeitet,
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wie die Dorier sie zu ihren Betten verwenden. Der obere Teil aber nach der Platte zu war vierkantig. Die Platte selbst war an jeder Seite etwa in einer Breite von vier Fingern ausgekehlt und rings von einer oben und unten vorstehenden Leiste umgeben. An jedem Fuß befand sich ein Ring dicht unter der Platte; durch die Ringe waren Stangen von kostbarem Holz gezogen, die mit Gold überkleidet waren und nicht fortgenommen werden konnten. Denn an der Stelle, wo die Ringe an dem Tisch saßen, war eine Aushöhlung, und die Stangen gingen nicht ganz durch, sondern endeten in zwei Spitzen, von denen die eine in die vorstehende Tischplatte, die andere in den Fuß eingelassen war. An diesen Stangen wurde der Tisch getragen. Auf den Tisch, der im Heiligtum gegen Norden nicht weit vom Allerheiligsten stand, wurden zwölf ungesäuerte Brote gelegt und zwar in zwei Reihen zu je sechs Broten; die Brote waren bereitet aus zwei Assaron vom reinsten Mehl (ein Assaron sind sieben attische Kotylen*). Auf die Brote setzte man zwei goldene Schalen voll Weihrauch. Nach sieben Tagen wurden an dem Feste, das wir Sabbat nennen, andere Brote aufgelegt. Den Grund dieses Gebrauches werde ich an anderem Orte mitteilen. 7. Dem Tische gegenüber nahe der südlichen Wand stand ein Leuchter von eitel Gold, hundert Minen** schwer (was bei den Hebräern Kinchar, bei den Griechen Talent bedeutet). Er war aus kleinen Kugeln, Lilien, Granatäpfeln und Kelchen, im ganzen siebzig an der Zahl aus einem einzigen Fuß heraus in die Höhe gearbeitet und teilte sich in so viele Arme, als Planeten sind einschließlich der Sonne. Er ging nämlich in sieben Spitzen aus, die in gleichen Abständen voneinander sich befanden und in einer Reihe standen. Auf denselben leuchteten sieben Lampen, ebenfalls so viele als Planeten sind, und sie sahen gegen Osten und Süden, da der Leuchter schräg stand. 8. In der Mitte zwischen dem Leuchter und dem Tische stand ein Rauchaltar, wie die früher erwähnten Geräte aus nicht faulendem Holz und mit einer starken Platte überzogen, eine Elle im Gevierte breit und zwei Ellen hoch. Auf ihm befand sich ein kleiner Kessel der ringsum einen goldenen Kranz trug; der Altar aber war mit Ringen und Stangen versehen, an denen er von den Priestern getragen werden konnte. Vor der Tür der Hütte stand ein eherner Altar, dessen Untersatz von Holz war. Derselbe war auf jeder Seite fünf Ellen lang, ebenso viele Ellen breit und drei Ellen hoch, mit eher* Kotyle. zweihenkeliges Wassergefaß der alten Griechen; wie viel es enthielt. ist unbekannt. ** Mine als Gewicht = 486 Gramm.
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nen Platten überzogen und wie der goldene Altar verziert. Den Herd des Altars bildete ein netzförmiges Flechtwer~ und da der Untersatz nicht unter dem ganzen Altar herging, fielen die glühenden Kohlen durch dieses Flechtwerk zur Erde nieder. Dem Altar gegenüber standen noch Schalen, Pfannen, Rauchfasser und Becken, alle von Gold; alle übrigen gottesdienstlichen Geräte waren von Erz. Also war die Hütte mit ihrem Zubehör eingerichtet.
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SIEBENTES KAPITEL Von der Kleidung der Priester und des Hohepriesters.
1. Es wurden nun Gewänder für die Priester angefertigt, sowohl fur alle anderen, die Chanaeae heißen, als auch für den Hohepriester, den man Anarabeches, das heißt »Oberster Priester« nennt. Die Kleidung der gewöhnlichen Priester war folgende: Wenn der Priester zum heiligen Dienste schreitet, gereinigt nach den Vorschriften des Gesetzes, so zieht er zuerst das Mennachasen an, das heißt so viel als »Leibschurz.« Es ist nämlich ein Schurz aus feinem Byssusgewebe, der um die Schamgegend gelegt wird, und in den man wie in Beinkleider hineintritt. Es reicht von der Mitte des Körpers bis zu den Hüften und wird hier mit besonderen Bändern festgeknüpft. 2. Darüber zieht er einen leinenen Leibrock an aus doppeltem Byssusgeflecht, Chetomene genannt, das heißt »Leinen«, denn wir nennen den Flachs Chethon. Dieses Kleidungsstück ist ein Unterkleid, das bis zu den Knöcheln reicht, dem Körper fest anliegt und enge Ärmel hat. Unter den Achseln wird es umgürtet von einem vier Finger breiten Bande, das von sehr feinem Gewebe ist und der Schlangenhaut ähnlich sieht. In dasselbe sind Blumen aus Purpur, Scharlach; Hyacinth und Byssus eingewebt;. der Einschlag aber ist nur von Byssus. Von der Brustgegend an, um welche es einige Mal geschlungen und geknüpft ist, wallt es herab bis zu den Knöcheln, solange der Priester noch nicht mit dem heiligen Dienst beschäftigt ist; denn er trägt es gleichsam als Schmuck. Sobald er aber opfern und den Altardienst versehen muss, wirft er es, um nicht von ihm behindert zu sein, über seine linke Schulter. Dieses Band nennt Moyses Abaneth; wir aber nennen es nach den BabyIoniern Emian, denn so heißt es bei diesen. Der
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Leibrock hat nirgends einen Busen, aber am Hals eine weite Öffnung, und er wird mit Schnüren, welche vorn und hinten vom Saum herunterhängen, über beiden Schultern befestigt. Er wird Massabazanes genannt. 3. Auf dem Kopfe trägt der Priester einen runden Thrban, der nicht das ganze Haupt, sondern etwas mehr als die Hälfte davon bedeckt. Er heißt Masnaemphthes, da er wie ein Kranz aussieht und aus Leinen nach Art einer dicken Binde zusammengedreht ist. Auch wird er am Rande oft gefaltet und gesteppt. Über diesen Kopfbund wird ein Thch befestigt, das bis zur Stirn herabhängt; es verbirgt die Nähte und das Unschöne der Binde und liegt dicht am Kopfe an. Auch wird es gut befestigt, damit es nicht während des Opferdienstes zufällig herabgleitet. Das ist die Kleidung der gewöhnlichen Priester. 4. Der Hohepriester ist auf dieselbe Weise geschmückt, insofern als von den genannten Kleidungsstücken keines bei ihm fehlt. Darüber aber zieht er einen Rock aus Hyacinth an, der ein lang herabwallendes Gewand ist und in unserer Sprache Meeir heißt. Er wird von einem Gürtel umgeben, der dieselben Farben wie das oben erwähnte Band zeigt, aber noch dazu mit Gold gestickt ist. Am unteren Saum des Rockes hängen Fransen, die wie Granatäpfel aussehen und zwischen denen goldene Glöckchen sehr zierlich angebracht sind, sodass zwischen je zwei Glöckchen ein Granatapfel und zwischen je zwei Granatäpfeln ein Glöckchen hängt. Der Rock besteht nicht aus zwei Stücken und hat also keine Nähte auf den Schultern und in der Seite, sondern er ist aus einem einzigen Faden gewebt; am Halse aber hat er eine Öffnung nicht der Quere nach, sondern einen Schlitz der Länge nach, der von der Brust bis zum Rücken zwischen die Schulterblätter reicht und von einer Borte eingefasst ist, damit man das Unschöne des Schlitzes nicht sieht. Ebenso ist die Öffnung des Rockes an den Stellen, wo die Hände herauskommen. 5. Über diese Kleider zieht er noch ein drittes an, Ephud genannt, dem griechischen Schultermantel ähnlich, das so beschaffen ist: Es wird in der Länge einer Elle aus verschiedenfarbigen Stoffen und Gold zusammengewirkt, reicht bis zur Mitte der Brust, ist mit Ärmeln versehen und hat die Gestalt eines Unterkleides. Die Lücke, welche dieses Kleidungsstück lässt, ist von einem handbreiten Latz ausgefüllt, der in denselben Farben und Gold wie das Ephud gewebt ist. Dieser heißt Essenes, was im Griechischen Logion, das ist »Orakel«, bedeutet, und füllt gen au die leere Stelle am Ephud vorn auf der Brust aus. Dem Ephud ist er durch goldene Ringe an jeder Ecke angeheftet, denen gleiche Ringe am Ephud entsprechen; zur
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Verbindung der Ringe untereinander dient ein hyacinthenes Band. Damit übrigens an den Ringen keine freie Stelle durchscheine, sind dieselben mit hyacinthenen Streifen unterlegt. Dieser Schultermantel wird auf den Schultern von zwei Sardonygen festgehalten, welche an jeder Seite einen goldenen Ansatz haben, damit sie als Agraffe dienen können. In diese Steine sind mit hebräischen Buchstaben die Namen der Söhne Jakobs eingraviert, sechs auf jedem Steine, und die Namen der älteren auf der rechten Schulter. Auch der Brustlatz ist mit zwölf großen und prächtigen Edelsteinen geschmückt, einem so kostbaren Schmuck, wie die wenigsten Menschen ihn besitzen können. Diese Steine sind zu je drei in vier Reihen fest in den Stoff eingewebt; überdies sind sie in Gold gefasst, welches spiralig mit dem Gewebe genau verbunden ist, damit sie nicht herausfallen können. In der ersten Reihe stehen ein Sardonys, ein Topas und ein Smaragd; in der zweiten ein Granat, Jaspis und Saphir; in der dritten ein Zirkon, Amethyst und Achat; in der vierten ein Chrysolith, Onyx und Beryll. Auf jedem Stein steht der Name eines der Söhne Jakobs eingraviert, die wir ftir die Stammväter der einzelnen Stämme halten, in der Ordnung, in der sie der Zeit nach geboren sind. Da aber die Goldringelchen zu schwach sind, um das Gewicht der Edelsteine zu tragen, so fUgte man noch zwei größere oben an dem Brustlatz hinzu, in welche kunstvolle Ketten eingreifen, die oben auf der Schulter durch goldene Spangen von durchbrochener Arbeit zusammengehalten werden. Die Enden dieser Ketten laufen über den Rücken und greifen in einen Ring am Saume des Ephud, wodurch der Brustlatz unbeweglich festgehalten wird. An den Brustlatz schließt sich ein Gürtel, in den erwähnten Farben und in Gold gestickt, der rund um den Leib geht, auf der Nahtstelle in eine Schleife verschlungen ist und dann frei herabfällt. An seinen beiden Enden sind Fransen angebracht, die von goldenen Röhrchen umschlossen sind. 6. Der Kopfbund des Hohepriesters gleicht dem der übrigen Priester; über demselben trägt er aber noch einen anderen, der aus Hyacinth verfertigt ist. Die Stirn umgibt eine goldene dreifache Krone, aus welcher goldene Knospen hervorragen, ähnlich denen, die an dem bei uns Sacchar, bei den pflanzenkundigen Griechen Hyoscyamus genannteri Kraute sitzen. Für diejenigen, die diese Pflanze wohl oft gesehen, ihre Beschaffenheit aber nicht behalten haben, weil sie ihren Namen nicht kennen, ferner fUr diejenigen, die ihren Namen wohl kennen, sie aber noch nicht gesehen haben, will ich eine Beschreibung derselben beiftigen. Die Pflanze wird oft über drei Spannen hoch, hat eine Wurzel wie eine Rübe (wenigstens kann sie hiermit am
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besten verglichen werden) und Blätter wie die des Senfes. Aus ihren Zweigen entspringen Knospen, die fest an diesen sitzen und von einer Haut umschlossen sind, welche sie ablegen, sobald die Frucht hervorkommt. Die Knospe hat die Größe eines Gelenkendes vom kleinen Finger und gleicht einem Becher, was ich für diejenigen, die keine Kenntnis davon haben, noch näher erklären will. Die Knospe ist nämlich unten wie eine Halbkugel gestaltet und rundet sich schon vom. Stängel aus, dann verengert sie sich allmählich und wird hübsch ausgehöhlt; hierauf erweitert sie sich wieder und hat Einkerbungen in den Lippen, wie sie die Mitte eines Granatapfels aufweist. Dazu kommt noch eine Hülle, welche genau wie eine gedrechselte Halbkugel aussieht, in die Einkerbungen eingeschlossen ist, die ich oben erwähnt habe, und endlich in dornige und gespitzte Zacken ausläuft. Unter dieser Hülle der gan.zen Knospe verbirgt sich die Frucht, die dem Samen der Pflanze Sideritis sehr ähnlich ist. Die Blüte ist den knisternden Blättern des Mohns vergleichbar. Dieser Pflanze also ist die Krone nachgebildet, die Schläfen und Hinterhaupt des Hohepriesters umgibt; vorn an der Stirn nämlich hat sie keine Knospen, sondern eine goldene Platte, auf der in heiligen Schriftzeichen der Name Gottes eingraviert steht. Das war der Ornat des Hohepriesters. 7. Es ist wunderlich, dass unser Volk fortwährend gehässig angegriffen wird, als ob wir die Gottheit, die unsere Feinde feierlich verehren, mit geringerer Verehrung behandelten. Denn wenn jemand den Bau der Hütte, die priesterlichen Gewänder und die gottesdienstlichen Geräte betrachtet, wird er gewiss die Überzeugung gewinnen, dass unser Gesetzgeber ein gottgesandter Mann gewesen ist, und dass uns ganz mit Unrecht der Vorwurf der Gottlosigkeit gemacht wird. Und wer vorurteilsfrei und mit Überlegung nachdenkt, wird finden, dass jeder unserer gottesdienstlichen Gegenstände im Weltall seinesgleichen hat. Denn die 30 Ellen lange Hütte ist in drei Abteilungen geteilt, von denen die zwei den Priestern zugänglichen das Land und das Meer vorstellen, das allen Menschen freigegeben ist. Die dritte Abteilung dagegen, die Gott allein vorbehalten ist, bedeutet den Himmel, der den Menschen unzugänglich ist. Die zwölf Brote aber, die auf dem Tische liegen, entsprechen den zwölf Monaten des Jahres. Der aus siebzig Teilen bestehende Leuchter bedeutet die Zeichen, durch welche die Planeten gehen, und seine sieben Lampen die Planeten selbst. Die aus vier Stoffen gewebten Vorhänge bezeichnen die Natur der Elemente; der Byssus nämlich entspricht der Erde, aus der der Flachs hervorwächst, der Purpur dem Meer, das vom Blut der Fische gefärbt ist, der Hyacinth der Luft und
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der Scharlach dem Feuer. Ebenso bedeutet das Gewand des Hohepriesters, weil es von Leinen ist, die Erde, der Hyacinth aber den Himmel. Die Granatäpfel bedeuten den Blitz, der Schall der Glocken den Donner. Das Ephud, das aus vier Stoffen gewebt ist und unter dem Auge Gottes steht, zeigt die ganze Natur an, und das ihm beigewirkte Gold bedeutet nach meinem Dafürhalten den Lichtglanz, der alles überstrahlt. Der Brustlatz in der Mitte des Ephuds entspricht gleichfalls der Erde, die in der Mitte der Welt gelegen ist, der Gürtel aber dem Ozean, der die ganze Erde umfließt. Sonne und Mond bedeuten die beiden Sardonyxe auf den Schultern, die hier das Gewand des Hohepriesters zusammenheften. Die zwölf Edelsteine aber kann man mit den zwölf Monaten vergleichen, oder auch den zwölf Sternbildern in dem Kreise, den die Griechen Zodiakus nennen. Der Kopfbund endlich scheint mir ein Bild des Himmels zu sein, da er von Hyacinth ist (er könnte sonst den Namen Gottes nicht an sich tragen), und eine leuchtende goldene Krone sich an ihm befindet, entsprechend dem Glanze, der Gott umgibt. Diese Erklärungen mögen vorläufig genügen; später werde ich noch auf vieles zurückkommen, das geeignet ist, die Weisheit unseres Gesetzgebers zu beleuchten.
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ACHTES KAPITEL Vom Priestertum Aarons.
1. Als nun die Hütte vollendet war, erschien Gott, bevor die Weihgeschenke geheiligt wurden, dem Moyses und befahl ihm, das Priestertum seinem Bruder Aaron zu übertragen, der wegen seiner 'fugend dieser Ehre am meisten würdig sei. Darauf berief Moyses das Volk zusammen und stellte ihm die 'fugend und Herzensgüte Aarons sowie die Gefahren vor, die er schon für ihr Heil bestanden habe. Und da alle dem beipflichteten und seinen großen Eifer anerkannten, fuhr Moyses also fort: »Thr Männer von Israel, vollendet ist nun das Werk nach unseren besten Kräften und zu Gottes Wohlgefallen. Da jedoch die Hütte Gottes Wohnung sein soll, so müssen wir uns vor allem nach einem Priester umsehen, der den Opferdienst versehen und Gebete für uns darbringen soll. Wenn ich die Entscheidung zu treffen hätte, so würde ich mich selbst dieser Ehre nicht für unwert halten, da uns die Liebe zu uns selbst von Natur aus eingepflanzt ist, und ich mir auch
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bewusst bin, was ich für euer Wohl schon gelitten habe. Nun aber hat Gott den Aaron dieser Ehre wert erachtet und ihn zum Priestertum berufen, da er niemand von euch kennt, der sich hierzu mehr eignete. Dieser wird also das gottgeweihte Kleid tragen, die Sorge für den Altar und den Opferdienst übernehmen und Gebete für euch zu Gott senden, der sie bereitwillig erhören wird teils um seiner Fürsorge willen, die er für uns trägt, teils weil er sie gern von dem entgegennehmen wird, den er selbst sich erwählt hat.« Den Hebräern gefiel diese Rede, und sie stimmten der WahL die Gott getroffen, zu. Denn Aaron verdiente diese Wurde am ehesten von allen, sowohl seiner Abstammung wegen, als auch um seiner Prophetengabe und der 'fugenden seines Bruders willen. Zu jener Zeit hatte er vier Söhne: Nabad, Abiu, Eleazar und Ithamar. 2. Was nun von den Mitteln zum Bau der Hütte noch übrig war, hieß Moyses zu Decken für die Hütte selbst, den Leuchter, den Rauchaltar und die übrigen Geräte verwenden, damit diese auf der Reise von Regen und Staub verschont blieben. Darauf berief er das Volk wiederum zusammen und befahl, dass jeder einen halben Sekel* beisteuern solle. Der Sekel ist eine hebräische Münze, die so viel gilt als vier attische Drachmen. Diesem Befehl kamen sie pünktlich nach, und es entrichteten die Steuer sechshundertfünftausendfünfhundertundfünfzig Personen, nämlich die Freigeborenen vom zwanzigsten bis zum fünfzigsten Jahre. Alles, was zusammengebracht wurde, wurde zum Besten der Hütte verwendet. 3. Hieraufweihte Moyses die Hütte und die Priester, indem er sie folgendermaßen der Reinigung unterwarf. Er ließ fünfhundert Sekel** ausgelesene Myrrhe und ebenso viel Iris, halb so viel Zimmet und Kalmus (ebenfalls eine Art Gewürz) zerschneiden und zerstoßen, damit ein Hin Olivenöl (Hin ist ein hebräisches Maß gleich zwei attischen ehoe) mischen, es nach Art der Salbenbereiter abkochen und eine wohlriechende Salbe daraus verferti gen. Damit salbte Moyses die Priester selbst und die ganze Hütte und weihte sie so. Auch anderes kostbares Räucherwerk trug man herbei, um es auf dem goldenen Rauchaltar verdunsten zu lassen. Doch will ich mich über dessen Beschaffenheit nicht weiter auslassen, um den Leser nicht zu ermüden. Zweimal täglich, vor Sonnenaufgang und gegen Sonnenuntergang, sollte man räuchern, und das gereinigte Öl in den Lampen sollte man nicht ausgehen lassen. Drei von den Lampen brannten den ganzen Tag auf dem * 1 Sekel = ungefahr 1,62 Euro = vier attischen Drachmen a40,5 Cent. ** Sekel war außer Münze auch Gewicht. * 195 fehlt in dergriech. Textausgabe.
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heiligen Leuchter zu Gottes Ehre, die übrigen wurden gegen Abend angezündet. 4. Als nun alles besorgt und vollendet war, ernteten die Baumeister Beseleel und Eliab großes Lob. Denn sie hatten nicht nur frühere Erfindungen in verbesserter Form angewendet, sondern auch selbst manches in geistreicher Weise erdacht und ausgeführt, was sonst unbekannt war. Beseleel aber galt als der TIichtigste von beiden. Zum Bau wurde im Ganzen eine Zeit von sieben Monaten gebraucht, und damit war das erste Jahr seit dem Auszug aus Ägypten zu Ende. Und im Anfang des zweiten Jahres, im Monat Xanthikos der Makedonier, den die Hebräer Nisan nennen, wurde zur Zeit des Neumondes die Hütte nebst allen von mir erwähnten Geräten geweiht. 5. Gott aber zeigte sein Wohlgefallen an dem Werk der Hebräer, indem er sich in die Hütte niederließ und sie würdigte, seine Wohnstätte zu sein. So hatten die Hebräer reiche Genugtuung für ihre Arbeit. Seine Anwesenheit aber gab Gott auf folgende Weise kund. Bei sonst hellem und heiterem Himmel lagerte sich bloß über die Hütte ein Nebel, der zwar nicht so dicht war, wie man ihn im Winter wahrnahm, aber auch nicht so leicht und fein, dass man hindurchsehen konnte. Aus dem Nebel fiel ein lieblicher Tau als Wahrzeichen der Anwesenheit Gottes für alle die, die nach ihr verlangten und daran glaubten. 6. Nachdem nun Moyses den Künstlern, die den Bau so zierlich hergestellt, würdige Belohnungen gegeben hatte, schlachtete er im Vorhof der Hütte nach Gottes Vorschrift einen Stier, einen Widder und einen Bock als Sühnopfer. Über die einzelnen Zeremonien desOpferdienstes und darüber, welche Opfertiere man ganz verbrennen musste und von welchen man einen Teil genießen durfte, werde ich reden, sobald ich über die Opfer überhaupt mich verbreiten werde. Hieraufbesprengte er mit dem Blute der Opfertiere die Kleidung Aarons, ihn selbst und seine Söhne, reinigte sie mit Brunnenwasser und salbte sie mit Öl, auf dass sie Gott geheiligt würden. So behandelte er sieben Tage lang sie selbst und ihre Kleider, und ebenso weihte er die Hütte und ihre Geräte mit der oben erwähnten Salbe aus Räucherwerk und mit dem Blute der Stiere, Widder und Böcke, die jeden Tag geschlachtet wurden. Am achten Tage aber sagte er dem Volke einen Festtag an und gebot, dass jeder nach seinem Vermögen opfern solle. Und sie befolgten das Gebot und suchten in regem Wetteifer einander in den Opfergaben zu übertreffen. Als nun die Opfertiere auf den Altar gelegt waren, entstand auf diesem plötzlich von selbst Feuer, und eine Flamme ähnlich dem Zucken des Blitzes verzehrte alles, was auf dem Altar lag.
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7. Gleich nach diesem Wunder traf den Aaron ein großes Unglück, welches ihn als Mensch und als Vater gleich schmerzlich berührte, das er aber dennoch tapfer ertrug, da er starkmütig und von dem Glauben durchdrungen war, es sei nicht ohne den Willen Gottes geschehen. Seine beiden ältesten Söhne nämlich, Nabad und Abiu, brachten zum Altar Räucherwerk, welches Moyses verboten hatte, denn sie hatten sich desselben schon früher bedient. Da schlug plötzlich Feuer gegen sie, welches ihnen Brust und Angesicht verbrannte und von niemand gelöscht werden konnte. Und so starben sie den Feuertod. Moyses aber befahl ihrem Vater und ihren Brüdern, sie sollten die Leichen aus dem Lager tragen und sie prächtig bestatten. Das ganze Volk nun betrauerte sie und war über ihren Tod sehr verstimmt, den Brüdern aber und dem Vater gebot Moyses, von der '!rauer Abstand zu nehmen und die Ehre Gottes ihrer Betrübnis überzuordnen. Denn Aaron trug schon das heilige Gewand. 8. Moyses aber wies alle Ehren zurück, die das Volk ihm erweisen wollte, und widmete sich ausschließlich dem Dienste Gottes. Auch stieg er nicht mehr auf den Berg Sinai, sondern ging in die Hütte, wenn er Gott um Rat fragen wollte. Er benahm sich wie ein einfacher Mann und wollte auch in allem dem Volk gleichen und sich nur dadurch von anderen unterscheiden, dass er unablässig für des Volkes Wohlfahrt sorgte. Außerdem gab er dem Volke Lebensregeln und Gesetze, durch deren Beobachtung es Gottes Wohlgefallen bewahren und ein sündenfreies Leben führen könne. Gott selbst gab dazu dem Moyses den Auftrag. Nunmehr will ich mich zur Wiedergabe dieser Lebensregeln und Gesetze wenden. 9. Zuerst jedoch will ich noch einiges auf die priesterliche Kleidung Bezügliche erwähnen, das ich früher übergangen habe. Denn Gott wollte jede Gelegenheit zu Betrug mit Prophezeiungen und Gaukeleien unmöglich machen, falls jemand sich verleiten lassen sollte, das ihm von Gott verliehene Ansehen zu missbrauchen. Die Entscheidung nämlich darüber, ob er beim Opfer zugegen sein wolle oder nicht, behielt Gott sich selbst vor, und es sollte dies nicht nur den Hebräern, sondern auch etwa zufällig anwesenden Fremdlingen mitgeteilt werden. War nun Gott beim Opfer zugegen, so leuchteten die Steine, die, wie oben gesagt, der Hohepriester auf der Schulter trug (bekanntlich waren es Sardonyxe, über deren Natur ich wohl nichts zu bemerken brauche, da sie allgemein bekannt sind), hell auf; namentlich der auf der rechten Schulter befindliche, der eine Spange bildete, schimmerte blitzartig, obgleich er doch vorher keinen Glanz gezeigt hatte. Diese Erscheinung wird gewiss bei allen Bewunderung erregen, die nicht,
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aufgeblasen von ihrer eigenen Weishei~ alle Religion verachten. Doch noch weit wunderbarer ist das, was ich jetzt berichten will. Denn durch die zwölf Steine, die der Hohepriester auf dem Brusdatz angenäht trug, verkündete Gott den Hebräern, wenn sie in den Krieg ziehen wollten, den Sieg. Ehe nämlich das Heer sich in Bewegung setzte, leuchteten sie in solchem Glanze, dass das ganze Volk klar erkannte, Gott werde ihm Beistand leisten. Deshalb nennen auch die Griechen, die unsere feierlichen Gebräuche verehren, den Brusdatz Logion, das heißt »Orakel«; das Wunder selbst können sie nämlich nicht ableugnen. Es hörten aber die Steine des Brusdatzes und der Sardonyx auf zu leuchten etwa zweihundert Jahre vor Abfassung dieses Werkes, als Gott die Übertretungen seiner Gesetze ahnden zu müssen glaubte. Hierüber mich zu verbreiten werde ich später passendere Gelegenheit finden. Jetzt aber will ich in der eben abgebrochenen Schilderung fortfahren. 10. Als die Hütte eingeweiht und alles, was die Priester betraf, gehörig eingerichtet war, glaubte das Volk, Gott werde jetzt mit ihm in demselben Zelte wohnen, und schickte sich an, ihn durch Opfer zu ehren und mit Lobgesängen zu feiern, als wenn es nun, von allem Übel befrei~ auf eine bessere Zukunft hoffen dürfte. Sowohl zu Hause als öffentlich brachte man in den einzelnen Stämmen Gott Opfer dar; die Stammesoberhäupter aber taten sich zu je zweien zusammen und stifteten einen Wagen mit zwei Ochsen (man hatte also im Ganzen sechs Wagen), um die Hütte auf der Reise mitzufahren. Dazu gab auch jeder noch eine Schale, ein Becken und einen Weihrauchkasten Letzterer hatte einen Wert von zehn Dareiken* und war mit Räucherwerk gefüllt. Das Becken und die Schale aber waren von Silber und wogen zusammen zweihundert Sekel von denen auf die Schale siebzig kamen; sie waren voll Weizenmehl das mit Öl gemischt war, wie man es am Altar zum Opfer gebrauchte. Außerdem opferte jeder ein Kalb, einen Widder und ein einjähriges Lamm als Brandopfer, und einen Ziegenbock als Sühnopfer. Auch brachte jedes der Stammesoberhäupter noch andere Opfer dar, welche man Versöhnungsopfer nannte, nämlich an jedem Tage zwei Ochsen und fünf Widder nebst einjährigen Lämmern und Böcken. So opferten sie zwölf Tage lang, jeden Tag einer. Moyses aber stieg nicht mehr auf den Sinai, sondern er ging in die Hütte und eJ;Ilpfing dort von Gott Anweisungen in Betreff dessen, was zu tun sei, oder in Bezug auf die Gesetzgebung. Diese Anordnungen beobachtete das Volk durch alle Zeiten treu und * Dareikos (altpersische Goldmünze) = 12,00 Euro.
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fromm, weil es wusste, dass sie nicht die Erzeugnisse menschlicher Weisheit seien, sondern von Gott selbst herstammten. Und man wagte weder im Frieden aus Üppigkeit noch im Kriege aus Not eines dieser Gebote zu übertreten. Doch will ich mich hierüber nicht weiter auslassen, weil ich vorhabe, in einem anderen Werke über die Gesetze zu schreiben.
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l. Jetzt will ich einiger Gesetze gedenken, die über die Reinigung und über die Opfer erlassen sind, weil ich soeben von Opfern gesprochen habe. Es gibt zwei Arten von Opfern. Die eine wird für Privatpersonen, die andere fur das gesamte Volk dargebracht, und jede Art wird auch auf eine besondere Weise verrichtet. Das eine nämlich wird vom Feuer ganz verzehrt, und dieses nennt man Brandopfer; das andere wird zum Zwecke der Danksagung dargebracht und von den Opfernden bei einem Mahle verspeist. Zunächst will ich vom Brandopfer sprechen. Will eine Privatperson ein Brandopfer darbringen, so schlachtet sie einen Ochsen, ein Lamm und einen Bock, von denen die beiden Letzteren einjährig sein müssen; die Ochsen können auch älter sein. Alles, was zum Brandopfer bestimmt ist, muss männlichen Geschlechts sein. Nach Schlachtung der Opfertiere sprengen die Priester das Blut rings um den Altar, dann reinigen sie dieselben, zerschneiden sie, bestreuen sie mit Salz und legen sie auf den Altar, fugen Holz hinzu und zünden es an. Dann legen sie die gereinigten Füße und Eingeweide der Opfertiere zu dem Übrigen hinzu, um es zusammen zu verbrennen. Die Häute kommen den" Priestern zu. Auf diese Weise werden Brandopfer dargebracht. 2. Will man ein Dankopfer bringen, so schlachtet man Tiere von derselben Gattung, aber unversehrte und mehr als ein Jahr alte, männliche sowohl wie weibliche. Nachdem die Tiere getötet sind, besprengt man mit dem Blute den Altar, dann legt man die Nieren, das Netz, alles Fett sowie die Leber und den Schwanz des Lammes auf den Altar. Die Brust und den rechten Schenkel erhalten die Priester, das übrige Fleisch aber wird in zwei Tagen verzehrt. Was dann noch übrig ist, wird verbrannt. 3. In gleicher Weise wie mit den Dankopfern wird auch mit den Sühnop-
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fern verfahren. Wer aber wegen Armut größere Opfertiere nicht beschaffen konnte, opferte ein Paar Tauben oder ein Paar Thrteltauben; die eine davon brachte man Gott als Brandopfer, die andere aber gab man den Priestern zur Speise. Von der Opferung dieser Tiere werde ich eingehender sprechen, wenn ich über die Opfer überhaupt mich verbreiten werde. Wer nun aus Unwissenheit gesündigt hatte, opferte ein Lamm und eine Ziege von gleichem Alter. Mit dem Blute besprengte der Priester den Altar, jedoch nicht wie bei den oben erwähnten Opfern den ganzen Altar, sondern nur die Ecken desselben; die Nieren samt dem übrigen Fett und der Leber legte er auf den Altar. Die Priester behielten die Häute und das Fleisch für sich und verzehrten das Letztere noch an demselben Tage an der Opferstätte, denn das Gesetz gestattet die Aufbewahrung für den folgenden Tag nicht. Wer aber wissentlich sündigt, ohne dass jemand ihn dessen überführen kann, opfert nach der Vorschrift des Gesetzes einen Widder, dessen Fleisch die Priester noch an demselben, Tage im Tempel verzehren sollen. Die Stammesoberhäupter opfern, wenn sie für ihre Sünden Sühne leisten wollen, ebenso wie Private, nur mit dem Unterschied, dass sie einen Stier und einen Bock als Opfertiere stellen. 4. Ferner schreibt das Gesetz vor, dass man bei den privaten wie den öffentlichen Opfern vom reinsten Mehl verwende, und zwar zu einem Lamm ein Assaron, zu einem Widder zwei und zu einem Stier drei Assaron. Dieses wird mit Öl gemischt und so auf dem Altar dargebracht. Denn auch Öl wird geopfert, und zwar zu einem Ochsen ein halbes Hin, zu einem Widder ein Drittel und zu einem Lamm ein Viertel dieses Maßes. Hin ist ein altes hebräisches Maß, welches gleich ist zwei attischen Choe. In demselben Maße wie das Öl wird auch Wein verwendet, den man um den Altar herum ausgießt. Wer aber kein Opfertier darbringt, sondern seinem Gelühde gemäß Weizenmehl, legt eine Hand voll der Erstlinge desselben auf den Altar; das Übrige behalten die Priester zu ihrem Genuss, indem sie es entweder in Öl kochen oder Brot daraus backen. Was aber der Priester selbst auf den Altar bringt, muss alles verbrannt werden. Das Gesetz verbietet auch, ein Junges zugleich mit seiner Mutter an demselben Tage zu opfern, und ferner überhaupt die Opferung von Tieren, die noch keine acht Tage alt sind. Es wurden auch noch andere Opfer dargebracht für die Vertreibung einer Krankheit oder aus anderen Gründen, bei denen Opfergüsse und Opfertiere verwendet wurden. Erhielten von diesen Opfern die Priester einen Teil, so durften sie hiervon nichts für den folgenden Tag übrig lassen.
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1. Das Gesetz gebietet ferner, aus öffentlichen Mitteln täglich morgens und abends ein einjähriges Lamm zu opfern; am siebenten Tage aber, der Sabbat genannt wird, schlachtet man in gleicher Weise zwei Lämmer. Zur Feier des Neumondes schlachtet man außer den täglichen Opfern noch zwei Ochsen nebst sieben einjährigen Lämmern und einem Widder sowie einen Bock als Sühnopfer, wenn man sich unwissentlich versündigt hat. 2. Im siebenten Monat, den die Makedonier Hyperberetaios nennen, bringt man außer den genannten Tieren noch einen Stier, einen Widder und sieben Lämmer dar, sowie auch noch einen Bock als Sühnopfer. 3. Am zehnten Tage desselben Monats nach dem Neumonde fastet man bis zum Abend und opfert einen Stier, einen Widder und sieben Lämmer, und außerdem einen Bock als Sühnopfer. Dazu bringt man noch zwei Böcke heran, von denen man den einen lebendig über die Grenzen· in die Wüste entsendet zur Austilgung der Sünden des ganzen Volkes, den anderen aber an einen reinen Ort außerhalb der Stadt bringt und ihn dort mit seiner Haut gänzlich verbrennt, ohne ihn irgendwie zu reinigen. Damit zugleich verbrennt man einen Stier, den nicht das Volk, sondern der Priester auf seine eigenen Kosten stellt. Nachdem dieser Stier und der Bock geschlachtet sind, bringt der Priester ihr Blut in das Innere des Heiligtums und besprengt mit dem darein getauchten Finger siebenmal das Dach und ebenso oft den Boden, desgleichen das Äußere des Heiligtums und den goldenen Altar. Das übrige Blut trägt er in den Vorhof und sprengt es rings um den großen Altar. Nachdem legt man die Extremitäten des Stieres und des Bockes, die Nieren, das Fett und die Leber auf den Altar; der Priester aber fügt noch aus seinen Mitteln einen Widder hinzu und opfert das Ganze als Brandopfer. 4. Am fünfzehnten Tage desselben Monats, da es schon auf den Winter angeht, sollte jeder Einzelne in den Stämmen nach Moyses' Befehl ein Zelt errichten, um sich vor der Winterkälte schützen zu können. Und wenn sie in ihr Vaterland kämen, sollten sie in der Stadt sich versammeln, die sie des Tempels wegen als die Hauptstadt betrachten müssten, und hier acht Tage lang ein Fest feiern, Brandopfer und Friedopfer Gott darbringen und Bü-
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schel von Myrten-, Weiden-, Palmen- uI)d Pfirsichzweigen in den Händen tragen. Am ersten Tag sollten sie Brandopfer darbringen von dreizehn Ochsen, vierzehn Lämmern und zwei Widdern, auch einen Bock als Sühnopfer hinzufügen. An den folgenden Tagen sollten sie ebenso viele Lämmer und Widder und einen Bock schlachten. Von der Zahl der Ochsen aber sollten sie an jedem Tage einen abziehen, bis man auf die Zahl sieben käme. Am achten Tage aber sollten sie von aller Arbeit ruhen und Gott (wie oben bereits gesagt) ein Kalb, einen Widder, sieben Lämmer und einen Bock als Sühnopfer darbringen. Und so feiern die Hebräer nach väterlicher Sitte und Einrichtung dieses Fest, indem sie Hütten erbauen.* 5. Auch gab er ein Gesetz darüber, dass man jährlich im Monat Xanthikos, den wir Nisan nennen und mit dem wir das Jahr beginnen lassen, am vierzehnten Tage nach dem Neumond, wenn die Sonne im Widder steht (denn in diesem Monat sind wir aus der ägyptischen Knechtschaft befreit worden), dasselbe Opfer darbringe, das wir, wie ich schon erzählt, beim Auszug aus Ägypten dargebracht haben. Dieses Fest, das wir Pascha nennen, feiern wir gemeinsam und lassen von den Opfertieren nichts für den folgenden Tag übrig. Am fünfzehnten Tage folgt dann dem Pascha das siebentägige Fest der ungesäuerten Brote, an welchem man ungesäuertes Brot genießt und täglich zwei Stiere, einen Widder und sieben Lämmer opfert. Dies sind Brandopfer, denen man noch einen Bock als Sühnopfer und zur täglichen Speise der Priester hinzufügt. Am zweiten Tage des Festes der ungesäuerten Brote (es ist dies der sechzehnte Tag) verzehrt man einen Teil der neuen Ernte, die bis dahin niemand berührt hat, und indem man es für billig hält, Gott, den Spender dieser Gaben, zuerst damit zu ehren, bringt man ihm die Erstlinge der Gerste dar, und zwar auf folgende Weise. Man dörrt ein Gebund Gerstenähren, zerstößt sie, reinigt sie von Kleien und bringt ein Assaron davon zum Altare Gottes. Dann legt man eine Hand voll davon auf den Altar und überlässt das Übrige den Priestern. Von da an ist es jedem gestattet, mit der Ernte zu beginnen. Mit den Erstlingen der Früchte opfert man Gott auch ein Lamm als Brandopfer. 6. Sieben Wochen nach Beendigung dieses Festes, also nach neunundvierzig Tagen, an dem Feste, das die Hebräer Asartha nennen, das heißt Pentekoste (der fünfzigste Tag), opfert man Gott Brot, das aus zwei Assaron gesäuerten Weizenmehls gebacken ist, und dazu zwei Lämmer. Und was Gott geopfert wird, wird nur zur Priestermahlzeit verwendet, und es darf * Laubhüttenfest.
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nichts davon fur den folgenden Tag übrig bleiben. Auch opfert man als Brandopfer drei Kälber, zwei Widder und vierzehn Lämmer, und als Sühnopfer zwei Böcke. Überhaupt wird kein Fest gefeiert, an dem man nicht Brandopfer darbringen und sich aller Arbeit enthalten müsste; an allen Festen ist vielmehr beides nach Vorschrift des Gesetzes geboten, sowie die Abhaltung eines Mahles nach dem Opfer. 7. Aus öffentlichen Mitteln wird weiterhin ungesäuertes Brot geliefert, zu dessen Bereitung vierundzwanzig Assaron Mehl genommen werden. Aus je zwei Assaron Mehl wird ein Brot gebacken am Vorabende des Sabbat; am Morgen des Sabbat aber werden die Brote auf den heiligen Tisch gelegt, je sechs und sechs einander gegenüber. Dann werden zwei goldene Schalen voll Weihrauch dazu gegeben, und so bleiben sie liegen bis zum nächsten Sabbat, wo sie gegen andere ausgewechselt und den Priestern zur Speise überlassen werden. Der Weihrauch aber wird in heiligem Feuer verbrannt und durch neuen ersetzt. Aus seinen eigenen Mitteln opfert der Priester täglich ein Assaron Mehl, das mit Öl zusammengeknetet und leicht angebacken wird. Davon wirft er die eine Hälfte morgens, die andere abends ins Feuer. Hiervon will ich später eingehender sprechen; für jetzt mag es bei dem Gesagten sein Bewenden haben.
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1. Moyses sonderte den Stamm der Leviten von der Gemeinschaft des Volkes ab und bestimmte ihn zum heiligen Dienst. Er reinigte sie mit Quellwasser und durch Opfer, welche bei solchen Gelegenheiten Gott dargebracht zu werden pflegen. Und der Fürsorge der Leviten vertraute er an die Hütte, die heiligen Geräte und die Decken der Hütte, und er befahl ihnen, den Priestern nach deren Vorschrift zu dienen. Denn sie waren Gott geweiht. 2. Auch unterschied Moyses, welche Tiere man essen dürfe und welche nicht. Hierüber will ich jedoch bei späterer Gelegenheit mich verbreiten, dergleichen auch über die Gründe, warum er diese Vorschriften gab. Den Genuss des Blutes aller Tiere verbot er, weil er glaubte, dass in ihm die Seele und der Geist enthalten sei. Weiterhin untersagte er den Genuss kre-
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pierten Viehes, auch des Netzes und Fettes der Ziege, des Schafes und des Rindes. 3. Die Aussätzigen und an Samenfluss Leidenden schloss er aus der Gemeinschaft der anderen aus; desgleichen durften auch die Weiber während ihrer monatlichen Reinigung nur abgesondert wohnen bis zum siebenten Tag; alsdann galten sie wieder als rein und durften wieder mit anderen verkehren. Auch wer ein Leichenbegängnis besorgt hatte, musste ebenso lange dem Verkehr mit anderen fernbleiben. Hatte jemand über diese Anzahl Tage hinaus die Verunreinigung, so musste er der Vorschrift gemäß zwei weibliche Lämmer opfern und eins davon verbrennen, das andere aber den Priestern geben. In gleicher Weise mussten die opfern, die am Samenfluss litten. Derjenige, der im Schlafe den Samen verloren, wurde durch Waschung in kaltem Wasser wieder rein, wie auch der, der seinem Weibe rechtmäßig beigewohnt hatte. Die Aussätzigen aber sonderte Moyses für immer von der Gemeinschaft der Gesunden ab, da sie mit niemand Umgang haben dürften und sich in nichts von Toten unterschieden. Wenn aber jemand durch Gebet von Gott die Befreiung von dieser Krankheit erlangte und sein gesundes Aussehen wieder erhielt, so dankte er Gott durch Opfer, wovon ich später reden werde. 4. Daher machen sich diejenigen lächerlich, welche behaupten, Moyses sei selbst mit dem Aussatz behaftet gewesen und deshalb aus Ägypten geflohen, und auch die Hebräer hätten am Aussatz gelitten, und er hätte sie darum, nachdem sie aus Ägypten ausgewiesen, nach Chananaea geführt. Denn wenn es sich so verhielte, würde doch Moyses sicher nicht zu seiner eigenen Schande ein solches Gesetz gegeben haben, da er doch sogar Widerspruch erhoben haben würde, falls ein anderer es erlassen hätte. Sehr viele andere Völker, unter denen sieh Aussätzige befinden, lassen diese sogar zu Ehrenstellen gelangen, und, weit entfernt, sie mit schmachvoller Verbannung zu quälen, übertragen sie ihnen sogar hohe Stellen in der Militärund Zivilverwaltung und gestatteten ihnen, heilige Orte und Tempel zu betreten. Es würde also den Moyses, wenn er wirklich an diesem Übel gelitten hätte, nichts gehindert haben, bessere Bestimmungen für die Aussätzigen zu treffen und sie nicht schmachvoller Verlassenheit zu überantworten. Somit ist es klar, dass nur der Neid ein solches Gerede verschuldet haben kann. Moyses war ebenso wie seine Volksgenossen vom Aussatz rein, und er hat den mit dieser Krankheit Behafteten nur mit Rücksicht auf die Ehre Gottes derartige Bestimmungen vorgeschrieben. Übrigens möge jeder hierüber denken, wie ihm beliebt.
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5. Moyses verbot auch den Wöchnerinnen, den Tempel zu betreten oder etwas Geheiligtes zu berühren, und zwar bis zum vierzigsten Tage, wenn sie einen Knaben geboren, dagegen doppelt so lange, wenn sie ein Mädchen zur Welt gebracht hatten. Überdies mussten sie, wenn sie nach Ablauf der genannten Zeit den Tempel betraten, ein Opfer mitbringen, das die Priester Gott darbrachten. 6. Hatte jemand sein Weib im Verdacht des Ehebruchs, so brachte er ein Assaron Gerstenmehl herbei und legte eine Hand voll davon auf den Altar Gottes, während das Übrige den Priestern als Speise zukam. Einer der Priester stellte darauf das Weib an das Tor, welches gegen den Tempel hin sieht, zog ihr den Schleier vom Haupte, schrieb den Namen Gottes auf ein Stück Haut und hieß sie schwören, dass sie ihrem Gatten keinen Schimpf angetan, und dass, wenn sie die Schamhaftigkeit verletzt hätte, ihr rechtes Bein verrenkt werden und ihr Unterleib aufschwellen solle, sodass sie sterben müsse; dass aber, wenn ihr Gatte aus allzu großer Liebe und daraus entstehender Eifersucht auf den falschen Verdacht gekommen sei, sie im zehnten Monat nachher einen Sohn gebären werde. Nach Leistung dieses Eides löschte der Priester den Namen Gottes auf der Haut aus und drückte ihn in eine Schale aus. Dann nahm er Staub vom Tempel, wo er diesen gerade traf, streute ihn in die Schale und gab den Inhalt derselben dem Weibe zu trinken. War nun das Weib ungerecht angeklagt worden, so wurde sie schwanger und gebar zu rechter Zeit einen Sohn. Hatte sie dagegen den Ehebruch wirklich begangen und den Gott geleisteten Eid falsch geschworen, so verrenkte sich ihr Bein, ihr Leib schwoll von Wasser an, und sie starb eines schmachvollen Todes. Das sind die Vorschriften, dIe Moyses seinem Volke in Betreff der Opfer und Reinigungen gegeben hat. Diesen hat er noch folgende Gesetze hinzugefügt.
ZWÖLFTES KAPITEL Verschiedene andere Gesetze. 274
1. Den Ehebruch verbot Moyses überhaupt, da er es für wichtig hielt, dass die Männer die richtige Ansicht von der Ehe hätten, und da er glaubte, dass von der rechtmäßigen Erzeugung der Kinder das Wohl der Familie wie auch des ganzen Staates abhänge. Auch verbot das Gesetz es als größte
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Schändlichkeit, dass man mit seiner Mutter, mit seiner Stiefmutter, seiner Tante, seinen Schwestern oder seiner Söhne Frauen sich fleischlich verginge; denn Moyses hielt das für einen verabscheuungswürdigen Frevel. Ferner verbot er, mit einem Weibe zu verkehren, das seine monatliche Reinigung habe, oder gar sich mit Tieren abzugeben oder in verkehrter fleischlicher Lust mit Angehörigen seines eigenen Geschlechts zu sündigen. Auf die Übertretung dieser Vorschriften setzte er die Todesstrafe. 2. Den Priestern machte Moyses doppelte Reinheit zur Pflicht. Denn außer der Befolgung der vorstehenden Bestimmungen gab er ihnen auch auf, keine Weiber zu heiraten, die sich früher preisgegeben hatten. Ferner durften sie keine Sklavin oder Kriegsgefangene ehelichen oder solche Weiber, die von der Führung einer Schenke oder eines öffentlichen Gasthauses gelebt hatten oder die von ihren früheren Ehemännern um irgend einer Ursache willen verstoßen worden waren. Der Hohepriester aber durfte auch keine Witwe zur Ehe nehmen, was den anderen Priestern gestattet war, vielmehr nur eine Jungfrau, die er bei sich zu behalten verpflichtet war. Ferner durfte der Hohepriester sich keiner Leiche nähern, wogegen es den übrigen Priestern erlaubt war, ihren verstorbenen Brüdern, Eltern und Kindern zu nahen. Die Priester mussten auch körperlich rein und frei von jedem Gebrechen sein. Litt aber ein Priester an einem körperlichen Fehler, so erhielt er zwar von den Opfern seinen Anteil wie die übrigen, aber dem Altar zu nahen oder das Heiligtum zu betreten war ihm untersagt. Und nicht nur beim Opferdienst sollten die Priester rein sein, sondern auch sich bemühen, immerfort einen untadelhaften Wandel zu zeigen. Deshalb mussten auch die, welche das heilige Gewand trugen, nicht nur von aller Schuld frei, keusch und enthaltsam sein, sondern sich auch, solange sie im heiligen Dienst tätig waren, des Weines enthalten. Auch das zur Opferung bestimmte Vieh musste unversehrt und fehlerfrei sein. 3. Diese Gesetze gab Moyses, damit sie noch bei seinen Lebzeiten beob achtet würden; doch gab er auch einige Vorschriften in der Wüste, die für später gelten sollten, wenn die Hebräer Chananaea in Besitz genommen hätten. In jedem siebenten Jahr sollte auch der Acker ruhen und weder gepflügt noch bebaut werden, wie auch das Volk an jedem siebenten Tag ausruhte. Was die Erde aber in diesem Jahr von selbst trüge, sollte gemeinsames Eigentum sein und sowohl Fremden als Einheimischen zugute kommen, und es sollte davon nichts aufbewahrt werden. Ähnliches sollte nach sieben Jahreswochen, das heißt im fünfzigsten Jahr geschehen. Dieses fünfzigste Jahr nennen die Hebräer Jobel, und in ihm wurde den Schuld-
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nern die Schuld erlassen und die Knechte in Freiheit gesetzt, die wegen Übertretung irgendeines Gesetzes die Todesstrafe verdient hatten, aber als Stammesgenossen an statt mit dem Tode mit Knechtschaft bestraft worden waren. Auch sollten die Äcker den früheren Besitzern wiedergegeben werden; hierbei wurde verfahren wie folgt. Wenn Jobel nahe war (dieses Wort bedeutet »Freiheit«), kamen der Verkäufer und der Käufer eines Grundstückes zusammen und schätzten die Früchte und die für den Acker gemachten Aufwendungen ab. War der Fruchtertrag größer als die Kosten, so nahm der Verkäufer den Acker ohne weiteres an sich; überwogen dagegen die Kosten den Ertrag, so wurde dem Käufer sein Schaden vergütet, und dieser gab den Acker zurück. Waren aber Ertrag und Kosten gleich, so gehörte der Acker ebenfalls ohne weiteres wieder dem früheren Besitzer. Dasselbe Recht galt hinsichtlich der in Dörfern gelegenen Häuser, während bezüglich der in Städten verkauften Häuser anders bestimmt wurde. Denn wenn innerhalb Jahresfrist der Kaufpreis dem Ankäufer wiedergegeben wurde, musste dieser das Haus wieder abtreten; war dagegen ein volles Jahr verstrichen, so behielt der Käufer das Recht des Besitzes. Diese Gesetze empfing Moyses von Gott zu der Zeit, da das Volk am Berge Sinai lagerte, und er übergab sie den Hebräern schriftlich aufgezeichnet. 4. Da nun Moyses alles auf die Gesetzgebung Bezügliche wohl geordnet glaubte, richtete er sein Augenmerk auf das Heer, weil er schon damals daran dachte, das Kriegswesen zu ordnen. Er befahl daher allen Stammeshäuptern mit Ausnahme des Stammes Levis (die Leviten sollten als zum Dienste Gottes Geweihte von allen anderen Lasten frei sein), eine genaue Zählung aller vorzunehmen, die im kriegstüchtigen Alter standen. Bei dieser Heereszählung ergaben sich sechshundertdreitausendsechshundertundfünfzig streitbare Männer, welche ein Alter von zwanzig bis fünfzig Jahren aufwiesen. Anstelle des Levis nahm Moyses unter die Zahl der Oberhäupter den Manasses, den Sohn Josephs, und an Josephs Stelle den Ephralm auf. Denn Jakob hatte, wie ich oben erwähnte, von Joseph verlangt, dass er seine Söhne als Jakobs Söhne betrachten solle. 5. Beim Errichten des Lagers setzten die Hebräer nun die Hütte in die Mitte, sodass auf jeder Seite die Zelte dreier Stämme zu stehen kamen, zwischen denen Wege sich hinzogen. Auch ein Markt wurde eingerichtet und die Waren geordnet. Hier hatten auch alle Arten von Handwerkern ihre Werkstätten, sodass das Lager den Eindruck einer hin- und herwandernden Stadt machte. Die der Hütte zunächst gelegenen Zelte bewohnten die Priester; diesen zunächst wohnten die Leviten, die im Ganzen und unter Ein-
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rechnung aller Knaben, die wenigstens dreißig Tage alt waren, dreiundzwanzigtausendachthundertachtzig zählten. Solange nun die Wolke über der Hütte lagerte, so lange blieben sie an demselben Orte im Glauben, dass Gott bei ihnen anwesend sei. Bewegte sich aber die Wolke weiter, so zogen sie auch selbst weiter fort. 6. Moyses erdachte auch eine Signaltrompete, die er von Silber und in folgender Gestalt anfertigen ließ. Sie war fast eine Elle lang und ihre Röhre war eng, etwas dicker als eine Flöte. Das Mundstück war so groß, dass es den Atem des Bläsers bequem aufnehmen konnte, und sie endigte wie eine Posaune in Glockenform. In hebräischer Sprache heißt sie Asosra. Solcher Trompeten wurden zwei angefertigt, die eine, um das Volk zur Versammlung zu rufen, die andere, um die Stammesoberhäupter zur Ratsversammlung einzuladen. Die Letztere wurde von einem Priester geblasen. Wurden beide Trompeten zugleich geblasen, so musste das gesamte Volk zusammenkommen. Sollte nun die Hütte fortbewegt werden, so verfuhr man also. Sobald die Trompete zum ersten Mal ertönte, erhoben sich die, welche gegen Osten lagerten; erscholl sie zum zweiten Male, so setzten sich die in Bewegung, die gegen Süden lagerten. Darauf wurde dann die Hütte abgebrochen und in der Mitte getragen, sodass sechs Stämme ihr voranzogen und sechs ihr nachfolgten. Die Leviten aber umgaben alle die Hütte. Das dritte Zeichen der Trompete galt denen, die gegen Westen, und das vierte denen, die gegen Norden lagerten. Dieser Trompeten bediente man sich auch, um die Opfer anzukündigen, sowohl am Sabbat als an den übrigen Tagen. Damals wurde auch zum ersten Mal nach dem Auszug aus Ägypten das Opferfest Pascha in der Wuste gefeiert.
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DREIZEHNTES KAPITEL Das Volk murrt gegen Moyses und wird dafür bestraft.
Nicht lange danach brach man vom Berge Sinai auf und kam nach einigen Zwischen stationen, von denen ich später berichten werde, zu einem Ort mit Namen Esermoth. Hier fing das Volk wiederum an, sich zu empören und dem Moyses die Übel vorzuwerfen, die es auf dem bisherigen Marsche zu erdulden gehabt hatte. Sie hätten auf seinen Rat eine sehr fruchtbare Gegend verlassen, und anstatt glücklich zu sein, wie er ihnen versprochen, iIT-
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ten sie jetzt im Elende umher, litten unter Wassermangel und würden auch wohl von Hunger aufgerieben werden, wenn sie das Manna nicht hätten. Als sie den Mann so schmähten und lästerten, ermahnte sie einer aus dem Volke, sie möchten doch dessen eingedenk sein, was Moyses für das allgemeine Wohl geleistet hätte, und an Gottes mächtiger Hilfe nicht verzweifeln. Doch wurde dadurch die Menge noch mehr erregt und lärmte nur noch wilder gegen Moyses. Als dieser sie nun in solcher Verzweiflung sah, versprach er, um ihnen wieder Mut zu machen, er werde ihnen eine Menge Fleisch verschaffen nicht nur für einen, sondern für mehrere Tage, obgleich sie so schändlich gegen ihn verführen. Und da sie ihm nicht glauben wollten, und einer ihn fragte, woher er denn für so viele tausend Menschen Fleisch nehmen wolle, antwortete er: »Gott und ich werden, trotzdem ihr so schlecht von uns redet, dennoch nicht ablassen, für euch zu sorgen, und ihr werdet sogleich den Beweis davon sehen.« Kaum hatte er dies gesprochen, da wurde plötzlich das Lager von allen Seiten mit Wachteln erfüllt, die die Hebräer sogleich sammelten. Gott aber strafte sie bald darauf wegen ihrer frechen Schmähungen, denn viele von ihnen gingen zu Grunde. Daher nennt man diesen Ort bis heute noch Kabrothaba, das heißt »Grabhügel der Leidenschaft.«
VIERZEHNTES KAPITEL Moyses schickt Kundschafter aus, die nach ihrer Rückkehr aus Chananaea durch ihre Nachrichten das Volk verzagt macheIi.. 300
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1. Von da führte Moyses sie an einen Ort, der »Engpass« genannt wird, nicht weit von den Grenzen Chananaeas entfernt lag und unwirtlich war. Hier berief er das Volk zusammen, trat mitten unter sie und sprach: »Gott hat uns zwei Güter zu schenken versprochen, nämlich die Freiheit und den Besitz eines glücklichen Landes. Das eine besitzt ihr durch seine Güte schon, und das andere werdet ihr bald erhalten. Denn schon befinden wir uns an den Grenzen Chananaeas, und kein König, keine Stadt und keine Volksmenge kann uns hindern, in dieses Land einzudringen. Rüsten wir uns daher zu tapferem Vorgehen, denn nicht ohne harten Kampf gegen kriegerische Völker werden wir dasselbe einnehmen können. Senden wir also Kundschafter aus, um die Fruchtbarkeit des Landes und die Macht sei-
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ner Einwohner zu erforschen. Vor allem aber lasst uns einträchtig sein und Gott, unseren Beistand und Helfer, in Ehren halten.« 2. Auf diese Worte entgegnete das Volk mit Lob und Beifall, und man wählte zwölf Kundschafter aus den würdigsten Männern aus, aus jedem Stamme einen. Diese durchforschten das ganze Land Chananaea von seiner Grenze gegen Ägypten an bis zur Stadt Amathe und zum Berge Libanon, und nachdem sie die Eigenschaften des Landes und seiner Bewohner ausgekundschaftet hatten, kehrten sie nach vierzig Tagen zurück. Und sie brachten Früchte des Landes mit und flößten durch deren Pracht und durch ihre Berichte von dem Reichtum des Landes dem Volke Mut zum Kriege ein. Andererseits aber erschreckten sie es wieder dadurch, dass sie die Eroberung des Landes als schwierig darstellten, indem sie von seinen breiten und tiefen Flüssen berichteten, die man nicht überschreiten könne, von seinen steilen und unersteiglichen Bergen und von seinen nicht bloß an Mauern, sondern auch an Befestigungswerken äußerst starken Städten. In Chebron, meldeten sie, hätten sie dazu noch ein Riesenvolk angetroffen. Auf diese Weise flößten die Kundschafter, die wohl gemerkt hatten, dass in Chananaea die Schwierigkeiten bedeutend größer seien als alle, die ihnen seit dem Auszug aus Ägypten begegnet waren, und die hierüber auch selbst sehr mutlos waren, eine gleich verzagte Stimmung ihren Volksgenossen ein. 3. Als diese solche Reden vernahmen, verzweifelten sie wirklich an der Möglichkeit, jenes Land erobern zu können, und sie gingen aus der Versammlung heim und beklagten mit den Weibern und Kindern ihr Schicksal, gleich als ob Gott ihnen seine Hilfe wohl verheißen, aber in Wirklichkeit niemals geleistet hätte. Auch schalten sie wieder über Moyses und seinen Bruder Aaron, den Hohepriester und brachten die Nacht in Aufregung und mit Vorwürfen gegen beide hin. Am Morgen aber versammelten sie sich wieder und verstiegen sich zu dem Vorhaben, den Moyses und Aaron zu steinigen und wieder nach Ägypten zurückzukehren. 4. Da traten von den Kundschaftern Jesus, der Sohn Naves aus dem Stamme Ephralm, und Chaleb aus dem Stamme Judas plötzlich in ihre Mitte, suchten die Menge zu beruhigen und beschworen sie, Mut zu fassen, Gott keiner Lüge zu zeihen und denen nicht zu glauben, die durch eitle Reden über die Macht der Chananäer sie zu erschrecken suchten. Vielmehr sollten sie denen folgen, die sie zum Glück und zum Besitze jener Güter führen wollten. Denn weder die hohen Berge noch die tiefen Flüsse würden ihnen Schwierigkeiten machen, wenn sie tapfer das Land angriffen, zumal da Gott ihnen beistehen und in der Schlacht für sie kämpfen werde. »Zie-
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hen wir also«, sagten sie, »wacker und ohne Angst vor Misserfolg gegen den Feind, und vertrauen wir der Führung Gottes, der uns den Weg zum Siege weisen wird.« Mit solchen Reden suchten sie die Aufregung des Volkes zu besänftigen. Moyses und Aaron aber warfen sieh zur Erde und flehten demütig zu Gott nicht für ihr eigenes Wohlergehen, sondern dass er das Volk erleuchten und es in seiner gegenwärtigen Verwirrung und schlimmen Lage stärken und trösten möge. Da erschien sogleich die Wolke und ließ sich auf die Hütte nieder als Zeichen der Anwesenheit Gottes.
FÜNFZEHNTES KAPITEL Moyses verkündigt den Hebräern, Gott werde sie in seinem Zorn vierzig Jahre in der Wüste lassen. 311
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1. Moyses ging hierauf vertrauensvoll zum Volke und verkündete ihm, Gott sei über ihr schmachvolles Benehmen erzürnt und werde sie dafür strafen, jedoch nicht so schwer, als sie für ihre Sünden verdienten, sondern wie wohlwollende Vater ihre Kinder zu strafen pflegten. Denn als er in das Heiligtum eingetreten sei und weinend Gott gebeten habe, das Verderben vom Volke abzuwenden, habe Gott ihn daran erinnert, wie undankbar sie sich für seine vielen Wohltaten benommen hätten, und dass sie jetzt wieder, durch die Ängstlichkeit und Feigheit der Kundschafter irregeführt, deren Worten mehr Glauben beigemessen hätten als seinen Verheißungen. Doch wolle er sie deswegen nicht alle dem Untergang weihen, auch nicht ihr Geschlecht gänzlich vertilgen, das er allen übrigen Sterblichen vorgezogen habe; aber er werde sie nicht in den Besitz des Landes der Chananäer gelangen und sie dessen Reichtum und Überfluss nicht genießen lassen, vielmehr sollten sie zur Strafe für ihre Sünden vierzig Jahre lang ohne festen Wohnsitz in der Wüste umherirren. Dagegen wolle er das Land ihren Kindern übergeben und diese zu Herren über alle die reichen Güter machen, deren Besitz ihre Vater durch Leichtsinn verscherzt hätten. 2. Als Moyses dies auf Befehl Gottes verkündigt hatte, beklagte das Volk sein Unglück sehr und bat den Moyses, er möge bei Gott Fürbitte für sie einlegen, dass er sie von dem unsteten Leben in der Wüste erlöse und ihnen feste Wohnsitze anweise. Moyses aber entgegnete ihnen, Gott werde sich also nicht versuchen lassen, denn er entrüste sich nicht grundlos oder nach
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Menschenart, sondern er habe das Urteil in seinem weisen Ratschluss gefällt. Man möge sich aber nicht darüber wundern und es für unglaublich halten, dass dieser eine Mann (Moyses) so viele tausend erregte Menschen besänftigen und sie zur Ruhe und Vernunft bringen konnte. Denn Gott selbst stand ihm bei und verlieh ihm die Gabe, durch Reden auf die Menge einzuwirken und sie zu bekehren. Auch hatte ja das Volk schon so oft in seinem Ungehorsam die Erfahrung gemacht, wie wenig ihm seine Widerspenstigkeit von Nutzen war, durch die es sein Unglück selbst verschuldete. 3. Übrigens wurde Moyses nicht bloß zu seiner Zeit bewundert wegen seiner seltenen 'fugend und wegen der ihm eigentümlichen Gabe, seinen Worten Glauben zu verschaffen, sondern auch heute noch gibt es keinen Hebräer, der nicht seine Gesetze befolgte, selbst wenn er sich unbeobachtet wüsste, gleich als sei Moyses selbst noch gegenwärtig, um die Ungehorsamen zu strafen. Auch noch manches andere liefert den Beweis dafür, dass Moyses ein übermenschliches Ansehen besessen habe. Zum Beispiel konnten gewisse jenseits des Euphrat wohnende Menschen, die aus Verehrung für unseren Tempel oft gefahrvolle und kostspielige Reisen von vier Monaten Dauer unternahmen, um Gott zu opfern, dennoch keinen Anteil an den Opfern erlangen, da Moyses ihnen dies untersagte, weil sie mit unseren väterlichen Sitten und Gewohnheiten nicht vertraut waren. Einige von ihnen mussten weggehen, ohne geopfert zu haben, andere, ehe die Opfer vollbracht waren; ja, die meisten kamen nicht einmal bis zum Tempel. Sie alle wollten aber doch lieber den Gesetzen und Einrichtungen des Moyses sich fügen, als ihrem eigenen Willen gehorchen; und dabei hatten sie nicht zu fürchten, dass jemand sie daran hindern würde, vielmehr trieb sie nur ihr eigenes Gewissen dazu an. So haben die Gesetze, die Moyses von Gott erhalten hat, ihm ein übermenschliches Ansehen verschafft. Daher kam es, dass, als kurz vor dem Ausbruch des von uns mit den Römern geführten Krieges unter dem Kaiser Claudius und dem Hohepriesterturn IsmaeIs eine Hungersnot über unser Land hereinbrach und ein Aasaron Getreide vier Drachmen kostete, sich der Fall ereignete, dass, als am Fest der ungesäuerten Brote siebzig Kor (das sind einunddreißig sizilische oder einundvierzig attische Scheffel*) Mehl geopfert wurden, trotz der Hungersnot kein Priester es wagte, auch nur ein Krümchen davon zu essen. Dazu bewog sie doch offenbar nur die Achtung vor dem Gesetze und die Furcht vor dem Zorn Gottes, den er auch über verborgene Sünden zu verhängen pflegt. Deshalb
* Attischer Scheffel (medimnus) = 6 modii = 52,5 Liter.
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ist es nicht zu verwundem dass Moyses so Großes geleistet hat, da seine Schriften noch heute eine solche Kraft und so hohes Ansehen besitzen, dass sogar unsere Feinde zugeben, Gott selbst habe uns unsere Lebensregeln durch Vermitdung des Moyses gegeben. Doch mag hiervon jeder halten, was ihm gutdünkt.
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ERSTES KAPITEL Die Hebräer greifen wider Moyses' Willen die Chananäer an und werden geschlagen.
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1. Für die Hebräer war das Leben in der Wüste so hart und mühselig, dass sie es trotz des Verbotes Gottes wagen wollten, mit den Chananäern zu kämpfen. Denn den Ermahnungen des Moyses, sieh ruhig zu verhalten, wollten sie nicht gehorchen, sondern sie glaubten auch ohne seine Zustimmung ihre Feinde überwinden zu können. Daher fingen sie an ihn zu beschuldigen und zu verdächtigen, er wolle sie um jeden Preis in ihrer Not hinhalten, damit sie immer auf seine Hilfe angewiesen seien. Und sie schickten sich zum Kriege mit den Chananäern an, indem sie sich einredeten, Gott gewähre ihnen nicht sosehr um Moyses' willen seine Hilfe, als vielmehr mit Rücksicht auf ihre Vorfahren, die er seiner besonderen Fürsorge gewürdigt habe, und er werde, wie er ihnen um deren Thgend willen früher zur Freiheit verholfen habe, so auch jetzt ihnen beistehen, wenn sie sich wacker hielten. Ja, sie meinten sogar, sie seien allein mächtig genug, um jene Völkerschaften niederzuwerfen, auch wenn Moyses Gott von ihnen abwendig machen wolle. Überhaupt könne es ihnen nur dienlich sein, wenn sie sich auf sich selbst verließen. Und wenn sie sich auch Glück dazu wünschen müssten, dass sie der ägyptischen Sklaverei entronnen seien, so brauchten sie deshalb doch nicht die Herrschsucht des Moyses zu ertragen oder nur nach seinem Willen zu leben, als wenn Gott aus besonderem Wohlwollen ihm allein seine Absichten in Betreff unseres Schicksals kundgetan hätte und als ob wir nicht alle vom Stamme Abrams wären, Gott vielmehr ihn allein gelehrt hätte, alles Zukünftige im Voraus zu erkennen. Darum handelten sie nur verständig, wenn sie die Überhebung des Moyses verachteten und im Vertrauen auf Gott das Land, das er ihnen verheißen, in Besitz zu nehmen trachteten, und wenn sie nicht weiter sich um Moyses kümmerten, der unter dem Vorwande des Befehles Gottes sie daran hindern wolle. Daher rüsteten sie sich, um ihrer gegenwärtigen Not, die ihnen wegen der Wüste nur noch drückender vorkam, ein Ende zu machen, zum Angriff auf die Chananäer,
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indem sie sich unter Gottes Führung und Schutz stellten, ohne auf die Zustimmung und den Beistand ihres Gesetzgebers zu warten. 2. Nachdem sie diesen Beschluss, wie sie meinten, zu ihrem Besten gefasst hatten, zogen sie gegen die Feinde. Diese aber gerieten weder über den ungestümen Angriff noch über die große Zahl der Hebräer in Schrecken, sondern empfingen sie tapfer, sodass viele von den Hebräern fielen, die übrigen aber in wilder Unordnung, vom Feinde verfolgt, sich schimpflich zur Flucht wandten und ins Lager zurückeilten. Da nun die Sache gegen ihre Erwartung so schlimm verlaufen war, sank ihnen der Mut, und sie hofften nichts Gutes mehr; denn sie glaubten, das Unglück sei ihnen von Gott geschickt, weil sie ohne seine Zustimmung in den Kampf gezogen seien. 3. Moyses aber sah ihre große Niedergeschlagenheit infolge des unglücklichen TI-effens, und da er fürchtete, der Feind möchte durch seinen Sieg übermütig werden und, nach weiteren Erfolgen gierig, zum Angriff übergehen, hielt er es für das Beste, weiter von Chananaea weg mit dem Heere in die Wüste zu rücken. Das Volk aber vertraute sich wieder willig seiner Füh-, rung an, denn es sah ein, dass es ohne ihn kein Glück habe. Und sie brachen auf und zogen weiter in die Wüste hinein, denn Moyses glaubte, dass sie hier eher ruhig bleiben und nur dann sich mit den Chananäern in einen Kampf einlassen würden, wenn Gott ihnen eine günstige Gelegenheit dazu zeigen sollte.
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ZWEITES KAPITEL Die Empörung des Kares und seines Anhanges wider Mayses und dessen Bruder wegen des Priestertums.
1. Wie es aber bei einem großen Heere besonders nach Niederlagen vorzukommen pflegt, dass die Einzelnen eigensinnig und widerspenstig werden, so geschah es jetzt bei den Juden. Denn sie zählten sechshunderttausend Streiter, eine Menge, die kaum bei glücklichem Lauf der Dinge in den Grenzen der Pflicht gehalten werden konnte, um wie viel weniger also in ihrer damaligen Notlage. Daher waren sie zornig auf sich selbst wie auf ihren Führer, und es brach eine solche Empörung unter ihnen aus, wie uns keine ähnliche weder bei den Griechen noch bei den Barbaren bekannt geworden ist. Hierbei gerieten sie alle in die äußerste Lebensgefahr, und sie
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wären alle umgekommen, wenn Moyses sie nicht, uneingedenk des Unrechtes, das sie an ihm mit der Steinigung verüben wollten, gerettet hätte. Auch Gott verließ sie nicht so gänzlich, dass sie das Unglück nicht hätten überstehen können, sondern obgleich sie sich gegen ihren Gesetzgeber und gegen die Gebote, welche er ihnen durch denselben gegeben, frech vergangen hatten, entriss er sie dennoch dem Verderben, welches die Empörung sicher über sie gebracht hätte, wenn er nicht um ihre Errettung besorgt gewesen wäre. Diese Empörung nun und was Moyses nach ihrer Unterdrückung anordnete, will ich jetzt erzählen, nachdem ich vorher die Ursache, aus der sie entstand, dargelegt habe. 2. Kores, ein durch Abkunft und Reichtum hervorragender Hebräer, gewandt im Reden und erfahren in der Behandlung des niederen Volkes, sah neidisch auf die hohe Würde des Moyses (er war mit ihm aus demselben Stamme und ihm verwandt) und ärgerte sich darüber. Denn er hielt sich selbst dieser hohen Stellung für würdiger, da er reicher sei als Moyses und von Herkunft nicht geringer. Deshalb beklagte er sich bei den Leviten (das waren seine Stammesgenossen) und namentlich bei seinen Verwandten über Moyses. Es sei unrecht, meinte er, dass Moyses immer mehr Ruhm zu erlangen suche und zwar durch verwerfliche Mittel, und dass er stets sich stelle, als ob Gott ihm besonders gnädig sei. Seinem Bruder Aaron habe er in gesetzwidriger Weise das Priestertum übertragen, nicht nach gemeinsamem Volksbeschluss, sondern nach seinem eigenen Gutdünken. Ganz nach Art der 'JYrannen vergebe er die Ehrenstellen nach seinem Belieben. Schlimmer noch als offene Gewalt sei aber die heimliche Verübung des Unrechtes, denn sie treffe den Menschen nicht nur gegen seinen Willen, sondern auch ahnungslos. Wer sich nämlich bewusst sei, würdig der Erlangung von Ehrenstellen zu sein, suche sie durch Überredung zu erhalten, nicht aber durch Anwendung von Gewalt zu erzwingen. Wer aber auf geradem Wege nicht dazu kommen könne, enthalte sich zwar, um den Schein des Guten zu wahren, der Gewalt, wende aber Hinterlist an, um zu seinem Zweck zu gelangen. Im Interesse des Volkes liege es, solche Menschen zur Verantwortung zu ziehen, weil sie im Verborgenen ihr Unwesen trieben, und nicht zuzulassen, dass ihre Macht sich mehre, da sie dann später als offene Feinde sich entpuppen würden. »Denn welchen Grund«, fuhr er fort, »kann Moyses dafür beibringen, dass er dem Aaron und dessen Söhnen das Priestertum übertragen hat? Wenn Gott diese Ehre einem aus dem Stamme Levis zugedacht hat, so musste er mich von Rechts wegen vorziehen, da ich an Abkunft dem Moyses gleich, an Reichtum und Alter ihm dagegen über-
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legen bin. Wenn sie aber dem ältesten Stamme gebührt, so muss sie nach Recht und Gerechtigkeit dem Stamme Rubel zufallen und zwar dem Datham, Abiram und Phalaus. Denn diese sind aus dem Stamme die ältesten und die reichsten.« 3. Indem Kores so sprach, wollte er den Schein erwecken, als habe er nur das allgemeine Wohl im Auge. In Wahrheit aber wollte er das Volk dahin bringen, ihm selbst die Ehrenstelle des Hohepriesters zu übertragen. Seine boshafte, aber wohl durchdachte Rede hielt er zunächst an seine Stammesgenossen. Allmählich aber verbreitete sich das Gesagte weiter, und da jeder, der es vernahm, irgendeine Schmähung gegen Aaron hinzufügte, so waren die Beschuldigungen bald dem ganzen Heere bekannt. Der Mitverschworenen des Kores aber waren zweihundertfünfzig, alles vornehme Männer, die dahin arbeiteten, den Aaron aus der Priesterwürde zu verdrängen und den Moyses mit Schande zu bedecken. Die Empörung ergriff nun das ganze Volk. Man wollte den Moyses steinigen und rottete sich mit großem Aufruhr und Lärm zusammen. Und vor der Hütte Gottes schrien sie insgesamt, man müsse den Tyrannen, der unter dem Vorwande göttlichen Auftrages einen so grausamen Druck ausübe, umbringen und das Volk von seinem Joche befreien. Wenn Gott sich einen Priester hätte erwählen wollen, hätte er einem würdigen Manne diese Ehrenstelle übertragen, und nicht einem, der von vielen übertroffen würde. Und wenn er sie dem Aaron hätte verleihen wollen, würde er dies durch Volksbeschluss getan und nicht seinem Bruder allein die Entscheidung überlassen haben. 4. Obwohl nun Moyses die Schmähungen des Kores schon lange gemerkt und die Erregung des Volkes wahrgenommen hatte, fürchtete er sich nicht, sondern begab sich im Vertrauen auf seine bisherige gute Verwaltung und im Bewusstsein, dass sein Bruder durch Gottes Ratschluss und nicht durch Gunst zur Priesterwürde gelangt sei, mitten unter die Menge. Doch redete er nicht zum Volke, obwohl er in hohem Maße die natürliche Gabe besaß, auf dasselbe einzuwirken, sondern er wandte sich nur an Kores, erhob seine Stimme, so laut er konnte, und sprach: »Kores, sowohl du als auch jeder von diesen hier (dabei zeigte er auf die zweihundertfünfzig) scheint mir der Ehre des Priestertums würdig zU sein, und ich möchte auch niemand aus dem Volke von dieser Wurde fern halten, wenn er euch auch an Reichtum und anderen Vorzügen nachstände. Dem Aaron aber habe ich die Priesterwürde nicht wegen seines Reichtums übertragen, denn du besitzest größeren Reichtum als wir beide; auch nicht wegen seiner vornehmen Abkunft, denn hierin hat Gott uns gleichgestellt, da wir denselben Stammvater
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haben. Auch hat mich nicht brüderliche Liebe dazu verleitet, dem Aaron das zu geben, was auch ein anderer rur sich beanspruchen könnte. Denn hätte ich die Ehrenstelle vergeben, ohne auf Gott und das Gesetz Rücksicht zu nehmen, so hätte ich mich selbst doch nicht übergangen und einem anderen die Gunst erwiesen, da ich mir selbst näher stehe als meinem Bruder. Zudem wäre es nicht schlau von mir gewesen, mich durch eine ungerechte Handlungsweise in Gefahr zu stürzen, um einem anderen dadurch Glück zu verschaffen. Aber ich bin nicht der,' der euch unrecht tun könnte, und Gott würde es auch nicht zugelassen haben, dass ich ihn so verachtet hätte, und dass ihr über seinen Willen im Unklaren geblieben wäret. Er hat sich vielmehr seinen Priester selbst auserwählt und d~durch jeder Verantwortung in der Sache mich entbunden. Obgleich nun Aaron nicht durch meine Gunst, sondern nach Gottes Ratschluss die Priesterwürde erhalten hat, so will er derselben doch entsagen, um sie denen zu überlassen, die darüber zu entscheiden haben, und er will sie nur dann weiter behalten, wenn die Schiedsrichter sich für ihn erklären. Übrigens behält er sich aber sein gutes Recht vor, dass er ebenso gut wie andere sich darum bewerben darf. Denn es ist ihm weit lieber, euch nicht in diesem Aufruhr zu sehen, als jene Wurde zu besitzen, obwohl er mit eurer Zustimmung zu dem Amte gelangt ist. Es ist ja billig von uns, anzuerkennen: dass wir das, was Gott uns verliehen, auch eurer Zustimmung zu verdanken haben. Auch wäre es ein Zeichen von Gottlosigkeit, eine Ehrenstelle zurückzuweisen, die Gott selbst uns übertragen will; ja, es wäre unvernünftig, sie nicht anzunehmen, wenn Gott sie uns für alle Zeiten verleihen und uns in ihrem Besitz sicherstellen will. Darum mag er jetzt von neuem darüber entscheiden, wer für euch ihm Opfer darbringen und den Gottesdienst versehen soll. Denn es wäre doch unbegreiflich, wenn Kores in seinem ehrgeizigen Streben nach dieser Wurde Gott das Recht absprechen wollte, zu dem Amte zu berufen, wen er will. Darum lasset jetzt davon ab, wegen dieser Sache Empörung und Unruhe zu erregen. Morgen aber seid ihr alle, die ihr euch um die Priesterwürde bewerben wollt, zur Stelle, und jeder bringe von Hause eine Rauchpfanne, Räucherwerk und Feuer mit. Und auch du, Kores, überlasse die Entscheidung Gott allein und warte sein Urteil in dieser Sache ab; halte dich nicht für mächtiger als Gott, tritt vielmehr demütig heran, damit es sich ausweise, ob dir die Ehrenstelle zuzuerkennen sei. Doch auch Aaron, so halte ich es für billig, muss zu dieser Wahl zugelassen werden, da er von derselben Herkunft ist, und man ihm aus seiner bisherigen Verwaltung der HohepriestersteIle nicht den mindesten Vorwurf machen kann. Wenn ihr euch dann versammelt
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habt, so bringet ein Rauchopfer dar, indem ihr Weihrauch verbrennt, und zwar im Angesichte des Volkes. Wessen Opfer alsdann Gott am meisten gefällt, der soll von euch zum Priesteramte bestimmt werden. Man kann ihm so wenigstens nicht mehr vorwerfen, er habe von seinem Bruder aus Gunst die Würde erhalten.«
DRITTES KAPITEL Wie die Anstifter der Empörung nach dem Willen Gottes vertilgt werden und wie Aaran und seine Söhne die Priesterwürde behalten.
1. Als Moyses so geredet hatte, hörte die Menge auf zu lärmen und den Moyses zu verdächtigen. Ja, sie lobten sogar seine Worte und pflichteten ihnen bei, denn sie schienen das Beste des Volkes zu wollen. Darauf ging die Versammlung auseinander. Sobald aber der nächste Tag graute, kam man in großer Anzahl zusammen, um dem Opfer beizuwohnen und die Entscheidung in Betreff der Priesterwürde zu erwarten. Die Versammlung war sehr unruhig, denn das Volk war auf den Ausgang gespannt. Einige hätten ihr Vergnügen daran gehabt, wenn Moyses auf schlechten Handlungen ertappt worden wäre; die Vernünftigeren jedoch wünschten endlich von der Unruhe und dem Verdruss befreit zu werden. Denn sie fürchteten, dass bei ständigem Zunehmen des Aufruhrs schließlich alle Bande der Ordnung gelöst werden könnten. Das gemeine Volk ist ja von Natur aus dazu geneigt, der Obrigkeit zu widersprechen, sich von jedem unbedeutenden Redner umstimmen zu lassen und dann Unruhe und Lärm anzustiften. Moyses schickte nun Boten zu Abiram und Datham mit dem Befehl, sie sollten der Verabredung gemäß kommen und den Ausgang der Entscheidung durch das Opfer abwarten. Diese aber antworteten, sie würden nicht erscheinen und es auch nicht länger dulden, dass Moyses' Einfluss, den er doch nur durch Hinterlist erlangt habe, noch mehr zunehme. Als Moyses diese Antwort vernommen, hieß er die Vertreter des Volkes ihm folgen und begab sich zu Datham und seinem Anhang, ohne die geringste Furcht vor den übermütigen und halsstarrigen Menschen zu haben. Diese folgten ihm auch sogleich nach. Als nun Datham und sein Anhang hörten, Moyses komme mit den Vornehmsten des Volkes zu ihnen, gingen sie samt Weibern und Kindern aus ihren Wohnungen und stellten sich bei der Hütte auf, gespannt darauf, was Moyses
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beginnen würde. Dicht umgeben waren sie von ihren Knechten, die ihnen Hilfe leisten sollten, falls Moyses Gewalttaten beabsichtige. 2. Als Moyses nun in ihre Nähe gelangt war, erhob er seine Hände gen Himmel und rief mit lauter Stimme, sodass alle ihn hören konnten: »Herr des Himmels und der Erde und des Meeres, du bist der glaubwürdigste Zeuge meiner Taten, und dass ich nichts ohne deinen Willen vollbracht habe. Du, der du mir in allen meinen Unternehmungen beigestanden und dich der Hebräer in ihren Nöten immer erbarmt hast, hilf mir auch jetzt und erhöre mein Gebet. Vor dir sind weder unsere Werke noch unsere Gedanken verborgen. Würdige dich also, die Wahrheit zu offenbaren und die Undankbarkeit dieser Menschen gegen mich zu erweisen. Alles, was sich vor meiner Geburt ereignet hat, weißt du am besten, nicht vom Hörensagen, sondern weil du allgegenwärtig bist und nichts vor deinem Auge verborgen bleibt. Sei auch mein Zeuge in der jetzigen Angelegenheit, deren wahren Sachverhalt jene Menschen wohl kennen, den sie aber trotzdem zu verdächtigen suchen. Ich führte ein ruhiges Leben, das ich deinem Willen, meiner eigenen 'fugend und dem Wohlwollen meines Schwiegervaters Raguel verdankte; aber ich entsagte diesem Glück und unterzog mich für das Volk allen Mühseligkeiten. Und wie früher für ihre Befreiung, so habe ich jetzt für ihr Wohlergehen die größten Plackereien ertragen und jeder Gefahr mich gern ausgesetzt. Weil ich nun jetzt in den Verdacht der Bösartigkeit gekommen bin gerade bei den Menschen, die meiner Mühe und Sorge ihr Leben und ihre Sicherheit verdanken, so hilf du mir, der du dich mir im Feuer auf dem Berge Sinai gezeigt und mich gewürdigt hast, dort deine Stimme zu vernehmen und deine Wunderzeichen zu schauen. Der du mich nach Ägypten gesandt hast, um dem Volke deinen Ratschluss zu verkündigen; der du der Ägypter Glück gebeugt, uns aus ihrer harten Knechtschaft befreit und des Pharao Macht mir unterworfen hast; der du uns, da wir unkundig des Weges waren, das Meer in Land verwandeltest und das zurückgedrängte Meer zum Verderben der Ägypter wieder anschwellen ließest; der du den Wehrlosen Waffen verschafftest, schlechtes Wasser in trinkbares verwandeltest und in unserer äußersten Not uns Quellen aus dem Felsen sprudeln ließest; der du uns Nahrung übers Meer zuführtest, da wir auf dem Lande der Speise entbehrten; der du uns eine Speise vom Himmel sandtest, von der man bis dahin nichts gesehen noch gehört; der du uns den Gedanken an Gesetzgebung einflößtest und uns den Weg zur richtigen Verwaltung des Gemeinwesens zeigtest: komm, 0 Herr aller Dinge, und sei mein Richter und unparteiischer Zeuge, dass ich von keinem der Hebräer
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Geschenke angenommen, um Recht und Gerechtigkeit zu verdrehen, und dass ich nie den Armen, wenn er im Rechte war, dem reichen Gegner habe unterliegen lassen, noch meine Macht zum Schaden des Gemeinwesens missbraucht habe. Und doch hat man mich jetzt verdächtigt, ohne dass ich mir der geringsten Schuld bewusst wäre, ich hätte nicht auf deinen Befehl, sondern nach meiner Gunst dem Aaron die Priesterwürde übertragen. Deshalb zeige jetzt, dass du alles durch deine Vorsehung lenkst und regierst, und dass nichts grundlos und von selbst, sondern nach deinem Willen zu seinem Endzweck gelangt. Beweise, dass du fur diejenigen sorgst, die den Hebräern beistehen, und strafe den Abiram und Datham, die dir Sinnlosigkeit vorwerfen, als willfahrtest du meinen Ränken. Mache an ihnen kund dein Strafgericht, die in ihrem Unverstand deinen Ruhm beeinträchtigen, und lasse sie auf ungewöhnliche Weise untergehen, damit sie Schrecklicheres erfahren, als gemeinhin den Menschen bei ihrem Tode zuzustoßen pflegt. Darum lass die Erde sich öffnen, auf der sie stehen, und sie mit ihren Angehörigen und ihrem Besitztum verschlingen. Denn das wird allen ein Beweis deiner Macht, denen aber, die übel von dir denken, ein warnendes Beispiel sein; ich dagegen werde als treuer Diener und Vollzieher deiner Befehle erwiesen werden. Habe ich aber wirklich die Schandtat vollbracht, deren jene mich zeihen, so bewahre sie ungestraft vor allem Übel, und lass das Verderben, das ich ihnen gönne, auf mich zurückfallen. Und hast du den bestraft, der an deinem Volke unrecht tun wollte, so festige Frieden und Eintracht unter ihnen fur alle Zeit, erhalte das Volk in der Befolgung deiner Gebote, verleihe ihm ein gesichertes Leben, und lass es an der Strafe, die die Frevler trifft, nicht teilhaben. Denn du weißt, dass es ungerecht wäre, wenn alle Israeliten die Strafe jener Nichtswürdigen miterleiden müssten.« 3. Als Moyses dies unter 'fränen gesprochen hatte, erbebte plötzlich die Erde, und es entstand ein Wogen wie das des Meeres, wenn seine Fluten von der Stürme Gewalt erregt werden, und alle entsetzten sich. Und unter gewaltigem Geräusch und Krachen senkte sich bei den Zelten der Aufrührer der Boden und verschlang sie samt allem, was ihnen teuer war. Ihre Vertilgung aber ging so schnell vor sich, dass niemand es wahrnehmen konnte, und da die Erde sich sogleich wieder schloss und ebnete, konnte man von dem, was sich zugetragen, auch nicht die leiseste Spur mehr bemerken. So wurden die Empörer dahingerafft, ein warnendes Beispiel der Allmacht Gottes. Doch möchte man sie nicht allein wegen des Unglückes beklagen, das sie traf und das gewiss an sich schon Mideid verdient, sondern auch deshalb, weil ihre Verwandten sich noch über ihr Schicksal freu-
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ten. Sie vergaßen gleichsam, dass Bande der Verwandtschaft sie mit den Empörern vereinigt hatten, und billigten erfreut das Strafgericht Gottes; und in dem Glauben, mit Datham und seinem Anhange sei eine Pestbeule des Gemeinwesens zugrunde gegangen, empfanden sie über deren Tod keinen Schmerz. 4. Moyses rief alsdann diejenigen zusammen, die sich um die Priesterwürde bewarben, damit festgestellt werde, wer, nachdem sein Opfer Gott am meisten wohlgefällig gewesen sei, zum Priestertum berufen würde. Und als nun 250 Männer hervortraten, die sowohl wegen der 'fugenden ihrer Väter als auch wegen ihrer eigenen beim Volke in hohen Ehren standen, erschienen auch Aaron und Kares, und alle verbrannten vor der Hütte das Räucherwerk, das sie mitgebracht hatten. Da entstand plötzlich ein mächtiges Feuer, wie es von Menschenhänden entzündet noch niemand gesehen hatte, und wie es weder aus unterirdischen Gluten hervorbricht noch von selbst in Wäldern entsteht, die von der Stürme Gewalt ergriffen werden, sondern wie es nur Gottes Geheiß entzünden kann, gewaltig und hell leuchtend. Davon wurden alle zweihundertfunfzig Männer samt dem Kares dahingerafft, sodass nicht die Spur von ihren Leibern übrig blieb. Aaron allein blieb vom Feuer verschont, weil Gott dasselbe erzeugt hatte, um die zu vertilgen, die es verdient hatten. Nachdem sie so zugrunde gegangen, wollte Moyses dieses Strafgericht ewigem Andenken überliefern und späteren Nachkommen ein Zeichen davon hinterlassen. Er befahl daher dem Eleazar, dem Sohne Aarans, die Rauchpfannen der Gerichteten am ehernen Altare niederzulegen, damit kommende Geschlechter erkennen möchten, was mit denen geschehen sei, die Gottes Allmacht hintergehen zu können gewähnt hatten. Aaron aber verwaltete das Ehrenamt mit seinen Söhnen weiter, nachdem es allen kund geworden, dass er nicht durch die Gunst des Moyses, sondern nach dem Urteil Gottes dasselbe zu Recht besitze.
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1. Dennoch legte sich die Empörung nicht völlig, wuchs vielmehr bald wieder und ward heftiger als zuvor. Und die Ursache, die das Übel von Tag zu Tag verschlimmerte, machte es wahrscheinlich, dass es so bald nicht auf-
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hören, sondern noch lange Zeit andauern werde. Obgleich man sich nämlich überzeugt haben musste, dass nichts ohne den Willen Gottes geschehe, glaubte man doch, Gott tue das alles nur dem Moyses zu Gefallen. Thm allein legten sie die Schuld dafür bei, dass Gottes Zorn an jenen so schrecklich gewaltet habe. Gott sei auch nicht so sehr durch ihre Vergehen beleidigt, als vielmehr von Moyses aufgereizt worden. Und jene seien wegen keiner anderen Sünde vertilgt worden, als weil sie Gottes Verehrung und Dienst sich eifrig hätten angelegen sein lassen. Moyses habe durch den Tod so vieler vornehmen Männer das Volk strafen wollen, damit er niemals mehr zur Verantwortung gezogen werden könne, und damit sein Bruder im Besitze der Priesterwürde gesichert sei. Denn von jetzt ab werde niemand mehr so großes Verlangen danach tragen, da andere dadurch in ihr Verderben gestürzt seien. Obendrein wühlten auch die Verwandten der Gerichteten eifrig im Volke, um die Anmaßung des Moyses in die gebührenden Grenzen zurückzuweisen; denn das schien ihre eigene Wohlfahrt und Sicherheit zu fordern. 2. Moyses aber, der schon lange die steigende Erregung des Volkes bemerkt hatte, befürchtete, es möchte von neuem ein Aufruhr ausbrechen, und großes Unheil entstehen. Daher berief er das Volk zur Versammlung und hörte ihre Vorwürfe ruhig an, ohne etwas zu seiner Entschuldigung vorzubringen, um sie nicht noch mehr zu reizen. Alsdann befahl er den Stammesoberhäuptern, Stäbe herbeizubringen, auf denen die Namen der einzelnen Stämme verzeichnet seien. Denn der solle die Priesterwürde erhalten, auf dessen Stab Gott ein Zeichen erscheinen lassen würde. Dieser Vorschlag fand Zustimmung, und man brachte die Stäbe herbei; Aaron aber hatte auf seinem Stabe den Stamm Levis verzeichnet. Moyses nahm nun die Stäbe und legte sie in der Hütte Gottes nieder. Am folgenden Tage aber holte er sie wieder hervor, und sie konnten leicht wieder erkannt werden, da sie sowohl von den Oberhäuptern als auch vom Volke gekennzeichnet worden waren. Die anderen Stäbe hatten nun genau das Aussehen beibehalten, welches sie gehabt, als Moyses sie empfing; an Aarons Stab hingegen sah man Zweige, Sprossen und reife Früchte, nämlich Mandeln, denn aus diesem Holze war der Stab verfertigt. Erstaunt ob der Neuheit der Erscheinung, ließen sie nun von dem Hasse ab, den sie vielleicht ebenso sehr gegen Aaron als gegen Moyses gehegt hatten, bewunderten Gottes Urteil und stimmten seinem Beschlusse bei. Und so erkannte man gern an, dass Aaron mit Recht die Priesterwürde zustehe. Aaron wurde nun, nachdem Gott ihn dreimal erwählt und durch Zeichen beglaubigt hatte, dauernd in seine Wür-
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de eingesetzt, und der Aufruhr auf diese Weise beendigt, nachdem er lange gewährt hatte. 3. Da der Stamm Levis, weil er zum Dienste Gottes bestimmt war, vom Kriegsdienste befreit war, so befahl Moyses, damit derselbe nicht aus Not ü"der wegen der Sorge für den Lebensunterhalt den heiligen Dienst vernachlässige, die Hebräer sollten, sobald sie nach Gottes Willen das Land Chananaea in Besitz genommen, den Leviten achtundvierzig schöne und große Städte nebst dem Ackerlande bis zweitausend Ellen von der Stadtmauer im Umkreise zuteilen. Außerdem schrieb er dem Volke vor, den Leviten und Priestern den Zehnten des jährlichen Ernteertrages zu entrichten. Dies war das Einkommen, welches dieser Stamm vom Volke erhielt. Was davon den Priestern allein zukam, glaube ich besonders aufführen zu müssen. 4. Von den achtundvierzig Städten mussten ihnen die Leviten dreizehn einräumen, und außerdem von dem Zehnten, den sie jährlich vom Volke erhielten, wieder den Zehnten an sie abtreten. Weiterhin bestimmte Moyses, das Volk solle die Erstlinge aller Früchte, die die Erde hervorbringt, Gott darbringen; und von den vierfüßigen Tieren, die zum Opfer bestimmt waren, sollten sie die männliche Erstgeburt den Priestern zum Opfer bringen, damit sie dieselbe mit ihren Familien in der heiligen Stadt verzehrten. Für die Tiere aber, deren Verspeisung das Gesetz verbot, mussten deren Besitzer einen und einen halben Sekel entrichten: Für die menschlichen Erstlinge waren fünf Sekel zu zahlen. Auch gebührten den Priestern die Erstlinge der Schafschur, und wenn Weizen gemahlen oder Brot gebacken wurde, so erhielten sie davon einen Kuchen. Diejenigen, welche sich einem Gelöbnis gemäß Gott weihen (die Naziräer, welche ihr Haar wachsen lassen und sich des Weingenusses enthalten), geben, wenn sie ihr Haar scheren, dieses den Priestern zum Opfer. Ferner müssen diejenigen, die sich Korban nennen (das heißt im Hebräischen »Geschenk an Gott«), wenn sie von dem Dienst, zu dem sie sich verpflichtet haben, entbunden sein wollen, den Priestern Geld geben, und zwar ein Weib dreißig und ein Mann fünfzig Sekel. Wer aber dazu zu arm ist, dem können die Priester nach Gutdünken die Abgabe erlassen. Wenn jemand zu Hause zu einem Gastmahl, nicht zum Gottesdienste, einen Ochsen oder ein Schaf schlachtet, muss er den Priestern die Kaldaunen, ein Stück von der Brust und die rechte Schulter darbringen. So verschaffte Moyses den Priestern ein reichliches Einkommen, wozu noch das hinzukam, was ihnen von den für das Volk dargebrachten Sühnopfern gebührte, wie ich es im vorigen Buche beschrieben habe. Von allen diesen
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Abgaben mussten die Priester aber auch ihren Hausgenossen, Töchtern und Weibern etwas zuteilen mit Ausnahme der Opfertiere von den Sühnopfern, die nur die männlichen Mitglieder der Priesterfamilie an demselben Tage im Tempel verzehren durften. 5. Als Moyses nach der Unterdrückung des Aufruhrs diese Vorschriften gegeben hatte, brach er mit dem ganzen Heere auf und kam an die Grenze von Idumäa. Er schickte darauf Gesandte zum König der Idumäer und ließ um freien Durchzug durch sein Land bitten, indem er jede Verantwortung dafür übernahm, dass ihm kein Unrecht noch Schaden zugefügt werden würde. Auch ließ er um die Erlaubnis zum Einkauf von Lebensmitteln ersuchen; er wolle sogar das Wasser bezahlen, wenn der König es verlange. Dieser aber schlug das Ersuchen der Gesandten rundweg ab und verweigerte ihnen nicht nur den Durchmarsch, sondern zog sogar mit einem Heere dem Moyses entgegen, um ihn, wenn er den Einmarsch mit Gewalt erzwingen wollte, daran zu hindern. Deshalb führte Moyses, dem auf seine Anfrage Gott den Rat gegeben hatte, sich nicht auf einen Kampf einzulassen, das Heer zurück und nahm auf Umwegen den Marsch durch die Wüste. 6. Um diese Zeit starb auch Mariamme, die Schwester des Moyses, im vierzigsten Jahre nach dem Auszug aus Ägypten, im Neumond des Monats Xanthikos. Sie wurde mit großer Pracht auf öffentliche Kosten auf einem Berge, der Sin genannt wird, begraben, und als das Volk dreißig Tage um sie getrauert hatte, reinigte Moyses es auf folgende Weise. Der Hohepriester führte ein tadelloses rotes Rind, das noch nicht zum Pflügen und Ackerbau ins Joch gespannt worden war, etwas vom Lager entfernt an einen ganz reinen Ort, schlachtete es und besprengte mit seinem Blute siebenmal die Hütte Gottes. Dann verbrannte er das ganze Rind, wie es dalag, mit Haut und Eingeweiden, und warf Zedernholz sowie Hyssop und scharlachrote Wolle ins Feuer. Die ganze Asche sammelte ein reiner Mann und legte sie an einen ganz reinen Ort. Diejenigen, welche durch einen Toten verunreinigt waren, streuten etwas von dieser Asche mittels eines Hyssopzweiges in eine Quelle, gaben dann eine Kleinigkeit von derselben Asche in Wasser und besprengten sich damit am dritten und am siebenten Tage, worauf sie für rein galten. Diesen Gebrauch schrieb Moyses ihnen auch für die Zukunft vor, wenn sie in das verheißene Land gelangt seien. 7. Nachdem das Heer so von der Leichentrauer um seine Schwester gereinigt war, führte Mayses es nebst dem ganzen '!ross durch die Wüste und Arabien weiter. Als man nun zu einem Orte gelangt war, den die Araber für ihre Hauptstadt ansehen, einstmals Arke, jetzt aber Petra genannt, bestieg
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Aaron einen Höhenzug, der die Stadt umgab, da Moyses ihm verkündet hatte, dass er bald sterben werde. Und im Angesichte des ganzen Heeres (denn der Berg war abschüssig) zog er sein hohepriesterliches Gewand aus und übergab es seinem Sohne Eleazar, dem wegen seines Alters zunächst die Priesterwürde zukam. Alsdann verschied er im Angesichte des Volkes, in demselben Jahre, da auch seine Schwester gestorben war, und im Alter von hundertdreiundzwanzig Jahren. Sein Todestag fiel auf den Anfang des Monats in den Neumond; der Monat aber heißt bei den Athenern Hekatombaion, bei den Makedoniern Loos und bei den Hebräern Abba.
FÜNFTES KAPITEL Wie Moyses die Könige der Amorrhäer Sich on und Og besiegte,
ihr Heer vernichtete und ihr Land unter zweiundeinenhalben Stamm. der Hebräer verteilte. 85
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1. Als die Trauerzeit von dreißig Tagen verstrichen war, zog Moyses mit dem Heere weiter und schlug das Lager am Flusse Amon auf, welcher von den Bergen Arabiens entspringt, die ganze Wüste durchströmt und in den See Asphaltis* mündet. Er trennt das Land Moabitis vom Lande Amoritis. Die Gegend dort war sehr fruchtbar und konnte eine große Menge Mensehen ernähren. Von hier schickte Moyses Gesandte an Sichon, den Beherrscher dieses Landes, und ließ um freien Durchzug durch das Land bitten unter der Versicherung, dass weder ihm noch dem Ackerlande, noch seinen Untertanen ein Schaden entstehen solle. Auch beabsichtigten sie Lebensmittel zu kaufen, sodass sie noch Vorteil von ihnen haben würden, zumal sie sogar das Wasser bezahlen wollten. Sichon aber verweigerte den Durchzug, bewaffnete in Eile alle seine Truppen und rüstete sich, die Hebräer am Übergang über den Arnon zu hindern. 2. Als Moyses die feindliche Gesinnung des Amorrhäers merkte, glaubte er diese verächtliche Behandlung nicht leiden zu dürfen, und um die Hebräer aus ihrer Untätigkeit aufzurütteln und sie vor dem Mangel zu bewahren, der sie früher zu dem Aufruhr verleitet hatte, fragte er Gott um Rat, ob er ihn angreifen dürfe. Und da Gott nicht nur den Krieg gestattete, sondern * Das tote Meer.
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auch einen siegreichen Ausgang versprach, so rüstete er sich vertrauensvoll zum Kampfe und feuerte die Streiter an, indem er sie beschwor, jetzt ihre Kampfbegier zu stillen, da Gott ihnen die Erlaubnis dazu erteilt habe. Diese ergriffen auch sogleich die Waffen und eilten zum Kampf. Als sie nun heftig einherstürmten, war der Amorrhäer seiner selbst nicht mehr mächtig, sondern erschrak beim Anblick der Hebräer, und auch sein Heer, welches vorher Tapferkeit zur Schau getragen, ergriff mächtige Furcht. Daher hielten sie dem ersten Ansturm nicht stand, sondern wandten sich zur Flucht, wodurch sie sich eher als durch Kampf retten zu können glaubten. Sie vertrauten nämlich ihren festen Städten, die ihnen indes nichts nutzten. Denn als die Hebräer sie weichen sahen, drängten sie unverweilt nach, verwirrten ihre Reihen und verbreiteten Schrecken unter ihnen. Jene zogen sich darauf in die Städte zurück. Die Hebräer aber ließen in der Verfolgung nicht nach und legten statt der früheren Schwäche eine bedeutende Ausdauer an den Tag. Und da sie vortreffliche Schleuderer und im Kampfe mit Wurfgeschossen sehr erfahren waren, auch wegen ihrer leichten Rüstung eine besondere Beweglichkeit besaßen, so holten sie die Feinde bald ein und töteten die, welche sie wegen weiterer Entfernung nicht gefangen nehmen konnten, mit Schleudern und Wurfspeeren. So richteten sie ein großes Blutbad an. Die Fliehenden aber litten sehr an ihren Wunden, und es peinigte sie der Durst noch mehr als der Feind, da es gerade im Sommer war. Und als sie nun nach einem Trunk lechzend dem Flusse zueilten, wurden sie haufenweise von den Hebräern umzingelt und mit Wurfspeeren und Pfeilen sämtlich niedergemacht. Der König Sichon fiel ebenfalls. Die Hebräer plünderten die Gefallenen und machten reiche Beute; dazu gewährte ihnen auch das Land Überfluss an Lebensmitteln, weil noch eine Menge Getreide auf den Äckern stand. Die Soldaten streiften ohne alle Furcht umher, nahmen die, welche sich feindlich verhielten, gefangen, und sammelten Lebensmittel ein. Niemand trat ihnen dabei in den Weg, zumal da alle Tapferen gefallen waren. Diese Niederlage erlitten die Amorrhäer, weil sie weder klug überlegten noch tapfer kämpften. Die Hebräer aber nahmen ihr Land in Besitz. Dieses liegt zwischen drei Flüssen und gleicht einer Insel: denn der Arnon begrenzt es gegen Süden, und gegen Norden der Jabach, der sich in den Jordan ergießt und damit seinen Namen verliert. Die dritte Seite des Landes, gegen Westen, grenzt an den Jordan. 3. Wahrend sich dies ereignete, rüstete Og, der König von Galad und Gaulanitis, sich zum Kriege gegen die Israeliten und rückte in Eile an der Spitze eines Heeres heran, um seinem Freunde und Verbündeten Sichon zu
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Hilfe zu kommen. Und obgleich er erfuhr, dass dieser schon gefallen sei, beschloss er nichtsdestoweniger mit den Hebräern zu kämpfen; denn er zweifelte nicht an seinem Siege und wollte auch ihre Tapferkeit erproben. In dieser Erwartung ward er jedoch sehr getäuscht: Er selbst fiel, und sein ganzes Heer wurde aufgerieben. Moyses überschritt darauf den Jabach, durchzog das Königreich des Og, zerstörte die Städte und tötete die Einwohner, welche alle übrigen Völker jener Gegend wegen der Fruchtbarkeit ihres Bodens und ihrer großen Besitzungen an Reichtum übertrafen. Dei' König Og war ein großer und schöner Mann, wie es wenige gibt; auch war er so tapfer, dass seine herrlichen Taten dem hohen Wuchse seiner Gestalt und seinem schönen Äußeren entsprachen. Von seiner Kraft und Größe konnte man sich eine Vorstellung machen nach dem Bette, welches in der ammanitischen Königsstadt Rabath erbeutet wurde. Dasselbe war von Eisen und maß in der Breite vier und in der Länge neun Ellen. Durch seinen Fall standen die Sachen für die Hebräer nicht nur augenblicklich günstig, sondern sein Tod gab auch die besten Hoffnungen für die Zukunft. Denn sie nahmen sechzig vortrefflich befestigte Städte, welche unter seiner Herrschaft gestanden hatten, ein und machten sowohl im Allgemeinen als auch jeder Einzelne für sich große Beute.
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1. Moyses führte nun das Heer nach dem Jordan zu und schlug das Lager in der großen Ebene bei Jericho auf. Diese Stadt ist sehr reich, und es wachsen dort besonders viele Palmen und Balsamstauden. Die Israeliten aber waren so übermütig geworden, dass sie vor Kampfbegier brannten. Daher schickte Moyses, nachdem er einige Tage lang Gott Dankopfer dargebracht . und das Volk mit Gastmahlen bewirtet hatte, einen Teil seiner 1ruppen, um das Land der Madianiter zu plündern und zu verwüsten und ihre Städte zu erobern. Die Ursache dieses Krieges war folgende. 2. Als Balak, der König der Moabiter, der zu den Madianitern in einem alten Freundschafts- und Bundesgenossenverhältnis stand, die Macht der Israeliten so sehr anwachsen sah, geriet er auch in Sorge um sein eigenes Königreich, da es ihm unbekannt war, dass die Israeliten einem Gebote
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Gottes zufolge verpflichtet waren, nach der Besitzergreifung Chananaeas kein anderes Land mehr zu erobern. Er beschloss also mit mehr Eile als Überlegung, sie mit List anzugreifen. Denn offen mit ihnen zu kämpfen, hielt er, da sie durch ihre Erfolge noch mehr als durch ihr Unglück gewitzigt waren, nicht fur ratsam. Er wollte nur, so viel er dies vermochte, verhüten, dass sie noch mächtiger würden, und in dieser Absicht schickte er Gesandte an die Madianiter. Und da am Euphrat ein gewisser Balam lebte, der ein berühmter Seher war und mit ihnen in Freundschaft verkehrte, so sandten die Madianiter außer den Boten Balaks auch einige ihrer angesehensten Männer zu dem Seher, um ihn zu ersuchen, er möge die Israeliten verfluchen. Dieser empfing die Gesandten sehr höflich, und nachdem er sie bewirtet hatte, fragte er Gott um Rat, ob er dem Verlangen der Madianiter nachgeben solle. Als aber Gott ihm davon abriet, begab er sich wieder zu den Gesandten und erklärte ihnen, er bedaure, ihrem Wunsche nicht entsprechen zu können, denn Gott, dem er seine Berühmtheit im Wahrsagen und Prophezeien verdanke, gestatte dies nicht. Das Heer nämlich, das sie verflucht wissen wollten, sei Gott besonders teuer. Er riet ihnen daher, sie möchten sich zu den Israeliten begeben und von der Feindschaft gegen dieselben abstehen. Mit diesen Worten entließ er die Gesandten. 3. Die Madianiter aber schickten bald, da Balak sie darum bestürmte und ihnen glänzende Versprechungen machte, aufs Neue eine Gesandtschaft zu Balam, der, um ihrer Bitte willfahren zu können, Gott nochmals um Rat anging. Über diese abermalige Versuchung erzürnt, befahl Gott ihm, den Gesandten ihre Bitte nicht abzuschlagen. Und da er nicht ahnte, dass Gott ihm dies nicht im Ernste befohlen hatte, reiste er sogleich mit den Boten ab. Unterwegs aber begegnete ihm an einer engen, von beiden Seiten durch Einfriedigungen begrenzten Stelle ein Engel Gottes, und die Eselin, auf welcher Balam ritt, wich, als ob sie den Geist Gottes gemerkt hätte, gegen die eine Einfriedigung aus, ungeachtet der Schläge, die ihr Balam versetzte, der sich an der Wand durch Anstoßen den Fuß verletzt hatte. Als aber der Engel nicht wich und Balam die Eselin wiederum heftig schlug, fiel diese zu Boden, fing auf Geheiß Gottes mit menschlicher Stimme an zu reden und schalt den Balam ob seiner Ungerechtigkeit: Obgleich er über ihre bisherigen Dienste sich doch nicht zu beklagen habe, misshandle er sie jetzt mit Schlägen und sehe nicht ein, dass Gott ihn daran hindern wolle, denen zu Willen zu sein, zu denen er sich begebe. Balam stand erstaunt und verwirrt da über die menschliche Stimme der Eselin; noch mehr aber erschrak er, als er auf einmal den Engel erblickte, der auch seinerseits ihm Vorwürfe dar-
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über machte, dass er die Eselin geschlagen habe. Denn das Tier trage keine Schuld, er selbst vielmehr wolle ihn daran hindern, gegen den Willen Gottes diese Reise zu machen. Balam wollte nun umkehren; Gott aber hieß ihn seinen Weg fortsetzen, nur müsse er dem Balak das verkünden, was er (Gott) ihm eingeben werde. 4. Nachdem Gott ihm dies befohlen, kam er zu Balak. Dieser empfing ihn ehrenvoll, und Balam verlangte alsdann, auf einen Berg geführt zu werden, von wo er das Lager der Hebräer überschauen könne. Der König war sogleich dazu bereit und führte den Seher mit königlichem Geleit auf einen hochragenden Berg, der vom Lager der Hebräer sechzig Stadien* entfernt war. Als Balam dieses erblickt hatte, trug er dem König auf, sieben Altäre errichten und ebenso viele Stiere und Widder herbeibringen zu lassen. Der König tat das sogleich, und nun brachte Balam ein Brandopfer dar, um zu erforschen, ob die Israeliten die Flucht ergreifen würden. Darauf begann er also zu sprechen: »0 glückliches Volk, dem Gott unermesslichen Reichtum verliehen und dem er in allem seine Leitung und Hilfe versprochen hat! Sicher gibt es auf Erden kein Volk, das euch an 'fugend und Eifer für alles Gute und Ehrbare gleichsteht oder auch nur nahe kommt, und alles das werdet ihr euren Kindern hinterlassen, die noch glücklicher sein werden als ihre Vater. Denn Gott ist euch allein von allen Menschen gnädig und spendet euch mit vollen Händen; deshalb seid ihr die Glücklichsten von allen, die die Sonne bescheint. Ihr werdet das Land besitzen, das er euch verheißen, es wird euren Nachkommen für alle Zeiten verbleiben, und ihr Name wird mit seinem Ruhm den Erdkreis und das Meer erfüllen; ja, jeder Teil der Erde wird euren Nachkommen zum Wohnsitz dienen. Wundere dich nicht hierüber, 0 glückliches Heer, da du von einem Stammvater entsprossen und zu einem so mächtigen Volke herangewachsen bist. Zwar ist eure Zahl jetzt noch nicht so groß, da das Land Chananaea euch aufnehmen wird; doch wisset, dass in Zukunft der Erdkreis euch gerade genug sein wird, dass ihr zahlreicher sein werdet als die Sterne des Himmels und dass Inseln wie Festland euch zu Wohnstätten dienen werden. Aber mögt ihr auch noch so zahlreich werden, Gott wird doch nicht aufhören, euch im Frieden jeglichen Überfluss, im Kriege aber Sieg und Herrlichkeit zu verleihen. Die Feinde werden vor Verlangen brennen, mit euch zu kämpfen, und in ihrem Übermut euch zum Kriege reizen. Doch nicht mehr werden sie siegreich heimkehren, wie sie gewöhnt sind, noch Weib und Kinder damit * 1 Stadion = 185 Meter.
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erfreuen. Mit solcher Tapferkeit hat Gott euch beglückt, der die Hohen erniedrigt und die Armseligen erhöht.« 6. So prophezeite der Seher, sich selbst entrückt und erfüllt vom Geiste Gottes. Balak aber ärgerte sich und warf ihm vor, er verletze den Vertrag, da er doch so reiche Geschenke von den Verbündeten erhalten habe. Er sei gekommen, um die Feinde zu verfluchen, und jetzt lobe er sie sogar und preise sie als die Glücklichsten der Sterblichen. Balam aber entgegnete:»O Balak, erwäge doch wohl ob es bei uns steht, was wir sagen oder verschweigen wollen, wenn der Geist Gottes uns ergreift! Denn dann redet Er durch uns, was Er will ohne dass wir etwas davon wissen. Ich weiß wohl sehr gut, um welcher Ursache willen ihr und die Madianiter mich habt rufen lassen, und ich hatte auch im Sinn, in allem deinem Wunsche zu entsprechen. Aber ich musste Gott mehr gehorchen als euch, denen ich einen Gefallen erweisen wollte. Denn ohnmächtig sind die, die etwa aus sich selbst den Menschen die Zukunft vorhersagen wollen; sie verkünden nicht das, was Gott ihnen eingegeben, sondern widersetzen sich seinem Willen. Sobald aber unser Herz vom göttlichen Hauche bewegt wird, verkünden wir nicht mehr unsere eigenen Gedanken. Ich beabsichtigte nicht, dieses Heer zu loben oder das Gute aufzuzählen, das Gott ihren Nachkommen zugedacht hat; Gott selbst indes, der ihnen gnädig ist, ihr Leben beglückt und ihren Ruhm unsterblich macht, hat mir diese Worte eingegeben, die ich nach seinem Willen verkündete. Da es mir aber sehr am Herzen liegt, dir und den Madianitern mich gefällig erzeigen zu können und euer Begehren nicht abzuschlagen, so lass andere Altäre errichten, und dann wollen wir wieder opfern und versuchen, ob wir Gott dazu bewegen können, dass er mir erlaubt, dieses Volk zu verfluchen.« Balak ging hierauf ein; als Gott aber auch jetzt nicht gestattete, dass Balam den Israeliten fluche, fiel dieser auf sein Angesicht nieder und verkündete die Schicksale, die den Königen und den berühmtesten Städten, wovon ein Teil noch gar nicht bewohnt war, bevorstanden, sowie auch das, was in den vergangenen Jahrhunderten bis auf unsere Tage den Menschen zu Lande und zu Wasser zugestoßen ist. Und weil alles nach seinen Prophezeiungen eingetroffen ist, so lässt sich auch schließen, dass künftig seine Weissagungen sich erfüllen werden. 6. Balak aber zürnte, dass die Israeliten nicht verflucht worden waren, und entließ den Balam ohne Ehrenbezeugungen. Als dieser nun im Begriff war, abzureisen und den Euphrat zu überschreiten, rief er den Balak und die Obersten der Madianiter zu sich und sprach zu ihnen: »0 Balak und ihr anwesenden Madianiter, ich muss mich selbst gegen Gottes Willen euch
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gefällig erzeigen. Das Volk der Hebräer wird zwar niemals gänzlich vernichtet werden, weder durch Krieg und Krankheit noch durch Mangel an Lebensmitteln oder andere unvorhergesehene Unfälle. Denn Gottes Fürsorge bewahrt sie vor allem Übel und lässt ihnen kein Unheil zustoßen, das sie vernichten würde. Für kurze Zeit allerdings werden sie Leid und Ungemach erdulden, das sie schwer drücken und beugen wird; dann jedoch werden sie wieder erstarken und diejenigen in Schrecken jagen, die ihnen Schaden zugefügt haben. Wollt ihr sie aber für einige Zeit überwältigen, so werdet ihr dies erreichen, wenn ihr folgenden Rat beherzigt. Nehmt die schönsten eurer Tochter, die geeignet sind, durch ihren Liebreiz die Leidenschaft heftig zu entflammen, lasst sie ihren herrlichsten Schmuck anlegen, schickt sie in die Nähe des Lagers der Hebräer und traget ihnen auf, sie sollten sich den Jünglingen, die sie begehren, ohne Sprödigkeit hingeben. Sobald sie dieselben aber im Netze der Sinnlichkeit gefangen sähen, sollten sie sich stellen, als wollten sie fliehen. Wenn die Jünglinge sie dann bäten, zu bleiben, so sollten sie nicht eher nachgeben, bis sie dieselben überredet hätten, mit Hintansetzung ihrer väterlichen Gesetze und der Verehrung Gottes, der ihnen diese Gebote gegeben, die Götter der Madianiter und Moabiter zu verehren. So würden sie sich den Zorn Gottes zuziehen. Nach diesem Vorschlage reiste er ab. 7. Die Madianiter befolgten seinen Rat und schickten ihre Tochter zu den Hebräern. Die hebräischen Jünglinge ließen sich auch wirklich von deren Schönheit fesseln, knüpften ein Gespräch mit ihnen an und baten sie eindringlich, ihnen den Genuss ihrer Schönheit und das Vergnügen vertraulichen Umganges zu gestatten. Die Mädchen hörten das gern und willfahrten ihnen. Als sie nun die Jünglinge in Liebe verstrickt hatten und sie in heftiger Leidenschaft entbrannt sahen, schickten sie sich an, wegzugehen. Diese aber gerieten darob in große Trauer und beschworen sie mit flehentlichen Bitten, sie nicht zu verlassen, sondern bei ihnen zu bleiben, ihre Gattinnen zu werden und Hab und Gut mit ihnen zu teilen. Diese Anerbietungen bekräftigten sie mit einem Eidschwur, riefen Gott zum Zeugen ihres Versprechens an und suchten durch Tränen und alle möglichen Mittel die Mädchen zum Mitleid zu bewegen. Als diese nun merkten, dass die Jünglinge von Leidenschaft überwältigt und gefesselt seien, fingen sie an, also zu ihnen zu reden: 8. »Wir haben, ihr werten Jünglinge, Haus und Heimat, besitzen großen Reichtum und entbehren nicht der Liebe und Zuneigung unserer Eltern und Verwandten. Wir sind also nicht zu euch gekommen, weil wir an ir-
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gendetwas Mangel leiden oder weil wir aus unserem Umgang mit euch Gewinn ziehen wollen - sondern weil wir euch für gute und rechtschaffene Männer halten, haben wir eure Gastfreundschaft gesucht und eurem Verlangen nachgegeben. Und da ihr nun sagt, dass ihr uns sehr lieb habt, und euch von Trauer ergriffen zeigt, weil wir weggehen wollen, so wollen wir eure Bitten erfüllen und gern eure rechtmäßigen Gattinnen werden, wenn ihr uns den Beweis eurer Liebe gegeben habt, der allein uns zufrieden stellen kann. Denn wir befürchten sonst, ihr möchtet uns, nachdem ihr unseres Umganges überdrüssig geworden, mit Schimpf und Schande wieder zu unseren Eltern zurückschicken. Verzeiht uns daher, wenn wir uns vor dieser Möglichkeit schützen wollen!« Als nun die Jünglinge versprachen, ihnen jede gewünschte Bürgschaft zu bieten, da sie ihnen bei der Größe ihrer Liebe nichts abschlagen konnten, fuhren die Mädchen also fort: »Weil ihr uns nun willfährig seid, eure Sitten und Lebensweise aber von den unseren so sehr verschieden sind, dass ihr sogar besondere Speisen und Getränke genießt, so ist es notwendig, dass ihr, wenn ihr mit uns zusammenleben wollt, auch unsere Götter verehrt. Denn nichts kann uns ein so zuverlässiges Zeichen eurer Liebe für jetzt und für die Zukunft sein, als wenn ihr mit uns dieselben Götter anbetet. Niemand kann euch auch daraus einen Vorwurf machen, dass ihr die Götter des Landes verehret, in welches ihr zu kommen gesonnen seid, zumal da unsere Götter bei allen V6lkern in Ehren stehen, euer Gott dagegen bei keinem anderen Volke als bei euch. Thr müsst also dieselbe Art der Gottesverehrung annehmen, die alle haben, oder euch ein anderes Land suchen, wo ihr nach euren eigenen Gesetzen leben könnt.« 9. Den sterblich verliebten Jünglingen gefiel diese Rede, sodass sie den Mädchen in allem nachgaben und ihre heimischen Gesetze übertraten. Und da sie nun an viele Götter glaubten, opferten sie ihnen auch nach der Sitte jener V6lker, genossen fremdartige Speisen und taten den Weibern alles zu Gefallen, was den Vorschriften des Gesetzes zuwiderlief. Bereits hatte sich die Frechheit der Jünglinge weiter im Heere verbreitet, sodass eine Empörung drohte, schlimmer als die frühere, und Gefahr vorlag, dass die väterlichen Einrichtungen völlig in Vergessenheit gerieten. Denn nachdem die Jugend einmal Geschmack an den fremden Sitten gefunden, hing sie daran mit heißem Verlangen, und selbst die Besseren des Volkes, die sich tugendhafter Vorfahren rühmen konnten, wurden von dem Übel ergriffen und dazu verleitet. 10. Auch Zambrias, das Oberhaupt des Stammes Simeon, lebte mit einer Madianiterin Chosbia, einer Tochter des Sur, die aus dem Königsgeschlech-
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te jenes Volkes stammte, und verachtete ihr zuliebe die Gebote des Moyses, opferte nicht mehr nach seiner heimischen Sitte und nahm schließlich sogar die Fremde zur Ehe. Bei dieser schlimmen Sachlage besorgte Moyses, es möchte noch viel Ärgeres daraus folgen, und berief deshalb das Volk zur Versammlung. Doch klagte er niemand mit Namen an, weil er diejenigen nicht zur Verzweiflung treiben wollte, die erst noch im Geheimen fehlten und der Besserung zugänglich waren. Er warf ihnen vor, ihre Taten seien für sie selbst wie für ihre Vorfahren höchst schimpflich, da sie der Wollust nachhingen, anstatt Gott zu dienen und nach seinen Geboten zu leben. Sie sollten, wenn sie ihr Bestes im Auge hätten, ihren Frevel bereuen und ihre Stärke nicht in der Verachtung der Gesetze, sondern in der Bezähmung ihrer schlechten Begierden suchen. Zudem sei es ja widersinnig, dass sie, die in der Wüste so enthaltsam gewesen, jetzt, da sie in Überfluss lebten, durch Ausschweifung und Verschwendung zugrunde gehen sollten. Durch solche Reden suchte er die lugend zu bessern und ihnen Reue über ihre Fehler einzuflößen. 1l. Da aber erhob sich Zambrias und sprach: »Lebe du selbst, Moyses, nach deinen Gesetzen, für die du so sehr eiferst und die du durch die Macht der Gewohnheit befestigt hast. Wäre dem nicht so, so hättest du selbst schon oft dafür gebüßt und gelernt, dass du nicht ungestraft die Hebräer betrügen kannst. Ich wenigstens werde mich deinen tyrannischen Vorschriften nicht fügen. Bis jetzt hast du nichts anderes erstrebt, als unter dem Vorwande göttlicher Gesetzgebung uns zu knechten, dir aber durch allerlei Ränke die Herrschaft zu sichern. Du hast uns dasjenige geraubt, was einem freien und freiheitsliebenden Volke eigen ist, das keinen Herrn über sich erkennt. Wahrlich, mehr als die Ägypter bedrängt uns der Mann, der das, was wir aus freien Stücken tun würden, unter den Zwang von Gesetzen stellen und danach bestrafen will. Viel eher verdienst du selbst Strafe dafür, dass du das verwirfst, was alle anderen gutheißen, und dass du im Gegensatz zur Meinung aller Übrigen auf deiner eigenen Meinung hartnäckig bestehst. Was ich getan, halte ich nicht für unrecht, und ich scheue mich auch nicht, es öffentlich zu bekennen. Ich habe, wie du sagst, ein fremdes Weib zur Ehe genommen; nimm dies Geständnis von mir an als von einem freien Manne, der nicht nötig hat, etwas zu verheimlichen. Ich opfere auch, was du für Frevel hältst, den Göttern: denn ich meine, es sei billig, da so viele Wege zur Wahrheit führen, nicht tyrannischerweise auf einen allein seine ganze Hoffnung zu setzen. Es gibt niemand, der sich rühmen könnte, mehr Urteilskraft bezüglich dessen zu haben, was mich allein angeht, als ich selber.«
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12. Als Zambrias so über seine und der anderen Vergehungen geredet hatte, verhielt sich das Volk ruhig und erwartete in ängstlicher Spannung, was kommen sollte. Der Gesetzgeber aber schien sich in keinen weiteren Streit einlassen zu wollen, um den frechen Menschen nicht noch mehr zu reizen. Moyses fürchtete nämlich, es möchten noch viele seinen verwegenen Worten folgen und das Volk zum Aufruhr drängen Und so ging denn die Versammlung auseinander. Vielleicht würde aber doch das Übel noch gewachsen sein, wenn Zambrias nicht bald darauf gestorben wäre. Das ging so zu. Phinees, der unter der Jugend sowohl durch andere Vorzüge als besonders auch durch die Wurde seines Vaters hervorragte (er war nämlich ein Sohn des Hohepriesters Eleazar und ein Enkel von Moyses Bruder), empfand heftigen Unwillen über das Treiben des Zambrias und suchte durch sein Eingreifen zu verhüten, dass dessen Frechheit und Zügellosigkeit noch weiter sich vermehre, was sicher der Fall sein musste, wenn niemand ihn zur Verantwortung zog. Dieser Phinees besaß eine solche Beharrlichkeit und hervorragende Körperkraft, dass er von einem gefahrlichen Unternehmen, welches er sich vorgenommen hatte, nicht eher Abstand nahm, als bis er es vollständig und mit Erfolg durchgeführt hatte. Er drang also in das Zelt des Zambrias ein, durchstach ihn und die Chosbia mit der Lanze und tötete sie so. Und alle Jünglinge, die etwas auf Thgend und Ehre hielten, folgten dem wackeren Beispiele des Phinees und räumten die, die desselben Vergehens wie Zambrias schuldig waren, aus dem Wege. So kamen viele um, welche die Gesetze übertreten hatten; die Übrigen dagegen wurden von einer pestartigen Krankheit dahingerafft, die Gott ihnen schickte. In gleicher Weise starben auch ihre Verwandten, die, an statt sie von ihrem frevelhaften Beginnen abzuhalten, sie sogar noch dazu angereizt und so dieselbe Schuld auf sich geladen hatten. Im Ganzen erlitten den Tod nicht weniger als vierundzwanzigtausend Menschen. 13. Das war auch die Ursache, die den erzürnten Moyses veranlasste, ein Heer zur gänzlichen Vernichtung der Madianiter auszusenden. Ehe ich jedoch von diesem Zuge spreche, will ich zunächst da, wo ich abgebrochen habe, in der Erzählung fortfahren. Denn ich halte es für angebracht, die Uneigennützigkeit unseres Gesetzgebers in dieser Angelegenheit nicht ungerühmt zu lassen. Balam nämlich, den die Madianiter herbeigerufen hatten, um die Hebräer zu verfluchen, war zwar durch Gottes Fügung daran gehindert worden. Immerhin aber hatte er doch den Feinden einen Rat gegeben, durch dessen Befolgung diese erreicht hatten, dass beinahe das ganze hebräische Volk dem Glauben seiner Vater entfremdet und zu falschen
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religiösen Vorstellungen verleitet worden wäre. 'frotzdem hat Moyses Balams Weissagungen seinen eigenen Schriften einverleibt und ihn so einer großen Ehre gewürdigt, obwohl es ihm leicht gewesen wäre, allen Ruhm davon sich selbst anzueignen, zumal da kein Zeuge vorhanden war, der ihn der Fälschung hätte überweisen können. So hat er für Balam Zeugnis gegeben und durch seine Schriften das Andenken an ihn erhalten. Doch mag jeder diese Sache betrachten, wie er will.
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l. Aus dem vorerwähnten Grunde sandte also Moyses ein Heer von
zwölftausend Mann nach dem Gebiete der Madianiter. Zusammengesetzt war das Heer aus Angehörigen aller Stämme, und es stand unter dem Oberbefehl des Phinees, von dem ich oben erwähnte, dass er die Gesetze der Hebräer in Schutz genommen und den Zambrias, der sie übertreten, zur Strafe getötet habe. Sobald die Madianiter Kunde erhielten, das ein Heer gegen sie im Anmarsch sei und sich bereits in der Nähe befinde, sammelten sie ihre 'fruppen und besetzten die Zugänge zu ihrem Gebiet, wo sie den Einmarsch der Feinde erwarteten. Alsbald entbrannte der Kampf, und es fiel eine fast unzählbare Menge der Madianiter nebst allen ihren fünf Königen: Oe, Sur, Robe, Ur und Rekem, von welch Letzterem die Hauptstadt Arabiens ihren Namen hat. Sie heißt nämlich nach dem arabischen König, der sie gegründet, Arekema, während die Griechen sie Petra nennen. Nachdem die Feinde in die Flucht geschlagen und zerstreut waren, plünderten die Hebräer ihr Land, machten reiche Beute und töteten die Bewohner, Männer wie Frauen. Nur die Jungfrauen verschonten sie, wie Moyses dem Phinees befohlen hatte. Dieser kehrte mit dem Heere, das keinen Verlust erlitten hatte, zurück und brachte als Beute mit zweiundfünfzigtausend Rinder, sechshundertfünfundsiebzigtausend Schafe und sechzigtausend Esel, ferner eine ungeheure Menge goldener und silberner Gefäße, die man zum häuslichen Gebrauch benutzte; denn die Madianiter lebten wegen ihren großen Reichtums sehr luxuriös. Die Zahl der mitgeführten Jungfrauen betrug ungefähr zweiunddreißigtausend. Moyses verteilte nun die Beute und gab den fünfzigsten Teil davon dem Eleazar und den Priestern, ein
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zweites Fünfzigstel den Leviten, und den Rest verteilte er unter das Volk. Darauf lebten sie in großem Glüc~ da sie durch ihre Tapferkeit sich Reichtum gesammelt hatten, und keine Trauer noch irgend ein Missgeschick trübte ihnen den Genuss desselben. 2. Da nun Moyses bereits in vorgerücktem Alter stand, bestimmte er den Jesus zum Nachfolger in seinem Propheten- und Führeramte. Gott selbst nämlich hatte ihm befohlen, diesem die Leitung des Ganzen zu übertragen. Jesus aber war in allem, was sich auf die Religion und die Verwaltung bezog, sehr bewandert, da Moyses ihn selbst darin unterrichtet hatte. 3. Um diese Zeit stellten die beiden Stämme Gad und Rubel sowie der halbe Stamm Manasses, da sie reich an Vieh und anderem Besitz waren, gemeinsam an Moyses das Ersuchen, ihnen das eroberte Land Amoritis ungelost zu überlassen, weil es ausgezeichnete Weideplätze aufwies. Moyses aber hatte sie im Verdacht, sie fürchteten sich vor dem Ka;mpfe mit den Chananäern und wollten deshalb die Sorge für ihre Herden vorschützen. Und er nannte sie Feiglinge, die für ihre Zaghaftigkeit nur einen gelegenen Vorwand erfunden hätten. Sie wollten ein faules und weichliches Leben führen, während die Übrigen alles Ungemach ertragen müssten, um in das ersehnte Land zu kommen; auch wollten sie nicht an den weiteren Kämpfen teilnehmen, um das Land, das Gott ihnen nach dem Übergang über den Jordan verheißen habe, erobern und die Feinde daraus verdrängen zu helfen. Als sie nun sahen, dass ihr Führer so erregt und mit gutem Grunde über ihr Begehren aufgebracht sei, entschuldigten sie sich: Nicht aus Furcht vor Gefahren noch aus Weichlichkeit hätten sie die Bitte an ihn gerichtet, sondem nur, damit sie ihre Beute an einem sicheren und bequemen Ort bergen und dann um so unbesorgter in den Krieg ziehen könnten. Sie seien bereit, nachdem er ihnen Städte zur Unterbringung ihrer Weiber und Kinder sowie ihrer beweglichen Habe eingeräumt hätte, mit dem übrigen Heere weiterzuziehen. Moyses, dem diese Sprache gefiel, berief den Hohepriester Eleazar nebst dem Jesus und den übrigen Behörden zu sich und überließ in ihrer Gegenwart den Bittstellern das Land Amoritis unter der Bedingung, dass sie den verwandten Stämmen Hilfe leisten müssten, bis die Chananäer besiegt seien. Nachdem sie unter dieser Bedingung den Besitz des Landes angetreten und die Städte mit starken Werken befestigt hatten, brachten sie in dieselben ihre Weiber, Kinder und alles Übrige, was ihnen auf dem Marsch lästig sein konnte. 4. Zehn Städte des Landes bestimmte Moyses - als einen Teil der achtundvierzig Priesterstädte, und drei hiervon machte er zu Asylen, wohin die-
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jenigen Mörder sich flüchten konnten, die die Tat ohne Absicht vollbracht hatten. Die Zeit des Asylrechtes sollte mit dem Tode des Hohepriesters zu Ende gehen, unter dessen Pontifikat der des Mordes Schuldige sich davongemacht hatte. Nach diesem Zeitpunkt durfte er nach Hause zurückkehren. Bis dahin sollten die Verwandten des Getöteten das Recht haben, den Mörder umzubringen, wenn sie ihn außerhalb der Stadtgrenzen anträfen; außerdem aber war dies niemand erlaubt. Die Asylstädte waren: Bosora an der Grenze Arabiens, Ariman im Lande Galad und Gaulana in Batanaea. Nach der Eroberung von Chananaea sollten noch weitere drei Levitenstädte zu den Asylstädten hinzukommen. 5. Als einst die Vornehmsten des Stammes Manasses zu Moyses kamen, ihm anzeigten, dass ein hervorragender Familienvater aus ihrem Stamme, Holophantes mit Namen, gestorben sei, ohne männliche Erben zu hinterlassen, und ihn fragten, ob den Töchtern der Nachlass gehöre, entgegnete er: »Wenn sie jemand von den Stammesgenossen heiraten, so sollen sie ihr Erbteil in diese Ehe mitbringen; wählen sie aber einen Gatten aus einem anderen Stamme, so soll das Erbteil beim väterlichen Stamme verbleiben.« Durch diese Bestimmung setzte er fest, dass eines jeden Erbteil stets bei seinem Stamme zu verbleiben habe.
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l. Da nun seit dem Auszuge aus Ägypten vierzig Jahre weniger dreißig Tagen verflossen waren, berief Moyses das gesamte Volk am Jordan zusammen und zwar an einer Stelle, wo jetzt die Stadt Abila liegt und wo damals viele Palmenwälder sich befanden, und hielt folgende Ansprache: 2. »Mitkämpfer und langjährige Leidensgefahrten! Da ich ein Alter von einhundertzwanzig Jahren erreicht habe, und es Gott gefällt, mich aus diesem Leben abzurufen, und da also Gottes Wille selbst mich hindert, bei euren Unternehmungen jenseits des Jordan euer Führer und Helfer zu sein, so halte ich es für recht, noch einmal all meinen Eifer für euer Glück zusammenzunehmen und euch zu zeigen, wie ihr beständig dieses Glück genießen könnt, auf dass mein Andenken bei euch, wenn ihr in den Besitz desselben gelangt seid, ein dauerndes sein möge. Gern will ich aus dem Leben
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scheiden, wenn ich euch den Weg gewiesen habe, wie ihr selbst glücklich sein und euren Nachkommen den ewigen Besitz dieses Glückes hinterlassen könnt. Ich verdiene jetzt euer besonderes Vertrauen, einmal weil ich früher stets für euer Wohl gesorgt habe, sodann auch, weil die Seele, die im Begriffe steht, vom Körper sich zu lösen, mit allen 'fugenden in engere Verbindung tritt. 0 Söhne Israels, die Ursache alles Glückes ist der huldreiche Gott; er allein kann es den Würdigen geben und den Unwürdigen nehmen. Und wenn ihr euch so betraget, wie er selbst will und wie ich, der ich seinen Sinn erkenne, euch rate, so werdet ihr niemals unglücklich sein, und der Besitz eurer gegenwärtigen Güter wird euch gesichert bleiben, die künftigen aber werdet ihr schneller erlangen. Nur ist es erforderlich, dass ihr stets den Willen Gottes befolget. Haltet eure jetzigen Gesetze hoch und fallt niemals von eurer jetzigen Frömmigkeit zu anderen Gebräuchen ab. Wenn ihr das tut, werdet ihr die tapfersten Streiter sein und unbesiegbar euren Feinden gegenüber. Denn wenn Gott euch hilft, könnt ihr alle anderen verachten. Große Belohnungen harren eurer 'fugend, wenn ihr sie durch euer ganze Leben hindurch übt. Denn sie ist das erhabenste und erste aller Güter und verschafft euch den reichlichen Besitz aller übrigen. Und wenn ihr sie untereinander übt, so wird sie euer Leben sehr glücklich machen, und ihr werdet mehr Lob als andere Völker davontragen, bei euren Nachkommen aber wird euer Ruhm ein dauerhafter sein. Alles dies könnt ihr erlangen, wenn ihr gehorsam seid, die Gesetze, die Gott euch durch mich gegeben, bewahrt und deren Verständnis bei euch fördert. Ich scheide von euch, erfreut über euer Glück, und ich empfehle euch einen ehrbaren Lebenswandel und eine gesunde Staatsverfassung, und wünsche euch tugendhafte Führer, die euer Wohl im Auge haben. Gott, der euch bisher geleitet, und nach dessen Willen ich euch nützlich gewesen bin, wird euch seine Fürsorge nicht entziehen, sondern für euch besorgt sein, solange ihr in eurem Tugendeifer verharrt und ihn als Schutzherrn anerkennt. Die besten Ratschläge, durch deren Befolgung ihr euer Glück begründen könnt, werden euch erteilen der Hohepriester Eleazar, Jesus, die Obersten und Vorsteher der Stämme. Folget ihnen willigen Herzens und bedenkt, dass alle, welche wohl zu gehorchen verstehen, auch dereinst befehlen können, wenn sie zur Herrschaft gelangt sind. Erwäget auch, dass der Gehorsam die beste Freiheit ist. Bis jetzt habt ihr eure Freiheit darin erblickt, dass ihr eure Wohltäter schmähtet; wenn ihr künftig euch davor hütet, werden eure Sachen besser stehen. Gefallt euch also künftig nicht mehr im Unwillen über eure Führer, wie ihr ihn gegen mich so oft gezeigt habt, denn ihr mögt es wissen, dass
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mein Leben öfter von euch als von Feinden gefahrdet war. Ich erinnere euch daran nicht, um euch Vorwürfe zu machen; denn da ich früher nicht darüber aufgebracht war, ziemt mir dies noch weniger jetzt im Angesichte des Todes. Vielmehr will ich euch nur für die Zukunft warnen, dass ihr euren Vorgesetzten kein Unrecht mehr tut, wenn ihr nach Überschreitung des Jordan und nach der Einnahme von Chananaea zu Macht und Reichtum gelangt seid. Denn lasst ihr euch vom Reichtum zum Übermut und zur Verachtung der Tugend verleiten, so werdet ihr auch das Wohlwollen Gottes verlieren. Habt ihr aber Gott zum Feind, so werdet ihr euren Feinden unterliegen und das Land, das ihr in Besitz genommen, schmachvoll wieder verlieren; ihr werdet dann über den Erdkreis zerstreut werden und zu Lande wie zu Wasser dienstbar sein. Ist aber dieses Leid erst über euch gekommen, so wird eure Reue wegen der Übertretung der Gebote Gottes unnütz sein. Wollt ihr nun all euren Besitz behalten, so lasset von euren Feinden, wenn ihr sie besiegt habt, keinen am Leben, sondern haltet es für nützlich, sie sämtlich umzubringen, damit ihr nicht, wenn ihr sie leben lasset, Geschmack an ihren Sitten und Gebräuchen findet und eure väterlichen Einrichtungen verachtet. Außerdem rate ich euch, auch ihre Altäre, Haine und Tempel, so viele sie deren besitzen mögen, zu zerstören und das Andenken daran mit Feuer auszulöschen. Denn nur so werdet ihr euren eigenen Besitz gesichert erhalten. Damit aber eure Natur nicht aus Unkenntnis des Guten ins Schlechte ausarte, habe ich euch die Gesetze und die Verfassung eures Staates unter Gottes Beistand aufgezeichnet. Wenn ihr sie treu bewahret, werdet ihr die glücklichsten Menschen sein.« 3. Nachdem er so gesprochen, übergab er ihnen ein Buch, in welchem die Gesetze und die Staatsverfassung aufgeschrieben waren. Sie aber jammerten und konnten sich nicht darein schicken, ihren Führer verlieren zu müssen. Denn sie gedachten der Gefahren und Mühsale, denen er für ihr Wohlergehen sich unterzogen, und befürchteten, dass sie nie wieder einen ähnlichen Führer bekommen würden; auch glaubten sie, dass Gott nun weniger für sie sorgen werde, da er nur des Moyses Bitten für sie so gnädig erhört habe. Deshalb empfanden sie bittere Reue über das, was sie in der Wüste durch Zorneseifer gesündigt hatten, und das ganze Volk brach in Tränen aus und war so in Schmerz aufgelöst, dass es mit Worten' sich nicht trösten ließ. Moyses aber versuchte sie zu beruhigen, und indem er sie von dem Gedanken abzulenken trachtete, als sei er beklagenswert, ermahnte er sie nochmals, treu an ihrer Staatsverfassung festzuhalten. Darauf ging das Volk auseinander.
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4. Bevor ich aber zur Erzählung der weiteren Ereignisse übergehe, will ich noch einiges über unsere Staatsverfassung erwähnen, die Moyses mit seiner Tüchtigkeit und Weisheit eingerichtet hat, damit der Leser hieraus entnehmen könne, wie unsere Zustände früher gewesen sind. Alles habe ich so aufgeschrieben, wie Moyses es hinterlassen hat, und alle unnötigen Ausschmückungen weggelassen, auch nichts hinzugefügt, was Moyses nicht eingerichtet hätte. Das Einzige, was an meiner Darstellung neu ist, ist eine bessere Anordnung der einzelnen Bestimmungen; denn Moyses hat dieselben zerstreut aufgezeichnet, so wie sie Gott ihm gerade mitgeteilt hatte. Ich halte es aber für wichtig, dies besonders vorauszuschicken, damit meine Volksgenossen, die diese Schrift lesen, nicht etwa auf den Verdacht kommen, als sei ich von Moyses abgewichen. Bei der nun folgenden Aufzählung der einzelnen Gesetze will ich jedoch nur diejenigen erwähnen, die sich auf die Verfassung unseres Staates beziehen. Die übrigen Gesetze dagegen, die Moyses uns hinterlassen hat, will ich mir für ein anderes Werk aufsparen, das ich über unsere Gebräuche und deren Ursachen zu schreiben gedenke und das ich, so Gott will, nach Vollendung des vorliegenden Werkes verfassen werde. 5. Sobald ihr das Land der Chananäer erobert habt, in Muße seinen Reichtum genießt und an den Bau von Städten denkt, so befolget diese Vorschriften, damit ihr Gott wohlgefällig seid und euer Glück zu einem dauerhaften macht. Eine Stadt soll die heilige sein und an der schönsten und vortrefflichsten Stelle Chananaeas erbaut werden, die Gott sich selbst durch eine Prophezeiung auswählen wird. In dieser Stadt soll sich ein Tempel befinden und ein Altar, der nicht aus behauenen, sondern aus einzeln zusammengelesenen Steinen errichtet werden soll, die schön übertüncht und von glänzendem Anblick sind. Zu dem Altar sollen keine Stufen, sondern bergansteigende Erde führen. In keiner anderen Stadt soll ein Altar oder ein Tempel sein, denn Gott ist einzig, und einzig das Geschlecht der Hebräer. 6. Wer Gott lästert, soll gesteinigt, einen Tag lang aufgehängt und dann ehrlos und schimpflich begraben werden. 7. Dreimal im Jahre sollen die Hebräer von allen Gegenden des Landes in der Tempelstadt zusammenkommen, um Gott für die empfangenen Wohltaten zu danken und ihn um künftige zu bitten, sodann auch um durch engeren Verkehr und gemeinschaftliche Mahlzeiten die gegenseitige Freundschaft zu pflegen. Denn es sei schicklich, dass diejenigen, die ein und demselben Volksstamm angehörten und nach denselben Gesetzen lebten,
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einander persönlich bekannt seien. Das werde aber durch solche Zusammenkünfte sehr erleichtert, da man, wenn man sich gesehen und gesprochen, einander eingedenk bleibe, während man, wenn man nicht in Verkehr und Verbindung trete, sich einander völlig fremd bleibe. 8. Außer dem Zehnten, den ihr den Priestern und Leviten abgeben müsst, sollt ihr noch einen besonderen Zehnten im Heimatlande verkaufen und den Erlös davon zu Gastmahlen und Opfern in der heiligen Stadt verwenden. Denn es ist billig, dass man den Ertrag des Landes, welches man durch Gottes Güte erhalten hat, zu seiner Ehre gebrauche. 9. Von Unzuchtslohn sollen keine Opfer dargebracht werden, denn Gott hat an dem durch Sünden Erworbenen keine Freude; auch kann es nichts Verwerflicheres geben als die Schändung des Leibes. In gleicher Weise soll man auch von dem Lohne, den man für Belegen durch einen Jagd- oder Schäferhund verdient hat, Gott nicht opfern. 10. Niemand soll die Götter schmähen, an die fremde Völker glauben; auch ist die Beraubung fremder Heiligtümer und die Wegnahme von Weihgeschenken irgendeines Götzenbildes verboten. 11. Niemand von euch soll ein aus Wolle und Leinen gewebtes Kleid tragen, denn das ist den Priestern allein vorbehalten. 12. Wenn das Volk zu dem alle sieben Jahre stattfindenden Opfer am Feste der Lauben in der heiligen Stadt versammelt ist, soll der Hohepriester von einer hohen Thbüne aus, wo er deutlich gehört werden kann, dem ganzen Volke die Gesetze vorlesen, und weder Weiber noch Kinder, noch selbst Sklaven sollen davon ausgeschlossen werden. Es ziemt sich nämlich, dass die Gesetze in aller Herz und Gedächtnis fest eingeprägt seien. Denn dann werden die Menschen nicht sündigen, wenn sie keine Unkenntnis des Gesetzes vorschützen können, und auch werden die Gesetze nachhaltigeren Eindruck auf die Sünder machen, da sie ihnen ihre Strafen verkündigen, zumal durch wiederholtes Anhören der Vorschriften diese sich so fest einprägen, dass sie immer ihnen gegenwärtig sind .und sie vor Übertretung und dem daraus ihnen erwachsenden Schaden warnen. Die hauptsächlichen Gesetze aber sollen auch die Knaben lernen, denn das ist der schönste Lehrgegenstand und die Grundlage ihres Lebensglückes. 13. Zweimal am Tage, beim Morgengrauen und beim Schlafengehen, sollen alle dankbaren Herzens der Wohltaten gedenken, die Gott den aus der Knechtschaft der Ägypter Befreiten erwiesen hat. Denn natürliche Überlegung fordert von uns, dass wir Gott für vergangene Wohltaten danken und ihn zu zukünftigen geneigt machen. An sei~e TIir soll man die vor-
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nehmsten Wohltaten Gottes schreiben, und an seinen Armen soll jeder offenkundig zeigen, was Gottes Macht und Güte verkündet: An Stirn und Armen soll jeder sie eingeschrieben tragen, damit allerwärts Gottes Fürsorge für die Menschen zutage trete. 14. In jeder Stadt sollen sieben an 'fugend und Eifer für die Gerechtigkeit hervorragende Männer die Vorsteher sein, und jedem Vorstande sollen zwei Diener aus dem Stamme Levis zugeteilt werden. Diejenigen, denen in den einzelnen Städten die Rechtsprechung obliegt, sollen in höchster Ehre gehalten werden, und man soll in ihrer Gegenwart weder schimpfen noch sich sonst ungebührlich benehmen. Denn ehrfurchtsvolle Scheu vor denen, die in hohen Würden stehen, hält auch von der Verachtung Gottes ab. Die Richter aber sollen die Macht haben, unanfechtbare Urteile zu erlassen, es sei denn, dass man ihnen beweisen könnte, sie hätten sich durch Geld bestechen lassen, das Recht zu fälschen, oder dass man aus irgend einer anderen Ursache ihr Urteil als unzutreffend zu beweisen imstande wäre. Denn sie sollen ihr Urteil nicht mit Rücksicht auf Gewinn oder nach dem Ansehen der Person fällen, sondern Gerechtigkeit allein soll ihr Wahrspruch sein. Ist das nicht der Fall, so wird Gott selbst verachtet und denen untergeordnet, zu deren Gunsten aus Furcht vor ihrer Machtstellung das Urteil gefällt wird. Gerechtigkeit nämlich ist die Macht Gottes; wer daher denen, die in Würden stehen, willfährig ist, der hält sie für mächtiger als Gott selbst. Wissen aber die Richter über eine ihnen vorgelegte Sache nicht zu entscheiden (was im menschlichen Leben nicht so selten vorkommt), so sollen sie die ganze Angelegenheit vor den Hohepriester, den Propheten und die Ältesten in der heiligen Stadt bringen, die dann darüber zu befinden haben. 15. Ein einziger Zeuge soll nicht gelten, sondern es sollen deren drei oder wenigstens zwei sein, deren Wahrheitsliebe durch ihren Lebenswandel verbürgt wird. Auch soll das Zeugnis der Weiber nicht zulässig sein wegen der ihrem Geschlechte eigenen Leichtfertigkeit und Dreistigkeit. Ferner sollen Sklaven kein Zeugnis ablegen wegen ihrer unedlen Gesinnung; denn es ist wahrscheinlich, dass sie aus Gewinnsucht oder aus Furcht falsch schwören. Wenn jemand des falschen Zeugnisses überwiesen ist, so soll er dieselbe Strafe erleiden, die den getroffen hätte, gegen welchen er zu zeugen hatte. 16. Wenn irgendwo ein Totschlag verübt worden ist, man den Täter aber nicht ermitteln kann, und auch keiner im Verdacht steht, den Totschlag aus Hass begangen zu haben, so soll der Täter mit allem fleiß gesucht und auf die Anzeige desselben eine Belohnung gesetzt werden. Macht aber nie-
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mand eine Anzeige, so sollen die Vorsteher der der Mordstelle zunächst gelegenen Städte nebst den Ältesten zusammenkommen und die Entfernung von dem Orte, wo der Erschlagene liegt, bis an die einzelnen Städte messen. Die Vorsteher der zunächst gelegenen Stadt sollen dann eine junge Kuh kaufen, sie in ein Tal und an einen weder gepflügten noch gesäeten Ort bringen und sie schlachten. Alsdann sollen die Priester, Leviten und Ältesten der Stadt Wasser nehmen, ihre Hände über dem Kopf der Kuh waschen und verkünden, dass ihre Hände rein von dem Morde seien und dass sie ihn weder s~lbst verübt hätten noch jemand dazu behilflich gewesen seien. Auch sollen sie Gott anflehen, dass er ihnen gnädig sein und künftig keine so schreckliche Tat in ihrem Lande mehr geschehen lassen wolle. 17. Die beste Herrschaft und Regierungsweise ist die, welche die Edelsten des Volkes ausüben. Thr sollt also keine andere Staatsverfassung begehren, sondern mit derjenigen zufrieden sein, in der ihr nur die Gesetze über euch habt und nach Vorschrift derselben all euer 'fun einrichtet. Als alleiniger Herrscher soll euch Gott genügen. Sollte euch aber das Verlangen nach einem Könige ankommen, so soll derselbe mit euch stammverwandt sein und sich stets die Gerechtigkeit und alle anderen 'fugenden angelegen sein lassen. Er soll den Gesetzen und Gott den Vorrang in der Weisheit einräumen und nichts ohne des Hohepriesters und der Ältesten Rat unternehmen. Er soll auch nicht viele Weiber haben, noch sich an Geldreichtum und großem Pferdebesitz ergötzen, wodurch er leicht die Gesetze als überflüssig zu betrachten und zu verachten verleitet werden könnte. Wenn er aber etwas Derartiges beabsichtigt, so sollt ihr ihn hindern, mächtiger zu werden, als es euren Interessen frommt. 18. Ihr sollt weder in eurem eigenen Lande, noch in den Ländern derjenigen Fremden, mit denen ihr in Frieden lebt, die Grenzsteine verschieben, dieselben vielmehr als von Gott selbst gesetzte Marken unverändert bestehen lassen, weil aus der Sucht, die Grenzen zu erweitern, nur Krieg und Aufruhr entsteht. Und wer Grenzsteine verrückt, der ist auch nicht weit mehr davon entfernt, die Gesetze zu übertreten. 19. Wer das Land bepflanzt, der soll, falls die Pflanzungen vor vier Jahren Früchte tragen, davon weder die Erstlinge zum Opfer bringen noch sie zu seinem eigenen Lebensunterhalt verwenden. Denn die Früchte sind zur Unzeit gewachsen, und unzeitig Erzeugtes eignet sich weder für Gott noch für den Gebrauch des Besitzers. Im vierten Jahre aber soll er den gesamten Ertrag einernten (denn dann sind die Früchte zeitig), ihn in die heilige Stadt bringen und nebst dem Zehnten der anderen Früchte mit seinen
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Freunden, den Waisen und Witwen verzehren. Im fünften Jahre steht ihm dann das Recht zu, die Früchte in Besitz zu nehmen. 20. Ein Grundstüc~ das mit Weinstöcken bepflanzt ist soll nicht anderweitig besäet werden; denn es ist genug, dass es den Weinstock ernährt, und es soll daher vom Pfluge verschont bleiben. Das Land soll mit Ochsen gepflügt werden, und es soll kein anderes Tier mit ihnen an dasselbe Joch gespannt werden, sondern das Pflügen soll durch einerlei Tiere geschehen. Der Same soll rein und ungemischt sein, und es sollen nicht zwei oder drei Arten Samen zusammengesäet werden; denn die Natur hasst Ungleichartiges. Man soll auch nicht zwei Tiere sich begatten lassen, die nicht von derselben Art sind; denn es ist zu befürchten, dass diese Entehrung der Art ein schlechtes Beispiel für die Menschen werden könnte. Gewöhnlich nimmt ja Großes von Unscheinbarem und Kleinem seinen Ursprung. Es soll daher auch nichts gestattet sein, durch dessen Nachahmung eine Änderung in der Staatsverfassung bewirkt werden könnte. Das ist der Grund, weshalb das Gesetz auch die gewöhnlichsten Dinge berücksichtigt; denn es wollte verhüten, dass etwas an ihm getadelt werden möchte. 21. Diejenigen, die die Frucht mähen und sammeln, sollen nicht alles einheimsen, sondern auch einige Garben fur die Armen liegen lassen, damit diesen die unverhoffte Gabe zur Nahrung diene. Ebenso soll man auch bei der Weinlese einige Thauben den Armen überlassen, desgleichen an den Ölbäumen etwas hängen lassen, damit sie es sich einsammeln, da sie eigene Ernte nicht haben. Denn von dem sorgfaltigsten Einernten der Früchte haben die Eigentümer nicht so viel Nutzen, als ihnen der Dank der Armen einbringt. Auch wird Gott das Land fruchtbarer machen, wenn die Besitzer desselben nicht nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind, sondern auch für die Ernährung anderer Menschen sorgen. - Den Ochsen, die auf der Tenne dreschen, soll man das Maul nicht verbinden. Denn es ist nicht billig, diejenigen, die sich bei der Erzeugung der Früchte mit abmühen, vom Mitgenuss derselben abzuhalten. Auch den Wanderern soll man nicht verbieten, von den reifen Früchten zu genießen, sondern man soll ihnen erlauben, sich davon zu sättigen, als wäre es ihr Eigentum, seien es nun Einheimische oder Fremde. Ja, die Besitzer sollen sich freuen, dass sie ihnen den Mitgenuss zu gestatten in der Lage sind. Doch dürfen die Wanderer nichts mitnehmen. Bei der Weinlese soll man denen, die des Weges kommen, nicht verwehren, von den Thauben zu essen, wenn man sie zur Kelter bringt. Denn es ist unbillig, das Gute, das uns nach dem Willen Gottes zum Lebensunterhalt beschert ist denjenigen zu missgönnen, die davon mitgenie-
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ßen wollen, zumal da die Zeit der Reife nach Gottes Fügung schnell vorübergeht. Sollten sich nun einige scheuen, die Früchte anzurühren, so sollt ihr sie, falls sie Israeliten, also eure Mitbürger und wie ihr gewissermaßen auch Herren des Landes sind, zum Zugreifen aufmuntern. Sind es aber Leute, die anderswoher gekommen sind, so sollt ihr sie bitten, die Früchte als ein Gastgeschenk zu betrachten, das Gott ihnen zu rechter Zeit gewähre. Denn was man aus Güte einem anderen zu nehmen erlaubt, darf man nicht für verloren ansehen, da Gott uns die Fülle der Güter beschert nicht nur, damit wir sie selbst genießen, sondern auch, damit wir anderen davon reichlich mitgeben. Gott will nämlich dadurch, dass die Israeliten von ihrem Überfluss anderen mitteilen, seine Güte und Freigebigkeit gegen das israelitische Volk anderen ganz besonders kundmachen. Wer gegen diese Gebote handelt, soll öffentlich neununddreißig Stockprügel erhalten und selbst als freier Mann diese schimpfliche Strafe erleiden, weil er aus Gewinnsucht sich in seiner Würde vergeben hat. Es geziemt euch, da ihr in Ägypten und in der Wüste so große Not gelitten habt, dass ihr nun auch für diejenigen sorgt, die sich in ähnlicher Lage befinden, und dass ihr vom Überfluss, den ihr der Barmherzigkeit und Güte Gottes verdankt, in gleicher Gesinnung den Armen mitspendet. 22. Außer den beiden Zehnten, welche ihr jährlich abgeben sollt, und zwar einen für die Leviten, den anderen zu Gastmahlen, soll in jedem dritten Jahre noch ein dritter entrichtet werden, und zwar für die Verteilung an Witwen und Waisen. Die Erstlinge aller reifen Früchte soll man zum Tempel bringen, dort Gott für deren Wachstum in dem Lande, das er geschenkt hat, danken, die vorgeschriebenen Opfer darbringen und die Erstlinge dann den. Priestern schenken. Hat nun jemand das getan und den Zehnten von allem sowohl für die Leviten als auch für die Gastmale nebst den Erstlingen entrichtet und will er dann wieder nach Hause gehen, so soll er sich gegenüber dem Tempel hinstellen und Gott Dank sagen dafür, dass er die Hebräer von der Bedrückung durch die Ägypter erlöst und ihnen ein reiches und fruchtbares Land geschenkt hat. Dann aber soll er versichern, dass er nach dem Gesetze des Moyses den Zehnten entrichtet habe, und Gott bitten, dass er ihm immer gütig und gnädig und allen Hebräern stets hilfreich sich erweisen, und dass er ihnen das Gute, welches er ihnen beschert, erhalten sowie auch nach seinem Wohlgefallen vermehren möge. 23. Sobald die Jünglinge das heiratsfähige Alter erreicht haben, mögen sie freie Jungfrauen, die von ehrbaren Eltern abstammen, zur Ehe nehmen. Wer aber keine Jungfrau heiraten will, der soll sich auch mit keinem Weibe
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verbinden, die mit einem anderen lebt und von ihm entehrt worden ist, damit er ihrem früheren Gatten nicht zu nahe trete. Freie sollen auch keine Sklavinnen heiraten, wenngleich sie dieselben lieben; denn das Schickliche muss die Begierde zurückdrängen, und sie vergeben sich auch so weniger an ihrer Würde. Ferner soll man keine öffentliche Dirne heiraten, deren eheliche Opfer Gott wegen der Schändung ihres Leibes nicht annehmen würde. Denn nur dann wird der Geist der Kinder frei, edel und tugendhaft, wenn sie nicht einer so schimpflichen Verbindung oder der Ehe mit einem unfreien Weibe entstammen. Wenn aber jemand ein Mädchen, das ihm als Jungfrau verlobt worden ist, später nicht als solche erkennt, so soll er Klage gegen sie führen und für seine Behauptung den Beweis erbringen. Des Mädchens Sache soll ihr Vater, Bruder oder sonst nächster Verwandter führen. Wenn nun für Recht erkannt wird, dass sie nicht gefehlt habe, soll das Mädchen bei ihrem Ankläger wohnen und er nicht das Recht haben, sie zu entlassen, wenn er nicht wichtige und unwiderlegliche Gründe hierfür beibringen kann. Dafür aber, dass er sie frevelhaft und unbesonnen verleumdet hat, soll er zur Strafe neununddreißig Hiebe erhalten und dem Vater des Mädchens fünfzig Sekel zahlen. Wird jedoch das Mädchen als geschändet erkannt, so soll sie, wenn sie aus dem gemeinen Volke stammt, durch Steinwürfe getötet werden, weil sie ihre Jungfräulichkeit nicht bis zur rechtmäßigen Ehe bewahrt hat; ist sie aber aus priesterlichem Geschlecht, so soll sie lebendig verbrannt werden. - Wenn jemand zwei Weiber hat und der einen wegen ihrer Liebe, ihrer Schönheit oder aus einer anderen Ursache mehr Ehre und Güte erzeigt als der anderen, und wenn der Sohn, den er mit dem geliebten Weib erzeugt hat, obgleich er jünger ist als der Sohn der anderen, doch wegen der größeren Zuneigung des Vaters zu seiner Mutter das Recht der Erstgeburt erstrebt, um einen doppelten Anteil vom väterlichen Vermögen zu erhalten (denn das ist im Gesetz bestimmt), so soll ihm das nicht erlaubt sein. Denn es ist unbillig, dass der ältere, weil seine Mutter weniger gilt, um das betrogen werde, was ihm nach seines Vaters Versicherung zusteht. - Hat jemand eine einem anderen verlobte Jungfrau geschändet, so soll er, falls er sie zur Einwilligung in die Verführung beschwätzt hat, mit ihr sterben. Denn beide sind schlecht, er, weil er die Jungfrau verführt hat, sich freiwillig einer solchen Schändlichkeit hinzugeben und diese dem anständigen ehelichen Verkehr vorzuziehen, sie aber, weil sie sich hat verleiten lassen, aus böser Lust oder Gewinnsucht Unzucht zu treiben. Hat er ihr aber Gewalt angetan, ohne dass jemand ihr hatte zu Hilfe kommen können, so soll er allein sterben. - Wer eine noch
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nicht verlobte Jungfrau schändet, soll sie heiraten. Will aber ihr Vater sie ihm nicht zur Ehe geben, so soll er als Strafe fur sein Unrecht fünfzig Sekel zahlen. - Wer sich aber von seiner Gattin aus irgendeinem Grunde (solcher Gründe hat man viele) scheiden lassen will, soll ihr schriftlich versichern, dass er weiterhin mit ihr keine Gemeinschaft mehr haben wolle. So erlangt sie das Recht, mit einem anderen Manne zu leben; bevor aber die Versicherung erfolgt ist, ist es ihr nicht erlaubt. Wenn sie sich aber auch bei diesem Mann schlecht steht oder es stirbt dieser und der frühere Gatte will sie wieder ehelichen, so soll es ihr nicht gestattet sein, zu ihm zurückzukehren. Wenn ein Mann stirbt, ohne Kinder zu hinterlassen, so soll sein Bruder die Witwe heiraten und dem Sohn, den er mit ihr erzeugt, den Namen des Verstorbenen beilegen und ihn erziehen; dieser tritt dann später das Erbe des ersten Mannes an. So wird es gehalten zum Nutzen des Staates, da so die Familien nicht aussterben, das Vermögen in der Verwandtschaft bleibt, und die Lage der Frau durch Heirat mit dem nächsten Verwandten des verstorbenen Gatten erleichtert wird. Will der Bruder sie aber nicht heiraten, so soll die Frau vor den versammelten Ältesten versichern, sie wolle gern in der Familie bleiben und Kinder mit ihm erzeugen; er aber wolle sie nicht ehelichen und so das Andenken seines verstorbenen Bruders schmähen. Wenn dann die Ältesten ihn fragen, warum er die Ehe nicht eingehen wolle, und er dann irgendeinen Grund, sei er nun gewichtig oder nicht, vorbringt, so soll folgendermaßen verfahren werden. Das Weib soll dem Bruder ihres Mannes die Schuhe ausziehen und ihm ins Angesicht speien und dabei ausrufen, er sei dieser Schmach würdig, weil er das Andenken an den Verstorbenen verunehrt habe. Dann soll er aus der Versammlung der Ältesten sich entfernen und für alle Zeit mit Schimpf bedeckt sein; sie aber kann dann heiraten, wen sie will. - Wenn jemand eine Jungfrau oder auch eine verheiratete Frau, die kriegsgefangen ist, zur Ehe nehmen will, so soll ihm nicht eher gestattet sein, ihr beizuwohnen, als bis sie ihr Haar geschoren, ein Trauergewand angelegt und ihre Verwandten und Freunde, die im Kampfe gefallen sind, beweint hat. Und erst. wenn so der Trauer um jene Genüge geleistet ist, soll sie sich zum Hochzeitsmahle rüsten. Denn es ist anständig und gerecht, dass derjenige, der ein Weib heiraten und Kinder mit ihr zeugen will, Rücksicht auf sie nimmt und ihre Wunsche erfullt, anstatt nur seiner Lust zu fröhnen. Wenn nun dreißig Trauertage um sind (denn so viele Tage genügen einem verständigen Menschen zur Beweinung seiner Lieben), darf die Hochzeit stattfinden. Wenn aber der Mann nach Stillung seiner Begierde sich weigert, sie zum Weibe zu haben, so soll ihm nicht gestat-
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tet sein, sie zu seiner Sklavin zu machen, sondern sie soll nach freiem Willen gehen können, wohin sie will. 24. Einen Jüngling, der seine Eltern verachtet, ihnen die schuldige Ehrenbezeugung verweigert oder sie mit Absicht schmäht und lästert, sollen die Eltern zunächst mit Worten strafen (denn sie sind die geeignetsten Richter) etwa so: Sie hätten sich nicht geheiratet des Vergnügens wegen oder um durch Vereinigung ihres beiderseitigen Vermögens ihren Besitz zu vergrößern, sondern um Kinder zu bekommen, die sie im Alter ernähren und mit dem Notwendigen versehen sollten. »Wir haben dich«, so werden sie etwa sagen, »mit Freude erwartet, dich unter größtem Dank gegen Gott sorgfaltig erzogen und nichts verabsäumt, was zu deiner Wohlfahrt und zu deiner Bildung nützlich war. Wenn nun auch jungen Leuten leicht schon etwas nachgesehen werden kann, so ist es doch genug damit, dass du uns die gebührende Ehre versagt hast. Sei also vernünftig und bedenke, dass auch Gott an den Vergehen gegen die Eltern kein Wohlgefallen hat, da er selbst der Vater des ganzen Menschengeschlechtes ist und in denen, mit welchen er den Namen teilt, beleidigt wird, wenn die Kinder ihnen nicht die schuldige Ehrenbezeugung erweisen. Dazu straft auch das Gesetz unerbittlich solche Vergehen, und wir hoffen nicht, dass du dich dieser Gefahr aussetzen willst.« Wenn nun hierdurch der Jüngling von seinem schlechten Treiben abgehalten wird, so sollen sie ihm weitere Vorwürfe ersparen, da er nur aus Unverstand so handelte. Denn so erweist sich die Milde des Gesetzgebers, und es wird den Eltern Freude bereitet, wenn sie' ihren Sohn oder ihre Tochter nicht weiter zu strafen brauchen. Wenn aber ihre Ermahnungen und ihre Besserungsversuche nichts fruchten, die Kinder vielmehr durch fortgesetzten Widerstand gegen ihre Eltern die Gesetze sich zu unversöhnlichen Feinden machen, so sollen die Eltern das missratene Kind aus der Stadt führen und es dort vom Volke steinigen lassen. Einen ganzen Tag soll dan]) der Frevler zum warnenden Beispiel für alle liegen bleiben und in der folgenden Nacht begraben werden. So sollen auch die bestraft werden, die nach dem Gesetz um irgendwelcher Ursache willen zum Tode verurteilt worden sind. Begraben aber soll man auch die Feinde, und niemand soll nach erlittener Strafe unbegraben liegen bleiben. 25. Keinem Hebräer ist es gestattet, Speise oder Trank gegen Zinsen zu geben; denn es ist nicht gerecht, den Besitz seines Stammesgenossen als Gewinn an sich zu ziehen. Vielmehr soll man seiner Not aufhelfen und seinen Dank sowie die Vergeltung, die Gott der Barmherzigkeit gewährt, als hinreichenden Gewinn ansehen.
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26. Wer aber Geld oder Früchte, seien es trockene oder feuchte, entliehen hat, der soll, wenn seine Verhältnisse sich durch Gottes Güte bessern, das Entliehene den Gläubigern bereitwillig zurückerstatten, um es bei ihnen gleichsam in Gewahrsam zu geben und es von ihnen wieder zu bekommen, wenn er dessen bedarf. Wenn aber die Schuldner hinsichtlich der Rückgabe lässig sind, so soll es nicht gestattet sein, ohne vorhergehendes Urteil in ihre Wohnung einzudringen und Pfand gegenstände wegzunehmen. Der Gläubiger soll vielmehr vor der 'llir stehen bleiben, und der Schuldner ihm das Pfand herausbringen, ohne sich ihm zu widersetzen, da er unter dem Schutze des Gesetzes zu ihm kommt. Ist der Pfandgeber bemittelt, so darf der Gläubiger das Pfand behalten, bis das Entliehene erstattet ist; ist er aber arm, so soll der Gläubiger ihm das Pfand vor Sonnenuntergang zurückgeben, besonders wenn es ein Kleid ist, das er während des Schlafes braucht. Denn auch Gott ist seiner Natur nach barmherzig gegen die Armen. Die Mühle aber und was dazugehört, soll man nicht als Pfand nehmen, damit der Arme nicht verhindert wird, sich seine Nahrung zuzubereiten, und so in noch größere Not gerät. 27. Auf Diebstahl steht die Todesstrafe. Wer Gold oder Silber gestohlen hat, soll das Doppelte davon zurückerstatten. Wenn jemand einen Dieb tötet, so soll er frei von Strafe sein, auch wenn er ihn nur beim Einbrechen ertappt hat. Wer Vieh gestohlen hat, soll das Vierfache davon ersetzen, hat er aber einen Ochsen gestohlen, das Fünffache. Wer die Strafe nicht bezahlen kann, soll der Sklave dessen sein, dem er dieselbe schuldet. 28. Wer seinem Stammesgenossen verkauft wird, soll ihm sechs Jahre dienen, im siebenten aber freigelassen werden. Hat er jedoch mit der Sklavin des Käufers einen Sohn gezeugt und will er ihm wegen seiner Güte und Menschenfreundlichkeit freiwillig noch länger dienen, so soll er im Jahre Jobel (das ist im fünfzigsten Jahre) mit Weib und Kind in Freiheit gesetzt werden. 29. Wenn jemand Gold oder Silber auf der Straße findet, so soll er den Ort, wo er es gefunden, durch den Ausrufer verkünden lassen, den Eigentümer ausfindig machen und ihm das Gefundene wieder zustellen; denn er soll es nicht für recht halten, Nutzen aus dem Verlust eines anderen zu ziehen. Ebenso soll man auch das Vieh, das man in der Wüste umherirrend antrifft und dessen Besitzer man nicht gleich ermitteln kann, in Verwahr nehmen und Gott zum Zeugen dafür anrufen, dass man fremdes Gut nicht unterschlagen wolle. 30. Wenn man Vieh antrifft, das vor Ermattung zusammengebrochen
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oder im Unwetter in den Straßenkot gefallen ist, so soll man an ihm nicht vorübergehen, sondern ihm zu Hilfe kommen und so handeln, als ob man sein eigenes Vieh rettete. 31. Die des Weges Unkundigen soll man zurechtweisen und sie weder verspotten noch zulassen, dass ihnen aus ihrem Irrtum ein Schaden erwächst. 32. Einen Stummen oder einen Tauben soll man nicht schmähen. 33. Wer einen anderen im Streit ohne Waffen zu Tode verwundet, soll sogleich die Todesstrafe erleiden. Wenn aber der Verwundete nach Hause geschafft wird und erst nach mehrtägigem Krankenlager stirbt, soll der Täter ohne Strafe davonkommen. Wird er wieder heil und hat er vielen Aufwand durch seine Krankheit gehabt, so soll der Täter ihm alles bezahlen, was er für sein Krankenlager und für die Ärzte ausgegeben hat. - Wer eine schwangere Frau mit dem Fuße tritt, sodass eine Fehlgeburt erfolgt, soll vom Richter mit Geldstrafe belegt werden, weil die Fehlgeburt verschuldet, dass ein Mensch weniger zur Welt kommt; auch dem Gatten der Frau soll er eine Geldbuße entrichten. Stirbt die Frau aber von dem Fußtritt, so soll der Täter mit dem Tode bestraft werden, denn das Gesetz gebietet: Leben um Leben. 34. Kein Israelit soll Gift besitzen, sei es todbringend oder sonst schädlich. Wird er im Besitze desselben ertappt, so soll er die Todesstrafe erleiden, also dasselbe, das die erlitten hätten, denen das Gift zugedacht war. 35. Wer einen anderen verstümmelt hat, soll dasselbe Glied verlieren, dessen er den anderen beraubte, es sei denn, dass der Verstümmelte sich mit Geldentschädigung zufrieden gibt. Denn das Gesetz gibt dem Geschädigten das Recht, seinen Schaden selbst abzuschätzen und sich hiermit zufrieden zu geben, wenn er kein strengeres Einschreiten wünscht. 36. Wer einen stößigen Ochsen besitzt, soll ihn schlachten. Hat der Ochs jemand auf der Tenne zu Tode gestoßen, so soll er zu Tode gesteinigt, und sein Fleisch nicht verzehrt werden. Wird nachgewiesen, dass sein Herr um seine Unart gewusst, ihn aber dennoch nicht besser in Obacht genommen hat, so soll dieser selbst des Todes sterben, weil er Schuld trägt, dass sein Ochs einen Menschen getötet hat. Hat der Ochs einen Sklaven oder eine Magd getötet, so soll er gesteinigt werden; der Besitzer aber muss' an den Herrn des Getöteten dreißig Sekel zahlen. Hat ein Ochs einen anderen Ochsen zu Tode gestoßen, so sollen beide verkauft werden, den Erlös aber sollen die Besitzer unter sich teilen. 37. Wer einen Brunnen oder sonst einen Wasserbehälter gräbt, soll ihn
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sorgfältig mit Brettern zudecken, nicht um jemand zu verhindern, Wasser daraus zu entnehmen, sondern damit niemand hineinfalle. Wenn aber in eine solche Grube Vieh hineinfällt und zugrunde geht, so soll der Besitzer der Grube dem Herrn des Viehes den Wert desselben ersetzen. Auch sollen die Brunnen mit einer wandartigen Einfriedigung versehen sein, dass niemand hineinfällt. 38. Wer etwas zum Aufbewahren annimmt, soll es wie eine heilige und götdiche Sache in Obacht nehmen, und niemand, sei es Mann oder Weib, soll denjenigen, der ihm etwas anvertraut hat, darum betrügen, wenn er auch eine Menge Geld dadurch gewinnen und sicher sein kann, dass niemand ihn zu überführen imstande ist. Denn jeder soll rechtlich handeln, sein Gewissen und besonders Gott scheuen, vor dem kein Böser verborgen bleibt, damit er sich das Zeugnis geben kann, nur Taten vollbracht zu haben, die das Lob seiner Mitmenschen verdienen. Wenn jemand, der etwas zum Aufbewahren angenommen hat, dieses ohne seine Schuld verliert, so soll er vor sieben Richter hintreten und bei Gott schwören, dass er es nicht absichtlich und durch seine Schuld verloren, auch nichts davon für sich selbst verwendet habe. Alsdann soll er freigesprochen werden. Hat er aber das Mindeste von dem Anvertrauten zu seinem Nutzen veruntreut und verloren, so soll er verurteilt werden, auch alles Übrige zurückzuerstatten. In gleicher Weise soll es auch mit dem Arbeitslohn gehalten werden. Dem armen Manne soll man seinen Lohn nicht vorenthalten, sondern bedenken, dass Gott ihm keinerlei eigenen Besitz beschert hat. Auch soll man die Auszahlung des Arbeitslohnes nicht verschieben, sondern sie noch am selben Tage bewirken; denn Gott will nicht, dass der Arbeiter den Ertrag seiner Arbeit entbehre. 39. Kinder sollen für die Schuld ihrer Eltern nicht büßen, vielmehr verdienen sie, wenn sie selbst brav sind, mehr Mideid als Hass dafür, dass sie von so gotdosen Eltern abstammen. Aber auch soll die Sünde der Kinder nicht den Eltern zur Last gelegt werden, da junge Leute aus Überdruss am Lernen sich vieles erlauben, was gegen die Vorschriften verstößt. 40. Man scheue und fliehe den Umgang der Verschnittenen, denen die Manneskraft und Zeugungsfähigkeit fehlt, die Gott den Menschen zur Mehrung ihres Geschlechtes verliehen hat. Sie sollen verstoßen werden, als ob sie die Kinder gemordet hätten, noch ehe diese. geboren sind, und weil sie sich der Zeugungsfähigkeit beraubt haben. Weibisch wie ihr Körper ist auch ihre Seele. Verworfen soll auch sein, was das Aussehen einer Missgeburt hat. Überhaupt soll man weder Menschen noch Tiere verschneiden.
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41. Das soll nun im Frieden die Verfassung eures Staates sein, und der gnädige Gott wird ihn in Ehren halten und vor Aufruhr bewahren. Möge nie die Zeit kommen, da eines dieser Gesetze verändert oder ins Gegenteil verkehrt wird. Da es aber natürlich ist, dass das Menschengeschlecht, sei es ohne oder mit seinem Willen, in Verwirrung und Gefahren geraten kann, so will ich auch fur diesen Fall einiges anordnen, damit ihr wisst, was ihr Zweckmäßiges tun müsst, wenn es nötig ist, und euch nicht erst danach umzusehen braucht, wenn ihr unvermutet in Gefahr geratet. Gebe Gott, dass ihr das Land, das er euch als Lohn fur eure Mühen und Thgenden schenkt, in Ruhe und Frieden bebauen möget, und dass sein Besitz euch weder durch feindliche Einfälle noch durch innere Unruhen verkümmert werde. Möget ihr auch nichts tun, was dem Sinne eurer Vater widerspricht, damit ihr deren Gesetze nicht einbüßt, sondern stets nach den Vorschriften lebt, die Gott euch als gut und bewährt übergeben hat. Wenn aber euch oder eure späteren Nachkommen das Los trifft, Krieg führen zu müssen, so möge derselbe außerhalb eures Landes sich abspielen. Auch sollt ihr, ehe ihr in den Krieg eintretet, Gesandte und Herolde an eure Feinde schicken. Denn es geziemt sich, dass ihr, ehe ihr zu den Waffen greift, euren Feinden zuvor erklärt, ihr möchtet, obgleich ihr ein großes Heer, Reiterei und Waffen und vor allem den gnädigen Gott als Beschützer hättet, dennoch nicht gern zu einem Kriege euch gezwungen sehen, noch ihnen wider ihren Willen ihr Hab und Gut rauben. Geben sie dann nach, so ziemt es sich, dass ihr mit ihnen Frieden haltet. Wollen sie aber im Vertrauen auf ihre Stärke mit euch kämpfen, so fUhrt euer Heer gegen sie und wählt Gott zu eurem obersten und einen tüchtigen Mann zu eurem zweiten Feldherrn. Denn viele Befehlshaber schaden gar oft, zumal wenn rasches Handeln erforderlich ist. Das Heer soll rein und aus den stärksten und mutigsten Männern aus gewählt sein. Furchtsame dagegen sollen zurückgewiesen werden, damit sie nicht, wenn es zur Entscheidung kommt, durch ihre Flucht den Feinden Vorteil bereiten. Diejenigen, welche ein Haus gebaut haben, das sie noch kein Jahr bewohnen, sowie die, die gesäet und noch nicht geerntet haben, ferner die Verlobten oder jung Verheirateten sollen zu Hause bleiben, damit sie nicht vor Sehnsucht nach dem, was sie zurückgelassen, ihr Leben schonen und sich feige benehmen. 42. Ist das Lager errichtet, so hütet euch vor grausamen und gotdosen Handlungen. Bei der Belagerung einer Stadt sollt ihr, wenn ihr Mangel an Holz zu Bollwerken habt, keine fruchtbaren Bäume abhauen, sondern sie verschonen und bedenken, dass sie zum Nutzen der Menschen geschaffen
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sind und dass sie, wenn sie reden könnten, sich beschweren würden, dass sie unverdient misshandelt würden, da sie keine Veranlassung zu dem Kriege gegeben hätten, und dass sie, wenn es ihnen möglich wäre, fortwandern und in ein anderes Land ziehen würden. Habt ihr eine Schlacht gewonnen, so tötet die, die gegen euch gekämpft haben, die Übrigen aber machet euch tributpflichtig mit Ausnahme der Chananäer, die ihr gänzlich vertilgen sollt. 43. Seht euch besonders im Kriege vor, dass nicht ein Weib Manneskleider oder ein Mann Weiberkleider trage. 44. Das ist die Verfassung, die Moyses hinterließ. Die Gesetze dagegen hat er vierzig Jahre früher gegeben; von ihnen will ich in einem anderen Werke sprechen. - An den folgenden Tagen (er redete unermüdlich) übergab er dem Volke die Glück bringenden Gebetsformeln und die Verwünschungen gegen diejenigen, welche den Gesetzen zuwiderhandeln würden. Hierauf las er ihnen ein Lied in sechsfüßigen Versen vor, das er in einem heiligen Buche aufgezeichnet hinterlassen hat. Dasselbe enthält eine Weissagung der Zukunft, nach welcher alles eingetroffen ist und noch eintrifft. Diese heiligen Bücher übergab er den Priestern, desgleichen auch die Lade, in welcher er die auf zwei Tafeln geschriebenen zehn Gebote niederlegte, und die heilige Hütte. Das Volk ermahnte er, nach der Eroberung und Besitzergreifung Chananaeas das ihm von den Amalekitern zugefügte Unrecht nicht zu vergessen, sondern gegen sie zu Felde zu ziehen und das Leid, das sie ihnen in der Wuste angetan, zu rächen. Sobald sie das Land Chananaea in Besitz genommen und die ganze Einwohnerschaft, wie es sich gebühre, vernichtet hätten, sollten sie einen Altar errichten gegen Sonnenaufgang, nicht weit von der Stadt der Sikimiter zwischen zwei Bergen, von denen der zur Rechten Garizin, der zur Linken Gibal heiße. Das Volk solle sich zu je sechs Stämmen auf den beiden Bergen samt den Priestern und Leviten aufstellen. Dann sollten zunächst die, die auf dem Berge Garizin ständen, denjenigen Glück und Segen wünschen, die Gott eifrig dienten, die Gesetze beobachteten und den Vorschriften des Moyses nicht zuwiderhandelten. Die sechs anderen Stämme sollten ihnen beipflichten und ebenso, wenn sie die Segenswünsche aussprächen, die Ersteren ihnen zustimmen. Darauf sollten sie die Gesetzesübertreter verwünschen, und was die einen aussprächen, sollten die anderen jedes Mal billigen. Diese Segenswünsche und Fluchworte schrieb Moyses auf, damit sie stets im Gedächtnis blieben. Auch ließ er sie im Angesichte seines Todes auf beide Seiten des Altares schreiben. Dann gebot er dem Volke, vor diesem Altar stehend Brandopfer darzubringen, nach diesem Tage aber kein anderes Opfer mehr auf ihn zu legen;
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denn das sei nicht gestattet. Diese Vorschriften gab Moyses, und das Hebräervolk hat sie später getreulich befolgt. 45. Am folgenden Tage berief Moyses das Volk mit Weibern, Kindern und Sklaven zusammen und ließ sie schwören, die Gesetze zu beobachten und in eifriger Erfüllung des göttlichen Willens sie nicht zu übertreten, weder aus Rücksicht auf Verwandtschaften noch aus Furcht, noch weil sie irgendeinen anderen Grund für wichtiger hielten als die treue Beobachtung der Gebote. Und sollte irgendein Verwandter oder irgendeine Stadt die Verfassung ihres Staates zu verwirren und zu lösen wagen, so sollten sie samt und sonders sich dagegen wehren. Hätten sie dann die Feinde überwunden, so sollten sie dieselben gänzlich ausrotten und keine Spur von den übermütigen Frevlern übrig lassen. Seien sie aber nicht mächtig genug, um die Strafe zu vollstrecken, so sollten sie wenigstens zeigen, dass die Übeltat gegen ihren Willen geschehen sei. Und das Volk leistete den Schwur. 46. Moyses lehrte sie auch, wie sie Gott wohlgefällige ~pfer darbringen, wie sie zum Kriege ausziehen und wie sie aus den Edelsteinen ein Zeichen entnehmen sollten, wovon ich oben Erwähnung getan habe. Auch Jesus prophezeite noch in Gegenwart des Moyses, erwog alles, was er für die Wohlfahrt des Volkes im Frieden wie im Kriege, für die Gesetzgebung und die Staatsverfassung tun müsse, und verkündete ihnen nach Gottes Eingebung, sie würden, wenn sie die Gottesverehrung vernachlässigten, allerlei Ungemach erleiden. Thr Land würde sich mit Feinden füllen, ihre Städte zerstört, ihr Tempel verbrannt werden, und sie selbst in die Sklaverei von Menschen geraten, die kein Mideid mit ihrem Unglück empfanden. Zu spät würden sie dann Reue fühlen. Doch werde Gott, der sie erschaffen, ihren Nachkommen Städte und den Tempel wiedergeben. Dieser Verlust werde sich aber nicht nur einmal, sondern oft ereignen. 47. Darauf ermahnte Moyses den Jesus, Krieg gegen die Chananäer zu führen, da Gott ihm in allen seinen Unternehmungen beistehen werde. Dann segnete er das ganze Volk und sprach: »Da ich nun zu unseren Vätern gehe und Gott mir diesen Tag als Sterbetag bestimmt hat, so sage ich ihm, weil ich noch lebe und bei euch bin, Dank dafür, dass er euch nicht nur von Leiden befreit, sondern auch manches Gute euch geschenkt hat, ferner dafür, dass er mich in allen meinen Mühen und Sorgen, die ich um die Verbesserung eurer Lage gehabt habe, unterstützt und sich uns in allem gnädig erwiesen hat. Er war es, der uns in allen Unternehmungen vorangegangen ist und ihnen einen glücklichen Ausgang gegeben hat, denn ich war nur sein Stellvertreter und Diener bei Zuteilung der Wohltaten, die er euch er-
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zeigte. Darum halte ich es für billig, die Allmacht Gottes, der auch in Zukunft sich euer annehmen wird, vor meinem Scheiden gebührend zu loben. Denn ich ftihle mich verpflichtet, ihm auch meinerseits den schuldigen Dank abzustatten, dann aber euch ans Herz zu legen, wie sehr ihr ihn ehren und lieben und die Gesetze als das herrlichste Geschenk von allem, was er euch verliehen und in seiner Huld auch weiterhin bescheren wird, in Obacht halten müsst. Bedenket auch, wie unwillig schon ein menschlicher Gesetzgeber ist, wenn seine Gesetze übertreten und verachtet werden; um wie viel weniger werdet ihr. da den Zorn Gottes auf euch ziehen wollen, mit dem er die Missachtung seiner eigenen Gebote ahndet.« 48. Als Moyses am Ende seines Lebens so gesprochen und jedem Stamme unter Segenswünschen sein künftiges Schicksal geweissagt hatte, brach das Volk in Tränen aus. Die Weiber schlugen an ihre Brust im Schmerze über seinen bevorstehenden Tod, und sogar die Kinder, welche umso mehr jammerten, je schwächer sie in der Unterdrückung ihres Kummers waren, zeigten, dass sie seine Thgenden und die Größe seiner Taten besser erkannten, als ihr Alter hätte eIWarten lassen sollen. Alt und Jung schien sich in Schmerzensausbrüchen einander überbieten zu wollen. Die einen beklagten die Zukunft, da sie wohl wussten, welchen Führer und Vorsteher sie an Moyses verloren; die anderen trauerten um ihn, weil er scheiden müsse, noch ehe sie seine Tüchtigkeit recht erkannt hätten. Die Größe der Trauer und des Jammers des Volkes lässt sich am besten daraus entnehmen, was dem Gesetzgeber selbst begegnete. Obgleich er nämlich in seinem ganzen Leben überzeugt gewesen war, man dürfe sich wegen seines bevorstehenden Todes nicht abhärmen, da man ihn nach dem Willen Gottes und den Gesetzen der Natur erleiden müsse, so presste ihm doch das Wehklagen des Volkes Tränen aus. Als er sich nun wegbegab nach dem Orte, wo er dem Anblick entrückt werden sollte, folgten ihm alle weinend nach. Moyses aber winkte den weiter Entfernten mit der Hand, dass sie ruhig stehen bleiben sollten. Die ihm näher Stehenden hingegen ermahnte er, sie sollten ihm nicht dadurch, dass sie ihm folgten, den Abschied noch mehr erschweren. Hierin glaubten sie ihm willfahren zu müssen und hielten sich deshalb weinend zurück, damit er nach seinem Willen aus dem Leben scheiden könne, und nur die Ältesten, der Hohepriester Eleazar und der Heerführer Jesus begleiteten ihn. Als er nun auf dem Berge Abar angekommen war (dieser Berg ragt in der Gegend von Jericho empor, und man hat von ihm einen herrlichen und weiten Ausblick auf das Land Chananaea), entließ er die Ältesten. Darauf umarmte er den Eleazar und den Jesus, und während er
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noch mit ihnen sprach, ließ sich plötzlich eine Wolke auf ihn herab, und er entschwand in ein Tal. In den heiligen Büchern aber hat er geschrieben, er sei gestorben, aus Furcht, man möchte sagen, er sei wegen seiner hervorragenden Tugenden zu Gott hinübergegangen. 49. Er lebte im ganzen einhundertzwanzig Jahre, wovon er den dritten Teil weniger einen Monat Führer des Volkes gewesen ist. Er starb im letzten Monate des Jahres, der bei den Makedoniern Dystros, bei uns Adar heißt, zur Zeit des Neumondes. An Geistesschärfe übertraf er alle Menschen, die je gelebt haben, und geschickt im Erdenken von Plänen, besaß er auch eine wunderbare volkstümliche Beredsamkeit. Seine Stimmungen beherrschte er in solchem Grade, dass sie in ihm gar nicht vorhanden zu sein schienen, und dass er ihre Namen mehr deshalb, weil er sie bei anderen Menschen sah, als von sich selbst her zu kennen schien. Er war ein vorzüglicher Feldherr und ein Seher wie kaum ein zweiter, sodass, wenn er redete, man Gott selbst sprechen zu hören vermeinte. Das Volk beweinte ihn dreißig Tage lang, und eine so ungeheure 'frau er hat die Hebräer nie wieder ergriffen, als damals, da Moyses starb. Und es vermissten ihn nicht nur diejenigen, die persönlich mit ihm verkehrt hatten, sondern auch alle, die seine Gesetze kennen lernten, weil sie aus ihnen auf die hervorragende Größe seiner 'fugend schließen konnten. So viel sei über den Tod des Moyses gesagt.
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ERSTES KAPITEL Wie Jesus, der Feldherr der Hebräer, die Chananäer bekriegte, sie ausrottete und ihr Land unter die Stämme verloste.
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1. Als nun Moyses, wie gesagt, den Menschen entrückt war, und die gebührenden Trauerfeierlichkeiten für ihn stattgefunden hatten, verkündete Jesus dem Volke, es solle sich zum Kriegszug rüsten. Zugleich schickte er Kundschafter in das Gebiet Jerichos, um die Stärke und die Gesinnung seiner Bewohner zu erforschen. Darauf stellte er das Heer in Schlachtordnung auf, um rechtzeitig den Jordan überschreiten zu können, und berief zu sich die Häupter der Stämme Rubel, Gad und Manasses (denn der Hälfte dieses Stammes war das Land Amoraea, der siebente Teil von Chananaea, eingeräumt worden). Er erinnerte sie an das, was sie dem Moyses versprochen, und beschwor sie, dass sie aus Dank gegen diesen, der bis zum Ende seines Lebens für sie gesorgt habe, wie auch um des allgemeinen Besten willen ihre Versprechungen bereitwillig einlösen möchten. Und da sie ihm Folge leisteten, zog er mit fünfzigtausend Bewaffneten von Abila sechzig Stadien weit an den Jordan. 2. Als hier das Lager aufgeschlagen war, kamen auch sogleich die Kundschafter, welche alles bei den Chananäern erforscht hatten. Da sie nämlich anfangs dort nicht erkannt wurden, konnten sie ohne Furcht deren ganze Stadt durchspähen und in Erfahrung bringen, wo die Mauern am stärksten und wo sie schwächer waren, auch welche Tore wohl am ehesten dem Heere einzudringen gestatten würden. Diejenigen aber, die ihnen zufällig begegneten, achteten nicht darauf, dass sie alles so genau betrachteten, in der Meinung, sie wollten nur nach Art der Fremden die Stadt aus Neugier besichtigen; dass sie das in feindlicher Absicht taten, ahnten sie nicht im Mindesten. Gegen Abend kehrten die Kundschafter in eine Herberge nahe bei der Stadtmauer ein, wo sie auch schon vorher ihr Mahl eingenommen hatten. Und als sie nun über ihre Heimkehr zu beraten anfingen, wurde dem König beim Mahle angezeigt, es seien Leute aus dem Lager der Hebräer gekommen, um die Stadt auszuspionieren; sie seien bei der Rachab einge-
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kehrt und suchten sich hier möglichst verborgen zu halten. Darauf schickte der König sogleich Häscher ab, um sie festzunehmen; denn er wollte durch Anwendung der Folter von ihnen erfahren, in welcher Absicht sie gekommen seien. Sobald aber Rachab von der Ankunft der Häscher erfuhr (sie trocknete gerade Flachsbündel auf dem Dache), verbarg sie die Kundschafter unter dem Flachs und sagte den Boten des Königs, es hätten zwar einige unbekannte Gäste bei ihr gespeist, sie hätten sich indes vor Sonnenuntergang entfernt. Wenn man sie aber im Verdacht habe, dass sie der Stadt oder dem Könige Schaden hätten zufügen wollen, so werde man sie wohl ohne Mühe einholen können, wenn man sie verfolge. Die Häscher ließen sich von dem Weibe täuschen und dachten an nichts Arges, sodass sie nicht einmal die Herberge untersuchten, sondern sich auf die Suche nach den Spionen begaben auf den Wegen, die zum Flusse führten, und die jene wahrscheinlich bei ihrer Flucht benutzt hatten. Da sie aber nicht die Spur von ihnen fanden, ließen sie von weiterer Verfolgung ab. Als sich nun der Thmult gelegt hatte, holte Rachab die Versteckten herunter und erklärte ihnen, in wie großer Gefahr sie sich ihretwegen befunden habe. Wenn sie nämlich wären ertappt worden, so wäre sie der Rache des Königs nicht entgangen, vielmehr mit ihrem ganzen Hause getötet worden. Sie möchten also dessen eingedenk bleiben und ihr für die jetzige Errettung später Dank wissen, wenn sie in den Besitz vom Chananaea gelangt seien. Sie versprachen ihr auch, sich dankbar erweisen zu wollen, und schworen ihr, sie wollten sie und ihre Familie verschonen, wenn sie nach der Eroberung der Stadt alle übrigen Einwohner umbringen würden, wie es ihnen von Gott vorgeschrieben sei. Zugleich rieten sie ihr, sie solle, sobald sie die Einnahme der Stadt bemerke, ihr Hab und Gut und alle ihre Verwandten in ihre Herberge einschließen und ein purpurrotes Band vor ihre Tür hängen, damit der Feldherr ihr Haus kenne und es verschone. Denn sie würden ihm sagen, das sei das Haus, in welchem sie gerettet worden seien. Sollte aber einer ihrer Angehörigen in der Schlacht fallen, so möge sie es ihnen nicht zur Last legen; denn sie würden Gott, bei dem sie geschworen, bitten, sie vor dem Bruch ihres eidlichen Gelöbnisses zu bewahren. Nachdem sie dieses Versprechen geleistet, zogen sie ab, indem sie sich an einem Seile von der Stadtmauer herunterließen. Und sie kehrten wohlbehalten zu den Thrigen zurück, denen sie alles erzählten, was ihnen in der Stadt begegnet war. Darauf machte Jesus den Hohepriester Eleazar und die Ältesten mit dem Eide bekannt, den die Kundschafter der Rachab geschworen hatten, und diese billigten ihn. 3. Der Feldherr aber war in großer Sorge wegen des Überganges über
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den Fluss, denn er war sehr angeschwollen und hatte keine Brücken, und hätte man eine solche darüber schlagen wollen, so würde der Feind sie wohl daran gehindert haben; Schiffe aber waren auch keine vorhanden. Da aber verhieß ihnen Gott, er werde den Fluss abschwellen lassen, sodass sie ihn überschreiten könnten. Deshalb führte Jesus nach zwei Tagen das Heer und das ganze Volk in folgender Ordnung hinüber. Voran gingen die Priester mit der heiligen Lade, dann folgten die Leviten, welche die Hütte und die zum Opferdienst bestimmten Geräte trugen. Hinter den Leviten zog dann das ganze Volk nach Stämmen, die Weiber und Kinder in der Mitte, damit sie nicht von der Strömung fortgerissen würden. Da nun die Priester zuerst hinein schritten und das Flussbett passierbar fanden, weil das Wasser nicht tief war und der Kies, den der langsamer strömende Fluss nicht mit Gewalt fortriss, ihnen festen Boden gewährte, so setzten auch all~ anderen mutig über. Denn sie sahen, dass der Fluss sich so verhielt, wie Gott ihnen vorhergesagt hatte. Die Priester aber blieben in der Mitte des Flusses stehen, bis die ganze Menge hinüber war und sich in Sicherheit befand. Dann erst schritten auch sie ans Gestade und überließen den Fluss wieder seiner Strömung. Sobald aber alle Hebräer hinüber waren, schwoll der Fluss sogleich wieder an und erlangte seine frühere Höhe. 4. Die Hebräer zogen darauf fünfzig Stadien weiter und schlugen das Lager zehn Stadien von Jericho entfernt auf. Jesus aber baute aus den Steinen, die die einzelnen Stammesoberhäupter auf sein Geheiß im Flussbett aufgehoben hatten, einen Altar zum Andenken an das Zurückweichen des Flusses und opferte darauf. Hier feierte man auch das Paschafest, weil man jetzt alles in Überfluss besaß, woran man früher Mangel gelitten hatte. Denn da die Saaten der Chananäer reif waren, mähte man dieselben ab, und auch sonst machte man Beute. Das Manna aber, das sie vierzig Jahre lang genossen hatten, ging ihnen damals aus. 5. Obgleich nun die Israeliten alles weit und breit verwüsteten, rührten sich die Chananäer nicht, sondern hielten sich hinter ihren Mauern. Jesus beschloss daher, sie zu belagern. Und am ersten Tage des Festes trugen die Priester die rings von bewaffneter Mannschaft umgebene Lade unter dem Schall von sieben Hörnern um die Mauern der Stadt, indem sie das Volk zur Tapferkeit anspornten; die Ältesten aber folgten hintendrein. Alsdann kehrten sie ins Lager zurück, ohne etwas anderes getan zu haben, als die Hörner zu blasen. Als sie das sechs Tage nacheinander getan hatten, versammelte Jesus am siebenten Tage das Heer und das ganze Volk und verkündete ihnen die frohe Nachricht, dass die Stadt fallen werde, denn Gott werde noch
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an dem nämlichen Tage die Stadtmauern von selbst, ohne jede Anstrengung vonseiten der Belagerer, zusammenstürzen lassen. Zugleich befahl er ihnen, sie sollten alle, die sie festnähmen, mit dem Schwerte umbringen, und sie sollten sich weder von Ermüdung noch von Mitleid und Milde bewegen lassen, Schonung zu üben. Auch sollten sie die Feinde nicht aus Gier nach Beute entschlüpfen lassen, sondern alles Lebendige niedermachen und nichts zu ihrem eigenen Nutzen verwenden. Was sie von Gold und Silber vorfanden, sollten sie zusammenhäufen, um es als Erstlinge von der Beute der zuerst eroberten Stadt Gott darzubringen aus Freude über ihr Glück. Nur die Rachab und deren Verwandte sollten sie in Sicherheit bringen wegen des Eides, durch den die Kundschafter sich ihr verpflichtet hätten. 6. Nach diesen Worten stellte Jesus das Heer in Schlachtordnung und führte es auf die Stadt an. Und man zog wieder rings um die Mauer unter Vorantritt der Lade und der Priester, die mit Hörnerschall das Heer zum Sturm anfeuerten. Als sie so siebenmal die Stadt umkreist hatten, standen sie ein wenig still, und plötzlich stürzten die Stadtmauern ein, ohne dass die Hebräer Sturmgeräte oder irgend eine andere Gewalt gebraucht hätten. 7. Die Hebräer drangen darauf in die Stadt ein und töteten alle Bewohner derselben, denn diese waren über den plötzlichen Einsturz der Mauern entsetzt und dachten nicht daran, Widerstand zu leisten. Und so wurden sie teils auf den Straßen, teils in den Häusern niedergemacht, und nichts wurde verschont bis auf die Weiber und Kinder. Und die ganze Stadt war mit Leichen gefüllt, da keiner lebend entkommen war. Darauf legten die Hebräer Feuer an und zerstörten die Stadt und alles ringsum. Die Rachab aber nebst den Thrigen, die sich in die Herberge geflüchtet hatten, entrissen die Kundschafter der Gefahr. Und Jesus ließ sie zu sich führen und dankte ihr dafür, dass sie die Kundschafter gerettet habe, versprach ihr auch für ihre gute Tat den gebührenden Lohn. Bald danach beschenkte er sie mit Ackerland und ließ ihr auch sonst alle Ehren antun. 8. Was in der Stadt vom Feuer verschont geblieben war, ließ Jesus von Grund aus zerstören. Auch verfluchte er alle, die etwa die zerstörte Stadt wieder aufbauen wollten; der, welcher den ersten Stein zur neuen Stadtmauer legen würde, sollte seinen Erstgeborenen verlieren und, wenn er sie vollende, auch noch seinen jüngsten Sohn dazu. Diesen Fluch hat Gott später in Erfüllung gehen lassen, wie ich gelegentlich zeigen werde. 9. Bei der Zerstörung der Stadt wurde eine ungeheure Menge Silber, Gold und Erz aufgehäuft, da niemand den Befehl zu übertreten oder etwas
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zu seinem Vorteil zu verwenden sich getraute. Diese Beute übergab Jesus den Priestern, die sie als besonderen Schatz aufbewahren sollten. So verhielt es sich mit der Zerstörung von Jericho. 10. Ein gewisser Achar, Sohn des Zebedias aus dem Stamme Judas, hatte einen Königsmantel gefunden, der ganz mit Gold durchwirkt war und an Goldmasse zweihundert Sekel wog. Und da er dachte, es sei unbillig, dass er das, was er nach so großen Gefahren als seinen Gewinn einheimsen könne, zu seinem Nachteil Gott opfern müsse, der dessen doch auch nicht bedürfe, machte er in seinem Zelte eine tiefe Grube und vergrub den Mantel in dem Wahn, er könne ihn so vor Gott ebenso wie vor seinen Gefährten verbergen. 11. Der Ort, wo Jesus das Lager errichtet hatte, hieß Galgala, das ist »Freiheit.« Denn nach Überschreitung des Flusses hielt man sich von aller Mühsal die man in Ägypten und in der Wüste erlitten hatte, befreit. 12. Wenige Tage nach dem Falle Jerichos schickte Jesus nach der Stadt Anna, die oberhalb Jerichos lag, dreitausend Bewaffnete, welche mit den Annitern handgemein wurden, indes fliehen mussten und sechsunddreißig Mann verloren. Als die Israeliten das erfuhren, wurden sie sehr traurig und beklommen, nicht so sehr wegen des Verlustes ihrer Angehörigen, ,denn diese waren tapfere und hochachtbare Männer, als vielmehr aus Verzweiflung. Denn sie hatten schon geglaubt, sie würden sich des Landes bemächtigen, ohne Verluste zu erleiden, da Gott ihnen dies verheißen habe; und nun sahen sie wider Erwarten, dass die Feinde sogar siegen konnten. Daher legten sie Säcke an, trauerten und weinten den ganzen Tag und dachten nicht einmal daran, etwas zu essen - so schwer hatte sie der Unfall niedergebeugt. 13. Als Jesus das Heer so niedergeschlagen und in Verzweiflung sah, wandte er sich vertrauensvoll zu Gott und betete: »Nicht aus Verwegenheit und Tollkühnheit haben wir uns zur Eroberung dieses Landes mit Waffengewalt angeschickt, sondern dein Diener Moyses hat uns dazu ermuntert, da du unter Wunderzeichen verheißen hattest, du würdest uns den Besitz dieses Landes verschaffen und unser Heer stets die Feinde besiegen lassen. Einiges ist ja auch nach deiner Verheißung bereits eingetroffen. Nun aber erleiden wir unerwartet eine Niederlage und büßen einen Teil unserer Mannschaft' ein, weshalb wir an deinen Verheißungen und den Versprechungen des Moyses fast verzweifeln und in großer Betrübnis uns befinden. Und da unser erster Versuch so ungünstig ausgefallen ist, blicken wir mit banger Besorgnis in die Zukunft. Du aber, 0 Herr, der du unserem Un-
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glück Hilfe bringen kannst, nimm hinweg von uns alle '!rauer und die bangen Sorgen wegen der Zukunft, und verleihe uns den Sieg.« 14. So flehte Jesus zu Gott, auf sein Angesicht hingesunken. Gott aber antwortete ihm, er solle aufstehen und das Heer von der Schuld reinigen, mit der es sich befleckt habe, da es an gottgeweihten Gegenständen Diebstahl verübte. Eben deshalb hätten sie die Niederlage erlitten, und sie würden über ihre Feinde wieder siegen, sobald sie den Gottesräuber ermittelt und bestraft hätten. Das verkündete Jesus dem Volke, berief den Hohepriester Eleazar und die Oberhäupter zu sich und ließ über die einzelnen Stämme das Los werfen. Und da das Los den Stamm Judas als denjenigen auswies, dem der Täter angehöre, so wurde über dessen einzelne Familien das Los geworfen, und die Familie des Achar ermittelt. Alsdann wurde Mann für Mann ausgeforscht, und man überführte den Achar, der, als er sah, dass er die Tat nicht leugnen könne und dass Gottes Gericht ihn schwer getroffen habe, den Diebstahl eingestand und das Gestohlene hervorholte. Er wurde alsdann sogleich mit dem Tode bestraft und in der Nacht schimpflich begraben, wie es mit den öffentlich Hingerichteten zu geschehen pflegt. 15. Darauf führte Jesus das Heer nach Anna, richtete in der Nacht Hinterhalte um die Stadt herum ein und griff mit Tagesanbruch die Feinde an. Als diese nun, durch ihren jüngst errungenen Sieg tollkühn gemacht, stürmisch gegen die Hebräer anrannten, lockte er sie durch verstellte Flucht weit von der Stadt weg, sodass sie in dem Glauben, sie verfolgten die Hebräer, schon ihres Sieges gewiss waren. Dann aber wandten sich plötzlich die Hebräer, und zugleich wurden die im Hinterhalt Liegenden durch verabredete Zeichen zum Kampfe aufgefordert. Und sie drangen in die Stadt ein, während die Bürger auf den Mauern standen und diejenigen beobachteten, die aus der Stadt ausgerückt waren. Darauf nahmen sie die Stadt und machten alles nieder, was ihnen entgegenkam, während Jesus sich auf die Feinde warf, ihre Reihen auflöste und sie in die Flucht schlug. Weil diese nun die Stadt noch für unbesetzt hielten, wollten sie sich hierhin zurückziehen. Als sie aber sahen, dass der Feind sich schon daselbst festgesetzt und die Stadt mit den Weibern und Kindern der Vernichtung durch Feuer preisgegeben hatte, zerstreuten sie sich in völliger Verwirrung über das Land und konnten vereinzelt nicht den geringsten Widerstand mehr leisten. Nachdem die Anniter also geschlagen waren, fiel eine große Menge Weiber, Kinder und Sklaven in die Hände der Israeliten. Außerdem erbeuteten sie viel Gepäck, Vieh und bares Geld, denn die Gegend war reich. Alles dieses verteilte Jesus in Galgala unter die Kämpfer.
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16. Als die Gabaoniter, die nahe bei Jerusalem wohnten, von dem Schicksal der Städte Jericho und Anna hörten, fürchteten sie auch große Gefahr für sich selbst. Doch verschmähten sie es, den Jesus anzuflehen, da sie bei ihm doch nichts ausrichten zu können glaubten, weil er sich augenscheinlich die gänzliche Vernichtung der Chananäer vorgenommen hatte. Dagegen luden sie die Kepheriter und Kariathiarimiter, ihre Nachbaren, zum Abschluss eines Bündnisses ein, indem sie ihnen vorstellten, dass auch sie in derselben Gefahr schwebten. Als diese hiermit einverstanden waren, schickten sie Gesandte an Jesus ab, die sie unter ihren Mitbürgern als die zu diesem Dienste Tauglichsten ermittelt hatten, und ließen ihm ein Bündnis antragen. Die Gesandten hielten es aber für gefährlich, sich als Chananäer zu bekennen, und glaubten besser zu fahren, wenn sie vorgäben, sie hätten mit den Chananäern nichts zu schaffen, sondern lebten weit von ihnen entfernt. Sie sagten also, sie seien zu ihm gekommen im Vertrauen auf seine Thgend und hätten eine mehrtägige Reise zurückgelegt, wofür ihre Kleider den Beweis erbrächten. Denn sie hätten diese bei der Abreise neu angezogen, doch seien sie über der langen Wanderung verschlissen. Sie hatten aber absichtlich zerrissene Kleider angelegt, um ihren Worten mehr Glauben zu verschaffen. So traten sie also in die Versammlung der Israeliten und erklärten, sie seien von den Gabaonitern und den nächsten Städten, die aber noch weit von da entfernt lägen, geschickt, um nach ihren väterlichen Gebräuchen mit ihnen Frieden und Freundschaft zu schließen. Denn da sie wüssten, dass Gottes Freigebigkeit und Gnade ihnen das Land Chananaea geschenkt habe, so wünschten sie ihnen dazu viel Glück und begehrten sehr, von ihnen in die Zahl ihrer Bürger aufgenommen zu werden. Und indem sie so sprachen, wiesen sie auf die Kennzeichen ihrer langen Reise hin und baten die Hebräer, mit ihnen ein freundschaftliches Bündnis zu schließen. Jesus nun glaubte ihnen, dass sie keine Chananäer seien, und schloss Freundschaft mit ihnen, und auch der Hohepriester und die Ältesten schworen ihnen, dass sie sie als Freunde und Bundesgenossen behandeln und nichts Feindliches gegen sie ersinnen wollten. Dieser eidlichen Versicherung trat auch das ganze Volk bei. Als jene nun durch List ihre Absicht erreicht hatten, kehrten sie zu den Thrigen zurück. Jesus erfuhr jedoch später, als er mit dem Heere in den gebirgigen Teil von Chananaea kam, dass die Gabaoniter nicht weit von Jerusalem wohnten und zu den Chananäern gehörten. Er beschied daher ihre Vorsteher zu sich und beschuldigte sie des Betruges. Diese aber gaben vor, sie hätten keine andere Möglichkeit ihrer Errettung gesehen und nur notgedrungen dazu ihre Zu-
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flucht genommen. Jesus berief also den Hohepriester Eleazar und die Ältesten zusammen und legte ihnen die Sache zur Entscheidung vor. Diese waren der Meinung, man solle sie zu öffentlichen Diensten verwenden; den eidlich mit ihnen abgeschlossenen Vertrag aber dürfe man nicht verletzen. So fanden die Gabaoniter in der ihnen drohenden Gefahr Schutz und Hilfe. 17. Über diesen Abfall der Gabaoniter war der König von Jerusalern sehr unwillig und ging deshalb die Könige der nächsten Städte um Beistand an, um die Gabaoniter zu bekriegen. Da diese aber merkten, dass die Könige jener Städte (es waren ihrer vier) den Jerusalemern halfen und in der Nähe ihrer Stadt bei einer Quelle ihr Lager aufgeschlagen hatten, riefen sie den Jesus zu Hilfe. Denn ihre Sache stand damals so, dass sie von jenen nur Verderben zu erwarten hatten, von denen aber, die gegen die Chananäer einen Vernichtungskrieg ftihrten, wegen des mit ihnen geschlossenen Bündnisses ihre Rettung hoffen konnten. Jesus eilte ihnen auch sogleich mit dem Heere zu Hilfe, marschierte Tag und Nacht und griff die Feinde, als sie sich zur Belagerung anschickten, eines Morgens früh an, schlug sie in die Flucht und verfolgte sie in eine abschüssige Gegend hinein, die Bethora heißt. Und er erkannte, dass Gott selbst ihm zu Hilfe gekommen sei, an dem augenscheinlichen Beweise, dass es donnerte und blitzte und ein ungewöhnlich heftiger Hagel fiel. Dazu kam noch, dass der Tag sich verlängerte, damit die Hebräer nicht durch die Nacht an der Verfolgung gehindert wären. So kam es, dass Jesus bei Makkeda die Könige, die sich in einer Höhle versteckt hatten, ergriff und tötete. Dass aber der Tag sich damals wirklich verlängerte und über die gewöhnliche Dauer hinaus sich ausdehnte, erhellt aus den heiligen Schriften, die im Archiv des Tempels aufbewahrt werden. 18. Als so die Könige, die die Gabaoniter bekriegen wollten, geschlagen waren, kehrte Jesus in das Gebirge Chananaeas zurück, lieferte hier noch eine große Schlacht und zog sich mit reicher Beute in das Lager von Galgala zurück. Wie aber nun der Ruf von der Tapferkeit der Hebräer zu den benachbarten Völkerschaften gelangte, und diese von der Menge der von jenen Niedergemachten hörten, entsetzten sie sich. Und es nahmen die Könige, die am Gebirge Libanon wohnten und selbst zu den Chananäern gehörten, die in der Ebene wohnenden Chananäer und die Palästiner zu Hilfe und schlugen ihr Lager bei Berotha, einer Stadt des oberen Galiläa, nicht weit von Kedesa, das ebenfalls in Galiläa liegt, auf. Thr ganzes Heer bestand aus dreihunderttausend Fußsoldaten, zehntausend Reitern und zwanzigtausend Wagen. Von dieser Menge der Feinde wurden Jesus und die Israeliten sehr erschreckt und verloren vor Furcht allen Mut. Gott aber
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schalt sie, dass sie so zaghaft seien und so wenig auf seine Macht und Hilfe vertrauten, verhieß ihnen Sieg über die Feinde und befahl ihnen, sie sollten deren Pferden die Kniesehnen durchschneiden und ihre Wagen verbrennen. Aus diesen Verheißungen schöpfte Jesus wieder Mut und zog gegen die Feinde, erreichte sie am fünften Tage und kämpfte gegen sie in heißer Schlacht, sodass ein fast unglaubliches Blutbad entstand. Endlich blieb er Sieger, zerstreute die Feinde, setzte ihnen in langer Verfolgung nach und vernichtete fast ihr ganzes Heer; die Könige selbst fielen alle. Und da keine Menschen mehr niederzumachen waren, tötete er auch die Rosse und verbrannte die Wagen. Darauf durchzog er das ganze Land, ohne auf irgendeinen Widerstand zu stoßen, belagerte und nahm die Städte und tötete, was ihm in die Hände fiel. 19. So war das fünfte Jahr bereits verflossen, und alle Chananäer waren vertilgt bis auf diejenigen, die sich hinter feste Mauern geflüchtet hatten. Um diese Zeit zog Jesus von Galgala weg und schlug die heilige Hütte bei der Stadt Silo auf; denn dieser Ort schien ihm wegen seiner Lieblichkeit besonders dazu geeignet, bis die Verhältnisse den Israeliten gestatten würden, einen Tempel zu bauen. Von da rückte er mit dem gesamten Volke nach Sikim und errichtete hier nach dem Befehle des Moyses einen Altar. Dann teilte er das Heer und stellte die eine Hälfte auf dem Berge Garizin, die andere mit den Priestern und Leviten auf dem Berge Gibal auf, wo sich auch der Altar befindet. Und als man hier geopfert, die Wünsche ausgesprochen und sie auf dem Altare aufgeschrieben hatte, kehrte man nach Silo zurück. 20. Da nun Jesus schon alt geworden war und einsah, dass die Städte der Chananäer schwer zu erobern seien, einmal wegen der natürlichen Festigkeit der Orte, wo sie lagen, dann aber auch weil sie so starke Festungsmauern hatten, dass die Feinde sich nicht an die Belagerung wagten, da sie auf die Eroberung doch nicht hoffen konnten (die Chananäer hatten nämlich, als sie merkten, dass die Israeliten Ägypten verlassen hätten, um sie auszurotten, die ganze Zeit auf die Befestigung ihrer Städte verwendet), ließ er das Volk nach Silo zusammenkommen. Und als sie in Menge herbeigeströmt waren, hielt er ihnen vor, welches Glück sie bisher gehabt, welche herrlichen Taten sie vollbracht hätten unter dem Schutze Gottes und der Beobachtung der Gesetze, und wie sie einunddreißig Könige, die mit ihnen zu kämpfen gewagt, überwunden und deren Heer, das im Vertrauen auf seine Stärke mit ihnen gerungen, so gänzlich vernichtet hätten, dass nicht einer ihres Geschlechtes übrig geblieben sei. Weil nun von den Städten einige gefallen seien, andere aber wegen der Stärke ihrer Befestigungen und
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des festen Vertrauens der Bewohner auf dieselben eine lange und hartnäckige Belagerung erlorderten, halte er dafür, dass man diejenigen, die aus der Gegend jenseits des Jordan mit ihnen in den Krieg gezogen seien und als Verwandte gemeinsamer Gefahr mit ihnen sich unterzogen hätten, unter Dankesbezeugung für ihre Hilfe nach Hause entlasse. Alsdann solle man aus jedem der Stämme Einzelne wegen ihrer ausgezeichneten Tugend hervorragende Männer auswählen, die das Land ehrlich und ohne Arglist abzumessen und dann die Größe desselben wahrheitsgemäß zu berichten hätten. 21. Als dieser Vorschlag die Zustimmung des Volkes fand, schickte Jesus sogleich Männer ab, um das Land zu messen, und gab ihnen einige erlahrene Geometer mit, die als Sachverständige die Richtigkeit der Messungen bestätigen könnten. Auch trug er ihnen auf, dass sie das fruchtbare und das minder fruchtbare Land besonders abmessen sollten. Das Land Chananaea ist nämlich so beschaffen, dass es wohl große Felder hat, die, wenn sie auch an sich sehr geeignet sind, Frucht zu tragen und sogar als sehr fruchtbar gelten können, doch im Vergleich mit den Äckern um Jericho oder Jerusalem nichts ausmachen. Denn obgleich diese nur klein und dazu noch meistenteils gebirgig sind, so stehen sie doch an Fruchtbarkeit und Schönheit hinter keinem anderen Lande zurück. Deshalb glaubte auch Jesus, dass die Verteilung mehr nach dem Werte als nach dem Masse stattfinden müsse, da oft ein einziger Acker besser sei als tausend andere. Es wurden also zehn Männer abgeschickt, welche das Land durchzogen und es abschätzten. Im siebenten Monat kehrten sie zu Jesus nach der Stadt Silo zurück, wo die heilige Hütte damals stand. 22. Darauf verteilte Jesus unter Zuziehung des Eleazar, der Ältesten und der Stammeshäupter das Land unter neun Stämme und den halben Stamm Manasses, sodass jeder Stamm einen seiner Größe entsprechenden Teil des Ackerlandes erhielt. Als man nun loste, erhielt der Stamm Judas das ganze obere Judäa, welches sich einerseits bis Jerusalem, andererseits der Breite nach bis zum Sodomitischen See erstreckte. In diesem Lose befanden sich die Städte Askalon und Gaza. Dem Stamme Simeon~ der der zweite war, fiel der Teil von Idumäa zu, der von Ägypten und Arabien begrenzt wird. Der Stamm Benjamin erhielt das Land, das sich der Länge nach vom Jordan bis zum Meer und der Breite nach von Jerusalem bis Bethel hinzog. Dieser Teil war der schmalste, hatte aber den besten Boden, denn er enthielt die Städte Jericho und Jerusalem. Dem Stamme Ephraim fiel das Land zu, welche sich der Länge nach vom Jordan bis nach Gadar und der Breite nach von Bethel
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bis zur großen Ebene* erstreckte. Der halbe Stamm Manasses bewohnte das Land vom Jordan bis zur Stadt Dora, das sich in der Breite bis Bethsana, dem jetzigen Skythopolis, erstreckte. Der Stamm lsachar erhielt seinen Teil der Länge nach vom Berge Karmel bis zum Flusse, und der Breite nach bis zum Berge Itabyrius. Dem Stamme Zabulon fiel das Land zu, welches bis zum See Gennesaritis, dem Berge Karmel und dem Meere reicht. Die Gegend, die hinter dem Karmelliegt und sich nach Sidon hin erstreckt, wegen ihrer Beschaffenheit »das Tal« genannt, erhielt der Stamm Aser. In diesem Teile liegt die Stadt Arke, die auch Ekdipus heißt. Dem Stamme Nephthali fiel der Teil zu, der im Osten an die Stadt Damaskus und das obere Galiläa heranreicht bis zum Gebirge Libanon und den von diesem entspringenden Quellen des Jordan, welche die Nordgrenze der benachbarten Stadt Arke berühren. Der Stamm Dan endlich erhielt das ganze Tal, das nach Westen zu liegt und an Azot und Dora grenzt, und zu dem auch Jamnia und Getta von Alaron an bis zu dem Berge gehört, wo der Stamm Judas beginnt. 23. Also hat Jesus das Gebiet der sechs Völkerschaften, die nach den Söhnen des Chananaeus genannt sind, verteilt und es den neunundeinhalb Stämmen gegeben. Denn Amoraea, das ebenfalls von einem der Söhne des Chananaeus den Namen hat, hatte schon früher Moyses unter zwei und einen halben Stamm verteilt, wie ich dies oben erwähnt habe. Das Land aber um Sidon herum und das, welches sich bis zu den Arukäern, Amathäern und Arideern erstreckt, war noch nicht verteilt worden. 24. Da aber Jesus wegen seines hohen Alters nicht mehr alles ausführen konnte, was er beabsichtigte, und seinen Nachfolgern im Oberbefehl wenig an der allgemeinen Wohlfahrt zu liegen schien, so befahl er, jeder Stamm solle in dem Gebiet, das ihm durchs Los zugefallen war; die Chananäer gänzlich ausrotten. Denn Moyses habe schon vorhergesagt, dass davon ihre eigene Sicherheit sowie die Aufrechterhaltung der väterlichen Gesetze abhängig sei, und das müsse auch allen einleuchten. Weiter befahl er, dass man den Leviten achtunddreißig Städte einräumen solle; zehn hatten sie ja schon in Amoraea erhalten. Davon bestimmte er drei zu Asylen für Flüchtlinge (denn er ließ sich sehr angelegen sein, dass keine von den Anordnungen des Moyses unausgeführt bliebe), nämlich Chebron im Stamme Judas, Sikim im Stamme Ephralm und Kedesa im Stamme Nephthali, im oberen Galiläa. Außerdem verteilte er auch den Rest der Beute, deren man eine unbegrenzte Menge gemacht hatte, an die Israeliten. Hierdurch stieg so* Die vom Dorfe Ginnaea bis zum toten Meere reichte. Vergl. JÜd. Krieg IV, 8, 2.
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wohl der öffentliche als auch der private Reichtum, denn es gab eine gewaltige Menge von Gold, Kleidern und anderen Gerätschaften, dazu so viel Vieh, dass man es kaum zählen konnte. 25. Darauf berief Jesus das Heer zusammen und hielt an die fünfzigtausend Bewaffneten, die jenseits des Jordan neben Amoraea wohnten und mit ihnen in den Krieg gezogen waren, folgende Ansprache: »Da Gott, der Vater und Herr des Hebräervolkes, uns dieses Land in Besitz gegeben und die Beibehaltung dieses Besitzes zugesichert hat, wozu ihr uns auf Gottes Befehl eure willkommene Hilfe bereitwillig geleistet habt, so ist es billig, weil wir jetzt keine Anstrengungen mehr zu überwinden haben, dass wir euch nunmehr Ruhe gönnen und euren guten Willen nicht ferner in Anspruch nehmen. Sollten wir euer bei drohenden Gefahren wieder bedürfen, so hoffen wir, dass ihr bereit sein und uns später ebenso willig helfen werdet, trotz der vielen Mühen, die ihr bis jetzt erlitten habt. Wir sagen euch Dank dafür, dass ihr gemeinsam mit uns allen Drangsalen getrotzt habt, und werden euch auch in Zukunft dankbar bleiben. Denn es liegt in unserer Natur, unserer Freunde stets zu gedellken und uns daran zu erinnern, was wir mit eurer Hilfe erreicht haben, und dass ihr, um uns beizustehen, euer eigenes Wohl hintangesetzt und euch abgemüht habt, um das erreichen zu helfen, was Gottes Güte uns gewährte und wovon ja auch ihr euren Anteil erhalten habt. Denn aus unseren gemeinsamen Anstrengungen ist euch großer Reichtum zugefallen, viele Beute an Gold und Silber nehmt ihr mit euch und, was noch mehr wert ist, ihr habt euch besonderen Anspruch auf unser Wohlwollen erworben, das wir jederzeit durch Leistung von Gegendiensten zu betätigen bereit sind. Auch habt ihr alle Vorschriften des Moyses bis ins kleinste befolgt, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, dass er nicht mehr unter den Lebenden weilt, und auch dafür habt ihr unseren herzlichen Dank verdient. Ziehet daher fröhlich nach Hause und denket besonders daran, dass unsere gegenseitige Freundschaft eine unbegrenzte ist; glaubet auch nicht, dass wir deshalb, weil der Fluss uns trennt, weniger Hebräer wären als ihr. Denn wir alle stammen von Abram ab, mögen wir nun an diesem oder jenem Ufer wohnen, und ein und derselbe Gott hat eure wie unsere Vorfahren ins Leben gerufen. Seine Verehrung müsst ihr deshalb ebenso fleißig pflegen wie wir, auch die Verfassung, die er durch Moyses eingerichtet hat, treu beobachten. Wenn ihr das tut und standhaft dabei bleibt, wird Gott euch stets ein gnädiger Beschützer sein. Fallt ihr aber zu den Sitten und Gebräuchen anderer Völker ab, so wird er sich von eurem Geschlechte abwenden.« Als er so gesprochen, grüßte er zuerst jeden Obersten, darauf die ganze Volks-
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menge und entfernte sich dann; das Volk aber gab ihnen weinend das Geleit, bis sie, beiderseits traurig gestimmt, voneinander schieden. 26. Als nun die Stämme Rubel und Gad und was vom Stamme Manasses ihnen gefolgt war, den Fluss überschritten hatten, errichteten sie am Ufer des Jordan einen Altar zum ewigen Gedenkzeichen ihrer Freundschaft mit den jenseitigen Bewohnern. Sobald aber die auf der anderen Seite des Jordan wohnenden Israeliten gehört hatten, diejenigen, die von ihnen geschieden, hätten einen Altar gebaut, griffen sie aus Unkenntnis der Absicht, die jene dazu veranlasst hatte, und im Glauben, dies sei geschehen, um einen neuen Gottesdienst und fremde Götter einzuführen, zu den Waffen, um nach Überschreitung des Flusses die Erbauer des Altars zu verfolgen und sie für die Verletzung der heimischen Gebräuche zu bestrafen. Denn sie hielten dafür, dass man mehr auf den Willen Gottes und seine Verehrung als auf Verwandtschaft und die Stellung derjenigen Rücksicht nehmen müsse, die sich des Frevels schuldig gemacht hätten. Und so rüsteten sie sich in ihrem Zorn zum Kampfe. Jesus aber, der Hohepriester Eleazar und die Ältesten suchten sie davon abzuhalten und beredeten sie, dass sie zuerst in Güte zu erfahren suchen möchten, in welchem Sinne jene den Altar gebaut hätten, und erst wenn sie die böse Absieht festgestellt hätten, sollten sie mit den Waffen einschreiten. Daraufhin schickten sie Phinees, den Sohn des Eleazar, und zehn andere bei den Hebräern sehr angesehene Männer als Gesandte ab, um nachzuforschen, was die anderen mit der Errichtung des Altars am Flussufer beabsichtigt hätten. Als diese nun den Fluss überschritten hatten und bei ihnen angelangt waren, berief man sogleich eine Versammlung, in deren Mitte Phinees trat und also sprach: »Euer Vergehen ist zwar zu groß, als dass man es bloß mit Worten ahnden könnte. Trotzdem haben wir nicht gleich zu den Waffen greifen wollen, vielmehr mit Rücksicht auf unsere Verwandtschaft und im Vertrauen darauf, dass ihr vielleicht durch gute Worte euch zu vernünftigem Handeln bereden lasst, diese Botschaft zu euch unternommen. Wir möchten nämlich nicht gern'ohne Grund euch angreifen, wenn ihr den Altar in frommer Absicht gebaut habt; andererseits aber sind wir auch gesonnen, euch streng zu bestrafen, wenn die Anschuldigung gegen euch auf Wahrheit beruht. Wir konnten in der Tat fast nicht glauben, dass ihr, die ihr doch Gottes Willen kennt und die Gesetze, die er euch gegeben, gehört habt, kaum dass ihr von uns weggegangen waret und euch der Heimat zugewandt hattet, schon solltet vergessen haben, was ihr der Fürsorge Gottes verdankt, und dass ihr die heilige Hütte, die Lade und den heimischen Altar hättet verlassen, fremde Götter einfüh-
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ren und die schändlichen Gebräuche der Chananäer annehmen wollen. Doch wollen wir euch nichts Böses nachtragen, wenn ihr in euch geht, keine weitere Torheit begeht, die heimischen Gesetze wieder achtet und sie im Gedächtnis behaltet. Besteht ihr dagegen auf eurem schlechten Vorhaben, so werden wir um unserer Gesetze willen keine Mühe scheuen, sondern über den Fluss ziehen und zum Schutze Gottes und seiner Gebote keinen Unterschied zwischen euch und den Chananäern machen, euch also wie jene vernichten. Hütet euch zu glauben, ihr wäret, da ihr den Fluss überschritten, nun auch Gottes Botmäßigkeit entgangen. Denn überall steht ihr in seiner Gewalt, und auf keinen Fall könnt ihr seiner Allmacht und seinem Strafgerichte entrinnen. Glaubt ihr aber, ihr könntet in diesem eurem Lande eure gute Gesinnung nicht beibehalten, so steht es euch ja frei, das Land abermals zu teilen und es wieder zu verlassen, so gute Viehweiden es auch darbieten mag. Jedenfalls tätet ihr wohl daran, wenn ihr Vernunft annähmt und von neuen Vergehungen abständet. Bei euren Weibern und Kindern beschwören wir euch, nötigt uns nicht den Kampf auf. Und nun beratschlagt und tut so, als ob von dieser Beratung euer und eurer Lieben Wohlergehen abhinge. Bedenket auch, dass es besser ist, sich vernünftiger Überredung zu fügen, als des Krieges Ungemach zu erproben.« 27. Als Phinees so geredet hatte, fingen die Vorsteher der Versammlung und das ganze Volk an, die gegen sie erhobenen Beschuldigungen zurückzuweisen. Sie hätten den Altar weder errichtet, um von ihren Verwandten sich zu trennen, noch um Neuerungen einzuführen. Sie erkennten vielmehr nur einen einzigen Gott an, den alle Hebräer gemeinsam verehrten, und wüssten, dass man nur auf einem Altare Gott opfern dürfe, nämlich dem ehernen Altare vor der heiligen Hütte. »Den Altar aber«, sagten sie, »den wir jetzt erbaut haben, und der einen solchen Verdacht bei euch wachgerufen hat, haben wir nicht zum Zwecke der Gottesverehrung erric:htet, sondern damit er ein ewiges Wahrzeichen unser beiderseitigen Verwandtschaft sei. Er sollte, statt uns, wie ihr argwöhntet, zur Übertretung der Gebote zu verführen, uns vielmehr den rechten Anlass geben, stets im wahren Glauben und in den Gebräuchen unserer Vater zu verharren. Gott selbst sei unser Zeuge, dass wir nur in dieser Absicht den Altar errichtet haben. Denket also künftig besser von uns und legt uns kein Vergehen bei, wegen dessen alle Nachkommen Abrams, die von den überkommenen Einrichtungen abwichen und Neuerungen einführten, die Todesstrafe verdient haben.« 28. Wegen dieser vernünftigen Sprache lobte sie Phinees sehr. Darauf kehrte er zu Jesus zurück und erzählte dem Volke, was sich zugetragen.
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Diese freuten sich, dass sie nicht in den Krieg zu ziehen und das Blut ihrer Verwandten zu vergießen brauchten, und brachten Gott Dankopfer dar. Jesus entließ sodann das Volk und begab sich nach Sikim. Zwanzig Jahre später, als er in hohem Greisenalter stand, berief er aus den einzelneu Städten die Angesehensten, die Behörden und die Ältesten nebst allen aus dem Volke, die er bequem zusammenbringen konnte, zu sich. Und als sie versammelt waren, rief er ihnen die Wohltaten Gottes ins Gedächtnis, deren sie gar viele erfahren hätten, da sie aus Niedrigkeit zu solchem Ruhm und solcher Macht gelangt seien. Dann ermahnte er sie, dem Willen Gottes, der ihnen stets gnädig gewesen, zu folgen, denn nur durch Frömmigkeit würden sie sich Gottes Wohlwollen auch für die Zukunft bewahren. Er sei im Begriff, aus dem Leben zu scheiden, und es stehe ihm deshalb zu, ihnen solche Ermahnungen zu erteilen. Dass sie dieser Ermahnungen stets eingedenk bleiben möchten, darum bitte er sie noch ganz besonders. 29. Nachdem er so zu den Anwesenden gesprochen hatte, starb er im Alter von einhundertzehn Jahren. Hiervon hatte er vierzig Jahre mit Moyses zusammengelebt, von dem er viel Nützliches gelernt, und nach dessen Tod er fünfundzwanzig Jahre lang den Oberbefehl innegehabt hatte. Er war ein Mann, dem es weder an Einsicht noch an der nötigen Beredsamkeit fehlte, um seine Gedanken dem Volke klar zu machen; vielmehr besaß er beides in hohem Maße. In gefahrvollen Unternehmungen tapfer und starkmütig, war er im Frieden ein geschickter Ratgeber und von allzeit erprobter Tüchtigkeit. Begraben wurde er in der Stadt Thamna im Stamme Ephralm. Um dieselbe Zeit starb auch der Hohepriester Eleazar und hinterließ die Wurde seinem Sohne Phinees. Sein Grabdenkmal steht in der Stadt Gabatha.
ZWEITES KAPITEL Wie nach dem Tode des Feldhenn die Israeliten die väterlichen Gesetze übertraten und deshalb in großes Unglück gerieten und wie nach einer Empörung der ganze Stamm Benjamin bis auf sechshundert Mann zugrunde ging. 120
l. Nach dem Tode dieser beiden Männer weissagte Phinees nach dem Willen Gottes, bei der Vernichtung des Chananäervolkes solle der Stamm Judas den Oberbefehl erhalten. Denn es lag dem Volke daran, zu erfahren,
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was Gott für das Beste hielt. Und dieser Stamm nahm noch zu sich den Stamm Simeon unter der Bedingung, dass, nachdem er die tributpflichtigen Feinde aus dem Gebiete des Stammes Judas habe vertilgen helfen, dieser auch dem Stamme Simeon dabei helfen solle. 2. Die Chananäer aber, deren Macht sich damals wieder gehoben hatte, erwarteten mit einem großen Heere die Israeliten bei der Stadt Bezek. Den Oberbefehl führte Adonibezek, König der Bezeker .(dieser Name heißt »Herr der Bezeker«, denn Adoni heißt in der hebräischen Sprache »Herr«), und sie hofften die Israeliten umso eher besiegen zu können, weil Jesus gestorben war. Mit ihnen trafen nun die beiden genannten Stämme zusammen und kämpften tapfer, töteten mehr als zehntausend Mann von ihnen, schlugen die anderen in die Flucht, verfolgten sie und nahmen den König Adonibezek gefangen. Als der Letztere von ihnen verstümmelt worden war, sprach er: »Gott lässt nichts unbestraft, denn ich muss jetzt dasselbe erleiden, was ich früher zweiundsiebzig Königen anzutun mich nicht gescheut habe.« Man brachte ihn zwar noch lebend nach Jerusalem, doch erlag er bald seinen Leiden und wurde dort begraben. Darauf durchzogen sie das Land, um die Städte zu erobern. Und nachdem sie viele derselben eingenommen hatten, griffen sie auch Jerusalern an, besetzten den unteren Teil der Stadt und töteten alle, die hier wohnten. Die Eroberung des oberen Teiles dagegen mussten sie seiner starken Mauern und seiner natürlichen Festigkeit wegen aufgeben. 3. Danach brachen sie wieder auf und zogen nach Chebron, nahmen es ein und töteten alle Bewohner. Hier hatte sich noch ein Riesengeschlecht erhalten, das durch Körpergröße und Gestalt von anderen Menschen sich unterschied, von erstaunlichem Aussehen war und eine erschreckliche Stimme besaß. Ihre Gebeine werden noch heute gezeigt und sind so groß, dass es schwer fällt, sie für menschliche Gebeine zu halten.. Diese Stadt schenkte man nebst zweitausend Ellen Ackerland als Zeichen besonderen Vorzuges den Leviten, das übrige Land aber erhielt nach dem Befehle des Moyses Chaleb, einer der Kundschafter, die er nach Chananaea geschickt hatte. Auch den Nachkommen des Madianiters Jothor, des Schwiegervaters des Moyses, räumte man ein Land als Wohnsitz ein. Denn sie hatten ihr Vaterland verlassen und waren den Israeliten durch die Wüste gefolgt. 4. Die Stämme Judas und Simeon hatten alle Städte im Gebirgslande Chananaeas genommen, in der Ebene aber und an der Meeresküste nur Askalon und Azot. Gaza dagegen und Akkaron entgingen ihnen, denn da deren Bewohner Wagen in Menge hatten und in der Ebene wohnten, grif-
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fen sie die Belagerer an und brachten ihnen empfindliche Verluste bei. Darauf legten diese Stämme, nachdem sie sich durch Beute sehr bereichert hatten, die Waffen nieder. 5. Die Benjamiter begnügten sich damit, den Einwohnern von Jerusalem, das in ihrem Lose lag, Abgaben aufzulegen, und so erfreuten sie sich beide der Ruhe. Die einen wurden von den Kriegsbeschwerden, die anderen aus ihren Gefahren befreit, und beide verlegten sich nun auf den Ackerbau. Dem Beispiele der Benjamiter folgten die übrigen Stämme, begnügten sich mit Thbutleistung und ließen die Chananäer in Frieden. 6. Der Stamm Ephralm hatte ein Heer gegen Bethel geschickt, richtete aber trotz langwieriger und mühevoller Belagerung nichts aus. Obgleich sie nun über die Verzögerung sich sehr ärgerten, ließen sie doch von der Belagerung nicht ab. Endlich ergriffen sie einen Bürger, der der Stadt Proviant zuführte; diesem versprachen sie, sie wollten ihn nebst den Seinigen nach Einnahme der Stadt verschonen, wenn er ihnen dieselbe verriete. Hierauf ging der Mann ein und schwor ihnen eidlich, er werde ihnen Bethel überliefern. So wurde die Stadt verraten und eingenommen, und alle ihre Bewohner wurden getötet, der Verräter dagegen mit den Seinen am Leben gelassen. 7. Hierauf standen die Israeliten vom Kriege ab oder befassten sich wenigstens nicht viel mit ihm; dagegen verlegten sie sich eifrig auf Ackerbau und Viehwirtschaft. Und da sie hieraus reichen Gewinn zogen, lebten sie in Schwelgerei und Wollust, verachteten Zucht und Ehrbarkeit und übertraten Gesetze wie Verfassungsbestimmungen. Hierüber erzürnte Gott und tadelte sie zuerst in einem Orakelspruch, dass sie gegen seinen Willen die Chananäer verschont hätten; denn diese würden ihnen zu gelegener Zeit ihre Milde nur mit Grausamkeit vergelten. Diese Ermahnung Gottes aber nahmen die Israeliten nicht nur mit Widerwillen auf, sondern waren auch dem Kriege gänzlich abgeneigt, einmal weil sie von den Chananäern viele Vorteile hatten, dann aber auch, weil sie infolge ihres weichlichen Lebens zur Kriegführung zu träge geworden waren. Auch die Vornehmen fingen an, verderbt zu werden, und es wurden weder Älteste erwählt noch andere obrigkeitliche Personen, wie das Gesetz es vorschrieb. Man beschäftigte sich lediglich mit Ackerbau und jagte nur noch nach Gewinn. Bei dieser Ungebundenheit und Leichtfertigkeit der Lebensweise entstand eine schwere Zerrüttung, und es kam endlich sogar zum Bürgerkriege aus folgender näheren Veranlassung. 8. Ein Mann aus dem Stande der Leviten, der im Stamme Ephra·im wohn-
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te, hatte ein Weib aus Bethlehem, das zum Stamme Judas gehörte, geheiratet. Da dieser seine Gattin um ihrer Schönheit willen heftig liebte, sie ihm aber nicht die gleiche Zuneigung entgegenbrachte, vielmehr sich ihm von Tag zu Tag desto mehr entfremdete, je größer seine Liebe zu ihr wurde, kam es schließlich zu täglichen Streitigkeiten zwischen ihnen, infolge deren das Weib im vierten Monat von ihrem Manne sich trennte und zu ihren Eltern zurückkehrte. Das ertrug der Mann in seiner großen Liebe nicht und folgte ihr zu seinen Schwiegereltern nach, die die Streitigkeiten schlichteten und eine Versöhnung zwischen den Ehegatten zustande brachten. Vier Tage hatte der Mann sich dort aufgehalten und freundlichste Aufnahme bei seinen Schwiegereltern gefunden. Am fünften Tage aber wollte er nach Hause zurückkehren und begab sich gegen Mittag weg; die Eltern jedoch ließen die Tochter ungern ziehen und hielten sie daher bis gegen Abend hin. Auf der Reise begleitete sie ein einziger Diener, und das Weib ritt auf einem Esel. Als sie nun dreißig Stadien zurückgelegt hatten und in die Nähe Jerusalems gekommen waren, riet der Diener zur Einkehr, damit sie nicht in der Nacht gefahrvollen Zufällen ausgesetzt seien, zumal da sich Feinde in der Nähe aufhielten, und die Nacht selbst eine friedliche Gegend unsicher und verdächtig mache. Dem Levit aber missfiel dieser Vorschlag, weil er in fremdem Lande nicht gern einkehrte (in Jerusalem wohnten Chananäer). Er hielt es vielmehr für besser, noch zwanzig Stadien weiter zu reisen, da sie dann zu einer israelitischen Stadt kommen würden. Und da diese Meinung Beifall fand, zogen sie weiter und gelangten nach Gaba im Stamme Benjamin, als die Sonne bereits untergegangen war. Zu dieser späten Stunde befand sich aber niemand mehr auf dem Markte, der ihnen ein Nachtlager angeboten hätte. Zuletzt begegnete ihnen jedoch ein alter Mann vom Stamme EphralID, aber wohnhaft zu Gaba, der eben vom Felde heimkehrte. Dieser fragte ihn, wer er sei, woher er komme und weshalb er noch so spät ein Nachtmahl suche. Und da der Levit ihm entgegnete, er führe sein Weib wieder nach Hause, die ihre Eltern besucht habe, und er wohne im Stamme Ephralm, bat sie der Greis, weil auch er in demselben Stamme gewohnt habe und ihnen so zufällig als Verwandter begegnet sei, sie möchten bei ihm einkehren. Einige Gabaenerjünglinge aber, die das Weib auf dem Markte gesehen und seine Schönheit bewundert hatten, hatten kaum bemerkt, dass sie bei dem Greise eingekehrt sei, als sie ohne Scheu vor das Haus zogen. Der Greis bat sie, sie möchten doch weggehen und keine Gewalttat verüben; doch sie verlangten, er solle ihnen nur das fremde Weib ausliefern, dann hätten sie mit ihm nichts mehr zu schaffen. Und da er ih-
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nen vorstellte, sie sei seine Verwandte und eine Levitin, und sie möchten doch keine solche Schandtat begehen und aus Wollust die Gesetze verletzen, schlugen sie Recht und Gerechtigkeit in den Wind und verhöhnten ihn noch dazu; ja sie drohten ihm mit dem Tode, wenn er ihrer Lust noch weiter Hindernisse bereite. Nun geriet der Greis in große Not, und da er seinen Gästen eine solche Schmach nicht antun lassen wollte, bot er ihnen an, ihnen seine eigene Tochter preiszugeben; denn ihre Sünde würde geringer sein, wenn sie an dieser ihre Lust ausließen, als wenn sie das Gastrecht also verletzten. So glaubte er seinerseits alles getan zu haben, um von seinen Gästen die Beleidigung abzuwehren. Als sie aber von ihrem Verlangen nicht abließen, vielmehr noch heftiger und ungestümer die Auslieferung begehrten, bat er sie kniefällig, doch von ihrem ungerechten Vorhaben abzustehen. Sie aber, wahnsinnig vor Wollust, wandten Gewalt an und schleppten das Weib mit sich nach Hause, schändeten sie und trieben die ganze Nacht ihre Kurzweil mit ihr, und erst gegen Morgen ließen sie sie weg. Das Weib kehrte, schwer betrübt über die ihr widerfahrene Unbill, wieder nach der Herberge zurück; aber vor Schmerz und Scham wagte sie nicht, ihrem Manne unter die Augen zu treten, denn sie wusste, wie schwer er unter dem Geschehenen leiden würde. Plötzlich fiel sie zur Erde und gab ihren Geist auf. Thr Gatte aber dachte, sie sei nur in tiefen Schlaf gefallen, und wollte sie, da er nichts Schlimmes argwöhnte, aufwecken und sie trösten, weil er wusste, dass sie sich den schändlichen Menschen nicht freiwillig hingegeben habe, vielmehr von ihnen mit Gewalt entführt worden sei. Als er aber merkte, dass sie tot sei, fasste er sich, soweit ihm dies die Entsetzlichkeit des Unglückes gestattete, lud sein totes Weib auf den Esel und nahm es mit sich nach Hause. Dort zerschnitt er sie in zwölf Stücke und schickte jedem Stamme eins davon zu, wobei er zugleich die Ursache ihres Todes und die unerhörte Gewalttat, die man an ihr verübt, mitteilen ließ. 9. Diese aber wurden durch den grässlichen Anblick der Körperteile und durch die Nachricht von der Schandtat gewaltig erschüttert, da sie dergleichen nie gehört hatten, und von gerechtem Zorn getrieben, kamen sie bei Silo vor der Hütte zusammen, wo sie sogleich zu den Waffen zu greifen und die Gabaoniter mit Krieg zu überziehen beschlossen. Dem widersetzten sich jedoch die Ältesten und erklärten es für unzulässig, so ohne weiteres die Stammesgenossen zu bekriegen, bevor man den Streit mit Worten zu schlichten versucht habe. Das Gesetz gestatte ja noch nicht einmal, gegen Fremde wegen begangenen Unrechtes in den Krieg zu ziehen, bevor man eine Gesandtschaft zu ihnen geschickt und versucht habe, sie auf andere
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Weise zur Besinnung zu bringen. Es sei daher billig, dass man nach Vorschrift des Gesetzes Gesandte an die Gabaener schicke, die die Bestrafung der Frevler zu verlangen hätten. Wenn man ihnen dann die Täter ausliefere, so solle man mit deren Bestrafung zufrieden sein; stießen sie aber auf Widerstand, so müsse man sie bekriegen. Demgemäß schickte man Gesandte zu den Gabaenern, ließ die Jünglinge wegen der an dem Weibe begangenen Freveltat anklagen und die Forderung stellen, dass sie für ihre scheußliche Tat mit dem Tode bestraft werden müssten. Die Gabaener aber wollten die Jünglinge nicht ausliefern und glaubten, es sei schmachvoll für sie, aus Furcht vor Krieg fremdem Befehl zu gehorchen, da sie keinem Volke weder an Rüstung noch an Truppenzahl noch an Tapferkeit nachständen. Und wirklich rüsteten sie sich mit anderen Stammes genossen eifrig zum Kriege, denn diese trugen denselben Übermut zur Schau und gedachten ihre Angreifer empfindlich zu schlagen. 10. Sobald den Israeliten gemeldet wurde, was die Gabaener beabsichtigten, schworen sie, sie würden keinem Benjamiter eine ihrer Töchter zur Ehe geben und sie mit Krieg überziehen; denn sie zürnten ihnen noch heftiger als unsere Vorfahren den Chananäern. Und sogleich zogen sie mit einem Heere von vierhunderttausend Bewaffneten gegen Gaba. Die Benjamiter dagegen zählten fünfundzwanzigtausendsechshundert Mann, darunter fünfhundert Mann, die mit der linken Hand ausgezeichnet schleudern konnten. Bei Gaba kam es zum Treffen, in welchem die Benjamiter die Israeliten in die Flucht schlugen, und zweiundzwanzigtausend Mann von den Letzteren fielen; es wären ihrer vielleicht noch mehr umgekommen, wenn die Nacht nicht dem Kampfe ein Ende gemacht hätte. Darauf zogen die Benjamiter frohlockend in ihre Stadt ein, die Israeliten dagegen waren ihrer Niederlage wegen mutlos und bezogen wieder ihr Lager. Am folgenden Tage wurde wieder gestritten, und die Benjamiter siegten abermals: Von den Israeliten fielen achtzehntausend Mann, die Übrigen aber flohen in feiger Furcht zum Lager. Als sie dann nach der nahe gelegenen Stadt Bethel gekommen waren, fasteten sie am folgenden Tage und ließen durch den Hohepriester Phinees Gott bitten, er möge ihnen nicht weiter zürnen, sich an der zweimaligen Niederlage genügen lassen und ihnen Stärke und Sieg über ihre Feinde verleihen. Gott verhieß ihnen denn auch das Erbetene durch den Phinees. 11. Hierauf teilten sie ihr Heer in zwei Teile, von denen der eine in der Nacht sich in einen Hinterhalt bei der Stadt legte, der andere dagegen mit den Benjamitern anband. Als nun die Benjamiter auf sie eindrangen, zogen
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sie sich zurück, während die Benjamiter sie verfolgten. Immer weiter wichen die Hebräer und lockten so allmählich alle aus der Stadt heraus, sodass die Jünglinge sowohl wie die wegen ihrer Kampfunfähigkeit in der Stadt zurückgelassenen Greise zusammen hervorstürmten, um den Feind zu erdrücken. Als sie sich nun weit genug von der Stadt entfernt hatten, machten die Hebräer halt, wandten sich und rückten in Schlachtordnung, und zugleich gaben sie den im Hinterhalt Aufgestellten das verabredete Zeichen, worauf diese sofort hervorbrachen und den Feind mit großem Geschrei angriffen. Sobald die Benjamiter merkten, dass sie überlistet seien, waren sie ratlos vor Verwirrung, sodass sie sich in ein tiefes Tal drängen ließen. Hier wurden sie mit Wurfgeschossen überschüttet und kamen alle bis auf sechshundert Mann um, die dicht geschlossen mitten durch den Feind durchbrachen und sich auf den benachbarten Bergen festsetzten, wo sie eine Zeit lang blieben. Alle Übrigen dagegen, gegen fünfundzwanzigtausend Mann, fielen durchs Schwert. Hierauf steckten die Israeliten Gaba in Brand und brachten sogar die Weiber und Knaben um; ebenso verfuhren sie mit den anderen Städten der Benjamiter. Und sie waren dergestalt ergrimmt, dass sie zwölftausend auserlesene Streiter nach Jabison, einer Stadt in Galaditis schickten, weil sie ihnen keine Hilfe gegen die Benjamiter gewährt hatte, und sie von Grund aus zerstören ließen. Zugleich ließen sie die sämtlichen streitbaren Männer nebst den Weibern und Kindern darin umbringen und nur vierhundert Jungfrauen verschonen. So weit aber hatten sie sich in ihrem Zorn hinreißen lassen, weil sie außer der der Frau des Leviten zugefügten Schandtat auch noch den Verlust so vieler Kämpfer zu beklagen hatten. 12. Später jedoch reute es sie sehr, dass sie die Benjamiter so hart mitgenommen hatten, und obgleich sie deren Strafe für wohlverdient ansahen, da sie gegen Gottes heilige Gesetze gefrevelt hätten, fasteten sie und schickten Gesandte ab, um jene sechshundert, die auf einen Felsen in der Wüste mit Namen Rhoa geflohen waren, zurückzurufen, Die Gesandten beklagten nicht nur das traurige Schicksal der Geflohenen, sondern auch ihr eigenes, da sie so viele Blutsverwandten verloren hätten, und redeten ihnen zu, sie möchten ihr Unglück mit Gleichmut ertragen und sich wieder in ihre Heimat begeben, damit nicht, wie es zu befürchten sei, der ganze Stamm Benjamin zugrunde gehe. Sie wollten ihnen auch, sagten sie zu ihrer Beruhigung, das ganze Land ihres Stammes und so viel von der Beute einräumen, als sie fortschaffen könnten. Die Benjamiter, welche einsahen, dass sie für ihre Frevel das Strafgericht Gottes auf sich gezogen hatten,
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folgten ihnen und kehrten in ihr Heimatland zurück. Die Israeliten aber gaben ihnen die vierhundert jabitischen Jungfrauen zu Weibern und überlegten, wie sie auch den anderen zweihundert Benjamitern Frauen verschaffen könnten behufs Erzielung von Nachkommenschaft. Denn da sie vor dem Beginn des Krieges einen Eid geschworen hatten, keiner solle seine Tochter einem Benjamiter zur Ehe geben, glaubten einige, man brauche diesen Eid nicht zu halten, weil sie ihn im Zorn und nicht mit der nötigen Überlegung geleistet hätten, und man werde Gottes Unwillen gewiss nicht auf sich laden, wenn man den äußerst gefährdeten Stamm vor dem gänzlichen Untergang bewahre; auch sei ein Meineid nur dann schädlich und gefährlich, wenn man ihn böswillig begehe, und nicht, wenn die Not ihn gebieterisch fordere. Die Ältesten dagegen äußerten sich sehr streng über den Meineid und verwarfen ihn unter allen Umständen. Da erklärte jemand, er wisse, wie man die Benjamiter mit Weibern versorgen und dabei doch den Eid halten könne, nämlich folgendermaßen: »Wenn wir dreimal im Jahr bei Silo zusammenkommen, nehmen wir unsere Weiber und Töchter dorthin mit. Nun könnten ja die Benjamiter die Letzteren entführen und zur Ehe nehmen, ohne dass wir sie dazu anreizen noch sie daran verhindern. Wenn dann die Väter der geraubten Töchter sich hierüber beklagen und Strafe dafür verlangen, so könnten wir ihnen ja sagen, sie seien selbst schuld daran, weil sie ihre Töchter nicht besser bewacht hätten, und man dürfe auch jetzt nicht mehr dem Zorn gegen die Benjamiter nachgeben, da man ihn schon früher sattsam an ihnen gekühlt habe.« Dieser Vorschlag ward beifällig aufgenommen, und man beschloss, den Benjamitern Gelegenheit zu geben, sich Weiber rauben zu können. Als daher das Fest bevorstand, lauerten jene zweihundert in Gruppen von zwei und drei Mann den Jungfrauen, die zur Feier kamen, vor der Stadt auf, indem sie sich in Weinbergen und anderen passenden Verstecken aufstellten. Und während nun die Mädchen ahnungslos und ohne besonderen Schutz ihr Spiel trieben, brachen die Männer plötzlich hervor, zerstreuten sie und fingen sie auf. Auf diese Weise kamen sie zu Weibern; sie verlegten sich alsdann auf den Ackerbau und gaben sich Mühe, ihren früheren Wohlstand wiederzuerlangen. So wurde der Stamm Benjamin, der seinem gänzlichen Aussterben nahe war, durch das verständige Benehmen der Israeliten hiervor bewahrt, Und in kurzer Zeit blühte er wieder auf und wuchs rasch an Volkszahl und Reichtum. So endete dieser Krieg.
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DRITTES KAPITEL Wie die Israeliten zuchtlos wurden und in die Knechtschaft der Assyrier gerieten, aber durch Hothniel wieder daraus befreit wurden. 175 176
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1. Ein ähnliches Missgeschick traf auch den Stamm Dan, der aus folgender Ursache ins Unglück geriet. Als die Israeliten sich vom Kriege abgewandt hatten und sich nur auf den Ackerbau verlegten, fingen die Chananäer, denen sie deshalb verächtlich geworden waren, an, 'fruppen zu sammeln, nicht weil sie von den Israeliten neue Angriffe befürchteten, sondern weil sie hofften, sie würden nach Niederwerfung der Hebräer in ihren Städten größere Sicherheit genießen. Deshalb rüsteten sie ihre Kampfwagen, zogen ihr Heer zusammen und brachten die Städte Askalon und Akkaron im Stamme Judas auf ihre Seite, desgleichen viele andere Städte, die in der Ebene lagen: Darauf nötigten sie die Daniter, ins Gebirge zu fliehen, und ließen ihnen in der Ebene keinen Fleck übrig, wo sie ihren Fuß hinsetzen konnten. Da nun die Daniter zu schwach waren, um einen Kampf einzugehen, und auch kein hinreichendes Ackerland besaßen, so schickten sie fünf Männer in die Gegend am Meere, um zu Kolonien geeignete Landstrecken auszusuchen. Als diese unweit des Libanon und der Quellen des kleinen Jordan in der großen Ebene bei Sidon eine Tagereise zurückgelegt hatten, fanden sie gutes und fruchtbares Land und benachrichtigten hiervon die Ihrigen, welche alsbald mit einem Heere dahinzogen und die nach einem der Söhne Jakobs und ihrem Stamme benannte Stadt Dana gründeten. 2. Die Macht der Israeliten sank nun immer mehr, weil sie sich der Arbeit entwöhnten und den Gottesdienst vernachlässigten. Denn nachdem sie einmal von Zucht und Anstand abgekommen waren, taten sie alles, was ihnen beliebte. So kam es, dass sie bald mit denselben Lastern vertraut wurden, welche bei den Chananäern einheimisch waren. Deshalb zürnte ihnen Gott, sodass sie den Wohlstand, den sie unter unsäglichen Mühen sich verschafft hatten, durch ihre Üppigkeit wieder einbüßten. Und als Chusarthes, König der Assyrier, sie mit Krieg überzog, hatten sie in den Schlachten große Verluste; auch wurden viele nach harter Belagerung der Städte gefangen genommen. Andere ergaben sich dem Könige aus Angst; sie mussten einen fast unerschwinglichen Tribut zahlen und acht Jahre lang alle mögliche Schmach erdulden. Nach Ablauf dieser Zeit aber wurden sie auf folgende Weise von ihrer Drangsal erlöst.
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3. Ein Mann aus dem Stamme Judas, mit Namen Hothniel, Sohn des Kenez, ein tatkräftiger und starkmütiger Mann, erhielt durch eine Verkündigung Gottes die Aufforderung, er solle nicht zulassen, dass die Israeliten weiterhin also bedrängt würden, sondern sie zu befreien suchen. Dieser fand darauf mit vieler Mühe einige wenige Kampfgenossen: denn es waren nur wenige, die sich des gegenwärtigen Zustandes schämten und sich nach Besserung ihrer Lage sehnten. Nun machte er zunächst die Besatzung nieder, die Chusarthes in die Stadt gelegt hatte, und da er in seinem ersten Unternehmen so glücklich war, vermehrte sich bald die Zahl seiner Mitkämpfer. Bald darauf lieferte er den Assyriern ein Treffen, schlug sie sämtlich in die flucht und zwang sie, über den Euphrat zu gehen. Nachdem Hothniel so eine glänzende Probe seiner Tapferkeit gegeben, erhielt er vom Volke als Belohnung den Oberbefehl und den Auftrag, ihnen als Richter vorzustehen. Er starb nach einer Regierung von vierzig Jahren.
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VIERTES KAPITEL Wie unser Volk in die Knechtschaft der Moabiter geriet und von Ehud befreit ward.
1. Als nach seinem Tode die Macht der Israeliten wieder zu verfallen begann, da niemand das Volk regierte, und sie wieder in heftige Bedrängnis gerieten, weil. sie weder Gott die schuldige Ehre noch den Gesetzen Gehorsam erwiesen, griff sie der Moabiterkönig Eglon, der sie wegen ihrer zerrütteten Staatsverhältnisse gering schätzte, an und schlug sie in mehreren Treffen. Und als er diejenigen, die noch Widerstand leisteten, völlig unterjocht hatte, legte er dem Volke einen schweren Tribut auf. Seinen Königssitz errichtete er in Jericho; das Volk aber quälte er auf alle mögliche Weise und ließ es achtzehn Jahre lang im größten Elend schmachten. Endlich erbarmte sich Gott der Not der Israeliten, erhörte ihre flehentlichen Bitten und befreite sie vom Joche der Moabiter. Das geschah folgendermaßen: 2. Ein Jüngling aus dem Stamme Benjamin mit Namen Ehud, Sohn des Geras, der ebenso mutig als von gewaltiger Körperstärke war (besonders geschickt war er mit der linken Hand, in der auch fast seine ganze Stärke beruhte), wohnte in Jericho und verkehrte in der Umgebung des Königs Eglon, bei dem er durch Dienstleistungen sich besonders einzuschmeicheln
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wusste, weshalb er auch bei den Höflingen sehr beliebt war. Als dieser einst in Begleitung zweier Diener dem Könige Geschenke brachte, verbarg er unter seinem Kleide am rechten Schenkel einen Dolch und trat also zum König. Es war aber im Sommer und um die Mittagszeit, da die Wächter teils wegen der Hitze, teils wegen der Mittagsmahlzeit ihren Dienst nur lässig zu versehen pflegten. Als nun der Jüngling dem Könige die Geschenke überreicht hatte (dieser ruhte auf einem Pfühl, der der Sommerzeit entsprechend in einer Laube stand), begann er mit ihm ein Gespräch. Sie waren jetzt beide allein, weil der König, um mit Ehud zu reden, die Diener weggeschickt hatte. Und da der König auf dem Pfühle saß und Ehudfürchtete, er möchte ihn nicht richtig treffen und ihm nur eine ungefährliche Wunde beibringen, bewog er ihn zum Aufstehen, indem er ihm sagte, er müsse ihm auf Gottes Befehl einen 'fraum erzählen. Als nun der König vor Freude über die zu erwartende 'fraumerzählung von seinem Lager aufsprang, stieß ihm Ehud den Dolch ins Herz und ließ ihn in der Wunde stecken. Dann eilte er hinaus und schloss die TIir hinter sich zu. Die Diener aber glaubten, der König sei in Schlaf gefallen, und überließen .sich daher selbst der Ruhe. 3. Ehud benachrichtigte sogleich die Bewohner Jerichos von dem Geschehenen und ermahnte sie, sich zu ihrer Befreiung anzuschicken. Diese nahmen die Nachricht freudig auf, eilten zu den Waffen und schickten Boten durch das ganze Land, die unter dem Schall von Widderhörnern das Ereignis bekannt machen sollten. Denn das war die althergebrachte Art, das Volk zusammenzurufen. Die Diener des Eglon erfuhren lange nicht, was geschehen war. Als aber der Abend herankam, fürchteten sie doch, es möchte ihm etwas Ungewöhnliches zugestoßen sein, und begaben sich in sein Gemach. Und da sie ihn tot vorfanden, waren sie völlig ratlos. Bevor aber die Besatzung sich versammeln konnte, wurde sie von den Israeliten in großer Anzahl überfallen; einige wurden auf der Stelle getötet, andere, deren mehr als zehntausend waren, wandten sich zur Flucht, um in das Land der Moabiter zu entkommen. Die Israeliten aber besetzten die Furt des Jordan, wo der Übergang sich bewerkstelligen ließ, verfolgten sie und machten sie nieder, sodass nicht einer ihren Händen entkam. So wurden die Hebräer aus der moabitischen Knechtschaft befreit. Ehud aber ward mit dem Oberbefehl über das ganze Volk betraut und starb, nachdem er diesen achtzig Jahre lang innegehabt hatte. Er war, auch abgesehen von der erwähnten, herrlichen Tat, ein alles Lobes würdiger Mann. Nach ihm wurde Sanagar, der Sohn des Anath, zum Oberbefehlshaber gewählt, starb aber schon im ersten Jahre seiner Regierung.
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FÜNFTES KAPITEL Wie die Israeliten von den Chananäern in harter Knechtschaft bedrückt und von Barak und Debora daraus befreit wurden.
1. Kaum aber waren die Israeliten, die aus dem bisherigen Unglück keine Lehre zogen und weder Gott verehrten noch den Gesetzen gehorchten, aus der moabitischen Knechtschaft befreit, als sie von Jabin, dem König der Chananäer, unterjocht wurden. Dieser brach nämlich von der Stadt Asor, welche oberhalb des Semechonitischen Sees liegt, mit einem Heere von dreihunderttausend Fußsoldaten, zehntausend Reitern und dreitausend Wagen auf. Der Befehlshaber dieses Heeres, Sisares, der beim Könige in hoher Gunst stand, griff mit demselben die Israeliten an und brachte ihnen eine schwere Niederlage bei, sodass sie tributpflichtig wurden. 2. Diese Herrschaft trugen sie zwanzig Jahre hindurch, und noch immer hatten sie durch ihr Unglück nichts gelernt. Deshalb wollte sie Gott um ihrer Frechheit und Undankbarkeit willen noch länger strafen. Als sie aber endlich zur Einsicht kamen, dass das Unheil nur die Folge ihrer Missachtung der Gesetze, sei, wandten sie sich an eine Seherin mit Namen Debora (dieser Name bedeutet im Hebräischen »Biene«), sie möge zu Gott flehen, dass er sich ihres Loses erbarmen und sie nicht gänzlich von den Chananäern vernichten lassen wolle. Und Gott verhieß ihnen Erlösung und bestellte ihnen als Führer den Barak aus dem Stamme Nephthali. Barak bedeutet in hebräischer Sprache »Blitz«. 3. Debora beschied nun den Barak zu sich und trug ihm auf, ein Heer von zehntausend auserlesenen Jünglingen gegen den Feind zu führen, denn diese Zahl werde genügen, weil Gott also verkündigt und ihnen damit den Sieg verheißen habe. Da aber Barak erklärte, er werde das Heer nicht führen, wenn sie nicht den Oberbefehl mit ihm teile, sprach sie unwillig: »Du willst einem Weibe von der Ehre mitteilen, die Gott dir verliehen hat; doch lehne ich dieselbe nicht ab.« Als sie nun zehntausend Mann gesammelt hatten, schlugen sie das Lager beim Berge Itabyrium auf. Sisares zog ihnen auf Befehl des Königs entgegen und lagerte sich nicht weit vom Feinde. Da aber die Israeliten und Barak sich über die Menge der Feinde entsetzten und schon an Rückzug dachten, hielt Debora sie an und befahl ihnen, noch am selben Tage den Kampf zu beginnen: denn unter Gottes Hilfe und Beistand würden sie siegen.
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4. Also begann die Schlacht. Wie nun die Heere aufeinander gestoßen waren, erhob sich ein gewaltiger Sturm, und es fiel Platzregen und Hagel. Der Wind aber trieb den Chananäern den Regen ins Gesicht und umhüllte ihre Augen mit Finsternis, sodass sie weder von Wurfspeeren noch von Schleudern Gebrauch machen konnten; die Schwerbewaffneten aber vermochten vor Erstarrung ihre Schwerter nicht zu halten. Die Israeliten dagegen traf der Sturm auf dem Rücken und belästigte sie daher weniger; ja sie wurden dadurch noch mutiger, weil sie darin die Hilfe Gottes erkannten. So stürzten sie sich mitten unter die Feinde und bereiteten ihnen eine gewaltige Niederlage. Einige wurden von den Israeliten erschlagen, andere dagegen fielen, von ihrer eigenen Reiterei erschreckt, zu Boden, gerieten unter die Wagen und fanden so den Tod. Als Sisares die Seinen sich zur Flucht wenden sah, sprang er von seinem Wagen und geriet auf der Flucht zu dem Weibe des Kenes namens laIe, die ihn auf sein Verlangen, ihn bei sich zu verbergen, aufnahm und ihm, als er zu trinken begehrte, verdorbene Milch reichte. Als er diese gierig getrunken hatte, fiel er in einen tiefen Schlaf. Iale aber trieb ihm mit einem wuchtigen Schlage einen eisernen Nagel durch beide Schläfen und nagelte ihn so am Boden an. Und als kurz daraufBaraks Soldaten kamen, zeigte sie ihnen den am Boden angenagelten Feind. So kam der Sieg selbst, wie Debora geweissagt hatte, auf Rechnung eines Weibes. Barak aber zog mit dem Heere nach Asor, stieß auf den König Jabin, der ihm entgegenzog, tötete ihn und zerstörte die Stadt von Grund aus. Er regierte die Israeliten vierzig Jahre lang.
SECHSTES KAPITEL Wie die Israeliten von den Madianitern und anderen Völkern unterjocht und von Gedeon befreit wurden. 210
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1. Als aber Barak und Debora fast zur selben Zeit gestorben waren, überzogen die Madianiter, welche die Amalekiter und Araber zu Hilfe gerufen hatten, die Israeliten mit Krieg, schlugen sie, verbrannten ihre Feldfrüchte und schleppten reiche Beute davon. Als sie das sieben Jahre lang getrieben hatten, verließen die Israeliten die Ebenen und zogen sich ins Gebirge, gruben hier unterirdische Gänge und Höhlen und versteckten darin alles, was den Händen der Feinde noch entgangen war. Denn die Madianiter machten
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stets im Sommer Kriegszüge, ließen die Israeliten im Winter das Feld bebauen und verwüsteten dann, was diese mit vieler Mühe zuwege gebracht hatten. So entstand aus Mangel an Lebensmitteln Hungersnot, weshalb sie sich mit der Bitte an Gott wandten, ihnen doch helfen zu wollen. 2. Einst trug Gedeon, der Sohn des Joas, einer der wenigen aus dem Stamme Manasses, einige Garben Getreide nach Hause, um sie heimlich in der Kelter zu dreschen, denn er fürchtete sich der Feinde wegen, dies öffentlich auf der Tenne* zu tun. Da sah er eine Erscheinung in Gestalt eines Jünglings, der sich glückselig und Gottes Liebling nannte. Gedeon entgegnete ihm, es sei wohl ein großer Beweis von Gottes Güte, dass er die Kelter anstatt der Tenne gebrauchen müsse. Der Jüngling aber hieß ihn gutes Mutes sein und sagte ihm, er solle es unternehmen, dem Volke die Freiheit wieder zu erringen. Gedeon aber antwortete, das sei unmöglich, denn sein Stamm sei zu gering an Zahl und er selbst noch zu jung, um an so etwas auch nur denken zu können. Gott aber verhieß ihm, er werde ihm das, was ihm mangele, ersetzen und den Israeliten den Sieg verleihen, wenn Gedeon sie nur ftihren wolle. 3. Diesen Vorgang erzählte Gedeon einigen anderen Jünglingen und fand Glauben bei ihnen. Und in kurzer Zeit war ein Heer von zehntausend Mann gerüstet. Gott aber erschien dem Gedeon im 1raum und sprach zu ihm, die Menschen seien so geartet, dass sie sich selbst zu sehr liebten und andere, die besonders tugendhaft seien, hassten, sodass sie nicht gern zugäben, sie hätten einen Sieg Gott zu verdanken, ihn vielmehr sich selbst und einem großen wohlausgerüsteten Heere zuschrieben. Damit sie nun erftihren, dass der Sieg nur von göttlicher Hilfe abhänge, solle er das Heer, wenn die Hitze am größten sei, an den Fluss ftihren, und diejenigen, die niederknieten und so tränken, solle er ftir tapfere Männer halten, die aber, die es mit Zögern und unruhig tun würden, solle er als furchtsam ansehen. Als nun Gedeon, dem Befehle Gottes gehorchend, diesen Versuch machte, fanden sich dreihundert Männer, die das Wasser furchtsam und mit Zittern an den Mund brachten. Da befahl ihm Gott, mit diesen dreihundert solle er den Feind angreifen. Sie schlugen also das Lager am Jordan auf, den sie am folgenden Tage überschreiten wollten. 4. Als nun Gedeon in großer Furcht sich befand, da Gott ihm geboten hatte, die Feinde in der Nacht anzugreifen, wollte Gott ihm alle Angst benehmen und befahl ihm daher, er solle mit einem von den Kriegern nahe an * Die Tenne befIndet sich im Morgenland auf freiem Felde.
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die Zelte der Madianiter sich heranschleichen; dort werde er bald Mut und Vertrauen gewinnen. Gedeon ging, getreu dem Befehl, und nahm seinen Diener Phara mit sich. Als er nun in die Nähe eines der Zelte gelangt war, sah er darin einige Krieger, welche wachten, und hörte, wie einer von ihnen seinem Zeltgenossen einen Traum erzählte, den er genau vernehmen konnte Damit verhielt es sich so. Jener hatte gemeint, einen Gerstenkuchen zu erblicken, der so schlecht war, dass er kaum genossen werden konnte. Dieser Kuchen rollte durch das Lager und stieß des Königs und aller Krieger Zelte um. Der andere sagte, der Traum bedeute den Untergang des ganzen Heeres, indem er zugleich erörterte, worauf sich diese seine Deutung stütze. »Die Gerste«, sagte er, »ist zweifellos die verächtlichste von den Körnerfrüchten. Die Israeliten aber sind auch jetzt die schlechteste von allen asiatischen Völkerschaften und daher mit der Gerste zu vergleichen. Diejenigen nun, die unter den Israeliten die größte Tapferkeit beweisen, sind Gedeon und seine Krieger. Da du aber sagst, du habest gesehen, dass der Kuchen unsere Zelte umstieß, so fürchte ich, dass Gott dem Gedeon den Sieg über uns verleihen wird.« 5. Als Gedeon diesen Traum vernommen, fasste er Mut und Vertrauen und erzählte denselben auch den Seinigen; hierauf befahl er ihnen, zu den Waffen zu greifen. Diese rüsteten sich sogleich zur Ausführung des Befehls, da auch sie durch die Traumerzählung Mut bekommen hatten, und Gedeon teilte nun seine Truppen in drei Abteilungen, jede zu hundert Mann, und führte sie um die vierte Nachtwache gegen den Feind. Sie alle trugen leere Krüge und in diesen brennende Fackeln, damit ihr Anmarsch von den Feinden nicht bemerkt würde; in der rechten Hand aber hielten sie Widderhörner, deren sie sich anstelle der Posaunen bedienten. Das Lager der Feinde bedeckte einen großen Raum, denn sie hatten eine große Zahl Kamele, und sie lagen nach Völkerschaften geordnet ringsum im Kreise. Den Hebräern war nun befohlen worden, sie sollten, sobald sie nicht mehr weit vom Feinde entfernt wären, auf ein gegebenes Zeichen in die Hörner stoßen, die Krüge zerbrechen und unter großem Geschrei mit den Fackeln gegen die Feinde rennen. Sie würden dann den Sieg davontragen, den Gott dem Gedeon verleihen wolle. Die Krieger befolgten den Befehl pünktlich; die Feinde aber erwachten aus dem Schlaf und gerieten in die größte Verwirrung und Bestürzung, denn es war noch Nacht, wie Gott es gewollt hatte. Doch wurden ihrer nur wenige von den Israeliten getötet, da die meisten ihren eigenen Kampfgenossen erlagen wegen der großen Verschiedenheit der Sprache, welche unter ihnen herrschte und die Verwirrung nur noch stei-
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(Geringe Umstellungen.)
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gerte. Einmal aber in Verwirrung, hielten sie alle, die ihnen begegneten, für Feinde und machten sie nieder. So entstand ein großes Blutbad. Sobald nun die Israeliten von diesem Siege Gedeons gehört hatten, griffen auch sie zu den Waffen, verfolgten die fliehenden Feinde und erreichten sie in einer tal artigen, von wild strömenden Gießbächen umflossenen Gegend, in der sie nicht vor- noch rückwärts konnten. Und sie machten alle nieder samt den beiden Königen Oreb und Zeb. Als nun die anderen Feldherren den übrigen Teil des Heeres, gegen achtzehntausend Mann, weiterführten und in ziemlicher Entfernung von den Israeliten ihr Lager aufschlugen, verfolgte sie Gedeon, der trotz seiner Anstrengungen noch nicht ermüdet war, mit dem ganzen Heere, machte sie alle nieder und nahm die beiden noch übrigen Führer Zebes und Salmanas gefangen. In dieser Schlacht fielen von den Madianitern und den ihnen zu Hilfe geeilten Arabern gegen hundertzwanzigtausend Mann, und eine reiche Beute an Gold, Silber, Geweben, Kamelen und anderem Vieh fiel in die Hände der Sieger. Gedeon aber tötete, als er in seine Heimat Ephran zurückkehrte, auch noch die Könige der Moabiter. 6. Übrigens war der Stamm Ephralm sehr ärgerlich über Gedeons Kriegsglück und beschloss daher, ihn mit Krieg zu überziehen unter dem Vorwand, er habe die Feinde angangegriffen, ohne sich mit ihnen vorher darüber zu verständigen. Gedeon aber, ein bescheidener und edler Mann, antwortete ihnen, er habe den Feind nicht aus eigenem Antriebe, sondern auf Gottes Geheiß angegriffen, und dann komme ja auch der Sieg ihnen ebenso sehr zustatten als denen, die ihn errungen hätten. Mit diesen Worten besänftigte er ihren Zorn und erwarb sich dadurch ein noch größeres Verdienst als durch seine Kriegstaten, denn er verhütete auf diese Weise den Bürgerkrieg. Übrigens büßte jener Stamm später noch für seine Frechheit, wie ich zu gelegener Zeit berichten werde. 7. Gedeon wollte hierauf die Regierung niederlegen, doch drängte man ihn, sie noch vierzig Jahre zu behalten. Er fungierte als Richter und entschied alle Streitigkeiten, die man vor ihn brachte, und alle seine Aussprüche wurden als unanfechtbar anerkannt. Als er im hohen Greisenalter gestorben war, bestattete man ihn in seiner Heimat bei Ephran.
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SIEBENTES KAPITEL Wie von Gedeons Nachfolgern viele mit den umliegenden Völkerschaften langwierige Kriege führten. 233
1. Gedeon hatte siebzig eheliche Söhne, denn er besaß viele Eheweiber;
außerdem hatte er einen unehelichen Sohn Abimelech von seinem Kebsweibe Druma. Dieser zog nach seines Vaters Tode zu den Verwandten seiner Mutter nach Sikim ( dort war sie zu Hause), erhielt von ihnen, die sich in 234 Schlechtigkeiten hervortaten, Geld, kehrte mit ihnen in sein Vaterhaus zurück und tötete hier alle seine Brüder bis auf 10atham, der ihm glücklich durch die Flucht entkam. Abimelech führte dann eine tyrannische Herrschaft, hielt das für gesetzmäßig, was ihm zu tun beliebte, und verfolgte hartnäckig alle Verfechter der guten Sache. 2 3 5 2 . Als einst in Sikim ein Festtag war, und alles Volk dahin zusammenströmte, stieg sein Bruder 10atham, der, wie oben erwähnt, geflohen war, auf den Gipfel des Berges Garizin, der sich über Sikim erhebt, und rief mit lauter, weithin vernehmbarer Stimme, man möge still sein und auf seine 236 Worte hören. Als Ruhe eingetreten war, fing er an zu erzählen: »Einst, als die Bäume noch menschliche Stimmen hatten, kamen sie zusammen und baten den Feigenbaum, dass er über sie herrschen möge. Da dieser aber die Ehre zurückwies, weil er sich mit der Ehre begnügen 'wolle, die ihm seine Früchte brächten - kein anderer Baum nämlich vermöge solche zu erzeugen, standen die Bäume gleichwohl von ihrem Vorhaben, einen aus ihnen zum Herrscher zu wählen, nicht ab und beschlossen deshalb, dem Wein237 stock die Würde anzubieten. Der aber schlug die Wahl mit denselben Worten wie der Feigenbaum aus, und als auch der Ölbaum in gleicher Weise sich weigerte, forderten die Bäume den Dornstrauch, dessen Holz sich vor238 züglich als Brennholz eignet, auf, die Herrschaft zu übernehmen. Dieser sagte auch zu und versprach, dieselbe eifrig zu führen. Sie sollten, sagte er, in seinem Schatten ruhen; wofern sie ihm aber Verderben bereiten wollten, 239 werde er Feuer auf sie werfen und sie zugrunde richten. Das habe ich euch«, fuhr 10atham fort, »nun nicht etwa als Scherz erzählt, sondern darum, weil ihr, die ihr von Gedeon so viele Wohltaten erhalten habt, es ruhig geschehen lasst, dass Abimelech die Herrschaft innehat, und weil ihr euch mitschuldig an seinen brudermörderischen Taten gemacht habt, da sich doch seine Sinnesart in nichts vom Feuer unterscheidet.« Als er so geredet, floh er
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wieder und verbarg sich aus Furcht vor Abimelech drei Jahre lang im Gebirge. 3. Nicht lange nach dem Fest bereuten die Sikimiter, dass sie die Ermordung der Söhne Gedeons hatten geschehen lassen, und vertrieben den Abimelech aus der Stadt und dem Stamme. Dieser sann aber mit den Seinigen auf Rache. Als daher die Zeit der Ernte herankam, fürchteten sie sich des Abimelech wegen, aufs Feld zu gehen. Da aber um diese Zeit gerade ein Stammeshäuptling Gaal mit seinen Verwandten und einer Schar von Bewaffneten bei ihnen weilte, baten sie ihn während der Ernte um seinen Schutz. Als dieser sich hierzu bereit erklärte, zogen sie mit ihm und seinen Kriegern aufs Feld, ernteten in Ruhe ihre Früchte, hielten darauf ein Gastmal und scheuten sich nicht, den Abimelech offen zu schmähen; die Truppenftihrer aber legten Hinterhalte um die Stadt, fingen viele von Abirnelechs Kriegern auf und töteten sie. 4. Ein gewisser Zebul aber, einer von den Vornehmsten der Sikimiter und Freund des Abimelech, ließ diesem durch Boten sagen, wie Gaal das Volk gegen ihn aufhetze, und riet ihm zugleich, er solle sich vor der Stadt auf die Lauer legen. Gaal werde sich wohl von ihm (Zebul) beschwatzen lassen, gegen ihn auszurücken, und so werde er ihn in seine Gewalt bekommen und Rache nehmen können. Wenn dies geschehen sei, verspreche er ihm, dass das Volk sich wieder mit ihm aussöhnen werde. Abimelech legte sich mit den Seinigen in den Hinterhalt, Gaal aber hielt sich sorglos in der Vorstadt auf, und bei ihm war Zebul. Als nun Gaal Bewaffnete auf sich zukommen sah, rief er dem Zebul zu, es zögen Krieger auf sie an. Der aber entgegnete, das seien nur Schatten von Felsen. Als sie aber noch näher kamen, und man sie deutlich erkennen konnte, rief Gaal, das seien keine Schatten, sondern bewaffnete Männer. Da erwiderte ihm Zebul: »Hast du dem Abimelech nicht Feigheit vorgeworfen? Warum zeigst du also nicht, dass du ein Mann bist, und kämpfst mit ihm?« Gaal, hierüber bestürzt, ließ sich mit Abimelech in ein Handgemenge ein, und es fielen einige von den Seinigen. Darauf zog er sich mit den Übrigen in die Stadt zurück. Inzwischen suchte Zebul in der Stadt dahin zu wirken, dass man den Gaal vertreiben möchte, indem er ihn beschuldigte, er habe sich im Kampf mit den Kriegern des Abimelech zaghaft und feige benommen. Da übrigens Abimelech erfahren hatte, die Sikimiter würden wieder zur Ernte aufs Feld gehen, legte er sich vor der Stadt in den Hinterhalt. Und als sie aus der Stadt heraus waren, ließ er den dritten Teil seines Heeres die Tore besetzen, um den Bürgern den Rückweg abzuschneiden; die Übrigen aber zerstreuten
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die Sikimiter, verfolgten sie und machten sie allenthalben nieder. Die Stadt ergab sich ohne Belagerung, und Abimelech zerstörte sie, machte sie dem Erdboden gleich, streute Salz auf ihre 'frümmer und zog dann in geschlossenem Zuge weiter. So kamen alle Sikimiter ums Leben. Diejenigen aber, die der Gefahr entronnen waren und sich in der Umgegend zerstreut hatten, scharten sich zusammen, setzten sich auf einem unzugänglichen Felsen fest und nahmen noch die Errichtung einer Mauer rings um denselben in Angriff. Als aber Abimelech von diesem Vorhaben Kunde erhielt, kam er ihnen zuvor und führte alle seine 'fruppen dahin, nahm selbst ein Bündel dürres Holz, befahl seinem Heer, ein Gleiches zu tun und ließ den ganzen Ort damit umgeben. Und als er so in kurzer Zeit rings um den Felsen Holz aufgehäuft hatte, warf er Feuer und leicht brennbare Stoffe hinein und erregte einen gewaltigen Brand. Niemand aber von denen, die auf den Felsen geflüchtet waren, entkam, sondern alle fünfzehnhundert Männer kamen nebst Weibern und Kindern um, und von den Übrigen ebenfalls eine große Anzahl. Ein so schreckliches Unglück traf die Sikimiter, und es wäre die 'frauer darüber wohl noch größer gewesen, wenn sie es nicht als Strafe für das Böse angesehen hätten, das sie einem so hochverdienten Manne wie Gedeon zugefügt hatten. 5. Abimelech aber, der durch die Vernichtung der Sikimiter den Israeliten gewaltigen Schrecken eingejagt hatte, machte kein Hehl daraus, dass er noch Größeres beabsichtige und nicht eher in seiner Gewalttätigkeit nachlassen werde, bis er sie sämtlich der Vernichtung preisgegeben habe. Er zog daher gegen Theben und aahm die Stadt in plötzlichem Ansturm. Weil aber daselbst ein starker Thrm sich befand, in den alles Volk geflüchtet war, wollte er auch diesen angreifen. In dem Augenblick jedoch, da er mit Ungestüm gegen dessen Tor anrannte, warf ihm ein Weib ein Stück von einer Mühle* auf den Kopf. Abimelech stürzte zu Boden und flehte seinen Waffenträger an, ihn vollends zu töten, damit man nicht sagen könne, er sei von e*nem Weibe umgebracht worden. Dieser vollzog den Befehl, und so erlitt Abirnelech die Strafe für den Brudermord und für seine Freveltaten gegen die Sikimiter, wie sie Joatham ihm vorhergesagt hatte. Nach dem Tode Abimelechs zerstreuten sich seine Krieger und kehrten in ihre Heimat zurück. 6. Danach übernahm die Regierung der Israeliten Jarres aus Galad vom Stamme Manasses, ein im Allgemeinen und auch besonders noch deshalb * Gemeint ist hier eine der steinernen Handmühlen, die die Israeliten beim Mahlen des Getreides gebrauchten.
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glücklicher Mann, weil er dreißig tapfere Söhne hatte, die ausgezeichnete Reiter waren und in den galadenischen Städten die Posten von Präfekten bekleideten. JaÜ'es starb nach zweiundzwanzigjähriger Regierung in hohem Alter und ward begraben in der galadenischen Stadt Kamon. 7. Hierauf gerieten die Hebräer wieder in Verfall und verachteten Gottes Gesetze. Daher blickten die Ammaniter und Palästiner mit Geringschätzung auf sie und verwüsteten ihr Land mit einem großen Heere. Und nachdem sie die Gegenden jenseits des Jordan besetzt hatten, schickten sie sich an, über den Fluss zu gehen und auch noch das übrige Land zu erobern. Die Hebräer aber fingen an, durch ihr Missgeschick klug zu werden, opferten Gott und baten ihn unter heißem Flehen, er möge von seinem Zorn ablassen, seine Strenge mildern und ihre Bitten gnädig erhören. Gott ließ sich denn auch erweichen und versprach ihnen Hilfe. 8. Als nun die Ammaniter in das galadenische Gebiet eingefallen waren, zogen ihnen die Bewohner des Landes nach dem Gebirge zu entgegen, jedoch ohne Führer. Es lebte aber damals ein gewisser Jephthes, der einem alten edlen Geschlechte entstammte und auf eigene Kosten ein Heer unterhielt. An diesen wandten sich die Hebräer und baten ihn um Hilfe, versprachen ihm auch, sie wollten sich dafür seiner Herrschaft unterwerfen, solange er lebe. Er schlug ihnen indes ihre Bitte ab und warf ihnen vor, sie hätten auch ihm keine Hilfe geleistet, als er von seinen Brüdern das offenbarste Unrecht zu erdulden gehabt habe. Weil er nämlich nicht ihr leiblicher Bruder war, sondern von einem fremden Weib stammte, das ihr Vater aus großer Liebe bei sich aufgenommen hatte, hatten sie ihn schmählich aus dem Hause vertrieben. Und seitdem wohnte er in Galad und nahm alle, die ihm zuliefen, in seinen Sold. Endlich ließ er sich aber doch durch ihre Bitten erweichen, und nachdem sie ihm eidlich zugesagt hatten, sie wollten sich seiner lebenslänglichen Oberherrschaft unterwerfen, machte er seine Mannschaft kampffähig. 9. Als Jephthes schleunigst alles Notwendige besorgt hatte, legte er seine Streitmacht in die Stadt Masphath und schickte an den König der Ammaniter Gesandte, die sich über dessen Raubzüge beschweren sollten. Dieser aber ordnete seinerseits Gesandte ab und warf den Israeliten ihren Auszug aus Ägypten vor, forderte auch, sie sollten das Land Amoraea räumen, das früher seinen Vorfahren gehört habe. Jephthes jedoch ließ ihm sagen, er beschuldige die Israeliten ohne Grund, dass ihre Vorfahren Amoraea in Besitz genommen hätten; er müsse ihnen vielmehr dafür danken, dass sie das Land der Ammaniter verschont hätten, denn Moyses habe es in seiner
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Gewalt gehabt, auch dieses zu nehmen. Da der König aber verlange, die Israeliten sollten das Land aufgeben, das sie nun schon über dreihundert Jahre durch Gottes Güte besäßen, so möge er sich merken, dass sie es fest behaupten und es auf einen Kampf ankommen lassen wollten. 10. Nach diesen Worten entließ er die Gesandten, bat Gott um Verleihung des Sieges und gelobte, er werde, wenn er wohlbehalten zurückkehre, das Erste, das ihm begegne, Gott opfern, Dann traf er mit den Feinden zusammen, besiegte sie, tötete viele und verfolgte die Übrigen bis zur Stadt Maliath. Darauf drang er in das Gebiet der Ammaniter ein, zerstörte viele Städte, machte glänzende Beute und befreite sein Volk von der Knechtschaft, in der es achtzehn Jahre lang geschmachtet hatte. Als er dann aber nach Haus~ kam, stieß ihm ein Unglück zu, das zu seinem glücklichen Feldzuge gar nicht passte: denn es begegnete ihm zuerst seine einzige jungfräuliche Tochter. In der Größe seines Schmerzes stöhnte er schwer auf und schalt seine Tochter, dass sie solche Eile gehabt, ihm entgegenzugehen: jetzt nämlich müsse er sie seinem Gelöbnis zufolge Gott opfern. Sie aber vernahm ihr bevorstehendes Schicksal mit Freuden, da sie für den Sieg ihres Vaters und die Freiheit ihres Volkes gern ihr Leben hingeben wollte. Sie erbat sich nur noch eine Frist von zwei Monaten, um mit ihren Mitbürgern ihre Jugend zu beweinen, dann sei sie bereit, das Gelöbnis zu erfüllen. Er bewilligte ihr diese Frist, und als sie um war, brachte er seine Tochter als Brandopfer dar. Doch handelte er damit weder im Sinne des Gesetzes noch nach dem Willen Gottes; auch dachte er nicht an die Zukunft noch daran, was diejenigen über die Tat denken würden, die davon Kunde erhielten. 11. Der Stamm Ephralm aber drohte ihm hierauf mit Krieg, weil er sie von dem Feldzuge gegen die Ammaniter ausgeschlossen und Beute wie Kriegsruhm für sich allein behalten habe. Er aber entgegnete ihnen, es sei ihnen doch nicht unbekannt gewesen, dass ihre Blutsverwandten in Kriegsgefahr geschwebt hätten; auch seien sie nicht zur Hilfeleistung gekommen, obgleich man sie darum ersucht habe, und sie hätten doch eigentlich ungebeten sogleich herbeieilen müssen. Dann gab er ihnen zu erwägen, wie unrecht sie handelten, da sie ihre Freunde angreifen wollten, obgleich sie mit den Feinden zu kämpfen nicht gewagt hätten. Endlich drohte er ihnen, er werde sie, sofern sie nicht zur Vernunft kommen wollten, nach dem Willen Gottes energisch bestrafen. Da er jedoch mit Worten nichts bei ihnen ausrichtete, zog er sein Heer aus Galad an sich, marschierte gegen sie und brachte ihnen eine große Niederlage bei. Dann verfolgte er die Flüchtigen,
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ließ die Furt des Jordan besetzen und tötete zweiundvierzigtausend von ihnen. 12. Er starb nach einer Regierung von sechs Jahren und ward begraben in seiner Heimat Sebe, einer Stadt im Galadenerlande. 13. Nach dem Tode Jephthes' erhielt die Regierung Apsan aus dem Stamme Judas und der Stadt Bethlehem. Er hatte sechzig Kinder, dreißig Söhne und ebenso viele Töchter, die bei seinem Tode alle noch am Leben und alle verheiratet waren. Etwas Erwähnenswertes hat er in seiner siebenjährigen Regierungszeit nicht geleistet. Er starb in hohem Alter und ward in seiner Vaterstadt begraben. 14. Nach dem Tode Apsans regierte Eleon aus dem Stamme Zabulon zehn Jahre lang; auch er hat in dieser Zeit nichts Bemerkenswertes geleistet. 15. Von seinem Nachfolger Abdon, dem Sohne des Hellel aus dem Stamme Ephralm, der aus der Stadt der Pharathoniter gebürtig war, weiß man auch nichts anderes, als dass er gute Kinder hatte. Denn da er in einer Zeit der Ruhe und des Friedens lebte, hatte er keine Gelegenheit zu glänzenden Kriegstaten. Er hatte vierzig Söhne und von diesen dreißig Enkel; mit ihnen, die alle siebzig vortreffliche Reiter waren, pflegte er sich in Reiterkünsten zu üben. Sie waren alle noch am Leben, als er in hohem Alter starb. Er wurde mit großer Pracht in Pharathon beigesetzt.
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ACHTES KAPITEL Von Samsons Tapferkeit, und welches Leid er den Palästinern zufügte.
1. Nach Abdons Tod besiegten die Palästiner die Israeliten und erhoben vierzig Jahre lang Tribut von ihnen. Aus dieser harten Bedrängnis wurden sie folgendermaßen befreit. 2. Ein gewisser Manoch, ein vornehmer Daniter und ohne Frage der Bedeutendste in seinem Vaterlande, besaß ein außerordentlich schönes Weib; die alle ihre Altersgenossinnen an Statur übertraf. Er hatte jedoch von ihr keine Kinder, worüber er sich sehr grämte, weshalb .er oft mit ihr aus der Stadt hinausging und Gott bat, er möge ihnen doch eheliche Kinder bescheren. Da er nun in seine Frau sterblich verliebt war, wurde er auch von heftiger Eifersucht geplagt. Als die Frau einst allein zu Hause war, erschien ihr ein Engel Gottes in Gestalt eines schlanken und schönen Jünglings und
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brachte ihr die frohe Nachricht, sie werde durch Gottes Fürsorge einen schönen und starken Sohn gebären, der, sobald er seine Manneskraft erlangt habe, die Palästiner niederwerfen werde. Zugleich ermahnte er sie, dem Knaben nicht das Haar zu schneiden und ihn an kein anderes Getränk als Wasser zu gewöhnen, da Gott es so wolle. Nach diesen Worten verschwand er, wie er nach Gottes Willen gekommen war. 3. Als ihr Mann zurückkehrte, erzählte sie ihm, was sie von dem Engel vernommen hatte, auch beschrieb sie ihm seine Schönheit und seinen schlanken Wuchs, sodass er ob dieser Lobrede eifersüchtig wurde und Verdacht gegen sie zu schöpfen begann. Da sie nun ihren Mann von diesem widersinnigen Kummer befreien wollte, bat sie Gott flehentlich, er möge doch den Engel noch einmal senden, damit auch ihr Mann ihn sehen könne. Gott gewährte die Bitte gnädig, und so erschien ihnen der EngeL als sie vor der Stadt sich ergingen; doch kam er gerade, als ihr Mann sie eben etwas verlassen hatte. Sie bat ihn nun, er möge doch ein wenig verweilen, bis sie ihren Mann herbeigeholt habe. Und da er zusagte, rief sie den Manoch herbei. Als dieser den Engel erblickt hatte, konnte er immer noch seinen Verdacht nicht loswerden; deshalb bat er ihn, er möge auch ihm das mitteilen, was er seiner Frau verkündigt habe. Und da der Engel ihm entgegnete, es müsse ihm genügen, dass er es seiner Gattin allein verkündet habe, wünschte Manoch zu wissen, wer er sei, damit er nach der Geburt des Sohnes ihm seinen Dank abstatten und ihm etwas zum Geschenk machen könne. Der Engel aber antwortete, er bedürfe nichts dergleichen, und er habe ihm auch die frohe Botschaft von der Geburt eines Sohnes nicht etwa deshalb gebracht, um von ihm beschenkt zu werden. Nun beschwor ihn Manoch, er möge doch noch etwas verweilen, damit er ihn bewirten könne. Auch das schlug der Engel zuerst ab, gab aber dann nach und blieb. Manoch schlachtete darauf sogleich einen Bock und befahl seiner Gattin, ihn gehörig zuzubereiten. Als nun alles fertig war, hieß der Engel ihn das Brot und Fleisch ohne die Gefäße auf einen Fels setzen, und nachdem das geschehen, berührte er mit einem Stabe, den er bei sich trug, das Fleisch. Und sogleich hrach Feuer aus und verzehrte das Fleisch samt dem Brote; der Engel aber fuhr auf dem Rauche wie auf einem Wagen vor ihren Augen gen Himmel. Da erschrak Manoch gewaltig und befürchtete Gefahr, weil sie Gott gesehen hätten. Das Weib aber hieß ihn sich ermannen: denn dass sie Gott geschaut, werde ihnen nur zum Segen gereichen. 4. Das Weib aber wurde schwanger und beobachtete alles, was ihr vorgeschrieben worden war. Und der Knabe, den sie gebar, wurde Samson ge-
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nannt, das heißt »der Tapfere.« Er wuchs schnell heran, und da er mäßig lebte und das Haar nicht scheren ließ, schien er ein Prophet werden zu sollen. 5. Als nun Samson einst mit seinen Eltern nach Thamna, einer Stadt der Palästiner, zu einem Feste ging, wurde er dort von Liebe zu einer Jungfrau des Landes ergriffen und bat seine Eltern, ihm das Mädchen zur Ehe zu geben. Diese schlugen ihm zunächst seine Bitte ab, weil das Mädchen nicht aus ihrem Geschlechte stammte; da aber Gott zum Nutzen der Hebräer diese Heirat ersonnen hatte, erreichte Samson endlich die Erfüllung seines Wunsches. Da er nun öfters die Eltern des Mädchens besuchte, geschah es, dass er einst unterwegs einem Löwen begegnete, und obwohl er waffenlos war, nahm er es doch mit ihm auf, erdrosselte ihn mit bloßen Händen und warf ihn neben dem Wege in eine Schlucht 6. Ein anderes Mal, als er zu dem Mädchen ging, traf er einen Bienenschwarm, der in dem Brustkasten des Löwen Zellen gebaut hatte. Davon nahm er drei Scheiben Honig und schenkte sie nebst anderen Gegenständen, die er bei sich trug, dem Mädchen. Als er nun Hochzeit feierte, gaben ihm die Thamniter, die er alle zum Mahle geladen hatte, dreißig kräftige Jünglinge bei, dem Scheine nach als Zechgenossen, in Wirklichkeit aber, um ihn zu bewachen, dass er keine Tollkühnheit begehe. Da sie nun stark gezecht hatten und anfingen, lustig zu werden, wie das bei solchen Festlichkeiten üblich ist, sprach Samson: »Wohlan, wenn ihr mir das Rätsel, das ich euch jetzt gebe, in sieben Tagen löst, so sollt ihr als Belohnung jeder ein Stück Leinen und ein Kleid von mir erhalten.« Die Jünglinge, die gleichzeitig gern sich witzig gezeigt hätten und auch nach dem Preise lüstern waren, forderten ihn auf, das Rätsel kundzugeben. Das tat er mit diesen Worten: »Etwas, das alles verschlingt, gibt liebliche Speise von sich, wenn es auch selbst nichts weniger als lieblich ist.« Drei Tage lang dachten sie über das Rätsel nach, konnten aber seine Lösung nicht finden und baten deshalb die Braut, sie solle von Samson die Bedeutung zu erforschen suchen; ja sie drohten ihr, sie würden sie ins Feuer werfen, wenn sie es nicht täte. Als nun die Braut den Samson bat, ihr die Lösung mitzuteilen, wollte dieser anfangs nicht; da sie aber heftiger in ihn drang und unter Tränen ihm vorwarf, jetzt habe sie den Beweis, dass er sie nicht liebe, weil er ihr die Lösung vorenthalte, erklärte er ihr, wie er den Löwen erwürgt, die Bienen in seiner Brust gefunden und ihr drei Honigscheiben davon mitgebracht habe. So offenbarte er ihr die Lösung, ohne etwas dabei zu argwöhnen; sie aber verriet dieselbe sogleich den Jünglingen. Als diese nun am siebenten Tage, an dem
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sie die Lösung haben mussten, vor Sonnenuntergang zusammenkamen, sagten sie zu Samson: »Es gibt nichts, das weniger lieblich wäre als ein Löwe, und nichts Lieblicheres als Honig.« Samson aber fügte hinzu: »Und nichts Hinterlistigeres als ein Weib, das euch meine Worte hinterbracht hat.« Doch gab er ihnen, was er versprochen hatte, denn er hatte einige Askaloniter, die auch zu den Palästinern gehören, auf dem Wege ausgeraubt. Dann ging er von der Hochzeit weg. Die Jungfrau aber, die ihn wegen seines Zornes verächtlich behandelte, heiratete einen seiner Freunde, welcher der Vermittler der ersten Verbindung gewesen war. 7. Samson, den diese Schmach sehr kränkte, beschloss, sich an dem Weibe und allen Palästinern zu rächen Und da gerade Sommer war und die Früchte der Ernte entgegenreiften, fmg er dreihundert Füchse, band brennende Fackeln an ihre Schwänze, jagte sie in die Äcker der Palästiner und verdarb so deren ganze Ernte. Als diese erfuhren, dass Samson der Anstifter des Streiches sei, schickten sie, da sie wussten, was ihn dazu bewogen hatte, einige Vornehme nach Thamna und ließen sein früheres Weib und deren Angehörige als Urheber des Unglückes verbrennen. 8. Nachdem nun Samson viele Palästiner in der Ebene umgebracht hatte, hauste er auf dem Aeta, einem im Stamme Judas gelegenen starken Felsen. Die Palästiner aber zogen deshalb mit einem Heere gegen den Sta:tnnl. Und als die Stammesgenossen geltend machten, dass sie unverdient für Samsons Frevel mitbüßen müssten, zumal sie doch ihren 'fribut pünktlich entrichtet hätten, erhielten sie zur Antwort: wenn sie für unschuldig gelten wollten, sollten sie den Samson ausliefern. Um nun von Weiterungen verschont zu sein, zogen sie mit dreitausend Bewaffneten zu dem Felsen, beklagten sich bei Samson wegen der Frevel, welche er gegen die Palästiner verübt, die hierfür das ganze Hebräervolk vernichten könnten, und erklärten ihm, sie seien gekommen, um ihn festzunehmen und den Palästinern auszuliefern; er solle sich also dem gutwillig unterziehen. Er ließ sie darauf schwören, dass sie weiter nichts gegen ihn im Schilde führten, als ihn auszuliefern; dann stieg er vom Felsen herab und gab sich in die Hände seiner Stammesgenossen, die ihn mit zwei Stricken banden und ihn den Palästinern zuführten. Als sie nun an einen Ort gekommen waren, der noch heute von der herrlichen Tat, die Samson dort vollbrachte, »Kinnlade« genannt wird, damals aber keinen besonderen Namen hatte, kamen ihnen die Palästiner, die nicht weit davon ihr Lager hatten, mit fröhlichem Jubel entgegen, als wenn nun ihre Wünsche ganz erfüllt wären. Samson aber zerriss die Stricke, ergriff die Kinnlade eines Esels, die gerade zu seinen Füßen lag, stürzte sich
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auf die Feinde und schlug mit der Kinnlade ungefähr tausend von ihnen tot; die anderen wandten sich entsetzt zur Flucht. 9. Samson aber wurde durch diese Tat übermütiger als billig und schrieb dieselbe nicht der Hilfe Gottes, sondern seiner eigenen Kraft zu. Auch rühmte er sich, dass er die Feinde zum Teil erschlagen, zum Teil in die Flucht getrieben habe. Als er aber darauf von heftigem Durst geplagt wurde, erkannte er, dass alle menschliche Kraft schwach sei und Gott allein alles vermöge, und bat ihn flehentlich, er möge ihm wegen seiner Reden nicht zürnen und ihn nicht in die Gewalt seiner Feinde geben, vielmehr ihn aus der gegenwärtigen Not befreien. Gott erhörte sein Gebet und ließ eine süße und wasserreiche Quelle aus einem Felsen entspringen. Samson nannte diesen Ort »Kinnlade«, und so heißt er noch heute. 10. Nach diesem Kampfe verachtete Samson die Palästiner, ging nach Gaza und kehrte dort in einer Herberge ein. Als das die Vornehmen der Gazäer erfuhren, besetzten sie den Platz vor dem Tore mit Wachen, damit er ihnen nicht entwischen könne. Samson aber, der ihre Absicht wohl gemerkt hatte, stürzte sich wütend auf das Tor, hob es samt Pfosten, Querbalken und dem ganzen hölzernen Zubehör auf und trug es auf seinen Schultern nach einem Berge, der in der Nähe von Chebron liegt. 11. Später aber fiel er von den Gebräuchen seiner Väter ab, führte ein schlechtes Leben und äffte die Gewohnheiten fremder Völker· nach, was gewöhnlich der Anfang alles Übels ist. Er liebte eine Buhldirne namens Dalila und lebte mit ihr. An diese machten sich nun die Vorsteher der Palästiner heran und suchten sie durch große Versprechungen zu beschwatzen, dass sie von Samson erforschen möge, was die Ursache seiner gewaltigen Stärke sei, die ihn unüberwindlich mache. Sie ging darauf ein, und als Samson einst bei ihr zechte und ihren vertrauten Umgang genoss, bewunderte sie seine Heldentaten und suchte zu erfahren, warum er eine so große Stärke besitze. Samson aber, der seines Geistes noch mächtig war, setzte List gegen List und sagte, wenn man ihn mit Rebzweigen binde, die sich noch biegen ließen, so werde er schwächer als alle anderen sein. Mit dieser Antwort war sie zufrieden, und nachdem sie die Vorsteher der Palästiner verständigt hatte, versteckte sie einige Krieger bei sich. Als nun Samson berauscht und in Schlaf gefallen war, band sie ihn mit den Rebzweigen, so fest sie konnte; dann weckte sie ihn und schrie ihm zu, die Feinde bedrohten ihn. Er aber zerriss die Rebzweigenfesseln und rüstete sich zur Wehr, falls man ihn angreifen wolle. Da er nun häufig mit dem Weibe verkehrte, beklagte sie sich einst, dass er so misstrauisch sei und ihr nicht sagen wolle,
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was sie so gern wissen möchte, gerade als ob sie das nicht geheim zu halten verstehe, dessen Ausplauderung ihm schaden könne. Samson aber täuschte sie wiederum, indem er ihr sagte, wenn er mit sieben Stricken gefesselt werde, so werde seine Kraft von ihm weichen. Als das wieder keinen Erfolg gehabt hatte, erklärte er ihr das dritte Mal, man müsse ihm seine Haare flechten. Und da auch das sich als trügerisch erwies, bestürmte sie ihn noch heftiger mit Bitten, sodass sich Samson endlich (es. war ihm nämlich bestimmt, dass er in sein Unglück geraten sollte), um die Gunst der Dalila wiederzuerlangen, bereden ließ und ihr kundtat: »Gott selbst, durch dessen Fürsorge ich geboren bin, hat befohlen, dass mein Haar wachsen gelassen und nicht geschoren werde. So lange solle ich meine Kräfte behalten und . sie sogar noch vermehren, als ich meine Haare wachsen lassen und erhalten würde.« Als sie so endlich den wahren Grund erfahren hatte, schnitt sie ihm heimlich das Haar ab und überlieferte ihn seinen Feinden, denen er jetzt ohnmächtig preisgegeben war. Diese blendeten ihn und ließen ihn gefesselt wegführen. 12. Im Laufe der Zeit aber wuchs ihm das Haar wieder, und als die Palästiner einst ein öffentliches Fest begingen, und ihre Vorsteher und Vornehmsten in einem Hause, dessen Dach von zwei Säulen getragen wurde, schmausten, ließen sie den Samson holen, um beim Zechgelage mit ihm ihren Spott zu treiben. Dieser aber, der es für das schlimmste aller Übel hielt, dass er so zum Gespötte dienen musste und sich nicht rächen konnte, sagte dem Knaben, der ihn an der Hand führte, er solle ihn an die Säulen leiten, da er ermüdet sei und etwas ausruhen wolle. Kaum war er dort angelangt, als er sich mit aller Kraft auf die Säulen warf, sie umstürzte und das ganze Haus wanken machte. So fanden dreitausend Menschen, die unter dem einstürzenden Hause begraben wurden, und Samson mit ihnen den Tod. Samson herrschte zwanzig Jahre lang über die Israeliten. Bewundernswert ist er wegen seiner Tapferkeit und Stärke, wegen des Starkmutes, mit dem er den Tod erlitt, und weil er bis zum letzten Atemzuge seine Feinde hasste. Dass er sich von einem Weibe überlisten ließ, ist auf Rechnung der menschlichen Natur zu setzen, die leicht der Sünde unterliegt. Jedenfalls muss man ihm das Zeugnis geben, dass er im Übrigen ein ausgezeichneter und tugendhafter Mann war. Seine Verwandten bestatteten ihn bei den Vorfahren in seiner Vaterstadt Sariasa.
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NEUNTES KAPITEL Wie unter der Regierung des Hohepriesters EIi Boaz die Ruth heiratete.
1. Nach dem Tode Samsons regierte die Israeliten der Hohepriester Eli. Um diese Zeit entstand eine Hungersnot im Lande, infolge deren Elimelech, der aus Bethlehem im Stamme Judas war und das Unglück nicht länger ertragen konnte, mit seinem Weibe Naamis und deren Söhnen Chellion und Mallon in das Land der Moabiter auswanderte. Und da es ihm hier nach seinem Sinne ging, gab er seinen Söhnen moabitische Weiber zur Ehe, dem Chellion die Orpha und dem Mallon die Ruth. Nach zehn Jahren starben Elimelech und seine beiden Söhne kurz nacheinander, und Naamis, hierüber sehr betrübt, konnte ihre Vereinsamung und den Verlust ihrer Lieben, um deretwillen sie ihr Vaterland verlassen hatte, kaum ertragen, weshalb sie wieder in ihre Heimat zog. Denn sie hatte auch vernommen, dass dort wieder alles geordnet und im Wohlstand sei. Ihre Schwiegertöchter aber wollten sich nicht von ihr trennen, und obgleich sie ihnen von der Mitreise abriet, ließen sie sich doch nicht überreden. Da sie nun noch mehr in sie drangen, wünschte sie ihnen eine glücklichere Ehe, als sie mit ihren ersten Männern gehabt, und alles sonstige Gute, beschwor sie aber unter Auseinandersetzung ihrer Verhältnisse, sie möchten hier bleiben und ihr Vaterland nicht verlassen, um ihr in ungewisse Zukunft nachzufolgen. Darauf blieb Orpha zurück; Ruth aber ließ sich nicht bereden, sondern zog mit ihr fort und wollte jedes Schicksal mit ihr teilen. 2. Als nun Ruth mit ihrer Schwiegermutter nach Bethlehem kam, wurden sie von Boaz, einem Verwandten des Elimelech, gastfreundlich aufgenommen. Naamis aber meinte, als sie von den Mitbürgern bei ihrem Namen genannt wurde, mit mehr Recht könne man sie Mara nennen, denn in hebräischer Sprache bedeutet Naamis »Glück«, Mara aber »Schmerz.« Zur Erntezeit nun ging Ruth mit Erlaubnis ihrer Schwiegermutter zum Ährenlesen aufs Feld, damit sie etwas zum Leben hätten, und es traf sich, dass sie auf das Grundstück des Boaz kam. Als bald darauf auch Boaz anlangte und die Ruth erblickte, erkundigte er sich ihretwegen bei seinem Verwalter, der ihm alles erzählte, was er über sie vernommen hatte. Da umarmte Boaz sie liebreich und wünschte ihr sowohl aus Zuneigung gegen ihre Schwiegermutter als auch in der Erinnerung an deren Sohn, mit dem sie verheiratet gewesen war, alles Gute. Auch litt er nicht, dass sie sich noch mit dem Auf-
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lesen von Ähren abgeben sollte, sondern erlaubte ihr, sich so viel abzumähen, als sie könnte, und es mitzunehmen; seinem Verwalter aber befahl er, er solle ihr nichts in den Weg legen und ihr Speise und 'frank mit den übrigen Schnittern gewähren. Die Mehlspeise nun, die Ruth von ihm erhielt, bewahrte sie fur ihre Schwiegermutter auf und brachte sie ihr abends mit den Ähren, ebenso wie auch Naamis einen Teil des Essens, das die Nachbarn ihr in fursorglicher Wohltätigkeit gebracht hatten, fur Ruth aufbewahrt hatte. Ruth erzählte nun ihrer Schwiegermutter alles, was Boaz ihr gesagt hatte, und da Naamis ihr mitteilte, er sei ihr Verwandter und werde aus Frömmigkeit vielleicht für sie sorgen, ging sie auch an den folgenden Tagen mit den Mägden des Boaz auf das Feld zum Ährenlesen. 3. Einige Tage nachher, als die Gerste schon ausgedroschen war, kam auch Boaz wieder auf das Feld und schlief auf seiner Tenne. Als Naamis das hörte, hatte sie den Einfall, Ruth solle sich zu ihm legen; denn sie glaubte, es werde fur sie von Nutzen sein, wenn er mit Ruth sich unterhielte. Sie schickte also die Ruth hin, damit sie zu seinen Füßen sich schlafen lege. Ruth, die es als ihre Pflicht ansah, keinem Befehl ihrer Schwiegermutter zu widersprechen, begab sich nach der Tenne, und Boaz merkte zunächst ihre Anwesenheit nicht, da er fest schlief. Mitten in der Nacht aber erwachte er, und da er merkte, dass ein Weib bei ihm schlief, fragte er sie, wer sie sei. Und als sie ihren Namen nannte und um Verzeihung bat, da sie nur als seine Dienerin hier liege, schwieg er. Morgens früh aber, ehe noch das Gesinde sich zur Arbeit erhoben hatte, weckte er sie, hieß sie so viel Gerste mitnehmen, als sie tragen könne, und damit zu ihrer Schwiegermutter gehen, bevor jemand erfahre, dass sie dort gelegen habe. Denn die Klugheit gebiete, sich vor Verleumdung zu hüten, zumal sie sich nichts hätten zuschulden kommen lassen. » Über die ganze Angelegenheit aber«, sagte er, »bestimme ich Folgendes. Zunächst muss ich denjenigen, der dir näher verwandt ist als ich, fragen, ob er dich heiraten will. Will er das, so folgst du ihm, im anderen Falle werde ich dich zu meiner rechtmäßigen Gattin machen.« 4. Als Ruth diese Worte ihrer Schwiegermutter mitteilte, war diese wohlgemut in der Hoffnung, Boaz werde sich ihrer annehmen. Um Mittag kam Boaz in die Stadt, ließ die Ältesten zusammentreten und die Ruth nebst ihrem nächsten Verwandten herbeirufen. Als der Letztere gekommen war, fragte ihn Boaz: »Willst du das Erbe des Elimelech und seiner Söhne in Besitz nehmen?« Und da dieser ja sagte, weil es ihm als Verwandten von Rechts wegen zustehe, fuhr Boaz fort: »Du musst aber das Gesetz nicht nur zur Hälfte erfüllen, sondern alles tun, was es vorschreibt. Dieses Weib näm-
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lich ist die Witwe des Mallon, die du nach dem Gesetz heiraten musst, wenn du das Erbe antreten willst.« Jener aber überließ nun dem Boaz, der ja den Verstorbenen ebenfalls verwandt sei, Weib und Erbe, weil er selbst schon Frau und Kinder habe. Boaz rief also die Ältesten zu Zeugen an und befahl dem Weibe, sie solle herantreten, dem anderen den Schuh ausziehen und ihm ins Angesicht speien. Nachdem das geschehen, nahm Boaz die Ruth zur Ehe, und nach Jahresfrist bekam er von ihr einen Sohn. Diesen zog Naamis auf und nannte ihn auf den Rat der anderen Weiber Obed, weil sie ihn zur Pflege ihres Greisenalters großzog; denn Obed heißt in hebräischer Sprache »Diener.« Von Obed stammte Jesse, der Vater Davids, der als König regierte und seinen Nachkommen bis ins einundzwanzigste Geschlecht die Herrschaft hinterließ. Dies glaubte ich von Ruth erzählen zu müssen, um daran Gottes Allmacht zu zeigen, dem es leicht ist, auch niedrige Menschen zur höchsten Wurde zu erheben, wie er das mit David tat, der von unbedeutenden Ahnen abstammte.
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ZEHNTES KAPITEL Von der Geburt des Propheten Samuel und wie er den Tod der Söhne Elis vorhersagte.
1. Die Hebräer aber fingen bald, da ihre Verhältnisse sich wieder verschlechterten, einen Krieg mit den Palästinern an aus folgender Ursache. Der Hohepriester Eli hatte zwei Söhne, Ophnis und Phinees. Diese waren ebenso gewalttätig gegen die Menschen als pflichtvergessen gegen Gott und schreckten vor keiner Nichtswürdigkeit zurück. Einiges nahmen sie weg, weil sie es gewissermaßen als Ehrengeschenk in Anspruch nahmen, anderes stahlen sie geradezu, und die Weiber, die der Gottesverehrung halber das Heiligtum besuchten, schändeten sie teils mit Gewalt, teils nachdem sie dieselben durch Geschenke verfuhrt hatten. So unterschied sich ihre ganze Lebensweise in nichts von der eines Tyrannen. Der Vater zürnte ihnen deshalb sehr und erwartete beständig, Gott werde sich wegen ihrer Freveltaten an ihnen rächen, und auch das Volk grollte ihnen heftig. Als nun Gott den zukünftigen Untergang der beiden sowohl dem Eli wie dem Propheten Samuel, der damals noch ein Knabe war, kundgetan hatte, trauerte der Vater auch öffentlich um sie.
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2. Ich will hier einiges über den Propheten einschalten, ehe ich in der Erzählung von den Söhnen Elis fortfahre. Alkan, ein mittelmäßig begüterter Levit vom Stamme Ephralm, der in der Stadt Armatha wohnte, hatte zwei Weiber, Anna und Phenanna. Von der letzteren hatte er Kinder, von der Ersteren aber nicht; doch hörte er deshalb nicht auf, sie zu lieben. Als nun Alkan einst mit seinen Weibern nach Silo geko~men war, um dort zu opfern (hier stand ja bekanntlich Gottes Hütte), teilte er beim Mahle Fleischstücke an seine Weiber und Kinder aus. Und da Anna die Kinder des anderen Weibes rings um ihre Mutter sitzen sah, brach sie in Tränen aus und beklagte ihre Unfruchtbarkeit. Dabei ergriff sie eine so große Traurigkeit, dass ihr Mann sie nicht zu trösten vermochte. In ihrem Schmerz ging sie zur Hütte und bat Gott kniefällig, er möge ihr doch Kinder schenken und sie Mutter werden lassen, wobei sie versprach, sie wolle ihren ersten Sohn dem Dienste Gottes weihen; auch solle er eine von der der anderen Familienmitglieder verschiedene Lebensweise führen. Als sie nun so lange im Gebet verharrte, hielt sie der Hohepriester Eli, der vor der Hütte saß, für betrunken und hieß sie weggehen. Sie aber entgegnete ihm, sie habe nur Wasser getrunken und betrübe sich sehr darüber, dass sie kinderlos sei, weshalb sie auch zu Gott gebetet habe. Da tröstete er sie und sagte ihr, sie solle wohlgemut sein, denn Gott werde ihr einen Sohn schenken. 3. Darauf kehrte sie voller Hoffnung zu ihrem Gatten zurück und nahm fröhlich am Mahle teil. Als sie dann in ihre Heimat kamen, wurde sie bald schwanger und gebar nach Ablauf der entsprechenden Zeit einen Sohn, den sie Samuel, das heißt »von Gott erbeten« nannten. Alsdann begaben sie sich abermals zur Hütte, um Gott für die Geburt des Sohnes Dankopfer darzubringen und den Zehnten zu entrichten. Die Mutter aber erinnerte sich des Gelübdes, das sie in Betreff ihres Sohnes getan hatte, und übergab ihn daher dem Eli, damit er Gott als zukünftiger Prophet geweiht werde. Deshalb ließ er auch sein Haar lang wachsen und trank nichts außer Wasser, und er wurde bei der Hütte, wo er blieb, erzogen. Alkan erhielt danach von der Anna noch andere Söhne und drei Töchter. 4. Kaum hatte Samuel sein zwölftes Jahr zurückgelegt, da fing er auch schon an zu prophezeien. Als er einst schlief, rief ihn Gott beim Namen. Er aber ging zum Hohepriester in der Meinung, dieser habe ihn gerufen; der Hohepriester dagegen erklärte, er habe ihn nicht gerufen. Also tat Gott dreimal. Da ging dem Eli ein Licht auf, und er sprach zu ihm: »Samuel, jetzt wie vorhin habe ich geschwiegen; Gott aber ist es, der dich ruft. Wohlan, tu ihm also kund, dass du da bist.« Als er nun Gott wieder rufen hörte, bat er,
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er möge ihm seinen Willen verkünden, denn er sei zu jedem Dienste bereit, den Gott von ihm verlange. Darauf sprach Gott zu ihm: »Weil du da bist, so wisse, dass den Israeliten ein Unglück droht, das man weder aussprechen noch glauben möchte. Denn Elis Söhne werden an einem und demselben Tage sterben, und die Hohepriesterwürde wird auf die Familie Eleazars übergehen. Eli hat eben seine Söhne mehr geliebt als meinen Dienst, und das gewiss nicht zu ihrem Nutzen.« Da Samuel nun· dem Eli nicht den Schmerz antun wollte, ihm die Verkündigung Gottes mitzuteilen, nötigte Eli den Propheten unter einem Eidschwur dazu und war nun nicht mehr in Ungewissheit über den Untergang seiner Söhne. Samuels Ruhm aber wuchs mehr und mehr, da keine seiner Prophezeiungen sich als trügerisch erwIes.
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ELFTES KAPITEL Schicksale der Söhne Elis, der heiligen Lade und des Volkes. Elis beklagenswerter Tod.
1. Um diese Zeit überzogen die Palästiner das Volk der Israeliten mit Krieg und schlugen ihr Lager bei der Stadt Apheka auf. Die Israeliten waren des Angriffe gewärtig, und so stießen die beiderseitigen Heere am folgenden Tage zusammen. Den Sieg aber trugen die Palästiner davon, und es fielen von den Hebräern gegen viertausend, während der Rest ins Lager zurückgetrieben wurde. 2. In dieser großen Bedrängnis schickten die Hebräer zu den Ältesten und dem Hohepriester und ließen bitten, die Lade Gottes möchte zu ihnen gebracht werden, damit sie durch deren Gegenwart die Feinde bewältigen könnten. Sie dachten jedoch nicht daran, dass der, welcher ihr Unglück beschlossen hatte, mächtiger sei als die Lade, die ja nur um seinetwillen verehrt werden musste. Die Lade erschien, und mit ihr die beiden Söhne des Eli, denen der Vater befohlen hatte, ihm nie wieder unter die Augen zu treten, wenn die Lade genommen werden sollte, und sie dann noch nicht des Lebens überdrüssig seien. Phinees versah damals schon den priesterlichen Dienst, da der Vater seines eigenen hohen Alters wegen ihm denselben übertragen hatte. Die Hebräer schöpften nun neuen Mut und hofften bei Anwesenheit der Lade der Feinde Herr zu werden; der Palästiner dage-
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gen bemächtigte sich Furcht und Bestürzung, da sie in der Lade einen besonderen Schutz für die Israeliten erblickten. Die Sache nahm jedoch eine ganz andere Wendung, als man beiderseits erwartet hatte. Denn als es zur Schlacht kam, verblieb der Sieg, den die Hebräer erhofft hatten, bei den Palästinern, wogegen die Niederlage, welche diese befürchtet hatten, die Hebräer traf, die nun einsahen, dass sie vergeblich ihr Heil auf die Lade gesetzt hatten. Die Schlacht hatte nämlich kaum begonnen, als sie sich zur Flucht' wandten. Sie erlitten einen Verlust von fast dreißigtausend Mann, unter denen auch des Hohepriesters Söhne sich befanden. Die Lade aber geriet in die Gewalt der Feinde. 3. Als die Nachricht von dieser Niederlage und der Wegnahme der Lade nach Silo gelangte, wohin sie ein Jüngling aus dem Stamme Benjamin, der am Treffen teilgenommen, überbrachte, ward die ganze Stadt mit 'Irauer erfüllt. Und als der Hohepriester Eli, der gerade an einem der beiden Tore auf einem hoch stehenden Sessel saß, den Lärm vernahm, ahnte er gleich, dass den Seinigen ein Unglück zugestoßen sei. Er beschied daher den Jüngling zu sich und hörte von ihm den Ausgang des 'Ireffens. Als er nun den Tod seiner Söhne und die Niederlage des Heeres vernahm, empfand er hierüber keinen so großen Schmerz, da Gott es ihm vorausgesagt und er somit gewusst hatte, dass es so kommen würde. Dagegen verursachte ihm die Nachricht, dass die Lade in die Hände der Feinde geraten sei, da er dergleichen nicht erwartet hatte, so entsetzlichen Schmerz, dass er vom Sessel herabstürzte und den Geist aufgab. Er starb im achtundneunzigsten Lebensjahre und im vierzigsten seiner Regierung. 4. An demselben Tage starb auch die Gattin des Phinees, welche das Unglück, das ihren Mann getroffen, nicht zu überleben vermochte. Vorher gebar sie (sie war nämlich hochschwanger, als sie die Nachricht vom Tode ihres Mannes erhielt) einen siebenmonatlichen Knaben, dem sie, da er lebensfähig zu sein schien, den Namen Jochab gab wegen der Schande, die das Heer erlitten hatte; denn Jochab bedeutet »Schande«. 5. Eli war der erste Hohepriester aus der Familie Ithamars, des zweiten Sohnes des Aaron. Denn vorher war die Würde beim Hause Eleazars, wo sie immer vom Vater auf den Sohn überging. Eleazar nämlich übergab sie seinem Sohne Phinees, dieser seinem Sohne Abiezer, von dem sie dessen Sohn Buzi erhielt. Dieser vererbte sie wieder seinem Sohne Ozis, von welchem sie Eli erhielt, dep. ich im Vorstehenden erwähnte. Dessen Stamm behielt das Hohepriesterturn bis zu den Zeiten des Königs Solomon; alsdann ging es wieder auf die Nachkommen Eleazars über.
SErJ~STES 13lJrJ~
C1ESES 13UCJ-l umFRSST E1NEN ZE1TRRum veN az JRJ-lREN
ERSTES KAPITEL Unglück der Palästiner und ihres Landes infolge des göttlichen Zornes wegen der Wegnahme der Lade. Wie sie dieselbe den Hebräern zurücksandten.
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1. Als die Palästiner die heilige Lade der Hebräer weggenommen hatten, wie dies im Vorstehenden beschrieben ist, brachten sie dieselbe in die Stadt Azot und stellten sie wie eine Art Beutestück neben ihren Gott Dagon. Als sie aber am anderen Tage sämtlich beim Morgengrauen in den Tempel kamen, um ihren Gott anzubeten, fanden sie ihn von dem Gestell, auf welchem er bisher gestanden, herabgestürzt und am Boden liegend; so hatte er sich vor der Lade gedemütigt. Sie waren hierüber sehr ärgerlich und setzten den Gott wieder auf das Gestell. Da sie aber, so oft sie zu Dagon gingen, ihn gewissermaßen in Anbetung vor der Lade auf der Erde fanden, gerieten sie in Angst und Bestürzung. Gleichzeitig sandte Gott der Stadt Azot und dem ganzen Lande schwere Verwüstung und Krankheiten. Die Menschen starben an heftigen Unterleibs qualen; sie litten schwer und endeten schrecklich, da ihnen vor dem Tode infolge der Krankheit die Eingeweide verfaulten und aus dem Körper herausfielen. Das Land aber verwüsteten Mäuse, die zahllos auftraten und weder Halm noch Frucht verschonten. Als so die Azotier von großer Drangsal heimgesucht wurden, und das Elend ins Unerträgliche gestiegen war, erkannten sie, dass an all dem Unheil nur die Lade Gottes schuld sei, und dass ihr Sieg und die Wegnahme der Lade ihnen teuer zu stehen komme. Sie schickten deshalb zu den Askalonitern und ließen sie bitten, die Lade bei sich aufzunehmen. Diesen kam die Bitte gelegen, weshalb sie dieselbe gern bewilligten. Als sie aber die Lade bei sich hatten, kam auch über sie dasselbe Unheil das mit der Lade von den Azotiern fortgezogen zu sein schien. Die Askaloniter gaben deshalb die Lade wieder weiter; doch blieb sie nirgends lange, denn mit ihr kamen auch die Krankheiten, und dann schickte man sie schleunigst zur nächsten Stadt weiter. Also wanderte die Lade durch fünf Palästinerstädte und forderte gewissermaßen von jeder derselben ihren Tribut dafür, dass sie zu ihnen kam.
Sechstes Buch . Erstes Kapitel
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2. Nun aber sannen sowohl diejenigen, die von dem Strafgericht fast aufgerieben worden waren, als auch die, welche nur davon gehört hatten und durch das Beispiel der anderen davor gewarnt waren, die Gegenwart der Lade zu so teurem Preise zu erkaufen, auf Mittel und Wege, sich derselben zu endedigen. Es kamen daher die Vorsteher der fünf Städte Gitta, Akkaron, Askalon, Gaza und Azot zusammen und beratschlagten, was zu tun sei. Einige meinten, man solle die Lade den Hebräern zurückschicken, da es offenbar sei, dass Gott selbst aus Rache für deren Niederlage über sie und ihre Städte so schwere Drangsal verhängt habe. Andere aber hielten dies für unzweckmäßig, da die Ursache des Unheils nicht an der Lade liege. Denn diese habe gar keine so große Macht, und wenn Gott etwas an ihr gelegen wäre, hätte er sie doch nicht in die Hände fremder Menschen geraten lassen. Sie empfahlen daher, man solle sich ruhig halten, die Leiden mit Gleichmut ertragen und deren Ursachen in der Natur suchen, die in den Leibern, der Erde, den Pflanzen und allem Vergänglichen in gewissem Zeitwechsel derartige Veränderungen bewirke. Über die vorgenannten Meinungen trug aber den Sieg davon der Rat derjenigen, die von allzeit erprobter Einsieht und Klugheit waren und auch jetzt zur Entscheidung des Streites am geeignetsten erschienen. Diese hielten dafür, man solle die Lade nicht ohne weiteres zurücksenden, sie aber auch nicht behalten; vielmehr solle man für jede Stadt eine goldene Bildsäule verfertigen und sie Gott weihen dafür, dass er die Bürger errettet und ihr Leben erhalten habe, als sie von Übeln bedrängt worden seien, denen sie nicht zu widerstehen vermocht hätten. Dann solle man ebenso viele goldene Mäuse gießen, ähnlich denen, welche die Felder verheert und verwüstet hätten. Die Bildsäulen und die Mäuse solle man in einen Behälter verschließen, sie auf die Lade legen und für das Ganze einen neuen Wagen anfertigen lassen. Vor diesen solle man dann Kühe spannen, die gekalbt hätten, ihre Kälber aber zu Hause verwahren und verschließen, damit sie den Kühen nicht nachliefen und sie behinderten, und damit die Kühe, von Verlangen nach ihnen getrieben, möglichst schnell wieder nach Hause eilten. Die Kühe, die den Wagen mit der Lade zögen, solle man an einen Scheideweg führen und sie dann ziehen lassen, wohin sie wollten. Wenn sie nun auf die Hebräer angingen, solle man daraus ersehen, dass die Lade an den Drangsalen schuld sei; nähmen sie aber den entgegengesetzten Weg, so solle man daraus schließen, dass sie keine Macht habe, solchen Schaden zu stiften, und alsdann sie wieder zurückführen. 3. Diesen Rat hielt man für weise und gut und setzte ihn sogleich ins
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Werk. Und nachdem man alles in besagter Weise ausgeführt hatte, leitete man das Gefährt an den Scheideweg, überließ es dort sich selbst und zog sich nach Hause zurück. Die Kühe aber gingen gerades Weges weiter, als ob sie geführt würden, und hinterdrein folgten die Vorsteher der Palästiner, um zu erforschen, wo die Kühe Halt machen und wo sie sich hinwenden würden. Bei einem Dorfe nun im Stamme Judas, mit Namen Bethsama, blieben die Kühe, obwohl noch ein schönes und großes Feld vor ihnen lag, stehen und hielten den Wagen an. Das war für die Bewohner des Dorfes ein freudiges Schauspiel. Denn da es gerade im Sommer war, und alle sich der Ernte wegen auf dem Felde aufhielten, ließen sie, sobald sie die Lade gewahrten, ihre Arbeit ruhen und kamen sogleich voller Freude zu dem Wagen gelaufen. Dann hoben sie die Lade samt dem Kasten, der die Bildsäulen und die Mäuse enthielt, vom Wagen und stellten sie auf einen im Felde liegenden Felsblock. Und nachdem sie Gott feierlich geopfert und geschmaust hatten, brachten sie den Wagen nebst den Kühen als Opfer dar. Als dies die Vorsteher der Palästiner sahen, wandten sie sich und kehrten nach Hause zurück. 4. Der Zorn Gottes traf aber auch die Bethsamiter, und es wurden ihrer siebzig vom Blitze erschlagen, weil sie unwürdig gewesen, die Lade zu berühren, und dies dennoch getan hatten, obgleich sie keine Priester waren. Die so Getöteten wurden von allen Einwohnern des Dorfes beweint; man trug um sie dieselbe Trauer, wie man sie um diejenigen zu tragen pflegt, die von gottgesandtem Strafgericht ereilt werden, und ein jeder beklagte seine umbekommenen Angehörigen. Aus diesem Grunde hielten sie sich für unwürdig, die Lade länger bei sich zu behalten, und schickten deshalb Boten an den gemeinsamen Rat der Hebräer mit der Meldung, die Palästiner hätten die heilige Lade zurückgegeben. Sobald die Hebräer das erfuhren, brachten sie die Lade nach Kariathiarim, einer Stadt nahe bei Bethsama, wo sie sie im Hause des Leviten Aminadab, der wegen seiner Gerechtigkeit und Gottesfurcht hohes Ansehen genoss, aufstellten; denn der Ort, wo ein gerechter Mann wohne, sei Gott angenehm. Dessen Söhne besorgten auch den Dienst bei der Lade, und zwar zwanzig Jahre lang; denn so lange blieb dieselbe in Kariathiarim, nachdem sie bei den Palästinern vier Monate gewesen war.
Sechstes Buch· Zweites Kapitel
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ZWEITES KAPITEL Kriegszug der Palästiner gegen die Hebräer. Sieg der Hebräer unter Führung des Propheten Samuel.
1. Als nun das ganze Volk während der Zeit, da die Lade in Kariathiarim stand, dem Gebet und Opfer fleißig oblag und viel Frömmigkeit und Eifer im Gottesdienste bewies, hielt der Prophet Samuel es für angebracht, von der Freiheit und deren Nutzen zu reden. Er wandte sich deshalb an die Israeliten mit eindrucksvollen und überzeugenden Worten und sprach:»O ihr Männer, die ihr zwar an den Palästinern noch hartnäckige Feinde habt, aber Gottes Gnade Freundschaft wieder anfangt zu genießen, ihr müsst die Freiheit nicht nur erstreben, sondern auch das tun, wodurch ihr sie erringen könnt. Ihr dürft nicht daran denken, von fremder Herrschaft befreit zu werden, wenn ihr fortfahrt, das zu begehen, was euch zu Sklaven herunterdrückt. Pflegt also die Gerechtigkeit, tragt Sorge, die Verruchtheit aus euren Herzen zu verbannen, wendet euch mit ganzem Gemüt zu Gott und verharrt in seiner Verehrung. Wenn ihr das tut, wird euch Gutes in Fülle zuströmen, ihr werdet frei werden von der Knechtschaft und eure Feinde euch unterjochen, was ihr sonst weder mit Waffen noch durch Körperstärke, noch mit großer Heeresmacht erreichen könnt. Denn nicht solchen Mitteln hat Gott den Erfolg verheißen, sondern der Frömmigkeit und Gerechtigkeit. Ich verspreche euch, dass diese Verheißungen in Erfüllung gehen werden.« Diesen Worten spendete das Volk Beifall, nahm die Ermahnungen mit Freuden auf und erklärte sich bereit, das zu tun, was Gott wohlgefällig sei. Samuel rief sie darauf in die Stadt Masphath zusammen. Dieser Name bedeutet in hebräischer Sprache »etwas weit Sichtbares.« Daselbst schöpften sie Wasser und gossen es Gott zu Ehren aus, fasteten einen ganzen Tag und beteten. 2. Diese Zusammenkunft blieb den Palästinern nicht verborgen, und als sie davon Kunde erhalten, überfielen sie mit großer TIuppenmacht die Hebräer in der Hoffnung, sie ahnungslos und unvorbereitet anzutreffen. Hierüber gerieten die Hebräer in Bestürzung, Aufregung und Schrecken, und sie liefen zu Samuel und sprachen zu ihm: »Im Andenken an die neuliche Niederlage sind unsere Gemüter voll Schrecken und Verwirrung. Deshalb möchten wir uns gern ruhig verhalten, um die Feinde nicht noch mehr zu reizen. Denn ganz wehr- und waffenlos treffen sie uns hier an, die wir unter
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deiner Führung nur zu Gebet, Opfer und Gelöbnis hier zusammengekommen sind. Wir wissen also keine andere Zuflucht als zu dir und zu Gott, den du bitten wollest, er möge uns aus den Händen der Palästiner befreien.« Samuel hieß sie ganz beruhigt sein und versprach ihnen Gottes Beistand. Dann nahm er ein säugendes Lamm, brachte es für das Volk zum Opfer dar und bat Gott, er möge sie in der Schlacht vor der Macht der Palästiner schützen und sie nicht wiederum ins Unglück stürzen lassen. Und Gott erhörte ihre Bitten, nahm das Opfer gnädig an und verhieß ihnen Sieg und Vermehrung ihrer Kraft. Als nun das Opfertier noch auf dem Altare lag und noch nicht ganz verbrannt war, rückten die feindlichen Truppen aus ihrem Lager und rüsteten sich zum Kampf in der sicheren Hoffnung auf Sieg, da sie die Juden völlig machtlos wähnten, weil sie weder Waffen hätten noch sonst auf den Kampf vorbereitet seien. Die Sache nahm aber einen ganz anderen Ausgang, als man vorausgesehen hatte. Denn zunächst ließ Gott unter den Palästinem die Erde erbeben und erschütterte dieselbe so heftig~ dass sie keinen sicheren Schritt tun konnten, sondern hin und her schwankten und hier und da in neugebildete Erdspalten versanken. Dann erschreckte er sie durch heftige Donnerschläge und so schrecklich auf sie zuckende Blitze, dass es schien, als ob ihre Gesichter verbrannt würden, sodass sie die Waffen wegwarfen und flohen. Samuel stürzte sich mit dem ganzen Volke auf die Fliehenden, tötete viele und verfolgte die Übrigen bis zu einem Ort, der Korraea heißt. Hier richtete er als Wahrzeichen des Sieges und der Flucht der Feinde einen Felsblock auf, den er »den Starken« nannte zum Zeichen, dass Gott ihnen Stärke gegen ihre Feinde verliehen hatte. 3. Nach dieser Niederlage wollten die Palästiner keinen Krieg mehr mit den Israeliten führen, sondern in furchtsamem Gedenken dessen, was ihnen zugestoßen, Ruhe halten. Das Vertrauen aber, das früher die Palästiner beseelt hatte, war nach dem Siege auf die Israeliten übergegangen. Deshalb zog Samuel mit großer Truppenmacht gegen sie, brachte ihnen eine schwere Niederlage bei und demütigte ihren Stolz vollends. Auch nahm er ihnen das Land weg, das sie früher den Juden im Kriege geraubt hatten, und das sich von Gitta weithin bis nach Akkaron erstreckte. Die übrigen Chananäer aber pflegten in dieser Zeit mit den Israeliten Frieden und Freundschaft.
Sechstes Buch· Drittes Kapitel
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DRITTES KAPITEL Wie Samuel seines hohen Alters wegen die Verwaltung seinen Söhnen anvertraute und wie das Volk, erzürnt über deren schlechte Amtsftihrung, einen König begehrte.
1. Darauf teilte Samuel das Volk zweckmäßig ein und wies jedem Teil eine Stadt an, wo die Zusammenkünfte zur Schlichtung von Streitigkeiten stattfinden sollten. Er selbst aber besuchte zweimal im lahre die Städte, hielt darin Gericht und übte lange Zeit eine weise Rechtspflege. 2. Als er aber alt und gebrechlich geworden war, sodass er die gewohnten Amtsverrichtungen nicht mehr besorgen konnte, übertrug er die Regierung und die Sorge für des Staates Wohl seinen Söhnen, von denen der ältere Joe1, der jüngere Abia hieß. Der eine von ihnen sollte zu Bethe1, der andere aber zu Barsube residieren und Recht sprechen, und jedem war eine Hälfte des Volkes zur Regierung zugeteilt. Sie boten aber ein augenfälliges Beispiel dafür, dass nicht alle Kinder ihren Eltern an Charakter gleich sind, sondern dass schlechte Eltern oft gute und brave, gute Eltern aber oft missratene Kinder haben. Der letztere Fall traf bei ihnen zu. Denn sie wichen von dem Edelsinn und Eifer des Vaters fur alles Gute ab und gingen den entgegengesetzten Weg, verkehrten aus Sucht nach Geschenken und Gewinn das Recht und handelten bei ihren Urteilen nicht der Wahrheit gemäß, sondern zu ihrem eigenen Vorteil. Sie waren der Schwelgerei und Wollust ergeben und widersetzten sich sowohl dem Willen Gottes als der Autorität des Propheten, ihres Vaters, der so viele Mühe darauf verwendet hatte, im Volke den Sinn für Gerechtigkeit zu pflegen. 3. Als das Volk sah, dass die Sühne des Propheten durch ihre Frevel die frühere gute Ordnung ins Wanken brachten, ward es unwillig und strömte in hellen Haufen zu Samuel, der damals in Armatha wohnte, berichtete ihm die Untaten seiner Söhne und bat ihn, da er selbst wegen seines hohen Alters die Geschäfte nicht mehr führen könne, ihnen einen König auszuwählen, der sie lenken und regieren und die Palästiner wegen ihrer Ungebühr zur Verantwortung ziehen könne. Diese Reden beunruhigten und ängstigten den Samuel sehr, da er bei seiner angeborenen Gerechtigkeitsliebe gegen die Königsherrschaft eingenommen war. Vielmehr hatte er eine besondere Vorliebe fur die Herrschaft der Vornehmsten, die die Völker glücklich und fast göttlich zu machen imstande sei. Daher machte ihn das Ansinnen
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des Volkes so sorgenvoll und ängstlich, dass er Speise und Nachtruhe vergaß und sich ganze Nächte mit Gedanken über den Stand der Dinge plagte. 4. In dieser verzweifelten Lage erschien ihm Gott und tröstete ihn mit folgenden Worten: »Du musst über das Begehren des Volkes nicht ärgerlich sein, denn nicht dich, viehnehr auch mich selbst haben sie als ihren Herrscher gar oft nicht anerkennen wollen, und zwar schon von dem Tage an, da sie aus Ägypten auszogen. In kurzer Zeit werden sie darüber schwere Reue empfinden, durch die freilich das Geschehene nicht ungeschehen gemacht werden kann. Aber sie werden es doch bitter beklagen, dass sie mich verachtet und sich ebenso wohl gegen meine Ratschlüsse als gegen dich, ihren Propheten, so undankbar bewiesen haben. Ich will nun, dass du ihnen einen König erwählst, den ich dir zeigen werde. Setze ihnen jedoch zuvor die Unbilden auseinander, die sie unter Königen zu erdulden haben werden, und mache sie darauf aufmerksam, in welche Veränderung sie sich kopflos stürzen wollen.« 5. Als Samuel das vernommen, rief er bei Tagesanbruch die Juden zusammen und erklärte sich bereit, ihnen einen König zu erwählen. Doch müsse er ihnen auch kundtun, wie es ihnen unter Königen ergehen wurde, und von welchen Schicksalen sie würden heimgesucht werden. »Wisset denn«, fuhr er fort, »der König wird euch zunächst eure Söhne nehmen und die einen zu Wagenlenkern, die anderen aber zu Reitknechten und 'frabanten machen, wieder andere zu Läufern, Obersten und Hauptleuten. Auch zu Handwerkern, Waffenschmieden, Wagenbauern und Werkzeugfabrikanten, Feldarbeitern, Verwaltern und Winzern wird er sie sich heranziehen. Überhaupt gibt es nichts, was sie nicht auf seinen Befehl nach Art der Lohndiener zu tun haben werden. Ferner wird er eure Töchter zu Salbenbereiterinnen, Köchinnen und Bäckerinnen machen und ihnen überhaupt alle Arbeiten auferlegen, denen sich sonst notgedrungen nur Sklavinnen aus Furcht vor Schlägen und Quälereien unterziehen. Dann wird er euch auch eure Besitzungen nehmen und sie seinen Verschnittenen und Säckelmeistern geben, eure Viehherden aber an diesen und jenen verteilen. Um es kurz zu machen, ihr werdet mit euren Angehörigen nichts anderes sein als Diener und Sklaven des Königs. Und wenn ihr das alles erdulden müsst, dann werdet ihr vielleicht dieser meiner Worte gedenken und Gott reumütig bitten, dass er sich euer erbarmen und euch von eurem König wieder befreien möge. Er aber wird euch nicht erhören, euch viehnehr euch selbst überlassen und euch dafür büßen lassen, was ihr in eurem Unverstande euch gewünscht habt.« 6. Aber die Menge war für die Vorhersagungen taub und bestand fest auf
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ihrer vorgefassten Meinung, die übrigens schon eingewurzelt war. Und wie sie sich von ihrem Vorhaben nicht abbringen ließen, so kümmerten sie sich auch um Samuels Worte nicht, forderten vielmehr hartnäckig einen König, indem sie wegen ihrer Zukunft sich nicht im Mindesten besorgt zeigten. Denn um sich an ihren Feinden rächen zu können, bedürften sie eines Königs, der mit ihnen in den Krieg ziehe. Es sei doch nichts Widersinniges, dass, da die benachbarten Völker Könige hätten, sie auch einen solchen haben wollten. Als nun Samuel sah, dass alle seine Ermahnungen und Warnungen nichts fruchteten, und dass sie fest bei ihrer Meinung beharrten, sagte er: »Geht jetzt wieder nach Hause, und sobald ich von Gott vernommen habe, wen er euch zum Könige bestimmt, werde ich euch wieder rufen lassen.«
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VIERTES KAPITEL Saul wird auf Geheiß Gottes zum König erwählt.
1. Es war aber ein Mann aus dem Stamme Benjamin von edler Herkunft und guten Sitten, mit Namen Kis. Dieser hatte einen Sohn, der von hervorragender Gestalt, schlankem und herrlichem Wuchs und, was noch erwähnenswerter ist, von großem Mut und glänzenden Geistesanlagen war. Der Sohn hieß Saul. Eines Tages nun waren dem Kis einige seiner schönsten Eselinnen von der Weide abhanden gekommen (er hatte nämlich unter seinem sonstigen Besitztum einen besonders reichen Bestand an Eseln), und er schickte deshalb seinen Sohn mit einem Knechte aus, um dieselben zu suchen. Nachdem der Sohn den väterlichen Stamm auf der Suche nach den Eselinnen durchforscht hatte, wandte er sich zu anderen Stämmen, suchte aber auch hier vergebens und beschloss daher, nach Hause zurückzukehren, damit sich sein Vater keine Unruhe um seinen Verbleib mache. Da er nun in die Nähe der Stadt Armatha kam, und sein Knecht ihn darauf aufmerksam machte, es wohne hier ein echter Prophet, von dem man erfahren könne, wo die Eselinnen geblieben seien, sagte er, er habe nichts, was er dem Propheten dafür bezahlen könne, da der Verzehr auf der Reise seine Mittel erschöpft habe. Der Knecht entgegnete darauf, er habe noch den vierten Teil eines Sekels, den man dem Propheten geben könne; sie wussten nämlich nicht, dass der Prophet keine Belohnung annahm. Als sie sich darauf zu den Propheten begaben, trafen sie am Stadttor einige Mädchen, die
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Wasser holen gingen, und fragten diese, wo der Prophet wohne. Die Mädchen zeigten ihnen das Haus, bemerkten aber, sie müssten sich beeilen, wenn sie den Propheten noch antreffen wollten, ehe er zu Tische gehe; er habe nämlich gerade viele Gäste zu Tisch geladen und pflege vor den Eingeladenen Platz zu nehmen. Samuel aber hatte um einer bestimmten Ursache willen mehrere zu Tisch geladen. Da er nämlich täglich zu Gott flehte, er möge ihm den künftigen König bezeichnen, verhieß ihm Gott am vorhergehenden Tage, er werde es ihm morgen kundtun und ihm um diese Zeit einen Jüngling aus dem Stamme Benjamin senden. Samuel saß daher an diesem Tage auf dem Dache seines Hauses und erwartete des Jünglings Ankunft. Sobald aber die bestimmte Zeit da war, stieg er hinunter und begab sich zu Tisch. Er traf nun den Saul vor der Haustür, und da gab ihm Gott ein, das sei der, der des Volkes König werden solle. Saul trat auf Samuel zu, grüßte ihn und fragte, wo der Prophet wohne, denn er sei fremd hier. Samuel antwortete ihm, er sei es selbst, führte ihn zu Tisch und sagte ihm, um die Eselinnen, die er suche, stehe es gut; er selbst aber werde die höchste Wurde erlangen. Da sprach Saul: »Das übersteigt alle meine Erwartung, 0 Herr, und mein Stamm ist viel zu gering, als dass aus ihm Könige hervorgehen sollten; auch ist meine Familie unansehnlicher als alle übrigen. D~ treibst wohl deinen Scherz mit mir, da du mir von größeren Dingen redest, als ich je erreichen kann.« Der Prophet aber geleitete ihn zu Tische und setzte ihn und seinen Knecht über alle anderen Geladenen, die im Ganzen siebzig an der Zahl waren; auch befahl er seinen Dienern, dem Saul eine königliche Portion vorzusetzen. Als nun die Zeit der Nachtruhe herankam, gingen die anderen Gäste nach Hause, Saul aber blieb mit seinem Knecht bei dem Propheten über Nacht. 2. Am frühen Morgen weckte Samuel den Saul auf und gab ihm das Geleit auf den Weg. Sobald sie aber aus der Stadt heraus waren, hieß er den Knecht vorangehen; Saul dagegen bat er stehen zu bleiben, da er ihm etwas ohne Zeugen zu sagen habe. Als Saul nun seinen Knecht vorausgeschickt hatte, zog der Prophet ein Gefäß hervor, goss Öl auf das Haupt des Jünglings, küsste ihn und sprach: »Sei König nach dem Willen Gottes, bekämpfe die Palästiner und räche die Hebräer. Was ich dir jetzt ankündige, soll dir ein Wahrzeichen davon sein. Wenn du von hier weggehst, wirst du auf dem Wege drei Männern begegnen, die nach Bethel wandern, um Gott dort anzubeten. Der erste von ihnen wird drei Brote tragen, der zweite einen Bock, und der dritte einen Schlauch mit Wein. Sie werden dich begrüßen und freundlich anreden und dir zwei Brote geben; die sollst du annehmen. Wenn
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du dann weiter zum Grabe der Rachel kommst, wirst du wieder einen Mann treffen, der dir verkündigen wird, wo du die Eselinnen finden kannst. Dann kommst du nach Gabatha, wo du eine große Anzahl Propheten antreffen wirst, und du wirst selbst vom göttlichen Geiste ergriffen werden und weissagen, sodass alle, die es hören, staunen und fragen werden: Wie ist denn der Sohn des Kis zu solchem Glücke gekommen? Wenn du diese Zeichen siehst, so erkenne daran, dass Gott dir beisteht, und dann gehe und begrüße deinen Vater und deine übrigen Verwandten. Wenn ich dich nun bescheide, kommst du nach Galgala, damit wir Gott fur seine Hilfe Friedopfer darbringen.« Als er dies gesagt und verküridigt hatte, entließ er den Jüngling. Dem Saul aber begegnete alles so, wie Samuel es vorhergesagt hatte. 3. Als er nun nach Hause kam, und sein Verwandter Abener, den er vor allen anderen liebte, ihn fragte, wie die Reise verlaufen sei und was sie auf derselben erlebt hätten, verhehlte er ihm nichts, auch nicht, dass er den Propheten Samuel besucht und dass dieser ihm gesagt habe, die Eselinnen seien gut aufgehoben. Von dem Königtum aber und was sich darauf bezog, schwieg er, da er glaubte, es möchte Neid erregen und werde doch keinen Glauben finden. Und obgleich jener ihm sehr befreundet war, und er ihn von seinen Verwandten am meisten liebte, hielt er es doch nicht für sicher und klug, es ihm mitzuteilen. Zweifellos überlegte er nämlich, dass die menschliche Natur nun einmal so beschaffen sei, dass selbst der beste Freund und Verwandte nicht immer Wohlwollen an den Tag lege, und dass, sobald Gott jemand reichliches Glück verleihe, selbst die Gesinnung der Edelsten in Übelwollen und Neid umzuschlagen pflege. 4. Hierauf berief Samuel das Volk in die Stadt Masphath und sprach auf Geheiß Gottes, wie er sagte, also zu ihm: »Ich habe euch die Freiheit verschafft und euch eure Feinde unterjocht, und doch wisst ihr mir für diese Wohltaten wenig Dank, da ihr sogar Gott das Recht, euch zu regieren, absprecht und nicht einseht, dass sich unter seiner Regierung am besten leben lässt; denn Gott ist der beste Herrscher. Trotzdem wollt ihr lieber einen König haben, der euch wie das Vieh unterjochen, ganz nach seiner Willkür und den Eingebungen seiner Leidenschaften über euch herrschen und seine Macht zügellos gebrauchen wird. Keineswegs wird er aber das Menschengeschlecht beschützen und erhalten wie Gott, der es geschaffen hat. Weil ihr aber einmal so wollt und Gott einen solchen Schimpf antut, so teilt euch nach Stämmen und Familien, und werfet dann das Los.« 5. Da die Hebräer das taten, traf das Los den Stamm Benjamin. Als man dann weiterging nach Familien, fiel das Los auf die Familie Matris, und als
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man dann noch nach einzelnen Männern loste, wurde König: Saul, der Sohn des Kis. Sobald Saul dies erfuhr, verbarg er sich, um nicht den Schein zu erwecken, als ob er begierig nach der Königswürde sei. Denn er zeigte eine so große Mäßigung und Bescheidenheit, dass er weit entfernt war, sich der neuen Wurde zu rühmen, ja dass er sogar sich vor denen verbarg, über die er herrschen sollte, und sich von ihnen mühsam suchen ließ, während die meisten Menschen schon dann, wenn ihnen ein kleines Glück zuteil wird, sich kaum vor Freude halten können und sich den Blicken aller zeigen müssen. Da sich nun Saul nirgends sehen ließ und das Volk deshalb in Sorge und Unruhe geriet, bat der Prophet Gott, er möge ihm doch kundtun, wo Saul sei und den Jüngling allen sichtbar machen. Als er darauf von Gott Sauls Versteck erfahren hatte, ließ er ihn holen und s~llte ihn mitten unter das Volk. Und Saul ragte weit über alle anderen hinaus und bot eine wirklich königliche Erscheinung dar. 6. Darauf sprach der Prophet: »Diesen Jüngling hat euch Gott zum Könige gegeben; seht, wie er über alle hervorragt und sich als wahrer König zeigt«, Da jubelte das Volk: Es lebe der König! Der Prophet aber, der alle künftigen Ereignisse aufgeschrieben hatte, las diese Aufzeichnungen dem . Volke in Gegenwart des Königs vor und legte dann das Buch in die Hütte Gottes, damit es für alle Zeiten zum Zeugnis diene, dass er das alles vorhergesagt habe. Darauf entließ er das Volk nach Hause, er selbst indes kehrte in seine Vaterstadt Armatha zurück. Saul aber zog wieder in seine Heimat Gabatha und ward von vielen Gutgesinnten begleitet, die ihm die dem Könige gebührenden Ehrenbezeugungen erwiesen; anderseits gab es aber auch manche, die ihn verachteten, die Übrigen verhöhnten, ihm keine Geschenke brachten und in Wort wie Tat kein Hehl daraus machten, dass Saul auf ihren Beifall nicht rechnen könne.
FÜNFTES KAPITEL Saul fUhrt Krieg gegen die Ammaniter, schlägt und plündert sie. Nochmalige Bestätigung Sauls als König. 68
l. Ungefähr einen Monat nachher befestigte Saul sein Ansehen durch einen Krieg, den er mit Naases, dem Könige der Ammaniter, führte. Dieser hatte einen Kriegszug gegen die jenseits des Jordan wohnenden Juden un-
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ternommen und sie hart bedrängt, da er nicht nur ihre Städte eingenommen, sondern auch den mit Gewalt Unterjochten durch eine schlaue und listige Tat es unmöglich gemacht hatte, sich seiner Botmäßigkeit wieder zu entziehen, falls sie dies je gelüsten sollte. Er ließ nämlich denen, die sich ihm auf Gnade und Ungnade ergeben hatten oder kriegsgefangen in seine Gewalt gelangt waren, das rechte Auge ausstechen in der Absicht, sie zum Kriege untauglich zu machen, da das linke Auge ja durch den Schild verdeckt wurde. Als der König der Ammaniter so gegen die Juden jenseits des Jordan gewütet hatte, führte er sein Heer auch wider die Galadener. Bei deren Hauptstadt Jabis schlug er sein Lager auf und ließ den Einwohnern durch Gesandte die drohende Verkündigung zugehen, sie sollten sich ihm entweder ergeben und sich das rechte Auge ausstechen lassen, oder sie hätten eine Belagerung und vollständige Zerstörung ihrer Städte zu gewärtigen; sie hätten also die Wahl, ob sie ein Glied ihres Körpers verlieren oder vollends zugrunde gehen wollten. Die Galadener gerieten darob in großen Schrecken und wagten auf beides keine Antwort zu geben, ob sie sich freiwillig ergeben oder lieber das Kriegsglück versuchen wollten. Sie baten deshalb um einen siebentägigen Waffenstillstand, um ihre Stammesgenossen um Hilfe angehen zu können. Gewährten diese die Hilfe, so wollten sie den Krieg versuchen, im anderen Falle aber sich ergeben auf Gnade und Ungnade. 2. Naases, der die Galadener samt ihrer Antwort verachtete, bewilligte ihnen den Waffenstillstand und ließ ihnen sagen, sie möchten nur zu Hilfe rufen, wen sie wollten. Daher ließen die Galadener an alle Städte der Israeliten die Botschaft ausrichten, in welche Not sie durch die Drohungen des Naases geraten seien, und alle Israeliten weinten und trauerten, als sie von dem Unglück der Jabisener erfuhren, und ließen vor Furcht alles liegen und stehen. Und als die Boten auch in die Stadt des Königs Saul kamen und die gefahrvolle Lage der Jabisener meldeten, wurde deren Bevölkerung von gleichem Schmerze ergriffen, und sie empfanden große 'frauer über das Elend ihrer Brüder. Da nun Saul von der Feldarbeit nach der Stadt zurückkam, seine Mitbürger in 'fränen aufgelöst fand und auf seine Frage erfuhr, was die Gesandten gemeldet und was ihnen so großen Kummer verursache, kam göttliche Erleuchtung über ihn. Er schickte die Jabisener zurück und versprach ihnen, er werde ihnen am dritten Tage zu Hilfe kommen und die Feinde vor Tagesanbruch zu Boden schlagen, sodass die aufgehende Sonne sie selbst als Befreite und Sieger begrüßen werde. Nur einige von den Boten hieß er bleiben, um ihm als Wegweiser zu dienen.
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3. Weil nun Saul das Volk zum Kriege gegen die Ammaniter durch Furcht vor körperlichem Schaden anreizen und es so schnell wie möglich zusammenbringen wollte, ließ er seinen Ochsen die Sehnen durchschneiden und drohen, so werde er alle die behandeln lassen, die nicht am folgenden Tage mit ihren Waffen am Jordan erscheinen und ihm und dem Propheten Samuel folgen würden. Aus Furcht vor der angedrohten Strafe kamen die Bewaffneten massenweise heran und wurden in der Stadt Bala gezählt, wobei sich ohne den Stamm Judas, der allein siebzigtausend zählte, gegen siebenhunderttausend Mann ergaben. Darauf überschritt Saul den Jordan, marschierte die ganze Nacht zehn Schoinen* weit und kam vor Sonnenaufgang an seinem Ziele an. Er teilte dann das ganze Heer in drei Abteilungen und griff den nichts ahnenden Feind von allen Seiten an; und es fiel in der Schlacht eine große Menge der Feinde, unter ihnen auch der König Naases selbst. Diese herrliche Kriegstat vermehrte Sauls Ruhm bei allen Israeliten, die über ihn voll des Lobes und der Bewunderung waren. Selbst die, die ihn früher verachtet hatten, änderten ihre Ansicht, ehrten ihn und hielten ihn für den Besten von allen. Denn Saul war nicht damit zufrieden, die Jabisener gerettet zu haben, sondern er fiel auch ins Land der Ammaniter ein, verheerte und verwüstete es, machte reiche Beute und kehrte ruhmbedeckt nach Hause zurück. Diese glücklichen Erfolge freuten das Volk sehr, und es war stolz darauf, einen solchen König zu haben. Gegen die aber, die ihn früher nicht für fähig gehalten hatten, ihr Land zu schützen, erhob sich lautes Geschrei, und man wollte sie dafür zur Strafe ziehen, schmähte sie auch, wie das Volk zu tun pflegt, wenn das Glück es übermütig macht gegen die, die seine Urheber verachtet haben. Saul lobte ihren Eifer und ihre gute Gesinnung gegen ihn, schwor aber hoch und teuer, dass kein Stammesgenosse an diesem Tage die Todesstrafe erleiden solle. Denn es sei widersinnig, einen von Gott verliehenen Sieg dadurch zu beflecken, dass man an seinen Stammesgenossen blutigen Mord begehe. Vielmehr gezieme es sich, dass sie den Tag in gegenseitiger Liebe und mit Freudenmahlen feierten. 4. Da nun Samuel verkündigte, es bedürfe einer nochmaligen Einsetzung und Bestätigung Sauls als König, versammelten sich alle in der Stadt Galgal~ wie Samuel befohlen hatte. Hier salbte er im Angesichte des Volkes nochmals den Saul mit heiligem Öl und legte ihm den Königstitel bei. So wurde der Staat der Hebräer in ein Königreich verwandelt. Denn unter * Ägyptisches Wegemaß. Nach Herodot 11. 5 beträgt ein Schoinos sechzig Stadien; obige Angabe ist demnach wohl übertrieben.
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Moyses und seinem Schüler Jesus, der das Heer führte, war die Regierung in den Händen der Vornehmsten. Nach dem Tode des Jesus aber entbehrte das Volk achtzehn Jahre lang eines Oberhauptes. Darauf kehrte es wieder zu der früheren Regierungsform zurück, sodass die oberste Entscheidung jedes Mal dem anvertraut wurde, der sich im Kriege durch Tapferkeit besonders ausgezeichnet hatte. Deshalb nennt man die ganze Zeitperiode, in der diese Regierungsform üblich war, die der Richter. 5. In einer darauf folgenden Versammlung sprach der Prophet zu den Hebräern: »Ich beschwöre euch bei dem allmächtigen Gott, der die beiden großen Brüder Moyses und Aaron erschaffen und eure Vater aus der Knechtschaft der Ägypter erlöst hat, ihr wollet mir ohne Scheu und Furcht und ohne irgendeinem anderen Gefühle nachzugeben,' sagen, ob ich irgendetwas Schlechtes und Ungerechtes getan habe, sei es aus Gewinnsucht oder Rechthaberei oder aus Gefalligkeit gegen andere. Könnt ihr mich beschuldigen, dass ich jemand sein Kalb oder Schaf oder sonst dergleichen genommen habe, obwohl man doch von Schuld frei ist, wenn man solches zum notwendigen Lebensunterhalt nimmt, oder dass ich jemandes Zugtier zu meiner Arbeitsverrichtung gebraucht und ihn dadurch betrübt habe? Wisst ihr dergleichen, so sagt es hier, in Gegenwart eures Königs, freiheraus.« Sie aber riefen, er habe Derartiges nie getan, sondern immer gerecht und gewissenhaft dem Volke vorgestanden. 6. Als nun alle dem Samuel ein so glänzendes Zeugnis erteilten, fuhr er fort: »Da ihr also zugebt, dass ihr mir nichts Böses vorwerfen könnt, nun wohl, so will ich euch auch freiheraus sagen, wie sehr ihr euch dadurch gegen Gott verfehlt habt, dass ihr einen König begehrtet. Ihr müsst euch doch noch erinnern, dass euer Vorfahre Jakob mit nur siebzig Personen unseres Stammes infolge einer Hungersnot nach Ägypten gezogen ist. Als sich hier sein Geschlecht bis auf viele Tausende vermehrt hatte und von den Ägyptern in harter und schmachvoller Knechtschaft gehalten wurde, hat Gott auf das Flehen eurer Vater ohne einen König das Volk von dieser Not befreit und ihm die Brüder Moyses und Aaron gesandt, die euch in dieses Land geführt haben, welches ihr jetzt besitzt. Aber trotz dieser Wohltaten Gottes habt ihr Frömmigkeit und Gottesdienst vernachlässigt. Nichtsdestoweniger hat er euch abermals aus der Gewalt eurer Feinde erlöst. Denn zuerst hat er euch den Sieg über die Assyrier verliehen, dann über die Ammaniter und Moabiter, und zuletzt über die Palästiner. Und das alles habt ihr nicht unter einem Könige, sondern unter Führung Jephthes' und Gedeons vollbracht. Was für eine Torheit hat euch also ergriffen, dass ihr euch der
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Herrschaft Gottes entzieht und euch einem Könige unterwerft? Doch habe ich euch, da ihr nicht anders wolltet, den König erwählt, den Gott bezeichnete. Damit es euch aber offenbar wird, dass Gott euch zürnt, weil ihr die Herrschaft eines Königs gewünscht habt, so will ich es bewirken, dass Gott durch ein untrügliches Zeichen dies kundtue. Denn ich werde Gott bitten, euch jetzt mitten im Sommer ein Unwetter zu senden, wie es noch niemand in dieser Gegend erlebt hat.« Kaum hatte Samuel dies zum Volke geredet, so bekräftigte Gott alle seine Worte durch ein so fürchterliches Gewitter mit Hagelschlag, dass sie von Angst und Entsetzen ergriffen bekannten, sie hätten aus Unverstand gefrevelt. Und sie baten den Propheten, er möge als gütiger und milder Vater Gottes Gnade für sie erflehen, damit er ihnen diese Sünde, durch die sie so viel Schande und Unheil erzeugt hätten, verzeihe. Samuel versprach ihnen, er werde Gottes Verzeihung für sie erbitten, ermahnte sie aber auch, dass sie sich eines gerechten und guten Wandels befleißigen und stets gedenken sollten, in welches Unglück sie durch Abweichen vom Wege der Thgend geraten seien. Auch sollten sie sich erinnern der Wunder, die Gott gewirkt, und der Gesetze, die Moyses ihnen gegeben habe, wenn ihnen ihr Wohlergehen und ihres Königs Glück am Herzen liege. Wenn sie aber seine Ermahnungen missachteten, würden sie samt ihrem Könige schwer von Gott heimgesucht werden. Hierauf entließ Samuel die Hebräer nach Hause, nachdem er den Saul abermals als König bestätigt hatte.
SECHSTES KAPITEL Wie die Palästiner wiederum die Hebräer angriffen, aber geschlagen wurden. 95
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1. Saul wählte nun aus dem Volke gegen dreitausend Mann aus, bestimmte davon zweitausend zu seiner Leibgarde und residierte in Bethel; den Rest der Mannschaft überließ er ,seinem Sohne J onathas als Leibwache und sandte ihn nach Gaba. Er selbst unternahm die Erstürmung eines Lagers der Palästiner, das nicht weit von Galgala entfernt war. Denn die Palästiner, welche Gaba bewohnten, hatten die Juden unterworfen, sie ihrer Waffen beraubt und in ihre Festungen Besatzungen gelegt, ihnen auch für die Folge die Fabrikation von eisernen Gegenständen verboten. Infolge dieses Verbots mussten die Ackerer, wenn sie neuer Geräte bedurften, als
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Pflugschar, Hacke und anderer landwirtschaftlichen Werkzeuge, dieselben bei den Palästinern anfertigen lassen. Als nun die Palästiner von der Zerstörung ihres Lagers Kunde erhielten, ergrimmten sie gewaltig und rüsteten sich, um die ihnen zugefügte Unbill zu rächen, zum Kriege gegen die Juden. Thr Heer bestand aus dreihunderttausend Fußsoldaten, dreißigtausend Wagen und sechstausend Reitern, und sie schlugen ihr Lager bei Machma auf. Als der König Saul das vernahm, zog er nach Galgala, sandte Herolde im ganzen Lande umher und rief das Volk zum Schutze seiner Freiheit und zum Kriege gegen die Palästiner auf, indem er deren Macht als geringfügig und verächtlich hinstellen ließ, sodass die Juden nicht das mindeste Bedenken zu tragen brauchten, den Kampf mit ihnen aufzunehmen. Als aber Sauls Truppen die gewaltige Menge der Palästiner erblickten, wurden sie sehr bestürzt. Ein Teil von ihnen verbarg sich in Höhlen und unterirdischen Gängen, die meisten aber flüchteten in das Land jenseits des Jordan, das den Stämmen Gad und Rubel gehörte. 2. Saul aber schickte Boten zu dem Propheten und beschied ihn zu sich, um mit ihm wegen des Krieges und über sonstige Angelegenheiten Rat zu pflegen. Samuelließ sagen, er möge ihn erwarten und Opfer bereithalten; nach sechs Tagen werde er zu ihm kommen, am siebenten Tage Opfer darbringen, und alsdann sollten sie mit dem Feinde kämpfen. Saul wartete nun zwar, bis der Prophet kam, wie dieser befohlen hatte; doch kam er seinem Befehle nicht in jeder Beziehung nach. Denn als er merkte, dass der Prophet sich verzögerte, und dass seine Streiter anfingen, sich zu zerstreuen, brachte er selbst das Opfer auf dem Altare dar. Als er dann von Samuels Ankunft hörte, ging er ihm entgegen. Dieser warf ihm vor, er habe nicht recht daran getan, seinem Befehle zuwiderzuhandeln und seine Ankunft nicht abzuwarten; verwegen sei Saule Unterfangen gewesen, selbst das Opfer darzubringen, weil er allein von Gott dazu bestimmt sei, Gebete und Opfer für das Volk abzuhalten. Saul entschuldigte sich darauf und sagte, er habe ja so viele Tage zugewartet, als Samuel vorgeschrieben, und nur die Not habe ihn dazu verleitet, das Opfer darzubringen, da sein Heer aus Furcht vor dem bei Machma lagernden Feinde angefangen habe, sich zu zerstreuen, der Feind selbst aber im Begriffe gewesen sei, nach Galgala aufzubrechen. Samuel aber entgegnete ihm: »Wenn du mir verständig gefolgt und nicht durch deine unnötige Eile die Befehle Gottes, die er dir durch mich gab, übertreten hättest, so hättest sowohl du als deine Nachkommen die Herrschaft länger behalten.« Hierauf ging Samuel, ärgerlich über das Vorgefallene, nach Hause; Saul aber begab sich mit nur sechshundert Mann und sei-
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nem Sohne 10nathas nach der Stadt Gabaon. Von seinen Leuten hatte der größte Teil noch nicht einmal Waffen, da in dieser Gegend weder Eisen noch Waffenschmiede zu finden waren; denn wie oben gesagt, hatten die Palästiner dies verboten. Die Palästiner teilten sodann ihr Heer in drei Abteilungen, brachen auf ebenso vielen Wegen in das Gebiet der Hebräer ein und verwüsteten es, während Saul und sein Sohn 10nathas ruhig zusehen und die Verheerung des Landes zulassen mussten, da sie ja nur 600 Mann hatten. Als nun Saul nebst seinem Sohne und dem Hohepriester Achias, einem Nachkommen des Hohepriesters Eli, auf einem Hügel saß und die Verwüstung des Landes sah, wurden sie heftig erschüttert, und Sauls Sohn beschloss, mit seinem Waffenträger sich heimlich in das Lager der Feinde zu schleichen und dort Lärm und Schrecken zu erregen. Und da der Waffenträger gelobte, ihm überallhin zu folgen, wenn es ihm auch das Leben kosten sollte, stieg er mit ihm von dem Hügel herab und nahm den Weg auf die Feinde zu. Deren Lager aber lag in einer abschüssigen Gegend, die in drei hochragende Bergspitzen auslief und rings von Klippen umgeben war, sodass sie den Anblick einer durch Bollwerke geschützten Festung bot. Man hatte daher auch keinen sonderlichen Wert auf Bewachung gelegt, da die Beschaffenheit der Gegend so fest erschien, dass wohl niemand sich getraute, ihr zu nahen, geschweige denn sie zu ersteigen. Als die beiden nun an das Lager herangekommen waren, ermahnte 10nathas seinen Waffenträger, er möge gutes Muts sein, und fuhr dann fort: »Wir wollen uns jetzt an die Feinde heranmachen; wenn sie, sobald sie uns erblickt haben, uns zu ihnen heraufsteigen heißen, so kannst du daraus ein Anzeichen unseres Sieges erkennen, schweigen sie jedoch still und rufen uns nicht, so wollen wir wieder umkehren.« Als sie dann bei Tagesanbruch sich dem feindlichen Lager noch mehr näherten, und die Palästiner sie gewahr wurden, sprachen diese zueinander: ·»Die Hebräer kriechen aus ihren Höhlen und Schlupfwinkeln hervor!« Den 10nathas aber und seinen Waffenträger redeten sie also an: »Kommt, steigt zu uns herauf, damit ihr für eure Tollkühnheit die verdiente Strafe empfangt.« Sobald Sauls Sohn den Ruf vernommen hatte, erkannte er darin freudigen Herzens ein Siegeszeichen und schritt von dem Orte, wo die Feinde sie erblickt hatten, weiter bis zu einem Felsen, an den man seiner festigkeit wegen keine Wache gelegt hatte. Hier klommen sie mit vieler Mühe bergan, überwanden glücklich die natürlichen Schwierigkeiten des Ortes und drangen auf die Feinde ein, überfielen sie im Schlafe und töteten ihrer gegen zwanzig. Die Übrigen aber waren derart verwirrt und bestürzt, dass einige ihre Waffen wegwarfen und flohen, die meisten hingegen wider
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einander fochten, da sie aus vielerlei Völkerschaften zusammengelesen waren und sich daher gegenseitig nicht kannten, vielmehr einander für Feinde hielten; davon, dass nur zwei Hebräer sie angegriffen hatten, hatten sie keine Ahnung. So töteten sie sich teils gegenseitig mit den Waffen, teils stürzten sie einander von den Felsklippen herab. 3. Als nun die Kundschafter Sauls diesem die Nachricht brachten, im Lager der Palästiner gehe alles drunter und drüber, forschte er nach, ob jemand von den Seinen sich entfernt habe. Nachdem er dann vernommen, sein Sohn werde nebst dessen Waffenträger vermisst, befahl er dem Hohepriester, sein priesterliches Gewand anzulegen und ihm die Zukunft zu weissagen. Er erhielt zur Antwort, er werde die Feinde besiegen, und sogleich zog er gegen die Palästiner und griff sie an, als sie in ihrer Verwirrung noch immer gegeneinander kämpften. Auf die Nachricht von Sauls Sieg stießen auch diejenigen wieder zu ihm, die sich vorher in Erdgängen und Höhlen versteckt hatten. Als sein Heer so auf zehntausend Hebräer angewachsen war, verfolgte er die Feinde, die sich in der ganzen Gegend umher zerstreut hatten. Sei es nun aber aus Freude über den unverhofften Sieg (denn die, denen ein so großes Glück zuteil wird, pflegen jeder vernünftigen Überlegung bar zu sein), sei es aus Unverstand, genug, Saul beging einen schweren Fehler und eine tadelnswerte Torheit. Denn in der Absicht, sich an den Palästinern zu rächen und sie gebührend zu bestrafen, verfluchte und verwünschte er jeden Hebräer, der Speise zu sich nehmen und von der Tötung der Feinde ablassen würde, bevor die Nacht die weitere Verfolgung unmöglich mache. Als Saul dies verkündigt hatte, kamen die Hebräer in einen dichten, bienenreichen Wald, der zum Stamme Ephralm gehörte. 10nathas aber, der von dem Fluche seines Vaters und der Zustimmung des Volkes dazu nichts gehört hatte, presste den Honig aus einer Scheibe und verzehrte ihn. Inzwischen erfuhr er, dass sein Vater unter schweren Verwünschungen verboten hatte, vor Sonnenuntergang Speise anzurühren, und hörte nun zwar auf zu essen, missbilligte aber das Verbot seines Vaters: denn die Hebräer würden, wenn sie sich durch etwas Speise erfrischt hätten, mit größerer Ausdauer und Behändigkeit die Verfolgung fortsetzen und viel mehr Feinde töten und gefangen nehmen. 4. Nachdem nun viele Tausende von den Palästinern umgebracht waren, machten sich die Hebräer gegen Abend an die Plünderung des Lagers derselben und nahmen viele Beute und besonders viel Vieh weg. Das Vieh schlachteten sie und verzehrten es mitsamt dem Blute. Dem Könige aber wurde von seinen Schreibern gemeldet, dass die Krieger sich beim Opfer
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gegen Gott versündigten, weil sie, ehe das Blut gänzlich vom Fleische entfernt und so das Fleisch gereinigt war, davon genossen hätten. Da befahl SauL einen großen Felsblock heranzuwälzen und das Vieh darauf zu schlachten, aber unter keinen Umständen Fleisch und Blut zusammen zu genießen, weil das Gott höchst missfällig sei. Als nun alles Volk diesem Befehl des Königs gemäß getan, errichtete Saul an dieser Stelle einen Altar und brachte Gott auf demselben ein vollständiges Opfer dar. Das war der erste Altar, den Saul erbaute. 5. In der Absicht, sogleich nach dem Lager der Feinde aufzubrechen und dasselbe vollends zu zerstören, bevor es tage, berief der König, zumal da sich auch das Volk dessen nicht weigerte, vielmehr eine große Bereitwilligkeit zur Vollziehung seiner Befehle bekundete, den Hohepriester Achitob und hieß ihn nachforschen, ob Gott erlauben würde, dass sie zum feindlichen Lager zögen und alle noch darin Befindlichen niedermachten. Der Hohepriester aber gab zur Antwort, Gott wolle sich hierüber nicht aussprechen, worauf Saul ausrief: »Gott hat gewiss seinen guten Grund dafür, dass er uns die Antwort verweigert, obgleich er uns früher über alles Bescheid erteilte, selbst wenn wir ihn nicht fragten. Irgendeine geheime Sünde unsererseits ist die Ursache dieses Schweigens. Bei Gott selbst schwöre ich, dass ich den Frevler töten werde, und sollte es auch mein Sohn Jonathas sein. Auf diese Weise hoffe ich Gott zu versöhnen. Mein eigen Fleisch und Blut werde ich dafür bestrafen, gerade als ob es ein mir völlig Fremder wäre.« Da das ganze Volk hierzu seine Zustimmung äußerte, stellte Saul dasselbe an einem Orte zusammen; er selbst indes trat mit seinem Sohne auf die andere Seite und warf das Los, um den Schuldigen zu ermitteln. Das Los aber traf den Jonathas. Da nun der Vater ihn fragte, was er verbrochen habe und welcher gottlosen Tat er sich bewusst sei, erwiderte dieser: »Vater, nichts anderes habe ich getan, als dass ich gestern bei der Verfolgung des Feindes Honig gegessen habe, da ich von dem Fluch und der Verwünschung nichts wusste.« Da schwur SauL er werde ihn töten und sich nicht durch Verwandtschaft und natürliche Zuneigung bestimmen lassen, seinen Eid zu brechen. Jonathas zeigte sich durch die Androhung des Todes nicht im Mindesten erschreckt, sondern trat mitten unter das Volk und sprach mutig und frei: »Ich bitte dich nicht, Vater, meiner zu schonen, denn süß ist mir der Tod, den ich um deiner Gottesfurcht willen und nach einem so glänzenden Siege erleiden soll. Den größten 'frost finde ich darin, dass ich die Hebräer als Sieger über die Palästiner zurücklasse.« Durch diese Worte wurde das ganze Volk schmerzlich bewegt und bejammerte sein trauriges Schicksal schwur
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auch, es werde nicht zugeben, dass Jonathas, der doch der Urheber ihres Sieges sei, sterben solle. So befreite ihn das Volk von dem Fluche des Vaters und betete für den Jüngling zu Gott, dass er ihm seine Sünde verzeihen möge. 6. Darauf kehrte Saul heim in seine Stadt, nachdem gegen sechzigtausend Feinde umgebracht waren. Er regierte dortselbst glücklich, bekriegte die benachbarten Völkerschaften und unterjochte die Ammaniter, Moabiter, Palästiner, Idumäer und Amalekiter sowie auch den König von Soba. Saul hatte drei Söhne, Jonathas, Jesus und Melchis, und zwei Töchter, Merob und Michal. Sein Heerführer war Abener, der Sohn seines Oheims Nerus. Dieser Nerus nämlich und Kis, der Vater Sauls, waren Brüder und Söhne des Abiel. Saul besaß eine große Menge Streitwagen und eine zahlreiche Reiterei, weshalb er in jedem Kriege Sieger blieb. Unter ihm brachten es die Hebräer zu großem Wohlstand und Glück und wurden mächtiger als alle anderen Völker. Seine Leibwache bildete er aus den größten und schönstgewachsenen Jünglingen.
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SIEBENTES KAPITEL Saul bekriegt die Amalekiter und unterjocht sie.
1. Daraufkam Samuel zu Saul und sagte ihm, er sei von Gott gesandt, um ihn zu ermahnen, dass, da Gott ihn vor allen anderen zum König erwählt habe, es nun auch billig sei, dass er Gott gehorche und nach seinem Willen lebe; denn wie Saul über Völker regiere, so sei Gott Herr über ihn und über alles Erschaffene. Gott habe also zu ihm geredet: »Weil die Amalekiter den Hebräern in der Wüste seit ihrem Auszug aus Ägypten bis zu ihrem Einzug in dieses Land viele Unbilden zugefügt haben, so befehle ich, dass du sie mit Krieg überziehst und nach errungenem Siege keinen von ihnen am Leben lässt, sondern sie alle samt Weib und Kind vernichtest und sie so zur Bestrafung heranziehst für das Böse, das sie deinen Vorfahren zufügten. Selbst das Groß- und Kleinvieh sollst du nicht verschonen, noch es zu deinem Nutzen verwenden, sondern alles Gott opfern; und den Namen Amalek sollst du, wie Moyses es vorgeschrieben, vom Erdboden vertilgen.« 2. Saul versprach, dem Befehl Folge zu leisten, und glaubte, seinen Gehorsam gegen Gott nicht nur dadurch beweisen zu müssen, dass er über-
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haupt ein Heer gegen die Palästiner führe, sondern noch mehr dadurch, dass er dies mit der größten Pünktlichkeit und Schnelligkeit tue. Er berief deshalb seine gesamten 'fruppen zusammen, musterte sie in Galgala und fand vierhunderttausend Mann ohne den Stamm Judas, der allein schon dreißigtausend Mann stark war. Mit diesem Heere fiel er in das Gebiet der Amalekiter ein und stellte auch eine starke 'fruppenmacht in einem Hinterhalt am Flusse auf, um die Feinde nicht nur in offener Schlacht zu bedrängen, sondern sie auch unerwartet auf den Straßen anzugreifen, zu umzingeln und niederzumachen. Als der Kampf kaum begonnen hatte, wandten die Feinde sich schon zur Flucht; Saul aber verfolgte sie und tötete sie sämtlich. Und da das Unternehmen, wie Gott vorhergesagt, so glücklich verlief, griff er auch die Städte der Amalekiter an und brachte sie teils durch Kriegslist, teils durch Anlegen von Minen und Aufwerfen von Belagerungswerken, teils durch Aushungern und auf andere Weise zu Fall und in seine Gewalt. Dann ging er dazu über, Weiber und Kinder niederzumetzeln, und er glaubte damit nichts Grausames oder Unmenschliches zu begehen, einerseits weil es Feinde waren, andererseits weil er es auf Gottes Befehl tat, dem er den Gehorsam nicht verweigern dürfe. Den König der Amalekiter, Agag, nahm er gefangen, ließ ihn jedoch wegen seiner Schönheit und seines stolzen Wuchses am Leben. Hiermit handelte er indes nicht nach dem Willen Gottes, vielmehr folgte er nur seiner persönlichen Milde und gab zur Unzeit und zu seinem eigenen Schaden dem Mitleid nach. Denn Gott hasste das Volk der Amalekiter derart, dass er nicht einmal die Kinder verschont wissen wollte, mit denen man doch sonst größeres Mitleid zu haben pflegt. Saul aber ließ sogar ihren König, der der Urheber so vieler Leiden der Hebräer war, am Leben und verachtete den Befehl Gottes, indem er sich durch die körperliche Schönheit des Feindes dazu verleiten ließ. Und in gleicher Weise wie er sündigte auch das Volk, denn es verschonte Groß- und Kleinvieh und raubte dasselbe, obgleich doch Gott befohlen hatte, nichts davon am Leben zu lassen. Überdies nahm das Volk auch noch andere Gegenstände und Reichtümer fort und vernichtete nur das, was kaum einen Wert hatte. 3. Als nun Saul sämtliche Völkerschaften, die von Pelusium in Ägypten bis ans Rote Meer wohnten, unterjocht hatte, verwüstete er das feindliche Land und verschonte nur das Volk der Sikimiter, die mitten im Gebiet der Madianiter wohnten. Thnen hatte er vor Beginn des Krieges durch Boten sagen lassen, sie sollten auswandern, damit sie nicht das Schicksal der Amalekiter teilen müssten. Denn er wollte ihrer schonen, weil sie ihm durch Raguel, den Schwiegervater des Moyses, verwandt waren.
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4. Hierauf zog Saul voll Freude über seine Erfolge nach Hause zurück, gerade als ob er nicht von dem außer Acht gelassen, was ihm der Prophet befohlen hatte, als er sich zum Kriege gegen die Amalekiter rüstete, sondern als ob er nach dem Siege über die Feinde alles genau nach Vorschrift ausgeführt hätte. Gott aber missfiel es sehr, dass der König der Amalekiter verschont worden war und dass das Volk gegen seinen Befehl das Vieh als Beute fortgetrieben hatte. Denn er hielt es für sündhaft, dass, da sie durch seine Hilfe die Feinde besiegt und unterjocht hatten, sie ihn verachteten und geringschätzten und ihn nicht einmal wie einen menschlichen König behandelten. Er verkündete daher dem Propheten Samuel, es reue ihn, den Saul zum König gemacht zu haben, da dieser seine Befehle nicht befolge, sondern tue, was ihm beliebe. Als Samuel das vernahm, erschrak er sehr und flehte die ganze Nacht hindurch zu Gott, er möge dem Saul verzeihen und ihm nicht länger zürnen. Aber wie sehr auch der Prophet bat: Gott verweigerte dem Saul die Verzeihung, denn er hielt es für unzweckmäßig, die Sünden auf die Fürbitte des Samuel hin nachzulassen, da diesen durch nichts mehr Vorschub geleistet werde als durch eine zu große Nachsicht, vonseiten derer, gegen die sie begangen würden. In dem Ruhme nämlich, den der Verzeihende durch seine Milde und Güte sich erwirbt, pflegt er nicht zu beachten, dass er dadurch der Sünde noch sogar Vorschub leistet. Da also Gott dem Propheten die Erfüllung seiner Bitte verweigerte und es feststand, dass er seinen Entschluss nicht ändern werde, begab sich Samuel frühmorgens zu Saul der sich damals in Galgala befand. Sobald der König ihn erblickte, eilte er ihm entgegen, begrüßte ihn und sprach: »Ich danke Gott, der mir den Sieg verliehen, und ich habe alles getan, was er befohlen hat.« Samuel aber entgegnete ihm: »Wie kommt es denn, dass ich im Lager das Geschrei von Groß- und Kleinvieh höre?« Der König sagte darauf, das Volk habe dasselbe zum Opfern aufbewahrt; das Volk der Amalekiter dagegen sei nach dem Befehle Gottes vollständig ausgerottet, und es sei niemand am Leben gelassen worden als der König, den er gefangen mit sich geführt habe. Was mit ihm geschehen solle, das wolle er jetzt mit dem Propheten überlegen. Da entgegnete der Prophet, Gott habe nicht so sehr Wohlgefallen an Opfern als an guten und gerechten Menschen. »Das sind aber«, fuhr er fort, »diejenigen, die seihern Willen und Befehl Folge leisten, und die nur das für wohlgetan halten, was Gott ihnen zu tun geboten hat. Denn wisse, man verachtet Gott nicht dadurch, dass man nicht opfert, sondern dadurch, dass man gegen ihn ungehorsam ist. Von denjenigen aber, die ihm nicht gehorchen, nimmt Gott keine Verehrung wohlgefällig an,
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wenn sie auch viele und herrliche Opfer und die ausgesuchtesten Weihgeschenke von Gold und Silber ihm darbringen. Vielmehr wendet er sich von ihnen ab und hält die Opfer nicht für Beweise ihrer Frömmigkeit, sondern ihrer Schlechtigkeit. An denjenigen dagegen, die seiner Gebote und Verkündigungen gedenken und lieber den Tod erleiden, als etwas davon übertreten wollen, hat er seine Freude und verlangt von ihnen nicht einmal ein Opfer. Wenn sie aber trotzdem ihm Opfer darbringen, so hat er an dem geringen Opfer des Armen mehr Wohlgefallen als an den glänzenden Opferspenden des Reichen. Erkenne daraus, dass Gott schwer über dich zürnt, denn du hast seine Gebote verachtet und übertreten. Wie kannst du glauben, Gott sehe wohlgefallig auf dein Opfer, das du von demjenigen bereitet hast, was er zur Vernichtung bestimmte? Es müsste denn sein, du hieltest Gott opfern und vernichten für ein und dasselbe. Deshalb hast du zu erwarten, dass er dir deine königliche Gewalt wieder entreißen wird, durch welche du stolz und übermütig geworden bist und die du wider den Geber missbraucht hast.« Saul aber bekannte darauf, dass er unrecht gehandelt, und leugnete seine Sünde nicht ab. Doch habe er dem Befehl des Propheten nur aus Furcht zuwidergehandelt, da das Kriegsvolk, nach Beute und Plünderung lüstern, sich nicht habe bezwingen lassen. Er bat daher um Verzeihung und gütige Nachsicht, versprach auch, künftighin nicht mehr zu sündigen, und ersuchte den Propheten, er möge zurückkehren und Gott Friedopfer darbringen. Samuel aber wusste, dass es für Saul keine Hoffnung mehr auf Versöhnung mit Gott gab, und schickte sich an, nach Hause zu gehen. 5. Saul jedoch wollte den Samuel zum Bleiben bewegen und ergriff ihn beim Mantel, und da Samuel sich mit Gewalt losmachte, um fortzukommen, zerriss ihm sein Kleid. Der Prophet aber sagte zu Saul, so solle auch sein Königreich von ihm gerissen und einem guten und gerechten Manne übertragen werden. Denn Gott beharre fest bei seinen Entschließungen, und seiner Allmacht sei es nicht eigen, gleich wie ein gebrechlicher Mensch seine Meinung zu ändern oder von ihr abzuweichen. Da bekannte Saul, dass er gefehlt habe; weil er aber das Geschehene nun einmal nicht ungeschehen machen konnte, bat er den Propheten, er möge ihm wenigstens die Ehre erzeigen, vor allem Volke Gott für ihn anzurufen. Dazu war Samuel bereit, und so ging er mit ihm davon, um zu Gott zu flehen. Hierauf führte man Agag, den König der Amalekiter~ vor ihn. Als dieser die Sprache darauf brachte, wie bitter der Tod sei, erwiderte ihm der Prophet: »Wie du vielen hebräischen Müttern, deren Söhne du getötet hast, Kummer und '!rauer
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bereitetest, so - sollst du auch deiner eigenen Mutter Schmerz antun, indem sie von deinem Tode Kunde erhalten wird.« Und sogleich ließ er ihn in Galgala hinrichten; er selbst aber kehrte nach Armatha zurück.
ACHTES KAPITEL Samuel salbt heimlich auf Gottes Befehl den David zum Könige.
1. Saul aber sah ein, welches Leid er über sich gebracht, da er sich Gott
zum Feinde gemacht hatte, und begab sich nach seiner Residenz Gaba (der Name bedeutet »Hügel«), kam auch nach diesem Tage dem Propheten nicht wieder zu Gesicht. Und da Samuel über sein trauriges Los Schmerz empfand, befahl ihm Gott, damit er diese Bekümmernis fahren lasse, er solle heiliges Öl nehmen, sich in die Stadt Bethlehem zu Jesse, dem Sohne des Obed, begeben und von dessen Söhnen denjenigen zum König salben, den er ihm bezeichnen werde. Weil Samuel aber befürchtete, Saul möchte das erfahren und ihm deshalb heimlich oder durch offene Gewalt Verderben bereiten, verhieß ihm Gott für die Reise seinen Schutz, und so begab er sich auf den Weg nach der genannten Stadt. Dort begrüßten ihn alle und frugen ihn nach dem Grunde seiner Ankunft. Er aber entgegnete, er sei gekommen, um Gott zu opfern. Nachdem er nun den Gottesdienst verrichtet hatte, lud er den Jesse mit seinen Söhnen zum Opfermahle ein, und da er den ältesten Sohn betrachtete, der groß und schön war, glaubte er aus seiner herrlichen Gestalt schließen zu müssen, das sei der zukünftige König. Doch täuschte er sich hierin; denn als er Gott fragte, ob er den Jüngling, den er bewundert und des Königtums yvert gehalten habe, salben solle, antwortete Gott ihm, seine und der Menschen Urteile seien nicht dieselben. »Du«, sagte er, »siehst nur auf die herrliche Gestalt des Jünglings und hältst ihn deshalb für geeignet zur Königswürde. Ich aber verleihe diese Wurde nicht als ein Geschenk für körperliche Schönheit, sondern für Vorzüge des Geistes, und ich verlange einen Mann, der mit Frömmigkeit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Gehorsam und allen anderen Thgenden geschmückt ist, in welchen die Schönheit der Seele besteht.« Als Gott so geredet, hieß Samuel den Jesse seine Söhne herbeiführen. Dieser ließ darauf funf Söhne eintreten, die der Reihe nach (der älteste, Eliab, war schon da) hießen: Aminadab, Samal, Nathanael, RaH und Asam. Als der Prophet sie sah und wahrnahm, dass sie
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an Gestalt dem ältesten Sohne nicht nachstanden, fragte er Gott, welchen von diesen er zum König erwählen solle. Und da er zur Antwort erhielt, keinen von ihnen, fragte er den Jesse, ob er noch mehr Söhne habe. Dieser sagte, er habe noch einen mit Namen David, der ein Hirt sei und jetzt gerade die Herde weide. Da befahl der Prophet, ihn zu rufen, weil sie mit dem Mahle nicht beginnen dürften, bevor er zur Stelle sei. Wie nun David kam, stellte er sich als einen blonden, schönen Jüngling mit lebhaftem Blicke dar. Dieser ist es, dachte Samuel bei sich, den Gott zum Könige bestimmt hat, setzte sich zu Tisch und zunächst neben sich den David, danach auch den Jesse und seine übrigen Söhne. Hierauf nahm er vor den Augen Davids Öl, salbte ihn damit und raunte ihm heimlich ins Ohr, Gott habe ihn zum König erwählt, und die Salbung sei das Zeichen dafür. Auch ermahnte er ihn, er solle die Gerechtigkeit pflegen und den Geboten Gottes gehorchen: dann werde er lange regieren, und sein Haus werde glänzend und berühmt sein. Er werde die Palästiner besiegen und alle Völker, mit denen er Krieg führe, auch werde er glänzenden Kriegsruhm erwerben und ihn seinen Nachkommen hinterlassen. 2. Darauf entfernte sich Samuel, und der Geist Gottes verließ den Saul und ging auf David über, sodass er anfing zu weissagen. Den Saul aber plagten allerhand Unruhen und böse Geister, die ihn ersticken und erwürgen wollten. Hiergegen wussten die Ärzte keinen besseren Rat, als dass man einen erfahrenen Sänger und Harfenspieler suchen müsse, der, sobald den Saul sein Übel befalle und die bösen Geister ihn heimsuchten, sich zu seinen Häupten hinstellen, Harfe spielen und Lieder singen solle. Saul befahl nun, man solle sich sogleich nach einem solchen Menschen umsehen. Und da einer der Anwesenden bemerkte, er habe zu Bethlehem den Sohn des Jesse gesehen, der zwar noch jung, aber wohlgestaltet und schön sei und außer sonstigen vorzüglichen Eigenschaften auch die Kunst besitze, Harfe zu spielen und Lieder zu singen, zudem sich im Kriegswesen auszeichne, sandte Saul Boten an Jesse und befahl, dass David von der Weide geholt und zu ihm geführt werde: denn er wolle ihn sehen, da das Gerücht ihm so vieles von seiner herrlichen Gestalt und Schönheit gemeldet habe. Jesse schickte darauf seinen Sohn und gab ihm auch Geschenke mit, die er dem Saul überbringen sollte. Als Saul ihn sah, war er hocherfreut, machte den David zu seinem Waffenträger und hielt ihn in hohen Ehren. Sobald nun Saul aufgeregt und von den bösen Geistern behelligt wurde, sang David, der sein einziger Arzt war, Lieder und spielte die Harfe, wodurch er den Saul wieder zu sich brachte. Saul schickte daher zu Jesse und bat, er möge
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den David bei ihm lassen, da dessen Anblick einen wunderbaren Einfluss auf ihn ausübe. Dieser glaubte dem Saul nicht widersprechen zu dürfen, und gestattete somit, dass David bei ihm blieb.
NEUNTES KAPITEL Wie die Palästiner aufs Neue einen Kriegszug gegen die Hebräer unternahmen, aber geschlagen wurden. Davids Zweikampf mit Goliath.
l. Bald danach brachten die Palästiner abermals eine große Truppenmacht zusammen und überzogen die Israeliten mit Krieg. Ihr Lager schlugen sie zwischen Sochus und Azeka auf. Saul führte sein Heer gegen sie, setzte sich mit demselben auf einem Berge fest und zwang die Palästiner, ihr Lager zu verlassen und ein neues auf einem Berge ihm gegenüber zu beziehen. So trennte die beiderseitigen Heere ein Tal, das sich zwischen den Bergen hinzog, aufweIchen sie lagerten. Da stieg aus dem Lager der Palästiner einer herab mit Namen Goliath, aus der Stadt Gitta stammend, ein Mann von riesiger Statur, denn er war vier Ellen und eine Spanne hoch. Seine Waffenrüstung entsprach seiner Körpergröße, denn sein Brustharnisch wog fünftausend Sekel;.sein Helm aber und seine ehernen Beinschienen waren so groß, dass sie seine kolossalen Glieder gerade bedeckten. Einen sehr schweren Speer trug er nicht in der rechten Hand, sondern auf seiner Schulter; seine Lanze wog sechshundert Sekel, und es folgten ihm noch viele Waffenträger. Dieser stellte sich zwischen die beiden Heere, schrie mit lauter Stimme und rief dem Saul und den Hebräern zu: »Ich will euch von des Kampfes Not und Gefahr erlösen. Denn wozu ist es nötig, dass unsere Heere aufeinander treffen und sich bekämpfen? Stellt mir vielmehr einen von euch, dass er mit mir einen Zweikampf bestehe. Dann soll, um den Krieg zu beendigen, gelten, dass dasjenige Volk, dessen Kämpfer unterliegt, dem anderen dienstbar sein muss. Denn es ist besser und ersprießlicher, dass einer allein, als dass alle die Gefahr bestehen.« Nach diesen Worten kehrte er in sein Lager zurück. Am folgenden Tage aber kam er wieder hervor und sprach dasselbe, und so forderte er vierzig Tage lang den Gegner heraus. Saul und sein Heer gerieten darob in großen Schrecken und rüsteten sich zur Schlacht, doch keine von beiden Parteien wollte den Gegner zuerst angreifen.
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2. Beim Beginn dieses Krieges hatte Saul den David zu Jesse zurückgeschickt und sich mit den drei anderen Söhnen desselben begnugt, die er zum gefahrvollen Kriegsdienst gesandt hatte. David aber hütete nun wieder die Herden seines Vaters. Nicht lange danach schickte ihn sein Vater in das Lager der Hebräer, um seinen Brüdern Proviant zu bringen und nachzufragen, wie es ihnen gehe. Als nun Goliath wieder hervortrat, die Hebräer herausforderte und schmähte, dass keiner den Mut habe, mit ihm zu streiten, geriet David, der gerade den Brüdern die Aufträge ihres Vaters mitteilte und vernahm, wie der Palästiner schimpfte und sich breitmachte, in hellen Zorn und erklärte seinen Brüdern, er sei bereit, den Zweikampf anzunehmen. Sein ältester Bruder Eliab aber schalt ihn, dass er eine seinem Alter so wenig ziemende Tollkühnheit zur Schau trage und dass er noch nicht zu wissen scheine, was sich passe; er solle sich zu seinen Herden und nach Hause scheren. Aus Scheu vor seinem Bruder ging David weg, erzählte aber einigen anderen Kriegern, er wolle es mit dem frechen Palästiner aufnehmen. Diese hinterbrachten sein Anerbieten dem Saut, der ihn sogleich zu sich beschied und ihn fragte, was er zu sagen wünsche. Da sprach David: »0 König, lass dich nicht erschrecken und entmutigen; ich will den Übermut des Feindes bezwingen, und wenn ich mit ihm kämpfe, werde ich ihn trotz seiner Größe und Stärke schon unterkriegen. Dann soll er allen zum Spott dienen; dein Heer aber soll allen Ruhm davontragen, wenn er nicht von einem kriegs gewandten und erfahrenen Manne, sondern von einem, der ein Knabe zu sein scheint und es seinem Alter nach in der Tat auch ist, umgebracht wird.« 3. Saul bewunderte nun zwar Davids Mut und Kühnheit, traute ihm aber seiner Jugend wegen nicht und meinte, er sei doch zu schwach, um mit einem kampfgewohnten Manne zu streiten. David aber entgegnete ihm: »Mein Versprechen leiste ich im Vertrauen auf Gott, dessen Hilfe ich auch sonst schon erfahren habe. Denn als einst ein Löwe meine Herde anfiel und ein Lamm geraubt hatte, bin ich ihm nachgeeilt, habe ihn ergriffen und das Lamm ihm aus dem Rachen gerissen, und da er sich gegen mich aufbäumte, packte ich ihn beim Schwanz, schlug ihn zu Boden und tötete ihn. Ebenso bin ich einmal gegen einen Bären verfahren. Jenen Feind schätze ich aber immerhin geringer als eine solche Bestie. Gott wird ihn in meine Hände geben, weil er unser Heer schmäht und unseren Gott lästert.« 4. Da bat Saul zu Gott, er möge dem Jüngling zu seinem kühnen Unternehmen Erfolg verleihen, und hieß ihn sich zum Kampfe rüsten. Dann legte er ihm seinen Helm und seinen Panzer an und umgürtete ihn mit seinem
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Schwerte; darauf entließ er ihn. David aber trug an der Rüstung sehr schwer, denn er war nicht daran gewöhnt, und er sprach: »Das, 0 König, sei dein Waffenschmuck, der du ihn zu tragen verstehst. Mir aber, deinem Knecht, gestatte zu kämpfen, wie ich es will.« Hierauf entledigte er sich der Rüstung, nahm einen Stock, tat fünf Steine aus dem Bach in seine Hirtentasche, fasste in die rechte Hand eine Schleuder und ging auf Goliath an. Als dieser ihn so daherkommen sah, verlachte und verspottete er ihn, da er zum Kampf nicht mit Waffen komme, wie sie zwischen Männern üblich seien, sondern mit solchen, deren man sich gegen Hunde zu bedienen pflege. Ob er ihn denn fur einen Hund und nicht für einen Menschen halte? David entgegnete darauf, er halte ihn noch für viel schlechter als einen Hund. Da geriet Goliath in heftigen Zorn, schleuderte gräuliche Fluchworte gegen David und schwor bei Gottes Namen, er wolle sein Fleisch den Tieren des Landes und den Vögeln der Luft zur Speise geben. David erwiderte ihm: »Du kommst mit Schwert und Spieß und Panzer daher, meine Waffenrüstung dagegen ist Gott, der dich und euer ganzes Heer durch unserer Hände Kraft verderben wird. Denn noch heute werde ich dir dein Haupt abschlagen und deinen Körper den Hunden vorwerfen, die deinesgleichen sind; und allen wird es kund werden, dass Gott der Schutz der Hebräer ist, und seine Fürsorge unsere Waffe und unsere Stärke. Nichts vermag eine andere Rüstung und Kraft, wenn Gott unser Beginnen nicht segnet.« Der Palästiner, der vom Gewicht seiner Rüstung sehr behindert wurde, ging dem David langsamen Schrittes entgegen, verlachte ihn und höhnte, er werde den waffenlosen Knirps ohne Mühe beiseite schaffen. 5. Der Jüngling aber schritt seinem Feinde unter dem unsichtbaren Schutze Gottes entgegen, nahm aus seiner Hirtentasche einen von den Steinen hervor und steckte ihn in seine Schleuder. Dann schleuderte er ihn gegen Goliath und traf diesen damit so heftig an der Stirn, dass er bis ins Gehirn eindrang. Den Goliath aber befiel Schwindel und er stürzte auf sein Angesicht zu Boden. Da lief David eilends herzu, stellte sich auf den darniederliegenden Feind, zog dessen Schwert hervor, da er selbst kein solches hatte, und hieb ihm das Haupt ab. Nach seinem Falle ergriffen die Palästiner, da auch sie damit überwunden waren, die Flucht. Denn als sie sahen, dass ihr ansehnlichster Mann niedergestreckt war, verzweifelten sie am glücklichen Ausgange und hielten nicht mehr stand, gedachten vielmehr in schimpflicher Flucht ihr Heil zu suchen. Saul aber und das ganze Heer der Hebräer erhoben ein gewaltiges Geschrei, stürzten sich auf die Feinde, töteten viele derselben und verfolgten die Übrigen bis in das Gebiet von Gitta
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und bis zu den Toren Askalons. Es fielen von den Palästinern gegen dreißigtausend, und mehr als die doppelte Anzahl wurden verwundet. Darauf wandte sich Saul wieder zurück nach dem feindlichen Lager, zerstörte seine Befestigungen und steckte es in Brand. Das Haupt des Goliath aber trug David in sein Zelt, und sein Schwert weihte er Gott.
ZEHNTES KAPITEL Saul beneidet den David ob seines Kriegsruhms. Er gibt ihm seine Tochter zur Ehe. 193
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1. Die Weiber aber schürten Sauls Neid und Hass gegen David. Als näm-
lich das Kriegsheer im Triumph einzog, ging ihm das ganze Volk mit Cymbeln, Pauken und aller Art Freudenbezeugung und Gesang entgegen. Die Weiber riefen, Saul habe viele tausend Palästiner erschlagen, die Jungfrauen dagegen, David habe zehntausend umgebracht. Als der König hörte, dass man ihm weniger Lob zolle wie dem Jüngling, dem man die Erschlagenen zu Zehntausenden zuschreibe, überlegte er, dass dem David nach dieser glorreichen Lobpreisung eigentlich nichts mehr fehle als die Königswürde, und er fing an, ihn zu fürchten und zu beargwöhnen. Er entfernte ihn daher von seinem früheren Amte, weil es ihm schien, dass er als Waffenträger sich in seiner allzu großen Nähe befinde, und machte ihn zum Kriegsobersten. Zwar war diese Stelle noch besser als die frühere, aber, wie es Saul schien, sicherer für ihn selbst, den König. Denn er gedachte ihn den Gefahren des Krieges auszusetzen, damit er desto eher umkäme. 2. David aber genoss auf Schritt und Tritt des göttlichen Schutzes, und alles schlug zu seinem Glücke aus, sodass ihn nicht allein das Volk seiner hervorragenden Tapferkeit wegen besonders schätzte, sondern auch Sauls jungfräuliche Tochter in Liebe zu ihm entbrannte. illre Neigung stieg so mächtig, dass sie sie zuletzt nicht mehr verbergen konnte, und die Kunde davon ihrem Vater zu Ohren kam. Dieser erblickte darin eine willkommene Gelegenheit, dem David Verderben zu bereiten, und sagte denen, die ihm von der Liebe seiner Tochter berichtet hatten, er wolle dem David gern seine Tochter zur Ehe geben; denn er hoffte, das werde die Ursache seines Unterganges sein. »Ich gelobe«, sagte er, »dass ich dem David meine Tochter zur Ehe geben will, wenn er mir sechshundert Köpfe meiner Feinde
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bringt. Da ihm eine so herrliche Belohnung winkt, und er den Ruhm aus einem so gefährlichen und fast unglaublichen Unternehmen gern davontragen wird, so wird er sich ungesäumt ans Werk geben. Dann aber wird er von den Palästinern getötet werden und ich meine Absichten aufs schönste erreicht haben. Denn ich werde ihn dann loswerden, ohne selbst Hand an ihn legen zu müssen.« Er befahl also seinen Dienern, Davids Gesinnung in Bezug auf die Ehe mit seiner Tochter zu erforschen. Diese stellten dem David vor, wie gern ihn der König und das gesamte Volk habe, und dass der Erstere ihn sogar seine Tochter zur Ehe geben wolle. Er aber entgegnete: »Haltet ihr es denn für etwas Geringes, Schwiegersohn des Königs zu werden? Mir scheint das nicht der Fall zu sein, zumal ich ein einfacher Mensch ohne Ruhm und Ehre bin.« Als die Diener diese Antwort dem Saul meldeten, sagte er: »Verkündet ihm, ich begehre von ihm weder Geld noch Heiratsgut, denn das hieße seine Tochter verkaufen, nicht aber aussteuern: Ich begehre vielmehr nur einen Schwiegersohn, der sich durch Tapferkeit und andere 'fugenden auszeichnet, wie er sie besitzt. Ich verlange deshalb von ihm für die Heirat meiner Tochter weder Gold noch Silber, das er aus dem Vermögen seines Vaters mir zubringen müsste, sondern nur Rache an den Palästinern und sechshundert Köpfe von ihnen. Kein herrlicheres und köstlicheres Geschenk als dieses kann mir gemacht werden, und es wäre auch meiner Tochter viel angenehmer wie das gebräuchliche Heiratsgut, wenn sie sich mit einem Manne verheiraten könnte, der einen so herrlichen Beweis seines Sieges über die Feinde beibrächte.« 3. Als David das vernahm, freute er sich sehr, da er glaubte, der König wolle wirklich in ein so nahes Verwandtschaftsverhältnis zu ihm treten. Und ohne erst zu überlegen, ob er die ihm gestellte Bedingung auch erfüllen könne oder nicht, ging er sogleich mit seinen Waffengefährten dem Feinde entgegen und machte sich an das Werk, das er als Heiratsbedingung zu leisten hatte. Da ihm nun Gott alles leicht und möglich machte, tötete er wirklich eine Menge Feinde, hieb sechshundert von ihnen die Köpfe ab, brachte sie dem Könige und verlangte dafür von ihm dem Vertrage gemäß die Hand seiner Tochter. Weil nun Saul keinen Vorwand hatte, sein gegebenes Versprechen nicht einzulösen, und es für schimpflich hielt, als Lügner zu erscheinen oder als ob er hinterlistigerweise die Heirat versprochen habe, um den David durch ein so schweres Unternehmen in Lebensgefahr zu bringen, gab er ihm seine Tochter Michal zur Ehe.
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1. Saul aber beruhigte sich hierbei nicht lange. Denn da er sah, dass David sowohl bei Gott als beim Volke beliebt war, konnte er sich der Befürchtung nicht enthalten, er möchte ihn um Königsthron und Leben bringen, wahrlich große Güter, davon auch nur eines zu verlieren schon ein großes Unglück ist. Er gab deshalb seinem Sohne Jonathas und den 1:reuesten seiner Diener den Auftrag, ihn aus dem Wege zu räumen. Jonathas wunderte sich, dass sein Vater so sehr seine Gesinnung in Betreff Davids geändert habe, dass er ihn nicht allein, obgleich er ihn früher so wohl wollend behandelt, leicht verletzen, sondern ihn sogar töten wolle. Da er nun den Jüngling liebte und wegen seiner Tugenden hoch achtete, verriet er ihm das geheime Vorhaben seines Vaters und riet ihm, sich vorzusehen und sich am folgenden Tage nicht blicken zu lassen. Er wolle unterdes zu seinem Vater gehen unter dem Vorwande, ihn zu begrüßen, und die Gelegenheit benutzen, um von David zu reden. Erfahre er dann die Ursache seiner üblen Gesinnung, so wolle er ihm dieselbe als geringfügig hinstellen und ihm sagen, man dürfe um einer solchen Kleinigkeit willen einen Mann, der sich um das Volk und den König so große Verdienste erworben, nicht umbringen; vielmehr müsse man ihm, wenn er auch noch so schwer gefehlt habe, billigerweise Verzeihung gewähren. Alsdann werde er ihn von seines Vaters Gesinnung in Kenntnis setzen. David folgte diesem guten Rat und hielt sich vom Könige fern. 2. Am folgenden Tage ging Jonathas zu seinem Vater, und da er ihn heiter und gut aufgelegt antraf, fing er also mit ihm über David zu reden an: »Was für eine große oder kleine Sünde hat doch David nach deiner Meinung gegen dich begangen, dass du den Mann töten lassen willst, der dir selbst so viel Gutes getan und den Palästinern solche Niederlagen beigebracht hat, der ferner das Volk der Hebräer von der Schmach und dem Spotte, dem es vierzig Tage lang preisgegeben war, befreit hat, da er allein von allen mit dem herausfordernden Feinde den Zweikampf zu bestehen wagte, und der die ihm aufgegebene Zahl Feindesköpfe beigebracht und dafür meine Schwester geheiratet hat, sodass sein Tod für uns jetzt umso betrübender sein würde, nicht bloß wegen seiner Tugenden, sondern auch wegen seiner
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nahen Verwandtschaft mit uns? Durch seinen Tod erleidet auch deine Tochter großes Unrecht, da sie schon Witwe wird, noch ehe sie Kinder aus der ehelichen Gemeinschaft erhalten hat. Das erwäge bei dir, lass dich zur Milde stimmen und füge dem kein Leid zu, der uns allen die große Wohltat erwiesen hat, dass er dich heilte, die bösen Geister, die dich bedrängten, vertrieb und deiner Seele die Ruhe wiedergab, und der auch dazu noch unsere Feinde zur Verantwortung gezogen hat. Es würde dir schlecht anstehen, wolltest du das alles vergessen.« Durch diese Worte wurde Saul besänftigt und versicherte seinem Sohne unter Eid, er werde dem David kein Leid zufügen. Seinen Zorn und seine Furcht nämlich hatte die gerechte Verteidigung durch Jonathas beseitigt. Der Letztere ließ hierauf den David zu sich kommen, teilte ihm die veränderte Gesinnung seines Vaters mit und führte ihn selbst zu ihm hin. Und David blieb beim Könige wie zuvor. 3. Als darauf die Palästiner wieder ihre TIuppen gegen die Hebräer führten, ward David von Saul an der Spitze eines Heeres geschickt, um sie zu bekämpfen. Er brachte ihnen eine gewaltige Niederlage bei und kehrte siegreich zum Könige zurück. Doch Saul empfing ihn nicht so, wie er nach solchem Kriegsglück erwartet hatte, vielmehr verbitterten ihn seine Erfolge, als ob durch dieselben seine Königsherrschaft gefährdet würde. Und da er einmal wieder von bösen Geistern geplagt und beunruhigt wurde, beschied er den David in das Gemach, wo er lag, und hieß ihn, während er selbst einen Speer in der Hand hielt, die Harfe schlagen und dazu singen. Als nun David seinem Befehle nachkam, schleuderte er den Speer nach ihm. Dieser aber wich dem Wurfe, da er ihn bemerkt hatte, aus, floh in sein Haus und blieb dort den ganzen Tag. 4. Des Nachts schickte der König Wachter, um ihn zu bewachen, dass er nicht heimlich entfliehen und sich verbergen möchte, denn er wollte ihn vor Gericht stellen und die Todesstrafe über ihn verhängen lassen. Als aber Michal, Davids Gattin und des Königs Tochter, ihres Vaters Absicht merkte, ging sie, zwischen Furcht und Hoffnung schwebend und auch um sich selbst besorgt, da sie ohne David nicht leben konnte, zu ihrem Manne und sprach zu ihm: »Hüte dich, dass die aufgehende Sonne dich hier nicht mehr antreffe, sonst wird sie dich fürder nicht bescheinen. Fliehe im Dunkel der Nacht, und möge Gott dir dasselbe verlängern. Denn wisse, dass, wenn du ergriffen wirst, der Vater dich umbringen lassen wird.« Darauf ließ sie ihn durchs Fenster hinab und rettete ihn so aus der Gefahr. Dann machte sie das Bett zurecht, als wenn es für einen Kranken bestimmt sei, und legte unter die Decke die Leber einer Ziege. Als nun bei Tagesanbruch ihr Vater
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nach David schickte, sagte sie, er sei die ganze Nacht unruhig gewesen, zeigte den Anwesenden das zugedeckte Bett und machte sie, da die Leber durch ihre Zuckungen die Decke bewegte, leicht glauben, Daviq liege darunter und atme schwer. Die Diener hinterbrachten dem Saul, dass David in der Nacht krank geworden sei; trotzdem befahl er, ihn herbeizuschaffen, möge er auch noch so krank sein, denn er wolle ihn umbringen. Sie kehrten also wieder um, und da sie das Bett aufdeckten und den von Davids Gattin angezettelten Betrug wahrnahmen, brachten sie dem Könige darüber Nachricht. Dieser machte seiner Tochter Vorwürfe darüber, dass sie einen Feind gerettet, ihren Vater aber betrogen habe. Da erdachte sie sich folgende glaubwürdige Entschuldigung. Sie sagte, David habe sie mit dem Tode bedroht, und so habe die Furcht sie veranlasst, sich um seine Errettung zu bemühen. Es gebühre ihr dafür Nachsicht, da sie es nur aus Not und nicht freiwillig getan habe. »Ich glaube auch nicht«, fügte sie hinzu, »dass dir ebenso viel an dem Tode deines Feindes als an meiner Errettung liegen sollte.« Saul verzieh darauf seiner Tochter; David aber begab sich auf der Flucht nach Armatha zum Propheten Samuel, erzählte ihm die Nachstellungen des Königs und das~ nicht viel gefehlt hätte, so wäre er von ihm mit dem Speere durchbohrt worden, obgleich er doch niemals etwas Böses gegen ihn angestiftet, sich auch vor dem Feinde nie feige benommen, vielmehr mit Gottes Hilfe stets glücklich gekämpft habe. Aber eben das war die Ursache des Hasses, den Saul gegen David hegte. 5. Als der Prophet vernommen hatte, wie ungerecht der König gegen David verfuhr, verließ er Armatha und begab sich mit David nach Gabatha, wo er mit ihm sich eine Zeit lang aufhielt. Sobald aber Saul davon Kunde erhielt, schickte er Diener dorthin mit dem Befehle, den David zu ergreifen und zu ihm zu führen. Diese aber gerieten nach ihrer Ankunft in eine Prophetenversammlung, wurden vom Geiste Gottes erfüllt und fingen an zu weissagen. Darauf schickte Saul andere Diener, um den David festzunehmen, und als diesen dasselbe begegnete, schickte er wieder andere. Und da auch diese weissagten, geriet er in Zorn und eilte selbst dorthin. Er war aber nicht mehr weit von dem Orte entfernt, als Samuel ihn erblickte und auch ihn zum Propheten machte. Als nun Saul zu ihm kam, ward er heftig vom Geiste bewegt, sodass er seiner selbst nicht mehr mächtig war. Er zog seine Kleider aus und lag so den ganzen Tag und die Nacht hindurch auf dem Boden hingestreckt vor den Augen Samuels und Davids. 6. Von da ging David zu 10nathas, dem Sohne Sauls, erzählte auch ihm von den Nachstellungen seines Vaters und dass Saul ihm eifrigst nach dem
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Leben trachte, obwohl er ihm doch nie ein Unrecht oder Leid zugefügt habe. Dieser aber bat ihn, er möge weder seinem eigenen Verdachte noch den Verleumdungen anderer nachgeben, sondern nur ihm vertrauen. Denn sein Vater habe durchaus keine derartigen Absichten gegen ihn; er würde es dann doch gewiss auch ihm mitgeteilt haben, da er alles nur in ihrem beiderseitiger Einvernehmen tue. David aber schwor, es verhalte sich doch so, und bat ihn, er möge davon überzeugt sein und lieber an seine Errettung denken, statt die Wahrheit seiner Worte anzuzweifeln und erst dann daran zu glauben, wenn er sehen oder hören werde, dass er schon umgebracht sei. Er fügte hinzu, sein Vater wolle ihm wohl deshalb nichts davon mitteilen, weil ihm ihre freundschaftliche Zuneigung nicht unbekannt sei. 7. Jonathas, dem so die Wahrheit über Sauls Absichten beigebracht wurde, betrübte sich darüber sehr und fragte den David, ob er etwas für ihn tun könne. David erwiderte: »Ich weiß, dass du mir gern alles zu Gefallen tust. Morgen ist Neumond, und ich pflege an diesem Tage mit dem Könige zu speisen. Hältst du es nun für ratsam, so will ich mich aus der Stadt begeben und mich auf dem Lande verbergen. Fragt dann der König nach mir, so sage ihm, ich sei mit deiner Erlaubnis nach meiner Vaterstadt Bethlehem gegangen, weil dort mein Stamm ein hohes Fest feiert. Wenn er dann, wie man seinen Freunden beim Antritt einer Reise zu tun pflegt, mir glückliche Reise wünscht, so kannst du daraus schließen, dass er keine bösen und feindlichen Absichten gegen mich hat. Antwortet er aber anders, so magst du daraus entnehmen, dass er etwas gegen mich im Schilde führt. Dann wirst du mir die Gesinnung deines Vaters kundtun, und zwar einesteils aus Barmherzigkeit, andernteils wegen der Freundschaft, die ich dir, und die du als Herr mir, deinem Knechte, erwiesen hast. Glaubst du aber, ich hätte irgendetwas Böses begangen, so komm deinem Vater zuvor und töte mich selbst.« 8. Jonathas, den die letzten Worte in Bestürzung versetzten, versprach ihm, alle seine Wünsche zu erfüllen und, wenn der Vater sich hart und gehässig über ihn auslassen würde, ihm dies mitzuteilen. Und damit er ihm umso mehr vertraue, führte er ihn hinaus ins Freie und bekräftigte hier unter einem Eidschwur, dass er nichts unversucht lassen wolle, was David zum Vorteil dienen könne. Er sprach: »Diesen Gott, von dem du weißt, dass er groß und allgegenwärtig ist und dass er meine Gedanken kennt, noch ehe ich sie ausgesprochen habe, rufe ich zum Zeugen des Bundes an, den ich mit dir schließe, und dass ich nicht unterlassen werde, die Gesinnung meines Vaters gegen dich auf jede Art zu erforschen, bis ich erfahre, ob irgendeine böse Absicht in seinem Herzen schlummert, auch dass ich dich
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davon in Kenntnis setzen werde, sei er nun gegen dich wohl- oder übel gesinnt. Gott weiß auch, dass ich stets zu ihm für dich um seine Gnade flehe. Wie er jetzt mit dir ist, so wird er dich auch in Zukunft nicht verlassen und dir auch dann den Sieg verleihen, wenn mein Vater und selbst ich gegen dich sein sollten. Du aber gedenke dieses meines Schwurs, und wenn ich sterben sollte, so nimm dich meiner Kinder an und vergilt ihnen, was du mir schuldest.« Als er diesen Schwur geleistet, hieß er den David sich an einen versteckten Ort auf dem Felde begeben, wo Jonathas seine Leibesübungen vorzunehmen pflegte. Sobald er seines Vaters Gesinnung kenne, werde er dorthin nur in Begleitung eines Knaben kommen. »Wenn ich nun«, fuhr er fort, »drei Wurfspeere zur Zielscheibe entsende und dem Knaben befehle, dass er sie holen solle (sie werden nämlich gerade vor ihm liegen), so kannst du es für sicher halten, dass du von meinem Vater nichts zu befürchten hast. Hörst du mich aber gerade das Gegenteil sagen, so hast du auch das Gegenteil vom Könige zu erwarten. Auf alle Fälle werde ich für deine Sicherheit sorgen, sodass dir kein Leid widerfahren wird. Kommen dann bessere Zeiten, so sei dessen eingedenk und lass dir die Sorge für meine Kinder angelegen sein.« Als David diese Versicherungen von Jonathas erhalten hatte, ging er nach dem verabredeten Orte. 9. Am folgendep. Tage, da gerade Neumond war, begab sich Saul, nachdem er die gewohnte Reinigung vorgenommen hatte, zum Mahle. Und da zu seiner Rechten Jonathas, zu seiner Linken aber sein Feldherr Abener Platz genommen, und er den Platz Davids leer fand, schwieg er zunächst, weil er vermutete, dieser sei noch nicht rein vom Umgang mit seinem Weibe. Als er aber auch am Tage nach dem Neumond noch nicht zur Stelle war, fragte Saul seinen Sohn Jonathas, warum der Sohn Jesses sowohl gestern als auch heute dem Mahle ferngeblieben sei. Dieser antwortete, er sei einer Verabredung gemäß und mit seiner Erlaubnis in seine Vaterstadt gegangen, wo sein Stamm ein Fest feiere, und er habe auch ihn zum Opfer eingeladen. »Und wenn du mir dies erlaubst«, fuhr er fort, ))möchte ich zu ihm reisen, denn du kennst meine große Liebe zu ihm.« Da nun sollte Jonathas kennen lernen, wie feindselig sein Vater gegen David gesinnt war. Denn Saul brauste in seinem Zorne auf, schimpfte über ihn, nannte ihn einen Sohn von Flüchtlingen und seinen Feind und sagte, er sei ein Genosse und Helfershelfer Davids; er scheue weder ihn noch seine Mutter, da er eine solche Gesinnung hege, und wolle nicht einsehen, dass, solange David lebe, die Königsherrschaft ihnen nicht sicher sei. Darum solle er ihn herbeiholen lassen, damit er seine Strafe erleide. Als aber Jonathas fragte, was er denn
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verbrochen habe, dass Saul so erbittert gegen ihn sei, ließ dieser seinen Zorn nicht nur mehr in Worten und Schimpfreden aus, sondern ergriff einen Speer und drang auf Jonathas ein, um ihn zu töten. Er vollführte nun zwar diese Tat nicht, da seine Freunde ihn daran hinderten; aber seinem Sohne konnte es nicht mehr zweifelhaft sein, dass er den David mit grimmigem Hasse verfolge und ihn umzubringen beabsichtige; habe er doch beinahe um Davids willen seinen Sohn mit eigener Hand getötet. 10. Hierauf schlich sich Jonathas von der Tafel weg, da er vor Leid keine Speise mehr anrühren konnte. Die Nacht brachte er schlaflos und mit Weinen zu, weil nicht nur sein eigenes Leben in Gefahr geschwebt, sondern auch weil für David der Tod unabwendbar erschien. In der Frühe aber ging er vor die Stadt aufs Feld, dem Scheine nach, um sich dort zu üben, in Wahrheit jedoch, um seinem Freunde mitzuteilen, wie der Vater gegen ihn gesinnt sei. Und als er alles nach Verabredung getan hatte, schickte er den ihn begleitenden Knaben in die Stadt zurück; er selbst aber begab sich zu David, um mit ihm allein zu sprechen. David hatte ihn kaum erblickt, als er ihm zu Füßen fiel und ihn den Retter seines Lebens nannte. Jonathas aber hieß ihn aufstehen, und sie umarmten sich beide, küssten sich lange und unter Schluchzen und beklagten ihre Jugend, den Hass, der ihre Freundschaft verfolge, und ihre zukünftige Trennung, die ihnen nichts anderes als der Tod selbst zu sein schien. Endlich ermannten sie sich von ihrer Trauer, schworen sich gegenseitig, dass sie einander gedenken wollten, und trennten sich sodann.
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ZWÖLFTES KAPITEL David kommt auf der Flucht zu Achimelech, dann zu den Königen der Palästiner und Moabiter. Saul bringt den Achimelech nebst seinen Verwandten um.
1. Auf der Flucht vor dem Könige, der ihm den Untergang angedroht hatte, kann David in die Stadt Naba zu dem Priester Achimelech. Dieser verwunderte sich sehr, als er ihn so ohne Freund und Diener kommen sah und fragte ihn, weshalb er niemand mitgebracht habe. David entgegnete, der König habe ihm einen geheimen Auftrag erteilt, zu dessen Ausführung er keines Begleiters bedürfe; doch habe er seinen Dienern befohlen, dort
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mit ihm zusammenzutreffen. Weiterhin bat er ihn um etwas Proviant, durch dessen Gewährung er ihm einen Freundschaftsdienst erweisen und das Geschäft unterstützen werde. Als ihm dieser verabfolgt wurden war, ersuchte er auch noch um ein Schwert ,oder einen Speer, die gerade zur Hand seien. Zufällig nun war auch ein Diener Sauls zugegen, ein Syrer Namens Doek, der des Königs Maultiere hütete. Der Hohepriester erwiderte übrigens, er besitze keine Waffen außer dem Schwerte des Goliath, das er nach der Tötung des Palästiners Gott geweiht habe. 2. Dieses Schwert nahm David an sich und floh aus dem Gebiete der Hebräer in die Palästinerstadt Gitta, wo der König Anchus regierte. Die Die. ner des Königs aber erkannten ihn und meldeten ihrem Herrn, David sei da, der so viele tausend Palästiner umgebracht habe. Da nun David fürchtete, er möchte hier in dieselbe Gefahr geraten, der er bei Saul entflohen war, und es möchte sein Leben nicht sicher sein, gebärdete er sich wie wahnsinnig, schäumte mit dem Munde und stellte sich an wie ein Verrückter, um den König der Gittenser glauben zu machen, er leide an einer solchen Krankheit. Dieser geriet in Zorn darüber, dass seine Diener einen geisteskranken Menschen ihm zuführten, und befahl ihnen, David so rasch wie möglich hinauszuwerfen. 3. So entkam David aus Gitta und begab sich weiter in den Stamm Judas, hielt sich hier in einer Höhle nahe bei der Stadt Adullama auf und schickte zu seinen Brüdern, um ihnen sagen zu lassen, wo er sich befinde. Diese begaben sich mit ihrer ganzen Verwandtschaft zu ihm, und auch viele andere, die Not litten oder sich vor dem König Saul fürchteten, strömten bei ihm zusammen und erboten sich zu jedem Dienste, den er von ihnen verlangen würde. Es waren dies gegen vierhundert Mann. David fasste nun· wieder Vertrauen, weil seine Anhänger sich mehrten und Hilfe ihm zuteil wurde, verließ diesen Ort und begab sich zum Könige der Moabiter, den er bat, er möge seine Eltern in das Land aufnehmen und ihnen Schutz gewähren, bis er über sein zukünftiges Geschick im Reinen sei. Der König erfüllte ihm diese Bitte und hielt die Eltern Davids, solange sie bei ihm weilten, in hohen Ehren. 4. David selbst verließ auf Befehl des Propheten die Wüste und wohnte im Stamme Judas, wo er in der Stadt Sara sich aufhielt. Als Saul gehört hatte, David sei mit einem großen Gefolge gesehen worden, geriet er in Furcht und Bestürzung. Denn da er Davids Tapferkeit und Selbstbewusstsein kannte, argwöhnte er, es möchte ihm etwas von seiner Seite zustoßen, das ihn in Trauer und Kummer bringen würde. Er versammelte daher seine
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Freunde, seine Heerführer und den ganzen Stamm, aus dem er war, auf dem Berge, wo er seinen Königssitz hatte, setzte sich an eine Stelle, die Arura hieß, und sprach, umgeben von seinen Höflingen und seiner Leibwache, also zu ihnen: »Ich weiß wohl, ihr Stammes genossen, dass ihr euch meiner Wohltaten noch erinnert, als ich euch zu Herren von Ländereien gemacht und euch zu Amt und Würden gebracht habe. Ich frage euch nun, ob ihr noch mehr und größere Geschenke von dem Sohne des Jesse erwartet, denn ich habe erfahren, dass ihr alle zu ihm hinneigt, da selbst mein Sohn Jonathas eifrig für ihn wühlt und euch ihm günstig stimmen will. Auch ist es mir nicht unbekannt, dass er mit David unter Eidschwur ein Bündnis geschlossen hat, und dass er mit Rat und Tat die Anschläge unterstützt, die gegen mich im Werke sind. Doch ihr kümmert euch nicht darum, sondern wartet ruhig ab, was weiter geschehen wird.« Als der König geendet hatte und niemand von den Anwesenden das Wort ergriff, sagte der Syrer Doek, der Hüter der königlichen Maultiere, er habe gesehen, wie David in die Stadt Naba zum Hohepriester Achimelech gekommen sei, sich von ihm die Zukunft habe verkünden lassen und Proviant, das Schwert des Goliath sowie sicheres Geleit bis an sein Reiseziel erhalten habe. 5. Saul ließ darauf den Hohepriester und dessen ganze Familie zu sich kommen und sprach zu ihm: » Was hast du Übles von mir zu leiden gehabt, dass du den Sohn des Jesse, der nach meiner Königswürde strebt, bei dir aufnahmst und ihn mit Mundvorrat und Waffen versorgtest? Es war dir doch nicht unbekannt, dass er vor mir geflohen ist und mein Haus hasst!« Der Hohepriester leugnete das Geschehene nicht ab, sondern bekannte offen, dass er dem David behilflich gewesen sei; doch habe er das nicht diesem, sondern ihm, dem Könige, zu Gefallen getan. »Ich habe nämlich«, sagte er, »nicht gewusst, dass er dein Feind sei, vielmehr ihn für deinen treu esten Diener und, was noch mehr heißen will, für deinen Schwiegersohn und Verwandten gehalten. Denn diese Ehre pflegt man doch nicht seinen Feinden zu erzeigen, sondern solchen, denen man sein Wohlwollen bekunden will. Geweissagt habe ich ihm aber jetzt nicht zum ersten Mal, sondern auch früher schon öfters und an anderen Ürten. Und da er angab, er sei von dir mit einem eiligen Geschäfte beauftragt worden, so glaubte ich, wenn ich ihm sein Begehren abschlug, mehr dir als ihm mich ungefallig zu erzeigen. Du brauchst also nicht übel von mir zu denken noch, wenn du von Anschlägen Davids hörst, meine Freundlichkeit gegen ihn zu verdächtigen. Denn deinem Freunde, Schwiegersohn und Kriegsobersten habe ich dieselbe erwiesen, nicht aber deinem Feinde.«
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6. Saulließ sich indes durch diese Worte des Hohepriesters nicht überreden, sondern seine Furcht war so star~ dass er selbst gerechte Entschuldigungen nicht glauben wollte. Er befahl daher den Bewaffneten, die ihn umgaben, jenen samt seinen Verwandten umzubringen. Da diese aber nicht wagten, an den Hohepriester Hand zu legen, und sich mehr scheuten, Gott zu beleidigen, als dem Könige den Gehorsam zu versagen, befahl er dem Syrer Doe~ den Mord zu vollziehen. Dieser nahm noch andere Verbrecher zu sich und tötete den Achimelech und dessen Verwandtschaft, im Ganzen dreihundertfunfundachtzig Personen. Alsdann schickte Saul Häscher nach der Priesterstadt Naba, ließ alle Einwohner einschließlich der Frauen und Kinder sowie Leute von jedem Alter umbringen und die Stadt durch Feuer zerstören. Nur einer von Achimelechs Söhnen mit Namen Abiathar blieb am Leben. So erfüllte sich, was Gott dem Hohepriester Eli verkündet hatte, dass nämlich wegen der Freveltaten seiner beiden Söhne seine ganze Nachkommenschaft untergehen werde. 7. An dieser grausamen Tat des Königs Sau!, der ein ganzes Priestergeschlecht mit dem Schwerte umbringen ließ und weder Kind noch Greis verschonte, und der auch die Stadt, welche Gott zur Heimat und Heranbildung von Priestern und Propheten bestimmt hatte, von Grund aus zerstören ließ, kann man so recht der Menschen wahre Natur erkennen. Denn solange sie sich im Privatleben befinden und mit Glücksgütern nicht gesegnet sind, sind sie gut und bescheiden, weil sie ihrem Naturtrieb nicht folgen können und nicht nach Willkür zu schalten wagen. Auch verlegen sie sich dann mit allem Eifer auf die Förderung der Gerechtigkeit, da sie überzeugt sind, dass Gott an allem Anteil nimmt, was die Menschen tun, und dass er nicht nur gegenwärtige Werke, sondern auch schon lange vorher die Gedanken durchschaut, aus denen diese entstehen. Sobald sie dagegen zu Macht und Wurde gelangt sind, legen sie alle ihre Sitten und Gebräuche, wie der Schauspieler die Maske, ab und kehren Waghalsigkeit, Übermut und Verachtung aller göttlichen und menschlichen Einrichtungen hervor. Und obwohl es ihnen dann am besten anstände, sich der Frömmigkeit und Gerechtigkeit zu befleißigen, da ihre Gedanken und Werke der allgemeinen Aufmerksamkeit ausgesetzt sind, benehmen sie sich in allen Stücken so übermütig, als ob Gott sie nicht mehr sehe oder sogar sich vor ihrer Macht ängstige. Und wenn sie dann auf irgend ein Gerücht hin etwas fürchten oder hassen oder auch, wenn es ihnen so passt, unvernünftig lieben, so meinen sie, das sei erprobt, wahr und Gott wie den Menschen wohlgefallig. An die Zukunft aber denken sie nicht und ehren zunächst die, die fur sie schwere
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Mühen bestanden haben, später aber beneiden sie dieselben. Ja, wenn sie jemand zu einer hohen Wurde verholfen haben, nehmen sie ihm diese nicht nur später wieder, sondern trachten ihm auch wegen derselben nach dem Leben, und das infolge bösartiger und verleumderischer Anschuldigungen, die so ungeheuerlich sind, dass man sie kaum glauben mag. Strafwürdige Vergehen aber ahnden sie nicht, wüten vielmehr ohne jede Untersuchung und bloß auf Verleumdungen und falsche Anschuldigungen hin nicht etwa gegen die, bei welchen es erforderlich ist, sondern gegen wen sie eben können, sogar durch Verhängung der Todesstrafe. Alles das hat SauL der Sohn des Kis, der zuerst die Hebräer als König regierte, nachdem die Herrschaft der Vornehmsten und die Regierungsform der Richter abgeschafft waren, uns klar bewiesen, da er dreihundert Priester und Propheten wegen seines Verdachtes gegen den Achimelech töten, die Stadt derselben von Grund aus zerstören ließ und das Heiligtum Gottes seiner Priester und Propheten beraubte, auch nicht einmal ihre Heimatstadt verschonte, wo nach ihnen andere hätten ausgebildet werden können. 8. Abiathar, der Sohn des Achimelech, der allein von dem Priesterstamme übrig blieb, floh zu David und meldete ihm das Unglück, das die seinen betroffen, insbesondere auch den Tod seines Vaters. Dieser sagte ihm, er habe, nachdem er den Doek gesehen, gewusst, dass ihnen so etwas zustoßen würde; denn es sei ihm gleich der Verdacht aufgestiegen, dieser würde den Hohepriester beim Könige anschwärzen. Sich selbst aber klagte er darüber an, dass er indirekt ein so großes Unglück verschuldet habe. Dann forderte er den Abiathar auf, bei ihm zu bleiben, da er nirgendwo anders sich so gut verborgen halten könne.
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DREIZEHNTES KAPITEL Wie David den Saul zweimal verschonte, obwohl er ihn vernichten konnte. Samuels und Nabals Tod.
1. Um diese Zeit erbot sich David, als er vernommen hatte, die Palästiner seien in das Land der Killaner eingefallen und hätten dasselbe verwüstet, ein Heer gegen sie zu fuhren, wofern Gott, den er durch den Propheten um Rat fragen ließ, ihm den Sieg verheißen würde. Und da Gott den Sieg wirklich in Aussicht stellte, griff er mit seiner Streitmacht die Palästiner an, be-
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reitete ihnen eine gewaltige Niederlage, machte große Beute und verblieb dann bei den Killanern, bis sie ihr Getreide von der Tenne nach Hause gebracht hatten. Sein Aufenthalt daselbst aber wurde dem Saul hinterbracht. Denn dass sein Unternehmen einen so glücklichen Erfolg gehabt, konnte nicht bloß in dem Lande, wo dasselbe stattgefunden, bekannt sein; vielmehr verbreitete sich der Ruf davon weithin und kam so auch dem König zu Ohren. Saul freute sich sehr, als er hörte, dass David in Killa sei, da er glaubte, Gott habe ihm in seine Gewalt gegeben, weil er ihn in eine mit Mauern, Toren und Riegeln wohl verwahrte Stadt eingeschlossen habe. Er befahl daher dem gesamten Kriegsvolke, Killa anzugreifen, den David gefangen zu nehmen und ihn umzubringen. Als aber David von Gott vernahm, die Killaner würden ihn, wenn er bei ihnen bleibe, dem Saul ausliefern, flüchtete er sich mit vierhundert Männern aus der Stadt und begab sich in eine Wüste oberhalb Engedaln. Nachdem nun Saul vernommen, dass David den Killanern entschlüpft sei, stellte er den Kriegszug gegen ihn ein. 2. David gelangte von da zu einem Orte im Lande der Ziphener mit Namen Kaina (<
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dem Tode zu überantworten und ihn dem Könige auszuliefern versprachen, schlug ihr boshaftes Vorhaben dennoch fehl. Als nämlich David von dem hinterlistigen Anschlage der Ziphener und der Ankunft des Königs Kunde erhalten hatte, verließ er durch den Engpass die Gegend und floh auf einen hohen Felsen in der Wüste Maon. 3. Saul aber eilte dem David nach, und da er unterwegs hörte, David sei glücklich durch den Engpass entwischt, begab er sich auf die andere Seite des Felsens. Da aber rief ihn, als er nahe daran war, den David gefangen zu nehmen, das Gerücht ab, die Palästiner hätten wiederum einen Einfall in das Gebiet der Hebräer unternommen. Er marschierte also wieder zurück und gegen dieselben, denn er hielt es für besser, deren Frechheit zu strafen, als das Land ihrer Gewalt zu überlassen, während er einem persönlichen Feind nachjage. 4. So wurde David unverhofft aus der Gefahr befreit und begab sich wieder in die Schluchten von Engedai'n. Nachdem die Palästiner nun vertrieben waren, erhielt Saul die Nachricht, David halte sich im Gebiete der Engedai'ner auf. Und sogleich begab er sich mit einer auserlesenen Schar von dreitausend Bewaffneten dorthin. Als er nicht mehr weit von dem Orte entfernt war, erblickte er nahe bei der Straße eine tiefe Höhle von großer Länge und Breite, in der sich zufällig David mit vierhundert Mann verborgen hielt. Und da er gerade ein Bedürfnis zu verrichten hatte, trat er allein in die Höhle ein. Einer von Davids Begleitern aber hatte ihn erblickt und meldete dem David, jetzt biete ihm Gott eine Gelegenheit, sich an seinem Feinde zu rächen; er solle dem Saul den Kopf abschlagen und sich so von seinem ruhelosen Umherirren und seiner Not befreien. David erhob sich darauf, schnitt aber dem Saul nur einen Zipfel des Gewandes ab, welches er trug; denn sogleich erfasste ihn Reue und er meinte, es sei ungerecht, seinen Herrn zu töten, zumal denjenigen, den Gott zur Königswürde erhoben habe. Wenn derselbe gegen ihn auch übel gesinnt sei, so sei es doch ein Frevel, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Als nun Saul wieder aus der Höhle hervortrat, eilte David ihm nach und rief ihm zu, er möge ihn doch anhören. Der König blickte zurück, und David fiel auf sein Angesicht nieder, wie es bei Ehrenbezeugungen Sitte war, und sprach: »0 König, es steht dir schlecht an, böswilligen und gehaldosen Verleumdungen dein Ohr zu leihen und zuzulassen, dass diejenigen verdächtigt werden, denen du als deinen wahren Freunden Glauben schenken kannst. Denn Reden täuschen sehr leicht, während man aus den Werken die wahre Gesinnung erkennt. Worte können wahr und falsch sein, Taten allein offenbaren die Seele, wie
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sie ist. Aus meinen Taten aber kannst du entnehmen, wie gut ich es mit dir und deiner Familie meine, und dass diejenigen dies nicht tun, die mir Taten zur Last legen, welche ich weder ausdenken noch vollführen kann, obgleich du fortfährst, gegen mich erbittert zu sein, und Tag und Nacht auf nichts anderes sinnst, als wie du mich ums Leben bringen könntest. Das ist ungerecht von dir. Wie kannst du in einem solchen Irrtum befangen sein, als ob ich dich umbringen wollte? Und wie kannst du so gegen Gott freveln, dass du mich töten willst, da ich mich heute an dir rächen konnte und dich dennoch verschonte? Denn hätte ich dein Verderben gewollt, so würdest du mir nicht entschlüpft sein, und wie ich dir einen Zipfel deines Gewandes abschnitt, hätte ich dir auch ebenso leicht das Haupt abschlagen können.« Zur Bestätigung seiner Aussage zeigte hier David den Thchlappen vor. »Ich habe mich aber«, fuhr er dann fort, »gerechter Rache gegen dich enthalten; du dagegen scheust dich nicht, mich mit unversöhnlichem Hass zu verfolgen. Möge Gott zWischen uns entscheiden und unseren Wandel prüfen.« Da entsetzte sich Saul darüber, dass er einer so großen Gefahr entgangen war, und indem er vor Davids Bescheidenheit und Edelmut verstummte, seufzte er auf. Das Gleiche tat David, und Saul hob nun an zu sprechen: »Ich habe viel mehr Grund zu seufzen als du; denn du hast mir nur Gutes erwiesen, ich aber habe dir nur Übles zugefügt. Heute hast du gezeigt, dass in dir die Gerechtigkeit unserer Vorfahren fortlebt, die ihre in der Wüste gefangenen Feinde großmütig am Leben ließen. Hieraus erkenne ich, dass Gott dir die Königswürde bestimmt hat, und dass du über alle Hebräer herrschen wirst. Schwöre mir daher, du wollest dann mein Geschlecht verschonen und nicht im Hinblick auf meine Ungerechtigkeit meine Kinder dem Verderben weihen, vielmehr mein Haus unter deinen besonderen Schutz nehmen.« David leistete denn auch den verlangten Schwur und ließ den Saul heimkehren, er selbst aber zog sich in die Schluchten des Mastheron-Gebirges zurück. 5. Um diese Zeit schied der Prophet Samuel aus dem Leben. Die große Verehrung, welche er bei den Hebräern genoss, zeigte sich besonders darin, dass man lange um ihn trauerte und jammerte, und dass man seine Bestattung und die Leichenzeremonien mit großer Feierlichkeit vollzog. Die Beisetzung fand in seiner Vaterstadt Armatha statt, und man beweinte ihn nicht wie in öffentlicher 'Irauer, sondern gerade so, als ob jeder Einzelne den Verlust erlitten hätte. Von Natur war er mit einem besonderen Gerechtigkeitssinne begabt, und Gott liebte ihn. Er war nach dem Tode des Hohepriesters Eli zwölf Jahre lang alleiniger Vorsteher des Volkes gewesen und zugleich mit Saul noch achtzehn Jahre lang.
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6. Damals lebte ein reicher, aus der Stadt Emma gebürtiger Ziphener, der eine Herde von dreitausend Schafen und tausend Ziegen auf der Weide hatte. David hatte den Seinigen strengstens anbefohlen, diese Herden mit Sorgfalt zu behandeln, und sie sollten sich weder aus Habgier noch aus Not, noch weil sie in der Wüste unentdeckt zu bleiben hofften, verleiten lassen, etwas davon wegzunehmen. Vielmehr sollten sie Letzteres als einen Frevel gegen Gott betrachten. Diese Anweisungen gab er in der Hoffnung, sich dadurch einem guten und rechtschaffenen Manne gefällig erweisen zu können. Nabal indes (so hieß der Mann) war im Gegenteil ein hartherziger und übel beredeter Mensch, der sein Leben in Bosheit verbrachte, aber ein gutes, verständiges und dabei schön gestaltetes Weib hatte. Zu diesem Nabal schickte David um die Zeit der Schafschur zehn der Seinigen, ließ ihm seinen Gruß entbieten und zugleich den Wunsch aussprechen, er möge noch viele Jahre dieses Segens sich erfreuen. Dann ließ er ihn bitten, Nabal möge ihnen von seinem Überfluss etwas mitgeben, zumal er von den Hirten vernommen habe, dass die Seinigen, obgleich sie sich nun schon lange in der Wüste aufhielten, ihm keinen Schaden zugefügt, vielmehr seine Hirten und Herden stets beschützt hätten. Es werde ihn auch später nicht reuen, dass er dem David etwas mitgeteilt habe. Nabal aber nahm die Boten unfreundlich und mürrisch auf. Er fragte sie nämlich, wer David eigentlich sei. Und da er vernahm, jener sei ein Sohn des Jesse, entgegnete er: »SO eitel denken also die von sich, die ihren Herren entlaufen sind und sich nun ungebührlich und hochmütig benehmen.« Als das dem David gemeldet wurde, geriet er in Aufregung, hieß vierhundert Bewaffnete ihm folgen, während er zweihundert zur Bewachung der Bagage zurückließ (denn er hatte schon eine Schar von sechshundert Mann um sich), und rückte gegen Nabal aus, indem er schwor, er werde noch in derselben Nacht Nabals Haus und all sein Eigentum zerstören. David nämlich war nicht bloß deshalb über ihn erbittert, weil er sich so undankbar gezeigt, obgleich sie ihm mit großer Freundlichkeit entgegengekommem waren, sondern auch darum, weil er sie noch obendrein geschmäht, obwohl sie ihm nichts Böses zugefügt hatten. 7. Einer der Hirten Nabals aber erzählte seiner Herrin, dass David von ihrem Gatten einen Gefallen begehrt habe, von ihm indes mit Schmähreden beleidigt worden sei, obgleich doch David seine Herde beschützt und sich so besonders gütig gegen ihn gezeigt habe; das könne aber ihrem Herrn von Nachteil sein. Als Abigaea (so hieß die Frau) dies erfuhr, ließ sie ihre Esel satteln und mit allerlei Geschenken beladen und begab sich, ohne ih-
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rem Manne, der sinnlos betrunken war, ein Wort davon zu sagen, auf den Weg zu David. In einem Engpass begegnete ihr dieser, der mit vierhundert Bewaffneten sich auf dem Marsche gegen Nabal befand. Das Weib war seiner kaum ansichtig geworden, als sie von ihrem Esel herabsprang, auf ihr Angesicht fiel und ihn flehentlich bat, er möge doch der Worte Nabals nicht mehr gedenken, denn dieser sei tatsächlich so unvernünftig, wie sein Name besage (in hebräischer Sprache bedeutet Nabal »Torheit«). Sie selbst aber entschuldigte sich damit, sie habe keinen seiner Boten gesehen. »Daher bitte ich dich«, fuhr sie fort, »mir zu verzeihen und Gott dafür zu danken, dass er dich abhält, deine Hände mit Menschenblut zu beflecken. Denn jener wird seiner Strafe doch nicht entgehen, wenn auch du dich vom Morde rein hältst; und zwar wird er seine Strafe von denen erhalten, die dir übel wollen. Auch wird das Unglück, das seiner harrt, auf die Häupter deiner Feinde zurückfallen. Darum bitte ich dich, nimm diese Geschenke wohlgefallig an und lass deinen Zorn gegen meinen Gatten und sein Haus fahren. Denn es geziemt dir wohl, Langmut und Menschenfreundlichkeit zu üben, da du zur Königswürde bestimmt bist.« David nahm die Geschenke an und sprach: »Gottes Gnade hat es gefügt, 0 Weib, dass du mir heute begegnetest, sonst würdest du den morgigen Tag nicht erlebt, haben. Denn ich hatte geschworen, noch in dieser Nacht das Haus Nabals zu zerstören und niemand von der Familie des boshaften und undankbaren Menschen am Leben zu lassen. So bist du mir also durch Gottes Fürsorge so rechtzeitig begegnet, dass du meinen Zorn noch beschwichtigen konntest. Wenn aber Nabal auch jetzt durch dich seiner Strafe entgangen ist, so wird er derselben künftig doch verfallen; denn seine Bosheit wird ihn bei anderer Gelegenheit schon ins Verderben stürzen.« 8. Nach diesen Worten ließ er das Weib wieder heimkehren. Dort fand sie ihren Mann in zahlreicher Gesellschaft schmausend, und da er schwer vom Weine war, wollte sie ihm das Vorgefallene nicht gleich mitteilen. Am folgenden Tage aber, als er wieder nüchtern war, setzte sie ihm alles auseinander und erschütterte ihn dadurch so gewaltig, dass seine Kraft dahinschwand und sein Körper dem eines Toten glich. Er lebte danach nur noch zehn Tage. Als nun David von seinem Tod Kunde erhielt, meinte er, dass Gott ihn mit Recht so gestraft habe, denn Nabal sei durch seine eigene Bosheit umgekommen, ohne dass er selbst nötig gehabt habe, seine Hände mit Blut zu beflecken. Er schöpfte daraus auch die Lehre, dass alle Bösen von Gott gezüchtigt würden, und dass dieser sich um jeden Menschen bekümmere und Gute sowohl wie Böse ganz nach Verdienst behandele. Bald dar-
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auf ließ er das Weib des Nabal zu sich kommen, um sie zur Ehe zu nehmen. Diese hielt sich zwar einer solchen Ehre für unwürdig; ja sie verdiene nicht, auch nur seine Füße zu berühren. Dennoch kam sie in aller Unterwürfigkeit. Und David nahm sie zur Ehe wegen ihrer Bescheidenheit, Ehrbarkeit und schönen Gestalt. Vorher hatte David noch eine andere Gattin genommen, die aus der Stadt Abisar stammte; die Michal aber, König Sauls Tochter, welche, gleichfalls mit David vermählt war, hatte ihr Vater an Pheltias, den Sohn des Lis aus der Stadt Gethla, verheiratet. 9. Nicht lange danach meldeten einige Ziphener dem Könige, dass David wieder in ihrem Gebiet sich aufhalte, und dass Saul, wenn er kommen wolle, ihn leicht gefangen nehmen könne. Saul zog darauf mit dreitausend Mann dorthin und schlug mit Anbruch der Nacht sein Lager bei dem Orte Sekela auf. Als aber David vernahm, der König ziehe gegen ihn heran, sandte er Kundschafter aus, die ihm melden sollten, bis wohin Saul schon vorgedrungen sei. Und da er hörte, dieser lagere bei Sekela, brach er heimlich des Nachts in Begleitung des Abisa, des Sohnes seiner Schwester Sarvia, sowie des Chettäers Achimelech auf und schlich sich zu Sauls Lager. Während nun Saul nebst dem ganzen Kriegsvolke und seinem Heerführer Abener im Schlafe lag, schritt er in des Königs Zelt, welches an dem daneben aufgesteckten Speer kenntlich war. Doch wagte er weder selbst Hand an den König zu legen, noch erlaubte er das dem Abisa, der ein besonderes Verlangen danach bezeigte. Er hielt ihm vielmehr vor, es sei ein schweres Vergehen, den von Gott eingesetzten König zu töten, wie schlecht dieser auch sein möge; denn zu bestimmter Zeit werde er seine Strafe von dem erhalten, der ihm die Herrschaft verliehen habe. Damit man aber merken könne, dass er in der Lage gewesen sei, den König zu töten, sich aber dennoch dessen enthalten habe, nahm er den Speer und die Wasserflasche, welche zufällig neben dem Lager stand, und schlich, ohne dass ihn einer bemerkt hätte, weil alle im Schlaf lagen, wieder aus dem Lager hinaus, nachdem er alles ausgeführt hatte, was er unter dem Schutze der Dunkelheit gegen die Kriegsleute des Königs geplant hatte. Dann überschritt er einen Bach und stieg auf den Gipfel eines Berges, von wo man ihn leichter vernehmen konnte. Von hier aus schrie er den Kriegern Sauls und dem Heerführer Abener laut zu und weckte sie so aus dem Schlafe. Und als der Heerführer dies vernahm und fragte, wer ihn beim Namen gerufen habe, antwortete ihm David: »Ich, des Jesse Sohn, der sich vor euch hat flüchten müssen. Aber wie kommt es, dass du, ein so gewaltiger und beim König in hohen Ehren stehender Mann, so nachlässig deinen Herrn bewachst, und
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dass du lieber schläfst, als für sein Heil zu sorgen? Thr habt den Tod verdient, weil ihr nicht gemerkt habt, dass einige von uns in das Lager bis zum Könige und seiner Umgebung eingedrungen sind. Sieh einmal nach, wo des Königs Speer und seine Wasserflasche sind, und dann wirst du erkennen, was im Lager Schlimmes vorgegangen, von euch aber nicht bemerkt worden ist.« Saul erkannte Davids Stimme, und da er einsah, dass er infolge der Nachlässigkeit seiner Wächter in Davids Gewalt gewesen, aber dennoch verschont geblieben sei, obgleich jener ihn mit vollem Recht hätte töten können, stattete er ihm seinen Dank ab und ermahnte ihn, er möge doch wieder Vertrauen zu ihm haben und nichts Böses mehr von ihm befürchten, sondern nach Hause zurückkehren. Denn er sei jetzt überzeugt, dass er sich selbst nicht so liebe, wie er von ihm geliebt werde, da er ihn so oft schon beschützt und ihm Wohltaten erwiesen habe, obgleich er von ihm verfolgt worden sei. Auch habe David ihm zu wiederholten Malen das Leben gerettet, obgleich er ihn von seinen Freunden und Verwandten weg in die Verbannung getrieben und in die tiefste Bekümmernis versetzt habe. David hieß sodann den Saul jemand schicken, um seinen Speer nebst der Wasserflasche abzuholen, und fügte hinzu: »Gott wird einen jeden von uns nach seiner Gesinnung und den daraus entspringenden Taten richten, denn ihm ist es wohl bekannt, dass ich dich heute töten konnte, es aber nicht getan habe.« 10. Als Saul so zum zweiten Male den Händen Davids entgangen war, kehrte er in seine Königs- und Vaterstadt zurück. David aber fürchtete, Saul möchte noch immer trachten, ihn zu ergreifen, wenn er weiter dort verweile, und hielt es daher für geraten, sich nach dem Lande der Palästiner zu begeben. Er zog also mit den sechshundert Mann, die er bei sich hatte, zu Anchus, dem Könige von Gitta, einer der fünf Palästinerstädte. Anchus nahm ihn und seine Begleiter freundlich auf und wies ihnen Wohnungen an, und so lebte David zu Gitta nebst seinen beiden Gattinnen Achina und Abigaea. SauL der dies erfuhr, nahm davon Abstand, Kriegsleute gegen ihn zu senden, denn er war durch die zweimalige Gefahr gewitzigt; hätte doch nicht viel gefehlt, dass er selbst in die Hände dessen geraten wäre, den er gefangen nehmen wollte. Dem David aber gefiel der Aufenthalt in Gitta nicht. Er bat deshalb den König, dieser möge ihm, wie er ihn freundlich aufgenommen, jetzt einen ländlichen Ort zum Wohnsitz anweisen, denn er fürchte, durch längeren Aufenthalt in der Stadt ihm beschwerlich und lästig zu werden. Darauf überließ ihm Anchus ein Dorf mit Namen Sekela, welches David so lieb gewann, dass er später, als er zur Königswürde gelangt
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war, es als Privatbesitzung besonders pflegte; und ebenso taten auch seine Nachkommen. Hierüber werde ich mich noch an anderer Stelle verbreiten. David verweilte in Sekela vier Monate und zwanzig Tage. Während dieser Zeit unternahm er heimlich gegen die benachbarten Seniter und Amalekiter Kriegszüge, verwüstete deren Land und machte reiche Beute an Zugvieh und Kamelen. Die Menschen dagegen verschonte er aus Furcht, es möchte dem Könige Anchus angezeigt werden, wenn er sie umgebracht hätte; auch schickte er diesem immer einen Teil der Beute als Geschenk zu. Fragte ihn aber der König, welchen Feinden er die Beute abgejagt habe, so antwortete er: »Den Juden, die gegen Süden und in der Ebene wohnen.« Das glaubte ihm denn auch Anchus, weil er hoffte, David werde nun ein Feind seines Volkes bleiben, ihm selbst aber während seines ganzen Lebens dienstbar sein und in seinem Lande wohnen.
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VIERZEHNTES KAPITEL Saul bittet, da Gott seinen Rat verweigert, eine Bauchrednerin, ihm die Seele Samuels heraufzubeschwören. Niederlage der Hebräer. Saul fällt nebst seinen Söhnen in der Schlacht.
1. Um diese Zeit beschlossen die Palästiner einen neuen Feldzug gegen die Israeliten, und da sie ringsum zu ihren Bundesgenossen geschickt hatten, um dieselben nach Renga zu bescheiden, von wo aus der gemeinsame Vorstoß gegen die Hebräer erfolgen sollte, bat der König der Gittenser, Anchus, auch den David, ihm mit seiner Mannschaft gegen die Hebräer Hilfe zu leisten. David erklärte sich hierzu bereit und sagte, dies sei für ihn eine Gelegenheit, seinen Dank für die Wohltaten, die man ihm erwiesen, und für die genossene Gastfreundschaft zu erstatten. Um aber seine Bereitwilligkeit noch zu steigern, versprach ihm der König, er wolle ihn, wenn er siege und der Krieg nach seinem Wunsch ausfalle, in seine Leibwache einreihen. 2. Saul hatte die Wahrsager, Bauchredner und alle, die sich mit dergleichen Künsten befassten, aus dem Lande gejagt, ausgenommen die Propheten. Als er nun erfuhr, dass die Palästiner im Anmarsch seien und nahe bei der Stadt Suna in der Ebene ihr Lager errichtet hätten, eilte er ihnen mit seinen Truppen entgegen. Nachdem er aber zum Berge Gelboe gekommen war und sich dem Feinde gegenüber gelagert hatte, ward er in nicht gerin-
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gen Schrecken versetzt, als er sah, dass derselbe ihm an Zahl und Kräften weit überlegen war. Er bat deshalb Gott durch die Propheten um Auskunft über den Erfolg des Kampfes. Als aber Gott ihm nicht antwortete, geriet er in noch größere Bestürzung und verlor allen Mut, weil er sein Unglück voraussah, falls Gott ihm nicht beistehen würde. Er befahl deshalb, man solle ~ne Bauchrednerin aufsuchen, die die Seelen der Verstorbenen beschwören könne, damit er von ihr erführe, ob seine Sache gut stehe. Die Sippe der Bauchredner nämlich bringt die Seelen der Verstorbenen herauf und weissagt durch dieselben denen, welche es begehren, die Zukunft. Einer der Seinigen meldete ihm nun, ein derartiges Weib befinde sich in Endor, und nun begab er sich in Verkleidung und ohne Vorwissen aller anderen mit nur zweien seiner vertrautesten Diener bei Nacht dorthin und bat das Weib, sie möge ihm wahrsagen und die Seele dessen heraufbeschwören, den er ihr nennen werde. Da sie ihm aber seine Bitte abschlug und sagte, sie fürchte sich vor dem König, der die Wahrsager aus seinem Reiche vertrieben habe, und es sei von ihm nicht menschenfreundlich gehandelt, sie hinterlistigerweise zu der verbotenen Tat zu verlocken, die ihr, wenn sie dabei ertappt würde, die Todesstrafe zuziehen könne, schwur er ihr, er werde es niemand wissen lassen und ihre Prophezeiung niemand kundtun, sodass sie nicht im Mindesten Gefahr laufen würde. Nachdem er ihr durch diesen Eidschwur alle Furcht benommen hatte, befahl er ihr, die Seele Samuels heraufzubeschwören, und obgleich sie nicht wusste, wer Samuel sei, rief sie ihn aus der Unterwelt herauf. Sobald sie ihn aber erblickt hatte, erschrak sie vor dem gewaltigen und in gottähnlicher Majestät erscheinenden Manne, und voll Entsetzen fragte sie: »Bist du nicht der König SauI?« Samuel nämlich hatte ihr dies eingegeben. Als Saul dies bejahte und sie fragte, weshalb sie so erschrocken sei, antwortete sie, sie sehe einen Mann von göttlicher Gestalt der Erde entsteigen. Und da er ihr weiter zu sagen befahl, wie jener aussehe und in welchem Alter er sei, entgegnete sie, er sei ein Greis von vornehmer Gestalt und mit einem Priestergewand bekleidet. Daraus erkannte Saul, dass es Samuel war, und er fiel zur Erde, um ihn zu begrüßen und ihm die schuldige Verehrung zu bezeugen. Als nun die Seele Samuels fragte, weshalb er sie aus ihrer Ruhe aufgestört und aus der Unterwelt heraufbeschworen habe, klagte Saul, er habe das nur aus Not getan: denn gewaltige Feinde bedrängten ihn, und Gott habe ihn verlassen und wolle ihm weder durch die Propheten noch durch Traumerscheinungen die Zukunft kundtun. Deshalb habe er zu Samuel seine Zuflucht genommen, weil dieser auch früher für ihn gesorgt habe. Samuel aber, welcher wusste, dass Sauls Lebensende
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bevorstehe, sagte, es sei überflüssig, von ihm die Zukunft erfahren zu wollen, da Saul von Gott schon verlassen sei. »Vernimm aber«, fuhr er fort, »dass dem David die Königswürde vom Schicksal bestimmt ist, und dass er den Krieg glücklich beendigen wird. Du dagegen wirst, wie ich dir auch schon bei Lebzeiten verkündigt habe, Herrschaft und Leben zugleich verlieren, weil du im Kriege gegen die Amalekiter Gott nicht gehorsam gewe-e· sen bist und seine Gebote übertreten hast. Wisse darum, dass dein Heer in die Hände der Feinde geraten wird, und dass du morgen mit deinen Söhnen in der Schlacht fallen und bei mir sein wirst.« 3. Als Saul dies vernahm, verstummte er vor Betrübnis und fiel ohnmächtig zur Erde, sei es aus Schmerz über die Prophezeiung, sei es vor Mattigkeit, weil er den ganzen vorhergehenden Tag und die Nacht hindurch keine Speise zu sich genommen hatte. Nachdem er dann mit Mühe wieder zu sich gebracht war, drang das Weib in ihn, er solle etwas Nahrung nehmen, und begehrte als Lohn für ihre verwegene Prophezeiung, die sie ihm trotz des Verbotes kundgetan, nichts weiter, als dass er sich zu Tische setzen, sich mit Speise erquicken und dann gestärkt zu seinem Heere zurückkehren möchte. Da er sich aber dessen weigerte und vor Betrübnis nichts anrührte, bat sie ihn noch inständiger, sodass er endlich nachgab. Als Weib aber, die von ihrer Hände Arbeit lebte, besaß sie nur ein einziges Kalb, das sie mit großer Sorgfalt aufgezogen hatte; dieses schlachtete sie, bereitete das Fleisch zu und setzte es dem Saul und seinen Dienern vor. Saul kehrte darauf, da es noch Nacht war, ins Lager zurück. 4. Es geziemt sich, die willige Freundlichkeit dieses Weibes lobend hervorzuheben. Denn obgleich ihr die Ausübung ihrer Kunst, durch die ihre Lage sich bedeutend verbessert haben würde, vom Könige verboten worden war und sie ihn früher nie gesehen hatte, gedachte sie doch des ihr zugefügten Unrechtes nicht, verachtete ihn auch nicht wie einen fremden und unbekannten Mann, sondern hatte Mideid mit ihm, tröstete ihn, ermahnte ihn, die lang entbehrten Speisen zu sich zu nehmen, und teilte ihm alles, was sie in ihrer Armut besaß, reichlich und gern mit. Und hierfür erwartete sie nicht den geringsten Lohn noch zukünftigen Dank, da sie ja wusste, dass Saul sterben müsse. Die Menschen sind allerdings von Natur so geartet, dass sie erst dann anderen Gutes erzeigen wollen, wenn sie selbst vorher irgendeinen Vorteil von ihnen erlangt haben. Schön ist es deshalb, dem Beispiele dieses Weibes nachzueifern, alle Nodeidenden zu unterstützen und nichts für vortrefflicher, dem Menschen geziemender und Gott wohlgefälliger zu halten. Hiermit genug von diesem Weihe. Jetzt aber
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will ich noch einiges erwähnen, was Städten, Völkern und Geschlechtern nützlich und allen Guten angenehm sein kann, weil alle dadurch angeregt werden, die 'fugend zu pflegen und sich so ein ewiges Gedenken zu sichern, ferner weil dadurch auch den Königen der Völker und den Vorstehern der Städte ein großer Eifer für herrliche Taten eingeflößt und sie zugleich angeregt werden, den Gefahren und Drangsalen zu trotzen und selbst den Tod fürs Vaterland nicht zu scheuen. Veranlassung zu dieser Erwägung gibt mir der Hebräerkönig Saul. Denn obwohl er infolge der Weissagung des Propheten seinen Tod voraussah, wollte er ihm doch nicht entfliehen oder aus Liebe zum Leben sein Heer dem Feinde preisgeben und so seine Königswürde entehren, sondern er setzte sich mit seinem ganzen Hause mutig der Gefahr aus und hielt es für ruhmvoll, zugleich mit seinen Söhnen im Kampfe für sein Volk zu unterliegen. Denn er wollte lieber, dass seine Söhne heldenmütig den Tod suchten, als dass er sie in Ungewissheit über ihr zukünftiges Schicksal zurücklassen müsse. Statt Erben und Nachkommen zog er es eben vor, Ruhm und ein immer währendes Gedenken zu hinterlassen. Saul scheint mir deshalb ein gerechter, tapferer und kluger Mann gewesen zu sein, und wer ihm ähnlich ist, kann auf allgemeine Anerkennung rechnen. Ferner scheint es mir nicht recht getan, dass diejenigen, welche mit der Aussicht auf Sieg und glückliche Heimkehr in den Krieg ziehen, von den Geschichtsschreibern, die ihrer Erwähnung tun, tapfer genannt werden, wenn sie auch herrliche Taten vollbracht haben. Zwar gebührt auch ihnen ihr Lob; aber tapfer, unternehmend und Verächter von Gefahren können nur die genannt werden, die dem Saul nacheifern. Denn es ist sicherlich kein Zeichen tapferen Gemütes, sich aufs ungewisse hin in den Krieg stürzen, wenn man auch glänzende Taten darin vollbringt. Vielmehr halte ich den für wahrhaft tapfer, der, obgleich er im Kriege kein Glück zu erwarten hat, sondern voraussieht, dass er seinem Tode entgegengeht, dennoch ohne Furcht und Schrecken sich der Gefahr aussetzt. Das hat Saul getan und dadurch gezeigt, dass alle, welche nach ewigem Ruhm streben, ebenso handeln müssen, besonders aber die Könige, welche wegen der Erhabenheit ihrer Stellung ihren Untergebenen nicht nur nichts Böses, sondern ungewöhnlich Gutes erweisen sollen. Von Saul und seiner hervorragenden Tapferkeit könnte ich noch mehr sagen, doch möge das Erwähnte genügen. Und damit es nicht den Anschein habe, als beabsichtige ich, ihn über Gebühr zu loben, will ich jetzt in meiner eigentlichen Erzählung fortfahren. 5. Als die Palästiner, wie oben erwähnt, ihr Lager aufgeschlagen und ihre
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'fruppen nach Völkern und Geschlechtern gemustert hatten, rückte zuletzt mit seinem Heere der König Anchus an, dessen Streitmacht David mit seiner Schar von sechshundert Kriegern sich beigesellte. Als die Heerführer der Palästiner ihn erblickten, fragten sie den König, woher die Hebräer kämen, und wer sie gerufen habe. Dieser erwiderte, das sei David, der vor seinem Herrn Saul geflohen sei und nun aus Dankbarkeit für die ihm erwiesene Gastfreundschaft und aus Rache gegen Saul ihnen Hilfe leisten wolle. Die Führer aber tadelten ihn, dass er einen feindlich gesinnten Mann zu Hilfe nehme, und rieten ihm, David zu entlassen, damit er keinen Schaden verursache. Indem er nämlich ihre Kräfte schwäche, werde ihm Gelegenheit geboten, sich mit seinem Herrn wieder zu versöhnen. Deshalb sollten sie sich wohl vorsehen und den David mit den sechshundert Mann wieder in seinen Wohnort zurückschicken. Denn das sei jener David, den die Jungfrauen wegen der Tötung von Zehntausenden der Palästiner besungen hätten. Als der König der Gittenser das vernahm und die Ansicht als zutreffend anerkennen musste, ließ er den David zu sich kommen und sprach zu ihm: »Ich habe zwar deinen Eifer und deine 'freue erprobt und dich deshalb auch als Bundesgenossen angenommen. Aber die Heerführer denken nicht ebenso von dir. Begib dich daher sogleich wieder an den Ort, den ich dir geschenkt habe, und denke deswegen nicht schlecht von mir. Beschütze dort mein Land, damit die Feinde nicht in dasselbe einfallen können; denn auch so erweisest du dich als Bundesgenossen.« David gehorchte dem Befehle des Königs von Gitta und zog sich wieder nach Sekela zurück. In der Zeit aber, da er den Ort verlassen hatte, um den Palästinern Hilfe zu bringen, hatten die Amalekiter einen Einfall gemacht und Sekela mit Gewalt eingenommen, es in Brand gesteckt und viele Beute aus diesem Orte wie aus dem übrigen Gebiete der Palästiner weggeschleppt; darauf waren sie wieder heimgezogen. 6. Als David vernahm, dass Sekela verheert und geplündert sei und dass man seine beiden Gattinnen nebst den Weibern und Kindern seiner Krieger in Gefangenschaft geschleppt habe, zerriss er sogleich seine Kleider und weinte und jammerte so lange und heftig, bis die 'fränen ihm ausgingen. Ja, er lief sogar Gefahr, von seinen Leuten, die sich vor Gram über die Gefangenschaft ihrer Weiber und Kinder nicht mehr zu halten wussten, zu Tode gesteinigt zu werden. Nachdem aber David sich von seinem Schmerz etwas erholt hatte, richtete er sein Gemüt zu Gott, ließ den Hohepriester Abiathar sein priesterliches Gewand anlegen und Gott fragen, ob er ihm, wenn er die Amalekiter verfolge, die Gnade gewähren wolle, sie zu schla-
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gen, die Weiber und Kinder zu befreien und an den Feinden Rache zu nehmen. Und da der Hohepriester befahl, man solle den Feinden nachsetzen, brach David sogleich mit seinen sechshundert Mann auf und kam bis zum Bache Basel, wo er einen Ägypter antraf, der sich verirrt hatte und von Not und Hunger erschöpft war, da er drei Tage und Nächte hindurch keine Nahrung zu sich genommen hatte. David ließ ihm Speise und 1J:ank reichen, und nachdem er sich erholt hatte, fragte er ihn, wer und woher er sei. Dieser entgegnete, er sei von Geburt Ägypter und von seinem Herrn im Stich gelassen worden, da er wegen Krankheit nicht weitergekonnt habe. Er habe zu denen gehört, die Sekela und andere Orte Judäas in Brand gesteckt und geplündert hätten. David benutzte nun den Mann als Wegweiser, verfolgte die Amalekiter und traf sie an, als sie sorglos auf dem Boden lagen, schmausten, sich betranken und sich der Beute und ihres Raubes erfreuten. Unversehens griff David sie an und machte viele von ihnen nieder; denn da sie waffenlos waren und an den Überfall nicht im entferntesten dachten, vielmehr sich nur mit Trinken und Essen beschäftigten, konnten sie leicht überwältigt werden. Einige wurden bei der Mahlzeit niedergemacht, sodass Speise und 1J:ank mit ihrem Blute besudelt wurde; andere wurden getötet, als sie sich gerade einander zutranken, wieder andere, als sie vom Weinrausche in Schlaf gefallen waren. Diejenigen aber, die ihre Rüstung noch anlegen konnten und sich zur Wehr setzten, wurden ebenso leicht umgebracht. Dieses Blutbad dauerte vom Morgen bis zum Abend, sodass nicht mehr als vierhundert Amalekiter am Leben blieben, die sich auf ihre Kamele setzten und so entflohen. Alles aber, was die Feinde geraubt, nahm ihnen David wieder ab, auch seine und seiner Krieger Gattinnen. Als nun die Schar wieder umkehrte und an den Ort kam, wo sie die zweihundert Mann zur Bewachung der Bagage zurückgelassen hatte, weigerten sich die vierhundert, die Beute und den übrigen Raub mit ihnen zu teilen, weil sie zu feige gewesen seien, den Feind mit zu verfolgen; sie meinten, diese müssten schon zufrieden damit sein, dass sie ihre Weiber und Kinder wiedererhalten hätten. Diese Meinung tadelte aber David als ungerecht; denn da Gott ihnen dazu verholfen habe, sich an ihren Feinden zu rächen und ihre ganze Habe wiederzuerlangen, so sei es billig, dass alle Krieger gleichmäßig an der Beute Anteil bekämen, zumal da die anderen ja das Gepäck zu bewachen gehabt hätten. Seit dieser Zeit galt das Gesetz, dass diejenigen, welche die Bagage bewachten, denselben Anteil von der Beute erhielten, wie die, welche in den Kampf gezogen waren. Als nun David nach Sekela gekommen war, schickte er allen Verwandten und Freunden vom Stamme Judas einen
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Teil von der Beute zu. So verhielt es sich mit der Plünderung von Sekela und der Niedermetzelung der Amalekiter. 7. Als nun die Palästiner mit den Hebräern zusammenstießen, blieben sie nach heißer Schlacht Sieger und machten viele Hebräer nieder. Der König Saul und seine Söhne stritten tapfer und mit großer Ausdauer und suchten ihren Ruhm nur darin, unverzagt zu kämpfen und schön zu sterben. Sie durchbrachen die feindliche Schlachtlinie und richteten unter den Palästinern ein gewaltiges Blutbad an, doch erlagen sie endlich der Übermacht. Sauls Söhne waren Jonathas, Aminadab und Melchis. Als diese gefallen waren, wandten sich die Hebräer zur Flucht, und da der Feind ihnen auf dem Fuß folgte, gerieten sie in unbeschreibliche Verwirrung, und es kamen viele von ihnen ums Leben. Auch Saul floh mit einer Schar der Seinigen; die Palästiner aber sandten ihnen Bogenschützen und Schleuderer nach, die eine Menge von ihnen töteten. Saul selbst, der so wacker gekämpft und so viele Wunden erhalten hatte, dass er sich nicht mehr aufrecht halten konnte, auch zu schwach war, um sich selbst zu töten, befahl seinem Waffenträger, ihn mit dem Schwerte zu durchbohren, damit er nicht lebend in die Hände seiner Feinde gerate. Der Waffenträger indes konnte es nicht über sich bringen, seinen Herrn zu töten, sodass Saul schließlich selbst sein Schwert zog, dessen Spitze gegen sich richtete und sich hineinstürzte. Weil er aber nicht mehr so viel Kraft besaß, um sich das Schwert vollends in den Leib zu stoßen und sich zu durchstechen, wandte er sich um, und da zufällig ein Jüngling in der Nähe stand, fragte er ihn, wer er sei. Als er nun hörte, er sei Amalekiter, bat er ihn, ihm den erwünschten Tod zu geben, den er mit eigener Hand sich nicht mehr geben könne. Dieser erfüllte Sauls Wunsch, zog ihm dann seine goldenen Armspangen vom Arm und vom Haupte die Königskrone und entfloh. Als aber der Waffenträger sah, dass Saul tot sei, brachte er sich selbst ums Leben. Keinem von der Leibwache des Königs gelang es, zu entkommen, sondern sie fielen alle auf dem Berge Gelboe. Sobald die Hebräer, die im Tale jenseits des Jordan wohnten, und die, die ihre Städte in der Ebene hatten, hörten, Saul, seine Söhne und sein ganzes Heer seien gefallen, verließen sie ihre Städte und zogen sich in die festesten derselben zurück. In den verlassenen Städten aber siedelten sich die Palästiner an. 8. Als die Palästiner am folgenden Tage die gefallenen Feinde beraubten, stießen sie auf die Leiber Sauls und seiner Söhne, denen sie, nachdem sie dieselben ausgezogen, die Köpfe abschlugen. Dann schickten sie im ganzen Lande Boten herum mit der Nachricht, die Feinde seien in der Schlacht
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gefallen. Die erbeuteten Rüstungen hingen sie im Tempel der Astarte als Weihgeschenke auf, die Leiber aber schlugen sie vor den Mauern der Stadt Bethsana, die jetzt Skythopolis heißt, ans Kreuz. Als aber die Einwohner von Jabis im Lande der Galaditer vernahmen, den Leibern des Saul und seiner Söhne seien die Köpfe abgeschlagen worden, hielten sie es für unwürdig, sie unbeerdigt liegen zu lassen. Deshalb brachen die tapfersten und verwegensten Männer, deren diese Stadt viele zählte, auf und marschierten die ganze Nacht hindurch bis nach Bethsana. Dort machten sie sich an die Stadtmauern heran, holten die Leiber Sauls und seiner Söhne herunter und trugen sie nach Jabis, ohne dass die Feinde sie daran hinderten, sei es weil sie dies nicht wagten, sei es, weil sie dazu nicht imstande waren. Darauf bestatteten die Jabisener unter Wehklagen die Leiber am schönsten Orte dieser Gegend, der Arura heißt, und sieben Tage lang beweinten sie dieselben mit ihren Weibern und Kindern, zerschlugen sich die Brust und trauerten um den König und seine Söhne so tief, dass sie weder Speise noch 'frank zu sich nahmen. 9. Das war das Ende des Saul, ganz wie Samuel es vorhergesagt hatte, weil er die Gebote Gottes hinsichtlich der Amalekiter übertreten, den Hohepriester Achimelech nebst dessen ganzer Verwandtschaft getötet und die Priesterstadt zerstört hatte. Er regierte bei Lebzeiten Samuels achtzehn und nach dessen Ableben noch weitere zweiundzwanzig Jahre, und er schied auf die angegebene Weise aus dem Leben.
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ERSTES KAPITEL Wie David in der Stadt Chebron über einen Stamm, Sauls Sohn aber über die anderen Stämme herrschte. Abeners Tod.
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1. Es traf sich nun, dass die erwähnte Schlacht gerade an demselben Tage geschlagen wurde, da David als Sieger über die Amalekiter nach Sekela zurückkehrte. Am dritten Tage nachher fand sich bei ihm der Mann ein, der den Saul getötet hatte und aus der Schlacht entflohen war. Dieser zerriss seine Kleider, streute Asche auf sein Haupt und fiel vor David nieder. Und als David ihn fragte, woher er komme, sagte er, aus der Schlacht, die die Israeliten gegen die Palästiner geschlagen und die einen so traurigen Aus~ gang genommen habe, da viele tausend Hebräer gefallen und auch der König Saul sowie dessen Söhne umgekommen seien. Er versicherte ferner, er habe, als die Hebräer in die Flucht geschlagen worden seien, den zu Tod verwundeten König getroffen und ihm, da er in Gefahr gewesen sei, von den Feinden gefangen zu werden, auf seine Bitte den Todesstoß gegeben. Denn obgleich Saul sich in sein Schwert gestürzt habe, sei er doch infolge seiner vielen Wunden zu schwach gewesen, um sich selbst zu töten. Darauf zeigte er als Wahrzeichen vom Tode Sauls dessen goldene Armspangen und Krone, die er ihm nach dem Tode abgenommen habe, um sie David zu überbringen. Als nun David diese offenbaren Anzeichen sah und nicht mehr an Sauls Tod zweifeln konnte, zerriss er seine Kleider und brachte den ganzen Tag in Gesellschaft seiner Freunde mit Wehklagen und Weinen hin. Besonders heftig erschütterte ihn der Tod des Jonathas, der sein treue ster Freund und sein Lebensretter gewesen war. Jetzt zeigte sich auch so recht der Edelmut Davids und seine gute Gesinnung gegen Sau!, da er nicht nur tief ergriffen war von seinem Tode, obgleich er durch ihn so oft in Lebensgefahr geschwebt hatte, sondern auch noch denjenigen mit dem Tode bestrafte, der ihn umgebracht hatte. »Denn«, sagte er zu diesem, »du hast dich selbst verraten, den König getötet zu haben.« Und da er hörte, jener sei von Geburt Amalekiter, ließ er ihn hinrichten. Alsdann dichtete er
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Totenklagen und Trauergesänge zu Ehren Sauls und Jonathas: die sich noch bis heute erhalten haben. 2. Nachdem er nun dem Könige die gebührende Leichenfeier gehalten, und die Trauerzeit beendet war, fragte er Gott durch einen Propheten um Rat, in welcher von den Städten des Stammes Judas er wohnen solle. Und da ihm die Antwort erteilt wurde, Gott weise ihm Chebron an, verließ er Sekela und begab sich dorthin mit seinen beiden Weibern und seiner Kriegerschar. Hierauf zog der ganze Stamm Judas zu ihm hin und erwählte ihn zum Könige. Als er dann vernommen hatte, die Jabisener im Lande der Galaditer hätten den Saul und seine Söhne bestattet, schickte er Boten zu ihnen, ließ ihre herrliche Tat loben und gutheißen und ihnen versprechen, er werde ihnen für diese ihre Pietät gegen die Verstorbenen Dank wissen; zugleich ließ er ihnen kundtun, dass der Stamm Judas ihn zum Könige erwählt habe. 3. Als nun Sauls Heerführer Abener, der Sohn des Nerus, ein regsamer und wohlgesinnter Mann, hörte, dass das Saul samt Jonathas und noch zwei anderen Söhnen gefallen sei, kehrte er schnell ins Lager zurück, bemächtigte sich des noch am Leben gebliebenen Sohnes des Königs, Jebost, und entführte ihn über den Jordan, wo er ihn zum Könige über alle Israeliten, mit Ausnahme des Stamme Judas, ausrief. Als Königssitz bestimmte er ihm den Ort, der in der Landessprache Manalis, in griechischer Sprache aber Parembolai, das heißt »Lager«, genannt wird. Von hier brach dann Abener mit einem auserlesenen Heere auf, um den Stamm Judas anzugreifen aus Zorn darüber, dass dieser den David zum Könige gewählt hatte. Joab, der Sohn Sarvias, der Schwester Sauls, und des Suri, zog ihm mit seinen Brüdern Abessa und Asael und dem gesamten Heere Davids entgegen, traf ihn bei einer Quelle nahe der Stadt Gabaon und rüstete sich zur Schlacht. Da jedoch Abener geäußert hatte, er sei begierig zu erfahren, welche von beiden Parteien die besten Kämpfer besitze, so kam man überein, dass zwölf Mann von jeder Seite zum Kampfe antreten sollten. Diese begaben sich also in den Raum zwischen den beiden Heeren, schleuderten ihre Speere widereinander, zückten die Schwerter, ergriffen sich gegenseitig beim Kopfe und stießen sich einander die Klingen in Seiten und Eingeweide, bis sie alle gleichwie auf Verabredung tot hinsanken. Als sie nun gefallen waren, trafen auch die Heere selbst zusammen und bekämpften sich mit Aufbietung aller Kräfte, bis endlich die Krieger Abeners unterlagen und ihr Heil in der Flucht suchten. Joab setzte ihnen nach und ermahnte die Seinigen, den Feinden auf dem Fuße zu folgen und nicht nachzulassen, bis sie alle nieder-
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gemacht seien. Auch seine Brüder kämpften ausdauernd, und besonders tat sich der jüngste von ihnen, Asael, hervor, der durch seine Schnelligkeit berühmt war, denn er übertraf nicht nur die Menschen in ausdauerndem Laufe, sondern soll sogar Pferde im Rennen überholt haben. Dieser jagte dem Abener mit äußerster Anstrengung und geradewegs nach, ohne nach rechts oder links auszuweichen. Abener aber wandte sich um und trachtete seinen Angriff abzulenken, indem er ihn ersuchte, er möge doch von der Verfolgung abstehen und sich begnügen, einem der Krieger die Rüstung abzunehmen. Als aber Asael hierauf nicht eingehen wollte, bat er ihn, er möge an sich halten und ihm nicht weiter nachsetzen, damit er nicht gezwungen sei, ihn zu töten, was sein Bruder ihm nie verzeihen würde. Da AsaeI indes sich durch diese Worte nicht von der Verfolgung abhalten ließ, hielt Abener seinen Speer hinter sich und durchbohrte ihn derart, dass er sogleich tot hinstürzte. Als nun diejenigen, die mit ihm den Abener verfolgt hatten, zu der Stelle kamen, wo AsaeI lag, machten sie bei seiner Leiche halt und ließen von der weiteren Verfolgung ab. Joab aber und sein Bruder Abessa, die gegen Abener wegen der Tötung AsaeIs heftig erbittert waren, ritten an der Leiche vorbei und verfolgten den Abener mit unermüdlichem Eifer, bis sie gegen Sonnenuntergang an einen Ort Ammata kamen. Hier erstiegen sie eine Anhöhe, wo Joab mit dem Stamme Benjamin stehen blieb und Abener nebst den Seinigen erblickte. Dann erhob er seine Stimme und rief: Es zieme sich doch nicht für Angehörige desselben Volkes, einander in den Haaren zu liegen. Sein Bruder AsaeI sei an seinem Tode selbst schuld, da er sich nicht habe überreden lassen, die Verfolgung aufzugeben, weshalb er von Abener durchbohrt worden sei. Abessa pflichtete diesen Worten bei, ließ die Seinigen durch 'frompetensignale zurückrufen und so die weitere Verfolgung einstellen. Joab selbst hielt sich die ganze Nacht hindurch in seinem Lager; Abener aber setzte seinen Marsch fort, überschritt den Jordan und gelangte wieder zum Lager Jebosts, des Sohnes Sauls. Am folgenden Tage ließ Joab die Körper der Gefallenen aufsuchen und bestatten. Es waren gefallen vom Heere Abeners dreihundertsechzig Mann, von Davids Leuten dagegen nur neunzehn ohne Asael, dessen Leiche Joab und Abessa nach Bethlehem brachten und im Grabe seiner Vater beisetzten, worauf sie nach Chebron zu David zurückkehrten. Seit dieser Zeit breitete sich innere Zwietracht unter den Hebräern aus und dauerte noch lange fort. Davids Macht aber 'wuchs immer mehr und trotzte allen Gefahren, während die Macht der Söhne Sauls und ihres Anhanges von Tag zu Tag abnahm. 4. Um diese Zeit wurden dem David sechs Söhne von ebenso vielen Wei-
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bern geboren, von denen der älteste, Amnon, von der Achima stammte, der zweite, Daniel, von der Abigaea, der dritte, Abesalom, von der Machma, der Tochter des Gessirerkönigs Tholomaeus, der vierte, Adonias, von der Aggitha, der fünfte, Saphatias, von der Abitaal, der sechste endlich, Gethraamas, von der Aegla. Darauf entstand ein Bürgerkrieg, indem die Heere der beiden Könige häufig zusammenstießen. Nun aber brachte Abener, der Befehlshaber des Heeres der Söhne Sauls, der ein verständiger Mann war und großen Einfluss beim Volke besaß, es dahin, dass eine Zeit lang alles auf Jebosts Seite trat und ihm 1reue gelobte. Als jedoch Abener später des verbotenen Umganges mit dem Kebsweibe Sauls, Raespha, der Tochter Sibaths, beschuldigt und deshalb von Jebost mit Vorwürfen überhäuft wurde, geriet er in Zorn und Erbitterung darüber, dass er so wenig Dank von dem einernte, dessen Interesse er mit allen Kräften gewahrt habe, und er drohte ihm, er werde die die Königsherrschaft dem David zuwenden und es offenkundig machen, dass Jebost nicht durch seine eigene Klugheit und Tapferkeit über das Gebiet jenseits des Jordan die Herrschaft erlangt habe, sondern durch seine (Abeners) Kriegstüchtigkeit und 1reue. Und wirklich schickte er auch nach Chebron zu David Boten und ließ ihn bitten, er möge ihm das eidliche Versprechen geben, ihn als Freund und Genossen zu behandeln, da er das Volk veranlassen werde, von Sauls Sohn abzufallen und ihn als den König aller Israeliten anzuerkennen. Darauf schloss David mit ihm ein Bündnis - denn Abeners Antrag war ihm sehr angenehm -, verlangte aber als Zeichen seiner 1reue, dass er ihm wieder zu seiner Gattin Michal verhelfe, die er sich mit Lebensgefahr erkauft und für die er ihrem Vater Saul sechshundert Palästinerköpfe gebracht habe. Abener schickte ihm darauf auch die Michal zu, nachdem er sie dem Pheltias, der sie damals besaß, abgenommen hatte, wobei ihm Jebost behilflich war. Denn diesem hatte David geschrieben, er wolle sein Weib wiederhaben, da er ein gutes Recht auf sie habe. Abener berief nun die Ältesten des Volkes, die Hauptleute und die Obersten zusammen und sprach zu ihnen: »Ihr habt zwar schon früher die Absicht gehabt, von Jebost abzufallen und zu David überzugehen, doch habe ich euch bisher daran gehindert. Jetzt aber gebe ich euch anheim, zu gehen, wohin ihr wollt; denn ich habe erfahren, dass Gott, als er durch den Propheten Samuel den David zum König aller Hebräer erwählte, vorausgesagt hat, er werde die Palästiner bestrafen und sie unterjochen.« Als die Ältesten und die Heerführer vernahmen, dass Abener jetzt derselben Gesinnung sei, die sie früher gehabt, gingen sie sogleich zu David über. Danach versammelte Abener deI). Stamm Benjamin, aus dem Je-
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bosts Anhänger sich zusammensetzten, und redete zu ihm in derselben Weise; und da er merkte, dass sie ebenfalls seiner Meinung beitraten, begab er sich mit zwanzig seiner Genossen zu David, um persönlich von ihm den Eidschwur entgegenzunehmen (denn was man selbst tut, ist sicherer, als was man durch andere tun lässt), dann aber auch, um ihm die Rede mitzuteilen, die er den Heerführern und dem ganzen Stamme Benjamin gehalten habe. Und als David ihn freundlich aufgenommen und einige Tage reichlich und glänzend bewirtet hatte, bat Abener ihn, er möge ihn entlassen, damit er das Heer ihm zuführe und ihm den Oberbefehl über dasselbe vor seinen Augen übergebe. 5. Als Abener von David entlassen worden war und sich nach Chebron begeben hatte, kam Joab, Davids Heerführer. Und da er vernahm, dass Abener bei David gewesen sei, alles wegen des Oberbefehls geordnet und sich kurz vorher entfernt habe, besorgte er, dieser möchte künftig bei David die erste Stelle einnehmen, da er ihm die Herrschaft versorgt habe und übrigens mit scharfem Verstand begabt sei, und er selbst möchte dagegen in den Schatten treten und den Oberbefehl über das Heer verlieren. Er fasste deshalb einen schändlichen und hinterlistigen Plan. Zuerst nämlich verleumdete er ihn beim Könige und riet diesem, er möge sich vor Abener hüten und seinen Versprechungen keinen Glauben beimessen: denn er strebe nur dahin, dem Sohne Sauls die Herrschaft zuzuwenden. Mit betrügerischen und hinterlistigen Gedanken sei er zum Könige gekommen und hoffnungsvoll von ihm weggegangen, nachdem er seine Ränke schlau ins Werk gesetzt habe. Als aber diese Worte auf David nicht den geringsten Eindruck machten, beschloss er, energischer vorzugehen und den Abener umzubringen. Zu dem Zwecke sandte er Boten ab, denen er auftrug, sie sollten den Abener, wenn sie ihn träfen, im Namen Davids zurückrufen, als ob dieser noch etwas mit ihm zu verhandeln habe, was ihm bei seiner Anwesenheit entfallen sei. Als Abener diesen Befehl von den Boten, die ihn in dem Orte Besira, zwanzig Stadien von· Chebron entfernt, angetroffen hatten, vernahm, kehrte er sofort zurück, ohne etwas Böses zu ahnen. Joab begegnete ihm am Tore, empfing ihn freundlich, stellte sich an, als ob er sein bester Freund wäre (wie es denn öfter zu geschehen pflegt, dass die, die etwas Schlechtes im Sinne haben, ein freundliches Wesen heucheln, damit kein Verdacht sich rege, als beabsichtigten sie etwas anderes), lockte ihn von den Seinigen weg, wie wenn er allein mit ihm zu reden hätte, an einen einsamen Ort, wo außer ihm nur sein Bruder Abessa anwesend war, und durchbohrte ihn mit gezücktem Schwert. So wurde Abener hinterlisti-
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gerweise von Joab umgebracht, der angeblich seinen Bruder Asael rächen wollte, welchen Abener in der Schlacht bei Chebron getötet hatte, als er ihm nachsetzte, in Wahrheit aber nur befürchtete, er selbst möchte den Oberbefehl über das Heer und des Königs Gunst verlieren, Abener dagegen die erste Stelle bei David einnehmen. Hieraus kann man erkennen, welcher verwegenen Handlungen Menschen fähig sind, die um jeden Preis in die Hölle kommen und niemand weichen wollen. Denn um ihre Absichten zu erreichen, häufen sie unzählige Übeltaten, und in der Angst, etwas verlieren zu müssen, schrecken sie auch vor Verbrechen nicht zurück. Sie halten es nämlich für weniger schlimm, überhaupt keine Macht zu erlangern, als derselben wieder entsagen zu müssen, wenn sie daran gewöhnt sind. Deshalb wagen sie selbst das Entsetzlichste, wenn sie nur in ihrer Stellung sich behaupten können. Dieses Wenige mag hierüber genügen. 6. Als David vernahm, Abener sei umgebracht, wurde er von Schmerz ergriffen, erhob seine Rechte zu Gott und bezeugte öffentlich mit lauter Stimme, er habe um Abeners Ermordung nichts gewusst, und die Tat sei nicht mit seinem Willen geschehen. Den Mörder aber verfluchte er und schwor, seine ganze Familie dem Tode zu weihen. Denn er war in Sorge, es möchte scheinen, als habe er den Abener wider sein demselben gegebenes eidliches Versprechen umbringen lassen. Dem Volke befahl er, den Abener zu beweinen und zu betrauern, die Kleider zu zerreißen, sich mit Säcken zu bekleiden, der Bahre voranzuschreiten und ein feierliches Leichenbegängnis abzuhalten. Der König selbst folgte mit den Ältesten und Vornehmsten und bezeugte durch Weinen und Wehklagen, wie lieb er den Abener im Leben gehabt und wie sehr er ihn jetzt betrauere, und dass er ohne seinen Willen getötet worden sei. Und als er ihn zu Chebron glänzend bestattet und Totenklagen verfasst hatte, trat er selbst zuerst an das Grab und wehklagte, und das ganze Volk stimmte mit ihm ein. Ja, Abeners Tod drückte ihn dermaßen nieder, dass er, obgleich seine Freunde in ihn drangen, keine Nahrung zu sich nahm und schwor, er werde bis Sonnenuntergang nichts genießen. Dieses Benehmen gewann ihm aller Herzen; denn diejenigen, die den Abener zärtlich liebten, billigten die dem Verstorbenen erwiesenen Ehrenbezeugungen und dass David ihn wie einen Freund und Verwandten eines glänzenden Leichenbegängnisses wert gehalten habe. Auch das ganze Volk freute sich über seine gütige und liebevolle Gesinnung, und jeder Einzelne glaubte, der König werde auch ihm mit gleicher Herzensgüte entgegenkommen, wie er sie jetzt gegen den verstorbenen Abener beweise. So machte sich also David sehr beliebt und verwandte die größte Mühe darauf,
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den Verdacht nicht aufkommen zu lassen, als habe er um Abeners Ermordung vorher gewusst. Auch hielt er an das Volk eine Ansprache folgenden Inhalts: »Gewaltiger Schmerz hat mich ergriffen um den Tod dieses vortrefflichen Mannes, und auch ihr, Hebräer, werdet großen Nachteil durch den Verlust desjenigen erleiden, der euch mit klugem Rat und tapferer Hand beim Ausbruch eines Krieges hätte schützen und retten können. Gott aber, der Allgewaltige, wird ihn nicht ungerächt lassen. Dass ich zu schwach bin, um gegen loab und Abessa, die Söhne der Sarvia, vorzugehen, werdet ihr wohl wissen; Gott aber wird über ihre Freveltat die gebührende Strafe verhängen.« Also schied Abener aus dem Leben.
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1. Als lebost von Abeners Tod Kunde erhielt, betrübte er sich sehr über den Untergang eines so nahen Verwandten, der ihm zur Königswürde verholfen hatte. Übrigens blieb er auch selbst nicht mehr lange am Leben, sondern wurde hinterlistigerweise von Hieremmons Söhnen Banaothas und Thannus ermordet. Denn da diese Benjamiter und von vornehmem Stande waren, dachten sie, David werde sie reich beschenken und ihnen FeldherrnsteIlen oder andere hohe Ämter übertragen, wenn sie den lebost umbrachten. Als sie nun eines Tages den lebost zur Mittagszeit in seinem Schlafgemach ruhend allein antrafen, da seine Leibwache gerade nicht zur Stelle und die Pförtnerin vor Ermüdung und Hitze in Schlaf gefallen war, traten sie in das Gemach, wo Sauls Sohn schlief, und töteten ihn. Darauf schlugen sie ihm das Haupt ab und reisten den ganzen Tag und die Nacht hindurch in großer Eile, um ihren Verfolgern zu entkommen, bis nach Chebron, wo sie Davids Dank und einen sicheren Aufenthalt zu erlangen gedachten. Als sie nun dem David das Haupt zeigten und sich seinem Wohlwollen empfahlen, weil sie seinen Feind und Nebenbuhler aus dem Wege geräumt hätten, zeigte sich David durchaus nicht erfreut, wie sie gehofft hatten, sondern sprach zu ihnen: »Ihr verbrecherischen Menschen, mit dem Tode sollt ihr mir büßen! Ihr wisst doch wohl, wie ich den belohnt habe, der Saul getötet und mir seine goldene Krone gebracht hat, obgleich er doch sogar durch die Tötung dem Saul einen besonderen Gefallen erwiesen zu haben glaub-
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te, da er ihn so vor der Gefangenschaft bewahrte. Oder habt ihr vielleicht gedacht, ich hätte mich verändert und sei nicht mehr derselbe, dass ich an solchen Übeltätern Gefallen haben und ihnen noch dafür danken sollte, dass sie ihren Herrn, der ihnen nie ein Unrecht zugefügt, vielmehr nur Liebe und Güte erwiesen hat, auf seinem Lager umbrachten? Darum sollt ihr die Todesstrafe erleiden, nicht nur wegen eurer Freveltat, sondern auch, weil ihr so töricht wart, zu glauben, ich würde über seinen Untergang Freude empfinden. Denn nicht tiefer hättet ihr in meiner Achtung sinken können als dadurch, dass ihr so von mir dachtet.« Hierauf befahl er, sie mit allen erdenklichen Martern zu Tode zu peinigen; Jebosts Haupt aber ließ er mit allen Ehren in Abeners Grab beisetzen. 2. Nachdem das geschehen war, kamen die Vornehmsten der Hebräer samt den Kriegsobersten und Heerführern bei David in Chebron zusammen und ergaben sich ihm, indem sie ihn an die gute Gesinnung erinnerten, die sie schon bei Sauls Lebzeiten ihm entgegengebracht, und an die Ehrenbezeugung, die sie ihm als Kriegsobersten erwiesen hatten. Auch wiesen sie darauf hin, dass er von Gott durch den Propheten Samuel zum König erwählt und diese Wurde auch seinen Nachkommen zugesagt worden sei, sowie dass Gott ihn allein dazu ausersehen habe, die Palästiner zu unterwerfen und das Land der Hebräer von deren Joch zu befreien. David lobte ihren Eifer, ermahnte sie, auch fernerhin dabei zu verbleiben, was sie nicht gereuen würde, und entließ sie, nachdem er sie glänzend bewirtet hatte, damit sie ihm auch das ganze übrige Volk zuführten. Es kamen darauf zusammen aus dem Stamme Judas gegen sechstausendachthundert Streiter, die alle mit Schild und Speer bewaffnet waren und früher dem Sohne Sauls angehangen hatten, weil der Stamm Judas gegen ihren Willen den David zum Könige gewählt hatte. Weiterhin aus dem Stamme Simeon siebentausendeinhundert Mann, aus dem Stamme Levis viertausendsiebenhundert samt ihrem Führer Jodam, an die sich der Hohepriester Sadok mit zweiundzwanzig ihm verwandten Anführern anschloss. Ferner aus dem Stamme Benjamin viertausend Mann: denn dieser Stamm war bisher noch unschlüssig geblieben in der Erwartung, es werde einer von Sauls Geschlecht zur Herrschaft gelangen. Sodann aus dem Stamme Ephralm zwanzigtausendachthundert der mächtigsten und hervorragendsten Männer, aus dem halben Stamme Manasses achtzehntausend der Besten, aus dem Stamme Isachar zweihundert Wahrsager und zwanzigtausend Bewaffnete, aus dem Stamme Zabulon fünfzigtausend auserlesene Kämpfer (dieser Stamm ging allein ganz zu David über und trug dieselbe Rüstung wie der Stamm
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Gad), aus dem Stamme Nephthali tausend ausgezeichnete Männer und Anführer, mit Schild und Lanze bewaffnet, denen eine ungezählte Volksmenge aus ihrem Stamme folgte; aus dem Stamme Dan siebenundzwanzigtausendsechshundert Auserlesene, aus dem Stamme Aser vierzigtausend, endlich aus den beiden jenseits des Jordan wohnenden Stämmen und der anderen Hälfte des Stammes Menasses hundertzwanzigtausend, die mit Schild, Speer, Helm und Schwert bewaffnet waren. Auch die übrigen Stämme führten Schwerter. Diese ganze Menge also strömte nach Chebron zu David mit einem großen Vorrat an Getreide, Wein und sonstigen Lebensmitteln, und alle wählten einstimmig David zum König. Nachdem nun das Volk drei Tage lang in Chebron Festmahle gehalten, brach David mit der gesamten Kriegsrnacht auf und zog nach Jerusalern.
DRITTES KAPITEL Wie David Jerusalem belagerte und einnahm, die Chananäer daraus vertrieb und die Stadt den Juden einräumte. 61
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1. Die Jebusäer aber, welche die Stadt bewohnten und von den Chananäern abstammten, verschlossen dem David die Tore und setzten dem Könige zum Spott die Blinden, Lahmen und sonstigen Krüppel auf die Mauer, indem sie ausriefen, diese Krüppel seien genügend, ihn am Eindringen zu hindern. So verächtlich benahmen sie sich, weil sie auf die Stärke ihrer Befestigungen pochten. David geriet hierüber in Zorn und begann Jerusalern mit Aufbietung aller Kräfte zu belagern, um durch eine schnelle Eroberung seine Macht zu beweisen und anderen Furcht einzujagen, die gerade so wie die Jebusäer gegen ihn gesinnt seien. Es gelang ihm auch, die untere Stadt einzunehmen. Weil aber die Burg noch Widerstand leistete, beschloss der König, seine Krieger noch mehr durch in Aussicht gestellte Belohnungen zur Tapferkeit anzuspornen, und versprach, denjenigen zum Oberbefehlshaber über das ganze Heer zu machen, der zuerst über die steilen Abhänge hinweg in die Burg eindringen werde. Da ergriff alle ein reger Wetteifer, und sie scheuten aus Begierde nach der versprochenen Befehlshaberstelle keine Mühe. Allen zuvor aber kam Joab, der Sohn der Sarvia, der die Burg zuerst erstieg und dem Könige zurief, er solle ihm nun auch den verheißenen Oberbefehl geben.
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2. David warf darauf die Jebusäer aus der Burg, setzte Jerusalem, das er jetzt Davidsstadt nannte, wieder instand und residierte hier während seiner ganzen Regierungszeit. Die Zeit aber, während welcher er zu Chebron über den Stamm Judas geherrscht hatte, betrug sieben Jahre und sechs Monate. Nachdem er nun seinen Königssitz in Jerusalern errichtet hatte, wurde seine Lage von Tag zu Tag glänzender, da Gott dafür sorgte, dass seine Macht sich vermehrte und wuchs. Auch schickte Hiram, der König der Tyrier, Gesandte zu ihm und schloss Bundesgenossenschaft und Freundschaft mit ihm. Zugleich sandte er ihm Geschenke, besonders Zedernholz, zu, und Baumeister, Bildhauer und andere Künstler stellte er ihm zur Verfügung, damit sie ihm in Jerusalem einen Königspalast errichteten. David umgab dann die untere Stadt und die Burg zusammen mit einer Mauer, bildete so aus beiden Teilen ein Ganzes und setzte den Joab als Stadtkommandant ein. David hat also zuerst die Jebusäer aus Jerusalem vertrieben und die Stadt nach seinem Namen genannt; denn zur Zeit unseres Stammvaters hieß sie Solyma. Nach vereinzelter Meinung hat auch Homer diese Stadt Solyma genannt, denn er nannte den Tempel nach hebräischer Weise Solyma, was so viel wie »Sicherheit« bedeutet. Seit der Zeit aber, da der Feldherr Jesus ein Heer gegen die Chananäer führte und nach deren Niederwerfung das Land unter die Hebräer verteilte, bis dahin, wo David, was bisher niemand fertig gebracht hatte, die Chananäer aus Jerusalern verjagte und die Stadt eroberte, sind im ganzen fünfhundertfünfzehn Jahre verflossen. 3. Ich muss hier noch von einem gewissen Oronnas sprechen, einem reichen Jebusäer, den David bei der Einnahme von Jerusalern nicht töten ließ, und zwar wegen seiner guten Gesinnung gegen die Hebräer und besonders wegen seines freundlichen Benehmens gegen den König selbst, wovon ich später an geeigneter Stelle noch weiter berichten will. - David nahm nun außer den Weibern, die er schon hatte, noch andere Gattinnen und Kebsweiber und zeugte mit ihnen noch elf Söhne, deren Namen hießen: Amnus, Emnus, Eban, Nathan, Solomon, Jebar, Elien, Phalna, Ennaphen, Jenae, Eliphale, und eine Tochter Thamar. Von den Söhnen stammten neun von rechtmäßigen Gattinnen, die beiden Letztgenannten aber von Kebsweibern. Thamar hatte dieselbe Mutter wie Abesalom.
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VIERTES KAPITEL David besiegt die Palästiner, lässt die Lade Gottes nach lerusalem bringen und plant den Tempelbau. 71
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1. Als die Palästiner vernahmen, dass David von den Hebräern zum König gewählt worden war, führten sie ein Heer gegen ihn nach Jerusalern, besetzten das so genannte »Tal der Riesen«, welches nicht weit von der Stadt entfernt liegt, und schlugen daselbst ihr Lager auf. Der König der Juden aber, der nichts ohne Gottes Befehl und Verkündigung zu unternehmen sich getraute, befahl dem Hohepriester, Gottes Willen und seine Verkündigung über den Ausgang des 'freffens einzuholen. Und da ihm Sieg verheißen wurde, rückte er gegen die Palästiner aus und griff dieselben unversehens von hinten an, tötete einen Teil von ihnen und schlug die anderen in die Flucht. Es möge aber niemand glauben, das Heer der Palästiner sei klein gewesen, noch den Schluss ziehen, sie hätten sich feige und furchtsam benommen, weil sie so schnell erlagen und nichts Erwähnenswertes leisteten. Vielmehr möge inan sich vergegenwärtigen, dass ganz Syrien und Phönizien außer vielen anderen kriegerischen Völkerschaften ihnen Hilfe geleistet und am Kriege teilgenommen hatte. Das allein war auch der Grund, weshalb sie nach so vielen Niederlagen und dem Verluste vieler tausend Streiter den Krieg gegen die Hebräer mit noch größeren Kräften erneuern konnten. Obgleich sie daher bei dem erwähnten Kampfe so großes Unglück hatte, brachten sie ein noch dreimal größeres Heer gegen David zusammen und schlugen ihr Lager wieder an derselben Stelle auf. Da ließ der König der Israeliten abermals Gott befragen, welchen Ausgang der Kampf haben würde. Der Hohepriester aber ermahnte ihn, er solle in dem so genannten Wald der 'frauer unweit des Lagers der Feinde sein Heer beisammen halten und es nicht eher in Marsch setzen und den Kampf beginnen, bis der Wald in Bewegung gerate, ohne das der Wind wehe. Sobald nun der Wald anfing zu rauschen, und die von Gott bestimmte Zeit da war, rückte David zu dem schon vorbereiteten und nicht mehr zweifelhaften Siege aus. Die feindlichen Schlachtreihen hielten seinem Andrang nicht stand, sondern ergriffen beim ersten Zusammenstoß die Flucht. Es kam zu einem furchtbaren Gemetzel, und die Verfolgung dehnte sich bis zur Stadt Gazara, der äußersten Grenze des Landes, aus. Darauf plünderte David das feindliche Lager, wo er reiche Schätze vorfand, und vernichtete die Götzenbilder.
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2. Nachdem dieser Krieg so glücklich verlaufen, beschloss David nach Einholung des Rates der Heerführer und Kriegsobersten, aus dem ganzen Lande die Blüte der Jugend nebst den Priestern und Leviten zusammenzurufen, mit ihnen nach der Stadt Kariathiarim zu ziehen und die Lade Gottes von da nach Jerusalern überzuführen, wo sie aufgestellt und durch Opfer und andere Gott wohlgefallige Handlungen verehrt werden sollte. Denn hätte man das unter Sauls Regierung getan, so würde man von Unglück verschont geblieben sein. Als sich daher alles Volk, wie befohlen, versammelt hatte, begab sich der König mit ihm zur Lade. Die Priester trugen sie aus dem Hause des Aminadab heraus, stellten sie auf einen neuen Wagen, spannten die Ochsen vor und ließen diese v.on den Brüdern und Söhnen Aminadabs führen. Der König nebst dem ganzen Volke ging voraus, Gott preisend und allerlei Lobgesänge anstimmend, und so geleiteten sie unter dem Klange von mancherlei Instrumenten, Saitenspiel, Tanz und Gesang sowie unter dem Schalle von Hörnern und Cymbeln die Lade nach Jerusalern. Als sie nun bis zur so genannten »Tenne des Chidon« gekommen waren, bestrafte Gott in seinem Zorne den Ozas mit dem Tode. Denn da die Ochsen zufällig etwas abwichen und die Lade infolgedessen sich zur Seite neigte, griff Ozas mit der Hand nach ihr, um sie festzuhalten. Weil er nun die Lade berührt hatte, ohne Priester zu sein, ließ ihn Gott sogleich sterben, worüber der König und das Volk in große Betrübnis gerieten. Der Ort aber, wo Ozas starb, heißt noch heute »Schlag des Ozas.« Da nun David befürchtete, es möchte ihm dasselbe wie dem Ozas widerfahren, wenn er die Lade in die Stadt und in sein Haus aufnähme, da doch Ozas nur die Hand nach ihr ausgestreckt und deshalb schon habe sterben müssen, wollte er sie nicht in die Stadt bringen, sondern wandte sich einem Acker zu, der einem gerechten Leviten Namens Obedam gehörte, und setzte bei ihm die Lade nieder. Hier blieb sie drei volle Monate und bescherte dem Hause des Obedam Reichtum und Segen. Als David aber vernahm, dass Obedam so wohlhabend geworden sei, dass er, obwohl früher arm, jetzt im Überfluss lebe, und dass alle ihn glücklich priesen, die sein reiches Haus sahen oder davon hörten, fasste er Mut und nahm die Lade zu sich in der Meinung, dass sie auch ihm reichen Segen bringen werde. Priester trugen dieselbe, und sieben vom König dazu bestellte Chöre schritten ihr voran. David selbst aber schlug die Harfe und klatschte in die Hände, sodass sein Weib Michal, die Tochter Sauls, als sie ihn sich so aufführen sah, ihren Spott an ihm ausließ. Als man nun die Lade in die Stadt gebracht und in der Hütte aufgestellt hatte, die David ihr errichtet, brachte er unter großem Aufwand
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Friedopfer dar und bewirtete das ganze Volk, indem er unter die Männer wie unter die Weiber und Kinder Brote, geröstete Ölkuchen und Stücke vom Opferfleisch verteilte. Darauf ließ er das Volk wieder nach Hause ziehen, und auch er selbst begab sich in seinen Palast. 3. Dort trat ihm sein Weib Michal, Sauls Tochter, entgegen, wünschte ihm Glück und bat, dass Gott ihm alles gewähren möge, was er in seiner Huld zu spenden vermöge. Doch tadelte sie ihn, dass er, der große König, so unziemlich getanzt und sich beim Tanzen vor den Augen seiner Knechte und Mägde entblößt habe. Er aber sagte, er brauche sich dessen nicht zu schämen, was Gott wohlgefällig sei, der ihn ihrem Vater und allen anderen vorgezogen habe, und er werde auch künftig noch öfter spielen und tanzen, ohne sich darum zu kümmern, ob das ihr oder ihren Mägden unanständig erscheine. Diese Michal war von David nie schwanger geworden; später aber, als ihr Vater Saul sie einem anderen Manne vermählt hatte, dem David sie bekanntlich wieder entriss, gebar sie fünf Kinder, von denen später noch die Rede sein wird. 4. Als nun der König sah, dass unter Gottes Fürsorge seine Lage von Tag zu Tag glücklicher wurde, hielt er es für sündhaft, dass er selbst in einem großen, künstlerisch geschmückten Palaste aus Zedernholz wohnen, die Lade Gottes aber in einer Hütte stehen lassen sollte. Er beschloss daher nach dem Gebote des Moyses, Gott einen Tempel zu bauen. Und da er dieserhalb den Rat des Propheten Nathan einholte, und dieser ihn in seinem Vorhaben bestärkte, weil Gott ihm stets hilfreich sich erzeigen werde, wurde sein Verlangen, den Tempel zu bauen, noch mächtiger. In der Nacht aber erschien Gott dem Nathan und hieß ihn dem David verkündigen, sein guter Wille und sein Eifer gefalle ihm zwar, zumal da niemand vor ihm an die Erbauung eines Tempels gedacht habe; doch könne er ihm den Tempelbau nicht gestatten, da er viele Kriege geführt und seine Hände mit Feindesblut befleckt habe. Nachdem er aber in hohem Alter zu seinen Vätern gegangen sein werde, solle der Tempel von dem seiner Söhne, der nach ihm regieren werde und Solomon heiße, erbaut werden. Für Solomon werde er wie für seinen Sohn sorgen und die Herrschaft seinen Nachkommen erhalten. Sollte er aber in irgendeiner Sache sündigen, so werde er das nur durch Krankheiten und Unfruchtbarkeit des Bodens ahnden. Als David dies von dem Propheten vernahm, freute er sich sehr, weil er jetzt wusste, dass die Herrschaft seinen Nachkommen verbleiben und sein Geschlecht herrlich und berühmt werden würde. Und er begab sich zur Lade, fiel auf sein Angesicht und betete, um Gott zu danken für alle Wohltaten, die er ihm schon erwie-
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sen dadurch, dass er ihn aus dem niedrigen Stande eines Hirten zu solchem Ruhm und solcher Macht erhoben, dann auch für das Gute, das er seinen Nachkommen verheißen habe, endlich dafür, dass er um die Hebräer und ihre Freiheit stets so besorgt gewesen sei. Nachdem er also gebetet und Gott ein Loblied gesungen hatte, entfernte er sich aus der Hütte.
FÜNFTES KAPITEL David unterwirft die Palästiner und Moabiter, die Könige von Sophene, Damaskus und Syrien und die Idumäer, schließt ein Bündnis mit dem Könige von Amathe und findet Gelegenheit, der Freundschaft des Jonathas dankbar sich zu erinnern.
1. Kurze Zeit darauf erwog David bei sich, dass er die Palästiner notwendig bekämpfen müsse und nicht in Ruhe und Untätigkeit feiern dürfe, damit er nach Gottes Befehl seinen Nachkommen das Reich in Frieden hinterlassen könne. Deshalb rief er wiederum sein Heer zusammen und verkündete ihm, es solle sich zum Kriege rüsten; und als alles in Ordnung war, verließ er lerusalem und marschierte gegen die Palästiner. Diese schlug er, nahm ihn einen großen Teil ihres Landes, den er dem Gebiete der Hebräer einverleibte, und wandte sich dann gegen die Moabiter. Deren Heer rieb er zu zwei Teilen gänzlich auf, den Rest aber brachte er unter seine Botmäßigkeit und legte ihm einen jährlichen llibut auf. Alsdann führte er sein Heer gegen Adrazar, den Sohn des Araus und König von Sophene, traf mit ihm am Flusse Euphrat zusammen und tötete von dessen Truppen zwanzigtausend Mann Fußvolk und siebentausend Reiter. Auch nahm er ihm tausend Wagen ab, von denen er hundert für sich aufbewahrte, während er den Rest verbrennen ließ. 2. Als Adad, der König von Damaskus und Syrien, gehört hatte, dass David den Adrazar bekriege, eilte er diesem als Freund mit einer starken Mannschaft zu Hilfe. Am Euphrat traf auch er mit David zusammen, doch verlor er wider Erwarten einen großen Teil seines Heeres; denn es fielen von seinen Leuten zwanzigtausend Mann unter den Schwertern der He- . bräer, alle übrigen aber flohen. Diesen König erwähnt auch Nikolaus im vierten Buche seiner Geschichten mit folgenden Worten: »Lange Zeit nachher herrschte über Damaskus und Syrien mit Ausnahme von Phönizien ein
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mächtiger eingeborener Fürst mit Namen Adad. Dieser ließ sich in einen Krieg mit David, dem Könige der Juden, ein, kämpfte mit ihm in vielen Schlachten und unterlag zuletzt am Euphrat, er, der stärkste und tapferste aller Könige.« Dann berichtet er auch von seinen Nachkommen, dass nach seinem Tode immer einer vom anderen mit der Herrschaft auch den Namen erhalten habe, in folgenden Worten: »Als er gestorben war, herrschten seine Nachkommen bis ins zehnte Geschlecht, indem jeder von seinem Vater mit der Herrschaft zugleich auch den Namen erhielt, wie es bei den Ptolemäern in Ägypten der Fall war. Der Dritte von ihnen, der an Macht sehr eingebüßt hatte, wollte den Besitz seines Großvaters mit Gewalt wiederherstellen und verwüstete das Land, das jetzt Samaritis genannt wird.« Hierin weicht er auch nicht von der Wahrheit ab; denn das ist derselbe Adad, der zur Zeit, als Achab König der Israeliten war, in Samaria einfiel wovon an geeigneter Stelle die Rede sein wird. 3. Als nun David Damaskus und das übrige Syrien ganz in seine Gewalt gebracht, Besatzungen in das Land gelegt und den Bewohnern eine Abgabe auferlegt hatte, kehrte er nach Hause zurück und weihte zu Jerusalem Gott die goldenen Köcher und Rüstungen, mit denen Adads Trabanten versehen gewesen waren. Diese hat später Susak, der König der Ägypter, nachdem er Davids Enkel Roboam überwunden hatte, nebst vielen anderen Schätzen aus Jerusalem weggebracht, wovon an passender Stelle Näheres berichtet werden wird. - Da nun Gott alle Unternehmungen des Hebräerkönigs begünstigte und allen seinen Kriegen ein glückliches Ende verlieh, führte David sein Heer auch noch gegen die schönsten Städte Adrazars, Bettaea und Machon, und eroberte und plünderte dieselben. In ihnen fand er eine Menge Gold und Silber, außerdem auch eine Art Erz, die man für kostbarer als Gold hielt. Daraus ließ Solomon später das große Becken, welches Meer genannt wird, und andere herrliche Geräte anfertigen, mit denen er den Tempel Gottes zierte. 4. Als der König von Amathe von der Niederlage Adrazars hörte, fürchtete er für sich selbst und beschloss daher, mit David, ehe dieser ihn angreifen würde, ein Freundschaftsbündnis einzugehen. Zu dem Zwecke schickte er seinen Sohn Adoram zu ihm, welcher ihm in seinem Namen zur Niederwerfung Adrazars, der auch sein Feind gewesen sei, Glück wünschen und das Bündnis mit ihm schließen sollte. Auch übersandte er als Geschenke goldene, silberne und eherne Gefäße von alter Arbeit. David ging das Bündnis mit Thaenus (so hieß der König von Amathe) ein, nahm seine Geschenke an und entließ seinen Sohn, wie es ihrer beiderseitigen Würde entsprach, mit
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allen Ehren. Die Geschenke aber sowie das übrige Gold und Silber, das von den unterjochten Städten und Völkerschaften stammte, weihte er Gott. Dieser nun verlieh nicht nur dem David selbst in allen Kämpfen den Sieg, sondern auch dem Abessa, dem Bruder 10abs, den David mit einem Heere nach Idumäa schickte: denn es blieben von den Idumäern achtzehntausend Mann in der Schlacht. Hierauf versah der König das ganze Land Idumäa mit Besatzungen und legte den Idumäern Grund- und Kopfsteuer auf. David war aber von Natur gerecht und fällte seine Urteils sprüche unparteiisch. Sein oberster Heerführer war 10ab, zum Geheimkämmerer ernannte er den 10saphat, den Sohn des Achilus, und den Sadok machte er mit Abiathar, der ihm befreundet war, zu Hohepriestern. Sadok stammte aus dem Hause des Phinees. Zu seinem Schreiber erwählte er den Sisas, und dem Banajas, dem Sohne des 10adas, übertrug er den Oberbefehl über seine Trabanten. Des Letzteren älteste Söhne ernannte er zu seinen Leibwächtern und vertraute ihnen seinen direkten Schutz an. 5. David erinnerte sich auch des Bündnisses, das er mit Sauls Sohn 10nathas geschlossen, sowie des eidlich beschworenen Treuegelöbnisses und der Freundschaft, die er ihm erzeigt hatte. Denn zu seinen übrigen 'fugenden kam auch die noch hinzu, dass er sich stets deren erinnerte, die ihm Gutes getan. Er befahl daher, man solle sorgfältig nachforschen, ob noch jemand von 10nathas' Verwandten am Leben sei, dem er den Dank für die ehemals genossene Freundschaft abtragen könne. Und da ihm einer von Sauls Freigelassenen zugeführt wurde, der wissen konnte, ob noch jemand von 10nathas' Geschlecht am Leben war, fragte er ihn diesbezüglich aus. Darapf entgegnete der Mann, es sei noch ein Sohn von ihm mit Namen Memphibost am Leben, der an den Füßen gelähmt sei. Denn als seine Amme die Nachricht erhalten habe, des Knaben Vater und Großvater seien in der Schlacht gefallen, sei sie mit ihm eilig geflohen. Auf der Flucht sei er ihr dann von der Schulter gefallen und habe sich die Füße verletzt. Als nun David erfahren hatte, wo derselbe sich befinde und bei wem er erzogen werde, schickte er in die Stadt Labatha zu einem gewissen Machir und ließ ihn zu sich rufen. Memphibost kam darauf zum Könige, fiel vor ihm nieder und erwies ihm die üblichen Ehrenbezeugungen. David aber hieß ihn wohlgemut sein und das Beste von ihm erwarten. Dann schenkte er ihm sein väterliches Haus und alles, was seinem Großvater Saul früher gehört hatte. Auch hieß er ihn täglich an seinem Tische erscheinen und nur ja kei, nen Tag wegbleiben. Und da der Knabe dem Könige für die freundlichen Worte und die Geschenke gedankt hatte, ließ dieser den Sibas rufen und
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sagte ihm, er habe dem Knaben sein väterliches Haus und allen Besitz Sauls geschenkt. Dann befahl er ihm, dessen Landbesitz zu verwalten und den ganzen Ertrag davon nach Jerusalem zu bringen. Und jeden Tag zog er den Memphibost zu Tische und gab ihm den Sibas und dessen Söhne, fünfzehn an der Zahl, sowie dessen Knechte, im Ganzen zwanzig, bei. Nachdem der König das alles angeordnet hatte, entfernte sich Sibas nach Erweisung der Ehrenbezeugungen und mit der Versicherung, alles getreulich ausführen zu wollen. Der Sohn des Jonathas aber wohnte von da ab zu Jerusalem, speiste an der königlichen Tafel und wurde mit aller Aufmerksamkeit behandelt, als ob er des Königs eigener Sohn sei. Er zeugte später auch selbst einen Sohn mit Namen Michas.
SECHSTES KAPITEL Der Krieg gegen die Ammaniter und sein glücklicher Ausgang. 117
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1. So ehrte David die Hinterbliebenen Sauls und Jonathas: Da um diese Zeit Naases, der König der Ammaniter, der dem David befreundet war, starb und sein Sohn ihm in der Regierung folgte, schickte David Gesandte zu diesem, ließ ihm sein Beileid aussprechen und ihn ermahnen, er möge über den Tod seines Vaters nicht zu sehr trauern und sich der Fortdauer der Freundschaft, die zwischen ihm und seinem Vater gewaltet, versichert halten. Die Vornehmen der Ammaniter aber nahmen diese Ankündigung nicht im Sinne Davids, vielmehr mit boshaftem Gemüte auf und sagten dem Könige, David wolle unter dem Scheine der Freundschaft Spione schicken, die das Land und seine Streitkräfte auskundschaften sollten. Zugleich gaben sie ihm den Rat, er möge sich vorsehen und nicht leichtgläubig den Versicherungen Davids trauen, damit er vor folgenschwerem Unglück bewahrt bleibe. Naases legte auf diese Worte der Vornehmen mehr Gewicht, als recht war, und misshandelte die Gesandten Davids. Er ließ ihnen nämlich den halben Bart scheren und die Kleider zur Hälfte aufschneiden und schickte sie mit dieser aus Taten statt aus Worten bestehenden Antwort zurück. Hierüber erzürnte der König der Israeliten gewaltig und erklärte, er werde dieses schmachvolle Unrecht nicht so ohne weiteres hinnehmen, sondern die Ammaniter mit Krieg überziehen und ihren König für den an seinen Gesandten verübten Frevel züchtigen. Da nun des Königs Freunde
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und Heerlührer einsahen, dass sie das Bündnis gebrochen und Strafe zu gewärtigen hatten, rüsteten sie sich eilig zum Kriege, schickten zu Syrus, dem Könige der Mesopotamiter und boten ihm eintausend Talente* an, wenn er ihnen Hilfe leisten wolle. Auch mit Subas schlossen sie ein Bündnis. Diese Könige hatten zwanzigtausend Mann Fußvolk. Dazu mieteten sie sich noch den König der Amalekiter und einen vierten Namens Istob, die noch zwölftausend Bewaffnete zuführten. 2. Den David aber erschreckte diese Waffenbrüderschaft und die große Streitmacht der Ammaniter nicht. Vielmehr vertraute er auf Gott, weil er ~inen gerechten Krieg zur Bestrafung ihm zugefügter Unbilden zu unternehmen im Begriffe stand, und schickte seinen Feldherrn Joab sogleich mit dem ganzen Heere gegen den Feind. Joab schlug bei Rabatha, der Hauptstadt der Ammaniter, sein Lager auf. Die Feinde rückten darauf aus der Stadt heraus, stellten jedoch nicht gemeinschaftlich, sondern jeder für sich ihre Schlachtlinie auf; denn die Hilfstruppen standen im offenen Felde, die Streitmacht der Ammaniter dagegen dicht vor den Toren gegenüber den Hebräern. Joab, der dies überschaute, machte sich seinen Plan zurecht, wählte die Tapfersten aus und stellte sie dem Syrus und den übrigen verbündeten Königen entgegen. Den Rest des Heeres übergab er seinem Bruder Abessa und hieß ihn seine TIuppen gegen die Ammaniter führen, indem er ihm den Rat gab, er solle, wenn er sähe, dass die Syrer zu mächtig seien, ihm zu Hilfe kommen; dasselbe wolle auch er tun, wenn er sähe, dass Abessa zu hart von den Ammanitern bedrängt werde. Dann beschwor er seinen Bruder, er möge alles tapfer und mit der Behändigkeit zur Ausführung bringen, die das Zeichen ehrliebender Streiter sei; er selbst griff dann die Syrer an. Als diese eine Zeit lang hartnäckigen Widerstand geleistet hätten, machte Joab einen großen Teil von ihnen nieder, die Übrigen aber trieb er in die Flucht. Sobald die Ammaniter das sahen, ließen sie sich aus Furcht vor Abessa und seinem Heere gar nicht auf den Kampf ein, sondern folgten dem Beispiele ihrer Bundesgenossen und flohen in die Stadt. Nachdem Joab so die Feinde geschlagen und in die Flucht gejagt hatte, kehrte er in glänzendem Aufzuge nach Jerusalern zum Könige zurück. 3. 'frotz dieser Niederlage wollten aber die Ammaniter noch keine Ruhe halten, sondern schickten Gesandte an Chalamas, den König der jenseits des Euphrat wohnenden Syrer, und erkauften sich um Geld dessen Bundesgenossenschaft. Dieser hatte achtzigtausend Mann Fußvolk und zehntau* Ein Talent = 2408 Euro, auch Gewicht = 26,2 Kilogramm.
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send Reiter unter Anführung des Feldherrn Sabek. Da nun der König der Hebräer erfuhr, die Ammaniter hätten aufs Neue eine so gewaltige Streitmacht gegen ihn gesammelt, beschloss er, nicht mehr seine Feldherrn gegen sie zu schicken, sondern zog selbst mit seinem ganzen Heere über den Jordan ihnen entgegen, lieferte ihnen eine Schlacht und besiegte sie gänzlich. Es fielen von den Feinden gegen vierzigtausend Mann Fußvolk und siebentausend Reiter, und Sabek, der Heerführer des Königs Chalamas, wurde tödlich verwundet. Infolge dieses glücklichen Ausganges der Schlacht ergaben sich die Mesopotamiter dem pavid und sandten ihm Geschenke. Da aber der Winter im Anzuge war, kehrte David nach Jerusalem zurück. Mit Frühjahrsanfang schickte er dann seinen Heerführer Joab noch einmal gegen die Ammaniter. Dieser fiel in das Gebiet der Ammaniter ein, verwüstete ihre Äcker und trieb sie selbst in ihre Hauptstadt Rabatha zusammen, die er dann belagerte.
SIEBENTES KAPITEL David entbrennt in Liebe zu Beersabe, bereitet ihrem Gatten Urias den Tod und wird von Nathan zur Reue gebracht. 130
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1. Um diese Zeit fiel David, der von Natur ein gerechter und frommer Mann war und die väterlichen Gesetze streng beobachtete, in eine schwere Sünde. Als er nämlich eines Tages vom Dache seines Königspalastes, auf dem er gegen Abend zu wandeln pflegte, sich umschaute, bemerkte er ein sehr schönes Weib mit Namen Beersabe, die sich in ihrem Hause in frischem Wasser badete. Von ihrer Schönheit wurde er derart gefesselt, dass er seine Begierde nicht zu bezähmen vermochte, sondern sie zu sich kommen ließ und mit ihr sündigte. Da nun das Weib schwanger wurde, schickte sie zum Könige und ließ ihn bitten, er möge doch dafür sorgen, dass das Vergehen verborgen bleibe; denn da sie einen Ehebruch begangen, war sie nach dem väterlichen Gesetze dem Tode verfallen. David ließ daher den Gatten des Weibes, der Joabs Waffenträger war, von der Belagerung Rabathas her. beirufen; der Mann hieß Urias. Als er nun kam, fragte David ihn, wie es mit dem Heere und der Belagerung stehe. Er antwortete, es gehe alles nach Wunsch. Hierauf ließ David ihm von seinem Mahle ein Gericht auftragen und hieß ihn dann sich zu seiner Gattin begeben und bei ihr ruhen. Urias
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tat das aber nicht sondern schlief bei den Waffenträgern des Königs. Als der König das vernahm, fragte er ihn, weshalb er sich nicht nach Hause begeben habe, zumal er so lange von seinem Weibe weg gewesen sei, wie denn doch in der Regel sich die Menschen nach Hause sehnten, wenn sie lange in der Fremde gewesen. Urias entgegnete, er halte es nicht für schicklich' bei seinem Weibe sich zu ergötzen, während seine Kampfgenossen und sein Feldherr in Feindesland im Lager schlafen müssten. Darauf befahl ihm der König, noch diesen Tag bei ihm zu bleiben, am anderen Tage werde er ihn dann wieder zu seinem Feldherrn schicken. Urias ward alsdann von David zum Mahle geladen und berauschte sich dabei, weil der König ihm absichtlich häufig zutrank. Nichtsdestoweniger schlief er aber auch diese Nacht wieder vor des Königs Tür und trug nach seinem Weibe kein Verlangen. Hierüber ward der König unwillig und beauftragte den Joab brieflich, er solle den Urias bestrafen, denn er habe gefehlt gab ihm auch die Art und Weise an, wie er ihn bestrafen solle, damit es nicht offenkundig würde, dass der König selbst die Bestrafung befohlen habe. Er solle ihn nämlich da gegen den Feind stellen, wo dieser am gefährlichsten andränge, und ihn von den übrigen Kämpfern trennen; denn sobald die Schlacht begonnen habe, sollten die Kampfgenossen sich von ihm fortbegeben. Dieses Schreiben schloss der König mit seinem eigenen Siegel und übergab es dem Urias, damit er es dem Joab bringe. Als Joab den Brief erhielt und den Willen des Königs daraus ersah, stellte er den Urias an den Ort wo, wie er wusste, der Feind am heftigsten angreifen würde. Auch gab er ihm einige tapfere Krieger bei und sagte ihnen, er werde, wenn sie irgendwo die Mauer untergraben hätten, sodass man in die Stadt eindringen könne, ihnen mit dem ganzen Heer zu Hilfe kommen. Den Urias aber bat er, er möge, da er ein wackerer Streiter sei und deshalb beim Könige und seinen Kampfgenossen in hoher Achtung stehe, sich die großen Beschwerden nicht verdrießen lassen und sich willig darein fugen. Und da Urias eifrig Hand anlegte, gab Joab seinen Mitkämpfern heimlich ein Zeichen und sagte ihnen, sie sollten, sobald sie den Feind hervorbrechen sähen, sich zurückziehen und den Urias im Stich lassen. Sowie nun die Hebräer sich der Stadt näherten, besorgten die Ammaniter, die Feinde möchten an der Stelle, wo Urias stand, rasch die Mauer ersteigen; sie ließen deshalb ihre tapfersten Kämpfer dort anrücken, öffneten das Tor und machten mit großem Ungestüm einen Ausfall. Als dies die Kampfgenossen des Urias sahen, zogen sie sich dem Befehle Joabs gemäß zurück. Urias dagegen schämte sich, zu fliehen und seinen Posten zu verlassen, hielt deshalb den Feinden wacker stand und
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tötete ihrer viele; endlich jedoch wurde er umzingelt und niedergemacht, und mit ihm fielen auch einige seiner Genossen. 2. Hierauf schickte Joab Boten an den König, um ihm mitzuteilen, er habe sich Mühe gegeben, die Stadt schnell einzunehmen; als er aber die Mauer habe ersteigen wollen, sei er mit Verlust ziemlich beträchtlicher Mannschaft zum Rückzug gezwungen worden. Den Boten trug er dann noch auf, sie sollten, wenn sie den König bei dieser Nachricht in Zorn geraten sähen, ihm den Tod des Urias melden. Als nun der König die Nachricht erhielt, ward er sehr unwillig und bemerkte, sie hätten sehr unklug gehandelt, da sie versucht hätten, die Mauern zu erstürmen; vielmehr hätten sie dieselben unterminieren und versuchen sollen, die Stadt mit List zu nehmen. Ein Beispiel hätten sie sich da an Abimelech, dem Sohne des Gedeon, nehmen können, der, als er den Turm von Theben mit Gewalt habe erstürmen wollen, von einem alten Weib mit einem Steine getötet worden sei und, obgleich er ein so tapferer Held gewesen, bei dem schwierigen Beginnen schmachvoll sein Leben verloren habe. Daran hätten sie denken und nicht so nahe an die Stadtmauern herangehen sollen. Denn es sei vorteilhaft, sich frühere Kriegstaten ins Gedächtnis zurückzurufen, seien dieselben nun glücklich oder unglücklich verlaufen, um daraus entnehmen zu können, was man tun oder lassen müsse. Als der Bote nun aber dem ergrimmten Könige den Tod des Urias meldete, ließ dieser sogleich von seinem Zorn ab und befahl dem Boten, er solle zurückkehren und dem Joab melden, es sei etwas Menschliches, was dem Urias zugestoßen sei, und die Natur des Krieges bringe es nun einmal mit sich, dass das Glück bald der einen, bald der anderen Partei günstig sei. Künftig möge er aber bei der Belagerung sorgfältiger verfahren und nichts außer Acht lassen, sondern Wälle aufwerfen, die Stadt mit Belagerungsmaschinen berennen und in seine Gewalt bringen, sodann aber dieselbe vom Grund aus zerstören und ihre Bewohner ohne Ausnahme umbringen. Mit diesem Befehl des Königs begab sich der Bote eilig zu Joab zurück. Beersabe aber, des Urias Weib, trauerte und weinte einige Tage um ihren Mann, als sie seinen Tod vernommen hatte. Nach Ablauf der '!rauerzeit nahm sie der König zum Weibe und erhielt von ihr einen Sohn. 3. Diese Ehe fand aber nicht den Beifall Gottes, sondern er zürnte dem David, erschien dem Propheten Nathan im '!raume und klagte den König schwer an. Nathan jedoch, der ein höflicher und verständiger Mann war, überlegte bei sich, dass die Könige, wenn sie zürnen, mehr ihrer Leidenschaft als der Gerechtigkeit zu folgen pflegen, und beschloss daher, die Drohungen Gottes mit Stillschweigen zu übergehen und dafür andere nützliche
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Ermahnungen an David zu richten, wodurch dieser sich vielleicht veranlasst fühlen würde, seine wahre Gesinnung zu offenbaren. »Zwei Männer«, sagte er, »wohnten in einer und derselben Stadt; der eine von ihnen war reich und besaß viele Schaf- und Rinderherden, der andere aber war arm und nannte nur ein einziges Schäfchen sein Eigen. Dieses zog er mit seinen Kindern auf, genoss mit ihm dieselbe Speise und liebte es wie eine Tochter. Als nun zu dem Reichen ein Gastfreund kam, wollte er zum Mahle keines von seinen eigenen Schafen schlachten, sondern ließ dem Armen sein Schäfchen wegnehmen, bereitete es zu und setzte es seinem Gaste vor.« Diese Rede betrübte den König sehr; er nannte den Mann, der solches tun könne, einen Verbrecher und sagte, es sei gerecht, dass er das Schäfchen vierfach bezahle und dann noch mit dem Tode bestraft werde. Nathan aber entgegnete ihm, er selbst sei der, der diese Strafe verdient habe, und er habe sich selbst das Urteil gesprochen, weil er eine so ungeheure Schandtat zu begehen gewagt habe. Dann stellte er ihm den Zorn Gottes vor Augen, des Gottes, der ihn zum König aller Hebräer und zum Beherrscher so vieler und mächtiger Völkerschaften gemacht, ihn einst aus den Händen Sauls befreit und ihm rechtmäßige Ehefrauen gegeben habe. Nichtsdestoweniger habe er ihn jetzt verachtet und beleidigt, da er ein fremdes Weib zur Ehe genommen und ihren Gatten hinterlistigerweise von Feindeshand habe töten lassen. Dafür werde er von Gott schwer bestraft werden: seine eigenen Weiber würden von einem seiner Söhne geschändet und ihm selbst von diesem Sohne nach dem Leben getrachtet werden, und so werde er für den heimlich begangenen Frevel öffentliche Strafe erleiden. Auch werde der Knabe, den das Weib ihm geboren, in kurzer Zeit sterben. David geriet hierüber in Schrecken und Bestürzung und bekannte unter Tränen und Wehklagen seine Sünde gegen Gott, denn er war an sich ein frommer, unbescholtener und reiner Mann, der außer dem Vergehen mit des Urias Weib sich nichts hatte zuschulden . kommen lassen. Deshalb erbarmte sich Gott seiner, nahm ihn in Gnaden wieder auf und versprach, ihm Königreich und Leben erhalten zu wollen; denn wegen seiner Reue wolle er ihm nicht weiter zürnen. Als Nathan so dem König sein künftiges Geschick verkündigt hatte, kehrte er nach Hause zurück. 4. Den Knaben aber, den das Weib des Urias dem David geboren hatte, suchte Gott mit schwerer Krankheit heim. Hierüber betrübte sich David so sehr, dass er trotz der dringenden Bitten seiner Hausgenossen sieben Tage lang keine Nahrung zu sich nahm, vielmehr ein schwarzes Gewand anlegte, in einem Sacke sich zur Erde warf und Gott inständig um des Knaben Hei-
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lung anflehte; denn er hatte dessen Mutter sehr lieb. Als aber der Knabe am siebenten Tage gestorben war, scheuten sich die Diener des Königs, ihm dies mitzuteilen; denn sie besorgten, er möchte, wenn er es erffihre, noch weniger auf Nahrung und Körperpflege achten, zumal er schon über die Krankheit sich so sehr gegrämt hab~. Da nun der König merkte, dass seine Hausgenossen sehr verstört waren und sich anstellten, als ob sie ihm etwas verheimlichen wollten, schloss er daraus, dass der Knabe gestorben sei. Darauf ließ er einen seiner Diener zu sich kommen, und als er von ihm die Wahrheit erfahren hatte, erhob er sich sogleich, badete, legte ein weißes Kleid an und begab sich zur Hütte Gottes. Dann befahl er, ihm ein Mahl aufzutragen. Dieses veränderte und unerwartete Benehmen setzte seine Verwandten und Diener in Erstaunen; denn da er während der Krankheit des Knaben nichts dergleichen getan hatte, fing er auf einmal nach seinem Tode damit an. Sie fragten ihn deshalb nach der Ursache dieses seines Benehmens, nachdem sie vorher hierzu von ihm die Erlaubnis erwirkt hatten. Er antwortete ihnen, sie schienen ihm sehr unverständig zu sein; denn so lange der Knabe noch gelebt und er noch Hoffnung auf seine Heilung gehabt habe, habe er alles Erforderliche getan in dem Glauben, Gott dadurch versöhnen zu können. Da er nun aber gestorben sei, sei nutzlose 'frauer nicht mehr vonnöten. Als der König so gesprochen, lobten alle seine Weisheit und Klugheit. Beersabe ward hierauf wieder von ihm schwanger und nannte den Sohn, den sie gebar, auf Anraten des Propheten Nathan Solomon. 5. Unterdessen setzte Joab den Ammanitern mit der Belagerung sehr zu und schnitt ihnen das Wasser und die übrigen Lebensmittel ab, sodass sie unter Hunger wie Durst gewaltig litten. Thre Hoffnung beruhte schließlich noch auf einem einzigen kleinen Brunnen, mit dessen Wasser sie nach Lage der Sache sehr sparsam umgingen. Joab benachrichtigte hiervon brieflich den König und bat ihn, zur Einnahme der Stadt herüberzukommen, damit ihm selbst die Ehre des Sieges zuteil wurde. Der König lobte seine treue und selbsdose Gesinnung, machte sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Truppen auf, nahm die Stadt Rabatha im Sturm und gab sie dem Kriegsvolk zur Plünderung preis. Für sich selbst nahm er die Krone des Ammaniterkönigs, welche ein Talent Gold wog und in der Mitte einen kostbaren Sardonyxstein hatte. Diese Krone trug David von da an mit Vorliebe. Außerdem fand er noch viele andere kostbare und glänzende Beutestücke in der Stadt vor. Die Männer ließ er alsdann unter vielen Qualen umbringen. Ebenso streng verfuhr er gegen die anderen Ammaniterstädte, welche er eroberte.
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ACHTES KAPITEL Abesalom tötet den Amnon, weil dieser seine leibliche Schwester geschändet; er wird deshalb flüchtig, später aber von David zurückgerufen.
1. Als der König nach Jerusalem zurückgekehrt war, stieß seinem Hause folgendes Unglück zu. Er hatte eine jungfräuliche Tochter mit Namen Thamar, die die leibliche Schwester Abesaloms war und an Schönheit selbst die wohlgestaltetsten Weiber übertraf. Zu dieser entbrannte in Liebe Amnon, der älteste von Davids Söhnen, und da er sich, weil sie noch Jungfrau war und sorgfältig bewacht wurde, ihrer nicht bemächtigen konnte, wurde er tieftraurig, magerte vor Gram ab und verlor seine blühende Farbe. Als sein Verwandter und Freund Jonathas, der ein kluger und geistreicher Mann war, ihn so leiden sah und täglich wahrnahm, dass er an körperlichem Wohlbefinden einbüßte, fragte er ihn eines Tages nach der Ursache davon und fügte hinzu, er glaube, es sei leidenschaftliche Liebe daran schuld. Als Amnon das bejahte und ihm mitteilte, er liebe seine Schwester, gab Jonathas ihm Mittel und Wege an, wie er zur Erfüllung seines Wunsches gelangen könne. Er riet ihm nämlich, er solle sich krank stellen, und wenn sein Vater ihn dann besuchen komme, solle er ihn bitten, ihm die Schwester zur Pflege zu schicken, da er hoffe, dadurch besser zu werden und schneller zu genesen. Amnon legte sich also zu Bett und schützte Krankheit vor, wie Jonathas ihm geraten hatte. Und als sein Vater ihn besuchte und sich nach seinem Befinden erkundigte, bat er ihn, er möge ihm seine Schwester schicken, was dieser sogleich gewährte. Die Schwester kam nun, und Amnon ersuchte sie, ihm Kuchen zu backen, weil er diese lieber esse, wenn sie von ihr zubereitet seien. Sie mengte darauf vor seinen Augen den Teig, formte Kuchen daraus, buk sie und bot sie ihm an. Doch wollte er sie noch nicht essen, sondern befahl zunächst seinen Dienern, sie sollten sich alle aus dem Schlafgemach entfernen, denn er wolle ruhen und von Getöse und Lärm verschont sein. Als diese dem Befehl nachgekommen waren, bat er seine Schwester, sie möge ihm die Speise in sein Gemach bringen. Da nun das Mädchen ihm die Bitte erfüllte, ergriff er sie und suchte sie zu überreden, dass sie sich ihm hingebe. Das Mädchen aber schrie laut auf und sprach: »Tue mir doch, 0 Bruder, keine Gewalt an und begehe keine solche Schandtat, wodurch du die Gesetze übertreten würdest und deren du dich schämen müsstest. Stehe ab von der Befriedigung deiner Begierde, woraus un-
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serer Familie nur Schimpf und Schande erwachsen würde.« Sie gab ihm dann noch den Ra~ er solle über die Angelegenheit mit dem Vater reden, der ihm seinen Wunsch wohl erfüllen würde. Das sagte sie aber, um für den Augenblick seine begehrliche Leidenschaft zu dämpfen. Amnon jedoch hörte nicht auf sie, sondern tat ihr, von Lust und Liebe entbrann~ Gewalt an. Nach begangener Tat aber fuhr er seine Schwester sogleich hart an und hieß sie unter Schimpfworten sich erheben und sich fortmachen. Als sie sich nun beklagte, er beleidige sie noch mehr, weil er sie, nachdem er sie geschände~ nicht einmal bis zur Nacht bei sich behalten wolle, sondern sie am hellen Tage fortgehen heiße, damit ihre Schande offenkundig werde, ließ er sie durch einen Diener vor die Tür werfen. Über dieses Unrecht und die an ihr verübte Gewalttat wurde Thamar von Schmerz ergriffen. zerriss ihr Gewand (die Jungfrauen trugen nach alter Sitte mit langen Ärmeln versehene und bis auf die Knöchel reichende Gewänder, die alle Blöße bedeckten), streute Asche auf ihr Haup~ ging mitten durch die Stadt und schrie und jammerte über die ihr zugefügte Unbill. Da begegnete ihr zufa1lig ihr Bruder Abesalom und fragte sie, was ihr Übles widerfahren sei, dass sie sich so aufführe. Und als sie ihm das ihr angetane Unrecht erzählte, tröstete er sie, ermahnte sie, ruhig zu sein, ihren Schmerz zu mäßigen und es nicht für eine Schmach zu halten. dass sie von ihrem Bruder geschändet worden sei. Sie ließ sich auch beruhigen, hörte auf zu jammern und ihre Schande im Volke weiter zu verbreiten, und blieb dann ziemlich lange zurückgezogen bei ihrem Bruder Abesalom. 2. Als ihr Vater David diese Sache erfuhr, ward er sehr zornig. Weil er indes den Amnon als seinen ältesten Sohn sehr liebte, wollte er ihm nicht wehtun. Abesalom aber hasste ihn gewaltig und erspähte im Geheimen eine Gelegenhei~ um ihn für seine Schandtat zur Verantwortung zu ziehen. Als nun schon zwei Jahre seit dem Vorfall verflossen waren, und Abesalom im Begriff war, nach der Stadt Belsephon im Stamme Ephralm sich zur Schafschur zu begeben, lud er den Vater und die Brüder bei sich zu Gast. Der Vater aber entschuldigte sich dami~ er wolle ihm keine Mühe verursachen, worauf Abesalom ihn ba~ er möge dann doch wenigstens seine Brüder zu ihm schicken. Als diese nun kamen, befahl er seinen Dienern, sie sollten, sobald sie sähen, dass Amnon vor Trunkenheit in Schlaf gefallen sei, sich nicht scheuen, ihn auf seine Verantwortung hin zu töten. 3. Sowie dieser Befehl vollzogen war, bemächtigte sich der anderen Brüder gewaltiger Schrecken, und um sich selbst besorg~ stiegen sie rasch zu Pferde und ritten zu ihrem Vater. Es war ihnen aber jemand vorausgeeilt
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und hatte dem David gemeldet, alle seine Söhne seien von Abesalom umgebracht worden. Als David vernahm, er habe auf einmal alle Söhne verloren und das noch durch ein Verbrechen ihres Bruders, ergriff ihn heftiger Schmerz, welcher sich noch steigerte im Gedanken an den, der ihm als Urheber des Mordes war gemeldet worden. Und ohne die Sache näher zu untersuchen oder genauere Nachrichten abzuwarten, wie dies doch bei einer so schrecklichen und fast unglaublichen Freveltat am Platz gewesen wäre, zerriss er sein Gewand, warf sich zur Erde und betrauerte alle seine Söhne, die Gemordeten sowohl wie den Mörder. Jonathas aber, der Sohn seines Bruders Samas, bat ihn, er möge sich doch in seiner Trauer mäßigen und nicht glauben, alle seine Söhne seien umgebracht, da kein Grund vorhanden sei, das zu befürchten. In Betreff des Anmon aber möge er eine Nachforschung anstellen lassen, denn es sei wahrscheinlich, dass Abesalom wegen der Schändung der Thamar es unternommen habe, ihn zu töten. Unterdes vernahmen sie auf einmal Pferdegetrappel und sahen einen Schwarm Reiter ankommen; es waren des Königs Söhne, die vom Gastmahl aufgestanden und entflohen waren. Da sie nun weinten, ging ihnen der Vater traurig entgegen, obgleich er wider Erwarten diejenigen lebend erblickte, die man ihm schon tot gemeldet hatte, und alle brachen in Jammern und Schluchzen aus, die Brüder um ihren Bruder, der König um seinen ermordeten Sohn. Abesalom floh darauf nach Gethsura zum Beherrscher dieses Landes, der sein Großvater mütterlicherseits war, und hielt sich bei ihm drei volle Jahre auf. 4. Eines Tages aber kam es David in den Sinn, zu seinem Sohne Abesa10m zu schicken und ihn zu sich kommen zu lassen, nicht um ihn zu bestrafen, sondern um ihn wieder bei sich zu haben; denn mit der Zeit hatte Davids Zorn sich gelegt. Sein Feldherr Joab bestärkte ihn in diesem Vorhaben noch mehr. Denn auf seine Veranlassung ging eine alte Frau im Trauergewande zum König und teilte diesem mit, ihre beiden Söhne seien auf dem Felde in Streit geraten, und da niemand zugegen gewesen, der ihn geschlichtet hätte, sei er schließlich in Tätlichkeiten ausgeartet, und der eine vom anderen getötet worden. Hierauf bat sie ihn, er möge doch, da die Verwandten dem Mörder nach dem Leben trachteten, ihr die Stütze des Alters erhalten und zu seiner Rettung beitragen, indem er diejenigen einschüchtere, die ihm nachstellten. Denn diese würden sich durch nichts anderes als durch die Furcht vor ihm von ihrem Vorhaben abbringen lassen. Als nun der König ihrer Bitte Gewährung zugesagt hatte, bedankte sie sich und fuhr dann fort: »Ich freue mich über deine Güte, mit der du dich mei-
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nes Alters und meiner Verlassenheit erbarmt hast. Doch damit ich deinen leutseligen Versprechungen um so sicherer trauen kann, so nimm zunächst deinen eigenen Sohn wieder in Gnaden auf und lass ab von deinem Zorn gegen ihn. Denn wie könnte ich wohl davon überzeugt sein, dass du mir wirklich gnädig sein willst, wenn dir dein eigener Sohn wegen der gleichen Übeltat noch verhasst ist? Es wäre ja auch unvernünftig gehandelt, wenn ein Sohn wider unseren Willen umgekommen ist, nun auch noch zu wünschen, dass der andere denselben Weg gehe.« Der König vermutete sogleich, dass Joab in seiner Liebe zu Abesalom das Weib angestiftet habe, und als er auf Befragen von dem Mütterchen vernahm, dass die Sache sich so verhielt, ließ er den Joab zu sich rufen und sagte ihm, er habe seine Absicht erreicht und solle ihm den Abesalom wieder zuführen; denn er zürne ihm nicht mehr, sondern habe allen Unwillen gegen ihn fahren lassen. Joab dankte darauf dem Könige, dessen Worte ihn mit Freude erfüllt hatten, eilte sogleich nach Gethsura und führte den Abesalom nach Jerusalern zurück. 5. Als der König vernahm, sein Sohn sei im Anzuge, sandte er ihm einen Boten entgegen und ließ ihm sein Haus einräumen; doch sei der König noch nicht so gegen ihn gesinnt, dass er seinen Anblick schon ertragen könne. Abesalom kam ihm daher seinem Befehl gemäß nicht vor die Augen, hielt sich vielmehr zu Hause und begnügte sich mit den Liebesbezeugungen, die ihm die Seinigen erwiesen. Doch tat weder der Gram noch der Mangel an Pflege, die dem Sohne eines Königs gebührt, seiner Schönheit Abbruch, vielmehr übertraf er an Anmut und schlankem Wuchse alle anderen und sogar diejenigen, die in Freuden ihr Leben zubrachten. Sein Haupthaar war so dicht, dass man es in acht Tagen kaum scheren konnte, und wog zweihundert Sekel, die gleich ftinf Minen sind. Zwei Jahre lang wohnte er zu Jerusalem und wurde Vater dreier Söhne und einer Tochter, welch Letztere von hervorragender Schönheit war und später Roboam, den Sohn Solomons, heiratete, dem sie einen Sohn namens Abias gebar. Eines Tages nun schickte Abesalom zu Joab und ließ ihn bitten, er möge doch seinen Vater vollends versöhnen und ihm die Erlaubnis verschaffen, dass er ihn wieder sehen und mit ihm sprechen dürfe. Da aber Joab dies nicht tat, schickte er einige von seinen Leuten und ließ dessen Acker, der an den seinigen anstieß, in Brand setzen. Als Joab von dieser Freveltat Kunde erhielt, ging er zu Abesalom, beklagte sich bei ihm darüber und fragte ihn, weshalb er das getan habe. Abesalom entgegnete: »Ich habe diese List ersonnen, um dich zu mir zu bringen, weil du den Auftrag, den ich dir in
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Betreff der Aussöhnung mit meinem Vater gab, nicht beachtet hast. Da du nun persönlich anwesend bist, bitte und beschwöre ich dich, meinen Vater versöhnlich zu stimmen. Denn wenn mein Vater in seinem Zorn beharrt, bin ich wahrlich noch übler dran als in der Verbannung.« Joab ließ sich hierdurch bereden, erbarmte sich seiner Not und verwandte sich fur ihn beim Könige. Diesem redete er so eindringlich zu, dass er bewegt wurde und seinen Sohn zu sich beschied. Abesalom warf sich vor ihm nieder und bat ihn um Verzeihung fur seine Vergehen; der König aber richtete ihn auf und versprach ihm, der Vergangenheit nicht mehr zu gedenken.
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NEUNTES KAPITEL Abesalom empört sich gegen seinen Vater. David flieht vor ihm.
1. Als nun Abesalom seine Absicht beim Könige erreicht hatte, schaffte er sich in kurzer Zeit viele Pferde und Wagen sowie fünfzig bewaffnete Trabanten an. Jeden Morgen ging er zum Königspalaste, knüpfte mit Leuten, die in Rechtshändeln unterlegen waren, freundliche Gespräche· an, sagte ihnen, das komme daher, weil sein Vater nur unerfahrene Ratgeber habe, die ihm vielleicht bei der Fällung des Urteils eine falsche Meinung beigebracht hätten, und versicherte ihnen, er würde, falls er nur die Macht dazu hätte, ihnen schon zu ihrem Rechte verhelfen. Hierdurch erwarb er sich allgemeine Gunst und gewann sich das gesamte Volk. Als er nun glaubte, auf das Volk rechnen zu können, ging er vier Jahre nach der Aussöhnung mit seinem Vater zu diesem und bat ihn, er möge ihm gestatten, nach Chebron zu gehen, um dort Gott das Opfer darzubringen, das er ihm in der Verbannung gelobt habe. David gewährte ihm die Bitte, und Abesalom schickte nun überallhin Boten und brachte eine ungeheure Volksmenge zusammen; dann brach er von da auf. 2. Unter dieser Volksmenge befanden sich auch ein Ratgeber Davids, der Gelmonäer Achitophel, und zweihundert Männer aus Jerusalern, die jedoch von dem ganzen Plane nichts wussten, sondern nur unter dem Vorwande der Darbringung eines Opfers zugezogen worden waren. Durch allerlei Listen und Kunstgriffe brachte es nun Abesalom dahin, dass er von allen zum König ausgerufen wurde. Als David hiervon Kenntnis erhielt, ergriff ihn
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Furcht ob der Verwegenheit und Bosheit seines Sohnes, und ·zugleich verwunderte er sich, dass jener so schnell die Verzeihung, die er ihm für seine früheren Freveltaten gewährt, vergessen hatte, ja dass er sogar noch Schlimmeres plante, nämlich ihm die von Gott verliehene Herrschaft zu entreißen und ihm nach dem Leben zu trachten. Er beschloss daher, über den Jordan zu fliehen, rief seine vertrautesten Freunde zusammen, gab alles dem Ratschlusse Gottes anheim und ging, indem er seine zehn Kebsweiber zur Bewachung des Palastes zurückließ, von Jerusalem weg nebst einer beträchtlichen Menge Volkes, die ihm bereitwillig folgte, sowie mit der Leibwache von sechshundert Mann, die auch auf der früheren Flucht zu Lebzeiten Sauls seine Begleiter gewesen waren. Den Hohepriestern Abiathar und Sadok dagegen, die ihn mit allen Leviten und der Lade begleiten wollten, riet er, zu Hause zu bleiben, da Gott ihn, auch wenn er die heilige Lade nicht bei sich führe, doch aus allen Gefahren befreien werde. Doch trug er ihnen auf, sie sollten ihn von allen Vorfällen heimlich in Kenntnis setzen. Als besonders getreue Diener erwiesen sich ihm die Söhne der Hohepriester, Achimas, der Sohn Sadoks, und Jonathas, der Sohn Abiathars. Auch der Gittäer Ethi zog gegen Davids Willen mit ihm, und er konnte ihn nicht bereden, zu bleiben, woraus David dessen besondere Anhänglichkeit ersah. Als er nun mit bloßen Füßen den Ölberg erstieg und alle seine Begleiter in heftiges Weinen ausbrachen, wurde ihm gemeldet, dass auch Achitophel bei Abesalom sich befinde und zu ihm halte. Dadurch wurde sein Gram noch vermehrt, und er bat zu Gott, dieser möge Abesaloms Gemüt dem Achitophel entfremden; denn er fürchtete, Letzterer, der ein kluger und scharfblickender Mann war, möchte durch seine Ratschläge besonderen Einfluss auf Abesalom gewinnen. Als man nun den Gipfel des Berges erreicht hatte, schaute David nach der Stadt zurück und flehte, wie wenn er sein Königreich schon verloren hätte, unter heißen '!fänen zu Gott. Darauf begegnete ihm ein treuer Freund mit Namen Chusi, und als David sah, dass er seine Kleider zerrissen, Asche auf sein Haupt gestreut hatte und über die Wendung von Davids Geschick jammerte, tröstete er ihn und bat ihn, von seiner '!fauer abzulassen. Dann ersuchte er ihn, er möge sich zu Abesalom begeben, sich stellen, als ob er dessen Partei ergriffen hätte, und seine geheimen Pläne ausforschen, zugleich auch den bösen Ratschlägen Achitophels entgegenwirken. Denn wenn Chusi bei ihm bleibe, könne er ihm nicht so nützlich sein, als wenn er sich in der Nähe Abesaloms befinde. Dieser gab denn auch dem Könige nach, verließ ihn und begab sich nach Jerusalern, wohin bald darauf auch Abesalom kam.
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3. Als David etwas weiter gewandert war, begegnete ihm Sibas, der Verwalter des Memphibost, den dieser geschickt hatte, um nach dem Landgut zu sehen, welches er als Sohn des Jonathas von David zum Geschenk erhalten hatte. Er führte zwei Esel bei sich, die mit Lebensmitteln beladen waren, und bat den David, sich davon zu nehmen, was er nötig habe. Als dieser ihn fragte, wo er denn den Memphibost zurückgelassen habe, und zur Antwort erhielt, in Jerusalern, wo er bei der allgemeinen Verwirrung vom Volke in Erinnerung an die Verdienste Sauls zum König gewählt zu werden hoffe, geriet er in Zorn und schenkte alles, was er früher dem Memphibost vermacht hatte, dem Sibas. Denn er hielt ihn für viel würdiger, diese Geschenke zu besitzen als den Memphibost. Sibas empfand darüber herzliche Freude. 4. Als nun David an einen Ort kam, der Bauris hieß, begegnete ihm ein Verwandter Sauls mit Namen Semel, ein Sohn des Geras, der ihn mit Steinen warf und Schimpfworte gegen ihn ausstieß. Und ~bgleich den König seine Freunde umringten und ihn beschützten, ließ Semel von seinen Schmähungen nicht ab, nannte ihn einen blutdürstigen Menschen und den Urheber alles Übels und hieß ihn~ da er unrein und fluchwürdig sei, das Land verlassen. Er danke Gott dafür, dass dieser dem David die Herrschaft abgenommen habe und ihn durch seinen eigenen Sohn für die Sünden bestrafen lasse, welche er gegen den Herrn begangen habe. Als nun hierüber alle in Erbitterung gerieten und Abessa den Semel umbringen wollte, hielt David ihn zurück und sprach: »Fern sei es von uns, dass wir dem gegenwärtigen Unglück noch ein neues hinzufügen. Denn keine Scheu noch Sorge habe ich darüber, dass dieser Mensch wie ein wütender Hund gegen mich geifert, sondern ich gebe es Gott anheim, der seine Wut gegen mich zuließ. Ich wundere mich auch gar nicht darüber, dass ich solches von ihm leiden muss, da ich sogar von meinem eigenen gotdosen Sohne verfolgt werde. Aber Gott wird uns vielleicht Barmherzigkeit erzeigen und unsere Feinde uns untertan machen.« Darauf setzte er seinen Weg fort, ohne sich weiter um Semel zu kümmern, der auf die andere Seite des Berges lief und wacker schimpfte. Als David aber bis zum Jordan gekommen war, ließ er die Seinen, die vom Marsche ermüdet waren, sich erquicken. 5. Sobald Abesalom sich mit seinem Ratgeber Achitophel und in Begleitung des gesamten Volkes in Jerusalem eingefunden hatte, kam auch Davids Freund zu ihnen. Er fiel vor Abesalom nieder und wünschte ihm eine lange Regierung. Dieser sprach also zu ihm: »Warum, hast du doch, da du früher zu den besten Freunden meines Vaters gehörtest und sein Vertrauter warst,
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ihn jetzt auf einmal verlassen und bist zu mir übergegangen?« Chusi antwortete ihm hierauf klug und verständig und sagte: »Ich folge stets Gott und dem gesamten Volke. Da ich nun sehe, 0 Herr, dass diese beiden auf deiner Seite sind, muss auch ich wohl zu dir halten: denn von Gott hast du die Königsherrschaft erhalten. Und wenn du mich in die Zahl deiner Freunde aufnimmst, will ich dir dieselbe Treue beweisen, die ich, wie du weißt, auch deinem Vater bewiesen habe. Doch geziemt es sich ja nicht, über den gegenwärtigen Zustand der Dinge unwillig zu sein. Denn die Königswürde ist auf keine andere Familie übergegangen, vielmehr in derselben Familie geblieben und nur vom Vater auf den Sohn übertragen.« Mit diesen Worten fand er Glauben, und Abesalom legte den Verdacht, den er gefasst hatte, ab. Er berief darauf den Achitophel zu sich und überlegte mit ihm, was jetzt weiter zu tun sei. Dieser riet ihm, er solle mit den Kebsweibern seines Vaters vertrauten Umgang pflegen. Daraus werde das Volk entnehmen, dass er niemals mit seinem Vater sich wieder aussöhnen wolle, und es werde dann mit größerer Bereitwilligkeit ihm gegen denselben Kriegsdienste leisten. Bisher nämlich habe man sich immer noch gescheut, offen gegen David Partei zu ergreifen, da man eine Aussöhnung zwischen ihm und Abesalom erwartet habe. Diesen Rat befolgte Abesalom und ließ durch seinen Diener vor den Augen des Volkes über dem Königspalaste ein Zelt errichten, in welchem er mit den Kebsweibern seines Vaters Unzucht trieb. Also ward die Weissagung Nathans erfüllt, dass den David sein eigener Sohn verunglimpfen werde. 6. Als Abesalom so den Rat Achitophels befolgt hatte, ersuchte er diesen um weitere Vorschläge in Betreff der Kriegführung gegen seinen Vater. Achitophel verlangte darauf zehntausend auserlesene Kämpfer: mit diesen wolle er den David umbringen und seine Anhänger, die den Kampf überlebten, gefangen nehmen. Denn erst dann werde Abesaloms Regierung fest und sicher stehen, wenn David aus dem Wege geräumt sei. Dieser Vorschlag gefiel dem Abesalom; doch ließ er auch noch Chusi, den Freund Davids (so nannte er ihn immer noch) kommen, teilte ihm den Vorschlag des Achitophel mit und fragte ihn, was er davon halte. Dieser sah wohl ein, dass, wenn Achitophels Plan ausgeführt würde, David in Gefahr geraten müsse, gefangen und getötet zu werden, und er gab sich deshalb Mühe, Abesalom von der entgegengesetzten Meinung zu überzeugen. »Du kennst wohl«, sagte er, »0 König, die Tapferkeit deines Vaters und seiner jetzigen Begleiter; du weißt, dass er viele Kriege geführt hat und stets Sieger geblieben ist. Geübt in Erfindung von Kriegslisten und imstande, den Ränken der Feinde zuvor-
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zukommen, hält er sich jetzt wahrscheinlich in seinem Lager auf. Bei Nacht aber wird er die Seinigen verlassen und sich in einem Tal verstecken oder auf einem Felsen sich in einen Hinterhalt legen. Und wenn die Unseren angreifen, werden die Seinigen zunächst sich ein wenig zurückziehen, bald aber im Hinblick auf die Nähe ihres Königs kühner werden und sich zum Widerstand rüsten. Sobald dann der Kampf im Gange ist, wird dein Vater unvermutet hervorbrechen und den Seinigen Mut, den Unseren aber Furcht und Entsetzen einflößen. Erwäge daher auch meinen Rat, und wenn du ihn ftir gut hältst, so lass den Rat Achitophels fahren. Schicke Boten im ganzen Lande der Hebräer umher und rufe sie zum Kriegszug gegen deinenVater auf. Hast du nun alle Truppen beisammen, so soll der Krieg unter deinem eigenen Oberbefehl, nicht unter dem eines anderen geführt werden. Es ist dann mit Sicherheit zu erwarten, dass du deinen Vater leicht überwinden wirst, da du ihn im offenen Felde triffst und er nur eine kleine Schar um sich hat, dir dagegen viele tausend Kämpfer zu Gebote stehen, die sehnlichst verlangen, ihren Eifer und ihre Bereitwilligkeit für dich zu beweisen. Würde sich aber dein Vater in feste Mauern einschließen und einer Belagerung standzuhalten versuchen, so würden wir die Stadt mit Belagerungs maschinen und durch Untergrabung leicht einnehmen.« Dieser Vorschlag gefiel dem Abesalom mehr als der des Achitophel. Dass aber Chusis Rat als der bessere angenommen wurde, war eine besondere Fügung Gottes. 7. Chusi ging darauf eilig zu den Hohepriestern Sadok und Abiathar, setzte ihnen Achitophels Rat und seinen eigenen auseinander und teilte ihnen mit, dass Letzterer die Billigung Abesaloms gefunden habe. Dann befahl er ihnen, den David davon in Kenntnis zu setzen und ihn zu ermahnen, dass er ohne Verzug den Jordan überschreite, damit nicht sein Sohn inzwischen wieder anderen Sinnes werde und ihn verfolge und ergreife, bevor er sich in Sicherheit gebracht habe. Die Hohepriester hatten aber schon vorher Sorge dafür getragen, ihre Söhne außerhalb der Stadt zu verbergen, damit sie dem David über das, was sich ereignete, Bericht erstatten könnten. Zu diesen schickten sie also jetzt eine treue Magd, welche ihnen den Entschluss Abesaloms mitteilen sollte, und ließen ihnen befehlen, davon eiligst David zu benachrichtigen. Jene zögerten auch nicht im Mindesten, sondern bewährten sich als treue und ergebene Diener und begaben sich sogleich auf den Weg, da sie einsahen, dass die größtmögliche Schnelligkeit hier geboten sei. Als sie nun zwei Stadien von der Stadt entfernt waren, wurden sie zufallig von einigen Reitern gesehen, die dem Abesalom Anzeige erstatte-
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ten. Dieser gab sofort Befehl, sie gefangen zu nehmen. Als die Söhne der Hohepriester das gewahr wurden, bogen sie vom Wege ab, begaben sich in ein nahe bei Jarusalem gelegenes Dorf, das Bachures hieß, und baten ein dort wohnendes Weib, ihnen ein sicheres Versteck zu gewähren. Das Weib ließ sie darauf an einem Seile in einen Brunnen hinab und deckte dessen Öffnung mit Wolle zu. Als nun die Verfolger ankamen und sie fragten, ob sie die beiden nicht gesehen habe, bejahte sie dies. Sie hätten bei ihr ein wenig ausgeruht und seien dann weitergeeilt; wenn sie ihnen sogleich nachsetzten, würden sie sie vielleicht noch einholen. Die Reiter verfolgten sie auch sogleich, kehrten aber, als sie die beidem nicht fanden, wieder um. Als das Weib sah, dass sie den Rückweg angetreten hatten, und somit für die Jünglinge keine Gefahr mehr zu besorgen war, zog sie dieselben wieder aus dem Brunnen herauf und hieß sie weiterziehen. Sie eilten dann sogleich zu David und meldeten ihm alles genau, was Abesalom beschlossen hatte. David aber gab sofort den Seinigen Befehl, ohne Säumen noch in der Nacht über den Jordan zu setzen. 8. Als nun Achitophel sah, dass sein Rat verworfen sei, bestieg er ein Maultier, ritt in seine Vaterstadt Geirnon, rief dort alle seine Verwandten zusammen und setzte ihnen auseinander, was er dem Abesalom geraten hatte und dass dieser seinen Rat nicht befolgt habe, weshalb er seinem sicheren Verderben entgegengehe. Denn David werde ihn besiegen und in seine Königsherrschaft wieder eingesetzt werden. Es sei daher besser, meinte er, mutig und freiwillig aus dem Leben zu scheiden, als dem David, gegen welchen er Abesalom unterstützt habe, sich zu ergeben und die Todesstrafe zu erleiden. Nach diesen Worten begab er sich in das Innere seines Hauses und erhängte sich. Seine Verwandten aber nahmen den Leichnam aus der Schlinge und begruben ihn - David setzte nun, wie gesagt, über den Jordan und kann nach Parembolai, einer schönen und wohlbefestigten Stadt. Alle Vornehmen dieser Gegend nahmen ihn freundlich auf, teils aus Mideid mit dem Flüchtling, teils aus Achtung vor seinem früheren Glück. Es waren dies der Galaditer Berzelaeus, Siphar, der Beherrscher von Ammanitis, und Machir, der Fürst von Galaditis. Diese versahen den David und die Seinigen mit allen notwendigen Lebensmitteln aufs reichlichste, besorgten ihnen Betten, Brot und Wein, schenkten ihnen eine große Menge Vieh und gewährten ihnen alles, was den Erschöpften zur Erquickung dienlich war.
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ZEHNTES KAPITEL Abesaloms Tod.
1. Unterdessen brachte Abesalom gegen seinen Vater David ein großes Heer von Hebräern zusammen, überschritt den Jordan und stellte sich bei Parembolai im Galaditerlande auf. Anstelle des Joab, seines Verwandten, ernannte er den Amessas zum Oberbefehlshaber. Der Vater des Amessas nämlich war Jetharsas, und seine Mutter Abigaea; die Letztere aber und Sarvis, die Mutter des Joab, waren Davids Schwestern. David, der bei der Zählung seiner 'fruppen viertausend Mann vorfand, beschloss, den Angriff Abesaloms nicht abzuwarten, sondern setzte Oberste und Hauptleute über das Heer und teilte es in drei Abteilungen, eine unter Joab, die zweite unter dessen Bruder Abessa, und die dritte unter seinem vertrauten Freund, dem Gittäer Ethi. Als er nun auch selbst mit in den Kampf ziehen wollte, rieten ihm seine Freunde in vernünftiger Erwägung davon ah. Denn wenn sie mit ihm besiegt würden, sei alle Hoffnung für sie verloren; werde aber nur ein Teil des Heeres geschlagen, so könnten sie sich mit dem Rest zu ihm zurückziehen und neue Kräfte sammeln. Ja, die Feinde würden dann auch vermuten, er verfüge noch über ein anderes Heer. Dieser Rat schien dem David einzuleuchten, und er beschloss deshalb, bei Palembolai zu bleiben. Als er aber seine Freunde und Heerführer in den Kampf entsandte, ermahnte er sie, sich wacker und treu zu halten und der Wohltaten zu gedenken, die er ihnen schon erwiesen habe. Auch bat er sie, sie möchten, wenn ihnen der Sieg zuteil würde, doch den Abesalom verschonen, denn dessen Tod. würde ihn zur Verzweiflung und zum Selbstmorde treiben. Dann wünschte er ihnen einen glänzenden Sieg und entließ das Heer. 2. Als nun Joab sein Heer in einer großen, hinten von Wald begrenzten Ebene aufgestellt hatte, führte Abesalom seine 'fruppen ihm entgegen, und es erfolgte der Zusammenstoß. Auf beiden Seiten wurde tapfer und mit großer Erbitterung gestritten. Denn Davids Krieger scheuten weder Gefahren noch Hindernisse, um ihm wieder zur Herrschaft zu verhelfen; die Gegner aber setzten alles daran, um den Abesalom zu halten, damit er nicht in seines Vaters Hände falle und von ihm zur Verantwortung gezogen werde. Auch mochte man auf dieser Seite, da man an Zahl überlegen war, sich nicht von dem Häuflein der Krieger Joabs und seiner Heerführer überwinden lassen; denn das schien ihnen höchst schmachvoll zu sein. Davids Kriegs-
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leute dagegen glaubten eine Ehre darein setzen zu müssen, so viele Tausende zu besiegen. Und so wurde beiderseits mit Anspannung aller Kräfte gekämpft. Zuletzt errangen Davids Streiter den Sieg, da sie körperlich kräftig und in der Kriegskunst sehr erfahren waren. Sie setzten darauf den fliehenden Feinden durch Schluchten und über Abhänge nach und nahmen einige gefangen, die meisten dagegen töteten sie, sodass auf der Flucht eine größere Zahl als im Kampfe das Leben ließ. An diesem Tage fielen gegen zwanzigtausend Mann. Alle Krieger Davids aber drangen mit großem Ungestüm auf Abesalom ein, der wegen seines schönen und stolzen Wuchses leicht kenntlich war. Dieser hatte große Angst, lebend in die Hände seiner Feinde zu geraten; er bestieg deshalb ein königliches Maultier und jagte davon. Und als er nun in rascher Flucht dahin sprengte (er war sehr behänd und geschickt im Reiten), verwickelte sich sein Haupthaar in einem knorrigen, großästigen Baum, sodass er; da das Maultier weiterrannte, als ob sein Herr noch auf ihm sitze, in den Zweigen hängen blieb und von seinen Feinden umzingelt wurde. Einer der Krieger, der ihn hier hängen sah, meldete dies dem Joab. Da nun der Feldherr sagte, er würde ihm fünfzig Sekel gegeben haben, wenn er den Abesalom durchbohrt hätte, entgegnete der Krieger: » Und hättest du mir tausend Sekel geboten, nie hätte ich das dem Sohne meines Herrn getan, zumal da dieser uns alle gebeten hat, des Jünglings zu schonen.« Joab aber befahl ihm, er solle ihm die Stelle zeigen, wo Abesalom hänge; dann ging er hin, durchstach ihm das Herz mit einem Speer und tötete ihn so. Joabs Waffenträger, die im Kreise herumstanden, rissen darauf die Leiche vom Baum herunter, warfen sie in einen tiefen und finstern Abgrund und wälzten Steine hinein, bis er gänzlich angefüllt war und die Gestalt und Größe eines Grabhügels bekam. Alsdann ließ Joab zum Rückzuge blasen und hinderte die Krieger aus Mitgefühl für seine ihm verwandten Gegner an weiterem Blutvergießen. 3. Abesalom aber hatte sich im so genannten Königstal, zwei Stadien von Jerusalem entfernt, eine marmorne Säule errichten lassen, die er seine Handschrift nannte. Denn, sagte er, wenn auch seine Kinder alle zugrunde gingen, werde doch auf dieser Säule sein Name stehen bleiben. Er hatte nämlich drei Kinder, zwei Söhne und eine Tochter Namens Thamar, die ich schon oben erwähnt habe. Diese heiratete später Davids Enkel Roboam und gebar einen Sohn Abias, der nachmals auch zur Herrschaft gelangte, wovon im Folgenden mehr. Nach Abesaloms Tode zerstreuten sich seine Anhänger und kehrten wieder in ihre Heimat zurück. 4. Achimas, der Sohn des Hohepriesters Sadok, begab sich darauf zu
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Joab und bat ihn, er möge ihm gestatten, dem David den errungenen Sieg zu melden und ihm mitzuteilen, dass mit Gottes Hilfe alles glücklich abgelaufen sei. Joab verweigerte aber die Erlaubnis und sagte, er habe doch immer dem König nur fröhliche Nachrichten überbracht, und jetzt wolle er ihm melden, dass sein Sohn umgekommen sei? Er bat ihn also zu bleiben und gab statt seiner dem Chusi den Auftrag, dem König alles zu berichten, wie er es mit eigenen Augen geschaut habe. Da aber Achimas aufs Neue in ihn drang, ihn mit der Botschaft zu betrauen (er wolle ihm nur den Sieg verkünden, den Tod seines Sohnes dagegen verschweigen), erlaubte er ihm endlich, sich zu David zu begeben. Weil nun Achimas abgekürzte Wege machte, die ihm allein bekannt waren, kam er dem Chusi zuvor. David saß unter dem Tore und wartete auf einen Boten, der aus der Schlacht käme und ihm Nachricht über deren Ausgang brächte. Da sah einer der Wächter den Achimas daherrennen, konnte ihn aber noch nicht erkennen und meldete deshalb dem David, er sehe jemand kommen. Der König entgegnete ihm, er wünsche sehr, eine gute Nachricht zu vernehmen. Gleich darauf sah der Wächter einen zweiten Boten kommen und tat dies ebenfalls dem Könige zu wissen. Und da der König den soeben ausgesprochenen Wunsch wiederholte, meldete ihm der Wächter, der inzwischen den ersten Boten erkannt hatte, es sei Achimas, der Sohn des Hohepriesters. David war hierüber erfreut und äußerte, dieser bringe gewiss gute Nachrichten, die seinen Erwartungen in Betreff der Schlacht entsprächen. 5. Kaum hatte der König dies gesagt, als auch Achimas schon eintraf, vor dem Könige niederfiel und ihm auf seine Frage Sieg und Herrschaft verkündigte. Als der König nun auch nach seinem Sohne sich erkundigte, entgegnete Achimas, er habe sich gleich nachdem die Feinde sich zur Flucht gewandt, eiligst auf den Weg begeben, doch habe er gehört, wie die Krieger den Abesalom mit großem Geschrei verfolgt hätten. Außerdem habe er nichts erfahren können, weil Joab ihn zur Eile angetrieben habe, damit David die Nachricht von dem Siege möglichst bald erhalte. Unterdessen kam auch Chusi an, fiel vor dem Könige nieder und meldete ihm den Sieg. Als David auch ihn darauf nach Abesalom fragte, erwiderte er: »Möge es allen deinen Feinden so ergehen wie dem Abesalom.« Bei dieser Nachricht hörte die Freude des Königs und seiner Umgebung über den errungenen Sieg sogleich auf, und der König stieg auf den höchstgelegenen Punkt der Stadt, beweinte seinen Sohn, zerschlug sich die Brust, zerraufte sein Haar und schrie in höchster Betrübnis: »0 mein Sohn, hätte ich doch den Tod mit dir gefunden!« Denn wie David überhaupt die Seinigen sehr liebte, so
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empfand er besonders ein inniges Mitgefühl für Abesalom. Als nun Joab und die Krieger vernahmen, der König trauere so sehr um seinen Sohn, schämten sie sich, im Triumphe in die Stadt einzuziehen, sondern rückten tief betrübt und unter Tränen ein, gleich als ob sie eine Niederlage erlitten hätten. Und da Joab den König mit verhülltem Antlitz und um seinen Sohn heftig jammern sah, trat er zu ihm, tröstete ihn und sprach: »0 Herr, durch ein solches Benehmen beschimpfest du dich selbst, denn diejenigen, die dich lieben und für dich allen Gefahren trotzen, ja dich selbst und deine Familie scheinst du zu hassen, deine Feinde aber willst du lieben und nach denen Verlangen tragen, die den wohlverdienten Tod erlitten haben. Hätte Abesalom gesiegt und die Herrschaft erlangt, so hätte er wohl von uns keinen am Leben gelassen, sondern uns alle, von dir und deiner Familie angefangen, auf die erbärmlichste Weise umgebracht. Dann aber hätten unsere Feinde uns nicht beweint, sondern eher gefreut und diejenigen noch bestraft, denen unser Unglück zu Herzen ging. Du dagegen schämst dich nicht, dich so aufzuführen wegen eines Menschen, der dein Feind war und, obgleich dein Sohn, doch so gottlos gegen dich gehandelt hat. Darum lass deine Trauer fahren und zeige dich deinen Kriegern, um ihnen für ihre Tapferkeit und den errungenen Sieg zu danken. Denn wenn du so fortfährst, werde ich noch heute das Volk bereden, von dir abzufallen und die Königswürde einem anderen zu übertragen, und dann wird deine Trauer erst recht bitter sein.« Durch diese Worte lenkte Joab den König von seiner Betrübnis ab und brachte ihn dahin, dass er über seine Lage nachdachte. David änderte hierauf seine äußere Erscheinung, sodass er sich dem Volke zeigen konnte. Dann begab er sich zum Tore, und das Volk kam auf die Kunde davon herbeigeeilt, um ihn zu begrüßen.
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1. AJ.s nun div Hebräer, die dem Abesalom angehangen hatten und aus der Schlacht entkommen waren, in ihre Heimat zurückkehrten, schickten sie Boten in allen Städten herum und erinnerten deren Bewohner daran, wie David sie mit so vielen Wohltaten überhäuft und ihnen durch viele und
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schwere Kriege zur Freiheit verholfen habe, bedauerten es sehr, ihn aus seinem Königreich vertrieben und einem anderen die Herrschaft übertragen zu haben, und forderten sie auf, sie sollten, nachdem Abesalom umgekommen sei, den David flehentlich bitten, dass er seinem Zorn entsage, ihnen sein Wohlwollen wieder zuwende und die Regierung mit derselben Sorgfalt wie früher wieder führe. Mit diesen Bitten kamen nun zahlreiche Boten zu David, der auch seinerseits durch die Hohepriester Sadok und Abiathar den Vorstehern des Stammes Judas vorstellen ließ, wie schimpflich es für sie sein würde, wenn andere Stämme eher als sie den David wieder zum Könige wählten, da er ihr Stammesgenosse und Blutsverwandter sei. Auch ließ er dem Feldherrn Amessas sagen, weshalb er, da er doch sein Schwestersohn sei, das Volk nicht dazu berede, ihn wieder als König anzuerkennen? Er dürfe von ihm nicht nur erwarten, dass er ihm verzeihe, was ja schon geschehen sei, sondern auch, dass er ihn zum Oberbefehlshaber des Heeres machen werde, wie er es unter Abesalom gewesen sei. Die Hohepriester redeten alsdann mit den Vorstehern des Stammes Judas und brachten auch den Amessas dahin, sich dem Könige zu unterwerfen. Dieser bewog darauf seinen Stamm, sogleich an David Gesandte zu schicken und ihn zu bitten, er möge doch die Regierung wieder übernehmen. Dasselbe taten auf Anraten Amessas' dann auch alle übrigen Israeliten. 2. Als die Gesandten bei David gewesen waren, begab er sich nach Jerusalem. Der Stamm Judas aber zog vor allen anderen dem Könige bis zum Jordan entgegen, zugleich auch SemeI, der Sohn des Geras, mit tausend Mann aus dem Stamme Benjamin, und Sibas, der Freigelassene Sauls, mit seinen fünfzehn Söhnen und zwanzig Knechten. Diese schlugen mit dem Stamme Judas eine Brücke über den Jordan, damit David und die Seinen ohne Mühe übersetzen könnten. Als nun David zum Jordan gekommen war, begrüßte ihn zuerst der Stamm Judas; dann stieg Semel auf die Brücke, fiel dem Könige zu Füßen und bat, ihm die Fehler, die er gegen ihn begangen, zu verzeihen, nicht streng gegen ihn einzuschreiten und die wiedergewonnene Herrschaft nicht gleich mit Bestrafungen zu beginnen. Vielmehr möge David bedenken, dass er seine Verirrungen bereue und ihm zuerst entgegengeeilt sei. Als er nun so flehte und des Königs Mitleid zu erwecken suchte, warf Abessa, Joabs Bruder, ein: »Wie solltest du den Tod nicht erleiden, da du den geschmäht hast, den Gott zur Herrschaft berief?« David aber wandte sich zu ihm und sprach: »Wollt ihr denn, Söhne der Sarvia, euch nicht ruhig verhalten? Erregt uns doch nicht wieder neuen Aufruhr, nachdem der alte kaum unterdrückt ist. Ihr wisst doch wohl, dass ich heute mei-
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ne Regierung wieder antrete; deshalb schwöre ich, dass ich allen, die gegen mich gefrevelt haben, ihre Strafe erlasse und ihrer Vergehungen nicht mehr gedenken will. Du, Semei, sei also getrost und fürchte nicht, dass du die Todesstrafe erleiden müsstest.« Semel fiel darauf dem Könige zu Füßen und dankte ihm; dann begab er sich weiter. 3. Darauf begegnete dem David auch Sauls Enkel Memphibost in schmutzigem Gewand und mit langem, vernachlässigtem Haupthaar. Denn er hatte seit der flucht des Königs aus Trauer weder sein Haar scheren lassen noch seine Kleid gereinigt, da er des Königs Missgeschick so schwer beklagte, als ob es sein eigenes gewesen wäre. Außerdem hatte ihn auch sein Verwalter Sibas beim Könige falsch angeklagt. Sobald er den König begrüßt und ihm die schuldige Ehrenbezeugung erwiesen hatte, fragte ihn David, weshalb er nicht mit ihm ausgezogen sei und an seiner Flucht Anteil genommen habe. Memphibost entgegnete, daran sei Sibas schuld. »Denn dieser«, sagte er, »hat trotz meines Befehls, alles zur Reise zu rüsten, dies nicht getan und meine Worte in den Wind geschlagen, als ob ich sein Sklave wäre. Hätte ich nun gesunde Füße gehabt, so wäre ich dir gewiss gefolgt. Aber er war noch nicht einmal damit zufrieden, die Bezeugung meiner Treue gegen dich zu vereiteln, sondern er hat mich auch noch obendrein geschmäht und verleumdet. Ich weiß jedoch, dass deine Gerechtigkeit und Wahrheitsliebe, die den Beifall Gottes hat, solche Verleumdungen nicht dulden wird. Denn du hast von Seiten meines Großvaters noch weit Schlimmeres erfahren und wärest berechtigt gewesen, unsere ganze Familie dem Untergang zu weihen; und doch hast du dich freundlich und gütig bewiesen und all des Unrechtes nicht mehr gedacht gerade dann, als es in deiner Macht stand, dich dafür zu rächen. Ja, du hast mich unter deine Freunde aufgenommen und mich an deinem Tische gespeist, sodass ich an Ehre hinter keinem deiner nahen Verwandten zurückstand.« Als er so gesprochen, wollte der König weder den Memphibost noch den Sibas zur Verantwortung ziehen, sondern entgegnete, er habe, da Ersterer ihm mit Sibas nicht entgegengekommen sei, diesem alle seine Güter geschenkt; doch wolle er ihm die Hälfte davon wieder zustellen und ihm Verzeihung gewähren. Memphibost aber erklärte: »Sibas mag alles für sich behalten; mir genügt es, dass du deine Königsherrschaft wiedererlangt hast.« 4. Den Galaditer Berzelaeus, einen vornehmen und freundlichen Mann, der ihm während seines Aufenthaltes bei Parembolai viel Gutes erwiesen und ihm bis zum Jordan das Geleit gegeben hatte, bat David, mit ihm nach Jerusalem zu ziehen, wo er ihm in seinem Alter eine ehrenvolle Behandlung
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zuteil werden lassen und für ihn wie für einen Vater sorgen wolle. Berzelaeus aber lehnt~ das Anerbieten ab, da er sich nach seinem alten Wohnsitz und nach den Seinigen sehne; auch sei er nicht mehr in dem Alter, in dem man an Vergnügungen Gefallen habe, da er schon das achtzigste Jahr erreicht habe. Vielmehr denke er nur noch an Tod und Grab, weshalb er den König bitte, er möge ihn, wenn er ihm etwas Gutes erweisen wolle, nach Hause ziehen lassen. Denn er habe als alter Mann keinen Sinn mehr für die Freuden der Tafel; auch sei er so schwerhörig, dass er Flöten- und andere Instrumentalmusik, an der die Umgebung eines Königs sich ergötze, nicht mehr zu würdigen verstehe. Da er nun so inständig bat, sagte der König: «So will ich dich denn ziehen lassen, doch überlasse mir dafür deinen Sohn Achiman, damit ich ihm deine Güte vergelten kann.« Darauf überließ Berzelaeus seinen Sohn dem Könige, verbeugte sich vor ihm, wünschte ihm alles Gute und kehrte nach Hause zurück. David aber kam alsdann nach Galgal~ und schon hatte er die Hälfte des gesamten Volkes und den Stamm Judas bei sich. 5. Zu Galgala kamen die Vornehmen des Landes mit einer großen Menge Volkes zu ihm und beklagten sich über den Stamm Judas, dass dieser heimlich sich zum Könige begeben habe, obgleich sie doch alle einmütig ihm hätten entgegenziehen sollen. Die Vorsteher des Stammes Judas baten sie indes, ihnen das nicht übel zu nehmen. Denn da sie des Königs Stammesgenossen seien, seien sie aus liebevoller Anhänglichkeit den anderen vorausgeeilt, nicht aber in der Hoffnung, Geschenke zu erhalten, sodass alle Übrigen deswegen keinen Grund zur Beschwerde hätten. Durch diese Worte ließen sich jedoch die Vorsteher der anderen Stämme nicht beschwichtigen, sondern entgegneten: »Wir finden es wunderlich, ihr Brüder, dass ihr den König euren alleinigen Verwandten nennt. Denn da Gott ihm die Herrschaft über uns alle verliehen hat, sind wir ihm doch auch wohl alle verwandt. Weil nun das ganze übrige Volk elf Teile, ihr aber nur einen Teil ausmacht, und wir zudem auch älter sind als ihr, so habt ihr Unrecht daran getan, heimlich und ohne unser Vorwissen den König zu empfangen.« 6. Als nun die Führer der Stämme in dieser Weise miteinander im Wqrtstreit lagen, stürzte sich ein gottloser und aufrührerischer Mensch mit Namen Sabaeus, der Sohn des Bochorias aus dem Stamme Benjamin, mitten unter das Volk und schrie mit lauter Stimme: »Niemand von uns hat teil an David, dem Sohne des Jesse!« Nach diesen Worten blies er in ein Horn und verkündete dem König den Krieg. Da fielen alle von David ab und folgten dem Sabaeus, und nur der Stamm Judas blieb dem Ersteren treu und führte
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ihn nach Jerusalem in den Königspalast. David aber ließ die Kebsweiber, mit denen sein Sohn Abesalom Unzucht getrieben hatte, in ein anderes Haus schaffen und gab Befehl, sie mit allem Notwendigen zu versehen; er selbst jedoch ging nicht mehr zu ihnen. Alsdann ernannte er den Amessas zum Oberbefehlshaber, gab ihm den Posten, den Joab innegehabt hatte, und befahl ihm, so viele 'fruppen als möglich aus dem Stamme Judas zusammenzubringen und nach drei Tagen sich wieder bei ihm einzufinden, damit er ihm den Oberbefehl über das ganze Heer übergeben und ihn gegen den Sohn des Bochorias ins Feld schicken könne. Als nun Amessas das Sammeln der 'fruppen in die Länge zog, und der König erfuhr, er sei nicht zur rechten Zeit eingetroffen, sprach er am dritten Tage zu Joab: »Es ist nicht geraten, dem Sabaeus so lange Frist zu geben, denn er könnte sonst leicht seine 'fruppen vermehren und uns dann noch mehr zu schaffen machen als Abesalom. Säume daher nicht, sondern nimm die jetzt zu Gebote stehenden Krieger und die Schar der Sechshundert samt deinem Bruder Abessa und suche den Feind auf. Sobald du dann auf ihn stößest, lieferst du ihm eine Schlacht. Beeile dich aber, ihm zuvorzukommen, damit er nicht die befestigten Städte in seine Gewalt bringt und uns harte Kämpfe verursacht.« 7. Joab nahm sich vor, nicht zu zögern, sondern hieß seinen Bruder, die Sechshundert und was in Jerusalem an brauchbarer Mannschaft war, ihm folgen und zog dem Sabaeus nach. Und als er nach Gabaon, einem vierzig Stadien von Jerusalem entfernten Dorfe, gekommen war, traf er den Amessas an der Spitze eines großen Heeres. Joab, der mit Schwert und Panzer bewaffnet war, ließ, als Amessas sich ihm zur Begrüßung näherte, sein Schwert absichtlich aus der Scheide fallen, bückte sich dann, um es aufzuheben und ergriff den nichts ahnenden Amessas, als wollte er ihn küssen, beim Barte; dann aber stieß er ihm plötzlich das Schwert in den Leib und tötete ihn. Diese schändliche und hinterlistige Tat beging Joab, weil er den guten, braven und ihm noch dazu verwandten Jüngling um die Feldherrnstelle, die ihm des Königs Gunst verliehen hatte, beneidete. Aus demselben Grunde hatte er früher auch den Abener getötet, wofür er wenigstens die scheinbare Entschuldigung hatte vorschützen können, er habe damit seinen Bruder Asael rächen wollen. Für den Mord des Amessas aber konnte er einen derartigen Vorwand nicht beibringen. Darauf setzte er dem Sabaeus nach und ließ einen Mann bei der Leiche des Amessas zurück, dem er befahl, vor dem ganzen Heere auszurufen, Amessas habe den Tod, den er erlitten, verdient; diejenigen aber, die dem Könige treu geblieben, sollten dem Joab, dem der Oberbefehl übertragen sei, und seinem Bruder Abessa
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folgen. Weil aber der Körper gerade am Wege lag, und die ganze Volksmenge sich zu ihm hindrängte und sich nach Art des Pöbels verwunderte, nahm ihn der Wachter von da fort, trug ihn auf einen abseits gelegenen Acker und deckte ihn mit einem Mantel zu. Hierauf folgten alle dem 10ab nach. Dieser suchte nun den Sabaeus im ganzen israelitischen Lande auf, bis er endlich erfuhr, er habe sich in die befestigte Stadt Abelmachea zurückgezogen. Deshalb zog er dorthin, belagerte die Stadt, umgab sie mit einem Walle und befahl seinen Kriegern, die Mauern zu untergraben und zu zerstören. Gegen die Bürger dieser Stadt hegte er übrigens noch einen besonderen Groll, weil sie ihn früher nicht aufgenommen hatten. 8. Es war aber in der Stadt eine rechtschaffene und kluge Frau, die, als sie ihre Vaterstadt in der höchsten Gefahr schweben sah, auf die Mauer stieg und den 10ab durch seine Krieger um eine Unterredung bitten ließ. Als nun 10ab zu ihr hingetreten war, begann sie folgendermaßen zu sprechen: »Gott hat die Könige und Heerführer eingesetzt, um die Feinde der Israeliten abzuwehren und den Frieden im Volke zu erhalten. Du aber unterstehst dich, eine der besten Städte der Israeliten, die nichts verbrochen hat, zu erobern und zu verwüsten.« 10ab entgegnete ihr, davor wolle ihn Gott gnädig behüten, denn er beabsichtige nicht, auch nur einen vom Volke umzubringen, geschweige denn eine so große Stadt zu zerstören. Sobald ihm vielmehr Sabaeus, des Bochorias Sohn, der sich gegen den König empört habe, zur Bestrafung ausgeliefert sei, werde er von der Belagerung Abstand nehmen und sein Heer zurückziehen. Hierauf bat die Frau den 10ab, er möge ein wenig verziehen, denn sogleich werde das Haupt des Aufrührers über die Mauer geworfen werden. Dann stieg sie zu den Bürgern hinab und sprach zu ihnen: »Wollt ihr schlechten Menschen denn samt euren Weibern und Kindern wegen dieses gottlosen und unbekannten Aufrührers eines elenden Todes sterben und ihn statt Davids, der euch so viele Wohltaten erwiesen hat, zum Könige ausrufen? Und glaubt ihr etwa, eine einzige Stadt könne einem so gewaltigen und mächtigen Heere Widerstand leisten?« Auf diese Vorstellungen hin hieben die Bürger dem Sabaeus den Kopf ab und warfen ihn den Kriegern 10abs zu. Alsdann ließ der Feldherr zum Rückzug blasen, hob die Belagerung auf, kehrte nach lerusalem zurück und wurde aufs Neue zum Oberbefehlshaber des ganzen Heeres ernannt. Den Banajas aber machte der König zum Befehlshaber der Leibwache und der Sechshundert, den Adoram zum Steuerdirektor, Sabathes und Achilaus zu Geheimkämmerern, den Susas zum Schreiber, Sadok und Abiathar wieder zu Hohepriestern.
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ZWÖLFTES KAPITEL Die Hebräer werden von einer Hungersnot heimgesucht. Davids Kriege gegen die Palästiner. Seine Helden. 294
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1. Als in der Folge eine Hungersnot das Land heimsuchte, flehte David zu Gott, er möge sich des Volkes erbarmen und ihnen die Ursache des Elendes und die Mittel zu seiner Abwehr kundtun. Die Propheten antworteten, Gott verlange, dass die Gabaoniter gerächt würden, die der König Saul hinterlistigerweise wider Recht und Gerechtigkeit umgebracht habe unter Verletzung des Eides, den einst der Feldherr Jesus und die Ältesten geschworen hätten. Wenn nun der König den Gabaonitern erlaube, nach Gutdünken ihre ermordeten Mitbürger zu rächen, so wollte Gott sich mit dem Volke wieder aussöhnen und es von der Hungersnot befreien. Als David so durch die Propheten den Willen Gottes kennen gelernt hatte, beschied er die Gabaoniter zu sich und fragte sie, was sie wünschten. Und da sie sieben Personen vom Geschlechte Sauls zur Bestrafung verlangten, übergab ihnen der König dieselben mit der Bedingung, dass sie den Memphibost, den Sohn des Jonathas, verschonten. Die Gabaoniter bestraften hierauf die Ausgelieferten nach ihrem Gutdünken. Alsdann ließ Gott sogleich regnen, befreite das Land von der Dürre und machte es fruchtbar, sodass das Gebiet der Hebräer wieder Überfluss an Lebensmitteln hatte. - Kurze Zeit darauf griff David die Palästiner an und schlug sie in die Flucht. Als nun der König bei der Verfolgung ermüdete und allein zurückblieb, sah ihn einer der Feinde Namens Akmon, der Sohn des Araphas, der aus einem Riesengeschlecht stammte. Er führte eine Lanze, deren Griff dreihundert Sekel wog, und trug einen Kettenpanzer und ein Schwert. Dieser wandte sich auf der Flucht um, drang auf David ein und gedachte ihn sicher zu töten, da der König vor Müdigkeit ganz erschöpft war. Abessa aber, Joabs Bruder, erschien plötzlich, beschirmte den zu Boden liegenden König und durchbohrte den Feind. Das Volk aber ward unwillig, als es hörte, in welcher Lebensgefahr David geschwebt habe, und die Vorsteher beschworen den König, er möge doch künftig nicht mehr mit in die Schlacht ziehen, damit nicht, wenn ihm bei seiner Tapferkeit und Kampfbegier etwas zustoße, das Volk der Wohltaten verlustig gehe, die er ihm erwiesen habe und in Zukunft noch erweisen würde. 2. Als der König nun gewahrte, dass die Palästiner bei der Stadt Gazara
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versammelt seien, schickte er ein Heer gegen sie. In diesem Kampfe zeichnete sich ganz besonders aus Sobakches der Chettäer, einer der tapfersten von Davids Kriegern; denn er tötete viele Feinde, die sich ihrer Abstammung von den Riesen rühmten und auf ihre Tapferkeit sich nicht wenig zugute taten, und verschaffte dadurch den Hebräern den Sieg. Nach dieser Niederlage aber begannen die Palästiner den Krieg aufs Neue, und David sandte wiederum ein Heer gegen sie aus. In diesem Feldzuge tat sich besonders hervor Nephanus, ein Verwandter des Königs. Er bestand nämlich einen Zweikampf mit dem tapfersten Streiter der Palästiner, tötete diesen und trieb die anderen in die Flucht, wobei viele umkamen. Kurz darauf schlugen die Palästiner ihr Lager bei Gitta auf, einer nicht weit von der Grenze des Hebräerlandes gelegenen Stadt. Sie hatten damals einen Kämpfer, der sechs Ellen groß war und mehr Finger und Zehen hatte als gewöhnliche Menschen. Mit diesem stritt Jonathas, der Sohn des Samas, tötete ihn, trug dadurch viel zum Siege der Hebräer bei und erwarb sich auf diese Weise großen Ruhm. Denn auch dieser Palästiner brüstete sich, von Riesen abzustammen. Von da an ließen die Palästiner die Israeliten in Frieden. 3. Als nun David nach allen diesen Kriegen und Gefahren sich des tiefsten Friedens erfreute, verfasste er zu Ehren Gottes Lieder und Gesänge von verschiedener Versart, sowohl dreigliederige als fünfgliederige. Auch ließ er eine Reihe von Musikinstrumenten anfertigen und lehrte die Leviten, wie sie darauf zum Lobe Gottes an Sabbaten und anderen Festtagen spielen und dazu singen sollten. Diese Instrumente waren folgendermaßen eingerichtet. Die Kinyra war mit zehn Saiten bespannt und wurde mit einem Stäbchen geschlagen (also eine Art Zither); die Nabla hatte zwölf Stimmen und wurde mit den Fingern gespielt (etwa eine Harfe); die Cymbeln endlich waren von Erz und groß und breit (S chlagb ecken). So viel möge über diese Sachen genügen, damit man sich wenigstens in etwa eine Vorstellung davon machen kann. 4. Alle Männer in der nächsten Umgebung des Königs waren von erprobter Tapferkeit. Unter ihnen aber waren wegen ihrer Heldentaten wieder ganz besonders berühmt achtunddreißig, von denen ich hier nur fünf erwähnen will, da man von ihnen auf die Tapferkeit der Übrigen einen Rückschluss machen kann. Sie besaßen eine solche Stärke, dass sie ganze Länder und Völkerschaften bekämpfen konnten. Da war zunächst Jessaemus, der Sohn des Achemaeus, der sich oft mitten in die feindlichen Schlachtreihen stürzte und nicht eher nachließ, als bis er neunhundert getötet hatte. Ferner Eleazar, der Sohn des Dodias, der mit dem Könige in Arasa war. Dieser
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hielt, als einst die Israeliten vor der Überzahl der Feinde wichen, allein stand und erlegte so viele Feinde, dass ihm vor lauter Blut das Schwert an der rechten Hand kleben blieb. Die Israeliten stiegen darauf, als sie die Palästiner fliehen sahen, von den Bergen herab, verfolgten sie und errangen einen glänzenden und wunderbaren Sieg, indern Eleazar unaufhörlich Feinde niedermachte, das Kriegsvolk aber ihm nachfolgte und die Erschlagenen plünderte. Der dritte war Kesabaeus, der Sohn des ilus. Dieser hielt in dem Treffen mit den Palästinern, welches bei dem »Kinnlade« genannten Orte stattfand, als die Hebräer aus Furcht vor der Übermacht flohen, allein aus und machte einen Teil der Feinde nieder, den anderen Teil aber verfolgte er, da sein ungestümer Andrang jeden Widerstand unmöglich machte. Das sind die Heldentaten dieser drei Männer, denen sich noch folgende anschließt. Als einst der König zu Jerusalern weilte und unerwartet ein Heer der Palästiner ins Land einfiel, stieg David, wie oben erwähnt, auf die Burg, um Gott wegen des Krieges zu befragen. Das Lager des Feindes aber stand in dem Tale, welches sich bis zur Stadt Bethlehem erstreckt, die zwanzig Stadien von Jerusalern entfernt liegt. Da sprach der König zu seiner Umgebung: »Wir haben doch so gutes Wissen in unserem Lande, besonders in dem Brunnen vor dem Tore von Bethleherri. Wenn jemand mir daraus Wasser brächte, würde er mir einen größeren Gefallen tun, als wenn er mir große Schätze gäbe.« Als jene drei Männer das vernahmen, brachen sie sogleich auf, drangen mitten durch das feindliche Lager, karnen nach Bethlehem, schöpften Wasser aus dem Brunnen und kehrten damit durch das Lager wieder zurück. Die Palästiner, erstaunt über solche Kühnheit, ließen sie gewähren und wagten nichts gegen sie zu unternehmen, obgleich die Wackeren in so kleiner Zahl waren. Als sie nun das Wasser gebracht hatten, wollte der König nicht davon trinken, weil es mit so großer Lebensgefahr geholt worden sei. Jedoch goss er es Gott zu Ehren aus und dankte ihm für die Errettung jener Männer aus der Lebensgefahr. Zu erwähnen ist dann viertens noch Abessa, der Bruder Joabs, der an einern Tage sechshundert Feinde erschlug, und als fünfter Banajas, aus priesterlichem Geschlecht, der von zwei berühmten Moabitern herausgefordert wurde, sie aber beide durch seine Tapferkeit überwand. Ein andermal forderte ihn ein Ägypter von ungeheurer Größe heraus, und obwohl Banajas unbewaffnet war, entwand er dem Ägypter seinen Speer und tötete ihn damit. An diese Heldentaten lässt. sich noch eine anreihen, die, wenn man die Kühnheit beachtet, mit der sie ausgeführt wurde, den anderen mindestens gleichzustellen ist. Als nämlich Gott der Erde Schnee gesandt hatte, stürzte zufällig
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ein Löwe in einen Brunnen, und da die Öffnung des Brunnens eng und mit Schnee bedeckt war, geriet der Löwe in Gefahr, umzukommen, und fing fürchterlich zu brüllen an. Banajas, der zufällig des Weges kam und das Tier schreien hörte, ging zu der Stelle, woher das Gebrüll kam, stieg in den Brunnen und tötete den Löwen mit einem Stocke, den er in der Hand trug. Ebensolche Helden waren auch die anderen dreiunddreißig.
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DREIZEHNTES KAPITEL Gott schickt als Strafe fur eine von David veranstaltete Volkszählung eine Krankheit, die der König durch Opfer wieder abwendet.
l. Der König David wollte nun wissen, wie zahlreich sein Volk sei, und uneingedenk der Vorschrift des Moyses, dass, wenn das Volk gezählt würde, für jeden Kopf ein halber Sekel dargebracht werden sollte, befahl er seinem Heerführer Joab, das Land zu bereisen und das gesamte Volk zu zählen. Dieser meinte zwar, eine solche Zählung sei unnötig, doch konnte er den König hiervon nicht überzeugen und erhielt den Befehl, ungesäumt abzureisen. Joab nahm daher die Vorsteher der Stämme sowie eine Anzahl Schreiber zu sich, durchzog das Land der Israeliten, zählte das Volk und kehrte nach Ablauf von neun Monaten und zwanzig Tagen nach Jerusalern zum Könige zurück, dem er die Zahl des ganzen Volkes angab, jedoch mit Ausnahme der Stämme Benjamin und Levis, die er noch nicht gezählt hatte. Den König aber reute jetzt die Zählung, weil er sich damit gegen Gott versündigt hatte. Es zählten aber die Israeliten neunhunderttausend kriegsdienstfähige Männer, von denen der Stamm Judas allein vierhunderttausend stellte. 2. Als nun die Seher dem David verkündeten, Gott zürne ihm gewaltig, bat er den Herrn kniefällig, er möge ihm gnädig sein und ihm seine Schuld verzeihen. Da sandte Gott den Seher Gad zu ihm und ließ ihn wählen, ob er in seinem Lande sieben Jahre lang Hungersnot haben wolle, oder ob er einen dreimonatlichen Krieg wünsche, oder endlich, ob er eine dreitägige Pest vorziehe, die im Volke wüten und es gleichsam mit Gott streiten lassen würde. David geriet in qualvolle Verlegenheit und Bestürzung, dass er unter so schweren Übeln eine Wahl treffen sollte. Als aber der Seher erklärte, es sei notwendig, dass er dies tue, und ihm befahl, sogleich Antwort zu geben;
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da er dieselbe Gott melden müsse, überlegte der König, dass, wenn er Hungersnot wähle, es scheinen könnte, als ob er das zum Nachteil seiner Untergebenen getan hätte, da er selbst einen großen Getreidevorrat besaß und also nicht in Verlegenheit kommen konnte, während das Volk schwer getroffen worden wäre. Würde er aber die dreimonatliche Kriegszeit wählen, so sei wohl der Vorwurf zu erwarten, er habe den Krieg gewählt, weil er selbst von tapferen Männern beschützt werde, feste Plätze zur Verfügung habe und somit nichts zu befürchten brauche. Er zog deshalb das Übel vor, das den König wie seine Untertanen in gleicher Weise heimsuchen würde, und vor dem alle die gleiche Angst haben müssten, und meinte, es sei besser, in Gottes Hände als in die der Feinde zu fallen. 3. Der Seher brachte diese Antwort des Königs zu Gott hin, der dann Pest und Tod über die Hebräer kommen ließ. Doch starben nicht alle in gleicher Weise, sodass es schwer war, die Krankheit zu erkennen. Das Übel war wohl dasselbe, aber es trat in verschiedenartigen Symptomen auf, sodass niemand dagegen Rat schaffen konnte. Einer erlag nach dem anderen, und die sich unbemerkt einschleichende Krankheit führte schnell zum Tode. Die einen gaben plötzlich unter heftigen, quälenden Schmerzen den Geist auf, andere magerten so entsetzlich ab, dass sie von der Krankheit fast ganz verzehrt wurden und sozusagen nichts von ihnen übrig blieb, was man hätte begraben können. Wieder anderen wurde es plötzlich finster vor den Augen, und unter heftigem Aufschreien erstickten sie. Einige auch, die ihre toten Hausgenossen bestatten wollten, starben dahin, noch ehe die Beerdigung zu Ende war. Als die Pest so von der Morgenfrühe bis zur Mittagszeit gewütet hatte, waren schon siebzigtausend Menschen dahingerafft. Hierauf streckte der Engel seine Hand über lerusalem aus, damit auch da das Übel seinen Einzug halte. Nun zog der König einen Sack an, warf sich zur Erde und bat und beschwor Gott, er möge doch der Pest Einhalt tun und sich an den schon Dahingerafften genügen lassen. Und da er seine Augen erhob und einen Engel erblickte, der mit gezücktem Schwerte über lerusalem schwebte, rief er zu Gott, er als der Hirt habe diese Strafe verdient, die Herden aber verdienten gerettet zu werden, da sie nichts verbrochen hätten. Dann bat er flehentlich, der Zorn Gottes möge ihn und sein Haus treffen, das Volk dagegen verschonen. 4. Da erhörte Gott sein Gebet und tat der Seuche Einhalt, schickte aber zugleich den Seher Gad zu ihm und ließ ihm befehlen, er solle alsbald zur Tenne des lebusäers Oronnas emporsteigen, dort einen Altar erbauen und Gott opfern. Sobald David den Befehl erhalten, eilte er sogleich an den be-
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zeichneten Ort. Oronnas, der gerade mit Dreschen beschäftigt war, ging, als er den König mit allen seinen Söhnen auf sich zukommen sah, ihm entgegen. Er war seiner Abstammung nach lebusäer und Davids guter Freund, weshalb dieser ihm auch nach der Zerstörung der Stadt kein Leid antat, wie ich oben erzählt habe. Als nun Oronnas fragte, weshalb der Herr zu seinem Knechte komme, antwortete David, er wolle ihm die Tenne abkaufen, um darauf einen Altar zu errichten und Gott Opfer darzubringen. Oronnas aber sagte, er wolle ihm Tenne, Pflug und Ochsen zum Brandopfer überlassen, wenn es Gott nur gefalle, das Opfer anzunehmen. Der König entgegnete ihm, er liebe ihn wegen seiner hochherzigen und frommen Gesinnung und sage ihm Dank für sein Anerbieten; doch bat er ihn, ihm das alles für einen bestimmten Preis zu verkaufen, denn es gezieme sich nicht, Opfer ohne besondere Auslagen darzubringen. Als Oronnas dann bemerkte, er sei mit allem zufrieden, kaufte ihm der König die Tenne für fünfzig Sekel ab, erbaute einen Altar darauf und brachte Brand- und Friedopfer dar, wodurch Gott versöhnt wurde und seine Huld ihm wieder zuwandte. Es traf sich aber, dass das gerade dieselbe Stelle war, an die einst Abram seinen Sohn Isak geführt hatte, um ihn Gott zu opfern, und wo ihm, als er sich zur Tötung des Knaben anschickte, plötzlich der Widder erschien, den er dann statt seines Sohnes opferte, wie ich früher ausführlich berichtet habe. Da nun David sah, dass Gott sein Gebet erhört und sein Opfer wohlgefallig angenommen hatte, beschloss er, diesen Ort »Altar des ganzen Volkes« zu nennen und Gott daselbst einen Tempel zu erbauen. Diesen Namen legte er aber dem Orte mit Rücksicht auf dessen zukünftige Bestimmung bei. Denn Gott verkündigte ihm durch einen Seher, sein Sohn, der ihm in der Regierung folgen solle, werde an dieser Stelle einen Tempel erbauen.
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VIERZEHNTES KAPITEL David trifft Vorbereitungen zum Tempelbau. Fruchdoser Versuch des Adonias, sich zum König aufzuwerfen. Solomon wird als König anerkannt.
1. Nachdem dem Könige die Prophezeiung verkündigt worden war, ließ er die Anwohner abzählen, deren sich hundertachtzigtausend vorfanden. Von diesen bestimmte er achtzigtausend Mann zu Steinmetzen, den Rest
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aber zum Zusammentragen von Steinen, und dreitausendfünfhundert Aufseher setzte er über die Arbeiter. Auch sammelte er zu dem Werke eine große Menge Eisen und Erz sowie einen großen Vorrat erstaunlich hoch gewachsener Zedern, welche die rryrier und Sidonier ihm geschickt hatten. Denn er hatte sie brieflich gebeten, ihm das Holz zu liefern. Seinen Freunden teilte er mit, er treffe diese Vorbereitungen, um seinem Sohn und Nachfolger das Material zum Tempelbau bereits angesammelt hinterlassen zu können. Dann brauche dieser, da er noch jung sei und wenig Erfahrung in Betreff dieser Angelegenheit habe, dasselbe nicht erst zu sammeln und könne das Werk rascher vollenden. 2. Hierauf ließ David seinen Sohn Solomon rufen und trug ihm auf, Gott einen Tempel zu bauen, sobald er zur Regierung gelangt sei. Er selbst, sagte er, habe das schon vorgehabt, doch habe Gott ihn daran verhindert, weil er von dem im Kriege vergossenen Blut verunreinigt sei. Aber er habe ihm verkündigt, sein jüngster Sohn Solomon werde ihm den Tempel erbauen; für ihn werde er wie ein Vater sorgen und unter seiner Regierung dem Lande der Hebräer Glück und Wohlstand und, was das Wichtigste von allem sei, Frieden und Ruhe vor inneren wie äußeren Feinden gewähren. »Du aber«, sprach er weiter, »den Gott schon vor der Geburt zum König bestimmt hat, gib dir alle Mühe, dass· du dich seiner Fürsorge würdig zeigest, Frömmigkeit, Gerechtigkeit und Seelengröße beweisest und seine Gebote wie auch die von Moyses gegebenen Gesetze sowohl selbst treu beobachtest, als auch andere sie nicht übertreten lässt. Sorge auch auf jede erdenkliche Weise dafür, dass der Tempel, den Gott unter deiner Regierung errichtet wissen will, vollendet werde, und lass dich weder durch die Größe noch durch die Schwierigkeit der Ausführung des Werkes abschrecken. Denn ich werde dir vor meinem Tode noch alles dazu Notwendige beschaffen. Wisse, dass ich schon zehntausend Talente Gold und hunderttausend Talente Silber gesammelt habe. Auch eine Masse Eisen und Erz, Steine und Holz habe ich zusammengebracht. Ferner stehen dir Tausende von Steinmetzen zur Verfügung, und wenn dir noch etwas fehlen sollte, kannst du es leicht ergänzen. Vollendest du das Werk, so wirst du Gott wohlgefallig sein und dich seines Schutzes erfreuen.« Hierauf ermahnte David auch die Vorsteher des Volkes, seinen Sohn beim Bau zu unterstützen und, frei von jeder Drangsal, dem Gottesdienst eifrig obzuliegen. Dafür würden sie langen Friedens und einer glücklichen Regierung sich erfreuen, wie Gott sie frommen und gerechten Menschen zu verleihen pflege. Wenn aber der Tempel vollendet sei, sollten sie die Lade und die heiligen Geräte darin aufstellen, für die schon
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lange ein Tempel hätte da sein müssen. Das wäre auch sicher geschehen, wenn unsere Vorfahren nicht die Gebote Gottes missachtet hätten, der befohlen habe, ihm einen Tempel zu errichten, sobald sie das Land in Besitz genommen hätten. Solche Ermahnungen richtete David an die Vorsteher und an seinen Sohn. 3. Da nun David schon hochbetagt und sein Körper so kalt war, dass man ihn selbst mit vielen Kleidern nicht erwärmen konnte, schlugen die Ärzte nach gepflogener Beratung vor, man solle eine besonders schöne Jungfrau im Lande suchen und sie beim Könige schlafen lassen; das sei das beste Mittel gegen die Kälte, weil das Mädchen ihn wärmen werde. Man fand dann in der Stadt ein hervorragend schönes Weib mit Namen Abisake, welche nun beim Könige ruhte und ihn erwärmte; jedoch vollzog er mit ihr nicht den Beischlaf, da er hierzu seines Alters wegen zu schwach war. Von dieser Jungfrau wird noch weiter unten die Rede sein. 4. Adonias aber, der vierte Sohn des David, der von der Aegitha geboren war, ein schöner und stolzer Jüngling und an Gesinnung dem Abesalom gleich, trug sich mit der Hoffnung, König zu werden, und sagte seinen Freunden, er müsse die Herrschaft innehaben. Er verschaffte sich dann eine große Anzahl Wagen und Pferde, sowie fünfzig Vorläufer. Obgleich nun sein Vater dies bemerkte, tadelte er ihn weder deshalb, noch fragte er ihn überhaupt nach dem Zwecke seines Beginnens. Auf Seiten des Adonias standen der Feldherr Joab und der Hohepriester Abiathar, wider ihn waren der Hohepriester Sadok, der Seher Nathan, Banajas, der Befehlshaber der Leibwache Semeis, Davids Freund, sowie die Schar der Tapferen. Adonias ließ nun außerhalb der Stadt bei einer im königlichen Garten befindlichen Quelle ein Gastmal herrichten und lud dazu alle seine Brüder mit Ausnahme des Solomon, sowie den Feldherrn Joab, den Abiathar und die Vorsteher des Stammes Judas ein, die denn auch alle erschienen. Den Hohepriester Sadok dagegen, den Seher Nathan, den Befehlshaber Banajas sowie alle, die zu der anderen Partei hielten, hatte er nicht eingeladen. Darauf teilte Nathan der Beersabe, der Mutter Solomons, mit, dass Adonias sich aufführe, als sei er schon König, ohne dass David darum wisse. Dann riet er ihr, sie solle sich zu ihrem und ihres Sohnes Solomon Besten allein zu David begeben und ihn davon in Kenntnis setzen, dass, obwohl er eidlich versichert habe, Solomon werde sein Nachfolger, dennoch Adonias bereits zur Herrschaft gelangt sei. Wahrend sie dies mit dem Könige bespreche, werde er auch selbst sich dort einfinden und ihre Worte bestätigen. Beersabe folgte dem Rate Nathans und begab sich zum Könige; und als sie sich verneigt
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und die Erlaubnis zu sprechen erhalten hatte, erzählte sie alles so, wie der Seher es ihr angeraten hatte, wie nämlich Adonias ein Gastmal gegeben und dazu den Feldherrn Joab, den Hohepriester Abiathar und die Söhne und Freunde des Königs mit Ausnahme Solomons eingeladen habe. Dann wies sie darauf hin, wie das ganze Volk gespannt sei, wen er zum Könige bestimmt habe, und bat ihn flehentlich, doch erwägen zu wollen, dass Adonias, wenn er nach seinem Tode zur Regierung gekommen sei, sie selbst und ihren Sohn Solomon umbringen lassen werde. 5. Während das Weib diese Unterredung mit dem Könige hatte, meldeten die königlichen Kämmerer dem David, dass Nathan ihn sprechen wolle. Und da der König ihn vorzulassen befahl trat Nathan ein und fragte ihn, ob er heute den Adonias zum Könige ernannt und ihm die Regierung übertragen habe. Denn dieser habe ein glänzendes Mahl gegeben und alle Söhne des Königs mit Ausnahme Solomons und den Feldherrn Joab dazu eingeladen, die augenblicklich unter fröhlichem Jauchzen und Scherzen beim Mahle säßen und ihm eine lange Regierung wünschten. Doch habe er ihn, den Hohepriester Sadok und Befehlshaber der Leibwache, Banajas, nicht eingeladen. Es gezieme sich aber, dass allgemein bekannt werde, ob das alles mit Davids Einwilligung vor sich gehe. Nachdem Nathan also gesprochen, ließ der König die Beersabe, die bei der Ankunft des Sehers den Saal verlassen hatte, wieder rufen und sprach zu ihr, als sie vor ihm stand: »Ich schwöre bei Gott, dem Allerhöchsten, dass dein Sohn Solomon bestimmt zur Regierung kommen wird, wie ich dies auch schon geschworen habe, und dass er noch heute auf meinem Throne sitzen soll.« Das Weib verbeugte sich darauf vor dem König und wünschte ihm ein langes Leben; David aber ließ den Hohepriester Sadok und den Befehlshaber der Leibwache, Banajas, rufen und befahl ihnen, sie sollten unter Geleit des Sehers Nathan und aller Krieger, die sich augenblicklich bei Hofe befanden, seinen Sohn Solomon auf ein königliches Maultier setzen, ihn vor die Stadt zur Quelle Geon fuhren, ihn dort mit heiligem Öl salben und ihn zum Könige ausrufen. Die letztere Verrichtung trug er dem Hohepriester Sadok und dem Seher Nathan auf; die Übrigen dagegen sollten den Solomon mitten durch die Stadt geleiten und unter Hörne~schall ausrufen: »Lang lebe der König Solomon!« Dann werde es dem Volke kund werden, dass sein Vater ihn zum Könige ernannt habe. Dem Solomon aber gab er Weisungen in Betreff seiner Regierung und legte ihm ans Herz, dem Volke der Hebräer und dem Stamme Judas ein milder und gerechter Herrscher zu werden. Banajas sprach darauf den Glückwunsch aus und rief Gottes Segen über Solomon
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herab. Alsdann setzte man ihn auf ein Maultier, geleitete ihn aus der Stadt zu der Quelle, salbte ihn mit Öl, führte ihn unter Glückwunschbezeugungen wieder zur Stadt und in den königlichen Palast zurück und setzte ihn auf den Thron seines Vaters. Dann beging das Volk den Tag festlich mit Freudenmahlen und ergötzte sich an Musik und Tanz, sodass vom Schalle der Instrumente Erde und Himmel ringsum erdröhnten. 6. Da aber Adonias und seine Gäste das Jauchzen vernahmen, gerieten sie ,in Bestürzung, und der' Feldherr Joab erklärte gleich, dieses fröhliche Musizieren gefalle ihm nicht. Sobald nun das Mahl angerichtet war und niemand davon kosten wollte, vielmehr alle in tiefem Sinnen dasaßen, kam auf einmal Jonathas, der Sohn des Hohepriesters Abiathar, daher. Adonias sah den Jüngling gern und nannte ihn den Bringer froher Botschaft. Als dieser aber erzählte, was sich mit Solomon nach Davids Willen zugetragen hatte, standen Adonias und seine Gäste eiligst vom Mahle auf und flohen nach Hause. Adonias, der wegen seines Vergehens in großer Angst war, wandte sich flehentlich zu Gott, indem er die vorstehenden Hörner des Altars ergriff. Als Solomon vernahm, dass Adonias zu Gott gefleht habe und ihn bitten lasse, er möge das Vorgefallene vergessen und ihm kein Leid zufügen, gewährte er ihm in seiner Milde und Güte Verzeihung und Straflosigkeit, ermahnte ihn aber auch, dass er, wofern er künftig wieder über solchen Anschlägen ertappt würde, zur gebührenden Strafe werde gezogen werden. Darauf ließ er ihn aus seiner gebeugten Stellung aufrichten und hieß ihn, nachdem Adonias ihm die schuldige Ehrenbezeugung erwiesen, ohne Furcht nach Hause gehen, nachdem er ihm noch besonders eingeschärft hatte, in Zukunft sich gut zu führen, was ihm nur von Vorteil sein könne. 7. Weil nun David die Absicht hatte, seinen Sohn zum Könige des gesamten Volkes ausrufen zu lassen, berief er nach Jerusalern alle Vorsteher nebst den Priestern und Leviten, bei deren Zählung sich achtunddreißigtausend Mann ergaben, die im Alter von dreißig bis fünfzig Jahren standen. Von diesen bestimmte der König dreiundzwanzigtausend zu Aufsehern beim Tempelbau, sechstausend zu Richtern und Schreibern, vieltausend zu Pförtnern am Hause Gottes und ebenso viele zu Chorsängern und zum Spielen der Musikinstrumente beim Gottesdienst. Alsdann teilte er sie in Familien ein, sonderte die Priester von den übrigen Stämmen ab und fand . von ihnen vierundzwanzig Familien vor, sechzehn aus dem Hause Eleazars und acht aus dem Hause Ithamars. Nach seiner Anordnung sollte eine Familie jedes Mal acht Tage lang, von Sabbat zu Sabbat, den Gottesdienst versehen; Alle Familien warfen dann in Gegenwart Davids, der Hohepriester Sa-
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dok und Abiathar und aller Vorsteher das Los, und die Familie, deren Los zuerst heraussprang, wurde auch zuerst notiert, hierauf so weiter bis zur vierundzwanzigsten Familie. Diese Einteilung hat sich bis heute erhalten. Ebenso teilte er den Stamm Levis in vierundzwanzig Klassen ein und übertrug ihnen durch das Los, wie den Priestern, ihren achttägigen Dienst. Eine besondere Ehrung ließ er den Nachkommen des Moyses zuteil werden. Er machte sie nämlich zu Wächtern über den Schatz Gottes und die Weihgeschenke, die von Königen dargebracht waren. Dann ordnete er noch an, dass alle Leviten und Priester Tag und Nacht beständig Gottesdienst halten sollten, wie Moyses ihnen dies schon vorgeschrieben hatte. 8. Hierauf teilte er auch das Heer in zwölf Abteilungen und setzte über die einzelnen Abteilungen Anführer, Haupdeute und Oberste. Jede Abteilung zählte vierundzwanzigtausend Mann, die mit ihren Haupdeuten und Obersten je dreißig Tage lang, vom ersten bis zum letzten Tage des Monats, beim Könige Solomon Dienst tun sollten. Ferner setzte er noch über jede Abteilung besonders gute und gerechte Männer und ernannte auch Zahlmeister, Dorf- und Landverwalter sowie Beamte für das Viehzuchtwesen, die einzeln aufzuführen ich nicht für notwendig halte. 9. Nachdem er so alles bis ins kleinste angeordnet hatte, versammelte er die Behörden der Hebräer, die Stammeshäupter, Heerführer und alle, die königliche oder sonstige Ämter innehatten, betrat eine erhöhte Rednerbühne und sprach also zum Volke: »Brüder und Volksgenossen, ich will euch nicht in Unkenntnis darüber lassen, dass ich vorhatte, Gott einen Tempel zu erbauen, und dass ich dazu bereits eine Menge Gold und hunderttausend Talente Silber gesammelt habe. Gott aber hat mir durch den Seher Nathan den Bau untersagt, da ich viele Kriege für euch geführt und meine Hände mit Feindesblut befleckt habe. Der Herr wollte vielmehr, dass mein Sohn und Nachfolger den Tempel errichten sollte. Da ihr nun wisst, dass Judas allein von den zwölf Söhnen unseres Vorfahren Jakob zum Könige bestimmt war und dass ich meinen sechs übrigen Brüdern vorgezogen worden bin und von Gott die Königswürde erhalten habe, ohne dass einer von ihnen darüber unzufrieden war, so bitte und beschwöre ich auch meine Söhne, keinen Aufstand deshalb zu erregen, weil Solomon die Herrschaft erhielt, vielmehr anzuerkennen, dass Gott ihn erwählt hat, und ihn demgemäß bereitwillig als ihren Herrn zu betrachten. Denn es ist nicht schwer, wenn Gott es so will, selbst einem fremden Herrn zu dienen; um wie Viel mehr muss man sich Glück wünschen, wenn der eigene Bruder eine so hohe Stellung erlangt, da man dann ja an seinem Glücke teilnimmt. Ich für
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meine Person wünsche, dass Gottes Verheißungen sich ertüllen, und dass das Glück, welches Gott unter der Regierung Solomons dem Lande verleihen will, sich überall ausdehnen und ewig dauern möge. Alles aber wird sich so gestalten und einen glücklichen Ausgang nehmen, wenn du, mein Sohn, dich fromm und gerecht erweisest und die heimischen Gesetze schützest und verteidigst. Handelst du ihnen aber entgegen, so hast du nur Unheil zu erwarten.« 10. Mit diesen Worten schloss der König seine Rede. Dann übergab er vor aller Augen dem Solomon den Plan zum Tempelbau, der das Fundament, die Zahl, Höhe und Breite der oberen und unteren Gemächer, weiterhin auch das Gewicht der goldenen und silbernen Geräte enthielt. Ferner ermahnte er ihn, auf das Werk die größte Sorgfalt zu verwenden; die Vorsteher aber und den Stamm Levis bat er, sie möchten seinem Sohne, da er noch jung sei, hilfreich zur Hand gehen, zumal Gott selbst ihn zum Tempelbau und zur Regierung ausersehen habe. Dann zeigte er ihnen" dass der Bau nicht allzu schwierig und mühsam sein werde, da er schon viele Talente Gold und Silber, ferner Bauholz sowie eine Menge Smaragde und sonstige kostbare Steine aller Art zusammengebracht und außerdem auch schon für eine hinreichende Anzahl von Steinmetzen gesorgt habe. Dazu werde er aus seinen königlichen Einkünften zweihundert und außerdem noch dreitausend Talente reinen Goldes zum Heiligtum sowie zum Wagen Gottes die Cherubim, die auf der heiligen Lade angebracht würden und diese bedeckten, spenden. Als nun David seine Rede beendet hatte, steuerten die Stammesoberhäupter, Priester und Leviten mit großer Bereitwilligkeit und reichlich zum Tempelbau bei und versprachen noch viele und kostbare Gaben für später. Sie verpflichteten sich nämlich noch zu liefern: fünftausend Talente und zehntausend Stater* Gold, zehntausend Talente Silber und viele tausend Talente Eisen. Und wenn jemand einen kostbaren Stein besaß, so brachte er ihn und legte ihn zum Schatze, dessen Hut dem lalus, einem Nachkommen des Moyses, anvertraut war. 11. Hierüber freute sich das ganze Volk, und da David sah, wie die Vorsteher, die Priester und alle anderen in regem Wetteifer zum Werke beitrugen, fing er an, mit lauter Stimme Gott zu loben, und nannte ihn den Vater und Schöpfer der ganzen Welt und den Vollbringer aller göttlichen und menschlichen Werke, der ihm die Regierung über die Hebräer und die Fürsorge für dieselben und das ihm anvertraute Königreich übertragen habe. :I;
1 Stater = 8,00 bis 8,60 Euro.
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Dann wünschte er dem gesamten Volke alles Gute und seinem Sohne Solomon einen redlichen, unbefleckten und mit allen 'lUgenden ausgestatteten Sinn. Darauf hieß er das Volk in seine Lobgesänge einstimmen. Und alles fiel zur Erde nieder, betete Gott an und dankte dem David fur die Wohltaten, die er während seiner Regierung dem Volke erwiesen hatte. Am folgenden Tage opferte man Gott tausend Kälber, eben so viele Widder und Lämmer als Brandopfer und Tausende von Tieren als Friedopfer, und der König wie das Volk vergnügten sich bei festlichen Schmausereien. Solomon aber wurde aufs Neue mit Öl gesalbt und zum Könige erwählt, und Sadok zum Priester fur das ganze Volk bestimmt. Dann fuhrte das Volk den Solomon zum Königspalaste, setzte ihn auf den Thron seines Vaters und gehorchte ihm seit diesem Tage willig.
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l. Als nicht lange danach David aus Altersschwäche in eine Krankheit fiel und seinen Tod herannahen fuhlte, beschied er den Solomon zu sich und sprach also zu ihm: »Ich stehe jetzt im Begriff, mein Sohn, von der Welt zu scheiden und zu meinen Vatern zu gehen, und betrete jenen Weg, den alle betreten müssen, die jetzt leben und die nach mir sein werden, und auf dem niemand zurückkehren kann, um sich nach den Vorfällen dieses Lebens zu erkundigen. Da ich nun noch am Leben bin, mein Tod aber nahe bevorsteht, erinnere ich dich noch einmal an das, was ich dir schon früher gesagt habe, dass du nämlich gerecht seiest gegen deine Untertanen und treu gegen Gott, der dir die Herrschaft verliehen hat, und dass du seine Gebote und Gesetze, die er uns durch Moyses gegeben, nicht übertretest, möge dich dazu nun Menschenfurcht, Schmeichelei oder irgend eine andere Begierde oder Leidenschaft verlocken. Denn wenn du Gottes Gebote nicht hältst, entfremdest du dir auch seine Güte und Fürsorge. Wenn du dich aber so beträgst, wie es sich geziemt und ich von dir verlange, so wird die Königswürde bei unserer Familie verbleiben, und kein anderes Haus wie das unsere fur alle Zeit über die Hebräer herrschen. Gedenke auch der Bosheit des Feldherrn Joab, der aus schnödem Neid zwei gute und gerechte Heerführer, Abener, den Sohn des Nerus, und Amessas, den Sohn des Jethranas,
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umgebracht hat. Räche deren Tod nach deinem Gutdünken, denn da Joab mir zu mächtig war, habe ich ihn nicht zur Verantwortung ziehen können. Ich empfehle dir besonders die Kinder des Galaditers Berzelaeus, denen du um meinetwillen alle Ehre und Fürsorge erzeigen sollst. Denn so vergelten wir ihnen die Wohltaten, die ihr Vater mir erwiesen hat, als ich flüchtig war. Den Benjamiter Semel aber, den Sohn des Geras, der mich auf der Flucht nach Parembolai schmähte und nachher mir bis zum Jordan entgegenzog, wo ich ihm das Leben schenkte, bestrafe, sobald sich ein gerechter Grund dafür findet. 2. Als David seinem Sohne dies alles in Betreff der Regierung sowie hinsichtlich seiner Freunde und Feinde auseinander gesetzt hatte, schied er aus dem Leben im Alter von siebzig Jahren, nachdem er zu Chebron über den Stamm Judas sieben Jahre und sechs Monate und zu Jerusalem über das ganze Land dreiunddreißig Jahre lang geherrscht hatte. Er war ein vortrefflicher Mann und mit allen 'fugenden ausgestattet, die ein König besitzen muss, dem das Wohl eines so großen Volkes anvertraut ist. Denn er übertraf alle anderen an Tapferkeit, und wenn er Kriege für sein Volk führte, setzte er sich stets zuerst den Gefahren aus und feuerte seine Krieger durch Ausdauer in Beschwerden und durch heldenmütiges Kämpfen zur Vollbringung glänzender Kriegstaten an, nicht aber durch Befehlen, wie es die Art der Herren ist. Zugleich durchdrang er mit scharfem Blick die gegenwärtigen wie die zukünftigen Verhältnisse und war bescheiden, mild und gütig gegen Unglückliche, gerecht und menschenfreundlich gegen alle. So besaß er alle Eigenschaften, die einen König zieren, und missbrauchte nie seine Gewalt, mit alleiniger Ausnahme des Vergehens mit dem Weibe des Urias. Außerdem hinterließ er einen so gewaltigen Reichtum, wie ihn nie ein anderer König der Hebräer sowohl wie der übrigen Völkerschaften hinterlassen hat. 3. Sein Sohn Solomon bestattete ihn zu Jerusalem mit großem Gepränge und legte außerdem, dass er die anderen Gebräuche beobachtete, welche bei der Bestattung von Königen üblich sind, auch noch ungeheure Schätze in das Grab, deren Größe man aus folgenden Tatsachen leicht ermessen kann. Als dreizehnhundert Jahre später der Hohepriester Hyrkanus von Antiochus, der den Beinamen Eusebes hatte und ein Sohn des Demetrius war, belagert wurde und ihn durch Zahlung einer Geldsumme veranlassen wollte, von der Belagerung abzustehen und sein Heer zurückzuziehen, öffnete er, da ihm sonst keine Mittel zur Verfügung standen, eine Kammer von Davids Grabdenkmal, nahm dreitausend Talente heraus und gab einen Teil
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davon dem Antiochus, wodurch er sich von der Belagerung loskaufte, wie ich an anderer Stelle berichtet habe. Nach ihm öffnete viele Jahre später der König Herodes eine andere Kammer des Grabes und entnahm ihr große Schätze. Zu den Behältern aber, welche die Überreste der Könige enthielten, gelangte keiner von beiden; denn diese waren so geschickt in der Erde verborgen, dass man, wenn man in das Grabmal eintrat, nichts davon gewahr wurde. So viel möge hierüber für jetzt genügen.
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ERSTES KAPITEL Wie Solomon die Regierung antrat und seine Feinde tötete.
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1. Im vorhergehenden Buche habe ich erzählt von David und seinen Tugenden, wie viel Gutes er seinen Volksgenossen erwies, welche glänzenden Kriegstaten er vollbrachte und wie er danach in hohem Alter starb. Sein Sohn Solomon, den er noch bei Lebzeiten nach dem Willen Gottes zum Herrscher des Volkes gemacht hatte, war noch jung, als er zur Regierung kam. Bei seiner Thronbesteigung wünschte ihm das gesamte Volk, wie das beim Regierungsantritt eines neuen Königs zu geschehen pflegt, alles Glück, eine gesegnete Regierung und ein langes Leben. 2. Adonias aber, der schon bei Lebzeiten seines Vaters nach der Herrschaft gestrebt hatte, begab sich jetzt zu Beersabe, grüßte sie ehrerbietig und stellte ihr auf die Frage, was er von ihr begehre, und nachdem sie sich bereit erklärt, ihm seinen Wunsch zu erfüllen, Folgendes vor. Sie wisse doch wohl, dass seinem Alter gemäß und nach dem Willen des Volkes die Regierung eigentlich ihm zukomme. Da dieselbe aber nach Gottes Willen an ihren Sohn Solomon übergegangen sei, so wolle er sich ihm gern unterordnen und den gegenwärtigen Zustand der Dinge anerkennen. Er bitte sie nur, sich bei seinem Bruder dafür zu verwenden, dass er ihm die Abisake, die bei seinem Vater geschlafen habe, zur Ehe gebe. Der Vater habe ja seines hohen Alters wegen keinen vertraulichen Umgang mit ihr gehabt, sodass sie noch Jungfrau sei. Beersabe versprach, sich um die Heirat Mühe zu geben; der König werde auch gewiss gern seinem Bruder den Gefallen tun, zumal wenn sie ihn darum bäte. Adonias entfernte sich darauf voll Hoffnung auf das Zustandekommen der ehelichen Verbindung, Solomons Mutter aber begab sich geradeswegs zu ihrem Sohne, um mit ihm über die Angelegenheit zu sprechen. Ihr Sohn kam ihr entgegen, umarmte sie liebevoll, führte sie in den Saal, wo der Königsthron stand, setzte sich darauf und ließ seiner Mutter einen Platz zu seiner Rechten anweisen. Als Beersabe sich gesetzt hatte, sprach sie: »Gewähre mir das eine, um das ich dich bitte, und kränke mich nicht durch eine Weigerung.« Solomon bat sie, über ihn
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zu verfügen, da es ihm wohl anstehe, seiner Mutter nichts abzuschlagen. Ja, er tadelte sie sogar, dass sie nicht mit voller Zuversicht auf Erfüllung ihrer Bitte zu ihm rede, sondern überhaupt habe befürchten können, er würde ihr dieselbe verweigern. Darauf bat sie ihn denn, er möge die Jungfrau Abisake seinem Bruder Adonias zur Ehe geben. 3. Der König aber geriet über dieses Ansinnen in heftigen Zorn und entließ seine Mutter, indem er ihr bemerkte, Adonias rühre andere Dinge im Schilde, und er wundere sich, dass sie nicht verlange, er solle ihm als dem älteren auch noch die Herrschaft abtreten, zumal er so mächtige Freunde wie den Feldherrn Joab und den Hohepriester Abiathar habe. Und sogleich beschied er den Befehlshaber der Leibwache, Banajas, zu sich und trug ihm auf, seinen Bruder Adonias umzubringen. Dann ließ er den Hohepriester Abiathar kommen und sprach zu ihm: »Vom Tode zwar retten dich die Mühsale, die du mit meinem Vater erduldet, und die heilige Lade, die du in Gemeinschaft mit ihm nach Jerusalem überführt hast. Weil du aber ein eifriger Anhänger des Adonias bist, so bestrafe ich dich damit, dass du dich hier nicht mehr aufhalten, noch mir unter die Augen kommen darfst, sondern du sollst dich in deine Heimat begeben, dich ländlicher Arbeit widmen und dieses Leben bis zu deinem Tode führen: denn in deinem Amte kannst du länger nicht bleiben.« Um dieser Ursache willen verlor das Haus Ithamara die Hohepriesterwürde, wie Gott dem Eli, dem Großvater Abiathars, vorhergesagt hatte, und es ging dieselbe an Sadok aus dem Geschlechte des Phinees über. Bis zu der Zeit aber, da die hohepriesterliche Würde an Ithamars Haus gelangte und bei ihm verblieb, lebten aus dem Geschlechte des Phinees folgende Männer ohne die Priesterwürde: Bokkias, der Sohn des Hohepriesters Joseph, dann des Bokkias Sohn Joatham, des Joatham Sohn Maraioth, dessen Sohn Arophaeus und des Arophaeus Sohn Achitob. Des Achitob Sohn aber war Sadok, der unter Davids Regierung Hohepriester wurde. 4. Als der Feldherr Joab den Tod des Adonias erfuhr, geriet er in große Angst, denn er war ihm wohlgesinnter als dem Könige Solomon. Und da er argwöhnte, es möchte auch ihm diese Gesinnung Gefahr bringen, floh er zum Altar in der Meinung, er werde dort wegen des Königs Frömmigkeit in Sicherheit sein. Sobald aber dem Könige Joabs Absicht gemeldet worden war, schickte er den Banajas zu ihm und befahl diesem, ihn vom Altare wegzuführen, damit er vor Gericht seine Sache vertrete. Joab jedoch erklärte, er werde das Heiligtum nicht verlassen und wolle lieber hier als irgendwo anders sterben. Als Banajas diese Antwort Joabs dem Könige meldete, be-
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fahl ihm Solomon, dem Joab seinem Verlangen gemäß dort das Haupt abzuschlagen und ihn so für die Ermordung der beiden Feldherrn zu bestrafen. Den Körper solle er dann bestatten lassen. Auf diese Weise werde die Schuld an seinem ganzen Geschlechte haften, während der König sel?st und sein Vater für den Tod Joabs nicht verantwortlich gemacht werden könnten. Banajas vollzog diesen Befehl und wurde dann selbst zum Oberfeldherrn ernannt; Sadok aber ward alleiniger Hohepriester, nachdem Abiathar dieser Wurde verlustig erklärt war. 5. Darauf ließ der König auch den Semel rufen und befahl ihm, sich zu Jerusalern ein Haus zu bauen, dort beständig zu wohnen und den Bach Kedron nicht zu überschreiten. Falls er diesem Befehl nicht Folge leiste, werde er mit dem Tode bestraft werden. Er bedrohte ihn aber nicht nur, sondern zwang ihn auch, sich unter einem Eid zur Beachtung der Vorschrift zu verpflichten. Semel versprach denn auch unter einem Schwur, den Befehl streng zu befolgen, verließ seine Heimatstadt und siedelte nach Jerusalern über. Als er nun drei Jahre später vernahm, es seien ihm zwei Sklaven endaufen und nach Gitta geflohen, machte er sich auf, um sie zurückzuholen.Der König, der über diese Missachtung seines Befehles und noch mehr über die Verletzung des Eides sehr unwillig wurde, beschied den Semel zu sich und sprach zu ihm: »Hast du nicht geschworen, mich nicht zu verlassen und nie aus dieser Stadt in eine andere zu gehen? Diesen Eidbruch sollst du büßen und zugleich damit auch die Schmähungen, die du gegen meinen Vater auf der Flucht dir hast zuschulden kommen lassen, du verbrecherischer Mensch! Du sollst wissen, dass es den Bösen nichts nützt, wenn sie nicht auf der Stelle ihre Strafe erleiden, und dass sie allezeit, auch wenn sie sich sicher wähnen, derselben gewärtig sein können.« Banajas brachte darauf auch den Semel um.
ZWEITES KAPITEL Von Solomons Weib, seiner Weisheit und seinem Reichtum. Er erhält von Hiram Material zum Tempelbau. 21
1. Als Solomon SO durch Beseitigung seiner Feinde seine Herrschaft befestigt hatte, nahm er eine Tochter Pharaos, des Königs der Ägypter, zur Ehe. Darauf erweiterte und verstärkte er die Befestigungen Jerusalems und
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herrschte von nun an in tiefstem Frieden. Das Ungestüm seiner lugend hinderte ihn nicht, Gerechtigkeit zu pflegen, die Gesetze zu beobachten und das im Gedächtnis zu behalten, was sein Vater sterbend ihm aufgetragen hatte. Vielmehr benahm er sich wie ein Mann von reiferem Alter und geschärftem Verstande und durchdrang alle Verhältnisse mit hervorragender Urteilskraft. Auch beschloss er, nach Chebron zu ziehen und dort auf dem von Moyses errichteten ehernen Altar Gott zu opfern, und brachte tausend Brandopfer daselbst dar. Hiermit hatte er Gott eine große und wohlgefallige Ehrenbezeugung erwiesen. Denn in der folgenden Nacht erschien ihm der Herr im Schlafe und hieß ihn für diese Frömmigkeit eine Belohnung verlangen. Da erbat sich Solomon von Gott das Schönste und Beste, das er auch am liebsten verleiht, und das den Menschen am nützlichsten ist. Er verlangte nämlich nicht Gold oder Silber oder irgendwelchen anderen Reichtum, wie ihn sich sonst wohl ein junger Mann gewünscht haben würde (denn das halten die meisten allein für schätzenswert und für Geschenke Gottes), sondern er sagte: »Gib mir, 0 Herr, einen scharfen Verstand und ein klares Urteil, damit ich dem Volke Wahrheit und Gerechtigkeit verkünde, wenn ich zu Gericht sitze.« Über diese Bitte freute sich Gott so sehr, dass er ihm auch alles Übrige, was er sich nicht gewünscht, verhieß, Reichtum, Ruhm, Sieg über die Feinde und vor allem Weisheit und Erfahrung, wie sie nie weder ein König noch ein anderer Mensch besessen habe. Auch versprach er ihm, er werde seinen Nachkommen die Königsherrschaft erhalten, wenn er in Gerechtigkeit und Gehorsam verharre und seinem Vater in allen 'lUgenden ähnlich werde. Als Solomon dies von Gott vernommen, erhob er sich sogleich von seinem Lager, betete Gott an und kehrte nach Jerusalem zurück, wo er vor der heiligen Hütte viele Opfer darbrachte und alle die Seinigen bewirtete. 2. In diesen Tagen brachte man einen schwierigen Rechtsfall vor ihn, dessen Entscheidung fast unmöglich erschien. Ich halte es für nötig, diese Sache kurz auseinander zu setzen, damit die Leser die Schwierigkeit der Entscheidung begreifen und, falls sie in eine ähnliche Lage kommen sollten, an dem Scharfsinne des Königs sich ein Beispiel nehmen können, wie sie selbst in Streitigkeiten zu entscheiden haben. Es kamen nämlich zum Könige zwei Buhldirnen, von denen die eine Unrecht erlit,ten zu haben behauptete und also sprach: »Ich wohne, 0 König, mit diesem Weibe hier in einem Gemach. Es traf sich nun, dass wir beide an demselben Tage und zur selben Stunde einen Knaben gebaren. Am dritten Tage aber erdrückte diese im Schlafe ihren eigenen Knaben nahm mir dann heimlich aus meinem
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Schoße den meinigen fort, zog ihn zu sich herüber und legte mir, während ich noch schlief, das tote Kind in meine Arme. Als ich nun am Morgen mein Kind nähren wollte, fand ich nicht mein eigenes, sondern das tote Kind dieses Weibes bei mir liegen. Dass die Sache sich wirklich so verhielt, habe ich durch genaue Forschung ermittelt. Ich forderte deshalb mein Kind zurüc~ und da ich es nicht erhielt, habe ich zu deiner Hilfe, 0 Herr, meine Zuflucht genommen. Denn weil wir allein waren und sie keine Furcht hat, dass jemand sie überführen könnte, leugnet sie hartnäckig und frech.« Als sie so gesprochen, fragte der König das andere Weib, ob sie etwas dagegen einzuwenden habe. Diese leugnete die Tat und behauptete, ihr eigenes Kind lebe, das ihrer Gegnerin aber sei umgekommen. Da wusste nun niemand Rat, und alle zerbrachen sich den Kopf wie über ein Rätsel. Der König allein fand die Lösung. Er befahl sowohl das lebende wie das tote Kind zu holen, rief einen von der Leibwache heran und hieß ihn beide Kinder mit dem Schwerte in zwei Teile teilen und jeder der beiden Mütter die Hälfte von dem einen wie dem andern Kinde geben. Ob dieser Entscheidung des Königs konnten die sämtlichen Anwesenden ein stilles Lächeln nicht unterdrücken, da sie ihn für kindisch hielten. Die wirkliche Mutter aber schrie laut, man solle das doch nicht tun und lieber ihr eigenes Kind dem anderen Weibe geben; sie sei zufrieden, wenn es am Leben bleibe und sie es erblicken könne, möge auch die andere es besitzen. Die andere Mutter dagegen war mit der Teilung sogleich einverstanden, da sie der wirklichen Mutter gern den grausamen Schmerz gegönnt hätte. Da sprach der König, der aus den Worten beider ihre wahre Gesinnung erkannte, der Mutter, die geschrien hatte, das lebende Kind zu, da es in Wahrheit ihr eigenes sei; die andere aber bestrafte er für ihre Bosheit weil sie, nachdem sie ihr eigenes Kind umgebracht, nun auch noch an dem Tode des Kindes der Genossin ihre Freude haben wolle. Diese Entscheidung war dem Volke ein augenfälliger Beweis für die Weisheit und den Scharfsinn seines Königs, und von da an hörten sie auf ihn wie auf einen, der mit göttlicher Einsicht begabt ist. 3. In der Militär- und Zivilverwaltung ernannte der König folgende Beamte: Dem Bezirke Ephraim stand Ures vor, dem Bezirke Bethlehem Dioklerus. Die Gegend von Dora und die ganze Küste hatte Abinadab unter sich, der eine Tochter Solomons heiratete. Die große Ebene*, sowie das Land bis zum Jordan unterstand dem Banajas, dem Sohne des Achilus. Die Provinzen Galaditis und Gaulanitis bis zum Libanon, in denen sechzig große und * Auf der Grenze von Galiläa und Samaria (vergl. JÜd. Krieg IH, 4,1).
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wohlbefestigte Städte lagen, verwaltete Gabares. Achinadab, der ebenfalls eine Tochter Solomons Namens Basima zur Ehe hatte, verwaltete ganz Galiläa bis nach Sidon hin, ferner Banakates die Küste in der Gegend von Arke und Saphates die Gebirgsgegenden des Itabyrius und Karmel sowie Galiläa bis zum Jordan. Über dieses ganze Gebiet ward wieder ein besonderer Statthalter gesetzt. Dem SemeIs wurde dann noch der Bezirk des Stammes Benjamin und dem Gabares das Land jenseits des Jordan unterstellt und ihnen wieder ein besonderer Statthalter übergeordnet. Wunderbar wuchs nun der Wohlstand der Hebräer und besonders des Stammes Judas. Da sie nämlich im Frieden lebten, von Kriegen und inneren Unruhen verschont blieben und dabei die ihnen höchst willkommene Freiheit in vollen Zügen genossen, verlegte sich jeder mit Eifer darauf, seinen Besitz zu vermehren und wertvoller zu machen. 4. Der König hatte aber auch noch andere Statthalter, die im Gebiete der Syrer und der übrigen Fremden vom Euphrat bis nach Ägypten die Regierung innehatten und ihm den Tribut einzogen. Diese lieferten täglich für die Hofhaltung des Königs und seinen Tisch dreißig Koren* Weizenmehl, sechzig Koren anderes Mehl, zehn Mastochsen und zwanzig Weideochsen sowie hundert gemästete Schafe. Dies alles wurde noch außer Wildbret, Hirschen, Büffeln, Geflügel und Fischen tagtäglich dem Könige von den fremden Völkern geliefert. Weiterhin besaß Solomon eine so große Zahl Wagen, dass er vierzigtausend Krippen für Gespannpferde brauchte. Außerdem hielt er zwölftausend Reitpferde, von denen die Hälfte zu Jerusalem in der Nähe des Königs sich befand, die andere Hälfte dagegen in den königlichen Schlössern zerstreut untergebracht war. Derselbe Aufseher, der die königliche Speisekammer verwaltete, hatte auch die Aufsicht über die Pferde und übte dieselbe dort aus, wo der König sich jedes Mal befand. 5. Infolge der Weisheit und Einsicht, die Solomon von Gott erhielt, überragte er alle Menschen, die vor ihm gelebt hatten, und selbst die Ägypter, die doch besonders weise sein sollen, erreichte der König nicht bloß an scharfem Verstand, sondern übertraf sie noch darin. Auch diejenigen, die um jene Zeit bei den Hebräern einen besonderen Ruf von Weisheit erlangt hatten, und deren Namen Ethan, Aeman, Chalkeus und Dardan, Söhne des Emaon, ich nicht übergehen zu dürfen glaube, ließ er weit hinter sich. Er verfasste eintausendundfünf Bücher Gedichte und Gesänge sowie dreitausend Gleichnisse und Sprüche. Denn über jeden Baum vom Hyssop bis zur * 1 Kor = 10 Bad, 1 Bad = 6 Hin, 1 Hin = 12 Log, 1 Log = dem Inhalte von 6 Eierschalen.
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Zeder dichtete er eine Parabel desgleichen auch über die Zugtiere und alle übrigen Tiere der Erde sowohl im Wasser wie in der Luft. Auch kannte er deren Naturgeschichte genau und wusste über alles in philosophischer Weise zu sprechen; ebenso war er über die Eigenschaften aller anderen Dinge unterrichtet. Gott lehrte ihn auch die Kunst, böse Geister zum Nutzen und Heile der Menschen zu bannen. Er verfasste nämlich Sprüche zur Heilung von Krankheiten und Beschwörungsformeln, mit deren Hilfe man die Geister also bändigen und vertreiben kann, dass sie nie mehr zurückkehren. Diese Heilkunst gilt auch jetzt noch viel bei uns. Ich habe zum Beispiel gesehen, wie einer der Unseren, Eleazar mit Namen, in Gegenwart des Vespasianus, seiner Söhne, der Obersten und der übrigen Krieger die von bösen Geistern Besessenen davon befreite. Die Heilung geschah in folgender Weise. Er hielt unter die Nase des Besessenen einen Ring, in dem eine von den Wurzeln eingeschlossen war, welche Solomon angegeben hatte, ließ den Kranken daran riechen und zog so den bösen Geist durch die Nase heraus. Der Besessene fiel sogleich zusammen, und Eleazar beschwor dann den Geist, indem er den Namen Solomons und die von ihm verfassten Sprüche hersagte, nie mehr in den Menschen zurückzukehren. Um aber den Anwesenden zu beweisen, dass er wirklich solche Gewalt besitze, stellte Eleazar nicht weit davon einen mit Wasser gefüllten Becher oder ein Becken auf und befahl dem bösen Geiste, beim Ausfahren aus dem Menschen dieses umzustoßen und so die Zuschauer davon zu überzeugen, dass er den Menschen verlassen habe. Das geschah auch in der Tat, und so wurde Solomons Weisheit und Einsicht kund. Ich habe hierüber sprechen zu müssen geglaubt, damit allgemein bekannt werde, wie gewaltig der Geist des Königs und wie wohlgefällig er Gott war, und damit niemand unter der Sonne des Königs ausgezeichnete Tugend verborgen bleibe. 6. Als Hiram, der König der 1Jrier, die Thronbesteigung Solomons vernahm, freute er sich, da er Davids Freund gewesen war, und ließ dem Solomon durch eine Gesandtschaft seine Glückwünsche darbringen. Darauf sandte ihm Solomon einen Brief folgenden Inhalts. »Solomon an den König Hiram. Wie du weißt, wollte mein Vater Gott einen Tempel bauen, wurde aber durch unausgesetzte Kriegszüge daran gehindert. Denn er ließ nicht eher vom Kriege ab, als bis er alle seine Feinde tributpflichtig gemacht hatte. Ich dagegen danke Gott für den Frieden, dessen ich mich erfreue, und da ich außerdem die Muße dazu habe, will ich Gott den Tempel erbauen, wie er dies meinem Vater schon vorausgesagt hat. Deshalb bitte ich dich, meinen Boten einige Männer auf den Libanon mitzugeben, um Baumstämme
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zu fällen. Denn auf das Fällen von Bäumen verstehen sich die Sidonier besser als unsere Landsleute. Ich werde den Holzarbeitern jeden Lohn bewilligen, den du bestimmst.« 7. Als Hiram, dem der Auftrag viele Freude bereitete, diesen Brief gelesen hatte, schrieb er dem Solomon zurück wie folgt: »König Hiram an den König Solomon. Gott gebührt Lob dafür, dass er das Reich deines Vaters dir, einem so weisen und tugendhaften Manne, übertragen hat. Gern werde ich dir alles zu Gefallen tun, was du von mir begehrst. Ich werde dafür sorgen, dass meine Leute Zedern und Zypressen in großer Zahl und von besonderer Größe fällen, sie ans Meer schaffen und an irgendeinen Küstenort deines Gebietes zu Schiffe hinbringen. Von dort mögen dann die Deinigen sie nach Jerusalem holen. Du kannst uns dafür Getreide liefern, an welchem wir Mangel haben, da wir eine Insel bewohnen.« 8. Noch heute gibt es Abschriften dieser Briefe nicht nur in unseren Büchern, sondern auch bei den 'IJriern. Will also jemand sich davon überzeugen, so braucht er nur die Archivvorsteher in Tyrus anzugehen und wird finden, dass die dortigen Schriftstücke mit den hier wiedergegebenen übereinstimmen. Dies erwähne ich bloß, um meine Leser davon zu überzeugen, dass ich nichts als die Wahrheit zu schreiben beabsichtige und nicht durch Berichten von Wahrscheinlichkeiten, die auf Täuschung oder Ergötzung der Leser hinauslaufen, mich der Kritik entziehen will, dass ich aber auch nicht ohne weiteres Glauben beanspruche oder, wenn ich von wahrheitsliebender Geschichtsschreibung abgewichen bin, ungetadelt bleiben will. Ich bitte vielmehr ausdrücklich darum, dass niemand meine Berichte gutheiße, wenn ich sie nicht durch bestimmte Beweise stützen kann. 9. Solomon lobte beim Empfange des Briefes Hirams dessen willige Freundlichkeit sehr und beschloss, ihm aus Erkenntlichkeit jährlich zwanzigtausend Koren Weizen und ebenso viele Bad Öl (ein Bad enthält zweiundsiebzig Sextarien*) und Wein zu schicken. Hierdurch wurde die Freundschaft zwischen Solomon und Hiram immer mehr befestigt, und sie schworen sich ewige Treue. Solomon legte nun dem Volke die Gestellung von dreißigtausend Arbeitern auf, denen er ihren Dienst durch weise Einteilung desselben sehr erleichterte. Es sollten nämlich zehntausend von ihnen einen Monat lang auf dem Libanon Holz fällen, dann aber nach Hause zurückkehren und sich zwei Monate lang ausruhen, während welcher Zeit die übrigen zwanzigtausend ihre Arbeit ableisteten, bis dann im vierten * Ein Sextarius = 112 Liter.
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Monat wieder die ersten an die Reihe kamen. Die gesamten Arbeiter beaufsichtigte Adoram. Von den Anwohnern, die David zu dem Werke bestimmt hatte, wurden siebzigtausend als Träger von Steinen und anderen Baumaterialien und achtzigtausend als Steinmetzen beschäftigt, über welche dreitausenddreihundert Aufseher gesetzt waren. Sie sollten nun zunächst für die Fundamente des Tempels gewaltige Felsblöcke behauen, sie im Gebirge aneinander passen und dann erst in die Stadt schaffen. Diese Arbeit verrichteten aber nicht nur einheimische Arbeiter, sondern auch die Werkleute, welche Hiram geschickt hatte.
DRITTES KAPITEL Der Tempelbau. 61
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1. Solomon begann den Tempelbau im vierten Jahre seiner Regierung, im zweiten Monate, den die Makedonier Artemisios, die Hebräer aber Iar nennen, fünfhundertzweiundneunzig Jahre nach dem Auszug aus Ägypten, tausendzwanzig Jahre nach der Übersiedelung Abrams aus Mesopotamien nach Chananaea, vierzehnhundertvierzig Jahre nach der Sintflut und dreitausendeinhundertundzwei Jahre nach der Erschaffung Adams. Zu der Zeit, als der Tempelbau ins Werk gesetzt wurde, herrschte Hiram schon im elften Jahre über Tyrus, und seit der Gründung von Tyrus waren damals zweihundertvierzig Jahre verflossen. 2. Zunächst wurden nun in beträchtlicher Tiefe die Fundamente des Tempels aus festem, dem Zahn der Zeit trotzenden Steinmaterial gelegt und zwar so, dass sie mit der Erde gleichsam eine Masse und dadurch eine sichere Unterlage für den ganzen Bau bildeten, die bei ihrer großen Stärke nicht nur den gewaltigen Koloss an sich, sondern auch die vielerlei Zierraten tragen konnte. Denn die Letzteren sollten kein geringeres Gewicht haben als der Rohbau an sich, dem übrigens bei all seiner Pracht und Zierlichkeit eine bedeutende Höhe und Ausdehnung zugedacht war. Bis zur Decke wurde der Bau aus weißem Marmor aufgeführt, und zwar in einer Höhe von sechzig, einer Länge von sechzig und einer Breite von zwanzig Ellen*. Darüber erhob sich noch ein Aufbau von gleichen Dimensionen, * Eine jüdische Elle = 0,525 Meter.
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sodass die ganze Höhe des Tempels hundertzwanzig Ellen betrug. Er war gegen Osten gerichtet. Die Vorhalle maß, der Breite des eigentlichen Gebäudes entsprechend, in der Länge zwanzig, in der Breite zehn und in der Höhe hundertzwanzig Ellen. Rings um den Tempel wurden dreißig kleinere Gebäude errichtet, welche denselben außerhalb umschlossen und bestimmt waren, durch ihre große Zahl und dadurch, dass sie dicht aneinander stießen, den eigentlichen Tempelbau zusammenzuhalten. Sie standen miteinander durch Türen in Verbindung, und jedes von ihnen maß in der Länge wie in der Breite fünf und in der Höhe zwanzig Ellen. Über diesen Gebäuden wurden noch zwei Stockwerke in denselben Maßen aufgeführt. sodass das Ganze die Höhe des unteren Stockwerkes des Tempels erreichte; das obere Stockwerk dagegen war nicht von solchen Gebäuden umgeben. Das Dach bestand aus Zedernholz. Jedes der kleinen Gebäude hatte sein eigenes Dach, welches mit den Dächern der benachbarten Gebäude nicht zusammenhing, und außerdem war das Ganze von einem gemeinsamen Dache geschützt, das aus besonders langen, von einer bis zur anderen Seite reichenden Balken zusammengefügt war, sodass die Mittelwände von diesen Balken zusammengehalten und dadurch noch besser befestigt wurden. Die Decke unter den Dachbalken bestand aus demselben Material und war getäfelt und mit ziseliertem Gold bekleidet. Die Wande aber wurden mit Platten aus Zedernholz versehen und vergoldet, sodass der ganze Tempel innen in hellem Glanze erstrahlte, und die Augen der Eintretenden durch den überall aufleuchtenden Goldschimmer geblendet wurden. Der ganze Tempel war sehr kunstvoll aus geglätteten Steinen erbaut, die in den Fugen so genau aneinander passten, dass man weder die Spuren eines Hammers noch irgendeines anderen Werkzeuges daran wahrnehmen konnte. Dadurch erschien der ganze Bau wie aus einem Guss, und es machte den Eindruck, als ob er mehr aus sich selbst als infolge der Anwendung von Werkzeugen sich ineinander füge. Den~Aufstieg aus dem unteren in das obere Stockwerk bewirkte man durch Anlegung einer in die Dicke der Mauer eingelassenen Wendeltreppe. Denn das obere Stockwerk hatte nicht, wie das untere, ein großes, nach Osten gerichtetes Tor, sondern war durch kleine 'lUrchen von den Seiten aus zugänglich. Endlich wurde der Tempel innen wie außen mit Stangen aus Zedernholz versehen, die von dicken Ketten zusammengehalten wurden und dem Ganzen noch mehr Festigkeit gaben. 3. Das Innere des Tempels teilte der König in zwei Räume, von denen die hintere Abteilung das Allerheiligste darstellte. Diese Abteilung war zwanzig
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Ellen lang; den vorderen, vierzig Ellen messenden Raum aber bestimmte er zum Heiligtum. In der Wand, welche die beiden Abteilungen trennte, brachte er eine Tür aus Zedernholz an, die reich mit Gold und Reliefarbeit verziert und vor der ein aus Hyacinth, Purpur, Scharlach sowie dem zartesten und weißesten Byssus gewirkter Vorhang befestigt war. In dem Allerheiligsten, das zwanzig Ellen im Quadrat maß, wurden zwei Cherubim aufgestellt, die von gediegenem Golde waren, fünf Ellen in der Höhe maßen und je zwei fünf Ellen weit ausgespannte Flügel hatten. Sie standen nahe beieinander, weil sie mit ihren äußeren Flügeln bis an die nördliche beziehungsweise südliche Wand des Allerheiligsten reichten, mit den beiden inneren Flügeln aber sich berührten und die in der Mitte stehende heilige Lade bedeckten. Diese beiden Cherubim waren von unaussprechlicher und unfassbarer Schönheit. Auch der Fußboden des Tempels war mit Goldplatten belegt. Das Tor des Tempels endlich entsprach der Höhe der Tempelwand und war zwanzig Ellen breit; es war gleichfalls mit Gold verziert. Überhaupt fand sich Goldbekleidung außen wie innen am Tempel reichlich angebracht. Vor dem Tore wurde ein ähnlicher Vorhang wie im Innern befestigt, während die Tür der Vorhalle nichts dergleichen aufwies. 4. Solomon ließ sich darauf aus Tyrus vom Könige Hiram einen Künstler Namens Cheiramos schicken, der mütterlicherseits mit dem Stamme Nephthali verwandt war und den Urias, einen Mann israelitischer Abkunft, zum Vater hatte. Dieser war ein tüchtiger Kunsthandwerker und besonders geschickt in Gold-, Silber- und Erzarbeit. Auf Geheiß des Königs verfertigte er alle in sein Fach einschlagende Zierraten des Tempels. Für den Tempeleingang stellte er zwei eherne Säulen her, die vier Finger dick, achtzig Ellen hoch waren und achtzehn Finger Umfang hatten. Auf jeder Säule brachte er ein gegossenes Kopfstück in Gestalt einer Lilie an, welches fünf Ellen hoch und von einem Flechtwerk eherner Palmen umgeben war, an dem zweihundert Granatäpfel in zwei Reihen herabhingen. Von diesen Säulen wurde die eine Jachis genannt und an der rechten Seite des Einganges, die andere, die den Namen Boaz erhielt, an der linken Seite aufgestellt. 5. Darauf goss man das eherne Meer in Gestalt einer Halbkugel. Den Namen »ehernes Meer« erhielt es von dem Verfertiger seiner Größe wegen, denn es war ein Becken von zehn Ellen Durchmesser und hatte eine Wandstärke von der Breite einer Hand. Das Waschbecken ruhte auf einem zehnmal gewundenen Untersatz, der eine Elle im Durchmesser hatte und von zwölf Rindern umgeben war. Diese blickten nach den vier Himmelsgegenden, drei nach jeder Seite, und wandten ihre Hinterteile nach innen, sodass
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die Halbkugel auch rings auf diesen ruhte. Das Meer enthielt dreitausend Bad. 6. Alsdann wurden zehn eherne, vierseitige Untersätze für die Waschbecken verfertigt, jeder fünf Ellen lang, vier breit und sechs hoch. Sie wurden in ziselierter Arbeit folgendermaßen zusammengesetzt. In den Ecken eines Vierecks stellte man vier Säulchen auf, in welche die Seiten der Untersätze gleichmäßig eingelassen wurden. Diese Seiten waren in drei Felder geteilt, deren jedes eine besondere Erhöhung hatte; auf den Letzteren befanden sich in Reliefarbeit ein Löwe, ein Stier und ein Adler. Die Säulchen zeigten wie die Seiten ziselierte Arbeit. Das Ganze ruhte auf vier Rädern, die ebenfalls gegossen waren und anderthalb Ellen Durchmesser hatten. Es war zum Verwundern, wie schön gerundet die Felgen der Räder waren und wie sie sich ebenso wohl den Seiten der Untersätze als den Speichen genau anpassten. An den vier oberen Ecken befanden sich Träger in Form von ausgestreckten Händen, auf denen ein bis zum Grund des Waschbeckens reichender gewundener Aufsatz ruhte. Das Becken selbst stützte sich auf Löwentatzen und Adlerklauen, welche an die Träger so angefügt waren, dass alles nur ein Guss zu sein schien. Zwischen den Tierklauen befanden sich ziselierte Palmen. Das war die Beschaffenheit der Untersätze, zu denen man dann auch die zehn runden, ehernen Waschbecken anfertigte, jedes zu vierzig Choe, vier Ellen hoch und von ebendemselben Durchmesser des oberen Umfanges. Diese Waschbecken stellte man auf die Untersätze, die man Mechonoth nannte, und brachte fünf davon auf der linken, nördlichen Seite des Tempels und fünf auf der rechten, südlichen, unter, alle aber mit der Richtung nach Osten. Auf der rechten Seite wurde auch das eherne Meer aufgestellt, und sodann alle Becken mit Wasser gefüllt. Das eherne Meer war bestimmt für die Reinigung der Hände und Füße der Priester, bevor sie zum Altare stiegen; die anderen Waschbecken aber dienten dazu, die Eingeweide und Füße der zum Brandopfer benutzten Tiere zu säubern. 7. Dann wurde auch der eherne Brandopferaltar hergestellt, zwanzig EIlen lang und breit und zehn Ellen hoch; ferner alle dazugehörigen ehernen Geräte, Handbecken, Schaufeln, Zangen und Haken, sämdich so schön aus Erz gearbeitet, dass sie wie Gold glänzten. Weiterhin ließ der König eine Menge Tische aufstellen, darunter einen großen aus Gold, der die Brote Gottes tragen sollte, und außerdem eine ungeheure Menge anderer in verschiedenen Formen, auf welche man die Krüge und Schalen stellte, zwanzigtausend von Gold und vierzigtausend von Silber. Dazu kamen nach Moyses' Vorschrift eine Menge Leuchter, von denen einer im Tempel selbst
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aufgestellt wurde, wo er nach dem Gesetze tagsüber brennen sollte und an der Südseite seinen Platz fand, während der Tisch mit den Broten ihm gegenüber auf die Nordseite zu stehen kam. Mitten zwischen ihnen stand der goldene Altar. Das alles enthielt der vordere Raum von vierzig Ellen, der sich vor dem Vorhang des Allerheiligsten befand. In Letzterem dagegen befand sich nur die heilige Lade. 8. Damit waren aber die Geräte nicht erschöpa denn es kamen noch hinzu achtzigtausend Weinkrüge, zehntausend goldene und zwanzigtausend silberne Becher, ferner achtzigtausend goldene und doppelt so viele silberne Schüsseln, um das Weizenmehl darin zum Altar zu bringen, dann sechzigtausend goldene und doppelt so viele silberne Gefäße, in denen das Mehl mit Öl gemischt wurde. Ferner zwanzigtausend goldene und doppelt so viele silberne Maße, ähnlich denen, die bei Moyses Hin und Assaron heißen; dann zwanzigtausend Weihrauchkästchen von Gold, um darin Räucherwerk in den Tempel zu bringen, und fünfzigtausend andere Gefäße, um darin Feuer von dem großen Altar zu dem innerhalb des Tempels befindlichen kleinen zu übertragen. Priesterkleider zum Gebrauch der Hohepriester wurden tausend, angefertigt nebst Schultermänteln, Brustlatz und Edelsteinen. Das Stirnband aber, auf welches Moyses den Namen Gottes geschrieben hatte, war nur in einem Exemplar vorhanden, das sich auch bis zum heutigen Tag erhalten hat. Die Gewänder für die Priester wurden aus Byssus verfertigt nebst zehntausend purpurnen Gürteln, zweihunderttausend Posaunen nach Moyses' Vorschrift, zweihunderttausend Byssusgewändern für die Chorsänger aus den Leviten; endlich zur Begleitung der Gesänge noch vierzigtausend Musikinstrumente, welche Nabla und Kinyra hießen und aus Elektrum* hergestellt waren. 9. Das alles ließ Solomon aufs reichhaltigste und prächtigste herrichten und scheute keinen Aufwand, um den Tempel auszustatten, sondern bewies die größte Freigebigkeit zur Ehre Gottes. Alsdann umgab er auch noch den Tempel ringsum mit einer Mauer, die in unserer Sprache Geisiön, in der griechischen aber Thrinkos heißt, und zwar in einer Höhe von drei Ellen, um dem Volke den Eintritt in den Tempel zu wehren und ihn den Priestern allein freizulassen. Außerhalb dieser Mauer errichtete er ein besonderes Heiligtum von viereckiger Gestalt mit großen und weiten Hallen, die gewaltige Toröffnungen, je eine nach den vier Himmelsgegenden gerichtet, auf* Elektrum ist nach Plinius 33,80 ein dem Bernstein an Farbe ähnliches Metall, bestehend aus vier Teilen Gold und einem Teil Silber.
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wiesen; die Torflügel aber waren vergoldet. In dieses Heiligtum durfte jeder aus dem Volke eintreten, wofern er nur rein war und die Gesetzesvorschriften beobachtete. Es lässt sich aber nicht beschreiben, wie wundervoll dieses äußere Heiligtum ausgestattet war. Große Schluchten, in die man wegen ihrer ungeheuren Tiefe kaum hineinzuschauen wagte, ließ der König durch Erdanschüttungen ausfüllen und machte sie, obgleich ihre Tiefe bis zu vierhundert Ellen betrug, der Ebene des Berggipfels gleich, auf dem der Tempel stand. Diesen Raum umgab er mit doppelten Hallen, die auf Säulen aus den an dieser Stelle gebrochenen Steinen ruhten und getäfelte Bedachungen aus Zedernholz erhielten. Alle Tore dieses Heiligtums ließ der König aus Silber verfertigen.
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VIERTES KAPITEL Wie Solomon die heilige Lade in den Tempel überführte und Gott öffentlich durch Gebet und Opfer dankte.
1. Diese Prachtgebäude nebst der inneren Ausstattung stellte der König Solomon in einem Zeitraum von sieben Jahren her und bewies damit nicht bloß seinen ungeheuren Reichtum, sondern auch seinen regen Eifer, da er das, was eigentlich ein ganzes Menschenalter erfordert hätte, während der im Vergleich zur Größe des Tempels so kurzen Zeit vollendete. Darauf schrieb er an die Führer und Ältesten der Hebräer und beschied das gesamte Volk nach Jerusalem, damit es den Tempel besuche und der Überführung der Lade Gottes beiwohne. Nachdem dies allgemein bekannt geworden, kamen alle dort zusammen im siebenten Monat, der bei uns Thisri, bei den Makedoniern aber Hyperberetaios heißt, und in den auch das hohe und heilige hebräische Fest der Lauben fällt. Alsdann übertrug man die Lade samt der von Moyses dafür errichteten Hütte und allen gottesdienstlichen Geräten nach dem Tempel. Voran schritten der König und das gesamte Volk, ihre Opfertiere mit sich führend, sowie die Leviten, die den Weg mit Trankopfern und dem Blute zahlreicher Opfertiere besprengten und eine unermessliche Menge RäucheIWerk verbrannten, sodass die Luft ringsum davon erfüllt ward und der süße Duft sich weithin verbreitete und Bunde davon gab, Gott sei auf dem Wege und ziehe (um bei einem menschlichen Bilde zu bleiben) in das ihm erbaute und geweihte Haus. Auch hörten sie
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nicht auf, Hymnen und Chorgesänge erschallen zu lassen, bis sie den Temp~l erreicht hatten. Als die heilige Lade nun in das Allerheiligste gebracht werden sollte, trat das ganze Volk zur Seite, und nur die Priester, die sie getragen hatten, setzten sie zwischen die beiden Cherubim. Diese berührten sich mit den Enden ihrer Flügel und waren vom Künsder so geformt, dass sie die Lade gleichsam überschatteten und ein Kuppeldach über ihr bildeten. Die Lade enthielt aber nichts weiter als die beiden steinernen Tafeln, auf denen die zehn von Gott dem Moyses auf dem Berge Sinai gegebenen Gebote eingeschrieben waren. Der Leuchter, der goldene Tisch und der goldene Altar wurden im Tempel vor dem Allerheiligsten an derselben Stelle aufgestellt, die sie auch in der Hütte eingenommen hatten, und es wurden alsdann sogleich die täglichen Opfer aufgelegt. Der eherne Altar aber erhielt seinen Platz vor dem Tempel dem Eingang gegenüber, sodass man bei geöffneter Tür ihn, die heiligen Handlungen und die Pracht der Opfer sehen konnte. Alles übrige Gerät stellte man insgesamt im Inneren des Tempels auf. 2. Sowie nun die Priester alles um die Lade her geordnet und das Heiligtum verlassen hatten, senkte sich plötzlich eine dichte Wolke, jedoch nicht rau und regenschwer wie zur Winterszeit, sondern weich und lieblich, auf den Tempel hernieder und umhüllte die Augen der Priester mit Finsternis, sodass einer den anderen nicht wahrnehmen konnte. In allen Gemütern aber regte sich der Gedanke, Gott sei in den Tempel herabgestiegen und habe sich denselben zur Wohnstätte gewählt. Und während alle dies bei sich erwogen, erhob sich der König Solomon von seinem Sitze und richtete Worte an Gott, die er der göttlichen Natur angemessen und für sich selbst schicklich erachtete. »Du hast zwar«, sagte er, »0 Herr, ein ewiges Haus, das du dir aus Himmel, Luft, Erde und Meer selbst geschaffen,' und das du erfüllst, ohne davon eingeschlossen zu werden. Indes habe ich doch deinem Namen diesen Tempel errichtet, damit wir aus ihm unsere Gebete und Opfer zu dir emporsenden und versichert sein können, dass du hier zugegen bist und die Deinigen nicht verlässt. Denn wenn du alles siehst und alles hörst, so wirst du, da du jetzt unter uns wohnst, uns allen deine Fürsorge schenken und jedem, der zu dir fleht, Tag und Nacht deine Gegenwart beweisen.« Nachdem er so zu Gott weihevoll gesprochen, wandte er sich an das Volk und wies es auf Gottes Allmacht und Güte hin, wie er seinem Vater David alles Zukünftige vorhergesagt, wovon schon sehr vieles sich erfüllt habe und das Übrige sich noch erfüllen werde, und wie er besonders ihn als denjenigen vorherbezeichnet habe, der nach seines Vaters Tod den Tem-
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pel ihm erbauen werde, nachdem er König geworden sei. Weil sich das alles so wunderbar erfüllt, sollten sie Gott preisen und an nichts verzweifeln, was er ihnen zu ihrem Heile verheißen habe, da sie an dem, was sie gesehen, ihren Glauben stärken könnten. 3. Als der König so zum Volke geredet, wandte er sich wieder nach dem Tempel hin, streckte seine Rechte über das Volk aus und sprach: »Unmöglich können die Menschen mit Werken Gott für die erhaltenen Wohltaten danken, denn die Gottheit bedarf nichts und ist zu erhaben, als dass ihr da~t vergolten werden könnte. Du hast uns aber, 0 Herr, über die anderen Geschöpfe gesetzt, und es ziemt uns daher, deine Majestät zu loben und dir für alles zu danken, was du meinem Hause und dem Volke der Hebräer erwiesen hast. Denn womit könnten wir besser deinen Zorn besänftigen und deine Gnade und Güte über uns erflehen, als mit dem Worte, das wir aus der Luft entnehmen und durch die Luft wieder zu dir hin senden? Für dieses Geschenk gebührt dir besonderer Dank, imgleichen auch dafür, dass du meinen Vater aus niedrigem Stande zu so großem Ruhm hast gelangen lassen, und dass du an mir bis zum heutigen Tage alle deine Verheißungen erfüllt hast. Ich bitte dich, dass du mir auch fernerhin alles verleihest, was du denen zu gewähren pflegst, die du besonders beglücken willst, und dass du unser Geschlecht für alle Zeiten erhalten wollest, wie du dies meinem Vater David sowohl im Leben als bei seinem Hinscheiden verheißen hast. Solches gewähre uns gnädig und verleihe meinen Nachkommen einen tugendhaften Wandel, der dir wohlgefallig ist. Dann aber bitte ich dich auch noch, du wollest deinen Geist in diesen Tempel senden, damit du uns wahrhaft gegenwärtig seist. Und wenn auch das ganze Weltall dich nicht fassen kann, geschweige denn dieser Tempel, so flehe ich dennoch zu dir, du wollest ihn vor feindlicher Verwüstung bewahren und ihn als dein besonderes Eigentum in deinen Schutz nehmen. Sollte aber das Volk sich einmal gegen dich verfehlen und deshalb mit Hungersnot, ansteckenden Krankheiten oder anderen Plagen bestraft werden, so erhöre es, wenn es in diesen Tempel flieht und zu dir um Rettung fleht, und erweise deine Gegenwart, indem du dich seiner erbarmst und es von seiner Drangsal erlösest. Aber nicht nur den Hebräern wollest du dich also gnädig erweisen, wenn sie in Sünden gefallen sind, sondern auch, wenn jemand anderswoher und selbst von den äußersten Gegenden des Erdkreises sich dir nahen sollte, um deine Hilfe zu begehren, so erhöre seine Bitte. Denn so wird es allen offenbar werden, dass du selbst diesen Tempel bei uns errichtet wissen wolltest, dass wir aber deshalb Fremden gegenüber nicht feindselig und gehässig aufzutreten be-
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ab sichtigen, sondern allen deinen Schutz und den Genuss deiner reichen Freigebigkeit gönnen.« 4. Nach diesen Worten warf sich der König zur Erde nieder und verharrte eine Weile in Anbetung. Dann erhob er sich und ließ die Opfer zum Altare bringen. Als nun die Brandopfer auf dem Altar lagen, erkannte er an einem augenfalligen Zeichen, dass Gott das Opfer mit Wohlgefallen annehme. Denn es fiel Feuer vom HimmeL ergriff vor aller Augen das Opfer und verzehrte es. Das Volk schloss aus dieser untrüglichen Erscheinung, dass Gott damit seine Bereitwilligkeit, im Tempel zu wohnen, zum Ausdruck gebracht habe, und es fiel zur Erde und betete an. Der König aber begann Gott zu preisen und hieß das Volk in den Lobgesang einstimmen, indem er ihnen vorstellte, dass sie nun Gottes Wohlwollen erkannt hätten und ihn bitten möcl,lten, er wolle alle ihre Wunsche erfüllen, sie rein und sündenlos erhalten und ihnen die Gnade erzeigen, sie in Gerechtigkeit, Gottesfurcht und treuer Beobachtung der von ihm dem Moyses gegebenen Gebote zu stärken. So würden sie glückseliger sein als die andern Sterblichen. Zugleich beschwor er sie, doch besonders daran zu denken, dass sie das ihnen jetzt zuteil gewordene Glück nun auch erhalten und vermehren müssten, und dass es nicht genug sei, dasselbe durch Gottesfurcht und Gerechtigkeit erworben zu haben, sondern dass es auch ihre angelegentliche Sorge sein müsse, es dauerhaft zu machen. Denn es sei für die Menschen nicht so schwer, sich einen Besitz zu erwerben, als das Erworbene zu behaupten und sich durch keine Sünde desselben unwürdig zu machen. 5. Nachdem der König diese Ermahnungen an das Volk gerichtet hatte, entließ er dasselbe. Zuvor jedoch brachte er noch für sich und alle Hebräer zwanzigtausend Kälber und einhundertzwanzigtausend Schafe als Opfer dar. Damals wurde der Tempel zuerst mit dem Blute der Opfertiere benetzt, und alle Hebräer nebst Weibern und Kindern darin bewirtet. Alsdann beging der König mit dem Volke vor, dem Tempel vierzehn Tage lang in großer Pracht und Herrlichkeit und unter Freudenmahlen das Fest Skenopegia (Laubhüttenfest). 6. Als sie nun der Festesfreude und den Pflichten gegen Gott genug getan, kehrten sie alle, nachdem sie sich vom Könige verabschiedet hatten, nach Hause zurück voll Dankesbezeugungen gegen Solomon, der ihnen mit so vieler Mühe ein so herrliches Bauwerk errichtet, und unter heißen Gebeten zu Gott, dass er ihnen ihren König noch lange erhalten möge. Auf dem Heimwege frohlockten sie, sangen Gott Loblieder und legten so die Reise zurück, ohne deren Beschwerden sonderlich zu empfinden. Und auch die,
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welche die Lade in den Tempel gebracht und dabei Gelegenheit gehabt hatten, seine hervorragende Schönheit auch im Innern zu bewundern und an' den großen Opfern und Festlichkeiten teilzunehmen, kehrten ein jeder in seine Stadt zurück. Der König aber hatte in der Nacht einen Traum, der ihm kundtat, Gott habe sein Gebet erhört und wolle den Tempel in seinen Schutz nehmen und beständig darin wohnen, wenn Solomons Nachkommen und das ganze Volk sich der Gerechtigkeit befleißigten. Insbesondere wolle er ihn selbst, wenn er den Ermahnungen seines Vaters folge, zum Gipfel des Glückes und der Macht führen, und aus seinem Hause sowie dem Stamme Judas stets den Beherrscher des Landes eIWählen. Wenn er aber von den Gesetzen abfalle und sie vergesse, oder sogar sich zur Verehrung fremder Götter verleiten lasse, so werde er ihn vertilgen und weder von seinem Geschlechte eine Spur übrig lassen, noch das Volk der Israeliten vor Unheil bewahren. Mit Krieg und unsäglicher Drangsal werde er sie dann bestrafen, sie aus dem Lande, das er ihren Vätern gegeben, vertreiben und fremder Gefangenschaft überantworten. Den Tempel aber werde er dann von den Feinden in Brand stecken und plündern und die Stadt von deren Händen zerstören lassen. Das Leid, das sie dann treffe, solle weithin zur Kenntnis der Völker gelangen und so entsetzlich sein, dass man es kaum für möglich halten werde. Wenn diese dann, von Bestürzung ergriffen, nach der Ursache forschten, weshalb Gott den Hebräern so sehr zürne, die er früher in Glück und Wohlstand versetzt habe, so sollten sie aus dem Geständnis der Überlebenden die Antwort entnehmen: Zur Strafe fur ihre Sünden und die Übertretung der Gesetze ihrer Väter. Dass Gott also zu Solomon im Traume geredet habe, wird durch die heiligen Bücher bekräftigt.
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FÜNFTES KAPITEL Wie Solomon sich einen herrlichen Palast erbaute und die ihm von Hiram gestellten Rätselfragen löste.
1. Nach der Erbauung des Tempels, die, wie gesagt, in sieben Jahren vollendet wurde, schritt Solomon zum Bau eines Königspalastes, den er in kaum dreizehn Jahren fertig stellte. Immerhin ging der Bau desselben langsamer voran als der des Tempels. Denn der TempeL der in einem in Anbe-
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tracht seiner gewaltigen Größe fast unglaublichen Zeitraum erbaut wurde, verdankte seine Vollendung in dieser Frist nur der Hilfe Gottes, für den er errichtet wurde. Zum Königspalast aber waren die Baumaterialien nicht so lange vorher und nicht so eifrig gesammelt worden, und übrigens verzöger-. te sich seine Erbauung auch ebendeswegen, weil er eine Wohnung nur für Könige und nicht für Gott werden sollte. Gleichwohl war auch er ein Prachtbau und entsprach dem Wohlstand des Volkes wie seines Königs. Ich halte es deshalb für notwendig, seine ganze Anordnung und Einrichtung zu beschreiben, damit meine zukünftigen Leser sich eine Vorstellung davon machen können. 2. Der Hauptteil des Palastes war geräumig und prächtig und ruhte auf einer großen Anzahl Säulen. Er war bestimmt, bei Gerichtsverhandlungen das Volk aufzunehmen und musste also einen beträchtlichen Raum aufweisen. Daher betrug seine Länge einhundert, seine Breite fünfzig und seine Höhe dreißig Ellen. Die Säulen, auf denen er ruhte, waren vierkantig und ganz aus Zedernholz, die Decke in korinthischem Stil gehalten, und die gleichmäßig angebrachten Türen mit dreifelderigen Türflügeln dienten ihm ebenso wohl zur Zierde als zum Schutze. An diesen Hauptteil schloss sich seiner ganzen Breite nach ein zweites Gebäude an, das viereckig und dreißig Ellen breit war. Dieses hatte an der entgegengesetzten Seite einen auf starken Säulen ruhenden Anbau, in welchem sich ein prächtiger Thron befand, auf dem der König Platz nahm, wenn er Gericht hielt. Daran reihte sich wieder ein anderes Gebäude, das zur Wohnung der Königin bestimmt war, alsdann noch weitere Räume zur Unterhaltung und Erholung nach vollbrachtem Tagewerk, sämdich mit Zedernholz getäfelt. Alles wurde aus zehnelligen Quadern erbaut, die Wände aber wurden mit kostbaren behauenen Steinen bekleidet, wie man sie zum Schmuck von Tempeln und zur Ausstattung königlicher Paläste in der Erde aufsucht, die durch deren Herausgabe gewissermaßen sich selbst ehrt. Die Außenseite des Gebäudes wies eine prachtvolle dreireihige Säulenanordnung auf, über welcher eine vierte Abteilung mit wunderbar kunstvollen Skulpturen versehen war, Bäume und Strauchwerk darstellend, von denen schattige Zweige herabhingen, welche die Steine verbargen. Diese Skulpturen waren so überaus fein gearbeitet, dass sie jeden Augenblick sich bewegen zu wollen schienen. Der Rest der Wandfläche bis zum Dache war in verschiedenen Farben gemalt. Außerdem errichtete der König noch andere Gebäude zu Vergnügungszwecken und weitläufige Hallen, darunter auch einen Speisesaal, der von Gold und anderem Zierwerk strotzte, und in dem alles Gerät, welches zu
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Tafelzwecken diente, aus Gold verfertigt war. Es ist überhaupt schwierig, die Größe und Mannigfaltigkeit der Königsburg zu beschreiben oder anzugeben, wie viele größeren und kleineren Gemächer und wie viele unterirdische Räume sie hatte, oder die Pracht der Parkanlagen auseinander zu setzen, die zugleich das Auge ergötzten und kühlen Schatten spendeten. Kurz, der ganze Bau bestand nur aus weißem Marmor, Zedernholz, Gold und Silber, und Decken wie Wände waren mit in Gold gefassten Steinen ebenso geschmückt wie der Tempel Gottes. Dann ließ sich der König noch aus Elfenbein einen Thron anfertigen, der ungemein groß und mit sechs Stufen versehen war. Auf jeder Stufe standen zu beiden Seiten zwei Löwen und ebenso viele oben am Throne. Den Sitz bildeten Hände, und die Lehnen boten die Gestalt eines halben Stieres dar, der nach rückwärts schaute. Alles war in Gold gefasst. 3. Sämtliche Bauwerke vollendete Solomon in zwanzig Jahren. Er hatte dazu von Hiram, dem Könige der Tyrier, eine Menge Gold, Silber, Zedernund Kiefernholz erhalten. Dafür lohnte er diesem mit reichen Geschenken und sandte ihm jährlich Getreide, Wein und Öl, woran Hiram, wie oben bemerkt, als Inselbewohner Mangel litt. Dazu schenkte er ihm ~uch noch zwanzig galiläische, nahe der Grenze von Tyrus gelegene Städte. Als aber Hiram diese besucht und besichtigt hatte, missfiel ihm das Geschenk, und er ließ deshalb dem Solomon sagen, er brauche die Städte nicht. Seit dieser Zeit hießen die Städte das Land Chabalon, das heißt in phönizischer Sprache »etwas, was nicht recht gefällt«. Der Tyrierkönig sandte auch dem Solomon spitzfindige Rätsel und ließ ihn bitten, ihm dieselben zu lösen und ihren Sinn zu erklären. Das war nun für Solomon, der einen sehr scharfen Verstand besaß, eine Kleinigkeit, und nachdem er die Lösungen gefunden und ihre Bedeutung dargelegt hatte, teilte er sie dem Hiram mit. Dieser beiden Könige gedenkt auch Menander, der die Geschichte der Tyrier aus dem Phönizischen ins Griechische übersetzt hat, mit folgenden Worten: ))Nach Abibalos' Tode folgte ihm in der Regierung sein Sohn Hiram, der vierunddreißig Jahre regierte und ein Alter von dreiundfünfzig Jahren erreichte. Dieser warf den so genannten weiten Damm auf, errichtete im Tempel des Zeus eine goldene Säule und ließ auf dem Berge Libanon Holz zur Bedachung von Tempeln unter seiner persönlichen Aufsicht fällen. Die alten Heiligtümer ließ er niederreißen und dem Herakles wie der Astarte neue Tempel bauen, von denen der Tempel des Herakles im Monat Peritios errichtet wurde. Er überzog auch die Jykäer mit Krieg, weil sie den 'Iribut nicht bezahlten, unterwarf sie von neuem und kehrte dann wieder heim. In
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dieser Zeit lebte ein jüngerer Sohn des Abdemon, der schwierige Fragen zu lösen verstand, welche Solomon, der König von Jerusalem, ihm aufgab.« Auch Dios erwähnt ihrer mit folgenden Worten: »Nach Abibalos' Tode regierte dessen Sohn Hiram, der am östlichen Teile der Stadt einen Damm aufwarf und die Stadt erweiterte, indem· er den Tempel des Olympischen Zeus, der abseits lag, in die Stadt einbezog. Zu dem Zweck füllte er den zwischen Stadt und Tempel gelegenen Raum mit Erde aus. Den Tempel versah er überdies mit goldenen Weihgeschenken. Er stieg danach auf den Libanon und ließ dort Holz zur Erbauung von Tempeln fällen. Solomon, der damals in Jerusalem regierte, sandte Rätselfragen an Hiram und bat sich von ihm ebensolche aus. Wer sie nicht lösen konnte, musste dem anderen Strafe bezahlen. Hiram nun konnte die Rätsel nicht lösen und zahlte eine hohe Geldstrafe. Später aber ließ er dieselben von einem 'I}rrier Abdemon lösen und legte zugleich dem Solomon andere Rätsel vor, die nun dieser nicht lösen konnte, wofür er dann auch seinerseits eine bedeutende Geldstrafe bezahlen musste.« Dies der Bericht des Dios.
SECHSTES KAPITEL Wie Solomon lerusalem befestigte, große Städte gründete, gegen die Chananäer zu Felde zog und den Besuch der Königin von Ägypten und Äthiopien empfing. 150
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1. Weil nun der König sah, dass die Mauern von Jerusalem keine Türme hatten, und er der Meinung war, dass ein solcher Zustand sich mit der Wurde der Stadt nicht vertrage, ging er sogleich ans Werk und baute hohe Türme auf die Mauer. Weiterhin gründete er auch Städte, die zu den stärksten des Landes gezählt werden konnten, zunächst Asor, Magedo und Gazara, das im Gebiet der Palästiner lag. Diese letztere Stadt hatte Pharao, der König der Ägypter, belagert und erstürmt und nach Ermordung ihrer Bewohner dem Erdboden gleichgemacht, dann aber seiner an Solomon verheirateten Tochter geschenkt. Aus diesem Grunde nun und weil sie von Natur fest war und bei Kriegen gute Dienste zu leisten versprach, baute der König sie wieder auf. Nicht weit davon erbaute er ebenfalls zwei Städte, Betchora und Baloth, sodann auch noch andere, die durch ihre milde Luft, ihre gesunde Lage und ihren Reichtum an Quellen sich zur Erholung und zu
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Kurzwecken eigneten. Hierauf unterwarf er sich die Wuste oberhalb Syrien und gründete auch dort eine große Stadt, die von Syrien zwei, vom Euphrat eine und von dem mächtigen Babyion sechs Tagereisen entfernt lag. Der Grund, weshalb diese Stadt so weit von den bewohnten Teilen Syriens entfernt angelegt wurde, war der, dass es südlich von ihr kein Wasser gab, und nur an dieser Stelle sich Quellen und Zisternen befanden. Diese Stadt, die übrigens mit festen Mauern umgeben wurde, nannte der König Thadamor, wie sie auch noch heute bei den Syrern heißt. Die Griechen dagegen nennen sie Palmyra. 2. Mit diesen Angelegenheiten beschäftigte sich der König Solomon. Weil nun wohl mancher begierig sein dürfte, zu erfahren, weshalb alle Könige der Ägypter von Minaios an, der noch viele Jahre vor unserem Stammvater Abram Memphis gründete, bis auf Solomon, also während eines Zeitraumes von dreizehnhundert Jahren, von einem Könige, der später regierte, den Namen Pharao erhalten haben, erachte ich es fUr passend, darüber Aufklärung zu schaffen und den wahren Grund dieses Namens darzulegen. Pharao heißt nämlich im Ägyptischen »König«. Ich glaube nun, dass die Könige in ihrer Jugend andere Namen hatten, bei ihrer Thronbesteigung aber alle den einen Namen sich beilegten, den ihre Landessprache ihnen für ihre Wurde gab. So nannten sich auch die Könige zu Alexandria, die vorher andere Namen gehabt, seit ihrer Thronbesteigung nach dem ersten von ihnen Ptolemäus. Auch die römischen Herrscher, die bei ihrer Geburt andere Namen erhalten haben, nennen sich mit dem einen gemeinschaftlichen Namen Cäsar, den ihre Stellung und Wurde ihnen verleiht. Den väterlichen Namen legen sie alsdann ganz ab. Das halte ich auch fur die Ursache, weshalb Herodot von Halikarnassos nach Minaios, dem Gründer von Memphis, noch von dreihundertdreißig Königen* spricht, ohne ihre Namen zu nennen; sie hießen eben alle Pharao. Sobald aber eine Königin zur Regierung gelangt, nennt er ihren Namen Nikaule**, offenbar weil alle Könige denselben Namen führten, den aber ein Weib sich nicht beilegen konnte, weshalb er die Königin mit ihrem Eigennamen nennen musste. Ich habe auch in unseren Archiven gefunden, dass nach dem Pharao, der Solomons Schwiegervater war, kein König der Ägypter mehr so genannt wird, und dass die vorhin erwähnte Königin als die Herrscherin von Ägypten und Äthiopien bezeichnet wird, die den Solomon besuchte. Von ihr werde ich gleich Näheres brin* Vergi. Herodot 1L 100. ** Bei Herodot (IL 100) heißt die Königin Nitokris.
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gen; das Vorstehende habe ich nur als Beweis dafür angeführt, wie manchmal die Schriften der Ägypter mit den unseren übereinstimmen. 3. Solomon wandte sich nun zunächst gegen die aufsässigen Chananäer, die auf dem Libanon bis zur Stadt Amathe hin wohnten, unterwarf sie und legte ihnen als llibut auf, ihm Knechtesarbeiten zu leisten und jährlich eine gewisse Zahl Leute zur Bestellung seiner Äcker zu überlassen. Von den Hebräern nämlich diente damals niemand als Knecht, und da ihnen Gott so viele Völkerschaften untertan gemacht, hatten sie das ja auch nicht nötig, konnten vielmehr die Unterjochten dazu zwingen. Sie taten deshalb Waffendienst und zogen lieber mit Wagen und Rossen zu Felde, als dass sie zu Knechtesdiensten Neigung verspürten. Über die Chananäer nun, die Solomon mit sich nahm, setzte er fünfhundertfünfzig Aufseher, denen die gesamte Sorge für dieselben oblag, und die ihnen namentlich jene Fertigkeiten beibringen mussten, deren sie im Dienste des Königs bedurften. 4. Alsdann ließ der König im ägyptischen Meerbusen viele Schiffe erbauen, und zwar in einem am Roten M~ere gelegenen Orte mit Namen Gasiongabel nicht weit von der Stadt Aelana entfernt, die jetzt Berenike genannt wird. Denn dieser ganze Landstrich gehörte damals den Juden. Auch für den Bau dieser Flotte erhielt er von der Freigebigkeit Hirams, des Königs der 'I}rrier, reichliche Unterstützung. Hiram sandte ihm nämlich eine Anzahl Steuermänner und kundige Seefahrer. Diese hieß Solomon mit seinen eigenen Beamten nach Sophira in Indien, dem heutigen so genannten Goldlande, fahren und ihm von dort Gold holen. Sie sammelten davon gegen vierhundert Talente, worauf sie wieder zum Könige heimkehrten. 5. Die Beherrscherin von Ägypten und Äthiopien, die nach Weisheit dürstete und auch im Übrigen vortreffliche Eigenschaften besaß, hatte so viel von Solomons Weisheit und 'fugenden gehört, dass sie vor Verlangen brannte, ihn persönlich zu sehen. Denn sie wollte aus eigener Erfahrung seine Vorzüge kennen lernen und sich nicht mit dem bloßen Gerücht begnügen, dessen Glaubwürdigkeit immer vom Berichterstatter abhängt und oft sehr zweifelhaft ist. Sie beschloss daher, sich zu Solomon zu begeben, um seine Weisheit auf die Probe zu stellen und ihm schwierige Fragen zur Entscheidung vorzulegen, und kam mit großer Pracht und glänzendem Aufwand nach Jerusalem. In ihrem Gefolge hatte sie Kamele, die mit Gold, verschiedenen Spezereien und kostbaren Edelsteinen reich beladen waren. Der König empfing sie mit besonderer Freundlichkeit und löste die ihm vorgelegten spitzfindigen Fragen infolge seines scharfen Verstandes schneller, als man glaubte. Die Königin geriet in Erstaunen, da sie merkte, dass
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seine Weisheit nicht nur ihre eigene übertraf, sondern auch noch größer war, als das Gerücht sie bezeichnet hatte. Besonders aber erregte der Königspalast wegen seiner Schönheit, Größe und der kunstvollen Anordnung der einzelnen Gebäude ihre Bewunderung: denn auch hierin prägte sich des Königs Weisheit aus. Namentlich ein Gebäude, das »Wald des Libanon« hieß, sowie die Pracht der täglichen Mahlzeiten, der Reichtum an Möbeln, die Kleidung der Dienerschaft und ihre Geschicklichkeit ließen sie aus dem Staunen nicht herauskommen. Auch die täglichen Opfer und die heiligen Handlungen der Priester und Leviten nahmen ihre Aufmerksamkeit in Anspruch. Sie musste sich gestehen, dass das, was sie sah, sie so wunderbar ergriff, dass sie sich vor Staunen kaum zu halten wusste, und sie erklärte daher dem Könige, dass ihre Erwartungen weit übertroffen worden seien. »Alles, 0 König«, sagte sie, »was das Gerücht zu uns trägt, erregt Zweifel in uns. Von dem aber, was du besitzest, deiner Weisheit und Einsicht und deinen königlichen Schätzen, hat der Ruf nichts Unwahres berichtet, sondern ist vielmehr weit hinter der Wirklichkeit zurückgeblieben, was mir jetzt klar wird, da ich dein Glück vor Augen habe. Die Sage konnte wohl unser Ohr ergötzen, uns aber keinen Begriff von der Wirklichkeit beibringen. War schon das, was ich gehört hatte, wunderbar und kaum glaublich, so erreicht es doch bei weitem nicht das, was ich jetzt vor mir sehe. Wahrlich, das Volk der Hebräer und deine Diener und Freunde sind glücklich zu preisen, da sie täglich dein Angesicht schauen und deine Weisheit hÖI:en. Gott sei gelobt, der dieses Land und Volk so sehr liebt dass er dich zum Könige darüber gemacht hat.« 6. Darauf dankte sie dem Könige für die freundliche Aufnahme mit Worten und Geschenken. Sie gab ihm zwanzig Talente Gold sowie eine ungeheure Menge von Gewürzen und kostbaren Edelsteinen; auch soll sie ihm die ersten Pflanzen des Opobalsams, der jetzt noch in unserem Lande wächst, geschenkt haben. Solomon machte ihr darauf Gegengeschenke, wie sie ihrem Wunsche entsprachen. Er versagte ihr nichts, sondern bewies sich ihr gegenüber in wahrhaft königlicher Weise hochherzig und freigebig. Nachdem sie so gegenseitig ihre Geschenke ausgetauscht hatten, begab sich die Königin von Ägypten und Äthiopien auf den Heimweg.
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SIEBENTES KAPITEL Solomons Reichtum. Er versinkt in Üppigkeit. Gott erregt Ader und leroboam gegen ihn. Solomons Tod. 176
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1. Um diese Zeit erhielt der König aus dem so genannten Goldlande kostbare Steine und Kiefernholz. Das Holz verwandte er zu Geländern im Tempel und im Königspalast, sodann auch zur Herstellung musikalischer Instrumente, welche die Leviten zur Begleitung ihrer Lobgesänge brauchten. Alles aber, was ihm zuging, war weit schöner und prächtiger als das, was wir jetzt besitzen. Niemand wird zum Beispiel glauben, dass das Kiefernholz von damals dem, welches jetzt mit diesem Namen belegt wird, so wenig ähnlich war, dass die Verkäufer jene Bezeichnung für eine Holzart gebrauchten, um die Käufer besonders anzulocken. Denn es war dem Feigenholz ähnlich, aber weit weißer und glänzender. Ich glaubte dies erwähnen zu müssen, damit kein Zweifel entstehe über die wahre Natur des Kiefernholzes, dessen sich der König bediente. 2. An Gold wurden dem Könige jährlich sechshundertundsechzig Talente geliefert, ohne dasjenige mitzurechnen, was er von Händlern kaufte und was die Könige und Häuptlinge Arabiens ihm als Geschenk sandten. Aus dem Golde ließ er zweihundert Schilde machen, von denen jeder sechshundert Sekel wog, und noch dreihundert kleinere Schilde, deren einzelne ein Gewicht von drei Minen Gold hatten. Diese Schilde ließ er in dem Gebäude, welches »Wald des Libanon« genannt wurde, aufhängen. Sodann ließ er auch kunstvolle Becher, die bei Gelagen verwendet wurden, aus Gold und Edelsteinen anfertigen. Desgleichen waren alle übrigen Geräte von Gold, denn Silber galt so wenig, dass niemand etwas dafür verkaufen wollte oder kaufen konnte. Im so genannten Tarsischen Meere hatte der König eine große Anzahl Schiffe, die zu den entlegensten Völkern Waren aller Art bringen und dafür Gold, Silber, Elfenbein, äthiopische Sklaven und Mfen eintauschen mussten. Zu einer einzigen Reise brauchten diese Schiffe drei Jahre. 3. Der Ruf von Solomons Vorzügen und von seiner Weisheit hatte sich so sehr ausgebreitet, dass allenthalben die Könige, denen die Berichte über ihn unglaublich vorkamen, vor Verlangen brannten, ihn zu sehen, und durch große Geschenke ihm ihre Aufmerksamkeit bewiesen. Sie sandten ihm goldene und silberne Gefäße, Purpurkleider, mancherlei Spezereien, Pferde und Wagen, ferner Maultiere zum Lasttragen, mit denen man ihrer
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Stärke und Schönheit wegen dem Könige Vergnügen zu bereiten gedachte. Dadurch vermehrte sich die Zahl seiner Wagen, die bis dahin tausend betrug, um vierhundert, und die der Pferde, deren er schon zwanzigtausend besaß, um zweitausend. Die Pferde waren so edel und schnelL dass sie ihres gleichen suchten, und eine nicht geringere Zierde boten die mitgesandten Bereiter dar, die in voller Jugendblüte standen, herrlich anzuschauen und von hervorragendem Wuchse waren. Sie trugen langes Haupthaar, waren in Gewänder von tyrischem Purpur gekleidet und puderten ihr Haar täglich mit Goldstaub, sodass ihre Häupter erglänzten, wenn die Sonnenstrahlen sich in dem Golde brachen. Der König versah sie mit Bogen und anderen Waffen und begab sich in ihrer Begleitung täglich bei Sonnenaufgang aus der Stadt, er selbst in weißem Gewande und den Wagen lenkend. Das Ziel der Fahrt war ein zwei Schoinen von Jerusalem entfernter Ort, der Etham hieß und reich an schönen Gartenanlagen und Quellen war. 4. Wie nun Solomon allen Angelegenheiten seine Sorgfalt zuwandte und besonders auf Schönheit achtete, so ließ er auch die Instandsetzung der Wege sich angelegen sein und alle Straßen, die nach der Königsstadt Jerusalem ftihrten, mit schwarzen Steinen* pflastern, einmal um dieselben den Reisenden bequem zu machen, dann aber auch, um seinen Reichtum und seine Prachtliebe zu zeigen. Seine Wagen teilte er ab und stellte in einzelnen Städten eine bestimmte Zahl davon auf, während er nur wenige bei sich behielt. Diese Städte nannte er Wagenstädte. Silber brachte der König so viel nach Jerusalem, als wenn es Gestein gewesen wäre, und die Felder Judäas bepflanzte er mit Zedern, die man dort bis dahin nicht kannte, und mit Sykomoren. Von ägyptischen Händlern kaufte er Wagen mit zwei Pferden für sechshundert Drachmen Silber und schickte diese den Königen in Syrien und jenseits des Euphrat. 5. Als Solomon so der berühmteste und Gott wohlgefälligste König geworden war und an Weisheit und Reichtum alle früheren Herrscher der Hebräer übertraf, fing er an, von den Gebräuchen und Satzungen seines Vaters abzufallen, und so entsprach sein Ende nicht seinem Leben. Denn er gab sich unmäßig den Weibern hin, und schließlich genügten ihm die einheimischen,Frauen nicht mehr, sondern er verband sich auch mit fremden, Sidonierinnen, 1}rrierinnen, Ammaniterinnen und Idumäerinnen, und übertrat so die Gesetze des Moyses, der alle Ehen mit Ausländerinnen untersagt hatte. Gleichzeitig fing er auch an, aus Liebe zu diesen Frauen deren Göt* Basalt aus der Arnongegend.
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zendienst zu treiben. Denn eben deshalb hatte der Gesetzgeber das Eingehen von Ehen mit fremden Weibern verboten, damit die Hebräer nicht deren Gebräuche und Götzenverehrung annähmen und von ihren eigenen Gesetzen und der Verehrung Gottes abfielen. Darauf achtete aber Solomon in seinem wilden Vergnügungstaumel nicht. Weil er nun außer der Tochter Pharaos nicht weniger als siebzig Gattinnen und dazu noch dreihundert Kebsweiber hatte, geriet er in eine derartige Abhängigkeit von ihnen, dass er ihre Gebräuche annahm und, um ihnen Beweise seiner Zuneigung und Liebe zu geben, ihren heimatlichen Sitten sich anzubequemen für nötig hielt. Und da er auch schon im Alter vorgerückt war, und seine Urteilskraft zu schwach wurde, als dass er sich die Einrichtungen seines Volkes wieder ins Gedächtnis hätte zurückrufen können, vernachlässigte er Gott noch mehr und ergab sich ganz dem Götzendienste seiner fremden Weiber. Auch früher hatte er ja schon gesündigt und gegen die Gesetzesvorschriften verstoßen, als er die ehernen Bilder von Rindern als Untersatz für das eherne Meer und die Löwen für seinen Thron hatte anfertigen lassen: denn deren Herstellung war nicht erlaubt. Obgleich er nun das schöne Thgendbeispiel und den Ruhm seines Vaters, den dieser als Lohn für seine Frömmigkeit hinterlassen, vor Augen hatte, und obgleich ihn Gott zweimal in einer Traumerscheinung ermahnte, in den Fußstapfen seines Vaters zu wandeln, wich er doch von dem Pfade der Thgend ab und starb infolgedessen eines ruhmlosen Todes. Es erschien auch ein von Gott gesandter Seher, der ihm verkündigte, dass seine Frevel offenkundig geworden seien, und er sich seiner Taten nicht lange mehr erfreuen werde. Zwar solle ihm die Herrschaft nicht bei Lebzeiten entrissen werden, da Gott seinem Vater David verheißen habe, ihn zu seinem Nachfolger zu machen. Nach seinem Tode dagegen solle die Strafe seinen Sohn treffen, und wenn auch nicht gerade das ganze Volk ihm würde untreu werden, so sollten doch zehn Stämme an einen seiner Knechte fallen und nur zwei Stämme einem Enkel Davids verbleiben um seines Großvaters willen, den Gott geliebt habe, und um der Stadt Jerusalem willen, wo er einen Tempel habe besitzen wollen. 6. Als Solomon dies vernommen, ergriff ihn Schmerz und Bestürzung, da all sein Glück zunichte zu werden drohte. Kurze Zeit nach der Verkündigung des Sehers 'erweckte ihm Gott einen Gegner mit Namen Ader, der aus folgender Ursache die Feindseligkeiten begann. Er war noch jung, von Geburt Idumäer und aus königlichem Geblüt. Als nun Davids Feldherr Joab Idumäa unterjocht und in einem Zeitraum von sechs Monaten alle waffenfähigen Männer umgebracht hatte, floh Ader zu Pharao, dem Könige von
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Ägypten. Dieser nahm ihn freundlich auf, schenkte ihm ein Haus und Ackerland und gewann ihn, als er erwachsen war, so lieb, dass er ihm die Schwester seiner Gattin, Thaphine mit Namen, zur Ehe gab und den Sohn, den diese ihm gebar, mit den königlichen Kindern erziehen ließ. Als aber Ader vernahm, dass David gestorben und Joab getötet worden sei, begab er sich zum König und bat ihn, er möge ihm die Rückkehr in .sein Vaterland gestatten. Pharao fragte ihn darauf, ob er bei ihm vielleicht Mangel gelitten habe oder ob ihm sonst ein Unrecht widerfahren sei, dass er ihn zu verlassen wünsche. Alsdann setzte er ihm mit wiederholten Bitten zu, sodass Ader sich entschloss, zu bleiben. Zu der Zeit aber, als Solomons Glück infolge seiner Sünden und des göttlichen Zornes zu wanken begann, kehrte Ader endlich mit Pharaos Erlaubnis nach Idumäa zurück. Doch versuchte er vergeblich, dieses Land zum Abfall von Solomon zu bewegen; denn es hatte starke Besatzungen, die solche Anschläge schnell unterdrückt haben würden. Deshalb ging er nach Syrien. Dort traf er einen gewissen Raazar, der seinem Herrn, dem König Adrazar von Sophene, entlaufen war und als Räuber das Land unsicher machte. Mit diesem verband er sich, zog mit einer Schar von Räubern weiter, besetzte einen Teil Syriens und ließ sich zum Könige ausrufen. Dann fiel er noch bei Lebzeiten Solomons in das Gebiet der Israeliten ein, verwüstete und plünderte das Land und bereitete so den Hebräern schweres Unheil. 7. Obendrein erhob sich auch gegen Solomon noch ein Landsmann, Jeroboam, der Sohn des Nabataeus, der gemäß einer ihm früher kundgegebenen Prophezeiung die Hoffnung hegte, selbst König zu werden. Schon als Knabe verlor er seinen Vater und wurde von seiner Mutter allein erzogen. Durch seine tapfere und edle Gesinnung hatte er die Aufmerksamkeit Solomons auf sich gelenkt, der ihm bei der Befestigung Jerusalems den Bau der Mauer übertrug. Dieses Amt verwaltete er so gut, dass der König ihn lobte und ihn zum Befehlshaber im Stamme Joseph ernannte. Um die Zeit nun, von der wir reden, begegnete dem Jeroboam vor den Toren von Jerusalem ein Seher aus der Stadt Silo, mit Namen Achias. Dieser begrüßte ihn, führte ihn abseits vom Wege auf einen Acker, wo sie allein waren, zerriss seinen Mantel in zwölf Stücke, hieß Jeroboam zehn davon nehmen und sprach: »SO wird Gott das Reich Solomons zerreißen und seinem Sohne gemäß der Verheißung, die er David gegeben, zwei Stämme, dir aber die anderen zehn Stämme geben, weil Solomon schwer gegen ihn gefrevelt und sich ganz den Weibern und deren Götzen ergeben hat. Da dir nun die Ursache bekannt ist, weshalb Gott sich von Solomon ab gewandt hat, so übe
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Gerechtigkeit und beobachte das Gesetz, weil dir um deiner Frömmigkeit willen die hohe Würde bestimmt, ist, die David innegehabt.« 8. Jeroboam, der von Natur heißblütig und ehrgeizig war, konnte sich infolge dieser Prophezeiung nicht mehr ruhig halten. Sobald er die BefehlshabersteIle erlangt hatte, gedachte er der Worte des Achias, begann das Volk von Solomon abwendig zu machen und beredete es, ihm selbst die Herrschaft zu übertragen. Als Solomon von dieser seiner Absicht Kenntnis erhielt, suchte er seiner habhaft zu werden, um ihn zu töten. Jeroboam aber, dem dies rechtzeitig gemeldet wurde, floh zum ägyptischen König Susak und blieb hier bis zu Solomons Tode, sodass er vor seinen Nachstellungen gesichert war. Solomon aber starb im hohen Alter von vierundneunzig Jahren nach achtzigjähriger Regierung und wurde zu Jerusalern beigesetzt. Er war der glücklichste, reichste und weiseste aller Könige, und nur der eine Schatten ruht auf seinem Namen, dass er noch im Alter sich von seinen Weibern verführen ließ und gegen Gott frevelte. Über diese Sünde und das Leid, welches daraus den Hebräern erwuchs, werde ich noch an anderer Stelle Gelegenheit finden zu reden.
ACHTES KAPITEL Wie nach Solomons Tod das Volk von seinem Sohne Roboam abfiel und wie zehn Stämme den leroboam zum Konig erwählten. 212
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1. Als nach Solomons Tod Roboam, den ihm die Ammaniterin Nooma geboren hatte, ihm in der Regierung gefolgt war, sandten die Stammesoberhäupter sogleich Boten nach Ägypten, um den Jeroboam zurückzurufen. Dieser begab sich darauf nach Sikim, wohin auch Roboam kam, weil er sich den dort versammelten Israeliten als König vorstellen wollte. Die Oberhäupter und Jeroboam baten ihn nun, er möge ihnen ihre Knechtschaft etwas erleichtern und sich milder erweisen als sein Vater, der sie schwer bedrückt habe. Dann würden sie ihm auch ergebener sein und ihm lieber dienen, wenn er sie gnädig behandle, als wenn er ihnen Furcht einflöße. Roboam aber sagte, er wolle ihnen nach drei Tagen Antwort geben, und erregte schon dadurch Argwohn, dass er nicht sogleich ihren Bitten Gehör gab. Sie glaubten nämlich, dass besonders in der Jugend der Sinn der Menschen zur Güte und Milde geneigt sei. Doch schien ihnen immerhin noch
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eine Hoffnung darin zu liegen, dass er versprochen habe, die Sache zu überlegen, und nicht gleich eine abschlägige Antwort erteilte. 2. Roboam ließ hierauf die Freunde seines Vaters kommen und beriet mit ihnen, welche Antwort er dem Volke geben solle. Diese rieten ihm, wie das von wohlwollenden und mit des Volkes Gesinnung vertrauten Männern nicht anders zu erwarten war, er solle das Volk freundlich und mild anreden und sich herablassend benehmen; denn so werde er das Volk für sich gewinnen, weil naturgemäß die Untertanen nichts so gern sähen, als wenn die Herrscher sich ihnen gütig erwiesen und sich ihnen fast gleichstellten. Diesen nützlichen und, wenn auch nicht für immer, so doch beim Regierungsantritt beherzigenswerten Rat wies Roboam indes zurück; denn Gott fUgte es, dass er seinen Vorteil verkannte. Er ließ vielmehr die Jünglinge rufen, die mit ihm aufgewachsen waren, setzte ihnen auseinander, was die Greise ihm geraten hatten, und hieß sie nun auch ihre Ansicht äußern. Diese, die bei ihrer Jugend und dem Ratschlusse Gottes nicht anders konnten, rieten ihm, dem Volke zu antworten, sein kleiner Finger sei dicker als seines Vaters Rumpf. Hätten sie von Solomon harte Behandlung erfahren, so würden sie von ihm eine noch viel härtere erdulden müssen. Habe jener sie mit Peitschen gezüchtigt, so werde er sie mit Skorpionen quälen. Dieser Rat gefiel dem Könige, und da er eine solche Antwort der Würde des Herrschers angemessen erachtete, nahm er, als das Volk sich am dritten Tage voll Verlangen, die Entscheidung des Königs zu hören, und in der Hoffnung, dieselbe werde günstig ausfallen, versammelt hatte, keine Rücksicht auf den Rat der älteren Freunde und erteilte den Bescheid im Sinne der Jünglinge. Das geschah aber nach Gottes Willen, da die Weissagung des Achias sich erfüllen sollte. 3. Roboams Worte trafen alle wie ein Schwerthieb, und sie standen zunächst wie versteinert da, als sollten sie auf die Probe gestellt werden. Dann aber entrüsteten sie sich, und riefen wie aus einem Munde aus, sie wollten von jetzt ab mit David und seinen Nachkommen nichts mehr zu tun haben, und nur den Tempel wollten sie ihm lassen, weil sein Vater denselben erbaut habe. Sie gerieten so sehr in Erbitterung und Zorn, dass sie den Steuerverwalter Adoram, den der König zu ihnen geschickt hatte, um sie zu besänftigen und ihnen Verzeihung anzukündigen, wenn sie vielleicht nur in jugendlichem Wagemut so gehandelt hätten, gar nicht zu Wort kommen ließen, sondern ihn mit Steinwürfen töteten. Als Roboam das sah und befürchtete, sie möchten auch ihn wie seinen Diener zu steinigen versuchen, bestieg er eilig seinen Wagen und floh nach Jerusalern. Die Stämme
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Judas und Benjamin nun erwählten ihn darauf zu ihrem Herrscher, das ganze übrige Volk aber trennte sich von Davids Geschlecht und rief Jeroboam zum König aus. Roboam versammelte alsdann die beiden ihm treu gebliebenen Stämme und stellte aus ihnen ein Heer von hundertachtzigtausend auserlesenen Streitern zusammen, mit dem er gegen Jeroboam und dessen Volk zu Felde ziehen und sie unterwerfen wollte. Doch wurde er hieran von Gott durch einen Seher verhindert, der ihm sagen ließ, es sei frevelhaft, dass er seine eigenen Stammes genossen mit Krieg überziehen wolle, zumal der Abfall des Volkes nach dem Willen Gottes erfolgt sei. Daraufhin unterließ er auch den Ausmarsch. Ich werde nun zunächst von den Taten des Königs Jeroboam reden und dann erst von denen des Königs Roboam, damit in der Geschichtserzählung die notwendige Ordnung gewahrt werde. 4. Jeroboam also baute sich einen Königspalast in der Stadt Sikim und nahm daselbst seinen Wohnsitz. Einen zweiten Palast ließ er in der Stadt Phanuel errichten. Da nun in kurzem das Fest der Laubhütten bevorstand, überlegte er bei sich, das Volk würde vielleicht, wenn es nach Jerusalem zöge, um dort Gott anzubeten und das Fest zu feiern, anderen Sinnes werden und, angelockt von der Pracht des Tempels und des Gottesdienstes, von ihm abfallen und sich dem früheren König wieder zuwenden. Das, dachte er, würde ihn in Lebensgefahr bringen, und er ersann deshalb folgen den Plan. Er ließ zwei goldene Kälber anfertigen und denselben zwei Tempel erbauen, den einen in BetheL den anderen in Den, das bei den Quellen des kleinen Jordan liegt. In jedem dieser Tempel stellte er eines der Kälber auf, ließ die zehn Stämme zusammenkommen und hielt an sie folgende Ansprache: »Thr Stammesgenossen, ihr wisst alle, wie ich glaube, dass Gott allgegenwärtig ist, und dass es keinen Ort gibt, wo er sich besonders aufhielte, sondern dass er überall die Bitten seiner Kinder erhört. Deshalb will ich euch nicht dazu drängen, dass ihr der Gottesverehrung wegen den weiten Weg nach der feindlichen Stadt Jerusalem zurücklegt. Den Tempel daselbst hat doch nur ein Mensch gemacht; in gleicher Weise habe ich zwei goldene Kälber an Gottes statt anfertigen lassen und eins davon in BetheL das andere in Den aufgestellt, damit jeder von euch zu dem ihm am nächsten gelegenen Ort sich begeben und Gott verehren kann. Einige von euch werde ich zu Priestern und Leviten machen, sodass ihr den Stamm Levis und die Nachkommen Aarons nicht mehr nötig habt. Wer also gern Priester werden möchte, opfere Gott ein Kalb und einen Widder, was ja auch der erste Priester Aaron getan haben soll.« Mit diesen Worten betrog
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er das Volk und veranlasste es, von der Religion seiner Vater abzufallen und das Gesetz zu übertreten. Das war fur die Hebräer die Quelle großen Unglücks und die Ursache, weshalb sie von fremden Völkern unterjocht und in die Gefangenschaft geschleppt wurden. Doch hiervon wird später noch die Rede sein. 5. Im siebenten Monat nun, als das Fest bevorstand, wollte er dasselbe in Bethel begehen, wie die beiden anderen Stämme es in Jerusalem feierten; er errichtete daher vor dem Kalbe einen Altar und stieg selbst als Hohepriester mit seinen Priestern zu demselben hinan. In dem Augenblick aber, als er die Opfer im Angesicht des Volkes auf den Altar legen wollte, trat ein Seher mit Namen Jadon, den Gott aus Jerusalem gesandt hatte, auf, stellte sich mitten unter das Volk und sprach, zum Altare gewandt und dem König leicht vernehmlich, also: »Gott verkündet durch mich, dass ein Mann aus Davids Geschlecht mit Namen Josias kommen wird, der auf dir die falschen Priester opfern und die Gebeine dieser Aufwiegler, Betrüger und Gotdosen verbrennen soll. Und damit das Volk hier glaubt, dass dies geschehen werde, will ich euch ein Zeichen verkündigen. Dieser Altar wird zerbersten, und das Fett der Opfertiere von ihm zu Boden fließen.« Über diese Worte des Sehers geriet Jeroboam in Zorn, streckte seine Hand gegen ihn aus und befahl, ihn zu ergreifen. Da sank die ausgestreckte Hand plötzlich herab und wurde wie toten starr, sodass Jeroboam sie nicht mehr erheben konnte. Alsdann zerbarst der Altar, und alles auf ihm Befindliche fiel zur Erde, wie der Seher vorhergesagt hatte. Der König erkannte nun, dass der Mann die Wahrheit gesprochen und auf göttliche Eingebung hin prophezeit habe; er bat ihn daher, er möge zu Gott flehen, dass sein Arm wieder belebt werde. Der Seher entsprach seinem Wunsch und bat zu Gott, und da der Arm darauf sogleich wieder gesund wurde, lud Jeroboam voll Freude den Seher zum Mahle ein. Jadon aber entgegnete, er dürfe sein Haus nicht betreten, noch Speise und 'frank in dieser Stadt zu sich nehmen, weil Gott ihm dies verboten habe. Ja, er dürfe nicht einmal auf dem Wege, den er gekommen, zurückkehren, sondern müsse einen anderen einschlagen. Da bewunderte ihn der König wegen seiner Genügsamkeit, über sich selbst aber geriet er in Angst, weil er nach dem, was vorgefallen, Unheil befürchtete.
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NEUNTES KAPITEL Wie Jadon um seines Ungehorsams willen von einem Löwen zerrissen wurde und wie ein falscher Prophet den König von Gott abwendig machte. 236
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In der Stadt befand sich aber ein gottloser Greis und falscher Prophet, den Jeroboam in hohen Ehren hielt, weil er ihm nur Angenehmes sagte und ihn damit betörte. Dieser Mann war damals ans Bett gefesselt, weil seine Körperkräfte infolge des Alters nachgelassen hatten. Als ihm aber seine Söhne von dem Seher aus Jerusalern erzählten und von den Wunderzeichen im Tempel und der geheilten Hand Jeroboams, befürchtete er, der Fremde möchte sein Ansehen beim Könige schmälern oder ihn gar verdrängen, und befahl daher seinen Söhnen, ihm sogleich seinen Esel zu satteIn, weil er eine Reise machen wolle. Diese befolgten den Befehl alsbald, und so bestieg er den Esel und zog dem Seher nach. Er traf ihn, wie er unter einer hohen und schattigen Eiche ausruhte, und machte ihm Vorwürfe, dass er nicht bei ihm eingekehrt sei und seine Gastfreundschaft in Anspruch genommen habe. Als darauf Jadon einwarf, es sei ihm von Gott verboten gewesen, von einem Bewohner der Stadt etwas anzunehmen, sprach der falsche Prophet zu ihm: »Gott hat dir aber sicher nicht verboten, bei mir zu speisen, denn auch ich bin ein Seher und verehre ihn wie du, und er hat mich jetzt zu dir gesandt, dass ich dich als Gast mit mir nehme.« Jadon glaubte dem Lügner und kehrte um. Als sie nun beim Mahle saßen und sich mit Gesprächen unterhielten, erschien Gott dem Jadon und verkündigte ihm, er werde für seinen Ungehorsam Strafe erleiden; denn es werde ihm ein Löwe begegnen und ihn zerreißen, und so solle er nicht im Grabe seiner Vorfahren ruhen. Hierin kann man Gottes Fügung erkennen, der es zuließ, dass Jeroboam Jadons Worten infolge falscher Auslegung derselben keinen Glauben schenkte. Als Jadon nun auf dem Heimweg nach Jerusalem sich befand, begegnete ihm ein Löwe, der ihn von seinem Reittier riss und tötete. Dem Esel tat er jedoch nichts zuleide, legte sich vielmehr neben ihn und bewachte ihn und den Leichnam des Sehers, bis einige Vorübergehenden es sahen, in die Stadt gingen und es dem falschen Seher anzeigten. Dieser ließ durch seine Söhne den Leichnam in die Stadt holen und bestattete ihn sehr ehrenvoll. Dann aber befahl er seinen Söhnen, sie sollten ihn nach seinem Tode in demselben Grabe beisetzen, und fügte hinzu, es sei alles wahr, was Jadon in Betreff der Stadt, des Altars, der Priester und der
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falschen Propheten geweissagt habe. Wenn er aber nach seinem Tode bei Jadon bestattet werde, würden seine Gebeine unbehelligt bleiben, weil man sie von denen Jadons nicht werde unterscheiden können. Als er so dem Seher die letzten Ehren erwiesen und seinen Söhnen den Auftrag erteilt hatte, begab er sich, boshaft und gottlos wie er war, zu Jeroboam und sprach zu ihm: »Wie konntest du dich durch die Worte jenes Toren so verwirren lassen?« Als der König ihm darauf erzählte, was mit dem Altar und mit seiner Hand sich ereignet habe, und den Jadon einen wahrhaft großen und göttlichen Propheten nannte, fing er in verschmitzter und boshafter Weise an, diese Meinung zu erschüttern und die Wahrheit des Geschehenen durch Zweifel herabzusetzen. Er versuchte nämlich, dem Könige einzureden, sein Arm sei vor Müdigkeit erstarrt, weil er die Opfer damit getragen habe; darauf habe er ein wenig ausgeruht, und so sei der Arm wieder in Ordnung gekommen. Der Altar aber sei deshalb zusammengebrochen, weil er noch frisch erbaut und mit so vielen und großen Opferstücken belastet gewesen sei. Dann erzählte er ihm, wie den Verkündiger dieser angeblichen Wunderzeichen ein Löwe zerrissen habe. Das beweise doch, dass er kein wirklicher Seher gewesen sei. Mit diesen Reden beschwatzte er auch wirklich den König und trieb ihn, nachdem er ihn immer mehr von Gott und der Gerechtigkeit abgewendet hatte, schließlich zu allen Schlechtigkeiten an. So groß war Jeroboams Bosheit und Vermessenheit gegen Gott, dass er Tag für Tag nur darauf sann, wie er immer wieder neue Freveltaten vollbringen könne. Das mag für jetzt von Jeroboam genügen.
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ZEHNTES KAPITEL Von Roboam und seiner Bestrafung durch Susak.
1. Roboam, der Sohn Solomons, der, wie gesagt, über zwei Stämme die Herrschaft führte, baute oder befestigte folgende Städte: Bethlehem, Etame, Thekoa, Bethsura, Socho, Odollam, Ipan, Marissa, Zipha, Adoralm, Lachis, Azeka, Saralm, Elom und Chebron, alle im Stamme Judas gelegen. Auch im Stamme Benjamin erbaute er große Städte, befestigte sie, legte Besatzungen unter besonderen Befehlshabern hinein und versah sie reichlich mit Getreide, Wein, Öl und allen anderen notwendigen Lebensmitteln, sowie mit Schilden und Speeren für Tausende von Kriegern. In Jerusalern
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versammelten sich um ihn die Priester und Leviten aus dem ganzen Lande der Israeliten samt denen aus dem Volke, die noch gut und gerecht waren. Diese verließen ihre Wohnsitze, um Gott nach der Sitte ihrer Väter in Jerusalem zu verehren, und verabscheuten die Kälberanbetung Jeroboams. So vermehrten sie drei Jahre lang die Macht Roboams. Dieser heiratete, nachdem er schon früher eine Verwandte zur Ehe genommen und mit ihr drei Kinder gezeugt hatte, noch eine andere Verwandte mit Namen Machane, eine Tochter der Thanar, welche den Abesalom zum Vater hatte. Von dieser Letzteren erhielt er einen Sohn Abias. Auch von anderen Gattinnen hatte er noch mehrere Kinder, doch liebte er die Machane am meisten. Im Ganzen hatte er achtzehn rechtmäßige Gattinnen und dreißig Kebsweiber, von denen er zusammen achtundzwanzig Söhne und sechzig Tochter erhielt. Zu seinem Nachfolger ernannte er Abias, den Sohn der Machane, und vertraute ihm seine Schätze und die festesten Plätze an. 2. Ich glaube, dass gar oft den Menschen ihr Glück und Wohlstand zur Ursache von Schlechtigkeit und Bosheit wird. So wandte sich auch Roboam, als er seine Macht wachsen sah, zu Freveln und Verbrechen jeder Art, vergaß den Dienst und die Verehrung Gottes und verleitete seine Untertanen, dasselbe zu tun. Es pflegen ja leider mit den Sitten der Herrscher auch die der Untergebenen zu entarten, und die letzteren folgen meist den Lastern der Fürsten, um nicht durch ihr gutes Betragen deren Ruchlosigkeit anzuschuldigen. Anders können sie ja nicht den Schein wahren, als ob sie die Taten der Fürsten billigten. So erging es auch Roboams Untertanen, die, als er die Gesetze freventlich übertrat, sich bemühten, durch ungerechten Lebenswandel der Gesinnung des Königs ihre Anerkennung zu zollen. Gott aber schickte den Ägypterkönig Susak, um den Roboam zu bestrafen. Herodot hat irrtümlicherweise dessen Taten dem Könige Sesostria beigelegt. Susak also zog im fünften Jahre der Regierung Roboams mit einem gewaltigen Heere gegen ihn zu Felde. Es folgten ihm nämlich zwölfhundert Wagen, sechzigtausend Reiter und vierhunderttausend Mann Fußvolk, von denen die meisten Libyer und Äthiopier waren. Mit diesen fiel er in das Land der Hebräer ein, nahm die festesten Städte Roboams ohne Schwertstreich, legte Besatzungen in dieselben und zog dann auch vor Jerusalem. 3. Als nun Roboam und sein Volk in der Stadt von Susaks Heer eingeschlossen waren, wandten sie sich wieder flehentlich an Gott, er möge ihnen Sieg und Rettung verleihen, konnten ihn aber nicht dazu bewegen. Vielmehr verkündete ihnen der Prophet Samaeas, Gott wolle sich von ihnen wenden, wie sie sich auch von ihm und seinem Dienste ab gewandt hätten.
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Als sie dies hörten, entsank ihnen der Mut, und hilflos wie sie waren, fingen sie an einzugestehen, dass Gott sie mit Recht verschmähe, weil sie gegen ihn gefrevelt und seine Gebote und Satzungen übertreten hätten. Da nun Gott sie so zerknirscht und reumütig sah, verkündete er dem Seher, er werde sie nicht verderben, sie aber den Ägyptern unterjochen, damit sie erprobten, ob es leichter sei, einem Menschen zu dienen, oder Gott. Susak nahm also auch Jerusalem ohne Schwertstreich ein, weil Roboam ihm aus Furcht die Tore öffnete. Doch blieb er dem Vertrage nicht treu, sondern plünderte den Tempel, raubte die Schatzkammer Gottes wie des Königs aus, schleppte eine unermessliche Menge Gold und Silber mit sich und ließ so gut wie nichts zurück. Auch die goldenen großen und kleinen Schilde, die Solomon hatte anfertigen lassen, nahm er mit, im Gleichen die goldenen Köcher, die David dem Könige von Sophene genommen und Gott geweiht hatte. Darauf kehrte er nach Hause zurück. Diesen Kriegszug erwähnt auch Herodot aus Halikarnassos, der sich nur im Namen irrt und erzählt, der König habe außer vielen anderen Völkern auch das palästinische Syrien unterjocht und zwar ohne Schwertstreich. Er meint damit offenbar die Unterwerfung unseres Volkes durch den Ägypter. Auch berichtet er, der König habe in dem Lande der also Unterjochten Säulen mit Darstellungen weiblicher Schamteile* zurückgelassen, und es sei unser König Roboam gewesen, der ihm ohne Kampf die Stadt übergeben habe. Ferner sagt er, die Äthiopier hätten von den Ägyptern die Beschneidung** gelernt; »denn auch die Phöniker«, fügt er hinzu, »und die in Palästina wohnenden Syrer haben dieselbe nach ihrer Angabe von den Ägyptern überkommen«. Bekannt ist aber, dass in Palästina keine Syrer sich der Beschneidung bedienen, als wir. Doch mag jeder hierüber denken, wie er will. 4. Nach Susaks Abzug verabfolgte Roboam der königlichen Leibwache statt der goldenen Schilde eine gleiche Anzahl eherner, die er hatte anfertigen lassen. Da es ihm nun nicht beschieden war, in Kriegszügen und glänzenden Taten sich auszuzeichnen, so regierte er zwar in aller Ruhe, doch unter beständiger Furcht vor Jeroboam, mit dem er in Feindschaft lebte. Er starb im Alter von siebenundfünfzig Jahren, von denen siebzehn auf seine Regierung kamen. Stolz und unvernünftig wie er war, hatte er nur deshalb einen so großen Teil seines Reiches eingebüßt, weil er den Rat der Freunde seines Vaters nicht befolgte. Bestattet wurde er zu Jerusalem im königlichen * Als Zeichen der Feigheit (vergl. Herodot 1L 102 und 106). ** Vergl. Herodot 1L 104.
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Grabmal. Thm folgte sein Sohn Abias im achtzehnten Jahre der Herrschaft Jeroboams über die zehn Stämme. Es erübrigt jetzt noch, dass ich auch von Jeroboams Ende berichte. Dieser fuhr fort, Gott zu beleidigen, errichtete auf hohen Bergen einen neuen Altar nach dem anderen und ernannte neue Priester aus dem Volke.
ELFTES KAPITEL Tod des Sohnes leroboams. Abias besiegt den leroboam und stirbt bald darauf. Sein Nachfolger Asanus. Tod leroboams und seines Sohnes Nadab. 266
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1. Kurz nachher aber ließ Gott fur seine Freveltaten die verdiente Strafe über sein Haupt und sein ganzes Geschlecht kommen. In dieser Zeit nämlich erkrankte Jeroboams Sohn Obimes, und er befahl deswegen seiner Gattin, sie solle ihre königliche Kleidung ablegen und in gewöhnlichem Gewande sich zum Seher Achias begeben, der eine wunderbare Sicherheit darin besitze, die Zukunft vorherzusagen, da er ihm seine Erwählung zum König prophezeit habe. Sobald sie zu ihm käme, sollte sie sich fremd stellen und ihn fragen, ob ihr Sohn wieder genesen würde. Die Königin ging darauf, wie ihr Gatte ihr befohlen hatte, in Verkleidung nach Silo, wo Achias wohnte. Als sie nun im Begriffe war, sein Haus zu betreten, erschien dem Seher, der vor Alter erblindet war, Gott und offenbarte ihm, dass Jeroboams Gattin ihn besuchen komme und was er auf ihre Frage antworten solle. Die Königin gab sich nun für eine fremde Frau der niederen Stände aus. Der Seher aber rief ihr zu: »Tritt ein, Jeroboams Weib, weshalb verstellst du dich? Gott, vor dem nichts verborgen bleibt, hat mir in einer Erscheinung deine Ankunft verkündigt und mir vorgeschrieben, was ich dir sagen soll.« Als sie darauf sich zur Rückkehr anschickte, hieß er sie ihrem Gatten Folgendes mitteilen: »Ich habe dich aus kleinen und niedrigen Verhältnissen zu hoher Stellung erhoben, von Davids Haus die Herrschaft genommen und sie dir gegeben. Du aber hast dessen nicht gedacht, meinen Dienst vernachlässigt und dir Götter aus Gold gemacht, um sie zu verehren. Darum will ich dich vernichten samt deinem ganzen Geschlecht, und es den Hunden und Vögeln zur Speise überantworten. Einen König will ich inir über die Israeliten erwählen, der niemand aus Jeroboams Geschlecht am Leben lassen wird. An dieser Strafe soll auch das Volk Anteil haben,
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denn ich werde es aus dem gelobten Lande vertreiben und in die Gegend jenseits des Euphrat verbannen, weil es sich zum Genossen der Frevel seines Herrschers gemacht und die von ihm verfertigten Götter angebetet hat, ohne meines Dienstes zu gedenken. Du aber, Weib, geh eilig zu deinem Gatten, um ihm dies zu melden. Du wirst deinen Sohn als Leiche vorfinden, denn sowie du den Fuß in die Stadt setzest, wird er sterben. Das ganze Volk wird wehklagend seinem Sarge folgen, denn an ihm allein aus Jeroboams Geschlecht ist Gutes erfunden worden.« Über diese Prophezeiung entsetzte sich die Königin, und untröstlich über den bevorstehenden Tod ihres Sohn~s stürzte sie hinweg und legte den Weg unter Jammern und Wehklagen zurück. Von unsäglichem Leid gequält, beschleunigte sie ihre Schritte, obgleich sie ihren Sohn so nur noch eher als Leiche sehen sollte; doch glaubte sie ihrem Gatten die Eile schuldig zu sein. Bei ihrer Ankunft fand sie ihren Sohn tot vor, wie der Seher ihr vorausgesagt hatte, und erzählte dem Könige alles. 2. Jeroboam aber kümmerte sich nicht darum, sondern hielt eine große Aushebung ab, um ein Heer zusammenzubringen zum Kriege gegen Abias, den Sohn Roboams, der seinem Vater in der Regierung gefolgt war, und den er seiner Jugend wegen als Gegner nicht sonderlich anschlug. Abias aber geriet über die Nachricht von dem Anmarsch Jeroboams keineswegs in Schrecken, sondern zog mit einem für sein Alter ungewöhnlichen und dem Feinde unerwarteten Mut ein Heer aus den beiden Stämmen zusammen und rückte dem Jeroboam bis zu einem Ürte, der Semaron heißt, entgegen. Hier schlug er in dessen Nähe ein Lager auf und rüstete sich zum Kampfe. Er hatte vierhunderttausend Streiter, Jeroboams Heer dagegen war doppelt so groß. Als nun die Heere bereits in Schlachtordnung standen, bestieg Abias eine Anhöhe und gab mit der Hand ein Zeichen, Jeroboam und das Volk möchten ihn anhören. Und da Stille eingetreten war, fing er also an zu reden: »Es ist euch wohl bekannt, dass Gott den David und seinen Nachkommen die Herrschaft fur alle Zeiten verliehen hat. Deshalb wundere ich mich, dass ihr meinen Vater verlassen, euch seinem Knechte Jeroboam anschließen konntet und jetzt mit ihm in den Krieg gezogen seid, um den anzugreifen, den Gott zum Herrscher erwählt hat, und ihm seinen Besitz zu entreißen. Den größten Teil des Reiches hat ja Jeroboam inne, doch wird er sich dessen nicht lange mehr erfreuen. Vielmehr wird Gott ihn für seine vielen Freveltaten wie auch dafür bestrafen, dass er euch zu denselben verführt hat. Mein Vater hat euch kein Unrecht getan, und bloß deshalb habt ihr euch von ihm losgesagt, weil er schlechtem Rate
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folgend euch in der Versammlung nichts Angenehmes sagte. Thn habt ihr wegen seines angeblichen Zornes verlassen, in Wahrheit aber seid ihr von Gott und seinen Geboten abgewichen. Es wäre daher billig, wenn ihr der harten Worte des noch jungen und unerfahrenen Roboam nicht mehr gedenken, vielmehr an Solomon und seine Wohltaten euch erinnern wolltet. Denn der Vater Verdienst tilgt die Fehler ihrer Nachkommen. Daran habt ihr aber nicht gedacht, noch denkt ihr jetzt daran, sondern rückt in gewaltiger Masse gegen uns aus. Wovon erwartet ihr denn eigentlich den Sieg? Vielleicht von euren goldenen Kälbern und den hochragenden Altären, die nicht Zeichen eurer Frömmigkeit, sondern eurer Gottlosigkeit sind? Oder macht euch eure überlegene Zahl Hoffnung auf den Sieg? Doch nichts vermag bei einem Heere die Zahl, wenn der Krieg in Bosheit und Frevelmut angefangen wird. Denn auf Gerechtigkeit und Frömmigkeit allein beruht die sichere Siegeshoffnung. Diese aber ist auf unserer Seite, die wir von Anfang an die Gesetze beobachtet und Gott verehrt haben, ihn, der nicht von Menschenhänden aus vergänglichem Stoffe gemacht ist und der sich nicht von einem frevelhaften Könige täuschen lässt, sondern der durch sich selbst ist und den Anfang und das Ende aller Dinge bildet. Daher ermahne ich euch, Vernunft anzunehmen und vom Kriege abzustehen. Denkt an die Satzungen eurer Vater und erinnert euch daran, was euch zur Größe eures Glückes erhoben hat.« 3. So sprach Abias zum Volke. Wahrend er aber noch redete, sandte Jeroboam heimlich aus seinem Lager eine Abteilung Krieger, die auf Schleichwegen den Abias umzingeln sollten. Als dieser nun plötzlich von Feinden umgeben war, entsank seinen Kriegern aller Mut. Abias aber ermunterte sie und riet ihnen, auf Gott zu vertrauen, den die Feinde nicht einschließen könnten. Da beteten alle einstimmig zu Gott um Hilfe, und während die Priester in die Posaune stießen, stürzten sie mit lautem Geschrei auf die Feinde los. Diesen nahm Gott den Mut und ließ sie dem Heere des Abias unterliegen. Und es entstand unter ihnen ein solches Blutbad, wie es nie in einem Kriege, weder bei den Griechen noch bei den Barbaren, vorgekommen ist, sodass Abias' Krieger einen herrlichen und wunderbaren Sieg erfochten. Sie töteten fünfhunderttausend Feinde; dann erstürmten und plünderten sie die festesten Städte derselben und eroberten Bethel und Isana nebst deren Gebiet. Nach dieser Niederlage konnte Jeroboam sich nicht mehr aufraffen, solange Abias am Leben blieb. Doch starb dieser bald nach dem Siege und wurde zu Jerusalern im Grabe seiner Vorfahren beigesetzt. Er hinterließ zweiundzwanzig Söhne und sechzehn Töchter, die er von vier-
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zehn Gattinnen erhalten hatte. In der Regierung folgten ihm sein Sohn Asanus und dessen Mutter Machaja, da Ersterer noch jung war. Während der Regierung des Asanus erfreute sich dann das Land der Israeliten eines zehnjährigen Friedens. 4. So viel mag über Abias, den Sohn Roboams und Enkel Solomons, genügen. Jeroboam, der König der zehn Stämme, starb nach einer Regierung von zweiundzwanzig Jahren, und es folgte ihm sein Sohn Nadab, als Asanus bereits zwei Jahre König war. Jeroboams Sohn regierte zwei Jahre und war seinem Vater an Ruchlosigkeit und Gottlosigkeit vollkommen ebenbürtig. In den beiden Jahren seiner Regierung führte er Krieg gegen die Stadt Gabatho im Gebiete der Palästiner und belagerte dieselbe. Hierbei kam er infolge der Nachstellungen eines seiner Freunde mit Namen Basanes, Sohnes des Machelus, um. Dieser riss nach Nadaba Tod die Herrschaft an sich und vertilgte Jeroboams ganzes Geschlecht. Dabei ging Gottes Weissagung in Erfüllung; denn einige von Jeroboams Verwandten, die in der Stadt gefallen waren, wurden von Hunden zerrissen und verschlungen, andere, die auf dem Lande erschlagen wurden, fielen den Vögeln zum Opfer. So erlitt Jeroboams Haus die wohlverdiente Strafe rür seine Gottlosigkeit und seine Freveltaten.
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ZWÖLFTES KAPITEL Der Äthiopierkönig Zaraeus wird von Asanus besiegt. Asanus ruft gegen Basanes den König von Damaskus zu Hilfe. Ausrottung des Geschlechtes des Basanes. Zamares. Achab.
1. Asanus, der König zu Jerusalern, war ein Mann von vortrefflichen Eigenschaften. Vor allem war er gottesfürchtig, und bei all seinem Tun und Denken hatte er nur Gott und die Beobachtung des Gesetzes im Auge. Seinem Reiche war er ein wohlwollender Herrscher, und er scheute sich auch nich~ wo es nötig war, das Schlechte auszurotten und alles Unreine zu beseitigen. Sein Heer bestand aus dreihunderttausend Kriegern vom Stamme Judas, die Schild und Lanze führten, und zweihundertfünfzigtausend Schildträgern und Bogenschützen vom Stamme Benjamin. Als seine Regierung zehn Jahre gewährt hatte, zog Zaraeus, der König von Äthiopien, mit großer Heeresmacht gegen ihn zu Felde. Dieser führte neunhunderttau-
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send Mann Fußvo~ hunderttausend Reiter und dreihundert Wagen mit sich. Als er bis zur Stadt Maresa im Stamme Judas vorgerückt war, warf sich Asanus ihm entgegen, stellte in einem Tale, welches Saphtha heißt, nicht weit von der Stadt sein Heer in Schlachtordnung auf und bat, als er die große Menge der Äthiopier erblickte, mit erhobener Stimme zu Gott, er möge die vielen tausend Feinde in seine Hand geben. »Auf nichts anderes«, sagte er, »setze ich mein Vertrauen, als auf dich, 0 Herr, durch den wenige über viele und Schwache über Starke die Oberhand gewinnen können. Mit deiner Hilfe hoffe ich über Zaraeus zu siegen.« 2. Als Asanus so flehte, gab ihm Gott ein Zeichen des Sieges, worauf er wacker die Äthiopier angriff, eine Menge von ihnen tötete, die übrigen in die Flucht schlug und sie bis in die Gegend, von Gerara verfolgte. Endlich waren die Hebräer des Mordens müde und wandten sich nunmehr zur Plünderung der Stadt Gerara und des feindlichen Lagers. Dabei fiel eine Menge Gold, Silber, Kamele, Zug- und Weidevieh in ihre Hände. Nach diesem glänzenden, mit Gottes Hilfe errungenen Siege zog Asanus an der Spitze seines Heeres wieder nach Jerusalem zurück. Nicht weit von der Stadt begegnete ihnen ein Seher, Azarias mit Namen. Dieser bat sie, ein wenig zu verziehen, und sprach also zu ihnen: »Diesen Sieg hat euch Gott gegeben, weil ihr euch stets gerecht und fromm bewiesen habt und in allen Dingen seinem Willen gehorsam gewesen seid. Fahrt ihr so fort, so wird Gott immer die Feinde in eure Hand geben und euch ein glückliches Leben verleihen. Fallt ihr aber von wahrer Gottesverehrung ab, so wird das gerade Gegenteil euch treffen, und es wird die Zeit kommen, da kein wahrer Prophet und kein gerechter Priester mehr im Volke zu finden sein wird. Auch eure Städte werden dann verwüstet werden, und eure Volksgenossen als Fremdlinge auf dem ganzen Erdkreise umherirren. Befleißigt euch also, da es noch Zeit ist, der Gottesfurcht und bringt euch nicht selbst um das Wohlwollen Gottes.« Über diese Worte freute sich der König wie das Vo~ und alle versicherten ihre Bereitwilligkeit, an Recht und Gerechtigkeit festzuhalten. Auch stellte der König im ganzen Lande besondere Männer an, die auf sorgfaItige Beobachtung des Gesetzes sehen sollten. 3. So stand es mit Asanus, dem Könige der beiden Stämme. Nunmehr wende ich mich wieder zu Basanes, dem Könige der übrigen Stämme, der Jeroboams Sohn Nadab getötet und die Herrschaft an sich gerissen hatte. Er residierte in der Stadt Tharsa und regierte vierundzwanzig Jahre, war aber noch gottloser und verruchter als Jeroboam und dessen Sohn, bedrückte das Volk und schmähte Gott. Der Herr sandte ihm deshalb den
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Seher Jehu und ließ ihm verkündigen: »Dein ganzes Geschlecht will ich vertilgen und dieselben Plagen über dich verhängen, wie sie über Jeroboams Haus gekommen sind. Denn obwohl du durch meine Gnade König geworden bist, hast du derselben nicht durch eine fromme und gerechte Regierung entsprochen, was sowohl mir angenehm, als auch dir ersprießlich gewesen wäre. Vielmehr hast du Jeroboams Bosheit nachgeahmt, dessen Geist in dir fortlebt. Da du ihm also gleich geworden bist, soll auch gleiche Strafe dich treffen.« Obwohl nun Basanes erfahren hatte, welches Leid ihn und sein Geschlecht für seine Schandtaten treffen würde, ließ er doch von seinem Lebenswandel nicht ab, wodurch er vielleicht noch Verzeihung von Gott erlangt haben würde. Hartnäckig vielmehr, wie der Fleißige dem Preise, strebte Basanes trotz der Verkündigung des Sehers dem Untergange seines Geschlechtes entgegen, als sei das etwas Gutes, und häufte, als kämpfe er um die Wette in der Ruchlosigkeit, täglich neue Frevel zu den anderen. Zuletzt griff er auch noch mit einem Heere die nicht unansehnliche Stadt Armathon, vierzig Stadien von Jerusalern entfernt, an, nahm sie ein und befestigte sie in der Absicht, dort eine Besatzung hinzulegen, die durch feindliche Einfälle das Reich des Asanus beunruhigen sollte. 4. Über dieses Unternehmen seines Feindes geriet Asanus in Furcht, und da er bedachte, wie viel Schaden die Besatzung Armathons seinem Lande zufügen könnte, schickte er Gesandte mit Geschenken in Gold und Silber an den König von Damaskus, um dessen Bundesgenossenschaft zu erbitten und ihn daran zu erinnern, welche Freundschaft schon zwischen ihren Vätern bestanden habe. Dieser nahm die Geschenke an und schloss gern das begehrte Bündnis ab; dem Basanes aber kündigte er die Freundschaft und schickte 1ruppen in dessen Gebiet, um es zu beunruhigen. So wurden die Städte Ahion, Dana, Abellane und viele andere teils eingeäschert, teils geplündert. Als der König das vernahm, gab er die Befestigung von Armathon auf und zog in Eile zurück, um seinen bedrängten Untertanen Hilfe zu bringen. Von dem Material, das er zur Befestigung Armathons bestimmt hatte, erbaute Asanus in derselben Gegend zwei feste Plätze, Gaba und Maspha. Basanes aber war es nicht mehr vergönnt, gegen Asanus zu Felde zu ziehen; denn es ereilte ihn der Tod, und er ward in Tharsa begraben. In der Regierung folgte ihm alsdann seine Sohn Elanus, der schon zwei Jahre nachher von Zamares, dem Befehlshaber seiner halben Reiterei, umgebracht wurde. Denn als Elanus einst bei seinem Verwalter Orsa speiste, und keiner von seinen Feldherren oder von der Leibwache ihm zu Hilfe kommen konnte, da sie sämtlich bei der Belagerung von Gabatha, einer Stadt der Palästiner,
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beschäftigt waren, beredete Zamares einige von seinen Reitern, ihn zu überfallen. 6. Nach der Ermordung des Elanus riss Zamares die Herrschaft an sich und ließ nach Jehus Prophezeiung das Geschlecht des Basanes vollständig ausrotten, das auf dieselbe Weise umkam, wie ich von Jeroboams Geschlecht berichtet habe. Als das Heer, welches vor Gabatha lag, hörte, was dem Könige zugestoßen sei, und dass Zamares, sein Mörder, sich der Herrschaft bemächtigt habe, rief es seinen Führer Amarinus* zum Könige aus. Dieser brach sogleich von Gabatha auf, zog zur königlichen Residenz Tharsa und eroberte die Stadt im Sturm. Zamares zog sich darauf in das Innere seines Palastes zurück, legte Feuer an denselben und verbrannte mit ihm, nachdem er nur sieben Tage regiert hatte. Das Volk der Israeliten aber teilte sich, und es wählte der eine Teil den Thamnaeus, der andere den Amarinus zum Könige. Der Letztere behielt die Oberhand und wurde, nachdem Thamnaeus umgekommen war, König über das gesamte Volk. Er trat seine Regierung im dreißigsten Jahre der Herrschaft des Asanus an und behielt sie zwölf Jahre lang, von denen er sechs Jahre in Tharsa und sechs in Semareon, welches die Griechen Samaria nennen, residierte. Er selbst nannte die Stadt Semareon nach einem gewissen Semar, der ihm den Berg verkauft hatte, auf welchem sie erbaut war. Zwischen ihm und den früheren Königen bestand nur der eine Unterschied, dass er noch ruchloser war als jene. Alle hatten sie übrigens das Bestreben, das Volk durch fortwährende Verübung von Freveltaten Gott zu entfremden. Deshalb ließ auch der Herr einen von ihnen durch den anderen umbringen und ihre Geschlechter zugrunde gehen. Amarinus starb in Samaria, und es folgte ihm sein Sohn Achab. 6. Aus dem Gesagten kann man so recht erkennen, wie sehr Gott sich um die menschlichen Angelegenheiten kümmert und wie er die Guten liebt, die Bösen aber hasst und vernichtet. Die Könige der Israeliten nämlich gingen wegen ihrer Freveltaten samt ihrem Geschlechte zum größten Teil einer durch den anderen zugrunde. Asanus aber, der König von Jerusalem und den zwei Stämmen, erreichte wegen seiner Frömmigkeit und Gerechtigkeit ein hohes Alter und starb nach einundvierzigjähriger Regierung eines seligen Todes. Nach seinem Ableben übernahm die Herrschaft sein Sohn Josaphat, den ihm die Abida geboren hatte. Diesen hielten alle wegen seiner 'fugend und Frömmigkeit für den würdigen Nachfolger seines Vorfahren David. Doch hiervon später. * Omri.
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DREIZEHNTES KAPITEL Achabs und Jezabels Gottlosigkeit. Der Prophet Elias. Nabuths Schicksal.
1. Achab residierte in Samaria und herrschte zweiundzwanzig Jahre lang. Auch er unterschied sich in nichts von seinen Vorgängern als darin, dass er allen möglichen Schändlichkeiten ergeben war. Alle ihre Verbrechen und Freveltaten ahmte er nach, besonders aber Jeroboams Ruchlosigkeit: denn er betete nicht nur dessen goldene Kälber an, sondern ersann auch noch andere Gräuel. Zur Ehe nahm er die Tochter des Königs Ithobal von Tyrus und Sidon, die Jezabel hieß, und von der er die Verehrung ihrer heimischen Götter lernte. Sie war ein verwegenes und unruhiges Weib und ging in ihrer Frechheit und in ihrem Hochmut so weit., dass sie sogar dem Götzen, den die Tyrier Bel nennen, einen Tempel erbaute. Diesen umgab sie mit einem Hain von allerlei Bäumen und setzte ihrem Gott Priester und falsche Propheten ein. Auch der König hatte solches Gelichter um sich und übertraf überhaupt alle seine Vorgänger an Gottlosigkeit und Frevelmut. 2. Da kam ein Seher des allmächtigen Gottes aus Thesbona, einer Stadt im Galaditerlande, zu Achab und verkündete ihm, Gott werde in den folgenden Jahren weder Regen noch Tau zur Erde senden, bis er selbst sich wieder einfinden werde. Das bekräftigte er mit einem Eide und zog sich dann nach dem Norden des Landes zurück, wo er an einem Bache wohnte, der ihn mit Trinkwasser versorgte, während seine Speise ihm von Raben gebracht wurde. Als kurz darauf aber auch dieser Bach austrocknete, begab er sich auf Gottes Geheiß zur Stadt Sarephtha, die unweit Tyrus und Sidon in der Mitte zwischen beiden Städten lag. Dort sollte er eine Witwe finden, die ihn mit Nahrung versehen würde. Als er nun dem Stadttor sich näherte, erblickte er eine Frau, die mit Holzsammeln beschäftigt war. Und da Gott ihm offenbarte, das sei die Frau, die ihm Speise geben würde, ging er auf sie zu und bat sie unter freundlichem Gruß, ihm etwas Wasser zum Trinken zu geben. Sie ging sogleich weg, um es zu holen, worauf er sie zurückrief und sie auch ein Brot mitbringen hieß. Als sie aber hoch und teuer schwor, sie habe nichts im Hause als etwas Mehl und Öl, und habe sich ein wenig Holz zusammengesucht., um sich und ihrem Sohne einen Kuchen zu backen und dann Hungers zu sterben, da sie sonst nichts mehr besitze, sprach er zu ihr: »Geh nach Hause und sei gutes Muts. Bereite mir ein wenig Speise und bringe sie her. Denn ich sage dir, dein Mehlgefaß und dein Ölkrug werden
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nicht leer werden, bis Gott wieder Regen schickt.« Als der Prophet so gesprochen, begab sie sich nach Hause und tat, wie er befohlen hatte. Und von da an hatte sie so viel, dass sie nicht nur sich und ihren Sohn, sondern auch noch den Propheten ernähren konnte, und keiner von ihnen litt Mangel, bis die Dürre nachließ. Dieser Trockenheit gedenkt auch Menander, der in der Geschichte des tyrischen Königs Ithobal also sagt: »Unter seiner Regierung herrschte eine große Dürre, die vom Monat Hyperberetaios des einen Jahres bis zum selben Monat des nächsten Jahres dauerte. Als er dann zu den Göttern beten ließ, entstanden heftige Gewitter. Er gründete die Städte Bottys in Phönizien und Auza in Libyen.« Damit meint Menander die Dürre unter Achab, da um diese Zeit Ithobal über die Tyrier herrschte. 3. Als nun der Sohn der eben genannten Frau, die den Propheten mit Speise versorgte, in eine Krankheit fiel und infolge davon den Geist aufgab, wehklagte sie, schlug sich mit den Fäusten und stieß schmerzliche Jammerlaute aus, indem sie die Schuld an dem Unglücke der Ankunft des Sehers zuschrieb, der sie wegen ihrer Sünden angeklagt habe, sodass ihr Sohn habe sterben müssen. Er aber hieß sie getrost sein und ihm den Sohn übergeben, den er ihr lebend wiedergeben werde. Darauf trug er ihn in das Gemach, das ihm zur Wohnung diente, legte ihn auf sein Lager und rief zu Gott, das sei doch eine unverdiente Vergeltung dafür, dass die Frau ihn aufgenommen und verpflegt habe. Alsdann bat er, Gott möge dem Knaben das Leben wiedergeben. Da erbarmte sich der Herr des traurigen Loses der Mutter, und um zu beweisen, dass er den Seher nicht zu ihrem Unheil gesandt habe, erwies er sich dem Letzteren gefällig und erweckte den Knaben wider alles Erwarten zum Leben. Die glückliche Mutter bedankte sich bei dem Propheten und rief aus, nun habe sie klar erkannt, dass Gott durch ihn rede. 4. Kurz danach begab sich der Prophet auf Gottes Geheiß wieder zum Könige Achab, um ihm den bevorstehenden Regen zu verkünden. Die Hungersnot hatte unterdessen im ganzen Lande gewütet, und nicht nur die Menschen litten Mangel, sondern auch die Pferde und anderes Vieh, da die Weiden infolge der Dürre keine Nahrung darboten. Da rief der König seinen Verwalter Obedias zu sich und befahl ihm, an den Quellen und Bächen nach Gras zu suchen. Finde er welches, so solle er es abmähen lassen und dem Vieh verfüttern. Ferner sandte er im ganzen Lande Boten umher, die den Propheten Elias suchen sollten, und da sie ihn nicht fanden, befahl er dem Obedias, ihn zu begleiten. Und so zogen sie aus, Obedias auf dem einen, der König auf dem anderen Wege. Obedias aber hatte einst, als die Königin Jezabel die Seher umbringen ließ, deren hundert in unterirdischen
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Höhlen verborgen und sie mit Brot und Wasser versorgt. Als er sich nun vom Könige getrennt hatte, begegnete ihm der Seher Elias, und nachdem er von ihm erfahren, wer er sei, fiel er vor ihm nieder. Der Prophet aber hieß ihn zum Könige gehen und dort melden, Elias werde bald erscheinen. Darauf entgegnete Obedias: »Was habe ich denn gegen dich verbrochen, dass du mich zu dem schickst, der das ganze Land durchsuchen ließ, um dich zu töten? Weißt du denn nicht, dass es keinen Ort gibt, wohin er nicht Boten gesandt hat, um dich zu ergreifen und ihm zuzuführen? Nun fürchte ich, dass du dich unter Gottes Hilfe von hier entfernen willst. Da ich vom Könige geschickt bin, dich zu suchen, so muss ich, wenn ich dich nicht ausfindig machen kann, den Tod erleiden. Ich bitte dich also, mich zu retten und daran zu denken, dass ich die hundert Seher vor dem Untergang bewahrt habe und sie noch jetzt heimlich mit Speise versorge.« Der Prophet aber ermahnte ihn, ohne alle Furcht zum Könige zu gehen, und versprach ihm eidlich, dass er noch an diesem Tage sicher vor Achab erscheinen werde. 5. Als Obedias dem Achab den Aufenthaltsort des Elias angezeigt hatte, zog Achab ihm entgegen und fragte ihn zornig, ob er es sei, der dem hebräischen Volke die Hungersnot beschert habe. Dieser aber entgegnete ohne alle Beschönigung: »Du selbst mitsamt deinem Geschlechte hast all das Unheil verschuldet, weil du fremde Götter ins Land gebracht und sie verehrt, deinen eigenen Gott aber, der der wahre Gott ist, verlassen und verachtet hast. letzt gehe hin und versammle das ganze Volk auf dem Berge Karmel, auch deine und deines Weibes Seher, wie viele es auch sein mögen, sowie die Priester deiner heiligen Haine, im Ganzen gegen vierhundert.« Als nun auf des Könige Geheiß alle auf dem genannten Berge sich versammelt hatten, trat der Prophet Elias mitten unter sie und sprach: »Wie lange wollt ihr euch noch der wahren Einsicht verschließen? Haltet ihr den Gott eurer Vater für den wahren und alleinigen Gott, so folget ihm und seinen Geboten; achtet ihr ihn aber für nichts und glaubt ihr, dass den fremden Göttern eure Verehrung gebühre, so gebt euch diesen hin.« Als das Volk hierauf nichts erwiderte, schlug Elias vor, er wolle, um die Macht der fremden Götter und ihres eigenen Gottes zu erproben, obgleich er nur allein dastehe, die anderen aber zu vierhundert seien, einen Ochsen nehmen, ihn schlachten und auf einen Holzstoß legen, ohne denselben anzuzünden. Die anderen sollten dann das Nämliche tun und ihre Götter anrufen, dass sie das Holz entzünden möchten. Aus dem Erfolge werde man den wahren Gott erkennen. Da dieser Vorschlag allgemeine Zustimmung fand, hieß Elias die anderen Seher zuerst den Ochsen opfern und ihre Götter anrufen. Als sie aber trotz Gebet,
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Anrufung und Opfer nichts erreichten, rief ihnen Elias spöttisch zu, sie müssten ihre Götter lauter rufen, da sie vielleicht verreist seien oder schliefen. Sie fuhren dann bis zum Mittag mit ihren Bemühungen fort und zerfleischten sich nach ihrer Sitte mit Schwertern und Spießen. Da schickte Elias sich ebenfalls an, sein Opfer darzubringen, hieß die anderen zurücktreten, und bat das Volk, näher heranzukommen und Acht zu geben, dass er nicht heimlich Feuer an das Holz lege. Hierauf nahm er zwölf Steine, der Zahl der Stämme entsprechend, erbaute aus ihnen einen Altar und grub ringsum denselben einen tiefen Graben. Dann legte er die Holzstücke auf den Altar und ließ vier Gefäße, die mit Quellwasser geftillt waren, über denselben ausgießen, sodass das Wasser ringsum herabfloss und den Graben ftillte. Nach diesen Vorbereitungen flehte er zu Gott und bat, er möge dem verblendeten Volke seine Macht zeigen. Und siehe, plötzlich fiel Feuer vom Himmel, senkte sich vor den Augen des Volkes auf den Altar und verzehrte das Opfer nebst dem Wasser, sodass der Platz trocken wurde. 6. Bei diesem Anblick fielen die Israeliten zur Erde nieder und beteten den einen Gott an, den sie den einzigen, wahren und höchsten Gott nannten, während sie alle anderen als törichte und leere Einbildungen der Menschen bezeichneten. Auf Elias' Befehl ergriffen sie sodann die falschen Propheten und töteten sie. Den König aber ermahnte Elias, er solle sich nach Hause zum Mahl begeben und übrigens ohne Sorge sein, denn in kurzem werde er sehen, dass Gott der Erde Regen sende. Achab entfernte sich darauf; Elias aber stieg auf den Gipfel des Karmel, setzte sich dort nieder, beugte sein Haupt bis zum Knie und befahl seinem Diener, sich auf eine hochragende Felsspitze zu begeben, aufs Meer hinauszuspähen und ihm Mitteilung zu machen, sobald er eine Wolke sich erheben sähe. Denn bis dahin war der Himmel noch rein und heiter. Der Diener ging und kehrte mehrmals mit der Nachricht zurück, er habe noch nichts gesehen; beim siebenten Mal aber meldete er, er habe etwas Schwarzes am Himmel erblickt, aber nicht größer als eines Menschen Fußspur. Daraufhin schickte Elias zu Achab und ließ ihm sagen, er möge eilends zur Stadt fahren, bevor des Himmels Schleusen sich öffneten. Der König begab sich alsdann nach Jesraela. Gleich darauf verfinsterte sich der Himmel und überzog sich mit Wolken, und es erhob sich ein gewaltiger Sturm mit Platzregen. Der Prophet aber folgte unter dem Schutze Gottes dem Wagen des Königs bis nach Jesraela. 7. Als nun Achabs Gattin Jezabel erfuhr, welche Wunder Elias vollbracht und dass er ihre Seher habe töten lassen, erzürnte sie gewaltig und ließ ihm drohen, sie werde ihn ebenso umbringen lassen, wie er ihre Seher umge-
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bracht habe. Aus Schrecken hierüber floh Elias in eine Stadt mit Namen Bersubee, die an der äußersten Grenze des Stammes Judas nahe bei Idumäa liegt. Hier ließ er seinen Diener zurück und begab sich allein in die Wuste. Dann verlangte er nach seinem Tode, da er nicht besser als seine Vater sei und nach deren Heimgang keine Freude mehr am Leben habe. Darauflegte er sich unter einen Baum und schlief ein. Doch weckte ihn bald etwas Unsichtbares auf, und als er sich erhob, fand er an seiner Seite Wasser und Brot stehen, womit er sich erquickte. Alsdann setzte er seinen Weg fort und kam zum Berge Sinai, wo Moyses von Gott die Gebote erhalten haben soll. Dort fand er eine tiefe Höhle, die er betrat und zu seinem Aufenthaltsort wählte. Plötzlich fragte ihn eine Stimme, von der er nicht wusste, woher sie kam, warum er die Stadt verlassen und sich hierher begeben habe. Er antwortete: Weil er die Seher der fremden Götter getötet und das Volk davon überzeugt habe, dass es nur einen Gott gebe, den sie von Anfang an verehrt hätten, und weil des Könige Gattin ihm deshalb nach dem Leben trachte. Darauf befahl ihm die Stimme, ins Freie zu treten, dann werde er erfahren, was er zu tun habe. Als er nun mit Tagesanbruch aus der Höhle herausging, fuhlte er die Erde erbeben und sah einen hellen Feuerglanz. Darauf wurde es wieder ruhig, und er vernahm Gottes Stimme, der ihn ermahnte, nichts zu befürchten, denn keiner seiner Feinde werde etwas über ihn vermögen. Er solle jetzt in sein Heim zurückkehren und zum König über sein Volk Jehu, den Sohn des Nemessaeus, zum König der damaszenischen Syrer aber den Azael ausrufen. Statt seiner selbst aber solle er den Elissaeus aus Abela zum Propheten ernennen. Das gottlose Volk werde dann teils durch Jehu, teils durch Azael umkommen. Elias kehrte nun in das Land der Hebräer zurück, und da er Elissaeus, den Sohn des Saphatus, antraf, wie er in Gemeinschaft mit einigen anderen zwölf Joch Ochsen am Pfluge lenkte, trat er auf ihn zu und warf ihm sein eigenes Gewand über. Sogleich fing Elissaeus an zu weissagen, verließ seine Ochsen und folgte dem Elias nach. Doch bat er noch um die Erlaubnis, von seinen Eltern Abschied nehmen zu dürfen; und als ihm dies gewährt wurde und er seinen Eltern Lebewohl gesagt hatte, ging er mit Elias und blieb während dessen Lebenszeit sein Schüler und Diener. 8. Ein gewisser Nabuth, gebürtig aus Izara, hatte einen Acker, der an des Königs Besitzungen anstieß. Der Letztere ließ ihn nun ersuchen, ihm für einen beliebigen Preis dieses an seinen Besitz grenzende Ackerstück abzutreten, da er damit sein Gut abrunden wolle. Wenn er aber kein Geld haben wolle, könne er auch einen beliebigen anderen Acker des Königs sich dafur
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aussuchen. Nabuth jedoch weigerte sich, darauf einzugehen, und erklärte, er wolle sein ererbtes Land selbst bebauen. Da nun der König sein Verlangen nicht erfüllt sah und dies für eine ihm angetane Schmach hielt, ärgerte er sich sehr und nahm weder Speise noch Trank zu sich. lezabel fragte ihn, weshalb er so niedergeschlagen sei, dass er weder Bäder noch Mahlzeiten nehmen wolle. Der König erzählte ihr darauf, wie widerspenstig sich Nabuth benehme, und wie er trotz seines freundlichen Anerbietens, mit dem er sich beinahe unter seine Würde erniedrigt habe, verhöhnt werde, da sein Wunsch nicht erfüllt worden sei. lezabel aber ermunterte ihn, er solle sich dies nicht anfechten lassen, vielmehr seine Verstimmung ablegen und sich wieder seinen täglichen Beschäftigungen zuwenden. Sie ~erde schon dafür sorgen, dass Nabuth seine Strafe erhalte. Und sogleich schrieb sie in Achabs Namen an die Vorsteher der Israeliten, sie sollten einen Fasttag anberaumen, eine Volksversammlung berufen und dem Nabuth den Vorsitz darin einräumen, da er aus edlem Geschlechte sei. Dann sollten sie· drei verworfene Menschen anstiften, gegen ihn Zeugnis abzulegen, er habe Gott und den König gelästert, und alsbald ihn steinigen und so aus dem Wege räumen. Nabuth wurde auch wirklich, wie die Königin verlangt hatte, falsch angeklagt, Gott und den König gelästert zu haben, und das Volk tötete ihn mit Steinwürfen. Als lezabel diese Nachricht erhielt, ging sie zum König und hieß ihn Nabuths Weinberg nunmehr umsonst in Besitz nehmen. Hierüber war Achab sehr erfreut, sprang von seinem Lager auf und ging hin, um Nabuths Weinberg zu besichtigen. Gott aber sandte in seinem Zorn dorthin auch den Seher Elias, der den Achab fragen sollte, weshalb er den rechtmäßigen Besitzer des Grundstückes habe töten lassen und sich selbst ungesetzmäßigerweise dasselbe aneignen wolle. Als Elias nun erschien, fragte ihn der König, was er ihm zu verkünden habe, da er wohl die Schmach empfand, bei der Sünde selbst von dem Seher betroffen worden zu sein. Elias erwiderte ihm: Auf derselben Stelle, wo Nabuths Leichnam von Hunden verschlungen worden sei, solle auch das Blut des Königs und seiner Gattin vergossen und sein ganzes Geschlecht umgebracht werden, weil er den ungeheuren Frevel begangen habe, dem Gesetze zum Hohn einen Bürger zu töten. Da wurde Achab von Reueschmerz ergriffen, legte einen Sack an, ging mit bloßen Füßen umher, fastete und bekannte seine Sünden. Und Gott ließ sich versöhnen und verkündete ihm durch den Seher, er wolle bei seinen Lebzeiten die Strafe nicht über sein Geschlecht kommen lassen, weil er seine Vergehen bereue, sondern erst unter dem Sohne Achabs seine Drohungen erfüllen.
Achtes Buch· Vierzehntes Kapitel
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VIERZEHNTES KAPITEL Wie Adad, der König von Damaskus und Syrien, zweimal gegen Achab zu Felde zog und besiegt wurde.
1. Als es mit Achab so stand, zog Adad, der König der Syrer und Damaszener, alle Streitkräfte seines Landes zusammen, nahm sich zweiunddreißig kleine Fürsten aus dem Gebiete jenseits des Euphrat zu Bundesgenossen und marschierte gegen Achab. Dieser, der ihm an Heeresmacht nicht gewachsen war, wagte keine offene Feldschlacht, sondern drängte alle Bewohner des Landes in die festesten Städte und blieb selbst in Samaria, das außerordentlich stark befestigt war und uneinnehmbar erschien. Der König von Syrien aber schloss mit seinem ganzen Heere Samaria ein und belagerte die Stadt. An Achab sandte er alsdann einen Herold und verlangte von ihm, er solle zunächst seine Gesandten· empfangen, die ihm seinen Willen kundmachen würden. Als der König der Israeliten sich hierzu bereit erklärt hatte, erschienen die Gesandten und forderten, dass Achabs Schätze sowie seine Kinder und Frauen Eigentum Adads werden müssten. Sei er hiermit einverstanden und gestatte er dem Adad, alles zu nehmen, was ihm beliebe, so wolle dieser sein Heer zurückziehen und die Stadt von der Belagerung befreien. Darauf ließ Achab durch die Gesandten dem Adad mitteilen, er und alle die Seinigen seien Adads Eigentum. Als die Gesandten dies ihrem Herrn berichtet hatten, schickte er nochmals zu Achab und ließ fordern, er solle, falle es ihm mit der Übergabe Ernst sei, am folgenden Tage Adads Krieger in die Stadt einlassen, die den Königspalast und die Häuser seiner Freunde und Verwandten durchsuchen, alles Kostbare mitnehmen und das, was ihnen nicht gefalle, dalassen würden. Über diese zweite Botschaft des Königs der Syrer entrüstet, berief Achab das Volk zusammen und sprach: »Ich bin bereit, um eurer Rettung und um des Friedens willen meine Weiber und Kinder dem Feinde auszuliefern und auf meinen ganzen Besitz zu verzichten. Das ließ ja der Syrer durch die erste Gesandtschaft fordern. Jetzt aber will er auch noch seine Knechte schicken, alle Häuser durchsuchen und nichts Wertvolles in unseren Händen lassen. Damit will er offenbar sich eine Ursache zum Kriege schaffen, indem er überlegt, dass ich wohl euretwegen gern mein Eigentum hingeben, es aber lieber zum Kriege kommen lassen werde, als dass euch etwas Schimpfliches widerfährt. Doch will ich tun, was euch gefällt.« Das Volk sprach sich darauf gegen jede Nachgie-
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bigkeit aus und beschloss, sich zum Kriege zu rüsten. Achab entließ deshalb die Gesandten mit dem Bescheid, das erste Verlangen wolle er um der Sicherheit seines Volkes willen erfüllen, von einer Befriedigung der zweiten Forderung dagegen könne keine Rede sein. 2. Auf diese Nachricht hin geriet Adad in Wut und sandte zum dritten Mal Boten an Achab mit der Drohung, er werde einen Wall um die Stadt aufwerfen lassen, der noch höher sei als ihre Mauern, die er übrigens lächerlich klein finde, und es brauche dazu jeder seiner Krieger nur eine Hand voll Erde herbeizutragen. Achab entgegnete, das Prahlen mit den Waffen bringe noch keinen Ruhm, sondern nur das siegreiche Bestehen des Kampfes. Mit dieser Antwort kehrten die Gesandten zurück und trafen den König, wie er gerade mit den zweiunddreißig Fürsten speiste. Adad befahl darauf sogleich, die Stadt mit Wällen und Schanzen zu umgeben und nichts auf die Belagerung Bezügliche außer Acht zu lassen. Während dieser Zurüstungen gerieten Achab und das gesamte Volk in große Angst. Bald jedoch fassten sie wieder Mut, da ein Seher auftrat, der verkündete, Gott wolle die gewaltige Masse der Feinde in ihre Hand geben. Und da der König fragte, durch wen er den Sieg erringen werde, entgegnete der Seher, durch die Söhne der Heerführer, doch müsse der König sie anführen, da sie noch unerfahren seien. Demzufolge ließ er die Söhne der Führer, im Ganzen zweihundertzweiunddreißig, rufen, und da er erfahren hatte, der Syrer schwelge eben in den Freuden der Tafel, ließ er die Tore öffnen und sandte die Jünglinge hinaus. Als dies dem Adad durch Kundschafter gemeldet worden war, schickte er den Jünglingen eine Abteilung Krieger entgegen mit dem Befehl, dieselben, wenn sie den Kampf versuchten, gefesselt zu ihm zu führen; kämen sie aber in friedlicher Absicht, so sollten auch seine Leute sich ruhig verhalten. Inzwischen hielt Achab das ganze Heer in der Stadt zum Ausfall bereit. Die Söhne der Führer nun wurden mit der Abteilung Krieger handgemein, töteten eine große Anzahl von ihnen und verfolgten die Übrigen bis zum Lager. Als der König der Israeliten diesen Vorteil wahrnahm, ließ er seine gesamten Truppen ausrücken, die die Syrer unversehens angriffen, schlugen und zerstreuten. Denn da die Syrer keinen Ausfall erwartet hatten, traf sie der Angriff wehrlos und berauscht, sodass sie unter Zurücklassung ihrer Rüstungen aus dem Lager entflohen, und selbst der König nur dank der Schnelligkeit seines Pferdes entkam. Achab verfolgte die Syrer noch lange und machte viele von ihnen nieder; dann plünderte er das Lager, welches einen großen Reichtum an Gold, Silber, Wagen und Pferden aufwies, und kehrte nach der Stadt zurück. Der Seher'
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377 fehlt in der gr. Textausgabe.
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aber ermahnte ihn, sein Heer gerüstet zu halten, da der König der Syrer im nächsten Jahre abermals gegen ihn zu Felde ziehen werde. 3. Sobald Adad mit den Resten seines Heeres in Sicherheit war, pflog er mit seinen Freunden Rat, wie er die Israeliten wieder angreifen könne. Diese waren der Meinung, man solle nicht mehr im Gebirge mit ihnen kämpfen, weil ihr Gott dort besonders mächtig sei. Aus diesem Grunde seien sie auch jetzt von ihnen besiegt worden, während sie bei einer Schlacht in der Ebene sicher die Oberhand behalten würden. Weiterhin rieten sie ihm, die Fürsten, die er zu Bundesgenossen hatte, in ihre Heimat zu entlassen, deren 'fruppen aber bei sich zu behalten und seine Satrapen an die Stelle der Fürsten zu setzen. Auch solle er, um den Verlust zu decken, den er erlitten, 'fruppen, Wagen und Pferde in deren Land ausheben lassen. Dieser Rat gefiel dem Adad, und so traf er ungesäumt die nötigen Zurüstungen. 4. Beim Beginn des Frühlings zog er dann mit seiner Streitmacht gegen die Israeliten und schlug bei der Stadt Apheka in einer weiten Ebene sein Lager auf. Achab marschierte ihm mit seinen 'fruppen entgegen und lagerte sich ihm gegenüber; doch war sein Heer, im Vergleich zu dem des Feindes nur klein. Und wiederum erschien der Seher bei Achab und verkündete ihm, Gott werde ihm den Sieg verleihen, da er den Syrern beweisen wolle, dass seine Macht in der Ebene nicht geringer als im Gebirge sei. Sieben Tage lang blieben die beiderseitigen Heere nun ruhig einander gegenüber liegen. Als aber am letzten dieser Tage der Feind beim Morgengrauen sein Heer in Schlachtordnung aufstellte, rüstete sich auch Achab zum Kampfe, und es gelang ihm, in heißer Schlacht den Feind zu werfen und bei der Verfolgung noch viele von dessen Leuten zu töten. Auch kam ein großer Teil von ihnen dadurch um, dass sie teils unter die Räder der Wagen gerieten, teils von ihren eigenen Kampfgenossen umgebracht wurden, und nur wenigen war es möglich, sich nach Apheka zu retten, das in ihrem Besitz war. Doch kamen auch diese, siebenundzwanzigtausend an der Zahl, noch um, indem sie von den einstürzenden Festungsmauern erschlagen wurden. Im 'freffen selbst waren hunderttausend Mann gefallen. Adad floh mit einigen seiner vertrautesten Freunde und verbarg sich in einem unterirdischen Gelassee. Seine Gefährten teilten ihm nun mit, die Könige der Israeliten seien freundlich und milde, sodass sie hofften, von Achab ihre Begnadigung zu erlangen, wenn sie ihn feierlich darum bäten. Der König gab seine Einwilligung, worauf sie Säcke anlegten, dünne Stricke um ihr Haupt wanden (das ist ein alter Gebrauch bei den Syrern, wenn sie Bitten vorbringen wollen) und sich zu Achab begaben. Hier baten sie um Schonung des Le-
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bens ihres Königs, wofür sie Achab ewig dankbar zu sein versprachen. Dieser wünschte ihnen Glück dazu, dass dem Adad in der Schlacht nichts widerfahren sei, und versprach ihm alle Ehre und Freundlichkeit angedeihen lassen zu wollen, gerade wie wenn er sein Bruder sei. Als sie darauf noch die eidliche Zusage erhalten hatten, es werde ihrem Könige kein Haar gekrümmt werden, holten sie denselben aus seinem Versteck hervor und geleiteten ihn auf einem Wagen zu Achab. Adad· warf sich ihm zu Füßen; Achab aber reichte ihm die Hand, ließ ihn seinen Wagen wieder besteigen, küsste ihn und hieß ihn wohlgemut und ohne Furcht sein. Adad dankte ihm und versprach, zeitlebens seiner Güte eingedenk bleiben zu wollen. Die israelitischen Städte, die seine Vorgänger erobert hätten, wolle er zurückgeben, und Damaskus werde Achab stets ebenso offen stehen wie Samaria seinen Vatern. Darauf besiegelten sie ihre Freundschaft mit einem Eidschwur, und Achab entließ den Adad mit reichen Geschenken. Das war der Ausgang des Krieges, den Adad, der König der Syrer, gegen Achab und die Israeliten führte. 6. Es kam aber ein Seher mit Namen Michaeas zu einem Israeliten und befahl ihm, er solle ihm das Haupt zerfleischen, weil das Gottes Wille sei. Als dieser aber sich dessen weigerte, verkündete ihm der Seher, er werde von einem Löwen zerrissen werden, weil er Gott nicht gehorcht habe. Das traf auch wirklich ein, und der Seher begab sich sodann zu einem anderen mit demselben Begehren. Als dieser ihn nun verwundet hatte, verband sich Michaeas den Kopf, ging zum Könige und sagte ihm, er habe unter ihm gestritten und von einem Obersten einen Gefangenen zur Bewachung erhalten. Da dieser ihm aber entsprungen sei, fürchte er, von dem Obersten mit dem Tode bestraft zu werden, was ihm für den Fall, dass der Gefangene entweiche, angedroht worden sei. Achab entgegnete, damit geschehe ihm nur recht; der Seher aber nahm die Binde vom Kopf und gab sich zu erkennen. Er hatte diese List angewendet, um den König mit seinen eigenen Worten zu fangen. Demgemäß sprach er: » Weil du Adad, der Gott gelästert, ungestraft hast entkommen lassen, so wird Gott dich strafen und dich durch Adads Hand, dein Volk aber durch sein Heer umkommen lassen.« Da übermannte den Achab der Zorn, und er befahl, den Seher ins Gefangnis zu werfen. Gleichwohl aber ward er durch Michaeas' Worte tief erschüttert und begab sich in seinen Palast.
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FÜNFZEHNTES KAPITEL Von Josaphat, dem Könige zu Jerusalem. Wie Achab im Kampfe gegen die Syrer fiel.
1. Ich wende mich nunmehr wieder zu Josaphat, dem Könige in Jerusa-
lern. Dieser dehnte seine Macht aus und legte Besatzungen nicht nur in die Städte der von ihm unterjochten Völker, sondern auch in diejenigen Städte des Stammes Ephraim, welche sein Großvater Abias weggenommen hatte, als Jeroboam über die zehn Stämme herrschte. Der Herr erzeigte sich ihm gnädig und hilfreich, weil er ein gerechter und frommer Mann war und täglich nur darauf sann, wie er Gottes Wohlgefallen erlangen könne. Alle ringsum wohnenden Könige bezeugten ihm durch Geschenke ihre Verehrung, sodass er sich großen Reichtum und glänzenden Ruhm erwarb. 2. Im dritten Jahre seiner Regierung ließ er die Vorsteher des Landes nebst den Priestern zusammenrufen und befahl ihnen, im Lande umherzuziehen und alle seine Untertanen im Gesetze des Moyses zu unterrichten, damit sie dasselbe befolgen lernten und Gott eifrig verehrten. Darüber freute sich das ganze Volk so sehr, dass sie auf nichts mehr bedacht waren und nichts so sehr lieb gewannen als die Beobachtung der Gesetze. Josaphats Nachbarn fuhren fort, ihn zu achten, und hielten Frieden mit ihm. Die Palästiner entrichteten ihm einen bestimmten Tribut, und die Araber lieferten ihm jährlich dreihundertsechzig Lämmer und ebenso viele Böcke. Er legte auch große und wohlbefestigte Städte an und hielt sein Heer und seine Kriegsrüstung stets in Ordnung. Seine TI-uppen bestanden in dreihunderttausend Schwerbewaffneten aus dem Stamme Judas unter Führung des Ednaeus und weiteren zweihunderttausend unter Joannes, der auch noch zweihunderttausend Bogenschützen aus dem Stamme Benjamin befehligte. Ein dritter Anführer mit Namen Ochobatus hatte hundertachtzigtausend Schwerbewaffnete unter sich, und dazu kamen noch die Besatzungen der festen Plätze. 3. Seinem Sohne Joram vermählte er die Gotholia, die Tochter Achabs, des Königs der zehn Stämme. Als er kurz darauf sich nach Samaria begab, nahm ihn Achab freundlich auf, bewirtete seine Begleitmannschaft glänzend mit Brot, Wein und Fleisch und bat den Josaphat zuletzt, er möge sich mit ihm gegen den Syrerkönig verbünden, um die Stadt Arsmatha im Galadenerlande zurückzuerobern, die der Vater des Syrers seinem eigenen Va-
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ter weggenommen hatte. Josaphat sagte ihm die Hilfe mit einem gleich großen Heere, wie das seinige sei, zu und ließ seine Truppen von Jerusalern nach Samaria entbieten. Darauf zogen die beiden Könige aus der Stadt und nahmeri jeder auf einem Throne Platz, um ihren Kriegern den Sold auszahlen zu lassen. Unterdessen befahl Josaphat, die Propheten zu rufen und sie zu befragen, ob der Feldzug gegen den Syrer um diese Zeit ratsam sei. Denn Achab hatte schon drei Jahre mit dem Syrer in Frieden und Freundschaft gelebt, seitdem er ihn aus der Gefangenschaft entlassen hatte. 4. Achab berief darauf seine Seher, etwa vierhundert an der Zahl, und hieß sie Gott befragen, ob er ihm, wenn er gegen Adad zu Felde ziehe, den Sieg verleihen und die Stadt, um deretwillen er den Krieg unternehme, ihm überliefern wolle. Als diese ihm nun rieten, den Kriegs~ug zu unternehmen, da er den Syrer wie früher besiegen und gefangen nehmen werde, argwöhnte Josaphat, es möchten falsche Seher sein, und fragte den Achab, ob nicht ein anderer Prophet Gottes da sei, von dem sie etwas Sicheres über die Zukunft erfahren könnten. Achab entgegnete, es sei wohl noch einer da, der aber sei ihm verhasst, weil er ihm prophezeit habe, er werde vom Könige der Syrer überwunden und getötet werden. Deshalb habe er ihn ins Gefangnis werfen lassen. Er heiße Michaeas und sei des Jemblaeus Sohn. Als nun Josaphat darauf bestand, dass er vorgeführt werde, schickte Achab einen Verschnittenen, um den Michaeas zu holen. Dieser teilte unterwegs dem Propheten mit, dass alle anderen Seher dem Könige den Sieg vorhergesagt hätten. Michaeas aber gab zur Antwort, er dürfe Gott keine Lügen andichten und werde dem König nur das verkünden, was Gott ihm eingebe. Als er nun zu Achab kam, und dieser ihn bei Gott beschwor, ihm die Wahrheit zu .sagen, ließ er sich also vernehmen: »Gott hat mir die Israeliten auf der Flucht gezeigt, verfolgt von den Syrern und im Gebirge zerstreut wie Herden, die ihren Hirten verloren haben: Dann fügte er hinzu, Gott habe ihm verkündigt, Achab werde in der Schlacht fallen, die anderen aber würden unversehrt entkommen. Nach diesen Worten des Michaeas sprach Achab zu Josaphat: »Habe ich dir nicht gesagt, wie übel dieser Mensch gegen mich gesinnt ist, und wie er mir immer Widerwärtiges prophezeit?« Michaeas aber entgegnete: »Auf Gottes Worte muss man immer hören. Die falschen Seher treiben dich in den Krieg mit der Hoffnung auf Sieg, während du doch umkommen wirst.c< Der König geriet hierüber in Angst und Unruhe; Sedekias aber, einer von den falschen Propheten, trat heran und ermahnte ihn, auf Michaeas nicht zu achten, denn dieser sage die Unwahrheit. Zum Beweise führte er den Propheten Elias an, der jedenfalls besser
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die Zukunft habe vorhersagen können als Michaeas. »Dieser«, sagte er, »hat dir geweissagt, die Hunde würden in Nabuths Weinberg bei der Stadt Izara dein Blut lecken, wie sie auch Nabuths Blut geleckt hätten, weil auf deine Veranlassung das Volk den Nabuth zu Tode gesteinigt habe. Es ist also klar, dass Michaeas lügt, da er entgegen dem besseren Propheten sich nicht scheut, zu behaupten, du werdest in drei Tagen sterben. Nun aber soll es offenkundig werden, ob er ein wirklicher Seher ist und Gottes Geist in sich hat. Ist dies der Fall, so mag er, wenn ich ihn jetzt mit meiner Hand schlage, diese Hand erstarren lassen, wie Jadon die rechte Hand des Königs Jeroboam erstarren ließ, als dieser ihn ergreifen lassen wollte. Davon hast du doch wohl schon gehört.« Als er nun den Michaeas schlug und ihm nichts darauf widerfuhr, ließ Achab seine Furcht fahren und beschloss, sogleich gegen den Syrer zu ziehen. Er unterlag, wie ich glaube, seinem Verhängnis, das dem falschen Seher mehr Glaubwürdigkeit als dem wahren verlieh, damit sein Geschick sich unverzüglich erfülle. Sedekias aber verfertigte sich eiserne Hörner und erklärte dem Achab, Gott habe ihm verkündigt, er werde damit Syrien vernichten. Michaeas prophezeite darauf, Sedekias werde nach einigen Tagen von Gemach zu Gemach fliehen und ein Versteck suchen, um der Strafe fur seine falsche Weissagung zu entgehen. Der König aber gebot, ihn zu Achamon, dem Befehlshaber der Stadt, zu führen, der ihn ins Gefangnis werfen und ihm nur Brot und Wasser verabfolgen lauen solle. 6. Achab und Josaphat brachen also mit ihren Heeren auf und zogen nach Arsmatha im Galaditerlande. Sobald der König der Syrer hiervon Kunde erhielt, marschierte er ihnen entgegen und schlug unweit Aramatha sein Lager auf. Achab und Josaphat aber kamen überein, Ersterer solle sein königliches Gewand ablegen, Josaphat aber mit Achabs Gewand in die Schlacht ziehen, um so die Prophezeiung des Michaeas zunichte zu machen. Aber das Verhängnis traf den Achab auch ohne seine Königsabzeichen. Adad ließ nämlich den Kriegern durch ihre Obersten befehlen, sie sollten keinen anderen töten als den König der Israeliten. Als die Schlacht nun begonnen hatte und die Syrer den Josaphat vor der Schlachtreihe stehen sahen, hielten sie ihn für Achab, drangen auf ihn ein und umzingelten ihn. Doch merkten sie bald ihren Irrtum und wandten sich anderswohin. Obwohl nun das Treffen vom Morgen bis zum Abend währte und die Syrer im Vorteil waren, töteten sie doch nach dem Befehle ihres Königs niemand und suchten nur den Achab, konnten ihn aber nicht finden. Endlich schleuderte ein 'frabant des Königs Adad mit Namen Aman aufs Geratewohl seinen
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Speer gegen die Feinde und traf den König durch den Panzer hindurch in die Lunge. Achab suchte das Unglüc~ das ihn betroffen, dem Heere zu verheimlichen, um es nicht zur Flucht zu veranlassen. Er befahl daher seinem Wagenlenker, den Wagen zu wenden und ihn aus dem Schlachtgetümmel zu führen, weil er schwer· verwundet sei. Und obgleich er heftig litt, blieb er doch bis Sonnenuntergang auf dem Wagen. Dann aber verlor er die Besinnung und starb. 6. Mit Anbruch der Nacht zog das syrische Heer sich ins Lager zurück. Als aber ein Herold verkündigt hatte, Achab sei tot, wurde der Rückzug nach Hause angetreten. Achabs Leichnam brachte man nach Samaria und bestattete ihn hier. Als nun sein Wagen, der mit dem Blute des Königs bespritzt war, in einer Quelle bei Izara gereinigt wurde, ging des Elias Prophezeiung in Erfüllung: denn die Hunde kamen herzu und leckten das Blut auf. Für die Folgezeit blieb es Sitte, dass in dieser Quelle die Dirnen badeten. Der Ort, wo Achab aus dem Leben schied, hieß Ramathon, wie Michaeas dies vorhergesagt hatte. Da sich also an Achab die Weissagungen zweier Propheten erfüllt haben, so müssen wir daran die Größe Gottes erkennen und ihn stets verehren und anbeten. Auch können wir daraus lernen, dass wir nie Gunst und Eigenwillen der Wahrheit vorziehen dürfen, und dass die Prophezeiung und die Kenntnis der Zukunft die nützlichste Einrichtung ist, weil wir dadurch den Willen Gottes erfahren und vor dem gewarnt werden, was uns Schaden bringen kann. Aus dem Geschicke des Königs aber können wir auf die Macht des Verhängnisses schließen, dem man, auch wenn man es im Voraus kennt, nicht zu entgehen vermag, das vielmehr die Gemüter der Menschen nur deshalb mit trügerischer Hoffnung um schmeichelt, um sie dahin zu locken, wo es sie treffen kann.* So scheint auch Achab von seinem Verhängnis getäuscht worden zu sein und dadurch sein Leben eingebüßt zu haben, da er der Verkündigung seines Unterganges nicht traute, vielmehr denen Glauben schenkte, die ihm seinem Wunsche gemäß weissagten. In der Regierung folgte ihm sein Sohn Ochozias.
* Lehre der Pharisäer.
NEUNTES BUCJ-1
C1ESES 13tJCA tJmFrlSST E1NEN ZE1TilrltJm VON 150 JrlAilEN
ERSTES KAPITEL Weiteres von losaphat. Wie er Richter einsetzte und mit Gottes Hilfe seine Feinde besiegte.
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1. Als der König Josaphat von dem Kriegszug gegen den Syrerkönig Adad, in welchem er dem Könige der Israeliten Achab Hilfe geleistet hatte, nach Jerusalem zurückkehrte, ging ihm der Prophet Jehu entgegen und machte ihm Vorwürfe darüber, dass er mit dem gottlosen und verruchten Achab ein Bündnis eingegangen sei. Gott habe das ungern gesehen, ihn aber dennoch, obgleich er sich verfehlt, den Händen der Feinde entrissen, weil er guten und gottesfürchtigen Gemütes sei. Daraufhin dankte der König dem Herrn und brachte ihm Opfer dar. Alsdann begann er sein ganzes Reich zu bereisen und unterwies das Volk in den Gesetzen, die Gott durch Moyses gegeben, sowie in der Verehrung Gottes. Ferner setzte er in jeder seiner Städte Richter ein und ermahnte sie, bei der Urteilsfallung nur von der Gerechtigkeit sich leiten zu lassen und weder auf Geschenke noch auf die hohe Stellung derjenigen Rücksicht zu riehmen, die durch Reichtum oder edle Abkunft sich auszeichneten. Vielmehr sollten sie nur nach den Grundsätzen der Billigkeit urteilen und bedenken, dass Gott alles wahrnehme, wenn es auch im Verborgenen geschehe. Als er dies in jeder Stadt der beiden Stämme verkündigt hatte, kehrte er nach Jerusalem zurück und wählte auch hier aus den Priestern, Leviten und Vornehmen des Volkes Richter aus, die er ermahnte, bei allen ihren Urteilen gen au und gerecht zu Werke zu gehen. Wenn aber schwierige Rechtsfragen aus anderen Städten ihnen zur Entscheidung vorgelegt würden, sollten sie noch mehr fleiß auf ein gerechtes Urteil verwenden, da es angemessen sei, dass die gerechtesten Urteile in der Stadt gefallt würden, wo der Tempel Gottes stehe und der König seinen Wohnsitz habe. Zu Vorsitzenden dieses Gerichtskollegiums ernannte er den Priester Amasias und den Zabadias, beide aus dem Stamme Judas. So wurde alles vom Könige geordnet. 2. Um diese Zeit überzogen ihn die Moabiter und Ammaniter nebst einer großen Schar Araber mit Krieg und schlugen ihr Lager bei der drei-
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hundert Stadien von Jerusalem am See Asphaltis gelegenen Stadt Engaddi auf, wo schöne Palmen und Opobalsamstauden wuchsen. Da nun Josaphat hörte, die Feinde seien über den See gegangen und bereits in sein Land eingefallen, erschrak er sehr, versammelte das Volk von Jerusalem im Vorhofe des Tempels, stellte sich dem Giebel des Tempels gegenüber und flehte zu Gott, er möge ihm Kraft und Stärke verleihen, um die Feinde abwehren zu können. So hätten ihn ja auch die Erbauer dieses Tempels angefleht, dass er die Stadt beschützen und alle, die sie anzugreifen wagten, zurückschlagen möge. Jetzt griffen seine Feinde ihn in der Absicht an, ihn aus dem Besitz des Landes zu verdrängen, das Gott selbst ihm angewiesen habe. So bat er selbst und das gesamte Volk mit Weibern und Kindern unter Wehklagen zu Gott. Da trat ein Seher, Jaziel mit Namen, mitten unter das Volk, erhob seine Stimme und sprach zum Könige und dem Volke, Gott habe ihr Gebet erhört und werde selbst mit ihren Feinden kämpfen. Dem Könige befahl er alsdann, er solle am folgenden Tage mit seinem Heere dem Feinde entgegenziehen. An einem Abhang zwischen Jerusalern und Engaddi, »der Gipfel« genannt, würde er die Feinde antreffen. Doch solle er sich nicht sogleich mit ihnen auf einen Kampf einlassen, vielmehr stillhalten und abwarten, wie Gott mit ihnen streiten werde. Als der Seher so geredet, beugte sich der König mit dem Volke zur Erde, dankte Gott und betete ihn an; darauf sangen die Leviten unter Musikbegleitung Gott dem Herrn Loblieder. 3. Mit Tagesanbruch zog der König in die Wüste, die unterhalb der Stadt Thekoa lag, und sprach zum Volke, man müsse den Worten des Sehers Glauben schenken und dürfe nicht zum Kampfe schreiten, sondern müsse im ersten Gliede die Priester mit den Posaunen sowie die Leviten und Sänger aufstellen, um Gott zu danken, als wenn er das Land schon vom Feinde befreit hätte. Dieser Rat gefiel allseitig, und man setzte ihn sogleich ins Werk. Gott aber flößte den Ammanitern Furcht und Entsetzen ein, und indem sie einer den anderen für Feinde hielten, töteten sie sich gegenseitig, sodass auch nicht ein Mann von dem gewaltigen Heere mit dem Leben davonkam. Als nun Josaphat den Blick nach dem Tale wandte, wo das feindliche Lager stand, und dasselbe ganz mit Leichen bedeckt sah, freute er sich über die unerwartete Hilfe Gottes, der ihnen ohne alle Anstrengung ihrerseits den Sieg verliehen hatte, und gestattete seinen Kriegern, das feindliche Lager und die Leiber der Gefallenen zu plündern. Nachdem aber das Kriegsvolk drei Tage lang Beute gesammelt hatte, war es ganz erschöpft: So groß war die Menge der Getöteten. Am vierten Tage versammelte sich als-
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dann das ganze Volk in einer Schlucht und pries Gottes Macht und Hilfe, weshalb dieser Ort »Tal der Danksagung« genannt wurde. 4. Als nun der König das Heer wieder nach Jerusalem geführt hatte, beging man eine Reihe von Feiertagen unter Opfern und Schmausereien. Die Nachricht von dieser Niederlage der Feinde gelangte übrigens auch zu den auswärtigen Völkerschaften, die alle von Furcht vor Josaphat erfüllt wurden, da sie erkannt hatten, dass Gott sein beständiger Helfer sei. Von dieser Zeit an führte Josaphat ein ruhmreiches Leben, das er nur seiner Gerechtigkeit und Frömmigkeit verdankte. Er hielt auch Freundschaft mit Achabs Sohn, dem Könige der Israeliten, und schloss mit ihm ein Bündnis dahin, dass sie Schiffe ausrüsteten, die zum Pontus und den Handelsplätzen Thrakiens fahren sollten. Da aber die Fahrzeuge zu groß waren und deshalb zugrunde gingen, stand er von der Erbauung weiterer Schiffe ab.
ZWEITES KAPITEL Von Ochozias, dem Könige der Israeliten. Weiteres von dem Propheten Elias. 18
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1. Über die Israeliten herrschte Achabs Sohn Ochozias, der in Samaria residierte. Er war ein gottloser Mann und in allem seinen Eltern gleich wie dem Jeroboam, der zuerst die Schandtat begangen hatte, das Volk zu verführen. Im zweiten Jahre seiner Regierung fiel der König der Moabiter von ihm ab und verweigerte die weitere Thbutzahlung. Eines Tages stieg Ochozias vom Söller seines Hauses herab und fiel auf der Treppe, und da er infolgedessen krank ward, schickte er zur Göttin Muska in Akkaron, um sich bei ihr wegen seiner Heilung Rat zu holen. Der Gott der Hebräer aber erschien dem Seher Elias und befahl ihm, den Boten entgegenzugehen und sie zu fragen, ob die Israeliten denn keinen Gott hätten, dass ihr König zu einem fremden Gott schicke, um ihn bezüglich seiner Heilung zu befragen. Dann solle er ihnen gebieten, zurückzukehren und dem Könige zu melden, dass er von seiner Krankheit nicht mehr genesen werde. Elias tat, wie ihm befohlen war, und die Boten begaben sich, nachdem sie des Sehers Bescheid erhalten hatten, wieder zum Könige. Als dieser sich über ihre schnelle Rückkehr wunderte und sie nach dem Grunde derselben fragte, erwiderten sie, es sei ihnen ein Mann begegnet, der ihnen befohlen habe, nicht weiterzureisen, sondern umzukehren und im Auftrage des Gottes der Israe-
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liten dem Könige zu verkündigen, seine Krankheit werde sich verschlimmern. Und da der König ihnen befahl, den Mann näher zu beschreiben, erzählten sie, es sei ein rau behaarter, mit Fellen umgürtet er Mann gewesen. Daraus schloss der König, dass sie Elias gesehen, und schickte einen Obersten mit fünfzig Mann ab, um ihn zu ergreifen und zu ihm zuführen. Als nun der Oberste ihn auf dem Gipfel eines Berges sitzen sah, befahl er ihm, herabzusteigen und mit zum Könige zu kommen - denn das sei des Königs Anordnung -, und wenn Elias nicht gutwillig mitgehe, müsse er Gewalt brauchen. Elias entgegnete ihm, er wolle beten, dass Feuer vom Himmel falle und ihn mit seinen Kriegern vernichte; daran werde er erkennen, dass er einen wahren Propheten vor sich habe. Elias betete nun, und sogleich fiel Feuer vom Himmel und verzehrte den Obersten samt seinen Leuten. Als der König das vernahm, geriet er in Zorn und sandte einen anderen Obersten mit ebenso vielen Kriegern ab. Dieser drohte gleichfalls dem Seher, er werde ihn mit Gewalt wegfUhren, wenn er nicht gutwillig herabsteige, worauf Elias wieder Feuer vom Himmel herabflehte, das jenen ebenso wie den anderen Obersten dahinraffte. Der König aber sandte noch einen dritten Obersten gegen Elias aus. Dieser war ein kluger und sanfter Mann, und als er zu dem Berge kam, wo Elias sich aufhielt, umschmeichelte er ihn freundlich und sagte, der Prophet wisse doch wohl, dass er nur ungern dem Befehle des Königs gefolgt sei und dass er nicht wie die anderen Obersten willig, sondern notgedrungen zu ihm komme. Darauf bat er ihn, er möge sich doch seiner und seiner Leute erbarmen und herabsteigen, um mit ihnen zum Könige zu gehen. Durch diese freundlichen Worte und das höfliche Benehmen des Mannes ließ sich Elias denn auch bewegen, hinabzusteigen und sich ihm als Begleiter anzuschließen. Als er nun zum Könige gekommen war, weissagte er ihm und verkündete ihm auf Gottes Geheiß: » Weil du Gott verachtet hast, als wenn er kein Gott sei und dir über deine Genesung nichts verkündigen könne, sondern zu der Göttin in Akkaron geschickt hast, um von ihr den Ausgang deiner Krankheit zu erfahren, so sollst du wissen, dass du an der Krankheit sterben wirst.« 2. Kurz darauf starb er auch, wie Elias vorausgesagt hatte, und da er keine Kinder hinterließ, folgte ihm in der Regierung sein Bruder Joram. Dieser Joram, der an Schlechtigkeit seinem Vater Achab nicht nachstand, regierte zwölf Jahre in Lasterhaftigkeit und Gotdosigkeit; denn er verließ den Dienst des wahren Gottes und verehrte fremde Götter, wenn er auch sonst ein strebsamer und tatkräftiger Herrscher war. Um diese Zeit wurde Elias den Augen der Menschen entrückt, und es weiß niemand bis auf den heuti-
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gen Tag, welches sein Ende gewesen sei. Doch ließ er seinen Schüler Elissaeus zurüc~ von dem schon oben die Rede war. Übrigens steht sowohl von Elias als auch von Enoch, der vor der Sintflut lebte, in den heiligen Büchern geschrieben, dass sie verschwunden seien, ohne dass jemand über ihren Tod etwas habe erfahren können.
DRITTES KAPITEL Wie Joram und Josaphat gegen die Moabiter zu Felde zogen. Wundertaten des Elissaeus. Josaphats Tod. 29
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1. Als loram die Regierung übernommen hatte, beschloss er, den König der Moabiter, Misan, zu bekriegen, weil derselbe, wie schon oben erwähnt, von seinem Bruder abgefallen war und den Thbut von zweihunderttausend ungeschorenen Schafen nicht mehr entrichten wollte. Er versammelte daher sein Kriegsvolk und ließ den losaphat bitten, dieser möge, da er schon seines Vaters Freund gewesen sei, mit ihm ein Bündnis eingehen zur Züchtigung der abgefallenen Moabiter. losaphat versprach, nicht nur selbst Hilfe leisten, sondern auch den König der Idumäer, der ihm verpflichtet sei, mit zu dem Bündnis heranziehen zu wollen. Als loram diese Zusage von losaphat erhalten hatte, zog er mit seiner Streitmacht nach lerusalem, wo er glänzend aufgenommen wurde. Die drei Könige beschlossen nun, durch die Wüste von Idumäa dem Feinde entgegenzurücken, da er sie auf diesem Wege nicht erwarten würde. Als sie aber sieben Tage umhergezogen waren, litten sie, weil die Wegweiser den richtigen Weg verfehlt hatten, an großem WassermangeL sodass sie alle in Angst und Bekümmernis schwebten und loram wehklagend zu Gott rief, ob sie etwas gegen ihn verbrochen hätten, dass er die drei Könige ohne Schwertstreich dem Moabiter in die Hand geben wolle. losaphat, der ein gerechter Mann war, tröstete und ermutigte ihn und hieß ihn im Lager Umfrage halten, ob nicht ein heiliger Prophet ihnen gefolgt sei, durch den sie Gott um Rat fragen könnten, was sie zu tun hätten. Und da ihnen ein königlicher Diener meldete, er habe Elissaeus, den Schüler des Elias und Sohn des Saphatus, bemerkt, begaben sich die drei Könige auf den Rat losaphats zu dessen Zelt, das außerhalb des Lagers stand, und befragten ihn über die künftigen Schicksale des Heeres. Ganz besonders begehrte loram Auskunft. Elissaeus bemerkte ihm, er möge ihn
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doch nicht mit solchen Fragen belästigen, sondern zu den Sehern seines Vaters und seiner Mutter gehen, weil das ja die wahren Propheten seien. 10ram aber bestürmte ihn noch mehr mit Bitten, dass er ihnen weissage und Rettung verschaffe. Elissaeus schwor darauf bei Gott, er würde ihnen keine Antwort geben, wenn er es nicht dem 10saphat, der ein frommer und gerechter Mann sei, zu Gefallen täte. Als man sodann jemand herbeigerufen hatte, der die Zither zu spielen verstand (das hatte der Seher gewünscht), wurde Elissaeus während des Spiels vom Geiste Gottes ergriffen und befahl den Königen, im Bette des Baches viele Gräben anzulegen. Diese würden sie, ohne dass eine Wolke sichtbar würde oder ein Wind sich erhöbe oder Regen fiele, bald mit Wasser gefüllt sehen, sodass Kriegsvolk und Vieh den Durst löschen könnten. »Und nicht nur dies«, fügte er hinzu, »werdet ihr von Gott erlangen, sondern ihr werdet auch mit seiner Hilfe den Sieg über eure Feinde davontragen, die schönsten und festesten Städte der Moabiter einnehmen, ihre Fruchtbäume abhauen, ihr Land verwüsten und ihre Quellen und Flüsse verstopfen.« 2. Als der Seher so gesprochen, füllte sich am nächsten Tage vor Sonnenaufgang der Bach reichlich mit Wasser, da Gott es drei Tagereisen weiter in Idumäa gewaltig hatte regnen lassen, sodass Menschen wie Vieh Wasser im Überfluss vorfanden. Sobald nun die Moabiter vernahmen, dass drei Könige gegen sie heranzögen und durch die Wüste ihren Weg nähmen, brachte ihr König sogleich seine Streitmacht zusammen und ließ das Lager auf einer Anhöhe errichten, damit die Feinde nicht unbemerkt ins Land einfielen. Als sie aber bei Sonnenaufgang den Bach erblickten, der nicht weit vom Lande Moabitis floss, und an seinem Wasser eine blutrote Farbe wahrnahmen (das kam aber nur von den Sonnenstrahlen her), ließen sie sich zu dem Glauben verleiten, die Feinde hätten sich vor Durst gegenseitig selbst umgebracht, und das Wasser sei von ihrem Blute gerötet. In diesem Wahne baten sie den König, er möge sie zur Plünderung der erschlagenen Feinde aussenden, und da der König ihren Wunsch erfüllte, zogen sie alle zum Lager ihrer totgeglaubten Feinde, als wenn dort die Beute gleichsam ihrer harre. In dieser Hoffnung sahen sie sich indes gewaltig getäuscht. Denn die Feinde stürzten von allen Seiten auf sie los, töteten einen Teil von ihnen und jagten die Übrigen auseinander, die sich dann eilende in ihr Land zurückzogen. Darauf drangen die Könige in das Land der Moabiter ein, zerstörten die Städte, verwüsteten die Felder und bewarfen die Letzteren mit einer Menge von Steinen, die sie aus den Bächen holten. Ferner hieben sie ihnen die besten Fruchtbäume ab, verstopften die Quellen, schleiften die Mauern
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der Städte und belagerten den König in einer Festung, in die sie ihn hineingetrieben hatten. Als dieser sich so hart bedrängt sah, machte er mit siebenhundert Mann einen Ausfall und sprengte zu Pferde durch das feindliche Lager nach der Seite hin, wo er die wenigsten Wachen vermutete. Doch gelang es ihm nicht, zu entkommen, da er auf einen gut besetzten Posten stieß. Deshalb zog er sich wieder nach der Stadt zurück und griff in seiner Not und Verzweiflung zu einem heroischen Mittel. Er führte nämlich seinen ältesten Sohn, der sein Nachfolger werden sollte, auf die Stadtmauer, wo die Feinde ihn erblicken konnten, und brachte ihn der Gottheit als Brandopfer dar. Als die Könige das sahen, wurden sie von Mideid bewegt, erbarmten sich seiner Not, hoben die Belagerung auf und zogen in ihre Heimat zurück. Josaphat lebte alsdann zu Jerusalem im Frieden und starb nicht lange nach diesem Kriegszuge im sechzigsten Jahre seines Lebens und im fünfundzwanzigsten seiner Regierung. Er wurde zu Jerusalem mit großer Pracht beigesetzt, denn er war in allen seinen Werken ein eifriger Nachfolger Davids gewesen.
VIERTES KAPITEL Joram, Josaphats Nachfolger. Wie der mit ihm gleichnamige König der Israeliten Krieg gegen die Syrer führte. Fernere Wundertaten des Elissaeus. 45
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1. Josaphat hinterließ viele Söhne, deren ältesten, Joram, er zu seinem Nachfolger bestimmt hatte. Denselben Namen führte auch der König der Israeliten, der Jorams Oheim mütterlicherseits und ein Sohn des Achab war. Als nun der König der Israeliten aus Moabitis nach Samaria zurückkehrte, befand sich in seiner Umgebung auch der Prophet Elissaeus, dessen große und erwähnenswerte Taten ich jetzt erzählen will, wie sie aus den heiligen Büchern zu meiner Kenntnis gekommen sind. 2. Wie es dort heißt, kam eines Tages die Gattin des Obedias, der Achabs Verwalter war, zu Elissaeus und sprach zu ihm, er wisse doch noch, dass ihr Gatte die von Jezabel, dem Weibe des Achab, verfolgten Seher gerettet habe. Hundert Seher, sagte sie, habe er verborgen und sie nur dadurch am Leben erhalten können, dass er sich Geld geborgt habe. Jetzt nun, nach dem Tode ihres Gatten, drohten ihr die Gläubiger, sie samt ihren Kindern als Sklaven zu verkaufen. Sie bitte ihn daher, er wolle sich im Andenken an
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ihres Mannes Edelmut ihrer erbarmen und ihr helfen. Als der Seher sie darauf fragte, was sie zu Hause habe, entgegnete sie, sie habe nichts als ein klein wenig Öl in einem Kruge. Elissaeus hieß sie nun nach Hause gehen, sich viele leere Gefäße von ihren Nachbarn borgen und bei verschlossener Haustür in alle etwas Öl gießen. Gott werde dann die sämtlichen Gefäße voll machen. Das Weib tat also, ließ sich durch ihre Kinder die Gefäße holen und zeigte, als alle gefüllt waren, dies dem Seher an. Elissaeus aber gab ihr den Rat, sie solle das Öl verkaufen und mit dem Erlös ihre Gläubiger befriedigen. Es werde ihr dann immer noch so viel übrig bleiben, um sich und ihre Kinder davon am Leben erhalten zu können. So tilgte der Prophet die Schuld des Weibes und befreite sie von dem Drängen ihrer Gläubiger. 3. Weiterhin warnte Elissaeus einst rechtzeitig den Joram, er solle sich vor einem Orte hüten, wo die Syrer Leute versteckt hätten, um ihn zu ermorden. Der König folgte dem Seher und unterließ die schon vorbereitete Jagd. Als aber Adad seinen Anschlag vereitelt sah, argwöhnte er, seine eigenen Leute hätten dem Joram denselben verraten. Er ward daher zornig und ließ die Leute zu sich kommen, warf ihnen vor, sie hätten seine Geheimnisse verraten, und bedrohte sie mit dem Tode, weil sie dem Feinde das offenbart hätten, was ihnen allein anvertraut war. Einer der Anwesenden aber stellte ihm vor, er solle sie doch nicht in dem falschen Verdacht haben, als hätten sie seinem Feinde den Anschlag verraten; vielmehr möge er wissen, dass es der Seher Elissaeus sei, der alle seine Pläne dem Feinde mitteile. Der König ließ darauf sogleich nachforschen, in welcher Stadt Elissaeus sich aufhalte. Und da ihm gemeldet ward, er befinde sich in Dothaim, schickte er eine große Schar Reiter mit Wagen nach der Stadt, um den Elissaeus gefangen zu nehmen. Diese schlossen die Stadt ringsum ein. Als nun am Morgen der Diener des Sehers erfuhr, dass die Feinde seinen Herrn gefangen nehmen wollten, lief er unter Angstgeschrei zu ihm und teilte ihm die Sache mit. Der Prophet aber hieß seinen Diener gutes Mutes sein und flehte vertrauensvoll zu Gott, er möge, um seinen Diener zu stärken und zu trösten, seine Macht und Gegenwart kundtun. Gott erhörte denn auch die Bitte des Sehers und ließ den Diener seinen Herrn von vielen Reitern und Wagen umgeben erblicken, sodass er alle Furcht ablegte und angesichts einer so großen Schutzmacht wieder Mut fasste. Alsdann bat Elissaeus zu Gott, er möge die Augen der Feinde blenden und sie mit Finsternis schlagen, sodass sie ihn nicht zu erkennen imstande wären. Und da er auch dies von Gott erlangt hatte, begab er sich mitten unter die Feinde und fragte sie, wen sie suchten. Sie erwiderten ihm, den Elissaeus, worauf er ihnen versprach, denselben
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auszuliefern, wenn sie ihm in die Stadt folgen wollten, wo er sich aufhalte. Weil nun ihr Auge und Herz von Gott mit Blindheit geschlagen war, folgten sie dem Seher sogleich. Elissaeus aber führte sie nach Samaria und befahl dem Könige Joram, die Tore schließen und die Syrer von seinen Kriegern umzingeln zu lassen. Dann bat er, Gott möge ihnen jetzt die Augen wieder öffnen und die Finsternis von ihnen hinwegnehmen. Voll Schrecken erkannten sie darauf, dass sie sich mitten unter ihren Feinden befanden. Als nun die Syrer, wie man sich leicht denken kann, über das wunderbare und unerwartete Ereignis in Bestürzung und Verwirrung gerieten, und der König den Seher fragte, ob er sie niedermachen lassen solle, wehrte sich Elissaeus dagegen. Denn man dürfe, sagte er, nur die kriegsgefangenen Feinde töten; diese aber hätten ja seinem Lande keinen Schaden zugefügt, sondern seien wider ihren Willen von Gott hierher geleitet worden. Er gab daher den Rat, man solle sie gastfreundlich bewirten und sie dann unbeschädigt wieder ziehen lassen. Joram befolgte den Rat des Sehers, bewirtete die Syrer glänzend und schickte sie dann zu ihrem Könige Adad zurück. 4. Als sie nun daheim angelangt waren und ihre Erlebnisse berichtet hatten, erstaunte Adad über das Wunder, aus dem er ebenso wohl die Allmacht und Gegenwart des Gottes der Israeliten als auch den offenbaren Schutz, den er dem Seher hatte angedeihen lassen, erkannte. Er beschloss deshalb aus Furcht vor Elissaeus, nichts mehr im Geheimen gegen den König der Israeliten zu unternehmen. Vielmehr wollte er ihn nun offen bekämpfen, da er an Stärke und Zahl seiner 1ruppen dem Feinde überlegen zu sein glaubte. Er brachte deshalb ein großes Heer zusammen, mit dem er gegen Joram zu Felde zog. Dieser aber glaubte nicht stark genug zu sein, um dem Syrer Widerstand leisten zu können, und schloss sich in Samaria ein, auf dessen starke Befestigungen er vertraute. Adad dachte nun die Stadt, wenn er sie nicht mit Belagerungsmaschinen zu Fall bringen könne, wenigstens durch Aushungern in seine Gewalt zu bekommen, und zog mit seinem Heere dorthin, um sie zu belagern. Es entstand aber unter den Belagerten eine derartige Hungersnot, dass ein Eselskopf achtzig Sesterzien* und ein Sextarius Taubenmist, der die Stelle des Salzes vertreten musste, fünf Sesterzien kostete. Bei diesem Stand der Dinge fürchtete der König sehr, es möchte sich jemand vom Hunger dazu verleiten lassen, die Stadt den Feinden zu verraten. Er besuchte daher täglich die Stadtmauern, revidierte die Wachen, ob sie nicht jemand bei sich verborgen hielten, und wandte die größte * 1 Sesterz = 8,1 Cent.
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Sorgfalt an, einen derartigen Gedanken oder dessen Ausführung im Keime zu ersticken. Bei einem solchen Rundgang rief eines Tages ein Weib dem Könige zu: »Erbarme dich meiner, 0 Herr!« Der König, der der Meinung war, das Weib begehre Speise von ihm, ward zornig, verwünschte sie im Namen Gottes und sagte, er habe weder Tennen noch Keltern, aus denen er ihr etwas spenden könne. Sie aber entgegnete, sie begehre nichts dergleichen von ihm, sondern verlange nur, dass er den Streit schlichten solle, den sie mit einem anderen Weibe habe. Da nun der König ihr befahl, ihm die Sache vorzutragen, erklärte sie ihm, sie sei mit einem ihr benachbarten und befreundeten Weibe übereingekommen, weil sie die Hungersnot nicht mehr hätten ertragen können, ihre beiden Knäbchen zu schlachten und damit einige Tage ihr Leben zu fristen. Sie selbst habe zuerst ihr Kind geschlachtet, das sie zusammen am Tage vorher gegessen hätten. Die andere aber wolle nun den Vertrag nicht halten und habe ihren Knaben versteckt. Als der König das hörte, ergriff ihn heftiger Schmerz. Er zerriss sein Gewand, schrie laut auf und ergrimmte gewaltig über den Seher Elissaeus, den er umbringen lassen wollte, weil er Gott nicht um Abwehr der Drangsal gebeten habe. Sogleich schickte er auch jemand fort, der ihm den Kopf abschlagen sollte. Der Mann beeilte sich, dem Befehl nachzukommen. Elissaeus aber wusste um des Königs Zorn, saß zu Hause bei seinen Schülern und teilte ihnen mit, Joram, eines Mörders Sohn, habe jemand geschickt, um ihn enthaupten zu lassen. Sobald er nun käme, um den Befehl zu vollziehen, sollten sie die Tür versperren und ihm den Eingang wehren; denn bald nach ihm werde der König mit veränderter Gesinnung ebenfalls kommen. Die Schüler taten, wie ihnen befohlen war. Den Joram aber reute gar bald sein Zorn gegen den Seher, und da er befürchtete, derselbe möchte von seinem Knechte umgebracht werden, den er hierzu abgeschickt hatte, machte er sich eilends auf, um den Mord zu verhindern und den Seher zu retten. Als er nun zu dem Propheten kam, beklagte er sich bei ihm darüber, dass er ihnen in der gegenwärtigen Not keine Hilfe von Gott erflehe, vielmehr ruhig zusehe, wie sie so hart bedrängt würden. Elissaeus versprach ihm darauf, dass am folgenden Tage um dieselbe Stunde, in der der König zu ihm gekommen sei, ein großer Überfluss an Nahrungsmitteln eintreten solle, sodass man auf dem Markte zwei Saton Gerste für einen Sekel und ein Saton Weizenmehl ebenfalls für einen Sekel werde kaufen können. Hierüber empfanden der König und seine Begleiter große Freude, denn sie zweifelten nicht an der Wahrheit der Prophezeiung, da sie schon früher die Wahrheit von Elissaeus' Weissagungen erfahren hatten. Sie ertrugen des-
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halb die Not dieses Tages leichter in der Hoffnung auf den kommenden Tag. Der Befehlshaber des dritten Teiles des Heeres aber, der dem Könige befreundet war, und auf den dieser sich damals gerade stützte, sprach zu dem Seher: »Was du da sprichst, ist unglaublich, und so unmöglich es ist, dass Gott Gerste und Weizenmehl vom Himmel herabfallen lässt, so unmöglich ist auch die Erfüllung deiner Verkündigung.« Der Prophet entgegnete ihm: »Du sollst mit eigenen Augen erkennen, dass dies wirklich so ein~ treffen wird. Doch wirst du selbst daran keinen Teil haben.« 6. Die Weissagung des Elissaeus aber ging auf folgende Weise in Erfüllung. Es war in Samaria durch Gesetz bestimmt, dass die mit dem Aussatz Behafteten außerhalb der Stadt wohnen mussten. Damals wohnten nun aus diesem Grunde vier Männer vor den Toren, die, da ihnen bei der herrschenden Hungersnot niemand Speise brachte und sie auch die Stadt nicht betreten durften, der Meinung waren, es sei besser, wenn sie sich den Feinden preisgäben, als an dem Orte, wo sie sich aufhielten, vor Hunger umzukommen. Sie dachten, die siegreichen Feinde würden ihrer schonen; müssten sie aber dennoch ihr Leben lassen, so würden sie wenigstens ehrenvoll sterben. Als sie diesen Entschluss gefasst hatten, begaben sie sich zur Nachtzeit ins feindliche Lager. Gott aber erschreckte und verwirrte die Syrer und ließ in ihren Ohren Pferdegetrappel und Waffengeklirr ertönen, als wenn ein Heer im Anrücken begriffen sei, sodass sie je länger je mehr in diesem Wahne bestärkt wurden. Dadurch gerieten sie so in Aufregung, dass sie ihr Lager verließen, zu Adad liefen und ihm meldeten, Joram, der König der Israeliten, komme mit geworbenen Hilfstruppen sowie mit dem Könige von Ägypten und dem Könige der Inseln heran, uni über sie herzufallen. Sie hätten deutlich das Geräusch des anrückenden Heeres gehört. Dieser Nachricht schenkte Adad um so eher Glauben, als auch in seinen Ohren das verdächtige Geräusch ertönte. Und so ergriff alles in wilder Verwirrung die Flucht unter Zurücklassung der Pferde, der Lasttiere und ungeheurer Schätze. Als nun die erwähnten Aussätzigen zum syrischen Lager kamen, bemerkten sie darin eine große Ruhe und Stille. Sie gingen hierauf in das Lager hinein, betraten eines der Zelte, da sie vor dem Eingange desselben niemand bemerkten, erquickten sich mit Speise und Trank, nahmen dann viele Kleider und eine Menge Gold weg und verbargen den Raub außerhalb des Lagers; Dann betraten sie ein anderes Zelt und trugen auch aus diesem fort, was sie darin vorfanden. Als sie nun auch noch zum dritten und vierten Mal dasselbe getan und niemand gesehen hatten, schlossen sie daraus, dass die Feinde abgezogen seien, und machten sich Vorwürfe dass sie
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nicht dem Joram und ihren Mitbürgern davon Anzeige erstattet hätten. Sie liefen deshalb sogleich bis vor die Stadtmauer Samarias und riefen den Wachen zu, was sich mit den Feinden zugetragen habe. Diese gaben die Nachricht weiter an die Wächter des Königs. Als Joram von diesen die Meldung erhalten hatte, beschied er seine Freunde und die Anführer zu sich und sagte ihnen, hinter dem Abzug des Königs der Syrer scheine sich eine List zu verbergen. Denn da derselbe daran verzweifle, sie durch Hunger zu bezwingen, wolle er sie wahrscheinlich durch diese verstellte Flucht ins Lager locken und sie dann plötzlich überfallen, um so die Stadt ohne Kampf einzunehmen. Darum ermahne er sie, die Stadt auch weiterhin zu bewachen und sie nicht im Vertrauen auf den Abzug des Feindes zu verlassen. Da erklärte einer der Anwesenden, er billige den weisen Rat des Königs, doch schlage er vor, dass man zwei Reiter zur Erforschung der Gegend bis zum Jordan hin aussenden solle. Wurden diese vom Feinde hinterhältigerweise abgefangen, so könne das Heer darin eine Warnung vor dem gleichen Schicksal erblicken; die beiden Reiter aber möge man dann den Übrigen beizählen, welche die Hungersnot dahingerafft habe. Der König, dem dieser Vorschlag gefiel sandte sogleich die beiden Reiter ab. Diese zogen über eine von Feinden gänzlich leere Straße, die aber mit einer Menge Proviant und Waffen bedeckt war, weil die Fliehenden sich derselben entledigt hatten, um ungehinderter vorwärts zu kommen. Als der König das vernahm, ließ er das Heer zum feindlichen Lager ziehen und es plündern. Die Beute aber war nicht schlecht oder gering, sondern bestand in einer Menge Gold, Silber und Herden von allerlei Vieh, ferner in Gerste und anderem Getreide, von dem sie einen so großen Vorrat fanden, wie sie ihn sich nicht hatten träumen lassen. Auf diese Weise wurden sie nicht nur ihrer Not enthoben, sondern erlangten auch einen solchen Überfluss, dass zwei Saton Gerste um einen Sekel und ein Baton Weizenmehl gleichfalls um einen Sekel verkauft wurden, genau wie Elissaeus vorhergesagt hatte. Ein Saton enthielt ein und einen halben römischen Scheffel*. An all diesem Überfluss jedoch hatte der Befehlshaber des dritten Teiles des Heeres keinen Anteil. Denn da er vom Könige an das Tor gestellt worden war, um dem allzu starken Andrang der Menge zu wehren, damit nicht einer den anderen erdrücke, wurde er selbst erdrückt und gab den Geist auf, wie Elissaeus ihm prophezeit hatte, als er den Überfluss weissagte, den der Befehlshaber für unmöglich hielt. * Ein römischer Scheffel (Modius) = 8,75 Liter.
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6. Als nun Adad, der König der Syrer, unversehrt zu Damaskus anlangte und erkannte, dass nicht der Einfall der Feinde in sein Lager, sondern Gott selbst ihm und seinem Heere den Schrecken eingeflößt habe, grämte er sich darüber, dass Gott sein Feind sei, und verfiel in Schwermut. Um diese Zeit kam Elissaeus aus seiner Heimat nach Damaskus, und da der König dies vernahm, schickte er ihm einen seiner treuesten Diener mit Geschenken entgegen, um ihn zu befragen, ob er von seiner Krankheit genesen würde. Der Diener, Azael mit Namen, zog also mit vierzig Kamelen, welche. die herrlichsten Schätze von Damaskus und das Beste aus dem Besitze des Königs trugen, dem Elissaeus entgegen, begrüßte ihn freundlich und sagte ihm, der König Adad habe ihn gesandt, um dem Propheten Geschenke zu bringen und ihn über die Krankheit des Königs zu befragen. Der Seher verkündete hierauf dem Azael, sein Herr werde bald sterben, bat ihn aber, dem Könige dies nicht mitzuteilen. Der Diener ward über diese Auskunft schmerzlich bewegt. Elissaeus aber fing an zu weinen, weil er das Unglück voraussah, von dem das Volk nach Achads Tod würde betroffen werden. Als nun Azael ihn fragte, weshalb er so betrübt sei, entgegnete Elissaeus: »Ich weine, weil mir das Elend ,des israelitischen Volkes zu Herzen geht, das von dir über dasselbe wird verhängt werden. Denn du wirst die Besten von ihnen umbringen, ihre festen Städte einäschern, ihre Kinder am Felsen zerschmettern und ihre schwangeren Weiber in Stücke hauen.« Da aber Azael ihn fragte, woher er eine solche Macht erlangen würde, antwortete der Seher, Gott habe ihm verkündigt, dass Azael König von Syrien werden solle. AzaeI kehrte darauf zum Könige zurück und brachte ihm die Nachricht, mit seiner Krankheit werde es besser gehen. Am folgenden Tage aber warf er ein feuchtes Netz über ihn, erwürgte ihn damit und riss die Herrschaft an sich. Azael war übrigens ein tatkräftiger Mann und erwarb sich die Liebe der Syrer und des Volkes von Damaskus. Wie Adad wird auch er noch heute vom syrischen Volke göttlich verehrt, das sich der Wohltätigkeit jener Könige und der herrlichen Tempelbauten, womit sie Damaskus verschönert haben, dankbar erinnert. Noch täglich veranstaltet das Volk zu ihrer Ehre glänzende Aufzüge und rühmt sich ihres hohen Alters, ohne zu wissen, dass sie einer jüngeren Zeit angehören und erst vor kaum eintausendeinhundert Jahren regiert haben. Als nun Joram, der König der Israeliten, vom Tode Achads Kunde erhiel~ atmete er von der Furcht und dem Schrecken, den jener ihm eingeflößt hatte, auf und freute sich der Segnungen des Friedens.
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FÜNFTES KAPITEL Von der Ruchlosigkeit Jorams, des Königs zu Jerusalem. Seine Strafe und sein Ende.
1. Joram, der König zu Jerusalem, der, wie bereits oben erwähnt, mit
dem Könige der Israeliten denselben Namen führte, begann seine Regierung mit der Ermordung seiner Brüder und der Freunde seines Vaters, die ebenfalls fürstlichen Standes waren. Hierdurch bewies er genügsam seine Schlechtigkeit, wie er überhaupt den Königen der Israeliten, die zuerst von den väterlichen Sitten der Hebräer und der Verehrung Gottes abgewichen waren, nichts nachgab. Zu allen Schändlichkeiten und besonders zur Verehrung fremder Götter trieb ihn sein Weib Gotholia, die Tochter Achabs. Obgleich aber Joram von Tag zu Tag neue Gottlosigkeiten zum Verderben dar heimischen Religion ersann, wollte doch Gott wegen des Bündnisses, das er mit David geschlossen hatte, sein Geschlecht nicht zugrunde richten. Da um diese Zeit die Idumäer von ihm abfielen, ihren früheren König, der seinem Vater verpflichtet gewesen war, töteten und sich einen König nach ihrem Gutdünken wählten, fiel Joram mit der Reiterei, die ihm damals zu Gebote stand, und einer Anzahl Wagen zur Nachtzeit in Idumäa ein und vernichtete diejenigen, die seinem Reiche zunächst wohnten, vermochte jedoch nicht weiter vorzudringen. So nützte ihm der ganze Feldzug nichts, vielmehr fielen alle anderen Völkerschaften nun auch von ihm ab, und zunächst die, welche das Land Labina bewohnten. In seinem Wahnsinn aber ging er so weit, dass er das Volk auf die Gipfel der Berge trieb und es zwang, dort fremde Götter anzubeten. 2. Wahrend er diese Schändlichkeiten trieb und das Andenken an die Satzungen der Vater gänzlich austilgte, wurde ihm ein Brief des Propheten Elissaeus überbracht, der ihm verkündigte, Gott werde ihn schwer züchtigen, weil er die Sitten der Vater verachtet, die Sünden der Israelitenkönige angenommen und den Stamm Judas samt den Einwohnern von Jerusalern gezwungen habe, den Dienst des wahren Gottes zu verlassen und Götzen zu verehren, wie dies auch Achab mit den Israeliten getan, ferner weil er seine Brüder und andere gute und gerechte Männer umgebracht habe. Auch die Art der Strafe, die über ihn ergehen würde, bezeichnete der Brief des Sehers. Sein Volk werde zugrunde gehen, seine Weiber und Kinder umkommen, und er selbst von einer langwierigen, schmerzlichen Krankheit
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betroffen werden, infolge deren seine Eingeweide auf grässliche Weise verfaulen und aus seinem Leibe fallen würden. All sein Elend werde er selbst ansehen müssen, durch keine Kunst davon befreit werden können und so seinen Geist aufgeben. Das meldete der Brief des Propheten Elissaeus. 3. Nicht lange danach fiel ein Heer der nahe bei Äthiopien wohnenden Araber und der Palästiner in Jorams Reich ein, plünderte das Land und den Königspalast und tötete seine Söhne und Weiber. Nur ein einziger von seinen Söhnen, mit Namen Ochozias, entkam den H[inden der Feinde. Nach diesem Unglück wurde der König von der Krankheit befallen, die ihm der Seher vorhergesagt hatte. Sein Leib wurde von den heftigsten Schmerzen gequält, und er sah, wie seine eigenen Eingeweide von ihm abgingen; alsdann starb er eines elenden Todes. Sein Leichnam wurde sogar noch vom Volke beschimpft. Denn da man, wie ich glaube, in Erwägung zog, dass dem kein königliches Leichenbegängnis zustehe, der, vom Zorne Gottes getroffen, den Geist aufgegeben habe, so setzte man ihn weder im Grabe seiner Vater bei, noch hielt man ihn einer anderen Ehrenbezeugung für würdig, bestattete ihn vielmehr wie einen gewöhnlichen Mann. Er hatte vierzig Jahre gelebt und acht Jahre regiert. Das Volk von Jerusalem aber übertrug die Königswürde seinem Sohne Ochozias.
SECHSTES KAPITEL Wie Jehu zum Könige gesalbt wurde, Joram und Ochozias tötete und die Gottlosen bestrafte. 105
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1. Joram, der König der Israeliten, machte sich nach dem Tode Adads Hoffnung, die Stadt Aramatha im Galaditerlande den Syrern entreißen zu können, und zog deshalb mit einem großen Heere dorthin. Bei der Belagerung der Stadt wurde er von einem Syrer durch einen Pfeilschuss verwundet, jedoch nicht tödlich, und zog sich daher in die Stadt Jesraela zurüc~ um hier die Wunde heilen zu lassen. Das Heer aber ließ er unter dem Befehle Jehus, des Sohnes des Nemessus, bei Aramatha zurück, das übrigens schon erobert war. Er hatte sich vorgenommen, die Syrer wieder anzugreifen, sobald seine Wunde geheilt sein würde. Inzwischen sandte der Seher Elissaeus einen seiner Schüler mit heiligem Öle nach Aramatha, um den Jehu zum Könige zu salben und ihm mitzuteilen, dass Gott selbst ihm diese
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Würde zugedacht habe. Außer anderen Aufträgen gab er ihm auch den, er solle von dort wie ein Flüchtling wieder abreisen, sodass sein Weggang von niemand bemerkt werde. Als der Schüler nun zur Stadt kam, traf er den Jehu mitten unter seinen Heerführern sitzend an, wie Elissaeus vorhergesagt hatte. Er ging auf ihn zu und teilte ihm mit, er wolle mit ihm über eine besondere Angelegenheit sprechen. Jehu stand auf und folgte ihm in ein Gemach, wo der Jüngling das Öl hervorholte, es auf Jehus Haupt goss und sprach, Gott erwähle ihn zum Könige, damit er Achabs Geschlecht ausrotte und das Blut der Seher räche, die Jezabel ungerechterweise umgebracht habe, und damit, wie das Geschlecht Jeroboams, des Sohnes des Nabataeus und der Baasa, wegen seiner Gottlosigkeit untergegangen sei, also auch von Achabs Geschlecht keiner am Leben bleibe. Nach diesen Worten stürzte er eilig aus dem Gemache fort, damit er von niemand gesehen würde. 2. Jehu verließ hierauf das Haus und kehrte wieder auf seinen Platz bei den Heerführern zurück. Und da diese ihn bestürmten, er möge ihnen mitteilen, zu welchem Zweck der Jüngling ihn besucht habe, und bemerkten, derselbe müsse wohl von Sinnen sein, erwiderte er: »Thr habt ganz Recht; denn er hat allerdings ganz unsinnige Worte geredet.« Als sie nun noch mehr in ihn drangen und Näheres zu erfahren wünschten, erklärte er ihnen, der Jüngling habe ihm mitgeteilt, dass ihm von Gott die Herrschaft über das Volk verliehen worden sei. Kaum hatte er das gesagt, als sie ihre Kleider auszogen, sie unter ihm ausbreiteten, in die Hörner stießen und den Jehu zum Könige ausriefen. Jehu versammelte nun die 'fruppen und beabsichtigte gegen Joram nach JesraeIa zu ziehen, wo dieser, wie oben erwähnt, die bei der Belagerung von Aramatha erhaltene Wunde heilen ließ. Dorthin hatte sich auch Ochozias, der König zu Jerusalern, aus verwandtschaftlichen Rücksichten begeben (er war, wie vorhin bemerkt, Jorams Neffe), um sich zu erkundigen, wie es mit seiner Wunde stehe. Da nun Jehu den Joram und seine Umgebung unversehens überfallen wollte, befahl er seinen Kriegern, streng darauf zu achten, dass niemand aus der Stadt entweiche, der seine Absicht dem Joram verraten könne. Hieraus werde er ihre gute Gesinnung erkennen und beurteilen können, ob sie ihn in ehrlicher Absicht zum Könige ausgerufen hätten. 3. Die Krieger nahmen den Befehl mit Freuden auf und bewachten die Wege, damit niemand heimlich nach Jesraela gelange und den Plan Jehus dort verrate. Jehu beorderte alsdann eine auserlesene Reiterschar, bestieg seinen Wagen und fuhr auf Jesraela zu. Als er sich der Stadt näherte, erblickte ihn der Wachter, der vom Könige Joram angestellt war, um die Ein-
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tretenden zu beobachten, samt seiner Reiterschar und meldete dem Joram, es ziehe Reiterei heran. Dieser sandte sogleich einen Reiter aus, um zu erforschen, wer die Ankömmlinge seien. Als der Reiter zu Jehu gekommen war, fragte er ihn, wie sich das Heer befinde, da der König hierüber Nachricht haben wolle. Jehu hieß ihn deswegen unbesorgt sein und ihm folgen. Als der Wachter dies bemerkt hatte, meldete er dem Joram, der Reiter habe sich der Schar angeschlossen und komme mit ihr angeritten. Einen zweiten Boten des Königs hieß Jehu dasselbe tun, und der Wachter zeigte auch dies dem Könige an, der darauf selbst mit dem bei ihm zu Besuch weilenden Könige Ochozias von Jerusalem seinen Wagen bestieg und dem Jehu entgegenfuhr. Joram traf den Jehu, der mit seiner Schar in gescnlossenem Zuge langsam vorrückte, auf dem Grundstücke des Nabuth und fragte ihn, ob bei seinem Heere alles wohl sei. Da aber Jehu bittere Schmähungen gegen ihn ausstieß und ihn den Sohn einer Giftmischerin und Buhldirne nannte, fürchtete Joram, Jehu möchte nichts Gutes vorhaben, wandte so schnell wie möglich seinen Wagen' und fuhr davon. indem er zu Ochozias sagte, sie seien in eine Falle geraten. Jehu aber spannte seinen Bogen und schoss den Joram mit einem Pfeile mitten durch die Brust, sodass er in die Knie sank und seinen Geist aufgab. Dann befahl Jehu dem Badakrus, einem Befehlshaber über den dritten Teil seines Heeres, Jorams Leichnam auf Nabuths Acker zu werfen, wobei er an die Weissagung des Elias erinnerte, der dem Achab, dem Vater Jorams, nach der Ermordung des Nabuth prophezeit hatte, er werde einst samt seinem Geschlechte auf demselben Acker umkommen. Diese Weissagung, fügte er hinzu, habe er, da er hinter Achab im Wagen gesessen habe, aus dem Munde des Sehers selbst gehört. Als nun Joram gefallen war, bog Ochozias in großer Angst um sein eigenes Leben mit dem Wagen in einen anderen Weg ein und dachte dadurch dem Jehu zu entkommen. Der aber holte ihn an einem Hügel ein und verwundete ihn mit einem Pfeile. Ochozias verließ darauf sogleich den Wagen, bestieg ein Pferd und floh vor Jehu nach Magedo, wo er bald nachher an seiner Wunde starb. Von den Seinigen ward sein Leichnam nach Jerusalern gebracht und dort begraben. Seine Regierung hatte nur ein Jahr gewährt, und an Schlechtigkeit hatte er seinen Vater noch übertroffen. 4. Als nun Jehu nach Jesraela gekommen war, stellte sich Jezabel in vollem Schmucke auf einen Thrm und rief ihm zu: })Welch ein herrlicher Diener ist doch der, der seinen Herrn tötet!« Jehu blickte zu ihr auf und fragte sie, wer sie sei. Dann hieß er sie herabsteigen, und als sie sich dessen weigerte, befahl er einigen Verschnittenen, sie von dem Thrme hinabzustürzen. Diese
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vollzogen den Befehl, und Jezabel bespritzte im Falle die Mauer mit ihrem Blute; ihr Körper aber ward von den Hufen der Rosse zu Tode gestampft. Darauf begab sich Jehu zum Königspalaste und stärkte sich und seine Freunde, da sie vom Marsche ermüdet waren, mit einem Mahle und anderen Erfrischungen. Seinen Dienern aber, welche die Jezabel umgebracht hatten, befahl er, sie mit allen Ehren zu bestatten, da sie aus königlichem Geblüte war. Diese gingen hin, um dem Befehl gemäß die Beerdigung vorzunehmen, fanden aber von dem Körper nichts mehr vor als die Extremitäten, da alles Übrige von den Hunden verschlungen worden war. Als Jehu dies vernahm, bewunderte er die Weissagung des Elias, der vorher verkündigt hatte, dass Jezabel auf diese Weise zu Jesraela umkommen werde. 5. Achab hatte siebzig Söhne hinterlassen, die zu Samariaerzogen wurden. Dorthin schrieb nun Jehu zwei Briefe, einen an die Erzieher der Söhne, den anderen an die Vorsteher der Samariter, worin er sie ermahnte, sie sollten, da sie eine große Menge Wagen, Pferde, Waffen, Kriegsvolk und befestigte Städte hätten, den stärksten von Achabs Söhnen zum König ausrufen und alsdann den Tod ihres Herrn rächen. Mit diesen Schreiben aber wollte Jehu die Gesinnung der Samariter auf die Probe stellen. Als nun die Vorsteher und Erzieher die Briefe gelesen hatten, ergriff sie gewaltige Angst. Sie erwogen nämlich, dass sie gegen den, der zwei so mächtige Könige überwunden habe, nichts würden ausrichten können, und schrieben ihm daher zurück, sie wollten ihn selbst zu ihrem Herrscher erwählen und alle seine Befehle vollziehen. Darauf gebot ihnen Jehu in einem weiteren Briefe, sie sollten Achabs Söhnen die Köpfe abschlagen und ihm dieselben zusenden. Die Vorsteher teilten dieses Schreiben den Erziehern der Söhne mit, die den Befehl pünktlich ausführten, die Köpfe der Söhne Achabs in geflochtene Körbe packten und sie nach Jesraela schickten. Jehu, der gerade mit seinen Freunden speiste, als ihm die Ankunft der Köpfe gemeldet wurde, befahl, dieselben in zwei Haufen zu beiden Seiten des Stadttores aufzuschichten. Als das geschehen war, ging er in der Morgenfrühe hin, um die Köpfe zu besichtigen, und sprach zu den Anwesenden, er habe zwar das Heer gegen seinen Herrn geführt und ihn getötet, aber diese da habe er nicht umgebracht. Er wollte ihnen hiermit klarmachen, dass das Geschlecht Achabs nach dem Ratschlu~se Gottes vom Verderben ereilt worden sei, wie dies auch Elias prophezeit hatte. Darauf ließ er auch noch alle Verwandten Achabs, die in JesraeIa aufzufinden waren, töten, und begab sich dann nach Samaria. Auf dem Wege dorthin traf er Blutsverwandte des Ochozias, des Königs zu Jerusalem, und fragte sie, wohin die Reise gehe.
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Und da sie antworteten, sie wollten den Joram und ihren König Ochozias, von deren Tod sie noch nichts wussten, besuchen, ließ Jehu auch sie ergreifen und umbringen, im ganzen zweiundvierzig Menschen. 6. Hierauf begegnete ihm ein edler und gerechter Mann und alter Freund von ihm, mit Namen Jonadab, der ihn begrüßte und lobte; weil er alles nach Gottes Willen vollbracht und das Geschlecht Achabs ausgerottet habe. Jehu bat ihn, auf seinen Wagen zu steigen und ihn nach Samaria zu begleiten. Dort wolle er ihm zeigen, dass er keinen Gottlosen verschonen, sondern sowohl die falschen Seher und Priester, als auch alle anderen, die das Volk von der Verehrung des allmächtigen Gottes ab- und der Anbetung fremder Götter zugewandt hätten, mit dem Tode bestrafen werde. Denn es sei ein herrliches und für einen gerechten Mann angenehmes Schauspiel, die Übeltäter bestrafen zu sehen, Jonadab entsprach der Bitte des Königs und fuhr mit ihm nach Samaria. Dort ließ Jehu alle Verwandten Achabs aufspüren und umbringen. Damit aber keiner von den falschen Sehern und Götzenpriestern Achabs der Todesstrafe entgehe, bediente er sich zu ihrer Ergreifung folgender List. Er berief das Volk zu einer Versammlung und verkündete ihm, er wolle doppelt so viele Götter verehren, als Achab eingefUhrt habe. Sie möchten also Sorge tragen, dass die Priester, Propheten und Verehrer dieser Götter sich bei ihm einBinden. Denn er beabsichtige, den Göttern Achabs zahlreiche und prächtige Opfer darzubringen. Wer von den Priestern des Baal (so hieß der Gott Achabs) sich nicht einfinde, solle mit dem Tode bestraft werden. Als er nun den Tag, an welchem die Opfer dargebracht werden sollten, bestimmt hatte, ließ er aus dem ganzen Lande der Israeliten die Priester Baals herbeiholen und alle mit Kleidern versehen. Sodann ging er mit seinem Freunde Jonadab in den Tempel und ließ sorgfaltig darauf achten, dass kein Fremder sich unter den Priestern befinde; denn er wolle nicht, dass ein Fremdling ihren Opfern beiwohne. Da diese ihm nun mitteilten, dass kein Fremder anwesend sei, und sieden Gottesdienst begonnen hätten, ließ er die Tore des Tempels durch achtzig seiner treu esten Krieger besetzen und befahl ihnen, die falschen Seher umzubringen und so die Verachtung des Gottesdienstes der Vater zu rächen. Sie hafteten ihm übrigens mit ihrem Kopfe dafür, dass niemand aus dem Tempel entweiche. Die Krieger töteten hierauf alle Götzenpriester, äscherten den Tempel Baals ein und befreiten so Samaria von dem Götzendienst. Baal war der Gott der 1)rrier, und Achab hatte seinem Schwiegervater Ithobal, dem Könige der Tyrier und Sidonier, zu Gefallen ihm in Samaria einen Tempel erbaut, Seher bestellt und einen Gottesdienst eingerichtet. Nach Entfernung
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dieses Götzen erlaubte übrigens Jehu den Israeliten immer noch, die goldenen Kälber zu verehren. Weil er aber wenigstens des Gute vollbracht hatte, dass er die Gottlosen gebührend bestrafte, verkündigte ihm Gott durch einen Seher, dass seine Nachkommen bis ins vierte Glied über die Israeliten herrschen würden.
SIEBENTES KAPITEL Wie Gotholia nach sechsjähriger Regierung umgebracht wurde und wie der Hohepriester Jodaus den Sohn des Ochozias als König einsetzte.
1. Als Gotholia, die Tochter Achabs, von dem Untergang ihres Sohnes Ochozias, ihres Bruders Joram und des königlichen Geschlechtes Kunde erhalten hatte, bot sie alles auf, um Davids Haus völlig zu vertilgen, damit keiner davon künftig zur Herrschaft gelangen könne. Ihrer Ansicht nach hatte sie diese Absicht auch erreicht. Doch blieb einer von Ochozias' Söhnen am Leben, der auf folgende Weise gerettet wurde. Ochozias hatte eine rechte Schwester mit Namen Josabeth, die mit dem Hohepriester Jodaus verheiratet war. Als diese in den Königspalast kam und den Joas (so hieß das ein Jahr alte Knäbchen) mit seiner Amme unter den Leichen der Ermordeten verborgen fand, nahm sie beide mit in ihr Schlafgemach und zog in Gemeinschaft mit ihrem Gatten Jodaus den Knaben heimlich im Tempel sechs Jahre lang auf, während welcher Zeit Gotholia über Jerusalern und die beiden Stämme herrschte. 2. Im siebenten Jahre machte Jodaus fünf Hauptleuten von der Sache Mitteilung und beredete sie, mitzuwirken, dass Gotholia beseitigt und die Königsherrschaft dem Knaben übertragen würde. Und um ihrer Hilfe desto sicherer zu sein, verpflichtete er sie unter einem Eidschwur und gab sich dann der Hoffnung hin, dass sein Anschlag gegen Gotholia gelingen werde. Die Männer nun, welche der Hohepriester Jodaus als Helfer gewonnen hatte, bereisten das ganze Land, versammelten die Priester, Leviten und Vorsteher der Stämme und nahmen sie mit sich nach Jerusalern zum Hohepriester. Dieser verlangte einen Eid von ihnen, dass sie das Geheimnis, welches sie vernehmen würden, ganz für sich behalten wollten, da Verschwiegenheit und entschlossenes Handeln in gleicher Weise vonnöten sei. Als er nach Leistung des Eides es für hinreichend gefahrlos hielt, ihnen den Plan mitzu-
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teilen, rührte er ihnen den Knaben aus Davids Geschlecht vor, den er erzog, und sprach zu ihnen: »Dieser soll euer König sein, da er von dem Hause abstammt, dem, wie ihr wisst, Gott die Herrschaft für alle Zeiten verheißen hat. Ich rate euch daher, dass der dritte Teil von euch sich im Tempel zum Schutze des Königs aufstelle, während der vierte Teil am Tempeltore und an dem in dessen Nähe befindlichen offenen Eingang zum Königspalast Wache hält. Der Rest soll unbewaffnet im Tempel sich aufhalten, und ihr sollt niemand den Eintritt in den Tempel gestatten, falls er bewaffnet ist, er gehöre denn zu den Priestern.« Außerdem befahl er, dass ein Teil der Priester und Leviten nach Art von Trabanten den König mit gezogenen Schwertern umringen und jeden, der es wage, bewaffnet in den Tempel einzutreten, sofort niedermachen und lediglich dem Schutze des Königs ihre Aufmerksamkeit widmen sollten. Diesem Rate des Hohepriesters pflichteten alle bei und schritten dann auch sofort zur Tat. Jodaus öffnete die Waffenkammer, deren Einrichtung im Tempel von David angeordnet worden war, und verteilte an die Haupdeute, Priester und Leviten die dort vorgefundenen Speere, Köcher und sonstigen Waffen. Die Bewaffneten stellte er dann in geschlossener Schar um den Tempel auf, damit sie allen den Eingang wehrten, denen derselbe nicht verstattet war. Darauf rührte man den Knaben in die Mitte und setzte ihm die Königskrone auf, während Jodaus ihn mit heiligem Öl salbte und zum Könige ausrief. Das Volk erhob ein Freudengeschrei, klatschte Beifall und brach in den Ruf aus: »Es lebe der König!« 3. Als Gotholia den plötzlichen Lärm und das Freudengeschrei vernahm, geriet sie in Verwirrung und stürzte mit ihrer Leibwache zum Königspalast hinaus. Und da sie zum Tempel kam, ließen die Priester sie selbst zwar passieren, ihrem bewaffneten Gefolge dagegen wehrten die um den Tempel aufgestellten Wachter nach dem Befehle des Hohepriesters den Eingang. Gotholia hatte kaum den auf einer Erhöhung stehenden und die Königskrone tragenden Knaben erblickt, als sie ihr Gewand zerriss, ein großes Geschrei erhob und Befehl gab, den Knaben zu töten, der ihr die Herrschaft zu entreißen trachte. Jodaus aber rief die Haupdeute herbei und befahl ihnen, die Gotholia in das Tal Kedron zu führen und dort zu töten: denn er wollte nicht, dass man das ruchlose Weib im Tempel umbringe und so das Heiligtum verunreinige. Dann fügte er noch hinzu, man solle auch jeden töten, der ihr Hilfe zu bringen suche. Die Haupdeute ergriffen darauf die Gotholia, rührten sie zum so genannten königlichen Maultiertore und brachten sie daselbst um. 4. Als auf diese Weise der Anschlag gegen Gotholia gelungen war, ver-
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sammelte Jodaus das Volk und die 'fruppen im Tempel und ließ sie schwören, dem König ergeben bleiben und sein wie seines Reiches Wohl fördern und schützen zu wollen. Auch dem Könige nahm er einen Eid ab, dass er Gott ehren und die Gesetze des Moyses nicht übertreten werde. Hierauf drang man in den Baalstempel ein, den Gotholia und ihr Gatte Joram dem wahren Gotte zur Schmach und dem Achab zu Ehren erbaut hatten, und zerstörte denselben völlig; den Maathas aber, der damals den priesterlichen Dienst versah, tötete man. Die Besorgung und Bewachung des Tempels übertrug Jodaus nach Davids Anordnung den Priestern und Leviten und befahl ihnen, täglich zweimal die gewöhnlichen Brandopfer darzubringen und nach der Vorschrift des Gesetzes das Räucherwerk zu entzünden. Einige Leviten ernannte er zu Torwächtern des Tempels, damit kein Unreiner sich in denselben einschleichen könne. 5. Nachdem er diese Anordnungen getroffen, geleitete er mit den Hauptleuten, den Heerführern und dem gesamten Volke den Joas aus dem Tempel nach dem Königspalast. Als man ihn hier auf den Thron gesetzt hatte, erhoben alle ein Freudengeschrei, und man beging einige Tage festlich unter Abhaltung von Schmausereien. In der Stadt aber entstand wegen des Todes der Gotholia nicht die geringste Aufregung. Als Joas die Regierung antrat, stand er im siebenten Lebensjahre. Seine Mutter hieß Sabia und stammte aus Bersabee. Solange nun der Hohepriester Jodaus lebte, beobachtete der König die Gesetze und war eifrig in der Verehrung Gottes. Als er das entsprechende Alter erreicht hatte, heiratete er zwei Weiber, die ihm der Hohepriester antraute, und erhielt von beiden sowohl Söhne als Töchter. So viel über den König Joas, wie er den Nachstellungen der Gotholia entging und die Königswürde erlangte.
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ACHTES KAPITEL Jehu stirbt, und es folgt ihm in der Regierung Joaz. Joas, der König zu Jerusalem, lebt anfangs in Gottesfurcht, wird aber später ruchlos und lässt den Zacharias steinigen. Joaz' Sohn Joas.
1. Der Syrerkönig Azael aber überzog die Israeliten und ihren König Jehu mit Krieg, verwüstete die Landstriche, welche jenseits des Jordan gegen Osten lagen und von den Stämmen RubeL Gad und Manasses bewohnt wa-
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ren, sowie auch die Landschaften Galaditis und Batanäa. plünderte und verbrannte die Städte und tötete alles, was ihm in die Hände fiel. Jehu vermochte seinem Wüten nicht Einhalt zu tun, starb vielmehr als Verächter Gottes und seiner Gebote nach siebenundzwanzigjähriger Regierung Er ward in Samaria begraben, und es folgte ihm in der Regierung sein Sohn Joaz. 2. Joas dagegen, der König zu Jerusalem, wollte den Tempel Gottes wiederherstellen und berief deshalb den Hohepriester Jodaus zu sich, dem er den Befehl erteilte, durch das ganze Land Priester und Leviten zu senden und von ihnen für jeden Kopf der Bevölkerung einen halben Sekel Silber zur Wiederherstellung des unter Joram, Gotholia und deren Nachkommen in Verfall geratenen Tempels erheben zu lassen. Der Hohepriester indes kam dem Befehle nicht nach, weil er wusste, dass doch niemand etwas beisteuern würde. Im dreiundzwanzigsten Jahre seiner Regierung aber ließ der König den Hohepriester und die Leviten zu sich kommen und machte ihnen Vorwürfe darüber, dass sie seinen Befehl nicht vollzogen hätten. Und da er ihnen zugleich dringend ans Herz legte, in Zukunft mehr für die Wiederherstellung des Tempels besorgt zu sein, ersann der Hohepriester ein Mittel zum Zwecke der Einsammlung von Geldspenden, dem das Volk gern beipflichtete. Er ließ nämlich einen hölzernen Kasten anfertigen, der an allen Seiten verschlossen war und nur eine einzige lochförmige Öffnung hatte. Diesen Opferstock ließ er im Tempel neben dem Altare aufstellen und gebot, dass jeder zur Wiederherstellung des Tempels Geld durch das Loch hineinwerfen solle, und zwar so viel, als ihm beliebe. Damit war das Volk einverstanden und steuerte in regem Wetteifer eine Menge Gold- und Silbergeld bei. Der Schreiber und der die Kasse führende Priester leerten den Kasten, zählten seinen Inhalt in Gegenwart des Königs und stellten ihn dann wieder an seinen Platz. So verfuhr man Tag für Tag. Als nun genug beigetragen zu sein schien, verwendete der Hohepriester Jodaus in Gemeinschaft mit dem König die Mittel zur Bezahlung von Steinmetzen und Baumeistern und zur Anschaffung einer Menge schönen Bauholzes. Nach Vollendung der Wiederherstellungsarbeiten verwendete man das noch übrige Gold- und Silbergeld zur Beschaffung von Bechern, Schalen, Krügen und anderen Gefäßen und brachte täglich herrliche Opfer dar. Dieser Eifer hielt an, so lange Jodaus am Leben blieb. 3. Nach seinem Tode aber (er erreichte ein Alter von hundertdreißig Jahren, war ein hervorragend frommer und gerechter Mann und wurde, weil er dem Geschlechte Davids die Herrschaft erhalten hatte, in der Königsgruft beigesetzt) vernachlässigte der König Joas den Gottesdienst, und auch die
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Vorsteher des Volkes wandelten wie er schlechte Wege, übertraten die Gebote und schalteten ganz nflch Gutdünken. Über diese Entartung erzürnt, sandte Gott Propheten, die ihnen ihre Frevel vorhalten und sie von ihrem lasterhaften Lebenswandel bekehren sollten. Aber sie waren derart auf ihre gottlose Gesinnung versessen, dass sie weder durch das Unglück, von dem ihre Vorfahren sowie deren ganzes Geschlecht wegen der Verachtung der Gebote heimgesucht worden waren, noch durch die früheren Weissagungen der Propheten zur Buße bekehrt wurden und zu ihrem früheren rechtschaffenen Wandel nicht mehr zurückkehren wollten. Ja, der König ließ sogar den Zacharias, den Sohn des Hohepriestera Jodaus, uneingedenk der Wohltaten seines Vaters, im Tempel zu Tode steinigen, weil er, vom Geiste Gottes erfüllt, in öffentlicher Versammlung König und Volk zur Umkehr ermahnt und ihnen für den Fall, dass sie ihm nicht folgten, schwere Strafen angedroht hatte. Sterbend rief Zacharias Gott zum Zeugen und Rächer seines bitteren und gewaltsamen Todes an, den er für seinen guten Willen und für die Verdienste seines Vaters erleiden müsse. 4. Nicht lange nachher traf den König die verdiente Strafe. Denn Azael, der König der Syrer, fiel in sein Land ein, zerstörte und plünderte Gitta und zog dann gegen Jerusalem. Darüber erschrak Joas sehr, und nun beraubte er den Schatz Gottes und der Könige, nahm die Weihgeschenke aus dem Tempel und sandte alles dies dem Syr~r, den er dadurch von der Belagerung abhalten wollte. Durch den ungeheuren Preis ließ sich Azael auch wirklich bewegen, seine Truppen von Jerusalem zurückzuziehen. Joas aber fiel bald danach in eine schwere Krankheit und wurde von den Freunden des Zacharias, die dessen Tod rächen wollten, überfallen und umgebracht. Man begrub ihn zwar in Jerusalern, setzte ihn jedoch seiner Gottlosigkeit wegen nicht in der Königsgruft bei. Er erreichte ein Alter von siebenundvierzig Jahren. In der Regierung folgte ihm sein Sohn Amasias. 6. Im einundzwanzigsten Jahre der Regierung des Joas übernahm Joaz, der Sohn des Jehu, die Herrschaft über die Israeliten in Samaria und regierte siebzehn Jahre lang. Doch folgte er durchaus nicht der guten Gesinnung seines Vaters, sondern ergab sich denselben Lastern wie die früheren Könige, die Gott verachtet hatten. Ihn überwand der Syrerkönig und rieb seine zahlreichen Truppen dergestalt auf, dass ihm nur noch zehntausend Mann Fußvolk und fünfzig Reiter übrig blieben; auch nahm er ihm viele große Städte weg. Dieses Unheil widerfuhr aber dem Volke der Israeliten nach einer Prophezeiung des Elissaeus, die dieser verkündigt hatte, als er auch dem Azael weissagte, er werde seinen Herrn töten und die Herrschaft über
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die Syrer und Damaszener an sich reißen. In dieser großen Not nahm Joaz seine Zuflucht zum Gebet und flehte zu Gott, er möge ihn nicht in die Gewalt Azaels geraten lassen. Gott aber, dem Reue lieber ist als Tugend und der sich oft an der bloßen Drohung genügen lässt, wollte ihn nicht gänzlich zugrunde richten und befreite ihn von der Kriegsgefahr, sodass das Land sich aufs Neue des Friedens erfreute und seinen früheren Wohlstand wiedererlangte. 6. Als Joaz gestorben war, folgte ihm sein Sohn Joas im siebenunddreißigsten Jahre der Herrschaft des Königs Joas zu Jerusalem und regierte sechzehn Jahre lang die Israeliten zu Samaria. Er war ein rechtschaffener Mann und das gerade Gegenteil seines Vaters. Um diese Zeit fiel der hochbetagte Seher Elissaeus in eine Krankheit, und der König der Israeliten besuchte ihn. Als dieser den Greis sterbend antraf, begann er zu weinen und zu wehklagen und nannte ihn seinen Vater und Beschützer. Denn ihm verdanke er es, dass er gegen seine Feinde keiner Waffen bedurft, sondern nach Elissaeus' Weissagungen den Sieg über dieselben ohne Kampf davongetragen habe. Und jetzt wolle der Prophet aus dem Leben scheiden und ihn der Gewalt der Syrer und anderer Feinde preisgeben, sodass sein Leben nicht mehr sicher sein würde und es besser wäre, wenn er jetzt gleich mit ihm stürbe. Elissaeus tröstete den König in seinem Schmerz; dann hieß er ihn einen Bogen herbeiholen und spannen, und als der König den Bogen schussfertig hatte, legte der Seher seine Hände auf des Königs Hände und befahl ihm zu schießen. Der König schoss drei Pfeile ab und hörte dann auf; Elissaeus aber sprach zu ihm: »Hättest du noch mehr Pfeile abgeschossen, so würdest du das Reich der Syrer von Grund aus zerstört haben. Weil du dich aber mit drei Pfeilen begnügt hast, so wirst du die Syrer in ebenso vielen Schlachten besiegen und ihnen das Land wieder entreißen, das sie deinem Vater geraubt haben.« Darauf verließ ihn der König; der Seher aber starb bald nachher. Er war ein überaus gerechter Mann und stand in Gottes höchster Gunst. Das bezeugen die fast unglaublichen Wundertaten, die er auf Gottes Antrieb verrichtete und deren Andenken noch heute bei den Hebräern fortlebt. Er wurde aufs prächtigste bestattet, wie es einem Gott so wohlgefalligen Manne zukam. Um diese Zeit geschah es, dass ein Mensch von Räubern getötet und in das Grab des Elissaeus geworfen wurde. Als nun der Tote den Leib des Propheten berührte, ward er wieder lebendig. So viel vom Seher Elissaeus, seinen Weissagungen und der göttlichen Kraft, die er selbst nach seinem Tode noch bewies. 7. Nach dem Tode des Syrerkönigs Azael ging die Herrschaft auf seinen Sohn Adad über. Diesen überzog Joas, der König der Israeliten, mit Krieg,
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besiegte ihn dreimal und entriss ihm das ganze Land mit allen seinen Städten und Dörfern wieder, welches sein Vater Azael dem Reiche der Israeliten geraubt hatte, wie dies von Elissaeus vorhergesagt worden war. Als nun auch Joas gestorben war, wurde er zu Samaria begraben, und es folgte ihm in der Regierung sein Sohn Jeroboam.
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NEUNTES KAPITEL Amasias besiegt die Idumäer, Gabaliter und Amalekiter. Sein Kriegszug gegen Joas und seine Niederlage. Nach seiner Ermordung besteigt Ozias den Thron.
l. Im zweiten Jahre der Regierung des Israelitenkönigs Joas übernahm Amasias, der Sohn der Jodad, einer Bürgerin von Jerusalem, die Herrschaft über den Stamm Judas. Schon als Jüngling zeigte er einen wunderbaren Gerechtigkeitssinn. Gleich nach seinem Regierungsantritt beschloss er, seinen Vater Joas zu rächen, ließ deshalb die, welche Hand an ihn gelegt hatten, festnehmen und bestrafte sie mit dem Tode. Doch verschonte er ihre Kinder, getreu dem Gesetze des Moyses, der es für unbillig hielt, die Kinder für die Schuld ihrer Eltern büßen zu lassen. Hieraufhielt er in den Stämmen Judas und Benjamin eine Musterung der jungen Leute ab, die beinahe zwanzig Jahre alt oder nicht viel älter waren, und hob deren dreihunderttausend aus; auch setzte er Hauptleute über sie. Außerdem schickte er zum Könige der Israeliten und mietete von ihm noch hunderttausend Mann fur hundert Talente Silber. Denn er hatte beschlossen, die Amalekiter, Idumäer und Gabaliter mit Krieg zu überziehen. Als er sich nun mit seinem Heere eben in Bewegung setzen wollte, ermahnte ihn ein Seher, die israelitischen Truppen zu entlassen. Denn diese seien gottloses Volk und er werde nach Gottes Verkündigung eine Niederlage erleiden, wenn er sich ihrer Hilfe bediene. Dagegen, werde er die Feinde überwinden, wenn er im Vertrauen auf Gottes Hilfe den Kampf mit seinen eigenen Truppen bestehe. Da aber der König hierüber unwillig ward, weil er den Israeliten den Lohn schon gezahlt hatte, ermahnte ihn der Prophet, er solle sich dem Willen Gottes unterwerfen, denn dieser würde seine Geldmittel schon wieder vermehren. Der König entließ darauf die Israeliten mit der Bemerkung, er wolle ihnen den Lohn schenken, den sie schon empfangen hätten, und zog mit seinen eigenen Truppen gegen die genannten Völkerschaften zu Felde. In einer großen
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Schlacht überwand er sie, tötete zehntausend von ihnen und nahm ebenso viele lebendig gefangen, die er auf den großen Felsen, welcher in Arabien liegt, führen und von diesem hinabstürzen ließ. Er erbeutete in diesem Kampfe eine große Menge von Kostbarkeiten. Während aber Amasias jenen Kriegszug ausführte, fielen die Israeliten, die er entlassen hatte, und die hierüber erbittert waren, da sie glaubten, Amasias habe sie aus Verachtung fortgeschickt, in sein Gebiet ein, drangen bis Bethsemera vor, verwüsteten das Land, raubten viel Vieh und töteten dreitausend Menschen. 2. Amasias wurde übrigens durch den glücklich errungenen Sieg hochmütig und fing an, Gott, der doch der Urheber desselben war, zu vernachlässigen und sich der Verehrung derjenigen Götter hinzugeben, die er aus dem Lande der Amalekiter mitgebracht hatte. Es kam aber zu ihm ein Prophet, der ihm erklärte, er wundere sich, dass er die für Götter halte, die ihren Verehrern nicht helfen und sie nicht aus seinen Händen hätten befreien können, vielmehr den größten Teil ihres Heeres hätten zugrunde gehen und sich selbst in Gefangenschaft geraten lassen. Denn die Götter seien doch gerade so nach Jerusalem geführt worden, als ob sie kriegsgefangene Feinde gewesen wären. Hierüber erzürnte der König, hieß den Seher schweigen und drohte ihm die Todesstrafe an, wenn er sich um Sachen kümmere, die ihn nichts angingen. Der Seher entgegnete, er werde ruhig sein, aber Gott werde die Neuerungen des Königs nicht ungestraft lassen. Amasias, der sich in seinem Glücke nicht zu mäßigen verstand (denn obwohl er dasselbe von Gott erlangt hatte, scheute er sich doch nicht, ihn zu schmähen) und auf sich selbst sehr eingebildet war, schrieb nun an Joas, den König der Israeliten, er solle sich mit seinem ganzen Volke ihm unterwerfen, wie das auch unter seinen Vorfahren David und Solomon der Fall gewesen sei. Wolle er das aber nicht tun, so möge er wissen, dass der Krieg das entscheidende Wort zu sprechen habe. Joas schrieb ihm daraufFolgendes zurück: »Der König Joas an den König Amasias. Auf dem Berge Libanon stand eine große Zypresse und dabei eine Brombeerstaude. Die Staude schickte zur Zypresse und stellte an sie das Ansinnen, ihre Tochter dem Sohn der Staude zur Ehe zu geben. Inzwischen aber ging ein wildes Tier vorbei, welches die Staude zertrat. Das soll dir zum Beispiel dienen, damit du nicht allzu Großes erstrebst und in dem Übermute, in den dich der Sieg über die Amalekiter versetzt hat, nicht dich und dein Reich in Gefahr bringst.« 3. Als Amasias diese Antwort las, ward seine Lust zum Kriege noch mehr entfacht. Gott trieb ihn, wie ich glaube, selbst dazu an, damit er für seine Sünden bestraft würde. Als er aber gegen Joas ausgerückt war und sich
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anschickte, den Kampf zu beginnen, ergriff Furcht und Verwirrung, wie Gott in seinem Zorn sie zu schicken pflegt, das Heer des Amasias, sodass es sich zur Flucht wandte, noch ehe es mit dem Feinde handgemein geworden war. Amasias aber wurde, da die Seinigen sich in ihrem Entsetzen zerstreuten und ihn im Stich ließen, vom Feinde gefangen genommen, und Joas drohte ihm, er werde ihn töten lassen, wenn er nicht die Einwohner von Jerusalem dazu berede, ihm die Tore zu öffnen und ihn mit seinem Heere in die Stadt aufzunehmen. Amasias sah sich in seiner Not gezwungen, dieses Verlangen zu erfüllen, und bewog demgemäß die Einwohner von lerusalem, den Joas einrücken zu lassen. Dieser ließ einen vierhundert Ellen langen Teil der Stadtmauer schleifen und fuhr durch die Bresche in Jerusalern hinein, indem er den Amasias gefangen vor sich herführen ließ. So brachte er Jerusalern in seine Gewalt, raubte den Schatz Gottes und plünderte alles, was von Gold und Silber in des Amasias Königspalast sich vorfand. Jetzt erst setzte er den Amasias in Freiheit und kehrte nach Samaria zurück. Dieses Unglück traf Jerusalern im vierzehnten Jahre der Regierung des Amasias. Bald darauf trachteten dem Könige seine eigenen Freunde nach dem Leben, sodass er sich gezwungen sah, nach Lachis zu entfliehen. Hier aber wurde er von den Leuten, die jene ihm nachgesandt hatten, getötet. Sein Leichnam ward nach Jerusalern zurückgebracht und hier mit königlichen Ehren beigesetzt. Einen solchen Tod fand er wegen seines Übermutes und seiner Widersetzlichkeit gegen Gott, nachdem er vierundfünfzig Jahre gelebt und neunundzwanzig Jahre regiert hatte. Es folgte ihm sein Sohn Ozias.
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ZEHNTES KAPITEL Von Jeroboam, dem Könige der Israeliten, und dem Propheten Jonas. Wie nach Jeroboams Tod sein Sohn Zacharias die Regierung übernahm. Wie Ozias, der König zu Jerusalem, die benachbarten Völkerschaften unterwarf und was ihm widerfuhr, als er Gott ein Rauchopfer darbringen wollte.
1. Im fünfzehnten Jahre der Regierung des Amasias trat Jeroboam, der
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Sohn des Joas, die Herrschaft über die Israeliten an und behielt sie vierzig Jahre lang. Dieser König war ein Verächter Gottes und der Gesetze, denn er verehrte Götzenbilder und verlegte sich auf widersinnige, fremde Gebräuche, wodurch er über das Volk der Israeliten großes Unheil brachte. Es ver-
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kündigte ihm aber der Seher Jonas, er werde, wenn er mit den Syrern Krieg fuhre, deren Macht erschüttern und die Grenzen seines Reiches nach Norden bis zur Stadt Amathus und nach Süden bis zum See Asphaltis erweiterno Das waren nämlich früher die Grenzen Chananaeas, wie es der Feldherr Jesus abgemessen hatte. Jeroboam unternahm daraufhin gegen die Syrer einen Kriegszug und brachte ihr ganzes Land unter seine Botmäßigkeit, wie der Seher Jonas ihm vorhergesagt hatte. 2. Da ich mir aber vorgenommen habe, eine genaue Geschichte unseres Volkes zu schreiben, halte ich es fur notwendig, alles zu erwähnen, was ich in den Büchern der Hebräer über diesen Seher aufgezeichnet gefunden habe. Gott hatte ihm nämlich befohlen, in das Reich des Ninus zu reisen, sich in die Stadt (Ninive) zu begeben und dort zu verkündigen, der König werde binnen kurzem seine Herrschaft verlieren. Doch er fürchtete sich und begab sich nicht dahin, sondern floh vor Gott in die Stadt Joppe, bestieg hier ein Schiff und wollte nach Tarsus in Cilicien fahren. Plötzlich aber entstand ein heftiger Sturm, und das Schiff drohte unterzugehen. Die Schiffer samt dem Steuermann und dem Kapitän gelobten Gott, sie wollten ihm ihre Dankbarkeit erweisen, wenn er sie aus der Gefahr errette. Jonas aber tat nichts dergleichen, sondern blieb im Schiffe verborgen liegen. Als nun die Wellen stets höher schlugen und der Sturm das Meer immer heftiger aufwühlte, argwöhnten die Schiffer, wie dies wohl vorkommt, es sei jemand von den Passagieren schuld an dem Sturm, und sie beschlossen daher, das Los zu werfen, um den Schuldigen zu ermitteln. Das Los aber traf den Seher, und als sie ihn fragten, woher er sei und was er vorhabe, antwortete er, er sei seiner Herkunft nach Hebräer und ein Prophet Gottes. Dann gab er ihnen den Rat, sie möchten, wenn sie der gegenwärtigen Gefahr entrinnen wollten, ihn ins Meer werfen; denn er sei die Ursache, weshalb der Sturm so heftig wüte. Die Leute wollten sich anfangs hierzu nicht verstehen, weil sie es für unrecht hielten, einen fremden Menschen, der ihnen sein Leben anvertraut hatte, dem offenbaren Untergange preiszugeben. Da aber die Not immer größer wurde und das Schiff zu versinken drohte, ließen sie sich endlich teils auf Drängen des Sehers, teils aus Furcht vor dem Untergange dazu bestimmen, ihn ins Meer zu werfen. Der Sturm legte sich nun sogleich. Jonas aber soll von einem Fische verschlungen und von diesem nach drei Tagen und ebenso vielen Nächten an das Gestade des Pontus Euxinus ausgespien worden sein, ohne irgendeinen Schaden erlitten zu haben. Nachdem er hierauf Gott um Verzeihung seiner Sünden gebeten, ging er zur Stadt Ninive, stellte sich hier an einem Orte auf, wo alle ihn hören konnten,
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und verkündigte den Bewohnern der Stadt, dass sie alsbald die Herrschaft über Asien verlieren würden. Dann begab er sich nach Hause zurück. Diese Erzählung habe ich so berichtet, wie ich sie in den Büchern vorfand. 3. Als Jeroboam sein Leben im höchsten Glücke zugebracht und vierzig Jahre regiert hatte, ward er zu seinen Vätern versammelt und in Samaria begraben. Auf dem Throne folgte ihm sein Sohn Zacharias. Im vierzehnten Jahre der Regierung des Jeroboam trat Ozias, der Sohn des Amasias, die Herrschaft über die beiden Stämme zu Jerusalem an. Seine Mutter, mit Namen Achiala, war eine Bürgerin von Jerusalem. Er selbst war von Natur ede4 gerecht, hochherzig, vorsichtig und tatkräftig. Nachdem er gegen die Palästiner zu Felde gezogen war, nahm er deren Städte Gitta und Tamnia ein und schleifte die Mauern derselben. Darauf griff er die Araber an, die nahe bei Ägypten wohnen, baute eine Stadt am Roten Meere und legte eine Besatzung hinein. Dann unterjochte er die Ammaniter, legte ihnen einen bestimmten Tribut auf und brachte das ganze Land bis zu den Grenzen Ägyptens unter seine Botmäßigkeit. Hierauf wandte er seine Sorgfalt der Stadt Jerusalem zu. Was von der Stadtmauer, sei es von Alters wegen, sei es infolge der Sorglosigkeit früherer Könige zusammengestürzt war, baute er von neuem auf. Auch den Teil der Mauer, den der König der Israeliten, als er mit seinem gefangenen Vater Amasias den Einzug in die Stadt hielt, hatte schleifen lassen, setzte er wieder instand. Außerdem errichtete er viele Türme in Höhe von hundertfünfzig Ellen. Ferner umgab er die in der Wüste gelegenen Stationen mit Festungswerken und legte viele Wasserleitungen an. Er besaß eine ungeheure Menge Zug- und anderes Vieh, da das Land sehr gute Weideplätze aufwies. Und weil er den Ackerbau liebte, wendete er diesem seine Sorgfalt zu und bepflanzte das Land mit Gewächsen jeglicher Art. Er hielt ein Heer auserlesener Krieger, das dreihundertsiebzigtausend Mann zählte, über welche zweitausend Haupdeute und Oberste von hervorragender Tapferkeit und gewaltiger Körperstärke gesetzt waren. Das ganze Heer teilte er in kleinere Abteilungen ein und versah diese mit Waffen, indem er jedem Krieger ein Schwert, einen ehernen Schild und Panzer, Bogen und Schleuder gab, Außerdem ließ er viele Maschinen anfertigen, die bei der Belagerung von Städten Verwendung finden sollten, desgleichen Vorrichtungen, mit denen man Steine und sonstige Geschosse werfen konnte, endlich eiserne Sturmhaken und andere Geräte dieser Art. 4. Da er nun solche Einrichtungen und Vorbereitungen traf, ward sein Sinn hochmütig, und aufgebläht durch vergänglichen Reichtum, verachtete er das Unsterbliche und Ewige, die Frömmigkeit gegen Gott und die Be-
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ob achtung der Gesetze. Schließlich stürzte er von der Höhe seines Glückes herab und fiel in dieselben Laster, denen sein Vater ergeben gewesen war, und zu welchen diesen ebenfalls der Glanz seines Glückes und seiner Macht verleitet hatte, weil er darin keine Mäßigung kannte. Als nämlich einst ein Fest gefeiert wurde, an dem das ganze Volk teilnahm, zog Ozias Priesterkleider an und begab sich in den TempeL um auf dem goldenen Altare Gott ein Rauchopfer darzubringen. Der Hohepriester Azarias, dem achtzig Priester zur Seite standen, suchte ihn daran zu hindern, da es ihm nicht gestattet sei zu opfern, dies vielmehr allein den Nachkommen Aarons zustehe, und alle Priester riefen ihm zu, er solle sich aus dem Tempel entfernen und Gottes Gebote nicht übertreten. Ozias aber geriet in Zorn und drohte ihnen mit dem Tode, wenn sie sich nicht ruhig verhielten. Da erbebte die Erde, der Tempel spaltete sich, und es brach aus ihm ein glänzendes Sonnenlicht hervor, das auf des Königs Antlitz fiel; und sogleich ergriff ihn der Aussatz. Vor der Stadt aber öffnete sich an dem Orte, der Eroge genannt wird, der Berg, und die eine Hälfte desselben, die gegen Westen lag, wälzte sich vier Stadien weit gegen den östlichen Teil des Berges, sodass die Wege und die Gärten des Königs verschüttet wurden. Als die Priester bemerkten, dass das Angesicht des Königs vom Aussatz ergriffen war, verkündeten sie ihm sein Unglück und befahlen ihm, die Stadt zu verlassen, da er unrein sei. Der König, voll Scham und TI-auer über sein Leiden, gehorchte dem Befehl und erduldete so die Strafe für seinen Frevel gegen Gott. Er lebte eine Zeit lang außerhalb der Stadt als Privatmann, während sein Sohn Jotham die Regierung führte. Darauf starb er vor Gram und Kummer über seine Sünden, nachdem er achtundsechzig Jahre gelebt und zweiundfünfzig Jahre regiert hatte. Er wurde in seinem Garten allein für sich bestattet.
ELFTES KAPITEL Zacharias, Sellum, Manaem, Phakeas, Sohn des Manaem, und Phakeas, Sohn der Romelia, Könige der Israeliten. Jotham, Sohn des Ozias, König zu Jerusalem. Nahums Prophezeiung über die Assyrer. 228
1. Zacharias wurde, nachdem er sechs Monate über die Israeliten geherrscht hatte, hinterlistigerweise von seinem Freunde Sellum, dem Sohne des Jabes, umgebracht, der ihm nun in der Regierung folgte, dieselbe je-
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doch nur dreißig Tage lang innehatte. Denn als der Heerführer Manaem, der damals in der Stadt Tharsa sich aufhielt, von der Ermordung des Zacharias Nachricht erhalten hatte, brach er mit seinem ganzen Heere auf und marschierte nach Samaria, tötete den Sellum in einem Treffen und warf sich selbst zum Könige auf, worauf er nach Tharsa zurückkehrte. Da aber die Einwohner der Stadt ihm die Tore verschlossen und ihn als König nicht anerkennen wollten, beschloss er, sich an ihnen zu rächen und verwüstete das ganze Land ringsum, nahm die Stadt ein und brachte aus Ärger über die ihm zugefügte Schmach sämtliche Einwohner einschließlich der Kinder mit einer Grausamkeit ohnegleichen ums Leben. Er wütete nämlich gegen seine eigenen Landsleute mit einer Härte, die nicht einmal zu verzeihen gewesen wäre, wenn er sie gegen auswärtige, im Krieg unterworfene Feinde verübt hätte. Und wie Manaem seine Regierung angetreten, so führte er sie zehn Jahre lang mit höchster Grausamkeit weiter. Als er aber von dem Assyrerkönige Phullus mit Krieg überzogen wurde, ließ er sich mit ihm auf keinen Kampf ein, sondern beendete den Krieg dadurch, dass er den Phullus durch Zahlung von tausend Talenten Silber zum Rückzug veranlasste. Diese Summe musste jedoch das Volk aufbringen, indem für jeden Kopf fünfzig Drachmen an Steuer erhoben wurden. Kurz darauf starb er und wurde zu Samaria begraben. In der Regierung folgte ihm sein Sohn Phakeas, der ihm an Grausamkeit nichts nachgab und nur zwei Jahre herrschte. Er wurde mit seinen Freunden von einem gewissen Obersten Phakeas, dem Sohne der Romelia, bei einem Gasthmahl überfallen und umgebracht. Aber auch dieser Phakeas, der zwanzig Jahre lang regierte, war gottlos und grausam. Unter seiner Regierung überzog der Assyrerkönig Theglaphalassar die Israeliten mit Krieg, unterwarf sich das ganze Land Galaditia, das Gebiet jenseits des Jordan, das benachbarte Galiläa, ferner Kydisa und Azora, und führte die Bewohner mit sich in die Gefangenschaft nach seinem Reiche. So viel von diesem Könige der Assyrer. 2. Jotham, der Sohn des Ozias, herrschte zu Jerusalem über den Stamm Judae. Seine Mutter war eine Jerusalemerin und hieß Jerasa. Dieser König besaß alle Tugenden und war ebenso fromm gegen Gott als gerecht gegen die Menschen. Auch dem Staatswesen wandte er seine Sorgfalt zu. Alles, was einer Instandsetzung oder Ausschmückung bedurfte, ließ er wiederherstellen. Am Tempel ließ er eine Säulenhalle und neue Tore errichten, besserte die teilweise eingestürzten Festungswerke der Stadt aus und verstärkte sie durch hohe und feste Türme. Auch was sonst in seinem Reiche sich in vernachlässigtem Zustande befand, stellte er mit vieler Sorgfalt wie-
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der her. Gegen die Ammaniter unternahm er einen Kriegszug, besiegte sie und legte ihnen einen Jahrestribut von hundert Talenten Silber, zehntausend Koren Weizen und ebenso viel Gerste auf. Seine Machtstellung stärkte er so sehr, dass er seinen Feinden Achtung abzwang und die Seinigen zu Glück und Wohlstand brachte. 3. Um diese Zeit lebte ein Prophet Namens Nahum, der über den Untergang der Assyrer und der Stadt Ninive folgende Prophezeiung aussprach: »Ninive wird sein wie ein Fischteich, der von Winden bewegt wird, sodass sein ganzes Volk verwirrt und, hin- und hergetrieben, zur flucht sich wenden wird. Und der eine wird zum anderen sagen: Stehet still und haltet ein und ergreifet das Gold und das Silber. Aber es wird niemand sein, der sich dazu bereden lässt. Denn alle wollen lieber ihr Leben als Hab und Gut retten. Dann wird auf ihnen lasten schwerer Hader, Trauer und Wehklage, und ihre Glieder werden wanken und ihr Antlitz vor Furcht erbleichen. Wo aber wird alsdann sein die Höhle der Löwen und die Mutter der jungen Löwen? Also spricht Gott zu dir, Ninive: Ich will dich von Grund aus zerstören, und nicht mehr sollen Löwen aus dir hervorgehen, um über die Welt zu herrschen!« Noch vieles andere verkündigte dieser Seher über das Schicksal Ninives, das ich jedoch hier nicht erwähnen will, um den Leser nicht zu ermüden. Alle diese Weissagungen über Ninive sind hundertfünfzehn Jahre später in Erfüllung gegangen. So viel mag hiervon genügen.
ZWÖLFTES KAPITEL Wie Arases, der Syrerkönig, und Phakeas, der König der Israeliten, Achaz, den Nachfolger lothams, angriffen und wie dieser den Assyrerkönig Theglaphalassar als Bundesgenossen zu Hilfe rief. Der Letztere verwüstet Syrien und fUhrt die Damaszener nach Medien fort. Achaz' Tod. 243
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1. Jotham starb, nachdem er einundvierzig Jahre gelebt und sechzehn Jahre regiert hatte, und wurde in der Königsgruft beigesetzt. In der Regierung folgte ihm sein Sohn Achaz, der, was Gotdosigkeit und Übertretung der Gesetze betraf, den Königen der Israeliten nachahmte, in Jerusalem Altäre errichtete, auf diesen den Götzen opferte und sogar nach dem Gebrauche der Chananäer seinen eigenen Sohn als Brandopfer darbrachte. Während er nun diese und andere dergleichen Schändlichkeiten trieb,
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überzogen ihn der Syrerkönig Arases und der Israelitenkönig Phakeas, die einander Freunde und Bundesgenossen waren, mit Krieg, schlossen ihn in Jerusalem ein und belagerten ihn lange. Doch konnten sie gegen die stark befestigte Stadt nichts ausrichten. Dagegen nahm der Syrerkönig die Stadt Ailath am Roten Meere ein, tötete deren Bewohner und siedelte Syrer in ihr an. Und nachdem er sowohl die Juden, welche die Besatzung der Stadt gebildet hatten, als auch die, welche in der Umgegend wohnten, niedergemacht hatte, kehrte er mit reicher Beute nach Damaskus zurück. Als aber der König zu Jerusalem die Heimkehr der Syrer vernommen hatte, zog er, weil er sich dem Könige der Israeliten gewachsen glaubte, gegen diesen zu Felde, wurde jedoch von ihm besiegt, da er wegen seiner Freveltaten den Zorn Gottes auf sich geladen hatte. Die Israeliten machten hundertzwanzigtausend Juden nieder, und ihr Anführer Zacharis tötete Amasias, den Sohn des Achaz, im Handgemenge; den Reichskanzler Erikas aber und Elkas, den Befehlshaber des Stammes Judas, nahm er gefangen. Außerdem führten die Israeliten die Weiber und Kinder aus dem Stamme Benjamin als Gefangene fort und zogen sich dann mit reicher Beute nach Samaria zurück. 2. Vor den Mauern der Stadt aber begegnete dem Heere der Prophet übedas und rief ihm zu, diesen Sieg hätten sie nicht durch ihre eigene Tapferkeit erlangt, sondern deshalb, weil Gott über den König Achaz erzürnt gewesen sei. Dann warf er ihnen vor, dass sie an dem Sieg allein sich nicht hätten genügen lassen, sondern auch noch ihre Blutsverwandten aus den Stämmen Judas und Benjamin als Gefangene mitgeschleppt hätten, und gab ihnen den Rat, dieselben unversehrt wieder heimziehen zu lassen. Wenn sie aber seinem Rat nicht folgten, hätten sie von Gott Strafe zu erwarten. Darauf versammelte sich das Volk der Israeliten, um hierüber zu beraten. Und es erhob sich ein Mann mit Namen Barachias, der großes Ansehen genoss, nebst drei anderen, und sprach also: »Wir glauben den Bürgern nicht gestatten zu dürfen, diese Gefangenen in die Stadt mitzunehmen, damit wir nicht samt und sonders von Gott ins Verderben gestürzt werden. Denn unsere Sünden gegen Gott sind wahrlich an sich schon groß genug, wie unsere Propheten sagen, weshalb wir uns wohl hüten müssen, noch neue dazu zu begehen.« Als die Krieger dies hörten, stellten sie ihnen anheim, nach ihrem Gutdünken zu verfahren. Darauf lösten die genannten Männer den Gefangenen die Fesseln, erquickten sie, versahen sie mit Wegzehrung und schickten sie, ohne dass ihnen ein Leid angetan worden wäre, nach Hause zurück. Bis Jericho, das nicht weit von Jerusalem liegt, gaben sie ihnen sogar noch das Geleit und kehrten dann nach Samaria heim.
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3. Als der König Achaz diese Niederlage von den Israeliten erlitten hatte, schickte er Gesandte an den Assyrerkönig Theglaphalassar und ließ ihn gegen die Zusage einer großen Geldsumme um ein Bündnis gegen die Israeliten, Syrer und Damaszener bitten. Dieser eilte denn auch sogleich dem Achaz zu Hilfe, zog gegen die Syrer, verwüstete deren Land, eroberte Damaskus und tötete den König Arases. Die Damaszener aber führte er in das obere Medien fort und verpflanzte dafür assyrische Völkerschaften als Kolonisten nach Damaskus. Alsdann verwüstete und plünderte er auch das Land der Israeliten und schleppte viele von ihnen in die Gefangenschaft. Achaz aber nahm, was an Gold und Silber im Königsschatze und im Tempel sich vorfand, sowie die kostbarsten Weihgeschenke, ging damit nach Damaskus und übergab alles vertragsgemäß dem Könige der Assyrer, stattete ihm für seine Hilfe Dank ab und kehrte dann wieder nach Jerusalem zurück. Es war aber dieser König so töricht und gedankenlos und so wenig auf seinen Vorteil bedacht, dass er, obgleich die Syrer ihn bekriegt hatten, dennoch von der Verehrung ihrer Götter nicht abließ, sondern fortfuhr, denselben zu dienen, als wenn er durch ihre Hilfe den Sieg davontragen würde. Als er aber wiederum besiegt wurde, fing er an, die Götter der Assyrer zu verehren, sodass es den Anschein hatte, als wolle er allen übrigen Göttern lieber dienen wie dem wahren Gotte seiner Väter, der in seinem Zorn diese Niederlage über ihn verhängt hatte. Ja, er ging in der Verachtung Gottes so weit, dass er den Tempel schloss, die Darbringung von Opfern untersagte und die Weihgeschenke aus dem Tempel raubte. Nach dieser Lästerung Gottes starb er im Alter von sechsunddreißig und nach einer Regierung von sechzehn Jahren und hinterließ als Nachfolger seinen Sohn Ezekias.
DREIZEHNTES KAPITEL Wie Phakeas infolge der Nachstellungen des Oseas umkam und wie dieser gleich nachher von Salmanasar unterjocht wurde. Ezekias, Sohn des Achaz, und seine gottesftirchtige Regierung. 258
1. Um diese Zeit ereilte auch den Israelitenkönig Phakeas sein Geschick, da er von seinem Freunde Oseas umgebracht wurde. Dieser führte alsdann neun Jahre lang die Regierung, war aber lasterhaft und ein Verächter Got-
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tes. Gegen ihn zog der Assyrerkönig Salmanasar zu Felde, und da er Gottes Gunst und Schutz nicht mehr besaß, besiegte Salmanasar ihn, machte ihn sich untertan und legte ihm einen bestimmten 'fribut auf. Im vierten Jahre der Regierung des Oseas bestieg zu Jerusalern Ezekias, der Sohn des Achaz und der aus Jerusalern gebürtigen Abia, den Thron. Dieser war von Natur edel gerecht und gottesfürchtig. Denn vom Beginne seiner Regierung an hielt er nichts für notwendiger und ihm wie seinen Untertanen ersprießlicher als die Verehrung Gottes. Deshalb berief er das Volk, die Priester und die Leviten zusammen und sprach zu ihnen: »Ihr wisst wohl, dass ihr wegen der Sünden meines Vaters, der gegen Gottes Ehre frevelte, von vielen und schweren Drangsalen heimgesucht worden seid, weil ihr euch von ihm zum Götzendienst habt verleiten lassen. Da ihr nun die Folgen der Sünde erfahren habt, so ermahne ich euch, davon abzulassen und euch von eurem alten Schmutze zu reinigen. Und euch besonders, ihr Priester und Leviten, lege ich ans Herz, dass ihr den Tempel wieder öffnet und ihn durch feierliche Reinigungs- und Sühnopfer in seinen alten ehrwürdigen Zustand versetzt. Dann wird Gott mit seinem Zorne einhalten und uns wieder gnädig sein.« 2. Auf diese Ermahnung des Königs öffneten die Priester den Tempel, reinigten die heiligen Geräte, entfernten allen Schmutz und legten feierliche Opfer auf den Altar. Der König aber sandte Boten durchs ganze Land und berief das Volk nach Jerusalem zur Feier des Festes der ungesäuerten Brote, das wegen der Gottlosigkeit der früheren Könige lange nicht gehalten worden war. 'Sogar zu den Israeliten schickte er und ließ sie ermahnen, ihre jetzige Lebensweise zu verlassen und zur Verehrung des wahren Gottes zurückzukehren. Er wolle ihnen gern erlauben, nach Jerusalem zu kommen, um hier das Fest der ungesäuerten Brote zu feiern und an den festlichen Veranstaltungen der Seinigen teilzunehmen. Diese Ermahnungen ließ er aber nicht deshalb an sie ergehen, weil er sie zwingen wollte, seinem Machtspruch zu gehorchen, sondern um ihres eigenen Nutzens willen, indem sie dadurch ihr Glück begründen könnten. Die Israeliten jedoch leisteten der Einladung des Königs keine Folge und verlachten obendrein seine Gesandten als Toren. Auch die Seher, die ihnen gut rieten und großes Unheil verkündeten, wenn sie nicht bald zur Verehrung des wahren Gottes zurückkehrten, verhöhnten sie und brachten sie zuletzt sogar ums Leben. Und hiermit nicht zufrieden, stürzten sie sich in noch größere Laster und ließen nicht eher davon ab, als bis Gott sie zur Strafe für ihre Freveltaten in die Gewalt ihrer Feinde geraten ließ, worüber ich später noch ausführlich berichten werde. Nur aus den Stämmen Manasses, Zabulon und Isachar
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folgten viele den Ermahnungen der Propheten und kehrten zu gottesfürchtigem Wandel zurück. Alle diese begaben sich zu Ezekias nach Jerusalem, um dort Gott anzubeten. 3. Als nun die Menge in Jerusalem zusammengeströmt war, ging der König mit den Vorstehern und dem gesamten Volke in den Tempel und opferte für sich sieben Stiere und ebenso viele Widder, desgleichen sieben Lämmer und ebenso viele Böcke. Und nachdem er mit dem Stammeshäuptern die Hände auf die Köpfe der Opfertiere gelegt hatte, ließ er dieselben von den Priestern als Opfer darbringen. Diese schlachteten die Tiere und verbrannten sie als Ganzopfer. Die Leviten aber standen mit ihren Musikinstrumenten im Kreise, sangen Loblieder und spielten dazu, wie David dies gelehrt hatte, und die übrigen Priester begleiteten die Sänger mit dem Schalle der Posaunen. Hierauf fiel der König samt dem Volke zur Erde nieder und betete Gott an. Dann ließ er noch siebzig Ochsen, hundert Widder und zweihundert Lämmer schlachten, und dem Volke schenkte er zum Mahle sechshundert Ochsen und dreitausend Stück anderes Vieh. Die Priester aber vollzogen alles genau nach der Vorschrift des Gesetzes. Alsdann speiste der König mit dem Volke in Jubel und Freude und dankte Gott. Als nun das Fest der angesäuerten Brote gekommen war, brachte man die Pascha-Opfer dar und versah auch an den sieben aufeinander folgenden Tagen den vorgeschriebenen Opferdienst. Und der König schenkte dem Volke noch zu den von ihm dargebrachten Opfern zweitausend Stiere und siebentausend Stück sonstiges Vieh. Dasselbe taten auch die Stammeshäupter, die dem Volke tausend Stiere und tausendvierzig Stück anderes Vieh schenkten. Mit solcher Pracht wurde das Paschafest gefeiert, weil es von Solomons Zeit an nicht mehr so glänzend begangen worden war. Als nun die ganze Festfeier zu Ende war, gingen sie aus der Stadt und reinigten das ganze Land ringsum. Auch säuberten sie die Stadt von dem Schmutze des Götzendienstes. Der König befahl darauf, dass nach der Vorschrift des Gesetzes die täglichen Opfer auf seine Kosten dargebracht werden sollten, und bestimmte, dass das Volk den Priestern und Leviten den Zehnten und die Erstlinge der Früchte zu entrichten habe, damit sie für den Gottesdienst sorgen und für ihn allein leben könnten. Deshalb brachte das Volk den Priestern und Leviten Früchte aller Art. Der König aber ließ zu ihrer Aufbewahrung Vorratskammern und Speicher errichten, aus denen dann die einzelnen Priester und Leviten sowie deren Weiber und Kinder ihren Bedarf bezogen. Also wurde wieder ganz die frühere Art der Gottesverehrung eingeführt. - Darauf überzog der König die Palästiner mit Krieg, besiegte sie
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und eroberte alle ihre Städte von Gaza bis nach Gitta. Der Assyrerkönig aber schickte Gesandte zu ihm und drohte ihm die Zerstörung seines Reiches an, wenn er ihm nicht den llibut entrichte, den sein Vater bezahlt habe. Ezekias ließ sich indes durch diese Drohungen nicht einschüchtern, sondern vertraute auf seine Gottesfurcht und auf den Seher Esalas, dessen Weissagungen ihm die Zukunft klar vor Augen legten. Das mag vorläufig über diesen König genügen.
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VIERZEHNTES KAPITEL Wie Salmanasar Samaria eroberte, die zehn Stämme nach Medien fortführte und Chuthäer in ihrem Lande ansiedelte.
1. Als Salmanasar, der König der Assyrer, vernommen hatte, der Israelitenkönig habe insgeheim eine Gesandtschaft an Soas, den König der Ägypter, geschickt, um mit diesem ein Bündnis gegen ihn zu schließen, ergrimmte er und zog im siebenten Jahre der Regierung des Oseas gegen Samaria. Der König aber verweigerte ihm den Einzug in die Stadt, und so belagerte Salmanasar sie drei Jahre lang und eroberte sie dann im neunten Jahre der Regierung des Oseas und im siebenten Jahre der Regierung des Ezekias, des Königs zu Jerusalem. Er vernichtete darauf die Herrschaft der Israeliten völlig und führte das ganze Volk nach Medien und Persien weg. Auch den König Oseas nahm er gefangen. Alsdann verpflanzte er andere Völkerschaften aus der Gegend Chutha, die von einem Flusse in Persien ihren Namen hat, nach Samaria und dem Lande der Israeliten. So wanderten also die zehn Stimme aus Judäa aus, neunhundertsiebenundvierzig Jahre nach der Eroberung dieses Landes durch ihre Vorfahren, die aus Ägypten ausgezogen waren, und achthundert Jahre nach der Herrschaft des Jesus. Seit ihrem Abfall von Davids Enkel Roboam und dem Übergange der Herrschaft an Jeroboam waren zweihundertvierzig Jahre, sieben Monate und sieben Tage verflossen. Dieses Geschick traf die Israeliten, weil sie die Gesetze übertraten und den Sehern nicht folgten, die ihnen dasselbe fur den Fall prophezeit hatten, dass sie von ihrem gottlosen Wandel nicht abließen. Der Anfang des Unheils war der Aufruhr, in welchem sie von Roboam, dem Enkel Davids, abfielen und dessen Knecht Jeroboam zum Könige erwählten, der sie durch seine Lasterhaftigkeit und sein schlechtes Beispiel ver-
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führte und ihnen den Zorn Gottes zuzog. Auch er hat bekanntlich dafür die gebührende Strafe erlitten. 2. Der Assyrerkönig griff auch Syrien und Phönizien an, und sein Name findet sich daher auch in den Geschichtsbüchern der 1Yrier verzeichnet. Als er gegen 'I}rrus zu Felde zog, herrschte über diese Stadt Elulaeus. Auch Menander, der die Geschichtsbücher der 1Yrier ins Griechische übersetzt hat, bezeugt dies mit folgenden Worten: »Elulaeus, von den 1Yriern Pyas genannt, regierte sechsunddreißig Jahre. Dieser brachte die Kittäer, welche von ihm abgefallen waren, wieder unter seine Botmäßigkeit. Gegen diese zog auch der König der Assyrer mit einem Heere und bekriegte ganz Phönizien. Alsdann schloss er mit allen Frieden und kehrte wieder heim. Es fielen aber von der Herrschaft der Tyrier Sidon, Ake, das alte Tyrus* und viele andere Städte ab und ergaben sich dem Könige der Assyrer. Und da die Tyrier sich ihm nicht unterwerfen wollten, überzog der König sie abermals mit Krieg, nachdem er von den Phönikern sechzig ausgerüstete Schiffe und achthundert Ruderknechte erhalten hatte. Diesen fuhren die 1Yrier mit nur zwölf Schiffen entgegen, zerstreuten die Fahrzeuge der Feinde und machten gegen fünfhundert Gefangene. Wegen dieser Heldentat wurden die 1Yrier sehr berühmt. Als aber der König der Assyrer zurückkehrte, stellte er an die Flüsse und Wasserleitungen Wachter, die den Tyriern das Wasserschöpfen verwehren sollten. Das ertrugen die Tyrier fünf Jahre lang und entnahmen während dieser Zeit ihr Wasser den Brunnen, die sie selbst gegraben hatten.« Das sind die Aufzeichnungen, die sich in den Jahrbüchern der Tyrier über den Assyrerkönig Salmanasar vorfinden. 3. Als aber die Chuthäer (so genannt von dem Lande Chutha in Persien, wo auch ein Fluss desselben Namens sich befindet) nach Samaria übergesiedelt waren und ihre Götter mitgebracht hatten (sie bestanden aus fünf Völkerschaften, von denen jede ihren besonderen Gott verehrte), erregten sie den Zorn des allmächtigen Gottes. Infolgedessen brach bei ihnen die Pest aus, an der sie zahlreich dahinstarben, und gegen die es kein Heilmittel gab. Da wurden sie durch eine Weissagung ermahnt, sie sollten sich zur Verehrung des allmächtigen Gottes bekehren, dann werde das Übel weichen. Sie schickten daher Gesandte zum Könige der Assyrer und ließen ihn bitten, er möge ihnen von den gefangenen Priestern der Israeliten einige zusenden. Als das geschehen und sie in dem Dienste Gottes unterrichtet waren, fingen sie an, ihn eifrig zu verehren, worauf die Pest auch bald ver* Im Gegensatz zu Nen- oder Inseltyrus (s. Namenregister).
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schwand. Diesen Gebräuchen sind die Chuthäer (so heißen sie im Hebräischen, während die Griechen sie Samariter nennen) in der Folge stets treu geblieben. Übrigens nennen sie sich, sobald sie sehen, dass es den Juden gut geht, deren Verwandte, da sie von Joseph abstammten und also gleichen Ursprung mit ihnen hätten. Bemerken sie indes, dass es den Juden schlecht geht, so behaupten sie, sie hätten zu ihnen keinerlei Beziehungen, weder freundschaftliche noch verwandtschaftliche, sondern sie seien Ausländer und stammten von einem fremden Geschlechte ab. Doch es wird sich später noch Gelegenheit finden, hiervon ausführlicher zu sprechen.
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ZEJ-lNTES 13UCJ-l
D1ESES 13UtJ-l UmFflSST E1NEN ZE1TRflUm VON 18Z JflJ-lREN, 6 mONflTEN UND 10 TflGEN
ERSTES KAPITEL Wie Senacherib gegen Ezekias zu Felde zog und wie Rapsakes, während Senacherib sich gegen die Ägypter wandte, den Ezekias bedrohte, den der Prophet Esai"as ennutigte. Wie Senacherib unverrichteter Sache aus Ägypten nach lerusalem und von da in seine Heimat zurückkehrte. Sein Ende.
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1. Als Ezekias, der König der beiden Stämme, schon im vierzehnten Jahre regierte, überzog ihn der Assyrerkönig Senacherib mit Krieg und eroberte sämtliche Städte der Stämme Judas und Benjamin. Da er sich nun auch anschickte, gegen Jerusalern zu marschieren, ordnete Ezekias Gesandte an ihlJ: ab und ließ ihm sagen, er wolle sich ihm unterwerfen und ihm einen Tribut entrichten. Senacherib nahm das Anerbieten des Königs an, beschloss den Krieg aufzugeben, und versprach abzuziehen, wenn Ezekias ihm dreihundert Talente Silber und dreißig Talente Gold zahle, indem er zugleich eidlich versicherte, er wolle keinen weiteren Schaden anrichten. Im Vertrauen hierauf leerte Ezekias die Schatzkammer und übersandte das Geld in dem Glauben, er werde nun von seinem Feinde und jedem weiteren Kampf um seine Herrschaft befreit bleiben. Sobald indes der Assyrer das Geld erhalten hatte, kümmerte er sich nicht mehr um seine Versprechungen und ließ, während er selbst gegen die Ägypter und Äthiopier zog, seinen Feldherrn Rapsakes mit zwei anderen Heerführern Namens Tharata und Anacharia und einem großen Heere zurück, um Jerusalem zu zerstören. 2. Sobald diese vor Jerusalern ihr Lager aufgeschlagen hatten, sandten sie einen Boten an Ezekias und ließen ihn um eine Unterredung ersuchen. Doch begab sich der König aus Furcht nicht selbst vors Tor, sondern sandte drei seiner vertrautesten Freunde: den Reichskanzler Eliakim nebst seinen Kämmerern Sobnaeus und Joach. Als diese vor den assyrischen Feldherren erschienen waren, hieß Rapsakes sie umkehren und dem Könige melden, der mächtige König Senacherib lasse ihn fragen, worauf er denn vertraue, dass er ihn nicht als Herrn anerkennen und sein Heer nicht in die Stadt einlassen wolle, wie er ihm befohlen habe. Ob er denn vielleicht in der Hoffnung auf die Hilfe der Ägypter solchen Mut gewonnen habe? Wenn er
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darauf warte, so möge er wissen, dass er sehr töricht handle und einem Menschen gleiche, der sich auf ein zerbrochenes Rohr stützen wolle und dadurch nicht bloß zu Fall komme, sondern sich auch noch die Hand verletze. Der König möge bedenken, dass er in diesen Krieg nach dem Willen Gottes gezogen sei, der ihn beauftragt habe, das Reich der Israeliten zu zerstören und des Ezekias Volk zu vernichten. Da Rapsakes sich bei dieser 8 Rede der hebräischen Sprache bediente, deren ·er kundig war, geriet Eliakim in Furcht, seine Begleiter möchten ihn verstehen und darüber erschrecken, und bat ihn daher, in syrischer Sprache weiterzureden. Der Feldherr aber fuhr, als er Eliakims Furcht bemerkte, mit desto lauterer und schärferer Stimme in hebräischer Sprache fort und sagte: »Nachdem nun alle unseres Königs Befehl vernommen haben, sollen alle sich zu ihrem eigenen Besten uns unterwerfen. Denn es ist offenbar, dass sowohl ihr als euer König das 9 Volk nur mit leeren Hoffnungen hinhaltet und es zum Widerstande anreizt. Wenn ihr aber Mut habt und unsere Truppen zurückschlagen zu können glaubt, so bin ich bereit, euch zweitausend Pferde zu eurem Gebrauch zu überlassen, zu denen ihr dann ebenso viele Reiter liefern möget, um eure Kräfte zu zeigen. Aber ihr könnt keine Reiter stellen, weil ihr keine habt. Was zögert ihr also, euch den Stärkeren zu übergeben, die euch selbst wi- 10 der euren Willen gefangen nehmen können? Eine freiwillige Übergabe wird immerhin für euch sicherer sein, als dass ihr euch mit Gewalt unterwerfen lasst, was euch nur Gefahren und Leid bringen wird.« 3. Da nun sowohl die Gesandten als das Volk diese laut gesprochenen 11 Worte des Feldherrn gehört hatten, hinterbrachten sie dieselben dem Ezekias. Dieser legte sein königliches Gewand ab, hüllte sich in Lumpen, fiel nach väterlicher Sitte auf sein Angesicht nieder und flehte demütig zu Gott, er möge ihm jetzt, da er an anderer Hilfe verzweifeln müsse, seinen Bei- . stand nicht versagen. Dann sandte er einige seiner Freunde in Begleitung 12 von Priestern zu dem Seher Esalas und ließ ihn bitten, zu Gott zu flehen und für ihrer aller Rettung ein Opfer darzubringen, damit der Herr die Hoffnung der Feinde zunichte mache und sich des Volkes erbarme. Der 13 Seher tat also und sprach auf Gottes Befehl dem Könige und seinen Freunden Mut ein, indem er ihnen verkündigte, die Feinde würden ohne Kampf besiegt werden, mit Schimpf und Schande abziehen und ihren jetzigen Übermut ablegen müssen. Denn Gott werde dafür Sorge tragen, dass sie 14 ihren Untergang fanden. Auch dem Assyrerkönig Senacherib solle sein Feldzug gegen Ägypten misslingen, und er auf dem Rückwege durchs Schwert umkommen.
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4. Um dieselbe Zeit schrieb auch der Assyrerkönig an Ezekias einen Brief, in welchem er ihn einen Toren nannte, da er seiner Botmäßigkeit entgehen zu können vermeine, eines Herrschers, der schon so viele und mächtige Völkerschaften unterjocht habe. Dann drohte er ihm und den Seinigen Gefangenschaft und Tod an, falls sie nicht die Tore öffneten und sein Heer freiwillig in Jerusalem aufnähmen. 'frotz dieses Briefes war Ezekias wohlgemut, da er sein Vertrauen auf Gott gesetzt hatte. Er faltete daher das Schreiben zusammen und legte es im Tempel nieder. Als er nun wiederum flehte, Gott möge sich der Stadt und des Volkes annehmen, verkündete ihm der Seher Esalas, sein Gebet sei erhört worden. Der Assyrer werde die Belagerung aufheben und ihn in Zukunft nicht mehr belästigen. Das Volk aber werde in Frieden sein Land bebauen und ohne Furcht seine Geschäfte besorgen können. Kurz darauf kehrte der Assyrerkönig, dem es in Ägypten schlecht ergangen war, unverrichteter Sache wieder heim, und zwar aus folgender Ursache. Bei der Belagerung von Pelusium brauchte er eine sehr lange Zeit. Als er nun den Wall, den er der Mauer gegenüber errichtete, bis zu gehöriger Höhe aufgeführt hatte und im Begriffe stand, zum Sturm zu schreiten, hörte er, der König der Äthiopier, Tharsikes, der mit großer Heeresmacht den Ägyptern zu Hilfe kommen wolle, habe beschlossen, durch die Wüste zu marschieren und in das Land der Assyrer einzubrechen. Hierdurch wurde Senacherib derart in Bestürzung versetzt, dass er, wie gesagt, unverrichteter Sache abzog und Pelusium freigab. Von diesem Könige Senacherib erzählt auch Herodot im zweiten Buche seiner Geschichte, er sei gegen den König der Ägypter, der ein Priester des Hephaistos gewesen, gezogen und habe Pelusium belagert, die Belagerung aber aus folgendem Grunde aufgehoben. Der Priester der Ägypter habe zu Gott gefleht, und dieser habe seine Bitte erhört und den Arabern eine schwere Drangsal geschickt. Doch irrt Herodot, da er ihn nicht den König der Assyrer, sondern der Araber nennt.* Eine Menge von Mäusen, fährt er fort, habe in einer einzigen Nacht die Bogen und anderen Waffen der Assyrer zernagt, weshalb der König, da er nun keine Waffen mehr hatte, sein Heer von Pelusium habe zurückziehen müssen. So stellt Herodot die Sache dar. Auch Berosus, der chaldäische Geschichtsschreiber, tut des Königs Senacherib Erwähnung und erzählt von ihm, er habe über die Assyrer geherrscht und ganz Asien und Ägypten mit Krieg überzogen. 5. Als nun Senacherib von dem Zuge gegen Ägypten nach Jerusalem zu* Herodot sagt I1. 141: König der Assyrer und Araber.
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rückkehrte, fand er, dass die unter Rapsakes zurückgelassenen Truppen schwer an der Pest litten. In der ersten Nacht, da er gemeinsam mit diesen Truppen die Belagerung weiterführte, tötete die Seuche in seinem Heere hundertfünfundachtzigtausend Mann samt ihren Führern und Hauptleuten. Dieser Schlag versetzte ihn in Trauer und Angst, und da er befürchtete, sein ganzes Heer möchte dahingerafft werden, floh er mit dem Rest seiner Truppen in sein Reich und nach der Stadt zurück, welche Stadt des Ninus (Ninive) heißt. Doch nur kurze Zeit blieb er noch am Leben, denn seine ältesten Söhne Adramelech und Sarasar brachten ihn in s·einem eigenen Tempel, der Araska genannt wurde, um. Wegen dieses Vatermordes wurden die beiden von ihren Mitbürgern aus der Stadt gejagt und flohen nach Armenien. Den Thron Senacheribs aber bestieg Assarachoddas. Das war der Ausgang des Feldzuges der Assyrer gegen Jerusalem.
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ZWEITES KAPITEL Wie Ezekias erkrankte und von Gott Genesung und Verlängerung seines Lebens erlangte.
1. Ezekias, der so unerwartet von seinem Schrecken befreit worden war, brachte mit dem gesamten Volke Gott Dankopfer dar. Denn er wusste wohl, dass keine andere Ursache die Feinde zum Abzuge von Jerusalem veranlasst hatte, als die Hilfe, welche Gott ihm gesandt hatte. Und so lag er eifrig dem Dienste Gottes ob. Nicht lange nachher aber fiel er in eine schwere Krankheit, an deren Heilung die Ärzte verzweifelten, sodass auch der Kranke selbst und seine Freunde die Hoffnung aufgaben. Zu der Krankheit gesellte sich noch eine tiefe Schwermut, weil der König daran dachte, dass er kinderlos sei und sein Haus ohne Erben und den Thron ohne Nachfolger lassen müsse. Über diesen Gedanken ganz besonders traurig, flehte er zu Gott, er möge ihm das Leben verlängern, bis er Nachkommen habe, und ihn nicht anders denn als Vater seinen Geist aufgeben lassen. Der Herr erbarmte sich denn auch seiner und gewährte ihm die Bitte, da er seinen Tod nicht deshalb beklagte, weil er seine Herrschaft damit verlieren, sondern nur deshalb, weil er keinen Nachfolger hinterlassen würde. Gott ließ ihm also durch den Propheten Esruas verkündigen, nach drei Tagen werde seine Krankheit weichen, und er werde nach seiner Genesung noch fünfzehn Jahre leben
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und Kinder erzeugen. Als der Seher ihm dies verkündigt hatte, misstraute der König angesichts der Schwere seiner Krankheit und wegen der Unwahrscheinlichkeit der Verheißung seinen Worten und verlangte von Esalas ein Wunderzeichen zur Beglaubigung seiner Prophezeiung und göttlichen Sendung. Denn alles, was uns ohne unser Verhoffen angekündigt wird, erlangt ja durch solche Beweise seine Glaubwürdigkeit. Als der Seher ihn nun fragte, was für ein Zeichen er haben wolle, verlangte Ezekias, die Sonne, deren Schatten schon zehn Grad an der Uhr durchlaufen habe, solle wieder zurückkehren, sodass der Schatten den Weg noch einmal machen müsse. Der Seher bat Gott, er möge dem Könige dieses Zeichen gewähren, worauf Ezekias auch sogleich sein Verlangen erfüllt sah. Alsdann wich auch die Krankheit, und er begab sich zum Tempel, betete Gott an und dankte ihm. 2. Um diese Zeit wurde die Herrschaft der Assyrer von den Medern zerstört, worüber ich an anderer Stelle noch berichten werde. Der König der Babyionier aber, Baladas, schickte Gesandte mit Geschenken an Ezekias und ließ ihn um Freund- und Bundesgenossenschaft bitten. Der König nahm die Gesandten freundlich auf, bewirtete sie glänzend, zeigte ihnen seine Schätze und sein Zeughaus sowie seinen Reichtum an Edelsteinen und Gold, und entließ sie mit Geschenken für Baladas. Da kam der Seher Esalas zu ihm und fragte ihn, woher die Gesandten gewesen seien. Der König entgegnete, sie seien vom Könige der Babyionier gekommen, und er habe ihnen alles gezeigt, damit sie sich eine Vorstellung von seinem Reic~tum und seiner Macht bilden und dem Könige davon Mitteilung machen könnten. Der Seher aber sprach darauf: »Wisse, dass in kurzer Zeit dieser Reichtum nach Babyion wird geschleppt werden, und dass man deine Nachkommen zu Verschnittenen machen wird, die dem Könige von Babyion als Sklaven dienen werden. Denn dies hat mir Gott verkündigt.« Hierüber ward Ezekias sehr betrübt und sagte, er möchte wohl sein Volk von solchem Unheil verschont wissen. Da aber Gottes Ratschlüsse unabänderlich seien, bat er, es möchte ihm wenigstens während seines Lebens Friede beschert sein. Auch Berosus erwähnt den Babyionierkönig Baladas. Der Seher Esalas aber, der ~ach seinem Bekenntnis von Gottes Geist erfüllt und im höchsten Grade wahrheitsliebend war, hinterließ im Bewusstsein, dass er auch nicht die kleinste Unwahrheit gesagt, alle seine Prophezeiungen in schriftlichen Aufzeichnungen, damit spätere Geschlechter sie nach ihrem Erfolge beurteilen könnten. Außer ihm taten das auch noch zwölf andere Propheten, und was bei uns Gutes oder Böses geschieht, trifft alles nach ihrer Vorherverkündigung ein. Doch ich werde später noch von jedem Einzelnen derselben reden.
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DRITTES KAPITEL Ezekias' Nachfolger Manasses kehrt in der Gefangenschaft zum wahren Gott zurück und wird wieder in seine Herrschaft eingesetzt.
1. Als Ezekias die vorhin gemeldete Frist gelebt und sich des Friedens erfreut hatte, starb er im Alter von vierundfünfzig Jahren und nach neunundzwanzigjähriger Regierung. Sein Nachfolger Manasses, den er mit der Jerusalemerin Achiba gezeugt hatte, trat nicht in die Fußstapfen seines Vaters, sondern schlug den entgegengesetzten Weg ein, da er alle Arten von Frevel verübte und nichts Schändliches unversucht ließ. Er ahmte die Laster der Israeliten nach, um deretwillen diese von Gott vernichtet wurden, und wagte sogar den Tempel Gottes, die Stadt und das ganze Land zu beflecken. Er ging nämlich in seiner Gottesverachtung so weit, dass er alle Gerechten unter den Hebräern umbringen ließ und nicht einmal die Seher verschonte, sondern auch von ihnen täglich einige töten ließ, sodass zu Jerusalem das Blut in Strömen floss. Hierüber erzürnt, sandte Gott Propheten an den König und das Volk und ließ ihnen dieselbe Drangsal androhen, die auch über ihre Brüder, die Israeliten, gekommen war. Sie aber hörten nicht auf diese Ermahnungen, durch deren Befolgung sie hätten erreichen können, dass sie vor allem Übel bewahrt blieben. Erst mit der Erfüllung der Verheißungen erfuhren sie, dass dieselben der Wahrheit entsprachen. 2. Weil sie nämlich bei diesem Lebenswandel beharrten, ließ sie Gott von dem Könige der BabyIonier und Chaldäer mit Krieg überziehen. Dieser ließ ein Heer in Judäa einrücken und das Land verwüsten, den König Manasses aber mit List gefangen nehmen und wegfUhren, damit er ihn nach seinem Gutdünken bestrafen könne Da erkannte Manasses die Größe seines Unglücks und sah ein, dass er allein der Schuldige sei. Er flehte daher, Gott möge das Herz seines Feindes zu Güte und Mideid stimmen. Diese Bitte erhörte Gott, und so wurde Manasses von dem Könige der BabyIonier wieder in Freiheit gesetzt und konnte in sein Reich zurückkehren. Als er nach Jerusalem gekommen war, bestrebte er sich, selbst das Andenken an seine früheren Vergehungen, die er von Herzen bereute, auszutilgen, weil er nun gottesfürchtig bleiben wollte. Er weihte den Tempel wieder, reinigte die Stadt und war nur darauf bedacht, wie er Gott für seine Rettung danken und sich seine Gnade für die ganze Lebenszeit erhalten könne. Auch das Volk hieß er in Gottesfurcht wandeln, da es eingesehen habe, welches Un-
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heil ihm beinahe infolge seiner Frevel zugestoßen wäre. Er stellte ferner den Altar wieder her und ließ die von Moyses vorgeschriebenen gesetzlichen Opfer darbringen. Als er so die rechte Gottesverehrung wieder eingerichtet hatte, dachte er auch an die Sicherheit Jerusalems, indem er die alten Mauern wiederherstellen und neue auffuhren ließ, dazu auch hohe Türme errichtete und die Befestigungswerke außerhalb der Stadt mit allen notwendigen Lebensmitteln und anderem Bedarf reichlich versah. So verbrachte er den Rest seines Lebens in solcher Gottesfurcht, dass er von der Zeit an, da er Gott zu verehren begann, für einen höchst glückseligen und musterhaften Mann gehalten wurde. Er starb im Alter von siebenundsechzig Jahren nach fünfundfunfzigjähriger Regierung. Bestattet wurde er in seinen eigenen Gärten, und die Königswürde ging auf seinen Sohn Amos über, der von der Emalsema aus der Stadt Jabata geboren war.
VIERTES KAPITEL Von Amos' und Josias' Regierung, und von der Seherin Olda. 47
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1. Amos ahmte die Frevel nach, die sein Vater in der Jugend begangen hatte, und wurde bald von seinen Dienern im eigenen Hause umgebracht, nachdem er nur vierundzwanzig Jahre gelebt und zwei Jahre regiert hatte. Das Volk schritt gegen seine Mörder ein, bestattete den Amos neben seinem Vater und übertrug die Herrschaft seinem Sohne Josias, der erst acht Jahre zählte, und dessen Mutter die Jedis aus der Stadt Boskethi war. Er war edlen Gemütes, von Natur zur Thgend geneigt und nahm sich in allen Dingen den König David zum Muster und Beispiel. Schon in seinem zwölften Lebensjahre legte er einen besonderen Beweis seiner Frömmigkeit und Gerechtigkeit ab. Denn er bekehrte den Sinn des Volkes und veranlasste es, sich von den Götzen, die gar keine Götter seien, ab- und dem wahren Gotte wieder zuzuwenden. Und nachdem er die von seinen Vorgängern eingeführten Gebräuche einer Durchsicht unterzogen, schied er alles Mangelhafte, welches daran haftete, aus und benahm sich dabei, als sei er schon ein älterer und verständiger Mann. Was er aber für gut befand, behielt er bei und richtete sich danach. Bei diesem Verfahren folgte er indes nicht nur seiner eigenen Einsicht und Weisheit, sondern hörte auch auf den Rat und die Vorschläge älterer Männer. Und es gelang ihm in der Besorgung des
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Staatswesens wie des Gottesdienstes alles aufs beste, weil er die schlechten Einrichtungen seiner Vorgänger nicht nur nicht aufrecht erhielt, sondern dieselben sogar völlig aus der Erinnerung tilgte. Denn er ging selbst in der Stadt und im ganzen Lande umher, ließ die den fremden Göttern geweihten Haine zerstören, ihre Altäre umwerfen und die ihnen von seinen Vorgängern ge stifteten Weihgeschenke unter verächtlichem Spott entfernen. Auf diese Weise bekehrte er das Volk zur Verehrung des wahren Gottes und ließ auf seinem Altare wieder Speise- und Brandopfer darbringen. Er ernannte auch Richter und Aufseher, die einen jeden zu überwachen und Recht und Gerechtigkeit zu pflegen hatten, sollte auch ihr Leben dabei in Gefahr geraten. Weiterhin sandte er Boten durch sein ganzes Reich und ließ verkündigen, es solle jeder nach seinem guten Willen und Vermögen Gold und Silber zur Wiederherstellung des Tempels beitragen. Und als nun die Mittel eingegangen waren, übertrug er die Sorge für den Tempel und die zu seiner Ausbesserung notwendigen Veranstaltungen dem Stadtoberhaupte Amasias, dem Schreiber Saphanes, dem Protokollführer 10atas und dem Hohepriester Eliakias. Diese ließen unverweilt Baumeister und alles zur Wiederherstellung Erforderliche kommen und gingen sogleich ans Werk. So erhob sich denn bald der wiederhergestellte Tempel als Wahrzeichen der Frömmigkeit des Königs. 2. Unterdessen hatte der König sein achtzehntes Lebensjahr erreicht, und er ließ nun dem Hohepriester Eliakias den Auftrag erteilen, aus den übrig gebliebenen Mitteln Becher, Schalen und Schüsseln zum Gottesdienste anzufertigen und alles Gold und Silber, das sich noch im Tempelschatz befinde, gleichfalls zur Herstellung dieser Geräte zu verwenden. Als nun der Hohepriester Eliakias das Gold hervorholte, stieß er zufillig auf die im Tempel niedergelegten heiligen Bücher des Moyses* und übergab sie dem Schreiber Saphanes. Dieser las sie durch und begab sich dann zum Könige, um ihm zu melden, dass alle seine Befehle vollzogen seien, worauf er ihm auch die Bücher des Moyses vorlas. Der König aber hatte deren Inhalt kaum vernommen, als er sein Gewand zerriss, den Hohepriester Eliakias zu sich beschied und den Schreiber selbst nebst einigen seiner vertrautesten Freunde zu der Seherin Olda, der Gattin des rühmlich bekannten und edlen Mannes Sallum, schickte. Ihr ließ er sagen, sie möge Gott zu versöhnen und gnädig zu stimmen suchen, da zu befürchten stehe, das Volk werde wegen der Sünden, die seine Vorfahren gegen die Gesetze des Moy* Das fünfte Buch Moyses' (Deuteronomium).
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ses begangen, aus seiner Heimat vertrieben werden und in der Fremde ein armseliges, bejammernswertes Dasein fristen müssen. Als die Seherin von den Abgesandten den Auftrag des Königs vernommen hatte, hieß sie dieselben wieder umkehren und dem Könige melden, Gott habe bereits seinen Entschluss in Betreff des Volkes gefasst, und es könne derselbe durch Bitten nicht mehr rückgängig gemacht werden. Das Volk solle aus seinem Lande vertrieben werden und aller seiner Besitzungen verlustig gehen, weil es die Gebote übertreten und in so langer Zeit keine Reue bewiesen habe, obgleich die Propheten es zur Umkehr ermahnt und ihm die Strafe für seine Freveltaten vorhergesagt hätten. Damit das Volk nun einsehe, dass er der wahre Gott sei, und seine Propheten nichts Unwahres verkündigt hätten, werde er das Strafgericht über das Volk verhängen, es jedoch um der Gerechtigkeit des Königs willen noch hinausschieben und erst dann vollziehen, wenn Josias aus dem Leben geschieden sei. 3. Diese Verkündigung der Seherin berichteten die Abgesandten dem Könige, der darauf von nah und fern die Priester und Leviten sowie die Männer jeglichen Alters nach Jerusalem entbieten ließ. Und als alle sich versammelt hatten, ließ er ihnen zunächst die heiligen Bücher vorlesen, betrat alsdann eine Tribüne mitten unter dem Volke und ließ es schwören, Gott verehren und die Gesetze treu beobachten zu wollen. Alle gelobten dies bereitwillig und versprachen, den Ratschlägen des Königs Folge zu leisten. Darauf brachten sie Opfer dar und flehten zu Gott, er möge ihnen seine Gnade und Barmherzigkeit erzeigen. Dem Hohepriester aber befahl der König, alle Geräte, die beim Götzendienste Verwendung gefunden hätten und vielleicht von seinen Vorgängern her noch im Tempel vorhanden seien, hinauszuschaffen. Und da sich noch viele derartige Geräte fanden, wurde alles zusammengehäuft, verbrannt und die Asche zerstreut. Die Götzenpriester aber, welche nicht aus Aarons Geschlecht waren, wurden umgebracht. 4. Als der König dies zu Jerusalem ins Werk gesetzt hatte, reiste er auch im Lande umher, ließ alles, was Jeroboam zur Ehre fremder Götter hatte errichten lassen, zerstören und die Gebeine der falschen Propheten auf dem Altare, den Jeroboam erbaut hatte, verbrennen. Das hatte ja der Seher Achias dem ganzen Volke vorhergesagt, als er beim Opfer Jeroboams sich an das Volk wandte, wie er auch verkündigt hatte, ein Nachkomme Davids mit Namen Josias werde das vollbringen, was ich obe~ erwähnt habe. So erfüllte sich seine Weissagung nach Verlauf von dreihunderteinundsechzig Jahren. 5. Darauf begab sich der König Josias auch zu denjenigen Israeliten,
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welche von den Assyrern nicht in Gefangenschaft und Sklaverei geschleppt worden waren, und riet ihnen, von ihrem gottlosen Lebenswandel und der Verehrung fremder Götter abzulassen, dem allmächtigen Gott ihrer Vater dagegen zu dienen und treu zu bleiben. Er ließ sogar die Häuser, Dörfer und Städte durchsuchen, weil er argwöhnte, es möchte noch hier und da ein Götzenbild versteckt sein. Alsdann sorgte, er auch dafür, dass die Wagen des Sonnengottes, welche am Tempeleingange standen und von seinen Vorgängern beschafft worden waren, sowie alle anderen Gegenstände, denen göttliche Verehrung gezollt worden war, aus dem Wege geräumt wurden. Als er auf diese Weise das ganze Land gesäubert hatte, berief er das gesamte Volk nach Jerusalem und beging das Fest der ungesäuerten Brote, das auch Pascha genannt wird. Dem Volke aber schenkte er die Pascha-Opfer, dreißigtausend Böcke und saugende Lämmer, sowie dreitausend Ochsen zum Brandopfer. Ferner erhielten die Priester von den Vornehmsten unter ihnen als Paschageschenk zweitausendsechshundert Lämmer und ebenfalls die Leviten von ihren Vorgesetzten fünftausend Lämmer und fünfhundert Ochsen. Und da ein so reicher Vorrat an Opfertieren ihnen zu Gebote stand, brachten sie die Opfer genau nach dem Gesetze des Moyses dar, und alle Priester waren vollauf mit ihrem Dienste beschäftigt. Ein solches Paschafest hatten die Hebräer seit den Zeiten des Propheten Samuel nicht mehr gefeiert; alles vollzog sich streng nach der Vorschrift des Gesetzes und unter Beobachtung der alten Gebräuche. In der Folgezeit lebte Josias in Frieden und genoss den Ruf eines reichen und mächtigen Fürsten. Von seinem Lebensende berichtet das folgende Kapitel.
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FÜNFTES KAPITEL Wie Josias dem Nechao entgegentrat, verwundet wurde und starb. Wie Nechao den König Joachaz nach Ägypten wegftihrte und die Herrschaft dem Joakim übertrug. Von Jeremias und Jezekiel.
1. Nechao, der König der Ägypter, hob ein Heer aus und zog auf den Euphrat zu, um die Meder und Babyionier zu bekriegen, die das Reich der Assyrer zerstört hatten. Er trachtete nämlich danach, ganz Asien unter seine Herrschaft zu bringen. Als er nun bis zur Stadt Mende, die im Gebiete des Josias lag, gekommen war, wollte ihm dieser mit Heeresmacht den Durch-
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zug durch sein Land verwehren. Nechao aber schickte einen Herold zu ihm und ließ ihm sagen, er wolle nicht gegen ihn zu Felde ziehen, sondern an den Euphrat marschieren. Josias möge sich aber wohl hüten, ihn durch Erschwerung seines Marsches zum Kampfe zu reizen. Hierum kümmerte sich indes Josias nicht, beschloss vielmehr, ihm den Durchzug durch sein Land mit allen Kräften zu verwehren. Wie mir scheint, trieb ihn sein Verhängnis dazu, diese Gelegenheit zu seinem Untergange zu ergreifen. Denn als er sein Heer zur Schlacht aufstellte und auf seinem Wagen von einem Flügel zum anderen fuhr, traf ihn der Pfeilschuss eines Ägypters und machte seinem Kriegseifer ein Ende. Und da die Wunde ihn sehr schmerzte, befahl er, zum Rückzuge zu blasen, und fuhr sogleich nach Jerusalern. Dort starb er infolge seiner Verwundung und wurde in der Gruft seiner Vater mit großer Pracht bestattet, nachdem er neununddreißig Jahre gelebt und einunddreißig Jahre regiert hatte. Das Volk trauerte sehr um ihn und weinte und wehklagte viele Tage lang. Der Seher Jeremias verfasste aus diesem Anlass einen Trauergesang, der heute noch vorhanden ist. Dieser Prophet weissagte auch das Unglück, das der Stadt bevorstand, und hat sogar über deren Zerstörung, die in unseren Tagen sich ereignete, sowie über die Eroberung von Babyion schriftliche Prophezeiungen hinterlassen. Doch war er nicht der Einzige, der dies dem Volke vorhersagte, vielmehr hat auch der Prophet Jezekiel zwei Bücher darüber geschrieben und uns hinterlassen. Diese beiden Seher waren aus priesterlichem Geschlechte. Jeremias verweilte zu Jerusalern vom dreizehnten Jahre der Regierung des Königs Josias an bis zur Zerstörung des Tempels und der Stadt. Über seine Schicksale werde ich noch später reden. 2. Als nun Josias, wie gemeldet, gestorben war, folgte ihm in der Regierung sein Sohn Joachaz, der schon dreiundzwanzig Jahre alt und dessen Mutter die Amitala aus der Stadt Lobana war. Er war ruchlos und lasterhaft. Als der König der Ägypter aus dem Kampfe heimkehrte, beschied er den Joachaz zu sich in die syrische Stadt Amatha, ließ ihn in Fesseln werfen und übertrug die Herrschaft seinem älteren Bruder Eliakim, dessen Namen er in Joakim umänderte. Dem Lande aber legte er einen Tribut von hundert Talenten Silber und einem Talent Gold auf, die Joakim auch entrichtete. Den Joachaz hingegen nahm er mit nach Ägypten, wo derselbe auch gestorben ist. Er hatte nur drei Monate und zehn Tage regiert, Joakims Mutter hieß Zabuda und stammte aus Aburna. Er selbst war übrigens von Natur ungerecht, gewalttätig und weder fromm gegen Gott noch gütig gegen die Menschen.
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SECHSTES KAPITEL Wie Nabuchodonosor den König der Ägypter überwand, die Juden bekriegte, den Joakim tötete und dessen Sohn Joachim zum Könige ernannte.
1. Im vierten Jahre der Regierung Joakims trat die Herrschaft über die Babylonier ein gewisser Nabuchodonosor an, der alsbald mit Heeresmacht gegen die Stadt Charchamesa am Euphrat aufbrach in der Absicht, den Ägypterkönig Nechao zu bekriegen, der damals ganz Syrien in seiner Gewalt hatte. Als aber Nechao von dem Plane des Babyloniers und seinem Kriegszug Kunde erhielt, blieb auch er nicht müßig, sondern rückte mit großer Streitmacht an den Euphrat, um den Nabuchodonosor von weiterem Vordringen abzuhalten. In der Schlacht aber wurde er geschlagen und verlor viele Tausende der Seinigen. Der Babylonier überschritt nun den Euphrat und brachte ganz Syrien bis nach Pelusium, jedoch mit Ausnahme von Judäa, in seine Gewalt. Im vierten Jahre seiner Herrschaft aber, welches das achte von Joakims Regierungsjahren war, überzog Nabuchodonosor, der ein großes Heer hatte, auch die Juden mit Krieg und forderte von Joakim die Zahlung eines Thbuts, widrigenfalls er die Feindseligkeiten beginnen würde. Durch diese Drohung geängstigt, erkaufte sich Joakim den Frieden mit Geld und zahlte den ihm auferlegten Tribut drei Jahre lang. 2. Als er aber im dritten Jahre hörte, die Ägypter bereiteten den Krieg gegen den Babylonier vor, leistete er den Tribut nicht mehr. Doch hatte er sich in seiner Hoffnung getäuscht, denn die Ägypter wagten es nicht, den Kriegszug zu unternehmen. Auch der Seher Jeremias hatte das Volk Tag für Tag ermahnt, sich nicht mit trügerischen Hoffnungen auf die Ägypter abzugeben; die Stadt werde jedenfalls von dem Könige der Babylonier zerstört werden und der König Joakim in seine Gewalt geraten. Seine Worte aber erzielten keine Wirkung, weil niemand gerettet werden sollte. Und Volk wie Vornehme, weit entfernt, sich um seine Weissagung zu kümmern, wurden vielmehr unwillig darüber und beschuldigten den Seher, er prophezeie nur Unheil, zogen ihn vor Gericht und forderten seine Bestrafung. Die meisten Richter waren derselben auch nicht abgeneigt, und nur die ältesten unter ihnen sprachen ihn frei, da sie verständigen Sinnes waren, und entließen ihn aus dem Gerichtssaale, veranlassten auch, dass ihm nichts Böses zugefügt wurde. Sie wiesen nämlich daraufhin, dass Jeremias ja nicht der Einzi-
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ge sei, der der Stadt ein solches Schicksal vorhersage. Michaeas vielmehr und viele andere vor ihm hätten schon dasselbe prophezeit, und doch hätten die damaligen Könige den Sehern dafür nichts Böses zugefügt, sondern alle Ehre eIWiesen, die ihnen als Propheten zugestanden habe. Es gelang ihnen auch, mit diesen Worten das Volk zu besänftigen, sodass es den Jeremias von der ihm zugedachten Strafe lossprach. Dieser schrieb nun alle seine Weissagungen auf und las das Buch im neunten Monate des fünften Jahres der Regierung Joakims dem Volke vor, als es fastete und im Tempel versammelt war. In dem Buche aber waren alle Schicksale, die der Stadt, dem Tempel und dein Volke bevorstanden, enthalten. Als die Vornehmen das hörten, ließen sie ihm das Buch abnehmen und befahlen ihm und seinem Schreiber Baruch, sich zu entfernen und ihren Aufenthaltsort nicht bekannt zu machen. Das Buch aber brachten sie dem Könige. Dieser gebot in Gegenwart seiner Freunde dem Schreiber, das Buch zu nehmen und es vorzulesen. Als er aber hörte, was darin geschrieben stand, geriet er in Zorn, zerriss das Buch und warf es ins Feuer. Zugleich befahl er, Jeremias und Baruch aufzusuchen und sie zu ihm zu führen, damit sie ihre Strafe erhielten. Doch diese waren seinem Zorne schon entflohen. 3. Als aber kurze Zeit darauf der König der Babyionier heranrückte, beschlich den Joakim doch infolge der Weissagungen des Sehers eine derartige Furcht, dass er den König aufnahm in der Hoffnung, es werde ihm nichts Übles widerfahren. Und so verschloss er weder die Tore vor ihm, noch rüste te er sich zum Widerstand. Der Babyionier aber kümmerte sich nicht um sein gegebenes Wort, als er in die Stadt eingerückt war, sondern ließ die stärksten und wohlgestaltetsten Jünglinge von Jerusalern samt dem Könige Joakim umbringen. Den Letzteren befahl er darauf vor die Mauern zu werfen und verbot, ihn zu beerdigen; zum Könige der Stadt und des Landes aber ernannte er dessen Sohn Joachim. Alsdann führte er die Vornehmsten des Volkes, gegen dreitausend an der Zahl, mit sich in die Gefangenschaft nach Babyion. Unter diesen befand sich auch der Seher Jezekiel, der damals noch ein Knabe war. So endete der König Joakim, nachdem er sechsunddreißig Jahre gelebt und elf Jahre regiert hatte. Sein Nachfolger Joachim, dessen Mutter eine Bürgerin von Jerusalem war und Nosta hieß, regierte drei Monate und zehn Tage.
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SIEBENTES KAPITEL Der Babyionier bereut die Ernennung Joachims zum Könige, fUhrt ihn nach Babyion weg und übergibt die Herrschaft dem Sedekias. Dieser schließt sich an die Ägypter an, die aber von dem Babyionier geschlagen werden. Schicksale des Jeremias.
1. Den König der Babyionier aber reute es alsbald, dass er dem Joachim die Königswürde übertragen hatte. Er glaubte nämlich, dieser würde aus Rache für die Ermordung seines Vaters das Land von ihm abwendig machen. Deshalb sandte er ein Heer aus, um den Joachim in Jerusalern zu belagern. Joachim aber, der von Natur gütig und gerecht war, konnte es nicht ansehen, dass die Stadt um seinetwillen in Gefahr schwebte, und übergab darum seine Mutter und seine übrigen Verwandten den von dem Babyionier geschickten Heerführern als Geiseln, nachdem diese ihm eidlich versichert hatten, dass weder die Stadt noch die Geiseln etwas zu leiden haben würden. Aber der Eid wurde noch nicht ein Jahr lang gehalten, denn der Babyionierkönig selbst brach ihn, indem er seinen Heerführern brieflich anbefahl die in der Stadt befindlichen jungen Leute und Handwerker, zehntausendachthundertzweiunddreißig an der Zahl, zu fesseln und als Gefangene ihm zuzuführen, desgleichen auch den Joachim selbst nebst seiner Mutter und seinen Freunden. Alle diese Gefangenen ließ er streng bewachen. Zum Könige aber ernannte er den Oheim des Joachim, Sedekias, nachdem er ihn eidlich verpflichtet hatte, das Land in Babyions Botmäßigkeit zu halten, keine Umwälzung zu planen und nicht mit den Ägyptern in Verbindung zu treten. 2. Als Sedekias die Regierung übernahm, war er einundzwanzig Jahre alt. Er war der leibliche Bruder des Joakim und ein Verächter von Recht und Zucht. Auch die in seiner Umgebung befindlichen erwachsenen Männer waren gottlos, und selbst das gemeine Volk verübte Schlechtigkeiten nach seinem Gutdünken. Deshalb begab sich der Prophet Jeremias zum Könige, wehklagte und gebot ihm, von seiner Gottlosigkeit und Gesetzesübertretung abzulassen und die Gerechtigkeit zu pflegen. Er möge weder auf die Vornehmen, unter denen es die größten Übeltäter gebe, hören, noch den falschen und lügnerischen Sehern glauben, dass der Babyionier die Stadt nicht noch einmal belagern oder die Ägypter gegen Letzteren zu Felde ziehen und ihn überwinden würden. Denn das sei alles Lüge und werde
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nie in Erfüllung gehen. Sedekias sah wohl ein, dass der Prophet Recht habe, und dass seine Worte, die auf Wahrheit beruhten, nur zu seinem, des Königs, Nutzen gesprochen seien. Aber seine Freunde brachten ihn wieder auf andere Gedanken, indem sie die Worte des Sehers in ihrem Sinne auslegten. Auch Jezekiel weissagte zu BabyIon das dem Volke drohende Unglück, schrieb seine Verkündigungen auf und sandte sie nach Jerusalem. Sedekias aber glaubte nun keinem der beiden Propheten mehr, und zwar aus folgender Ursache. Die Seher stimmten wohl darin überein, dass die Stadt erobert und Sedekias gefangen werden würde. Jezekiel aber prophezeite dann weiter, Sedekias werde BabyIon nicht sehen, während Jeremias behauptete, der BabyIonierkönig werde ihn gefesselt dorthin schleppen. Weil sie nun in letzterem Punkte nicht übereinstimmten, wollte er auch das Übrige, das in den Prophezeiungen der beiden Seher gleich lautete, nicht für wahr halten, und misstraute ihnen daher. Gleichwohl ging alles in Erfüllung, was sie vorhergesagt hatten, wie ich an anderer Stelle dartun werde. 3. Nachdem Sedekias das Bündnis mit den BabyIoniern acht Jahre lang gehalten hatte, fiel er von ihnen ab und schloss sich an die Ägypter an in der Hoffnung, gemeinsam mit ihnen die BabyIonier ausrotten zu können. Sobald dies der König der BabyIonier erfuhr, zog er gegen ihn zu Felde, verwüstete sein Land, nahm die festen Plätze ein und schickte sich an, Jerusalern selbst zu belagern. Als nun der Ägypter hörte, in welcher schlimmen Lage sein Bundesgenosse Sedekias sei, eilte er mit einem großen Heere nach Judäa, um Jerusalem zu entsetzen. Daraufhin ließ der BabyIonier von Jerusalem ab, zog gegen die Ägypter und lieferte ihnen eine Schlacht, trieb sie in die Flucht und verjagte sie aus ganz Syrien. Sobald nun der BabyIonierkönig von Jerusalem weggezogen war, bemühten sich die falschen Seher, den Sedekias zu betören, indem sie ihm verkündeten, der BabyIonier werde weder von neuem ihn und sein Volk bekriegen, noch sie aus ihrem Lande nach BabyIon wegführen. Vielmehr würden die Gefangenen mit allen Tempelgeräten zurückkehren, die der BabyIonierkönig aus dem Heiligturn geraubt habe. Jeremias aber trat mitten unter sie und verkündete das gerade Gegenteil, indem er der Wahrheit gemäß prophezeite: »Thr handelt sehr übel und betrügt den König, da das Bündnis mit den Ägyptern ihm keinen Vorteil bringen wird. Denn der BabyIonier wird sie schlagen, dann gegen Jerusalem rücken, das Volk belagern und durch Hunger aufreiben, die Überlebenden gefangen wegführen, ihr Hab und Gut rauben, den Tempel plündern und in Brand stecken und die Stadt von Grund aus zerstören. Wir aber werden ihm und seinen Nachkommen siebzig Jahre lang als Skla-
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ven dienen. Nach Ablauf dieser Zeit werden uns ans ihrer Knechtschaft die Perser und Meder befreien, die der Herrschaft der BabyIonier ein Ende machen werden. Sie werden uns in dieses Land zurückkehren lassen, und wir werden den Tempel wieder aufbauen und Jerusalem wiederherstellen.« Diesen Worten des Jeremias glaubten die meisten; die Vornehmen aber und die ruchlosen Menschen verhöhnten ihn, als wäre er nicht bei Verstand. Als er sich nun wieder in seine Vaterstadt Anathoth, die zwanzig Stadien von Jerusalem entfernt lag, begeben wollte, begegnete ihm einer der Vorsteher, schlug ihn und warf ihm vor, er wolle zu den BabyIoniern überlaufen. Der Seher wies diese Beschuldigung zurück und sagte, er beabsichtige nur in seine Heimat zurückzukehren. Der andere aber ergriff ihn, führte ihn vor die Behörde und überantwortete ihn dem Gerichte, das ihn mit allen erdenklichen Folterqualen belegte und ins Gefängnis werfen ließ. Hier musste er geraume Zeit zubringen und großes Unrecht erdulden. 4. Im neunten Jahre der Regierung des Sedekias aber, und zwar am zehnten Tage des zehnten Monats, rückte der BabyIonierkönig mit seinen 'fruppen abermals gegen Jerusalem, setzte sich vor der Stadt fest und belagerte sie achtzehn Monate lang unter Anspannung aller Kräfte. Zugleich wurde Jerusalem von Hungersnot und Pest bedrängt, den beiden größten Übeln, welche eine belagerte Stadt treffen können. Diese Plagen wüteten in grauenhafter Weise. Inzwischen schwieg auch der Seher Jeremias nicht, obwohl er im Gefängnis schmachtete, sondern ermahnte mit lauter Stimme das Volk, es solle die Tore öffnen und den BabyIonier einlassen. Wenn sie das täten, würden sie alle gerettet werden, im anderen Falle aber umkommen. Er verkündigte, dass jeder, der in der Stadt bleibe, entweder vom Hunger oder vom Schwert der Feinde werde dahingerafft werden, und nur, wer zum Feinde fliehe, könne dem Tode entgehen. Die Vornehmen aber hörten auch jetzt, da sie in höchster Lebensgefahr schwebten, nicht auf seine Worte, sondern hinterbrachten sie voll Zorn dem Könige und verklagten den Seher als einen Toren, der ihnen den Mut nehme und durch Unglücksprophezeiungen den Eifer und das Vertrauen des Volkes zu lähmen suche. Denn dieses sei bereit, für König und Vaterland jede Gefahr zu bestehen, während der Seher es beharrlich ermahne, zum Feinde überzugehen, da die Stadt doch eingenommen und zerstört werden würde. 5. Der König war nun freilich, da er von Natur gütig und gerecht war, nicht dazu zu bringen, dass er selbst gegen den Seher einschritt. Um sich aber in der jetzigen schlimmen Zeit nicht mit den Vornehmen zu verfeinden, überließ er ihnen den Jeremias, um mit ihm nach Gutdünken zu ver-
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fahren. Sobald sie diese Erlaubnis vom Könige erhalten hatten, drangen sie in das Gefängnis ein, ergriffen ihn, führten ihn hinaus und ließen ihn mit Stricken in eine Kotgrube hinab, um ihn darin ersticken zu lassen. Jeremias sank so tief in den Schlamm, dass nur seine Augen und seine Nasenöffnung noch über demselben sich befanden, und schwebte also in großer Lebensgefahr. Inzwischen aber berichtete ein Diener des Königs, der Äthiope von Geburt war und beim Könige damals in hoher Gunst stand, diesem das schändliche Beginnen seiner Freunde und der Vornehmen, die den Seher auf grausamere Weise umbringen wollten, als ihm dies im Gefängnis würde begegnet sein. Sowie der König das vernahm, reute es ihn, den Seher in die Gewalt der Vornehmen gegeben zu haben, und er befahl dem Äthiopier, dreißig königliche Diener nebst Stricken und allem anderen, was er zur Rettung des Sehers brauche, mitzunehmen und den Jeremias so schnell wie möglich aus der Grube herauszuziehen. Der Äthiope tat so, zog den Seher aus dem Schlamm heraus und ließ ihn frei gehen. 6. Darauf beschied der König ihn heimlich zu sich und fragte ihn, ob er ihm von Gott etwas zu sagen habe und ihm irgendeine Hilfe in Aussicht stellen könne. Jeremias entgegnete ihm: »Wohl habe ich dir etwas zu sagen, aber du wirst mir nicht glaHben, wie auch die anderen meinen Verkündigungen kein Gehör geschenkt, sondern mich wie einen Verbrecher haben umbringen wollen. Wo sind jetzt die, welche euch vorgelogen haben, der BabyIonier werde den Krieg gegen euch nicht zum zweiten Mal aufnehmen? . Ich meinerseits fürchte mich, dir die Wahrheit zu sagen, da du mich dann wohl zum Tode verurteilen wirst.« Als aber der König ihm eidlich versichert hatte, er werde ihn weder zum Tode verurteilen noch den Vornehmen ausliefern, fasste der Seher Mut und riet ihm, die Stadt den BabyIoniern zu übergeben. Er fügte hinzu, auf Gottes Antrieb erteile er ihm diese Ermahnung, wenn er der drohenden Gefahr entgehen und weder die Stadt dem Erdboden gleichmachen, noch den Tempel in Flammen aufgehen lassen wolle. Andernfalls werde er selbst die Schuld tragen, dass solches Unheil über ihn wie über seine Untertanen komme. Der König entgegnete, er wolle seinem Rate folgen, da das in seinem Interesse liege. Doch fürchte er, von denen, die aus seinem Volke zu den BabyIoniern übergingen, beim feindlichen Könige fälschlich angeklagt zu werden und dann den Tod erleiden zu müssen. Der Prophet aber hieß ihn Mut fassen und bat ihn, nicht so unbegründete Angst zu haben. Denn wenn er den BabyIoniern die Stadt übergebe, werde weder ihm noch seinen Frauen und Kindern ein Leids geschehen, und auch der Tempel werde unversehrt bleiben. Hierauf entließ der König
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den Jeremias, indem er ihm noch anbefahl, niemand von seinem Vorhaben Mitteilung zu machen und auch den Vornehmen, wenn sie von seiner Berufung zum Könige hörten und ihn über die Unterredung ausforschen wollten, nichts davon zu sagen. Er solle vielmehr die Ausrede gebrauchen, er habe den König nur gebeten, ihn mit Kerker und Banden zu verschonen. Damit fertigte Jeremias auch wirklich die Neugierigen ab, die zu ihm kamen und ihn fragten, was er mit dem Könige über sie beratschlagt habe.
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ACHTES KAPITEL Wie der Babyionier Jerusalem einnahm, den Tempel einäscherte und die Bewohner samt dem Sedekias nach Babyion schleppte. Aufzählung der Hohepriester zur Zeit der Könige.
l. Unterdessen setzte der BabyIonier die Belagerung von Jerusalem unter Aufbietung aller Kräfte und mit großer Zähigkeit fort. Er errichtete Türme auf hohen Wällen und trieb von ihnen aus alles, was sich den Mauern näherte, zurück. Außerdem warf er ringsum noch eine Menge von Erdwerken auf, die an Höhe den Mauern gleichkamen. Aber auch die Belagerten wehrten sich hartnäckig und tapfer und ließen sich weder durch Hungersnot noch durch Pest einschüchtern, sondern obwohl sie von diesen Plagen hart bedrängt wurden, ertrugen sie doch die Schrecken des Krieges mit Ausdauer und trotzten den Belagerungsmaschinen der Feinde, indem sie allenthalben auch ihrerseits solche errichteten. So entstand ein Wetteifer in Tatkraft und Klugheit zwischen den BabyIoniern und den Jerusalernern, indem die einen alles daransetzten, die Stadt in ihre Gewalt zu bekommen, die anderen aber ihr Heil darin suchten, unverdrossen neue Gegenwerke gegen die Belagerungsvorrichtungen der Feinde zu bauen. Das ging so achtzehn Monate lang weiter, bis die Mehrzahl der Belagerten dem Hunger und den feindlichen Geschossen erlegen war. 2. Endlich fiel die Stadt am neunten Tage des vierten Monats, im elften Jahre der Regierung des Sedekias. Den Sturm leiteten die babylonischen Heerführer, denen Nabuchodonosor die weitere Belagerung anvertraut hatte; denn er selbst hielt sich in der Stadt Reblatha auf. Die Namen dieser Heerführer, die vielleicht jemand kennen lernen möchte, waren Nergelear, Aremmantus, Semegar, Nabosaris und Echarampsaris. Als die Stadt gegen
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Mitternacht in den Händen des Feindes war, drangen die Anführer in den Tempel ein. Auf die Nachricht davon floh der König Sedekias mit seinen Weibern, Kindern, Heerführern und Freunden durch enge und steile Schluchten aus der Stadt in die Wüste. Einige Überläufer aber meldeten dies den BabyIoniern, die beim Morgengrauen zu seiner Verfolgung ausrückten und ihn bei Jericho einholten und umzingelten. Als nun die Freunde und Heerführer, die mit Sedekias geflohen waren, die Feinde heranziehen sahen, verließen sie ihn, zerstreuten sich hierhin und dorthin und waren nur auf ihre eigene Rettung bedacht. Darauf wurde der König mit den wenigen, die bei ihm aushielten, gefangen genommen und nebst seinen Frauen und Kindern zum babylonischen Könige geführt. Nabuchodonosor schalt ihn einen Frevler und Vertragsbrüchigen, da er sein Versprechen, das Land in der Botmäßigkeit der BabyIonier zu erhalten, nicht erfüllt habe. Auch warf er ihm Undankbarkeit vor; denn Sedekias habe die Herrschaft doch nur von ihm, der dieselbe dem Joachim entrissen habe, erhalten, und nun habe er seine Macht zum Nachteil seines Wohltäters missbraucht. »Aber der große Gott«, fügte er hinzu, »dem dein Wandel zuwider ist, hat dich jetzt in meine Hand gegeben.« Nachdem er also den Sedekias gescholten, befahl er, dessen Söhne und Freunde sogleich im Angesichte des Königs und der übrigen Gefangenen zu töten. Den Sedekias selbst aber ließ er blenden und in Ketten nach BabyIon führen. So erfüllten sich die Weissagungen des Jeremias und des Jezekiel. Denn nach des Jeremias Verkündigung wurde er gefangen vor den BabyIonier geführt und unterredete sich persönlich mit ihm; BabyIon aber sah er, obwohl er dorthin geschleppt wurde, nicht, weil er geblendet war, genau wie Jezekiel dies vorausgesagt hatte. 3. Vorstehendes habe ich erzählt, um Gottes Wesen denjenigen klarzumachen, die es noch nicht kennen. Denn er lässt alles zwar auf mannigfaltige Weise, aber doch in der festgesetzten Zeit und Ordnung genau nach seiner Vorherverkündigung eintreffen. Wir erkennen aber daraus auch die Unwissenheit und Leichtgläubigkeit der Menschen, infolge deren sie die Zukunft nicht voraussehen können und blindlings in ihr Verderben stürzen, ohne dass es ihnen möglich wäre, der Gefahr zu entrinnen. 4. So endeten die Könige aus Davids Geschlecht, im Ganzen einundzwanzig an der ZahL die zusammen fünfhundertvierzehn Jahre, sechs Monate und zehn Tage regierten. Der erste König, SauL der nicht aus diesem Geschlechte war, hatte zwanzig Jahre lang geherrscht. 5. Der Babylonier sandte darauf seinen Feldherrn Nabuzardanes nach
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Jerusalem mit dem Auftrage, den Tempel zu plündern, das Heiligtum und den Königspalast einzuäschern, die Stadt dem Erdboden gleichzumachen und das Volk nach Babylonien wegzuführen. Nabuzardanes kam also im elften Jahre der Regierung des Sedekias nach Jerusalern, plünderte den Tempel und raubte die goldenen und silbernen Geräte Gottes, das große von Salomon geweihte Waschbecken, die ehernen Säulen mit ihren Kapitellen, die goldenen Tische und die Leuchter. Nachdem er das alles aus dem Tempel entfernt hatte, steckte er denselben in Brand, am ersten Tage des fünften Monats, im elften Regierungsjahre des Sedekias und im achtzehnten des Nabuchodonosor. Alsdann legte er auch den Feuerbrand an den Königspalast und zerstörte die Stadt. Der Tempel ward eingeäschert vierhundertsiebzig Jahre, sechs Monate und zehn Tage nach seiner Erbauung, eintausendzweiundsechzig Jahre, sechs Monate und zehn Tage nach dem Auszug aus Ägypten, eintausendneunhundertsiebenundfünfzig Jahre, sechs Monate und zehn Tage nach der Sintflut und dreitausendfünfhundertdreizehn Jahre, sechs Monate und zehn Tage nach der Erschaffung Adams. Als der babylonische Heerführer so Jerusalern von Grund auf zerstört und das Volk weggeführt hatte, wurden auch der Hohepriester Sareas, dessen Stellvertreter Sophonias, die drei fürstlichen Tempelwächter, der die Leibwache befehligende Verschnittene, ferner sieben von Sedekias' Freunden, dessen Schreiber und sechzig andere Führer gefangen genommen und zugleich mit den geraubten Tempelgeräten zum Könige nach Reblatha, einer Stadt Syriens, gebracht. Dieser ließ den Hohepriester und die Führer enthaupten, die übrigen Gefangenen aber samt dem Sedekias führte er selbst nach Babyion. Außerdem schleppte er mit sich den Hohepriester Josadok, den Sohn des obersten Hohepriesters Sareas, der, wie erwähnt, bei Reblatha in Syrien getötet worden war. 6. Nachdem ich mich so über das Geschlecht der Könige, ihre persönlichen Eigenschaften und die Zahl ihrer Lebens- und Regierungsjahre verbreitet habe, halte ich es nunmehr auch für notwendig, die Namen der Hohepriester anzuführen. Der erste Hohepriester in dem von Solomon erbauten Tempel war Sadok. Thm folgte in der Würde sein Sohn Achimas, diesem Azarias, alsdann Joram, darauf Isus, von dem die Würde aufAxioram überging. Dann kamen der Reihe nach Phideas, Sudeas, Juel Jotham, Urias, Nerias, Odeas, Sallum, Elikias, Sareas, und endlich Josadok, der nach Babyion in die Gefangenschaft geschleppt wurde. Dabei erbte immer der Sohn vom Vater die Hohepriesterwürde. 7. Als Nabuchodonosor nach Babyion zurückgekehrt war, hielt er dort
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den Sedekias während seines ganzen Lebens in Gewahrsam. Nach seinem Tode aber ließ er ihn mit großer Pracht bestatten. Die aus dem Tempel zu Jerusalem geraubten Gegenstände weihte er seinen eigenen Göttern, siedelte das Volk im babylonischen Lande an und ließ dann den Hohepriester seiner Fesseln entledigen.
NEUNTES KAPITEL Wie Nabuzardanes zum Vorsteher der zurückgebliebenen Juden den Godolias ernennt, der von Ismael getötet wird. Wie Joannes den Ismael zur Flucht nötigt und mit dem Volke nach Ägypten zieht. Nabuchodonosor aber rückt gegen die Ägypter aus und fUhrt die dort befindlichen Juden gefangen nach Babyion. 155
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1. Als Nabuzardanes das Volk der Juden in die Gefangenschaft führte, ließ er die Armen sowie die Überläufer in ihrer Heimat zurück und ernannte zu ihrem Vorsteher Godolias, den Sohn des edlen Juden Aikam, einen gerechten und braven Mann: Er befahl ihnen, das Land zu beackern und dem Könige einen bestimmten Tribut von dem Ertrage zu entrichten. Den Seher Jeremias aber beschied er aus dem GeHingnis zu sich und suchte ihn zu überreden, mit ihm nach Babyion zu ziehen. Denn der König habe angeordnet, es solle ihm jeder Wunsch erfüllt werden. Wolle er aber nicht mitgehen, so möge er ihm sagen, wo er zu wohnen gedenke, damit er dies dem Könige brieflich melden könne. Der Seher aber wollte ihm weder folgen noch irgendwo anders seinen Wohnsitz nehmen, sondern begnügte sich damit, bei den 'llümmern seiner Heimatstadt und ihren armseligen Überresten zu bleiben. Als der Feldherr diesen seinen Wunsch erfuhr, befahl er dem Godolias, für ihn zu sorgen und ihm alles zu gewähren, was er verlange. Dann bedachte er den Seher mit reichen Geschenken und gestattete ihm zu gehen, wohin er wolle. Jeremias nahm nun seinen Wohnsitz in der Stadt Masphath und bat den Nabuzardanes, auch seinen Schüler Baruch freizulassen, den Sohn des Nerus, der aus einem vornehmen Hause stammte und in der hebräischen Sprache besonders bewandert war. 2. Als Nabuzardanes diese Einrichtungen getroffen hatte, kehrte er nach Babyion zurück. Sobald nun diejenigen, die während der Belagerung aus Jerusalem entflohen waren und im ganzen Lande zerstreut lebten, vernah-
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men, die BabyIonier seien abgezogen und hätten nur wenige Juden zur Bebauung des Landes zurückgelassen, kamen sie von allen Seiten in Masphath bei Godolias zusammen. illre Anführer waren Joannes, Sohn des Kareas, Jezanias, Sareas und andere. Ferner war da noch Ismael, aus königlichem Geschlechte, übrigens aber ein gottloser und verruchter Mensch, der während der Belagerung von Jerusalem zu Baalis, dem Könige der Ammaniter, geflohen war und bei diesem bis jetzt gewohnt hatte. Allen diesen riet Godolias, bei ihm zu bleiben und jede Furcht ~or den BabyIoniern fahren zu lassen; denn wenn sie das Land bebauen wollten, werde sie kein Leid treffen. Dies versicherte er ihnen eidlich und fügte hinzu, sie möchten ihn als ihren Beschützer ansehen, der ihnen gern zu Hilfe kommen wolle, wenn sie bedrängt würden. Dann gab, er ihnen den Rat, sie sollten in einer beliebigen Stadt ihren Wohnsitz nehmen, diese wieder aufbauen und Ackerbau treiben. Auch sollten sie sich zeitig mit Getreide, Wein und Öl versehen, damit sie im Winter keinen Mangel litten. Alsdann entließ er sie in die gewählten Wohnsitze. 3. Als nun zu den benachbarten Völkern Judäas das Gerücht drang, Godolias habe alle zurückgekehrten Flüchtlinge mit großer Menschenfreundlichkeit aufgenommen und ihnen gegen Entrichtung eines Tributes für den BabyIonier Ackerland zum Bebauen angewiesen, strömten auch von ihnen viele zu Godolias und beackerten das Land. Joannes und die übrigen Führer aber, die des Godolias friedliche Regierung sowie seine Güte und Menschenfreundlichkeit sahen, liebten ihn sehr und teilten ihm deshalb mit, Baalis, der Ammaniterkönig, wolle den Ismael senden, um ihn heimlich und mit List aus dem Wege zu räumen, diesen selbst aber zum Herrscher über die Israeliten machen, da er aus königlichem Geschlecht stamme. Diesen Nachstellungen könne Godolias entgehen, wenn er ihnen gestatte, den Ismael insgeheim zu töten. Denn sie fürchteten; dass, wenn es Ismael gelänge, ihn umzubringen, die Reste des israelitischen Volkes völlig zugrunde gehen würden. Godolias aber entgegnete ihnen, er könne nicht daran glauben, dass ein Mensch, den er mit Wohltaten überhäuft habe, solche Nachstellungen gegen ihn plane. Es sei nicht möglich, dass jemand, der in seiner Notlage von ihm alle mögliche Unterstützung erhalten habe, so undankbar gegen seinen Wohltäter handle und ihm nach dem Leben trachte, während er es sich schon zur Sünde anrechnen würde, den Ismael vor Anschlägen, die andere gegen ihn beabsichtigten, nicht behütet zu haben. Aber wenn auch ihre Vermutungen begründet wären, so wolle er doch lieber von Ismaels Hand getötet werden, als einen Menschen umbringen, der zu ihm seine
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Zuflucht genommen und sein Heil gewissermaßen ihm als Verwalter desselben anvertraut habe. 4. Als nun Joannes und die übrigen Führer den Godolias nicht zu überreden vermochten, gingen sie weg. Dreißig Tage darauf kam Ismael mit noch zehn anderen Männern nach Masphath zu Godolias, der sie glänzend bewirtete, bei dem Mahle aber betrunken wurde. Als nun Ismael bemerkte, dass der Weinrausch den Gastgeber unbeholfen und schläfrig gemacht hatte, erhob er sich plötzlich mit seinen Freunden vom Tische und brachte den Godolias samt seinen Gästen um. Dann eilte er, obgleich es Nacht war, hinaus und ließ alle in der Stadt befindlichen Juden sowie die von den Babyloniern dort zurückgelassene Besatzung niedermachen. Am folgenden Tage kamen achtzig Männer aus dem Lande mit Geschenken für Godolias an, ohne von dessen Ermordung etwas zu wissen. Als Ismael sie erblickt hatte, hieß er sie in des Godolias Haus eintreten. Dann ließ er die Tore schließen und die Männer erschlagen, ihre Leichen aber, um sie dem Anblick zu entziehen, in eine tiefe Grube werfen. Und nur diejenigen von diesen achtzig wurden gerettet, die um Schonung ihres Lebens gebeten hatten, um ihm die auf ihrem Acker versteckten Geräte, Kleider und Getreidevorräte ausliefern zu können. Unter dieser Bedingung ließ sie Ismael am Leben. Das Volk von Masphath aber nebst Weibern und Kindern, unter denen sich auch des Sedekias Töchter befanden, die der babylonische Feldherr Nabuzardanes bei Godolias zurückgelassen hatte, schleppte er gefangen mit sich fort. Dann kehrte er zum Könige der Ammaniter zurück. 5. Joannes und die bei ihm versammelten Führer hatten kaum vernommen, welche Schandtaten Ismael in Masphath verübt hatte, als sie im höchsten Zorn ihre Streitkräfte sammelten, gegen Ismael ausrückten und ihn an einer bei Chebron befindlichen Quelle trafen. Sobald Ismaels Gefangene den Joannes und die übrigen Führer erblickten, wurden sie freudig bewegt in der Hoffnung, es nahe ihnen Hilfe. Sie verließen daher den Ismael und schlossen sich an Joannes an. Ismael aber entfloh mit acht Begleitern zum Könige der Ammaniter. Joannes nahm nun alle auf, die er den Händen Ismaels entrissen hatte, auch die Verschnittenen, die Weiber und die Kinder, und kam bis nach Mandra, wo er an diesem Tage verweilte. Hierauf beschlossen sie, sogleich nach Ägypten zu ziehen, da sie fürchteten, die BabyIonier möchten sie, wenn sie im Lande blieben, aus Zorn über die Ermordung ihres Statthalters Godolias umbringen. 6. Als sie diesen Entschluss gefasst hatten, begaben sich Joannes, des Kareas Sohn, und seine Begleiter zum Propheten Jeremias und ersuchten
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ihn, zu Gott zu flehen, dass er ihnen bei ihrer Ratlosigkeit einen Ausweg zeigen möge, indem sie sich eidlich verpflichteten, des Jeremias Worten Folge zu leisten. Jeremias versprach ihnen denn auch, sich für sie zu verwenden, und nach zehn Tagen erschien ihm Gott und befahl ihm, dem Joannes, den übrigen Führern und dem Volke zu verkündigen, er werde sie, wenn sie im Lande blieben, beschützen und sie nicht in die Gewalt der gefürchteten Babyionier geraten lassen. Zögen sie aber nach Ägypten, so werde er ihnen zürnen und ihnen dieselben Plagen senden, die ihre Vater bekanntlich heimgesucht hätten. Als der Seher diese Ermahnung Gottes dem Joannes und dem Volke verkündet hatte, glaubte man ihm nicht und behauptete, er befehle ihnen nicht im Auftrage Gottes zu bleiben, sondern er wolle seinem Schüler Baruch einen Gefallen erweisen und erdichte Gottes Befehl, dass sie nicht wegziehen sollten, nur deshalb, damit sie von den Babyioniern niedergemacht würden. Demgemäß befolgte weder das Volk noch Joannes den von dem Propheten verkündeten Rat Gottes, sondern sie zogen nach Ägypten und nahmen Jeremias und Baruch mit sich. 7. Als sie dort angelangt waren, offenbarte Gott dem Jeremias, dass der Babyionierkönig im Begriff stehe, gegen Ägypten zu Felde zu ziehen, und hieß ihn dem Volke verkünden, Ägypten werde unterjocht und ein Teil von ihnen niedergemacht, der andere Teil aber gefangen nach Babyion geschleppt werden. So geschah es auch in der Tat. Denn im fünften Jahre nach der Zerstörung Jerusalems, welches das dreiundzwanzigste seiner Regierung war, rückte Nabuchodonosor mit Heeresmacht in Coelesyrien ein, eroberte es und überzog dann die Ammaniter und Moabiter mit Krieg. Nach Unterjochung dieser Völkerschaften griff er Ägypten an, tötete den damaligen König, setzte einen anderen an seine Stelle und führte alle daselbst befindlichen Juden wiederum nach Babyion fort. So traf also die Hebräer zweimal das Unglück, über den Euphrat weggeschleppt zu werden. Denn die zehn Stämme kamen unter Oseas in die Gewalt der Assyrer, und was nach dem Falle Jerusalems von den zwei Stämmen noch übrig geblieben war, führte Nabuchodonosor, der König der Babyionier und Chaldäer, in die Gefangenschaft. Salmanasar, der die Israeliten aus ihren Wohnsitzen vertrieb, siedelte dort das Volk der Chuthäer an, die früher das Innere von Persien und Medien bewohnt hatten und von dem Lande, in welches sie verpflanzt wurden, den Namen Samariter erhielten. Der König der BabyIonier aber, der die beiden Stämme wegführte, siedelte in deren Land kein anderes Volk an, sodass ganz Judäa mit Jerusalern und dem Tempel siebzig Jahre lang verödet blieb. Zwischen der Gefangennehmung der Israeliten
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und der Wegführung der beiden Stämme nach Babyion verflossen hundertdreißig Jahre, sechs Monate und zehn Tage.
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1. Der Babyionierkönig Nabuchodonosor wählte nun die edelsten Knaben der Juden und die Verwandten des Königs Sedekias, die sich durch Körperkraft und Schönheit auszeichneten, aus und übergab sie besonderen Lehrern zur Erziehung. Einige von ihnen ließ er verschneiden, wie das gewöhnlich mit der Jugend der unterworfenen Völkerschaften geschah, gewährte ihnen Speise von seinem eigenen Tische und ließ sie die Landesgebräuche und die chaldäischen Schriften studieren. Diese brachten es in den Wissenschaften, in denen sie unterrichtet wurden, zu hohen Kenntnissen, und es waren unter ihnen aus dem Geschlechte des Sedekias besonders vier überaus wohlgestaltete und reichbegabte Jünglinge mit Namen Daniel, Ananias, Misael und Azarias. Der Babyionier aber änderte ihre Namen um und nannte den Daniel Baltasar, den Ananias Sedraches, den Misael Misaches und den Azarias Abdenago. Wegen ihrer ausgezeichneten geistigen Befähigung, ihrer fleißigen Studien und ihrer Fortschritte in den Wissenschaften hielt der König sie in hohen Ehren und liebte sie sehr. 2. Dem Daniel erschien es nun gut, mit seinen Freunden eine härtere Lebensweise zu führen und sich vom königlichen Tische fern zu halten, wie auch alle tierische Kost zu verschmähen. Er begab sich daher zu Aschanes, einem Verschnittenen, der mit ihrer Versorgung betraut war, und begehrte von ihm, er solle die für sie von der königlichen Tafel bestimmten Speisen für sich behalten, ihnen aber nur Hülsenfrüchte und Datteln oder andere Pflanzenkost verabfolgen. Denn nur nach solcher Nahrung stehe ihr Verlangen, während sie die andere verschmähten. Der Verschnittene erklärte sich hierzu bereit, doch drückte er seine Besorgnis darüber aus, der König möchte, wenn ihm ihre Magerkeit und ihr verändertes Wesen auffalle, da sich notwendigerweise ihre Körperhaltung und ihre Gesichtsfarbe namentlich im Vergleich mit den anderen gut genährten Knaben als verändert herausstellen müsse, ihn deshalb zur Verantwortung und Strafe ziehen. Als sie nun den Aschanes in so großer Furcht schweben sahen, beredeten sie ihn,
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er möge ihnen zehn Tage zur Probe die gewünschte Nahrung verabfolgen, und wenn dann ihr Aussehen sich nicht verschlechtere, solle er ihnen dieselbe Speise weiterhin reichen; sehe er sie hingegen abmagern oder sonst hinter den anderen zurückstehen, so könne er ja zu der früheren Kost zurückkehren. Da aber infolge der einfacheren Nahrung ihr Körper nicht nur nicht abmagerte, sondern sogar gesunder und fetter erschien, konnte man glauben, sie lebten üppig und schwelgerisch. Aschanes hatte nun keine Angst mehr und verwandte die vom Könige für die Jünglinge bestimmten Speisen für sich selbst, während er ihnen die oben erwähnte Kost zukommen ließ. So erhielten sie nicht nur ihren Geist frisch und zu wissenschaftlicher Tatigkeit geeignet, sondern kräftigten auch ihren Körper zu harten Strapazen, da sie ihren Geist nicht durch mannigfaltige Nahrung beschwerten und abstumpften, noch ihren Körper dadurch verweichlichten. Auf diese Weise ward es ihnen leicht, sich die gesamte Bildung der Hebräer wie der Chaldäer anzueignen. Daniel insbesondere zeichnete sich vor den anderen in weiser Deutung der Träume aus, und es war diese Gabe offenbar ein Geschenk Gottes. 8. Zwei Jahre nach der Verwüstung Ägyptens hatte der König Nabuchodonosor einen wunderbaren Traum, dessen Bedeutung ihm von Gott noch im Schlafe erklärt worden war, die er aber beim Erwachen wieder vergessen hatte. Er ließ daher sogleich die chaldäischen Magier und Wahrsager kommen und erzählte ihnen, er habe einen Traum gehabt. Da er denselben aber vergessen habe, sollten sie ihm den Traum sowie dessen Deutung mitteilen. Sie entgegneten, das sei wohl keinem Menschen möglich; könne er ihnen aber den Traum mitteilen, so würden sie die Deutung dazu finden. Da drohte ihnen der König mit der Todesstrafe, weil sie seinem Befehle nicht nachkommen könnten. Als Daniel gehört hatte, der König habe alle seine Weisen umzubringen befohlen, begab er sich, weil er auch für sich und seine Freunde fürchtete, zu Ariochus, dem Befehlshaber der königlichen Trabanten, und bat diesen um Auskunft, weshalb der König die Hinrichtung aller Magier und Wahrsager befohlen habe. Als er darauf zur Antwort erhielt, der König sei erzürnt, weil dieselben einen ihm entfallenen Traum ihm nicht wieder hätten in Erinnerung bringen können, bat er den Ariochus, vom Könige nur eine Nacht Aufschub für die Magier zu erwirken. Denn er hege die Hoffnung, durch Gebet zu Gott Auskunft über den Traum zu erhalten. Ariochus meldete dem Könige das Begehren Daniels, und dieser ließ denn auch die Hinrichtung der Magier verschieben, bis er über das Versprechen Daniels Gewissheit habe. Der Jüngling zog sich alsdann mit seinen Freun-
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den in seine Wohnung zurück und flehte die ganze Nacht hindurch zu Gott, er möge ihm den Traum erklären und die chaldäischen Magier, mit denen sie ja auch selbst umkommen müssten, vor dem Zorne des Königs retten, indem er ihm den Traum offenbare, den der König in der vergangenen Nacht gehabt habe, und der diesem entfallen sei. Gott, der Mitleid mit den Gefährdeten hatte, und dem Daniels Frömmigkeit wohlgefiel, teilte ihm darauf den Traum und seine Auslegung mit. Daniel erhob sich voll Freude, teilte seinen Mitbrüdern die Sache mit, befreite sie, die schon am Leben verzweifelten und mit Todesgedanken erfüllt waren, vom Schrecken und flößte ihnen neue Hoffnung ein. Hierauf dankten sie Gott dafür, dass er sich ihrer lugend erbarmt habe, und Daniel begab sich bei Tagesanbruch zu Ariochus mit der Bitte, ihn zum Könige zu führen, weil er diesem den Traum sagen könne, den er in der vorvergangenen Nacht geträumt habe. 4. Als Daniel, beim Könige Einlass erlangt hatte, bat er zunächst, er möge ihn nicht für weiser halten als die chaldäischen Magier, weil er ihm den Traum verkünden werde, den die anderen nicht hätten finden können. »Denn«, fuhr er fort, »nicht meine Erfahrung oder mein größerer Scharfsinn hat das bewirkt, sondern Gott hat sich unserer Not erbarmt und mir auf meine Bitte um mein und meiner Stammesgenossen Leben den Traum und seine Auslegung kundgetan. Nicht sosehr mein eigenes Leid um unsere Verurteilung zum Tode hat mich beunruhigt, als vielmehr die Furcht um deinen Ruhm, den du durch die Verurteilung guter und ehrenhafter Männer schmälern wolltest, nachdem du etwas von ihnen verlangt hattest, das nicht menschlicher Scharfsinn, sondern nur Gottes Weisheit allein ermitteln konnte. Als du in Gedanken darüber versunken warst, wer nach dir den Erdkreis beherrschen solle, und auf deinem Bette lagst, wollte Gott dir alle zukünftigen Herrscher zeigen und sandte dir deshalb folgenden Traum. Du glaubtest eine ungeheure Bildsäule vor dir zu sehen, deren Kopf von Gold, Schultern und Arme von Silber, Bauch und Oberschenkel von Erz, Unterschenkel und Füße von Eisen waren. Darauf sahst du einen ungeheuren Felsblock sich vom Berge herniederwälzen und auf die Bildsäule fallen, sie umwerfen, zermalmen und keinen Teil von ihr unversehrt lassen. Und das Gold, Silber, Eisen und Erz wurde in Staub verwandelt, feiner denn Mehl, von einem heftigen Winde ergriffen und zerstreut. Der Fels aber wuchs so sehr, dass er die ganze Erde zu bedecken schien. Das ist der Traum, den du sahst. Vernimm nun auch seine Auslegung. Der goldene Kopf bist du selbst und die babylonischen Könige, die vor dir auf dem Throne gesessen haben. Die Schultern und Arme zeigen dir an, dass deine Herrschaft von zwei Kö-
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nigen wird zerstört werden. Deren Reich wird ein anderer zerstören, der in Erz gehüllt von Westen kommt. Seine Macht aber wird wieder eine andere Macht vernichten, die dem Eisen gleicht und der Natur des Eisens entsprechend dauernd herrschen wird. Denn Eisen ist stärker als Gold und Silber und Erz.« Auch über den Felsblock gab Daniel Aufschluss, doch darf ich darüber nicht reden, weil ich Vergangenes, nicht aber Zukünftiges aufzeichnen will. Wer aber aus Liebe zur Wahrheit nicht die Mühe scheut, etwas eingehender nachzuforschen, um über die ungewisse Zukunft sich zu unterrichten, der lese das Buch Daniel durch, das er in unseren heiligen Schriften finden wird. 5. Als der König Nabuchodonosor das vernommen und die Bedeutung seines '!raumes erkannt hatte, ward er vom Staunen über Daniels Scharfsinn ergriffen, fiel auf sein Angesicht nieder, verehrte ihn, wie man die Gottheit anzubeten pflegt, und hieß ihm wie einem Gott Opfer darbringen. Und hiermit noch nicht zufrieden, legte er ihm den Namen seines Gottes bei und setzte ihn nebst seinen Freunden zu Vorstehern des ganzen Reiches ein. Die Letzteren aber gerieten durch fremden Neid in Gefahr, weil sie den König in folgender Weise beleidigten. Der König ließ eine goldene Bildsäule von sechzig Ellen Höhe und sechs Ellen Breite anfertigen und sie in der großen Ebene von Babyion aufrichten. Als er sie nun feierlich weihen wollte, berief er die Vornehmen aus seinem ganzen Reiche zusammen und befahl ihnen, sobald sie den Schall der Posaune vernähmen, niederzufallen und die Bildsäule zu verehren. Die das aber nicht täten, sollten in einen brennenden Ofen geworfen werden. Als nun beim Schalle der Posaune alle die Bildsäule verehrten, sollen Daniels Freunde das nicht getan haben, da sie die Gesetze ihrer Vater nicht übertreten wollten. Auf offener Tat ertappt, wurden sie alsdann ins Feuer geworfen, aber durch Gottes Fürsorge gerettet, sodass sie wider Erwarten dem Tode entgingen. Das Feuer tat ihnen nichts zu Leide und verschonte sie, als ob es gemerkt hätte, dass reine Menschen in seine Flammen gestürzt worden waren. Und solange die Jünglinge in dem Feuer verweilten, schien es zu schwach zu sein, um brennen zu können, weil Gott ihre Körper so beschützte, dass das Feuer ihnen keinen Schaden zu tun vermochte. Dadurch wurden sie als gerechte und Gott wohlgefällige Männer erwiesen und erlangten des Königs Gunst wieder, sodass sie in der Folgezeit stets bei ihm in hohem Ansehen standen. 6. Nicht lange danach hatte der König einen anderen '!raum, der ihm anzeigte, er werde den Thron verlieren und unter wilden Tieren leben, nach siebenjährigem Aufenthalt in der Wüste aber seine Herrschaft wieder-
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erlangen. Er berief darauf wiederum die Magier zusammen und befragte sie um die Deutung des 'fraumes. Keiner aber konnte die Auslegung geben außer Daniel und was er vorhersagte, traf auch wirklich ein. Denn Nabuchodonosor lebte die erwähnte Zeit in der Wüste, und niemand wagte während der sieben Jahre sich der Herrschaft zu bemächtigen. Als er dann endlich bat, Gott möge ihm sein Reich wiedergeben, erhielt er dasselbe auch zurück. Niemand aber möge es mir verdenken, dass ich alle diese Einzelheiten genau berichte, wie ich sie in den alten Schriften gefunden habe. Denn schon zu Anfang dieses Geschichtswerkes habe ich allen, die daran etwas zu bemängeln oder zu tadeln für gut finden, versichert, dass ich nur die Bücher der Hebräer ins Griechische übertragen will und versprochen, bei der Erzählung der Begebenheiten weder etwas zuzufügen noch zu verschweigen.
ELFTES KAPITEL Von Nabuchodonosors Nachfolgern, und wie ihr Reich von den Persern zerstört wurde. Daniel in Medien. Seine Weissagungen. 219
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1. Als der König Nabuchodonosor dreiundvierzig Jahre regiert hatte, schied er aus dem Leben. Er war ein tatkräftiger Mann gewesen und hatte seine Vorgänger an Glück übertroffen. Seiner Taten gedenkt auch Berosus im dritten Buche seiner chaldäischen Geschichte mit folgenden Worten: »Als Nabuchodonosor der Vater gehört hatte, der von ihm über Ägypten, Coelesyrien und Phönizien gesetzte Statthalter sei abgefallen, übertrug er, weil er selbst den Strapazen nicht mehr gewachsen war, seinem noch jungen Sohne Nabuchodonosor den Oberbefehl über einen Teil des Heeres und sandte ihn zur Bekämpfung des abgefallenen Statthalters aus. Nabuchodonosor besiegte diesen in einer Schlacht und brachte dadurch die genannten Länder wieder unter seine Botmäßigkeit. Um diese Zeit fiel Nabuchodonosor der Vater in eine Krankheit und starb zu BabyIon nach einundzwanzigjähriger Regierung. Als Nabuchodonosor bald darauf den Tod seines Vaters vernahm, ordnete er die Angelegenheiten Ägyptens und der übrigen Länder, bestimmte Näheres über die jüdischen, phönizischen, syrischen und ägyptischen Gefangenen, befahl einigen seiner Freunde, mit den Schwerbewaffneten und dem 'fross nach BabyIon zu marschieren, und be-
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gab sich selbst mit nur kleinem Gefolge durch die Wüste nach Babyion. Nachdem er nun von seinem Reiche, das der mächtigste Fürst der Chaldäer für ihn verwaltet hatte, Besitz ergriffen, siedelte er die Kriegsgefangenen nach deren Ankunft in den dazu geeignetesten Landstrichen Babyloniens an, bedachte aus der Beute den Tempel des Bel und anderer Götter reichlieh und fügte zu der alten Stadt Babyion einen neuen Stadtteil hinzu; auch verhütete er die etwa von zukünftigen Belagerern der Stadt geplante Ableitung des Flusses dadurch, dass er nicht nur die innere, sondern auch die äußere Stadt mit je drei Mauern aus gebrannten Ziegeln umgab. Als er so Babyion befestigt und mit prächtigen Toren versehen hatte, erbaute er einen mit der Königsburg seines Vaters zusammenhängenden Palast, dessen Höhe und glanzvolle Ausstattung zu beschreiben ich mir wohl ersparen kann. Doch darf nicht unerwähnt bleiben, dass er trotz seiner gewaltigen Ausdehnung schon in fünfzehn Tagen vollendet war. Bei diesem Palaste ließ er aus Steinen Anhöhen errichten, denen er die Gestalt von Bergen geben und die er mit allerlei Bäumen bepflanzen ließ. Ferner legte er einen so genannten hängenden Garten an, weil seine Gattin, die aus Medien stammte, danach verlangte, da das bei ihr zu Hause üblich war.« Auch Megasthenes spricht im dritten Buche seiner Indischen Geschichten von diesen Ereignissen und sucht dadurch zu beweisen, dass dieser König an Tapferkeit und Heldentaten den Herakles weit übertroffen habe. Er habe auch, so berichtet Megasthenes weiter, einen großen Teil von Libyen und Iberien verwüstet. Desgleichen erwähnt auch Diokles im zweiten Buche seiner Persisehen Geschichten diesen König, und Philostratus sagt sowohl in seiner Indischen als in seiner Phönizischen Geschichte, er habe dreizehn Jahre lang Tyrus belagert, als Ithobal daselbst König war. Das sind die Angaben der Historiker über diesen König. 2. Nach Nabuchodonosors Tode übernahm die Regierung sein Sohn Abilamarodach, der den Joachim sogleich aus dem Gefängnis entließ, ihn unter die Zahl seiner vertrauten Freunde aufnahm, reich beschenkte und vor den übrigen in Babyion befindlichen Fürsten auszeichnete. Denn sein Vater hatte ja den Joachim schlecht behandelt, als dieser sich nebst seinen Weibern, Kindern und allen übrigen Verwandten ihm freiwillig übergeben hatte, um seine Vaterstadt vor der Zerstörung zu bewahren. Als Abilamarodach nach achtzehnjähriger Regierung starb, ging die Herrschaft auf seinen Sohn Niglisar über, der dieselbe vierzig Jahre lang bis zu seinem Tode innehatte. Nach ihm bestieg den Thron sein Sohn Labosordach, der nur neun Monate regierte. Alsdann folgte Baltasar, der von den Babyioniern Naboan-
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deI genannt wird. Diesen bekriegten Cyrus, der Perserkönig, und Darius, der Mederkönig, und während er von ihnen in Babyion belagert wurde, sah er ein merkwürdiges Wunderzeichen. Als er nämlich eines Tages mit seinen Kebsweibern und Freunden in einem geräumigen Saale unter großem Aufwand an silbernem Tafelgeschirr, wie es bei königlichen Gasthmahlen üblich ist, zu Tische lag, ließ er aus dem Tempel die heiligen Gefäße holen, welche Nabuchodonosor zu Jerusalern geraubt, aber nicht gebraucht, sondern im Tempel seines Gottes aufgestellt hatte. Er beging nun den Frevel, diese Gefäße unter Lästerungen der Gottheit beim Zechen verwenden zu lassen. Da sah er plötzlich aus der Wand eine Menschenhand hervorkommen, die einige Worte auf die Wandbekleidung schrieb. Entsetzt über diese Erscheinung, berief er die Magier, Chaldäer und was an Thaumdeutern und Zeichenerklärern in Babyion sich aufhielt, zusammen, damit sie ihm die Schrift erklärten. Als aber die Magier nichts davon enträtseln oder ,verstehen konnten, geriet der König über diesen unerwarteten Vorfall in Angst und Betrübnis und ließ im ganzen Lande bekannt machen, er wolle dem, der die Schrift lesen und deuten könne, gestatten, eine goldene Halskette und ein Purpurkleid wie die Könige der Chaldäer zu tragen, auch ihn zum Herrscher des dritten Teiles seines Reiches machen. Auf diese Verkündigung hin liefen die Magier noch mehr zusammen und suchten um die Wette die Schrift zu deuten, konnten aber nicht dahinter kommen. Als nun des Königs Großmutter bemerkte, dass er sich wegen dieser Angelegenheit so sehr quälte, sprach sie ihm Mut zu und sagte ihm, es sei da ein Gefangener aus Judäa mit Namen Daniel den Nabuchodonosor nach der Zerstörung Jerusalems mitgebracht habe. Dieser Daniel besitze eine seltene Weisheit und Erfahrung in der Entwirrung schwieriger Fragen, die sonst nur Gott selbst kenne, und habe auch den König Nabuchodonosor über Dinge aufgeklärt, die kein anderer ihm habe enträtseln können. Diesen solle er also kommen lassen, ihn über die Schrift befragen, ihm Mitteilung von der Ratlosigkeit der anderen Deuter machen und ihn darüber sich aussprechen lassen, ob Gott damit etwas Schlimmes habe verkünden wollen. 8. Als Balthasar dies vernahm, ließ er den Daniel rufen und sprach zu ihm, er habe von seiner Weisheit gehört und erfahren, dass er vom Geiste Gottes erfüllt sei und dass er allein das zu ergründen vermöge, was andere nicht erklären könnten. Dann bat er ihn, er möge ihm die Schrift lesen und ihren Sinn deuten. Dafür wolle er ihm das Recht verleihen, Purpur und eine goldene Halskette zu tragen und über den dritten Teil seines Reiches zu herrschen; das solle die ehrenvolle Belohnung fur seine Weisheit sein, so-
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dass alle, die ihn sähen, ihn für einen berühmten Mann halten und neugierig nach der Ursache fragen würden, die ihm eine solche Auszeichnung verschafft habe. Daniel indes ersuchte ihn, seine Geschenke für sich zu behalten, denn Weisheit und die Gabe, zu wahrsagen, könne man nicht um Kostbarkeiten erkaufen, sondern sie werde denen, die ihrer bedürften, umsonst zuteil. Die Schrift aber wolle er ihm jetzt erklären. Sie bedeute, dass sein Lebensende bevorstehe, weil er, obgleich er das Beispiel seines Vorfahren vor Augen gehabt, der für die Verhöhnung der Gottheit bestraft worden sei, noch immer nicht gelernt habe, Frömmigkeit zu pflegen, vielmehr stets nur auf vergängliche Macht sich stütze. Wahrend Nabuchodonosor, der wegen seiner Gottlosigkeit unter wilden Tieren habe leben müssen, auf vieles Bitten und Flehen Barmherzigkeit erlangt und in die menschliche Gesellschaft und in sein Reich habe zurückkehren dürfen, dafür aber auch während seines ganzen Lebens den allmächtigen und allgütigen Gott gepriesen habe, habe Baltasar dagegen seiner nicht gedacht, vielmehr ihn gelästert und die heiligen Gefciße des Tempels mit seinen Buhldirnen entweiht. Gott verkündige ihm daher in seinem Zorn, welches Ende er nehmen werde. Denn die Schrift bedeute Folgendes: Mane, in griechischer Sprache Arithmos (Zahl), dass Gott die Tage seines Lebens und seiner Herrschaft gezählt habe, und nur noch eine kleine Frist ihm beschieden sei; Thekel, im Griechischen Stathmos (Gewicht), dass Gott die Dauer seiner Herrschaft gewogen habe und ihm kundtue, dass dieselbe sich zum Niedergange neige; Phares auf Griechisch Kathmos (Bruchstück), dass Gott sein Reich zerstören und es unter die Meder und Perser teilen werde.* 4. Als Daniel so dem Könige die Bedeutung der Schrift an der Wand erklärt hatte, befiel den Baltasar, wie leicht erklärlich, ob der Verkündigung seines Unglückes schwere 1}übsal. Doch enthielt er dem Daniel die versprochene Belohnung nicht vor, sondern löste sein Wort ein, da er bedachte, dass sein Schicksal nur ihm selbst und seinem Verhängnis, nicht aber dem Verkündiger desselben zuzuschreiben sei, und dass der Prophet ein guter und gerechter Mann sein müsse, wenn auch seine Weissagungen nur Unheil in Aussicht stellten. Nicht lange darauf wurde er auch wirklich gefangen genommen und die Stadt erobert, da der Perserkönig Cyrus gegen ihn zu Felde zog. Baltasar nämlich ist es, unter dessen Regierung Babyion fiel, nachdem er siebzehn Jahre lang geherrscht hatte. Also endeten die Nach-
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Eine andere interessante Erklärung siehe bei Hommel Geschichte des alten Morgenlandes, 8.162.
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kommen des Königs Nabuchodonosor. Darius, der in Gemeinschaft mit seinem Verwandten Cyrus das babylonische Reich vernichtete, war zweiundsechzig Jahre alt, als BabyIon fiel. Er war der Sohn des Astyages und wird von den Griechen mit einem anderen Namen genannt. Dieser nahm den Seher Daniel mit sich nach Medien in seine. Residenz und ehrte ihn dadurch, dass er ihn seiner nächsten Umgebung beigesellte. Auch verlieh er ihm den Rang eines der drei Ober-Satrapen, welche er über die dreihundertundsechzig Satrapien seines Reiches gesetzt hatte. 6. Als nun Daniel bei Darius in so hohen Ehren und in solchem Ansehen stand und wegen seiner prophetischen Gabe das größte Vertrauen des Königs genoss, blieb er auch vom Neide nicht verschont. Denn es pflegt ja derjenige missgünstig angesehen zu werden, der die anderen in des Königs Umgebung an ehrenvoller Stellung überragt. Obgleich aber die Höflinge sich über seinen Einfluss beim Könige ärgerten und eine Gelegenheit zu Verleumdung und falscher Anschuldigung zu erhaschen suchten, wusste er ihnen doch jeden Vorwand dazu abzuschneiden. Denn da er über Geldgier erhaben und ein Verächter von Geschenken war - selbst von solchen, die anzunehmen sich wohl schickte -, bot er seinen Gegnern auch nicht den kleinsten Anlass zum Tadel. Weil sie nun nichts fanden, was sie dem Könige hätten hinterbringen können, um den Daniel zu verkleinern, ersannen sie ein anderes Mittel, um ihn aus dem Wege zu räumen. Sie sahen nämlich den Daniel dreimal am Tage zu Gott beten, und das gedachten sie zu seinem Verderben auszunutzen. Demgemäß begaben sie sich zu Darius und teilten ihm mit, seine Satrapen und Statthalter hielten dafür, dass man dem Volke vorschreiben müsse, binnen einer Frist von dreißig Tagen dürfe niemand weder den König noch die Götter um irgend etwas bitten. Wer aber gegen diesen Befehl verstoße, der solle in die Löwengrube geworfen werden und dort seinen Tod finden. 6. Der König, der nicht im entferntesten daran dachte, dass dahinter ein Anschlag gegen Daniel sich verbergen könne, billigte den Vorschlag und versprach, ein feierliches Edikt zu erlassen, um dem Volke den Beschluss der Satrapen kundzumachen. Während nun alle anderen sich hüteten, diesen Befehl zu übertreten, kümmerte sich Daniel nicht darum, sondern warf sich seiner Gewohnheit gemäß vor Gott öffentlich nieder, um ihn anzubeten. Jetzt glaubten die Satrapen endlich eine Gelegenheit zum Sturze Daniels gefunden zu haben; sie eilten daher zum Könige und klagten, Daniel allein wage es, sein Gebot zu verachten, während alle anderen das Flehen zu den Göttern unterließen. Doch trieb sie zu dieser Anklage nicht ihr Eifer
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für den König, sondern nur der Neid und die Missgunst gegen Daniel. Da sie aber befürchteten, Darius möchte in seiner großen Vorliebe für Daniel diesem die Übertretung des Gebotes nachsehen, verlangten sie mit aller Strenge, er solle nun nach der Vorschrift des Ediktes in die Löwengrube geworfen werden. Darius war voller Hoffnung, Gott werde den Daniel beschützen und dafür sorgen, dass die Bestien ihm kein Leid zufügten; er ermunterte ihn deshalb, sein Geschick mit Gleichmut zu ertragen. Als nun Daniel in die Höhle geworfen worden war, versiegelte der König den an ihrem Eingang befindlichen Stein und entfernte sich. Die ganze Nacht aber brachte er ohne Nahrung und Schlaf zu und ängstigte sich um Daniel gar sehr. Beim Morgengrauen erhob er sich und eilte zu der Höhle, und da er das Siegel unverletzt fand, ließ er den Stein entfernen und rief mit lauter Stimme: Daniel, um sich zu vergewissern, ob er noch am Leben sei. Als dieser des Könige Stimme hörte, entgegnete er, er sei gänzlich unverletzt, worauf der König ihn sogleich aus der Höhle ziehen ließ. Obgleich nun seine Feinde sahen, dass ihm nichts zugestoßen war, wollten sie doch nicht eingestehen, dass er seine Rettung der Fürsorge Gottes verdanke, sondern meinten, die Löwen hätten ihm nur deshalb nichts getan, weil sie satt gewesen seien. Da befahl der König, der ihre Bosheit durchschaute, den Löwen so viel Fleisch vorzuwerfen, dass sie davon gesättigt würden, und dann Daniels Feinde in die Höhle zu stoßen, damit es sich herausstelle, ob auch sie von den Löwen, wenn diese keinen Hunger mehr hätten, verschont blieben. Als nun die Satrapen den Bestien vorgeworlen waren, erkannte Darius die wunderbare Rettung Daniels. Denn die Löwen verschonten keinen Einzigen, sondern zerrissen sie alle, als wenn sie noch hungrig und nach Nahrung begierig wären. Da sie aber vorher vollständig mit Fleisch waren gesättigt worden, trieb sie, wie ich glaube, nicht der Hunger dazu, die Satrapen anzugreifen, sondern die Bosheit dieser Männer, die nach Gottes Willen auch den Tieren bekannt wurde, damit sie die Strafe dafür vollzögen. 7. Als so die Feinde Daniels umgekommen waren, ließ der König Darius im ganzen Lande verkünden, man solle den Gott verherrlichen, den Daniel anbete, denn er sei der wahre und allmächtige Gott. Den Daniel aber hielt er nach wie vor in hohen Ehren und machte ihn zu seinem ersten Freunde. Als Daniel so den Gipfel seines Ruhmes erstiegen hatte, erbaute er, der besondere Liebling Gottes, in der medischen Stadt Ekbatana einen prachtvollen und wunderbar anzuschauenden Thrm, der noch heute steht, Wer ihn sieht, könnte glauben, er sei erst jüngst erbaut worden, so wohl erhalten und frisch bietet er sich dem Auge dar, ohne vom Zahne der Zeit gelitten zu
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haben. In diesem Thrm wurden die Könige der Meder, Perser und Parther bestattet und die Obhut über ihn ist noch heute einem jüdischen Priester anvertraut, Es geziemt sich, diese wunderbaren Ereignisse aus dem Leben Daniels hier mitzuteilen; denn alles gedieh ihm, wie einem der größten Propheten, zu unerhofftem Glücke, und er genoss nicht nur während seines Lebens die höchste Ehre und Auszeichnung beim Könige wie beim Volke, sondern hinterließ auch nach seinem Tode ein unsterbliches Andenken. Die von ihm verfassten Schriften werden noch heute bei uns gelesen und beweisen, dass Daniel im Verkehr mit Gott gestanden hat. Denn er sagt nicht bloß, wie andere Seher, die zukünftigen Ereignisse voraus, sondern bestimmt auch die Zeit, wann sie eintreffen werden. Und während die anderen Seher Unglückspropheten und deshalb bei König und Volk verhasst waren, war Daniel ein Verkündiger des Glückes, sodass er durch die glänzenden Bilder, die er von der Zukunft entwarf, allgemeine Beliebtheit erlangte. Weil aber seine Weissagungen sich so bestimmt erfüllten, wurde er vom Volke nicht nur zu den Wahrsagern, sondern auch zu den Gottgesandten gerechnet. Aus seinen Schriften kann man seine Weissagungen in unveränderter und glaubhafter Gestalt entnehmen. Er sagt nämlich, er habe sich einst zufallig in Susa, der Hauptstadt Persiens, befunden und sich mit seinen Freunden in die Ebene begeben, als plötzlich die Erde geschwankt habe und gewaltig erschüttert worden sei, sodass seine Freunde geflohen seien und ihn im Stiche gelassen hätten. Er sei dann auf sein Angesicht zu Boden gefallen und habe die Hände ausgebreitet; da habe ihn jemand berührt und ihm befohlen, aufzustehen und zu sehen, was dem Volke in Zukunft bevorstehe. Als er sich darauf erhoben habe, sei ihm ein Widder von bedeutender Größe erschienen, aus dessen Kopf eine große Anzahl Hörner hervorsprossten, und zuletzt ein besonders großes. Darauf habe er seine Augen gegen Sonnenuntergang gerichtet und einen Bock durch die Luft schweben sehen, der sich auf den Widder gestürzt, ihn zweimal mit seinen Hörnern durchbohrt, dann zu Boden geworfen und zertreten habe. Bald habe er auch gesehen, dass aus der Stirn des Bockes ein gewaltiges Horn hervorgewachsen sei, das sich in vier nach den vier Himmelsgegenden gerichtete Hörner geteilt habe. Aus diesen sei dann noch ein kleineres Horn hervorgewachsen, das sich vergrößert habe. Gott habe ihm alsdann, indem er auf dieses Horn zeigte, erklärt, dasselbe werde sein Volk bekriegen, die Hauptstadt erobern, den Gottesdienst zunichte machen und die Opfer für die Dauer von eintausendzweihundertsechsundfünfzig Tagen unterbrechen. Das alles, sagt Daniel, habe er in der Ebene von Susa gesehen, und
* (Text leicht gekürzt.)
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Gott habe ihm darauf auch die Erscheinung erklärt. Der Widder bedeute das Reich der Meder und Perser, die Hörner die zukünftigen Herrscher. Das jüngste Horn aber bezeichne den letzten König, der alle anderen an Macht und Ruhm übertreffen werde. Der Bock bedeute, dass aus den Griechen ein Herrscher erstehen werde, der in zweimaliger Schlacht den Perser überwinden und dessen ganzes Reich in Besitz nehmen werde. Das große Horn auf der Stirne des Bockes bezeichne den ersten König, die vier nach seiner Zerstörung hervorsprossenden und gegen die vier Weltgegenden sehenden Hörner aber den Tod des ersten Königs und die Teilung des Reiches unter seine Nachfolger, die weder Kinder noch sonstige Verwandte von ihm sein und viele Jahre lang die Herrschaft über den Erdkreis ausüben würden. Aus ihrer Mitte werde sich endlich ein König erheben, der das Volk der Juden und ihre Gesetze vernichten, die Staatsverfassung aufheben, den Tempel plündern und drei Jahre lang die Darbringung der Opfer verhindern werde. Und wirklich ist das alles unter Antiochus Epiphanes über unser Volk hereingebrochen, wie Daniel es vorausgesehen und viele Jahre vorher schon aufgezeichnet hatte. Ebenso schrieb Daniel auch über die Herrschaft der Römer, die unser Volk gewaltig bedrücken würden. Alle diese Weissagungen hinterließ der Prophet schriftlich auf Gottes Geheiß, damit die, welche sie lesen und ihre Erfüllung beobachten würden, den Daniel ob der großen Ehre bewunderten, deren Gott ihn gewürdigt habe, imgleichen auch, um die Epikuräer ihres großen Irrtums zu überführen, die da glauben, es walte im Leben keine Vorsehung, Gott kümmer~ sich nicht um die menschlichen Angelegenheiten, und es werde das Weltall nicht von einem durch sich selbst glückseligen, unsterblichen und alles überdauernden Wesen regiert, sondern erhalte sich ohne Lenker und Beschützer aus eigener Kraft. Wer so nach Ansicht der Epikuräer des Führers entbehrte, müsste ja wie ein Schiff ohne Steuermann und wie ein Wagen ohne Lenker in seinem unbesonnenen Laufe zum Wanken gebracht werden, zusammenbrechen und untergehen. Mit Rücksicht auf die Prophezeiungen Daniels scheinen mir also diejenigen sich weit von der Wahrheit zu entfernen, die da meinen, Gott kümmere sich nicht um das Theiben der Menschen. Denn wir würden seine Weissagungen nicht in Erfüllung gehen sehen, wenn alles in der Welt nur vom blinden Zufall regiert würde. Was mich angeht, so habe ich das alles aufgezeichnet, wie ich es in den Schriften gelesen habe. Will aber jemand eine andere Meinung darüber haben, so soll sie ihm meinerseits unbenommen sein.
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ERSTES KAPITEL Wie der Perserkönig Cyrus die Juden aus Babyion in ihre Heimat entließ, ihnen den Tempel wieder aufzubauen gestattete und ihnen Geldmittel dazu gab.
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1. Im ersten Jahre der Regierung des Cyrus, dem siebzigsten seit der Überführung unseres Volkes nach Babyion, erbarmte sich Gott der Gefangenschaft und der Drangsal, welche jene Unglücklichen ertragen mussten, wie er ihnen durch den Seher Jeremias vorhergesagt hatte, ehe die Stadt zerstört wurde: nachdem sie Nabuchodonosor und seinen Nachfolgern als Knechte gedient und diese Sklaverei siebzig Jahre lang erduldet hätten, werde er sie wieder in ihr Heimadand zurückführen, damit sie den Tempel aufbauen und ihr früheres Glück wiedergewinnen könnten. Dieser Verheißung getreu bewog Gott den Cyrus, in ganz Asien ein Rundschreiben zu erlassen folgenden Inhalts: »Also spricht der König Cyrus: Da mich der allmächtige Gott zum Könige des Erdkreises gemacht hat, glaube ich, dass er es ist, den das Volk der Israeliten anbetet. Er hat durch die Propheten meinen Namen vorhersagen und verkündigen lassen, dass ich seinen Tempel zu Jerusalem im Lande Judäa wieder aufbauen würde.« 2. Das hatte der König erfahren bei der Lesung des Buches der Weissagungen, welches Esalas zweihundertzehn Jahre früher geschrieben hatte. Dieser verkündete nämlich, Gott habe ihm insgeheim offenbart: »Ich will, dass Cyrus, den ich zum Könige über viele und große Völkerschaften gemacht habe, mein Volk in sein Heimadand zurücksende und meinen Tempel wieder aufrichte.« So prophezeite Esalas einhundertvierzig Jahre vor der Zerstörung des Tempels. Als Cyrus es gelesen hatte, bewunderte er Gottes Vorsehung und ward von regem Eifer erfüllt, dasjenige auszuführen, was geschrieben stand. Er ließ daher die vornehmsten Juden in Babyion zusammenkommen und sagte ihnen, er gebe ihnen die Erlaubnis, in ihr Vaterland zurückzukehren, um die Stadt Jerusalem und den Tempel Gottes wieder aufzubauen. Gott selbst werde sie dabei unterstützen; er aber wolle seinen Beamten und Satrapen in den an das Land der Juden grenzenden
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Provinzen schreiben, dass sie ihnen Gold und Silber zum Tempelbau wie auch Vieh zu den Opfern lieferten. 3. Als Cyrus den Israeliten diese Erlaubnis gegeben, machten sich die Oberhäupter der beiden Stämme Judas und Benjamin sowie die Leviten und Priester sogleich auf den Weg nach Jerusalem. Viele jedoch blieben in Babyion, weil sie ihr Besitztum nicht verlassen wollten. Als nun die vorerwähnten Juden in Jerusalem ankamen, leisteten ihnen alle Freunde des Königs Hilfe und lieferten ihnen zur Erbauung des Tempels teils Gold und Silber, teils eine ungeheure Anzahl Pferde und anderes Vieh. Da brachten sie Gott ihre Gebete dar und schlachteten nach alter Gewohnheit Opfertiere, als wenn die Stadt schon wieder aufgebaut wäre und die alte Pracht des Gottesdienstes wieder aufleben sollte. Cyrus sandte ihnen hierauf auch die heiligen Geräte zurück, die der König Nabuchodonosor aus dem geplünderten Tempel nach Babyion gebracht hatte. Diese übergab er seinem Schatzmeister Mithradates mit dem Auftrage, sie au Abassar auszuliefern, der sie bis zur Vollendung des Tempels aufbewahren und dann den Priestern und Vorstehern des Volkes zur Aufstellung im Tempel aushändigen sollte. Ferner sandte Cyrus an seine Satrapen in Syrien ein Schreiben folgenden Inhalts: »Der König Cyrus an Sisinas und Sarabasanas. Ich habe den Juden, welche dazu Lust tragen, gestattet, in ihr Vaterland zurückzukehren und ihre Stadt sowie den Tempel Gottes zu Jerusalern auf derselben Stelle wieder aufzubauen, wo er früher gestanden hat. Meinen Schatzmeister Mithradates und den Vorsteher der Juden Zorobabel habe ich entsandt, um die Fundamente zum Tempel zu legen und ihn in der Höhe und Breite von sechzig Ellen zu erbauen, indem sie je drei Lagen von geglättetem Marmor und eine Lage Holz von Bäumen des Landes selbst aufschichten, sowie auch den Altar zur Darbringung von Opfern zu errichten. Die gesamten Baukosten will ich aus meinen Mitteln bestreiten. Die Geräte welche der König Nabuchodonosor einst aus dem Tempel geraubt hat, habe ich meinen Schatzmeister Mithradates und dem Vorsteher der Juden, Zorobabel, übergeben, um sie nach Jerusalem zu bringen und im Tempel Gottes wieder aufzustellen. Deren Anzahl ist folgende: Fünfzig goldene und fünfhundert silberne Schüsseln, vierzig goldene und fünfhundert silberne Becher, fünfzig goldene und fünfhundert silberne Krüge, dreißig goldene und dreihundert silberne Opferschalen, dreißig goldene und zweitausendvierhundert silberne Opferteller, sowie eintausend andere Gefäße. Auch bewillige ich den Juden dieselben Rechte, welche ihre Vorfahren hatten. Für Vieh, Wein und Öl gewähre ich ihnen zweihundertfünftausendfünfhundert Drachmen,
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ferner zwanzigtausendfünfhundert Artaben* Weizenmehl, und befehle, dass alles dies aus dem Steueramte in Samaria zu entnehmen ist. Die Opfer sollen die Priester zu Jerusalem nach moysaischem Zeremoniell darbringen und beim Opfer für das Heil des Königs und seines Hauses zu Gott flehen, damit das Reich der Perser lange bestehen möge. Wer diesem meinem Befehle nicht Folge leistet und ihn übertritt, der soll ans Kreuz geschlagen werden, und seine Besitzungen sollen dem königlichen Schatze verfallen sein.« Das war der Inhalt des Briefes. Derer aber, die nach Jerusalern zurückkehrten, waren zweiundvierzigtausendvierhundertzweiundsechzig.
ZWEITES KAPITEL Wie die Chuthäer und Satrapen die luden am Tempelbau hinderten und wie nach Cyrus' Tod Kambyses denselben ganz untersagte. 19
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1. Wahrend man nun die Fundamente zum Tempel legte und allen Eifer auf den Bau verwandte, baten die benachbarten Völkerschaften und besonders die Chuthäer, die der Assyrierkönig Salmanasar nach Wegführung des Volkes der Israeliten in die Gefangenschaft aus Persien und Medien nach Samaria verpflanzt hatte, die Satrapen und die Bauleiter, sie möchten die Juden an der Wiederaufrichtung der Stadt und des Tempels hindern. Diese ließen sich auch durch Bestechung mit Geldgeschenken dazu verleiten, den Chuthäern zu Gefallen die Juden mit Gleichgültigkeit zu behandeln und der Tempelbau sehr nachlässig zu betreiben. Cyrus hatte davon keine Kenntnis, da er mit Feldzügen beschäftigt war. Auf einem derselben, den er gegen die Massageten unternahm, fand er seinen Tod. Als nun sein Sohn Kambyses den Thron bestiegen hatte, schrieben -die Syrer, Phöniker, Ammaniter, Moabiter und Samariter einen Brief folgenden Inhalts an ihn: »Deine Knechte, 0 Herr, Rathymus der Kanzler, Semelius der Schreiber, und die Vorsteher des phönizischen und syrischen Rates. Du musst wissen, o König, dass die Juden, welche nach BabyIon weggeftihrt waren, in unser Land gekommen sind, um die verräterische und ruchlose Stadt wieder aufzubauen, ihre Plätze wiederherzustellen, die Mauer wieder zu errichten und den Tempel zu bauen. Wenn das alles vollendet ist, werden sie dir weder * Eine Artaba = 65,49 Liter.
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Tribut zahlen noch deinen Befehlen Folge leisten, sondern sich zum Widerstand rüsten und lieber selbst herrschen als dienen. Da nun der Tempelbau bereits im Gange ist, haben wir es fur gut gehalten, an dich zu schreiben, o König, und es nicht unterlassen wollen, dich z? bitten, die Geschichte deiner Vorfahren nachzusehen. Du wirst darin finden, dass die Juden wie auch ihre Stadt, die ebendeswegen zerstört worden ist, aufrührerisch und gegen die Könige höchst feindselig sich benahmen. Auch wollen wir dir nicht verhehlen, dass, wenn die Stadt wieder aufgebaut und mit Mauern umgeben ist, du von Coelesyrien und Phönizien abgeschnitten sein wirst.« 2. Als Kambyses den Brief gelesen hatte, geriet er, da er von Charakter jähzornig war, über dessen Inhalt in Wut und schrieb also zurück: »Der König Kambyses an den Kanzler Rathymus, an Belsemus, an den Schreiber Semelius und Genossen, sowie an alle Einwohner von Samaria und Phönizien. Nachdem ich euren Brief gelesen, habe ich die Geschichte meiner Vorfahren durchsehen lassen und gefunden, dass diese Stadt stets gegen die Könige feindlich gesinnt gewesen ist, dass ihre Bewohner Aufruhr und Krieg angezettelt, und dass ihre Herrscher mächtige und strenge Könige waren, die von Coelesyrien und Phönizien Thbut erhoben haben. Ich befehle daher, den Juden die Erbauung der Stadt zu wehren, damit ihre empörerische Gesinnung, die sie bisher stets zum Schaden der Könige bewiesen haben, nicht noch größer werde.« Als der Inhalt dieses Briefes vorgelesen war, stiegen Rathymus, der Schreiber Semelius und deren Amtsgenossen zu Pferde, eilten nach Jerusalern, versammelten dort das Volk und wehrten den Juden den Bau des Tempels und der Stadt. So wurde der Bau neun Jahre lang unterbrochen bis zum zweiten Jahre der Regierung des Perserkönigs Darius. Kambyses starb nach sechsjähriger Regierung, als er von einem Kriegszuge gegen Ägypten, das er unterjocht, zurückkehrte, in Damaskus.
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DRITTES KAPITEL Wie nach dem Tode des Kambyses Darius zur Regierung kam und wie Zorobabel weil er in der Lösung schwieriger Fragen seine Genossen übertraf, von ihm die Erlaubnis zum Wiederaufbau des Tempels erhielt.
1. Nachdem die Magier, welcher nach dem Tode des Kambyses ein Jahr lang die Herrschaft innehatten, aus dem Wege geräumt waren, erwählten
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die Oberhäupter der so genannten sieben Häuser der Perser Darius, den Sohn des Hystaspes, zum Könige. Als dieser noch Privatmann war, hatte er Gott gelobt, wenn er die Königswürde erhielte, alle heiligen Gefäße, die sich noch in BabyIon befänden, an den Tempel zu Jerusalem zurücksenden zu wollen. Um diese Zeit kam aus Jerusalern zu Darius Zorobabel, der zum Vorsteher der Juden in der Gefangenschaft ernannt worden war. Diesen verband mit dem Könige eine alte Freundschaft, und so kam es, dass er nebst zwei anderen die Ehrenstelle eines königlichen Leibwächters erhielt. 2. Im ersten Jahre seiner Regierung lud Darius seine nähere Umgebung, die Beamten seines Hauses, die Fürsten der Meder, die persischen Satrapen, die Statthalter von Indien bis nach Äthiopien hin und die militärischen Befehlshaber der hundertsiebenundzwanzig Satrapien zu einem glänzenden Prunkmahle ein. Als man nach reichlichem Schmause sich trennte und jeder sein Quartier aufgesucht hatte, begab sich auch Darius zu Bett, wachte aber nach kurzem Schlummer auf und fing, da er keinen Schlaf mehr finden konnte, mit seinen drei Leibwächtern ein Gespräch an. Dabei versprach er, er wolle demjenigen von ihnen, der ihm die beste und scharfsinnigste Antwort auf eine Frage geben würde, zum Lohne die Erlaubnis erteilen, dass er ein Purpurgewand tragen, aus goldenem Becher trinken, in goldenem Bette schlafen, in goldgeschirrtem Wagen fahren, eine Kopfbedeckung von Byssus und eine goldene Halskette tragen, und um seiner Weisheit willen neben ihm sitzen dürfe. Auch wolle er ihn als seinen Verwandten betrachten. Nachdem er ihnen solche Belohnungen in Aussicht gestellt hatte, fragte er den ersten, ob der Wein am gewaltigsten sei, den zweiten, ob die Könige, den dritten, ob die Weiber die meiste Macht hätten, oder ob die Wahrheit gewaltiger sei als alle drei. Alsdann begab er sich zur Ruhe. Am Morgen ließ er seine Großen, die Satrapen und die Statthalter von Persien und Medien zusammenkommen, nahm auf seinem Throne Platz und befahl jedem seiner Leibwächter, vor versammeltem Hofstaat über die ihm vorgelegte Frage seine Meinung zu äußern. 3. Da begann der erste von der Gewalt des Weines zu reden und lobte ihn folgendermaßen: »Ihr Männer, ich soll die Macht des Weines schildern, und ich beweise euch, dass er alles übertrifft. Er umnebelt und betört nämlich den Sinn derer, die ihn trinken, macht die Könige den Waisen und Dürftigen gleich, löst die Zunge des Knechtes dem Freien gegenüber und stellt den Armen mit dem Reichen auf eine Stufe. Die Seele wandelt er um und verleiht ihr neue Kraft. Den Unglücklichen nimmt er ihre 'fraurigkeit, lässt den Schuldner seine Schuld vergessen und macht, dass er sich für den
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reichsten Menschen hält, sodass er nicht mehr von Kleinigkeiten, sondern nur noch von Talenten und allem anderen, was glückselig macht, redet. Er lässt Fürsten und Könige ihre Wurde vergessen und tilgt selbst das Andenken an Freunde und Verwandte. Den Menschen bringt er auf gegen seine Lieben, als wenn sie ihm wildfremd wären. Ist man aber nüchtern geworden und hat man den Weinrausch in der Nacht verschlafen, so erhebt man sich, ohne noch etwas von dem zu wissen, was man im Taumel getan. Daraus ziehe ich den Schluss, dass der Wein der allmächtigste Herrscher ist, und nichts ihn an Gewalt übertrifft.« 4. Nachdem der erste diese Rede auf den Wein gehalten, fing der Zweite an, von der Macht des Königs zu sprechen, die er für gewaltiger als jede andere körperliche oder geistige Macht hielt. Diese Behauptung versuchte er also zu beweisen: »Der Mensch herrscht über alle Dinge und kann sich Land und Meer nach Belieben dienstbar machen. Die Könige aber haben wieder die Herrschaft über die Menschen. Wer also über das stärkste und mächtigste Geschöpf gebietet, der muss wohl die größte Gewalt besitzen. Wenn der König seinen Untertanen befiehlt, sich in Krieg und Gefahren zu stürzen, so gehorchen sie. Sendet er sie gegen den Feind, so wagt niemand zu trotzen. Berge werden auf seinen Befehl abgetragen, feste Mauern und Türme zerstört. Ja, morden und sich morden lassen, wenn er gebietet, ist der Menschen Pflicht, wie auch der Sieger seine Kampfesbeute nur dem Könige zu bringen hat. Die aber vom Kriegsdienste frei sind und das Land bebauen, müssen, wenn sie nach harter Arbeit endlich ernten, dem Könige die Abgabe davon entrichten. Was er ausspricht und befiehlt, muss ohne Verzug getan werden. Von Wollust und Üppigkeit gesättigt, schläft er ein, und dann beschirmen ihn Wachter, welche die Furcht an ihn fesselt, sodass sie ihn nicht ein Weilchen zu verlassen wagen, um ihren eigenen Geschäften nachzugehen. Die Bewachung des Königs ist vielmehr, das Einzige, worauf sie ihr Augenmerk zu richten haben. Es muss also der König der Mächtigste von allen sein, da seinem Befehl eine so große Menge gehorcht.« 5. Als auch dieser geendet hatte, hub Zorobabel als Dritter an, die Macht der Weiber und der Wahrheit zu schildern, und sprach: »Große Macht hat der Wein, und gewaltig ist der König, dem alle gehorchen. Aber noch weit mächtiger sind die Weiber. Denn auch den König brachte ein Weib zur Welt, und die Winzer, die den Wein keltern, sind vom Weibe geboren und erzogen. Überhaupt gibt es nichts, das wir nicht dem Weibe verdankten. Denn es webt unsere Kleider und besorgt unser gesamtes Hauswesen. Ohne Weib können wir nicht leben, und Gold, Silber wie alle anderen Kostbarkeiten
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geben wir gern dahin, wenn wir ein schönes Weib erblicken. Ja, unser ganzes Hab und Gut opfern wir, um in den Genuss seiner Reize gelangen zu können. Vater, Mutter und Heimat verlassen wir und vergessen unsere teuersten Freunde um der Weiber willen; ja, wir scheuen uns nicht, für sie zu sterben. Hieraus lässt sich leicht ermessen, wie groß des Weibes Macht ist. Arbeiten wir nicht und tragen wir nicht alle Mühsale zu Wasser und zu Lande, um das dadurch Erworbene freudig dem Weibe, unserer Herrscherin, zu Füßen zu legen? Sah ich doch einst, wie der König, der gewaltige Herrscher, von Apame, der Tochter des Themasiers Rabezak, seinem Kebsweibe, geohrfeigt wurde; wie er duldete, dass sie das Diadem von seinem Haupte nahm und sich selbst aufsetzte; wie er lächelte, wenn sie fröhlich, und zürnte, wenn sie traurig war; wie er auf jede erdenkliche Weise dem Weibe schmeichelte und durch tiefe Demütigung ihre Gunst wiederzuerlangen trachtete, wenn er sie in Unmut sah!« 6. Wahrend die Fürsten und Satrapen noch über das Gehörte nachdachten, schickte Zorobabel sich an, von der Wahrheit zu reden mit folgenden Worten: »Ich habe gezeigt, wie mächtig die Weiber sind; allein schwach sind sie wie der König im Vergleich zu der Wahrheit. Denn wie groß auch die Erde, wie hoch der Himmel, und wie schnell der Sonne Lauf ist, so bewegt sich doch das alles nur nach dem Willen Gottes, der die Wahrheit ist. Daraus folgt, dass die Wahrheit die größte Macht ist, gegen welche keine Ungerechtigkeit etwas vermag. Denn während alles andere, das mächtig zu sein scheint, sterblich und hinfällig ist, bleibt die Wahrheit dagegen ewig und unsterblich. Sie glänzt nicht durch Schönheit, welche die Zeit schwinden macht, noch durch Reichtum, den der Zufall raubt, sondern durch Recht und Gesetzmäßigkeit, wonach sie das Ungerechte von sich abstößt und verdammt.« 7. Sobald Zorobabel hiermit seine Lobrede auf die Wahrheit beendigt hatte, riefen alle aus, er habe am besten gesprochen, und nur die Wahrheit sei von unveränderlicher Macht und altere nie. Der König aber hieß ihn noch eine Gabe zu dem verlangen, was er ihm schon in Aussicht gestellt hatte. Er wolle ihm dieselbe gern gewähren, weil er sich als einen so verständigen und überaus klugen Mann bewiesen habe. »Du wirst von nun an«, sagte er, »mir zur Seite sitzen und mein Verwandter heißen.« Hierauf erinnerte ihn Zorobabel an das Gelübde, das der König zu erftillen versprochen habe, wenn er den Thron besteigen würde. Dann wolle er ja Jerusalem wieder erneuern, den Tempel Gottes aufbauen lassen und die von Nabuchodonosor geraubten und nach BabyIon geschleppten Gefäße wieder zurückgeben. »Das ist
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es«, fügte er hinzu, »was ich jetzt von dir erbitte, weil du mir als Belohnung für meine Weisheit und Klugheit noch eine Gnade versprochen hast.« 8. Da erhob sich der König erfreut, küsste den Zorobabel und ließ an die Statthalter und Satrapen schreiben, sie sollten dem Zorobabel und allen, die mit ihm zur Wiederaufrichtung Jerusalems ausziehen wollten, das Geleit geben. Auch befahl er den Präfekten von Syrien und Phönizien brieflich, auf den Libanon Zedernbäume fällen und dieselben zum Tempelbau nach lerusalem schaffen zu lassen. Ferner schenkte er allen Gefangenen, welche bereit waren, nach Judäa zu ziehen, die Freiheit, verbot seinen Verwaltern und Satrapen, von den Juden die Abgaben für den König zu erheben, und erließ den Juden alles Land, das sie bebauen wollten, steuerfrei. Den Idumäern, Samaritern und Bewohnern von Coelesyrien aber befahl er, sie sollten alle Wohnsitze der Juden, welche sie innehätten, verlassen und zum Bau des Tempels fünfzig Talente beisteuern. Den Juden selbst gestattete er, ihre gesetzlichen Opfer wieder darzubringen, ließ alle Geräte sowie die Kleidung des Hohepriesters und der übrigen Priester auf seine Kosten herstellen, gab den Leviten Musikinstrumente, wies den Wächtern der Stadt und des Tempels Ländereien sowie ein Jahresgehalt an, sandte die heiligen Gefäße nach Jerusalem zurück und ordnete überhaupt alles das an, was schon früher Cyrus zum Besten der Juden beabsichtigt hatte. 9. Als Zorobabel diese Gnade vom Könige erlangt hatte, verließ er den Palast, erhob sein Antlitz gen Himmel und dankte Gott dafür, dass er ihm Weisheit verliehen und ihm dadurch den Sieg ermöglicht habe. »Denn das alles«, sagte er, »hätte ich nicht erlangt, wenn du, 0 Herr, mir nicht gnädig gewesen wärest.« Nachdem er so Gott öffentlich seinen Dank abgestattet und ihn gebeten hatte, ihm in Zukunft gleiches Wohlwollen zu beweisen, eilte er nach Babyion und brachte seinen Landsleuten die frohe Botschaft von der Erlaubnis des Königs. Als die Juden dies vernahmen, dankten sie zunächst Gott dafür, dass er ihnen die Rückkehr in ihre Heimat wieder gestatten wolle, und ergötzten sich dann sieben Tage lang mit Freudenmahlen und heiterem Spiel, um die Wiedererstehung ihres Vaterlandes zu feiern. Darauf bewogen sie die Vorsteher der Stämme, ihnen voraus mit Weibern, Kindern und Vieh die Reise nach Jerusalern anzutreten. Diese erhielten von Darius Geleit nach Jerusalem und legten den Weg unter freudigen Lobgesängen und unter dem Schalle von Flöten und Cymbeln zurück. Alsdann folgte ihnen jubelnd das übrige Volk nach. 10. So zog also aus jedem Geschlecht eine bestimmte Zahl aus. Ich halte es nun nicht für zweckmäßig, diese Geschlechter alle einzeln aufzuzählen,
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damit der Leser nicht von dem Zusammenhang der Begebenheiten abgelenkt werde und der Geschichtserzählung besser folgen könne. Die Zahl aller Abziehenden aus den Stämmen Judas und Benjamin, die über zwölf Jahre alt waren, betrug viermillionensechshundertachtundzwanzigtausend*, die der Leviten vierundsiebzig, während die übrige Menge, Frauen und Kinder, die Zahl vierzigtausendsiebenhundertzweiundvierzig aufwies. Außerdem waren dabei hundertachtundzwanzig Leviten als Sänger, hundertzehn als Türhüter und dreihundertzweiundneunzig als Tempeldiener. Dazu kamen dann noch sechshundertzweiundsechzig, die sich für Israeliten ausgaben, aber ihre Abstammung nicht beweisen konnten. Einige aus den Priestern übrigens mussten ihrer Priesterwürde entkleidet werden, da sie Weiber geheiratet hatten, deren Herkunft sie nicht nachzuweisen vermochten und die auch in den Registern der Leviten und Priester nicht verzeichnet waren. Es waren dies im Ganzen gegen fünfhundertfünfundzwanzig Priester. An Knechten folgten denen, die nach Jerusalern zogen, siebentausenddreihundertsiebenunddreißig Mann. Sänger und Psalterspieler waren zweihundertftinfundvierzig dabei, außerdem vierhundertftinfunddreißig Kamele und fünftausendfünfhundertfünfundzwanzig Stück Zugvieh. Die Anführer des ganzen Zuges waren Zorobabel, der Sohn des Salathiel, aus dem Stamme Judas und aus Davids Geschlecht, und Jesus, der Sohn des Hohepriesters Josedek. Außer diesen hatte das Volk sich noch zu Führern erwählt den Mardochaeus und den Serebaeus, welche hundert Minen Gold und fünftausend Minen Silber beigesteuert hatten. Auf diese Weise zogen also die Priester nebst einem, Teile des gesamten Volkes der Juden, das damals in Babyion wohnte, nach Jerusalern aus. Der Rest des Volkes aber begab sich gesondert in sein Heimatland zurück.
VIERTES KAPITEL Wie trotz des Widerstandes der Chuthäer der Tempel erbaut wurde. 75
1. Im siebenten Monat nach dem Auszuge aus Babyion sandten der Hohepriester Jesus und der Anftihrer Zorobabel Boten im Lande umher und beriefen die ganze Volksmenge nach Jerusalem zusammen, die diesem Rufe * Diese Zahl ist sicher übertrieben, fIndet sich aber sowohl bei Havercamp als bei Dindorf.
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auch gern Folge lei,stete. Dann errichteten sie den Altar an derselben Stelle, wo er früher gestanden hatte, um Gott die feierlichen Opfer darzubringen, die im Gesetze des Moyses vorgeschrieben waren. Dieses Beginnen betrachteten die benachbarten Völker mit neidischen Blicken, da sie samt und sonders ihnen feindlich gesinnt waren. Trotzdem feierten die Juden das Laubhüttenfest um die Zeit, die der Gesetzgeber dafür bestimmt hatte, und vollzogen wieder die Speiseopfer, Brandopfer, Sabbatopfer und alle anderen festlichen Opfer; auch brachten sie die vorgeschriebenen Gebete dar und begannen mit den Opfern wieder vom Neumond des siebenten Monats an. Alsdann gaben sie sich auch an die Erbauung des Tempels, zahlten den Steinmetzen und Zimmerleuten eine große Geldsumme und gewährten denen, die das Material herbeischafften, Speise und Trank. Diese Arbeiten besorgten die Sidonier mit leichter Mühe, indem sie Zedernholz vom Libanon zu flößen zusammenfügten und damit in den Hafen von Joppe* einfuhren. Cyrus hatte das bereits angeordnet, während es jetzt erst unter Darius vollzogen wurde. 2. Im zweiten Jahre nach der Rückkehr der Juden und zwar im zweiten Monat begann man mit dem Tempelbau, indem man am Neumond dieses Monats die Fundamente legte und auf diesen weiterbaute. Den Bau leiteten die über zwanzig Jahre alten Leviten, Jesus mit seinen Söhnen und Brüdern, sowie Zodmiel der Bruder des Judas, Sohnes des Aminadab, nebst seinen Söhnen. Und da mit an ge strengte stern Fleiße gearbeitet wurde, ward der Tempel wider Erwarten schnell vollendet. Als das Heiligtum fertig war, legten die Priester ihre Gewänder an und stellten sich mit Posaunen auf, desgleichen auch die Leviten und die Söhne des Asaph. Darauf sangen sie Gott Loblieder, wie David sie dereinst gelehrt hatte. Die Priester und Leviten aber und die Ältesten aus den Geschlechtern, die sich der Pracht und Größe des früheren Tempels noch erinnerten und nun den jetzigen, weit ärmlicheren entstehen sahen, gerieten bei dem Gedanken an ihr einstiges Glück und den Glanz ihres früheren Tempels in tiefe Trauer und vermochten ihr Wehklagen und ihre Tränen nicht zurückzuhalten. Das Volk dagegen war schon zufrieden, dass es wieder einen Tempel erhielt, und dachte nicht an den früheren, quälte sich auch nicht mit Vergleichen ab, welche die geringere Pracht des jetzigen Tempels erst recht hätten empfinden lassen. Und der Schall der Posaunen und das Jauchzen der Menge übertönte die Wehklage der Ältesten und der Priester, die immer wieder * Nach JÜd. Krieg IIL 9,3 hatte Joppe keinen Hafen.
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daran erinnert wurden, dass der jetzige Tempel dem zerstörten weit nachstehe. 3. Als nun die Samariter, die den Stämmen Judas und Benjamin feindlich gesinnt waren, den Schall der Posaunen vernahmen, liefen sie herbei, um den Grund des Festtrubels kennen zu lernen. Und da sie sahen, dass die Juden, die als Gefangene nach Babyion geführt worden waren, den Tempel wieder aufbauten, gingen sie den Zorobabel und den Jesus sowie die Oberhäupter der Geschlechter mit der Bitte an, man möge ihnen gestatten, sich am Bau zu beteiligen. »Wir verehren ja«, sagten sie, »ebenso wie ihr den allmächtigen Gott und beten zu ihm, und, wir sind auch stets in seinem Dienste eifrig gewesen von der Zeit an, da der Assyrierkönig Salmanasar uns aus Chuthien und Medien hierher verpflanzt hat.« Zorobabel, der Hohepriester Jesus und die Oberhäupter der Geschlechter entgegneten ihnen darauf, es sei unmöglich, sie am Tempelbau teilnehmen zu lassen, da nur die Juden zuerst von Cyrus und jetzt von Darius den Auftrag zur Wiedererrichtung des Tempels erhalten hätten. Jedoch wolle man ihnen erlauben, in dem Tempel Gott zu verehren, denn nur hierin bestehe die Gemeinschaft der Juden mit ihnen wie mit allen anderen, die zum Tempel kämen, um Gott anzubeten. 4. Als die Chutäer (so heißen eigentlich die Samariter) diese Antwort vernahmen, wurden sie wütend und veranlassten die Völkerschaften Syriens, die Satrapen zu bitten, sie möchten, wie dies früher unter Cyrus und Kambyses geschehen sei, den Bau des Tempels hintertreiben und den Juden bei ihrer Arbeit Schwierigkeiten und Hindernisse in den Weg legen. Um diese Zeit kam der Statthalter von Syrien und Phönizien, Sisines, in Begleitung des Sarabazanes und einiger anderen nach Jerusalem. Diese fragten die Vorsteher der Juden, wer ihnen erlaubt habe, einen solchen Tempel zu bauen, der einer Festung ähnlicher als einem Heiligtum sei, und weshalb sie ihn mit Säulenhallen und die Stadt mit so starken Mauern umgeben hätten, Zorobabel und der Hohepriester Jesus antworteten ihnen, sie seien Diener des allmächtigen Gottes, und der Tempel, den ihr glücklichster und tugendhaftester König einst erbaut, habe lange Zeit unversehrt dagestanden. Als aber ihre Vorfahren gegen Gott gefrevelt, habe Nabuchodonosor, der König der Babyionier und Chaldäer, die Stadt eingenommen und zerstört, den Tempel geplündert und verbrannt und das Volk nach Babyion in die Gefangenschaft geschleppt. Cyrus indessen, der ihm in der Herrschaft über Babylonien und Persien gefolgt sei, habe schriftlich den Befehl erteilt, den Tempel wieder aufzubauen, und alle von Nabuchodonosor ge-
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raubten Weihgeschenke und Geräte dem Zorobabel und seinem Schatzmeister Mithradates übergeben, um sie nach Jerusalem zurückzuschaffen und in dem neuerbauten Tempel wieder aufzustellen. Und damit alles möglichst schnell vollführt werde, habe er dem Abassar befohlen, sich nach Jerusalem zu begeben und für den Tempel Sorge zu tragen. Dieser sei darauf mit einem Schreiben des Cyrus sogleich dorthin abgereist und habe die Fundamente legen lassen. Seit dieser Zeit habe man eifrig weitergebaut, sei jedoch wegen der Böswilligkeit der Feinde mit dem Bau noch nicht fertig geworden. Wenn sie es daher für gut fanden, möchten sie an Darius schreiben, damit er die königliche Chronik nachsehen lasse und sich überzeuge, dass sie die volle Wahrheit geredet hätten. 5. Auf diese Vorstellungen Zorobabels und des Hohepriesters hin beschlossen Sisines und seine Begleiter, dem Bau nichts in den Weg zu legen, bis sie den König Darius benachrichtigt hätten. Und sogleich schrieben sie ihm über die Angelegenheit. Da aber die Juden in Schrecken gerieten und fürchteten, den König möchte die Wiederaufrichtung des Tempels und der Stadt reuen, flößten zwei Seher, welche damals unter ihnen lebten, Aggaeus und Zacharias, ihnen Mut ein und verkündeten ihnen nach einer Verheißung Gottes, es werde ihnen von den Persern kein Leid zugefügt werden. Im Vertrauen hierauf bauten sie alsdann fleißig weiter und setzten die Arbeit auch nicht einen einzigen Tag aus. 6. Unterdessen schrieben die Samariter an Darius und klagten die Juden an, sie befestigten ihre Stadt, und ihr Tempel gleiche mehr einer Festung wie einem Heiligtum. Auch stellten sie dem Könige vor, der Bau liege nicht in seinem Interesse, und fügten den Brief des Kambyses bei, in welchem dieser den Tempelbau untersagt hatte, weil er von der Wiederaufrichtung Jerusalems für sich Gefahr befürchtete. Als Darius nun auch den Brief des Sisines und seiner Amtsgenossen gelesen hatte, befahl er, in den königlichen Archiven nachzuforschen. Man fand dabei zu Ekbatana in Medien in einem Thrme ein Geschichtsbuch, in welchem Folgendes geschrieben stand: »Im ersten Jahre seiner Regierung hat der König Cyrus befohlen, den Tempel zu Jerusalem samt dem Altare wieder aufzubauen, in einer Höhe und Breite von sechzig Ellen aus je drei Lagen geglätteten Marmors und einer Lage Holz des Landes, und die Kosten auf die königliche Kasse zu übernehmen. Ferner hat er vorgeschrieben, die Geräte, die Nabuchodonosor aus dem Tempel geraubt und nach BabyIon geschleppt hatte, den Jerusalemern wieder zuzustellen. Mit der Sorge dafür betraute er Abassar, den Statthalter von Syrien und Phönizien, und dessen Unterbeamte. Diese selbst sollten sich
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von der Stadt fern halten, die Juden aber, die Diener Gottes, und deren Vorsteher bei der Erbauung des Tempels ruhig gewähren lassen. Weiterhin hat er befohlen, zur Unterstützung des Werkes aus den Abgaben der Provinzen, die jene Beamten verwalteten, den Juden Stiere, Widder, Lämmer, Böcke, Weizenmehl, Öl, Wein und alles andere, das die Priester begehren würden, zu liefern. Dafür sollten die Juden zu Gott für das Heil des Königs und der Perser beten. Wer gegen diese Anordnungen verstoße, solle gekreuzigt und seine Besitzungen zugunsten des Könige eingezogen werden. Obendrein flehte er auch selbst zu Gott, dieser möge jeden, der den Bau zu hindern wage, vernichten und ihn so von dem Frevel abhalten.« 7. Als Darius diese Aufzeichnungen in der Chronik des Cyrus gefunden hatte, schrieb er dem Sisines und seinen Amtsgenossen Folgendes zurück: »Der König Darius an den edlen Ritter Sisines, an Sarabazanes und an deren Amtsgenossen. Ich sende euch hiermit eine Abschrift des Briefes, den ich in der Chronik des Cyrus gefunden habe, und will, dass alles so aus geführt werde, wie es darin geschrieben steht. Lebt wohl.« Als Sisines und seine Amtsgenossen aus diesem Briefe den Willen des Königs klar erkannt hatten, beschlossen sie, sich genau danach zu richten. Sie förderten demgemäß das heilige Werk und unterstützten die Ältesten und Vorsteher der Juden, sodass der Bau unter Anwendung höchsten fleißes in sieben Jahren vollendet wurde, wie die Seher Aggaeus und Zacharias im Auftrage Gottes geweissagt und die Könige Cyrus und Darius es gewollt hatten. Im neunten Jahre der Regierung des Darius, am dreiundzwanzigsten Tage des zwölften Monats, der bei uns Adar, bei den Makedoniern aber Dystros heißt, brachten die Priester, die Leviten und das gesamte Volk der Israeliten für die Erneuerung ihres ehemaligen Glückes und aus Dankbarkeit für den ihnen wiedergegebenen Tempel hundert Stiere, zweihundert Widder, vierhundert Lämmer und zwölf Böcke (letztere der Zahl der Stämme entsprechend) dar zur Sühnung ihrer Sünden. Hierauf sorgten die Priester und Leviten dafür, dass nach dem Gesetze des Moyses Türhüter für die einzelnen Eingänge angestellt wurden. Denn die Juden hatten auch die rings um den Tempel laufenden Säulenhallen des inneren Heiligtums wieder aufgebaut. 8. Da nun das Fest der ungesäuerten Brote im ersten Monat, den die Makedonier Xanthikos, wir aber Nisan nennen, bevorstand, strömte alles Volk aus den anderen Städten nach Jerusalem. Hier begingen sie das Fest, nachdem sie sich nebst Weibern und Kindern nach väterlicher Sitte der Reinigung unterzogen hatten, brachten am vierzehnten Tage des Monats das so genannte Paschaopfer dar und vergnügten sich dann sieben Tage
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lang, ohne auf die Kosten zu sehen. Auch Brandopfer brachten sie dar, imgleichen Dankopfer dafür, dass Gott sie in ihr Heimatland zurückgeführt und ihnen ihre väterlichen Gesetze wiedergegeben sowie den Perserkönig ihnen wohlgesinnt gemacht hatte. In der Folgezeit begingen die Bewohner von Jerusalem den Gottesdienst wieder mit aller Pracht. Ihre Staatsverfassung war eine gemischte, teils aristokratisch, teils oligarchisch. Denn die Hohepriester standen an der Spitze des Staates, bis die Asamonäer die Königswürde erlangten. Vor der Wegführung des Volkes in die Gefangenschaft regierten, von Saul und David angefangen, fünfhundertzweiundzwanzig Jahre sechs Monate und zehn Tage lang Könige. Vor diesen wurde das Volk von Richtern regiert, und es bestand diese Staatsverfassung nach dem Tode des Moyses und des Feldherrn Jesus mehr als fünfhundert Jahre lang. So verhielt es sich mit den Juden, die unter Cyrus und Darius aus der Gefangenschaft heimkehrten. 9. Die Samariter aber, die den Juden höchst feindlich und missgünstig gegenüberstanden, fügten ihnen großen Schaden zu, indem sie sich auf ihren Reichtum sowie auf ihre Verwandtschaft mit den Persern stützten, von denen sie abstammten. Sie verweigerten die Lieferung der Beiträge, die sie nach dem Befehle des Königs zu den Opfern zu leisten hatten, und verstanden es, die königlichen Beamten auf ihre Seite zu bringen, wie sie auch keine andere Gelegenheit unbenutzt ließen, um den Juden sei es selbst, sei es durch andere zu schaden. Die Jerusalemer beschlossen daher, sich an den König Darius zu wenden und die Samariter zu verklagen. Zu diesem Zwecke ordneten sie eine Gesandtschaft ab, die aus Zorobabel und vier anderen vornehmen Juden bestand. Als der König von diesen die Klagen gegen die Samariter gehört hatte, entließ er sie mit einem Schreiben an seine Beamten und an den Senat zu Samaria, das folgenden Inhalt hatte: »Der König Darius an seine Beamten zu Samaria, Tanganas, Sambabas, Sadrakas, Bobelon und deren Amtsgenossen. Die Gesandten der Juden Zorobabel, Ananias und Mardochaeus haben euch verklagt, ihr hättet sie beim Tempelbau belästigt und die Beiträge zu den Opfern, wie ich befohlen, nicht geleistet. Ich gebiete daher, ,dass ihr nach Lesung dieses Briefes aus dem königlichen Steueramte zu Samaria alles zu liefern habt, was nach dem Gutdünken der Priester zu den Opfern erforderlich ist, damit sie die täglichen Opfer nicht zu unterbrechen brauchen und für mich und mein Volk zu Gott beten.« Das war der Inhalt des Schreibens.
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FÜNFTES KAPITEL Wie Xerxes, der Sohn des Darius, die Juden höchst wohlwollend behandelte. Von Esdras und Neemias. 120
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1. Nach dem Tode des Darius folgte ihm in der Regierung sein Sohn Xerxes, der ebenso gottesfürchtig wie sein Vater war. Denn er lag wie dieser eifrig dem Gottesdienste ob und war den Juden überaus wohlgesinnt. Um diese Zeit war Joakim, Jesus' Sohn, Hohepriester. Es befand sich aber zu Babyion ein gerechter und hoch geachteter Mann mit Namen Esdras, der erste Priester des Volkes. Dieser war mit dem moysaischen Gesetze besonders vertraut und genoss die Freundschaft des Königs Xerxes. Da er nun beschlossen hatte, nach Jerusalem zu ziehen und einige von den zu BabyIon lebenden Juden mitzunehmen, bat er den König, ihm ein Beglaubigungsschreiben an die Satrapen Syriens mitzugeben. Darauf schrieb der König Folgendes: »Der König Xerxes entbietet dem Priester und Gesetzeslehrer Esdras seinen Gruß. In meiner königlichen Gnade habe ich beschlossen, dass den Juden sowie deren Priestern und Leviten, die noch in meinem Reiche leben und nach Jerusalem ziehen wollen, dieses verstattet sein soll. Wer also Lust dazu trägt, möge mit meiner und meiner sieben Räte Einwilligung sich dorthin begeben, damit Gottes Gesetz in Judäa wieder völlig zur Geltung komme. Die Abziehenden sollen auch dem Gotte der Israeliten die Geschenke, die ich und meine Freunde ihm gelobt haben, mitnehmen sowie alles Gold und Silber, das sich im Lande der Babyionier noch vorfindet und früher Gott geweiht war. Was du selbst aus Gold und Silber verfertigen willst, das magst du mit deinen Brüdern herstellen. Die heiligen Geräte, die dir eingehändigt worden sind, sollst du Gott wieder weihen und auch sonst alles nach deinem Gutdünken dir anfertigen lassen, und zwar auf meine Kosten. Meinen Schatzmeistern in Syrien und Phönizien habe ich geschrieben, dass sie für alles Sorge tragen sollen, was der Priester und Ausleger der Gesetze Gottes, Esdras, von ihnen verlangen wird. Und damit Gott mir und meinen Nachkommen nicht zürne, befehle ich, dass ihm alles bis auf hundert Koren Weizen nach seinem Gesetze geliefert werde. Außerdem lege ich euch ans Herz, dass ihr von keinem Priester, Leviten, Pförtner, Sänger, Tempeldiener oder Tempelschreiber irgendeine Steuer erheben, noch sie zu irgendwelchen Lasten heranziehen dürft. Du aber, Esdras, magst nach dem Gutdünken deiner Weisheit, die Gott dir verliehen hat,
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Richter, die in deinem Gesetze bewandert sind, in ganz Syrien und Phönizien einsetzen. Die des Gesetzes Unkundigen aber wollest du belehren, damit derjenige von deinen Landsleuten, der Gottes oder des Königs Gesetz übertritt, keine Unkenntnis desselben vorschützen kann, sondern als wissentlicher Verächter des Gesetzes seine Strafe erleidet. Die Strafe aber soll entweder Todes- oder Geldstrafe sein. Gehab dich wohl.« 2. Als Esdras dieses Schreiben erhielt, freute er sich außerordentlich und lobte Gott, dem allein er die gute Gesinnung des Königs zuschrieb und dem er deshalb auch seinen innigsten Dank abstattete. Und nachdem er den Brief den Juden in Babyion vorgelesen hatte, behielt er das Original für sich, während er eine Abschrift davon an alle seine in Medien lebenden Landsleute sandte. Diese wurden von hoher Freude durchdrungen, als sie die Kunde von der gottesfürchtigen Gesinnung des Königs und seinem Wohlwollen gegen Esdras vernommen hatten, und viele von ihnen begaben sich alsbald mit ihrer Habe nach Babyion, um von dort nach Jerusalem zurückzukehren. Die große Masse des Volkes aber blieb im Lande. Daher kommt es, dass nur zwei Stämme in Asien und Europa den Römern untertan sind, während die zehn übrigen Stämme als eine unendliche, unzählbare Menge noch heutigen Tages jenseits des Euphrat wohnen. An Esdras aber schlossen sich die meisten Priester, Leviten, TIirhüter, Sänger und Tempeldiener an. Als er nun die Verbannten, die ihn begleiten wollten, über den Euphrat geführt hatte, rastete er hier drei Tage lang, ordnete ein Fasten an und ließ das Volk zu Gott flehen, dass er sie gnädig beschützen und sie vor allem Übel sei es seitens ihrer Feinde, sei es anderswoher bewahren möge. Denn Esdras hatte dem Könige schon im Voraus gesagt, Gott werde sie behüten, und deshalb auf den ihm angebotenen Schutz von Reitern verzichtet. Nachdem sie nun ihr Gebet beendigt hatten, brachen sie am zwölften Tage des ersten Monats, im siebenten Jahre der Regierung des Xerxes, vom Euphrat auf und gelangten im fünften Monat desselben Jahres nach Jerusalem. Dort übergab Esdras den Schatzmeistern das für den Tempel bestimmte Vermögen, sechshundertfünfzig Talente Silber, hundert Talente an silbernen Gefäßen, zwanzig Talente an goldenen Gefäßen und zwölf Talente an ehernen Gefäßen, die noch wertvoller als Gold waren. Das alles hatten ihm der König, dessen Räte und die in Babyion bleibenden Israeliten geschenkt. Als Esdras diese Kostbarkeiten den Priestern eingehändigt hatte, ließ er Gott die gesetzlichen Brandopfer darbringen, zwölf Stiere für das Heil des ganzen Volkes, neunzig Widder, zweiundsiebzig Lämmer und zwölf Ziegenböcke als Sühnopfer. Den königlichen Schatzmeistern und den
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Präfekten von Coelesyrien und Phönizien aber übergab er den Brief des Königs, und diese erfüllten denn auch wohl oder übel den Befehl des Xerxes, behandelten die Juden achtungsvoll und unterstüzten sie mit allem Notwendigen. 3. So traf Esdras seine Anordnungen, und es gelang ihm alles nach Wunsch, weil, wie ich glaube, Gott ihn wegen seiner Rechtschaffenheit und Gottesfurcht des glücklichen Erfolges aller seiner Pläne für würdig hielt. Nicht lange nachher aber kamen einige Juden zu ihm und hinterbrachten ihm, einige aus dem Volke und selbst Priester und Leviten hätten die Verfassung übertreten und die Gesetze verletzt, indem sie fremde Weiber geheiratet und dadurch das Priestergeschlecht entehrt hätten. Sie baten ihn deshalb, das Gesetz hochzuhalten, damit Gottes Zorn sie nicht abermals ins Unglück stürzen lasse. Als Esdras dies vernommen, zerriss er vor 'frau er sein Gewand, raufte sich Haupthaar und Bart und warf sich zur Erde nieder, weil die Besten des Volkes sich so vergangen hatten. Und indem er bedachte, sie würden, wenn er ihnen den Befehl gäbe, ihre Weiber und Kinder zu verstoßen, ihm doch nicht gehorchen, blieb er auf der Erde liegen. Da liefen alle Guten und Gerechten herzu und weinten und wehklagten um das, was vorgefallen war. Endlich erhob sich Esdras, rang die Hände gen Himmel und rief aus, er müsse sich schämen, zu Gott seine Augen emporzuheben wegen der schweren Vergehungen des Volkes, das die Strafe, welche seine Vorfahren um ihrer Sünden willen getroffen, vergessen zu haben scheine. Dann bat er zu Gott, er möge, da er sie aus der Gefangenschaft errettet, sie nach Jerusalem zurückgeführt und den Königen der Perser Mitleid mit ihnen eingeflößt habe, auch jetzt ihrer Sünden nicht mehr gedenken, obgleich sie eigentlich den Tod verdient hätten, und in seiner Güte ihnen die Strafe erlassen. 4. Nach diesem Gebete brachen alle, die sich mit Weib und Kind versammelt hatten, in 'fränen aus, und Achonius, einer der Ersten in Jerusalem, trat auf Esdras zu und sagte, sie hätten sich freilich verfehlt, da sie die fremden Weiber geheiratet hätten. Er wolle ihm aber die eidliche Zusage geben, dass sie sich alle zur Verstoßung ihrer Weiber und Kinder verpflichteten und damit einverstanden seien, dass derjenige, der hierauf nicht eingehen wolle, zur Verantwortung gezogen werde. Im Vertrauen darauf ließ Esdras die Stammeshäupter der Priester, Leviten und übrigen Israeliten schwören, dass sie nach dem Rate des Achonius ihre Weiber und Kinder entlassen wollten. Nachdem diese den Eid geleistet, entfernte er sich aus dem Tempel begab sich zur Wohnung des Joannes, der ein Sohn des Eliasib war, und
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brachte den ganzen Tag in tiefer Bekümmernis zu, ohne Speise oder Trank zu sich zu nehmen. Dann ließ er bekannt machen, dass alle, die aus der Gefangenschaft zurückgekehrt seien, sich in Jerusalern einfinden sollten. Wer aber in zwei bis drei Tagen nicht zur Stelle sei, der solle aus dem Volke ausgestoßen und sein Vermögen nach dem Beschlusse der Ältesten zugunsten des Tempels eingezogen werden. Daraufhin kamen die Angehörigen der Stämme Judas und Benjamin nach drei Tagen zusammen, am zwanzigsten Tage des neunten Monats, der bei den Hebräern Chaslev, bei den Makedoniern aber Apellaios heißt. In den oberen Räumen des Tempels setzten sie sich in Gegenwart der Ältesten nieder, gedrückt von banger Furcht. Da erhob sich Esdras und warf ihnen ihr Vergehen vor, das sie mit der Heirat fremder Weiber begangen hätten. Jetzt aber könnten sie Gott versöhnen und zu ihrem eigenen Nutzen handeln, wenn sie auf das fernere Zusammenleben mit ihren Weibern verzichteten. Alle erklärten sich hierzu bereit; doch seien ihrer viele, und obendrein sei es Winterszeit, sodass es sich in einem oder zwei Tagen wohl nicht durchführen lasse. Es müsse deshalb denen, die noch mit fremden Weibern vermählt seien, eine Frist gewährt werden, innerhalb deren die Vorsteher und Ältesten die Schuldigen ermitteln sollten. Dieser Vorschlag fand allgemeine Zustimmung, und so begann man am ersten Tage des zehnten Monats diejenigen aufzusuchen, welche fremde Weiber geheiratet hatten. Damit wurde fortgefahren bis zum ersten Tage des folgenden Monats, und es fanden sich viele Nachkommen des Hohepriesters Jesus, dergleichen auch viele Priester, Leviten und andere Israeliten, die ihre Weiber und Kinder sogleich entließen, da sie die Be~ obachtung des Gesetzes höher stellten als die Liebe zu ihrer Familie. Dann brachte man zur Versöhnung Gottes ein Opfer von Widdern dar. Die einzelnen Namen aufzuzählen, habe ich nicht für notwendig gehalten. Nachdem Esdras so die durch die eingegangenen Ehen entstandenen Verirrungen wieder gutgemacht hatte, traf er in dieser Angelegenheit Bestimmungen, die für alle Zeit Gültigkeit haben sollten. 5. Als im siebenten Monate das Laubhüttenfest begangen wurde und fast das gesamte Volk herbeigeströmt war, stiegen alle in den Teil des Tempels hinauf, der nach dem östlichen Tore zu lag, und baten den Esdras, ihnen die Gesetze des Moyses vorzulesen. Dieser trat in ihre Mitte und las von der Morgenfrühe bis zum Mittag. Da nun die Leute das Gesetz vorlesen hörten, erfuhren sie nicht bloß, wie sie es jetzt und in Zukunft anzufangen hätten, um gerecht zu leben, sondern bereuten auch die Vergangenheit und beklagten unter Tränen ihr Unglück, das sie nicht betroffen haben würde,
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wenn sie das Gesetz beobachtet hätten. Als Esdras sah, dass sie sich so abhärmten, hieß er sie heimkehren, ohne zu weinen: denn es sei ein Festtag, und es gezieme sich nicht, an einem solchen Tage zu trauern. Vielmehr sollten sie sich zu freudigem Schmause wenden und das Fest mit Frohlocken begehen. Thre Reue und ihr Schmerz werde sie davor bewahren, dass sie in Zukunft wieder in dergleichen Sünden fielen. Nachdem Esdras sie dergestalt ermuntert hatte, überließen sie sich der Freude, und als sie acht Tage in Zelten gewohnt hatten, begaben sie sich unter Lobgesängen auf Gott nach Hause und dankten dem Esdras dafür, dass er ihre Vergehen gegen die Verfassung wieder gutgemacht habe. Esdras aber starb, reich an Verdiensten, in hohem Alter und wurde mit großer Pracht zu Jerusalern bestattet. Um dieselbe Zeit schied auch der Hohepriester Joakim aus dem Leben, und es folgte ihm in der Hohepriesterwürde sein Sohn Eliasib. 6. Unter den gefangenen Juden befand sich ein Mundschenk des Königs Xerxes, mit Namen Neemias. Als dieser einst vor den Toren der persischen Hauptstadt Susa lustwandelte, hörte er einige Fremde, die von einer langen Reise in die Stadt einkehrten, in hebräischer Sprache sich unterhalten, trat auf sie zu und fragte sie, woher sie kämen. Sie entgegneten, aus Judäa, worauf er sich weiter erkundigte, wie es um ihr Volk und die Stadt Jerusalem stehe. Jene erwiderten, es sei sehr schlecht damit bestellt, da die Stadtmauern dem Erdboden gleich gemacht seien und die ringsum wohnenden Völkerschaften den Juden hart zusetzten. Bei Tage fielen sie in das Land ein, raubten und verwüsteten, bei Nacht aber schlichen sie sich heran und ftihrten viele aus der Umgegend und selbst aus Jerusalem gefangen weg, und gar oft finde man Leichen auf den Wegen liegen. Da brach Neemias vor Mitleid mit dem Unglück seiner Landsleute in Wehklagen aus, erhob die Augen gen Himmel und sprach: »Bis wann, 0 Herr, willst du unser Volk noch also heimsuchen? Wahrlich, wir sind zum Raube und zur Beute aller unserer Feinde geworden!« Während er nun so am Tore stand und weinte, wurde ihm gemeldet, der König wolle sich zum Mahle begeben. Da eilte er, ungewaschen wie er war, um seinen Dienst beim Könige zu versehen. Nach dem Mahle war der König sehr gut gelaunt und heiterer als gewöhnlich, und als er des Neemias traurige Miene bemerkte, fragte er ihn, weshalb er so niedergeschlagen sei. Da bat Neemias zu Gott, er möge seiner Rede die Kraft der Überzeugung verleihen, und sprach: »Wie kann ich, 0 König, anders aussehen, oder wie sollte ich nicht traurig sein, da ich höre, dass in meiner Vaterstadt Jerusalem, wo meine Vorfahren begraben liegen, die Mauern niedergerissen und die Stadttore verbrannt sind? Lass mich, ich
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bitte dich, dorthin ziehen, um die Mauern wieder aufzurichten und den Tempel zu vollenden!« Der König bewilligte ihm sogleich seine Bitte und versprach Briefe an die Satrapen zu schreiben, damit sie ihm achtungsvoll entgegenkämen und ihm alles Erforderliche lieferten. »Nun aber«, sagte er, »höre auf zu trauern und diene mir mit gewohnter Behändigkeit!« Da betete Neemias Gott an, dankte dem Könige für sein Versprechen, legte seinen Missmut ab und erhob freudig sein Haupt. Am folgenden Tage beschied der König ihn zu sich und gab ihm einen Brief an Adaeus, den Präfekten von Syrien, Phönizien und Samarien, mit, worin er den Befehl erteilte, Neemias ehrenvoll zu behandeln und ihm alles zu liefern, dessen er beim Bau bedürfe. 7. Als Neemias nach BabyIon kam, schlossen sich ihm viele seiner Landsleute an. Darauf zog er nach Jerusalem im fünfundzwanzigsten Jahre der Regierung des Xerxes, zeigte den Brief dem Adaeus und den übrigen Befehlshabern vor, berief dann das ganze Volk nach Jerusalem, trat in die Mitte des Heiligtums und redete die Menge also an: »Thr wisst, Juden, dass Gott noch immer eurer Ahnen Abram, Isak und Jakob gedenkt und um ihrer Gerechtigkeit willen nicht aufhört, für euch zu sorgen. Mir hat er gnädig geholfen, vom Könige die Erlaubnis zu erlangen, dass ich die Mauern unserer Stadt wieder aufrichten und den fehlenden Teil des Tempels ergänzen darf. Da ihr indes die üble Gesinnung unserer Nachbarn kennt und euch denken könnt, dass sie auf die Nachricht von unserer Bauarbeit uns alle möglichen Hindernisse in den Weg zu legen suchen werden, so ermahne ich euch, vor allem auf Gott zu vertrauen, der euren Feinden schon Widerstand leisten wird. Dann aber dürft ihr weder bei Tage noch bei Nacht die Arbeit unterbrechen, müsst vielmehr mit höchstem Eifer ans Werk gehen, weil gerade jetzt der rechte Zeitpunkt ist.« Als er so geredet, befahl er den Vorstehern, sogleich die Mauer abstecken zu lassen und die Arbeit nach Städten und Dörfern gleichmäßig zu verteilen. Dann versprach er, auch seinerseits mit seinen Leuten sich am Werke zu beteiligen, und entließ die Versammelten. Die Juden machten sich sogleich ans Werk. Den Namen Juden hatten sie aber von jenem Tage an, da sie aus BabyIon zurückkehrten, und zwar von dem Stamme Judas, der zuerst im Lande ankam, und nach welchem das Land sowohl als die Bewohner desselben genannt wurden. 8. Sobald die Ammaniter, Moabiter, Samariter und alle Bewohner Coelesyriens von dem raschen Fortschreiten des Baues der Stadtmauer Kunde erhielten, wurden sie aufgebracht und fuhren fort, die Juden zu beunruhigen und von ihrem Vorhaben abzulenken. Viele Juden erlagen ihren Nach-
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stellungen, und auch dem Neemias trachteten sie nach dem Leben, indem sie einige Ausländer dingten, um ihn zu töten. Als sie nun auch noch das Gerücht ausstreuten, es rückten verschiedene Völkerschaften mit großer Heeresmacht gegen die Juden heran, geri~ten diese derartig in Schrecken, dass sie beinahe dem Bau aufgegeben hätten. Neemias aber ließ sich nicht einschüchtern, sondern hielt zu seinem Schutze eine Leibwache in seiner Umgebung und harrte standhaft aus, ohne in seinem Eifer für den Bau irgend eine Mühe anzuschlagen. Doch war er nicht deshalb so sorgfaltig auf seinen Schutz bedacht, weil er den Tod fürchtete, sondern weil er davon überzeugt war, dass nach seinem Tode die Mauer nicht vollendet werden würde. Auch befahl er, dass die Bauleute nur bewaffnet ans Werk geben sollten, und so kam es, dass jeder Maurer und Handlanger mit dem Schwerte umgürtet war. Die Schilde ließ er in der Nähe bereit legen, und von fünfhundert zu fünfhundert Schritten stellte er Trompeter auf, die den Auftrag hatten, beim Erscheinen der Feinde durch Trompetenstoß den Arbeitern ein Zeichen zu geben, damit sie sich zum Kampfe rüsten könnten und nicht unversehens und wehrlos dem Angriff des Feindes ausgesetzt wären. Er selbst ging zur Nachtzeit rings um die Stadt, ohne sich die Strapazen oder die Entbehrung von Speise und Trank irgendwie anfechten zu lassen. Seine Nahrung nahm er übrigens nicht zu seinem Vergnügen, sondern nur zur notdürftigen Fristung seines Lebens. Diese gewaltigen Anstrengungen ertrug er zwei Jahre und vier Monate lang, denn so langer Zeit bedurfte er, um Jerusalern mit Mauern zu umgeben. Vollendet war die Arbeit im neunten Monat des achtundzwanzigsten Jahres der Regierung des Xerxes, und Neemias brachte nun mit dem Volke Gott Dankopfer dar, worauf ein achttägiges Fest gefeiert wurde. Als aber die Völkerschaften Syriens vernahmen, die Befestigung sei fertig, gerieten sie in gewaltige Aufregung. Neemias glaubte deshalb, die Besatzung der Stadt sei zu klein, und forderte die Priester und Leviten, die rings im Lande wohnten, auf, in die Stadt zu ziehen und sich dort anzusiedeln. Er ließ ihnen auf seine Kosten Wohnungen erbauen und befahl dem Ackerbau treibenden Teile der Bevölkerung, den Zehnten der Ernte nach Jerusalern zu liefern, damit die Priester und Leviten hinreichenden Lebensunterhalt hätten, ohne den Gottesdienst vernachlässigen zu müssen. Diese Anordnungen des Neemias wurden bereitwillig befolgt, und so kam es, dass die Bevölkerung Jerusalems sich von Tag zu Tag vermehrte. Neemias traf noch manche vortreffliche und lobenswerte Einrichtung und starb in hohem Alter. Er war ein Mann von edlem und gerechtem Charakter und ein echter Freund seines Volkes, dem er in den Ring-
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mauern Jerusalems ein dauerndes Denkmal hinterlassen hat. Das sind die Begebenheiten unter der Regierung des Xerxes.
SECHSTES KAPITEL Von Esther, Mardochaeus und Amanund wie unter Artaxerxes beinahe das ganze Volk der luden ausgerottet worden wäre.
1. Nach Xerxes' Tod ging die Regierung an seinen Sohn Cyrus über, den die Griechen Artaxerxes nennen. Wahrend dieser über die Perser herrschte, wäre beinahe das ganze Volk der Juden mit Weibern und Kindern dem Untergange verfallen gewesen. Die Ursache hiervon will ich gleich angeben. Vorher nämlich muss ich berichten, wie der König eine Jüdin aus königlichem Geschlechte zur Gemahlin nahm, von der erzählt wird, dass ,sie unser Volk gerettet habe. Als Artaxerxes den Thron bestiegen und die hundertsiebenundzwanzig Satrapen von Indien bis nach Äthiopien hin eingesetzt hatte, lud er im dritten Jahre seiner Regierung seine Freunde, die ihm untergebenen Perser und deren Fürsten ein und gab ihnen ein hundertachtzig Tage währendes Fest, wie es einem Könige geziemt, der seinen Reichtum zur Schau stellen will. Alsdann bewirtete er sieben Tage lang die fremden Völker und deren Gesandte in Susa. Das Gastmahl wurde folgendermaßen gehalten: Der König ließ ein Zelt errichten, dessen Gerüst aus goldenen und silbernen Säulen und dessen Bekleidung aus Leinwand und Purpur bestand. In diesem Zelte fanden viele Tausende Platz. Man bediente sich beim Mahle goldener, mit Edelsteinen besetzter Becher, die ebenso das Auge ergötzten als dem Ganzen zur Zierde gereichten. Den Dienern befahl der König, niemand durch öfteres Einschenken zum 1finken zu nötigen, wie das bei den Persern Sitte ist, sondern die Gäste ganz nach ihrem Gutdünken sich der Freude hingeben zu lassen. Im ganzen Lande sandte er Boten umher und ließ verkündigen, die Arbeit solle ruhen und eine Reihe von Tagen festlich begangen werden. Auch den Frauen gab die Königin Vaste im Palaste ein Fest. Da nun die Königin von hervorragender Schönheit war, wollte der König sie seinen Gästen zeigen und ließ ihr befehlen, zum Mahle zu kommen. Die Königin aber weigerte sich dessen, da die Gesetze der Perser den Fremden verbieten, Frauen des Landes zu betrachten, und so viele Verschnittene der König auch zu ihr sandte, blieb sie doch in ihren Gemä-
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ehern und weigerte sich zu kommen. Der König geriet hierüber in heftigen Zorn, beendete das Mahl, stand auf und beschied die sieben Perser zu sich, denen die Auslegung des Gesetzes oblag. Bei diesen klagte er seine Gattin an, ihn dadurch beleidigt zu haben, dass sie trotz seines öfteren Befehls, zum Gastmahle zu kommen, nicht ein einziges Mal erschienen sei. Er hieß sie daher ihm auslegen, was nach dem Gesetze gegen die Königin zu geschehen habe. Einer von den sieben, Machaeus mit Namen, erklärte, das Benehmen der Königin gereiche nicht nur dem Könige zur Schmach, sondern auch allen Persern, die dadurch in Gefahr kämen, von ihren Weibern missachtet zu werden. Denn nach dem Vorgange der Königin werde kein Weib mehr vor ihrem Gatten Ehrfurcht haben. Er legte deshalb dem König nahe, das widerspenstige Gebaren der Königin empfindlich zu bestrafen und allen seinen Untertanen das über sie verhängte Urteil bekannt zu machen. Demgemäß ward beschlossen, der König solle die Vaste verstoßen und ihren Rang einer anderen Frau verleihen. 2. Da aber der König die Vaste sehr liebte, konnte er sich in eine 'frennung von ihr schlecht schicken. Doch gab es nun des Gesetzes wegen für ihn keine Umkehr von dem Beschluss, und es blieb ihm nichts übrig, als sein Unglück, das er selbst gewollt hatte, zu beklagen. Als seine Freunde ihn so übel gelaunt sahen, rieten sie ihm, das Andenken an Vaste und an seine Liebe zu ihr, die ihm ja doch nichts nützen könne, ganz aufzugeben, dann aber im ganzen Lande die schönsten und anmutigsten Jungfrauen aufsuchen zu lassen und die liebreizendste von ihnen zur Ehe zu nehmen. Denn je rascher er eine neue Gattin heimführe, desto eher werde die Neigung zu seiner ersten Gemahlin in ihm erkalten und bald auf die andere sich übertragen. Dieser Rat gefiel dem Könige, und er gab daher den Auftrag, ihm die schönsten Jungfrauen aus seinem Reiche auszusuchen und zuzuführen. Unter den Erwählten befand sich auch ein Mädchen, welches verwaist war und zu Babyion von seinem Oheim Mardochaeus erzogen wurde. Letzterer war aus dem Stamme Benjamin und gehörte einer der vornehmsten jüdisehen Familien an. Esther (das war der Name der Jungfrau) zeichnete sich vor allen anderen durch Schönheit aus und zog durch ihre lieblichen Gesichtszüge aller Augen auf sich. Sie wurde einem Verschnittenen zur Wartung übergeben, der ihr die sorgfaltigste Pflege angedeihen ließ und sie mit Wohlgerüchen und kostbaren Salben im Überfluss versah. Dieselbe Pflege wurde auch den übrigen Mädchen, die im ganzen vierhundert an der Zahl waren, zuteil, und zwar sechs Monate lang. Als man nun nach Ablauf dieser Zeit die Jungfrauen für hinreichend vorbereitet hielt, beim Könige zu ru-
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hen, ließ man jeden Tag eine von ihnen mit dem Könige Gemeinschaft haben. Der aber schickte sie alle dem Verschnittenen wieder zurück. Als jedoch Esther zu ihm kam, hatte er Gefallen an ihr und ward von solcher Liebe zu ihr ergriffen, dass er sie zu seiner rechtmäßigen Gattin erkor und sich im siebenten Jahre seiner Regierung, im zwölften Monate, der Adar heißt, mit ihr vermählte. Alsdann sandte er Boten zu allen Völkerschaften, um ihnen seine Hochzeit anzukündigen. Die Perser aber und die Meder sowie die Vornehmsten der Völkerschaften bewirtete er aus diesem Anlass festlich einen ganzen Monat lang. Als nun seine neue Gemahlin in den Palast eingeführt war, setzte er ihr das Königsdiadem auf, und Esther wohnte von da an beim Könige, ohne ihm das Volk, dem sie entstammte, zu nennen. Thr Oheim zog dann ebenfalls von Babyion nac~ Susa, nahm dort seinen Wohnsitz und verkehrte täglich im Königspalaste, um sich nach dem Befinden der Esther zu erkundigen, da er sie wie seine Tochter liebte. 3. Um diese Zeit erließ der König ein Gesetz, dass niemand von seinen Untertanen ihm ungerufen nahen dürfe, wenn er auf dem Throne sitze. Infolgedessen umgab er sich mit Beilträgern, die jeden Übertreter des Gesetzes bestrafen sollten. Der König selbst hatte in seiner Hand einen goldenen Stab, den er, wenn er einen von denen, die ungerufen zu ihm kamen, retten wollte, gegen diesen ausstreckte. Wen er damit berührte, der war außer Gefahr. So viel mag hierüber genügen. 4. Einige Zeit darauf verschworen sich die beiden Verschnittenen Bagathous und Theodestes gegen den König. Barnabazus aber, der Diener des einen Verschnittenen, seiner Abstammung nach Jude, erhielt von der Verschwörung Kenntnis und meldete die Sache dem Oheim der Königin, der durch Esther dem Könige die Verschworenen anzeigte. Der König geriet in heftigen Schrecken, ließ eine Untersuchung anstellen und fand, dass die Anzeige auf Wahrheit beruhte. Alsdann ließ er die beiden Verschnittenen ans Kreuz schlagen; seinem Retter Mardochaeus aber gab er keine andere Belohnung, als dass er seinen Namen von den Chronisten in die Jahrbücher eintragen ließ, ihm im Königspalaste eine Wohnung anwies und ihn in die Zahl seiner vertrauten Freunde aufnahm. 5. Damals war es Sitte, dass Aman, dem Sohne des Amadathas, einem geborenen Amalekiter, sooft er sich zum Könige begab, sowohl von den Persern als auch von den Fremden die Ehrenbezeugung erwiesen werden musste, dass man sich vor ihm niederwarf: Es war dies auf einen Befehl des Artaxerxes zurückzuführen. Mardochaeus aber konnte es bei seiner Weisheit und seiner Achtung vor den Gesetzen seines Volkes nicht über sich
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bringen, einen Menschen also zu verehren. Aman, der sein Benehmen bemerkt hatte, erkundigte sich, woher er sei, und da er hörte, Mardochaeus sei Jude, geriet er in Zorn darüber, dass, obgleich die freien Perser ihm die Verehrung zollten, ein solcher Sklave sich dessen weigere. Um sich dafür an Mardochaeus zu rächen, hielt er es für zu wenig, nur die Bestrafung dieses einen Mannes zu fordern, sondern beschloss, das ganze Volk zu vernichten. Denn er trug auch von Hause aus den Juden großen Hass nach, da das Volk der Amalekiter, dem er entstammte, von ihnen ausgerottet worden war. Er begab sich also zum Könige und führte bei ihm Klage, es lel?e in seinem Reiche zerstreut ein verruchtes Volk, das sich ganz abgesondert und unvermischt erhalte und weder dieselben Götter wie seine übrigen Untertanen verehre, noch den Gesetzen gehorche, vielmehr infolge seiner Sitten und Einrichtungen sowohl dem persischen Volke als allen übrigen Menschen ein Dorn im Auge sei. »Willst du«, fuhr er fort, »deinen Untertanen eine Wohltat erweisen, so gib Befehl, dass dieses Volk völlig ausgerottet werde und nicht ein Einziger von ihm übrig bleibe, sei es auch nur als Sklave oder Kriegsgefangener. Damit dir jedoch kein Schaden daraus erwächst, erbiete ich mich, dir von meinem Vermögen vierzigtausend Talente Silber zu liefern, wohin du willst. Ich will mich gern dieser Summe entäußern, wenn nur das Reich von dieser Pestbeule befreit wird und Frieden genießen kann.« 6. Als Aman diese Bitte ausgesprochen hatte, hieß ihn der König sein Geld behalten und mit den Juden nach seinem Gutdünken verfahren. Aman, der so seinen Wunsch erfüllt sah, sandte sogleich im Namen des Königs an alle Völkerschaften ein Edikt folgenden Inhalts: »Der große König Artaxerxes an die einhundert siebenundzwanzig Satrapen von Indien bis nach Äthiopien. Da ich die Herrschaft über viele Völker und Länder errungen, jedoch nicht übermütig oder grausam, sondern mild und gütig mich gegen meine Untertanen bewiesen und ihnen Frieden und den Schutz der Gesetze verschafft habe, bin ich auch bemüht gewesen, ihnen alle diese Vorteile für immer zu sichern. Nun hat mich Aman, der wegen seiner Weisheit und Gerechtigkeit von mir in hohen Ehren gehalten wird und wegen seiner Treue und Anhänglichkeit mir besonders nahe steht, voll hingebender Sorgfalt darauf aufmerksam gemacht, dass mitten unter meinen Völkern ein feindseliges Volk lebt, das die Gesetze nicht beachtet, dem Könige nicht gehorcht, seiner eigenen Gebräuche sich bedient, unseren ganzen Staat hasst und heimtückische Pläne gegen uns hegt. Ich befehle daher, dass ihr die von meinem väterlichen Berater Aman bezeichneten Menschen mit Weib und Kind umbringt, ohne auch nur einen Einzigen zu verschonen,
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und dass ihr euch nicht durch Mideid verleiten lasst, meinem Befehl zuwiderzuhandeln. Dies soll geschehen am dreizehnten Tage des zwölften Monats im nächsten Jahre, damit unsere Feinde sämtlich an einem Tage umkommen, und wir in Zukunft vor ihnen sicher sind.« Als dieses Edikt im ganzen Lande bekannt gemacht worden war, traf man überall Vorkehrungen, um die Juden an dem festgesetzten Tage auszurotten, und auch in Susa rüstete man sich dazu. Inzwischen vergnügten sich der König und Aman mit Schmausereien und Zechgelagen, während die Stadt in Aufregung und Verwirrung sich befand. 7. Als Mardochaeus von dem Anschlage Kenntnis erhielt, zerriss er seine Kleider, hüllte sich in Lumpen, bestreute sich mit Asche und zog durch die Stadt, indem er ausrief, es solle ein Volk zugrunde gerichtet werden, das niemand ein Leid zugefügt habe. So kam er bis zum Königspalaste, vor dem er stehen blieb, da er in solchem Aufzug dort nicht eintreten durfte. Ebenso verfuhren auch die übrigen Juden in den Städten, wo das bezügliche Edikt verkündet worden war, und jammerten und wehklagten über das ihnen bevorstehende Schicksal. Als man nun der Königin meldete, in welch kläglichem Aufzuge Mardochaeus vor dem Palast stehe, schickte sie ihm in ihrer Aufregung darüber andere Kleider. Mardochaeus aber weigerte sich, die Lumpen abzulegen, weil das Leid, um dessetwillen er sie angezogen, noch nicht beendigt sei. Da beschied die Königin den gerade in ihrer Nähe befindlichen Verschnittenen Achratheus zu sich und schickte ihn zu Mardochaeus, um sich zu erkundigen, was ihm denn Trauriges zugestoßen sei, dass er so wehklage und sein Gewand selbst auf ihre Bitten nicht ablegen wolle. Mardochaeus erklärte dem Verschnittenen, die Ursache seines Schmerzes sei das gegen die Juden vom König erlassene Edikt und der Umstand, dass Aman dem Könige für die Ausrottung der Juden Geld versprochen habe. Dann übergab er ihm für Esther eine Abschrift des in Susa bekannt gemachten Ediktes und ließ sie bitten, sie solle sich beim Könige für ihr Volk verwenden und sich nicht schämen, für dessen Errettung demütig zu flehen, wodurch sie vielleicht den Untergang der Juden abwenden könne. Denn Aman, die rechte Hand des Königs, habe die Juden so verleumdet, dass der König heftigen Zorn gegen sie hege. Als Esther dies vernahm, ließ sie dem Mardochaeus sagen, sie sei schon lange nicht mehr zum Könige beschieden worden, und jeder, der ungerufen zu ihm hingehe, müsse sterben, wenn der König ihm nicht den goldenen Stab entgegenstrecke. Mardochaeus ließ ihr entgegnen, sie dürfe nicht so sehr auf ihr eigenes Wohlergehen bedacht sein, als vielmehr auf die Rettung ihres ganzen Vol-
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kes. Wenn sie das nicht tue, werde Gott zwar sein Volk auch zu retten wissen, sie selbst aber werde dann mit ihrem Hause von denen zugrunde gerichtet werden, um die sie sich nicht kümmern wolle. Darauf ließ ihm Esther durch denselben Diener sagen, er solle sich nach Susa begeben, alle dort befindlichen Juden zusammenberufen und ein dreitägiges Fasten fur sie anordnen, während welcher Zeit sie sich von Speise und 1fank völlig enthalten möchten. Dasselbe wolle auch sie mit ihren Mägden tun und dann trotz des Gesetzes zum Könige gehen, selbst wenn sie dafür den Tod erleiden müsse. 8. Mardochaeus ordnete nach Esthers Befehl das Fasten an und flehte mit dem Volke zu Gott, er möge sie nicht zugrunde gehen lassen, sondern sie vom Verderben erretten, wie er auch früher so oft für sie gesorgt und ihnen ihre Sünden verziehen habe. Denn nicht durch eigene Schuld sei das Volk in Gefahr geraten, sondern er allein habe den Zorn Amans erregt, weil er ihm nicht dieselbe Ehrenbezeugung wie Gott dem Herrn habe erweisen wollen. Deshalb sei Aman so sehr gegen die aufgebracht, die nichts gegen Gottes Gesetz sich hätten zuschulden kommen lassen. Auch das ganze Volk rief flehentlich zu Gott, er wolle ihm gnädig sein und alle Israeliten im Lande vor dem ihnen drohenden Unheil bewahren. Letzteres nämlich schwebte ihnen beständig vor Augen und rückte immer näher heran. Esther warf sich gleichfalls zur Erde, legte ein 1fauergewand an, enthielt sich drei Tage lang der Nahrung und jeglicher Erholung, und flehte inbrünstig zu Gott, er möge sich ihrer erbarmen und ihrer demütigen Bitte beim Könige die Kraft der Überzeugung, ihrer Gestalt aber noch mehr Liebreiz als früher verleihen, damit sie durch diese beiden Mittel den etwaigen Zorn des Königs beschwichtigen und ihre Landsleute aus der ihnen drohenden Gefahr erretten könne. Gott möge auch dem Könige Hass gegen die einflößen, die den Juden feindlich gesinnt seien und ihnen, wenn der König auf seiner schlechten Meinung von ihnen beharre, in kurzem den Untergang bereiten würden. 9. Nachdem Esther so drei Tage lang im Gebet vor Gott verharrt hatte, legte sie das 1fauerkleid ab und ein anderes an, schmückte sich, wie es einer Königin ansteht, und begab sich in Begleitung zweier Dienerinnen, auf deren eine sie sich leicht stützte, während die andere ihr folgte und die Schleppe ihres Gewandes trug, zum Könige. Ihre Wangen färbte eine anmutige Röte, und ihre ganze Gestalt atmete Liebreiz und königliche Majestät Voll Angst trat sie beim Könige ein, und als sie ihn in seinem Prunkgewand, das aus verschiedenfarbigen Stoffen, Gold und Edelsteinen gewirkt war, auf dem Throne sitzen sah, kam er ihr schon deshalb furchtbarer vor. Wie er sie
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nun auch noch grimmig und mit vor Zorn gerötetem Gesicht anschaute, verlor sie aus Angst die Besinnung und sank lautlos ihren Dienerinnen in die Arme. Da veränderte sich, durch Gottes Fügung, wie ich glaube, plötzlich die Gesinnung des Königs, und voll Besorgnis, es möchte ihr etwas Schlimmes widerfahren sein, sprang er vom Throne auf, umarmte sie und redete ihr mit zärtlichen Worten zu, sie möge nur getrost sein und nichts Übles befürchten, wenn sie auch ungerufen zu ihm gekommen sei. Das Gesetz sei ja bloß für seine Untertanen gegeben, während die Königin, die mit ihm die gleiche Würde bekleide, sich daran nicht zu stören brauche. Wahrend er so sprach, gab er ihr sein Zepter in die Hand und berührte dem Gesetze gemäß mit dem Stabe ihren Nacken, um ihr alle Furcht zu benehmen. Als Esther nun wieder zu sich gekommen war, sprach sie: »Herr, ich kann dir nicht sagen, was mir da so plötzlich angekommen ist. Als ich dich in deiner Macht, Majestät und Furchtbarkeit erblickte, verließ mich meine Kraft, und es entschwanden mir die Sinne.« Diese Worte brachte sie mühsam und mit schwacher Stimme hervor, was den König nur noch mehr ängstigte und verwirrte, sodass er Esther ermunterte, sie solle Mut fassen und überzeugt sein, dass er ihr die Hälfte seines Reiches geben werde, wenn sie es wünsche. Esther bat jedoch nur, er möge mit seinem Vertrauten Aman bei ihr speisen, da sie ihnen ein Mahl habe bereiten lassen. Der König gewährte ihr sogleich die Bitte, und als sie zu Tische saßen, forderte er Esther auf, ihm zu sagen, was sie begehre. Denn alles wolle er ihr gewähren, und wenn sie die Hälfte seines Reiches verlange. Esther aber erklärte ihm, sie ziehe es vor, ihren Wunsch für den folgenden Tag aufzusparen, wenn er dann wieder mit Aman bei ihr speisen wolle. 10. Der König versprach das, und Aman entfernte sich in heller Freude darüber, dass er allein mit dem Könige von Esther zur Tafel gezogen worden war, da sonst niemand einer derartigen Ehre gewürdigt wurde. Als er aber vor der Tür den Mardochaeus erblickte, der ihm, wie gewöhnlich, keine Ehrenbezeugung erwies, geriet er in heftige Aufregung. Zu Hause angelangt, beschied er sein Weib Zaraza und seine Freunde zu sich und erzählte ihnen, welche Ehre er beim Könige und der Königin genossen habe, da er allein mit dem Könige von Esther zur Tafel gezogen worden und auch für den folgenden Tag wieder eingeladen sei. Aber das alles könne ihm keine Freude machen, so lange er den Juden Mardochaeus vor der Tür des Palastes stehen sehe. Da riet ihm Zaraza, er solle einen fünfzig Ellen hohen Balken herrichten lassen und am anderen Morgen vom Könige erwirken, dass Mardochaeus ans Kreuz geschlagen würde. Dieser Vorschlag gefiel ihm
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über die Maßen, und er befahl sogleich seinen Dienern, einen solchen Balken herzurichten und ihn im Hofe aufzustellen, um den Mardochaeus daran hinzurichten. Das geschah denn auch sofort. Gott aber machte die frevelhafte Hoffnung Amans zuschanden, denn er kannte die Zukunft und wusste, was ihm bevorstand. Den König nun floh in der folgenden Nacht der Schlaf, und da er die Zeit nicht müßig verbringen wollte, beschloss er, sich etwas mit der Geschichte seines Reiches zu befassen, und befahl daher seinem Schreiber, die Chronik seiner Vorfahren herbeizuholen und ihm daraus vorzulesen. Als dieser nun las, kam er zuerst auf jemand, der wegen einer hervorragenden Tat die Verwaltung einer Provinz erhalten hatte. Der Name der Provinz war mit aufgezeichnet. Dann las er von einem anderen, dem für bewiesene 'freue ein Geschenk zu teil geworden war, und daran schloss sich die Geschichte von der Verschwörung Bagathous' und Theodestes' gegen den König, die Mardochaeus aufgedeckt hatte. Als nun der Schreiber schnell zu einem anderen Kapitel übergehen wollte, unterbrach ihn der König und fragte, ob da nichts von einer Belohnung geschrieben stehe, die Mardochaeus erhalten habe. Der Schreiber verneinte dies; der König aber hieß ihn aufhören und fragte die Wachter, welche Zeit in der Nacht es sei. Und als er hörte, es sei bereits Morgen, befahl er, ihm zu melden, wenn etwa einer seiner Freunde schon vor dem Tore sei. Es traf sich nun, dass Aman gerade da war; denn er war früher als sonst gekommen, um für Mardochaeus die Todesstrafe zu begehren. Als daher die Diener dem Könige meldeten, Aman sei im Hofe, ließ er ihn zu sich rufen und sprach zu ihm: »Da ich deine gute Gesinnung gegen mich besonders erprobt habe, so gib mir einen Rat, wie ich den meinem Range entsprechend ehren soll, den ich liebe.« Aman, der nicht anders glaubte, als dass es sich um ihn selbst handle, da er ja vom Könige besonders geliebt wurde, entgegnete, er halte es für das Beste, wenn der König den Mann, den er liebe und besonders ehren wolle, zu Pferde steigen lasse, bekleidet mit königlichen Gewändern und mit goldener Halskette angetan. Dann solle einer der Vertrauten des Königs durch die ganze Stadt vor ihm herschreiten und ausrufen: »SO wird der geehrt, den der König ehren will!« Aman aber machte diesen Vorschlag, weil er glaubte, ihm selbst sei diese Belohnung zugedacht. Der König jedoch, dem der Vorschlag gefiel sprach zu ihm: »Geh also hin, nimm das Pferd, das Gewand und die Kette, suche den Juden Mardochaeus auf, tu mit ihm, wie du vorgeschlagen hast und schreite vor ihm her, um seine Ehrung auszurufen. Du bist ja mein vertrauter Freund und sollst ausführen, was du mir geraten hast. Mardochaeus aber soll so geehrt werden, weil er mir das
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Leben gerettet hat.« Aman, über diesen uneIWarteten Befehl bestürzt und völlig fassungslos, ging mit dem Pferde, dem Purpur und der Kette hinweg und traf den Mardochaeus vor dem Tore mit einem Sacke bekleidet. Diesen hieß er ihn ausziehen und das Purpurgewand anlegen. Mardochaeus aber, der den wahren Sachverhalt nicht kannte und an Spott dachte, rief ihm zu: »0 schändlichster aller Menschen, so willst du uns also in unserem Leid auch noch verhöhnen und verspotten?!« Als Aman ihm jedoch versicherte, der König habe ihm diese Belohnung daftir zuerkannt, dass er ihm durch Aufdeckung der Verschwörung der beiden Verschnittenen das Leben gerettet habe, legte er den Purpur an, den sonst nur der König zu tragen pflegte, hing sich die Kette um den Hals, stieg zu Pferde und ritt durch die ganze Stadt, wobei Aman voranschritt und ausrief, diese Ehre erlange vom Könige der, den dieser liebe und den er ehren wolle. Als sie so die ganze Stadt durchzogen hatten, begab sich Mardochaeus zum Könige; Aman aber kehrte niedergeschlagen nach Hause zurück und erzählte unter Tränen seiner Gattin und seinen Freunden, was ihm widerfahren war. Diese meinten, er werde sich wohl an Mardochaeus nicht rächen können, da Gott mit ihm sei. 11. Während sie sich hierüber noch unterhielten, kamen Esthers Verschnittene, um den Aman zum Mahle zu rufen. Einer von ihnen, Sabuchadas mit Namen, sah im Hofe Amans das Kreuz errichtet, das ftir Mardochaeus bestimmt war, und erkundigte sich bei einem der Diener, ftir wen dasselbe aufgestellt sei. Als er nun hörte, es sei für den Oheim der Königin bestimmt, dessen Hinrichtung Aman vom Könige begehren wolle, schwieg er. Der König begab sich also mit Aman zum Mahle und bat die Königin, ihm zu sagen, welche Gnade sie von ihm begehre; sie solle alles erhalten, was sie verlange. Da begann Esther die Gefahr, in der ihr Volk schwebe, zu beklagen und erklärte, sie sei jetzt mit ihrem ganzen Volke dem Untergange geweiht und wolle daher für ihre Landsleute das Wort ergreifen. Sie würde ihn nicht belästigt haben, wenn er sie in bittere Knechtschaft verkauft hätte, denn das sei das geringere Übel. Doch bitte sie ihn flehentlich, sie vom Verderben zu eITetten. Als nun der König sie fragte, wer das denn angeordnet habe, klagte sie offen den Aman an und beschuldigte ihn, aus Bosheit solche Anschläge gegen die Juden ersonnen zu haben. Der König erhob sich darauf im höchsten Zorn vom Tische und stürzte in den Garten hinaus; Aman aber bat Esther flehentlich, ihm zu verzeihen, da er wohl einsah, welche Gefahr ihm drohte. Wie er sich nun auf das Lager der Königin warf, um seine Bitte anzubringen, trat der König plötzlich wieder ein und rief bei diesem Anblick ergrimmt aus: »0 du verruchtester aller Menschen, willst du
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meiner Gattin Gewalt antun?!« Aman erstarrte vor Schrecken und wusste kein Wort zu erwidern. Da trat der Verschnittene Sabuchadas ein und warf dem Aman vor, er habe in dessen Hof ein Kreuz errichtet gesehen, um den Mardochaeus daran zu schlagen; das habe ihm der Diener gesagt, als er mit der Einladung zum Mahle dorthin gekommen sei. Das Kreuz habe eine Höhe von fünfzig Ellen. Als der König dies hörte, beschloss er, dem Aman dieselbe Strafe aufzuerlegen, die dieser dem Mardochaeus zugedacht hatte, und befahl daher, ihn sogleich an jenes Kreuz zu schlagen. Hieraus kann man wieder einmal ersehen, wie wunderbar Gott waltet und wie weise und gerecht er ist, da er nicht bloß Amans Verruchtheit strafte, sondern auch dieselbe Strafe, die er gegen einen anderen ersonnen hatte, über ihn verhängte und so den Menschen den Beweis dafür lieferte, dass derjenige, der gegen andere heimtückische Anschläge plant, sich gewöhnlich in seiner eigenen Schlinge fangt. 12. So kam Aman um, weil er das Ansehen, welches er beim Könige genoss, missbraucht hatte. Sein Vermögen aber schenkte Artaxerxes der Königin. Dann ließ er den Mardochaeus zu sich rufen (die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm hatte Esther inzwischen ihrem Gatten erklärt) und übergab ihm den Ring, den er früher dem Aman geschenkt hatte. Die Königin aber schenkte ihm alle Besitzungen Amans und bat den König, er möge nun auch das Volk der Juden von der Todesangst befreien, die das im ganzen Lande umhergesandte Rundschreiben Amans, des Sohnes des Amadathas, ihnen eingeflößt habe. Denn wenn ihr Vaterland verwüstet würde und ihre Landsleute zugrunde gingen, wolle auch sie nicht länger leben. Der König versprach ihr, nichts geschehen zu lassen, was ihr missfallen könne oder gegen ihren Willen sei. Sie solle in Betreff der Juden nur alles in seinem Namen schreiben, was sie für gut finde, das Schreiben mit seinem Siegel versehen und es im ganzen Reiche veröffentlichen. Denn niemand, der einen mit des Königs Siegel versehenen Brief lese, werde demselben entgegenzuhandeln wagen. Esther ließ also die königlichen Schreiber kommen und befahl ihnen, zugunsten der Juden an alle Völkerschaften und an die hundertsiebenundzwanzig Satrapen der Provinzen von Indien bis nach Äthiopien hin, sowie an die Statthalter und Fürsten folgendermaßen zu schreiben: »Der große König Artaxerxes entbietet den Fürsten und allen, die zu ihm halten, seinen Gruß. Viele, denen von ihrem Könige große Wohltaten erwiesen und Ehrenstellen zugeteilt wurden, wagen nicht nur ihre Untergebenen ungerecht zu behandeln, sondern scheuen sich auch nicht, gegen ihre Wohltäter selbst Ränke zu schmieden, und beweisen sich so
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höchst undankbar. Übermütig infolge des ihnen unerwartet zuteil gewordenen Glückes, freveln sie gegen die Urheber desselben und glauben, dass so etwas Gott verborgen bleiben könne und sie seiner Rache entschlüpfen würden. Einige aus diesen, die von dem ihnen befreundeten Herrscher mit der Verwaltung hoher Ämter betraut waren und gegen einzelne Menschen einen persönlichen Hass trugen, hintergingen sogar ihre Gönner und bewirkten durch falsche Beschuldigungen und Verleumdungen, dass deren Zorn sich gegen Unschuldige richtete und diese dem Untergang weihte. Das sind nicht etwa Begebenheiten aus alter Zeit oder solche, die nur vom Hörensagen bekannt geworden sind, sondern vor unseren Augen sind solche Freveltaten mit großer Tollkühnheit begangen worden, weshalb ich beschlossen habe, Verleumdungen, falschen Anschuldigungen und fremden Einflüsterungen in Zukunft kein Gehör zu geben, sondern nur danach zu urteilen, was klar zutage liegt, und Belohnungen wie Bestrafungen nur nach wirklichem Verdienst, nicht aber auf irgendeine Fürsprache hin eintreten zu lassen. So konnte auch Aman, der Sohn des Amadathas, ein Amalekiter, also nicht von persischer Abstammung, der hier als Gastfreund mit höchster Achtung behandelt wurde und es sogar dahin brachte, dass er mein Vater genannt, von allen mit Kniebeugung begrüßt wurde und königliche Ehrenbezeugungen neben mir genoss, sein Glück nicht ertragen, noch sich weise Mäßigung auferlegen, sondern unternahm es, mir, dem er seine Macht verdankte, Leben und Herrschaft zu rauben und meinen Retter Mardochaeus sowie meine Gefährtin im Leben und auf dem Throne, die Königin Esther, hinterlistig aus dem Wege zu räumen. Indem er mich so meiner Freunde berauben wollte, hatte er vor, die oberste Gewalt einem anderen zu übertragen. Da ich nun aber überzeugt bin, dass die Juden, denen er den Untergang bereiten wollte, keine Verbrecher sind, sondern nach sehr guten Gesetzen leben und den Gott verehren, der mir und meinen Vorfahren die Herrschaft gesichert hat, so befreie ich sie nicht allein von der Strafe, die das Rundschreiben Amans über sie verhängte, sondern verleihe ihnen auch alle Rechte und befehle, dass derjenige, der sich etwas gegen sie zuschulden kommen lässt, vor den Toren von Susa mit seiner ganzen Familie gekreuzigt werden soll. Möge er dann wissen, dass es der allgegenwärtige Gott ist, der diese Strafe über ihn verhängt hat. Euch aber befehle ich, dass ihr Abschriften dieses Briefes an allen Orten meines Reiches verbreitet, und dass ihr die Juden nicht nur nach ihren Gesetzen in Frieden leben lasst, sondern sie auch unterstützt, wenn sie sich an denen rächen wollen, die ihnen unrecht getan haben. Das soll an dem Tage geschehen, den Gott ih-
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nen von jetzt ab statt eines Unglückstages zum Freudentage bestimmt hat, nämlich am dreizehnten Tage des zwölften Monats, welcher Adar heißt. Dieser Tag soll auch allen denen, die eine gute Gesinnung gegen mich hegen, ein Tag der Freude sein, allen denen aber, die Unheil brüten, ein Tag der Rache. Ich will, dass jedem Volke und jeder Stadt bekannt gegeben werde, wie sie, falls sie den in meinem Schreiben enthaltenen Befehlen nicht nachkommen, Vertilgung mit Feuer und Schwert zu gewärtigen haben. Dieses Edikt soll in allen Ländern meines Reiches verlesen werden, und alle Juden sollen sich an jenem bestimmten Tage bereithalten, an ihren Feinden Rache zu nehmen.« 13. Die reitenden Boten, welche den Brief überbringen sollten, machten sich sogleich auf den Weg und legten diesen bald zurück. Als nun die Juden in Susa den Mardochaeus im königlichen Kleide, mit der goldenen Krone und der Halskette erblickten und sahen, wie der König ihn ehrte, nahmen sie an seinem Glücke teil. Noch höher stieg der Jubel als die Juden in den Städten und Provinzen das Edikt des Königs vernahmen. Ja, es nahmen sogar viele andere Völkerschaften aus Furcht vor den Juden die Beschneidung an, um sich so größere Sicherheit zu verschaffen. Denn am dreizehnten Tage des zwölften Monats, der bei den Juden Adar, bei den Makedoniern aber Dystros heißt, sollten die Juden, wie die Boten des Königs verkündigt hatten, da ihnen selbst an diesem Tage der Untergang bevorgestanden, ihre Feinde umbringen dürfen. Die Juden standen jetzt bei Satrapen, Königen, Fürsten und Schreibern in hohen Ehren; denn man fürchtete den Mardochaeus und legte sich deshalb Mäßigung auf. Als nun der Erlass des Königs in allen Provinzen bekannt gemacht war, töteten in Susa allein die Juden gegen fünfhundert ihrer Feinde. Der König teilte die Zahl der in der Stadt Getöteten seiner Gemahlin mit, fügte auch hinzu, er habe noch keine Kunde davon, wie es in den Provinzen zugegangen, und fragte sie, ob sie sonst noch etwas wünsche, weil das sofort ausgeführt werden solle. Esther bat ihn darauf, er möge den Juden gestatten, auch noch am folgenden Tage ihre Feinde umzubringen und die zehn Söhne Amans ans Kreuz zu schlagen. Auch dies gestand der König den Juden zu, weil er der Esther nichts abschlagen wollte. Die Juden rotteten sich daher am vierzehnten Tage des Monats Adar wieder zusammen und töteten noch gegen dreihundert ihrer Feinde, ohne jedoch von deren Besitztümern etwas anzugreifen. Die Juden, welche in den Provinzen und in den übrigen Städten lebten, brachten fünfundsiebzigtausend ihrer Gegner um, und da das am dreizehnten Tage des Monats geschah, begingen sie den vierzehnten festlich; die
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Juden in Susa aber fügten auch noch den fünfzehnten als Festtag hinzu. Daher kommt es, dass noch heute auf dem ganzen Erdkreise die Juden diese beiden Tage festlich begehen und sich gegenseitig an denselben bewirten. Mardochaeus nämlich schrieb an alle Juden, die im Reiche des Artaxerxes lebten, sie sollten die beiden Tage feiern und diese Gewohnheit auch ihren Nachkommen hinterlassen, damit das Fest für alle Zukunft begangen werde und nicht in Vergessenheit gerate. Denn da ihnen an diesen beiden Tagen von Aman der Untergang zugedacht gewesen sei, müssten sie, wenn sie recht handeln wollten, jetzt, da sie von der ihnen drohenden Gefahr befreit wären und sich an ihren Feinden gerächt hätten, dieselben festlich begehen und Gott danken. Deshalb feiern die Juden die erwähnten Tage und nennen sie Phruraeische Tage.* Mardochaeus aber blieb beim Könige in hohen Ehren und teilte mit ihm die Herrschaft, auch verkehrte er stetig bei der Königin. Daher kam es, dass die Verhältnisse der Juden sich günstiger gestalteten, als diese erwartet hatten. Das sind die Begebenheiten unter dem Könige Artaxerxes.
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SIEBENTES KAPITEL Wie Joannes seinen Bruder Jesus im Tempel erschlug und wie Bagoses dafür die Juden hart bedrückte. Sanaballetes.
1. Als der Hohepriester Eliasib gestorben war, folgte ihm in der Würde sein Sohn Judas, und als auch dieser aus dem Leben schied, dessen Sohn Joannes, der Veranlassung dazu gab, dass Bagoses, der Feldherr des anderen Artaxerxes, den Tempel entweihte und den Juden eine Abgabe in der Weise auferlegte, dass sie, bevor sie die täglichen Opfer darbrachten, für jedes Lamm fünfzig Drachmen aus öffentlichen Mitteln entrichten mussten. Der Hergang war folgender: Joannes hatte einen Bruder Jesus, dem sein Freund Bagoses versprochen hatte, ihm das Hohepriesteramt zu verschaffen. Im Vertrauen auf dieses Versprechen fing Jesus mit seinem Bruder Joannes im Tempel Streit an und reizte diesen so sehr, dass er ihn im Zorne erschlug. Das war umso freventlicher von Joannes gehandelt, als er selbst das Hohepriesteramt bekleidete, und umso schrecklicher, weil weder bei * Purimfest.
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den Griechen noch bei den Barbaren je eine so gottlose und verruchte Tat begangen worden war. Deshalb ließ auch Gott es zu, dass um dieser Ursache willen das Volk geknechtet und der Tempel von den Persern entheiligt wurde. Denn sobald Bagoses, der Heerführer des Artaxerxes, erfahren hatte, der jüdische Hohepriester Joannes habe seinen Bruder im Tempel getötet, begab er sich unverzüglich mitten unter die Juden und rief ihnen entrüstet zu: »SO habt ihr also in eurem eigenen Heiligtum einen Mord zu vollbringen gewagt!« Als er nun in den Tempel eintreten wollte, suchte man ihn zurückzuhalten. Er aber wandte sich zu ihnen und sprach: »Bin ich denn nicht reiner als der Mensch, der im Tempel den Mord begangen hat?« Und mit diesen Worten betrat er den Tempel. Der an Jesus begangene Mord bot nun Bagoses eine willkommene Veranlassung, die Juden sieben Jahre lang zu bedrücken. 2. Nach dem Tode des Joannes erhielt sein Sohn Jaddus die Hohepriesterwürde. Dieser hatte einen Bruder mit Namen Manasses, dem der vom letzten Darius nach Samaria gesandte Satrap Sanaballetes, ein Chuthäer (von denen bekanntlich die Samariter abstammen), bereitwillig seine Tochter Nikaso zur Ehe gegeben hatte. Denn da er sah, dass Jerusalem eine berühmte Stadt war und die Könige derselben den Assyriern und den Bewohnern von Colesyrien viel zu schaffen gemacht hatten, glaubte er mit dieser Heirat ein Unterpfand dafür zu erhalten, dass das ganze Volk der Juden ihm eine wohlwollende Gesinnung bewahre.
ACHTES KAPITEL Wie Sanaballetes und Manasses auf dem Berge Garizin einen Tempel erbauten. Wie Alexander in Jerusalem einzog, und welche Wohltaten er den Juden erwies. 304
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1. Um diese Zeit wurde der Makedonierkönig Philippus von Pausanias, der ein Sohn des Kerastos war und aus dem Geschlechte des Orestes stammte, zu Aegaeae meuchlings ermordet. Thm folgte sein Sohn Alexander, der über den Hellespont zog und die Heerführer des Darius am Granikus besiegte. Dann griff er Lydien an, unterwarf Ionien, zog durch Karien und fiel in Pamphylien ein, wie dies anderswoher bekannt ist. 2. Die Ältesten zu Jerusalem aber die es nicht ertragen konnten, dass der mit einer Ausländerin vermählte Bruder ihres Hohepriesters Jaddus Anteil
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an der Priesterwürde haben sollte, erregten gegen diesen einen Aufruhr. Denn sie hielten dafür, seine Ehe werde denen, die gegen die Ehegesetze verstoßen wollten, ein Vorwand sein, um sich mit Ausländerinnen vermählen zu können. Waren doch die Übertretung der Ehegesetze und die Heiraten mit fremden Weibern die Ursache ihrer früheren Gefangenschaft und ihres vielen Leides gewesen. Sie verlangten daher von Manasses, er solle entweder sich von seinem Weibe trennen, oder nie mehr den Altar betreten. Da nun der Hohepriester in gleicher Weise wie das Volk hierüber unwillig war und seinem Bruder den Zutritt zum Altare verbot, begab sich Manasses zu seinem Schwiegervater Sanaballetes und erklärte ihm, er liebe zwar seine Tochter Nikaso sehr, doch wolle er um ihretwillen der priesterlichen Wurde, die bei seinem Volke in hohem Ansehen stehe und bei derselben Familie verbleibe, nicht verlustig gehen. Darauf versprach ihm Sanaballetes, er werde, wenn Manasses seine Tochter als Gattin behalten wolle, ihm nicht nur die Priesterwürde sichern, sondern ihn auch zum Hohepriester und Präfekten des von ihm selbst verwalteten Landes machen. Ferner werde er auf dem Berge Garizin, dem höchsten in Samaria, einen Tempel erbauen, der dem zu Jerusalern gleich sein solle, und zwar mit Zustimmung des Königs Darius. Durch diese Versprechungen angelockt, blieb Manasses bei Sanaballetes in der Hoffnung, von des Darius Gnade das Hohepriesteramt zu erhalten; denn Sanaballetes war schon alt. Da es nun noch viele Priester und Israeliten gab, die solche Ehen eingegangen waren, entstanden zu Jerusalem nicht geringe Unruhen: denn sie alle gingen zu Manasses über und wurden von Sanaballetes mit Geld, Ackerland und Bauplätzen unterstützt, weil dieser seinem Schwiegersohn gern jede Gefcilligkeit erwies. 3. Als um diese Zeit Darius die Nachricht erhielt, Alexander habe den Hellespont überschritten, seine Feldherren am Granikus geschlagen und dringe nun weiter vor, bot er seine ganze Streitmacht an Reiterei und Fußsoldaten auf, um den Makedoniern entgegenzutreten, ehe sie ganz Asien unterworfen hätten. Er setzte dann über den Euphrat, überschritt das Taurusgebirge in Cilicien und erwartete die Feinde noch innerhalb der Grenzen dieses Landes, um ihnen hier eine Schlacht zu liefern. Sanaballetes freute sich über den Zug des Darius und verhieß dem Manasses die Erfüllung seines Versprechens, sobald Darius die Feinde besiegt habe und zurückkehre. Er war nämlich wie alle anderen in Asien der festen Überzeugung, die Makedonier würden den Kampf mit den Persern wegen deren Übermacht nicht wagen. Doch es kam ganz anders, als sie erwartet hatten. Denn der König wurde von den Makedoniern geschlagen, verlor einen gro-
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ßen Teil seines Heeres und musste, nachdem seine Mutter, seine Gattin und seine Kinder in Gefangenschaft geraten waren, nach Persien fliehen. Alexander zog nun nach Syrien, nahm Damaskus ein, bemächtigte sich Sidons, belagerte 1}rrus und sandte ein Schreiben an den Hohepriester der Juden, worin er verlangte, dieser solle ihm Hilfstruppen schicken, seinem Heere Lebensmittel liefern und alle Abgaben, die er früher dem Darius geleistet, nunmehr ihm entrichten. Dann werde er die Freundschaft der Makedonier gewinnen und seine Bereitwilligkeit nicht zu bereuen haben. Da aber der Hohepriester den Überbringern des Schreibens zur Antwort gab, er habe sich dem Darius gegenüber eidlich verpflichtet, nie die Waffen gegen ihn zu ergreifen, und er werde, solange Darius am Leben sei, diesen Eid nicht brechen, geriet Alexander in Zorn. Gleichwohl beschloss er, von 1}rrus, dessen Fall jeden Augenblick erfolgen konnte, nicht abzuziehen, ließ aber dem Hohepriester drohen, er werde, sobald Tyrus erobert sei, sein Heer gegen ihn führen und an seinem Beispiele den anderen zeigen, wem sie ihre Eide zu halten hätten. Dann verschärfte er die Belagerung und nahm endlich 1}rrus ein, ordnete die Verwaltung der Stadt und zog nach Gaza, dessen unter dem Befehle von Babemeses stehende Besatzung er belagerte. 4. Jetzt hielt Sanaballetes den richtigen Zeitpunkt für gekommen, sein Vorhaben auszuführen. Er fiel also von. Darius ab, bot achttausend seiner Untergebenen auf, stieß mit denselben zu Alexander, der sich gerade zur Belagerung von 1}rrus anschickte, und erklärte ihm, er wolle die von ihm verwalteten Landesteile übergeben und Alexander gern anstatt des Darius als seinen Herrn anerkennen. Da nun der König ihn gnädig aufnahm, fasste Sanaballetes Mut und sprach von seinem eigentlichen Vorhaben, indem er berichtete, er habe einen Schwiegersohn Manasses, den Bruder des jüdischen Hohepriesters Jaddus, und es befanden sich bei ihm noch viele Juden, die gern in seiner Provinz einen Tempel bauen möchten. Das könne aber dem Könige nur von Vorteil sein, da so die Kräfte der Juden zersplittert würden, während dieses Volk, wenn es zusammenhalte und einig sei, den Königen viel zu schaffen machen könne, wie es dies schon den Königen der Assyrier gegenüber bewiesen habe. Als Alexander darauf seine Einwilligung gab, baute Sanaballetes den Tempel in aller Eile, setzte Manasses als Priester ein und glaubte dadurch den Kindern seiner Tochter eine besondere Ehre verschafft zu haben. Inzwischen verflossen sieben Monate bei der Belagerung von 1}rrus und zwei Monate bei der von Gaza. Da starb Sanaballetes, und Alexander zog nach der Eroberung von Gaza sogleich auf Jerusalem zu. Als der Hohepriester Jaddus davon Kunde erhielt, befiel ihn
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große Angst und arge Verlegenheit, wie er den Makedoniern entgegentreten sollte, da der König wegen seiner früheren Absage so sehr gegen ihn erzürnt war. Er schrieb daher dem Volke Gebete vor, brachte Opfer dar und flehte zu Gott, dass er sein Volk beschützen und aus der drohenden Gefahr erretten möge. Als er nun nach dem Opfer sich zur Nachtruhe begeben hatte, ermutigte ihn Gott im Traume, er solle nur getrost sein, die Stadt bekränzen und die Tore öffnen lassen. Die Einwohner sollten alsdann in weißen Gewändern, er selbst aber mit den Priestern in feierlichem Ornat dem Könige entgegenziehen und nichts Schlimmes befürchten, da er für sie sorgen werde. Als Jaddus vom Schlafe erwacht war, freute er sich sehr und teilte in seiner Freude allen mit, was ihm im Schlafe aufgetragen worden war. Dann bereitete er sich auf die Ankunft des Königs vor. 5. Als er nun vernahm, der König sei nicht mehr weit von der Stadt entfernt, schritt er mit den Priestern und dem gesamten Volke in feierlichem, bei anderen Völkerschaften unbekannten Aufzuge aus der Stadt bis zu einem Orte, der Sapha heißt. Dieser Name bedeutet auf Griechisch so viel als »Warte«; man kann nämlich von hier aus ganz Jerusalem nebst dem Tempel überblicken. Die dem Könige folgenden Phöniker und Chaldäer glaubten nun bestimmt, Alexander werde in seinem Zorn ihnen erlauben, die Stadt zu plündern und den Hohepriester umzubringen. Doch es geschah das gerade Gegenteil. Sobald nämlich Alexander von fern die Menge in ihren weißen Kleidern, die Priester in ihren Byssusgewändern und den Hohepriester mit dem Kleide aus Hyacinth und Gold, dem Kopfbunde und der goldenen Platte, auf welcher der Name Gottes eingraviert war, erblickte, eilte er allein herbei, bewies dem Namen seine Verehrung und begrüßte den Hohepriester zuerst. Und da nun auch die Juden insgesamt wie aus einem Munde den Alexander bewillkommten und umringten, gerieten die Könige von Syrien und die Übrigen in Erstaunen und glaubten, der König sei seiner Sinne nicht mehr mächtig. Parmenion allein fasste sich ein Herz, schritt auf Alexander zu und fragte ihn, weshalb er, den alle Welt verehre, sich vor dem jüdischen Hohepriester niederwerfe. Der König entgegnete ihm darauf: »Nicht ihn habe ich angebetet, sondern Gott, dessen höchste Priesterwürde er bekleidet. Diesen Hohepriester habe ich in demselben Gewande schon im Traume gesehen, als ich zu Dios in Makedonien mich befand. Und da ich schon überlegte, wie ich Asien unterjochen könne, riet dieser mir, nicht zu zögern, sondern wacker überzusetzen. Er selbst werde meinem Heere voranschreiten und mir die Herrschaft über die Perser verschaffen. Weil ich nun noch keinen anderen Menschen in einem solchen Gewande
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gesehen habe, erinnerte ich mich bei seinem Anblick sogleich des Traumes und seiner Verkündigung, und ich glaube jetzt:, dass ich meinen Kriegszug auf Gottes Geheiß unternehme, dass ich den Darius überwinden, die Macht der Perser vernichten und alle meine Absichten verwirklichen werde.« Nach dieser an Parmenion gerichteten Antwort reichte er dem Hohepriester die Hand und begab sich in Begleitung der Priester zur Stadt:, stieg zum Tempel hinauf, opferte Gott nach des Hohepriesters Anweisung und erwies diesem wie den Priestern die höchsten Ehrenbezeugungen. Als man ihm nun das Buch Daniel zeigte, in welchem vorausgesagt war, ein Grieche werde der Perser Reich zerstören, hielt er sich selbst für diesen Griechen und entließ voll Freude das Volk. Am folgenden Tage aber rief er sie wieder zusammen und hieß sie Geschenke begehren, so viele sie wollten. Da nun der Hohepriester um die Erlaubnis, nach den väterlichen Gesetzen leben zu dürfen, und um die Befreiung von Abgaben in jedem siebenten Jahre bat:, gestand Alexander ihm dies gern zu. Und als man ihn weiter bat:, er möge auch den Juden in BabyIon und Medien gestatten, nach ihrem Gesetze zu leben, bewilligte er das ebenfalls. Dann erklärte er der Menge, wenn welche von ihnen mit ihm zu Felde ziehen wollten, so sei er bereit:, sie mitzunehmen; auch könnten sie beim Heere ihren väterlichen Gebräuchen treu bleiben und danach leben. Daraufhin ließen sich viele für den Feldzug einschreiben. 6. Nachdem Alexander die Verhältnisse zu Jerusalem geordnet hatte, führte er sein Heer weiter gegen die benachbarten Städte. Und da alle, zu denen er kam, ihn jubelnd aufnahmen, beschlossen die Samariter, deren Hauptstadt das auf dem Berge Garizin liegende und von jüdischen Überläufern bewohnte Sikim war, bei der Nachricht:, dass Alexander die Juden so ehrenvoll behandelt habe, sich für Juden auszugeben. Die Samariter sind nämlich, wie ich schon früher erwähnt habe, so geartet: Wenn es den Juden schlecht geht:, wollen sie ihnen nicht verwandt sein, womit sie die Wahrheit bekennen; sobald aber die Verhältnisse der Juden sich bessern, haben sie nichts Eiligeres zu tun, als sich ihnen anzuschließen, nennen sich ihre Blutsverwandten und berufen sich auf ihre Herkunft von Josephs Nachkommen Ephralm und Manasses. Sie kamen deshalb auch jetzt bereitwillig und mit großer Begeisterung dem König bis in die Nähe von Jerusalern entgegen. Als Alexander ihren Eifer lobte, traten die Sikimiter mit den Soldaten, welche Sanaballetes ihm gesandt hatte, auf ihn zu und baten ihn, er möge auch ihre Stadt besuchen und ihren Tempel mit seiner Gegenwart beehren. Der König versprach ihnen darauf, er wolle auf dem Rückwege zu ihnen kommen. Als sie aber nun begehrten, dass auch ihnen die Abgabe
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des siebenten Jahres erlassen werde, weil sie in diesem Jahre nicht ernteten, erkundigte sich der König, wer sie seien, da sie solches verlangten. Sie entgegneten, sie seien Hebräer, doch würden die Sikimiter auch Sidonier genannt, worauf der König weiter fragte, ob sie Juden seien. Als sie dies verneinten, sagte er: »Den Juden habe ich jene Erleichterungen zugestanden. Doch will ich, wenn ich zurückkomme und Näheres über euch erfahre, anordnen, was mir gut scheint.« Damit wurden die Sikimiter entlassen. Den Soldaten des Sanaballetes aber befahl Alexander, ihm nach Ägypten zu folgen, da er ihnen hier Ländereien anweisen wolle. Das tat er auch bald nachher in Thebals, wo er ihnen den Schutz des Landes anvertraute. 7. Nach Alexanders Tod wurde sein Reich unter seine Nachfolger geteilt. Der Tempel auf dem Berge Garizin aber blieb bestehen, und wenn nun zu Jerusalem jemand des Genusses verbotener Speise, der Entheiligung des Sabbats oder eines anderen Vergehens angeklagt war, floh er zu den Sikimitern und behauptete dort, ungerecht beschuldigt zu sein. Um diese Zeit starb auch der Hohepriester Jaddus, und es folgte ihm in der Wurde sein Sohn Onias. So sah es damals in Jerusalem aus.
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ERSTES KAPITEL Wie Ptolemäus Lagi Jerusalern und Judäa mit List eroberte und viele Gefangene nach Ägypten wegftihrte.
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Nachdem Alexander, der König von Makedonien, das Reich der Perser unterjocht und die Verhältnisse in Judäa, wie oben erwähnt, geordnet hatte, starb er, und sein Reich ward unter seine Nachfolger geteilt. Antigonus erhielt Asien, Seleukus Babyion und die übrigen Länder jenes Striches, Lysimachus die Länder am Hellespont, Kassander Makedonien, und Ptolemäus Lagi Ägypten. Da diese jedoch bald unter sich uneins wurden und über ihre Macht in Streitigkeiten gerieten, entstanden langwierige Kriege, die den Städten große Drangsal bereiteten und viele ihrer Einwohner das Leben kosteten. So erlitt auch Syrien von Ptolemäus Lagi, der sich damals Soter, das ist »Retter«, nannte, das Gegenteil von dem, was sein Beiname bezeichnete. Jerusalem eroberte er durch Betrug und List. Er zog nämlich, als wollte er Opfer darbringen, am Sabbat in die Stadt ein, ohne dass die Juden, die in ihm keinen Feind erblickten und deshalb nichts Schlimmes ahnten, auch des Feiertages wegen in Muße und Sorglosigkeit lebten, ihn davon abgehalten hätten. So bemächtigte er sich der Stadt ohne alle Anstrengung und behandelte sie hart und ungnädig. Das bezeugt auch Agatharchides von Knidus, der die Geschichte der Diadochen, der Nachfolger Alexanders, geschrieben hat und uns den Vorwurf macht, wir hätten wegen unseres Aberglaubens die Freiheit verloren. Er sagt: »Es gibt ein Volk, das sich Juden nennt und die große und wohlbefestigte Stadt Jerusalem bewohnt. Diese ließ es ruhig in des Ptolemäus Gewalt gelangen, weil es nicht zu den Waffen greifen, sondern aus unzeitigem Aberglauben lieber einer grausamen Herrschaft sich unterwerfen wollte.« So schreibt Agatharchides über unser Volk. Um nun wieder auf Ptolemäus zurückzukommen, so nahm er in den Gebirgen Judäas, in der Umgebung von Jerusalem, in Samaria und Garizin viele Menschen gefangen und siedelte sie nach Ägypten über. Und da er aus der Antwort, die Alexanders Gesandte nach der Besiegung des Darius erhalten hatten, ersah, wie sehr sich die Jerusalemer durch treues Festhalten am Eide
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und durch Zuverlässigkeit auszeichneten, legte er viele von ihnen als Besatzungen in die festen Plätze, gab ihnen mit den Makedoniern in Alexandria gleiche Rechte und verpflichtete sie unter Eid, dass sie auch seinen Nachfolgern treu bleiben würden. Auch von den übrigen Juden zogen nicht wenige freiwillig nach Ägypten, zum Teil mit Rücksicht auf die Fruchtbarkeit des Landes, zum Teil auch im Vertrauen auf die Freigebigkeit des Ptolemäus. In der Folge jedoch brachen zwischen ihren Nachkommen, die an den Gebräuchen ihrer Vater festzuhalten entschlossen waren, und den Samaritern Streitigkeiten aus, und es kam schließlich zum Kriege, da die Jerusalemer ihren Tempel als Heiligtum betrachtet und die Opfer dorthin geschickt wissen wollten, die Samariter aber dasselbe für den auf dem Berge Garizin gelegenen Tempel forderten.
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ZWEITES KAPITEL Wie Ptolemäus Philadelphus die Gesetze der Juden ins Griechische übertragen ließ, vielen Gefangenen die Freiheit schenkte und Gott eine Menge Weihgeschenke darbrachte.
1. Nachdem Alexander zwölf und sein Nachfolger Ptolemäus Soter vierzig Jahre regiert hatte, bestieg Philadelphus den Thron Ägyptens und behielt die Herrschaft neununddreißig Jahre lang. Er ließ die Gesetze der Juden ins Griechische übertragen und setzte die In ägyptischer Knechtschaft schmachtenden Jerusalemer, hundertzwanzigtausend an der Zahl, in Freiheit, und zwar aus folgender Veranlassung. Demetrius Phalereus, der Oberbibliothekar des Königs, bemühte sich, womöglich alle Bücher des Erdkreises zu sammeln, und kaufte alles auf, was nur irgend des Studiums wert war und dem Könige, dem das Bibliothekwesen sehr am Herzen lag, gefiel. Als Ptolemäus ihn nun einmal fragte, wie viele tausend Bücher er schon zusammengebracht habe, entgegnete er: Einstweilen zweihunderttausend, doch hoffe er es bald auf fünfhunderttausend zu bringen. Er habe auch in Erfahrung gebracht, dass es bei den Juden viele Bücher über deren Gebräuche gebe, die des Studiums wert seien und einen Platz in der königlichen Bibliothek verdienten, die aber, da sie in hebräischer Sprache und hebräischen Buchstaben geschrieben seien, der Übersetzung ins Griechische viele Schwierigkeiten bereiten würden. Obgleich nämlich die Schrift der Juden
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der syrischen ganz ähnlich sei und auch ihre Sprache sich nicht viel von der syrischen unterscheide, sei doch Sprache wie Schrift durchaus eigenartig. Dennoch könne den König, da er die nötigen Mittel zur Bestreitung der Kosten zu gewähren imstande sei, nichts abhalten, diese Bücher übersetzen zu lassen und seiner Bibliothek einzuverleiben. Da nun dem Könige der Eifer des Demetrius für die Vermehrung der Büchersammlung sehr gefieL schrieb er dem Hohepriester der Juden, er möge die Benutzung der Bücher gestatten. 2. Aristaeus, ein wegen seiner Bescheidenheit vom Könige besonders geschätzter Freund desselben, hatte sich früher schon öfters vorgenommen, den König um Freilassung aller in seinem Reiche lebenden Juden zu bitten. Da er nun jetzt einen günstigen Zeitpunkt zur Anbringung seiner Bitte fur gekommen erachtete, besprach er die Angelegenheit zunächst mit den Befehlshabern der königlichen Leibwache, dem Tarentiner Sosibius und dem Andreas, und bat diese, sie möchten sein Gesuch beim Könige unterstützen. Er benutzte nun den vorhin erwähnten Plan des Königs für seine Zwecke, begab sich zu Ptolemäus und redete ihn folgendermaßen an: »0 König, wir wollen uns nicht betrügen, sondern die Wahrheit zu erforschen suchen. Wenn wir dahin streben, die Gesetze der Juden dir zu Gefallen nicht nur abschreiben, sondern auch übersetzen zu lassen, wie können wir dies ausfuhren, da so viele Juden in deinem Reiche als Knechte leben? Es kann dir in deiner Hochherzigkeit und Güte doch nicht schwer fallen, sie aus ihrem Elend zu befreien. Durch eifriges Forschen habe ich gefunden, dass derselbe Gott, der den Juden die Gesetze gab, auch dein Reich regiert. Diesen Gott, den Schöpfer des Weltalls, verehren auch wir und nennen ihn den Lebendigen, weil er allen das Leben verleiht.* Gib also zur Ehre Gottes denen, die ihn ganz besonders lieben, ihre Heimat wieder, damit sie im Lande ihrer Vater sich des Lebens erfreuen können. Glaube jedoch nicht, dass ich dir diese Bitte vortrage, weil ich mit dieser Nation verwandt oder aus ihr entsprossen sei. Vielmehr bitte ich dich darum, weil wir alle Geschöpfe Gottes sind, und weil ich weiß, dass er an wohltätigen Menschen seine Freude hat.« 3. Als Aristaeus so geredet hatte, blickte ihn der König mit freundlicher und heiterer Miene an und fragte: »Wie viele Tausend, glaubst du denn, werden es sein, die freigelassen werden sollen?« Da warf Andreas, der zufaI* Im Texte lautet das Wortspiel: Zijva (nichtattischer Akkusativ von ZE'Ü~) xaAouvt3~ Ma TOU E/-lqnJELV Ta ~fiv.
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lig dabeistand, ein, es seien wenig mehr als hunderttausend. »Ist das«, fragte darauf der König, »also wohl eine Kleinigkeit, um die du, Aristaeus, mich bittest?« Als aber Sosibius und die übrigen Anwesenden ihm vorhielten, er müsse doch Gott, der ihm die Herrschaft verliehen, einen seiner Freigebigkeit entsprechenden Dank dafür abstatten, sagte der König erfreut zu und befahl, bei der nächsten Auslöhnung der Soldaten auch fur jeden Gefangenen, der unter ihrer Aufsicht stehe, hundertzwanzig Drachmen auszuzahlen. In Betreff der Bitte des Aristaeus aber versprach er diesem, einen Erlass zu veröffentlichen, der seinem Wunsche und damit auch dem Willen Gottes entsprechen solle. Er erklärte nämlich, er wolle nicht nur die von seinem Vater und dessen Soldaten in Gefangenschaft geführten, sondern auch die schon vorher in seinem Reiche befindlichen und die später noch hinzugekommenen Juden in Freiheit setzen. Und da ihm mitgeteilt wurde, die Freilassung erfordere mehr als vierhundert Talente, bewilligte er diese sogleich. Um nun die Großmut des Königs gebührend zu ehren, beschloss man, eine Abschrift des Erlasses der Nachwelt zu überliefern. Deren Wortlaut war folgender: »Wer immer mit meinem Vater nach Syrien und Phönizien zu Felde gezogen ist und nach der Verwüstung von Judäa Gefangene in unsere Städte oder aufs Land mitgenommen hat, soll diesen die Freiheit geben. Desgleichen sollen alle Juden, die schon vorher in meinem Reiche waren, ferner die, welche durch Kauf in anderen Besitz übergegangen sind, freigelassen werden. Die Eigentümer erhalten für jeden einzelnen Kopf hundertzwanzig Drachmen, die den Soldaten zugleich mit der Löhnung, den Übrigen aber an der königlichen Kasse als Lösegeld gezahlt werden sollen. Ich bin nämlich der Meinung, dass dieselben gegen meines Vaters Willen und widerrechtlich zu Gefangenen gemacht worden sind, und dass ihr Land von der Willkür der Soldaten schwer bedrängt worden ist, während diese selbst aus der Überführung der Gefangenen nach Ägypten großen Nutzen gezogen haben. Um der Gerechtigkeit willen und aus Mideid mit den ungerechterweise Unterdrückten befehle ich hiermit allen denen, welche Juden zu Sklaven haben, dieselben gegen das erwähnte Lösegeld freizugeben, und niemand soll sich unterstehen, diesem Befehle heimtückischerweise zu trotzen. Innerhalb drei Tagen nach Bekanntmachung dieses Ediktes haben sich die Freigelassenen bei den zuständigen Behörden zu melden und dort ihren Freibrief sich ausfertigen zu lassen. Wer diesem Befehle zuwiderhandelt, kann von jedem, der dies will, zur Anzeige gebracht werden, und es soll sein Vermögen für die königliche Kasse eingezogen werden.« Als dieses Edikt zuerst dem Könige vorgelesen wurde, fand es zwar im Allgemeinen
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seine Billigung, jedoch fehlte noch darin die Bestimmung über die vorher und nachher aus Judäa weggeschleppten Juden, die der König dann in seiner Güte und Hochherzigkeit noch hinzufügen ließ. Alsdann gab er Befehl, die ansehnliche zu Lösegeldern bestimmte Summe an die einzelnen Beamten und Zahlmeister zu verteilen. Das geschah sogleich, und so war in nicht mehr als sieben Tagen der Erlass des Königs ins Werk gesetzt. Aufgewendet wurden als Lösegelder mehr denn vierhundertsechzig Talente; die Herren forderten nämlich auch für die Kinder die hundertzwanzig Drachmen, weil das vom Könige angeordnet sei, indem er »für jeden Kopf« diesen Betrag ausgeworfen habe. 4. Als nun alles dies im Sinne des Königs vollzogen war, befahl er dem Demetrius, nunmehr seinen Wunsch hinsichtlich der Bücher der Juden in einem Schriftstücke niederzulegen. Von den Ptolemäern wurde nämlich allen mit großer Genauigkeit und Umständlichkeit durchgeführt. Ich habe es deswegen für nötig gehalten, nicht nur das Gesuch des Demetrius und die übrigen in der Angelegenheit gewechselten Briefe hier mitzuteilen, sondern auch die Zahl der Weihgeschenke und den für jedes derselben gemachten Aufwand, damit alle die Prachtliebe des Geschenkgebers ermessen und aus der Vortrefflichkeit der Arbeit auf die Geschicklichkeit der Künstler schließen können. Das Gesuch nun lautet folgendermaßen: »Demetrius an den großen König. Da du mir den Auftrag gegeben hast, 0 König, die zur Vervollständigung deiner Bibliothek noch erforderlichen Bücher zu sammeln und den etwa abhanden gekommenen mit gebührender Sorgfalt nachzuforschen, so habe ich den größten fleiß aufgewandt und zeige dir hiermit an, dass unter anderem auch die Gesetzbücher der Juden uns fehlen. Denn diese sind, weil in hebräischer Schrift und Sprache geschrieben, für uns unverständlich. Da nun deine königliche Sorgfalt sich bisher auf diese Bücher nicht erstreckt hat, so kann es sein, dass sie dir vielleicht als weniger wichtig bezeichnet worden sind. Indessen ist es notwendig, dass du deine Aufmerksamkeit auch ihnen zuwendest. Denn diese Gesetzsammlung ist so beschaffen, dass sie von höchster Weisheit und unbeflecktester Sittenreinheit Zeugnis ablegt, als käme sie von Gott selbst her. Deshalb haben auch, wie Hekataeus der Abderite bezeugt, sowohl die Dichter wie die Geschichtsschreiber ihrer ebenso wenig Erwähnung getan als der Männer, die nach ihren Vorschriften die Verfassung eingerichtet haben. Sie wurde eben immer als so ehrwürdig und heilig betrachtet, dass sie voll unheiligem Munde nicht besprochen werden dürfe. Wenn es dir also gut scheint, so schreibe, 0 König, an den Hohepriester der Juden, er möge dir aus jedem Stamme
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sechs Älteste schicken, die in den Gesetzen wohlbewandert sind. Von ihnen werden wir dann den genauen und getreuen Wordaut jener Bücher erfahren und eine authentische Erklärung erhalten, damit wir deinem Wunsche in würdiger Weise entsprechen können.« 5. Als Demetrius dieses Schriftstück überreicht hatte, befahl der König, in der Angelegenheit an den jüdischen Hohepriester Eleazar zu schreiben und ihn zugleich von der Freilassung der in Ägypten befindlichen jüdischen Sklaven in Kenntnis zu setzen. Dabei sandte er zum Zwecke der Anfertigung von Bechern, Krügen und Schalen fünfzig Talente Gold und eine unschätzbare Menge von Edelsteinen, und befahl den Hütern der Kasten, welche die Edelsteine enthielten, die Künstler nach Belieben daraus auswählen zu lassen. Außerdem ließ der König Geld zur Darbringung von Opfern und zu anderen Aufwendungen fur den Tempel bis zur Höhe von hundert Talenten anweisen. Bevor ich jedoch die einzelnen Weihgeschenke beschreibe, will ich zunächst den Wordaut des an den Hohepriester Eleazar gerichteten Schreibens erwähnen. Eleazar aber hatte sein Amt aus folgender Veranlassung erhalten. Nach dem Tode des Hohepriesters Onias folgte demselben sein Sohn Simon, der wegen seiner Gottesfurcht und Menschenfreundlichkeit den Beinamen »der Gerechte« erhielt. Als dieser aus dem Leben schied, war sein Sohn Onias noch unmündig, weshalb sein Bruder Eleazar, von dem hier die Rede ist, die Hohepriesterwürde erlangte. Diesem also ließ Ptolemäus schreiben wie folgt: »Der König Ptolemäus entbietet dem Hohepriester Eleazar seinen Gruß. In meinem Reiche wohnen viele Juden, die mein Vater, als sie von den obsiegenden Persern gefangen genommen waren, mit Achtung behandelte, indem er sie teils gegen höheren Sold zum Kriegsdienste heranzog, teils und zwar die, welche mit ihm nach Ägypten gekommen waren, zum Schrecken der Ägypter als Besatzungen in die Festungen legte. Als ich nun zur Regierung kam, habe ich, wie alle meine Untertanen, so besonders deine Mitbürger freundlich behandelt, indem ich mehr als hunderttausend von ihnen aus Sklaven zu Freien machte und aus meinem Vermögen ihren Herren das Lösegeld entrichtete. Diejenigen nun von diesen Freigelassenen, die ihrem Alter nach zum Waffendienste tauglich waren, habe ich zu Soldaten gemacht; einige andere aber, deren 'freue mir dieser Ehre wert zu sein schien, habe ich zum Range von Hofleuten erhoben und dachte so Gott zur Erlangung seiner Gnade ein angenehmes und großartiges Weihgeschenk zu widmen. Diesen nun sowie allen Juden auf dem Erdkreise will ich einen Gefallen erweisen, indem ich mich entschließe, euer Gesetzbuch aus dem Hebräischen ins Griechische
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übertragen zu lassen und es meiner Bibliothek einzuverleiben. Du wirst mir deshalb einen Gefallen tun, wenn du mir aus jedem Stamme sechs ältere und gesetzeskundige Männer schickst, welche die Gesetzbücher genau erklären können. Durch dieses Unternehmen glaube ich mich mit Ruhm bedecken zu können. Zur näheren Besprechung über die Angelegenheit sende ich dir Andreas, den Befehlshaber meiner Leibwache, und den Aristaeus, beide hochangesehene Männer, durch die ich dir auch hundert Talente Silber als Weihgeschenk für den Tempel und behufs Darbringung von Opfern übermache. Schreibe mir nun auch deine Wunsche, was mir sehr angenehm sein wird.« 6. Als dieser Brief des Königs an Eleazar gelangt war, beantwortete er denselben mit möglichster Freundlichkeit: »Der Hohepriester Eleazar entbietet dem Könige Ptolemäus seinen Gruß. Wenn du mit der Königin Arsinoe und deinen Kindern dich wohl befindest, so sind wir zufrieden. Nach Empfang deines Briefes habe ich mich über deine Absicht sehr gefreut und den Brief alsbald in öffentlicher Versammlung vorgelesen, um dem Volke deine Gottesfurcht kundzumachen. Die von dir gesandten zwanzig goldenen und dreißig silbernen Schalen, die fünf Krüge, den zur Aufnahme von Weihgeschenken bestimmten Tisch, sowie die zur Darbietung von Opfern und zum Besten des Tempels gespendeten hundert Talente, die deine vertrauten Freunde, die hochachtbaren, edlen, gelehrten und tugendhaften Männer Andreas und Aristaeus uns gebracht haben, habe ich dem Volke gezeigt. Wisse nun, dass ich dir alles, was zu deinem Nutzen dienen kann, gern gewähren will, soweit es in meinen Kräften steht, um dir den schuldigen Dank für die meinen Landsleuten bewiesenen Wohltaten zu erstatten. Deshalb habe ich sogleich für dich, deine Schwester, deine Kinder und deine Freunde Opfer dargebracht, und das Volk hat mit mir zu Gott gefleht, damit dir alles nach Wunsch gelinge, dein Reich sich des Friedens erfreue, und auch die Übertragung der Gesetze den von dir gewollten glücklichen Erfolg aufweise. Ich habe aus jedem Stamme sechs ältere Männer ausgewählt, die ich mit den Gesetzbüchern dir zuschicke. Von deiner Frömmigkeit und Gerechtigkeit aber erwarte ich, dass du mir nach Fertigstellung der Übersetzung die Bücher wieder zuschickst und auch für das Wohlergehen derjenigen sorgst, die sie dir überbringen. Lebe wohl« 7. Das war das Antwortschreiben des Hohepriesters. Ich habe es nun nicht für nötig gehalten, die Namen der siebzig Greise mitzuteilen, die Eleazar mit den Gesetzbüchern schickte; in dem Schreiben waren diese Namen indes enthalten. Dagegen will ich die Pracht und Kostbarkeit der
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Weihgeschenke, die der König Gott dem Herrn stiftete, beschreiben, weil ich das fur passend halte, damit des Königs Frömmigkeit allgemein bekannt werde. Er spendete nicht nur reichliche Mittel zu diesen Weihgeschenken, sondern ging auch zu den Künstlern hin und besichtigte die Arbeiten, damit nichts davon nachlässig oder oberflächlich ausgeführt würde. Ich will nun jedes einzelne Stück schildern, nicht weil die Geschichte gerade eine solche Beschreibung erforderte, sondern damit ich meinen Lesern einen Begriff von dem Schönheitssinne und der Hochherzigkeit des Königs geben kann. 8. Zunächst wende ich mich zur Beschreibung des Tisches. Diesen wollte der König in gewaltigen Maßen anfertigen lassen. Er befahl also, Erkundigungen darüber einzuziehen, welche Dimensionen der Tisch zu Jerusalem habe und ob es möglich sei, einen noch größeren herzustellen. Als er nun erfuhr, wie groß dieser sei, und dass nichts im Wege stehe, den neuen Tisch noch größer zu machen, meinte er, er wolle ihn wohl funfmal so groß machen lassen, doch fürchte er, dass er dann seiner großen Maße wegen beim Gottesdienst nicht gebraucht werden könne. Da er nun wünsche, dass seine Weihgeschenke nicht bloß Schaustücke darstellten, sondern auch beim Gottesdienste Verwendung finden möchten, halte er es für richtig, den neuen Tisch nicht größer als den anderen, der übrigens wohl aus Mangel an Gold in so bescheidener Größe angefertigt worden sei, aber aus kostbarerem Material herstellen zu lassen. Da er nun eine scharfe Beobachtungsgabe besaß und geschickt im Erdenken von allerhand neuen und wundervollen Formen war, so entwarf er selbst mit großem Fleiß die Zeichnungen, legte sie den Künstlern vor und hieß sie danach arbeiten, da sie nun die Ziselierungen zur Herausarbeitung der Formen leichter würden vollenden können. 9. Nachdem die Künstler diese Anleitungen sich zunutze gemacht, fertigten sie den Tisch ganz aus Gold an, zweiundeinehalbe Elle lang, eine Elle breit einundeinehalbe Elle hoch. Der Rand des Tisches, der die Platte handhoch überragte, war an den Ecken umgebogen und hier mit getriebener, Stricke darstellender Arbeit versehen, sodass er an drei Stellen wundervolle Verzierungen zeigte. Der Tisch war nämlich dreieckig, und jede Ecke wies dieselbe Anordnung auf, sodass man von allen Seiten immer die nämliche Verzierung erblickte. War nun schon die innere, nach dem Tische zu gewandte Seite des Randes schön ausgearbeitet, so zeigte sich die äußere Seite, die hauptsächlich ins Auge fiel, doch noch herrlicher. An den drei Ecken, wo man die in Form von Stricken getriebene Arbeit angebracht hatte, waren
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in wechselnder Ordnung Edelsteine befestig~ die von goldenen, durch Löcher der Steine laufenden Schnüren zusammengehalten wurden. An der Seite des Randes, die sich dem Anblick darbot und schräg stand, waren in Eiform kostbare Steine angebrach~ die zu einer rings um den Tisch laufenden stabförmigen Anordnung verbunden waren. Unterhalb dieser ovalen Medaillons schlang sich ein Kranz von allerhand Früchten, hängenden Thauben, aufragenden Ähren und dazwischen versteckten Granatäpfeln. Edle Steine gaben bei jeder der genannten Früchte die natürliche Farbe wieder und wurden rings um den Tisch von goldener Einfassung gehalten. Unterhalb des Kranzes befanden sich wieder die eiförmigen Medaillons und die stabförmige Anordnung wie oberhalb desselben, sodass, selbst wenn man den Tisch umkehrte, keinerlei Verschiedenheit in der Arbeit bemerkbar wurde. Dazu kam dann noch eine goldene, vier Finger breite Platte, in welche die Füße des Tisches eingelassen waren. Die Letzteren waren mit Klammern und Stiften neben der Platte des Tisches befestig~ sodass man stets dieselbe kunstvolle Arbeit vor sich hatte, wie man auch den Tisch drehen und wenden mochte. Oben auf der Tischplatte war eine Mäanderverzierung angebracht, in die kostbare Steine gleich Sternen in verschiedenen Farben eingelassen waren: Karfunkel und Smaragde, die das Auge des Beschauers durch ihren herrlichen Glanz entzückten, sowie noch andere Edelsteine, die wegen ihrer Kostbarkeit hoch geschätzt sind. Neben der Mäanderverzierung lief ein strickförmiges F1echtwerk, sodass in der Mitte eine rautenförmige Figur entstand. Das F1echtwerk war besetzt mit Kristallen und Bernstein, die in reicher Abwechselung den Beschauer wunderbar ergötzten. Die oberen Enden der Füße wiesen die Form von Lilien auf, deren Blätter unter die Tischplatte zurückgebogen waren, sodass die inneren Blütenteile sich dem Auge darboten. Die Basis der Füße bildete je ein handbreiter und acht Finger dicker Karfunkel, in welche die Füße wie in Postamente eingelassen waren. Die einzelnen Füße waren aufs feinste und sorgfältigste ausgearbeitet und bestanden aus Efeu, Rebzweigen und Trauben, die so täuschend gemacht waren, dass man sie von wirklichen nicht unterscheiden konnte. Denn sie waren so außerordentlich zart gearbeite~ dass sie vom Winde bewegt wurden, und schienen so eher ein Werk der Natur als der Kunst zu sein. Der ganze Tisch war aus drei Teilen zusammengefüg~ die so genau ineinander passten, dass man die Verbindungs stellen nicht wahrnehmen konnte. Die Dicke der Tischplatte betrug nicht weniger als eine halbe Elle. So herrlich, kostbar, reich an Verzierungen und natürlich in der Ausführung war dieses Weihgeschenk des Königs, und wenn es auch
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den anderen Tisch an Größe nicht überragte, so tat es dies doch sicher an kunstvoller Ausstattung, Originalität und Pracht der Verzierungen. 10. Außerdem ließ Ptolemäus zwei goldene Krüge anfertigen, die vom Fuße bis zur Mitte schuppenförmig getriebene Arbeit zeigten, auf den Rippen aber mit verschiedenartigen Edelsteinen besetzt waren. Darüber erhob sich eine Mäanderverzierung von der Höhe einer Elle, zusammengesetzt aus mannigfaltigen und kunstvoll geformten Steinen, an die sich eine stabförmige Anordnung anschloss. Von da bis zum Rande des Gefäßes war ein netzförmiges Muster in Rauten angebracht. In der Mitte des Kruges befanden sich Schilde, welche, aus Steinen in der Größe von vier Fingern hergestellt waren und nicht wenig zum Glanze und zur Zierde des Gefäßes beitrugen. Den Rand des Kruges umgaben Lilienblätter, Blumen und Rebzweige, die sich als Kranzgewinde rings um denselben schlangen. So waren die beiden goldenen Krüge beschaffen, deren jeder zwei Amphoren* hielt. Die silbernen wetteiferten an Glanz mit dem Spiegel, sodass man in ihnen sein Bild noch deutlicher als in einem solchen erblicken konnte. Außerdem ließ der König auch noch dreißig Schalen anfertigen, die, soweit sie von Gold waren, mit Efeu- und Weinlaub in getriebener Arbeit verziert, jedoch nicht mit Edelsteinen besetzt waren. Diese Kunstgegenstände waren nicht nur ein Beweis für die große Geschicklichkeit der Künstler, welche sie verfertigt hatten sondern auch und zwar in noch höherem Grade für den Eifer und die Freigebigkeit des Königs, dem es zu verdanken war, dass die Arbeiten eine so hohe Vollkommenheit aufwiesen. Denn er hatte nicht nur den Künstlern die Mittel reichlich und freigebig gewährt, sondern auch mit Hintansetzung seiner Regierungsgeschäfte die Arbeiten persönlich beaufsichtigt. Dadurch wurden die Künstler zu regem Fleiße angespornt und widmeten sich im Hinblick auf das Beispiel des Königs ihrem Werke mit größerer Hingabe. 11. Das waren also die Weihgeschenke, die Ptolemäus nach lerusalem sandte. Der Hohepriester Eleazar ließ sie im Tempel aufstellen, bewies den Überbringern die größte Aufmerksamkeit und entließ sie mit Geschenken für den König. Als sie nach Alexandria gekommen waren und Ptolemäus ihre wie der siebzig Ältesten Ankunft erfuhr, beschied er sogleich seine Gesandten Andreas und Aristaeus zu sich. Diese überbrachten ihm das Schreiben des Hohepriesters und erklärten ihm alles, worüber er Aufschluss verlangte. Da er nun sehnlichst wünschte, die von lerusalem zur Erklärung der Gesetze gekommenen Ältesten zu sprechen, entließ er alle Übrigen, die sich zur Er-
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Eine Amphora = etwa 26 Liter.
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ledigung laufender Geschäfte bei ihm befanden, ohne auf Gebrauch und Sitte zu achten. Wer nämlich aus diesem Grunde zu ihm kam, hatte an jedem fünften Tage Zutritt, Gesandte jedoch nur jeden Monat. Damals nun entließ er alle anderen, um die Gesandten Eleazars zu empfangen. Sobald die Greise eingetreten waren mit den Geschenken, die der Hohepriester ihnen für den König übergeben, und mit den Rollen, auf denen in goldenen Buchstaben die Gesetze verzeichnet standen, fragte der König sogleich nach den Büehern. Und da sie ihm dieselben nach Entfernung der Hülle zeigten, bewunderte er längere Zeit die Feinheit des Pergamentes und die Geschicklichkeit, mit der die Bücher aneinander gefügt waren. Dann dankte er den Greisen dafür, dass sie gekommen seien; noch größeren Dank aber stattete er dem ab, der sie gesandt, und dem allerhöchsten Gott, von dem diese Gesetze herrührten. Als nun die Greise samt den übrigen Anwesenden dem Könige einstimmig ihre Segenswünsche darbrachten, brach er vor übergroßer Freude in Tränen aus. So ist es ja von der Natur angeordnet, dass die höchste Freude wie der tiefste Schmerz sich in denselben Zeichen äußern. Darauf ließ er die Bücher seinen Beamten übergeben und umarmte dann die Greise, indem er sagte, es sei billig gewesen, zuerst von dem Zwecke ihrer Anwesenheit zu reden, bevor er sie begrüßt habe. Den Tag ihrer Ankunft aber versprach er zu einem Festtage zu machen und denselben jedes Jahl~ solange er leben werde, zu feiern. Der Zufall wollte es, dass der Tag der Ankunft der Greise derselbe war, an welchem der König den Seesieg über Antigonus davongetragen hatte. Er lud alsdann die Greise ein, mit ihm zu speisen, und ließ ihnen in der Nähe der Königsburg die beste Herberge anweisen. 12. Nikanor, dem der Empfang der Gastfreunde oblag, ließ gleich den Dorotheus, der für ihre Bequemlichkeit zu sorgen hatte, kommen und befahl ihm, den Gästen alle erforderlichen Lebensmittel zu verabreichen. Diese Angelegenheit hatte nämlich der König in folgender Weise geordnet. In jeder Stadt, die nicht selbst eine gleiche Einrichtung besaß, befand sich ein königlicher Beamter, der für die ankommenden Fremden zu sorgen und ihnen alles zu liefern hatte, dessen sie nach ihren Lebensgewohnheiten bedurften. Der Zweck dieser Einrichtung war der, dass die Fremden bei ihrer gewohnten Lebensweise bleiben konnten, und nicht unter dem Gefühl, in der Fremde zu sein, leiden sollten. So geschah es auch mit den siebzig Greisen, für die Dorotheus, da er ihre Lebensart gut kannte, in bester Weise sorgte. Er selbst leitete alle Anstalten zur Bewirtung der Gäste und ließ dem Befehle des Königs gemäß den Tisch auf beiden Seiten decken. Ptolemäus hatte nämlich angeordnet, dass die eine Hälfte der Greise neben ihm, die
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andere aber ihm gegenüber Platz nehme, da er nichts unterlassen wollte, wodurch er sie ehren konnte. Nachdem sie nun Platz genommen, befahl er dem Dorotheus, seinen Gästen das Mahl ganz nach der Art vorzusetzen, wie sie es in Judäa gewöhnt waren. Aus diesem Grunde ließ er auch die Opferdiener, Opferer und Gebetsrufer sich entfernen und bat einen der Gäste, den Priester Elissaeus, das Gebet zu sprechen. Dieser trat darauf in die Mitte und betete für den König und seine Untertanen. Alsdann klatschten alle vor Freude in die Hände und riefen dem Könige zu, worauf sie sich zum Mahle wandten. Nach hinreichender Pause begann der König ein ph~osophisches Gespräch und legte jedem Einzelnen Fragen aus der Naturgeschichte und Philosophie vor. Und da sie alle über die aufgeworfenen Themata genauen Bescheid wussten, freute der König sich sehr und ließ das Gastmahl zwölf Tage lang wiederholen. Wer sich über die bei den Mahlzeiten geführten Gespräche genauer unterrichten will, mag das Buch lesen, welches Aristaeus darüber geschrieben hat. 13. Die Greise erregten nicht nur die Bewunderung des Königs, sondern auch des Philosophen Menedemos, welcher gestehen musste, es gebe ein Wesen, das in seiner weisen Fürsorge alles lenke und leite, und von dem die Greise die überzeugende Kraft ihrer Rede erhalten hätten. Damit nahmen dann die philosophischen Untersuchungen ein Ende, und der König erklärte, die Ankunft der Greise gereiche ihm zum höchsten Vorteil, da er von ihnen gelernt habe, wie er seinen Herrscherpflichten nachkommen müsse. Dann befahl er, jedem der Greise drei Talente einzuhändigen und Männer zu bestimmen, welche sie in ihre Herberge geleiten sollten. Nach drei Tagen holte Demetrius sie ab, führte sie sieben Stadien weit über einen in das Meer nach einer Insel hin sich erstreckenden Damm, schritt mit ihnen über die Brücke nach dem nördlichen Teile der Insel und ließ sie hier in ein nahe beim Strande erbautes Haus eintreten, welches die zum Studium erwünschte Stille darbot. Dann bat er sie, sie möchten, da alles zur Übertragung Notwendige vorhanden sei, nunmehr mit dem Werke beginnen. Die Greise gaben sich hierauf mit größtem Fleiße daran, eine genaue Übersetzung anzufertigen, und arbeiteten täglich bis zur neunten Stunde. Dann sorgten sie auch für ihre leiblichen Bedürfnisse, hinsichtlich deren ihnen alle erforderlichen Lebensmittel reichlich zur Verfügung standen. Denn Dorotheus musste ihnen auf Geheiß des Königs vieles von dessen eigener Tafel bringen. Täglich kamen sie in der Frühe zur Königsburg, begrüßten den Ptolemäus, kehrten dann desselben Weges zurück, wuschen ihre Hände im Meer und begaben sich wieder an die Arbeit. Im Ganzen nahm die Abschrift und
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Übertragung der Gesetze zweiundsiebzig Tage in Anspruch.* Alsdann ließ Demetrius an der Stelle, wo die Übersetzung stattgefunden hatte, alle Juden sich versammeln und las die Arbeit in Gegenwart der Über~etzer vor. Die Menge bezeigte darauf den Übersetzern ihren Beifall und lobte auch den Demetrius wegen seines vortrefflichen Einfalles, wodurch er ihnen vieles Gute erwiesen habe. Sie baten ihn dann, auch ihren Vorstehern das Gesetz zur Lesung zu übergeben, und alle, sowohl die Priester und Ältesten aus den Übersetzern als auch die Vorsteher der Gemeinde, drückten den Wunsch aus, die Übersetzung möge, weil sie so gut ausgefallen sei, nun auch unverändert bleiben. Diesem Wunsche traten alle Anwesenden bei und bestimmten, dass, wenn jemand bemerke, dass etwas Überflüssiges sich in das Gesetz eingeschlichen habe oder etwas weggelassen worden sei, er sich nochmals gründlich davon überzeugen und dann auf Verbesserung bedacht sein solle. Daran taten sie klug; denn nachdem die Übersetzung nun einmal als richtig befunden war, sollte sie es auch bleiben. 14. War nun der König schon sehr erfreut, als er seinen Plan verwirklicht sah, so stieg seine Freude noch höher, als ihm die Gesetze vorgelesen wurden. Er staunte ob der Weisheit und dem Scharfsinne des Gesetzgebers und fragte den Demetrius, wie es möglich sei, dass eine so wunderbare Gesetzgebung weder von den Geschichtsschreibern noch von den Dichtern erwähnt werde. Demetrius entgegnete darauf, niemand habe das Gesetzbuch zu berühren gewagt, weil es ehrwürdig und göttlich sei, und weil schon manche, die sich dessen unterfangen, von Gott bestraft worden seien. Er erzählte ihm, wie Theopompos, der etwas aus dem Gesetz habe abschreiben wollen, länger als dreißig Tage in Geistesstörung versunken gewesen sei und in seinen lichten Augenblicken Gott mit Bitten zu versöhnen gesucht habe, weil er richtig geahnt habe, dass dies die Ursache seines Wahnsinns sei. Aus einem Traume habe er dann auch wirklich erkannt, dass er von dem Unglück betroffen worden sei, weil er Göttliches anzutasten und es dem gemeinen Volke mitzuteilen im Sinne gehabt habe. Sobald er nun von seinem Vorhaben abgekommen sei, habe er seinen Verstand wiedererlangt. Ferner berichtete er ihm von dem Trauerspieldichter Theodektas, der, wie man sage, in einer Dichtung des Inhaltes der heiligen Bücher habe Erwähnung tun wollen und dafür von einer Augenkrankheit, die man Star nenne, heimgesucht worden sei. Darauf habe er die Ursache seines Leidens erkannt und sei durch Gottes Gnade wieder gesund geworden. * Nach der Zahl der Übersetzer heißt die Übersetzung die »Septuaginta«.
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15. Als der König von Demetrius die Gesetzbücher erhalten hatte, bezeigte er ihnen seine Verehrung und befahl, die größte Sorgfalt darauf zu verwenden, dass sie unversehrt blieben. Dann lud er die Übersetzer· ein, recht oft aus Judäa zu ihm zu kommen, da er sie nicht nur stets mit offenen Armen empfangen, sondern auch reichlich beschenken werde. Jetzt sei es allerdings billig, sie zu entlassen. Kämen sie aber aus eigenem Antrieb wieder, so könnten sie sicher sein, alles bei ihm zu finden, was ihre Weisheit verdiene und seine Freigebigkeit ihnen zu gewähren imstande sei. Darauf entließ er sie, nachdem er ihnen noch drei prachtvolle Gewänder, zwei Talente Gold, einen Becher im Werte von einem Talente, und das Gedeck, dessen sie sich beim Mahle bedient, als Geschenke verehrt hatte. Für den Hohepriester Eleazar gab er ihnen zehn Ruhebetten mit silbernen Füßen und allem Zubehör sowie einen Becher im Werte von dreißig Talenten mit, ferner zehn Gewänder, Purpur, eine herrliche Krone, hundert Ellen Byssusgewebe, sodann Schalen, Teller, Becher und zwei Krüge zur Aufstellung im Tempel. Endlich bat er den Eleazar noch in einem Briefe, er möge, falls einer von den Greisen ihn wieder besuchen wolle, dazu seine Erlaubnis geben, weil es ihm das höchste Vergnügen bereite, sich mit gebildeten Männern zu unterhalten, und es ihm stete eine Freude sei, seine Reichtümer mit ihnen zu teilen. Das sind die Ehrenbezeugungen und Wohltaten, die Ptolemäus Philadelphus den Juden erwiesen hat.
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DRITTES KAPITEL Wie die Könige Asiens das Volk der Juden ehrten und in den von ihnen gegründeten Städten ihnen das Bürgerrecht verliehen.
l. Die Juden wurden auch von den Königen Asiens, unter denen sie Kriegsdienste geleistet hatten, ehrenvoll behandelt. Seleukus Nikator verlieh ihnen in den Städten, die er in Asien und im unteren Syrien gegründet hatte, sowie in der Hauptstadt Antiochia selbst das Bürgerrecht und stellte sie den dort wohnenden Makedoniern und Griechen völlig gleich. Dieses Recht genießen sie auch heute noch, wie daraus hervorgeht, dass den Juden, die kein fremdes ÖI* gebrauchen wollen, von den Gymnasiarchen statt * Bei den Leibesübungen in den Gymnasien (Thrnschulen) zum Einreiben der Glieder.
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des Öles eine bestimmte Geldsumme gezahlt wird. Als im letzten Kriege das Volk von Antiochia diesen Gebrauch abschaffen wollte, hielt Mucianus, der damals Statthalter von Syrien war, ihn aufrecht. Und als später Vespasianus und dessen Sohn Titus den Erdkreis beherrschten und die Bewohner von Alexandria und Antiochia verlangten, dass den Juden das Bürgerrecht genommen werde, konnten sie die Erfüllung dieses Verlangens nicht erreichen. * Man kann daraus ersehen, wie edel und großmütig die Römer und besonders Vespasianus und Titus waren. Denn obwohl diese Fürsten im Kriege gegen die Juden viel Ungemach zu ertragen hatten und ihnen zürnten, weil sie sich nicht ergeben wollten, sondern bis zum letzten Augenblicke Widerstand leisteten, so wollten sie doch die vorgenannten Rechte der Juden nicht geschmälert wissen. Vielmehr widerstanden sie sowohl ihrem eigenen Zorn, als auch dem Verlangen der Bewohner von Alexandria und Antiochia, und ließen sich weder aus Wohlwollen gegen die Letzteren noch aus Hass gegen die Unterjochten dazu verleiten, in ihrer Großmut gegen die Juden nachzulassen. Denn sie meinten, die, welche die Waffen gegen sie erhoben und im Kampfe den Kürzeren gezogen hätten, seien dadurch schon genug gestraft, und diejenigen, die nichts verbrochen, dürften billigerweise auch ihrer Rechte nicht beraubt werden. 2. Von gleicher Gesinnung gegen die Juden war bekanntlich auch Marcus Agrippa beseelt. Denn als die Ionier sich gegen die Juden erhoben hatten und den Agrippa baten, ihnen das Bürgerrecht, welches Antiochus, der Enkel des Seleukus, der bei den Griechen »Gott« genannt wird, ihnen verliehen, allein zu belassen, indem sie zugleich verlangten, die Juden müssten, wenn sie mit ihnen gleichgestellt würden, auch ihre Götter verehren, gewannen die Juden den deswegen anhängig gemachten Prozess unter dem Rechtsbeistand des Nikolaus von Damaskus und durften bei ihren Gebräuchen bleiben. Agrippa erklärte nämlich, er dürfe daran nichts ändern. Will jemand Genaueres hierüber erfahren, so lese er im hundertdreiundzwanzigsten und hundertvierundzwanzigsten Buche der Geschichten des Nikolaus von Damaskus nach. Über die Entscheidung des Agrippa aber darf man sich nicht wundern, da unser Volk damals mit den Römern nicht im Kriege lag. Dagegen verdient die Großmut des Vespasianus und des Titus die höchste Bewunderung, da sie trotz so vieler mit uns geführten Kriege in ihrer Leutseligkeit gegen uns nicht nachließen. Doch ich will den Faden der Erzählung wieder aufnehmen. * Vergl. ]üd. Krieg VII, 5, 2.
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3. Als Antiochus der Große in Asien regierte, traf die Juden einschließlich derjenigen, die in Coelesyrien wohnten, viel Unglück. In dem Kriege nämlich, den der genannte König gegen Ptolemäus Philopator und dessen Sohn Ptolemäus Epiphanes führte, wurden sie von Unheil verfolgt, mochte der König nun siegen oder geschlagen werden, sodass sie nicht unähnlich einem Schiff im Sturme waren, das auf beiden Seiten von den F1uten bedrängt wird. Sie lagen gleichsam zwischen des Antiochus Glück und Unglück in der Mitte. Als unterdessen Antiochus den Ptolemäus endgültig besiegt hatte, eroberte er Judäa. Nach dem Tode des Philopator sandte dessen Sohn ein großes Heer gegen die Coelesyrer unter Skopas, der außer vielen Städten dieses Landes auch unser Land besetzte. Nicht lange nachher jedoch schlug Antiochus den Skopas bei den Quellen des Jordan und vernichtete einen großen Teil seiner Streitmacht. Als nun infolgedessen Antiochus die Städte Coelesyriene, welche Skopas erobert hatte, sowie Samaria in seine Gewalt brachte, unterwarfen sich ihm die Juden freiwillig, ließen ihn in die Stadt einziehen, versahen sein Heer und seine Elefanten mit Lebensmitteln und halfen ihm die von Skopas in der Burg von Jerusalern zurückgelassene Besatzung belagern. Antiochus, der es für billig hielt, die 'freue und das Entgegenkommen .der Juden zu belohnen, schrieb nun an seine Heerführer und Freunde, gab den Juden das Zeugnis, dass sie sich um ihn sehr verdient gemacht hätten, und zeigte ihnen an, welche Geschenke er ihnen dafür zugedacht habe. Von diesem Briefe möchte ich eine Abschrift hier beifügen; zunächst aber will ich erzählen, wie Polybius von Megalopolis diese meine Angaben bestätigt. Er sagt nämlich im zehnten Buche seiner Geschichten: »Skopas, der Feldherr des Ptolemäus, griff die höher gelegenen Gegenden an und unterwarf im Winter das Volk der Juden.« In demselben Buche berichtet er weiter: »Als Antiochus den Skopas besiegt hatte, eroberte er Batanaea, Samaria, Abila und Gadara. Bald darauf unterwarfen sich ihm die Juden, so viele ihrer um das Jerusalem genannte Heiligtum herum wohnten. Hierüber sowie über die Gegenwart der Gottheit im Heiligtum hätte ich noch vieles zu sagen, doch will ich das auf eine andere Zeit verschieben.« Soweit Polybius in seiner Geschichte. Kehren wir nun wieder zum Gange der Begebenheiten zurück. Es folgt also zunächst der Brief des Antiochus. »Der König Antiochus entbietet dem Ptolemäus seinen Gruß. Sowie ich das Land der Juden betrat, haben sie mir sogleich ihre 'freue bewiesen, mich glänzend aufgenommen, meine Soldaten und Elefanten mit Lebensmitteln versorgt und mir bei der Vertreibung der ägyptischen Besatzung aus der Burg geholfen. Ich habe es nun für billig gehalten,
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mich ihnen hierfür erkenntlich zu beweisen und zunächst ihre von manchem widrigen Geschick heimgesuchte Stadt wiederherzustellen und durch Zurückberufung der zerstreuten Bewohner wieder zu bevölkern. Vorläufig habe ich beschlossen, ihnen um ihrer Gottesfurcht willen den Bedarf für die Opfer zu liefern, nämlich Vieh, Wein, Öl und Weihrauch für zwanzigtausend Sekel, sechs Artaben Weizenmehl nach dem Gebrauche ihres Landes, tausendvierhundertsechzig Scheffel Weizen und dreihundertfünfundsiebzig Scheffel Salz. Das alles ist ihnen genau zu verabfolgen, wie ich befehle; imgleichen sollen auch die Arbeiten am Tempel, an den Säulenhallen und wo sonst Bauten nötig sind; in Angriff genommen werden. Das Material dazu soll aus Judäa selbst, aus den anderen Bezirken und vom Libanon entnommen werden, ohne dass irgendeine Abgabe dafür erhoben werden darf. Dasse~be bestimme ich hinsichtlich aller übrigen Arbeiten, die zur Verschönerung des Tempels notwendig sind. Allen Angehörigen des Volkes soll gestattet sein, nach den Gesetzen ihrer Väter zu leben, und es sollen di~ Ältesten, die Priester, die Tempelschreiber und die Sänger von der Kopfsteuer, der Abgabe für die Krone und jeder anderen Steuer befreit sein. Damit nun die Stadt desto eher wieder bevölkert werde, bewillige ich de~ Bewohnern derselben und allen, die sich bis zum Monat Hyperberetaios dort niederlassen, Steuerfreiheit für drei Jahre. Auch will ich ihnen den' dritten, Teil aller Abgaben erlassen, damit sie sich von ihrem Elend erholen können. Ferner setze ich hiermit alle, die aus der Stadt in die Sklaverei ge- ' schleppt worden sind, samt ihren Kindern in Freiheit und befehle, dass ihnen ihr Vermögen zurückgegeben werde.« 4. Das war der Inhalt dieses Briefes. Weiterhin ließ er auch im ganzen Reiche folgende Vorschriften zum Besten des Tempels bekannt machen: »Kein Fremder darf das Innere des Tempels betreten, was ja auch den Juden nach dem Gesetze ihrer Väter nur erlaubt ist, wenn sie entsprechende Reinigungen vorgenommen haben. Niemand darf ferner Fleisch von Pferden, Maultieren, wilden oder zahmen Eseln, Pardeln, Füchsen, Hasen oder anderen Tieren, deren Genuss den Juden verboten ist, in die Stadt einbringen, imgleichen auch die Häute dieser Tiere nicht einführen noch ein derartiges Tier in der Stadt halten, sondern es dürfen nur die zu den Opfern verwendeten Tiere, durch deren Darbringung Gott versöhnt werden soll, in der Stadt vorhanden sein. Wer diese Vorschriften übertritt, hat den Priestern dreitausend Silberdrachmen zu entrichten.« In einem weiteren Briefe stellte er unserer Gottesfurcht und 'freue ein gutes Zeugnis aus, als er sich in den höher gelegenen Satrapien Persiens befand und vernommen hatte, in
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Lydien und Phrygien sei ein Aufstand ausgebrochen. In diesem Schreiben befahl er seinem Feldherrn Zeuxis, der sein vertrauter Freund war, eine Anzahl der Unseren aus Babyion nach Phrygien zu schicken. Der Wortlaut des Schreibens war folgender: »Der König Antiochus entbietet Zeuxis dem Vater seinen Gruß. Wenn es dir gut geht, soll es mich freuen; mir geht es gleichfalls gut. Da ich vernommen habe, dass in Lydien und Phrygien Unruhen ausgebrochen sind, glaube ich denselben die größte Beachtung schenken zu müssen. Ich habe mich nun mit meinen Freunden beratschlagt, was zu tun sei, und beschlossen, in den Festungen und den am meisten gefährdeten Plätzen zweitausend jüdische Familien aus Mesopotamien und Babylonien mit der nötigen Ausrüstung anzusiedeln. Ich glaube nämlich, dass die Juden treue Besatzungen bilden werden, einmal wegen ihrer Gottesfurcht, dann aber auch, weil ich weiß, dass meine Vorfahren ihnen wegen ihrer Zuverlässigkeit und Bereitwilligkeit das beste Zeugnis erteilt haben. Obwohl nun ihre Übersiedlung immerhin sehr mühsam sein wird, will ich doch mein ihnen gegebenes Versprechen halten, dass ihnen erlaubt sein soll, nach ihren eigenen Gesetzen zu leben. Wenn du sie in die angegebenen Orte geführt hast, so gib einem jeden von ihnen einen Bauplatz sowie einen Acker zum Anbau von Feldfrüchten und Wein, und erlasse ihnen für zehn Jahre die Abgaben von dem Ertrage. Solange sie noch nicht selbst geerntet haben, sollen sie wie meine Diener eine bestimmte Menge Getreide erhalten. Desgleichen soll auch für alle, welche ihnen dienen, das Notwendige angewiesen werden, damit sie durch solches Wohlwollen veranlasst werden, noch eifriger für mich zu wirken. Trage auch Sorge dafür, dass das Volk von niemand belästigt werde.« Das mag zum Beweise der guten Gesinnung, welche Antiochus gegen die Juden hegte, genügen.
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VIERTES KAPITEL Wie Antiochus mit Ptolemäus ein Bündnis einging, und wie Onias den Zorn des Ptolemäus Euergetes erregte. Wie Joseph mit Ptolemäus Freundschaft schloss und was er sonst noch tat. Von seinem Sohne Hyrkanus.
1. Darauf schloss Antiochus mit Ptolemäus ein Freundschaftsbündnis, gab ihm seine Tochter Kleopatra zur Ehe und trat ihm Coelesyrien, Samaria, Judäa und Phönizien in Form einer Mitgift ab. Da nun die Steuern sich un-
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ter die beiden Könige verteilten, kauften die Vornehmsten in jeder Stadt die Abgaben an, trieben die ganze Steuer ein und zahlten den Königen die ihnen zukommende Summe aus. In dieser Zeit belästigten die Samariter, denen es gut ging, die Juden sehr, indem sie deren Ackerland veIWüsteten und die Bewohner wegschleppten. Das ereignete sich unter dem Hohepriester Onias. Als nämlich Eleazar gestorben war, folgte ihm in der Wurde sein Oheim Manasses, nach dessen Tod Onias, der Sohn Simons des Gerechten, Hohepriester wurde. Dieser Simon war, wie schon eIWähnt, ein Bruder Eleazars. Onias war schmutzigen Charakters und habgierig, weshalb er die Abgabe von zwanzig Talenten, die seine Vorfahren den Königen für das Volk entrichtet hatten, nicht mehr zahlte. Hierdurch erbitterte er den König Ptolemäus Euergetes, den Vater des Philopator. Dieser schickte einen Gesandten nach Jerusalem und ließ dem Onias VOIWürfe machen, weil er den Thbut nicht gezahlt habe, sowie auch drohen, er werde, wenn das Geld nicht bezahlt würde, das Land verteilen und seine Soldaten dort ansiedeln. Als die Juden diese Drohung vernahmen, gerieten sie in Schrecken; Onias aber kümmerte sich in seinem Geize nicht darum. 2. Nun wohnte damals zu Jerusalem ein gewisser Joseph, der Sohn des Tobias und einer Schwester des Hohepriesters Onias, der wegen seiner Besonnenheit, Klugheit und Gerechtigkeit bei den Jerusalemern in hohem Ansehen stand. Als dieser von seiner Mutter die Ankunft des Gesandten erfuhr (er befand sich nämlich damals gerade in dem Weiler Phichola, aus dem er gebürtig war), begab er sich in die Stadt und warf dem Onias vor, es liege ihm nichts an der Sicherheit seiner Mitbürger, sondern er wolle lieber das Volk ins Verderben stürzen, als sich von seinem Gelde trennen, um dessetwillen er auch, wie man sage, die Regierung und die Wurde des Hohepriesters erstrebt habe. Wenn er so geldgierig sei, dass er um des Mammons willen sein Vaterland in Gefahr und seine Mitbürger im Elend sehen könne, so wolle er ihm den Rat geben, sich an den König zu wenden und diesen zu bitten, dass er ihm das ganze Geld oder wenigstens einen Teil desselben schenken möge. Onias entgegnete, er sei nicht im Mindesten herrschbegierig und auch bereit, wenn es möglich wäre, die Hohepriesterwürde niederzulegen. Zum Könige aber werde er nicht gehen, weil er sich um diese Dinge nicht kümmere. Darauf bat ihn Joseph, er möge ihm gestatten, sich fur das Volk bei Ptolemäus zu veIWenden. Als Onias hierzu seine Einwilligung gab, stieg Joseph sogleich zum Tempel hinauf, berief eine Volksversammlung und ermunterte die Bürger, sie möchten sich nicht in VeIWirrung oder Furcht versetzen lassen, weil sein Oheim sich so wenig um sie kümmere. Die
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trüben Gedanken sollten sie fahren lassen, denn er werde zum Könige gehen und ihm zureden, dass er den Juden nicht zürne. Für diesen 'frost stattete das Volk dem Joseph seinen Dank ab. Dieser verließ sodann den Tempel, nahm den Gesandten des Ptolemäus gastfreundlich auf, beschenkte ihn reichlich und bewirtete ihn viele Tage lang glänzend. Hierauf ließ er ihn zum Könige vorausreisen und sagte, er werde ihm bald folgen. Denn er verlangte jetzt umso mehr danach, zum Könige zu kommen, weil der Gesandte ihn zu der Reise nach Ägypten ermuntert und versprochen hatte, er werde ihm alles erwirken, was er von Ptolemäus erbitten wolle. Josephs freigebiges und besonnenes Wesen hatte ihn nämlich mit großer Freude erfüllt. 3. Als der Gesandte nach Ägypten kam, erzählte er dem Könige von des Onias schmutzigem Geize sowie von Josephs Herzensgüte und fügte hinzu, der Letztere wolle selbst zu ihm kommen, um für das Volk, dessen Sachwalter er sei, Fürbitte einzulegen. Er lobte dann den Jüngling so sehr, dass der König und seine Gemahlin Kleopatra schon im Voraus für diesen eingenommen wurden. Joseph lieh sich unterdessen von seinen Freunden in Samaria Geld, verschaffte sich alles, was zur Reise erforderlich war, Kleider, Becher und Maultiere, und begab sich nach diesen Vorbereitungen, die einen Aufwand von zwanzigtausend Drachmen nötig gemacht hatten, auf den Weg nach Alexandria. Es traf sich nun, dass um jene Zeit die Vornehmsten aus den Städten Syriens und Phöniziens ebenfalls dorthin zogen,· um die Erhebung der Steuern zu pachten, die der König alljährlich an die angesehensten Männer jeder Stadt ausbieten ließ. Als diese unterwegs den Joseph trafen, verspotteten sie ihn wegen seiner Dürftigkeit. Joseph aber ging, als er nach Alexandria kam und hörte, der König befinde sich in Memphis, demselben dorthin entgegen. Der König saß gerade mit seiner Gemahlin und seinem Freunde Athenion, der eben jener von Joseph so gastfreundlich aufgenommene Gesandte war, im Wagen, als Athenion den Joseph erblickte und den König darauf aufmerksam machte, das sei der gefällige und edle Jüngling, von dem er ihm nach seiner Rückkehr aus Jerusalern erzählt habe. Da begrüßte Ptolemäus ihn sogleich und lud ihn ein, in seinen Wagen zu steigen. Kaum saß Joseph darin, als der König über das Benehmen des Onias zu klagen anfing. Joseph aber entgegnete ihm: »Du musst ihm das mit Rücksicht auf sein Alter nachsehen. Es kann dir ja nicht unbekannt sein, dass die Greise genauso denken wie die Kinder. Wir Jüngeren dagegen werden dir in allem so entgegenkommen, dass du nichts zu tadeln haben wirst.« Über diese Höflichkeit und Liebenswürdigkeit hocherfreut, fasste der König jetzt, da er Joseph persönlich kennen gelernt hatte, eine noch
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größere Neigung zu ihm, sodass er ihn im Palaste wohnen ließ und täglich zur Tafel zog. Als nun der König wieder nach Alexandria kam, sahen die syrischen Vornehmen den Joseph an seiner Seite sitzen, was sie sehr verdross. 4. Am Tage der Steuerverpachtung boten nun die Vornehmsten jeder Stadt auf die Steuern derselben. Achttausend Talente waren schon auf die Abgaben von Syrien, Phönizien, Judäa und Samaria geboten, als Joseph hinzukam und den Bietern Vorwürfe darüber machte, dass sie so wenig für die Steuern geben wollten. Er selbst versprach dann das Doppelte zu geben und dem Könige noch dazu die Güter derjenigen auszuliefern, die sich gegen sein Haus vergehen würden. Denn das wurde ebenfalls zugleich mit den Steuern vergeben. Der König vernahm dieses Gebot mit Freuden und gab dem Joseph, der seine Einkünfte so gewaltig vermehren wollte, den Zuschlag, nachdem er ihn noch gefragt hatte, ob er auch Bürgen stellen könne. Joseph beeilte sich, hierauf zu erwidern: »Ich will euch so gute und ehrenwerte Bürgen stellen, dass ihr kein Misstrauen zu hegen braucht« Als der König ihn nun ersuchte, dieselben zu nennen, sagte er: »Dich selbst, 0 König, und deine Gemahlin stelle ich als Bürgen, jeden für eine Hälfte.« Hierüber lachte Ptolemäus und schlug ihm die Steuern ohne Bürgen zu. Das war nun den anderen, die aus den Städten nach Ägypten gekommen waren, gar nicht recht, da sie sich benachteiligt glaubten, und sie kehrten beschämt nach Hause zurück. 5. Joseph bat sich sodann vom Könige Hilfe aus, um diejenigen, welche die Abgaben verweigern würden, zwingen zu können, worauf der König ihm zweitausend Fußsoldaten zur Verfügung stellte. Hierauf lieh Joseph sich von den Freunden des Königs zu Alexandria fünfhundert Talente und brach nach Syrien auf. Als er aber nach Askalon kam und von den Bewohnern der Stadt die Steuern forderte, verweigerten diese nicht bloß die Zahlung, sondern lästerten ihn auch noch obendrein. Joseph ließ darauf gegen zwanzig ihrer Vornehmen verhaften und hinrichten, ihr Vermögen aber, welches fast tausend Talente betrug, sandte er an den König und erstattete ihm zugleich Bericht über den Vorfall. Ptolemäus wunderte sich über seine Ehrlichkeit, billigte das Geschehene und gab ihm in allem unbegrenzte Vollmacht. Als die Syrer das hörten, erschraken sie gewaltig, und da sie an der Hinrichtung der Askalonier ein Beispiel dafür hatten, was den Widerspenstigen bevorstand, öffneten sie die Tore, nahmen den Joseph bereitwillig auf und entrichteten die Steuern. Nut die Bewohner von Skythopolis wagten es, ihn zu schmähen und die Abgaben zu verweigern, die sie sonst ohne Anstand ent-
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richtet hatten. Joseph aber ließ auch ihre Vornehmen hinrichten und schickte deren Vermögen dem Könige ein. Als er nun so eine Menge Geld zusammengebracht hatte, verblieb ihm nach Bezahlung des Pachtpreises noch ein ansehnlicher Gewinn, den er zur Befestigung seiner Macht verwandte, da er es für klug und vorteilhaft hielt, mit seinem Reichtum sich sein Glück zu begründen. Er sandte also heimlich Geschenke an den König sowie an dessen Gemahlin, Freunde und Günstlinge, um sich ihr Wohlwollen zu erhalten. 6. Dieses Glück genoss Joseph zweiundzwanzig Jahre lang. Er hatte von einer seiner beiden Gattinnen sieben Kinder, zu denen von seiner anderen Frau, der Tochter seines Bruders Solymius, noch ein Sohn mit Namen Hyrkanus hinzukam. Die Letztere heiratete er aus folgender Veranlassung. Als er sich einst in Begleitung seines Bruders, der seine heiratsfähige Tochter bei sich führte, um sie in Alexandria einem vornehmen Juden zu vermählen, dorthin begeben hatte, wurde er zur königlichen Tafel gezogen und sah bei dieser Gelegenheit eine Tänzerin, die so schön war, dass er in Liebe zu ihr entbrannte. Davon machte er seinem Bruder Mitteilung und bat ihn inständig, er möge, da es den Juden nicht erlaubt sei, sich mit einem fremden Weibe abzugeben, dieses sein sündiges Verlangen geh~im halten und ihm behilflich sein, dasselbe zu stillen. Solymius versprach ihm auch, seinen Wunsch zu erfüllen, führte ihm aber zur Nachtzeit seine eigene Tochter im Brautschmuck zu und ließ sie bei ihm ruhen. Joseph merkte die Täuschung nicht, da er berauscht war, und umarmte seines Bruders Tochter. Und als er dies zu wiederholten Malen getan, liebte er sie nur noch heftiger. Seinem Bruder aber gestand er, er werde sich aus Liebe zu der Tanzerin das Leben nehmen, wenn der König sie ihm vielleicht nicht geben wolle. Dieser beruhigte ihn und sprach ihm zu, er solle sich deswegen nicht grämen, weil er dafür sorgen werde, dass Joseph das geliebte Weib als Gattin heimführen könne. Alsdann gestand er, dass er ihn getäuscht habe, weil er lieber seine Tochter habe entehren, als ihn einen Verstoß gegen das Gesetz begehen lassen wollen. Joseph dankte ihm für diesen Beweis brüderlicher Liebe und heiratete seine Tochter, mit der er, wie gesagt, den Hyrkanus zeugte. Als dieser, der sein Jüngster war, erst dreizehn Jahre zählte, bewies er schon eine solche Körperkraft und so hervorragende Geistesanlagen, dass er die Eifersucht seiner Brüder erregte. Joseph wollte nun wissen, wer von seinen Söhnen der tüchtigste sei, und sandte sie daher alle außer Hyrkanus zu den geschicktesten Lehrern jener Zeit. Doch sie kamen alle wegen ihrer Trägheit und ihres Leichtsinnes unerfahren und, ohne etwas gelernt zu haben, nach Hause zurück. Darauf sandte er seinen jüngsten Sohn Hyrkanus mit drei-
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hundert Joch Ochsen zwei Tagereisen weit in die Wüste, um Land zu bestellen, verbarg aber die Jochriemen. Als nun Hyrkanus an die ihm angegebene Stelle kam und die Riemen vermisste, rieten ihm die Ochsentreiber, er solle einige von ihnen zu seinem Vater schicken, um die Riemen zu holen. Er aber verwarf diesen Rat, weil er nicht so viel Zeit verlieren zu dürfen glaubte, als mit dem Warten auf die Boten versäumt würde, und ersann dafür etwas recht Schlaues, das eines viel älteren Mannes würdig gewesen wäre. Er ließ nämlich zehn Joch Ochsen schlachten und verteilte das Fleisch an die Arbeiter, die Häute aber zerschnitt er zu Riemen, schirrte damit die Joche an, bestellte dann nach dem Auftrage seines Vaters das Land und begab sich heim. Der Vater gewann ihn nun seines Scharfsinnes wegen noch lieber, lobte ihn, dass er das Werk ebenso rasch ausgeführt als ersonnen habe, und zeichnete ihn aus, als sei er sein einziger leiblicher Sohn, was den Brüdern natürlich gar nicht recht war. 7. Um diese Zeit erhielt Joseph die Nachricht, dem Ptolemäus sei ein Sohn geboren worden, und alle Großen Syriens und des zugehörigen Gebietes zögen zur Feier dieses Ereignisses mit großem Aufwand nach Alexandria. Da er nun d~rch sein hohes Alter verhindert wurde, gleichfalls dorthin zu reisen, fragte er seine Söhne, ob einer von ihnen zum Könige sich begeben wolle. Die älteren Söhne weigerten sich dessen, weil sie für den Verkehr am Hofe zu unbeholfen seien, und rieten ihm deshalb, den Hyrkanus dorthin zu senden, Joseph hörte das gern, rief den Hyrkanus zu sich und fragte ihn, ob er zum Könige gehen könne und dazu bereit sei. Hyrkanus versprach sogleich, reisen zu wollen, und er~ärte, er bedürfe nicht viel Geld, da er sparsam leben werde, sodass zehntausend Drachmen hinreichend seien. Über diese Bescheidenheit freute sich Joseph sehr. Alsdann riet Hyrkanus seinem Vater, er solle ihm keine Geschenke für den König von Hause aus mitgeben, sondern eine Anweisung an seinen Verwalter in Alexandria, damit dieser ihm so viel Geld auszahle, als er zum Ankauf der schönsten und kostbarsten Geschenke, welche er finden könne, nötig habe. Der Vater meinte, zehn Talente würden zu Geschenken für den König genügen, lobte den Hyrkanus wegen des vernünftigen Rates und schrieb an seinen Verwalter Arion, der sein ganzes Geld, nicht weniger als dreitausend Talente, in Verwahr hatte. Joseph schickte nämlich seine ganzen Einkünfte aus Syrien nach Alexandria, und wenn der Tag kam, an welchem die Abgaben an den König entrichtet werden mussten, gab er dem Arion schriftlichen Auftrag, dies zu tun. An diesen Arion erbat sich also Hyrkanus von seinem Vater ein Schreiben, nach dessen Empfang er nach Alexandria ab-
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reiste. Kaum war er fort, so schrieben seine Brüder an alle Freunde des Königs, sie sollten ihn umbringen. 8. Als nun Hyrkanus in Alexandria ankam, übergab er dem Arion den Brief. Dieser fragte ihn, wie viele Talente er haben wolle, und dachte, er werde deren zehn oder etwas mehr verlangen. Als er aber tausend begehrte, brauste Arion auf und warf ihm vor, er wolle wohl wie ein Verschwender leben. Er erinnerte ihn daran, unter welchen Mühen und Entbehrungen sein Vater dieses Vermögen zusammengebracht habe, und bat ihn, sich den Vater zum Muster zu nehmen. Er werde ihm nicht mehr als zehn Talente geben und auch die nur zu Geschenken für den König. Darüber geriet der Jüngling in Aufregung und ließ Arion ins Gefangnis werfen.* Arions Gattin zeigte dies sogleich der Kleopatra an, bei der ihr Mann in hohem Ansehen stand, und bat sie, den Jüngling bestrafen zu lassen. Kleopatra meldete den Vorfall dem Könige, der dem Hyrkanus durch Boten sagen ließ, er wundere sich, dass er als Abgesandter seines Vaters bei ihm noch nicht erschienen sei und dazu auch noch den Verwalter habe einkerkern lassen. Er solle ihm unverzüglich den Grund angeben, weshalb er das getan habe. Darauf soll der Jüngling dem Boten erwidert haben, der König sei ja selbst im Besitze des jüdischen Gesetzes, welches jedem jungen Manne verbiete, vom Opfer zu kosten, bevor er den Tempel betreten und Gott geopfert habe. Aus diesem Grunde sei er auch noch nicht zum Könige gekommen, sondern habe warten wollen, bis er dem Wohltäter seines Vaters Geschenke mitbringen könne. Was aber den Sklaven betreffe, so sei er gegen ihn eingeschritten, weil er seinem Befehl nicht gehorcht habe. Es komme nämlich gar nicht darauf an, ob der Gebieter groß oder klein sei. Wenn solche Frevler nicht bestraft würden, so brauche sich der König auch nicht zu wundern, wenn er von seinen Untertanen verhöhnt werde. Als Ptolemäus dies hörte, brach er in helles Gelächter aus und konnte dem Mute des jungen Mannes seine Anerkennung nicht versagen. 9. Als Arion vernahm, dass der König so gesinnt sei und er von niemand Hilfe zu erwarten habe, gab er dem Jüngling die tausend Talente, um aus seinen Fesseln erlöst zu werden, und drei Tage darauf machte Hyrkanus dem Königspaare seine Aufwartung. Er wurde von diesem freundlich empfangen und aus Rücksicht auf seinen Vater glänzend bewirtet. Alsdann begab er sich heimlich zu den Sklavenhändlern und kaufte von ihnen hundert * Arion war leibeigener Sklave, und darum ein solches Verfahren selbst im Auslande gegen ihn zulässig.
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wohlgestaltete und gebildete Sklaven, jeden für ein Talent, und ebenso viele Sklavinnen um denselben Preis. Als er aber mit den Vornehmsten des Landes zur königlichen Tafel gezogen wurde, erhielt er den niedrigsten Platz, da er wegen seiner Jugend von den Platzordnern verächtlich angesehen wurde. Alle seine Mitgäste häuften nun die Knochen, von denen sie das Fleisch gegessen hatten, vor Hyrkanus auf, sodass sein Tisch ganz damit bedeckt wurde. Dann trugen sie dem Hofnarren Tryphon, der bei den Gelagen für Witz und Gelächter zu sorgen hatte, auf, zum Könige zu gehen. Dieser tat also und sprach: »Siehst du, 0 Herr, die vielen Knochen, die vor Hyrkanus liegen? So wie er die Knochen vom Fleische entblößt hat, also hat sein Vater ganz Syrien geschunden!« Über diese Worte 1ryphons lachte der König herzlich und fragte den Hyrkanus, weshalb so viele Knochen vor ihm lägen. »Das ist gar nicht wunderbar, Herr«, entgegnete der Jüngling, »denn die Knochen mit dem Fleische zu verschlingen, wie diese hier (dabei blickte er seine Mitgäste an), die nichts von Knochen vor sich liegen haben, ist Hundeart; die Menschen dagegen pflegen das Fleisch zu essen und die Knochen wegzuwerfen, und das habe auch ich getan, da ich mich zu den Menschen rechne.« Über diese witzige Antwort erstaunte der König und hieß alle ihm dafür Beifall klatschen. Am folgenden Tage nun ging Hyrkanus zu allen Freunden des Königs und den Mächtigen bei Hofe, begrüßte sie und erkundigte sich gleichzeitig bei den Dienern, welche Geschenke ihre Herren dem Könige aus Anlass der Geburt seines Sohnes machen würden. Wenn er nun hörte, einige würden zwölf Talente geben, andere, höher Gestellte, ihrem Range entsprechend mehr, drückte er sein Bedauern aus, dass er sich so hoch nicht versteigen könne, da es ihm nicht möglich sei, mehr als fünf Talente zu geben. Die Diener berichteten das sogleich ihren Herren, die sich schon darüber freuten, dass Joseph seines ärmlichen Geschenkes wegen beim Könige Anstoß erregen und in Ungnade fallen würde. Als nun der Tag kam, brachten die Reichsten höchstens zwanzig Talente; Hyrkanus aber gab den hundert von ihm gekauften Sklaven sowie den hundert Sklavinnen ebenso viele Talente in die Hände und führte die Sklaven dem König, die Sklavinnen aber der Königin zu. Und während alle, auch der König und die Königin, sich über das unerwartet reiche Geschenk verwunderten, gab er den Freunden und Dienern des Königs ebenfalls Geschenke im Wert von vielen Talenten, um sich vor ihren Nachstellungen zu sichern. Denn es war ihm bekannt geworden, dass seine Brüder den Auftrag erteilt hatten, ihn zu töten. Ptolemäus hieß darauf in seinem Staunen über des Jünglings Freigebigkeit diesen sich ein beliebiges Geschenk wählen.
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Hyrkanus aber bat ihn nur darum, er möge seinem Vater und seinen Brüdern über ihn schreiben. Der König erwies ihm sodann die höchsten Ehrenbezeugungen, beschenkte ihn reichlich und entließ ihn mit Briefen an seinen Vater, seine Brüder und an alle königlichen Statthalter und Beamten. Als nun die Brüder vernahmen, wie freundlich Hyrkanus vom Könige aufgenommen worden sei und dass er so ehrenvoll heimkehre, zogen sie ihm entgegen, um ihn zu töten, und zwar mit Wissen ihres Vaters. Denn dieser grollte ihm wegen des ungeheuren Geldaufwandes zu den Geschenken, und es lag ihm deshalb nichts an seiner Rettung; doch durfte er mit Rücksicht auf den König seinen Unmut nicht merken lassen. Als aber Hyrkanus mit seinen Brüdern zusammenstieß, brachte er außer vielen anderen ihrer Begleiter auch zwei von ihnen selbst um; die Übrigen entflohen nach Jerusalem zu ihrem Vater. Hyrkanus zog darauf auch selbst nach der Stadt; als aber niemand ihn aufnehmen wollte, geriet er doch in Angst, zog sich über den Jordan zurück und blieb daselbst, indem er die dort ansässigen Barbaren sich tributpflichtig machte. 10. Damals herrschte in Asien Seleukus mit dem Beinamen Philopator, ein Sohn Antiochus' des Großen. Um dieselbe Zeit starb des Hyrkanus Vater Joseph, der durch seine Tüchtigkeit und seine glänzenden Geistesgaben das Volk der Juden aus Armut und Unansehnlichkeit zu glücklicheren Verhältnissen erhoben und zweiundzwanzig Jahre lang die Einziehung der Steuern in Syrien, Phönizien und Samaria besorgt hatte. Auch sein Oheim Onias schied bald danach aus dem Leben und hinterließ das Hohepriesteramt seinem Sohne Simon. Nach dessen Tod wurde Hohepriester sein Sohn Onias, an den Areios, der König der Lakedämonier, Gesandte mit einem Schreiben folgenden Inhalts schickte: »Areios, König der Lakedämonier, entbietet dem Onias seinen Gruß. Wir sind auf eine Schrift gestoßen, in der geschrieben steht, dass die Juden mit den Lakedämoniern eines Stammes seien und sich vom Hause Abrams herleiteten. Da ihr nun unsere Brüder seid, ist es billig, dass ihr uns eure Wunsche kundtut. Wir werden dasselbe tun, wollen euer Besitztum als das unsere betrachten und ebenso alles, was uns gehört, mit euch gemeinsam haben. Dieses Schreiben überbringt unser Briefbote Demoteles. Es ist viereckig, und das Siegel zeigt einen Adler, der einen Drachen hält.« 11. Diesen Inhalt hatte der Brief des Lakedämonierkönigs. Als nun Joseph gestorben war, entstand durch seine Söhne Uneinigkeit unter dem Volke. Denn die älteren von ihnen zogen gegen Hyrkanus, welcher der jüngste war, zu Felde, und so teilte sich das Volk. Der größere Teil hielt zu
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den älteren Söhnen, was auch der Hohepriester Simon aus verwandtschaftlichen Rücksichten tat. Hyrkanus wagte daher nicht mehr, nach Jerusalem zurückzukehren, sondern setzte sich jenseits des Jordan fest und lag beständig mit den Arabern im Kriege, von denen er viele niedermachte oder gefangen nahm. Er erbaute sich eine feste Burg, die er bis zum Dache aus weißem Marmor aufführte und rings mit Tiergestalten von ungeheurer Größe versah. Um dieselbe zog er einen breiten und tiefen Graben. An dem gegenüberliegenden Gebirge ließ er die vorspringenden Felsgräten durchbohren und stadienlange Höhlen daselbst anlegen. Letztere dienten teils zur Abhaltung von Schmausereien, teils zu Wohn- und Schlafstätten. In sie hinein leitete er kräftige Quellen, die der Anlage zum Schmucke und zur Bewässerung dienten. Die Eingänge zu den, Höhlen ließ er nicht größer machen, als dass ein Mann eben eintreten konnte, und zwar mit Rücksicht auf seine Sicherheit. Sollte er nämlich von seinen Brüdern einmal belagert werden, so dachte er ihnen auf diese Weise zu entschlüpfen. Dazu legte er auch noch Höfe von großer Ausdehnung an und schmückte sie mit weiten Gartenanlagen. Die ganze Ansiedlung nannte er Tyrus. Sie liegt zwischen Arabien und Judäa, jenseits des Jordan und nicht weit von Essebonitis. Hier herrschte Hyrkanus sieben Jahre lang, die ganze Zeit hindurch, während welcher Seleukus in Syrien regierte. Als dieser gestorben war, bestieg sein Bruder Antiochus mit dem Beinamen Epiphanes den Thron. Inzwischen starb auch Ptolemäus, der König von Ägypten, der ebenfalls Epiphanes hieß und zwei noch jugendliche Söhne hinterließ, von denen der ältere Philometor, der jüngere Physkon genannt wurde. Da nun Hyrkanus die große Macht des Antiochus erkannte und befürchten musste, wegen seiner Kriegszüge gegen die Araber von ihm gefangen und hingerichtet zu werden, tötete er sich selbst. Seine sämtlichen Besitzungen aber zog Antiochus ein.
FÜNFTES KAPITEL Uneinigkeit unter den Juden. Des Antiochus Zug gegen Jerusalem. Die Samariter weihen ihren Tempel auf dem Garizin dem griechischen Zeus. 237
1. Da um diese Zeit auch der Hohepriester Onias starb, übertrug der König die Hohepriesterwürde an dessen Bruder Jesus. Denn der Sohn, welchen Onias hinterlassen hatte, war noch ein Kind. Das Nähere über die-
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sen Knaben will ich später berichten. Übrigens nahm der König im Zorn bald darauf dem Jesus, Bruder des Onias, die Hohepriesterwürde wieder ab und verlieh sie dessen jüngstem Bruder, der gleichfalls Onias hieß. Simon hatte nämlich drei Söhne, die alle Hohepriester wurden; davon nahm Jesus den Namen Jason und Onias den Namen Menelaus an. Als nun zwischen dem früheren Hohepriester Jesus und dem später zu der Würde gelangten Menelaus Streitigkeiten entstanden, und das Volk sich in zwei Parteien spaltete, standen nur des Tobias Söhne aufseiten des Menelaus, während der größere Teil des Volkes sich dem Jason anschloss, von dem Menelaus und die Söhne des Tobias so bedrängt wurden, dass sie zu Antiochus flohen und ihm erklärten, sie wollten sich von ihren heimischen Sitten und Gebräuchen lossagen und nach griechischer Weise und der Verfassung des Königs leben. Deshalb baten sie ihn, er möge ihnen gestatten, in Jerusalern eine Thrnschule zu erbauen. Als der König ihnen diese Erlaubnis gegeben, verhüllten sie die Beschneidung ihrer Schamteile, sodass sie sich auch bei entblößtem _Körper von den Griechen nicht unterschieden, gaben ihre heimischen Gebräuche auf und nahmen heidnisches Wesen an. 2. Antiochus, dem übrigens alles nach Wunsch gelang, beschloss inzwischen, einen Feldzug gegen Ägypten zu unternehmen, um dasselbe zu erobern. Die Söhne des Ptolemäus achtete er, da sie noch jung und zum Widerstand nicht fähig waren, gering. Er zog also mit großer Kriegsrnacht nach Pelusium, täuschte den Ptolemäus Philometor und bemächtigte sich Ägyptens. Und als er in die Gegend von Memphis gekommen war und dieses eingenommen hatte, wandte er sich gegen Alexandria, um diese Stadt und den daselbst residierenden Ptolemäus in seine Gewalt zu bringen. Doch musste er bald nicht nur von Alexandria, sondern auch aus ganz Ägypten abziehen, weil die Römer dies von ihm verlangten, wie ich schon früher anderswo berichtet habe. Ich will jetzt eingehend beschreiben, wie dieser König Judäa eroberte und sich des Tempels bemächtigte. Denn da ich in meinem früheren Werke* diese Begebenheiten nur kurz berührt habe, halte ich es für notwendig, dieselben hier ausführlicher und genauer zu erzählen. 3. Als der König Antiochus aus Furcht vor den Römern aus Ägypten abzog, wandte er sich gegen Jerusalern und rückte vor die Stadt im hundertdreiundvierzigsten Jahre der seleukidischen Königsherrschaft.** Er nahm * Jüd. Krieg I, 1. ** Die im Jahre 312 vor Christi Geburt ihren Anfang nahm.
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die Stadt ohne Kampf ein, da seine Anhänger ihm die Tore öffneten. Sobald er Jerusalem in seiner Gewalt hatte, ließ er viele Angehörige der gegnerischen Partei töten, raubte eine Menge Geld und kehrte dann nach Antiochia zurück. 4. Zwei Jahre später jedoch, im hundertfünfundvierzigsten Jahre der Seleukiden, am fünfundzwanzigsten Tage des Monats, der bei uns Chaslev, bei den Makedoniern aber Apellaios heißt, in der hundertdreiundfünfzigsten Olympiade*, kehrte der König mit großer Heeresmacht nach Jerusalern zurück und nahm, indem er eine friedliche Gesinnung heuchelte, die Stadt mit List ein. Diesmal schonte er aber nicht einmal diejenigen, die ihn in die Stadt eingelassen hatten, denn es war ihm in seiner Habgier nur um die Schätze des Heiligtums zu tun. Hatte er doch eine große Menge Gold und die prachtvollen Weihgeschenke im Tempel gesehen. Um das alles rauben zu können, verletzte er selbst den Vertrag, den er mit seinen Anhängern geschlossen hatte. Er plünderte also den Tempel völlig, sodass er die heiligen Gefäße, die goldenen Leuchter, den goldenen Altar, den Tisch und die Weihrauchfässer fortschleppte und nicht einmal die aus Byssus und Scharlach verfertigten Vorhänge zurückließ. Desgleichen leerte er die verborgene Schatzkammer und ließ überhaupt nichts Wertvolles an Ort und Stelle, sodass er die Juden in den tiefsten Gram versetzte. Ja, er verbot ihnen sogar die Darbringung der täglichen Opfer, plünderte die ganze Stadt, tötete einen Teil der Bürger und schleppte den anderen samt Weib und Kind in die Gefangenschaft, im Ganzen gegen zehntausend Menschen. Die schönsten Stadtteile ließ er in Brand stecken und die Mauern schleifen, und in der Unterstadt errichtete er eine Burg, welche sehr hoch war und den Tempel beherrschte. Diese Burg befestigte er mit hohen Mauern und legte eine makedonische Besatzung hinein; auch hielten sich in ihr die Gottlosen und Verruchten aus dem Volke auf, die ihren Mitbürgern viel Leids antaten. An der Stelle des Altars ließ der König einen anderen errichten, schlachtete Schweine auf demselben und brachte so Opfer dar, die weder gesetzmäßig noch beim Gottesdienste erlaubt waren. Dann zwang er die Juden, die Verehrung ihres Gottes aufzugeben, seine eigenen Götter anzubeten, ihnen in jeder Stadt und in jedem Dorfe Altäre zu erbauen und täglich Schweine zu opfern. Weiterhin verbot er ihnen, ihre Söhne zu beschneiden, und bedrohte die Zuwiderhandelnden mit Strafe. Um aber das Volk zur Befolgung sei* Die Rechnung nach Olympiaden (Zeiträumen von 4 Jahren) begann im Jahre 776 vor Christi Geburt.
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ner Befehle zu zwingen, stellte er besondere Beamten an. Leider kamen denn auch teils freiwillig, teils aus Furcht vor der angedrohten Strafe viele Juden den Geboten des Königs nach. Die Vornehmsten und Edelmütigsten jedoch kümmerten sich nicht um ihn und hielten ihre väterlichen Gesetze höher als die Strafen, welche den Widerspenstigen angedroht waren. Deshalb wurde tagtäglich eine Anzahl von ihnen unter grausamen Martern hingerichtet: Man geißelte und verstümmelte sie und schlug sie dann noch lebend ans Kreuz. Die Weiber aber und die beschnittenen Knaben wurden auf Geheiß des Königs erwürgt, und die Letzteren am Halse ihrer gekreuzigten Eltern aufgehängt. Fand sich ein heiliges Buch oder eine Gesetzesrolle, so wurden sie verbrannt, und diejenigen, bei denen sie gefunden worden waren, wie Übeltäter hingerichtet. 5. Als die Samariter diese schrecklichen Leiden der Juden sahen, leugneten sie wieder einmal jede Verwandtschaft mit ihnen und erklärten, der Tempel auf dem Berge Garizin sei kein Heiligtum des höchsten Gottes. Vielmehr gaben sie sich, getreu ihrem früher schon geschilderten Charakter, für Abkömmlinge der Meder und der Perser aua, was sie ja auch wirklich sind. Sie schickten daher Gesandte an Antiochus mit einem Schreiben folgenden Inhalts: »Die Sidonier von Sikim an den erhabenen Gott und König Antiochus Epiphanes. Unsere Vorfahren haben infolge häufiger Heimsuchung ihres Landes durch Seuchen mit Rücksicht auf einen alten Aberglauben die Sitte eingeführt, den Tag zu feiern, welchen die Juden Sabbat nennen, und haben in dem Tempel, den sie, ohne ihn einem bestimmten Gotte zu weihen, auf dem Berge Garizin erbauten, feierliche Opfer dargebracht. Weil es dir nun gefallen hat, die Juden für ihre Nichtswürdigkeit nach Verdienst zu züchtigen, belegen uns die königlichen Beamten mit denselben Strafen, da sie glauben, wir seien mit ihnen verwandt und ebenso verrucht. Wir sind jedoch unserer Abstammung nach Sidonier, was aus unseren Archiven hervorgeht. Wir bitten dich deshalb, du wollest als unser Wohltäter und Erretter deinem Statthalter Apollonius und deinem Geschäftsträger Nikanor befehlen, uns nicht derselben Verbrechen wie die Juden zu zeihen, von denen wir uns in unserer Lebensweise und unserer Abstammung nach so sehr unterscheiden, und uns in Frieden zu lassen. Zugleich bitten wir darum, unseren Tempel, der noch auf den Namen keines Gottes geweiht ist, dem hellenischen Zeus zu Ehren benennen zu dürfen. Dadurch werden wir von ferneren Belästigungen verschont bleiben, können unsere Arbeiten ohne Furcht erledigen und werden dann imstande sein, dir einen größeren Tribut zu entrichten!« Auf diese Bitten der Samariter schickte der König fol-
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gendes Antwortschreiben: »Der König Antiochus an Nikanor. Die zu Sikim wohnenden Sidonier haben uns die beigefügte Bittschrift überreicht. Da nun in dem Rate, den wir mit unseren Ratgebern abgehalten, die von den Sidoniern geschickten Gesandten bewiesen haben, dass die den Juden zur Last gelegten Vergehen von ihnen nicht begangen worden, sondern dass sie nach griechischem Muster leben wollen, so befreien wir sie von aller Schuld und befehlen, dass ihr Tempel ihrer Bitte gemäß den Namen des hellenischen Zeus tragen soll.« Dasselbe ließ er unter dem Achtzehnten des Monats Hekatombaion des hundertsechsundvierzigsten Jahres auch dem Statthalter Apollonius schreiben.
SECHSTES KAPITEL Wie Mattathias der Asamonäer allein den Geboten des Antiochus trotzte und dessen Heerführer überwand. Vom Tode des Mattathias und von seinem Nachfolger Judas. 265
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1. Um diese Zeit wohnte in Modiim, einem Dorfe Judäas, ein Mann mit Namen Mattathias, ein Sohn des Joannes, des Sohnes Simeons, des Sohnes des Asamonaeus. Er war Priester nach der Ordnung des Joarib, stammte aus Jerusalem und hatte fünf Söhne, Joannes mit dem Beinamen Gaddes, Simon mit dem Beinamen Matthes, Judas mit dem Beinamen Makkabaeus, Eleazar mit dem Beinamen Auran, und Jonathas mit dem Beinamen Apphus. Dieser Mattathias bejammerte vor seinen Söhnen das Elend des Volkes, die Plünderung der Stadt, die Beraubung des Tempels und die Änderung der Verfassung und erklärte ihnen, es sei besser, für die Gesetze der Vater den Tod zu erleiden, als ein so schmähliches Leben zu führen. 2. Als nun die Beamten, die vom Könige angestellt waren, um die Juden zur Befolgung seiner Befehle zu zwingen, auch nach Modiim kamen und die Bewohner des Dorfes zur Darbringung der vom Könige angeordneten Opfer anhalten wollten, verlangten sie von Mattathias, der seiner Gelehrsamkeit wegen in hohem Ansehen stand, er solle mit den Opfern beginnen; seine Mitbürger würden sich dann nach ihm richten und er dem Könige besonders wohlgefallig werden. Mattathias aber weigerte sich dessen und erklärte, wenn auch andere Familien, sei es aus Furcht, sei es aus Kriecherei den Befehlen des Antiochus folgten, so werde doch er mit seinen Söhnen
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nie dahin zu bringen sein, dass sie dem Gotte ihrer Vater untreu würden. Kaum hatte er dies gesprochen, da trat ein Jude hervor und brachte das Opfer nach des' Königs Vorschrift dar. Als Mattathias das sah, griff er mit seinen Söhnen zum Schwerte, tötete den Juden am Altar, machte den königlichen Beamten Apelles, der ihn dazu gezwungen, nebst einigen Soldaten nieder, stürzte den Altar um und rief aus: »Jeder, der noch für die Gebräuche unserer Väter und die Verehrung Gottes eifert, folge mir nach!« Darauf zog er mit seinen Söhnen unter Zurücklassung seiner ganzen Habe in die Wüste, wo~in gleich ihm noch viele andere flohen und in Höhlen sich ansiedelten. Als dies die Heerführer des Königs vernahmen, riefen sie die ganze Besatzung der Burg zu Jerusalem unter die Waffen und setzten den Juden in die Wüste nach. Nachdem sie dieselben eingeholt hatten, versuchten sie zunächst, ihnen zuzureden, sie sollten zur Einsicht kommen, auf ihren Vorteil bedacht sein und die Gegner nicht in die Notwendigkeit versetzen, nach Kriegsrecht mit ihnen zu verfahren. Die Juden aber achteten nicht auf ihre Vorstellungen, sondern beharrten bei ihrer Meinung. Hierüber erbittert, griffen die Soldaten sie an einem Sabbat an und verbrannten sie in ihren Höhlen, ohne dass sie Widerstand geleistet oder auch nur die Eingänge versperrt hätten. Sie enthielten sich nämlich wegen des Feiertages jeder körperlichen Tätigkeit und wollten den Sabbat selbst in ihrer gefahrvollen Lage nicht entheiligen, da uns an diesem Tage die strengste Ruhe geboten ist. So wurden sie also samt Weib und Kind in den Höhlen erstickt, im Ganzen gegen tausend Menschen. Doch gelang es auch vielen, zu entkommen; diese schlossen sich an Mattathias an und erwählten ihn zu ihrem Anführer. Mattathias belehrte sie nun zunächst, dass sie auch am Sabbat kämpfen müssten. Denn wenn sie auch in diesem Punkte so streng am Gesetz festhalten wollten, würden sie sich selbst den größten Schaden zufügen, weil die Feinde sie nun stets an dem Tage angreifen würden, an dem sie sich nicht wehren könnten, und dann müssten sie alle samt und sonders ohne Verteidigung ihr Leben lassen. Das leuchtete ihnen ein, und so kommt es, dass noch bis heute bei uns die Sitte besteht, auch am Sabbat zu kämpfen, falls dies erforderlich ist. Mattathias sammelte nun allmählich eine große Schar um sich, zerstörte die Altäre und ließ die Abtrünnigen, deren er habhaft werden konnte, umbringen. Viele nämlich hatten sich aus Furcht zu den umwohnenden Völkerschaften geflüchtet. Alle noch nicht beschnittenen Knaben ließ er sodann beschneiden und die Beamten des Königs verjagen. 3. Er hatte nur erst ein Jahr lang den Oberbefehl innegehabt, als er in
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eine Krankheit fiel. Da versammelte er seine Söhne um sich und sprach zu ihnen: »Ich muss nun, liebe Kinder, den Weg gehen, den wir alle betreten müssen. Ich lasse euch deshalb meinen Geist zurück und beschwöre euch, demselben nicht untreu zu werden, sondern den Willen eures Erzeugers und Ernährers im Andenken zu behalten, dem Gesetze eurer Väter treu zu bleiben und unsere bedrohte Verfassung zu retten. Lasst euch nicht von denen verleiten, die, sei es freiwillig, sei es gezwungen, dieselbe preisgegeben haben, sondern bleibt meiner wert und trotzt aller Gewalt und allem Zwange, indem ihr euch bereit zeigt, selbst den Tod zu erleiden, wenn dies nicht zu vermeiden ist. Bedenkt, dass Gott, wenn ihr in dieser Gesinnung verharrt, euch nicht verlassen, sondern euch eure verlorene Selbständigkeit und Freiheit wieder verleihen wird, damit ihr in Sicherheit nach euren eigenen Gebräuchen leben könnt. Sind auch eure Leiber sterblich und hinfällig, so wird doch das Andenken an eure Taten euch Unsterblichkeit verschaffen. Im Hinblick darauf begeistert euch zu ruhmvollen Unternehmungen, scheut selbst vor dem Schwierigsten nicht zurück und gebt, wenn es notwendig ist, gern euer Leben dahin. Ganz besonders aber ermahne ich euch zur Eintracht: Übe ein jeder von euch seine 'fugenden, ohne die Vorzüge des anderen zu verkennen! Euren Bruder Simon, der ein verständiger Mann, ist, betrachtet als euren Vater, und folgt seinem Rate. Den Makkabaeus aber wählt um seiner Tapferkeit und Stärke willen zu eurem Heerftihrer im Kriege. Denn er ist der Mann, der die Schmach seines Volkes rächen und die Feinde züchtigen wird. Zum Schlusse noch eins: Zieht alle gerechten und frommen Männer an euch heran; denn dadurch werdet ihr eure Macht verstärken.« 4. Darauf flehte Mattathias zu Gott, dass er seinen Söhnen beistehen und dem Volke seine Selbständigkeit wieder verleihen möge. Nicht lange danach verschied er und ward zu Modiim begraben. Das ganze Volk trauerte schmerzlich um ihn, und es folgte ihm im Oberbefehl sein Sohn Judas mit dem Beinamen der Makkabäer, im einhundertsechsundvierzigsten Jahre der Seleukidenherrschaft. Da dieser von seinen Brüdern und allen anderen bereitwillig unterstützt wurde, vertrieb er den Feind aus dem Lande, ließ diejenigen von seinen Landsleuten, welche die heimischen Gesetze übertreten hatten, hinrichten und reinigte das Land von jeglicher Befleckung.
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SIEBENTES KAPITEL Wie Judas die 'fruppen des Apollonius und des Seron schlug und wie die beiden Feldherren fielen. Wie er kurz darauf Lysias und Gorgias überwand, nach Jerusalem zog und den Tempel reinigte.
1. Als Apollonius, der Befehlshaber von Samaria, die Kunde von diesen Vorgängen erhielt, bot er sein Heer auf und zog gegen Judas zu Felde. Dieser marschierte ihm entgegen und besiegte ihn in einem 'freffen, machte eine Menge Feinde, darunter auch den Apollonius selbst nieder (sein Schwert nahm er an sich und trug es von da an beständig), verwundete viele von ihnen und zog sich mit reicher Beute zurück. Als nun Seron, der Befehlshaber von Coelesyrien, vernahm, dass des Judas Anhang so gewachsen sei und er schon eine bedeutende Truppenmacht zusammengebracht habe, beschloss auch er, sogleich gegen ihn ins Feld zu ziehen, weil er es fur geboten hielt, mit aller Kraft gegen die einzuschreiten, die des Königs Gebote übertraten. Er bot also die ganze 'fruppenmacht auf, die ihm zur Verfügung stand, zog auch die jüdischen Überläufer an sich heran, rückte gegen Judas aus und schlug bei Bethoron, einem Dorfe Judäas, sein Lager auf. Judas zog ihm entgegen, und da er im Begriffe war, ihn anzugreifen, und die Seinigen wegen ihrer Minderzahl und infolge von Erschöpfung (sie waren noch nüchtern) wenig Lust zum Kampfe zeigten, ermutigte er sie mit dem Hinweise darauf, dass es bei dem Siege nicht auf die Zahl, sondern auf das Vertrauen zu Gott ankomme. Das leuchtendste Beispiel hierfür seien ihre Vorfahren, die, weil sie fur Recht, Gesetz und Herd gekämpft, oft viele Tausende ihrer Feinde niedergeworfen hätten. Denn wer für die Ungerechtigkeit streite, könne keine Macht entfalten. Nach dieser Ermunterung riet er ihnen, ungeachtet der vielen Feinde insgesamt auf Seron einzudringen. Und so gelang es ihm, die Syrer in die Flucht zu schlagen. Denn sobald ihr Anführer gefallen war, sahen sie in der Flucht ihr einziges Heil. Judas verfolgte sie bis in die Ebene und tötete noch gegen achthundert von ihnen, während der Rest an die Meeresküste entkam. 2. Diese Niederlagen versetzten den König Antiochus in den heftigsten Zorn. Er zog sogleich alle seine 'fruppen zusammen, warb noch eine Menge Söldner von den Inseln* an und rüstete sich, mit Frühlingsanfang in Judäa * Gemeint sind die Ionischen Inseln.
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einzufallen. Als er aber den Söldnern den Lohn auszahlen wollte, fand er, dass seine Mittel nicht langten. Denn abgesehen davon, dass bei den fortwährenden Unruhen die Abgaben nicht vollständig eingingen, war der König auch bis zur Verschwendung freigebig und verstand mit seinen Mitteln nicht zu rechnen. Er beschloss deshalb, zunächst nach Persien zu ziehen, um dort die Steuern einzutreiben. Einem gewissen Lysias aber, der bei ihm in hohem Ansehen stand, überließ er die Verwaltung des Landes vom Euphrat bis zu den Grenzen Ägyptens und des unteren Asien, sowie einen Teil des Heeres und der Elefanten und befahl ihm, seinen Sohn Antiochus bis zu seiner Rückkehr sorgfältig zu erziehen. Dann werde er Judäa verwüsten, seine Bewohner in die Sklaverei schleppen, Jerusalem zerstören und das Volk der Hebräer ausrotten. Nachdem er dem Lysias diese Aufträge erteilt hatte, zog Antiochus im einhundertsiebenundvierzigsten Jahre nach Persien, überschritt den Euphrat und rückte gegen die höher gelegenen ProVInzen vor. 3. Lysias ernannte nun Ptolemäus, den Sohn des Dorymenes, ferner Nikanor und Gorgias, die mächtigsten von des Königs Freunden, zu Feldherren und schickte sie mit vierzigtausend Mann Fußvolk und siebentausend Reitern nach Judäa. Sie rückten bis Emmaus vor und schlugen in der dortigen Ebene ihr Lager auf. Hier stießen noch Hilfstruppen aus Syrien und den angrenzenden Ländern sowie eine Menge jüdischer Überläufer zu ihnen. Auch fanden sich, um die Gefangenen zu kaufen, Händler bei ihnen ein, welche die Fesseln sowie den Kaufpreis in Gold und Silber gleich mitbrachten. Als nun Judas das Lager und die Menge der Feinde erblickte, ermunterte er seine Leute zur Zuversicht und riet ihnen, nach Art ihrer Vater von Gott den Sieg zu erflehen. Sie sollten also Säcke anlegen und in der Weise flehen, wie es zu Zeiten großer Gefahr geschehe, um sich Stärke zur Überwindung der Feinde zu erbitten. Dann teilte er sie nach alter Sitte in Abteilungen unter Obersten und Hauptleuten und entließ alle Neuvermählten sowie die, welche erst kürzlich Besitztum erworben hatten, damit sie nicht aus Verlangen danach allzu sehr am Leben hängen und im Kampfe sich furchtsam erweisen möchten. Darauf redete er die Seinigen also an: »Noch nie sind die Zeiten, ihr Waffengefährten, so geeignet gewesen, euch zur Tapferkeit und Verachtung von Gefahren anzuspornen, als jetzt. Nunmehr gilt es, durch mutiges Kämpfen die Freiheit zu erringen, die zwar allen ein erstrebenswertes Gut, uns aber um so teurer ist, als von ihr die Möglichkeit abhängt, der Verehrung Gottes wieder obzuliegen. Die Sachen stehen also jetzt so, dass ihr entweder die Freiheit und ein glückliches Leben erringt, wie wir es unter den alten
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väterlichen Einrichtungen gehabt haben, oder aber dass ihr, wenn ihr im Kampfe euch feige benehmt, das Schimpflichste erleidet und mit eurem ganzen Geschlechte zugrunde geht. Bedenket ihr nun, dass ihr auch ohne Kampf dem Tode verfallen seid, und habt ihr die Überzeugung, dass euch als Lohn Freiheit, Heimat, Schutz der Gesetze und freie Ausübung eurer Gottesverehrung winkt, so werdet ihr euch mutig zum Kampfe rüsten und bereit sein, morgen mit Tagesanbruch den Feind zu erwarten.« 4. Mit diesen Worten flößte Judas seinen Streitern Mut ein. In der Nacht nun sandten die Feinde den Gorgias mit fünftausend Fußsoldaten und tausend Reitern ab, um unter Führung einiger jüdischen Überläufer das Lager der Juden anzugreifen. Als des Mattathias Sohn davon Kunde erhielt, beschloss er, sogleich seinerseits in das feindliche Lager einzufallen, umso mehr, da die Kräfte der Feinde jetzt geteilt waren. Nach dem Abendessen ließ er daher viele Feuer im Lager anzünden und marschierte die ganze Nacht hindurch gegen die Abteilung der Feinde, welche im Lager bei Emmaus zurückgeblieben war. Als nun Gorgias niemand im feindlichen Lager antraf, vermutete er, die Feinde seien aus Furcht abgezogen und hätten sich im Gebirge versteckt. Er brach daher sogleich wieder auf und beschloss, sie zu suchen. Judas aber kam in der Morgenfrühe mit dreitausend schlecht bewaffneten Streitern in den Bereich der bei Emmaus lagernden Abteilung. Und da er sah, dass die Feinde sich gut verschanzt und das Lager geschickt befestigt hatten, ermunterte er die Seinigen, sie sollten sich vor dem Kampfe nicht furchten, selbst wenn sie diesen völlig wehrlos bestehen müssten, und bedenken, dass Gott schon oft Kriegern, die sich in einer solchen Lage befunden, als Lohn ihrer Tapferkeit den Sieg über eine viel größere und besser bewaffnete Masse von Feinden verliehen habe. Darauf ließ er die Trompeter das Signal blasen und fiel unerwartet über die Feinde her, jagte ihnen Schrecken und Bestürzung ein, tötete viele von denen, die sich zur Wehr setzten, und verfolgte die übrigen bis nach Gadara und in die Gefilde von Idumäa, Azot und Jamnia. Es fielen vom Feinde gegen dreitausend Mann. Judas aber ermahnte die Seinigen, jetzt nicht an Beute zu denken, da ihnen noch der Kampf mit Gorgias und dessen Heer bevorstehe. Sobald auch diese besiegt seien, könnten sie in Ruhe und unbesorgt" sich an die Beute machen. Wahrend Judas diese Worte an seine Krieger richtete, erblickten des Gorgias Leute von einer Anhöhe herab die im Lager zurückgebliebene Abteilung in voller Flucht und das Lager in Flammen, sodass sie sich schon denken konnten, was geschehen war. Als sie nun auch noch die Schar des Judas zum Kampfe bereitstehen sahen, gerieten sie ebenfalls in
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Schrecken und wandten sich zur Flucht. So besiegte Judas die Krieger des Gorgias ohne Schwertstreich. Dann kehrte er zurüc~ um die Beute zu holen und zog mit einer Menge Gold und Silber, Hyacinth und Purpur voll Freude nach Hause zurüc~ indem er Gott für das ihm zuteil gewordene Glück dankte. Zur Erlangung der Freiheit aber trug dieser Sieg nicht wenig bei. 5. Lysias, der über die Niederlage des von ihm abgesandten Heeres in Bestürzung geriet, zog im folgenden Jahre sechzigtausend auserlesene Krieger und fünftausend Reiter zusammen, fiel mit ihnen in Judäa ein und schlug, nachdem er das Gebirge erreicht hatte, bei Bethsura, einem Dorfe Judäas, sein Lager auf. Ihm zog Judas mit nur zehntausend Mann entgegen, und als er die ungeheure Menge der Feinde sah, bat er Gott, ihm beizustehen. Dann griff er die Vorhut des Feindes an, schlug sie, tötete gegen fünftausend Mann und setzte die Übrigen dadurch in Schrecken. Weil aber Lysias einsah, dass die Juden entschlossen seien, entweder zu sterben oder ihre Freiheit zu erringen, und allen Grund hatte, sich vor ihrer Verzweiflung zu fürchten, sammelte er die Reste seiner Truppen und kehrte nach Antiochia zurüc~ wo er verblieb und Aushebungen unter den Fremden veranstaltete, um mit einem größeren Heere abermals in Judäa einfallen zu können. 6. Da nun die Heerführer des Antiochus so oft geschlagen worden waren, berief Judas eine Volksversammlung und erklärte, nach den vielen Siegen, die Gott ihnen verliehen, sei es jetzt an der Zeit, nach Jerusalem zu ziehen, den Tempel zu reinigen und die gewohnten Opfer wieder darzubringen. Als er aber mit dem ganzen Volke sich Jerusalem näherte und den Tempel verlassen, die Tore verbrannt und in dem öden Heiligtum Strauchwerk alle freien Stellen bedecken sah, brach er bei dem trostlosen Anblick samt den Seinigen in Wehklagen aus. Zunächst wählte er nun eine Schar seiner Krieger aus und befahl ihnen, in der Zeit, da er den Tempel reinige, die Besatzung der Burg zu belagern. Nachdem er dann den Tempel gesäubert hatte, beschaffte er neue Gefäße, Leuchter, Tisch, Altar, alles aus Gold, und ließ an den Eingängen neue Vorhänge anbringen sowie neue Türflügel einsetzen. Darauf ließ er den Altar zerstören und einen neuen aus behauenen Steinen errichten. Am fünfundzwanzigsten Tage des Monats Chaslev, den die Makedonier Apellaios nennen, zündete man die Lampen auf dem Leuchter wieder an, brachte Räucherwerk dar, legte die Brote auf den Tisch und opferte zum ersten Mal auf dem neuen Altare. Das geschah genau an demselben Tage, an welchem drei Jahre früher der Tempel entheiligt worden war. Denn da Antiochus ihn verwüstet hatte, blieb er drei Jahre lang in diesem unwürdigen Zustande. Im einhundertfünfundvierzigsten Jahre, am fünf-
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undzwanzigsten Apellaios, in der einhundertdreiundfünfzigsten Olympiade brach das Unglück über den Tempel herein, und an demselben Tage, dem fünfundzwanzigsten Apellaios des einhundertachtundvierzigsten Jahres, in der einhundertvierundfünfzigsten Olympiade, ward er wieder eingeweiht. Diese Verwüstung des Tempels geschah gemäß der Prophezeiung des Daniel, welche dieser vierhundertundacht Jahre früher verkündigt hatte, als er weissagte, der Tempel werde von den Makedoniern zerstört werden. 7. Judas feierte mit seinen Mitbürgern die Wiedereinrichtung der Opfer im Tempel acht Tage lang unter lautem Jubel. Kostbare und herrliche Opfer lieferten die Speisen zum Mahle, und man ehrte Gott durch Lobgesänge und Psalmen, während das Volk in Freuden lebte. So großes Frohlocken erregte die Wiedereinführung der freien Ausübung des Gottesdienstes, dass man ein Gesetz machte, wonach in Zukunft jährlich acht Tage lang die Erneuerung des Tempels gefeiert werden sollte. Dieses Fest feiern wir von jener Zeit an bis heute und nennen es das Fest der Lichter, weil, wie ich glaube, die freie Ausübung unserer Religion uns unerwartet wie ein Lichtstrahl aufgegangen ist. Alsdann umgab Judas auch die Stadt wieder mit Mauern, errichtete zum Schutz gegen feindliche Überfälle hohe TIirme, in welche er Wachtposten legte, und befestigte auch die Stadt Bethsura, um sie, falls ein Feind ihn dazu zwingen würde, als Vorwerk benutzen zu können.
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ACHTES KAPITEL Wie Judas die benachbarten Völkerschaften unterwarf und Simon die 'lYrier und Ptolemai'ter schlug. Wie Judas den Timotheus in die Flucht trieb. Joseph und Azarias erleiden eine Niederlage.
1. Diese Stärkung der jüdischen Macht war den Nachbarvölkern ein Dorn im Auge, sodass sie sich gegen die Juden zusammentaten und durch Hinterlist und heimliche Nachstellungen viele von ihnen umbrachten. Wollte also Judas sie von feindlichen Einfällen und der Beunruhigung der Seinigen abhalten, so war er genötigt, beständig mit ihnen im Streit zu liegen. Zunächst· griff er die Idumäer, die Nachkommen Esaus, bei Akrabatta an, machte eine Menge, von ihnen nieder und belud sich mit reicher Beute. Dann schloss er die Söhne des Baan, die den Juden einen Hinterhalt gelegt hatten, in ihren festen Plätzen ein, steckte deren Festungswerke in Brand
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und tötete die wehrfähigen Männer. Ferner rückte er gegen die Ammaniter aus, die unter dem Oberbefehl des Timotheus eine starke und zahlreiche Kriegsrnacht versammelt hatten, schlug sie, eroberte ihre Stadt Jazor, steckte dieselbe in Brand und zog mit den Weibern und Kindern der Ammaniter, welche er in die Gefangenschaft schleppte, nach Judäa zurück. Als nun die benachbarten Völkerschaften von seiner Rückkehr Kunde erhielten, griffen sie die im Galaditerlande lebenden Juden an. Diese jedoch retteten sich in die Festung Dathema und ließen dem Judas melden, Timotheus rücke gegen ihren Zufluchtsort heran, um ihn einzunehmen. Noch während der Vorlesung des Meldeschreibens erschienen auch aus Galiläa Boten mit der Nachricht, die Bewohner von Ptolemals, 1Jrus und Sidon sowie die in Galiläa ansässigen Fremden hätten sich zusammengeschart. 2. Um nun den von beiden Seiten drohenden Gefahren zu begegnen, gab Judas seinem Bruder Simon den Auftrag, mit dreitausend auserlesenen Streitern den in Galiläa wohnenden Juden Hilfe zu bringen, während er selbst mit seinem anderen Bruder Jonathas und achttausend Mann nach Galaditis zog. Zu Befehlshabern der zurückgebliebenen Mannschaft ernannte er Joseph, den Sohn des Zacharias, und Azarias, denen er ans Herz legte, Judäa sorgfältig zu bewachen und sich mit niemand in einen Kampf einzulassen, bevor er zurückgekehrt sei. Als nun Simon in Galiläa anlangte, traf er gleich mit den Feinden zusammen, schlug sie in die Flucht und verfolgte sie bis zu den Toren von Ptolemals, wobei er gegen dreitausend von ihnen niedermachte. Dann ließ er den Gefallenen die Rüstungen ausziehen und kehrte mit den aus der Gefangenschaft befreiten Juden und dem erbeuteten Gepäck in die Heimat zurück. 3. Unterdessen überschritt Judas Makkabaeus mit seinem Bruder Jonathas den Jordan und stieß nach dreitägigem Marsch auf die Nabatäer, die ihm friedlich begegneten und ihm erzählten, was sich in Galaditis ereignet habe und was die zu leiden hätten, die in die festen Plätze dieses Landes eingeschlossen seien. Sie baten dann den Judas, er möge gegen die Fremden ziehen und seine Landsleute aus deren Händen befreien. Daraufhin marschierte Judas durch die Wüste, nahm Bosora im ersten Anlauf und ließ alle waffenfähigen Männer der Besatzung niedermachen und die Stadt einäschern. Und obgleich die Nacht inzwischen hereingebrochen war, setzte er doch sogleich seinen Marsch fort auf die Festung zu, in welcher die Juden sich eingeschlossen hatten, und die von Timotheus mit Aufbietung aller Kraft belagert wurde. Beim Morgengrauen kam er hier an, und da er die Feinde schon dicht an die Stadtmauer herangerückt und mit Leitern und
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Belagerungsmaschinen sich zum Sturm rüsten sah, ließ er in die Trompeten stoßen, ermahnte die Seinigen, für ihre Brüder der Gefahr wacker zu trotzen, und fiel mit seinen in drei Haufen geteilten Streitkräften dem Feinde in den Rücken. Als die Krieger des Timotheus den Makkabäer erkannten, von dessen Tapferkeit und Kriegsglück sie so manches erfahren hatten, wandten sie sich alsbald zur Flucht. Judas aber setzte ihnen nach und machte achttausend Mann von ihnen nieder. Dann wandte er sich gegen die so genannte Fremdenstadt Malle, nahm auch diese ein und ließ die wehrfähigen Männer umbringen und die Stadt anzünden. Weiterhin zerstörte er darauf noch die Städte Chasphom~ Bosor und eine ganze Reihe anderer Orte in Galaditis. 4. Kurz darauf aber brachte Timotheus wieder eine große Streitmacht zusammen, bewog außer anderen Hilfstruppen auch einige Araberstämme, gegen entsprechenden Sold mit ihm zu Felde zu ziehen, und rückte mit seinem Heere über einen Bach bis in die Nähe von Raphon, das damals eine Stadt war. Dann ermahnte er seine Soldaten, wacker zu kämpfen, wenn sie mit den Juden handgemein würden, und ihnen vor allem den Übergang über den Bach zu wehren. Denn wenn dem Feinde dieser Übergang gelinge, werde ihre Niederlage besiegelt sein. Als nun Judas vernahm, dass Timotheus sich zum Kampfe rüste, eilte er mit seiner ganzen Streitmacht dem Feinde entgegen, überschritt den Bach, drang auf des Timotheus Krieger ein und machte die, welche ihm Widerstand leisteten, nieder, während er die anderen derart in Schrecken versetzte, dass sie die Waffen von sich warfen und ihr Heil in der Flucht suchten. Von den Letzteren entkamen indes nur wenige; die meisten, die sich in das Karnaln genannte Heiligtum geflüchtet, wo sie sicher zu sein wähnten, wurden niedergemacht. Judas nahm den Ort ein, ließ das Heiligtum in Flammen aufgehen und bereitete so seinen Feinden auf mannigfache Art den Untergang. 5. Nach diesen Erfolgen versammelte Judas alle in Galaditis wohnenden Juden mit ihren Weibern und Kindern und ihrer gesamten Habe, um sie nach Judäa zurückzuführen. Als er nun unterwegs an eine Stadt mit Namen Ephron kam und keine Möglichkeit sah, einen anderen Weg einzuschlagen, aber auch nicht zurückkehren mochte, ließ er die Bürger ersuchen, ihm die Tore zu öffnen und ihm den Durchmarsch durch die Stadt zu erlauben. Die Tore waren nämlich mit Felsblöcken versperrt und machten somit den Durchzug unmöglich. Da aber die Ephroniter sich dessen weigerten, feuerte Judas die Seinigen an, schloss die Stadt ringsum ein und belagerte sie. Nachdem er das einen Tag und eine Nacht lang getan, erstürmte er Ephron, machte alle wehrfähigen Bürger nieder und äscherte die Stadt ein, bevor er weiterrückte.
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Und so groß war die Zahl der Gefallenen, dass der Weg mit Leichen wie besät war. Nun zogen sie über den Jordan, kamen in die große Ebene*, in deren Bereich die Stadt Bethsana, welche die Griechen Skothopolis nennen, lag, und rückten bald darauf in Judäa ein. Dort feierten sie ihre Siege mit Jubelgesängen und den üblichen Spielen, brachten auch Gott zum Danke für ihr Kriegsglück und die Erhaltung des Heeres Opfer dar. Denn von den Juden war in allen diesen Kämpfen auch nicht ein Mann gefallen. 6. Während nun Simon in Galiläa gegen die Ptolemalter und Judas mit seinem Bruder Jonathas in Galaditis Krieg führte, wollten des Zacharias Sohn Joseph und Azarias, die Judas als Befehlshaber zurückgelassen hatte, sich gleichfalls den Ruhm ausgezeichneter Feldherren erwerben und zogen daher mit ihrer Abteilung gegen Jamnia. Gorgias aber, der Befehlshaber von Jamnia, rückte ihnen entgegen, schlug sie und trieb sie mit einem Verluste von etwa zweitausend Mann bis zur Grenze Judäas in die Flucht. Diese Niederlage war die Folge davon, dass sie den Befehl des Judas, vor seiner Rückkehr sich mit niemand in einen Kampf einzulassen, missachtet hatten. Und so muss man außer den sonstigen weisen Plänen des Judas auch noch die Sicherheit bewundern, mit der er den Kriegern des Joseph und des Azarias ihre Niederlage für den Fall voraussagte, dass sie seinem Befehle zuwiderhandelten. Judas und seine Brüder standen nun aber keineswegs von weiteren kriegerischen Unternehmungen ab, sondern setzten nach wie vor den Idumäern hart zu, nahmen die Stadt Chebron, schleiften deren Befestigungen, steckten die Türme in Brand und verwüsteten das Land ringsum. Ebenso verfuhren sie mit Marissa und Azot. Reich mit Waffen und anderer Beute beladen, kehrten sie alsdann nach Judäa zurück.
NEUNTES KAPITEL Des Antiochus Epiphanes Tod. Wie Antiochus Eupator den Judas im Tempel belagerte, aber abziehen musste. Alkirnus. Onias. 354
1. Um diese Zeit hörte der König Antiochus, als er sich auf einem Zuge in das Oberland befand, in Persien gebe es eine reiche Stad~ Elymals geheißen, mit einem prachtvollen Tempel der Artemis, der Weihgeschenke aller * Vergl. Anmerkung zu V, 1, 22.
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Art berge, darunter auch Panzer, welche der Makedonierkönig Alexander, des Philippus Sohn, dort zurückgelassen haben sollte. Der König, dessen Habsucht hierdurch mächtig gereizt wurde, brach sogleich nach Elymals auf und belagerte die Stadt. Da aber die Bürger sich weder durch sein Anrücken noch durch die Belagerung in Schrecken jagen ließen, vielmehr tapferen Widerstand leisteten, sah er sich in seiner Hoffnung getäuscht. Ja, es gelang denselben sogar, bei einem Ausfalle den König von der Stadt zu vertreiben und ihn derart zu verfolgen, dass er nach Babyion fliehen musste und einen großen Teil seines Heeres verlor. In seinem Missmut über diese Niederlage erhielt er nun noch die Nachricht, dass seine Heerführer, welche er gegen die Juden gesandt hatte, geschlagen seien und die Macht der Juden einen gewaltigen Aufschwung genommen habe. Das war zu viel für ihn, und er zog sich aus Ärger eine Krankheit zu. Als dieselbe sich sehr verlängerte und ihm immer größere Qualen verursachte, sah er ein, dass er sterben müsse. Er berief daher seine Freunde zusammen, teilte ihnen mit, dass seine Krankheit ihnen schweres Leid bringen werde, und gestand ihnen, dass er seine schrecklichen Leiden nur der von ihm verübten Misshandlung der Juden, der Beraubung des Tempels und der Verachtung Gottes zuzuschreiben habe. Alsdann gab er den Geist auf. Man muss sich nun billig über den Polybius von Megalopolis verwundern, der, obgleich er ein ehrenwerter Geschichtsschreiber ist, erzählt, Antiochus sei gestorben, weil er den Artemistempel in Persien habe plündern wollen. Es ist aber doch klar, dass etwas, was man nur beabsichtigt, jedoch nicht zur Ausführung gebracht hat, keine Strafe verdienen kann. Will also Polybius darin die Ursache von Antiochus' Tod finden, so ist es doch viel wahrscheinlicher, dass der König wegen der Beraubung unseres Tempels hat sterben müssen. Doch ich mag über diese Sache nicht mit denen streiten, welche die Ansicht des Megalopoliters der meinigen vorziehen. 2. Ehe Antiochus verschied, hatte er den Philippus, einen seiner Vertrau ten, zu sich rufen lassen und ihn als Reichsverweser eingesetzt. Ihm hatte er auch das Diadem, den Königsmantel und seinen Siegelring übergeben und ihm aufgetragen, das alles seinem Sohne auszuhändigen, für dessen Erziehung zu sorgen und ihm die Herrschaft zu sichern. Antiochus starb im hundertneunundvierzigsten Jahre seleukidischer Zeitrechnung. Lysias machte dem Volke von seinem Tode Mitteilung, rief seinen Sohn Antiochus, dessen Erziehung er leitete, zum Könige aus und gab diesem den Beinamen Eupator. 3. Um diese Zeit fügten die Besatzung der Burg zu Jerusalern und die
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jüdischen Überläufer den Juden viel Ungemach zu. Kam nämlich jemand in den Tempel um zu opfern, so machten ihn die Soldaten nieder: denn die Burg beherrschte den Tempel. Diesem Unwesen beschloss Judas durch Vertreibung der Besatzung ein Ende zu machen; er berief daher sein Kriegsvolk zusammen und belagerte die Burg nachdrücklich. Das geschah im hundertfünfzigsten Jahre der seleukidischen Ära. Judas ließ also Belagerungsmaschinen anfertigen und Walle aufwerfen, und betrieb überhaupt die Belagerung unter Anspannung aller Kräfte. Doch gelang es vielen in der Burg befindlichen Überläufern, bei Nacht zu entweichen. Diese sammelten eine Anzahl ihres Gelichters, begaben sich zum Könige Antiochus und baten ihn, sich ihrer anzunehmen, da sie von ihren Landsleuten hart bedrängt würden. Und zwar geschehe dies, weil sie ihre eigene Religion verlassen und die seines Vaters angenommen hätten. Es sei jetzt zu befürchten, dass, wenn er nicht für Entsatz sorge, Judas und seine Anhänger die Burg samt den königlichen TIuppen in die Hände bekämen. Bei dieser Kunde geriet der König in Zorn, beschied seine Heerführer und Ratgeber zu sich und hieß sie Söldner werben und alle wehrfahigen Männer im Reiche aufbieten. Auf diese Weise wurde ein Heer von etwa hunderttausend Fußsoldaten, zwanzigtausend Reitern und zweiunddreißig Elefanten zusammengebracht. 4. Mit dieser Streitmacht brach der König in Begleitung des zum Oberbefehlshaber ernannten Lysias von Antiochia auf. Und als er nach Idumäa gekommen war, wandte er sich gegen Bethsura, eine stark befestigte und schwer einnehmbare Stadt, und fing an, sie zu belagern. Die Bethsuraner aber leisteten tapferen Widerstand und steckten bei ihren Ausfallen seine Maschinen in Brand, sodass die Belagerung sich sehr in die Länge zog. Als nun Judas von dem Feldzug des Königs Kunde erhielt, hob er die Belagerung der Burg auf, zog dem Antiochus entgegen und schlug sein Lager bei einem Engpasse in Bethzacharia auf, siebzig Stadien vom Feinde entfernt. Der König verließ darauf Bethsura und rückte gegen den Engpass und das Lager der Juden vor. Beim Morgengrauen stellte er seine TIuppen in Schlachtordnung auf und ließ die Elefanten, weil sie des Engpasses wegen sich nicht in der Breite entfalten konnten, hintereinander aufmarschieren. Jeden Elefanten umgaben tausend Fußsoldaten und fünfhundert Reiter, und auf ihrem Rücken trugen die Tiere hohe, mit Bogenschützen besetzte Türme. Den Rest des Heeres ließ er in einzelnen Abteilungen unter dem Kommando seiner Freunde sich auf den Bergspitzen aufstellen. Alsdann ließ Antiochus das Heer den Schlachtruf erheben, auf den Feind eindringen und die goldenen und ehernen Schilde schwingen, sodass dieselben im
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Sonnenlicht glitzerten, und die Berge von dem Getöse wiederhallten. Judas aber ließ sich nicht einschüchtern, sondern erwartete tapfer den feindlichen Anprall und erschlug gleich gegen sechshundert von der Vorhut. Unterdessen hatte sein Bruder Eleazar mit dem Beinamen Auran den Elefant erspäht, der gewaltiger als die anderen war und den Königspanzer trug. Da er nun vermutete, auf diesem Elefant befinde sich der König, drang er mutvoll auf denselben ein. Und nachdem er von den den Elefant begleitenden Kriegern eine beträchtliche Anzahl erschlagen und die Übrigen zerstreut hatte, schlich er sich unter den Bauch des Tieres und verwundete es tödlich . Leider stürzte aber der zusammenbrechende Koloss auf Eleazar und erdrückte ihn unter seiner Last. So kam der wackere Kämpfer ums Leben, der so vielen Feinden den Untergang bereitet hatte. 5. Judas aber sah ein, dass er der Übermacht des Feindes nicht gewachsen war; er zog sich deshalb nach Jerusalem zurück und machte sich auf eine Belagerung gefasst. Antiochus sandte nun den einen Teil seines Heeres zur Erstürmung von Bethsura ab, während er mit dem anderen gegen Jerusalem rückte. Die Bethsuraner gerieten ob der gewaltigen Menge der Belagerer in Schrecken, und da ihnen auch die Lebensmittel auszugehen drohten, ergaben sie sich, nachdem sie die eidliche Zusage erhalten hatten, dass der König ihnen nichts Schlimmes zufügen werde. Wirklich tat Antiochus nach Einnahme der Stadt ihnen auch ·nichts anderes zuleide, als dass er sie wehrlos aus der Stadt auswies und von seinen eigenen 'fruppen eine Besatzung hineinlegte. Was aber Jerusalem angeht, so kostete den König die Belagerung des Heiligtums doch eine ungleich längere Zeit, da die im Tempel eingeschlossenen Juden sich mit zäher Ausdauer verteidigten. Jeder Maschine des Königs nämlich stellten sie eine andere entgegen. Bei den Belagerten aber trat sehr rasch Mangel an Lebensmitteln ein, weil das vorrätige Getreide verzehrt war und das Land in diesem Jahre nicht bebaut werden durfte. Das Jahr war nämlich gerade ein siebentes Jahr, in welchem nach dem Gesetze der Boden brachliegen musste. Viele der Belagerten entflohen daher aus Mangel am Notwendigsten, und nur wenige blieben zurück. 6. So erging es den Juden, die im Tempel belagert wurden. Auf einmal aber erhielten der Heerführer Lysias und der König Antiochus die Nachricht, Philippus sei aus Persien gekommen und erhebe selbst Anspruch auf den Thron. Das veranlasste sie, die Belagerung aufzuheben und sich gegen Philippus zu wenden. Doch beschlossen sie, den Anführern und dem Heere den wahren Grund ihres Abzuges zu verheimlichen. Vielmehr trug der König dem Lysias auf, den Führern wie den Soldaten, ohne von des Philippus
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Absichten zu sprechen, mitzuteilen, die Belagerung nehme doch zu viel Zeit in Anspruch, und der Platz sei zu stark befestigt. Auch stelle sich schon Mangel an Lebensmitteln ein, und im Reiche sei noch vieles zu erledigen, sodass es besser sei, mit den Belagerten und dem ganzen Volke Frieden und Freundschaft zu schließen, indem man sie ruhig nach ihrem Gesetze, dessen Vernichtung der Zweck des Krieges gewesen sei, leben lasse und in die Heimat zurückkehre. Diese Worte des Lysias fanden den Beifall sowohl der Anführer als auch des ganzen Heeres. 7. Der König ließ also dem Judas und den übrigen Belagerten sagen, er wolle mit ihnen Frieden schließen und sie nach dem Gesetze ihrer Vater leben lassen. Das hörten die Juden mit Freuden und kamen, nachdem sie eine eidliche Versicherung erhalten hatten, aus dem Tempel hervor. Als aber Antiochus in denselben eingezogen war und bemerkte, dass der Platz so vortrefflich befestigt sei, brach er seinen Eid und befahl den Seinigen, die Mauer zu schleifen und sie dem Erdboden gleichzumachen. Darauf kehrte er nach Antiochia zurück und führte den Hohepriester Onias, der auch Menelaus genannt wurde, mit sich fort. Lysias hatte nämlich dem Könige geraten, er solle den Menelaus umbringen lassen, wenn er Ruhe vor den Juden haben wolle. Denn von ihm komme alles Unheil her, weil er den Vater des Königs veranlasst habe, die Juden zum Abfall von der Gottesverehrung ihrer Vater zu zwingen. Demgemäß schickte der König den Menelaus nach Beroea in Syrien und ließ ihn dort hinrichten, nachdem er zehn Jahre lang in Frevel und Gottlosigkeit die Hohepriesterwürde innegehabt und, um seine Herrschsucht zu befriedigen, das Volk hatte zwingen lassen, von den Gesetzen abzufallen. Nach dem Tode des Menelaus wurde Alkimus, der auch Jakim hieß, Hohepriester. Um übrigens auf Antiochus zurückzukommen, so traf er den Philippus schon im Besitze der Regierung an. Er überzog ihn daher mit Krieg und ließ ihn, nachdem er sich seiner bemächtigt hatte, hinrichten. Als nun Onias, der Sohn des Hohepriesters, der, wie oben erwähnt, beim Tode seines Vaters noch ein Kind war, sah, wie der König nach der Hinrichtung seines Oheims die Hohepriesterwürde dem Alkimus übertrug, der nicht aus hohepriesterlichem Geschlechts war, und auf den Rat des Lysias das Amt von seiner Familie auf eine andere übergehen ließ, floh er zu Ptolemäus, dem Könige von Ägypten. Dort fand er sowohl vonseiten des Königs als auch bei dessen Gemahlin Kleopatra ehrenvolle Aufnahme und erhielt von dem Königspaar ein Grundstück im Bezirke von Heliopolis, auf welchem er einen Tempel nach dem Muster des zu Jerusalem befindlichen erbaute. Ich werde darauf noch später zurückkommen.
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ZEHNTES KAPITEL Wie Bakchides, der Feldherr des Demetrius, gegen die Juden zog, aber unverrichteter Sache heimkehren musste. Wie Nikanor gegen Judas geschickt wurde und mit seinem ganzen Heere umkam. Des AIkimus Tod.
1. Um diese Zeit floh des Seleukus Sohn Demetrius von Rom weg, nahm die Stadt Tripolis in Syrien ein un<;! setzte sich die Königskrone auf. Dann warb er noch eine Anzahl Söldner und zog in die königliche Residenz ein, wo er freudig aufgenommen und als Herrscher anerkannt wurde. Den König Antiochus und den Lysias ließ er sodann festnehmen, vor seinen Thron führen und sogleich hinrichten. Antiochus regierte also, wie ich schon anderswo bemerkt habe, nur zwei Jahre. Zu Demetrius kamen nun viele gottlose jüdische Überläufer, darunter auch der Hohepriester Alkimus, und klagten das ganze Volk und besonders den Judas sowie dessen Brüder an, sie hätten sämtliche Freunde des Königs und alle im Reiche, die ihm treu geblieben seien, umgebracht. Sie, die Ankläger, seien aus ihrer Heimat vertrieben worden, sodass sie in der Fremde Gastfreundschaft in Anspruch nehmen müssten, und sie bäten ihn daher, einen von seinen Vertrauten hinzuschicken, damit dieser sich erkundige, was Judas anfange. 2. Demetrius sandte darauf in hellem Zorne Bakchides, den Freund des Antiochus Epiphanes, einen rechtschaffenen, damals mit der Statthalterschaft von ganz Mesopotamien betrauten Mann, an der Spitze eines Heeres ab, gab ihm den Hohepriester Alkimus bei und befahl ihm, den Judas samt seinen Anhängern umzubringen. Bakchides brach demgemäß mit seinem Heere von Antiochia auf, und als er nach Judäa gekommen war, schickte er Boten an Judas und dessen Brüder, um mit ihnen über Frieden und Freundschaft zu unterhandeln. So hoffte er den Judas mit List in seine Gewalt zu bekommen. Doch dieser traute ihm nicht, weil er ein Heer bei sich habe, das man zum Kriegführen, nicht aber zum Friedensschluss brauche. Nur einige aus dem Volke schenkten den Vorspiegelungen des Bakchides Glauben und gingen in der Hoffnung, Alkimus werde als ihr Landsmann nichts Böses gegen sie im Schilde führen, zu ihm über. Dort erhielten sie die eidliche Zusage, dass weder ihnen noch denen, die ihnen etwa folgen würden, ein Leids geschehen solle, worauf sie sich vertrauensvoll ergaben. Bakchi des aber brach den Eid und ließ sechzig von ihnen umbringen, wodurch er die anderen, die noch vorhatten, nachzufolgen, abschreckte. Dann zog er
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von Jerusalern weg zu einem Dorfe, welches Bethzetho hieß, ließ eine Menge Überläufer und einige von den Bewohnern des Dorfes ergreifen und niedermachen, und befahl, dass alle Bewohner der Gegend dem Alkimus Gehorsam zu erweisen hätten. Nachdem er sodann dem Letzteren eine Abteilung Soldaten dagelassen, die ihn bei der Verwaltung der Provinz schützen sollten, kehrte er nach Antiochia zum Könige Demetrius zurück. 3. Alkimus suchte nun um jeden Preis seine Herrschaft zu befestigen, und da er einsah, er werde viel sicherer regieren, wenn er die Zuneigung des Volkes besitze, schmeichelte er jedem seiner Untergebenen mit freundlichen und gefälligen Worten. In kurzer Zeit jedoch umgab er sich mit einer starken und wohlgeübten Kriegerschar, die srößtenteils aus Frevlern und Überläufern bestand. Mit ihnen durchzog er das Land und schlachtete alles hin, was Neigung zu Judas offenbarte. Als Judas die rasche Zunahme der Macht des Alkimus bemerkte und viele edle und gerechte Männer morden sah, streifte auch er durchs Land und machte die Anhänger seines Gegners nieder. Alkimus aber sah nun wohl ein, dass er dem Judas nicht gewachsen war, und beschloss daher, sich zum Könige Demetrius zurückzuziehen. Als er in Antiochia ankam, reizte er den König gegen Judas auf, indem er sich beklagte, dieser habe ihm schon viel Unheil zugefügt und werde ihm wohl noch mehr schaden, wenn er nicht zeitig festgenommen und bestraft würde. Zu diesem Zweck aber sei es notwendig, ein starkes Heer gegen ihn ins Feld zu schicken. 4. Demetrius, der auch schon seinerseits überlegt hatte, eine wie große Gefahr des Judas zunehmende Macht für ihn sei, schickte seinen besten und vertrautesten Freund Nikanor, der auch mit ihm aus Rom geflohen war, ab, gab ihm ein Heer mit, das nach seiner Meinung zur Besiegung des Judas hinreichend war, und befahl ihm, niemand aus dem ganzen Volke zu verschonen. Als Nikanor nach Jerusalem gekommen war, wollte er den Judas nicht sogleich offen angreifen, sondern dachte ihn durch List in seine Gewalt zu bekommen und ließ ihm daher Frieden anbieten. Er sehe keinen Grund, ließ er ihm mitteilen, weshalb sie miteinander kämpfen sollten, und sei bereit, ihm die eidliche Zusage zu geben, dass ihm nichts Schlimmes widerfahren würde. Denn er sei in Begleitung seiner Freunde nur gekommen, um ihnen zu verkündigen, wie der König Demetrius gegen ihr Volk gesinnt sei. Diesen Versprechungen glaubten Judas und seine Brüde~ trauen zu dürfen, und da sie nicht im entferntesten an eine List dachten, ließen sie den Nikanor mit seinem Heere ein. Als dieser aber den Judas begrüßt hatte, gab er, während er sich mit ihm unterhielt, den Seinigen ein Zeichen, ihn zu ergreifen. Judas jedoch hatte rechtzeitig die ihm drohende Gefahr erkannt,
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sprang auf und entkam zu den Seinigen. Als Nikanor seinen Anschlag vereitelt sah, beschloss er, offen mit Judas zu streiten. Er rüstete sich daher sogleich zum Kampfe, lieferte dem Judas bei dem Dorfe Kapharsalama eine Schlacht, besiegte ihn und zwang ihn, nach Jerusalem in die Burg zu fliehen. 5. Als er nun von der Burg aus sich zum Tempel begab, begegneten ihm einige Priester und Älteste, grüßten ihn und zeigten ihm die Opfer, die Gott für das Wohl des Königs dargebracht würden. Er aber stieß gotteslästerische Worte aus und drohte, wenn sie ihm den Judas nicht auslieferten, bei seiner Rückkehr den Tempel zu zerstören. Alsdann verließ er Jerusalem; die Priester aber brachen aus Trauer über seine Drohung in 'Tränen aus und flehten zu Gott, er möge sie doch aus den Händen der Feinde befreien. Nikanor also verließ Jerusalem und schlug bei dem Dorfe Bethoron, wo noch eine andere syrische Heeresabteilung zu ihm stieß, sein Lager auf. Judas dagegen lagerte sich mit seiner kaum tausend Mann zählenden Schar bei dem Dorfe Adasa, dreißig Stadien von Bethoron entfernt. Hier ermunterte er die Seinigen, sich nicht durch die Überzahl der Feinde in Furcht jagen zu lassen, noch daran zu denken, mit wie vielen Feinden sie kämpfen müssten, sondern zu erwägen, wer sie selbst seien und was für sie auf dem Spiele stehe, und demgemäß wacker auf die Feinde einzudringen. Darauf führte er sie zur Schlacht, griff den Nikanor an und überwand nach heißem Kampfe seine Gegner, von denen viele umkamen. Zuletzt fiel auch Nikanor selbst nach heldenmütigem Ringen. Nach seinem Tode hielt das Heer nicht länger stand, sondern warf, seines Führers beraubt, die Waffen weg und wandte sich zur Flucht. Judas verfolgte sie, richtete ein gewaltiges Blutbad unter ihnen an und ließ den benachbarten Dörfern durch Trompetenzeichen seinen Sieg bekannt geben. Als die Bewohner diese Signale hörten, rückten sie in Wehr und Waffen aus, traten den Fliehenden entgegen und töteten sie Mann für Mann, sodass von den neuntausend an der Schlacht Beteiligten auch nicht einer entkam. Diesen Sieg errang Judas am dreizehnten Tage des Monats, den die Juden Adar und die Makedonier Dystros nennen. Alljährlich werden seitdem an jenem Tage Opfer dargebracht und der Tag aus Dankbarkeit für den Sieg fesdich gefeiert. Das Volk der Juden aber genoss nun eine Zeit lang Ruhe und erfreute sich des Friedens, bis es dann wieder von neuem unter den Gefahren des Krieges zu leiden hatte. 6. Als nun der Hohepriester Alkimus die Mauer des Tempels, welche schon alt und noch von den heiligen Propheten erbaut war, niederreißen wollte, traf ihn plötzlich die Hand Gottes, sodass er sprachlos zur Erde stürzte und nach mehrtägigen Qualen starb; vier Jahre lang war er Hohe-
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priester gewesen. Nach seinem Tode übertrug das Volk dem Judas die hohepriesterliche Würde. Da dieser vernahm, dass die zu großer Macht gelangten Römer Galatien, Iberien und Karthago in Afrika erobert. Griechenland sich unterworfen und die Könige Perseus, Philippus und Antiochus den Großen besiegt hätten, nahm er sich vor, mit ihnen ein Bündnis zu schließen. Er sandte daher seine Freunde Eupolemos, den Sohn des Joannes, und Jason, den Sohn des Eleazar, nach Rom und ließ dort bitten, die Römer möchten Bundesgenossenschaft mit ihm schließen und an Demetrius schreiben, dass er die Juden nicht weiter mit Krieg behellige. Der römische Senat nahm die jüdischen Gesandten ehrenvoll auf, verhandelte mit ihnen in Betreff ihres Auftrages und sagte die Bundesgenossenschaft zu. Von diesem Senatsbeschlusse wurde eine Abschrift nach Judäa geschickt, das Original aber auf eherne Tafeln eingraviert und im Kapitol niedergelegt. Der Beschluss lautete folgendermaßen: »Senatsbeschluss in Betreff des Bündnisses und der Freundschaft mit dem Volke der Juden. Kein römischer Untertan darf mit dem jüdischen Volke Krieg führen, noch andere, welche dies tun, mit Getreide, Schiffen oder Geld unterstützen. Werden die Juden angegriffen, so sollen die Römer ihnen jede mögliche Hilfe leisten, wie die Juden auch ihrerseits Hilfe zu leisten haben, wenn die Römer angegriffen werden. Will das jüdische Volk zu diesem Vertrage Bestimmungen hinzusetzen oder solche davon streichen, so kann das nur mit Zustimmung des römischen Volkes geschehen. Die Zusätze sollen dann ebenso gültig sein wie der frühere Vertrag. Unterzeichnet wurde dieser Senatsbeschluss jüdischerseits von Eupolemos, dem Sohne des Joannes, und von Jason, dem Sohne des Eleazar, unter dem Hohepriestertume des Judas und der Heerführerschaft seines Bruders Simon.« Dies war das erste Mal, dass die Römer mit den Juden Bündnis und Freundschaft schlossen.
ELFTES KAPITEL Wie Bakchides wiederum gegen Judas zu Felde zog. Judas fällt nach heldenmütigem Kampfe. 420
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1.· Als Demetrius von dem Tode Nikanors und der Niederlage seines Heeres Meldung erhielt, sandte er abermals den Bakchides an der Spitze eines Heeres nach Judäa. Dieser brach von Antiochia auf und schlug, als er
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Judäa erreicht hatte, bei Arbela, einer Stadt Galiläas, sein Lager auf. Hier hatten sich in den dort befindlichen Höhlen viele Juden verbarrikadiert, sodass er gezwungen war, sie förmlich zu belagern. Nachdem er sie dann gefangen genommen hatte, zog er in Eilmärschen nach Jerusalem. Unterwegs erhielt er Kunde davon, dass Judas bei dem Dorfe Bethzetho lagere, und brach daher mit zwanzigtausend Fußsoldaten und zweitausend Reitern gegen ihn auf. Judas dagegen hatte nur tausend Mann zu seiner Verfügung. Als diese die Übermacht der Truppen des Bakchides sahen, entsetzten sie sich so, dass viele das Lager verließen und nur achthundert zurückblieben. Obgleich nun Judas von seinen eigenen Kriegern im Stich gelassen wurde und ihm bei dem Drängen des Feindes keine Zeit zur Aushebung neuer Streitkräfte blieb, beabsichtigte er doch, mit den achthundert den Kampf gegen Bakchides aufzunehmen. Er ermahnte daher die Seinen zu mutigem Verhalten und hieß sie dann in Schlachtordnung aufmarschieren. Sie aber erklärten, es sei unmöglich, dass sie mit einer solchen Masse den Kampf wagen könnten, und baten ihn, für jetzt von seinem Plane abzustehen, auf ihre Rettung bedacht zu sein und später mit stärkeren Streitkräften den Feind anzugreifen. Judas jedoch entgegnete ihnen: »Das soll die Sonne nicht sehen, dass ich dem Feinde den Rücken zuwende. Ware mir auch bestimmt, im Kampfe zu fallen, so werde ich dennoch tapfer streiten und lieber meinem Untergang entgegensehen, als durch schimpfliche Flucht meinen bisherigen Kriegsruhm beflecken.« Mit solchen Worten feuerte er die ihm treu gebliebenen Krieger an, der Gefahr zu trotzen und den Kampf zu wagen. 2. Unterdessen hatte Bakchides seine Truppen aus dem Lager geführt und sie in Schlachtordnung so aufgestellt, dass die Reiterei die beiden Flügel einnahm und die Plänkler mit den Bogenschützen vor der eigentlichen Heeresmasse standen. Er selbst befand sich auf dem rechten Flügel. In dieser Schlachtordnung ließ er sein Heer gegen den Feind anrücken, hieß die Trompeter zum Angriff blasen und befahl den Seinigen, mit lautem Kriegsruf sich in die Schlacht zu stürzen. Dasselbe tat Judas, und so stießen die Heere zusammen. Auf beiden Seiten wurde ausdauernd gekämpft, sodass sich die Schlacht bis Sonnenuntergang hinzog. Um diese Zeit merkte Judas, dass Bakchides sich mit dem Kern seines Heeres auf dem rechten Flügel befand, und drang sogleich mit den tapfersten seiner Leute nach dieser Seite hin vor, griff den Flügel an und brachte ihn zum Wanken. In gewaltigem Ansturm trieb er die Gegner alsdann in die Flucht und verfolgte sie bis zum Berge Aza. Kaum aber hatten die Krieger des linken Flügels bemerkt,
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dass der rechte Flügel geworfen war, als sie dem Judas nachsetzten und ihn von rückwärts umzingelten. Als dieser nun keine Möglichkeit zu entkommen sah, da er rings von Feinden umgeben war, schloss er sich mit den Seinigen fest zusammen und focht unter Anspannung aller Kräfte. So machte er noch eine Menge seiner Gegner nieder. Endlich aber ermattete er und fiel, im Tode nicht minder ruhmvoll wie im Leben. Als Judas niedergemacht war, suchten die Seinigen ihr Heil in der Flucht, da sie ohne seine Führung alle Hoffnung aufgeben mussten. Seine Brüder Simon und Jonathas ließen sich seinen Leichnam von den Feinden ausliefern, brachten ihn nach Modiim, wo ihres Vaters Grabstätte war, und bestatteten ihn daselbst. Das Volk betrauerte ihn viele Tage lang und erwies ihm die üblichen Ehrenbezeugungen. So schied Judas, der heldenhafte Kriegsmann, aus dem Leben, der den Geboten seines Vaters Mattathias treu geblieben und bereit war, für die Freiheit seiner Volksgenossen alles zu tun und alles zu leiden. Durch seine Tapferkeit befreite er sein Volk aus der makedonischen Knechtschaft und erwarb sich dadurch hohen R'uhm und ein ewiges Andenken. Bei seinem Ableben war er drei Jahre lang Hohepriester gewesen.
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ERSTES KAPITEL Wie Jonathas nach seinem Bruder Judas die Herrschaft übernahm und mit seinem Bruder Simon gegen Bakchides zu Felde zog.
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1. Wie das Volk der· Juden sich aus der Knechtschaft der Makedonier befreite, und wie nach vielen und schweren Kämpfen Judas im Kriege den Tod fand, habe ich im vorhergehenden Buche berichtet. Nach Judas' Ende. nun fassten die Frevler und Gesetzesverächter wieder Mut und taten den Juden allerwärts viel Schlimmes an. Dazu kam auch noch eine Hungersnot, die das Land schwer heimsuchte, sodass viele, weil sie am Notwendigsten Mangel litten und das doppelte Leid, Feinde und Hunger, nicht zu ertragen vermochten, zu den Makedoniern übergingen. Bakchides nämlich versammelte alle Juden um sich, die von ihren väterlichen Gesetzen abgefallen waren und sich heidnischen Lebensgewohnheiten zugewandt hatten, und übertrug ihnen die Verwaltung des Landes. Diese ergriffen die Anhänger und Freunde des Judas und lieferten sie dem Bakchides aus, der sie nach Herzenslust foltern und dann grausam umbringen ließ. So traf die Juden ein Unheil, wie sie es seit der Rückkehr aus Babyion nicht mehr erfahren hatten. Als nun die wenigen, welche dem Judas noch treu geblieben waren, ihre Landsleute so elend umkommen sahen, baten sie den Jonathas, er möge sich seinen Bruder Judas zum Vorbild nehmen, seinem Volke dieselbe Fürsorge widmen wie jener, der für des Vaterlandes Freiheit sein Blut vergossen habe, und die Juden jetzt nicht ohne Führer lassen, da sie in höchster Gefahr schwebten. Jonathas entgegnete ihnen, er sei ebenfalls bereit, für sie dem Tode zu trotzen, und da man glaubte, dass er seinem Bruder in nichts nachstehe, wurde er zum Führer der Juden erwählt. 2. Als Bakchides das erfuhr, befürchtete er, Jonathas möchte dem Könige und den Makedoniern nicht weniger zu schaffen machen als sein Bruder Judas, und suchte ihn deshalb mit List aus dem Wege zu räumen. Diese seine Absicht blieb jedoch weder dem Jonathas noch dessen Bruder Simon verborgen. Sie sammelten daher auf die erste Kunde hiervon alle ihre Freunde und flohen eiligst in die vor der Stadt gelegene Wüste, wo, sie bei
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der Zisterne Asphar ihren Aufenthalt nahmen. Als Bakchides erfuhr, dass sie in ihrer Schwäche und Mutlosigkeit sich an diesen Ort geflüchtet hatten, brach er mit seinen gesamten 'fruppen gegen sie auf, schlug jenseits des Jordan sein Lager auf und ließ das Heer sich hier ausruhen. Jonathas hatte kaum von dem Anmanche des Bakchides Nachricht erhalten, als er seinen Bruder Joannes mit dem Beinamen Gaddes zu den ihm befreundeten nabatäischen Arabern schickte, um bei ihnen während des Krieges mit Bakchides die bewegliche Habe in Sicherheit zu bringen. Als Joannes nun auf dem Wege zu den Nabatäern war, legten ihm die Söhne des Amaraeus aus der Stadt Medaba einen Hinterhalt, nahmen ihn samt seinen Begleitern gefangen, raubten alles, was jene bei sich hatten, und machten sie nieder. Doch erlitten sie hierfür die verdiente Strafe, wie ich gleich erzählen will. 3. Unterdessen hatte Bakchides in Erfahrung gebracht, dass Jonathas in den Sümpfen am Jordan ein Lager aufgeschlagen habe. Er wartete also den Sabbat ab und rückte dann gegen ihn aus in dem Glauben, Jonathas werde an diesem Tage aus Achtung vor dem Gesetz den Kampf nicht wagen. Dieser aber sprach seinen Gefährten Mut ein und erklärte ihnen, sie seien mitten zwischen dem Feinde und dem Flusse derart eingeschlossen, dass Fliehen ein Ding der Unmöglichkeit sei. Dann betete er zu Gott um den Sieg und griff die Feinde an. Viele von diesen waren schon gefallen, als er den Bakchides mit großem Ungestüm auf sich zukommen sah. Rasch holte er zum Schlage aus, um ihn niederzustrecken. Bakchides jedoch sah den Streich kommen und wich ihm aus, und nun sprang Jonathas mit den Seinigen in den Fluss, schwamm hinüber und brachte sich jenseits des Jordan, wohin die Feinde noch nicht übergesetzt hatten, in Sicherheit. Bakchides aber zog sich sogleich in die Burg von Jerusalem zurück, nachdem er "gegen zweitausend Mann von seinem Heere verloren hatte. Alsdann befestigte er viele Städte Judäas, deren Mauern zerstört waren, aufs Neue, unter anderen Jericho, Emmaus, Bethoron, Bethella, Thamnatha, Pharathon, Tochoa und Gazara. In jeder dieser Städte erbaute er Türme, umgab sie mit starken und gewaltigen Mauern und legte Besatzungen hinein, welche Ausfälle machen und die Juden beunruhigen sollten. Ganz besonders aber befestigte er die Burg von Jerusalem. Dann ließ er sich die Söhne der Vornehmsten in Judäa als Geiseln geben und in der Burg gefangen setzen. 4. Um diese Zeit ward dem Jonathas und seinem Bruder Simon gemeldet, die Söhne des Amaraeus feierten eine Hochzeit. Die Braut stamme aus der Stadt Gabatha und sei die Tochter eines vornehmen Arabers. Sie solle nun in glänzendem und prächtigem Brautzuge von dort abgeholt werden.
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Jonathas und Simon glaubten, dass jetzt eine Gelegenheit gekommen sei, ihren Bruder zu rächen, und brachen deshalb nach Medaba auf, wo sie in Schlupfwinkeln des Gebirges versteckt ihre Feinde erwarteten. Als sie dieselben mit der Braut, dem Bräutigam und einem ganzen Schwarm von Freunden, wie es bei Hochzeiten üblich ist, heranziehen sahen, sprangen sie plötzlich aus dem Hinterhalt hervor, brachten sämtliche Zugteilnehmer um, raubten den Brautschmuck und alle übrigen Kostbarkeiten, die jene bei sich hatten, und kehrten dann wieder heim. So nahmen sie an den Söhnen des Amaraeus Rache für die Ermordung ihres Bruders Joannes. Denn diese selbst und alle ihre Begleiter nebst Frauen und Kindern, im Ganzen gegen vierhundert Personen, verloren bei diesem Überfalle das Leben. 5. Simon und Jonathas zogen nun wieder in die Niederungen am Jordan und blieben daselbst. Auch Bakchides begab sich, nachdem er ganz Judäa mit Besatzungen versehen hatte, zum Könige zurück, sodass zwei volle Jahre lang Friede herrschte. Als aber die Überläufer und Frevler sahen, dass Jonathas mit den Seinigen unter dem Schutze des Friedens ruhig im Lande lebte, ließen sie den König Demetrius bitten, er möge den Bakchides senden und Jonathas gefangen nehmen lassen. Denn das werde nicht schwer fallen, und man könne, wenn man Jonathas unvermutet angreife, ihn samt seinen Anhängern in einer Nacht überwältigen. Der König sandte auch wirklich den Bakchides ab, und als dieser nach Judäa kam, schrieb er sogleich an alle seine Freunde sowohl unter den Juden als unter den Bundesgenossen, sie sollten auf Jonathas fahnden und ihn gefangen einliefern. Da es aber trotz aller Mühe niemand gelang, des Jonathas habhaft zu werden (dieser hatte nämlich die Nachstellungen gemerkt und war auf seiner Hut), geriet Bakchides gegen die Überläufer, die seiner Meinung nach ihn und den König zum Besten halten wollten, in Zorn und ließ gegen fünfzig von ihren Vornehmen ergreifen und niedermachen. Jonathas dagegen zog sich mit seinem Bruder und seinen Anhängern aus Furcht vor Bakchides nach Bethalaga, einem Dorf in der Wüste, zurück, baute daselbst Türme und Ringmauern und sicherte sich vor Überfällen. Als Bakchides hiervon Kunde erhielt, zog er mit den 'fruppen, die ihm damals zu Gebote standen, sowie mit den ihm verbündeten Juden gegen Jonathas, rückte an die Festung heran und belagerte sie viele Tage lang. Jonathas aber ließ sich durch das Ungestüm der Belagerer nicht einschüchtern, sondern leistete zunächst tapferen Widerstand. Sodann ließ er seinen Bruder Simon in der Stadt zurück, um den Kampf gegen Bakchides fortzusetzen, während er selbst heimlich sich hinausschlich, unter seinen Anhängern eine zahlreiche Schar zusam-
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menbrachte, bei Nacht in des Bakchides Lager einbrach und dort so wütete, dass der Angriff auch seinem Bruder bemerklich wurde. Dieser machte nun, als er das Blutbad unter den Feinden wahrnahm, einen Ausfall, steckte die Belagerungsmaschinen der Makedonier in Brand und hieb viele von ihnen nieder. Als Bakchides sich vorn wie hinten von Feinden bedrängt sah, geriet er in Verzweiflung und Bestürzung, weil er einen solchen Verlauf der Belagerung nicht erwartet hatte. Dafür ließ er seine Wut an den Überläufern, die seine Sendung vorn Könige begehrt hatten, aus, weil sie ihn hintergangen hätten, und gedachte ehestens nach Hause zurückzukehren, wenn es ihm gelingen würde, die Belagerung in Ehren zu beendigen. 6. Als Jonathas diese seine Absicht merkte, ließ er ihm durch Gesandte Frieden und Freundschaft anbieten unter der Bedingung, dass die beiderseitigen Gefangenen ausgewechselt würden. Bakchides, der sich auf keine ehrenvollere Art hätte aus der Klemme ziehen können, nahm das Anerbieten an und ~chloss Freundschaft mit Jonathas, wobei sie noch gegenseitig sich das eidliche Versprechen gaben, dass fortan keiner von ihnen gegen den anderen die Waffen ergreifen solle. Nachdem dann die Gefangenen ausgewechselt waren, begab sich Bakchides nach Antiochia zum Könige zurück und griff in der Folge auch wirklich Judäa nicht mehr an. Jonathas, der sich nun sicher fühlte, nahm seinen Wohnsitz in der Stadt Machma, wo er dem Volke Recht sprach, die Gottlosen und Frevler zum Tode verurteilte und so das Land von diesem Schandfleck reinigte.
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ZWEITES KAPITEL Wie Alexander den Demetrius mit Krieg überzog, dem lonathas reiche Geschenke machte und ihn durch Verleihung der Hohepriesterwürde auf seine Seite zog, obgleich Demetrius noch reichere Geschenke versprach. Des Demetrius Tod.
1. Im einhundertsechzigsten Jahre (seleukidischer Zeitrechnung) kehrte Alexander, der Sohn des Antiochus Epiphanes, nach Syrien zurück und nahm Ptolemai's infolge des Verrates der Besatzung ein, die gegen Demetrius wegen seines Stolzes und seiner Unzugänglichkeit aufgebracht war. Demetrius schloss sich nämlich in eine Burg mit vier Türmen ein, welche er in der Nähe von Antiochia erbaut hatte, ließ niemand vor und betrieb auch die Regierungsgeschäfte nachlässig und mangelhaft. Dadurch zog er sich
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den Hass seiner Untertanen noch umso mehr zu, wie ich dies anderwärts schon berichtet habe. Als nun Demetrius vernahm, dass Alexander sich in Ptolemals befinde, zog er mit allen seinen TIuppen gegen ihn aus und schickte zugleich Gesandte an Jonathas, um sich seiner Bundesgenossenschaft und 'freue zu versichern. Er beabsichtigte damit dem Alexander zuvorzukommen und zu bewirken, dass dieser nicht schon früher die Hilfe des Jonathas erlange, umso mehr, als er befürchten musste, dass Jonathas im Andenken an die ihm einst zugefügten Unbilden mit seinem Feinde gemeinschaftliche Sache machen möchte. Er trug ihm deshalb auf, eine Aushebung zu veranstalten und Waffen bereitzumachen, wofür er dann die Geiseln zurückerhalten solle, die Bakchides in der Burg zu Jerusalem in Gewahrsam gebracht hatte. Sobald dem Jonathas dieser Auftrag zugegangen war, kam er nach Jerusalern und las das Schreiben des. Königs dem Volke wie der Besatzung vor. Da gerieten die Frevler und Überläufer in Schrecken, als sie hörten, dass der König ihm gestattet habe, ein Heer zu sammeln und die Geiseln zu befreien. Die Letzteren gab Jonathas nun sämtlich ihren Angehörigen wieder, und da er sich jetzt wieder als Herrn von Jerusalern betrachtete, erneuerte er die Stadt und richtete alles nach seinem Gutdünken ein. Auch befahl er, die Stadtmauer aus Quadersteinen aufzuführen, damit sie dem Feinde mehr Widerstand leisten könne. Als dies die Besatzungen in den festen Plätzen Judäas merkten, verließen sie sämtlich ihre Posten und flohen nach Antiochia, mit Ausnahme der Besatzung Bethsuras und derjenigen der Burg von Jerusalem. Denn diese bestanden größtenteils aus jüdischen Überläufern, die sich nicht getrauten, die Festungen zu verlassen. 2. Als Alexander von den Versprechungen Nachricht erhielt, die Demetrius dem Jonathas gemacht, und zugleich erfuhr, welch ein vortrefflicher Mann dieser sei, wie viel Schaden er den Makedoniern schon im Kriege getan und was er von Demetrius und dessen Heerführer Bakchides habe leiden müssen, erklärte er seinen Freunden, er könne sich augenblicklich keinen besseren Bundesgenossen wünschen als Jonathas, der nicht nur ein Held im Kriege sei, sondern auch grimmigen Hass gegen Demetrius hege, da er so viel Schlimmes von ihm habe erfahren müssen. Wenn es ihnen also ratsam erscheine, den Jonathas sich zum Freunde und von Demetrius abspenstig zu machen, so sei wohl jetzt die beste Zeit dazu. Da dies allseitig für zweckmäßig erachtet wurde, schrieb er an Jonathas folgenden Brief: »Der König Alexander entbietet seinem Bruder Jonathas besten Gruß. Schon längst haben wir von deiner Zuverlässigkeit und Tapferkeit gehört und schicken deshalb Gesandte an dich, um mit dir Freundschaft und
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Bündnis zu schließen. Weiterhin ernennen wir dich heute zum Hohepriester der Juden und nehmen dich in die Reihe unserer persönlichen Freunde auf. Als Geschenke senden wir dir ein Purpurkleid und eine goldene Krone und bitten dich, uns ebenso in Ehren zu halten, wie wir dich.« 3. Nach Empfang dieses Briefes legte Jonathas, weil gerade Laubhüttenfest war, das hohepriesterliche Gew~nd an, vier Jahre nach dem Tode seines Bruders Judas, während welcher Zeit das Amt unbesetzt geblieben war. Hierauf zog er ein großes Heer zusammen und ließ eine Menge Waffen anfertigen. Die Nachricht hiervon verdross den Demetrius sehr, und er warf sich seine Langsamkeit vor, dass er nicht dem Alexander zuvorgekommen sei und den Jonathas durch größere Gefalligkeit sich geneigt gemacht, sondern seinem Gegner Zeit dazu gelassen habe. Dennoch entschloss er sich, an Jonathas und das Volk einen Brief folgenden Inhalts zu schreiben: »Der König Demetrius entbietet dem Jonathas und dem Volke der Juden seinen Gruß. Weil ihr die mit uns eingegangene Freundschaft gehalten und den Lockungen unserer Feinde kein Gehör gegeben habt, zolle ich dieser eurer Treue alles Lob und bitte euch, dabei zu verharren, wofür ich euch den wärmsten Dank erstatten werde. Ich werde euch nämlich zum größten Teile von den Steuern und Abgaben befreien, die ihr meinen Vorgängern und mir bisher bezahlt habt. Für jetzt erlasse ich euch die regelmäßigen Steuern, verzichte ferner auf den Preis des Salzes* und der Kronen**, die ihr uns darzubringen pflegt, und schenke euch von jetzt an auch das Drittel des Getreides und die Hälfte der Baumfrüchte, die mir zustehen. Ferner erlasse ich euch für alle Zeiten die Kopfsteuer, die wir von jedem Einwohner Judäas und der drei angrenzenden Provinzen Samaria, Galiläa und Peräa bisher zu entrichten war. Die Stadt Jerusalern erkläre ich für heilig. und unverletzlich, und ihren ganzen Bezirk befreie ich vom Zehnten und sonstigen Abgaben. Die Burg der Stadt trete ich an euren Hohepriester Jonathas ab, welcher eine Besatzung hineinlegen kann, die er selbst für zuverlässig hält, damit die Burg für mich erhalten bleibt. Alle Juden, die als Kriegsgefangene unter uns leben, lasse ich frei. Ferner verordne ich, dass die Zugtiere der Juden nicht mehr zu Frondiensten herangezogen werden dürfen und dass an Sabbaten und allen übrigen Festtagen sowie an den drei denselben vorhergehenden Tagen überhaupt keine Dienstleistungen * Josephus meint hier den Preis, den die Juden für das in den Salinen Judäas entnommene Salz bezahlen mussten. ** Die Juden pflegten den syrischen Königen jedes Jahr eine goldene Krone darzubringen; das zu diesen Kronen verwendete oder an deren Stelle entrichtete Gold hieß Krongold.
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mehr zu fordern sind. Imgleichen erkläre ich auch die in meinem Reiche lebenden Juden rür frei und will dass sie in keiner Weise mehr behelligt werden. Wer mit mir zu Felde ziehen will mag das tun, bis die Zahl dreißigtausend voll ist. Diese Krieger sollen überall denselben Sold erhalten wie meine eigenen Soldaten. Ich werde dieselben teils als Besatzungen verwenden, teils in meine Leibwache aufnehmen, teils sie auch zu Anführern der in meiner Residenz stehenden 'lluppen ernennen. Ich gestatte ihnen, nach den Gesetzen ihres Landes zu leben und dieselben zu beobachten, und will ferner, dass in den drei an Judäa angrenzenden Statthalterschaften dieselben Gesetze Geltung haben sollen. Der Hohepriester hat dafür zu sorgen, dass kein Jude einen anderen Tempel zu seinem Gottesdienste benutzt als den zu Jerusalem. Aus meinem Schatze gebe ich jährlich zur Bestreitung der Opferkosten hundertfünfzigtausend Drachmen und lasse euch alles überschießende Geld zu beliebiger Verwendung. Die zehntausend Drachmen aber, welche die Könige sonst aus der Tempelkasse erhielten, erlasse ich euch und bestimme, dass sie den Priestern zukommen sollen, die den Gottesdienst im Tempel besorgen. Jeder, der in den Tempel zu Jerusalem oder in dessen Bezirk flüchtet, mag er nun Steuern schuldig oder sonst mit einer Zahlung im Rückstande sein, soll in seinem Besitz unangetastet bleiben. Ich gestatte endlich, dass der Tempel erneuert und ausgebaut werde, und weise die Kosten dazu aus meiner Kasse an. Auch die Stadtmauern sollen wieder aufgebaut und mit hohen Türmen versehen werden, und zwar alles auf meine Kosten. Ist noch ein Platz da, dessen Befestigung dem Lande der Juden ersprießlich sein kann, so sollen auch diese Arbeiten auf meine Kasse übernommen werden.« 4. In dieser Weise schrieb Demetrius an die Juden, um sie für sich zu gewinnen. Alexander aber hatte unterdessen ein großes Heer von Söldnern und den aus Syrien zu ihm übergegangenen Kriegern zusammengebracht und zog gegen Demetrius zu Felde. Ale es zur Schlacht kam, trieb der linke Flügel der Truppen des Demetrius die ihm entgegenstehende Abteilung in die Flucht, verfolgte sie geraume Zeit, machte eine Menge nieder und plünderte das Lager, während der rechte Flügel, auf dem Demetrius selbst sich befand, geworfen wurde. Hier löste sich alles in wilder Flucht auf, und nur Demetrius stritt wacker, tötete eine Anzahl Feinde und setzte den übrigen nach, geriet aber hierbei mit seinem Pferde in einen tiefen Morast, aus dem er, weil das Tier stürzte, nicht entkommen konnte. Das war sein Verderben. Die Feinde nämlich hatten kaum den ihm zugestoßenen Unfall bemerkt, als sie ihn umzingelten und mit Speerwürfen überschütteten. Dennoch kämpf-
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te er wacker zu Fuß weiter, musste aber endlich erliegen, da er mit Wunden bedeckt war und vor Erschöpfung keinen Widerstand mehr leisten konnte. So schied Demetrius nach e1fjähriger Regierung aus dem Leben, wie ich schon anderswo berichtet habe.
DRITTES KAPITEL Freundschaft zwischen Onias und Ptolemäus Philometor. Wie Onias in Ägypten einen Tempel nach dem Muster des zu lerusalem befmdlichen erbaute.
1. Als der Sohn des Hohepriesters Onias, der denselben Namen wie sein Vater führte und in Alexandria als Flüchtling bei dem Könige Ptolemäus Philometor lebte (wie ich schon oben erwähnt habe), die Bedrängung der Juden durch die Makedonier und deren Könige erfuhr, wollte er sich unsterblichen Ruhm und ein dauerndes Andenken sichern und beschloss daher, den König Ptolemäus und die Königin Kleopatra brieflich zu bitten, dass sie ihm erlauben möchten, in Ägypten einen Tempel nach dem Vorbilde des zu Jerusalem befindlichen zu bauen und an demselben Leviten und Priester aus seinem Geschlechte anzustellen. Hierzu wurde er gedrängt durch die Verkündigung des Sehers Esalas, der mehr als sechshundert Jahre früher gelebt und vorhergesagt hatte, es werde dereinst in Ägypten dem höchsten Gotte von einem Juden ein Tempel errichtet werden:" Onias schrieb also im Vertrauen auf diese Prophezeiung an Ptolemäus und Kleopatra folgenden Brief: »Nachdem ich mit Gottes Hilfe euch während des Krieges von großem Nutzen gewesen bin, sowie nach Coelesyrien und Phönizien mich begeben habe und zu den Juden von Leontopolis im Bezirke Heliopolis und an anderen Orten gekommen bin, wo ich bemerkt habe, dass viele von ihnen gegen die Vorschrift einen Tempel besitzen und deswegen in stetem Zanke leben, wie es ja auch den Ägyptern wegen der Menge ihrer Tempel und der Verschiedenheit ihres Gottesdienstes ergeht, habe ich in einem der Göttin Bubastis geweihten Bezirke ein mit allerlei Gehölz bewachsenes und mit heiligen Tieren gefülltes Heiligtum gefunden. Ich bitte dich nun, du wollest mir dieses Heiligtum, das keiner besonderen Gottheit geweiht und im Verfall begriffen ist, überlassen, damit ich es reinigen
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und zu einem Tempel des höchsten Gottes nach dem Muster und in den Maßen des Tempels zu Jerusalem für dich, deine Gattin und deine Kinder umbauen kann. Dadurch würden die in Ägypten wohnenden Juden zu einträchtigen Zusammenkünften veranlasst werden und dir desto mehr ergeben sein. Denn unser Prophet Esai'as hat geweissagt, es werde in Ägypten ein Altar erstehen, der Gott dem HeITn geweiht sei, und er hat an dieser Stelle auch noch andere darauf bezügliche Andeutungen gemacht.« 2. Aus dem hierauf an Onias gerichteten Antwortschreiben des Königs kann man so recht die Frömmigkeit des Ptolemäus und seiner Gattin und Schwester Kleopatra erkennen. Sie ließen nämlich die Sünde und Gesetzesübertretung auf Onias' Haupt fallen, indem sie ihm Folgendes schrieben: »Der König Ptolemäus und die Königin Kleopatra entbieten dem Onias ihren Gruß. Wir haben deine Bittschrift gelesen, in welcher du die Erlaubnis begehrst, den bei Leontopolis im Bezirke Heliopolis gelegenen zerfallenen, der Feldgöttin Bubastis geweihten Tempel wiederherzustellen. Wir müssen uns darüber verwundern, dass Gott ein Tempel angenehm sein könnte, der auf einer so unreinen und mit heiligen Tieren angefüllten Stelle erbaut werden soll. Da du aber sagst, es sei dies schon vor langer Zeit von dem Seher Esai'as vorhergesagt worden, so wollen wir dir die Erlaubnis geben, aber unter der ausdrücklichen Erklärung, dass nicht wir es sind, die sich damit gegen Gott versündigen.« 3. Als Onias so den Platz erhalten hatte, baute er Gott einen Tempel und einen Altar nach dem Vorbilde des zu Jerusalern befindlichen, jedoch kleiner und ärmlicher. Die Masse und die innere Ausstattung habe ich nicht für nötig gehalten hier anzuführen, weil ich im siebenten Buche des »Jüdischen Krieges« darüber berichtet habe. Onias aber fand eine Anzahl Juden, welche wie er dachten, und auch Priester und Leviten, die den Gottesdienst in jenem Tempel einrichteten. Doch hiermit genug von diesem Tempel. 4. In Alexandria brach zwischen den Juden und den Samaritern, welch Letztere ihren Gottesdienst nach dem Ritus des auf dem Berge <;-arizin zu Alexanders Zeiten erbauten Tempels hielten, Streit aus, der so erbittert war dass man die Entscheidung der Tempelfrage schließlich dem Ptolemäus unterbreitete. Die Juden behaupteten, der nach dem Gesetze des Moyses erbaute Tempel sei der zu Jerusalern, die Samariter dagegen, der auf Garizin. Sie gingen daher den König an, er möge diese Angelegenheit mit seinen Räten prüfen und die Unterliegenden mit dem Tode bestrafen. Für die Samariter sprachen Sabbaeus und Theodosius, für Jerusalem und die Juden aber Andronikus, der Sohn des Messalamus. Diese schworen bei Gott und
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dem Könige, ihre Sache streng gesetzmäßig zu führen, und ersuchten den Ptolemäus, den mit dem Tode zu bestrafen, der auf der Verletzung des Eides ertappt würde. Der König setzte sich also mit einer nicht geringen Anzahl seiner Räte zu Gericht, um zunächst die Sachwalter zu hören. Die alexandrinischen Juden nun waren in großer Angst um die, welche das Recht des Tempels zu Jerusalem verteidigen sollten, da sie es wohl kaum hätten verwinden können, wenn das Ansehen des schon so alten und berühmtesten Tempels der Welt erschüttert werden sollte. Sabbaeus und Theodosius ließen dem Andronikus zuerst das Wort geben. Dieser stützte sich auf das Gesetz und zeigte an der Folge der Hohepriester, wie jeder derselben nach seinem Vater die Wurde erhalten und den Vorstand des Tempels gebildet habe, und wie alle Könige Asiens den Tempel durch kostbare Weihgeschenke und Gaben bereichert hätten, während von dem Tempel auf Garizin niemand spreche, noch sich um ihn kümmere, als sei er überhaupt nicht vorhanden. Durch solche und ähnliche Beweise überzeugte Andronikus den König, sodass dieser die Entscheidung traf, der Tempel zu Jerusalem sei als im Sinne des Moyses erbaut zu betrachten, und es hätten demgemäß Sabbaeus und Theodosius den Tod verwirkt. Das waren die Erlebnisse der Juden zu Alexandria unter Ptolemäus Philometor.
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VIERTES KAPITEL Wie Alexander den Jonathas höchst ehrenvoll behandelte und wie des Demetrius Sohn Demetrius den Alexander überwand und mit Jonathas Freundschaft schloss.
1. Als Demetrius, wie oben gesagt, in der Schlacht ums Leben gekommen war, trat Alexander die Regierung von Syrien an und schrieb an Ptolemäus Philometor, er möge ihm die Hand seiner Tochter geben. Denn es sei jetzt billig, dass er ihn seiner Verwandtschaft würdige, da er das Reich seines Vaters wieder erobert habe, durch Gottes Fügung nach Überwindung des Demetrius auf dessen Thron gelangt sei und sich auch in Zukunft seiner Verwandtschaft nicht unwert zu machen gedenke. Ptolemäus war mit seiner Werbung einverstanden und schrieb zurück, er freue sich, dass Alexander die Herrschaft seines Vaters wiedererlangt habe. Seine Tochter wolle er ihm geben, und er möge ihm bis Ptolemals, wohin er sie geleiten und wo er sie
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ihm vermählen wolle, entgegenkommen. Nach Absendung dieses Schreibens begab sich Ptolemäus alsbald mit seiner Tochter Kleopatra nach Ptolemals. Und da er hier den Alexander, der ihm seinem Schreiben gemäß entgegengezogen war, schon vorfand, gab er ihm seine Tochter zur Ehe und stattete sie mit reicher Mitgift an Gold und Silber aus, wie es einem Könige geziemt. 2. Als die Hochzeit zu Ende war, schrieb Alexander an den Hohepriester Jonathas und ersuchte ihn, nach Ptolemals zu kommen. Dieser begab sich darauf mit herrlichen Geschenken zu den Königen und fand bei beiden die ehrenvollste Aufnahme. Alexander nötigte ihn, sein Gewand abzulegen und Purpur anzuziehen, ließ ihn neben sich auf dem Throne Platz nehmen und befahl seinen Großen, ihn mitten durch die Stadt zu geleiten und zu verkündigen, niemand dürfe etwas gegen ihn vorbringen oder ihn irgendwie belästigen. Als nun die, welche in feindseliger Gesinnung gekommen waren, um ihn anzuklagen, sahen, wie der König ihn ehrte, machten sie sich aus Furcht, es könne ihnen schlecht ergehen, davon. Alexander war übrigens von solchem Wohlwollen für Jonathas durchdrungen, dass er ihn als den ersten seiner Freunde aufzeichnen ließ. 3. Im hundertfünfundsechzigsten Jahre (seleukidischer Aera) brach Demetrius, der Sohn des ersten Demetrius, mit einer Menge Söldner, die der Kreter Lasthenes ihm zugeführt hatte, von Kreta auf und setzte nach Cilicien über. Diese Nachricht erschreckte den Alexander aufs äußerste, und er, eilte sogleich aus Phönizien nach Antiochis, um dort vor des Demetrius Ankunft alles in Sicherheit zu bringen. Als Statthalter von Coelesyrien ließ er den Daus Apollonius zurück, der alsbald mit einem großen Heere nach Jamnia zog und dem Hohepriester Jonathas sagen ließ, es sei unrecht, dass er allein für sich in Ruhe dahinlebe, ohne dem Könige unterworfen zu sein. Ihm selbst werde es allseitig zum Vorwurfe gemacht, dass er ihn nicht unter des Königs Botmäßigkeit bringe. Er möge daher nicht, solange er im Gebirge sitze, sich selbst täuschen und wunders glauben, wie mächtig er sei. Habe er Vertrauen auf seine Stärke, so solle er indie Ebene herabsteigen und sich mit seinen Kriegern messen. Dann müsse es sich zeigen, wer der Tapferste sei und den Sieg erringen werde. Doch solle er wissen, dass die Wackersten aus jeder Stadt sich in den Reihen seiner Krieger befänden, welche des Jonathas' Vorfahren stets überwunden hätten. Übrigens möge er an einer Stelle ihm gegenübertreten, wo mit Waffen, nicht mit Steinen gekämpft werde, und wo es für den Besiegten keine Schlupfwinkel gebe.
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4. Über diese Herausforderung entrüstet, rückte Jonathas mit zehntausend auserlesenen Kämpfern und mit Unterstützung seines Bruders Simon aus Jerusalem aus und kam nach Joppe, wo er außerhalb der Stadt ein Lager schlagen ließ, da die Joppener vor ihm die Tore schlossen. Es befand sich nämlich in der Stadt eine von Apollonius dorthin gelegte Besatzung. Als aber Jonathas sich zur Belagerung anschickte, fürchteten die Bürger, er möchte die Stadt stürmen, und öffneten ihm die Tore. Apollonius hatte kaum vernommen, dass Joppe in der Gewalt des Jonathas sei, als er mit dreitausend Reitern und achttausend Fußsoldaten nach Azot eilte und von da aus still und langsam Schritt vor Schritt weiterzog. Vor Joppe angelangt, lockte er durch verstellten Rückzug den Jonathas in die Ebene, voll Vertrauen auf seine Reiterei. Jonathas rückte aus und verfolgte den Apollonius bis Azot. Sobald aber Apollonius seinen Feind ganz in der Ebene hatte, machte er kehrt und griff ihn an. Obgleich nun Jonathas die Nachricht erhielt, Apollonius habe bei einem Bache tausend Reiter in den Hinterhalt gelegt, um ihm in den Rücken zu fallen, geriet er nicht im Mindesten in Verwirrung, sondern ließ seine Truppen ein Viereck bilden und sich derart zur Schlacht aufstellen, dass sie sowohl einem Angriff von vorn wie von hinten begegnen konnten. Dann ermahnte er sie, mannhaften Widerstand zu leisten. Während nun die Schlacht sich bis zum Abend hinzog, übergab Jonathas einen Teil des Heeres seinem Bruder Simon und hieß ihn in die feindlichen Reihen einbrechen, während er selbst seinen Kriegern befahl die Schilde aneinander zu schließen und so die feindlichen Geschosse aufzufangen. Diese taten sogleich, wie ihnen befohlen war. Die feindlichen Reiter aber schleuderten nun ihre Speere, bis sie deren keine mehr hatten, ohne zu treffen. Denn die Geschosse konnten ja die Krieger nicht erreichen, weil sie von den dicht aneinander geschlossenen Schilden abprallten und so mit Leichtigkeit unschädlich gemacht wurden. Als sich nun die Feinde vom Morgen bis zum Abend müde geschleudert hatten, stürmte Simon, der ihre Erschöpfung bemerkte, auf ihre Reihen ein, und es gelang seinen heldenhaft streitenden Soldaten, sie zu werfen. Sobald die Reiter die Flucht der Fußsoldaten merkten, hielten auch sie nicht mehr stand, sondern flohen, da sie durch den langen Kampf ermattet waren und vom Fußvolke nichts mehr zu hoffen stand, in wildem Durcheinander davon, sodass sie in der ganzen Ebene zerstreut wurden. Jonathas setzte ihnen bis Azot nach, machte viele nieder und zwang die Übrigen, sich in den zu Azot befindlichen Dagontempel zurückzuziehen. Darauf nahm er die Stadt im Sturm und äscherte sie samt den umliegenden Dörfern ein. Auch den Tempel des
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Dagon verschonte er nicht, sondern verbrannte ihn samt denen, die sich dort eingeschlossen hatten. Die Zahl der in der Schlacht und durch Feuer umgekommenen Feinde betrug insgesamt achttausend Mann. Nachdem er in dieser Weise über ein so gewaltiges Heer gesiegt hatte, brach Jonathas von Azot auf und marschierte gegen Askalon, wo er vor der Stadt sein Lager errichtete. Die Askaloniter aber kamen ihm entgegen, brachten ihm Gastgeschenke und erwiesen ihm alle Ehre. Nachdem er sie wegen ihrer Unterwerfung belobt hatte, zog er mit reicher Beute nach Jerusalern zurück. Als Alexander von der Niederlage seines Heerführers Apollonius Nachricht erhielt, stellte er sich darüber erfreut, weil Apollonius gegen seinen Willen den Jonathas angegriffen habe, der ihm befreundet und verbündet sei. Dem Letzteren aber schickte er zur Erhärtung dessen und als Ehrengeschenk eine goldene Armspange, wie sie sonst nur Verwandte von Königen erhalten, und überwies ihm Akkaron sowie dessen Bezirk als erbliches Eigentum. 5. Um diese Zeit kam auch Ptolemäus Philometor mit einer Flotte und einem Landheere nach Syrien, um Alexander Hilfe zu leisten, dessen Schwiegervater er war. Auf Alexanders Befehl nahmen ihn alle Städte bereitwillig auf und gaben ihm bis Azot das Geleit, wo er mit allgemeinem Wehgeschrei über die Einäscherung des Dagontempels empfangen wurde. Die Einwohner klagten den Jonathas an, dass er den Tempel zerstört, das Land mit Feuer und Schwert verwüstet und so viele der Thrigen getötet habe. Ptolemäus hörte diese Klagen an und schwieg dazu. Jonathas aber kam ihm bis Joppe entgegen, erhielt von ihm herrliche Geschenke und die höchsten Ehrenbezeugungen, begleitete ihn dann bis zum Flusse Eleutherus und begab sich darauf wieder nach Jerusalern zurück. 6. Als Ptolemäus nach Ptolemals gekommen war, wäre er beinahe ums Leben gekommen, weil Alexander ihm durch seinen Freund Ammonius Nachstellungen bereitete. Doch die Sache kam heraus, und Ptolemäus schrieb an Alexander einen Brief, in welchem er die Auslieferung des Ammonius verlangte, weil dieser ihm nachgestellt und Strafe verdient habe. Als aber Alexander die Auslieferung verweigerte, merkte Ptolemäus, dass er der eigentliche Anstifter des Anschlages sei, und geriet in heftigen Zorn gegen ihn. Alexander hatte sich übrigens auch den Antiochenern schon früher wegen des Ammonius verhasst gemacht. Von diesen erhielt Ammonius jetzt die gebührende Strafe für seine Freveltaten, indem er auf schimpfliche Weise in Weiberkleidem umgebracht wurde. Er hatte sich nämlich, wie ich schon anderswo berichtete, in Weiberkleidern unkenntlich zu machen gesucht.
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7. Ptolemäus ärgerte sich nun darüber, dass er seine Tochter dem Alexander vermählt und mit ihm gegen Demetrius sich verbündet hatte. Er machte deshalb der Verwandtschaft mit Alexander ein Ende, indem er seine Tochter heimholen ließ. Dann schickte er sogleich Gesandte an Demetrius, um mit ihm Frieden und Freundschaft zu schließen, und ließ ihm versprechen, er werde ihm seine Tochter zur Ehe geben und ihn in die Herrschaft seines Vaters wieder einsetzen. Demetrius ging hierauf mit Freuden ein und schloss das Bündnis sowohl wie auch die Ehe. letzt blieb dem Ptolemäus nur noch übrig, die Antiochener, welche sich dem Demetrius wegen der ihnen von seinem Vater zugefügten Unbilden stets feindselig erzeigt hatten, zu seiner Aufnahme zu bewegen. Aber auch das brachte er fertig. Die Antiochener nämlich hassten den Alexander wegen des Ammonius, wie oben erwähnt, und hatten ihn deswegen aus Antiochia vertrieben, von wo er sich nach Cilicien begab. Als nun Ptolemäus nach Antiochia kam, riefen Bürger und Heer ihn zum Könige aus, sodass er genötigt war, sich zwei Kronen aufs Haupt zu setzen, die eine von Asien, die andere von Ägypten. Er war aber von Natur gutmütig, gerecht und nicht begierig nach fremdem Besitz, und da er wohl vorhersah, was in Zukunft daraus erfolgen würde, beschloss er, um den Römern keinen Anlass zum Neide zu geben, auf die Herrschaft zu verzichten. Er berief daher die Antiochener zusammen und schlug ihnen vor, den Demetrius aufzunehmen, indem er ihnen sagte, derselbe werde, wenn er ihnen so viel zu danken habe, um seines Vaters willen ihnen nichts zuleide tun. Er selbst wolle ihm übrigens Lehrer und Führer sein und nicht zugeben, dass er etwas Böses zur Ausführung bringe. Was ihn angehe, so sei er mit der Herrschaft über Ägypten zufrieden. Durch diese Rede bewog er die Antiochener, den Demetrius aufzunehmen. 8. Unterdessen rückte Alexander mit einem großen Heere und entsprechendem 'fross aus Cilicien nach Syrien und verwüstete das Gebiet der Antiochener durch Raub und Brand. Ptolemäus zog mit seinem Schwiegersohne Demetrius (denn er hatte diesem inzwischen seine Tochter zur Ehe gegeben) gegen ihn zu Felde, besiegte ihn und schlug ihn in die Flucht, sodass er sich nach Arabien wenden musste. In der Schlacht geschah es, dass des Ptolemäus Pferd, durch das Brüllen eines Elefanten scheu gemacht, seinen Reiter abwarf. Als die Feinde dies bemerkten, drangen sie auf den König ein, verwundeten ihn vielfach am Kopfe und ließen ihn wie tot liegen. Seine 'frabanten entrissen ihn zwar den Händen der Feinde, doch war er so schwach, dass er vier Tage lang weder Besinnung hatte noch sprechen konnte. Unterdessen sandte der arabische Fürst Zabelus dem Ptolemäus das vom
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Rumpfe getrennte Haupt Alexanders. Als nun Ptolemäus am fünften Tage etwas zur Besinnung kam, war ihm die Nachricht von Alexanders Tod und der Anblick des Hauptes eine höchst angenehme Ohren- und Augenweide. Bald darauf aber beschloss auch er, erfreut über Alexanders Untergang, sein Leben. Alexander hatte fünf Jahre lang unter dem Namen Balas die Herrschaft über Asien innegehabt, wie dies auch anderswoher bekannt ist. 9. Demetrius mit dem Beinamen Nikator hatte kaum die Herrschaft angetreten, als er voll Bosheit anfing, gegen die Soldaten des Ptolemäus zu wüten, uneingedenk seines Bündnisses mit ihm und ohne darauf Rücksicht zu nehmen, dass er sein Schwiegervater war. Die Soldaten flohen daher vor seiner Grausamkeit nach Alexandria, während die Elefanten in des Demetrius Hände fielen. Jonathas der Hohepriester aber zog aus ganz Judäa ein Heer zusammen, um damit die Burg von Jerusalem, die eine makedonische Besatzung hatte und außerdem noch eine Anzahl nichtswürdiger Menschen einschloss, welche den Gesetzen ihrer Vater untreu geworden waren, zu belagern. Die Besatzung spottete anfangs über die Maschinen, die Jonathas zum Zwecke der Belagerung errichten ließ, weil sie auf die starke Befestigung des Platzes vertraute. Bei Nacht aber schlichen sich einige von jenen Frevlern hinaus, eilten zu Demetrius und meldeten ihm die Belagerung der Burg. Dieser ergrimmte hierüber und brach sogleich mit seinem Heere von Antiochia gegen Jonathas auf. In Ptolemais angelangt, schickte er an Letzteren den schriftlichen Befehl, sich sofort zu ihm nach Ptolemais zu verfugen. Jonathas hob indessen die Belagerung nicht auf, zog jedoch mit den Ältesten des Volkes und den Priestern unter Mitnahme von Gold, Silber, Gewändern und anderen Geschenken zu Demetrius hin. Durch die Geschenke gelang es ihm denn auch, den Zorn des Königs zu beschwichtigen; ja; er wurde sogar höchst ehrenvoll aufgenommen und erhielt die Bestätigung in der Hohepriesterwürde, wie er sie auch von des Demetrius Vorgängern erhalten hatte. Den Anklagen der Überläufer aber schenkte der König nicht den mindesten Glauben, vielmehr gab er, als Jonathas ihn bat, für ganz Judäa und die drei Toparchien Samaria, Peräa und Galiläa sich mit einer Abgabe von dreihundert Talenten zu begnügen, ihm diese Zusage schriftlich, und zwar folgendermaßen: »Der König Demetrius an seinen Bruder Jonathas und das Volk der Juden. Abschrift des Briefes, den wir an unseren Verwandten Lasthenes geschrieben haben, euch zur Kenntnisnahme. Der König Demetrius an seinen Vater Lasthenes. Da das Volk der Juden mir freundlich gesinnt ist und die schuldige Treue bewahrt hat, habe ich beschlossen, ihm meine Erkenntlichkeit zu beweisen. Ich bestätige ihnen also
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den Besitz der drei Präfekturen Apherima, Lydda und Ramatha, die von Samaria zu Judäa geschlagen worden sind, samt den zugehörigen Bezirken, und erlasse ihnen alles, was die früheren Könige von den Opfern in Jerusalern zu erhalten pflegten, imgleichen auch alle Abgaben von Feld- und Baumfrüchten und alle übrigen Steuern sowie die Abgabe für das Salz und die Kronen, und bestimme, dass von nun an bis in ewige Zeiten an diesem Verhältnis nichts geändert werde. Du hast dafür Sorge zu tragen, dass von diesen Bestimmungen Abschrift genommen, dem Jonathas eingehändigt und an einer in die Augen fallenden Stelle des Tempels angeschlagen werde.« Das war der Inhalt des Briefes. Da nun Demetrius sah, dass alles in Frieden lebte und nirgendwoher Kriegsgefahr drohte, entließ er die Soldaten und kürzte ihnen den Sold; nur den fremden Söldnern sowie denen, die mit ihm von Kreta und den übrigen Inseln gekommen waren, zahlte er denselben für die ganze vorausbedungene Zeit. Dadurch aber zog er sich die Feindschaft und den Hass seiner Krieger zu, denen er nichts mehr zukommen ließ, während seine Vorgänger ihnen auch im Frieden den Sold weitergezahlt hatten, um sie bei gutem Willen zu erhalten und nötigenfalls zum Kampfe bereit zu finden.
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FÜNFTES KAPITEL Wie 'fryphon nach Besiegung des Demetrius die HeITschaft an Antiochus, den Sohn Alexanders, übertrug und mit Jonathas Bundesgenossenschaft schloss. lonathas' Taten.
1. Als ein ehemaliger Heerführer Alexanders, der aus Apamea gebürtig war und eigentlich Diodotus, mit seinem Beinamen aber 1ryphon (der Schweiger) hieß, den Hass der Soldaten gegen Demetrius bemerkte, begab er sich zu dem Araber Malchus, der Alexanders Sohn Antiochus erzog, setzte ihn von der aufgeregten Stimmung des Heeres gegen Demetrius in Kenntnis und beredete ihn, ihm den Antiochus zu übergeben, weil er diesen zum Könige machen und in die Herrschaft seines Vaters wieder einsetzen wolle. Malchus machte zunächst Schwierigkeiten, da er ihm nicht hinlänglich traute. Als aber 1ryphon immer mehr in ihn drang, gab er endlich seinem Verlangen nach. So viel hiervon. 2. Weil nun dem Hohepriester Jonathas viel daran lag, die Besatzung der
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Burg zu Jerusalem sowie die verruchten jüdischen Überläufer und die Besatzungen der übrigen festen Plätze aus dem Lande zu entfernen, schickte er eine Gesandtschaft mit Geschenken an Demetrius und ließ ihn bitten, die 'fruppen aus den Festungen Judäas abzuberufen. Demetrius sagte ihm nicht nur die Erfüllung dieses Wunsches zu, sondern versprach ihm noch mehr für die Zeit nach Beendigung des Krieges, der ihn für jetzt ganz in Anspruch nehme. Gleichzeitig ließ er den Jonathas um Hilfstruppen bitten, indem er ihm mitteilte, dass fast alle seine Soldaten von ihm abgefallen seien. Daraufhin sandte ihm Jonathas dreitausend auserlesene Krieger. 3. Die Antiochener aber, die dem Demetrius wegen seiner Härte feindlich gesinnt waren und ihm auch noch die Unbilden nachtrugen, welche sein Vater ihnen zugefügt hatte, lauerten auf eine Gelegenheit, ihn angreifen zu können. Da sie nun in Erfahrung gebracht, dass Hilfstruppen von Jonathas angekommen seien, und überlegten, der König werde sich ein mächtiges Heer sammeln, wenn sie ihm nicht zuvorkämen, griffen sie zu den Waffen, umzingelten die Königsburg, als wollten sie dieselbe belagern, besetzten die Ausgänge und suchten den König in ihre Gewalt zu bekommen. Als der König sah, wie das ganze Volk von Antiochia feindlich und bewaffnet gegen ihn auftrat, griff er mit seinen Söldnern und den jüdischen Hilfstruppen die Antiochener an, konnte aber ihren Ansturm nicht aushalten, weil ihrer zu viele waren, und zog sich deshalb zurück. Die Juden hatten den Vorteil der Antiochener kaum bemerkt, als sie auf das Dach des Palastes stiegen und von hier aus denselben ihre Geschosse entgegensandten. Und da sie wegen der Höhe des Gebäudes zu weit von den Angreifern entfernt waren, als dass sie selbst hätten Schaden leiden können, ihren Gegnern dagegen von oben herab hart zuzusetzen vermochten, trieben sie dieselben bald von den nächsten Häusern weg und steckten diese in Brand. Die Häuser aber waren dicht aneinander gebaut und bestanden zumeist aus Holz, und so verbreitete sich das Feuer bald über die ganze Stadt und zwang die Antiochener, da sie sich weder verteidigen noch die Feuersbrunst löschen konnten, in der Flucht ihr Heil zu suchen. Die Juden sprangen nun von Dach zu Dach und verfolgten ihre Gegner mit unglaublicher Zähigkeit. Als der König sah, dass die Antiochener nur die Rettung der Frauen und Kinder im Auge hatten und auf weiteren Kampf verzichteten, fiel er von einer anderen Straße aus über sie her und richtete ein solches Blutbad unter ihnen an, dass sie sich genötigt sahen, die Waffen zu strecken und sich zu ergeben. Der König gewährte ihnen darauf Verzeihung und machte so dem Aufstand ein Ende. Dann beschenkte er die Juden reichlich von der Beute, dankte ihnen als
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den Urhebern seines Sieges und entließ sie nach Jerusalem zu Jonathas, dem er das Zeugnis ausstellen musste, dass er sich als treu er Bundesgenosse bewährt habe. Später jedoch wusste er ihm dafür wenig Dank, hielt seine Versprechungen nicht und bedrohte ihn mit Krieg, wenn er nicht die gesamten Abgaben entrichte, welche das jüdische Volk den ersten Königen Syriens gezahlt habe. Diese Drohung würde er auch ausgeführt haben, wenn Tryphon ihn nicht daran gehindert hätte, der ihn nötigte, die für den Kampf gegen Jonathas bestimmten 'fruppen zu seiner eigenen Deckung und Sicherheit zu verwenden. Denn Tryphon war bereits mit dem jungen Antiochus, der dem Knabenalter noch nicht entwachsen war, aus Arabien nach Syrien gekommen und hatte ihm hier die Königskrone aufgesetzt. Und da das ganze Heer, das von Demetrius wegen des nicht gezahlten Soldes abgefallen war, zu ihm überging, griff er den Demetrius an, besiegte ihn, nahm seine Elefanten gefangen und eroberte die Stadt Antiochia. 4. Als Demetrius diese Niederlage erlitten hatte, zog er sich nach Cilicien zurück. Der junge Antiochus dagegen schickte an Jonathas Gesandte mit einem Schreiben, worin er ihn zum Freund und Bundesgenossen ernannte, ihn in der Hohepriesterwürde bestätigte und ihm die vier Bezirke anwies, die zu dem jüdischen Gebiete noch hinzugekommen waren. Außerdem sandte er ihm goldene Geräte, Becher und ein Purpurkleid mit der Erlaubnis, das Letztere zu tragen, schenkte ihm eine goldene Armspange und nahm ihn in die Reihe seiner vertrautesten Freunde auf. Den Simon aber ernannte er zum Befehlshaber für das Gebiet vom Tyrischen Gebirge an bis nach Ägypten. Jonathas freute sich über diese Gnadenbezeugungen des Antiochus und ordnete an ihn wie auch an Tryphon Gesandte ab mit dem Versprechen, dass er ihr Freund und Bundesgenosse sein und mit ihnen gegen Demetrius kämpfen wolle, weil dieser ihm für alle seine Hilfe keinen Dank gewusst, vielmehr Gutes mit Bösem vergolten habe. 5. Nachdem er darauf von Antiochus die Erla~bnis erhalten hatte, ein großes Heer in Syrien und Phönizien anzuwerben und die Feldherren des Demetrius zu bekriegen, brach er sogleich gegen die Städte auf. Einige von diesen empfingen ihn mit allen Ehren, weigerten sich aber, Söldner zu stellen. Als er nun nach Askalon gekommen war und die Askaloniter ihm mit Geschenken entgegenzogen, forderte er sie wie auch die Bewohner aller Städte in Coelesyrien auf, von Demetrius abzufallen und sich an Antiochus anzuschließen, damit sie im Kampfe gegen Demetrius an diesem für seine Bedrückungen Rache nehmen könnten, wozu sie ja alle Ursache hätten. Dadurch bewog er die Städte, sich mit Antiochus zu verbinden, und begab
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sich dann nach Gaza, um auch dessen Bewohner für Antiochus zu gewinnen. Doch fand er die Gazäer in ganz anderer Stimmung, als er erwartet hatte. Sie schlossen nämlich vor ihm die Tore und wollten weder von Demetrius abfallen noch zu Antiochus halten. Hierüber ergrimmt, belagerte Jonathas die Stadt und verwüstete deren Bezirk, und während ein Teil seines Heeres vor Gaza liegen blieb, machte er mit dem Reste desselben Einfälle in das Land und zeichnete seinen Weg durch Zerstörung und Brandlegung. Als die Gazäer sich in solcher Bedrängnis sahen und von Demetrius keine Hilfe zu erwarten hatten, das Unglück also in nächster Nähe und die Hilfe in weiter Ferne erblickten, hielten sie es für geratener, sich von Demetrius loszusagen und dem Jonathas nachzugeben. Sie schickten daher Boten an Jonathas und versprachen Freundschaft und Waffenverbrüderung. So geht es ja bei den Menschen zu: Ehe sie Schlimmes erleiden, sehen sie nicht ein, was ihnen nützlich ist; sobald sie aber ins Unglück geraten sind, ändern sie ihren Sinn und entschließen sich am Ende, nachdem sie bittere Erfahrungen gemacht haben, zu dem, was sie früher ohne Behelligung hätten erlangen können. Nachdem also Jonathas mit den Gazäern ein Bündnis geschlossen und Geiseln von ihnen erhalten hatte, schickte er die Letzteren nach Jerusalern, während er selbst das ganze Land bis Damaskus durchzog. 6. Hier vernahm er, des Demetrius Heerführer seien mit großer 1ruppenmacht nach Kedasa gezogen, einer Stadt, die zwischen dem Gebiete der Tyrier und Galiläa liegt. Diese hofften nämlich, den Jonathas aus Syrien weg nach Galiläa locken zu können, da er die Galiläer, die zu seiner Obhut gehörten, in der Bedrängnis wohl nicht im Stiche lassen würde. Wirklich rückte er ihnen auch entgegen und ließ seinen Bruder Simon in Judäa zurück. Dieser brachte aus dem Lande ein möglichst großes Heer zusammen, zog damit vor Bethsura und belagerte die Stadt, einen der festesten Plätze in Judäa, dessen Besatzung, wie ich schon oben erwähnt habe, noch zu Demetrius hielt. Als Simon Wälle aufwerfen, Maschinen heranbringen und die Belagerung mit Nachdruck betreiben ließ, fürchtete die Besatzung, sie möchte nach Erstürmung des Platzes dem Untergang geweiht sein, und ließ daher den Simon bitten, die eidliche Versicherung zu geben, dass ihr nichts Übles widerfahren würde; unter dieser Bedingung sei sie bereit, den Platz aufzugeben und zu Demetrius zurückzukehren. Simon gab ihnen die erbetene Zusage, ließ sie aus der Stadt abziehen und legte eine Besatzung von seinen Kriegern hinein. 7. Inzwischen brach Jonathas aus Galiläa vom See Gennesar, wo er sein Lager errichtet hatte, auf und rückte bis zur Ebene Asor vor, ohne zu wis-
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sen, dass hier die Feinde sich befanden. Des Demetrius Feldherren nun, die am Tage vorher gehört hatten, dass Jonathas sich nähere, legten ihm einen Hinterhalt und versteckten die dazu bestimmte Abteilung im Gebirge, während sie selbst mit dem eigentlichen Heer ihm in der Ebene entgegenzogen. Als Jonathas sie kampfbereit erblickte, ließ auch er die Seinigen, so gut es ging, in Schlachtordnung aufmarschieren. Die von Demetrius' Feldherren im Hinterhalt aufgestellte Abteilung aber fiel den Juden in den Rücken, sodass diese besorgten, sie möchten umzingelt werden, und deshalb die Flucht ergriffen. So verließen den Jonathas alle, und nur wenige, etwa fünfzig an der Zahl, unter ihnen Mattathias, der Sohn des Absalom, und Judas, der Sohn des Chapsaeus, die Oberbefehlshaber des Heeres, hielten bei ihm aus. Diese drangen wacker und wie verzweifelt auf die Feinde ein, sodass ihr unerschütterlicher Mut dieselben in Verwirrung brachte und schließlich in die Flucht trieb. Als nun die flüchtigen Krieger des Jonathas die feindliche Schlachtlinie wanken sahen, sammelten sie sich, griffen die Syrer an und verfolgten sie bis nach Kedasa, wo ihr Lager stand. 8. Nach diesem glänzenden Siege, der zweitausend Feinde das Leben gekostet hatte, kehrte Jonathas nach Jerusalern zurück. Und da er sah, wie durch Gottes Fürsorge alles nach seinen Wünschen ging, schickte er Gesandte an die Römer, um die Freundschaft, welche die Juden einst mit ihnen geschlossen hatten, zu erneuern. Diesen Gesandten trug er auf, auf der Rückreise von Rom auch die Spartaner im Andenken an die mit ihnen bestehende Freundschaft und Verwandtschaft zu besuchen. Als die Gesandten nun nach Rom kamen, begaben sie sich in den Senat, richteten die Aufträge ihres Hohepriesters Jonathas aus und erklärten, dieser habe sie geschickt, um die einstige Freundschaft der Römer mit den Juden zu erneuern. Der Senat bestätigte darauf die früheren Abmachungen und gab den Gesandten Briefe mit an alle Fürsten Asiens, Europas und der Städte, damit sie unbehelligt in ihre Heimat zurückgelangen könnten. Auf der Rückreise besuchten die Gesandten auch Sparta und überreichten dort den Brief, den Jonathas ihnen mitgegeben hatte und dessen Wortlaut folgender war: »Jonathas, der Hohepriester der Juden, der hohe Rat und das gesamte jüdisc,he Volk entbieten ihren Brüdern, den Ephoren, dem Senate und dem Volke der Lakedämonier, ihren Gruß. Wenn es euch gut geht und eure Staats- und Privatangelegenheiten vom Glücke begünstigt werden, so sind unsere Wünsche erfüllt; was uns betrifft, so geht es uns gut. In früheren Zeiten wurde unserem Hohepriester Onias durch Demoteles ein Brief eures Königs Areios überbracht, der die Verwandtschaft zwischen euch und uns
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betrifft und dessen Abschrift beiliegt. Diesen Brief haben wir mit Freuden empfangen und bewahren dafür dem Demoteles und dem Areios unseren innigsten Dan~ obwohl wir eigentlich dieses Zeugnisses nicht bedurften, vielmehr über die Verwandtschaft aus unseren heiligen Büchern schon unterrichtet waren. Doch haben wir es bisher nicht für geboten erachtet, den Anstoß zum Wiederaufleben der Beziehungen zu geben, damit es nicht scheine, als wollten wir die von euch uns erwiesene Ehre selbstgefällig in Anspruch nehmen. So lange Zeit nun auch seit der ersten Anbahnung unseres Verhältnisses verstrichen ist, so, bitten wir doch, wenn wir Gott an heiligen und festlichen Tagen Opfer darbringen, noch immer für euer Heil und den Erfolg eurer Waffen. Und obgleich uns die Habgier unserer Nachbarn vielfach mit Krieg überzogen hat, wollten wir doch weder euch noch sonst einem unserer Freunde lästig fallen. Jetzt aber, da wir unsere Feinde überwunden und die hochangesehenen Männer au~ dem Rate unserer Ältesten, Numenius, den Sohn des Antiochus, und Antipater, den Sohn des Jason, zu den Römern gesandt haben, haben wir denselben einen Brief an euch mitgegeben, um die zwischen euch und uns bestehende Freundschaft aufzufrischen. Thr werdet uns daher eine Freude machen, wenn ihr auch an uns schreibt und uns eure Wunsche mitteilt, zu deren Erfüllung ihr uns stets bereit finden werdet.« Die Lakedämonier nahmen die Gesandten freundlich auf, beschlossen, Freundschaft und Bündnis zu bestätigen, und schickten unserem Volke den hierauf bezüglichen Beschluss zu. 9. Um diese Zeit gab es bei den Juden drei Sekten, welche über die menschlichen Verhältnisse verschiedene Lehren aufstellten, und von denen die eine die der Pharisäer, die zweite die der Sadducäer und die dritte die der Essener hieß. Die Pharisäer behaupten, dass manches, aber nicht alles das Werk des Verhängnisses sei, manches dagegen auch freiwillig geschehe oder unterbleibe. Die Essener hingegen lehren, alles stehe unter der Macht des Verhängnisses, und es komme bei den Menschen nichts vor, das nicht vom Geschicke bestimmt sei. Die Sadducäer endlich wollen überhaupt nichts vom Verhängnis wissen und glauben, es gebe weder ein Verhängnis, noch richte sich der Menschen Geschick danach, sondern alles geschehe nur nach unserem Willen, sodass wir ebenso die Urheber unseres Glückes seien, als wir auch unser Unglück uns durch unseren eigenen Unverstand zuzögen. Genaueres hierüber habe ich im zweiten Buche meines Werkes über den Jüdischen Krieg* gebracht. * JÜd. Krieg IL 8,2-14.
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10. Um nun wieder auf des Demetrius Feldherren zurückzukommen, so brachten diese in der Absicht, die Scharte auszuwetzen, eine noch größere Truppenmacht als früher zusammen und rückten damit gegen Jonathas. Auf die Nachricht hiervon zog Jonathas ihnen sogleich bis in das Gebiet von Amathe entgegen, um ihnen zu einem Einfall in Judäa keine Zeit zu lassen. Als er noch fünfzig Stadien vom Feinde entfernt war, schickte er Spione aus, um dessen Lager und die Stärke des Letzteren zu erforschen. Dieselben meldeten ihm nicht nur ihre Beobachtungen, sondern machten auch in der Nacht noch einige Gefangene, die ihm verrieten, dass die Feinde beabsichtigten, ihn anzugreifen. Er traf daher beizeiten die nötigen Vorkehrungen, stellte Außenposten vor dem Lager auf, hielt seine Krieger die ganze Nacht hindurch unter den Waffen und ermahnte sie, sie sollten sich wacker halten und bereit sein, nötigenfalls auch in der Nacht zu kämpfen, damit der Anschlag der Feinde vereitelt werde. Als nun aber die Feldherren des Demetrius erfuhren, dass Jonathas um ihren Plan wisse, entsank ihnen der Mut, einmal vor Beschämung darüber, dass der Feind von ihrem tückischen Vorhaben Kenntnis erlangt habe, dann aber auch, weil nach dem Fehlschlagen ihres Planes ihnen keine Hoffnung auf Sieg mehr geblieben war. Denn sie sahen wohl ein, dass sie in offener Feldschlacht dem Jonathas keineswegs gewachsen seien. Sie entschlossen sich daher zum Abzug, zündeten im Lager eine Menge Feuer an, damit die Feinde glauben sollten, sie seien noch darin, und rückten in aller Stille aus. Als nun Jonathas in der Morgenfrühe sich dem Lager näherte und dasselbe verlassen fand, erkannte er, dass die Feinde geflohen waren, und setzte ihnen nach, ohne sie jedoch einholen zu können, da sie den Fluss Eleutherus schon überschritten hatten und sich in Sicherheit befanden. Jonathas wandte sich sodann nach Arabien, griff die Nabatäer an und schlug sie, worauf er mit reicher Beute und einer Menge Kriegsgefangener nach Damaskus zog und dort alles verkaufte. Zur selben Zeit durchzog auch sein Bruder Simon ganz Judäa und Palästina bis nach Askalon, verstärkte die Befestigungen und Besatzungen und begab sich dann nach Joppe, das er eroberte und mit einer starken Schutzwache versah. Er hatte nämlich in Erfahrung gebracht, dass die Joppener ihre Stadt dem Heere des Demetrius übergeben wollten. 11. Nachdem Jonathas und Simon diese Kriegstaten vollbracht und alles andere geordnet hatten, kehrten sie nach Jerusalem zurück. Hier berief Jonathas das gesamte Volk in den Tempel und schlug ihm vor, die Mauern Jerusalems wiederherzustellen, die Einfriedigung des Tempels, soweit sie zerstört war, aufzubauen und dessen Umgebung durch hohe 'Ilirme zu si-
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ehern. Ferner riet er ihnen, mitten in der Stadt eine zweite Mauer aufzuführen, um die Besatzung der Burg vom Markte abzuschneiden und ihr so die Möglichkeit des Einkaufs von Lebensmitteln zu nehmen, endlich auch noch die im Bezirke der Stadt gelegenen festen Plätze mit stärkeren Befestigungen zu versehen, als sie bis dahin hatten. Als das Volk mit diesen Vorschlägen einverstanden war, übernahm er selbst die Bauten in der Stadt, während er den Simon ausschickte, um für die Befestigungswerke auf dem Lande zu sorgen. Inzwischen überschritt Demetrius den Fluss und zog nach Mesopotamien, um dieses Land sowie Babyion zu erobern und nach Unterwerfung der oberen Satrapien Gelegenheit zur UnteIjochung des ganzen Reiches zu finden. Die dort wohnenden Griechen und Makedonier hatten nämlich zu wiederholten Malen Gesandte mit dem Versprechen zu ihm geschickt, sie würden sich, falle er herüberkommen wolle, ihm unterwerfen und mit ihm gegen den Partherkönig Arsakes zu Felde ziehen. Durch diese Aussichten ermutigt, zog er zu ihnen hin in der Absicht, nach Niederwerfung der Parther und Gewinnung von Hilfstruppen den Tryphon anzugreifen und ihn aus Syrien zu vertreiben. Und als die Bewohner des Landes ihn begeistert aufnahmen, sammelte er Truppen und überzog den Arsakes mit Krieg, verlor aber sein ganzes Heer und fiel selbst lebendig in Gefangenschaft, wie ich schon anderwärts berichtet habe.
SECHSTES KAPITEL Wie Jonathas von 'fryphon hinterlistigerweise umgebracht wurde und wie die Juden alsdann den Simon zum Oberfeldherrn und Hohepriester erwählten. Simons Taten. 187
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1. Als Tryphon erfuhr, welche Wendung des Demetrius Glück genommen
hatte, war seine 'freue gegen Antiochus zu Ende, und er sann nur noch darauf, wie er ihn aus dem Wege räumen und sich selbst der Herrschaft bemächtigen könne. Doch hinderte ihn an der Ausführung dieses Planes die Furcht vor Jonathas, dem Freunde des Antiochus. Deshalb beschloss er, diesen zunächst zu beseitigen und dann erst gegen Antiochus vorzugehen. In der Absicht nun, den Jonathas hinterlistigerweise umzubringen, begab er sich von Antiochia nach Bethsana, das von den Griechen Skythopolis genannt wird. Hierhin zog ihm Jonathas mit vierzigtausend auserlesenen
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Kriegern entgegen, da er glaubte, 'llyphon sei gekommen, um ihn mit Krieg zu überziehen. Als 'llyphon nun sah, dass Jonathas zum Kampfe bereit war, kam er mit Geschenken und freundlichen Worten zu ihm, befahl seinen Heerführern, dem Jonathas ebenso wie ihm selbst zu gehorchen, und suchte sich dadurch dessen Wohlwollen zu verschaffen und jeden Verdacht zu beseitigen. Er hoffte ihn dann, während er an nichts Arges dachte, gefangen nehmen zu können. Zuletzt riet er ihm, sein Heer zu entlassen, weil dasselbe gar keinen Zweck habe, da alles sich des Friedens erfreue. Es genüge vielmehr, wenn er nur wenige Mann zu seiner persönlichen Bedeckung bei sich behalte, mit denen er ihn dann nach Ptolemals begleiten möge. Er wolle ihm nämlich diese Stadt sowohl als auch die übrigen festen Plätze in der Gegend übergeben; denn zu diesem Zwecke sei er gekommen. 2. Jonathas, der an nichts Böses dachte, sondern der Meinung war, TIyphon rate ihm dies wirklich in redlicher Absicht, entließ sein Heer und behielt nur dreitausend Mann bei sich, von denen er noch zweitausend in Galiläa zurückließ, während er mit den übrigen tausend in Begleitung des 'llyphon nach Ptolemals zog. Kaum waren sie dort angelangt, als die Bewohner der Stadt sogleich auf 'llyphons Befehl die Tore schlossen. Letzterer ließ nun den Jonathas gefangen nehmen und dessen Begleiter sämtlich niedermachen. Alsdann schickte er zu den in Galiläa zurückgebliebenen zweitausend Juden, um auch sie umzubringen. Diese aber hatten bereits von dem Schicksal des Jonathas Nachricht erhalten und waren, noch ehe die von Tryphon abgesandte Schar anlangte, mit den Waffen in der Hand aus dem Lande abgezogen. Als nun die ihnen nachgeschickten Krieger sahen, dass sie gewillt waren, ihr Leben teuer zu verkaufen, kehrten sie, ohne einen Angriff zu wagen, zu 'llyphon zurück. 3. Als die Jerusalemer die Gefangennahme des Jonathas und die Niedermetzelung seiner Begleiter erfuhren, erhob sich über sein Schicksal allgemeines Wehklagen. Allseitig vermisste man ihn, und die Jerusalemer fürchteten nicht ohne Grund, es möchten jetzt, da sie des Jonathas starken Arm und seine weisen Ratschläge nicht mehr hätten, die benachbarten feindlichen Völkerschaften, die nun den Jonathas nicht mehr zu scheuen brauchten, über sie herfallen und ihnen hart zusetzen. Das trat auch nur zu bald ein. Denn als die Heiden den Tod des Jonathas erfuhren, griffen sie die nach ihrer Meinung führerlosen Juden an, und auch 'llyphon hatte bereits ein Heer gerüstet, um damit nach Judäa zu ziehen und die Bewohner des Landes zu bekriegen. Als nun Simon die Jerusalemer in Angst und Schrecken sah, berief er, um durch sein Wort ihren Mut zum Widerstand gegen
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'fryphon zu stählen, das Volk in den Tempel und tröstete es mit folgender Ansprache: »Es kann euch ja nicht unbekannt sein, liebe Landsleute, dass wie mein Vater, so auch ich und meine Brüder stets bereit waren, für eure Freiheit das Leben aufs Spiel zu setzen. Außer vielen anderen Beweisen hierfür habe' ich auch den, dass es Mitglieder unserer Familie waren, die für Religion und Gesetz den grausamsten Tod erlitten haben. Keine Furcht also kann diese Gesinnung aus meiner Seele entfernen und dafür Todesscheu und Feigheit in sie einpflanzen. Da ihr somit einen Führer habt, der das Höchste für euch zu leiden und zu tun bereit ist, so folgt mir getreulich, wohin ich euch führen werde. Denn ich bin weder besser als meine Brüder, sodass ich mein Leben schonen müsste, noch schlechter als sie, sodass ich den Tod für Gesetz und Religion, der ihnen etwas Herrliches war, fliehen und scheuen sollte. Wo es am Platze ist, dass ich mich als ihren echten Bruder erweise, da werde ich zeigen, dass ich das wirklich bin. Denn ich bin überzeugt, dass es mir gelingen wird, an den Feinden Rache zu nehmen, euch alle mit Weib und Kind vor ihrer Wut zu schützen und mit Gottes Hilfe den Tempel vor der Zerstörung zu bewahren. Ich sehe' auch, dass die Heiden euch jetzt nur deshalb verachten und sich wider euch rüsten, weil sie euch ohne Führer wähnen.« 4. Durch diese Worte richtete Simon den Mut des Volkes wieder auf, sodass es die Furcht fahren ließ, froh aufatmete und hoffnungsvoll in die Zukunft sah. Alle riefen einstimmig, Simon solle ihr Führer sein und den Oberbefehl gleich wie seine Brüder Judas und Jonathas erhalten, da sie ihm freudig gehorchen würden. Daraufhin zog Simon alsbald alle tauglichen Streitkräfte zusammen und ließ eiligst die Stadtmauer wieder aufrichten. Nachdem dieselbe durch hohe und feste Türme gesichert war, sandte er einen seiner Freunde namens Jonathas, den Sohn des Absalom, mit einem Heere nach Joppe und trug ihm auf, die Bewohner der Stadt von dort zu verjagen, da er befürchtete, sie möchten Joppe dem Tryphon übergeben. Er selbst aber blieb zu Jerusalem, um dessen Schutz wahrzunehmen. 5. Unterdessen brach Tryphon mit einem großen Heere von Ptolemals auf und marschierte nach Judäa, wobei er den Jonathas gefesselt mit sich führte. Simon rückte ihm mit seinen Truppen bis zur Stadt Addida entgegen, die auf einem hohen, die Ebene von Judäa beherrschenden Berge lag. Als nun 'fryphon erfuhr, dass Sim~:m von den Juden zum Anführer erwählt sei, schickte er Boten ab, um auch ihn mit List und Betrug zu umgarnen, und forderte ihn auf, wenn er seinen Bruder Jonathas frei sehen wolle, hundert Talente Silber und als Bürgen dafür, dass dieser nicht, sobald er entlas-
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sen sei, Judäa dem König wieder abtrünnig mache, zwei von Jonathas' Kindern zu schicken. Jonathas werde nämlich gefangen gehalten wegen des Geldes, das er dem Könige als Darlehn schulde. Simon aber erkannte Tryphons Thcke sehr gut und sah ein, dass er des Geldes verlustig gehen würde, ohne seinen Bruder zu befreien, und noch dazu dessen Kinder dem Feinde überliefere, wenn er auf Tryphons Forderung eingehe. Da er indessen fürchtete, vom Volke als der Mörder seines Bruders bezeichnet zu werden, wenn er das Geld und die Kinder fur ihn nicht ausliefere, versammelte er das Heer und trug ihm Tryphons Ansinnen vor, indem er hinzufügte, er halte dasselbe zwar nur für eine schändliche List, wolle jedoch lieber das Geld und die Kinder dem Tryphon schicken, als dass er durch Verweigerung der Forderung in den Verdacht komme, er habe seinen Bruder nicht erlösen wollen. Demgemäß lieferte er das Geld und die bei den Kinder des Jonathas aus. Tryphon aber hielt sein Wort nicht, gab auch den Jonathas nicht frei, sondern umging mit seinem Heere das Land, um durch Idumäa nach Jerusalern zu ziehen. Auf diesem Marsche kam er nach Adora, einer Stadt Idumäas; Simon aber folgte dem Tryphon auf dem Fuße und schlug stets ihm gegenüber sein Lager auf. 6. Inzwischen schickte die Besatzung der Burg an Tryphon die Bitte, schleunigst nach Jerusalern zu kommen und ihnen Lebensmittel zu schicken. Tryphon ließ darauf sogleich die Reiterei sich marschfertig machen und dachte in einer Nacht in Jerusalem eintreffen zu können. In der Nacht jedoch fiel hoher Schnee, der die Wege bedeckte und den Pferden das Fortkommen so erschwerte, dass es ihm nicht gelang, Jerusalern zu erreichen. Er schwenkte deshalb nach Coelesyrien ab, fiel eilig in Galaditis ein, ließ hier den Jonathas umbringen und begraben und kehrte dann nach Antiochia zurück. Simon aber ließ die Gebeine seines Bruders aus der Stadt Baska herüberholen und bestattete sie in seiner Heimat Modiim, während, das Volk in tiefer Trauer um Jonathas wehklagte. Darauf ließ Simon seinem Vater und seinen Brüdern ein prächtiges Grabmal aus weißem, poliertem Marmor errichten, das sich weithin sichtbar erhob, und das er mit einer Halle und mit mächtigen, aus einem einzigen Block gehauenen Säulen, die eine wahre Augenweide boten, umgab. Außerdem ließ er sieben Pyramiden für seine Eltern und Brüder erbauen, die in ihrer Größe und Schönheit die Bewunderung herausforderten und bis auf den heutigen Tag erhalten sind. Solche Sorgfalt wurde dem Grabe des Jonathas und den Denkmälern für Simons Angehörige gewidmet. Jonathas starb, nachdem er vier Jahre lang Hohepriester und Vorsteher des Volkes gewesen war.
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7. Der an seiner Stelle zum Hohepriester erwählte Simon befreite im ersten Jahre seines Amtes das Volk vom Joche der Makedonier, sodass es denselben keinerlei Abgaben mehr zu zahlen hatte. Diese Freiheit und Steuerlosigkeit erlangten die Juden nach Ablauf des hundertsiebzigsten Jahres der assyrischen Herrschaft, gerechnet von der Besitznahme Syriens durch Seleukus Nikator. Das Volk aber war derart begierig, den Simon zu ehren, dass alle öffentlichen wie privaten Schriftstücke gezeichnet wurden: Im ersten Jahre Simons, des Fürsten und Wohltäters der Juden. Unter ihm genossen die Juden hohes Glück und besiegten ihre feindlichen Nachbarn. Denn Simon brachte die Städte Gazara, Joppe und Jamnia in seine Gewalt und erstürmte auch die Burg zu Jerusalem, die er dem Erdboden gleichmachte, damit sie nicht wieder ein Schlupfwinkel der Feinde werde, von dem aus sie den Juden, wie bis dahin Schaden zufügen könnten. Nachdem dies geschehen, erschien es auch ratsam, den Berg abzutragen, auf welchem die Burg gestanden hatte, damit der Tempel einen um so majestätischeren Eindruck mache. Hierzu beredete er das Volk, nachdem er es zusammenberufen hatte; er stellte ihnen vor, jene Maßregel sei notwendig, damit sie nicht wieder, wenn ein fremder Herrscher eine Besatzung in die Burg, lege, von dieser und von den jüdischen Überläufern so viele Unbilden zu erdulden hätten, wie das geschehen sei. Durch diese Worte überzeugte er das Volk umso leichter, als er ja nur dessen Nutzen im Auge hatte. Darauf legten alle Hand an, trugen den Berg ab und ruhten drei Jahre lang weder Tag noch Nacht, bis sie denselben der Ebene des Feldes gleichgemacht hatten. Von dieser Zeit an überragte der Tempel die ganze Stadt, weil die Burg samt dem Berge, auf dem sie gestanden hatte, beseitigt war. Solche herrlichen Taten vollbrachte Simon.
SIEBENTES KAPITEL Wie Simon mit Antiochus ein Bündnis schloss und den 'fryphon sowie den Kendebaeus besiegte. Sein Tod. 218
1. Nicht lange nach der Gefangennahme des Demetrius ließ Tryphon Alexanders Sohn Antiochus, der den Beinamen »Gott« führte, umbringen, nachdem er während -dessen vierjähriger Regierung die Vormundschaft geführt hatte. Er ließ alsdann überall bekannt machen, der Tod des Antiochus
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sei den Ärzten zuzuschreiben; seine Freunde und Vertrauten aber schickte er zu den Soldaten und ließ ihnen reiche Geldspenden für den Fall versprechen, dass sie ihn zum Könige ausrufen wollten. Demetrius ließ er sagen, sei von den Parthern gefangen, und wenn dessen Bruder Antiochus zur Herrschaft gelange, werde er ihren Abfall gewiss schwer bestrafen. Die Soldaten, welche auf die reiche Geldspende hofften, riefen auch wirklich den Tryphon einstimmig zum Könige aus. Kaum aber war Tryphon im Besitze der höchsten Gewalt, als er auch gleich wieder seine Bosheit hervorkehrte. Früher hatte er dem Volke sich gefällig erwiesen, den Bescheidenen gespielt und es sich dadurch gefügig zu machen gesucht; sobald er aber am Ruder war, warf er die Maske ab und ließ den wahren Tryphon wieder erkennen. Dadurch aber leistete er nur seinen Feinden Vorschub. Denn die Soldaten, die ihn hassten, fielen zu Demetrius' Gattin Kleopatra ab, die damals in Seleukia mit ih~en Kindern zurückgezogen lebte. Als nun des Demetrius Bruder Antiochus, der den Beinamen Soter führte, im ganzen Lande umherschweifte, weil ihn keine Stadt aus Furcht vor Tryphon aufzunehmen wagte, schickte Kleopatra zu ihm und ließ ihm ihre Hand samt dem Throne anbieten. Das tat sie teils auf den Rat ihrer Freunde, teils aus Furcht, weil einige Bewohner von Seleukia die Stadt dem Tryphon zu übergeben trachteten. 2. Als nun Antiochus nach Seleukia gekommen war und seine Macht von Tag zu Tag wuchs, zog er von da aus gegen Tryphon zu Felde, besiegte ihn, vertrieb ihn aus dem oberen Syrien nach Phönizien, verfolgte ihn auch bis dahin und belagerte ihn in Dora, einem schwer einnehmbaren Platze, wohin er geflohen war. Darauf schickte er auch Gesandte an den jüdischen Hohepriester Simon, um mit ihm ein Schutz- und TIutzbündnis zu schließen. Dieser erfüllte bereitwillig sein Verlangen, lieferte ihm Geld und Lebensmittel für die Belagerer von Dora in Hülle und Fülle und zählte so in kurzer Zeit zu den vertrautesten Freunden des Antiochus. Tryphon aber entkam aus Dora nach Apamea und wurde dort noch während der Belagerung gefangen genommen und getötet, nachdem er drei Jahre lang König gewesen war. 3. Antiochus indessen hatte in seiner Habgier und Bosheit die Dienste, die ihm Simon in seiner Not geleistet hatte, bald vergessen und schickte seinen Freund Kendebaeus mit Truppen ab, um Judäa zu verwüsten und den Simon gefangen zu nehmen. Als Simon von dieser Nichtswürdigkeit hörte, entrüstete er sich über die Ungerechtigkeit des Antiochus, und obwohl er schon in vorgerücktem Alter stand, beschloss er doch mit der Tatkraft eines Jünglings, ein Heer ins Feld zu führen. Seine Söhne sandte er
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mit dem Kern des Heeres voraus, während er selbst mit dem Rest einen anderen Weg einschlug. Er legte nämlich eine große Menge dieser letzteren TIuppen als Hinterhalt in die Gebirgspässe und blieb nun überall Sieger. Nachdem er dann auch noch ein Bündnis mit den Römern geschlossen hatte verlebte er den Rest seiner Tage in Frieden. 4. Im Ganzen herrschte Simon acht Jahre lang über die Juden. Bei einem Mahle verlor er infolge hinterlistiger Nachstellung vonseiten seines Schwiegersohnes Ptolemäus das Leben. Dieser ließ auch Simons Gattin sowie zwei seiner Söhne ergreifen und ins Gefangnis werfen und wollte auch den drit. ten Sohn Joannes, der den Beinamen Hyrkanus führte, umbringen lassen. Als aber der Jüngling von der Ankunft der zu diesem Zweck abgeschickten Leute Kunde erhielt, entging er der Gefahr, indem er sich in die Stadt rettete, wo er sich auf das Volk verlassen konnte, das seinem Vater so viel Gutes verdankte und den Ptolemäus hasste. Als nun Ptolemäus durch ein anderes Tor eindringen wollte, trieb ihn das Volk zurück, weil es den Hyrkanus schon aufgenommen hatte.
ACHTES KAPITEL Hyrkanus wird Hohepriester und vertreibt den Ptolemäus aus dem Lande. Antiochus zieht gegen Hyrkanus zu Felde. 230
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1. Ptolemäus zog sich darauf in eine oberhalb J erichos gelegene feste Burg, welche Dagon hieß, zurück. Hyrkanus aber, der seinem Vater in der Hohepriesterwürde gefolgt war, erflehte zunächst durch Opfer den Beistand Gottes und rückte dann gegen Ptolemäus aus, belagerte dessen Zufluchtsort und war wohl sonst glücklich, wurde aber von Mitgefühl für seine Mutter und seine Brüder schwer niedergedrückt. Diese ließ nämlich Ptolemäus auf die Mauer führen und drohte, sie hinabstürzen zu lassen, falls Hyrkanus nicht von der Belagerung Abstand nehme. Sosehr nun auch Hyrkanus nach der Einnahme des Platzes verlangte, glaubte er es doch seinen Lieben schuldig zu sein, dass er sie nicht leiden lasse, und betrieb deshalb die Belagerung weniger scharf. Da aber beschwor ihn seine Mutter mit gerungenen Händen, um ihretwillen doch nicht nachzulassen, sondern die Belagerung nur noch umso eifriger fortzusetzen, damit er durch die Einnahme des Platzes die Seinigen rächen könne. Ein grausamer Tod sei ihr
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süß, wenn nur der Feind, der ihr denselben bereite, für seinen Frevel gezüchtigt werde. Diese Worte seiner Mutter trieben den Hyrkanus wieder zur Einnahme der Festung an. Als er sie aber geißeln und zerfleischen sah, erlahmten seine Kräfte aus Mitleid mit ihren Qualen. So zog sich die Belagerung in die Länge, bis das Jahr anbrach, in welchem die Juden feiern müssen. Dies wird nämlich alle sieben Jahre ebenso beobachtet wie die Feier des siebenten Tages. Dadurch wurde Ptolemäus von der Belagerung befreit, tötete des Hyrkanus Mutter und Brüder und floh nach dieser Gräueltat zu Zeno, der den Beinamen Kotylas hatte und die Stadt Philadelphia beherrschte. 2. Antiochus grollte unterdessen noch immer dem Simon wegen der von ihm erlittenen Niederlage. Er griff deshalb im vierten Jahre seiner Regierung, im ersten der Herrschaft des Hyrkanus und in der hundertzweiundsechzigsten Olympiade Judäa an, verheerte das Land und schloss den Hyrkanus in der Hauptstadt ein. Diese belagerte er mit sieben Heerhaufen, welche er rund um die Stadt verteilte, konnte indes anfangs nicht das Mindeste ausrichten, einmal wegen der Festigkeit der Mauern, dann wegen der Tapferkeit der Belagerten, endlich auch wegen starken Wassermangels, dem erst ein beim Niedergang der Plejaden* eintretender Platzregen ein Ende machte. Da aber an der Nordseite der Mauer ein ebener Platz war, ließ Antiochus hier hundert dreistöckige Türme errichten, legte in jeden derselben eine Abteilung Soldaten und ließ die Mauern täglich berennen. Auch ließ er einen doppelten, sehr tiefen und breiten Graben auswerfen und setzte den Belagerten hart zu. Trotzdem wussten diese immer noch viele Stellen zu finden, an denen sie Ausfälle machen konnten. Gelang es ihnen nun, die Feinde unversehens zu überfallen, so brachten sie ihnen empfindliche Schlappen bei; wurden sie aber bemerkt, so zogen sie sich eilig zurück. Da jedoch Hyrkanus die Beobachtung machte, dass die in der Stadt befindliche Menschenmenge ihm sehr schadete, weil die Lebensmittel sich zu schnell erschöpften, und der Meinung war, dass viele Bewohner mehr Last als Nutzen verursachten, schied er alle Untauglichen aus, entließ dieselben und behielt nur die Kräftigen und Wehrfähigen zurück. Antiochus aber verhinderte den Abzug der Ausgewiesenen, sodass sie zwischen den Mauern umherirrten, und viele von Hunger erschöpft elendiglich umkamen. Erst als das Laubhüttenfest bevorstand, nahmen die in der Stadt Befindlichen sie aus Mitleid wieder auf. Hyrkanus schickte nun zu Antiochus und ließ des * Das Siebengestirn am Halse des Stieres.
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Festes wegen um einen siebentägigen Waffenstillstand bitten, worauf Antiochus aus Frömmigkeit gegen Gott dies nicht nur zugab, sondern auch ein herrliches Opfer in die Stadt sandte, nämlich Stiere mit vergoldeten Hörnern, allerlei Räucherwerk und Gefäße von Gold und Silber. Dieses Opfer nahmen die Posten am Tore von den Überbringern in Empfang und besorgten es in den Tempel. Antiochus aber bewirtete sein Heer und unterschied sich dadurch vorteilhaft von Antiochus Epiphanes, der nach der Einnahme der Stadt Schweine auf dem Altare geschlachtet, mit ihrem Blute den Tempel besudelt und die Gesetze und Gottesfurcht der Juden missachtet hatte, sodass das Volk gegen ihn erbittert wurde und sich nie mehr mit ihm aussöhnte. Dieser Antiochus dagegen wurde um seiner ausgezeichneten Gottesfurcht willen allgemein Eusebes (der Fromme) genannt. 3. Hyrkanus entschloss sich daher, mit Rücksicht auf die edle Gesinnung des Königs und dessen Ehrfurcht gegen Gott, eine Gesandtschaft an ihn zu schicken und ihn bitten zu lassen, er möge den Juden gestatten, am Gesetze ihrer Väter festzuhalten. Antiochus verwarf nun den Rat derer, die ihm nahe legten, das Volk um seiner Abgeschlossenheit willen auszurotten, sondern gab seiner Gottesfurcht nach und antwortete den Gesandten, er wolle, falls die Belagerten die Waffen auslieferten, ihm die Abgaben von Joppe und den übrigen um Judäa herum liegenden Städten abträten und eine Besatzung aufnähmen, die Belagerung aufheben. Die Gesandten sagten zu und wollten nur die Besatzung sich nicht gefallen lassen, weil sie ihren Gebräuchen gemäß sich mit Fremden nicht einlassen dürften. Dafür erboten sie sich, Geiseln zu stellen und fünfhundert Talente Silber zu zahlen, von denen sie auch dreihundert sogleich erlegten. Antiochus nahm diesen Vorschlag an und wählte selbst die Geiseln aus, unter denen sich auch des Hyrkanus Bruder befand. Doch verlangte er außerdem noch, dass sie die Mauerkrönung abbrechen sollten, und zog nach Erfüllung dieser Bedingungen ab. 4. Hyrkanus aber ließ das Grab Davids, der alle Könige an Reichtum übertroffen hatte, öffnen und entnahm ihm dreitausend Talente Silber. Mit diesem Gelde ausgerüstet, warb er - der Erste, der dies bei den Juden tat fremde Söldner an. Dann schloss er mit Antiochus ein Schutz- und Trutzbündnis, nahm ihn in die Stadt auf und versah sein Heer mit allen Bedürfnissen aufs reichlichste. Und als Antiochus gegen die Parther zu Felde zog, beteiligte sich Hyrkanus an dem Kriegszuge. Das bezeugt auch Nikolaus von Damaskus mit folgenden Worten: »Antiochus errichtete am Flusse Lykos ein Siegesdenkmal, nachdem er den Feldherrn der Parther Indates
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überwunden hatte, und blieb daselbst zwei Tage lang auf Bitten des Juden Hyrkanus, weil die Juden zufallig ein Fest begingen, an welchem sie nicht marschieren durften.« Darin hat er auch Recht. Denn es fiel gera~e auf den Tag nach einem Sabbat das Fest Pentekoste, und wir dürfen weder am Sabbat noch an diesem Festtage reisen. Als Antiochus hierauf den Parther Arsakes angriff, verlor er einen großen Teil seines Heeres und fiel auch selbst. Sein Nachfolger in der Regierung war sein Bruder Demetrius, den Arsakes um dieselbe Zeit, als Antiochus in das Land der Parther einfiel aus der Gef~ngenschaft entlassen hatte, wie ich schon anderswo berichtete.
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NEUNTES KAPITEL Wie Hyrkanus gegen Syrien zu Felde zog und mit den Römern ein Bündnis schloss. Demetrius' und Alexanders Tod.
1. Als Hyrkanus von dem Tode des Antiochus Kunde erhielt, unternahm er sogleich einen Kriegszug gegen die Städte in Syrien, weil er glaubte, dass sie, wie es auch der Fall war, von Verteidigern entblößt seien. Medaba nahm er nach großen Strapazen seines Heeres im sechsten Monat ein, hierauf Samega und die benachbarten Ürte, ferner Sikim und Garizin, und unterjochte das Volk der Chuthäer, welches das dem Tempel zu Jerusalem ähnliche Heiligtum verehrte. Diesen hatte, wie schon früher gesagt, Alexander dem Feldherrn Sanaballetes für seinen Schwiegersohn Manasses, den Bruder des Hohepriesters Jaddus, zu bauen erlaubt. Jetzt nach zweihundert Jahren wurde der Tempel zerstört. Hyrkanus eroberte ferner in Idumäa die Städte Adora und Marissa und unterwarf alle Idumäer, gestattete ihnen aber, im Lande zu bleiben, wenn sie die Beschneidung einführen und nach jüdischen Gesetzen leben wollten. Wirklich nahmen sie auch aus Liebe zu ihrer Heimat die Beschneidung wie die übrigen Gewohnheiten der Juden an und waren also von dieser Zeit an ebenfalls Juden. 2. Da nun der Hohepriester Hyrkanus die einst mit den Römern geschlossene Freundschaft erneuern wollte, schickte er eine Gesandtschaft nach Rom. Der Senat bestätigte nach Empfang seines Briefes die Freundschaft durch folgendes Antwortschreiben: »Der Prätor Fanius, Sohn des Marcus, hat am sechsten Februar den Senat unter dem Vorsitze des Lucius Manlius, Sohnes des Lucius Mentinas, und des Gajus Sempronius, Sohnes
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des Gajus Falernas, zusammenberufen wegen des Schreibens, welches die jüdischen Gesandten Simon, Sohn des Dositheus, Apollonius, Sohn des Alexander und Diodorus, Sohn des Jason, ehrenwerte und edle Männer, überbracht haben. Das Schreiben handelt von dem zwischen den Juden und Römern bestehenden Bündnisse, sodann von äußeren Angelegenheiten und enthält die Bitte, es möchten den Juden Joppe nebst dem Hafen, Gazara nebst den Quellen sowie alle anderen Städte und Plätze, die Antiochus ihnen entgegen dem Senatsbeschluss im Kriege abgenommen habe, zurückgegeben, ferner den königlichen Soldaten der Durchzug durch ihre und ihrer Untergebenen Länder verboten werden. Des Weiteren möchte alles, was in jenem Kriege von Antiochus dem Senatsbeschlusse zuwider ausgeführt wurde, für ungültig erklärt, so dann durch eine Gesandtschaft die Zurückgabe des ihnen von Antiochus entrissenen Gebietes und die Abschätzung des Landes, das im Kriege verwüstet wurde, vorgenommen und endlich den jüdischen Gesandten an die Könige und freien Städte ein Geleitsbrief behufs sicherer Heimkehr ausgefertigt werden. Es ist daher beschlossen worden, das Freundschaftsbündnis mit den ausgezeichneten und von einem so edlen und ehrenwerten Volke gesandten Männern zu erneuern.« Betreffs der übrigen Briefe des Hyrkanus versprachen sie, die Antwort in Erwägung zu ziehen, sobald der Senat weniger mit Geschäften überhäuft sei, versicherten auch, dafür sorgen zu wollen, dass in Zukunft ihnen keine derartigen Unbilden mehr zugefügt würden, und gaben dem Prätor Fanius den Auftrag, den Gesandten zum Zweck ihrer Heimkehr Geldmittel aus der öffentlichen Kasse anzuweisen. Fanius entließ daher die jüdischen Abgeordneten, nachdem er ihnen Geld aus der Staatskasse angewiesen und sie nach dem Senatsbeschlusse mit einem Geleitsbrief behufs Gewährleistung sicherer Heimreise versehen hatte. 3. So weit über den Hohepriester Hyrkanus. Was nun den König Demetrius betrifft, so wollte er den Hyrkanus mit Krieg überziehen, hatte aber weder Zeit noch Gelegenheit dazu, weil sowohl das syrische Volk als auch die Soldaten wegen seiner Grausamkeit höchst feindselig gegen ihn gesinnt waren. Sie wandten sich deshalb an Ptolemäus Physkon und baten ihn, er möge ihnen einen aus des Seleukus Geschlecht zum Könige geben. Ptolemäus sandte ihnen darauf den Alexander Zebinas mit einem Heere, und Demetrius wurde in der Schlacht besiegt, sodass er genötigt war, nach Ptolemals zu seiner Gattin Kleopatra zu fliehen. Da diese ihn aber nicht aufnehmen wollte, wandte er sich nach Tyrus, wo er gefangen wurde und, von seinen Feinden grausam gepeinigt, starb. Alexander, der nach ihm den
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Thron bestieg. schloss mit dem Hohepriester Hyrkanus Freundschaft:. verlor aber in dem Kriege. den des Demetrius Sohn Antiochus Grypus gegen ihn unternahm. Schlacht und Leben.
ZEHNTES KAPITEL Wie Hyrkanus, während die Brüder Antiochus Grypus und Antiochus von Kyzikos um die Herrschaft stritten, Samaria einnahm und zerstörte. Wie er sich von den Pharisäern lossagte ':lnd sich an die Sadducäer anschloss.
l. Antiochus hatte kaum die Herrschaft über Syrien angetreten, als er sich zu einem Feldzuge gegen Judäa anschickte. Inzwischen aber hörte er, dass sein Stiefbruder, der ebenfalls Antiochus hieß. in Kyzikos ein Heer gegen ihn sammle. Er blieb deshalb in seinem Lande und beschloss, sich gegen den Angriff seines Bruders zu rüsten. Dieser führte den Beinamen »der Kyzikener», weil er in Kyzikos erzogen worden war. Sein Vater war Antiochus Soter, der im Kampfe gegen die Parther gefallen war und mit Demetrius, dem Vater des Grypus, dieselbe Mutter hatte. Kleopatra aber hatte, wie schon erwähnt. beide Brüder geheiratet. Antiochus von Kyzikos kam nun nach Syrien und führte viele Jahre hindurch gegen seinen Bruder Krieg, während welcher Zeit Hyrkanus sich des Friedens erfreute. Denn er war nach dem Tode des Antiochus von den Makedoniern abgefallen und hatte ihnen weder als Freund noch als Untertan irgendwelche Hilfe geleistet. vielmehr während des Alexander Zebinas Regierung und noch mehr zu der Zeit. als die beiden Brüder miteinander im Streit lagen. sich in Glück und Wohlstand befunden. Der Bruderkrieg gewährte ihm hinreichend Muße, Judäa sorgfältig anzubauen. sodass er einen ungeheuren Reichtum anhäufte. Wollte Antiochus von Kyzikos sein Land verwüsten, so trat er ihm entgegen. und da er sah, dass der andere Antiochus von Ägypten keine Hilfe erhielt und mit seinem Bruder beständig im Hader lag, kümmerte er sich um beide nicht. 2. So kam es, dass er Gelegenheit fand, gegen die sehr feste Stadt Samaria zu Felde zu ziehen, über die ich, da sie jetzt Sebaste heißt und von Herodes neu gebaut worden ist. später an anderer Stelle sprechen will. Er griff die Stadt an und belagerte sie -lllit Nachdruck, da er gegen die Samariter aufgebracht war, weil sie auf Geheiß der Könige von Syrien die Bewohner
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von Marissa, welche jüdische Kolonisten und seine Bundesgenossen waren, hart bedrängt hatten. Rings um die Stadt zog er einen Graben sowie einen doppelten Wall in der Länge von achtzig Stadien und bestellte seine Söhne Antigonus und Aristobulus zu Leitern der Belagerung. Diese versahen ihren Dienst mit allem Eifer, und so kam es, dass die Samariter bald so sehr vom Hunger gequält wurden, dass sie ganz ungewöhnliche Nahrungsmittel zu sich nahmen und schließlich den Antiochus von Kyzikos herbeiriefen. Dieser kam dem Hilferuf bereitwillig nach, wurde aber von Aristobulus geschlagen und auf der Flucht nach Skythopolis von den Brüdern verfolgt. Alsdann kehrten die Letzteren um und schlossen die Samariter abermals in ihre Stadt ein, sodass sie wiederum den Antiochus zu Hilfe riefen. Dieser erbat sich von Ptolemäus Lathurus etwa sechstausend Mann, welche er auch erhielt, doch gegen den Willen von Ptolemäus' Mutter, die ihn deshalb beinahe der Herrschaft verlustig erklärt hätte. Zunächst nun beschränkte sich Antiochus darauf, mit den Ägyptern das Land des Hyrkanus durch Raub und Verwüstung zu beunruhigen, da, er ihm an Streitkräften nicht gewachsen war und ihm deshalb nicht in offener Schlacht entgegenzutreten wagte. Er glaubte auch, durch die Verwüstung des Landes ihn am besten zur Aufhebung der Belagerung von Samaria zwingen zu können. Da er aber eine Menge seiner Soldaten dadurch verlor, dass sie in Hinterhalte gerieten, beauftragte er Kallimander und Epikrates mit der Fortsetzung des Krieges gegen die Juden, während er selbst sich nach Tripolis zurückzog. 3. Kallimander griff die Feinde mit größerer Kühnheit an, ward aber in die Flucht geschlagen und fiel. Epikrates dagegen, der sehr habgierig war, gab gegen Zahlung einer Geldsumme Skythopolis und die umliegenden Plätze ganz offen den Juden preis und konnte Samaria auch nicht entsetzen. Hyrkanus nahm daher nach einjähriger Belagerung die Stadt ein, begnügte sich aber damit nicht, sondern zerstörte sie von Grund aus und ließ sie von reißenden Gebirgsbächen überströmen. Hierdurch wurde sie derartig unterwühlt, dass sie in die Schluchten hinabstürzte und kaum noch den Anblick einer Stadt darbot. Bei dieser Gelegenheit soll dem Hohepriester Hyrkanus etwas Wunderbares begegnet sein, indem Gott zu ihm geredet habe. An dem Tage nämlich, da seine Söhne mit dem Kyzikener kämpften, soll der Hohepriester, als er allein im Tempel ein Rauchopfer darbrachte, eine Stimme vernommen haben, die ihm verkündigte, Antiochus sei soeben von seinen Söhnen besiegt worden. Er begab sich alsbald aus dem Tempel und teilte dem Volke sein Erlebnis mit; und wirklich war es so eingetroffen. So viel wieder von Hyrkanus.
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4. Um diese Zeit erfreuten sich nicht nur die zu Jerusalem und in ihrem Lande, sondern auch die in Alexandria, Ägypten und Zypern wohnenden Juden eines großen Glückes. Die Königin Kleopatra nämlich sagte sich von ihrem Sohne Ptolemäus Lathurus völlig los und ernannte zu Heerführern Chelkias und Ananias, die Söhne jenes Onias, der, wie schon früher erwähnt, im Bezirke von Heliopolis den Tempel nach dem Muster des zu Jerusalem befindlichen erbaut hatte. Kleopatra übergab ihnen die gesamte Leitung der Geschäfte und tat nichts ohne ihre Zustimmung, wie dies auch der Kappadokier Strabo mit folgenden Worten bezeugt: »Die meisten von denen, welche mit uns nach Zypern kamen, und diejenigen, die Kleopatra später dorthin schickte, gingen sogleich zu Ptolemäus über. Nur die Juden, die sich nach Onias nannten, blieben treu, weil ihre Landsleute Chelkias und Ananias bei der Königin in hohem Ansehen standen« Also Strabo. 5. Um nun wieder auf Hyrkanus zurückzukommen, so erregte sein Glück den Neid der Juden, und besonders waren gegen ihn die Pharisäer aufgebracht, die, wie ich oben erwähnte, eine Sekte der Juden bilden. Sie stehen beim Volke in solchem Ansehen, dass sie stets Glauben finden, selbst wenn sie etwas gegen den König oder den Holepriester vorbringen. Hyrkanus war ihr Schüler und anfangs bei ihnen sehr beliebt. Einst hatte er sie zum Mahle geladen und bewirtete sie prächtig, und als er sie vergnügt sah, erklärte er ihnen, sie wüssten doch wohl dass er gerecht sein und alles tun wolle, was Gott angenehm sei, wie ja das auch die Pharisäer lehrten. Er bitte sie also, falls sie ihn sündigen und vom rechten Wege abirren sähen, ihn zu bekehren und zu bessern. Sie aber stellten seiner Tugend das beste Zeugnis aus und lobten ihn, worüber er sich sehr freute. Nur einer von den Gästen, mit Namen Eleazar, ein schlechter und streitsüchtiger Mensch, sagte: »Weil du denn die Wahrheit hören willst, so merke auf meine Worte. Willst du gerecht sein, so entsage der hohepriesterlichen Wurde und begnüge dich damit, des Volkes Fürst zu sein.« Da nun Hyrkanus den Grund zu erfahren wünschte, weshalb er die hohepriesterliche Wurde ablegen sollte, entgegnete Eleazar: »Weil wir von älteren Leuten hören, dass deine Mutter unter der Regierung des Antiochus Epiphanes gefangen gewesen ist.« Diese Behauptung war indes falsch, weshalb sowohl Hyrkanus wie alle Pharisäer heftig gegen Eleazar aufgebracht wurden. 6. Nun gab es bei der Sekte der Sadducäer, welche an den entgegen gesetzten Ansichten wie die Pharisäer festhalten, einen gewissen Jonathas, der des Hyrkanus vertrauter Freund war und ihm auseinander setzte, Eleazar habe mit seiner Schmähung nur im Sinne aller Pharisäer gesprochen. Das
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werde sogleich offenkundig werden, wenn er sie frage, welche Strafe Eleazar für seine Behauptung verdient habe. Als nun Hyrkanus sich bei den Pharisäern erkundigte, welche Strafe .sie Eleazar zuerkennten, und ihnen erklärte, er sei überzeugt, dass sie mit jener Schmähung nichts zu tun und demgemäß dem Eleazar schon die gebührende Strafe auferlegt hätten, antworteten sie, er verdiene gegeißelt und gefesselt zu werden. Eine Lästerung nämlich schien ihnen noch nicht den Tod zu verdienen, wie ja die Pharisäer von Natur mild im Bestrafen sind. Hierüber aber geriet Hyrkanus in solchen Zorn, dass er nun wirklich glaubte, der Mensch habe seine Schmähung mit ihrer Zustimmung ausgestoßen. Jonathas tat dann noch das seinige, um ihn aufzureizen, und brachte es wirklich dahin, dass Hyrkanus sich an die Sadducäer anschloss, sich von den Pharisäern lossagte und die von Letzteren dem Volke gegebenen Vorschriften nicht nur für ungültig erklärte, sondern auch gegen die, welche sie befolgten, mit Strafen einschritt. Infolgedessen richtete sich der Hass des Volkes gegen ihn und seine Söhne, wie ich gleich näher ausführen werde. Für jetzt will ich nur noch bemerken, dass die Pharisäer dem Volke durch mündliche Überlieferung viele Gebote aufbewahrt haben, welche in die Gesetzgebung des Moyses nicht aufgenommen sind. Diese Gebote nun verwirft die Sekte der Sadducäer und behauptet, das allein sei maßgebend, was geschrieben stehe, während die mündliche Überlieferung der Vorfahren keine Gültigkeit habe. Über diesen Punkt entstanden oft heftige Streitigkeiten, wobei die Sadducäer nur die Reichen, die Pharisäer aber die große Menge des Volkes auf ihrer Seite hatten. Näheres über diese beiden Sekten, sowie über die dritte der Essener findet sich im zweiten Buche meines Werkes über den Jüdischen Krieg. 7. Hyrkanus aber machte diesen Streitigkeiten bald ein Ende, lebte darauf im höchsten Glück und starb nach einunddreißigjähriger ausgezeichneter Regierung mit Hinterlassung von fünf Söhnen. Gott hatte ihm drei große Gnaden verliehen: die Herrschaft über sein Volk, die hohepriesterliche Würde und die Gabe der Weissagung. Der Herr nämlich war sein beständiger Helfer und setzte ihn in den Stand, das Zukünftige vorherzusehen und vorherzuverkündigen. So prophezeite er auch, seine beiden ältesten Söhne würden nicht lange im Besitze der Regierungsgewalt bleiben. Es ist der Mühe wert, das Ende dieser beiden Söhne des Hyrkanus ausführlicher zu berichten, weil man daraus ersehen kann, wie weit sie hinter dem Glücke ihres Vaters zurückblieben.
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ELFTES KAPITEL Wie Aristobulus sich die Königskrone aufsetzte und gegen seine Mutter und seine Brüder höchst grausam verfuhr. Wie er nach der Ermordung des Antigonus auch selbst sein Leben beschloss.
1. Als Hyrkanus gestorben war, beschloss sein ältester Sohn Aristobulus, aus eigener Machtvollkommenheit die bisherige Regierungsform in ein Königtum zu verwandeln, und setzte sich vierhunderteinundachtzig Jahre und drei Monate nach der Rückkehr des Volkes aus der babylonischen Knechtschaft zuerst wieder die Krone auf. Von seinen Brüdern liebte er den Antigonus ganz besonders und ehrte ihn königlich, während er die übrigen in Ketten und Banden hielt. Sogar seine Mutter, die von Hyrkanus mit der Regierung betraut worden war und deshalb mit ihm wegen der Herrschaft in Streit geriet, ließ er ins Gefangnis werfen und ging sogar in seiner Grausamkeit so weit, dass er sie durch Hunger umkommen ließ. Seinen Bruder Antigonus, dem er anfangs so sehr zugetan schien, behandelte er später nicht viel besser, da er durch Verleumdungen gegen ihn aufgebracht worden war. Zunächst zwar schenkte er diesen Beschuldigungen keinen Glauben, teils weil er ihn wirklich liebte, teils weil er glaubte, dieselben gingen aus Neid hervor. Als aber Antigonus eines Tages in prächtigem Aufzug von einer kriegerischen Unternehmung heimkehrte, während Aristobulus von einer Krankheit ans Bett gefesselt war, zog Ersterer, da gerade das Laubhüttenfest gefeiert wurde, mit großem Gepränge in Begleitung seiner Krieger nach dem Tempel, um das Fest zu begehen und vor allem, um durch Gebet die Genesung seines Bruders zu erflehen. Es gab nun genug böswillige Menschen, die, um die Eintracht der Brüder zu stören, aus dem glanzvollen Aufzuge des Antigonus und seinen glücklichen Kriegstaten Veranlassung nahmen, zum Könige zu gehen, ihm die Sache über Gebühr aufzubauschen und ihm vorzustellen, dass das Benehmen seines Bruders durchaus nicht dem eines Privatmannes entspreche, sondern die Begierde nach der Königsherrschaft erkennen lasse. Antigonus werde gewiss mit seiner starken Mannschaft kommen, um ihn zu töten, da er es für töricht halten müsse, sich mit der Teilnahme an der Regierung zu begnügen, wenn er selbst König werden könne. 2. Aristobulus ließ sich durch diese Einflüsterungen, wiewohl mit Widerstreben, aufreizen. Um aber bei seinem Bruder keinen Verdacht zu erregen,
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und zugleich auch, um für seine eigene Sicherheit zu sorgen, ließ er seine Leibwache in einem dunklen unterirdischen Raume der Burg Antonia*, in welcher er krank darniederlag, verstecken und ihr befehlen, keinem Unbewaffneten etwas zuleide zu tun, den Antigonus aber, falls er bewaffnet eintrete, niederzumachen. Gleichzeitig schickte er zu Antigonus und ließ ihn bitten, unbewaffnet zu kommen. Die Königin aber und die, welche dem Antigonus feindlich gesinnt waren, beredeten den Boten, das gerade Gegenteil zu sagen und zu melden, Aristobulus habe vernommen, dass sein Bruder sich neue Waffen und neue Kriegsrüstung angeschafft habe, und bäte ihn daher, bewaffnet zu ihm zu kommen, damit er sich die Waffen ansehen könne. Antigonus, der nicht im entferntesten an List und Tücke dachte, vielmehr von der Freundlichkeit seines Bruders entzückt war, begab sich in vollem Waffenschmuck zu Aristobulus, um ihm denselben zu zeigen. Als er nun den so genannten Stratonsturm erreicht hatte, wo sich ein sehr dunkler Gang befindet, machten ihn die Leibwächter nieder. Sein Tod bewies klar, dass nichts eine größere Gewalt hat als Neid und Verleumdung, und dass nichts imstande ist, Wohlwollen und natürliche Zuneigung schneller zu zerstören als diese Leidenschaften. Wundern muss man sich hierbei über einen Juden von der Sekte der Essener, dessen Prophezeiungen noch stets eingetroffen waren. Als dieser den Antigonus zum Tempel gehen sah, rief er in Gegenwart seiner Freunde und Genossen, welche bei ihm die Kunst der Weissagung erlernen wollten, aus, er wünsche, dass der Tod ihn jetzt ereile, da er etwas Falsches prophezeit habe. Noch lebe ja Antigonus, von dem er vorhergesagt habe, dass er heute im Stratonsturm sterben werde, und den er doch jetzt vorbeiziehen sehe, obgleich der Stratonsturm sechshundert Stadien entfernt und der größte Teil des Tages schon verstrichen sei. Er laufe somit jetzt Gefahr, eine falsche Weissagung verkündigt zu haben. Während er noch so sprach und wehklagte, ward ihm gemeldet, Antigonus sei in dem unterirdischen Gelasse umgekommen, welches ebenso wie das an der Meeresküste sechshundert Stadien weit entfernt liegende Caesarea »Stratonsturm« heißt. Hierdurch war der Seher verwirrt worden. 3. Aristobulus aber empfand bald über den Brudermord heftige Reue, und von Gewissensbissen gefoltert, fiel er in eine Krankheit, die seine Eingeweide so angriff, dass er Blut auswarf. Dieses Blut wollte einer der ihm dienenden Pagen, wie ich glaube, durch göttliche Fügung, an dieselbe Stelle bringen, die noch mit dem Blute des gemordeten Antigonus befleckt war, * Die aber damals noch Baris hieß.
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glitt aber aus und verschüttete den Inhalt des Gefäßes. Darüber erhoben die, welche es gesehen hatten, ein gewaltiges Geschrei, als wenn der Page das Blut mit Absicht verschüttet hätte. Aristobulus, der das Geschrei hörte, erkundigte sich nach der Ursache, und da man ihm nicht antwortete, war er nur desto begieriger, dieselbe zu erfahren, wie denn die Menschen gewöhnlich, wenn ihnen etwas verschwiegen wird, gleich das Schlimmste dahinter versteckt glauben. Als man ihm dann endlich auf seine Drohungen aus Furcht die Wahrheit gestand, brach er, von Gewissensbissen gequält, in Tränen aus und wehklagte: »SO konnten also meine schändlichen und verruchten Taten Gott nicht verborgen bleiben, da er mich fur den Mord meines Bruders mit schneller Strafe heimsuchte! Wie lange denn noch willst du, o schamloser Leib, die Seele zurückhalten, die den Schatten meines Bruders und meiner Mutter verfallen ist? Weshalb gibst du sie nicht sogleich los, da ich einen Teil meines Blutes schon jetzt denen, welche ich so schmählich dahingemordet habe, zum Opfer bringe?« Kaum hatte er diese Worte gesprochen, da starb er nach nur einjähriger Regierung. Obwohl er ein Freund der Griechen genannt wurde, hatte er doch seinem Vaterlande viel Gutes erwiesen, indem er Ituräa bekriegte, einen großen Teil dieses Landes mit Judäa vereinigte und die Bewohner zwang, falls sie in ihrer Heimat bleiben wollten, die Beschneidung anzunehmen und nach jüdischen Gesetzen zu leben. Er war von Natur leutselig und schamhaft, wie dies auch Strabo bezeugt, der nach Timagenes also berich~et: »Dieser Mann war leutselig und den Juden sehr nützlich, da er deren Gebiet vergrößerte; denn er nahm einen Teil des Ituräervolkes in dasselbe dadurch auf, dass er die Ituräer zur Beschneidung nötigte.«
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ZWÖLFTES KAPITEL Wie Alexander zur Herrschaft kam und gegen Ptolemäus zu Felde zog, aus Furcht vor Ptolemäus Lathurus aber die Belagerung aufhob. Wie Ptolemäus den Alexander bekriegte und die Juden niederwarf.
1. Als Aristobulus gestorben war, ließ seine Witwe Salome, welche von den Griechen Alexandra genannt wird, dessen Brüder, die, wie oben erwähnt, Aristobulus gefangen gehalten hatte, frei und bestimmte den Januaeus, der auch Alexander hieß, zum Könige, da ihm infolge seines Alters
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und seiner Rechtschaffenheit der Vorrang gebühre. Dieser hatte sich, kaum dass er geboren war, schon den Hass seines Vaters zugezogen und durfte ihm während seines ganzen Lebens nicht unter die Augen kommen. Der Hass gründete sich auf folgende Begebenheit. Hyrkanus, der seine beiden ältesten Söhne Antigonus und Aristobulus am meisten liebte, fragte einst Gott, der ihm im Traume erschienen war, welcher von seinen Söhnen sein Nachfolger werden würde. Als Gott ihm darauf den Alexander bezeichnete, verdross es ihn, dass gerade dieser alle seine Güter erben sollte, und so ließ er ihn in Galiläa, wo er geboren war, erziehen. Gott aber hatte den Hyrkanus nicht getäuscht. Denn Alexander kam nach dem Tode des Aristobulus zur Regierung und ließ den einen von seinen Brüdern, der nach der Herrschaft strebte, umbringen, während er den anderen, der ein ruhiges Leben führte, in hohen Ehren hielt. 2. Als nun Alexander seine Herrschaft begründet hatte, unternahm er einen Kriegszug gegen Ptolemäus, schlug die zum 'Kampf ausgerückten Einwohner aufs Haupt, trieb sie in die Stadt und belagerte sie. An der Küste nämlich blieben ihm nur noch die Städte Ptolemals und Gaza sowie der Tyrann Zollus, welcher Stratonsturm (Caesarea) und Dora behauptete, zu unterwerfen übrig. Da nun Antiochus Philometor und sein Bruder Antiochus von Kyzikos sich noch immer bekriegten und gegenseitig ihre Kräfte aufrieben, hatten die Ptolemalter von ihnen keine Hilfe zu erwarten. Während der Belagerung jedoch erschien Zoilus, der Beherrscher von Stratonsturm und Dora, mit einer Heerschar, und da er wegen des zwischen den beiden Königen tobenden Streites seine Herrschaft auszudehnen gedachte, leistete er den Ptolemaltern einige Hilfe. Letztere aber konnten auch schon darum auf die Könige nicht rechnen, weil diese ihnen nicht sonderlich gewogen waren. So machten es denn beide Teile wie die Ringkämpfer, die, wenn ihre Kräfte nachlassen und die Scham ihnen nicht gestattet, zu weichen, den Kampf durch Lässigkeit und Verschnaufen in die Länge zu ziehen suchen. Es blieb nun den Ptolemaltern nur noch die Hoffnung auf die ägyptischen Könige und auf Ptolemäus, den Herrscher von Zypern, der, von seiner Mutter Kleopatra vom Throne gestoßen, sich nach dieser Insel gewandt hatte. Zu diesem also schickten die Ptolemalter mit der Bitte, er möge ihnen Hilfe leisten und sie aus den Händen Alexanders retten. Da ihm nun die Gesandten Hoffnung machten, es würden, wenn er nach Syrien übersetze, die Gazäer und Zoilus, welche, aufseiten der Ptolemalter ständen, sowie auch die Sidonier und noch viele andere Städte sich mit ihm verbünden, beeilte er sich voll Zuversicht, seine 1ruppen einzuschiffen.
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3. Inzwischen aber gelang es einem gewissen Demainetos, der als Volksredner bei den Ptolema'itern großes Ansehen genoss, die Meinung seiner Mitbürger umzustimmen, indem er ihnen vorstellte, es sei besser, wenn auch mit ungewissem Erfolge, gegen die Juden zu kämpfen, als sich in offenbare Knechtschaft zu stürzen, indem man sich mit einem fremden Herrscher einlasse und dann nicht nur den jetzigen Krieg, sondern auch noch den viel schwierigeren mit Ägypten werde zu bestehen haben. Denn Kleopatra werde nicht so töricht sein, zuzulassen, dass Ptolemäus sich bei ihren Nachbaren eine große Streitmacht sammle, sondern sie mit einem großen Heere angreifen, da sie doch sogar versuche, ihren Sohn von Zypern zu verdrängen. Dem Ptolemäus stehe es, wenn er in seiner Hoffnung getäuscht werde, frei, sich nach Zypern zurückzuziehen, während ihnen selbst in diesem Falle die äußerste Gefahr drohe. Obwohl nun Ptolemäus unterwegs diese Sinnesänderung der Ptolema'iter erfuhr, setzte er nichtsdestoweniger seine Fahrt fort und landete bei Sykaminus, wo er seine Truppen, im Ganzen gegen dreißigtausend Fußsoldaten und Reiter, ausschiffte. Diese führte er alsdann bis in die Nähe von Ptolema'is, wo er sein Lager aufschlug. Da jedoch die Bürger weder seine Gesandten aufnahmen, noch sonst auf ihn hören wollten, geriet er in große Besorgnis. 4. Als nun aber ZOllus und die Gazäer den Ptolemäus um seine Hilfe ersuchen ließen, weil ihre Äcker von den Juden verwüstet würden, hob Alexander aus Furcht vor diesem die Belagerung auf, führte sein Heer heim und benahm sich nun zweideutig, indem er insgeheim die Kleopatra gegen den Ptolemäus zu Hilfe rief, anderseits aber mit Letzterem zum Scheine ein Freundschaftsbündnis aufrechterhielt. Ja, er versprach ihm vierhundert Talente Silber, wenn er den ZOllus aus dem Wege räumen und dessen Land den Juden überlassen wolle. Ptolemäus schloss auch wirklich damals mit Alexander bereitwillig Freundschaft und unterwarf ihm den Zollus. Als er aber später hörte, Alexander habe heimlich Boten an seine Mutter Kleopatra geschickt, löste er seine Verbindlichkeiten nicht ein und belagerte Ptolema'is, weil es ihn nicht aufgenommen hatte. Und nachdem er zu dieser Belagerung einige Heerführer mit einem Teile seiner Truppen zurückgelassen, marschierte er mit dem anderen Teile nach Judäa, um dasselbe zu verwüsten. Alexander aber, der von des Ptolemäus Absicht Kenntnis erhalten hatte, zog ein Heer von fünfzigtausend oder - nach anderen Schriftstellern - von achtzigtausend Mann zusammen und rückte mit diesen Truppen dem Ptolemäus entgegen. Ptolemäus griff unterdessen unversehens die galilaeische Stadt Asochis an, eroberte sie an einem Sabbat,
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nahm gegen zehntausend Menschen gefangen und machte auch sonst reiche Beute. 5. Alsdann wandte er sich gegen Sepphoris, das von Asochis nicht weit entfernt war, erlitt aber hier große Verluste und zog daher in der Richtung nach Ptolemals ab, um dem Alexander eine Schlacht zu liefern. Alexander begegnete ihm am Jordan bei einem Orte, der Asophon hieß, und lagerte sich in der Nähe des Feindes. Im Vordertreffen hatte er achttausend so genannte Hekatontomachen (Kämpfer, die es mit hundert aufnehmen), welche mit Erz überzogene Schilde führten. Auch die Kämpfer des Ptolemäus, die im Vordertreffen standen, bedienten sich solcher erzbeschlagenen Schilde. Wenn nun auch die Soldaten des Ptolemäus im Übrigen den Juden nachstanden und deshalb der Gefahr nicht so leicht trotzten, so erhöhte doch ihren Mut der Taktiker Philostephanos, indem er sie über den Fluss setzen ließ, der die beiderseitigen Lager trennte, ohne dass Alexander den Übergang hinderte. Alexander nämlich dachte die Feinde, sobald sie den Fluss im Rücken hätten, umso leichter vernichten zu können, weil ihnen dann die Flucht unmöglich war. Anfangs nun schwankte der Kampf hin und her, und es fiel auf beiden Seiten eine große Zahl. Als aber Alexander die Oberhand gewann, teilte Philostephanos seine Truppen und brachte den Bedrängten in geschickter Weise Hilfe. Die Juden mussten sich nun, da niemand ihrem unterliegenden Teil Unterstützung gewährte, zur Flucht wenden und rissen auch die anderen Reihen mit in dieselbe hinein, während des Ptolemäus Soldaten gerade das Gegenteil taten. Denn sie setzten den Juden nach, machten sie nieder, schlugen zuletzt das ganze Heer in die Flucht und richteten ein solches Blutbad an, dass ihre Waffen stumpf wurden und ihre Arme erlahmten. Dreißigtausend (nach Timagenes fünfzigtausend) Juden sollen in diesem Treffen gefallen sein; die Übrigen gerieten teils in Gefangenschaft, teils entkamen sie in ihre Heimat. 6. Nach diesem Kriege verwüstete Ptolemäus die Gegend und bezog am Abend in einigen Dörfern Quartier. Als er nun die Dörfer mit Weibern und Kindern angefüllt fand, befahl er seinen Soldaten, die Letzteren niederzumachen, sie in Stücke zu hauen und diese in Kessel mit siedendem Wasser zu werfen. Das tat er, damit die, welche aus dem Treffen entkommen waren und etwa hierher ihre Zuflucht nahmen, die Feinde für Menschenfresser halten und über den Anblick desto mehr in Schrecken geraten sollten. Auch Strabo und Nikolaus berichten diesen Vorgang, wie ich ihn dargestellt habe. Ptolemäus aber nahm dann schließlich auch noch Ptolemals mit Gewalt ein, wie ich schon anderswo erzählte.
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DREIZEHNTES KAPITEL Wie Alexander einen Feldzug nach Coelesyrien unternahm, .die Stadt Gaza zerstörte und später viele tausend Juden, die sich gegen ihn empört hatten, niedermachen ließ. Von Antiochus Grypus, Seleukus, Antiochus von Kyzikos und anderen.
1. Als Kleopatra die Macht ihres Sohnes wachsen sah und bemerkte, wie er Judäa nach Herzenslust verwüstete und Gaza in seine Gewalt brachte, glaubte sie es doch nicht zulassen zu dürfen, dass er sozusagen vor die Tore ihrer Residenz rücke und seine Hand nach der Krone Ägyptens ausstrecke, sondern brach mit einer Flotte und einem Landheere gegen ihn auf. Zu Oberbefehlshabern des Heeres ernannte sie die Juden Chelkias und Ananias, während sie ihre Reichtümer, ihre Enkel und ihr Testament den Bewohnern der Insel Kos zur Bewahrung anvertraute. Alsdann befahl sie ihrem Sohne Alexander, mit einer großen Flotte nach Phönizien zu schiffen. Als die Phönizier sich unterworfen hatten, kam Kleopatra nach Ptolemals, sah sich aber, weil die Bewohner sie nicht einlassen wollten, zur Belagerung der Stadt gezwungen. Inzwischen brach Ptolemäus aus Syrien auf und eilte nach Ägypten in dem Glauben, das Land sei von Truppen entblößt und er könne es deshalb unversehens erobern. Doch sah er sich in dieser Hoffnung getäuscht. Chelkias, der eine von Kleopatras Feldherren, setzte ihm nach, starb jedoch in Coelesyrien. 2. Sobald Kleopatra von den Unternehmen ihres Sohnes Kunde erhielt und zugleich vernahm, dass er in Ägypten Misserfolg gehabt, schickte sie einen Teil ihres Heeres dorthin und ließ ihn aus dem Lande vertreiben. So musste sich Ptolemäus aus Ägypten zurückziehen und überwinterte in Gaza. Unterdessen nahm Kleopatra Ptolemals ein und die Besatzung gefangen. Da nun Alexander von Ptolemäus so schwer geschlagen war und ihm keine andere Zuflucht übrig blieb, ging er die Königin unter Darbringung von Geschenken und mit gebührender Huldigung um Hilfe an. Einige ihrer Freunde rieten der Kleopatra, sie solle die Geschenke annehmen und das Land in ihre Gewalt zu bekommen suchen, da sie sehe, eine wie große Menge tapferer Juden von dem einen Manne abhängig sei. Ananias aber trat diesem Rate entgegen, indem er auseinander setzte, die Königin werde ein Unrecht begehen, wenn sie ihrem Bundesgenossen, der noch dazu sein Verwandter sei, seiner Macht berauben wolle. Eine solche Ungerechtigkeit
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werde auch übrigens alle Juden mit der Königin verfeinden. Durch diese Vorstellungen wurde Kleopatra bewogen, nichts gegen Alexander zu unternehmen. Ja, sie schloss sogar mit ihm zu Skythopolis in Coelesyrien ein Bündnis. 3. Als Alexander so von seiner Furcht vor Ptolemäus befreit war, zog er sogleich nach Coelesyriell ins Feld und eroberte Gadara nach zehnmonatlicher Belagerung. Weiterhin nahm er Amathus ein, die größte der am Jordan gelegenen Festungen, wo Theodorus, der Sohn des Zeno, die schönsten und kostbarsten seiner Schätze aufbewahrte. Dieser aber griff unversehens die Juden an, tötete zehntausend yon ihnen und plünderte Alexanders Gepäck. Doch ließ dieser sich hierdurch nicht entmutigen, sondern zog gegen die Küstenstädte Raphia und Anthedon (welch Letztere der König Herodes später Agrippias nannte) und nahm auch diese ein. Als er nun erfuhr, dass Ptolemäus von Gaza nach Zypern und seine Mutter Kleopatra wieder nach Ägypten zurückgekehrt seien, belagerte er Gaza im Zorn darüber, dass seine Bewohner den Ptolemäus zu Hilfe gerufen hatten, und verwüstete deren Äcker. Apollodotus aber, der Anführer der Gazäer, fiel mit zweitausend Söldnern und zehntausend Bürgern bei Nacht in das Lager der Juden ein. So lange nun die Nacht währte, waren die Gazäer im Vorteil, da sie die Feinde zu dem Glauben verleiteten, Ptolemäus sei es, der sie angreife. Als es aber Tag wurde und der Irrtum sich aufklärte, schlossen sich die Juden fest zusammen, drangen auf die Gazäer ein und machten gegen tausend von ihnen nieder. Dennoch hielten die belagerten Gazäer stand und ließen sich weder durch den Mangel an Lebensmitteln noch durch die Menge der Gefallenen einschüchtern, wollten vielmehr lieber alles Ungemach erdulden, als in die Hände ihrer Feinde geraten. Zudem ermutigte sie der Araberkönig Aretas, der ihnen Hilfe in Aussicht gestellt hatte. Doch noch vor seinem Eintreffen kam Apollodotus um; sein Bruder Lysimachus nämlich, der ihn um sein Ansehen bei den Bürgern beneidete, tötete ihn, sammelte sich eine Schar Soldaten und übergab die Stadt dem Alexander. Dieser rückte sogleich ein und benahm sich zunächst gnädig; später aber gestattete er seinen Leuten, sich an den Gazäern zu rächen. Die Soldaten zerstreuten sich darauf in der Stadt und begannen zu morden. Doch auch die Gazäer bewiesen sich nicht feige, leisteten vielmehr tapferen Widerstand und töteten nicht weniger Juden, als ihrer selbst fielen. Einige verließen auch ihre Häuser und steckten sie in Brand, damit den Feinden keinerlei Beute zufalle. Andere wieder töteten mit eigener Hand ihre Frauen und Kinder, weil sie dieselben nicht in die Knechtschaft des Feindes geraten lassen woll-
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ten. Die fünfhundert Mitglieder des Rates der Stadt (zur Zeit des Überfalles war dieser gerade versammelt) hatten sich in den Apollotempel geflüchtet; auch sie ließ Alexander niedermachen, zerstörte dann die Stadt und kehrte, nachdem die Belagerung ein Jahr gedauert hatte, nach Jerusalem zurück. 4. Um diese Zeit starb auch Antiochus Grypus, meuchlerisch umgebracht von einem gewissen Herakleon, nachdem er fünfundvierzig Jahre gelebt und neunundzwanzig Jahre regiert hatte. Thm folgte sein Sohn Seleukus, der mit seinem Oheim Antiochus von Kyzikos Krieg führte, denselben besiegte, gefangen nahm und tötete. Nicht lange danach kam des Kyzikeners Sohn Antiochus mit dem Beinamen Eusebes nach Aradus, setzte sich die Krone auf und bekriegte den Seleukus, den er schlug und aus ganz Syrien verdrängte. Seleukus floh nach Cilicien, zog sich nach Mopsueatia zurück und wollte von den Bürgern der Stadt Abgaben eintreiben, Das Volk aber ward hierüber unwillig und legte den Feuerbrand an die Königsburg, sodass Seleukus mit seinen Freunden umkam. Während nun des Kyzikeners Sohn Antiochus in Syrien regierte, überzog ihn Antiochus, des Seleukus Bruder, mit Krieg, ward jedoch geschlagen und verlor Heer und Leben. Nach ihm setzte sich sein Bruder Philippus die Krone auf und herrschte über einen Teil von Syrien. Inzwischen aber hatte Ptolemäus Lathurus dessen vierten Bruder Demetrius mit dem Beinamen Eukaerus aus Knidus herbeigerufen und setzte ihn zu Damaskus als König ein. Diesen beiden Brüdern leistete Antiochus tapferen Widerstand, kam aber bald um. Er zog nämlich die Königin der Galadener, Laodike, welche damals gegen die Parther Krieg führte, zu Hilfe und fiel nach heldenmütigem Kampfe auf dem Schlachtfelde. Die Herrschaft von Syrien behaupteten nun die beiden Brüder Demetrius und Philippus, wie schon anderswo berichtet ist. 5. Was den Alexander angeht, so erhob sich das Volk gegen ihn und bewarf ihn während einer Festfeier, als er am Altare stand und opfern wollte, mit Zitronen. Es ist nämlich bei den Juden Gebrauch, dass am Laubhüttenfest jedermann Palm- und Zitronenzweige mitbringt, wie ich bereite an anderer Stelle erwähnt habe. Auch schmähten sie ihn, er sei der Sohn einer Gefangenen und des Hohepriesterturns wie der Ehre, Opfer darzubringen, nicht wert. Hierüber ergrimmt, ließ Alexander gegen sechstausend von ihnen niedermetzeln. Dann ließ er rings um den Altar und den Tempel hölzerne Schranken errichten bis an den Raum, den nur die Priester betreten durften, und verwehrte so dem Volke den Zutritt. Er hielt auch fremde Söldner, Pisider und Cilicier, doch keine Syrer, weil er mit diesen verfeindet war, unterjochte dann die Moabiter und die Galaditer, arabische Völker-
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schaften, machte sie tributpflichtig und zerstörte auch die Stadt Amathus, ohne dass Theodorus ihm Widerstand geleistet hätte. Als er nun aber dem Araberkönige übedas entgegentrat, fiel er in einer zerklüfteten und schwer zugänglichen Gegend in einen Hinterhalt, wurde bei dem galaditischen Dorfe Gadara von der Menge der Kamele in eine tiefe Schlucht gedrängt und entkam nur mit genauer Not. Von hier floh er dann nach Jerusalem, und da nun auch noch das Volk sich gegen ihn empörte, führte er sechs Jahre lang gegen dasselbe Krieg, in welchem er nicht weniger als fünfzigtausend Juden umbrachte. Und obwohl er sie beständig ermahnte, von ihrer Feindseligkeit abzulassen, hassten sie ihn doch immer mehr. Da er sie nun endlich fragen ließ, was sie denn eigentlich verlangten, schrien sie: seinen Tod. Dann schickten sie zu Demetrius Eukaerus und ließen ihn zu Hilfe rufen.
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1. Demetrius rückte darauf mit einem Heere an, nahm die, welche ihn zu Hilfe gerufen, in dasselbe auf und lagerte sich bei Sikim. Alexander zog ihm mit sechstausendzweihundert Söldnern und zwanzigtausend Juden, die zu ihm hielten, entgegen. Die Streitmacht des Demetrius bestand aus dreitausend Reitern und vierzigtausend Fußsoldaten. Von beiden Seiten versuchte man nun zunächst, dem Gegner Truppen abzuschwatzen, indem Demetrius die Söldner, weil sie Griechen seien; Alexander dagegen die zu Demetrius haltenden Juden zum Abfall zu bewegen suchte. Da indes keiner von beiden etwas ausrichtete, kam es zur Schlacht, in welcher Demetrius siegte und alle Söldner Alexanders, die sich heldenmütig und treu benommen hatten, doch auch viele von Demetrius' Kriegern fielen. 2. Alexander floh nun ins Gebirge, wo er sechstausend Juden, die das Mideid mit seinem Geschick zu ihm trieb, um sich versammelte. Demetrius zog sich darauf aus Furcht vor diesem Anhange Alexanders zurück; die übrigen Juden aber griffen den Alexander an. Doch sie wurden geschlagen, und es kamen viele von ihnen im Kampfe ums Leben. Die Angesehensten das Volkes drängte dann Alexander in die Stadt Bethoma, belagerte sie hier
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und führte sie nach dem Falle der Festung gefangen nach Jerusalem, wo er eine ganz unmenschliche Freveltat ersann. Als er nämlich mit seinen Buhldirnen an einem in die Augen fallenden Orte schmauste, ließ er gegen achthundert dieser Gefangenen kreuzigen und, während sie noch lebten, ihre Frauen und Kinder vor ihren Augen niedermetzeln. Damit vollzog er fur das erlittene Unrecht eine so grausame Strafe, wie ein Mensch sie je ersonnen haben mochte. Freilich hatten die Juden ihm in den gegen ihn geführten Kämpfen hart zugesetzt und auch sein Leben wie seinen Thron aufs äußerste bedroht, da sie sich nicht damit begnügten, selbst gegen ihn zu Felde zu ziehen, sondern auch noch fremde Hilfstruppen gegen ihn heranzogen und ihn endlich derart in die Enge trieben, dass er die im Lande der Moabiter und Galaditer unterjochten Gebiete samt den darin befindlichen Festungen dem Könige der Araber abtrat, damit dieser den Juden, die ihm schon so unzählige Unbilden und Kränkungen zugefügt hatten, nicht auch noch gegen ihn beistehe. Doch war das noch keine zwingende Veranlassung für ihn, eine, so unmenschliche Grausamkeit zu begehen, die ihm sogar den Namen Thrakidas* bei den Juden eintrug. Übrigens flohen die ihm feindlich gesinnten Krieger, etwa achttausend an der Zahl, bei Nacht davon und lebten bis zum Tode Alexanders als Flüchtlinge. So nahm dieser Aufstand ein Ende, und Alexander regierte von da ab in voller Ruhe. 3. Unterdessen war Demetrius aus Judäa nach Beroea gezogen und belagerte hier seinen Bruder Philippus mit zehntausend Fußsoldaten und tausend Reitern. Straton jedoch, der 'I)rrann von Beroea und Bundesgenosse des Philippus, rief den arabischen Stammesfursten Zizus und den Partherhäuptling Mithradates Sinakes zu Hilfe. Diese kamen mit großer Heeresmacht, belagerten den Demetrius in seinem eigenen Lager, wo die Geschosse ebenso sehr als der Durst ihm zusetzten, und zwangen die Seinigen schließlich' zur Übergabe. Dann plünderten sie die ganze Umgegend, nahmen den Demetrius gefangen und schickten ihn zu dem damaligen Partherkönige Mithradates, ließen jedoch alle Gefangenen, welche Antiochener waren, ohne Lösegeld nach Antiochia zurückkehren. Der Partherkönig Mithradates behandelte übrigens den Demetrius sehr ehrenvoll, bis dieser an einer Krankheit starb. Philippus aber rückte nach jenem Kampfe sogleich gegen Antiochia, nahm die Stadt ein und wurde dadurch König von Syrien.
* D. h. Thrakern ähnlich, die als grausam bekannt waren.
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FÜNFZEHNTES KAPITEL Wie Antiochus Dionysus und nach ihm Aretas gegen Judäa zu Felde zogen. Alexanders weitere Taten und Tod. 387
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1. Später kam des Philippus Bruder Antiochus Dionysus in der Absicht, sich der Herrschaft zu bemächtigen, nach Damaskus, nahm dasselbe ein und setzte sich die Krone auf. Während er aber auf einem Kriegszuge gegen die Araber begriffen war, hörte sein Bruder Philippus, was vorgefallen war, und eilte nach Damaskus. Milesius, der als Kommandant der Burg zurückgeblieben war, übergab ihm im Einverständnis mit den Damaszenern die Stadt. Da er sich aber gegen den Milesius undankbar bewies und ihm nichts von dem, was dieser nach der Übergabe der Stadt erwartet hatte, gewährte, vielmehr lieber den Schein erwecken wollte, als habe er durch Einschüchterung, nicht aber durch des Milesius Gefälligkeit die Einnahme der Stadt bewerkstelligt, wurde er, zumal er keinerlei Geschenke machte, bald missliebig und verlor Damaskus wieder. Da er nämlich einmal in die Rennbahn zog, schloss Milesius die Tore und bewahrte die Stadt wieder für Antiochus. Sobald dieser aber von dem Beginnen des Philippus hörte, kehrte er sogleich aus Arabien zurück und zog mit achttausend Fußsoldaten und achthundert Reitern nach Judäa. Alexander, der bei seinem Anrücken in Furcht geriet, zog einen tiefen Graben, der sich von Chabarzaba, dem jetzigen Antipatris, bis zum Meerbusen von Joppe erstreckte; an dieser Seite nämlich war das Land völlig offen. Außerdem errichtete er hölzerne Türme mit Brustwehren von hundertfünfzig zu hundertfünfzig Stadien und erwartete nun den Antiochus. Dieser aber steckte alle diese Befestigungswerke in Brand und führte sein Heer von dort nach Arabien hinüber. Der Araber zog sich anfänglich vor ihm zurück, brach dann aber plötzlich mit zehntausend Reitern hervor und lieferte ihm eine blutige Schlacht, in welcher Antiochus zwar siegte, aber fiel, während er dem bedrängten Teile der Seinigen zu Hilfe kam, Nach seinem Tode floh das Heer in den Flecken Kana, wo der größte Teil desselben dem Hunger erlag. 2. Nach Antiochus gelangte zur Regierung von Coelesyrien Aretas, der von der Besatzung in Damaskus aus Hass gegen Ptolemäus Mennaei zur Herrschaft berufen wurde. Dieser rückte nach Judäa ins Feld, besiegte den Alexander bei Addida, schloss aber dann Frieden mit ihm und zog sich wieder nach Judäa zurück.
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3. Alexander rückte nun seinerseits gegen die Stadt Dion, nahm dieselbe ein und fuhrte sein Heer von da nach Essa, wo Zeno seine größten Kostbarkeiten verwahrte. Diesen Platz umzog er mit einem dreifachen Walle, nahm ihn mit Sturm und wandte sich dann gegen Gaulana und Seleukia. Diese eroberte er ebenfalls, wie auch das so genannte Tal des Antiochus und die Festung Gamala. Den Demetrius aber, den Beherrscher dieser Gegenden, plünderte er unter allerhand Vorwänden rein aus und kehrte dann, nachdem er drei Jahre im Felde gelegen hatte, nach Hause zurück, wo die Juden ihn seines Kriegsglückes wegen mit Begeisterung aufnahmen. 4. Um diese Zeit besaßen die Juden auch schon viele Städte der Syrer, Idumäer und Phönizier. Am Meere hatten sie Stratonsturm, Apollonia, Joppe, Jamnia, Azot, Gaza, Anthedon, Raphia und Rhinokorura; im Binnenlande, welches an Idumäa grenzte, Adora, Marissa, Samaria, den Karmel, den Tabor, Skythopolis, Gadara, Gaulanitis, Seleukia und Gabala; in Moabitis Essebon, Medaba, Lemba, Üronas, Telithon, Zara, die Cilicier-Schlucht, Pella (dieses zerstörten sie, weil die Bewohner nicht versprechen wollten, die jüdischen Gebräuche anzunehmen), sowie ferner noch eine Reihe bedeutender Städte Syriens, die gleichfalls zerstört waren. 5. Später fiel Alexander infolge von TIunksucht in eine Krankheit und wurde drei Jahre lang von viertägigem Wechselfieber geplagt, ohne aber deshalb vom Kriege abzulassen, bis er endlich den Strapazen erlag und im Gerasenischen Gebirge bei der Belagerung der Festung Ragaba jenseits des Jordan starb. Als die Königin ihn dem Tode nahe sah und keine Hoffnung auf seine Genesung mehr hatte, weinte und jammerte sie und beklagte sich und ihre Kinder, weil sie nun bald verlassen sein würden. Dann sprach sie zu Alexander: »Wem lässt du nun mich und meine Kinder, die fremder Hilfe so sehr bedürfen, zumal da du weißt, wie sehr das Volk der Juden gegen dich aufgebracht ist?« Er aber redete ihr zu, seinem Rate zu folgen, die königliche Wurde mit ihren Kindern festzuhalten und seinen Tod dem Heere zu verheimlichen, bis die Festung erobert sei. Hierauf solle sie als Siegerin in glänzendem Aufzuge sich nach Jerusalern begeben und den Pharisäern irgendein Vorrecht einräumen. Diese würden ihr dann aus Dankbarkeit fur die Auszeichnung das Volk geneigt machen; denn sie besäßen großen Einfluss auf die Juden und könnten ihren Feinden bedeutenden Schaden, ihren Freunden dagegen großen Vorteil bringen, da das Volk auf jedes ihrer Worte, welches sie aus Hass gegen jemand richteten, höre. Habe er sich doch selbst beim Volke missliebig gemacht, weil er ihrem Übermut entgegengetreten sei. »Wenn du nun«, fugte er hinzu, »nach Jerusalem gekom-
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men bist, so lass die Vornehmsten zu dir rufen, zeige ihnen meinen Leichnam und gib ihnen die Erlaubnis, mit mir nach Gutdünken zu verfahren, mögen sie nun, weil sie so viel von mir erduldet haben, meinem Leibe aus Hohn die Bestattung versagen oder in ihrer Wut irgend eine andere Schmach demselben zufügen. Versprich ihnen alsdann, bei der Regierung nichts ohne ihre Zustimmung zu tun. Wenn du so zu ihnen redest, werden sie mir ein ehrenvolleres Leichenbegängnis veranstalten, als du mir hättest bereiten können, weil sie dann von der Erlaubnis, mit meinem Körper schimpflich verfahren zu dürfen, keinen Gebrauch machen werden. Auf diese Weise wirst du in Sicherheit herrschen können.« Nachdem er seiner Gattin diese Ermahnungen gegeben, verschied Alexander nach siebenundzwanzigjähriger Regierung und im Alter von neunundvierzig Jahren.
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1. Als die Festung gefallen war, wandte sich Alexandra der Weisung ihres Gatten gemäß an die Pharisäer, gab ihnen alles auf den Leichnam wie auf die Regierung Bezügliche anheim, beschwichtigte dadurch ihren Zorn gegen Alexander und machte sie sich wohlwollend und geneigt. Sie gingen also sogleich zum Volke, versammelten es, priesen Alexanders Taten, klagten, dass sie einen gerechten König an ihm verloren hätten, und bewirkten durch diese Lobeserhebungen, dass das Volk ihn aufrichtig betrauerte. Infolgedessen wurde er glänzender als irgendeiner der früheren Könige bestattet. Obwohl nun Alexander zwei Söhne, Hyrkanus und Aristobulus, hinterließ, ging doch die Königswürde nach seiner testamentarischen Bestimmung an Alexandra über. Hyrkanus war übrigens auch zur Leitung eines Staatswesens wenig geeignet und mehr zu einem bequemen Leben geneigt, während der jüngere Aristobulus als entschlossener und kühner Jüngling sich erwies. Alexandra aber erwarb sich bald die Zuneigung des Volkes, weil sie die Verfehlungen ihres verstorbenen Gatten offen missbilligte. 2. Zum Hohepriester ernannte Alexandra den Hyrkanus, einmal wegen seines Alters, dann aber auch wegen seines Hanges zu trägem Leben. Im Übrig~n gab sie alles den Pharisäern anheim, hieß das Volk ihnen gehor-
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chen und setzte alle den Pharisäern von ihren Vorfahren überlieferten Einrichtungen, die ihr Schwiegervater Hyrkanus abgeschafft hatte, wieder in Kraft. So gab die Königin eigentlich nur den Namen für die Regierung her, während in Wirklichkeit die Pharisäer die Gewalt in Händen hatten. Denn sie riefen Verbannte zurück, ließen Gefangene frei und unterschieden sich überhaupt in nichts von wirklichen Herrschern. Immerhin trug aber auch die Königin Sorge frir die Regierung, warb ein großes Söldnerheer und vergrößerte ihre Macht, sodass sie die benachbarten Fürsten in Schrecken jagte und von ihnen Geiseln gestellt bekam. So befand sich das ganze Land in Ruhe, mit alleiniger Ausnahme der Pharisäer. Denn sie bestürmten die Königin, ihnen zu gestatten, dass sie die Ratgeber Alexanders bei dem Morde der achthundert hinrichten lassen dürften. Sie machten nun mit einem gewissen Diogenes den Anfang und ließen dann einen nach dem anderen umbringen, bis die Vornehmsten sich in den königlichen Palast begaben, um zugleich mit Aristobulus der Königin Vorstellungen zu machen. Aristobulus nämlich war sehr unwillig über das Vorgefallene und gab offen zu erkennen, dass er, sobald er die Macht dazu erlangt habe, dem Beginnen seiner Mutter Einhalt gebieten werde. Diese baten also die Königin, zu erwägen, wie manchen Gefahren sie schon ins Auge gesehen und wie sie dadurch sich als treu und anhänglich an ihren Herrscher erwiesen hätten, wofür ihnen denn auch große Auszeichnungen zuteil geworden seien. Alexandra möge ihnen also nicht alle ihre Hoffnung rauben, indem sie zugebe, dass die, welche dem Feinde auf dem Schlachtfelde so wackeren Widerstand geleistet, zu Hause von ihren Gegnern wie Tiere dahingeschlachtet würden. Wenn ihren Widersachern die Zahl der bereits Gemordeten genüge, so wollten sie diese schon geschehene Unbill aus Ehrfurcht gegen das Herrscherhaus ruhig hinnehmen. Beharrten dieselben jedoch auf ihrer Feindseligkeit, so bäten sie inständig um Endassung aus ihren Ämtern. Denn sie seien nicht so gesinnt, dass sie wider den Willen der Königin ihre Rettung bewerkstelligen wollten, erböten sich vielmehr gern, ihr Leben in der Königsburg zu lassen, wenn sie keine Verzeihung erlangen könnten. Indessen werde es schimpflich für sie selbst wie für die Königin sein, wenn sie von ihr verstoßen und von den Feinden ihres Gemahls aufgenommen würden. Der Araber Aretas aber und die übrigen Fürsten würden es gewiss hoch anschlagen, so viele Männer zu gewinnen, deren Namen allein ihnen früher schon Schrecken eingeflößt hätten. Wolle sie nun das Letztere nicht billigen und auch den Pharisäern ihren Einfluss lassen, so möge sie verfugen, dass sie selbst in Festungen geschickt würden. Denn wenn einmal ein
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Fluch auf Alexanders Hause laste, so wollten sie sich schon gern damit begnügen, in niedrigeren Stellungen Verwendung zu finden. 3. Als sie diese und ähnliche Vorstellungen erhoben und schließlich Alexanders Schatten um Mitleid mit den Gemordeten und denen, die noch in Gefahr schwebten, anriefen, brachen alle Anwesenden in 'fränen aus. Ganz besonders aber legte Aristobulus seine Meinung offen dar und machte seiner Mutter die herbsten Vorwürfe. Doch sie waren ja eigentlich an ihrem Unglück selbst schuld, da sie einem herrschsüchtigen Weibe die Regierung überließen, und zwar gegen jedes Herkommen, obwohl doch ein geeigneter Thronerbe vorhanden war. Die Königin aber wusste nicht, wie sie sich mit Ehren aus der Sache ziehen sollte, und vertraute ihnen daher die Hut der Festungen an, jedoch mit Ausnahme von Hyrkania, Alexandrium und M:achaerus, wo sie ihre größten Kostbarkeiten aufbewahrte. Nicht lange danach sandte sie ihren Sohn Aristobulus mit einem Heere nach Damaskus gegen Ptolemäus Mennaei, der für lerusalem ein gefährlicher Nachbar war. Er kehrte indes zurück, ohne etwas Erwähnenswertes vollbracht zu haben. 4. Um diese Zeit lief die Nachricht ein, der Armenierkönig Tigranes sei mit fünfhunderttausend Mann in Syrien eingefallen und beabsichtige, auch Judäa anzugreifen. Dadurch geriet, wie leicht erklärlich, die Königin samt dem Volke in Schrecken, sodass man dem Tigranes, während er Ptolemals belagerte, durch eine Gesandtschaft eine Menge kostbarer Geschenke zuschickte. Die damalige Königin von Syrien, Selene, auch wohl Kleopatra genannt, war es hauptsächlich, welche die Bewohner von Ptolemals veranlasste, vor Tigranes die Tore geschlossen zu halten. Die Gesandten begaben sich also zu Tigranes und baten ihn, der Königin und dem Volke der Juden sich gnädig erzeigen zu wollen. Tigranes fühlte sich geschmeichelt, dass sie aus so weiter Ferne zu ihm kamen, um seine Huld zu erflehen, und machte ihnen deshalb Mut und Hoffnung. Kaum aber hatte er Ptolemals eingenommen, als ihm gemeldet wurde, Lucullus habe den Mithradates verfolgt, ihn aber nicht einholen können, weil dieser sich zu den Iberern geflüchtet, und verwüste nun Armenien, das er zu erobern beabsichtige. Auf diese Nachricht zog Tigranes schleunigst heim. 5. Als kurz darauf die Königin schwer krank wurde, glaubte Aristobulus eine günstige Gelegenheit erwischt zu haben, bei der er sich der Regierung bemächtigen könne, und begab sich daher mit einem einzigen Diener bei Nacht aus der Stadt, um die Festungen zu besuchen, wo seines Vaters Freunde standen. Schon längst war er ja mit der Regierung seiner Mutter
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unzufrieden; jetzt aber besorgte er auch noch, es möchte im Falle ihres Todes sein ganzes Geschlecht unter der Herrschaft der Pharisäer stehen. Dass sein Bruder, dem die Nachfolge zufallen musste, zur Regierung untauglich war, sah er wohl ein. Um seinen Plan wusste nur seine Gattin, die er mit den Kindern in der Stadt zurückgelassen hatte. Zuerst kam er nun nach Agaba, wo Galaestes, einer von seinen mächtigen Freunden, ihn aufnahm. Bei Tagesanbruch merkte die Königin Aristobulus' Flucht, dachte aber zunächst noch nicht daran, dass sein Entweichen mit aufrührerischen Plänen zusammenhänge. Als aber ein Bote nach dem anderen kam und meldete, Aristobulus habe eine Festung im Besitz, dann die zweite und endlich alle insgesamt (sobald er nämlich mit der ersten den Anfang gemacht, folgten die übrigen gleich von selbst), geriet die Königin mit dem Volke in die äußerste Bestürzung. Man sah nämlich wohl ein, dass Aristobulus bald im Besitze der Herrschaft sein werde, und fürchtete besonders, er werde Rache dafür nehmen, dass man sein Haus verwüstet hatte. Man beschloss deshalb, seine Gattin nebst den Kindern in die oberhalb des Tempels liegende Burg zu bringen. An Aristobulus aber schlossen sich inzwischen so viele an, dass er schon den Eindruck eines Königs machte. In ungefähr fünfzehn Tagen hatte er zweiundzwanzig Festungen erobert und besaß nun die Mittel, um am Libanon, in Trachonitis und bei den umwohnenden Fürsten sich ein Heer zu werben. Wie nun die Menschen überhaupt gern dem Machthaber anhängen, so unterwarf man sich auch ihm leicht. Übrigens hoffte man auch, wenn man ihn in seiner jetzigen bedenklichen Lage unterstütze, werde man später umso mehr Vorteile von ihm· genießen, weil man ihm zur Regierung verholfen habe. Die Ältesten der Juden begaben sich nun mit Hyrkanus zur Königin und baten sie um ihren Rat, was zu tun sei. Aristobulus habe nämlich schon so viele Festungen in seiner Gewalt, dass er drauf und dran sei, sich der Regierung zu bemächtigen. Und wenn die Königin auch noch so krank sei, zieme es ihnen doch nicht, solange sie lebe, etwas ohne ihren Rat zu tun, obgleich die Gefahr vor der TIir stehe. Alexandra jedoch hieß sie alles nach ihrem Gutdünken bewerkstelligen, da ihnen ja ein kräftiges Volk, ein Heer und die Staatskasse genug Hilfemittel darböten. Sie selbst könne sich nicht mehr viel um die Geschäfte kümmern, weil sie schon zu schwach seI. 6. Bald darauf starb sie, nachdem sie neun Jahre regiert und dreiundsiebzig Jahre gelebt hatte. Sie war eine Frau, die in keiner Hinsicht die Schwäche ihres Geschlechtes zeigte. Herrschsüchtig und herrschfähig wie sie war, lieferte sie den Beweis, wie töricht die Männer sind, welche die
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Regierung nicht mit Festigkeit zu führen wissen. Da sie stets nur auf die Gegenwart, nicht aber auf die Zukunft bedacht war und alles ihrer Herrschsucht unterordnete, so kümmerte sie sich weder um Anstand noch um Gerechtigkeit. Gleichwohl brachte sie in ihrer unweiblichen Herrschbegier ihr Haus so weit, dass es die Macht, welche es mit so vieler Mühe errungen hatte, bald wieder verlor. Hatte sie sich doch mit denen eingelassen, die gegen die königliche Familie übel gesinnt waren, ja sogar das Reich seiner mächtigsten Beschützer beraubt. So kam es, dass aus ihrer Regierung nach ihrem Tode die größten Wirren und Unruhen entstanden. Immerhin aber muss anerkannt werden, dass sie dem Volke den Frieden erhalten hat. So endete die Regierung der Königin Alexandra. ,
* (Text gekürzt,)
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ERSTES KAPITEL Aristobulus' und Hyrkanus' Kampf um die Herrschaft und wie sie übereinkamen, dass Aristobulus König sein, Hyrkanus aber als Privatmann leben solle. Wie darauf Hyrkanus zu Aretas floh.
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1. Nachdem ich im vorigen Buche von der Königin Alexandra und ihrem Tode berichtet habe, wende ich mich jetzt zur Erzählung der darauf folgenden Begebenheiten und werde ganz besonders darauf bedacht sein, nichts aus Unkenntnis oder Vergesslichkeit zu übergehen. Ich beabsichtige ja nichts anderes, als die Geschichte von Ereignissen zu schreiben, die ihres Alters wegen meistenteils unbekannt sind, und ich habe mir vorgenommen, die Darstellung, soviel dies möglich ist, durch Schönheit des Ausdruckes und wohlgefügten Stil zu beleben, wie auch alles andere zu tun, um dem Leser gefällig zu sein, damit er sich die Kenntnis der Geschichte auf angenehme und unterhaltende Weise verschaffe. Die Hauptsache muss selbstverständlich für den Geschichtsschreiber peinlichste Genauigkeit und wahrheitsgetreue Darstellung sein, damit sein Werk dem Leser Belehrung und Überzeugung beibringe. 2. Als Hyrkanus im dritten Jahre der hundertsiebenundsiebzigsten Olympiade*, unter den römischen Konsuln Quintus Hortensius und Quintus Metellus Creticus das Hohepriesteramt angetreten hatte, überzog ihn sogleich Aristobulus mit Krieg. In der Schlacht, die bei Jericho stattfand, gingen viele von den Kriegern des Hyrkanus zu seinem Bruder über, weshalb Ersterer sich in die Burg flüchten musste, wohin die Gattin und Kinder des Aristobulus, wie oben erwähnt, von seiner Mutter in Gewahrsam gebracht worden waren. Die übrigen Gegner des Aristobulus zogen sich in die Einfriedigung des Tempels zurück, wurden aber hier gefangen genommen. Alsdann besprach sich Aristobulus mit seinem Bruder über eine etwaige Verständigung, und man schloss Frieden unter der Bedingung, dass Aristobulus König sein, Hyrkanus dagegen in Muße von seinen Einkünften :\- 70 v. ehr.
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leben solle. Nachdem sie diese Übereinkunft im Tempel getätigt, sie mit Schwur und Handschlag bekräftigt und sich vor den Augen des ganzen Volkes umarmt hatten, schieden sie voneinander, und Aristobulus begab sich in den Königspalast, Hyrkanus aber als Privatmann in die frühere Wohnung des Aristobulus. 3. Es hatte aber Hyrkanus einen Freund Namens Antipater, der Idumäer von Geburt, sehr reich und von Charakter tatkräftig und verwegen war. Wegen seiner Neigung zu Hyrkanus konnte er sich mit Aristobulus nicht befreunden. Nikolaus von Damaskus leitet seine Herkunft von den ersten Juden ab, die aus Babyion nach Judäa zurückkehrten. Doch sagt er das wohl nur, um seinem Sohne Herodes, der durch Zufall König der Juden wurde und von dem ich später reden werde, einen Gefallen zu erweisen. Dieser Antipater hieß zuerst Antipas, welchen Namen auch sein Vater führte. Den Letzteren hatten König Alexander und dessen Gemahlin zum Statthalter von ganz Idumäa ernannt, in welcher Eigenschaft er Bündnisse mit den ihm gleichgesinnten Arabern, Gazäern und Askalonitern, die er durch reiche und kostbare Geschenke auf seine Seite brachte, geschlossen haben soll. Da nun dieser jüngere Antipater von Aristobulus' Macht sich nichts Gutes versprach und befürchten musste, wegen seines Hasses gegen Aristobulus von diesem verfolgt zu werden, reizte er heimlich die Vornehmen der Juden gegen ihn auf, indem er denselben vorstellte, es sei doch unrecht, zu dulden, dass Aristobulus die Herrschaft innehabe und seinen älteren Bruder, dem sie seines höheren Alters wegen zukomme, davon ausschließe. Dieselben Reden führte er auch bei Hyrkanus und setzte ihm auseinander, sein Leben sei in Gefahr, wenn er sich nicht vorsehe und den Aristobulus aus dem Wege räume. Er sei sicher, dass des Aristobulus Freunde keine Gelegenheit vorbeigehen ließen, diesen zu ermahnen, dass er zur Sicherung seines Thrones den Hyrkanus töten müsse. Indessen achtete Hyrkanus nicht auf solche Einflüsterungen, weil er von Natur rechtlich gesinnt war und in diesem seinem Billigkeitsgefühl nicht leicht eine Verleumdung annahm. Auch war er infolge seiner Thägheit und Gleichgültigkeit ein unentschlossener und energieloser Charakter, während Aristobulus sich im Gegenteil unternehmend und geweckt zeigte. 4. Als nun Antipater sah, dass Hyrkanus auf seine Vorschläge nicht einging, ließ er keinen Tag vorübergehen, ohne Aristobulus zu beschuldigen, dieser wolle den Hyrkanus umbringen. Aber nur mit großer Mühe konnte er den Letzteren bereden, zu dem Araberkönige Aretas zu fliehen, indem er ihm seine Hilfe für den Fall zusagte, dass er etwas unternehmen wolle. Auf
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dieses Versprechen hin hielt es denn auch Hyrkanus für geraten, zu Aretas in die Gebiete Arabiens zu fliehen, welche Judäa benachbart sind. Doch sandte er zuvor den Antipater zu Aretas, um sich die Versicherung geben zu lassen, dass dieser ihn, wenn er als Schützling komme, nicht seinen Feinden ausliefern werde. Als Antipater diese Zusage erhalten hatte, kehrte er nach Jerusalem zu Hyrkanus zurück, begab sich kurze Zeit darauf mit ihm bei Nacht aus der Stadt und brachte ihn nach einer langen Reise in die Stadt Petra, wo die Residenz des Aretas war. Da er nun dem Letzteren sehr befreundet war, bat er ihn, den Hyrkanus auf den Thron Judäas zurückzuführen, was denn auch Aretas, nachdem ihm die Bitte Tag für Tag wiederholt und durch Geschenke unterstützt worden war, endlich zusagte. Hyrkanus selbst aber versprach ihm, er wolle, wenn er zur Herrschaft gelangt sei, ihm das Gebiet mit den zwölf Städten zurückgeben, die sein Vater Alexander den Arabern abgenommen hatte, nämlich Medaba, Naballo, Livias, Tharabasa, Agalla, Athone, Zoara, Oronae, Marissa, Rhydda, Lusa und Oryba.
ZWEITES KAPITEL Wie Aretas und Hyrkanus gegen Aristobulus zogen und Jerusalem belagerten und wie der Römer Scaurus die Stadt von der Belagerung befreite. Des Onias Tod. 19
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1. Durch diese Versprechungen bewogen, zog Aretas mit einem aus Reitern und Fußvolk bestehenden Heere von fünfzigtausend Mann gegen Aristobulus zu Felde und besiegte ihn. Und da nach diesem Siege viele von des Aristobulus Anhängern zu Hyrkanus übergingen, sah sich Aristobulus, verlassen wie er war, genötigt, nach Jerusalem zu fliehen. Der Araber aber folgte ihm mit seinem Heere und belagerte ihn im Tempel, während das Volk sich an Hyrkanus anschloss und ihn bei der Belagerung unterstützte, sodass allein die Priester bei Aristobulus aushielten. Aretas befahl alsdann den Arabern und den Juden, mit ihrem beiderseitigen Lager näher aneinander zu rücken, und betrieb nun die Belagerung mit allem Nachdruck. Wahrend dies geschah, fiel das Fest der ungesäuerten Brote ein, welches wir Pascha nennen, und es verließen daher die vornehmsten Juden das Land, um nach Ägypten zu fliehen. Nur ein gewisser Onias, ein gerechter und Gott wohlge-
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fälliger Mann, der, als er einst bei einer Dürre Gott um Regen gebeten hatte, augenblicklich erhört wurden war, verbarg sich, weil er noch kein Ende des Streites absah. Die Juden aber ergriffen ihn, führten ihn ins Lager und verlangten von ihm, er solle, wie er einst durch sein Gebet der Dürre ein Ende gemacht habe, so jetzt über Aristobulus und dessen Anhänger den Fluch herabrufen. Da er nun trotz seines Bittens und Sträubens von der Menge genötigt wurde, trat er in ihre Mitte und rief aus: »0 Gott, König des Weltalls, da die jetzt um mich Stehenden dein Volk und die Belagerten deine Priester sind, so bitte ich dich, du wollest weder den einen noch den anderen gewähren, was sie über ihre Gegner herabflehen.« Als er so geredet hatte, töteten ihn einige Bösewichter aus den umstehenden Juden mit Steinwürfen. 2. Gott aber bestrafte sie alsbald für diese Grausamkeit und rächte die Ermordung des Onias auf folgende Weise. Da, wie gesagt, das Paschafest bevorstand, an dem es bei uns Sitte ist, Gott dem Herrn reiche Opfer darzubringen, und Aristobulus und seine Umgebung keine Opfertiere hatten, baten sie ihre Landsleute darum und boten ihnen dafür so viel Geld, als sie haben wollten. Obgleich diese nun für jedes Stück tausend Drachmen* forderten, bewilligten die Priester und Aristobulus doch sogleich diesen Preis und ließen das Geld durch die Maueröffnungen hinunter. Die Belagerer nahmen das Geld, gaben ihnen aber keine·Opfertiere dafür, sondern gingen in ihrer Bosheit so weit, dass sie ihr Wort brachen und gegen Gott frevelten, indem sie ihren Gegnern trotz deren Bitten die Opfertiere verweigerten. Als die Priester sich getäuscht sahen, flehten sie zu Gott, er möge sie an ihren Landsleuten rächen. Der Herr schob denn auch die Rache nicht auf, sondern sandte einen heftigen Orkan, der alle Feldfrüchte der Gegend zerstörte, sodass um diese Zeit der Modius** Weizen elf Drachmen kostete. 3. Unterdessen sandte Pompejus, der in Armenien stand und noch mit Tigranes Krieg führte, den Scaurus nach Syrien. Als dieser in Damaskus ankam, traf er dort Lollius und Metellus, die soeben die Stadt eingenommen hatten, und begab sich nun sogleich nach Judäa. Kaum war er hier angelangt, als sowohl von Aristobulus wie von Hyrkanus Gesandte bei ihm erschienen, die ihn um Hilfe baten. Aristobulus bot ihm dafür vierhundert Talente und Hyrkanus nicht weniger. Indessen nahm er das Anerbieten des Aristobulus an, weil dieser sehr reich und freigebig war und weniger verlangte, während Hyrkanus arm und dabei geizig war und für seine unsiche* Etwa 410 Euro. ** 1 Modius = 8,75 Liter.
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ren Versprechungen viel mehr begehrte. Es war nämlich nicht dasselbe, eine Stadt erobern, welche weit und breit die stärkste und festeste war, oder einen Haufen Flüchtlinge und Nabatäer vertreiben, von denen die letzteren obendrein noch wenig kriegstauglich waren. Aus diesen Gründen schloss er mit Aristobulus einen Vertrag, nahm dessen Geld und befreite ihn von der Belagerung, indem er dem Aretas befahL abzuziehen, wofern er nicht für einen Feind der Römer erklärt werden wolle. Darauf kehrte Scaurus nach Damaskus zurück; Aristobulus dagegen zog mit großer Heeresmacht gegen Aretas und Hyrkanus zu Felde, besiegte sie bei Papyron und machte von ihren Kriegern gegen sechstausend nieder, darunter auch Antipaters Bruder Phallion.
DRITTES KAPITEL Wie Aristobulus und Hyrkanus ihren Thronstreit vor Pompejus brachten und wie Ersterer in die Festung Alexandrium floh. Pompejus zieht gegen ihn zu Felde. 34
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1. Als kurz darauf Pompejus nach Damaskus und Coelesyrien kam, erschienen bei ihm Gesandte aus ganz Syrien, Ägypten und Judäa. Aristobulus sandte ihm ein sehr kostbares Geschenk, nämlich einen goldenen Weinstock im Wert von fünfhundert Talenten. Dieses Geschenk erwähnt auch der Kappadokier Strabo mit folgenden Worten: »Es kam aus Ägypten eine Gesandtschaft mit einer Krone von viertausend Goldstücken, und aus Judäa ein Geschenk, welches einen Weinstock oder einen Garten darstellte und Terpole, das heißt »Ergötzung«, genannt wurde. Dieses Geschenk sahen wir zu Rom im Tempel des Capitolinischen Jupiter aufgestellt, und es trug die Aufschrift: Geschenk Alexanders, des Königs der Juden. Seinen Wert schätzte man auf fünfhundert Talente, und wie man meint, ist es dasselbe, welches der jüdische Herrscher Aristobulus geschickt hatte.« 2. Bald danach kamen abermals Gesandte zu ihm, und zwar Antipater für Hyrkanus und Nikodemus für Aristobulus. Der Letztere klagte zugleich den Gabinius und den Scaurus der Bestechlichkeit an, weil der eine fünfhundert, der andere dreihundert Talente sich habe geben lassen. Hierdurch machte er außer anderen auch noch diese beiden zu Aristobulus' Feinden. Pompejus aber hieß die streitenden Parteien bei Frühlingsanfang wieder-
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kommen, führte sein Heer aus den Winterquartieren und brach gegen Damaskus auf. Unterwegs zerstörte er die Burg zu Apamea, die Antiochus von Kyzikos befestigt hatte, und verheerte das Gebiet des Ptolemäus Mennaei, eines ebenso nichtswürdigen Menschen, wie sein Verwandter Dionysius von Tripolis war, der mit dem Beile hingerichtet wurde. Er selbst jedoch erkaufte sich Verzeihung für seine Freveltaten mit tausend Talenten, die Pompejus zur Löhnung seiner Soldaten verwendete. Dann eroberte der römische Feldherr die Festung Lysias, deren Befehlshaber der Jude Silas war, zog durch die Städte Heliopolis und Chalkis, überstieg das Gebirge, welches Coelesyrien durchschneidet, und begab sich von Pella nach Damaskus, wo er nunmehr die Juden und deren Führer anhörte, die untereinander im Streite lagen: Hyrkanus und Aristobulus samt ihrem beiderseitigen Anhange. Das Volk, das überhaupt von der Königsherrschaft nichts wissen wollte, ließ vorbringen, bei ihnen sei es alte Sitte, dass sie nur den Priestern des von ihnen verehrten Gottes zu gehorchen brauchten; diese beiden Nachkommen von Priestern aber suchten dem Volke eine andere Regierungsform aufzudrängen, um es in Sklaverei zu bringen. Hyrkanus klagte, er als der Ältere sei von Aristobulus des Rechtes der Erstgeburt beraubt worden und besitze nur einen kleinen Teil des Landes, während Aristobulus den übrigen Teil mit Gewalt an sich gerissen habe. Dieser sei es auch, der die Einfälle in die benachbarten Gebiete verursache und auf dem Meere die Seeräubereien verübe, und das Volk wäre sicherlich nie aufständisch geworden, wenn er nicht so gewalttätig und tyrannisch regiere. Das bezeugten dann über tausend der vornehmsten Juden, die Antipater zu diesem Zweck mitgebracht hatte. Aristobulus dagegen behauptete, er habe den Hyrkanus von der Herrschaft ausgeschlossen, weil er zu träge sei und sich kein Ansehen zu verschaffen wisse. Er selbst habe die Regierung nur deshalb angetreten, weil er sie nicht in fremde Hände habe geraten lassen wollen, führe dieselbe aber unter keinem anderen Namen als sein Vater Alexander. Als Zeugen dafür rief er einige stutzerhaft gekleidete Jünglinge auf, deren Purpurkleider, Haarschmuck und sonstiger lächerliche Putz Anstoß erregten, da sie nicht aussahen, als wenn sie vor Gericht, sondern als wenn sie bei einem prunkvollen Aufzuge hätten erscheinen sollen. 3. Nachdem Pompejus diese Klagen angehört hatte, gab er dem Aristobulus wegen seiner Gewalttätigkeit unrecht, endieß sie dann aber alle mit dem freundlichen Bescheid, er wolle in ihr Land kommen und die ganze Sache ordnen, sobald er von dem Feldzuge gegen die Nabatäer zurück sei. Unterdessen hieß er sie sich ruhig verhalten; dem Aristobulus aber sprach er be-
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sonders gnädig zu, damit er das Volk nicht aufwiegele und ihm selbst nicht die Zugänge abschneide. Gleichwohl tat Aristobulus dies und kümmerte sich in keiner Weise um das, was Pompejus mit ihm besprochen hatte, sondern begab sich nach Dion und von da nach ludäa. 4. Hierüber geriet Pompejus in Zorn, zog das Heer, welches gegen die Nabatäer marschieren sollte, die Hilfstruppen aus Damaskus und dem übrigen Syrien sowie die römischen Legionen, welche er bei sich hatte, zusammen und rückte gegen Aristobulus ins Feld. Und nachdem er an Pella und Skythopolis vorbei nach Koraea, wo landeinwärts Judäa beginnt, gekommen war, sandte er in die auf der Spitze eines Berges herrlich gelegene Festung Alexandrium, wohin Aristobulus sich geflüchtet hatte, zu diesem einen Boten und ließ ihn auffordern, zu ihm zu kommen. Da nun dem Aristobulus von vielen Seiten der Rat erteilt wurde, sich nicht in einen Krieg mit den Römern einzulassen, folgte er der Aufforderung, unterhandelte mit seinem Bruder in Betreff der Herrschaft und begab sich dann mit Erlaubnis des Pompejus wieder in die Festung zurück. Das tat er auch zum zweiten- und dritten Mal, indem er sich mit der Hoffnung schmeichelte, von Pompejus als Herrscher bestätigt zu werden, und deshalb allen Befehlen desselben sich willfährig zeigte, dabei aber jedes Mal sich wieder in die Festung zurückzog und sich zum Kriege gerüstet hielt, damit die Herrschaft nicht an Hyrkanus falle. Als ihm aber Pompejus befahl er solle die Festungen übergeben und eigenhändig deswegen an die Befehlshaber derselben schreiben, weil sie sonst niemand einlassen durften, gehorchte er zwar, zog aber im höchsten Groll nach lerusalem und rüstete sich zum Kriege. Pompejus war schon auf dem Marsche gegen ihn begriffen, als er durch einige Ankömmlinge aus Pontus die Nachricht vom Tode des Mithradates erhielt, der von seinem eigenen Sohne Pharnakes ermordet worden war.
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1. Nachdem Pompejus zunächst bei lericho, wo die Palme wächst und der Opobalsam gedeiht, aus dessen mit einem scharfen Stein geritzten Früchten als Saft eine vortreffliche Salbe hervorquillt, sich gelagert hatte, brach er in der Morgenfrühe nach lerusalem auf. Nun änderte Aristobulus
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seinen Plan, begab sich zu Pompejus und bat ihn unter dem Versprechen, eine Geldsumme zahlen und ihn in Jerusalern einlassen zu wollen, er möge vom Kriege ablassen und im Frieden alles nach seinem Gutdünken ordnen. Auf seine Bitten verzieh ihm Pompejus und schickte den Gabinius mit einer Abteilung Soldaten, um das Geld und die Schlüssel der Stadt in Empfang zu nehmen. Doch geschah weder das eine noch das andere, sondern Gabinius kam ohne Geld und, ohne Einlass in die Stadt erlangt zu haben, zurück, weil Aristobulus' Krieger mit dessen Abmachung nicht einverstanden waren. Hierüber erbittert, ließ Pompejus den Aristobulus gefangen nehmen und rückte an die Stadt heran, die auf allen Seiten mit Ausnahme der Nordseite stark befestigt war. Denn sie war von einer breiten und tiefen Schlucht umgeben, die sich rings um den durch eine steinerne Mauer befestigten Tempel zog. 2. In der Stadt konnte man sich über das, was zu tun sei, nicht einigen. Die eine Partei hielt dafür, man solle dem Pompejus die Stadt übergeben, während des Aristobulus Anhänger verlangten, man solle die Tore schließen und sich zum Kriege rüsten, weil Aristobulus gefangen gehalten werde. Die Letzteren besetzten darauf den Tempel, zerstörten die ihn mit der Stadt verbindende Brücke und bereiteten sich auf eine Belagerung vor. Die anderen dagegen ließen das Heer ein und übergaben dem Pompejus die Stadt und den Königspalast. Dieser sandte darauf seinen Legaten Piso mit einem Heere und ließ die Stadt und den Palast besetzen sowie die in der Nähe des Tempels liegenden Häuser und die ganze Umgebung desselben befestigen. Zunächst unterhandelte er nun noch mit der Besatzung des Tempels in Betreff des Friedens. Da dieselbe aber auf seine Bedingungen nicht eingehen wollte, ließ er die Umgebung des Tempels mit einer Mauer einschließen, wobei Hyrkanus alle notwendige Hilfe leistete. Pompejus lagerte sich darauf an der Nordseite des Tempels, wo derselbe am leichtesten zu berennen war. Hier erhoben sich hohe Türme, und es zog sich ein Graben noch innerhalb der tiefen Schlucht hin. Die der Stadt zugekehrte Seite, wo Pompejus sich befand, fiel nach Zerstörung der Brücke jäh ab, und der Wall wurde täglich mit großer Mühe weitergeführt, indem die Römer die in der Nähe stehenden Bäume rillten. Sobald aber der Wall vollendet und der sehr tiefe Graben notdürftig ausgefüllt war, ließ Pompejus Belagerungs- und Schleudermaschinen von Tyrus kommen und begann den Tempel mit Steingeschossen zu überschütten. Wäre es nun nicht Sitte bei uns, am siebenten Tage zu feiern, so wäre wohl die Vollendung des Walles von den Belagerten verhindert worden. Das Gesetz erlaubt nämlich, sich in der Schlacht gegen
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den Angriff des Feindes am Sabbat zu wehren, aber nicht, einer anderen feindlichen Unternehmung entgegenzutreten. 3. Als die Römer das erkannt hatten, warfen sie an den Sabbaten weder Steine gegen die Juden, noch ließen sie sich auf einen anderen Kampf mit ihnen ein, sondern sie errichteten Wälle und Türme und brachten die Maschinen heran, um sie am folgenden Tage verwenden zu können. Wie sehr wir uns aber der Verehrung Gottes und der Beobachtung der Gesetze befleißigen, kann man daraus ersehen, dass sich die Priester während der Belagerung durch Furcht nicht abhalten ließen, die Opfer darzubringen. Viel': mehr versahen sie sowohl in der Morgenfrühe als um die neunte Stunde* den Gottesdienst und unterließen denselben nicht einmal dann, wenn sich ein besonders schlimmer Zufall bei der Belagerung ereignete. Beispielsweise als die Stadt an dem Fasttage im dritten Monat, in der hundertneunundsiebzigsten Olympiade, unter dem Konsulate des Gajus Antonius und des Marcus Tullius Cicero eingenommen wurde** und die eindringenden Feinde alle im Tempel Befindlichen niedermachten, ließen sich die Priester beim Gottesdienste nicht im Geringsten stören und weder aus Furcht für ihr Leben noch durch die Menge der Getöteten sich bewegen, zu fliehen, sondern sie wollten lieber das Unvermeidliche an den Altären selbst erdulden, als irgendeine Vorschrift des Gesetzes übertreten. Dass dies nicht bloß leere Worte sind, die einer falschen Frömmigkeit das Lob reden sollen, sondern völlig der Wahrheit entspricht, bezeugen alle Schriftsteller, die des Pompejus Taten aufzeichneten, darunter Strabo und Nikolaus und außerdem Titus Livius, der römische Geschichtsschreiber. 4. Nachdem nun der größte der Türme unter den Stößen der herbeigeschafften Maschinen gefallen war und so eine Bresche sich gebildet hatte, drangen die Feinde ein. Zuerst erstieg Cornelius Faustus, Sohn des Sulla, mit seiner Kriegerschar die Mauer, dann an einer anderen Stelle der Hauptmann Furius mit den Seinigen, und zwischen beiden der Hauptmann Fabius mit einer starken Abteilung seiner Soldaten. Das Blutbad wurde darauf ein allgemeines. Die Juden wurden teils von den Römern, teils von ihren eigenen Landsleuten niedergehauen, teils stürzten sie sich in die Schluchten oder verbrannten sich in ihren Häusern, weil sie das, was kommen musste, nicht ertragen wollten. So fielen gegen zwölftausend Juden, von den Römern dagegen nur sehr wenige. Absalom, Aristobulus' Oheim und * Drei Uhr nachmittags. ** 63 v.ehr.
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Schwiegervater, geriet in Gefangenschaft. Der Tempel aber, dessen Inneres sonst unzugänglich und keinem Auge sichtbar war, wurde schwer geschändet. Denn Pompejus drang mit einer Anzahl seiner Begleiter in das Innere ein und sah, was kein Sterblicher außer dem Hohepriester erblicken durfte. Obwohl ihm aber der goldene Tisch, der heilige Leuchter, die Opferschalen, eine Menge Räucherwerk und außerdem im Tempelschatz gegen zweitausend Talente Geld zu Gesicht kamen, rührte er aus Frömmigkeit nichts davon an, sondern benahm sich, wie man von seiner 'lUgend erwarten konnte. Am folgenden Tage befahl er den Tempeldienern, das Heiligtum zu reinigen, und ließ Gott die vom Gesetze vorgeschriebenen Opfer darbringen. Dann ernannte er den Hyrkanus zum Hohepriester, einmal weil er ihm sonst wichtige Dienste geleistet, dann aber auch, weil er die im Lande wohnenden Juden abgehalten hatte, dem Aristobulus Hilfe zu gewähren. Die Urheber des Krieges ließ Pompejus mit dem Beile hinrichten; hierauf verteilte er an Faustus und die Übrigen, welche zuerst die Mauer erstiegen hatten, die verdienten Belohnungen. Jerusalem aber machte er den Römern zinspflichtig, entzog die Städte in Coelesyrien, welche der Hauptstadt Ju~ däas unterworfen waren, dieser Botmäßigkeit, stellte dieselben unter einen römischen Prätor und wies das ganze, sonst so mächtige Volk auf enge Grenzen an. Gadara, welches kurz vorher zerstört worden war, ließ er dem Gadarener Demetrius, seinem Freigelassenen, zu Gefallen wieder aufbauen, und die Städte Hippos, Skythopolis, Pella, Dion, Samaria, Marissa, Azot, Jamnia und Arethusa gab er ihren früheren Bewohnern zurück. Diese im Binnenland gelegenen Plätze mit Ausnahme der zerstörten sowie die am Meer gelegenen Städte Gaza, Joppe, Dora und Stratonsturm, welch Letzteres von Herodes prächtig ausgebaut, mit Hafenanlagen und Tempeln versehen wurde und jetzt Caesarea heißt, erklärte Pompejus für selbständig und teilte sie der Provinz Syrien zu. 5. An diesem Unglück Jerusalems trug nur der Streit zwischen Hyrkanus und Aristobulus die Schuld. Dadurch wurde uns die Freiheit entrissen: Wir kamen unter die Botmäßigkeit der Römer und mussten das Land, welches wir den Syrern mit Waffengewalt abgenommen, denselben wieder zurückgeben. Außerdem brandschatzten uns die Römer in kurzer Zeit um mehr als zehntausend Talente und ließen die Königswürde, die früher dem hohepriesterlichen Geschlechte allein zukam, an Männer aus dem niederen Volke gelangen. Darüber werde ich noch später reden. Pompejus übergab nun Coelesyrien bis zum Euphrat und bis nach Ägypten hin dem Scaurus, stellte zwei römische Legionen unter dessen Befehl und trat den Marsch nach Ci-
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licien an, um möglichst bald nach Rom zu kommen. Dorthin nahm er auch den Aristobulus und dessen Kinder als Kriegsgefangene mit. Letztere waren zwei Töchter und ebenso viele Söhne, von denen der eine, Alexander, entfloh, der jüngere, Antigonus, aber mit seinen Schwestern nach Rom gebracht wurde.
FÜNFTES KAPITEL Wie Scaurus mit Aretas sich abfand. Kriegstaten des Gabinius in Judäa.
1. Unterdessen zog Scaurus gegen Petra, die Hauptstadt des Petraeischen Arabien, und da dieselbe seiner Belagerung trotzte, verheerte er ringsum das Ackerland. Als er nun mit seinem Heere Hunger litt, lieferte ihm Antipa81 ter auf Hyrkanus' Geheiß Getreide und alle übrigen Lebensmittel. Dann schickte Scaurus an Aretas einen Legaten, der mit diesem in Gastfreundschaft stand, und ließ ihm vorschlagen, er solle durch eine Geldzahlung der weiteren Verwüstung des Ackerlandes Einhalt tun, wobei der Legat selbst für dreihundert Talente die Bürgschaft übernahm. Unter dieser Bedingung machte Scaurus, nachdem Aretas dieselbe angenomm~n, dem Kriege ein Ende, weniger, weil Aretas dies wünschte, als weil er selbst danach verlangte. 82 2. Als einige Zeit darauf Alexander, der Sohn des Aristobulus, Judäa durchzog, kam Gabinius als Prätor aus Rom nach Syrien und unternahm außer anderen bemerkenswerten Taten auch einen Feldzug gegen Alexander. Hyrkanus nämlich konnte Alexanders Macht nicht länger ertragen und firig an, die von Pompejus zerstörten Mauern Jerusalems wieder aufzurich83 ten, was jedoch die in der Stadt befindlichen Römer verhinderten. Alexander durchstreifte inzwischen das Land, rief viele Juden zu den Waffen und hatte bald zehntausend Fußsoldaten und tausendfünfhundert Reiter zusammen. Alsdann verstärkte er die Befestigungen von Alexandrium, der bei 84 Koreae gelegenen Festung, und von Machaerus im arabischen Gebirge. Nun rückte Gabinius gegen ihn an und schickte den Marcus Antonius nebst den übrigen Heerführern voraus. Diese zogen mit den römischen Soldaten, welche sie führten, mit den Juden, die unter dem Befehl von Pitholaus und Malichus sich ihnen anschlossen, und mit Antipaters Hilfstruppen dem Ale. xander entgegen, während Gabinius mit den Schwerbewaffneten folgte. 85 Alexander zog sich in die Nähe von Jerusalem zurück, und hier kam es zur 80
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Schlacht, in der die Römer gegen dreitausend Feinde niedermachten und ebenso viele gefangen nahmen. 3. Alsdann rückte Gabinius vor Alexandrium und forderte die Besatzung zur Übergabe auf, indem er für alles Vorgefallene Verzeihung versprach. Da aber auch noch eine Menge von Feinden vor der Festung lagerte, griffen die Römer dieselben an, wobei namentlich Marcus Antonius sich sehr hervortat und durch Niedermetzelung vieler Gegner seine Kampfgenossen weit übertraf. Darauf ließ Gabinius einen Teil seines Heeres zur Belagerung des Platzes zurück, zog weiter durch Judäa und ließ alle zerstörten Städte, die er antraf, wiederherstellen. So erstanden aufs Neue Samaria, Azot, Skythopolis, Anthedon, Raphia, Dora, Marissa, Gaza und viele andere. Und da des Gabinius Vorschriften allseitig befolgt wurden, bildeten diese Städte in kurzem wieder sichere Wohnplätze, nachdem sie lange Zeit verlassen gewesen waren. 4. Nach diesen Anordnungen kehrte Gabinius wieder nach Alexandrium zurück. Im weiteren Verlaufe der Belagerung nun schickte Alexander eine Gesandtschaft an ihn, ließ ihn um Verzeihung bitten und übergab ihm zunächst die Festungen Hyrkania und Machaerus und schließlich auch Alexandrium, die Gabinius sämtlich zerstören ließ. Als darauf die Mutter Alexanders, die sich mit den Römern gut halten musste, weil ihr Gatte und ihre Kinder in Rom gefangen gehalten wurden, sich an ihn wandte, erfüllte er alle ihre Bitten. Alsdann führte er den Hyrkanus in Jerusalem ein und übertrug ihm die Sorge für den Tempel. Endlich bestellte er fünf Gerichtshöfe (Synedrien) für ebenso viele Bezirke und zwar zu Jerusalem, Gadara, Amathus, Jericho und zu Sepphoris in Galiläa. So waren also die Juden ihres Königtums verlustig und hatten nun eine aristokratische Regierungsform.
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SECHSTES KAPITEL Wie Gabinius den aus Rom entwichenen Aristobulus gefangen nahm und dorthin zurückschickte. Er besiegt den Alexander und die Nabatäer.
1. Unterdessen war es Aristobulus gelungen, aus Rom nach Judäa zu entkommen. Als er aber das jüngst zerstörte Alexandrium wiederherzustellen im Begriff war, schickte Gabinius eine Abteilung Soldaten unter Sisenna, Antonius und Servilius gegen ihn, um ihn aus dem Platze zu vertreiben und
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gefangen zu nehmen. Von den Juden strömten viele zu Aristobulus hin, einmal seines alten Ruhmes wegen, und dann auch, weil sie an Umwälzungen Gefallen hatten. Ja, ein gewisser Pitholaus, der zu Jerusalem als Legat stand, ging sogar mit tausend Mann zu ihm über. Allein die meisten von denen, die zu Aristobulus stießen, waren noch unbewaffnet. Da nun Aristobulus beschlossen hatte, nach Machaerus zu ziehen, entließ er diese Unbewaffneten sämtlich, weil sie nicht eingeübt, mithin zum Kriegsdienst untauglich waren, und zog mit nur ungefähr achttausend Bewaffneten ins Feld. Doch die Römer griffen ihn an und besiegten ihn, und obwohl die Seinigen wacker fochten, mussten sie zuletzt die Flucht ergreifen. Dabei kamen gegen fünftausend von ihnen um, während die Übrigen zerstreut wurden und sich zu retten suchten, so gut sie konnten. Aristobulus floh mit stark tausend Mann nach Machaerus, fing an, den Platz zu befestigen, und war trotz seines Unglückes voll zuversichtlicher Hoffnung. Nach zweitägiger Belagerung jedoch wurde er, mit Wunden bedeckt, samt seinem Sohne Antigonus, der mit ihm aus Rom geflohen war, von den Römern gefangen genommen und zu Gabinius geführt. Dieser schickte ihn wieder nach Rom, wo er in strengem Gewahrsam gehalten wurde, nachdem er drei Jahre und sechs Monate König und Hohepriester gewesen war und sich als edler und hochherziger Mann bewiesen hatte. Seine Kinder dagegen ließ der Senat frei, weil Gabinius schrieb, er habe dies ihrer Mutter für die Übergabe der Festungen versprochen. So kamen sie denn nach Judäa zurück. 2. Gabinius beabsichtigte nun, gegen die Parther zu Felde zu ziehen. Doch als er den Euphrat schon überschritten hatte, änderte er seinen Plan, kehrte um und zog nach Ägypten, um dort dem Ptolemäus wieder auf den Thron zu helfen, wie das schon anderswoher bekannt ist. Bei diesem Kriegszuge, den er gegen Archelaus unternahm, lieferte ihm Antipater Getreide, Waffen und Geld und verschaffte ihm die Bundesgenossenschaft derjenigen Juden, welche oberhalb Pelusium wohnten und den Zugang zu Ägypten bewachen mussten. Als er nun aus Ägypten zurückkehrte, traf er Syrien in Verwirrung und Aufruhr an. Denn des Aristobulus Sohn Alexander, der sich mit Gewalt der Regierung wieder bemächtigt hatte, veranlasste viele Juden zum Aufstand, durchzog mit großer Truppenmacht das Land, machte alle Römer nieder, die er auf ihrer Flucht nach dem Berge Garizin traf, und belagerte die Übrigen daselbst. 3. Als Gabinius Syrien in einem solchen Zustand sah, schickte er, schlau wie er war, den Antipater gegen die Empörer vor, um sie möglicherweise von ihrer Tollkühnheit abzubringen und zu besserer Einsicht zu bekehren.
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Diesem gelang es denn auch, viele der Aufrührer zur Vernunft zu bringen, und nur bei Alexander schlugen seine Bemühungen fehl. Letzterer zog vielmehr mit dreißigtausend Juden dem Gabinius entgegen und griff ihn an, wurde aber bei dem Berge Tabor geschlagen und verlor zehntausend seiner Leute. 4. Hierauf ordnete Gabinius die Verhältnisse Jerusalems nach dem Dafürhalten Antipaters und rückte dann gegen die Nabatäer. Diese besiegte er in einer Schlacht, schickte dann die parthischen flüchtlinge Mithradates und Orsanea, welche bei ihm Zuflucht gesucht hatten, unter dem Vorwande, sie seien ihm endaufen, voraus nach Rom und kehrte nach Vollbringung glänzender Kriegstaten ebendahin zurück, nachdem er die Provinz dem Crassus übergeben hatte. Von diesen kriegerischen Unternehmungen des Pompejus und des Gabinius berichten in übereinstimmender Weise auch Nikolaus von Damaskus und Strabo der Kappadokier.
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SIEBENTES KAPITEL Wie Crassus nach Judäa kam und den Tempel plünderte und wie er im Kriege gegen die Parther umkam. Wie Cassius Syrien gegen die Parther verteidigte und nach Judäa zog.
1. Als Crassus auf einem Feldzuge gegen die Parther sich befand, kam er nach Judäa, raubte alles im Tempel befindliche Geld, welches Pompejus nicht angerührt hatte, im Ganzen zweitausend Talente, und vermaß sich sogar, alles Gold im Werte von ungefähr achttausend Talenten daraus zu entfernen. Unter anderem eignete er sich auch eine Stange aus reinem Golde an, die dreihundert Minen* wog. Eine Mine ist bei uns zwei und ein halbes Pfund. Diese Stange gab ihm der den Schatz hütende Priester mit Namen Eleazar nicht aus Bosheit - denn er war ein edler und gerechter Mann -, sondern aus folgender Veranlassung. Eleazar hatte auch für die Bewahrung der, Tempelvorhänge zu sorgen, die von wunderbarer Schönheit und kostbar gearbeitet waren und die von jener Stange herabhingen. Da er nun sah, wie gierig Crassus nach dem Golde war, und für den ganzen Tempelschmuck fürchten musste, gab er ihm die goldene Stange, um alles andere * Etwa 130 Kilogramm.
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dagegen einzulösen, nachdem er sich eidlich hatte versichern lassen, dass Crassus nichts weiter aus dem Tempel entfernen, sondern sich mit dieser Gabe, die viele Tausende wert war, begnügen wolle. Die Stange war aber in einer zweiten hohlen Stange von Holz eingeschlossen, was außer Eleazar sonst niemand wusste. Crassus nahm also die Stange und tat, als wenn er nichts anderes im Tempel anrühren wollte, schleppte aber trotz seines Eides alles im Tempel befindliche Gold weg. 2. Es darf übrigens nicht wunder nehmen, dass ein solcher Reichtum in unserem Tempel angehäuft war: hatten doch alle Juden des Erdkreises und alle Verehrer des wahren Gottes sowohl in Asien wie in Europa seit langen Zeiten dazu beigetragen. Ich kann auch für die Menge des angegebenen Goldes Zeugnisse beibringen und nachweisen, dass von unserer Seite dabei keine Prahlerei und Übertreibung mit unterläuft. So sagt z. B. der Kappadokier Strabo: »Mithradates schickte nach Kos und ließ das Geld holen, welches Kleopatra daselbst niedergelegt hatte, im gleichen auch die achthundert Talente der Juden.« Nun haben wir aber kein anderes öffentliches Geld als dasjenige, welches Gott gehört, und es ist klar, dass die Juden in Asien dieses Geld aus Furcht vor Mithradates nach Kos gebracht hatten. Denn dass die in Judäa wohnenden Juden, die eine so wohlbefestigte Stadt und den Tempel hatten, Geld nach Kos geschickt haben sollten, ist nicht wahrscheinlich. Ebensowenig ist dies von den Juden in Alexandria anzunehmen, da sie den Mithradates nicht zu fürchten brauchten. An einer anderen Stelle bezeugt derselbe Strabo, dass Sulla zu der Zeit, als er nach Griechenland übersetzte, um Mithradates zu bekriegen, den Lucullus geschickt habe, um den Aufstand unseres Volkes in Kyrene zu unterdrücken, von dem die ganze Welt voll war. Er sagt nämlich: »In der Stadt der Kyrenäer gab es vier Klassen, Bürger, Ackerbauern, Mietwohner und Juden. Die letzteren sind schon fast in jeder Stadt des Erdkreises verbreitet, und man kann nicht leicht einen Ort in der Welt finden, der dieses Volk nicht beherbergte und nicht in seiner Gewalt wäre. So kommt es, dass Ägypten und Kyrenaea, die unter ihrer Herrschaft stehen, sowie viele andere Bezirke die Sitten der Juden nachahmen, es mit dem sehr zahlreichen Volke halten und mit ihnen an Macht zunehmen, indem sie nach den bei den Juden geltenden Gebräuchen leben. In Ägypten ist ihnen verstattet worden zu wohnen, und ein großer Teil von Alexandria ist diesem Volke besonders eingeräumt. Sie haben auch ihren eigenen Vorsteher, der ihre Gemeinde-Angelegenheiten leitet, Recht spricht und ihre Verträge bekräftigt, als wenn er der wirkliche Beherrscher eines Staates wäre. In Ägypten aber hat dieses Volk eine so
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große Mach4 weil die Ägypter jüdischen Ursprunges und nach ihrer Trennung doch noch Nachbarn der Juden geblieben sind. Nach Kyrenaea hat sich das Volk deswegen verpflanz4 weil dieses Gebiet an Ägypten ebenso grenzt wie Judäa, ja sogar früher ein Teil des ägyptischen Reiches war.« So weit Strabo. 3. Crassus ordnete nun alles nach seinem Ermessen und zog dann gegen das Land der Parther, kam aber daselbst mit seinem ganzen Heere um, wie schon anderwärts berichtet ist. Cassius dagegen floh nach Syrien, nahm Besitz von dem Lande und verteidigte es gegen die Parther, die nach dem über Crassus errungenen Siege Syrien arg beunruhigten. Dann marschierte er nach 1.)rrus und kam auch nach Judäa, griff Taricheae an, nahm es beim ersten Ansturm, machte gegen dreißigtausend Gefangene und ließ den Pitholaus, der nach Aristobulus den Aufstand geleitet hatte, auf Anraten des Antipater, der bei ihm in großem Ansehen stand, hinrichten. Antipater hatte übrigens auch bei den Idumäern gewaltigen Einfluss, da aus diesem Volke seine Gattin stammte, welche Kypron hieß und ihm vier Söhne gebar: Phasael, Herodes (den nachmaligen König), Joseph und Pheroras, und außerdem noch eine Tochter Salome. Antipater stand auch zu den übrigen benachbarten Fürsten in freundschaftlichen Beziehungen, besonders zu dem Araberkönige, dem er während des Krieges mit Aristobulus seine Kinder zur Obhut anvertraute. Cassius brach nun alsbald auf und zog an den Euphra4 um dort den Einfällen der Feinde entgegenzutreten, wie anderswoher bekannt ist. 4. Einige Zeit nachher beschloss Cäsar, der nach der Flucht des Pompejus und des Senates über das Ionische Meer zu Rom die Gewalt in Händen hatte, den Aristobulus in Freiheit zu setzen und ihn mit zwei Legionen nach Syrien zu schicken, um dort die Verhältnisse zu ordnen. Doch ward die Hoffnung, die Cäsars Macht in Aristobulus erweckt hatte, jäh zunichte gemach4 da die Parteigänger des Pompejus den Letzteren noch vor seiner Abreise vergifteten, sodass Cäsars Anhang ihn bestatten musste. Sein Leichnam lag lange Zeit in Honig* einbalsamier4 bis Antonius ihn nach Judäa schickte und in der Königsgruft beisetzen ließ. Durch einen Brief des Pompejus erhielt Scipio den Auftrag, auch des Aristobulus Sohn Alexander aus dem Wege zu räumen, und so zog dieser den Jüngling wegen seiner früheren Vergehen gegen die Römer vor Gericht und ließ ihn mit dem Beile hin* Dass Honig die Verwesung verhindert, bezeugt auch Plinius (Naturgeschichte XV, 18,2; 18,6).
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richten. Dieses Todesurteil ward in Antiochia vollzogen. Seine Brüder nahm Ptolemäus Mennaei auf, der Beherrscher des am Libanon gelegenen Chalkia, der seinen Sohn Philippio nach Askalon zu Aristobulus' Gattin schickte und sie auffordern ließ, auch ihren Sohn Antigonus und ihre Töchter ihm zuzusenden. Zu einer der Letzteren, Alexandra mit Namen, fasste Philippio Neigung und nahm sie zur Ehe. Indessen ließ ihn sein Vater Ptolemäus später umbringen, heiratete selbst die Alexandra und ließ sich fortwährend die Sorge für deren Brüder angelegen sein.
ACHTES KAPITEL Die luden leisten dem Cäsar auf seinem Feldzuge nach Ägypten Hilfe. Antipaters Kriegstaten und seine Freundschaft mit Cäsar. Die luden von den Römern und Athenern geehrt. 127
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1. Nach der Niederwerfung und dem Tode das Pompejus überzog Cäsar Ägypten mit Krieg und wurde hierbei von Antipater, der Judäa nach des Hyrkanus Anordnung verwaltete, in mancher Beziehung unterstützt. Als nämlich Cäsar dem pergarnenischen Könige Mithradates Hilfstruppen zuführen wollte und, weil er den Weg über Pelusium nicht erzwingen konnte, bei Askalon Halt machen musste, stieß Antipater mit dreitausend jüdischen Fußsoldaten zu ihm und bewirkte, dass nicht nur die Araberfürsten, sondern auch alle Syrer, die sich in der Diensteifrigkeit gegen Cäsar von niemand wollten übertreffen lassen, ferner der Alleinherrscher Jamblichus und dessen Sohn Ptolemäus, die auf dem Libanon wohnten, und fast alle Städte dem Cäsar ihr Entgegenkommen bewiesen. Nun brach Mithradates aus Syrien nach Pelusium auf, und da dessen Einwohner ihn nicht aufnehmen wollten, belagerte er die Stadt. Hierbei benahm sich Antipater höchst heldenhaft, legte zuerst Bresche in die Mauer und bahnte den Übrigen einen Weg in die Stadt. So fiel Pelusium. Als aber nun Antipater und Mithradates sich zu Cäsar begeben wollten, hinderten die ägyptischen Juden, welche in dem nach Onias benannten Landstriche wohnten, sie daran~ Antipater indessen beredete sie, ihre Landsleute nachzuahmen, indem er ihnen einen Brief des Hohepriesters Hyrkanus vorzeigte, worin dieser sie ermahnte, gegen Cäsar sich freundlich zu benehmen und das Heer mit allern Notwendigen zu versehen. Als sie nun sahen, dass Antipater und der
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Hohepriester eines Sinnes waren, gehorchten sie und veranlassten dadurch auch die Bewohner von Memphis, den Mithradates einzuladen, der denn auch alsbald dorthin zog und deren Unterwerfung annahm. 2. Mithradates war schon um das Delta herumgezogen, als er bei dem so genannten Judenlager auf die Feinde stieß. Den rechten Flügel befehligte Mithradates, den linken Antipater. Als es zur Schlacht kam, wich des Mithradates Flügel zurück und wäre in die größte Not geraten, wenn Antipater, der die ihm gegenüberstehende feindliche Abteilung schon geschlagen hatte, nicht mit den Seinigen am Flussufer entlanggeeilt wäre, ihn befreit und die siegreichen Ägypter in die Flucht geschlagen hätte. Bei der weiteren Verfolgung bemächtigte er sich dann auch des feindlichen Lagers und rief den Mithradates zurück, der schon weit geflohen war. Von dem Flügel des Mithradates waren gegen achthundert, von dem des Antipater aber nur vierzig gefallen. Mithradates schrieb nun sogleich an Cäsar und bezeichnete Antipater als den Urheber des Sieges und seiner Rettung, sodass Cäsar diesen mit Lobeserhebungen bedachte und in den schwierigsten Fällen des ganzen Krieges sich seiner Hilfe bediente, bis eines Tages Antipater im Treffen verwundet wurde. 3. Als Cäsar einige Zeit darauf den Krieg beendigte und nach Syrien hinüberschiffte, bewies er seinen Dank dadurch, dass er den Hyrkanus in der Hohepriesterwürde bestätigte, dem Antipater aber das römische Bürgerrecht verlieh und ihn von allen Abgaben befreite. Vielfach wird nun behauptet, auch Hyrkanus habe an diesem Feldzug teilgenommen und sei mit nach Ägypten gezogen. Das geht z. B. aus Strabo hervor, der nach Asinius berichtet: »Als Mithradates nebst dem jüdischen Hohepriester Hyrkanus nach Ägypten gezogen war usf.« Ebenderselbe Strabo sagt an einer anderen Stelle unter Zitierung des Schriftstellers Hypsikrates, Mithradates sei allein ausgerückt, der jüdische Statthalter Antipater aber, den er nach Askalon entboten habe, sei ihm mit dreitausend Mann zu Hilfe gekommen und habe die übrigen Fürsten beredet, ein Gleiches zu tun. Diesem Feldzug habe auch der Hohepriester Hyrkanus beigewohnt. So weit Strabo. 4. Um dieselbe Zeit kam des Aristobulus Sohn Antigonus zu Cäsar, beklagte das Schicksal seines Vaters, der um Cäsars willen durch Gift habe umkommen müssen, und seines Bruders, der von Scipio mit dem Beile hingerichtet worden sei, und bat ihn, er möge sich doch seiner, da er aus dem Reiche seines Vaters verbannt sei, erbarmen. Hyrkanus und Antipater, klagte er, führten eine gewalttätige Regierung und hätten ihm selbst unrecht getan. Antipater aber, der gerade anwesend war, verteidigte sich gegen die
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Anklage und zeigte, dass Antigonus ein unruhiger, aufrührerischer Mensch sei, erinnerte auch daran, wie viele Strapazen er selbst mitgemacht und wie er Cäsars militärischer Ratgeber gewesen sei, wofür er diesen zum Zeugen anrief. Aristobulus, sagte er, sei mit Recht zum zweiten Mal nach Rom gebracht worden, da er den Römern beständig feindlich gesinnt gewesen sei; des Antigonus Bruder aber habe von Scipio die gebührende Strafe dafür erhalten, dass er auf einem Raubzuge ergriffen worden sei, und es sei gegen ihn weder nach Willkür noch ungerecht verfahren worden. 5. Als Antipater sich so verteidigt hatte, bestätigte Cäsar den Hyrkanus als Hohepriester, gab dem Antipater jede gewünschte Machtbefugnis und ernannte ihn zum Landpfleger von ganz Judäa. Auch erlaubte er dem Hyrkanus, die Mauern seiner Vaterstadt, die noch von Pompejus her zerstört dalagen, wieder aufzubauen, und schrieb nach Rom an die Konsuln, sie sollten die guten Beziehungen auf dem Kapitol beurkunden. Der diesbezügliche Senatsbeschluss lautete also: »Gemäß dem Antrage des Prätors Lucius Valerius, Sohnes des Lucius, verhandelt am dreizehnten Dezember im Tempel der Concordia, in Gegenwart des Lucius Coponius, Sohnes des Lucius, aus der Collinischen Tribus, und des Papirius aus der Quirinischen Tribus. Weil die jüdischen Gesandten Alexander, Sohn des Jason, Numenius, Sohn des Antiochus, und Alexander, Sohn des Dorotheus, unsere ehrenwerten Bundesgenossen, darum gebeten haben, dass ihr von früher her mit den Römern bestehendes Freundschaftsbündnis erneuert werde, und als Zeichen der Verbrüderung einen goldenen Schild im Werte von fünfzigtausend Goldstücken überbracht, weiterhin auch Briefe an die freien Städte und die Könige sich ausgebeten haben, um das Gebiet und die Häfen derselben in Sicherheit und unbehelligt besuchen zu können, hat der Senat beschlossen, mit ihnen Freundschaft und Verbrüderung zu pflegen, ihre Forderungen zu bewilligen und den Schild anzunehmen.« Das geschah im neunten Jahre der Regierung und des Hohepriesterturns des Hyrkanus, im Monate Panemos. Gleiche Ehre wurde dem Hyrkanus auch vom Volke der Athener zuteil, weil er ihnen viele Dienste geleistet hatte. Sie schickten ihm einen Beschluss folgenden Inhalts: »Unter der Prytanie und dem Priestertum des Dionysios, Sohnes des Asklepiades, am fünften Tage des Schlussrnonats Panemos, wurde den Heerführern der Athener folgender Beschluss übergeben, der unter dem Archonten Agathokles in einer am elften Munychion wie auch am elften Tage der Prytanie im Theater abgehaltenen Volksversammlung gefasst wurde. Schriftführer war Eukles, Sohn des Menander aus Alimusia, Stimmzähler Dorotheos aus Erchiea und dessen Amts-
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genossen. Nachdem Dionysius, Sohn des Dionysios, auseinander gesetzt hatte, wie der jüdische Hohepriester und Fürst Hyrkanos, Sohn des Alexandros, sowohl dem Staate als jedem. einzelnen Bürger fortgesetzt sich wohlwollend und freundlich bewiesen, und wie er diejenigen Athener, welche als Gesandte oder um privater Geschäfte willen nach Judäa kamen, gastfreundlich aufgenommen, ihnen auch sicheres Geleit zur Rückreise besorgt hat, was schon früher von uns anerkannt worden ist - haben wir auf den Antrag des Theodoros, Sohnes des Theodosios aus Sunion, der das Volk von dem Edelmute dieses Mannes und seiner steten Bereitwilligkeit, uns nach Möglichkeit zu helfen, in Kenntnis setzte, beschlossen, demselben die gesetzliche Auszeichnung der goldenen Krone zu verleihen, seine Bildsäule aus Erz im Tempel des Volkes und der Chariten aufzustellen und die Verleihung der Krone durch den Mund des Herolds an den Dionysien im Theater bei der Aufführung neuer 'fragödien, imgleichen auch bei den Panathenäen, den Eleusinischen Festen und den Ringkämpfen verkünden zu lassen. Die Heerführer haben dafür zu sorgen, dass demselben, solange er in Freundschaft und Wohlwollen gegen uns verharrt, jede denkbare Ehre und Gunstbezeugung erwiesen werde, und dass unser Volk sich auf diese Weise gegen hochverdiente Männer, wie dies billig ist, dankbar erzeige. Außerdem sollen Gesandte aus der Mitte der Athener erwählt werden, die ihm diesen Beschluss zu überbringen und ihn aufzufordern haben, dass er nach solchen Ehrenbezeugungen auch fürderhin um unseren Staat sich verdient machen möge.« So viel mag über die Ehrungen, welche dem Hyrkanus von den Römern und Athenem erwiesen wurden, genügen.
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NEUNTES KAPITEL Wie Antipater dem Herodes die Verwaltung von Galiläa, dem Phasael die von lerusalem übertrug. Wie Herodes bei Hyrkanus verklagt wurde.
1. Als Cäsar die Angelegenheiten Syriens geordnet hatte, zog er auf dem Seewege ab. Antipater, der ihm aus Syrien das Geleit gegeben hatte, kehrte nun wieder nach Judäa zurück, ließ sogleich die von Pompejus zerstörte Stadtmauer aufführen und beschwichtigte die hier und da im Lande ausgebrochenen Unruhen teils durch Drohungen, teils durch gütliche Überredung. Wenn sie zu Hyrkanus hielten, setzte er seinen Landsleuten auseinan-
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der, würden sie glücklich leben und in Frieden ihre Güter genießen können. Ließen sie sich jedoch zu Empörungen verleiten, so würden sie an ihm selbst statt eines Landpflegers einen strengen Herrn, an Hyrkanus statt eines Königs einen Tyrannen, an den Römern und Cäsar aber statt Führern bittere Feinde haben, die den von ihnen eingesetzten Fürsten wohl zu schützen wissen würden. Durch solche Vorstellungen gelang es ihm leicht, die Juden zu beruhigen. 2. Da er nun sah, wie träge und nachlässig sich Hyrkanus benahm, ernannte er seinen ältesten Sohn Phasael zum Befehlshaber von Jerusalem und Umgebung, während er dem zweitältesten, Herodes, Galiläa anvertraute. Dieser war noch sehr jung, indem er erst fünfundzwanzig Jahre zählte, zeigte aber keinerlei Schwächen seines Alters, sondern fand, weil er entschlossenen Charakters war, bald Gelegenheit, seine Fähigkeiten zu zeigen. Als er nämlich dem Räuberhauptmann Ezechias, der mit einer großen Schar die Nachbargegenden von Syrien durchzog, zufällig begegnete, ließ er ihn ergreifen und mit vielen seiner Raubgenossen hinrichten. Wegen dieser Tat hielten ihn die Syrer in hohen Ehren; hatte er ihnen doch das Land gesäubert, das sie so sehr von den Räubern befreit zu sehen wünschten. In Stadt und Dorf feierte man ihn, weil er Frieden und Sicherheit geschaffen hatte. So kam es, dass er auch dem Sextus Cäsar, einem Verwandten des großen Cäsar und Landpfleger von Syrien, bekannt wurde. Seine Tat machte aber auch die Eifersucht seines Bruders Phasael rege, und seine Berühmtheit spornte diesen so sehr an, dass er sich keinen geringeren Ruf zu schaffen beschloss und die Jerusalemer sich sehr geneigt machte, indem er zwar selbständig regierte, aber weder unehrenhafter noch gewaltsamer Mittel sich bediente. Durch alles dies erreichte Antipater, dass er vom Volke wie ein König verehrt und derart ausgezeichnet wurde, wie es sonst nur einem allmächtigen Herrscher zu geschehen pflegt. Dennoch ließ er sich durch ein so großes Glück nicht, wie dies meistens der Fall ist, zur Verminderung seiner Ergebenheit und 1:reue gegen den Fürsten verleiten. 3. Als aber die vornehmen Juden wahrnahmen, wie mächtig Antipater und dessen Söhne durch die Gunst des Volkes wie durch Hyrkanus' und Judäas Geldmittel wurden, regten sie sich gewaltig gegen ihn auf. Antipater nämlich hatte Freundschaft mit den römischen Machthabern geschlossen und veranlasste den Hyrkanus, denselben Geld zu schicken. Dieses Geld nahm er dann an sich und schickte es in seinem eigenen, nicht in Hyrkanus' Namen ab. Als Hyrkanus davon hörte, machte ihm die Sache eher Freude als Verdruss. Indessen wuchs die Furcht der vornehmen Juden, weil es ih-
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nen nicht entging, wie gewalttätig, verwegen und herrschsüchtig Herodes war, und so gingen sie endlich zu Hyrkanus und verklagten Antipater offen, indem sie sagten: »Wie lange willst du denn noch ruhig zusehen? Merkst du nicht, dass Antipater und seine Söhne alle Gewalt in Händen haben und dir selbst nur noch den Namen eines Königs lassen? Du darfst hiergegen nicht blind sein, noch dich selbst außer Gefahr wähnen, wenn du so leichtsinnig an dir und dem Reiche handelst. Denn nicht deine Verwalter sind Antipater und dessen Söhne, wie du dir vielleicht trügerischerweise einredest, sondern sie werden für die wirklichen Herrscher gehalten. Herodes hat zudem den Ezechias und dessen Genossen in durchaus gesetzwidriger Weise hinrichten lassen. Denn das Gesetz verbietet ausdrücklich, einen wenn auch noch so verbrecherischen Menschen umbringen zu lassen, ehe er vom Synedrium zum Tode verurteilt ist. Und doch hat Herodes ohne deine Ermächtigung das gewagt.« 4. Durch diese Anklagen ließ sich Hyrkanus denn auch bereden, besonders da sein Zorn noch durch die Mütter der von Herodes Gemordeten entfacht wurde. Denn diese ließen nicht nach, Tag für Tag im Tempel den König und das Volk zu bitten, sie möchten den Herodes fur seine Taten vor dem Synedrium zur Verantwortung ziehen. Infolgedessen lud Hyrkanus den Herodes vor, um sich gegen die Anschuldigungen zu verteidigen. Herodes kam nun auch; jedoch hatte sein Vater ihm geraten, er solle nicht nach Art eines Privatmannes, sondern mit einer Leibwache und Bedeckung zu Hyrkanus sich begeben. Nachdem er daher in Galiläa die notwendigen Anordnungen getroffen, stellte er sich mit einer Begleitung, die insofern hinreichte, als er mit derselben dem Hyrkanus nicht gefahrlich erscheinen konnte und doch auch nicht ganz ohne Schutz war, dem Gerichte. Sextus jedoch, der Landpfleger von Syrien, forderte den Hyrkanus schriftlich auf, Herodes freizusprechen, und drohte ihm fur den Fall, dass er sich nicht füge. Dem Hyrkanus bot dieses Schreiben einen erwünschten Vorwand, den Herodes, den er wie einen Sohn liebte, zu entlassen, ohne dass das Synedrium eine Strafe über ihn verhängte. Als nun Herodes mit seiner Bedeckung vor dem Synedrium sich stellte, erzitterte alles, und keiner seiner Ankläger, die ihn vorher geschmäht hatten, wusste etwas vorzubringen, sondern es herrschte tiefes Schweigen. Bei dieser Lage der Dinge erhob sich der gerechte und deswegen über alle Furcht erhabene Sameas und sprach also: »Weder habe ich selbst jemals einen Menschen gesehen, 0 König und ihr Richter, noch glaube ich, dass ihr mir einen nennen könnt, der so als Angeklagter vor euch aufzutreten gewagt hätte. Wer sonst vor den
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Gerichtshof des hohen Rates kam, erschien in demütiger und zaghafter Haltung, als wenn er unser Mitleid herausforderte, mit lang herabhängendem Haar und in schwarzem Kleide. Unser Freund Herodes aber, der des Mordes beschuldigt und eines so schweren Verbrechens angeklagt ist, steht da in Purpur, mit geschniegeltem Haupthaar und von Bewaffneten umgeben, um uns, wenn wir ihn dem Gesetze gemäß verurteilen, niederzumachen und alle~ Recht zu verhöhnen. Doch ich will Herodes keinen Vorwurf daraus machen, dass er mehr auf seinen Vorteil als auf die Gesetze achtet. Euch vielmehr und den König muss ich tadeln, dass ihr euch so etwas bieten lasst. Denkt aber daran, dass es einen allmächtigen Gott gibt, und dass der, den ihr jetzt dem Hyrkanus zu Gefallen freisprechen wollt, einst euch und den König dafür züchtigen wird!« Diese Worte gingen auch wirklich in Erfüllung. Denn als Herodes später König geworden war, ließ er alle Mitglieder des Gerichtshofes samt Hyrkanus umbringen, mit alleiniger Ausnahme des Sameas. Diesen nämlich achtete er sehr, einmal seiner Gerechtigkeit wegen, dann aber auch, weil er, als die Stadt nachmals von Herodes und Sosius belagert wurde, das Volk aufforderte, den Herodes einzulassen, da man um der begangenen Sünden willen ihm doch nicht entgehen könne. Darüber werde ich mich später an geeigneter Stelle noch verbreiten. 5. Als nun Hyrkanus merkte, dass die Mitglieder des Synedriums den Herodes zum Tode verurteilen wollten, verschob er die Gerichtsverhandlung auf den folgenden Tag und ließ dem Angeklagten heimlich den Rat geben, er solle sich aus der Stadt fortmachen und so der Gefahr aus dem Wege gehen. Herodes begab sich darauf nach Damaskus, als ob er vor dem König fliehe. Sobald er aber bei Sextus Cäsar angekommen war und sich in Sicherheit wusste, machte er kein Hehl daraus, dass er sich bei nochmaliger Vorladung vor das Synedrium nicht stellen würde. Hierüber entrüsteten sich die Mitglieder des hohen Rates und suchten dem Hyrkanus begreiflich zu machen, dass er sein eigenes Interesse verkenne. Hyrkanus sah das auch wohl ein, wusste aber vor Unschlüssigkeit und· Zaghaftigkeit nicht, was er tun sollte. Als nun Sextus den Herodes zum Landpfleger von Coelesyrien ernannte (er hatte sich dieses Amt mit Geld erkauft), ergriff den Hyrkanus die Furcht, Herodes möchte ihn mit Krieg überziehen. Das geschah auch bald in der Tat: Herodes kam mit einem Heere, erzürnt über seine Vorladung vor den Gerichtshof des hohen Rates. Doch sein Vater Antipater und sein Bruder hielten ihn von einem Angriff auf Jerusalem ab, beschwichtigten seinen Groll und baten ihn, nichts Feindseliges zu unternehmen und den König, durch dessen Güte er doch zu seiner Wurde gelangt sei, mit dem
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bloßen Schrecken davonkommen zu lassen. Wenn er sich darüber entrüste, dass man ihn vor Gericht geladen habe, so müsse er doch auch bedenken, dass er entkommen sei, und für seine Rettung sich dankbar beweisen, statt sich durch Gewalttätigkeit unerkenntlich zu zeigen. Er solle auch wohl erwägen, dass Gott die Wechselfälle des Krieges lenke, sodass der Ausgang des Feldzuges unsicher sei und er auf den Sieg nicht rechnen könne, wenn er den ihm befreundeten König angreife, der ihm nur Wohltaten erwiesen und nicht das Geringste gegen ihn verbrochen habe. Hierdurch ließ sich Herodes denn auch erweichen und hielt seine Zukunftspläne schon hinreichend dadurch gefördert, dass er dem Volke wenigstens seine Macht gezeigt habe. So standen damals die Dinge in Judäa.
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ZEHNTES KAPITEL Die Beziehungen der Juden zu den Römern und anderen V6lkern.
1. Inzwischen hatte Cäsar sich nach Rom begeben und bereitete eine
Unternehmung gegen Afrika vor, wo er Scipio und Cato angreifen wollte, als Hyrkanus zu ihm schickte und ihn um Bestätigung des bestehenden Freundschaftsbündnisses bitten ließ. Ich habe es nun für notwendig gehalten, hier einmal alle Ehrenbezeugungen, die unserem Volke von den Römern und deren Herrschern erwiesen worden sind, sowie die Bündnisse aufzuzählen, damit es allgemein bekannt werde, wie die Herrscher in Asien und Europa aus Achtung vor unserer Tapferkeit und Treue uns ausgezeichnet haben. Viele zwar wollen aus Abneigung gegen uns das nicht glauben, was die Perser und Makedonier über uns geschrieben haben, weil die Werke dieser Geschichtsschreiber nicht überall zu haben sind und in den öffentlichen Archiven sich nicht vorfinden, sondern nur bei uns und einigen wenigen fremden Völkern aufbewahrt werden. Doch wagen sie nichts gegen die Beschlüsse der Römer einzuwenden. Denn 9iese sind sowohl in den öffentlichen Archiven und auf dem Kapitol niedergelegt, als auch auf eherne Säulen eingegraben. So hat zum Beispiel Julius Cäsar die zu Alexandria wohnenden Juden durch eine auf einer Säule von Erz angebrachte Inschrift öffentlich für alexandrinische Bürger erklärt. Aus diesen Quellen will ich also den Beweis führen und die Beschlüsse des Senates sowie des Julius Cäsar, die sich auf Hyrkanus und unser Volk beziehen, beifügen.
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2. »Gajus Julius Cäsar, Imperator und Pontifex maximus, zum zweiten Mal Diktator, an den Magistrat, den Senat und das Volk der Sidonier. Wenn es euch gut geht, bin ich zufrieden; ich und mein Heer sind gleichfalls wohl. Ich schicke euch anbei die Abschrift eines in den Archiven niedergelegten Dekretes, welches Hyrkanus, den Sohn des Alexander, Hohepriester und Fürsten der Juden betrifft, damit dasselbe eurem Archive einverleibt werde. Ich will außerdem, dass es in griechischer und lateinischer Sprache auf ehernen Tafeln eingegraben werde. Nämlich: Julius Cäsar, zum zweiten Mal Imperator und Pontifex maximus, verordnet nach Anhörung seines Rates wie folgt. Weil der Jude Hyrkanus, Sohn des Alexander, sowohl jetzt als auch früher, im Frieden wie im Kriege, sich stets treu und ergeben gegen uns bewiesen hat, was ihm auch schon viele unserer Machthaber bezeugten, weil er ferner jüngst im Alexandrinischen Kriege uns mit tausendfünfhundert Mann zu Hilfe gekommen ist und bei einer Sendung an Mithradates sich vor allen Übrigen ausgezeichnet hat, in Erwägung dessen ernenne ich Hyrkanus, den Sohn Alexanders, und dessen Söhne zu Ethnarchen der Juden, gestatte ihnen, das jüdische Hohepriesterturn ihrem Gebrauche gemäß für immer beizubehalten, und befehle, dass er selbst und seine Söhne zu unsern Bundesgenossen und besonderen Freunden gerechnet werden. Alles, was nach ihren Gesetzen den Hohepriestern zusteht oder ihnen durch die Güte anderer Wohltäter verliehen worden ist, soll ihm und seinen Söhnen verbleiben. Wenn über jüdische Einrichtungen unter den Juden ein Streit ausbricht, so soll er die Macht haben, darüber zu entscheiden. Dass in Judäa überwintert werde, oder dass man Geld von den Juden eintreibe, will ich hiermit verbieten.« 3. »Des Konsuls Gajus Cäsar Verordnungen, Zugeständnisse und Beschlüsse bestimmen wie folgt. Des Hyrkanus Söhne sollen die Fürsten der Juden sein und im Besitze des ihnen angewiesenen Landes bleiben Der Hohepriester und Landesfürst der Juden soll sich der Bedrängten annehmen. An Alexanders Sohn Hyrkanus, den Hohepriester der Juden, sollen Gesandte geschickt werden, um über ein Schutz- und Trutzbündnis mit ihm zu verhandeln. Der Wortlaut dieses Vertrages soll auf eherne Tafeln eingegraben und diese im Kapitol, in 1)rrus, Sidon, Askalon und in den Tempeln in römischer und griechischer Sprache aufgehängt werden. Weiterhin ist Sorge dafür zu tragen, dass dieser Erlass an die Quästoren und Prätoren der einzelnen Städte sowie an unsere Freunde gelange, damit den Gesandten die übliche Bewirtung zuteil und diese Vorschriften überall bekannt gemacht werden.«
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4. »Gajus Cäsar, Imperator, Diktator und Konsul, genehmigt hiermit zwecks Anerkennung der Tapferkeit und aus besonderem Wohlwollen sowie zu Nutz und Frommen des Senates und Volkes der Römer, dass Hyrkanus, der Sohn Alexanders, und dessen Söhne Hohepriester und Priester für Jerusalem und das ganze Volk sein sollen mit denselben Rechten und Befugnissen, die auch ihre Vorgänger im Priestertum besessen haben.« 5. »Gajus Cäsar, zum fünften Mal Konsul, verordnet hiermit, dass den Juden erlaubt sein soll, die Stadt Jerusalem besetzt zu halten und zu befestigen, ferner dass der jüdische Hohepriester und Fürst Hyrkanus, Alexanders Sohn, dieselbe nach seinem Gutdünken regieren darf, sowie dass den Juden in jedem zweiten Jahre von den Getreide-Abgaben ein Kor erlassen werden und in Zukunft weder Steuerverpachtungen bei ihnen stattfinden, noch immer die nämlichen Steuern bezahlt werden sollen.« 6. »Gajus Cäsar, zum zweiten Mal Imperator, verordnet wie folgt. 1 Zum Vorteil der Stadt Jerusalem hat ganz Judäa mit Ausnahme von Joppe jährlich eine Abgabe zu entrichten, es sei denn, dass es das siebente so genannte Sabbatjahr ist, in welchem weder Baumfrüchte geerntet noch Felder bebaut werden: 11 In Sidon muss alle zwei Jahre der vierte Teil der Feldfrüchte als Abgabe geliefert werden, und außerdem sind dem Hyrkanus und dessen Söhnen die Zehnten ebenso zu entrichten, wie sie deren Vorfahren entrichtet worden sind. III. Kein Beamter, Feldherr oder Legat darf im Gebiete der Juden Hilfstruppen ausheben, noch ist es den Soldaten erlaubt, von den Juden Geld, sei es zur Überwinterung, sei es unter irgendeinem anderen Vorwand, einzutreiben; dieselben sollen vielmehr von allen Plackereien verschont bleiben. IV. Alles, was sie in Zukunft besitzen, kaufen oder sonst wie erwerben werden, bleibt in ihrem ungestörten Besitz. V. Die Stadt Joppe, welche die Juden schon früher, als sie mit den Römern Bundesgenossenschaft schlossen, besessen haben, soll ihnen wie früher gehören; auch sollen Alexanders Sohn Hyrkanus und dessen Söhne als Eigentümer dieser Stadt von den Ackerbauern derselben als Zoll für das aus der Umgegend und dem Hafen jährlich nach Sidon ausgeführte Getreide sechsundzwanzigtausendfünfundsiebzig Modii erhalten, mit Ausnahme des Sabbatjahres, in welchem weder das Feld bebaut noch Baumfrüchte geerntet werden. VI. Die Dörfer in der großen Ebene, welche dem Hyrkanus und dessen Vorfahren gehörten; sollen Hyrkanus und die Juden laut Senatsbeschluss unter demselben Rechte wie auch früher besitzen. Ferner sollen die Rechtsbeziehungen, welche von jeher zwischen den Juden und ihren Hohepriestern bestanden, sowie die Zugeständnisse, die ihnen vom
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römischen Volke und Senate gemacht worden sind, in Gültigkeit bleiben. Dieselben Rechte sollen sie auch in Lydda genießen. VII. Alle Plätze, ländlichen Weiler und Dörfer, die früher den dem römischen Volke befreundeten Königen von Syrien und Phönizien gehörten, und deren Nutznießung sie durch Schenkung derselben erhalten haben, sollen nach Senatsbeschluss Eigentum des Fürsten Hyrkanus und der Juden sein. VIII. Dem Hyrkanus, seinen Söhnen. und den von ihm geschickten Gesandten steht das Recht zu, bei den Gladiatorenspielen und Tierkämpfen ihren Zuschauerplatz unter den Senatoren zu nehmen, und wenn sie sich vom Diktator oder vom Reiteroberst das Wort erbitten, so sollen sie in den Senat eingeführt werden und in zehn Tagen nach erfolgtem Senatsbeschluss Antwort erhalten.« 7. »Gajus Cäsar, zum vierten Mal Imperator, zum fünften Mal Konsul, Diktator auf Lebenszeit, verordnet Folgendes in Betreff der Rechte des jüdischen Hohepriesters und Fürsten Hyrkanus, des Sohnes des Alexander: In Erwägung, dass die früheren Imperatoren sowohl in den Provinzen als vor Volk und Senat dem jüdischen Hohepriester Hyrkanus und den Juden das beste Zeugnis erteilt, und Volk wie Senat denselben ihren Dank erstattet haben, wollen auch wir bedacht und besorgt sein, dass dem Hyrkanus, seinen Söhnen und dem Volke der Juden von dem römischen Senat und Volk für ihre Ergebenheit und ihre Dienstleistungen der gebührende Dank zuteil werde.« 8. »Gajus Julius, Prätor und Konsul der Römer, an den Magistrat, den Senat und das Volk von Paros. Die Juden in Delos und einige der jüdischen Mietwohner sind in Gegenwart eurer Gesandten bei mir vorstellig geworden und haben angezeigt, dass ihr durch Verordnungen sie hindert, ihre althergebrachten Gebräuche und ihren Gottesdienst zu vollziehen. Es hat mein Missfallen erregt, dass ihr solche Bestimmungen gegen unsere Freunde und Bundesgenossen erlasst und ihnen verbietet, nach ihren Gesetzen zu leben und Geld zu gemeinsamen Mahlen wie zum Gottesdienste beizutragen, besonders da ihnen dies noch nicht einmal in Rom untersagt ist. Denn unser Prätor und Konsul Gajus Cäsar hat, als er die Verordnung erließ, durch welche alle Versammlungen in der Stadt Rom verboten wurden, jene Zusammenkünfte, Geldsammlungen und Veranstaltungen von Gastmahlen ausdrücklich von dem Verbote ausgenommen. Ebenso gestatte auch ich, obgleich ich alle sonstigen Versammlungen verbiete, den Juden allein, sich nach den Sitten und Gebräuchen ihrer Vater zu versammeln und dabei zu verbleiben. Es ist daher erforderlich, dass ihr alle gegen unsere
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Freunde und Bundesgenossen erlassenen Verordnungen wegen ihrer Verdienste um uns und ihrer 'freue sogleich aufhebt.« 9. Nach Gajus Cäsars Tode beriefen die Konsuln Marcus Antonius und Publius Dolabella den Senat, führten die Gesandten des Hyrkanus ein, hielten über deren Begehren Vortrag und schlossen dann aufs Neue ein Freundschaftsbündnis mit ihnen, worauf der Senat ihnen alle ihre Forderungen zu erfüllen beschloss. Ich fuge den Beschluss bei, um dem Leser dieses Geschichtsbuches den Beweis für meine Angaben zu erbringen. Er lautete also: 10. »Senatsbeschluss, entnommen aus dem Archive und den Verzeichnissen der Quästoren, unter den Quästoren Quintus Rutilius und Gajus Cornelius, und zwar aus dem Anfange des zweiten Verzeichnisses. Verhandelt am elften April im Tempel der Concordia, in Gegenwart des Lucius Calpurnius Piso aus der Menenischen llibus, des Servius Papinius Potitus aus der Lemonischen 'fribus, des Gajus Caninius Rebilius aus der Terentinischen llibus, des Publius Tidetius und des Lucius Apulinus, Sohnes des Lucius aus der Sergischen 'fribus, des Flavius, Sohnes des Lucius aus der Lemonischen 'fribus, des Publius Platius, Sohnes des Publius aus der Papirischen 'fribus, des Marcus Acilius, Sohnes des Marcus aus der Maecischen 'fribus, des Lucius Erucius, Sohnes des Lucius aus der Stellatinischen llibus, des Marcus Quintius Plancillus aus der Pollischen llibus und des Publius Serius, auf den Antrag der Konsuln Publius Dolabella und Marcus Antonius. In Übereinstimmung mit den genannten Konsuln haben wir beschlossen, die von Gajus Cäsar gemäß einem Senatsbeschlusse zugunsten der Juden erlassene, damals aber nicht in das öffentliche Archiv aufgenommene Verordnung nunmehr darin niederzulegen und den städtischen Quästoren behufs Abschrift zuzustellen. So geschehen am neunten Februar im Tempel der Concordia. Anwesend waren als Gesandte des Hohepriesters Hyrkanus: Lysimachus, Sohn des Pausanias, Alexander, Sohn des Theodorus, Patroclus, Sohn des Chaerea, und Jonathas, Sohn des Onias.« 11. Einen von diesen Gesandten schickte Hyrkanus auch an Dolabella, der damals Asien verwaltete, und ließ ihn bitten, die Juden vom Kriegsdienste zu befreien, ihnen ihre väterlichen Gebräuche zu lassen und ihnen zu ermöglichen, dass sie danach leben könnten. Als Dolabella diesen Brief des Hyrkanus erhalten hatte, schickte er sogleich ohne weitere Beratung an alle asiatischen Städte, und zwar zuerst an Ephesus, das damals in Asien die erste Stelle einnahm, einen Erlass in Betreff der Juden folgenden Inhalts: 12. »Unter dem Prytanen Arternon am ersten Lenaion. Dolabella der Im-
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perator an den Senat, den Magistrat und das Volk von Ephesus. Alexander, Sohn des Theodorus, Gesandter des Hyrkanus, des Sohnes Alexanders, Hohepriesters und Fürsten der Juden, hat mir mitgeteilt, seine Landsleute könnten am Kriegsdienste nicht teilnehmen, weil sie am Sabbat weder Waffen tragen noch marschieren dürften, auch ihre von Gesetz und Gewohnheit ihnen vorgeschriebenen Speisen sich nicht verschaffen könnten. Infolgedessen befreie ich sie ebenso, wie meine Vorgänger getan haben, vom Kriegsdienste, gestatte ihnen, wenn sie sich zu Opfer und Gottesdienst nach ihrem Brauche versammeln, sich ihrer hergebrachten Einrichtungen zu bedienen sowie Geld zur Beschaffung der Opfer beizutragen, und befehle, dass dieser Erlass bei allen Städten zirkuliere.« 13. Das war die Gunstbezeugung, welche Dolabella unserem Volke erwies, als Hyrkanus einen Gesandten zu ihm geschickt hatte. Weitere Schriftstücke sind: »Der Konsul Lucius Lentulus erklärt: Ich habe diejenigen Juden, welche römische Bürger sind und in der Stadt Ephesus nach jüdischem Kultus leben, in öffentlicher Sitzung ihrer Religion wegen vom Kriegsdienste befreit. Verhandelt am zwanzigsten September unter den Konsuln Lucius Lentulus und Gajus Marcellus, in Gegenwart des Legaten Titus Appius Balgus, Sohnes des Titus aus der Horatischen Thbus, des Titus Tongius, Sohnes des Titus aus der Crustuminischen Thbus, des Quintus Raesius, Sohnes des Quintus, des Titus Pompejus, Sohnes des Titus, des Gajus Servilius, Sohnes des Gajus aus der Terentinischen Thbus, des Publius Clusius Gallus, Sohnes des Publius aus der Veturischen Thbus und des Gajus Sentius, Sohnes des Gajus aus der Sabatinischen Thbus.« - »Der Legat und Proprätor Titus Appius Bulbus, Sohn des Titus, an den Magistrat, den Senat und das Volk der Ephesier. Der Konsul Lucius Lentulus hat die in Asien wohnenden Juden auf meine Verwendung hin vom Kriegsdienste befreit. Von dem Proprätor Fannius und dem Proquästor Lucius Antonius habe ich auf desfallsiges Ersuchen dasselbe erlangt, und ihr habt deshalb dafür zu sorgen, dass niemand sie in dieser Hinsicht belästige.« 14. Beschluss der Delier. »Verordnung,erlassen am zwanzigsten Thargelion unter dem Archonten Boeotos. Der Legat Marcus Piso hat, als er in unserer Stadt die Aushebung leitete, uns und viele andere Bürger zusammenberufen und befohlen, die Juden, welche römische Bürger seien, nicht mit Kriegsdienst zu belästigen, weil der Konsul Cornelius Lentulus dieselben ihrer Religion wegen davon befreit habe. Dieser Verordnung ist unweigerlich Folge zu leisten.« Einen ähnlichen Beschluss fassten in Betreff der Juden die Sardianer.
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15. »Gajus Fannius, Sohn des Gajus, Imperator und Konsul, an den Magistrat der Koer. Ich will euch davon in Kenntnis setzen, dass Gesandte der Juden mit der Bitte zu mir gekommen sind, ich möge ihnen die ihretwegen erlassenen Senatsbeschlüsse aushändigen. Diese Beschlüsse gehen euch anliegend zu. Gemäß denselben habt ihr euch dieser Gesandten anzunehmen und dafür zu sorgen, dass sie unbehelligt durch euer Gebiet in ihre Heimat zurückkehren können.« 16. »Der Konsul Lucius Lentulus erklärt: Die das römische Bürgerrecht genießenden Juden, welche ich in der Stadt Ephesus nach jüdischem Kultus lebend an getroffen habe, befreie ich ihrer Religion wegen vom Kriegsdienste. So geschehen am neunzehnten September.« 17. »Lucius Antonius, Sohn des Marcus, Proquästor und Proprätor, an den Magistrat, den Senat und das Volk der Sardianer. Weil die das römische Bürgerrecht genießenden Juden bei mir vorstellig geworden sind und mir erklärt haben, sie hätten von jeher ihrem Gesetze gemäß eigene Zusammenkünfte und einen eigenen Gerichtshof, vor dem sie ihre Streitigkeiten schlichteten und ihre Verträge schlössen, so bestimme ich auf ihr Ersuchen um Genehmigung dieser Einrichtungen, dass sie hierbei zu belassen sind.« 18. »Marcus Publius, Sohn des Spurius, Marcus, Sohn des Marcus, und Lucius, Sohn des Publius, erklären: Nachdem wir den Prokonsul Lentulus angegangen und ihm mitgeteilt haben, dass Dositheus, der Sohn des Kleopatridas aus Alexandria, ersucht hat, die Juden mit römischem Bürgerrecht, die nach jüdischem Kultus leben, ihrer Religion wegen vom Kriegsdienste zu befreien, hat er diesem Verlangen am neunzehnten September stattgegeben.« 19. »Verhandelt unter dem Konsulate des Lucius Lentulus, Sohnes des Quintilius, und des Gajus Marcellus, in Gegenwart des Legaten Titus Appius Balbus, Sohnes des Titus aus der Horatischen llibus, des Titus Tongius aus der Crustuminischen 1ribus, des Quintus Raesius, Sohnes des Quintus, des Titus Pompejus, Sohnes des Titus, des Cornelius Longinus, des Kriegstribunen Gajus Servilius Bracchus, Sohnes des Gajus aus der Terentinischen llibus, des Publius Clusius Gallus, Sohnes des Publius aus der Veturischen llibus, des Kriegstribunen Gajua Teutius, Sohnes des Gajus aus der Aemilischen llibus, des Sextus Atilius Serranus, Sohnes des Sextus aus der Aesquilinischen llibus, des Gajus Pompejus, Sohnes des Gajus aus der Sabatinischen llibus, des Titus Appius Menander, Sohnes des Titus, des Publius Servilius Strabo, Sohnes des Publius, des Lucius Paccius Capito, Sohnes des Lucius aus der Collinischen 1ribus, des Aulus Furius Tertius,
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Sohnes des Aulus, und des Appius Menas. In Gegenwart vorbenannter Männer verkündet Lentulus folgenden Beschluss: Die Juden mit römischem Bürgerrecht, die nach jüdischem Kultus in Ephesus leben, sind ihrer Religion wegen vom Kriegsdienste befreit.« 20. »Der Magistrat von Laodikea an den Konsul Gajus Rabilius, Sohn des Gajus. Sopater, der Abgesandte des Hohepriesters Hyrkanus, hat uns deinen Brief überbracht, aus welchem hervorgeht, dass von dem jüdischen Hohepriester Hyrkanus Gesandte angekommen sind und ein Schreiben in Betreff ihres Volkes überreicht haben, worin gebeten wurde, es möge den Juden gestattet sein, ihre Sabbate und ihre übrigen gottesdienstlichen Verrichtungen nach den väterlichen Gesetzen beizubehalten, sodann dass niemand ein Recht über sie eingeräumt werde, weil sie unsere Freunde und Bundesgenossen seien, und dass keiner sie in unserer Provinz behelligen dürfe, da du doch die Trallianer, die sich den ihretwegen erlassenen Verordnungen widersetzt hätten, zur Befolgung derselben angehalten habest, weshalb sie auch bäten, dass du uns ebenfalls ihretwegen ein Schreiben zukommen lassen wollest. Wir haben daher deinem Befehle gemäß den überbrachten Brief in Empfang genommen und denselben in unserem Archiv niedergelegt. Auch werden wir uns angelegen sein lassen, deine übrigen Aufträge zu deiner Zufriedenheit zu erledigen.« 21. »Publius Servilius Galba, Sohn des Publius, Prokonsul, an den Magistrat, den Senat und das Volk der Milesier. Da euer Mitbürger Prytanis, Sohn des Hermas, in der Stadt Tralles, wo ich eine Versammlung abhielt, mir mitgeteilt hat, ihr behandeltet die Juden nichtin unserem Sinne, sondern verhindertet sie, ihre Sabbate zu feiern, ihre herkömmlichen Opfer darzubringen und nach ihrer Gewohnheit zu leben, und dass er selbst diesen Beschluss auf gesetzmäßigem Wege zustande gebracht habe, so tue ich euch hiermit zu wissen, dass ich nach Anhörung beider Parteien entschieden habe: Die Juden dürfen in der Ausübung ihrer Gebräuche nicht behindert werden.« 22. Beschluss der Pergarnener. »Verordnung, erlassen unter dem Prytanen Kratippos am ersten Tage des Monats Daisios. Da die Römer nach dem Vorgange ihrer Ahnen fur das allgemeine Wohl jeder Gefahr Trotz bieten und um die Wette sich bemühen, ihren Freunden und Bundesgenossen Wohlstand und Frieden zu sichern, so hat der Senat auf Anstehen der ehrenwerten Gesandten der Juden und des Hohepriesters Hyrkanus, nämlich des Strato, Sohnes des Theodotus, des Apollonius, Sohnes des Alexander, des Aeneas, Sohnes des Antipater, des Aristobulus, Sohnes des Amyntas,
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und des Sosipater,. Sohnes des Philippus, und nach Anhörung ihrer Vorstellungen im Einzelnen beschlossen, ihrem Verlangen gemäß dem Könige Antiochus, dem Sohne des Antiochus, vorzuschreiben, er dürfe den Juden als römischen Bundesgenossen keinerlei Unbill antun und müsse, was er ihnen an Festungen, Häfen und Land entrissen habe, wieder herausgeben. Imgleichen sei den Juden die Ausfuhr aus ihren Häfen zu gestatten, nur dürfe niemand, sei er nun König oder Untertan, aus den Häfen irgend etwas ohne Zollabgabe ausführen, mit alleiniger Ausnahme des alexandrinischen Königs Ptolemäus, weil er ihr Freund und Bundesgenosse sei. Endlich müsse auch die Besatzung aus Joppe zurückgezogen werden. Das Mitglied unseres Senates Lucius Pettius hat daher angeordnet, dass wir für gehörige Ausführung des Beschlusses des römischen Senates zu sorgen und den Gesandten eine sichere Heimreise zu verschaffen hätten. Wir haben darauf den Theodorus in unseren Senat und unsere Volksversammlung eingeführt, von ihm das Schreiben mit dem Senatsbeschlusse in Empfang genommen und von ihm gehört, wie tugendhaft und hochherzig Hyrkanus sei, da er in gleicher Weise für das Wohl des Staates wie jedes einzelnen Bürgers sorge. Alsdann haben wir das Schreiben in unserem Archiv niedergelegt und als Bundesgenossen der Römer beschlossen, auch unserseits den Juden in jeder Beziehung Vorschub zu leisten. Theodorus, der Überbringer des Schreibens, sprach dann noch die Bitte aus, unsere Obrigkeit möge an Hyrkanus eine Abschrift des Beschlusses durch Gesandte schicken, die ihn von der Gesinnung unseres Volkes benachrichtigen, ihn zur Bewahrung und Steigerung seiner freundschaftlichen Zuneigung und zur Erweisung neuer Gefälligkeiten für entsprechende Gegenleistungen veranlassen und ihn daran erinnern könnten, wie schon zu den Zeiten Abrams, des Stammvaters aller Hebräer, unsere Vorfahren nach Ausweis unserer Annalen mit diesen freundschaftliche Beziehungen unterhalten hätten.« 23. Beschluss der Bewohner von Halikarnassos. »Auf Antrag des Marcus Alexander beschloss die Gemeinde unter dem Priestertum des Memnon, Sohnes des Orestidas und Adoptivsohnes des Euonymos, am ... ten Tage des Monats Anthesterion wie folgt. Weil wir die Frömmigkeit gegen Gott und die Religion allzeit eifrig pflegen, so haben wir nach dem Beispiele des um alle Menschen hochverdienten römischen Volkes und im Hinblick darauf, dass dasselbe den Juden, die mit ihm verbündet sind, freie Ausübung ihres Gottesdienstes und unbeschränkte Feier ihrer Feste gewährleistet hat, beschlossen, dass es allen Juden, sei es Mann oder Weib freistehen soll, die Sabbate zu halten, Opfer nach ihrem Gesetze darzubringen und Gebete am
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Meere, wie es bei ihnen üblich ist, zu veranstalten. Wer sie darin behindert, sei er obrigkeitliche oder Privatperson, soll mit Geldstrafe büßen und der Stadt dafür haften.« 24. Beschluss der Bewohner von Sardes. »Senat und Volk haben auf Antrag der Vorsteher beschlossen wie folgt. Da unsere jüdischen Mitbürger, die vom Volk allezeit viele und große Wohltaten erfuhren, Senat und Volk gebeten haben, es möge ihnen jetzt, da das Volk und der Senat der Römer ihnen ihre Freiheiten und die Möglichkeit, nach ihrem Gesetze zu leben, wiedergegeben haben, bei der Abhaltung ihrer religiösen und von ihrem Gesetze vorgeschriebenen Zusammenkünfte nichts in den Weg gelegt und ihnen ein Ort angewiesen werden, wo sie mit ihren Frauen und Kindern sich versammeln und ihre herkömmlichen Gebete und Opfer Gott darbringen können, so hat der Senat und das Volk beschlossen, ihnen zu gestatten, dass sie an bestimmten Tagen zusammenkommen und allen ihnen von ihrem Gesetze gebotenen Verrichtungen obliegen dürfen, sodann auch, ihnen von den städtischen Beamten besondere Bau- und Wohnplätze nach ihrer Wahl anweisen zu lassen und den Agoranomen* der Stadt aufzutragen, ihnen alles zu ihrem Lebensunterhalt Notwendige verabfolgen zu lassen.« 25. Beschluss der Bewohner von Ephesus. »Unter dem Prytanen Menophilos, am ersten Tage des Monats Artemisios, beschloss das Volk auf Antrag des Nikanor, Sohnes des Euphemos, und der Stadtvorsteher wie folgt. In Erwägung, dass die in der Stadt lebenden Juden auf ihre bei dem Prokonsul Marcus Julius Pompejus, dem Sohne de~ Brutus, angebrachte Bitte, ohne irgendwelche Behinderung di~ Sabbate beobachten und nach ihren väterlichen Einrichtungen leben zu dürfen, dies vom Prätor bewilligt erhalten haben, beschloss das Volk und der Senat mit besonderer Rücksichtnahme auf die Römer, dass niemand an der Feier des Sabbates behindert noch deswegen mit einer Geldstrafe belegt, vielmehr den Juden alle Freiheit in der Befolgung ihrer eigenen Gesetze gewährt werden solle.« 26. Es gibt noch viele derartige Senatsbeschlüsse und Verordnungen einzelner Machthaber, die zugunsten des Hyrkanus und unseres Volkes erlassen worden sind, desgleichen Volksdekrete und obrigkeitliche Edikte in Betreff unserer Rechte, auf deren Inhalt der aufmerksame Leser dieser Schrift leicht aus den vorstehenden Angaben schließen kann. Da wir nämlich klare und überzeugende Beweise für unsere freundschaftlichen Beziehungen zum römischen Volke beigebracht und auch der ehernen Säulen und Tafeln * Beamte, denen das Marktwesen der Stadt unterstellt war.
* (Umstellungen im Text.)
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Erwähnung getan haben, die sich noch jetzt auf dem Kapitol finden und dort auch wohl noch lange Zeit bleiben werden, so haben wir es für überflüssig und unerquicklich gehalten, alle einzelnen Beweismittel hier noch anzu[uhren, und deshalb davon Abstand genommen. Wir halten auch niemand [ur so böswillig, dass er nun noch an unserer Freundschaft mit den Römern, die durch so viele Dekrete erwiesen ist, Zweifel hegen könnte, da aus den gegebenen Mitteilungen unsere Wahrheitsliebe klar hervorleuchtet. So steht also die Freundschaft, die uns mit den Römern verband, über allen Zweifel erhaben da.
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ELFTES KAPITEL Wie Cassius nach Syrien kam und Judäa schwer bedrückte. Antipater von Malichus und dieser von Herodes getötet.
1. Um diese Zeit entstanden in Syrien Unruhen aus folgender Veranlassung. Bassus Caecilius, einer von Pompejus' Anhängern, brachte den Sextus Cäsar meuchlerisch ums Leben, stellte sich an die Spitze des Heeres und bemächtigte sich der Herrschaft. Darüber kam es bei Apamea zu einem furchtbaren Icriege, indem Cäsars Heerführer den Bassus mit Reiterei und Fußvolk angriffen. Auch Antipater stellte ihnen dazu unter dem Befehl seiner Söhne eine Hilfstruppe, da er sich der ihm von Cäsar erwiesenen Wohltaten erinnerte und es deshalb für seine Pflicht erachtete, ihn zu rächen und seinen Mörder zu züchtigen. Wahrend der Krieg sich nun in die Länge zog, kam Murcus von Rom, um den Sextus zu ersetzen, und gleichzeitig ward Cäsar von Brutus und Cassius in der Kurie ermordet*, nachdem er drei Jahre und sechs Monate die höchste Gewalt innegehabt hatte. 2. Als nun bei dem durch Cäsars Ermordung verursachten Kriege sich alle bedeutenderen Männer hierhin und dorthin zerstreuten, um 1hIppen zu werben, kam Cassius nach Syrien, um das bei Apamea stehende Heer zu übernehmen, hob die Belagerung auf und stiftete Frieden zwischen Bassus und Murcus. Dann durchzog er die Städte, sammelte Waffen, warb Soldate~ an, legte den Städten schwere Kriegsabgaben auf und drückte insbesondere Judäa durch Eintreiben einer Steuer von siebenhundert Talenten Silber. Als * 15. März 44 v. ehr.
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Antipater deswegen alles in Furcht und Bestürzung sah, verteilte er die Beitreibung der Abgabe auf seine Söhne, auf den ihm wenig freundlich gesinnten Malichus und auf einige andere Vertraute. Da nun Herodes zuerst aus Galiläa seinen Anteil beibrachte, kam er bei Casius in hohe Gunst. Herodes hielt es nämlich für klug, den Römern diesen Dienst zu erweisen und sich ihr Wohlwollen auf fremde Kosten zu erringen. In den übrigen Städten wurden deren Vorsteher samt den Bewohnern gepfändet, und Cassius brachte so vier Städte, von denen die mächtigsten Gophna und Emmaus, die übrigen Lydda und Thamna waren, in Knechtschaft. Ja, er ging in seinem Zorn so weit, dass er den Malichus, gegen den er aufgebracht war, getötet haben würde, wenn Hyrkanus ihm nicht aus seinen Mitteln durch Antipater hundert Talente geschickt und dadurch seinen Groll beschwichtigt hätte. 3. Cassius aber war kaum aus Judäa wieder abgezogen, als Malichus dem Antipater nachstellte, weil er durch dessen Ermordung die Herrschaft des Hyrkanus befestigen zu können glaubte. Dieser Plan blieb jedoch Antipater nicht verborgen, und er begab sich, sobald er Kunde davon erhalten hatte, über den Jordan und warb ein Heer aus Arabern und Einheimischen. Malichus leugnete nun in seiner Schlauheit, je an solche Nachstellungen gedacht zu haben, reinigte sich vor Antipater und dessen Söhnen durch einen Eid, und erklärte, ein derartiger Anschlag sei doch nicht möglich, da Phasael Jerusalem besetzt halte und Herodes die Waffen unter Aufsicht habe. Als er aber sah, dass er damit nichts ausrichtete, versöhnte er sich mit Antipater und einigte sich mit ihm. Murcus, der um diese Zeit Prätor in Syrien war, erkannte indes bald, dass Malichus auf eine Umwälzung in Judäa sinne, und hätte ihn töten lassen, wenn er nicht durch Antipaters Bitten veranlasst worden wäre, ihm das Leben zu schenken. 4. Antipater sah aber nicht ein, dass er damit nur seinen eigenen Mörder rettete. Cassius und Murcus hatten nämlich kaum ihr Heer beisammen, als sie Herodes die gesamte Verwaltung übergaben, ihn zum Statthalter von Coelesyrien ernannten und ihm eine Flotte sowie ein aus Reiterei und Fußvolk bestellendes Landheer anvertrauten. Auch versprachen sie, ihn gleich nach dem Kriege, der zwischen Antonius und dem jungen Cäsar (Octavianus) ausgebrochen war, zum Könige von Judäa machen zu wollen. Nun geriet Malichus erst recht in Furcht vor Antipater und suchte ihn aus dem Wege zu räumen. Als sie eines Tages beide bei Hyrkanus speisten, bestach Malichus den Mundschenk des Hyrkanus, ließ den Antipater vergiften und bemächtigte sich mit Hilfe von Bewaffneten~ die er bereitgehalten, der ganzen Stadt. Herodes und Phasael entrüsteten sich bei der Nachricht von dem
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gegen ihren Vater verübten Meuchelmord; doch leugnete Malichus auf Befragen hartnäckig die Tat. So kam Antipater ums Leben, der sich stets durch Frömmigkeit, Gerechtigkeit und Vaterlandsliebe ausgezeichnet hatte. Von seinen Söhnen nun beschloss Herodes alsbald, seinen Vater zu rächen, und zog mit Heeresmacht gegen Malichus zu Felde. Phasael jedoch, der ältere Bruder, wollte ihn lieber mit List fangen, um nicht den Vorwurf auf sich zu laden, er habe einen Bürgerkrieg heraufbeschworen. Er nahm daher zum Schein des Malichus Rechtfertigung an, tat, als wenn er an dessen Unschuld glaubte, und errichtete seinem Vater ein Grabmal. Unterdessen war Herodes nach Samaria gekommen, und da er die Stadt in sehr verwahrlostem Zustande antraf, verschönerte er sie und legte die Streitigkeiten ihrer Bewohner bei. 5. Als aber bald darauf in Jerusalem das (Pfingst-)Fest bevorstand, näherte er sich mit seinen Soldaten der Stadt. Malichus in seiner Angst riet nun dem Hyrkanus, ihn nicht einzulassen. Hyrkanus willfahrte dem Malichus und gab als Vorwand an, er könne, da das Volk sich zum Feste reinige, nicht gut eine solche Menge von Fremdlingen in die Stadt aufnehmen. Herodes aber kümmerte sich nicht um des Hyrkanus Boten und rückte bei Nacht in die Stadt ein. Obwohl nun Malichus hierüber in große Bestürzung geriet, fiel er doch nicht aus der Rolle, sondern jammerte um Antipater und rief öffentlich aus, dieser sei sein bester Freund gewesen. Insgeheim dagegen war er auf seine Sicherheit bedacht. Herodes beschloss nun, seine Heuchelei nicht zu entlarven, sondern, um ihm allen Argwohn zu benehmen, ihn mit Freundlichkeit zu empfangen. 6. Inzwischen teilte Herodes dem Cassius brieflich mit, dass sein Vater ermordet worden sei. Dieser, der des Malichus Charakter genau kannte, schrieb ihm zurück, er solle seinen Vater rächen, und trug den zu Tyrus stehenden Tribunen heimlich auf, Herodes Hilfe zu leisten, wenn er Vergeltung üben wolle. Als nun Cassius Laodikea eingenommen hatte und man von allen Seiten mit Kränzen und Geld zu ihm hinströmte, hoffte Herodes, auch Malichus werde dorthin kommen und dann seiner Strafe nicht entgehen. Malichus jedoch, der sich bei 'JYrus in Phönizien aufhielt, hatte Verdacht geschöpft und ersann einen kühnen Streich. Da nämlich sein Sohn zu Tyrus als Geisel festgehalten wurde, beschloss er, diesen aus der Stadt zu rauben, nach Judäa zu eilen und, während Cassius gegen Antonius marschiere, das Volk zum Abfall zu bewegen und selbst die Herrschaft an sich zu reißen. Dieser Plan aber ward zunichte durch die Fügung Gottes und die Klugheit des Herodes, der des Malichus Vorhaben merkte und einen Die-
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ner in die Stadt sandte, angeblich um ein Mahl herzurichten, zu dem er alle seine Freunde geladen hatte, in Wirklichkeit aber, um einige Tribunen zu veranlassen, dass sie, mit Dolchen bewaffnet, dem Malichus entgegengehen möchten. Diese begaben sich auch gleich auf den Weg, trafen den Malichus nahe bei der Stadt am Meeresufer und stießen ihn nieder. Als Hyrkanus hiervon Kunde erhielt, entsetzte er sich so, dass er kein Wort hervorbringen konnte. Kaum aber war er wieder zu sich gekommen, als er bei Herodes anfragen ließ, wer den Malichus getötet habe. Da man ihm nun die Antwort brachte, die Tat sei auf Befehl des Cassius geschehen, billigte er dieselbe und sagte, Malichus sei ein nichtswürdiger Mensch und ein Feind seines Vaterlandes gewesen. Also traf den Malichus für die Ermordung Antipaters die gerechte Strafe. 7. Kaum aber hatte Cassius Syrien verlassen, als in Judäa wieder Unruhen ausbrachen. Ein gewisser Helix, der in Jerusalem mit einer Heeresabteilung zurückgeblieben war, griff PhasaeI an und veranlasste dadurch eine Erhebung des Volkes. Herodes begab sich darauf zu Fabius, dem Kommandanten von Damaskus, von wo aus er seinem Bruder zu Hilfe eilen wollte, ward aber durch eine Krankheit daran verhindert. Unterdessen hatte Phasael den Helix schon überwunden und in einen Thrm gedrängt, aus dem er ihn nach Abschluss eines Vergleiches wieder entließ. Dann aber machte er dem Hyrkanus Vorwürfe, weil dieser trotz vieler von Antipaters Familie ihm erwiesener Wohltaten deren Feinde unterstütze. Des Malichus Bruder nämlich hatte eine Reihe von Festungen, darunter auch das außerordentlich starke Masada, zum Abfall gebracht und von denselben Besitz ergriffen. Als Herodes jedoch bald darauf genesen war, zog er gegen ihn zu Felde und vertrieb ihn aus allen festen Plätzen, die er an sich gerissen hatte. Alsdann aber ließ er ihn einer Vereinbarung gemäß frei ausgehen.
ZWÖLFTES KAPITEL Herodes vertreibt Antigonus, den Sohn des Aristobulus, aus Judäa und erwirbt sich die Gunst des Antonius. Des Antonius Erlasse an die Tyrier. 297
1. Mittlerweile zog Ptolemäus Mennaei mit Aristobulus' Sohn Antigonus, der ein Heer zusammengebracht und den Fabius durch Geld sich willfährig gemacht hatte, aus verwandtschaftlichen Rücksichten auf Judäa los. Dabei
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leistete ihnen Marion, den Cassius als Alleinherrscher in 'I}rrus zurückgelassen hatte, bereitwillig Hilfe. Cassius hatte nämlich das eroberte Syrien der Obhut einzelner Machthaber anvertraut. Marion fiel nun in das ihm zunächst liegende Galiläa ein, eroberte drei Festungen und versah dieselben mit Besatzungen. Herodes jedoch griff ihn an und nahm ihm alles wieder ab, entließ aber die tyrischen Besatzungsmannschaften mit großer Freundlichkeit und gab einigen von ihnen wegen seiner Vorliebe für Tyrus sogar Geschenke mit. Hierauf zog er dem Antigonus entgegen, schlug ihn und trieb ihn von den Grenzen Judäas, die er schon erreicht hatte, wieder zurück. Als er nach Jerusalern zurückkehrte, überreichten Hyrkanus und das Volk ihm Kränze als Siegespreise. Er war übrigens schon durch Verlobung zum Schwiegersohn des Hyrkanus bestimmt und erwies diesem umso mehr Aufmerksamkeit, als er auch der Gatte einer Tochter von Aristobulus' Sohn Alexander, die mütterlicherseits eine Enkelin des Hyrkanus war und ihm später drei Söhne und zwei Tochter schenkte, werden sollte. Früher schon hatte er eine Gattin aus niederem Stande mit Namen Doris heimgeführt und von ihr seinen ältesten Sohn Antipater erhalten. 2. Unterdessen war Cassius, wie auch anderswoher bekannt ist, von Antonius und Cäsar bei Philippi besiegt worden, worauf Cäsar nach Italien eilte, während Antonius sich nach Asien begab. Als der Letztere nun nach Bithynien gekommen war, erschienen von allen Seiten Gesandte bei ihm, unter anderen auch die Vornehmsten der Juden, die sich über Phasael und Herodes beklagten und darauf hinwiesen, dass Hyrkanus nur noch eine Scheinregierung führe, während jene heiden in Wirklichkeit alle Macht in Händen hätten. Antonius aber schätzte den Herodes sehr hoch, und da dieser zu ihm kam, um sich gegen seine Ankläger zu verteidigen, hatte er es bald so weit gebracht, dass seine Gegner nicht einmal mehr Zutritt zu Antonius erlangten, den er durch reiche Geldgeschenke noch mehr für sich gewonnen hatte. Sobald darauf Antonius nach Ephesus gekommen war, schickten der Hohepriester Hyrkanus und unser Volk eine Gesandtschaft an ihn, die ihm einen goldenen Kranz überbrachte und ihn bat, er möge an die Vorsteher der Provinzen schreiben, dass sie die von Cassius gegen alles Kriegsrecht gefangen genommenen Juden freilassen und ihnen das Land, welches ihnen zu Cassius' Zeiten abgenommen worden war, zurückgeben sollten. Diese Forderungen der Juden erkannte Antonius als gerecht an; er schrieb daher dem Hyrkanus und den Juden sogleich Antwort und sandte auch an die Tyrier eine entsprechende Verordnung. Brief und Verordnung hatten folgenden Wortlaut:
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3. »Der Imperator Marcus Antonius an den jüdischen Hohepriester und Fürsten Hyrkanus. Wenn es dir gut geh~ soll's mich freuen; ich und mein Heer befinden uns ebenfalls wohl. Nachdem eure Gesandten Lysimachus, Sohn des Pausanias, Josephus, Sohn des Mennaeus, und Alexander, Sohn des Theodorus, zu mir nach Ephesus gekommen sind und in derselben Eigenschaft, wie früher zu Rom, deine Aufträge getreulich ausgerichtet sowie Beweise deiner guten Gesinnung erbracht haben, bin ich von eurer aufrichtigen Freundschaft sowohl aus ihren Worten als auch nach den Tatsachen hinreichend überzeugt und halte es für meine Pflich~ eure 'freue und Ergebenheit hiermit ausdrücklich anzuerkennen. Weil nun eure und des römischen Volkes Feinde ganz Asien verwüstet und weder Städte und Tempel verschon~ noch Eidschwüre gehalten haben, so haben wir, die wir nicht nur für unser eigenes Wohl, sondern auch für das der ganzen Welt kämpfen, sie dafür gebührend gezüchtigt. Begingen sie doch solche Schandtaten gegen ihre Mitmenschen und solche Frevel gegen die Götter, dass selbst die Sonne sich verhüllte, um den an Cäsar begangenen Mord nicht sehen zu müssen. So haben wir auch die himmelschreienden Pläne, zu deren Ausführung Makedonien, das für alle Schandtaten geeignete Land, sich darbo~ zunichte gemacht und die Rotte sinnloser Verbrecher, welche sie bei Philippi in Makedonien zusammengezogen hatten, aufs Haupt geschlagen, obgleich sie alle geeigneten und durch das Gebirge wie durch einen Wall bis ans Meer hin geschützten Plätze besetzt hatten, sodass nur durch einen einzigen Pass der Zugang offen stand. Doch die Götter selbst hatten sie um ihrer Frevel willen dem Verderben geweiht. Brutus, der nach Philippi geflohen und dort von uns belagert worden war, wurde gleich Cassius vom Untergange ereilt. Nachdem dieselben so ihre verdiente Strafe erlitten haben, hoffen wir, in Zukunft Frieden zu genießen und Asien sich vom Kriege erholen zu sehen. Den Frieden, den Gott uns geschenk~ wollen wir nun auch unseren Bundesgenossen verschaffen, sodass infolge unseres Sieges Asien gleichsam von einer schweren Krankheit zur Genesung gelangt. Da ich nun besonders deiner und deines Volkes eingedenk bin, so will ich mir angelegen sein lassen, für euer Wohlergehen zu sorgen. Ich habe deshalb den einzelnen Städten geschrieben, dass sie alle Freien oder Sklaven, die von Cassius oder dessen Heerführern verkauft worden sind, sogleich in Freiheit zu setzen haben. Weiterhin bestätige ich euch alle Zugeständnisse, die ihr von meiner und Dolabellas Güte erlangt habt. Den '1Jriern habe ich verboten, euch zu behelligen; auch müssen sie alles, was sie den Juden entrissen haben, denselben wieder zustellen. Den mir übersandten Kranz aber nehme ich mit Dank an.«
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4. »Der Imperator Marcus Antonius an den Magistrat, den Senat und das Volk der 'I)rrier. Nachdem in Ephesus die Gesandten des Hohepriesters und Fürsten Hyrkanus bei mir Klage darüber geführt habe~, dass ihr Landesteile von dessen Gebiet an euch gerissen hättet, während unsere Gegner im Besitz der Gewalt waren, so befehle ich euch jetzt, weil wir für den rechtmäßigen Herrscher Krieg geführt und um der Gerechtigkeit und Gottesfurcht willen diejenigen gezüchtigt haben, die weder der empfangenen Wohltaten noch ihrer Eidschwüre gedachten, dass ihr mit unseren Bundesgenossen Frieden haltet und alles, was ihr von unseren Feinden bekommen habt, als unrechtmäßiges Gut den früheren Eigentümern wieder zustellt. Denn keiner von jenen Menschen hat jemals eine Provinz oder ein Heer vom Senate erhalten; vielmehr haben sie alles nur mit Gewalt an sich gerissen, um sich den Genossen ihrer Schandtaten gegenüber freigebig beweisen zu können. Nachdem sie nun ihre verdiente Strafe erlitten haben, halten wir es für billig, dass unseren Bundesgenossen ihr früheres Eigentum in ungestörtem Besitze verbleibt, und dass ihr alle Landesteile, welche am Tage vor dem ungerechten Angriff des Gajus Cassius gegen unsere Provinz dem jüdischen Fürsten Hyrkanus gehörten und die ihr jetzt in Besitz habt, demselben zurückgebt, euch auch aller ferneren Eingriffe in die Eigentumsrechte der Juden enthaltet. Habt ihr etwas hiergegen zu eurer Rechtfertigung vorzubringen, so könnt ihr dies bei unserer nächsten Anwesenheit dortselbst tun, da wir beschlossen haben, die Rechte aller unserer Bundesgenossen in gleichem Maße zu schützen.« 5. »Der Imperator Marcus Antonius an den Magistrat, den Senat und das Volk der Tyrier. Anbei erhaltet ihr eine Verordnung, von der ihr eine Abschrift in lateinischer und griechischer Sprache in eurem Archiv niederzulegen, das Original aber· an einer besonders auffallenden Stelle anzuheften habt, sodass es von allen gelesen werden kann.« »Der Imperator und lliumvir Marcus Antonius erklärt: Weil Gajus Cassius bei dem letzten Aufstand eine mit Besatzung versehene fremde Provinz geplündert, unsere Bundesgenossen beraubt und das mit den Römern befreundete Volk der Juden bekriegt hat, so stellen wir, da sein Übermut nunmehr von uns mit Waffengewalt bezwungen worden ist, kraft unserer Verordnungen und gerichtlichen Urteile alles von ihm Geraubte unseren Bundesgenossen wieder zu, geben auch alles, was zum Schaden der Juden an Menschen oder Sachen verkauft worden ist, wieder frei, sodass die Menschen ihre Freiheit wiedererlangen, die Sachen aber an die früheren Herren zurückfallen. Wer dieser Verordnung nicht nachkommt, hat die gesetzliche Strafe verwirkt, und es
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bleibt in den einzelnen Fällen meinem Ermessen überlassen, wie hoch der Widersetzliche zu bestrafen ist.« 6. Eine Abschrift dieser Verordnung erhielten auch die Bewohner von Sidon, Antiochia und Aradus. Ich glaube derselben hier eine passende Stelle angewiesen zu haben, da sie als Beweis der Fürsorge dienen kann, welche die Römer unserem Volke zuteil werden ließen.
DREIZEHNTES KAPITEL Wie Antonius Herodes und PhasaeI zu Tetrarchen ernannte. Wie die Parther in Judäa einfielen und Hyrkanus sowie Phasael gefangen nahmen. Herodes'
Flucht und Phasaels Ende. 324
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1. Als nun Antiochus sich später nach Syrien begeben wollte, kam ihm in Cilicien Kleopatra entgegen, zu der er in Liebe entbrannte. Hier erschienen abermals hundert der vornehmsten Juden bei ihm, um Herodes und dessen Angehörige zu verklagen; sie hatten zu diesem Zwecke die gewandtesten Redner ausgesucht. Ihnen widersprach aber namens der Jünglinge Messala in Gegenwart des Hyrkanus, der bereits des Herodes Schwiegervater war. Nachdem Antonius in Daphne beide Parteien angehört hatte, fragte er Hyrkanus, welche von beiden das Volk besser zu regieren verstehe. Und als dieser entgegnete, Herodes und seine Verwandten, ernannte Antonius, der auch schon früher den Letzteren aus Anlass der gastlichen Aufnahme, welche er und Gabinius bei ihrem Vater gefunden, sehr zugetan war, die beiden Brüder zu Tetrarchen*, übertrug ihnen in verbriefter Form die Verwaltung von Judäa und ließ fünfzehn von ihren Gegnern einkerkern, die auch hingerichtet worden wären, wenn Herodes sich nicht für sie ins Mittel gelegt hätte. 2. Gleichwohl beruhigten sich die Juden nach der Heimkehr der Gesandten nicht. Vielmehr zogen nun abermals tausend Juden zu Antonius nach Tyrus, wohin er, wie es hieß, kommen sollte. Antonius aber, der von Herodes und dessen Bruder mit großen Geldsummen bestochen war, erteilte dem Vorsteher von Tyrus den Befehl, die jüdischen Abgeordneten, die
* Tetrarch, ursprünglich Bezeichnung fur den Beherrscher des vierten Teiles eines Landes, bezeichnete damals nur noch Teilherrscher überhaupt.
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nur auf Umwälzungen bedacht seien, hinrichten zu lassen und des Herodes Herrschaft zu unterstützen. Als die Abgesandten nun auf einem freien Platze vor der Stadt sich versammelt hatten, ermahnte sie Herodes, der mit Hyrkanus ihnen vorausgeeilt war, sie sollten sich entfernen, da es ihnen übel ergehen würde, wenn sie es auf einen Streit ankommen lassen wollten. Die Abgesandten aber machten keine Miene, diesem Rate zu folgen, weshalb die Römer sie sogleich mit gezückten Schwertern angriffen und einen Teil von ihnen niedermachten oder verwundeten, sodass die Übrigen nach Hause flohen und sich hier ruhig verhielten. Beim Volke aber erhob sich darauf ein solches Murren gegen Herodes, dass Antonius aus Zorn darüber die Gefangenen töten ließ. 3. Im folgenden Jahre fielen Pakorus, der Sohn des Partherkönigs, und der parthische Satrap Barzapharnes in Syrien ein. Um diese Zeit nämlich starb Ptolemäus Mennaei, und sein Sohn Lysanias schloss nach der Thronbesteigung sogleich Freundschaft mit Antigonus, dem Sohne das Aristobulus, wobei er sich der Hilfe eines Satrapen bediente, der bei Antigonus großen Einfluss besaß. Antigonus versprach nun den Parthern tausend Talente und fünfhundert Weiber, wenn sie ihn anstelle des Hyrkanus auf den Thron setzen und den Herodes samt dessen Angehörigen umbringen wollten. Dieses Versprechen hielt er jedoch nicht; gleichwohl drangen die Parther auf diese Veranlassung hin in Judäa ein, um dem Antigonus die Herrschaft zu erobern, und zwar Pakorus von der Küste, der Satrap Barzapharnes aber vom Binnenlande her. Von Tyrus wurde Pakorus abgewiesen, während Sidon und Ptolemäus ihn aufnahmen. Darauf sandte er eine Reiterschar nach Judäa, um das Land unter Führung des mit dem Könige gleichnamigen königlichen Mundschenken auszukundschaften. Als nun die am Karmel wohnenden Juden sich an Antigonus anschlossen, der mit der Reiterschar gezogen war, und sich bereit zeigten, mit ihm auszurücken, hoffte er mit ihrer Hilfe einen Platz nehmen zu können, der Drymos genannt wurde. Weil sie aber hier auf Widerstand stießen, wandten sie sich heimlich nach Jerusalern und fanden unterwegs noch Zuwachs, und da sie nun eine ansehnliche Truppe bildeten, zogen sie vor die Königsburg und belagerten dieselbe. Herodes und Phasael aber eilten sogleich zu Hilfe, und es entwickelte sich auf dem Markte eine förmliche Schlacht, in welcher des Herodes jugendliche Streiter die Feinde schlugen, sie in den Tempel drängten und die benachbarten Häuser mit Bewaffneten besetzten, um sie zu verteidigen. Gegen diese aber ging nun das Volk vor und verbrannte sie samt den Häusern, ohne dass sie Hilfe erhalten hätten. Herodes jedoch nahm für diese
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Schmach bald Rache, indem er seine Gegner in förmlicher Schlacht angriff und eine Menge von ihnen tötete. 4. Während der nun täglich zwischen den beiden Parteien vorfallenden Scharmützel erwarteten die Feinde die Menge der zum Fest Pentekoste in die Stadt strömenden Landbewohner. Als der Festtag anbrach, versammelten sich um den Tempel viele tausend Mann, teils bewaffnet, teils unbewaffnet. Diese hatten Tempel und Stadt in ihrer Gewalt mit Ausnahme der Königsburg, welche Herodes mit geringen Streitkräften verteidigte. Während nun Phasael die Mauer bewachte, machte Herodes mit einer Abteilung seiner Krieger durch die Vorstadt einen Ausfall gegen die Feinde und stritt so tapfer, dass er sie zu Tausenden in die Flucht schlug und, von Phasael unterstützt, die einen in die Stadt, die anderen in den Tempel, noch andere in die äußere Umwallung drängte. Inzwischen war der parthische Heerführer Pakorus auf Antigonus' Ersuchen mit einer Anzahl Soldaten in die Stadt gekommen, angeblich, um den Aufstand zu dämpfen, in Wahrheit aber, um dem Antigonus auf den Thron zu helfen. PhasaeI ging ihm entgegen und bot ihm Gastfreundschaft an, worauf Pakorus ihm riet, selbst als Gesandter zu Barzapharnes zu gehen; doch hatte er dabei nichts Gutes im Sinne. Phasael aber merkte die List nicht und war zu dem Gange bereit. Herodes dagegen, der die Treulosigkeit der Barbaren kannte, versagte seine Einwilligung dazu und forderte seinen Bruder auf, gegen Pakorus und dessen Begleiter mit Strenge einzuschreiten. 5. Trotzdem gingen Hyrkanus und Phasael als Gesandtschaft ab, und Pakorus, der bei Herodes zweihundert Reiter und zehn so genannte Eleutheren (Freie) zurückgelassen hatte, gab ihnen das Geleit. Als sie nach Galiläa gekommen waren, zogen ihnen die Kommandanten der dortigen Städte mit Bewaffneten entgegen. Barzapharnes selbst nahm sie zunächst freundlich auf und brachte ihnen Geschenke, bereitete aber in der Stille einen Anschlag gegen sie vor. Phasael hatte mit seiner Reiterschar in der Nähe des Meeres Quartier genommen. Als sie nun hier hörten, Antigonus habe den Parthern tausend Talente und fünfhundert Weiber versprochen, um sie zu verderben, fingen sie an, Verdacht gegen die Barbaren zu hegen. Vermehrt wurde ihre Sorge noch, als ihnen gemeldet wurde, man wolle sie in der Nacht überfallen und bewache sie deswegen schon insgeheim. Es wäre auch wirklich um sie geschehen gewesen, wenn man nicht hätte warten wollen, bis die in lerusalem befindlichen Parther den Herodes gefangen genommen hätten, weil dieser sonst bei der Nachricht von der Ermordung seines Bruders und der Begleiter desselben sich durch Flucht gerettet ha-
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ben würde. So lag die Sache, und Phasael sah sogar die, welche ihn bewachten, mit eigenen Augen. Einige rieten ihm daher, nicht mehr zu zögern, sondern eiligst zu Pferde davonzujagen; besonders aber Ophellius, der von Saramallas, dem begütertsten Manne im damaligen Syrien, den Anschlag erfahren hatte, gab ihm diesen Rat und versprach ihm, Schiffe in Bereitschaft zu halten, da das Meer nicht weit entfernt war. Phasael aber wollte den Hyrkanus nicht im Stich lassen und auch seinem Bruder keine Gefahr bereiten, sondern ging geradeswegs zu Barzapharnes und stellte ihm vor, wie unrecht er handle, da er ihnen also nachstelle. Wenn der Satrap Geld bedürfe, könne er ihm mehr geben, als Antigonus zu bieten vermöge, und es sei doch eine frevelhafte Tat, schuldlose Gesandte zu morden, die im Vertrauen auf seine Treue zu ihm gekommen seien. Darauf aber entgegnete ihm Barzapharnes, er wolle ihm eidlich versichern, dass daran nichts Wahres sei; vielmehr quäle Phasael sich mit einem falschen Verdachte. Nach dieser Beteuerung begab er sich zu Pakorus. 6. Sobald er fort war, fesselten einige Parther den Hyrkanus und den Phasael, welche ihrerseits die Parther wegen ihres hinterlistigen Benehmens mit Schmähungen überschütteten. Der Mundschenk nun, der zu Herodes geschickt worden war, hatte den Auftrag, den Letzteren aus der Stadt zu locken und festzunehmen. Da Phasael aber Boten geschickt hatte, um ihm von der Treulosigkeit der Parther Kunde zu geben, und diese von den Feinden aufgefangen wurden, wandte sich Herodes an Pakorus und die parthisehen Großen als an die Gebieter der Übrigen. Obwohl diese nun von dem Vorfall unterrichtet waren, leugneten sie doch mit der größten Bosheit und sagten, er brauche nur mit ihnen bis vor die Stadt den Boten entgegenzugehen. Denn diese seien gar nicht von ihren Feinden abgefangen worden, sondern würden bald da sein, um zu melden, was Phasael erreicht habe. Diesen Ausflüchten aber schenkte Herodes keinen Glauben, zumal er schon von anderer Seite die Gefangennahme seines Bruders erfahren hatte. Da ihn nun auch die Tochter des Hyrkanus, seine zukünftige Schwiegermutter, warnte, nahm er sich noch mehr vor den Parthern in Acht, und obwohl die anderen nicht viel auf die Reden der Frau gaben, so schenkte er ihr doch vollen Glauben, weil er sie für verständig hielt. 7. Während nun die Parther, die sich scheuten, einen solchen Mann offen anzugreifen, beratschlagten, was zu tun sei, und die Ausführung ihres Planes auf den folgenden Tag verschoben, beschloss Herodes, der sich in einer üblen Lage befand und den Nachrichten über die Gefangennahme seines Bruders und die Nachstellungen der Parther mehr glaubte als den gegentei-
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ligen Versicherungen, bei Anbruch derNacht zu fliehen und nicht mehr zu zögern, als wenn die ihm von seinen Feinden drohende Gefahr noch zweifelhaft sein könnte. Er sammelte daher alle Soldaten, die er noch hatte, ließ seine Weiber, seine Mutter, seine Schwester, ferner die Tochter von Aristobulus' Sohn Alexander, die seine Gattin werden sollte, deren Mutter, die Tochter des Hyrkanus, seinen jüngsten Bruder sowie die ganze Dienerschaft und alles übrige Gesinde auf Reittiere setzen und machte sich, unbemerkt von den Feinden, auf den Weg nach Idumäa. Es gab aber wohl niemand, der, wenn er zugegen gewesen wäre, kein Mideid gefühlt hätte, als die Frauen ihre kleinen Kinder an sich drückten und unter Weinen und Schluchzen ihr Vaterland und ihre gefangenen Verwandten verließen, um einer ungewissen Zukunft entgegenzugehen. 8. Herodes jedoch, der sich bald über sein Unglück hinwegsetzte, bewies sich nicht nur selbst der drohenden Gefahr gegenüber starkmütig, sondern ermahnte auch unterwegs jeden Einzelnen, unverzagt zu sein und sich vom Gram nicht überwältigen zu lassen; denn das sei ihnen auf der Flucht, in der allein ihr Heil beruhe, doch nur hinderlich. Auf dieses Zureden des Herodes hin versuchten auch alle, dem Unglück standzuhalten. Beinahe aber hätte er, als ein Maultier ausglitt und seine Mutter in Lebensgefahr geriet, sich selbst ums Leben gebracht, einesteils aus übergroßer Angst um seine Mutter, dann aber auch, weil er besorgte, dass bei dem dadurch verursachten Aufenthalt die Feinde ihn einholen würden. Er hatte schon sein Schwert gezückt und wollte sich mit demselben durchbohren, als die Umstehenden ihn daran hinderten und ihm vorstellten, er dürfe sie doch nicht den Händen der Feinde überantworten. Das sei kein Benehmen eines wahrhaft tapferen Mannes, sich selbst der Gefahr zu entziehen und seine Freunde in derselben zu lassen. So wurde er teils durch diese Vorstellungen, teils durch die Menge derer, die sein Vorhaben verhinderten, genötigt, vom Selbstmorde abzustehen, und da seine Mutter unterdessen wieder zu sich gekommen und, so gut es bei ihrer bedenklichen Lage geschehen konnte, erquickt war, setzte er den eingeschlagenen Weg fort und eilte auf die Festung Masada zu. Freilich war er oft genötigt, gegen einzelne Abteilungen der Parther, die ihn verfolgten und angriffen, Front zu machen, wobei er indes stets siegreich blieb. 9. Aber vor den Juden selbst war er auf seiner Flucht nicht einmal sicher, da dieselben ihn sechzig Stadien von der Stadt entfernt angriffen. Trotz seiner bedrängten und verzweifelten Lage jedoch schlug er sie in die Flucht, gerade als wenn er wohlgerüstet und mit starker Truppenmacht ins
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Feld gezogen wäre. Später, als er König geworden war, baute er an derselben Stelle, wo er die Juden geschlagen hatte, einen prachtvollen Palast und gründete eine Stadt dabei, welche er Herodias nannte. Als er nun bis zur idumäischen Stadt Thresa gelangt war, kam ihm sein Bruder Joseph entgegen, um mit ihm zu überlegen, was zu tun sei. Denn Herodes hatte außer den Söldnern noch eine große Schar im Gefolge, wogegen die Festung Masada, die ihnen Aufnahme gewähren sollte, viel zu klein war. Herodes aber wusste sich zu helfen. Er entließ nämlich den größten Teil seiner Leute, über neuntausend Mann, mit Proviant und der Weisung~ sich in Idumäa zu zerstreuen und zu sehen, wie sie zurechtkämen. Dann nahm er die Rüstigsten und Vertrautesten seiner Krieger mit sich in die Festung, ließ hier, wo Getreide, Wasser und alle übrigen Lebensmittel reichlich vorhanden waren, die Weiber und deren Begleitung, im Ganzen gegen achthundert Personen, zurück und brach selbst nach Petra in Arabien auf. Unterdessen hatten die Parther bei Tagesanbruch in Jerusalem alles geplündert, auch die Königsburg, und nur des Hyrkanus Schatz, der sich auf dreihundert Talente belief, unberührt gelassen. Von des Herodes Besitztum war ihnen indes manches entgangen, besonders da er aus Vorsicht schon früher vieles nach Idumäa hatte schaffen lassen. Doch genügte den Parthern Jerusalem allein zur Plünderung noch nicht, sondern sie zogen auch in der Umgegend umher, hausten hier schrecklich und zerstörten die mächtige Stadt Marissa. 10. Als Antigonus auf diese Weise durch den Partherkönig zur Herrschaft von Judäa gelangt war, wurden ihm Hyrkanus und Phasael gefangen ausgeliefert. Nun war er aber in großer Besorgnis, weil die Frauen entflohen waren, die er zugleich mit dem Gelde den Feinden zu übergeben versprochen hatte. Und da er weiterhin fürchtete, das Volk möchte den flyrkanus, der von den Parthern bewacht wurde, wieder auf den Thron setzen wollen, ließ er diesem die Ohren abschneiden, damit er als Verstümmelter die hohepriesterliche Wurde nicht mehr bekleiden könne, zu der das Gesetz nur Fehlerfreie zulässt. PhasaeI seinerseits bewies einen bewunderungswürdigen Heldenmut, da er bei der Nachricht, dass er hingerichtet werden solle, vor dem Tode nicht die geringste Furcht zeigte, sondern es nur für schimpflich und beklagenswert hielt, dass er von seinen Feinden so ums Leben gebracht werde. Weil er nun der Fesseln wegen nicht selbst Hand an sich legen konnte, zerschmetterte er sich den Kopf an einem Felsblock und brachte sich auf diese in seiner verzweifelten Lage ehrenvollste Art ums Leben, da er den Feinden die Möglichkeit benahm, ihn nach ihrem Belieben zu töten. Man sagt, als er mit der schweren Wunde dagelegen, habe
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Antigonus unter dem Schein, ihn heilen lassen zu wollen, Ärzte geschickt, die ihn mit Gift vollends aus dem Leben geschafft hätten. Ehe aber Phasael seinen Geist aufgab, hörte er von einem Weibe, dass sein Bruder Herodes den Feinden entschlüpft sei, und ging nun umso mutiger dem Tode entgegen, weil er den Rächer zurückließ, der die Macht besaß, seine Feinde zu züchtigen.
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1. Herodes ließ sich durch die Größe der ihn umgebenden Gefahren nicht einschüchtern, sondern war nur desto entschlossener, alles zu wagen. Zunächst begab er sich zu dem arabischen Könige Malchus, dem er früher viele Dienste geleistet hatte, und hoffte jetzt als Gegenleistung von ihm Geld entweder leihweise oder als Geschenk zu erhalten, zumal da er ihn früher damit reichlich unterstützt hatte. Weil er nun von dem Schicksal seines Bruders noch keine Kenntnis hatte, wollte er denselben eiligst aus den Händen der Feinde befreien, selbst wenn er ein Lösegeld bis zu dreihundert Talenten für ihn zahlen müsse. Zu diesem Zweck nahm er den siebenjährigen Sohn Phasaels mit, den er den Arabern als Pfand lassen wollte. Unterwegs jedoch begegneten ihm Boten, durch welche Malchus ihn auffordern ließ, heimzukehren, weil die Parther ihm verboten hätten, den Herodes aufzunehmen. Das gebrauchte er indes nur als Vorwand, teils weil er nicht gesonnen war, seine Schuld abzutragen, teils weil die vornehmen Araber ihn aufhetzten, da sie das von Antipater ihnen anvertraute Gut unterschlagen wollten. Herodes antwortete darauf, er sei nicht gekommen, um ihnen in irgendeiner Hinsicht lästig zu fallen, sondern nur, um sich mit dem Könige über einige dringende Angelegenheiten zu besprechen. 2. 'frotzdem schien es ihm geraten, umzukehren, und er wandte sich nun mit schlauer Überlegung nach Ägypten, kehrte aber zunächst in einem Tempel ein, wo er viele seiner Begleiter zurückgelassen hatte. Am folgenden Tage kam er nach Rhinokorura und erfuhr hier den Tod seines Bruders. Unterdessen war Malchus, den sein Benehmen reute, dem Herodes nachgeeilt, konnte aber nichts mehr ausrichten, weil dieser sich schon weit auf dem
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Wege nach Pelusium befand. Als nun Herodes in dieser Stadt anlangte und keines der dort liegenden Schiffe ihn nach Alexandria bringen wollte, ging er die Stadtvorsteher an, die ihn mit aller Ehrfurcht und Aufmerksamkeit in die Stadt geleiteten, wo Kleopatra ihn aufnahm. Doch konnte die Letztere ihn nicht bereden, länger zu bleiben, weil er nach Rom eilen wollte, der Winter aber schon vor der Tür stand und aus Italien große Unruhen gemeldet wurden. 3. Er fuhr deshalb von Alexandria in der Richtung nach Pamphylien ab, geriet aber in einen heftigen Seesturm und kam nach Verlust seines Gepäckes mit Mühe und Not in Rhodos an, wo zwei seiner Freunde, Sappinas und Ptolemäus, ihn aufnahmen. Da er nun die Stadt infolge des Krieges gegen Cassius in einem traurigen Zustande antraf, beschloss er, obgleich selbst hilflos, sie zu unterstützen, und trug über seine Kräfte zu ihrer Erneuerung bei. Alsdann ließ er einen Dreiruderer ausrüsten, fuhr mit seinen Freunden nach Italien und landete in Brundusium. Von hier reiste er nach Rom und teilte dem Antonius mit, was sich in Judäa ereignet hatte, wie sein Bruder Phasael von den Parthern gefangen und umgebracht worden sei und dass Hyrkanus noch von ihnen gefangen gehalten werde, weiterhin wie die Parther den Antigonus, der ihnen tausend Talente und fünfhundert Weiber aus den edelsten Geschlechtern versprochen, als König eingesetzt hätten, wie er selbst aber die Frauen bei Nacht davongeführt habe und nach harten Drangsalen den Händen seiner Feinde entschlüpft sei. Dann berichtete er, wie die Seinigen infolge der Belagerung in großer Gefahr schwebten und wie er durch Meeresstürme und viele andere Leiden zu Antonius geeilt sei, auf den er alle seine Hoffnung gesetzt habe und von dem allein er Hilfe erwarte. 4. Antonius bemitleidete den Herodes in seiner traurigen Lage, und da er bei sich erwog, dass auch die Machthaber dem Schicksal unterworfen seien, ließ er teils aus Rücksicht auf Antipater, dessen Gastfreundschaft er genossen hatte, teils durch das Versprechen einer Geldsumme, die Herodes ihm für den Fall seiner Ernennung zum Könige, wie er das auch früher für seine Ernennung zum Tetrarchen getan hatte, in Aussicht stellte, ganz besonders aber aus Hass gegen Antigonus, den er für aufrührerisch und den Römern feindlich gesinnt hielt, sich herbei, des Herodes ehrgeizige Pläne zu unterstützen. Was nun den Cäsar anging, so war dieser teils wegen der Waffenbrüderschaft, in der Antipater während des ägyptischen Krieges zu seinem Vater gestanden, und wegen dessen Gastfreundlichkeit und Gefa1ligkeit, teils auch aus Rücksicht auf Antonius, der dem Herodes sehr zuge-
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tan war, gern bereit, ihm zu der erstrebten Würde zu verhelfen und die Wünsche des Bittstellers zu fördern. Nachdem daher der Senat sich versammelt hatte, wiesen Meseala und nach ihm Atratinus, die den Herodes eingeführt hatten, auf die Diensdeistungen seines Vaters hin, erwähnten dann seine eigene Ergebenheit gegen die Römer und klagten den Antigonus an, den sie für einen Feind erklärten, nicht bloß seiner früheren Vergehen wegen, sondern auch, weil er sich von den Parthern in die Herrschaft habe einsetzen lassen, ohne sich um die Römer zu kümmern. Als der Senat hierüber in Bewegung geriet, erhob sich sogleich Antonius und wies nach, dass es für den Parthischen Krieg nur von Vorteil sein könne, wenn Herodes König werde. Dieser Antrag fand allgemeine Zustimmung und wurde zum Beschluss erhoben. 5. So bewies Antonius gegen Herodes den denkbar größten Diensteifer, da er es nicht nur durchsetzte, dass ihm die Königswürde zuerkannt wurde, sondern es ihm auch bereits in sieben Tagen ermöglichte, Italien im Besitze seines unverhofften Glückes verlassen zu können. Die Königswürde aber hatte Herodes zunächst nicht für sich erbitten wollen, weil er darauf bei den Römern, welche dieselbe nur an Personen von königlicher Abstammung zu vergeben pflegten, nicht rechnen zu dürfen glaubte, sondern er hatte sie seinem Schwager, der vom Vater her des Aristobulus, von der Mutter her des Hyrkanus Enkel war, zugedacht. Diesen Jüngling ließ Herodes später umbringen, wie ich an geeigneter Stelle noch mitteilen werde. Als nun die Senats sitzung zu Ende war, nahmen Antonius und der Cäsar den Herodes in die Mitte und führten ihn unter Begleitung der Konsuln und der gesamten Obrigkeit zum Kapitol, um zu opfern und den Beschluss dort niederzulegen. Am ersten Tage seiner neuen Würde genoss Herodes die Gastfreundschaft des Antonius. Er trat die Königsherrschaft an in der hundertvierundachtzigsten Olympiade, unter dem zweiten Konsulate des Gajus Domitius Calvinus und dem ersten des Gajus Asinius Pollio. 6. Während dieser ganzen Zeit belagerte Antigonus die Besatzung von Masada, und obwohl dieselbe an sonstigen Lebensmitteln Überfluss hatte, litt sie doch an erheblichem Wassermangel. Aus diesem Grunde beschloss Joseph, der Bruder des Herodes, mit zweihundert seiner Leute zu den Arabern zu fliehen, zumal er vernommen hatte, dass Malchus sein Benehmen gegen Herodes bereue. Gott aber hielt ihn von dieser Flucht ab, indem er über Nacht Regen fallen ließ. Nachdem nun die Zisternen wieder mit Wasser gefüllt waren, dachten die Belagerten nicht mehr an Flucht, fassten vielmehr wieder Mut und waren umso freudiger bewegt, als der Überfluss an
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(Umstellung im Text.)
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dem, was sie vermisst hatten, ihnen durch Gottes offenbare Fürsorge zuteil geworden war. Hierauf machten sie häufige Ausfalle, griffen die 'lluppen des Antigonus bald offen, bald heimlich an und machten viele von ihnen nieder. Unterdessen war der römische Heerführer Ventidius, der den Auftrag hatte, die Parther aus Syrien zu verdränge!)., bei deren Verfolgung nach Judäa gekommen, angeblich um dem'Joseph Hilfe zu bringen, in Wirklichkeit aber, um von Antigonus Geld zu erpressen. Als er nun in der Nähe von Jerusalem sich lagerte, erhielt er von Antigonus eine große Geldsumme, worauf er mit dem größeren Teile seiner Truppen abzog. Damit jedoch seine Handlungsweise ihm nicht schlecht ausgelegt werde, ließ er den Silo mit einer Abteilung Soldaten zurück. Zu diesem unterhielt Antigonus gute Beziehungen, damit er ihm keinen Schaden zufüge, wenn, wie er hoffte, die Parther ihm wiederum zu Hilfe kommen würden.
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FÜNFZEHNTES KAPITEL Wie Herodes aus Italien nach Judäa zurückkehrte und gegen Antigonus kämpfte. Was weiterhin um diese Zeit in Judäa vorfiel.
1. Als Herodes von Italien abgefahren und nach Ptolemai's gekommen war, sammelte er eine nicht unbedeutende Truppenmacht, die teils aus Söldnern, teils aus Juden zusammengesetzt war, und zog in Eilmärschen durch Galiläa dem Antigonus entgegen, wobei Silo und Ventidius, die von Dellius, dem Abgesandten des Antonius, den Befehl erhalten hatten, Herodes wieder in sein Reich einzuführen, sich ihm anschlossen. Ventidius war gerade im Begriff, die in den einzelnen Städten durch die Parther hervorgerufenen Aufstände niederzuwerfen, während Silo, den Anrlgonus bestochen hatte, in Judäa verweilte. Je weiter Herodes vorrückte, desto mehr wuchs seine Macht, und mit wenigen Ausnahmen stand bald ganz Galiläa auf seiner Seite. Zunächst zog er nun nach Masada, weil er den dort Belagerten als seinen Verwandten Hilfe bringen wollte. Hierbei war ihm aber Joppe im Wege, das er" weil es sich ihm feindselig bewies, zuerst nehmen musste, um bei seinem Angriff gegen Jerusalem keine feindliche Festung im Rücken zu haben. Da nun auch Silo diese Gelegenheit benutzte, um sich von Antigonus loszusagen, und die Juden ihn verfolgten, zog Herodes mit einer kleinen Mannschaft heran, schlug die Juden in die Flucht und rettete
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den hart bedrängten Silo. Dann nahm er Joppe ein und eilte, die Seinigen in Masada zu entsetzen. Von den Juden schlossen sich jetzt die einen wegen ihrer früheren Zuneigung zu seinem Vater, die anderen um seines Ruhmes willen, noch andere aus Dankbarkeit für die von beiden empfangenen Wohltaten, die meisten aber deswegen an ihn an, weil sie auf ihn als den künftigen König ihre Hoffnung setzten. 2. Auf diese Weise hatte er bald eine stattliche Truppenmacht beisammen. Als er nun mit derselben seinen Vormarsch antrat, versah Antigonus alle ihm im Wege liegenden geeigneten Plätze mit Besatzungen und Hinterhalten, konnte aber seinen Feinden damit keinen sonderlichen Schaden tun. Herodes befreite vielmehr in kurzem Ansturm die Seinigen aus Masada, nahm die Festung Thresa und wandte sich dann nach Jerusalem, gefolgt von Silos Truppen und vielen Jerusalemern, welche die Furcht vor seiner Macht zu ihm trieb. Als er nun an der Westseite der Stadt sein Lager aufgeschlagen hatte, schossen die daselbst aufgestellten Wachen mit Pfeilen und Spießen, und einige Abteilungen rückten sogar aus und griffen seine Vorhut an. Herodes ließ darauf rings um die Stadtmauer bekannt machen, er sei zum Heile des Volkes und der Stadt gekommen und wolle nicht einmal seinen erklärten Feinden etwas zuleide tun, sondern selbst seinen erbittertsten Gegnern Vergessenheit für alle wider ihn begangenen Verfehlungen zusichern. Auf diese Verkündigung hin ließ Antigonus Silo und der römischen Abteilung zurufen, sie würden wenig gerecht handeln, wenn sie die Herrschaft an Herodes gelangen ließen, der ein Privatmann und als Idumäer nur ein halber Jude sei, während die Königswürde nach den Bräuchen des Landes nur Männern aus königlichem Geschlecht zufallen dürfe. Wenn sie auch ihm selbst jetzt zürnten und ihn des Thrones entsetzen wollten, weil er diesen den Parthern verdanke, so gebe es doch noch viele Männer seines Geschlechtes, die ein Anrecht auf die Königswürde hätten, weil sie sich niemals etwas gegen die Römer hätten zuschulden kommen lassen und auch dem Priesterstande angehörten, und die deshalb nicht übergangen werden dürften. Wahrend dieser beiderseitigen Reden, die bald in Schmähungen ausarteten, befahl Antigonus den Seinen, die Feinde von der Mauer wegzutreiben. Diese aber schossen mit solchem Eifer und Erfolg, dass sie ihre Gegner mit leichter Mühe von den Türmen zurückjagten. 3. Nun aber zeigte Silo ganz offen, dass er mit Geld bestochen war. Er reizte nämlich eine Anzahl seiner Soldaten auf, über Mangel an Lebensmitteln zu klagen und Geld zu ihrem Unterhalt sowie Winterquartiere zu verlangen, weil von Antigonus' Kriegern alles rings umher verwüstet und ge-
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plündert sei. So brachte er das ganze Heer in Aufruhr und veranlasste sogar hier und da Desertion. Herodes aber hielt Silos AnfUhrer und Soldaten auf und stellte ihnen vor, dass sie ihn nicht im Stiche lassen dürften, weil er vom Cäsar sowie von Antonius und dem Senate geschickt sei. Für ihren Unterhalt werde er schon sorgen und ihnen mit Leichtigkeit alle geforderten Lebensmittelliefern. Und sogleich zog er in die Umgegend und benahm dem Silo jeden Grund, sich zu entfernen, da er eine solche Menge Lebensmittel mitbrachte, wie niemand sie erwartet hätte. Außerdem trug er seinen Freunden zu Samaria auf, Getreide, Wein, Öl, Vieh und alle sonstigen Lebensmittel nach Jericho zu bringen, damit seine Soldaten keinen Mangel mehr zu leiden brauchten. Das kam jedoch zur Kenntnis des Antigonus, der nun alsbald Abteilungen von Bewaffneten in die Umgegend schickte, um die Getreidekarawanen anzugreifen und abzufangen. Diese vollzogen seine Befehle, boten bei Jericho noch eine weitere Menge von Bewaffneten auf und lagerten sich im Gebirge, um die Karawanen zu erwarten. Unterdessen blieb aber Herodes auch nicht müßig, sondern zog mit zehn halb aus Römern, halb aus Juden bestehenden Kohorten, einer Anzahl Söldner und einiger Reiterei nach Jericho. Er traf die Stadt verlassen an, und nur in der Burg befanden sich fünfhundert Mann, welche sich mit Weib und Kind hier festgesetzt hatten. Diese ließ Herodes frei; die Römer aber durchzogen die Stadt, um sie zu plündern, und fanden die Häuser mit Kostbarkeiten aller Art gefüllt. Hierauf legte der König eine Besatzung in die Stadt, kehrte um und wies dem römischen Heere in Idumäa, Galiläa und Samaria Winterquartiere an. Dennoch erreichte es Antigonus bei Silo durch Geld, dass er einen Teil des römischen Heeres in die Stadt Lydda aufnehmen konnte, wodurch er sich des Antonius Gunst zu erwerben suchte. So kam es, dass die Römer während der Waffenruhe in größtem Überfluss lebten. 4. Herodes aber, dem alle Untätigkeit zuwider war, schickte seinen Bruder Joseph mit zweitausend Mann Fußvolk und vierhundert Reitern nach Idumäa. Er selbst zog nach Samaria, brachte dort seine Mutter und seine übrigen Verwandten, welche Masada verlassen hatten, in Sicherheit und rückte dann nach Galiläa, um einige Plätze zu nehmen, in die Antigonus Besatzungen gelegt hatte. Bei starkem Schneefall kam er nach Sepphoris, und da des Antigonus Leute heimlich abzogen, gelangte er in den Besitz eines großen Vorrates von Proviant. Dann sandte er gegen eine in den Höhlen der Umgegend sich aufhaltende Räuberbande eine Reiterschar und drei Kohorten Fußsoldaten, um dem Treiben der Banditen ein Ende zu machen. Das geschah in der Nähe des Dorfes Arbela. Am vierzigsten Tage folgte er
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selbst mit seinem ganzen Heere nach. Die Feinde griffen ihn darauf ungestüm an und brachten seinen linken Flügel zum Weichen. Sobald er aber selbst mit seinen Truppen erschien, schlug er sie trotz ihres siegreichen Vordringens in die Flucht, sammelte die Seinen wieder und setzte den Feinden auf verschiedenen Wegen bis zum Jordan nach. Auf diese Weise hatte er bald ganz Galiläa mit Ausnahme der in Höhlen wohnenden Gegner unterworfen. Alsdann teilte er den Seinigen Mann für Mann hundertfünfzig Silberdrachmen, den Führern jedoch noch mehr zu und entließ sie in die Winterquartiere. Unterdessen aber hatte sich auch Silo mit den Anführern der im Winterquartier liegenden römischen Truppen bei ihm eingefunden, weil Antigonus ihnen für nicht mehr als einen Monat Unterhalt gewähren wollte. Derselbe hatte sogar in die ganze Umgegend den Befehl erlassen, alles, was sich auf dem Felde befand, zu sammeln und damit in die Berge zu fliehen, damit die Römer vor Hunger zugrunde gingen. Herodes aber gab seinem jüngsten Bruder Pheroras den Auftrag, dies zu verhindern und zugleich auch Alexandrium aufs neue zu befestigen. Pheroras trug demgemäß sogleich Sorge dafür, dass die Soldaten wieder Überfluss an Lebensmitteln hatten, und versah das verlassene Alexandrium mit neuen Festungswerken. 5. Um diese Zeit hielt sich Antonius in Athen auf. Ventidius aber, der in Syrien weilte, nahm.den Silo gegen die Parther zu Hilfe, trug ihm jedoch auf, zuerst den Herodes in seinem Kriege zu unterstützen und dann zu dem Partherfeldzuge sämtliche Bundesgenossen aufzubieten. Herodes aber, der gegen die in Höhlen hausenden Räuberbanden ziehen wollte, ließ den Silo zu Ventidius stoßen und rückte allein gegen die Räuber aus. Diese Höhlen lagen in abschüssigen Bergen und hatten in halber Höhe steile und enge Zugänge, die rings von zackigen Felsen umgeben waren. In diesen Schlupfwinkeln hausten die Räuber mit Weib und Kind. Der König ließ nun große Kasten anfertigen, die mit Hilfe von Maschinen an eisernen Ketten von dem Gipfel hinuntergelassen wurden, da der Steilheit wegen von unten niemand hinaufzuklettern noch von oben hinabzukriechen wagte. Diese Kasten wurden mit Bewaffneten gefüllt, die mit langen Haken ausgerüstet waren, um damit die Widerspenstigen heranzuziehen und sie in die Tiefe zu stoßen. Das Hinablassen der Kasten war mit großer Gefahr verbunden, zumal da die Höhlenbewohner mit allen Abwehrmitteln versehen waren. Als nun die Kasten in die Tiefe gelassen wurden, hatte keiner von den Räubern den Mut, sie anzugreifen, sondern sie verhielten sich sämtlich ruhig, bis endlich einer von den Bewaffneten, mit seinem Schwert umgürtet, mit beiden Händen die Kette ergriff, an welcher der Kasten herabhing, und voll Unwillen
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darüber, dass die Räuber nicht herauskommen wollten, sich zu einer der Höhlenöffnungen hinabließ. Hier angelangt, trieb er zunächst die vielen Räuber, die sich dort befanden, mit Wurfspießen zurück, zog dann die, welche sich widersetzten, mit dem gekrümmten Haken an sich heran und stürzte sie in die Tiefe. Hierauf drang er tiefer in die Höhle ein, tötete eine große Anzahl der daselbst versteckten Räuber und kehrte nun erst in den Kasten zurück, während die übrigen Banditen, die das Wehklagen vernahmen, von Schrecken und Verzweiflung ergriffen wurden. Der Anbruch der Nachttat der weiteren Vernichtung Einhalt, und da der König durch einen Herold Verzeihung in Aussicht stellen ließ, unterwarfen sich viele. Am folgen den Morgen wurde der Angriff in derselben Weise wiederholt, und nun gingen die Soldaten schon kühner ans Werk, kämpften an den Höhleneingängen mit den Räubern und warfen Feuerbrände hinein, um das Innere der Höhlen, wo viele brennbare Stoffe aufgehäuft lagen, anzuzünden. Ein greiser Räuber, der mit seinem Weib und seinen sieben Söhnen in einer Höhle eingeschlossen war, stellte sich, als seine Söhne ihn um die Erlaubnis baten, hinausgehen und sich den Feinden ergeben an dürfen, an den Eingang der Höhle, und sobald einer seiner Söhne heraustrat, stieß er ihn nieder, bis er endlich alle samt seinem Weibe umgebracht hatte. Hierauf warf er ihre Leichen in den Abgrund und stürzte sich auch selbst hinab, da er den Tod der Sklaverei vorzog. Vorher jedoch erging er sich noch in Schmähungen gegen Herodes wegen dessen niedriger Herkunft, obwohl der König, der alles mit angesehen hatte, ihm die Hand bot und ihm volle Sicherheit versprach. Auf diese Weise wurden schließlich alle Höhlen genommen.* 6. Darauf setzte der König zum Befehlshaber dieser Gegend den Feldherrn Ptolemäus ein und brach mit sechshundert Reitern und dreitausend Fußsoldaten nach Samaria auf, um Antigonus eine Schlacht zu liefern. Ptolemäus erzielte jedoch mit seiner Verwaltung wenig Erfolg; vielmehr griffen ihn die Scharen, welche auch früher Galiläa beunruhigt hatten, an, töteten ihn, zogen sich dann in sumpfige, unwegsame Gegenden zurück und verwüsteten das ganze Land. Herodes kehrte sogleich um und züchtigte sie, indem er sie teils hinrichten, teils in den Festungen, in welche sie sich geflüchtet hatten, nach deren Eroberung niedermachen ließ. Die Festungen ließ er alsdann schleifen und legte den Städten, um ihnen die Lust an ähn* Der heldenmütige Widerstand, den die Höhlenbewohner leisteten, macht es sehr wahrscheinlich, dass sie keine Räuber, sondern Patrioten waren, die sich der idumäisch-römischen Fremdherrschaft nicht fugen wollten (Paret).
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lichen Unternehmungen zu verderben, eine Buße von hundert Talenten auf. 7. Da inzwischen Pakorus gefallen war und das Kriegsglück der Parther zur Neige ging, sandte Ventidius auf Antonius' Befehl den Machaeras mit zwei Legionen und tausend Reitern dem Herodes zu Hilfe. Machaeras aber ließ sich, was Herodes nicht erwartet hatte, von Antigonus mit Geld bestechen und zog unter dem Vorwande ab, sich von der Lage des Antigonus selbst überzeugen zu wollen. Antigonus indes, der über seine Absicht im Zweifel war, ließ ihn nicht ein, sondern trieb ihn mit Schleudern zurück und gab ihm deutlich zu verstehen, wie er gesinnt sei. Da nun Machaeras einsah, dass Herodes ihm gut geraten und dass er durch die Nichtbefolgung seiner Ratschläge einen großen Fehler begangen habe, zog er sich in die Stadt Emmauszurück und ließ im Zorn über das, was ihm widerfahren war, alle Juden, welche er unterwegs antraf, umbringen, mochten es Freunde oder Feinde sein. In heller Entrüstung darüber zog nun der König nach Samaria. Er hatte beschlossen, sich an Antonius zu wenden und ihm vorzustellen, dass er solcher Bundesgenossen nicht bedürfe, die ihm selbst mehr Unheil als den Feinden anrichteten. Übrigens sei er zur Bekämpfung des Antigonus allein stark genug. Machaeras jedoch kam zu ihm und bat ihn, zu bleiben. Wenn er aber durchaus gehen wolle, so möge er ihm seinen Bruder Joseph beigeben, damit sie den Antigonus zusammen angreifen könnten. Durch diese inständigen Bitten des Machaeras ließ sich Herodes wieder beschwichtigen und gab ihm seinen Bruder Joseph mit einem Heere zur Seite, ermahnte diesen aber, sich nicht auf eine Schlacht einzulassen und mit Machaeras in gutem Einvernehmen zu bleiben. 8. Herodes begab sich darauf mit einer Bedeckung von Reitern und Fußsoldaten auf den Weg zu Antonius, der die Festung Samosata am Euphrat belagerte. Als er in Antiochia anlangte und dort eine große Menge Menschen traf, die sich zu Antonius begeben wollten, aber aus Furcht, unterwegs angegriffen und getötet zu werden, sich nicht zu reisen getrauten, bot er sich ihnen mit ermunternden Worten als Führer an. Zwei Tagereisen von Samosata entfernt lagen aber die Eingeborenen im Hinterhalt, um dem Antonius die Zufuhr abzuschneiden, und an den Ausgängen der Wälder in die Ebene standen Reiterabteilungen, die sich so lange ruhig verhielten, bis die, welche zu Antonius wollten, sich in der Ebene befanden. Als nun die ersten Züge vorbei waren, brachen gegen Herodes, der den Nachtrab deckte, plötzlich etwa fünfhundert Reiter aus dem Hinterhalt hervor. Die vorderen Züge ergriffen sogleich die Flucht; der König aber drang mit der ihm
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eigenen Tapferkeit auf die Feinde ein und warf sie zurück. Dadurch machte er den Seinigen Mut, und da auch die Flüchtigen sich wieder einstellten, erlitten die Eingeborenen eine blutige Niederlage. Der König setzte ihnen nach und ruhte nicht eher, als bis er ihnen den ganzen Raub, darunter eine große Zahl Lasttiere und Sklaven, wieder abgejagt hatte, worauf er seinen Weg fortsetzte. Nun aber brach plötzlich eine noch größere Schar aus den an die Ebene stoßenden Waldschluchten gegen sie hervor. Der König jedoch griff auch diese mit seiner nunmehr verstärkten Mannschaft an, schlug sie in die Flucht und machte eine große Anzahl nieder, sodass er seinen Begleitern eine sichere Reise verschaffte und von ihnen Retter und Schirmer genannt wurde. 9. Als sie nun in die Nähe von Samosata kamen, schickte ihnen Antonius ein Heer nebst seiner persönlichen Dienerschaft entgegen, um dem Herodes damit eine Ehre zu erweisen und ihm zugleich, weil er von den Angriffen der Eingeborenen gehört hatte, Hilfe zu leisten. Bei Herodes' Anblick freute sich Antonius sehr, und da er erfahren hatte, welche Heldentaten er unterwegs vollbracht, nahm er ihn mit großer Achtung vor seiner Tapferkeit auf, begrüßte ihn durch Umarmung und erwies ihm umso größere Ehren, weil er ihn jüngst zum König ernannt hatte. Antiochus aber übergab die Festung bald*, und da der Krieg hiermit zu Ende war, ernannte Antonius den Sosius zum Befehlshaber des Platzes, trug ihm auf, Herodes Hilfe zu leisten, und reiste selbst nach Ägypten. Sosius sandte alsdann gleich zwei Legionen als Hilfstruppen für Herodes nach Judäa voraus, während er selbst mit dem größeren Teile des Heeres nachfolgte. lO. Unterdessen hatte Joseph in Judäa auf folgende Weise seinen Tod gefunden. Uneingedenk dessen, was sein Bruder, als dieser seine Reise zu Antonius antrat, ihm ans Herz gelegt hatte, bezog er an einem Gebirgsabhang ein Lager. Er wollte nämlich mit fünf Kohorten, die er von Machaeras erhalten hatte, nach Jericho eilen, um dort die Saaten zu rauben. Da aber die römische Heeresabteilung, welche zum größten Teil in Syrien ausgehoben war, aus noch ungeübten Rekruten bestand, wurde er bei einem feindlichen Angriff auf sehr ungünstigem Terrain umzingelt, fiel nach tapferem Widerstand und verlor sein ganzes Heer, welches sechs Kohorten stark war. Antigonus bemächtigte siCh der Gefallenen und ließ dem Joseph das Haupt abschlagen, wofür dessen Bruder Pheroras ihm fünfzig Talente bot. Darauf fielen auch die Galiläer von ihren Befehlshabern ab und ertränkten des * Vergl. hierzu Dio Cassius XLIX, 24.
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Herodes Anhänger im See*, und in Judäa brach gleichfalls eine allgemeine Empörung aus. Machaeras befestigte unterdessen das Städtchen Gittha. 1l. Herodes erhielt gar bald von diesen Vorgängen Nachricht. Dabei traf ihn die Kunde von dem Schicksal seines Bruders, die ihm in Daphne bei Antiochia zuging, nicht unvorbereitet, weil er dasselbe in Träumen vorhergesehen hatte. Er beschleunigte daher seinen Marsch, zog, sobald er zum Libanon gekommen war, gegen achthundert Bewohner dieser Gegend an sich und begab sich mit diesen und der römischen Legion, die er bei sich hatte, nach Ptolemai"s, von wo er zur Nachtzeit mit seinem Heere wieder aufbrach und Galiläa durchzog. Die Feinde stellten sich ihm hier entgegen, wurden aber geschlagen und in die Festung gedrängt, aus welcher sie tags vorher ausgerückt waren. Bei Tagesanbruch versuchte Herodes den Platz zu stürmen, konnte aber, da sich ein schreckliches Unwetter erhob, nichts ausrichten und musste sein Heer in den umliegenden Dörfern einquartieren. Als aber noch eine zweite von Antonius geschickte Legion zu ihm stieß, ward die Besatzung der Festung von Furcht ergriffen und verließ dieselbe im Dunkel der Nacht. Darauf eilte der König nach Jericho, um den Tod seines Bruders zu rächen. Sobald er hier sein Lager aufgeschlagen hatte, lud er seine Heerführer zum Mahle ein. Nach beendigter Tafel aber entließ er seine Gäste und zog sich in sein Schlafgemach zurück. Aus dem, was jetzt folgte, kann man das Wohlwollen Gottes gegen den König erkennen. In dem Speisezimmer nämlich stürzte die Decke ein; doch wurde, weil dasselbe bereits leer war, niemand getötet. Hierin erblickte man allgemein einen Beweis dafür, dass Herodes ein Liebling Gottes sei, da er einer so großen und unversehenen Gefahr entgangen war. 12. Am folgenden Tage wurden die Römer von einer sechstausend Mann starken Truppe, die kampfbereit von den Bergen herabstieg, in Schrecken versetzt. Die Leichtbewaffneten aus dieser Schar rückten vor und griffen die Umgebung des Königs, die zuerst sich hinausgewagt hatte, mit Wurfspeeren und Steinen an, und Herodes selbst wurde in der Seite von einem Speer getroffen. Darauf sandte Antigonus einen seiner Heerführer mit Namen Pappus an der Spitze einer kleinen Streitmacht nach Samaria, um bei seinen Feinden den Glauben zu erwecken, er führe den Krieg mit mehr Kräften, als er nötig habe. Dieser warf sich nun dem Machaeras entgegen. Herodes aber hatte bald fünf Städte genommen, ließ gegen zweitausend Menschen, die sich darin befanden, niedermachen, äscherte die Städte ein * Genesareth.
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und wandte sich dann gegen Pappus, der sich bei dem Dorfe Isanae gelagert hatte. Und da sowohl aus Jericho wie aus ganz Judäa eine große Menge Krieger sich bei Herodes zusammenfand, schlug er, als er an die· Feinde herangekommen war und von ihnen stürmisch angegriffen wurde, dieselben völlig aufs Haupt und verfolgte sie, um seinen Bruder zu rächen, bis in das Dorfhinein unter stetem Gemetzel. Weil aber alle Häuser mit Bewaffneten angefüllt und viele sogar auf die Dächer gestiegen waren, ließ er die Häuser förmlich erobern und die Dächer abdecken, worauf sich dann die unteren Räume mit Soldaten gefüllt zeigten. Diese ließ er nun durch von oben hineingeworfene Felsblöcke haufenweise zermalmen, sodass sich im ganzen Verlaufe des Krieges kein so grässlicher Anblick dargeboten hatte, als die ungeheure Menge von Leichen, welche außerhalb der Stadtmauer aufgehäuft wurden. Dieses Blutbad brach den Mut der Feinde gänzlich, da sie ein ähnliches Schicksal auch für sich besorgen mussten, und bald erblickte man in der Umgebung des Dorfes große Massen fliehender Menschen. Hätte die Strenge des Winters ihn nicht daran gehindert, so wäre Herodes mit seinem siegestrunkenen Heere sogleich nach Jerusalern gezogen, und der Krieg wäre zu Ende gewesen. Antigonus bereitete in der Tat schon seine Flucht und den Abzug aus der Stadt vor. 13. Für jetzt ließ der König, weil es schon spät war, seine Soldaten das Abendessen nehmen und zog sich selbst ermüdet in seine Gemächer zurück, um zu baden. Dabei geriet er wieder in die größte Lebensgefahr, aus der er abermals durch Gottes Fürsorge entkam. Er war nämlich ganz unbewaffnet und nahm das Bad, nur von einem Pagen bedient, im Inneren des Hauses, wo sich einige feindliche Krieger auf der Flucht aus Angst versteckt hatten. Wahrend er nun badete, kam plötzlich einer derselben mit gezücktem Schwert aus seinem Versteck hervor und stürzte zur Tür hinaus, dann noch einer und endlich ein dritter, alle bewaffnet. Sie waren indes so erschrocken, dass sie dem König nichts zuleide taten, sondern froh waren, mit heiler Haut aus dem Hause zu entkommen. Am folgenden Tage ließ Herodes dem Pappus, der gefallen war, das Haupt abschlagen und sandte es an Pheroras, um so seinen Bruder zu rächen, den Pappus mit eigener Hand getötet hatte. 14. Als der Winter zu Ende war, brach er mit seinem Heere auf, zog gegen Jerusalem und errichtete nahe bei der Stadt sein Lager. Das war schon das dritte Jahr nach seiner Ernennung zum Könige. Bald aber brach er das Lager ab, rückte näher an den Teil der Mauer heran, wo der Zugang zur Stadt am ehesten möglich war, und lagerte sich vor dem Tempel, um die
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Stadt in derselben Weise zu nehmen, wie dies früher Pompejus getan hatte. Er ließ drei Wälle aufwerfen und Türme bauen, wozu er bedeutende Kräfte aufbot; ferner ließ er die in der Nähe stehenden Bäume fällen. Diese Arbeiten vertraute er geeigneten Leuten an und reiste, während sein Heer dort lagerte, nach Samaria zur Hochzeit, um die Tochter von Aristobulus' Sohn Alexander heimzuführen, mit der er, wie bereits oben gesagt, verlobt war.
SECHZEHNTES KAPITEL Wie lerusalem von Herodes und Sosius erobert wurde. Das Ende der Asamonäer-Herrschaft. 468
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1. Nach Beendigung der Hochzeit zog Sosius durch Phönizien heran, sandte seine Kerntruppen im Inneren des Landes voraus und folgte selbst an der Spitze einer großen Menge Reiterei und Fußvolk. nach. Nun kehrte auch der König aus dem Lande der Samariter zurück und vermehrte die Stärke seines Heeres nicht unwesentlich, sodass seine Streitmacht sich auf fast dreißigtausend Mann belief. Dieses ganze Heer scharte sich nun vor den Mauern Jerusalems zusammen und lagerte sich an der Nordseite der Stadt. Es bestand aus elf Legionen Fußvolk. und sechstausend Reitern, ungerechnet die Hilfstruppen aus Syrien. Den Oberbefehl führten Sosius, der von Antonius zu Hilfe geschickt war, und Herodes in seinem eigenen Namen, weil er den Antigonus, den Rom zum Feinde erklärt hatte, vom Throne stoßen und laut Senatsbeschluss selbst an dessen Stelle regieren sollte. 2. Die Juden aber, die sich aus dem ganzen Lande zusammengefunden hatten und innerhalb der Mauern eingeschlossen waren, leisteten dem Herodes tapferen und hartnäckigen Widerstand, prahlten mit dem Tempel und priesen ihr Volk. glücklich, gleich als wenn Gott dasselbe sicher aus der Gefahr befreien würde. Vor der Stadt nahmen sie alles weg, sodass weder für Menschen noch Vieh dort die geringste Nahrung mehr vorhanden war, und brachten durch ihre heimlichen Raubzüge das feindliche Heer in Not. Als Herodes das merkte, legte er an geeigneten Stellen gegen diese Streifzüge Hinterhalte, sandte dann bewaffnete Abteilungen zur Herbeischaffung von Lebensmitteln aus und ließ aus der Ferne Proviant holen, sodass die Belagerer in kurzer Zeit Überfluss an allem Notwendigen hatten. Inzwischen arbeiteten viele Hände an den Belagerungswerken weiter, sodass die
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drei Wille bald fertig waren. Zudem war es gerade Sommer, und das Wetter also den Arbeiten sehr förderlich. Nun wurden die Maschinen herangebracht, die Mauer berannt, und kein Belagerungsmittel unversucht gelassen. Die Belagerten jedoch ließen sich nicht in Schrecken jagen, sondern erdachten auch ihrerseits mancherlei Mittel, um die Bemühungen ihrer Gegner zu vereiteln, steckten bei ihren Ausfallen die angefangenen oder schon fertigen Maschinen in Brand und zeigten sich im Handgemenge den Römern an Kühnheit gleich, während sie an Kriegserfahrung von denselben übertroffen wurden. Den Maschinen, welche anstelle der zerstörten errichtet wurden, setzten sie andere entgegen; auch rückten sie den in den Laufgräben arbeitenden Feinden unter der Erde zu Leibe und beunruhigten sie nicht wenig. Übrigens kämpften sie mehr aus Verzweiflung als nach einem vernünftigen Plan und leisteten Widerstand bis zum äußersten, obwohl sie von einem so großen Heere belagert wurden und unter Hunger und Mangel gewaltig litten. Denn das Jahr, in welches die Belagerung fiel, war zufcillig ein Sabbatjahr. Endlich gelang dem Feinde die Ersteigung der Mauer, und zwar waren die ersten zwanzig Freiwillige, denen die Centurionen des Sosius folgten. Die erste Mauer wurde nach vierzig, die zweite nach fünfzehn Tagen genommen. Dabei gerieten einige der um den Tempel sich hinziehenden Säulengänge in Brand, und Herodes schob die Schuld daran auf Antigonus, um diesen bei den Juden verhasst zu machen. Als endlich die äußeren Teile des Tempels und die untere Stadt erobert waren, flohen die Juden in das Innere des Heiligtums und in die obere Stadt, und da sie ftirchteten, von den Römern an der Darbringung der täglichen Opfer gehindert zu werden, ließen sie bitten, es möge ihnen die Herbeischaffung von Opfertieren gestattet werden. Herodes willfahrte diesem Verlangen in der Meinung, die Belagerten würden sich jetzt ergeben. Als er sich aber in dieser Erwartung getäuscht sah und erkannte, wie hartnäckig sie den Thron des Antigonus verteidigten, ließ er die Stadt erstürmen. Es entstand nun ein entsetzliches Blutbad, da die Römer über die lange Dauer der Belagerung erbittert waren, des Herodes Anhänger aber keinen von den ihnen feindlichen Juden am Leben lassen wollten. In dichten Haufen wurden die Besiegten in den Gassen, in den Häusern und im Tempel, in welchen sie sich geflüchtet hatten, niedergemacht. Weder zarte Kinder noch gebrechliche Greise, noch schwache Frauen wurden geschont, und obwohl der König überallhin schickte und Einhalt gebieten ließ, hörte doch niemand mit Morden auf, sondern allseitig wüteten die Sieger wie rasend gegen Menschen jedes Alters. Endlich kam Antigonus, der weder eine Empfindung
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von seinem früheren noch von seinem jetzigen Geschick zu haben schien, aus der Burg hervor und warf sich dem Sosius zu Füßen. Dieser aber hatte nicht das geringste Mideid mit dem Unglück des Königs, sondern fuhr ihn hart an und schalt ihn Antigone, ließ ihn aber nicht, als wäre er ein Weib, frei ausgehen, sondern befahl, ihn gefangen zu halten. 2. Nach Unterwerfung seiner Feinde war es des Herodes erste Sorge, dem Ungestüm der Hilfstruppen zu wehren. Die fremden Soldaten drängten sich nämlich heran, um den Tempel und seine Heiligtümer zu sehen. Der König aber hielt sie teils durch Bitten, teils durch Drohungen, teils sogar mit Waffengewalt zurück, da er seinen Sieg [ur schimpflicher als eine Niederlage erachtet haben würde, wenn die Fremden etwas angeschaut hätten, das selbst den Juden zu sehen untersagt war. Ebenso verhinderte er auch die Plünderung Jerusalems, indem er den Sosius wieder und wieder fragte, ob die Römer die Stadt von Menschen und Kostbarkeiten völlig leeren und ihn als König einer Wuste zurücklassen wollten, während er die Herrschaft über den ganzen Erdkreis mit der Hinschlachtung so vieler Bürger nicht erkaufen möchte. Als nun Sosius ihm entgegnete, den Soldaten komme doch [ur die bei der Belagerung ausgestandenen Strapazen eine Belohnung zu, bemerkte ihm Herodes, er werde aus eigenen Mitteln einem jeden Soldaten seine Belohnung anweisen. Dadurch erreichte er, dass der übrige Teil der Stadt verschont blieb, und nun löste er sein Versprechen ein, indem er die einzelnen Soldaten reich beschenkte, den Heerführern aber noch kostbarere und dem Sosius wahrhaft königliche Gaben zukommen ließ, sodass alle bereichert von ihm Abschied nahmen. 4. Dieses Unglück traf die Stadt Jerusalem unter dem Konsulate des Marcus Agrippa und des Caninius Gallus, in der hundertfunfundachtzigsten Olympiade*, im dritten Monat, und zwar wieder an einem Fasttage, als ob das Unheil sich wiederholen sollte, welches die Juden einst von Pompejus erlitten hatten. Denn an demselben Tage war Jerusalem siebenundzwanzig Jahre früher eingenommen worden. Sosius weihte Gott eine goldene Krone und brach dann von Jerusalem: auf, um den Antigonus gefesselt zu Antonius zu bringen. Herodes aber fürchtete, Antigonus möchte von Antonius geschont und zur Verantwortung vor den Senat verwiesen werden, wobei es dann an den Tag kommen würde, dass Antigonus aus königlichem Geschlechte, Herodes dagegen aus niederem Stande sei, und es möchte, obwohl Antigonus sich gegen die Römer verfehlt hatte, die Herrschaft nach * 37 v.ehr.
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dem Rechte der Geburt an dessen Kinder fallen. In dieser Angst bewog er den Antonius durch Übersendung einer großen Geldsumme, den Antigonus zu töten, und war so von aller Furcht befreit. Damit nahm die Herrschaft des Geschlechtes der Asamonäer ein Ende, nachdem sie hundertsechsundzwanzig Jahre gedauert hatte. Es war ein ruhmvolles und edles Herrschergeschlecht, einmal wegen des Adels seiner Abkunft und der ihm eigenen hohepriesterlichen Wurde, dann aber auch wegen der herrlichen Taten, die seine Ahnen zum Besten des Volkes vollbracht hatten. Den Thron verlor das Haus aber nur infolge der Uneinigkeit seiner Mitglieder, und so kam derselbe an Herodes, den Sohn des Antipater, einen Menschen von niedriger Herkunft und aus dem Stande gewöhnlicher Untertanen. So lautet der Bericht, den unsere Vorfahren uns über das Ende der AsamonäerHerrschaft hinterlassen haben.
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ERSTES KAPITEL Von Pollio und Sameas. Herodes lässt die besten Freunde des Antigonus umbringen und erpresst Geld von der Stadt. Antonius lässt den Antigonus mit dem Beile hinrichten.
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1. Wie Sosius und Herodes Jerusalem ~innahmen und den Antigonus zum Gefangenen machten, habe ich im vorhergehenden Buche berichtet. Nunmehr will ich auch die näheren Umstände dieser Ereignisse mitteilen. Nachdem Herodes die Herrschaft über ganz Judäa erlangt hatte, erhob er alle Bürger, die auf seiner Seite standen, zu hohen Ehren, während er diejenigen, welche der Partei seiner Gegner angehörten, tagtäglich quälte und züchtigte. In besonderen Ehren aber standen bei ihm der Pharisäer Pollio und dessen Schüler Sameas, weil sie bei der Belagerung von Jerusalem ihren Mitbürgern den Rat erteilt hatten, den Herodes in die Stadt einzulassen. Auch hatte ebenderselbe Sameas, als Herodes einst, eines todeswürdigen Verbrechens angeklagt, vor Gericht stand, dem Hyrkanus und den Richtern vorwurfsweise vorhergesagt, dass Herodes, dem sie das Leben geschenkt, sie später alle dafür bestrafen würde, eine Verkündigung, die durch Gottes Fügung im Verlaufe der Zeit auch in Erfüllung gegangen ist. 2. Nach der Einnahme Jerusalems raffte Herodes alle königlichen Kleinodien zusammen, plünderte dazu auch noch die Reichen aus und gewann auf diese Weise eine große Menge Silber und Gold, welches er dem Antonius und dessen Freunden schenkte. Ferner ließ er fünfundvierzig der vornehmsten Anhänger des Antigonus umbringen, wobei er an den Stadttoren Wachtposten aufstellte, damit nichts mit den Getöteten hinausgeschafft würde. Darauf wurden die Leichen gen au untersucht und alles, was sich an Silber. Gold oder sonstigen Kostbarkeiten bei ihnen vorfand, dem Könige überbracht. Der Plackereien war überhaupt kein Ende, teils wegen der Habgier des Herrschers, der Geld nötig hatte, teils auch, weil das Land in diesem Jahre unbebaut liegen bleiben musste, da Letzteres ein Sabbatjahr war, in welchem es uns nicht gestattet ist, das Land zu bestellen. Antonius
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hatte nun eigentlich beschlossen, den gefangenen Antigonus bis zum Triumph gefesselt am Leben zu halten. Als er aber vernahm, dass das Volk auf Empörung sinne und aus Hass gegen Herodes zu Antigonus halte, beschloss er, diesen zu Antiochia mit dem Beile hinrichten zu lassen, da er die Juden durch kein anderes Mittel zu beruhigen vermochte. Das bezeugt auch der Kappadokier Strabo mit folgenden Worten: »Antonius ließ den Juden Antigonus nach Antiochia schaffen und ihn hier mit dem Beile hinrichten, und er war der Erste unter den Römern, der einen König mit dem Beile vom Leben zum Tode bringen ließ. Er glaubte eben auf keine andere Weise die Juden dahin bringen zu können, dass sie den Herodes an Antigonus' Stelle als König anerkännten, weil sie nicht einmal durch die Folter dazu gezwungen werden konnten, ihn König zu nennen; so groß war die Meinung, die sie von ihrem früheren Könige hatten. Deshalb meinte er, durch eine schmachvolle Hinrichtung das Andenken an Antigonus schwächen und den Hass der Juden gegen Herodes dämpfen zu können.« So weit Strabo.
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ZWEITES KAPITEL Wie Hyrkanus von den Parthern freigelassen wurde und zu Herodes zurückkehrte. Alexandras Bemühungen zugunsten ihres Sohnes.
1. Sobald der Hohepriester Hyrkanus, der bei den Parthern in Gefangenschaft lebte, vernommen hatte, dass Herodes zur Regierung gelangt sei, begab er sich zu ihm, nachdem er auf folgende Weise aus seiner Gefangenschaft befreit worden war. Als Barzapharnes und Pakorus, die Heerführer der Parther, den Hyrkanus, der erst Hohepriester und da,nn König geworden war, sowie Phasael, den Bruder des Herodes, gefangen genommen hatten, führten sie dieselben nach Parthien weg. Phasael, der es nicht ertragen konnte, sein Leben schmachvoll in Fesseln zubringen zu müssen, und einen heldenmütigen Tod einem solchen Leben vorzog, tötete sich selbst, wie oben erwähnt. 2. Als nun Hyrkanus in das Land der Parther geführt worden war, behandelte ihn der Partherkönig Phraates, der von seiner vornehmen Abstammung gehört hatte, mit großer Milde: Er ließ ihm die Fesseln abnehmen und gestattete ihm, in Babyion zu wohnen, wo eine Menge Juden lebten.
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Diese ehrten den Hyrkanus als ihren Hohepriester und König, wie das auch alle bis zum Euphrat hin wohnenden Juden taten, und Hyrkanus freute sich darüber sehr. Da er nun von der Thronbesteigung des Herodes Kunde erhalten hatte, erfüllte ihn neue Hoffnung, einmal, weil er schon von Anfang an gegen Herodes sich freundlich erzeigt hatte, dann aber auch, weil er glaubte, derselbe sei der Wohltat noch eingedenk, die er ihm mit der Errettung aus Lebensgefahr erwiesen hatte, als Herodes vor Gericht stand und eines todeswürdigen Verbrechens angeklagt war. Hierüber sprach er auch oft mit den Juden, die ihn besuchten. Diese aber hielten ihn zurück und rieten ihm, bei ihnen zu bleiben, indem sie ihm vorstellten, wie hoch geehrt er bei ihnen sei und wie ihm keine Auszeichnung versagt werde, die seiner königlichen und hohepriesterlichen Würde zukomme. Was aber noch weit mehr ins Gewicht falle, sei der Umstand, dass er zu Jerusalern dieser Ehrenbezeugungen sich wohl nicht erfreuen würde, da er auf Antigonus' Befehl verstümmelt worden sei. Auch pflegten die Könige nicht immer der im Privatleben empfangenen Wohltaten zu gedenken, da das Glück ihre Gesinnung nicht selten verändere. 3. Aber obwohl sie ihm so zusetzten und zwar in seinem eigenen Interesse, verlangte Hyrkanus doch sehr, von ihnen wegzuziehen, besonders da Herodes ihm schrieb, er solle den Phraates und die dort wohnenden Juden bitten, ihm nicht zu missgönnen, dass er des Herodes Herrschaft teile. Jetzt sei die beste Zeit, ihm den Dank für die Lebensrettung abzutragen, wie auch für Hyrkanus die beste Gelegenheit, denselben in Empfang zu nehmen. Zugleich schickte Herodes den Saramallas mit vielen Geschenken zu Phraates und ließ diesen freundlich ersuchen, ihm doch nicht im Wege zu sein, da er einem so verdienten Manne seine Dankesschuld abtragen wolle. Doch war das durchaus nicht der wahre Grund, weshalb Herodes diese Bitte stellte. Vielmehr fürchtete er, da er ohne sein eigenes Verdienst auf den Thron gelangt war, es möchten Unruhen entstehen, und suchte deshalb den Hyrkanus in seine Gewalt zu bekommen oder ihn auch gänzlich aus dem Wege zu räumen, wie er dies später wirklich tat. 4. Hyrkanus wurde also, da er voll froher Zuversicht war, vom Partherkönige entlassen und kam, von den Juden reichlich mit Geld versehen, in Jerusalem an. Herodes empfing ihn höchst ehrenvoll, räumte ihm in den Versammlungen und bei Gastmahlen den ersten Platz ein, nannte ihn seinen Vater und täuschte ihn dadurch so, dass kein Verdacht auf ihn selbst fiel, als ob er sich hinterlistig benehme. Herodes tat auch noch vieles andere, um seinen Thron zu stützen, erregte aber dadurch in seinem Hause arge Unru-
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hen. So berief er, um zu verhüten, dass ein Vornehmer die Hohepriesterwürde erlange, von Babyion einen gewissen Priester Ananel und ernannte ihn zum Hohepriester. 5. Diese Schmach aber konnte Alexandra, die Tochter des Hyrkanus und Gattin von Aristobulus' Sohn Alexander, die dem Letzteren zwei Kinder geboren hatte, nämlich einen hervorragend schönen Sohn mit Namen Aristobulus und eine gleichfalls sehr schöne Tochter Mariamne, die mit Herodes vermählt war, nicht ertragen. Vielmehr geriet sie in gewaltige Erregung und Erbitterung über die Schande, dass, während ihr Sohn noch am Leben war, einem Eindringling die Hohepriesterwürde zuteil werden sollte. Sie schrieb daher an IGeopatra einen Brief, den sie ihr durch einen Harfenspieler überbringen ließ, und bat sie, sich bei Antonius dafür zu verwenden, dass ihrem Sohne die Hohepriesterwürde zuerkannt werde. 6. Während nun Antonius mit der Erfüllung der Bitte zögerte, kam sein Freund Dellius wegen irgendeines Geschäftes nach Judäa. Als dieser den Aristobulus erblickte, erstaunte er über die Schönheit und den schlanken Wuchs des Jünglings, wie auch nicht minder über die Anmut der Mariamne, und er konnte sich nicht enthalten, der Alexandra zu schmeicheln, wie schöne IGnder sie habe. Diese ließ sich darauf in ein Gespräch mit ihm ein, in dessen Verlauf er ihr den Vorschlag machte, die beiden malen zu lassen und die Bilder dem Antonius zu übersenden, der ihr gewiss nichts mehr versagen würde, wenn er dieselben zu Gesicht bekäme. Alexandra ging denn auch darauf ein und schickte dem Antonius die Bilder. Dellius fügte noch einige Übertreibungen hinzu und schrieb seinem Freunde, die Kinder schienen ihm nicht von Menschen, sondern von einem Gott abzustammen. Damit beabsichtigte er aber, des Antonius sinnliche Lust zu reizen. Dieser scheute sich nun zwar, die Mariamne zu sich kommen zu lassen, weil sie an Herodes vermählt war und er auch die Eifersucht der Kleopatra nicht wecken wollte. Doch schrieb er, man möge ihm den Jüngling schicken, und zwar, um den Schein des Anstandes zu wahren, mit dem Zusatze: wenn es nicht allzu viele Mühe verursache. Als Herodes hiervon Kenntnis erhielt, erachtete er es für gefährlich, den Aristobulus, einen so schönen und im blühenden Alter von sechzehn Jahren stehenden Jüngling, der noch dazu von so vornehmer Herkunft war, zu Antonius zu schicken, einem Manne, der damals der mächtigste aller Römer war und von dem man sich versehen konnte, dass er auch imstande sei, den Jüngling seiner Wollust zu opfern; denn er tat, was ihm beliebte. Herodes schrieb deshalb zurück, wenn der Jüngling auch nur einen Fuß aus dem Lande setze, werde Krieg und Auf-
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ruhr entfesselt werden, da die Juden stets auf eine Gelegenheit zu Unruhen und Umwälzungen lauerten. 7. Als er sich so dem Antonius gegenüber entschuldigt hatte, beschloss er, den Jüngling und Alexandra nicht ohne Ehrung zu lassen. Denn abgesehen davon, dass seine Gattin Mariamne ihn mit anhaltenden Bitten bestürmte, er möge doch ihrem Bruder die hohepriesterliche Wurde verschaffen, hielt er es auch für in seinem Interesse liegend; dass Aristobulus sich nicht mehr entfernen dürfe, wenn er zu dieser Wurde gelangt sei. Er berief daher seine Freunde zusammen und beklagte sich sehr über Alexandra, indem er ihnen vorstellte, diese trachte nach der Herrschaft und suche es durch Kleopatra dahin zu bringen, dass er selbst vom Throne gestoßen und der Jüngling von Antonius zum Könige ernannt werde. Darin aber handle sie sehr unbillig, da sie nicht bloß ihre Tochter der ehrenvollen Stellung, die sie besitze, beraube, sondern auch da,s Reich, welches er mit so vieler Mühe und unter nicht unbedeutenden Gefahren sich erworben, in Unruhen stürze. Obgleich er aber des Unrechtes, das er von jener Seite erfahren, wohl eingedenk sei, wolle er doch nicht aufhören, Billigkeit walten zu lassen, und jetzt dem Sohne der Alexandra die hohepriesterliche Wurde verleihen, die er früher dem Ananel übertragen habe, weil Aristobulus noch ein Kind gewesen sei. Da nun der König dies nicht aufs Geratewohl, sondern mit schlauer Überlegung sagte, um die anwesenden Frauen und Freunde zu betören, erwiderte Alexandra, die sowohl von der Freude über die unerwartete Ehrung als von der Furcht, Verdacht zu erregen, heftig bewegt war, unter Tränen Folgendes: Sie habe sich allerdings die größte Mühe gegeben, dem Aristobulus zur Hohepriesterwürde zu verhelfen; da sie es fur eine Schmach halte, dass er dieselbe nicht besitze; aber an die Königswürde habe sie nicht im entferntesten gedacht. Sie würde dieselbe nicht einmal annehmen, wenn man sie ihr anböte, da sie schon genug Ehre darin finde, dass Herodes herrsche. Auch werde dadurch hinreichend die Sicherheit ihrer Familie gewährleistet, da er von Natur mehr als andere befähigt sei, zu . regieren. Jetzt aber habe er sie durch die ihrem Sohn erwiesene Ehre zum Danke verpflichtet, und sie werde ihm künftig in allem gehorsam sein. Zugleich bitte sie ihn um Verzeihung, wenn sie vielleicht wegen ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm und aus allzu großem Selbstvertrauen in Erregung geraten sei und unbesonnen gehandelt habe. Nachdem sie diese Reden gewechselt, gaben sie sich zum Zeichen der Aussöhnung die Hand, und es schien nun jeder Argwohn beseitigt zu sein.
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DRITTES KAPITEL Wie Herodes den Aristobulus umbringen ließ und deshalb von Antonius zur Verantwortung gezogen wurde. Von Joseph und Mariamne.
1. Bald darauf entsetzte Herodes den Ananel der hohepriesterlichen Wurde. Dieser war, wie bereits oben erwähnt, kein Einheimischer, sondern gehörte seiner Herkunft nach zu den Juden, welche jenseits des Euphrat wohnten. Einst waren ja viele Tausende unseres Volkes nach Babyion weggeführt worden, und von diesen stammte, und zwar aus hohepriesterlichem Geschlecht, Ananel ab, den Herodes sich schon längst durch Freundschaft verpflichtet hatte. Als nun Herodes zur Regierung gelangt war, hatte er ihm die Ehrenstelle verliehen, die er ihm jetzt in ungesetzmäßiger Weise um der Beilegung eines .Familienstreites willen wieder aberkannte. Denn wer einmal diese Wurde erlangt hatte, konnte derselben nicht wieder verlustig erklärt werden. Antiochus Epiphanes war der Erste, der dieses Gesetz verletzte, da er dem Jesus die Wurde nahm und sie auf dessen Bruder Onias übertrug. Der Zweite war Aristobulus, der seinen Bruder Hyrkanus aus dem Amt entfernte, und als Dritter folgte nun Herodes, der das Hohepriestertum dem Jünglinge Aristobulus verlieh. 2. Auf diese Weise glaubte nun Herodes den Familienzwist aus der Welt geschafft zu haben. Doch ließ er nach erfolgter Aussöhnung mit Alexandra nicht, wie es billig gewesen wäre, seinen Argwohn gegen sie fahren, sondern hielt sich wegen ihrer früheren Feindseligkeit auch jetzt noch für berechtigt, bei Gelegenheit einen von ihr angezettelten Aufruhr befürchten zu müssen. Er befahl ihr daher, sich innerhalb der Königsburg zu halten, und gestattete ihr nicht, etwas nach ihrem Belieben zu tun. Ja, er ließ sie so scharf bewachen, dass sie außer den gewöhnlichen täglichen Verrichtungen nichts unternehmen konnte, wovon er nicht Kenntnis erlangt hätte. Das alles rief allmählich bei Alexandra eine Erbitterung hervor, die bald zu förmlichem Hasse auswuchs. Denn aufgebläht durch weiblichen Stolz, konnte sie die über sie verhängte argwöhnische Bewachung nicht ertragen und wollte lieber alles Erdenkliche leiden, als, ihrer Freiheit beraubt, unter dem Schein der Ehre in Knechtschaft und Furcht ihr Leben verbringen. Sie schickte daher zu Kleopatra, klagte derselben ihre unerquickliche Lage und bat sie, ihr nach Kräften behilflich zu sein. Kleopatra riet ihr, sie solle heimlich mit Aristobulus zu ihr nach Ägypten fliehen, was Alexandra denn auch,
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da ihr dieser Rat gefiel, folgendermaßen ins Werk zu setzen beschloss. Sie ließ zwei Särge anfertigen und schloss sich und ihren Sohn in dieselben ein, nachdem sie ihren ins Einverständnis gezogenen Dienern befohlen hatte, sie während der Nacht hinauszutragen. Sie gedachte sich dann sogleich ans Meer zu begeben, wo ein Schiff bereit lag, das sie nach Ägypten bringen sollte. Thr Diener Aesopus aber, der zufällig ihren Freund Sabbion traf, teilte diesem, weil er glaubte, er sei eingeweiht, den Plan mit. Sabbion war dem Herodes verhasst, weil er im Verdacht stand, einer von denen zu sein, die dem Antipater Gift gereicht hatten, und da er hoffte, durch die Anzeige vom Vorhaben Alexandras bei Herodes wieder in Gunst zu kommen, verriet er dem Könige die beabsichtigte Flucht. Herodes aber ließ die beiden bis zur wirklichen Ausführung des Planes in Ruhe, und erst als sie im Begriffe standen, zu fliehen, ließ er sie festnehmen. Obwohl er nun gern gegen Alexandra eingeschritten wäre, sah er ihr doch das Vergehen nach; denn er fürchtete, Kleopatra, die nicht gut auf ihn zu sprechen war, würde ihn auf eine Anklage vonseiten Alexandras hin noch mehr hassen. Er stellte sich deshalb an, als ob er aus Großmut und Milde Verzeihung gewährt habe. Doch nahm er sich vor, auf alle Fälle den Jüngling aus dem Wege zu räumen. Damit jedoch seine Schuld weniger ans Licht käme, glaubte er diese Tat nicht sogleich nach dem Fluchtversuch ausführen zu dürfen. 3. Unterdessen fiel das Laubhüttenfest ein, das bei uns mit größter Feierlichkeit begangen wird. Herodes ließ die Festtage noch vorbeigehen und gab sich während derselben mit dem Volke den Vergnügungen hin; doch ward bei dieser Gelegenheit sein Neid noch ganz besonders zur Ausführung des geplanten Verbrechens gedrängt. Denn als der Jüngling Aristobulus, damals siebzehn Jahre alt, zum Altare getreten war, um nach der Vorschrift des Gesetzes zu opfern, und in seinem hohepriesterlichen Gewande die religiösen Zeremonien getreu dem Ritus vollzog, auch in seiner hervorragenden Größe und Schönheit wie in seiner edlen Gestalt seine vornehme Abkunft zeigte, hatte die ganze Volksmenge ihr Wohlgefallen an ihm und rief sich die herrlichen Taten seines Großvaters Aristobulus ins Gedächtnis. Und überwältigt von ihren Gefühlen, jauchzte sie ihm freudig zu, brachte ihm Segenswünsche dar und ließ überhaupt eine solche Begeisterung für ihn zutage treten, dass es rätlicher gewesen wäre, den Dank für die früher empfangenen Wohltaten mit Rücksicht auf Herodes weniger laut auszudrücken. Denn gerade infolge dieser Vorgänge beschloss Herodes, seinen Anschlag gegen den Jüngling bald ins Werk zu setzen. Als er daher nach dem Feste von Alexandra nach Jericho zum Mahle geladen war, suchte er
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durch Schmeicheleien den Jüngling an einen stillen Ort hinzulocken und stellte sich dann, als wollte er sich mit ihm in jugendlichem Spiel ergötzen. Da es aber an dem Orte sehr heiß war, gingen sie, ermattet vom Spiel, beiseite und traten an die Fischteiche, die in beträchtlicher Größe die Anlagen umschlossen und bei der Hitze angenehme Kühlung gewährten. Zunächst nun sahen sie einigen ihrer Freunde zu, wie diese in dem Wasser schwammen, und als sich dann der Jüngling auf Zureden des Herodes gleichfalls unter sie mischte, tauchten ihn die Freunde des Herodes, welche dieser entsprechend beauftragt hatte - es dämmerte bereits -, unter dem Schein des scherzhaften Spiels unter und ließen ihn nicht eher los, als bis sie ihn ertränkt hatten. So kam Aristobulus im blühenden Alter von noch nicht achtzehn Jahren ums Leben, nachdem er nur ein Jahr lang die Hohepriesterwürde bekleidet hatte, die nun wieder auf Ananel überging. 4. Als die Frauen von diesem Unfall Kunde erhielten, verwandelte sich ihre Freude in Trauer, und es entstand ein anhaltendes Wehklagen um den geliebten Toten. Auch die ganze Stadt ward, als die Nachricht sich verbreitete, von gewaltigem Schmerz ergriffen, und jedes Haus beweinte das Unglück, als wäre es ihm selbst zugestoßen. Besonders aber empfand Alexandra den tiefsten Schmerz, der sich noch vermehrte, als sie erfuhr, wie der Vorfall sich ereignet hatte. Doch musste sie aus Furcht vor noch größerem Übel alles geduldig über sich ergehen lassen. Oft zwar geriet sie in Versuchung, sich das Leben zu nehmen; aber stets hielt sie davon der Gedanke zurück, sie könnte, wenn sie am Leben bliebe, noch etwas dazu beitragen, dass ihr hinterlistig ermordeter Sohn gerächt würde. Sie stellte sich daher, als wisse sie nichts davon, dass ihr Sohn vorsätzlich getötet worden war, und glaubte so eher eine Gelegenheit zur Rache finden zu können, da sie bei diesem Benehmen am wenigsten Argwohn erregte. Herodes selbst aber suchte überall den Anschein zu erwecken, als ob er an dem Tode des Jünglings nicht die geringste Schuld trüge, indem er nicht nur an der Trauer Anteil nahm, sondern sogar Tränen vergoss, wie wenn ihm die Teilnahme wirklich von Herzen käme. Es wäre ja immerhin möglich gewesen, dass ihn beim Anblick des in blühender Jugendschönheit dahingemordeten Jünglings aufrichtiger Schmerz ergriffen hätte, wenn es nicht allzu klar gewesen wäre, dass er den Tod desselben im Interesse seiner eigenen Sicherheit für notwendig gehalten hätte. Offenbar wollte er also mit seinem Gebaren nur die Schuld von sich abwälzen. Besonders aber überschritt er in der Pracht des Leichenbegängnisses alles Maß, indem er die Aufbahrung mit peinlichster Sorgfalt und unter Herbeischaffung einer großen Menge von kost-
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baren Spezereien vollziehen, wie auch viele Kleinodien mit begraben ließ. Dadurch gelang es ihm denn auch, wenigstens die 'frau er und den Schmerz der übrigen Frauen zu mildern und ihnen einigen 'frost zu gewähren. 5. Alexandra jedoch vermochte er nicht zu besänftigen. Vielmehr wuchs deren Schmerz von Tag zu Tag im Andenken an ihr großes Unglück, und allmählich steigerte sich ihre Erbitterung derart, dass sie der Kleopatra von der Hinterlist des Herodes und der Ermordung ihres Sohnes brieflich Mitteilung machte. Da diese aber schon längst den Wunsch hegte, den Bitten Alexandras zu willfahren, und deren Schicksal aufrichtig bedauerte, machte sie die Angelegenheit zu der ihrigen und ließ nicht ab, den Antonius zu bestürmen, dass er den Mord des Jünglings rächen möge. Es gezieme sich nicht, sagte sie, dass Herodes, der doch nur durch ihn in den Besitz seines Reiches, welches ihm eigentlich gar nicht zukomme, gelangt sei, solche Verbrechen gegen die wahren Könige begehe. Dadurch ließ sich Antonius denn auch bewegen, und als er nach Laodikea kam, lud er den Herodes zur Verantwortung vor, da er der hinterlistigen Ermordung des Aristobulus angeklagt sei. Herodes, der infolge des Grolles der Kleopatra, die den Antonius beständig gegen ihn aufreizte, Gefahr für sich fürchtete, beschloss, da ihm nichts anderes zu tun übrig blieb, dem Befehle zu gehorchen. Er vertraute alsdann seinem Schwager Joseph die Verwaltung des Reiches an und befahl ihm insgeheim, er solle, sobald Antonius ihm selbst ein Leid zufüge, sogleich die Mariamne umbringen. Denn er liebe sie so sehr, dass er es für schmachvoll halte, wenn ein anderer nach seinem Tode ihre Schönheit besitzen würde. Auch deutete er im Allgemeinen darauf hin, dass Antonius, der von Mariamnes Schönheit gehört, eine heftige Neigung zu ihr gefasst habe. Nach Erlass dieser Vorschriften reiste Herodes mit sehr zweifelhaften Erwartungen zu Antonius ab. 6. Joseph aber, der während der Dauer der Stellvertretung mit Mariamne häufige Unterredungen pflog, teils weil die Erledigung der Geschäfte dies verlangte, teils um der Königin die gebührende Ehre zu erweisen, tat bei diesen Gelegenheiten öfters des Herodes und seiner großen Liebe zu ihr Erwähnung. Als nun die Frauen und besonders Alexandra nach Weiberart seine Schmeicheleien belächelten, ging Joseph in seinem Bestreben, ihnen die liebevolle Gesinnung des Königs darzulegen, endlich so weit, dass er den ihm erteilten heimlichen Auftrag verriet, um dadurch zu beweisen, dass Herodes ohne Mariamne nicht leben könne und auch im Tode nicht von ihr getrennt sein wolle. Die Weiber aber schlossen aus diesen Worten Josephs, wie das auch leicht erklärlich war, nicht auf die heftige Liebe des Herodes,
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sondern einzig auf dessen grausame Gesinnung, infolge deren er selbst nach seinem Tode noch in tyrannischer Herzlosigkeit zu ihrem Verderben beitragen wolle, und schwebten also in bängster Sorge um das, was ihnen bevorstand. 7. Unterdessen wurde von den Feinden des Herodes in der Stadt Jerusalern das Gerücht verbreitet, der König sei von Antonius gefoltert und mit dem Tode bestraft worden. Hierdurch ward der ganze Hof, besonders aber die Weiber, in die größte Bestürzung versetzt. Alexandra suchte nun den Joseph zu veranlassen, mit ihnen aus der Königsburg zu fliehen und sich unter den Schutz der römischen Legion zu stellen, welche damals nahe bei der Stadt unter dem Befehle des Julius lagerte. Denn dort, sagte sie, würden sie, wenn im Palaste ein Aufruhr entstände, bei dem bekannten Wohlwollen der Römer am sichersten sein, und zugleich hege sie auch die Hoffnung, dass, wenn Antonius die Mariamne gesehen habe, sie durch ihn nicht nur die Herrschaft, sondern auch alles andere erlangen würden, was der Sprösslinge königlicher Ahnen würdig sei. 8. Während sie nun hierüber noch im Gespräch begriffen waren, kam auf einmal ein Brief von Herodes an, der das gerade Gegenteil des Gerüchtes meldete. Denn sobald Herodes zu Antonius gekommen war, hatte er ihn durch Geschenke, die er von Jerusalern mitgenommen, gnädig gestimmt und im Verlaufe der Unterredung seinen Zorn derart besänftigt, dass die Worte der Kleopatra gegenüber seiner milden Gesinnung ihre Kraft verloren. Antonius sagte nämlich, es zieme sich nicht, dass ein König dafür zur Verantwortung gezogen werde, was er während seiner Regierung tue; er selbst möchte unter solchen Umständen nicht König sein. Wer die Würde und Macht eines Königs besitze, müsse nach Recht und Billigkeit auch freien Gebrauch davon machen dürfen. Der Kleopatra aber gab er zu verstehen, es passe sich nicht, dass sie sich um die Angelegenheiten der Fürsten kümmere. Von allen diesen Vorgängen schrieb Herodes, wie auch weiterhin von den Ehrenbezeugungen, die ihm Antonius tagtäglich in Audienzen und bei Tische erweise, und dass ihm das alles zuteil werde trotz der Feindseligkeit der Kleopatra, welche, nach seinem Reiche lüstern, auf alle mögliche Weise versuche, ihn aus dem Wege zu räumen. Da nun Antonius ihm so wohlgeneigt sei, habe er auch für die Zukunft nichts Schlimmes zu befürchten, sondern werde bald zurückkehren und bei dem Wohlwollen des Antonius noch fester stehen. Kleopatra aber habe weiter nichts mehr zu erwarten, da Antonius, um ihre Forderungen zu befriedigen, ihr Coelesyrien geschenkt und damit sowohl ihren Groll beschwichtigt als
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auch bewirkt habe, dass sie auf das Königreich Judäa keinen Anspruch mehr erhebe. 9. Nach Bekanntwerden dieses Schreibens hatte selbstverständlich das Vorhaben, sich unter den Schutz der Römer zu begeben, keinen Zweck mehr. Doch blieb dasselbe dem Herodes nicht verborgen. Denn als der König, weil Antonius gegen die Parther aufgebrochen war, nach Judäa zurückkehrte, teilten ihm seine Schwester Salome und seine Mutter den Plan mit, und Salome beschuldigte noch obendrein ihren Gatten Joseph des häufigen verbotenen Umganges mit Mariamne. Das tat sie aber, weil sie gegen Mariamne einen alten Groll hegte, der darin seinen Grund hatte, dass diese bei Streitigkeiten, die zwischen ihnen vorfielen, ihr und ihren Geschwistern gewöhnlich ihre niedrige Herkunft zum Vorwurf machte. Herodes, der Mariamne stets leidenschaftlich geliebt hatte, geriet über diese Mitteilungen in heftigen Zorn und vermochte seine Wut kaum zu bezwingen. Doch nahm er sich, um in seiner gewaltigen Erregung nichts zu begehen, was er später bereuen ~üsse, zusammen und stellte Mariamne insgeheim wegen ihrer Zusammenkünfte mit Joseph zur Rede. Da sie aber ihre Unschuld eidlich beteuerte und zu ihrer Rechtfertigung alles vorbrachte, was nur Schuldlose geltend machen können, überzeugte sie den König allmählich von der Grundlosigkeit der Anklage. Dieser ließ nun von seinem Zorn ab und ging, durch die Liebe zu ihr besiegt, sogar so weit, dass er sich entschuldigte, weil er der Verleumdung so leichtsinnig Glauben geschenkt, ihr für ihr sittsames Verhalten seinen Dank abstattete und ihr seine besonders herzliche Liebe zu erkennen gab. Und wie es meistens bei s~lchen Anlässen zu geschehen pflegt, brachen sie schließlich beide in Schluchzen aus und umarmten sich innig. Da aber der König sie wieder und wieder seiner großen Liebe versicherte und ihre Gegenliebe zu entflammen suchte, erwiderte ihm Mariamne: »Das ist aber doch sicher kein Zeichen großer Liebe, dass du den Befehl erteilt hast, mich trotz meiner Unschuld zu töten, sobald Antonius dir etwas zuleide tun würde.« Diese Worte schnitten dem Könige ins Herz; er ließ sie aus seinen Armen, raufte sich das Haar und schrie laut auf, nun sei der klare Beweis geliefert, dass sie mit Joseph verbotenen Umgang gepflogen habe. Denn dieser hätte ihr den geheimen Auftrag gewiss nicht verraten, wenn sie nicht so sehr miteinander vertraut gewesen wären. Beinahe hätte der König sogar seine Gattin umgebracht. Doch verhütete seine immer noch große Liebe zu ihr diesen Ausbruch seines Zornes, wiewohl er sich nur mühsam beherrschte. Den Joseph aber ließ er ohne jedes Verhör hinrichten und Alexandra als die Urheberin alles Unheils ins GeHingnis werfen.
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VIERTES KAPITEL Wie Kleopatra, nachdem Antonius ihr einen Teil von Judäa und Arabien geschenkt hatte, nach Judäa kam, und wie Herodes sie reich beschenkte und nach Ägypten geleitete.
1. Unterdessen kam es in Syrien wieder zu Unruhen, da Kleopatra nicht aufhörte, den Antonius zum Kriege gegen ihre sämtlichen Nachbarn zu hetzen. Sie suchte ihn nämlich zu bereden, ihnen allen die Herrschaft zu nehmen und dieselbe ihr zu übertragen, und bei der großen Liebe, die er zu ihr hegte, hatte sie großen Einfluss auf ihn. Habgierig von Natur, wie sie war, schreckte sie vor keiner noch so großen Ungerechtigkeit zurück, wenn sie ihre Zwecke dadurch fördern konnte. So hatte sie ihren fünfzehn Jahre alten Bruder, von dem sie wusste, dass er ihr auf dem Throne folgen sollte, mit Gift aus dem Wege geräumt, und ihre Schwester Arsinoe, als diese sich zu Ephesus in den Dianatempel geflüchtet hatte, mit Hilfe des Antonius umbringen lassen. Wo sie auch nur die leiseste Hoffnung hatte, zu Geld zu kommen, verschonte sie weder Tempel noch Gräber. Kein Ort war ihr so heilig, dass sie ihn nicht mit Gewalt seines Schmuckes beraubt hätte, und keiner so unheilig~ dass sie sich gescheut hätte, ihn zu betreten, wenn sie nur hoffen konnte, ihre unersättliche Habgier daselbst zu befriedigen. Kurz, es war dem üppigen und sinnlichen Weibe nichts genug, und es fehlte ihr alles, wenn sie auch nur etwas nicht besaß, wonach sie verlangte. Deshalb lag sie beständig dem Antonius an, dass er anderen ihre Besitzungen nehmen und ihr schenken möge. Als sie nun in Syrien mit ihm zusammentraf, gedachte sie auch dieses Land in ihre Gewalt zu bringen. In derselben Absicht ließ sie Lysanias, den Sohn des Ptolemäus, unter dem Vorwand ermorden, er wolle die Parther in Aufruhr bringen, und forderte von Antonius, er solle die Länder Arabien und Judäa ihren Königen nehmen und ihr dieselben geben. Antonius war nun zwar so in den Netzen dieses Weibes verstrickt, dass er nicht nur mit ihr in vertrautestem Verkehr stand, sondern auch wie durch einen Zauberbann dazu verpflichtet schien, ihr in allen Stücken zu Willen zu sein. Dennoch hielt ihn die Scheu vor offenbaren Ungerechtigkeiten davon zurück, ihr in allem und jedem nachzugeben und dadurch allzu großen Anstoß zu erregen. Um ihr daher einerseits ihre Bitte nicht geradezu abzuschlagen, anderseits aber auch durch Eingehen auf alle ihre Forderungen nicht öffentlich als ungerecht zu erscheinen, nahm er je-
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dem der beiden Könige einen Teil seines Landes ab und schenkte ihn der Kleopatra. Auch gab er ihr die Städte, welche zwischen dem Flusse Eleutherus und Ägypten lagen, jedoch mit Ausnahme von Tyrus und Sidon, weil er wusste, dass dieselben von alters her frei gewesen waren, obgleich sie ihn sehr bestürmte, ihr auch diese zu schenken. 2. Als Kleopatra das erlangt und den Antonius auf seinem Zuge gegen Armenien bis zum Euphrat begleitet hatte, kehrte sie um, reiste nach Apamea und Damaskus und begab sich von da nach Judäa. Hier traf Herodes mit ihr zusammen und pachtete ihr den ihr geschenkten Teil von Arabien sowie die Einkünfte des Gebietes von Jericho ab. Die letztere Gegend nämlich bringt Balsam hervor, welcher der köstlichste im ganzen Lande ist und sonst nirgends erzeugt wird, sowie viele und schöne Palmbäume. Da nun Kleopatra hier längeren Aufenthalt nahm und mit Herodes regen Verkehr unterhielt, versuchte sie, von Natur zu unkeuschen Vergnügungen geneigt, den König in verbotenen Umgang zu verstricken, sei es, dass sie wirklich in ihn verliebt war, sei es, dass sie, was wahrscheinlicher ist, im Sinne hatte, aus dem Ehebruch, zu dem sie ihn verleiten wollte, nur neuen Anlass zu Nachstellungen herzunehmen. Kurz, sie stellte sich an, als ob sie in Liebe zu ihm vergehen müsse. Herodes aber, der ihr schon längst feindlich gesinnt war und wusste, dass sie mit ihren Zudringlichkeiten niemand verschonte, glaubte, wenn sie aus zügelloser Lust zu den Anträgen sich hätte hinreißen lassen, sie mit Recht verabscheuen, wenn sie aber in hinterlistiger Absicht dieselben vorgebracht hätte, ihr zuvorkommen und sie dafür züchtigen zu müssen, und wies deshalb ihre Lockungen von sich. Dann überlegte er mit seinen Freunden, ob er sie nicht umbringen lassen solle, da er jetzt Gelegenheit dazu habe. Dadurch werde er alle, denen sie bisher lästig gefallen sei und künftig noch lästig fallen könnte, von mancher Unannehmlichkeit befreien, und auch dem Antonius werde das von Nutzen sein, da sie auch diesem gegenüber sich nicht als treu bewähren würde, wenn er einmal in die Lage kommen sollte, sich auf sie verlassen zu müssen. Doch seine Freunde hielten ihn von diesem Vorhaben zurück, indem sie ihm zunächst vorstellten, dass es ihm, da er wichtigere Dinge zu tun habe, nicht zieme, sich einer so offenbaren Gefahr auszusetzen. Darum baten und bestürmten sie ihn, er möge nicht unüberlegt handeln. Denn sicher werde Antonius eine solche Tat nicht ungestraft hingehen lassen, wenn er auch vielleicht überzeugt sei, dass dieselbe ihm großen Nutzen bringen könne. Vielmehr werde seine Liebe zu Kleopatra noch heftiger entfacht werden, wenn er daran denken müsse, dass sie mit Gewalt und Hinterlist ihm entrissen wor-
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den sei. Auch werde Herodes keine hinreichende Entschuldigung dafür beibringen können, dass er sich an einer Frau vergriffen habe, welche die angesehenste und mächtigste ihrer Zeit sei. Der Nutzen der Tat aber, wenn überhaupt von einem solchen die Rede sein könne, werde, da er mit solcher Tollkühnheit und im Widerspruch mit der Liebe des Antonius errungen werde, gar nichts zu bedeuten haben. Daraus gehe klar hervor, dass Herodes sein Reich und sein Haus in großes und unabsehbares Unglück stürzen würde. Anderseits stehe ihm aber auch nichts im Wege, die Sünde, zu der sie ihn verlocken wolle, zu vermeiden und dadurch seinem Nutzen sowohl als auch der Schicklichkeit zu dienen. Durch diese abschreckenden Worte und die Schilderung der wahrscheinlichen Gefahr hielten sie ihn von seinem Vorhaben zurück. Alsdann beschwichtigte Herodes die Kleopatra durch Geschenke und begleitete sie nach Ägypten. 3. Sowie nun Antonius Armenien unterjocht hatte, schickte er Artabazes, den Sohn des Tigranes, samt dessen Söhnen und Satrapen gefangen nach Ägypten und machte sie nebst allen königlichen Kostbarkeiten, die er erbeutet hatte, der Kleopatra zum Geschenk. Der Herrschaft über Armenien aber bemächtigte sich Artaxias, der älteste Sohn des Artabazes, der damals durch Flucht entkommen war. Später jedoch vertrieben ihn Archelaus und der Cäsar Nero, die sodann seinen jüngeren Bruder Tigranes auf den Thron setzten. 4. Was übrigens die Zölle betrifft, die der Kleopatra samt den ihr abgetretenen Landesteilen von Antonius angewiesen worden waren, so bezahlte Herodes dieselben pünktlich, da er es nicht für klug hielt, der Ägypterin Ursache zur Unzufriedenheit zu geben. Der Araberkönig nun, von dem Herodes die Abgaben erhob, weil dieser für die pünktliche Entrichtung derselben sich verbürgt hatte, entrichtete zwar eine Zeit lang jährlich zweihundert Talente, wurde aber später säumig in der Bezahlung des Geldes, und wenn er auch e~nen Teil der Abgaben auf vieles Drängen hin zahlte, so tat er das doch nicht, ohne zugleich noch Unterschlagungen zu begehen.
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FÜNFTES KAPITEL Wie Herodes gegen die Araber Krieg führte. Von dem großen Erdbeben. Des Herodes Rede an seine 'fruppen. 108
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1. Da nun der Araber sich so unzuverlässig zeigte und zuletzt seiner Pflicht gar nicht mehr nachkam, wollte Herodes ihn mit Waffengewalt zwingen, wurde aber durch den inzwischen ausgebrochenen römischen Bürgerkrieg daran gehindert. Um diese Zeit sah man nämlich der Schlacht bei Actium entgegen, welche in die hundertsiebenundachtzigste Olympiade fiel und in der Cäsar (Octavianus) mit Antonius um die Oberherrschaft kämpfen wollte. Herodes, der sich schon lange im Besitz eines vorzüglich bebauten Landes befand und sich große Reichtümer aus seinen Einkünften erworben hatte, sammelte ein Heer, rüstete es in jeder Beziehung vortrefflich aus und wollte damit dem Antonius zu Hilfe kommen. Antonius aber erklärte ihm, dass er seiner Hilfe nicht bedürfe, und trug ihm auf, den Araberkönig zu bekriegen, von dessen 'freulosigkeit er sowohl durch Herodes als auch durch Kleopatra in Kenntnis gesetzt worden war. Kleopatra nämlich wünschte sehr, dass die beiden miteinander in Krieg verwickelt würden, weil sie daraus Nutzen zu ziehen hoffte. Herodes kehrte also, nachdem er den Auftrag des Antonius erhalten hatte, wieder um und rüstete sich, in Arabien einzufallen. Mit Fußvolk und Reiterei rückte er alsdann aus, traf die Araber bei Diospolis und besiegte sie in einer blutigen Schlacht. Bald aber brachten sie wieder ein zahlreiches Heer bei Kana, einem Orte in Coelesyrien, zusammen. Auf die Kunde hiervon führte Herodes den größten Teil seiner Streitkräfte gegen die Araber, und sobald er sich Kana genähert hatte, beschloss er, ein Lager zu schlagen und dasselbe mit einem Walle zu befestigen, um zu gelegener Zeit eine Schlacht liefern zu können. Als er aber die Anstalten hierzu traf, rief das ganze Heer laut aus, es wolle sogleich ohne Verzug gegen die Araber geführt werden. Denn es war auf einmal von heftiger Kampfbegierde erfasst wor~en, weil es sich wohlgerüstet glaubte, und diejenigen Krieger, welche die frühere Schlacht mitgemacht hatten, waren erst recht auf den Zusammenstoß erpicht. Weil nun das Heer eine so große Begeisterung und Kampfesfreudigkeit zeigte, beschloss der König, sich diesen Eifer zunutze zu machen, sprach daher zu seinen Kriegern, er wolle ihrer Tapferkeit nichts mehr in den Weg legen, und zog den Seinen in den Kampf voraus, während sie selbst ihm in gehöriger Ordnung folgten.
* (Text leicht gekürzt.)
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Da erfasste die Araber plötzlich ein gewaltiger Schrecken, sodass sie nur kurzen Widerstand leisteten und sich alsbald zur Flucht wandten. Ja, sie wären gänzlich aufgerieben worden, wenn ein gewisser Athenion nicht dem Herodes und den Juden einen schlechten Streich gespielt hätte. Dieser Athenion führte im Namen der Kleopatra den Oberbefehl über das derselben gehörende arabische Gebiet, und da er sich mit Herodes schlecht vertrug, wollte er den Ausgang des Krieges nicht unvorbereitet abwarten, beschloss vielmehr, sich ruhig zu verhalten, wenn die Araber im Vorteil blieben, dagegen die Juden anzugreifen, falls die Araber, wie es wirklich eintraf, unterliegen würden. Er brach also mit seinem Kriegsvolk auf die Juden, welche vom Kampfe ermattet waren und sich schon im Besitze des Sieges glaubten, unversehens ein und bereitete ihnen eine schwere Niederlage. Weil nämlich die Juden ihre Kräfte im Kampf gegen den offenen Feind erschöpft hatten und in der Ausnutzung ihres Sieges etwas zu lässig waren, wurden sie von den frischen Angreifern leicht zum Weichen gebracht und erlitten auf dem felsigen und für die Reiterei sehr ungünstigen Terrain, an welches ihre Gegner bereits gewöhnt waren, schwere Verluste. Als nun die Araber die verzweifelte Lage ihrer Feinde gewahrten, bereiteten auch sie sich mit neuem Mute wieder zum Angriff vor, warfen die Juden völlig in die Flucht und richteten ein gewaltiges Blutbad unter ihnen an. So kam der größte Teil der Juden um, und nur wenige konnten sich ins Lager retten. Herodes hatte zwar, als er die üble Lage der Seinen erkannte, in aller Schnelligkeit Hilfe herbeizuholen gesucht. Wie sehr er sich aber auch beeilte - die Hilfe kam doch zu spät, da das Lager der Juden schon von den Arabern genommen war. Die Letzteren aber waren auf ihren so unverhofft .errungenen Sieg und die völlige Aufreibung des feindlichen Heeres nicht wenig stolz. Herodes verlegte sich so dann auf Raubzüge, schlug sein Lager in den Bergen auf und beunruhigte die Araber durch fortwährende Einfalle, hütete sich jedoch, sich auf einen offenen Kampf einzulassen. Auf diese Weise setzte er seinen Feinden arg zu und suchte die erlittene Niederlage nach Möglichkeit wieder gutzumachen. 2. Unterdessen wurde um die Zeit der Schlacht bei Actium*, die im siebenten Regierungsjahre des Herodes zwischen Cäsar und Antonius geschlagen wurde, Judäa von einem Erdbeben heimgesucht, wie man es noch nie·erlebt hatte, sodass im ganzen Lande eine große Menge Vieh zugrunde ging und auch gegen zehntausend Menschen unter den Trümmern ihrer * 31 v. ehr.
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eingestürzten Häuser den Tod fanden, während das Heer, weil es unter freiem Himmel weilte, von dem Unglück nicht berührt wurde. Als die Araber von diesem Missgeschick der Juden, welches ihnen von denen, 4ie ihrem Hasse gegen die Juden schmeicheln wollten, noch dazu sehr übertrieben berichtet wurde, Kunde erhielten, wurden sie sehr übermütig, als wenn sie nach der Verwüstung des feindlichen Landes und dem Untergange so vieler Menschen nun keinen Widerstand mehr zu erwarten hätten. Ja, sie ergriffen sogar die Gesandten der Juden, die nach dem Erdbeben zu ihnen gekommen waren, um Frieden mit ihnen zu schließen, töteten sie und rückten mit großem Ungestüm auf das jüdische Heer an. Die Juden aber hatten keine Lust, es mit ihnen aufzunehmen, da sie nach der schweren Drangsal, welche sie betroffen, schier in Verzweiflung geraten waren und sich für viel zu schwach hielten, um dem Feinde entgegentreten zu können, zumal sie bei ihren zerrütteten heimischen Verhältnissen auf keine Unterstützung rechnen konnten. Bei dieser misslichen Lage redete der König den Heerführern zu und suchte ihren gesunkenen Mut aufzurichten, und nachdem er einige der Vornehmsten dahin gebracht, dass sie sich wieder ermannten, wandte er sich an das gesamte Kriegsvolk, das er bis jetzt, weil es von den Schicksalsschlägen zu sehr niedergebeugt war, nicht anzureden gewagt hatte, und hielt an dasselbe folgende ermunternde Ansprache: 3. »Ich weiß wohl, ihr wackeren Leute, dass in der letzten Zeit sich manches ereignete, was uns schwer niedergedrückt hat, und vielleicht dürfte in einer so schlimmen Lage selbst der Tapferste den Mut verlieren. Weil wir aber jetzt zum Kriege gedrängt werden, und nichts von dem, was uns getroffen hat, derart ist, dass es nicht durch eine ruhmvolle Tat wieder ausgeglichen werden könnte, will ich euch jetzt ermuntern und euch zeigen, wie ihr euren früheren Heldenmut wieder bewähren könnt. Was zunächst den Krieg selbst anlangt, so will ich euch beweisen, wie gerechte Ursache wir haben, ihn zu führen, da wir durch die Ungerechtigkeit unserer Feinde dazu gezwungen werden. Denn das wird euch, wenn ihr es recht bedenkt, zähe Widerstandskraft einflößen. Dann will ich euch auch zeigen, dass alle Übel, die uns jetzt drücken, für nichts zu achten sind, und dass wir gegründete Hoffnung auf Sieg haben. Ich beginne mit dem ersten Beweise und rufe euch selbst zu Zeugen der Wahrheit meiner Worte an. Thr wisst doch gut, wie ungerecht die Araber gehandelt und wie treulos und gottlos sie sich nach Art der Barbaren benommen haben. Besonders haben sie durch ihre Habgier, durch ihren Neid und durch hinterlistige Angriffe uns sehr geschadet. Doch wozu soll ich noch viele Worte hierüber verlieren? Wer hat
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sie denn, als sie in Gefahr standen, ihre Freiheit zu verlieren und in die Knechtschaft der Kleopatra zu fallen, aus dieser Gefahr befreit? Nur meine guten Beziehungen zu Antonius waren die Ursache, dass ihnen damals nichts Schlimmeres widerfuhr, zumal Antonius nichts tat, was uns hätte Argwohn einflößen können. Als er dann der Kleopatra Teile unseres beiderseitigen Gebietes schenken wollte, habe ich auch in dieser Sache die ganze Sorge auf mich genommen, uns durch reiche Geschenke Frieden verschafft, die ersten zweihundert Talente selbst gezahlt und für weitere zweihundert Talente, die dem Lande auferlegt waren, die Bürgschaft übernommen. Und doch haben uns die Araber hierin ihr Wort nicht gehalten. Ist es nun schon überhaupt an sich unbillig, dass die Juden von ihren Gütern irgendjemand Abgaben oder Steuern bezahlen, so ist es doch erst recht nicht in der Ordnung, dass wir das auch noch für diejenigen tun sollen, die uns ihre Rettung verdanken, zumal die Araber, welche eingestandenermaßen uns zur Erkenntlichkeit verpflichtet sind, uns noch dazu beleidigt und betrogen haben, obwohl wir nicht ihre Feinde, sondern ihre Freunde waren. Wenn aber das gegebene Wort selbst unter erbitterten Feinden Geltung hat, um wie viel mehr muss das unter Freunden der Fall sein! Freilich muss man 'freue nicht bei denen suchen, die jedes Mittel für erlaubt halten, wodurch sie sich Gewinn verschaffen können. Kann es euch daher noch im Geringsten zweifelhaft sein, dass wir an solchen ungerechten Menschen Rache nehmen müssen, da Gott selbst uns geboten hat, die Ungerechtigkeit zu verabscheuen, und da wir nicht nur einen gerechten, sondern auch einen notwendigen Krieg vorhaben? Haben sie doch mit der Ermordung unserer Gesandten eine Schandtat begangen, die von Griechen wie Barbaren rur gleich nichtswürdig gehalten wird. Denn die Griechen erklären die Gesandten rur heilig und unverletzlich; wir aber haben unsere wichtigsten Satzungen und den heiligsten Teil unserer Gesetze durch Engel erhalten, die von Gott gesandt waren. Eine solche Kraft hat der Titel eines Gesandten, dass er bei den Menschen für den Stellvertreter Gottes gilt und den Feind mit dem Feinde auszusöhnen vermag. Welcher Frevel könnte also größer sein wie die Ermordung derer, die gesandt sind, um über Recht und Frieden zu verhandeln? Und wie können diejenigen, die solchen Frevel begangen haben, je in ihrem Leben wieder ruhig und im Kriege wieder glücklich sein? Mir wenigstens scheint das undenkbar. Es könnte nun vielleicht jemand einwenden, wir hätten wohl das Recht auf unserer Seite, die Feinde aber die Stärke und Übermacht der Zahl. Solche Rede kann aber bei euch keine Wirkung haben. Denn wer das Recht auf seiner Seite hat, hat Gott für sich;
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WO aber Gott is~ da ist auch Macht und Stärke. Bedenken wir ferner unsere früheren Taten: In der ersten Schlacht haben wir gesieg~ in der zweiten haben uns die Feinde keinen Widerstand geleiste~ sondern sind sogleich geflohen, da sie unseren kraftvollen Ansturm nicht auszuhalten vermochten. Als wir dann schon gesiegt hatten, griff Athenion uns an, ohne uns den Krieg erklärt zu haben. Ist das nun nicht eher Hinterlist und Tücke als Tapferkeit? Warum sollen wir denn den Mut verlieren wegen einer Sache, die eigentlich unsere Zuversicht noch steigern müsste? Und wie können solche Menschen uns Furcht einjagen, die, sowie sie offen mit uns kämpften, noch stets unterlegen sind, und die, wenn sie einen Sieg errungen zu haben schienen, diesen nur ihrer Hinterlistigkeit verdankten? Hält sie aber trotzdem noch jemand für tapfer, warum lässt er sich nicht eben dadurch zu größerem Kampfeseifer anspornen? Ein Zeichen von Mut ist es doch wahrlich nich~ Schwache anzugreifen, sondern vielmehr Stärkere zu überwinden. Sollte aber vielleicht jemand infolge der Drangsale, die unser Heimatland betroffen haben, und namentlich infolge des Erdbebens zaghaft sein, so möge er doch zunächst bedenken, dass diese Unfälle den Arabern viel größer vorkommen, als sie in Wirklichkeit sind, und sodann auch, dass es sich fur uns nicht geziem~ uns durch das in Angst jagen zu lassen, was unsere Feinde mit Zuversicht erfüllt. Denn nich~ weil ihnen selbst etwas Glückliches widerfahren is~ sind sie so übermütig, sondern weil sie hoffen, wir würden uns unter der Wucht der Schicksalsschläge beugen. Wenn wir aber gegen sie zu Felde ziehen, werden wir ihren Übermut schon dämpfen und dann erst recht zuversichtlich sein, wenn wir nicht mehr mit so trotzigen Gegnern zu ringen haben. Lasst uns also nicht verzagen und nicht etwa glauben, dass unser Missgeschick eine Folge des göttlichen Zornes sei; vielmehr ist dasselbe nur dem bloßen Zufall zuzuschreiben. Wäre es aber auch wirklich von Gott in seinem Ratschlusse über uns verhängt worden, so hätte es doch auch schon durch seinen Ratschluss ein Ende genommen, weil Gott sich an dem Vergangenen genügen lässt. Denn hätte er uns noch fernerhin heimsuchen wollen, so würde er gewiss seinen Ratschluss nicht so schnell geändert haben. Dass es aber sein Wille is~ dass wir diesen Krieg unternehmen und dass derselbe von ihm für gerecht gehalten wird, hat er uns deutlich zu erkennen gegeben. Denn während rings im Lande gar manche durch das Erdbeben umgekommen sind, ist doch keinem einzigen Krieger etwas zugestoßen. Vielmehr seid ihr alle wohlbehalten, wodurch Gott euch kundtu~ dass, wenn ihr auch mit Weib und Kind in den Krieg zöge~ euch dennoch kein Unheil treffen würde. Wenn ihr das alles bedenkt und, was
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noch mehr heißen will, euch vorstellt, dass Gott stets für euch streiten wird, so werdet ihr gerechte und blutige Rache nehmen an denen, die treulos gegen ihre Freunde, unversöhnlich im Kriege, frevelhaft gegen unsere Gesandten waren, und die ihr an Tapferkeit stete weit übertroffen habt.« 4. Diese Rede hob den Mut der Juden gewaltig. Herodes aber führte sie nach Darbringung eines feierlichen Opfers eilig über den Jordan gegen die Araber und schlug nicht weit vom Feinde sein Lager Cluf. Er beschloss sodann, eine zwischen den Juden und den Arabern liegende Festung zu nehmen, weil er dies für nützlich hielt, einmal für den Fall, dass der Zusammenstoß mit dem Feinde schnell erfolgen sollte, dann aber auch im Hinblick auf die Möglichkeit, dass der Kampf sich in die Länge ziehen würde; in letzterem Falle sollte die Festung ein befestigtes Lager ersetzen. Die Araber jedoch hatten denselben Plan, und so entbrannte um diesen Ort der Kampf. Anfangs beschränkte sich derselbe auf leichte Plänkeleien; dann aber wurden die Gegner handgemein, und es fiel auf beiden Seiten eine beträchdiche Anzahl, bis schließlich die Araber unterlagen und zu weichen begannen. Dadurch wuchs das Selbstvertrauen der Juden, und da der König bedachte, dass die Araber eher alles andere. tun würden, als sich wieder in einen Kampf einzulassen, fing er an, die feindlichen Verschanzungen zu zerstören und das Lager der Araber zu stürmen. Ohne alle Ordnung, Kampfesfreudigkeit und Siegeshoffnung zogen die Feinde heran und leisteten nur Widerstand, weil sie an Zahl überlegen waren und zum Kampfe genötigt wurden. Schließlich entwickelte sich ein blutiges Treffen, in welchem auf beiden Seiten gar viele umkamen. Alsdann wandten sich die Araber zur Flucht, und es entstand unter ihnen ein gewaltiges Blutbad, da sie nicht nur dem Schwerte der Feinde, sondern auch dem ihrer eigenen Freunde erlagen. Es kam nämlich bei der großen Menschenrnasse zu einer ungeheuren Verwirrung, in der die Araber sich gegenseitig zu Tode traten und mit ihren eigenen Geschossen verwundeten. So geschah es, dass fünftausend von ihnen fielen. Der Rest flüchtete sich in eine Festung, aber wegen Mangels an Lebensmitteln und besonders an Wasser ohne alle Hoffnung auf Rettung. Die Juden setzten ihnen nach, konnten jedoch nicht zugleich mit ihnen in die Festung eindringen und schlossen sie deshalb ein. Dann bewachten sie die Pässe aufs schärfste und schnitten ihren Feinden dadurch jede Möglichkeit der Flucht wie des Entsatzes ab. 5. In dieser schlimmen Lage schickten die Araber Gesandte an Herodes, zunächst um wegen des Friedens zu unterhandeln, und ferner, um Abhilfe hinsichtlich ihres großen Wassermangels zu erbitten. Herodes aber, der sich
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für das erlittene Unrecht rächen wollte, nahm weder die Gesandten noch Lösegeld für die Gefangenen, noch irgendeinen anderen Vorschlag an, und so sahen sich die Araber durch Durst und ihre sonstige Not endlich gezwungen, sich den Juden zu ergeben, um sich von ihnen fesseln und wegführen zu lassen. Auf diese Weise wurden im Verlauf von fünf Tagen viertausend Araber in die Gefangenschaft geschleppt. Am sechsten Tage aber entschlossen sich die Übrigen, einen regelrechten Ausfall zu versuchen und mit dem Feinde handgemein zu werden, da sie sich lieber der Gefahr des Kampfes als dem schmählichen Hungertode unterziehen wollten. Sie rückten also aus der Umwallung heraus, konnten aber vor körperlicher und geistiger Ermattung keinen nennenswerten Widerstand mehr leisten, weshalb sie den Tod als Gewinn, das Leben aber als Qual betrachteten. Und. so fielen gleich beim ersten Zusammenstoß gegen siebentausend Mann von ihnen. Nach dieser Niederlage verloren die Araber allen Mut, und voll Bewunderung für die Feldherrntüchtigkeit des Herodes ergaben sie sich ihm und erkannten ihn als ihren Herrn an. Herodes aber kehrte, stolz auf sein Kriegsglück und wegen seiner Heldentaten allgemein bewundert, nach Hause zurück.
SECHSTES KAPITEL Wie Herodes den Hyrkanus umbringen ließ, zum Cäsar reiste und von diesem freundlich empfangen wurde. Wie er bald darauf auch dem Cäsar zu Ptolemäus einen glänzenden Empfang bereitete. 161
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1. Herodes hatte nun alles so in Ordnung gebracht, dass es schien, als könne ihm von keiner Seite mehr etwas Widriges zustoßen. Gleichwohl geriet er nach dem Siege, welchen Octavianus über Antonius bei Actium errungen hatte, in Gefahr, alles zu verlieren. Denn nach dieser Schlacht gab nicht nur Herodes selbst jegliche Hoffnung auf, sondern es taten dies auch seine Freunde, während seine Feinde frohlockten. War es doch wahrscheinlich, dass Herodes wegen der freundschaftlichen Beziehungen zu Antonius nun seiner Strafe nicht entgehen würde. Seine Freunde fingen daher an, völlig den Mut zu verlieren, während seine Feinde zwar äußerlich Mitgefühl zur Schau trugen, innerlich aber sich freuten, da sie nun eine bessere Wendung der Dinge für sich erhofften. Bei dieser Sachlage hielt Herodes es für
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geraten, den Hyrkanus, der allein vom Königsgeschlechte noch am Leben war, aus dem Wege zu räumen. Denn er glaubte, dass es für ihn vorteilhaft sein müsse, wenn für den Fall, dass er der drohenden Gefahr entginge, niemand mehr vorhanden wäre, der, des Thrones würdiger als er selbst, den Versuch machen könnte, sich der Herrschaft zu bemächtigen. Würde aber der Cäsar ihn mit dem Tode bestrafen, so wollte er wenigstens dem Hyrkanus nicht die Freude gönnen, dass er ihm in der Regierung folge. 2. Wahrend Herodes sich mit solchen Gedanken trug, gaben ihm die Freunde des Hyrkanus selbst Gelegenheit, seinen Plan zu verwirklichen. Hyrkanus nämlich wollte sich, da er von milder Sinnesart war, in die Staatsgeschäfte nicht einmischen, dachte auch nicht an Neuerungen, sondern überließ, zufrieden mit seinem Lose, alles dem Schicksal. Alexandra dagegen, herrschsüchtig und von unbändigem Verlangen nach Umwälzung durchdrungen, reizte ihren Vater Hyrkanus auf, er solle doch den Herodes mit seinen fortwährenden Freveltaten gegen ihr Haus nicht ruhig gewähren lassen, sondern sich die Hoffnungen, die ihm in der Zukunft winkten, schon jetzt zunutze machen. Dann bat sie ihn, an den Araberfürsten Malchus zu schreiben und ihn um Aufnahme und sicheres Geleit zu ersuchen; denn wenn nach ihrer Entfernung Herodes als Feind des Cäsars seinem verdienten Schicksal anheim falle, werde die Herrschaft auf sie übergehen, teils ihrer Abkunft wegen, teils weil das Volk sehr an ihnen hänge. Diesen Ratschlägen schenkte Hyrkanus zunächst kein Gehör. Als aber Alexandra ihm Tag und Nacht mit der den Weibern eigenen Hartnäckigkeit anlag und immerfort von Nachstellungen sprach, die Herodes gegen ihn beabsichtige, ließ er sich endlich bereden, einem gewissen Dositheus einen Brief an den Araber zu übergeben, worin er diesen bat, ihm Reiter zu schicken, die ihn abholen und bis zum See Asphaltia geleiten sollten, welcher von lerusalem dreihundert Stadien entfernt ist. Auf den Dositheus aber hatte er sein besonderes Vertrauen gesetzt, weil dieser sowohl ihm wie der Alexandra sehr zugetan war und alle Ursache hatte, dem Herodes feindselig zu sein. Denn er war ein Verwandter 10sephs, den Herodes hatte hinrichten lassen, und der Bruder derer, die auf Befehl des Antonius früher zu 1Jrus umgebracht worden waren. 'Trotzdem fühlte er sich nicht bewogen, dem Hyrkanus treu zu bleiben; vielmehr schlug er die Gunst des Herodes höher an und übergab diesem den Brief. Herodes lobte ihn wegen seiner Anhänglichkeit und trug ihm auf, den Brief wieder zu verschließen, zu siegeln, dem Malchus zu überbringen und dessen Antwortschreiben in Empfang zu nehmen. Denn er habe das größte Interesse daran, auch dessen Gesinnung kennen zu ler-
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nen. Dositheus tat das bereitwillig, und der Araber schrieb zurü~ er werde den Hyrkanus dessen Begleiter und alle Juden, die zu ihm hielten, gern aufnehmen; auch werde er ihn sicher geleiten und keinen seiner Wünsche unberücksichtigt lassen. Als Herodes diesen Brief erhalten hatte, ließ er den Hyrkanus zu sich rufen und fragte ihn, ob er mit Malchus eine Verabredung getroffen habe. Hyrkanus stellte das entschieden in Abrede; Herodes aber zeigte ihm vor versammeltem Hofe den Brief und ließ ihn sogleich hinrichten. 3. In dieser Weise findet sich der Hergang in den Annalen des Herodes beschrieben. Nach anderen jedoch hat sich die Sache nicht so verhalten; vielmehr soll Herodes den Hyrkanus nicht sowohl aus dem oben erwähnten Grunde als wegen der Nachstellungen, die dieser ihm bereitet, unter Anklage gestellt und zum Tode verurteilt haben. Sie schreiben nämlich, Herodes habe bei einem Gastmahl, ohne seinen Argwohn auch nur anzudeuten, den Hyrkanus gefragt, ob ihm ein Brief von Malchus zugegangen sei, worauf dieser entgegnet habe, er habe allerdings einen Brief von ihm empfangen, doch sei der Zweck desselben nur der gewesen, ihm einen Gruß zu entbieten. Hierauf habe sich Herodes wieder an ihn mit. der Frage gewandt, ob er von Malchus Geschenke erhalten habe, und als ihm hierauf die Antwort erteilt worden sei, er habe nur vier Pferde zum Reiten geschenkt bekommen, habe der König das als Bestechung und Verrat ausgelegt und ihn zum Tode verurteilt. Dass aber Hyrkanus unschuldig die Todesstrafe erlitten habe, suchen sie daraus zu beweisen, dass er von sanfter Gemütsart gewesen sei, sodass er nicht einmal als Jüngling irgend ein Anzeichen von Tollkühnheit oder Verwegenheit geboten und selbst dann, als er zur Regierung gelangte, fast die ganze Verwaltung dem Antipater überlassen habe. Hierzu komme noch, dass er damals bereits sein achtzigstes Lebensjahr überschritten und wohl gewusst habe, dass des Herodes Regierung fest begründet sei. Ja, er sei sogar über den Euphrat gegangen, habe alle, die ihn jenseits dieses Flusses in so hohen Ehren gehalten, verlassen und sich der Gewalt des Herodes unterworfen. Es sei somit ganz unglaublich und entspreche auch durchaus nicht seinem Charakter, dass er eine Umwälzung beabsichtigt habe. Vielmehr scheine es, als ob dieser Grund von Herodes nur erdichtet worden sei. 4. So beschloss Hyrkanus sein Leben, nachdem er während desselben viele und mancherlei Schicksale erfahren hatte. Denn als seine Mutter Alexandra zur Regierung gekommen war, wurde er Hohepriester des jüdischen Volkes und bekleidete diese Würde neun Jahre lang. Nach dem Tode seiner
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Mutter übernahm er dann auch die Regierung, rührte dieselbe aber nur drei Monate lang und wurde von seinem Bruder Aristobulus vertrieben. Von Pompejus wieder in alle seine Würden eingesetzt, behauptete er sich alsdann vierzig Jahre lang darin. Hieraufwurde er von Antigonus abermals derselben beraubt und lebte als Verstümmelter und Gefangener bei den Parthern. Einige Zeit nachher kehrte er, angelockt durch die Aussichten, welche Herodes ihm eröffnete, in seine Heimat zurück. Aber nichts von allem, was er gehofft hatte, ging in Erfüllung; vielmehr erfuhr er noch weitere schwere Schicksalsschläge und musste schließlich das Schlimmste erdulden, indem er, wie gesagt, in hohem Greisenalter einen unverdienten Tod erlitt. Denn er scheint milden und gemäßigten Charakters gewesen zu sein, und da er sich mit Staatsgeschäften nicht gern befasste und auch in der Kunst des Regierens nicht erfahren war, ließ er das Reich größtenteils durch andere verwalten. Diese seine große Milde war auch allein schuld daran, dass Antipater und Herodes zu so großer Macht gelangten, von welch Letzterem er dann endlich gegen Recht und Gerechtigkeit mit dem Tode bestraft wurde. 5. Nach dem Tode des Hyrkanus trat Herodes seine Reise zum Cäsar* an, von dem er aber wegen seiner Freundschaft mit Antonius nichts Gutes erwartete. Anderseits hatte er Alexandra im Verdacht, sie möchte die Gelegenheit benutzen, um das Volk zur Empörung aufzustacheln und im Reiche eine Umwälzung ins Werk zu setzen. Er übertrug daher die ganze Verwaltung seinem Bruder Pheroras, brachte seine Mutter in Zypern, seine Schwester und alle seine Kinder in Masada unter und gab seinem Bruder den Auftrag, die Regierung weiterzuführen, wenn er höre, dass ihm etwas Schlimmes zugestoßen sei. Seine Gattin Mariamne aber, die er wegen ihrer Feindschaft gegen seine Schwester und seine Mutter mit diesen nicht zusammenleben lassen konnte, befahl er nebst deren Mutter Alexandra nach Alexandrium zu bringen und vertraute ihren Schutz seinem Schatzmeister Joseph sowie dem Ituräer Soemus an, die er von vornherein als sehr treu befunden hatte und deshalb jetzt unter dem Scheine einer besonderen Ehrung zu Wächtern der Frauen bestellte. Sie hatten zugleich den strengen Befehl, sobald sie etwas Ungünstiges über des Herodes Schicksal erführen,
* Im Jahre 27 v. Ghr. erteilte der Senat ihm den Beinamen Augustus (der Erhabene), der dann der gebräuchliche Name des Octavianus als Alleinherrscher und ebenso wie Princeps, Gäsar, Imperator, der Titel der römischen Herrscher wurde. Später wird Gäsar die besondere Bezeichnung des vom regierenden Augustus bei Lebzeiten ernannten Nachfolgers.
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unverzüglich beide Frauen zu töten und alles aufzubieten, um die Herrschaft seinen Kindern und seinem Bruder zu sichern. 6. Nachdem er diese Anordnungen getroffen, reiste er schleunigst nach Rhodos zum Cäsar. Sobald er in der Stadt anlangte, legte er sein Königsdiadem ab, behielt aber seinen übrigen Schmuck an. Und als er nun vor den Cäsar trat und sich mit ihm unterredete, bewies er einen großen Mut, da er durchaus nicht, wie es bei solchen Anlässen zu geschehen pflegt, zu demütigen Bitten seine Zuflucht nahm, um etwa Verzeihung für seine Fehler zu erflehen, sondern freimütig von seinen Handlungen Rechenschaft ablegte. Er erklärte nämlich dem Cäsar offen, dass er mit Antonius sehr befreundet gewesen sei und nach Kräften dazu beigetragen habe, ihm den Besitz der höchsten Gewalt zu sichern. Mit Waffen freilich habe er ihn nicht unterstützt, weil er in einen Krieg mit den Arabern verwickelt gewesen sei; dafür aber habe er ihm Geld und Getreide geliefert. Doch glaube er auch damit seiner Pflicht noch nicht genügt zu haben. Denn wer eines anderen Freund sein wolle und von ihm bewusstermaßen nur Gutes erlangt habe, müsse im Falle der Gefahr ebenso gern sein Leben wie sein Besitztum für ihn hingeben. Obwohl er ihm nun weniger geleistet als sich geziemt hätte, glaube er doch gut daran getan zu haben, dass er ihn, als er bei Actium geschlagen worden, nicht im Stich gelassen und sich bei der jähen Wendung seines Glückes nicht von ihm ab gewandt habe. Vielmehr habe er ihm, wenn er ihm auch keine hinreichende Hilfe habe gewähren können, doch wenigstens einen sehr guten Rat gegeben, indem er ihm als die einzige Möglichkeit seiner Rettung die Tötung der Kleopatra bezeichnet habe. Habe er diese nämlich aus dem Wege geräumt, so könne er die Hoffnung hegen, sich der höchsten Gewalt zu bemächtigen und sich mit dem Cäsar Augustus auszusöhnen. Antonius aber habe seinen Vorschlag nicht in Erwägung gezogen, sondern einem schlechteren Rat nachgegeben, wovon er selbst nur Schaden, Augustus aber Nutzen gehabt habe. »Wenn du nun«, fuhr er fort, »weil du dem Antonius grollst, mir meine Anhänglichkeit an ihn als Verbrechen anrechnen willst, so muss ich mich allerdings schuldig bekennen, und ich scheue mich nicht, offen zu erklären, dass ich ihm sehr ergeben war. Wenn du aber, abgesehen von meiner Person, meine Erkenntlichkeit und Ergebenheit gegen meine Wohltäter kennen lernen willst, so kannst du sie aus meinen dir soeben gegebenen Beweisen am besten ersehen. Ist aber auch der Name des höchsten Machthabers ein anderer geworden, so werde ich nichtsdestoweniger diesem. gleichfalls meine unerschütterliche Freundschaft beweisen.«
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7. Mit diesen eine freimütige Gesinnung verratenden Worten machte er sich den Augustus nicht wenig geneigt, der überhaupt ein edler und hochherziger Mann war. So kam es, dass gerade das, worauf sich die Anklage gegen ihn aufbauen sollte, ihm die Gunst des Cäsars verschaffte. Dieser setzte ihm also das Diadem wieder auf und ermahnte ihn, sich gegen ihn ebenso freundschaftlich zu benehmen wie gegen Antonius. Auch erwies er ihm hohe Ehrenbezeugungen und teilte ihm mit, dass Quintus Didius geschrieben habe, wie hilfreich Herodes sich ihm in seiner Unternehmung gegen die Gladiatoren* gezeigt habe. Da nun Herodes eine so freundliche Aufnahme gefunden hatte und gegen alle Erwartung seine Herrschaft teils durch das Entgegenkommen des Cäsars, teils durch einen Beschluss des römischen Senates, den er sich zu größerer Sicherheit hatte erwirken lassen, befestigt sah, begleitete er den Cäsar auf seiner Reise nach Ägypten und beschenkte ihn wie seine Freunde sehr reichlich, indem er die möglichste Freigebigkeit an den Tag legte. Auch bat er, dass dem Alexander, einem Freunde des Antonius, seine Strafe erlassen werden möchte; doch konnte er die Gewährung dieser Bitte nicht erreichen, weil der Cäsar in der Angelegenheit durch einen Eid gebunden war. Darauf kehrte er mit größerem Ansehen und Selbstvertrauen nach Judäa zurück und versetzte diejenigen, welche das Gegenteil erwartet hatten, in die äußerste Bestürzung, als ob er durch besonderes Wohlwollen Gottes aus allen Gefahren nur mit desto größerem Ruhm hervorgehe. Gleich nachher rüstete er sich zum Empfange des Cäsars, der von Syrien aus gegen Ägypten gezogen war. Zu Ptolemals empfing er ihn mit wahrhaft königlichem Pomp; auch bewirtete er sein Heer und versorgte es mit allem Notwendigen reichlich. Daher kam es, dass er zu den vertrautesten Freunden des Cäsars gehörte. Er ritt neben ihm, wenn er das Heer musterte, und umgab ihn und seine Freunde mit einem Geleit von hundertfünfzig Mann, welche auf die prunkvollsten und glänzendsten Dienstleistungen eingeübt waren. Desgleichen schützte er sie auf ihrer Reise durch wasserarme Gegenden gegen Mangel und versorgte sie hinreichend mit Wein und das Heer mit Wasser. Obendrein schenkte er dem Cäsar achthundert Talente und brachte so allen die Meinung bei, dass er einen größeren und glänzenderen Aufwand gemacht habe, als die Kräfte seines Reiches gestatteten. Infolgedessen breitete sich nur umso mehr die Überzeugung von seiner Ergebenheit und Treue aus, und es gereichte ihm zu * Die sich nach der Niederlage des Antonius, ihres Herrn, von Kyzikos nach Ägypten durchzuschlagen versucht hatten.
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großem Nutzen, dass er seine Freigebigkeit den Zeitverhältnissen so richtig angepasst hatte. Auch als die Römer aus Ägypten zurückkehrten, nahm er sie mit nicht geringerer Diensteifrigkeit auf.
SIEBENTES KAPITEL Wie Herodes den Soemus und die Mariamne, sowie später auch Alexandra, Kostobar und die Söhne des Babas umbringen ließ. 202
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1. Als Herodes in sein Königreich zurückgekehrt war, traf er sein Haus in Verwirrung und seine Gattin Mariamne sowie deren Mutter Alexandra in schlechter Stimmung an. Da sie nämlich der Meinung waren, sie seien nicht ihrer Sicherheit halber, sondern gleichsam als Gefangene in die Festung eingeschlossen worden, sodass sie weder über fremdes Gut noch über ihr eigenes Gewalt haben sollten, wurden sie sehr unwillig, und Mariamne hielt die Liebe des Königs für selbstsüchtig und erheuchelt. Ganz besonders aber kränkte es sie, dass, wenn Herodes umkommen würde, auch ihr jede Lebenshoffnung abgeschnitten sein sollte. Und da sie sich zugleich des Auftrages erinnerte, der früher dem Joseph erteilt worden war, suchte sie auf jede mögliche Weise die Wachter zu bestechen und ganz besonders den Soemus, weil sie wusste, dass von ihm alles abhänge. Anfangs nun bewies sich Soemus treu und befolgte genau die Vorschriften des Herodes. Als aber die Weiber ihm durch Schmeicheleien und Geschenke immer mehr zusetzten, gab er endlich nach und teilte ihnen den Auftrag des Herodes mit, zumal er nicht erwartete, dass der König mit derselben Macht zurückkehren würde. Indem er also einerseits keine Gefahr mehr befürchten zu müssen glaubte, gedachte er sich anderseits die Gunst der Weiber zu erringen, da es ihm wahrscheinlich vorkam, dass sie ihr früheres Ansehen wiedererlangen und in die Möglichkeit versetzt würden, ihm alles reichlich zu vergelten. Mariamne, so hoffte er, würde entweder selbst Königin werden, oder doch dem zukünftigen Könige sehr nahe stehen. Doch auch für den Fall, dass Herodes mit guten Erfolgen heimkehre, glaubte er nicht schlecht zu fahren, da Herodes den Wünschen seiner Gattin gewiss keinen Widerstand entgegensetzen würde. War es ihm doch bekannt, wie leidenschaftlich der König die Mariamne liebte. Diese Erwägungen führten ihn dazu, die Aufträge des Königs zu verraten. Mariamne aber erfuhr es mit großem
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Unwillen, dass ihr von Herodes stets neue Gefahren bereitet wurden, und wünschte in ihrer Erbitterung darüber nichts sehnlicher, als dass er umkommen möchte, da sie mit ihm nicht mehr zusammenleben zu können glaubte, woraus sie ihm auch später unter Hinweis auf ihre üble Lage kein Hehl machte. 2. Sobald nun Herodes wider Erwarten in vollem Glücke heimkehrte, teilte er, wie billig, seiner Gattin, die er mehr als alle anderen liebte und deshalb auch allein begrüßte, die freudige Nachricht zuerst mit. Als er ihr aber den glücklichen Erfolg seiner Reise erzählte, empfand sie mehr Schmerz als Freude. Auch vermochte sie ihren Kummer nicht zu verheimlichen, sondern als er sie begrüßte, seufzte sie im Gefühl ihrer Würde und ihres Adels laut auf, sodass Herodes nicht mehr durch bloßen Argwohn, sondern durch offenbare Beweise in Unruhe versetzt wurde. Vor allem ärgerte ihn die Wahrnehmung, dass seine Gattin einen unerwarteten und unverhohlenen Abscheu gegen ihn hege. Bei seiner heftigen Zuneigung zu ihr konnte er das nicht ertragen und schwankte zwischen Hass und Liebe, indem er bald über sie in Zorn geriet, bald sich wieder mit ihr versöhnte. Oft nahm er sich vor, sie wegen ihres Stolzes zu strafen, doch immer wieder gab er seiner Liebe nach, da er zu schwach war, sich von ihr zu trennen. Ja, er fürchtete, wenn er gegen sie einschreite, sich selbst zu bestrafen, weil er sieht nichts Schrecklicheres denken konnte, als sie durch den Tod zu verlieren. 3. Da aber seine Mutter und seine Schwester seine Gesinnung gegen Mariamne erkannt hatten, glaubten sie eine günstige Gelegenheit erhascht zu haben, um ihren Hass gegen diese zu befriedigen, und suchten in ihren Gesprächen mit Herodes ihn durch schändliche Verleumdungen aufzureizen und ihm so Abscheu und Widerwillen gegen seine Gattin beizubringen. Derartige Reden hörte Herodes mit stillem Grimm an, doch wollte er noch immer nicht daran glauben und nichts gegen Mariamne daraufhin unternehmen. Gleichwohl entfremdete sich sein Gemüt ihr täglich mehr und mehr, und da sie aus ihrer Gesinnung kein Hehl machte, er aber seine Liebe unablässig in Hass verwandelte, steigerte sich die Erbitterung auf beiden Seiten fortwährend sodass er endlich beschloss, sie zu töten. Inzwischen aber erhielt er die Nachricht, dass der Cäsar nach dem Tode des Antonius und der Kleopatra sich Ägyptens bemächtigt habe. Deshalb ging er trotz seiner unerquicklichen Lage von Hause fort und zog dem Cäsar eilends entgegen. Bei seinem Abschied empfahl ihm Mariamne den Soemus, der durch seine treue Fürsorge besonderen Anspruch auf Dank habe, und erbat
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für ihn vom Könige eine Befehlshaberstelle, welcher Ehre er auch teilhaftig wurde. Als nun Herodes nach Ägypten gekommen war, redete er mit dem Cäsar vertraulich wie ein Freund und erlangte von ihm die größten Wohltaten. Denn der Cäsar schenkte ihm die vierhundert Gallier, welche die Leibwache der Kleopatra gebildet hatten, gab ihm das Land zurück, das ihm der Kleopatra zuliebe abgenommen worden war, und fugte seinem Königreiche noch hinzu: Gadara, Hippos, Samaria sowie die Küstenstädte Gaza, Anthedon, Joppe und Stratonsturm. 4. Durch diese Schenkungen wurde Herodes noch mächtiger, und er begleitete darauf den Cäsar nach Antiochia. Sosehr sich aber seine äußeren Verhältnisse besserten, so viel Leid erwartete ihn bei seiner Rückkehr zu Hause und besonders in seiner Ehe, die früher so glücklich zu sein schien. Denn er war, und das mit Recht, in Mariamne so verliebt, dass er hierin keinem der Männer nachgab, von denen die Geschichte berichtet. Sie dagegen benahm sich wohl züchtig und treu, behandelte ihn aber nach Weiberart etwas abstoßend und von oben herab, da er in Liebe zu ihr schmachtete, und ließ oft ohne Rücksicht darauf, dass sie ihm untertan war, ihre schlechte Laune an ihm aus, was er aber, als wenn er es nicht merkte, geduldig ertrug. Schließlich verspottete sie offen des Königs Mutter und Schwester und schmähte dieselben wegen ihrer niedrigen Herkunft, sodass sich zwischen den Weibern eine unversöhnliche Feindschaft entspann, die dann noch heftigere Schimpfereien zur Folge hatte. Dadurch kam es, dass beim Könige der Argwohn immer mehr stieg, der nunmehr schon ein ganzes Jahr nach seiner Rückkehr vom Cäsar andauerte. Endlich kam die lang verhaltene Gärung durch folgenden Vorfall zum Ausbruch. Als der König sich eines Tages um die Mittagszeit zur Ruhe begab, rief er aus großer Liebe die Mariamne zu sich. Mariamne trat auch in das Gemach, weigerte sich aber, bei ihm zu ruhen, und erwiderte sein desfallsiges Begehren mit Schmähungen und Vorwürfen, indem sie ihm ihres Vaters und ihres Bruders Tod zur Last legte. Hierüber geriet Herodes in Zorn und war eben im Begriff, eine Gewalttat zu begehen, als seine Schwester Salome den Lärm hörte und nach dem Mundschenk des Königs schickte, den sie schon früher verständigt hatte und dem sie jetzt befahl, er solle dem Könige melden, wie er von Mariamne ersucht worden sei, ihr bei der Bereitung eines Liebestrankes für den König zu helfen. Wenn dann der König hierüber sich beunruhigt zeigen und fragen würde, was das für ein Trank sei, so solle er sagen, er habe den Liebestrank bei sich und sei von ihr ersucht worden, ihn dem Könige darzureichen. Wurde aber der König bei Erwähnung des Liebestrankes
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nicht in Unruhe geraten, so solle er stillschweigen und sich um nichts weiter kümmern; denn das werde ihn keiner Gefahr aussetzen. Nachdem Salome ihn also unterwiesen hatte, schickte sie ihn um diese Zeit zum Könige hinein, um die Sache zur Sprache zu bringen. Der Mundschenk tat nun bei Herodes sehr wichtig und geheimnisvoll und teilte ihm mit, Mariamne habe ihm Geschenke gegeben und ihn bereden wollen, dem Könige einen Liebestrank zu reichen. Als nun Herodes hierüber in Erregung geriet, sagte der Mundschenk, der Liebestrank sei eigentlich ein Gifttrank, den Mariamne ihm gegeben habe. Weil er aber dessen Wirkung nicht kenne, habe er dem Könige davon Mitteilung machen und so in gleichem Maße für seine wie für des Königs Sicherheit Sorge tragen wollen. Über diese Mitteilungen wurde Herodes, der so wie so schon übel gelaunt war, noch mehr erbittert und ließ deshalb den Verschnittenen, welcher der geheimste Vertraute der Mariamne war, peinlich wegen des Gifttrankes befragen, da ihm bekannt war, dass ohne dessen Vorwissen auch nicht das Kleinste von Mariamne ausgeführt wurde. Der Verschnittene aber konnte über die Frage, wegen deren er gefoltert wurde, nichts äußern, sondern bekannte nur, dass der Hass der Mariamne sich auf das gründe, was Soemus ihr verraten habe. Noch während er so sprach, erhob der König ein gewaltiges Geschrei und rief aus, Soemus, der früher ihm und dem Reiche so treu gedient habe, würde niemals seine Aufträge verraten haben, wenn er mit Mariamne nicht in unerlaubtem Verkehr gestanden hätte. Und sogleich ließ er den Soemus festnehmen und hinrichten. Über seine Gattin aber hielt er unter Zuziehung seiner vertrautesten Freunde Gericht und erhob mit großem Eifer eine Anklage gegen sie wegen des Gift- und Liebestrankes, dessen Bereitung die Verleumdung ihr zur Last gelegt hatte. Herodes redete dabei heftiger und ergrimmter, wie es sich für eine Gerichtsverhandlung ziemte, und als die Anwesenden ihn in solcher Erregung sahen, verurteilten sie Mariamne zum Tode. Dennoch hielten der König und einige der Anwesenden dafür, das Urteil nicht allzu schnell zu vollstrecken, sondern Mariamne zunächst an irgendeinen Ort des Königreiches in Gewahrsam zu bringen. Salome dagegen gab sich die größte Mühe, die sofortige Hinrichtung zu erwirken, und beredete endlich den König dazu, indem sie ihm vorhielt, es könnten Unruhen unter dem Volke ausbrechen, wenn man Mariamne lebendig gefangen halte. Demnach wurde Mariamne zum Tode geführt. . 5. Da nun Alexandra merkte, wie die Sachen standen, und es ihr klar wurde, dass sie befürchten müsse, gleichfalls von Herodes mit dem Tode bestraft zu werden, ließ sie von ihrem früheren Übermut ab und änderte
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ohne alle Rücksicht auf Anstand ihr Benehmen vollständig. Um nämlich zu beweisen, dass sie von dem, was ihrer Tochter vorgeworfen wurde, kein Mitwissen habe, lief sie auf die Straße und erhob öffentlich gegen ihre Tochter ein Geschrei, schalt sie, dass sie sich so schlecht und undankbar gegen ihren Gatten benommen habe, und bezeichnete die Strafe, die sie dafür erleiden sollte, als durchaus verdient: denn alle ihr erwiesenen Wohltaten habe sie mit Undank gelohnt. Als sie sich nun so ungebührlich verstellte und ihrer Tochter sogar in die Haare fiel, warfen ihr viele, was ja auch recht war, schändliche Heuchelei vor. Ganz besonders aber schien ihr Mariamne, die nun bald den Tod erleiden sollte, diesen Vorwurf zu machen. Denn auf die Schmähungen ihrer Mutter entgegnete sie kein Wort; auch verfiel sie nicht in die geringste Aufregung, sondern sie bewies ihren Unwillen über das schändliche Benehmen Alexandras nur durch einen stolzen, verachtenden Blick. Dann ging sie unverzagt und ohne auch nur die Farbe zu wechseln, in den Tod und wahrte so noch bei ihrem Ende den Adel ihres Geschlechtes, was denn auch allseitig bemerkt wurde. 6. So starb Mariamne, eine keusche und hochherzige Frau, die nur den einen Fehler besaß, dass sie nicht genug Mäßigung aufwies und deshalb von Natur etwas streitsüchtig war. An körperlicher Schönheit und Würde im Auftreten übertraf sie mehr, als es sich sagen lässt, alle Frauen ihrer Zeit, und hierin lag auch die Ursache, warum sie sich gegen den König nicht besonders gefällig zeigte, sodass ihr Zusammenleben nicht frei von Unannehmlichkeiten war. Denn während sie von ihm aus großer Liebe nachsichtig behandelt wurde und von seiner Seite keinerlei Härte oder Schroffheit zu erwarten hatte, war sie selbst freimütiger, als es sich ziemte. Und da sie auch über das Leid, welches die Ihrigen betroffen hatte, großen Unwillen empfand, scheute sie sich nicht, ihm hierüber offene Vorstellungen zu machen. Endlich brachte sie dann auch noch des Herodes Mutter und Schwester und sogar den König selbst gegen sich auf, dem sie doch das Vertrauen geschenkt hatte, dass er alle Übel von ihr abhalten würde. 7. Als aber Mariamne tot war, entbrannte das sehnsüchtige Verlangen des Königs nach ihr nur noch heftiger wie früher. Seine Liebe zu ihr war nämlich nicht frei von Unruhe und nicht von gewöhnlicher Art, und wenn er sie anfangs fast wahnsinnig liebte, so ließ diese Art der Zuneigung auch später nicht nach, obwohl Mariamne sich in ihrem täglichen Verkehr etwas zu frei und selbstbewusst benahm. Jetzt aber schien es, als wenn Gott ihn für den Tod der Mariamne strafen wolle, indem seine Sehnsucht nach ihr sich immer mehr steigerte, sodass er bald ihren Namen ausrief, bald sie kläglich
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beweinte, bald durch Vergnügungen aller Ar4 besonders aber durch Gastmahle und 'lli.nkgelage seinen Schmerz zu ersticken suchte. Da ihm aber dies alles nichts half, zog er sich zuletzt von den Regierungs ge schäften zurück und stand so sehr unter der Macht seines Kummers, dass er sogar seinen Dienern befahl, Mariamne beim Namen zu rufen, als ob sie noch lebte und es hören könnte. Um diese Zeit brach eine Seuche aus, die nicht nur viele Leute aus den niederen Ständen, sondern auch den größten Teil der Freunde des Königs und dazu noch solche, denen er besonders zugetan war, dahinraffte, sodass allgemein die Ansicht herrschte, es sei dies eine Strafe Gottes für das an Mariamne begangene Unrecht. Dadurch verschlimmerte sich der Gemütszustand des Königs noch mehr, sodass er sich endlich in die Wüste hinausbegab und dort scheinbar der Jagd oblag. Doch hatte er dieses Leben kaum einige Tage ausgehalten, als er in eine sehr schwere Krankheit fiel, die in einer schmerzhaften Entzündung des Hinterkopfes bestand und mit Geistesstörung verbunden war. Kein Heilmittel brachte auch nur die geringste Besserung, vielmehr ward der Zustand von Tag zu Tag schlimmer, sodass man endlich an der Erhaltung seines Lebens verzweifelte. Und da nun die Krankheit den Arzneimitteln trotzte, und auch die Diät, welche der Zustand vorschrieb, nichts nutzte, verordneten schließlich die Ärzte, man solle ihm alles verabreichen, was er begehre, und überließen die fast aussichtslose Genesung dem Zufall. An dieser Krankheit lag Herodes in Samaria, welches jetzt Sebaste* heißt, darnieder. 8. Als Alexandra, die damals in Jerusalem wohnte, hiervon Nachricht erhielt, versuchte sie sogleich, die festen Burgen der Stadt in ihre Gewalt zu bringen. Es waren dereh zwei, eine in der Stadt selbst, die andere am Tempel, und wer sie besaß, hatte damit auch die Herrschaft über das ganze Volk in Händen. Denn ohne dieselben können die Opfer nicht dargebracht werden, und niemand von den Juden kann es über sich bringen, die Opfer zu unterlassen. Vielmehr sind die Juden so gesinnt, dass sie lieber sterben als den Gottesdienst aussetzen wollen. Alexandra stellte also den Besatzungen beider Burgen vor, dass dieselben ihr und den Söhnen des Herodes übergeben werden müssten, damit nicht, wenn Herodes stürbe, sonst jemand sich vor ihnen in den Besitz der Festungswerke setze. Wenn er aber genese, so könnten dieselben niemand sicherer anvertraut sein als seinen eigenen Verwandten. Diese Worte fanden indes nicht den Beifall der Kommandanten, sondern sie bewahrten nun noch umso mehr dem Herodes die 'freue, * D. i. dem Augustus zu Ehren: Sebaste (griechisch) = Augusta (lateinisch).
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teils aus Abneigung gegen Alexandra, teils weil sie es für unwürdig hielten, vom Könige abzufallen, so lange er noch am Leben war. Und da sie sämtlich zu Herodes in freundschaftlichen Beziehungen standen und einer von ihnen mit Namen Achiab sogar sein Neffe war, teilten sie ihm den Anschlag der Alexandra mit. Herodes gab darauf unverweilt BefehL Alexandra zu töten. Als er nun von seiner Krankheit zur Not und nach großen Qualen wieder genesen war, war er infolge seiner seelischen und körperlichen Leiden so erbittert, dass er aus geringfügigen Ursachen die, welche ihm zufällig in die Quere kamen, umbringen ließ. Ja, er ließ sogar seine besten Freunde Kostobar, Lysimachus, Gadias mit dem Beinamen Antipater und Dositheus hinrichten, und zwar aus folgender Veranlassung. 9. Kostobar, Idumäer von Geburt, war einer der Vornehmsten seines Landes und stammte von dem Priestergeschlecht des Koze ab. Koze wurde von den Idumäern göttlich verehrt, ehe Hyrkanus bei ihnen die Gebräuche und Gesetze der Juden eingeführt hatte. Diesen Kostobar nun setzte Herodes nach seiner Thronbesteigung als Statthalter über Idumäa und Gaza und gab ihm seine Schwester Saldme zur Frau, nachdem er deren früheren Gatten Joseph, wie oben erwähnt, hatte töten lassen. Da aber Kostobar unerwartet zu solchem Glück gelangt war, wurde er übermütig und vermaß sich schließlich, dem Herodes den Gehorsam zu verweigern und zu verlangen, dass die Idumäer frei von der Oberhoheit der Juden und der Beobachtung jüdischer Gebräuche sein sollten. Er schickte deshalb zu Kleopatra und ließ ihr melden, Idumaäa sei stets ihren Vorfahren untertan gewesen, und es sei daher angemessen, dass sie dieses Land von Antonius zurückbegehre. Was ihn betreffe, so sei er gern bereit, seine Ergebenheit auf sie zu übertragen. Das tat er aber nicht deshalb, weil er die Kleopatra lieber als Herrscherin von Idumäa gesehen hätte, sondern weil er glaubte, dass, wenn des Herodes Macht geschwächt sei, er selbst mit leichter Mühe die Herrschaft über das Idumäervolk an sich reißen und dann zu noch größerer Macht gelangen könnte. Unterstützt wurde diese seine Hoffnung durch den Umstand, dass er von vornehmer Herkunft und sehr reich war. Er hatte nämlich durch seine Habgier ein bedeutendes Vermögen zusammengebracht und betrieb auch im Übrigen alles mit großer Energie. Kleopatra begehrte nun zwar das Land von Antonius, erhielt es aber nicht. Als Herodes von der Sache hörte, wollte er Kostobar dem Henker überliefern; doch ließ er sich durch die Bitten seiner Schwester und seiner Mutter erweichen, gab ihn frei und verzieh ihm. Seit dieser Zeit aber hegte er wegen jenes Planes einen steten Argwohn gegen ihn.
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10. Einige Zeit nachher entstand zwischen Salome und Kostobar Streit., und Salome schickte ihrem Gatten einen Scheidebrief, was aber den Gesetzen der Juden zuwider war. Denn einem Manne ist es wohl bei uns gestattet., das zu tun, keinesfalls aber darf ein Weib, welches den Gatten aus freien Stücken verlassen hat., eine neue Ehe eingehen, wenn sie nicht zuvor von ihrem Manne freigegeben ist. Salome jedoch kümmerte sich nicht um dieses Gesetz der Hebräer, sondern handelte nach ihrem Gutdünken, kündigte ihre Ehe auf und erklärte ihrem Bruder Herodes, sie sei aus Liebe zu ihm von ihrem Gatten fortgegangen, da es ihr bekannt geworden sei, dass Kostobar, Antipater und Dositheus eine Umwälzung planten. Um ihren Worten noch mehr Glauben zu verschaffen, erwähnte sie, dass Kostobar schon im zehnten Jahre die Söhne des Babas bei sich habe, was auch der Wahrheit entsprach. Der König entsetzte sich gewaltig über diese Nachricht., da er an so etwas nicht im entferntesten gedacht hätte, und geriet umso mehr in Aufregung, als ihm die Sache ganz unglaublich vorkam. Denn was die Söhne des Babas betrifft, so hatte Herodes einst im Sinne gehabt., sie umbringen zu lassen, weil sie sich ihm feindselig bewiesen hatten. Doch war seitdem eine so lange Zeit verstrichen, dass er sich ihrer gar nicht mehr erinnerte. Sein Hass und seine Feindschaft gegen dieselben aber hatte folgenden Grund. Als Herodes zur Zeit der Herrschaft des Antigonus die Stadt Jerusalern belagerte, und viele, um der Notder Belagerung zu steuern, den Herodes einlassen und alle ihre Hoffnung auf ihn setzen wollten, beharrten die Söhne des Babas, die beim Volke großen Einfluss hatten, bei ihrer 'freue gegen Antigonus, traten gegen Herodes auf und ermahnten ihre Mitbürger, den König in der Behauptung der ihm von seinen Vorfahren überkommenen Herrschaft zu unterstützen. Diesem Rate folgten diese denn auch, da sie ihren Vorteil darin erblickten. Als aber die Stadt ein genommen war und Herodes sich der Herrschaft bemächtigt hatte, brachte Kostobar, der die Tore besetzt hielt und dem die Bewachung der Stadt oblag, damit die schuldigen Bürger und Gegner des Königs nicht entfliehen könnten, die Söhne des Babas, von denen er wusste, dass sie beim Volke in hohem Ansehen standen und ihm bei einer Umwälzung von großem Nutzen sein würden, beiseite und in Sicherheit. Da er nun hierdurch den Argwohn des Herodes wachgerufen hatte, versicherte er ihm unter Eid, dass er nichts von den Söhnen des Babas wisse, und beseitigte auf diese Weise den gegen ihn aufgetauchten Verdacht. Und auch als der König später eine Belohnung für den aussetzte, der ihren Aufenthalt anzeigen würde, und ihnen eifrig nachforschen ließ, wollte Kostobar nichts eingestehen. Denn da er
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nun einmal geleugnet hatte, fürchtete er, es möchte ihm nicht ungestraft hingehen, wenn die Söhne des Babas jetzt entdeckt würden, und hielt sie deshalb nicht nur aus Wohlwollen, sondern auch um seiner selbst willen versteckt. Als aber Herodes von seiner Schwester die Anzeige erhalten hatte, schickte er nach den Plätzen, die ihm als Aufenthaltsorte der Söhne des Babas bezeichnet worden waren, und ließ sie wie alle übrigen Angeklagten umbringen. So war denn also vom Geschlechte und der Verwandtschaft des Hyrkanus niemand mehr übrig, und Herodes hatte die Herrschaft so vollständig in Händen, dass keiner, der noch irgendetwas zu bedeuten hatte, seinen Ungesetzlichkeiten entgegentr,at.
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1. Das war auch die Ursache, weshalb Herodes mehr und mehr von den väterlichen Einrichtungen abwich und die alte Ordnung der Dinge, die unversehrt hätte bleiben sollen, allmählich ins Wanken brachte. Da nun so alles, was das Volk früher zur Frömmigkeit hinleitete, beseitigt wurde, drang im Laufe der Zeit eine Menge von Übeln bei uns ein. Zunächst nämlich richtete Herodes zu Ehren des Cäsars alle fünf Jahre wiederkehrende Kampfspiele ein und baute zu Jerusalem ein Theater sowie in der Ebene ein großartiges Amphitheater. Beide Bauwerke zeichneten sich durch große Pracht aus, standen aber mit den jüdischen Sitten im Widerspruch, da die Juden die Einrichtung der Schau- und Kampfspiele von ihren Vorfahren nicht überkommen hatten. Die fünfjährigen Spiele ließ Herodes mit höchstem Prunk ausstatten; auch lud er die benachbarten Völkerschaften dazu ein und rief Zuschauer aus aller Herren Länder herbei. Weither strömten in der Hoffnung, die Siegespreise zu gewinnen, Wettkämpfer und Schauspieler aller Art zusammen, namentlich solche, die in diesen Spielen sehr geübt waren. Denn nicht nur auf Ringkämpfer war Bedacht genommen worden, sondern es waren auch Preise für diejenigen ausgesetzt, die sich mit Musik beschäftigten und Thymeliker genannt wurden, damit die Tüchtigsten von allen zur Teilnahme am Wettstreit veranlasst würden. Weiterhin stiftete Herodes große Siegespreise für Wettfahrten von zweirädrigen und vierrädri-
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gen Wagen sowie für Pferderennen, und bot überhaupt alles auf, was den Spielen Glanz und Pracht verleihen konnte. Das Theater selbst hatte man aufs herrlichste geschmückt, und ringsum waren die Taten des Cäsars und die Trophäen, die er im Kampf mit den einzelnen Völkerschaften davongetragen hatte, auf echtem Gold- und Silbergrund abgebildet. Und was die sonstige Ausstattung angeht, so gab es kein noch so wertvolles Kleid und keine noch so kostbaren Edelsteine, die sich nicht zugleich mit den Wettkämpfern dem Auge dargeboten hätten. Auch wilde Tiere waren herbeigeschafft worden, Löwen und andere durch Stärke oder Seltenheit hervorragende Bestien in Menge. Diese Tiere ließ man teils gegeneinander, teils auch mit Menschen kämpfen, die dazu verurteilt worden waren. Für die Fremden war nun freilich dieser Aufwand und der Anblick der gefahrlichen Kämpfe eine Augenweide und ein Gegenstand der Bewunderung; fur die Einheimischen dagegen bedeutete das alles eine offenbare Auflösung der bei ihnen in so hoher Ehre gehaltenen väterlichen Sitte. Denn es schien ihnen eine Gottlosigkeit zu sein, Menschen den wilden Tieren vorzuwerfen zur Ergötzung anderer Menschen, und nicht weniger verwerflich kam es ihnen vor, die Landesgebräuche mit fremden Sitten zu vertauschen. Nichts aber verletzte sie mehr als die Trophäen; denn da sie dieselben für in Rüstungen eingehüllte Bilder hielten, vermochten sie, weil nach ihren Gesetzen die Verehrung von Bildern verboten war, diesen Anblick nur mit höchstem Unwillen zu ertragen. 2. Herodes konnte es nicht verborgen bleiben, dass die Juden hierüber in große Aufregung gerieten, und da er es nicht für klug hielt, mit Gewalt dagegen vorzugehen, gab er sich alle Mühe, sie mit Worten zu besänftigen und von ihren religiösen Bedenken zu befreien. Doch richtete er hiermit nichts aus; vielmehr schrien sie aus Ärger über das, was sie ihm als Frevel anrechneten, einstimmig, wenn sie auch alles andere noch ertragen könnten, so dürften sie doch die Bildsäulen von Menschen (womit sie die Trophäen meinten) in der Stadt nicht dulden, weil das nach dem Gesetze ihrer Vater untersagt sei. Als nun Herodes sah, dass sie so aufgeregt waren, und dass sie nicht nachgeben würden, wenn er sie nicht auf irgendeine Weise beruhigte, berief er die Vornehmsten des Volkes ins Theater, zeigte ihnen die Trophäen und fragte sie, wofür sie dieselben hielten. Und da sie laut entgegneten, das seien Bildnisse von Menschen, ließ er die Trophäen ihres Schmuckes entkleiden und zeigte ihnen die bloßen Holzklötze. Da erhob sich ein allgemeines Gelächter, das um so anhaltender wurde, als ihnen auch schon vorher der ganze Bilderkram lächerlich vorgekommen war.
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3. Auf diese Weise hatte Herodes vorläufig den Unwillen des Volkes beschwichtigt, sodass die meisten beruhigt und umgewandelt schienen. Immerhin beharrten aber noch einige dabei, dass sie sich an der Veränderung der heimischen Sitten stießen, und da sie der Meinung waren, dass eine solche Verletzung der Gesetze und Einrichtungen die Quelle großer Übel sei, glaubten sie sich eher jeder Gefahr aussetzen zu müssen, als dass sie den Herodes ruhig dabei gewähren lassen sollten, die Ordnung der Dinge umzustoßen, mit Gewalt Neuerungen einzuführen und, während er sich zum Schein als König benehme, in Wahrheit sich als den ärgsten Feind des ganzen Volkes zu beweisen. Es verschworen sich daher gegen ihn zehn Männer aus der Bürgerschaft auf jede Gefahr hin und versteckten Dolche in ihren Kleidern. Unter ihnen befand sich auch ein Blinder, der durch alles das, was er gehört hatte, in Entrüstung versetzt worden war. Er verschwor sich mit den anderen nicht so sehr, um sie bei ihrem Vorhaben zu unterstützen, als vielmehr, um alles Widrige mit ihnen zu erleiden, wenn das Unternehmen ungünstig ablaufen würde. Hierdurch wurde der Mut der anderen zur Ausführung ihres Planes nicht wenig gehoben. 4. Als sie nun solches einmütig beschlossen hatten, begaben sie sich zum Theater in der Hoffnung, dass Herodes ihnen nicht entgehen würde, wenn sie ihn unversehens überfallen könnten. Wenn sie aber auch den Gehassten verfehlten, so hofften sie doch einige von seiner Umgebung töten zu können und dadurch dem Könige Anlass zu geben, über das Unrecht nachzudenken, das er dem Volke anzutun schien, und sollten sie auch selbst darüber zugrunde gehen. Wohlvorbereitet und mit großem Eifer gingen sie darauf ans Werk. Aber einer von des Herodes Spionen, denen die Auskundschaftung und Anzeige solcher Anschläge oblag, entdeckte das Komplott und setzte den König davon in Kenntnis, als er eben ins Theater eintreten wollte. Herodes, der, wenn er an den Hass, den er bei vielen erregt, und an die Unruhen, die fast alle seine Handlungen zur Folge gehabt, dachte, an der Wahrheit der Meldung nicht zweifeln konnte, zog sich sogleich in seinen Palast zurück und ließ die Verschworenen vorführen. Da diese nun, von der Leibwache des Königs ergriffen, wohl einsahen, dass sie dem Tode nicht entgehen würden, gaben sie sich wenigstens Mühe, denselben dadurch zu verherrlichen, dass sie ihm mutig entgegengingen. Sie bewiesen deshalb weder Reue, noch verlegten sie sich aufs Leugnen; vielmehr zeigten sie offen die Dolche vor und bekannten freimütig ihre Verschwörung, auf die sie sich nicht aus Gewinnsucht oder Leidenschaft eingelassen hätten, sondern, was ihnen mehr wert sei, zugunsten der öffentlichen Wohl-
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fahrt, die jeder selbst mit Aufopferung seines Lebens schützen müsse. Nachdem sie so ungescheut ihr Vorhaben bekannt hatten, wurden sie von 289 den Soldaten des Königs weggefuhrt und unter vielfachen Qualen hingerichtet. Aber auch ihr Verräter, der sich den allgemeinen Hass des Volkes zugezogen hatte, ward nicht lange danach von einigen Bürgern ergriffen und nicht nur getötet, sondern sogar in Stücke zerrissen und den Hunden zum Fraße vorgeworfen. Diese Tat hatten zwar viele Bürger gesehen, aber 290 niemand wollte etwas verraten, bis Herodes eine strenge Untersuchung anordnete und einige Weiber durch die Folter zum Geständnis zwang. Hierauf wurden die Urheber der Tat nebst ihren Familien mit dem Tode bestraft. Da jedoch das Volk eine große Standhaftigkeit und Unerschro- 291 ckenheit in der Verteidigung seiner Gesetze bewies, ward die Lage des Herodes allmählich so schwierig, dass er Maßregeln zu seiner größeren Sicherheit treffen musste. Er beschloss deswegen, das Volk von allen Seiten einzuschließen, damit diese kleinen Unruhen nicht zu offenem Aufruhr anwüchsen. 5. In der Stadt besaß er an Befestigungswerken schon den Palast, in dem 292 er selbst wohnte, und die Veste des Tempels, welche Antonia hieß; dazu glaubte er nun noch ein drittes Bollwerk gegen das Volk in Samaria, welches er Sebaste nannte, errichten zu müssen, und da er den Ort fur sehr geeignet 293 hielt, die ganze Umgegend im Zaume zu halten (er lag von lerusalem nur eine Tagereise entfernt), befestigte er ihn sehr stark. Auch erbaute er noch eine andere Festung zur Bezwingung des Volkes an dem Orte, der früher Stratonsturm hieß, von ihm aber Caesarea genannt wurde. Desgleichen er- 294 richtete er einen festen Platz in der großen Ebene*, in den er eine auserlesene Besatzung legte, und befestigte auch Gaba in Galiläa und Esebonitis in . Peräa. So umgab er das ganze Volk mit Festungen, damit es nicht nach Belie- 295 ben Unruhen erregen könnte, die damals häufig aus unscheinbaren Veranlassungen entstanden, und damit der Aufruhr, falls er dennoch zum Ausbruch kommen sollte, gleich bemerkt und im Keime erstickt würde. Als er 296 nach Samaria zog, um diese Stadt zu befestigen, führte er auch eine Kolonie dahin, die teils aus früheren Hilfstruppen, teils aus Angehörigen benachbarter Volksstämme bestand, einmal weil er in der Stadt einen Tempel erbauen wollte, und dann auch, weil die Stadt früher zu wenig bevölkert gewesen war, ganz besonders aber, um zu seiner größeren Sicherheit seine Freigebigkeit in helles Licht zu setzen. Er änderte dann den Namen der Stadt in
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Sebaste um und verteilte das in der Nähe gelegene Ackerland, das beste der ganzen Gegend, unter die Einwohner, damit sie gleich nach ihrer Ankunft zu Wohlstand gelangten. Rings um die Stadt ftihrte er eine große Mauer auf, und die Abschüssigkeit des Terrains benutzte er zum Vorteil der Befestigung. Auch erweiterte er die Stadt gegen früher so bedeutend, dass sie an Größe selbst hinter den berühmtesten Städten nicht zurückstand. Thr Umfang betrug nämlich fünf Stadien*. In der Mitte der Stadt steckte er einen in jeder Hinsicht geeigneten Platz von eineinhalb Stadien ab, auf dem er einen großen und herrlichen Tempel erbaute. Auch die übrigen Stadtteile verschönerte er tagtäglich mehr, richtete zu seiner größeren Sicherheit den Hauptteil der Stadt durch Erbauung starker Mauern zu einer Art Kastell ein und betrachtete es als Ehrensache, seinen Nachkommen damit ein Denkmal seines Schönheits- und Wohltätigkeits sinnes zu hinterlassen.
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1. Noch in demselben Jahre, dem dreizehnten der Regierung des Herodes, wurde das Land von schweren Plagen heimgesucht, sei es infolge des göttlichen Zornes, sei es infolge der zu bestimmten Zeiten wiederkehrenden Übel. Zunächst entstand eine anhaltende Dürre, sodass das Land unfruchtbar wurde und noch nicht einmal diejenigen Früchte trug, die es von selbst hervorzubringen pflegte. Und weil nun wegen des Mangels an Nahrungsmitteln die ganze Lebensweise sich änderte, entstanden Krankheiten und Seuchen, und es folgte so ein Unglück dem anderen. Denn da es an Pflege und Nahrung fur die Kranken fehlte, griff die Seuche immer weiter um sich, und die große Sterblichkeit raubte auch den Überlebenden alle Hoffnung, weil sie nicht imstande waren, ihrer Not abzuhelfen. Als nun die Ernte dieses Jahres samt den vorhandenen Vorräten aus früheren Jahren ganz aufgezehrt war und das Übel von Tag zu Tag wuchs, blieb keine Hoffnung mehr übrig. Denn da selbst das aufbewahrte Saatgut verzehrt war, war auch für das kommende Jahr auf keinen Ertrag zu rechnen, sodass man auf * Etwas über neun Kilometer.
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alle möglichen Mittel sann, um der Not zu steuern. Selbst der König litt Mangel, da er keine Abgaben von der Ernte, wie er gewohnt war, empfing, und da er sein Geld in allzu großer Freigebigkeit gegen diejenigen, deren Städte er wiederhergestellt, verausgabt hatte. Auch schien ihm niemand der Hilfe würdig, zumal infolge der Drangsale der Hass des Volkes noch mehr entbrannte, wie es denn eben nicht so selten zu geschehen pflegt, dass man bei schlimmen Ereignissen der Obrigkeit die Schuld beimisst. 2. Gleichwohl sann Herodes in dieser traurigen Lage auf Mittel, um die Not zu lindern. Das war indes schwierig, teils weil die Nachbarvölker selbst am Notwendigsten Mangel litten, teils weil ihm, auch wenn er imstande gewesen wäre, für so viele Menschen nur eine Kleinigkeit Lebensmittel anzuschaffen, das Geld dazu fehlte. Da er es aber für billig hielt, nichts unversucht zu lassen, um dem Elend abzuhelfen, ließ er alles, was sich an Goldund Silbergerät im Königspalast vorfand, ?:usammenschmelzen und verschonte selbst die kostbarsten und kunstvollsten Erzeugnisse nicht. Das so erhaltene Geld schickte er dann nach Ägypten, dessen Verwaltung Petronius im Namen des Cäsars führte. Obgleich sich nun nicht wenige, die in derselben Notlage waren, q.m Abhilfe an Petronius wandten, wollte er doch als besonderer Freund des Herodes dessen Untertanen zunächst das Leben erhalten. Er gestattete deshalb ihnen zuerst, Getreide auszuführen, und war ihnen beim Ankauf und der Ausfuhr desselben in jeder Hinsicht behilflich, sodass sie ihm zum größten Teile oder auch ganz allein ihre Rettung zu verdanken hatten. Als nun die Abgesandten mit dem Getreide ankamen, sorgte Herodes zunächst dafür, dass das Volk diese Hilfe nur ihm zuschrieb, und brachte dadurch nicht nur denen, die ihm früher feindlich gegenübergestanden hatten, eine bessere Meinung bei, sondern zeigte auch offenkundig, wie sehr er auf das Wohl des Volkes bedacht gewesen war. Denn zuerst teilte er mit möglichster Genauigkeit Getreide an diejenigen aus, die sich selbst Brot daraus bereiten konnten. Alsdann wies er den vielen, die wegen hohen Alters oder sonstiger Schwäche sich die Nahrung nicht selbst herzustellen vermochten, Bäcker an, welche das tun sollten. Weiterhin sorgte er dafür, dass die, denen ihr Vieh zugrunde gegangen war oder die dasselbe zur Nahrung verwendet hatten und deshalb weder Wolle noch sonstige Kleidungsstücke besaßen, im Winter nicht in Gefahr gerieten. Nachdem er das alles besorgt hatte, gedachte er auch den benachbarten Städten Hilfe zu leisten, indem er die Bewohner Syriens mit Saatgut versah, eine Maßregel, die den höchsten Nutzen versprach, weil hierdurch die Fruchtbarkeit des Landes wieder hinreichend gesichert war, sodass dem Mangel an Lebens-
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mitteln gesteuert werden konnte. Als nun die Erntezeit herangekommen war, schickte er fünfzigtausend Menschen, welche er ernährt hatte, im Lande umher und half auf diese Weise nicht nur seinem eigenen schwer bedrängten Reiche wieder auf, sondern gewährte auch den Nachbarn, die in gleicher Not waren, seine Unterstützung. Denn niemand wandte sich in seinem Elend an ihn, dem er nicht nach Kräften beigesprungen wäre. Ja, ganze Völker, ganze Städte und solche Privatpersonen, die, weil sie für eine große Zahl von Angehörigen zu sorgen hatten, in Not geraten waren und zu ihm ihre Zuflucht nahmen, erlangten Gewährung ihrer Anliegen. So verteilte er an auswärtige Notleidende zehntausend Koren Getreide (ein Kor enthält zehn attische Scheffel) und in seinem eigenen Reiche im Ganzen gegen achtzigtausend Koren. Durch diese seine Fürsorge und Güte gewann sich Herodes so sehr die Zuneigung der Juden, dass sie ihn nicht genug zu loben wussten, und dass der Hass, den er sich durch seine Missachtung der heimischen Gebräuche zugezogen hatte, aus dem Herzen seiner Untertanen getilgt ward. Allseitig war man jetzt überzeugt, er habe durch seine opferwillige Hilfe in der schweren Zeit der Not seine früheren Fehler vollständig gutgemacht. Auch bei den Auswärtigen stieg sein Ruhm, und es scheint, dass das unsägliche Elend, welches sein Reich so schwer gedrückt hatte, dazu bestimmt gewesen sei, den Glanz seines Namens zu erhöhen. Denn durch die großartige Freigebigkeit, die er wider Erwarten in den Zeiten der Not bewiesen hatte, schlug die Stimmung des Volkes so sehr zu seinen Gunsten um, dass man ihn nicht mehr für den hielt, als den man ihn früher kennen gelernt, sondern für den Mann, der seine Fürsorge während der argen Drangsal glänzend gezeigt hatte. 3. Um diese Zeit sandte er auch dem Cäsar fünfhundert auserlesene Krieger aus seiner Leibwache zu Hilfe, die Aelius Gallus ans Rote Meer führte und die dem Augustus von großem Nutzen waren. Als nun sein Wohlstand sich wieder gehoben hatte, baute er in der oberen Stadt einen Königspalast mit sehr geräumigen Zimmern, die aufs prächtigste mit Gold, Marmor und Ruhebetten ausgestattet waren, sodass sie eine große Zahl Menschen aufnehmen konnten. Je nach der Größe benannte er diese Räume, so z. B. den einen nach dem Cäsar, den anderen nach Agrippa usw. Alsdann nahm er, von sinnlicher Lust getrieben, eine neue Gattin, wie er sich denn überhaupt durch keinerlei Scheu abhalten ließ, den Vergnügungen des Lebens nach Belieben zu frönen. Diese eheliche Verbindung aber hatte folgende Veranlassung. Es lebte zu Jerusalem ein gewisser Simon, der Sohn des Alexandriners Boethos, ein angesehener Priester. Dieser hatte eine Tochter, die für die
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schönste Frau der damaligen Zeit galt. Da sie nun aus diesem Grunde zu Jerusalem der Gegenstand allgemeinen Gespräches wurde, hörte auch Herodes von ihr und geriet in Entzücken, als er sie in ihrer blühenden Schönheit sah. Doch wollte er sie nicht mit Gewalt seinen Lüsten dienstbar machen, da er befürchtete, es möchte ihm übel genommen werden, wenn er mit tyrannischer Willkür zu Werke ginge. Er hielt es darum für geratener, sie zur Ehe zu nehmen. Weil aber Simon eine zu niedrige Stellung bekleidete, um mit dem Könige in Verwandtschaft treten zu können, und doch auch wieder zu hoch stand, als dass man ihn ganz hätte missachten dürfen, so hielt Herodes für das beste Mittel zur Erfüllung seines Wunsches die Erhebung der Familie des Simon zu größeren Ehren. Deshalb entsetzte er den Hohepriester Jesus, den Sohn des Phabes, seines Amtes und übertrug die Würde dem Simon, worauf er verwandtschaftliche Beziehungen mit ihm anknüpfte. 4. Nach beendigter Hochzeitsfeier erbaute er eine Festung an dem Orte, wo die Juden von ihm besiegt worden waren, nachdem Antigonus ihn vertrieben und sich der Herrschaft bemächtigt hatte. Dieser Ort war von Jerusalem gegen sechzig Stadien entfernt und schon von Natur zur Befestigung sehr geeignet. In seiner nächsten Nähe nämlich liegt ein mäßiger Hügel, der sich so in die Höhe erhebt, als wäre er von Menschenhand gemacht, und in seiner Gestalt Ähnlichkeit mit einer weiblichen Brust aufweist. Diesen Hügel versah Herodes mit runden 'llirmen und machte ihn schwer zugänglich, indem er eine steile, aus zweihundert QuadersteinstlJfen bestehende Treppe zu ihm hinaufführte. Im Innern der 'llirme befanden sich prachtvolle königliche Gemächer, die ebenso der Sicherheit wie der Verschönerung dienten, und am Fuße des Hügels waren Wohnungen erbaut, welche einen herrlichen Anblick gewährten, und für die, weil der Ort kein Wasser hatte, Wasserleitungen angelegt waren, die man mit großen Kosten aus weiter Ferne herangeführt hatte. Die Ebene ringsum wurde gleichfalls mit Gebäuden besetzt, sodass sie das Ansehen einer großen Stadt darbot, über welcher sich der Hügel wie eine Burg erhob. 5. Als sich nun alles glücklich nach seinen Wünschen gestaltet hatte, befürchtete Herodes in seinem Reiche keine Empörungen mehr, da er seine Untertanen durch zwei Mittel im Gehorsam hielt, nämlich teils durch Furcht, indem er niemand die verdiente Strafe erließ, teils durch seine Fürsorge, von der er bei Gelegenheit der Hungersnot eine so glänzende Probe gegeben hatte. Dennoch suchte er auch im Ausland für seine Sicherheit zu sorgen, als wenn er eines solchen Schutzes gegen seine Untertanen bedurft
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hätte. Er erwies sich nämlich gegen die auswärtigen Städte freundlich und gefällig, ehrte ihre Herrscher bei vorkommenden Gelegenheiten und machte sie sich durch Geschenke und noch größere Gunstbezeugungen geneigt, da er, wie es einem Könige geziemt, von Natur freigebig war. Durch die in dieser Hinsicht errungenen Erfolge war nun seine Macht gewaltig vermehrt. Doch wurde er infolge seiner Prachtliebe und des Eifers, womit er sich den Cäsar und die Machthaber der Römer günstig zu stimmen suchte, auch zum Abfall von den heimischen Gebräuchen und zur Übertretung der Gesetze genötigt, da er seinem Ehrgeiz zuliebe Städte baute und Tempel errichtete, nicht zwar in Judäa, weil die Juden, denen es verboten ist, nach Art der Griechen Bildsäulen und Bildnisse zu verehren, das nicht geduldet haben würden, sondern in anderen Gegenden und Städten. Den Juden gegenüber entschuldigte er sein Verfahren damit, dass er dies nicht aus freien Stücken, sondern auf höheren Befehl tue, wogegen er sich beim Cäsar und den Römern dadurch in Gunst setzte, dass er mehr Rücksicht auf ihre Ehrung als auf die heimischen Gebräuche nahm. Auch hatte er dabei seinen eigenen Nutzen im Auge, indem er sich bemühte, den Nachkommen möglichst herrliche Denkmäler seiner Regierung zu hinterlassen. Das war es, was ihn veranlasste, Städte zu bauen und zu diesem Zwecke ungeheure Geldmittel aufzuwenden. 6. Zur Erbauung einer Stadt erschien ihm nun ein Ort an der Meeresküste, der früher Stratonsturm hieß, besonders geeignet, und er ließ deshalb sogleich den Plan dazu entwerfen. Dann baute er die verfallenen Gebäude mit großer Pracht und Sorgfalt aus weißem Marmor wieder auf und schmückte die Stadt sowohl mit herrlichen Königspalästen als mit sonstigen Wohnhäusern. Ja, er versah, was ein äußerst schwieriges und mühevolles Werk war, die Stadt mit einem sehr sicheren Hafen, der an Größe dem Piräus* gleichkam und in welchem die Schiffe aufs zweckmäßigste ankern konnten. Der Bau der Stadt musste umso mehr Aufsehen erregen, als der Ort selbst die hierzu notwendigen Materialien nicht darbot, diese vielmehr anderweitig herbeigeschafft und mit großen Kosten zugerichtet werden mussten. Die Stadt liegt in Phönizien, an dessen Küste man auf der Reise nach Ägypten vorbeifährt, zwischen Dora und Joppe. Diese Seestädtchen sind hafenlos und den heftigen von Mrika her wehenden Winden ausgesetzt, welche den Meeressand ans Ufer schleudern und keine ruhige Landung gestatten, sodass die Kaufleute hier meist im offenen Meere vor Anker * Dem Hafen von Athen.
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gehen müssen. Um diesem Übelstand abzuhelfen, steckte Herodes für den Hafen ringsum einen so weiten Raum ab, als hinreichend war, um große Flotten aufzunehmen, und ließ bis zur Tiefe von zwanzig Ellen Felsblöcke von gewaltiger Größe ins Meer senken, von denen die meisten fünfzig Fuß lang, achtzehn Fuß breit und neun Fuß hoch waren, einige auch größer oder kleiner. Dieser Damm, den er zur Abwehr der anprallenden Meeresfluten errichten ließ, wies eine Breite von zweihundert Fuß auf. Die eine Hälfte desselben diente dazu, die Gewalt der Wogen zu brechen, und wurde deshalb Prokymatia (Wellenbrecher) genannt; die andere trug eine steinerne Mauer, welche mit Türmen versehen war. Von den Türmen erhielt der größte und schönste nach dem Stiefsohn des Cäsars, der als Jüngling gestorben war, den Namen Drusus. Außerdem waren daselbst viele Gewölbe angebracht, die den Schiffern als Herberge dienten, und vor den Gewölben zog sich rings um den Hafen eine zu Spaziergängen geeignete Plattform. Der Eingang des Hafens war dem Nordwinde zugekehrt, der hier von allen Win. den der mildeste ist. Am äußersten Ende der Hafenböschung lag, wenn man in den Hafen einfuhr, zur Linken ein runder Turm, der auf einem breiten Unterbau ruhte und den Fluten kräftigen Widerstand entgegensetzte; zur Rechten dagegen standen dem Thrm gegenüber zwei hohe, miteinander verbundene steinerne Säulen. Rings um den Hafen lagen in ununterbrochener Reihe Häuser, die aus dem feinsten geschliffenen Marmor erbaut waren, und in der Mitte erhob sich ein Hügel auf welchem der Tempel des Cäsars stand, weithin den Seefahrern sichtbar. In diesem Tempel befanden sich zwei Bildsäulen, eine der Stadt Rom und eine des Cäsars. Die Stadt selbst, die sowohl wegen des Baumaterials als auch wegen der kunstreichen Bauart der Häuser ein merkwürdiges Ansehen hatte, ward Caesarea genannt. Was nun die unterirdischen Gänge betrifft, so waren sie ebensO kunstvoll angelegt wie die Gebäude über der Erde. Einige von ihnen, die voneinander durch gleiche Zwischenräume getrennt waren, reichten bis zum Meeresufer, während ein gleicher Gang alle übrigen quer durchschnitt, sodass das Regenwasser und die Schmutzwässer der Stadt abfließen und die Meeresfluten von außen eindringen konnten, wodurch die ganze Stadt unterspült und rein gehalten wurde. Außerdem baute Herodes in der Stadt ein Theater aus Felsquadern und hinter demselben an der Südseite des Hafens ein Amphitheater, welches eine ungeheure Menschenmenge zu fassen vermochte und so günstig lag, dass es eine weite Aussicht aufs Meer gestattete. Da nun der König weder Mühe noch Kosten scheute, wurde die Stadt in zwölf Jahren vollendet.
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ZEHNTES KAPITEL Wie Herodes seine Söhne nach Rom schickte und wie er von Zenodorus und den Gadarenern angeklagt, aber vom Cäsar freigesprochen wurde. Von dem Essener Manaem. 342
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1. Als Herodes auch diese Stadt vollendet hatte (Sebaste war ja bereits früher gebaut worden), beschloss er seine Söhne Alexander und Aristobulus nach Rom zu schicken, damit sie dem Cäsar ihre Aufwartung machten. Dort angelangt, kehrten sie bei Pollio, einem sehr guten Freunde ihres Vaters, ein, obwohl es ihnen auch freistand, beim Cäsar abzusteigen. Augustus nahm sie äußerst huldreich auf und erteilte dem Herodes die Erlaubnis, einen von den beiden Söhnen nach Belieben zu seinem Nachfolger zu ernennen. Auch schenkte er ihm noch an Ländergebieten Trachon, Batanaea und Auranitia, und zwar aus folgender Veranlassung. Ein gewisser Zenodorus, der die Güter des Lysanias gepachtet hatte, war mit deren reichen Einkünften nicht zufrieden, sondern suchte dieselben durch Raubzüge, welche er nach Trachon unternahm, zu vermehren. Diese Gegend nämlich wurde von verkommenen Menschen bewohnt, die das Gebiet der Damaszener plünderten, und anstatf ihren Räubereien Einhalt zu tun, beteiligte sich Zenodorus sogar noch an ihrer Beute. Die Nachbarn aber, die hierdurch hart bedrängt wurden, wandten sich mit lauten Klagen an den damaligen Statthalter Varro und baten ihn, dem Cäsar von den Ungerechtigkeiten des Zenodorus Meldung zu machen. Der Cäsar hatte die Klagen kaum vernommen, als er sogleich Befehl erteilte, die Räuber aus der Gegend zu vertreiben und dieselbe dem Herodes zu übergeben, dessen Umsicht und Tatkraft es gewiss verhüten würde, dass die Trachoniter ihren Nachbarn künftig lästig fielen. Dem Treiben der Räuber ein Ende zu machen, war indes keine leichte Sache, da dieselben nur von ihren Räubereien lebten und weder Städte noch Ackerland, sondern nur unterirdische Schlupfwinkel und Höhlen besaßen, in denen sie mit ihrem Vieh gemeinschaftlich lebten. Auch hatten sie sich reichlich mit Wasser und Getreidevorräten versorgt, sodass sie aus ihren Verstecken heraus längere Zeit Widerstand zu leisten vermochten. Die Eingänge der Höhlen waren so eng, dass nur einer nach dem anderen hineingehen konnte; der innere Raum dagegen war von ganz beträchtlicher Größe und so eingerichtet, dass er einer großen Anzahl Menschen Unterkunft gewährte. Oben aber ragten die Wohnungen nicht hervor,
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sondern waren hier fast dem Erdboden gleich. Die ganze Gegend war rau, felsig und schwer zugänglich, wenn man sich nicht eines Führers bediente; denn die Pfade waren nicht gerade, sondern vielfach verschlungen. Konnten diese Menschen keine Schandtaten gegen ihre Nachbarn verüben, so pflegten sie sich selbst gegenseitig zu berauben und schreckten vor keinem Verbrechen zurück. Sobald nun Herodes diese Gegend von Augustus zum Geschenk erhalten hatte, zog er mit kundigen Führern dahin, legte den Übeltätern das Handwerk und verschaffte den Nachbarn Friede und Sicherheit. 2. Zenodorus aber, den der Verlust seines Gebietes sehr kränkte, und der den Herodes wegen der darüber erlangten Herrschaft beneidete, reiste nach Rom, um ihn anzuklagen, musste jedoch unverrichteter Sache wieder heimkehren. Unterdessen ward Agrippa abgeschickt, um im Namen des Augustus die Provinzen jenseits des Ionischen Meeres zu verwalten. Da nun Herodes ihm sehr befreundet war, besuchte er ihn in Mytilene, wo er überwinterte, und kehrte dann wieder nach Judäa zurück. Übrigens kamen auch einige Gadarener zu Agrippa, um den Herodes zu verklagen. Agrippa aber ließ sie, ohne sie auch nur einer Antwort zu würdigen, dem Könige gefesselt zuführen. Unterdessen gerieten auch die Araber, die schon längst der Herrschaft des Herodes überdrüssig waren, wieder in Erregung und suchten ihm Schwierigkeiten zu bereiten, und zwar, wie es schien, aus ziemlich erheblichen Ursachen. Zenodorus nämlich hatte, als er bereits alle Hoffnung auf Erhaltung seiner Macht schwinden sah, einen Teil seines Gebietes, und zwar Auranitis den Arabern um fünfzig Talente verkauft. Weil aber dieses Gebiet zu dem Lande gehörte, das Augustus dem Herodes geschenkt hatte, kämpften die Araber mit ihm um den Besitz desselben, als ob es ihnen ungerechterweise abgenommen worden sei, fielen häufig in das Land ein und versuchten bald mit Gewal~ bald auf dem Rechtswege ihren Anspruch zu behaupten. Sie suchten auch arme Soldaten des Herodes zu sich herüberzuziehen und waren überhaupt sehr feindselig gegen ihn gesinnt, indem sie wie alle die, welchen es übel ergeht, ihre Hoffnung auf Erregung von Umwälzungen setzten. Obwohl nun Herodes längst Kenntnis davon hatte, trat er ihnen doch nicht entgegen, sondern suchte sie klugerweise zu besänftigen, um ihnen keinen Anlass zu offenem Aufruhr zu geben. 3. Im siebzehnten Jahre der Regierung des Herodes kam der Cäsar nach Syrien, und ein großer Teil der Gadarener benutzte diesen Anlass, um über Herodes Klage zu führen, dass er sich herrschsüchtig, hart und tyrannisch
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benehme. Zu diesem kühnen Wagnis hatte sie Zenodorus getrieben, der sie stets aufwiegelte, sich über Herodes beklagte und ihnen eidlich zusagte, alles aufbieten zu wollen, damit sie von der Herrschaft des Herodes befreit und unmittelbar der Botmäßigkeit des Augustus unterstellt würden. Hierdurch ließen die Gadarener sich bewegen, gegen Herodes Klage zu erheben, indem sie sich besonders darauf stützten, dass diejenigen ihrer Mitbürger, welche Agrippa gefesselt dem Herodes hatte zufuhren lassen, von Letzterem nicht bestraa sondern, ohne dass man ihnen ein Haar gekrümmt hatte, freigelassen worden waren. Denn Herodes, der gegen die Seinigen bei Verfehlungen mit unerbittlicher Strenge .einschritt, war leicht geneigt, die Übeltaten von Fremden großmütig zu verzeihen. Da er nun von den Gadarenern der Gewalttätigkeit, des Raubes ~nd der Zerstörung ihrer Tempel angeklagt wurde, bereitete er ruhig seine Verteidigung vor. Augustus aber gab ihm die Hand und änderte trotz des Tobens der Menge nicht im Mindesten seine freundliche Gesinnung gegen ihn. Über diese Sache verhandelte man am ersten Tage; am folgenden Tage aber wurde die Untersuchung nicht fortgesetzt. Denn da die Gadarener die Stimmung des Cäsars und der Beisitzer des Gerichtes erkannten und der Meinung waren, dass sie an den König würden ausgeliefert werden, töteten sie sich aus Furcht vor Folterqualen in der folgenden Nacht teils mit eigener Hand, teils stürzten sie sich in einen Abgrund oder ertränkten sich im Flusse. Weil sie aber damit ihre Leichtfertigkeit und Schuld selbst anzuerkennen schienen, sprach Augustus den Herodes ohne weiteres Bedenken frei. Ferner vollzog sich noch ein anderes, fur Herodes sehr glückliches Ereignis. Dem Zenodorus nämlich platzte ein Darm, und er wurde infolge des dadurch eintretenden Blutverlustes so schwach, dass er zu Antiochia in Syrien starb. Sein Land aber, das nicht klein war und zwischen 'frachon und Galiläa lag, schenkte der Cäsar einschließlich Ulathas, Panias' und des daran grenzenden Gebietes dem Herodes. Auch brachte er ihn in nähere Beziehungen zu den Statthaltern von Syrien, denen er auftrug, nichts ohne des Herodes Zustimmung vorzunehmen. Kurz, Herodes gelangte zu solchem Glücke, dass die beiden Machthaber des so gewaltigen Römerreiches, Augustus und Agrippa, ihn sehr hoch schätzten, und dass namentlich Augustus nach Agrippa auf niemand größere Stücke hielt als auf Herodes, und auch Agrippa seinerseits ihn nach dem Cäsar seinen besten Freund nannte. Durch solche Gunstbezeugungen wuchs das Selbstvertrauen des Herodes gewaltig, und er erbat sich daher vom Cäsar fur seinen Bruder Pheroras eine Tetrarchie und wies diesem von den Einkünften seines eigenen Reiches hundert Talente an, da-
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mit, wenn er selbst vom Tode ereilt würde, Pheroras in gesicherter Stellung sich befände und nicht in Abhängigkeit von den Söhnen seines Bruders geriete. Nachdem nun Herodes den Cäsar bis zum Meere geleitet hatte, kehrte er heim und erbaute ihm im Lande des Zenodorus nahe bei dem Orte Panium einen herrlichen Tempel aus Marmor. Hier befindet sich im Berge eine prächtige Grotte, in welcher ein steiler und tiefer, mit stehendem Wasser angefüllter Erdschlund sichtbar ist, während darüber ein gewaltiger Berg emporragt. Unterhalb der Grotte entspringen die Quellen des Jordanflusses. Diesen berühmten Ort also schmückte Herodes mit einem Tempel, welchen er dem Augustus weihte. 4. Damals ließ Herodes auch seinen Untertanen den dritten Teil der Abgaben nach, angeblich, um ihnen die Möglichkeit zu bieten, sich nach der langen Unfruchtbarkeit des Landes wieder zu erholen, in Wahrheit aber, um sich ihre Zuneigung zu sichern. Denn über seine Unternehmungen, durch welche Religion und Sitte untergraben zu werden drohten, waren sie sehr unwillig, und das ganze Volk sprach davon nur mit Erbitterung und Erregung. Einen Aufruhr aber suchte er dadurch zu vereiteln, dass er seinen Untertanen jede Gelegenheit dazu benahm und sie zu beständiger Arbeit anhielt. Auch verbot er den Bürgern alle Zusammenkünfte, öffentliche wie geheime, und stellte überall Spione an. Wurde jemand bei Übertretungen ertappt, so bestrafte er ihn streng, und es wurden viele offen oder heimlich in die Festung Hyrkania abgeführt und dort hingerichtet. Überall, in der Stadt wie auf den Landstraßen, gab es bestimmte Menschen, die alle Zusammenkünfte auszuforschen suchten. Ja, man sagt, der König habe sich oft selbst in der Kleidung eines Privatmannes bei Nacht unter die Menge begeben, um die Meinung des Volkes über seine Regierung zu erfahren. Wer seinen Anordnungen Widerstand entgegensetzte, wurde auf alle erdenkliche Weise verfolgt. Die Übrigen aber verpflichtete Herodes unter Eid, ihm stets die Treue zu bewahren. Die meisten seiner Untertanen fügten sich denn auch seinen Befehlen, teils aus wirklicher Zuneigung zu ihm, teils aus Furcht. Wer jedoch in zähem Widerstand verharrte und sich nicht zu bezwingen vermochte, wurde schonungslos beiseite geschafft. Als er aber auch den Pharisäer Pollio und den Sameas sowie mehrere von deren Anhängern zum Eidschwur zwingen wollte, weigerten sie sich dessen entschieden; gleichwohl schritt er mit Rücksicht auf Pollio nicht gegen sie ein wie gegen die anderen, die den Eid nicht leisten wollten. Auch waren von dieser Verpflichtung die so genannten Essener befreit, die eine ähnliche Klasse von Menschen bilden wie bei den Griechen die Pythagoräer. Doch
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ich habe mich über dieselben anderswo ausführlich verbreitet. Hier mag es nicht unpassend sein, darüber zu reden, weshalb Herodes den Essenern eine so ungewöhnliche Vergünstigung gewährte, zumal daraus hervorgeht, wie man überhaupt in jener Zeit von ihnen dachte. 5. Ein gewisser Essener mit Namen Manaem, der wegen der Ehrbarkeit seines Lebenswandels in gutem Rufe stand und von Gott mit der Gabe, die Zukunft vorherzusehen, ausgestattet war, blickte eines Tages den Herodes, da dieser noch ein Knabe war und mit ihm zur Schule ging, an und sagte zu ihm, er werde dereinst König der Juden werden. Herodes aber, der der Meinung war, Manaem kenne ihn entweder nicht oder treibe seinen Scherz mit ihm, entgegnete, er sei doch nur von gewöhnlicher Herkunft. Manaem lächelte darüber, schlug ihn auf die Schenkel und sprach: »Du wirst in der Tat König werden und, weil dich Gott dessen für würdig hält, eine glückliche Regierung führen. Erinnere dich alsdann der Schläge des Manaem und lass sie dir zum Zeichen dienen, dass alles Glück wandelbar ist. Denn eine solche Erwägung wird dir zu großem Nutzen gereichen, wenn du Gerechtigkeit und Frömmigkeit liebst und dich gegen deine Untertanen mild erweisest. Ich aber, der ich genau hierüber unterrichtet bin, weiß bestimmt, dass du so nicht sein wirst. Denn du wirst wohl, wie kein anderer, ein glückliches Leben führen und dir ewigen Ruhm erwerben, Frömmigkeit und Gerechtigkeit aber wirst du vergessen. Allein Gott dem Herrn wird dies nicht verborgen bleiben, und er wird dich am Ende deines Lebens dafür bestrafen.« Auf diese Worte achtete Herodes damals nicht, weil er eine solche Hoffnung nicht hegte. Als er aber zur Regierung, und zwar zu glücklicher Regierung, gelangt war, ließ er, da er auf dem Gipfel seiner Macht stand, den Manaem rufen und fragte ihn, wie lange er noch regieren werde. Manaem antwortete hierauf nichts und schwieg. Da fragte Herodes weiter, ob seine Regierung wohl noch zehn Jahre dauern werde, und nun erwiderte Manaem, auch wohl zwanzig oder dreißig Jahre, ohne jedoch das Ende seines Lebens genau zu bestimmen. Herodes aber war damit zufrieden, gab dem Manaem die Hand, entließ ihn und hielt von der Zeit an alle Essener in Ehren. Obgleich nun diese Erzählung allen Glauben übersteigt, hielt ich es doch für gut, sie den Lesern mitzuteilen und zugleich davon Erwähnung zu tun, dass noch viele Essener wegen ihres ehrbaren Lebenswandels mit der Gabe der Weissagung ausgestattet waren.
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ELFTES KAPITEL Wie Herodes den Tempel umbaute und ihn höher und prächtiger gestaltete. Von der Burg Antonia.
1. Im achtzehnten Jahre seiner Regierung nahm Herodes, nachdem er die oben erwähnten Bauten ausgeführt hatte, noch ein schwieriges Werk in Angriff, Er ging nämlich daran, den Tempel Gottes in weit größerem Umfang und viel höher zu errichten; denn er glaubte, dieses Werk müsse, wenn er es vollendete, wie es auch wirklich der Fall war, herrlicher sein als alles, was er bisher zustande gebracht, und er würde sich dadurch ein dauerndes Andenken sichern. Weil er aber einsah, dass das Volk nicht leicht zur Inangriffnahme eines so gewaltigen Unternehmens zu haben sein wür. de, beschloss er, dasselbe zunächst durch eine Anrede darauf vorzubereiten und erst dann Hand ans Werk zu legen. Er berief deshalb das Volk zusammen und sprach also: »Liebe Landsleute, ich halte es für unnötig, von den anderen Werken zu euch zu reden, die ich seit dem Beginne meiner Regierung vollbracht habe, obgleich sie alle derart sind, dass sie mehr eurer Sicherheit als meinem Ruhme dienen. Und da ich auch in den Zeiten schlimmer Not euch beizuspringen nicht außer Acht ließ und bei der Ausführung meiner Bauwerke mehr für eure als für meine Sicherheit sorgte, so bin ich überzeugt, dass ich nach dem Willen Gottes das Volk der Juden zu einem Glücke geführt habe, wie es dasselbe früher nie gekannt hat. Doch jch halte es, wie gesagt, für überflüssig, euch alles einzeln aufzuzählen, was ich im Lande vollführt und wie ich durch Erbauung von Städten sowohl in eurem Gebiete als in den dazugehörenden Landesteilen euer Volk zu grogern Ansehen erhoben habe, da euch das ja wohl bekannt ist. Ich will euch jetzt nur mit wenigen Worten zeigen, dass das Werk, welches ich gegenwärtig in Angriff nehmen will, ebenso sehr der Ehre Gottes als eurem Ruhme dienen soll. Dieser Tempel ist von euren Vorfahren dem höchsten Gotte erbaut worden, als sie aus Babyion zurückgekehrt waren. Doch fehlen ihm an seiner Höhe noch sechzig Ellen, um welche der früher von Solomon errichtete Tempel ihn überragte. Das ist aber nicht etwa dem Mangel an Frömmigkeit bei unseren Vorfahren zuzuschreiben; denn es stand nicht bei ihnen, dem Tempel die frühere Größe zu geben. Vielmehr schrieben Cyrus und Darius, des Hystaspes Sohn, ihnen die Art, wie sie den Bau einrichten. sollten, vor, sodass sie, da sie zuerst diesen Königen, dann deren
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Nachkommen und später den Makedoniern untertan waren, nicht die Macht besaßen, dieses Denkmal ihrer Gottesfurcht in derselben Größe wie ehemals aufzuführen. Weil ich nun durch Gottes Gnade zur Regierung gelangt bin, einer langen Friedenszeit mich erfreue, große Reichtümer mir gesammelt halbe, bedeutende Einkünfte beziehe und, was das Wichtigste ist, mit den Römern, den Herren der Welt, wie ich wohl sagen darf, in freundschaftlichem Verkehr stehe, so will ich mich bemühen, das, was unsere Vorfahren aus Not und weil sie unter fremder Herrschaft standen, nicht ausführen konnten, zu vollenden und dadurch Gott für die vielen Wohltaten, die er mir während meiner Regierung erwiesen hat, frommen Dank zu erstatten.« 2. Also sprach Herodes zum Volke. Viele jedoch wurden durch diese Rede, die sie nicht erwartet hatten, in Bestürzung versetzt, und da sie den Plan für unausführbar hielten, waren sie keineswegs freudig erregt, sondern vielmehr beängstigt. Sie befürchteten nämlich, der König möchte, wenn der Tempel niedergelegt wäre, nicht die hinlänglichen Mittel besitzen, um das Werk, welches er sich vorgenommen, vollenden zu können, und es schien ihnen diese Gefahr umso größer zu sein, als der Bau ihnen in der Tat schwierig und kolossal vorkam. Weil sie nun so niedergeschlagen waren, flößte Herodes ihnen dadurch wieder Mut ein, dass er ihnen die Versicherung gab, er werde den Tempel nicht eher niederreißen lassen, als bis er alles zu seiner Vollendung Erforderliche in Bereitschaft habe. Hierin hielt er auch Wort. Denn erst als er tausend Wagen zum Anfahren der Steine beschafft, zehntausend erfahrene Werkmeister ausgewählt, tausend Priestern priesterliche Gewänder gekauft, sie teils in der Steinmetzkunst, teils im Zimmerhandwerk hatte unterrichten lassen, und überhaupt alles aufs sorgfaltigste vorbereitet hatte, nahm er das Werk in Angriff. 3. Er ließ also zunächst die alten Fundamente durch neue ersetzen und erbaute dann auf diesen den Tempel selbst, hundert Ellen lang und hundertzwanzig Ellen hoch. Von den letzteren hundertzwanzig Ellen gingen zwanzig ab, nachdem sich die Fundamente gehörig gesetzt hatten; doch haben wir dieselben zu Neros Zeiten wieder hinzuzufügen beschlossen. Der Tempel wurde aus festen weißen Marmorsteinen erbaut, die ungefahr fünfundzwanzig Ellen lang, acht Ellen hoch und gegen zwölf Ellen breit waren. Wie die königliche Säulenhalle war der ganze Tempel auf beiden Seiten etwas niedriger, in der Mitte dagegen etwas höher, sodass er schon auf viele Stadien Entfernung sichtbar war, besonders für diejenigen, welche ihm gerade gegenüber wohnten oder für solche, die auf ihn zugingen. Die
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Türen am Eingange* mit den Oberschwellen waren wie das Innere des Heiligtums selbst mit bunten Vorhängen geschmückt, in welche purpurne Blumen und Säulen eingewebt waren. Über denselben breitete sich unterhalb 395 der Mauerkrönung ein goldener Weinstock mit herabhängenden Trauben aus, und es war überhaupt ein solch reicher Aufwand an kostbarem Material gemacht worden, dass der Anblick des überaus gewaltigen und kunstvollen Bauwerkes wahres Staunen erregte. Den ganzen Tempel umgab er mit un- 396 geheuren Säulenhallen, die zum eigentlichen Tempelhause in richtigem Verhältnis standen, und deren Pracht die der früheren weit übertraf, sodass es den Anschein gewann, als ob niemand sonst den Tempel so herrlich habe ausschmücken können. Beide Säulenhallen ruhten auf einer starken Mauer; die Mauer selbst aber war eines der großartigsten Werke, von denen man je gehört hat. Denn sie stellte einen felsigen, steilen Hügel vor, der nach der 397 Ostseite der Stadt hin allmählich sich bis zu seinem höchsten Gipfel erhob. Diesen Hügel umgab Solomon, unser erster** König, auf Gottes Geheiß 398 oben am Gipfel mit einer Mauer. Unten am Fuße aber, wo er nach der Südseite hin von einer tiefen Schlucht umgeben war, verschanzte er ihn mit gewaltigen, durch Blei untereinander verbundenen Felsblöcken, indem er inwendig immer einen kleinen Zwischenraum ließ und damit bis in die Tiefe fortfuhr, sodass der ins Geviert gearbeitete Bau eine ungeheure Größe 399 und Höhe erhielt. Von außen erblickte man die gewaltigen Felsblöcke, die , von innen mit eisernen Klammern so fest ineinander gefügt waren, dass sie für alle Zeiten unauflöslich verbunden schienen. Und als das ganze Werk 400 bis zur Spitze des Hügels hinaufgeführt war, glättete er den Gipfel des Letzteren, ftillte die innerhalb der Mauer befindlichen Höhlungen aus und machte alle Teile der Oberfläche, die etwa noch hervorragten, völlig gleich und eben. Diese ganze Einfriedigung hatte vier Stadien im Umfang, da jede Seite ein Stadion lang war. Inwendig zog sich dann um den Gipfel des Hü- 401 gels noch eine andere Steinmauer, welche gegen die Ostseite hin eine doppelte Säulenhalle trug. Die Letztere war gerade so lang wie die Mauer und sah nach dem Tore des Tempels hin, welcher der Mitte der Mauer gegenüberlag. Diese Säulenhalle hatten viele der früheren Könige reich ausgeschmückt. Rings um den Tempel waren die Rüstungen aufgehängt, die man ' 402 von den fremden Völkern erbeutet hatte, und Herodes brachte dieselben * losephus meint hier nicht das äußere, sondern das innere Tor, welches unmittelbar ins Heiligtum führte.
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jetzt wieder dort an und fügte auch noch diejenigen hinzu, welche er den Arabern abgenommen hatte. 4. An der Nordseite der Einfriedigung war eine viereckige, sehr stark befestigte Burg errichtet, welche die Asamonäer, des Herodes Vorgänger, die Könige und Priester zugleich waren, gebaut und Baris genannt hatten, um daselbst das priesterliche Gewand aufzubewahren, welches der Hohepriester nur, wenn er opfern wollte, anzulegen pflegte. Auch Herodes bewahrte das priesterliche Kleid wieder an diesem Orte auf. Nach seinem Tode aber kam es in die Gewalt der Römer bis auf die Zeiten des Cäsars Tiberius. Als unter dessen Regierung Vitellius, der Statthalter von Syrien, nach Jerusalern gekommen und vom Volke mit höchsten Ehrenbezeugungen aufgenommen worden war, richtete er auf die Bitte der Juden, dass ihnen das priesterliche Gewand wieder ausgeliefert werden möge, um sich ihnen gefällig zu erweisen, ein diesbezügliches schriftliches Gesuch an den Cäsar, der denn auch die Bitte gewährte. Darauf blieb das Gewand in den Händen der Juden bis zum Tode des Königs Agrippa. Nach dessen Ableben gaben Cassius Longinus, der damals Syrien verwaltete, und Cuspius Fadus, der Landpfleger von Judäa, den Juden den Befehl, das Gewand in der Burg Antonia niederzulegen, da die Römer dasselbe wieder wie früher in ihrer Gewalt haben müssten. Die Juden schickten daher Gesandte an den Cäsar Claudius und baten ihn, er möge ihnen doch das Kleid lassen. Als diese Gesandten angelangt waren, setzte es der damals gerade in Rom weilende jugendliche König Agrippa durch, dass der Cäsar ihnen das Gewand wieder überließ und Vitellius, dem Statthalter von Syrien, einen diesbezüglichen Befehl erteilte. Früher befand sich das Gewand unter dem Siegel des Hohepriesters und der Tempelschatzmeister, welch Letztere sich am Tage vor einem Feste zum Kommandanten der römischen Besatzungstruppen begaben und nach geschehener Besichtigung des Siegels das Gewand bei ihm abholten. Waren die Festtage dann vorüber, so brachten sie es wieder zurück und übergaben es nach Vorzeigung des Siegels dem Befehlshaber wieder zur Bewahrung. So erklären sich die vielen Wechselfälle, die sich später mit dem Kleide ereignet haben. Diese Burg ließ nun Herodes, der König der Juden, zur Sicherheit und zum Schutze des Tempels noch stärker befestigen und nannte sie seinem Freunde, dem römischen Feldherrn Antonius, zuliebe Antonia. 5. Gegen die Westseite hin hatte die Einfriedigungsmauer vier Tore, von denen eines durch ein dazwischen gelegenes Tal in die Königsburg, zwei weitere in die Vorstadt und das vierte in die eigentliche Stadt führten. Eine
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Menge von Stufen ermöglichte den Abstieg in das Tal und das Hinaufsteigen aus demselben. Denn die Stadt lag gerade dem Tempel gegenüber und machte, gegen Süden von einer tiefen Schlucht umgeben, den Eindruck eines Theaters. Die vierte Seite der Einfriedigungsmauer endlich nach der Südseite hin hatte ebenfalls in der Mitte Tore und eine dreifache königliche Säulenhalle, die sich der Länge nach von der östlichen zur westlichen Seite des Tales erstreckte, da sie nicht weiter fortgeführt werden konnte. Das ganze Werk war eines der merkwürdigsten, welche die Sonne jemals beschienen hat. Denn über dem Tale, welches so tief war, dass man, wenn man hinab sah, anfing schwindelig zu werden, war noch eine unermesslich hohe Halle erbaut, sodass derjenige, der vom Dache dieser Halle aus beide Höhen zugleich mit seinem Auge ermessen wollte, schon vom Schwindel erfasst wurde, ehe noch sein Blick den ·Grund der ungeheuren Tiefe erreichen konnte. Vier Reihen Säulen hatte man von einem Ende der Halle bis zum anderen einander gerade gegenüber aufgestellt; die vierte dieser Säulenreihen war in eine steinerne Mauer eingefügt. Die Dicke einer jeden Säule war so groß, dass drei sich gegenseitig bei den Händen fassende Menschen sie mit den Armen eben umspannen konnten. Die Länge betrug siebenundzwanzig Fuß, und jede Säule ruhte auf einem doppelten Wulst. An Zahl waren ihrer im Ganzen hundertzweiundsechzig*; ihre Kapitelle waren in korinthischem Stil gehalten und stellten großartige und wundervolle Arbeit dar. Weil nun der Säulenreihen vier waren, teilten drei davon den Raum in Säulengänge. Zwei von diesen Gängen, die einander gegenüberlagen, waren ganz gleich ausgestaltet, sodass jeder von ihnen dreißig Fuß in der Breite, ein Stadion in der Länge und mehr als fünfzig Fuß in der Höhe hatte. Der mittlere Gang dagegen war einundeinhalbmal so breit und zweimal so hoch und reichte an beiden Seiten über die anderen weit hinaus. Die Dächer waren mit tief in das Holz geschnittenen Bildwerken verziert, die mancherlei Formen aufwiesen; das mittlere Dach war höher als die beiden anderen. Vorn auf den Kapitellen befand sich eine steinerne Wand, die mit eingesetzten Säulchen verziert und sehr exakt geglättet war, sodass, wer sie nicht gesehen, sich keine Vorstellung von ihrer Schönheit machen konnte, und dass der, welcher sie sah, in staunendes Entzücken geriet. So war also die erste Einfriedigung des Tempels beschaffen. Nach innen zu befand sich dann unweit der ersten eine zweite, zu der man auf einigen Stufen empor* Wie bei dieser Zahl die Säulen in vier Reihen gerade einander gegenüber aufgestellt sein konnten, ist unerklärlich.
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stieg. Sie stellte eine steinerne Mauer dar, auf der geschrieben stand, dass jedem Fremden der Eintritt bei Todesstrafe verboten sei. Diese innere Einfriedigung hatte auf der Süd- und Nordseite je drei Tore, die gleich weit voneinander abstanden, und auf der Ostseite ein großes Tor, durch welches diejenigen, welche rein waren, mit ihren Frauen eintreten durften. Das innere Heiligtum dagegen durften die Frauen unter keinen Umständen betreten. Endlich gab es noch einen dritten inneren Raum, in welchen einzutreten nur den Priestern gestattet war. Dies war der eigentliche Tempel, und vor demselben befand sich der Altar, auf dem wir Gott die Brandopfer darbringen. In keinen dieser drei inneren Räume trat Herodes ein, da er kein Priester war und ihm somit der Eintritt nicht freistand. Vielmehr besorgte er nur den Aufbau der Säulenhallen und der äußeren Einfriedigungen, den er in acht Jahren vollendete. 6. Nachdem nun auch der eigentliche Tempelbau von den Priestern in einem Jahre und sechs Monaten errichtet worden war, freute sich das gesamte Volk und dankte Gott dafür, dass das Werk so schnell zur Vollendung gekommen war und dass der König dieselbe mit so regem Eifer betrieben hatte. Mit Festfeier und Segenswünschen begleiteten die Juden die Fertigstellung ihres Tempels. Der König aber opferte Gott dreihundert Ochsen, und die Übrigen nach ihrem Vermögen. Die Zahl der Opfer kann ich nicht angeben; denn da die Feier auf denselben Tag fiel, an welchem der König den Antritt seiner Regierung zu begehen pflegte, so wurde das Fest um dieser zweifachen Ursache willen desto glänzender begangen. 7. Außerdem wurde fur den König noch ein geheimer Gang angelegt, der von der Burg Antonia zum östlichen Tempeltor führte. Darüber ließ er sich einen Thrm erbauen, um bei etwa ausbrechenden Volksaufständen durch den unterirdischen Gang auf denselben hinaufsteigen und sich so in Sicherheit bringen zu können. Es geht die Sage~ während der ganzen Zeit, da man am Tempelbau gearbeitet, habe es nur des Nachts geregnet, damit der Bau nicht aufgehalten würde, und diese von unseren Vorfahren überlieferte Sage erscheint auch nicht unglaublich, wenn man alles andere in Betracht zieht, wodurch Gott sich uns offenbart hat. So ,vollzog sich der Neubau des Tempels.
SECHZEHNTES BUCH D1ESES 13UtJ-l umFRSST E1NEN ZEHRRum VON 1Z JRJ-lREN
ERSTES KAPITEL. Herodes erlässt ein Gesetz gegen den Diebstahl. Alexanders und Aristobulus' Rückkehr von Rom. Salome und Pheroras schmieden Ränke gegen die jungen Leute. Die Verheiratung der Prinzen.
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1. Nachdem der König bei der Ordnung des Staatswesens die größte Mühe darauf verwandt hatte, allen Übeltaten in der Stadt wie auf dem Lande zu steuern, gab er auch einem Gesetze seine Bestätigung, welches den früheren Verordnungen sehr unähnlich war. Er bestimmte nämlich, dass die Diebe außer Landes verkauft werden sollten. Diese Strafe war nicht nur für solche Vergehen zu hart, sondern lief auch den herkömmlichen Gebräuchen zuwider. Denn als Sklave bei Ausländern und nach anderen Sitten lebenden Herren dienen und allen ihren Befehlen gehorchen zu müssen, war mehr eine Verletzung religiöser Vorschriften als eine Strafe für Übeltäter, besonders da eine solche in den alten Gesetzen vorgesehen war. Diese schrieben nämlich vor, dass der Dieb das Vierfache als Strafe zahlen oder, falls er das nicht könne, verkauft werden solle, doch nicht an Ausländer noch zu dauernder Sklaverei. Vielmehr mussten solche Sklaven nach sechs Jahren wieder freigelassen werden.* Die jetzt festgesetzte Strafe erschien daher hart, unbillig und vom Übermute diktiert, gerade wie wenn Herodes nicht als König, sondern als 1Jrann Strafen einführen wolle, ohne sich um die Verfassung der Juden zu kümmern. Und da diese Handlungsweise ganz seinem übrigen Gebaren entsprach, war dieselbe umso mehr ein Anlass zu Vorwürfen und Feindseligkeiten. 2. Um diese Zeit unternahm er auch eine Reise nach Rom, teils um sich dem Cäsar vorzustellen, teils um seine in Rom lebenden Söhne zu besuchen. Der Cäsar nahm ihn äußerst freundlich auf und ließ die Prinzen, da sie ihre Studien vollendet hatten, wieder mit ihm nach Hause ziehen. Als sie nun in Judäa angelangt waren, empfing das Volk die beiden Jünglinge mit großer Begeisterung, da sie ebenso sehr durch ihre Geistesgaben wie durch * S. IV, 8, 27 f.
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ihre hoheitsvolle äußere Erscheinung imponierten, die eine wahrhaft königliche war. Umso verhasster aber wurden sie der Salome, der Schwester des Königs, und den anderen, die durch ihre Verleumdungen Mariamne den Tod bereitet hatten. Diese glaubten nämlich, dass, wenn die beiden zu Macht und Einfluss kämen, sie selbst fur ihre gegen deren Mutter begangenen Frevel Strafe erleiden würden. In dieser Besorgnis nahmen sie ihre Zuflucht zu Verleumdungen gegen die jungen Leute, indem sie ausstreuten, dieselben hätten durchaus keinen Gefallen daran, mit ihrem Vater zusammenzuleben, weil sie mit dem Mörder ihrer Mutter keine Gemeinschaft haben wollten. Da diese Behauptung sich auf wirkliche Vorgänge stützte, konnte es ihr nicht an Glauben mangeln, und es war vorauszusehen, dass den Söhnen dadurch das Wohlwollen ihres Vaters würde entrissen werden. Selbstverständlich sprachen die Verleumder in dieser Weise nicht bei Herodes, sondern sie streuten solche Verdächtigungen unter dem Volke aus. Und da es nicht fehlen konnte, dass dieselben auch dem Könige zu Ohren kamen, bildete sich bei ihm allmählich der Hass aus, den er später seinem Charakter gemäß nicht überwinden konnte. Vorläufig jedoch war bei Herodes die Liebe des Vaters zu seinen Kindern noch mächtiger als alle Verdächtigung und Verleumdung, und so ließ er den beiden nicht nur die ihnen gebührende Auszeichnung zu teil werden, sondern gab ihnen auch, als sie das gehörige Alter erreicht hatten, würdige Gattinnen, nämlich dem Aristobulus Salomes Tochter Berenike und dem Alexander Glaphyra, die Tochter des Kappadokierkönigs Archelaus.
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ZWEITES KAPITEL Wie Herodes zweimal zu Agrippa reiste und wie dieser auf die von den Juden gegen die Griechen vorgebrachten Klagen den Ersteren ihre Rechte verbürgte.
1. Als Herodes hierauf die Nachricht erhielt, Marcus Agrippa* sei zum zweiten Mal aus Italien nach Asien gekommen, begab er sich schleunigst zu ihm und bat ihn, sein Königreich zu besuchen und bei ihm als Gast und Freund einzukehren. Auf diese inständigen Bitten sagte Agrippa zu und * Der Schwiegersohn des Augustus.
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kam wirklich nach Judäa. Herodes ließ es an nichts fehlen, was ihm Vergnügen bereiten konnte, empfing ihn in den neu erbauten Städten und bewirtete ihn und seine Freunde, während er ihnen die Bauwerke zeigte, aufs köstlichste und prächtigste, sowohl in Sebaste und in dem neu erbauten Hafen Caesarea, als in den mit großem Kostenaufwand wiederhergestellten Festungen Alexandrium, Herodium und Hyrkania. Auch in die Stadt Jerusalem nahm er ihn mit, wo ihm das Volk in festlichem Aufzuge entgegenkam und ihn mit Segenswünschen empfing. Agrippa opferte Gott dem Herrn hundert Ochsen, gab dem Volke ein Festmahl und ließ es an dem denkbar größten Aufwand nicht fehlen. So gern er sich nun noch viele Tage lang hier aufgehalten hätte, musste er sich doch der Jahreszeit wegen beeilen. Er hatte nämlich vor, wieder nach Ionien zurückzukehren, und hielt es nicht fur geraten, bei Anbruch des Winters in See zu gehen. 2. Nachdem er und seine hervorragendsten Begleiter von Herodes reich beschenkt worden waren, schiffte er sich ein. Der König aber verbrachte den Winter ruhig in seinem Lande, und als er bei Beginn des Frühlings vernahm, dass Agrippa sich zu einem Zuge nach dem Bosporus rüste, suchte er mit ihm wieder zusammenzutreffen. Er fuhr also an Rhodos und Kos vorbei bis nach Lesbos und dachte ihn hier zu finden, konnte aber, da widriger Nordwind wehte, den Hafen nicht erreichen. Aus diesem Grunde blieb er einige Tage in Chios, nahm eine Menge Bittgesuche huldreich entgegen und entließ die Bittsteller mit königlichen Geschenken. Als er die Säulenhalle der Stadt, die im Mithradatischen Kriege zerstört worden war und ihrer Größe und Schönheit halber nicht so leicht wie die übrigen Bauwerke wieder aufgerichtet werden konnte, in Trümmern daliegen sah, wies er den Einwohnern so viel Geld an, dass sie zum Bau mehr als genug hatten, und ermahnte sie, nicht zu zögern und ihrer Stadt den schönen Schmuck wiederzugeben. Da sich inzwischen der Sturm gelegt hatte, begab er sich zunächst nach Mytilene und von da nach Byzantium, und als er hier erfuhr, Agrippa sei schon an den Kyanei.'schen Felsen* vorbeigefahren, folgte er ihm nach, so schnell er konnte. Bei Sinope holte er ihn auf dem Pontus Euxinus ein und kam, wiewohl unerwartet, mit seiner Flotte doch nicht ungelegen, sondern wurde sehr freundlich aufgenommen. Denn Agrippa hielt es für ein Zeichen großer Ergebenheit und Treue gegen seine Person, dass der König einen so weiten Seeweg zurückgelegt hatte und ihm zur passenden Zeit Hilfe leistete, wofür er doch sein Reich und dessen Ver* Am Eingang in den Pontus Euxinus gelegen (s. Namenregister).
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waltung hatte im Stich lassen müssen. Auf diesem Kriegezuge war nun Herodes stets an Agrippas Seite, im Kampfe als Bundesgenosse und Helfer, in Verlegenheiten als Ratgeber, bei der Erholung als guter und angenehmer Gesellschafter, und so teilte er alles mit ihm, die Beschwerden aus Zuneigung und die Annehmlichkeiten der Ehre wegen. Als sie nun den Krieg auf dem Pontus, zu dem Agrippa entsandt worden war, beendigt hatten, beschlossen sie den Rückweg nicht zu Schiffe zu machen, sondern durchzogen Paphlagonien und Kappadokien, wandten sich dann in weiteren Fußmärschen durch Großphrygien nach Ephesus und setzten von hier zu Wasser nach Samos über. In den einzelnen Städten gewährte Agrippa dem Herodes zu Gefallen den Hilfesuchenden je nach deren Bedürfnissen bedeutende Unterstützungen, und auch Herodes selbst ließ keine Gelegenheit vorbeigehen, wo er durch Geldgeschenke und freundliches Entgegenkommen seinen Vorteil wahren konnte, und gab reichlich aus seinen Mitteln. Sooft er darum angegangen wurde, unterstützte er die Gesuche der Bittsteller bei Agrippa aufs beste. Denn auch Agrippa war freigebig und großmütig und gab gern, wo er Nutzen stiften konnte, wenn er nur damit anderen nicht zu nahe trat, und es bedurfte deshalb nur der Verwendung des Herodes, um den Agrippa zum Wohltun geneigt zu machen. So versöhnte Herodes den Agrippa mit den Iliern, auf welche dieser erbost war, zahlte für die Chier das Geld, das sie den Beamten des Cäsars schuldeten, erwirkte ihnen Befreiung von den Einfuhrzöllen und half überhaupt allen, welche dessen bedurften. 3. Als sie nun nach Ionien gekommen waren, strömte eine Menge Juden, die in den ionischen Städten wohnten, zu Agrippa, um die ihnen gebotene Gelegenheit zu benutzen. Sie beklagten sich bei ihm über allerhand Ungerechtigkeiten: dass man sie verhindere, nach ihren Gesetzen zu leben, dass man sie an heiligen Tagen nach der Willkür der Behörden vor Gericht lade, dass man ihnen das Geld raube, welches sie nach Jerusalem für den Tempel senden wollten, dass man sie zur Leistung von Heeresdienst und zu öffentlichen Arbeiten zwinge und sie nötige, das zu heiligen Zwecken bestimmte Geld dazu zu verwenden, während sie doch von alledem befreit seien, da die Römer ihnen ausdrücklich erlaubt hätten, nach ihren heimischen Gebräuchen zu leben. Als sie dies unter lauten Klagen vorbrachten, bat Herodes den Agrippa, ihre Gründe anzuhören, und gewann seinen Freund Nikolaus als Sachwalter der Juden. Agrippa setzte sich daher mit den Vornehmsten seines Gefolges und den anwesenden Königen und Fürsten zu Gericht, und nun begann Nikolaus also für die Juden zu sprechen:
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4. »Wie alle Bedrängten, großmächtiger Agrippa, genötigt sind, zu denen ihre Zuflucht zu nehmen, die ihrem Leid abhelfen können, so haben auch die, welche jetzt Hilfe suchend vor dir stehen, das größte Vertrauen zu dir, dass du dich ihnen gnädig erweisest. Schon früher ja haben sie oft erfahren, wie entgegenkommend ihr euch ihnen gezeigt habt, und sie bitten jetzt nur darum, dass ihnen die früheren Vergünstigungen nicht entrissen werden, zumal sie dieselben von einem Volke erhalten haben, das allein sie zu gewähren imstande war, während sie derselben nicht durch Höhergestellte, sondern durch solche, welche sie gleich sich selbst euch untertan wissen, beraubt worden sind. Haben sie damit etwas Bedeutendes erlangt, so gereicht ihnen eben das zum Lobe, dass sie sich solcher Gnaden wert gezeigt haben. Sind die Vergünstigungen aber unbedeutend, so ziemt es den Spendern derselben umso weniger, ihnen diese jetzt nicht zu belassen. Es steht ja außer Zweifel, dass diejenigen, welche die Juden behelligen und bedrücken, beide Teile beleidigen: die, welche die Wohltaten empfangen haben, indem sie dieselben nicht für wert halten, dass so vortreffliche Männer ihnen damit ihre Anerkennung zollen, die Wohltäter selbst dagegen, indem sie verlangen, dass diese ihre Gunstbezeugungen wieder zunichte machen sollen. Wollte man nun die Juden fragen, was sie lieber verlieren möchten, ihr Leben oder ihre heimischen Gebräuche, Aufzüge, Opfer und Feste, womit sie ihre Gottheit ehren, so weiß ich bestimmt, dass sie eher alles Schlimme zu erdulden, als irgend eine ihrer väterlichen Satzungen aufzugeben bereit sind. Führen sie doch ihre meisten Kriege deshalb, weil sie dieselben schützen wollen. Das Glück nun, das jetzt das ganze Menschengeschlecht durch euch genießt, bemessen wir eben danach, dass es jedem Einzelnen in eurem Gebiete freisteht, seinen Gottesdienst zu üben und nach seinen religiösen Grundsätzen zu leben. Nun aber wollen jene Menschen ein Unrecht, das sie an sich selbst wohl nicht dulden würden, anderen mit Gewalt zufügen, als ob es nicht gleich frevelhaft wäre, den eigenen Gottesdienst zu vernachlässigen und andere widerrechtlich an der Ausübung ihres Gottesdienstes zu hindern. Doch nun noch eine andere Erwägung: Gibt es wohl eine Gemeinde, eine Stadt, eine Nation, die nicht den Schutz eurer Herrschaft und die römische Oberhoheit für das größte Glück hielte? Oder gibt es einen Menschen, der auf eure Wohltaten verzichten möchte? Sicherlich niemand, es müsste denn sein, dass er von Sinnen ist. Es findet sich auch in der Tat weder ein Gemeinwesen noch ein Privatmann, die nicht nach eurer Gunst strebten. Jeder aber, der andere um den Genuss eurer Wohltaten bringen will, muss auch auf das Verzicht leisten, was er selbst euch ver-
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dankt, und doch können diese Wohltaten nicht hoch genug angeschlagen werden. Vergleicht man die frühere Regierungsform mit der jetzigen, so muss unter den vielen Vorteilen, welche die Letztere gewahrt, vor allem der anerkannt werden, dass die Untergebenen keine Sklaven mehr, s'ondern Freie sind. So gut es uns nun auch im Allgemeinen geht, so ist doch unsere Lage nicht dazu angetan, dass wir deshalb zu beneiden wären. Denn wir erfreuen uns keines anderen Glückes, als ihr es auch den übrigen Völkern gewährt habt, und wir verlangen nur darin denselben gleichgestellt zu werden, dass wir unbehindert der Religion unserer Vater treu bleiben dürfen. Das ist an und für sich keine unbillige Forderung und liegt übrigens auch im Interesse derer, die sie zu bewilligen haben. Denn wenn Gott seine Freude an Ehrenbezeugungen hat, so hat er auch seine Freude an denen, welche die Erweisung derselben ermöglichen. Übrigens gibt es in unseren Satzungen nichts, was der Menschlichkeit widerspräche, vielmehr entspricht alles in denselben Enthaltene nur der Gottesfurcht und einer heilsamen Gerechtigkeit. Wir machen auch aus den Vorschriften, nach denen wir unser Leben einrichten und die fur unsere Frömmigkeit und unser gutes Benehmen gegen unsere Mitmenschen Zeugnis ablegen, durchaus kein Geheimnis. Der siebente Tag ist bei uns zur Unterweisung in unseren Gebräuchen und Gesetzen bestimmt, damit diese Gesetze, durch deren Befolgung wir vor Sünden bewahrt bleiben, ebenso wie alle anderen Vorschriften gehörig beachtet werden. Wenn es mir nun gestattet ist, einige Worte über dieselben zu reden, so will ich darauf hinweisen, dass die Gesetze überaus vortrefflich sind und dazu auch noch ein ehrwürdiges Alter aufweisen, obgleich das manchem nicht der Fall zu sein scheint. Auf den Vorteil des hohen Alters wird aber gerade der besonderen Wert legen, der mit frommem Gemüt die Gesetze befolgt, wie sie überkommen sind. Diese Gesetze nun will man uns mit Gewalt und widerrechtlich rauben; man entreißt uns ferner das Geld, das wir zur Ehre Gottes sammeln, fordert Steuern von uns, ladet uns an heiligen Tagen vor Gericht, und das alles nicht etwa infolge vertragsmäßiger Abmachungen, sondern um unsere religiöse Überzeugung zu beleidigen und zu verfolgen, die unseren Bedrückern doch nicht unbekannt ist. Eure Weltherrschaft ist ja so beschaffen, dass sie gegenseitiges Wohlwollen fördert und dem Hasse steuert, sobald jemand mehr zu Letzterem als zu Ersterem neigt. Wir bitten dich daher, großmächtiger Agrippa, du wollest Sorge dafür tragen, dass wir kein Unrecht mehr zu erleiden haben, in der Befolgung unserer Satzungen nicht mehr gehindert, unserer Güter nicht mehr beraubt und von den Gewalthabern nicht mehr bedrückt werden, da
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auch wir ihnen nicht mit Gewalt entgegentreten. Denn diese unsere Forderungen sind nicht bloß billig und gerecht, sondern auch schon längst von eurer Menschenfreundlichkeit bewilligt. Können wir doch zum Beweise dafür die vielen Senatsbeschlüsse und auf dem Kapitol niedergelegten Tafeln anführen, aus denen hervorgeht, dass ihr uns nur deshalb so ausgezeichnet habt, weil ihr uns dieser Gnade wert hieltet, und die selbst dann unsere vollste Ehrfurcht in Anspruch nehmen würden, wenn die Vergünstigun gen uns ohne unser Verdienst zuteil geworden wären. Denn nicht bloß uns, sondern auch allen übrigen Völkern habt ihr das Besitztum geschützt und erweist ihnen große und ungeahnte Wohltaten dazu, sodass, wer dieselben aufzählen wollte, damit wohl nicht zu Ende kommen würde. Um euch aber zu zeigen, dass wir in der Tat eures Wohlwollens würdig sind, können wir von allem anderen absehen und brauchen nur auf den hinzuweisen, der unser Herrscher ist und jetzt an deiner Seite sitzt. Gibt es denn irgendeine Gefälligkeit oder einen Dienst, den er euch nicht erwiesen hätte? Oder habt ihr je seine 'freue vermisst? Oder gibt es eine Ehrenbezeugung, die er euch nicht geleistet und zu der er nicht vor allen anderen sich angeschickt hätte? Wer wollte also leugnen, dass euren Wohltaten die größten Verdienste auf seiner Seite entsprechen? Vielleicht könnte es auch zweckdienlich erscheinen, die Tapferkeit seines Vaters Antipater zu erwähnen, der bei dem Zuge Cäsars nach Ägypten diesem zweitausend Mann Hilfstruppen stellte und der weder in Landgefechten noch in Seeschlachten sich übertreffen ließ. Doch wozu soll ich davon sprechen, wie großen Vorteil Cäsar von diesen Hilfstruppen hatte und wie viele Geschenke sie von ihm erhielten? Eher müsste ich die Briefe erwähnen, die Cäsar damals an den Senat schrieb, und von den Ehrenbezeugungen reden, die Antipater nebst dem Bürgerrecht von unserem Volke erhielt. Aus allen diesen Tatsachen geht klar hervor, dass wir eure Wohltaten nicht ohne unser Verdienst empfangen haben und dass wir in vollem Rechte sind, wenn wir dich um die Bestätigung der Vergünstigungen bitten, die wir, wenn sie uns selbst früher nicht zuteil geworden wären, mit Rücksicht auf die zwischen euch und unserem Könige bestehenden guten Beziehungen wohl von dir hätten erwarten dürfen. Haben wir doch auch von den Juden in Judäa gehört, mit welch gnädiger Gesinnung du ihr Land betreten, wie du Gott die gebührenden Opfer dargebracht, ihn mit Gebeten geehrt, das Volk festlich bewirtet und dessen Gastgeschenke nicht verschmäht hast. Eine solche Aufnahme, die ein Mann von deiner Stellung beim Volke und in der Stadt gefunden hat, muss als Beweis der zwischen dir und dem jüdischen Volke durch Vermittlung des,
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Hauses des Herodes bestehenden Freundschaft gelten. Indem wir dich daran erinnern und auf unseren König hinweisen, der hier anwesend ist und an deiner Seite sitzt, begehren wir nichts weiter, als dass ihr uns die Vergünstigungen, welche ihr uns bewilligt habt, durch anderer Gewalttätigkeit und Übermut nicht wollet rauben lassen.« 5. Auf diese Rede des Nikolaus wagten die Griechen keinerlei Einwendun gen vorzubringen, besonders da ja die Verhandlung eigentlich keine gerichtliche war, sondern es sich nur um ein Bittgesuch zur Abwehr von Gewalttätigkeit handelte. Sie versuchten auch nicht, den Tatbestand zu leugnen, sondern versteckten sich hinter die Ausflucht, die Juden bewohnten griechisches Gebiet und scheuten vor keinem Unrecht zurück. Dagegen wiesen die Juden nach, dass sie Eingeborene seien und dass sie, indem sie ihre Gesetze in Ehren hielten, den Griechen kein Unrecht zufügten. Da nun Agrippa einsah, dass die Juden die Bedrückten seien, gab er den Bescheid, er sei wegen der ergebenen und freundschaftlichen Gesinnung des Herodes bereit, alle Forderungen der Juden zu erfüllen und als gerecht anzuerkennen. Auch wenn sie noch mehr Bitten vorzubringen hätten, werde die Gewährung keine Schwierigkeiten machen, wofern nur die römische Oberhoheit dadurch nicht benachteiligt würde. Weil sie aber um nichts weiter gebeten hätten, als dass ihnen ihre früheren Rechte bestätigt würden, so bestimme er hiermit, dass ihnen niemand etwas bei der Befolgung ihrer Gesetze in den Weg legen dürfe. Hierauf entließ er die Versammlung. Herodes trat nun auf ihn zu, verneigte sich vor ihm und dankte ihm für seine Gnade aufs wärmste. Agrippa aber erwiderte voll Freude seine Ehrenbezeugung, indem er ihn umarmte und küsste. Alsdann verließ er Samos. Der König beschloss nun, zu Wasser wieder heimzukehren; er sagte daher Agrippa Lebewohl und lichtete die Anker. Nach einigen Tagen landete er mit günstigem Winde bei Caesarea, zog von hier aus nach Jerusalem und berief das gesamte Volk, zu dem auch noch eine Menge Landbewohner sich gesellten, zu einer Versammlung. Hier trat er vor, stattete über seine ganze Reise Bericht ab und machte namentlich Mitteilung davon, dass er den Juden in ganz Asien die Gewährleistung ihrer Rechte erwirkt habe. Alsdann sprach er von seiner glücklichen Regierung, setzte seinen Eifer für das Wohl des Volkes in gehörige Beleuchtung und erließ ihm in seiner Freude den vierten Teil der Abgaben für das verflossene Jahr. Ob einer solchen Gnade und der ganzen Rede des Königs von Bewunderung ergriffen, ging das Volk unter Glückwünschen für seinen König in hellem Jubel auseinander.
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DRITTES KAPITEL Wie im Hause des Herodes neue Zwistigkeiten entstanden, weil er seinen ältesten Sohn Antipater den anderen vorzog und dadurch Mariamnes Söhne gegen diesen feindselig stimmte. 66
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1. Von Tag zu Tag wuchs unterdessen im Hause des Herodes die Zwietracht und nahm einen stets feindseligeren Charakter an. Einerseits übertrug Salome ihren Hass gleichsam als Erbstück auf die Jünglinge und ließ sich durch den glücklichen Erfolg ihrer gegen deren Mutter geschmiedeten Ränke zu solch leidenschaftlicher Tollkühnheit hinreißen, dass sie sich vornahm, keinen von Mariamnes Söhnen am Leben zu lassen, der den Tod seiner Mutter rächen könnte. Anderseits wurden auch die Jünglinge teils durch die Erinnerung an das traurige Ende ihrer Mutter, teils aus eigener Herrschbegierde stets trotziger und gegen ihren Vater mehr und mehr aufgebracht. Bald war es wieder dasselbe Leid wie früher, indem die Prinzen Pheroras und Salome offen schmähten, diese aber die Ersteren mit Tücke und Arglist verfolgten. Der Hass war auf beiden Seiten gleich groß, und nur die Art, wie er zutage trat, verschieden, da die einen in ihrer Unerfahrenheit und in ihrem Unvermögen, ihren Hass zu verheimlichen, sich in offenen Schmähungen und Vorwürfen ergingen, während die anderen auf dem Wege der geheimen und tückischen Verleumdung die Jünglinge bei jeder Gelegenheit herausforderten und nur darauf lauerten, dass ihre Feindseligkeit sich zu Gewalttätigkeit gegen den Vater steigere. Denn da die jungen Leute die gegen ihre Mutter erhobenen Beschuldigungen nicht gelten ließen, vielmehr der Meinung waren, dieselbe sei unschuldig hingerichtet worden, so zweifelten die Verleumder nicht daran, dass sie schließlich an dem Urheber des Mordes mit eignen Händen Rache nehmen würden. Zuletzt war die ganze Stadt von dem Gerede erfüllt, und während die Unerfahrenheit der Jünglinge überall Mitleid erregte, ließ Salome es an Eifer nicht fehlen und fand in dem Benehmen der Prinzen selbst Anlass genug, Gerüchte auszustreuen, die große Wahrscheinlichkeit für sich hatten. Diese nämlich empfanden den Tod ihrer Mutter, deren Beschimpfung auch sie selbst traf, so schmerzlich, dass sie sich alle Mühe gaben, nicht nur Mitleid mit dem traurigen Ende ihrer Mutter, welches eine derartige Teilnahme wirklich verdiente, sondern auch mit ihrer eigenen Lage zu erwecken, in-
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dem sie sich darüber beklagten, dass sie gezwungen seien, mit den Mördern ihrer Mutter zusammenzuwohnen. 2. Diese Zwistigkeiten nahmen umso mehr zu, als die Abwesenheit des Königs ihnen stets neue Nahrung zuführte. Sobald aber Herodes zurückgekehrt war und die oben erwähnte Ansprache an das Volk gehalten hatte, stellten ihm Pheroras und Salome sogleich vor, eine wie große Gefahr ihm vonseiten der Jünglinge drohe, da dieselben offen erklärt hätten, sie würden die Ermordung ihrer Mutter nicht ungerächt lassen. Dann fügten sie hinzu, die beiden schienen zu hoffen, durch Vermittlung des Kappadokiers Archelaus Zutritt zum Cäsar erlangen und hier ihren Vater verklagen zu können. Über diese Mitteilungen geriet Herodes in Bestürzung und zwar umso mehr, als er dasselbe auch schon von anderer Seite erfahren hatte. Zu alle dem fielen ihm nun auch noch die früheren Vorgänge ein, nämlich die ersten Zwistigkeiten in seinem Hause, welche ihm die heftige Abneigung gegen seine nächsten Verwandten und selbst gegen seine geliebte Gattin beigebracht hatten, und da er für die Zukunft noch viel Schlimmeres ahnte, war er gänzlich ratlos. Denn wenn ihm auch in seinem Herrscherleben durch Gottes Fügung alles wider Erwarten glücklich vonstatten gegangen war, so war er doch in seinem Hause gleichfalls wider Erwarten höchst unglücklich, und da er nun so zwischen Glück und Unglück in der Mitte schwebte, war er in Ungewissheit darüber, ob er dieses wechselvolle Leben weiterführen oder dem großen häuslichen Elend durch Verzichtleistung auf die Krone und ihren Glanz ein Ende machen sollte. 3. Bei dieser Zerfahrenheit und Trostlosigkeit seiner Lage rief er, um die Jünglinge zu demütigen, seinen anderen Sohn Antipater, der ihm noch während seines Privatlebens geboren worden war, zu sich und beschloss, denselben zu bevorzugen, doch vorläufig noch nicht in dem Maße wie später, sodass er gänzlich hinter ihm zurücktreten und ihm alles übertragen müsste, sondern nur in der Absicht, die Verwegenheit der Söhne Mariamnes zu zügeln und ihnen damit eine Warnung zukommen zu lassen. Denn er glaubte, sie würden sich weniger anmaßend benehmen, wenn sie sich überzeugten, dass die Thronfolge weder ihnen allein noch unbedingt ihnen zukomme. Indem er somit den Antipater gewissermaßen als ihren Nebenbuhler bei sich aufnahm, hoffte er, sich selbst am besten sicherzustellen, den Trotz der Jünglinge dagegen zu brechen und sie mit der Zeit zu bessern. Aber es kam ganz anders, als er geglaubt hatte. Denn die Jünglinge fassten die Anordnung ihres Vaters als schwere Beleidigung auf, während Antipater, ein gewandter Mensch, nachdem er urplötzlich zu so glänzenden Aus-
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sichten gelangt war, nicht nur darauf ausging, seine Brüder von oben herab zu behandeln und ihnen den Vorrang streitig zu machen, sondern auch seinem Vater, der den beiden anderen bereits durch Verleumdungen entfremdet und nach Antipaters Ansicht leicht dazu zu bringen war, seinen höchsten Zorn an denselben auszulassen, auf Schritt und Tritt anhing. Alle möglichen Gerüchte streute er aus, hütete sich aber, selbst seinem Vater etwas dergleichen zu hinterbringen, sondern bediente sich dazu der Hilfe von Menschen, auf die kein Verdacht fallen konnte und die damit nur ihre Ergebenheit gegen den König zu bekunden schienen. Antipater aber hatte wegen seiner glänzenden Aussichten bald eine Menge Anhänger, die auch bei Herodes vollen Glauben fanden, da er ihre Angaben als Beweise ihrer Treue gegen seine eigene Person betrachtete. Während nun diese Angebereien fleißig betrieben wurden, gaben die Söhne Mariamnes reichlichen Anlass dazu. Sehr häufig nämlich vergossen sie Tränen über die ihnen zugefügte Schmach, riefen den Namen ihrer Mutter aus und wagten im Kreise ihrer Freunde den Vater offen der Ungerechtigkeit zu beschuldigen. Da Antipater in seiner Bosheit das alles geschickt aufgriff und dem Herodes, nicht ohne noch allerlei hinzuzufügen, hinterbrachte, konnte es nicht fehlen, dass der häusliche Streit einen immer schärferen Charakter annahm. Denn durch die Verleumdungen erbittert, zog der König, um die Söhne Mariamnes zu demütigen, den Antipater tagtäglich zu neuen Ehren heran, bis er endlich sogar ihm zuliebe seine Mutter Doris ins Haus nahm. Auch schrieb er häufig seinetwegen an den Cäsar und empfahl ihn dort aufs Beste. Als nun Agrippa zehn Jahre lang Asien verwaltet hatte und nach Rom zurückkehrte, fuhr Herodes von Judäa aus zu ihm und vertraute ihm den Antipater, den er allein mitgenommen hatte, an, um ihn mit vielen Geschenken nach Rom zu bringen, wo er sich des Cäsars Freundschaft erwerben sollte. So gewann es den Anschein, als ob Antipater in den Besitz der Macht gelangen und den Jünglingen gar keine Hoffnung auf den Thron mehr bleiben würde.
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VIERTES KAPITEL Wie Herodes, als Antipater in Rom weilte, seine Söhne Aristobulus und Alexander zum Cäsar brachte und sie dort verklagte. Die Aussöhnung.
1. Diese Reise verschaffte Antipater eine große Auszeichnung und ließ so recht den Vorzug erkennen, den er vor seinen Brüdern genoss. Da nämlich Herodes an alle seine Freunde in Rom geschrieben hatte, wurde Antipater dort höchst wohlwollend aufgenommen. Indessen war es ihm nicht recht, dass er nun nicht mehr bei seinem Vater sein konnte und keine Gelegenheit mehr hatte, seine Brüder zu verleumden. Denn er fürchtete, der Vater möchte seinen Sinn ändern und mit größerer Milde gegen Mariamnes Söhne verfahren. Infolge dieser Erwägung beschloss er, auf dem eingeschlagenen Wege zu bleiben, und schickte von Rom aus, sooft er hoffen konnte, den Vater gegen seine Brüder aufzureizen, Briefe, in denen er eine ängstliche Besorgnis heuchelte, die aber in Wirklichkeit nur den Zwecken seiner Bosheit und seines Ehrgeizes dienten und durch die er den Herodes in solche Erbitterung versetzte, dass dieser anfing, gegen die Jünglinge den denkbar höchsten Groll zu hegen. Doch wollte er, um durch Übereilung keinen Fehler zu begehen, diese seine Stimmung noch nicht zum Ausbruch kommen lassen, sondern hielt es für besser, nach Rom zu reisen, die Jünglinge beim Cäsar zu verklagen und sich nichts zuschulden kommen zu lassen, was man ihm als Ungerechtigkeit deuten könnte. In Rom angelangt, begab er sich unverzüglich nach Aquileja, um den Cäsar so bald als möglich sprechen zu können. Sowie er Zutritt erhalten hatte, bat er um geneigtes Gehör behufs Darlegung seines großen Leidwesens; alsdann führte er seine Söhne vor den Thron und beklagte sich über deren verbrecherische Verwegenheit. Sie seien, sagte er, so feindselig gesinnt, dass sie ihren Hass gegen den Vater auf alle mögliche Weise an den Tag legten; ja, sie wollten ihn sogar umbringen und durch diese abscheuliche Tat den Thron an sich reißen, während er doch vom Cäsar die Vollmacht habe, die Nachfolge in der Regierung nicht nach festgelegten Bestimmungen eintreten zu lassen, sondern sie nach Belieben demjenigen seiner Söhne zu übertragen, dessen Ergebenheit die größte sei. Den beiden nun liege an der Herrschaft nicht gerade so viel sondern sie würden gern darauf verzichten und selbst ihr Leben in die Schanze schlagen, wenn sie nur ihren Vater aus dem Wege räumen könnten; ein so unbändiger und grausamer Hass habe sich ihrer
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bemächtigt. Dieses Leid habe er lange genug getragen; jetzt aber sei er genötigt, es dem Cäsar mitzuteilen und sein Ohr mit solchen Reden zu belästigen. Die beiden sollten doch nur offen heraussagen, was sie denn von ihm Unbilliges und Hartes zu erdulden gehabt hätten, und sich darüber äußern, ob sie es für recht und billig hielten, ihren Vater, der seine Herrschaft schon so lange besitze und dieselbe unter großen Gefahren erworben habe, vom Throne zu stoßen und ihn daran zu hindern, die Nachfolge dem Würdigsten zu übertragen. Denn diese Auszeichnung stehe doch, wie jede andere Belohnung der Treue, nur dem zu, der sich auch Mühe gebe, es seinem Vorgänger an Sorgfalt gleichzutun. Nun sei es aber klar, dass dieses ihr Streben keinen Schimmer von Recht aufzuweisen habe. Denn jemand, der stets an die Herrschaft denke, müsse auch stets die Ermordung des Vaters im Sinne haben, wenn er nur nach dessen Ableben auf den Thron gelangen könne. Dazu komme noch, dass er gegen seine Söhne, wie gegen alle seine Untertanen, im höchsten Maße freigebig sei. Habe er doch nicht nur für ihre Ausstattung, ihre Dienerschaft, ihre Vergnügungen gesorgt, sondern ihnen auch die ehrenvollsten ehelichen Verbindungen ermöglicht, indem er dem einen die Tochter seiner Schwester, dem anderen die Tochter des Könige Archelaus vermählt habe. Das Wichtigste aber sei, dass er trotzdem von seiner Gewalt keinen Gebrauch gemacht, sondern seine Söhne zu ihrer aller Wohltäter, dem Cäsar, geführt habe und mit Hintansetzung alles dessen, was ein beleidigter Vater und in Gefahren schwebender König habe tun können, gekommen sei, um sich ebenso wie sie der Entscheidung des Augustus zu unterwerfen. Nur bitte er den Cäsar, wenigstens in etwa dafür zu sorgen, dass er nicht in so großer Angst sein Leben zubringen müsse. Nach solchen Anschlägen könne es ja den beiden nichts helfen, noch länger zu leben, da sie, wenn sie auch jetzt der Strafe entgingen, doch sicher ins größte Unheil geraten wiirden, sowie sie ihm dasselbe zu bereiten unternommen hätten. 2. Solch heftige Vorwürfe machte Herodes seinen Söhnen vor dem Cäsar. Die Jünglinge waren schon während seiner Rede in Tränen ausgebrochen, und ihr Schluchzen steigerte sich noch, als Herodes geendigt hatte. Denn sie konnten sich mit gutem Gewissen das Zeugnis geben, dass ihnen der Gedanke an derartige Freveltaten fern lag, obgleich sie sich freilich auch sagen mussten, dass es schwer fallen würde, sich gegen die Beschuldigungen vonseiten ihres Vaters zu verteidigen. Es schien ja zwar die beste Gelegenheit dazu vorhanden zu sein; dennoch wäre es unpassend gewesen, hätten sie nachweisen wollen, dass ihr Vater durch seine Heftigkeit und
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Voreiligkeit irregeführt worden war. Sie wussten also vorderhand nichts zu sagen und hatten nur Tränen und Seufzer. Schwiegen sie gänzlich, so konnte es nicht fehlen, dass ihnen dies als Schuldbewusstsein ausgelegt wurde; anderseits aber fehlte ihnen bei ihrer jugendlichen Zaghaftigkeit und Bestürzung auch jede Fähigkeit, ihre Verteidigung richtig anzugreifen. Der Cäsar jedoch, der ihre Verwirrung beobachtete, sah wohl ein, dass sie mehr aus Unerfahrenheit und Beklemmung als aus Schuldbewusstsein schwiegen, und auch keiner der übrigen Anwesenden konnte ihnen sein Mitleid versagen; ja selbst Herodes vermochte seine innere Bewegung darüber nicht zu bemeistern. 3. Da nun die jungen Leute merkten, dass ihr Vater etwas mlIder gestimmt war und dass nicht nur der Cäsar, sondern auch alle übrigen Anwesenden ihre Lage bedauerten, ja zum Teil sogar der Tränen sich nicht enthalten konnten, wandte sich Alexander, der eine der heiden Brüder, an seinen Vater und versuchte den auf ihnen lastenden Verdacht zu beseitigen, indem er also sprach: »Vater, von deiner Liebe zu uns legt diese Verhandlung selbst Zeugnis ab. Denn wenn du etwas Schlimmes gegen uns im Sinne gehabt hättest, würdest du uns nicht zu dem Erretter aller Menschen geführt haben. Gemäß deiner königlichen und väterlichen Gewalt hättest du ja selbst die Schuldigen in Strafe nehmen können. Dass du uns aber nach Rom bringst und den Cäsar als Richter in Anspruch nimmst, ist ein Beweis dafür, dass du uns verschonen willst. Niemand führt ja den, welchen er töten will, zum Tempel und ins Heiligtum hinein. Unsere Lage ist indes eine viel schlimmere, als wenn wir zum Tode verurteilt wären. Denn wir würden uns des Lebens nicht mehr für wert halten, wenn man von uns glauben könnte, wir hätten einem solchen Vater nach dem Leben getrachtet. In der Tat wäre es nicht so schlimm für uns, unschuldig zu sterben, als im Verdacht eines solchen Frevels zu leben. Wenn nun unsere Wahrheitsliebe etwas gilt, so wollen wir uns herzlich freuen, dich überzeugen und der Gefahr entgehen zu können. Falls aber die Verleumdung größeren Einfluss auf dich hat, so ist selbst dieser eine Tag noch zu vieL, um ihn unter einem so schweren Verdacht zu erleben. Du sagst, wir trachteten nach deiner Königskrone; eine solche Beschuldigung indes lässt sich leicht gegen junge Leute erheben, und wenn noch das traurige Ende unserer Mutter damit in Verbindung gebracht wird, so ist das genug, um unser Elend voll zu machen. Aber ich bitte dich, sieh doch zu, ob das nicht in gleichen Fällen stets gesagt zu werden pflegt. Wenn ein König Söhne hat, die im Jünglingsalter stehen und ihre Mutter überleben, so steht ihm nichts im Wege, dieselben zu verdächtigen,
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als ob sie ihrem Vater nach dem Leben trachteten. Aber ein bloßer Verdacht reicht doch nicht hin, um eine solche Schlechtigkeit glaubhaft zu machen. Da müsste doch noch einer gefunden werden, der behaupten könnte, dass etwas von unserer Seite geschehen wäre, um einen so unglaublichen Verdacht zu rechtfertigen. Kann denn jemand uns beweisen, dass wir dir Gift bereitet oder uns mit Gleichgesinnten verschworen oder deine Diener mit Geld bestochen oder Schriften gegen dich verfasst haben? Und doch sind gerade das die Dinge, auf welche die Verleumdung zuweilen ohne jeden Anlass verfällt. Gewiss ist Zwietracht und Uneinigkeit im Königshause ein schweres Unglück für den Thron, und die Königsherrschaft, die du eine Belohnung der Treue nennst, stachelt oft die verbrecherischsten Menschen zu Hoffnungen au, infolge deren sie keinen Frevel unversucht lassen. Übrigens kann uns eine solche Schandtat niemand vorwerfen. Wie will aber jemand sich von unserer Unschuld überzeugen, der uns gar nicht anhören mag? Haben wir etwa jemals zu frei geredet? Das gilt natürlich nicht dir denn das wäre ein Vorwurf gegen dich -, sondern denen, die kein aufgefangenes Wort verschweigen können. Hat einer von uns um die Mutter geklagt, so ist es nicht deshalb geschehen, weil sie gestorben ist, sondern weil sie selbst nach ihrem Tode noch von frevelhaften Menschen beschimpft wurde. Streben wir denn nach der Königswürde, die wir im Besitze unseres Vaters wissen? Und wozu sollen wir danach streben? Denn wenn wir, wie es ja tatsächlich der Fall ist, uns schon königlicher Auszeichnungen erfreuen, ist dann ein solches Streben nicht vergeblich und überflüssig? Oder haben wir dieselben nicht auf jeden Fall nach deinem Ableben zu erwarten? Wie sollten wir denn durch deinen Tod uns den Weg zum Throne haben bahnen wollen, da wir nach einer solchen Freveltat uns weder zu Lande noch zu Wasser hätten zeigen dürfen? Die TI-eue der Untertanen und das Billigkeitsgefühl des gesamten Volkes würde es doch gewiss nicht geduldet haben, dass Vatermörder im Besitz der höchsten Gewalt wären und das Heiligtum des von dir erbauten Tempels betreten hätten. Aber auch abgesehen von allem anderen, könnte dein Mörder, solange der Cäsar lebt, seiner Strafe entgehen? Deine Söhne sind weder so gottlos noch so töricht, wie du glaubst, aber vielleicht sind sie unglücklicher, als es dir frommt. Wenn du uns nun nichts zum Vorwurf machen und auch keine Nachstellungen gegen dein Leben entdecken kannst, was vermöchte dir dann eine so große Lasterhaftigkeit glaubwürdig erscheinen zu lassen? Unsere Mutter ist nun einmal nicht mehr. Aber ihr Unglück konnte uns nicht zu Schlechtigkeiten treiben, sondern nur zur Vorsicht mahnen. Wir hätten nun zwar noch manches
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zu unserer Verteidigung anzuführen; doch wozu bedarf das einer Rechtfertigung, was nie begangen worden ist? Deshalb wollen wir im Angesichte des Cäsars, des allmächtigen Gebieters und unseres gegenwärtigen Vermittlers, Frieden schließen. Wenn du, Vater, wieder eine liebevolle und von jedem Verdacht freie Gesinnung gegen uns hegen kannst, so lass uns das Leben, mag es denn auch kein glückliches sein, da es immerhin hart ist, solcher Verbrechen, wenn auch fälschlich, beschuldigt zu werden. Wenn du aber noch irgendeine Furcht hegst, so umgib dich weiter mit Vorsichtsmaßregeln, während wir uns damit begnügen, uns gerechtfertigt zu haben. Denn so lieb ist uns unser Leben nicht, dass wir es zum Schaden desjenigen uns erhalten sollten, der es uns gegeben hat.« 4. Durch diese Rede wurde der Cäsar, der auch schon vorher an die Wahrheit einer so schweren Beschuldigung nicht geglaubt hatte, noch mehr umgestimmt und blickte den Herodes, der auch seinerseits schon etwas gerührt war, unverwandt an. Auch alle übrigen Anwesenden zeigten aufrichtige Teilnahme für die jungen Leute, und im Saale erhob sich ein Murren des Unwillens gegen Herodes. Die Anschuldigung erschien eben ganz unglaublich, sodass die in der Schönheit ihrer Jugendkraft dastehenden Jünglinge nicht bloß allseitiges Mitgefühl, sondern auch den Wunsch, ihnen zu helfen; rege machten, besonders da Alexander die Klage seines Vaters so geschickt und verständig zurückgewiesen hatte. Die beiden Jünglinge aber konnten sich gar nicht fassen, sondern blickten weinend und niedergeschlagen zur Erde. Gleichwohl leuchtete ihnen schon einige Hoffnung, und der König, der offenbar einsah, dass die Beschuldigungen, welche er gegen die beiden vorgebracht hatte, nicht auf festen Füßen standen, war rados, da er auf die Verteidigungsrede nichts zu entgegnen wusste. Nach einer Weile bemerkte daher der Cäsar, die Jünglinge hätten, obgleich sie der ihnen zur Last gelegten Verbrechen nicht schuldig seien, doch insofern sich verfehlt, als ihr Benehmen gegenüber dem Vater nicht derart gewesen sei, dass der Verdacht ohne weiteres habe zurückgewiesen werden können. Den Herodes aber forderte er auf, allen Argwohn nunmehr fahren zu lassen und sich mit den jungen Leuten auszusöhnen. Es sei ja unbillig, so etwas von seinen Kindern zu glauben, und eine auf richtige Sinnesänderung könne nicht nur aufbeiden Seiten das Vorgefallene wieder gutmachen, sondern auch gegenseitiges Wohlwollen zur Folge haben. Beide Teile müssten eben den ungegründeten Verdacht einander zugute halten und durch doppelte Herzlichkeit alles wieder ins Gleichgewicht bringen. Während dieser Ansprache gab er den Jünglingen einen Wink, und als diese sich nun anschickten, ihrem
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Vater zu Füßen zu fallen und ihn um Verzeihung zu bitten, kam ihnen Herodes mit offenen Armen entgegen und fiel beiden nacheinander um den Hals, sodass niemand von den Anwesenden, mochte er nun Freier oder Knecht sein, sich der Rührung erwehren konnte. 5. Darauf sprachen sie dem Cäsar ihren Dank aus und entfernten sich miteinander in Begleitung Antipaters, der sich anstellte, als sei er wunders wie erfreut über die Versöhnung. An einem der folgenden Tage schenkte Herodes dem Cäsar, der gerade Spiele feierte und dem römischen Volke Spenden austeilte, dreihundert Talente, wofür Augustus ihm die Hälfte der Einkünfte aus den Bergwerken Zyperns überwies und ihm die andere Hälfte zur Verwaltung anvertraute. Weiterhin ehrte er ihn durch gastliche Aufnahme und Geschenke und gab ihm die Vollmacht, irgend einen von seinen Söhnen zum Nachfolger zu ernennen oder auch die Regierung gleichmäßig unter alle zu verteilen. Da aber Herodes dies auf der Stelle tun wollte, erklärte ihm der Cäsar, er werde nicht zulassen, dass er sich bei Lebzeiten der Macht über sein Reich und seine Söhne begebe. 6. Hierauf trat Herodes die Rückreise nach Judäa an. Während seiner Abwesenheit hatten sich die Trachoniter, die einen nicht unbedeutenden Teil seines Reiches bewohnten, empört, waren aber von den dort zurückgelassenen Befehlshabern bald wieder unterworfen worden. Inzwischen war Herodes mit seinen Söhnen Cilicien gegenüber auf der Insel Elaeusa gelandet, die jetzt Sebaste heißt, und traf daselbst den Kappadokierkönig Archelaus, der ihn äußerst herzlich aufnahm und sich freute, dass Herodes mit den Prinzen wieder ausgesöhnt war und dass gerade sein Schwiegersohn Alexander die Unwahrheit der Beschuldigungen nachgewiesen hatte. Dann machten sie sich gegenseitig Geschenke, die ihrem königlichen Range entsprachen, und Herodes kehrte nach Judäa zurück. Dort angekommen, begab er sich sogleich zum Tempel und stattete über alles, was ihm auf seiner Reise begegnet war, Bericht ab, insbesondere über des Cäsars Freigebigkeit und über seine eigenen Taten, von denen er glaubte, dass sie des Volkes Interesse erregen würden. Zum Schlusse seiner Ansprache gab er seinen Söhnen Ermahnungen und forderte die Höflinge und das übrige Volk auf, die Eintracht hochzuhalten. Hierauf ernannte er seine Söhne zu Thronfolgern, zunächst Antipater und dann auch die Söhne der Mariamne, Alexander und Aristobulus. Vorläufig aber ermahnte er sie alle, auf ihn zu schauen und ihn als ihren Herrn und König anzuerkennen, da weder das höhere Alter, das ja von allen Lebensabschnitten am meisten zur Regierung befähigt sei, noch die übrigen Eigenschaften, die zur Leitung eines Staatswe-
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sens oder einer Familie erforderlich seien, ihm mangelten. Auch die Offiziere und das Heer würden, wenn sie auf ihn allein blickten, die größte Ruhe genießen und wechselseitig einer des anderen Glück erzeugen. Nach diesen Worten entließ er die Versammlung. Die meisten hatten Gefallen an seiner Rede, manche aber auch nicht; denn infolge des Zwistes und der durch ihn in den jungen Leuten erregten Hoffnung war bei vielen der Gedanke an die Möglichkeit eines Umsturzes rege geworden, nach dem sie übrigens lebhaft verlangten.
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FÜNFTES KAPITEL Wie Hemdes Spiele zur Feier der Erbauung von Caesarea veranstaltete. Seine weiteren Bauten und seine Freigebigkeit.
1. Um diese Zeit ward die Stadt Caesarea Sebaste*, die Herodes, wie 136 oben gesagt, neu erbaute, nach neunjähriger Arbeit vollendet; die feierliche Einweihung fiel in das achtundzwanzigste Jahr seiner Regierung und in die einhundertzweiundneunzigste Olympiade. Zu dieser Feier veranstaltete 137 man ein großes Fest: die glänzendsten Zurüstungen wurden getroffen, Wettstreit in der Musik und in gymnastischen Spielen angesagt, eine große Zahl Gladiatoren und wilde Tiere beschafft und Wettrennen sowie alles, was in Rom und anderswo beliebt war, vorbereitet. Diese Wettspiele reihte 138 er dem Cäsar und traf die Einrichtung, dass sie alle fUnf Jahre wiederholt wurden. Der Cäsar dagegen bestritt, um seine Freigebigkeit zu zeigen, den Aufwand zu den Spielen aus seinen eignen Mitteln, und auch seine Gattin 139 Julia** ließ eine Menge von Dingen hersenden, die in Italien für die größten Kostbarkeiten galten, damit die Spiele möglichst glänzend würden. Der Gesamtaufwand betrug wohl an die fünfhundert Talente. Die ganze ungeheure 140 Menge, welche in die Stadt zum Zuschauen strömte, sowie die Gesandtschaften, welche die einzelnen Völkerschaften zum Dank für empfangene Wohltaten schickten, erhielten Herberge und Verpflegung und genossen . andauernde Unterhaltung. Bei Tage ergötzte sich die Menge an den Spielen, * D. i. Caesarea am Meer im Gegensatz zu Caesarea Philippi. ** Den Namen Julia erhielt Livia, die Gemahlin des Augustus, eigentlich erst nach dessen Tod, als sie (s. Tacitus, Annalen L 8) in das Julische Geschlecht aufgenommen wurde. Vergl. auch Dia Cassius, LVI. 46.
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bei Nacht an sonstigen rauschenden Vergnügungen, sodass die Freigebigkeit des Herodes allgemeines Lob fand. Dieser bemühte sich aber auch, alles zu überbieten, was früher in dieser Beziehung geleistet worden war. Man sagt, der Cäsar selbst und Agrippa hätten zu wiederholten Malen bemerkt, des Herodes Reich sei fur seine Prachtliebe viel zu klein, und es müssten eigentlich noch Syrien und Ägypten hinzukommen. 2. Nach Beendigung dieser Festlichkeiten und Vergnügungen gründete Herodes eine weitere Stadt in der so genannten Ebene Kapharsaba und wählte dazu eine wasserreiche, fruchtbare, rings von einem Fluss umströmte Stelle, in deren Nähe sich herrliche Waldungen ausbreiteten. Diese Stadt nannte er nach seinem Vater Antipatris. Ferner erbaute er eine Stadt oberhalb Jericho, die ebenso sicher als angenehm zu bewohnen war, und die er seiner Mutter zu Ehren Kypros nannte. Auch setzte er seinem Bruder Phasael aus brüderlicher Liebe ein sehr schönes Denkmal, indem er in JerusaleI? selbst einen Turm errichtete, der an Größe dem von Pharos* gleichkam, und dem er den Namen PhasaeI gab. Dieser Thrm diente nicht minder der Sicherheit der Stadt als der Erhaltung des Andenkens an den Verstorbenen. Desgleichen erbaute er eine nach seinem Bruder Phasaelis genannte Stadt im nördlichen Teile des Tales von Jericho. Diese Stadt gab Veranlassung dazu, dass das ganze benachbarte Gebiet, welches bis dahin so gut wie Wüste war, reger gewerblicher Tatigkeit erschlossen wurde. 3. Es würde übrigens zu weit führen, alle Wohltaten aufzuzählen, die er den Städten in Syrien, Griechenland und wo er sich sonst aufhalten mochte, erwies. Es scheint, dass er für öffentliche Anlagen und Bauten sowie namentlich für Unternehmungen, zu deren Vollendung die vorhandenen Mittel nicht reichten, wirklich ganz fabelhafte Geldsummen aufgewendet hat. Sein größtes und berühmtestes Unternehmen aber bestand darin, dass er den Bewohnern von Rhodos einen Tempel des Pythischen Apollo erbauen ließ und ihnen viele tausend Talente zur Ausrüstung einer Flotte gewährte. Weiterhin half er der Stadt Nikopolis, die der Cäsar bei Actium gegründet hatte, die meisten öffentlichen Gebäude aufführen, und den Antiochenern, welche die größte Stadt Syriens bewohnten, schuf er eine die Stadt ihrer ganzen Länge nach mitten durchschneidende Allee, verzierte sie auf beiden Seiten mit Säulenhallen und ließ ihre Fläche teils in der Absicht, sie zu schmücken, teils zur Bequemlichkeit der Bürger mit geschliffenen Steinplatten belegen. Den Olympischen Spielen, die aus Mangel an Mitteln ihren al* Dem bei Alexandria gelegenen Leuchtturm, einem der sieben Wunderwerke des Altertums.
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ten Ruf nicht mehr bewährten, verschaffte er größeres Ansehen, indem er zu ihrer Feier jährliche Einkünfte anwies und ihnen durch Opfer* und sonstigen Aufwand neuen Glanz verlieh. Wegen dieser seiner Freigebigkeit wurde er nach fast einstimmigem Beschluss in die Listen der Preisrichter aufgenommen. 4. Man muss sich nun wohl darüber wundern, dass bei Herodes so verschiedene Eigenschaften in einem und demselben Charakter vereinigt waren. Wenn man nämlich die Freigebigkeit und Wohltätigkeit in Erwägung zieht, die er allen Menschen gegenüber bewies, so kann auch selbst der, welcher nicht besonders auf ihn zu sprechen ist, nicht leugnen, dass er von Natur überaus gutherzig war. Betrachtet man dann aber die Gewalttätigkeit und Ungerechtigkeit, womit er seine Untergebenen und seine nächsten Verwandten behandelte, und bedenkt man die Härte und Unbeugsamkeit seines Gemütes, so muss man allerdings gestehen, dass er ein allem menschlichen Empfinden abgeneigtes Ungeheuer war. Daher sind die meisten der Ansicht, er habe mit sich selbst in Widerspruch und Zwiespalt gelebt. Ich dagegen glaube, dass die beiden so grundverschiedenen Richtungen seines Charakters auf ein und dieselbe Ursache zurückzuführen sind. Da er nämlich sehr ehrgeizig und dieser Leidenschaft ganz ergeben war, neigte er zu prunksüchtiger Freigebigkeit, sobald er hoffen konnte, augenblickliche Anerkennung oder besonderen Nachruhm zu finden. Weil aber seine Ausgaben ihm schließlich über den Kopf wuchsen, war er genötigt, gegen seine Untertanen hart und grausam aufzutreten. Denn was er den einen mit vollen Händen zuteilte, musste er von anderen wieder erpressen. Da er nun wohl einsah, dass er sich um seiner Ungerechtigkeit willen den Hass seiner Untertanen zugezogen hatte, und nicht imstande war, seine Fehler abzulegen, ohne seine Einkünfte zu vermindern, so suchte er eben diese üble Gesinnung des Volkes zur Vermehrung seines Vermögens zu benutzen. Und was seine Angehörigen betrifft, so war sein Benehmen gegen sie nicht minder ungerecht. Sprach einmal einer von diesen nicht so, wie er es gern hörte, oder wollte jemand sich ihm nicht sklavisch unterordnen oder geriet einer in den Verdacht, etwas gegen ihn ins Werk setzen zu wollen, so verfolgte er mit der Zügellosigkeit seiner Leidenschaft Freunde und Verwandte nicht anders, als man Todfeinde zu verfolgen pflegt, und zwar aus dem Grunde, weil er allein geehrt sein wollte. Wie heftig diese Leidenschaft war, kann * Wie man sieht, war Herodes bald Mono-, bald Polytheist, ganz wie es seinem Hauptzweck, der Befriedigung seines Ehrgeizes und seiner Prachtliebe, eben frommte.
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man aus den Ehren ersehen, die er dem Cäsar, dem Agrippa und seinen anderen hohen Freunden erwies. Wie er nämlich Mächtigere ehrte, so wollte er auch selbst geehrt sein, und seine eigenen großen Aufwendungen in diesem Punkte bewiesen klar, dass er auf gleiche Behandlung von anderer Seite rechnete. Das jüdische Volk aber war seinen Gesetzen zuliebe allen derartigen Veranstaltungen abhold und gewohnt, Recht und Gerechtigkeit höher als eitlen Ruhm zu schätzen. Daher kam es, dass die Juden vor ihm keine Gnade fanden; sie verstanden es eben nicht, durch Errichtung von Bildsäulen, Tempeln und ähnlichen Bauwerken dem Ehrgeiz ihres Königs zu schmeicheln. Darin scheint mir der Grund zu liegen, weshalb Herodes seine Angehörigen und Freunde so schlecht behandelte, während er die Auswärtigen und Fremden mit Wohltaten zu überhäufen suchte.
SECHSTES KAPITEL Gesandtschaft der Juden zu Kyrene und in Asien an den Cäsar mit Klagen über die Griechen. Wortlaut der Briefe, welche der Cäsar und Agrippa ihretwegen an die Städte schickten. 160
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1. Unterdessen hatten die in Asien und im kyrenäischen Libyen wohnenden Juden von den einzelnen Städten viele Unbilden auszuhalten. Während die früheren Könige ihnen alle ihre Rechte gewährleistet hatten, wurden sie jetzt von den Griechen hart bedrückt, sodass man ihnen die Tempelgelder raubte und sie auch in ihrem Privatbesitz schädigte. In dieser üblen Lage schickten sie, da die Grausamkeit der Griechen kein Ende nehmen zu wollen schien, Gesandte mit entsprechendem Auftrage an den Cäsar. Dieser verlieh ihnen darauf wieder den vollen Besitz ihrer Rechte und sandte diesbezügliche Verfügungen an die einzelnen Provinzen, deren Abschrift ich hier beifügen ,will zum Zeugnis dafür, wie wohlwollend uns die früheren Herrscher behandelt haben. 2. »Der Cäsar Augustus, Pontifex maximus mit Thbunengewalt, tut hiermit kund und zu wissen: in Erwägung, dass das Volk der Juden nicht bloß jetzt, sondern auch schon früher und besonders zu den Zeiten meines Adoptivvaters Cäsar, da Hyrkanus Hohepriester war, sich dem römischen Volke treu und ergeben bewiesen, hat es mir und meinen Räten nach eingeholter Zustimmung des römischen Volkes gefallen, zu verordnen, dass die
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Juden bei ihren Einrichtungen und dem Gesetze ihrer Vater zu belassen sind, so wie es auch zu Zeiten Hyrkanus: des Hohepriesters des höchsten Gottes, gewesen ist, dass ferner ihre Tempelgelder nicht angetastet werden dürfen, sondern dass es ihnen freistehen soll, dieselben nach Jerusalem zu schicken und den dortigen Tempelschatzmeistern abzuliefern, und endlich, dass sie am Sabbat oder dem ihm vorhergehenden Vorbereitungstage von der neunten Stunde an nicht mehr zu Bürgschaftsleistungen gezwungen werden können. Wird jemand bei der Entwendung ihrer heiligen Bücher oder Gelder aus dem Sabbathause oder dem Hause ihrer Vorsteher betroffen, so soll er wie ein Tempelräuber behandelt und seine Besitzungen als Eigentum des römischen Volkes erklärt werden. Der Beschluss, den sie mir zu Ehren und wegen meiner Milde gegen das ganze Menschengeschlecht sowie mit Rücksicht auf die Verdienste des Gajus Marcius Censorinus gefasst haben, und der mir schriftlich mitgeteilt wurde, soll zugleich mit dieser Verfügung in dem viel besuchten Heiligtum, welches sämtli~he Gemeinden Asiens mir zu Ankyra geweiht haben, niedergelegt werden. Zuwiderhandlungen gegen dieses Edikt sollen mit schwerer Strafe belegt werden.« Diese Inschrift befindet sich auf einer Säule im Tempel des Cäsars. 3. »Der Cäsar an Norbanus Flaccus. Die Juden, wo sie auch wohnen mögen, sollen, wenn sie nach dem bei ihnen geltenden alten Brauche Tempelgelder nach Jerusalem schicken, dabei in keiner Weise behindert werden.« 4. Ferner erließ Agrippa in Betreff der Juden folgende Verordnungen: ))Agrippa an den Magistrat, den Senat und das Volk' von Ephesus. Die Sammlung und Aufbewahrung der Gelder, welche nach Jerusalem zum Tempel geschickt zu werden pflegen, soll nach altem Brauche den Juden in Asien freistehen, und wer nach Entwendung jüdischer Tempelgelder in ein Asyl geflohen ist, soll von dort weggeftihrt und den Juden zur Bestrafung ausgeliefert werden, wie das einem Tempelräuber von Rechts wegen gebührt. Dem Prätor Silanus habe ich Befehl erteilt, keinen Juden am Sabbat zur Leistung von Bürgschaft heranzuziehen.« 5. ))Marcus Agrippa an den Magistrat; den Senat und das Volk von Kyrene. Die Juden zu Kyrene, in Betreff deren schon Augustus den Prätor Flavius von Libyen und die übrigen Beamten dieser Provinz angewiesen hat, die bei ihnen gebräuchliche Absendung der Tempelgelder nach Jerusalern nicht zu verbieten, haben mir jetzt die Klage vorgetragen, dass sie von tückischen Angebern verfolgt und unter Auferlegung von Abgaben, zu deren Leistung sie gar nicht verpflichtet sind, an der Absendung der Gelder gehindert würden. Ich befehle daher, dass sie von jeder Belästigung zu befreien sind und
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dass ihnen in den einzelnen Städten die Gelder, welche etwa den mit der Einsammlung und Aufbewahrung derselben betrauten Männern geraubt worden sind, unverzüglich wieder zugestellt werden sollen. Auch ist Sorge dafür zu tragen, dass solches in Zukunft nicht wieder vorkommt.« 6. »Der Proconsul Gajus Norbanus F1accus an den Magistrat zu Sardes. Der Cäsar hat mir geschrieben, er befehle, dass die Juden, welche nach ihrem Brauche Tempelgelder sammeln, an der Absendung dieser Gelder nach Jerusalem nicht gehindert werden dürfen. Ich teile euch dies mit, damit euch nicht unbekannt bleibe, was des Cäsars und mein eigener Wille ist.« 7. Ebenso verordnete auch der Proconsul Julius Antonius: »An den Magistrat, den Senat und das Volk von Ephesus. Die in Asien wohnenden Juden haben mir am 13. Februar zu Ephesus in öffentlicher Gerichtssitzung angezeigt, dass der Cäsar Augustus und Agrippa ihnen gestattet hätten, nach ihren eignen Gesetzen und Gebräuchen zu leben und die Erstlinge, die ein jeder als Thbut seiner Frömmigkeit freiwillig Gott darbringt, unbehindert unter feierlichem Geleit nach Jerusalem zu senden. Sie haben dann gebeten, ich möge in Übereinstimmung mit der Bewilligung Agrippas und des Cäsars ihnen diese Freiheit bestätigen. Ich tue euch daher kund und zu wissen, dass es sowohl mein als des Cäsars und Agrippas Wille ist, die Juden nach ihren Gesetzen und Gebräuchen leben zu lassen.« 8. Diese Verfügungen musste ich hier anführen, um den Griechen, in deren Hände dieses mein Geschichtswerk vorzugsweise gelangen wird, zu zeigen, dass wir früher aller möglichen Auszeichnungen teilhaftig geworden sind und von keiner Obrigkeit an der Befolgung unserer Satzungen gehindert wurden, vielmehr unter dem Schutze der Behörden unsern Gottesdienst unbehelligt haben ausüben können. Ich erwähne übrigens diese Dinge häufiger, um die fremden Völker mit unseren Einrichtungen zu befreunden und die bei unverständigen Menschen noch herrschende Abneigung zu beseitigen. Denn während es kein einziges Volk gibt, das stets denselben Einrichtungen treu bleibt, vielmehr von Stadt zu Stadt hierin die größten Verschiedenheiten herrschen, ist das Recht allen Menschen, sowohl den Griechen wie den Ausländern, als nützliche Einrichtung gemeinsam. Da nun unsere Gesetze in jeder Beziehung auf Recht und Gerechtigkeit beruhen, so müssen wir durch deren getreue Beobachtung gegen alle Menschen wohlwollend und freundlich werden. Dieselbe Behandlung aber beanspruchen Wir auch von anderen und können es nicht für recht halten, dass man uns, weil wir andere Gebräuche haben, als Fremdlinge betrachtet. Vielmehr verlangen wir, dass man nur darauf sein Augenmerk richte, ob
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diese Gebräuche gut und rechtschaffen sind. Denn das allein ist es, was alle Völker gemeinsam erstreben sollen, und was auch allein schon genügt, die Sicherheit der menschlichen Verhältnisse zu verbürgen. Doch ich will nach dieser kurzen Abschweifung nunmehr zur eigentlichen Erzählung zurückkehren.
SIEBENTES KAPITEL Wie Herodes in Davids Grab eindrang und wie die Zwistigkeiten in seinem Hause sich mehrten.
1. Herodes, der sowohl innerhalb wie außerhalb seines Reiches einen kolossalen Aufwand machte, hatte schon früher einmal vernommen, dass sein Vorgänger Hyrkanus Davids Grab geöffnet und daraus dreitausend Talente Silber entnommen habe, sowie auch, dass darin noch so viel vorhanden sei, um seinen ganzen jetzigen Bedarf zu decken. Er hatte sich daher schon längst mit dem Gedanken getragen, dasselbe zu tun, und ließ jetzt in einer Nacht das Grab öffnen, worauf er sich mit seinen vertrautesten Freunden hineinbegab, jedoch in aller Stille, damit man in der Stadt nichts davon merke. Aber er fand ebenso wenig Geld darin wie Hyrkanus und nahm dafür eine Menge goldener Schmucksachen und kostbarer Geräte mit, die er dort antraf. Um nun nichts undurchsucht zu lassen, wollte er noch weiter bis zu den Grabkammern vordringen, in denen Davids und Solomons Gebeine ruhten. Doch verlor er dabei zwei seiner Leibwächter, wie man sagt, durch eine Feuerflamme, die ihnen von innen entgegenschlug.* Im größten Schrecken eilte Herodes aus dem Grabmal hinaus und ließ, um die Gottheit zu versöhnen, am Eingange desselben mit großen Kosten ein Denkmal aus weißem Marmor errichten. Dieses Denkmal erwähnt auch der Geschichtsschreiber Nikolaus, der zur Zeit des Herodes lebte. Doch berichtet er nicht, dass der'König in das Grab eingedrungen sei, da er wohl weiß, wie unziemlich ein solches Benehmen ist. Diese Art, Geschichte zu schreiben, behält Nikolaus auch im Übrigen bei. Denn weil er im Reiche des Herodes lebte und mit ihm verkehrte, schrieb er, um sich ihm * An eine Entzündung der in der Gruft vorhandenen Erdgase durch die mitgenommenen Fackeln zu denken liegt hier sehr nahe.
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gefällig zu erweisen und ihm zu schmeicheln, nur das nieder, was zum Ruhme des Königs beitragen konnte, und ließ viele seiner offenbarsten Ungerechtigkeiten in günstigerem Lichte erscheinen oder verschwieg sie auch gänzlich. Er unternimmt es sogar, die grausame Ermordung Mariamnes und ihrer Söhne zu beschönigen, indem er die Mutter beschuldigt, einen schamlosen Lebenswandel geführt, und die Söhne, ihrem Vater nach dem Leben getrachtet zu haben. Überhaupt verfährt er in seinem ganzen Werke so, dass er alle guten Taten des Königs übermäßig lobt, seine Frevel dagegen zu entschuldigen sucht. Gleichwohl kann man ihm das nachsehen; er hatte es sich ja nicht zur Aufgabe gemacht, fur andere Geschichte zu schreiben, sondern wollte nur dem König sich gefällig erzeigen. Ich aber, der ich mit dem Königsgeschlechte der Asamonäer verwandt bin und deshalb auch die Priesterwürde besitze, habe es für unziemlich gehalten, anderen zulieb die Unwahrheit zu sagen, sondern berichte die Tatsachen sorgfältig und ungeschminkt. Zwar verehre ich viele von den Nachkommen des Königs, die den Thron innegehabt haben. Aber höher als diese Verehrung steht mir die Wahrheit, sollte ich mir dadurch auch den Zorn der Machthaber zuziehen. 2. Übrigens verschlimmerten sich nach der Schändung des Grabes die häuslichen Verhältnisse des Herodes mehr und mehr, sei es, dass ein furchtbares Unheil sich nun gerade dahin warf, weil schon früher dort schweres Leid geherrscht hatte, sei es, dass sein Geschick ihn besonders verfolgte, weil er, wie man wohl annehmen könnte, bis dahin ziemlich glücklich gewesen war und nun um seiner Frevel willen büßen sollte. Der Streit, der jetzt im Palaste ausbrach, sah schon fast einem Bürgerkriege ähnlich, und infolge der gegenseitigen Verleumdungen steigerte sich der Hass zu unsäglicher Erbitterung. Antipater brütete stets neue Anschläge gegen seine Brüder aus und bewies eine gewisse verbrecherische Verschlagenheit darin, die beiden von anderen verleumden zu lassen, während er selbst sie heuchlerischerweise verteidigte und unter dem Deckmantel des wohlwollenden Beschützers seine giftigen Pfeile besser anzubringen versuchte. Auf solche Weise umgarnte er auch seinen Vater, sodass dieser zu dem Glauben kam, Antipater allein sei auf sein Wohl bedacht. Herodes ordnete ihm deshalb seinen Kanzler Ptolemäus völlig unter und beratschlagte alle wichtigen Fragen mit Antipaters Mutter. Kurz, diese Partei galt alles, tat, was sie wollte, und richtete den Hass des Königs, wohin ihr beliebte. Die Söhne Mariamnes dagegen wurden von Tag zu Tag erbitterter und vermochten im Gedanken an die ihnen von Rechts wegen gebührende Thronfolge ihre Zurücksetzung und die Schwächung ihres Ansehens nicht zu ertragen. Und was die Frauen
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betraf, so lebte Glaphyra, die Tochter des Archelaus und Gattin Alexanders, mit Salome in hellem Streit, teils aus Liebe zu ihrem Gatten, teils weil ihr ein anmaßendes Benehmen gegen deren Tochter vorgeworfen wurde. Diese war nämlich mit Aristobulus vermählt, und es wurmte Glaphyra sehr, dass sie mit ihr in gleichem Range stand. 3. Als nun dieser zweite Zwist ausbrach, ward auch Pheroras, des Königs Bruder, der schon an und für sich missliebig und verdächtig genug war, darein verwickelt. Er entbrannte nämlich in Liebe zu einer seiner Sklavinnen und zwar so heftig, dass er des Königs Tochter, mit der er verlobt war, gänzlich vernachlässigte und nur der Sklavin anhing. Hierüber ärgerte sich Herodes gewaltig und empfand das Benehmen des Pheroras als persönliche Beleidigung, zumal dieser von ihm mit Wohltaten überhäuft und sogar zum Mitregenten erhoben worden war und ihm jetzt so schlechten Dank wusste. Weil er nun überzeugt war, dass Pheroras eine Schmach fur die Familie sei, hielt er ihn einer Verbindung mit seiner Tochter gar nicht mehr wert und gab deshalb die Letztere einem Sohne Phasaels zur Ehe. Einige Zeit später aber, als er die Leidenschaft seines Bruders erloschen glaubte, erinnerte er ihn an seine Verpflichtung und verlangte nun, er solle seine zweite Tochter Kypros zur Gattin nehmen. Auch Ptolemäus riet dem Pheroras, seiner Liebschaft ein Ende zu machen und seinen Bruder nicht länger zu beleidigen. Es sei doch schmachvoll, einer Sklavin zuliebe die Zuneigung des Königs zu verscherzen und demselben nur Verdruss zu bereiten. Pheroras, der schon einmal für ein Vergehen Nachsicht erlangt hatte, sah die Richtigkeit dieser Vorstellungen ein und entließ das Weib, obschon sie ihm bereits einen Sohn geboren hatte. Dann versprach er dem Könige, dessen zweite Tochter heiraten zu wollen, setzte die Hochzeit auf den dreißigsten Tag fest und schwor, sich mit der Sklavin nicht mehr abzlJ.geben. Als aber die dreißig Tage um waren, ergriff ihn die Liebe wieder so mächtig, dass er seine Versprechungen in den Wind schlug und sich der Sklavin wieder hingab. Darüber geriet Herodes in unverhaltenen Grimm und ließ sich manches Wort entschlüpfen, das wieder'und wieder zu neuen Ränken gegen Pheroras Veranlassung gab. Es kam schließlich so weit, dass kein Tag, ja nicht eine Stunde ohne neue Streitigkeiten verfloss, die zwischen den nächsten und teuersten Angehörigen des Königs entbrannten. Salome wusste in ihrem unerbittlichen Hasse gegen Mariamnes Söhne sogar ihre eigene Tochter, die mit Aristobulus, dem einen dieser beiden Söhne, vermählt war, dahin zu bringen, dass sie die ihr geziemende Verschwiegenheit brach und ihrer Mutter alle Geheimnisse verriet, die ihr Mann ihr anvertraut hatte. Und da
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es sich, wie man sich denken kann, dabei um manches anstößige Wort handelte, gelang es Salome, auch ihrer Tochter gegenüber deren Gatten zu verdächtigen. So kam es, dass sie nicht nur die Geheimnisse der Söhne Mariamnes erfuhr, sondern auch das Herz ihrer Tochter dem Aristobulus immer mehr entfremdete. Der Mutter zu Gefallen erzählte diese manchmal, wie oft die Söhne Mariamnes, wenn sie unter sich allein seien, ihrer Mutter gedächten, wie sie ihren Vater hassten und wie sie hätten verlauten lassen, sie wollten, wenn sie einmal im Besitz der Macht seien, die Söhne, welche Herodes von seinen übrigen Frauen erhalten, zu Dorfschreibern machen, zu welchem Amt sie infolge ihres Studiums ganz geeignet seien, die Frauen selbst aber, falls sie dieselben je mit den Schmucksachen ihrer Mutter prunken sähen, statt in schöne Kleider in Säcke stecken und einsperren lassen, dass sie das Licht des Tages nicht mehr erblickten. Das alles hinterbrachte Salome sogleich dem Könige, und so schmerzlich ihn auch diese Nachrichten berührten, gab er sich doch Mühe, alles in Güte beizulegen. Die beständigen Verdächtigungen aber regten ihn derart auf, dass er von Tag zu Tag erbitterter wurde und schließlich alles glaubte, was man ihm hinterbrachte. Zwar ließ er sich, als er seine Söhne zur Rechenschaft zog und diese die Verdächtigungen von sich abzuwälzen wussten, für den Augenblick wieder zur Milde stimmen. Indes ereignete sich dafür in der Folge nur umso schlimmeres Unheil. 4. Pheroras nämlich begab sich zu Alexander, der, wie gesagt, des Archelaus Tochter zur Frau hatte, und erzählte ihm, er habe von Salome gehört, dass Herodes in unwiderstehlicher Liebe zu Glaphyra entbrannt sei. Bei dieser Nachricht brauste Alexander in jugendlicher Hitze und Eifersucht auf und deutete nun die Artigkeiten, die Herodes seiner Gattin öfters erwiesen hatte, im allerschlimmsten Sinne. Und da er seine Erregung nicht mehr bemeistern konnte, ging er zu seinem Vater und teilte ihm weinenden Auges mit, was Pheroras ihm gesagt hatte. Darüber geriet Herodes nur desto mehr in Wut, und außerstande, eine so schändliche Verdächtigung auf sich sitzen zu lassen, rang er die Hände, beklagte die Bosheit der Seinigen und warf ihnen vor, mit wie schmählichem Undank sie seine Güte lohnten. Alsdann ließ er den Pheroras rufen, überhäufte ihn mit Verwünschungen und fuhr ihn an: »Du verruchtester aller Menschen, so über alles Maß hast du also deine Undankbarkeit getrieben, dass du Derartiges von mir denken und sprechen kannst? Ist es jetzt nicht klar, dass du nicht nur, um mich zu beschimpfen, meinen Sohn mit solchen Reden angehst, sondern auch, um ihn zu bereden, dass er mir durch Gift den Tod bereite? Wer hätte denn,
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wenn er nicht gleich meinem Sohne Gott vor Augen gehabt, bei einer solchen Anschuldigung an seinem Vater keine Rache geübt? Wolltest du nur deine giftigen Reden in seine Seele senken, oder ihm gleich den Dolch zum Morde des Vaters in die Hand drücken? Oder was wolltest du, als du in deinem Hasse gegen ihn und seinen Bruder nach außen ein freundliches Benehmen zur Schau trugst, um mich zu verleumden und ihm Dinge zu sagen, die nur du in deiner Ruchlosigkeit erdenken und aussprechen konntest? Hebe dich hinweg von mir, wenn du so gegen deinen Wohltäter und Bruder handeln kannst! Solange du lebst, soll dich das Bewusstsein deiner Schandtat drücken! Ich aber will fortfahren, die Meinigen an Güte zu übertreffen und statt der verdienten Strafen unverdiente Wohltaten ihnen zukommen zu lassen.« 5. So der König. Pheroras aber, dessen Schlechtigkeit nun klar zutage trat, behauptete, Salome habe ihm das alles mitgeteilt und von ihr seien diese Redereien zuerst ausgegangen. Salome, die gerade anwesend war, hatte diese Aussage kaum vernommen, als sie mit scheinbarer Entrüstung aufschrie, davon sei kein Wort über ihre Lippen gekommen. Vielmehr suche man ihr nur den Hass des Königs zuzuziehen und sie aus dem Wege zu räumen, weil sie in ihrer Zuneigung zu Herodes alle demselben drohenden Gefahren stets rechtzeitig voraussehe. Und noch ergrimmter sei man jetzt über sie, weil sie allein ihrem Bruder den Rat gegeben habe, sich von seiner Gattin zu trennen und die Tochter des Königs zu heiraten. Es sei deshalb auch nicht zu verwundern, dass sie ihrem Bruder verhasst sei. Während sie diese Worte hervorstieß, raufte sie ihr Haar und zerschlug sich die Brust und machte es so durch ihr Gebärdenspiel glaubhaft, dass alles gegen sie Vorgebrachte nur Lüge sei, während sie in Wirklichkeit bei der Bösartigkeit ihres Charakters nur Heuchelei trieb. Pheroras stand unterdessen in der Mitte und konnte nichts zu seiner Entschuldigung vorbringen. Er vermochte ja nicht zu leugnen, dass er jene Verleumdungen wirklich ausgestreut hatte und dass er sie anders woher gehört haben wollte, glaubte man ihm nicht. Dieser aufregende Wortwechsel hielt noch geraume Zeit an, bis endlich der König seinen Bruder und seine Schwester im höchsten Zorn entließ, seinen Sohn aber lobte, weil er sich beherrscht und ihm diese Reden hinterbracht habe. Alsdann begab sich Herodes, da es inzwischen Abend geworden war, zur Körperpflege in seine Gemächer. Nach diesem Zwischenfall geriet Salome in Verruf, weil kein Zweifel mehr daran obwaltete, dass sie zuerst jene Verleumdung ausgestreut hatte. Des Königs Gattinnen aber waren schon längst gegen sie erbittert, weil sie ihre Schlangennatur
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kannten und wussten, dass sie bald freundliche, bald feindliche Gesinnung zur Schau trug, wie der Zweck es eben erforderte. Von ihnen also hörte Herodes stets neue Beschuldigungen gegen Salome, und weitere Ermunterung dazu fanden sie in folgendem Vorfalle. 6. Der Araberkönig Obodas, der ein untätiger, träger Charakter war, ließ seine meisten Geschäfte durch einen scharfsinnigen und wohlgestalteten jungen Mann, Syllaeus mit Namen, verwalten. Als dieser Syllaeus einmal in geschäftlichen Angelegenheiten zu Herodes gekommen war und beim Mahle Salome erblickte, fasste er Neigung zu ihr, und da er wusste, dass sie Witwe war, bot er ihr seine Hand an. Salome, die bei ihrem Bruder jetzt nicht mehr so wie früher beliebt und dem jungen Manne sehr zugetan war, nahm den Antrag an, und von nun an konnte man bei den Mahlzeiten eine besondere Vertraulichkeit zwischen den beiden wahrnehmen. Darauf machten den König seine Frauen alsbald aufmerksam, indem sie zugleich über ein solch unziemliches Benehmen lachten. Herodes fand sich deshalb veranlasst, auch mit Pheroras darüber zu reden, und befahl ihm, während der Mahlzeit darauf zu achten, wie die beiden sich gegeneinander benähmen. Pheroras meldete ihm darauf, man könne aus ihren Mienen und Winken leicht entnehmen, dass sie einverstanden seien. Der Araber reiste nun, mit argwöhnischen Blicken betrachtet, ab, kehrte aber nach zwei oder drei Monaten zurück, und zwar zu dem Zwecke, mit Herodes zu sprechen und sich die Hand der Salome zu erbitten. Diese Verbindung, sagte er, werde fur Herodes insofern nicht ohne Nutzen sein, als er dadurch in Beziehungen zu den Arabern trete, über welche er die Herrschaft, was die Hauptsache betreffe, ja schon ausübe und in Zukunft in noch größerem Maße ausüben werde. Sowie Herodes dies seiner Schwester mitteilte und sie fragte, ob sie bereit sei, die Ehe einzugehen, bejahte sie die Frage sogleich. Als nun aber Syllaeus aufgefordert wurde, vor der Eheschließung sich zur jüdischen Religion zu bekehren, da dieselbe sonst unmöglich sei, weigerte er sich dessen mit dem Bemerken, die Araber würden ihn steinigen, wenn er das täte, und reiste wieder ab. Salome musste hierauf von Pheroras den Vorwurf hören, sie sei ein zügelloses Weib, und noch mehr setzten ihr die Frauen zu, die ihr zu verstehen gaben, sie habe sich mit dem Araber zu tief eingelassen. Als sie nun fur ihren und Kostobars Sohn die Jungfrau zur Ehe begehrte, die der König seinem Bruder Pheroras verlobt, aber nicht angetraut hatte, weil dieser, wie oben erwähnt, von dem anderen Weibe nicht ablassen wollte, war Herodes anfangs geneigt, sie demselben zu geben. Doch bald änderte er seinen Entschluss auf Zureden des Pheroras, der ihm bemerkte, der junge
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Mann könne das Mädchen wegen der Ermordung seines Vaters unmöglich lieb gewinnen, und es sei besser, dass dieselbe seinen eignen Sohn zur Ehe nehme, der zum Nachfolger in der Tetrarchie bestimmt war. Weil er sich nun bei dieser Gelegenheit auch Verzeihung für sein früheres Vergehen erbat, gelang es ihm, den König umzustimmen. Das Mädchen wurde also nochmals verlobt und dem Sohne des Pheroras zur Ehe gegeben, wobei der König sie mit einer Mitgift von hundert Talenten ausstattete.
ACHTES KAPITEL Wie Herodes den Alexander einkerkern ließ. Versöhnung durch Archelaus.
1. Damit war jedoch in dem Hause des Herodes noch immer keine Ruhe geschaffen, sondern von Tag zu Tag wuchs die Spannung beständig an. So ereignete sich auch ein Vorfall, der, weil er unlauteren Quellen entsprang, zu großen Verwicklungen führte. Der König hatte nämlich Verschnittene, die er ihrer Schönheit wegen sehr liebte. Der eine von ihnen war sein Mundschenk, der andere sein Tischdiener, der dritte musste ihm aufwarten, wenn er sich zur Ruhe begab, und besorgte auch zugleich die wichtigsten Geschäfte. Bezüglich dieser Verschnittenen machte nun jemand dem König die Anzeige, sie seien von seinem Sohne Alexander mit vielem Geld bestochen worden. Auf Befragen gestanden sie auch, dass sie zu Alexander in vertraulichen Beziehungen ständen, wollten jedoch von keinem Anschlage gegen seinen Vater etwas wissen. Als sie aber gefoltert und von den Henkersknechten Antipater zu Gefallen immer grausamer gequält wurden, gaben sie in ihrer Not an, Alexander, der gegen seinen Vater höchst feindselig gesinnt sei, habe sie beredet, sich von Herodes loszusagen, da er sich überlebt habe und sein hohes Alter damit zu vertuschen trachte, dass er sich das Haar schwärze. Wollten sie sich jedoch auf seine Seite schlagen, so werde er sie nach seiner Thronbesteigung, die trotz Herodes sonst niemand als ihm gelihgen werde, bald zu hohen Ehrenstellen berufen. Dass er aber zur Herrschaft gelangen werde, verbürge ihm nicht nur seine Abstammung, sondern auch sein Anhang. Denn er habe unter den Edlen und Vornehmen des Volkes eine Menge Freunde, die bereit seien, für ihn durch dick und dünn zu gehen.
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2. Als Herodes das hörte, ertüllten ihn die Schmähungen ebenso sehr mit Zorn als die Nachricht von der ihm drohenden Gefahr mit Furcht, sodass er in gewaltige Erregung geriet und besorgte, es möchte in der Tat etwas gegen ihn im Werke sein, vor dem er sich jetzt nicht in Acht nehmen könne. Deshalb stellte er keine öffentlichen Untersuchungen an, sondern ließ die, welche ihm verdächtig erschienen, heimlich beobachten. Da er aber bald gegen alle Welt Verdacht und Argwohn hegte, weil seine Sicherheit das zu fordern schien, so dehnte er sein Misstrauen auch auf ganz Unschuldige aus und kannte dabei keinerlei Mäßigung. Wer oft zu ihm kam, den fürchtete er, weil er mehr Gelegenheit finde, ihm nachzustellen; wer aber nicht oft kam, den brauchte man meist nur zu nennen, um bei ihm den Entschluss zur Reife zu bringen, ihn seiner größeren Sicherheit halber umbringen zu lassen. Schließlich intrigierten seine Höflinge, die sich nicht mehr sicher fühlten, gegeneinander und hofften, sich selbst zu nützen, wenn sie einem anderen mit der Anschuldigung zuvorkämen. Hatte aber einer den anderen beiseite geschafft, so geriet er eben dadurch in Verdacht und verfiel derselben Strafe, die er dem anderen bereitet hatte, um ihm zuvorzukommen. Jede Gelegenheit wurde benutzt, um dem Gegner Fallen zu stellen, bis der eine sich in demselben Netze fing, das er dem anderen gelegt hatte. Der König nämlich empfand bald Reue, wenn er jemand ohne regelrechtes Urteil hatte hinrichten lassen. Aber an statt dass diese Reue ihn zu größerer Vorsicht für die Zukunft ermahnt hätte, vertuhr er nun gegen die Angeber in gleicher Weise und verschlimmerte dadurch die Zustände am Hofe immer mehr. 3. Schon hatte er vielen seiner Freunde angekündigt, sie brauchten nicht mehr zur Erfüllung ihrer Dienstverpflichtungen zu erscheinen oder sich bei Hofe zu zeigen. Diesen Befehl gab er aber nur deshalb, um durch Rücksichtnahme auf dieselben weniger gebunden zu sein. So verbannte er auch seine alten Freunde Andromachus und Gemellus vom Hofe, die ihm in den Regierungsgeschäften, bei der Abordnung von Gesandtschaften und bei Beratungen viele Dienste geleistet, seine Söhne unterrichtet hatten und bei ihm in hohem Ansehen standen. Den einen traf diese Strafe, weil sein Sohn Demetrius mit Alexander Umgang pflog, den Gemellus aber, weil Herodes dessen Anhänglichkeit an Alexander kannte. Letzterer nämlich war als Knabe von Gemellus unterrichtet worden und hatte ihn auch während seines Aufenthaltes in Rom als steten Begleiter bei sich gehabt. Gern hätte Herodes auch diese verdienten Männer mit härterer Strafe belegt. Doch da er den Schein willkürlicher Grausamkeit gegen dieselben meiden musste, be-
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gnügte er sich damit, ihnen ihre Ehrenstellen zu nehmen, wodurch er ihnen allerdings auch die Möglichkeit verschaffte, sich den Ausbrüchen seiner Wut zu entziehen. 4. Der Urheber aller dieser Grausamkeiten war eigentlich Antipater, der schon längst seines Vaters Ratgeber war und nun, nachdem er die unheilvolle Gesinnung desselben erkannt hatte, ihm noch mehr zusetzte und umso leichter seinen Zweck erreichen zu können glaubte, je eher er alle Widerspenstigen aus dem Wege räumen würde. Nachdem nun Andromachus und Gemellus vom Hofe entfernt waren, begann der König damit, alle diejenigen, die er für Anhänger Alexanders hielt, der Folter zu unterwerfen, um dessen vermeintliche Anschläge zu erfahren. Diese jedoch erlitten den Tod, ohne etwas aussagen zu können, worüber der König nur noch mehr in Wut geriet. Antipater war es, der in diesen Fällen das Schweigen als Verstocktheit und als Treue gegen Alexander auslegte und den König reizte, noch weiter nach geheimen Anschlägen zu forschen. Einer von den vielen, die gefoltert wurden, behauptete, er habe den Alexander, wenn er wegen seiner körperlichen Gewandtheit, seiner Fertigkeit im Schießen und wegen anderer vorzüglicher Eigenschaften gelobt worden sei, oftmals sagen hören, diese Gaben der Natur seien fur ihn mehr ehrenvoll als nutzbringend, weil sein Vater ihn deswegen beneide und hasse. Daher pflege er bei Spaziergängen mit seinem Vater sich zu bücken, um nicht größer als dieser zu erscheinen, und bei Jagden, die er mit dem Vater unternehme, absichtlich das Wild zu fehlen, da er dessen Ehrgeiz kenne, der anderen keinen Ruhm gönne. Als nun mit der Folterung etwas eingehalten wurde, fugte er noch hinzu, Alexander habe in Gemeinschaft mit Aristobulus den Plan gefasst, den Vater auf der Jagd aus dem Hinterhalt zu töten, nach vollbrachter Tat nach Rom zu fliehen und dort um Verleihung der Königswürde zu bitten. Da sich nun auch noch ein Brief Alexanders an seinen Bruder vorfand, worin er sich darüber beklagte, dass sein Vater dem Antipater gegen alles Recht ein Gebiet mit zweihundert Talenten Einkünften geschenkt habe, glaubte Herodes endlich den sicheren Beweis für die Richtigkeit des gegen die jungen Leute gefassten Verdachtes zu besitzen, und ließ daher den Alexander ergreifen und einkerkern. Aber auch jetzt fand er noch keine Ruhe, teils weil er dem, was er gehört, wenig Glauben beimaß, teils weil er, wenn er recht nachdachte, doch eigentlich keinen Grund hatte, auf eine Verschwörung zu schließen, vielmehr zu der Überlegung gelangen musste, dass es sich da nur um jugendliche Streit- und Klagesucht handle. Auch schien es ihm unglaublich, dass ein Vatermörder so offen eine Reise nach Rom wagen
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sollte. Er wollte deshalb einen schärferen Beweis für die Schuld seines Sohnes haben und fürchtete den Schein, als ob er ihn voreilig in Betten gelegt habe. Zu dem Ende ließ er die bedeutendsten Freunde Alexanders foltern und viele von ihnen umbringen, ohne jedoch etwas zu erfahren, das seinen Erwartungen entsprochen hätte. Das aber war für ihn nur eine Anreizung, die Nachforschungen immer leidenschaftlicher zu betreiben, sodass sich Bestürzung und Schrecken der gesamten Königsburg bemächtigte. Endlich fand sich ein junger Mann, der auf der Folter aussagte, Alexander habe an seine Freunde in Rom geschrieben, sie möchten Sorge dafür tragen, dass der Cäsar ihn schleunigst zu sich entbiete, weil er ihm Mitteilungen über ein zwischen seinem Vater und dem Partherkönige Mithradates gegen die Römer abgeschlossenes Bündnis machen könne. Der junge Mann fügte dann noch hinzu, Alexander habe zu Askalon Gift bereiten lassen. 5. Diesen Angaben schenkte Herodes Glauben und fand für seine Übereilung einigen Trost, indem er sich die Gefahr noch größer vorstellte, als sie ihm geschildert worden war. Aber obgleich man sofort eifrig nach dem Gift forschte, ward dasselbe nicht gefunden. Um nun das Maß des Unheils überlaufen zu lassen, leugnete Alexander die ihm zur Last gelegten verruchten Anschläge absichtlich nicht, sondern stachelte des Vaters Leidenschaft durch ein noch größeres Unrecht auf, vielleicht in der Absicht, ihn wegen seiner Leichtgläubigkeit hinsichtlich der Verleumdungen zu beschämen, vielleicht aber auch, um für den Fall, dass er Glauben finde, den Herodes samt seinem ganzen Hofe dem Verderben zu weihen. Er verschickte nämlich vier Briefe, die alle gleichmäßig besagten, es bedürfe keiner Folter und keiner weiteren Untersuchung, da er wirklich mit Pheroras und den besten Freunden des Königs sich verschworen habe. Salome sei übrigens in der Nacht zu ihm gekommen und habe ihn mit Gewalt zum Beischlaf gezwungen. Das allgemeine Sehnen gehe ja auch darauf hinaus, den König aus dem Wege geräumt und das Volk von der Schreckensherrschaft befreit zu sehen. Des Weiteren wurden in den Briefen Ptolemäus und Sapinnius, welche für die treuesten Anhänger des Königs galten, der Teilnahme an der Verschwörung beschuldigt. Doch wozu soll ich noch viele Worte machen? Es war, als hätte Raserei den Hof befallen, so wüteten die gegeneinander, welche früher die besten Freunde gewesen waren. Weder Verteidigung noch Widerlegung zur Aufdeckung der Wahrheit wurden verstattet, sondern ohne jedes Verhör ward die Todesstrafe verhängt. Und während die einen in Ketten lagen, die anderen ihren baldigen Tod und noch andere beides unvermeidlich zu erwarten hatten, erfüllte den Hof im Gegensatz zu dem früheren
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glücklichen Leben nur '!rauer und Wehklage. Herodes selbst aber verzehrte sich in Bitterkeit, und die beständigen Intrigen sowie sein Misstrauen gegen jedermann ließen ihn von der Zukunft nichts Gutes erwarten. Oft bildete er sich ein, sein Sohn komme auf ihn zu und stehe mit gezücktem Schwerte vor ihm, und da ähnliche Vorstellungen ihn Tag und Nacht verfolgten, war er dem Wahnsinn und der Tobsucht nahe. So stand es mit Herodes. 6. Als von dieser Lage der Dinge im Hause des Herodes der Kappadokierkönig Archelaus hörte, ängstigte er sich wegen seiner Tochter und Alexanders, und da er zugleich mit dem Schicksal seines Freundes Herodes Mitleid empfand, reiste er nach Jerusalem, um die Wirren zu ordnen. Er fand dort tatsächlich den Zustand vor, den man ihm geschildert hatte, und glaubte unter diesen Umständen den König nicht tadeln oder der Grausamkeit zeihen zu dürfen, da zu erwarten war, dass er bei dem Versuche, sich zu rechtfertigen, in noch heftigere Erregung geraten würde. Deshalb ging er auf andere Weise vor, um dem Unheil ein Ende zu machen. Er stellte sich nämlich gegen Alexander erzürnt und erklärte den Herodes für einen gerechten Menschen, der keiner Unbesonnenheit fähig sei. Ja, er gab sogar seine Absicht kund, Alexanders Ehe zu trennen und selbst seine Tochter nicht zu schonen, falls sie etwas wüsste, was sie dem Könige verschwiegen haben sollte. Als nun Herodes den Archelaus wider Erwarten so auftreten und um seinetwillen eine solche Erbitterung zur Schau tragen sah, beruhigte er sich, glaubte bei seinen Handlungen sich im Recht befunden zu haben und gab allmählich der väterlichen Liebe in seinem Herzen wieder Raum. Nun aber war er erst recht zu bedauern. Wollte nämlich jemand die gegen Alexander erhobenen Beschuldigungen als nichtig erweisen, so geriet er in Aufregung; nahm aber Archelaus ihn selbst in Schutz, so weinte er vor bitterem Schmerz und bat diesen sogar, doch die Ehe nicht zu trennen und dem jungen Manne ob seiner Freveltaten nicht zu zürnen. Als Archelaus ihn nun milder gestimmt sah, schob er die Schuld auf Alexanders Freunde, die den jungen Mann in seiner Arglosigkeit überredet hätten, und lenkte den Verdacht namentlich auf den Bruder des Königs. Pheroras, der so wie so bei Herodes nicht in Gunst stand und keinen sonstigen Vermittler zu finden wusste, wandte sich, als er den großen Einfluss des Archelaus bemerkte, an diesen in schwarzem Gewande, ganz wie ein Mensch, der an seiner Rettung verzweifelt. Archelaus hörte zwar seine Bitte an, erklärte es jedoch für unmöglich, dem gewaltigen Zorn des Herodes so bald ein Ende zu machen, und riet ihm daher, persönlich den König um Verzeihung zu bitten und sich als den Urheber des ganzen Unheils hinzustellen. Dadurch werde er den
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Groll seines Bruders besänftigen; er selbst wolle übrigens gern den Vermittler abgeben. Pheroras folgte diesem Rat, und so wurde allen geholfen: Alexander ward unverhofft von dem auf ihm lastenden Verdacht frei und Pheroras mit Herodes wieder ausgesöhnt. Archelaus begab sich darauf nach Kappadokien zurück und gelangte in des Herodes Gunst, wie kein anderer in damaliger Zeit, sodass derselbe ihn mit kostbaren Geschenken erfreute, ihn mit allen sonstigen Ehren bedachte und ihn seinen besten Freund nannte. Auch gab er ihm das Versprechen, nach Rom zu gehen, weil er über seine Lage dem Cäsar bereits Bericht erstattet habe. Bis Antiochia reisten alsdann beide Könige zusammen, und nachdem Herodes hier den Streit zwischen Archelaus und dem syrischen Stattalter Titius beigelegt hatte, begab er sich wieder nach Judäa.
NEUNTES KAPITEL Abfall der 'frachoniter. Wie Syllaeus den Herodes mit Augustus verfeindete, und wie Herodes, um den Cäsar zu versöhnen, seinen Freund Nikolaus nach Rom schickte. 271
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1. Als Herodes von Rom zurückgekehrt war, kam es zwischen ihm und den Arabern aus folgender Veranlassung zum Kriege. Die Bewohner von 'frachonitis konnten, nachdem der Cäsar dieses Land dem Zenodorus abgenommen und dem Herodes überwiesen hatte, nicht mehr ihren Räubereien nachgehen, sondern wurden zu Ackerbau und ruhigem Leben angehalten. Das gefiel ihnen aber durchaus nicht, zumal da der Boden zum Ackerbau höchst ungeeignet war. Anfangs hielt der König sie im Zaume, sodass sie ihre Nachbarn nicht belästigen konnten, wofür er allgemeine Anerkennung fand. Als er aber nach Rom gereist war, um seinen Sohn Alexander anzuklagen und seinen anderen Sohn Antipater dem Cäsar zu empfehlen, streuten die 'frachoniter das Gerücht aus, er sei umgekommen, empörten sich und belästigten ihre Nachbarn wieder wie früher mit Raub und Verwüstung. Den Heerführern des Herodes jedoch gelang es, sie in Abwesenheit des . Königs zur Ruhe zu bringen, und nur vierzig Räuberhauptleute verließen, durch das Schicksal ihrer gefangenen Genossen abgeschreckt, die Gegend und zogen sich nach Arabien zurück, wo Syllaeus, nachdem seine beabsichtigte eheliche Verbindung mit Salome nicht zustande gekommen war, sie
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aufnahm und ihnen eine Festung anwies. Von hier aus beunruhigten sie dann nicht bloß Judäa, sondern auch ganz Coelesyrien durch Raubzüge, bei denen Syllaeus hilfreiche Hand bot. Sobald nun Herodes von Rom zurück war und den Schaden erfuhr, den sie seinem Lande zugefügt hatten, zog er, weil er den Räubern selbst, die im sicheren Schutze der Araber lebten, nicht beikommen konnte, nach Trachonitis und ließ ihre Angehörige niedermachen. Das aber erbitterte die Räuber noch mehr, zumal ein bei ihnen geltendes Gesetz ihnen vorschrieb, den Mord ihrer Verwandten auf jede nur mögliche Art zu rächen, sodass sie mit wahrer Todesverachtung fortfuhren, das ganze Gebiet des Herodes heimzusuchen. Herodes setzte sich daher mit den römischen Feldherren Saturninus und Volumnius ins Einvernehmen und verlangte von Syllaeus die Auslieferung der Räuber zur Bestrafung. Hierdurch aber wuchs deren Verwegenheit erst recht, und da auch ihre Zahl sich stetig vergrößerte, dehnten sie ihre Raubzüge immer weiter aus, zerstörten im Reiche des Herodes Dörfer und Flecken und machten die Gefangenen nieder, sodass die Raubzüge fast wirklichen Kriegszügen glichen. Thre Zahl war unterdessen auf etwa tausend Köpfe angewachsen. Herodes forderte nun nochmals energisch ihre Auslieferung sowie die Rückzahlung der sechzig Talente, die er dem Obodas durch Vermittlung des Syllaeus geliehen hatte und deren Verfalltag schon vorüber war. Syllaeus jedoch, der den Obodas in den Hintergrund gedrängt hatte und die Regierung allein führte, leugnete die Anwesenheit der Räuber in Arabien und verschob die Bezahlung des Geldes, bis endlich die Sache vor die damaligen Statthalter von Syrien, Saturninus und Volumnius, zur Entscheidung kam. Thr Urteil lautete, dass das Geld in dreißig Tagen an Herodes entrichtet sein müsse, und dass jeder die Untertanen des anderen, die in seinem Reiche lebten, auszuliefern habe. Im Gebiete des Herodes nun fand sich kein einziger Araber, weder um ein Verbrechen zu verüben noch aus irgendeiner anderen Ursache; wohl aber wurden die Araber überführt, dass sie die Räuber in ihrem Lande aufgenommen hatten. 2. Der vorerwähnte Termin war schon verstrichen, als Syllaeus, ohne eine der ihm auferlegten Verpflichtungen erfüllt zu haben, nach Rom reiste. Herodes aber bestand auf der Rückzahlung des Geldes und der Auslieferung der Räuber, die sich bei den Arabern aufhielten, und erhielt von Saturninus und Volumnius die Ermächtigung, den Widerstand der Araber mit Waffengewalt zu brechen. Er rückte demgemäß schleunigst gegen Arabien zu Felde und legte einen Weg von sieben Tagemärschen in drei Tagen zurück. Bei der Festung angelangt, die den Räubern als Schlupfwinkel diente, nahm er
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beim ersten Ansturm den ganzen Haufen derselben gefangen und schleifte den Platz, welcher Ralpta hieß, vollständig, ohne jedoch sonst jemand etwas zuleide zu tun. Da nun die Araber unter Nakeba Führung den Räubern zu Hilfe eilten, kam es zum 'freffen, in welchem auf Herodes' Seite nur wenige, von den Arabern aber Nakeb selbst und fünfundzwanzig der Seinigen fielen, während der Rest in die Flucht geschlagen wurde. Nachdem Herodes also die Räuber zur Bestrafung gezogen, siedelte er dreitausend Idumäer in 'frachonitis an und hielt dadurch die räuberischen Bewohner des Landes in Ruhe. Dann schrieb er an die beiden in Phönizien stehenden Feldherren und teilte ihnen mit, dass er nichts weiter getan habe, als was zur Bestrafung der widerspenstigen Araber notwendig gewesen sei. Das fanden denn die beiden Feldherren nach sorgfaltiger Untersuchung auch bestätigt. 3. Unterdessen aber hatten sich in aller Eile Boten nach Rom begeben, welche dem Syllaeus diese Vorgänge meldeten und, wie gewöhnlich, alles übertrieben. Syllaeus, der schon beim Cäsar eingeführt war und beim Empfange der Meldung sich gerade in der Nähe des Palastes befand, legte sogleich schwarze Kleider an, begab sich zu Augustus und klagte ihm, Arabien sei von Kriegswirren beunruhigt, und Herodes, der das Land verwüste, habe das ganze Araberheer aufgerieben. Zweitausendfünfhundert der edelsten Araber, jammerte er, seien samt ihrem Anführer Nakeb, seinem Freunde und Verwandten, niedergemacht und die in Ralpta aufbewahrten Schätze geraubt worden, da man sich vor Obodas, der die Strapazen eines Krieges ungern ertrage, nicht gefürchtet habe, er selbst aber sowie das eigentliche arabische Heer nicht zur Stelle gewesen seien. Und um den Herodes beim Cäsar noch verhasster zu machen, fügte er hinzu, er würde wohl seine Reise nach Rom nicht unternommen haben, wenn er nicht die Überzeugung gehabt hätte, dass dem Cäsar die Erhaltung des Friedens in seinem ganzen Reiche am Herzen liege, und im Falle seiner Anwesenheit wäre der Krieg wohl nicht so glücklich für Herodes verlaufen. Hierüber erzürnt, fragte Augustus die zufallig anwesenden Freunde des Herodes und seine eigenen aus Syrien gekommenen Beamten, ob Herodes ins Feld gezogen sei. Da nun die Gefragten das bejahen mussten, der Cäsar ihnen aber die Darlegung der näheren Umstände nicht gestattete, schrieb Letzterer im höchsten Groll an Herodes einen in bitteren Worten abgefassten Brief, dessen Hauptinhalt der war, dass er ihn statt wie früher als Freund nunmehr als Untertan behandeln werde. Auch Syllaeus gab den Arabern von diesem Ausgang der Sache Kenntnis, und nun wurden dieselben erst recht übermütig, lieferten weder die Räuber noch das Geld aus und nah-
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men noch obendrein die Weideplätze, die sie von Herodes gepachtet hatten, als ihr Eigentum in Anspruch, weil der König der Juden von dem erzürnten Cäsar abgesetzt worden sei. Auch die Trachoniter benutzten die Gelegenheit, erhoben sich gegen die idumäischen Besatzungen und trieben ihre Räubereien im Verein mit den Arabern, welche die Besitzungen der Idumäer verwüsteten, nicht nur aus Beutegier, sondern auch aus Rachsucht mit höchster Grausamkeit. 4. Weil nun Herodes das Vertrauen des Cäsars verloren hatte, musste er alles ruhig geschehen lassen. Aber es kam noch schlimmer, da der Cäsar nicht einmal die Gesandten, die Herodes zu seiner Rechtfertigung nach Rom schickte, empfangen wollte, sondern dieselben, obgleich sie sogar zweimal kamen, unverrichteter Sache heimkehren ließ. Darüber geriet Herades in Furcht und Bestürzung, und noch mehr ärgerte es ihn, dass Syllaeus Glauben fand und persönlich in Rom anwesend sein konnte, wo er weitausschauende Pläne verfolgte. Denn Obodas war inzwischen gestorben, und die Herrschaft über die Araber kam an Aeneas, der seinen Namen in Aretas umänderte. Diesen suchte Syllaeus, um selbst auf den Thron zu gelangen, durch Verleumdungen zu verkleinern und gab zu diesem Zwecke nicht nur den Höflingen reiche Geschenke, sondern machte auch dem Cäsar selbst die glänzendsten Versprechungen. Gegen Aretas war übrigens der Cäsar schon aufgebracht, weil er die Regierung angetreten hatte, ohne ihm vorher Mitteilung davon zu machen. Unterdessen lief jedoch ein Schreiben von ihm ein, das von reichen Geschenken, worunter eine goldene Krone im Werte von vielen Talenten, begleitet war. In diesem Schreiben wurde dem Syllaeus vorgeworfen, dass er eip verruchter Sklave sei, der den Obodas mit Gift beiseite geschafft und schon bei dessen Lebzeiten sich die Herrschaft angemaßt habe, dass er ferner bei den Arabern als Ehebrecher bekannt sei und Geldanleihen mache, um sich damit die Herrschaft zu erkaufen. Aber auch die Überbringer dieses Schreibens ließ der Cäsar nicht vor, sondern schickte sie heim, ohne irgend ein Geschenk anzunehmen. Mit der Regierung von Judäa und Arabien ward es inzwischen von Tag zu Tag schlimmer, einmal wegen der dort herrschen Umtriebe, dann aber auch, weil niemand da war, der die Kraft besessen hätte, dem Übel Einhalt zu tun. Von den beiden Königen nämlich war der eine noch gar nicht anerkannt, während Herades, weil er beim Cäsar in Ungnade gefallen war, alle Beleidigungen ruhig hinnehmen musste. Als aber Herodes kein Ende seiner üblen Lage abzusehen vermochte, entschloss er sich, abermals eine Gesandtschaft nach Rom zu schicken und zu versuchen, ob er mit Hilfe seiner Freunde und
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durch Bitten die Gunst des Cäsars wiedererlangen könne. Diese Gesandtschaft übernahm Nikolaus von Damaskus.
ZEHNTES KAPITEL Wie Eurykles die Söhne des Herodes bei ihrem Vater verleumdete, und wie dieser sie festsetzen ließ und ihretwegen an den Cäsar schrieb. Syllaeus von Nikolaus überführt. 300
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1. Inzwischen verwirrten sich die häuslichen Verhältnisse des Herodes schlimmer als je, und seine Söhne wurden ihm von Tag zu Tag mehr entfremdet. War es überhaupt schon früher ersichtlich gewesen, dass das Geschick seine Regierung mit den größten Übeln heimsuchte, die den Menschen treffen können, so erwies sich dies in noch höherem Maße bei folgender Veranlassung. Ein gewisser Lakedämonier Emykles, der aus vornehmem Hause stammte, aber ein verruchter, wollüstiger und kriecherischer Mensch war (doch so, dass er diese Untugenden geschickt zu verbergen verstand), genoss am Hofe des Herodes Gastfreundschaft, gab diesem Geschenke, wofür er weit größere empfing, und wusste sich durch sein höfliches Benehmen die vertraute Freundschaft des Könige zu erschleichen. Eigentlich war er Antipaters Gastfreund, verkehrte aber meistens mit Alexander, da er sich für einen Vertrauten des Kappadokischen Königs Archelaus ausgab. Aus diesem Grunde bewies er sich auch besonders aufmerksam gegen Glaphyra und wusste sich überhaupt bei jedermann einzuschmeicheln, während er alles, was gesprochen wurde und .sonst vor sich ging, scharf beobachtete und dann seine Berichte darüber so verdrehte, wie es gerade gern gehört wurde. Schließlich brachte er es so weit, dass jeder, mit dem er verkehrte, ihn für seinen alleinigen Freund hielt, der nur ihm zu Gefallen auch mit anderen Beziehungen pflege. So schlich er sich auch bei Alexander ein und schwätzte diesem vor, er könne ihm ruhig die ihm widerfahrenen Kränkungen anvertrauen, die er sonst niemand mitzuteilen wage. Alexander erzählte ihm darauf betrübt, wie sehr das Herz des Vaters ihm entfremdet sei, wie es seiner Mutter ergangen, und wie Antipater alle Gewalt an sich gerissen habe, nachdem er ihn und seinen Bruder um ihre Vorrechte gebracht. Das alles, sagte er, sei nicht zu ertragen, besonders da sein Vater bereits so sehr von Hass gegen sie erfüllt sei, dass er weder
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gemeinschaftlich mit ihnen speisen noch überhaupt mit ihnen reden wolle. Solche Mitteilungen waren nun, wie sich leicht denken lässt, nichts weiter als ein Ausbruch des Schmerzes. Eurykles aber hinterbrachte sie dem Antipater und sagte, er tue das nicht etwa, um sich ihm gefällig zu erzeigen, sondern die Wichtigkeit der Sache verlange gebieterisch, darüber nicht zu schweigen, damit er sich vor Alexander hüten könne. Denn das seien keine absichtslos hingeworfenen Worte gewesen, sondern sie hätten deutlich erkennen lassen, dass hinter ihnen ein entschlossener Wille sich verberge. Antipater, der nach diesen Enthüllungen den Eurykles fur seinen ganz besonderen Freund hielt, beschenkte ihn dafür zu wiederholten Malen reichlich und bewog ihn endlich, die Sache dem Herodes anzuzeigen. Hier fand Eurykles, da er als Beweis für Alexanders Bosheit dessen eigne Worte vorbrachte, leicht Glauben und versetzte den König durch seine schlau gewählten Redewendungen so in Wallung, dass diesen ein unversöhnlicher Hass gegen seinen Sohn erfasste. Dem Eurykles aber schenkte Herodes sogleich fünfzig Talente, mit denen dieser sich zum Kappadokierkönig Archelaus begab, wo er Alexander lobte und behauptete, demselben behufs Versöhnung mit Herodes große Dienste geleistet zu haben. Durch diese Lügen schwindelte er auch dem Archelaus Geld ab und machte sich nun rasch davon, bevor seine Falschheit entdeckt werden konnte. Weil er aber auch in Lakedämon seinen verruchten Lebenswandel fortsetzte, wurde er seiner vielen Schandtaten wegen aus dem Vaterlande verbannt. 2. Der König der Juden aber begnügte sich von nun an nicht mehr wie früher damit, Beschuldigungen gegen Alexander und Aristobulus anzuhören, sondern entbrannte gegen die beiden in so unersättlichem Hasse, dass er, wenn niemand sie beschuldigte, dies selbst veranlasste, indem er überall spionieren und auskundschaften ließ und jedem, der etwas gegen sie vorzubringen hatte, Gelegenheit dazu gab. Endlich wurde ihm auch gemeldet, der Koer Evaratus habe sich mit Alexander verschworen, und das war für Herodes die angenehmste Nachricht, die man ihm hätte bringen können. 3. In der Folge wuchseri die gegen die jungen Leute erhobenen Beschuldigungen immer mehr an, indem sozusagen ein allgemeines Wettlaufen zum Könige stattfand, um demselben etwas zu hinterbringen, was seine Sicherheit bezwecken zu können schien. Nun hatte Herodes zwei Leibwächter, die er wegen ihrer Körperstärke und ihres schlanken Wuchses sonst sehr in Ehren hielt, Jucundus und Tyrannus mit Namen. Diese waren infolge irgendeines Verstoßes beim Könige in Ungnade gefallen, ritten nun mit Alexander aus und standen bei ihm, da sie mit allen gymnastischen Künsten
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vertraut waren, in hohem Ansehen, erhielten auch von ihm hier und da Goldstücke und andere Dinge zum Geschenk. Dadurch aber erregten sie den Verdaoht des Königs, der sie vorladen und peinlich befragen ließ. Lange blieben sie standhaft; endlich aber gaben sie doch an, Alexander habe sie bereden wollen, den Herodes auf der Jagd zu töten. Man würde dann leicht glaubhaft machen können, dass er vom Pferde gestürzt sei und sich zufallig mit seinen Jagdspießen verletzt habe, wie ihm auch früher schon Ähnliches zugestoßen sei. Zugleich zeigten sie an, im Pferdestalle sei Gold vergraben, und beschuldigten den Oberjäger, ihnen königliche Jagdspieße sowie auch Alexanders Dienern auf dessen Befehl Waffen geliefert zu haben. 4. Hierauf wurde der Kommandant von Alexandrium gefanglich eingezogen und gefoltert, weil er beschuldigt war, er habe den jungen Leuten versprochen, sie in die Festung einzulassen und ihnen die königliche Kasse, die sich daselbst befand, auszuliefern. Der Kommandant selbst gestand nun zwar nichts ein; doch trat dessen Sohn auf und versicherte, die Sache verhalte sich wirklich so. Er zeigte dann einen Brief vor, der, wie es schien, Alexanders Handschrift aufwies und also lautete: »Wenn wir mit Gottes Hilfe alles, was wir beabsichtigen, ausgeführt haben, so kommen wir zu euch. Sorgt dann nur dafür, dass ihr uns eurem Versprechen gemäß in die Festung aufnehmen könnt.« Als Herodes diesen Papierstreifen gesehen hatte, war es für ihn nicht mehr zweifelhaft, dass seine Söhne ihm nach dem Leben trachteten. Alexander freilich behauptete, der Schreiber Diophantus habe seine Handschrift nachgemacht, und der Text sei von Antipater in böswilliger Absicht erfunden worden. Diophantus war allerdings im Nachahmen von Handschriften sehr geschickt und wurde deshalb auch in einem anderen Falle überführt und zum Tode verurteilt. 5. Alle diejenigen nun, die auf der Folter bekannt hatten, ließ der König zu Jericho auch öffentlich vorführen, um gegen seine Söhne zu zeugen, und hier warf sie die Menge mit Steinen zu Tode. Dasselbe wäre auch beinahe Alexander und Aristobulus widerfahren, wenn der König es nicht dadurch verhindert hätte, dass er Ptolemäus und Pheroras beauftragte, das Volk zurückzudrängen. Die jungen Leute aber ließ er einkerkern und bewachen, den Zutritt zu ihnen verbieten und all ihr Tun und Treiben beobachten. So unterschieden sie sich in nichts von ehrlosen Verbrechern. Darüber ergrimmte Aristobulus derart, dass er sogar seine Tante und Schwiegermutter Salome zum Mitleid mit ihrem Unglück und zum Hasse gegen den Urheber desselben zu bewegen suchte. »Schwebst nicht auch du«, sagte er, »in Le-
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bensgefahr, da du im Rufe stehst, in der Hoffnung auf eheliche Verbindung mit Syllaeus diesem alles zu verraten, was hier vorgeht?« Diese Worte hinterbrachte Salome sogleich ihrem Bruder Herodes, der sich nun nicht mehr bezwingen konnte, sondern Befehl gab, die beiden zu fesseln und sie voneinander zu trennen. Alsdann sollten sie zu Papier bringen, was sie gegen ihren Vater verbrochen hätten. Da sie diesem Befehle keinen Widerstand entgegensetzen konnten, schrieben sie, sie hätten weder jemals ihrem Vater nach dem Leben getrachtet noch auch in dieser Hinsicht irgendetwas ins Werk gesetzt. Doch gäben sie zu, dass sie ihre Flucht vorbereitet hätten, und zwar aus dem zwingenden Grunde, weil sie das Leben unter steten Verdächtigungen und Plackereien nicht mehr auszuhalten vermöchten. 6. Um diese Zeit kam aus Kappadokien ein Gesandter des Archelaus mit Namen Melas, der zu den Fürsten seines Landes gehörte. Da nun Herodes ihm beweisen wollte, wie feindselig Archelaus gegen ihn gesinnt sei, ließ er den Alexander in Fesseln vorführen und befragte ihn in Betreff der geplanten Flucht, besonders wohin und auf welche Weise sie hätten entfliehen wollen. Darauf entgegnete Alexander: zu Archelaus, der ihnen versprochen habe, sie von seinem Hofe aus nach Rom zu bringen. Gegen ihren Vater aber hätten sie nichts Verbrecherisches im Schilde geführt, und an alledem, was ihre Gegner ihnen zur Last legten, sei kein wahres Wort. Sie wünschten nur, man hätte mit 1}rrannus und dessen Genossen ein eingehenderes Verhör angestellt; leider aber seien sie auf Antipaters Anstiften sehr schnell umgebracht worden, da dieser seine Anhänger unter der Volksmenge verteilt habe. 7. Auf diese Worte hin befahl Herodes, Melas und Alexander zu Glaphyra, der Tochter des Archelaus, zu führen und dieselbe zu befragen, ob sie etwas von den gegen Herodes geplanten Anschlägen wisse. Als sie dort ankamen und Glaphyra den Alexander in Fesseln erblickte, zerschlug sie sich das Haupt und brach vor grenzenloser Bestürzung in lange, jammervolle Klagen aus. Auch dem jungen Manne stürzten die 'fränen aus den Augen, und die Anwesenden wurden von dem Anblick so erschüttert, dass sie eine Zeit lang gar nicht das, wozu sie gekommen waren, reden oder tun konnten. Als endlich Ptolemäus, der den Alexander hergeführt hatte, die Glaphyra fragte, ob sie um die Anschläge wisse, sagte Alexander: »Wie sollte sie nicht um alles wissen, da sie mir lieber als mein Leben und die Mutter meiner Kinder ist?« Glaphyra aber erklärte, sie wisse von keiner Schlechtigkeit; wenn jedoch Alexanders Wohl es verlange, dass sie gegen sich selbst lüge, so wolle sie alles gestehen. Alexander erwiderte darauf: »Eine Freveltat, wie
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sie mir von denen zur Last gelegt wird. die am wenigsten Ursache dazu haben. habe ich weder ersonnen. noch weißt du etwas von einer solchen Tat, sondern allein das ist dir bekannt, dass wir zu Archelaus und von da nach Rom fliehen wollten.« Als Glaphyra dies bejahte. übergab Herodes. der nun von der böswilligen Gesinnung des Archelaus überzeugt zu sein glaubte, dem Olympus und Volumnius Briefe und befahl ihnen. auf ihrer Fahrt an der cilicischen Insel Elaeusa zu landen und einen von den Briefen dem Archelaus zu überreichen. Dann sollten sie sich über seine Teilnahme an den Anschlägen der Prinzen bei ihm beschweren und sogleich geradenwegs nach Rom weiterfahren. Fänden sie dort, dass Nikolaus etwas ausgerichtet habe und der Cäsar ihm nicht mehr zürne. so sollten sie demselben den anderen Brief und die Beweisstücke einhändigen. die er gegen die jungen Leute mitschicke. Was nun Archelaus angeht, so reinigte er sich von dem Verdacht, indem er zwar zugab. dass er die beiden jungen Leute habe aufnehmen wollen. weil das ebenso wohl in ihrem Interesse wie in dem ihres Vaters gelegen habe. damit dieser in seinem Zorn nicht zu hart bei ihrer Bestrafung verführe. Indessen habe er sie nicht zum Cäsar bringen wollen und ihnen auch keinerlei Versprechungen gemacht, die als Beweise einer böswilligen Gesinnung gegen Herodes gedeutet werden könnten. 8. Als die Gesandten nun weiterfuhren und nach Rom kamen. hatten sie bald Gelegenheit, dem Cäsar den Brief zu überreichen. weil sie ihn schon mit Herodes versöhnt fanden. Des Nikolaus Gesandtschaft nämlich hatte Folgendes ausgerichtet: Sobald er in Rom angelangt war und im Palast Zutritt erhalten hatte. glaubte er nicht nur das. wozu er gekommen. tun. sondern auch den Syllaeus anklagen zu müssen. Bevor er nämlich mit den Arabern ins Gespräch gekommen war. hatten diese untereinander Streit bekommen. und so schlossen sich einige von Syllaeus' Anhängern an Nikolaus an. dem sie alle Schandtaten des Syllaeus mitteilten und klare Beweise dafür lieferten. dass er viele Anhänger des Obodas habe umbringen lassen. Denn während eines Streites war es ihnen gelungen. die Briefe an sich zu bringen, durch die sie ihn überführen konnten. Diesen günstigen Zufall glaubte Nikolaus für seinen Zweck ausnutzen zu können und trachtete nun eifrig danach. den Cäsar mit Herodes auszusöhnen. Es stand nämlich für ihn fest, dass er kein Gehör finden werde. wenn er des Herodes Handlungsweise verteidigen wolle. und dass er nur dann auf einen günstigen Erfolg für Herodes rechnen dürfe, wenn er Syllaeus anklagen könne. Die Streitsache wurde also anhängig gemacht und der Verhandlungstag festgesetzt, und nun warf Nikolaus in Gegenwart der Gesandten des Aretas unter ande-
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rem dem Syllaeus vor, dass er seinem Könige und vielen Arabern den Untergang bereitet, dass er zum Zwecke der Erregung eines Aufruhrs Geld endiehen, dass er sowohl in Rom wie in Arabien Weiber geschändet und, was die Hauptsache sei, dass er den Cäsar betrogen habe, indem er ihm über Herodes' Taten die Unwahrheit berichtet habe. Hier unterbrach ihn der Cäsar und hieß ihn von Herodes nur das eine angeben, ob er nicht mit einem Heere nach Arabien gezogen sei, dort zweitausendfünfhundert Mann umgebracht und nach Verwüstung des Landes die Bewohner in Gefangenschaft geschleppt habe. Nikolaus entgegnete, er könne den Beweis liefern, dass diese Behauptungen teils unwahr seien, teils wenigstens nicht ganz der Wahrheit entsprächen, sodass Augustus dem Herodes deshalb nicht weiter zürnen könne. Darob erstaunte der Cäsar und hörte nun desto aufmerksamer zu, als Nikolaus von den fünfhundert geliehenen Talenten und von der Verschreibung sprach, in welcher bestimmt war, dass Herodes nach dem Verfalltage sich aus dem ganzen Lande der Araber Pfänder nach Belieben auswählen könne. Jener Feldzug, sagte er, sei also gar kein Kriegszug gewesen, sondern nur die rechtsgültige Eintreibung einer Schuldforderung, und, auch diese habe Herodes durchaus nicht eilig vollzogen, obgleich der Vertrag ihm dazu ein Recht gegeben, sondern erst ins Werk gesetzt, nachdem er sich mehrmals an die syrischen Statthalter Saturninus und Volumnius gewandt und Syllaeus in ihrer Gegenwart zu Berytus beim Glücke des Cäsars geschworen habe, er werde binnen längstens dreißig Tagen das Geld bezahlen und die nach Arabien geflohenen Untertanen des Herodes ausliefern. Weil nun Syllaeus keine von diesen Versprechungen gehalten habe, sei Herodes abermals bei den Statthaltern vorstellig geworden, und erst als diese ihm gestattet hätten, die Pfänder mit Beschlag zu belegen, habe er sich, wiewohl ungern, zu dem Feldzuge nach Arabien entschlossen. »Das ist es also«, fuhr er fort, »was jene Übertreiber einen Krieg und einen Feldzug nennen. Wie kann man denn diese Geltendmachung des guten Rechtes einen Krieg nennen, nachdem deine Stattalter dazu die Erlaubnis gegeben und die Bestimmungen eines Vertrages die Berechtigung dazu klar dargelegt hatten, und nachdem nicht nur die anderen Götter* beleidigt waren, sondern auch deines Namens Majestät, 0 Cäsar? Ich komme nun zu den Beschuldigungen betreffend die Gefangenen. Räuberische Trachoniter, erst vierzig, später mehr, flüchteten sich nach Arabien, um der Bestrafung durch Herodes zu entgehen. Diese nahm Syllaeus zum Nachteil aller Menschen * Den römischen Cäsaren wurde, wie bekannt, göttliche Verehrung gezollt.
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auf, wies ihnen eine Festung als Wohnort an und erhielt dafür seinen Anteil aus der bei den Raubzügen gemachten Beute. Auch diese Räuber wollte Syllaeus seinem Eidschwur gemäß an demselben Tage, an dem er das Geld zurückzahlen sollte, ausliefern. Er kann aber nicht nachweisen, dass außer diesen Räubern auch nur ein einziger Mensch aus Arabien weggeführt worden ist. Ja, auch sie wurden nicht einmal alle gefangen, sondern nur diejenigen von ihnen, die ihren Schlupfwinkel nicht erreichen konnten. Da du nun wohl einsiehst, dass das Geschwätz von den Gefangenen nichts als Verleumdung ist, so bitte ich dich, Cäsar, du wollest anerkennen, dass die Mittel, welche dieser Mensch zur Erregung deines Zornes anwandte, ein eitles Lügengewebe sind. Endlich kann ich auch beweisen, dass erst nachdem das Araberheer auf unsere Truppen eingedrungen und auf Herodes' Seite bereits der eine oder andere gefallen war, Herodes sich verteidigte, und dass dann erst der Anführer der Araber, Nakeb, mit nicht mehr als fünfundzwanzig der Seinigen fiel, deren Zahl dieser Mensch mit hundert vervielfältigt hat und so von zweitausendfünfhundert Gefangenen faselt.« 9. Diese Rede verfehlte ihren Eindruck auf den Cäsar nicht, und er wandte sich voll Zorn an Syllaeus, um ihn zu fragen, wie viele Araber gefallen seien. Als dieser stockte und eingestand, er müsse falsch berichtet sein, wurden der Vertrag, die Briefe der Statthalter und die Klageschriften der Städte über erlittene Räubereien vorgelesen. Zuletzt war der Cäsar so überzeugt, dass er Syllaeus zum Tode verurteilte und dem Herodes seine Gunst wieder zuwandte, indem er über das bittere Schreiben, das er infolge der Verleumdungen an ihn gerichtet, sein Bedauern ausdrückte und dem Syllaeus den Vorwurf machte, er habe ihn durch seine lügnerischen Reden veranlasst, die Pflichten der Freundschaft zu verletzen. Kurz, Syllaeus wurde heimgeschickt, um seine Verpflichtung zu erfüllen, die Schuld zu bezahlen und dann seine Strafe zu erleiden. Mit Aretas aber konnte der Cäsar sich nicht befreunden, weil dieser nicht mit seiner Bewilligung, sondern eigenmächtig die Herrschaft angetreten habe. Er beschloss daher, dem Herodes auch Arabien zu geben, kam aber davon wieder ab, als er den Brief des Herodes erhielt. Sobald nämlich Olympus und Volumnius vernahmen, dass der Cäsar wieder versöhnt sei, glaubten sie dem Befehle des Herodes gemäß den Brief und die seine Söhne betreffenden Beweisstücke übergeben zu müssen. Nach Lesung derselben hielt der Cäsar es nicht für geraten, einem alternden und mit seinen Söhnen in Zwietracht lebenden Manne noch ein zweites Reich anzuweisen, sondern er ließ nun die Gesandten des Aretas vor, tadelte ihnen gegenüber nur, dass ihr Herr übereilt gehandelt habe,
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indem er nicht wartete, bis er in seinem Reiche bestätigt sei, nahm dann ihre Geschenke entgegen und erkannte den Aretas als König an.
ELFTES KAPITEL Wie Herodes mit Bewilligung des Cäsars seine Söhne beim Gerichtshofe zu Berytus verklagte und sie dann hinrichten ließ.
l. Nachdem der Cäsar nun mit Herodes ausgesöhnt war, schrieb er an ihn, er bedauere, dass er solche Söhne habe, und falls sie sich ein Verbrechen hätten zuschulden kommen lassen, müsse man gegen sie wie gegen Vatermörder einschreiten, wozu er ihm hiermit die Vollmacht gebe. Wenn sie aber nur die Flucht vorgehabt hätten, müsse man sie auf mildere Art zurechtweisen und es nicht zum Äußersten kommen lassen. Übrigens rate er ihm, wegen der Angelegenheit einen Gerichtstag nach Berytus, wo auch Römer lebten, anzusagen, die Statthalter, den Kappadokierkönig Archelaus sowie alle Übrigen, die er liebe und achte, dorthin zu entbieten und nach deren Entscheidung das Urteil zu fällen. So der Cäsar. Als Herodes diesen Brief erhielt, war er hocherfreut, einmal wegen der wiedergewonnenen Gunst des Cäsars, und dann auch, weil ihm jetzt die Macht gegeben war, gegen seine Söhne nach Belieben einzuschreiten. Ich kann mir nun nicht erklären, wie auf einmal, nachdem sein früheres Unglück ihn zu einem zwar hartherzigen, aber doch nicht grausamen und auf den Untergang seiner Söhne bedachten Vater gemacht hatte, der unerwartete Glückswechsel und die wiedergewonnene Zuversicht seinen Hass so gewaltig entfachte. Er entbot sonach alle, die ihm gefielen, zu dem Gerichtstermin, jedoch nicht den Archelaus, teils weil er ihn wegen seiner vermeintlichen Feindseligkeit nicht dabeihaben wollte, teils weil er fürchtete, er möchte sich seinem Willen widersetzen. 2. Als nun die Statthalter sowie die sämtlichen aus den Städten zur Teilnahme an der Gerichtssitzung berufenen Personen in Berytus zusammengekommen waren, ließ Herodes seine Söhne, die er nicht vor die Schranken führen lassen wollte, in dem nahe bei der Stadt gelegenen sidonischen Dorfe Platana unterbringen, um sie, wenn nötig, vor Gericht schaffen zu lassen. Er selbst kam ohne Begleitung in den Gerichtssaal und ftihrte nun vor hundertfünfzig Beisitzern eine Klage, die zur Abwehr unvermeidlichen Unheils
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wohl am Platze gewesen wäre, hier aber den Vater entehrte, der seine Söhne beschuldigte. Er benahm sich nämlich außerordentlich aufgeregt, führte den Beweis unter stürmischen Gestikulationen und legte die Anzeichen der höchsten Wut und Grausamkeit an den Tag. Den Beisitzern gestattete er gar nicht, die Beweismittel zu prüfen, sondern verteidigte selbst deren Gültigkeit in einer Weise, die dem Vater seinen Söhnen gegenüber recht schlecht anstand, und las die von Letzteren verfassten Schriftstücke vor, in denen keineswegs von Nachstellungen oder einem geplanten Verbrechen, sondern nur von der beabsichtigten Flucht und einigen durch des Herodes Strenge veranlassten Schmähungen die Rede war. Wenn er an solche Stellen kam, schrie er noch lauter, suchte jedes Wort auf die vermeintliche Verschwörung zu deuten und schwor, er wolle lieber sein Leben verlieren, als so etwas noch länger ertragen. Schließlich erklärte er, dass er sowohl nach natürlichem Rechte wie infolge der Bewilligung des Cäsars alle Macht in Händen habe, und fügte hinzu, ein Gesetz seines Landes schreibe vor, dass, wenn die Eltern einem angeklagten Sohne die Hand aufs Haupt legten, alle Umstehenden denselben mit Steinwürfen töten müssten. Obgleich er nun seiner väterlichen und königlichen Gewalt gemäß handeln könne, so wolle er doch die Entscheidung des Gerichtshofes abwarten. Die Mitglieder desselbenseien zwar nicht eigentlich als Richter über eine so offenbare Bosheit, der er beinahe erlegen wäre, gekommen, sondern nur, um Zeugen seines gerechten Zornes zu sein, da solche Anschläge niemand, auch keinem Fremden, gleichgültig bleiben könnten. 8. Als der König so geredet hatte und die jungen Leute noch nicht einmal zu ihrer Verteidigung vorgeführt worden waren, erkannten die Beisitzer wohl, dass er zu sehr erzürnt sei, um an Milderung seines Grolles und Versöhnung denken zu können, und so gaben sie ihm das Recht, seine Macht auszuüben. Zunächst aber sprach Saturninus, ein ehemaliger Konsul, der großes Ansehen genoss, seine Meinung in sehr gemäßigtem Sinne aus. Er erklärte nämlich, er halte des Herodes Söhne wohl für schuldig, wolle jedoch nicht für die Todesstrafe stimmen, weil er selbst Söhne habe und die Strafe im Hinblick auf das, was der König von ihnen erlitten, zu schwer sei. Dieselbe Meinung äußerten auch die drei Söhne des Saturninus, die er als Legaten bei sich hatte. Volumnius dagegen meinte, solche Verbrechen gegen den eignen Vater verdienten unbedingt die Tode~strafe. In gleicher Weise stimmten dann auch der Reihe nach die meisten anderen, sodass die Verurteilung der jungen Leute zum Tode sicher erschien. Bald darauf reiste Herodes mit seinen Söhnen nach 'JYrus ab und fragte den inzwischen aus
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Rom zurückgekehrten Nikolaus, nachdem er ihm die in Berytus stattgehabten Verhandlungen erzählt hatte, was seine Freunde zu Rom über die beiden jungen Leute dächten. Nikolaus entgegnete, sie hegten die Meinung, dass zwar die Anschläge seiner Söhne fluchwürdige Verbrechen seien, dass es jedoch vorläufig genüge, die beiden in strengem Gewahrsam zu halten. Scheine ihm dann später eine strengere Strafe erforderlich, so könne er sie immer noch mit dem Tode bestrafen, damit er nicht den Eindruck erzeuge, als folge er mehr der Stimme seines Jähzorns wie der seiner Vernunft. Wenn er jedoch ein milderes Verfahren gegen sie einschlagen wolle, so möge er sie freilassen, um nicht namenloses Unheil heraufzubeschwören. Das sei die Ansicht der meisten Freunde des Königs zu Rom. Herodes verharrte nun eine Zeit lang in tiefem Nachdenken und hieß dann den Nikolaus ihn begleiten. 4. Sobald er nach Caesarea kam, sprach man dort überall von den jungen Leuten, und das ganze Reich war in Spannung, welche Wendung ihr Geschick wohl nehmen würde. Allseitig nämlich herrschte die Furcht, es möchte ihnen bei dem eingewurzelten Familienstreit der Tod drohen, und so empfand man überall das größte Mitleid mit ihrem Lose. Dennoch durfte niemand ein unbesonnenes Wort sich entschlüpfen lassen, sondern jeder musste sein Mitgefühl in sich verschließen und ein so schmerzliches Geschick zwar bekümmert, aber schweigend mit ertragen. Nur ein früherer Soldat des Königs, Teron mit Namen, der einen mit Alexander befreundeten und gleichalterigen Sohn hatte, wagte freiheraus zu sagen, was die anderen still verschwiegen, und konnte sich nicht enthalten, zu wiederholten Malen öffentlich auszurufen, die Wahrheit sei untergegangen und das Recht von den Menschen gewichen, während Lüge und Bosheit triumphierten und alles derartig in Dunkel gehüllt sei, dass die Frevler nicht einmal das größte Unheil zu erkennen vermöchten, das einem Menschen zustoßen könne. Diese Freimütigkeit gefahrdete nun zwar sein Leben aufs höchste, veranlasste aber auch bei allen billig Denkenden das Geständnis, dass er einen für die traurigen Zeiten bemerkenswerten Mut an den Tag lege. Deshalb hörten auch alle das, was er sagte, mit innerer Befriedigung an, und obgleich ihr eignes Interesse ihnen Stillschweigen zur Pflicht machte, konnten sie doch seiner Unerschrockenheit ihren Beifall nicht versagen. Denn die Aussicht auf ein so trauriges Geschick musste ja jedem Einzelnen derartige Worte auf die Zunge legen. 5. Mutig, wie er war, begab sich Teron auch zum Könige selbst und begehrte mit ihm unter vier Augen zu reden. Als ihm dies gestattet wurde,
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sprach er: »Ich vermag, 0 König, diese Seelenqual nicht länger zu ertragen und muss daher selbst auf die Gefahr hin, mein Leben zu verlieren, freimütig mit dir sprechen, woraus du übrigens, wenn du auf dein Interesse bedacht bist, nur Nutzen ziehen kannst. Bist du überhaupt noch bei Sinnen? Und wo ist jener ausgezeichnete Geist, mit dem du so Großes vollbracht hast, wo sind deine Freunde und Verwandten geblieben? Aber wären sie auch zugegen - ich kann doch diejenigen nicht als deine Verwandten und Freunde betrachten, die zu einer solchen Freveltat in diesem einst so glücklichen Reiche ihre Zustimmung geben. Willst du denn nicht einsehen, was du eigendich zu tun vorhast? Zwei mit allen Vorzügen geschmückte junge Leute, welche eine aus königlichem Geschlecht stammende Gattin dir geboren, willst du morden und dich im Alter dem einen Sohne, der die auf ihn gesetzte Hoffnung schlecht rechtfertigen wird, und deinen Verwandten, die du selbst schon so oft zum Tode verurteilt hast, anvertrauen? Denkst du denn nicht daran, dass das Volk, wenn es auch schweigt, doch deine Tat sieht und deinen Frevel verabscheut, und dass das ganze Heer, besonders aber die Anführer, die Unglücklichen bemideiden und den Urheber ihres Unglückes hassen?« Anfangs hörte der König diese Vorstellungen gelassen an; als aber Teron so offen von seinem Frevel und der Treulosigkeit seiner Angehörigen sprach, geriet er in Erregung. Teron indes nahm hierauf nicht die geringste Rücksicht· und ließ sich schließlich von seiner soldatischen Freimütigkeit so weit hinreißen, dass Herodes wütend wurde und seine Worte nicht für gut gemeinte Ratschläge, sondern für grobe Schmähungen hielt. Als er daher von dem Unwillen der Soldaten und der Entrüstung ihrer Anführer hörte, befahl er sogleich, alle die, welche Teron genannt hatte, sowie auch ihn selbst in Gewahrsam zu bringen. 6. Diese Gelegenheit benutzte ein gewisser Tryphon, der Barbier des Königs, um diesem zu melden, Teron habe ihn oft überreden wollen, den König mit dem Schermesser zu töten, denn dadurch werde er Alexanders Gunst erlangen und sich reichen Lohn sichern. Als er so gesprochen, ließ der König ihn festnehmen und nebst Teron und dessen Sohn peinlich befragen. Teron blieb trotz seiner Leiden standhaft. Als aber sein Sohn ihn so übel zugerichtet sah, dass man an seinem Aufkommen verzweifeln musste, und aus seinen Qualen entnehmen konnte, was ihm selbst bevorstand, versprach er dem Könige, er wolle die Wahrheit bekennen, wenn ihm die Zusicherung gegeben würde, dass man bei ihm und seinem Vater von weiteren Folterqualen absehen wolle. Der König gab ihm sein Wort darauf, und nun sagte er, es sei beschlossen gewesen, ·dass Teron Hand an den König lege,
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weil dieser ihn unter vier Augen leicht hätte bewältigen können und damit auch noch Alexanders Gunst errungen haben würde. Durch diese Aussage befreite er seinen Vater von der Folterung; doch weiß man nicht, ob er in der Tat die Wahrheit gesagt oder bloß deshalb so gesprochen hat, um sich und seinem Vater die Qualen zu ersparen. 7. Hatte nun Herodes früher wenigstens noch in etwa gezögert, seine Söhne umbringen zu lassen, so war jetzt jedes Bedenken aus seiner Seele verbannt, und ohne noch einer besseren Regung Raum zu geben, eilte er, sein Vorhaben auszuführen. Zunächst jedoch ließe er dreihundert verdächtige Offiziere, Teron und seinen Sohn sowie deren Angeber Tryphon in öffentlicher Versammlung richten, und das Volk warf sie mit allem, was ihm gerade in die Hände kam, zu Tode. Hierauf wurden Alexander und Aristobulus nach Sebaste geführt und dort auf Befehl ihres Vaters erdrosselt. illre Leiber aber brachte man in der Nacht nach Alexandrium, wo ihr Oheim von mütterlicher Seite und viele ihrer Vorfahren begraben lagen. 8. Nun könnte es manchem wohl nicht besonders auffallend erscheinen, dass der eingewurzelte Hass des Königs sich also steigerte und schließlich dahin gelangte, dass er jede Regung der Natur erstickte. Mit Recht aber muss daran gezweifelt werden, dass die jungen Leute ihrem Vater einen stichhaltigen Grund zum Zorn gegeben und ihn durch ihre Bosheit zu unversöhnlichem Hasse getrieben hätten. War etwa Herodes so hart, grausam und herrschsüchtig, dass er niemand neben sich dulden und nur seinen eignen Willen durchsetzen wollte? Oder hat das Schicksal, welches mächtiger ist als die weiseste Überlegung, hier seinen Einfluss gezeigt? Müssen wir doch annehmen, dass die menschlichen Handlungen durch eine gewisse Notwendigkeit vorherbestimmt werden, welche wir das Schicksal nennen, weil nichts geschieht, das nicht durch sie bewirkt worden wäre. Es dürfte, glaube ich, hinreichen, diese Ansicht als verschieden VOll der zu bezeichnen, die uns selbst einen Einfluss zuschreibt und jeden für seine eigne Schlechtigkeit büßen lässt, wie dies auch schon vor uns das Gesetz bestimmt hat. Es gibt aber noch zwei andere Ursachen, aus denen man den Söhnen des Herodes vielleicht einen Vorwurf machen könnte, nämlich ihre jugendliche Überhebung und ihr Pochen auf die königliche Abstammung. Diese beiden Fehler verleiteten sie dazu, den gegen ihren Vater gerichteten Verleumdungen ihr Ohr zu leihen, seine Handlungen und seinen Lebenswandel ungerecht zu beurteilen und immer das Schlimmste anzunehmen. Auch wussten sie ihre Zunge nicht im Zaum zu halten und gaben dadurch ihren Gegnern und denen, die sie beobachteten, willkommenen Anlass, sie
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bei Herodes anzuschwärzen. Gleichwohl konnte ihr Vater keine stichhaltige Entschuldigung für seine Grausamkeit beibringen, da er, ohne sich einen sicheren Beweis von ihrer Schuld zu verschaffen, es über sich brachte, seine eignen Kinder zu morden, Menschen von äußerster Wohlgestalt, die noch dazu in den Wissenschaften und Künsten wohlbewandert waren, mochte es sich nun um Jagd, Kriegswesen oder wissenschaftliche Unterredung handeIn, und die sich auch allgemeiner Beliebtheit erfreuten. In allen diesen Fertigkeiten nämlich zeichneten sich die beiden und besonders Alexander in hohem Maße aus. Wollte Herodes sie nun einmal verurteilen, so wäre es sicher genug gewesen, sie im Gefängnis zu halten oder aus dem Reiche zu verbannen, besonders da die römische Oberhoheit ihm hinreichenden Schutz gewährte, sodass er einen plötzlichen Überfall oder offene Gewalttätigkeit wohl nicht zu fürchten brauchte. Sie aber so schnell und aus unbezwinglicher Leidenschaft zu morden, was war das anders als ein Beweis anmaßender Grausamkeit, zumal da Herodes die Tat beging, als er schon in vorgerücktem Alter stand? Man kann ihn auch nicht einmal damit entschuldigen, dass er mit der Hinrichtung gezögert oder dieselbe aufgeschoben habe. Denn dass jemand in der ersten Aufwallung sich zu grausamen Handlungen hinreißen lässt, ist wohl schrecklich, doch immerhin erklärlich. Wenn aber nach reiflicher Überlegung und nach öfterem Vorgehen und Einhalten endlich eine solche Freveltat doch begangen wird, so kann das nicht anders denn als Zeichen eines blutdürstigen und durchaus verrohten Gemütes gedeutet werden. Das bewies Herodes auch in der Folgezeit, indem er selbst derer nicht schonte, die ihm am teuersten waren, und wenn diese Letzteren auch weniger Mitleid verdienten, weil sie ihren Untergang selbst verschuldeten, so war es doch jedenfalls von Herodes' Seite dieselbe Grausamkeit, auch sie umbringen zu lassen. Doch hiervon später.
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D1ESES 13UCH umFRssr E1NEN ZE1rRRum VON 14 JRHREN
ERSTES KAPITEL Antipaters Lage nach dem Tode seiner Brüder. Von den Gattinnen und Kindern des Herodes.
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1. Nachdem Antipater seine Brüder aus dem Wege geräumt und seinen Vater erst zu unerhörter Grausamkeit gereizt, dann aber in Gewissensqualen betreffs der Hinrichtung gestürzt hatte, war trotzdem von der Zukunft nicht viel fur ihn zu erwarten. Obwohl er nämlich jetzt von der Furcht wegen der Mitbewerbung seiner Brüder um die Herrschaft befreit war, merkte er doch, dass ihm die Erlangung derselben noch viele Schwierigkeiten bereiten würde, weil das Volk einen so tief eingewurzelten Hass gegen ihn bewies. War ihm nun das allein schon drückend genug, so flößte ihm erst recht große Besorgnis das Heer ein, das sich ihm ganz und gar feindlich gesinnt zeigte, während doch die Sicherheit eines Herrschers, falls das Volk Empörung brütet, von der Treue seiner Soldaten abhängt. In solche Gefahren versetzte also den Antipater der Tod seiner Brüder. Trotzdem regierte er in Gemeinschaft mit seinem Vater und unterschied sich in der Tat bereits gar nicht von einem wirklichen König. Er fand jetzt bei Herodes umso größeres Zutrauen, als seine Handlungsweise, die eigentlich den Tod verdient hatte, ihn noch in der Gunst des Königs befestigte, gerade als wenn er nur der Sicherheit des Herodes halber und nicht aus Hase gegen ihn und seine Söhne die Anklage gegen die Letzteren erhoben hätte. Das alles versetzte ihn in Aufregung, besonders da es ihm schien, als biete sich die Möglichkeit, den Herodes aus dem Wege zu räumen. Hierdurch glaubte er verhindern zu können, dass jemand ihn wegen seiner Handlungen zur Rechenschaft zöge; auch wollte er es unmöglich machen, dass Herodes eine Zufluchtsstätte oder Hilfe fande, falls er selbst offen als Feind gegen seinen Vater auftreten würde. Hass gegen Herodes war es, der ihn zur Verfolgung seiner Brüder getrieben hatte, und derselbe Hass stachelte ihn auch jetzt auf, das angefangene Werk zu vollenden. Des Herodes Tod, überlegte er, müsse ihm die Herrschaft sichern, ein längeres Leben desselben aber die Gefahr heraufbeschwören, dass er, falls seine Intrigen an den Tag kämen, an
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ihm einen erbitterten Feind hätte. Aus diesem Grunde scheute er keine Kosten, um die Freunde seines Vaters für sich zu gewinnen; ferner suchte er durch große Spenden die Abneigung des Volkes zu beseitigen und insbesondere die Freunde in Rom sowie den syrischen Statthalter Saturninus durch Übersendung reicher Geschenke auf seine Seite zu bringen. Auch hoffte er den Bruder des Saturninus sowie die Schwester des Königs, die einen von dessen vertrautesten Freunden geheiratet hatte, durch Geschenke sich geneigt zu machen. Er war übrigens ein Meister in der Verstellungskunst, wusste sich dadurch das volle Zutrauen derer, die mit ihm verkehrten, zu erwerben, und verstand es nicht minder, seinen Hass gegen die, welche er damit traf, schlau zu verbergen. Doch gelang es ihm nicht, seine Tante zu täuschen, die ihn schon von früher her genugsam kannte und alle Mittel in Bereitschaft hatte, um seiner Bosheit gehörig begegnen zu können. Allerdings hatte Antipaters Oheim mütterlicher Seite die Tochter der Salome geheiratet, welche früher mit Aristo.bulus vermählt gewesen war, und zwar durch Vermittlung Antipaters, während die andere Tochter mit Kallias, dem Sohne ihres jetzigen Gatten, vermählt war. Aber diese Verwandtschaft konnte es nicht verhindern, dass seine Bosheit durchschaut wurde, wie auch jene frühere Verwandtschaft den Hass gegen ihn nicht auszutilgen vermocht hatte. Herodes hatte seine Schwester Salome, die gern mit dem Araber Syllaeus in eheliche Verbindung getreten wäre, zur Heirat mit Alexas genötigt, wobei ihm die Gattin des Cäsars Hilfe geleistet hatte, indem sie Salome riet, sich diesem Vorhaben nicht zu widersetzen, damit sie keinen offenen Bruch mit Herodes veranlasse. Denn Herodes habe geschworen, er werde ihr nie wieder zugetan sein, wenn sie sich nicht mit Alexas vermählen wolle. Salome folgte dem Rate der Julia, einmal weil dieselbe des Cäsars Gattin war, dann aber auch, weil sie diese Verbindung für vorteilhaft hielt. Um diese Zeit schickte Herodes die Tochter des Archelaus, Alexanders Witwe, zu ihrem Vater zurück und ersetzte ihr aus seinen Mitteln die Aussteuer, um keinen Streit hervorzurufen. 2. Die Kinder seiner Söhne ließ Herodes übrigens mit großer Sorgfalt erziehen. Alexander nämlich hatte von Glaphyra zwei Söhne, und Aristobulus von Berenike, der Tochter Salomes, drei Söhne und zwei Töchter erhalten. Wenn nun seine Freunde gerade bei ihm waren, stellte er ihnen manchmal die Kinder vor, beklagte das Geschick seiner Söhne und drückte den Wunsch aus, seine Enkel möchten doch vor dem gleichen Schicksal bewahrt bleiben, vielmehr tugendhaft und liebevoll ihm die Sorgfalt vergelten, die er auf ihre Erziehung verwende. Als sie das gehörige Alter erreicht hatten,
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verlobte er dem älteren Sohne des Alexander eine Tochter des Pheroras, einem Sohne des Aristobulus aber eine Tochter Antipaters, ferner von Aristobulus' Töchtern die eine mit einem Sohne des Antipater und die andere mit seinem eignen Sohne Herodes, den ihm die Tochter des Hohepriesters geboren hatte. Es ist nämlich bei uns Sitte, dass ein Mann gleichzeitig mehrere Gattinnen hat. Diese Verlobungen schloss der König aus Mitleid mit den Waisen und in der Absicht, ihnen dadurch Antipaters Liebe zuzuwenden. Antipater aber bewies den Kindern dieselbe feindselige Gesinnung, welche er gegen seine Brüder gehegt hatte, und die Zuneigung seines Vaters zu denselben reizte ihn nur noch mehr auf. Denn er war überzeugt, dass sie mächtiger als seine Brüder werden würden, besonders da, wenn sie erwachsen wären, Archelaus seinen königlichen Einfluss zugunsten seiner Enkel aufbieten und Pheroras, welcher Tetrarch war, die eine der beiden verwaisten Jungfrauen wohl als Schwiegertochter annehmen würde. Am meisten aber ärgerte es ihn, dass das Volk aus Mitleid mit den Waisen und aus Hass gegen ihn jede Gelegenheit benutzte, um die Bosheit, mit der er seine Brüder verfolgt hatte, in helles Licht zu rücken. Er versuchte daher, seinen Vater zur Zurücknahme der getroffenen Anordnungen zu bewegen, indem er es ihm als gefahrlich hinstellte, dass er die Waisen durch Anlrnüpfung jener verwandtschaftlichen Beziehungen so mächtig werden lassen wolle. Herodes gab endlich seinen Bitten nach und bestimmte, dass Antipater die Tochter des Aristobulus und Antipaters Sohn die Tochter des Pheroras heiraten solle. In dieser Weise änderten sich also die Verlobungen sehr gegen den Willen des Königs. 3. Herodes selbst hatte um diese Zeit neun Gattinnen: Zunächst Antipaters Mutter, dann die Tochter des Hohepriesters, von der er einen Sohn seines Namens erhalten hatte; weiter die eine Tochter seines Bruders und die Tochter seiner Schwester, die beide keine Kinder hatten; sodann eine Samariterin, die ihm zwei Söhne, Antipas und Archelaus, sowie eine Tochter Olympias gebar. Letztere heiratete später Joseph, den Bruderssohn des Königs. Archelaus und Antipas wurden zu Rom bei einem Privatmann erzogen. Eine weitere Frau des Herodes war Kleopatra aus Jerusalern, die Mutter von Herodes und Philippus, welch Letzterer ebenfalls zu Rom erzogen wurde. Alsdann kam Pallas, die ihm einen Sohn PhasaeI gebar, und außerdem hatte er noch zwei Frauen Namens Phaedra und Elpis geheiratet, von denen er zwei Töchter, Roxane und Salome, erhielt. Von seinen beiden älteren Töchtern, den rechten Schwestern seines Sohnes Alexander, deren Hand Pheroras ausgeschlagen hatte, vermählte er die eine mit seinem
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Schwestersohn Antipater, die andere mit seinem Bruderssohn Phasael. Das war des Herodes Familie.
ZWEITES KAPITEL Von dem babylonischen Juden Zamaris. Weitere Ränke Antipaters gegen Herodes. Einiges von den Pharisäern.
1. Um diese Zeit beschloss Herodes, um sich vor den Trachonitern Ruhe zu verschaffen, inmitten ihres Landes einen Flecken für die Juden anzulegen, der an Größe einer Stadt nichts nachgeben sollte, und dadurch nicht nur sein eignes Land gegen Einfalle zu sichern, sondern sich auch einen Stützpunkt zu schaffen, von dem aus er den Feind, wenn nötig, überfallen könnte. Da er nun in Erfahrung gebracht hatte, ein Jude aus Babylonien habe mit fünfhundert berittenen Bogenschützen und gegen hundert seiner Verwandten den Euphrat überschritten, sich zu Antiochia in der Nähe der syrischen Stadt Daphne niedergelassen und von dem damaligen syrischen Statthalter Saturninus einen Wohnplatz, Valatha genannt, angewiesen erhalten, ließ er denselben nebst seinen Begleitern zu sich kommen und versprach ihm, um seine Feinde wirksam abwehren zu können, einen Landstrich in dem an Trachonitis grenzenden Bezirk Batanaea. Diesen Landstrich wollte er von allen Abgaben befreien und ihm denselben ohne die sonst üblichen Entschädigungen zur steuerfreien Bebauung überlassen. 2. Durch diese Versprechungen ließ sich der Babyionier bewegen, nahm den Landstrich in Besitz und erbaute in demselben einige Kastelle sowie einen Flecken, dem er den Namen Bathyra gab. Wirklich diente auch dieser Mann sowohl den Einwohnern des Landes zum Schutz, als den Juden, die aus Babylonien nach Jerusalem behufs Darbringung von Opfern kamen, zur Sicherung gegen räuberische Überfalle der Trachoniter. Da nun in der Folge sich viele an ihn anschlossen und namentlich solche, die treu am jüdischen Gesetz hingen, wurde die Gegend bald sehr bevölkert, zumal sie außer Sicherheit auch noch völlige Steuerfreiheit gewährte, wenigstens zu Lebzeiten des Herodes. Sein Sohn und Nachfolger Philippus erhob für kurze Zeit unbedeutende Abgaben, während Agrippa der Große und dessen gleichnamiger Sohn den Landstrich hart bedrückten, ohne ihm jedoch et-
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was von seinen Freiheiten zu nehmen. Als die Römer zur Herrschaft gelangt waren, ließen sie den Bewohnern zwar auch ihre sonstigen Rechte, legten ihnen aber ungeheure Steuern auf, worüber ich an gehörigem Orte noch ausführlicher sprechen werde. 3. Als Zamaris (so hieß der Babyionier) nach einem Leben voll Ruhm starb, hinterließ er ausgezeichnete Söhne, unter anderen auch den lakim, der durch seine Tapferkeit berühmt wurde und seine Babyionier vornehmlich im Reiterdienst ausbildete, sodass die genannten Könige stets eine Abteilung von ihnen als Leibwache hielten. Als lakim in hohem Alter starb, folgte ihm sein Sohn Philippus, ein wegen seiner Tatkraft und sonstigen 'nichtigkeit ganz besonders erwähnenswerter Fürst. Deshalb erwies ihm der König Agrippa treue Freundschaft und beständiges Wohlwollen, und so viele Soldaten der König auch halten mochte, Philippus musste dieselben stets im Kriegsdienst unterweisen und sie bei allen Feldzügen anführen. 4. Um aber wieder zu Herodes zurückzukehren, so war die Lage an seinem Hofe die, dass Antipater alle Macht in Händen hatte, und zwar mit Bewilligung des Königs, der auf seine Anhänglichkeit und 'freue baute. Da nun Antipater seinen wahren Charakter geschickt zu verbergen wusste und bei Herodes leicht Glauben fand, so dachte er ernstlich an die Erweiterung seiner Macht. Bald war er überall ein Gegenstand des Schreckens, nicht so sehr durch die Größe seines Einflusses, als vielmehr durch seine ränkevolle Bosheit, und besondere war es Pheroras, der ihm schmeichelte, so wie er diesem gegenüber ebenfalls ein äußerst freundliches Wesen zur Schau trug, während er ihn durch die Frauen in ein schlau gelegtes Netz verstrickte. Pheroras stand unter dem Einflusse seiner Gattin, seiner Schwiegermutter und seiner Schwägerin. Obgleich ihm diese Frauen wegen des Unrechtes, das sie seinen unverheirateten Töchtern zugefügt hatten, im Grunde höchst verhasst waren, so ließ er sich doch von ihnen leiten und vermochte nichts ohne sie zu tun, da sie ihn ganz in ihrem Banne hatten und untereinander völlig einverstanden waren. Infolgedessen aber ward auch Antipater von ihnen beherrscht, teils durch seine eigne Schuld, teils seiner Mutter zuliebe, . die, wie man sagte, im Stillen zu den Frauen hielt. In der Folge entstand zwischen Pheroras und Antipater scheinbarer Streit, und zwar verhielt sich die Sache also. Die Schwester des Königs hatte ihr Einverständnis längst durchschaut, und da sie darin nichts Gutes für Herodes witterte, säumte sie nicht, dasselbe anzuzeigen. Als die beiden nun einsahen, dass ihr Zusammenhalten das Missfallen des Königs erregte, beschlossen sie, öffentlich sich entzweit zu stellen, besonders in Gegenwart des Herodes oder eines
* Der Paragraph 31 fehlt in der griech. Textausgabe.
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Höflings, der ihm davon Mitteilung machen könnte, insgeheim jedoch umso fester sich aneinander anzuschließen, was sie denn auch taten. Der Salome aber blieb weder diese ihre Absicht noch ihre eigentliche Gesinnung verborgen. Vielmehr wusste sie alles zu erspähen und mit größter Übertreibung ihrem Bruder von geheimen Zusammenkünften, Trinkgelagen und versteckten Anschlägen zu berichten, die, wie sie sagte, gewiss nicht die Öffentlichkeit zu scheuen hätten, wenn sie nicht seinen Untergang bezweckten. Denn öffentlich stellten sich die beiden entzweit und wüssten nicht genug Schmähungen gegeneinander zu häufen, während sie, sobald sie sich allein wüssten, gemeinschaftlich in bester Freundschaft Pläne gegen die schmiedeten, denen sie ihr Einvernehmen zu verhehlen bemüht seien. So erfuhr Salome alles und hinterbrachte es bei erster Gelegenheit ihrem Bruder, der auch selbst wohl manches gemerkt hatte, aber noch nichts zu unternehmen wagte, weil er den Reden seiner Schwester nicht so ganz traute. Unter den Juden nun gab es eine Sekte, deren Angehörige sich auf genaue Kenntnis des Gesetzes etwas zugut taten, sich für besondere Lieblinge Gottes ausgaben und jene Frauen auf ihre Seite gezogen hatten. Das waren die Pharisäer, welche den Königen gegenüber hartnäckigen Widerstand an den Tag legten und ebenso verschlagen wie zu offenem Kampfe bereit waren. Als das ganze jüdische Volk dem Cäsar und seinem König Treue schwor, hatten sie, an Zahl über sechstausend, sich dessen geweigert, und als sie deshalb von Herodes mit einer Geldstrafe belegt ~orden waren, bezahlte des Pheroras Gattin dieselbe für sie. Aus Erkenntlichkeit für diesen Dienst sagten sie, weil sie im Rufe standen, göttliche Weissagungsgabe zu besitzen, ihr voraus, Herodes und dessen Nachkommen würden nach Gottes Ratschluss die Herrschaft verlieren, die dann an sie, Pheroras und ihre Kinder fallen werde. Auch das blieb Salome nicht verborgen, und sie meldete es dem Könige mit dem Zusatz, einige seiner Höflinge seien schon bestochen. Der König ließ daher die am meisten bloßgestellten Pharisäer sowie den Verschnittenen Bagoas und seinen Pagen Carus, der zu jener Zeit für den schönsten Jüngling galt, hinrichten. Desgleichen wurden aus seiner Dienerschaft alle diejenigen umgebracht, die den Reden der Pharisäer Glauben geschenkt hatten. Die Letzteren hatten auch den Bagoas übermütig gemacht durch die Vorspiegelung, er werde der Vater und Wohltäter dessen heißen, der nach ihrer Verkündigung zum König bestimmt sei. Dieser König werd~ alles unter seine Gewalt bringen, und Bagoas werde die Fähigkeit wiedererlangen, mit einem Weibe zu verkehren und Kinder zu zeugen.
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DRITTES KAPITEL Feindschaft zwischen Herodes und Pheroras. Wie Herodes den Antipater nach Rom zum Cäsar schickte. Des Pheroras Tod. 46
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l. Nachdem nun Herodes die scPuldig befundenen Pharisäer hatte hinrichten lassen, berief er seine Freunde zusammen und erhob Klage gegen des Pheroras Gattin: Threm Übermut legte er die den Jungfrauen zugefügten Beleidigungen zur Last und erklärte, dass er selbst durch diese Schmach mitbeleidigt sei. Sie stifte, sagte er, Streit zwischen ihm und seinem Bruder und errege mit Wort und Tat Feindschaft zwischen ihnen; sie sei es auch, die die Geldstrafe für die Pharisäer bezahlt habe, und stecke überhaupt hinter allem, was am Hofe vor sich gehe. Pheroras werde daher gut daran tun, wenn er freiwillig, ohne erst eine diesbezügliche Aufforderung abzuwarten, sich von einem Weibe lossage, die nur Zwietracht zwischen ihnen zu säen trachte. »Wenn du also«, fuhr er fort, »noch auf ein brüderlich liebevolles Verhältnis Anspruch erhebs~ so musst du dieses Weib verstoßen. Denn nur unter dieser Bedingung kannst du in Wahrheit mein Bruder bleiben und auf meine Zuneigung rechnen.« Pheroras ward durch diese kräftig gesprochenen Worte erschüttert, entgegnete aber, er werde weder aufhören, des Königs Bruder zu sein, noch auf die Liebe seiner Gattin verzichten, und lieber wolle er sterben, als ohne seine ihm so teure Frau leben. Obwohl nun Herodes durch diese Erklärung schwer beleidigt war, unterdrückte er doch seinen Zorn gegen Pheroras, verbot aber dem Antipater und dessen Mutter, mit Pheroras zu sprechen oder eine Zusammenkunft der Frauen zu dulden. Das versprachen nun freilich beide; nichtsdestoweniger aber kamen Antipater und Pheroras auch fernerhin zu Schmausereien und Gelagen zusammen. Es ging sogar das Gerüch~ Antipater unterhalte unerlaubte Beziehungen zu Pheroras' Gattin, und Antipaters Mutter spiele dabei die Kupplerin. 2. Da Antipater indes vor seinem Vater auf der Hut sein musste und seinen Groll nicht noch mehr reizen durfte, schrieb er an seine Freunde in Rom und ersuchte sie, dem Herodes mitzuteilen, dass er seinen Sohn Antipater möglichst bald zum Cäsar schicken müsse. Das geschah denn auch, und so sandte Herodes den Antipater mit reichen Geschenken und seinem Testamente ab, in welchem er festgesetzt hatte, dass nach seinem Tode An-
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tipater, falls dieser aber vor ihm sterben würde, sein Sohn Herodes, den ihm die Hohepriesterstochter geboren hatte, den Thron besteigen sollte. Zur selben Zeit wie Antipater nun kam auch der Araber Syllaeus nach Rom, ohne etwas von dem getan zu haben, was ihm vom Cäsar befohlen worden war, und so klagte ihn Antipater bei Augustus derselben Vergehen an, die ihm früher schon Nikolaus zur Last gelegt hatte. Auch Aretas hatte gegen Syllaeus die Klage erhoben, er habe ohne seine Einwilligung in Petra viele der vornehmsten Männer und besonders den wegen seiner Tüchtigkeit hoch geachteten Soemus sowie Fabatus, den Diener des Cäsars, umbringen lassen. Die letztere Anklage gründete sich auf folgende Tatsachen. Herodes hatte einen Leibwächter mit Namen Korinthus, dem er das höchste Zutrauen schenkte. Dieser Leibwächter war von Syllaeus mit vielem Gelde bestochen worden, den Herodes zu töten, und hatte auch eine diesbezügliche Zusage gemacht. Nun erhielt aber Fabatus durch Syllaeus selbst Kenntnis von dem Mordanschlage und machte dem Könige Meldung. Herodes ließ darauf den Korinthus festnehmen und erpresste auf der Folter von ihm das Geständnis des beabsichtigten Verbrechens. Auf die Angaben des Korinthus hin wurden dann auch noch zwei andere Araber gefanglich eingezogen, von denen der eine ein Stammeshäuptling, der andere ein besonderer Freund des Syllaeus war. Diese beiden gestanden auf der Folter ebenfalls dem König, sie seien gekommen, um dem Korinthus zuzusprechen, er solle sich nicht entmutigen lassen, und um ihm nötigenfalls bei dem Morde behilflich zu sei. Das alles zeigte Herodes dem Saturninus an, der die Verschworenen nach Rom bringen ließ. 3. Da unterdessen Pheroras bei der Anhänglichkeit an seine Gattin verharrte, befahl ihm Herodes, er solle sich in sein Land begeben. Pheroras schwor darauf hoch und teuer, er werde nicht eher zurückkehren, als bis er von des Herodes Tod in Kenntnis gesetzt sei, und zog sich alsdann bereitwillig in seine Tetrarchie zurück. Treu seinem Eide weigerte er sich sogar, zu Herodes zu reisen, als dieser ihn während einer Krankheit zu sich bitten ließ, um ihm einen geheimen Auftrag anzuvertrauen. Dieses Benehmen vergalt jedoch Herodes nicht, sondern begab sich milderen Sinnes und ungerufen, als Pheroras krank wurde, zu diesem, um ihm einen Besuch abzustatten. Als nun Pheroras gestorben war, ließ Herodes ihn aufbahren, nach lerusalem überführen, dort feierlich beisetzen und schrieb eine allgemeine Trauer für ihn aus. Mit diesem Todesfall nahm auch das Geschick Antipaters trotz seiner Reise nach Rom eine ungünstige Wendung, und Gott strafte ihn jetzt für den Brudermord. Doch ich will diese ganze Geschichte ausführli-
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VIERTES KAPITEL Herodes entdeckt Antipaters Anschläge. 61
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1. Nach der Beisetzung des Pheroras begaben sich zwei seiner Freigelassenen, denen er besonders zugetan gewesen war, zu Herodes und baten ihn, er möge doch den Tod seines Bruders nicht ungerächt lassen, sondern über sein trauriges Ende eine Untersuchung anstellen. Diese Worte, die den Stempel der Wahrheit an sich trugen, machten den König aufmerksam, und die Freigelassenen berichteten ihm nun, Pheroras habe am Tage vor seiner Erkrankung bei seiner Gattin gespeist. Hier sei ihm in einem unbekannten Gerichte Gift beigebracht worden, welches seinen Tod herbeigeführt habe. Djeses Gift sei von einem Weibe aus Arabien gekommen, angeblich um als Liebestrank verwendet zu werden, in Wahrheit aber, um Pheroras damit aus dem Wege zu räumen. Die arabischen Weiber sind als Giftmischerinnen bekannt, und von derjenigen, auf die sich jetzt der Verdacht lenkte, stand es fest, dass sie mit einer Freundin des Syllaeus vertrauten Verkehr pflog, wie auch, dass die Mutter und Schwester der Gattin des Pheroras zum Ankauf des Giftes zu ihr gereist und am Tage vor jenem Mahle mit ihr zurückgekommen waren. Über diese Anzeige aufs höchste ergrimmt, unterwarf der König die Sklavinnen jener Frauen und einige Freigelassene der Folter, konnte aber zunächst nichts ermitteln, weil keine der Gefolterten etwas bekannte, bis endlich eine von ihnen im Übermaß ihrer Qual ausrief, sie bitte Gott, er möge solche Qualen über die Mutter Antipaters verhängen, die an all jenem Unglücke schuld sei. Diese Aussage veranlasste den Herodes, die Folterung verschärfen zu lassen, bis er endlich alles erfuhr, die Gelage und geheimen Zusammenkünfte, den Verrat wichtiger Geheimnisse, die er Antipater anvertraut hatte, an des Pheroras Weiber (unter anderem hatte Antipater für die Zusage, nicht mehr mit Pheroras sprechen zu wollen, hundert Talente von Herodes erhalten), Antipaters Hass gegen seinen Vater, dessen Klagen bei seiner Mutter über des Herodes langes Leben, während er selbst altere und sich seiner einstigen Herrschaft nicht recht werde erfreuen können. Sodann habe Antipater sich darüber beschwert, dass noch
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so viele Brüder und Bruderssöhne gleich ihm in der Hoffnung auf die Thronfolge erzogen würden und dass deswegen seine Aussichten sehr zweifelhaft seien; sei doch sogar jetzt schon für den Fall, dass ihm etwas Menschliches zustoße, sein Bruder und nicht sein Sohn von Herodes zum Nachfolger bestimmt. Des Weiteren habe Antipater sich über die furchtbare Grausamkeit des Königs und die Hinrichtung der beiden Prinzen sehr missliebig geäußert und erklärt, dass nur die Furcht vor einem gleichen Schicksal ihn selbst nach Rom und den Pheroras in seine Tetrarchie getrieben habe. 2. Das alles stimmte mit den Aussagen der Schwester des Königs überein, und um jeden Zweifel zu beheben, kamen noch manche Gründe hinzu. Für Antipaters Bosheit stellte nun der König zunächst dessen Mutter Doris zur Rede, nahm ihr den ganzen Schmuck ab, der einen Wert von vielen Talenten darstellte, entließ sie dann und söhnte sich mit des Pheroras Frauen wieder aus. Den Zorn des Königs gegen Antipater entflammte aber aufs höchste der Samaritaner Antipater, der Verwalter seines gleichnamigen Sohnes, der auf der Folter unter anderem aussagte, Antipater habe sich ein todbringendes Gift verschafft, dasselbe dem Pheroras gegeben und ihm aufgetragen, es während seiner Abwesenheit dem Könige beizubringen, da dann am wenigsten Verdacht auf ihn fallen könne. Dieses Gift habe Antiphilus, einer der Freunde Antipaters, aus Ägypten mitgebracht, worauf es von Theudion, dem Oheim Antipaters von mütterlicher Seite, an Pheroras geschiCkt worden sei, und so habe es des Pheroras Gattin in die Hände bekommen, der es von ihrem Manne zur Aufbewahrung übergeben worden sei. Auf die Frage des Königs gestand die Gattin des Pheroras das ein, eilte dann, angeblich um das Gift zu holen, hinaus und stürzte sich vom Dache hinab, blieb jedoch am Leben, da sie auf die Füße fiel. Als sie nun wieder zu sich gekommen war, sicherte der König ihr und allen ihren Angehörigen Verzeihung zu, wenn sie ihm die volle Wahrheit gestehe, während er ihr die äußersten Qualen androhte, falls sie etwas zu verschweigen suche. Darauf versprach sie eidlich, alles der Wahrheit gemäß zu berichten, und, wie man allgemein glaubt, hat sie auch tatsächlich die Wahrheit gesagt, als sie bekannte: »Das Gift ist aus Ägypten von Antiphilus geholt worden, der es von seinem Bruder, einem Arzte, erhalten hat. Dann brachte es Theudion zu uns, und ich erhielt es von meinem Gatten zur Aufbewahrung, weil Antipater es für dich in Bereitschaft haben wollte. Als nun Pheroras krank wurde und sich bei Gelegenheit deines Besuches von deiner freundlichen Gesinnung überzeugte, verlor er den Mut, ließ mich rufen und sprach zu mir:
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Liebes Weib, Antipater hat mich umgarnt, als er mich zur Ermordung seines Vaters und meines Bruders beschwätzte und mir das Gift gab, welches diesem Zwecke dienen sollte. Da nun mein Bruder mir den klaren Beweis geliefert hat, dass er noch dieselbe gute Gesinnung wie früher gegen mich hegt, und ich nicht mehr lange zu leben habe, so will ich das Andenken meiner Vorfahren nicht durch einen Brudermord schänden. Bringe daher das Gift herbei und verbrenne es vor meinen Augen. Diesem Befehl folgte ich sogleich und holte das Gift herbei, goss den größten Teil desselben ins Feuer und ließ nur etwas davon übrig, um, falls ich nach meines Gatten Tode von dir eine harte Behandlung erfahren würde, meinem Leben und meiner Not zugleich damit ein Ende zu machen.« Nach diesen Worten brachte sie die Büchse mit dem Gift herbei. Des Antiphilus anderer Bruder und seine Mutter sagten auf d~r Folter dasselbe aus und erkannten die Giftbüchse an. Nun wurde auch die Tochter des Hohepriesters, die mit dem Könige vermählt war, beschuldigt, dass sie um alles gewusst, aber die Sache verheimlicht habe. Aus diesem Grunde verstieß Herodes sie und tilgte den Namen ihres Sohnes in seinem Testamente aus, das denselben zum Thronfolger bestimmte. Dann entsetzte er seinen Schwiegervater Simon, den Sohn des Boethos, der hohepriesterlichen Würde und verlieh dieselbe einem Bürger von lerusalem, Matthias, dem Sohne des Theophilus. 3. Unterdessen kam von Rom Antipaters Freigelassener Bathyllus an, und als derselbe in Untersuchung gezogen wurde, stellte es sich heraus, dass er Antipaters Mutter und Pheroras Gift überbringen sollte, womit sie den König, falls das frühere bei ihm nicht gewirkt habe, sicher aus dem Wege räumen könnten. Zugleich erhielt Herodes auch Briefe von seinen Freunden in Rom, worin auf Antipaters Anstiften Archelaus und Philippus beschuldigt wurden, als ob sie wegen der Hinrichtung Alexanders und Aristobulus' ihrem Abscheu gegen den Vater und ihrem Mideid mit den Brüdern Ausdruck verliehen und befürchtet hätten, sie würden aus keiner anderen Ursache zurückberufen, als um in gleicher Weise beiseite geschafft zu werden. Dass seine Freunde sich zu dieser Verleumdung herbeigelassen hatten, war von Antipater durch große Geldgeschenke bewirkt worden. Auch er selbst beschuldigte übrigens in einem Briefe seine Brüder auf heftigste, entschuldigte sie aber zugleich damit, dass sie noch jung seien und dass man ihre Worte ihrem Alter zugute halten müsse. Inzwischen führte er den Prozess gegen Syllaeus weiter und suchte die vornehmen Römer auf seine Seite zu ziehen, indem er sich mit einer prunkvollen Ausstattung im Werte von zweihundert Talenten umgab. Auffallend war es jedoch, dass er von dem, was
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nun schon seit sieben Monaten gegen ihn in Judäa angezettelt wurde, auch nicht die leiseste Ahnung hatte. Das war aber die Folge der scharfen Aufsicht, die auf allen Wegen geführt wurde, sowie der allgemeinen Abneigung gegen Antipater. Denn niemand hatte Lust, für Antipaters Sicherheit zu sorgen und dagegen sein eigenes Leben in die Schanze zu schlagen.
FÜNFTES KAPITEL Antipater kehrt zu seinem Vater zurück, wird von ihm zum Tode verurteilt und von Quintilius Varus, dem Stattalter Syriens, eingekerkert, bis der Cäsar über ihn entschieden habe.
1. Als nun Antipater an Herodes geschrieben hatte, er werde, da er alles aufs beste erledigt habe, nunmehr in kurzem zurückkehren, ließ Herodes nichts von seinem Zorn merken und schrieb zur Antwort, er solle nur unverzüglich abreisen, damit nicht etwa ihm, seinem Vater, während seiner Abwesenheit Schlimmes zustoße. Zugleich berührte er leichthin die gegen Antipaters Mutter erhobene Anklage und versprach ihm, nach seiner Rückkehr von dieser Anklage keinen Vermerk mehr zu nehmen. Kurz, Herodes heuchelte die liebevollste Sorgfalt, damit Antipater keinen Verdacht schöpfe und die Rückreise nicht aufgebe, weil dann zu befürchten stand, er werde von Rom aus seinem Vater Nachstellungen bereiten und auf Umwälzung hinarbeiten. Diesen Brief erhielt Antipater in Cilicien, nachdem er schon vorher in Tarent des Pheroras Tod erfahren hatte. Die letztere Nachricht schmerzte ihn sehr, aber nicht deshalb, weil er Pheroras besonders zugetan gewesen wäre, sondern weil derselbe nicht, wie er versprochen, vor seinem Tode den Herodes ermordet hatte. Als er nun zu Kelenderis in Cilicien angelangt war, trug er Bedenken, in sein Vaterland zurückzukehren, da die Verstoßung seiner Mutter ihn stutzig gemacht hatte. Von seinen Freunden rieten ihm die einen, den Ausgang der Dinge anderswo abzuwarten, die anderen dagegen, unverweilt die Heimreise anzutreten, weil er in eigener Person alle Beschuldigungen widerlegen könne, während seine Abwesenheit nur den Mut seiner Verleumder stärke. Der letzteren Vorstellung gab er Recht, fuhr also weiter und landete im Hafen Sebastos*, den Herodes mit * Dem Hafen von Caesarea.
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großen Kosten angelegt und dem Augustus zu Ehren so genannt hatte. Hier konnte Antipater schon merken, was ihn erwartete, da niemand ihm entgegenkam oder ihn begrüßte, während bei seiner Abreise allgemeine Segenswünsche ihn begleitet hatten. Jetzt dagegen stieß das Volk ungehindert Verwünschungen gegen ihn aus, weil es überzeugt war, er werde für die Ermordung seiner Brüder büßen müssen. 2. Zu dieser Zeit befand sich gerade Quintilius Varus*, der Nachfolger des Saturninus in der Verwaltung Syriens**, in Jerusalem, wohin er auf Herodes' Bitte zur Besprechung über die gegenwärtige Lage gekommen war. Während beide Beratung abhielten, langte Antipater an, ohne nähere Kenntnis von den Vorgängen zu haben, und betrat im Purpurgewande den Palast. Die Pförtner ließen nun zwar ihn selbst ein, nicht aber seine Freundeo Darüber entsank ihm der Mut, und er sah nun ein, wohin es mit ihm gekommen war, besonders als sein Vater, auf den er zur Begrüßung zuschritt, ihn zurückwies, ihm die Ermordung seiner Brüder sowie den Anschlag gegen das Leben seines Vaters vorwarf und ihm ankündigte, Varus werde am folgenden Tage über die ganze Angelegenheit entscheiden. Von diesem gewaltigen Schlage erschüttert, ging Antipater wie geistesabwesend weg und traf seine Mutter, die Tochter von Herodes' Vorgänger Antigonus, sowie seine Gattin, die ihm entgegenkamen und ihm alles mitteilten, was vorgefallen war, worauf er sich zur Verteidigung vorbereitete. 3. Am folgenden Tage setzten sich Varus, der König, ihre beiderseitigen Räte und die Verwandten des Königs zu Gericht. Geladen waren außerdem die Schwester des Königs, Salome, alle, die eine Beschuldigung vorzubringen, und die, welche auf der Folter Geständnisse gemacht hatten, sowie die Diener von Antipaters Mutter, die kurz vor seiner Ankunft verhaftet worden waren. Bei den Letzteren war ein Brief gefunden worden, dessen Hauptinhalt dahin lautete, Antipater möge nicht heimkehren~ da sein Vater um alles wisse und ihm nur noch die Zuflucht beim Cäsar übrig bleibe, wenn er nicht in die Hände seines Vaters fallen wolle. Antipater warf sich gleich zu Beginn der Verhandlung seinem Vater zu Füßen und bat ihn, er möge ihn doch nicht auf eine vorgefasste Meinung hin verurteilen, sondern ihm geneigtes Gehör schenken, da er sich völlig rechtfertigen könne. Herodes aber befahl, ihn in die Mitte zu stellen, und brach in Klagen über seine Kinder aus, von denen er schon so viel gelitten, noch ehe Antipaters Ruchlosigkeit * Derselbe, der im Jahre 9 n. Chr. von Arminius im Teutoburger Walde besiegt wurde. ** Er trat dieses Amt im Jahre 4 V. Chr an.
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seine alten Tage verbittert habe. Dann erwähnte er, wie große Sorgfalt er auf ihre Erziehung und Bildung verwendet und welche Schätze er ihnen jederzeit, sooft sie dies gewünscht, habe zukommen lassen. Dafür sei ihm der Dank zuteil geworden, dass sie ihm nach·dem Leben trachteten und die Herrschaft in Besitz zu nehmen strebten, noch ehe das Schicksal oder das Gesetz oder der Wille ihres Vaters ihnen dies ermöglichten. Es sei unbegreiflich, bis zu welchem Grade von Überhebung und Frevelmut Antipater sich habe hinreißen lassen. Als Nachfolger auf dem Throne sei er doch durch testamentarische Bestimmung schon bezeichnet worden, und auch jetzt bei Lebzeiten seines Vaters stehe er diesem weder an glanzvollem Range noch an Macht nach, da er fünfzig Talente jährlicher Einkünfte und bei seiner Abreise nach Rom noch außerdem dreihundert Talente Reisegeld angewiesen erhalten habe. Dann warf er ihm vor, dass er seine Brüder angeschwärzt habe, denen er, wenn sie wirklich so schlecht gewesen wären, an Ruchlosigkeit jetzt nichts nachgebe, die er aber, wenn sie unschuldig gewesen, sich nicht gescheut habe zu verleumden, obwohl sie ihm nahe verwandt gewesen seien. Er habe ja alles, was ihm über dieselben bekannt geworden, nur aus Antipaters Mund vernommen, und das, was er über sie verhängt habe, nur auf sein Anstiften getan. Er müsse aber jetzt die beiden von aller Schuld freisprechen, nachdem Antipater als der eigentliche Vatermörder sich herausgestellt habe. 4. Hier vermochte Herodes vor 1ränen nicht weiterzureden. Er bat daher den Nikolaus von Damaskus, der als sein Freund und beständiger Gefährte von den meisten seiner Handlungen Kenntnis hatte, fortzufahren und alles Übrige hervorzuheben, was sich auf Schuld und Unschuld bezog. Alsdann wandte sich Antipater, um sich zu verteidigen, an seinen Vater, ging alle Beweise von Wohlwollen durch, die Herodes ihm hatte zukommen lassen, und zählte namentlich die Auszeichnungen her, die, wie er sagte, ihm sicher nie zuteil geworden wären, wenn er sie nicht durch sein gutes Verhalten verdient hätte. Was zu besorgen gewesen, habe er aufmerksam besorgt, und wo sein tatkräftiges Einschreiten nötig geworden, habe er sich alle Mühe gegeben, zu helfen. Es sei doch nicht anzunehmen, dass jemand, der seinen Vater aus fremden Nachstellungen errettet habe, ihm nun nach dem Leben trachte und den bei der Rettung bewiesenen Edelmut durch die Ruchlosigkeit einer solchen Tat verdunkle. Dazu komme noch, dass er ja schon längst ohne Widerspruch zum Thronfolger ernannt worden und in den Genuss der Ehren getreten sei, deren er sich jetzt erfreue. Kaum denkbar sei es ferner, dass jemand, der schon im sicheren und rühmlichen Besitz der Hälf-
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te sei, mit sträflichem Ehrgeiz nach dem Ganzen strebe, dessen Erringung zweifelhaft sei; besonders könne man das von ihm deshalb nicht annehmen, weil er Zeuge des traurigen Schicksals seiner Brüder gewesen, gegen die er, da sie sich nun einmal verfehlt hätten, selbst als Ankläger und nach ihrer Verurteilung als Vollstrecker des Todesurteils aufgetreten sei. Diese Störungen der häuslichen Eintracht seien der beste Beweis dafür, wie treu und ergeben er sich stets gegen seinen Vater benommen habe. Was aber sein Betragen in Rom betreffe, so dürfe er dafür das Zeugnis des Cäsars anrufen, den man ebenso wenig wie Gott selbst betrügen und hintergehen könne. Lägen doch Briefe von ihm vor, denen man jedenfalls ein größeres Gewicht beilegen müsse als den verleumderischen Aussagen schlechter Menschen, die nur auf Erregung von Unruhen und Streitigkeiten bedacht seien und infolge seiner Abwesenheit reiche Gelegenheit gefunden hätten, ihre Ränke zu schmieden, was sie während seiner Anwesenheit niemals vermocht hätten. Alsdann sprach er noch gegen die Anwendung der Folter, wodurch die Menschen gezwungen würden, alles zu gestehen, was die Machthaber hören wollten. Gleichwohl, erklärte er, sei er bereit, sich der Folterung zu unterziehen. 5. Diese Worte brachten eine gewaltige Veränderung bei den Versammelten hervor. Allseitig hatte man Mitleid mit Antipater, dessen Antlitz Tränen überströmten, sodass selbst seine Gegner weich wurden. Auch Herodes vermochte, sosehr er sich Mühe gab, seine Rührung nicht zu verbergen. Nikolaus aber führte nun die vom König begonnene Rede weiter, brachte alle Beweise vor, welche geeignet waren, die Anklage zu stützen und teils durch die Folter, teils durch anderweitige Zeugenaussagen erhärtet waren, und erwähnte besonders des Königs Sorgfalt bei der Erziehung seiner Kinder, für die er jetzt nicht nur keinen Lohn erhalten habe, sondern aus einem Unglück ins andere geraten sei. Er wundere sich, sagte er, nicht so sehr über die Verwegenheit der beiden schon bestraften Söhne, da sie durch ihre Jugend und durch schlechte Ratgeber dazu verleitet worden seien, die Rechte der Natur zu missachten und voreilig nach der Herrschaft zu streben. Dagegen setze ihn Antipaters Ruchlosigkeit geradezu in Erstaunen, der bei den größten Wohltaten seines Vaters unempfindlich geblieben sei, während doch selbst das wildeste Tier gegen seinen Wohltäter sich freundlich erweise, und den nicht einmal das traurige Los seiner Brüder von einem ähnlichen Verbrechen abgeschreckt habe. »Du bist es gewesen, Antipater«, fuhr er fort, »der die Pläne seiner Brüder zuerst zur Anzeige gebracht hat, du hast die Beweismittel gegen sie zusammengetragen und nach Fällung des
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Urteils ihre Hinrichtung betrieben. Wenn wir dir nun auch gerade daraus keinen Vorwurf machen wollen, dass dein Hass gegen sie so unersättlich gewesen ist, so müssen wir uns doch über dich wundern, dass du nun auf einmal in ihre Fußstapfen getreten bist, und wir können jetzt ermessen, dass du damals nicht das Wohl deines Vaters, sondern lediglich das Verderben deiner Brüder im Auge hattest und durch die Verfolgung ihrer Bosheit nur deshalb den Schein eines liebenden Sohnes erwecken wolltest, um desto verwegener und tatkräftiger gegen den Vater vorgehen zu können, wie das jetzt klar zutage liegt. Auch hast du deine Brüder aufgrund der von dir erhobenen Beschuldigungen aus dem Wege geräumt, ohne Mitwisser und Helfer anzugeben, sodass die allgemeine Überzeugung dahin geht, du habest vor der Anklage dich mit ihnen ins Einvernehmen gesetzt, um die Früchte des Vatermordes allein zu genießen, aus beiden Verbrechen aber doppelte, deines Charakters würdige Lust zu ziehen. In der Öffentlichkeit hast du den Schein erweckt, als hättest du mit der Hinrichtung deiner Brüder eine herrliche Tat vollbracht, und bist deshalb auch, wie billig, gerühmt worden. Hast du den Ruhm aber nicht verdient, so bist du noch schlechter als sie und hast sie, während du selbst insgeheim deinem Vater nach dem Leben trachtetest, nicht als Feinde ihres Vaters (denn dann hättest du nicht desselben Verbrechens dich schuldig gemacht), sondern als bevorzugtere Thronerben gehasst. Und noch obendrein hast du deinen Vater umbringen wollen, um nicht der Verleumdung deiner Brüder überführt zu werden und den Tod, den du selbst verdientest, über deinen unglücklichen Vater zu bringen. So wolltest du allerdings keinen gewöhnlichen Vatermord begehen, sondern einen solchen, wie er seit Menschengedenken nicht erhört worden ist. Denn du hast nicht bloß als Sohn deinem Vater nach dem Leben getrachtet, sondern du hast auch dem nachgestellt, der dich mit liebevoller Fürsorge umgeben, dich zum Mitregenten und Nachfolger ernannt, dir alle Ehren der königlichen Würde schon jetzt zuerkannt und durch seinen schriftlich aufgesetzten Willen deine Hoffnungen auf die Zukunft gesichert hat. Auch hast du nicht des Herodes Güte, sondern nur deiner eigenen Verkehrtheit Rechnung getragen, als du deinem Vater, der so nachsichtig gegen dich war, auch noch seinen Anteil an der Herrschaft entreißen wolltest und, während du dich als sein Retter aufspieltest, in Wirklichkeit auf seinen Tod bedacht warst. Ja, du begnügtest dich nicht damit, deine Mutter in deine verbrecherischen Anschläge zu verwickeln, sondern zerstörtest auch das gute Einvernehmen zwischen deinen Brüdern und wagtest es, deinen Vater dem wilden Tiere zu vergleichen. Nein, du selbst
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bist gefahrlicher als die giftigste Schlange, da du nicht bloß dein Gift gegen deine nächsten Blutsverwandten und deine größten Wohltäter verspritztest, sondern auch im Übermaße deiner Bosheit bewaffnete Scharen und alle möglichen Ränke von Männern wie von Weibern gegen einen schwachen Greis aufbotest. Und jetzt wagst du noch hier zu erscheinen, nachdem Freie und Sklaven, Männer und Weiber deinetwegen gefoltert worden sind, jetzt wagst du noch hier zu erscheinen, um der Wahrheit zu trotzen und der gegen dich erlassenen Verfügung, dem Billigkeitssinne des Varus, ja aller Gerechtigkeit Hohn zu sprechen? Traust du denn deiner Verwegenheit und Unverschämtheit so viel zu, dass du dich der Folter unterwerfen willst? Meinst du etwa, die früher auf der Folter gemachten Geständnisse entkräften und die, welche es mit deinem Vater gut meinen, der Lüge zeihen zu können? Und sollen wir etwa dem Glauben schenken, was du aussagen wirst? Wie lange denn, Varus, willst du den König noch den Verunglimpfungen seiner Verwandten aussetzen? Wann endlich gedenkst du dieses Ungeheuer von einem Menschen zu vertilgen, das, um seinen Brüdern den Untergang zu bereiten, Liebe zu seinem Vater heuchelt und, da es im Begriffe steht, den Thron zu besteigen, diesen seinen Vater verderben will? Es kann dir ja nicht unbekannt sein, dass der Vatermord sowohl ein Verbrechen gegen die Natur als gegen das Leben des einzelnen Menschen ist, und dass schon der bloße Gedanke daran der wirklichen Ausführung der Freveltat nicht nachsteht. Wahrlich, wer dagegen nicht mit Strenge einschreitet, begeht selbst ein Verbrechen gegen die Natur!« 6. Schließlich befasste sich Nikolaus auch noch mit Antipaters Mutter, erwähnte, was sie in weibischer Geschwätzigkeit ausgeplaudert hatte, und sprach von der Befragung von Sehern und von Opfern, die den Untergang des Königs beschleunigen sollten, sowie von den Schamlosigkeiten, die Antipater vor Geilheit im Rausche gegen des Pheroras Frauen begangen hatte. Alsdann wiederholte er die vielen Geständnisse, die von den Gefolterten, und die Aussagen, die von den Zeugen teils wohl überlegt, teils überstürzt gemacht worden waren, und wies nach, dass gerade die letzteren Aussagen die meiste Beweiskraft hätten. Hatte nun noch jemand aus Furcht, im Falle von Antipaters Freisprechung seine Rache gewärtigen zu müssen, etwas verschwiegen, so fiel dieser Grund jetzt, da er von seinem sonstigen Glück verlassen schien, fort, und alles ward verraten. So wurde Antipater nicht sowohl durch die Feindseligkeit seiner Ankläger gestürzt, als vielmehr durch die Größe seiner Freveltaten und durch seine Bosheit gegen Vater und Brüder, mit der er Zwietracht und Mord in das Haus seines Vaters ge-
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bracht hatte und je nach seinen Zwecken bald Hass, bald Wohlwollen zur Schau trug. Das alles war zwar schon längst von denen, die ein gesundes Urteil besaßen und sich nicht von Parteihass beeinflussen ließen, bemerkt worden, doch hatten diese Leute früher nicht den Mut, Klagen darüber laut werden zu lassen. Jetzt dagegen, da sie sich sicher fühlten, brachten sie alles vor, was sie wussten, und so kamen Anklagen der mannigfaltigsten Art zutage, die sich nicht widerlegen ließen, weil man den Angebern weder vorwerfen konnte, dass sie dem König zu Gefallen sprächen, noch dass sie aus Furcht etwas zu verschweigen trachteten. Vielmehr erhoben sie ihre Anklagen nur deshalb, weil sie die ruchlosen Taten Antipaters verabscheuten und seine Bestrafung nicht um der Sicherheit des Herodes willen wünschten, sondern als gerechten Lohn für seine Frevel ansahen. Viele traten auch unaufgefordert vor und machten so schwer wiegende Aussagen, dass Antipater trotz seiner Meisterschaft in der Lüge und Schamlosigkeit kein Wort darauf zu entgegnen wusste. Nachdem nun Nikolaus mit seiner Beweisführung zu Ende war, forderte Varus den Antipater auf, sich zur Widerlegung der Beschuldigungen anzuschicken, wenn er seine Unschuld beweisen könne; er wünsche nämlich sehr, ihn frei ausgehen zu sehen, wie das auch, dessen sei er gewiss, dem Wunschs seines Vaters entspreche. Antipater warf sich darauf zu Boden und rief Gott und alle Menschen zu Zeugen dafür an, dass er unschuldig sei und nichts gegen seinen Vater im Schilde geführt habe. Das ist allerdings das Verfahren aller Unholde: Schicken sie sich zu einem Verbrechen an, so kümmern sie sich nicht um Gottes Allgegenwart und handeln ihrer Willkür gemäß; werden sie aber ergriffen und vor Gericht gestellt, so wollen sie dadurch, dass sie Gott zum Zeugen anrufen, alle Schuld von sich abwälzen. Genau so machte es auch Antipater. Denn zuerst verübte er alle möglichen Gräuel, als ob es keinen lebendigen Gott mehr gebe; als er aber zur Rechenschaft gezogen wurde und keinen Ausweg zu seiner Rettung sah, vermaß er sich, Gottes Hilfe wieder anzurufen, beschwor ihn, seine Macht zu seinen Gunsten walten zu lassen, und berief sich auf das, was er fortgesetzt für das Wohl seines Vaters getan habe. 7. Als nun Varus trotz öfteren Fragens aus Antipater nichts anderes herausbringen konnte, als die Berufung auf Gott, und einsah, dass er damit nicht zu Ende kommen würde, befahl er, das Gift herbeizubringen, um dessen Wirkung zu erproben. Als dasselbe geholt worden war, musste auf Varus' Anordnung ein zum Tode verurteilter Verbrecher davon trinken, und dieser fiel sogleich entseelt nieder. Da erhob sich Varus, verließ die Sitzung und begab sich am folgenden Tage nach Antiochia, der Hauptstadt von Sy-
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rien, wo er sich meistens aufzuhalten pflegte. Herodes aber ließ sogleich seinen Sohn in Ketten legen, und man wusste nicht recht, was Varus vor seiner Abreise dem König noch gesagt hatte. Doch war man vielfach der Meinung, er habe zu dem Verfahren, welches Herodes gegen Antipater einschlug, seine Zustimmung gegeben. Als Letzterer nämlich eingekerkert war, schickte Herodes einen schriftlichen Bericht über die Vorgänge an den Cäsar und ließ ihm zugleich mündlich die Bosheit Antipaters darlegen. Bald darauf wurde ein Brief des Antiphilus, der sich in Ägypten aufhielt, an Antipater aufgefangen, den der König eröffnete und der also lautete: »Ich schicke dir den Brief der Akme unter eigener Lebensgefahr. Du weißt ja, dass ich wieder von zwei Familien alles zu furchten habe, wenn ich ertappt werdeo Ich wünsche dir übrigens guten Erfolg zu deinem Unternehmen.« Das war der Inhalt dieses Briefes. Der König suchte nun auch nach dem anderen Schreiben, doch wollte sich dasselbe nicht finden, und der Sklave des Antiphilus, der den einen Brief gebracht hatte, leugnete, noch einen zweiten erhalten zu haben. Als nun der König unschlüssig hin und her überlegte bemerkte einer von seinen Freunden an dem inneren Gewande des Sklaven, der zwei Kleider übereinander trug, eine zusammengenähte Falte und vermutete in dieser Falte den zweiten Brief, was sich denn auch bestätigte. Herodes griff hastig nach dem Schreiben, welches folgenden Inhalt aufwies: »Akme an Antipater. Ich habe deinem Vater den von dir gewünschten Brief geschrieben und schicke ihm die angebliche Abschrift eines von Salome an meine Herrin gerichteten Schreibens, nach dessen Lesung er, des bin ich gewiss, Salome wegen Mordversuchs zum Tode verurteilen wird« Dieser Brief war ein scheinbar von Salome an die Herrin der Akme gerichtetes Schreiben, das Antipater dem Sinne nach der Akme in Auftrag gegeben, diese aber mit ihren eigenen Worten zu Papier gebracht hatte. Es lautete folgendermaßen: »Akme an den König Herodes. Da ich mir Mühe gebe~ alles zu deiner Kenntnis zu bringen, was gegen dich ins Werk gesetzt wird, so habe ich mit eigener Lebensgefahr, doch zu deinem Nutzen einen Brief Salomes an meine Herrin, der in meine Hände fiel, abgeschrieben und schicke dir denselben. Sie hat ihn geschrieben, als sie noch willens war, den Syllaeus zu heiraten. Ich bitte dich aber, den Brief zu zerreißen, damit ich nicht in Gefahr gerate.« Dem Antipater selbst aber hatte Akme geschrieben, . sie habe nach seinem Willen an Herodes einen Brief des Inhalts gerichtet, dass Salome alles aufbiete, um ihn zu verderben, und dass sie ihm eine Abschrift des angeblich von Salome an ihre Herrin gerichteten Briefes geschickt habe. Diese Akme war jüdischer Abstammung, diente der Julia, der
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Gattin des Cäsars, und hatte die Briefe Antipater zuliebe geschrieben, von dem sie mit großen Geldsummen bestochen war, ihm bei der Ermordung seines Vaters und seiner Tante behilflich zu sein. 8. Durch Antipaters außergewöhnliche Bosheit fast von Sinnen gebracht, wollte Herodes ihn sogleich hinrichten lassen, weil er so verbrecherische Anschläge nicht nur gegen ihn selbst, sondern auch gegen seine Schwester ins Werk gesetzt und seine Mitverschworenen sogar am Hofe des Cäsars gesucht hatte. In diesem Entschlusse bestärkte den König noch seine Schwester Salome, indem sie ihre Brust zerschlug und sich freiwillig erbot, den Tod zu erleiden, wenn irgend ein stichhaltiger Beweis gegen sie erbracht werden könne. Herodes ließ also seinen Sohn vorfuhren, fragte ihn aus und hieß ihn offen alles vorbringen, was er zu der Briefangelegenheit zu sagen habe. Als nun Antipater schwieg, forderte er ihn auf, da er doch in jeder Beziehung als Bösewicht endarvt worden sei, wenigstens seine Mitschuldigen unverweilt zu nennen. Hierauf bezeichnete Antipater den Antiphilus als Urheber des ganzen Planes, ohne jedoch sonst noch jemand anzugeben. In höchster Wut wollte nun Herodes seinen Sohn sogleich nach Rom zum Cäsar schicken, damit er daselbst fur seine Anschläge zur Rechenschaftgezogen würde. Da er aber die Befürchtung nicht von sich zu weisen vermochte, er könne dort mit Hilfe seiner Freunde vielleicht doch noch seine Freisprechung durchsetzen, hielt er ihn weiter in Gewahrsam und schickte Gesandte mit Klageschriften zum Cäsar, indem er ihn zugleich davon in Kenntnis setzen ließ, inwiefern Akme an den verbrecherischen Anschlägen beteiligt sei, zu welchem Zwecke er Abschriften der oben erwähnten Briefe mitgab.
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SECHSTES KAPITEL Aufruhr unter den luden aus Anlass einer Erkrankung des Herodes. Die Krankheit verschlimmert sich. Des Königs letzte Anordnungen.
1. Während die Gesandten, mit den nötigen Anweisungen versehen, zur Überbringung der Briefe nach Rom eilten, fiel der König in eine Krankheit und machte deshalb sein Testament, in welchem er aus Hass gegen seine beiden von Antipater verleumdeten Söhne Archelaus und Philippus seinen
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jüngsten Sohn zum Thronfolger ernannte sowie dem Cäsar tausend Talente, der Gattin desselben, Julia, aber und den Söhnen, Freunden und Freigelassenen des Cäsars fünfhundert Talente vermachte. Seine eignen Söhne und Enkel bedachte er mit Legaten, Leibrenten und Grundbesitz und vermachte auch seiner Schwester Salome große Reichtümer, weil sie ihm stets die höchste Treue bewiesen und niemals Ränke gegen ihn geschmiedet habe. Weil er nun bei seinem vorgerückten Alter von beinahe siebzig Jahren auf Genesung nicht mehr hoffen durfte, befiel ihn eine heftige Erbitterung und leidenschaftliche Wut, besonders da er meinte, das Volk missachte ihn jetzt und freue sich über seine Erkrankung. Dazu kam noch, dass einige der Einflussreichsten unter dem Volke einen Aufruhr anzettelten, der sich folgendermaßen entwickelte. 2. Unter den Juden galten des Sariphaeus Sohn Judas und des Margaloth Sohn Matthias für bedeutende Redner und höchst erfahrene Ausleger des Gesetzes, und beim Volke erfreuten sie sich umso größerer Beliebtheit, als sie zugleich Lehrer der Jugend waren. Jeder, der nach wahrer Vollkommenheit strebte, ging in ihrem Hause ein und aus. Als diese beiden Männer erfuhren, des Königs Krankheit sei unheilbar, forderten sie die jungen Leute auf, alles, was der König dem väterlichen Gesetze zuwider eingeführt hatte, wieder abzuschaffen und den Lohn des heiligen Kampfes, den sie vorhätten, in der Befolgung der Gesetze zu suchen. Denn nur deswegen, sagten sie, weil der König in frevelhaftem Wagemut das Gesetz missachtet, habe ihn außer vielem anderen ungewöhnlichen Missgeschick auch diese Krankheit heimgesucht. Herodes hatte nun allerdings in mancher Beziehung das Gesetz übertreten, sodass Judas und Matthias mit ihrer Beschuldigung nicht im Unrecht waren. Er hatte nämlich über dem größten Tore des Tempels einen gewaltigen und kostbaren goldenen Adler anbringen lassen. Nun verbietet aber das Gesetz allen denen, die nach ihm ihr Leben einrichten wollen, an die Errichtung von Bildwerken auch nur zu denken oder irgendwelche lebenden Wesen in Weihgeschenken darzustellen. Die erwähnten Gesetzeslehrer erklärten daher, der Adler müsse entfernt werden, und wenn auch manchen dabei der Tod ereilen würde, so müssten doch Männer, die für den Schutz der väterlichen Gesetze in den Tod gingen, das für viel schöner halten als alle Freuden des Lebens, weil sie sich dadurch ewigen Nachruhm erwürben und für alle Zeiten ein ehrenvolles Andenken sicherten, Der Tod sei ja doch allen, auch denen, die ein gefahrloses Leben führten, bestimmt, und so müsse jeder, der nach wahrer Thgend strebe, darauf bedacht sein, rühmlich von hinnen zu scheiden. Zudem
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liege ein großer Trost darin, bei gefahrvollen Unternehmungen sein Leben zu lassen, weil dann auch die gesamten Verwandten, Männer wie Frauen, an dem Ruhm ihren Anteil hätten, 3. Mit solchen Reden reizten die Gesetzeslehrer die Jugend auf. Plötzlich verbreitete sich die Kunde, der König sei gestorben. Das kam den Aufwieglern nur recht, und so zog am hellen Tage eine Schar nach dem Tempel hinauf, riss den Adler herunter und hieb ihn vor .den Augen der im Heiligtum befindlichen Menge in Stücke. Als dies dem Stattalter des Königs hinterbracht wurde, rückte er, weil er der Sache eine größere Bedeutung beilegte, als sie in Wirklichkeit hatte, mit einer ansehnlichen Abteilung Soldaten aus, um den Empörern, die das Weihgeschenk des Königs zu zerstören sich erdreistet hatten, entgegenzutreten, und fiel unversehens über dieselben her. Wie sich nun das gewöhnliche Volk bei Unternehmungen mehr von augenblicklicher Aufwallung als von vernünftiger Überlegung leiten lässt, verloren auch hier die meisten völlig den Kopf, und so gerieten gegen vierzig junge Leute, die bei der Flucht des ganzen übrigen Haufens wacker standgehalten hatten, sowie die Anstifter der Empörung, Judas und Matthias, die es für schimpflich hielten, sich bei der Ankunft der Soldaten zurückzuziehen, in die Gewalt des Statthalters, der sie zum Könige führen ließ. Als Herodes sie fragte, ob sie sein Weihgeschenk herabzureißen sich erfrecht hätten, entgegneten sie: »Was geplant war, haben wir geplant, und was vollführt worden ist, haben wir vollführt, wie es wackeren Männern ziemt. Wir haben das Haus Gottes in Schutz genommen, und da wir durch häufige Anhörung des Gesetzes gelernt haben, für dasselbe einzutreten, so ist es nicht zu verwundern, wenn wir die Vorschriften, die Moyses auf Gottes Befehl und Eingebung uns schriftlich hinterlassen hat, für wichtiger halten als deine Anordnungen. Es wird uns ein Vergnügen sein, den Tod und jede Marter zu erleiden, da wir uns bewusst sind, dass wir nicht als Übeltäter, sondern als Eiferer für Gottes Sache in den Tod gehen.« Diesen Worten pflichteten alle Übrigen bei und bewiesen dieselbe Kühnheit, die sie auch bei Begehung der Tat an den Tag gelegt hatten. Der König ließ sie fesseln und nach Jericho bringen, wohin er auch die Vornehmsten der Juden beschied. Als diese sich versammelt hatten, ließ der König sie ins Theater kommen und begann hier vom Bette aus, da er schon nicht mehr stehen konnte, herzuzählen, wie viele Strapazen er um des Volkes willen erduldet, mit wie großen eigenen Kosten er den Tempel erbaut, was den Asamonäern während ihrer hundertfünfundzwanzigjährigen Regierungszeit nicht möglich gewesen sei, und wie er den Tempel mit prachtvollen Weihgeschenken
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geschmückt habe, wofür er noch nach seinem Tode Lob und Dank zu ernten hoffe. Jetzt aber, rief er mit erhobener Stimme, könne er nicht einmal bei Lebzeiten sich der Beleidigungen erwehren, da man am hellen Tage seine Weihgeschenke herunterzureißen und zu zerstören sich erkühne. Richte sich diese Beleidigung auch anscheinend nur gegen seine Person, so sei sie doch in Wirklichkeit, wenn man sie beim rechten Namen nennen wolle, eine Tempelschändung. 4. Da nun die Vornehmen bei der bekannten Grausamkeit und dem Jähzorn des Königs befürchten mussten, es möchte auch ihnen schlecht ergehen, missbilligten sie die Tat aufs schärfste und stimmten für strenge Bestrafung der Schuldigen. Trotzdem verfuhr Herodes ziemlich gelinde, entsetzte aber den Hohepriester Matthias als den teilweisen Urheber des Vorfalles seines Amtes und übertrug dasselbe an Jozar, den Schwager des Matthias. Unter dem Hohepriestertum des Matthias geschah es übrigens, dass für einen Tag, den Fasttag der Juden, ein anderer Hohepriester ernannt werden musste, und zwar um folgender Ursache willen. In der dem Fasttage voraufgehenden Nacht träumte Matthias, er wohne seinem Weibe bei, und da er deswegen kein Opfer darbringen konnte, übernahm sein Verwandter Joseph, der Sohn des Ellern, für ihn den Dienst. Diesen Matthias also entsetzte Herodes seines Amtes, den anderen Matthias aber, der den Aufruhr angestiftet hatte, ließ er mit einigen seiner Genossen lebendig verbrennen. In derselben Nacht fand eine Mondfinsternis statt. 5. Des Herodes Krankheit nahm übrigens immer mehr zu, und Gott züchtigte ihn offenbar für seine Freveltaten. Denn ein langsames Feuer verzehrte ihn, das jedoch äußerlich nicht die Glut verriet, mit der es seine Eingeweide durchwühlte. Dazu kam ein heftiges Verlangen, etwas zu nehmen, dem zu widerstehen unmöglich war. Weiterhin gesellten sich zu der Krankheit Geschwüre in den Eingeweiden, und besonders quälten ihn grausame Schmerzen in den Därmen. Die Füße waren ebenso wie der Unterleib von einer wässerigen, durchscheinenden Flüssigkeit aufgetrieben, und an den Geschlechtsteilen entstand ein fauliges Geschwür, welches Würmer erzeugte. Wenn der Kranke sich aufrichtete, litt er an quälender Atemnot, und der Gestank des Atems machte ihm ebenso viele Beschwerden als das angestrengte Atemholen. Endlich wüteten in fast allen Gliedern seines Körpers Krämpfe, die ihm eine unwiderstehliche Kraft gaben. Die Wahrsager, welche sich auf die Deutung solcher Heimsuchungen verlegten, waren der Meinung, Gott habe dem König für seine Bosheit diese schwere Strafe zuerkannt. Herodes selbst indes hoffte, obgleich er schrecklicher litt, als ei-
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nem Menschen zu ertragen möglich schien, immer noch auf Heilung, ließ Ärzte kommen und befolgte ihre Vorschriften aufs genaueste. Ja, er ließ sich sogar über den Jordan bringen und gebrauchte die warm~n Bäder zu Kallirrhoe, welche neben anderen vortrefflichen Eigenschaften auch die haben, dass sie trinkbar sind. Das Wasser der Quellen ergießt sich in den Asphaltsee. Als ihn hier die Ärzte so weit gebessert glaubten, ließen sie ihn in eine mit Öl gefüllte Badewanne setzen, wo er beinahe gestorben wäre. Da aber seine Diener ein Geschrei erhoben, kam er wieder zu sich, gab jetzt selbst die Hoffnung, je wieder zu genesen, auf und befahl, den Soldaten Mann für Mann fünfzig Drachmen auszuteilen. Den Führern und seinen Freunden machte er gleichfalls reiche Geschenke und kehrte dann nach Jericho zurück, wo ihn die schwarze Galle* ergriff und ihn derartig verbitterte, dass er gegen sein Ende hin noch folgende Schandtat ersann. Er befahl, dass die Vornehmen des ganzen Volkes sich bei ihm einfinden sollten; es war das aber eine ganz gewaltige Menge, weil sie aus dem gesamten Volke zusammenkamen und alle dem Befehl folgten, da auf Widersetzlichkeit die Todesstrafe stand. Diese ganze Menge nun ließ der König, der in gleicher Weise gegen Schuldige wie Unschuldige wütete, in der Rennbahn einschließen, entbot dann seine Schwester Salome und deren Gatten Alexas zu sich und äußerte, er werde, weil ihn so grässliche Schmerzen quälten, wohl bald sterben. Das sei nun zwar an sich nichts Schlimmes, da es allen Menschen bevorstehe, und nur das eine tue ihm Leid, dass er unbetrauert und unbeklagt sterben solle, wie es eines Königs unwürdig sei. Er kenne ja die Gesinnung der Juden recht wohl und wisse, dass sie sich über nichts so sehr freuen würden, als über seinen Tod, da sie schon bei seinen Lebzeiten sich gegen ihn empört und sein Weihgeschenk geschändet hätten. Es werde also Pflicht der Salome und ihres Gatten sein, diesem Übelstand abzuhelfen. Wenn sie seiner Meinung beipflichteten, müssten sie ihm ein glänzendes Leichenbegängnis veranstalten, wie es noch nie einem Könige zuteil geworden sei, und das ganze Volk werde dann aufrichtig um ihn trauern, während es ihn sonst nur mit Spott und Hohn beklagen werde. Sobald sie daher wahrnähmen, dass er seinen Geist aufgegeben habe, sollten sie die Rennbahn von Soldaten umzingeln lassen, ohne dieselben seinen Tod, den sie erst nach vollbrachter Tat erfahren dürften, merken zu lassen, und dann alle eingeschlossenen Juden mit Pfeilen erschießen lassen. Durch eine solche Tat würden sie ihm eine doppelte Freude bereiten, indem sie sowohl
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den letzten Willen eines Sterbenden erfüllten, als auch eine seiner würdige Totenklage zustande brächten. Diesen Auftrag gab er seiner Schwester und seinem Schwager unter lammergestöhn und beschwor sie bei ihrer verwandtschaftlichen Liebe und bei ihrem Glauben an Gott, ihm diese Ehrung nicht zu verweigern, was die beiden denn auch tun zu wollen versprachen. 6. Kann man nun allenfalls des Herodes früheres Verhalten gegen seine Angehörigen noch damit rechtfertigen, dass ihm die Sorge um sein eigenes Leben dasselbe aufgenötigt habe, so muss doch diese letzte Anordnung als ein Zeichen unmenschlicher Grausamkeit erscheinen. Denn nichts Geringeres hatte er vor, als das gesamte Volk in Trauer und Wehklage um die Teuersten zu versetzen, indem er aus jeder Familie ein Mitglied dem Tode geweiht wissen wollte, ohne dass die von der Anordnung Betroffenen ihn beleidigt oder auch nur den Schatten einer Übeltat auf sich geladen hatten, während es doch sonst als Regel gilt, dass jemand, der sich nur noch einen Rest von menschlichem Gefühl bewahrt hat, in solchen Lebenslagen seinen Hass selbst gegen diejenigen, die er mit Recht als seine Feinde betrachten kann, gänzlich ablegt.
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Während Herodes seinen Verwandten diesen Auftrag erteilte, kamen aus Rom Briefe an, in welchen die zu Augustus geschickten Männer mitteilten, dass Akme von dem aufs äußerste entrüsteten Cäsar zum Tode verurteilt und hingerichtet worden sei, weil sie Antipaters Freveltaten unterstützt habe, dass aber Antipater vorläufig am Leben gelassen worden sei, damit Herodes seiner königlichen und väterlichen Gewalt gemäß selbst darüber entscheide, ob er ihn in die Verbannung schicken oder mit dem Tode bestrafen wolle. Als Herodes diese Nachrichten erhielt, ließ die Kunde vom Tode der Akme und die Gewissheit, dass er nun die Vollmacht besitze, seinen Sohn hinrichten zu lassen, seinen gebrochenen Lebensmut wieder in etwa erstarken. Da aber bald nachher seine Qualen sich aufs äußerste steigerten und eine große Erschöpfung ihn befiel, wollte er etwas genießen und verlangte deshalb einen Apfel und ein Messer. Er war nämlich ge-
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das Obst eigenhändig zu schälen und in Stücke zu schneiden. Als ihm das Verlangte gebracht worden war, blickte er um sich und wollte sich dann selbst mit dem Messer erstechen. Sein Vorhaben wäre ihm auch gelungen, wenn sein Vetter Achiab ihn nicht bei der Hand ergriffen hätte. Achiab erhob ein lautes Geschrei, und es entstand im Palaste eine solche Bestürzung und ein solches Jammern, als ob der König wirklich gestorben wäre. Auch Antipater glaubte aus dem Thmult schließen zu müssen, dass sein Vater aus dem Leben geschieden sei, und begann bereits voll Zuversich~ als wenn er nun gleich in Freiheit gesetzt und ohne weiteres den Thron 1;>esteigen würde, mit dem Kerkermeister wegen seiner Entlassung zu unterhandeln, indem er ihm nicht nur fur den Augenblick, sondern auch fur später die glänzendsten Versprechungen machte, weil es jetzt gelte, entschlossen zu handeln. Der Kerkermeister indes wies nicht nur Antipaters Begehren von der Hand, sondern meldete auch sein Vorhaben dem Könige. Als Herodes, der schon ohnehin auf seinen Sohn sehr schlecht zu sprechen war, den Bericht des Kerkermeisters vernahm, schrie er laut auf und zerschlug sich das Haup~ obgleich er schon in den letzten Zügen lag. Dann stützte er sich auf den Ellbogen und befahl sofort einige Trabanten zu beordern, dass sie hingingen und Antipater töteten, seine Leiche aber zu Hyrkania ohne alle Ehrenbezeugungen bestatteten.
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ACHTES KAPITEL Des Herodes Testament, Tod und Leichenbegängnis.
1. Herodes änderte nun abermals seinen letzten Willen und ließ ein neues Testament aufsetzen, in welchem er den Antipas, den er früher zum Könige bestimmt hatte, zum Tetrarchen von Galiläa und Peräa ernannte, während er dem Archelaus die Thronfolge zuerkannte. Weiterhin gab er Gaulonitis, Trachonitis, Batanaea und Panias seinem Sohne Philippus, dem Bruder des Archelaus, als Tetrarchie und vermachte seiner Schwester Salome Jamnia, Azot und Phasaelis sowie fünfhunderttausend geprägte Silberstücke. Auch alle seine übrigen Verwandten bedachte er mit Legaten und Jahresrenten in reichem Maße. Dem Cäsar vermachte er zehn Millionen Silberstücke nebst goldenen und silbernen Gefäßen und äußerst kostbaren Gewändern, der Gattin des Cäsars, Julia, aber und einigen anderen Perso-
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nen fünf Millionen. Hierauf starb er*, fünf Tage nach Antipaters Hinrichtung, vierunddreißig Jahre nach der Ermordung des Antigonus und siebenunddreißig Jahre nach seiner Ernennung zum Könige durch die Römer. Er war ein Mann, der gegen alle ohne Unterschied mit gleicher Grausamkeit wütete, im Zorn kein Maß kannte und sich über Recht und Gerechtigkeit erhaben dünkte, dabei aber die Gunst des Glückes wie kein anderer erfuhr. Denn aus niedrigem Stande zur Königswürde erhoben und von zahllosen Gefahren bedroht, entging er allem äußeren Unheil und starb erst in vorgerücktem Alter. Was indes seine häuslichen Verhältnisse und besonders die Beziehungen zu seinen Söhnen angeht, so war er zwar auch hierin, wie er selbst glaubte, völlig glücklich, da er in seinen Söhnen seine Feinde überwunden zu haben glaubte, meiner Meinung nach aber ein höchst unglücklicher und bedauernswerter Mensch. 2. Noch ehe der Tod des Königs bekannt geworden war, entließen Salome und Alexas die in der Rennbahn eingeschlossenen Juden nach Hause mit dem Bemerken, der König befehle ihnen heimzukehren und ihren Beschäftigungen wieder obzuliegen. Hiermit erwiesen die beiden dem gesamten Volke eine große Wohltat. Allmählich verbreitete sich nun die Nachricht vom Ableben des Herodes im Volke; Salome und Alexas aber beriefen das ganze Heer in das Theater zu Jericho und lasen zunächst das Schreiben vor, welches der König an seine Soldaten gerichtet hatte und worin er ihnen frir ihre 'freue und Ergebenheit dankte und sie bat, dieselbe Gesinnung auch auf seinen zum Könige ernannten Sohn Archelaus zu übertragen. Darauflas Ptolemäus, dem das Siegel des Königs anvertraut war, das Testament vor, welches aber, um Gültigkeit zu erlangen, erst vom Cäsar bestätigt werden musste. Sogleich erhob sich nun ein allgemeines Freudengeschrei zu Ehren des Archelaus, und Soldaten wie Offiziere gelobten diesem dieselbe 'freue und Anhänglichkeit, die sie seinem Vater erwiesen hatten; auch flehten sie Gottes Segen auf seine Regierung herab. 3. Alsdann bereitete man dem Könige das Leichenbegängnis, welches Archelaus mit verschwenderischer Pracht ausstattete. Herodes wurde auf einem goldenen, mit vielen und kostbaren Edelsteinen verzierten 'fragbett zu Grabe getragen, dessen Decke von Purpur glänzte, und auch der Leichnam selbst war mit dem Königspurpur bekleidet. Auf dem Haupte ruhte ein Diadem mit überragender Krone von Gold, und die Rechte hielt das Zepter.
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4 v. Chr. Hiernach wäre das wirkliche Geburtsjahr Jesu Christi etwa in das siebente Jahr vor Beginn unserer Zeitrechnung zu verlegen.
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Das Tragbett umgaben des Königs Söhne und die große Menge seiner Verwandten, an welche sich die nach Völkerschaften abgeteilten und mit deren Namen bezeichneten Soldaten anschlossen, und zwar in folgender Ordnung. Zuerst schritt die Leibwache einher, dann folgten der Reihe nach die Thraker, Germanen und Gallier, alle in voller Rüstung, und hieran schlossen sich die übrigen Krieger mit ihren Führern und Hauptleuten, wie zur Schlacht gerüstet. Den Schluss bildeten fünfhundert Diener, welche Spezereien trugen. So bewegte sich der Zug acht Stadien* weit bis nach Herodium, wo der König seinem Befehle gemäß beigesetzt wurde. Dies war das Ende des Herodes. 4. Archelaus beobachte zu Ehren seines Vaters der Gewohnheit des Landes gemäß eine siebentägige Trauer, nach deren Beendigung er das Volk bewirtete und sich zum Tempel hinaufbegab, begleitet von den Segenswünschen und dem Freudenjauchzen der Menge, die einen wahren Wetteifer in scheinbar herzlichen Zurufen entfaltete. Hierauf bestieg Archelaus eine Anhöhe und erklärte unter beständigen Huldigungen des Volkes, wie angenehm ihm diese Beweise von Ergebenheit seien, dankte dafür, dass man seines Vaters Härte so schnell vergessen habe, und versprach, eifrigst auf Vergeltung dieser Anhänglichkeit bedacht zu sein. Vorläufig verzichte er noch auf den KönigstiteL da er diese ehrenvolle Benennung sich erst dann beilegen dürfe, wenn der Cäsar das Testament seines Vaters bestätigt habe. Aus diesem Grunde habe er auch das ihm vom Heere angebotene Diadem, so ehrenvoll das auch für ihn gewesen wäre, sich nicht aufs Haupt setzen wollen, bis er der Einwilligung dessen, der diese Ehrung zu gestatten habe, sicher sei. Wenn er aber endgültig zur Regierung gelangt sei, werde er es sich angelegen sein lassen, den ihm entgegengebrachten guten Willen zu vergelten und in allen Stücken seinen Vater an Güte zu übertreffen. Die Menge nun, welche, wie das meistens zu geschehen pflegt, sich in dem Glauben befand, die Gesinnung derer, die die höchste Macht erlangen, trete schon gleich in der ersten Zeit zutage, erschöpfte sich, je herablassender und freundlicher Archelaus sie anredete, desto mehr in Lobeserhebungen und ließ sofort schon ihre Wünsche laut werden. Die einen schrien um Verminderung der jährlichen Abgaben, die anderen um Freilassung der zahlreichen Gefangenen, die Herodes schon so lange eingekerkert gehalten, und noch andere um Abschaffung der auf den Marktverkehr gelegten und * In der Geschichte des Jüdischen Krieges CL 33, 9) heißt es; 200 Stadien, und dies dürfte das richtigere sein.
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bisher mit aller Strenge eingetriebenen Steuern. Archelaus erhob nicht den mindesten Widerspruch, da es ihm vorläufig nur darum zu tun war, sich des Volkes Gunst zu verschaffen, die er im Hinblick auf die zu erstrebende Bestätigung fur unerlässlich hielt. Alsdann brachte er Opfer dar und begab sich mit seinen Freunden zum Mahle.
NEUNTES KAPITEL Wie das Volk sich gegen Archelaus empörte und wie dieser nach Rom reiste. 206
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1. Unterdessen scharten sich einige aufrührerisch gesinnte Juden zusammen und beklagten unter großem Geschrei den Tod des Matthias und seiner Genossen, die Herodes hatte hinrichten lassen und denen man bis dahin, weil sie wegen der Zerstörung des goldenen Adlers mit dem Tode bestraft worden waren, aus Furcht vor Herodes die Ehre einer feierlichen Beisetzung noch nicht erwiesen hatte. Gleichzeitig stießen sie, als ob das den Verstorbenen zum 'frost gereichen könnte, Schmähungen gegen Herodes aus. Alsdann hielten sie eine Versammlung ab und begehrten von Archelaus, er solle die Hinrichtung jener Männer an denen rächen, die sich der besonderen Wertschätzung des Herodes erfreut hatten. Vornehmlich aber solle er den von Herodes ernannten Hohepriester wieder absetzen und statt seiner einen anderen gesetzlicheren und zu dem Amte geeigneteren berufen. Archelaus ärgerte sich zwar sehr über dieses ungestüme Drängen, wollte aber die Forderungen nicht schroff zurückweisen, weil er sobald als möglich nach Rom zu reisen gedachte, um sich der Bestätigung des Cäsars zu versichern. Er sandte deshalb einen seiner Offiziere zu ihnen, der sie bereden sollte, von ihrem Verlangen nach Rache abzustehen, in der Erwägung, dass ihre Freunde nach dem Gesetz mit dem Tode bestraft worden seien und dass demnach ihr Begehren sich durchaus nicht zieme. Auch erfordere die Zeit ganz andere Dinge, und vor allem tue es Not, einträchtig zusammenzuhalten, bis Archelaus vom Cäsar bestätigt und wieder zurückgekehrt sei. Dann wolle er über ihre Forderungen sich mit ihnen verständigen; einstweilen aber sollten sie sich zufrieden geben und nicht das Verbrechen der Empörung auf sich laden. 2. Alles das ließ ihnen Archelaus durch den Offizier vorstellen. Sie aber schrien gewaltig, schnitten dem Boten des Königs das Wort ab und bedroh-
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ten ihn sowie jeden anderen, der es wagen würde, sie von ihrem Vorhaben abwendig machen zu wollen, mit dem Tode, da sie ihrem eigenen Willen und nicht dem ihrer VorgeS'etzten gemäß zu handeln sich entschlossen hätten. Es sei doch unerträglich, dass ihre lieben Freunde, die sie bei Lebzeiten des Herodes verloren, nun nicht einmal nach seinem Tode gerächt werden sollten. In ihrer Aufregung hielten sie eben das, was ihrem Willen entsprach, auch für recht und gesetzlich, ohne dass sie an die Gefahr dachten, die daraus für sie entstehen konnte. Kam aber auch wirklich der eine oder andere auf einen solchen Gedanken, so trat er doch bald wieder hinter dem Verlangen nach Rache an ihren vermeintlichen Todfeinden zurück. Und obwohl Archelaus noch manchen Boten zu ihnen entsandte, um sich mit ihnen zu verständigen, sowie auch noch viele andere Bürger aus eigenem Antrieb sich zu ihnen begaben, um sie auf vernünftigere Gedanken zu bringen, ließen sie doch niemand zu Wort kommen. So entstand denn allmählich ein förmlicher Aufruhr, und es war leicht vorauszusehen, dass derselbe bald größere Dimensionen annehmen würde, weil eine immer zahlreichere Menge sich an die Unzufriedenen anschloss. 3. Da um diese Zeit das Fest herannahte, an welchem die Juden nach väterlicher Sitte nur ungesäuertes Brot essen (dieses Fest heißt Pascha und ist eingesetzt zur Erinnerung an den Auszug aus Ägypten; es wird mit großer Freude begangen, und es werden an demselben mehr Opfertiere als an irgendeinem anderen Feste geschlachtet, wie auch zu seiner Feier eine gewaltige Menge Menschen aus dem ganzen Lande, ja selbst aus dem Auslande zusammenströmt), hielten auch jene Aufrührer sich unter beständigen Klagen um die Gesetzeslehrer Judas und Matthias im Tempel zusammen. An den notwendigen Ltfbensmitteln hatten sie dabei keinen Mangel, denn sie schämten sich nicht, dieselben von anderen sich zu erbetteln. Deshalb schickte Archelaus aus Besorgnis, die Verwegenheit der Aufrührer möchte zu einem schlimmen Ausgang führen, einen Hauptmann mit einer Abteilung Soldaten dorthin, um den Empörern Einhalt zu tun, ehe noch die übrige Volksmenge in den Taumel mit hineingerissen würde, und um die Rädelsführer festzunehmen und ihm vorzuführen. Gegen diese Soldaten aber hetzten die am Aufruhr beteiligten Gesetzeslehrer das Volk durch lärmende Zurufe auf, sodass es schließlich zum förmlichen Angriff des Volkes auf die Kriegsleute kam, die umzingelt und größtenteils mit Steinen zu Tode geworfen wurden, während der Hauptmann und einige wenige seiner Leute verwundet die flucht ergreifen mussten. Nach dieser Tat wandte sich das Volk wieder den Opfern zu. Archelaus aber, der wohl einsah, dass seine
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ganze Macht in Gefahr stände, wenn er dem Ungestüm der Menge nicht mit Nachdruck entgegenträte, bot seine ganze Streitmacht gegen die Empörer auf und ließ besonders durch seine Reiterei die außerhalb des Tempels befindliche Volksmenge verhindern, denen, die im Tempel waren, Hilfe zu leisten. Auch hatte die Reiterei den Befehl, diejenigen Aufrührer, welche den Händen der Fußsoldaten entschlüpften und sich schon in Sicherheit wähnten, abzufangen. Auf diese Weise wurden gegen dreitausend der Empörer von der Reiterei zusammengehauen, während der Rest sich auf die nahe gelegenen Berge zurückzog. Archelaus ließ alsdann verkündigen, es sollten sich alle nach Hause begeben, was denn auch geschah, da die Aufständischen es geraten fanden, aus Furcht vor größerem Unheil sich vom Feste zu entfernen, nachdem sie sich aus Unerfahrenheit zu dem verwegenen Unternehmen hatten hinreißen lassen. Hierauf begab sich Archelaus mit seiner Mutter, Nikolaus; Ptolemäus und vielen seiner Freunde ans Meer, nachdem er die Sorge für sein Hauswesen und die Regierungsgeschäfte seinem Bruder Philippus übertragen hatte. Ferner begleitete ihn des Herodes Schwester Salome nebst ihren Söhnen und vielen anderen Verwandten, dem Scheine nach, um ihm bei Erlangung der Herrschaft behilflich zu sein, in Wirklichkeit aber, um ihm Hindernisse in den Weg zu legen und ganz besonders, um ihn wegen der Vorgänge im Tempel zu verklagen. In Caesarea beg~gnete dem Archelaus der Finanzverwalter des Cäsars in Syrien, Sabinus, der nach Judäa eilte, um des Herodes Schätze in Verwahrung zu nehmen. Doch es kam noch rechtzeitig Varus hinzu, der ihn von der Weiterreise Abstand nehmen hieß. Den Varus aber hatte Archelaus durch Ptolemäus herbeirufen lassen, und ihm zuliebe besetzte Sabinus weder die Festungen Judäas, noch versiegelte er die Schätze, sondern ließ sie in der Gewalt des Archelaus, bis der Cäsar nähere Bestimmungen getroffen haben würde. Dann gab er dem Archelaus ein förmliches diesbezügliches Versprechen und blieb in Caesarea zurück. Kaum aber war Archelaus nach Rom und Varus nach Antiochia abgereist, als Sabinus sich sogleich nach Jerusalern begab und den Palast in Besitz nahm. Hierauf ließ er die Festungskommandanten und alle Verwaltungsbeamten rufen, forderte sie auf, Rechenschaft abzulegen, und wollte mit den Festungen nach seinem Gutdünken verfahren. Die Beamten des Archelaus aber hielten sich streng an dessen Befehle und erklärten, alles der Entscheidung des Cäsars vorbehalten zu wollen. 4. Um diese Zeit reiste auch Antipas, der Sohn des Herodes (von der Samariterin Malthake), nach Rom in der Absicht, sich daselbst um den
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Thron zu bewerben. Verleitet wurde er hierzu durch die Vorspiegelungen der Salome, die ihm einraunte, er habe bei weitem mehr Anspruch auf die Regierung als Archelaus, da er in dem früheren Testamente, welches größere Gültigkeit wie das spätere habe, zum König ernannt worden sei. Antipas hatte auch seine Mutter bei sich sowie Ptolemäus, den Bruder des Nikolaus, der einst ein besonderer Vertrauter des Herodes gewesen war, nun aber auf seiner Seite stand. Am meisten jedoch wurde Antipas zur Bewerbung um die Herrschaft veranlasst durch den Redner Irenaeus, der seiner hervorragenden Beredsamkeit wegen es bis zum Verwalter des Reiches gebracht hatte. Deshalb schenkte auch Antipas denen, welche ihm rieten, dem Archelaus als dem Älteren von ihnen und als dem im letzten Testamente seines Vaters vorherbestimmten Könige den Vorrang zu lassen, kein Gehör. Als er nun nach Rom gekommen war, ergriffen sämtliche Verwandten seine Partei, nicht so sehr aus Anhänglichkeit gegen ihn, als aus Hass gegen Archelaus. Vor allem nämlich wünschten sie frei zu sein und nur unter dem römischen Landpfleger zu stehen; sollte ihnen das aber nicht gelingen, so hofften sie bei Antipas immer noch besser zu fahren als bei Archelaus und boten daher alles auf, um dem Ersteren zur Herrschaft zu verhelfen. Übrigens verklagte auch Sabinus brieflich den Archelaus beim Cäsar. 5. Archelaus übersandte nun dem Augustus einen Brief, in welchem er seine Rechtsansprüche verteidigte, nebst dem Testament seines Vaters, ordnete dann den Ptolemäus mit einem Verzeichnis der von Herodes hinterlassenen Schätze und mit dessen Siegel an ihn ab und sah nun dem Erfolg seiner Bemühungen entgegen. Als der Cäsar die Schriftstücke sowie die Briefe des Varus und des Sabinus gelesen, sich von dem Nachlasse des Herodes und den jährlichen Einkünften Kenntnis verschafft und auch den Brief des Antipas, in welchem dieser sich um die Herrschaft bewarb, erhalten hatte, berief er seine Vertrauten zusammen, um deren Meinungsäußerungen entgegenzunehmen, darunter auch Gajus, den Sohn Agrippas und der Julia, der Tochter des Cäsars, den der Letztere adoptiert und dem er im Rate den ersten Platz zuerkannt hatte. Auf die Aufforderung des Augustus, zu der vorliegenden Angelegenheit das Wort zu ergreifen, meldete sich zuerst Antipater, der Sohn der Salome, ein äußert gewandter und dem Archelaus sehr feindlich gesinnter Mann, welcher ausführte, Archelaus bewerbe sich wohl jetzt nur zum Scherz um die Herrschaft, da er sich die Gewalt schon angemaßt, ehe der Cäsar ihm dieselbe bestätigt habe. Beweis dessen sei die Kühnheit, mit der er am Feste so viele Menschen habe umbringen lassen. Denn wenn dieselben auch unrecht gehandelt hätten, so hätte ihre
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Bestrafung doch der rechtmäßigen Obrigkeit vorbehalten bleiben müssen. Keinesfalls aber hätte dieselbe von einem Manne vollzogen werden dürfen, der, wenn er so als König verfahren wäre, den Cäsar beleidigt haben würde, da ihm dessen Gesinnung gegen ihn noch gar nicht bekannt gewesen sei. Habe er aber so als Privatmann gehandelt, so sei die Sache noch viel schlimmer, und es dürfe einem Manne, der sich um die Königswürde bemühe, vom Cäsar nicht die Gewalt gegeben werden, deren er vorher diesen selbst beraubt habe. Weiterhin machte er dem Archelaus zum Vorwurf, dass er einige Militärobersten ihrer Stellungen enthoben, dass er sich auf den königlichen Thron gesetzt, Streitigkeiten entschieden, als ob er schon König wäre, den Forderungen, die das Volk öffentlich vorgebracht, Erfüllung zugesagt, kurz sich in allem so benommen habe, dass er auch nicht mehr hätte tun können, wenn er vom Cäsar bereits bestätigt gewesen sei. Dann beschuldigte er ihn, die in der Rennbahn Eingeschlossenen freigelassen zu haben, und brachte manches andere bei, das teils auf Wahrheit beruhte, teils deshalb den Schein, der Wahrheit an sich trug, weil derartiges von jungen Leuten, die aus Herrschsucht voreilig ihre Hand nach der Krone ausstrecken, verübt zu werden pflegt. Ja, er warf ihm sogar vor, dass er die Trauer um seinen Vater vernachlässigt und gleich in der ersten Nacht nach dessen Tod Schmausereien veranstaltet habe, worauf auch die Empörung des Volkes zurückzuführen sei. Wenn er nun seinem Vater, der ihm so viele und große Wohltaten erwiesen, mit so schlechtem Dank gelohnt habe, dass er am Tage wie ein echter Schauspieler Trauer geheuchelt und die Nächte hindurch in königlichen Lüsten geschwelgt habe, so werde er sich gewiss gegen den Cäsar, wenn er von ihm die Herrschaft erlange, nicht anders benehmen. Denn er ergötze sich an Gesang und Tanz, als ob sein schlimmster Feind, nicht aber ein ihm so nahe stehender Wohltäter aus dem Leben geschieden wäre. Das Schlimmste aber sei, dass er erst jetzt zum Cäsar komme, um dessen Bestätigung zu erbitten, nachdem er schon vorher alles nach seinem eignen Gutdünken vollführt habe, obgleich er das erst hätte tun dürfen, nachdem sein oberster Herr ihm die Vollmacht dazu gegeben. Besonders viel Wesens machte Antipater aus dem im Tempel angerichteten Blutbad: an einem hohen Festtage seien Fremde wie Einheimische gleich Schlachtopfern hingewürgt und der Tempel mit den Leichen der Erschlagenen angefüllt worden, und das nicht etwa auf Geheiß eines Fremden, sondern dessen, der unter dem Vorwand königlicher Machtvollkommenheit sich zu dieser Tat habe hinreißen lassen, um in tyrannischer Willkür die schändlichste Ungerechtigkeit begehen zu können. Daher sei es dem Hero-
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des, der den Charakter des Archelaus genau gekannt habe, nicht einmal im Traume eingefallen, diesen zu seinem Nachfolger zu ernennen. Vielmehr habe er in dem Testamente, das den meisten Anspruch auf Rechtsgültigkeit habe, dessen Gegner Antipas als König eingesetzt, und zwar nicht etwa zu einer Zeit, als seine körperlichen und geistigen Kräfte schon nachgelassen hätten, sondern bei vollem Verstande und im Besitze derjenigen körpe~li chen Rüstigkeit, die zu solchen Handlungen erforderlich sei. Aber selbst wenn auch des Herodes Urteil über Archelaus früher schon ebenso gelautet hätte, als in dem späteren Testamente, so habe der Letztere doch hinläng.:. lich zu erkennen gegeben, wie er sich als König benehmen wolle, da er den Cäsar, in dessen Macht es stehe, ihm die Königswürde zu verleihen, in diesem Rechte beeinträchtigt und schon als Privatmann kein Bedenken getragen habe, im Tempel seine Mitbürger hinzuschlachten. 6. Nachdem Antipater so gesprochen und viele seiner Verwandten als Zeugen für die Wahrheit seiner Worte aufgerufen hatte, beendigte er seine Rede, und es erhob sich nun Nikolaus, der Sachwalter des Archelaus, und sprach: »Die Vorgänge im Tempel sind mehr der Hartnäckigkeit derer zuzuschreiben, die dabei den Tod gefunden haben, als der Willkür des Archelaus. Denn diejenigen, welche sich auf solche Dinge einlassen, begehen nicht nur dadurch Unrecht, dass sie Unschuldige aufreizen, sondern auch dadurch, dass sie die Rache der Friedliebenden herausfordern. Den Worten nach haben zwar diese Menschen Feindseligkeiten gegen Archelaus begangen, in Wahrheit aber offen gegen den Cäsar gefrevelt. Denn es steht fest, dass jene Aufrührer die Soldaten, die Archelaus zur Unterdrückung der Bewegung gegen sie gesandt hatte, angegriffen und niedergemacht haben, ohne Rücksicht auf Gott und unsere heiligsten Festtage zu nehmen. Das sind also die Menschen, die Antipater hier in Schutz zu nehmen sich erdreistet, sei es nun, dass er dadurch seinem Hasse gegen Archelaus Ausdruck verleihen will, sei es, dass er für Recht und Gerechtigkeit keine Empfindung mehr hat. Denn die, welche andere angreifen und unversehens überfallen, zwingen die Angegriffenen selbst wider deren Willen, die Waffen in die Hand zu nehmen. Für alles Übrige aber, was hier dem Archelaus vorgeworfen worden ist, muss er die Schuld den Anklägern beimessen, die seine Ratgeber gewesen sind. Denn nichts von dem, was hier als Unrecht ausgegeben wurde, ist ohne ihren Rat geschehen, und es handelt sich auch in Wirklichkeit gar nicht um Unrecht, sondern man stellt die Taten nur aus Hass gegen Archelaus als Ungerechtigkeiten dar. Hieraus kann man ersehen, wie groß die Sucht der Ankläger ist, ihrem Verwandten zu schaden, der
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sich doch um ihren eigenen Vater so verdient gemacht und ihnen selbst alle möglichen Freundschaftsdienste erwiesen hat. Sein Testament aber hat Herodes bei vollem Verstande aufgesetzt, und zweifellos ist das letzte Testament gültiger als das erste, zumal er alle darin enthaltenen Bestimmungen der Genehmigung des Cäsars vorbehalten hat. Es ist daher nicht zu befürchten, dass der Cäsar die Unbilligkeit derjenigen nachahmen wird, die, nachdem sie bei Lebzeiten des Herodes aus dessen Macht nur Nutzen gezogen haben, jetzt nach seinem Tode sich seinem Willen widersetzen, und das in dem Bewusstsein, dass sie sich bei weitem um Herodes nicht so verdient gemacht haben wie Archelaus. Denn der Cäsar ist nicht der Mann, der das ihm zur Bestätigung vorgelegte Testament eines Freundes und Bundesgenossen, der sich wie in allen Stücken so auch in diesem Punkte völlig seinem Willen untergeordnet hat, fur ungültig erklären wird. Das entspricht in keiner Weise seinem Gerechtigkeitsgefühl und seiner 'freue, die in der ganzen Welt bekannt ist, und er wird es sich nicht beifallen lassen, zu erklären, ein König, der einen braven Sohn zu seinem Nachfolger bestimmt und dazu auch noch den Cäsar um die Bestätigung seines Testamentes gebeten hat, sei nicht mehr bei gesundem Verstande gewesen. Denn wenn Herodes bei Abfassung seines Testamentes noch so viel Verstand besessen hat, dass er alles der Genehmigung des Cäsars anheim stellte, so musste er doch auch bei der Wahl seines Nachfolgers noch im vollen Besitz seiner Geisteskräfte Selll.<<"
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7. Hiermit schloss Nikolaus s~ine Rede. Der Cäsar aber richtete den Ar-
chelaus, der sich ihm zu Füßen geworfen hatte, freundlich auf und erklärte ihn für am würdigsten zur Bekleidung der königlichen Gewalt, womit er deutlich zu verstehen gab, er sei so gesinnt, dass er nichts anderes anordnen werde, als was das Testament bestimme und was dem Archelaus zum Vorteil gereiche. Da er nun merkte, dass Archelaus infolge dieses hinreichenden Beweises seines Wohlwollens von Vertrauen zu ihm durchdrungen sei, hielt er es für geraten, vorläufig nichts Endgültiges festzusetzen.Alsdann entließ er die Versammelten und ging mit sich zu Rate, ob er den Archelaus auf dem Throne bestätigen oder das Reich unter alle Söhne des Herodes, die, wie er sah, seiner Hilfe in hohem Grade bedurften, gleichmäßig teilen solle.
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ZEHNTES KAPITEL Aufstand der Juden gegen Sabinus. Varus stellt die Ordnung wieder her.
1. Bevor aber in dieser Angelegenheit ein endgültiger Beschluss gefasst war, erkrankte und starb des Archelaus Mutter Malthake, und zugleich kam von Varus, dem Stattalter Syriens, ein Brief an, worin er von einem Aufstand der Juden Meldung machte. Nach der Abreise des Archelaus nämlich hatte sich das gesamte Volk empört. Varus aber schritt nach seiner Ankunft gegen die Rädelsführer ein, dämpfte den nicht unbedeutenden Aufruhr zum größten Teil und begab sich dann nach Antiochia zurück, nachdem er in Jerusalem eine Legion zurückgelassen hatte, um die Juden im Zaume zu halten, falls sie wieder unruhig würden. Doch war es ihm nicht gelungen, den Aufstand völlig zu unterdrücken. Denn sobald Varus abgereist war, machte Sabinus, der als stellvertretender Landpfleger zurückgeblieben war, den Juden mancherlei zu schaffen, indem er hoffte, mit der ihm zu Gebote stehenden nicht geringen 'Truppenmacht ihrer Herr werden zu können. Er nahm überallhin eine Schar bewaffneter 'Trabanten mit, durch welche er die Juden bedrückte und zu neuem Aufruhr reizte, sodass sie, von Gewinnsucht und Raublust getrieben, sich der Kastelle zu bemächtigen suchten, welche die königlichen Schätze bargen. 2. Als nun das Fest Pentekoste herannahte, strömten in Jerusalem nicht nur zum Gotte5dienste, sondern auch aus Erbitterung über die Gewalttätigkeit des Sabinus eine Menge Einwohner aus Galiläa, Idumäa und Jericho, die nach Tausenden zählten, zusammen. Außerdem fanden sich alle Bewohner der jenseits des Jordans gelegenen Landesteile ein, und endlich schloss sich eine große Anzahl Juden an, die noch mehr als alle anderen vor Begierde brannten, sich an Sabinus zu rächen. Die ganze Masse teilte sich in drei Abteilungen, deren erste sich in die Rennbahn warf, während von den beiden übrigen die eine die östliche Seite des Tempels von der Nordseite an bis zur Südseite, die andere die westliche Seite, wo die Königsburg lag, besetzte. Man verfolgte damit den Zweck, die Römer voll allen Seiten einzuschließen und sie zu belagern. Sabinus, den ebenso sehr die große Menge der Aufrührer wie die Verwegenheit, mit der sie lieber sterben als unterliegen wollten, in Schrecken versetzte, gab sogleich dem Varus briefliche Nachricht und bat ihn um schleunige Hilfe, da die in Jerusalem zurückgelassene Legion in der größten Gefahr schwebe und nahe daran sei, gefan-
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gen und niedergemacht zu werden. Dann stieg er auf den höchsten Turm der Burg, der zu Ehren Phasaels, des Bruders des Herodes, nachdem die Parther ihn umgebracht hatten, errichtet und nach ihm Phasael genannt worden war, und gab den Römern das Zeichen zum Angriff auf die Juden. Während er nun selbst nicht einmal zu seinen Freunden hinabzusteigen wagte, verlangte er doch von anderen, dass sie sich seiner Habsucht wegen in Todesgefahr stürzen sollten. Die Römer rückten also aus, und es entspann sich ein scharfer Kampf, in welchem zuletzt die Römer Sieger blieben. Dennoch verloren die Juden in der Gefahr und beim Anblick der vielen auf ihrer Seite Gefallenen nicht den Mut, sondern machten eine Schwenkung, stiegen auf die um den äußeren Vorhof des Tempels liegenden Hallen, erneuerten den Kampf und warfen teils mit den Händen, teils mit Schleudern Steine von oben hinab, da sie in dieser Art des Kampfes besonders geübt waren. Zwischen ihnen verteilten sich dann noch sämtliche Bogenschützen und fügten den Römern gewaltigen Schaden zu, weil sie an einem erhabenen Orte standen, wo die feindlichen Geschosse sie nicht erreichen konnten, während sie selbst ohne Mühe den Gegnern zuzusetzen vermochten. Auf diese Art zog sich der Kampf lange Zeit hin, bis endlich die Römer in ihrer Erbitterung, ohne dass die oben befindlichen Juden es merkten, Feuer in die Hallen warfen, welches, da sie den Feuerbränden leicht entzündliche Stoffe zufügten, alsbald das Dach ergriff. Dieses aber wurde bei der großen Menge von Pech, Wachs und mit Wachs überzogenem Golde, das sich an ihm vorfand, sehr schnell ein Raub der Flammen, und so war das gewaltige und bewunderungswürdige Werk rasch zerstört. Alle, die auf den Hallen standen, fanden auf diese Weise unversehens den Tod. Denn die einen stürzten mit dem einbrechenden Dache herab, die anderen wurden von den Feinden niedergemacht, und viele, die keinen Ausweg zur Rettung erspähen konnten und vor Entsetzen außer sich waren, warfen sich ins Feuer oder töteten sich, um den Flammen zu entgehen, mit dem eigenen Schwert. Diejenigen endlich, welche rückwärts auf demselben Wege entfliehen wollten, auf dem sie heraufgestiegen waren, wurden, da sie der Waffen beraubt waren und selbst in ihrer Verzweiflung nichts mehr auszurichten vermochten, mühelos von den Römern niedergemetzelt, sodass von denen, die auf das Dach gestiegen waren, auch nicht ein Einziger mit dem Leben davonkam. Die Römer aber drangen durch die Flammen, wo dies möglich war, in das Heiligtum und bemächtigten sich des Tempelschatzes, von dem die Soldaten einen großen Teil an sich rissen, während Sabinus selbst vor aller Augen vierhundert Talente wegnahm.
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3. Das Unglück, welches ihre im Kampf gefallenen Freunde betroffen, 265 sowie die Plünderung des Tempelschatzes und der Weihgeschenke erfüllte die Juden mit größtem Schmerz. Gleichwohl scharte sich eine Anzahl der tapfersten Männer zusammen, welche nun die Königsburg belagerten und sie anzuzünden drohten. Doch versprachen sie den Belagerten, dass, wenn sie die Burg rasch verließen, weder ihnen noch dem Sabinus etwas geschehen solle. Daraufhin ging der größte Teil der Königlichen zu den Juden 266 über; Rufus aber und Gratus, welche dreitausend der besten Soldaten des Herodes unter sich hatten, schlugen sich auf die Seite der Römer. Dasselbe . tat auch eine Anzahl Reiter, welche Rufus befehligte, sodass die Römer einen nicht unbedeutenden Zuwachs erhielten. Nichtsdestoweniger setzten 267 die Juden die Belagerung fort, legten unterirdische Gänge an und schrien den Belagerten zu, sie sollten sich nur herausscheren und sie nicht hindern, ihr Vaterland zu befreien. Dem Sabinus wäre nun freilich nichts erwünschter 268 gewesen, als sich mit seinen Soldaten davonmachen zu können, doch traute er wegen der von ihm verübten Freveltaten den Juden nicht recht, und die ungewöhnliche Milde der Feinde, die ihm Verdacht einflößte, war schuld daran, dass er ihre Bedingungen zurückwies. Dazu kam, dass er von Varus Hilfe erwartete, und so entschloss er sich, die Belagerung auszuhalten. 4. Um diese Zeit entstanden in Judäa auch noch vielerlei andere Unru- 269 hen, indem gar manche bald hier, bald da entweder aus Gewinnsucht oder aus Hass gegen die Juden Aufruhr anzettelten. So taten sich in Judäa selbst 270 zweitausend Mann, die einst unter Herodes gedient hatten und bereits eine Zeit lang entlassen waren, zusammen und begannen die Königlichen zu belagern. Dieser Schar leistete Achiab, der Vetter des Herodes, Widerstand, doch konnte er sich auf die Dauer gegen so erfahrene Krieger im Felde nicht behaupten und zog sich deshalb auf unzugängliche Anhöhen zurück, um zu retten, was noch zu retten war. 5. Ferner sammelte ein gewisser Judas, der Sohn des Räuberhauptman- 271 nes Ezechias, der eine große Macht besaß und von Herodes nur mit Mühe niedergehalten worden war, bei Sepphoris, einer Stadt in Galiläa, eine Schar verkommener Menschen, griff damit das Zeughaus an, bemächtigte sich der daselbst befindlichen Waffen, teilte sie unter die Seinigen aus, raubte auch das dort aufbewahrte Geld und verbreitete allseitig Schrecken, 272 indem er jeden, der ihm in die Hände fiel, plünderte und mit sich fortschleppte. Ja, er strebte sogar nach der Königsherrschaft und glaubte dieselbe nicht so sehr durch Tapferkeit, als vielmehr durch zügellose Zerstörungssucht erringen zu können.
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6. Auch ein gewisser Simon, ein Knecht des Königs Herodes und ein Mensch von hoher, schöner Gestalt, wollte aus der allgemeinen Verwirrung Nutzen ziehen und wagte sich die Königskrone aufzusetzen. Dann sammelte er eine Menge Abenteurer um sich, ließ sich von diesem sinnlosen Haufen als König begrüßen und glaubte von sich selbst, dass er mehr wie alle anderen der Königsherrschaft würdig sei. Er plünderte darauf den Königspalast in Jericho und äscherte ihn ein, zündete auch noch an vielen anderen Orten die königlichen Schlösser an und überließ alles, was sich darin vorfand, seiner Mannschaft als Beute. Zweifellos hätte er noch schlimmeres Unheil angerichtet, wenn man nicht zeitig gegen ihn eingeschritten wäre. Gratus nämlich vereinigte die königlichen Streitkräfte mit den Römern und zog ihm mit seiner gesamten Truppenmacht entgegen. Nach einem langen und scharfen Gefechte wurde die Bande des Simon, die aus den Gegenden jenseits des Jordan zusammengelaufen war und mehr tollkühn als kunstgerecht ohne alle Ordnung kämpfte, gänzlich vernichtet. Simon selbst aber wurde, als er, um sein Leben zu retten, durch einen Engpass entfliehen wollte, von Gratus eingeholt und enthauptet. Auch bei Amatha, einer Stadt am Jordan, wurde ein königliches Schloss von einer Horde, die der des Simon ähnlich war, in Brand gesteckt. Ein solcher Taumel war damals über das ganze Volk gekommen, weil es keinen eigenen König hatte, der durch eine gerechte und kraftvolle Regierung die Menge hätte lenken können, und weil die Ausländer, die zur Züchtigung der Aufständischen ins Land eingedrungen waren, durch ihren Übermut und ihre Habsucht das Übel nur noch verschlimmerten. 7. Hierauf vermaß sich auch ein gewisser Athronges, ein Mann, der sich weder auf vornehme Herkunft noch auf Tüchtigkeit und Reichtum berufen konnte, sondern ein einfacher Schafhirt war und sich durch nichts anderes als durch einen riesenhaften Körperbau und gewaltige Stärke auszeichnete, seine Hand nach der Krone auszustrecken. Dieser sehnte sich so sehr nach der Macht, anderen Schaden zufügen zu können, dass er, obgleich er beständig den Tod vor Augen sah, doch den Verlust des Lebens, den er sich durch seine Übeltaten zuziehen würde, für nichts achtete. Er hatte vier Brüder, welche, da sie ebenfalls von gewaltigem Körperbau und so handfest waren, dass sie jedem noch so schwierigen Unternehmen gewachsen schienen, seiner Meinung nach ihm sehr nützlich bei der Behauptung der errungenen Herrschaft sein konnten. Jeder von diesen vier Brüdern befehligte eine Rotte Abenteurer, da eine große Menschenrnasse ihnen zugelaufen war, und als Anführer dieser Rotten ließen sie sich auf Gefechte ein und
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schlugen sich für Athronges. Er selbst aber setzte sich die Königskrone auf, hielt Rat, wie man die einzelnen Unternehmungen anzugreifen habe, und ordnete alles nach seiner Willkür an. So hielt er sich lange Zeit, führte den Titel König und tat, was ihm beliebte; auch verursachte er mit seinen Brüdern den Römern nicht weniger Schaden wie den Königlichen, da er gegen beide Teile in gleicher Weise aufgebracht war, gegen die Königlichen nämlich wegen des Übermutes, den sie unter Herodes an den Tag gelegt, und gegen die Römer wegen der Unbilden, welche diese ihm zugefügt hatten. In der Folgezeit wüteten sie überall mit gleicher Grausamkeit, sodass bei ihrer Habgier und Mordsucht kaum einer, der ihnen in die Hände fiel, dem Tode entging. Eines Tages griffen sie sogar bei Emmaus eine römische Kohorte an, die dem Heere Getreide und Waffen zuführte, und umzingelten dieselbe so vollständig, dass sie den Befehlshaber der Abteilung, Arius, welcher zugleich Anführer der Legion war, nebst vierzig der tapfersten Fußsoldaten mit Pfeilschüssen niederstrecken konnten. Den Übrigen, die infolge dieser Niederlage wie fassungslos waren, eilte Gratus mit den Königlichen zu Hilfe, sodass sie unter Zurücklassung der Leichen ihrer Kameraden noch so eben mit dem Leben davon kamen. In dieser Weise trieben es die Abenteurer noch lange Zeit, ließen sich bald hier, bald da auf Gefechte ein und fügten den Römern ebenso bedeutenden Schaden zu, als sie ihr eigenes Volk schwer bedrückten. Später aber unterlagen sie alle vier: Der eine fiel in einem neffen gegen Gratus, der andere bei einem Zusammenstoß mit Ptolemäus, und als auch der älteste in die Gewalt des Archelaus geraten war, grämte sich der vierte so sehr über seines Bruders Geschick, dass er, da übrigens auch seine Mannschaft durch Krankheiten und die beständigen Strapazen völlig erschöpft war, sich ebenfalls auf Gnade und Ungnade dem Archelaus ergab. Doch geschah dies erst später. 8. So war Judäa eine wahre Räuberhöhle, und wo sich nur immer eine Schar von Aufrühren zusammentat, wählten sie gleich Könige, die dem Staate sehr verderblich wurden. Denn während sie den Römern nur unbedeutenden Schaden zufügten, wüteten sie gegen ihre eigenen Landsleute weit und breit mit Mord und Totschlag. ) 9. Sobald Varus aus einem Briefe des Sabinus die Lage der Dinge erfuhr, zog er, besorgt wegen des Schicksals der in Jerusalem zurückgelassenen Legion, die beiden anderen der in Syrien liegenden drei Legionen sowie vier Schwadronen Reiter und alle Hilfstruppen der Könige und Tetrarchen an sich und eilte damit den in Judäa Belagerten zu Hilfe. Alle vorausgeschickten nuppen hatten Befehl, schleunigst nach Ptolemals zu marschie-
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ren. Auch die Berytier stellten ihm, als er durch ihre Stadt zog, noch fünfzehnhundert Mann Bundestruppen, und ebenfalls sandte ihm Aretas, der König des petraeischen Arabien, der aus Hass gegen Herodes ein Freund der Römer geworden war, außer Reitern und Fußsoldaten noch sonstige Hilfsmittel. Als nun die ganze Streitmacht bei Ptolemals versammelt war, übergab er einen Teil derselben seinem Sohne und einem seiner Freunde und befahl ihnen, die oberhalb Ptolemals wohnenden Galiläer mit Krieg zu überziehen. Diese Abteilung griff alsbald die Feinde an, schlug sie in die Flucht, äscherte die Stadt Sepphoris ein und verkaufte deren Einwohner in die Sklaverei. Varus selbst zog mit dem gesamten übrigen Heere auf Samaria an. Weil aber diese Stadt sich am Aufstande nicht beteiligt hatte, verschonte er dieselbe und schlug sein Lager bei dem Dorfe Arus auf, das zum Gebiete des Ptolemäus gehörte. Dieses Dorf legten die von Aretas dem Varus zu Hilfe geschickten Araber, die aus Hass gegen Herodes auch dessen Freunden feindlich gesinnt waren, in Asche. Von da zogen die Araber weiter und plünderten und verbrannten einen anderen sehr befestigten Ort mit Namen Sampho. Auch was ihnen sonst auf ihrem Marsch in die Quere kam, verheerten sie durch Feuer und Schwert. Varus seinerseits ließ Emmaus, das jedoch von seinen Bewohnern schon verlassen war, in Flammen aufgehen, um den dort Gefallenen ein feierliches Totenopfer zu bringen. Alsdann rückte er gegen Jerusalem. Sobald aber die Juden, welche die Legion von dieser Seite aus belagerten, das Heer des Varus gewahrten, ergriffen sie die Flucht und ließen von der Belagerung ab. Als nun Varus den Juden zu Jerusalem heftige Vorwürfe machte, entschuldigten sie sich damit, dass das Volk des Festes wegen in, Jerusalern sich so massenhaft eingefunden habe, und dass der Krieg nicht auf ihren Rat, sondern nur infolge der Verwegenheit der Auswärtigen unternommen worden sei. Sie seien mehr in Gemeinschaft mit den Römern belagert worden, als sie selbst daran gedacht hätten, die Römer zu belagern. Es waren aber schon vorher dem Varus entgegengezogen Josephus, der Vetter des Herodes, Gratus und Rufus mit ihren Soldaten sowie die Römer, welche belagert gewesen waren. Sabinus dagegen kam dem Varus nicht unter die Augen, sondern entfernte sich heimlich aus der Stadt und reiste nach der Küste. 10. Darauf sandte Varus einen Teil seiner Truppen durchs Land, um die Urheber der Empörung aufzusuchen. Von den ermittelten Rädelsführern bestrafte er nur die, welche am meisten schuldig befunden wurden, während er die Übrigen freiließ. Im Ganzen wurden zweitausend um dieser Ursache willen ans Kreuz geschlagen. Das Kriegsvolk aber, welches ihm
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nun zu nichts mehr dienlich sein konnte, verabschiedete er, da es seinem Willen und Befehl zuwider aus Raubgier vielerlei Freveltaten begangen hatte. Als er dann vernahm, es hätten sich wieder zehntausend Juden zusammengerottet, brach er sogleich auf, um sie niederzuwerfen. Die Juden wagten indes nicht, mit ihm handgemein zu werden, sondern ergaben sich ihm auf den Rat des Achiab samt und sonders. Varus ließ nun dem gemeinen Haufen der Empörer Verzeihung zuteil werden, die Anführer aber schickte er sämtlich dem Cäsar zu. Dieser entließ die meisten von ihnen unbestraft, und nur die, welche zu den Verwandten des Herodes gehörten und sich den Aufrührern angeschlossen hatten, ließ er hinrichten, weil sie allem Recht und Pflichtgefühl zum Hohn gegen ihre eigenen Verwandten die Waffen ergriffen hatten.
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ELFTES KAPITEL Gesandtschaft der Juden an den Cäsar. Augustus bestätigt das Testament des Herodes
1. Als Varus den Aufstand niedergeworfen hatte, ließ er die Legion, welche auch bisher dort gelegen hatte, als Besatzung in Jerusalem zurück und begab sich wieder nach Antiochia. In Rom aber bekam Archelaus neue Händel aus folgender Veranlassung. Vonseiten der Juden war mit Erlaubnis des Varus eine Gesandtschaft nach ~om beordert worden, um dort das Begehren zu stellen, dass sie frei nach ihren Gesetzen leben dürften. Der Männer, die nach dem Beschluss des gesamten Volkes geschickt wurden, waren fünfzig, und zu Rom schlossen sich ihnen noch über achttausend Juden an. Da nun der Cäsar im Tempel des Apollo den er mit großen Kosten erbaut hatte, eine Ratsversammlung seiner Freunde und der vornehmsten Römer anberaumt hatte, kamen dahin auch die Gesandten, gefolgt von einer Menge römischer Juden, und Archelaus hatte sich ebenfalls mit seinen Freunden eingefunden. Was die Verwandten des Königs Herodes betrifft, so wollten sie weder für Archelaus Partei ergreifen, weil sie ihn hassten, noch gegen ihn, weil sie es für unziemlich hielten, in Gegenwart des Cäsars einem so nahen Verwandten feindlich entgegenzutreten. Auch Philippus war auf Varus' Antrieb aus Syrien gekommen, hauptsächlich um seinen Bruder, dem Varus besonders zugetan war, zu unterstützen, dann al?er auch, um, falls
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eine Änderung in den Regierungsverhältnissen des Königreiches eintreten sollte, seinerseits nichts zu vernachlässigen, damit auch er einen Teil davon erhielte. Da nämlich viele Juden nach ihren eigenen Gesetzen zu leben begehrten, glaubte Varus, das Königreich würde geteilt werden. 2. Als nun den Gesandten der Juden das Wort erteilt wurde, fürchteten sie sich, von Auflösung des Reiches zu sprechen, und begannen daher mit der Klage über die Ungerechtigkeiten des Herodes. Dem Namen nach, sagten sie, sei derselbe wohl König gewesen, in der Tat aber habe er die ärgste Tyrannei ausgeübt, vieles zum Verderben der Juden ersonnen und sich nicht gescheut, eine Menge willkürlich erdachter Neuerungen einzuführen. Eine große Anzahl Menschen habe er, was in früheren Zeiten niemals geschehen sei, auf verschiedene Art aus dem Wege geräumt. Diejenigen aber, welche er am Leben gelassen, seien noch viel unglücklicher, einmal wegen der Angst, die sein blutdürstiges Wesen ihnen eingeflößt habe, dann aber auch wegen der beständigen Besorgnis, ihr Vermögen zu verlieren. Die benachbarten, von Ausländern bewohnten Städte habe er verschönert, um die in seinem eigenen Reiche gelegenen durch Steuern zu erschöpfen und zugrunde zu richten. Das Volk, das bei seinem Regierungsantritt sich noch eines besonderen Wohlstandes erfreut habe, habe er völlig verarmen, die Vornehmen um der geringfügigsten Ursache willen töten und ihr Vermögen einziehen lassen, und diejenigen, denen er wenigstens noch das Leben geschenkt, seien von ihm um Hab und Gut gebracht worden. Außerdem, dass er die den Einzelnen auferlegten jährlichen Abgaben aufs strengste eingetrieben habe, sei man auch noch genötigt gewesen, ihm selbst, seinen Verwandten und Freunden sowie den Steuereinnehmern reiche Geschenke zu geben, weil man sich der Plackereien nur mit Aufopferung von Silber und Gold habe erwehren können. Nicht reden wolle man davon, wie er mit der größten Schamlosigkeit Frauen und Jungfrauen geschändet habe, weil es den Geschändeten fast mehr zum 'frost gereiche, dass die Misshandlungen verborgen blieben, als dass sie nicht geschehen sein möchten. Kurz, sie seien von Herodes so misshandelt worden, dass ein wildes Tier ihnen wohl keine schlimmeren Unbilden hätte antun können, wenn es zur Herrschaft über sie gelangt wäre. Zwar sei ihr Volk auch schon früher von schweren Unglücksfällen heimgesucht und zu Auswanderungen gezwungen worden; aber es komme doch in der Geschichte kein Beispiel einer Drangsal vor, die mit dem gegenwärtigen Elend, welches Herodes heraufbeschworen, verglichen werden könne. Deshalb hätten sie auch zunächst mit gutem Grund den Archelaus freudig als König begrüßt, da sie überzeugt gewesen seien,
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es könne nicht leicht ein Nachfolger des Herodes, wer es auch sei, diesen an Härte übertreffen. Ja, sie hätten sogar dem Archelaus zulieb dessen Vater öffentlich betrauert, und sie würden noch mehr getan haben, um sich sein Wohlwollen zu sichern, wenn sie ihn nur dadurch etwas milder hätten stimmen können. Archelaus aber habe, gleich als ob er ängstlich gewesen sei, man möchte ihn nicht für den echten Sohn des Herodes halten, unverzüglich seine Gesinnung gegen das Volk dargelegt, und das zu einer Zeit, da er des Thrones noch gar nicht sicher gewesen sei, sondern es noch beim Cäsar gestanden habe, ob er ihm denselben geben oder verweigern wolle. Gleich zu Anfang seiner Regierung nämlich habe er seinen Untertanen eine Probe seiner Mäßigung und seines Gefühls für Recht und Billigkeit gegeben, indem er den Frevel gegen Gott und Menschen begangen habe, dreitausend seiner Landsleute im Tempel hinzumorden. Sei nun ihr Hass gegen Archelaus nicht vollkommen berechtigt, zumal noch der Umstand hinzukomme, dass er eine Anklage gegen sie erhoben habe, als ob sie sich seiner Herrschaft widersetzt hätten? Mit einem Wort, ihre Forderung gehe dahin, dass sie von solcher Herrschaft befreit, der Provinz Syrien zugeteilt und einem römischen Landpfleger unterstellt würden. Auf diese Weise werde es sich zeigen, ob sie aufrührerisch und umstürzlerisch, oder aber unter einer gerechten Regierung ruhig und zufrieden seien. 3. Sobald die Juden diese ihre Rede beendigt hatten, unternahm es Nikolaus, die Könige von den gegen sie erhobenen Beschuldigungen zu reinigen. Herodes, sagte er, sei bei seinen Lebzeiten niemals wegen irgend einer Sache von ihnen angeklagt worden, und es sei nicht recht, dass, da sie ihn während seines Lebens vor den gesetzmäßigen Richtern hätten verklagen und zur Verantwortung ziehen können, sie nun nach seinem Tode solche Anklagen gegen ihn vorbrächten. Was aber Archelaus getan, das komme auf Rechnung ihrer eigenen Ungerechtigkeit und Widersetzlichkeit. Denn nachdem sie sich ganz ungesetzmäßig benommen und diejenigen zu morden angefangen hätten, deren Beruf es gewesen sei, sie von ihren Ungerechtigkeiten abzuhalten, kämen sie nun und klagten, dass sie für diese Ungerechtigkeiten bestraft worden seien. Dann warf er ihnen vor, dass sie ihr Vergnügen an Neuerungen und Erregung von Aufständen hätten, und dass sie nicht verständen, Gerechtigkeit zu üben und den Gesetzen zu gehorchen, sondern überall vorgezogen sein und Recht haben wollten. So sprach Nikolaus. 4. Als der Cäsar diese Reden angehört hatte, entließ er die Versammlung. Einige Tage später ernannte er den Archelaus zwar nicht zum König, wohl
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aber zum Ethnarchen über die Hälfte des Gebietes, welches dem Herodes unterworfen gewesen war; auch versprach er ihm den Königstitel, wenn er sich durch seine Tüchtigkeit dessen würdig zeige. Die andere Hälfte zerlegte er in zwei Teile und gab diese den beiden ebenfalls anwesenden Söhnen des Herodes, Philippus und Antipas, von denen der Letztere mit seinem Bruder Archelaus sich um die Herrschaft über das ganze Reich beworben hatte. Dem Antipas fiel das Gebiet jenseits des Jordan sowie Galiläa zu, die zusammen zweihundert Talente an Jahresabgaben zahlten. Batanaea aber mit Trachonitis und Auranitis nebst einem Teil des so genannten Besitztums des Zenodorus (der Landschaft Abilene) wurden dem Philippus zugeteilt, dem diese Ländergebiete jährlich hundert Talente einbrachten. Dem Archelaus fielen sonach Idumäa, Judäa und Samaria zu, und es wurde den Samaritern der vierte Teil ihrer Abgaben nach Beschluss des Cäsars erlassen, weil sie sich an dem Aufstande nicht beteiligt hatten. Zum Gebiete des Archelaus gehörten die Städte Stratonsturm, Sebaste, Joppe und Jerusalem, während die Griechenstädte Gaza, Gadara und Hippos von demselben durch den Cäsar getrennt und mit Syrien verbunden wurden. Archelaus hatte aus seinem Anteil jährlich sechshundert Talente Einkommen. 5. So wurde das Reich des Herodes unter seine Söhne verteilt. Der Salome aber schenkte der Cäsar außer den Besitzungen, die ihr Bruder ihr schon vermacht hatte, nämlich Jamnia, Azot und Phasaelis, und außer dem ihr bereits zugefallenen Legate von fünfhunderttausend Stücken geprägten Silbers noch den Königspalast zu Askalon. Sie bezog daraus im Ganzen sechzig Talente Jahreseinkommen. Ihr Wohnhaus lag im Gebiete des Archelaus. Auch den übrigen Verwandten des Herodes wurden ihre Legate ausgezahlt, wie dieser im Testament bestimmt hatte. Den beiden noch jungfräulichen Töchtern des Herodes machte der Cäsar außer dem, was ihnen der Vater hinterlassen hatte, je zweihundertfünfzigtausend Stücke geprägten Silbers zum Geschenk und vermählte sie dann mit den Söhnen des Pheroras. Alles aber, was Herodes ihm selbst vermacht hatte, im Ganzen fünfzehnhundert Talente, stellte er den Söhnen des Königs wieder zu und behielt nur einige Gefäße, nicht wegen ihres großen Wertes, sondern als Andenken an Herodes.
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ZWÖLFTES KAPITEL Vom falschen Alexander.
1. Als der Cäsar auf diese Weise alles geordnet hatte, trat ein junger Mann von jüdischer Abstammung auf, der in Sidon bei dem Freigelassenen eines römischen Bürgers erzogen worden war, und gab sich fur einen Sohn des Herodes aus, wobei ihm seine Ähnlichkeit mit Alexander, dem Sohne des Herodes, den dieser hatte hinrichten lassen, sehr zustatten kam. Die Ähnlichkeit bezeugten übrigens alle, welche die beiden gesehen hatten. Hierdurch also wurde Alexander veranlasst, die Herrschaft fur sich in Anspruch zu nehmen. Als Helfershelfer benutzte er dabei einen Menschen seines Stammes, der in Hofintrigen erfahren und auch sonst ein vollendeter Bösewicht und zur Anstiftung von Unruhen wie geschaffen war. Derselbe war sein Lehrmeister in solchen schlechten Künsten gewesen, und so fand er den Mut, sich für Alexander, den Sohn des Herodes, auszugeben, der von einer der bei der Hinrichtung beschäftigt gewesenen Personen versteckt worden sei. Der Betreffende habe nämlich, um den Betrug zu vertuschen, statt seiner und des Aristobulus andere getötet und sie beide am Leben gelassen. In dieser seiner Anmaßung fuhr er nun fort, diejenigen, mit welchen er zusammentraf, durch sein Geschwätz irrezuführen, sodass, als er nach Kreta gekommen war, alle Juden, an die er ~ch dort wandte, ihm Glauben schenkten und ihn reichlich mit Geld unterstützten, das er zur Überfahrt nach Melos verwandte. Auch hier gelang es ihm, große Geldsummen zusammenzubringen, weil man allgemein glaubte, er sei aus königlichem Blut entsprossen, und sich der Hoffnung hingab, er werde das Reich seines Vaters wieder an sich bringen und dann seinen Gönnern sich erkenntlich zeigen. Alsdann machte er sich auf den Weg nach Rom, begleitet von seinen Gastgebern, und landete zunächst in Dikaearchia*, wo ihm wieder alles so gut vonstatten ging, dass er auch die Bewohner dieses Ortes für seinen Betrug gewann. Ja, man schloss sich bereits an ihn an, als ob er schon König wäre, und besonders taten dies diejenigen, die früher zu Herodes in freundschaftlichen Beziehungen gestanden hatten. Es war auch zu natürlich, dass man seinen Worten Glauben schenkte, da die Menschen sich gern von der äußeren Gestalt einnehmen lassen, und so gelang es ihm
* Puteoli (siehe Leben des losephus Abschnitt 3).
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leicht, denjenigen, welche mit Alexander verkehrt hatten, die Überzeugung beizubringen, er sei eben jener Alexander, was diese dann anderen gegenüber sogar eidlich versicherten. Und als sich nun der Ruf von ihm auch bis nach Rom verbreitet hatte, zog die ganze Menge der dort lebenden Juden ihm entgegen, erkannte darin, dass er wider alles Erwarten am Leben erhalten worden sei, die Vorsehung Gottes und begrüßte ihn, wo immer er auf seinem Wagen sich zeigte, besonders seiner mütterlichen Abstammung wegen mit jubelnder Freude, zumal er einen wahrhaft königlichen Pomp entfaltete, wozu ihm seine Gastfreunde die Mittel gewährten. Schließlich strömte das Volk in Masse ihm zu, beglückwünschte ihn und erwies ihm alle Ehrenbezeugungen, die man denen angedeihen zu lassen pflegt, welche unverhofft ihrem Verderben entronnen sind. 2. Als nun die Sache auch dem Cäsar gemeldet wurde, konnte sich dieser nicht entschließen, daran zu glauben, weil er zu gut wusste, dass Herodes in einer so wichtigen und ihn selbst so nahe berührenden Angelegenheit nicht so leicht sich hätte täuschen lassen. Da er jedoch seiner Sache nicht ganz sicher war, schickte er einen seiner Freigelassenen Namens Celadus, der mit den Söhnen des Herodes einst vertraulich verkehrt hatte, hin, um ihm den angeblichen Alexander vorzuführen. Diesem Befehl kam Celadus nach, aber auch er vermochte den jungen Mann nicht besser wie die anderen zu erkennen. Der Cäsar indes ließ sich nicht täuschen. Denn wenn auch eine gewisse Ähnlichkeit nicht wegzuleugnen war, so war dieselbe doch nicht so groß, dass sie den hätte einnehmen können, der eine schärfere Beobachtungsgabe besaß. Dieser falsche Alexander nämlich hatte raue, von harter Arbeit zeugende Hände, und statt eines zarten Körpers, wie ein Mann von feiner Erziehung ihn hätte aufweisen müssen, war der seine ungelenk und plump. Da nun der Cäsar merkte, dass hier der Schüler dem Meister an Lügenfertigkeit nichts nachgab, und dass der eine ebenso frech die Unwahrheit behauptete wie der andere, fragte er den angeblichen Alexander, wie es denn dem Aristobulus, der mit ihm zugleich gerettet worden, ergangen und weshalb derselbe nicht auch gekommen sei, um das ihm infolge seiner vornehmen Herkunft zustehende Recht in Anspruch zu nehmen. Die Antwort lautete, Aristobulus sei aus Furcht vor den Gefahren des Meeres auf der Insel Cypern zurückgeblieben, damit, wenn ihm, dem Alexander, etwas Menschliches begegne, das Geschlecht der Mariamne nicht gänzlich ausgerottet würde, sondern wenigstens Aristobulus noch am Leben bliebe, um es mit seinen Feinden aufzunehmen. Als nun der, welcher diese Ausrede ersonnen hatte, die Aussage des jungen Mannes bekräftigte, nahm der Cä-
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sar den Letzteren beiseite und sprach zu ihm: »Wenn du mir die Wahrheit gestehst, will ich dir zur Belohnung das Leben schenken. Sage mir also, wer du bist, und wer dich zu solchem Unterfangen beschwätzt hat. Denn dein Vorgehen verrät eine Tücke, die man deinem Alter nicht zutrauen kann.« Da entdeckte der junge Mann, der nicht wohl anders konnte, dem Cäsar den ganzen Plan und gab auch an, wie und von wem derselbe ausgedacht worden sei. Der Cäsar, der sein gegebenes Wort nicht brechen wollte, schickte so dann den falschen Alexander, weil er sah, dass derselbe zu anstrengender Arbeit tauglich war, auf die Ruderbank, den Anstifter des Betruges aber ließ er hinrichten. Übrigens war es für die Bewohner von Melos schon Strafe genug, dass sie das viele Geld verloren, welches sie dem falschen Alexander gegeben hatten. Einen so schimpflichen Ausgang hatte das tollkühne Unternehmen des falschen Alexander.
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DREIZEHNTES KAPITEL Wie Archelaus abennals verklagt und nach Vienna verbannt wurde.
1. Als der zum Ethnarchen ernannte Archelaus nach Judäa zurückgekehrt war, entsetzte er Joazar, den Sohn des Boethos, den er der Parteinahme für die Aufrührer beschuldigte, seines hohepriesterlichen Amtes und übertrug dasselbe an dessen Bruder Eleazar. Alsdann stellte er den Königspalast in Jericho prächtig wieder her und leitete die Hälfte des Wassers, welches das Dorf Neara versorgte, auf das Feld, das l er ganz mit Palmbäumen bepflanzt hatte. Weiterhin baute er einen Ort, den er Archelais nannte. Auch nahm er gegen die Vorschrift des väterlichen Gesetzes Glaphyra, die Tochter des Königs Archelaus und ehemalige Gattin seines Bruders Alexander, mit welcher dieser eine Anzahl Kinder gezeugt hatte, zur Ehe. Bei den Juden gilt es nämlich als verabscheuenswert, das Weib seines Bruders zu heiraten. Eleazar blieb übrigens nicht lange Hohepriester, da noch bei seinen Lebzeiten Josua, der Sohn des Sie, an seine Stelle trat. 2. Im zehnten Jahre der Regierung des Archelaus verklagten ihn die Vornehmsten der Juden und Samariter, die seine Grausamkeit und Tyrannei nicht mehr ertragen konnten, beim Cäsar, besonders da sie erkannt hatten, dass er dem Befehle des Letzteren, sie mild zu behandeln, keineswegs nachgekommen war. Als der Cäsar diese Klagen vernahm, ergrimmte er,
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ließ, weil er den Archelaus keines Schreibens würdigte, dessen Verwalter in Rom, der gleichfalls Archelaus hieß, rufen und sprach zu ihm: »Schiffe dich sofort ein, begib dich zu ihm hin und fUhre ihn mir ungesäumt vor.« Archelaus benutzte darauf die erste Fahrgelegenheit, und als er nach Judäa kam, traf er den Fürsten bei einem Gastmahl, welches derselbe mit seinen Freunden hielt. Er machte ihn sofort mit dem Willen des Cäsars bekannt und drängte ihn zur schleunigen Abreise. Als nun Archelaus in Rom angekommen war und Augustus ihn in ordnungsmäßiger Gerichtssitzung zur Verantwortung gezogen hatte, bestrafte er ihn mit Einziehung seines Vermögens und verbannte ihn nach Vienna, einer Stadt in Gallien.* 3. Bevor aber Archelaus nach Rom berufen wurde, erzählte er seinen Freunden folgenden Traum. Es habe ihm geträumt, dass zehn volle und reife Weizenähren von Ochsen abgefressen worden seien. Als er erwacht war, ließ er, weil er den Traum für wichtig hielt, die Traumdeuter rufen. Da diese aber in ihrer Auslegung nicht übereinstimmten, erbat sich ein gewisser Essener Simon das Wort und erklärte dem Archelaus, der Traum zeige eine schlimme Veränderung an. Die Ochsen nämlich bedeuteten Elend, weil sie mit harter Arbeit geplagt seien, und zugleich bedeuteten sie eine Veränderung, weil der Boden, der von ihnen bebaut werde, nicht immer in dem nämlichen Zustand bleiben könne. Die zehn Ähren aber zeigten ebenso viele Jahre an, weil die Ähre in einem Sommer zur Reife gelange, und es stehe daher das Ende der Herrschaft des Archelaus bevor. So legte Simon den Traum aus, und am fünften Tage danach fand sich der Verwalter Archelaus auf Befehl des Cäsars in Judäa ein, um den Fürsten nach Rom zu berufen. 4. Etwas Ähnliches begegnete auch seiner Gemahlin Glaphyra, der Tochter des Königs Archelaus, die, wie oben erwähnt, zuerst Alexander, den Sohn des Herodes und Bruder des Archelaus, geheiratet hatte. Später, als Alexander auf Befehl seines Vaters hingerichtet worden war, ehelichte sie Jubas, den König von Libyen**, und da sie nach dessen Tod als Witwe im Hause ihres Vaters lebte, nahm sie Archelaus zur Gattin, nachdem er seine bisherige Gemahlin Mariamne verstoßen hatte - so sehr liebte er die Glaphyra. Als sie nun mit Archelaus vermählt war, hatte sie folgenden Traum. Es habe ihr geschienen, Alexander stehe an ihrer Seite; darüber sei sie hocherfreut gewesen, sodass sie ihn herzlich umarmt habe. Er aber habe * 6 n.Chr. ** Jubas, der König von Libyen oder Numidien, war einer der gebildetsten Fürsten jener Zeit und zugleich ein fruchtbarer Schriftsteller.
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sich bei ihr beklagt und sie folgendermaßen angeredet: »Glaphyra, so bewahrheitest du also das Sprichwort, dass man den Weibern nicht trauen dürfe, da du, als Jungfrau mir verlobt und vermählt, mir Kinder geboren und dennoch meiner Liebe vergessen, einen anderen geheiratet und, auch mit dieser Schmach noch nicht zufrieden, dich einem dritten Manne hingegeben hast, indem du mit Schimpf und Schande dich wiederum in meine Familie eindrängtest und deinem Manne Archelaus, meinem Bruder, die Hand reichtest. Ich werde aber trotzdem meiner Liebe zu dir nicht vergessen, sondern dich von deiner Schande befreien und dich wieder zu der Meinigen machen, wie du es früher warst.« Nachdem sie diesen Traum ihren Freundinnen erzählt hatte, starb sie einige Tage darauf. 5. Ich glaubte dies in meine Erzählung aufnehmen zu müssen, weil ich gerade von den Königen sprach, besonders aber auch, weil daraus ein Beweis fur die Unsterblichkeit der Seele und für das Walten der göttlichen Vorsehung hergeleitet werden kann. Sollte es jemand unglaublich vorkommen, so mag er seine eigene Meinung darüber haben; nur wolle er einer Sache nicht hinderlich sein, die ihn zur Tugend anspornen kann. ~ Übrigens wurde das Gebiet des Archelaus der Provinz Syrien einverleibt, und der Cäsar schickte nun den Quirinius, einen gewesenen Konsul ab, um eine Schätzung des Vermögens in Syrien vorzunehmen und die Güter des Archelaus zu verkaufen.
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RCRTZERNTES BUCR 01ESES SUCH umFRSST E1NEN ZE1TRRum VON 3Z JRHREN
ERSTES KAPITEL Sendung des Quirinius. Der Landpfleger Coponius. Judas der Galiläer. Von den Sekten der Juden.
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1. Quirinius also, einer von den römischen Senatoren, der übrigens alle öffentlichen Ämter bereits bekleidet hatte und wegen seiner ehrenvollen Stellung großen Einfluss besaß, kam auf Geheiß des Cäsars mit wenigen Begleitern nach Syrien, teils um Gerichtssitzungen abzuhalten, teils um die Vermögens schätzung vorzunehmen. Zugleich mit ihm wurde Coponius, ein Mann ritterlichen Standes, zur Wahrnehmung der höchsten Gewalt in Judäa abgeschickt.* Bald fand sich nun Quirinius auch in Judäa ein, das mit Syrien verbunden war, um hier ebenfalls das Vermögen zu schätzen und die Güter des Archelaus zu verkaufen. Die Juden wollten zwar anfangs von der Schätzung nichts wissen, gaben jedoch allmählich auf Zureden des Hohepriesters Joazar, des Sohnes des Boethos, ihren Widerstand auf und ließen nach seiner Weisung die Schätzung ihres Vermögens ruhig geschehen. Der Gaulaniter Judas** dagegen, der aus der Stadt Gamala gebürtig war, reizte in Gemeinschaft mit dem Pharisäer Sadduk das Volk durch die Vorstellung zum Aufruhr, die Schätzung bringe nichts anderes als offenbare Knechtschaft mit sich, und so forderten sie das gesamte Volk auf, seine Freiheit zu schützen. Denn jetzt sei die beste Gelegenheit gegeben, sich Ruhe, Sicherheit und dazu auch noch Ruhm zu verschaffen. Gott aber werde nur dann bereit sein, ihnen zu helfen, wenn sie ihre Entschlüsse tatkräftig ins Werk setzten und das besonders, je wichtiger diese ihre Entschlüsse seien und je unverdrossener sie dieselben ausführten. Derartige Reden wurden mit größtem Beifall aufgenommen, und so dehnte sich das tollkühne Unternehmen bald ins Ungeheuerliche aus. Kein Leid gab es, von dem infolge der Hetzarbeit jener beiden Männer unser Volk nicht heimgesucht worden wäre. Ein Krieg nach dem anderen brach aus, und es konnte nicht fehlen, * 6 ll. ehr. ** Vgl. Apostelgeschichte 5, 37.
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dass die Juden unter den beständigen Angriffen schwer litten. Thre wahren Freunde. die ihnen hätten beistehen können. hatten sie verloren; Räuber machten das Land unsicher. und viele der edelsten Männer wurden ermordet, angeblich um der Freiheit willen. in Wahrheit aber nur aus Beutegier. So kam es zu Aufständen und öffentlichem Blutvergießen. wobei bald die Bürger in der Sucht, keinen von der Gegenpartei am Leben zu lassen. sich gegenseitig mordeten. bald die Feinde niedergemacht wurden. Um das Elend voll zu machen. entstand dann auch noch Hungersnot, die zu allen möglichen Freveln die Wege ebnet, sodass ganze Städte verwüstet wurden und endlich sogar der Tempel infolge des Aufruhrs in Flammen aufging. So wurde die Neuerungssucht und das Rütteln an den althergebrachten Einrichtungen den Übeltätern selbst zum Verderben. Judas und Sadduk nämlich. die eine vierte Philosophenschule gegründet und bereits zahlreiche Anhänger um sich versammelt hatten. brachten nicht nur augenblicklich den Staat in grenzenlose Verwirrung. sondern säten auch fur die Zukunft durch Lehren. die bis dahin kein Mensch je gehört hatte. all das Unheil. das gar bald anfing. Wurzel zu treiben. Ich will darüber mit einigen Worten mich verbreiten. besonders da die Jugend es war. die. durch jene Lehren fanatisiert. unserem Staate den Untergang bereitete. 2. Bei den Juden gab es schon seit langer Zeit drei philosophische Sekten. nämlich die der Essener. Sadducäer und Pharisäer. und wiewohl ich bereits im zweiten Buche des Jüdischen Krieges mich darüber ausgesprochen habe. will ich doch die Mühe nicht scheuen. auf dieselben hier nochmals einzugehen. 3. Die Pharisäer leben enthaltsam und kennen keine Annehmlichkeiten. Was vernünftige Überlegung als gut erscheinen lässt, dem folgen sie und halten es überhaupt für ihre Pflicht, den Vorschriften der Vernunft nachzukommen. Die Alten ehren sie und maßen sich nicht an. den Anordnungen derselben zu widersprechen. Wenn sie behaupten. alles geschehe nach einem bestimmten Schicksal, so wollen sie damit dem menschlichen Willen nicht das Vermögen absprechen. sich selbst zu bestimmen. sondern lehren. es habe Gott gefallen. die Macht des Schicksals und die menschliche Vernunft zusammenwirken zu lassen. sodass jeder es nach seinem Belieben mit dem Laster oder der 'fugend halten könne. Sie glauben auch. dass die Seelen unsterblich sind und dass dieselben. je nachdem der Mensch tugendhaft oder lasterhaft gewesen. unter der Erde Lohn oder Strafe erhalten. sodass die Lasterhaften in e~ger Kerkerhaft schmachten müssen. während die 'fugendhaften die Macht erhalten. ins Leben zurückzukehren. Infolge
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dieser Lehren besitzen sie beim Volke eInen solchen Einfluss, dass sämtliche gottesdienstliche Verrichtungen, Gebete wie Opfer, nur nach ihrer Anleitung dargebracht werden. Ein so herrliches Zeugnis der Vollkommenheit gaben ihnen die Gemeinden, weil man glaubte, dass sie in Wort und Tat nur das Beste wollten. 4. Die Lehre der Sadducäer lässt die Seele mit dem Körper zugrunde gehen und erkennt keine anderen Vorschriften an als das Gesetz. Sogar gegen die Lehrer ihrer eigenen Schule im Wortstreit anzugehen, halten sie für rühmlich. Threr Anhänger sind nur wenige, doch gehören sie den besten Ständen an. Übrigens richten sie nichts Bedeutendes aus, und wenn sie einmal dazu genötigt sind, ein Amt zu bekleiden, so halten sie es mit den Pharisäern, weil das Volk sie sonst nicht dulden würde. 5. Die Essener dagegen lehren, man müsse alles dem Willen Gottes anheim geben. Sie glauben an die Unsterblichkeit der Seele und halten den Lohn der Gerechtigkeit für das erstrebenswerteste Gut. Wenn sie Weihgeschenke in den Tempel schicken, bringen sie kein Opfer dar, weil sie heiligere Reinigungsmittel zu besitzen vorgeben. Aus diesem Grunde ist ihnen der Zutritt zum gemeinsamen Heiligtum nicht gestattet, und sie verrichten demgemäß ihren Gottesdienst besonders. Übrigens sind es Menschen von vortrefflichen Sitten, und sie beschäftigen sich bloß mit Ackerbau. Ganz besonders bewunderungswürdig und lobenswert aber sind sie wegen einer bei den Griechen und den anderen V6lkern völlig unbekannten, bei ihnen jedoch nicht etwa erst seit kurzer Zeit, sondern schon seit vielen Jahren herrschenden ausgleichenden Gerechtigkeit, infolge -deren sie vollkommene Gütergemeinschaft haben und dem Reichen nicht mehr Genuss von seinen Gütern lassen wie dem Armen. Nach dieser Lehre leben über viertausend Menschen. Sie heiraten ebenso wenig, als sie Knechte halten, da sie das Letztere für Unrecht, das Erstere aber fur die Quelle alles Streites halten, und so leben sie voneinander abgesondert und dienen einer dem andern. Zu Verwaltern ihrer Einkünfte vom Feldertrag wählen sie tüchtige Männer aus priesterlichem Stande, die für Getreide und sonstige Nahrungsmittel zu sorgen haben. Sie leben übrigens alle auf eine und dieselbe Weise und kommen am nächsten denjenigen Dakern, welche Polisten* heißen. 6. Außer diesen drei Schulen nun gründete jener Galiläer Judas eine vierte, deren Anhänger in allen anderen Stücken mit den Pharisäern über* Diejenigen von den sonst nomadisierenden dakischen Stämmen, die zuerst feste Wohnsitze (~:n:6ALS;,
die Stadt) einnahmen.
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einstimmen, dabei aber mit großer Zähigkeit an der Freiheit hängen und Gott allein als ihren Herrn und König anerkennen. Sie unterziehen sich auch jeder möglichen Todesart und machen sich selbst nichts aus dem Morde ihrer Verwandten und Freunde, wenn sie nur keinen Menschen als Herrn anzuerkennen brauchen. Da ihre Hartnäckigkeit indes allgemein durch Augenschein bekannt ist, glaube ich von weiteren Bemerkungen über sie absehen zu können. Ich brauche ja nicht zu fürchten, dass meine Worte keinen Glauben finden; viel eher müsste ich besorgen, dass mir nicht genug Worte zu Gebote stehen, um solchen Heldenmut und solche Standhaftigkeit zu schildern. Diese Tollkühnheit war es, die das Volk in Aufruhr brachte, als der Landpfleger Gessius Florus durch den Missbrauch seiner Amtsgewalt dasselbe so zur Verzweiflung trieb, dass es von den Römern abfiel. So viel von den Philosophen schulen der Juden.
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ZWEITES KAPITEL Wie Herodes und Philippus zu Ehren des Cäsars Städte erbauten. Folge der Landpfleger und der Hohepriester. Tod des Partherkönigs Phraates.
1. Als Quirinius des Archelaus Vermögen sequestriert und die Einschätzung, die in das siebenunddreißigste Jahr nach dem Siege des Cäsars über Antonius bei Actium fieL zu Ende geführt hatte, setzte er den Hohepriester Joazar, der mit dem Volke in Streit geraten war, von Amt und Würden ab und übertrug die Stelle an Ananus, den Sohn des Seth. Herodes 'und Philippus aber nahmen jeder Besitz von seiner Tetrarchie. Herodes befestigte alsdann Sepphoris, die Zierde von Galiläa, und weihte die Stadt dem Cäsar. Ebenso umgab er Betharamphtha, das bereits zu einer Stadt angewachsen war, mit Mauem und nannte ~ie Festung der Gemahlin des Cäsars zu Ehren Julias.* Philippus seinerseits baute die an den Quellen des Jordan gelegene Stadt Paneas aus und gab ihr den Namen Caesarea (Philippi), erhob dann den Flecken Bethsaida, der am See Gennesar lag, zum Range einer' Stadt, verschaffte derselben Einwohner und Hilfsquellen und nannte sie nach des Cäsars Tochter ebenfalls Julias. 2. Übrigens ereignete sich unter dem Landpfleger Coponius, der, wie * VgI. die Anmerkung zu XVI, 5, 1.
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gesagt, zugleich mit Quirinius geschickt worden war, folgender Vorfall. An dem Feste der ungesäuerten Brote, welches wir Pascha nennen, pflegten die Priester gleich nach Mitternacht die Tore des Tempels zu öffnen. Kaum war das diesmal geschehen, als einige Samariter, die heimlich nach Jerusalem gekommen waren, menschliche Gebeine in den Hallen und im ganzen Tempel verstreuten. Deshalb musste man, ganz gegen die sonst bei dem Fest geltende Gewohnheit, den Zutritt zum Tempel verbieten und ihn in Zukunft schärfer bewachen lassen. Bald darauf kehrte Coponius nach Rom zurück, und es folgte ihm im Landpflegeramte Marcus Ambivius*, unter dessen Amtsführung des Herodes Schwester Salome aus dem Leben schied. Sie hinterließ Julia, der Gattin des Cäsars, den ganzen Bezirk der Stadt Jamnia, sowie das in der Ebene gelegene Phasaelis und die Stadt Archelals, wo sich eine Menge Palmbäume mit vorzüglichen Früchten befand. Der folgende Landpfleger war Annius Rufus**, unter dessen Verwaltung der Cäsar Augustus, der zweite römische Alleinherrscher***, starb, nachdem er siebenundfünfzig Jahre, sechs Monate und zwei Tage, und zwar vierzehn Jahre mit Antonius gemeinschaftlich regiert und siebenundsiebzig Jahre gelebt hatte. Auf Augustus folgte in der Regierung Tiberius Nero, der Sohn der Julia, als der dritte römische Alleinherrscher. Von diesem wurde Valerius Gratus als Landpfleger nach Judäa geschickt****, nachdem Annius Rufus abberufen worden war. Valerius Gratus entsetzte den Hohepriester Ananus seines Amtes und übertrug dasselbe an Ismael, den Sohn des Phabi, entzog aber auch diesem bald die Würde wieder und verlieh sie Eleazar, dem Sohne des Hohepriesters Ananus. Kaum ein Jahr später ward auch Eleazar abgesetzt, und Kamiths Sohn Simon trat an seine Stelle. Diesem folgte wieder nach einem Jahre Joseph, der auch Kaiaphas hieß. Gratus war elf Jahre lang Landpfleger von Judäa, als er abberufen wurde und Pontius Pilatus das Amt übernahm.***** 3. Da Herodes der Tetrarch mit Tiberius sehr befreundet war, erbaute er eine Stadt am See Gennesar im schönsten Teile von Galiläa, die er Tiberias nannte. Nicht weit von dieser Stadt befinden sich warme Quellen an einem Ürte, der Emmaus heißt. Tiberias ward übrigens von zusammengelaufenem Volk bewohnt, worunter sich auch viele Galiläer und gezwungene An* Etwa 9 n. Ghr. ** 11 n. Ghr. *** Josephus rechnet Gajus Julius Gäsar als den ersten Alleinherrscher. **** 14 n. Ghr. ***** 25 n. Ghr.
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kömmlinge befanden, die mit Gewalt dort angesiedelt wurden, obwohl sie zum Teil den besseren Ständen angehörten. Auch die Bettler, die im ganzen Lande aufgefangen wurden, sowie viele, von denen es noch nicht einmal feststand, ob sie Freie waren, erhielten hier Wohnungen angewiesen und bekamen mancherlei Vorrechte. Um sie an die Stadt zu fesseln, ließ Berodes ihnen Häuser bauen und Ländereien zuteilen, da es ihm wohl bekannt war, dass ihnen nach jüdischen Vorschriften das Wohnen daselbst nicht gestattet war. Es waren nämlich behufs Erbauung von Tiberias viele dort befindliche Grabdenkmäler entfernt worden, und unser Gesetz erklärt die Bewohner solcher Orte für unrein auf die Dauer von sieben Tagen. 4. Um diese Zeit starb auch der Partherkönig Phraates infolge der Nachstellungen, die ihm sein Sohn Phraatakes aus nachstehender Ursache bereitete. Phraates, der schon rechtmäßige Kinder hatte, lebte mit einer italischen Sklavin Namens Thermusa, die er nebst anderen Geschenken von Julius Cäsar erhalten hatte, zuerst im Koncubinat, bis er, von der Schönheit ihrer Gestalt gefesselt, sie nach einiger Zeit, da sie ihm schon den Phraatakes geboren hatte, zum Range einer Gattin erhob. In dieser Stellung besaß sie großen Einfluss auf den König und nutzte denselben aus, um den parthischen Thron an ihren Sohn zu bringen. Doch sah sie bald ein, dass sie in dieser Hinsicht nichts ausrichten würde, wenn sie nicht die rechtmäßigen Söhne des Phraates aus dem Wege räume. Sie beredete daher ihren Gemahl, diese rechtmäßigen Söhne nach Rom als Geiseln zu schicken, und da der König der Thermusa nicht leicht ein Begehren abschlug, wurden die Prinzen wirklich dorthin gebracht. Bald aber dauerte es dem Phraatakes, der nun allein für den Thron erzogen wurde, zu lange, auf das Ableben seines Vaters zu warten. Er trachtete daher dem Phraates nach dem Leben, und die Ausführung dieses Verbrechens gelang ihm auch mit Hilfe seiner Mutter, mit der er, wie es hieß, unerlaubten Umgang pflog. Beide Schandtaten machten ihn indes allgemein verhasst, und so wurde er, bevor er eine besondere Macht erlangt hatte, von seinen aufrührerischen Untertanen, welche die Blutschande für noch schmachvoller als den Vatermord hielten, aus seinem Reiche vertrieben und kam um. Die Vornehmsten der Parther aber waren der einhelligen Meinung, dass das Reich ohne König, der jedoch aus dem Hause der Arsakiden stammen müsse, nicht regiert werden könne. Einen König aus anderem Geschlechte nämlich hielten sie hauptsächlich deshalb für unmöglich, weil das Reich schon so oft und in jüngster Zeit noch durch die italische Buhlerin und deren Sohn Schaden gelitten habe. Sie ließen daher durch Gesandte den Orodes herbeirufen, der zwar
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aus königlichem Geschlecht stammte, jedoch wegen seiner unmenschlichen Grausamkeit und seines abstoßenden und aufbrausenden Wesens bei seinen Untertanen bald verhasst wurde. Daher fiel auch er einer Verschwörung zum Opfer, indem er, wie einige behaupten, bei einem Zechgelage, zu dem die Parther stets bewaffnet erscheinen, nach allgemeiner Annahme aber auf der Jagd ermordet wurde. Nun schickte man nach Rom und erbat sich einen der als Geiseln gestellten Prinzen zum Könige. Daraufhin wurde Vonones gesandt, der vor seinen Brüdern den Vorzug erhielt. Dieser glaubte, sich einer recht glücklichen Regierung erfreuen zu können, da ihm dieselbe von zwei mächtigen Reichen, seinem eigenen und dem der Römer, angetragen worden war. Allein gar bald änderte sich die Gesinnung der halb wilden Parther, die überhaupt von Natur treulos und wankelmütig sind. Sie erklärten nämlich, es sei unter ihrer Wurde, dem Sklaven einer fremden Macht, wie sie einen als Geisel gestellten Prinzen nannten, zu gehorchen, und hielten seine Erhebung zum Könige fur schmachvoll, da er ihnen nicht etwa in rechtmäßigem Kriege, sondern, was weit schlimmer, in schir~pflichem Frieden' aufgedrängt worden sei. Deswegen beriefen sie alsbald den Artabanus, der über Medien herrschte und aus dem Geschlechte der Arsakiden stammte, auf den Thron. Dieser nahm die Berufung an und erschien mit einem Heere. Vonones aber zog ihm entgegen, und da anfangs die meisten Parther noch zu ihm hielten, ward Artabanus besiegt und floh in die medischen Berge. Bald jedoch hatte er eine große Streitmacht beisammen, mit der er den Vonones abermals angriff und ihn so vollständig aufs Haupt schlug, dass derselbe, von nur einigen wenigen Reitern begleitet, nach· Seleukia fliehen musste. Artabanus richtete darauf unter den flüchtigen und völlig in Verwirrung geratenen Parthern ein gewaltiges Blutbad an und marschierte sodann nach Ktesiphon. Auf diese Weise also war er Beherrscher der Parther geworden. Vonones dagegen, der nach Armenien geflohenwar, schickte sogleich, um seine Ansprüche auf den Thron wieder geltend zu machen, Gesandte nach Rom. Tiberius indes wies ihn ab, teils wegen seiner feigen Flucht, teils wegen der drohenden Haltung des Partherkönigs, der durch Gesandte erklären ließ, er werde sogleich zum Kriege schreiten. Da es nun fur Vonones keinen anderen Weg mehr zum Throne gab, zumal die mächtigen armenischen Stämme, die am Niphates wohnten, sich mit Artabanus verbündet hatten, blieb ihm nichts übrig, als sich unter den Schutz des syrischen Statthalters Silanus zu begeben. Dieser behielt ihn mit Rücksicht auf seine in Rom genossene Bildung bei sich in Syrien, während Artabanus Armenien seinem Sohne Orodes zuteilte.
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5. Um diese Zeit starb auch Antiochus, der König von Kommagene. Nach seinem Tode entstanden Streitigkeiten zwischen dem Volke und dem Adel, sodass beide Teile Gesandte nach Rom schickten. Der Adel verlangte, das Reich solle in eine römische Provinz verwandelt werden, während das Volk es in hergebrachter Form von Königen weiter regiert wissen wollte. Deshalb wurde Germanicus laut Senatsbeschluss nach dem Orient geschickt, um die Angelegenheit zu ordnen. Doch das Geschick hatte ihm hier seinen Untergang bestimmt. Als er nämlich den Streit im Orient beigelegt hatte, wurde er auf Pisos Anstiften vergiftet, wie dies auch anderswo berichtet ist.*
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DRITTES KAPITEL Aufruhr der luden gegen Pontius Pilatus.
lesus Christus. Was den luden in Rom zustieß.
1. Als der jüdische Landpfleger Pilatus sein Heer aus Caesarea nach Jeru-
salem in die Winterquartiere geführt hatte, ließ er, um seine Missachtung gegen die jüdischen Gesetze an den Tag zu legen, das Bild des Cäsars auf den Feldzeichen in die Stadt tragen, obwohl doch unser Gesetz alle Bilder verbietet. Aus diesem Grunde hatten die früheren Landpfleger stets die Feldzeichen ohne dergleichen Verzierungen beim Einzug der Truppen in die Stadt vorantragen lassen. Pilatus war der Erste, der ohne Vorwissen des Volkes zur Nachtzeit jene Bildnisse nach Jerusalem bringen und dort aufstellen ließ.** Sobald das Volk dies erluhr, zog es in hellen Haufen nach Caesarea und bestürmte den Pilatus viele Tage lang mit Bitten, er möge die Bilder doch irgendwo anders hinbringen lassen. Das gab aber Pilatus nicht zu, weil darin eine Beleidigung des Cäsars liege. Als indes das Volk nicht aufhörte, ihn zu drängen, bewaffnete er am siebenten Tage in aller Stille seine Soldaten und bestieg eine in der Rennbahn befindliche llibüne, hinter welcher die Bewaffneten versteckt lagen. Da nun die Juden ihn abermals * Vgl. Tacitus. Annalen. 11. 69-72. Germanicus starb übrigens bereits im Jahre 19 n. Chr.• wonach also der Tod des Antiochus vor die Zeit fällt, die Josephus hier anzunehmen scheint. ** Dem auf einem Spieß befestigten Adler. woraus bisher die Feldzeichen bestanden. wurden um diese Zeit kleine Brustbilder der Cäsaren beigefügt. weshalb der »signifer(( auch »imaginifercc hieß.
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bestürmten, gab er den Soldaten ein Zeichen, dieselben zu umzingeln, und drohte ihnen mit augenblicklicher Niedermetzelung, wenn sie sich nicht ruhig nach Hause begäben. Die Juden aber warfen sich zu Boden, entblößten ihren Hals und erklärten, sie wollten lieber sterben als etwas geschehen lassen, was der weisen Vorschrift ihrer Gesetze zuwiderlaufe. Einer solchen Standhaftigkeit bei Beobachtung des Gesetzes konnte Pilatus seine Bewunderung nicht versagen und befahl daher, die Bilder sogleich aus Jerusalern nach Caesarea zurückzubringen. 2. Pilatus machte auch den Versuch, das Wasser einer zweihundert Stadien von Jerusalem entfernten Quelle in die Stadt zu leiten, und beschloss dazu Tempelgelder zu verwenden. Dieser Plan missfiel aber den Juden, und es liefen Tausende von Menschen zusammen, die mit lautem Geschrei begehrten, er solle davon Abstand nehmen, wobei es übrigens, wie das bei einem gemischten Haufen zu geschehen pflegt, ohne Schimpfereien und Beleidigungen nicht abging. Pilatus schickte deshalb eine starke Abteilung Soldaten in jüdischer Tracht, die unter ihren Kleidern Knüttel versteckt hatten, an einen Platz, von wo aus sie die Juden leicht umzingeln konnten, und befahl den Letzteren dann, auseinander zu gehen. Als aber die Juden mit Schmähungen antworteten, gab er den Soldaten das verabredete Zeichen, und diese fielen mit größerem Ungestüm, als es in der Absicht des Pilatus lag, über ruhige Bürger wie über Aufständische her. Gleichwohlließen die Juden von ihrer Hartnäckigkeit nicht ab, und da sie den Bewaffneten wehrlos gegenüberstanden, kamen viele von ihnen um, während andere verwundet weggetragen werden mussten. So wurde dieser Aufruhr unterdrückt. 3. Um diese Zeit lebte lesu.s~ ein weiser Mensc~ wenn man ihn überhaupt einen Menschen nennen daif. Er war nämlich der Vollbringer ganz unglaublicher Taten und der Lehrer aller Menschen~ die mit Freuden die "Wahrheit azifnahmen. So zog er viele luden und auch viele Heiden an sich. Er war der Christus.* Und obgleich ihn Pilatus azifBetreiben der Vol7lehmsten unseres Volkes zum Kreuzestod verurteilte~ wurden doch seine.früheren Anhänger ihm nicht untreu. Denn er erschien ihnen am dritten Tage wieder leben~ wie gottgesandte Propheten dies und tausend andere wunderbare Dinge von ihm vorheruerkündigt hatten. Und noch bis azifden heutigen Tag besteht das Volk der Christen~ die sich nach ihm nennen~fort.
4. Gleichfalls um diese Zeit traf auch noch ein anderes Unglück die Juden, und zu Rom geschahen im Isistempel schändliche Dinge. Zunächst * D. h. der Gesalbte, der Messias.
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nun will ich den Vorgang im Isistempel erzählen, ehe ich in meinem Bericht über die Schicksale der Juden fortfahre. Es lebte zu Rom eipe gewisse Paulina, die von vornehmer Herkunft, tugendhaft, reich und sehr schön war, auch gerade in dem Alter stand, in welchem die Frauen besonders liebreizend und sittsam sind: Sie war mit einem Manne namens Saturninus vermählt, der ihr an vortrefflichen Eigenschaften nichts nachgab. Zu dieser Frau entbrannte nun in Liebe der hochangesehene Ritter Decius Mundus, und da sein Bemühen, sie durch reiche Geschenke sich geneigt zu machen, vergeblich blieb, ließ er sich von seiner Leidenschaft endlich so weit hinreißen, dass er ihr für einen einzigen Beischlaf die Summe von zweihunderttausend Drachmen anbot. Als sie aber auch dieses Anerbieten zurückwies, grämte er sich vor Liehe so sehr, dass er es für das Beste hielt, sich wegen der Sprödigkeit der Paulina verhungern zu lassen, und sogleich zur Ausführung dieses Vorhabens schritt. Es befand sich aber in seinem Hause eine Freigelassene seines Vaters mit Namen Ide, die in allen Ränken bewandert war. Diese hatte Missfallen daran, dass der Jüngling so hartnäckig auf seinem Vorhaben, sich das Leben zu nehmen, bestand; war es doch offenbar, dass er mehr und mehr dahinwelkte. Sie begab sich deshalb zu ihm, tröstete ihn und machte ihm Hoffnung darauf, dass er doch noch Gelegenheit finden werde, den vertraulichen Umgang der Paulina zu genießen. Als nun Mundus mit Freuden auf ihre Worte horchte, erklärte sie ihm, sie bedürfe nur fünfzigtausend Drachmen, um die Schamhaftigkeit der Frau zu überwinden. Nachdem sie dergestalt den Jüngling ermuntert und die verlangte Geldsumme erhalten hatte, schlug sie einen anderen Weg ein als Mundus, da die Frau zu tugendhaft war, als dass sie sich durch Geld hätte gewinnen lassen. Es war ihr nämlich wohlbekannt, dass Paulina der Verehrung der Isis sehr ergeben war, und hierauf baute sie ihren Plan auf. Sie ging zu einigen Isispriestern und versicherte sich ihrer Bereitwilligkeit, was ihr auch nicht schwer fiel, da sie das Geld vorzeigte. Und nachdem sie ihnen vorläufig zwanzigtausend Drachmen gezahlt und ebenso viel für den Fall, dass der Plan gelingen würde, in Aussicht gestellt hatte, machte sie ihnen von der Liebe des jungen Mannes Mitteilung und bat sie, ihr Möglichstes zu tun, um ihm zur Erfüllung seines Wunsches zu verhelfen. Die Priester, durch das Gold angelockt, sagten zu, und der älteste von ihnen begab sich zu Paulina und bat, nachdem er Einlass erhalten, mit ihr ohne Zeugen sprechen zu dürfen. Paulina war hierzu bereit, und nun erklärte ihr der Priester, er sei vom Gott Anubis geschickt, der sie liebe und ihr befehle, zu ihm zu kommen. Sie vernahm diese Worte mit Freude und rühmte sich bei ihren Haus-
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genossen der Ehre, die Anubis ihr zugedacht habe. Threm Gatten aber zeigte sie an, dass sie zum Gastmahl und der Umarmung des Gottes beschieden sei. Dieser gab seine Einwilligung, da er seines Weibes Schamhaftigkeit hinreichend kannte. Paulina ging sodann zum Tempel, und als ein Priester nach dem Mahle zur Zeit der Nachtruhe die Tore geschlossen und im Inneren des Heiligtums die Lampen ausgelöscht hatte, kam Mundus, der vorher sich dort versteckt hatte, zu ihr und genoss die ganze Nacht ihren Umgang, da sie der Meinung war, er sei der Gott Anubis. Bevor jedoch diejenigen Priester, die um den Plan nicht wussten, erwacht waren, schlich sich Mundus fort, und Paulina begab sich in der Morgenfrühe zu ihrem Gatten zurück, erzählte ihm die Erscheinung des Gottes und prahlte auch bei ihren Hausgenossen mit der ihr widerfahrenen Ehre. Diese aber nahmen zum Teil die Sache sehr ungläubig auf, zum Teil drückten sie ihre Verwunderung darüber ans, dass die edle und tugendsame Frau sich zu so etwas hergegeben habe. Am dritten Tage nach dem Vorfall nun begegnete ihr Mundus und sprach zu ihr: »Nun hast du, Paulina, mir zweihunderttausend Drachmen erspart, die du dein Eigen hättest nennen können, und bist mir nichtsdestoweniger zu Willen gewesen. Es liegt mir jetzt nichts daran, dass du mich mit Schmähungen überhäuft hast, vielmehr hat es mir große Freude gemacht, der Stellvertreter des Gottes Anubis gewesen zu sein.« Darauf entfernte er sich. Paulina aber zerriss auf die Kunde von der Schandtat ihr Gewand und zeigte ihrem Gatten die ihr widerfahrene Schmach an, beschwor ihn auch, dieselbe nicht ungerächt zu lassen. Saturninus meldete darauf den ganzen Vorfall dem Cäsar, der eine genaue Untersuchung anstellen und sowohl die Priester als auch die Ide, welche den schmachvollen Plan ersonnen hatte, ans Kreuz schlagen ließ. Alsdann ließ er den Tempel zerstören und die Bildsäule der Isis in den Tiber versenken. Den Mundus aber verbannte er und hielt diese Strafe fur hinreichend, weil die Liebe ihn zu dem Frevel verleitet habe. So verhielt es sich mit dem Gräuel, durch den die Isispriester ihren Tempel schändeten. Nunmehr wende ich mich, wie oben angedeutet, zur Erzählung des Unglückes, welches die in Rom lebenden Juden traf. 5. Ein Mann von jüdischer Abstammung hatte sich aus seinem Vaterlande ,geflüchtet, weil er der Gesetzesübertretung angeklagt war und Strafe furchten musste, zumal er überhaupt ein nichtswürdiger und gottloser Mensch war. Dieser hielt sich damals in Rom auf, gab sich fur einen Erklärer des moysaischen Gesetzes aus und verband sich mit drei anderen Menschen, die in allem seinesgleichen waren. Die vier beredeten dann eine edle Frau namens Fulvia, die das moysaische Gesetz angenommen und sich von ihnen
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darin hatte unterweisen lassen, Purpur und Gold nach Jerusalern in den Tempel zu schicken. Beides übernahmen sie zur Bestellung, behielten es dann aber fur sich und verprassten es, zu welchem Zweck sie es auch von vornherein verlangt hatten. Tiberius, dem der ihm befreundete Gatte der Fulvi~ Saturninus mit Namen, auf Veranlassung seiner Gattin den Vorfall angezeigt hatte, befahl darauf, alle Juden aus Rom zu vertreiben. Die Konsuln veranstalteten deshalb eine Aushebung unter ihnen und schickten viertausend von ihnen als Soldaten nach der Insel Sardinien:" Die meisten jedoch weigerten sich ihrem Gesetze zulieb, Kriegsdienste zu leisten, und wurden darum mit harten Strafen belegt. So kam es, dass die Juden um der Ruchlosigkeit jener vier Menschen willen aus Rom vertrieben wurden.
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VIERTES KAPITEL Wie die Samariter sich empörten und viele von ihnen getötet wurden. Pilatus bei Vitellius verklagt. Vitellius in Judäa und bei den Parthern.
1. Unterdessen hatten auch die Samariter sich empört, aufgereizt von einem Menschen, der sich aus Lügen nichts machte und dem zur Erlangung der Volksgunst jedes Mittel recht war. Er forderte das Volk auf, mit ihm den Berg Garizin zu besteigen, der bei den Samaritern als heiliger Berg gilt, und versicherte, er werde dort die heiligen Gefäße vorzeigen, die von Moyses daselbst vergraben worden seien. Diesen Worten schenkten die Samariter Glauben, ergriffen die Waffen, sammelten sich in einem Dorfe mit Namen Tirathaba und zogen immer mehr Menschen an sich heran, um in möglichst großer Anzahl auf den Berg rücken zu können. Pilatus jedoch kam ihnen zuvor und besetzte den Weg, den sie zurücklegen mussten, mit Reiterei und Fußvolk. Diese Streitmacht griff die Aufrührer an, hieb eine Anzahl von ihnen nieder, schlug den Rest in die Flucht und nahm noch viele gefangen, von welch Letzteren Pilatus die Vornehmsten und Einflussreichsten hinrichten ließ. 2. Als dieser Aufstand niedergeworfen war, schickte der hohe Rat der Samariter Abgeordnete an Vitellius, gewesenen Konsul und nunmehrigen Statthalter von Syrien, um den Pilatus wegen des an den Thrigen verübten * Vgl. hierzu Tacitus, Annalen, 11, 85, sowie Suetonius, Leben des Tiberius, 36.
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Gemetzels anklagen zu lassen. Sie hätten sich, ließen sie geltend machen, nicht deshalb in Tirathaba versammelt, um sich gegen die Römer zu empören, sondern nur, um sich vor des Pilatus Ungerechtigkeiten zu schützen. Daraufhin schickte Vitellius den ihm befreundeten Marcellus zur Verwaltung des Landpflegeramtes nach Judäa und befahl dem Pilatus, sich nach Rom zu begeben*, um sich vor dem Cäsar wegen der von den Juden gegen ihn erhobenen Beschuldigungen zu verantworten.** Nach zehnjähriger Amtsführung in Judäa reiste daher Pilatus nach Rom, um des Vitellius Anweisung, der er nicht zu widersprechen wagte, nachzukommen. Ehe er indes in Rom anlangte, war Tiberius schon gestorben.*** 3. Vitellius begab sich darauf nach Judäa und kam in Jerusalem zu der Zeit an, als das so genannte Paschafest gefeiert wurde. Da die Juden ihm einen glänzenden Empfang bereiteten, ließ er den Jerusalemern die Abgabe von den Marktfrüchten für alle Zeit nach und gestattete den Priestern, das Gewand des Hohepriesters nebst dessen sonstigem Ornat wie früher im Tempel aufzubewahren. Diese Gegenstände wurden nämlich zu damaliger Zeit in der Burg Antonia aufbewahrt, und zwar aus folgendem Grunde. Ein gewisser Hyrkanus, der Erste von den vielen Hohepriestern dieses Namens, hatte in der Nachbarschaft de~ Tempels einen Turm erbaut, wo er seine meiste Zeit zubrachte und das in seinem Gewahrsam befindliche Gewand, welches nur er allein tragen durfte, niederlegte, sooft er in gewöhnlicher Kleidung zur Stadt ging. Dasselbe taten auch seine Söhne und Enkel. Als nun Herodes König wurde, ließ er den günstig gelegenen Turm ausbauen und nannte ihn seinem Freunde Antonius zu Ehren Antonia. Das hohepriesterliche Gewand verwahrte er dort weiter, so wie er es vorfand, weil er der Meinung war, das Volk werde aus diesem Grunde nichts gegen ihn unternehmen. Ebenso wie Herodes tat auch sein Sohn und Nachfolger Archelaus, und als nun die Römer des Letzteren Reich in Besitz nahmen, fanden sie auch das hohepriesterliche Gewand, das in einem steinernen Behälter verwahrt lag, und zwar unter dem Siegel der Priester und der Schatzmeister, und vor dem der Burghauptmann täglich ein Licht anzünden musste. Sieben Tage vor einem Feste wurde das Gewand vom Burghauptmann den Priestern übergeben, dann gereinigt und vom Hohepriester benutzt. Am Tage nach dem Feste aber wurde es wieder in den Behälter eingeschlossen, * Die Landpfleger von Judäa waren den Statthaltern in Syrien untergeordnet. ** 36 n. ehr. *** 37 n. ehr.
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in welchem es früher gelegen hatte. So hielt man es jährlich an den drei Festen und am großen Fasttage. Vitellius also gestattete die Aufbewahrung des Gewandes nach dem Gebrauche unserer Vater und gab dem Burghauptmann den Auftrag, sich weder um den Ort, wo es niedergelegt wurde, noch um den Tag, an dem es zur Verwendung kam, zu kümmern. Durch diese Anordnung gewann er sich die Zuneigung des Volkes. Alsdann entsetzte er den Hohepriester Joseph, der auch Kaiaphas hieß, seines Amtes, übertrug dasselbe an Jonathas, den Sohn des Hohepriesters Ananus, und kehrte sodann wieder nach Antiochia zurück. 4. Unterdessen hatte Tiberius dem Vitellius den schriftlichen Auftrag erteilt, mit dem Partherkönige Artabanus Freundschaft zu schließen. Er fürchtete diesen nämlich, weil er sich höchst feindselig benahm, Armenien schon besetzt hatte und dem Reiche noch größeren Schaden anzutun drohte. An seine aufrichtige Freundschaft wollte er indes nur dann glauben, wenn er Geiseln stellen und vor allem seinen Sohn ausliefern würde. Zugleich mit diesem Schreiben an Vitellius suchte Tiberius die Könige der Iberer und Albaner zu bewegen, unverzüglich den Artabanus mit Krieg zu überziehen. Dessen weigerten sich nun zwar diese Könige, jedoch reizten sie die Skythen gegen Artabanus auf, indem sie ihnen zugleich den Durchmarsch durch ihr Gebiet und durch die Kaspischen Pässe gestatteten. Infolgedessen verloren die Parther Armenien abermals. In ihrem Lande aber wütete der Krieg, ihre besten Männer fielen, Feuer und Schwert verwüsteten das Reich, und des Königs Sohn musste nebst vielen tausend Streitern im Kampfe sein Leben lassen. Beinahe wäre es nun Vitellius geglückt, den Artabanus durch Bestechung der Verwandten und Freunde desselben aus dem Wege zu räumen. Dieser aber, der das rings auf ihn lauernde Verderben erkannte und bedachte, wie die meisten von denen, die sich seine Anhänger nannten, bestochen seien und ihre freundliche Gesinnung nur heuchelten, um bei passender Gelegenheit zu den bereits früher Abgefallenen überzugehen, zog es vor, sich in die oberen Satrapien zu flüchten. Hier brachte er aus Dahern und Sakern* ein großes Heer zusammen, warf damit seine Feinde nieder und befestigte seine Herrschaft aufs Neue. 5. Als Tiberius von diesen Ereignissen Kunde erhielt, beschloss er, mit Artabanus in freundschaftliche Beziehungen zu treten. Der diesbezüglichen Einladung kam Artabanus bereitwillig nach und traf am Euphrat mit Vitellius zusammen. Über den Fluss wurde eine Brücke geschlagen, und mitten * Skythische Völkerschaften (vergl. Plinius, Naturgesch., VI, 19 und Herodot VII, 9).
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auf derselben begegneten sich die beiden mit ihren Trabanten. Nachdem sie sich hierauf wegen des abzuschließenden Bündnisvertrages verständigt hatten, bewirtete sie Herodes der Tetrarch, der mitten auf der Brücke mit großem Kostenaufwand ein Zelt errichtet hatte. Bald darauf sandte Artabanus dem Tiberius seinen Sohn Darius als Geisel sowie eine Menge von Geschenken, unter denen besonders ein sieben Ellen großer Mann von jüdischer Herkunft mit Namen Eleazar, wegen seiner gewaltigen Größe »der Riese« zubenannt, auffiel. Hierauf kehrte Vitellius nach Antiochia zurück; Artabanus aber begab sich nach Babylonien. Herodes wollte der Erste sein, der dem Cäsar die Nachricht von der Stellung der verlangten Geiseln gab, und sandte daher Boten an ihn mit einem Briefe, in welchem alles so genau mitgeteilt war, dass dem Legaten (Vitellius) nichts mehr zu berichten übrig blieb. Als dieser nun auch seinerseits einen Brief absandte und der Cäsar ihm antwortete, er wisse schon alles aus dem Schreiben des Herodes, geriet er in heftige Aufregung und sah eine viel größere Kränkung darin, als dies in der Tat der Fall war. Dennoch bezwang er seinen Zorn, bis nach dem Regierungsantritte des Gajus ihm Gelegenheit zur Rache gegeben wurde. 6. Inzwischen war auch Philippus, des Herodes Bruder, im zwanzigsten Jahre der Regierung des Tiberius* gestorben, nachdem er Trachonitis, Gaulanitis und Batanaea siebenunddreißig Jahre lang verwaltet hatte. Er war seinen Untertanen ein milder Herrscher und ruhigen Gemütes, brachte auch sein ganzes Leben in seinem eigenen Lande zu. Sooft er sich aus seinem Hause begab, nahm er nur wenige Auserlesene mit und ließ sich den Thronsessel, von dem aus er Recht sprach, auf allen Wegen nachtragen. Begegnete ihm dann jemand, der Hilfe und Beistand begehrte, so wurde der Sessel sogleich aufgestellt, und nun hielt er Untersuchung ab, bestrafte die Schuldigen und sprach die unschuldig Angeklagten frei. Er starb zu Julias und wurde in der Gruft, die er sich schon bei Lebzeiten erbaut hatte, mit großem Prunk beigesetzt. Da er keine Kinder hinterließ, nahm Tiberius sein Reich an sich und schlug es zur Provinz Syrien, ließ jedoch die Einkünfte, welche die Tetrarchie aufbrachte, auch ferner in derselben verwalten.
* 33 n.Ghr.
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FÜNFTES KAPITEL Herodes der Tetrarch erklärt dem Araberkönige den Krieg. Der Tod Joannes' des Täufers. Vitellius kommt nach Jerusalem. Von den Nachkommen Herodes' des Großen.
1. Um diese Zeit gerieten Aretas, der König von Peträa, und Herodes aus folgender Veranlassung in Streit. Herodes der Tetrarch hatte des Aretas Tochter geheiratet und lebte mit ihr schon lange Zeit. Als er nun nach Rom reiste, kehrte er bei seinem Stiefbruder Herodes, dem Sohne der Tochter des Hohepriesters Simon, ein. Hier fasste er eine so heftige Neigung zu dessen Gattin Herodias, die ihres gemeinschaftlichen Bruders Aristobulus Tochter und Agrippas des Großen Schwester war, dass er mit dem Plan umging, sie zur Ehe zu nehmen. Herodias war damit einverstanden, und so kamen sie überein, dass sie gleich nach seiner Rückkehr aus Rom in sein Haus kommen solle, jedoch unter der Bedingung, dass er des Aretas Tochter verstoße. Herodes sagte das zu und reiste dann nach Rom weiter. Als er hier mit der Erledigung der infrage stehenden Angelegenheiten fertig war und nach Hause zurückkehrte, verlangte seine Gattin, die von der Abmachung mit Herodias Kenntnis erlangt hatte, nach Machaerus, einer auf der Grenze zwischen dem Gebiete des Herodes und dem des Aretas gelegenen Festung, gebracht zu werden, ohne von der Absicht, die sie dabei leitete, etwas verlauten zu lassen. Herodes erfüllte ihren Wunsch und ahnte nicht im entferntesten, dass sie um sein Vorhaben wusste. Sie aber hatte schon früher nach Machaerus geschickt, das damals unter der Botmäßigkeit ihres Vaters stand. Als sie nun dort ankam, fand sie alles zur Weiterreise Erforderliche von dem Befehlshaber der Festung vorbereitet, brach daher gleich nach Arabien auf und gelangte, von einem Festungskommandanten zum anderen geleitet, in kurzer Zeit zu ihrem Vater, dem sie des Herodes Plan mitteilte. Daraufhin brachen die Feindseligkeiten aus, noch verschärft durch einen gleichzeitigen Streit um die Festsetzung der Grenzen von Gamalitis, und nachdem beide Fürsten ihre Streitmacht aufgeboten hatten, kam es zum Kriege, zu dem beide, statt selbst mit auszurücken, ihre Feldherren entsandten. Gleich beim ersten Zusammenstoß ward des Herodes ganzes Heer aufgerieben, da es von einigen Überläufern aus der Tetrarchie des Philippus, die unter Herodes Kriegsdienste leisteten, verraten wurde. Herodes gab davon sogleich dem Tiberius briefliche Nachricht, der nun, entrüs-
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tet über des Aretas Beginnen, dem Vitellius befahl, den Araber mit Krieg zu überziehen und ihn entweder lebendig in Fesseln ihm vorzuführen oder ihm seinen Kopf zu senden. 2. Manche Juden waren übrigens der Ansicht, der Untergang der Streitmacht des Herodes sei nur dem Zorne Gottes zuzuschreiben, der für die Tötung Joannes' des Taufers die gerechte Strafe gefordert habe. Den Letzteren nämlich hatte Herodes hinrichten lassen, obwohl er ein edler Mann war, der die Juden anhielt, nach Vollkommenheit zu streben, indem er sie ermahnte, Gerechtigkeit gegeneinander und Frömmigkeit gegen Gott zu üben und so zur Taufe zu kommen. Dann werde, verkündigte er, die Taufe Gott angenehm sein, weil sie dieselbe nur zur Heiligung des Leibes, nicht aber zur Sühne für ihre Sünden anwendeten; die Seele nämlich sei dann ja schon vorher durch ein gerechtes Leben entsündigt. Da nun infolge der wunderbaren Anziehungskraft solcher Reden eine gewaltige Menschenmenge zu Joannes strömte, fürchtete Herodes, das Ansehen des Mannes, dessen Rat allgemein befolgt zu werden schien, möchte das Volk zum Aufruhr treiben, und hielt es daher für besser, ihn rechtzeitig aus dem Wege zu räumen, als beim Eintritt einer Wendung der Dinge in Gefahr zu geraten und dann, wenn es zu spät sei, Reue empfinden zu müssen. Auf diesen Verdacht hin ließ also Herodes den Joannes in Ketten legen, nach der Festung Machaerus bringen, die ich oben erwähnte, und dort hinrichten. Sein Tod aber war, wie gesagt, nach der Überzeugung der Juden die Ursache, weshalb des Herodes Heer aufgerieben worden war, da Gott in seinem Zorn diese Strafe über den Tetrarchen verhängt habe. 3. Vitellius also rüstete sich zum Kriege gegen Aretas, zog zwei Legionen Schwerbewaffnete, alle dazugehörige leichte Mannschaft sowie die von den verbündeten Königen gestellte Reiterei an sich, eilte auf Petra zu und gelangte zunächst nach Ptolemai."s. Als er aber von hier aus mit seinem Heere durch Judäa marschieren wollte, kamen ihm die vornehmsten Männer entgegen und baten ihn, diesen Weg nicht zu benutzen, da es nach ihrem Gesetze verboten sei, Bilder, deren sich viele auf den Feldzeichen befanden, durch das Land zu tragen. Vitellius gab diesen Bitten nach, änderte seine Absicht, ließ sein Heer durch die große Ebene* ziehen und begab sich selbst mit dem Tetrarchen Herodes und seinen Freunden nach Jerusalem, um hier, weil gerade ein jüdisches Fest bevorstand, Gott ein Opfer darzu* D. h. durch die Ebene Jezreel und dann dem östlichen Ufer des Jordan endang durch die so genannte Jordan-Ebene.
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bringen. Als er daselbst anlangte, bereiteten ihm die Juden einen ehrenvollen Empfang. Er hielt sich dann drei Tage in Jerusalem auf, setzte während dieser Zeit den Hohepriester Jonathas ab und übertrug die Würde an dessen Bruder Theophilus. Als er dann am vierten Tage einen Brief aus Rom erhielt, der ihm den Tod des Tiberius meldete, verpflichtete er sogleich das Volk eidlich für Gajus (Caligula). Hierauf berief er das Heer zurück und ließ dasselbe Winterquartiere beziehen, da er jetzt nach des Gajus Thronbesteigung keine Vollmacht zur Kriegführung mehr zu haben glaubte. Aretas soll übrigens, sobald ihm des Vitellius Anmarsch gemeldet wurde, Vogelschau gehalten und erklärt haben, das Heer des Vitellius könne unmöglich Petra erreichen, da in kurzem ein Führer sterben werde, sei es nun der, welcher den Befehl zum Kriege gegeben habe, oder der, welcher auf des Ersteren Weisung hin den Krieg führe, oder endlich der, gegen den das Heer zu Felde ziehe. Vitellius zog sich alsdann nach Antiochia zurück. Des Aristobulus Sohn Agrippa aber war bereits ein Jahr vor dem Tode des Tiberius nach Rom gereist, um mit dem Cäsar Verhandlungen anzuknüpfen, sobald sich ihm dazu Gelegenheit bieten würde. - Ich will mich nun etwas eingehender über die Familie des Herodes verbreiten, teils weil deren Mitglieder eine wichtige Rolle in der Geschichte spielen, teils weil sie den Beweis liefern, dass weder eine zahlreiche Nachkommenschaft noch irgendeine andere menschliche Machtentfaltung ohne fromme Gesinnung gegen Gott etwas nützen kann. Sind doch in noch nicht ganz hundert Jahren die zahlreichen Nachkommen des Herodes fast alle zugrunde gegangen. Aber auch abgesehen hiervon kann dem ganzen Menschengeschlecht die Kenntnis ihrer widrigen Schicksale nur ersprießlich sein, und besondere die Erzählung von dem höchst bewundernswerten Agrippa, der aus einem in aller Stille geführten Leben und wider alles Erwarten seiner Bekannten auf den Thron gelangte. Ich habe zwar früher schon über diesen Gegenstand gesprochen, will das aber jetzt mit größerer Genauigkeit tun. 4. Herodes der Große hatte von Mariamne, der Tochter des Hyrkanus, zwei Töchter, von denen die eine, Salampsio mit Namen, mit ihrem Vetter PhasaeL dem Sohne von Herodes' Bruder PhasaeL die andere, Kypros, ebenfalls mit ihrem Vetter Antipater, dem Neffen des Herodes und Sohn der Salome, von ihrem Vater vermählt worden war. Phasael zeugte mit der Salampsio fünf Kinder, Antipater, Herodes, Alexander, Alexandra und Kypros, welch Letztere des Aristobulus Sohn Agrippa heiratete, während Alexandra mit Timius, einem vornehmen Bewohner von Cypern, vermählt wurde und als dessen Gattin, ohne Kinder zu hinterlassen, starb. Kypros
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dagegen gebar dem Agrippa drei Töchter, Berenike, Mariamne und Drusilla, sowie zwei Söhne, Agrippa und Drusus, von denen der Letztere noch als Knabe starb. Thr Vater Agrippa hatte übrigens noch zwei Brüder, Herodes und Aristobulus, und es waren diese drei die Söhne, welche Berenike, die Tochter von Kostobar und des Herodes Schwester Salome, dem Aristobulus, dem Sohne Herodes' des Großen, geboren hatte. Sie wurden alle drei schon früh Waisen, da ihr Vater samt seinem Bruder Alexander, wie früher erwähnt, hingerichtet wurde. Als sie erwachsen waren, verheirateten sie sich, und zwar führte dieser Herodes, der Bruder Agrippas, die Mariamne heim, deren Mutter Olympias, eine Tochter des Herodes, und deren Vater Joseph, der Sohn von Herodes' Bruder Joseph war. Von dieser Mariamne erhielt Herodes einen Sohn Aristobulus. Der dritte Bruder Agrippas, gleichfalls Aristobulus mit Namen, heiratete Jotape, die Tochter des Königs Sam. psigeram von Emesa, und erhielt von ihr eine taube Tochter, die auch Jotape genannt wurde. Das waren die Nachkommen von männlicher Seite. Herodias nun, die Schwester der drei Brüder~ vermählte sich mit Herodes, dem Sohne Herodes' des Großen und der Mariamne, der Tochter des Hohepriesters Simon, und gebar ihm eine Tochter Salome, nach deren Geburt sie den väterlichen Gesetzen zum Trotz Herodes, den Tetrarchen von Galiläa und Stiefbruder ihres Gatten, heiratete, von dem sie sich indes noch bei seinen Lebzeiten lossagte. illre Tochter Salome war zunächst mit des Herodes Sohn Philippus, dem Tetrarchen von Trachonitis, vermählt, und als dieser ohne Kinder starb, heiratete sie Aristobulus, den Sohn von Agrippas Bruder Herodes, und gebar ihm drei Söhne, Herodes, Agrippa und Aristobulus. Das war also Phasaels und Salampsios Nachkommenschaft. Kypros aber, die andere Tochter der Mariamne, gebar dem Antipater eine Tochter Kypros, welche sich mit Alexas Helkias, dem Sohne des Alexas, vermählte und ihm eine Tochter schenkte, die wieder Kypros hieß. Herodes und Alexan der, die Brüder Antipaters, starben kinderlos. Was nun den Alexander angeht, der auf Befehl seines Vaters Herodes hingerichtet wurde, so erhielt er von der Tochter des Kappadokierkönigs Archelaus zwei Söhne, Alexander und Tigranes. Tigranes starb als König von Armenien, während er sich in Rom gegen eine Anklage rechtfertigte, und zwar kinderlos. Seinem Bruder Alexander dagegen wurde ein Sohn geboren, der, nach seinem Oheim Tigranes genannt, von Nero das Königreich Armenien erhielt und einen Sohn Alexander zeugte. Dieser heiratete Jotape, die Tochter des Kommagenerkönigs Antiochus, und wurde von Vespasianus zum Könige der Cilicischen Inseln ernannt. Die ganze Nachkommenschaft Alexanders gab übri-
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gens schon in der Jugend die jüdischen Gebräuche auf und nahm heidnische Sitten an. Die anderen Tochter des Herodes starben kinderlos. Da aber die genannten Nachkommen des Herodes noch am Leben waren, als Agrippa der Große zur Regierung gelangte, und ich deren Geschlechtsregister schon oben erwähnt habe, so bleibt mir nur übrig zu erzählen, welche Schicksale Agrippa erfuhr, wie er aus denselben hervorging und wie er zur höchsten Macht und Wurde gelangte.
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SECHSTES KAPITEL Agrippa reist nach Rom zum Cäsar Tiberius, wird von ihm in Ketten gelegt, nach dem Tode des Tiberius aber von Gajus freigelassen und zum Könige über die Tetrarchie des Philippus ernannt.
1. Kurz vor dem Ableben des Herodes hatte Agrippa, der sich in Rom aufhielt und mit Drusus, dem Sohne des Cäsars Tiberius, in freundschaftlichem Verkehr stand, auch mit Antonia, der Gattin des älteren Drusus, Beziehungen angeknüpft, die seine Mutter Berenike in hohen Ehren hielt und deshalb deren Sohn zu Ansehen bringen wollte. Solange nun seine Mutter lebte, hatte Agrippa, der von Natur freigebig und verschwenderisch war, seiner Leidenschaft Zügel angelegt, um Berenike nicht zu erzürnen. Kaum aber war dieselbe gestorben und er sein eigener Herr geworden, als er auch sein Vermögen teils durch äußerst verschwenderische Lebensweise, teils durch maßlose Freigebigkeit zu verschleudern anfing. Ganz besonders reiche Geschenke machte er den Freigelassenen des Cäsars, da er auf diese Weise sich deren Unterstützung zu sichern hoffte. Bei dieser Lebensart konnte es nicht ausbleiben, dass seine Mittel sich bald derart erschöpften, dass er sich in Rom nicht länger mehr halten konnte. Dazu kam noch, dass Tiberius den Freunden seines unlängst verstorbenen Sohnes verboten hatte, vor ihm zu erscheinen, damit ihr Anblick nicht das Andenken an seinen Sohn und infolgedessen erneute Trauer in ihm wachrufe. 2. Bei dieser üblen Lage blieb Agrippa nichts anderes übrig, als sich nach Judäa einzuschiffen. Er befand sich in sehr unbehaglicher Stimmung, weil er sein ganzes Geld verloren hatte und nichts ihm zur Befriedigung seiner Gläubiger übrig blieb, die sehr zahlreich waren und alle seine Bewegungen beobachteten, um ihn nicht entwischen zu lassen. Da es nun so weit kam,
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dass er nicht mehr aus noch ein wusste und sich obendrein seiner Taten nicht wenig schämte, begab er sich in die Festung Malatha in Idumäa mit dem Vorsatz, seinem Leben ein Ende zu machen. Diesen Plan aber erriet seine Gattin Kypros und gab sich alle erdenkliche Mühe, ihn davon abzubringen. Sie schrieb an seine Schwester Herodias, die mit dem Tetrarchen Herodes vermählt war, zeigte ihr an, was Agrippa beabsichtige und welche Not ihn dazu getrieben habe, und bat sie um ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen willen, Hilfe zu leisten und ihren Gatten ebenfalls dafür zu gewinnen, besonders da sie selbst, wie ersichtlich, alles daransetze, um ihren Mann aufzurichten, obgleich sie an Mitteln gewiss keinen Überfluss habe. Herodias und Herodes ließen infolgedessen den Agrippa zu sich kommen, wiesen ihm Tiberias als Wohnort sowie eine bestimmte Summe zum Lebensunterhalt an und übertrugen ihm obendrein noch die Stelle eines Agoranomen* der Stadt. Lange jedoch behielt Herodes diese Gesinnung nicht bei, obwohl er auch so Agrippas Bedürfnisse noch nicht befriedigt hatte. Bei einem Gastmahle zu Tyrus nämlich gerieten sie überm Trinken in Streit, und Herodes warf Agrippa vor, dass er ein Habenichts und auf seine Hilfe angewiesen sei. Das glaubte Agrippa nicht auf sich sitzen lassen zu dürfen und begab sich deshalb zu Flaccus, einem ehemaligen Konsul und nunmehrigen Stattalter von Syrien, mit dem er schon früher in Rom gute Freundschaft gehalten hatte. 3. Flaccus nahm ihn freundlich auf, und obgleich sich auch sein Bruder Aristobulus dort befand, mit dem er in Streit lebte, hinderte das den Flaccus doch nicht, ihnen beiden gleiche Ehrenbezeugungen zu erweisen. Aristobulus aber vermochte auf die Dauer seinen Hass gegen Agrippa nicht zu unterdrücken und ruhte nicht, bis er den Flaccus gegen ihn aufgereizt hatte, wozu folgender Vorfall den Anstoß gab. Die Damaszener waren mit den Sidoniern in einen Grenzstreit verwickelt, den Flaccus entscheiden sollte, und da sie erfahren hatten, dass Agrippa viel bei ihm vermochte, baten sie diesen um seine Hilfe und versprachen ihm dafür eine große Geldsumme. Agrippa gab sich nun die grüßte Mühe, die Damaszener zu unterstützen; Aristobulus aber, dem das Versprechen der Geldsumme nicht unbekannt geblieben war, verklagte seinen Bruder deshalb bei Flaccus. Und da seine Angaben durch das Ergebnis der Untersuchung bestätigt wurden, kündigte Flaccus dem Agrippa die Freundschaft. der nun wieder in die äußerste Armut versetzt wurde und nach Ptolemals ging, von wo er mangels anderer * S. die Anmerkung zu XIV; 10, 24.
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geeigneter Unterkunft nach Italien zu fahren beschloss. Hierzu gebrach es ihm indes an Geld, und er trug daher seinem Freigelassenen Marsyas auf, alle seine Künste zu versuchen, um ihm solches leihweise zu verschaffen. Marsyas begab sich infolgedessen zu Petrus, einem Freigelassenen von Agrippas Mutter Berenike, der aber durch deren Testament an Antonia* verwiesen war, und bat ihn, dem Agrippa gegen einen Schuldschein Geld zu leihen. Weil aber Petrus den Agrippa beschuldigte, früher entliehenes Geld nicht zurückgezahlt zu haben, verlangte er von Marsyas einen Schuldschein über zwanzigtausend attische Drachmen, obgleich er zweitausendfünfhundert weniger hergab. Marsyas musste sich hiermit zufrieden geben, da ihm kein anderer Ausweg übrig blieb. Als Agrippa nun das Geld erhalten hatte, reiste er nach Anthedon und schickte sich an, von dort in See zu gehen. Das erfuhr indes Herennius Capito, der Kommandant von Jamnia, und schickte sogleich Soldaten ab, um von Agrippa dreihunderttausend Sesterzien**, welche dieser von seinem früheren Aufenthalt in Rom her dem Cäsar schuldete, einzutreiben. So wurde Agrippa genötigt, zu bleiben. Er stellte sich nun, als wolle er dem Zahlungsbefehl nachkommen, hieb aber in der Nacht die Schiffstaue durch und fuhr nach Alexandria, wo er den Alabarchen*** Alexander ersuchte, ihm zweihunderttausend Sesterzien zu leihen. Dieser weigerte sich zwar, ihm selbst die Summe vorzustrecken, war aber nicht abgeneigt, sie der Kypros, deren Liebe zu ihrem Gatten und sonstige vortreffliche Eigenschaften ihn in Erstaunen versetzten, zu leihen. Kypros leistete also Bürgschaft, und Alexander zahlte sofort in Alexandria fünf Talente aus und versprach, den Rest gleich nach seiner Ankunft in Dikaearchia herzugeben, weil er die Verschwendungssucht Agrippas fürchtete. Kypros verabschiedete sich darauf von ihrem Gatten, der alsbald nach Italien abfuhr, und kehrte selbst mit ihren Kindern nach Judäa zurück. 4. In Puteoli angelangt, schrieb Agrippa einen Brief an den Cäsar Tiberius, der damals in Capreae zurückgezogen lebte, teilte ihm mit, er sei gekommen, um ihm pflichtgemäß seine Aufwartung zu machen, und bat ihn um die Erlaubnis, sich in Capreae einfinden zu dürfen. Tiberius antwortete ihm mit größter Freundlichkeit und gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass er ihn in Capreae sehen werde. Als Agrippa nun ankam, fand er eine so ehrenvolle Aufnahme und glänzende Bewirtung, wie er dem Briefe gemäß
* Die Mutter des Germanicus (s. den folgenden Abschnitt). ** Ein Sestertius = 15,9 Pfennige. *** D. i. Vorsteher.
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erwarten konnte. Am folgenden Tage jedoch erhielt der Cäsar von Herennius Capito die schriftliche Anzeige. Agrippa habe dreihunderttausend Sesterzien endiehen. sie aber am Verfalltage nicht zurückgezahlt, und als er ihn an die Rückzahlung gemahnt habe. sei er aus seinem Lande geflohen. sodass er jetzt gar keine Hoffnung mehr habe. das Geld von ihm einzutreiben. Als der Cäsar diesen Brief gelesen hatte. wurde er sehr unwillig und ließ Agrippa den Zutritt zum Hofe untersagen. bis er die Schuld bezahlt habe. Dieser aber ließ sich durch den Zorn des Cäsars nicht im Mindesten aus der Fassung bringen. sondern erbat sich von Antonia, der Mutter des Germanicus und des nachmaligen Cäsars Claudius. dreihunderttausend Sesterzien. damit er die Freundschaft des Tiberius nicht verlöre. Antonia gab ihm das Geld. teils im Andenken an seine Mutter Berenike. mit der sie in sehr vertrautem Verkehr gestanden hatte. teils weil er mit Claudius erzogen worden war. Sobald nun Agrippa seine Schuld abgetragen hatte. war sein gutes Einvernehmen mit Tiberius wiederhergestellt, und der Cäsar vertraute ihm sogar seinen Enkel an. damit er ihn auf seinen Ausgängen begleite. Aus Dankbarkeit für das freundliche Entgegenkommen der Antonia widmete alsdann Agrippa seine ganze Sorgfalt dem Gajus. welcher der Enkel der Antonia war und wegen der allgemeinen Beliebtheit seines Vaters überall in hoher Achtung stand. Es befand sich aber damals ein gewisser Samariter Thallus. ein Freigelassener des Cäsars. am Hofe. Von diesem lieh Agrippa sich eine Million Sesterzien. bezahlte der Antonia seine Schuld und verwendete den Rest dazu. Aufwendungen behufs Erlangung der Gunst des Gajus zu machen. sodass er in dessen Ansehen gewaltig stieg. 5. Als nun Agrippa mit Gajus immer vertrauter wurde und eines Tages mit ihm im Wagen ausfuhr. kam die Rede auf Tiberius. Da sprach Agrippa, weil sie unter sich waren. den Wunsch aus. Tiberius möge recht bald dem des Thrones viel würdigeren Gajus Platz machen. Das hörte Agrippas Freigelassener Eutychus. der den Wagen lenkte. schwieg aber einstweilen dazu. Später beschuldigte Agrippa den Eutychus. ihm ein Gewand gestohlen zu haben. was auch auf Wahrheit beruhte. Eutychus floh darauf. wurde aber ergriffen und zum Stadtpräfekten Piso geführt, der ihn um die Ursache seiner Flucht befragte. Der Gefangene entgegnete. er habe dem Cäsar ein Geheimnis zu melden. welches seine Sicherheit betreffe. Der Präfekt schickte ihn nun nach Capreae. wo Tiberius ihn nach seiner Gewohnheit in Fesseln legen ließ. Der Cäsar konnte überhaupt zaudern. wie kein anderer König oder Fürst. So ließ er auch Gesandtschaften oft lange warten und gab seinen Statthaltern und Landpflegern nicht leicht Nachfolger. wenn sie nicht
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mit Tod abgingen.* Daher kam es auch, dass er Gefangene oft längere Zeit im Kerker ließ, ehe er sie verhörte. Als ihn eines Tages seine Freunde fragten, warum er alles von einem Tag auf den anderen verschiebe, sagte er, die Gesandtschaften pflege er deshalb hinzuhalten, damit nicht bei schneller Entlassung derselben sobald wieder neue zu ihm geschickt würden und er sich so stets der Mühe unterziehen müsse, sie zu empfangen und abzufertigen. Die Befehlshaberstellen aber lasse er solchen, denen er sie einmal verliehen habe, möglichst lange, damit wenigstens eine Rücksicht sie antreibe, seine Untertanen wohlwollend zu behandeln. Denn der Sinn der meisten Menschen, die ein Amt bekleideten, neige zur Habsucht, und wenn jemand ein Amt nicht auf die Dauer, sondern nur für kurze Zeit erhalte, ohne zu wissen, wann ihm dasselbe wieder abgenommen werde, so sei seine Sucht zu plündern nur umso größer. Wenn aber jemand längere Zeit im Besitze eines Amtes bleibe, so werde er doch bald, wenn er genug zusammengescharrt habe, der Erpressungen überdrüssig und halte damit ein. 'frete dagegen ein zu schneller Wechsel ein, so genüge den Beamten nicht einmal das Besitztum ihrer Untergebenen mehr, weil bei vorzeitiger Abberufung ihnen nicht so viel· Zeit bleibe, dass sie, wie die Vorgänger, ihre Raubgier völlig befriedigen könnten. Hierfür gab er folgendes Beispiel an: »Ein verwundeter Mensch lag am Boden, und eine Menge Fliegen saßen in seinen Wunden. Ein Wanderer, der zufcillig vorbeiging, hatte Mitleid mit ihm, und da er ihn für zu schwach hielt, um die Fliegen zu vertreiben, trat er hinzu und schickte sich an, dieselben zu verscheuchen. Der Verwundete aber bat ih~ das zu unterlassen, und als der andere ihn fragte, weshalb er denn von der Plage nicht befreit sein wolle, entgegnete er: Du machst mir noch mehr Schmerz, wenn du sie vertreibst. Denn sie sind schon gesättigt von meinem Blute und machen mir deshalb nicht mehr so viele Beschwerden als zuerst, sondern lassen schon etwas mit Quälen nach. Vertreibst du sie aber und kommen dann neue, hungrige heran, so werden sie, weil sie mich schon erschöpft antreffen, mich zu Tode aussaugen.« Aus demselben Grunde, fuhr Tiberius fort, schicke er seinen Untertanen, die schon durch viele Plackereien hart bedrückt seien, nicht so häufig einen Beamten nach dem anderen, von denen sie dann wie die Fliegen ausgesogen würden, besonders da zu der natürlichen Habgier der Bedränger auch noch die Furcht hinzukäme, eine so angenehme Art, sich zu bereichern, möchte ihnen schon so bald unmöglich gemacht werden. Diese Gesinnung des Tiberius ward durch sei* Vgl. hierzu Tacitus, Annalen, L 80.
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ne Handlungsweise bestätigt, da er während seiner zweiundzwanzigjährigen Regierung den Juden nur zwei Landpfleger schickte, nämlich Gratus und dessen Nachfolger Pilatus. So verfuhr er aber nicht nur bei den Juden, sondern bei allen seinen Untertanen. Auch die Gefangenen verhörte er, wie er sagte, immer deshalb erst so spät, damit sie nicht durch schnelle Hinrichtung von ihrer Haft befreit würden, was sie als Verbrecher gar nicht verdient hätten, sondern damit ihre quälende Ungewissheit während des langen Kerkeraufenthaltes noch gesteigert würde. 6. Aus diesem Grunde also wurde auch Eutychus nicht zum Verhör vorgeführt, sondern blieb im Gefangnis. Einige Zeit später kam Tiberius von Capreae nach Thsculanum, das ungefähr hundert Stadien von Rom entfernt liegt, und nun bat Agrippa die Antonia, sie möge doch dahin wirken, dass Eutychus endlich in Betreff der gegen ihn vorgebrachten Anklagen verhört werde. Antonia stand nämlich bei Tiberius in hohem Ansehen, teils weil er mit ihr verwandt war (sie war die Gattin seines verstorbenen Bruders), teils wegen ihrer Keuschheit, da sie ungeachtet ihres blühenden Alters Witwe blieb, trotz des Augustus Zureden das Eingehen einer zweiten Ehe verweigert hatte und ihren Lebenswandel von jedem Vorwurf rein bewahrte. Dazu kam noch, dass sie durch eine besondere Gefalligkeit sich den Tiberius zu größtem Dank verpflichtet hatte. Sejanus nämlich, ein Freund ihres verstorbenen Gatten und als Befehlshaber der Prätorianer* der einflussreichste Mann jener Zeit, hatte eine Verschwörung angestiftet, an der sich viele Senatoren mit ihren Freigelassenen beteiligten und für die auch das Heer gewonnen war. Die Verschwörung hatte also schon weite Kreise ergriffen, und es fehlte nicht viel, so wäre dem Sejanus sein Anschlag gelungen, wenn nicht Antonia entschlossen und mit kluger Überlegung denselben vereitelt hätte. Sobald sie nämlich von den Nachstellungen gegen Tiberius Kunde erhielt, schrieb sie diesen alles ausführlich, übergab den Brief dem ergebensten ihrer Sklaven, Pallas, und schickte ihn damit nach Capreae zu Tiberius. Daraufhin ließ der Cäsar den Sejanus und alle seine Mitverschworenen hinrichten, schätzte von nun an die Antonia umso höher und schenkte ihr sein volles Vertrauen. Sie bat also jetzt Tiberius, er möge den Eutychus verhören lassen, worauf der Cäsar entgegnete: »Hat Eutychus das, was Agrippa gesagt haben soll, erlogen, so wird er nach Gebühr bestraft werden. Erweist sich dagegen bei der peinlichen Befragung seine Aussage als wahr, so mag Agrippa sich vorsehen, dass die Strafe, die er seinem Freigelassenen zuge* Der Leibwache der Cäsaren.
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dacht hat, nicht auf sein eigenes Haupt zurückfalle.« Als Antonia diese Worte dem Agrippa mitteilte, bat dieser umso nachdrücklicher, die Sache möchte untersucht werden, und da er gar nicht aufhörte, sie darum anzugehen, ergriff sie die günstige Gelegenheit, als Tiberius in Begleitung Agrippas und seines Enkels Gajus nach der Mahlzeit ausfuhr, ging eine Weile neben dem Wagen her und bat den Cäsar, den Eutychus jetzt vorführen zu lassen und zu verhören. Darauf erwiderte Tiberius: »Ich rufe die Götter zu Zeugen an, dass ich nicht freiwillig, sondern durch deine Bitten genötigt tue, was jetzt geschehen soll.« Nach diesen Worten befahl er Macro, dem Nachfolger des Sejanus, den Eutychus vorzuführen. Als dies unverzüglich geschehen war und Tiberius ihn fragte, was er denn gegen den Mann vorbringen könne, der ihn in Freiheit gesetzt habe, antwortete Eutychus: »Gajus und Agrippa fuhren einmal im Wagen aus, und ich saß zu ihren Füßen. Nachdem nun mancherlei Reden gewechselt waren, sprach Agrippa zu Gajus: Käme doch· endlich der Tag, an dem der Alte das Zeitliche segnete und dich zum Herrscher des Erdkreises einsetzte! Denn sein Enkel Tiberius wird uns wenig zu schaffen machen, wenn du ihn aus dem Wege räumst, und es käme dann die ganze Welt und besonders ich in eine glückliche Lage.« Diese Aussage hielt Tiberius für glaubwürdig, und da auch sein alter Groll gegen Agrippa sich regte, weil dieser trotz seines Befehls, sich an Tiberius, seinen Enkel und des Drusus Sohn, anzuschließen, den Letzteren vernachlässigt und sich ganz zu Gajus gehalten hatte, wandte er sich an Macro und sagte: »Leg ihn in Fesseln!« Weil nun Macro einesteils nicht recht verstand, wen Tiberius gefesselt haben wollte, andernteils nicht ahnte, dass er so etwas gegen Agrippa beschließen könne, wartete er, bis er den Cäsar besser verstanden haben würde. Später wandelte Tiberius in der Rennbahn umher, und als er hier Agrippa stehen sah, rief er aus: »Aber, Macro, ich habe dir doch befohlen, diesen in Fesseln zu legen!« Macro fragte: »Wen denn?«, worauf der Cäsar entgegnete: »Agrippa.« Nun legte sich dieser aufs Bitten, erinnerte ihn an den Sohn, mit dem er erzogen worden sei, und an Tiberius, dessen Bildung er geleitet habe. Es half aber alles nichts, sondern er wurde im Purpurgewande, so wie er war, gefesselt hinweggeführt. Zur Mahlzeit nun wurde ihm sehr wenig Wein gereicht, und da es obendrein sehr heiß war, bekam er heftigen Durst, unter dem er schließlich so litt, dass er von höchstem Unbehagen ergriffen wurde. Da erblickte er einen von Gajus' Dienern mit Namen Thaumastus, der Wasser in einem Gefäße trug, und bat sich von ihm etwas zu trinken aus. Der Diener reichte ihm das Gefäß, und als er getrunken hatte, sagte er: »Das soll dein Schaden nicht sein, Sklave, dass du
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mir den Gefallen erwiesen hast. Sobald ich von diesen Fesseln befreit bin, wird es meine erste Sorge sein, dir die Freiheit von Gajus zu erwirken, weil du mir jetzt, da ich gefangen bin, mit derselben Bereitwilligkeit deine Dienste geleistet hast wie früher, als ich noch im Glück lebte.« Das bewahrheitete sich auch in der Folgezeit, und Agrippa konnte ihm so seinen Dank abstatten. Sobald er nämlich König geworden war, bat er sich den Thaumastus von dem inzwischen auf den Thron gelangten Gajus aus, ließ ihn frei und machte ihn zum Verwalter seines Vermögens. Nach seinem Tode aber blieb der Freigelassene bei seinem Sohne Agrippa und seiner Tochter Berenike in gleicher Stellung und bekleidete das Ehrenamt, bis er in hohem Alter starb. Das alles geschah freilich erst später. 7. Eines Tages stand Agrippa mit einer Anzahl seiner Mitgefangenen gefesselt vor dem Palaste und lehnte sich voll Schwermut an einen Baum. Auf diesen Baum ließ sich einer jener Vögel nieder, die man Uhu nennt. Als nun einer von den Eingekerkerten den Vogel bemerkte, fragte er einen Soldaten, wer der Gefangene im Purpurkleide sei. Dieser antwortete dem Fragesteller, einem Germanen, derselbe heiße Agrippa, stamme aus Judäa und sei einer der Vornehmsten dieses Landes. Der Germane bat darauf den Soldaten, mit dem er zusammengeschlossen war, er möge etwas näher an Agrippa herantreten, da er mit ihm zu sprechen wünsche; er wolle ihn nämlich über die Verhältnisse seines Vaterlandes befragen. Als dies geschehen war, sprach er zu ihm durch einen Dolmetscher folgendermaßen: »Junger Mann, dich betrübt wohl der plötzliche Wechsel deines Geschickes, der dich in so schweres Unglück versetzt hat. Vielleicht nun wirst du meinen Worten keinen Glauben beimessen, die dir verkündigen, was die Gottheit in ihrer Vorsehung beschlossen hat, um dich aus deinem Elend zu befreien. Ich rufe indes meine eigenen Götter und die Götter dieses Landes, durch deren Willen wir in die Gefangenschaft geraten sind, zu Zeugen an, dass alles, was ich dir sagen werde, nicht dazu bestimmt ist, deinen Ohren zu schmeicheln oder dich mit leeren Hoffnungen zu vertrösten. Denn solche Vorhersagungen pflegen, wenn der Seher sich getäuscht hat, mehr Leid zu bringen, als wenn man überhaupt nichts von ihnen gehört hätte. Ich habe also selbst unter eigener Lebensgefahr es für angemessen gehalten, dir kundzutun, was die Götter dir für die Zukunft in Aussicht stellen. Es kann nämlich gar nicht ausbleiben, dass du in kurzer Frist aus diesen Fesseln befreit wirst. Dann wirst du zu höchstem Ansehen und größter Macht gelangen, und alle werden dich glücklich preisen, die jetzt dein Schicksal bedauern. Auch wirst du einen glücklichen Tod haben und deine Macht auf deine Kinder vererben.
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Siehst du aber diesen Vogel wieder, so magst du daran erkennen, dass du in fünf Tagen sterben musst. Um dir nun anzuzeigen, dass dies alles geschehen wird, hat die Gottheit dir diesen Vogel geschickt. Und da ich Sehergabe besitze, hielt ich es für unrecht, dir die Kenntnis der Zukunft zu verheimlichen. Bist du also deines künftigen Glückes sicher, so magst du das, was du jetzt leidest, als eine Kleinigkeit ansehen. Ist dir aber einmal dieses Glück zuteil geworden, so gedenke auch unser, damit wir dem Elend, das uns jetzt drückt, entrinnen mögen« Diese Weissagung des Germanen erschien da:mals dem Agrippa ebenso lächerlich, als sie ihn später mit Staunen erfüllte. - Antonia aber, die über Agrippas Unglück sehr verstimmt war, hielt es jetzt für untunlich, sich bei Tiberius für ihn zu verwenden, zumal sie diesen als unerbittlich kannte. Doch wusste sie es bei Macro durchzusetzen, dass zu den Soldaten, die ihn bewachen mussten, und den Centurionen, welche diese befehligten und mit ihm zusammengeschlossen wurden, nur menschenfreundliche und verständige Männer gewählt wurden, dass man ihm gestattete, täglich zu baden, dass seine Freigelassenen und Freunde ihn besuchen durften, und dass ihm manche andere Erleichterung gewährt wurde. Infolgedessen hatten sein Freund Silas und seine Freigelassenen Marsyas und Stoecheus ungehinderten Zutritt zu ihm, brachten ihm Speisen, die er besonders gern aß, und bewiesen sich ihm recht hilfreich. So brachten sie auch Teppiche heran, als wenn sie dieselben verkaufen wollten, und breiteten sie zur Nachtzeit mit Hilfe der Soldaten und mit Zustimmung Macros unter ihm aus. In dieser Weise ging es sechs Monate lang weiter, ohne dass Agrippas Lage sich änderte. 8. Als nun Tiberius nach Capreae zurückgekehrt war, fing er an zu kränkeIn, und die Krankheit verschlimmerte sich bald derart, dass er an seiner Genesung verzweifelte. Er trug daher dem Evodus, dem er von allen seinen Freigelassenen das meiste Vertrauen schenkte, auf, seine Kinder herbeizuholen, weil er vor seinem Tode noch einiges mit ihnen besprechen wolle. Nun hatte er zwar keine eigenen Kinder mehr, da sein einziger Sohn Drusus schon gestorben war, doch lebte noch dessen Sohn Tiberius mit dem Beinamen Gemellus, sowie Gajus, der Sohn seines Bruders Germanicus, der schon herangewachsen war, feine Bildung besaß und um seines Vaters Germanicus willen beim Volke sehr beliebt war. Letzteren nämlich hatte das Volk in hohen Ehren gehalten, weil er ein sittenreiner, leutseliger und freundlicher Mann gewesen war und trotz seines hohen Standes vor niemand etwas voraushaben wollte. Infolge dieses seines umgänglichen Wesens ward er bei Senat und Volk immer beliebter, und auch von den frem-
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den Völkerschaften, die den Römern untertan wurden, fesselte die einen seine persönliche Liebenswürdigkeit, während die anderen schon durch den bloßen Ruf seiner vortrefflichen Eigenschaften für ihn eingenommen wurden. Als er starb, war die Trauer eine allgemeine und aufrichtige, weil jeder sich durch seinen Tod in Mideidenschaft gezogen glaubte. Infolgedessen genoss auch sein Sohn allgemeines Wohlwollen, und besonders hingen die Soldaten an diesem so sehr, dass sie mit Freuden in den Tod gegangen wären, wenn sie ihm dadurch zur Herrschaft hätten verhelfen können. 9. Nachdem Tiberius den Evodus beauftragt hatte, ihm am folgenden Tage in aller Frühe seine Kinder zu bringen, betete er zu seinen Göttern, ihn durch ein deutliches Zeichen den anzugeben, der sein Nachfolger werden solle. Sein Wunsch ging zwar dahin, seinen Enkel auf den Thron zu bringen, doch wollte er mehr dem Zeichen vertrauen, das die Götter ihm kundtun würden, als seinem eigenen Willen. Er beschloss daher, denjenigen zu seinem Nachfolger zu ernennen, der am folgenden Tage zuerst zu ihm kommen würde. Indem er so überlegte, schickte er dem Erzieher seines Enkels den Befehl, den jungen Mann beim Morgengrauen zu ihm zu bringen, und hoffte, die Gottheit werde diesem alsdann den Thron zuerkennen. Es kam jedoch ganz anders, als er gedacht hatte. Sobald es nämlich Tag wurde, befahl er dem Evodus, den Jüngling, der zuerst da sei, hereinzuführen. Evodus ging also hinaus und fand den Gajus vor der Tür. Tiberius nämlich war noch nicht erschienen, weil er sein Frühstück zu spät erhalten hatte, und da Evodus nicht wusste, was sein Herr vorhatte, sagte er: »Der Vater wünscht dich zu sehen«, und führte ihn herein. Als nun Tiberius den Gajus erblickte, erkannte er zunächst die Macht der Gottheit, vor der all seine eigene Macht in nichts zusammenschrumpfe, da er seinen Willen nicht mehr durchzusetzen vermöge. Dann beklagte er sowohl sich selbst, weil er einen so lange gehegten Wunsch nicht in Erfüllung gehen sah, als auch seinen Enkel Tiberius, der nun nicht nur um seine Anwartschaft auf den Thron gekommen sei, sondern auch in Lebensgefahr schwebe, da seine Sicherheit jetzt von Mächtigeren abhänge, die ihn wohl nicht neben sich dulden würden. Die Verwandtschaft nämlich, so überlegte er weiter, könne ihm dabei wenig helfen, da er dem Machthaber ein Dorn im Auge sein werde, teils weil er das nächste Anrecht auf den Thron habe, teils weil er sich um seiner eigenen Sicherheit willen oder aus Herrschbegierde von Nachstellungen gegen den Cäsar wohl nicht fern halten würde. Nun gab Tiberius sehr viel auf Vorbedeutungen und richtete sich in seinem Leben mehr danach als sonst jemand, der an dergleichen glaubte. So hatte er auch einmal, als er
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den Galba daherkommen sah, zu einigen seiner Vertrauten gesagt, das sei der Mann, der einst den römischen Cäsarenthron besteigen werde. Da er also mehr wie andere Herrscher an alles glaubte, was nur den Schein einer Vorbedeutung an sich trug, weil ihn manchmal solche Dinge nicht getäuscht hatten, so richtete er sich auch in der Regierung danach. Er geriet deshalb in große Angst wegen des Vorgefallenen, zeigte sich von Schmerz ergriffen, als ob sein Enkel schon enp.ordet wäre, und klagte sich selbst an, weil er in übergroßer Sorge um die Zukunft sich der Vorbedeutung bedient habe, während er doch sorgenfrei hätte sterben können, wenn er den Schleier, der die kommenden Ereignisse verhüllte, nicht gelüftet haben würde. Nun aber quäle ihn der Gedanke, dass er bei seinem Tode all das Leid voraussehen müsse, welches seinen Lieben bevorstehe. Sosehr es ihm aber auch zu Herzen ging, dass sein Nachfolger ein anderer sein sollte, als er sich gewünscht hatte, sprach er doch zu Gajus, allerdings mit innerem Widerstreben: »Mein Sohn, obwohl Tiberius mir verwandtschaftlich näher steht als du, so lege ich doch in deine Hände nach eigenem Entschluss und mit Zustimmung der Götter die Zügel der römischen Herrschaft. Nur bitte und beschwöre ich dich, auf dem Throne weder meine Güte, die dich zu so hoher Wurde erhoben hat, noch deine Verwandtschaft mit Tiberius zu vergessen. Sei vielmehr eingedenk, dass ich mit Wissen und Willen der Götter dir eine so große Wohltat erwiesen habe, und vergilt mir diese meine Liebe, indem du mit Tiberius gute Beziehungen unterhältst. Bedenke außerdem, dass Tiberius, solange er lebt, eine mächtige Schutzwehr deiner persönlichen Sicherheit und deines Thrones sein, dass dagegen sein Tod für dich nur die Quelle großen Unheils bilden wird. Gefährlich ist ja eine einsame Stellung auf solcher Höhe, und die Götter werden es nicht ungestraft lassen, wenn durch ungerechte Handlungen das Gesetz, welches uns das Ge-. genteil vorschreibt, verletzt wird.« So sprach Tiberius, ohne jedoch auf Gajus Eindruck zu machen. Zwar gelobte dieser, nach seinem Wunsche handeln zu wollen; kaum aber war er zur Regierung gelangt, so ließ er den Tiberius, wie dessen Großvater geahnt hatte, ermorden. Doch fiel auch er selbst nicht lange nachher einer Verschwörung zum Opfer. 10. Wenige Tage, nachdem er den Gajus zu seinem Nachfolger ernannt hatte, starb Tiberius nach einer Regierung von zweiundzwanzig Jahren, fünf Monaten und drei Tagen. Gajus war der vierte* römische Cäsar. Die Nachricht vom Tode des Tiberius versetzte die Römer in große Freude; * s. die fünfte Anmerkung zu XVIII, 2, 2.
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doch wagten sie kaum daran zu glauben, nicht als ob sie es nicht sehnlichst gewünscht hätten (denn sie würden die Nachricht, wenn sie wahr gewesen wäre, gern mit vielem Gelde bezahlt haben), sondern weil sie fürchteten, ihre Freude, falls das Gerücht sich nicht bewahrheiten sollte, zu voreilig kundgegeben zu haben und deshalb angeklagt und hingerichtet zu werden. Hatte doch Tiberius über den römischen Adel unsägliches Leid gebracht. Denn bei jeder Gelegenheit brauste er zornig auf und wusste seine Aufregung selbst dann nicht zu bemeistern, wenn dieselbe keinen vernünftigen Grund hatte. Von Natur war er geneigt, mit grausamer Willkür zu verfahren, sodass er selbst die leichtesten Vergehen mit dem Tode bestrafte. So gern daher auch die Römer das Gerücht von seinem Tode hörten, so durften sie sich doch aus Furcht vor dem Unheil, das ihnen im Falle einer Tauschung drohte, ihrer Freude nicht hingeben. Agrippas Freigelassener Marsyas aber eilte bei der Nachricht vom Ableben des Tiberius gestreckten Laufes zu dem Gefangenen, um ihm die frohe Botschaft zu bringen. Er traf ihn auf dem Wege zum Bad und flüsterte ihm auf Hebräisch zu: »Der Löwe ist tot.« Agrippa verstand recht gut, was diese Worte bedeuten sollten, und sprach voller Freude zu Marsyas: »Für diese frohe Kunde werde ich dir wie für deine übrigen Dienste aufrichtigen Dank wissen, wenn sie nur auf Wahrheit beruht.« Als nun der Centurio, der Agrippas Wache befehligte, bemerkte, wie eilig Marsyas daherkam und welche Freude Agrippa über seine Worte empfand, ahnte er, dass es sich um etwas Wichtiges handeln müsse, und fragte deshalb, was sie miteinander besprochen hätten. Die beiden machten zuerst Ausflüchte; als aber der Centurio in sie drang, teilte Agrippa, der mit ihm bereits Freundschaft geschlossen hatte, ihm sogleich alles mit. Da freute sich der Centurio nicht weniger als Agrippa und gab deswegen ein Gastmahl. Während man nun hier festlich schmauste und noch wackerer zechte, erschien auf einmal ein Bote mit der Nachricht, Tiberius lebe noch und werde in wenigen Tagen nach Rom zurückkehren. Darüber erschrak der Centurio gewaltig, da es ihm ans Leben gehen konnte, weil er auf die Nachricht vom Tode des Cäsars mit seinen Gefangenen geschmaust hatte. Und in seiner Aufregung riss er den Agrippa vom Polster herunter und schrie ihn an: »Meinst du, du solltest mich ungestraft mit der Nachricht vom Tode des Cäsars zum Narren gehalten haben und für diese Unverschämtheit nicht mit deinem Kopfe einstehen müssen?« Nach diesen Worten ließ er den Gefangenen, dem er vorhin die Ketten abgenommen hatte, wieder fesseln und gab ihm eine zahlreichere Wache wie früher. So verbrachte Agrippa eine recht traurige Nacht; am folgenden Tage jedoch verbreitete sich das Ge-
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rücht vom Tode des Tiberius in der ganzen Stad~ und niemand scheute sich, dasselbe weiterzuerzählen. Ja, man brachte hier und da schon Dankopfer dar. Bald kamen denn auch Briefe von Gajus an, und zwar einer an den Sena~ worin er den Tod des Tiberius meldete und seinen Regierungsantritt kundta~ der andere an den Stadtpräfekten Piso, worin diesem dasselbe mitgeteilt und zugleich der Befehl erteilt wurde, Agrippa aus dem Soldatengefangnis in das Haus zu bringen, welches er vor seiner Gefangennehmung bewohnt hatte und wo er furchdos der Zukunft entgegensehen konnte. Er war zwar immer noch Gefangener, konnte aber, da er sehr schonend behandelt wurde, leben, wie es ihm gefiel. Als nun Gajus mit der Leiche des Tiberius nach Rom gekommen war und ihn dort nach Landessitte mit großem Pomp bestattet hatte, wollte er noch am selbigen Tage Agrippa freilassen. Doch Antonia widersprach ihm darin, allerdings nicht aus Hass gegen den Gefangenen, sondern nur aus Rücksicht auf des Gajus Ehre. Sie wollte nämlich nich~ dass Gajus sich den Anschein gebe, als freue er sich über des Tiberius Tod, indem er den von seinem Vorgänger in Ketten gelegten Agrippa sogleich in Freiheit setze. Einige Tage nachher aber ließ Gajus ihn in den Palast kommen, ihm das Haar scheren und ihn neu kleiden. Dann setzte er ihm ein Diadem aufs Haup~ ernannte ihn zum Könige über die Tetrarchie, welche Philippus regiert hatte, sowie über die des Lysanias, und gab ihm statt der eisernen Kette eine goldene von gleichem Gewicht. Zum Befehlshaber der in Judäa stehenden 'ftuppen aber ernannte er den Marullus. 1l. Im zweiten Jahre der Regierung des Cäsars Gajus bat Agrippa um die Erlaubnis, in sein Reich abreisen zu dürfen, um dasselbe zu ordnen, und versprach, nach Regelung aller Verhältnisse wieder zu Gajus zurückzukehren. Der Cäsar erteilte die erbetene Erlaubnis, und so machte sich Agrippa nach seinem Vaterlande auf, wo er wider Erwarten als König erschien und denen, die seine frühere Dürftigkeit und sein nunmehriges Glück in Vergleich zogen, den Beweis lieferte, wie groß die Macht des Geschickes sei. Die einen nun priesen ihn glücklich, weil seine Hoffnung ihn nicht getäuscht habe, während die anderen sich kaum entschließen konnten, daran zu glauben, dass die Sache auf Wahrheit beruhe.
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1. Herodias, die Schwester des Agrippa und Gattin des Herodes, des Tetrarchen von Galiläa und Peräa, beneidete ihren Bruder um seine Macht, weil sie ihn auf einem ansehnlicheren Throne sah als ihren Gatten, und weil er, obwohl er früher hatte fliehen müssen, ohne seine Schulden bezahlen zu können, jetzt in so hohen Ehren und so reichem Glücke zurückgekehrt war. Dieser Wechsel ärgerte und kränkte sie, und besonders wenn sie ihn im königlichen Schmuck unter dem Volke einherfahren sah, konnte sie ihren Neid nicht verbergen, sondern stachelte ihren Gatten an, er solle nach Rom reisen und sich um die gleiche Würde bewerben. Sie vermöge das Leben nicht mehr zu ertragen, erklärte sie, wenn Agrippa, der Sohn des von seinem Vater hingerichteten Aristobulus, der so großen Mangel gelitten habe, dass Fremde ihm seinen täglichen Lebensunterhalt hätten spenden müssen, und der genötigt gewesen sei, aus Furcht vor seinen Gläubigern sich zu Schiffe davonzumachen, mit der Königswürde bekleidet zurückkehre, während Herodes, eines Königs Sohn, dem seine Verwandtschaft den nächsten Anspruch auf den Thron gebe, sich mit dem Leben eines Privatmannes begnüge. »Hast du nun auch, Herodes«, fuhr sie fort, »dir bisher nichts daraus gemacht, unter den Rang deines Vaters herab gedrückt zu sein, so bemühe dich doch wenigstens jetzt um die dir zustehende Würde, und lass nicht einen Menschen sich über dich erheben, der sich nicht geschämt hat, mit deinem Gelde großzutun. Gib doch nicht zu, dass er mit seiner Armut mächtiger dasteht als wir mit unserem Reichtum und Überfluss, und erröte davor, hinter jemand zurücktreten zu müssen, der gestern und vorgestern noch von deiner Barmherzigkeit gelebt hat. Auf, lass uns nach Rom gehen, und sparen wir weder Mühe noch Gold und Silber, weil es gewiss nicht besser ist, Reichtümer aufzuspeichern, als sie auf die Gewinnung eines Königsthrones zu verwenden.« 2. Herodes sträubte sich zwar anfänglich gegen den Plan, weil er Ruhe und Bequemlichkeit liebte, und da er das aufregende Treiben in Rom fürchtete, versuchte er auch seine Gattin eines Besseren zu belehren. Je mehr diese ihn aber widerstreben sah, desto heftiger setzte sie ihm zu und ermunterte ihn, nichts unversucht zu lassen, um König zu werden. Sie ruhte auch nicht, bis Herodes wider seinen Willen zur Nachgiebigkeit gebracht
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war; konnte er sich doch überhaupt nicht leicht dem entziehen, was sie einmal beschlossen hatte. Er traf also möglichst glänzende Vorbereitungen, ohne irgendwelche Kosten zu scheuen, und schiffte sich dann in Begleitung der Herodias nach Rom ein. Agrippa aber, der von ihrer Absicht und ihren Zurüstungen Wind bekommen hatte, traf auch seinerseits Vorbereitungen, und sobald er ihre Abreise erfuhr, schickte er den Fortunatus, einen seiner Freigelassenen, nach Rom zum Cäsar mit Geschenken und einer gegen Herodes gerichteten Schrift, zu der er gelegentlich das Nähere noch mündlich hinzuzufügen gedachte. Fortunatus folgte dem Herodes auf dem Fuße, und da er glückliche Fahrt hatte, kam er so zeitig nach ihm an, dass er, während Herodes Zutritt zu Gajus erhielt, auch selbst anlangte und seinen Brief überreichen konnte. Beide landeten in Dikaearchia und trafen den Cäsar zu Bajae, einem Städtchen in Campanien, das ungefähr fünf Stadien von Dikaearchia entfernt ist. Hier befinden sich die aufs glänzendste ausgestatteten Sommerwohnungen der Cäsaren, bei deren Einrichtung stets ein Cäsar den anderen an Prachtaufwand zu übertreffen suchte. Der Ort hat warme Quellen, die dem Boden entsprudeln und ebenso wohl der Wiederherstellung der Gesundheit als der Annehmlichkeit des Lebens dienen. Gajus also las zur selben Zeit, da er mit dem zuerst vorgelassenen Herodes sich besprach, die Anklageschrift Agrippas, in welcher Herodes beschuldigt wurde, sich wie früher mit Sejanus gegen Tiberius, so jetzt mit Artabanus gegen Gajus verschworen zu haben. Zum Beweise dieser Beschuldigung wurde angeführt, er bewahre in seinen Zeughäusern eine so große Menge Waffen auf, dass man damit siebzigtausend Mann ausrüsten könne. Über diese Angabe erstaunt, fragte Gajus den Herodes, ob es sich mit den Waffen wirklich so verhalte. Herodes gab zu, dass er die Waffen besitze, da er, wollte er nicht lügen, nicht anders aussagen konnte. Gajus aber glaubte nun auch das für wahr halten zu müssen, was ihm von der Verschwörung berichtet wurde; er' nahm daher dem Herodes seine Tetrarchie und vereinigte sie mit dem Reiche Agrippas, den er dazu auch noch mit Geld beschenkte. Den Herodes dagegen verurteilte er zu dauernder Verbannung und wies ihm die Stadt Lugdunum* in Gallien zum Aufenthalt an. Als er nun später erfuhr, Herodias sei Agrippas Schwester, ließ er dieselbe im Besitz des Vermögens, welches ihr gehörte, und da er glaubte, sie werde ihrem Gatten nicht in die Verbannung folgen wollen, unterstellte er sie dem Schutze ihres Bruders. Herodias aber entgegnete ihm darauf: »Du sprichst da zwar ein großes und * Lyon.
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deines Ranges würdiges Wort, 0 Cäsar. Dass ich aber von deiner Gnade Gebrauch mache, daran hindert mich die Liebe zu meinem Gatten, den ich billigerweise im Unglück nicht verlassen kann, nachdem ich sein Glück geteilt habe.« Über diese Seelengröße noch mehr erbittert, verbannte Gajus die Herodias mit ihrem Gatten und schenkte ihr Vermögen dem Agrippa. So strafte Gott die Herodias für den Neid gegen' ihren Bruder und den Herodes für die Nachgiebigkeit gegen die eitle Rede seines Weibes. Gajus regierte übrigens im ersten und zweiten Jahre in hochherziger Weise und erwarb sich durch seine Mäßigung die Liebe der Römer wie seiner anderen Untertanen. Später dagegen verwirrte ihm die Größe seines Reiches derart den Kopf, dass er in seiner Überhebung sich zum Gott machte und der Gottheit alle erdenkliche Schmach antat.
ACHTES KAPITEL. Wie die Juden und Griechen zu Alexandria in Streit gerieten und Gesandte an Gajus schickten. Gajus sendet den Petronius nach Syrien, um die Juden mit Krieg zu überziehen, wenn sie sich weigerten, sein Standbild aufzustellen. 257
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1. Unterdessen war zu Alexandria zwischen den dort wohnenden Juden und Griechen ein Streit entstanden, und von beiden Seiten erschienen drei Gesandte vor Gajus.* Einer der griechischen Abgeordneten war ein gewisser Apion**, der die Juden mit bitteren Schmähungen überhäufte und unter anderem ihnen vorwarf, sie vernachlässigten die Verehrung des Cäsars. Denn während alle übrigen Untertanen des römischen Reiches dem Gajus zu Ehren Altäre und Tempel errichteten und ihn als Gott verehrten, hielten allein die Juden es für schimpflich, ihm Bildsäulen zu weihen und bei seinem Namen zu schwören. Durch solche schweren Beschuldigungen hoffte Apion den Gajus zu erbittern, und da es wahrscheinlich war, dass ihm dies gelingen würde, bereitete Philo, der die Gesandtschaft der Juden führte und als Bruder des Alabarchen Alexander sowie wegen seiner philosophischen Bildung hochberühmt war, sich vor, seine Anschuldigungen zu widerlegen. Gajus indes verhinderte ihn daran, befahl ihm, sich zu entfernen * 40 n. ehr. ** Der von losephus in der Schrift »Gegen Apion« widerlegte Gelehrte.
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und geriet in so gewaltigen Zorn, dass niemand im Zweifel blieb, er werde die Juden aufs empfindlichste züchtigen. So gekränkt, trat Philo zurück und ermunterte die mit ihm gekommenen Juden, sie sollten sich nicht mudos machen lassen, da Gajus ihnen zwar mit Worten seinen Groll beweise, in Wirklichkeit aber sich Gott zum Feinde gemacht habe. , 2. Gajus, der in hohem Grade darüber erbittert war, dass die Juden allein ihn so missachteten, schickte den Legaten Petronius als Nachfolger des Vitellius nach Syrien und trug ihm auf, mit starker Heeresmacht in Judäa einzurücken und, falls ·man ihn willig aufnehme, sein (des Cäsars) Standbild im Tempel Gottes aufzustellen, falls er jedoch auf Widerstand stoße, die Juden niederzuwerfen und dann seinem Befehle nachzukommen. Petronius hatte kaum die Verwaltung Syriens übernommen, als er sich beeilte, die Befehle des Cäsars zu vollziehen. Er bot daher so viele Hilfstruppen auf, als ihm möglich war, vereinigte dieselben mit zwei römischen Legionen und bezog in Ptolemals Winterquartiere, um gleich mit Anbruch des Frühjahrs den Krieg zu beginnen. Von diesen seinen Vorbereitungen machte er alsbald dem Cäsar Meldung, und dieser lobte seinen Eifer und befahl ihm, mit größter Rührigkeit vorzugehen, um die Widerspenstigen mit Krieg zu überziehen. Von den Juden aber kamen viele Tausende nach Ptolemals zu Petronius und baten ihn, er möge sie doch nicht zwingen, ihr väterliches Gesetz zu übertreten. »Hast du«, so sprachen sie, »durchaus beschlossen, die Bildsäule im Heiligtum aufzustellen, so lass uns erst umbringen, und dann handle, ",,'ie dir beliebt. Denn solange wir noch einen Atemzug zu tun haben, dürfen wir nicht zulassen, dass etwas gegen unser Gesetz geschieht, und wir stützen uns dabei nicht bloß auf das Ansehen unseres Gesetzgebers, sondern auch auf das Beispiel unserer Vorfahren, welche die Heilighaltung des Gesetzes stets als die höchste 'fugend betrachtet haben.« Hierauf entgegnete Petronius unwillig: »Wenn ich allein zu befehlen hätte, so möchte euer Verlangen wohl billig und erftillbar erscheinen. Jetzt aber, da der Cäsar mir mein Verhalten vorgeschrieben hat, muss ich ihm unbedingt Folge leisten, damit ich mir nicht durch Ungehorsam schwere Strafe zuziehe.« Die Juden erklärten dagegen: »Wenn es deine feste Absicht ist, Petronius, keinen Befehl des Cäsars außer Acht zu lassen, so dürfen wir noch viel weniger der Vorschrift unseres Gesetzes zuwiderhandeln, dem wir im Vertrauen auf Gottes Güte und im Hinblick auf die Standhaftigkeit unserer Vorfahren bisher treu geblieben sind, und wir können nicht so niederträchtig handeln, dass wir aus Todesfurcht Vorschriften übertreten, deren Befolgung Gott zur Bedingung unseres Glückes gemacht hat. Wir wollen also jegliches Unheil mit Freuden ertra-
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gen, wenn nur unser väterliches Gesetz unangetastet bleibt. Denn wir wissen, dass uns trotz der Gefahr die Hoffnung auf Sieg winkt, weil Gott mit uns sein wird, wenn wir zu seiner Ehre das Kriegsglück versuchen. Wollten wir aber dir gehorchen, so würden wir die größte Schande auf uns laden, weil wir unser Gesetz mit Füßen getreten und uns den Zorn Gottes zugezogen hätten, der, wie du erkennen wirst, mächtiger als dein Gajus ist.« 3. Da Petronius aus diesen Worten ihre Standhaftigkeit erkannte und einsah, dass die Aufstellung der Bildsäule des Gajus nicht ohne vieles Blutvergießen möglich sein würde, zog er mit seinen Freunden und seiner Dienerschaft nach Tiberias, um sich dort vom Stande der jüdischen Verhältnisse zu überzeugen. Die Juden aber, die wohl wussten, dass der Krieg mit den Römern ihnen große Gefahr bereiten würde (freilich zogen sie dieselbe der Übertretung des Gesetzes bei weitem vor), gingen dem Petronius abermals in einer Stärke von vielen Tausenden auf dem Wege nach Tiberias entgegen und baten ihn flehentlich, sie doch nicht in solche Not zu versetzen und nicht durch Aufstellung der Bildsäule ihre Hauptstadt zu entweihen. »Wollt ihr denn also wirklich«, fragte Petronius, »mit dem Cäsar Krieg führen, ohne seine Rüstungen und eure Schwäche in Betracht zu ziehen?« Sie aber erwiderten ihm: »Keineswegs wollen wir Krieg führen, sondern wir wollen lieber sterben als unsere Gesetze übertreten.« Damit warfen sie sich zur Erde, boten ihren Nacken dar und erklärten sich bereit, augenblicklich den Tod zu erleiden. So taten sie vierzig Tage lang und unterließen sogar, das Land zu bestellen, obwohl es hohe Zeit zur Aussaat war, indem sie fest bei ihrem Entschlusse verharrten, eher zu sterben als die Aufrichtung des Standbildes mit ansehen zu müssen. 4. In dieser Nodage begaben sich Aristobulus, der Bruder des Königs Agripp~ Helkias der Große und die übrigen Vornehmen aus diesem Geschlechte nebst den Edelsten der Juden zu Petronius und beschworen ihn, er möge doch, da er den Starrsinn des Volkes sehe, dasselbe nicht zur Verzweiflung treiben, sondern dem Cäsar berichten, wie sehr sich die Juden gegen die Aufstellung der Bildsäule sträubten, wie sie die Bestellung des Landes vernachlässigten und sich zur Wehr setzten, und dass sie zwar keinen Krieg führen wollten, weil ihnen die Kräfte dazu mangelten, aber eher mit Freuden stürben, als dass sie ihr Gesetz übertreten ließen. Auch möge er. nicht verfehlen, darauf hinzuweisen, dass die unterlassene Landbestellung notwendigerweise Räubereien zur Folge haben müsse, weil die Entrichtung der Abgaben dadurch unmöglich gemacht werde. Vielleicht werde dann Gajus sich bewegen lassen, von schärferen Maßregeln abzusehen und
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das Volk zu verschonen. Bleibe aber der Cäsar bei seinem Entschluss, das Land mit Krieg zu überziehen, so habe Petronius dann ja immer noch Zeit, sich dazu anzuschicken. Auf diese Weise suchten Aristobulus und dessen Begleiter den Petroniuszu erweichen. Da sie nun in Anbetracht der Wichtigkeit der Sache auf alle mögliche Art und Weise ihm zusetzten, hielt Petronius, der die Standhaftigkeit der Juden sah und sich nicht entschließen konnte, so viele tausend Menschen dem Wahnsinn des Cäsars zu opfern und durch Verletzung der der Gottheit schuldigen Ehrerbietung sich selbst ein unglückliches Leben zu bereiten, es für geratener, an Gajus zu schreiben, so sicher er auch voraussah, dass dieser ihm wegen der verschobenen Ausführung seiner Befehle schwer zürnen werde. Doch hatte er noch die leise Hoffnung, ihn umstimmen zu können. Wenn der Cäsar dann, so überlegte er, bei seinem unsinnigen Vorhaben verharre, so könne er sich noch immer zum Kriege gegen die Juden entschließen, und selbst wenn sein Zorn sich gegen ihn kehre, wolle er aus Hochachtung vor der 'fugend um einer so großen Menschenmenge willen den Tod nicht scheuen. Er entschloss sich deshalb, den Bitten der Juden nachzugeben. 5. Darauf berief er die Juden nach Tiberias, wo sich dieselben denn auch zu Tausenden einfanden, trat mitten unter sie und erklärte ihnen, nicht sein Wille sei es, sondern der des Cäsars, dass er unverzüglich gegen diejenigen einschreite, die sich seinen Befehlen zu widersetzen wagten. Da er nun durch des Cäsars Gnade zu so hoher Ehre gelangt sei, zieme es ihm, sich seinen Anordnungen zu fügen. »Gleichwohl«, fuhr er fort, »würde ich es für unrecht halten, wenn ich nicht mein Leben und meine Stellung für euer Heil opferte, da ihr so zahlreich seid und mit solchem Eifer für euer vortreffliches Gesetz eintretet, das ihr als von den Vätern überkommen auf jeden Fall aufrecht zu halten euch entschlossen habt. Was mich betrifft, so würde ich es als ein Verbrechen gegen die allmächtige Gottheit ansehen, den Tempel durch die Willkür des Machthabers zu entweihen. Ich will daher den Cäsar von eurer Gesinnung in Kenntnis setzen und, soviel ich vermag, eure Sache unterstützen, um euch den Beweis zu liefern, dass ich euer euch ehrendes Verhalten zu würdigen verstehe. Gott, dessen Macht über alle menschliche Klugheit und Stärke erhaben ist, stehe euch in der treuen Beobachtung eurer Gesetze bei und bewahre den Cäsar davor, dass er durch sein rücksichtsloses Vorgehen schließlich nicht noch seinen Thron verliere. Sollte Gajus in Erbitterung geraten und mich seinen Zorn fühlen lassen, so will ich mich lieber jeder Gefahr unterziehen und alles Leid ertragen, das mich an Seele und Leib nur treffen kann, als dass ich euch in so
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großer Anzahl für euren Bekennermut dem Verderben preisgebe. Gehe nun ein jeder von euch an seine Arbeit und baue das Land. Ich selbst aber werde nach Rom schreiben und alles, was in eurem Interesse liegt, sei es durch meine eigene Fürsprache, sei es durch Vermittlung meiner Freunde durchzusetzen suchen.« 6. Als er so gesprochen, entließ er die Versammlung der Juden und forderte die Ältesten auf, das Volk zum Ackerbau anzuhalten und ihm Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu machen. Gott aber bewies dem Petronius, als er auf diese Weise die Menge ermutigt hatte, seine Gegenwart und Macht. Kaum nämlich hatte er seine Rede an die Juden beendigt, als Gott wider alles Erwarten einen heftigen Platzregen niederfallen ließ, obgleich der Tag heiter gewesen war und keine Vorboten von Regen sich am Himmel gezeigt hatten. Die Juden waren umso mehr erstaunt, als das ganze Jahr hindurch Dürre geherrscht hatte, sodass man allseitig selbst dann nicht auf Regen hoffte, wenn der Himmel einmal mit Wolken überzogen war. Als daher gegen alle Erwartung der reichliche Platzregen niederging, gaben sich die Juden der Hoffnung hin, dass des Petronius Fürbitte für sie nicht vergeblich sein werde. Auch Petronius selbst war aufs höchste betroffen, als er sah, wie Gott sich der Juden annahm und seine Gegenwart so deutlich offenbarte, dass niemand, wenn er auch gewollt hätte, dieselbe verkennen konnte. Er berichtete das auch an Gajus und fasste überhaupt sein Schreiben so ab, dass alles, was darin enthalten war, geeignet erschien, den Cäsar umzustimmen und ihn zu veranlassen, dass er nicht so viele tausend Menschen zur Verzweiflung treibe. ferner stellte er dem Gajus vor, dass, wenn er die Juden, die übrigens nur der Gewalt weichen würden, umbringen lasse, er sich selbst der von ihnen bezogenen Einkünfte beraube und für alle Zeiten in schmachvollem und verächtlichem Andenken bei ihnen stehen werde. Zum Schluss schilderte er ihm die Macht des Gottes, der den Juden seinen Schutz angedeihen lasse, und bemerkte, dass dieselbe sich offenkundig und in ihrer ganzen Größe gezeigt habe. Also berichtete Petronius. 7. Unterdessen stieg der König Agrippa, der sich noch in Rom befand, immer höher in der Gunst des Gajus. Eines Tages lud er den Cäsar zum Mahle und gab sich solche Mühe, an Aufwand für die Tafel und Beschaffung von erheiternden Zerstreuungen es anderen zuvorzutun, dass in der Tat niemand, ja sogar Gajus selbst ihm gleichkommen, geschweige denn ihn übertreffen konnte. Über diesen gewaltigen Aufwand und die Freigebigkeit Agrippas, die ihn dem Cäsar zulieb zu Ausgaben verleitet hatte, welche seine Kräfte weit überstiegen, geriet Gajus in Erstaunen, und da er hinter der
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Freigebigkeit und Zuvorkommenheit seines Gastfreundes nicht zurückbleiben wollte, sagte er in weinseliger Stimmung zu Agrippa, der ihn stets wieder zum llinken aufforderte: »Ich bin dir schon längst verpflichtet für die Ehre, die du mir immer erwiesen, und die Zuneigung, womit du mir trotz der von Tiberius dir bereiteten Gefahren entgegengekommen bist. Weil du nun auch jetzt nichts unterlassen hast, um mir noch mehr Vergnügen zu bereiten, als in deinen Kräften steht, so will ich mich von dir an Gefälligkeit und Großmut nicht übertreffen lassen und darum alles nachholen, woran ich es bisher habe fehlen lassen. Dass ich dir früher nur sehr wenig zum Geschenk gemacht habe, ist leider wahr. Umso mehr aber will ich dir jetzt gewähren, was zur Vervollständigung deines Glückes dienen kann, und zwar gern unter Aufbietung aller meiner Kräfte.« Das sagte Gajus in der Meinung, Agrippa werde sich ausgedehnte Länderstrecken oder die Einkünfte mehrerer Städte ausbitten. Obgleich aber Agrippa mit sich im Reinen darüber war, was er begehren wollte, hielt er zunächst doch noch damit zurück und entgegnete unverzüglich dem Cäsar, er habe weder früher gegen den Willen des Tiberius sich an ihn angeschlossen, um dadurch Vorteile zu erlangen, noch handle er jetzt ihm gegenüber aus niedriger Gewinnsucht. Die großartigen Wohltaten, die Gajus ihm früher schon erwiesen habe und die alle seine Erwartungen übertroffen hätten, ständen, wenn sie auch noch nicht das Größte seien, was er verleihen könne, doch in keinem Verhältnis zur Würdigkeit des Empfängers. Diese Genügsamkeit setzte den Cäsar noch mehr in Erstaunen, und er drang nun noch beharrlicher in Agrippa, ihm zu sagen, was er als Geschenk haben wolle. Dieser erwiderte darauf: »Wenn du, 0 Herr, mich in deiner Güte noch eines weiteren Geschenkes für wert hältst, so will ich nichts von dir begehren, was zu meiner Bereicherung dienen könnte, besonders da ich deiner Gnade schon mehr verdanke als alle anderen. Vielmehr möchte ich nur um eines dich bitten, das dir den Ruhm der Frömmigkeit verschaffen, Gott zu deinem Beschützer und Helfer machen und mir bei denen, die davon hören, den herrlichen Ruf eintragen wird, dass ich alles, was ich wünsche, von deiner Macht sicher erlangen kann. Ich bitte dich also, du wollest auf die Errichtung deiner Bildsäule im Tempel der Juden, womit du den Petronius beauftragt hast, Verzicht leisten.« 8. Das war nun freilich eine sehr gewagte Bitte. Denn ein Begehren, welches dem Cäsar nicht gefieL war gleichbedeutend mit dem sicheren Tode des Bittstellers. Weil aber die Angelegenheit sehr wichtig war, wollte Agrippa sein Glück damit versuchen. Gajus schämte sich nun mit Rücksicht auf
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Agrippas gewinnende Freigebigkeit, diesem vor so vielen Zeugen eine Bitte abzuschlagen, zu der er selbst ihn gedrängt hatte, gleich als wenn ihm seine Versprechungen im nächsten Augenblick wieder leid würden. Zudem konnte er auch nicht umhin, Agrippas Edelmut zu bewundern, weil er, statt an seinen Thron oder an reichere Einkünfte oder an Vermehrung seiner Macht zu denken, nur für das öffentliche Wohl, den Schutz der Gesetze und die Ehre Gottes besorgt war. Er sagte daher die Gewährung der Bitte zu und drückte dem Petronius brieflich seine Zufriedenheit darüber aus, dass er das Heer zusammengebracht und ihn betreffs des gegen die Juden einzuschlagenden Verfahrens um Rat gefragt habe. »Sollte nun«, so fuhr das Schreiben fort, »die Bildsäule schon errichtet sein, so entferne sie wieder*; hast du sie aber noch nicht aufgestellt, so mache dir deshalb keine weitere Mühe, sondern entlasse das Heer und schicke dich an, meinen sonstigen Aufträgen nachzukommen. Ich habe nämlich beschlossen, von der Errichtung der Bildsäule abzusehen, und zwar aus Gefalligkeit gegen Agrippa, den ich zu hoch schätze, als dass ich seine Wunsche und Bitten unerfüllt lassen sollte.« So schrieb Gajus an Petronius, freilich ehe er den Brief gelesen hatte, in welchem es hieß, dass die Juden wegen des Standbildes in Aufruhr geraten und offenbar zum Kriege gegen die Römer bereit seien. Als er aber diesen Brief erhielt, erzürnte er aufs heftigste, als hätten die Juden seine Macht auf die Probe zu stellen gewagt. War er doch ein Mensch, der sich vor nichts scheute und für Anstand keinen Sinn hatte, wie er auch gegen jedermann ganz ohne Grund maßlos aufgebracht werden konnte und sein Glück darin fand, seinen Jähzorn stets befriedigen zu können. Er schrieb daher abermals an Petronius folgendermaßen: »Weil du die Geschenke, mit denen die Juden dich bedacht haben, höher als meine Befehle geachtet und dich unterstanden hast, den Juden zulieb anders zu handeln, als dir von mir aufgetragen war, so sollst du jetzt dein eigener Richter sein und selbst bestimmen, was dir geschehen soll, damit du die Wucht meines Zornes fühlst. Denn ich will an dir ein Beispiel aufstellen, das die Mitwelt wie die Nachwelt davor warnen soll, den Befehlen des Cäsars zuwiderzuhandeln.« 9. Das war der Inhalt des Briefes, den Gajus an Petronius richtete. Doch erhielt Petronius denselben nicht mehr bei Lebzeiten des Cäsars, weil die Seefahrt sich für die Überbringer so in die Länge zog, dass ein anderer Brief, in welchem ihm der Tod des Gajus gemeldet wurde, früher in seine * Hier ist vor EOtCl'tw offenbar f!~ einzuschieben, da es sonst heißen würde: »so soll sie stehen bleib~n«, was der Gewährung von Agrippas Bitte nicht entsprochen hätte.
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Hände gelangte. Gott war offenbar der Gefahren eingede~ denen sich Petronius ihm zu Ehren und den Juden zu Gefallen unterzogen hatte, und nahm daher den Gajus, dem er wegen des Beanspruchens göttlicher Verehrung zürnte, von der Erde weg. Mit Petronius freuten sich darüber nicht nur die Römer, sondern auch das ganze römische Reich und insbesondere alle edlen Senatoren, gegen die Gajus am meisten seine Wut hatte toben lassen. Er starb nicht lange nach Abfassung des Briefes, in welchem er dem Petronius den Tod androhte. Die Veranlassung zu seiner Ermordung und die Art der gegen ihn ge stifteten Verschwörung werde ich im Folgenden auseinander setzen. Petronius also erhielt den Brief, der ihm den Tod des Gajus meldete, früher wie den anderen, worin ihm befohlen wurde, selbst Hand an sich zu legen. Seine Freude über des Gajus Tod war jedenfalls ebenso groß als die Bewunderung, mit der er Gottes Vorsehung anerkannte, der ihm unverzüglich fur die dem Tempel erwiesene Ehre und für die Hilfe, welche er den Juden geleistet hatte, seinen Lohn zukommen ließ, indem er ihn aus ungeahnter Todesgefahr errettete.
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NEUNTES KAPITEL Was den Juden in Babylonien durch die Brüder ' Asinaeus und Anilaeus widerfuhr.
1. Um diese Zeit traf die in Mesopotamien und besonders die bei BabyIon wohnenden Juden ein schweres Unglück, das sich mit keinem anderen vergleichen lässt, und es wurde unter ihnen ein Blutbad angerichtet, wie die Geschichte kein ähnliches kennt. Um diese Begebenheit hinreichend genau darstellen zu können, muss ich auf ihre Ursachen zurückgreifen. In Babylonien liegt eine Stadt Naarda, die sehr bevölkert ist und außer anderen Vorzügen auch ein fruchtbares, ausgedehntes Gebiet besitzt. Dazu kommt, dass sie nicht eingenommen werden kann, weil sie rings vom Euphrat umflossen und stark befestigt ist. Gleichfalls von diesem Flusse umströmt ist auch die Stadt Nisibis, welche in jener Gegend liegt. Die Juden, die sich auf die natürliche Festigkeit dieser Orte verließen, verwahrten hier die Doppeldrachme*, welche jeder Jude Gott nach dem Gesetze opfern musste, sowie alle
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übrigen Opfergelder und betrachteten diese Städte gleichsam als ihre Schatzkammern. Von hier aus wurde das Geld dann zu bestimmten Zeiten nach Jerusalem geschafft, und zwar aus Furcht vor den Räubereien der Parther, denen Babylonien zinspflichtig war, unter Bedeckung von mehreren tausend Mann. Aus Naarda stammten zwei rechte Brüder, Asinaeus und Anilaeus, die nach dem Tode ihres Vaters von ihrer Mutter angehalten worden waren, die Webekunst zu erlernen, weil das bei den Einwohnern jenes Landes nicht für unpassend gilt und sogar Männer dort Wolle spinnen. Nun machte ihnen eines Tages der Meister, bei dem sie die Kunst lernten, Vorwürfe, weil sie zu spät zur Arbeit gekommen waren, und züchtigte sie dafür mit Schlägen. Diese Strafe erschien ihnen schmachvoll, weshalb sie alles, was sich im Hause an Waffen vorfand, zusammenrafften und damit an einen Ort zogen, wo der Fluss sich teilt und wo üppige Weideplätze sowie Früchte, die für den Winter aufgespeichert werden können, in Menge vorhanden waren. Hier strömten ihnen bald alle jungen Leute' zu, die nichts ihr Eigen nannten. Diese versahen sie mit Waffen, spielten sich als deren Anführer auf und unterwiesen sie in allen möglichen Übeltaten. Und da der Ort, wo sie sich aufhielten, unzugänglich war, erbauten sie sich dort eine Burg, schickten einige der Thrigen zu den Hirten und legten denselben eine so große Abgabe an Vieh auf, dass sie ihr Leben damit fristen konnten, indem sie ihnen zugleich mitteilen ließen, sie würden, falls sie sich fügten, sich als ihre Freunde beweisen und sie vor ihren Feinden schützen, im anderen Falle dagegen ihre Herden niedermachen. Da den Hirten nichts anderes übrig blieb, gehorchten sie und lieferten so viele Schafe, als die Abenteurer forderten. So wuchs die Macht des Gesindels immer mehr, und es trieb schließlich, was ihm beliebte, indem niemand mehr vor seinen plötzlichen Überfällen sicher war. Auf Widerstand stießen die Abenteurer nirgends, weil sie überall Furcht und Schrecken zu verbreiten wussten, und der Ruf von ihren Taten drang endlich'bis zum Könige der Parther. 2. Als nun der babylonische Satrap von diesem Treiben Kunde erhielt, wollte er die Abenteurer gleich im Anfange niederwerfen, bevor das Übel sich weiter ausbreitete. Er zog daher aus den Parthern und Babyloniern eine so große Streitmacht zusammen, als er nur konnte, und brach in Eilmärschen gegen sie auf, um sie zu überrumpeln, ehe sie noch von seinen Rüstungen Kenntnis erlangten. Bei einem Sumpfe machte er Halt und unternahm zunächst nichts. Am folgenden Tage aber, einem Sabbat, an dem die Juden sich jeglicher Arbeit enthalten, rückte er, da er glaubte, der Feind werde sich deshalb auf keinen Kampf einlassen, sondern sich ohne
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Schwertstre,ich gefangen geben, langsam vor, um denselben unversehens zu überfallen. Asinaeus nun, der zufallig mit seinen Gefahrten zusammensaß und die Waffen neben sich gelegt hatte, sprach plötzlich: »Thr Männer, es tönt Gewieher an mein Ohr, doch nicht von Pferden, die auf den Weiden grasen, sondern wie von Schlachtrossen, die den Reiter tragen. Ja, ich höre sogar deutlich das Knirschen der Gebisse, sodass ich furchte, die Feinde haben uns umzingelt und schreiten zum Angriff: Laufe also gleich einer von euch hin, um zu kundschaften und sichere Nachricht zu bringen. Es soll mir lieb sein, wenn ich mich getäuscht habe.« Sogleich liefen einige von den Leuten weg, um zu spähen, und kehrten alsbald mit folgendem Bescheid zurück: »Deine Vermutung über das Vorhaben unserer Feinde hat dich nicht getäuscht; es scheint, sie wollen sich nicht mehr ungestraft drangsalieren lassen. Wir sind mit List umzingelt, müssen uns von der gewaltigen Reitermasse, die auf uns eindringt, wie Schlachtvieh niedermachen lassen und können noch nicht einmal Widerstand leisten, weil wir nach der Vorschrift unseres Gesetzes verpflichtet sind, uns ruhig zu verhalten.« Asinaeus indes war nicht derselben Meinung wie die Kundschafter, sondern hielt es für ratsamer, bei der gefährlichen Lage Mut zu fassen und das Gesetz zu übertreten, um lieber in tapferer Gegenwehr dem sicheren Tode zu erliegen, als dem Feinde die Freude zu lassen, dass er sie wehrlos hinschlachten könne. Dann griff er selbst zu den Waffen und trieb seine Gefährten zu gleicher Kühnheit an, rief ihnen auch noch zu, sie sollten sich wacker schlagen. Als nun der Kampf entbrannte, machten sie viele ihrer Feinde nieder, da dieselben mit einer Sorglosigkeit herangezogen waren, als hätten sie den Sieg schon in Händen; den Rest aber trieben sie in die Flucht. 3. Als der Partherkönig von diesem Kampfe hörte, wünschte er voll Bewunderung für die Kühnheit der beiden Brüder sie zu sehen und zu sprechen. Er schickte daher den treu esten seiner Trabanten zu ihnen und ließ ihnen sagen: »Der König Artabanus will, obgleich ihr ihn durch Eindringen in sein Reich beleidigt habt, dennoch seinen Zorn eurer Tapferkeit zum Opfer bringen und schickt mich deshalb her, um euch unter Handschlag zu versichern, dass er euch ungehinderte Reise gewährleistet. Er bittet euch nämlich, zu ihm zu kommen, weil er mit euch einen Freundschaftsvertrag schließen will, und nichts von List oder Betrug zu furchten. Auch verspricht er euch reiche Geschenke und ehrenvolle Auszeichnungen, die bei seiner Macht euch noch gewaltiger machen werden.« Asinaeus selbst aber wollte diese Reise nicht unternehmen, sondern schickte seinen Bruder Anilaeus mit Geschenken, wie sie seiner Lage entsprachen. Anilaeus begab sich also
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auf den Weg und fand sogleich Zutritt beim Könige. Als nun Artabanus den Anilaeus allein kommen sah, fragte er ihn um die Ursache, weshalb Asinaeus nicht mit ihm gekommen sei. Er erhielt zur Antwort, derselbe sei aus Furcht in den Niederungen zurückgeblieben, worauf er bei den Göttern seines Landes schwor, er werde denen nichts zuleide tun, die sich ihm anvertrauten. Alsdann gab er dem Anilaeus die Hand, was bei den barbarischen Bewohnern dieses Landes die höchste Sicherheit beim Abschluss von Verträgen bedeutet. Niemand würde dort einen Betrug begehen, wenn er einmal seine Rechte gegeben hat, und niemand, der irgendwelchen schlimmen Verdacht hegt, zweifelt noch an seiner Sicherheit, sobald er diese Beteuerung erhalten hat. Artabanus entließ nun nach dem Handschlag den Anilaeus, damit er seinen Bruder berede, mit ihm zum Könige zurückzukehren. Dabei leitete den König die Absicht, die Tapferkeit der jüdischen Brüder gewissermaßen als Zügel für seine Satrapen zu gebrauchen, damit dieselben, die drauf und dran waren, von ihm abzufallen, verhindert würden, die Treue zu brechen. Er besorgte nämlich, dass, wenn er in einen Krieg mit den Empörern verwickelt würde, Asinaeus und die BabyIonier ihre Macht nur desto mehr befestigen und bei der ersten Nachricht von dem Aufruhr entweder selbst zum Kriege schreiten oder, wenn ihnen das nicht möglich wäre, wenigstens weit und breit ihr ganzes Nachbarland verwüsten würden. 4. In dieser Absicht also entließ der König den Anilaeus. Diesem gelang es auch wirklich, seinen Bruder zu der Reise zu bewegen, indem er ihm von des Königs Wohlwollen und Freundlichkeit sowie von der unter Handschlag gegebenen Versicherung erzählte. Und so begaben sie sich denn beide auf den Weg zu den Parthern. Als sie dort anlangten, nahm Artabanus sie sehr freundlich auf und konnte sich über Asinaeus, der so große Taten vollbracht, nicht genug wundern, weil er von kleiner Gestalt und verächtlich anzuschauen war, sodass man ihn, nach dem ersten Eindruck zu urteilen, für eine Null hätte halten können. Deshalb sagte der König zu seinen Freunden, Asinaeus verrate einen Geist, der jedenfalls bei weitem größer als sein Körper sei. Beim Trinkgelage zeigte er ihn dem Abdagases, einem von den Befehlshabern seiner Leibwache, und erzählte ihm, welch ein Held er sei und wie unerschrocken er im Kampf auftrete. Als aber Abdagases die Erlaubnis begehrte, ihn töten und so Rache für die Unbilden nehmen zu dürfen, die er dem Reiche der Parther zugefügt habe, entgegnete der König: »Ich darf dies nicht an einem Manne geschehen lassen, der sich mir anvertraut hat, besonders da ich ihm meine Rechte gegeben und geschwo-
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ren habe, ihm Treue zu halten. Willst du nun ein Mann und Kriegsheld sein, so brauchst du mich nicht zum Eidbruch zu veranlassen, um die Unbilden zu rächen, die das Partherreich von ihm erlitten hat. Auf seinem Rückwege aber magst du ihn überfallen und deine Kraft an ihm versuchen, nur darf ich nichts von deinem Anschlag erfahren.« Am folgenden Morgen beschied er den Asinaeus zu sich und sprach zu ihm: »Es ist Zeit, junger Mann, dass du zu den Deinigen zurückkehrst, und zwar schon deshalb, damit du nicht einigen von den an meinem Hofe befindlichen Fürsten Gelegenheit gibst, dich gegen meinen Willen umzubringen. Ich vertraue dir nun das babylonische Land an, damit es durch deinen Schutz vor Räubereien bewahrt bleibe, und ich halte es für billig, dass du mir treue Freundschaft bewahrst, da ich dir mein Wort unverbrüchlich gehalten habe und zwar unter Umständen, in denen es sich nicht um Kleinigkeiten, sondern um dein Leben und deine Sicherheit handelte.« Nach diesen Worten beschenkte er den Asinaeus und ließ ihn unverweilt heimkehren. Sobald Asinaeus in seiner Niederlassung angelangt war, legte er teils neue Kastelle an, teils versah er die alten mit neuen Befestigungen und gelangte in kurzer Zeit zu einer Macht, wie sie vor ihm von niemand erreicht worden war, der sich aus so kleinen Anfangen emporgeschwungen hatte. Auch die parthischen Anführer, welche in die benachbarten Gebiete geschickt wurden, achteten und ehrten ihn; denn die Auszeichnung, welche ihm die Babyionier zuteil werden ließen, erschien nur unbedeutend und in keiner Weise seinen Verdiensten entsprechend. So hatte er bald alle Gewalt in Händen, da in Mesopotamien sich jeder nach seinem Wink und Willen richtete, und fünfzehn Jahre lang stieg sein Glück täglich mehr und mehr. 5. Als aber die Brüder auf dem Gipfel ihrer Macht angelangt waren, fing das Unglück· an, ihnen zuzusetzen, und zwar aus folgender Veranlassung. Sie wichen allmählich vom Pfade der 'fugend ab, die ihnen eine so gewaltige Macht verschafft hatte, und wandten sich einem sündhaften Leben zu, indem sie die Gesetze ihrer Vater verachteten und in Lust und Sinnlichkeit verfielen. Ein parthischer Fürst, der zum Satrapen jener Provinzen ernannt worden war, brachte dorthin seine Gattin mit, die außer anderen Vorzügen. besonders eine wunderbar schöne Körpergestalt aufwies. Mochte nun Anilaeus, der Bruder des Asinaeus, etwas von ihrer Schönheit gehört oder sie einmal selbst erblickt haben, genug, er wurde sogleich ebenso sehr von Liebe als von Erbitterung ergriffen, teils weil ihm gar keine Hoffnung blieb, das Weib zu besitzen, es sei denn, dass er sich ihrer mit Gewalt bemächtigt hätte, teils weil er seine Begierde nach ihr nicht zu unterdrücken vermochte.
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Die Brüder erklärten daher den Gatten des Weibes für ihren Feind, und kaum war er im Kampfe gefallen, so war seine Gattin auch schon mit ihrem Liebhaber vermählt. Indessen zog das Weib nicht in das Haus der Brüder ein, ohne dem Anilaeus sowohl wie dem Asinaeus das schwerste Unheil zu bereiten. Sie war nämlich bereits vor der Ehe mit dem jetzt gefallenen Gatten vermählt gewesen, und da sie nach dem Tode ihres ersten Mannes in Gefangenschaft geriet, verbarg sie die Bildnisse der Götter, die sie mit jenem Manne verehrt hatte, und nahm sie nach dem Brauche ihres Landes mit sich. In jenen Gegenden ist es nämlich allgemein Sitte, Götterbilder zu Hause zu haben und dieselben auf Reisen mitzunehmen. Zunächst nun verehrte das Weib die Bildnisse heimlich; als sie aber des Anilaeus Gattin geworden war, betete sie ihre Götter nach ihrer früheren Gepflogenheit und unter denselben Zeremonien, die sie von ihrem ersten Gatten her gewohnt war, an. Die Gefährten der beiden Brüder nun, die bei denselben besonderen Einfluss hatten, machten dem Anilaeus in aller Güte Vorstellungen darüber, dass er so arg gegen die Gesetze und Gebräuche der Hebräer verstoße und ein ausländisches Weib genommen habe, welche die ihnen so gen au vorgeschriebenen Opfer und sonstigen gottesdienstlichen Handlungen umgehe. Er möge sich daher vorsehen, dass er nicht seiner Sinneslust-zuliebe seine Macht einbüße, nachdem dieselbe mit Gottes Hilfe so sehr gewachsen sei. Doch richteten sie mit solchen Reden nichts aus, und Anilaeus stieß sogar einen der Seinigen, der so freimütig gesprochen hatte, nieder. Als dieser im Sterben lag, flehte er in seiner Anhänglichkeit an das Gesetz zu Gott, er möge seinen Tod an Asinaeus und Anilaeus rächen, alle seine Gefährten aber auf gleiche Weise durch die Hand ihrer Feinde umkommen lassen, weil sie ihm keine Hilfe geleistet hätten, als er sich für das Gesetz der Gefahr unterzogen habe. Hierüber gerieten sie alle in große Missstimmung, verhielten sich aber zunächst noch ruhig, weil sie sich wohl bewusst waren, dass sie ihre gegenwärtige glänzende Lage nur der Tapferkeit der bei den Brüder zu verdanken hatten. Als sie jedoch von der Verehrung der parthisehen Götzenbilder hörten, glaubten sie des Anilaeus Frevel gegen das Gesetz nicht länger ertragen zu dürfen, sondern zogen in Menge zu Asinaeus hin und schrien, er müsse, wenn er auch früher einzuschreiten unterlassen habe, doch wenigstens jetzt das Geschehene wieder gutzumachen suchen, ehe er selbst samt allen anderen zur Strafe fur diesen Frevel dem Verderben anheim falle. Dann führten sie Klage über die Ehe mit einem fremden Weibe, die weder mit ihren Sitten noch mit den Gesetzen ihrer Väter in Einklang stehe, und über die Götzenverehrung, die das Weib zur Beschimp-
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fung des von ihnen angebeteten Gottes treibe. Nun wusste Asinaeus zwar recht gut., dass das Vergehen seines Bruders schon großes Unheil heraufbeschworen habe und noch heraufbeschwören werde; gleichwohl schwieg er aus verwandtschaftlichen Rücksichten dazu still und verzieh ihm, weil er unter dem Banne seiner mächtigen Leidenschaft stehe. Da aber Tag für Tag die Menge sich zu ihm drängte und das Geschrei immer lauter wurde, machte er endlich seinem Bruder Vorstellungen, tadelte das Vorgefallene bitter und verlangte von ihm, er solle von seinem Wandel ablassen und das Weib heimschicken. Indes richtete er mit diesen Worten nichts aus. Als das Weib aber merkte, dass die Menge ihretwegen in Aufruhr war, und fürchten musste, Anilaeus werde wegen seiner Liebe zu ihr großen Gefahren entgegengehen, mischte sie dem Asinaeus Gift in die Speisen und räumte ihn so aus dem Wege. Eine Strafe hatte sie ja für ihr Verbrechen nicht zu fürchten, weil ihr eigener sterblich in sie verliebter Gatte sie hätte richten müssen. 6. Anilaeus, der nun allein an der Spitze stand, unternahm alsbald einen Kriegszug gegen die Besitzungen des Mithradates, eines vornehmen Parthers, welcher die Tochter des Königs Artabanus zur Frau hatte. Diese Besitzungen wurden geplündert und lieferten eine große Ausbeute an Geld und Sklaven sowie an Vieh und vielem anderen, was seinem Besitzer das Leben angenehm machen kann. Als aber Mithradates, der sich gerade in der Gegend aufhielt., die Einnahme seiner Besitzungen erfuhr, geriet er in höchsten Zorn darüber, dass Anilaeus, den er früher nie gereizt hatte, jetzt mit Feindseligkeiten begann. Er zog daher eine so starke Reiterei, als er nur konnte, und zwar aus Leuten im blühendsten Alter, zusammen und marschierte damit dem Anilaeus entgegen, um ihn zu bekämpfen. Als er nun bei einem seiner Dörfer angelangt war, hielt er sich zunächst ruhig und wollte erst am folgenden Tage, der ein Sabbat war und als solcher von den Juden gefeiert werden musste, zur Schlacht ausrücken. Anilaeus aber erhielt hiervon Kunde durch einen Syrer, der in einem anderen Dorfe wohnte und ihm über alles genaue Auskunft gab, insbesondere auch über den Ort, wo Mithradates mit den Seinigen speisen wollte. Er ließ daher zeitig die Abendmahlzeit nehmen und brach in der Nacht auf, um die Parther, die sich dessen nicht versahen, zu überfallen. Um die vierte Nachtwache* griff er sie an, machte die einen im Schlafe nieder und jagte die anderen in die Flucht. Den Mithradates, den er lebendig gefangen hatte, ließ er mitführen und nackt auf einen Esel setzen, was bei den Parthern für die ärgste * Nach drei Uhr morgens.
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Schmach gilt. So brachte man ihn in einen Wald, wo Anilaeus von seinen Freunden bestürmt wurde, er solle den Mithradates umbringen lassen. Dem widersetzte sich aber Anilaeus und belehrte sie, es könne ihnen nicht zum Vorteil gereichen, wenn sie den Mithradates töteten, da er bei den Parthern in hohem Ansehen stehe und außerdem auch noch mit dem Könige verwandt sei. Was bis jetzt geschehen sei, lasse sich noch ertragen, und obschon man den Mithradates schwer beschimpft habe, werde er doch, wenn er ihnen sein Leben verdanken müsse, nicht vergessen, denen seine Erkenntlichkeit zu beweisen, die ihn so wohlwollend behandelt hätten. Wenn er aber den Tod erleide, werde der König sicher nicht ruhen, bis er unter den babylonischen Juden das schrecklichste Blutbad angerichtet habe. Um diese aber müssten sie Sorge tragen, einmal weil sie mit ihnen verwandt seien, dann aber auch, weil ihnen selbst im Falle eines Unglückes keine Hoffnung mehr. bleiben würde, da die meisten jungen Leute ausgehoben seien. Durch diese Worte, welche er an die Versammelten richtete, wusste Anilaeus es dahin zu bringen, dass sie sich überzeugen ließen, und so wurde Mithradates freigelassen. Als er nun zu Hause anlangte, empfing ihn seine Gattin mit Schmähungen und fragte ihn, ob er die schimpfliche Behandlung, die ihm zuteil geworden, ruhig hinnehmen und zufrieden sein wolle, sein Leben aus den Händen der Juden gerettet zu haben. »Jetzt«, fügte sie hinzu, »kehrst du entweder tapferen Mutes wieder um, oder, das schwöre ich dir bei den Göttern dieses Landes, ich löse meine Ehe mit dir auf.« So musste denn Mithradates, teils weil er der täglichen Vorwürfe überdrüssig war, teils weil er bei dem stolzen Sinne seines Weibes fürchtete, sie werde sich wirklich von ihm trennen, wider seinen Willen so viele Soldaten, als er konnte, auftreiben. Mit diesen zog er dann gegen den Feind, entschlossen, lieber sein Leben zu verlieren, als im Kampfe gegen die Juden zu unterliegen. 7. Als aber Anilaeus vernahm, dass Mithradates im Begriff stehe, mit großer Heeresmacht ihm entgegenzuziehen, hielt er es für unrühmlich, sich innerhalb der sumpfigen Niederungen zu bergen, und beschloss daher dem Feinde die Stirn zu bieten. Und da ihm auch sein einstiges Glück das Vertrauen einflößte, er werde den Feinden ebenso wie früher mitspielen und es werde seinen Leuten die Kühnheit nicht mangeln, die sie sonst bewiesen, führte er seine Streitmacht vor. Außer seinem eigentlichen Heere schlossen sich noch viele andere an ihn an, welche die Hoffnung auf Beute lockte und die durch ihren bloßen Anblick dem Feinde schon Schrecken einzujagen geeignet waren. Als man nun durch dürre Gegenden und dazu
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noch um die Mittagszeit neunzig Stadien weit marschiert war, hatte den Kriegern der Durst schon gewaltig zugesetzt. Da zeigte sich plötzlich Mithradates und drang mit großem Ungestüm auf sie ein, und weil sie vor Durst und Hitze keine Waffen mehr zu halten vermochten, wurden Anilaeus und die Seinigen, welche völlig erschöpft waren, schmählich in die Flucht getrieben, wobei viele tausend Juden umkamen. In wildem Durcheinander zog sich darauf Anilaeus samt seiner Umgebung in einen Wald zurück, während Mithradates vor Freude über den errungenen Sieg laut jubelte. Gar bald aber hatte sich bei Anilaeus wieder eine Schar verkommener Menschen gesammelt, die sich um die Zukunft wenig kümmerten, wenn sie nur fur den Augenblick ihrer Not enthoben waren. So wurde wohl die Zahl der Gefallenen ersetzt, doch konnten die neuen Ankömmlinge den Vergleich mit diesen nicht aushalten, weil sie roh und ungeübt waren. Trotzdem unternahm Anilaeus mit ihnen einen Raubzug gegen babylonische Dörfer, bei dem es zu gräulichen Verwüstungen kam. Daher sandten sowohl die BabyIonier als auch die im Felde stehenden 'fruppen nach N aarda zu den dort befindlichen Juden und verlangten die Auslieferung des Anilaeus. Diesem Verlangen wurde selbstverständlich keine Folge gegeben, weil die Juden, selbst wenn sie wollten, den Abenteurer nicht ausliefern konnten. Hierauf bot man ihnen Frieden an, und da auch sie das lebhafteste Verlangen danach trugen, schickten sie mit den BabyIoniern Männer aus ihrer Mitte ab, die deswegen mit Anilaeus verhandeln sollten. Als aber die Babyionier hier alles ausgekundschaftet und die Beschaffenheit des Ortes, wo Anilaeus lagerte, sich gemerkt hatten, machten sie auf diesen und seine Leute, während sie berauscht im Schlafe lagen, einen Angriff und hieben ohne Gegenwehr alle Feinde, deren sie habhaft werden konnten, darunter auch den Anilaeus selbst, nieder.* 8. Die Babyionier waren nun von der Furcht vor Anilaeus befreit, dem einzigen Menschen, der ihrem Hass gegen die Juden bisher Schranken gesetzt hatte. Fast ununterbrochen hatten sie mit diesen wegen der Verschiedenheit ihrer Religion in Streit gelebt, und jeder der beiden Gegner suchte den anderen zu kränken, so viel er nur vermochte. Sobald aber jetzt Anilaeus und seine Gefährten tot waren, fielen die Babyionier über die Juden her. Diese litten sehr unter den Feindseligkeiten ihrer Gegner, und da sie keinen offenen Widerstand leisten konnten, aber auch nicht länger mit ihnen zusammenzuleben sich getrauten, wanderten sie zum Teil nach Seleu* 35 oder 36 n. Ghr.
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kia aus, der Hauptstadt jenes Landes, die von Seleukus, dem Sohne des Nikator, erbaut ist, und wo viele Makedonier, aber noch mehr Griechen und auch eine Anzahl Syrer wohnen. Hier fanden sie Aufnahme, und fünf Jahre lang erfreuten sie sich in dieser Stadt eines friedlichen Daseins. Im sechsten Jahre aber brach unter den in Babyion zurückgebliebenen Juden eine Seuche aus, und es wanderten infolgedessen wieder viele von ihnen nach Seleukia aus. Doch traf sie bald hier ein noch größeres Unglück, und zwar aus folgender Veranlassung. 9. Die Griechen und Syrer in Seleukia lebten ebenfalls meist in Streit und Hader, wobei jedoch die Griechen immer im Vorteil blieben. Als aber jetzt die jüdischen Ankömmlinge bei ihnen wohnten, stieg die Macht der Syrer, weil die Juden, die als tapfere Männer und stets bereite Helfer in Kriegsfallen bekannt waren, zu ihnen hielten. Die Griechen befanden sich also in einer üblen Lage, und da sie erkannten, dass sie nur dadurch ihre Macht wiedererlangen konnten, dass sie die Juden mit den Syrern entzweiten, machten sich einige von ihnen an diejenigen Syrer heran, zu denen sie früher nähere Beziehungen unterhalten hatten, und suchten sie zur Aussöhnung zu bewegen. Hierauf gingen die Syrer ein, und nachdem man sich verständigt hatte, unterhandelten die vornehmsten Männer von beiden Seiten in Betreff des Friedensschlusses, worauf eine völlige Aussöhnung zustande kam. Nun aber glaubten beide Teile sich kein besseres Freundschaftszeichen geben zu können, als wenn sie ihren Hass gegen die Juden vereinigten. Sie überfielen demnach unversehens die Letzteren und machten über fünfzigtausend von ihnen nieder. Niemand wurde verschont als diejenigen, denen das Mitleid ihrer Freunde oder Nachbarn die Flucht ermöglichte. Diese wandten sich nach Ktesiphon, einer griechischen Stadt in der Nähe von Seleukia, wo der König alljährlich den Winter zuzubringen pflegte und wo infolgedessen große Vorräte angehäuft waren. Indes fanden sie auch hier keine festen Wohnsitze, weil die Seleukier vor ihrem Könige wenig Achtung hatten. Schließlich gerieten sämtliche Juden in Schrecken vor den Babyioniern und Seleukiem, der noch dadurch vermehrt wurde, dass alle im Lande wohnenden Syrer sich mit den Letzteren zur Vemichtung der Juden verbündeten. Die meisten Juden zogen sich daher nach Naarda und Nisibis zurück, deren feste und geschützte Lage ihnen die nötige Sicherheit gewährte, zumal da diese Städte nur von streitbaren Männem bewohnt waren. So verhielt es sich mit den Juden in Babylonien.
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ERSTES KAPITEL Wie Gajus von Chaerea ermordet wurde.
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1. Gajus bewies übrigens nicht nur gegen die zu Jerusalern und in dessen Umgebung lebenden Juden seine wahnsinnige Grausamkeit, sondern ließ dieselbe auch durch alle Länder und Meere wüten, soweit das römische Reich sich erstreckte, und erfüllte Letzteres mit unsäglichem Leid, dergleichen man früher nie gehört hatte. Rom besonders war der Schauplatz seiner unmenschlichen Handlungen, und anstatt dasselbe vor anderen Städten auszuzeichnen, wütete er gegen die Bürger mit besonderer Grausamkeit, namentlich aber gegen die Senatoren und unter diesen wieder vorzüglich gegen diejenigen, welche zu den Patriziern gehörten und durch berühmte Ahnen sich auszeichneten. Unzählige Drangsalierungen ersann er auch gegen die Ritterschaa die in der Stadt ihres Einflusses und Reichtums wegen ebenso wie der Senat geachtet war und aus deren Mitte die Senatoren hervorgingen. Die Ritter nämlich beschimpfte er auf jede mögliche Weise, stieß sie aus ihrem Stande aus und nahm ihnen Leben und Vermögen, wie denn ihre Hinrichtung in der Regel nur die Einziehung ihres Vermögens zum Zweck h~tte. Weiterhin legte Gajus sich göttliches Ansehen bei und forderte von seinen Untertanen Ehrenbezeugungen, die einem Menschen gar nicht zukommen. Auch besuchte er besonders häufig den Tempel des Jupiter, der das Kapitolium heißt und von allen Tempeln der berühmteste ist, und wagte sogar den Jupiter seinen Bruder zu nennen. Überhaupt sprach aus allen seinen Unternehmungen fast der vollendete Wahnsinn. So ließ er, weil ihm die Schifffahrt von Puteoli in Campanien bis nach der gleichfalls in Campanien liegenden Küstenstadt Misenum zu lästig war, und er überhaupt als Herr des Meeres von diesem dieselbe Unterwürfigkeit wie von der Erde beanspruchen zu können glaubte, von einem Vorgebirge zum anderen dreißig Stadien weit das Meer überbrücken und fuhr sodann zu Wagen über den ganzen Meerbusen, da, wie er meinte, diese Art, den Weg zurückzulegen, eines Gottes
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würdiger sei.* Es gab ferner keinen Tempel in Griechenland, den er ungeplündert ließ, und was sich an Werken der Malerei oder Bildhauerkunst sowie an Standbildern und Weihgeschenken dort vorfand, ließ er nach Rom schaffen. Denn das Schöne, meinte er, dürfe nirgendwo anders seinen Platz finden, als in der schönsten Stadt, und das sei eben Rom. Mit diesen geraubten Kunstgegenständen zierte er auch seinen Palast und seine Gärten sowie seine in ganz Italien zerstreuten Landhäuser. Ja, er gab sogar Befehl, die Bildsäule des von den Griechen verehrten Olympischen Zeus, das Werk des Atheners Pheidias, nach Rom zu überführen. Freilich kam es nicht zur Ausführung des Befehls, weil die Architekten dem Memmius Regulus, der mit derselben betraut war, erklärten, das Bild werde brechen, wenn man es von seiner Stelle bewege. Aus diesem Grunde und weil auch noch fast unglaubliche Wunderzeichen sich dabei ereigneten, soll Memmius von der Wegschaffung der Bildsäule Abstand genommen haben. Das schrieb er auch an Gajus und bat um Entschuldigung, weil er seinen Befehlen nicht habe nachkommen können. Doch hätte ihn dies bald das Leben gekostet, und nur der inzwischen erfolgte Tod des Gajus befreite ihn aus der Gefahr. 2. Der Wahnsinn des Cäsars steigerte sich schließlich so weit, dass er, als ihm eine Tochter geboren worden war, diese aufs Kapitolium bringen und der Bildsäule des Jupiter in den Schoß legen ließ, indem er erklärte, sie sei dessen Tochter ebenso gut wie die seinige, und sie hätten beide Anspruch auf die Rechte des Vaters, wobei er unentschieden lassen wolle, wer von ihnen der Größere sei. Trotz dieses wahnsinnigen Treibens sah die Menschheit ihm ruhig zu. Nun gestattete er auch den Sklaven, ihre Herren zu verklagen und ihnen Beschuldigungen vorzuwerfen, welche sie wollten. Selbstverständlich wurden die schwersten Anklagen erhoben, weil alles ihm zu Gefallen und auf sein Anstiften als Verbrechen gedeutet wurde. Ja, gegen Claudius** sogar wagte dessen Sklave Pollux eine Anklage vorzubringen, und als deshalb gegen seinen Oheim verhandelt wurde, kam Gajus selbst in die Gerichtssitzung und hörte zu in der Hoffnung, er werde jetzt Gelegenheit finden, ihn aus dem Wege zu räumen. Hierin aber täuschte er sich. Da er nun das ganze ihm untergebene Ländergebiet mit Verleumdung und Bosheit angefüllt und den Sklaven eine so mächtige Waffe gegen ihre Herren in die Hand gegeben hatte, entstanden überall Verschwörungen * Vgl. hierzu Suetonius, Caligula 19. ** Tiberius Claudius Drusus Nero, Caligulas Oheim und Nachfolger.
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gegen ihn, indem die einen in ihrer Wut fur erlittenes Unrecht Rache nehmen wollten, die anderen aber ihn umzubringen trachteten, bevor sie selbst von ihm ins Verderben gestürzt würden. So war denn sein Tod eine Bürgschaft fur den Fortbestand der Gesetze und die Sicherheit der Völker, und ganz besonders galt das fur unser Volk, das wohl gänzlich der Vernichtung anheim gefallen wäre, wenn der Tod ihn nicht so schnell ereilt hätte. Ich will daher die Geschichte seiner Ermordung mit sämtlichen Einzelheiten erzählen, besonders weil sie geeignet ist, allen Bedrängten Vertrauen auf Gottes Allmacht und 'frost einzuflößen, für diejenigen aber, die freventlich auf ihr Glück pochen, auch wenn dasselbe der Thgend entbehrt, eine ernste Warnung enthält. 3. Schon bestanden drei Verschwörungen gegen des Cäsars Leben, ausgehend von drei edlen Männern. Aemilius Regulus aus Korduba in !berien hatte sich mit einigen Genossen ins Einvernehmen gesetzt und wollte entweder durch sie oder auch mit eigener Hand den Gajus beiseite schaffen. Eine andere Verschwörung ging von dem Thbun Cassius Chaerea aus, und endlich trug sich auch ein gewisser Annius 1\finucianus mit der Absicht, dem 1Jrannen den Untergang zu bereiten. Gemeinsam war allen dreien der Hass gegen Gajus, während im Übrigen ihre Beweggründe verschieden waren. Regulus, von Natur leicht erregbar und von Abscheu gegen alles Unrecht durchdrungen, war entschlossenen und hochherzigen Sinnes, machte aus seinen Absichten kein Hehl und teilte deshalb auch jetzt seinen Plan vielen seiner Freunde und anderen tatkräftigen Männern mit. Minucianus wollte teils für seinen vertrauten Freund Lepidus, einen der edelsten Bürger, den Gajus hatte hinrichten lassen, Rache nehmen, teils sich selbst sichern, weil Gajus in seinem grausamen Wüten keine Grenzen kannte und es auch auf ihn schon abgesehen hatte. Chaerea endlich war über des Gajus Schmähungen aufgebracht, der ihn einen feigen und verweichlichten Menschen nannte, und schwebte ebenfalls trotz seiner Freundschaft und Gefälligkeit, die er Gajus bewies, beständig in Gefahr, sodass auch er die Ermordung des Cäsars für eine eines freien Mannes würdige Tat erachtete. Alle drei Männer nun hielten es für angebracht, sich mit den vielen ins Einvernehmen zu setzen, welche täglich die Ungerechtigkeiten sahen und durch Gajus' Tod denselben zu entgehen hofften. Höchst wahrscheinlich, überlegten sie, werde ja ihr Unternehmen gelingen, und in diesem Fall könne es für sie nur angenehm sein, so viele edle Männer mit sich eins zu wissen, die gleichfalls für das Wohl der Stadt und des Reiches sich aufzuopfern bereit seien. Mehr als die anderen indes war Cassius Chaerea auf die Tat erpicht,
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einesteils weil er seinen Ruf dadurch verbessern wollte, andernteils weil die Ermordung des Gajus ihm am leichtesten gelingen konnte, da er als Tribun freieren Zutritt zu ihm hatte. 4. Unterdessen wurden zirzensische Spiele* gefeiert, ein Schauspiel, dem die Römer leidenschaftlich ergeben sind. Dabei drängt sich alles nach dem Cirkus, und wenn das Volk etwas vom Cäsar erbitten will, rottet es sich zusammen und bringt dort sein Begehren vor. Derartige Bitten gelten als besonders bevorzugt und finden stets Erhörung. Jetzt nun bestünnte man Gajus um Steuernachlass und Erleichterung der drückendsten Auflagen. Davon aber wollte der Cäsar nichts wissen, und als das Geschrei überhand nahm, ließ er die Lärmmacher durch Trabanten ergreifen und augenblicklich zur Hinrichtung abführen. Die Henker vollzogen sogleich seine Befehle, und so fanden viele den Tod. Gleichwohl verhielt das Volk sich ruhig und ließ vom Länn ab, weil jeder, der noch um Steuernachlass gebeten hätte, seinen Tod vor Augen sah. Umso mehr aber stieg Chaereas Verlangen, den Cäsar umzubringen und dadurch die Welt von dem Wüterich zu befreien. Öfters schon dachte er daran, ihn beim Mahle zu überfallen, und nur eine Erwägung hielt ihn noch davon zurück: nicht dass sein Entschluss ins Wanken geraten wäre, sondern weil er den rechten Augenblick abwarten wollte, wo er mit Erfolg ans Werk gehen könnte. 5. Chaerea hatte übrigens schon lange Zeit Kriegsdienste geleistet. und als sein Unwille durch den Verkehr mit Gajus immer mehr gestiegen war, übertrug dieser ihm die Erhebung der gewöhnlichen Steuern und die Eintreibung der rückständigen Abgaben. Da diese Abgaben aufs Doppelte erhöht worden waren, machte er sich mit ihrer Einziehung keine besondere Mühe und folgte dabei mehr seinem eigenen guten Herzen als den Befehlen des Gajus. Dadurch erregte er den Zorn des Letzteren, der ihm seine Saumseligkeit im Eintreiben der Steuern beständig vorwarf und ihn deshalb einen feigen Menschen nannte. Auch noch andere Schmähungen musste er hören, und so oft er sich für den Tag, an dem er sein Amt als Tribun wahrnehmen musste, die Losung holte, stand auf derselben ein gemeines und ehrverletzendes Schimpfwort. Das tat der Cäsar, obwohl er selbst bei gewissen geheimnisvollen Zusammenkünften, die er angeordnet hatte, sich einfand, wo er Weiberkleider anlegte, sich das Haar auf eine besondere, von ihm ersonnene Art kräuselte und auch in allem Übrigen das
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Die Spiele, besonders Wettrennen, im römischen Cirkus, den Römern so unentbehrlich wie das tägliche Brot, woher der Ausdruck: Panem et circenses.
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Gebaren eines Weibes nachahmte. Gleichwohl scheute er sich nicht, ein Gleiches dem Chaerea vorzuwerfen. Jedes Mal nun, wenn Chaerea die Losung empfing, geriet er in Erbitterung, besonders da er dieselbe anderen einhändigen musste und dann von diesen ausgelacht wurde. So ward er bald für alle übrigen Thbunen eine Zielscheibe des Spottes; denn sooft er die Losung vom Cäsar vorzuzeigen hatte, freuten sie sich schon zum Voraus, dass sie wieder etwas zu bespötteln bekamen. Chaerea fasste sich daher ein Herz und vertraute einigen Freunden an, dass er sich nicht mehr ungestraft wolle reizen lassen. Unter diesen befand sich auch ein gewisser Pompedius, ein Mann von Senatorsrang, der schon fast alle Ehrenämter bekleidet hatte, im Übrigen aber ein Epikuräer* war und deshalb Ruhe und Bequemlichkeit liebte. Thn verklagte sein Feind Timidius, er habe grobe Schmähungen gegen Gajus ausgestoßen, und berief sich dabei auf das Zeugnis einer gewissen Quintilia, die auf der Bühne auftrat und infolge ihrer Schönheit eine Menge Liebhaber hatte, darunter auch den Pompedius. Als diese sich aber weigerte, ein falsches Zeugnis abzulegen und dadurch ihren Liebhaber dem Tode zu überantworten, drang Timidius darauf, dass sie der Folter unterworfen werde. Gajus gab auch wirklich in seiner Erbitterung· dem Chaerea Befehl, unverzüglich die Quintilia zu foltern. Er pflegte nämlich alle Hinrichtungen und Folterungen dem Chaerea zu übertragen, weil er glaubte, dieser werde mit größter Härte verfahren, um den Vorwurf der Weichlichkeit von sich abzuwälzen. Als nun Quintilia zur Folter abgeführt wurde, trat sie einem ihrer Vertrauten auf den Fuß, um ihm anzudeuten, er solle Mut fassen und bei ihrer Qual nicht erzittern, da sie dieselbe standhaft ertragen werde. Chaerea ließ sie darauf grausam foltern, allerdings nicht mit Willen, sondern nur aus Gehorsam gegen den ihm erteilten Befehl. Da aber die Qualen der Folter sie nicht zu überwältigen vermochten, führte Chaerea sie dem Cäsar so entstellt vor, dass niemand sie ohne Mideid ansehen konnte. Auch Gajus vermochte sich beim Anblick ihres zermarterten Körpers der Rührung nicht zu erwehren und ließ sie wie auch Pompedius frei ausgehen. Ja, er machte der Quintilia sogar noch ein Geldgeschenk, um sie für die ausgestandenen Qualen zu entschädigen und für ihre Standhaftigkeit zu belohnen. 6. Hierüber geriet Chaerea in gewaltige Angst, gleich als hätte er so großes Leid über eine Person gebracht, die selbst ein Gajus zu trösten sich * Die Epikuräer (Anhänger der Lehre des Epikur) betrachteten das Vergnügen als das höchste Gut; vergl. Je. 11.
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herabgelassen habe. Er sprach deshalb zu Clemens und Papinius, von denen der Letztere ebenfalls Tribun, der Erstere aber Befehlshaber der Prätorianer war: »Wir haben gewiss nichts außer Acht gelassen, was zum Wohle 38 des Cäsars erforderlich war. Denn von denen, die sich gegen ihn verschworen haben, sind die einen durch unsere Mühe und Sorgfalt dem Tode verfallen, und die anderen so gefoltert worden, dass selbst Gajus bei ihrem Anblick Mideid empfand. Und haben wir nicht mit Ehren Kriegsdienste getan?« Als nun Clemens hierauf schwieg und durch sein Erröten verriet, 39 wie sehr er sich der Befehle des Cäsars schämte, gleichwohl aber es nicht für ratsam hielt, den Wahnsinn des Gajus offen zu tadeln, wurde Chaerea 40 zuversichtlicher und sprach freier und unbefangener von dem Elend der Stadt und des Reiches. »Allgemein ist man der Ansicht«, führte er aus, »Gajus sei schuld daran. Geht man aber der Sache auf den Grund, so bin ich es, 41 mein Clemens, und Papinius hier ist es, und noch mehr als wir beide bist du es, der den Römern und dem ganzen Menschengeschlecht diese Qualen bereitet. Denn nicht so sehr des Gajus Befehle, als vielmehr unseren eigenen Willen haben wir vollzogen. Obgleich es nämlich bei uns stände, diesen 42 Quälereien der Bürger und Untertanen ein Ende zu machen, sind wir ihm überall zu Willen, verrichten anstelle von Kriegsdiensten Henkersarbeit, führen unsere Waffen nicht für die Freiheit und das Vaterland, sondern für einen Menschen, der die Römer an Leib und Seele knechtet, und beflecken uns tagtäglich mit dem Blute derer, die wir töten oder foltern, bis wir auf sein Geheiß von anderen in gleicher Weise behandelt werden. Denn er weiß 43 uns für unsere Dienste ja keinen besonderen Dank, sondern verfolgt uns mit Argwohn und Hass. Und wenn auch noch so viele Menschen hingeschlachtet werden, seine Wut wird sich deshalb doch niemals legen, weil er sich bei seinem Zorn nicht von der Rücksicht auf Recht und Gerechtigkeit, sondern nur von seiner eigenen Lust leiten lässt. Diese Wut wird auch uns treffen, uns, deren Pflicht es ist, für die allgemeine Sicherheit und Freiheit zu sorgen und Gefahren vom Volke abzuwenden.« 7. Diese Ausführungen Chaereas billigte Clemens voll und ganz, riet aber 44 Stillschweigen an, damit nichts davon unter das Volk komme. Denn wenn der Anschlag vorzeitig verraten werde, seien sie alle Kinder des Todes. Man müsse vielmehr alles der Zeit überlassen und alle Hoffnung auf die Zukunft setzen, weil das Glück ihnen gewiss auf ungeahnte Weise zu Hilfe kommen werde. Er selbst sei zwar schon zu alt, um so etwas zu unternehmen, aber er . 45 müsse gestehen, dass er wohl etwas weniger Gefährliches, indessen nichts Ehrenvolleres den Plänen und Vorschlägen Chaereas entgegenzustellen
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wisse. Clemens begab sich hierauf nach Hause und überlegte, uneins mit sich selbst, das, was er gehört und selbst gesagt hatte. Chaerea geriet deswegen in Unruhe und eilte sogleich zu dem Thbun Cornelius Sabinus, den er als einen vortrefflichen und freiheitliebenden Mann kannte und von dem er wusste, dass er mit dem gegenwärtigen Zustand der Dinge durchaus nicht einverstanden war. Diesem wollte er sein Vorhaben mitteilen und dann unverweilt zur Ausführung schreiten, weil er von Clemens Verrat befürchtete und erwog, wie viel kostbare Zeit ihm verloren gehe. 8. Sabinus nahm seine Vorschläge mit Freuden auf. Hatte er doch schon längst denselben Gedanken gehegt und nur deshalb bisher geschwiegen, weil er niemand wusste, mit dem er sich beratschlagen konnte. Jetzt aber, da er einen Mann gefunden, der nicht nur Stillschweigen über das Gehörte versprach, sondern auch selbst mit seiner Meinung nicht hinterm Berge hielt, befestigte sich sein Entschluss vollkommen, und er drang in Chaerea, doch nicht mehr zu zaudern. Beide begaben sich nun zu Minucianus, der mit ihnen dieselbe Liebe zur 'fugend und dieselbe Seelengröße besaß, und der obendrein dem Gajus wegen der Hinrichtung des Lepidus nichts weniger als freundlich gesinnt war. Minucianus und Lepidus waren nämlich infolge gemeinsam bestandener Gefahren besonders eng befreundet. Denn für alle, die in Rang und Wurden standen, war Gajus ein Gegenstand des Schreckens, weil er gegen alle ohne Unterschied wütete. Freilich hatten die Unzufriedenen die gleiche Angst auch voreinander und wagten aus Furcht vor Verrat weder ihre Meinung offen auszusprechen noch ihren Hass gegen Gajus zur Schau zu tragen, was sie indessen nicht hinderte, miteinander in freundschaftlichem Verkehr zu bleiben, da sie sich ihres gemeinsamen Hasses gegen den Cäsar wohl bewusst waren. 9. Als sich die drei Männer jetzt zusammenfanden, grüßten sie sich gegenseitig, und Minucianus, dem sie stets wegen seiner hervorragenden Stellung und seiner Bürgertugenden, besonders beim Reden den Vorrang gelassen hatten, begann auch jetzt die Unterhaltung mit der Frage, was für eine Losung Chaerea heute vom Cäsar erhalten habe; denn es war allgemein bekannt, wie Chaerea beim Empfang dieses Schriftstückes verhöhnt wurde.* Chaerea aber merkte den Spott, dankte Minucianus für seine gütige Nachfrage und fuhr dann fort: »Gib mir nun ein Pfand der Freiheit, und ich will dir Dank dafür wissen, dass du mich mehr in Erregung gebracht hast, als mein Charakter verträgt. Es bedarf auch keiner Worte mehr, um mich * Vgl. Suetonius, Caligula, 56.
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aufzuhetzen, wenn du der nämlichen Meinung bist wie ich und meine Ansicht schon vor dieser Zusammenkunft geteilt hast. Ich bin nur mit einem einzigen Schwerte umgürtet, aber es langt für zwei. Daher lass uns zum Werke schreiten: Entweder folge ich deiner Führung, wenn du so willst, oder ich gehe voran und du leihst mir deinen Schutz und Beistand. Keines Stahls bedürfen Männer, die mutige Entschlossenheit zur Schau tragen; denn auch dem Stahl verleiht nur Tatkraft seine Schärfe. Mächtig treibt es mich zur Tat, und keine Furcht vor dem, was mich treffen mag, lähmt mir den Arm. Denn keine Zeit habe ich, an meine eigene Gefahr zu denken, wenn ich das Geschick meines aus goldener Freiheit in schmählichste Knechtschaft gestürzten Vaterlandes, die Vernichtung der Autorität des Gesetzes und das allen Menschen von Gajus drohende Verderben beklagen muss. Möchte ich nur hierbei dein Vertrauen gewinnen und auf deine Zustimmung rechnen dürfen!« 10. Minucianus verstand wohl, wohin diese Worte zielten, umarmte den Chaerea herzlich und erhöhte dadurch dessen Mut und Vertrauen nicht wenig. Dann entließ er ihn unter den besten Wünschen für das Gelingen seines Planes. Man sagt auch, er habe seine Zuversicht noch auf folgende Weise gestärkt. Als Chaerea eines Tages auf dem Wege zur Curie sich befand, soll eine Stimme aus der Volksmenge ihn aufgefordert haben, das Erforderliche durchzuführen und auf den Beistand der Götter zu vertrauen. Im ersten Augenblicke sei darauf Chaerea in Schrecken geraten und habe geglaubt, er sei von einem der Verschworenen verraten worden und werde nun festgenommen werden. Bald indessen habe er eingesehen, dass die Worte eine Aufmunterung bedeuteten, die entweder von einem seiner Mitverschworenen oder von der Gottheit, die alle menschlichen Verhältnisse durchschaut, ausgegangen sei. Übrigens waren schon viele in den Plan eingeweiht, und sie alle, Senatoren, Ritter und Soldaten, waren bewaffnet zugegen. Gab es doch niemand, der die Ermordung des Gajus nicht für das größte Glück gehalten hätte, und so bemühte sich jeder, so viel an ihm lag, bei diesem Unternehmen an Eifer nicht zurückzustehen, vielmehr mit Wort und Tat das seinige zu der Wegräumung des Tyrannen beizutragen. Selbst Callistus gehörte dazu, ein Freigelassener des Gajus, der zu hohem Einfluss gelangt war und beinahe dieselbe Macht wie der Cäsar besaß, weil er allseitig gefürchtet war und einen ungeheuren Reichtum sein Eigen nannte. Er hatte sich Ämter auf alle mögliche Weise erschlichen und schreckte vor keinem Unrecht zurück, sondern schaltete wider Recht und Gesetz ganz nach Willkür. Da er aber des Gajus unversöhnliches Gemüt, das niemals von dem
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einmal gefassten Entschlusse abging, kannte und wohl wusste, dass er sowohl aus vielen anderen Ursachen, als besonders wegen seines ungeheuren Reichtums in steter Lebensgefahr schwebe, schloss er sich an Claudius an in der Hoffnung, dass, wenn Gajus aus dem Wege geräumt sei und Claudius den Thron bestiegen habe, er dann auch bei diesem zu Ansehen kommen werde, besonders da er sich schon vorher durch treue Dienste ihm unentbehrlich gemacht habe. Er wagte sogar zu behaupten, er habe von Gajus Befehl erhalten, den Claudius zu vergiften, dies aber auf mancherlei Weise hintertrieben. Ich glaube indes, dass diese Behauptung von Callistus nur erfunden war, um sich bei Claudius in Gunst zu setzen. Denn Gajus hätte, wenn er den Claudius umbringen wollte, sich gewiss um des Callistus Vorstellungen nicht gekümmert, und anderseits würde Callistus den Befehlen des Gajus sich nicht zu widersetzen gewagt oder, wenn er dessen Aufträge missachtet hätte, sogleich seine Strafe erhalten haben. Ich bin vielmehr der Meinung, dass Claudius durch göttliche Fügung der sinnlosen Wut des Gajus entgangen ist, dass aber Callistus sich ein Verdienst zugeschrieben hat, auf das er nicht den mindesten Anspruch machen konnte. 11. Inzwischen zog sich Chaereas Unternehmen durch die Unschlüssigkeit der meisten Mitverschworenen immer mehr in die Länge. Er selbst freilich sah die Verzögerung sehr ungern, da er jeden Augenblick für günstig hielt. Wenn nämlich Gajus sich aufs Kapitolium begab, um dort für das Wohlergehen seiner Tochter Opfer darzubringen, bot sich oft Gelegenheit, ihn von der Höhe des auf das Forum niederschauenden Tempeldaches hinabzustürzen, wenn er von dort aus Gold- und Silbermünzen unter das Volk warf; oder ihn bei der Feier der von ihm eingerichteten Mysterien niederzustoßen. Er selbst nämlich hatte nicht die geringste Besorgnis und war nur darauf bedacht, dass bei den Mysterien alles regelrecht zuging. Dass jemand etwas gegen ihn im Schilde führen könne, ahnte er nicht im entferntesten. Wenn aber Chaerea auch kein Zeichen dafür gehabt hätte, dass die Götter seinen Anschlag billigten, so wäre er doch an sich stark genug gewesen, den Gajus selbst ohne Waffe umzubringen. Er war deshalb über die anderen Verschworenen höchst ärgerlich, da er befürchtete, der günstige Augenblick möchte verpasst werden. Diese sahen nun zwar ein, dass er mit Recht aufgebracht sei und ebenso gerechten Grund habe, mit der Tat zu eilen; doch baten sie trotzdem um Aufschub, damit nicht, falls die Sache schief gehe, die ganze Stadt bei der Suche nach den Schuldigen in Aufruhr gerate und Gajus den Verschworenen trotz deren Tapferkeit unerreichbar werde, weil dann die Wachen verstärkt würden. Es sei deshalb besser, mein-
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ten sie, erst bei den Spielen, die auf dem Palatium* aufgeführt werden sollten, ans Werk zu gehen. Diese Spiele werden zu Ehren des Cäsars gefeiert, der zuerst die dem Volke zustehende Gewalt auf seine Person übertragen hat, und die römischen Patrizier finden sich mit Weib und Kind wie auch der Cäsar selbst ein, um von eigens dazu errichteten Zelten aus den Spielen zuzusehen. Die Verschworenen meinten also, es sei leicht, in einer Versammlung von so vielen tausend Menschen den Cäsar gleich beim Eintritt zu überfallen, da dann sogar seine Leibwache ihm keine Hilfe leisten könne. 12. Chaerea wartete demgemäß einen Tag um den anderen, und als die Spiele begannen, war er gleich am ersten Tage zur Tat entschlossen. Doch das Geschick, das noch Aufschub bestimmt hatte, erwies sich mächtiger als die Kühnheit der Verschworenen; denn drei der festlichen Tage mussten erst vergehen, bevor endlich am vierten die Tat ausgeführt werden konnte. An diesem Tage berief Chaerea seine Mitverschworenen zusammen und sprach zu ihnen: »Schon ist eine lange Zeit verstrichen, und wir müssen es uns zum Vorwurf anrechnen, dass wir so lässig in der Ausführung dieses ehrenvollen Unternehmens gewesen sind. Wie verhängnisvoll aber wäre es, wenn jetzt noch der Plan durch Verrat vereitelt würde und des Gajus Wut dann ins Unermessliche stiege! Sehen wir nicht, dass wir uns und allen unseren Mitbürgern die Freiheit vorenthalten und des Gajus 1}rrannei in den Himmel wachsen lassen, während wir doch verpflichtet sind, unsere Zukunft zu sichern, und uns in der Lage befinden, allgemeines Glück zu stiften und uns dadurch ewigen Ruhm zu erwerben?« Da die anderen hierauf nichts zu entgegnen wussten und auch noch nicht in die Ausführung der Tat einzuwilligen schienen, sondern den Chaerea wortlos anstarrten, fuhr dieser fort: »Wenn ihr wackere Männer seid, wozu zaudern wir denn noch? Bedenkt ihr nicht, dass heute der letzte Tag der Spiele ist und dass Gajus von hier sogleich in See gehen will? Hat er doch schon Vorbereitungen getroffen, um nach Alexandria zu reisen und Ägypten zu besuchen. Das wäre fürwahr eine nette Sache, dieses Scheusal von einem Menschen entschlüpfen zu lassen, damit er sich unter dem Beifall der Römer zu Lande wie zu Wasser breitrnachen kann! Welche Schande für uns, wenn ihn in Ägypten jemand niedermacht, der die Ertragung so sinnloser Grausamkeit für unwürdig eines freien Mannes hält! Ich habe nun meinerseits keine Lust mehr, euer Zaudern noch mit anzusehen, sondern ich werde die Tat heute wagen * Einem der sieben Hügel Roms.
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und mit Freuden alles, was daraus folgen könnte, auf mich nehmen. Denn Aufschub gibt's jetzt für mich nicht mehr. Was könnte auch einen tapferen und edel denkenden Mann wie mich, mehr ärgern, als wenn ein anderer vor meinen Augen den Gajus niederstieße und mich um den Ruhm der Tat brächte?« 13. Mit diesen Worten stärkte Chaerea ebenso wohl den Mut seiner Genossen als seine eigene Entschlossenheit, und so drangen denn nun alle auf unverzügliche Ausführung des Planes. Gleich in der Morgenfrühe fand sich Chaerea, mit dem Reiterschwert umgürtet, im Palaste ein. Es war nämlich Sitte, dass die Tribunen in dieser Bewaffnung sich die Losung vom Cäsar erbaten, und an diesem Tage war Chaerea gerade an der Reihe, dieselbe in Empfang zu nehmen. Schon strömte die Menge mit Ungestüm zum Palatium, und einer stieß und drängte den anderen, um den besten Platz zum Zusehen zu erhalten. Gajus hatte an diesem Drängen immer seine besondere Freude und ließ deshalb auch weder den Senatoren noch den Rittern bestimmte Plätze freihalten. Vielmehr mussten alle durcheinander sitzen, Männer wie Frauen, Sklaven wie Freie. Für Gajus aber wurde ein besonderer Weg offen gehalten, und nun opferte er zunächst den Manen des Cäsars Augustus, zu dessen Ehre die Spiele veranstaltet wurden. Beim Hinfallen des Opfertieres geschah es, dass die Toga eines Senators Asprenas mit Blut bespritzt wurde. Das gab dem Gajus Anlass zum Lachen; für Asprenas aber war es eine böse Vorbedeutung, weil er gleichzeitig mit Gajus umkam. Gajus soll übrigens an diesem Tage sich zugänglicher als sonst gezeigt und so freundlich gesprochen haben, dass man sich allseitig darüber verwunderte. Als nun das Opfer dargebracht war, nahm er, umgeben von seinen vertrautesten Freunden, seinen Platz im Theater ein. Das Theater wurde jedes Jahr von neuem aufgeschlagen und war mit folgender Einrichtung versehen. Es hatte zwei Tore, von denen das eine ins Freie führte und das andere den Ein- und Ausgang zu einer Säulenhalle offen ließ, damit die innen Befindlichen nicht gestört würden, die Schauspieler und Musiker aber sich aus demselben Raume, innerhalb dessen noch ein anderer abgeschlossen war, ungehindert zurückziehen könnten. Als nun das Volk ruhig geworden war und Chaerea mit den übrigen Tribunen nicht weit vom Cäsar, der auf der rechten Seite des Theaters saß, Platz genommen hatte, fragte Vatinius, ein Mann von Senatorsrang und gewesener Prätor, den neben ihm sitzenden Cluvius, einen ehemaligen KonsuL ob er nichts Neues gehört habe. Doch sprach er so vorsichtig, dass sonst niemand ihn verstehen konnte; Cluvius entgegnete ihm, er habe nichts vernommen, und nun flüsterte ihm Vatinius
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zu: »Heute, lieber Cluvius, wird das Schauspiel vom 1)rrannenmord aufgeführt!« »Schweig«, erwiderte dieser, »damit kein anderer Achiver die Rede vernehme!«* Nun wurden ganze Ladungen von Früchten und Vögeln, die wegen ihrer Seltenheit hoch geschätzt waren, unter die Zuschauer geworfen, und Gajus hatte seine helle Freude daran, den darüber entstandenen Streitigkeiten zuzusehen. Alsdann ereignete sich zweierlei, das als Vorbedeutung aufgefasst werden musste. Man führte nämlich ein Schauspiel auf, in welchem ein Räuberhauptmann ans Kreuz geschlagen wurde, und die Pantomime stellte die Kinyrische Fabel dar, in der Kinyras nebst seiner Tochter Myrrha umkommt. Sowohl bei der Kreuzigung nun wie bei der Tötung des Kinyras floss künstliches Blut in Menge. Es steht übrigens fest, dass dies derselbe Tag war, an dem Philippus, des Amyntas Sohn, als er ins Theater gehen wollte, von seinem Freunde Pausanias ermordet wurde. Wahrend nun Gajus im Zweifel war, ob er, weil dies der letzte Tag war, bis zum Ende des Spiels bleiben oder, wie er sonst tat, erst baden und speisen und dann wiederkommen sollte, sah Minucianus, der oberhalb des Cäsars saß, den Chaerea hinausgehen und stand aus Besorgnis, die Zeit möchte unbenutzt verstreichen, schnell auf, um ihm Mut zu machen. Gajus aber ergriff ihn freundlich bei einem Zipfel seiner Toga und sprach zu ihm: »Wo willst du hin, mein Lieber?(( Darauf setzte sich Minucianus, dem Anschein nach aus Ehrfurcht vor dem Cäsar, in Wirklichkeit aber aus Angst, wieder hin. Nach einer Weile jedoch erhob er sich abermals, und nun hielt Gajus ihn nicht auf, weil er glaubte, es rufe il;1n ein Bedürfnis ab. Asprenas aber, der auch zu den Verschworenen gehörte, riet dem Cäsar, er möge sich seiner früheren Gewohnheit gemäß, ohne Aufsehen zu erregen, entfernen, baden, speisen und dann zurückkehren. Dadurch hoffte er die Ausführung des Anschlages beschleunigen zu können. 14. Unterdessen hatte sich Chaerea mit seinen Genossen an geeigneten Punkten aufgestellt, und jeder war angewiesen, seinen Platz sorgfältig zu behaupten. Die Verzögerung fing allmählich an, ihnen unerträglich zu werden, und da es schon um die neunte Stunde** des Tages war und Gajus noch immer keine Anstalten machte, hinauszugehen, beschloss Chaerea, zurückzukehren und ihn auf seinem Sitze zu überfallen. Freilich konnte das, wie er wohl wusste, nicht geschehen, ohne dass vorher auch viele von den anwesenden Senatoren und Rittern getötet wurden. Gleichwohl brann* Vers aus Homer (llias XIV, 90). ** Suetonius sagt: die siebente.
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te er vor Verlangen, zur Tat zu schreiten, weil er glaubte, dass ein solches Blutbad gegenüber der allgemeinen Sicherheit und Freiheit nicht ins Gewicht fallen könne. Schon war er nebst seinen Genossen im Begriff, ins Theater zurückzukehren, als ein plötzliches Geräusch ankündigte, dass Gajus sich erhoben habe. Nun eilten die Verschworenen herzu und drängten die Menge zurück, dem Scheine nach, damit Gajus nicht belästigt würde, in der Tat aber, um sich sicherzustellen, weil sie ihn erst von allem Schutz entblößen wollten, ehe sie die Tat wagten. Vor Gajus her schritten sein Oheim Claudius, sein Schwager Marcus Vinicius und Valerius Asiaticus, die ebenfalls von ihm zu trennen ihres Ranges wegen nicht angängig war. Dann folgte Gajus selbst mit Paulus Arruntius, und als er im Palast angelangt war, bog er aus dem Hauptgange, wo die zu seiner Bedienung befohlenen Sklaven standen und durch den Claudius und die anderen vorausgegangen waren, in einen engen Seitengang ein, um die Badegemächer zu erreichen und zugleich um die Knaben zu sehen, die aus Asien gekommen waren, um teils in den von ihm veranstalteten Mysterien Hymnen zu sing,en, teils im Theater als Waffentänzer aufzutreten.*, Hier kam ihm Chaerea entgegen und bat um die Losung. Als er dann wieder ein Schimpfwort vernahm, stieß er Schmähungen gegen den Cäsar aus, zog sein Schwert und brachte ihm eine tiefe, aber nicht tödliche Wunde bei. Einige behaupten nun, Chaerea habe absichtlich so gehandelt, um Gajus nicht beim ersten Streich zu töten und durch öftere Verwundungen zu quälen. Doch scheint mir dies wenig glaubhaft, weil bei solchen UnternehmuI}gen die Furcht kalte Berechnung nicht aufkommen lässt. Hätte Chaerea wirklich so gedacht, so würde ich ihn fur den törichsten Menschen halten, der lieber seine Rachgier befriedigen als sich und seine Mitverschworenen rasch aus der Gefahr befreien wollte. Dann aber gab es auch noch Mittel und Wege, um dem Gajus Hilfe zu leisten, wenn er nicht sogleich seinen Geist aufgab. Chaerea müsste also die Absicht gehabt haben, sich und seinen Freunden ebenso sehr wie Gajus zu schaden, wenn er törichterweise sich selbst hätte verderben wollen; bei günstigem Erfolg konnte er sich ja leicht allen Verfolgungen entziehen, während es von vornherein doch noch ungewiss war, ob alles nach Wunsch ablaufen würde. Doch mag hierüber jeder seine eigene Meinung haben. Gajus nun, dem die Wunde heftigen Schmerz verursachte, da das Schwert zwischen Hals und Schulter eingedrungen und vom Schlüsselbein aufgehalten worden war, schrie in seiner Bestürzung weder auf, noch rief er die * Vgl. Suetonius, Caligula, 58.
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Hilfe eines seiner Freunde an, sei es, weil er niemand so recht traute, sei es, dass er gar nicht daran dachte. Doch stöhnte er einmal in ungeheurem Schmerz auf und versuchte dann zu entfliehen. In diesem Augenblicke aber warf sich ihm Cornelius Sabinus entgegen, der schon darauf vorbereitet war und ihn zu Boden drückte. Und nun drangen die sämtlichen Verschworenen mit Schwertern auf ihn ein, indem sie sich gegenseitig zuriefen: »Stoß zu! Stoß zu!« Wie allgemein angenommen wird, war es Aquilas, der ihm den letzten Stoß versetzte, worauf er verschied. Chaerea aber ist mit vollem Recht als der Urheber des Mordes anzusehen. Denn obwohl er die Tat mit einer Anzahl Genossen zusammen verübte, war er es doch, der den ersten Gedanken daran fasste. Ebenso hatte er die Art der Ausführung ersonnen und zuerst den Plan mit anderen beraten. Und als die Übrigen seinem Vorschlag zustimmten, war er es wieder, der sie zu dem Komplott vereinigte, die besten Mittel und Wege ausklügelte und so geschickt zu sprechen wusste, dass er seine Genossen schließlich zu der Tat beredete. Sobald dann der Augenblick zum Handeln gekommen war, feuerte Chaerea die anderen Verschworenen zu entschlossenem Vorgehen an und machte ihnen die Ermordung des Gajus leicht, nachdem er diesem eine fast tödliche Wunde beigebracht hatte. Mit Recht muss also auch das, was seine Mitverschworenen getan haben, Chaereas Überlegung, Entschlossenheit und Tapferkeit zugeschrieben werden. 15. So lag denn Gajus, mit Wunden bedeckt, entseelt am Boden. Chaerea und seine Genossen sahen übrigens nach vollbrachter Mordtat wohl ein, dass sie unmöglich auf dem Wege, den sie gekommen, unbehelligt zurückkehren konnten. Das Geschehene flößte ihnen doch Entsetzen ein, denn es war keine Kleinigkeit, einen Cäsar getötet zu haben, der dem sinnlosen Pöbel immerhin lieb und angenehm war und den die Soldaten gewiss blutig zu rächen suchen würden. Zudem war der Gang, auf dem der Mord geschehen war, sehr eng und von zahlreicher Dienerschaft sowie von Soldaten der Palastwache besetzt. Die Verschworenen schlugen daher einen anderen Wag ein und begaben sich in die Wohnung des Germanicus, dessen Sohn der ermordete Gajus war. Diese Wohnung war mit dem Palast verbunden, der ein einziges Gebäude bildete und von den einzelnen Machthabern immer erweitert worden war. Aus diesem Grunde führte er auch verschiedene Namen, entweder nach dem, der einen Teil des Gebäudes fertig gestellt, oder nach dem, der einen anderen zu bauen angefangen hatte. Bald waren also die Verschworenen dem Gewühl entronnen und fur den Augenblick in Sicherheit, weil die Ermordung des Cäsars noch nicht bekannt war. Die
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Germanen waren die Ersten, die Gajus' Ende erfuhren. Es waren dies die Soldaten der Leibwache, die den Namen des Volkes führten, aus welchem die keltische Legion genommen war. Diese Germanen neigen sehr zum Jähzorn und gleichen darin anderen barbarischen Völkern, die wenig Überlegung bei ihren Handlungen beweisen, aber kräftig dreinhauen und deshalb gern zum ersten Angriff verwendet werden, wobei sie so gut wie immer siegreich sind. Als die Germanen nun des Gajus Ermordung erfuhren, erzürnten sie gewaltig, nicht so sehr aus Liebe zum Cäsar, als vielmehr in ihrem eigenen Interesse, da Gajus ihr Wohlwollen mit reichen Geschenken zu erkaufen pflegte. Mit gezückten Schwertern stürmten sie daher durchs Haus und suchten nach den Mördern des Cäsars unter Anführung des Thbunen Sabinus, der nicht durch seine oder seiner Vorfahren Tüchtigkeit (er war Gladiator gewesen), sondern durch seine Körperkraft zu dieser Befehlshaberstelle gelangt war. Zuerst nun stießen sie auf Asprenas, dessen Toga, wie schon oben erwähnt, mit dem Blute des Opfertieres bespritzt und ihm so zu böser Vorbedeutung geworden war, und hieben ihn in Stücke. Alsdann begegnete ihnen Norbanus, einer von den vornehmsten Bürgern, der zu seinen Vorfahren viele Feldherren zählte; indes vermochte seine Wurde den Ergrimmten keine Scheu einzuflößen. Weil er aber eine ansehnliche Körperstärke besaß, griff er den ersten Soldaten, der ihm entgegentrat, an, entwand ihm sein Schwert und schien sein Leben teuer verkaufen zu wollen, bis er endlich, von der Überzahl erdrückt und mit Wunden bedeckt, seinen Geist aufgab. Als Dritter fiel ihnen Antejus in die Hände, ein Mann von Senatorsrang, der mit einigen Begleitern nicht zufällig, wie die beiden anderen, sondern aus Neugier und um durch den Anblick des ermordeten Gajus seinen Hass zu befriedigen, daherkam. Gajus nämlich hatte den Vater des Antejus, der denselben Namen wie sein Sohn führte, in die Verbannung geschickt und, hiermit nicht zufrieden, auch noch Soldaten beauftragt, ihn zu töten. Antejus wollte sich also am Anblick der Leiche des Cäsars weiden, aber obgleich er bei der allgemeinen Verwirrung sich zu verstecken trachtete, entging er der Wut der Germanen nicht, die alle Winkel durchstöberten und Schuldige wie Unschuldige mit gleicher Erbitterung niedermachten. So kamen diese drei Männer ums Leben. 16. Als nun das Gerücht von Gajus' Ermordung ins Theater drang, bemächtigte sich Entsetzen der gesamten Volksmenge, die an die Wahrheit der Nachricht kaum glauben wollte. Die einen hörten zwar die Kunde mit Freuden und hätten wer weiß was darum gegeben, wenn sie so glücklich gewesen wären, waren aber zu furchtsam, um daran zu glauben. Andere
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dagegen wollten schlechterdings die Nachricht nicht für wahr halten, da sie dem Cäsar ein solches Unglück nicht wünschten und auch die Tat als für menschliche Kräfte unausführbar erachteten. Das waren aber nur die Frauen, die jungen Leute, die Sklaven und allenfalls auch einige Soldaten. Die letzteren, die vom Cäsar ihren Sold erhielten und seiner tyrannischen Grausamkeit gedient hatten, waren durch die Hinrichtung aller edel denkenden Bürger zu Ansehen und Reichtum gelangt. Die Frauen und jungen Leute aber waren, wie das stets der Fall ist, für die Schaustellungen, Gladiatorenkämpfe und blutigen Szenen ganz gewaltig eingenommen. Geschah doch das alles dem Namen nach zur Ergötzung des Volkes, obgleich es in der Tat zur Sättigung der sinnlosen Grausamkeit des Cäsars diente. Und was die Sklaven angeht, so hatten sie die Freiheit erhalten, ihre Herren anzuklagen, und fanden bei allen gegen dieselben gerichteten Beschuldigungen am Cäsar ihren Rückhalt. So war es ihnen leicht, für eine ganz und gar erfundene Verleumdung gegen ihre Herren Glauben zu finden, und wenn sie deren Reichtum verrieten, erlangten sie nicht nur die Freiheit, sondern auch ein schönes Stück Geld als Angeberlohn, da ihnen für die Anzeige der achte Teil des Vermögens zugesichert war. Die Patrizier endlich hielten das Gerücht für glaubwürdig, da sie teils um den Mordanschlag wussten, teils . des Gajus Tod von Herzen wünschten. Gleichwohl verstanden sie nicht nur ihre Freude zu verbergen, sondern stellten sich auch, als hätten sie überhaupt nichts gehört. Die einen nämlich fürchteten, sie möchten sich getäuscht haben und bestraft werden, weil sie ihre wahre Gesinnung zu früh bekannt hätten; andere, die als Mitverschworene in die Sache eingeweiht waren, hatten umso mehr Grund, mit ihrer Meinung zurückzuhalten; wieder andere endlich kannten die übrigen Verschworenen nicht und mussten daher befürchten, wenn sie an jemand ein Wort richteten, der an dem Fortbestand der 'JYrannei Interesse habe, verraten und hingerichtet zu werden, falls Gajus noch lebe. Wirklich besagte auch ein anderes Gerücht, Gajus sei zwar verwundet, aber nicht tot, und befinde sich in ärztlicher Behandlung. Niemand aber gab es, dem man seine Meinung hätte anvertrauen können. War nämlich jemand des Gajus Freund, so traute man ihm nicht, weil er aufseiten des Tyrannen stand; hasste er ihn aber, so schenkte man 'eben um dieses Hasses willen seinen Worten keinen Glauben. Ein drittes Gerücht endlich, das den Patriziern alle Hoffnung benahm, meldete, Gajus sei trotz der Gefahr und ohne auf seine Wunden Rücksicht zu nehmen, blutüberströmt aufs Forum gekommen und rede dort zum Volke. Das war indes nichts als eine leere Erfindung solcher Menschen, die Unruhen stiften woll-
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ten und jedermann das sagten, was er gern hörte. Niemand aber verließ seinen Sitz, um nicht beim Hinausgehen falsch angeklagt zu werden. Denn es war vorauszusehen, dass jeder, der das Theater verließ, nicht nach seiner wirklichen Gesinnung, sondern nur nach der Willkür der Angeber und Richter beurteilt werden würde. 17. Als nun die Schar der Germanen mit gezückten Schwertern das Theater umzingelte, fingen die sämtlichen Zus'chauer an, für ihr Leben zu fürchten, erzitterten bei dem Eintritt eines jeden Soldaten, als sollten sie schon niedergemetzelt werden, und verloren völlig den Kopf, indem sie weder das Theater zu verlassen wagten, noch bei längerem Verweilen in demselben unbehelligt zu bleiben hoffen konnten. Als die Soldaten nun sämtlich eindrangen, hallte das Theater von dem Geschrei der Zuschauer wider, die den Germanen kniefallig versicherten, sie wüssten weder etwas von einem beabsichtigten Aufruhr, falls man einen solchen wirklich geplant habe, noch von dem, was geschehen sei. Man solle sie also schonen und sie nicht für fremde Schuld büßen lassen, sondern ihnen gestatten, die Urheber dessen, was etwa sich zugetragen habe, ausfindig zu machen. In dieser und ähnlicher Weise jammerte man und rief wehklagend und schluchzend die Götter an, wie die drohende Gefahr es eingab und wie man nur am Rande des Verderbens flehen konnte. Das brach denn auch die Erbitterung der Soldaten, und ihr Vorhaben gegen die Zuschauer fing an, sie zu reuen. In der Tat wäre das ja ein grausames Verfahren gewesen, und nicht anders erschien es jetzt auch den aufgeregten Soldaten, nachdem sie die Köpfe der mit Asprenas Gefallenen auf dem Altar aufgestellt hatten. Bei diesem Anblick aber gerieten die Zuschauer in noch größere Aufregung, weil sie an den hohen Rang der Ermordeten dachten und Mitleid mit ihrem Geschick hatten, sodann aber auch, weil ihnen aufs Neue ihre eigene angstvolle Lage zum Bewusstsein kam, aus der es augenscheinlich kein Entrinnen mehr gab. So kam es, dass auch denen, die alle Ursache hatten, Gajus zu hassen, die Freude über seinen Tod gründlich verdorben wurde, weil sie jetzt selbst in Lebensgefahr schwebten und nirgends ihnen ein Rettungsschimmer leuchtete. 18. Dieser Ungewissheit machte der mit gewaltiger Stimme begabte Ausrufer Evaristus Arruntius ein Ende, der einer der reichsten Römer war und sowohl damals als auch später noch einen bedeutenden Einfluss in manchen Angelegenheiten besaß. Obgleich dieser Mann den Gajus mehr als alle anderen hasste, so hielt er doch, an statt Freude über das Vorgefallene -zu bezeugen, es für geratener, mit schlauer Vorsicht aufzutreten, wie die Furcht und die unsichere Lage dies gebot. Er gab sich daher ein so klägliches Aus-
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sehen als möglich, legte 'frauerkleider an, wie es bei dem Verlust der teuersten Angehörigen Sitte ist, begab sich ins Theater und verkündete dort den Tod des Gajus, womit sich dann endlich die allgemeine Spannung löste. Bald erschien auch Paulus Arruntius, der die Soldaten zurückrief, und mit ihm kamen die 'Tribunen, welche die Schwerter einzustecken befahlen und ebenfalls Mitteilung vom Tode des Cäsars machten. Damit vollzog sich dann auch die Errettung der im Theater Versammelten und überhaupt aller, die den Germanen in die Hände gefallen wären. Denn solange die Soldaten noch die Hoffnung hegten, dass Gajus am Leben bleibe, schreckten sie vor keiner Gewalttat zurück, da sie immer noch so viel Anhänglichkeit an ihn besaßen, dass sie gern ihr Leben gelassen hätten, wenn sie ihn damit hätten retten und vor dem Untergang bewahren können. Sobald sie aber über des Gajus Tod nicht mehr in Ungewissheit waren, legte sich ihre Wut sogleich, einesteils weil ihnen nun nichts mehr daran liegen konnte, Anhänglichkeit an jemand zu beweisen, der ihnen, da er tot war, dieselbe doch nicht mehr vergalt, andernteils weil sie fürchteten, bei weiterer Gewalttätigkeit vom Senat, falls dieser die höchste Obrigkeit bilden sollte, oder von dem neuen Cäsar bestraft zu werden. So ließen denn die Germanen, wenngleich ungern, von der Erbitterung ab, in welche sie der Mordanschlag gegen Gajus versetzt hatte. 19. Mittlerweile war Chaerea in großer Besorgnis, Minucianus möchte den wütenden Germanen in die Hände gefallen sein. Er wandte sich daher an jeden einzelnen Soldaten mit der eindringlichen Bitte, auf seine Schonung bedacht zu sein, erkundigte sich auch eingehend, ob er vielleicht schon umgekommen sei. Daraufhin ließ Clemens den Minucianus, der vor ihn geführt wurde, frei und gab damit ebenso wie viele andere Senatoren für die Rechtmäßigkeit und Billigung des Geschehenen sowie für den Edelmut derjenigen, die den gleichen Entschluss gefasst, ihn aber nicht hatten ausführen können, sein Zeugnis ab. Ein Tyrann könne nämlich wohl an seiner willkürlichen Grausamkeit für kurze Zeit Vergnügen finden, wie Clemens erklärte, aber kein glückliches Lebensende haben, weil er infolge des Hasses aller Gutgesinnten schließlich doch dem Schicksal verfalle, welches den Gajus ereilt habe, der noch vor der Bildung jener Verschwörung sein eigener Feind geworden sei und durch nicht zu ertragende Beleidigungen wie auch durch seine Missachtung der Gesetze es selbst verschuldet habe, dass seine besten Freunde sich in seine bittersten Feinde verwandelt hätten. Seien diese also auch die Werkzeuge zur Vollbringung der Mordtat gewesen, so habe doch in Wirklichkeit Gajus selbst sich den Tod gegeben.
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20. Im Theater aber erhob man sich nun von den Sitzen, und es entstand unter den Zuschauern ein gewaltiges Gedränge, weil jeder möglichst schnell hinauszukommen suchte. Den Anlass dazu gab der Arzt Halkyon, der fortstürzte, als habe er Verwundeten beizustehen, und seine Begleiter wegschickte, dem Anschein nach, als wenn sie alles zum Verbinden der Verwundeten Nötige herbeiholen sollten, in der Tat aber, um sie aus der drohenden Gefahr zu retten. Unterdessen versammelte sich der Senat in der Kurie und das Volk auf dem Forum, wo in der Regel die Komitien gehalten wurden. Sogleich begann nun die Untersuchung behufs Ermittelung der Mörder des Cäsars, die dem Volke ernst gemeint, für den Senat aber nur eine Förmlichkeit war. Anwesend war auch Valerius Asiaticus, ein gewesener Konsul. Dieser trat mitten unter die lärmende Volksmenge, die aufs äußerste darüber erbittert war, dass man die Mörder noch nicht entdeckt habe, und als er von vielen Seiten mit der Frage bestürmt wurde, wer der Tater sei, erwiderte er: »Ich wünschte sehr, dass ich selbst es wäre!«* Übrigens erließen die Konsuln ein Edikt, in welchem sie gegen Gajus schwere Anklagen erhoben und das Volk wie auch die Soldaten nach Hause gehen hießen. Weiterhin versprachen sie darin dem Volke einen bedeutenden Steuernachlass, den Soldaten aber eine Belohnung, wenn sie die gewohnte Ruhe beobachten und sich aller Übergriffe enthalten wollten. Es stand nämlich zu befürchten, dass bei einem Aufruhr die Stadt durch Plünderung und Tempelraub sehr zu leiden haben würde. Bald aber trugen die gesamten Senatoren und besonders die Verschworenen die größte Kühnheit und Zuversicht zur Schau, als wenn die oberste Gewalt schon in ihren Händen wäre.
ZWEITES KAPITEL Wie die Senatoren sich rur eine Volksherrschaft, die Soldaten aber rur die eines Cäsars erklärten. Von der Ermordung der Gattin und der Tochter des Gajus und von seinem Charakter. 162
1. Während dies vor sich ging, wurde Claudius auf einmal aus seinem Hause hervorgeholt. Die Soldaten nämlich versammelten sich, berieten über die zu ergreifenden Maßregeln und fanden, dass eine Volksherrschaft * Selbstverständlich war dies nur Komödie.
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für so ausgedehnte Regierungsgeschäfte nicht genüge und auch nicht in ihrem Interesse liege. Wenn aber einer der Mächtigsten zum Alleinherrscher ausgerufen werde, würden sie erheblich dadurch benachteiligt sein, weil sie hierzu in keiner Weise ihre Hilfe gewährten. Da also noch keine bestimmte Entscheidung getroffen sei, werde es sich wohl am besten machen, wenn sie den Claudius zum Herrscher erwählten, der als Oheim des verstorbenen Cäsars keinem Senator an edler Abstammung wie an Bildung etwas nachgebe. Von ihm könnten sie auch erwarten, dass er, wenn er den Thron bestiegen habe, sie für ihre Verdienste belohnen und beschenken werde. Kaum hatten sie diesen Beschluss gefasst, als sie auch sogleich zur Ausführung schritten, und so wurde Claudius von den Soldaten hervorgeholt. Im Senat aber erhob sich Cnejus Sentius Saturninus, der schon von dem Vorgang mit Claudius gehört und erfahren hatte, dass er die Herrscherwürde anscheinend ungern, in Wirklichkeit aber mit größter Bereitwilligkeit übernehmen wolle. Mit großem Freimut hielt er dann folgende, eines wackeren und edlen Mannes würdige Rede: 2. »Römer! Obwohl jetzt erst nach so langer Zeit und gegen alle Erwartung uns die Freiheit wieder zuteil wird, so ist es doch Tatsache, dass wir sie besitzen. Wie lange sie freilich dauern wird, ist unsicher und steht bei den Göttern, die sie uns geschenkt haben. Doch dürfen wir uns ihrer freuen, und selbst wenn wir sie wieder verlieren sollten, wird sie zu unserem Glück beitragen. Eine einzige Stunde ist ja schon für alle guten und edlen Männer kostbar, wenn sie mit reinem Sinn in einem freien Lande und nach den Gesetzen, die dessen Ruhm begründet haben, verlebt wird. Nicht sprechen will ich hier von der früheren Freiheit, weil sie schon verloren ging, ehe ich das Licht der Welt erblickte. Der jetzigen aber will ich mich mit unersättlicher Lust hingeben und diejenigen selig preisen, denen es vergönnt ist, in dieser Stunde geboren zu werden. Nächst den unsterblichen Göttern gebührt dafür denen unser Dank, die es uns ermöglicht haben, dass wir die Freiheit, wenn auch erst spät, genießen können. Möge sie nur in alle Ewigkeit blühen und gedeihen! Uns aber, mögen wir nun jung oder alt sein, muss dieser eine Tag schon genügen. Die Alten werden e's als ein ewiges Glück betrachten, wenn sie bei ihrem Hinscheiden die Freiheit besitzen; den Jüngeren aber bleibt sie ein Denkmal des Edelsinnes, der unsere Vorfahren geziert hat. Auch uns darf daher jetzt nichts mehr am Herzen liegen, als dass wir in solchem Edelsinn leben, der allein den Menschen die Freiheit gibt und erhält. Aus der Geschichte der Vergangenheit und aus meinen eigenen Erfahrungen weiß ich nun, wie großes Unheil dem Reiche aus der
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Herrschaft eines Einzelnen erwächst, die alle Tüchtigkeit erstickt, jeden Edelmann in seiner Freiheit beeinträchtigt und Schmeichelei wie Furcht großzieht, weil der Staat nicht nach der weisen Vorschrift der Gesetze, sondern nach Willkür verwaltet wird. Denn seitdem Julius Cäsar es sich beifallen ließ, dem Volke seine Macht zu nehmen, seitdem er durch Hintansetzung der Verfassung den Staat erschütterte, das Recht mit Füßen trat und nur seinen Leidenschaften nachgab, existiert kein Leid, von dem das Reich nicht heimgesucht worden wäre, indem alle seine Nachfolger darin wetteiferten, die väterliche Sitte abzuschaffen und die Stadt, soweit sie dies vermochten, von wackeren und edlen Bürgern zu entvölkern. Glaubten sie doch darin ihre Sicherheit zu finden, dass sie sich mit verbrecherischen und lasterhaften Menschen umgaben und alle wahrhaft hervorragenden Männer nicht bloß unterdrückten, sondern auch ins Verderben stürzten. So viele nun ihrer auch waren und so unerträgliche Grausamkeiten sie auch verübten, so hat doch der heute ermordete Gajus mehr Schandtaten auf dem Gewissen als alle die anderen, und zwar hat er dieselben nicht nur gegen seine Mitbürger, sondern auch gegen seine Verwandten und Freunde in zügelloser Wut verbrochen. Stieg doch seine Bosheit in der Verhängung ungerechter Strafen und seine Ruchlosigkeit gegen Götter wie Menschen von Tag zu Tag! Einem 1)rrannen genügt es ja nicht, seine Leidenschaft in ungerechtem Wüten zu befriedigen und anderen Gut und Ehre zu rauben, sondern seine höchste Lust ist es, das ganze Geschlecht seiner Feinde vom Erdboden zu vertilgen. Jeder Freie aber ist des Tyrannen Feind, und nicht einmal diejenigen vermögen sich sein Wohlwollen zu sichern, die seinen Übermut geduldig ertragen. Denn da der Tyrann sich des Unrechts bewusst ist, das er so vielen Menschen zugefügt hat, und diese seine Opfer mit Ergebung und Selbstverleugnung ihr Unglück tragen, so glaubt er erst dann ganz sicher zu sein, wenn er jene Unglücklichen vollständig aus dem Wege räumt. Von solchem Übel seid ihr jetzt frei, und keine Gewalt braucht ihr mehr anzuerkennen, als euren eigenen Willen. Und da eine solche Verfassung nicht bloß zum augenblicklichen Frieden, sondern auch zur dauernden Sicherheit des Staates das meiste beiträgt, so muss jeder von euch für das allgemeine Wohl eintreten oder, falls ihm. das bisher Geschehene und Beschlossene nicht gefallt, seine Meinung äußern, und zwar ohne alle Scheu, weil es jetzt keinen Herrscher mehr gibt, der ungestraft die Bürgerschaft beleidigen und diejenigen, welche frei von der Leber weg reden, willkürlich hinrichten lassen könnte. Gewiss hat jüngst der 1)rrannei nichts größeren Vorschub geleistet als die Feigheit derer, die gegen den Willen des
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Machthabers auch nicht den leisesten Widerspruch zu erheben wagten. Eingelullt in süße Ruhe und an ein sklavisches Dasein gewöhnt, haben wir aus Furcht vor dem Tode, wäre er auch noch so ehrenvoll gewesen, selbst die größte Schmach still ertragen und den Kränkungen der Unseren ruhig zugesehen. Vor allem aber ziemt es sich jetzt, denen, die den 1)rrannen aus dem Wege geräumt, und besonders dem Cassius Chaerea die höchste Anerkennung zu zollen. Denn er war es ja nächst den Göttern, dessen weise Überlegung und tapfere Hand uns die Freiheit gab. Das dürfen wir nicht vergessen, sondern wie er zur Zeit der Tyrannei vor allen anderen den Entschluss, euch zu befreien, gefasst und sich zuerst allen Gefahren ausgesetzt hat, so müssen wir jetzt, da wir die Freiheit besitzen, ihm die schuldige Ehre erweisen, und zwar muss der Anstoß dazu von euch, ihr Senatoren, ausgehen. Denn ehrenvoll ist es und freier Männer Pflicht, dem Retter Dank zu zollen. Hier steht der Held unter uns, ganz verschieden von Cassius und Brutus, den Mördern des Gajus Julius. Diese nämlich haben nur den Keim der Zwietracht und des Bürgerkrieges gesät, während er durch Beiseiteschaffung des 1)rrannen den Staat mit einem Schlage von den Übeln befreite, welche die 1)rrannei uns gebracht hat.« 3. So sprach Sentius und erregte damit den Beifall der anwesenden Senatoren und Ritter. Nun sprang ein gewisser 'frebellius Maximus auf und zog von Sentius' Hand einen Ring, der einen Stein mit dem Bilde des Gajus einschloss. Diesen Ring hatte Sentius offenbar in dem Eifer, mit dem er die Rednerbühne bestieg, um seine Gedanken in Worte zu setzen, abzulegen vergessen. In diesem Augenblick zerbrach der Stein mit dem Bildnis. Als nun endlich in tiefer Nacht die Verhandlungen ihr Ende erreichten, erbat sich Chaerea von den Konsuln die Losung, und es lautete dieselbe »Freiheit«. Diese beiden Vorfälle setzten alle Anwesenden in Erstaunen, und fast niemand konnte sich das seltsame Zusammentreffen erklären. Jetzt nämlich, hundert Jahre nachdem ihnen ihre Selbständigkeit genommen worden war, stand den Konsuln zuerst wieder die Ausgabe der Losung zu, wie sie denn auch vor Einführung der Alleinherrschaft das Heer unter ihrem Befehl hatten.* Als Chaerea die Losung erhalten hatte, gab er sie den Soldaten, die vor dem Sitzungssaal des Senates standen. Es waren dies im Ganzen vier Kohorten, die lieber auf den Cäsar verzichten als einem 1)rrannen dienen wollten. Die Soldaten rückten darauf mit ihren Tribunen ab, und alsbald zerstreute sich auch das Volk in heller Freude und voll Zuversicht, weil * Die Konsuln waren unter den Cäsaren tatsächlich nicht viel mehr als die 'fräger ihres Titels.
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es nun wieder im Besitz der Gewalt und keinem Machthaber mehr unterworfen sei. Chaerea aber stand jetzt beim Volke in hohem Ansehen. 4. Übrigens war es ihm nicht recht, dass Gajus' Gattin und Tochter sowie dessen ganze Familie nicht zugleich mit dem Cäsar dem Verderben anheim gefallen waren. Er war nämlich der Meinung, dass jeder, der aus diesem Hause am Leben bleibe, dem Staate und den Gesetzen nur von Nachteil sein könne, und da es ihn drängte, das angefangene Werk zu vollenden und damit seinen Hass gegen Gajus zu sättigen, schickte er den Tribun Julius Lupus mit dem Auftrage ab, des Gajus Gattin und Tochter umzubringen.* Lupus, ein Verwandter des Clemens, wurde mit dieser Tat betraut, damit auch er als Teilnehmer am Tyrannenmord auf die Anerkennung der Bürger in gleicher Weise Anspruch habe, als wenn er an der ganzen Verschwörung beteiligt gewesen wäre. Einigen der Verschworenen jedoch erschien es unmenschlich, ein Weib hinzumorden, zumal da Gajus mehr aus eigenem Antrieb als auf Anstiften seiner Gattin jene Fehler begangen habe, die den Staat ins Unglück gestürzt und die edelsten Bürger dem Tode geweiht hätten. Andere hingegen wollten alle diesbezüglichen Erlasse der Gattin des Cäsars zur Last legen und ihr die Initiative zu all den Freveltaten, die Gajus begangen, zuschieben, indem sie dieselbe verdächtigten, sie habe ihrem Gatten einen Zaubertrank eingegeben, um ihn sich willfährig und geneigt zu machen. Dadurch habe sie ihn dem Wahnsinn in die Arme getrieben, und deshalb sei sie es in Wahrheit, die das Glück der Römer wie des ganzen Erdkreises zunichte gemacht habe. Trotz aller Bemühungen der Gemäßigten drang diese Ansicht durch, und so wurde Lupus damit beauftragt, die Gattin des Cäsars zu töten. Dieser machte sich auch unverzüglich ans Werk, um nur ja nichts zu unterlassen, was dem Gemeinwohl dienlich sein könne. Als er den Palast betrat, traf er des Gajus Gattin Caesonia neben der Leiche, die noch jeglicher Fürsorge, wie sie einem Toten zukommt, entbehrte, am Boden liegend und mit dem Blut seiner Wunden besudelt, an. In tiefstem Schmerz, der durch den Anblick ihrer bei ihr weilenden Tochter noch vergrößert wurde, weinte und jammerte sie, und aus all ihrem Stöhnen drangen fort und fort nur Klagen über Gajus hervor, dass er ihr, obgleich sie ihn so oft gewarnt, nicht geglaubt habe. Diese Äußerung wurde damals verschieden gedeutet, und auch noch jetzt kann man sich nicht für eine bestimmte Erklärung entscheiden. Einige nämlich legen jenen Worten den Sinn bei, als habe Caesonia ihm geraten, mildere Saiten aufzuziehen und * Verg!. Suetonius, Caligula, 59.
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von der Grausamkeit gegen die Bürger abzulassen, damit ihm nicht Gleiches mit Gleichem vergolten werde. Andere dagegen meinen, sie habe beim Auftauchen des Gerüchtes von der Verschwörung den Gajus aufgereizt, er solle alle Verdächtigen, wenn sie auch noch nichts Böses verübt hätten, unverzüglich umbringen lassen, um sich selbst die Gefahr vom Halse zu schaffen. Sie habe demnach mit dem Vorwurf nichts anderes s,agen wollen, als dass er trotz ihrer Warnung zu träge gehandelt habe. So verschieden also wurden die Klagen der Caesonia ausgelegt. Als die unglückliche Frau nun den Lupus herankommen sah, wies sie weinend und wehklagend auf Gajus' Leiche und bat ihn, näher zu treten. Da sie aber wahrnahm, dass Lupus wie angewurzelt stehen blieb, und aus seinem Gebaren leicht entnehmen konnte, in welcher Absicht er gekommen sei, nahm sie ihr unvermeidliches Schicksal hin, entblößte ihren Hals, rief nach Art derer, die mit dem Leben abgeschlossen haben, Götter und Menschen an und hieß ihn nicht mit der Ausführung dessen zögern, was ihr zugedacht sei. Alsdann empfing sie mutig den Todesstoß von Lupus' Hand, und mit ihr starb auch ihre Tochter. Lupus aber eilte sogleich zu Chaerea zurück, um ihm von der Vollziehung des Auftrages Meldung zu machen. 5. Ein solches Ende nahm Gajus nach einer Regierung von vier Jahren weniger vier Monaten.* Auch schon ehe er den Thron bestieg, war er hartherzig und grausam bis zum Äußersten, dabei wollüstig und aller Angeberei zugänglich. Überall Gefahren witternd, war er stets mit Bluturteilen bei der Hand und ließ in törichtem, dünkelhaftem Stolz seine Macht nur die fühlen, welche es am wenigsten verdient hatten. Durch Mord und Ungerechtigkeiten scharrte er Reichtümer zusammen und erkannte weder Götter noch Gesetze an, während er dagegen vor dem Beifall der Menge sich beugte. Alles, was das Gesetz als schändlich brandmarkt, achtete er höher wie die 'fugend. Gegen seine Freunde bewies er wenig Erkenntlichkeit, so anhänglich und erprobt er sie auch gefunden haben mochte, und in seinem zügellosen Jähzorn verhängte er selbst über die leichtesten Vergehen die entsetzlichsten Strafen. Jeder Gutgesinnte war sein Feind, und in leidenschaftlicher Geltendmachung seines Willens kannte er keine Grenzen. So scheute er sich auch nicht, mit seiner leiblichen Schwester Unzucht zu treiben**, wodurch er freilich heftigen Abscheu und eine Feindseligkeit bei den Römern wach* Nach Suetonius von drei Jahren zehn Monaten und acht Tagen. ** Vgl. Suetonius, Caligula, 24, sowie Dio Cassius, LIX, wo die Angabe des Josephus bestätigt wird.
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rief, wie sie seit langer Zeit nicht da gewesen war. Eine wirklich großartige, eines Herrschers würdige Tat dagegen vermag niemand von ihm anzuführen, vielleicht mit einziger Ausnahme der Erbauung von Werftmagazinen, die er mit Rücksicht auf die aus Ägypten kommenden Schiffe bei Rhegium und an der sicilischen Küste anlegen ließ und die eingestandenermaßen für die Schifffahrt höchst nützliche Einrichtungen waren, freilich aber auch unvollendet blieben. Der Bau wurde nämlich höchst saumselig betrieben, weil Gajus an andere unnütze Werke seinen Eifer verschwendete und auch so viel Geld für seine Vergnügungen aufwandte, dass für wirklich edle Zwecke sein Beutel nicht langte. Dagegen war er ein ausgezeichneter Redner und sprach ebenso geschickt griechisch wie lateinisch. Außerdem hatte er eine lebendige Auffassungsgabe, und da er alles, was andere einstudiert und mühsam vorbereitet hatten, aus dem Stegreif widerlegen konnte, vermochte es ihm. nicht leicht ein Redner gleichzutun, zumal er seine von Natur schon vorhandene Befähigung noch durch energische Übung ausgebildet hatte. Zu fleißigem Studium regte ihn übrigens auch seine Verwandtschaft mit Tiberius an (er war der Enkel von dessen Bruder*), dem er auf dem Throne folgte und der ebenfalls in den Wissenschaften sich besonders hervortat. Thm suchte Gajus gleichzukommen, um die Pflichten der Ehrfurcht gegen seinen Verwandten und des Gehorsams gegen den regierenden Cäsar zu erfüllen, und so war er der bedeutendste Römer seiner Zeit. Doch vermochte seine Bildung ihn nicht vor dem Verderben zu bewahren, das er sich durch seine Willkür zuzog, wie es denn überhaupt für diejenigen, die keine Rechenschaft abzulegen brauchen und ihrem eigenen Willen folgen können, schwer ist, sich selbst zu beherrschen. Anfangs, da er seine Freunde aus den vortrefflichsten und edelsten Männern wählte und in der Gelehrsamkeit den besten Vorbildern folgte, genoss er noch großes Ansehen bei seinen Untergebenen; später aber, als seine Willkür keine Grenzen mehr kannte, ließ seine Beliebtheit immer mehr nach, und so konnte es nicht ausbleiben, dass er schließlich der wachsenden Erbitterung zum Opfer fiel.
* Nero Claudius Drusus, dessen Sohn Germanicus der Vater Caligulas war.
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DRITTES KAPITEL Claudius wird von den Soldaten zum Cäsar ausgerufen. Der Senat sendet Abgeordnete an ihn.
1. Claudius hatte sich also, wie oben erwähnt, auf dem Wege, den er mit Gajus ging, von diesem getrennt, und da das ganze Haus infolge des traurigen Endes des Cäsars sich in großer Erregung befand, versteckte er sich, für sein Leben besorgt, in einem engen Gange. Nichts konnte ihm nämlich seiner Meinung nach jetzt mehr Gefahr bringen als seine hohe Abstammung. In der nächsten Zeit führte er ein eingezogenes Leben als Privatmann und beschäftigte sich in äußerster Genügsamkeit mit dem Studium der Literatur, besonders der griechischen, stets nur darauf bedacht, wie er den draußen tobenden Stürmen entgehen könne. Wahrend nun des Volkes allgemeine Bestürzung sich bemächtigt hatte, der ganze Palast von wütenden Soldaten wimmelte und die Leibwachen die Angst und Verwirrung der Bürger zu teilen schienen, traten die so genannten Prätorianer, die den Kern des Heeres bildeten, zu einer Beratung zusammen. Von allen, die dabei zugegen waren, schlug niemand die Ermordung des Gajus besonders an, weil er sein Schicksal verdient habe, und nur das eine wollten sie überlegen, wie sie selbst am besten bei der Sache fahren würden. Hatten doch auch die Germanen, als sie an den Mördern Rache nahmen, mehr ihre eigene Grausamkeit befriedigen, als für das allgemeine Wohl sorgen wollen. Das alles steigerte die Angst des um sein Leben besorgten Claudius, besonders als er auch noch die Häupter des Asprenas und seiner mit ihm gefallenen Genossen umhertragen sah. Eines Tages nun stand er im Schutz der Dämmerung auf einer Anhöhe von einigen Stufen, als ihn Gratus, ein Soldat der Palastwache, bemerkte, und da dieser ihn in der Dämmerung nicht genau zu erkennen vermochte, ging er in der Meinung, einen gefahrlichen Menschen vor sich zu haben, auf ihn zu. Claudius bat ihn, nicht näher zu treten; doch der Soldat kehrte sich nicht daran. Als dieser nun die Hand nach ihm ausstrecken wollte, erkannte er ihn und rief seinen herbeigelaufenen Kameraden zu: »Das ist Germanicus*, wohlan, lasst uns ihn zum Cäsar ausrufen!« Da nun Claudius gewahrte, dass die Soldaten willens waren, ihn mit Gewalt * Dem Drusus und seinen Nachkommen war vom Senat der Beiname Germanicus zuerkannt worden. Vgl. Suetonius, Claudius, 1.
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zu entführen, und ein ähnliches Schicksal, wie es den Gajus ereilt, befürchtete, bat er sie, seiner zu schonen, und erinnerte sie daran, dass er sich keiner Ungerechtigkeiten gegen andere schuldig gemacht habe, und dass alles, was vorgefallen, ohne sein Wissen geschehen sei. Gratus aber ergriff ihn bei der Rechten und sprach zu ihm: »Sprich doch nicht so dummes Zeug, sondern blick auf und denke daran, dass die Götter zum Heile des Erdkreises die Herrscherwürde von Gajus genommen und deiner 'fugend zum Lohn gegeben haben. Komm daher und besteige den Thron deiner Vorfahren.« Dann richtete er den Claudius auf, der vor Furcht und zugleich vor Freude über das Gehörte zusammengesunken war. 2. Bald hatten sich um Gratus viele Soldaten der Leibwache geschart, und als sie Claudius wegführen sahen, gerieten sie in Betrübnis, da sie nicht anders meinten, als er werde wegen der letzten Vorgänge zum Tode geschleppt. Claudius hatte sich ja sein ganzes Leben lang von allem Unrecht fern gehalten und, solange Gajus regierte, in größter Lebensgefahr geschwebt. Man hörte deshalb hier und da die Meinung äußern, die Konsuln müssten zu seinem Schutze einschreiten. Inzwischen gesellten sich immer mehr Soldaten zu dem Haufen, und die Volksmenge stob auseinander. Claudius aber konnte vor Schwäche kaum weiter, da seine Sänftenträger, die, als sie ihn wegfUhren sahen, an seiner Rettung verzweifelten, davongeflohen waren. Als nun der Zug auf der Fläche des Palatiums, der Stelle, die, wie die Geschichtsschreiber melden, von ganz Rom zuerst bewohnt gewesen sein soll, angekommen war, strömte, weil hier die Entscheidung über die Zukunft fallen sollte, eine noch weit größere Menge Soldaten zusammen, die Claudius sehen und ihn aus Anhänglichkeit an Germanicus zum Cäsar ausrufen wollten. Er war nämlich der Bruder dieses Helden, dessen gewaltiger Ruhm auf alle Mitglieder der Familie seinen Abglanz warf. Dazu kam noch, dass die Soldaten daran dachten, wie habgierig diejenigen seien, welche jetzt im Senat die Oberhand hatten, und was dieselben verbrochen hätten, als sie früher im Besitz der Macht gewesen waren. Endlich erwogen sie auch ihre eigene schwierige Lage, da sie, wenn die Herrschaft wieder an einem einzigen Machthaber fiel, von diesem alles zu befürchten hatten, während sie, wenn Claudius durch ihre Hilfe und Vermittlung auf den Thron gelangte, von seiner Erkenntlichkeit eine Belohnung erwarten durften, die ihren Verdiensten entsprach. 3. Also überlegten die Versammelten und teilten ihre Ansicht auch den neu Hinzukommenden mit, die ihr volles Einverständnis mit dem Plan bekundeten. Darauf nahmen sie Claudius in die Mitte und geleiteten ihn in
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die Kaserne, damit ihre Absicht nicht etwa durch irgendein Hindernis vereitelt werde. Unterdessen war zwischen dem Volk und den Senatoren Streit ausgebrochen, da die Letzteren ihre frühere Macht wieder an sich reißen und das Tyrannenjoch abschütteln wollten, wozu ihnen jetzt die Gelegenheit geboten schien, während das Volk, das den Adel stets gehasst hatte und in der Cäsarengewalt den besten Zügel gegen die Willkür desselben sowie seinen eigenen Rückhalt erkannte, des Claudius Erhebung zujubelte. Durfte es doch von diesem, wenn er auf den Thron gelangte, die Verhütung des Bürgerkrieges erhoffen, der ebenso wie unter Pompejus* hereinzubrechen drohte. Als nun der Senat Kunde davon erhielt, dass die Soldaten den Claudius in die Kaserne gebracht hatten, sandte er die Vornehmsten aus seiner Mitte zu ihm mit dem Ersuchen, keine Schritte zur Erlangung der Herrschaft zu unternehmen, sondern sich dem Senate zu fügen, da er doch nur einer so vielen gegenüber sei und später auch zu ihnen gehören werde. Die Fürsorge für den Staat solle er der gesetzlichen Behörde überlassen und bedenken, welches Unheil die früheren Alleinherrscher über denselben gebracht hätten und welche Gefahren er zu Gajus' Zeiten mit ihnen allen habe teilen müssen. Wenn er also über das grausame Wüten der Tyrannei entrüstet sei, das andere sich hätten zuschulden kommen lassen, so möge er selbst sich eines solchen Verbrechens gegen das Vaterland enthalten. Wolle er sich nun dem Senat fügen und sich mit der ehrenvollen Ruhe seines früheren Lebens bescheiden, so werde er von seinen freien Mitbürgern mit Ehrenbezeugungen überhäuft werden und sich den Ruhm eines wahrhaft edlen Mannes erwerben, der innerhalb der gesetzlichen Schranken ebenso zu herrschen wie zu dienen bereit sei. Wenn er sich dagegen nicht raten lassen wolle und durch Gajus' Ende noch nicht klug geworden sei, so würden sie schon Mittel wissen, da sie einen bedeutenden Teil des Heeres auf ihrer Seite sowie Waffen in Menge zur Verfügung, auch keinen Mangel an Sklaven hätten, die sie entsprechend verwenden könnten. Vornehmlich aber beruhe ihre Hoffnung darauf, dass das Geschick und die Götter nur den unterstützten, der für Recht und Billigkeit streite, und solche Männer seien die, welche für des Vaterlandes Freiheit den Kampf nicht scheuten. 4. Mit diesen Worten wandten sich die Abgeordneten des Senates, die Volkstribunen Veranius und Brocchus, an Claudius und baten ihn kniefällig, er möge über die Stadt nicht das Elend des Krieges heraufbeschwören. Als sie aber die gewaltige Menge der Soldaten sahen, die ihn umringten * 49-46 v. ehr.
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und gegen die das Heer der Konsuln kaum in Betracht kommen konnte, fügten sie die weitere Bitte hinzu, er möge, wenn er durchaus nach der Cäsarenwürde verlange, sich dieselbe wenigstens vom Senat übertragen lassen. Denn mit umso größerem Glück werde seine Regierung gekrönt sein, wenn er mit Zustimmung des Senates die Zügel derselben ergreife.
VIERTES KAPITEL Eintreten Agrippas zugunsten des Claudius. Claudius erlangt endgültig die Herrschaft und lässt die Mörder des Gajus hinrichten. 236
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l. Claudius, der wohl wusste, mit welcher Zuversicht man diese Boten gesandt hatte, ließ sich durch ihre Worte für den Augenblick zu milderem Verhalten bewegen. Von Furcht war indes keine Spur mehr bei ihm vorhanden, teils weil die Entschlossenheit seiner Soldaten ihn ermutigte, teils weil der König Agrippa ihn aufforderte, die gewaltige ihm übertragene Macht nicht aus den Händen zu lassen. Übrigens hatte Agrippa auch dem Gajus alle Liebesdienste erwiesen, die man einem teuren Verstorbenen zu erzeigen pflegt: Er hatte den Körper des Entseelten aufgehoben, ihn auf ein Ruhebett gelegt und, nachdem er die Leiche so gut wie möglich bedeckt hatte, sich zur Leibwache begeben mit der Nachricht, Gajus lebe noch, sei aber von seinen Wunden erschöpft und bedürfe dringend ärztlicher Behandlung. Als er nun hörte, Claudius sei von den Soldaten entführt worden, eilte er sogleich zu ihm und langte in dem Augenblick bei ihm an, als er in seiner Verwirrung schon geneigt war, dem Senat nachzugeben. Er sprach ihm sodann Mut ein, forderte ihn auf, die Herrschaft fest zu behaupten, und begab sich hierauf wieder zurück. Als er nun in den Senat beschieden wurde, erschien er dort mit gesalbtem Haar, als käme er von einem Trinkgelage, und fragte die Senatoren, was Claudius mache. Diese sagten ihm, wie die Sachen ständen, und befragten ihn alsdann um seine Ansicht über die zweckmäßigste Regierungsform. Agrippa entgegnete, was ihn betreffe, so sei er bereit, für das Ansehen des Senates sein Leben zu opfern. Doch rate er, einzig das Nützliche zu erwägen und von vorgefassten Meinungen abzusehen. Wenn sie die Macht behaupten wollten, so bedürften sie Waffen und Soldaten, um allen Möglichkeiten die Spitze bieten zu können. Als ihm nun erwidert wurde, der Senat besitze Waffen in Menge und Geld sei leicht zu be-
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schaffen, außerdem aber habe man nicht nur bereits eine beträchtliche Streitmacht, sondern könne dieselbe auch leicht durch Freilassung der Sklaven vermehren, wandte Agrippa Folgendes ein: »Ich will euch zwar den besten Erfolg wünschen, doch kann ich euch, da es sich um euer eigenes Wohlergehen handelt, meine Meinung nicht vorenthalten. Bedenkt wohl, dass sich auf Claudius' Seite die altgedienten Soldaten befinden, die in der Führung der Waffen höchst erfahren sind, dass dagegen mit unserer Macht, die aus hergelaufenen Fremdlingen und unerwartet freigelassenen Sklaven besteht, nicht viel zu erreichen sein wird. Gegen kriegs erfahrene und abgehärtete Soldaten können wir doch keine Rekruten ins Treffen führen, die kaum das Schwert zu ziehen verstehen! Es scheint mir daher am geratensten, bei Claudius durch gütliche Überredung dahin zu wirken, dass er auf den Thron verzichte, und ich selbst erkläre mich bereit, die Botschaft zu übernehmen.« 2. Diese Worte fanden den Beifall des Senates, und so wurde Agrippa mit noch einigen anderen zu Claudius geschickt. Dort angekommen, teilte er diesem heimlich die Verlegenheit des Senates mit und riet ihm, bei Erteilung der Antwort eine der Größe seiner Macht entsprechende Würde zu zeigen. Claudius entgegnete daher, er wundere sich nicht im Mindesten, wenn der Senat keinen Herrscher über sich anerkennen wolle, da er durch die Grausamkeit der früheren Machthaber so viel zu leiden gehabt habe. Jetzt dagegen sollten die Senatoren eine mildere Behandlung erfahren, weil er sich selbst nur den Titel des Herrschers vorbehalten, in der Tat aber die Herrschaft mit allen teilen wolle. Da er nun vor ihren Augen schon so viel und so mancherlei getan habe, könne er gewiss auf ihr volles Vertrauen Anspruch machen. Mit diesem Bescheid wurden die Abgeordneten entlassen. Claudius wandte sich hierauf an das um ihn versammelte Heer und verpflichtete es durch den Soldateneid zur Treue. Dann ließ er der Leibwache Mann für Mann fünftausend Drachmen austeilen, gab den Hauptleuten ein ihrem Range entsprechendes größeres Geschenk und versprach den übrigen Heeresabteilungen, wo sie auch stehen möchten, dieselbe Spende. 3. Die Konsuln aber beriefen noch in tiefer Nacht den Senat in den Tempel des siegverleihenden Jupiter. Einige der Senatoren nun verbargen sich in der Stadt, weil ihnen bei der Nachricht von Claudius' Antwort der Mut entsank. Andere begaben sich auf ihre Landgüter, weil sie in Voraussicht dessen, was kommen werde, an der Freiheit verzweifelten und es für besser hielten, in gefahrloser Unterwürfigkeit ein ruhiges und untätiges Leben zu führen, als im Besitz der früheren Macht für das eigene Leben fürchten zu
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müssen. Gleichwohl kamen noch mehr als hundert Senatoren zusammen. Wahrend aber die Versammelten über das einzuschlagende Verfahren berieten, erhoben plötzlich die zu ihnen haltenden Soldaten ein lautes Geschrei und forderten, der Senat solle einen kriegserfahrenen Mann zum Cäsar wählen. Durch die Herrschaft so vieler Männer dürfe der Staat nicht zugrunde gehen, und sie seien durchaus dafür, dass die Regierung nicht dem Senat, sondern einem Alleinherrscher übertragen werde. Zu bestimmen aber, wer dieser Ehre würdig sei, komme nur ihnen, den Soldaten, zu. Nun wurde die Lage des Senates eine noch viel schwierigere, weil er an der gerühmten Freiheit verzweifeln musste und dazu noch vor Claudius gewaltige Furcht hatte. Es fehlte indessen nicht an solchen, die wegen ihrer vornehmen Herkunft oder Verwandtschaft selbst nach der Krone trachteten. Dazu gehörte auch Marcus Minucianus, der, weil er von altem Adel und mit Gajus' Schwester Julia* verheiratet war, auf den Thron Anspruch erhob. Jedoch brachten die Konsuln gegen seine Erhebung einen Vorwand nach dem anderen vor. Den Valerius Asiaticus aber hielt der andere Minucianus, der zu den Mördern des Gajus gehörte, von einem solchen Gedanken ab. Dass es ein ungeheures Blutbad gegeben hätte, wenn 'denen, die auf den Thron Anspruch machten, gestattet worden wäre, sich mit Claudius zu messen, steht außer allem Zweifel. Es strömten nämlich sowohl die Gladiatoren in bedeutender Anzahl, als auch die Soldaten der Nachtwache und die Schiffsruderer kampfbereit in die Kaserne, sodass von den Thronbewerbern die einen, um die Stadt zu schonen, die anderen, um sich selbst zu sichern, von ihrem Vorhaben Abstand nahmen. 4. Kaum graute der Tag, als Chaerea mit seinen Genossen sich in den Senat begab, um eine Ansprache an die Soldaten zu halten. Da diese aber sahen, dass er mit der Hand Stillschweigen gebot und anfangen wollte zu sprechen, verursachten sie ein lautes Getöse und ließen niemand zu Wort kommen, weil sie alle nur einen einzigen Herrscher haben wollten. Mit Ungestüm forderten sie dann einen Cäsar, weil sie des Wartens überdrüssig seien. Der Senat aber wusste nicht ein noch aus: Die Soldaten mochten seine Autorität nicht anerkennen, während die Mörder des Gajus nicht zugeben wollten, dass man sich der Anmaßung der Soldaten willfahrig zeige. Bei dieser Lage der Dinge konnte Chaerea seinen Unwillen über das Verlangen der Soldaten nach einem Cäsar nicht verhehlen und versprach, ihnen einen Herrscher zu geben, wenn ihm jemand ein Zeichen von Eutychus * Suetonius nennt sie Livilla (Claudius 1).
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bringe. Dieser Eutychus war der Wagenlenker der so genannten lauchgrünen Partei*, der treueste Diener des Gajus, der beim Bau von dessen Pferdeställen die Soldaten geschunden hatte, indem er sie zu den niedrigsten Arbeiten anhielt. Dies und anderes derart warf Chaerea ihnen jetzt vor und drohte, er werde ihnen noch den Kopf des Claudius bringen. Es sei ja erbärmlich, sagte er, dass sie statt eines Wahnsinnigen jetzt einen Narren zum Herrscher machen wollten. Die Soldaten aber achteten nicht auf seine Worte, sondern eilten mit gezückten Schwertern und erhobenen Feldzeichen zu Claudius, um gleich den anderen ihm Treue zu schwören. So sah sich denn der Senat seiner Verteidiger beraubt; die Konsuln aber waren nicht viel mehr als bloße Privatleute. Allenthalben herrschte jetzt Bestürzung und Niedergeschlagenheit, weil niemand wusste, wie er sich vor dem Zorn des Claudius schützen solle. Einer schmähte den anderen, und schon fing die Reue an, sie zu quälen. Sabinus aber, einer von Gajus' Mördern, trat jetzt auf und erklärte, er werde sich eher selbst das Leben nehmen, als dass er des Claudius Thronbesteigung zugäbe und den Staat wieder in Knechtschaft gestürzt sähe. Dann warf er Chaerea vor, er hänge allzu sehr am Leben, wenn er, der zuerst den Anschlag gegen Gajus ersonnen habe, es noch für der Mühe wert halte, den Tod zu fürchten, da nicht einmal der eingeschlagene Weg dem Vaterland zur Freiheit verholfen habe. Chaerea entgegnete, nichts liege ihm ferner, als Furcht vor dem Tode zu hegen; doch wolle er erst die Gesinnung des Claudius zu erfahren suchen. 5. Wahrend dies im Senate vorging, strömten nach der Kaserne von allen Seiten neue Streitkräfte, um dem Claudius den Eid der Treue zu leisten. Die Soldaten aber beschuldigten besonders den einen Konsul, Quintus Pomponius, den Senat zur Einführung der Republik veranlasst zu haben, drangen deshalb mit gezückten Schwertern auf ihn ein und würden ihn sicher getötet haben, wenn Claudius sie nicht daran gehindert hätte. Dieser ließ den Konsul, nachdem er der Gefahr entronnen war, neben sich Platz nehmen. Den Senatoren aber, die mit Quintus gekommen waren, widerfuhr nicht die gleiche Ehre, sondern einigen von ihnen wurde sogar mit Schlägen der Zutritt zu Claudius verwehrt, und Aponius musste verwundet weggetragen werden, während alle übrigen Senatoren in Lebensgefahr schwebten. Da wandte sich der König Agrippa an Claudius und bat ihn, milder gegen die Senatoren zu verfahren; denn wenn ihnen etwas Schlimmes zustoße, habe * In den circensischen Spielen gab es vier nach den Farben ihrer Kleider benannte Parteien von Wettfahrern: russata, die rote, alba, die weiße, veneta, die blaue, prasina, die lauchgrüne.
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er ja niemand anders mehr, über den er herrschen könne. Claudius gab nach und berief den Senat in den Palast, wohin er selbst sich mitten durch die Stadt in einer Sänfte tragen ließ unter dem Geleite der Soldaten, welche dabei die gröbsten Ausschreitungen gegen die Bürger begingen. Von Gajus' Mördern waren auch Chaerea und Sabinus unter das Volk gegangen, obgleich es ihnen durch ein Edikt Pollios, den Claudius kurz vorher zum Befehlshaber der Leibwache ernannt hatte, verboten war, sich öffentlich zu zeigen. Als nun Claudius im Palast angelangt war, berief er seine Räte zusammen und ließ sie über das gegen Chaerea einzuschlagende Verfahren abstimmen. Thnen allen erschien zwar die Tat eine lobenswerte, den Täter aber beschuldigten sie der Untreue und glaubten die gerechte Strafe über ihn verhängen zu müssen, damit er späteren Übeltätern zum warnenden Beispiel diene. Demgemäß wurde Chaerea zum Tode geführt, und Lupus sowie viele andere Römer teilten sein Schicksal. Chaerea nun soll sein Los mit Starkmut ertragen haben, sodass er nicht einmal seine Gesichtsfarbe gewechselt und sogar dem Lupus, der in Tränen ausgebrochen sei, die heftigsten Vorwürfe gemacht habe. Als Lupus sich entkleidete und über Kälte klagte, sagte Chaerea zu ihm, er werde doch wohl nicht stärker frieren wie ein Wolf (lupus). Eine große Volksmenge folgte ihnen zum Richtplatz, und als der Zug dort angelangt war, fragte Chaerea den Soldaten, ob er schon Übung im Hinrichten besitze oder ob er zum ersten Mal jetzt Henkersdienste tue. Dann ließ er das Schwert bringen, mit dem er selbst den Gajus niedergemacht hatte: Ein einziger glücklicher Streich machte seinem Leben ein Ende; dem Lupus dagegen erging es nicht so gut, weil er aus Zaghaftigkeit den Hals nicht gehörig vorstreckte, sodass der Hieb wiederholt werden musste. 6. Wenige Tage nachher jedoch, als das Totenfest begangen wurde und jeder Römer den Manen seiner verstorbenen Angehörigen Totenopfer darbrachte, ehrte man auch Chaerea durch Opferkuchen, die man ins Feuer warf; und hierbei rief man ihn an, gnädig zu sein und über den ihm bewiesenen Undank nicht zu zürnen. So schied Chaerea aus dem Leben. Sabinus dagegen wurde von Claudius nicht bloß freigesprochen, sondern erhielt auch die Erlaubnis, sein früheres Amt weiterzuführen. Da er es aber für unrecht hielt, sein den Verschworenen gegebenes Wort zu brechen, brachte er sich selbst ums Leben, indem er sich sein Schwert bis ans Heft in den Leib rannte.
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FÜNFTES KAPITEL Claudius gibt dem Agrippa das Reich seines Großvaters zurück und eIWeitert dasselbe. Seine Erlasse zugunsten der Juden.
l. Claudius entfernte nun zunächst aus dem Heere alle Soldaten, die nicht zuverlässig waren, und erließ dann eine Verordnung, wodurch er dem Agrippa die Herrschaft, welche Gajus ihm verliehen hatte, bestätigte und ihm seine Zufriedenheit aussprach. Dazu gab er dem Könige alsdann noch ganz Judäa und Samaria, wie dessen Großvater Herodes es besessen hatte. Diese Gebiete erhielt Agrippa nach dem Rechte der Verwandtschaft. Außerdem aber teilte ihm Claudius von seinen eigenen Besitzungen noch Abila zu, das unter der Herrschaft des Lysanias gestanden hatte, und die Gebiete am Libanon. Beide gingen dann auf dem Forum ein Bündnis ein;t" Dem Antiochus, dem er sein früheres Reich abgenommen hatte, gab Claudius einen Teil von Cilicien und ganz Kommagene. Weiterhin ließ er den Alabarchen Alexander Lysimachus, an den ihn alte Freundschaftsbande knüpften und der einst der Sachwalter seiner Mutter Antonia gewesen war, wieder frei. Der Sohn Alexanders heiratete dann Agrippas Tochter Berenike. Diese. vermählte Agrippa später, als ihr Gatte Marcus, der Sohn des Alexander, gestorben war, mit seinem Bruder Herodes und erbat für Letzteren von Claudius die Herrschaft über Chalkis. 2. Um diese Zeit brach zwischen den Juden und Griechen zu Alexandria Streit aus. Nach Gajus' Tod nämlich wurden die Juden, die während seiner Regierung hart bedrückt waren und viele Unbilden von den Alexandrinern erleiden mussten, wieder zuversichtlicher, und bald griff man zu den Waffen. Claudius erteilte nun dem Statthalter von Ägypten den schriftlichen Befehl, diese Unruhen zu unterdrücken, und sandte außerdem auf Bitten der Könige Agrippa und Herodes nach Alexandria und Syrien ein Edikt folgenden Inhalts: »Tiberius Claudius Cäsar Augustus Germanicus, Pontifex maximus mit tribunicischer Gewalt, verordnet hiermit wie folgt. In Erwägung, dass die Juden, welche zu Alexandria wohnen und Alexandriner heißen, bald nach Erbauung der Stadt zugleich mit den eigentlichen Alexandrinern dorthin geschickt worden sind und von den Königen gleiches Bürgerrecht mit den Letzteren erhalten haben, wie dies aus deren Verord* 41 n.Chr.
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nun gen und Erlassen hervorgeht; sodann in Erwägung, dass bei der durch Augustus vollzogenen Einverleibung der Stadt Alexandria in unser Reich den Juden ihre Rechte nicht verkürzt, sondern von den zu verschiedenen Zeiten dorthin gesandten Statthaltern ohne jede Einwendung aufrechterhalten worden sind; in fernerer Erwägung, dass auch zu der Zeit, da Aquila Statthalter in Alexandria und der jüdische Ethnarch gestorben war, Augustus die Wahl eines neuen Ethnarchen nicht verboten und diesem bei der Huldigung gestattet hat, dass die Juden nach ihren eigenen Gebräuchen leben und der Religion ihrer Väter treu bleiben dürften; endlich in Erwägung, dass die Erhebung der Alexandriner gegen die mit ihnen zusammenwohnenden Juden noch in die Regierungszeit des Cäsars Gajus fällt, der in seinem ungeheuren Wahnsinn das jüdische Volk unterdrückte, weil es von seiner Religion nicht abfallen und ihn nicht als Gott anerkennen wollte: will ich nicht dem Unverstand des Gajus zulieb eines von den dem Volke der Juden gemachten Zugeständnissen wieder aufheben, sondern ihnen alle früheren Rechte nebst der Freiheit, nach ihrer Religion zu leben, bestätigen. Desgleichen befehle ich, dass nach Bekanntmachung dieses meines Ediktes von beiden Seiten alles vermieden werde, wodurch neue Unruhen entstehen könnten.« 3. So lautete das Edikt, das zugunsten der Juden nach Alexandria gesandt wurde. Gleichzeitig erging auch an alle übrigen Länder des Erdkreises ein Schreiben folgenden Inhalts: »Tiberius Claudius Cäsar Augustus Germanicus, Pontifex maximus mit tribunicischer Gewalt, Konsul zum zweiten Mal, verordnet wie folgt. Nachdem meine lieben Freunde Agrippa und Herodes mich inständigst gebeten haben, ich möge den im ganzen römischen Reiche lebenden Juden dieselben Rechte bewilligen, die auch den Juden in Alexandria zugestanden sind, habe ich ihren Bitten gern stattgegeben und nicht nur diesen Bittstellern zu Gefallen, sondern auch mit Rücksicht auf diejenigen, für die ich gebeten worden bin, es für gerecht gehalten, ihnen ihre Treue gegen die Römer damit zu lohnen, dass ich keine Stadt, und zwar auch keine von den griechischen Städten, der Rechte beraube, die ihnen unter dem göttlichen Augustus bestätigt worden sind. Ich erachte es vielmehr rur billig, dass die Juden in unserem gesamten Reiche ihren herkömmlichen Gebräuchen ohne alle Anfechtungen treu bleiben, und ermahne sie gleichzeitig, dass sie, mit dieser Gnade zufrieden, sich duldsam benehmen und die religiösen Gebräuche anderer Völker nicht verachten, sondern sich bei ihren eigenen Gesetzen bescheiden. Dieses Edikt soll allen Behörden in den Städten, Kolonien und Municipien sowohl inner-
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halb wie außerhalb Italiens, desgleichen allen Königen und Fürsten durch ihre eigenen Botschafter kundgegeben und außerdem innerhalb dreißig Tagen an einer Stelle, wo es bequem gelesen werden kann, angeschlagen werden.«
SECHSTES KAPITEL Welche Anordnungen Agrippa traf, als er nach Judäa zurückgekehrt war. Des Petronius Erlass an die Doriter in Betreff der Juden.
1. Durch diese Edikte, die nach Alexandria und in die ganze Welt erlassen wurden, bewies der Cäsar Claudius klar, welche Gesinnung er gegen die Juden hegte. Bald darauf entließ er Agrippa mit den glänzendsten Ehrenbezeugungen in sein Reich und gab allen Statthaltern in den Provinzen schriftlichen Befehl, ihn freundlich und zuvorkommend zu empfangen. Agrippa beschleunigte seine Heimreise nach Möglichkeit, wie sich das von einem Manne erwarten ließ, dem alles nach Wunsch gegangen war, und als er in Jerusalern anlangte, brachte er Dankopfer dar und ließ keine der gesetzlichen Vorschriften außer Acht. Aus diesem Grunde ließ er auch viele Naziräer* scheren, und die goldene Kette, welche Gajus ihm geschenkt hatte und die ebenso schwer war wie die eiserne, von der seine königlichen Hände gefesselt gewesen, ließ er als Andenken an seine frühere traurige Lage und deren spätere Wandlung zum Besseren innerhalb des Tempels über der Schatzkammer aufhängen, damit sie dort Zeugnis dafür ablege, dass die größte Macht vor dem Zusammenbruch nicht sicher ist und dass Gott den Gedemütigten wieder aufzurichten vermag. Die Weihe der Kette bewies ja zur Genüge, wie der König Agrippa um einer geringfügigen Ursache willen seinen Thron mit dem Kerker hatte vertauschen müssen und wie er bald nachher, von seinen Fesseln befreit, zu größerer Macht als früher gelangte. Daraus lässt sich die Lehre ziehen, dass die größte Macht den Menschen nicht vor dem Sturze sichern, der Gestürzte aber auch wieder zur höchsten Würde emporsteigen kann. * Asketische, gottgeweihte Personen, die ihr Haar lang wachsen ließen und denen dasselbe nach Ablauf einer bestimmten Frist vom Priester unter großer Feierlichkeit geschoren wurde.
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2. Als Agrippa nun allem, was die Ehre Gottes erheischte, nachgekommen war, entsetzte er Theophilus, den Sohn des Ananus, des hohepriesterlichen Amtes und übertrug dasselbe an Simon mit dem Beinamen Kantheras, den Sohn des Boethos. Simon hatte noch zwei Brüder und seinen Vater Boethos am Leben, dessen Tochter, wie oben erwähnt, den König Herodes geheiratet hatte. Demnach gelangten sowohl Simon als sein Vater und seine Brüder zum Hohepriestertum, gerade so, wie auch die drei Söhne von Simon, dem Sohne des Onias, unter der Herrschaft der Makedonier sämdich Hohepriester wurden, wovon ich in den früheren Büchern Erwähnung getan habe. 3. Nachdem der König so die Verhältnisse des hohepriesterlichen Amtes geordnet hatte, bewies er nach den Jerusalernern für ihre Treue und Anhänglichkeit seinen Dank und erließ ihnen, weil er sich an Edelmut von ihnen nicht übertreffen lassen wollte, die Gebäudesteuer. Den Silas aber, der an all seinen Schicksalen Anteil genommen hatte, ernannte er zum Oberhefehlshaber der gesamten Truppenmacht. - Kurze Zeit nachher stellten einige übermütige junge Leute, denen nichts heilig war, in der Judensynagoge zu Dora eine Bildsäule des Cäsars auf. Das erbitterte den Agrippa gewaltig, weil die Übeltäter damit gewissermaßen das jüdische Gesetz außer Kraft gesetzt hatten. Er begab sich deshalb unverweilt zu Publius Petronius, dem damaligen Statthalter von Syrien, und erhob gegen die schuldigen Doriter Klage. Petronius war über die Freveltat sehr unwillig, denn auch er hielt jede Verhöhnung des Gesetzes für Gotdosigkeit. Er schrieb daher im höchsten Zorn an die Doriter folgendermaßen: »Publius Petronius, Legat des Tiberius Claudius Cäsar Augustus Germanicus, tut dem Magistrate der Doriter nachstehendes zu wissen. Da einige von euch in ihrem Übermut so weit gegangen sind, dass sie trotz der Verordnung des Claudius Cäsar Augustus Germanicus, wonach den Juden die Beobachtung ihrer väterlichen Gesetze gestattet ist, sich gegen dieselbe widerspenstig gezeigt haben, indem sie die religiösen Zusammenkünfte der Juden durch Aufstellung der Bildsäule des Cäsars in der Synagoge störten, so habt ihr nicht nur gegen die Juden, sondern auch gegen den Cäsar selbst gefrevelt, dessen Standbild in seinen eigenen, nicht aber in einen fremden Tempel, am wenigsten in einen Versammlungssaal gehört. Es ist von Natur Recht und deshalb auch vom Cäsar anerkannt, dass jeder Herr in seinem Hause sei, und es wäre überflüssig, meiner eigenen diesbezüglichen Verordnung zu gedenken, nachdem das Edikt des Cäsars den Juden die Freiheit zugestanden hat, dass sie nach ihren Gebräuchen leben können und außerdem
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mit den Griechen gleiche bürgerliche Rechte genießen sollen. Da nun diejenigen, welche so die Befehle unseres erhabenen Herrn übertreten und sich dadurch sogar den Unwillen ihrer eigenen Vorgesetzten zugezogen haben, dies nicht aus persönlichem Antrieb, sondern dem Ungestüm des Volkes zu Gefallen, wie mir versichert wird, getan haben, so befehle ich, dass mir dieselben durch den Centurio Vitellius Proculus zur Verantwortung vorgeführt werden. Die Vorsteher des Magistrates aber ermahne ich, wenn sie nicht als Mitschuldige angesehen werden wollen, die Tater dem Centurio anzuzeigen und jeden Aufruhr und Lärm, dessen Erregung allein wohl der Zweck der Tat war, zu verhindern, da ich gleich meinem königlichen Freunde Agrippa nichts so sehr verhüten möchte, als dass das jüdische Volk Gelegenheit fande, sich unter dem Vorwand der Notwehr zusammenzurotten und Aufstand zu erregen. Damit ihr aber umso sicherer erkennt, was unseres erlauchten Cäsars Ansicht über diese Sache ist, füge ich in der Anlage einen auf Alexandria bezüglichen Erlass desselben bei, den mir mein lieber Freund, der König Agrippa, trotzdem er allgemein bekannt ist, in öffentlicher Verhandlung vorgelesen hat, als er auch für die Juden Anteil an des Cäsars Gnade begehrte. Für die Zukunft bestimme ich daher ausdrücklich, dass ihr jeden Anlass zu Unruhen und Streitigkeiten zu vermeiden habt und jedem die Freiheit lasst, nach seiner eigenen Überzeugung Gott zu verehren.« 4. Auf diese Weise traf Petronius Fürsorge, das Vorgefallene wieder gutzumachen und die Juden vor ähnlichen Belästigungen sicherzustellen. Agrippa aber nahm jetzt die Hohepriesterwürde dem Simon Kantheras ab und übertrug dieselbe wiederum an Jonathas, den Sohn des Ananus, den er der Ehrenstelle für würdiger hielt. Diesem schien indes die Erhebung zu solcher Würde nicht angenehm zu sein, und er lehnte sie darum mit folgenden Worten ab: »Es gereicht mir zur Freude, 0 König, dass du mich so ehrst, indem du mir aus freien Stücken eine Würde übertragen willst, die mir nach dem Willen Gottes nicht zukommt. Doch es genügt mir, einmal das heilige Gewand getragen zu haben; denn damals habe ich das Amt mit reinerem Herzen erhalten, als ich es jetzt antreten würde. wiltst du aber, dass ein Würdigerer als ich der Ehre teilhaftig werde, so lass dich belehren. Ich habe einen Bruder, der von jedem Vergehen gegen Gott wie gegen dich, 0 König, sich freigehalten hat. Diesen empfehle ich dir, weil er jener Auszeichnung würdig ist.« Diese Rede gefiel dem König, und so überging er Jonathas und verlieh das Hohepriesteramt an dessen Bruder Matthias. Nicht lange darauf folgte Marsus dem Petronius in der Verwaltung Syriens.
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SIEBENTES KAPITEL Agrippas Zorn gegen Silas. Er baut die Mauern Jerusalems wieder auf. Sein Charakter. 317
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l. Da Silas, der Oberkommandant des Heeres, dem Könige in allen Wechselfällen die Treue bewahrt und vor keiner Gefahr zurückgescheut, sondern selbst den schwierigsten Mühewaltungen sich unterzogen hatte, war er der zuversichtlichen Erwartung, seine Anhänglichkeit durch eine entsprechende Auszeichnung belohnt zu sehen. Deshalb wollte er in allen Stücken dem Könige gleich sein und benahm sich in dessen Gegenwart stets recht frei, bei vertraulichen Unterhaltungen aber geradezu lästig, indem er sich über Gebühr brüstete und dem Könige öfters sein früheres trauriges Geschick ins Gedächtnis zurückrief, um seine damalige Ergebenheit ins rechte Licht zu rücken. Ferner ward er gar nicht müde, dem Könige herzuzählen, welche Mühseligkeiten er für ihn ertragen habe. Auf die Dauer kam dieses Benehmen Agrippa fast wie Hohn vor, und die rücksichtslose Freiheit des Mannes wurde ihm immer unerträglicher. Es ist eben keine angenehme Sache, sich an unrühmliche Zeiten erinnern zu lassen, und nur ein Tor glaubt seine Verdienste immer und immer wieder hervorheben zu müssen. Silas zog sich deswegen endlich den höchsten Unwillen des Königs zu, sodass dieser seine bessere Einsicht dem Zorn opferte und den Silas nicht nur seines Befehlshaberpostens entsetzte, sondern ihn auch in Ketten nach seiner Heimat bringen ließ. Mit der Zeit indes legte sich sein Groll wieder, und wenn er vorurteilsfrei über Silas dachte, musste er anerkennen, dass derselbe ihm in der Tat große Dienste geleistet habe. Als er daher seinen Geburtstag feierte, den alle seine Untertanen mit fröhlichen Gelagen begingen, ließ er auch den Silas unverzüglich rufen, damit er an seiner Tafel speise. Dieser aber glaubte gerechte Ursache zum Groll zu haben und machte daraus in seinem Freimut auch vor den Abgesandten des Königs kein Hehl, sondern sprach zu ihnen: »Was ist das für eine Ehre, zu welcher der König mich jetzt beruft, u~ sie mir im nächsten Augenblick wieder abzunehmen? Denn auch die früheren Beweise seines Wohlwollens sind nicht von Dauer gewesen, sondern mir in schmachvoller Weise wieder entzogen worden. Glaubt Agrippa denn, ich habe meine freie Art zu reden, drangegeben? Nein, ich will vielmehr, da ich mir keiner Schuld bewusst bin, nur um so lauter kundtun, aus wie vielen Übeln ich ihn befreit und welche Mühen
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ich für sein Wohlergehen und seine Ehre auf mich genommen habe. Und doch hat er mir dafür keinen anderen Dank gewusst als Ketten und Kerker. Das werde ich nie vergessen, und selbst in meiner Todesstunde wird das_ Bewusstsein, recht gehandelt zu haben, mir noch ein süßer 'frost sein.« Diesen Bescheid hieß er dem Könige überbringen. Agrippa aber erkannte daran, dass er unversöhnlichen Gemütes sei, und ließ ihn in Gewahrsam. 2. Darauf ließ der König die der Neustadt* zugekehrten Mauern Jerusalems auf Staatskosten neu aufrichten, und zwar sowohl breiter als höher denn vorher. Er hätte sie auch tatsächlich so stark gemacht, dass sie jedem feindlichen Anprall getrotzt haben würden, wenn nicht der syrische Statthalter Marcus dem Cäsar Claudius das Unternehmen des Königs schriftlich angezeigt hätte. Weil nun Claudius der Sache nicht recht traute, befahl er dem Agrippa, unverzüglich vom Bau der Mauer Abstand zu nehmen, und dieser hielt es für das Geratenste, sich zu fügen. 3. Der König war von Natur höchst freigebig und wohltätig und suchte sich die Liebe seiner Untertanen durch reiche Geschenke zu erwerben. Seinen Ruhm fand er in großen Aufwendungen, und indem er im Geben glücklich war, stach er von seinem Vorgänger Herodes sehr ab. Denn dieser war grausam, unversöhnlich, kannte in seinem Hasse gar kein Maß und gestand offen, dass er größere Vorliebe für die Griechen wie für die Juden hege. Und während er fremde Städte mit verschwenderischer Pracht ausstattete, in der einen Bäder und Theater, in der anderen Tempel und Säulenhallen einrichtete, bedachte er keine einzige jüdische Stadt auch nur mit dem geringsten Schmuck oder einem nennenswerten Geschenk. Agrippa dagegen war leutselig und gegen alle gleich wohltätig. Freundlich gegen die Ausländer, die über seine Freigebigkeit nicht zu klagen hatten, vergaß er doch auch nicht, seine Untertanen durch umso größere Teilnahme zu entschädigen. Desgleichen wohnte er gern und andauernd in Jerusalem, beob achtete die Satzungen seiner vaterländischen Religion gewissenhaft und war von höchster Sittenreinheit, wie er auch keinen Tag ohne Darbringung der gesetzlichen Opfer vorübergehen ließ. 4. Dennoch wagte, als Agrippa einst nach Caesarea gereist war, ein gewisser Simon aus Jerusalem, der im Rufe eines Gesetzeskundigen stand, das Volk zu versammeln und den König zu beschuldigen, er sei nicht gottesfürchtig und des Zutritts zum Tempel, der nur eingeborenen Juden offen stehe, gar nicht wert. Von dieser Rede Simons gab der Stadtkommandant * Dem Stadtteil Bezetha.
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dem Könige sogleich briefliche Nachricht. Dieser ließ den Simon zu sich kommen, hieß ihn im Theater, wo er sich gerade befand, an seiner Seite Platz nehmen und fragte ihn mild und gütig: »Sage mir doch, ob hier etwas gegen die Gesetze geschieht?« Simon wusste darauf nichts zu entgegnen und bat um Verzeihung. Nun war er mit Agrippa eher, als jemand erwarten konnte, wieder ausgesöhnt, weil dieser der Meinung war, dass einem Könige Sanftmut mehr zieme als Zorn, und dass überhaupt hoch stehenden Männern Milde besser anstehe als Heftigkeit. Er ließ daher den Simon wieder heimkehren und beschenkte ihn noch obendrein reichlich. 5. Nachdem Agrippa nun schon viele Bauwerke errichtet hatte, bedachte er Berytus damit besonders freigebig. Hier ließ er nämlich ein Theater aufführen, das an Pracht und Schönheit die anderen weit überragte, sowie ein herrliches Amphitheater und dazu Bäder und Säulenhallen, bei denen der prächtigen Ausstattung zuliebe keine Kosten gespart wurden. Zur würdigen Einweihung dieser Bauwerke entfaltete er den glänzendsten Pomp. Im Theater wurden Schaustücke aufgeführt, Wettkämpfe aller Art ausgefochten und jede erdenkliche Belustigung geboten. Im Amphitheater bewies der König den zahlreichen Gladiatoren seine Freigebigkeit, und um auch das Schauspiel eines Massenkampfes vorführen zu können, ließ er zwei Kohorten von je siebenhundert Mann si~h gegenseitig angreifen. Zu diesem Kampfe waren alle Verbrecher, die es nur gab, zur Strafe aufgeboten worden, und während so der Krieg dem Frieden zur Zierde dienen musste, waren die Übeltäter mit einem Schlage aus der Welt geschafft.
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1. Nachdem diese Feierlichkeiten in Berytus zu Ende waren, begab sich Agrippa nach Tiberias in Galiläa. Die benachbarten Könige, bei denen er in hohem Ansehen stand, fanden sich bei ihm zum Besuche ein, nämlich Antiochus von Kommagene, Sampsigeram von Emesa, Kotys von Kleinarmenien, Polemon von Pontus und Herodes von Chalkis, sein eigener Bruder. Sie alle nahm er gastfreundlich und zuvorkommend auf und bewies ihnen seine wahrhaft edle Gesinnung, die ihm auch die Ehre der königlichen Besuche verschafft hatte. Noch während der Anwesenheit dieser Gäste er-
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schien auch der syrische Statthalter Marsus bei ihm, und um den Römern die gebührende Ehre zu erweisen, zog Agrippa ihm sieben Stadien weit aus der Stadt entgegen. Das aber gab Anlass zu Streit zwischen ihm und Marsus. Agrippa hatte nämlich die anderen Könige in seinem Wagen mitgebracht, und Marsus kam diese Vertraulichkeit verdächtig vor, da er ein Einverständnis so vieler mächtigen Fürsten nicht im Interesse der Römer liegend erachtete. Alsbald sandte er daher einige seiner vertrauten Freunde zu den einzelnen Königen und ließ ihnen anbefehlen, ungesäumt in ihre Heimat zurückzukehren. Darüber ärgerte sich Agrippa gewaltig und lebte von der Zeit an mit Marsus in schlechtem Einvernehmen. Übrigens nahm er um diese Zeit dem Matthias die Hohepriesterwürde und übertrug sie an Elionaeus, den Sohn des Kantheras. 2. Schon war das dritte Jahr verflossen, seit Agrippa die Herrschaft über ganz Judäa ausübte, als er sich nach Caesarea, dem ehemaligen Stratonsturm, begab. Dort gab er zu Ehren des Cäsars Schauspiele, weil ihm bekannt war, dass eben Festtage für dessen Wohlergehen gefeiert wurden. Zu diesen Festlichkeiten strömte eine große Zahl angesehener und mächtiger Juden aus der ganzen Provinz zusammen. Am zweiten Tage begab sich Agrippa schon frühmorgens in einem Gewande, das mit wunderbarer Kunstfertigkeit ganz aus Silber gewirkt war, zum Theater. Hier nun leuchtete das Silber, das von den ersten Strahlen der Sonne getroffen wurde, in schimmerndem Glanze auf und blendete das Auge derart, dass man erschauernd sich abwenden musste. Alsbald riefen seine Schmeichler ihm von allen Seiten zu, nannten ihn Gott und sprachen: »Sei uns gnädig! Haben wir dich bisher nur als Mensch geachtet, so wollen wir in Zukunft ein überirdisches Wesen in dir verehren.« Der König machte ihnen daraus keinen Vorwurf und wies ihre gotteslästerischen Schmeicheleien nicht zurück. Als er aber gleich darauf den Blick nach oben wandte, sah er über seinem Haupte auf einem Strick einen Uhu sitzen und erkannte darin sogleich den Unglücksboten, der ihm, wie früher sein Glück, so jetzt seinen nahen Tod anzeigte*, weshalb er bitteren Gram empfand. Bald stellten sich auch heftige Schmerzen in seinem Leibe ein, die ihn gleich vom Beginn der Krankheit an in unerhörter Weise folterten. Da richtete er den Blick auf seine Freunde und sprach zu ihnen: »Seht, euer Gott muss jetzt das Leben lassen, und das Schicksal macht eure gleißnerischen Worte zuschanden. Unsterblich nanntet ihr mich, und doch streckt der Tod schon seine Arme nach mir aus. Aber * Vergi. XVIII, 6, 7.
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ich muss mein Geschick tragen, wie Gott es will. Habe ich doch nicht in kümmerlichen Verhältnissen, sondern im höchsten Glanze gelebt« Noch während er diese Worte sprach, mehrten sich seine Qualen in hohem Grade. Er wurde daher schnell in seinen Palast gebracht, und bald verbreitete sich allenthalben das Gerücht, der König liege im Sterben. Sogleich warf sich das gesamte Volk mit Weibern und Kindern nach väterlicher Sitte aufTeppiche nieder, um für die Genesung des Königs zu Gott zu flehen, und überall erhob sich Jammer und Wehklage. Der König, der sich in einem hochgelegenen Zimmer befand und von da aus sehen konnte, wie das Volk am Boden lag, vermochte sich auch seinerseits der Tränen nicht zu erwehren. Noch fünf Tage lang ertrug er die Qual in seinen Eingeweiden, bis ihn dann endlich der Tod erlöste. Er starb im vierundfünfzigsten Jahre seines Lebens und im siebenten seiner Regierung. Vier Jahre hatte er unter dem Cäsar Gajus regiert und zwar drei Jahre lang nur die Tetrarchie des Philippus, im vierten aber auch noch die des Herodes. Die drei übrigen Jahre seiner Regierung fielen in die Zeit des Cäsars Claudius, und in diesen beherrschte er außer den genannten Gebieten auch noch Judäa, Samaria und Caesarea. Er bezog aus seinem Reiche die denkbar größten Einkünfte, nämlich zwölf Millionen Drachmen; gleichwohl musste er noch viele Anleihen machen. Da er nämlich außerordentlich freigebig war, konnten seine Einkünfte die Ausgaben nicht decken, und Sparsamkeit war ihm gänzlich fremd. 3. Noch war sein Ableben dem Volke nicht bekannt geworden, als Herodes, der Beherrscher von Chalkis, und der Statthalter Helkias, des Königs Freund, nach gemeinsam gefasstem Beschluss seinen ergebensten Diener Ariston aussandten und den ihnen verhassten Silas umbringen ließen, als wenn der König dies befohlen hätte.
NEUNTES KAPITEL Begebenheiten nach Agrippas Tod. Claudius sendet den Cuspius Fadus als Landpfleger nach Judäa. 354
1. So war denn Agrippa aus dem Leben geschieden. Er hinterließ einen siebzehnjährigen Sohn Agrippa und drei Tochter, von denen die sechzehn Jahre alte Berenike mit ihrem Oheim Herodes vermählt war. Die beiden anderen waren noch jung, nämlich erst zehn beziehungsweise sechs Jahre
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alt. Doch waren sie schon von ihrem Vater verlobt worden, und zwar die ältere, Mariamne, mit Julius Archelaus, dem Sohne des Helkias, die jüngere, Drusilla, mit Epiphanes, dem Sohne des Kommagenerkönigs Antiochus. Als nun der Tod Agrippas bekannt wurde, hatten die Bewohner von Caesarea und Sebaste seine Wohltaten bald vergessen und benahmen sich wie seine schlimmsten Feinde. Denn sie überhäuften den Verstorbenen mit Schmähungen, die sich nicht wiedergeben lassen, und die gerade unter den Waffen stehenden Bürger drangen in sein Haus, raubten die Bilder seiner Töchter, brachten sie in geschlossenem Zug in Bordelle und stellten sie dort auf den Dächern auf, wo sie dieselben in unsäglicher Weise verspotteten. Ja, auf den öffentlichen Plätzen hielten sie mit bekränztem Haupt und von Salben duftend große Gelage, wobei sie dem Charon* opferten und sich einander vor Freude über des Königs Tod zutranken. So undankbar benahmen sie sich nicht nur gegen Agrippa, dessen Freigebigkeit sie so reich bedacht hatte, sondern auch gegen seinen Großvater Herodes, von dem ihnen Städte erbaut, Häfen angelegt und auf eigene Kosten prachtvolle Tempel errichtet worden waren. 2. Des Verstorbenen Sohn Agrippa befand sich damals in Rom, wo er am Hofe des Cäsars Claudius erzogen wurde. Als der Cäsar nun erfuhr, dass Agrippa aus dem Leben geschieden sei, und dass die Bewohner von Caesarea und Sebaste sich so schmachvoll gegen ihn benommen hätten, war seine !rauer über Agrippa nicht minder groß wie sein Zorn gegen die Undankbaren. Er beschloss deshalb, sogleich den jüngeren Agrippa als Nachfolger seines Vaters heimzuschicken, und wollte damit ein früheres eidliches Versprechen bestätigen. Doch rieten ihm seine Freigelassenen und Freunde, welche großen Einfluss auf ihn hatten, davon ab und stellten ihm vor, wie gefährlich es sei, einem jungem, dem Knabenalter noch nicht entwachsenen Menschen ein so großes Reich anzuvertrauen, dessen Verwaltung er durchaus nicht leiten könne und das selbst eines rüstigen Mannes ganze Tätigkeit in Anspruch nehme. Diese Gründe leuchteten dem Cäsar ein, und er ernannte deshalb den Cuspius Fadus zum Landpfleger über Judäa und das ganze Reich**, womit er zugleich den Verstorbenen ehrte, indem er von der Ernennung des Marsus, der mit Agrippa verfeindet gewesen war, absah. Fadus erhielt zunächst den Auftrag, die Bewohner von Caesarea und Sebaste wegen der dem Andenken Agrippas zugefügten Schmähungen und * Dem Fährmann der Unterwelt. ** 44 n.ehr.
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der gegen seine Tochter verübten Beleidigungen zu züchtigen, die aus Bürgern von Caesarea und Sebaste bestehende 'fruppe nebst fünf Kohorten zum Kriegsdienst nach Pontus zu schicken und aus den in Syrien stehenden römischen Legionen ebenso viele Mannschaften auszuwählen, um die Abkommandierten zu ersetzen. Es kam jedoch nicht zum Ausmarsch, weil die Schuldigen eine Gesandtschaft an Claudius schickten und ihn zu bewegen wussten, dass er ihnen gestattete, in Judäa zu bleiben. Hier bereiteten sie in der Folgezeit den Juden schweres Unheil, indem sie zu dem Kriege, der unter Florus ausbrach, den Anstoß gaben. Als daher Vespasianus, wie ich später erzählen werde, Judäa erobert hatte, entfernte er sie aus der Provinz.
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ERSTES KAPITEL Streit der Bewohner von Philadelphia mit den Juden. Gesandtschaft nach Rom betreffs des hohepriesterlichen Gewandes.
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1. Als der König Agrippa, wie ich im vorigen Buch erzählte, aus dem Leben geschieden war, ernannte der Cäsar Claudius den Cassius Longinus zum Nachfolger des Marsus und ehrte damit das Andenken des Königs, der ihn während seines Lebens öfters schriftlich gebeten hatte, er möge den Marsus nicht mehr als Statthalter in Syrien belassen. Bei seiner Ankunft in Judäa nun traf Fadus die jüdischen Bewohner von Peräa in hellem Streit mit den Bürgern Philadelphias wegen der Grenzen eines Bezirkes, der Mia hieß und den jetzt das Getümmel des Krieges erfüllte. Das gemeine Volk in Peräa nämlich hatte ohne Vorwissen der Angesehenen des Landes zu den Waffen gegriffen und viele Bewohner Philadelphias niedergemacht. Als Fadus davon Kunde erhielt, geriet er in Zorn, weil die Juden, wenn sie sich von den Bewohnern Philadelphias benachteiligt geglaubt, ihm die Entscheidung anheim geben und nicht ohne weiteres zu den Waffen hätten greifen dürfen. Er ließ deshalb die drei Vornehmsten von ihnen, die auch den ganzen Streit angezettelt hatten, in Fesseln legen und den einen, der Annibas hieß, hinrichten; die beiden anderen aber, Amaram und Eleazar, verwies er des Landes. Nicht lange nachher wurde auch der Räuberhauptmann Tholomaeus, der den Idumäern und Arabern beträchtlichen Schaden zugefügt hatte, gefesselt ihm vorgeführt und mit dem Tode bestraft, und bald war durch seine Energie ganz Judäa von den Räuberhorden befreit. Darauf beschied er, wie der Cäsar ihm befohlen hatte, die Priester und Vornehmen von Jerusalem zu sich und forderte sie auf, das lange Unterkleid und die übrigen heiligen Gewandstücke, welche nur der Hohepriester anlegen durfte, wieder nach der Burg Antonia zu bringen, damit sie wie früher der Obhut der Römer unterstünden. Diesem Ansinnen wagten die Versammelten nicht zu widersprechen, richteten aber an Fadus und Longinus, von denen der Letztere in der Befürchtung, jenes Verlangen möchte das Volk zum Aufruhr treiben, mit großer TI-uppenmacht nach Jerusalem gekommen
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war, die Bitte, ihnen zunächst die Abordnung einer Gesandtschaft an den Cäsar wegen Überlassung der heiligen Gewänder zu gestatten und sich noch so lange zu gedulden, bis sie von Claudius Antwort erhalten hätten. Die beiden entgegneten, sie hätten gegen die Gesandtschaft nichts einzu- 8 wenden, doch müssten die Bittsteller ihre Kinder als Geiseln stellen. Dazu verstanden sich die Juden gern, und so machten sich die Gesandten auf den Weg. Als sie in Rom angelangt waren, bat der jüngere Agrippa, der Sohn des 9 verstorbenen Königs, der, wie erwähnt, am Hofe des Cäsars lebte, den Letzteren, er möge den Wunsch der Juden betreffs der heiligen Gewänder erfüllen und den Fadus mit entsprechender Weisung versehen. 2. Daraufhin ließ Claudius die Gesandten zu sich kommen und erklärte 10 ihnen, er wolle dem Gesuch stattgeben. Zu danken hätten sie dies aber nur Agrippa, auf dessen Verwendung er also handle. Außer dieser Antwort erhielten sie noch einen Brief folgenden Inhalts: »Claudius Cäsar Germanicus, 11 zum fünften Mal Tribun, zum vierten Mal Konsul, zum zehnten Mal Imperator, Vater des Vaterlandes, an den Magistrat, den hohen Rat und die Bürgerschaft zu Jerusalem und an das gesamte Volk der Juden. Da mein lieber 12 Freund Agrippa, der bei mir seine Bildung genoss und stets in meiner Nähe weilte, eure Gesandten, die mir für meine Sorge um euer Volk dankten und mich inständigst baten, das heilige Gewand und den Turban des Hohepriesters zu eurer Verfügung zu lassen, bei mir eingeführt hat, so gestatte ich hiermit, dass es bei der Anordnung des edlen und mir sehr werten Vitellius sein Bewenden habe. Diesem eurem Verlangen gebe ich nach, weil vor allem 13 mein eigenes Gewissen mich dazu treibt und weil ich will, dass alle meine Untertanen die Gottheit nach ihren althergebrachten Satzungen verehren, sodann aber auch, weil ich überzeugt bin, dass ich damit dem Könige Herodes selbst und dem jungen Aristobulus, von deren Ergebenheit gegen mich und Wohlwollen gegen euch ich Beweise habe und denen ich um ihres Edelsinnes und ihrer Liebenswürdigkeit willen besonders zugetan bin, einen Gefallen erzeige. Den Landpfleger Cuspius Fadus habe ich hiervon bereits' 14 in Kenntnis gesetzt. Die Namen der Überbringer dieses Schreibens sind: Cornelius, Sohn des Keron, Tryphon, Sohn des Theudion, Dorotheus, Sohn des Nathanael, und Joannes, Sohn des Joannes. Gegeben am achtundzwanzigsten Juni unter dem Konsulat des Rufus und des Pompejus Silvanus.« 3. Nun aber erbat sich Herodes, der Bruder des verstorbenen Agrippa 15 und damalige Beherrscher von Chalkis, vom Cäsar Claudius das Verfügungsrecht über den Tempel und die heiligen Gelder sowie die Vollmacht, die Hohepriester zu ernennen. Das alles wurde ihm denn auch vom Cäsar 16
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zugestanden, sodass bis zum Ende des Jüdischen Krieges seinen sämtlichen Nachkommen diese Befugnisse verblieben. Demzufolge entsetzte Herodes den Hohepriester mit dem Beinamen Kantheras seines Amtes und übertrug dasselbe an Joseph, den Sohn des Kamus.
ZWEITES KAPITEL Wie Helena, die Königin von Adiabene, und ihr Sohn Izates zur jüdischen Religion übertraten und wie Erstere zur Zeit einer Hungersnot den Bewohnern von lerusalem beistand. 17 18
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1. Um diese Zeit traten die Königin Helena von Adiabene und ihr Sohn Izates zum Judentum über*, und zwar aus folgender Veranlassung. Monobazus, der König der Adiabener, der den Beinamen Bazaeus führte, verliebte sich in Helenas Schwester und heiratete sie. Es dauerte auch nicht lange, so wurde sie schwanger von ihm. Als er nun einst an ihrer Seite schlief und seine Hand auf ihren Leib legte, glaubte er im Schlaf eine Stimme zu hören, die ihm gebot, die Hand zurückzuziehen, damit er nicht das Kind im Mutterleibe beschädige, das durch Gottes Vorsehung ins Leben gerufen worden sei und einem glücklichen Dasein entgegengehe. Durch diese Stimme erschreckt, wachte er auf und erzählte seiner Gattin, was er gehört habe. Als nun das Kind, ein Sohn, zur Welt kam, gab er ihm den Namen Izates. Bereits hatte er aber von Helena einen älteren Sohn Monobazus und außerdem auch noch Söhne von anderen Gattinnen. Dennoch erwies er dem Izates eine viel größere Liebe, gleich als hätte er nur den einen Sohn. Daher kam es, dass der Knabe von allen seinen Stiefbrüdern beneidet wurde, und der Neid wuchs schließlich zu offenem Hasse an, weil alle sich durch die Bevorzugung des Izates gekränkt fühlten. Obgleich nun dem Könige dieser Hass nicht entging, verzieh er ihnen doch ihre gereizte Stimmung, weil sie offenbar nicht aus Bosheit sich so benahmen, sondern alle in gleicher Weise auf ihres Vaters Liebe Anspruch machten. Da er aber sehr besorgt war, Izates möchte unter dem Hasse seiner Brüder zu leiden haben, schickte er denselben mit reichen Geschenken zu Abennerig, dem Könige von Charax Spasi* Vgl. hierzu den Jerusalemitischen Talmud, Sukka 1 und Nazir 3, 6, sowie das Erbauungsbuch Midrasch Bereschit Rabba.
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ni*, dem er das Heil seines Kindes anvertraute. Abennerig nahm den jungen Mann freundlich auf, eIWies ihm ganz besonderes Wohlwollen, gab ihm seine Tochter Symacho zur Ehe und schenkte ihm eine Provinz, die ihm reiche Einkünfte brachte. 2. Als Monobazus nun zu hohem Alter gelangt war und das Ende seines Lebens herannahen fühlte, wünschte er vor seinem Tode noch einmal seinen Sohn zu sehen. Er beschied ihn deshalb zu sich, nahm ihn mit herzlicher Liebe auf und schenkte ihm die Landschaft Karrae. Diese Gegend ist besonders ergiebig an Amomum**, und es befinden sich dort auch noch die Überreste der Arche, in welcher Noe der Sintflut entkommen sein soll.*** Jedem, der sie sehen will, werden die 'llümmer noch bis auf den heutigen Tag gezeigt. fu dieser Landschaft also hielt sich Izates auf, bis sein Vater das Zeitliche gesegnet hatte. An dem nämlichen Tage nun, da Monobazus starb, versammelte die Königin Helena alle Großen, Satrapen und Heerführer des Reiches, und als dieselben sich eingefunden hatten, sprach sie zu ihnen: »Es ist euch, wie ich glaube, wohl bekannt, dass mein Gatte den Izates zu seinem Nachfolger gewünscht und ihn dieser Ehre würdig erachtet hat. Indes will ich auch eure Ansicht darüber hören. Denn glücklich ist derjenige, der nicht von einem einzigen, sondern von vielen und zwar mit ihrer vollen Einwilligung die Herrschaft erhält.« Das sagte sie, um die Stimmung der Versammelten zu erforschen. Als diese nun die Worte vernahmen, fielen sie zunächst nach Landessitte vor ihrer Königin nieder und erklärten dann, sie müssten dem Wunsche des Königs durchaus beipflichten und würden Izates, dem der Vater mit Recht und im Sinne aller Untertanen den Vorzug vor seinen Brüdern gegeben, mit Freuden als ihren Herrn anerkennen. Obendrein versicherten sie auch noch, sie wollten des Izates Brüder und seine sonstigen VeIWandten umbringen, damit er in Sicherheit regieren könne. Denn wenn man diese aus dem Wege geräumt habe, sei auch alle Furcht beseitigt, die ihm ihr Hass und Neid einflößen würde. Helena sprach ihnen darauf für die freundliche Gesinnung gegen sie und Izates ihren Dank aus, beschwor sie aber zugleich, ihren Plan wegen der Tötung seiner Brüder zu verschieben, bis Izates käme und ihn billigte. Da nun die Versammelten mit ihrer Ansicht nicht durchzudringen vermochten, rieten sie dei- Königin, um ihrer eigenen Sicherheit willen die Brüder * Vgl. L 6,4. ** Ein würziger Balsam. *** Vgl. L 16, I und 19, I (Charra).
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wenigstens einkerkern zu lassen, bis Izates da wäre, und inzwischen jemand, dem sie besonderes Vertrauen schenke, zum Reichsverweser zu ernennen. Diesen Vorschlag befolgte Helena und ernannte ihren ältesten Sohn Monobazus zum König, setzte ihm das Diadem auf, gab ihm den Siegelring seines Vaters sowie die so genannte Sampsera* und befahl ihm, das Reich bis zur Ankunft seines Bruders zu verwalten. Dieser aber traf schnell ein, als er den Tod seines Vaters erfahren hatte, und Monobazus trat ihm bereitwillig die Regierung ab. 3. Zu der Zeit nun, als Izates sich in Charax Spasini aufgehalten hatte, waren die Frauen des dortigen Hofes durch einen jüdischen Kaufmann mit Namen Ananias, der daselbst Zutritt hatte, in der jüdischen Religion unterrichtet worden. Durch Vermittlung der Frauen ward der Kaufmann auch mit Izates bekannt, und es gelang ihm, denselben ebenfalls für seine Religion zu gewinnen. Bald darauf wurde Izates von seinem Vater nach Adiabene zurückberufen, und nun begleitete ihn der Kaufmann auf seine inständigen Bitten dorthin. Inzwischen hatte auch Helena, die von einem anderen Juden unterrichtet worden war, den jüdischen Glauben angenommen. Als nun Izates beim Antritt seiner Regierung nach Adiabene kam und seine Brüder und übrigen Verwandten in Ketten sah, war ihm das keineswegs recht. Sie hinzurichten oder weiterhin gefangen zu halten erschien ihm unbillig; anderseits konnte er sich, da er ihres früheren Hasses gedachte, nicht entschließen, sie frei neben sich zu haben, und so schickte er einige von ihnen samt ihren Kindern als Geiseln nach Rom zum Cäsar Claudius, die übrigen aber in gleicher Eigenschaft zum Partherkönige Artabanus. 4. Sobald Izates erfuhr, wie sehr seine Mutter den jüdischen Gebräuchen zugetan sei, wollte auch er selbst sich vollständig dazu bekennen, und da er sich für keinen rechten und vollkommenen Juden hielt, wenn er sich nicht beschneiden ließe, war er auch hierzu bereit. Seine Mutter aber, der dies zu Ohren kam, suchte ihn von seinem Vorhaben abzubringen, indem sie ihm zu bedenken gab, in wie große Gefahr er dadurch geraten würde. Es müsse ja bei seinen Untertanen lebhaften Unwillen erregen, wenn sie vernähmen, dass er sich zu fremden und ihnen ganz widerwärtigen Gebräuchen bekenne, und sie würden gewiss nicht zugeben, dass ein echter Jude über sie herrsche. Durch solche Vorstellungen suchte sie ihm seine Absicht zu verleiden. Izates aber teilte ihre Äußerungen dem Ananias mit, der wider Erwar* Sampsa heißt bei den Arabern die Sonne. Die Sampsera wird also ein goldener Schild in Sonnenform gewesen sein, der als Herrscherabzeichen getragen wurde.
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ten die Ansicht der Helena billigte und ihm zugleich ankündigte, er werde seinen Hof verlassen, wenn er nicht gehorche. Er, Ananias, müsse ja selbst Gefahr für sein Leben befürchten, wenn die Sache in· die Öffentlichkeit käme, weil man ihm dann gleich den Vorwurf machen würde, den König dazu verleitet und ihn in solchen, ihm so wenig anstehenden Dingen unterwiesen zu haben. Izates, fuhr er fort, könne Gott auch ohne Beschneidung verehren, wenn er nur die gottesdienstlichen Gebräuche der Juden befolgen wolle, die viel wichtiger als die Beschneidung seien. Dann fügte er noch hinzu, Gott selbst werde ihm wohl gern nachsehen, dass er von der Beschneidung Abstand nehme, weil er sich in einer Zwangslage befinde und Rücksicht auf seine Untertanen nehmen müsse. Durch diese Worte ließ der König sich einstweilen bereden. Einige Zeit nachher aber machte ein aus Galiläa gekommener Jude mit Namen Eleazar, der für besonders gesetzeskundig galt, sein Verlangen nach der Beschneidung wieder rege. Als dieser nämlich beim Könige Einlass erlangt hatte und ihn bei der Lesung des moysaischen Gesetzes antraf, sprach er zu ihm: »Du weißt nicht, 0 König, wie sehr du dich gegen das Gesetz und demnach auch gegen Gott verfehlst. Es ist nämlich nicht genug, das Gesetz zu lesen, sondern du musst auch alle seine Vorschriften befolgen. Wie lange willst du denn noch ohne Beschneidung bleiben? Hast du die Bestimmungen über dieselbe noch nicht gelesen, so tu das gleich, damit du einsiehst, wie weit du noch von wahrer Frömmigkeit entfernt bist.« Als der König ihn so reden hörte, war er sogleich entschlossen, nicht länger zu säumen. Er begab sich daher in ein anderes Gemach und ließ durch einen Arzt die Vorschrift des Gesetzes an sich vollziehen, worauf er seine Mutter und seinen Lehrer Ananias rufen ließ und ihnen mitteilte, was er getan habe. Diese ängstigten sich hierüber beide nicht wenig und fürchteten, der König möchte, sobald die Sache ruchbar würde, Gefahr laufen, seinen Thron zu verlieren, weil die Untertanen gewiss keinen Herrscher über sich dulden würden, der ausländische Sitten angenommen habe. Obendrein beschlich sie auch noch die Besorgnis, sie möchten als der Urheberschaft verdächtig in gleiche Gefahr geraten. Gott aber ließ ihre Befürchtungen sich nicht verwirklichen. Denn aus all den Gefahren, in denen Izates schwebte, rettete er ihn und seine Kinder, indem er ihnen, als sie schon fast verzweifelten, den Weg zum Heile wies und ihnen zeigte, dass die, welche zu Gott aufschauen und auf ihn allein ihr Vertrauen setzen, den Lohn ihrer Frömmigkeit sicher erwarten dürfen. Doch hiervon später. 5. Als nun des Königs Mutter Helena sah, dass im Reiche durchaus friedliche und geordnete Zustände herrschten und dass ihr Sohn glücklich und
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durch Gottes Fügung auch im Ausland überall hoch angesehen war, regte sich in ihr das Verlangen, nach Jerusalern zu pilgern, um den von aller Welt gerühmten Tempel Gottes zu verehren und Dankopfer darzubringen. Dazu bat sie ihren Sohn um seine Einwilligung. Dieser gewährte ihr die Bitte mit Freuden, ließ großartige Vorbereitungen treffen, versah sie reichlich mit Geld und gab ihr eine gute Strecke Wegs das Geleit. Den Bewohnern von Jerusalern aber konnte nichts erwünschter sein als Helenas Ankunft. Denn Hungersnot* bedrückte ihre Stadt, und da viele Bürger aus Mangel an Lebensmitteln umkamen, schickte die Königin einige aus ihrem Gefolge nach Alexandria, um große Mengen Getreide dort zu kaufen, und andere nach Cypern, um ganze Schiffsladungen Feigen herbeizuschaffen. Als die Abgesandten, welche die Reise mit größter Schnelligkeit zurückgelegt hatten, wieder da waren, ließ sie den Notleidenden Lebensmittel austeilen, sodass sie sich durch ihre Wohltätigkeit bei unserem ganzen Volke ein gesegnetes Andenken sicherte. Auch ihr Sohn Izates säumte nicht, als er von der Hungersnot Kunde erhielt, an die Vornehmsten in Jerusalem große Geldsummen zu senden, welche unter die Darbenden verteilt wurden und viele vom Hungertod erretteten. Was diese Königsfamilie noch sonst für Wohltaten unserer Hauptstadt, erwies und welche Dienste die Letztere dafür leistete werde ich später mitteilen.**
DRITTES KAPITEL Wie der Partherkönig Artabanus aus Furcht vor einer Versc4wörung seiner Satrapen sich zu Izates flüchtete und mit dessen Hilfe seinen Thron wieder bestieg. 54
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1. Inzwischen war der Partherkönig Artabanus zu der Überzeugung gekommen, dass seine Satrapen eine Verschwörung gegen ihn angestiftet hätten, und da er sich bei ihnen nicht länger mehr sicher glaubte, beschloss er, sich zu Izates zu begeben in der Absicht, dort Schutz zu suchen und mit dessen Hilfe womöglich seinen Thron wieder zu erlangen. So kam er in Begleitung seiner Verwandten und Diener, ungefähr tausend an der Zahl, * Vgl. Apostelgeschichte 11, 28. ** Wo, ist unbekannt.
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nach Adiabene und traf mit Izates, den er sehr gut kannte, während er selbst dem Izates noch völlig unbekannt war, auf dem Wege zusammen. Als er nun in seine Nähe gekommen war, fiel er zunächst nach Landesbrauch vor ihm nieder und sprach zu ihm: »0 König, verachte nicht deinen Diener und erhöre gnädig meine Bitte. Denn das Unglück hat mich schwer darniedergebeugt, und ich bedarf, von der Höhe des Thrones ins Privadeben gestoßen, dringend deiner Hilfe. Bedenke also, wie unbeständig das Glück ist, und dass auch du einmal in dieselbe Lage kommen könntest. Lässt du mich ungerächt, so werden sich viele finden, die gegen andere Könige mit noch größerer Verwegenheit auftreten.« Diese Worte sprach Artabanus unter Tränen und gesenkten Hauptes. Sobald aber Izates seinen Namen hörte und ihn in so demütiger Stellung vor sich sah, sprang er vom Pferde und redete ihm zu: »Sei gutes Muts, König, und lass dich durch dein jetziges Unglück nicht aus der Fassung bringen, als könnte demselben nicht abgeholfen werden. Bald nämlich soll deine 'frauer sich in Freude verwandeln, und du sollst an mir einen besseren Freund und Bundesgenossen finden, als du vielleicht erwartet hast. Denn entweder führe ich dich auf den parthischen Thron zurück, oder ich trete dir meinen eigenen ab.« 2. Nach diesen Worten ließ er den Artabanus zu Pferde steigen und folgte selbst zu Fuß nach, um ihm durch diese Ehrenbezeugung den Vorrang zuzuerkennen. Als aber Artabanus dies gewahrte, wollte er es durchaus nicht zugeben und schwor bei seinem gegenwärtigen Glück und der ihm zuteil gewordenen Auszeichnung, er werde absitzen, wenn nicht auch Izates wieder zu Pferde steige und voranreite. Izates gab nach, geleitete seinen Gast in die Königsburg und erwies ihm alle möglichen Ehren, räumte ihm auch bei allen Zusammenkünften und Gelagen den ersten Platz ein. Dabei sah er nicht auf die gegenwärtige Lage des Artabanus, sondern nur auf dessen frühere Wurde, und bedachte bei sich, dass den Wechselfällen des Glückes alle Menschen in gleicher Weise unterworfen seien. Er schrieb darauf an die Parther, forderte sie auf, Artabanus wieder anzuerkennen, und ließ ihnen unter Eid versichern, dass durch seine Vermitdung das Geschehene·vergessen werden solle. Die Parther weigerten sich nun zwar nicht, ihren König wieder aufzunehmen, erklärten aber, dass sie keine Verfügung mehr über den Thron besäßen, weil sie denselben schon einem anderen, nämlich einem gewissen Kinnamus, anvertraut hätten und furchten müssten, durch Änderung der jetzigen Lage einen Aufruhr hervorzurufen. Als aber Kinnamus von diesem Bescheid Kenntnis erhielt, schrieb er selbst an Artabanus, dessen Pflegesohn er war, und bat ihn ehrlich und aufrichtig, seinem Worte
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zu vertrauen und wiederzukommen, um sein Reich in Besitz zu nehmen. Artabanus verließ sich auf sein Versprechen und kehrte zurück. Kinnamus aber ging ihm entgegen und begrüßte ihn als König, indem er ihm das Diadem aufsetzte, das er von seinem eigenen Haupt genommen hatte. 3. So gelangte Artabanus mit Hilfe des Izates wieder auf den Thron, den ihm seine eigenen Großen entrissen hatten. Übrigens bewies er Izates in der Folge seinen Dank, indem er ihm die höchsten Ehrenbezeugungen zuteil werden ließ. Besonders gestand er ihm das Recht zu, eine aufrecht stehende Tiara zu tragen und in einem goldenen Bett zu schlafen, Auszeichnungen, die sonst nur den parthischen Königen zukommen. Ferner schenkte er ihm eine große und fruchtbare Landschaft, die er von dem Gebiete des armenischen Königs losgerissen hatte. Diese Landschaft hieß Nisibis, und in ihr hatten die Makedonier einst eine Stadt gegründet, die sie Antiochia Epimygdonia nannten. So vergalt der Partherkönig die ihm von Izates geleisteten Dienste. 4. Nicht lange darauf starb Artabanus und hinterließ das Reich seinem Sohne Vardanes. Dieser kam zu Izates und wollte ihn bereden, zum Zweck eines Krieges gegen die Römer sich mit ihm zu verbünden und ihm Hilfstruppen zu stellen. Das gelang ihm indes nicht, da Izates, der die Macht und das Kriegsglück der Römer kannte, wohl einsah, dass er etwas Unmögliches unternehme. Stattdessen sandte er seine fünf Söhne, die sämtlich noch im lünglingsalter standen, zu uns, um unsere Landessprache und unsere heimischen Gebräuche gründlich zu erlernen, ließ seine Mutter, wie schon erwähnt, den Tempel besuchen und zog die Kriegsangelegenheit immer mehr in die Länge, indem er den Vardanes mit Berichten von der Macht und den Heldentaten der Römer hinhielt, um ihm Furcht einzuflößen und seine Kriegsbegierde zu dämpfen. Das aber erbitterte den Parther, und sogleich erklärte er Izates den Krieg. Doch brachte er diesen Feldzug nicht zustande, weil Gott seine ganze Hoffnung zunichte machte. Als nämlich die Parther die Absicht des Vardanes sowie seinen Entschluss, die Römer zu bekriegen, erfuhren, ermordeten sie ihn und übertrugen seinem Bruder Kotardes* die Königswürde. Doch auch dieser fiel bald einer Verschwörung zum Opfer, und es folgte ihm sein Bruder Vologeses**, der das Reich unter seine zwei rechten Brüder so teilte, dass der ältere, Pakorus, Medien, der jüngere, Tiridates, Armenien erhielt.* * Gotarzes bei Tacitus. ** Nach Tacitus (Annalen, XII, 14) erlag Gotarzes einer Krankheit, und es folgte ihm zunächst Vonones und dann erst Vologeses.
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VIERTES KAPITEL Kriegszug der Araber gegen Adiabene. Izates entgeht durch Gottes Fügung den Händen der Parther. Sein Tod.
1. Als des Königs Bruder Monobazus und seine übrigen Verwandten den Izates um seiner Frömmigkeit willen bei aller Welt so hoch geachtet sahen, ergriff sie ebenfalls das Verlangen, ihre heimischen Gebräuche aufzugeben und zur jüdischen Religion überzutreten. Das taten sie denn auch alsbald. Wie nun aber ihr Beginnen bekannt wurde, regte sich bei den Großen des Landes heftiger Unwille, und wenn sie ihren Zorn auch nicht gerade offen zur Schau trugen, so wühlte derselbe doch in ihrem Innern, sodass sie nur auf den geeigneten Zeitpunkt warteten, um ihre Rache zu kühlen. Endlich schrieben sie an den Araberkönig Abias und versprachen ihm eine große Summe Geldes, wenn er gegen ihren König zu Felde ziehen wolle. Beim ersten Zusammenstoß würden sie sogleich von Izates abfallen, um ihn für seinen Übertritt zum Judentum zu züchtigen, und sie wollten sich hierzu eidlich verpflichten, wenn Abias nur recht bald käme. Der Araber ging darauf ein und rückte mit großer Heeresmacht gegen Izates heran. Als nun die Schlacht beginnen sollte, wandte sich auf ein gegebenes Zeichen des Izates ganzes Heer zur Flucht und lief, wie von panischem Schrecken ergriffen, auseinander. Izates aber ließ sich dadurch nicht einschüchtern, sondern da er einsah, dass Verrat vonseiten seiner Großen im Werke war, zog er sich auch selbst ins Lager zurück. Hier stellte er eine Untersuchung über die Ursache der Flucht an, und als das Einvernehmen mit dem Araber an den Tag kam, ließ er die Urheber des Verrates hinrichten, zog dann am folgenden Tage wieder gegen den Feind und trieb dessen gesamte Streitmacht unter großem Gemetzel in die Flucht. Den feindlichen König selbst verfolgte er und drängte ihn in das Kastell Arsamus, welches er alsdann belagerte und erstürmte. Mit reicher Beute beladen, kehrte er darauf nach Adiabene zurück, ohne jedoch den Abias in seine Gewalt bekommen zu haben; denn dieser hatte, als er sich von allen Seiten umzingelt sah, sich selbst das Leben genommen, um nicht in Izates' Hände zu fallen. 2. Obgleich nun die adiabenischeh Großen diesen ihren ersten Anschlag * Vgl. Tacitus, Annalen, XIL 50.
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vereitelt sahen und Gott selbst sie in die Gewalt ihres Königs gegeben hatte, ruhten sie dennoch nicht, sondern schrieben jetzt an Vologeses, den König der Parther, er möge ihnen anstelle des Izates irgendeinen parthischen Fürsten zum Herrscher geben. Denn ihr jetziger König sei ihnen verhasst, weil er ihre heimischen Satzungen abschaffen und fremde Sitten einführen wolle. Dieser Antrag reizte den Parther zum Kriege, und da er keinen rechten Vorwand finden konnte, forderte er von Izates Verzichdeistung auf die ihm von seinem Vater zugestandenen Auszeichnungen, widrigenfalls er ihm den Krieg erklären werde. Als Izates das vernahm, geriet er in heftige Bestürzung; die Verzichdeistung auf das ihm gemachte Geschenk aber konnte er nur als Schmach ansehen, weil er damit den Vorwurf der Zaghaftigkeit auf sieh laden würde. Da er jedoch einsah, dass der Parther auch nach einer solchen Verzichdeistung sich noch nicht zufrieden geben würde, beschloss er, sich in seiner Nodage dem Schutze Gottes anzuvertrauen, und ließ in der Hoffnung auf dessen mächtige Hilfe seine Kinder und Gattinnen in ein sehr festes Kastell bringen, das vorhandene Getreide in die Festungen schaften und alles Heu und Weidefutter verbrennen. Nach diesen Vorbereitungen sah er der Ankunft seiner Feinde entgegen. Viel schneller, als man erwartete, war der Parther, der große Märsche gemacht hatte, mit bedeutender 1ruppenmacht zu Fuß und zu Pferde da und schlug sein Lager an dem Flusse auf, der Adiabene von Medien trennt. Nicht weit davon lagerte auch Izates mit ungefähr sechstausend Mann, und alsbald kam ein Bote des Parthers zu ihm, der ihm die Größe der parthischen Macht, welche sich vom Euphrat bis zu dem Gebiete der Baktrer erstreckte, und die Menge der den Parthern unterworfenen Fürsten schilderte. Alsdann drohte ihm der Bote mit schwerer Strafe, weil er sich gegen seinen Herrn undankbar bewiesen habe, und fügte hinzu, selbst der Gott, den er verehre, vermöge ihn nicht den Händen des Partherkönigs zu entreißen. Auf diese Prahlereien des Boten entgegnete Izates, er wisse wohl recht gut, dass die parthische Macht viel größer sei als die seinige. Noch viel besser aber wisse er, dass Gott mächtiger als alle Menschen zusammen sei. Nachdem er diese Antwort erteilt, wandte er sich im Gebete zu Gott, warf sich zur Erde nieder, bestreute sein Haupt mit Asche und fastete mit Weib und Kind, und flehend erscholl sein Bitte zum Herrn: »0 höchster aller Herrscher, wenn ich nicht vergebens auf deine Güte vertraut habe, sondern dich mit Recht als einzigen und vornehmsten Helfer verehre, so eile, mir beizustehen, und vernichte meine Feinde, nicht sowohl meinetwegen, als weil sie wider deine Macht sich zu erheben gewagt und ihre prahlerische Zunge
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nicht im Zaum gehalten haben.« So flehte Izates unter Tränen und Wehklagen zu Gott, und dieser erhörte ihn. Noch in derselben Nacht nämlich erhielt Vologeses einen Brief, der ihm meldete, die Daher und Saker hätten sich seine Abwesenheit zunutze gemacht und seien mit großer Heeresmacht in Parthien eingefallen, das von ihnen geplündert und veIWüstet werde. So musste er sich unverrichteter Sache zurückziehen, und Izates war durch Gottes Fügung der Gefahr entronnen. 3. Nicht lange darauf starb Izates im sechsundfünfzigsten Jahre seines Lebens und im fünfundzwanzigsten seiner Regierung. Er hinterließ vierundzwanzig Söhne und vierundzwanzig Tochter, bestimmte aber zu seinem Nachfolger auf dem Throne den Monobazus aus Dankbarkeit dafür, dass dieser ihm nach des Vaters Tod während seiner Abwesenheit so treu das Reich veIWaltet hatte. Als Helena den Tod ihres Sohnes erfuhr, trauerte sie freilich, wie das von einer Mutter zu eIWarten war, die einen so edlen Sohn verlor; doch fand sie ihren Trost darin, dass die Regierung auf ihren ältesten Sohn überging, und sie begab sich sogleich zu ihm hin. In Adiabene angekommen, überlebte sie indes ihren Sohn Izates nicht lange, sondern schied, von Alter und Gram gebeugt, alsbald aus dem Leben. Monobazus sandte ihre Gebeine mit denen seines Bruders nach Jerusalem und ließ sie in den Pyramiden beisetzen, die seine Mutter, drei an der Zahl, drei Stadien von der Stadt entfernt hatte erbauen lassen. Was Monobazus während seines übrigen Lebens getan, will ich später erzählen.
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FÜNFTES KAPITEL Von Theudas und den Söhnen des Galiläers Judas. Cumanus verhütet einen Aufruhr der Juden.
1. Noch während Fadus Landpfleger von Judäa war, bewog ein Betrüger mit Namen Theudas* eine ungeheure Menschenmenge, ihm unter Mitnahme ihrer gesamten Habe an den Jordan zu folgen. Er gab sich nämlich für einen Propheten aus und behauptete, er könne durch sein Machtwort die
* Soll das der Betrüger sein, von dem Apostelgeschichte 5, 36 die Rede ist, so müsste man annehmen, Josephus habe sich in der Zeit geirrt. da die Rede des Gamaliel viele Jahre früher gehalten wurde, als der hier erwähnte Vorgang sich abspielte.
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fluten des Jordan teilen und seinem Gefolge einen bequemen Durchgang ermöglichen. Durch solche Spiegelfechtereien gelang es ihm, viele zu täuschen. Indes duldete Fadus nicht, dass ihr sinnloses Treiben Schaden stifte, indem er eine Abteilung Reiter gegen sie aussandte, die unversehens über sie herfiel viele von ihnen tötete und andere in Gewahrsam brachte. Theudas selbst geriet ebenfalls in Gefangenschaft, worauf er enthauptet und sein Kopf nach Jerusalem gebracht wurde. Das sind die Hauptbegebenheiten während der Amtsführung des Landpflegers Cuspius Fadus. 2. Auf Fadus folgte Tiberius Alexander*, der Sohn des Vorstehers Alexander zu Alexandria, der durch Edelsinn und Reichtum sich vor allen Einwohnern dieser Stadt auszeichnete und an Frömmigkeit seinen Sohn Alexander weit übertraf, da dieser den väterlichen Gebräuchen und Satzungen nicht treu blieb. Unter Tiberius Alexander dauerte die oben erwähnte Hungersnot, während welcher die Königin Helena Getreide in Ägypten kaufte und an die Nodeidenden verteilen ließ, noch an. Alexander ließ auch Jakobus und Simon, die Söhne des Galiläers Judas, der, wie schon in einem der vorhergehenden Bücher erwähnt, während der Einschätzung des Quirinius das Volk zum Aufruhr verleitete, ans Kreuz schlagen. Herodes aber, der König von Chalkis, entsetzte um diese Zeit Joseph, den Sohn des Kemede, der hohepriesterlichen Würde und ernannte zu seinem Nachfolger Ananias, den Sohn des Nebedaeus. Tiberius Alexander wurde übrigens nach kurzer Amtsführung durch Cumanus ersetzt.** In diese Zeit fällt auch der Tod Herodes: des Bruders Agrippas des Großen. Er starb nämlich im achten Jahre der Regierung des Claudius und hinterließ drei Söhne, Aristobulus, der .ihm von seiner ersten Gemahlin Mariamne geboren war, sowie Berenikianus und Hyrkanus, die er von Berenike, der Tochter seines Bruders, erhalten hatte. Sein Reich übertrug der Cäsar Claudius dem jüngeren Agrippa. 3. Unter Cumanus brach in Jerusalem eine Empörung aus, bei der viele Juden umkamen. Zunächst will ich die Ursache darlegen, aus welcher dieselbe hervorging. Als das so genannte Paschafest, an dem wir nur ungesäuertes Brot zu essen pflegen, bevorstand und eine ungeheure Menschenmenge zu demselben herbeiströmte, befürchtete Cumanus, es möchten Unruhen entstehen, und gab deshalb einer Kohorte Soldaten den Befehl in Wehr und Waffen die Säulenhallen des Tempels zu besetzen, um etwa ausbrechende Ruhestörungen gleich zu unterdrücken. Das hatten auch die frü* 45 n.Chr.
** 49 n. Chr.; vgl. über Letzteren Tacitus, Annalen, XII, 54.
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heren Landpfleger an Festtagen stets angeordnet. Am vierten Tage des Festes nun ließ sich ein Soldat beifallen, im Angesichte des Volkes seine Schamteile zu entblößen. Die Menge geriet hierüber in Erbitterung und schrie, nicht ihnen sei damit Schmach angetan, sondern Gott selbst sei gelästert. Als Cumanus den Vorfall vernahm, erzürnte auch er nicht wenig über diese Verhöhnung, bat jedoch die Juden, sich aller Unruhen zu enthalten und während des Festes keine Empörung anzuzetteln. Da man ihm aber nicht gehorchte, sondern ihn nur noch mit desto größeren Schmähungen überhäufte, ließ er die gesamte Streitmacht zu den Waffen rufen und in die Antonia rücken; es war dies, wie oben erwähnt, die den Tempel beherrschende Veste. Beim Anblick der in Masse heranziehenden Soldaten ward das Volk in Schrecken versetzt und ergriff die Flucht. Weil aber die Straßen eng waren und die Juden sich von Feinden verfolgt glaubten, entstand bei der Flucht ein fürchterliches Gedränge, und viele wurden von den ungestüm Nachfolgenden erdrückt. Die Zahl der auf diese Weise Umgekommenen betrug an zwanzigtausend, und so wandelte sich die Festesfreude in tiefe 1}auer. Opfer und Gebet waren vergessen, und die Stadt hallte wider von Jammer und Wehklage. So 'großes Unglück brachte der Mutwille eines einzigen Soldaten über die Juden. 4. Noch aber war dieses Leid nicht vorüber, als auch schon ein anderes Unglück hereinbrach. Einige Unruhstifter nämlich griffen auf öffentlicher Landstraße, hundert Stadien von der Stadt entfernt, wie Wegelagerer den Stephanus, einen Diener des Cäsars, an und raubten ihm alles, was er bei sich hatte. Als Cumanus hiervon Kenntnis erhielt, schickte er sogleich Soldaten ab mit dem Befehl, die benachbarten Dörfer zu plündern und die Vornehmsten aus denselben gefesselt ihm vorzuführen, damit sie zur Verantwortung gezogen würden. Bei dieser Plünderung nun fand ein Soldat in einem Dorf die moysaischen Gesetze und zerriss das Buch vor aller Augen. unter den mannigfaltigsten Verhöhnungen und Schmähungen. Sowie die Juden dies vernahmen, rotteten sie sich zusammen, zogen nach Caesarea, wo Cumanus sich aufhielt, und baten ihn, er möge doch nicht etwa ihnen, sondern Gott, dessen Gesetz so unwürdig behandelt worden sei, Genugtuung verschaffen. Denn sie wollten lieber ihr Leben dahingeben, als ihre heimischen Gesetze so geschmäht wissen. Da nun Cumanus fürchtete, das Volk möchte abermals in Unruhe geraten, ließ er auf den Rat seiner Freunde den Soldaten, der das Gesetz verhöhnt hatte, mit dem Beil hinrichten und unterdrückte so die Empörung in dem Augenblick, als sie auszubrechen drohte.
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SECHSTES KAPITEL Streit zwischen den luden und Samaritern. Claudius legt denselben bei. 118
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1. In der Folge kam es zu Feindseligkeiten zwischen Juden und Samaritern, und zwar aus folgender Veranlassung. Die Galiläer, die zu den Festen nach Jerusalem zogen, pflegten ihren Weg durch Samaria zu nehmen. Als sie nun auch jetzt wieder dieses Weges kamen, wurden sie von einer Anzahl Bewohner des Dorfes Ginaea, welches auf der Grenze zwischen Samaria und der großen Ebene* liegt, überfallen, und es kamen viele von ihnen um. Auf die Nachricht von dieser Tat begaben sich die angesehensten Galiläer zu Cumanus und baten ihn, den Tod der Gefallenen zu rächen. Cumanus aber ließ sich von den Samaritern mit Geld bestechen und schenkte den Klagen der Galiläer keine Beachtung. Hierüber erbittert, riefen diese das ganze jüdische Volk zu den Waffen, um die Freiheit zu schützen. Denn die Knechtschaft, führten sie aus, sei schon an und fur sich bitter genug; um wie viel unerträglicher müsse sie also sein, wenn noch schmachvolle Beleidigungen hinzukämen? Um ihre Aufregung zu beschwichtigen, versprachen ihnen die Beamten, bei Cumanus die Bestrafung der Schuldigen zu erwirken. Darauf aber hörten sie nicht, sondern sie griffen zu den Waffen, riefen des Dinaeus Sohn Eleazar, einen Räuber, der sich schon eine Reihe von Jahren im Gebirge umhertrieb, zu Hilfe und äscherten einige Dörfer der Samariter ein. Sobald Cumanus hiervon Kunde erhielt, zog er mit der Truppe von Sebaste, vier anderen Kohorten Fußsoldaten und den bewaffneten Samaritern gegen die Juden und machte eine Menge von ihnen nieder und eine noch größere Anzahl zu Gefangenen. Als nun die Angesehenen und Vornehmen zu Jerusalem merkten, in wie große Drangsal das Volk geraten sei, legten sie Säcke an, bestreuten ihr Haupt mit Asche und beschworen die aufrührerische Menge aufs dringendste, im Hinblick auf die drohende Zerstörung ihrer Vaterstadt, die Einäscherung des Tempels und die eigene sowie ihrer Weiber und Kinder Wegfuhrung in die Sklaverei von ihrem Vorhaben Abstand zu nehmen, die Waffen fortzuwerfen und ruhig nach Hause zu gehen. Diesen Vorstellungen fügte man sich, und die Menge ging auseinander, während die Banditen sich wieder in ihre Schlupfwinkel zurückzogen. Von dieser Zeit an war Judäa fortwährend der Schauplatz räuberischer Streifzüge. * Jezreel oder Esdraelon.
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2. Nun aber wandten sich die Häupter der Samariter an den syrischen Statthalter Ummidius Quadratus, der sich damals gerade in 'I}rrus befand, und klagten die Juden wegen der Plünderung und Einäscherung samaritischer Dörfer an. Das Unrecht, sagten sie, das sie selbst dabei erlitten hätten, wollten sie nicht so sehr in Betracht ziehen als die Missachtung der Römer, an deren Richterspruch die Juden, falls ihnen selbst ein vermeintlicher Nachteil entstanden sei, sich hätten wenden müssen, an statt feindliche Einfille zu unternehmen, als ob sie von einer römischen Oberhoheit nichts wüssten. Sie bäten daher, ihnen zu ihrem Recht verhelfen zu wollen. In dieser Weise stellten die Samariter die Sache dar. Die Juden dagegen behaupteten, die Samariter seien die Urheber des Aufstandes und der Feindseligkeiten, denn sie hätten den Cumanus mit Geschenken bestochen und ihn dadurch veranlasst, bezüglich der Ermordung der Galiläer ein Auge zuzudrücken. Als Quadratus so die beiderseitigen Klagen angehört hatte, setzte er die weitere Verhandlung aus und versprach, das Urteil zu fillen, wenn er in Judäa anwesend sei und die Sache genauer untersucht habe. Damit mussten die Parteien sich vorläufig zufrieden geben. Bald darauf kam Quadratus nach Samaria, wo er nach eingehender Untersuchung die Samariter für die Urheber der Unruhen erklärte. Sobald er aber vernahm, unter den Juden seien wieder aufrührerische Gelüste bemerkbar, ließ er die von Cumanus gefangen genommenen Juden ans Kreuz schlagen. Alsdann begab er sich nach einem Flecken, der Lydda hieß und einer Stadt an Größe nicht nachstand. Hier hielt er Gerichtssitzung ab, in der die Klage der Samariter abermals zur Verhandlung kam. Dabei erfuhr Quadratus von einem der Letzteren, ein vornehmer Jude mit Namen Dortus habe mit einigen anderen Unruhstiftern, vier an der Zahl, das Volk zum Abfall von den Römern zu verleiten gesucht. Diese Rädelsführer ließ der Statthalter hinrichten; den Hohepriester Ananias und den Hauptmann Ananus aber sandte er gefesselt nach Rom, wo sie vor dem Cäsar Claudius Rechenschaft ablegen sollten. Ebenso befahl er den Vornehmsten der Juden und der Samariter sowie dem Landpfleger Cumanus* und dem Thbun Celer, sich nach Italien zum Cäsar zu verfügen, um ihre Streitigkeiten vor dessen Richterstuhl zu bringen. Er selbst begab sich, da er einen neuen Aufstand der Juden befürchtete, nach Jerusalem, fand das Volk aber ruhig bei der Feier eines religiösen Festes versammelt und kehrte in der Überzeugung, dass weitere Unruhen jetzt nicht zu erwarten seien, nach Antiochia zurück. * S. die Anmerkung zu XVIII, 4, 2.
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3. Als Cumanus mit den Vornehmsten der Samariter in Rom anlangte, wurde ihnen vom Cäsar ein Tag bestimmt, an welchem über die Streitigkeiten verhandelt werden sollte. Mit äußerster Anstrengung verwandten sich nun die Freigelassenen und Vertrauten des Cäsars für Cumanus und die Samariter, und diese hätten gewiss Recht bekommen, wenn nicht der jüngere Agrippa, der sich gerade zu Rom befand und die üble Lage der jüdischen Vornehmen gewahrte, Agrippina, die Gattin des Cäsars, inständigst gebeten hätte, auf ihren Gemahl einzuwirken, dass er bei der Entscheidung des Streites die wirklich Schuldigen zur gerechten Strafe ziehe. Durch diese Verwendung schon vorbereitet, ließ Claudius, der in den Samaritern die Urheber der gesamten Feindseligkeiten erkannte, diejenigen von ihnen, die sich bei ihm eingefunden hatten, hinrichten, schickte Cumanus in die Verbannung und ließ den Tribun Celer nach Jerusalem bringen, dort öffentlich durch die ganze Stadt ftihren und dann enthaupten.
SIEBENTES KAPITEL Felix zum Landpfleger ernannt. Nachrichten von Agrippas Familie. 137 138
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1. Claudius schickte alsdann Felix, den Bruder des Pallas, als Landpfleger nach Judäa*, und überwies im dreizehnten Jahre seiner Regierung dem Agrippa die Tetrarchie des Philippus nebst Batanaea, gab ihm auch noch obendrein Trachonitis sowie Abila, die ehemalige Tetrarchie des Lysanias, nahm ihm aber Chalkis, das er vier Jahre lang beherrscht hatte. So reichlich vom Cäsar beschenkt, vermählte Agrippa mit Azizus, dem Könige von Emesa, der zur Annahme der Beschneidung bereit war, seine Schwester Drusilla. Epiphanes nämlich, der Sohn des Königs Antiochus, hatte ihre Hand zurückgewiesen, weil er trotz eines ihrem Vater gegebenen Versprechens nicht zur jüdischen Religion übertreten wollte. Weiterhin gab Agrippa die Dariamne dem Archelaus, dem Sohne des Helkias, zur Ehe, dem sie schon von seinem Vater Agrippa verlobt worden war; aus dieser Ehe entspross eine Tochter Berenike. 2. Nicht lange nachher aber wurde Drusillas Ehe mit Azizus aus folgender Veranlassung aufgelöst. Felix, der Landpfleger von Judäa, hatte Drusilla, * 53 n. ehr. Vgl. hierzu Tacitus, Annalen, XII, 54; Apostelgeschichte 23 und 24.
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die sich durch hohe Schönheit auszeichnete, kaum gesehen, als er auch schon in heftiger Liebe zu ihr entbrannte. Er schickte daher einen ihm befreundeten Juden mit Namen Simon, der aus Cypern stammte und sich für einen Magier ausgab, zu ihr und ließ ihr zureden, ihren Gatten zu verlassen und sich mit ihm (Felix) zu vermählen.* Wenn sie ihn nicht verschmähe, ließ er ihr sagen, werde er sie glücklich machen. Drusilla beging auch wirklich das Unrecht, dass sie sich, um dem Neide ihrer Schwester Berenike, von der sie ihrer Schönheit wegen viel auszustehen hatte, zu entgehen, zur Übertretung ihres heimischen Gesetzes verleiten ließ und sich mit Felix vermählte. Diesem gebar sie einen Sohn, den sie Agrippa nannte und der zur Zeit des Cäsars Titus bei einem Ausbruch des Vesuv mit seiner Mutter umkam, wie ich später noch erzählen werde. 3. Was Berenike betrifft, so lebte sie nach dem Tode des Herodes, der zugleich ihr Gatte und ihr Oheim gewesen war, lange Zeit im Witwenstande. Da aber das Gerücht ging, sie unterhalte sündhafte Beziehungen zu ihrem Bruder, beredete sie Polemon, den König von Cilicien, die Beschneidung anzunehmen und sich mit ihr zu vermählen; denn hierdurch glaubte sie alle Verleumdungen am sichersten aus der Welt schaffen zu können. Polemon ging darauf ein, vornehmlich um ihres Reichtums willen; indes war die Ehe nicht von Dauer, da Berenike sich bald wieder von Polemon trennte, wie man sagte, aus Unenthaltsamkeit. Nach Auflösung der Ehe kehrte sich Polemon nicht weiter an die Gebräuche und Satzungen der Juden. Um dieselbe Zeit vermählte sich Mariamne, die von Archelaus nichts mehr wissen wollte, mit Demetrius, der unter den Juden zu Alexandria durch edle Abkunft und Reichtum sich auszeichnete und damals die Steuern gepachtet hatte. Den Sohn, welchen sie von ihm erhielt, nannte sie Agrippinus. Über alle diese Personen wird sich noch Gelegenheit finden näher zu reden.
* Vgl. Tacitus, Historien, V, 9.
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1. Inzwischen starb der Cäsar Claudius nach einer Regierung von dreizehn Jahren, acht Monaten und zwanzig Tagen.* Einige behaupten, er sei von seiner Gemahlin Agrippina vergiftet worden?"* Diese war eine Tochter von Germanicus, dem Bruder des Claudius, und in erster Ehe mit Domitius Ahenobarbus, einem adligen Römer, verheiratet gewesen. Nach dessen Tod lebte sie lange Zeit als Witwe und vermählte sich dann mit Claudius, dem sie einen Stiefsohn Domitius zubrachte. Claudius nämlich hatte seine Gattin Messalina, von der er den Brittannicus und die Octavia erhalten hatte, aus Eifersucht verstoßen. Außerdem war er schon früher mit Petina verheiratet gewesen, die ihm seine älteste Tochter Antonia geboren hatte. Diese Antonia gab Claudius sogleich dem Nero zur Ehe; so nannte er nämlich den Domitius, als er ihn an Sohnes statt annahm. 2. Da also Agrippina befürchtete, Britannicus möchte, wenn er erwachsen sei, von seinem Vater den Thron erben, brachte sie, wie die Sage geht, um ihrem eigenen Sohne zur Herrschaft zu verhelfen, dem Claudius das todbringende Gift bei. Sogleich nach seinem Ableben sandte sie alsdann Burrus, den Oberbefehlshaber des Heeres, nebst den angesehensten Thbunen und Freigelassenen zu Nero, um ihn in die Prätorianerkaserne geleiten und dort zum Cäsar ausrufen zu lassen. Als Nero auf diese Weise den Thron bestiegen hatte, ließ er den Britannicus heimlich vergiften. Seine Mutter aber brachte er bald nachher öffentlich um und dankte ihr auf so schnöde Weise nicht nur dafür, dass sie ihm das Leben gegeben, sondern auch dafür, dass sie ihm durch ihre Ränke auf den Thron geholfen hatte. Ebenso tötete er auch seine Gattin Octavia sowie viele edle Römer unter dem Vorwand, sie hätten sich gegen ihn verschworen. 3. Doch ich will hierüber nichts weiter berichten. Denn Neros Geschichte haben viele geschrieben, von denen die einen aus Dankbarkeit für seine Gunstbezeugungen die Wahrheit absichtlich verschleierten, die anderen aber aus Hass und Feindseligkeit ihn derart mit Lügen verfolgten, dass sie * 54 n.Ghr. ** Vgl Tacitus, Annalen, XIL 66 f.
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dafür volle Verachtung verdienen. Freilich zu verwundern braucht man sich über diesen Mangel an Wahrheitsliebe nicht, da die betreffenden Geschichtsschreiber nicht einmal bei der Schilderung der Taten seiner Vorgänger der Wahrheit die Ehre gaben, obwohl sie doch gegen diese keine persönliche Abneigung haben konnten, weil sie so lange Zeit nach ihnen lebten. Mögen indes die Geschichtsschreiber, denen an der Wahrheit nichts liegt, schreiben, wie es ihnen beliebt, da sie nun einmal an willkürlichen Berichten Freude zu haben scheinen. Ich dagegen, der ich es mit der Wahrheit genau nehme, habe mich entschlossen, alles, was zu meinem Hauptgegenstande nicht gehört, nur kurz zu berühren und lediglich das, was meine Landsleute, die Juden, betrifft, ausführlicher zu erzählen, weil ich mich nicht scheue, auch unser Unglück und unsere Schuld offenkundig zu machen. Ich nehme daher jetzt den Faden meiner Erzählung wieder auf. 4. Im ersten Jahre von Neros Regierung starb Azizus, der König von Emesa, und es folgte ihm auf dem Thron sein Bruder Soemus. Die Herrschaft über Kleinarmenien aber wurde von Nero an Aristobulus, den Sohn des Königs Herodes von Chalkis, übertragen, und Agrippa erhielt vom Cäsar einen Teil von Galiläa nebst Tiberias und Taricheae, die sich seiner Botmäßigkeit unterwerfen mussten, sowie die Stadt Julias und vierundzwanzig Dörfer in Peräa. 5. Die Verhältnisse Judäas wurden inzwischen von Tag zu Tag zerrütteter. Denn das Land war abermals voll von Räubern und von Betrügern, die das Volk irreleiteten. Felix nun ließ von diesen wie von jenen tagtäglich eine große Anzahl ergreifen und hinrichten. So nahm er auch Eleazar, den Sohn des Dinaeus, der eine ganze Räuberbande um sich gesammelt hatte, mit List gefangen. Er lockte ihn nämlich unter Zusicherung voller Straflosigkeit an seinen Hof und schickte ihn alsdann sogleich in Fesseln nach Rom. Ganz besonders aber erregte den Unwillen des Felix der Hohepriester Jonathas, weil er den Landpfleger oft zurechtwies, er solle Judäa besser verwalten, damit er selbst, der seine Ernennung vom Cäsar erbeten hatte, unter den Klagen des Volkes weniger zu leiden habe. Felix sann daher auf Mittel, den unbequemen Tadler aus dem Wege zu räumen. Denn nichts ist denen, die Böses im Schilde führen, lästiger als stete Ermahnungen. Er bestach also durch Zusicherung einer großen Geldsumme den vertrautesten von Jonathas' Freunden, einen Bürger von Jerusalem mit Namen Doran, den Jonathas durch gedungene Mörder töten zu lassen. Doran ging auf den Vorschlag ein und lieferte den Hohepriester wirklich in die Hände der Meuchler. Einige von diesen nämlich zogen mit Dolchen unter den Klei-
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dern nach Jerusalem, als wollten sie dort Gott anbeten, mischten sich dann unter Jonathas' Dienerschaft und machten ihn nieder. Und da man den Mord ruhig geschehen ließ, kamen in der Folge die Räuber an Festtagen mit großer Dreistigkeit zur Stadt, verteilten sich, den Dolch im Gewande, unter dem Volk und stachen bald ihre eigenen Feinde, bald andere nieder, gegen die sie sich für Geld dingen ließen, und das nicht nur in der Stadt, sondern öfters sogar auch im Tempel. Denn selbst die Heiligkeit dieses Ortes vermochte ihrem Blutdurst keine Schranken zu setzen. Deshalb hat auch Gott, wie ich glaube, im Zorn über solche Gräuel seine Hand von Jerusalem weggezogen und, weil er den Tempel nicht mehr als seine unbefleckte Wohnstätte anerkannte, die Römer gegen uns herangeführt, über die Stadt das läuternde Feuer geschickt und uns mit Weib und Kind der Sklaverei preisgegeben, um uns durch Unglück zur Erkenntnis unserer Schuld zu bringen. 6. Infolge des '!reibens der Räuber war die ganze Stadt ein Schauplatz der nichtswürdigsten Verbrechen. Gleichzeitig traten auch Gaukler und Betrüger auf und beredeten die Menge, ihnen in die Wüste zu folgen, wo sie mit Gottes Beistand offenbare Zeichen und Wunder tun würden. Viele glaubten ihnen, mussten aber für ihren Unverstand schwer büßen, da Felix sie zurückholen und hinrichten ließ. Um diese Zeit kam auch ein Mensch aus Ägypten nach Jerusalem, der sich für einen Propheten ausgab und das gemeine Volk verleiten wollte, mit ihm auf den Ölberg zu steigen, der in einer Entfernung von fünf Stadien der Stadt gegenüberliegt. Dort, sagte er, wolle er ihnen zeigen, wie auf sein Geheiß die Mauern Jerusalems zusammenstürzten, durch welche er ihnen dann einen Eingang in die Stadt bahnen würde. Als Felix hiervon Kunde erhielt, ließ er die Besatzung alarmieren, machte mit einer starken Abteilung von Reitern und Fußsoldaten einen Ausfall aus Jerusalem und griff den Ägypter und dessen Anhänger an. Von den Letzteren fielen viertausend, und zweihundert wurden gefangen genommen; der Ägypter selbst aber entkam aus dem '!reffen und wurde unsichtbar. Jetzt reizten die Banditen abermals das Volk zum Kriege gegen die Römer, denen man keinen Gehorsam erweisen dürfe, und wo man auf ihre Hetzereien nicht einging, verheerten sie die Dörfer durch Brandstiftung und Plünderung. 7. Auch zwischen den Juden in Caesarea und den dort wohnenden Syrern entstanden Streitigkeiten wegen gleicher Beteiligung am Bürgerrecht. Die Juden nämlich beanspruchten ein Vorrecht für sich, weil ihr König Herodes, der Gründer von Caesarea, jüdischer Abstammung gewesen sei. Die Syrer wollten das gelten lassen, behaupteten aber, die Stadt sei schon lange
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vorher Stratonsturm genannt worden, ehe noch ein einziger Jude dort gewohnt habe. Als dies den römischen Beamten zu Ohren kam, ließen sie die Hauptschreier auf beiden Seiten festnehmen und geißeln, wodurch die Unruhen für kurze Zeit unterdrückt wurden. Die Juden indes, die sich auf ihren Reichtum etwas einbildeten und deshalb die Syrer verachteten, verfolgten diese bald wieder mit Schmähungen, um sie zu Tätlichkeiten zu reizen. Die Syrer ihrerseits, die zwar nicht so reich waren, sich aber darauf verließen, dass die in der Nähe stehende römische Heeresabteilung zum größten Teil aus Bürgern von Caesarea und Sebaste bestand, erwiderten eine Zeit lang die Schmähungen der Juden mit ähnlichen Beleidigungen. Dann aber kam es zu Steinwürfen, bis auf beiden Seiten viele verwundet und getötet waren. Der Vorteil war jedoch aufseiten der Juden. Als nun Felix sah, dass der Streit sich kaum noch von offenem Kriege unterschied, eilte er herbei und beschwor die Juden, sich ruhig zu verhalten. Da diese sich aber an seine Vorstellungen nicht kehrten, ließ er eine Truppenabteilung gegen sie ausrücken, eine Menge von ihnen niedermachen, eine noch größere Anzahl gefangen nehmen und etliche ihrer H~user in Caesarea, die mit Schätzen aller Art gefüllt waren, von seinen Soldaten ausplündern. Da richteten die gemäßigten und einflussreichen Juden, die um ihre und ihrer Angehörigen Sicherheit besorgt waren, an Felix die Bitte, er möge doch den Soldaten durch Trompetensignale Einhalt gebieten lassen und ihrer schonen, um ihnen Gelegenheit zur Sühne rur die begangenen Fehler zu geben. Diesem Verlangen willfahrte Felix sogleich. 8. Um diese Zeit übertrug der König Agrippa die hohepriesterliche Wurde an Ismael, den Sohn des Phabi. Übrigens gerieten jetzt auch die Hohepriester mit den Priestern und den Vornehmsten zu Jerusalem in Streit, sodass jeder von ihnen eine Schar verwegener und aufrührerischer Gesellen um sich sammelte, die, wo sie sich trafen, sich gegenseitig mit Beschimpfungen und Steinwürfen überschütteten. Niemand fand sich, der sie zurechtgewiesen hätte, sodass die Willkür sich immer breiter machte, als sei keine Obrigkeit mehr vorhanden. Schließlich gingen die Hohepriester in ihrer Dreistigkeit und in ihrem Übermut so weit, dass sie sich nicht scheuten, ihre Knechte auf die Tennen zu schicken und die den Priestern zustehenden Zehnten wegnehmen zu lassen, was zur Folge hatte, dass die ärmeren Priester aus Mangel an Lebensmitteln dem Tode verfielen. So war an die Stelle von Recht und Gerechtigkeit die zügelloseste 1Jrannei unruhiger Köpfe getreten. 9. Inzwischen folgte im Landpflegeramte dem Felix der von Nero er-
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nannte Porcius Festus.* Kaum war dieser eingetroffen, als sich die Häupter der in Caesarea wohnenden Juden nach Rom begaben, um Felix anzuklagen, und es fehlte nicht viel, so hätte dieser die den Juden zugefügten Kränkungen schwer gebüßt. Doch gelang es seinem Bruder PaIlas, der bei Nero damals in hohem Ansehen stand, durch inständige Bitten den Cäsar gnädig zu stimmen. Ja, die beiden vornehmsten der in Caesarea wohnenden Syrer suchten sogar den Burrus, der Neros Lehrer gewesen war und jetzt dessen griechische Korrespondenz besorgte, durch eine ungeheure Geldsumme zu bewegen, dass er ihnen einen Brief von Nero auswirke, in welchem den Juden die Gleichberechtigung mit den Syrern aberkannt werde. Burrus setzte auch wirklich durch seine Verwendung beim Cäsar die Ausfertigung eines solchen Briefes durch, und damit nahm das Leid, welches später über unser Volk hereinbrach, seinen Anfang. Als nämlich die Juden zu Caesarea den Inhalt dieses an die Syrer gerichteten Briefes erfuhren, verharrten sie im Aufruhr, bis zuletzt der förmliche Krieg sich daraus entwickelte. 10. Bei seiner Ankunft in Judäa fand Festus das Land in stetem Schrecken vor den Banditen, welche allenthalben die Dörfer einäscherten und plünderten. Diese so genannten Sikarier waren allmählich zu einer gewaltigen. Menge angewachsen. Sie führten kleine Dolche, die sich der Größe nach nicht viel von den persischen Akinaken unterschieden, aber gekrümmt waren wie die römischen »sicae«, woher auch die Banditen den Namen Sikarier erhielten. An Festtagen mischten sie sich, wie schon erwähnt, unter die Volksmenge, die von allen Seiten zum Gottesdienst in die Stadt strömte, und erdolchten so viele von den Andächtigen, als ihnen beliebte. Oft brachen sie auch bewaffnet in die Dörfer ihrer Opfer ein, plünderten alles und warfen den Feuerbrand in die Häuser. Um diese Zeit trat wieder ein Gaukler auf, welcher der Menge Glückseligkeit und Befreiung von allem Elend verhieß, wenn sie ihm in die Wüste folge. Festus aber sandte sogleich gegen den Betrüger und dessen Anhang Abteilungen zu Fuß und zu Pferde aus, die den ganzen Haufen niedermachten. 11. Ebenfalls um diese Zeit errichtete der König Agrippa ein weitläufiges Gebäude auf der ehemaligen Königsburg der Asamonäer nahe bei der Ringschule, und da das Gebäude in bedeutender Höhe lag, genoss man von hier aus einen reizenden Ausblick auf die Stadt. Daran hatte der König seine Freude, und wenn er hier auf einem Polster lag, konnte er alles übersehen, was im Tempel vor sich ging. Als dies die Vornehmsten von Jerusalem * 61 n. ehr.
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gewahrten, wurden sie sehr unwillig, weil es durchaus ungebräuchlich und ungesetzlich war, die Vorgänge im Tempel, besonders während der heiligen Handlungen, zu beobachten. Deshalb ließen sie oberhalb der Halle, welche im Innern des Heiligtums gegen Westen lag, eine hohe Mauer aufführen, die nicht nur dem Ruheplatz des Königs, sondern auch der westlichen Halle außerhalb des Tempels, von wo aus die Römer an Festtagen die Vorgänge im Tempel überwachen ließen, jeden Ausblick versperrte. Hierüber geriet nicht nur Agrippa, sondern in noch höherem Grade auch der Landpfleger Festus in Erregung, und der Letztere gab Befehl, die Mauer niederzureißen. Die Juden jedoch baten um die Erlaubnis, wegen dieser Angelegenheit Abgeordnete an Nero schicken zu dürfen, weil sie lieber sterben als einen Teil ihres Tempels zerstört sehen wollten. Da Festus dies gestattete, ordneten sie zehn vornehme Bürger aus ihrer Mitte sowie den Hohepriester Ismael und den Tempelschatzmeister Helkias an den Cäsar ab. Nero erteilte ihnen Audienz und verzieh ihnen nicht nur das Geschehene, sondern gestattete auch, dass das Bauwerk stehen blieb, und zwar tat er das seiner Gemahlin Poppaea zu Gefallen, die eine gottesfürchtige Frau war und sich deshalb für die Juden ins Mittel legte. Poppaea ließ alsdann nur die zehn Vornehmen heimkehren, behielt aber Helkias und Ismael als Geiseln zurück.* Als dies der König erfuhr, übertrug er die Hohepriesterwürde an Joseph mit dem Beinamen Kabi, den Sohn des ehemaligen Hohepriesters Simon.
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NEUNTES KAPITEL Albinus wird Landpfleger. Steinigung des Jakobus. Weitere Ereignisse unter Albinus.
1. Bald darauf gelangte die Nachricht vom Tode des Festus nach Rom, und nun schickte der Cäsar den Albinus als Landpfleger nach Judäa.** Der König aber entsetzte den Joseph wieder des Hohepriesteramtes und übertrug dasselbe dem Sohne des Ananus, der gleichfalls Ananus hieß. Dieser ältere Ananus soll einer der glücklichsten Menschen gewesen sein. Er hatte * Offenbar den luden zulieb. denen diese beiden Personen wegen ihrer Willkür verhasst waren.
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nämlich fünf Söhne, die alle dem Herrn als Hohepriester dienten, nachdem er auch selbst diese Wurde lange Zeit hindurch bekleidet hatte, und so etwas war noch bei keinem unserer Hohepriester der Fall gewesen. Der jüngere Ananus jedoch, dessen Ernennung zum Hohepriester ich soeben erwähnt habe, war von heftiger und verwegener Gemütsart und gehörte zur Sekte der Sadducäer, die, wie schon früher bemerkt, im Gerichte härter und liebloser sind als alle anderen Juden. Zur Befriedigung dieser seiner Hartherzigkeit glaubte Ananus auch jetzt, da Festus gestorben, Albinus aber noch nicht angekommen war, ein günstige Gelegenheit gefunden zu haben. Er versammelte daher den hohen Rat zum Gericht und stellte vor dasselbe den Bruder des lesus, der Christus genannt wird, mit Namen lalcobus, sowie noch einige andere, die er der Gesetzesübertretung anklagte und zur Steinigung führen ließ. Das aber erbitterte auch die eifrigsten Beobachter des Gesetzes, und sie schickten deshalb insgeheim Abgeordnete an den König mit der Bitte, den Ananus schriftlich aufzufordern, dass erfur die Folge sich ein ähnliches Unterfangen nicht mehr beifallen lasse, wie er auch jetzt durchaus im Unrecht gewesen sei. Einige von ihnen gingen sogar dem Albinus, der von Alexandria kam, entgegen und stellten ihm vor, dass Ananus ohne seine Genehmigung den hohen Rat gar nicht zum Gericht habe berufen dürfen. Diesen Ausführungen pflichtete Albinus bei und schrieb im höchsten Zorne an Ananus einen Brief, worin er ihm die gebührende Strafe androhte. Agrippa aber entsetzte ihn infolge dieses Vorfalls schon nach dreimonatlicher Amtsführung seiner Wurde und ernannte Jesus, den Sohn des Damnaeus, zum Hohepriester. 2. Als nun Albinus in Jerusalem angelangt war, gab er sich alle erdenkliche Mühe, das Land zu beruhigen und geordnete Zustände in demselben zu schaffen, indem er eine große Menge Sikarier niedermachen ließ. Der (frühere) Hohepriester Ananias aber stieg mit jedem Tage im Ansehen des Volkes und wurde stets mehr und mehr ausgezeichnet und geehrt. Er verstand es nämlich sehr gut, Geldgeschäfte zu machen, und wusste durch Geschenke sowohl den Landpfleger Albinus als auch den Hohepriester für sich einzunehmen. Dabei aber hatte er nichtswürdige Knechte, die sich mit den verwegensten Menschen ins Einvernehmen setzten, um von den Tennen die den Priestern gehörigen Zehnten zu rauben, und wer ihnen Widerstand zu leisten wagte, wurde mit Schlägen misshandelt. Die Hohepriester machten es ebenso, wie Ananias' Knechte, und da niemand sich ihnen widersetzen mochte, konnte es nicht ausbleiben, dass die Priester, die sich sonst von den Zehnten ernährten, aus Mangel zugrunde gingen.
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3. Bei einem Feste nun, das um diese Zeit gefeiert wurde, kamen auch die Sikarier wieder zur Nachtzeit in die Stadt, ergriffen den Schreiber des Tempelvorstehers Eleazar, der des Hohepriesters Ananias Sohn war, und führten ihn gebunden von dannen. Alsdann schickten sie einen Boten zu Ananias und versprachen, ihm den Schreiber zurückzuschicken, wenn er den Landpfleger veranlasse, zehn ihrer Genossen, die dieser gefangen hielt, freizugeben. Ananias, der keinen anderen Ausweg wusste, verwendete sich bei Albinus, und es gelang ihm, sein Gesuch bewilligt zu erhalten. Indes war das nur der Anfang von noch größerem Übel. Denn die Banditen suchten jetzt auf alle mögliche Weise irgendeinen von Ananias' Angehörigen oder Freunden in ihre Gewalt zu bekommen und hielten ihre Opfer jedes Mal so lange gefangen, bis einige ihrer Genossen freigegeben wurden. So wuchs ihre Zahl wieder an, und mit noch größerer Dreistigkeit als bisher verwüsteten sie das ganze Land. 4. Um diese Zeit hatte der König Agrippa die Stadt Caesarea Philippi erweitert und nannte sie nun dem Nero zu Ehren Neronias. Auch erbaute er zu Berytus mit großen Kosten ein Theater, in welchem er unter Aufwendung ungeheurer Summen alljährlich Schauspiele aufführen ließ, wobei er das Volk mit Getreide und Öl beschenkte. Dann schmückte er die ganze Stadt mit Statuen und Bildwerken nach den Originalen früherer berühmter Künstler und verlegte überhaupt fast den gesamten Glanz seiner Regierung in diese Stadt. Dadurch aber erregte er den Unwillen seiner Untertanen, weil er ihnen das Ihrige nehme und eine fremde Stadt damit verschönere. Übrigens erkannte der König um diese Zeit dem Jesus, Sohn des Damnaeus, die hohepriesterliche Wurde wieder ab und übertrug dieselbe dem gleichfalls den Namen Jesus führenden Sohne des Gamaliel, woraus sich zwischen den beiden ein Streit entspann. Jeder von ihnen sammelte eine Schar verwegener Menschen um sich, die sich gegenseitig in gröbster Weise schmähten und schließlich mit Steinen bewarfen. Allen zuvor aber tat es Ananias, indem er durch seinen Reichtum die meisten Anhänger auf seine Seite brachte. Ebenso hatten Kostobar und Saulus je eine Rotte verbrecherischer Menschen in Dienst genommen. Diese beiden stammten aus königlichem Geschlecht und standen ihrer Verwandtschaft mit Agrippa wegen in hohem Ansehen, waren aber übermütig und gewalttätig und auf die Ausplünderung der Schwächeren erpicht. Von dieser Zeit an kam unsere Stadt aus den Drangsalen nicht mehr heraus, und alle Verhältnisse trieben dem Untergang zu. 5. Da Albinus jetzt die Nachricht erhielt, Gessius Florus sei zu seinem
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Nachfolger ernannt und schon unterwegs, wollte er sich den Anschein geben, als habe er etwas für die Juden getan, und ließ daher alle Gefangenen, die offenbar den Tod verdient hatten, hinrichten, während er diejenigen, die wegen leichterer Vergehen im Kerker saßen, gegen Entrichtung einer bestimmten Geldsumme freigab. So leerten sich zwar die Gefängnisse von Übeltätern, das Land aber füllte sich mit Banditen. 6. Unterdessen begaben sich aus der Mitte der Leviten, die einen besonderen Stamm bilden, sämtliche Psalmensänger zum König und baten ihn, er möge den hohen Rat zusammenberufen und ihnen bei demselben das Recht erwirken, ebenso wie die Priester leinene Gewänder tragen zu dürfen. Denn es werde, meinten sie, seinen Regierungsjahren zum Ruhm gereichen, wenn er eine neue Einrichtung für ewige Zeiten treffe. Thr Verlangen wurde ihnen auch wirklich erfüllt; denn der König verlieh mit Zustimmung der Mitglieder des hohen Rates den Psalmensängern die Befugnis, ihre ehemalige Kleidung mit der gewünschten leinenen zu vertauschen. Einem anderen Teil des Stammes, dem die niederen Dienstverrichtungen im Tempel oblagen, gestattete er auf diesbezüglichen Antrag, die heiligen Gesänge zu erlernen. Das alles aber stand mit unseren althergebrachten Satzungen im Widerspruch, und so konnte es nicht ausbleiben, dass der Gesetzesübertretung die verdiente Strafe folgte. 7. Um diese Zeit ward der Tempel vollendet. Als nun das Volk die Handwerker, mehr denn achtzehntausend an der Zahl, müßig gehen sah, musste es befürchten, dass sie um Verdienst verlegen sein würden, da sie bisher durch die Arbeit am Tempel sich ihren Lebensunterhalt erworben hatten. Nun wollte man auch aus Furcht vor den Römern keine Tempelgelder mehr ansammeln und deshalb den vorhandenen Schatz zur Beschäftigung der Handwerker verwenden. Denn wenn einer von ihnen auch nur eine Stunde am Tempel gearbeitet hatte, erhielt er den Lohn dafür auf der Stelle ausgezahlt. Deshalb ging man den König mit der Bitte an, die östliche Halle wiederherzustellen. Das war ein Säulengang außen am Tempel, der sich längs eines tiefen Abgrundes hinzog und darum auf Mauern von vierhundert Ellen Höhe ruhte. Die Halle bestand übrigens aus blendend weißen Quadersteinen von je zwanzig Ellen Länge und sechs Ellen Höhe und war noch ein Werk des Königs Solomon, der zuerst einen einheitlichen Tempelbau hergestellt hatte. Da aber der König, dem vom Cäsar Claudius die Sorge für den Tempel anvertraut war, bei sich überlegte, wie leicht es sei, ein Bauwerk zu zerstören, wie schwer dagegen, es dann wiederherzustellen, zumal eine solche Halle, deren Erneuerung viel Zeit und Geld in Anspruch nehmen
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würde, gab er dem Verlangen der Juden nicht nach, erlaubte ihnen aber, die Stadt mit weißem Marmor zu pflastern. Alsdann entsetzte er Gamaliels Sohn Jesus wieder seines hohepriesterlichen Amtes und übertrug dasselbe an Matthias, den Sohn des Theophilus, unter dem der Krieg zwischen Römern und Juden zum Ausbruch kam.
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ZEHNTES KAPITEL Überblick über die sämtlichen Hohepriester bis zum Ende des Krieges.
1. Ich halte es nunmehr für notwendig und dem Zweck dieses Geschichtswerkes besonders dienlich, von den Hohepriestern anzugeben, woher sie stammten, wem es gestattet war, die Würde zu bekleiden, und wie viele derselben es bis zum Ende des Krieges gab. Der allererste Hohepriester Gottes war, wie berichtet wird, Aaron, der Bruder des Moyses. Diesem folgten, als er gestorben war, seine Söhne, und von da an blieb die Würde erblich bei seinen Nachkommen. Es gilt daher bei uns das Gesetz, dass niemand Hohepriester Gottes werden kann, der nicht von Aaron abstammt. Aus einer anderen Familie darf niemand, und wenn es der König selbst wäre, auf diese Würde Anspruch machen. Von Aaron also, dem ersten Hohepriester, an zählte man bis auf Phinees, der während des Krieges von den Empörern eingesetzt wurde, im Ganz.en dreiundachtzig Hohepriester. Von diesen bekleideten seit der Zeit, da die von Moyses dem Herrn errichtete Hütte in der Wüste stand, bis zur Ankunft in Judäa, wo der König Solomon Gott den Tempel erbaute, dreizehn das Hohepriesteramt. Anfangs behielten sie die Würde bis zum Ende ihres Lebens, während sie später auch schon zu Lebzeiten durch Nachfolger ersetzt wurden. Jene dreizehn nun, die von den beiden Söhnen Aaron abstammten, erhielten ihr Amt in regelmäßiger Nachfolge. Wahrend ihrer Amtsführung war die Verfassung zunächst eine aristokratische, dann eine solche der Regierung eines Einzigen, und endlich die des Königtums. Die Zahl der Jahre, während, welcher jene dreizehn die Würde bekleideten, belief sich von dem Tage, da unsere Vater unter Moyses' Anführung Ägypten verließen, bis zur Grundsteinlegung des vom Könige Solomon zu Jerusalem erbauten Tempels auf sechshundertzwölf. 2. Nach diesen dreizehn Hohepriestern hatten das Amt achtzehn inne, die seit der Zeit des Königs Solomon zu Jerusalern aufeinander folgten, bis der
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babylonische König Nabuchodonosor gegen die Stadt zog, das Heiligtum den Flammen preisgab, unser Volk nach Babyion wegführte und den Hohepriester Josadak gefangen nahm. Die Dauer ihrer Amtsführung betrug vierhundertsechsundsechzig Jahre, sechs Monate und zehn Tage, während welcher Zeit die Juden unter Königen standen. Siebzig Jahre nach der Zerstörung Jerusalems durch die Babyionier ließ der Perserkönig Cyrus die Juden aus Babyion in ihre Heimat zurückkehren und erlaubte ihnen, den Tempel wieder aufzubauen. Jetzt erhielt Josadaks Sohn Jesus, einer von den Heimgekehrten, die hohepriesterliche Wurde. Dieser und seine Nachkommen, fünfzehn im Ganzen, regierten bis auf den König Antiochus, Eupator den nunmehr wieder demokratischen Staat vierhundertzwölf Jahre hindurch. 3. Jener Antiochus und sein Feldherr Lysias waren die Ersten, die einen Hohepriester, nämlich den Onias mit dem Beinamen Menelaus, seiner Würde beraubten, indem sie ihn zu Beroea umbringen ließen und mit Umgehung seines Sohnes den Jakim zum Hohepriester machten, der zwar aus Aarons Geschlecht, aber nicht aus dem Hause des Onias stammte. Deshalb zog Onias, der Vetter des verstorbenen Onias, nach Ägypten, erwarb sich hier die Gunst des Ptolemäus Philometor und seiner Gemahlin Kleopatra und bewog dieselben, ihn im Bezirk von Heliopolis Gott einen ähnlichen Tempel, wie der zu Jerusalern war, erbauen zu lassen, sowie ihn selbst zum Hohepriester zu ernennen. Von diesem in Ägypten erbauten Tempel habe ich schon wiederholt gesprochen. Jakim aber, um wieder auf ihn zurückzukommen, starb schon nach dreijähriger Führung des Hohepriesteramtes. Er erhielt nicht sogleich einen Nachfolger, sondern die Stadt blieb nun sieben Jahre lang ohne Hohepriester. Später aber, als den Asamonäern die Leitung des Volkes anvertraut war, ernannten diese nach Beendigung des Krieges mit den Makedoniern den Jonathas zum Hohepriester, der sieben Jahre lang die Wurde innehatte. Als dieser nun, wie ich schon früher irgendwo erwähnt habe, von Tryphon mit List aus dem Wege geräumt worden war, erhielt sein Bruder Simon das Amt. Simon wurde ebenfalls, nachdem er ein Jahr länger wie sein Bruder die Würde bekleidet hatte, hinterlistigerweise beim Mahle umgebracht, und es folgte ihm sein Sohn Hyrkanus. Als Hyrkanus dreißig Jahre lang Hohepriester gewesen war, starb er in hohem Alter und hinterließ als Nachfolger den Judas, der auch Aristobulus genannt wurdeo Dieser bekleidete zugleich mit der hohepriesterlichen auch die königliche Wurde, denn er war der Erste, der sich die Krone aufsetzte. Doch regierte er danach nur noch ein Jahr, und als eine Krankheit ihn dahingerafft, 4. folgte ihm sein Bruder Alexander, der siebenundzwanzig Jahre lang
* Geringe Umstellung.
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Hohepriester und König blieb und sterbend seiner Gemahlin Alexandra die Befugnis übertrug, einen neuen Hohepriester zu ernennen. Alexandra übergab alsdann das Amt ihrem Sohne Hyrkanus, und als sie nach neunjähriger Regierung starb, war es auch mit des Hyrkanus Hohepriesterturn aus. Denn nach dem Tode der Mutter eITegte sein Bruder Aristobulus Krieg gegen ihn, besiegte ihn und entsetzte ihn seiner Würde, um an seiner Stelle Hohepriester und König zugleich zu werden. Drei Jahre und drei Monate nach seiner Thronbesteigung indes kam Pompejus nach Judäa, eroberte Jerusalem mit stürmender Hand und sandte Aristobulus samt seinen Kindern gefangen nach Rom. Nun wurde Hyrkanus wieder in sein Amt als Hohepriester eingesetzt und erhielt auch die Regierungsgewalt, aber nicht die Königskrone. So herrschte Hyrkanus weitere vierundzwanzig Jahre. Dann aber überschritten die parthischen Fürsten Barzapharnes und Pakorus den Euphrat, überzogen Hyrkanus mit Krieg, nahmen ihn gefangen und setzten Aristobulus' Sohn Antigonus als König ein. Nachdem dieser drei Jahre und drei Monate regiert hatte, eroberten Sosius und Herodes die Stadt Jerusalern, worauf er nach Antiochia gebracht und dort auf Antonius' Befehl hingerichtet wurde. 5. Nun erhielt Herodes von den Römern die HeITschaft und ernannte keine Angehörigen des Asamonäergeschlechtes mehr zu Hohepriestern, sondern mit Ausnahme des Aristobulus Männer aus unberühmten und nur priesterlichen Familien. Aristobulus aber, den Enkel des von den Parthern gefangen genommenen Hyrkanus und Bruder seiner späteren Gattin Mariamne, machte er nur deshalb zum Hohepriester, weil er sich die Gunst des Volkes, bei dem das Andenken des Hyrkanus in Ehren stand, verschaffen wollte. Da er jedoch später befürchtete, es möchten alle zu Aristobulus halten, räumte er denselben aus dem Wege, indem er ihn zu Jericho beim Baden ertränken ließ, wie ich schon früher mitgeteilt habe. Nach ihm erhielt kein Asamonäer mehr die hohepriesterliche Würde. Ebenso wie Herodes verfuhren bei Ernennung der Hohepriester auch sein Sohn Archelaus und nach diesem die Römer, als sie das jüdische Reich erobert hatten. Von der Zeit des Herodes nun bis zu dem Tage, da Titus den Tempel und die Stadt einäscherte, gab es im ganzen achtundzwanzig Hohepriester, deren Amtsführung sich über eine Zeit von hundertundsieben Jahren erstreckte. Einige von diesen bekleideten die Würde noch unter Herodes und seinem Sohne Archelaus, nach deren Ableben der Staat aristokratisch verwaltet wurde, während die Aufsicht über das Volk den Hohepriestern anvertraut war. Das mag über die Hohepriester genügen.
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ELFTES KAPITEL Vom Landpfleger Gessius Florus, der die Juden zum Kriege gegen die Römer trieb. 252
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1. Was nun Gessius Florus anlangt, den Nero als Nachfolger des Albinus gesandt hatte*, so verhängte er unsägliches Leid über die Juden. Er stammte aus Klazomenae und brachte seine Gattin Kleopatra mit, die als Freundin und an Gottlosigkeit** ebenbürtige Genossin von Neros Gemahlin Poppaea ihm das Amt eines Landpflegers von Judäa verschafft hatte. Mit der ihm hierdurch verliehenen Gewalt trieb er nun einen so schmählichen und nichtswürdigen Missbrauch, dass die Juden gegenüber seiner Schlechtigkeit Albinus noch als ihren Wohltäter priesen. Denn dieser hatte wenigstens seine Bosheit zu verbergen gesucht und sich sorgfältig in Acht genommen, um nicht überall in Verruf zu geraten. Gessius Florus dagegen prahlte mit der Misshandlung unseres Volkes, als wäre er nur geschickt worden, um seine Bosheit an den Tag zu legen, und es lässt sich keine Art von Erpressung oder sonstiger Ungerechtigkeit denken, deren er nicht fähig gewesen wäre. Denn er war grausam und hartherzig und so unersättlich in seiner Habgier, dass er zwischen wenig und viel gar keinen Unterschied kannte und selbst mit Banditen zu teilen sich nicht scheute. Diese gingen daher in großer Anzahl dem Raube nach, weil sie sicher sein konnten, dass ihnen gegen Abgabe eines Teiles der Beute nicht das Mindeste zuleide geschah. Damit aber war das Maß des Elendes noch nicht voll, sondern da die unglücklichen Juden die Plünderungen seitens der Räuber nicht mehr ertragen konnten, mussten sie sämtlich ihre Wohnsitze verlassen und ihr Heil in der Flucht suchen, weil sie überall im Ausland ein besseres Los erhoffen durften. Kurz, Florus war es, der uns so weit brachte, dass wir den Krieg mit den Römern aufnahmen, weil wir lieber auf einmal als in langsamem Todeskampf untergehen wollten. Dieser Krieg nahm seinen Anfang im zweiten Jahre der Amtsführung des Florus und im zwölften der Regierung des Nero.*** Was wir während desselben zu tun gezwungen waren und was wir Schreckliches erdulden mussten, darüber kann sich jeder genaue * 64 n. Chr. ** Vergl. hierzu xx, 8, 11, wo losephus genau das entgegengesetzte Urteil über Poppaea fällt. *** 66 n. Chr. Vergl. Tacitus, Historien, V, 10.
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Kenntnis verschaffen, wenn er meine Bücher über den Jüdischen Krieg lesen will.
ZWÖLFTES KAPITEL Schlusswort.
1. Somit will ich denn mein Werk über die Jüdischen Altertümer beendigen, an welche sich das Werk über den Krieg sogleich anschließen soll.* Die Altertümer enthalten die überlieferte Geschichte von der Erschaffung des ersten Menschen bis zum zwölften Regierungsjahre des Cäsars Nero und berichten, was uns Juden in Ägypten, in Syrien und in Palästina widerfahren ist, ferner die Drangsalierungen vonseiten der Assyrer und Babyionier, dann der Perser und Makedonier, und endlich die Unterjochung durch die Römer. Das alles glaube ich mit größter Genauigkeit geschildert zu haben. Auch habe ich mir Mühe gegeben, die Reihenfolge sämtlicher Hohepriester anzuführen, die es in zweitausend Jahren gegeben hat. Weiterhin habe ich wahrheitsgetreu die Geschichte der Könige, ihre Taten, Regierungsart und Machtstellung nach Anleitung unserer heiligen Schriften auseinander gesetzt, wie ich dies gleich zu Anfang dieses Werkes versprochen habe. Ich darf nun am Schlusse meiner Geschichte wohl zuversichtlich behaupten, dass selbst beim besten Willen kein anderer, sei er Jude oder Ausländer, den Inhalt dieses Werkes so getreu in griechischer Sprache wiederzugeben imstande gewesen wäre. Denn wie meine Landsleute mir das Zeugnis geben können, dass ich mich in den Wissenschaften meines Vaterlandes besonders hervorgetan habe, so habe ich mich auch mit der griechischen Sprache eingehend befasst und ihre grammatischen Regeln gründlich erlernt, wiewohl das geläufige Sprechen derselben mir durch die Sitte meiner Heimat unmöglich gemacht wird. Bei uns sind nämlich diejenigen nicht besonders angesehen, die in vielen Sprachen bewandert sind und auf Schönheit im Ausdruck Wert legen, da diese Kunst als Gemeingut nicht nur der Freien, sondern auch der Sklaven gilt. Vielmehr genießen nur diejenigen bei uns den Ruf von Weisen, die eine gründliche Kenntnis des Gesetzes verraten u~d die Bedeutung der heiligen Bücher nach Wort und Inhalt zu * Geschrieben ist das Werk über den Krieg indes vor den »Altertümern« (vergl. z. B. XII, 5,2).
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erklären vermögen. Obwohl sich nun gar viele den größten Fleiß in diesem Fache nicht haben verdrießen lassen, haben doch kaum zwei oder drei eine besondere Vollkommenheit darin erreicht und alsbald die Frucht ihrer Mühen eingeheimst. Vielleicht aber wird es nicht unpassend erscheinen, wenn ich über meine Herkunft und über das, was ich während meines Lebens getan habe, einiges mitteile, solange es noch Zeugen gibt, die meine Angaben entweder, wenn sie auf Wahrheit beruhen, bestätigen, oder, wenn sie falsch sind, widerlegen können. Hiermit beschließe ich also meine Altertümer, die aus zwanzig Büchern und sechzigtausend Zeilen* bestehen, und so Gott will, erzähle ich später in kurzer Darstellung den Hergang des Krieges** und meinen eigenen Lebenslauf bis auf den heutigen Tag, der in das dreizehnte Regierungsjahr des Cäsars Domitianus*** und in das sechsundfünfzigste Jahr meines Lebens fällt. Ich habe die Absicht, auch noch vier Bücher über die Lehre der Juden von Gott und seinem Wesen nach altehrwürdiger Überlieferung zu schreiben sowie ferner ein Werk über die Gesetze und den Grund zu verfassen, weshalb uns nach deren Vorschriften das eine erlaubt und das andere verboten ist.
* at LXOL. Jede dieser Zeilen war somit um neun Buchstaben kleiner als eine griechische Zeile der Dindorf'schen Text-Ausgabe (Paret).
** D. h. soweit er bei der Abfassung des Lebenslaufes in Betracht kam, denn die eigentliche Geschichte des Krieges war ja schon erschienen.
*** 93 n. ehr.
NRmENREG1STER
Die römische Ziffer bedeutet das Buch, die erste arabische das Kapite~ die zweite arabische den Abschnitt, also IL 13, 1 = II. Buch, 13. Kapitel, 1. Abschnitt. Aaron, Moyses' Bruder, IL 13, 1; IIL 2, 4; IIL 8, 1 bis Iv, 4, 7; xx, 10, l. Ahaneth, Priestergürtel, IIL 7, 2. Ahar, Asers Sohn, IL 7, 4. Ahar (Abarim), Bergreihe in Palästina, welche den zu dem Gefilde Moabs (gegenüber JeridlO) und zum toten Meer, mindestens zu dessen nördlichem Teile abfallenden Westrand der moabitischen Hochebene bildet, Iv, 8, 48. Ahassar, Statthalter von Persien, Syrien und Phönizien, XL 1,3; 4, 4. Ahba (Ab), hebräischer Monatsname, makedonisch Loos, entspricht Teilen unseres Juli und August (10sephus gebraucht immer den makedonischen Kalender), Iv, 4, 7. Ahdagases, parthischer Befehlshaber, XVIIL 9, 4. Ahdeel, Ismaels Sohn, L 12, 4. Ahdemon, VIIL 5, 3. Ahdenago (Azarias), Daniels Gefährte, X, 10, 1 ff. Ahdon, Richter, Nachfolger des Elon, V, 7, 15. Ahel, Adams Sohn, L 2, 1. Ahela, Stadt in Palästina, etwa 3 Stunden südlich von Bethsana (Skythopolis) im Jordantal gelegen, zu Isachar gehörig, VIIL 13, 7. Ahellane, Stadt in Nord-Palästina, unfern von Dan und Ijon im Stamme Nephthali gelegen, wahrscheinlich das heutige Abil el Kamh, VIIL 12, 4. Ahelmachea, dasselbe wie Abellane, VIL 11, 7. Ahener, Sauls Feldherr, VI, 6, 6 bis VIL 1, 5. Ahennerig, König zu Charax Spasini, xx, 2, 1. Ahesalom, Davids Sohn, VIL 1, 4 bis 10, 2. Ahessa, Davids Neffe und Joabs Bruder, VIL 1, 3 ff. Ahia, Samuels Sohn, VI, 3, 2. Ahia, Achaz' Gattin, Ix, l3, 1. Ahias, Roboarns Sohn, VIL 8, 5 bis VIIL 11, 3. Ahias, arabischer Fürst, xx, 4, l. Ahiathar, Sohn des Abimelech, VI, 12, 6; 12, 8; VIL 5, 4; 9, 2; 9, 7; 14,4; VIIL 1,3. Ahibalos, König von 'IJrus, VIIL 5, 3. Ahida, Gattin des Königs Asanus, VIIL 12, 6. Ahiezer, Sohn des Phinees, Hohepriester, V, 11, 5. Ahigaea, Nabals und nach dessen Tode Davids Weib, VI, l3, 7; VIL 1,4. Ahigaea, Mutter des Amessas, VIL 10, l. Ahila, Stadt in Peräa, zwölf römische Meilen östlich von Gadara, heute die südlich vom Hieromax gelegene 'frümmerstadt Abil, IV, 8, 1; V, 1, 1; XIL 3, 3. Ahila Lysaniae, Hauptstadt der nach ihr benannten Landschaft Abilene in Coelesyrien, XIx, 5,'1. Ahilamarodach, Nabuchodonosors Sohn, X, 11, 2. Ahimael, Juktas' Sohn, L 6, 4. Ahimelech, König von Gerara, L 12, 1 ff.
Ahimelech, Gedeons Sohn, V, 7, 1 ff. Ahinadab, Statthalter Solomons, VIIL 2, 3. Ahiram, Gegner des Moyses, Iv, 2, 2 ff. Ahisa, Sohn von Davids Schwester Sarvia, VI, 13, 9; VIL 1,3; 5, 4. . Ahisake (Abisag), Davids Beischläferin, VIL 14, 3; VIIL 1,2. Ahitaal, Davids Gattin, VIL 1, 4. Ahiu, Aarons Sohn, IIL 8,1; 8, 7. Ahram, Sohn des Tharrus, L 6, 5 ff. Ahramsheim, Dorf bei Damaskus, L 7, 2. Ahsalom, Vater des Mattathias, XIIL 5, 7. Ahsalom, Aristobulus' Oheim, XIV, 4, 4. Ahuma, Stadt Palästinas in der Nähe von Sichern, heute die Ruinen el-'Orma, zwei Stunden südöstlich von Sichern an der StraJ~e von Nabulus nach dem Jordan gelegen, X, 5, 2. Achab, Sohn des Amarinus, König der Israeliten, VIII., 12,5 ff. Achamon, Stadtkommandant unter Achab, VIIL 15, 4. Achar, Sohn des Zebedias, V, 1, 10 ff. Achaz, König der Juden, Ix, 12, 1; 12,3. Achemaeus, Vater eines der Helden Davids. VIL 12, 4. Achiab, Neffe Herodes' des Großen, xv, 7, 8; XVIL 7; 10,4. Achiala, Gattin des Königs Amasias, Ix, 10, 3. Achias, Hohepriester, VI, 6, 2. Achias, Seher, VIIL 7, 7; 11, 1; X, 4, 4. Achiba, Ezekias' Gattin, Manasses' Mutter, X, 3, 1. Achilaus, Davids Geheimkämmerer, VIL 11, 8. Achilus, Josaphats Vater, VIL 5; 4. Achima, Davids Weib, VI, 13, 10; VIL 1, 4. Achiman, des Berzelaeus Sohn, VIL 11, 4. Achimas, Sadoks Sohn, Hohepriester, VIL 9, 2; 10, 4; X,
8,6. Achimelech, Hohepriester, VI, 12, 1; 12,4 u. 6. Achinadab, Statthalter von GaWäa unter Solomon, VIIL 2, 3. Achitob, Hohepriester, VI, 6, 5; VIIL 1, 3. Achitophel, Genosse Abesaloms bei dessen Empörung gegen David, VIL 9, 2 ff. Achonius, vornehmer Jerusalemer, XL 5, 4. Achratheus, Verschnittener, XL 6, 7. Actium, flache, sandige Landzunge von dreieckiger Form (jetzt la Punta), die westliche Spitze von Akarnanien, welche mit der gegenüberliegenden Spitze von Epirus die breite Mündung des Ambrakischen Meerbusens bildet, xv, 5, 1 ff.; 6, 1; XVI., 5, 3; XVIIL 2, l. Ada, Lamechs Weib, L 2, 2. Ada, Esaus Weib, L 18,4. Adad, König von Damaskus und Syrien, VIL 5, 2. Seine Nachfolger, alle desselben Namens, VIIL 14, 1 bis Ix, 8, 7. Adaeus, Statthalter von Syrien unter Xerxes, XL 5, 6. Adam, Stammvater des Menschengeschlechtes, L 1, 2 ff.
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Namenregister
Adar, der letzte Monat des Jahres bei den Juden, makedonisch Dystros (etwa unser März), IV, 8,49; XI; 4, 7; 6, 2; 6, 12; XIL 10, 5. Adasa, Dorf Judäas (nach Schwarz das heutige Dorf Dschora di al Chadas), XIL 10, 5. Addida, von dem Makkabäer Simon befestigte Stadt auf einer Berghöhe am Ostrand der von Joppe südwärts zwischen dem Judäischen Gebirge und der Küste des Mittelmeeres sich erstreckenden Niederung, zu Judäa gehörig, XIIL 6, 5; 15, 2. Ader, Idumäer, Solomons Feind, VIIL 7, 6. Adiabene, assyrische Landschaft, xx, 2, 1 ff. Adonias, Davids Sohn, VIL 1, 4 bis VIIL 1, 3. Adonibezek, König der Bezeker, V, 2, 2. Adora, Stadt im südlichen Binnenlande des Stammes Judas, von Jeroboam befestigt., in der nachexilischen Zeit zu Idumäa gehörig, das heutige Dura im Distrikt Hebron, XIIL 6, 5; 9, 1. Adoraim, Stadt in Judäa, wohl dasselbe wie Adora, VIIL 10, 1. Adoram, Sohn des Thaenus, VIL 5, 4; 11, 8; VIIL 2, 9. Adramelech, Sohn des Assyrierkönigs Senacherib, X, 1, 5. Adrazar, König von Sophene, VIL 5, 1; VIIL 7, 6. Adullama (Adullam), uralte chananaeische Königsstadt., in der zum Stamme Judas gehörigen Niederung gelegen, vielleicht das heutige Dorf Deir Dubban, VI, 12, 3. Aegaeae, Stadt in Makedonien im Distrikt Emathia am Flusse Lydias, das heutige Roglena, XL 8, 1. Aegitha, Davids Weib, VIL 14, 4. Aegia, Davids Weib, VIL 1, 4. Ägypten, von den Juden Mestre genannt., L 6, 2 ff. Aelana, idumäische Hafen- und Handelsstadt an der östlichen Spitze des Arabischen Meerbusens (sinus aelaniticus) im peträischen Arabien, heute Akaba, VIIL 6,4. Aeman, hebräischer Weiser zur Zeit Solomons, VIIL 2, 5. Aelius Gallus, Statthalter von Ägypten, XV, 9, 3. Aemilische 'llibus, XIv, 10, 19. Aemilius Regulus, einer der Verschworenen gegen Caligula, XIx, 1, 3. Aeneas, Antipaters Sohn, XIV, 10, 22. Aeneas, arabischer König, XVI, 9, 4. Äoler, von den Juden Elysäer genannt., L 6, 1. Aeris, Sohn des Gad, IL 7, 4. Aesopus, AIexandras Diener, XV, 3, 2. Aeta, die Steinkluft, wo Samson hauste, V, 8, 8. Äthiopien, seine Bewohner L 6, 2; Krieg g~gen Ägypten IL 10, 1 f.; Beschneidung VIIL 10, 3. Athiopien im weiteren Sinne ist alles dasjenige Südland, welches man sich von dem ebenso unbestimmten so genannten Volke der Äthiopen bewohnt dachte, im engeren Sinne das südlich von Philä am Nil aufwärts gelegene, vom Arabischen Meer begrenzte und bis an die Küste des Indischen Meeres reichende Land. Aezel (Usal), Juktas' Sohn, L 6, 4. Afrika, benannt nach Abrams Sohn Apher, L 15. Agaba, Stadt in Palästina, jetzt unbekannt., XIIL 16, 5. Agag, König der Amalekiter, VI, 7, 2. Agalla, Stadt in Arabien an der Grenze des Moabiterlandes, deren Reste bei der heutigen Quelle 'Ain el Feschka (Mistquelle) am Nordende des toten Meeres zu suchen sind, XIV, 1, 4. Agar (Hagar), IsmaeIa Mutter, L 10, 4.
Agatharchides, Geschichtsschreiber, XIL 1. Agathokles, athenischer Archout., XIV, 8, 5. Aggaeus, Prophet., XL 4, 5; 4, 7. Aggitha, Davids Weib, VIL 1, 4. Agrippa, Marcus, Konsul, XIV, 16,4 ff. Agrippa der Große, XVIL 2, 2; XVIIL 5, 4 ff; XIx, 4, Iff. Agrippa, Agrippas des Großen Sohn, XVIIL 5, 4; XIx, 9,2; xx, 1, 1; 6, 3. Agrippa, des Herodes Freund, xv, 9, 3; 10, 3. Agrippa, Sohn des Aristobulus und der Salome, XVIIL
5,4.
Agrippa, Sohn des Landpflegers Felix, xx, 7, 2. Agrippias, häufiger Anthedon, Hafenstadt im Süden von Palästina, das heutige Kefr-Hette, XIIL 13, 3; XIv, 5, 3; xv, 7, 3; XVIIL 6, 3. Agrippina, Claudius' Gattin, xx, 8, 1 f. Agrippinus, Sohn des Demetrius und der Mariamne, xx, 7, 3. Ahion (Ajone), Stadt Palästinas im Stamme Nephthali, heute nur noch Ruinen auf dem Tell Nama. VIIL 12,
4. Aikam, Vater des Godolias, X, 9, 1. Akkaron, eine der fUnf Philisterstädte, jetzt Akir oder Aker, zwei Stunden östlich von Jamnia, V, 1, 22 ff.; VI, 1,2 f.; Ix, 2, 1; XIIL 4, 4. Ake, s. Ptolemals. Akme, Sklavin, XVIL 5, 7; 7. Akrabatene (Akrabatta), Toparchie im Norden v. Judäa mit gleichnamiger Hauptstadt. Letztere, das heutige Akrabi, XII 8, 1. Akusilaus, Geschichtsschreiber, L 3, 9. Albaner, die, skythischer oder sarmatischer Volksstamm im Küstenland am Kaspischen Meere, gegen Westen an Iberien, eine rings von Gebirge umschlossene Landschaft im nördlichen Asien, grenzend, XVIIL 4, 4. A1binus, Landpfleger von Judäa, xx, 9, 1 f. A1exander Jannaeus, Sohn des Hyrkanus, XIIL 12, Iff. Alexander, Aristobulus' Sohn, XIv, 4, 5 ff. A1exander, Sohn Herodes' des Großen, xv, 10, 1 ff. A1exander, Sohn des Alexander und der Glaphyra, XVIIL 5, 4. A1exander, Vorsteher der alexandrinischen Juden, XVIIL 6, 3; 8, 1; XIx, 5, 1. Alexander, Zollpächter, xx, 5, 2. A1exander, Sohn des Dorotheus, XIL 8, 5. Alexander, Sohn des Jason, XIL 8, 5. Alexander, PhasaeIs Sohn, XVIIL 5, 4. A1exander, Theodors Sohn, XIV, 10, 10; 10, 12. Alexander, der falsche, XVIL 12, 1 ff. A1exander, Hohepriester, xx, 10, 1. A1exander der Große, XL 8, 1 ff. Alexander Balas, XIIL 2, 1 ff. A1exander Zehinas, XIIL 9, 3. A1exander, Sohn des armenischen Königs Tigranes, XVIIL 5, 4. A1exander, des Antonius Freund, xv, 6, 7. Alexander Polyhistor, Geschichtsschreiber, L 15. Alexandra (griechischer Name rur Salome), Gattin des Aristobulus, XIIL 12, 1. Alexandra, des AIexander Jannaeus Gattin, XIIL 16, 1 ff. Alexandra, Tochter des Hyrkanus, XV, 2, 5 ff.
1004
Flavius Josephus: Jüdische Altertümer
Alexandra, des Königs Aristobulus Tochter, zuerst mit Philippion, später mit Ptolemaeus Mennaei vermählt, XIV, 7, 4. Alexandra, Phasaels Tochter, XVIII, 5, 4. Alexandria, die bekannte Stadt in Ägypten, XIII, 3, 4; XIV, 7, 2; XIX, 1, 12; 5, 2. Alexandrium, Kastell Palästinas an der Straße von Skythopolis nach Jerusalern, wahrscheinlich von Alexander Jannaeus erbaut, vielleicht das heutige Kefr Stilna, XIII, 16,3; XN, 5, 4; 15,4; XVI, 2, 1; 11, 7. Alexas, Freund Herodes' des Großen, XVII, 1, 1 ff. Alexas Helkias, Antipaters Schwiegersohn, XVIII, 5, 4. Alibama, Esaus Weib, I, 18,4. Alkimus, Hohepriester, XII, 9, 7 ff. Amadath, Vater des Aman, XI, 6, 5. Amalek, Sohn des Eliphaz, 11, 1, 2 .. Amalekiter, uraltes Volk in Arabia peträa, südwestlich von Palästina, zwischen dem Gebiete der Edomiter (Idumäer) und der Grenze Ägyptens. Um das Jahr 800 v. Chr. verschwinden sie gänzlich. 111, 2, 1 ff.; IV, 8, 44; V, 6, I ff.; IX, 9, 1 f. Amalekitis, 11, 1, 2. Aman, einflussreicher Günstling des Perserkönigs Artaxerxes, XI, 6, 5 ff. Aman, Adads Page, VIII, 15,5. Amanus, Berg in Cilicien, I, 6, 1 f. Amaram, Moyses' Vater, 11, 9, 3. Amaram, vornehmer Jude, xx, 1, 1. Amarinus (Omri), König der Israeliten, VIII, 12, 5. Amasias, König der Juden, IX, 9, 1 ff. Amasias, Richter, IX, 1, 1. Amasias, Sohn des Königs Achaz, IX, 12, 1. Amasias, Stadtkommandant von Jerusalern unter Josias, X, 4,1. Amathe, Stadt in Phönizien, von den Makedoniern Epiphania genannt, am Fuße des Hermon, führt heute noch den alten Namen Hamath, I, 6, 2; 111, 14,2; VII, 5, 4; VIII, 6, 3. Amathius, Sohn des Chanaan, I, 6, 2. Amathus, jetzt Amateh, Stadt in Peräa, drei Stunden südlich von Pella an der Ostseite des Jordan, IX, 10, 1; XVII, 10, 6; XIII, 13,3; XN, 5, 4. Amhivius, Marcus, Landpfleger von Judäa, XVIII, 2, 2. Amessas, Abesaloms Heerführer, VII, 10, 1 ff. Aminadab, Davids Bruder, VI, 8, 1. Aminadab, Sauls Sohn. VI, 14, 7. Aminadab, Levit, VI, 1, 4; VII, 4, 2. Amitala, Joachaz' Mutter, X, 5, 2. Ammaniter, die, Nachbarvolk der Israeliten, dessen Wohnsitze im Südosten von Palästina zwischen den Flüssen Arnon Getzt el MojIb) und dem oberen Jabbok Getzt ez-Zerka) durch das 5-6 Meilen breite Gebiet der Stämme Rubel und Gad vom toten Meere und dem unteren Jordan getrennt waren. Die Hauptstadt ihres Landes war Rabbath-Ammon, das spätere Philadelphia. Die Ammaniter verschwinden seit dem 8. Jahrhundert aus der Geschichte. I, 11, 5; V, 7, 7; VI, 5, 1 ff.; IX, 10,3. Amman, Lots Sohn, Stammvater der Ammaniter, I, 11, 5. Ammonius, XIII, 4, 6. Amnon, Davids Sohn, VII. 1, 4 ff. Amoritis (Amoraea), das Land der Amoriter, Amoräer oder Amorrhäer, IV, 5, 1 f.; 7, 3. Grenzen des Landes IV, 5, 2. Amorrhaeus, Sohn des Chanaan, I, 6, 2.
Amos, König zu Jerusalern, X, 3, 2; 4, 1. Amraphel, assyrischer Heerführer, I, 9. Amyr, Phares' Enkel, 11, 7, 4. Anacharis, assyrischer Feldherr, X, 1, 1. Ananel, Hohepriester, XV, 2, 4; 3, 1; 3, 3. Ananias, Daniels Gefährte, X, 10, I f. Ananias, Ältester. XI, 4, 9. Ananias, Feldherr, XIII, 10,4; 13, 1 f. Ananias, jüdischer Kaufmann, xx, 2, 3. Ananias, Hohepriester, xx, 5, 2 ff. Ananus, Hohepriester, XVIII, 2, 1 f.; XIX, 6, 2; xx, 9, 1. Ananus, Centurio, xx, 6, 2. Anathoth, Priesterstadt im Stamme Benjamin auf der Heerstraße, die vom Norden Palästinas nach Jerusalern führte, jetzt Anata, ein kleines Dorf nordöstlich von Jerusalern, X, 7, 3. Andreas, Befehlshaber der Leibwache des Ptolemäus Philadelphus, XII, 2, 2. Andromachus, Herodes' des Großen Vertrauter, XVI, 8, 3. Andronikus, des Messalamus Sohn, XIII, 3, 4. Anilaeus, babylonischer Jude, XVIII, 9, 1 ff. Ankyra, Stadt in Asien, ursprünglich zu Phrygien gehörig, später Hauptstadt von Galatien, Mittelpunkt der großen Heerstraße von Byzanz nach Syrien, jetzt Angora oder Engürieh, XVI, 6, 2. Anna, chananaeische Königsstadt, heute die Ruinen Tell-el-Hagar südöstlich von Beitln, V, 1, 15. Anna, Samuels Mutter, V, 10, 2. Annihas, Einwohner von Peräa, xx, 1, 1. Anoch, Sohn des KaIS, I, 2, 2. Anoch, Sohn des Jared, I, 3, 4. Anoch, Sohn des Madian, I, 15. Anoch, Sohn des Rubel, 11, 7, 4. Anocha, von KaIs gegründete Stadt, I, 2, 2. Antaeus, I, 15. Antejus, Vater und Sohn, XIX, 1, 15. Anthedon, s. Agrippias. Antigonus, einer der Diadochen, XII, 1, 1. Antigonus, des Hyrkanus Sohn, XIII, 10, 2 f. Antigonus, des Aristobulus Sohn, XIV, 4, 5 ff.; 12, 1; XVII, 5, 2. Antiochia, Metropole Syriens, von Seleukus Nikator erbaut, nach dem Hain Daphne auch den Beinamen Epidaphne führend, jetzt Antaki. XII, 9, 7 bis XN, 2, 6; XVII, 2, 1; 5, 7; 11, 1. Antiochia Epimygdonia, die jetzt Nisib heißende Hauptstadt der Provinz Mygdonia in Mesopotamien am Flusse Mygdonius, xx, 3, 3. Antiochus 11., mit dem Beinamen »Gott«, Enkel des Seleukus, XII, 3, 2. Antiochus 111., der Große, XII, 3, 3 ff. Antiochus Iv., Epiphanes, X, 11, 7; XII, 4, 11 ff.; XV, 3, 1. Antiochus V., Eupator, XII, 7, 2 ff. Anti()chus VI., Alexander Balas' Sohn, XIII, 5, 1 ff. Antiochus VII., Soter, XIII, 7, 1 ff. AntiOchu3 VIII., Grypus, XIII. 9, 3 ff. Antiochus IX., von Kyzikos, XIII, 10, 1 ff. 'Antiochus X., Eusebes, XIII, 8, 2 ff. Antiochus XI., Sohn des Antiochus Grypus, XIII. 13,4. Antiochus XII., XIII, l3,4. Antiochus, König von Kommagene, XIV, 15, 9. Antiochus, König von Kommagene, XVIII, 2, 5 ff. Antiochus Epiphanes, Sohn des Antiochus von Kommagene, XIX, 9, 1; xx, 7, 1.
1005
Namenregister
Antiochustal, XIII, 15, 3. Antipas, Herodes' des Großen Sohn, XVII, 1, 3 ff. Antipater, früher Antipas geheißen, xrv, 1, 3 ff. Antipater, Herodes' des Großen Sohn, XVI. 2, 3 ff. Antipater, Jasons Sohn, XIII, 5, 8. Antipater, Samariter, XVII, 4, 2. Antipater, PhasaeIs Sohn, XVIII, 5, 4. Antipater, Schwestersohn des Herodes, XVII, 1, 3; XVIII, 5, 4. Antipater, Aeneas' Sohn, XIV 10, 22. Antipatris, Stadt in Judäa, das heutige Kefr-Saba am Ostrande der Ebene Saron, XIII, 15, 1; XVI, 5,2. Antiphilus, Antipaters Freund, XVII, 4, 2; 5, 7. Antonia, des Drusus Gattin, XVIII, 6, l. Antonia, des Claudius Tochter, xx, 8, l. Antonia, Burg in Jerusalem, XIII, 11, 2; xv, 8, 5; 11, 4; XVIII, 4, 3. Antonius, Gajus, Konsul, XIV, 4, 3. Antonius, Lucius, Proprätor, XIV, 10, 17. Antonius, Lucius, Proquästor, XIV, 10, 13, Antonius, Marcus, XIV, 5, 2 ff. Apame, Rabezaks Tochter, XI, 3. 5. Apamea, Hauptstadt der syrischen Landschaft Apamene am Orontes, südlich von Antiochia, jetzt prächtige Ruinen zu Kalaat-el-Medlk. im Paschalik Tarablüs, XIII, 7, 2; xrv, 3, 2; xv, 4, 2. Apellaios, makedonischer Monatsname, hebräisch Tebeth (etwa unser Dezember) XI, 5, 4. Apelles, Heerführer, XII, 6, 2. Apheka, Stadt in Judäa, nordwestlich voll Jerusalern, das heutige F'Ik, V, 11, 1; VIII, 14, 4. Apher, Sohn Abrams und der Chetura, I, 15. Apherima, Städtchen in Judäa, nördlich von Jerusalern in der Nähe von Bethel gelegen, nach Robinson das heutige Et-Taijibeh. XIII, 4, 9. Aphra, von Apher gegründete Stadt., I, 15. . Apion, alexandrinischer Gelehrter, XVIII, 8, l. Apohaterion, der Ort., wo Noe die Arche verließ, I, 3, 5. Apollo, Tempel des, XVII, 11, l. Apollodotus, Heerführer der Gazäer, XIII, 13, 3. Apollonia, Seestadt in Palästina zwischen Caesarea und Joppe, jetzt ein verödetes Dorf Arsuf etwa sechs Stunden von Jaffa, XIII, 15,4. Apollonius, Statthalter von Samaria unter Antiochus Epiphanes, XII, 5, 5. Apollonius, Statthalter von Coelesyrien unter Alexander Balas, XIII, 4, 3 f. Apollonius, Alexanders Sohn, XIII, 9, 2; xrv, 10, 22. Aponius, Senator, XIX, 4, 5. Apsanes, Richter, V, 7, 13. Aquilas, einer der Mörder Caligulas, XIX, 1, 14. Aquileja, große, blühende und stark befestigte Kolonie der Römer in Venetia (Oberitalien), jetzt ein Flecken Aglar oder Aequileja in Friaul am Meerbusen von 'lliest., XVI, 4, l. Araber, Arabien, I, 15; V, 6, 1; xrv, 1,4; 5, 1; 9, 1 ff.; XVII, 4, l. Aradaeus, Sohn des Chanaan, I, 6, 2. Aradus, Inselstadt an der phönizischen Küste nördlich von 'llipolis, jetzt Ruad oder Ruweida, I, 6, 2; XIII, 3, 4; xrv, 12, 6. Aram, Aramäer, I, 6, 4. Aramatha, Leviten- und Freistadt im Stamme Gad, das heutige Es-Szalt., VIII, 15, 3 ff. Aran (Haran), des Tharrus Sohn, Lots Vater, I, 6, 5.
Arases, König von Syrien und Damaskus, IX, 12, 1 f. Arhela, Dorf in Galiläa, jetzt Irbid, XII, 11, 1; xrv, 15,4. Archela'is, Ort in Judäa, nahe bei Phasaelis und Jericho, jetzt el-Basallye, XVII, 13, 1; XVIII, 2,2 Archelaus, kappadokischer König, XVI, 1, 2 ff. Archelaus, Herodes' Sohn, XVII, 1, 3 ff. Archelaus, Gatte der Berenike, xrv, 6, 2. Archelaus, Verwalter des Königs Archelaus, XVII, 13,2. Archelaus, Julius, Sohn des Chelkias, XIX, 9,1; xx, 7, l. Areios, lakedämonischer König, XII, 4, 10. Aremmantus, babylonischer Fürst., X, 8, 2. Aretas, arabischer Fürst., XIII, 13, 3; XVI, 9, 4 ff.; XVIII, 5, 1 ff. Aretas, König von Coelesyrien, XIII, 15,2. Arethusa, befestigte Stadt Syriens, zwischen Epiphania und Emesa im Lande der nomadischen Araber, jetzt Rostan oder Restun, XIV, 4, 4. Ariel, Gads Sohn, 11, 7, 4. Arien, persische Provinz, durchströmt vom Flusse Arius, heute etwa Kohestan, Tejestan und ein Teil von Khorasan, I, 6,4. Ariman, Asylstadt., IV, 7, 4. Arion, Verwalter, XII, 4, 7. Arioch, Befehlshaber der Leibwache des babylonischen Königs, X, 10, 3. Aristaeus, XII, 2, 2 f. Aristobulus, Hyrkanus' Sohn, XIII, 10, 2. Aristohulus, des Alexander Jannaeus Sohn, XIII, 16, l. Aristobulus, Sohn des Alexander und der Alexandra, xv, 2, 5 ff. Aristohulus, Herodes' Sohn, xv, 10, 1 ff. Aristobulus, Salomes Sohn, XVIII, 5,4. Aristohulus, Bruderssohn Agrippas des Großen, xx, 5, 2ff. Aristobulus, des Amyntas Sohn, XIV, 10, 22. Ariston, XIX, 8, 3. Arius, Centurio, XVII, 10, 7. Arke, phönizische Stadt am Fuße des Libanon, das heutige IrH, I, 6, 2. Arke, Stadt in Arabien, später Petra genannt., IV, 4, 7. Arekerne heißt die Stadt IV, 7, l. Armathon, Stadt., VIII, 12, 3. Armenien, Gebirgsland in Asien, wurde durch den Euphrat in zwei ungleiche Teile, Armenia major (jetzt Thrkomanien und Iran) und minor (jetzt Aladulie) geteilt., I, 3, 5; 6, 4; XVIII, 2, 4; 4, 4. Arnon, der Fluss, welcher die Nordgrenze Moabs gegen die Amoriter, später gegen die Israeliten bildete, jetzt Wadi Modjib, IV, 5, l. Arophaeus, Sohn des Maraioth, VIII, 1, 3. Arphaxades (Arpachschad), Sems Sohn, I, 6, 4. Arruntius, Evaristus, XIX, 1, 18. Arruntius, Paulus, XIX, 1, 14. Arsakes, parthischer König, XIII, 5, 11; 8, 4. Arsakiden, die, XVIII, 2, 4. Arsamus, arabisches Kastell. jetzt unbekannt., xx, 4, l. Arsinoe, Gattin des Ptolemäus Philadelphus, XII, 2, 6. Artahanus, König von Medien, XVIII, 2, 4; 9, 3 ff. Artabazes, armenischer König, xv, 4, 3. Artaxerxes L, persischer König, XI, 6, 1 ff. Artaxias, Sohn des parthischen Königs Artabazes, xv, 4,3. Artemisios, makedonischer Monatsname, hebräisch Iar (etwa unser Mai), VIII, 3,1; XIV, 10,25. Arukaeus, Chanaans Sohn, I, 6, 2.
1006
Flavius Josephus: Jüdische Altertümer
Arura, Ort in Judäa. VI, 12, 4. Arus, Flecken, wahrscheinlich in Samaria, XVII, 10, 9. Asabel, Benjamins Sohn, 11, 7, 4. Asael, Davids Enkel, VII, 1, 3. Asanus, Sohn des Königs Abias, VIII, 11, 3 ff. Asaph und seine Söhne, XI, 4, 2. Aschanaxes, Aschanaxer (Aschkenas), I, 6. 1. Aseneth, Josephs Gattin, 11, 6, 1. Aser, Jakobs Sohn, I, 19,7. Asinaeus, babylonischer Jude, XVIII, 9, 1 ff. Asinius, Schriftsteller, XIV, 8, 3. Asinius Pollio, Gajus, Konsul, XIv, 14, 5. AskaloD, jetzt Askulan, Stadt in Judäa, früher eine der fünf Philisterstädte, V, 1,22; VI, 1, 2; XII, 4, 5; XVI, 8, 4; XVII, 11, 5. Asmonäer (Asamonäer), die, XIv, 16,4; XVII, 6, 3. Asochis, Stadt in Galiläa am See Tiberias nahe bei Sepphoris, XIII, 12, 4. AsophoD, jetzt unbekannte Stadt Galiläas, XIII, 12,5. Asor, Stadt in der Nähe des Sees Merom, V, 5, 1; 5, 4; 6, 1; XIII, 5, 7. Asphaltsee, der (das Tote Meer), I, 9; xv, 6, 2; XVII, 6, 5. Asphar, Cis terne, XIII, 1, 2. Asprenas, Senator, XIX, 1, 13 ff. Assacharoddas, assyrischer König, Senacheribs Nachfolger, Je, 1, 5. AssaroD, Bubeis Sohn, 11, 7, 4. AssaroD, jüdisches Maß (etwa 2 Liter), III, 6, 6; VIII, 3, 6. Assur, Sems Sohn, I, 6, 4. Assuris, Dadans Sohn, I, 15. Assyrier, die, I, 6, 4; 9. Astaharer, die, arabisches Volk, I, 6, 2. Astahoras, Fluss in Äthiopien, jetzt Takkazie und in seinem unteren Lauf Atbara, 11, 10, 2. Astapus, Fluss in Äthiopien, jetzt Abawi oder Blauer Nil, 11, 10,2. Astarte, phönizische Göttin, VIII, 5, 3. Astyages, des Darius Vater, Je, 11, 4. Athener, die, XIV, 8, 5. AthenioD, des Ptolemäus Euergetes Freund, XII, 4, 3. Athone, arabische Stadt, jetzt unbekannt, XIV, 1, 4. Athronges, Hirt, XVII, 10, 7. Augustus, römischer Cäsar, XVI, 6, 2; XVIII, 2, 2. Auranitis, Landschaft jenseits des Jordan in Peräa, jetzt. Hauran, östlich an 'frachonitis, nördlich an Ituräa, westlich an Gaulonitis grenzend, XV, 10, 1 f.; XVIII, 11,4. Auza, Stadt in Libyen, jetzt Sur Guslan, VIII, 13, 2. Axioram, Hohepriester, Je, 8, 6. Aza, ein jetzt unbekannter Berg Palästinas, XII, 11, 2. Azael, König von Syrien, VIII, 13, 7. Azarias, Hohepriester, IX, 10, 4; Je, 8, 6 ff. Azarias, Prophet. VIII, 12, 2. Azarias, Heerführer unter Judas Makkabaeus, XII, 8, 6. Azav, Nachors Sohn, I, 6, 5. Azeka, Stadt in der Niederung des Stammes Judas, die heutige Ruinenstätte Damum und Sucho-Schuweikeh, VI, 9, 1; VIII, 10, 1. Azizus, König von Emesa, xx, 7, 1; 8, 4. Azot, Stadt in Judäa, einst zu den fünf Philisterstädten gehörig, stark befestigter Platz an der ägyptisch-syrischen Hauptstraße, das heutige Esdud, V, 1, 22; VI, 1, 1; XIII, 4, 4 f.; XIII, 8, 1; 11, 5.
Baal, tyrischer Gott, IX, 6, 6. Baalis, König der Ammaniter, Je, 9, 2 f. Babas, XV, 7, 10. Babel, Bedeutung des Wortes I, 4, 3. BabyioD, Stadt in Chaldäa (Babilu = Tor Gottes), I, 4, 3; Je, 2, 2; 11, 1 f.; XVIII, 9, 1. BabyioD, festes Kastell in Unterägypten, dessen 'frümmer noch jetzt Baboul heißen, 11, 15, 1. Bachures, Ort im Stamme Benjamin, nord§stlich von Jerusalem auf dem Wege zwischen dem Olberg und dem Jordan gelegen, VII, 9, 7. Bad, jüdisches Maß, VIII, 2, 9; 3, 5. Badakrus, Feldherr der Juden, IX, 6, 3. Bagathous, XI, 6, 4. Bagoses, Feldherr unter Artaxerxes, XI, 7, 1. Bajae, Stadt in Campanien, das heutige Kastell Baja, XVIII, 7, 2. Bakchides, syrischer Heerführer, XII, 10, 2; 10, 11; XIII, 1, 1; 1, 6. Baktrianer, die, I, 6,4. Baladas, babylonischer König, Je, 2, 2. Balak, Moabiterkönig, IV, 6, 2 ff. Balam, Seher, IV, 6, 2 ff. Balener, die, I, 9. Baleth, Stadt im Stamme Dan, von Solomon gegründet, VIII, 6,1. Balla, Jakobs Beischläferin, I, 19, 7. Ballas, sodomitischer König, I, 9. Baltasar, babylonischer König, Je, 11, 2 ff. Baltasar, s. Daniel. Banajas, Sohn des Joadas, Befehlshaber der Leibwache Davids, VII, 5, 4; 11, 8; 12, 4. Banajas, Sohn des Achilus, Statthalter Solomons, VIII, 2,3. Banakates, Statthalter Solomons, VIII, 2, 3. Banaothas, VII, 2, 1. Barachias, IX, 12, 2. Barak, Richter, V, 5, 2 f. Baris, Asers Sohn, 11, 7, 4. Baris, Berg in Armenien, wohl der heutige Ararat, I, 3, 6. Baris, Burg in Jerusalem, von Herodes Antonia genannt, XV, 11, 4. Barnabazus, XI, 6, 4, Barsas, Sodomiterkönig, I, 9. Barsube (Bersaba), Stadt im Stamme Simeon, südlich von Hebron, äußerster Grenzpunkt Palästinas gegen Idumäa, heute Bir-es-Seba, VI, 3, 2. Baruch, Prophet, Je, 6, 2 f. Barzapharnes, parthischer Satrap, XIv, 3, 3 ff.; xx, 10, 1. Basanes, König der Israeliten, VIII, 11, 4 f. Basael, Baumeister, III, 6, 1. Basemmathu, Esaus Weib, I, 18, 9. Basima, Solomons Tochter, VIII, 2, 3. Baska, Stadt in Gilead, XIII, 5, 6. Bassus, Caecilius, XIV, 11, I f. Batanäa, der nördliche Teil des Os~ordanlandes, welch Letzteres, aus Gilead und Batanäa bestehend, vom Arnon bis zum Herrnon reichte. Zur Zeit der Einwanderung der Israeliten umfasste es die beiden amoritischen Reiche der Könige Og zu Basan und Sihon zu Hesbon. Nach dem Exil zerfiel es in Batanäa, Auranitis, 'frachonitis und Gaulonitis. Batanäa heißt jetzt el Botthln. IX, 8, 1; XII, 3, 3; xv, 10, 1; XVII, 2,1; 8,1.
1007
Namenregister
Bathuel, Nachors Sohn, I, 6, 5. dreiundeinehalbe Stunde von letzterem, das heutige Bathuel, Rebekkas Vater. I, 16,2. Beit Zakmeh, XII, 9, 4. Bathyllus, Antipaters Freigelassener, XVII, 4, 3. Bethzetho, Flecken in Judäa, Lage unbekannt, XII, 10, Bathyra, Flecken in Batanäa, jetzt el Bethirra, XVII, 2, 2. 2. Beersabe, des Urias Weib, VII, 7, 1 ff.; VIII, 1, 2. Bettaea, Stadt des Königs Adrazar von Sophene, VII, 5, Belsephon, ägyptische Stadt, am Roten Meere gelegen 3. Bezeka, chananaeische Stadt in Nordpalästina, nicht (s. Ebers, Durch Gosen zum Sinai, S. 98, 510 ff.), 11, 15, l. weit von dem jenseits des Jordan gelegenen Jabes Belsephon, Stadt im Stamme Ephraün, VII, 8, 2. entfernt, heute unbekannt, V, 2, 2. Bel, tyrischer Gott, VIII, 13, l. Boaz, Namen einer Tempelsäule, VIII, 3, 4. Belsemus, Perser, XL 2, 2. Boaz, Ruths Gatte, V, 9, 2 ff. Benjamin, Jakobs Sohn, I, 21, 3 ff. Bobelon, Feldherr des Perserkönigs Darius, XL 4, 9. Berenike, Agrippas des Großen Tochter, XVIII, 5, 4 ff. Bochorias, des Sabaeus Vater, VII, 11, 6. Berenike, des Aristobulus Gattin, XVI, 1, 2 ff. Boeotos, Archont, XIv, 10, 14. Berenike, Tochter des Julius Archelaus, xx, 7, l. Boethos, Simons Vater, xv, 9, 3; XVII, 4, 2; XIx, 6, 2. Berenike, Stadt am aelanitischen Arme des Arabischen Boethos, Joazars Vater, XVII, 13, l. Meerbusens, auch Gasiongabel bei Josephus und Bokkias, VIII, 1, 3. sonst Ezeongeber genannt, VIII, 6, 4. Boskethi, Ort in der Ebene des Stammes Judas, Lage Berenikianus, Sohn Herodes: des Bruders Agrippas, unbekannt, X, 4, l. xx, 5, 3. Bosora, feste Stadt in Galaditis, Iv, 7, 4; XII, 8, 3. Beroea, Stadt in der Landschaft Syria Kyrrhestica zwiBosporus, der, heute die Straße von Konstantinopel, XVI, 2, 2. schen Hierapolis und Antiocha, am Flusse Chalos, jetzt Haleb oder Aleppo, XII, 9, 7; XIII, 14,3; xx, 10, Botrys, Stadt in Phönizien am Meere, jetzt Batrfin, VIII, l. 13,2. Berosus, chaldäischer Geschichtsschreiber, I, 3, 6; 3, 9; Britannicus, xx, 8, 1 f. 7, 2; X, 1, 4; 2, 2; 11, l. Brocchus, Senator, XIx, 3, 4. Berotha, Stadt im oberen Galiäa, nach Robinson das Brundusium, Stadt in Calabrien am Adriatischen Meeheutige Dorf Bereitan, V, 1, 18. re, jetzt Brindisi, XIv, 14, 3. Bersuba, Brunnen in Gerara, I, 12, l. Brutus, der Mörder Julius Cäsars, XIv, 11, 1; XIx, 2, 2. Bersubee, dasselbe wie Barsube (s. d.), VIII, 13, 7. Bubastis, die ägyptische Feldgöttin, XIII, 3, 2. Berytus, Stadt in Phönizien, jetzt Beirut, XVI, 11, 2; Burrus, Neros Erzieher und Geheimsekretär, :xx. 8, 2 ff. XVII, 10, 9; XIx, 7, 5; xx, 9, 4. Byzantium, das heutige Stambul (Konstantinopel), Berzelaeus, ein vornehmer Galaditer, VII, 9, 8. XVI, 2, 2. Beseleel, Architekt, III, 8. 4. Besira, Stadt in Südpalästina, VII, 1, 5. Cäsar, Julius, XIV, 7, 4 ff. Bethalaga, Stadt in Palästina, Grenzort zwischen den Cäsar Octavianus Angustus, XV, 5, 1 ff. Stämmen Judas und Benjamin, das heutige Ain HadCaesarea am Meere, jetzt Kaisanye, ein 'frümmerhauschIa in der Nähe von er-Rilia (Jericho), XIII, 1, 5. fen, auf dem nur wenige Araber wohnen, XIII, 11, 2; XV, 8, 5; 9, 6; XVI, 5, 1; XVII, 9, 5; XIx, 9, 1; xx, 8, 9. Betharamphtha, altamoritische Stadt im JordantaI, jetzt die Ruinenstätte R:imeh, XVIII, 2, l. Caesarea Philippi, von Agrippa Neronias genannt, jetzt das Dorf Barulls, XVIII, 2, 1; xx, 9, 4. Bethoron, Bethchora VIII, 6, 1, Bethora V, 1, 17, Stadt in Judäa, heute Beit-Urel-F8ka und B.-u. Tachta, Caesonia, Caligulas Gattin, XIx, 2, 4. XII, 7, 1; 10,5; XIII, 1,3. Callistus, Caligulas Freigelassener, XIx, 1, 10. Bethel, alte Stadt im Gebirge Ephraün, an der nach SiCampanien, XVII, 7,2; XIx, 1, 1. Caninius Gallus, Konsul, XIv, 16,4. chem führenden Straße, südlich von Silo, das heutige Beitin, I, 19,2; 21, 2; V, 1,22; VIII, 8,4; 11,3. Capreae (Capri), Insel im 'IJrrhenischen Meere, XVIII, Bethela, dasselbe wie Bethel, XIIL 1, 3. 6,4f. Bethleem, jetzt Beit-Labem (Erothaus), großes, volkCarus, Herodes' des Großen Page, XVII, 2, 4. reiches Dorf zwei Stunden südlich von Jerusalem, V, / Cassius, der Mörder Julius Cäsars, XIv, 7, 3. 2, 8; 7, 13; 9, 2; VI, 8, 1; VII, 1, 3; VIII, 10, l. Cassius Longinus, Statthalter von Syrien, xv, 11, 4; xx, Bethoma, dieselbe Stadt wie Bemeselis (JÜd. Krieg I, 4, 1, l. 6), Lage unbekannt, XIII, 14, 2. Celer, 'fribun, XL 6, 2 f. Bethsaida, Flecken in Galiläa, nicht zu verwechseln mit Celadus, Freigelassener des Augustus, XVII, 12, 2. dem westlich vom See Tiberias gelegenen Bethsaida, Chabalon, Distrikt von zwanzig Städten, welche SoloXVIII, 2, l. mon dem tyrischen König Hiram schenkte, VIIL 5, 3. Bethsama, Priesterstadt auf der Grenze der Stämme Chabarzaba, dasselbe wie Antipatris (s. d.), XIII, 5, l. Chaerea, Cassius, der Leiter der gegen Caligula gestifJudas und Dan, jetzt das arabische Dorf 'All Schems im Tale des Wady es Surar, VI, 1, 3. teten Verschwörung, XIx, 1, 1 ff. Bethsana, s. Skythopolis. Chalkis, Stadt in Syrien, am Libanon auf dem Wege von Bethsemera, IX, 9, 1, s. Bethoron. Damaskus nach Beirut gelegen, jetzt 'Andjar, XIv, 7, Bethsura, Stadt auf dem Gebirge Judas, das heutige 4; Xix, 5, l. Beit Sfir, drei deutsche Meilen südlich von JerusaChaldäer, die, von Arphaxades abstammend, I, 6, 4. lem auf dem Wege nach Hebron, VIII, 10, 1; XII, 7, Chaleb, V, 2, 3. 5 ff.; XIII, 5, 6. Chamas (Cham, Ham), Noes Sohn, I, 4, 1 ff. Bethzacharia, Stadt zwischen Jerusalem und Bethsura, Chanaan (Kanaan), Sems Sohn, I, 6, 2.
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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer
Chananaea, L 6, 2 ff. Chanaeae, Priester im Gegensatz zum Hohepriester, IIL 7, 1. Chapsaeus, des Judas Vater, XIIL 5, 7. Charmis, Rubels Sohn, IL 7, 4. Charon, der Fährmann der Unterwelt, XIX, 9, 1. Charra, Stadt in Mesopotamien, L 6, 5; 9, 3; 16, 1. Chasphoma, galaditische Stadt, XIL 8, 3. Charchamesa, feste Stadt am Euphrat, jetzt Kirkesia, X, 6,1. Chebron, jetzt Hebron, Stadt im Gebiete des Stammes Judas, von den Arabern el-Challl - Freund Gottes genannt, L 8, 3; 22; V, 1,24; VIL 1,2; VIIL 10, 1; XII, 8,6. Cheiramos, tyrischer Künstler, VIII, 3, 4. Chelkias, jüdischer Feldherr der Kleopatra, XIIL 10, 4; 13,1. Chelkias, XIX, 9, 1. Chellion, Sohn des Elimelech, V, 9, 1. Chephthorim, Mestrai'rns Sohn, L 6, 2. Chesloem, Mestrai:ms Sohn, I, 6, 2. Chethomene, priesterliches Gewandstück, 111, 7, 2. Chetim, I, 6, 1. Chetima (Cypern), Insel, L 6. l. Chetimus, des Jovanus Sohn, L 6, 1. Chettaeus, Chanaans Sohn, I, 6, 2. Chetura, Abrams Weib, L 15. Chidons Tenne, VIL 4, 2. Chios, die bekannte Insel im Ägäischen Meer, XVL 2, 2. Chodollamor, assyrischer Heerftihrer, L 9. Chodad, Ismaels Sohn, L 12, 4. Choe, attisches Maß, 111, 8, 3. Chosbia, des Zambrias Weib, IV, 6, 10. Christen, die, XVIII; 3, 3. Christus, s. Jesus. Chus (Kusch), des Chamas Sohn, L 6, 2. Chusäer, die, L 6, 2. Chusartes, Assyrierkönig, V, 3, 2 f. Chusi, Davids Freund, VII, 9, 2 ff. Chuth, Gegend und Fluss in Persien, Ix, 14, 1 u. 3. Chuthäer, von den Griechen Samariter genannt, Ix, 14, 3; X, 9,7. Cicero, Marcus Thllius, Konsul, XIv, 4, 3. Ciliden, früher Tharsus genannt, L 6, 1; XIIL 3, 4; XVIL 5, 1; XVIIL 5, 4. Cilider-Schlucht, an den Grenzen der Moabiter gelegen, der Engpass zwischen 'IYana und Tarsus, durch welche Alexander der Große aus Kappadokien eindrang, jetzt der Pass Ramosanogli, XIIL 15,4. Cinnamus, xx, 3, 2. Circensische Spiele, XIX, 1, 4. Claudius, römischer Cäsar, 111, 15, 3; XV, 11, 4; XIx, 1, 2 ff. Clemens, 'Ifibun, XIx, 1, 6; 1, 19. Clusius GaUus, Publius, XIv, 10, 19. Cluvius, Senator, XIX, 1, 13. Coelesyrien, Mir diesem Namen bezeichneten die Griechen eigentlich nur das von dem Flusse Leontes durchströmte lange syrische Tal zwischen Libanon und Antilibanon. Später ward der Name auf das ganze östlich angrenzende ebene Land ausgedehnt. In der Zeit der Seleukiden war Coelesyrien das Leontestal, dazu das Orontestal bis gegen Emesa. Seit den Ptolemäern (etwa seit 192 v. Chr.), die einen großen Teil Syriens an sich gebracht hatten, dehnte
man den Namen auf das gesamte südliche Syrien mit Einschluss von Phönizien und Palästina aus. Die Römer trennten Phönizien und Judäa wieder von Coelesyrien, zu dem jedoch Ituräa, Maacha und 'frachonitis gehörten. Josephus rechnet zu Syrien die Dekapolis mit Einschluss von Skythopolis sowie das ganze Os~ordanland. X, 9, 7; XII, 3, 3. Collinische llihus, die, XIV, 8, 5; 10, 9. Coponius, Landpfleger von Judäa, XVIII, 1, 1; 1, 2. COI'Delius Faustus, XIv, 4, 4. Cornelius Gajus, Quästor, XIv, 10, 10. Cornelius Lentulus, Konsul, XIV, 10, 14. Cornelius Longinus, XIV, 10, 19. Cornelius Sahinus, XIX, 1, 7 f. Cornelius, Cerons Sohn, xx, 1, 2. Crassus, römischer Feldherr, XIV, 6, 4 ff. Crustuminische llihus, die, XIV, 10,3; 10,19. Cumanus, Landpfleger von Judäa, xx, 5, 2 ff. Cuspius Fadus, Landpfleger von Judäa, XIx, 9, 2 ff. Cypern, die große Insel des Mittelmeeres, XVII, 12,2. Cyros, König der Perser, XL 1, 1 ff.; XV, 11, l. Dadan, Sus Sohn, I, 15. Dagon, Gott der Philister, VL 1, 1; XIII, 4, 4. Dagon, Festung in Judäa nahe bei Jericho. XIIL 8, 1. Daher, die, skythisches Volk an der Ostküste des Kaspischen Meeres im heutigen Dahesthan, XVIII, 4, 4; xx, 4, 2. Daisios, makedonischer Monatsname (etwa unser Juni), XIV, 10, 22. Daker, die, Bewolmer von Dakien, XVIIL 1, 5. Dalila, Samsons Geliebte, V, 8, 11. Damaskus, eine der ältesten Städte Syriens, jetzt eschScham oder Dimischek, I, 6, 4; Ix, 12, 3; XIv, 2, 3; XVIII, 6, 3. Dan, Jakobs Sohn, I, 19,7; 11, 7,4; V, 1,22. Dan, Ort bei den Quellen des Jordan, VIII, 8, 4. Dana oder Dan, nördlichste Grenzstadt Palästinas im Gebiet des Stammes Nephthali, jetzt Tell-ei-Kadi = Richterhügel, V, 3, 1; VIII, 12,4. Daniel, Davids Sohn, VII, 1,4. Daniel, Prophet, von Nabuchodonosor Baltasar genannt, X, 10, 1 ff. Daphne, die jenseits des Orontes gelegene Vorstadt Antiochias, welches deshalb den Beinamen Epidaphne hatte, sowie der zu ihr gehörige, schöne und quellenreiche Hain, XIv, 13, 1; 15, 11; XVII, 2, 1. Dardanus, VIIL 2, 5. Dareikos, persische Goldmünze, IIL 8, 10. Darius, des Hystaspes Sohn, medischer König, X, 11, 2 ff.; XL 3, 1 ff.; xv, 11, 1. Darius 111., Perserkönig, XL 8,1; 8, 3. Darius, des Partherkönigs Artabanus Sohn, XVIII, 4, 5. Datham, IV, 2, 2 ff. Dathema, Festung in Palästina, nach Ewald das heutige von Burkhardt aufgefundene Dama, XIL 8, 1. David, Jesses Sohn, VL 8, 1 bis VII, 5, 13. Debora, Seherin, V, 5, 2. Deklas (Dikla), Juktas' Sohn, L 6, 4. Dellius, des Antonius Freund, XIV, 15, 1; XV, 2,6. Delos, Insel der Kykladen des Archipelagus, XIv, 10, 8. Demainetos, XIII, 12, 3. . Demetrius 1., des Seleukus Sohn, XIL 10, 1 ff. Demetrius 11., Nikator, XIII, 4, 3 ff.
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Namenregister
Demetrius III., Eukaerus, XIII, 13, 4 ff. Demetrius Phalereus, Oberbibliothekar des Königs Ptolemäus Philadelphus, XII, 2, 1 f. Demetrius, des Andromachus Sohn, XVI, 8, 3. Demetrius, Freigelassener des Pompejus, XIV, 4, 4. Demetrius, Gemahl der Mariamne, xx, 7, 3. Demoteles, Lakedämonier, XII, 4, 10; XIII, 5, 8. Didor, Herkules' Sohn, I, 15. Diglath (Tigris), I, 1,3. Dikaearchia (Puteoli), XVII, 12, 1; XVIII, 7,2. Dina, Jakobs Tochter, I, 19,8; 21, 1. Diodorus, Jagons Sohn, XIII, 9, 2. Diodotus, XIII, 5, 1. Diogenes, XIII, 16,2. Dioklerus, Statthalter Solomons, VIII, 2, 3. Diokles, Geschichtsschreiber, X, 11, 1. Dion, Stadt in Syrien unweit Pella, XIII, 15,3; XIV, 4, 2. Dion, Stadt in Makedonien am Sinus Thermaicus, jetzt (nach Kruse) Katrina, XI, 8, 5. Dionysius von 'llipolis, xrv, 3, 2. Dionysius, des Asklepiades Sohn, XIV, 8, 5. Dionysius, des Dionysius Sohn, XIV, 8, 5. Dionysius von Halikarnass, Geschichtsschreiber, VIII, 6,2. Diophantus, Schreiber Herodes' des Großen. XVI, 4, 10. Dios, Geschichtsschreiber, VIII, 5, 3. Dios, makedonischer Monatsname, hebräisch Marsuane (etwa unser Oktober), I, 3, 3. Dodias, Eleazars Vater. VII, 12,4. Doek, Sauls Diener, VI, 12, 1; 12,4. Dolabella, Publius, Konsul, xrv, 10, 9 ff. Domitianus, römischer Cäsar, xx, 11, 2. Domitius Calvinus, Konsul, XIV, 4, 5. Domitius Ahenobarbus, xx, 8, 1. Dora, Seestadt auf einer Art Halbinsel am Fuße des Karmel in Palästina, nördlich von Caesarea, heute ein elendes Dorf Tantura, V, 1, 22; XIII, 7, 2; XIX, 6, 3. Doran, xx, 8, 5. Doris, Herodes' des Großen Gattin, XIV, 12, 1; XVII, 4, 2.
Dorotheus, Beamter des Ptolemäus Philadelphus, XII, 2,12. Dorotheus, Nathanaels Sohn, xx, 1, 2. Dortus, vornehmer Jude, xx, 6, 2. Dositheus, Simons Vater, XIII, 9, 2. Dositheus, Alexandriner, xrv, 10, 18. Dositheus, des Hyrkanus Diener, XV, 6, 2. DothaÜD, Stadt in Palästina an der Karawanenstraße von Ägypten nach Gilead, nicht weit von Sichern in der Nähe der Ebene Jezreel an einem Engpass gelegen, heute ein grüner Hügel Tell Dothan mit alten 'Irümmerresten, Ix, 4, 3. Drusilla, Agrippas des Großen Tochter, XVIII, 5, 4 ff. Drusus, Stiefsohn des Augustus, XV, 9, 6. Drusus, des Tiberius Sohn, XVIII, 6, 1 ff. Drusus, Agrippas des Großen Sohn, XVIII, 5, 4. Drususturm, der Thrm am Hafendamm von Caesarea, welcher Drusus, dem Stiefsohn des Augustus, zu Ehren benannt wurde, XV, 9, 6. Drymoi, fester Platz in Phönizien nahe beim Karmel, XIV, 13,3. Dystros, makedonischer Monatsname, hebräisch Adar (etwa unser März), IV, 8, 49.
Ebal (Obal), Juktas' Sohn, I, 6, 4. Eban, Davids Sohn, VII, 3, 3. Ebidas, Madians Sohn, I, 15. Echarampsaris, babylonischer Fürst, X, 8, 2. Ednaeus, VIII, 15,2. Edoram (Hadoram), Juktas' Sohn, I, 6, 4. Eglon, moabitischer König. V, 4, 1. Ehud, Richter, V, 4, 2 f. Eiraes (Jerach), Juktas' Sohn, I, 6, 4. Ekbatana, Hauptstadt Mediens, zwölf Stadien vom Berge Orontes, dem heutigen Hamadan entsprechend, X, 11, 7; XI, 4, 6. Ekdipus (Aktipus), Seestadt in der Ebene von Akko, das heutige Zib, V, I, 22. Elam, Sems Sohn, I, 6, 4. Elan, Sohn des Königs Basanes, VIII, 12, 4. Elaeusa, Insel an der Küste von Cilicien, XVI, 4, 6. Eldas, Madians Sohn, I, 15. Eleazar, Moyses' Sohn, 11, 13,1. Eleazar, Aarons Sohn, 111, 8, 1; IV. 3, 4. Eleazar, des Dodias Sohn, VII, 12, 4. Eleazar, Hohepriester, Vorwort 3, XII, 2, 5 f. Eleazar, des Mattathias Sohn, Auran zubenannt, XII. 6, 1. Eleazar, Pharisäer, XIII, 10, 5 f. Eleazar, Tempelschatzmeister, xrv, 7, 1; xx, 9, 3, Eleazar, Joazars Bruder, XVII, 13, 1. Eleazar, des Ananus Sohn, XVIII, 2, 2. Eleazar, ein Riese, XVIII, 4, 5. Eleazar, peräischer Jude, xx, 1, 1. Eleazar, galiläischer Jude, xx, 2, 4. Eleazar, des Dinaeus Sohn, Räuber, xx, 6, 1. Eleazar, Zauberer, VIII, 2, 5. Eleon, Richter, V, 7, 14. Eleusinisches Fest, XIV, 8, 5. Eleutherus, Grenzfluss von Syrien und Phönizien, entspringt auf dem Libanon und mündet zwischen Antaradus und 'llipolis ins Meer, jetzt Nahr el Kebir, XIII, 4, 5; 5, 10; xv, 4, 1. Eli, Hohepriester, V, 9, I ff. Eliab, Architekt. 111, 8, 4. Eliakias, Hohepriester, X, 4, 1 f. Eliakim, X, 1, 2; 5, 2. Elias, Prophet, VIII, 13,4 ff. Eliasih, Hohepriester. XI, 5, 4. Elien, Davids Sohn, VII, 3, 3. Elimelech, V, 9, 1. Elionaeus, des Simon Kautheras Sohn, Hohepriester, XIx, 8,1. . Eliphale, Davids Sohn, VII, 3, 3. Eliphaz, Esaus Sohn, 11, 1, 2. Elis, Ort in Arabien, 111, 1, 3. Elissaeus, Prophet, VIII, 13, 7; Ix, 3, 1 ff. Elissaeus, Priester, XII, 2, 12. Elkas, Ix, 12, 1. Elkan, Levit, V, 10, 2. Elkias, Hohepriester, X, 8, 6. Elmodad (Almodad), Juktas' Sohn, I, 6, 4. Elom, Levitenstadt im Stamme Dan. VIII, 10, 1. Elon, Zabulons Sohn, 11, 7, 4. Elpis, Herodes' des Großen Gattin, XVII, 1, 3. Elulaeus, tyrischer König. Ix, 14, 2. Elyma'is, Landschaft zwischen Persis und Susiana, benannt nach dem Räubervolke der Elymäer. Eine Stadt Elymals ist unbekannt. XII, 9, 1.
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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer
Elysas (Elischa), Jovans Sohn, I, 6, l. Emalsema, des Amus Mutter, X, 3, 2. Emaon, VIII, 2, 5. Emesa, Stadt in Syria Apamene, jetzt Hems oder Höms, XVIII, 5, 4; XIX, 8, 1;:xx, 7, 1; 8, 4. Emian, Priestergürtel, UI, 7, 2. Emma, Stadt in Palästina, die heutige RuinensteIle Main südöstlich von Hebron, VI, 13, 6. Emmaus, Stadt im Westen von Jerusalem in der Ebene Schephela, jetzt. Amwas, XIII, 1, 3; XIv, 11, 2; XVII, 10,7; 10,9. Emmor, König von Sichem, I, 21, l. Emnus, Davids Sohn, VII, 3, 3. Endor, kleine, ursprünglich philistäische Stadt in der Ebene Jezreel im Stammgebiete Isachar, aber der Westhälfte des Stammes Manasses zugeteilt, in der Nähe von Skythopolis, das heutige Endur oder Hondurah an der Nordseite des kleinen Hermon, VI, 14, 2. Engaddi (Engedai'n), Stadt in Südpalästina, in der Wüste des Stammes Judas, am Ufer des toten Meeres, jetzt 'Ain Jidy (Dschidi). VI, 13, 4; Ix, 1, 2. Ennaphen, Davids Sohn, VII, 3, 3. Enner, Abrams Kriegsgefährte, I, 10, 2. Enos (Enosch), Seths Sohn, I, 3, 2. Epaphroditus, des F1avius Josephus Freund, Vorwort 2. Ephas, Madians Sohn, I, 15. Ephesus, berühmte, kleinasiatische Griechenstadt Ioniens, an der Mündung des lydischen Stromes Kaystros, heute das türkische Dorf Ajasoluk, XVI, 2, 2; 6, 4. Ephorus, Geschichtsschreiber, I, 3, 9. EphraÜD, Josephs Sohn, II, 6, 1 ff. EphraÜD, aus Chebron, I, 14. Ephran, Stadt im Stamm gebiete Manasses, Geburtsort Gedeons, V, 6, 7. Ephrata, I, 21, 3. Ephron, große und feste 'Stadt im os~ordanischen Gebiete des Stammes Manasses, XII, 8, 5. Ephud, hohepriesterliches Gewandstück, UI, 7, 5. Epikrates, syrischer Heerführer, XIII, 10, 2. Epikuräer, die, XIx, 1, 5. Epiphania, s. oben Amatha, I, 6, 2. Erikas, Ix, 12, l. Eroge, F1ecken in Judäa nabe bei Jerusalem, Ix, 10, 4. Eroedes, Gads Sohn, II, 7, 4. Eron, Holzart, UI, 6, 5. Esa'ias, Prophet, X, 1, 3 ff. Esau, Isaks Sohn, I, 18, 1 ff. Escholes, Abrams Kriegsgefährte, I, 10, 2. Esdras, Hohepriester, XI, 5, 1 ff. Esebeon, Esaus Schwiegervater, I, 18, 4. Esermoth, Ort in Arabien. I1I, 13. Eskon, »der Brunnen des Streites«, I, 18, 2. Esron, des Phares Enkel, II, 7, 4. Essa, syrische Stadt, XIII, 15,3. Essebon, Essebonitis, Chesbon, Stadt im südlichen Teile des Os~ordanlandes gegenüber von Jericho, XIII, 15,4. Essenes, hohepriesterliches Gewandstück, I1I, 7, 5. Essener, die, Sekte der Juden, XIII, 5, 9; xv, 10, 4 f.; XVIII, 1, 2 ff. Esther, XI, 6, 2 ff. Etame, Stadt in Judäa, VIII, 10, l. Etham (wohl dasselbe wie Etame) Ort in der Nähe von Jerusalem, VIII, 7, 3.
Ethan, jüdischer Weiser, VIII, 2, 5. Ethi, Davids Freund, VII, 10, l. Eukles, XIV, 8, 5. Euphemos, XIv, 10, 25. Euphrat, I, 1, 3; X, 6, l. Eupolemos, des Joannes Sohn, XII, 10, 6. Eurykles, Lakedämonier, XVI, 10, l. Eutychus, Freigelassener Agrippas des Großen, XVIII, 6,5 ff. Eutychus, Stallmeister des Cäsars Gajus, XIX, 4, 4. Eva, Adams Gattin, I, 1, 2 ff. Evaratus, XVI, 10, 2. Eviläer, die, I, 6, 2. Evilas, Sohn des Chus, I, 6, 2. Evilates, des Juktas Sohn, I, 6, 4. Evodus, Freigelassener des Tiberius, XVIII, 6, 8 f. Ezechias, Räuberhauptmann, XIv, 9, 2; XVII, lO, 5. Ezekias, König der Juden, Ix, 12, 3 ff. Fabatus, Statthalter in Arabien, XVII, 3, 2. Fabius, Kommandant von Damaskus, XIv, 11, 7. Fabius, Centurio, XIv, 4, 4; 12, l. Fannius, Prätor, XIII, 9, 2. Fannius, Proprätor, XIV, 10, 13. Fannius, Gajus, Konsul, XIv, 10, 15. Faustus, Cornelius, Sullas Sohn, XIV, 4, 4. Felix, Landpfleger von Judäa, :xx, 7, 1 ff. F1accus, Statthalter von Syrien, XVIII, 6, 2 f. F1avius, XIv, 10, 10; XVI, 6, 5. F1orus, Gessius, Landpfleger von Judäa, XIX, 9, 2; :xx, 9,5ff. Fortunatus, Agrippas des Großen Freigelassener, XVIII, 7,2. Fulvia, edle Dame, XVIII, 3, 4. Furius, Centurio, XIV, 4, 4. GaaI, Stammeshäuptling, V, 7, 3. Gaamus, Nachors Sohn, I, 6, 5. Gaba, Levitenstadt im Stamme Benjamin, das heutige Dscheba nördlich von Jerusalem, V, 2, 8; VI, 8, 1; VIII, 12,4. Gaba, Stadt in Galiläa, die Reiterstadt genannt, weil des Herodes ausgediente Reiter sich hier angesiedelt hatten (JÜd. Krieg I1I, 3, 1), xv, 8, 5. Gabala, Stadt an der Küste von Syria Seleukis, jetzt Djebili, XIII, 15, 4. Gabaon, Priesterstadt im Stamme Benjamin, das heutige el-Dsclllb, zwei und eine halbe Stunde nordwestlich von Jerusalem. V, 1, 16; VI, 6, 2; VII, 11,7; 12, l. Gabares, Solomons Statthalter, VIII, 2, 3. Gabatha (Gabathsaula), Stadt in Judäa, Sauls Vaterstadt, V, 1, 29; VI, 4, 2; 4, 6. Gabatha, Philisterstadt, VIII, 10,4. Gabinius, XIV, 3, 2 ff. Gad, Jakobs Sohn, I, 19,7; II, 7, 4. Gad, Seher, VII, 13, 2. Gadara, Stadt in Peräa, sechzig Stadien von Tiberias entfernt, jetzt Om-Keis, kleines Dorf auf der westlichen Spitze eines Gebirgskammes zwischen dem Tale des Yarmuk, d. i. des Hieromax (auch Scheriat Mundhar genannt), im Norden und dem Wadi 'Arab im Süden, südöstlich vom See Genezareth an der Südseite des Hieromax, etwa eindreiviertel Stunde vom Jordan entfernt, V, 1, 22; XII, 3, 3; XIII, 13, 5; xv, 10, 2 f.; XVII, 11, 4.
IOll
Namenregister
Gadias, vornehmer Jude, XV, 7, 8. Gaetuler (Eviläer), die, L 6, 2. Gajus (Caligula), römischer Cäsar, XVIL 9, 7; XVIIL 4, 5 ff.; XIX, 1,1 ff. Galaditis (Galadena), Landschaft östlich vom Jordan, im weiteren Sinne das ganze Ostjordanland, soweit dies von den Juden erobert wurde, d. i. vom Hermon bis zum Flusse Arnon, in engerer Bedeutung nur die Gegend vom Hieromax bis gegen den Amon hin. Im engsten Sinne endlich haftete die Bezeichnung Galad oder Gilead an einigen der höchsten Gebirgszüge des heutigen Dschebel 'Adschlun. Sehr weidereiches und gesegnetes Land. L 19, 11; IL 3, 3; IV, 5, 3; IX, 11, 1. Galad, Hügel in Galaditis, woher das Land den Namen hat, L 19, 11. Galater, die, L 6, 1. Galha, XVIIL 6, 9. Galbaath, Ort mit Prophetenwohnungen; VI, 11, 5. Galgala, Stadt in Judäa, zehn Stadien von Jericho und fünfzig Stadien vom Jordan entfernt, heutzutage Tell Dscheldschill, V, 1, 11; VIL 11,4. Galiläa, Toparchie von Palästina, IX, 11, 1; XIIL 2, 3; XVIL 8,1. Gallier, XIL 8, 4. Gamala, Stadt in Gaulanitis, am jenseitigen Ufer des Sees Genezareth, jetzt wahrscheinlich Kalat el Hösn oder auch Chan el Akaba, XIIL 15,3; XVIIL 1, 1. Gamaliel, Vater des Hohepriesters Jesus, xx, 9, 4. Ganges, Fluss in Indien, von den Juden Phison genannt, LI, 3. Garizin, Berg in Samaria, jetzt Djebel el Tor, IV, 8, 44; V, 1,19; XIL 1, 1; XIIL 3, 4; Tempel auf demselben XL 8, 2; XIIL 9, 1. Gasiongabel (Ezeongeber), edomitische Hafenstadt, VIIL 6, 4. Gaulana, Leviten- und Asylstadt in Basan, zum Stamme Manasses gehörig, nach Josephus in der Nähe von Gamala, heute unbekannt. Nach ihr war die Landschaft Gaulanitis benannt. IV, 7, 4; XIIL 15,3. Gaulanitis, Landschaft Palästinas, jetzt Dscholan, zwischen dem Djebel Heisch im Norden, dem Hieromax im Süden, dem See Tiberias im Westen und der Hauran-Ebene im Osten, eine weite, fruchtbare und wasserreiche Hochebene, Iv, 5, 3; XVIL 8, 1. Gaza, die südlichste und bedeutendste von den fünf Hauptstädten der Philister, fünf Stunden von AskaIon, eine Stunde vom Meer entfernt. V, 1, 22; V, 8, 10; VI, 1,2; IX, 13,3; XL 8, 3 f.; XIIL 5, 5; 13,3; XIv, 5, 2; XVIL 11, 4. Gazara, Stadt in Samaria, deren Ruinen im Jahre 1873 zwischen el Kulab und Ekron (Akir) bei Tell-el-Djezer aufgefunden wurden, VIL 4, 1; 12, 2; VIIL 6, 1; XIIL 1,3. Gedeon, Richter, V, 6, 2 ff.; VIL 7, 2. Gelboe, Gebirge im Stamme Isachar, an der Südostgrenze der Ebene Jezreel, heute Djebel Fakil 'a. VI, 14,2. Gelmon, Stadt in Palästina, nach Bädeker-Socin vielleicht der Ort Bet Djala, VIL 9, 8. GemeUus, des Herodes Vertrauter, XVI, 8, 3. Gennesar, See (Genezareth), V, 1, 22; XVIIL 2, 1 ff. Geon (Gihon), jüdischer Name fur den Nil, L 1, 3. Gerara, eine der ältesten Philisterstädte an der Südgrenze zwischen Gaza und Berseba, L 12, 1; 18, 2; VlIL 12,2.
Geras, Vater des Ehud, V, 4, 2. Geras, Vater des Semel, VIL 8, 4. Gerasenergebirge, 'das, in der heutigen Provinz Dschebel 'AdjIfin gelegen, XIIL 15, 5. Gergesaeus, Chanaans Sohn, L 6, 2. Germanen, die, XVIL 8, 4; XIX, 1, 15. Germanicus, des Drusus Sohn, XVIIL 2, 5; 6, 8; XIX, 1, 15; xx, 8, 1. Gersom, des Levis Sohn, IL 7,4. Gersus, des Moyses Sohn, IL 13, 1. Gessirer, die, VIL 1, 4. Gessius, s. Florus. Gethraamas, Davids Sohn, VIL 1, 4. Gethsura, kleine syrische Landschaft innerhalb der Grenzen des Stammes Ost-Manasses, die aber nicht erobert wurde, VIL 8, 3. Gibal (Ebal), Berg in Samaria, arabisch Djebel Sulemiye, Iv, 8, 44. Ginaea, Dorf an der Grenze Samarias und der Ebene Jezreel, xx, 6, 1. Gitta, eine der fünf Philister-Hauptstädte (Spuren von ihr auf dem Tell Zakarijeh), VI, 1, 2; 12, 2; IX, 8, 4; 10,3. Gittha, Kastell in Idumäa, XIv, 15, 10. Glaphyra, Tochter des kappadokischen Königs Archelaus, XVI, 1, 2; XVIL 1, 2; 13, 1 ff. Gobolitis, arabische Landschaft, IL 1, 2; IIL 2, 1. Godolias, Statthalter Nabuchodonosors, Je, 9, 1 ff. Goliath, VI, 9, 1 ff. Gomar (Gomer), Japheths Sohn, L 6, 1. Gophna, das heutige, zwischen Nabulus und Jerusalem gelegene Jifna oder Djlfna, XIv, 11, 2. Gorgias, XIL 7, 3. Gotham, des Eliphaz Sohn, IL 1, 2. Gotholia, König Achabs Tochter, VIIL 15,3. Granikus, asiatischer Fluss in 'Iroas, der auf dem Kotylos, einer Spitze des Ida, entspringt und zwischen Priapos und Kyzikos in die Propontis mündet, XL 8, 1. Gratus, jüdischer Heerführer, XVIL 10, 3 ff. Gratus, Prätorianer, XIX, 3, 1. Griechen, ihr Ursprung von Jovan, dem Sohne Japheths, L 6, 1. Gunis, Nephthalis Sohn, IL 7, 4. Halikarnassus, karische Stadt am Keramischen Meerbusen, Geburtsort des Herodot und des Dionysius, XIv, 10,23. Halkyon, Arzt, XIX, 1, 20. Heber (Eber), des Salas Sohn, von dem die Hebräer ihren Namen haben. L 6. 4. Hekataeus, Geschichtsschreiber, L 3, 9; 7, 2; XIL 2, 4. Hekatombaion, athenischer Monatsname, makedonisch Loos (Teile unseres Juli und August), IV, 4, 7. Helena, des Izates Mutter, xx, 2, 1 ff. Heliopolis, Stadt in Syrien, das spätere Baalbek, XIv, 3, 2.
Heliopolis, Stadt in Unterägypten an der Grenze von Arabien, IL 7, 6; XIL 9, 7; XIIL 3, 1; 3, 2; xx, 10, 1. Helix, XIV, 11, 7. Helkias der Große, XVIIL 8, 4. Helkias, Freund des Königs Agrippa, XIX, 8. 3. Helkias, Tempelschatzmeister, xx, 8, 11. HeUanikus, Geschichtsschreiber, L 3, 9. HeUespont, der, die heutige Straße der Dardanellen, XL 8, 1; XIL 1, 1.
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F1avius Josephus: Jüdische Altertümer
Helon, Esaus Schwiegervater, I, 18,4. Herakleon, XIII, 13,4. Herakles, I, 15; VIII, 5, 3. Herennius Capito, XVIII, 6, 3. Herrnas, XIV, 10, 21. Herodes der Große, Antipaters Sohn, XIV, 7, 3 ff. Herodes, Herodes' des Großen und der Mariamne Sohn, XVII, 1, I ff. Herodes, Herodes' des Großen und der Kleopatra Sohn, XVII, 1, 3. Herodes, Sohn des Aristobulus und der Berenike, XVIII, 5, 4. Herodes, Sohn des Aristobulus und der Salome, XVIII, 5,4. Herodes, Phasaels Sohn, XVIII, 5, 4. Herodes, König vom Chalkis, XIX, 8, 1. Herodias, Aristobulus' Tochter, XVIII, 5, 1 ff. Herodiulll, Festung in Judäa, 60 Stadien von Jerusalern entfernt, heute Dschebel el Fureidls oder Ferdls (Berg des kleinen Paradieses) genannt, XV, 9, 4; XVI, 2,1; XVII, 8, 4. Herodot von Halikarnass, der berühmte Geschichtsschreiber, VIII, 10, 2 f.;:x, 1, 4. Heroenstadt, die, in Ägypten gelegen, 11, 7, 5. Hesiod, Dichter, I, 3, 9. Hestiaeus, Geschichtsschreiber, I, 3, 9; 4, 3. Hieronymus, ägypt. Geschichtsschreiber, I, 3, 6; 3, 9. Hin, jüdisches Maß, 111, 8, 3; 9, 4; VIII, 3, 8. Hippos, Stadt am östlichen Ufer des Sees Genezareth, 30 Stadien von Tiberias, 60 von Gadara und 120 von Skythopolis entfernt (s. Leben des Josephus, Abschnitt 65), XIV, 4, 4; XVII, 11, 4. Hiralll, König von 'JYrus, VII, 3, 2 ff. Holophantes, vornehmer Jude, IV, 7, 5. Horner, der große Dichter, VII, 3, 2. Horatische 'frihus, die, XIV, 10, 13; 10, 19. Hortensius, Quintus, Konsul., xrv, 1,2. Hothniel., Richter, V, 3, 3. Hyoseyamus (Bilsenkrautpflanze), eingehende Beschreibung 111, 7, 6. Hyperberetaios, makedonischer Monatsname, hebräisch Thisri (etwa unser Oktober), 111, 10,2; VIII, 4,1. Hypsikrates, XIV, 8, 3. Hyrkania, Kastell in Palästina, XIII, 16,3; xrv, 5, 4; XV, 10, 4; XVI, 2, 1; XVII, 7. Hyrkanus, Hohepriester, VII, 15, 3; XIII, 8, 1 ff.; xx, 10, 1. Hyrkanus, des Alexander Jannaeus Sohn, XIII, 16, 1 ff. Hyrkanus, Josephs Sohn, XII, 4, 6 ff. Hyrkanus, des Herodes Sohn, xx, 5, 2. Jabach (Jabok), Fluss in Palästina, der heutige Nahrez-Zerka, der auf dem Basanitischen Gebirge entspringt, die Grenze der Ammaniter gegen die Hebräer bildet und Sichern gegenüber in den Jordan mündet, I, 20, 2; IV, 5, 2. Jabata, Stadt in Palästina, jetzt unbekannt, :x, 3, 2. Jabes, Sellums Vater, IX, 11, 1. Jabin, chananaeischer König, V, 5, 1. Jabison (Jabis). Stadt in Galaditis, heutige Lage unbekannt, V, 2,11; VI, 14, 8. Jachin, Simeons Sohn, 11, 7, 4. Jaddus, Hohepriester, XI, 7, 2; 8, 7. Jadon, Seher, VIII, 8, 5 f.
JaÜ'es, Richter, V, 7, 6. Jakim, Hohepriester, xx, 10, 1. Jakim, des Zamaris Sohn, XVII, 2, 3. Jakob, Isaks Sohn, I, 18, 1 ff. Jakobus, Sohn des Galiläers Judas, xx, 5, 2. Jakobus, der Bruder Jesu Christi, xx, 9, 1. laIe, des Kenes Weib, V, 5, 4. Jalel., Zabulons Sohn, 11, 7,4. lalus, Hüter der zum Tempelbau bestimmten Schätze, VII, 14, 10. Jamblichus, XIV, 8, 1. Jarnin, Simeons Sohn, 11, 7, 4. Jamnia, Stadt in Judäa zwischen Joppe und Azot. Jetzt steht an der Stelle ein ziemlich verfallener Flecken Yebna, eine Stunde vom Meer entfernt. V, 1, 22; IX, 10,3; XII, 8, 6; XIV, 4, 4; XVII, 8,1; 11,5; XVIII, 2, 2; 6,3. Jaod, Simeons Sohn, 11, 7, 4. Japheth, Noes Sohn, I, 4, 1. Japhra, Abrams Sohn, I, 15. Jared, Anochs Sohn, I, 2, 2. Jared, Malaels Sohn, I, 3, 2. Jason, Eleazars Sohn, XII, 10, 6. Jason, s. Jesus. Jaus, Esaus Sohn, 11, 1, 2. Jazar, Abrams Sohn, I, 15. Jaziel., Seher, IX, 1, 2. Jazor, Ammaniterstadt, später dem Stamme Gad zugeteilt, jedoch an die Leviten abgetreten, nach dem Exil wieder ammanitisch, XII, 8, 1. Iberer, die, Bewohner der fruchtbaren Landschaft Iberien im nordöstlichen Asien, welche heute einen Teil von Georgien bildet, I, 6, 1; XVIII, 4, 4. Ide, Freigelassene, XVIII, 3, 4. Idumäa, II, 1, 1; IY, 4, 5; VII, 5, 4; IX, 3, 1; 9, 1; XV, 7, 9; XVI, 9, 3. Idurnas, Ismaels Sohn, I, 12, 4. Jebar, Davids Sohn, VII, 3, 3. Jebost, Sauls Sohn, VII, 1, 3 ff. Jebusäer, die, VII, 3, 1. Jebusaeus, Chanaans Sohn, I, 6, 2. Jedis, Josias' Mutter, :x, 4, 1. JegIolll, Esaus Sohn, 11, 1, 2. Jehu, Prophet, VIII, 12, 3. Jehu, König der Israeliten, VIII, 13, 7 ff. Jeldaphas, Nachors Sohn, I, 6, 5. Jenae, Davids Sohn, VII, 3, 3. Jephthes, Richter, V, 7, 8 ff. Jerasa, König Ozias' Mutter, IX, 11, 2. Jeremias, Prophet, :x, 5, 1 ff. Jericho, Stadt in Judäa, heute ein schlechtes Dorf erRlha mit armseligen Hütten und kaum 200 Einwohnern, voll ausschweifenden, wollüstigen Lebens. IV, 6, 1; V, 1, 1 ff.; XIII, 1,3; XIV 5, 4; XVII, 6,3; 8,2; 10, 6; 13, 1. Jeroboam, des Nabataeus Sohn, VIII, 7, 7 ff. Jeroboam, des Joas Sohn, IX, 8, 7 ff. Jerusalern (Hierosolyma), I, 10, 2; VII, 3, 2; Einnahme durch die Chananäer V, 2, 2; von den Jebusäern bewohnt VII, 3,1; Befestigung VII, 3, 2; VIII, 6,1; Einnahme durch Ptolemäus XII, 1, durch Pompejus XIV, 4, 2 ff.; Sitz eines Gerichtshofes XIV, 5, 4; Eroberung durch Herodes und Sosius XIV; 6, 1 ff.; Theater daselbst XV, 8, 1; Erweiterung und Verschönerung xx, 7,2; 9, 7.
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Namenregister
Jes, Benjamins Sohn, IL 7, 4. Jesel, Nephthalis Sohn, IL 7, 4. Jesraela, bedeutende Stadt Samarias in der Ebene Jezree!, jetzt Zer'in, VIIL 13, 6. Jesse, Davids Vater, V, 9, 4; VL 8, 1. Jesus (Josua), Sohn des Nave, IIL 2, 3 ff. Jesus, Josedeks Sohn, Hohepriester, XI, 3, 10; 4, 1. Jesus, des Judas Sohn, XI, 7, 1. Jesus (Jason), Simons Sohn, Hohepriester, XIL 5, 1. Jesus, des Phabes Sohn, Hohepriester, XV, 9, 3. Jesus, des Damnaeus Sohn, Hohepriester, xx, 9, 1. Jesus, Josadaks Sohn, Hohepriester, xx, 10, 1. Jesus, Gamaliels Sohn, Hohepriester. xx, 9, 4; 9, 7. Jesus Christus, XVIIL 3, 3; xx, 9, 1. Jetharsas, des Amessas Vater, VIL 10, 1; 15, 1 (hier Jethranas genannt). Jetur, IsmaiHs Sohn, L 12, 4. Jezabel, Achabs Weib, VIIL 13, 1 ff. Jezanias, Je, 9, 2. Jezechiel, Prophet, Je, 5, 1; 6, 3; 7, 2. Dienser, die, Bewohner von (Neu-)Ilium, einer Stadt am Hellespont, nabe am Ausfluss desselben ins Ägäische Meer, XVL 2, 2. Dus, des Kesabaeus Vater, VIL 12, 4. Indates, parthischer Heerführer, XIIL 8,4. Indien, L 6, 3; 6, 4; Je, 11, 1. Joab, Davids Neffe, VIL 1, 3 ff. Joachaz, König der Juden, Ix, 8, 1 ff. Joachebed, des Moyses Mutter, IL 9, 4. Joachim, König der Juden, Je, 6, 3 ff. Joach, Je, 1, 2. Joadas, VIL 5, 4 Joakim, des Josias Sohn, König der Juden, Je, 5, 2 ff. Joakim, des Jesus Sohn, Hohepriester, XI, 5, 1. Joannes, Heerführer der Juden, VIIL 15, 2. Joannes, des Kareas Sohn, Je, 9, 2 ff. Joannes, des JujIas Sohn, Hohepriester, XI, 7, 1. Joannes, des Mattathias Sohn, XIL 6, 1; XIIL 1, 2. Joannes Hyrkanus, XIIL 7, 4. Joannes der Täufer, XVIIL 5, 2. Joas, des jüdischen Königs Ochozias Sohn, Ix, 7, 1 ff. Joas, Sohn des Joaz, König der Israeliten, Ix, 8, 6 ff. Joatham, Gedeons Sohn, V, 7, 1 f Joathes, Je, 4, 1. Joazar, Hohepriester, XVIL 13, 1. Joaz, König der Israeliten, Ix, 8, 1 ff. Jobab, des Juktas Sohn, L 6, 4. Jobel (JabaI), Lamechs Sohn. L 2, 2. Jobeljahr, das, IIL 12, 3. Jochab, des Phinees Sohn, V, 11, 4. Jodam, VIL 2, 2. Jodaus, Hohepriester, Ix, 7, 1 ff. Joel, Samuels Sohn, VL 3, 2. Jomnes, Asers Sohn, IL 7, 4. Jonadab, Ix, 6, 6. Jonas, Prophet, Ix, 10, 1 ff. Jonathas, Sauls Sohn, VL 6, I ff. Jonathas, Abiathars Sohn, VIL 9, 2. Jonathas, des Samas Sohn, VIL 8, 3; 12,2. Jonathas, des Mattathias Sohn, XIL 6, 1. Jonathas, des Onias Sohn, XIv, 10, 10. Jonathas, des Ananus Sohn, Hohepriester, XVIIL 5, 3; XIx, 6, 4; xx, 8, 5. Jonathas, ein Sadducäer, XIIL 10, 6. lonien, L 6, 1; xv, 2,3.
Joppe, die heutige nicht unbedeutende Hafen- und Handelsstadt Jaffa oder JMa am mittelländischen Meere, Ix, 10, 2; XI, 4, 1; XIIL 4, 4; XIV, 4, 4; 15, 1; XVIL 11,4. Joram, Josaphats Sohn, VIIL 15, 3. Joram, König, Ix, 2, 2 ff. Joram, des Azarias Sohn, Hohepriester, Je, 8, 6. Jordan, der, V, 3, 1; VIIL 8, 4; XIIL 1, 3; 1, 5. Josabeth, des Königs Ochozias Schwester, Ix, 7, 1. Josadok, Hohepriester, Je, 8, 5 f Josaphat, des Achilus Sohn, VIL 5, 4. Josaphat, König, VIIL 12, 6 ff. Josedek, Hohepriester, XI, 3, 10. Joseph, Jakobs Sohn, IL 2, 1 ff. Joseph, des Tobias Sohn, XIL 4, 2 ff. Joseph, des Zacharias Sohn, XIL 8, 2; 8, 6. Joseph, des Mennaeus Sohn, XIV, 12, 3. Joseph, Antipaters Sohn und Herodes' Bruder, XIV, 7, 3; 13,9. Joseph, Schatzmeister, XV, 6, 5. Joseph, des Herodes Neffe, XVIL 1, 3; 10, 9; XVIIL 5, 4. Joseph, des Ellern Sohn, XVIL 6, 4.. Joseph, auch Kaiaphas genannt, Hohepriester, XVIIL 2,2ff. Joseph Kabi, Hohepriester, xx, 8, 11. Joseph, des Kamus Sohn, Hohepriester, xx, 1, 3; 5, 2. Josias, König der Juden, Je, 4, 1. Josua, Sohn des Sie, Hohepriester, XVIL 13, 1. Josubak, Abrams Sohn, J, 15. Jotape, des Aristobulus Gattin, XVIIL 5, 4. Jotham, König der Juden, Ix, 10, 4 ff Jotham, Hohepriester, Je, 8, 6. Jothor, des Moyses Schwiegervater, V, 2, 3. Jovanus (Jawan), des Japheth Sohn, L 6, 1. Jozar, Hohepriester, XVIL 6, 4. Ipa, Stadt in Palästina, VIIL 10, 1. Irenaeus, Redner, XVIL 9, 6. Isachar, Jakobs Sohn, L 19, 8. Isak (Isaak), Abrams Sohn, L 10, 5 ff. Isamach, Eliabs Vater, IIL 6, 1. Isana, Stadt in Palästina, Lage unbekannt, VIIL 11, 3. Isanae, Dorf in Palästina, XIv, 15, 12. Ismael, Ahrams Sohn von der Agar, L 10, 4 f. Ismael, Je, 9, 2. Ismael, Hohepriester, XVIIL 2, 2; xx, 8, 8. Isuis, Asers Sohn, IL 7,4. Isus, Asers Sohn, 1L 7, 4. Isus, Hohepriester, Je, 8, 6. Itabyrisches Gebirge (der Tabor), V, 1,22; XIIL 5, 4. Ithamar, Aarons Sohn, IIL 8, 1. Ithobal, König von 'JYrus und Sidon, VI1L 13, 1 f; Ix, 6, 6; Je, 11, 1. Ituräa, Landschaft im Nordosten von Palästina, deren Grenzen nicht genau zu bestimmen sind, XIIL 11, 3. Jubal, Lamechs Sohn. L 2, 2. Jubas, libyscher König, XVIL 3, 4. Jucundus, Herodes' '!rabant. XVL 10, 3. Judadas (Dekan), des Regmus Sohn, L 6, 2. Judäa, Juden, frühere Benennung L 6, 1; Abram zieht dorthin L 7, 1 ff.; Hungersnot U 6, 1 ff.; in Ägypten IL 9, 1 ff.; Auszug aus Ägypten IL 15, 1 ff.; in der Wüste IIL 1, ff.; Bündnis mit den Römern XIL 10, 6; Verbreitung XVL 7, 2; XVIL 9, 5. Judas, Jakobs Sohn, L 19, 8. Judas, Aminadabs Sohn, XL 4, 2.
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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer
Judas, Hohepriester. XI, 7, 1; XIL 10,6; XX; 10, 1. Judas Makkabaeus, des Mattathias Sohn, XIL 6, 1 ff. Judas, Essener und Seher, XIL 11, 2. Judas, des Chapsaeus Sohn, XIIL 5, 7. Judas, des Räubers Ezechias Sohn, XVIL 10, 5. Judas, des Sariphaeus Sohn, XVIL 6, 2 f. Judas der Galiläer, XVIIL 1, 1; 1, 6; xx, 5, 2. Juel, Hohepriester, X, 8, 6. Juktas (Joktan), Hebers Sohn. L 6, 4. Julia (Livia), Gemahlin des Augustus, XVI, 5, 1 ff. Julia, Caligulas Schwester, XIx, 4, 3. Julias (Livias), Stadt in Peräa, früher Betharamphtha genannt (s. dieses), XVIIL 2, 1; xx, 8, 4. Julias, Stadt am See Genezareth, früher Bethsaida genannt (s. dieses). XVIIL 2, 1. Julius, römischer Heerführer, XV, 3, 7. Jupiter Victor (der siegverleihende Jupiter), XIx, 4, 3. Jykäer, die, syrisches Volk, VlIL 5, 3. Izara, Jzars Stadt, Jesraela (s. d.), VlIL 13, 6; 15,4. Izates, König von Adiabene. xx, 2, 1 ff. Kaath, Levis' Sohn, IL 7, 4. Kabrothaba, IIL 13. Kaina, Ort im Lande der Ziphener, VL 13,2. Kainas (Kenan), des Enos Sohn, L 3, 2; 3, 4. Kaiaphas, Hohepriester, s. auch unter Joseph, XVIIL 2, 2.
Ka'is (Kain), Adams Sohn, L 2, 1 ff. KaUias, XVIL 1, 1. Kallimander, syrischer Feldherr, XIIL 10, 2. Kallirrhoe, warme Quellen mit Badeort in Peräa, jetzt Zerka Ma'm, XVIL 6, 5. Kambyses, König der Perser, IL 10, 2; XL 2, 1 f. Kamith, Vater des Hohepriesters Simon, XVIIL 1, 1. Kamon, Stadt in Galaditis, zum Stamme Manasses gehörig, V, 7, 6. Kamuel, Nachors Sohn, L 6, 5. Kamus, xx, 1, 3. Kana, Dorf in GaIiläa, das heutige Kana-el-DjeIlI, XIIL 15, 1; XV, 5, 1. Kantheras, Beiname des Hohepriesters Simon, XIx, 6, 2 ff. Kapharsaba (Chabarzaba), dasselbe wie Antipatris (s. d.), XIIL 15, 1; XVI, 5, 2. Kapharsalama, kleiner Ort in der Nähe von Jerusalem, XIL 10,4. Kappadokien, Provinz in Asia minor, vom Taurus bis zum Pontus Euxinus und vom Halys bis zum Euphrat sich erstreckend, XVI, 2, 2. Seine Bewohner L 6, 1. Kareas, X, 9, 2. Kariathiarim, Stadt in Judäa, zum Stamme Judas gehörig, an der westlichen Grenze des Stammes Benjamin, höchst wahrscheinlich das heutige, drei Stunden von Jerusalem entfernte Kariet el 'Enab (Stadt der Weintrauben), V, 1,16; VL 1,4. Karien, südwestlichste Landschaft Kleinasiens, von den 'llirken jetzt Alidinella und Mentech-Seli genannt, XI, 8, 1. Karmel, Berg, der heutige Karmel oder Jebel Mar Elyas, V, 1, 22; VlIL 13, 5. Karnai'n, Heiligtum in Syrien, XIL 8, 4. Karrae, Stadt in Mesopotamien südöstlich von Edessa, das Charra der Römer und Griechen, jetzt 'frümmerstätte, xx, 2, 2. Kaspische Tore, der berühmte Engpass, im Kaukasus,
welcher aus Medien nach Hyrkanien und Parthien führte, jetzt der Pass Chawar und Firuz-Koh zwischen Harka-Koh und Siah-Koh, XVIIL 4, 4. Kassander, XIL 1, 1. Kedar, IsmaeIs Sohn, L 12, 4. Kedasa, zum Stamme Nephthali gehörig, den Leviten zugeteilt und zur Freistadt erhoben, bei Caesarea Philippi gelegen, jetzt das Dorf Kedes, XIIL 5, 5; V, 1, 18; 1,24. Kedmas, IsmaeIs Sohn, L 12, 4. Kedron, Bach in der Nähe Jerusalems, VlIL 1, 5. Kelenderis, Kastell in Cilicien (vergL Tacitus, Annalen IL 8), jetzt Kalandria oder Gulnar, XVIIL 5, 1. Keltische Legion, die, XIx, 1, 15. Kemede, xx, 5, 2. Kendebaeus, Heerführer des Antiochus Soter, XIIL 7, 3. Kenez, des Eliphaz Sohn, IL 1, 2. Kenez, Hothniels Vater, V, 3, 3. Kepheriter, die, chananaeische Völkerschaft, V, 1, 16. Killa, Stadt in der Ebene des Stammes Judas, die heutige Ruinenstätte Kila, VL 13, 1. Kinchar, hebräisches Gewicht IIL 6, 7. Kinyras, XIx, 1, 13. Kition, Stadt auf Cypern, L 6, 1. Klazomenae, eine der ionischen Zwölfstädte an der lydischen Küste (Kleinasien), xx, 11, 1. Kleodemus, Seher, L 15. Kleopatra, des Ptolomäus Epiphanes Gattin, XIL 4, 1. Kleopatra, Tochter des Ptolemäus Philometor, XIIL 4, 1 ff.; Kleopatra, die berüchtigte Königin von Ägypten, XIv, 13,1 bis XV, 5, L Kleopatra, Herodes' des Großen Gattin, XVIL 1, 3. Kleopatra, des Gessius Florus Gattin, xx, 11, 1. Kleopatra, Name der syrischen Königin Selene, XIIL 16,4. Knidus, Hafenstadt in der kleinasiatischen Landschaft Karien, XIIL 13, 4. Kommagene, die nordöstlichste Provinz Syriens, im Osten vom Euphrat, im Norden und Westen vom Amanus begrenzt, während sie im Süden (gegen Syria Kyrrhestica hin) der natürlichen Grenzen entbehrte, XVIIL 5, 4; XIx, 5, 1. Kophene, Fluss in Indien, jetzt Kabul, L 6, 4. Kor, jüdisches Maß, IIL 15, 3; xv, 9, 2. Korduba, jetzt Cordova, große und berühmte Stadt in Hispania Baetica, XIx, 1, 3. Kordyäer-Gebirge, das, trennt Armenien von Mesopotamien, die jetzigen Dschudi-Berge, L 3, 6. Kore, Esaus Sohn, IL 1, 2. Kores, des Moyses Gegner, Iv, 2, 2 ff. Koraea, Stadt zwischen Sichern und Silo, das heutige Kilriyßt, XlV, 3, 4. Korraea, Stadt in Südpalästina, heute unbekannt, VL 2, 2. Kos, zu den Sporaden gehörige Insel im Myrtoischen Meere, an der Küste von Karien gelegen, jetzt Stanchio, Stingo, Itankos, Isola longa genannt, XlV, 7, 2; XVI, 2, 2. Ihre Bewohner XlV, 10, 15. Kostobar, Gatte der Salome, XV, 7, 9 f.; XVI, 7, 6. Kostobar, Verwandter Agrippas des Jüngeren, xx, 9, 4. Kotardes, Partherkönig, xx, 3, 4. Kotylas, Beiname des Tyrannen Zeno von Philadelphia, XIIL 8,1. Kotys, König von Kleinarmenien, XIx, 8, 1.
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Namenregister
Koze, idumäischer Gott, xv, 7, 9. Kreta, jetzt Candia, die bekannte große Insel des Mittelmeeres, XVII, 12, 1 f. Ktesiphon, Stadt in Babylonien am Ostufer des Tigris, Seleukia gegenüber, nordöstlich von Babyion. Jetzt liegt an der Stelle von Ktesiphon unter dem Namen Tili Kesre ein beträchtlicher 'Ifümmerhaufen. XVIII, 2, 4; 9, 9. Kyaneische Felsen, die zwei kleinen Felseninseln an der Mündung des TIrrakischen Bosporus in den Pontus Euxinus, auch die Symlpejaden (vgl. Argonautensage), heute Urek-Jaki genannt, XVI, 2, 2. Kydisa, dasselbe wie Kedasa (s. d.), IX, 11, 1. Kypron, Gattin des Idumäers Antipater, xrv, 7, 3. Kypros, Herodes' des Großen und der Mariamne Tochter, XVIII, 5, 4. Kypros, Antipaters Tochter, Gattin des Alexas Helkias, XVIII, 5, 4. Kypros, des Alexas Helkias Tochter. XVIII, 5, 4. Kypros, Phasaela Tochter, XVIII, 5, 4. Kypros, Kastell bei Jericho, zu Anfang des Jüdischen Krieges zerstört und dem Erdboden gleichgemacht, XVI, 5, 2. Kyrene, Hauptstadt der Landschaft Kyrenaika (seit den Tagen der Ptolemäer Pentapolis genannt) westlich von Ägypten, welche jetzt Plateau von Barka heißt Kyrene ist das heutige Cayron, Grenneh, Curen, Kurin; die Ruinen sind sehr ausgedehnt. XIV, 7, 2; XVI, 6,5. Kyzikos, eine im Altertum ihrer Schönheit wegen berühmte Stadt in Mysien auf einer Landzunge der Propontis. Häufige Erdbeben, namentlich das von 443 n. Chr., und die Eroberung durch die Araber 675 n. Chr. haben die frühere Pracht und Größe der Stadt zum Verschwinden gebracht. Jetzt heißt sie Aidinschik oder Temaschalik. XIII, 10, 1. Laban, Bathuels Sohn, I, 6, 5; 16,2. Labatha, Ort in Galad jenseits des Jordan, in der Nähe von Rabbath Ammon (Philadelphia), VII, 5, 5. Labim, Mestrailns Sohn, I, 8, 2. Labina, Landschaft Palästinas zwischen Bethel und Sichern, IX, 5, 1. Labosordach, babylonischer König, X, 11, 2. Lachis, Stadt in Judäa, das heutige Umm-Lilis, im Süden von Palästina an der großen Volkerstraße nach Ägypten gelegen, VIII, 10, 1; IX, 9, 3. Lakedämonier, die, XII, 4, 10 f.; XIII, 5, 8. Lamech, Mathusalas Sohn. I, 2, 2; 8, 4. Laodike, Königin der Galadener, XIII, 13, 4. Laodikea, Stadt an der Westkü~te Syriens südlich vom Berge Kasios, jetzt LadikJ'je, XIV, 10, 20. Lasthenes, Kretenser, XIII, 4, 3; 4, 9. Latopolis, Stadt in Unterägypten, angeblich jetzt das Dorf Errahne, 11, 15, 1. Latusim, Dadans Sohn, I, 15, Lemha, Moabiterstadt, jetzt unbekannt, XIII, 15, 4. Lemonische llibus, die, XIV, 10, 10. Lentulus, Lucius, Konsul, xrv, 10, 13; 10, 16. Leontopolis, Stadt im Nildelta, XIII, 3, 2. Lepidus, XIX, 1, 3; 1, 8. Lesbos, die größte unter den Inseln des Ägäischen Meeres vor der Küste von Mysien, später nach der Hauptstadt Mytilene genannt, heute Metelino, MeteIin, Midilly, XVI, 2, 2.
Levis, Jakobs Sohn, I, 19, 7; 21, 1. Lia, Labans Tochter, I, 19, 7. Libanon, das bekannte syrische Gebirge, III, 14,2; V, 3, 1; VIII, 2, 3; 6, 3; XIx, 5, 1. Libyen, Landschaft an der Nordküste Afrikas, I, 6, 2; 15; XVI, 6,1. Libys, Mestrailns Sohn, I, 6, 2. Livias, arabische Stadt, XIV, 1, 4. Livius, römischer Geschichtsschreiber, XIV, 4, 3. Lobana, Stadt in Judäa (s. Labina), X, 5, 2. Lollius, xrv, 2, 3. Loos, makedonischer Monatsname (s. Hekatombaion), Iv, 4, 7. Lot, Arans Sohn, I, 6, 5 ff. Lucullus, XIII, 16,4. Lud, Sems Sohn, I, 6, 4. Lugdunum, Stadt in Gallien, das heutige Lyon, XVIII, 7,2. Luom, Dadans Sohn, I, 15. Lupus, Julius, XIx, 2, 4; 4, 5. Lydda (Diospolis), Stadt in Judäa, heute Ludd oder Ludda, unweit Jaffa an der Straße von Jerusalern nach Caesarea gelegen, XIII, 4,9; XIV, 11, 2; 15, 3; xx, 6, 2. Lyder, die, I, 6, 4. Lydien, kleinasiatische Provinz am Ägäischen Meere, jetzt die Provinz Sarukhan und der nördliche Teil von Sighla, XI, 8, 1. Lysanias, des Ptolemäus Mennaei Sohn XIV, 13, 3; XV, 4,1. Lysias, Statthalter des Antiochus Epiphanes, XII, 7, 2 ff. Lysias, ein Raubkastell Syriens, Lage unbekannt, XIV, 3,2. Lysimachus, einer der Diadochen (Nachfolger Alexanders des Großen), XII, 1, 1. Lysimachus, des Apollodotus Bruder, XIII, 13, 3. Lysimachus, des Pausanias Sohn, xrv, 10, 10; 12,3. Lysimachus, vornehmer Jude, XV, 7, 8. Maathas, Priester des Baal, IX, 7, 4. Machaeras, römischer Heerfrihrer, XIV, 15,7. Machaerus, Kastell an der Grenze von Palästina und Arabien (genaue Beschreibung s. Jüd. Krieg VII, 6, 1), jetzt Mkaur, VII, 9, 8; XIII, 16, 3; XIV, 5, 4; XVIII, 5,1. Machama, Davids Gattin, VII, 1, 4. Machana, Roboams Gattin, VIII., 10, 1. Machas, Nachors Sohn, I, 6, 5. Machir, vornehmer Galaditer, VII, 5, 5; 9, 8. Machma, Stadt im Stamme Benjamin, jetzt Michm~sch oder Mukm~s, VI, 6, 1; XIII, 1, 6. Machon, Stadt in Syrien, VII, 5, 3. Macro, Prätorianer-Oberst, XVIII, 6, 6; 6, 7. Madäer, die, von den Griechen Meder genannt, I, 6, 1. Madan, Abrams Sohn, I, 15. Mades (Madai), Japheths Sohn, I, 6, 1. Madian, Abrams Sohn, I, 15. Madiana, Stadt in Arabien, am Roten Meere gelegen, 11, 11,1. Madianiter, die, weit verbreitetes nomadisches Volk im südlichsten Teile des Peträischen Arabien, dessen früheste Wohnsitze westlich vom Sinai zwischen dem Gebirge Se'ir und dem Arabischen Meerbusen zu suchen sind. Das Volk verbreitete sich auf der Ostseite des Arabischen Meeres bis zu den Grenzen
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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer
der Moabiter hin in nördlicher Richtung und gelangte durch lebhaften Karawanenhandel zwischen Ägypten und Arabien sowie durch Viehzucht zu bedeutendem Wohlstand, bis es von Gedeon gedemütigt wurde. Seit dem Exil verschwindet der Name aus der Geschichte. IV, 6, 1 ff.; V, 6, Iff. Maecische 'llihus, die, XIV; 10, 10. Magedo, Stadt im Gebiete des Stammes Isachar, aber zum Stamme Manasses gehörig, früher chananaeische Königsstadt und auch nach Josua noch geraume Zeit in den Händen der Chananäer, lag am Fuße der Hügelreihe, die im Südosten des Karmel das samaritanische Gebiet begrenzt, und findet sich in der jetztgen Ruinenstadt Chan oder dem Dorfe el-Lejun - VlIL 6, 1; IX, 6, 3. Magog, Japheths Sohn, L 6, l. Makedonier, die, XL 8, 1 ff.; XIL 1, l. Malael, des Kainas Sohn, L 3, 4. Malatha, Kastell Idumäas im äußersten Süden des Stammgebietes Judas, später den Simeonitern überwiesen und nach dem Exil wieder von Judäern bewohnt, heute die Brunnen und Ruinen von el-Milh oder el-Melah acht Stunden südlich von Hebron, XVlIL 6, 2. Malehus (s. Kleodemus), L 15. Malehus, Araber, Erzieher des Antiochus, XIIL 5, l. Malchus, arabischer Fürst, XIV; 14, 1 f.; xv, 6, 2. Maliath, Stadt jenseits des Jordan im Ammanitergebiet. V, 7, 10. Maliehus, vornehmer Jude, XIV, 5, 2; 11, 2. Malle, Stadt in Palästina, Lage unbekannt, XIL 8, 3. Mallon, Elimelechs Sohn, V, 9, l. Malthake, Herodes' des Großen Gattin, XVlL 10, l. Mambre, Abrams Wohnung, L 10, 2; 11, 2. Mambres, Abrams Kriegsgefährte, L 10, 2. Manaem, König der Israeliten, IX, 11, l. Manaem, Essener, xv, 10, 5. Manasses, Josephs Sohn, IL 6, 1; 7, 4; 12, 4. Manasses, König der Juden, X, 3, 1 f. Manasses, Bruder des Jaddus, XL 7, 2. Manasses, Hohepriester, XIL 4, l. Mandra, Ort in Palästina, Lage unbekannt, X, 9, 5. Manetho, ägyptischer Geschichtsschreiber, L 3, 9. Manlius, Lucius, XIIL 9, 2. Manna, 111, 1, 6. Manoeh, Samsons Vater, V, 8, 2. Maon, Stadt im Gebiete des Stammes Judas, nicht weit vom Berge Karmel, VL 13, 2. Mal', Ort in der Arabischen Wtiste, IIL 1, l. Maraioth, Jothams Sohn, VlIL 1, 3. Marari, Levis' Sohn, IL 7, 4. MareeUus, Gajus, Konsul, XIV; 10, 13; 10, 19. MareeUus, Landpfleger von Judäa, XVlIL 4, 2. Mareus, Alexanders Sohn, XIX, 5, l. Mardoehaeus, Heerführer, XL 3, 10. Mardoehaeus, Esthers Oheim, XL 6, 2 ff. Maresa (Marissa), Stadt im Stammgebiete Judas, die heutige 'frümmerstätte Marasch, VlII, 10, 1; 12, 1; XIL 8, 6; XIIL 9, 1; XIV, 1, 4. Margaloth, XVlL 6. 2. Mariamme, des Moyses Schwester, IL 9, 4; IIL 6, 1; IV,
4,6. Mariamne, Herodes' des Großen Gattin. xv, 6, 5 ff.; XVlL 1,3. Mariamne, Tochter des Hohepriesters Simon, Herodes'
des Großen Gattin, XV, 9, 3; XVlL 1, 3; 4, 2. Mariamne, Agrippas des Großen Tochter, XVlIL 5, 4; XIx, 9, l. Mariamne, Josephs Tochter, XVlIL 5, 4. Mariamne, Gattin des Ethnarchen Archelaus. XVlL 13,
4. Marion, Beherrscher von 'lJrus, XIV, 12, l. Marissa, s. Maresa. Marsuane, hebräischer Monatsname, s. Dios. Marsus, Landpfleger von Syrien, XIX, 7, 2; 8, l. Marsyas, Agrippas Freigelassener, XVlIL 6, 3; 6, 10. Maruel, Jareds Sohn, L 2, 2. Marullus, XVliL 6, 10. Masada, Kastell am westlichen Ufer des Toten Meeres in der Nähe von Engaddi, jetzt Sebbeh. Genaue Beschreibung Masadas s. Jüd. Krieg VlL 8, 3. XIV; 11, 7. Masmas, Ismaels Sohn, L 12, 4. Masnaemphthes, '!Urban der Priester, IIL 7, 3. Maspha, Stadt in Palästina, nahe bei Gibeon und Rama, die heutige Moschee Nebi Samvii, zwei Stunden nordwestlich von Jerusalem auf dem Gipfel eines von Nordost nach Südwest verlaufenden Bergrückens gelegen, VlIL 12, 4. Masphath, feste Stadt im Os~ordanland auf dem Gebirge Gilead, V, 7, 9; VL 2, 1; 4, 4; X, 9, 1 ff. Massahazanes, Leibrock der Priester, IIL 7, 2. Massageten, die, ein mächtiges und kriegerisches Nomadenvolk Asiens, im Norden des heutigen Kiwa auf dem Isthmus zwischen dem Kaspischen Meere und dem Aralsee, sowie in den Steppen der Kirgisen (vergl. Herodot L 208 ff.), XL 2, l. Mastherongebirge, Höhenzüge bei Engaddi, VL 13, 4. Mathusala (Metuschael), Maruels Sohn, L 2, 2. Mathusala (Metuschelach), Lamechs Vater, L 3, 2. Mattathias, Vater der Makkabäer, XIL 6, 1 f. Mattathias, Absaloms Sohn, XIIL 5, 7. Matthias, des Theophilus Sohn, Hohepriester, XVlL 4, 2. Matthias, Margaloths Sohn, Gesetzeslehrer, XVlL 6, 2. Matthias, des Ananus Sohn, Hohepriester, XIX, 6, 4; 8, l. Matthias, des Theophilus Sohn, Hohepriester, xx, 9, 7. Mazaka, Hauptstadt von Kappadokien, später Caesarea am Gebirge Argaeus, jetzt Kaisari, L 6, 1. Medaha, Grenzstadt des Stammes Rubel, jetzt Maedeba, I1f4 Stunde südöstlich von Hesban, XIIL 1, 2; 9, 1; 15,4; XIV, 1,4. Meder, die, L 6, 1; IX, 12, 3; X, 11, 4. Meeir, Talar des Hohepriesters, IIL 7, 4. Megasthenes, Geschichtsschreiber, X, 11, l. Melas, XVL 10, 6. Melcha (Milka), Nachors Gattin, L 6, 5. Melchis, Sauls Sohn, VL 6, 6. Melchisedek, König von Solyma, L 10, 2. Melos, eine der bedeutendsten südwestlichen Inseln des Ägäischen Meeres, heute Milo, XVlI, 12, 2. Memmius Regulus, XIx, 1, l. Memnon, XIV, 10, 23. Memphibost, des Jonathas Sohn, Vll, 5, 5 ff. Memphis, Stadt in Ägypten auf dem linken Ufer des Nil, südlich von der Spitze des Deltas, heute nur noch unbedeutende 'frümmer, IL 10, 1; VlIL 6, 2; XII, 4, 3, 5, 2. Menander, Geschichtsschreiber, VlIL 5, 3; 13,2; IX, 14, 2; XIV, 8, 5. Mende, Stadt in Palästina, Lage unbekannt, X, 5, l.
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Namenregister
Menedemos, Philosoph, XIL 2, 13. Menelaus, s. Onias, XIL 5, 1. Menenische 'llihus, die, XIV, 10, 10. Mennachasen, priesterliches Gewandstück, IIL 7, 1. MenophiIos, ephesischer Prytane, XIV; 10, 25. Mentinus, Ludus, XIII. 9, 2. Merob, Sauls Tochter, VI, 6, 6. Meroe (Saba), Hauptstadt von Äthiopien, IL 10, 2. Mesas (Masch), Ararns Sohn, L 6, 4. Mesopotamien, Land Vorderasiens, welches im Westen durch den Euphrat von Syrien und Arabien, und im Osten durch den Tigris von Assyrien geschieden wird, weshalb es von den Eingeborenen Aram Naharaim, d. i. Syrien zwischen den Flüssen, genannt wurde. Jetzt Al Dschesireh. L 7, 4; XVIIL 9, 1 ff. Messala, des Herodes Sachwalter, XIV, 4, 4; 13, 1. Messalina, Gattin des Cäsars Claudius, xx, 8, 1. Mesträer (Ägypter) und Mestre (Ägypten), benannt nach Mestrailn (Mizrajim), L 6, 2. MeteUus Creticus, Quintus, Konsul, XIV, 1, 2; 2, 3. Mia, Flecken in Peräa, jetzt unbekannt, xx, 1, 1. Michas, Memphibosts Sohn, VlL 5, 5. Michaeas, Seher, VlIL 14, 5; X, 6, 2. Micbal, Sauls Tochter, VI, 6, 6; 10, 3: VlL 1, 4. Milesius, XIIL 15, 1. Minaios, König von Ägypten, VlIL 6, 2. Minucianus, Annius, XIx, 1, 3 ff. Minucianus, Marcus, XIx, 4, 3. Minyas, ein Distrikt Arrneniens, L 3, 6. Misach, Misaels babylonischer Name, X, 10, 1. Misael, X, 10, 1. Misan, Moabiterkönig, Ix, 3, 1. Misenum, Stadt in Unteritalien, jetzt Miseno, XIx, 1, 1. Mithradates Sinakes, parthischer Häuptling, XIIL 14, 3. Mithradates, König von Pontus, XIV, 3, 4. Mithradates, Parther, XIV; 6, 4. Mithradates, pergamenischer König, XIV, 8, 1. Mithradates, Partherkönig, XVI, 8, 4. Mithradates, vornehmer Parther, XVlIL 9, 6 f. Mnaseas, Geschichtsschreiber, L 3, 6. Moab, Lots Sohn, L 11, 5. Moabiter, die, Bewohner von Moabitis, einer Berggegend im Peträischen Arabien arn östlichen Ufer des Toten Meeres, die sich von Zoar bis zum Flusse Arnon erstreckte. Nach der Zerstörung Jerusalems durch Nabuchodonosor (588 vor Chr.) verschwinden sie gänzlich aus der Geschichte. Ihre Hauptstadt war Rabbat Moab, später Areopolis, jetzt Rabba genannt. L 11, 5; V, 4, 1 ff.; Ix, 1, 2. Mocbus, Geschichtsschreiber, L 3, 9. Modiim, Flecken in Judäa, nicht weit von Diospolia (Lydda), das heutige el-Mediyeh, XIL 6, 1; 11,2. Modius, römisches Maß, XIV, 2, 2. Momphis, Benjamins Sohn, IL 7, 4. Monobazus Bazaeus, König von Adiabene, xx, 2, 1 f. Monobazus, des M. Bazaeus Sohn, xx, 2, 1 ff. Mopsuestia, eine bedeutende und unter den Römern freie Stadt in Ciliden, an beiden Ufern des Pyrarnus, im Mittelalter Marnistra, jetzt Messis, ein schmutziger Flecken, XIIL 13, 4. Moria, Berg in Judäa, der spätere Tempelberg, L 13, 1. Mosocb (Meschech), Japheths Sohn, von dem die Mosochener (Kappadokier) den Namen haben, L 6, 1. Moyses, Vorwort 4; IL 9, 4 ff.
Muchaeus, Perser, XL 6, 1. Mucianus, Statthalter von Syrien, XIL 3, 1. Mundus, Decius, römischer Ritter, XVlIL 3, 4. Murcus, Statthalter von Syrien, XIV, 11, 1 ff. Muska, phönizische Göttin, Ix, 2, 1. Myrrha, des Kinyras Tochter, XIx, 1, 13. Mytilene (auch Mitylene), die größte und wichtigste Stadt auf der Insel Lesbos, jetzt Castro oder Metelino, welcher Name auch auf die ganze Insel übergegangen ist, xv, 10, 2; XVI, 2, 2. Naamis, des Elirnelech Weib, V, 9, 1. Naarda (Nearda), sehr bedeutende Stadt in Babylonien an einern Kanal des Euphrat, größtenteils von Juden bewohnt, welche dort für kurze Zeit einen eigenen Staat bildeten und eine Akademie hatten, heute unbekannt, XVlIL 9, 1 ff: Naases, Arnmaniterkönig, VI, 5, 1; VlL 6, 1. Naba, Stadt im Starnmgebiete Benjamin an der Heerstraße, die von Norden nach Jerusalern fuhrte, so nahe bei letzterer Stadt, dass man von dort aus Naba sehen konnte, VI, 12, 1. Nabad, Aarons Sohn, IIL 8, 1. Nabaioth, Ismaels Sohn, L 12, 4. Nabal, Ziphener, VI, 13, 6 ff. NabaUo, arabisches Kastell an der Grenze von Palästina, Lage unbekannt, XIV, 1,4. Nabatäer, Hauptvolk des Peträischen Arabien, besonders mächtig zur Zeit des Augustus. Ihr Reich, dessen Hauptstadt Petra war, endigte zur Zeit des 'Irajanus, und das Land gehörte von da ab zu Palästina tertia. L 12, 4; XIL 8, 3; XIIL 1, 2. Nabla, musikalisches Instrument, VlL 12,3; VlIL 3, 8. Naboandel (Baltasar), König von Babyion, X, 11,2. Nabosaris, babylonischer Fürst, X, 8, 2. Nabuchodonosor, babylonischer König, X, 6, 1 ff. Nabuth, VlIL 13, 8. Nabuzardanes, babylonischer Heerführer, X, 8, 5. Nacbor, Serugs Sohn, L 6; 5. Nachor, des Tharrus Sohn, L 6, 5; 16, 1. Nadab, Jeroboams Sohn, VlIL 10,4. Naeman, Benjamins Sohn, IL 7, 4. Nahum, Prophet, Ix, 11, 2. Nalda, Kals' Wohnort, L 2, 2. Naphaesus, Ismaels Sohn, L 12, 4. Nathan, Davids Sohn, VlL 3, 3. Nathan, Prophet, VlL 4, 4; 7, 3; 14, 5. Nathanael, Davids Bruder, VI, 8, 1. Nave, des Jesus (Josua) Vater, IIL 2, 3. Naziräer, gottgeweihte Personen, IV; 4, 4; XIx, 6, 1. Neara, südöstliche Grenzstadt des Stammgebietes Ephraim, zwischen Ataroth und Jericho gelegen, noch nicht wieder aufgefunden, XVlL 13, 1. Nebrod (Nimrod), des Chus Sohn, L 4, 2 f.; 6, 2. Nechao, König von Ägypten, X, 5, 1; 5, 2; 6, 1. Nedem, Sohn des Mestrailn, L 6, 2. Neemias, Mundschenk des Xerxes, XL 5, 6 ff. Nemessus, Vater des Jehu, IX. 6, 1. Nephanus, VlL 12, 2. Nephtalim, Jakobs Sohn, L 19,7; IL 7,4; V, 1,22. Nergelear, babylonischer Heerfuhrer, X, 8, 2. Nerias, Hohepriester, X, 8, 6. Nero, römischer Cäsar, xv, 4, 3; XVlIL 5, 4; xx, 8, 1 ff. Neronias, Name für Caesarea Philippi, xx, 9, 4. Nerus, Sauls Oheim, VI, 6, 6.
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F1avius Josephus: Jüdische Altertümer
Nerus, Baruchs Vater, X, 9, 1. Niglisar, babylonischer König, X, 11, 2. Nikanor, des Antiochus Epiphanes Statthalter, XII, 5, 5; 7,3. Nikanor, Beamter des Ptolemäus Philadelphus, XII, 2, 12. Nikanor, Freund des Königs Demetrius, XII, 10, 4 f. Nikanor, des Euphemus Sohn, XIV, 10, 25. Nikaso, des Sanaballetes Tochter, XI, 7, 2. Nikator, Beiname des Königs Seleukus, XVIII, 9, 8. Nikaule, Königin von Ägypten, VIII, 6, 2. Nikodemus, XIV, 3, 2. Nikolaus von Damaskus, Geschichtsschreiber und Sachwalter des Herodes, I, 3, 6; VII, 5, 2; XII, 3, 2; XIII, 12,6; XIv, 1,3; 4, 3; 6, 4; XVI, 7, 1; 9, 4; 11,3 f.; XVII, 3, 2; 5, 4; 11, 3. Nikopolis, Stadt an der Südwestspitze von Epirus und am Eingange des Ambracischen Meerbusens, der Stadt Actium gegenüber, jetzt Paleoprevyza, etwas nördlich von Prevyza oder Prevesa, XVI, 5, 3. Nil, der bekannte Fluss in Ägypten, I, 1,3; 11, 10,2. Ninive, die berühmte Hauptstadt des assyrischen Reiches am östlichen Ufer des Tigris, heutzutage beträchtliche Ruinen gegenüber Mossul, Ix, 10, 2. Nious, assyrischer König, Ix, 10, 2. Niphates, ein nordöstlicher, zum Taurussystem gehöriger Zweig des Gebirges Masius, zwischen Euphrat und Tigris im nördlichen Mesopotamien, der sich jenseits des Tigris durch Armenien nach dem See Arsissa und dem Antitaurus hinzieht. Jetzt die Hatrasch-Alpen mit dem Balanberge. XVIII, 2, 4. Nisan, hebräischer Monatsname, makedonisch Xanthikos (etwa unser April), I, 3, 3; 11, 14, 6; XI, 4, 8. Nisibis, babylonische Stadt (s. auch Antiochia Epimygdonia), XVIII, 9, 1; 9, 9; xx, 3, 3. Noe (Noah, Noach), I, 3, 1 ff: Noema, Lamechs Tochter, I, 2, 2. Nooma, Solomons Gattin, VIII, 8, 1. Norbanus F1accus, Gajus, XVI, 6, 3; 6, 6. Norbanus, adeliger Römer, XIx, 1, 15. Nosta, König Joachims Mutter, X, 6, 3. Numenius, XIII, 5, 8; XIv, 8, 5. Obed, des Boaz und der Ruth Sohn, V, 9, 4. Obedam, Levit, VII, 4, 2. Obedas, arabischer Fürst, XIII, 13, 5. Obedas, Seher, Ix, 12, 2. Obedias, VIII, 13,4. Obimes, Jeroboams Sohn, XIII, 11, 1. Obodas, arabischer Fürst, XVI, 7, 6; 9, 4. Ochozias, König Achabs Sohn, VIII, 15,6; Ix, 2, 1. Ochozias, König Jorams Sohn, Ix, 5, 3; 6, 3. Octavia, Tochter des Cäsars Claudius, xx, 8, 1 f. Odeas, Hohepriester, X, 8, 6. OdoUa, dasselbe wie Adullama (s. d.), Stadt in Judäa,VIII, 10, 1. Oe, Madianiterkönig, IV; 7, 1. Og, König von Galaditis, IV; 5, 3. Ogyges, Eiche bei Chebron, I, 10, 4. Olda, Seherin, X, 4, 2. Olympias, Herodes' des Großen Tochter, XVIII, 1, 3; 5,
4. Olympische Spiele, XVI, 5, 3. Olympus, Herodes' des Großen Freund, XVI, 10, 7; 10, 9.
Oman, des Eliphaz Sohn, 11, 1, 2. Onias, des Jaddus Sohn, Hohepriester, XI, 8, 7; XII. 2, 5. Onias, Simons des Gerechten Sohn, Hohepriester, XII, 4,1 ff. Onias, Simons Sohn, Hohepriester, XII, 4, 10. Onias, mit dem Beinamen Menelaus, Hohepriester, XII, 5, 1 ff; xx, 10, 1. Onias, des Onias Sohn, XII, 5,1; 9, 7; XIII, 3, 1 ff; xx, 10,1. Onias, ein frommer Jude, XIV, 2,1. Onias' Bezirk, in Unterägypten, XIV; 8, 1. OpheUius, Phasaels Freund, XIV; 13,5. Opheires (Ofir), des Juktas Sohn, I, 6, 4. Ophnis, Elis Sohn, V, 10, 1. Oreb, Madianiterkönig, V, 6, 5. Orestes, XI, 8, 1. Orodes, XVIII, 2, 4. Oronae (Oronas), Stadt der Moabiter, XIII, 15,4; XIv, 1,4. Orpha, V, 9, 1. Orsa, VIII, 12, 4. Orsanes, vornehmer Parther, XIv, 6, 4. Orus, Moyses' Schwager, 111, 2, 4. Oryba, arabische Stadt, Lage unbekannt, XIV; 1, 4. Oseas, König der Israeliten, Ix, 13, 1; X, 9, 7. Ozas, VII, 4, 2. Ozias, König der Juden, Ix, 10, 3 f. Ozis, Hohepriester, V, 11, 5. Pakorus, Sohn des Partherkönigs Arad, XIV, 13,3; 15,7. Pakorus, Sohn des Partherkönigs Artabanus, xx, 3, 4; 10,1. Palästina, griechischer Name für das Philisterland, I, 6, 2.
Palästiner (Philister), V, 10, 1 ff. PaUas, Herodes' des Großen Gattin, XVII, 1, 3. PaUas, Antonias Diener, XVIII, 6, 6. PaUas, Bruder des Landpflegers Felix, xx, 7, 1; 8, 9. Palmyra, Stadt in Syrien, in einer anmutigen und fruchtbaren Oase der großen syrischen Wüste nordöstlich von Damaskus gelegen. Sank später zu einem unbedeutenden Flecken, dem heutigen Tadmor herab, VIII, 6,1. Pamphylien, Landschaft an der Südküste Kleinasiens, welche früher Mopsopia hieß und zwischen Lycien und Cilicien lag, von welch Letzterem sie der Taurus trennte. Als römische Provinz grenzte Pamphylien westlich an Lycien und Kleinphrygien, nördlich an Galatien und Kappadokien, östlich an das Rauhe Cilicien und südlich ans Mittelländische Meer, XI, 8, 1; XIv, 14,3. Pamphylisches Meer, II, 16, 5. Panathenäen, athenisches Fest, XIV; 8, 5. Paneas, Gegend in Palästina an den Quellen des Jordan, xv, 10, 3; XVII, 8, 1. Panias, Stadt der Landschaft Paneas (s. auch Caesarea Philippi), XVIII, 2, 1. Panium, xv, 10, 3. Paphlagonier, die, von den Juden Riphathäer genannt, I, 6, 1; vergl. XVI, 2, 2. Papinius, llibun, XIx, 1, 6. Papirische 'llibus, die, XIV, 10, 10. Pappus, XIv, 15, 12 f. Papyron, Ort io Arabien oder Syrien, dessen Lage sich nicht genau angeben lässt, XIv, 2, 3.
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Namenregister
Paremholai, ein sehr alter Ort in Galaditis, VII, 9, 8; 10, 1; 11,4. Parmenio, Alexanders Heerführer, XI, 8, 5. Paros, XIV, 10, 8. Parther, die, von Natur treulos XVIII, 2, 4; von Demetrius besiegt XIII, 5, 11; ermorden den PhasaeI XVII, 10, 2; bedrängen die Juden XVIII, 9, 1 ff; ihr König Artabanus xx, 3, 1 ff. Pascha, jüdisches Fest, 11, 14, 6; III, 10,5; XVII, 9, 3. Patroklus, XIV, 10, 10. Paulina, des Saturninus Gattin, XVIII, 3, 4. Pausanias, XI, 8,1; XN, 10, 10; 12, 3; XIX, 1, 13. Pella, Stadt an der Grenze Peräas gegen Norden zwischen dem See Genezareth und dem toten Meer, heute das mit vielen Ruinen auf einem Hügel gelegene TGbakat Fahi~ XIII, 15,4; XN, 3, 2; 4, 4. Pelusium, ägyptische Stadt, an der östlichen Nilmündung zwischen Sümpfen und Morästen gelegen, der Schlüssel Ägyptens, jetzt nur Ruinen, VI, 7, 3; X, 1, 4; XIV, 8,1. Pentekoste, jüdisches Erntedankfest (Pfingstfest), III, 10,6. Pergamener, die, XIV, 10, 22. Perseus, XII, 10, 6. Perser, ihre Abstammung I, 6, 4. Petephres (Potiphar), Küchenmeister des Pharao, 11, 4, 1 ff. Petephres, Priester zu Heliopolis, Josephs Schwiegervater, II, 6, 1. Petina, Gemahlin des Cäsars Claudius, xx, 8, 1. Petra, edomitische Stadt, 3 bis 4 Tagereisen von Jericho entfernt, in der Nähe des Berges Hor, jetzt Wadi Musa, III, 2, 1; IV, 4, 7; XVII, 3, 2; XVIII, 5, 3. Petronius, Statthalter von Ägypten, XV, 9, 2. Petronius, Statthalter von Syrien, XVIII, 8, 2 ff. Petrus, Freigelassener der Berenike, XVIII, 6, 3. Pettius, Lucius, XN, 10, 22. Phabes, Hohepriester, XV, 9, 3. Phabi, Vater des Hohepriesters Ismae~ XVIII, 2, 2; xx, 8,8. Phaedra, Herodes' des Großen Gattin, XVII, 1, 3. Phakeas, König der Israeliten, Ix, 11, 1. Phakeas, Hauptmann, Ix, 11, 1. Phalaus, reicher Jude, IV, 2, 2. Phalek (Pelek), Hebers Sohn, I, 6, 4. Phallion, XIV, 2, 3. Phallus, Rubels Sohn, 11, 7, 4. Phalna, Davids Sohn, VII, 3, 3. Phanuel, Stadt jenseits des Jordan nordöstlich von Sukkoth, heutige Lage unbekannt, I, 20, 2; VIII, 8,
4. Pharao, I, 8, 1; 11, 4, 1 ff.; VIII, 6, 1 f. Pharathon, Stadt in Judäa, das heutige Dorf Fer(ata, etwa 2 112 Stunden westsüdwestlich von Nabulus, V, 7, 15; XIII, 1, 3. Phares, des Judas Sohn, 11, 7, 4. Pharisäer, die, XIII, 5,4; XVII, 2, 4; XVIII, 1,2 f. Pharmuthi, ägyptischer Monatsname (hebräisch Nisan), 11, 14, 6. Pharnakes, Sohn des Mithradates, XN, 3, 4. Phasael, des Herodes Bruder, XIV, 7,4; 9, 2; 9, 5; 11, 7; 13, 5 f.; 13, 10. Phasael, des Herodes Sohn, XVII, 1, 3. Phasael, des Herodes Neffe, XVII, 1, 13; XVIII, 5, 4. Phasael, des Pheroras Sohn, XVI, 7, 6; XVII, 1, 3.
Phasael, höchster Thrm in Jerusalem, XVI, 5, 2; XVII, 10,2. Phasaelis, Stadt im Jordantal nördlich von Jericho, jetzt Ain el Fasal~ XVI, 5, 2; XVII, 8, 1; 11, 5; XVIII, 2, 2. Pheidias, der berühmte Verfertiger der Statue des Zeus, XIx, 1, 1. Pheldas, Nachors Sohn, I, 6, 5. Pheltias, Sauls Schwiegersohn, VII, 1,4; vergl. VI, 13, 8. Phenanna, Alkans Gattin, V, 10, 2. Pheroras, Antipaters Sohn, Herodes' des Großen Bruder, XN, 7, 3; 15,4; XV, 10,3; XVI, 7, 3 f.; XVII, 1,2; 2,4. Phethrosim, Mestraims Sohn, I, 6, 2. Phichola, Dorf in Judäa, jetzt unbekannt, XII, 4, 2. Phideas, Hohepriester, X, 8, 6. Phikol, Heerführer, I, 18,3. Philadelphia (Rabbat Ammon), ansehnliche und uralte Stadt jenseits des Jordan an der Grenze von Arabien und Peräa, nordöstlich von der Nordspitze des toten Meeres, heute Amman, XIII, 8, 1; xx, 1, 1. Philippi, berühmte, blühende und feste Stadt Makedoniens, heute die Ruinenstätte Felibah oder Felibejik, XN, 12, 2f. Philippion, Sohn des Ptolemäus Mennaei, XN, 7, 4. Philippus, König von Makedonien, XI, 8,1; XIX, 1, 13. Philippus, Verwandter des Antiochus Epiphanes, XII, 9, 2.
Philippus, des Antiochus Grypus Sohn, XIII, 13,4; 14,3. Philippus, Herodes' des Großen Sohn, XVII, 1, 3 bis XVIII, 5, 4. Philippus, Jakims Sohn, XVII, 2, 3. Philo von Alexandria, XVIII, 8, 1. Philostephanos, Feldherr des Ptolemäus Lathurus, XIII, 12,5. Philostratus, Geschichtsschreiber, X, 11, 1. Phillstin, Bezeichnung einer Landschaft, I, 6, 2. Phlnees, Eleazars Sohn, Iv, 6, 12 ff. Phlnees, Elis Sohn, V, 10, 1 ff, Phlnees, der letzte Hohepriester, xx, 10. Phison, hebräischer Name fiir den Ganges, I, 1, 3. Phönizien, XI, 8,3; XII, 4, 1; Ix, 14,2. Phora, Name für den Euphrat, I, 1, 3. Phraatakes, XVIII, 2, 4. Phraates, parthischer König, XV, 2, 2 ff.; XVIII, 2, 4. Phruraeische Festtage (Purimfest), XI, 6, 13. Phryger, die, I, 6,1; XII, 3, 4; XVI, 2, 2. PhuUus, Aasyrierkönig, Ix, 11, 1. Phuter, Volk Afrikas, I, 6, 2. Phutes (Put), des Chamas Sohn, I, 6, 2. Phutus, Fluss in Mauretanien, I, 6, 2. Pilatus, Pontius, Landpfleger von Judäa, XVIII, 2, 2 ff. Piso, Gesandter des Pompejus, XN, 4, 2; 10, 14. Piso, Mörder des Germanicus, VIII, 2, 5. Piso, Stadtkommandant von Rom, XVIII, 6, 5; 6, 10. Pitholaus, XIV, 5, 2. Platana, Ort in Phönizien an einem schmalen Passe zwischen dem See und dem Libanon unweit des Flusses Damurus, XVI, 11, 2. Polemon, König von Cilicien, xx, 7, 3. Polemon, König von Pontus, XIX, 8, 1. Pollio, Pharisäer, XV, 1, 1; 10, 1; 10, 4. Pollio, Befehlshaber der Leibwache des Cäsars Claudius, XIx, 4, 5. Pollische 'llibus, die, XIV, 10, 10. Pollux, des Claudius Diener, XIX, 1, 2.
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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer
Polybius von Megalopolis, Geschichtsschreiber, XII, 3, 3; 9,1. Pompedius, römischer Senator, XIX, 1, 5. Pompejus, der bekannte römische Feldherr, XIV, 2, 3 ff.; xx, 10. Pomponius, Quintus, Konsul, XIX, 4, 5. Poppaea, Neros Gemahlin, xx, 8, 11; 11, 1. Porcius Festus, Landpfleger von Judäa, xx, 8, 9; 8, 10; 9,1. Pcokymatia, Name für einen Teil der Hafenanlagen von Caesarea, XV, 9, 6. Psothomphanech, Beiname des ägyptischen Joseph, 11, 6,1. Ptolemäus 1., Lagi, XII, 1, 1. Ptolemäus H., Philadelphus, Vorwort 3; XII, 2, 1 ff. Ptolemäus III., Euergetes, XII, 4, 1 ff. Ptolemäus rv., Philopator, XII, 3, 3 f Ptolemäus v., Epiphanes, XII, 3, 3 ff. Ptolemäus VI., Philometor, XII, 4, 11 ff. Ptolemäus VII., Physkon, XII, 4, 11; XIII, 9, 3. Ptolemäus VIII., Lathurus, XIII, 10, 2 ff. Ptolemäus XII., Auletes, XIV, 6, 2. Ptolemäus Mennäi, XIII, 15, 2; XIV, 12, 1. Ptolemäus, des Jamblichus Sohn, XIV, 8, 1. Ptolemäus, Schwiegersohn des Judenfürsten Simon, XIII, 7,4. Ptolemäus, des Dorymenes Sohn, XII, 7, 3. Ptolemäus von Rhodos, XIV, 14, 3. Ptolemäus, Statthalter von Galiläa, XIV, 15,6. Ptolemäus, Beamter des Herodes, XIV, 7, 3; 8, 5; XVII, 8,2 ff. Ptolemäus, Bruder des Nikolaus von Damaskus, XVII, 9,4. Ptolemai"s (Ake), Stadt in Phönizien, jetzt St. Jean d'Acre, bei den Arabern Akka, XIII, 2, 1; XVII, 10,9; XVIII, 5, 3; 6, 3. Puteoli (Dikaearchia), Stadt in Italien, jetzt Pozzuoli, XVIII, 6, 3 f; XIX, 1, 1. Quadratus, Ummidius, Statthalter von Syrien, xx, 6, 2. Quintilia, Geliebte des Pompedius, XIX, 1, 5. Quirinische 'llibus, die, XIV, 8, 5. Quirinius, gewesener Konsul, mit der Schätzung in Syrien und Judäa betraut, XVII, 13, 5 ff. Raazar, Räuberhauptmann, VIII, 7, 6. Rabatha (s. Philadelphia), Stadt der Ammaniter, IV, 5, 3; VII, 6, 2; 7, 5. Rabezak, XI, 3, 5. Rabilius, Gajus, Konsul, XIV, 10, 20. Rachel, Labans Tochter, I, 19, 6 ff. Rael, Davids Bruder, VI, 8, 1. Raesius, Quintus, XIV, 10, 13; 10, 19. Raespha, Sauls Kebsweib, VIi, 1, 4. Ragaba, Kastell im transjordanischen Palästina, jetzt unbekannt, XIII, 15, 5. Ragav (Regu), Phaleks Sohn, I, 6, 4. Raguel, Esaus Sohn, 11, 1, 2. Raguel, des Moyses Schwiegervater, III, 3 ff. Ramatha, s. Aramatha. Raphia, Küstenstadt in Palästina, südwestlich von Gaza am Anfang der Wüste gelegen, jetzt Brr-Rera, XIII, 13, 3; XIV, 5, 3. Raphidin, letzte Station der Israeliten vor dem Sinai, jetzige Lage unbekannt, III, 1,7.
Raphon, Stadt in Syrien jenseits des Jordan, XII, 8, 4. Rapsakes, assyrischer Feldherr; X, 1, 1. Rathymus, XI, 2, 1. Rebekka, Bathuels Tochter, I, 6, 5 ff. Reblatha, Stadt an der Nordgrenze von Palästina, das heutige Dorf Ribleh, x, 8, 2; 8, 5. Regmäer, die, I, 6, 2. Regmus (Ragma), Sohn des Chus, I, 6,2. Rekem, Madianiterkönig, IV, 7, 1. Renga, Stadt in Palästina, völlig unbekannt, VI, 14, 1. Rheginer, griechische Bezeichnung für Aschanaxer, I, 6,1. Rhegium, XIX, 2, 5. Rhinokorura, Stadt an der Grenze von Palästina und Ägypten, das heutige el-'Arlsch, XIII, 15,4, XIV, 14, 2.
Rhoa, der Felsen Rimmon in der Wüste, auf dem die Reste des' Stammes Benjamin nach der Niederlage bei Gibea eine Zuflucht fanden, V, 2, 12. Rhodus, die östlichste Insel des Ägäischen Meeres, XIV, 14, 3; XVI, 2, 2. Riphatäer, die, I, 6, 1. Riphates (Rifat), Gomars Sohn, I, 6, 1. Robe, Madianiterkönig, IV, 7, 1. Roboam, Solomons Sohn, VII, 5, 3 ff. Römer, Rom, XII, 5, 2; 10, 6; XIII, 5, 8; 7, 3; 9, 2; XIV, 8, 5; XVII, 11, 1 f; XVIII, 3, 4 u. 5; XIX, 1, 3; 1, 4; 3, 2. Romelias, des Phakeas Vater, IX, 11, 1. Rooboth, Brunnen, I, 18,2. Ros, Benjamins Sohn, 11, 7, 4. Roxane, Herodes' des Großen Tochter, XVII, 1, 3. Rubel, Jakobs Sohn, 1, 19,7; 11, 3, 1 ff.; IV, 7, 3. Rufus, jüdischer Heerführer, XVII, 10, 3 ff. Rufus, Annius, Landpfleger von Judäa, XVIII, 2, 2. Rufus, Konsul, xx, 1, 2. Ruma, Nachors Kebsweib, I, 6, 5. Ruth, Moabiterin, V, 9, 1 ff. Rydda, Stadt in Arabien, jetzt unbekannt, XIV, 1, 4. Saba, Hafenstadt in Äthiopien am Arabischen Meerbusen, von Kambyses Meroe genannt, 11, 10,2. Sabäer, die, I, 6, 2. Sabaeus, des Regmus Sohn, I, 6, 2. Sabaeus, des Bochorias Sohn, VII, 11, 6. Sabaktener, die, I, 6, 2. Sabaktes (Sabtecha), Sohn des Chus, I, 6, 2. Sabas, Sohn des Chus, I, 6, 2. Sabathener, die, I, 6, 2. Sabathes (Sabta), Sohn des Chus, I, 6, 2. Sabathes, Davids Geheimkämmerer, VII, 11, 8. Sabatinische 'llibus, die, XIV, 10,13; 10, 19. Sabbaeus, Samariter, XIII, 3, 4. Sabbatjahr, das, III, 12,3; XIV, 16,2; XV, 1, 1. Sabbion, XV, 3, 2. Sabek, syrischer Heerführer, VII, 6, 2. Sabeus, des Juktas Sohn, I, 6, 4. Sabinus, Statthalter von Syrien, XVII, 9, 5. Sabinus, Tribun, XIX, 1, 7 ff. Sabinus, Befehlshaber der Leibwache des Caligula, XIX, 1, 15. Sabuchades, Verschnittener, XI, 6, 11. Sadducäer, die, XIII, 5, 9; XVIII, 1, 2 ff. Sadduk, Pharisäer, XVIII, 1, 1 ff. Sadok, Hohepriester, VII, 2, 2 ff. Sadrakes, XI, 4, 9.
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Namenregister
Sai'r, das Gebirgsland, welches nach der Vertreibung der Horiter von dem Stamme Esau oder den Edomitern bewohnt wurde und sich im Süden von Palästina bis gegen den Aelanischen Meerbusen erstreckte, jetzt Dschebal und el Schera, I, 20, 3. Saker, die, skythisches Nomadenvolk, XVIII, 4, 4; xx, 4, 2. Salampsio, Herodes' des Großen Tochter, XVIII, 5, 4. Salathiel, Zorobabels Vater, XI, 3, 10. Saleph (Schelef), des Juktas Sohn, I, 6, 4. Sales, des Arphaxades Sohn, I, 6, 4 f. Sales, des Judas Sohn, 11, 7, 4. SaIlum, Hohepriester, X, 8, 6. SaIlum, Gatte der Seherin Olda, X, 4, 2. Salmanas, madianitischer Heerführer, V, 6, 5. Salmanasar, assyrischer König, Ix, 13, 1; 14, 1; 14,2; XI, 4, 3. Salome, Herodes' des Großen Schwester, XIV, 7, 3 ff. Salome, Herodes' Tochter, XVII, 1, 3; XVIII, 5, 4. Salome, des Aristobulus Gattin, XIII, 12, 1; XIv, 1, 2; XVII, 1, 1; 2, 4. S. auch Alexandra. Samaeas, Prophet, VIII, 10, 3. Samal, Davids Bruder, VI, 8, 1. Samaraeus, Chanaans Sohn, I, 6, 2. Samaria, Stadt in Mittelpalästina, von Herodes Sebaste genannt, heute das unbedeutende Dorf Sebastiye, VIII, 12, 5; Ix, 4, 3; XI, 4, 3 ff.; XII, 5, 5; XIII, 10, 2; xv, 8, 5; XVII, 10,9. Sambabas, Statthalter von Samaria, XI, 4, 9. Sameas, Pharisäer, XIV, 9, 4; xv, 1, 1; 10, 4. Samega, das am Südende des Sees Genezareth gelegene jetzige Dorf Semakh, XIII, 9, 1. Samos, eine der bedeutendsten Inseln des Ägäischen Meeres nahe der ionischen Küste von Kleinasien, jetzt Samo, von den 'llirken Susam Adassi genannt, XVI, 2, 2. Samosata, befestigte Hauptstadt der syrischen Provinz Kommagene, am westlichen Ufer des Euphrat gelegen, heute nur noch ein Schutthaufen bei dem flecken Someisat, XIV, 15, 8. Sampho, befestigter Flecken Samarias, vielleicht das heutige Dorf el-Saviye südlich von Samaria, XVII, 10,9. Sampsigeram, König von Emesa, XVIII, 5, 4; XIx, 8, 1. Samson, Richter, V, 8, 4 ff. Samuel, Prophet, V, 9, 3 ff. Sanaballetes, Satrap von Samaria, XI, 7, 2 ff. Sanagar, V, 4, 3. Sapha (Skopos), Anhöhe bei Jerusalem, XI, 8, 5. Saphanes, Schreiber des Königs Josias, X, 4, 1. Saphates, Statthalter von Galiläa, VIII, 2, 3. Saphatias, Davids Sohn, VII, 1, 4. Saphatus, des Elissaeus Vater, VIII, 13, 7. Saphta, Tal bei Maresa, VIII, 12, 1. Sappinas, des Herodes Freund, XIv, 14, 8. Sara, Asers Tochter, 11, 7, 4. Sara, kleine Stadt auf dem Wege zwischen Ramleh und Jerusalem, VI, 12, 4. Sarahazanes, XI, 1, 3; 4, 4. Sarad, Zabulons Sohn, 11, 7, 4. Sara'im, unbekannte Stadt Judäas, VIII, 10, 1. Saramallas, XIV, 13, 5; XV, 2, 3. Sarasar, Senacheribs Sohn, X, 1, 5. Sardes, die alte Residenzstadt der lydischen Könige, jetzt die Ruinenstätte Sart, XIV, 10, 17; XVI, 6, 6.
Sareas, Hohepriester, X, 8, 5 f. Sareas, Führer der in Judäa zurückgebliebenen Juden, X, 9, 2. Sarephtha, phönizische Stadt zwischen Sidon und 'IYrus, jetzt nur noch ein Dorf Surafent, Sarfeno oder Zerfant., VIII, 13,2. Sariasa, Stadt in der Niederung des Stammes Judas, V, 8,12. Sariphaeus, XVII, 6, 2. Sarra (Sarai), Abrams Gattin, I, 8, 1 ff. Sarvia, Davids Schwester, VI, 13, 9; VII, 1, 3; 10, 1. Saturninus, römischer Feldherr in Syrien, XVI, 9, 1 ff. Saturninus, Konsul, XVI, 11, 3. Saturninus, Fulvias Gatte, XVIII, 3, 5. Saturninus, Paulinas Gatte, XVIII, 3, 4. Saul, Simeons Sohn, 11, 7, 4. Saul, Sohn des Kis, VI, 4, 1 ff. Saulus, Verwandter des Königs Agrippa, xx, 9, 4. Scaurus, römischer Heerführer, XIV, 2, 3; 5, 1. Seipio, XIv, 7, 4; 10, 1. Sehaste (s. Samaria), XIII, 10,2; XV. 8,5; XVII, 11,4; XIx, 9,1 f. Sehaste, Name für die Insel Elaeusa, XVI, 4, 6. Sehastos, Hafen von Caesarea, XVII, 5, 1. Sehe, Stadt in Galaditis, V, 7, 12. Sedekias, falscher Prophet, VIII, 15, 4. Sedekias, König der Juden, X, 7, I ff. Sejanus, Oberst der Prätorianer, XVIII, 6, 6. Sekela, Stadt der Philister, zum Stamme Gad gehörig, dem Stamme Judas und später dem Stamme Simeon zugeteilt. Nach dem Exil wohnten Idumäer daselbst. VI, 13,9 f. Selene, syrische Königin, XIII, 16,4. Seleukia, Stadt in Babylonien, die wichtigste aller von Seleukus Nikator erbauten Städte, in der Nähe des Tigris an einem Kanal gelegen, der Euphrat und Tigris verband, jetzt die Ruinen el-MadaÜ1, XVIII, 9, 8 f. Seleukia, Stadt im oberen Gaulanitis, heutige Lage noch nicht ermittelt, XIII, 7, 1; 15, 3; XVIII, 2, 4. Seleukus 1., Nikator, XII, 3, 1. Seleukus :rv., Philopator, XII, 4, 10. Seleukus VI., Epiphanes, des Antiochus Grypus Sohn, XIII, 13,4. Seleukus, Sohn des S. Nikator, XVIII, 9, 8. Sella (Zilla), Lamechs Gattin, I, 2, 2. Sellim, Nephthalis Sohn, 11, 7, 4. Sellum, König der Israeliten, Ix, 11, 1. Sem, Noes Sohn, I, 4, 1. Semar, VIII, 12, 5. Semareon (Samaria), VIII, 12, 5. Semaron, Stadt auf dem Gebirge Ephrai'm unweit Bethe!, VIII, 11, 2. Semechonitischer See (der See Merom), V, 5, 1. Semegar, babylonischer Fürst, X, 8, 2. Semei, des Geras Sohn, VII, 9,4. Semeis, Statthalter Solomons, VIII, 2, 3. Semelius, Schreiber des Kambyses, XI, 2, 1. Sempronius, Gajus, Senator, XIII, 9, 2. Senabares, sodomitischer König, ???, 9. Senacherib, Assyrierkönig, X, 1, 1 ff. Sennaar, Ebene in Babylonien südlich von der Vereinigung des Euphrat und Tigris, heute Irak, I, 4,1; 4, 3. Sentius, Senator, XIx, 2, 1 ff. Sepphora, Moyses' Gattin, 11, 13, 1; 111, 3.
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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer
Sepphorls, jetzt Seffinye, ein Dorf mit erbärmlichen Hütten am Abhang eines Hügels mitten in GaWäa, westlich vom Tabor und von Tiberias, XIII, 12, 5; XIV, 5, 4; 15, 4; XVII, 10, 9; XVIII, 2, 1. Serebaeus, XI, 3, 10. Sergische llibus, die, XIV, 10, 10. Seron, Heerführer des Antiochus Epiphanes, XII, 7, 1. Serriter, Nachbarvolk der Palästiner, VI, 13, 10. Serug, Ragavs Sohn, I, 6, 4. Servilius Galba, Publius, Prokonsul, XIV, 10, 21. Servilius, Feldherr, XIV, 6, 1. Servilius Papinius, XIV, 10, 10. Servillus Bracchus, Tribun, XIV, 10, 13; 10, 19. Servillus Strabo, Publius, XIV, 10, 19. Sesostris, ägyptischer König, VIII, 10, 2. Seth, Adams Sohn, I, 2, 3. Seth, Vater des Hohepriesters Ananus, XVIII, 2, 1. Sextus Cäsar, Statthalter von Syrien, XIV, 9, 2; 10, 19. Sibas, Sauls Freigelassener, VII, 5, 5; 9, 3. Sibath, Vater der Raespha, VII, 1, 4. Sibylla, I, 4, 3. Sichon, König von Moabitis und Amoritis, IV, 5, 1 f. Sidon, Sohn des Chanaan, I, 6, 2. Sidon, Stadt in Phönizien, jetzt Saida, I, 6, 2; IX, 14, 2; XI, 4, 1; 8, 6; XIV, 12, 6. Sie, Vater des Hohepriesters Jesus, XVII, 13, 1. Sikim (Sichern), uralte Stadt in Samaria auf dem Gebirge Ephraiin, in einem engen Tal am Fuße der Berge Garizin und Gibal, jetzt Nabulus oder Naplusa, I, 12, 1; 11, 2, 4; V, 1, 19; 1,24; 7, 2; VIII, 8, 4. Ihre Bewohner (Sikimiter), VI, 7, 3. Silanus, Statthalter von Syrien, XVIII, 2, 4. Silas, Agrippas Freund, XVIII, 6, 7; XIX, 6, 3; 7,3. Silas, Beherrscher von Lysias, XIV, 3, 2. Silo, römischer Heerführer, XIV, 14, 6 f. Silo, Stadt in Samaria, jetzt SeilGn, V, 1, 19 ff. Simeon, Jakobs Sohn, I, 19, 7 ff. Simon, Hohepriester, XII, 2, 5; 4, 10; XIII, 6, 3. Simon, des Mattathias Sohn, XII, 6, 1 ff. Simon, des Dositheus Sohn, XIII, 9, 2. Simon, des Boethos Sohn, XV, 9, 3; XVII, 4, 2. Simon, Herodes' des Großen Sklave, XVII, 10, 6. Simon, Essener und 1humdeuter, XVII, 13, 3. Simon, des Kamith Sohn, Hohepriester, XVIII, 2, 2. Simon Kantheras, Hohepriester, XIX, 6, 2. Simon, Gesetzeslehrer, XIX, 7, 4. Simon, Sohn des GaWäers Judas, xx, 5, 2. Simon, Mager, xx, 7, 2. Sinaeus, Chanaans Sohn, I, 6, 2. Sinai, Berg auf der so genannten Sinaitischen Halbinsel des Roten Meeres, 11, 12, 1; 111, 2, 5; 5, 1. Sinope, die wichtigste aller griechischen Kolonien am Pontus Euxinus, auf einer Halbinsel der paphlagonischen Küste östlich vom Vorgebirge Karambis, heute Sinabe, Sinop, Sinub, XVI, 2, 2. Siphar, Beherrscher von Ammanitis, VII, 9, 8. Sisas, Davids Schreiber, VII, 5, 4. Sisenna, Befehlshaber, XIV, 6, 1. Sisines, Statthalter, XI, 1, 3; 4, 4. Skopas, Heerführer, XII, 3, 3. Skythen, die, Bewohner des Landes, welches sich nach Herodot CL 103-104) im Norden bis in die jetzigen russischen Gouvernements Mohilew, Tschernigow, Orel und Kursk, im Süden bis an den Pontus Euxinus, im Westen bis zum Ister, der es von Thracien
schied, und im Osten bis an den Tanals und Mokotis erstreckte, I, 6, 1; XVII, 4, 4. Skythopolis, Stadt in Palästina an der südlichen Grenze von Galiläa, früher Bethsana genannt, das heutige Beisan, V, 1, 22; VI, 14, 8; XII, 3, 3; 8, 5; XIV, 5, 3. Soar, Simeons Sohn, 11, 7, 4. Soas, ägyptischer König, IX, 14, 1. Soba, VI, 8, 8. Sobakches, VII, 12, 2. Sobnaeus, Je, 1, 2. Socho (Sochus), Stadt in der Ebene des Stammes Judas, VI, 9, 1; VIII, 10, 1. Sodoma, die südlichste der vier Städte im Tal Siddim, welche ins Tote Meer versanken, I, 8, 3; 11. Soemus, Ituräer, xv, 6, 5 ff. Soemus, Araber, XVII, 3, 2. Soemus, König von Emesa und Tetrarch vom Libanon,
xx, 8, 4. Solomon, Davids Sohn, VII, 3, 3 ff. Solyma (Salem), Name für Jerusalem, I, 10, 2; VII, 3, 2. Solymius, XII, 4, 6. Sophaker, die, afrikanisches Volk, I, 15. Sophene, ein durch den Euphrat von Melitene in Kleinarmenien, durch den Antitaurus von Mesopotamien getrennter Gau in Großarmenien zwischen dem Antitaurus und Masius, VII, 5, 1; VIII, 7, 6. Sophira, Gegend in Indien, Goldland genannt, VIII, 6, 4. Sophones, I, 15. Sophonias, Gads Sohn, 11, 7, 4. Sophonias, Hohepriester, Je, 8, 5. Sosibius, Befehlshaber der Leibwache des Ptolemäus Philadelphus, XII, 2, 2. Sosipater, XIV, 10, 22. Sosius, XIV, 15,9 f.; xx, 10, 1. Spasini Charax, Stadt am Arabischen Meerbusen in der danach benannten Landschaft Charakene, an der Mündung des Tigris, angeblich jetzt Karem oder Kamata, I, 6, 4; xx, 2,1; 2,3. Spurlus, XIV, 10, 18. Stellatinische llibus, die, XIV, 10, 10. Stephanus, Diener des Cäsars Claudius, xx, 5, 4. Stoecheus, Agrippas Freigelassener, XVIII, 6, 7. Strabo, Geschichtsschreiber, XIII, 10, 4 ff.; XIV, 4, 3 ff.; xv, 1,2. Straton, 'IJrann von Beroea, XIII, 14,3. Stratonsturm, Stadt in Samaria, von Herodes Caesarea genannt, XIII, 11, 2; 12, 2; XIV, 4, 4; XV, 8, 5; 9, 6; XVII, 11, 4; XIX. 8, 3. Su, Abrams Sohn, I, 15. Subas, VII, 6, 1. Sudeas, Hohepriester, Je, 8, 6. Sulla, XIV, 4, 5. Suna, Stadt in Palästina nicht weit von Gilboa, heute das kleine und schmutzige Dorf SGnem (Sfilam) am südwestlichen Fuße des kleinen Hermon (Daschebel el Dahi), eine Stunde nordwärts JezreeI gegenüber, von wo ans man die ganze westliche Ebene Jezreel bis zum Karmel übersehen kann, VI, 14, 2. Sunis, Gads Sohn, 11, 7, 4. Suris, Abrams Sohn, I, 1, 5. Sures, Madianiterfürst, IV, 6, 10; 7, 1. Susa, Hauptstadt der persischen Provinz Susis oder Susiana, an der Ostseite des Flusses Euläus oder Choaspes, auch Memnonia genannt, jetzt Ruinen bei Schusch am Kerkha, Je, 11, 7; XI, 6,1 f.
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Namenregister
Susak, ägyptischer König, VII, 5, 3; VIII, 7, 8; 10, 2 f. Susas, Davids Schreiber, VII, 11, 8. Sychem, König Emmors Sohn, I, 21, 1. Sykaminus, Stadt in Phönizien am nördlichen Abhang des KarmeL südwestlich von Ptolemals und nördlich von Caesarea, jetzt Haifa, XIII, 12, 3. SyDaeus, Araber, XVI, 7, 6; 9, 1 ff.; XVII, 1, 3; 3,2. Symacho, xx, 2, 1. Symoborus, sodomitischer König, I, 9. Syrer (Aramäer), die, I, 6, 4; VIII, 14,1 ff; X, 6, 1 ff; XI, 8, 3; XII, 1, 1 ff. Syros, König von Mesopotamien, VII, 6, 1. Tabaeus, Nachors Sohn, I, 6, 5. Tanganas, Beamter des Königs Darius, XI, 4, 9. Tauis, ägyptische Stadt in der Gegend der Nilmündungen, I, 8, 3. Tarent, Stadt in Italien, jetzt Taranto, XVII, 5, 1. Taricheae, Stadt am Südende des Sees Genezareth, nach Wilson das heutige MedschdeL xrv, 7, 3; xx, 8, 4. Tarsus, im römischen Zeitalter Hauptstadt von Cilicien, heute Tersus oder Tarso im Ejalet Adana, I, 6, 1; Ix, 10,2. Taurus, Hauptgebirge Asiens, welches seinen Anfang bei dem Heiligen Vorgebirge in Lycien llimmt, zwischen Lycien und Pamphylien sich erstreckt und an der nordwestlichen Grenze von Cilicien sich in zwei Teile, Taurus Getzt Ala-Dagh) und Antitaurus (AlKurun) trennt, I, 6, 1; XI, 8, 3. Tavaus, Nachors Sohn, I, 6, 5. Thlithon, Moabiterstadt im Peträischen Arabien, XIII, 15,4. Threntinische '&ibus, die, XIV, 10, 10; 10, 13; 10, 19. Thron, Veteran, XVI, 11,4 ff. Thutius, Gajus, 'llibun, xrv, 10, 19. 'IhadaL assyrischer Heerführer, I, 9. 'Ihadamor, Stadt in Syrien, von den Griechen Palmyra genannt (s. dieses), VIII, 6, 1. Thaenus, Beherrscher von Amathe, VII, 5, 4. Thallus, Freigelassener des Tiberius, XVIII, 6, 4. 'Ihamar, Davids Thchter, VII, 3, 3; 8, 1. 'Ihamar, Abesaloms Tochter, VII, 10, 3. 'Ihamna, Stadt an der Nordgrenze des Stammes Judas, V, 1, 29; 8, 5; xrv, 11, 2. 'Ihamnaeus, VIII, 12, 5. Thamnata, Stadt in Judäa (wohl dasselbe wie Thamna), XIII, 1, 3. Thannus, VII, 2, 1. Thaphine, VIII, 7, 6. Thapsa, Stadt in Palästina, Lage unbekannt, Ix, 11, 1. 'Iharabasa, Stadt in Arabien, Lage unbekannt, XIV, 1,
4. Tharata, assyrischer Heerführer, X, 1, 1. Tharbis, Moyses' Gattin, 11, 10,2. 'lbarrus (Terach), Abrams Vater, I, 6, 5. 'Iharsa, Stadt in Palästina, zwei Stunden nördlich von Sichern auf einem Bergkamm, der vom Tafellande des Gibal ausläuft, jetzt das Dorf Talluzah oder Talusa, VIII, 12, 4 f. 'Iharsikes, Äthiopenkönig, X, 1, 4. 'Iharsus, Jovans Sohn, I, 6, 1. Thaumastus, Sklave des Caligula, später Agrippas Freigelassener, XVIII, 6, 6. Theben (Thebae), Stadt in Mittelpalästina unweit Sichern, das heutige große Dorf Tubas, V, 7, 5; VII, 7,2.
Thekoa, Stadt im Stamme Judas, jetzt Taku'a, zwei Stunden südlich von Bethleem, VIII, 10, 1; Ix, 1, 3. 'IhegIaphalassar (Tiglat Pilesar), König der Assyrier, Ix, 11, 1; 15,5. 'Iheman, IsmaeJs Sohn, I, 12,4. 'Iheman, des Eliphaz Sohn, 11, 1, 2. 'Iheodektas, 'frauerspieldichter, XII, 2, 14. Theodestes, Verschnittener, XI, 6, 4; 6, 13. 'Iheodorus, XIII, 13,3 ff: 'Iheodosius, Samariter, XIII, 3, 4. Theodosius, Theodors Sohn, xrv, 8, 5. 'Iheodotus, XIV, 10, 22. 'Iheophilus, Vater des Hohepriesters Matthias, XVII, 4, 2.
Theophilus, des Ananus Sohn, Hohepriester, XVIII, 5, 3; XIx, 6,2. Theopompos, Geschichtsschreiber, XII, 2, 14. Thermusa, des Partherkönigs Phraates Gattin, XVIII, 2,
4. 'Ihermuthis, Tochter des Pharao, 11, 9, 5. 'Ihesbona, Stadt in Galaditis, Geburtsort des Elias, VIII, 13,2. 'Iheudas, Betrüger, xx, 5, 1. 'Iheudion, Herodes' des Großen Schwager, XVII, 4, 2; xx, 1,2. Thiras, Japheths Sohn, I, 6,1. Thisri, hebräischer Monatsname, makedonisch Hyperberetaios, VIII, 4, 1. ThobeL Japheths Sohn, I, 6, 1. 'IhobeL Lamechs Sohn, I, 2, 2. Tholomaeus, Gessirerkönig, VII, 1, 4. 'Iholomaeus, Räuberhauptmann, xx, 1, 1. 'Ihorgames, Thorgamäer, I, 6, 1. Thraker, die, I, 6, 1; Ix, 1, 4; XVII, 8, 4. Thrakidas, Beiname Alexanders, XIII, 14, 2. Thresa, Festung in Idumäa oder eigentlich in Judäa, da sie zwischen Jerusalern und Masada lag, XIV, 13, 9; 15,2. Thulas, Isachars Sohn, 11, 7, 4. Tiberias, Stadt am See Genezareth, jetzt Tabari:ye, XVIII, 2, 2; xx, 8, 4. Tiberius Nero, römischer Cäsar, XVIII, 2, 2 ff. Tiberius GemeDus, des Drusus Sohn, XVIII, 6, 8. Tiberius Alexander, Landpfleger von Judäa, xx, 5, 2. Tigranes, König von Armenien, XIII, 16, 4; xv, 4, 3; XVIII, 5, 4. Tigris, Fluss in Asien, I, 1, 3. Timagenes, Geschichtsschreiber, XIII, 11, 3; 12, 5. Timidius, XIx, 1, 5. Timius, Phasaels Schwiegersohn, XVIII, 5, 4. Timotheus, ammanitischer Heerführer, XII, 8, 3. Tirathaba, Ort in Samaria, in der Nähe des Berges Garizin, jetzt noch unbekannt, XVIII, 4, 1 f. Tiridates, König von Großarmenien, xx, 3, 4. Titius, Statthalter von Syrien, XVI, 8, 6. Titus, des Vespasianus Sohn, XII, 3, 1; xx, 10. Thbias, Josephs Vater, XII, 4, 2. Tochoa, Stadt in Judäa, Lage unbekannt, XIII, 1, 3. 'Irachonitis, Landschaft im Osten des Jordan zwischen dem Antilibanon und dem Arabischen Gebirge (Alsudamusgebirge), xv, 10, 1; XVI, 4, 6; XVII, 2, 1; 8, 1; XVIII, 5, 4. 'IraDes, Stadt in Karien, jetzt die Ruinen Aidin Güzelhissar in der Landschaft Aidin (Ejalet Ismir), XIV, 10,21.
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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer
'frehellius Maximus, Senator, XIX, 2, 3. llipolis, Stadt in Phönizien nördlich von Sidon, jetzt Tarabulus, XII, 10, 1; XIII, 10,2. 'froglodytis, I, 15; Bewohner 11, 11,2. 'fryphon, Hofnarr des Ptolemäus Epiphanes XII, 4, 9. 'fryphon, Barbier Herodes' des Großen, XVL 11; 6 f. 'fryphon, Sohn des Theudion, xx, 1, 2. Tusculanum, Villa des Tiberius, XVIII, 6, 6. 'l}rrannus, des Herodes 'frabant, XVL 10, 3. 'l}rrus, Ort zwischen Arabien und Judäa unweit Essebonitis, XII, 4, 11. 'l}rrus, alte Handelsstadt Phöniziens, heute Sur. Man unterschied Palätyrus, die Mutterstadt auf dem Festlande (IX, 14,2), und das 1154 vor Chr. gegründete Inseltyrus. IX, 14,2; XL 8, 3 ff.; XIV; 12, 1; 12,3; 13, 13. Ulatha, die Gegend um den See Merom; XV, 10, 3. Ulus (Hul), Arams Sohn, I, 6,4. Ur, Stadt in Mesopotamien, von wo aus Ahram nach Chananaea zog, heute die Ruinen EI-Mugheir südlich von BabyIon am rechten Ufer des Euphrat, I, 6,
5. Ur, Madianiterkönig, IV, 7, 1. Ures, Statthalter Solomons, VIII, 2, 3. Urlas, Beersabes Gatte, VII, 7, 1 f. Urlas, Jothams Sohn, Hohepriester, X, 8, 6. Usis, Dans Sohn, 11, 7, 4. Usus, Arams Sohn, I, 6, 4. Usus, BeseleeIs Vater, III, 6, 1. Uxus, Nachors Sohn, I, 6, 5. Valatha, Gegend in Syrien, XVII, 2, 1. Valerlus, Ludus, römischer Prätor, XIV, 8, 5. Valerlus Gratus, Landpfleger von Judäa, XVIII, 2, 2. Valerlus Asiaticus, gewesener Konsul, XIX, 1, 14; I, 20; 4,3. Vardanes, Partherkönig, xx, 3, 4. Varro, Statthalter von Syrien, XV, 10, 1. Vaste, des Artaxerxes Gemahlin, XL 6, 1. Vatinius, Senator, XIX, 1, 13. Ventidius, römischer Feldherr, XIV, 14, 6 f. Veranius, Senator, XIX, 3, 4. Vespasianus, Titus Flavius, XII, 3, 1; XVIII, 5, 4; XIX, 9, 2. Veturlsche '&ibus, die, XIV, 10, 13; 10, 19. Vienna, Stadt in Gallien, jetzt Vienne im Departement der Isere, XVII, 13,2. Vitellius, Statthalter von Syrien, XV, 11,4; XVIII, 4, 2 ff.
Vitellius Proculus, Centurio, XIX, 6, 3. Vologeses, des Partherkönigs Artabanus Sohn, xx, 3, 4; 4,2. Volumnius, römischer Feldherr, XVL 9, 1 f. Vonones, des Partherkönigs Phraates Sohn, XVIII, 2, 4. Xerxes, Perserkönig, XL 5, 1 ff. Xanthikos, makedonischer Monatsname, hebräisch Nisan, I, 3, 3. Zabadias, Vorsitzender des obersten Gerichtshofes, IX, 1, 1. ZaheL arabischer Fürst, XIII, 4, 8. Zahuda, Joakims Mutter, X, 5, 2. Zabulon, Jakobs Sohn, I, 19,8. Zacharias, des Jodaus Sohn, IX, 8, 3. Zacharias, Jerobams Sohn, König der Israeliten, IX, 10, 3. Zacharias, Prophet, Xl, 4, 5; 4, 7. Zacharis, Heerführer der Israeliten, IX, 12, 1. Zamares, VIII. 12, 4 f. Zamaris, babylonischer Jude, XVII, 2, 3. Zambran, Ahrams Sohn, I, 15. Zambrlas, IV, 6, 10 ff. Zara, rnoabitische Stadt im Peträischen Arabien, XIII, 15,4. Zaraeus, äthiopischer König, VIII, 12, 1. Zaras, des Judas Sohn, 11, 7, 4. Zaraza, Amans Gattin, Xl, 6, 10. Zeh, Madianiterkönig., V, 6, 5. Zehedias, Achars Vater, V, 1, 10. Zehes, madianitischer Heerführer, V, 6, 5. Zelpha, Magd der Lia, I, 19, 7. Zeno, mit dem Beinamen Kotylas, Beherrscher von Philadelphia, XIII, 8, 1. Zenodorus, xv, 10, 1 f.; XVII, 11, 4. Zeus Enyalios, I, 4, 3. Zeuxis, Feldherr des Antiochus, X 11, 3, 4. Zipha, Stadt im Stamme Judas, jetzt Tell Z'ifa auf dem Wege von Hebron nach Engaddi, 1 3/4 Stunde von Hebron entfernt, VIII, 10, 1. Ziphener, die, VL 13, 2. Zizus, arabischer Fürst, XIII, 14, 3. Zoara, Stadt in Arabien, XIV; 1,4. Zohor heißt der Ort I, 11,4. Zodmiel, XL 4, 2. Zoi1us, Beherrscher von Stratonsturm und Dora, XIII, 12,2; 12,4. Zorohahel, XL 1, 3; 3, 7 ff.
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ie »Jüdischen Altertümer«
(Antiquitates Judaicae) erschienen etwa 94 n. Chr. und behandeln die Geschichte der Juden von der Urzeit bis zum Jahre 66 n . Chr. Die Quellen des ersten Teils sind die Bibel und die Apokryphen, die Josephus durch Nachrichten aus dem Midrasch, die er zum Teil in Erinnerung gehabt haben dürfte, sowie durch Benutzung nichtjüdischer Historiker bereichert. Dieser erste Teil enthält einige Exkurse - besonders das jüdische Gesetz erfährt eine ausführliche Behandlung. Die folgenden Bücher gehen auf zahlreiche Historiker zurück, deren Namen Josephus häufig nennt, wie beispielsweise Strabo, Poseidonios und Nikolaus von Damaskus. Dieses Werk ist beinahe die einzige Quelle für die frühe jüdische Historie und wurde für diese Ausgabe von Herrn HD Dr. theol. habil. Michael Tilly durchgesehen und mit der Paragraphenzählung nach Benedict Niese versehen.
BENEDICTUS NIESE (EDITIO MINOR)
Die »Jüdischen Altertümer« - Antiquitates Judaicae - des Flavius J osephus, der als bedeutendster jüdischer Historiker gilt, beschreiben in 20 Büchern die jüdische Geschichte von der Weltschäpfung bis zum Jahre 66 n. Chr. Etwa 94 n. Chr. erschienen, ist dieses Werk beinah e die einzige Quelle für die jüdische Geschichte des 1. Jahrhunderts vor und nach unserer Zeitrechnung.
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9 783937 715629
ISBN- IO: 3-937715-62-2 ISBN-13: 978-3-937715-62-9
www.marixverlag.de