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Impressum TIFFANY SEXY erscheint in der CORA Verlag GmbH & Co. KG, 20.350 Hamburg, Axel-Springer-Platz l Redaktion und Verlag: Brieffach 8500, 20.350 Hamburg Geschäftsführung: Redaktionsleitung: Lektorat/Textredaktion: Produktion: Grafik: Vertrieb:
Thomas Beckmann Claus Weckelmann (verantwortlich für den Inhalt), Ilse (Stellvertretung) Ilse Bröhl (Leitung), Christine Boness Christel Borges, Bettina Reimann, Marina Poppe (Foto) Bianca Burow, Tommaso Del Duca, Birgit Tonn Verlag Koralle Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Hamburg
Bröhl
© 1998 by Elda Minger Originaltitel: »NightFire« erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd. Toronto in der Reihe: TEMPTATION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V. Amsterdam Übersetzung: Rossi Schreiber © 1999 by Jamie Arm Denton Originaltitel: »The Seduction Of Sydney« erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd. Toronto in der Reihe: TEMPTATION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V. Amsterdam Übersetzung: Silke Schuff © 1999 by Cathy Gillen Thacker Originaltitel: »A Cowboy’s Woman« erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd. Toronto in der Reihe: AMERICAN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V. Amsterdam Übersetzung: Kristina Krüger-Barhoumi Fotos: The Image Bank/WEPEGE © CORA Verlag GmbH & Co. KG © Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY SEXY Band 3 (1) 2001 bei CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdruckes in jeglicher Form, sind vorbehalten. TIFFANY SEXY-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig. Satz: PrePrint Gruppe, Druck: Ebner Ulm Printed in Germany; Aus Liebe zur Umwelt: Für CORARomanhefte wird ausschließlich 100% umweltfreundlich abbaubares Papier mit einem hohen Anteil Altpapier verwendet. Der Verkaufspreis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. COKA Leser-Service Möchten Sie bereits erschienene Romane nachbestellen, oder haben Sie Fragen zum Abonnement? Dann wählen Sie bitte Ihre Service-Nummer: CORA Nachbestell-Service: Telefon (040) 85 31 35 15 CORA Abonnenten-Service: Telefon (07.132) 95 92 14 Fax (07.132) 95 92 16 CORA online Magazin: www.cora.de Sie erreichen die CORA Service-Nummern montags bis freitags von 9.00 bis 16.00 Uhr. Redaktion und Verlag: Telefon (040) 347-2 27 94
CATHY GILLEN THACKER KOMM, LIEB MICH!
CATHY GILLEN THACKER KOMM, LIEB MICH!
Weil Cowboy Shane den Schlüssel vergessen hat, steigt er durchs Fenster ein, legt sich im Dunkeln ins Bett und spürt – einen warmen weichen Frauenkörper? Es ist Greta, seine Jugendfreundin, mittlerweile erfolgreiche Country-Tänzerin, die in Laramie ein Tanzlokal eröffnen will. Shane kann nicht anders: Er muss sie einfach küssen, so süß, so blond und sexy, wie sie da zwischen den Kissen liegt. Und sie erwidert seinen Kuss mit sinnlicher Leidenschaft. Zu spät erkennen sie, was hier gespielt wird: Ihre Mütter haben mal wieder einen Verkupplungsversuch gestartet. Okay, das sollen sie haben! Kurzerhand geben Shane und Greta sich das Ja-Wort. Eigent lich nur, um ihre Eltern zu schocken. Doch die sind begeistert: Shane und Greta werden die Liebe schon noch entdecken…
1. KAPITEL Am Montagabend kurz nach zehn betrat Shane McCabe das Ranchhaus seines Bruders Wade, die Golden Slipper Ranch. Er grinste äußerst zufrieden über all das, was er heute erreicht hatte – und das sogar einen Tag früher als geplant! –, und kickte die Stiefel von den Füßen. Im Augenblick durfte er ruhig noch schlampig sein, denn sein Bruder Wade und dessen Braut Josie waren auf Hochzeitsreise und würden erst in ein paar Tagen wieder zurück sein. Shane eilte die Treppe hinauf, wobei er sich noch im Gehen aus seiner verschwitzten Kleidung schälte, und ging direkt ins Badezimmer, um erst einmal ausgiebig zu duschen. Nachdem er den ganzen Tag damit zugebracht hatte, jeden Zentimeter der Ranch zu inspizieren, auf die er schon lange einen Blick geworfen hatte, war der dampfend heiße Massagestrahl genau das, was er jetzt brauchte. Ohne sich vorher abzutrocknen, schlang er sich ein Handtuch um die Hüften. Als er sein nasses Haar kämmte und sich die Zähne putzte, spürte er, wie die Erschöpfung seinen Körper durchdrang. Er knipste das Licht aus und tappte im Dunkeln zu seinem Zimmer, um sich sofort zu Bett zu legen. Bevor er vor ein paar Tagen zu seiner Inspektionsreise aufgebrochen war, hatte er sämtliche Vorhänge im Haus zugezogen, um die heiße Texas-Sonne auszusperren. So lag das Gästezimmer, in dem er zur Zeit logierte, total im Dunkeln, doch Shane fand sein Bett mit den zerwühlten Laken auch so. Er warf das Handtuch achtlos beiseite, schlug das Laken zurück und ließ sich wohlig auf die weiche Matratze fallen. Gerade hatte er sich sein Kissen zurechtgeboxt und sich auf der Seite zusammengerollt, als ihm ein feiner, blumiger Duft in die Nase stieg und er einen sehr warmen, sehr weichen und sehr weiblich geformten Körper an seinem spürte. Shane richtete sich abrupt auf, was dem weiblichen Wesen an
seiner Seite einen leisen, erschrockenen Aufschrei entlockte. »Was zum Teufel…« Die Frau floh ans andere Ende des Doppelbettes, wobei sie versehentlich ein Buch zu Boden schleuderte. Sie knipste die Nachttischlampe an. »Was haben Sie hier zu suchen?« fuhr die Frau ihn herrisch an. Shane verschränkte die Arme hinter dem Nacken und ließ sich gelassen auf sein Kissen zurücksinken. Ihm war nur zu bewusst, dass er unter dem Laken splitterfasernackt war. Nun, abgesehen von einem eng anliegenden schwarzen Unterhemd mit dazu passendem Slip erging es seiner unfreiwilligen Bettgenossin nicht viel anders. »Dasselbe könnte ich Sie auch fragen«, gab er zurück. Inte ressiert schaute er zu, wie die Schönheit neben ihm sich hastig das Bettlaken überwarf. »Ich hab Sie aber zuerst gefragt, Shane McCabe!« Shane nahm sie jetzt genauer in Augenschein. Während seiner Jahre als Rodeo-Reiter hatte er eine Menge Groupies um sich geschart, aber an diese Frau konnte er sich nicht erinnern. Und er war sich sicher, sollte er dieser Frau je zuvor begegnet sein, dann hätte er sie nicht vergessen. Er neigte den Kopf leicht zur Seite. »Kennen wir uns?« Die Augen der Frau schossen zornige kleine Blitze auf ihn ab. »Sehr witzig.« »Im Ernst«, beharrte Shane. »Irgendwie kommen Sie mir bekannt vor.« Besonders ihre Augen, die von einem ganz besonders intensiven Blau waren und von langen dunkelblon den Wimpern umrahmt waren, einen Ton dunkler als ihre blonde Lockenmähne. »Ich bin Greta Wilson!« »Natürlich…« Shane betrachtete ihr hübsches Gesicht, die vollen Lippen, die hohen Wangenknochen und das kleine trotzige Kinn. »Ich erinnere mich an die kleine Greta.« Damals hatte sie allerdings noch nicht so eine strahlende Haut gehabt.
Ganz zu schweigen von Selbstbewusstsein und Grazie. Shane schluckte. »Du warst…« »Eine nervige kleine Göre, die immer in so einer Art Tänze rinnenkostüm herumgerannt ist?« Das traf den Nagel genau auf den Kopf. Damals hatte sie nichts gemein mit der sexy Schönheit mit den vollen Brüsten, den hart aufgerichteten Brustspitzen, der schlanken Taille und den schön geschwungenen Hüften, die sie jetzt war. Shane verspürte einen plötzlichen Druck in der Lendengegend. »Wie kommt es, dass du hier schläfst und nicht bei dir zu Hause?« »Weil ich total erschöpft bin von den Vorbereitungen für die Eröffnung meines Tanzclubs am nächsten Wochenende. Und meine Mutter hat heute ihren ganzen Bridge-Club bei uns zu Hause.« Shane verzog das Gesicht und bedachte Greta mit einem mitleidigen Blick. Er wusste nur zu gut, was sie meinte. Vierundzwanzig schwatzende und lachende Frauen auf einem Haufen, das war für seinen Geschmack entschieden zu viel. Diese Marathon-Sitzungen dauerten nicht selten bis weit nach Mitternacht. Greta seufzte und fuhr fort: »Meine Mutter weiß von deiner Mutter, dass Wade und Josie noch auf Hochzeitsreise sind. Deine Mutter hat mir erlaubt, mich hier zu verkriechen, und mir die Schlüssel überlassen – und voilä, hier bin ich!« »Wie lange hast du denn schon geschlafen?« fragte Shane neugierig. »Seit ungefähr zwei Stunden.« Greta fuhr sich mit der Hand durch das zerzauste Haar. Shane tat sein Bestes, den Blick von ihren vollen Brüsten und den unter dem dünnen Stoff ihres Unterhemdes deutlich sichtbaren Brustspitzen abzuwenden. Doch das nützte auch nichts. Er brannte bereits vor Verlangen. Was es ihm unmög lich machte, das Bett zu verlassen. Jedenfalls bis sich ein spezieller Körperteil wieder beruhigt hatte. Das ließ ihm nur
eine Möglichkeit: Konversation zu machen, bis die Situation sich wieder normalisiert hatte. »Das ist aber eine ziemlich frühe Zeit, zu Bett zu gehen.« Greta verdrehte entnervt die Augen. »Wie ich schon sagte, ich war total kaputt.« Shane hob skeptisch die Brauen. Im Moment sah sie alles andere als erschöpft aus. Im Gegenteil. Sie wirkte geradezu erregt, sich so urplötzlich neben ihm im Bett wiederzufinden. Aber Shane erging es ja nicht anders. »Was tust du überhaupt hier?« wollte Greta wissen. »Die letzten paar Tage habe damit zugebracht, mich in ganz Texas nach einer Ranch umzusehen«, erwiderte Shane. »Ansonsten schlafe ich hier, seit ich wieder in Laramie bin. Meine Mutter weiß das auch ganz genau, denn ich habe ihr heute Morgen eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, dass ich einen Tag früher als geplant auf die Golden Slipper Ranch zurückgekehrt bin.« Er sah Greta an. Allmählich dämmerte ihm, worauf das alles hier hinauslief. Leicht gereizt fragte er: »Bist du verheiratet?« Es überraschte ihn nicht, dass sie von dieser Frage ebenso wenig begeistert erschien wie er von der ganzen Situation. »Nein. Nicht, dass es dich etwas angeht«, schnappte sie. »Warum? Bist du es denn?« »Nein.« »Was hat deine Frage dann mit dem Ganzen hier zu tun?« Ihre blauen Augen blitzten. »Alles.« Shane seufzte. »Du und ich sind die Opfer eines Verkupplungsversuches.« Greta bedachte ihn mit einem misstrauischen Blick. Sie lehnte sich gegen das Kopfende des Bettes, zog ihre langen, wohlgeformten Tänzerinnenbeine an die Brust und schlang die Arme um die Knie. »Was soll das heißen?« Shane drehte sich auf die Seite. »Meine Eltern feiern dem nächst ihren Hochzeitstag, indem sie ihr Eheversprechen noch
einmal erneuern.« »Ich weiß. Unsere ganze Familie ist dazu eingeladen, auch zu dem anschließenden Empfang.« Sie runzelte die Stirn, und eine niedliche steile Falte erschien zwischen ihren Brauen. Shane juckte es in den Fingern, diese Falte mit dem Daumen glatt zu streichen. »Aber ich verstehe nicht, was das Ganze mit uns zu tun hat.« Shane registrierte, wie ihr die weichen blonden Locken über die Schultern fielen, bevor er den Blick hob und ihr direkt ins Gesicht sah. »Meine Mutter hat sich nun einmal in den Kopf gesetzt, dass meine Brüder und ich vorher alle unter die Haube sollen, und zwar auf Teufel komm raus.« Greta schüttelte grimmig den Kopf. »Genau wie meine Sippschaft.« »Sie wollen dich also auch unbedingt verheiraten?« Er fragte sich ohnehin, warum sie nicht schon längst vergeben war. Frauen wie Greta – sexy, süß und charmant – waren auf dem Heiratsmarkt schnell vergriffen. Wie alt mochte sie jetzt sein? Er war dreißig. In der Schule war er zwei Klassen höher gewesen als sie, also musste sie achtundzwanzig sein. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie scharf alle darauf sind, mich loszuwerden.« Sie schien nicht zu merken, dass er nicht ganz bei der Sache war, und plauderte munter weiter über das Thema Ehe. Erst das Motorengeheul mehrerer Wagen, die die Auffahrt zur Ranch hochfuhren, unterbrach ihren Redefluss. Ohne das Bett zu verlassen, beugte Greta sich vor und lüpfte vorsichtig den Vorhang, um nach draußen zu spähen. »Ich glaube es nicht«, murmelte sie niedergeschlagen. Auch Shane war nicht gerade begeistert. Ihm machte ihr kleines Tete-a-tete Spaß, und eine Unterbrechung kam ihm höchst ungelegen. Es lag in seinem ureigensten Interesse, alles zu vermeiden, was sie zwingen würde, das Bett zu verlassen. »Wer ist es?«
Greta zupfte erregt am Vorhangsaum. »Unsere Mütter!« Natürlich, dachte Shane aufgebracht. War er nicht von Anfang an das schwarze Schaf der McCabe-Söhne gewesen? Mussten sie es noch schlimmer machen, indem sie sich mit ihren Verkupplungsplänen in sein Leben einmischten? »Zweifellos wollen sie sich von den Erfolgen ihrer romanti schen Aktion überzeugen«, vermutete Shane. »Und – ach du lieber Himmel! – es scheint, sie haben den gesamten Bridge-Club im Schlepptau.« Greta stöhnte entnervt auf. »Würde mich nicht wundern«, meinte Shane mit grimmiger Miene. »Es wird höchste Zeit, dass ich meiner Mutter ein für alle Mal den Kopf zurechtrücke.« Greta ließ den Vorhang sinken. »Na dann viel Glück.« »Du solltest deiner Mutter auch mal tüchtig die Leviten lesen.« Greta schüttelte den Kopf. »Meine Mutter hat die letzten achtundzwanzig Jahre nie auf mich gehört. Warum sollte sie jetzt damit anfangen?« Shane dachte an seine auf der Treppe verstreuten Kleidungs stücke. Er wusste genau, welche Assoziationen dieser Anblick bei den beiden Müttern auslösen würde. Die Eingangstür wurde aufgeschlossen, laute Schritte erklan gen. »Juhu! Shane! Greta!« Greta schwang die Beine aus dem Bett. Shane sah sie an, während in ihm ein Plan reifte. Er packte ihr Handgelenk, um sie am Aufstehen zu hindern. Sie durften keine Zeit verlieren, wenn sein Plan klappen sollte. »Machst du mit oder nicht?« Greta zögerte, und zarte Röte stieg ihr in die Wangen. »Ich weiß doch gar nicht…« . »Vertrau mir einfach, Greta, und spiel mit.« Er umfasste sanft ihre Hüften und zog sie aufs Bett zurück. »Und ich verspreche dir, dass uns so etwas nie wieder passieren wird.« Greta bemerkte das mutwillige Glitzern in Shanes grauen
Augen. Das bedeutete Ärger, und zwar nicht zu knapp. Ebenso wie seine warme Hand auf ihrer Haut. Hatte sie als junges Mädchen nicht immer davon geträumt, bei Shanes wilden, verrückten Streichen mitzumachen? Hatte sie sich nicht immer gewünscht, mit dem tollkühnen Rodeo-Star ins Bett zu gehen? Die Schritte ihrer Mütter und des versammelten BridgeClubs wurden lauter. In dem spontanen Entschluss, endlich einmal alle Vorsicht außer Acht zu lassen, erwiderte Greta Shanes herausforderndes Grinsen mit einem nicht minder herausfor dernden Lächeln. »Du kannst auf mich zählen.« Im nächsten Moment schon lag sie auf dem Rücken, und Shanes athletischer Körper schob sich über sie. Ihr blieb kaum Zeit zum Luftholen, da verschloss er ihren Mund auch schon mit einem tiefen, erregenden Kuss. Er umfasste ihren Kopf mit beiden Händen, und sie schmolz regelrecht dahin, völlig gebannt von dem warmen, minzigen Geschmack seines Mundes, dem fordernden Druck seiner Lippen und dem erregenden Spiel seiner Zunge. Sie spürte seine harte, breite Brust auf ihren Brüsten, seinen flachen, harten Bauch und die Härte seiner Lenden. Samtig und heiß. Und vollkommen nackt. Diese Erkenntnis ließ ihren Puls rasen, und heißes Verlangen durchschoss ihren Körper. Voller Sehnsucht bog sie sich ihm instinktiv entgegen. Ihr Verstand sandte Signale von Schock und Verblüffung aus, aber ihr Gefühl sagte ihr, dass dies die leidenschaftlichste Umarmung war, die sie je erfahren hatte. Auch wenn ja bloß alles Theater war. »Shane McCabe!« Lilah McCabes geschockte Stimme schallte die Treppe herauf. »Greta Wilson!« rief Tillie Wilson in blankem Entsetzen aus. »Um Himmels willen!« Zu Gretas großen Bedauern ließ Shane von ihr ab, wenn auch in süßer Langsamkeit. Einen winzigen Moment lang glaubte sie – oder hoffte –, dass dieser Kuss ihn genauso berührt hatte
wie sie. In seine grauen Augen trat ein teuflisches Blitzen, er ließ ein leises Lachen hören und wandte den Kopf den beiden Frauen im Türrahmen zu. »Herrje, voll erwischt!« Shane stützte sich auf den Ellbogen ab, doch sein Körper blieb in unveränderter Lage auf Gretas liegen. Greta umfasste seine Schultern und richtete ihren Blick auf die beiden Mütter, die sich immer noch nicht gefasst hatten. »Ihr habt uns ja gar nichts davon erzählt, dass die beiden zusammen sind«, wandte sich eine der Bridge-Damen empört an Tillie und Lilah. Shane rollte sich auf den Rücken, wobei er Greta halb mit sich zog. »Sind wir ja auch nicht. Aber so ganz allein hier über Nacht in diesem Haus…« Shane bedachte Lilah McCabe mit einem selbstbewussten Blick, »… da dachten wir, warum eigentlich nicht?« Diese so gleichmütig geäußerten Worte veranlassten den gesamten Bridge-Club zu einem einvernehmlich empörten Luftschnappen. Tillie Wilson löste sich aus der Gruppe, nur zu bereit, ihrem einzigen Kind zu Hilfe zu eilen. »Ich sage dir, warum nicht, Shane McCabe!« Sie schnappte sich Gretas Kleid und warf es ihrer Tochter zu. Lilah streckte beschwichtigend die Hand aus. »Ich werde schon mit ihm fertig, Tillie«, erklärte sie energisch. »Shane McCabe, ich will, dass du sofort aus diesem Bett raus kommst!« »Nein, Lilah, das willst du nicht«, stieß Greta gepresst hervor. Lilah griff nach der Bettdecke. »Und ob ich das will!« Verzweifelt versuchte Greta, sie aufzuhalten. »Er ist splitter nackt!« »So weit habt ihr es also gebracht mit euren Verkupplungs versuchen«, versetzte Shane trocken. Die Damen des Bridge-Clubs traten eine nach der anderen
beschämt den Rückzug an. »Wir lassen euch jetzt mal lieber allein.« Schweigend gingen sie die Treppe hinunter, und Sekunden später drang der Knall der zuschlagenden Haustür nach oben. Autotüren wurden geöffnet und fielen ins Schloss, Motoren heulten auf. Unterdessen dampfte die Atmosphäre im Ranchhaus regel recht. Lilahs Blicke schössen glühende Blitze auf ihren jüngsten Sohn ab. »Weißt du eigentlich, was du da gemacht hast?« Shane zuckte mit den breiten Schultern. »Schieb jetzt bloß nicht mir den schwarzen Peter zu. Die Falle habt schließlich ihr ausgelegt.« Lilah errötete und begann erregt, im Zimmer auf und ab zu tigern. »Euer Zusammentreffen war nichts weiter als ein unglücklicher Zufall«, beschwor die zierliche Zweiundsechzig jährige ihren Sohn. »Ich habe deine Nachricht auf dem Anrufbeantworter erst abgehört, nachdem wir schon mit dem Bridge angefangen hatten. Als uns bewusst wurde, was passiert war, haben wir uns sofort auf den Weg hierher gemacht, um zu retten, was zu retten ist.« Shane verzog skeptisch die Lippen. »Mitsamt dem vollzähli gen Bridge-Club als Zeuginnen?« Tillie Wilsons drahtiger Körper war aufs Äußerste ange spannt. »Wir dachten, ihr beide zusammen gebt bestimmt einen reizenden Anblick ab.« Sie schüttelte den Kopf. »Wir hatten ja keine Ahnung.« Shane nahm die beiden älteren Damen so eindringlich in Augenschein, bis sie rot wurden. »Wie kommt es nur, dass ich euch nicht glaube?« »Na gut, uns ist schon vor ein paar Stunden aufgegangen, dass es da ein Kuddelmuddel gibt«, räumte Tillie ein. »Na ja, und da haben wir gehofft, dass bei euch vielleicht endlich der Funke überspringt.« Lilah McCabe hob warnend den Zeigefinger. »Aber für dieses Desaster kannst du uns nicht
die Schuld in die Schuhe schieben, Shane! Wir haben doch nicht im Traum damit gerechnet, dass ihr gleich dermaßen füreinander entflammt!« Das ist die Untertreibung des Jahres, dachte Greta bei sich. Ihre kurze, aber leidenschaftliche Umarmung war wie ein alles verzehrendes Feuer gewesen. Sie bebte immer noch am ganzen Körper. Und das nach einem einzigen heißen Kuss. Sie wagte sich kaum auszumalen, wie explosiv es in diesem Bett wohl zugegangen wäre, hätten sie wirklich zusammen schlafen wollen und nicht nur Theater gespielt. Lilah schüttelte den Kopf über ihren jüngsten Spross. »Ich verstehe einfach nicht, wie du Greta derart ausnutzen konntest, Shane«, tadelte sie ihn. »So haben dein Vater und ich dich nicht erzogen.« »Also wirklich, Mutter. Das Ganze war doch bloß ein Scherz.« Für ihn vielleicht, dachte Greta unbehaglich. Für sie hatte es weit mehr Bedeutung gehabt. Ja, es war geradezu eine Offen barung gewesen, die ihr gezeigt hatte, wie herrlich Sex und Leidenschaft sein konnten. Lilah tigerte nervös im Raum auf und ab. »Ein Scherz! Du hast Gretas guten Ruf ruiniert!« Greta spürte, wie Shane sich neben ihr anspannte. Lilah steigerte sich immer weiter in ihre Wut hinein. »Dir macht das natürlich nichts aus. Deinen Ruf hast du hier ja schon längst verspielt. Außerdem tragen solche kleinen Vorfälle ja auch noch zum Ruhm eines Mannes bei«, schnaubte sie verächtlich. »Aber wie sieht es mit der Frau aus? Auch in der heutigen Zeit wird diesbezüglich immer noch mit zweierlei Maß gemessen.« Tillie nickte und stach ihren Zeigefinger anklagend in Rich tung Shane. »Bis jetzt hatte unsere Greta immer einen untade ligen Ruf.« Sie marschierte drohend aufs Bett zu. »Bis du aufgetaucht bist jedenfalls. Jetzt schau bloß mal, was du
angerichtet hast.« Shane sah aus, als nähme er sich diese Strafpredigt nun doch sehr zu Herzen. Zerknirscht wandte er sich an Greta. »Ich mache es wieder gut.« »Wie?« fiel Gretas Mutter ihm ins Wort. »Nachdem der gesamte Bridge-Club Zeuge dieser pikanten kleinen Szene geworden ist, wird sich die Geschichte bis morgen früh im ganzen Ort herumgesprochen haben.« Lilah wandte sich Tillie zu. »Beruhige dich, meine Liebe.« Sie tätschelte der Freundin den Arm. »Ich fahre dich jetzt nach Hause.« Zu Greta gewandt sagte Lilah: »Das alles tut mir so schrecklich Leid.« Und zu Shane: »Dein Vater und ich erwarten dich gleich morgen früh zu Hause auf der Ranch.« Shane nickte mit grimmiger Miene, widersprach aber nicht. »Vielleicht solltest du jetzt besser mit mir nach Hause kom men, Greta«, schlug ihre Mutter vor. Bevor Greta noch etwas darauf erwidern konnte, hielt Shane sie zurück. »Nein. Greta und ich müssen erst noch etwas klären. Aber machen Sie sich keine Sorgen, Mrs. Wilson. Von nun an werde ich mich wie der perfekte Gentleman beneh men.« Tillie Wilson wirkte nicht gerade überzeugt, so dass Greta Shane zu Hilfe kam. »Ist schon in Ordnung, Mom. Es gibt zwei Schlafzimmer hier. Und Shane und ich müssen wirklich reden. Ich sehe dich und Dad dann gleich morgen früh.« »Vielleicht ist es das Beste, wenn wir uns alle sechs morgen früh bei euch auf der Ranch treffen«, wandte sich Lilah fragend an Tillie. »Sagen wir so gegen acht?« Tillie nickte. »Wir werden da sein.« Die beiden Mütter verabschiedeten sich und verließen ge meinsam das Haus. Greta wartete, bis sie die Wagen wegfahren hörte, und stieß dann einen heftigen Seufzer aus. »Was für ein Schlamassel!« »Das kannst du wohl laut sagen«, brummte Shane. Er stand
auf und ging zum Schrank. Seine Nacktheit schien ihm nichts auszumachen, ganz im Gegensatz zu Greta, die nun endlich sah, was sie zuvor nur gespürt hatte. Shane zog eine Kommodenschublade auf und nahm einen Slip heraus. Er schlüpfte hinein und zog ihn über die langen, muskulösen Beine, die mit feinen goldbraunen Härchen bedeckt waren. »Verdammt, mir wäre nie im Traum eingefal len, dass sich der gesamte Bridge-Club bei uns im Schlafzim mer versammeln könnte.« Er ging zum Schrank, nahm ein Paar ausgeblichene Jeans heraus und stieg hinein. »Im Höchstfall hatte ich mit unseren beiden Müttern gerechnet.« Greta, die am liebsten allein ihm die Schuld für das ganze Debakel in die Schuhe geschoben hätte, wusste jedoch, dass auch sie selbst mit dafür verantwortlich war. Seit Jahren schon hatte sie sich danach gesehnt, ihn zu küssen. Und sie hatte die Gelegenheit nun endlich beim Schöpf ergriffen. Dafür konnte sie ihm schwerlich böse sein. Schließlich hätte sie sein Spielchen ja nicht mitzuspielen brauchen. Und doch hatte sie es getan. »Du konntest ja nicht ahnen, was da auf uns zukommt«, räumte sie ein. »Keiner von uns konnte das.« Shane drehte sich zu ihr um. »Wir müssen das irgendwie wieder gerade biegen.« »Aber wie?« Voller Grausen dachte sie an den Zorn ihres Vaters, der sich über ihr entladen würde. Shane fuhr sich mit dem Kamm durch das feuchte, dichte Haar. Er schob den Kamm in die Gesäßtasche seiner Jeans und erwiderte zuckersüß: »Indem wir heiraten natürlich.« »Heiraten?« Greta glaubte, nicht recht gehört zu haben. Shane nickte. Er nahm ein rot-blaues Westernhemd aus dem Schrank und fuhr fort, sich anzuziehen. »Das ist das einzig Richtige.« »Ach, tatsächlich?« versetzte Greta trocken. »Und wie kommst du auf diese glorreiche Idee?«
»Weil, so ungern ich es auch zugebe, ich fürchte, unsere sehr verehrten Mütter haben Recht.« Shane schloss mit geschickten Bewegungen die Perlmutt knöpfe seines Hemdes und stopfte es in den Hosenbund. »Wenn es sich erst mal überall herumgesprochen hat, und das wird nicht lange dauern, dass man uns beide bei einem Schäferstündchen ertappt hat, dann ist dein Ruf hin. Bei mir sieht das allerdings etwas anders aus. Mich hält man ohnehin für einen unverbesserlichen Draufgänger. Obwohl man mir das, was heute Nacht zwischen uns passiert ist, vermutlich als Gipfel der Verderbtheit anrechnen wird.« »Nur, dass gar nichts passiert ist«, wandte Greta ein, während Shane sich auf die Bettkante setzte, um ein Paar frische Strümpfe überzuziehen. »Du und ich wissen das.« Er stand auf und ging erneut zum Schrank. »Aber sonst keiner.« Greta verdrehte entnervt die Augen. »Sehr tröstlich.« »Ja.« Shane schnappte sich ein Paar auf Hochglanz polierte Cowboy Stiefel. »Und weißt du auch, warum?« Greta bedachte ihn mit einem schiefen Lächeln. »Ich kann deine Antwort kaum erwarten.« »Wenn wir heute Nacht zusammen durchbrennen, um Hals über Kopf zu heiraten, dann wird man unser Schäferstündchen als romantische Dummheit zweier Verliebter abtun.« »Hast du dabei nicht eine Kleinigkeit außer Acht gelassen?« Greta stand auf und baute sich vor ihm auf. »Wir sind nicht ineinander verliebt.« Noch ein paar Küsse, und die Sache sieht allerdings ganz anders aus, räumte sie im Stillen ein. Shane ergriff grinsend ihre Hand. »Das ist ja gerade das Reizvolle an dem Plan. Kein Mensch wird verlangen, dass wir zusammen bleiben, wenn wir uns nicht lieben.« Shane schluckte. Wie kam es nur, dass er Greta zuvor nie richtig angesehen hatte? Jedenfalls nicht so wie jetzt. Greta entzog ihm ihre Hand und begann ebenfalls, sich
anzuziehen. »Du meinst, sie werden versuchen, uns zu überreden, die Ehe annullieren zu lassen?« »Du etwa nicht?« Shane beobachtete fasziniert, wie Greta mit einem breitzinkigen Kamm durch ihre lange Haarmähne fuhr. Sie hockte sich auf die Bettkante, streifte weiße Tennissocken über und stieg dann in ein Paar blaue Cowboystiefel, die ihre langen, wohlgeformten Tänzerinnen-Beine äußerst vorteilhaft zur Geltung brachten. Am liebsten hätte Shane sie auf der Stelle in die Arme gezogen und geküsst, nur um zu sehen, wie die Geschichte wohl ohne Publikum ausgegangen wäre. Greta runzelte die Stirn. »Wenn es nach meinen Eltern geht, dann gibt es nur einen akzeptablen Grund, um zu heiraten: wahre Liebe.« Im Grunde gab Shane ihr Recht. »Meine Eltern denken genauso.« Und doch, aus Gründen, die er lieber nicht so genau unter die Lupe nahm, erschien ihm die Vorstellung, mit Greta zu leben, plötzlich äußerst reizvoll. Greta seufzte. »Meine Eltern haben immer davon geträumt, mir eine romantische Hochzeit in Weiß mit allem Drum und Dran auszurichten. Meine Mutter plant schon seit Jahren selbst an den kleinsten Details, obwohl bis jetzt gar kein Heiratskan didat zur Stelle war.« »Wenn wir also durchbrennen, ist es doch nur logisch, dass sie dich überreden werden, unsere Ehe annullieren zu lassen und es lieber mit einem anderem Mann, dem richtigen, zu versuchen.« Wenn er genau darüber nachdachte, störte ihn der Gedanke allerdings, sich Greta als Braut eines anderen vorzustellen. Greta bedachte ihn mit einem sorgenvollen Blick. »Und was ist, wenn unsere Eltern uns nicht drängen, die Ehe annullieren zu lassen?« Auf der ganzen Welt gibt es keinen einzigen Vater, der mich als Schwiegersohn begrüßen würde, dachte Shane mit einem Anflug von Bitterkeit. »Vertrau mir.« Er legte Greta freund
schaftlich den Arm um die Schultern und begleitete sie die Treppe hinunter. »Sie werden.« »Und wann soll das Ganze stattfinden?« »Warum nicht jetzt gleich?«
2. KAPITEL Nach einer reichlich unspektakulären Trauung in »J. P. Randall’s Bait and Tackle Shop« fünfundvierzig Meilen westlich von Laramie, Texas, kehrten sie mitten in der Nacht erschöpft auf die Golden Slipper Ranch zurück. Doch eine romantische Hochzeitsnacht blieb aus. Shane zog sich in das Schlafzimmer des Hausherren zurück, Greta nahm das Gästezimmer. Ihnen blieben noch vier Stunden Schlaf, und beide taten ihr Bestes, um zur Ruhe zu kommen. Als ihre Wecker unisono am nächsten Morgen um sieben lospiepten, trafen sie im Bad aufeinander… sie in ihrem Bademantel, er lediglich im Slip. Greta stellte mit einem Blick fest, dass er genau wie sie kaum ein Auge zugetan hatte. Im Moment sehnte sie sich nur noch danach, ins Bett zurückzu taumeln, und zwar zusammen mit Shane. »Du musst dich rasieren.« Shane warf ihr einen erstaunten Blick zu. »Wie?« Greta bemühte sich tapfer zu ignorieren, wie himmlisch er gebaut war. Breite Schultern, eine breite Brust, flacher Bauch, schmale Hüften, sonnengebräunte Haut… einfach zum Anbeißen. »Du siehst aus, als hätte dein Rasierapparat sich vor drei Tagen von dir verabschiedet. So kannst du unmöglich bei unseren Eltern erscheinen, um ihnen zu eröffnen, dass wir geheiratet haben.« Shane strich mit dem Zeigefinger über seine kratzigen Bart stoppeln. In seinen schläfrigen grauen Augen blitzte es amüsiert auf. »Woher weißt du, wie lange ich mich nicht rasiert habe?«
»Reine Spekulation.« Greta nahm seinen Rasierer und Ra sierschaum von der Spiegelkonsole und hielt ihm beides hin. »Los, Bewegung, Cowboy.« Shane sog tief die Luft ein, rührte sich sehr zu ihrem Missfal len jedoch nicht von der Stelle. »Dass wir jetzt verheiratet sind, gibt dir noch lange nicht das Recht, mir Befehle zu erteilen.« »Dann betrachte es doch einfach als freundschaftlichen Rat.« Umso besser für ihre Selbstbeherrschung, wenn er sie als Nervensäge betrachtete. Wichtig war im Augenblick nur, ihren Eltern endlich mal eine saftige Lektion zu erteilen. Greta schob sich den schmalen Gang zwischen Waschbecken und Dusche an ihm vorbei, woraufhin Shane ihr scheinbar zufällig den Weg verstellte. Er sprühte eine golfballgroße Menge Rasierschaum auf seine Handfläche und verrieb die weiße, cremige Masse mit sanft kreisenden Bewegungen auf Kinn und Wangen. »Und wie steht es mit dir?« Er drehte ihr den Rücken zu und zwinkerte ihr im Spiegel verschwörerisch zu. »Hast du dich rasiert? Wäre doch gar nicht ladylike, wenn du erst die Haare auf deinen Beinen mit Kamm und Bürste bändigen musst, bevor du deinen frisch gebackenen Schwie gereltern unter die Augen trittst.« Greta war fest entschlossen sich von seinem provokativen Gehabe nicht verunsichern zu lassen. Er wusste ganz genau, dass sie ihre Beine rasiert hatte, denn auf der Rückfahrt von ihrem nächtlichen Abenteuer hatte er ihr frecherweise das Knie gestreichelt. »Das habe ich, und das weißt du auch ganz genau, Darling.« »Kann ich mal sehen?« Er beugte sich vor und verstrich spielerisch ein wenig Rasierschaum auf ihrem Oberschenkel. »So ist es gut.« Er pustete auf seine Fingerspitze, wie man normalerweise auf die Spitze eines gerade abgefeuerten Revolvers blies. Sein Lächeln war eindeutig herausfordernd. »Braves Mädchen.« Greta ignorierte standhaft das heiße Prickeln, das seine
Berührung in ihr ausgelöst hatte, und verschränkte abweisend die Arme vor der Brust. »Du bist wirklich ein Scherzkeks, Shane«, bemerkte sie ironisch. »Und du, Greta, Darling, bist heute Morgen wirklich völlig humorlos.« Er wandte sich wieder seinem Spiegelbild zu und begann, sein Kinn mit schnellen, sauberen Strichen zu rasieren. »Was ist los? Mit dem falschen Bein zuerst aufgestanden?« Trotz seiner neckenden Worte war der ernste Unterton in seiner Stimme nicht zu überhören. Er verdiente eine ehrliche Antwort, wenn sie das hier gemeinsam zu einem erfolgreichen Ende bringen wollten. Sie hatte jetzt so viel investiert, da durfte sie kein Risiko eingehen. Sonst endete die Geschichte womög lich damit, dass ihre Eltern glaubten, sie brauchte noch mehr Hilfe, ihr Leben zu leben, als sie ohnehin schon annahmen. Greta runzelte die Stirn. »Als ich heute Morgen aufgewacht bin, da habe ich mir so meine Gedanken gemacht.« »Und?« »Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob das eine gute Idee war.« »Warte ab, bis du die Gesichter deiner Eltern siehst«, ver sprach Shane zuversichtlich. Gerade das stellte Greta sich ja die ganze Zeit vor. Ihre Stimmung sank auf den Nullpunkt. »Genau davor fürchte ich mich. Es wird sie furchtbar verletzen zu hören, was wir getan haben.« Shane zuckte grimmig die Achseln. »Umso besser, meinst du nicht auch?« Er sprach jetzt völlig ernst. »Nach der Schmie renkomödie, in die sie uns gestern Abend verwickelt haben?« Greta dachte daran zurück, wie es sich angefühlt hatte, sich neben einem sehr nackten, sehr männlichen Shane im Bett wiederzufinden. Wie sie dahin gekommen waren, zählte nicht. Oder was sie veranlasst hatte, einander so leidenschaftlich zu küssen. Solange sie lebte, würde sie seine erregenden Küsse nicht vergessen, und auch nicht, wie sich sein Körper verlan gend an sie gepresst hatte. Solange sie lebte, würde sie sich
wünschen, sie hätten zu Ende geführt, was sie in jener Nacht begonnen hatten. Aber das war reines Wunschdenken und passte nicht in ihr Lebenskonzept. Nie hatte sie einfach so aus reiner Lust mit einem Mann geschlafen. Und sie würde es auch in Zukunft nicht tun. Für sie gehörte eine feste Bindung dazu, nicht jedoch für Shane. Deshalb war es höchst zweifelhaft, dass sie den gestern Abend begonnenen Weg jemals beenden würden: Mit dieser Enttäuschung würde sie von nun an den Rest ihres Lebens leben müssen. »Du hast Recht«, erwiderte sie seufzend. »Das war nicht gerade die feine Art, was unsere Mütter da ausgeheckt haben.« »Genau.« Shane hatte seine Rasur beendet und wischte sich das Gesicht mit einem Handtuch ab. »Jetzt beeil dich aber, Darling. Unser Triumph steht kurz bevor.« Als Greta und Shane auf der Ranch der McCabes eintrafen, wurden sie bereits von allen vier Elternteilen erwartet. Shane verlor keine Zeit, die Bombe platzen zu lassen. Zu Gretas Erstaunen klärte er die vier sogleich nach der Begrüßung über ihre nächtliche Eskapade auf. Wie nicht anders zu erwarten, löste diese Neuigkeit ein heilloses Chaos aus. »Ihr habt was getan?« polterte Bart Wilson los, jeder Zenti meter seiner imposanten, hünenhaften Gestalt gespannt und bereit zum Kampf. Er trug ein leichtes Sportsakko, Hemd und Krawatte, das Büro-Outfit für seine Versicherungsagentur in Laramie. Vom Nacken bis zu den Wurzeln seines weißblonden Haares war er rot angelaufen. »Wir haben geheiratet«, wiederholte Shane geduldig, wäh rend Lilah und Tillie sich alle Mühe gaben, ihre Männer in Schach zu halten. »Geheiratet«, wiederholte er noch einmal langsam und deutlich. John McCabe fasste Shane scharf ins Auge, während er sich durch das mit grauen Strähnen durchzogene dunkelbraune Haar fuhr. »Wir haben schon verstanden.« John McCabe durchbohr te seinen Sohn geradezu mit seinem Blick.
Lilah warf aufgebracht die Arme in die Luft. »Also ehrlich, Shane! Beim besten Willen! Ich kann einfach nicht glauben, dass du tatsächlich so eine gottverdammte Dummheit gemacht hast!« »Und wir erst recht nicht!« explodierte Tillie Wilson. Die Farbe ihres Gesichts hatte sich inzwischen ihrem leichten, pinkfarbenen Sommerpullover angeglichen. »Um Himmels willen, Greta, was habt ihr beide euch nur dabei gedacht!« Shane legte beschützend den Arm um Gretas Schultern. »Es war der einzige Weg, Gretas Ruf zu wahren.« Er bedachte seine Mutter mit einem bedeutungsvollen Blick. »Wenn ich auch nur im Entferntesten geahnt hätte, dass Greta sich gestern Nacht auch auf der Golden Slipper Ranch aufgehalten hat, wenn mir doch bloß jemand eine kurze Nachricht hätte zukommen lassen, dann wäre ich selbstverständlich nicht splitternackt zu ihr unter die Bettdecke gekrochen.« Tillie fächerte sich wie wild Luft zu. Sie sah aus, als würde sie jeden Moment ohnmächtig werden. Bart bugsierte sie rasch zu einem Stuhl. John marschierte drohend auf seinen Sohn zu. »Willst du uns etwa unverschämt kommen, Sohn?« Er sah aus, als würde er sich im nächsten Moment auf Shane stürzen. »Nein, Sir, ich habe nicht die Absicht.« Shane hielt sich standhaft und brachte es auch noch fertig, so auszusehen, als wüsste er gar nicht, warum sein Vater sich so aufregte. »Ich habe nur wiederholt, was Moms und Tillies Bridge-Club bereits weiß. Und worüber auch ganz Laramie, wenn nicht ganz Texas, bis spätestens nach dem Frühstück informiert sein wird. Wir müssen uns mit den Tatsachen abfinden, wenn sie auch noch so geschmacklos sind. Falls es euch tröstet«, Shane legte eine theatralische Pause ein, um allen vier Elternteilen einem nach dem anderen in die Augen zu sehen, »wir haben die Ehe noch nicht vollzogen.« »Gott sei Dank«, stießen Tillie und Lilah unisono hervor und
hielten sich Halt suchend bei den Händen. »Sollte Greta jedoch ihre Meinung ändern und mich in ihr Bett einladen«, fuhr Shane unverblümt fort, »sieht die Sache natürlich ganz anders aus.« Jetzt hielt sich auch Bart Wilson nicht länger zurück. Er bedachte seine Tochter mit einem strengen Blick. »Und, was hast du zu alledem zu sagen, junge Dame?« Greta spürte, wie heftiger Zorn in ihr aufstieg. Wieso nur behandelte er sie immer wie einen unmündigen Teenager und nicht wie eine achtundzwanzigjährige, erwachsenen Frau, die selbst wusste, was sie zu tun und zu lassen hatte? »Hat Shane dich dazu überredet?« wollte Lilah McCabe wissen. Mit zitternden Händen machte sie sich daran, frischen Kaffee aufzusetzen. »Greta lässt sich nicht von anderen beeinflussen«, wider sprach Tillie Wilson schnippisch. Nachdenklich kaute sie auf der Unterlippe. »Aber es könnte immerhin etwas mit diesem schurkischen Beauregard Chamberlain zu tun haben.« Shane blinzelte verständnislos. Da konnte er nicht folgen. »Was hat denn der Kinostar mit Greta zu tun?« Alle vier Elternteile schüttelten seufzend den Kopf. »Honey, wo bist du denn die letzten Jahre gewesen?« meinte Lilah resigniert. »Greta hat sich volle zwei Jahre mit diesem Schuft getrof fen«, erklärte Tillie. »Er hat sie auf alle Preisverleihungen mitgenommen… Golden Globe, Oscar-Verleihungen und was weiß ich noch alles. Wo Beauregard Chamberlain während der letzten zwei Jahre auftauchte, da war auch Greta!« Lilah nickte. »Sie sind mindestens zwei oder drei Dutzend Male zusammen im Fernsehen auf getreten. Und in der Boulevardpresse konntest du regelmäßig ihr Foto finden. Tillie hat mir sogar sämtliche TV-Auftritte auf Video aufgenom men.« Tillie wandte sich an ihre Tochter. »Schätzchen, ich habe dir
zwar geraten, diesem Schuft endlich auf die Sprünge zu helfen, damit er dir einen Heiratsantrag macht, aber doch nicht so!« »Mom, ich bitte dich!« Greta schüttelte Shanes schützend um sie gelegten Arm ab und setzte sich aufs Sofa. »Beau ist kein Mann zum Heiraten – jedenfalls jetzt nicht mehr, nach seiner Scheidung.« Bart hatte offensichtlich Mühe zu begreifen, was seine Tochter ihnen da eröffnete. »Du bist also bloß mit Shane durchgebrannt, um dich an Beau zu rächen?« »Nein!« Greta beugte sich vor und rang verzweifelt die Hände. »Beau und ich sind nur Freunde, mehr nicht! Das habe ich euch doch schon mindestens tausend Mal gesagt!« Shane hockte sich schweigend auf die Sofalehne neben Greta. »In der Boulevardpresse liest sich das aber ganz anders«, wandte Tillie ein. »Ihr wurdet als das heißeste Paar der letzten Jahre gehandelt. Angeblich hast du Los Angeles bloß verlas sen, weil Beau dich nicht heiraten wollte.« Greta presste die Hände gegen die Schläfen. Sie würde jeden Moment den Verstand verlieren! »Aber das ist alles erlogen!« rief sie aus, am Ende ihrer Geduld. »Und was stimmt?« fragte Shane beiläufig, doch er ließ sie nicht aus den Augen. »Ich rufe Beau jetzt besser an und erzähle ihm die ganze Geschichte, bevor er sie von anderer Seite erfährt.« Greta sprang auf und lief in die Diele. Dummerweise war Beau nicht zu Hause. Sie konnte ihm lediglich eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlas sen, dass er sie zurückrufen möchte. Bedrückt legte sie auf. Bis jetzt war die Sache gründlich schief gelaufen. Überhaupt nicht so, wie sie es sich so schön ausgemalt hatten. Resigniert kehrte sie ins Wohnzimmer zurück, wo alle schon gespannt auf sie warteten. »Ich habe ganz vergessen, wie früh es dort drüben ist.« »Vergiss die verdammten Zeitzonen!« schäumte ihr Vater.
»Also, was ist jetzt? Hast du dieses kleine Abenteuer nur inszeniert, um Beau wieder auf dich .aufmerksam zu machen?« Greta seufzte. Wann würden ihre Eltern endlich begreifen, dass sie eine erwachsene Frau war und durchaus in der Lage, ihr eigenes Leben zu leben, ohne die ständigen Einmischungen und gut gemeinten Ratschläge ihrer Eltern? »Nein, Dad. Beau hat mit der ganzen Geschichte überhaupt nichts zu tun.« Sie blickte von einem zum anderen, bevor sie hinzufügte: »Was gestern Nacht passiert ist – und was heute Morgen hier passiert –, betrifft lediglich Shane und mich.« Shane wünschte, er könnte das glauben. Wenn die Erfahrung ihn nicht gelehrt hätte zu bezweifeln, wenn eine Frau behaupte te, sie und der Mann, mit dem sie sich regelmäßig traf, seien nur Freunde, dann hätte er Greta vielleicht geglaubt. Aber er war voller Skepsis. Wie alle anderen auch. »Du hast meine Frage nicht beantwortet«, drängte Lilah freundlich. »Hat Shane dich dazu überredet?« »Nein, das hat er nicht.« Obwohl ich sie vielleicht doch in Versuchung geführt habe, überlegte Shane. »Warum, verdammt noch mal, rennst du dann weg, um dich in eine so haarsträubende Geschichte zu stürzen?« tobte Bart Wilson. »Anstatt dich an deine Mutter und mich zu wenden, wenn du ein Problem hast?« Wie war’s damit, weil sie ein erwachsener Mensch ist, der selbst über sein Leben bestimmen kann, dachte Shane im Stillen. »Weil ich Mom und dich nicht brauche, um meine Probleme zu lösen«, begehrte Greta heißblütig auf. »Das kann ich ganz allein!« »Aber nicht so!« Bart deutete auf die Heiratsurkunde, die sie mitgebracht hatten, um nur ja keine Zweifel an ihrer Tat aufkommen zu lassen. »So löst man keine Probleme!« John McCabe hob beschwichtigend die Hand. »Shane hatte
sicher seine Gründe, Greta zu heiraten.« Endlich, dachte Shane. Endlich hört mal jemand zu. Erwartungsvolle Blicke richteten sich auf ihn. John fuhr in typischer McCabe’scher Selbstsicherheit fort: »Eine übereilte Heirat ist nicht das, was wir uns für Greta und Shane gewünscht hätten…« Auch damit hast du Recht, Dad, dachte Shane, während Lilah, Tillie und Bart ihre Zustimmung murmelten. »Aber da nun mal alles bereits gelaufen ist«, fuhr John McCabe energisch fort, »sollten wir uns damit abfinden und den beiden viel Glück wünschen, dass ihre Ehe ein voller Erfolg wird.«
3. KAPITEL »Wie kann man verhindern, dass ein Ring den Finger grün färbt?« erkundigte Greta sich bei ihrer Freundin Dani Lockhart. In ihrer Collegezeit waren sie Zimmerkameradinnen gewesen, erst in Dallas, später in Los Angeles. Sie waren mehr als nur Freundinnen, ja, in gewisser Weise ersetzte Dani Greta die Schwester, die sie nie gehabt und sich immer gewünscht hatte. Dani trat um die leeren Packkartons herum, die den Boden des Tanzclubs bedeckten. Frisch aus Los Angeles angekom men, trug die attraktive Filmkritikerin mit dem kastanienbrau nen Haar einen Hosenanzug aus weißem Leinen, ein zartgrünes seidenes Oberteil und elegante italienische Sandaletten. Über ihrer Schulter hing lässig einen Matchsack aus weichem Leder, und die Designer-Sonnenbrille hatte sie sich über die Stirn in die Haare zurückgeschoben. »Die Neuigkeit hat in der Stadt wie eine Bombe eingeschlagen.« Danis graugrüne Augen funkelten aufgeregt, als sie näher kam, während am anderen Ende des Saals die Elektriker damit beschäftigt waren, die Musikanlage zu installieren. »Als ich das von dir und Shane heute Morgen gehört habe, konnte ich es kaum glauben.«
Greta dirigierte ihre Freundin in eine ruhigere Ecke. »Wie hast du es erfahren?« fragte sie, während sie einen Karton mit Dekorationsartikeln in typisch texanischem Stil auspackte: Kaktuspflanzen, Flaggen, Kunsthandwerk, Brandeisen. »Meine Schwester, Meg.« Dani hielt inne, um einige gerahm te Fotos des jüngsten Chili-Kochwettbewerbs zu betrachten. »Sie hatte heute Morgen einen Termin in der Versicherungs agentur deines Vaters. Offenbar kann er es immer noch nicht fassen.« Greta schüttelte in stummer Verärgerung den Kopf. Obwohl sie erst seit ein paar Stunden bei der Arbeit war, hatte sie schon ein gutes halbes Dutzend Telefonanrufe bekommen, die nur ein Thema kannten – bis es ihr schließlich zu viel geworden war und sie auf den Anrufbeantworter umgeschaltet hatte. Vermut lich erging es Shane nicht viel anders, bekannt, wie er war. Wenn das so weiterging, würde bis Sonnenuntergang jede Wüstenmaus in Laramie-County wissen, dass sie zusammen durchgebrannt waren. »Obwohl ich sagen muss«, fuhr Dani munter fort, während Greta die Leiter hochkletterte, um das den ganzen Raum umfassende, unterhalb der Decke installierte Regal zu errei chen, »dass es eine kluge Entscheidung von dir war, diesen arroganten Kerl Beauregard Chamberlain fallen zu lassen.« Greta deutete auf den Kaktus im Terrakotta-Übertopf. »Reichst du mir den bitte mal?« Sie nahm die Pflanze entgegen und fuhr fort: »Dieser arrogante Kerl, wie du ihn zu bezeichnen beliebst, war zufällig immer ein sehr guter Freund von uns beiden. Du hast ihn mir sogar vorgestellt, schon vergessen?« »Was soll ich sagen?« seufzte Dani stirnrunzelnd. »Frauen werden erst mit den Jahren klüger. Ich wünschte, bei mir hätte die Weisheit ein bisschen früher eingesetzt.« »Du und Beau, ihr solltet wirklich endlich Waffenstillstand schließen und euch wieder zusammenraufen«, meinte Greta, wohl wissend, dass sie es mit zwei sturen Hitzköpfen zu tun
hatte. »Heißt das, dass du ihn doch nicht fallen gelassen hast?« hakte Dani enttäuscht nach. Greta zeigte auf das großformatige, in Leder gebundene Geschichtsbuch über Texas, und Dani reichte es ihr lächelnd hinauf. In diesem Moment wurde die Tür geöffnet, und greller Sonnenschein fiel in den Saal. »Nicht als guten Freund, nein.« »Nun, das solltest du aber«, schmollte Dani. »Das finde ich allerdings auch«, brummte Shane, als er zu ihnen trat. Er postierte sich direkt neben der Leiter, legte besitzergreifend die Hand um Gretas Knie und sah zu ihr auf. »Jetzt, wo du eine verheiratete Frau bist.« Greta war sich nur zu bewusst, dass er direkt in Augenhöhe mit ihrem Rocksaum stand und dass er bloß hochzublicken brauchte, um mehr zu sehen, als ihr lieb war. Rasch kletterte sie die Leiter hinab, wobei er ihr galant behilflich war. Als sie endlich wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte, wandte sie sich schwungvoll zu ihm um. Sie war sich nicht ganz sicher, weshalb ihr Herz plötzlich schneller schlug – vor Aufregung oder vor Verärgerung? »Shane, was hast du hier zu suchen?« Sie hatten doch verabre det, den Tag getrennt zu verbringen, jeder mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt. Dennoch konnte sie nicht leugnen, dass sie sich ein ganz kleines bisschen freute, ihn zu sehen. Shane nickte Dani zur Begrüßung zu und reichte Greta eine Videokassette. »Das schickt dir meine Mutter.« Shane bedachte sie mit einem anklagenden Blick. »Sie dachte, du möchtest es vielleicht gern sehen.« Gretas Laune sank, als sie auf das handbeschriebene Etikett schaute. Das Band mit ihren Hollywood-Auftritten an Beaus Seite. Bemüht, ihre Verärgerung zu verbergen, gab sie Shane die Kassette zurück. »Das habe ich schon, und zwar Dutzende von Malen. Meine Eltern lassen es jedes Mal laufen, wenn ich
sie besuche.« In Shanes grauen Augen flackerte etwas auf, was sie nicht so recht zu deuten wusste. »Sie mögen Beauregard Chamberlain also sehr, was?« Greta hätte nicht sagen können, warum, aber plötzlich fühlte sie sich, als wäre sie mitten in einem Test. Ein Test, den sie nicht bestehen würde. »Im Gegenteil, sie mögen ihn ganz und gar nicht«, erwiderte sie leise. »Mir ist allerdings nicht ganz klar, wie sie zu dieser Meinung über ihn gekommen sind. Sie haben ihn ja nicht ein einziges Mal getroffen.« Dani beschäftigte sich unterdessen angelegentlich damit, Gretas Dekorationsbemühungen fortzusetzen. Shane griff Greta beim Arm und zog sie ein Stück beiseite, außer Danis Hörweite. »Wie kommt es, dass du ihn nie mit nach Hause gebracht hast, wenn es so ernst um euch steht?« Er klang definitiv eifersüchtig. Ja, schon fast herrschsüchtig. Abweisend verschränkte sie die Arme vor der Brust. »Ich habe nie behauptet, dass zwischen Beau und mir eine ernste Geschichte ist.« »So nennst du ihn also… Beau?« brauste Shane auf. In Wirklichkeit wollte er sicher wissen, vermutete Greta, ob sie ihn geheiratet hatte, um Beau auf die Sprünge zu helfen. »Ja«, erwiderte sie vorsichtig. Sie war nicht bereit, ihm zu erlauben, sich in ihre Privatangelegenheiten einzumischen, auch wenn er vorübergehend ihr Ehemann war. »Genau wie alle seine Freunde«, fügte sie betont hinzu. »Oh, super!« rief Dani aus, als sie ihre Arbeit begutachtete. Flink stieg sie die Leiter hinab und gesellte sich zu den beiden, die allerdings nicht gerade begeistert von ihrer Gesellschaft schienen. »Musst du dir nicht einen Film angucken oder eine Kritik schreiben?« fragte Shane unverblümt. »Nein.« Dani bedachte ihn mit einem strahlenden Lächeln, was Greta daran erinnerte, dass es keinen Mann auf der Welt
gab, der vor Dani sicher war. Und das galt in dreifachem Maß für Beauregard Chamberlain. »Dann hast du vielleicht Lust, dir das hier anzusehen?« Shane wedelte mit der Videokassette vor Danis Nase herum. Dani winkte lässig ab. »Schnee von gestern.« Shane hob skeptisch die Brauen, und Greta spürte, wie Wut gegen ihre Eltern in ihr hochstieg. »Das stimmt, Shane«, fuhr Dani bedeutungsvoll fort. »Die halbe Stadt besitzt Kopien von Gretas Hollywood-Eskapaden. Dank Gretas Eltern.« Greta seufzte. »Tillie und Bart treiben es manchmal wirklich auf die Spitze, was?« Dani verdrehte mitfühlend die Augen. »Das kann man wohl sagen. Hör mal«, sie warf einen Blick auf ihre Cartier-Uhr. »Ich bin eigentlich nur mal rasch vorbeigekommen, um dich zu fragen, ob es bei unserer morgigen Verabredung zum Lunch bleibt.« Greta nickte. »Aber klar doch.« Dani blickte erst Shane an, dann Greta. »Seid ihr nicht mit den Flitterwochen beschäftigt?« Ein spitzbübisches Lächeln kräuselte ihre Lippen. »Keineswegs«, erwiderte Greta kühl, wich jedoch vorsorglich Shanes Blick aus. »Hm.« Dani betrachtete die beiden nachdenklich. »Ich hoffe, ihr zwei wisst, was ihr tut.« Das hoffe ich auch, dachte Greta voller Inbrunst. »Egal, meinen Segen habt ihr.« Dani beugte sich vor, um zuerst Greta und dann Shane, wenn auch weitaus weniger enthusiastisch, zu umarmen. »Ich weiß zwar nicht, was in euch beide verrückte Liebesvögel gefahren ist«, sie grinste kopf schüttelnd, »aber ich wünsche euch, dass es hält.« Die Frage ist nur, überlegte Greta, wünsche ich mir das auch? Um den beiden Freundinnen Gelegenheit zu geben, ungestört ein paar Worte zu wechseln, sah Shane sich interessiert im Saal um, während Greta Dani nach draußen begleitete. Ursprünglich
war dies einmal eine Textilfabrik gewesen, in der Vorhänge hergestellt wurden. Doch schon vor Jahren hatte die Fabrik geschlossen, und seither stand das große Klinkergebäude leer. Bis Greta es im vergangenen Frühjahr erworben hatte. Seit damals hatte sie das gesamte Interieur entfernt und den Boden mit einem auf Hochglanz polierten Parkettfußboden auslegen lassen. Ideal zum Tanzen. Die hohe Decke hatte sie abgesenkt und die Innenwände weiß gestrichen. Auf einem Podest rund um die Tanzfläche standen Tische und Stühle. Die Küche befand sich im hinteren Teil des Gebäudes. Links neben der Tanzfläche hatte der Diskjockey seinen Platz, ausgestattet mit der allerneusten Unterhaltungselektronik, die soeben installiert wurde. »Wo ist die Bar?« fragte Shane, als Greta wieder zu ihm zurückkam. »Es gibt keine. Wir schenken keinen Alkohol aus.« Er hob erstaunt die Brauen. In den Tanzclubs, die er kannte, floss normalerweise immer reichlich der Alkohol. »Ich möchte, dass die Leute hier ihre Kinder mitbringen können, zum Dinner kommen und Spaß am Tanzen haben. Wenn der Laden erst mal läuft, plane ich, nachmittags auch Tanzstunden für verschiedene Altersgruppen einzuführen. Und Brunch-Partys. Vielleicht sogar Hochzeitsempfänge. Aber für den Anfang haben wir sieben Tage die Woche geöffnet, Sonntag bis Donnerstag von halb sechs bis zehn und Freitag und Samstag bis Mitternacht.« »Hört sich gut an.« »Danke.« Greta strahlte. »Sieht auch alles toll aus.« Shane war ehrlich beeindruckt. »Du hast wirklich eine Menge aus dem alten Schuppen gemacht.« In diesem Moment fuhr auf dem Hof ein Lieferwagen vor, und Greta ging zur Hintertür, um den Lieferanten hereinzulas sen. »Und wir haben bis Samstagabend noch alle Hände voll zu
tun.« Sie bedachte Shane mit einem erschöpften Blick. »Hast du Lampenfieber wegen der Eröffnung?« erkundigte er sich mitfühlend. Lächelnd schob sich Greta eine Haarsträhne hinters Ohr. »Ein bisschen.« Auf einmal überkam Shane das schier überwältigende Be dürfnis, sie in die Arme zu ziehen. Ein Bedürfnis, dem er nur schwer widerstehen konnte. Er war selbst überrascht über diese Gefühlsregung, denn normalerweise gehörte er nicht unbedingt zum fürsorglichen Typ. »Wird schon alles gut gehen«, versicherte er. Gretas blaue Augen leuchteten auf. »Woher weißt du das?« »Das sagt mir mein Gefühl.« Sekundenlang hielt er ihren Blick fest. Der Moment verging, und Greta bemerkte nervös: »Kaum zu glauben, dass wir beide wieder zurück in Laramie sind, was?« Shane nickte. Er fühlte sich genauso verzaubert, wie sie. »Aber es wurde höchste Zeit. Für mich jedenfalls.« Greta trat einen Schritt beiseite, um den Auslieferungsfahrer vorbeizulassen. Er trug ein gutes Dutzend länglicher Kartons hinein. »Wirst du das Rodeo nicht vermissen?« Shane schüttelte den Kopf. Den alten Zeiten trauerte er nicht nach. »Ich habe das Leben auf der Straße satt, von einem Wettkampf zum nächsten. Es war höchste Zeit, damit aufzuhö ren.« Mit einem freundlichen Lächeln bedeutete Greta dem Liefe ranten, wo er die Pakete stapeln sollte. »Genauso ging es mir mit dem Tanzen. So sehr ich es auch geliebt habe, ich hatte es satt, nie genau zu wissen, wo ich als Nächstes auftreten würde. Ich wollte mir endlich etwas Solides aufbauen und…« Ihre wohlgeformten Brüste hoben und senkten sich, als sie einen leisen Seufzer ausstieß. »Ich sehnte mich danach, nach Laramie zurückzukehren. Jetzt muss ich bloß noch meine Eltern erziehen, dass sie sich nicht ständig in mein Leben einmi
schen.« Shane riss sich vom Anblick ihrer verführerischen Kurven los und sah ihr ins Gesicht. Sie ist verdammt hübsch, durchfuhr es ihn, auch wenn ihr Lippenstift verblasst war, ihre Haut staubig und hinter ihrem Ohr ein Bleistift steckte. Er fragte sich, ob ihr wohl bewusst war, wie sich ihre Brüste unter dem engen T-Shirt abzeichneten und wie umwerfend sie in ihrem kurzen Rock und den Western-Stiefeln aussah. Ob sie wohl bemerkt hatte, dass er seine Blicke kaum von ihren langen, wohlgeformten Beinen losreißen konnte? Vermutlich nicht, denn ihre Miene war völlig unschuldig. »Deine Leute können dich genauso wenig in Ruhe lassen wie mich meine.« Er schwieg bedeutungsvoll. »Das wird sich ja nun hoffentlich ändern.« Greta verdrehte entnervt die Augen. »Dein Wort in Gottes Ohr.« Allmählich wurde sie nervös, denn sie hatte noch so viel zu tun. »War sonst noch was?« Shane schob in einer lässigen Bewegung seinen Hut zurück. »Ich wollte dir Bescheid sagen, dass ich jetzt zu meiner Ranch rausfahre.« Er zog einen Zettel mit einer Wegbeschreibung aus der Hosentasche. »Ich kaufe das Anwesen vom alten Riley. Kennst du es?« »Das liegt doch in der Nähe der Ranch von deinem Bruder Travis, nicht?« »Ja. Ich treffe mich dort mit jemandem von der Bank, um eine letzte Inspektion und Schätzung durchzuführen. Wenn alles in Ordnung ist, kommen die Anwälte zu uns raus, um den Papierkram zu erledigen. So um vier herum dürfte alles erledigt sein. Ich habe mir überlegt – wo wir doch jetzt verheiratet sind –, dass es besser ist, dich ein bisschen herumzuzeigen. Wir sollten zumindest versuchen, den Schein zu wahren, und die Leute fänden es sicher seltsam, wenn du die Ranch nicht mal gesehen hast.« Greta musste lachen. »Die Leute finden vermutlich unsere
ganze Beziehung ziemlich seltsam.« Auch Shane musste lachen. »Da hast du wahrscheinlich Recht.« Greta zog den Bleistift hinter ihrem Ohr hervor und rieb mit dem stumpfen Ende nachdenklich über ihre Unterlippe. Bei diesem Anblick verspürte Shane unvermittelt ein heißes Ziehen in den Lenden. »Aber dich kümmert das nicht besonders, was?« wollte Greta wissen. Shane zuckte die Achseln. »Ich habe schon vor langer Zeit aufgehört, mir über die Meinung der Leute den Kopf zu zerbrechen.« Er verscheuchte das ungebetene Bild in seinem Kopf, das ihm zeigte, wie ihre beiden Körper lustvoll ineinan der verschlungen waren. »Ich dachte, wir könnten heute Abend vielleicht zusammen essen gehen, bevor wir zur Golden Slipper rausfahren.« Je mehr Leute um sie herum waren, desto besser für seinen Seelenfrieden. Plötzlich setzte lautes Hämmern und Bohren ein. Greta beugte sich zu ihm vor, formte die Hände zu einem Trichter und brüllte ihm ins Ohr: »Wie lange bleiben Josie und Wade denn noch weg?« Shane sagte sich, dass es ihm ganz und gar nichts ausmachte, die Wärme ihres Atems auf seiner Haut zu spüren. »Als sie in die Flitterwochen aufbrachen, waren sie sich darüber noch nicht ganz einig, aber Wade hat versprochen, spätestens zum Hochzeitstag meiner Eltern wieder zurück zu sein. In der Zwischenzeit haben wir die Golden Slipper Ranch ganz für uns.« Und obwohl es dort zwei Schlafzimmer gab, hoffte Shane doch inbrünstig, Greta und er würden wenigstens für eine Nacht dasselbe Bett teilen, nur um noch einmal auszupro bieren, ob die Chemie zwischen ihnen stimmte. Greta, die Shanes Nähe zunehmend irritierte, wollte ihn jetzt nur noch so schnell wie möglich loswerden. Sie legte ihm die Hand auf den Arm und dirigierte ihn mit sanftem Nachdruck
vor die Tür. Es war ein warmer, sonniger Tag und vollkommen windstill. Der Himmel, der nur in Texas so blau sein konnte, war mit kleinen weißen Schäfchenwolken bedeckt. Gretas Haar glänzte weiß-golden im gleißenden Sonnen schein. Sie bedachte Shane mit einem neugierigen Blick. »Willst du nicht unsere Sachen auf deine eigene Ranch bringen?« So weit war Shane jedoch noch lange nicht. Doch es würde wenig Zweck haben, ihr den Sachverhalt zu erklären. Besser, sie sah sich die Ranch erst mal an. Er zog seine Sonnenbrille aus der Hemdtasche und setzte sie auf. »Nein«, erwiderte er knapp. »Das will ich nicht.« Wenn du die Ranch erst siehst, dann weißt du auch, warum, fügte er im Stillen hinzu. Er streichelte sanft über die seidige Haut ihres nackten Arms. »Also, ich erwarte dich heute Abend so gegen sechs bei mir draußen. Ist das okay?« Greta nickte, neugierig auf das, was er ihr so hartnäckig verschwieg. »Ich komme, du kannst dich darauf verlassen.« Den Rest des Tages schuftete Greta wie besessen, die Gedan ken jedoch nie weit entfernt von Shane. Es gab Momente, da hätte sie schwören können, dass er sich genauso von ihr angezogen fühlte wie sie sich von ihm. Und andere, wo sie hätte schwören können, sie sei nur Mittel zum Zweck. Natürlich war ihr das völlig egal. Schließlich handelte es sich ja bei ihrer Ehe nur um eine Art Scheinheirat. Und das würde es auch bleiben. Wenn dies alles allerdings erst mal vorbei war, würden sie einander kaum noch auf der Straße begrüßen können, ohne die hiesige Gerüchteküche zum Kochen zu bringen. Und das war wirklich schade. Einerseits reizte es sie herauszufinden, ob ihre JungmädchenSchwärmerei für ihn das Erwachsenwerden überdauert hatte. Andererseits wusste sie auch, dass es viel zu gefährlich war, ein solches Experiment auch nur in Erwägung zu ziehen. Sie
konnte es nicht riskieren, ihre Gefühle mit ihren Fantasien zu mixen oder ihre Sehnsüchte mit der kalten Wirklichkeit. Nein, am Besten betrachtete sie die Sache so, wie sie gedacht war: als Schmierenkomödie, die dem Zweck diente, ihre jeweiligen Eltern endlich und für alle Zeit in deren Schranken zu weisen. Um halb sechs, als der Toningenieur und der Elektriker ihre Arbeit beendeten, machte auch sie Schluss und fuhr zu Shanes Ranch hinaus. Als die Postbox in Sicht kam, die die Auffahrt zu seinem Grundstück markierte, kamen vier Wagen direkt hintereinander die Auffahrt herunter und bogen in die Straße ein. Vermutlich die ehemaligen Besitzer der Ranch die beiden Söhne des alten Riley –, die Anwälte der beiden Parteien und der Vertreter der Bank. Die etwa eine halbe Meile lange Auffahrt war gesäumt von vernachlässigten Feldern voller Unkraut. Shane würde alle Hände voll zu tun haben, das Land wieder urbar zu machen. Endlich kam das Ranchhaus in Sicht, ein baufälliges Gebäude mit noch schäbiger aussehenden Ställen. Auf dem Hof standen zu Gretas Erstaunen zwei Wagen. Sie stieg aus dem Auto und lief flink die paar Stufen zum Eingang hinauf. Die Tür stand offen, und Greta trat ein. Als sie sah, wer Shane da Gesellschaft leistete, blieb sie abrupt stehen. Shane wandte sich mit einem süffisanten Lächeln zu ihr um. »Du erinnerst dich doch sicher noch an Bonnie Sue Baxter, nicht wahr?«
4. KAPITEL Wie hätte Greta Bonnie Sue Baxter vergessen können! Das beliebteste Mädchen der ganzen Schule, das Mädchen, mit dem Shane sechs Jahre lang gegangen war! Erste Cheerleaderin, Klassensprecherin, Universität Texas, Absolventin der Stanford Law School. Bonnie Sue hatte alles erreicht, wovon
man nur träumen konnte. Mit einem festgefrorenen Lächeln wandte Bonnie Sue sich um und musterte Greta, deren Kleidung staubbedeckt und voller Farbflecke war. »Oh!« Jetzt weiß ich, wer das ist, signalisierte ihr Lächeln. »Deine Putzfrau ist gekommen!« »Bonnie Sue.« In Shanes aufgeräumter Stimme schwang eine deutliche Warnung mit. »Greta ist meine Frau.« »Du willst mich wohl auf den Arm nehmen«, meinte sie mit einem schrillen kleinen Lachen. Sie weiß es schon, fuhr es Greta durch den Sinn, unsicher, ob sie eifersüchtig oder einfach nur verärgert war. Deswegen ist sie den ganzen Weg hier rausgefahren. Bonnie Sue strich sich durch das kinnlange aschblonde Haar. »Ich dachte, du würdest nie heiraten.« Shane zuckte gleichmütig die Achseln. »Die Dinge ändern sich.« Spitz fügte Greta hinzu: »Sag mal, du bist doch verheiratet, Bonnie Sue, nicht? Mit einem Rechtsanwalt in San Francisco.« Einem sehr reichen und erfolgreichen Rechtsanwalt. Bonnie Sue bedachte Greta mit einem eisigen Blick. »Wir sind geschieden.« Verdammt. »Das wusste ich nicht.« Greta lächelte liebens würdig. Bonnie Sue schob sich zwischen Shane und Greta, wobei sie ihrer unliebsamen Konkurrentin frech den Rücken zudrehte. »Also, Shane, was das Dinner betrifft…« »Tut mir Leid, Bonnie Sue, aber ich bin schon mit meiner Frau zum Essen verabredet. Ein anderes Mal vielleicht.« Er legte ihr den Arm um die Taille und schob sie förmlich zur Tür. Bonnie Sue marschierte hoch erhobenen Hauptes und mit eisiger Miene die Treppe hinab. Unten drehte sie sich noch einmal um und sah zu ihnen auf. »Ruf mich an, wenn du wieder zu Verstand gekommen bist, Shane.«
Shane sah ihr nach, bis sie in ihren schicken Mercedes gestiegen und davongebraust war. Er fühlte sich sichtlich unbehaglich. Auch Greta hatte sich schon wohler gefühlt. Es war schlimm genug gewesen, in der Schulzeit mit Bonnie Sue konkurrieren zu müssen. Jetzt hatte sie absolut keine Lust mehr darauf. Sie sah zu Shane hinüber, der einige Papiere in eine Aktenta sche schob. »Tut mir Leid, falls ich euch gestört habe.« »Du hast nicht gestört«, erwiderte er unverbindlich. Greta beschloss, dass es das Beste war, das Thema zu wech seln. »Hast du den Kaufvertrag unterschrieben?« fragte sie lächelnd. Shane nickte, und seine Miene hellte sich auf. »Die Ranch gehört mir, jeder Quadratmeter Land und jeder rostige Nagel.« Nachdem er sie in dem zweistöckigen, rustikalem Haus mit den Wänden aus Feldsteinen und Zedernholz und in den ziemlich heruntergekommenen Ställen herumgeführt hatte, drückte er ihr unvermittelt ein Schlüsselbund in die Hand. »Solange wir verheiratet sind, solltest du die Schlüssel zu dem Haus hier haben. Das macht unsere Scharade glaubwürdiger.« Greta nickte. Sie bemühte sich, sich nicht anmerken zu lassen, wie niedergeschlagen sie in Wirklichkeit war. Einen Moment lang hatte sie doch tatsächlich gedacht, seine Geste hätte etwas Besonderes zu bedeuten. Sie hätte es besser wissen müssen. Shane strich sich nachdenklich über sein kantiges Kinn, auf dem schon wieder die ersten goldbraunen Bartstoppeln sprossen, obwohl er sich morgens rasiert hatte. »Ich dachte, wir könnten noch mal rasch in den Baumarkt, um Farbmuster und Tapetenbücher zu holen. Sag mal, hättest du nicht vielleicht sogar Lust, mir beim Einrichten zu helfen? Ich habe kein Talent dafür und auch keine Lust, meiner Mutter das zu überlassen.« Wie wäre es denn mit Bonnie Sue? Die wäre bestimmt
begeistert, dir zu helfen, dachte Greta giftig. Sofort schalt sie sich für ihren Eifersuchtsanfall, zu dem sie nun wirklich kein Recht hatte. »Das verstehe ich«, erwiderte sie, um Gleichmut bemüht. »Dann hilfst du mir also?« Er suchte ihren Blick. Sie nickte. Diesen Gefallen konnte sie ihm wohl tun, ohne gefühlsmäßig allzu sehr ins Strudeln zu geraten. »Kein Problem.« »Danke.« Er seufzte erleichtert. »Waren wir nicht zum Essen verabredet? Ich habe einen Bärenhunger«, erinnerte sie ihn mit aufgesetzter Fröhlichkeit. Sie musste sofort weg hier, sonst würde sie sich ihm noch an den Hals werfen. »Aber ja, natürlich. Und ich weiß auch genau das richtige Lokal.« Genau das richtige Lokal entpuppte sich als das »Wagon Wheel Restaurant & Grill«, das beliebteste Restaurant in Laramie. Sie hatten schon fast den Eingang zu dem großen, gemütlich aussehenden Lokal erreicht, als Gretas Blick auf den Zeitungsstand fiel. »Wenn es dir nichts ausmacht, möchte ich rasch noch eine Zeitung kaufen, um zu checken, ob meine Anzeige geschaltet ist.« »Kein Problem.« Sie kramte eine Münze aus ihrer Handtasche hervor und trat zu dem Automaten. Zu ihrem Erstaunen stellte sie fest, dass unter der Glasfront alles leer war. »Komisch. Sind alle ausverkauft.« »Ausverkauft? Jetzt schon?« Er berührte leicht ihren Arm. »Das ist ja merkwürdig. Ich versuche es mal an dem Stand oben an der Straße.« »Das brauchst du nicht.« »Aber Honey.« Sanft umfasste er ihr Kinn und gab ihr doch tatsächlich hier mitten auf der Straße einen Kuss auf den Mund. Dann strich er zärtlich mit dem Daumen über ihre
warmen, vollen Lippen. »Ich wäre wohl ein lausiger Ehemann, wenn ich deine Wünsche nicht erfüllen würde.« Greta hatte es die Sprache verschlagen. Was war denn in den gefahren? Doch bevor sie ihn fragen konnte, hatte er sich schon umgedreht und ging die Straße hinauf zum Zeitungsstand. Greta war immer noch versunken in seinen Anblick – wie gut er seine Jeans ausfüllte! –, als Bonnie Sue plötzlich neben ihr auftauchte. »Du liebe Güte, den hast du aber wirklich an der Kandare!« Ihre Stimme troff nur so vor Abneigung und Neid. »Ich kann mich nicht erinnern, dass er sich je so überschlagen hat, um mir einen Gefallen zu tun.« Zu ihrer äußersten Befriedigung konnte Greta das auch nicht. Unvermittelt fragte sie sich, warum die beiden sich wohl getrennt hatten. Würde Shane es ihr erzählen? Wäre es wohl peinlich, danach zu fragen? »Du musst ja sehr zufrieden mit dir sein«, giftete Bonnie Sue weiter. Früher, als Kind, hatte sich Greta nie gegen den Spott anderer zur Wehr setzen können. Das hatte sich inzwischen gründlich geändert. Sie stemmte die Hände in die Seiten und maß ihr Gegenüber mit einem herausfordernden Blick. »Was habe ich dir eigentlich getan?« Sie war bereit zu einer Auseinanderset zung, hier und jetzt. »Soll ich dir ein paar Beispiele geben?« Bonnie Sue hob verächtlich die perfekt gezupften Brauen. »Allein die Tatsache, dich letzte Nacht zu ihm ins Bett zu legen! Und ein Publikum dafür zu arrangieren! Dann spielst du auch noch das arme Opfer, dessen Ruf ruiniert ist. Und das alles, um ihn in die Ehefalle zu locken!« So gesehen klang es berechnend, was passiert war. Schlim mer noch, Greta konnte nicht gerade behaupten, dass ihr irgendetwas davon Leid tat, ganz besonders nicht der Teil, wo sie sich geküsst hatten und miteinander durchgebrannt waren. »Ich fürchte, du hast das alles völlig falsch verstanden,
Bonnie Sue«, erklärte Shane, der in diesem Moment wieder zu ihnen trat. Er wandte sich verblüfft an Greta. »Da gibt es auch keine Zeitungen mehr.« »Ich frage mich, was da los ist«, murmelte Greta nachdenk lich vor sich hin. »Ach, spiel doch nicht schon wieder das Unschuldslamm«, schnaubte Bonnie Sue verächtlich. Für eine selbstbewusste Anwältin benimmt sich Bonnie Sue äußerst kindisch, dachte Greta. Erstaunlich, welche Auswir kungen eine alte Liebe haben konnte. Und dass Bonnie Sue immer noch in Shane verliebt war, daran bestand für Greta kein Zweifel. »Ich weiß wirklich nicht, was du damit meinst.« »Ich auch nicht«, brummte Shane. Bonnie Sue marschierte zu ihrem Wagen und kam mit einer Ausgabe der Abendzeitung zurück. Sie schleuderte sie Shane entgegen. »Und was ist damit?« Greta und Shane blickten auf die erste Seite der Laramie, Press. Unter der fetten Schlagzeile prangten ihnen ihre Fotos entgegen. Liebespaar durchgebrannt!, Rodeo-Champion Shane McCabe brennt überraschend mit seiner ehemaligen Klassenkameradin und hiesigen Tanzclub-Betreiberin Greta Wilson durch, um ihr das Ja-Wort zu geben. Greta hatte man noch bis zuletzt an der Seite von Filmstar Beauregard Chamberlain gesehen, während Shane McCabe seit der Trennung von Bonnie Sue Baxter, erfolgreiche Anwältin in San Francisco, keine ernsthafte Beziehung mehr gehabt zu haben schien. Die Eltern des glücklichen Paares planen am Freitagabend einen gemeinsa men Hochzeitsempfang auf der Ranch der McCabes, wozu die ganze Gemeinde herzlich eingeladen ist. Shane sah Greta an. Greta sah Shane an. »Hast du davon gewusst?« fragte er. »Nein.« Greta war genauso baff wie er. »Du vielleicht?« Er schüttelte den Kopf. »Na ja, jetzt wissen wir’s.«
Bonnie Sue deutete anklagend auf Greta. »Mir war schon immer klar, dass du in Shane verliebt bist, aber das hier geht zu weit!« erklärte sie hitzig. »Stimmt das?« wollte Shane von der heftig errötenden Greta wissen. Seine Stimme klang definitiv geschmeichelt. »Während der ganzen Schulzeit«, schäumte Bonnie Sue. Jetzt hatte Greta endgültig genug. Ohne auf seine Frage einzugehen, riss sie Shane die Zeitung aus der Hand und starrte auf ihre Konterfeis, die sie von der Titelseite anstrahlten. »Ich rufe sofort meine Mutter an«, schnaubte sie und setzte sich in Bewegung. Shane ließ Bonnie Sue Baxter stehen und folgte ihr. »Und ich meine.« »Das wird nicht nötig sein!« erklang plötzlich Tillies Stimme hinter ihnen. Die McCabes und Wilsons kamen in trauter Einigkeit den Bürgersteig herauf marschiert. Das ist ein einziges Komplott, dachte Greta benommen. »Wie ich sehe, habt ihr schon von der Party gehört«, erklärte Tillie glücklich. »Wir wollten beim Dinner alles genau besprechen«, fügte Lilah hinzu. »Vielleicht wollt ihr euch ja anschließen?« fragte John McCabe mit einem strengen Blick auf seinen Sohn. »Das wäre sicher klug«, bekräftigte Bart, der seinerseits seine Tochter scharf in Augenschein nahm. »Wir haben es nicht besser verdient«, stöhnte Greta Stunden später, als Shane und sie schließlich wieder zurück auf der Golden Slipper Ranch waren. Shane schloss die Haustür auf und ließ Greta vorbei. »Bist du etwa nicht stolz, auf der Titelseite zu stehen?« »Als deine junge Braut in dieser Hochzeits-Scharade?« Greta trat in die dunkle Diele. »Wohl kaum.« Shane schaltete das Licht an und ging in die Küche. Er nahm zwei Dosen Bier aus dem Kühlschrank, riss den Verschluss auf
und reichte Greta eine Dose. »Ich wünschte, unsere Eltern würden uns jetzt nicht auch noch diesen grässlichen Empfang auf zwingen.« Greta trank gierig von der goldgelben, eiskalten Flüssigkeit. Das war genau das, was sie jetzt brauchte. »Meinst du nicht auch, dass das alles nur dazu dient, uns aus der Reserve zu locken?« »Damit wir zusammenbrechen und alles gestehen?« Shane nahm sie bei der Hand und zog sie mit sich ins Wohnzimmer. Sie setzten sich aufs Sofa, und Shane streckte behaglich die Beine aus. »Puh, ich bin total kaputt.« Greta legte seufzend den Kopf zurück. »Ich auch.« Shane warf ihr einen neugierigen Seitenblick zu. »Aber du bist nicht weich geworden.« Sie hielt seinem Blick stand. »Du doch auch nicht.« »Warum?« Weil ich nicht möchte, dass es schon vorbei ist. Greta zuckte die Achseln. »Weil ich stur bin«, erwiderte sie leichthin. »So wird’s wohl sein«, räumte Shane ein. Plötzlich überkam Greta der fast übermächtige Wunsch, ihn zu küssen. Und diesmal nicht zur Show. Shane trank sein Bier aus. Ihrem Blick ausweichend, sagte er: »Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich bin total kaputt.« Dieser plötzliche Stimmungswechsel verletzte sie, aber sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. »Ich auch.« Er stand auf. »Gehen wir schlafen?« Greta nickte nur. Sie hatte Angst, ihre Stimme würde ihre wahren Gefühle verraten. »Ich lasse dir den Vortritt im Bad.« »Danke.« Greta duschte und schlüpfte in ein frisches Baumwollnacht hemd. Sie hatte gerade ihren Bademantel zugebunden, als ein lautes Getöse – es hörte sich an, als würde draußen ein Hubschrauber landen – sie erschrocken zusammenfahren ließ.
Sie eilte nach unten, um nachzusehen, was los war. In diesem Moment kam Wade McCabe mit seiner Frau Josie durch die Tür. Shane wusste nicht recht, ob er sich nun freuen oder ärgern sollte, seinen Bruder zu sehen. Er half den beiden mit ihrem Gepäck und begrüßte sie so herzlich, wie er es in seiner augenblicklichen Verfassung fertig brachte. »Ich hatte euch noch gar nicht zurück erwartet.« Shane umarmte beide. Wade klopfte seinem Bruder grinsend auf die Schulter. »Und ich hatte nicht erwartet, dass du verheiratet sein würdest, wenn wir nach Hause kommen.« »Du hast es also schon gehört?« »Wer hätte das nicht?« Josie küsste ihn auf die Wange. »Sie haben es sogar in den Nachrichten gebracht.« »Ehrlich?« rief Shane aus, als Greta die Treppe herunterkam, um die beiden ebenfalls zu begrüßen. Wade zog seine neue Schwägerin mit brüderlicher Wärme in die Arme. »Ist doch klar, dass sie das in den Nachrichten bringen. Schließlich hat Greta deinetwegen einen der heißesten Filmstars fallen lassen.« »Und Shane ist ja auch eine nationale Berühmtheit, so viele Rodeos, wie er gewonnen hat«, ergänzte Josie. Sie gähnte herzhaft. »Aber egal, Leute, ich bin reif fürs Bett. Morgen ist auch noch ein Tag. Dann können wir in Ruhe tratschen.« Sie hängte sich bei ihrem Mann ein und gab ihm einen sehnsuchts vollen Kuss. Wade nahm Josie hoch und ging zur Treppe. »Bis morgen, ihr beiden.« Es bestand kein Zweifel daran, was das frisch vermählte Paar im Sinn hatte. »Eure Gastfreundschaft in Ehren, aber vielleicht wollt ihr jetzt lieber eure Ruhe haben«, rief Shane ihnen rasch hinterher. Dummerweise beabsichtigte Wade nicht, so ungastlich zu
sein, seinen kleinen Bruder und dessen junge Frau einfach so vor die Tür zu setzen. »Hey, kein Problem, ehrlich. Schließlich haben wir doch zwei Schlafzimmer. Es sei denn«, er musterte seinen Bruder misstrauisch, »irgendwas ist faul an der Ge schichte, wie Mom und Dad argwöhnen.« »Das geht nun wirklich zu weit!« verkündete Greta atemlos, als Shane die Schlafzimmertür mit dem Fuß zustieß, sie zum Bett trug und sie dann sanft in die zerwühlten Laken gleiten ließ. Auch wenn die beiden anderen sich köstlich über den Anblick amüsiert hatten! »Was?« Er ließ sich aufs Bett fallen und streckte sich neben ihr aus. »Das weißt du ganz genau!« fauchte sie. »Mich wie einen Mehlsack über die Schulter zu werfen und nach oben zu tragen!« Ein mutwilliges Glitzern flackerte in seinem Blick. »Wir sind doch in den Flitterwochen!« So einfach wollte sie ihn nicht davonkommen lassen. Sie packte ihn am Hemd, um ihn daran zu hindern aufzustehen. »Du wolltest also nicht ein bisschen vor deinem großen Bruder angeben?« Eine Gefühlsregung, die Greta nicht so recht identifizieren konnte, verdunkelte seinen Blick. Er umfasste mit beiden Händen ihr Gesicht. »Nicht die Spur. Was ich tue, tue ich ganz allein für mich.« Er löste ihre Hände von seinem Hemd und zog ihre Finger an die Lippen. Dann stand er auf und ging zur Tür. Er spähte nach draußen auf den Flur. »Das Bad ist jetzt frei. Ich verschwinde mal rasch unter der Dusche.« Greta schloss seufzend die Augen. War sie wirklich dazu verurteilt, dieses einladende Doppelbett heute Nacht mit ihm zu teilen? Anscheinend ja. Nicht etwa, dass sie fürchtete, Shane würde irgendetwas tun, was sie nicht auch wollte. So ungestüm und heißblütig er auch oft agierte, war er doch tief in seinem Inneren ein Gentleman.
Die Frage war, wollte sie wirklich Nein sagen? Bonnie Sue Baxter hatte völlig Recht. Als Teenager war Greta heiß und innig in Shane verliebt gewesen – wie fast jedes andere Mädchen der Laramie High School. Sie hatte seine Tollkühnheit bewundert, seine Art, das Leben bis zu seinen Grenzen auszukosten, egal, was die anderen über ihn dachten. Sie hatte den Kopf über ihn geschüttelt. Sie hatte ihn bewun dert. Sie hatte nach ihm geschmachtet. Und gehofft, später einmal genau wie er zu sein. Und jetzt, dachte sie traumverloren, bin ich mit dem Mann verheiratet, dem keiner je das Wasser reichen konnte. Die Tür öffnete sich, und Shane schlüpfte ins Zimmer, nur mit einem feuchten Handtuch um die Hüften. Sein hoch gewachsener, sonnengebräunter Körper glänzte feucht, und sein nasses Haar duftete nach Shampoo. Gretas Herz begann laut zu pochen, als sie sich aufsetzte und daran dachte, was in der Nacht zuvor unter nahezu denselben Umständen zwischen ihnen passiert war. Ihr Körper prickelte vor Verlangen, und sie wusste, noch einem Kuss würde sie nicht widerstehen können. Es würde dann gewiss nicht nur bei dem Kuss bleiben. »Shane McCabe«, erhob sie streng ihre Stimme. »Sag mir, dass du unter dem Handtuch etwas anhast.« Mit einem herausfordernden Grinsen knipste er das Licht aus. Dann schlüpfte er neben Greta unter die Decke. »Tut mir Leid.« Er rollte sich auf den Rücken. »Aber so schlafe ich nun mal.« »Splitternackt?« »Zieh dich ruhig auch aus.« Er lachte leise. »Mich stört das nicht.« »Das glaube ich gern«, fauchte sie, verärgert über die unver hüllte Lust, die in seiner Stimme mitschwang. Ehrlich, wie hatte sie seine Böser-Bube-Allüren nur je attraktiv finden können! Greta boxte ihr Kissen zurecht und verzog sich bis fast an die
Bettkante, nur ja weit weg von ihm. »Du bist sauer auf mich, stimmt’s?« wollte Shane wissen. »Was glaubst du wohl?« konterte sie, während sie sich hin und her wälzte, um eine gemütliche Schlafposition zu finden. Shane breitete sich behaglich aus, wobei er fast das ganze Bett in Anspruch nahm. Wie zufällig schmiegte sich sein behaartes Männerbein an Gretas Bein. »Wenn du dich nicht allmählich beruhigst, wird das eine lange Nacht werden, fürchte ich.« Das war zu viel! Sie schleuderte die Bettdecke beiseite, sprang auf und knipste die Nachttischlampe an. Die Hände in die Hüften gestützt, funkelte sie ihn wütend an. Verdammt, warum musste er auch so verdammt sexy aussehen! »Was passiert, wenn ich darauf bestehe, dass du dir eine Pyjamahose anziehst?« Shane beschattete seine Augen gegen das grelle Licht. »So etwas besitze ich nicht.« »Dann Jeans.« Er bedachte sie mit einem unverschämten Grinsen. »Du würdest verlieren.« Greta fixierte ihn unnachgiebig. »Boxershorts.« Shane zuckte die Achseln. »Habe ich auch nicht.« »Unterhosen?« »Das kommt der Sache schon näher.« Er zwinkerte ihr zu. »Aber in Unterhosen kann ich nicht schlafen.« Greta schüttelte indigniert den Kopf. »Das ist schließlich dein Problem, oder?« »In Anbetracht der Tatsache, wie schmal das Bett ist, wäre das unser Problem.« Greta verdrehte die Augen und gab auf. Sie hatte schon genug Zeit mit Streiten verloren, anstatt zu schlafen. Dabei war sie todmüde. Sie schlüpfte wieder unter die Decke, ließ die Nachttischlampe aber an. »Shane McCabe, lass bloß ja deine… deine…«
»Zehen?« fragte er in gespielter Unschuld. »… auf deiner Seite.« Er hob salutierend die Hand an die Stirn. »Zu Befehl.« »Und, Shane?« »Ja?« »Das zahle ich dir heim. Ich schwöre es.«
5. KAPITEL Am nächsten Morgen erwachte Shane mit einem ungeheuren Wohlgefühl. Er lag in der Mitte des gemütlichen Doppelbetts auf dem Rücken. Greta schmiegte sich an ihn. Sie hatte ein langes, wohlgeformtes Bein über seine Beine gelegt, ihr Kopf ruhte auf seiner Brust. Und ihre Hand lag locker auf seinem Bauch. Ihre tiefen, ruhigen Atemzüge bedeuteten ihm, dass sie fest schlief. Ganz im Gegensatz zu seinem Körper. Schmerzhaftes Verlangen durchfuhr ihn und raubte ihm den Atem. Sein Herz schlug laut und schnell, und er wünschte sich nichts sehnlicher, als Greta auf den Rücken zu rollen und zu lieben. Jetzt gleich. Doch das konnte, durfte er nicht, und darum beschloss er, das es höchste Zeit für ihn war, aufzustehen und im Bad zu verschwinden, bevor sie merkte, wie erregt er war. Ganz vorsichtig zog er den Arm unter ihrem Kopf weg. Doch bevor er sich zu Seite rollen konnte, öffnete sie schläfrig die Augen, blinzelte ihn zufrieden an und schmiegte den Kopf wieder an seine Schulter. Shanes untere Körperhälfte brannte vor Verlangen, als Gretas Hand tiefer rutschte. Greta seufzte auf und schmiegte sich noch dichter an ihn. Diesmal konnte er sich nicht länger beherr schen, er stieß ein lautes, gequältes Stöhnen aus. Greta öffnete erneut die Augen. Sie blinzelte ihn neugierig an, während sie sich bemühte, die Orientierung wiederzuerlan gen – wo sie war und was sie tat. »Wie bin ich… wir…?«
murmelte sie verschlafen. Den Blick auf seinen gequälten Gesichtsausdruck geheftet, registrierte sie mit wachsendem Horror, was ihre Hand da machte. Als hätte sie sich verbrannt, zog sie sie zurück. Wie vom Blitz getroffen, richtete sie sich auf und rückte bis an die Bettkante von ihm ab. Zu spät, dachte Shane in einem Anflug von Ironie. Er fühlte sich wie ein liebestoller Teenager. Mit einem leisen Lächeln meinte er: »Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich bin hellwach.« Er fragte sich, wie er es wohl schaffen sollte, aus diesem Bett herauszukommen, ohne dass Greta seinen Zustand bemerkte. Eines war sicher, im Moment hatte er keine Chance. »Ich habe geträumt!« Sie fuhr sich mit der Hand durch die zerzausten blonden Locken. Shane bemerkte, dass ihre hart aufgerichteten Brustspitzen sich deutlich unter dem dünnen Stoff ihres Nachthemds abzeichneten. Es war nur zu klar, wovon sie offensichtlich geträumt hatte. »Glaub mir«, erklärte er heiser. »Was du da gerade mit mir gemacht hast, war kein Traum.« »Gib ja nicht mir die Schuld! Das alles wäre nicht passiert, wenn du etwas angehabt hättest.« »Oh, ich weiß nicht recht.« Er umfasste ihre Schultern und zwang sie, ihn anzusehen. »So ein bisschen Stoff hätte das Resultat deiner intensiven Bemühungen auch nicht bremsen können.« Heiße Röte schoss ihr ins Gesicht, und sie stieß seine Hände weg. Mit einem Satz war sie aus dem Bett und schlüpfte in ihren Bademantel. Mit zitternden Fingern knotete sie den Gürtel zu. »Wir können heute Nacht nicht noch mal hier schlafen.« »Da stimme ich dir zu.« Unvermittelt wurde ihm bewusst, dass er noch nie eine Frau so begehrt hatte wie Greta in diesem Augenblick. Er sah sie fest an. »Heute übernachten wir auf meiner Ranch.« Greta beschloss, das Thema über ihre Schlafarrangements im
Moment nicht weiter zu vertiefen, um Josie und Wade nicht zu stören, die schließlich immer noch in den Flitterwochen waren und vermutlich ausschlafen wollten. So beendete sie also das Gespräch und schlich auf Zehenspitzen ins Badezimmer, um sich fertig zu machen. Nachdem sie ihre wenigen Habseligkei ten zusammengepackt hatte, ging sie nach unten, wo Shane sie schon erwartete. Er nahm ihr die Tasche ab, und die beiden verließen wortlos das Haus. Shane verstaute ihre Tasche im Kofferraum. Sie wollte gerade einsteigen, da hielt er sie zurück. »Wir müssen mitein ander reden.« Mussten sie das? Was konnte er schon sagen, um in ihr die Erinnerung daran auszulöschen, wie wunderbar erregend und verführerisch sie sich in seinen Armen gefühlt hatte? Gab es irgendetwas, was die drängende Sehnsucht tief in ihrem Inneren besänftigen könnte? Er zog sie beschützend in die Arme. »Wir frühstücken im Ort«, erklärte er, als sei das längst beschlossene Sache. Greta schüttelte den Kopf. »Dazu habe ich keine Zeit. Ich erwarte eine große Anlieferung.« Er wollte protestieren, doch sie hob die Hand. »Wir müssen später reden.« Wenn sie Zeit gehabt hatte, sich wieder einigermaßen zu fangen. »Sagen wir heute Abend.« Er beugte sich vor, gab ihr einen viel zu flüchtigen Kuss auf den Mund, trat dann einen Schritt zurück und sah sie auf eine Art und Weise an, die ihr Herz zum Schmelzen brachte. »Bilde dir ja nicht ein, dass du bei mir immer deinen Kopf durchsetzen kannst.« »Heute Morgen schon.« Sie schob ihn zurück und stieg in ihren Wagen. Ein kurzes Winken zum Abschied, und sie brauste davon. Sie hatte den ganzen Tag Zeit, sich darüber klar zu werden, wie sie Herrin der Lage werden sollte. Und so ganz nebenbei musste sie sich auch noch um ihr Geschäft kümmern. Eine halbe Stunde später betrat sie den Tanzclub. Sie war
noch keine fünf Minuten an der Arbeit, da schneite ihr Vater mit einem ganzen Stapel Versicherungsunterlagen herein, die sie alle auf der Stelle unterschreiben sollte. »Ich dachte, wir sind heute Nachmittag verabredet, um das zu erledigen.« Sie küsste Bart auf die Wange und dirigierte ihn in die Küche, um eine Kanne Kaffee aufzusetzen. Dann setzten die beiden sich an den nächstbesten Tisch im Restaurantbereich des Lokals. »Das waren wir auch«, erklärte Bart. »Aber als ich eben zufällig hier vorbeikam und deinen Wagen sah, dachte ich, wir können es auch genauso gut gleich hinter uns bringen.« Sie sprachen kurz noch einmal die Versicherungsbedingungen und die Deckungssumme durch, dann unterzeichnete Greta zügig die Dokumente und schrieb einen Scheck aus. In diesem Moment kam Shane mit einem großen Karton Gebäck hereinspaziert. Er schenkte seinem Schwiegervater ein fröhliches Grinsen, als er mit seiner köstlich duftenden Fracht an ihren Tisch trat. »Du kommst gerade zur rechten Zeit. Ich habe zwei verschiedene Sorten Muff ins und drei Sorten Donuts.« »Hört sich gut an.« Greta schaffte es nur mühsam, ihren Unmut zu verbergen. Shane sollte sich doch nicht bei ihrem Vater einschmeicheln, ganz im Gegenteil! »Wenn du so weitermachst, werden sie bestimmt nicht wollen, dass wir unsere Ehe annullieren lassen«, flüsterte sie ihm zu, als die beiden in die Küche gingen, um Besteck und Geschirr zu holen. »Oh, sei doch nicht so pessimistisch«, gab er leichthin zurück. »Es ist nur ein harmloses Frühstück.« »Ich habe dir doch gesagt, dass ich keine Zeit habe«, zischte sie. Shane stützte die Hände zu beiden Seiten ihres Körpers auf der Arbeitsplatte ab und brachte sein Gesicht ganz nah an ihres. »Und ich habe dir gesagt, wir müssen reden!« In diesem Moment steckte Bart den Kopf um die Ecke.
»Kann ich helfen?« Er nahm das vermeintliche junge Paar aufmerksam in Augenschein. Greta pappte sich ein Lächeln ins Gesicht, als Shane ihr in einer Besitz ergreifenden Geste den Arm um die Schultern legte. »Nein, Dad, wir kommen schon zurecht.« Fest entschlos sen, so viel Distanz wie möglich zwischen sich und ihn zu bringen, drückte sie Shanes Hand und entwand sich dann geschickt seiner Umarmung, um den Kaffee einzuschenken. Shane wandte sich Bart zu. »Ich wollte Greta gerade sagen, dass ich nach San Angelo fahre, um mir ein Pferd anzuschauen, das ich kaufen möchte, und um einen Hochdruckreiniger zu besorgen. Bei der Gelegenheit will ich auch gleich ein paar Möbel für meine neue Ranch kaufen.« Jetzt richtete er den Blick auf Greta, die ihm eine dampfende Tasse Kaffee reichte. »Ich dachte, du hättest vielleicht Lust mitzukommen, um das Notwendigste auszusuchen.« Und was soll das sein, fragte sie sich. Ein Bett? Sie hob die Brauen, unsicher, ob sie sich von seinem Angebot geschmei chelt fühlen sollte. »Heute?« Er zuckte die Achseln. »Wir müssen heute Nacht schließlich irgendwo schlafen. Es sei denn, du willst auf dem Fußboden campieren.« Greta wollte nicht mal daran denken, überhaupt irgendwo mit ihm zu übernachten. Sie war noch viel zu durcheinander von dem peinlichen Vorkommnis am Morgen. »Wir könnten um die Mittagszeit zurück sein. Vielleicht auch ein bisschen später«, bot er an. »Glaub mir, Greta, wenn du ihn die Sachen allein aussuchen lässt, wirst du es ewig bereuen«, mischte sich nun auch ihr Vater ein. Normalerweise würde sie ihm da zustimmen, aber da sie nicht beabsichtigte, länger als eine Woche bei Shane zu wohnen, war die Möbelfrage relativ unerheblich. Greta rührte Milch und Zucker in ihren Kaffee. »Ich vertraue Shanes
Geschmack.« »Du willst also nicht mitkommen?« fragte Shane. Greta schüttelte den Kopf, woraufhin beide Männer ankla gend den Blick auf sie richteten. »Na gut, dann mache ich mich jetzt wohl besser auf den Weg.« Shane kippte den Rest seines Kaffees in einem Zug hinunter und stellte seine Tasse auf den Tisch. »Willst du nicht noch bleiben und etwas frühstücken?« Greta deutete auf den prall gefüllten Kuchenkarton. Er schüttelte den Kopf. »Ich esse unterwegs eine Kleinigkeit. Bis heute Abend dann.« Greta schwankte zwischen Schuldgefühlen und Erleichte rung. Sie bedachte ihn mit einem kühlen Blick. »Um wie viel Uhr?« »Ich weiß nicht genau. Zur Abendbrotzeit.« Shane verabschiedete sich von Bart, drückte Greta einen braven Kuss auf die Wange und umarmte sie flüchtig. Dann strebte er zum Ausgang. »Du hättest ihn begleiten sollen, Liebes«, erklärte Bart mit mildem Tadel, nachdem Shane die Tür hinter sich zugezogen hatte. Greta wusste, dass sie Shane verletzt hatte. Auch wenn sie sich lediglich so verhielt, wie sie es abgesprochen hatten, um ihre Familien davon zu überzeugen, dass sie nicht zusammen passten. »Dad…« »Er bemüht sich, euch ein Zuhause zu schaffen. Dabei verdient er deine Hilfe.« Er verdient in der Tat etwas, mich hier so bloßzustellen, schäumte sie innerlich. »Ich werde tun, was ich kann«, versprach sie. Außer wirklich seine Frau zu sein. Oder zusammen in einem Bett mit ihm zu schlafen. Oder wilden, heißen Sex mit ihm zu haben. Oder sich Hals über Kopf in ihn zu verlieben. Bart betrachtete sie voll väterlicher Sorge. »Sieh mal, Klei
nes, ich hätte dir bestimmt nicht zu so einer überstürzten Heirat geraten. Aber wo es nun einmal passiert ist, bist du es Shane schuldig, ihm die bestmögliche Frau zu sein. Dein Mann verdient es, dass du ihm ein gemütliches Heim schaffst.« Und wenn sie das nicht konnte oder wollte, würde das nicht reichen, um die Annullierung bis zum Ende der Woche durchzukriegen? Unwillkürlich musste Greta grinsen, und sie wandte das Gesicht ab. Ohne es zu wollen, hatte ihr Vater ihr gerade einen Weg gezeigt, um aus dieser unmöglichen Situation herauszukommen. Greta war gerade damit beschäftigt, eine der zwei Geschirr spülmaschinen zu leeren, als die Hintertür geöffnet wurde und die spätnachmittägliche Sonne den Raum durchflutete. Sie wandte sich um und sah Beau Chamberlain hereinkommen. Er nahm seine Designer-Sonnenbrille ab und schenkte ihr sein strahlendstes Filmstar-Lächeln. »Was für ein toller Anblick für meine geplagten Augen!« »Beau!« »Wie geht’s dir, Kleine?« Beau trat zu ihr und zog sie in die mächtigen Pranken. Greta begrüßte den kräftigen Ex-Texaner mit dem schwarzen Haar und dem Schlafzimmerblick wie den Bruder, den sie sich immer gewünscht, aber nie bekommen hatte, bis Beau vor einigen Jahren in ihr Leben getreten war. »Bist du gekommen, um mich zu besuchen oder um dir den Club anzusehen?« neckte sie ihn. »Wie war’s mit ein bisschen von beidem?« Er sah sich anerkennend in der blitzsauberen Küche mit den blank gescheuerten Arbeitsplatten, den Profi-Herden und Backöfen und dem riesigen Kühlraum um. Bei seinem letzten Besuch vor wenigen Wochen war all das noch nicht vorhanden gewesen. »Hey, das nimmt ja langsam Formen an.« Er bewunderte die weiß getünchten Wände und den Fußboden aus TerrakottaFliesen. »Du wirkst allerdings ziemlich mitgenommen.« Beau
klaubte einen Streifen Tesafilm aus ihrem Haar. Greta zog die Nase kraus und schob seine Hand beiseite. Seit heute Morgen hatte sie Geschirr ausgepackt, es in die Spülma schinen gesteckt und anschließend in die Schränke geräumt. »Es war ein langer Tag.« Genau gesagt achtundvierzig Kartons lang. Aber die Arbeit musste schließlich getan werden, und je eher, desto besser. »Ich könnte mir vorstellen, nicht der einzige lange Tag.« Obwohl man hätte meinen können, dass Beau alles hatte, was er sich wünschte, wusste Greta, dass er immer noch unter einer hässlichen, bitteren Scheidung litt und unter dem kompletten Verlust seiner Privatsphäre. Wenn einer verstand, wie sie sich fühlte, dann er. »Du hast es bereits gehört, hm?« »Dass ich die Liebe meines Lebens verloren habe? Bei meinem Agenten steht das Telefon nicht mehr still. Die Leute interessieren sich mehr für deine Eskapade als für meinen neuen Film.« »Wie kommst du übrigens damit voran?« Sie wusste, dass er in Mexiko gewesen war. »Ich bin noch immer auf der Suche nach den perfekten Kulissen. Hoffentlich werden wir bald fündig.« Wie selbstver ständlich half er Greta, das Geschirr einzusortieren. »Viel Glück«, wünschte sie ihm teilnahmsvoll. »Willst du mir nicht von dem Knaben erzählen, der dir diesen reizenden Ring angesteckt hat?« fragte Beau mit einem Blick auf ihren Ringfinger. »Nein.« Greta machte sich daran, den nächsten Karton mit Geschirr zu öffnen. »Nicht einmal, um meinen Agenten mit Infos über die nähe ren Umstände dieser Verbindung zu versorgen, damit er sie nah und fern verkünden kann?« neckte Beau sie, während er ihr half, Dutzende von Keramikbechern aus ihrer Hülle aus Seidenpapier zu wickeln und in den Geschirrspüler einzuräu
men. »Oh Beau, ich sitze richtig in der Klemme.« Greta fasste kurz die Ereignisse und Motive zusammen, die zu ihrer überstürzten Heirat mit Shane geführt hatten. Beau pfiff durch die Zähne. »Und ich dachte, mein Leben sei kompliziert.« Die beiden sahen sich an. »Ich hoffe, die ganze Geschichte wird unsere kleine Abmachung nicht gefährden.« Greta verzog das Gesicht. Sie hasste es, Beau im Stich zu lassen. »Das hat sie schon«, gab sie widerstrebend zu. »Da gibt es leider eine ganze Horde wohlmeinender Berater, die mir dauernd Ratschläge erteilen, wie diese Ehe ein Erfolg wird.« »Aber du willst gar nicht, dass sie ein Erfolg wird«, vermute te Beau. Greta hatte die Geschirrspülmaschine bis an den Rand gefüllt. Jetzt gab sie eine Reinigungstablette hinzu, schloss die Tür und setzte die Maschine in Betrieb. »Ich suche händeringend nach einem Ausweg.« Bevor ich mich auch noch in Fantasievorstel lungen verliere und mir einbilde, ich könnte Shane wirklich ein ganzes Leben lang an mich binden, fügte sie in Gedanken hinzu. »Dein Fluchtplan taugt also nichts?« Greta seufzte. Sie lehnte sich an den Arbeitstresen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Shane und ich hatten eigentlich mit mehr Widerstand gerechnet. Dass unsere Eltern und Freunde uns beknien würden, die Ehe annullieren zu lassen oder so.« »Doch die denken gar nicht daran.« Sie schüttelte den Kopf. »Mit Ausnahme von Shanes ExFreundin, nein.« Beaus Augen blitzten belustigt. Er hatte einen Hang zu solch kleinen Schmierenkomödien. »Klingt ziemlich kompliziert.« »Das kannst du wohl laut sagen«, seufzte Greta. Beau strich sich nachdenklich übers Kinn. »Willst du mich am Samstagabend wirklich hier haben?«
»Ja, auf jeden Fall. Allerdings«, fügte sie zögernd hinzu, »erzähle ich besser niemandem davon.« »Ich verstehe«, erwiderte er grimmig. »Wir wollen ja nicht, dass das Ganze in ein Beauregard-Chamberlain-FanclubEreignis ausartet.« »Genau.« Beau breitete die Arme aus, und Greta flüchtete sich in seine Trost spendende, brüderliche Umarmung. Er tätschelte ihr liebevoll die Schulter. »Lass mich wissen, falls du etwas brauchst, egal was.« »Alles, was sie braucht, kriegt Greta von mir«, ertönte da plötzlich eine Stimme. Greta und Beau wirbelten herum und entdeckten Shane, der im Türrahmen lehnte. Er sah erhitzt und müde aus. Und mehr als nur ein bisschen ungehalten, seine »Frau« in den Armen ihres früheren »Freundes« wiederzufinden. Greta machte sich rasch los. »Du bist schon zurück!« »Scheint so.« Ohne Vorwarnung packte er sie, riss sie an sich und beglückte sie mit einem Begrüßungskuss, der ihr den Atem raubte. Gretas Vergnügen wurde nur durch das Bewusstsein geschmälert, dass das alles reine Show war. Dennoch war ihr schwindlig, als er sie losließ. »Hast du den Hochdruckreiniger für die Ställe gekauft?« fragte sie. »Ja, und ein Bett auch.« Greta wurde rot. Unpassenderweise hatte sie sich gerade wie die typische Ehefrau angehört. Beau trat vor, wohl mindestens ebenso neugierig auf Shane wie dieser auf ihn war. Er stellte sich vor und streckte die Hand aus. »Sie sind also Gretas frisch gebackener Angetrauter.« Shane nickte und erkundigte sich in gönnerhaftem Wohlwol len: »Und was führt Sie hierher?« Beau warf einen raschen Blick auf Greta. »Zwei Gründe. Ich hörte von der überraschenden Hochzeit, und ich wollte mal sehen, wie weit Greta mit ihrem Tanzclub ist.«
Greta fühlte sich immer unwohler. Sie kam sich vor, als stünde sie zwischen diesen beiden Männern, was natürlich lächerlich war, da sie mit keinem eine Beziehung hatte. »Wie du siehst, geht alles prima voran.« Beau grinste anerkennend. »Ja, das kann man wohl sagen.« Shane fasste seinen vermeintlichen Konkurrenten scharf ins Auge. »Bleiben Sie lange?« Beau schüttelte den Kopf. »Leider nein. Ich habe heute Abend noch einen Termin. Ich will mir die Kulisse für einen Film ansehen.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Ich glaube, ich muss mich beeilen, wenn ich nicht zu spät kommen will.« Shane konnte kaum verhehlen, wie gern er seinen Gegner endlich loswurde. »Wir wollen Sie selbstverständlich nicht aufhalten.« Besitz ergreifend legte er Greta den Arm um die Taille. Beaus Blick sprach Bände. Er bedeutete Greta, dass sie noch alle Hände voll zu tun haben würde, was Shane McCabe betraf. Wie Recht er doch hatte! Schließlich schaffte Shane es immer wieder, sie völlig aus dem Gleichgewicht zu bringen, wie er ja gerade eben bewiesen hatte. Beau nickte Shane zum Abschied zu und wandte sich an Greta. »Ruf mich an, wenn du meine Hilfe brauchst. Ich bin jederzeit für dich da.« »Ich weiß«, erwiderte Greta dankbar. Beau schob sich die Sonnenbrille über die Augen und verließ den Tanzclub durch die Hintertür. Im selben Moment ließ Shane Greta los, als hätte er sich verbrannt. Sie schaffte es nur mühsam zu verbergen, wie verletzt sie war. Und wütend. Ihre kleine Schmierenkomödie galt schließlich nur ihren Eltern und nicht Beau! »Das war wirklich das Letzte, Shane!« fauchte sie. Sein unhöfliches Benehmen Beau gegenüber ärgerte sie. »Überrascht dich das etwa?« Er hob in kühlem Erstaunen die
Brauen. »Ja, allerdings! Man kann dir ja alles Mögliche nachsagen, aber ich wusste bis jetzt noch nicht, dass Unhöflichkeit auch dazu gehört!« Dabei hätte sie sich so gefreut, wenn Beau und Shane Freunde geworden wären. »Hör mal, Greta.« Er packte sie bei den Schultern und zog sie grob an sich. »Man hat mich schon betrogen. Und das wird mir, verdammt noch mal, kein zweites Mal passieren!«
6. KAPITEL Shane bereute seine Worte, kaum hatte er sie ausgesprochen. Doch jetzt war es zu spät, sie zurückzunehmen. Gretas Augen blitzen interessiert auf. »Sprichst du über Bonnie Sue?« »Ja«, versetzte er und ließ Greta los. Mitleid war das Letzte, was er von ihr wollte. Doch Greta ließ nicht locker. »Davon weiß ich ja gar nichts.« »Weil ich nie jemandem etwas davon erzählt habe.« Es war eine demütigende Erfahrung gewesen, dass er, der um schwärmte Rodeo-Star, letztendlich die Frau, der er sein Herz geschenkt hatte, nicht hatte halten können. »Nicht mal deiner Familie?« bohrte Greta vorsichtig nach. »Nein.« »Warum nicht?« »Weil ich keine Lust hatte auf den Spruch ,Haben wir es dir nicht gleich gesagt?'« »Sie haben es also kommen sehen?« Shane zuckte die Achseln. »Obwohl eigentlich alle Bonnie Sue recht gut leiden konnten, war meine Familie davon überzeugt, dass wir letztendlich nicht zusammenpassen.« Es hatte ihn hart getroffen, dass seine Familie mit ihrer Einschät zung Recht behalten hatte – nachdem er sechs Jahre lang mit Bonnie Sue zusammen gewesen war und sie trotz all der
Versuchungen und langen Trennungen nie betrogen hatte. »Was war denn passiert?« Plötzlich verspürte Shane das Bedürfnis, sich endlich mal jemandem anzuvertrauen. Er nahm Gretas Hand und setzte sich mit ihr an den Tisch in der Ecke. »Bonnie Sue hatte da diesen Freund an der Uni. Ein Kommilitone von ihr. Die beiden haben immer zusammen gelernt. Wenn ich auf einem Rodeo war, hat er sie auf Studenten-Partys begleitet. Sie hat immer behauptet, er sei ihr wie ein Bruder, und ich Idiot habe ihr das auch noch abgekauft.« »Doch dann ist etwas passiert.« Shane nickte. »Ihr letztes Jahr. Ich hab sie an der Uni be sucht, ohne mich vorher anzumelden.« Er nahm ihre Hände und strich gedankenverloren mit den Daumen über die seidig weiche Innenseite ihrer Hände. »Zu jener Zeit bewohnte sie ein eigenes Apartment. Ich hatte einen Schlüssel. Als sie nicht auf mein Klingeln antwortete, habe ich mir selbst aufgeschlossen und die beiden zusammen im Bett erwischt.« Greta drückte seine Hand. »Oh Shane.« Ihr Ton drückte tiefes Mitgefühl aus. »Sie schwor, es würde nichts bedeuten – dass sie mich liebt, nicht ihn. Sie sei nur einfach so einsam gewesen, wenn ich wochenlang zu Rodeo-Turnieren unterwegs war.« Shane schluckte. Das Gefühl von Verrat und Demütigung war so spürbar wie damals. »Du hast also Schluss gemacht. Und sie ist zusammen mit ihm auf die Stanford Law School gegangen.« »Kurz nach ihrem Examen haben sie geheiratet.« Er war auch eingeladen gewesen, aber um keinen Preis der Welt hätte er dieser Hochzeit beigewohnt. »Und jetzt lassen sie sich scheiden, weil Clint sie betrogen hat.« Shane merkte auf. Das wusste er noch gar nicht. »Ist das wahr?«
Greta nickte. Ihre blauen Augen blickten ernst. »Bonnie Sues Mutter und der Gerüchteküche zufolge ja.« Man hätte meinen können, diese Neuigkeit würde ihm Ge nugtuung bereiten, doch so war es nicht. Er war nicht der Typ, der sich am Unglück anderer erfreute. »Wie heißt es doch so schön: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.« »Bist du immer noch interessiert an ihr?« »Nein. Mit ihrer Untreue hat sie alle meine Gefühle für sie getötet.« Auf keinen Fall wollte er so etwas noch einmal erfahren. Er wünschte sich eine Frau, die hundertprozentig ehrlich zu ihm war. Keine kleinen Heimlichkeiten hinter seinem Rücken. Rastlos stand Shane auf. Draußen wurde es langsam dunkel, und Greta machte sich daran, die Läden im Lokal zu schließen. »Hättest du sie geheiratet, wenn du sie nicht mit Clint im Bett erwischt hättest?« Shane zog eine Grimasse. »Vermutlich ja«, gab er widerstre bend zu. »Und das wäre ein großer Fehler gewesen.« Er umfasste Gretas Taille und zog sie an sich. »Aber das Ganze hat nicht das Geringste mit dem zu tun, was zwischen dir und Beau ist.« Sie verheimlichte ihm etwas, das spürte er genau. Zwischen den beiden gab es mehr als reine Freundschaft. »Willst du mir nicht sagen, wie ihr wirklich zueinander steht?« »Nein.« Sie presste die Handflächen gegen seine Brust. »Aber da wir nun mal verheiratet sind, bleibt mit wohl nichts anderes übrig. Beau ist mein stiller Teilhaber«, erklärte sie seufzend, während sie sich seinem Griff entwand. »Ohne seine finanzielle Unterstützung hätte ich das alles hier nicht kaufen können.« »Hättest du denn keinen Existenzgründungs-Kredit aufneh men können?« »Vermutlich schon, aber das war nicht nötig. Beau schwimmt geradezu im Geld. Er ist immer auf der Suche nach einer guten Abschreibungsmöglichkeit. Und er wollte mir helfen.«
Ein Gefühl heftiger Eifersucht packte ihn. »Und was erwartet er dafür?« fragte er so beiläufig wie möglich. »Fünfzig Prozent vom Gewinn.« Sie bedachte ihn mit einem spöttischen Blick. »Was dachtest du denn?« »Ich weiß nicht.« Shane zögerte, bevor er hinzufügte: »Was bedeutet dir der Kerl?« »Genau das, was ich dir und allen anderen immer wieder erzähle – nicht, dass irgendjemand auf mich hört«, versetzte Greta frustriert. »Er ist nur ein guter Freund.« »Im Moment«, schränkte er ein. Er hasste das Misstrauen, dass seine Gedanken beherrschte, aber er konnte nichts dagegen tun. Greta fasste ihn scharf ins Auge. »Nein«, korrigierte sie ihn frostig. Sie drehte ihm den Rücken zu und marschierte in die Küche zurück, um dort ebenfalls die Läden zu schließen und aufzuräumen. »Nicht nur im Moment, sondern für immer.« Sie säuberte die Kaffeemaschine. Keiner von beiden sagte ein Wort. Schließlich wandte Greta sich zu ihm um. »Du glaubst mir nicht.« Das war mehr eine Feststellung als eine Frage. Shane zuckte die Achseln. Sie sah einfach umwerfend aus in ihrem kurzen, engen Jeansrock, dem Jeanshemd und den Stiefeln im Western-Stil. Das Haar hatte sie zu einer lockeren Rolle gedreht und flüchtig hochgesteckt. Lauter lockige blonde Strähnen umrahmten ihr Gesicht. »Ich habe das Video über dich und Mr. Movie-Star gesehen.« Hätte er das bloß gelassen. »Du bist ja ganz schön neugierig«, konterte sie. Das war noch milde ausgedrückt. Doch auf keinen Fall würde er zugeben, wie neidisch er auf jede einzelne Verabredung war, die dieser Chamberlain mit Greta gehabt hatte. »Meine Mutter hat darauf bestanden.« »Du hast es also nur deiner Mutter zu Gefallen angesehen.« Das kaufte sie ihm keinen Moment lang ab. »Irgendwann musste ich es ja sehen. Warum es also nicht gleich hinter mich bringen?«
Greta setzte die gereinigte Kaffeemaschine wieder zusam men. Dann wandte sie sich zu Shane um und sah ihn an. »Und, was denkst du darüber?« »Dass du in Abendkleidung genauso umwerfend aussiehst wie in Jeans und Stiefeln.« Greta trocknete sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und warf das Handtuch achtlos beiseite. »Nein, im Ernst.« »Ich habe mich gefragt, ob ihr mal ein Liebespaar gewesen seid.« Ihre Wangen röteten sich. »Nein.« Aber Beau hätte nichts dagegen einzuwenden gehabt? fügte er im Stillen hinzu. »Und überhaupt, das Ganze geht dich gar nichts an«, versetz te Greta arrogant. Shane ermahnte sich, nicht zu schnell vorzupreschen. »Wir sind verheiratet, und er spielt immer noch eine wichtige Rolle in deinem Leben. Ich glaube, die Sache geht mich sehr wohl etwas an.« »Ich habe dir doch gesagt, weshalb er hier ist.« Sie rauschte an ihm vorbei. Und Clint war immer mit Bonnie Sue zusammen gewesen, um mit ihr zu lernen. Greta lehnte sich gegen die Arbeitsplatte aus polierten Edel stahl. »Du glaubst mir nicht, oder?« Shane trat zu ihr und blieb dicht vor ihr stehen. »Er ist schließlich ein attraktiver Mann.« Er ließ den Blick über Gretas Körper gleiten, betrachtete bewundernd die langen, sexy Beine, die schmale Taille und die üppigen Brüste. »Ich sehe keinen Grund, warum er nicht hätte mit dir schlafen wollen.« Ihre blauen Augen blitzten zornig auf, und ihre Brust hob und senkte sich aufgeregt. »Wie war’s damit, dass ich nicht mit ihm schlafen wollte?« »Er hat dich also angemacht«, erklärte Shane grimmig. Allein der Gedanke brachte ihn schon auf die Palme.
»Bei unserem ersten Rendezvous haben wir uns geküsst.« Sie sah ihm fest in die Augen. »Und…?« »Gar nichts und!« Sie warf aufgebracht den Kopf zurück. »Uns wurde sofort bewusst, dass wir einander eigentlich mehr wie Bruder und Schwester mögen.« Shane verschränkte die Arme vor der Brust. »Da scheinen deine Eltern allerdings anderer Meinung zu sein.« Greta schwang sich auf die Arbeitsplatte und ließ die Beine baumeln. »Das ist doch nicht meine Schuld. Ich habe ihnen gesagt, wie es steht. Sie wollten mir nicht glauben.« »Ebenso wenig wie alle anderen Kinogänger.« Er registrierte, wie sie gedankenverloren an ihrem Rocksaum zupfte. Er trat einen Schritt näher und stützte sich zu beiden Seiten von ihr auf dem Tresen ab. Eine immer wiederkehrende Szene aus dem Video fiel ihm ein. Beau Chamberlain, wie er Greta den Arm um Taille und Schultern legte. Unzählige Male. »Falls ihr beide wirklich nie was zusammen hattet, dann habt ihr eine verdammt gute Show abgezogen.« Greta seufzte ungeduldig. »Er hat es ja auch extra darauf angelegt, dass es so aussieht, als seien wir zusammen.« »Und warum?« »Weil es der einzige Weg war, sich der Aufdringlichkeit der Fan-Magazine und der Boulevard-Presse zu erwehren.« Sie sah ihn nachsichtig an. »Nach seiner Scheidung haben sie auf Teufel komm raus versucht, ihn mit jemandem zusammenzu bringen. Als er nicht mitmachte, haben sie ihn einfach mit jeder x-beliebigen Frau in seiner Nähe abgelichtet – selbst wenn er die Frau gar nicht kannte! – und behauptet, die beiden seien ein Paar. Schließlich hatte er es satt. Also hat er mich gebeten, bei offiziellen Anlässen so zu tun, als sei ich seine Freundin, und ich habe mitgemacht.« Doch damit allein gab Shane sich noch nicht zufrieden. »Weil du es genossen hast, sich als seine neueste Eroberung zu
präsentieren?« »Nein. Weil ich sein Kumpel war und weil ich sein Dilemma verstehen konnte. Außerdem hat es mir Spaß gemacht, mal im Rampenlicht zu stehen«, bekannte sie. Das wiederum konnte Shane ihr gut nachempfinden. Auch er hatte seine Popularität immer genossen. »Solange du mit mir verheiratet bist, muss der Spaß ein Ende haben.« Greta stemmte die Hände in die Hüften und wäre aufge sprungen, hätte Shane sie nicht so eingekesselt. »Hast du mich vorhin deshalb so geküsst?« wollte sie aufgebracht wissen. »Ich habe dich geküsst, weil es das Normalste der Welt für ein frisch verheiratetes Paar ist, das sich den ganzen Tag lang nicht gesehen hat.« »Aber nicht so, du weißt schon.« Sie stieß ihn mit den Knien an, damit er sie endlich vorbei ließ. »Wie?« Er genoss ihre Nähe, den Duft und die Wärme, die von ihrem Körper ausgingen. Er dachte gar nicht daran, sich auch nur einen Zentimeter von ihr weg zu bewegen. »Also wolltest du sagen: ,Das ist meine Frau, Kumpel, lass ja die Hände von ihr’.« Shane grinste amüsiert. »Du meinst also, so hätte ich dich geküsst?« Sie war wirklich schön in ihrer Wut, mit blitzenden blauen Augen, zart geröteten Wangen und entrüstet aufgewor fenen Lippen. »Etwa nicht?« schoss sie hitzig zurück. Sie stemmte die Hände gegen seine Schultern, um ihn zurückzudrängen. »Nein.« Er lehnte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen ihre Handflächen, schob seine Hände zwischen ihre Knie, presste sie auseinander und trat einen Schritt vor, zwischen ihre gespreizten Schenkel. Mit einer blitzschnellen Bewegung umfasste er ihre Hüften, zog sie an sich, so dass sie kaum Zeit hatte, empört nach Luft zu schnappen, bevor ihre Beine um seine Mitte geschlungen waren. Er fasste in ihr Haar, bog ihren Kopf zurück und beugte sich über ihre Lippen. »So küsse ich
eine Frau, wenn ich zeigen will, dass sie mir gehört.« Greta sehnte sich nach seinen Lippen, ahnte seinen Kuss schon, bevor Shane überhaupt ihren Mund berührte. Doch dann waren seine Lippen auf ihren, nahmen sie auf eine Weise in Besitz, von der Greta schon immer geträumt hatte. Ihr Herz raste, ihr wurde schwindlig, und sie nahm nichts mehr um sich herum wahr. Sie stöhnte, ob aus Protest oder aus Lust, hätte sie nicht sagen können, während er ihren Mund eroberte. Lippen, Zähne, Zunge, er setzte alles ein, um ihr ein Maximum an Lust zu verschaffen. Ihr wurde immer heißer, und ein nie gekanntes Wohlgefühl durchströmte ihren Körper. Sie wollte ihn, brauchte ihn. Voller Verlangen verflocht sie die Finger in seinem Haar und zog ihn dichter an sich. Völlig überwältigt von seinem heißen, salzigen Geschmack strich sie über seine Wangenknochen, küsste seine Mundwinkel, knabberte an seiner Unterlippe. Der aufregend herbe Duft seines After Shaves mischte sich mit dem sauberen Geruch von Seife und Sonne. Seine Hände wanderten von ihren Hüften zu ihren Schenkeln, und er schob ihren Rock hoch. Seine von der Arbeit rauen Hände überwan den die Barrieren aus zarter Spitze und berührten die weiche, seidige Haut darunter. Greta bog sich ihm entgegen, und sie spürte den Stoff seiner Jeans an den Innenseiten ihrer Schenkel. Seine Hände wanderten weiter, und geschickt knöpfte er ihr die Bluse bis zum Bauchnabel auf. Ein kühler Lufthauch strich über ihre erhitzte Haut. Er küsste sie wieder und wieder mit heißen, hungrigen Lippen. Dann schob er die Träger ihres BHs über ihre Schultern und umfasste ihre vollen Brüste. Mehr als einen Kuss hatte Shane eigentlich nicht im Sinn gehabt, doch als er jetzt ihre Brüste streichelte und spürte, wie die Spitzen hart gegen seine Handflächen perlten, wusste er, dass es kein Zurück mehr gab. Früher oder später würden sie zusammen schlafen. Sie würden beide keine Ruhe haben, bis es passierte. Es würde wohl nicht hier sein und auch nicht jetzt.
Aber es würde passieren, und zwar bald. Und wenn es so weit war, würde es nicht das Geringste mit dem so genannten Handel zu tun haben, den sie abgeschlossen hatten. Doch bis dahin gab es noch einiges zu bedenken, wie er sich widerstrebend eingestehen musste. Er bezweifelte, dass Greta sich wünschte, ausgerechnet hier mit ihm zu schlafen. Langsam hob er den Kopf, und ihre Blicke trafen sich. Greta blinzelte, offenbar ebenso aufgewühlt wie er. Mit einer raschen Bewegung zog sie ihre Bluse über der Brust zusam men. »Was glaubst du eigentlich, was du da tust?« Brüsk stieß sie ihn zurück. »Du meinst, abgesehen von einer kleinen Demonstration des ,Diese-Frau-gehört-mir-Kusses’?« Ihm war bewusst, dass sie gerade etwas ganz Besonderes entdeckt hatten, etwas, das weit über die Scharade hinausging, die sie für ihre Eltern inszeniert hatten. »Abgesehen davon«, stieß sie atemlos hervor, während sie ihren BH zurechtzog und die Bluse zuknöpfte. »Nun, ich würde sagen, wir haben für unseren Hochzeitsemp fang geübt.« Greta verdrehte entnervt die Augen. »Ich hoffe doch, dass wir die Sache beenden können, ‘bevor es dazu kommt«, erklärte sie energisch. Sie bemühte sich, sich genauso cool zu geben wie er. Ihn hatte ihr leidenschaftliches kleines Intermezzo anschei nend kaum berührt. »Das ist nicht sehr wahrscheinlich, wenn man bedenkt, was alles auf dem Spiel steht.« »Warte mal«, fiel sie ihm ins Wort. »Ich dachte, wir bleiben nur für eine Woche oder so verheiratet.« »So lautete der ursprüngliche Plan.« Greta hob erwartungsvoll das Kinn an. Das klang gar nicht gut. Worauf wollte er hinaus? »Aber?« drängte sie. »Aber ich habe über dein und mein Geschäft nachgedacht«, erwiderte er ruhig. »Ein wenig Solidität kann unserem ge
schäftlichen Ruf nicht schaden.« »Das fällt dir ausgerechnet jetzt ein!« fauchte sie wütend. Hätte sie sich doch bloß gar nicht erst auf diese verrückte Eskapade eingelassen! »Hey.« Er hob beschwichtigend die Hand. »Wir haben getan, was wir tun mussten, um deinen Ruf zu schützen.« Sie wandte sich ab und versuchte, nicht daran zu denken, wie unglaublich lebendig sie sich fühlte, wenn er in ihrer Nähe war. »Das stimmt«, räumte sie mit gedämpfter Stimme ein. In kleinen Kaffs wie Laramie, wo jeder alles über jeden wusste, konnten Tratsch und Klatsch tödlich sein. »Ich meine, wir sollten unsere Ehe nicht so übereilt aufgeben, wie wir sie geschlossen haben. Es ist für uns alle besser, wenn es zumindest so aussieht, als würden wir der Sache eine Chance geben, bevor die Ernüchterung der anfänglichen Vernarrtheit Platz macht.« »Und was glaubst du, wie lange das dauern wird?« fragte Greta unwillig. »Mindestens ein paar Wochen.« Bei der Vorstellung, die Scharade noch so lange weiter fortsetzen und mit Shane zusammenbleiben zu müssen, weiteten sich Gretas Augen. »Ein paar Wochen?« »Wenn du das Ganze mal vom geschäftlichen Standpunkt aus betrachtest, musst du mir Recht geben. Und geht es hier schließlich nicht ums Geschäft?« Er sah sie eindringlich an. »Und zwar für uns beide?« Greta gab sich geschlagen. Sie griff nach ihrer Handtasche und glitt geschickt an ihm vorbei, bevor er sie noch mal küssen konnte. »Na gut, ich erkläre mich einverstanden, etwas länger als ursprünglich geplant mit dir verheiratet zu bleiben!« rief sie ihm über die Schulter zurück zu, während sie bereits auf den Ausgang zustrebte. »Aber wage es ja nicht, mich auf dem Hochzeitsempfang zu küssen, jedenfalls nicht so!« Dann würden ihre Eltern nämlich alle möglichen Schlüsse ziehen,
vor allem den, dass Greta und Shane sich Hals über Kopf ineinander verliebt hatten. Und wie sollten sie sich dann aus der Affäre ziehen? »Ich bin einverstanden«, erklärte Shane. Er folgte ihr nach draußen und wartete, bis sie abgeschlossen hatte. »Der Kuss war sowieso viel zu erotisch für die Öffentlichkeit.« Er zwinkerte ihr mutwillig zu. »Solche Küsse gehören in die Flitterwochen.« Greta ging zu ihrem Wagen. Sie konnte es immer noch nicht fassen, wie sie sich da gerade eben in der Küche hatte gehen lassen. »Würdest du bitte endlich aufhören, dich über mich lustig zu machen?« Sie fing allmählich an zu begreifen, warum Frauen sich immer in die bösen Buben verliebten. Es machte so viel Spaß, mit ihnen zusammen zu sein, dass sie sich nicht um die Konsequenzen scherten. »Okay. Dann lass uns schnell nach Hause fahren, bevor wir in Versuchung kommen, das Ganze zu wiederholen.« »Ich habe ganz vergessen zu fragen«, setzte Greta an, als sie vor dem Ranchhaus aus dem Wagen stiegen, »wie deine Einkäufe gelaufen sind. Wie war das Pferd, das du dir angese hen hast? Und hast du auch Möbel gekauft?« »Die Pferde waren super. Ich habe zwei Stuten gekauft. Sie werden gleich übermorgen gebracht.« Was ihm nur einen Tag Zeit ließ, die Ställe in Ordnung zu bringen. »Das Bett wird noch heute Abend geliefert.« »Das Bett?« fiel Greta ihm ins Wort. Sie hörte sich ganz und gar nicht glücklich an. »Nur ein Bett?« Shane lud den Hochdruckreiniger ab und trug ihn auf die Veranda. Dann suchte er zusammen, was er heute Abend noch brauchen würde. »Kingsize-Format.« »Ich hätte zwei Einzelbetten vorgezogen«, erklärte Greta steif. »Oder besser noch, zwei große Betten, eins für dein Schlafzimmer und eins für das Gästezimmer.« »Das hätte sich bestimmt machen lassen, wenn im Haus nicht
so ein völliges Chaos herrschen würde.« Shane ging neben ihr her die Treppe hinauf und schloss die Haustür auf. »Wir werden alle Hände voll zu tun haben, das große vordere Schlafzimmer sauber zu machen, bevor das Bett ko…« Er blieb so abrupt stehen, dass sie in ihn hineinlief. »Was zum Teufel… hast du das alles gemacht?« Greta wurde rot. »Ich habe dieselbe Reinigungsfirma beauf tragt, die ich auch für den Tanzclub engagiert hatte.« »Es fehlen natürlich noch neue Tapeten und frische Farbe, aber…« Shane sah sich kopfschüttelnd um. »In den Fenstern kann man sich ja regelrecht spiegeln.« Er grinste anerkennend. »Und die Fußböden – wer hätte gedacht, dass man sie noch so zum Glänzen bringen kann.« Er wandte sich zu Greta um, über alle Maßen erfreut, dass sie ihm diesen Gefallen getan hatte. »Was bin ich dir schuldig?« »Gar nichts.« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Betrachte uns als quitt. Schließlich hast du unsere Hochzeit bezahlt. Du lässt mich für die nächsten Wochen hier bei dir wohnen, das spart mir die Miete.« Sie seufzte. »Ich hoffe, bis dahin läuft der Club so gut, dass ich genug Geld habe, um mir eine eigene Wohnung zu mieten, so dass ich nicht wieder bei meinen Eltern unterschlüpfen muss. Das war ohnehin nur eine Notlösung.« »Das kann ich dir nachempfinden.« Er bedachte sie mit einem mitfühlenden Blick. Dann legte er spontan den Arm um sie und gab ihr einen zärtlichen kleinen Kuss auf die Wange. »Danke. Du ahnst gar nicht, wie ich mich davor gefürchtet habe, nach Hause zu kommen und putzen zu müssen.« Ihr Herz machte einen freudigen Satz. Dass er ihre Bemü hungen so sehr anerkannte, schmeichelte ihr. Wenn er sie als Gegenleistung doch bloß richtig geküsst hätte, voller Leiden schaft anstatt in brüderlicher Dankbarkeit…
7. KAPITEL »Ich glaube nicht, dass ich das schaffe«, erklärte Greta, als Shane seinen Wagen vor dem Haus seines Bruders Jackson parkte. Er und seine Frau Lacey gaben an diesem Abend eine kleine Familienfeier für die frisch aus den Flitterwochen zurückgekehrten Josie und Wade. Shane trug schwarze Designer-Jeans, auf Hochglanz polierte Westernstiefel und ein sauber gebügeltes blauschwarzes Westernhemd. Greta hatte sich für ein duftiges, wadenlanges Sommerkleid in weiß-gelbem Blumenmuster entschieden, das Rücken und Arme frei ließ. Dazu trug sie zierliche weiße Riemchen-Sandaletten. Ganz das respektable junge Paar. Zu respektabel für das, was sie vorhatten. »Natürlich kannst du.« Shane tätschelte ihr aufmunternd das Knie. »Sei du nur einfach so lieb und nett wie immer. Ich werde es sein, der sich daneben benimmt. Darin habe ich jede Menge Erfahrung.« »Aber ich bin eine verdammt schlechte Lügnerin«, wandte sie ein. »Dann vertrau mir einfach, dass ich dich wirklich echt auf die Palme bringe, okay?« Prophetische Worte, fuhr es ihr wenige Minuten später durch den Sinn. Kaum hatten sie das Haus betreten, da setzte Shane seinen Plan auch schon in die Tat um. Er scharwenzelte herum, als sei er Gottes Geschenk an die Frauen im Allgemeinen und an sie im Besonderen. Er hänselte sie mit allem und jedem, was ihm in den Sinn kam. »Wie man hört, haben euch ein paar Heinzelmännchen heute ein delikates Dinner hinterlassen«, erklärte Jackson mit einem breiten Grinsen, den Arm stolz um seine Frau Lacey gelegt. Gretas und Shanes Eltern hatten es mal wieder nicht lassen können. Da sie wussten, wie beschäftigt ihre Kinder mit der Arbeit waren, hatten sie klammheimlich ein kleines Festessen in Shanes Küche arrangiert, das die beiden am Abend, als sie
erschöpft nach Hause gekommen waren, mit einer entspre chenden Notiz vorgefunden hatten. »Gott sei Dank«, erwiderte Shane gedehnt. Er schenkte Greta ein provozierendes Lächeln. »Weil meine liebe Greta hier nämlich eine verdammt schlechte Köchin ist. So gut sie das Tanzbein schwingt, so schlecht sind ihre hausfraulichen Qualitäten.« »Shane McCabe!« Lilah war offensichtlich schockiert über die Art und Weise, wie ihr jüngster Sohn seine Frau in aller Öffentlichkeit bloßstellte. »Ist doch wahr«, nörgelte Shane weiter. »Mir ist erst heute Abend so richtig aufgefallen, dass sie überhaupt keine Ahnung vom Haushalt hat. Sie wusste nicht mal, dass man Topflappen braucht, um eine heiße Kasserolle aus dem Ofen zu nehmen. Hätte ich sie nicht zurückgehalten, dann hätte sie sich tüchtig die Hände verbrannt.« Alles wartete gespannt auf Gretas Reaktion. Sie zuckte nur gleichgültig die Achseln. »Ich kann also nicht kochen, na und? Ich finde sowieso, dass moderne Männer sich im Haushalt nützlich machen sollten.« »Nicht in unserer Ehe«, konterte Shane. Greta bedachte ihn mit einem herausfordernden Lächeln. »Wetten?« »Nun aber«, intervenierte Tillie beschwichtigend. »Natürlich wird Greta kochen. Wenn ihr Tanzclub erst einmal läuft und die beiden sich ein bisschen eingelebt haben. Habe ich nicht Recht, Liebes?« »Warum sollte ich?« erwiderte Greta, Shanes Blick festhal tend. Sie stieß einen hörbaren Seufzer aus und fuhr in gereiz tem Ton fort: »Er würde sich sowieso über alles lustig machen, was ich ihm serviere.« »Nein, Liebes, das wird er nicht«, beeilte sich Lilah zu versichern. »Natürlich werde ich.« Shane schien seine Rolle als Oberma
cho voll auszukosten. Er zog Greta in die Arme und hielt sie fest umschlungen. »Aber in einem hast du Recht, Greta, Darling.« Er gab .ihr einen kräftigen Klaps auf den Po. »Wie bei jeder anderen Frau auf Erden ist es deine Bestimmung, deinen Mann zu bedienen. Und da das nun mal so ist, erwarte ich von dir… au!« Mit einem Blick auf ihre Ellbogen rieb er sich demonstrativ die Rippen. »Das tat weh!« Vermutlich nicht halb so sehr, wie sie es sich gewünscht hätte. Greta bereute bereits, dass sie überhaupt hierher mitge kommen war. Und noch mehr ärgerte es sie, dass sie sich darauf eingelassen hatte, vor versammelter Mannschaft das streitlustige junge Paar zu spielen. Jetzt ging auch mit ihr das Temperament durch. Energisch befreite sie sich aus seiner Umarmung, trat zurück und stemmte die Hände in die Seiten. »Das ist nicht das Einzige, was dir weh tun wird, wenn du nicht endlich damit aufhörst, dich wie ein verdammter Chauvi aufzuführen!« Shane war ganz gekränkte Unschuld. »Was meinst du denn damit?« »Diesen Klaps auf den Po zum Beispiel!« ereiferte sie sich. Aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, dass alle Anwesenden die Szene gespannt verfolgten. »Und dann dieser dumme Spruch, dass Frauen dazu da seien, ihre Männer zu bedienen!« Shanes Brüder schienen sich köstlich zu amüsieren. Sie stießen einander grinsend in die Seite und verfolgten den Streit mit ungenierter Aufmerksamkeit. Sie hatten ihr Ziel erreicht und aller Welt demonstriert, dass ihnen keine glückliche Ehe beschieden war. Greta hoffte, dass Shane es jetzt gut sein lassen würde. Sie hätte es besser wissen müssen. Er hatte nicht die Absicht, vor seinen Brüdern als Trottel dazustehen. »Das klang neulich Abend aber ganz anders«, flunkerte er lautstark. Wieder schlang er die Arme um sie und zog sie dicht an sich. »In Wirklichkeit hast du nämlich nicht nur gesagt, dass
wir…« Er hielt inne, um ihr Ohrläppchen zu küssen. »… du wolltest sogar…« Jetzt reicht es aber, schäumte Greta. Es wurde Zeit, diesen Cowboy in seine Schranken zu weisen, auch wenn die ganze Familie dabei zusah. »Autsch!« Shane ließ sie abrupt los und hüpfte mit schmerz verzerrter Miene auf einem Bein, während er sich den malträ tierten Fuß rieb. »Greta, Darling, du solltest besser auf deine Hacken und Ellbogen aufpassen«, beklagte er sich lautstark. »Aber gern«, schnappte sie. Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und verließ das Haus. »Du darfst jetzt wieder mit mir reden«, erklärte Shane, als er seinen Pick-up vor der Ranch parkte. Mit einer Hand raffte Greta ihr Kleid zusammen, während sie sich mit der anderen an der weit geöffneten Beifahrertür festhielt. »Dazu müsste ich allerdings mit dir reden wollen«, konterte sie hochmütig. Seine ausgestreckte Hand ignorierend, sprang sie aus dem Truck. »Und das tue ich nicht.« Er legte ihr stützend den Arm um die Taille, als ihre zierli chen Sandaletten den Boden berührten. »Bist du immer noch sauer auf mich, weil ich dich aufs Ohr geküsst und dir einen Klaps auf den Po gegeben habe?« Greta schüttelte seine Hand ab. »Allerdings, das bin ich«, gab sie eisig zurück. Sie hätte ihm am liebsten eine Ohrfeige gegeben für sein hoffnungslos altmodisches, chauvinistisches Gehabe. Shane grinste auf seine unnachahmlich unverschämte Art. »So etwas ist dir wohl noch nie passiert, hm?« Greta tat ihr Bestes, verächtlich auf ihn herabzusehen – kein einfaches Unterfangen, da er doch gut zwanzig Zentimeter größer war als sie. Sie rauschte an ihm vorbei ins Haus und marschierte geradewegs in die Küche. »Und das vor versam melter Familie!« Sie nahm eine Dose Kirsch-Soda aus dem Kühlschrank und riss den Verschluss auf.
Shane tat es ihr gleich. »Aber wir hatten doch beschlossen, einen glaubwürdigen Streit zu inszenieren!« »Das ist uns ja auch bestens gelungen!« Shane hob ratlos die Hände. »Und?« Greta versetzte dem Kühlschrank einen wütenden Fußtritt. »Musstest du deinen Auftritt denn so sehr genießen? Und wage ja nicht, das zu leugnen!« »Ich gestehe, ich hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß.« »Ich hoffe, du hast es gründlich genossen, denn noch einmal gebe ich dir diese Chance nicht!« »Nun komm schon. Du weißt doch, dass ich nur Spaß ge macht habe.« »Zu dumm, dass ich es ernst gemeint habe.« »Inwiefern?« »Ich werde nicht für dich kochen… niemals!« verkündete sie triumphierend. Shanes amüsiertes Grinsen erstarb. Mit plötzlich rauer Stimme brachte er hervor: »Kochen ist nicht das, was ich von dir will, Greta, und das weißt du genau.« Sein eindringlicher Blick ließ Greta den Atem stocken. »Jetzt träumst du wohl. Auf keinen Fall werde ich heute Nacht mit dir im selben Bett schlafen!« Shane fuhr sich durch das zerzauste, von der Sonne aus gebleichte Haar. »Und ich schwöre dir, dass ich auf keinen Fall in einem Stuhl oder auf dem Fußboden nächtige.« »Du hast Recht, das wirst du nicht. Du schläfst nämlich im Stall.« Greta packte ihn bei den Schultern und drehte ihn in Richtung Ausgang. Komischerweise ließ er sich widerstandslos zur Hintertür dirigieren. Er schien sogar erfreut. »Meinst du das ernst?« fragte er begeistert. »Ja, ich meine es sogar verdammt ernst.« Ungehalten stampf te sie mit dem Fuß auf. »Mir soll’s recht sein.« Er bückte sich und schwang Greta mit
einer raschen Bewegung über seine Schulter. »Was soll das?« protestierte sie aufgebracht und klammerte sich an seinem Gürtel fest. Shane stieß die Tür auf und bugsierte sie vorsichtig hindurch. »Wonach sieht es denn aus, Darling? Dein Wunsch ist mir Befehl.« Er trug sie über den in milchiges Mondlicht getauch ten Hof in Richtung Ställe. Greta beschloss, dass es an der Zeit war, nun ihrerseits seinen Po zu bearbeiten – und zwar mit den Fäusten. »Du sollst im Stall schlafen, nicht ich!« Sie strampelte wild mit den Beinen, doch umsonst. Shane hielt sie nur um so fester. »Du kennst doch den be rühmten Trauspruch, Darling.« Er stieß die Stalltür auf und knipste das Licht an. »Wo du hingehst, da will auch ich hingehen’. Also, wo ich schlafe, da schläfst auch du.« Gut gelaunt trug er sie den Mittelgang entlang, als wiege sie nicht mehr als ein Sack Federn. Im Vorbeigehen schnappte er sich zwei frische, neue Decken von einem Stapel, betrat dann die erste Box und warf die Decken auf den mit frischem Heu ausgestreuten Zementboden. »Lass mich runter«, verlangte Greta tapfer. »Aber gern.« Shane stellte sie sanft auf die Füße. »Und nun lass mich gehen.« Jetzt, wo sie endlich wieder aufrecht stand, fühlte sie sich ein wenig schwindlig und außer Atem. »Das geht leider nicht, Darling.« Shane schüttelte den Kopf, schloss die Tür und legte den Riegel vor. Die Art und Weise, wie er ihr zuzwinkerte, gefiel ihr ganz und gar nicht. Ihre Kehle war plötzlich wie ausgedörrt, und sie schluckte hart, wobei sie ihr Bestes tat, so zu tun, als interessie re sie sein kleines Spielchen nicht die Bohne. »Ich meine es ernst, Shane.« Sie wünschte, sie hätte etwas Seriöseres an als diesen nahezu durchsichtigen Fetzen, den sie trug. »Lass mich durch.«
»Erst, wenn du mich geküsst hast.« Sie runzelte die Stirn. »Du stellst Bedingungen, um mich hier raus zu lassen?« Er vergrub die Hände in den Gesäßtaschen seiner Jeans und schien damit zufrieden, hier die ganze Nacht wartend stehen zu bleiben. Er liebkoste ihren Körper mit seinen Blicken: die schön geschwungenen Lippen, die vollen Brüste, die festen Schenkel und wohlgerundeten Hüften. »Sieht so aus, ja.« Ihr Herz raste. »Und wenn ich Nein sage?« »Dann wird’s wohl eine lange Nacht.« Und er schien nicht im Mindesten müde. Sie straffte die Schultern und strafte ihn mit einem vernich tenden Blick. »Du… du… Scheusal!« Shane lehnte sich lässig gegen die Stalltür. Spöttisch schüttel te er den Kopf. »Fällt dir nichts Originelleres ein?« »Ein Kuss, hast du gesagt?« Allein bei dem Gedanken daran zitterten ihr die Knie. Das war eine schlechte Idee. Warum aber war sie dann so aufgeregt, wenn sie bloß daran dachte? »Und dann kann ich gehen?« Shane zuckte gleichmütig mit den Schultern. In dem gelbli chen Licht sah er unverschämt gut und unverschämt entschlos sen aus. Er spitzte die Lippen. »Falls du nicht noch einen zweiten Kuss willst.« Eine heiße Woge des Verlangens durchflutete ihren Körper. »Ich habe keine Angst vor dir, Shane McCabe.« Shane stieß sich von der Tür ab und trat zu ihr. »Gut«, brachte er mit rauer Stimme hervor. »Das sollst du auch nicht, nie im Leben.« Er schlang einen Arm um ihre Taille und presste seine Lippen auf ihren Mund. Und zum ersten Mal seit langem hatte Greta das Gefühl, endlich dort angekommen zu sein, wohin sie wirklich wollte. Seine Arme umschlossen sie warm und beschützend, seine Lippen fühlten sich weich und doch fordernd an. Ein wohliger Schauer durchrieselte sie, als er sanft
an ihrer Unterlippe zu saugen begann. Unfähig, sich dem Zauber der Situation zu entziehen, begann Greta seinen Kuss zu erwidern, zuerst zögernd, dann mit wachsender Leidenschaft. Shane zog sie so dicht an sich, dass ihre Körper wie miteinander verschmolzen wirkten. Greta stöhnte laut auf und schmiegte sich sehnsüchtig an ihn. Shanes Kuss wurde heißer, fordernder. Ihr keuchender Atem durch brach die Stille, und ein heißes Prickeln breitete sich in ihrem Körper aus. Aufgeregt erschauerte sie in seinen Armen. Shane hob den Kopf, sah sie fragend an. Es war ihr egal, dass er wieder mal Recht behalten hatte sie wollte noch einen zweiten Kuss! Aufseufzend nahm sie seinen Kopf zwischen beide Hände und zog ihn zu sich heran. »Lass uns das noch mal probieren.« »Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest.« Ihr war inzwischen ganz schwach vor Verlangen. Shane drückte ihre Schenkel auseinander und trat zwischen sie, wobei er sie gegen die harte Stallwand presste. Seine Lippen strichen über ihren Hals, was ihren Körper wie elektrisiert erschauern ließ. Greta schloss die Augen und bog sich ihm seufzend entgegen. Er umschloss ihre Brüste mit beiden Händen. Sie wusste, wie sehr auch er nach ihr verlangte, sie spürte es überdeutlich. Und dann gab es kein Zurück mehr. Seine Lippen umschlossen ihre in einem wilden Kuss, und sie erwiderte seine Leidenschaft nicht minder feurig. Ihre Zungen begegneten sich in einem erregenden Tanz. Aufstöhnend streifte Shane ihr das Kleid von den Schultern. Er liebkoste ihre Brüste in dem zarten Spitzen-BH, ohne die Lippen von ihren zu lösen. Mit einer geschickten Bewegung öffnete er den Verschluss ihres BHs und streifte ihn ihr ebenfalls von den Schultern. Er presste seine harten, heißen Lenden gegen ihre Schenkel, während er mit dem Daumen über die zarten Brustspitzen strich, bis diese sich hart und wie sehnsuchtsvoll aufrichteten.
Schließlich löste er sich von ihren Lippen und küsste einen feurigen Pfad ihren Hals hinunter bis zu ihren Brüsten. Als er erst die eine, dann die andere rosige Knospe mit den Lippen umschloss und seine Zunge ein erregendes Spiel begann, stöhnte Greta laut auf. Lustvoll setzte er die Erkundung ihres Körpers fort, wanderte mit den Lippen zu ihrem flachen Bauch, vergrub die Zunge spielerisch in ihrem Bauchnabel und kniete sich vor sie, wie ein Ritter, der seiner Königin huldigte. Dies war die Erfüllung all ihrer Träume. »Shane«, hauchte sie sehnsüchtig. Er sah kurz zu ihr auf, die grauen Augen dunkel vor Leiden schaft. »Lass mich.« Seine Stimme klang sanft und doch fordernd. Sie konnte sich seinem und ihrem eigenen Verlangen nicht länger widersetzen. Die Welt um sie herum begann sich zu drehen, als er ihr Kleid bis zur Taille hochschob. Er bedeckte ihre Schenkel mit heißen kleinen Küssen, dann ihren Bauch und das Spitzenhöschen. Mit der Zunge glitt er bis zu ihrem Nabel hinauf und wieder hinunter. Die innigen Liebkosungen seiner Lippen und seiner Zunge ließen sie erschauern, sie vergrub die Hände in seinem Haar und zog seinen Kopf dicht zu sich heran. In dem Be wusstsein, dass sie das hier wollte, ihn wollte, wie sie nie zuvor im Leben etwas begehrt hatte, stöhnte sie leise auf. »Shane«, stieß sie mit rauer Stimme hervor, bittend, flehentlich. Mit einer einzigen raschen Bewegung zog er ihr das Höschen bis zu den Knien herunter. Seine Hände wanderten ihre Schenkel hinauf. Er streichelte sanft ihren Po und ihre Schen kel, während er seine Lippen auf ihre heiße Haut presste. Er reizte sie mit der Zunge, bis sie aufstöhnend den Kopf zurück warf. Ihr Körper bebte vor Verlangen. Und dann wurde sie mitgerissen in einem Strudel der Lust und Erfüllung. Shane hielt sie fest umschlungen, während das Nachbeben ihres Körpers langsam abebbte. Er ließ sich in das duftende Stroh fallen und zog Greta sanft mit sich, schloss die Arme um
sie, streichelte sanft ihren Rücken. Wartete auf ein Signal von ihr. Sie wusste, dass sie sich immer noch zurückziehen konnte, er würde ihre Entscheidung respektieren. Obwohl ihm das sicher nicht leicht fallen würde. Durch den rauen Stoff seiner Jeans spürte sie seine harte Männlichkeit. Er hob sanft ihr Kinn an und sah sie fragend an. »Was denkst du?« Zärtlich schob er ihr eine blonde Haarsträhne hinters Ohr. Greta bewegte sich sehnsüchtig auf ihm. Ein herausforderndes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Diesmal bringst du besser zu Ende, was du angefangen hast, Shane McCabe.« Shane brach in schallendes Gelächter aus, wurde aber sogleich wieder ernst. »Das dürfte kein Problem sein.« Sie breiteten die Decken auf dem Stroh aus. Greta streifte ihr Höschen ab und warf es beiseite, während Shane den Reißver schluss ihres Kleides herunterzog und es ihr von den Schultern streifte. Als sie endlich nackt vor ihm stand, sog er ihren Anblick regelrecht in sich auf. »Du bist wunderschön«, stieß er mit rauer Stimme hervor. Und so fühlte sich Greta auch, schön und begehrenswert. In dieser Intensität hatte sie das noch nie zuvor empfunden. Shane hob die Hand und zeichnete mit dem Daumen den Schwung ihrer Lippen nach. Greta erschauerte. Mit zitternden Finger zog sie sein Hemd aus dem Hosenbund und knöpfte es auf. Sie schob den Stoff beiseite und streichelte seine breite Brust, spielte mit den krausen Härchen. »Um eins klarzustel len«, murmelte sie, während sie seine Brust mit kleinen Küssen bedeckte, »das ändert gar nichts.« Sie liebkoste seine Brust spitzen mit der Zunge. »Das macht uns auch nicht zu einem richtigen Ehepaar«, bekräftigte sie in der Absicht, sie beide vor einem Desaster zu beschützen. »Ist schon okay.« Shane sog scharf die Luft ein, als sie ihm das Hemd abstreifte und sich an seiner Hose zu schaffen machte. Er betrachtete sie in einer Mischung aus Zärtlichkeit und heißem Verlangen, das ihr Blut in Wallung brachte. »Ich
war sowieso nie besonders scharf darauf zu heiraten.« »Ich auch nicht.« Sie kniete sich vor ihn, zog ihm Stiefel und Hose aus. Dann hielt sie inne und schob tastend die Hand unter den Elastikbund seines Slips. Er fühlte sich heiß und hart an. »Dann sind wir uns also einig?« Sie strich mit den Lippen über seine Schenkel, bis er erschauerte. »Absolut.« Aufstöhnend umfasste er ihren Kopf. Aufreizend langsam befreite sie ihn nun auch noch von seinem Slip. »Das ist einfach nur eine heiße Liebesnacht.« Greta liebkoste ihn mit dem Mund, ließ die Zunge über die heiße, samtige Haut gleiten. Als er kurz davor war, seiner Lust nachzugeben, ließ sie von ihm ab. »Wir sind nicht dabei – die Betonung liegt auf nicht! –, unsere Ehe zu vollziehen«, fuhr sie keuchend fort. »Einverstanden«, brachte er heiser hervor. Er ließ sich auf die Decke fallen, zog sie mit sich und schob sich über sie. Er spreizte ihre Beine mit seinen Knien und schmiegte sich eng an sie. Seine Lippen fanden ihre, und dann drang er in sie ein, tief und leidenschaftlich. Jetzt gab es keine Zurückhaltung mehr, Greta bog sich ihm wild und fordernd entgegen, und er beschleunigte und vertiefte seinen Rhythmus. Und dann, endlich, versanken beide in einem Strudel der Lust. Gemein sam erlebten sie einen Höhepunkt, der sie alles um sich herum vergessen ließ. Shane erwachte kurz nach Sonnenaufgang. Greta schlief noch .tief und fest, behaglich in seine Arme geschmiegt, und er hatte nicht vor, sie zu wecken. Es fühlte sich für ihn überraschend gut an, so mit ihr dazuliegen, in ihrem Bett aus Stroh. Im Laufe der Nacht hatten sie sich noch mehrmals geliebt. Es war schier unglaublich, welche Leidenschaft sie füreinander empfanden. Die Chemie zwischen ihnen stimmte, das ließ sich nicht leugnen. Sie beide waren füreinander gemacht, zumindest im Bett. Vielleicht auch sonst. Und das war der Haken an der
Sache. Ihr Entschluss, sich nach Ablauf von ein, zwei Wochen wieder zu trennen, würde ins Wanken geraten, das spürte er genau. Bisher hatte er nie Schwierigkeiten gehabt, das Ende einer Beziehung zu akzeptieren, wenn die Zeit reif war. Doch mit Greta sah die Sache anders aus. Und das hatte nichts damit zu tun, dass sie verheiratet waren, sondern mit den Gefühlen, die sie in ihm geweckt hatte. Er wünschte sich, Teil ihres Lebens zu sein, und zwar nicht nur vorübergehend, sondern für immer. Doch dieser Wunsch würde sich nicht realisieren lassen. Greta räkelte sich seufzend und riss ihn aus seinen Grübelei en. »Wie spät ist es?« murmelte sie schlaftrunken. Shane blickte auf die Uhr. Er hatte Mühe zu ignorieren, wie warm und weich sich ihr Körper anfühlte. »Kurz vor halb acht.« Am liebsten hätte er erneut mit ihr geschlafen, doch wenn er das tat, dann würden sie nie hier herauskommen. Greta setzte sich stöhnend auf. »Ich muss los.« Sie strich sich mit den Fingern glättend durch die zerzausten blonden Locken. »Viel zu tun?« Greta nickte und wich seinem Blick aus. Während er zusah, wie sie aufstand und sich anzog, wurde ihm klar, dass sie vermutlich genauso durcheinander war wie er. Doch bevor er etwas sagen konnte, hörte er einen Wagen auf den Hof fahren. Er ging zur Stalltür und spähte hinaus. »Wer ist das?« Hektisch zupfte sie einige Strohhalme aus ihrem Haar und fuhr sich glättend über ihr Kleid. Shane seufzte. »Mein Vater.« Gemeinsam verließen sie die Ställe. John McCabe wünschte ihnen barsch einen guten Morgen. »Greta, wenn es dir nichts ausmacht, möchte ich gern unter vier Augen mit meinem Sohn sprechen.« Shane kannte diesen Ton nur zu gut. Er hatte ihn in seiner Jugendzeit immer dann zu hören bekommen, wenn er etwas angestellt hatte.
Greta nickte John zu. Sie drückte Shane die Hand und sagte »Ich warte im Haus.« Greta ging geradewegs in die Küche und setzte Kaffeewasser auf. Als der Kaffee fertig war, eilte sie auf die Veranda, um die beiden Männer hereinzubitten. Im Wohnzimmer könnten Vater und Sohn entspannt miteinander reden. Doch sie kam zu spät. Shanes und Johns Mienen machten deutlich, dass es kein angenehmes Gespräch gewesen war. Nachdem John weggefah ren war, fragte Greta besorgt: »Alles okay?« »Ja, klar doch.« Die Lippen zu einem schmalen Strich zu sammengepresst, wandte Shane sich ab und ging zu den Ställen. Da sie wusste, dass das Gespräch zwischen Vater und Sohn zweifellos auch sie betraf, folgte Greta ihm. »Du siehst aber gar nicht okay aus.« Schweigend bückte sich Shane, um die Decken aufzuheben, in die sie sich letzte Nacht gehüllt hatten. »Was hat dein Dad gesagt?« »Die üblichen Vorwürfe«, erwiderte Shane gepresst. »Dass sie mehr von mir erwartet hätten.« »Es ging um unseren Streit gestern Abend, stimmt’s?« Shane legte die Decken über die Stalltür. Er antwortete nicht. »Es tut mir Leid«, bekannte Greta niedergeschlagen. »Ich wollte dir keinen Ärger mit deiner Familie machen.« »Das ist für mich nichts Neues, Greta«, versetzte er bitter. »Seit meiner Geburt bin ich eine einzige Enttäuschung für meine Eltern.« Seine Verbitterung tat ihr weh. Zumal sie genau wusste, dass er mit seiner Vermutung falsch lag. »Wie kannst du so etwas nur sagen? Ich weiß, wie stolz alle auf dich und deine Rodeo Erfolge sind. Meine Mutter erzählt immer, wie begeistert deine Eltern über alle ihre Söhne sprechen, dich eingeschlossen.« »Mag sein, aber trotzdem habe ich sie enttäuscht. Sie haben eine Menge Geld in meine Ausbildung gesteckt. Und obwohl ich die auch erfolgreich abgeschlossen habe, hat mich1 das
Lernen nie interessiert. Ich wollte nur immer draußen bei den Pferden sein. Als ich mich weigerte, aufs College zu gehen und mich stattdessen für eine Rodeo-Karriere entschied, haben wir jahrelang kaum ein Wort gewechselt.« Auch zwischen Greta und ihren Eltern hatte es zahlreiche Auseinandersetzungen gegeben, aber zu einem echten Zer würfnis war es nie gekommen. Sie konnte sich gut vorstellen, wie schmerzlich das für die McCabes gewesen sein musste. Er seufzte. »Letztendlich haben sie mir verziehen, als ich erfolgreicher Champion war und eine Menge Geld gemacht hatte. Genug jedenfalls, um diese Ranch hier zu kaufen. Aber ich glaube, tief in ihrem Innern sind sie immer noch enttäuscht, dass ich nicht aufs College gegangen und wie Travis Agrarwis senschaften studiert und mich niedergelassen und geheiratet habe.« Sein Blick machte deutlich, wie verletzt er war. »Aber verheiratet bist du ja jetzt«, hielt sie ihm sanft entge gen. »Du weißt schon, was ich meine: richtig verheiratet.« Ja, ich weiß, dachte sie traurig. »Wie auch immer, mein Vater hat mir gerade gründlich die Leviten gelesen, dass ich unsere Beziehung nicht ernst genug nehme.« Plötzlich wurde sein Blick weich, und er strich Greta zärtlich über die Wange. »Wenn er nur wüsste«, sagte er leise. Ja, dachte Greta traurig. Wenn sie doch bloß alle wüssten.
8. KAPITEL »Ich sage ja nur, dass Shane völlig Recht hatte, sauer zu sein«, erklärte Tillie. Es war Freitagvormittag, und sie und Bart waren zum Tanzclub gefahren, um Greta zu helfen. »Wenn er sich gestern Abend daneben benommen hat, dann nur, um dir zu zeigen, dass du nicht gerade die perfekte Ehefrau bist.« Die Kritik ihrer Mutter traf Greta tief. Noch schlimmer war, dass ihr Vater diesmal hundertprozentig hinter ihrer Mutter
stand. Greta blickte gedankenverloren aus dem Fenster. Auf dem Hinterhof herrschte geschäftiges Treiben: Waren wurden angeliefert, Handwerker fuhren vor. Ihr lange ersehnter Traum wurde Wirklichkeit. Ihre Eltern sollten verdammt stolz darauf sein, was ihre Tochter alles auf die Beine gestellt hatte. Stattdessen konzentrierten sie sich auf ihr vermeintliches Versagen als Ehefrau. »Ihr wisst doch, wie viel ich in letzter Zeit um die Ohren hatte. Schließlich ist morgen Eröffnung!« Tillie schüttelte bedauernd den Kopf. »Liebes, ich sage es nur ungern, aber das ist keine Entschuldigung. Nimm nur mal die anderen McCabe-Frauen. Die arbeiten alle hart und schaffen es dennoch, ihren Haushalt perfekt zu organisieren und ihre Männer bei Laune zu halten.« Greta hob bockig das Kinn. »Deiner Meinung nach kann ich mit diesen Superweibern also nicht mithalten?« schnappte sie ungehalten, während sie Silberbesteck in bluten weiße Stoffservietten wickelte. Tillie tätschelte ihr besänftigend den Arm. »Ich denke, du versuchst es gar nicht erst.« »Schau mal, Liebes«, wandte Bart ein, der seiner Tochter beim Einrollen der Bestecke half. »Du weißt, dass deine Mutter und ich nicht gerade begeistert waren über deine überraschende und übereilte Heirat. Aber mal abgesehen von seiner etwas ungestümen Art – die ich, ehrlich gesagt, für reine Show halte – ist Shane ein guter Mann, aus einer guten Familie. Er hat Geld und eine hervorragende Zukunftsperspektive, und er hat bewiesen, dass er stets bekommt, was er sich in den Kopf setzt. Und wie er dich manchmal ansieht…« Sein Blick wurde weich. »Da liegt etwas ganz Besonderes in seinem Blick, ein Funken, der nicht bei allen Paaren überspringt.« »Das nennt man Chemie«, murmelte Greta. Die Chemie zwischen ihnen stimmte, das konnte man wohl sagen. Dieser Umstand hatte dazu geführt, dass sie gestern Nacht alle Vorsicht in den Wind geschlagen und heißen Sex gehabt
hatten. »Was immer es auch ist, ihr beide besitzt es im Überfluss. Das ist uns allen aufgefallen. Wir haben noch darüber gespro chen, nachdem ihr nach Hause gefahren seid. Alle finden, dass Shane total vernarrt in dich sein muss.« »Ihr solltet wirklich das Beste daraus machen«, fügte Tillie hinzu. »Schließlich werden nicht alle Ehen aus Liebe geschlossen«, erklärte Bart in väterlicher Weisheit. »Die kommt oft erst später.« Tillie nickte zustimmend. »Romantische Liebe vergeht sowieso irgendwann. Wie auch immer, wir sind alle fest entschlossen, euch zu einem guten Start zu verhelfen.« »Dass ihr Hals über Kopf zusammen durchgebrannt seid, können wir nicht rückgängig machen«, versetzte Bart mit ernster Miene. »Aber wir können eurer Ehe einen respektablen Charakter verleihen, und zwar heute Abend noch.« Im Stillen fluchte Greta. So entsetzt ihre Eltern anfangs über diese Ehe gewesen waren, so sehr bemühten sie sich jetzt, sie zu einem Erfolg werden zu lassen. »Der Hochzeitsempfang.« »Genau.« Die Antwort kam unisono. Greta konnte nicht anders, sie stöhnte gereizt auf. Doch davon ließen sich ihre Eltern nicht beeindrucken. »Vermutlich hast du nichts Passendes anzuziehen«, erriet Tillie die Sorgen ihrer Tochter. »Das kannst du laut sagen.« Sie hatte heute so viel zu erledi gen, dass sie beim besten Willen nicht wusste, wann sie auch noch einkaufen gehen sollte. »Keine Sorge.« Tillie strahlte übers ganze Gesicht. Wie üblich war sie Greta in solchen Angelegenheit bereits meilen weit voraus. »Jenna Lockhart kommt nachher vorbei und nimmt deine Maße.« Auch das noch, ein Designer-Kleid! Jenna, eine ehemalige Schulkameradin von Greta und Danis Schwester, gehörte die
örtliche Schneiderei. Sie hatte jedoch auch Textildesign studiert und war der aufgehende Stern am Designer-Himmel. Greta stöhnte erneut auf. Ihre Eltern hatten aber auch nichts ausgelassen. Shane hatte gerade die schwarze Hose und das weiße Hemd angezogen, als Greta in einer Parfüm wölke ins Zimmer rauschte. Ihr hübsches Gesicht war apart geschminkt, und sie trug einen knielangen Seidenkimono, unter dem wohlgeformte Beine in weißen, hauchzarten Seidenstrümpfen hervorschauten. Ihre Füße steckten in hochhackigen Satin-Schuhen. Das hellblonde Haar hatte sie zu einer lockeren Hochsteckfrisur arrangiert, die äußerst sexy wirkte. Obwohl sie ja noch gar kein Hochzeitskleid trug, war sie bereits jetzt die schönste Braut, die er je gesehen hatte. »Ich brauche deine Hilfe.« Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit sich ins Schlafzimmer, das sie zu ihrer Garderobe umfunktioniert hatte. »Ich komme allein nicht in dieses Kleid rein.« Um die Wahrheit zu sagen, war Shane äußerst neugierig, was Greta unter dem Kimono anhatte. Er grinste spitzbübisch. Das würde er also gleich erfahren. »Stets zu Diensten«, meinte er mit einer kleinen Verbeugung. »Auch mit dem Petticoat brauche ich Hilfe.« »Okay.« Nach kurzem Zögern fügte er hinzu: »Was ist das?« »Das hier.« Sie reichte ihm eine weiße Plastiktüte in Form eines zusammengerollten Schlafsacks. »Bitte mach es auf und schüttle den Rock gründlich aus.« Shane gehorchte, und die steifen Lagen des Petticoats entfal teten sich. »Hey, das Ding kann ja ganz allein stehen«, staunte er. Greta schlüpfte aus dem Kimono und warf ihn achtlos über das Bett. »Ich weiß nicht, ob ich lieber hineinsteige oder ihn mir über den Kopf ziehe.« Sie war sich nur zu bewusst, wie verführerisch sie aussah: weißes Satin-Bustier, Bikini-Höschen
und halterlose, lange Strümpfe. Shanes Herzschlag beschleunigte sich abrupt. Es kostete ihn äußerste Willensanstrengung, den Blick von ihren schwellenden Brüsten zu wenden, die vom zarten Spitzenoberteil ihres Bustiers nur knapp bedeckt wurden. »Über den Kopf.« Um überhaupt auf diesem verflixten Empfang anzukommen, war es wichtig, Greta so rasch wie möglich unter Lagen von Stoff zu verhüllen. Sonst konnte er für nichts garantieren. Ohne noch eine Sekunde länger zu zögern, half er ihr, den Petticoat über den Kopf bis zur Taille herunterzuziehen. »Jetzt nimm die beiden Bänder in der Taille und mach einen lockeren Knoten.« Greta drehte ihm den Rücken zu und stützte die Hände an der Wand ab. »Okay, und jetzt fest zusammen ziehen.« Ungeduldig klopfte sie mit dem Fuß auf den Boden, während er ungeschickt an den Bändern rumfummelte. »Fester«, befahl sie. »So ist es gut. Jetzt mach einen Knoten. Und jetzt das Kleid.« »Auch über den Kopf?« Sie nickte. Shanes Augen weiteten sich erstaunt, als er das weiße Kleid aus schimmerndem Satin anhob. »Mensch, ist das schwer.« »Das haben Hochzeitskleider so an sich.« Vorsichtig, um nur ja nicht ihre Frisur zu ruinieren, streifte Shane ihr das Kleid über. Sie zog das Oberteil bis zur Taille herunter und strich glättend über den kostbaren Stoff. Mit einem leisen Rascheln rieselte der Rock hinunter über den Petticoat. Sorgfältig darauf bedacht, nur ja nicht auf den Saum des Kleides zu treten, knöpfte und zog Shane, während Greta sich prüfend im mannshohen Spiegel an der Schlafzimmertür betrachtete. Das Kleid, das Jenna entworfen hatte, sah wirklich umwerfend aus. Es war ärmellos, hatte einen strassbestickten Ausschnitt, ein eng anliegendes Oberteil und einen duftigen Rock. In seiner Schlichtheit wirkte es sehr elegant. Und es
passte hervorragend zu dem schmalen, satinüberzogenen Stirnreif, der Gretas Frisur zierte. »Es ist wunderschön«, murmelte sie glücklich. »Das kann man wohl sagen.« Grinsend legte Shane ihr die Hände auf die Schultern und begegnete ihrem Blick im Spiegel. »Du siehst umwerfend aus«, sagte er zärtlich. Sein Blick ließ sie erschauern. Sie kam sich vor wie die einzige Frau auf Erden. Sie drehte sich zu ihm um und legte ihm die Hände auf die Brust. »Du siehst auch toll aus.« Frisch rasiert. Das blonde Haar noch feucht vom Duschen und nach Shampoo duftend. Ohne Stiefel, das Hemd offen, die Fliege noch nicht gebunden, sah er so überwältigend sexy aus, dass Greta der Atem stockte. Ihr wurde plötzlich bewusst, dass sie ihre Jungmädchen-Schwärmerei für ihn noch lange nicht überwunden hatte. Im Gegenteil… sie war auf dem besten Weg, sich Hals über Kopf in ihn zu verlieben… Nein, das war sie bereits. Und das stellte eine ernsthafte Gefahr für ihren festen Vorsatz dar, sich in ein paar Wochen von Shane zu trennen. Das wäre eine Katastrophe! Wenn er sie doch bloß nicht so ansehen würde, als wollte er jeden Moment mit ihr ins Bett hüpfen, um eine zweite, leidenschaftliche Liebesnacht einzuläuten… Die beste Taktik war wohl, ihn dazu zu bewegen, sich so schnell wie möglich anzuziehen. »Ich helfe dir«, bot sie an. Sie begann ihm das Hemd zuzuknöpfen. Dann befestigte sie die Zierbeschläge aus Onyx an den Knöpfen. »Wenn wir so weitermachen, kommen wir nie auf dem Empfang an.« Er band seine Fliege und stopfte sich das Hemd in den Hosenbund. »Vorher landen wir in dem Bett da.« »Das bezweifle ich keine Sekunde«, erwiderte sie so gelassen wie möglich. Sie half Shane mit dem Kummerbund und den Hosenträgern. »Glaub mir, da wäre ich tausend Mal lieber als auf diesem albernen Hochzeitsempfang zu unseren Ehren.« Shane ergriff ihre Hand und küsste sie. »Warum bleiben wir
dann nicht einfach zu Hause?« Greta seufzte frustriert. »Weil sie dann sicher eine ganze Hundertschaft ausschicken würden, um uns zu holen. Und ein zweites Mal bei einer kompromittierenden Bettszene erwischt zu werden, das halte ich nicht durch.« »Stimmt. Obwohl, das erste Mal war völlig unschuldig.« »Das wissen die anderen doch nicht. Und sie sollen es auch nicht erfahren.« Sie hielt ihm das Smoking-Jackett hin, und er schlüpfte hinein. Bevor sie zurücktreten und sein Outfit bewundern konnte, zog Shane sie unvermittelt in die Arme und hielt sie so fest umschlungen, wie ihr bauschiger Rock es erlaubte. Greta hob den Kopf und sah ihn an. Die schwarze Jacke und das weiße Hemd betonten die Farbe seiner sonnengebräunten Haut und der grauen Augen. Er umschloss ihren Mund mit seinen Lippen, und Greta erwiderte seinen Kuss hungrig. Sofort versank die Welt um sie herum, reduzierte sich auf diesen heißen, drängenden Kuss. Und es blieb nicht bei diesem einen Kuss. Ihrer beider Leiden schaft war hell entfacht, und sie drängten sich stöhnend aneinander. Süße, wilde Wellen, der Sehnsucht durchströmten ihren Körper. Greta presste sich an Shane, und er zog sie noch dichter an sich heran, hüllte sie ein in die heiße Umarmung seines starken, hoch gewachsenen Körpers. Seine Liebkosun gen wurden immer aufreizender, bis Greta schließlich das Gefühl hatte, in seinen Armen dahinzuschmelzen. In diesem Moment klingelte es an der Tür. Fluchend löste Shane sich von Greta. Er lehnte seine Stirn gegen Gretas, während beide sich bemühten, ihren keuchenden Atem zu beruhigen. »Wer zum Teufel ist das?« Greta zuckte die Achseln. Sie erwartete niemanden. Stirnrunzelnd dirigierte er sie zum Fenster. Auf dem Hof stand eine weiße Limousine in Überlänge, dekoriert mit pastellfarbigen Bändern.
Shane klopfte gegen die Scheibe und gab dem Fahrer Zei chen, dass sie gleich herunterkommen würden. »Wenigstens fahren wir stilvoll zu unserem Empfang.« »So viele Autos auf einmal habe ich noch nie gesehen«, staunte Greta, als die Limousine sich der idyllisch gelegenen Ranch näherte, auf der Shane auf gewachsen war. Die lang gezogene, asphaltierte Auffahrt wurde gesäumt von den verschiedensten Personenwagen und Trucks. Kopfschüttelnd rief Greta sich in Erinnerung, wie ihr Hochzeitsempfang in der Zeitung angekündigt worden war. »Nun, es hieß ja, die ganze Gemeinde sei eingeladen.« »Ich weiß.« Shane presste die Lippen zusammen. »Ich hätte nur nie geglaubt, dass alle kommen, besonders so kurzfristig.« Greta betrachtete die Zelte, die überall auf dem weitflächigen Rasen aufgebaut waren, die Lieferwagen, die bunten Lampi ons, die Blumen. Selbst bei Hollywood-Produktionen wurde nicht immer so viel Aufwand betrieben. Das war eindeutig nicht der bescheidene Empfang bei Punsch und selbst gebacke nem Kuchen, den sie erwartet hatte. Schlimmer noch, je größer der Aufwand, desto länger würde der Empfang – und damit auch ihr Täuschungsmanöver – dauern. »Sind das da etwa alles Stühle?« Greta umklammerte Shanes Arm. »Siehst du das?« Shane starrte auf die gut fünfhundert weißen Klappstühle. Einige davon waren schon besetzt. Doch die meisten Gäste standen noch in kleinen Grüppchen beieinander und plauderten gut gelaunt. Er stieß hörbar den Atem aus. »Sieht so aus, als sei hier mehr als nur ein Empfang geplant, findest du nicht?« Gretas Herz sank. »Scheint eher auf eine Hochzeitszeremonie hinauszulaufen.« In aufsteigender Panik umklammerte sie seinen Arm nur noch fester. »Ich glaube nicht, dass ich das durchstehe.« Jetzt, wo Shane wusste, was sie erwartete, schien er nicht halb so aufgeregt wie Greta. »Natürlich kannst .du das«, erwiderte er aufmunternd.
»Shane…« Er beugte sich zu ihr, legte ihr tröstend den Arm um die Schultern und küsste sie auf die Wange. »Vertrau mir, Greta. Es wird schon alles gut gehen.« Kaum hielt die Limousine vor dem Baldachin, der den Aufgang zur vorderen Veranda überdachte, da wurde auch schon der Schlag geöffnet. Shanes drei Brüder – alle ebenfalls im Smoking – erwarteten das Brautpaar. Ebenso Gretas Freundin Dani und zwei weitere ehemalige Schulfreundinnen. Es überraschte Greta nicht, sie als Brautjungfern kostümiert zu sehen. Der Fotograf und der Videofilmer richteten ihre Linsen auf die Szene und legten los. Greta schüttelte den Kopf. »Ich kann kaum glauben, dass ihr mich nicht wenigstens gewarnt habt«, tadelte sie ihre Freundinnen. »Hey, wir wurden auf absolute Geheimhaltung eingeschwo ren«, verteidigte Dani sich und ihre Freundinnen. »Und daran habt ihr euch ja auch tadellos gehalten«, gab Greta trocken zurück. »Wisst ihr denn nicht, dass der Bräutigam die Braut nicht vor der Hochzeit sehen darf?« protestierte Jackson McCabe. »Das trifft sicherlich nicht zu, wenn man schon verheiratet ist«, konterte Shane, als seine Brüder ihn unterhakten und mit sich zogen. »Wo bringen sie ihn hin?« fragte Greta erschrocken. »Sie bereiten ihn auf die Zeremonie vor«, erwiderte Dani, die Greta ebenfalls ins Haus führte. »Das haben wir jetzt übrigens auch mit dir vor.« »Aber ich bin längst fertig«, wandte Greta ein. »Du hast keinen Schleier auf.« »Weil ich eben keinen habe.« »Doch, hast du.« Dani tätschelte ihr beschwichtigend den Arm. »Jenna erwartet dich oben.« Greta wurde die Treppe hinauf gescheucht, wo Lilah McCabe und Tillie sie in Empfang nahmen. Sie strahlten in ihren
festlichen Roben. »Wir waren der Meinung, dass Shane und du euch nie richtig miteinander verheiratet fühlen würdet, wenn ihr nicht eine richtige Hochzeit feiert«, erklärte Tillie geduldig. »Also haben wir uns gedacht«, fuhr Lilah glücklich fort, als sie Greta ein wunderschönes Bouquet aus gelben Rosen reichte, »wenn wir schon den Empfang schmeißen, können wir gleich eine richtige Hochzeit daraus machen.« »Hier kommt das Neue.« Lächelnd trat Jenna hinter die Braut und befestigte den taillenlangen Schleier samt Gesichtsschleier an Gretas Stirnreif. »Etwas Altes.« Tillies Augen schimmerten vor Tränen der Rührung, als sie ihrer Tochter den herzförmigen Diamant Anhänger umlegte, der einmal Gretas Großmutter gehört hatte. »Etwas Geborgtes.« Lilah drückte Greta ein weißes Spitzen taschentuch in die Hand, das sie selbst auf ihrer Hochzeit mitgeführt hatte. »Und etwas Blaues.« Dani wedelte mit einem knallblauen Strumpfband herum. Sie kniete sich vor Greta hin, und die beiden anderen Brautjungfern halfen ihr, Gretas voluminösen Rock anzuheben und das Strumpfband zu platzieren. »Jetzt bist du bereit.« Alles war so, wie es sein sollte. Bis auf eine Kleinigkeit. Er liebte sie nicht. Und sie liebte ihn nicht. Oder doch? Unten drangen die heiteren Klänge des Orchesters ins Haus, und Greta wurde die Bedeutung des Wortes Konsequenzen bewusst wie nie zuvor. Entweder stoppte sie die ganze Sache hier und jetzt, oder es wurde ernst. Und ob vernünftig oder nicht, sie wusste, wofür ihr Herz sich bereits entschieden hatte. Bart Wilson steckte den Kopf durch die Tür. »Es ist Zeit, Liebes.« Seine Haltung drückte eine Mischung aus Stolz und Rührung aus.
Greta wusste, dass es zu spät war, jetzt noch umzukehren. Der Zug war längst abgefahren. Also umklammerte sie ihr Bouquet mit beiden Händen. In der verzweifelten Hoffnung, dass Shane einen Weg finden würde, sie aus der verfahrenen Situation herauszubringen, ging sie auf ihren Vater zu. »Alles in Ordnung mit dir, Liebes?« erkundigte Bart sich besorgt. Greta nickte, obwohl sich ihre Knie wie Pudding anfühlten. »Nur ein bisschen nervös.« »Ich auch.« Bart tätschelte ihr aufmunternd den Arm, bevor er stolzgeschwellt hinzufügte: »Es passiert schließlich nicht jeden Tag, dass ich meine einzige Tochter weggebe, weißt du.« Greta wusste es nur zu gut. Schlimmer noch, sie sah nicht nur wie eine richtige Braut aus, sie fühlte sich auch wie eine. Und das lag nicht einfach nur an der Atmosphäre. Es hatte damit zu tun, was zwischen ihr und Shane vorgefallen war. Langsam, aber sicher wurde ihr klar, dass sie eigentlich ein fantastisches Ehepaar abgeben würden. Doch das würde nie passieren. Besser, sie machte sich da nichts vor. Als sie jetzt zu dem altbekannten Hochzeitsmarsch den Gang zwischen den bis auf den letzten Platz besetzten Sitzreihen entlang schritt, den Blick fest auf Shane gerichtet, der sie am anderen Ende erwartete, drohten ihre Gefühle sie zu überwälti gen. Wie schön wäre es doch, wenn dies keine Scharade wäre, sondern Wirklichkeit. In diesem Moment hätte sie alles darum gegeben, das Theater, das sie für ihre Eltern inszeniert hatten, ganz einfach zu vergessen, und mit Liebe und Geduld an einer glücklichen, gemeinsamen Zukunft zu arbeiten.
9. KAPITEL »Sie will dich wieder zurück, stimmt’s?« Shane trug Greta über die Türschwelle, nickte dem Fahrer der Limousine zum Abschied zu und schlug die Tür hinter sich mit
dem Fuß zu. Dann trug er Greta geradewegs nach oben ins Schlafzimmer. »Wer?« »Bonnie Sue.« Shane setzte seine Braut auf das breite Bett, das sie bis jetzt noch nicht eingeweiht hatten. Auch hier im Schlafzimmer hatten fleißige Helfer gewirkt. Die Betten waren frisch bezogen: Mintgrüne Satinbettwäsche, die Decken säuberlich zurückgeschlagen, flauschige Kissen auf dem ganzen Bett verteilt. »Wie kommst du darauf?« Gretas Blick fiel auf den Tisch am Fenster, der einladend mit lauter Köstlichkeiten beladen war: eine Flasche Champagner im Eiskühler, eine Platte mit Früchten, Käse und Crackern. Gemüsestäbchen und verschiedene Dips. Winzige Quiches. Kanapees. Oliven. Nüsse. Brezeln. Zwei Stücke von der Hochzeitstorte. »Weil sie zu unserer Hochzeit erschienen ist und dann gleich wieder abtauchte, nachdem mein Ex-Freund gegangen war.« »Ich dachte, er war nicht dein Freund.« »Du weißt schon, was ich meine.« Ungeduldig fügte sie hinzu: »Was hat sie gesagt, als du mit ihr getanzt hast?« Die unverhohlene Eifersucht in ihrer Stimme schmeichelte ihm. Er nahm den Champagner aus dem Kühler und nestelte am Verschluss herum. »Sie meint, dass unsere Heirat Beau Chamberlains Ruf geschadet hat. Schließlich hast du den großen Filmstar wegen eines unbedeutenden Cowboys verlassen.« »Vermutlich wäre es ihm lieber, wenn ich noch als offizielle Begleiterin zur Verfügung stünde.« Shane zog den Korken aus der Flasche und goss die über schäumende Flüssigkeit in die bereitstehenden Champagner kelche. »Hast du ihm gesagt, dass wir zusammenbleiben wollen?« »Für ein paar Wochen«, räumte Greta ein. »Er hält unsere
kleine Scharade für eine schlechte Idee. Und ich muss ihm Recht geben, wenn ich an die glückstrahlenden Gesichter unserer Eltern heute Abend denke.« Shane reichte Greta ihren Champagner, und sie prosteten einander schweigend zu. »Wie meinst du das?« fragte er stirnrunzelnd. Greta nippte an der goldenen Flüssigkeit. Mit unglücklicher Miene löste sie ihren Schleier und legte ihn zur Seite. »Sie sind fest davon überzeugt, dass wir ein Liebespaar sind, Shane.« Und vielleicht, dachte Shane, während er seine Fliege löste, sind wir das ja auch. Doch wenn er ihr das jetzt sagte, würde sie ihm vermutlich kein Wort glauben. Nicht nach allem, was passiert war. Er hatte die Sache von Anfang an vermasselt. Es würde Zeit und jede Menge Mühe brauchen, all das ungeschehen zu machen. Doch er konnte es schaffen, dessen war Shane sich sicher. Er brauchte nur die Zeit und die Gelegenheit. Eines war ihm an diesem Abend klar geworden: Er wollte Greta nicht verlieren. Und wenn ihn sein Instinkt nicht trog, dann empfand Greta genauso. Das musste er ihr bewusst machen. Und zwar am Besten mit Taten, nicht mit Worten. Ohne ihr Gelegenheit zu geben zu protestieren, zog er sie in die Arme. Ein herausforderndes Lächeln auf den Lippen, registrierte er, wie ihre Augen dunkel vor Verlangen wurden. Er senkte den Kopf und presste seinen Mund auf ihren. Im Bewusstsein, nie im Leben zuvor eine Frau so sehr begehrt zu haben, küsste er sie endlich so, wie er es schon hatte tun wollen, als er ihr mit dem Hochzeitskleid geholfen hatte. Greta stöhnte sehnsüchtig auf, was seine Leidenschaft nur noch mehr entfachte. Er vertiefte seinen Kuss in geradezu verzweifelter Sehnsucht. Ihre Lippen fühlten sich warm und sexy an, ihr Körper drückte Hingabe und brennendes Verlan gen aus. Sie schlang die Arme um seinen Nacken und zog ihn noch dichter an sich heran. Ihr Körper bebte erwartungsvoll.
Sie wusste, dass sie wieder zusammen schlafen würden, und das erfüllte sie mit einem unendlichen Glücksgefühl. Ihre Lippen öffneten sich, und er eroberte mit der Zunge das feuchte, warme Innere ihres Mundes. »Shane…«, hauchte sie. »Sag bitte nicht Nein, Greta«, flüsterte Shane mit rauer Stimme, während er tausend heiße kleine Küsse auf ihrem Hals und ihrem Dekollete platzierte. »Sag nicht Nein zu uns.« Keuchend suchte Greta seine Lippen. Das war Antwort genug für ihn. Ohne aufzuhören, sie zu küssen, langte er hinter sie und knöpfte ihr das Kleid auf. Sie drängte sich ihm entgegen, aufgewühlt und voller Verlangen. Entzückt registrierte Shane, dass sie ihn genauso begehrte wie er sie. Und doch lagen noch unzählige Lagen Stoff zwischen ihnen. Schwer atmend löste er sich von ihr. »Darling, wir müssen dich erst mal aus diesem Kleid schälen.« Greta sah ihn aus dunkel verschleierten Augen an. Ein aufreizendes Lächeln auf den Lippen, trat sie einen Schritt zurück. »Okay, Cowboy, ich zuerst.« Spielerisch fuhren ihre Hände über seine Brust. »Aber damit du nur Bescheid weißt«, sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen provozierenden Kuss, »du bist als Nächster dran.« Immer noch lächelnd wandte sie ihm den Rücken zu. Er streifte ihr das Oberteil des Kleides von den Schultern bis zur Taille hinunter. Von da ab ging es nicht weiter. Mit einem frustrierten Stöhnen – er wollte sie nackt in all ihrer Schönheit hielt Shane inne. Solange sie den Petticoat anhatte, bekam er das Kleid unmöglich aus. »Falscher Weg, was?« Greta drehte sich um, äußerst zufrieden, dass er es kaum erwarten konnte, mit ihr zu schlafen. »Scheint so. Was meinst du, sollen wir es noch mal versuchen?« »Müssen wir wohl.« Plötzlich genauso ungeduldig wie er, hob Greta die Arme über den Kopf, wobei sich ihre Brüste unweigerlich zu
schwellenden Hügeln zusammendrückten. Der Anblick raubte Shane fast den Atem. Er raffte den voluminösen Rock zusam men. »Halt mal still.« »Als ob mir etwas anderes übrig bleibt«, gab sie zurück, ihre vor Erregung heisere Stimme gedämpft durch den fließenden Satin, während Shane sich abmühte, ihr das Kleid über den Kopf zu ziehen. »Wie kommst du voran?« Nicht schnell genug. »Gleich geschafft.« Mit einem letzten Ruck befreite er sie aus dem Kleid, das er anschließend sorgfältig über einen Stuhl legte. »Endlich befreit.« Mit einem leisen Lachen und einem aufreizenden Hüft schwung drehte sie ihm erneut den Rücken zu. »Noch nicht, Cowboy, aber wir arbeiten daran.« »Ach, das ist ja leicht.« Shane trat hinter sie, knöpfte das Band auf, das den Petticoat hielt, und zog ihr diesen ebenfalls über den Kopf. Er warf das raschelnde Organza-Gewebe achtlos beiseite und wandte sich wieder seiner Braut zu. Jetzt endlich konnte er den Anblick genießen, der sich ihm bot. Eine ganze herrlich viel versprechende Nacht lag vor ihnen. Greta stand in ihrer weißen Spitzenunterwäsche vor ihm und rührte sich nicht. Das Bustier aus Satin und kostbarer Spitze umschloss ihren Oberkörper wie eine zweite Haut. Darunter zeichneten sich deutlich die vollen, festen Brüste ab, die zarten Rundungen und die dunklen Knospen. Der nahezu durchsichti ge Slip gab den Blick frei auf das dunkle Dreieck zwischen ihren Schenkeln. Die langen schlanken Beine steckten in langen hauchzarten Seidenstrümpfen mit einem breiten Spitzenrand. Aufreizend leuchtete ihm das blaue Strumpfband entgegen. »Gefällt es dir?« fragte sie mit einem herausfordernden Lächeln. Shane nickte, unfähig, auch nur ein Wort herausbringen. Wenn das nicht das Paradies war, dann wusste er auch nicht… Er beugte sich vor und küsste sie zärtlich auf den Nacken.
»Wetten, dass?« stieß er mit rauer Stimme hervor, während er die Finger ganz leicht über ihren Rücken und ihre Arme gleiten ließ. »Das freut mich. Weil nämlich jetzt ich an der Reihe bin, dich auszuziehen.« Sie trat hinter ihn und streifte ihm das Smoking Jackett ab. Ließ es neben ihrem Petticoat zu Boden fallen. Dann richtete sie sich auf die Zehenspitzen auf und gab ihm einen langen, sehnsüchtigen Kuss, der das Blut in seine Lenden schießen ließ. Shane stöhnte laut auf, nahe daran, die Beherrschung zu verlieren. »Greta…« »Zu langsam?« neckte sie ihn. Shane wollte nichts lieber, als das ganze Leben lang mit ihr zu verbringen, aber im Augenblick – heute Nacht – nahm er alles, wie es kam. »Viel zu langsam«, versicherte er. Um seine Worte zu bekräftigen, machte er sich daran, sein Hemd aufzuknöpfen, doch sie hielt ihn zurück. Keine Chance, ihr den Spaß zu rauben. Shane rief sich aufseufzend in Erinnerung, dass er ihr das Kommando übergeben hatte, jedenfalls im Moment, und überließ sich ihren fordernden Lippen und ihren geschickten Händen. Kummerbund und Hosenträger landeten auf dem Fußboden. Sie knöpfte ihm das Hemd auf, schälte ihn aufrei zend langsam aus dem weißen feinen Leinen, wobei sie immer wieder innehielt, um ihn zu streicheln und kleine Küsse auf seine Brust zu drücken. Ihre offenkundige Absicht, ihn nach allen Regeln der Kunst zu verführen, erregte ihn derart, dass er es fast nicht mehr ertrug. »Du genießt das richtig, hm?« stieß er heiser hervor. Zu sehr, vielleicht. »Oh ja. Ich hatte noch nie Gelegenheit, endlich mal nicht das brave kleine Mädchen zu sein.« Sie öffnete die Schnalle seines Gürtels und zog ihm mit einem einzigen Ruck den Reißver schluss seiner Hose herunter. »Oops.« Die Hose rutschte bis zu seinen Knien herunter. Sie kniete sich vor ihn, wobei ihre
Brüste aufreizend aus dem Bustier quollen. »Erst mal die Schuhe.« »Ganz wie du meinst.« Er begann sich zu fragen, wie er je ohne sie hatte auskommen können. Sie brachte so viel Freude in sein Leben, so viel Feuer. Mit ihr an seiner Seite schien alles und jedes möglich. Sogar die Ehe… eine, die ein Leben lang hielt. Greta zog ihm erst den einen, dann den anderen Stiefel aus. »Ehrlich gesagt«, meinte sie und fuhr sich mit der Zungenspit ze über die Unterlippe, während sie ihm die Hose abstreifte, »ich mag dich am liebsten ohne alles.« Shane lachte leise auf. Er streckte die Hand aus, um ihr liebkosend durchs Haar zu fahren. »Mach so weiter, und dein Wunsch geht in Erfüllung.« Achtlos warf Greta die Hose beiseite. Immer noch vor ihm kniend, strich sie über seinen Slip, unter dem sich deutlich seine harte Männlichkeit abzeichnete. »Andererseits gefällst du mir so auch ganz gut.« »Bist du sicher?« neckte er sie. Er beschloss, dass er ihr jetzt – lange genug das Ruder überlassen hatte. Er nahm ihre Hand und zog sie hoch. Mit wild klopfendem Herzen betrachtete Greta sein männlich markantes Gesicht. Sie schmiegte sich an ihn und verspürte ein heißes, sehnsüchtiges Ziehen in den Lenden. »Was hast du vor?« »Das.« Er bog ihren Oberkörper weit zurück und senkte seine Lippen auf ihren Mund. Dann wanderte er langsam und genüsslich über ihren Hals bis zu ihren Brüsten. »Und das…« Er richtete sie abrupt auf und gab sie frei. Ein mutwilliges Glitzern in den Augen, trat er zum Schrank und holte ein Päckchen heraus, das Greta sofort erkannte. »Die Hochzeitsnacht-Ausstattung!« rief sie aus, während ihr heiße Röte ins Gesicht schoss. In jener Nacht, als sie mit Shane durchgebrannt war, hatte man ihnen – zu ihrem äußersten
Missfallen – nach der Trauungszeremonie dieses Päckchen in die Hand gedrückt und ihnen viel Spaß gewünscht. Natürlich war Greta fest davon überzeugt gewesen, es nie und nimmer zu benutzen… Triumphierend leerte Shane den Inhalt des Päckchens aufs Bett aus. Schockiert und fasziniert zugleich betrachte Greta die Ansammlung verschiedener Lotionen, Gleitmittel und StrukturKondome. Alles Dinge, die Greta nie zu kaufen gewagt hätte. »So etwas habe ich noch nie benutzt«, gestand sie. Shane zog sie neben sich aufs Bett. Ihr Herz raste, als er ihre Arme über den Kopf hob und ihre Hände fest auf die Matratze drückte. »Um ehrlich zu sein, ich auch nicht.« »Aber du bist doch angeblich so erfahren…«, protestierte Greta, während Schauer der Erregung ihren Körper durchrieselten. »Mehr Fantasie als Fakten.« Er glitt über sie, zwischen ihre Beine. »Aber das kann sich ja ändern«, versprach er, und seine grauen Augen blitzten herausfordernd. »Wenn du bereit bist mitzuspielen.« Warum nicht, überlegte sie. Sie war lange genug das brave Mädchen gewesen. Jetzt wollte sie ihre heißesten, unverfro rensten erotischen Fantasien endlich Wirklichkeit werden lassen. »Okay«, seufzte sie. »Ich spiele mit. Aber nur, wenn ich anfangen darf.« Damit hatte Shane nicht gerechnet. Es gab eine Menge, womit er bei Greta nicht gerechnet hatte. »Da es sich um unsere Hochzeitsnacht handelt, überlasse ich dir wie ein wahrer Gentleman den Vortritt.« Er gab sie frei, rollte sich auf den Rücken herum und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Es war offensichtlich, dass er beabsichtigte, ihr Liebesspiel auf die ganze Nacht auszudehnen. »Fang schon an, Darling.« »Ich hatte gehofft, du würdest das sagen.« Unter ihrem Bustier hatten sich ihre Brustspitzen hart aufgerichtet. Interes siert studierte sie die Geschmacksrichtungen der verschieden
Lotionen, wobei ihr Körper vor Erwartung erbebte, wenn sie daran dachte, was für ein aufregender Liebhaber Shane war. Aber auch sie konnte aufregend und zügellos sein, das würde sie ihm schon beweisen. »Welche Geschmacksrichtung ziehst du vor?« Shane warf einen Blick auf die zur Auswahl stehenden Lotionen. »Ananas.« Greta erinnerte sich daran, irgendwo gelesen zu haben, dass Männer das visuelle Erleben beim Liebesakt erregte. Sie hatte diese Theorie nie überprüft, aber insgeheim hatte sie es sich immer gewünscht. Sie hatte auch eine ungefähre Ahnung davon, was Shane jetzt von ihr erwartete. Und sie war fest entschlossen, ihn mit etwas völlig anderem zu überraschen. Etwas, was sie vergangene Nacht noch nicht ausprobiert hatten. Sie kniete sich zwischen seine Schenkel, öffnete die Flasche mit der Ananas-Lotion und drückte eine pflaumengroße Menge in ihre Handfläche. Sie tauchte die Finger der anderen Hand in die zitronengelbe Creme und verstrich diese langsam über die schwellenden Rundungen ihrer Brüste, soweit sie aus dem Bustier hervor lugten, über ihren Bauch, über die freien Stellen nackter Haut ihrer Schenkel. Shane beobachtete sie fasziniert. »Weiter«, befahl er mit rauer Stimme. Mit einem Kopfnicken gab er Greta zu verstehen, was er meinte. »Du willst, dass ich…« »Ja, zieh es aus. Höschen, BH. Lass nur die Strümpfe und das Strumpfband an.« In dem Bestreben, ihm zu gefallen, ihn zu erregen, griff Greta hinter sich und öffnete die Häkchen ihres Bustiers. Dann streifte sie sich das Höschen herunter. Fest entschlossen, ihm zu beweisen, dass sie genauso wild lieben konnte wie er, schüttelte Greta auch den letzten Rest ihrer Hemmungen ab. Sie bestrich ihre Brüste jetzt vollständig mit der gelben Lotion, dann folgte der Bauch. Den Blick fest in seinen gesenkt, ließ sie die Hände tiefer gleiten. Shane stöhnte auf, und plötzlich
fand sie sich auf dem Rücken liegend wieder. Shane saß rittlings auf ihr, bereit, sie jede Nuance der Lust zu lehren. »Ich war noch nicht fertig«, protestierte sie atemlos. Ein Blick in seine Augen genügte, um zu sehen, wie sehr sie ihn erregt hatte. Ihr unersättliches Ich, das nur er zu wecken verstand, sehnte sich danach, es noch weiter zu treiben. Greta ließ die Finger unter den Bund seines Slips gleiten. »Wir haben die ganze Nacht Zeit, um mit unseren Spielzeugen zu spielen«, sagte er grinsend. Er drückte etwas Lotion in seine Hand und streckte sich neben Greta aus. Seine Blicke glitten verlangend über ihren fast nackten Körper, während er sie auf die Seite drehte. »Aber das hier ist der Job eines Mannes.« Noch bevor seine Lippen sie berührten, durchschossen Greta lustvolle, heiße Wellen der Leidenschaft. Zitternd klammerte sie sich an ihn. Sie spürte seine harte Männlichkeit durch den Stoff seines Slips. Mit der Zunge öffnete er ihre Lippen, und er liebkoste das zarte Innere ihres Mundes. Aufreizend stieß seine Zunge zu, wieder und wieder, während er die Ananas-Lotion in dem dunklen Dreieck zwischen ihren Schenkeln verteilte. Zärtlich liebkoste er ihre warme, feuchte Mitte, ließ seine Finger hineingleiten. Dann streichelte er ihre Brüste, rieb mit den Daumen über die hart aufgerichteten Spitzen. »Die bist so wunderschön«, murmelte er, die Augen dunkel vor Verlangen. »Jetzt lass mich mal probieren, wie du schmeckst.« Sie hielt den Atem an, als sein verheißender Blick sie traf. Sie versuchte, ihre Lust zu kontrollieren, um ihr Liebesspiel so lange wie möglich auszudehnen, aber das war schier unmög lich, so sehr erregte es sie, wie sein Blick über ihren Körper wanderte. Er streichelte ihren flachen Bauch, drehte sie schließlich sanft auf den Rücken. In dem Bewusstsein, sich nie im Leben sinnlicher gefühlt zu haben, registrierte sie, wie er den Kopf senkte. Seine Lippen glitten über ihre Haut, aufrei zend und forschend, liebkosten ihren ganzen Körper, bis sie schließlich die Augen schloss und sich ihm in hilfloser
Sehnsucht entgegenbog. »Ananas«, meinte Shane mit einem leisen Lachen. »Definitiv Ananas.« Wieder trafen sich ihre Lippen in einem leidenschaftlichen, wilden Kuss. In dem verzweifelten Verlangen nach mehr schob sie sich wieder über ihn. Sie ließ seine heiße, harte Männlich keit in sich hineingleiten, kam wieder in die Höhe, senkte sich auf ihn herab. Wieder und wieder liebte sie ihn so, bis er vor Erregung zu zittern begann. »Greta«, stöhnte er lustvoll auf, als sie von ihm hinunterglitt. Sie ersetzte ihren Körper durch ihre weichen, feuchten Lippen, den zarten Berührungen ihrer Zunge. Er hatte sie verrückt gemacht vor Verlangen. Das wollte sie ihm jetzt heimzahlen. Mit einer raschen Bewegung umfasste er ihre Taille und rollte sie über sich, bis sie wieder neben ihm lag. »Definitiv Ananas«, flüsterte sie lachend. Sie schlang die Arme um seinen Hals und presste ihre Brüste gegen seine raue, harte Brust. Shane schob seine Hand zwischen ihre Schenkel, ließ die Finger in sie hineingleiten, bis sie vor Lust laut aufstöhnte. Ihre Lippen fanden sich erneut in einem endlosen Kuss voller Hingabe und Leidenschaft. Schließlich veränderte Shane seine Position, so dass sie unter ihm zu liegen kam. In dem Verlangen, ihn ganz tief in sich aufzunehmen, schlang Greta ihre Beine um seine Hüften und presste sich an ihn. Wieder und wieder drang er in sie ein, bis sie beide aufstöhn ten. In diesem von der Realität losgelösten Augenblick, in dem weder Zeit noch Raum zu existieren schien, erfuhr Greta endlich, wie es war, jemanden rückhaltlos zu lieben. Und zum ersten Mal in seinem Leben entdeckte auch Shane das Gefühl, einer Frau seine ganze Liebe zu schenken, mit Herz und Seele. Nie hatte er geahnt, dass man eine Frau so begehren konnte. Doch das tat er, das wurde ihm klar, als ihr Höhepunkt kam, dicht gefolgt von seinem. Als Greta am nächsten Morgen die Augen aufschlug, schien
die Sonne bereits hell ins Zimmer. Überall auf dem Fußboden lagen ihre Kleidungsstücke verstreut, ebenso wie die Überreste ihrer so genannten Hochzeitsnacht-Ausstattung. In ihrem Kopf dröhnte und pochte es. Sie hatte ganz offensichtlich zu viel Champagner getrunken. Schlimmer noch, sie hatte vergessen, den Wecker zu stellen, und heute war Samstag. Samstag! Die Eröffnungsfeier ihres Tanzclubs sollte in weniger als zehn Stunden stattfinden. Sie konnte kaum glauben, dass sie das gestern Abend tatsächlich vergessen hatte. Ein genervtes Stöhnen unterdrückend, löste sie sich aus Shanes Armen. Ein Blick auf ihn bedeutete ihr, dass er immer noch tief schlief. Leise huschte sie ins Bad. Um Zeit zu sparen, drückte sie Zahnpasta auf ihre Zahnbürste und stellte sich damit geradewegs unter die Dusche. Wenn nicht der unechte Ehering an ihrem Finger gewesen wäre – das einzige, was ihre übereifrigen Mütter vergessen hatten –, dann hätte sie fast geglaubt, die ganze verrückte Woche sei ein Traum gewesen. Doch es war kein Traum. Ein Blick auf die grüne Stelle an ihrem Finger genügte, um das zu erkennen. Hastig putzte Greta sich die Zähne, spülte den Mund aus und seifte sich von Kopf bis Fuß ein. Sie wusch sich die Haare und brauste sich anschließend mit heißem Wasser ab. Die ganze Prozedur dauerte nicht länger als fünf Minuten. Sie war gerade wieder aus der Dusche getreten und hatte sich in zwei flauschi ge Handtücher gewickelt, eines um ihren Körper und eines um ihre Haare, als die Badezimmertür geöffnet wurde. Shane tappte herein, nur mit seinem Slip bekleidet. Trotz des Schlafmangels der letzten beiden Nächte sah er umwerfend gut aus. Sein hoch gewachsener Körper war braungebrannt und fit. Das dunkelblonde Haar war jungenhaft zerzaust, die grauen Augen blickten schläfrig. Er brauchte dringend eine Rasur. Und ein Duschbad. Unwillig registrierte sie, dass ein Blick genügte, und er wusste genau, was mit ihr los war. »Du machst dir Sorgen um
die Eröffnung heute Abend?« Mehr noch um mein Herz und um mein Gefühlsleben, fügte sie im Stillen hinzu. Doch sie würde nicht so dumm sein, ihm zu gestehen, dass sie sich Hals über Kopf in ihn verliebt hatte. Also tat sie ihr Bestes, ihre Gefühle zu verbergen. »Darum und um eine Million anderer Dinge«, erwiderte sie düster. Nachdem Shane sich die Zähne geputzt hatte, drückte er Rasierschaum in die hohle Hand und verstrich den weißen Schaum über Kinn und Wangen. »Zum Beispiel?« Eigentlich hatte sie jetzt keine Lust auf eine Diskussion, aber in Anbetracht der beiden heißen Nächte, die sie miteinander verbracht hatten, war es vielleicht besser, offen zu reden. »Ich habe gerade daran gedacht, dass ich mir einen Platz zum Wohnen suchen muss, wenn ich hier in ein paar Wochen ausziehe.« Darüber hinaus mussten sie sich ein respektables Ende ihrer Ehe ausdenken, dass sowohl ihre Familien wie auch Freunde und Bekannte akzeptieren konnten. Fest entschlossen, sich der Situation und ihren Gefühlen zu stellen, sah sie ihn ernst an. »Wir brauchen einen endgültigen Termin, um diese Sache zu beenden, Shane.« Bevor sie sich noch mehr zum Narren machte. Wenn sie bloß an die vergangene Nacht dachte… Am liebsten hätte sie ihr Verhalten auf den übermäßigen Genuss von Champagner und die romantische Stimmung geschoben, doch das wäre Selbstbetrug. Es gab nur einen einzigen Grund für ihr Verhalten: Sie liebte Shane. »Weißt du, Greta…« Shane zog das Rasiermesser mit siche rer Hand über seine Wangen. Ihre Blicken trafen sich im Spiegel. »Ich frage mich allmählich, ob wir unsere Beziehung überhaupt beenden sollten.«
10. KAPITEL »Was willst du damit sagen?« entgegnete Greta bestürzt. »Du hast doch nicht etwa vor, diese Schmierenkomödie endlos fortzusetzen?« »Du musst zugeben, dass wir inzwischen gute Freunde geworden sind. Und im Bett klappt es zwischen uns auch hervorragend«, wandte Shane ein. Mehr als hervorragend, dachte Greta sehnsüchtig. Aber bis jetzt hatte er ihr nicht gesagt, dass er sie liebt, während sie sich von Tag zu Tag mehr in ihn verliebte. Hätte er nur ansatzweise durchblicken lassen, dass auch sein Herz nicht kalt blieb, dann wäre sie sofort auf seinen Vorschlag eingegangen. So aber blieb ihr nichts anderes übrig als abzulehnen. Sie erwartete mehr von einer Ehe als Freundschaft und guten Sex. »Wir haben eine Abmachung, Shane. Und daran möchte ich mich halten.« Shane zuckte gleichmütig die Achseln. »Na und? Da wir jetzt wissen, dass wir gut miteinander auskommen, warum die Sache nicht unendlich verlängern?« Aus seinem Mund hörte sich das alles so logisch an. Das hasste sie. Sie wollte Tränen und Lachen und Überschwang. Sie wollte, dass er seine Liebe zu ihr in die ganze Welt hirtausposaunte. Doch das würde nicht passieren. Stattdessen war er auf dem besten Weg, eine seiner Eskapaden in eine Vernunftehe umzuwandeln. »Und warum sollten wir das tun?« fragte sie kühl. »Weil wir beide nicht jünger werden.« Er hatte seine Rasur beendet und wusch sich das Gesicht mit klarem Wasser ab. »Und beide haben wir bis jetzt nicht unseren Traumpartner gefunden.« Ich schon, überlegte Greta traurig, und das bist du, Shane McCabe. Sie wusste, dass sie jeden Moment in Tränen ausbrechen würde, wandte sich daher lieber ab und ging ins Schlafzimmer,
um sich anzuziehen. Er folgte ihr und redete weiter auf sie ein, offenbar Feuer und Flamme für seine Idee. »Wir haben festgestellt, dass es die beste Versicherung gegenüber zukünftigen Verkupplungsver suchen ist, einen Ehepartner zu haben, wenn auch nicht im traditionellen Sinn. Weil wir beide uns in Laramie niederlassen wollen und unsere Ehe alle Welt glücklich macht, besonders unsere Eltern. Weil wir gern zusammen sind. Und es ist weitaus billiger, zusammen als getrennt zu leben.« Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. »Die Liste der Gründe, die für eine Fortsetzung der Ehe sprechen, ist schier endlos.« Und die Liste, die dagegen spricht, noch länger, dachte Greta bitter. »Du schlägst also vor, weiterhin so zu tun, als seien wir glücklich verheiratet, auch wenn das gar nicht stimmt?« meinte Greta aufgebracht. »Ich schlage vor, wir folgen dem Rat, das Beste aus der Situation zu machen, in die wir uns hineinmanövriert haben«, erwiderte er fest. Greta trat zum Schrank, um ihre Kleidung herauszusuchen. Sie kramte ihr schlichtestes BH- und Höschen-Ensemble hervor und wählte dann einen kurzen Jeans-Rock, ein weißes T-Shirt und eine bestickte Weste. »Und wie sollen wir das deiner Meinung nach anstellen?« schnappte sie, während sie das Handtuch fallen ließ. Shane trat hinter sie, um ihr den BH zuzuhaken. »Ganz einfach. Wir haben weiter eine heiße Liebesaffäre miteinander und bleiben legal verheiratet. Zugegeben, das wird keine Ehe im gewöhnlichen Sinn«, fuhr er fort, während sie in Slip und Rock schlüpfte. »Aber nichts an uns ist gewöhnlich. Wir sind beide immer unsere eigenen Wege gegangen. Warum jetzt damit aufhören? Wenn wir zusammen bleiben, dann müssen wir uns nicht ändern.« Greta sah ihn an. Auch wenn es ihm vielleicht nicht bewusst war, sie war davon überzeugt, dass sie beide etwas Besseres
verdient hatten. Und weil das so war und weil er ihr nicht gesagt hatte, dass er sie liebt, und es auch nie tun würde, wusste Greta, was sie zu tun hatte. »Das ist doch lächerlich, Shane.« Sie zog sich das T-Shirt über den Kopf, zupfte Saum und Ausschnitt glatt und schlüpfte in ihre Weste. »Wir bleiben nicht verheiratet.« Shane bedachte sie mit einem verführerischen Lächeln, das seinen Zweck auch nicht verfehlte. Augenblicklich wurde ihr weich in den Knien. »Bist du sicher?« Er zog sie in die Arme. Sie legte ihm die Hand auf die Brust und stieß ihn weg. »Ich bestehe auf unserem ursprünglichen Plan.« Sie rauschte an ihm vorbei ins Bad, um sich die noch feuchten Haare zu kämmen. An den Türrahmen gelehnt, sah Shane ihr zu. »Du kannst machen, was du willst«, erklärte er mit trügerisch sanfter Stimme. »Aber was mich betrifft, bleibt unsere Ehe bestehen.« Gretas Herz klopfte zum Zerspringen. »Soll das heißen, du bist nicht bereit, in die Annullierung einzuwilligen?« fragte sie lauernd. Seine Miene änderte sich abrupt. Er betrachtete sie jetzt in einer Mischung aus Ärger und Besorgnis. »Warum sollte ich? Damit du mit Beau auf und davon gehst?« »Du bist eifersüchtig.« »Ich verteidige nur mein Revier«, knurrte er. »Ich will eine Annullierung!« schleuderte sie ihm hitzig entgegen. Shane musste sich eingestehen, dass er nie ernsthaft erwogen hatte, sie gehen zu lassen, besonders nicht nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht. »Finde dich lieber damit ab, Darling«, erklärte er unnachgiebig. »Dazu wird es nicht kommen.« Nicht jetzt, da du in jeder Beziehung meine Frau geworden bist, fügte er im Stillen hinzu. Sie hielt sein Herz in den Händen, ohne es zu ahnen, und er würde dafür sorgen, dass sie es nicht zer drückte. Es war fast zwei Uhr nachmittags, als Shane durch den
Hintereingang des Tanzclubs in die Küche gestürmt kam. Er konnte es nicht erwarten, Greta zu sehen, denn ein Gespräch mit seinem Bruder Jackson hatte ihm soeben vor Augen geführt, wie lächerlich er sich benahm. Er hatte Jackson seine Liebe zu Greta gestanden, und in dem Moment war ihm klar gewesen, dass er es ihr sagen musste, sonst würde er sie womöglich verlieren. Und das könnte er nicht ertragen. »Ich muss mit dir reden.« Greta warf einen bedeutungsvollen Blick auf die drei Köche, die damit beschäftigt waren, die abendlichen DinnerSpezialitäten vorzubereiten. Sie nahm ein Stück Kreide zur Hand und schrieb in sauberen Druckbuchstaben die Menüvor schläge auf eine hübsch dekorierte Schiefertafel, die sie vor dem Eingang aufstellen wollte. »Das muss warten.« Shane drängte sich an den Köchen vorbei. »Unmöglich.« »Aber es muss.« Der Chef koch wandte sich ihr zu. »Es ist sowieso höchste Zeit, dass Sie nach Hause gehen und sich fertig machen.« »Genau«, bekräftigte Shane, glücklich, einen Vorwand gefunden zu haben, sie von hier wegzulocken. Er zog Greta überschwänglich in die Arme, hob sie hoch und trug sie nach draußen zu seinem Pick-up. »Musst du immer so eine Show abziehen?« fragte sie ärger lich, nachdem er sie abgesetzt hatte. Shane öffnete die Beifahrertür und war ihr beim Einsteigen behilflich. »Ich tue alles, um deine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken.« Sie betrachtete ihn grimmig. Stur verschränkte sie die Arme vor der Brust. »Ich muss in spätestens zwei Stunden zurück sein.« »Ich bringe dich rechtzeitig wieder her, das verspreche ich.« Daran musste er sich halten, sonst würde sie ihm das nie verzeihen. Die Fahrt hinaus zur Ranch verlief ruhig, und beide schwie
gen. »Also, was war denn so dringend?« fragte Greta, kaum waren sie auf der Ranch angekommen. Eifrig bemüht, sich als perfekter Gentleman zu erweisen, eilte er um den Wagen herum, um ihr die Tür zu öffnen. »Ich möchte mich für heute Morgen entschuldigen.« Er schloss die Hände um ihre Taille und hob sie aus dem Truck. »Warum?« Greta hielt sich an seinen Armen fest, als ihre Füße den Boden berührten. Dann ließ sie die Arme sinken und trat einen Schritt zurück. »Du hast doch nur deinen Gefühlen freien Lauf gelassen.« »Das ist es ja gerade«, erwiderte er ernst. Er nahm sie bei der Hand und begleitete sie auf die Veranda. »Habe ich eben nicht.« Rasch dirigierte er sie ins kühle Innere des Hauses. »Ich habe gesagt, dass ich mit dir verheiratet bleiben möchte, weil es so gut passt.« »Erinnere mich bloß nicht«, konterte sie streitlustig. »Aber das ist nicht der wahre Grund.« Sie sah ihn besorgt an. »Was dann?« Shane ließ sich in einen Sessel sinken und zog sie auf seinen Schoß. Er schlang die Arme um sie und hielt sie fest, während er all seinen Mut zusammennahm. »Ich möchte, dass du meine Frau bleibst, weil ich dich liebe. Ich liebe dich, wie ich nie zuvor jemanden geliebt habe.« Greta sah ihn an, und ihre Augen schimmerten feucht. Tränen verfingen sich in ihren langen Wimpern und rollten ihre Wangen hinab. »Oh Shane.« Sie sah so glücklich aus, wie er sie noch nie gesehen hatte. Shane beeilte sich fortzufahren. Nichts sollte ungesagt bleiben. »Es ist mir egal, wenn du mich nicht liebst«, erklärte er ernst, während er zärtlich ihr Haar, ihr Gesicht, ihren Hals streichelte. »Ich bin bereit, dir Zeit zu geben, und ich wünsche mir, dass du uns Zeit gibst. Denn ich bin sicher, mit genügend Zeit und ein bisschen Mühe werden wir…«
»Shane?« »Hmm?« Was hatte er diesmal falsch gemacht? »Sei still«, befahl sie ihm leise. Und dann sah sie ihn an, und er wusste, dass seine Sorgen völlig umsonst gewesen waren. Sie schlang die Arme um seinen Hals. Während ihr immer noch die Tränen über das Gesicht liefen, drückte sie ihre Lippen auf seine. »Ich liebe dich auch, Shane McCabe«, flüsterte sie bewegt. Sie zitterte am ganzen Körper. »Hast du gehört? Ich liebe dich auch.« Er wollte sie küssen, doch sie schüttelte den Kopf. »Deshalb war ich heute Morgen so wütend auf dich, weil ich dachte, nur ich allein fühle so.« Wie hatte er ihr nur so wehtun können? Sie zu verletzen war doch das Letzte, was er wollte. Shane zog sie fest an sich. »Du bist nicht allein.« Er küsste ihre Augen, ihre Lippen, ihr Haar. »Wenn es nach mir geht, bist du nie mehr allein.« Er stand auf, hob sie hoch und trug sie nach oben, ins Bett. Und dort, im sonnendurchfluteten Schlafzimmer, in den zerwühlten Laken ihres Betts, liebte er sie, als haften sie alle Zeit der Welt. Er liebkoste ihre Füße, streichelte ihre Fußknö chel, ihre Knie, die Innenseiten ihrer Schenkel. Er küsste ihre Brüste, ihren Bauch, umschloss ihren festen runden Po mit beiden Händen. Genüsslich beobachtete er, wie ihr Körper reagierte, sog ihre Süße in sich auf, ihr Feuer und ihre sehn suchtsvollen Blicke. Auch sie küsste und liebkoste ihn voll unaussprechlicher Zärtlichkeit. Sie streichelte ihn, liebkoste ihn mit den Lippen und der Zunge, bis er es kaum mehr erwarten konnte, sie zu besitzen. Er schob sich über sie, spürte ihren heißen, erregten Körper unter sich. Er glitt mit der Hand über ihren Bauch, bis er die feuchte Wärme zwischen ihren Schenkeln fand. Sie hob ihm ihre Hüften entgegen, bewegte sich im Rhythmus seiner Hand, während er sie unablässig streichelte und küsste. Und dann drang er in sie ein, und die Welt um sie herum versank in einem Feuerwerk aus Lust und Erfüllung.
Danach hielt er sie fest umschlungen. Er drückte ihr einen sanften Kuss aufs verschwitzte Haar und wünschte, sie könnten hier bleiben. Doch das war unmöglich. »Was denkst du gerade?« murmelte Shane, während ihrer beider Herzschlag sich allmählich beruhigte. »Dass ich noch nie so glücklich war.« Widerstrebend stand sie auf und zog ihn mit sich. »Ich auch nicht.« Er gab ihr einen leichten Kuss auf den Nacken. »Ich auch nicht.« Um Zeit zu sparen, gingen sie gemeinsam unter die Dusche. Shane trat unter den Duschstrahl und schüttelte den Kopf. »Ich hätte es besser wissen und nicht auf Bonnie Sue hören sollen.« Greta horchte alarmiert auf. »Warum? Was hat sie denn gesagt?« »Es ist einfach lächerlich«, erwiderte er wegwerfend. Ich wusste doch, dass sie Ärger machen würde. Und ihr Instinkt sagte Greta, dass der Ärger noch nicht vorbei war, ganz egal, was Shane dachte. Sie schloss die Augen und lehnte sich gegen die Wand. »Klär mich auf, dann ist dieses Thema ein für alle Mal abgehakt.« Und ich weiß, was ich zu tun habe. Shane massierte Shampoo in ihr Haar. »Sie hat irgendetwas davon gefaselt, dass du mich benutzt, um Beau…« »Warum sollte ich das tun?« unterbrach sie ihn erstaunt. »Damit er dich heiratet.« Bei dem Gedanken an Beau stieg leichte Übelkeit in ihr auf. Das hatte sie ja völlig vergessen! Sie hatte heute Morgen nämlich ein konspiratives Gespräch mit ihm geführt. Zusam men hatten sie einen Plan ausgeheckt, der Shane dazu bringen sollte, in eine Annullierung ihrer Ehe einzuwilligen. Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht. Hastig beeilte sie sich zu versichern: »Beau und ich… wir waren nie… ich meine, ich habe dir doch gesagt, eine Ehe stand nie zur Debatte…« »Ich weiß.« Er sah sie erwartungsvoll an. »Das habe ich Bonnie Sue auch gesagt.«
Innerlich verfluchte Greta dieses zweite Dilemma, in das sie sich da innerhalb nur einer einzigen Woche hineinmanövriert hatte. Sie wich seinem forschenden Blick aus. »Aber sie hat dir nicht geglaubt«, vermutete sie grimmig. Shane wusch den Schaum aus ihrem Haar, drückte etwas Conditioner in seine hohle Hand und verteilte die seidige Flüssigkeit in ihren nassen Haarsträhnen. »Sie ist fest davon überzeugt, dass jede Frau so denkt wie sie. Aber ich hätte es besser wissen müssen. Ich hätte dir vertrauen sollen. Ich hätte wissen müssen, dass du mich nie in der Weise benutzen und einen Idioten aus mir machen würdest.« Oh nein! Das Gefühl der Übelkeit verstärkte sich. Wie sollte sie Shane sagen, dass sie genau das geplant hatte? Und ausgerechnet mit dem Mann, den alle – Shane eingeschlossen für Shanes Erzrivalen hielten, was ihre Gunst betraf. »Was ist los?« Shane seifte sich ein und reichte ihr dann die Seife. Sag es ihm, drängte sie ihre innere Stimme. Damit er sich von dir abwendet? Und Bonnie Sue Baxter letztendlich doch Recht behält? Ihr Plan, Shane einen verdammt guten Grund zu liefern, um sie zu verlassen, kam ihr plötzlich gemein und heimtückisch vor. Aber es ist noch nicht zu spät, tröstete sie sich. Sie hatte eine Riesendummheit begannen, aber sie konnte die Sache wieder hinbiegen. Wenn sie schnell genug handelte, würde Shane nie erfahren, welche Demütigung sie für ihn vorgesehen hatte. »Nichts. Ich bin bloß… ich muss jetzt wirklich zurück zum Club.« »Lampenfieber?« fragte er verständnisvoll. Viel mehr als das, dachte sie bitter. Mach dir keine Sorgen, versuchte sie sich zu beschwichtigen. Es würde schon alles gut gehen. Sie musste nur Beau rechtzeitig Bescheid sagen, dass der Plan abgeblasen war. Dann brauchte sie sich keine Sorgen
mehr zu machen. Da gibt es bloß einen Haken an Plan B, überlegte Greta Stunden später, als sich allmählich lange Schlangen vor dem Eingang des Clubs bildeten. Sie hatte keine Möglichkeit, an Beau heranzukommen, um Plan A abzublasen. »Das ist schon das sechste Mal, dass ich dich mit dem Tele fon in der Hand sehe«, spottete Shane, als Greta wieder mal stirnrunzelnd auflegte. »Wen rufst du an?« Sag es ihm, flüsterte eine innere Stimme. Damit er völlig durchdreht? Und sich verletzt und betrogen fühlt? »Nur eine Freundin«, beeilte Greta sich zu versichern. Ihr Blick glitt an Shane vorbei. »Da ist ja Dani!« Greta eilte ihrer Freundin entgegen, die sich bereit erklärt hatte, heute Abend als Hostess zu fungieren. Dani zog Greta in die Arme und trat dann einen Schritt zurück, um ihr Outfit zu bewundern: Jeansrock, Jeansbluse, ein Gürtel aus gehämmer tem Silber, exquisit gearbeitete und verzierte Western Stiefel. »Du siehst toll aus.« Greta bewunderte Danis knallrotes Kleid und die dazu passenden Stiefel. »Du auch.« Wenn jemand ihr aus diesem Dilemma helfen konnte, dann Dani. Sie wandte sich entschlos sen an Shane. »Wenn es dir nichts ausmacht, dann geh doch bitte mal raus und vertröste die Leute noch fünf Minuten, ja? Zuerst zerschneidet der Bürgermeister feierlich das rote Band, und dann ist Einlass, okay?« »Das ist schon mindestens der zehnte Botengang, auf den sie mich schickt, seit wir hier sind.« Er bedachte Greta mit einem zärtlichen Blick. »Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte man meinen, dass du mich loswerden willst.« »Ich bin nur…« »Nervös. Ich weiß.« Er nahm ihre Hand und drückte sie. Dann wandte er sich an Dani. »Vielleicht gelingt es dir, sie zu beruhigen.« Lächelnd machte er sich auf den Weg, um Gretas Bitte zu
erfüllen. Kaum war er aus ihrem Sichtfeld entschwunden, nahm Greta Dani bei der Hand und zog sie mit sich in die hektische Betriebsamkeit in der Küche. Sie dirigierte sie zu einer kleinen Sitzecke direkt neben der Hintertür. »Du musst hier bleiben und nach Beau Ausschau halten. Er kann jede Minute eintreffen.« Dani sah sie an, als hätte sie völlig den Verstand verloren. »Ist mit dir alles in Ordnung?« »Nein, und ich habe jetzt keine Zeit, dir zu erklären, warum nicht«, erwiderte Greta scharf. »Halte Beau nur davon ab, mir heute Abend irgendwie nahe zu kommen. Hörst du? Halt ihn von mir fern, das meine ich ernst. Und sag ihm, unser Plan wäre abgeblasen.« Dani hob protestierend die Hand. »Hast du schon vergessen, dass Beau und ich eine Blutfehde miteinander austragen? Und das ist noch milde ausgedrückt. Er spricht nicht mal mit mir. Ich sehe wirklich nicht, wie ich ihn davon abhalten soll…« »Dani, bitte!« unterbrach Greta sie flehentlich. »Tu mir den Gefallen und vergiss das mal für den einen Abend, ja? Bitte!« Gretas offensichtliche Verzweiflung ließ Dani aufhorchen. Sie verstand zwar kein Wort von dem, was da vorging, aber sie spürte, dass Greta ernsthaft in Schwierigkeiten steckte. Sofort gab sie ihren Widerstand auf. »Aber klar doch.« »Gut.« Greta seufzte erleichtert auf. Ein Blick über die Schulter zeigte ihr, dass ihr Ehemann sich seinen Weg zu ihr bahnte. »Und kein Wort davon zu Shane«, zischte sie. »Zu Befehl.« Dani nickte ergeben. Shane nahm Gretas Hand. »Alle sind bereit. Der Bürgermeis ter ist da, um das Band zu zerschneiden. Auch die Presse ist vollzählig versammelt. Es kann losgehen.« Greta pappte sich ihr strahlendstes Lächeln ins Gesicht. Sie hakte sich bei Shane unter. Je eher sie das hinter sich brachten, desto besser. »Also, dann mal los.« Zu ihrer Erleichterung verlief das Banddurchschneiden ohne
Zwischenfälle. Gegen sechs Uhren waren nahezu alle Tische besetzt, und es gab eine Warteliste für die kommende Stunde. Der DJ, den sie angeheuert hatte, machte seinen Job ausge zeichnet, und auch das Soundsystem ließ sie nicht im Stich. Ihre beiden Familien waren vollständig versammelt. Und die ersten Leute strömten bereits auf die Tanzfläche. Greta war gerade in die Küche geeilt, um dort nach dem Rechten zu sehen, als Beau in der Hintertür auftauchte. Dani stand auf wie geplant und verstellte ihm den Weg. Es folgte ein hitziger Wortwechsel. Beau versuchte sich an Dani vorbeizudrängen, doch sie hielt ihn zurück. Greta blickte sich rasch um. Von Shane war weit und breit nichts zu sehen. Sie wollte die Gelegenheit nutzen, um selbst mit Beau zu sprechen und ihren Plan abzublasen. Mit hochroten Wangen eilte sie auf ihn zu. Beau stieß Dani im selben Moment beiseite, als Shane hinter ihm durch die Hintertür trat. Greta blieb auf der Stelle stehen, wohl wissend, dass Shane alles mitbekommen würde, was sie tat oder sagte. Das war Beau nur recht. Wie auf ein Stichwort zog er Greta in die Arme und beugte sich beschwörend über sie. »Darling«, verkündete er laut genug, so dass alle in der Küche ihn hören konnten. »Es tut mir so Leid. Bitte! Du musst mir verzeihen und mir eine zweite Chance geben!«
11. KAPITEL »Nicht jetzt!« formte Greta wortlos mit den Lippen. Doch bevor sie Beau die Regieänderung mitteilen konnte, stürmte Shane auch schon wutentbrannt vorwärts. »Was geht hier vor?« verlangte er zu wissen. »Es ist nicht so, wie es aussieht«, beeilte sie sich zu versi chern, während sie Beau zurückstieß. »Ist es doch.« Beau bedachte Greta mit einem verliebten
Blick. Shane musterte die beiden einen Moment schweigend. »Also, was ist los?« fragte er gefährlich ruhig. Zu Gretas Entsetzen machte Beau keinerlei Anstalten, sie loszulassen. Im Gegenteil, er hielt sie weiterhin in seiner schützenden Umarmung gefangen. »Genau das, wonach es aussieht«, antwortete er stolz. »Greta ist endlich zu Verstand gekommen. Endlich ist ihr klar, dass sie mich nie hätte verlassen dürfen, um Sie zu heiraten.« Shane wandte sich an Greta. »Stimmt das?« wollte er wissen. Sein Blick machte deutlich, wie verletzt er war. Sich brav an das Skript haltend, dass Greta und er entworfen hatten, versicherte Beau: »Das hat sie mir heute Morgen gesagt.« »Heute Morgen«, wiederholte Shane. »Aber das war, bevor wir miteinander geredet haben, Shane«, beteuerte Greta. Mit aller Kraft löste sie sich aus Beaus Umarmung. »Das heißt?« Shane schob die Hände in die Gesäßtaschen seiner Jeans. »Wenn wir nicht miteinander geredet hätten, dann wärst du jetzt mit ihm zusammen?« Greta hob trotzig das Kinn an. Ihre Blicke trafen sich. Sie wusste, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als die Wahrheit zu sagen. »Heute Morgen war ich fest davon überzeugt, dass ich diese Ehe nicht länger fortsetzen könnte. Aber jetzt, wo ich weiß, dass du mich wirklich liebst, brauche ich diese Sache mit Beau nicht durchzuziehen.« »Welche Sache?« Greta errötete bis unter die Haarwurzeln und wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Immer noch auf eine Antwort wartend, wandte Shane sich an Beau. Beau hob ratlos die Hand. Sie hatten sich so weit von ihrem Skript entfernt, dass er keine Ahnung hatte, was Greta von ihm
erwartete. »Fragen Sie nicht mich. Ich bin nur hier, um Anspruch auf sie zu erheben«, erklärte er in einem Anflug von Ironie. »Als was?« fragte Shane. »Als Ihre Geliebte? Ihre Frau?« »Was immer sie wünscht.« Beau richtete den Blick auf Greta. »Und sie weiß das.« In dem Bewusstsein, dass Shane im Moment ganz und gar nicht angefasst werden wollte, schon gar nicht von ihr, ließ sie die Hände sinken. »Gehen wir irgendwo hin, wo wir allein sind«, forderte sie ihn auf. »Dann erkläre ich dir alles.« »Das wird dir auch nichts nützen«, bemerkte Bonnie Sue gedehnt. »Ich weiß das aus Erfahrung. In dieser Arena wünscht Shane keine Konkurrenz.« Wo kommt die denn her, fragte sich Greta, während sie erschrocken herumwirbelte. Wie lange steht sie da schon und hört zu? Und all die anderen Leute! Meine Eltern! Shanes Eltern! Bonnie Sue verzog spöttisch das Gesicht. »Scheint so, als hätte ich einen Nerv getroffen, was?« »Das weiß ich nicht, aber eine bessere Publicity hätte Greta sich gar nicht wünschen können«, stichelte der Fotograf der »Laramie News«, als er die Kamera hob und zu knipsen’ begann. »Das ist eine Titelstory wert.« Shane ignorierte das alles und konzentrierte sich weiterhin auf Greta. »Sag mir die Wahrheit«, befahl er. »Hast du diesen Kerl gebeten, heute Abend hier aufzutauchen, um dir zu helfen, unsere Beziehung zu beenden?« Greta wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte, ohne die Sache noch schlimmer zu machen. Ganz bestimmt nicht die Wahrheit. Unglücklich sah sie Shane an. Dieser schüttelte grimmig den Kopf. »Nun, das ist auch eine Antwort.« In dem verzweifelten Bemühen, diesen Abend und ihre Ehe doch noch irgendwie zu retten, wandte Greta sich an Beau und
erklärte: »Ich weiß genau, was wir abgemacht haben, und ich bin dir dankbar für deine Hilfe, aber ich habe meine Meinung geändert. Ich möchte mit Shane verheiratet bleiben«, betonte sie. Beau musterte sie, seine Besorgnis um sie war offensichtlich. Wie aus weiter Ferne drang Musik zu ihnen in die Küche. Shanes Kinnmuskeln verkrampften sich. Er bedachte die beiden mit einem wütenden Blick. »Habe ich das richtig verstanden? Du hast ihm gesagt, dass du dich trennen willst, bevor du es mir gesagt hast?« Greta schluckte hart, und ihre Knie begannen zu zittern. »Er ist mein Freund.« »Scheint so, als sei er mehr als nur ein Freund«, bemerkte Bonnie Sue schneidend. Jetzt reichte es Greta. Shanes Ex hatte bereits genug ange richtet. Sie wirbelte zu Bonnie Sue herum und fauchte: »Halt du dich da raus!« »Jemand muss sich ja für Shanes Interessen einsetzen«, konterte Bonnie Sue mit Genugtuung. Ihr kam das Chaos, das Beaus Auftritt ausgelöst hatte, gerade recht. »Und das bist ganz offensichtlich nicht du. Aber vielleicht gefällt es dir ja, die Männer um dich kämpfen zu lassen. Zu dumm nur, dass Shane nicht der richtige Typ für solche Spielchen ist.« Wie Bonnie Sue aus eigener Erfahrung weiß, dachte Greta bitter. Es gab nur eine Möglichkeit, um sie zum Schweigen zu bringen. »Das hast du wohl auf die harte Tour lernen müssen, was, Bonnie Sue?« Bonnie Sue schnappte nach Luft. Interessierte Blicke richte ten sich auf sie. »Zu schade für dich, dass dein Beau so rasch bereit ist aufzugeben.« Sie wollte damit sagen, dass Greta es nicht wert war, um sie zu kämpfen. »Ich habe keine Angst, mich zu schlagen, falls das nötig sein sollte«, eilte Beau zu Gretas Rettung herbei. Greta stöhnte entnervt auf. Dieser Schwachsinn hatte ihr
gerade noch gefehlt! »Ich auch nicht«, verkündete Shane laut und deutlich. Er bedachte Beau mit einem grimmigen Blick. »Wollen wir die Angelegenheit draußen austragen?« Beau erwiderte Shanes Blick. Ohne ein weiteres Wort zu wechseln, kam es zu einem stillen Einverständnis zwischen den beiden Männern, das die anderen ausschloss. Oh nein, dachte Greta, und ihr Herz sank. »Aber .sicher.« Beau zuckte die Achseln, den Blick immer noch fest auf seinen Gegner gerichtet. Mit einem zuversichtli chen Lächeln fügte er hinzu: »Warum nicht?« Greta wurde bewusst, dass die Sache eine Wendung zum Schlechten genommen hatte. »Wartet mal eine Minute, Jungs. Das ist doch wirklich nicht nötig.« Sie wusste nur zu gut, wie sehr Shane es liebte, das Leben bis zum Limit zu leben. Beau hingegen hatte die Tendenz, die Realität nur allzu oft mit seinen Abenteuerfilmen zu vermischen. Ganz offensichtlich dachten die beiden Männer, dass sie ein neues aufregendes Level im Spiel des Lebens erreicht hatten. Aber das würde keine Stuntman-Szene werden. Blut würde fließen, Zähne könnten ausgeschlagen werden! »Das Letzte, was wir hier heute zur Eröffnung brauchen, ist ein Boxkampf auf dem Parkplatz!« Shane sah Greta an. Er schüttelte den Kopf über ihre Naivität. »Wer hat was von Boxen gesagt?« »Was soll’s denn sonst werden? Ein Duell im Kickboxen vielleicht?« fragte Greta gereizt. Allmählich hatte sie genug von diesem albernen Theater. Die Männer würden doch wohl hoffentlich jeden Moment zu Verstand kommen, und dann konnten sie in Ruhe über alles reden. Sie ärgerte sich über ihre eigene Dummheit. Wie hatte sie nur glauben können, Shane mit diesem billigen Trick, Beau als ihren Retter in die Arena zu schicken, überlisten zu können! Shane rieb sich nachdenklich das Kinn. »Pistolen.«
Greta rang verzweifelt die Hände. Waschechte Texaner neigten dazu, handgreiflich zu werden, wenn es um ihren Ruf ging, und Begriffe wie Ehre und Männlichkeit über alles zu stellen. Aber auch nur über ein Pistolen-Duell zu reden war einfach lächerlich! Und das wusste auch Shane McCabe. »Das meinst du doch nicht ernst«, meinte sie drohend. »Warum nicht?« Shane schien äußerst zufrieden mit seiner neuen Taktik. »Du brauchst doch ein bisschen Publicity für deinen Tanzclub, nicht?« Ohne ihr Gelegenheit zu einer Antwort zu geben, richtete er den Blick auf Beau. »Und hat nicht Ihr neuester Film demnächst Premiere?« Greta stöhnte auf. Beau drehte so viele Filme, dass fast immer eine Premiere anstand. Dani Lockhart, die sich als Filmkritikerin mit Filmen bestens auskannte, sprang bereitwillig ein. »Es geht um eine Dreierbe ziehung zwischen einer verheirateten Frau, ihrem Mann und einem attraktiven Eindringling. Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist rein zufällig«, informierte Dani ihr interessiertes Publikum. »Beau spielt übrigens den fiesen Ehebrecher.« »Pass auf, wen du hier als fies betitelst.« Beau schoss Dani einen wütenden Blick zu. Es war offensichtlich, dass sie ihre Fehde noch immer nicht beigelegt hatten. »Ich sage nur, was ich sehe«, schnappte Dani. Shane winkte Beau zur Hintertür. »Kommen Sie, wir gehen nach draußen und regeln die Sache unter Männern.« »Okay.« Die beiden Männer verließen den Club. Sie standen jetzt auf dem Hof und sprachen miteinander. Die Show war vorüber, für den Moment jedenfalls, und alle gingen wieder an ihre Arbeit. Dani gesellte sich zu Greta. »Die werden das doch wohl nicht wirklich machen«, schäum te Greta. Die beiden Frauen standen in der Tür und beobachte ten gespannt, was draußen vor sich ging. »Shane ist nur sauer auf mich und will mich provozieren. Er spielt sein Spielchen
mit mir.« So wie sie mit ihren Eltern gespielt hatten. Das war bloß wieder eine von Shanes Eskapaden. Nur dass sie diesmal Opfer des Streichs war, anstatt selbst daran teilzunehmen. Dani seufzte gedankenverloren. »Shane hat ein Talent fürs Dramatische.« Sie lachte leise. »Er hätte Schauspieler werden sollen.« Shanes drei Brüder gesellten sich zu den beiden Männern auf dem Hof. Die Diskussion ging weiter, und plötzlich hatten alle ein breites Grinsen auf dem Gesicht. »Die hecken da irgendet was aus«, bemerkte Dani. »Wem sagst du das«, zischte Greta. »Fragt sich bloß, was.« Im nächsten Moment löste Jackson McCabe sich aus der Gruppe und trat zu den beiden Frauen. »Sie werden es tun«, verkündete er ruhig. Trotz der Tatsache, dass er als Arzt nur zu oft Leute zusammenflicken musste, die eine Kugel im Körper stecken hatten, wirkte er bemerkenswert gleichmütig. »Travis ist los, um die Revolver zu holen.« Wo ist der Haken an der Sache? Was führen sie im Schilde? fragte sich Greta verzweifelt. »Die beiden wollen sich meinet wegen umbringen?« meinte sie spöttisch. Jetzt gesellte sich auch Wade McCabe zu ihnen. Der Ölmilli onär wirkte ebenfalls unheimlich ruhig. »Nein. Sie haben versprochen, dass niemand verletzt wird.« So sehr sie sich auch bemühte, mehr bekam Greta aus den McCabe-Brüdern nicht heraus. Zu ihrer größten Verwunderung nahmen sie sogar die Hilfe der örtlichen Polizei in Anspruch sowie die des Diskjockeys, den Greta für die Eröffnungsfeier eingestellt hatte. Zwanzig Minuten später war der Straßenab schnitt vor dem Tanzclub mit einem Seil abgesperrt. Dahinter drängte sich die aufgeregte Menge. Shane und Beau enttäuschten sie nicht. Sie kamen breitbeinig anstolziert, altmodische Pistolenhalfter – wie aus einem Cowboy-Film – um die Hüften gebunden. In den Halftern steckten große Pistolen mit Perlmutt-Griffen wie
aus dem Western-Museum. Greta wusste nicht, was die beiden vorhatten. Hoffentlich waren die Pistolen jene Sorte Scherzar tikel, aus denen eine Flagge hervorschoss, auf der Bang! geschrieben stand. Die ganze Sache gefiel Greta gar nicht. Sie kochte vor Wut. Dieser typisch männliche Unsinn ging ihr total auf die Nerven, und sie war mit ihrer Geduld am Ende. Wutentbrannt stürmte sie auf die Straße und baute sich mitten zwischen den beiden Rivalen auf. »Ich fordere euch auf, sofort damit aufzuhören!« »Zu spät, Darling«, erwiderte Shane unnachgiebig. Er sah sie kühl an. »Er hat Recht.« Offensichtlich hatte Beau sich auf Shanes Seite geschlagen. »Die Leute hier erwarten eine Show, und wir werden sie nicht enttäuschen.« Bevor Greta noch etwas sagen konnte, übernahm der DJ. Er verkündete den Zuschauern, dass es sich hier um einen Kampf zwischen erbitterten Rivalen handelte. Und der Preis für den Gewinner sei Greta. Er schob Greta energisch aus der Schuss linie, positionierte die Männer in fünfzig Schritten Abstand mitten auf der Straße und erklärte die Regeln. Beide Männern sollten auf sein Signal hin die Waffe ziehen und schießen. Wer am schnellsten zog beziehungsweise am Besten schoss, hatte gewonnen. »Möge der Bessere gewinnen.« Ein Raunen ging durch die Menge. Der DJ gab das Signal und trat zurück. Beide Männer standen da, den Blick fest auf den Gegner gerichtet, die Hände an den Hüften. Fünf schier endlose Sekunden verstrichen. Dann zehn. Fünfzehn. Später hätte Greta nicht sagen können, wer zuerst zog. Sie wusste nur, dass in Sekundenschnelle beide Pistolen aufblitzten und ein ohrenbe täubendes Krachen die erwartungsvolle Stille erschütterte. Und dann brach die Hölle los. Die Zuschauer schrieen hyste risch, beide Schützen prallten zurück, ganz offensichtlich getroffen – Shane in der Schulter, Beau in der Brust. Schließ
lich verwandelten sich die aufgeregten Schreie in zunächst zögerndes, dann immer lauter schallendes Gelächter, als die Hemden der beiden Männer sich in Rot und Pink verfärbten. »Farbpatronen!« schäumte Greta, während Travis McCabe an ihrer Seite sich köstlich zu amüsieren schien. »Shane hat sie in seinen Rodeo-Zeiten mal von einem Clown bekommen«, erklärte er. »Ich dachte, das weißt du.« Greta biss wütend die Zähne zusammen. Nie zuvor im Leben hatte sie sich derart veralbert gefühlt. Die Arme vor der Brust verschränkt, starrte sie stur geradeaus. »Ich war nie auf einem Rodeo.« »Zu schade.« Travis Stimme troff geradezu vor brüderlicher Bewunderung. »Es ist schon etwas ganz Besonderes, Shane reiten zu sehen.« »Er liebt es, sich in der Aufmerksamkeit der Menge zu sonnen, stimmt’s?« So wie Greta das sagte, klang es ganz und gar nicht nach einem Kompliment. Travis nickte. »Allerdings.« Greta ging zu den beiden Schützen, die einander gerade freundschaftlich die Hand reichten. Ehe sie es noch verhindern konnte, umschlang Shane ihre Taille mit beiden Händen, wirbelte sie herum und küsste sie auf die Wange. Die Menge brüllte vor Vergnügen. Nachdem er sie wieder abgesetzt hatte, lüpften beide Männer ihren Hut und verbeugten sich. Die Show war zu Ende. Noch einmal tosten die Zuschauer vor Begeiste rung. Die Musik setzte ein und übertönte das laute Klatschen, die Jubelschreie und die schrillen Pfiffe. »Sieht aus, als hätten Sie gewonnen«, wandte sich Beau an Shane. Sein Farbfleck lag mitten über dem Herzen, während Shanes Hemd sich lediglich an der Schulter rot gefärbt hatte. Wen interessiert das schon, dachte Greta wütend. Sie hatte soeben einen Riesendummkopf aus sich gemacht. Shane zuckte die Achseln. »Ich würde sagen, unentschie den.«
»Und ich finde, das war ein richtiger Publikumshit.« Dani Lockhart gesellte sich zu ihnen. Sie maß Beau mit einem zynischen Blick und fuhr dann mit vor Ironie triefender Stimme fort: »Das bringt dir eine Menge Publicity für deinen neuen Film ein.« Sie hörte sich an, als hätte er etwas Abscheu liches getan. »Egal.« Beau bedachte sie mit einem kühlen Blick. »Jeden falls bringt es mir mehr positive Resonanz als eine deiner Kritiken.« Danis Augen blitzten zornig auf. »Zumindest kann ich schreiben«, erwiderte sie honigsüß. »Wenn du doch bloß auch schauspielern könntest!« Beau verdrehte entnervt die Augen. »Sagte die Lady mit dem giftigen Kuli.« Er richtete den Finger anklagend auf Dani. »Weißt du, was ich glaube? Du bist eine verhinderte Schau spielerin, die sich hinter der Rolle der Kritikerin versteckt!« »Oh, du…!« In ohnmächtiger Wut drehte sich Dani auf dem Absatz herum und rauschte davon, dicht gefolgt von Beau, der sie erneut in ein hitziges Wortgefecht verwickelte. Der Reporter des lokalen Fernsehsenders nutzte die Gelegen heit und hielt Shane das Mikrofon unter die Nase. »Verraten Sie uns die Wahrheit, Mr. McCabe. War das alles nur ein gigantischer Publicity-Gag?« Shane sah ihn an, ganz offensichtlich sprachlos über die scharfsinnige Frage. »Ich kann doch ganz offen sprechen, oder?« Der Reporter strahlte und warf einen Blick zurück zu Bonnie Sue Baxter, die ihn offenbar über einige Details aufgeklärt hatte. Derart angestachelt, fuhr der Reporter fort: »Soll das heißen, dass Sie die Ehe mit Miss Wilson annullieren lassen?« Shane sah Greta an. Nein, dachte sie. Sie hielt den Atem an. Bitte, Shane, sag Nein. Shane nickte. »Worauf Sie wetten können.«
12. KAPITEL »Schön«, meinte Travis früh am nächsten Morgen, als Shane eines seiner neu erworbenen Pferde auf die Weide führte. »Danke.« Shane jagte die schöne Stute auf die Wiese hinaus und schloss dann das Gatter. Travis, ganz offensichtlich in der Stimmung, den großen Bruder herauszukehren, begleitete Shane zu den Ställen zurück. »Es überrascht mich, dass du heute arbeitest.« Shane holte den Schimmel aus seinem Stall und brachte ihn ebenfalls auf die Weide. Er wünschte, Travis würde endlich gehen und sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern. »Was sollte ich denn sonst tun?« »Ich weiß nicht«, erwiderte Travis ironisch. »Vielleicht deine Ehe retten.« »Und warum?« Travis lehnte sich gegen den Zaun. Er sah aus, als hätte er bedeutend besser geschlafen als sein kleiner Bruder. »Viel leicht, weil du dich bis über beide Ohren in die Frau verliebt hast?« Shane wurde allmählich wirklich wütend. Sollte seine Fami lie doch vor der eigenen Tür kehren! Also drehte er den Spieß um und legte den Finger in die Wunde, die Travis Liebesleben betraf. »Nur weil du nicht darüber hinweggekommen bist, auf welche tragische Weise du Rayanne verloren hast, spiel dich bloß nicht so auf.« Rayanne war vor Jahren gestorben, bevor die beiden es bis zum Traualtar geschafft hatten. Travis hatte diese Tragödie nie verwunden, es war, als sei alles erst gestern geschehen, der verheerende Unfall am Tag der Hochzeit, der all seine Träume zerstört hatte. Travis Miene verdüsterte sich. »Ich würde alles dafür geben, die Sache ungeschehen zu machen«, brachte er gepresst hervor. »Ich, weiß, großer Bruder«, erwiderte Shane mitfühlend,
froh, nicht selbst eine solche Last zu tragen zu haben. »Aber meine Situation ist vollkommen anders.« Es war nicht er gewesen, der Greta Unrecht zugefügt hatte, sondern umge kehrt. Travis schob seinen Hut zurück und sah Shane fragend an. »Tatsächlich?« »Rayanne und du, ihr wolltet aus genau den richtigen Grün den heiraten.« Die beiden waren seit ihren Kindertagen ineinander verliebt gewesen, und es war immer klar, dass sie eines Tages heiraten würden. »Bei Greta und mir ist das nicht der Fall.« In knappen Worten erklärte er, warum Greta und er überhaupt zusammen durchgebrannt waren. »Ich habe von Anfang an so etwas geahnt«, seufzte Travis. »Und das Ende war auch vorhersehbar«, brummte Shane. Wann würde dieses Gefühl, verraten worden zu sein, endlich abklingen? »Wer ist denn jetzt immer noch nicht ehrlich?« bohrte Travis. »Was meinst du damit?« Shane ging zu den Ställen zurück, gefolgt von seinem Bruder. »Ich habe ihr gesagt, dass ich sie liebe. Und dennoch hat sie mich betrogen.« »Aber das war, bevor du es ihr gesagt hast.« Shane schnappte sich eine Forke und begann, den Stall auszumisten. »Ist doch egal«, stieß er grimmig hervor. Nie hätte er für möglich gehalten, so viel Schmerz wegen einer Frau zu empfinden. Als die Beziehung mit Bonnie Sue beendet gewesen war, hatte er lediglich Erleichterung verspürt. »Die Tatsache bleibt bestehen, dass Greta mich hintergangen hat.« Sie in Beaus Armen zu sehen, aus welchem ausgeklügelten Grund auch immer, hatte ihn tief gedemütigt. Er war sich wie der typische gehörnte Ehemann vorgekommen. »Greta hat also einen Fehler gemacht«, räumte Travis ein. »Doch am Schluss hat sie doch versucht, alles gerade zu biegen, bevor du sie in aller Öffentlichkeit hast fallen lassen.«
Shane hatte nicht vorgehabt, vor aller Ohren zu verkünden, dass er die Ehe annullieren lassen wollte. Nachdem das Scheinduell beendet war, hatte er sich eigentlich nur so rasch wie möglich aus dem Staub machen wollen. Oh ja, er wollte sich von Greta trennen, doch das wollte er ihr sagen, nachdem seine Wut und das Verlangen, sie in die Arme zu nehmen. und zu küssen, verraucht waren. Doch als der Reporter ihn so, direkt gefragt hatte, hatte er gedacht, warum nicht jetzt gleich einen sauberen Schlussstrich ziehen. Travis war der stille Konflikt, den sein Bruder ausfocht, nicht entgangen. Er legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter. »Denk immer daran: Die Leidenschaft, die ihr während der vergangenen Woche empfunden habt, begegnet einem nur einmal im Leben, wenn überhaupt. Es ist noch nicht zu spät, die Sache wieder in Ordnung zu bringen.« Travis runzelte die Stirn. »Wenn du noch länger wartest, kleiner Bruder, hast du vielleicht keine Gelegenheit mehr dazu.« »Liebes, du siehst furchtbar aus.« Tillie setzte ihrer Tochter einen Teller mit gebratenem Speck und Eiern vor. »Hast du letzte Nacht überhaupt geschlafen?« Greta holte tief Luft und drängte mit aller Macht die Tränen zurück, die in ihr aufzusteigen drohten. »Nicht viel.« Bart legte die Zeitung beiseite. »Sieht aus, als hättest du die ganze Nacht geweint.« »Das auch.« Greta hatte nicht gewusst, dass sie einen anderen Menschen so sehr verletzen konnte. Sie hatte auch nicht gewusst, zu welcher Liebe sie fähig war, und sie würde Shane für immer und alle Zeiten lieben, auch wenn er ihre Liebe nicht wirklich erwiderte. Dass wusste sie jetzt. »Ich könnte diesem Shane McCabe den Hals umdrehen«, grummelte Bart. »Es ist nicht seine Schuld, was gestern passiert ist«, verteidigte Greta ihn. Es wurde höchste Zeit, endlich mit der ganzen Wahrheit herauszurücken. »Jedenfalls nicht allein. Ich bin ebenfalls verantwortlich.«
ebenfalls verantwortlich.« Bart und Tillie tauschten verwirrte Blicke. »Was soll das heißen?« fragten sie unisono. Mit gepresster Stimme erklärte Greta, was ihre wahren Beweggründe für diese Ehe gewesen waren. »Weißt du, wir wussten von Anfang an, dass ihr uns eine Lektion erteilen wolltet, damit wir uns nicht mehr in euer Leben einmischen«, sinnierte Tillie. »Aber dann haben wir euch beide zusammen gesehen – die Art, wie ihr euch in die Augen geblickt habt –, und wir kamen zu dem Schluss, dass ihr doch ineinander verliebt seid. Und wir haben uns so für euch gefreut, Liebes.« »Darum haben wir euch ja auch diese Traumhochzeit ausge richtet«, fuhr Bart fort. »Wir wollten, dass ihr einen anständi gen Start in die Ehe habt.« »Und es hat auch fast geklappt«, gestand Greta niederge schlagen. »Vielleicht wäre alles gut gegangen, wenn Shane mir nur ein bisschen früher gesagt hätte, dass er mich liebt. Aber das hat er nicht getan, und ich dachte, er bleibt nur aus lauter Bequemlichkeit mit mir zusammen. Ich war sauer und habe mit Beau diese alberne Kinderei ausgeheckt, anstatt ernsthaft mit Shane zu reden. Shane sollte denken, dass ich ihn nur benutze, um Beau zurückzugewinnen, damit er mich endlich frei gibt. Doch bevor der Plan in Kraft treten konnte, hat Shane mir seine wahren Gefühle gestanden.« Das war unzweifelhaft der glücklichste Moment in ihrem Leben gewesen. »Und ich habe ihm gesagt, dass ich ihn auch liebe.« Bart schenkte ihnen allen Kaffee nach. »Aber du hast ihm nichts von deinem Plan erzählt.« Greta schüttelte traurig den Kopf. »Nein.« Tränen traten ihr in die Augen. Mit zitternden Fingern führte sie die Kaffeetasse an ihre Lippen. »Und ich kam nicht mehr rechtzeitig an Beau heran, um die ganze Sache abzublasen. Shane hat uns zusam men gesehen und natürlich sofort falsche Schlüsse gezogen. Er schäumte vor Wut und hat Beau zu diesem lächerlichen Duell
herausgefordert, und dann…« Greta seufzte schwer. »Den Rest kennt ihr ja.« Zu Gretas Überraschung wirkte Tillie eher nachdenklich als traurig. »Vielleicht hat er sich inzwischen ja abgeregt.« Greta rief sich seinen Gesichtsausdruck in Erinnerung, als er dem Reporter eröffnete, er wolle seine Ehe annullieren lassen. »Das bezweifle ich.« Was seinen Stolz anging, kannte ein Mann kein Pardon. Greta stocherte lustlos in ihrem Essen herum. Sie brachte einfach keinen Bissen hinunter. Tillie griff über den Tisch und tätschelte Gretas Hand. »Lie bes, wenn du ihn liebst, dann vergiss jetzt deinen Stolz«, drängte sie ihre Tochter mit sanfter Stimme. Bart nickte. »Es könnte sein, dass Shane genau wie wir keinen Schimmer hat, was du in deinem Herzen fühlst.« Greta blieb während des gesamten Frühstücks bei ihren Eltern, und sie sprachen sich endlich einmal richtig aus. Greta bekannte, wie sie sich immer gezwungen fühlte, stets bei allem, was sie tat, die Beste zu sein. Ihre Eltern nahmen diese Eröffnung mit Erstaunen auf, waren aber bereit, in aller Ruhe darüber zu reden. »Wir wollten doch immer nur dein Bestes«, sagte Tillie, nachdem Greta ihnen ihr Herz ausgeschüttet hatte. Greta sah ihre Eltern an und wusste, dass das die Wahrheit war. Erleichtert wurde ihr klar, dass ihre Eltern letztendlich immer zufrieden mit ihr gewesen waren, dass sie sie nie enttäuscht hatte. Diese Erkenntnis erfüllte sie mit tiefem Frieden. »Wir wünschten nur, du hättest uns das schon früher gesagt«, meinte Bart gerührt. »Auf jeden Fall versprechen wir, nie wieder Druck auf dich auszuüben«, erklärte Tillie energisch. Bart nickte bestätigend. »Und du musst uns versprechen, immer ganz offen mit uns zu sein, mit allem. Wir wollen nämlich verstehen. Und deine Gedanken können wir leider nicht lesen, wenn wir es auch manchmal versuchen.« Er grinste verlegen.
»Ich verspreche es«, sagte Greta, während Tillie eine Pa ckung Papiertaschentücher herumreichte. »Es ist nämlich ganz schön anstrengend, immer alles für sich zu behalten.« Zumin dest was ihre Eltern betraf, fiel ihr ein Stein vom Herzen. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es bereits später Vormittag war. »Ich muss jetzt los.« »Gibt es etwas, was wir für dich tun können?« Tillie stand auf und begann, den Tisch abzuräumen. Greta schüttelte den Kopf. Sie half ihrer Mutter rasch, das schmutzige Geschirr in die Spüle zu stellen. »Nein.« »Falls doch, dann sag uns bitte Bescheid«, erklärte Bart ernst. Greta versprach, dass sie das tun würde. Nachdem ihre Mutter ihr versichert hatte, dass sie ihr beim Abwasch nicht zu helfen brauchte, machte sie sich fertig und fuhr zum Tanzclub. Dort angekommen, stellte sie erleichtert fest, dass alles in Ordnung war. Der Hausmeisterservice, den sie angeheuert hatte, hatte alles blitzsauber hinterlassen, bereit für einen zweiten Tanzabend. Sie brauchte jetzt bloß noch die Rechnun gen des gestrigen Abends zu prüfen und die Nachrichten auf dem Anrufbeantworter abzuhören. Sie hatte gerade damit angefangen, als Beau Chamberlain hereinplatzte, einen riesigen Strauß pinkfarbener und weißer Nelken in der Hand. »Ich habe mir schon gedacht, dass ich dich hier finde.« Greta blickte von der altmodischen Rechenmaschine auf. Mit ihrem Kumpel hatte sie noch ein Hühnchen zu rupfen. Sie lehnte sich in ihren Stuhl zurück. »Falls die Blumen als Entschuldigung gedacht sind…« Beau hielt ihr den Strauß hin. »Das sind sie.« Greta schob seine Hand beiseite. »Ich bin nicht sicher, ob ich annehme.« Sie sah Beau ernst an. »Ich habe fast einen Herzan fall gekriegt, als du dich mit Shane auf dieses Duell eingelas sen hast.« Beau hockte sich auf die Kante ihres Schreibtischs und ließ
den Nelkenstrauß in ihren Schoß sinken. »Was soll ich dir sagen… dass ich Mitleid mit dem Knaben hatte? Sein Stolz war ordentlich angeknackst. Man hatte ihn in aller Öffentlich keit gedemütigt, und wie er nun mal ist, musste er sich auch in aller Öffentlichkeit Genugtuung verschaffen, um wieder die Oberhand zu gewinnen. Übrigens, wie hätte ich ahnen können, dass er dich anschließend nicht gewissermaßen als Trophäe mit nach Hause schleppt? Ich hatte erwartet, dass er nach dem Scheinduell entweder sterbend in deine Arme sinkt oder vor aller Augen noch einmal demonstriert, dass du seine Frau bist und bleibst. Du weißt schon… ein heißer Kuss, und eure Liebe ist auf immer und ewig besiegelt. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass er das Duell gewinnt und dich dann fallen lässt.« Greta fingerte an dem Zellophan herum, in das die Blumen eingeschlagen waren. »Schön gesagt.« Beau betrachtete sie über den Rand seiner Sonnenbrille hinweg. »Aber genau das ist doch passiert, oder?« »Leider ja.« »Also, was wirst du jetzt tun?« fragte Beau. »Ich weiß es nicht«, erwiderte Greta hoffnungslos. Sie wollte gerade ansetzen, um die verschiedenen Möglich keiten mit ihm zu diskutieren, als hinter ihr Schritte erklangen. Shane betrat Gretas winziges Büro. Sekunden voller Spannung verstrichen, während die drei einander schweigend musterten. Obwohl Greta den verzweifelten Drang verspürte, aufzusprin gen und wieder einmal zu beteuern, dass die Sache sich nicht so verhielt, wie sie aussah, gelang es ihr, sich zu beherrschen. Shane betrachtete die Blumen in Gretas Schoß. »Ein Ge schenk von Beau?« Greta nickte. Ihr Herz raste, und erleichtert stellte sie fest, dass nichts in Shanes Miene darauf hindeutete, dass er eifersüchtig oder verärgert war. Beau stand auf. »Ich weiß, wann ich überflüssig bin«, erklär te er. »Ich muss ohnehin zurück nach Los Angeles. Die
Vorbereitungen für meinen neuen Film laufen an.« Beau beugte sich vor, gab Greta einen Kuss auf die Wange. Dann wandte er sich an Shane und schüttelte ihm die Hand. »Seien Sie gut zu ihr, hören Sie? Oder Sie bekommen es mit mir zu tun.« Die Tür fiel hinter ihm zu. Tränen schimmerten in ihren Augen, als Greta die Blumen hochnahm und auf den Schreibtisch legte. Shane trat näher und stützte die Hände auf ihren Schreibtisch. Dann musterte er sie eindringlich. »Du siehst schrecklich aus«, stellte er fest, als bereite ihm diese Tatsache große Freude. Greta wusste, dass ihre Augen geschwollen waren und ihre Nase gerötet – sie konnte sich glücklich schätzen, wenn sie bis zum nächsten Jahrhundert wieder normal aussah, so viel, wie sie zur Zeit weinte. Sie bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. »Der nächste Mensch, der mir das sagt, den mache ich fertig«, schwor sie. Sie stand auf und kam um den Schreibtisch herum. Anklagend richtete sie den Finger auf ihn. »Wo wir schon beim Thema sind, du siehst auch nicht gerade umwer fend aus, Cowboy.« Er verzog die Lippen zu einem breiten Grinsen. Er legte ihr beide Hände auf die Schultern und drückte sie Besitz ergrei fend. »Das kommt, weil ich letzte Nacht kein Auge zugetan habe«, erklärte er mit sanfter Stimme. Doch Greta war noch nicht bereit einzulenken. Sie sah ihn mit sturem Blick an. »Ich auch nicht.« Shane ließ den Blick voller Zärtlichkeit über ihr Gesicht gleiten. »Und die Nacht davor haben wir auch kaum geschla fen«, erinnerte er sie mit einem sexy Unterton in der Stimme. »Allerdings aus völlig anderen Gründen.« Greta holte tief Luft. Falls er es darauf angelegt hatte, hier und jetzt mit ihr zu schlafen… »Welche Kurmaßnahme schlägst du also vor?« erwiderte sie hitzig. »Ein Tag im Bett… zusammen?« In Shanes Augen trat ein mutwilliges Glitzern. »Oder zwei
oder drei«, gab er grinsend zurück. Streng rief sie sich in Erinnerung, dass er sie gestern kalt lächelnd abserviert hatte, und das auch noch vor laufender Kamera. Sie funkelte ihn wütend an. »Falls du gekommen bist, um mir erneut das Herz zu brechen, dann beeil dich. Dieses Hickhack halte ich nicht länger aus.« Shane hockte sich auf die Kante ihres Schreibtischs und zog sie zu sich auf den Schoß, »Ich bin nicht hier, um dein Herz zu brechen, Greta«, erklärte er ernst. »Ich bin gekommen, um es wieder heil zu machen. Genau wie unsere Ehe. Und alles und jedes in unserem Leben, was der Reparatur bedarf. Mir ist heute nämlich etwas klar geworden, Greta.« Shane angelte zwei schlichte goldene Eheringe aus der Hosentasche. Er zog die billigen, unechten Ringe ab, die ihre Finger grün gefärbt hatten – die beide trotz allem aber immer noch trugen –, und ersetzte sie durch die aus massivem Gold. »Die Liebe, die ich für dich empfinde, verfliegt nicht so einfach«, bekannte er mit rauer Stimme. »Nicht heute oder morgen oder übermorgen. Meine Gefühle für dich sind stark genug für ein ganzes Leben. Und ich glaube…« Shane legte all seine Liebe und Hingabe in seinen Blick, als er ihr in die Augen sah, »… du empfindest dasselbe für mich.« Freudentränen liefen Greta über die Wangen. »Ja, das tue ich«, flüsterte sie inbrünstig. Sie schlang die Arme um ihn und zog ihn so dicht an sich, dass sie seinen Herzschlag spürte. Dann küsste sie ihn, bevor er womöglich noch auf die Idee kam, seine Meinung zu ändern und seine Worte zurückzuneh men. »Oh Shane, es tut mir so Leid.« Ein unendliches Glücks gefühl – ihn endlich wieder in ihrem Leben zu haben – ließ ihre Stimme erzittern. »Ich hätte dir gestehen sollen, was Beau und ich vorhatten, bevor es überhaupt passierte.« Shane streichelte zärtlich ihr Haar. »Das hätte auch nichts geändert«, gestand er reuevoll. Er sah sie entschuldigend an. »Ich wäre genauso verletzt gewesen und mit Sicherheit
genauso durchgedreht. Denn da waren mir ein paar simple Wahrheiten über diese ganze Liebesaffäre noch nicht bewusst.« »Die da wären…?« Shane drückte einen Kuss auf ihren Handrücken. »Zunächst mal steht Ehrlichkeit immer an erster Stelle, und das gilt doppelt, wenn es um den Menschen geht, den man liebt. Es wird Zeit, dass ich endlich erwachsen werde und den Leuten sage, was ich denke und fühle, anstatt mich wie ein pubertie render Jüngling zu verhalten.« »Da muss ich dir Recht geben.« In knappen Worten erzählte sie ihm von der Aussprache mit ihren Eltern. »Ich habe mir dasselbe vorgenommen… ich muss endlich lernen auszuspre chen, was mich bewegt, anstatt alles in mich hineinzufressen und einfach die Flucht zu ergreifen.« »Gut.« Shane verschloss ihre Lippen mit einem langen, zärtlichen Kuss. »Was hast du sonst noch aus der ganzen Sache gelernt?« fragte Greta atemlos, nachdem er sie wieder freigegeben hatte. Mehr als alles andere auf der Welt wollte sie erst mal reinen Tisch machen, um den Weg für einen wirklichen Neuanfang zu ebnen. »Wir können nicht verheiratet sein und gleichzeitig einen Fuß in der Tür haben.« Seine dunkle, raue Stimme ging ihr durch und durch. »Wir müssen gemeinsam durch dick und dünn gehen, wenn wir bis ins hohe Alter glücklich zusammen leben wollen, so wie unsere Eltern, und das will ich.« »Das will ich auch«, bekräftigte sie, und sie besiegelten ihren Wunsch mit einem weiteren Kuss. In dem Bewusstsein, alle Zeit der Welt zu haben, lehnte sich Greta ein Stück zurück und studierte sein Gesicht. »Weißt du, auch ich habe eine Menge aus dieser Geschichte gelernt«, gestand sie glücklich. »Zum Beispiel?« wollte er wissen. Greta legte ihm die Hände auf die breite Brust. Sie liebte seine Wärme und Stärke genauso wie seine Impulsivität und
sein Ungestüm. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie bereit, aufs Ganze zu gehen. »In einer guten Ehe gibt es keinen Platz für Angst und Feigheit. Ich darf keine Angst davor haben, dir zu sagen, was mich bewegt. Ich muss darauf vertrauen, dass wir es schaffen werden, über alles hinwegzukommen, wie schwierig es auch wird.« Shane nickte. »Und ich verspreche, es auch immer so zu halten.« Auch dieses Versprechen wurde mit einem Kuss besiegelt. »Letztendlich ist es nie gut, auf den passenden Augenblick zu warten, um jemandem zu sagen, dass man ihn liebt.« Die Kehle wurde ihr eng, wenn sie daran dachte, was sie fast verloren hätte. »Man kann es ihn nicht oft genug wissen lassen. Also, von nun an bis in alle Ewigkeit werde ich dir auf hundert verschiedene Arten sagen, dass ich dich liebe, Shane McCabe«, schwor sie. Grinsend stand Shane auf und schloss die Bürotür ab. »Das hört sich gut an.« Greta lächelte. Sie wusste, dass innerhalb der nächsten Stunden keine Störung zu erwarten war. Das gab ihnen die Freiheit, hier tun und lassen zu können, was sie wollten. »Das dachte ich mir schon.« Shane hockte sich wieder auf den Schreibtisch, zog sie auf den Schoß und begann ihre Bluse aufzuknöpfen. »Ich vermute, das könnte auch im Schlafzimmer passieren?« neckte er sie. Greta sog scharf die Luft ein, als seine Hand den BH herun terzog und ihre Brust umfasste. »Oh ja.« »Und in der Küche?« Er bedeckte ihren Hals mit tausend kleinen Küssen. Ihre Brustspitzen richteten sich hart auf, und ein heißes Sehnen durchströmte ihre Lenden. »Höchstwahrscheinlich«, stieß sie atemlos hervor. »Weißt du, ich dachte immer, die Ehe sei ein Gefängnis für einen Mann«, gestand er zwischen hungrigen Küssen. »Aber
jetzt glaube ich, verheiratet zu sein ist gar nicht so schlecht.« Er sah sie voller Liebe an. »Tatsächlich scheint es mir das Beste zu sein, was es gibt.« »Es freut mich, dass du die Sache so siehst.« Mit einem verführerischen Lächeln auf den Lippen begann auch sie, ihm das Hemd aufzuknöpfen. »Und ich hoffe, das wird auch immer so bleiben.« »Das schwöre ich.« Er zog sie mit sich zu dem kleinen Sofa in der Ecke, und sie besiegelten ihre Ehe so, wie es sich für ein frisch verheiratetes Paar gehört, das die Hände nicht voneinan der lassen kann.
-ENDE