J. Haberstroh J. Pantel Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual
J. Haberstroh J. Pantel
Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual Mit 84 Abbildungen
1 23
Dr. Julia Haberstroh Arbeitsgruppe Gerontopsychiatrie Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Heinrich-Hoffmann-Str. 10 60528 Frankfurt
Prof. Dr. Johannes Pantel Arbeitsgruppe Gerontopsychiatrie Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Heinrich-Hoffmann-Str. 10 60528 Frankfurt
ISBN-13
978-3-642-16921-2
Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Springer-Verlag GmbH ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden.
Planung: Barbara Lengricht und Susanne Moritz, Berlin Projektmanagement: Ulrike Niesel, Heidelberg Copy-Editing: Ute Villwock, Heidelberg Zeichnungen: Claudia Styrsky, München Layout und Umschlaggestaltung: deblik Berlin Satz: TypoStudio Tobias Schaedla, Heidelberg SPIN: 12780051 Gedruckt auf säurefreiem Papier
22/2122/UN – 5 4 3 2 1 0
V
Geleitwort Angehörige aber auch professionell Pflegende benötigen im Umgang mit Menschen mit Demenz Wissen über das Krankheitsbild, die Symptome und den Verlauf. Insbesondere sind aber auch Kenntnisse, die zu einem guten Umgang mit Demenzkranken und nicht zuletzt miteinander führen, notwendig. Wissen kann man natürlich allein erwerben, z.B. durch Broschüren oder im Internet. Nutzt man die Möglichkeit, an einem Schulungskurs teilzunehmen, erhält man nicht nur Informationen, sondern man hat auch die Möglichkeit, Fragen zu stellen, eigene Erlebnisse einzubringen und Erfahrungen auszutauschen. Das vorliegende Trainingsmanual gibt Trainern, die eine Schulung für pflegende Angehörige oder für professionell Pflegende durchführen wollen, detaillierte Hinweise, wie dies erlernt werden kann. Dabei stehen nicht nur die Vermittlung von Wissen im Vordergrund sondern auch die Beschreibung der Methoden, die Evaluation des Erfolges eines Trainings und die nachhaltige Sicherung des Erlernten. Viele praktische Tipps zur Durchführung, z.B. was bei Vorträgen zu beachten ist, wie man Gruppenübungen anleitet, Powerpoint und FlipChart gezielt einsetzt, geben den Nutzern des Manuals Hilfestellung zur erfolgreichen Durchführung. Es wird deutlich, dass es im Umgang mit Demenzkranken kein Patentrezept gibt. Wie ein roter Faden zieht sich der Satz »Kennt man einen Menschen mit Demenz, kennt man EINEN Menschen mit Demenz« durch das Manual. Kommunikation als Schlüsselqualifikation für einen gelingenden Umgang wird detailliert beschrieben. Viele Beispiele bereichern die unterschiedlichen Themen der Sitzungen. Auch die Notwendigkeit, sich selbst zu pflegen, wenn man pflegt, kommt nicht zu kurz. Angehörige und auch professionell Pflegende denken viel zu wenig an sich. Wie Studien zeigen sind sie selbst stark belastet und in Gefahr, zu erkranken. Deshalb ist es zu begrüßen, dass die Autoren des Manuals auch diesen Aspekt in die Schulung integriert haben. Selbstpflege ist unerlässlich, wenn man eine kontinuierliche Betreuung und Pflege im Sinne der pflegebedürftigen Menschen mit Demenz fördern will. Dem Manual TANDEM sei gewünscht, dass viele Trainer es nutzen und viele pflegende Angehörige, Ehrenamtliche und professionell Pflegende in den Genuss einer Schulung kommen. Ein richtiger und positiver Umgang mit Demenzkranken und eine gute Kommunikation sind erreichbar. Auch wenn es nicht für alle Probleme eine Lösung gibt: Man kann viel lernen, was zu einer gelingenden Begleitung und Pflege von Menschen mit Demenz beiträgt! Sabine Jansen
VII
Vorwort Als wir 2004 das Projekt »TANDEM: Trainingsangebote zur Kommunikation und Kooperation in der Versorgung demenzkranker Menschen« ins Leben riefen, war unser primäres Ziel, die Kommunikation mit demenzkranken Menschen zu verbessern aber auch das Wohlbefinden der erkrankten Menschen sowie ihrer Angehörigen. Wir begannen mit einem Trainingsprogramm für Angehörige von demenzkranken Menschen, das wir bald aufgrund der regen Nachfrage auch auf die professionelle Kommunikation von Pflegekräften mit demenzkranken Klienten übertrugen. Die Inhalte des Trainings sind seit 2004 stetig gewachsen sowie optimiert worden. Wir haben das Trainingsprogramm um weitere wichtige Themen wie beispielsweise »Für sich selbst sorgen« für Angehörige oder »Kollegiale Beratung« für Pflegekräfte ergänzt, die Sitzungen mehrfach durchgeführt und erfolgreich wissenschaftlich überprüft. In verschiedenen Forschungs- und Praxisprojekten konnte nachgewiesen werden, dass die Teilnahme an einem TANDEM Training sich positiv sowohl auf das Wohlbefinden der demenzkranken Menschen als auch ihrer versorgenden Angehörigen und professionellen Pflegekräfte auswirkt. Aufgrund dieser nachweislichen Erfolge wurden die TANDEM Trainings im Jahr 2007 als Teil des Projekts »QUADEM: Qualifizierungsmaßnahmen zur Steigerung der Lebensqualität demenzkranker Menschen« als Leuchtturmprojekt Demenz des Bundesministeriums für Gesundheit ausgewählt. Nicht nur die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Programme haben etwas gelernt, sondern auch wir - die Trainerinnen und Trainer. Denn sowohl versorgende Angehörige als auch professionell Pflegende sind Experten im Umgang mit demenzkranken Menschen. Sie bringen vielfältige Erfahrungen in jede Sitzung mit ein, finden gemeinsam Lösungen für Probleme und teilen positive wie negative Erfahrungen. So war und ist jede TANDEM Sitzung immer wieder ein gegenseitiges Geben und Nehmen, sowohl für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer als auch für die Trainerinnen und Trainer. Die verschiedensten Sichtweisen und Herangehensweisen von den versorgenden Angehörigen und professionellen Pflegekräften kennenzulernen, haben uns in jedem Kurs bereichert. Wir freuen uns, die vielfältigen Wege zur Kommunikation in der Versorgung und Pflege demenzkranker Menschen in diesem Manual weitergeben zu können. Wir wünschen allen Trainerinnen und Trainern, die dieses Manual anwenden werden, dass auch Sie stetig von Ihren Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen und in den Sitzungen begeistert von den kleinen und großen Wundern erfahren dürfen, die tagtäglich in der häuslichen und stationären sowie in die familiären und professionellen Versorgung und Pflege demenzkranker Menschen vollbracht werden. Unser herzlicher Dank gilt der BHF-Bank-Stiftung, der Deutschen Alzheimer Stiftung e.V. und der Alzheimer Gesellschaft Frankfurt e.V., die unsere Arbeit von Beginn an unterstützt haben, dem Hessischen Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit sowie den Landesverbänden der Pflegekassen in Hessen, unseren Teilnehmerinnen und Teilnehmern, den beteiligten Pflegediensten und Altenpflegeheimen sowie im speziellen Katharina Neumeyer, Judith Franzmann, Katharina Krause, Marion Jakob, Ines Roth, Sabine Jansen, Prof. Dr. Bernhard Schmitz, Prof. Dr. Franziska Perels, Arthur Schall, Sonja Onufzsak, Kerstin Bindel, Alessandra Bähr, Anne Kümmel, Sandra Sahlender, Valentina Tesky, Familie Haberstroh, Familie Strauch, Familie Neumeyer und all jenen, die das TANDEM in den letzten Jahren mit Interesse begleitet haben. Im Oktober 2010 Julia Haberstroh und Johannes Pantel
IX
Inhaltsverzeichnis 7
Inhalte: Kollegiale Beratung – Kommunikation im AltenpflegeTeam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
7.1 7.2 7.3 7.4
Modell: Team . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feedback . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Themenzentrierte Interaktion (TZI) . . . . . . . Kollegiale Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I Wie nutzt man das TANDEM Trainingsmanual 1
Wie nutzt man das TANDEM Trainingsmanual? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1
Erläuterungen zu den Abschnitten des Manuals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
2
Begriffserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
90 90 91 92
III Trainingsdurchführung 8
Didaktischer Hintergrund: Wie fährt ein TANDEM? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
8.1 8.2 8.3
Rolle des Trainers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Expertentum der Teilnehmer . . . . . . . . . . . . 98 Grundhaltungen des Trainers . . . . . . . . . . . . 98
9
Instruktionskompetenz: Was muss ein Trainer können? . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
II Trainingsinhalte 3
Grundgedanken der TANDEM Trainings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
4
Inhalte: Demenz betrifft uns alle . . . . . . 15
4.1 4.2
Und was ist Demenz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Für sich selbst sorgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
10
Zielgruppen: Wer fährt ein TANDEM? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
5
Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen . . . . . . . . . . . 39
10.1 10.2
Trainer: Wer trainiert ein TANDEM? . . . . . . 106 Teilnehmer: Wer wird trainiert? . . . . . . . . . 106
5.1 5.2
Was ist Kommunikation? . . . . . . . . . . . . . . . . . Menschen mit Demenz als Sender von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Menschen mit Demenz als Empfänger von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . 107
11.1 11.2 11.3 11.4
Gruppengröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Raumgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dauer der Trainingssitzungen . . . . . . . . . . . Trainingsmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
Einstieg in ein Training . . . . . . . . . . . . . . 109
12.1 12.2
Kennenlernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Gruppenregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
13
Hilfreiche Trainingselemente für alle Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
13.1 13.2 13.3 13.4
Handouts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eisbox . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 5.4
40 43 56
108 108 108 108
71
6
Inhalte: Kommunikation und Kooperation von versorgenden Angehörigen und professionell Pflegenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
6.1 6.2 6.3 6.4 6.5
Das »Pflegedreieck« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die vier Seiten der Kommunikation . . . . . . Empfängermodell: Die vier Ohren . . . . . . . . Gesprächsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Perspektivübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80 81 82 83 85
116 116 116 117
X
Inhaltsverzeichnis
13.5 13.6
Erfahrungsaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung und Reflexion durch den Trainer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reflexion und Transfer: »Was nehme ich mit?« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feedback für den Trainer: Blitzlicht . . . . . . Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.7 13.8 13.9
14 14.1 14.2
118
18
Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
118
18.1
Besonderheiten bei der Planung eines Trainings für professionelle Pflegekräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trainingsverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manual: Und was ist Demenz? . . . . . . . . . . Manual: Gesprächsführung mit Kollegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manual: Kollegiale Beratung . . . . . . . . . . . . Manual: Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation . . . . . . . . . . . Manual: Menschen mit Demenz als Sender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manual: Menschen mit Demenz als Empfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manual: Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen . . . . . . . . . . . . Kooperation mit versorgenden Angehörigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
118 119 120
Transfer: Wie kommt das gelernte Wissen in den Alltag? . . . . . . . . . . . . . . . 121 Transferförderung in den Trainingssitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Transferförderung durch individuelle Fallbesprechungen . . . . . . . . . 122
18.2 18.3 18.4 18.5 18.6 18.7 18.8
15 15.1
Evaluation: Woher weiß ich, dass das Training erfolgreich war? . . . . . . . . 127
15.2
Bewertung einer einzelnen Trainingssitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Evaluation eines ganzen Trainings . . . . . . 128
16
Nachhaltigkeitsförderung . . . . . . . . . . . 133
16.1
Nachhaltigkeitsförderung durch Trainerausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Nachhaltigkeitsförderung durch die Initiierung von Selbsthilfe . . . . . . . . . . . . . . 135
16.2
17
Manual: TANDEM für versorgende Angehörige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
17.1
Besonderheiten bei der Planung eines Trainings für versorgende Angehörige . . Trainingsverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manual: TANDEM, wir fahren los! . . . . . . . . Manual: Und was ist Demenz? . . . . . . . . . . Manual: Für sich selbst sorgen! . . . . . . . . . . Manual: Menschen mit Demenz als Sender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manual: Menschen mit Demenz als Empfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manual: Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften . . . . . . . . . .
17.7 17.8
18.10
141 142 144 148 151 156 162 169
187 195 198 207 213 220 228
V Anhang: Weiterführende Informationen Literaturempfehlungen mit kurzen Buchbesprechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfreiche Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IV Sitzungsmanuale
17.2 17.3 17.4 17.5 17.6
18.9
181 181 183
239 247 252 253
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
XI
Die Autoren Dipl.-Psych. Judith Franzmann Dr. rer. nat. Julia Haberstroh Dipl.-Psych. Marion Jakob Dipl.-Psych. Katharina Krause Dipl.-Psych. Katharina Neumeyer Prof. Dr. med. Johannes Pantel Dipl.-Psych. Ines Roth Arbeitsgruppe Gerontopsychiatrie Department of Psychiatry, Psychosomatic Medicine and Psychotherapy University of Frankfurt Heinrich-Hoffmann-Str. 10 60528 Frankfurt am Main
XIII
Zusätzliche Materialien zum Buch im Internet Für die schnelle Vorbereitung der einzelnen Sitzungen des Kommunikationstrainings finden Sie PowerPoint-Folien, Handouts, Visualisierungen und Sequenzpläne zum Downloaden und Anpassen auf unserer Produktseite im Internet. So kommen Sie an die Schulungsmaterialien: 1. Öffnen Sie Ihren Internetbrowser. Geben Sie den Link www.springer.com/978-3-642-16921-2
2
in Ihr Internet-Browserfenster ein. Auf der rechten Seite im Menü finden Sie den Punkt »Zusätzliche Informationen«. Klicken Sie auf den Punkt »Schulungsmaterial«.
3. Loggen Sie sich mit dem folgenden PIN ein. PIN zum Downloadbereich: SwBBwygHay8pS3c
4. Sie können nun die einzelnen Materialien auswählen, anpassen und herunterladen. Hinweis: Zum Verwenden des Materials benötigen Sie Microsoft Office PowerPoint (ab Version 2003; ist Bestandteil des Microsoft Office-Pakets).
I
I
Wie nutzt man das TANDEM Trainingsmanual
1
Wie nutzt man das TANDEM Trainingsmanual? – 3 Haberstroh, J., Franzmann, J., Krause, K., Neumeyer, K.
2
Begriffserklärungen
– 9
1
Wie nutzt man das TANDEM Trainingsmanual? Haberstroh, J., Franzmann, J., Krause, K., Neumeyer, K.
1.1
Erläuterungen zu den Abschnitten des Manuals
1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1.5
I. Wie nutzt man das TANDEM Trainingsmanual? – 4 II. Trainingsinhalte – 4 III. Trainingsdurchführung – 4 IV. Sitzungsmanuale – 6 V. Anhang: Weiterführende Informationen – 8
– 4
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
4
Kapitel 1 · Wie nutzt man das TANDEM Trainingsmanual?
1.1
Erläuterungen zu den Abschnitten des Manuals
1
Das TANDEM Trainingsmanual ist in fünf Abschnitte eingeteilt. Weiterhin finden Sie Power Point Präsentationen, Handouts und Sequenzpläne zu allen Sitzungen auf der Buchseite im Internet unter www.springer.com/978-3-642-16921-2
1.1.1
I. Wie nutzt man das TANDEM Trainingsmanual?
Im ersten Abschnitt, den Sie gerade lesen, wird beschrieben, wie man anhand des Manuals ein Training vorbereiten und durchführen kann.
1.1.2
II. Trainingsinhalte
Im zweiten Abschnitt Trainingsinhalte werden die Inhalte vorgestellt, die den Trainingsteilnehmern1 in den einzelnen Sitzungen vermittelt werden sollen. Die Namen der Kapitel entsprechen den Namen der jeweiligen Trainingssitzungen. Die Trainingsinhalte, die hier beschrieben werden, sind sozusagen Vorschläge für die Sprechtexte der Vorträge, die der Trainer in den jeweiligen Sitzungen halten soll. Sie werden die Überschriften und Inhalte der Unterkapitel auf den Folien der zugehörigen Power Point Präsentationen (www.springer. com/978-3-642-16921-2) wiederfinden. Die Reihenfolge der Kapitel und Unterkapitel entspricht exakt der Reihenfolge der inhaltlichen Vorträge in den Sitzungen. In den Kapiteln »Geplanter Verlauf«, die in jedem Sitzungsmanual enthalten sind, finden Sie stets Verweise zu den entsprechenden Trainingsinhalten, sodass Sie erkennen können, welcher Trainingsinhalt in welchem Sitzungsabschnitt vorgetragen werden soll. Die Trainingsinhalte werden recht ausführlich beschrieben, sodass der Trainer auch die Mög1
Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wurde im vorliegenden Werk darauf verzichtet, die männliche und die weibliche Form der genannten Personen anzuführen. Sämtliche Ausführungen beziehen sich selbstverständlich stets auf beide Geschlechter.
lichkeit hat, Auszüge wegzulassen bzw. nicht in seinen Vortrag zu integrieren. Zur Vorbereitung auf eine Sitzung empfehlen wir, dass das jeweilige inhaltliche Kapitel aufmerksam gelesen wird und parallel zum Lesen die zugehörige Power Point Präsentation geöffnet ist. So können Sie sich bei jeder Folie individuelle Notizen und Stichpunkte machen, welche inhaltlichen Informationen Sie an Ihre Trainingsteilnehmer weitergeben möchten.
1.1.3
III. Trainingsdurchführung
Der dritte Abschnitt Trainingsdurchführung liefert grundlegende Informationen für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung eines Trainings. Bevor ein Training durchgeführt wird, sollte dieses Kapitel aufmerksam gelesen werden, um die Sitzungen optimal vorbereiten, durchführen und nachbereiten zu können. z
Didaktischer Hintergrund: Wie fährt ein TANDEM?
Im Kap. 8 wird die Rolle des Trainers definiert und die Bedeutung des Expertentums der Teilnehmer für ein TANDEM Training erläutert. Dieses Kapitel ermöglicht es dem Trainer, sich in die Grundhaltung eines TANDEM Trainings einzufühlen und sollte vor Durchführung eines Trainings gelesen werden. Mit den Grundhaltungen im Handgepäck kann man als Trainer einen wertschätzenden und unterstützenden, aber nicht dirigierenden oder überstülpenden Trainingsstil annehmen. z
Instruktionskompetenz
Im Kap. 9 werden weiterhin die Kompetenzen beschrieben, die ein Trainer mitbringen muss, um ein Training erfolgreich moderieren zu können. Hierbei werden einige Tipps gegeben, wie ein Trainer seine Instruktionskompetenz verbessern kann, also z. B. wie er mit herausfordernden Teilnehmern oder schwierigen Situationen umgehen kann, worauf er achten muss, wenn er mit Metaplan oder FlipChart arbeitet. Für dieses Kapitel wurde eine Auswahl an grundlegenden Instruktionskompetenzen getroffen, die für die TANDEM Trainings besonders
5 1.1 · Erläuterungen zu den Abschnitten des Manuals
relevant sind. Wer Interesse hat, seine Instruktionskompetenz noch weiter zu verbessern, dem empfehlen wir das Buch »Trainer trainieren« (Perels, van de Loo & Schmitz, 2008; Literaturempfehlungen), die Teilnahme an einer Trainerausbildung oder einem Vortragstraining. z
Zielgruppen
Im Kap. 10 werden die Zielgruppen der Trainings definiert und beschrieben. Es wird diskutiert, wer an einem Training teilnehmen und wer ein Training durchführen kann, d. h., welche Voraussetzungen ein Teilnehmer bzw. ein Trainer für ein TANDEM Training mitbringen muss. Ein angehender Trainer sollte dieses Kapitel lesen, bevor er beginnt, seine Teilnehmer zu rekrutieren, damit er weiß, wer seine Zielgruppe ist und wen er zum Training einladen könnte bzw. sollte. Pflegedienst- oder Heimleitungen, die überlegen, welcher ihrer Mitarbeiter geeignet ist, TANDEM Trainings durchzuführen, liefert dieses Kapitel Informationen darüber, was eine Person mitbringen muss, um TANDEM Trainer werden zu können. z
Rahmenbedingungen
Im Kap. 11 finden Sie Informationen über die optimale Gruppengröße, die Raumgestaltung sowie die Dauer der Trainingssitzungen. Auch werden hier die notwendigen Trainingsmaterialien vorgestellt. Das Kapitel Rahmenbedingungen liefert Informationen für die Planung und Vorbereitung des Trainings. Welche Bedingungen muss der Trainingsraum erfüllen, wie viele Teilnehmer nehme ich in meine Gruppe auf? Wie viel Zeit plane ich ein? Welche Trainingsmaterialien muss ich besorgen? Dieses Kapitel sollte gelesen werden, bevor potentielle Teilnehmer zum Training eingeladen werden. z
1
Elemente dieses Kapitels finden sich wieder in den Sitzungsmanualen der jeweils ersten Sitzung für versorgende Angehörige und professionell Pflegende. In den Sitzungsmanualen wurden konkrete Einstiegsmöglichkeiten ausgewählt und jeweils in ein Manual eingefügt. Dieses Kapitel liefert aber noch weitere darüber hinaus gehende Vorschläge für alternative Gestaltungen einer ersten Trainingssitzung. Erfahrene Trainer können diese Bausteine flexibel variieren und durch eigene Komponenten ergänzen. Weniger erfahrenen Trainern empfehlen wir, sich für die Gestaltung der ersten Sitzung zunächst an die Vorlagen der entsprechenden Sitzungsmanuale zu halten. Mit zunehmender Trainingserfahrung ist es sinnvoll, die erste Trainingssitzung an den eigenen Stil anzupassen, sodass diese erste Sitzung nicht nur ein Kennenlernen der Teilnehmer, sondern auch ein Kennenlernen des Trainers und seines individuellen Stils ermöglicht. z
Hilfreiche Trainingselemente für alle Sitzungen
Im Kap. 13 werden Trainingselemente vorgestellt, die nicht nur in einer, sondern in mehreren oder allen Sitzungen zum Einsatz kommen. Hierzu zählen z. B. Handouts, Übungen sowie bestimmte transferfördernde Maßnahmen und Abschlussrituale. Um diese Elemente nicht immer wieder in allen Sitzungsmanualen wiederholen zu müssen, ist dieses Kapitel den eigentlichen Sitzungsmanualen vorgeschaltet. Im Kapitel »Geplanter Verlauf« eines jeden Sitzungsmanuals finden sich an der entsprechenden Stelle jeweils die Verweise zu den Kapiteln, in denen das jeweilige Trainingselement erläutert wird. Dieses Kapitel beinhaltet konkrete Instruktionen und Aufzählungen des benötigten Materials für jedes vorgestellte hilfreiche Trainingselement und dient somit der direkten und unmittelbaren Vorbereitung auf eine bestimmte Trainingssitzung.
Einstieg in ein Training
Im Kap. 12 werden grundlegende Bausteine für die erste Sitzung eines Trainings beschrieben. Der Fokus richtet sich hierbei auf Möglichkeiten des gegenseitigen Kennenlernens sowie die Schaffung einer vertrauensvollen Atmosphäre in der Trainingsgruppe, z. B. durch die gemeinsame Erarbeitung von Gruppenregeln.
z
Transfer: Wie kommt das gelernte Wissen in den Alltag?
Im Kap. 14 werden einerseits Trainingselemente erläutert, die in allen TANDEM Sitzungen zur Transferförderung angewendet werden können und in sämtliche Sitzungsmanuale bereits integriert sind.
6
1
Kapitel 1 · Wie nutzt man das TANDEM Trainingsmanual?
Zum anderen werden ergänzende Möglichkeiten der Transferförderung vorgestellt: individuelle Fallbesprechungen und Kollegiale Beratung. Diese ergänzenden transferfördernden Maßnahmen sind zwar kein expliziter und notwendiger Teil der TANDEM Trainings, können aber sehr gut mit diesen kombiniert werden und tragen in der Kombination zu einer Maximierung des Trainingserfolgs im Alltag bei. z
Evaluation: Woher weiß ich, dass das Training erfolgreich war?
Als Trainer ist man natürlich auch immer daran interessiert zu erfahren, ob die durchgeführten Sitzungen erfolgreich waren bzw. von den Teilnehmern als erfolgreich beurteilt wurden. Neben dem Blitzlicht, das als Trainingselement in den Abschluss sämtlicher TANDEM Trainings einfließt, gibt es noch weitere und ergänzende Methoden der Evaluation eines Trainings. Die Bedeutung und die Anwendung solcher Evaluationsmethoden werden im Kap. 15 vorgestellt. Die Entscheidung, ob und wie ein Training evaluiert werden soll und wie die Evaluationsergebnisse für den individuellen Bedarf genutzt werden sollen, muss rechtzeitig getroffen werden. Auch wenn die Evaluation in der Regel erst nach der Durchführung einer Sitzung oder manchmal sogar nach Durchführung eines ganzen Trainings zur Anwendung kommt, sollte dieses Kapitel schon vor Beginn eines Trainings gelesen werden, um entsprechende Vorbereitungen treffen zu können. z
Nachhaltigkeitsförderung
Im Kap. 16 werden Möglichkeiten vorgestellt, wie die Nachhaltigkeit von TANDEM Trainings gefördert werden kann, d. h., welche Maßnahmen eingeleitet werden können, damit der Effekt, der durch die Durchführung eines Trainings erzielt wurde (z. B. Kompetenzsteigerung, Entlastung), nicht im Anschluss wieder verpufft.
1.1.4
IV. Sitzungsmanuale
einer Trainingssitzung durcharbeitet, um seine Vorbereitungen für diese Sitzung treffen zu können. Gleichzeitig ist es für einen Trainer oft hilfreich, sich eine Kopie des jeweiligen Sitzungsmanuals (insbesondere des Sequenzplans) zur Sitzung mitzunehmen und an eine Stelle zu legen, an der er jederzeit darauf zugreifen kann. So kann der Trainer sich ab und zu (z. B. in Pausen, bei Übergängen zwischen einzelnen Abschnitten oder während Gruppenarbeiten) versichern, dass er auf dem richtigen Weg ist. Für jede Sitzung finden Sie eine Power Point Präsentation zum Download auf der Buchseite im Internet unter www.springer.com/978-3-64216921-2. Der Name der jeweiligen Präsentation wird im zugehörigen Kapitel Mitnehmliste benannt. Die Power Point Präsentationen leiten durch die Sitzungen. Jeder Schritt, den der Trainer in der Sitzung moderieren muss, wird mit einer Präsentationsfolie eingeleitet, sodass der Trainer sich bei der Trainingsdurchführung an den Folien »entlang hangeln« kann. Zu allen Sequenzen gibt es mindestens eine Folie in der Power Point Präsentation. Alle Sitzungsmanuale bestehen aus den gleichen fünf Bausteinen: Vermittlung des Themas, Lernziele, Geplanter Verlauf, Sequenzplan der Sitzung und Trainingsmaterial. Der Sinn und die Inhalte dieser Bausteine bzw. wie sie für die konkrete Sitzungsvorbereitung genutzt werden, wird im Folgenden erläutert. z
z
Der eigentliche Ablauf der einzelnen Sitzungen wird im Abschnitt Sitzungsmanuale beschrieben. Das jeweilige Sitzungsmanual ist es, das ein Trainer vor
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse)
Jedes Sitzungsmanual beginnt mit einer didaktischen Analyse, d. h. mit einer Beschreibung, wie das Thema der Sitzung vermittelt werden soll. Dieses einleitende Kapitel gibt einen Gesamtüberblick über den Ablauf der jeweiligen Sitzung und soll den roten Faden veranschaulichen. Es ist sinnvoll, bei der konkreten Vorbereitung einer bestimmten Sitzung zuallererst dieses Kapitel zu lesen, um einen Eindruck vom Ablauf der Sitzung zu bekommen. Sämtliche theoretischen und praktischen Elemente einer Sitzung werden in diesem Kapitel bereits benannt bzw. skizziert. Lernziele
Für jede Sitzung werden Lernziele formuliert. Die Lernziele werden zu Beginn der jeweiligen Sitzung vorgestellt und visualisiert, um den Teilnehmern
7 1.1 · Erläuterungen zu den Abschnitten des Manuals
den roten Faden und den Hintergrund der Sitzung zu verdeutlichen. Am Ende des inhaltlichen Teils einer jeden Sitzung wird die Visualisierung der Lernziele wieder hervorgeholt, um anhand der anfänglich gesetzten Ziele die Inhalte der Sitzung noch einmal zusammenzufassen und den Erfolg der Sitzung zu reflektieren. z
Geplanter Verlauf
Das Kapitel 17.3.2 Geplanter Verlauf gibt einen groben Überblick über die einzelnen Abschnitte der jeweiligen Sitzung und führt zudem die Verweise auf, an welcher Stelle in diesem Buch die für den jeweiligen Abschnitt benötigten Inhalte und Materialien zu finden sind. z
Sequenzplan der Sitzung
Der Sequenzplan einer Sitzung ist der wichtigste Baustein eines Manuals. Er gibt den ausführlichen Gesamtüberblick über die Sitzungssequenzen und führt für jede Sequenz auf, wie lange sie in etwa dauern wird, welche Inhalte vermittelt werden, welche Ziele diese Sequenz verfolgt, in welcher Sozialform gearbeitet wird, welche Methode in der Sequenz zur Anwendung kommt und welche Medien bzw. welches Material benötigt werden. Eine Zeile beschreibt jeweils eine Sequenz und fasst alle wichtigen Informationen, die für die erfolgreiche Durchführung dieser Sequenz benötigt werden, zusammen. Der Sequenzplan ist sozusagen das Herzstück eines jeden Sitzungsmanuals. Wir empfehlen, den Sequenzplan ausgedruckt in die jeweilige Sitzung mitzunehmen und stets griffbereit bzw. gut sichtbar zu haben. Um dies zu erleichtern, finden Sie jeden Sequenzplan zum Ausdrucken auf der Buchseite im Internet unter www.springer.com/978-3-64216921-2 »zusätzliche Informationen« zum Download. Die Zeitangaben in den Sequenzplänen der Sitzungen sollen der Orientierung dienen. Sie sind als Hilfestellung für die Trainer gedacht und nicht als zwingende Vorgabe. Die Dauer einer jeden Sequenz ist abhängig von den Eigenschaften der Gruppenteilnehmer und auch vom individuellen Stil des Trainers und kann somit variieren. Es ist sinnvoll, sich als Nachbereitung einer Sitzung Notizen im Sequenzplan zu machen, um so auf kurz oder lang die
1
Zeiten und eventuell auch die Abläufe der Sitzungen dem eigenen Trainingsstil anpassen zu können. z
Trainingsmaterial
Im Kapitel 17.3.4 Trainingsmaterial wird das für die jeweilige Trainingssitzung benötigte Material aufgelistet. Dieses Kapitel wird in jedem Sitzungsmanual in folgende Unterkapitel untergliedert: ▬ Das Unterkapitel Mitnehmliste gibt dem Trainer in jedem Sitzungsmanual in Form einer Tabelle darüber Auskunft, welche Materialien für die jeweilige Trainingssitzung benötigt werden bzw. was er zu der Sitzungen mitnehmen muss. Zudem gibt die Tabelle Auskunft darüber, wie viel von dem entsprechenden Material für die Trainingssitzung eingeplant werden sollte. Bevor ein Trainer zu einer Trainingssitzung aufbricht, kann er sich also anhand der zugehörigen Mitnehmliste vergewissern, dass er alles eingepackt hat. ▬ Im Unterkapitel Visualisierung eines jeden Sitzungsmanuals wird aufgezeigt, welche Trainingsinhalte den Teilnehmern per Power Point Präsentation, FlipChart oder MetaplanMethode für die jeweilige Sitzung verdeutlicht werden sollen. Alle Visualisierungen, die vom Trainer vor einer Sitzung selbstständig erstellt werden müssen, sind in diesem Unterkapitel abgebildet und bieten dem Trainer Vorlagen, um die Visualisierungen zu gestalten, abzuschreiben oder abzumalen. ▬ Das Unterkapitel Handouts enthält Informationen darüber, wann das jeweilige Handout ausgeteilt werden soll, was es beinhaltet und wo bzw. unter welchem Namen das Handout der jeweiligen Sitzung gefunden werden kann. ▬ Im Unterkapitel Übungen werden die Übungen der jeweiligen Sitzung erläutert und es werden Vorschläge für einleitende, begleitende und/oder abschließende Instruktionen zur Übung gemacht. > Der Beginn der Instruktionen ist jeweils mit dem Symbol ; und deren Ende mit dem Symbol : gekennzeichnet. Die Instruktionen sollen der Orientierung dienen. Sie sind als Hilfestellung für die Trainer gedacht und nicht als zwingende Vorgabe zu verstehen.
8
Kapitel 1 · Wie nutzt man das TANDEM Trainingsmanual?
1.1.5
V. Anhang: Weiterführende Informationen
1 z
Literaturempfehlungen mit kurzen Buchbesprechungen
Zur weiteren thematischen Einarbeitung bzw. Vertiefung der Trainingsinhalte sind in den Literaturempfehlungen kurze Buchbesprechungen beigefügt, sodass Sie sich ein Bild davon machen können, ob das jeweilige Buch für Sie interessant und nützlich sein könnte. Im Manual selbst finden sich ebenfalls einige Verweise zu den hier empfohlenen Büchern. Keines dieser Bücher ist eine notwendige Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung eines TANDEM Trainings, aber alle empfohlenen Bücher können bei besonderem Interesse an einem Thema das diesbezügliche Hintergrundwissen festigen und somit z. B. auch die Sicherheit in der Präsentation eines bestimmten Inhalts stärken. z
Hilfreiche Adressen
Bei den Hilfreichen Adressen werden lediglich die Kontaktmöglichkeiten zur Deutschen Alzheimer Gesellschaft aufgeführt, da insbesondere auf der Homepage (fast) alle hilfreichen Adressen zum Thema Demenz regelmäßig aktualisiert werden und abgerufen werden können. Die Internetseite sowie das Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer Gesellschaft liefern wertvolle Informationen zu regionalen Unterstützungsund Schulungsangeboten. z
Glossar
Im gesamten Manual wurde versucht, eine möglichst verständliche und selbsterklärende Sprache einzuhalten. Ab und zu konnten und wollten wir auf bestimmte Fachbegriffe jedoch nicht verzichten. Zur Erläuterung dieser Begriffe dient das Glossar.
2
Begriffserklärungen
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
10
z
2
Kapitel 2 · Begriffserklärungen
Sozialform
Die Sozialform beschreibt die Kommunikationsbzw. Interaktionsstruktur, die in einer Sequenz zur Anwendung kommt. Es werden vier Sozialformen unterschieden (⊡ Tab. 2.1) z
Medien/Materialien
Die folgenden Medien/Materialien werden Ihnen in sämtlichen Sitzungsmanualen begegnen (⊡ Tab. 2.2). z
Methoden
Die folgenden Methoden werden Ihnen in sämtlichen Sitzungsmanualen begegnen (⊡ Tab. 2.3).
⊡ Tab. 2.1 Sozialformen Plenum
Die Großgruppe ist in dieser Sequenz insgesamt angesprochen
Kleingruppe
Die Großgruppe wird je nach Gruppengröße in mehrere Kleingruppen aufgeteilt; in der Regel ist es günstig, mit Kleingruppen von 2–5 Teilnehmern zu arbeiten
Partnerarbeit
Je zwei Teilnehmer arbeiten in dieser Sequenz zusammen
Einzelarbeit
Jeder Teilnehmer arbeitet in dieser Sequenz für sich allein
⊡ Tab. 2.2 Medien und Materialien PPP
PowerPoint Präsentation: eine mit dem Programm PowerPoint erstellte Präsentation, die mittels Beamer auf eine Leinwand projiziert wird und der visuellen Unterstützung von Trainingsinhalten dient
FC
FlipChart: FlipChart-Ständer sowie die FlipChart-Papiere, die daran aufgehängt werden können
Metaplanwand
Eine Stellwand zum Anbringen von Materialien wie beispielsweise Zielzetteln, Moderationskarten oder dem Kommunikationsmodell (wird in manchen Geschäften oder Versandhäusern auch als Pinnwand oder Moderationswand bezeichnet)
Moderationskarten
Bunte Karten, die zur Sammlung von Ideen, Informationen usw. an der Metaplanwand eingesetzt werden
⊡ Tab. 2.3 Methoden Vortrag
Der Trainer erläutert theoretisch relevante Inhalte der Trainingssitzung, z. B. häufige Stärken/ Schwächen von demenzkranken Menschen beim Senden von Informationen
Präsentation
Ein Teilnehmer des Trainings stellt der Großgruppe ein in einer Übung erarbeitetes Ergebnis vor, z. B. mit Hilfe dafür beschrifteter FlipChart-Papiere
Visualisierung mit PPP
Ein Sachverhalt wird vom Trainer mittels einer PowerPoint Präsentation visuell verdeutlicht/ unterstützt
Blitzlicht
Jeder Teilnehmer fasst in 1–2 Sätzen zusammen, welche Eindrücke/Strategien o. Ä. er aus der Trainingssitzung mitnehmen möchte
II
II Trainingsinhalte
3
Grundgedanken der TANDEM Trainings – 13 Haberstroh, J., Krause, K., Franzmann, J. Neumeyer, K., Jakob, J., Roth, I., Pantel, J.
4
Inhalte: Demenz betrifft uns alle – 15 Haberstroh, J., Neumeyer, K., Jakob, M., Roth, I., Pantel, J.
5
Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen – 39 Haberstroh, J., Neumeyer, K., Pantel, J.
6
Inhalte: Kommunikation und Kooperation von versorgenden Angehörigen und professionell Pflegenden – 79 Krause, K., Franzmann, J., Haberstroh, J.
7
Inhalte: Kollegiale Beratung – Kommunikation im Altenpflege-Team – 89 Franzmann, J., Krause, K., Haberstroh, J.
3
Grundgedanken der TANDEM Trainings Haberstroh, J., Krause, K., Franzmann, J. Neumeyer, K., Jakob, J., Roth, I., Pantel, J.
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _3, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
14
z
3
Kapitel 3 · Grundgedanken der TANDEM Trainings
Kennt man einen Menschen mit Demenz, kennt man EINEN Menschen mit Demenz
Demenz ist kein einheitliches Krankheitsbild. Abgesehen von den unterschiedlichen Formen der Demenz unterscheiden sich Verlauf und Symptomatik bei jedem demenzkranken Menschen erheblich. Dies soll nicht bedeuten, dass man die Gemeinsamkeit, die durch die Erkrankung entsteht, übersieht. Es heißt aber, dass man keine allgemeingültigen Aussagen für alle demenzkranken Menschen aufstellen kann. Es gibt keine Rezepte zum Umgang mit demenzkranken Menschen. z
Jede Betreuungssituation ist einzigartig
Abgesehen von der Einzigartigkeit des Demenzkranken spielen u. a. das Wissen und der Umgang mit der Krankheit, die bisherige und die aktuelle Beziehung zwischen dem Pflegenden und dem Pflegebedürftigen und das Vorhandensein anderer Personen zur Unterstützung eine wichtige Rolle. Diese und andere Variablen verändern die Betreuungssituation, sodass trotz der gleichen Diagnose Demenz sehr unterschiedliche Situationen entstehen. z
Der versorgende Angehörige ist Experte für seinen an Demenz erkrankten Angehörigen
Niemand kennt den an Demenz erkrankten Menschen besser als der versorgende Angehörige. Dieser stellt die entscheidende Stütze im Leben des demenzkranken Menschen dar, der zunehmend den Bezug zur Umwelt verliert. Der Angehörige verbringt die meiste Zeit mit ihm und kennt dadurch am besten seine Gewohnheiten und seine Reaktionen bei Stress, Angst oder Freude. Für professionelle Pflegekräfte heißt das, dass die Angehörigen die wichtigsten Quellen für biografische Informationen sind – die wichtigsten Quellen, um zu erfahren, was dem demenzkranken Menschen in seinem Leben wichtig und bedeutsam war. Manche – und gar nicht so wenige – demenzkranke Menschen haben keine versorgenden Angehörigen. In solchen Fällen sind es die Bezugspflegekräfte, die die Rolle der Angehörigen übernehmen – und somit die entscheidende Stütze im Leben des betreuten Menschen mit Demenz darstellen. An diesem Beispiel wird klar, dass der dritte Grundgedanke auch umformuliert Gültig-
keit besitzt: Die Bezugspflegekraft ist der Experte für den versorgten Mensch mit Demenz! z
Wer pflegt, muss sich pflegen!
Dies gilt vor allem für versorgende Angehörige, aber auch für professionelle Pflegekräfte von Menschen mit Demenz. Sowohl Angehörige als auch professionell Pflegende sind eine Hochrisikogruppe für die Ausbildung eines Burnout-Syndroms, d. h. einen Zustand ausgesprochener emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit, der bei versorgenden Angehörigen in der Regel notgedrungen zum Übergang des demenzkranken Angehörigen ins Heim und bei professionellen Pflegekräften zum Berufsausstieg führt. Daher ist es besonders wichtig – bei allen Ansprüchen an sich selbst – rechtzeitig und immer auch an das eigene Wohlbefinden zu denken. Denn nur wer sich selbst pflegt, kann auch einen Menschen mit Demenz pflegen.
4
Inhalte: Demenz betrifft uns alle Haberstroh, J., Neumeyer, K., Jakob, M., Roth, I., Pantel, J.
4.1
Und was ist Demenz? – 16
4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5 4.1.6 4.1.7 4.1.8
Was bedeutet eine Demenz für die erkrankte Person? Ursachen der Demenz – 19 Symptome und Krankheitsverlauf – 21 Diagnostik – 25 Ansatzpunkte der Demenzbehandlung – 26 Prävention – 26 Therapie – 27 Umfeldoptimierung – 29
4.2
Für sich selbst sorgen
4.2.1 4.2.2
Unterstützungsangebote für versorgende Angehörige Wer pflegt, muss sich pflegen! – 35
– 16
– 30 – 31
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
16
Kapitel 4 · Inhalte: Demenz betrifft uns alle
4.1
Und was ist Demenz?
Beispiel
4
Frau Umtrieb ist 65 Jahre alt und lebt gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihren Kindern über dem Restaurant, das die Familie seit über 30 Jahren betreibt. Früher war Frau Umtrieb sehr aktiv, hatte einen großen Freundeskreis und viel Freude an der Arbeit im Restaurant. Seit einiger Zeit zieht sie sich immer mehr aus der Arbeit zurück, auch Kontakte scheut sie. Sie sagt, sie sei zu alt für so etwas und es mache ihr auch keinen Spaß mehr. Ihre Familie bemerkt schon seit einiger Zeit, dass es ihr immer schwerer fällt, sich zu konzentrieren. In Gesprächen verliert sie häufig den Faden oder findet die richtigen Wörter nicht. Sie vergisst kurz zurückliegende Ereignisse und findet Sachen nicht mehr. Oft wirft sie ihren Kindern vor, sie hätten ihre Sachen falsch eingeordnet. Sie selbst räumt ständig um, trägt Dinge hin und her. Einmal hat sie nach dem Einkaufen den Rückweg nicht mehr gefunden. Frau Umtrieb bestreitet ihre zunehmenden Probleme und spielt sie herunter. Der Hausarzt schöpft Verdacht und überweist sie zu einem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie. Dieser diagnostiziert bei Frau Umtrieb eine mäßige kognitive Beeinträchtigung im Rahmen einer Alzheimer-Demenz.
⊡ Abb. 4.1 Auguste D. (wikipedia.org)
⊡ Abb. 4.2 A. Alzheimer (wikipedia.org)
⊡ Folie 4, PPP 1, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 5, PPP1, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Demenz ist eine Krankheit mit vielen Gesichtern. Ein Gesicht, das viele von uns mit Demenz verbinden, ist das Gesicht der Auguste D. – die erste Alzheimer-Patientin, deren Demenz in Frankfurt am Main von Alois Alzheimer diagnostiziert wurde (⊡ Abb. 4.1 und ⊡ Abb. 4.2). Viele verbinden mit Demenz auch Gehirnschwund – »Demenz, das ist doch die Krankheit bei der man alles vergisst.« Und vielen kommen beim Gedanken an Demenz traurige, verwirrte alte Menschen in den Sinn. Der Gedanke an Demenz macht Angst – Angst vor dem Verlust der Persönlichkeit, der Fähigkeiten, der Erinnerungen an das eigene Leben und der Selbstständigkeit. Aber Demenz kann auch ganz anders aussehen. Demenzkranke Menschen können durchaus noch ihr Leben genießen, können sich wohl fühlen, aktiv sein und Freude erleben (⊡ Abb. 4.3).
⊡ Abb. 4.3 Frau mit Demenz (Starpics / fotolia.com)
4.1.1
z
Was bedeutet eine Demenz für die erkrankte Person?
Bewusstseinszustand wie beim Aufwachen
Viele demenzkranke Menschen vergleichen ihren Bewusstseinszustand mit dem Zustand beim Aufwachen. Man schläft nicht mehr, ist aber auch noch nicht ganz wach. Man weiß nicht genau, was noch Traum ist und was schon Realität. Alles wirkt unsicher und verschwommen.
17 4.1 · Und was ist Demenz?
Was bedeutet eine Demenz für die erkrankte Person? t Bewusstseinszustand wie beim Aufwachen t Jeder Betroffene erlebt seine Krankheit anders t Alltag als ständige Herausforderung t Reizüberflutung t Heimweh t Verlust von Selbständigkeit t Kommunikationsschwierigkeiten t Lebensthemen ⊡ Abb. 4.4 PPP Folie »Was bedeutet Demenz für die erkrankte Person?«
z
Jeder Betroffene erlebt seine Krankheit anders
Menschen gehen unterschiedlich mit Krankheiten um und das bisherige Leben spielt hierbei eine große Rolle. Auch das jeweilige Stadium der Erkrankung ist wichtig: Habe ich gerade erfahren, dass ich an Alzheimer leide oder ist die Demenz bereits so weit fortgeschritten, dass ich gar nicht mehr weiß, dass ich an Demenz leide, aber mit den Folgen leben muss? Im Folgenden sollen deshalb nur Beispiele dafür gegeben werden, was die Lebenswelt für einen Menschen mit Demenz bestimmen und wie sie aus seinem Blickwinkel aussehen kann.
Alltag als ständige Herausforderung Gerade im Frühstadium der Demenz, in dem der Betroffene die Symptome, z. B. die Gedächtnisstörungen, bewusst wahrnimmt, treten häufig depressive Symptome auf. Der Verlust von Fähigkeiten wird noch sehr bewusst wahrgenommen. Probleme treten auf, beispielsweise beim Planen des Urlaubs, Auto fahren überfordert, zunehmend wird das Führen von Gesprächen schwieriger. Diese Verluste führen zu einer Abnahme der Selbstbestimmung und Selbstständigkeit. Auch das Selbstwertgefühl wird angegriffen, was durch die Beschämung, dass die Defizite für andere sichtbar sind, noch verschlimmert wird. Im Verhalten zeigt sich dies zu Beginn der Erkrankung häufig durch Vermeidungsverhalten. Situationen, die eine Überforderung bedeuten könnten, werden gemieden – wie im Fallbeispiel von Frau Umtrieb der Kontakt
4
mit Freunden. Die erkrankten Menschen werden häufig immer passiver. Eine zunehmende Tatenlosigkeit und sozialer Rückzug können die Folgen sein. Ebenso ist es nachvollziehbar, dass manche demenzkranken Menschen wütend werden über die eigene Unfähigkeit. Wie würde es Ihnen gehen, wenn Dinge, die man sein Leben lang konnte, sich auf einmal als unüberwindbare Hindernisse herausstellten?
Reizüberflutung Im Alltag erleben Menschen, die an Demenz leiden, Situationen, die für sie verwirrend sind. Zu viele Reize und Informationen strömen auf sie ein. Aufgaben, die sie früher leicht erfüllen konnten, werden zur Herausforderung. Gesunde Personen haben für verwirrende Situationen Strategien, um sich zu helfen. Sie überprüfen die Situation, filtern unwichtige Informationen aus, konzentrieren sich auf das Problem, sammeln Informationen, die ihnen weiterhelfen, und sortieren diese. Wenn jemand zum Beispiel mit dem Zug an einem fremden Bahnhof ankommt und zu seinem Anschlusszug möchte, hat er die Fähigkeit, unwichtige Reize wie Geräusche und Stimmen der anderen Passagiere um ihn herum auszufiltern und sich auf die Stimme der Zugansage zu konzentrieren. Ein Mensch mit Demenz erlebt ständig Situationen, die ihn verwirren, da er nicht mehr zwischen unwichtigen und wichtigen Informationen filtern kann und die Fähigkeit zum abstrakten Denken zunehmend verloren geht. Menschen mit Demenz verlieren zudem die Fähigkeit, sich aus der überfordernden Situation zu befreien. Sie sind ihr hilflos ausgeliefert. Selbst die aufkommenden Gefühle wie Hilflosigkeit oder Angst werden zwar wahrgenommen, können aber manchmal nicht mehr verstanden werden.
Heimweh Es wird häufig beschrieben, dass Menschen mit Demenz nach dem verstorbenen Ehepartner fragen oder »nach Hause« wollen, obwohl sie zuhause sind. Demenziell Erkrankte können sich noch relativ lange an Dinge erinnern, die vor ihrer Erkrankung liegen. Umso weiter Ereignisse zurück liegen, desto länger werden sie erinnert. Wenn sich Menschen mit Demenz hilflos fühlen, sich in einer scheinbar ausweglosen Situationen befinden, erin-
18
Kapitel 4 · Inhalte: Demenz betrifft uns alle
nern sie sich an Personen, die ihnen helfen konnten oder an Situationen, in denen es ihnen gut ging. Es ist nicht verwunderlich, dass erkrankte Menschen in dieser Lage zum Beispiel die Frage nach der Mutter oder dem verstorbenen Ehepartner stellen, der immer eine Stütze war. Beispiel
4
Der demenzkranke Herr Ängstlich lebt mit seiner Frau in ihrer gemeinsamen Wohnung. Da Herr Ängstlich stark schnarcht, schlafen die beiden in getrennten Schlafzimmern. Seine Frau bringt ihn abends ins Bett, weil Herr Ängstlich gehbehindert ist und Hilfe beim Einstieg ins Bett benötigt. Seit einiger Zeit beginnt Herr Ängstlich zu rufen, sobald seine Frau das Licht ausgeschaltet und das Zimmer verlassen hat. Er ruft immer wieder: »Mama, Mama!« Wenn seine Frau zurückkehrt und fragt, was los sei, so antwortet er »Nichts!« Doch kaum ist das Licht wieder ausgeschaltet, ruft er erneut. Die Dunkelheit scheint ihn zu verängstigen. Wenn er früher, vor langer Zeit, ängstlich war, dann kam seine Mutter und nahm ihn in den Arm, um ihn zu trösten. Nun sehnt er sich in angstvollen Situationen nach dieser Geborgenheit, die ihm seine Mutter geben konnte. Aber die Frage seiner Frau, was los sei, kann er nicht beantworten. Denn die Angst nimmt er zwar wahr, aber er versteht sie nicht mehr und kann seine Angst auch nicht begründen oder in Worte fassen. Er weiß durchaus, dass seine Mutter nicht mehr lebt. Aber eigentlich ruft er ja auch gar nicht nach der Mutter. Er ruft nach der Geborgenheit.
Auch der Wunsch, nach Hause gehen zu wollen, obwohl der erkrankte Mensch ja eigentlich zuhause ist, ist nachvollziehbar. Denn dieses »Zuhause«, nach dem er sich nun sehnt, der Ort, an dem er sich sicher und geborgen gefühlt hat, existiert nicht mehr. Er erinnert sich an das Zuhause als einen Ort, an dem er sich und seiner Umgebung sicher war. Die Krankheit führt aber dazu, dass er sich nirgendwo mehr sicher fühlen kann. > »Ich will nach Hause« kann also auch heißen: »Ich will dahin, wo ich mich wohl gefühlt habe, wo ich mir meiner Fähigkeiten sicher war, wo ich geborgen war.«
Verlust der Selbstständigkeit Im Laufe der Demenz benötigt die betroffene Person zunehmend Hilfe von anderen. Häufig benötigen Menschen mit Demenz z. B. Hilfe beim Waschen. Es kann passieren, dass ihnen die verschiedenen Schritte, die zum Waschen notwendig sind, nicht mehr bewusst sind. Das führt dazu, dass aus der Sicht des Betroffenen mit ihm etwas gemacht wird, was er nicht versteht. Er wird beispielsweise entkleidet, ohne dass er den Grund dafür weiß. Gleichzeitig kann es mit fortschreitender Demenz vorkommen, dass die betroffene Person Fragen wie: »Was will man von mir? Wer spricht mit mir? Was passiert mit mir?«, nicht mehr formulieren kann. Die Gefühle sind jedoch deutlich vorhanden. Das kann zu Wut, Panik, aber auch Hilflosigkeit oder Angst führen. Im Alltag eines Menschen mit Demenz kommen Gefühle wie Überforderung, Unsicherheit, Verwirrung, Angst, Hilflosigkeit, aber auch Wut und Aggressivität vor. Das soll nicht heißen, dass nur angstvolle und unangenehme Ereignisse den Tag eines Menschen mit Demenz bestimmen. Es gibt auch positive Erlebnisse in seinem Alltag. So wird beispielsweise die liebevolle Zuwendung der Tochter, des Sohnes oder des Ehepartners wahrgenommen und als wertvoll erlebt.
Kommunikationsschwierigkeiten Oft wollen Menschen mit Demenz die eigenen Defizite nicht wahrhaben, verdrängen sie und werden ärgerlich, wenn man sie darauf hinweist. Besonders gravierend erleben die Erkrankten hierbei die Beeinträchtigungen der Kommunikation. Kommunikation, d. h. der Austausch von Gedanken, Gefühlen, Wünschen und Vorstellungen, ist für Menschen ein grundlegendes Bedürfnis und von fundamentaler Bedeutung. Die Möglichkeit, mit der Außenwelt zu kommunizieren, geht Menschen mit Demenz Schritt für Schritt verloren. Zunächst fallen dem Erkrankten einzelne Worte oft nicht mehr ein oder er kann die Frage, was er gestern gemacht hat, nicht mehr beantworten. Im letzten Stadium der Erkrankung können Worte weder formuliert noch verstanden werden. Lediglich der emotionale Ausdruck hilft noch zu verstehen, was im jeweils anderen vor sich geht.
19 4.1 · Und was ist Demenz?
Missverständnisse, fehlende Worte und weitere Misserfolge in Gesprächen und Kontakten mit anderen Menschen frustrieren die Betroffenen häufig so sehr, dass sie sich mehr und mehr zurückziehen und von ihrer Außenwelt isolieren. Ausgerechnet Kommunikation und soziale Aktivitäten sind es aber, aus denen Menschen mit Demenz maßgeblich ihr Wohlbefinden und ihre Lebensqualität schöpfen. > Mit den Beeinträchtigungen der Kommunikation werden demnach zunehmend das Wohlbefinden und die Lebensqualität eingeschränkt. Um Menschen mit Demenz Lebensqualität zu ermöglichen, muss also die Kommunikation mit ihnen aufrechterhalten werden.
Lebensthemen Bei aller Rede von Fähigkeits- und Selbstwertverlust darf aber nicht vergessen werden, dass bei Demenz auch viele Fähigkeiten überdauern und gesunde Selbstwertanteile erhalten bleiben. Diese zeigen sich insbesondere in Zusammenhang mit den wichtigen Lebensthemen eines Menschen – so ist und bleibt der ehemalige Fußballspieler Herr Sportlich stolz auf seine Leistungen und die Erfolge seines Fußballteams; die pensionierte Opernsängerin Frau Carmen richtet sich begeistert im Rollstuhl auf, wenn ihre liebste Arie im Radio ertönt und singt selbstbewusst mit; die einst fleißige Hausfrau Frau Sauber streicht selig die Tischdecken im Pflegeheim glatt und strahlt beim Lob ihres Ordnungssinns. Definition Als Lebensthemen bezeichnet man solche Ereignisse, Fähigkeiten und Eigenschaften, die das Leben eines Menschen reich und bedeutsam gemacht haben und machen.
finden und der Selbstwert demenzkranker Menschen aufrechterhalten werden. Das Wissen über diese Lebensthemen ermöglicht es der Umgebung, mit demenzkranken Menschen ins Gespräch zu kommen, gemeinsam zu handeln, sich gemeinsam zu freuen und so Kommunikation aufrecht zu erhalten. Kommunikation besteht nicht nur aus Worten, Kommunikation steckt in jeder kleinen Bewegung, Handlung oder auch Nicht-Handlung. Aber hierzu später mehr.
4.1.2
Ursachen der Demenz
Demenz gehört zu den organisch psychischen Erkrankungen. Unter dem Begriff »Demenz« wird eine uneinheitliche Gruppe von Störungen zusammengefasst, die auf sehr unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sind.
Primäre Demenzen Als häufigste Demenzform gilt die Alzheimer-Demenz. Sie ist die Ursache von mehr als der Hälfte aller demenziellen Erkrankungen. Zweithäufigste Demenzform ist die vaskuläre (gefäßbedingte) Demenz. Die beiden häufigsten Demenzformen sind primäre Demenzen, d. h., die demenzielle Erkrankung stellt hierbei die Grunderkrankung dar. Primäre Demenzen sind beim derzeitigen Stand der Forschung irreversibel, d. h. nicht heilbar. z
Alzheimer-Demenz
Die Ursache der Alzheimer-Demenz ist noch ungeklärt. Es sind jedoch eine Reihe von Veränderungen bekannt, die mit einer Alzheimer-Demenz einhergehen ( siehe unten).
Ursachen der Demenz
Diese Lebensthemen gehen im Verlauf einer Demenz nicht verloren. Wenn man sich vorstellt, dass die Erinnerung an das eigene Leben in Stein gemeißelt ist, dann wurden die Erinnerungen an die Lebensthemen ein bisschen tiefer eingemeißelt – damit sie auch bloß nicht erlöschen. Denn eben diese Erinnerungen sind es, über die das Wohlbe-
4
Primäre Demenzen t Alzheimer Demenz t Vaskuläre Demenz Sekundäre Demenzen t Folgeerscheinungen anderer Grunderkrankungen ⊡ Abb. 4.5 PPP-Folie »Ursachen der Demenz«
20
z
Kapitel 4 · Inhalte: Demenz betrifft uns alle
Vaskuläre Demenz
Die Ursache für die vaskuläre Demenz liegt in arteriosklerotischen Prozessen (umgangssprachlich auch: Arterienverkalkung) an kleinen Gehirnarterien, die zu Durchblutungsstörungen führen. Die betroffenen Nervenzellen sterben ab. z
4
Gemischte Demenz
Alzheimer und vaskuläre Demenz treten häufig gemeinsam als sogenannte »gemischte Demenz« auf. z
Weitere primäre Demenzen
Seltenere primäre Demenzen sind z. B. die Frontotemporale Demenz, die Demenz bei CreutzfeldtJakob`scher Erkrankung oder die Lewy-Körperchen-Demenz.
⊡ Abb. 4.6 Gesundes Gehirn (Zilles, Tillmann (2010) Anatomie, Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York, ⊡ Abb. 17.11b)
Sekundäre Demenzen Sekundäre Demenzen sind Folgeerscheinungen, die auf über 50 verschiedene Grunderkrankungen wie z. B. Stoffwechselerkrankungen, Vitaminmangelzustände und chronische Vergiftungserscheinungen durch Alkohol oder Medikamente zurückzuführen sind. Diese Grunderkrankungen sind behandelbar oder sogar heilbar. Deshalb ist bei Verdacht auf ein demenzielles Syndrom eine frühzeitige umfassende Diagnostik dringend anzuraten.
Alzheimer-Demenz: Krankheitsentstehung Im Gehirn eines Menschen mit Alzheimer-Demenz finden neurodegenerative Prozesse statt, die makroskopisch als fortschreitender Abbau der Gehirnmasse (Hirnatrophie) zu erkennen sind (⊡ Abb. 4.6, ⊡ Abb. 4.7). Nervenzellen und ihre Verbindungen sterben ab. Mikroskopisch sind die für die Alzheimer-Demenz charakteristischen Eiweißablagerungen festzustellen wie die Ausbildung von amyloiden Plaques und neurofibrillären Tangels. Weiterhin scheint eine Veränderung der Botenstoffkonzentration im Gehirn eine Rolle bei der Krankheitsentstehung zu spielen. Ein erniedrigter Spiegel des Enzyms Cholin-Acetyltransferase und des Neurotransmitters Acetylcholin ist zu beobachten. Ebenso findet man einen erhöhten Spiegel des Botenstoffs Glutamat. Dieses Ungleichgewicht der Botenstoffkonzentration trägt dazu bei, dass Nervenzellen zu Grunde gehen (⊡ Abb. 4.9).
⊡ Abb. 4.7 Erkranktes Gehirn
Alzheimer Demenz: Krankheitsentstehung Veränderung der Botenstoffkonzentration im Gehirn: t zuwenig Acetylcholin t zuviel Glutamat
Nervenzellen gehen zu Grunde ⊡ Abb. 4.8 PPP-Folie »Alzheimer-Demenz: Krankheitsentstehung«
21 4.1 · Und was ist Demenz?
4
⊡ Abb. 4.9 Veränderung der Botenstoffkonzentration im Gehirn
4.1.3
Symptome und Krankheitsverlauf
Demenz ist kein einheitliches Krankheitsbild, sondern ein klinisches Syndrom – d. h. eine Gruppe von Symptomen, die auf das Vorliegen einer chronischen Hirnerkrankung unterschiedlicher Ursache hinweisen. Abgesehen von den unterschiedlichen Formen der Demenz können sich Verlauf und Symptomatik bei jedem Menschen mit Demenz erheblich unterscheiden. Dies soll nicht bedeuten, dass man die Gemeinsamkeit, die durch die Erkrankung entsteht, übersieht. Es heißt aber, dass man keine allgemeingültigen Aussagen für alle betroffenen Personen aufstellen kann. Auch im individuellen Krankheitsverlauf eines Menschen mit Demenz variiert die Symptomatik erheblich. Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung, deren Symptomatik sich im gesamten Krankheitsverlauf stetig verändert. Sogar im Tagesverlauf können deutliche Schwankungen festgestellt werden. Beispielsweise wird bei manchen Menschen mit Demenz eine Verstärkung von Unruhe und Bewegungsdrang zu Abend- und Nachtstunden beobachtet (sogenanntes »sun-downing«).
Kognitive Beeinträchtigungen der Alzheimer Demenz z
Hauptsymptom
Leitsymptom der Alzheimer-Demenz sind die Störungen des Gedächtnisses. Besonders eindrücklich sind hierbei die Störungen des Kurzzeitgedächtnisses.
Kognitive Beeinträchtigungen Hauptsymptom t Störung des Gedächtnisses Weitere kognitive Symptome, z.B. t Störungen der Sprache t Störungen der Orientierung t Störungen der Urteilsfähigkeit ⊡ Abb. 4.10 PPP-Folie »Kognitive Beeinträchtigungen«
z
Weitere kognitive Symptome
Weitere kognitive Beeinträchtigungen sind z. B. Störungen der Sprache, der Orientierung und der Urteilsfähigkeit. Störungen der Sprache zeigen sich im frühen Stadium z. B. durch Wortfindungsstörungen. Die Beeinträchtigungen der Sprache können im späten Stadium bis hin zum Verlust sämtlicher verbal-sprachlichen Fähigkeiten führen; also zum Verlust sämtlicher Fähigkeiten, sich mit Worten auszudrücken. Die Störungen der Orientierung betreffen zunächst vor allem die zeitliche Orientierung und die Orientierung in fremder Umgebung, mit fortschreitender Demenz bereiten aber auch die Orientierung in vertrauter Umgebung sowie die Orientierung zur Situation und zur eigenen Person Schwierigkeiten. Störungen der Urteilsfähigkeit zeigen sich beispielsweise darin, dass Situationen und deren Gefahr (z. B. selbst noch Autofahren) oder auch deren Nutzen (z. B. Einnahme von Medikamenten) nicht mehr korrekt beurteilt werden können.
22
Kapitel 4 · Inhalte: Demenz betrifft uns alle
Nicht-kognitive Beeinträchtigungen Neben den genannten kognitiven Symptomen gibt es noch eine Reihe nicht-kognitiver Auffälligkeiten (⊡ Tab. 4.1). ⊡ Folie 10, PPP 1, für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 11, PPP1, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Verlauf einer Alzheimer-Demenz Der Verlauf der Alzheimer-Demenz ist langsam progredient, d. h., es kommt zu einer allmählichen,
Verlauf einer Alzheimer Demenz Intellektuelle Leistungsfähigkeit
4
Diese Symptome spielen in der Diagnostik nur eine untergeordnete Rolle. In der häuslichen und stationären Pflege werden sie jedoch als die eigentliche Belastung beschrieben und führen eher zur Heimübersiedlung als kognitive Symptome.
Beginnendes
Mittleres
Schweres Stadium
aber konstanten Verschlechterung der Symptomatik. Zu jedem Verlaufszeitpunkt können Plateauphasen unterschiedlicher Dauer auftreten, d. h. Phasen mit einem scheinbaren Stillstand der Krankheit. Die Krankheitsdauer weist eine hohe interindividuelle Variabilität auf. Im Mittel liegt die Dauer der Erkrankung zwischen 5 und 8 Jahren. Sie kann jedoch auch 1 Jahr oder bis zu 20 Jahre währen. z Beginnendes Stadium Erste leichte, kaum auffällige kognitive Beeinträchtigungen. Im beginnenden Stadium der Alzheimer-
Demenz sind nur wenige Symptome vorhanden. Die Veränderungen sind für die Umgebung fast nicht erkennbar. In 50 % der Fälle sind die ersten Krankheitsanzeichen kognitive Beeinträchtigungen des Gedächtnisses und der zeitlichen und örtlichen Orientierung, aber auch Schwierigkeiten der Sprachverarbeitung können bereits im beginnenden Stadium auftreten. ⊡ Folie 12, PPP 1, für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 13, PPP1, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
t 0 t 1 t 2 t 3 t 4 t 5 t 6 t 7 t 8 t 9 nach Gauthier 1996
Jahre
⊡ Abb. 4.11 PPP-Folie »Verlauf einer Alzheimer-Demenz«
Leidensdruck. Für den erkrankten Menschen sind die kognitiven Einbußen in diesem Stadium aber oft sehr deutlich wahrnehmbar. Die Person merkt, dass sie immer wieder an ihre eigenen Grenzen stößt, alles nicht mehr so funktioniert, wie sie es gewohnt war. Hieraus entsteht ein starker Leidensdruck. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in der Prodromalphase, d. h. der Phase, die der
⊡ Tab. 4.1 Nicht-kognitive Beeinträchtigungen Wahrnehmungsveränderungen
Wahnvorstellungen Verkennungen Halluzinationen
Affektive Veränderungen
Depression/Dysphorie Manische Symptome Angst
Persönlichkeitsveränderungen
Apathie/Gleichgültigkeit Reizbarkeit/Labilität Enthemmung Agitation, z. B. Umherwandern Aggressionen/feindselige Verhaltensweisen
Neurovegetative Veränderungen
Schlaf/Verhalten während der Nacht Appetitveränderung und Essstörung
23 4.1 · Und was ist Demenz?
eigentlichen Krankheitserscheinung vorausgeht, zum Teil nicht-kognitive Symptome wie Depressivität, Apathie oder Schwindel auftreten. Fassade. Die erkrankte Person kann in diesem
Stadium durchaus noch eine Fassade halten, die dem erkrankten Menschen zum einen hilft, seinen Selbstwert aufrecht zu erhalten, und es zum anderen der Umgebung fast unmöglich macht, den Beginn der Erkrankung zu erkennen. Aktivitäten im täglichen Leben reduziert, Vitalitätsverlust. Auffällig ist in diesem Stadium oft ein
Rückzug aus Aktivitäten, die früher Freude bereitet haben. Dinge, die eine Herausforderung darstellen könnten, werden von Menschen mit Demenz im beginnenden Stadium oft gemieden, um »nicht aufzufliegen«, um Überforderungssituationen zu vermeiden und um so die Fassade aufrecht zu erhalten. Angehörige hören in dieser Zeit häufig Aussagen wie: »Zum Kaffeeklatsch gehe ich nicht mehr, die reden doch nur Blödsinn.« Oder: »Tennis spiele ich nicht mehr, da bin ich zu alt für.« z
Mittleres Stadium
Etwa ab dem mittleren Stadium kann in der Regel die Fassade nicht mehr gehalten werden. Die Symptome werden nun deutlicher, so dass die Umgebung in der Regel zu Beginn dieses Stadiums aufmerksam wird und den erkrankten Angehörigen zu einem Besuch des Arztes oder einer Gedächtnisambulanz bewegt. Durchschnittlicher Zeitpunkt der Diagnosestellung ist daher auch der Beginn des mittleren Stadiums. ⊡ Folie 13, PPP1,
Mittleres Stadium t Deutlicher ausgeprägte Symptomatik t Selbständige Lebensführung erheblich eingeschränkt
4
TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 14, PPP1, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Deutlicher ausgeprägte Symptomatik. Im mittleren Stadium treten zunehmend mehr kognitive Störungen auf, z. B. Wortfindungsstörungen, beeinträchtigte Fähigkeit zum komplexen Denken, Aufmerksamkeitsdefizite und Störungen beim Planen und Problemlösen. Auch nicht-kognitive Symptome, insbesondere Verhaltensauffälligkeiten, werden in diesem Stadium häufiger beobachtet. Besonders belastend für die Umgebung sind in diesem Zusammenhang eine häufig auftretende nächtliche Unruhe und ein »Herum-Irren«. Auch Misstrauen und Wahn sowie Aggressivität treten in diesem Stadium vermehrt auf. Im mittleren Stadium geht oft die Krankheitseinsicht verloren, parallel werden aber die kognitiven Einbußen immer deutlicher. Somit ist es nur verständlich, dass in diesem Stadium der Versuch, den Selbstwert zu halten und alternative Erklärungen für Fehlleistungen zu finden, bei Menschen mit Demenz sehr deutlich ausgeprägt ist (z. B.: »Ich wurde bestohlen«, statt: »Ich habe meine Geldbörse verlegt/ verloren«). Auch gibt es einige Menschen mit Demenz – v.a. Männer – die in diesem Stadium ins Auto steigen, da sie sich ihrer Erkrankung nicht mehr bewusst sind und ihre eigenen Fähigkeiten falsch einschätzen. Mit einer solchen Handlung bringen sie sich und andere in Gefahr und stellen ihre Angehörigen vor große Herausforderungen. Es ist für die Umgebung sehr schwer, gerade in diesem Stadium den erkrankten Menschen nicht zu bevormunden, ihn in seiner Selbstbestimmung und Selbstständigkeit nicht zu beschneiden, ihn dabei zu unterstützen, seine Fassade und seinen Selbstwert zu erhalten, ihn gleichzeitig zu schützen vor Unfällen und Misserfolgen und zudem sich selbst vor Überforderung, Frustration durch aggressives Verhalten oder Misstrauen zu schützen.
t Unterstützung notwendig
Selbstständige Lebensführung erheblich eingeschränkt, Unterstützung notwendig. Beim Fort-
⊡ Abb. 4.12 PPP-Folie »Mittleres Stadium«
schreiten der Erkrankung ist durch die Zunahme der Symptomatik die Selbstständigkeit im Alltag erheblich eingeschränkt. Vielfältige Unterstützung des erkrankten Menschen im Alltag wird daher in diesem Stadium unbedingt notwendig.
24
Kapitel 4 · Inhalte: Demenz betrifft uns alle
z
z
Endstadium
Im Endstadium der Erkrankung zeigt sich ein deutlicher körperlicher Verfall, der häufig in Bettlägerigkeit mündet. Personen im schweren Sta-
dium der Demenz sind anfällig für Infektionen, sodass es nicht verwunderlich ist, dass die häufigste Todesursache von Menschen mit Demenz die Lungenentzündung ist. ⊡ Folie 18, PPP1, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 19, PPP1, TANDEM für professionelle Pflegekräft
Alzheimer vs. Vaskuläre Demenz Während es bei der Alzheimer-Demenz zu einer, von Plateauphasen abgesehen, relativ linearen Verschlechterung kommt, verläuft eine vaskuläre Demenz oft stufenförmig. Durch kleinere oder größere Hirninfarkte kommt es zu einer massiven Verschlechterung der Symptomatik. Es folgt eine nicht vollständige Erholung, bis
Schweres Stadium Selbständige Lebensführung aufgehoben
t
Hochgradige Störungen aller geistigen Funktionen
t
Körperliche Symptome
Intellektuelle Leistungsfähigkeit
Verlauf einer Alzheimer Demenz
t
Schweres Stadium
Mittleres
Beginnendes Kognitive Defizite
Druchschnittlicher Zeitpunkt der Diagnosestellung Beeinträchtigung der Selbständigkeit Verhaltensauffälligkeiten Absolute Pflegebedürftigkeit
t 0 t 1 t 2 t 3 t 4 t 5 t 6 t 7 t 8 t 9 Jahre
nach Gauthier 1996
⊡ Abb. 4.14 PPP-Folie »Verlauf einer Alzheimer-Demenz«
⊡ Abb. 4.13 PPP-Folie »Schweres Stadium«
100%
- Demenz Alzheimer Alzheimer-Demenz
Kognitive Leistungsfähigkeit
Kognitive Leistungsfähigkeit
4
Schweres Stadium
Im schweren Stadium der Erkrankung ist die selbstständige Lebensführung gänzlich aufgehoben. Es kommt zur hochgradigen Störung aller geistigen Funktionen und oft sogar zum Verlust intellektueller Fähigkeiten wie z. B. der Sprache. Hinzu kommen vermehrt auch körperliche Symptome, wie z. B. die Inkontinenz von Blase und Darm. Das schwere Stadium geht einher mit einer absoluten Pflegebedürftigkeit.
80% 60% 40% 20% 0% 1
2
3
4
5
6
7
Jahre ⊡ Abb. 4.15 Demenzformen: Alzheimer vs. vaskuläre Demenz
100%
Vaskuläre-Demenz
80% 60% 40% 20% 0% 1
2
3 Jahre
4
5
6
7
25 4.1 · Und was ist Demenz?
das nächste vaskuläre Ereignis (Hirninfarkt) eintritt. Bei den kognitiven Störungen der vaskulären Demenz zeigt sich ein sehr heterogenes Bild. Die Symptomatik ist stark abhängig von dem Hirnareal, das betroffen ist. Auch wenn klare Unterschiede insbesondere im Verlauf (z. B. schleichender vs. abrupter Beginn; allmähliche vs. stufenweise Verschlechterung) definiert werden, sind die beiden häufigsten Demenzformen Alzheimer und vaskuläre Demenz klinisch oft nur schwer voneinander abgrenzbar (⊡ Abb. 4.15).
4.1.4 z
Diagnostik
Ärztliches Gespräch unter Einbezug der Angehörigen
Eine Demenz wird im Wesentlichen auf der Basis der klinischen Symptome diagnostiziert. Berücksichtigt werden müssen hierbei auch Beobachtungen über den Verlauf der Symptome (z. B. Haben die Symptome plötzlich eingesetzt oder sich allmählich entwickelt? Über welchen Zeitraum bestehen die Symptome?). Entsprechend ist ein ausführliches ärztliches Gespräch, das immer auch eine Befragung und Anhörung der Angehörigen oder weiterer naher Bezugspersonen mit einschließen sollte, die wichtigste Voraussetzung für die Stellung der Diagnose. ⊡ Folie 20, PPP1, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 21, PPP1, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
z
Ausschluss bzw. Mitbehandlung anderer Ursachen
Aufgrund der vielfältigen Ursachen von Demenzen muss die Diagnostik sehr gründlich erfolgen, um eine behandelbare Ursache nicht zu übersehen. Darüber hinaus müssen Begleiterkrankungen bekannt und ausreichend mit behandelt sein, da sie den Allgemeinzustand und das Funktionsniveau des erkrankten Menschen maßgeblich mit beeinflussen können. z
Anamnese und allgemeinärztliche Basisdiagnostik
Durch sorgfältige Anamneseerhebung und entsprechende allgemeinärztliche Basisdiagnostik
4
(z. B. körperliche Untersuchung, Laborscreening, Screening auf Depression) sollte eine potenziell behandelbare internistische (z. B. Hypothyreose, Anämie, kardiale Erkrankungen), neurologische (z. B. Morbus Parkinson) oder psychiatrische Ursache (z. B. Depression) der kognitiven Beeinträchtigungen ausgeschlossen bzw. identifiziert und einer entsprechenden Behandlung zugeführt werden. z
Neuropsychologische Tests, bildgebende Verfahren und Laborscreeninguntersuchungen
Die weiterführenden apparativen Untersuchungen sollten sich an den Empfehlungen der Fachgesellschaften (z. B. Gaebel und Falkei, 2000) bei Verdacht auf eine Demenzerkrankung orientieren und mindestens auch eine ausführlichere neuropsychologische Testuntersuchung, mindestens eine strukturelle bildgebende Untersuchung des Gehirns (CCT oder MRT) sowie die entsprechenden Laborscreening-Untersuchungen umfassen. Im Rahmen der neuropsychologischen Profildiagnostik hat sich in Deutschland inzwischen die CERAD-NP Testbatterie als Standard durchgesetzt, die international gebräuchlich ist und darüber hinaus alters- und bildungsadjustierte Normwerte zur Verfügung stellt (nähere Info unter: www.memoryclinic.ch). z
Weiterführende Diagnostik indikationsgeleitet
Weiterführende Diagnostik (z. B. Glukose-PET, Lumbalpunktion) sollte indikationsgeleitet erwogen werden. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass insbesondere MRT, Lumbalpunktion und PET nicht nur im Rahmen der erforderlichen Ausschlussdiagnostik aussagefähig sind, sondern auch – im Sinne einer Positivdiagnostik – in Hinsicht auf das Vorliegen einer frühen Alzheimer-Demenz im präklinischen Stadium wertvolle Informationen liefern können. Darüber hinaus handelt es sich bei der Lumbalpunktion um die zuverlässigste Untersuchung, um eine Entzündung des Gehirns auszuschließen. Ein genetisches Screening wird allgemein nur dann als sinnvoll erachtet, wenn die Familienanamnese das Vorliegen einer familiären Form der Demenz nahelegt.
26
z
Kapitel 4 · Inhalte: Demenz betrifft uns alle
Sicherheit der Diagnose
Eine 100 % sichere Diagnose kann nach wie vor nur post mortem, also nach dem Tod der betroffenen Person, gestellt werden. Die verfügbaren Diagnoseverfahren ermöglichen aber je nach eingesetzten Methoden eine Sicherheit der Diagnose von 80 bis zu über 90 %.
4
z
Wie oft und wann sollte eine ausführliche Diagnostik durchgeführt werden?
Eine ausführliche Diagnostik sollte mindestens einmal – möglichst noch im frühen Stadium – einer Demenzerkrankung durchgeführt werden. Darüber hinaus sind regelmäßige ärztliche Untersuchungen zur Überwachung der Medikamentenbehandlung erforderlich. Jedoch auch bei allen plötzlichen oder unerklärlichen Abweichungen im klinischen Bild wird eine ärztliche Einschätzung empfohlen. Der Arzt muss dann über die Notwendigkeit weiterer Diagnostik entscheiden. Dies gilt sowohl bei einer raschen Verschlechterung des bekannten Zustandes, als auch beim Auftreten neuer Symptome. Schließlich können viele der oben genannten nichtkognitiven Symptome der Demenz (z. B. Agitation, Aggression und abwehrendes Verhalten, Appetitveränderungen, Schlafverhalten) auch auf das Vorliegen eines akuten (möglicherweise unerkannten) medizinischen Problems hinweisen, zu denen Flüssigkeitsmangel, Medikamentennebenwirkungen, aber auch akute Infektionen zu rechnen sind. Aus den genannten Gründen ist daher von besonderer Bedeutung, Menschen mit Demenz bei bestehendem oder geäußertem Unwohlsein trotz oder gerade wegen ihrer eingeschränkten Kommunikationsfähigkeit hinsichtlich des möglichen Vorliegens akuter Körpersymptome (z. B. Schmerz, Übelkeit, Atemnot) möglichst aktiv zu befragen und ihre diesbezüglichen Äußerungen sehr ernst zu nehmen. Eine sehr plötzlich aufgetretene und bislang nicht vorhandene problematische Verhaltensweise oder akute Kommunikationsbeeinträchtigung eines Menschen mit Demenz sollte daher besonders dann Anlass für die Konsultation eines Arztes geben, wenn sie sich auf andere Weise (z. B. persönliche Zuwendung) nicht beeinflussen oder abmildern lässt.
4.1.5
Ansatzpunkte der Demenzbehandlung
Leider hört und liest man immer noch sehr häufig die irrige Ansicht, dass man Demenzen doch nicht behandeln könne. Tatsächlich sind für die meisten Demenzen ursächliche Therapien bislang nicht bekannt, obwohl heute sehr intensiv an neuen Wirkstoffen geforscht wird. Das gilt insbesondere für die häufigste Demenzursache, die Alzheimer-Demenz. Gleichwohl steht für die Behandlung der Demenzen heute eine Vielzahl von medikamentösen und nicht-medikamentösen therapeutischen Ansätzen zur Verfügung, dies gilt ebenso für die Prävention und Umfeldoptimierung. Diese zielen auf eine Verbesserung der Symptome, eine positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufs (z. B. langsameres Fortschreiten der Symptome), und letztlich auch auf eine Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Ansatzpunkte der Demenzbehandlung Prävention
Therapie Umfeldoptimierung Häusliche Umgebung
Pflegeheim
⊡ Abb. 4.16 PPP-Folie »Ansatzpunkte der Demenzbehandlung«
4.1.6
Prävention
Zu den präventiven Maßnahmen gehören geistige, körperliche und soziale Aktivitäten und produktive Tätigkeiten. Weiterhin wichtig ist eine gesunde Ernährung, ein möglichst stressfreier Alltag sowie die Berücksichtigung und Wahrung bestimmter körperlicher Rahmenbedingungen (z. B. kein Übergewicht, Behandlung von Bluthochdruck). ⊡ Folie 23, PPP 1, für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 24, PPP1, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
z Geistige Aktivitäten Beispiel Lesen, Schreiben, Schach spielen, Fremdsprachen lernen
27 4.1 · Und was ist Demenz?
Wichtig ist, dass diese geistigen Aktivitäten keine »Routineaufgaben« sind. Kreuzworträtsel und Sudoku z. B. sind solche Routineaufgaben. Nach einigen gelösten Rätseln muss man nicht mehr viel nachdenken, sondern füllt die Rätsel sozusagen nur noch aus. Besser geeignet sind geistige Aktivitäten, bei denen stetig neue »Probleme gelöst« werden, wie z. B. Schach spielen. z Körperliche Aktivitäten Beispiel Sport, Bewegung, Spazieren gehen, Gartenarbeit
Körperliche Aktivitäten sind nicht nur bedeutsam für die Aufrechterhaltung von Kraft und Ausdauer, sondern auch für das Verhalten im Alltag. Bewegungs- und Gleichgewichtseinschränkungen führen im Alter sehr schnell zu zunehmender Unselbstständigkeit und zu einem erhöhten Pflegebedarf. Da Menschen mit Demenz neben mangelnden kognitiven Leistungen auch eine eingeschränkte Befindlichkeit, Aktivität und Gesundheit aufweisen, kann körperliche Aktivität der Passivität entgegenwirken und gleichzeitig das Wohlbefinden und die Selbstständigkeit fördern. z Produktive Tätigkeiten Beispiel
4.1.7
4
Therapie
Bei allen eingesetzten Therapien müssen Nutzen und Risiken stets sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. ⊡ Folie 25, PPP 1, für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 26, PPP1, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Die vorhandenen Therapieansätze lassen sich einteilen in: 1. Basistherapie 2. Nicht-medikamentöse Therapie – Kognitiv-aktivierende Maßnahmen – Ressourcen-orientierte Maßnahmen – Schulung der Pflegepersonen 3. Medikamentöse Therapie – der kognitiven Symptome – der nicht-kognitiven Symptome
Basistherapie Zur Basistherapie zählt z. B. eine gute allgemeinmedizinische Behandlung und regelmäßige Untersuchung sowie die Ausschaltung von Risikofaktoren, wie z. B. Übergewicht, Bluthochdruck und zu hohem Cholesterin-Spiegel.
Nicht-medikamentöse Therapie Nicht-medikamentöse Therapien lassen sich unterteilen in kognitiv-aktivierende und Ressourcenorientierte Maßnahmen.
Kochen, Stricken, Nähen, Basteln, Malen
z z Soziale Aktivitäten Beispiel Gemeinsames Beisammensein, Ausflüge, Diskussionen
z Gesunde Ernährung Beispiel Mediterrane Diät, vitaminreiche und fettarme Kost
z Stressfreier Alltag Beispiel Entspannungsmöglichkeiten, Autogenes Training
z Körperliche Rahmenbedingungen Beispiel Kein Übergewicht, Behandlung von Bluthochdruck und zu hohem Cholesterin-Spiegel
Kognitiv-aktivierende Maßnahmen
Kognitiv-aktivierende Maßnahmen, wie z. B. Gedächtnisprogramme, kognitives Training oder auch das Realitätsorientierungstraining (ROT), zielen
Nicht-medikamentöse Therapie Kognitiv-aktivierende Maßnahmen t Gedächtnisprogramme t Realitätsorientierung (ROT) Ressourcenorientierte Maßnahmen t Musik(therapie) t Ergotherapie, Kunst- und Tanz(therapie) t Validation t Basale Stimulation, »Snoezelen« t Verhaltenstherapie/-management Schulung der Pflegepersonen t Psychoedukation für versorgende Angehörige ⊡ Abb. 4.17 PPP-Folie »Nichtmedikamentöse Therapie«
28
Kapitel 4 · Inhalte: Demenz betrifft uns alle
darauf ab, die kognitiven Fähigkeiten von Menschen mit Demenz zu verbessern oder zumindest zu aktivieren und zu fördern. Solche Programme sind in der Regel nur bei leichter Demenz geeignet. Bei fortgeschrittener Demenz tragen diese eher defizitorientierten Programme vor allem zu Frustration und einem damit verbundenen zunehmenden Rückzug der erkrankten Personen bei.
4
z
Ressourcen-orientierte Maßnahmen
Ressourcen-orientierte Maßnahmen zielen im Gegensatz zu den kognitiv-aktivierenden Maßnahmen eher auf eine Verringerung der nichtkognitiven Symptome und vor allem auch auf eine Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit Demenz ab. Hierzu zählen z. B.: ▬ Musik(therapie) ▬ Ergotherapie, Kunst- und Tanz(therapie) ▬ Validation ▬ Basale Stimulation, »Snoezelen« ▬ Verhaltenstherapie/-management (v. a. für versorgende Angehörige, für Menschen mit Demenz nur im frühen Stadium geeignet) Solche Ressourcen-orientierten Maßnahmen können angepasst an das jeweilige Stadium der Demenz im gesamten Krankheitsverlauf eingesetzt werden.
z
Für viele der heute eingesetzten nicht-medikamentösen Verfahren zur Behandlung von Demenzerkrankungen gibt es noch keine wissenschaftlichen Wirksamkeitsbelege. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus auch, dass manche Verfahren für einige Menschen mit Demenz gar nicht geeignet sind. So würde z. B. ein Mensch mit einer mittelschwer oder schwer ausgeprägten Symptomatik in der Regel von einem kognitiven Trainingsprogramm gar nicht mehr profitieren. Der Einsatz dieses Verfahrens würde dann sowohl für die Menschen mit Demenz aber auch für die Therapeuten nur Stress und Zeitverschwendung mit sich bringen. Hieraus folgt, dass die in der Regel begrenzten personellen Ressourcen in der pflegerischen und psychologischen Betreuung von Menschen mit Demenz insbesondere für diejenigen Verfahren eingesetzt werden sollten, für die wissenschaftliche Wirksamkeitsbelege vorliegen. Dies gilt z. B. für die Musiktherapie, manche sensorischen Verfahren (sogenannte Aromatherapie) sowie für Kommunikationstrainings für Angehörige und Pflegekräfte. Für diese Ansätze liegen heute bereits gute Wirksamkeitsbelege vor.
Medikamentöse Therapie z
z
Schulung der Pflegepersonen
Neben den Angeboten, die sich direkt an die Menschen mit Demenz wenden, gibt es zudem inzwischen einige Schulungsprogramme, die sich in erster Linie an die Pflegepersonen richten. Hierzu zählt Psychoedukation für versorgende Angehörige, genau wie die Qualifikation des Pflegepersonals. Grundgedanke bei der Schulung der Pflegepersonen ist es, dass die versorgenden Angehörigen und auch die professionellen Pflegekräfte (insbesondere bei Ausübung von Bezugspflege) den entscheidenden Einfluss auf die Lebensqualität eines Menschen mit Demenz haben. Sie stehen im ständigen – oft täglichen – Kontakt mit dem erkrankten Menschen. Eine Schulung der Pflegepersonen ist somit stets auch eine indirekte Therapie der erkrankten Menschen. Gleichzeitig können solche Schulungen dazu beitragen, die Pflegepersonen zu entlasten.
Wirksamkeitsbelege und Berücksichtigung individueller Stärken
Behandlung der kognitiven Symptome
Mit den Cholinesterasehemmern stehen für die Alzheimer-Demenz Antidementiva zur symptomatischen Behandlung der kognitiven Defizite mit zweifelsfrei belegter Wirksamkeit und akzeptabler Verträglichkeit zur Verfügung. Im Einzelnen haben sich die drei Substanzen Donepezil, Galantamin und Rivastigmin etabliert, die trotz zahlreicher pharmakologischer Unterschiede vergleichbare Wirkung haben. ⊡ Folie 27, PPP 1, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 28, PPP1, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Cholinesterasehemmer stabilisieren nicht nur das kognitive Leistungsniveau, sondern beeinflussen auch Alltagskompetenz und nicht-kognitive Symptomatik günstig. Allgemein wird deshalb eine frühzeitige Einstellung mit dem Ziel einer kontinuierlichen Behandlung empfohlen. Unterbrechungen der Behandlung sollten auf ein Minimum beschränkt bleiben.
29 4.1 · Und was ist Demenz?
4
Während die Cholinesterasehemmer ursprünglich zur Behandlung der Alzheimer-Demenz eingeführt wurden, konnten jüngere Studien eine entsprechende Wirksamkeit auch bei Menschen mit anderen Demenzformen (insbesondere vaskuläre Demenz, Parkinson-assoziierte Demenz) nachweisen. Von den übrigen bekannten Antidementiva konnte insbesondere das Memantine seine Wirksamkeit bei Menschen mit ausgeprägter bis schwerer Alzheimer-Demenz bei einer guten Verträglichkeit dokumentieren.
nahmen möglichst im Rahmen eines individuell angepassten Gesamttherapiekonzeptes erfolgen. Nicht jedes medikamentöse oder nicht-medikamentöse Verfahren ist für jeden Menschen mit Demenz gleich wirksam bzw. geeignet und sollte daher insbesondere bei fehlender Wirkung wieder abgesetzt werden. Sorgfältig zu berücksichtigen sind immer auch ein angemessenes Verhältnis von Nutzen und Risiko. Dies gilt insbesondere im Einsatz von Medikamenten.
z
4.1.8
Behandlung nicht-kognitiver Symptome
Zur gezielten Behandlung nicht-kognitiver Symptome, wie Depressivität, Wahnbildungen und Wahrnehmungsstörungen, Unruhe und Aggressivität, aber auch Störungen des Schlaf-WachRhythmus stehen Psychopharmaka, vor allem Neuroleptika, Antidepressiva und Hypnotika zur Verfügung. Die meisten dieser Medikamente sind allerdings für den Einsatz bei älteren Menschen mit Demenz nicht ausreichend untersucht. Die Gabe insbesondere von sedierenden Medikamenten aus der Gruppe der Neuroleptika muss daher mit starker Zurückhaltung und unter sorgfältiger Kontrolle der vielfältigen Nebenwirkungen erfolgen. Grundsätzlich gilt, dass die Gabe von Psychopharmaka erst dann indiziert ist, wenn nicht-medikamentöse Therapieversuche nicht ausreichend waren ( siehe oben). Anzustreben ist es, mit möglichst wenigen Medikamenten in möglichst niedriger Dosierung auszukommen. Eine Dauerbehandlung ist nach Möglichkeit zu vermeiden und regelmäßige Ausschleich- und Absetzversuche sind anzustreben. z
Innovative Wohn- und Betreuungsformen In der Versorgung eines Menschen mit Demenz ist die Anpassung an individuelle Alltagsaktivitäten und Rituale sehr wichtig. Darum kann eine von einem ambulanten Dienst betreute »DemenzWohngemeinschaft (WG)«, in der mehrere demenziell Erkrankte in einer Wohnung zusammenleben, von Vorteil sein: Professionelle Betreuung ist vorhanden, aber sie können trotzdem die Gestaltung ihres Alltags noch mit beeinflussen (z. B. bei der Auswahl des Essens) und im gewohnten Umfeld (eigene Möbel usw.) leben. Für schwerstpflegebedürftige Menschen mit Demenz gibt es das Konzept der »Pflegeoasen«, Mehrbettzimmer mit flexiblen Rückzugsbereichen, die unterstützt von spezieller Innenarchitektur das Wohlbefinden der Erkrankten steigern und soziale Isolation vermeiden sollen.
Ansätze zur Umfeldoptimierung
Behandlung des vaskulären Risikoprofils
Die Behandlung des vaskulären Risikoprofils beinhaltet die Behandlung von Bluthochdruck, die Optimierung der Blutzuckereinstellung sowie Lipidsenkung.
Umfeldoptimierung
t t t t
Innovative Wohn- und Betreuungsformen, z.B. Demenz-WG Anpassung des Lebensraums Einbezug von ehrenamtlich engagierten Personen »Pet«-Therapie
Individuell angepasstes Gesamttherapiekonzept Entsprechend individuell wie die Ausprägung der Symptome bei einem demenzkranken Menschen sollte auch die Anwendung therapeutischer Maß-
⊡ Abb. 4.18 PPP-Folie »Ansätze zur Umfeldoptimierung«
30
Kapitel 4 · Inhalte: Demenz betrifft uns alle
Anpassung des Lebensraums
4
Die Anpassung der Lebenswelt eines Menschen mit Demenz bedeutet, individuelle Tagesstrukturen und Rituale (z. B. Aufsteh-, Essenszeiten, Kleidungsweise) zuzulassen, da sie Gefühle der Sicherheit und Vertrautheit bei jenen fördern, die sich nur noch wenig an die eigene Umwelt anpassen können. Auch bei der Gestaltung des Wohnraumes ist der Einbezug der individuellen Biografie, etwa durch vertrautes Mobiliar und persönliche Erinnerungsstücke, wichtig. Trotzdem sollte nicht auf Beschäftigungsanreize oder Stimulation – etwa durch Rundwege oder Reize für alle fünf Sinne – verzichtet werden, solange stets auch Rückzugsmöglichkeiten für den Einzelnen bestehen.
Einbezug von ehrenamtlich engagierten Personen Eine stundenweise Begleitung eines Menschen mit Demenz durch ehrenamtlich engagierte Personen ist vor allem dann vielversprechend, wenn biografische Elemente berücksichtigt werden und der ehrenamtliche Begleiter ähnliche Interessen, Erinnerungen oder berufliche Expertisen mitbringt (wenn er sich z. B. ebenfalls für klassische Musik interessiert, auch Lehrer war oder aus derselben Gegend stammt). So können sich in Gesprächen oder gemeinsamen Aktivitäten leichter ähnliche Perspektiven finden lassen und Gefühle der Vertrautheit wecken. Gerade ältere Ehrenamtliche bringen zudem wichtige Kompetenzen wie Lebenserfahrung oder Geduld für eine solche Begleitung mit.
»Pet«-Therapie Der Einsatz von Heimtieren (engl. »Pets«) bei der Umfeldoptimierung kann durch stundenweise Besuchsdienste, die Haltung eines eigenen Tiers oder durch Tiertherapie erfolgen. Er kann vielfältige positive Effekte haben: gesundheitliche (durch Steigerung des Funktionsniveaus), kognitive (Förderung der Wachheit, Gesprächsstoff), emotionale (Sinngebung, Trost) und soziale (Kontakt, geringeres Isolationsgefühl). Es werden meist Hunde, Katzen, Kleintiere oder Vögel eingesetzt. Vor einem Einsatz von Tieren sollten stets Infektionsrisiken, Allergien (z. B. Katzenhaar), Ängste der demenzkranken Menschen (z. B. Angst vor
Hunden) und tierschutzrechtliche Bestimmungen abgeklärt werden. Fazit Die meisten Demenzen sind heute noch unheilbar. Bestehendes Leid kann allerdings Dank der zur Verfügung stehenden therapeutischen Maßnahmen gelindert werden. Damit die therapeutischen Maßnahmen sinnvoll und für den individuellen Fall erfolgreich bzw. erfolgsversprechend eingesetzt werden können, ist interdisziplinäre Zusammenarbeit unbedingt notwendig. Nur durch die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure in der Versorgung von Menschen mit Demenz (u. a. Haus- und Fachärzte, versorgende Angehörige, Pflegekräfte, Psychologen, Sozialarbeiter) ist es möglich, ein individuelles Gesamttherapiekonzept zu gestalten und durchzuführen, das medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapie angemessen miteinander kombiniert. Ein solches Gesamttherapiekonzept ist immer dann besonders vielversprechend, wenn es die Ressourcen der erkrankten Menschen selbst und auch ihrer Angehörigen aktiv in die therapeutischen Maßnahmen mit einbezieht. ⊡ Folie 30, PPP1, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 31, PPP1, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
4.2
Für sich selbst sorgen
Eine demenzielle Erkrankung betrifft nicht nur den erkrankten Menschen selbst, sondern in erheblichem Ausmaß auch die Angehörigen. Durch die Versorgung eines demenzkranken Menschen in der Familie erleben die versorgenden Angehörigen tief greifende Veränderungen in nahezu allen Lebensbereichen. Um diese Situation zu meistern, brauchen die Angehörigen viel Kraft. Nur wenn es dem versorgenden Angehörigen gut geht, kann er für seinen demenzkranken Angehörigen da sein. Ein versorgender Angehöriger, der eine unserer Angehörigengruppen besucht hat, hat einmal gesagt: »Das Schlimmste, das meiner Frau passieren kann, ist, dass ich krank werde.« Für versorgende Angehörige gilt, dass, wenn sie sich selbst etwas Gutes tun, das auch ihrem demenzkranken Angehörigen zu Gute kommt ( Exkurs Erfahrungsbericht Franz: Pflegen und überleben). ⊡ Folie 3, PPP 2, für versorgende Angehörige
31 4.2 · Für sich selbst sorgen
4.2.1 Erfahrungsbericht Franz: Pflegen und überleben (nach Moos-Hofius, B. & Rapp, I., 2005) Ich bin Mitglied einer Selbsthilfegruppe von Menschen, die einen pflegebedürftigen Angehörigen haben. Wir sind zusammengekommen, um zu lernen, wie wir unsere kranken Familienmitglieder besser pflegen und selbst mit der häuslichen Situation besser zurechtkommen können. Angefangen haben wir in der Gruppe damit, unsere praktischen Erfahrungen auszutauschen: Wie wir die Nahrung möglichst bekömmlich zubereiten, was gegen Wundliegen getan werden kann, wie wir uns die körperliche Arbeit mit bestimmten Handgriffen erleichtern können. Im ersten halben Jahr sind wir in die Gruppe gekommen, weil wir überzeugt waren, dass wir wegen unseres kranken Familienmitglieds in die Gruppe gehen müssen. Deshalb ist es uns nicht schwer gefallen, uns für diese Zeit zu Hause freizumachen. Später war das manchmal anders. Als wir anfingen, von uns selbst zu sprechen, hatten viele von uns auch ein schlechtes Gewissen. Zeitweise konnten wir es kaum aushalten, wenn jemand andeutete, dass ihm zu Hause alles zu viel wird. Dass er das Gefühl hat, seit sein Angehöriger krank ist, sei irgendwie das Leben der gesamten Familie vorbei. Damals hat es in unserer Gruppe unglaublich viele Ratschläge gegeben, mit denen wir uns gegenseitig beschwichtigt haben. Irgendwann haben wir es dann geschafft. Wir haben gelernt, uns auch mit unserer eigenen Hilflosigkeit, Enttäuschung und Wut zu beschäftigen. Wir haben unsere Beziehungen zu unseren Angehörigen und anderen Menschen besprochen. Viele von uns haben dabei gemerkt, dass sie, seit er von ihnen abhängig ist, aufgehört haben, etwas für die Beziehung zu ihrem Angehörigen zu tun, auch einmal mit ihm zu reden. Oft gab es nur noch die Krankheit und die Pflege und keine Partnerschaft mehr. Durch die Gespräche in der Gruppe haben wir entdeckt, dass wir z. B. durch falsche Rücksichtnahme andere im Umgang mit uns einengen: Wir stürzen uns in die Arbeit und in die Verantwortung und haben das Gefühl, alles alleine schaffen zu müssen. Andere trauen sich oft gar nicht, uns noch anzusprechen, weil sie das Gefühl haben, wir wollten gar nicht, dass uns jemand etwas abnimmt. Wir haben keinen Abstand mehr zu unserer Situation und geraten dadurch leicht in einen Teufelskreis. Inzwischen sind wir alle ehrlicher zu uns selbst und zu anderen geworden. Wir haben entdeckt, dass wir eigene Bedürfnisse haben, die wir auch verwirklichen wollen und können, ohne unsere kranken Angehörigen zu vernachlässigen.
4
Unterstützungsangebote für versorgende Angehörige
Das zunehmende Wissen über die verschiedenartigen Belastungen versorgender Angehöriger von demenzkranken Menschen hat bewirkt, dass diese als »the hidden victims of Alzheimer’s disease« immer häufiger in Interventionsmaßnahmen einbezogen werden und in den letzten Jahren vielfältige Unterstützungsangebote geschaffen wurden. Einige wichtige Unterstützungsangebote sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden.
Ambulante Pflegedienste Ambulante Pflegedienste können entscheidend dazu beitragen, dass demenzkranke Menschen weiterhin in ihrem eigenen Zuhause leben können. Die häusliche Pflege kann Hilfen im Haushalt und auch Grundpflege, wie z. B. Körperpflege und Unterstützung beim Essen, beinhalten. Die Kosten hierfür übernimmt vor allem die Pflegekasse. Wenn eine häusliche Krankenpflege (z. B. Verabreichen von Medikamenten, Versorgung von Wunden) durchgeführt werden soll, so muss hierfür eine ärztliche Verordnung eingeholt werden. Die Krankenkasse trägt in der Regel die Kosten hierfür, wobei gegebenenfalls eine Zuzahlung erforderlich ist.
Schulungsprogramme Aktuelle durchgeführte und erfolgreich evaluierte Schulungsprogramme zur Unterstützung der Angehörigen demenzkranker Menschen sind z. B. die Programme »Hilfe beim Helfen« und »TANDEM
Unterstützungsangebote für versorgende Angehörige t t t t t t t t
Ambulante Pflegedienste Schulungsprogramme Betreuungsgruppen Ehrenamtliche Begleiter Tagespflege Kurzzeit- und Verhinderungspflege Betreuter Urlaub mit Patienten Selbsthilfegruppen
⊡ Abb. 4.19 PPP-Folie »Unterstützungsangebote für versorgende Angehörige«
32
Kapitel 4 · Inhalte: Demenz betrifft uns alle
in der Familie«, in denen Angehörige spezifische Kompetenzen in der Betreuung demenzkranker Menschen erwerben.
pen kommen können (Psychologen, Ärzte, Gesundheits- und Krankenpflegende, Juristen, usw.). z
z
4
Hilfe beim Helfen
Eine der wichtigsten Interventionen für versorgende Angehörige in Deutschland ist die Schulungsreihe »Hilfe beim Helfen«, die von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft in Kooperation mit der Janssen-Cilag GmbH entwickelt wurde ( Hilfreiche Adressen). Ziel war es, ein niederschwelliges, wohnortnahes und kostenneutrales Angebot für versorgende Angehörige zu konzipieren, in dem sie Entlastung und Unterstützung erhalten. Es wurden Unterlagen (Organisationshilfen, Seminartexte, Folien, Kopiervorlagen, didaktisches Material) erstellt, mit deren Hilfe erfahrene Referenten vor Ort ohne größeren Aufwand eine Schulung organisieren und durchführen können. In der Schulungsreihe werden Informationen zur Krankheit und zum Umgang mit Demenzkranken vermittelt, gleichzeitig können persönliche Probleme im Alltag besprochen und es kann sich mit anderen Betroffenen ausgetauscht werden. Durch den Austausch untereinander, aber auch mit Experten soll die Lebensqualität sowohl der Angehörigen als auch der Demenzkranken verbessert werden. Die Schulungsreihe besteht aus sieben Modulen, die folgende Oberthemen behandeln: ▬ Modul 1: Wissenswertes über Demenzerkrankungen, insbesondere die Alzheimer-Krankheit ▬ Modul 2: Überblick über die drei Stadien der Alzheimer-Krankheit, besonders im frühen Stadium ▬ Modul 3: Das mittlere Stadium der AlzheimerKrankheit ▬ Modul 4: Das späte Stadium der AlzheimerKrankheit ▬ Modul 5: Pflegeversicherung und Entlastungsangebote ▬ Modul 6: Rechtliche und ethische Fragestellungen ▬ Modul 7: Hilfe beim Helfen – Rückblick und Ausblick Zu den Modulen können jeweils Referenten geladen werden, die aus verschiedensten Berufsgrup-
Projekt »TANDEM in der Familie«
Im Projekt »TANDEM in der Familie« werden versorgende Angehörige von demenzkranken Menschen darin unterstützt, sich selbst in der Pflege nicht zu vergessen und für ausreichend Entlastung zu sorgen, um physischen und psychischen Erkrankungen vorzubeugen. Darüber hinaus werden die versorgenden Angehörigen in der Zusammenarbeit mit professionellen Pflegekräften unterstützt. Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen jedoch die Vermittlung und die gemeinsame Erarbeitung von Kompetenzen, um die nachlassende Kommunikationsfähigkeit der demenzkranken Angehörigen auszugleichen. Versorgende Angehörige lernen, wie sie die noch vorhandenen Stärken demenzkranker Menschen gezielt fördern und wie sie diese nutzen können, um bereits vorhandene Schwächen zu kompensieren. Hierdurch werden Selbstwert und Selbstvertrauen der demenzkranken Person aufrechterhalten. Ständige Misserfolgserlebnisse und Konfrontation mit eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten führen dazu, dass viele Demenzkranke sich nach und nach von ihrer Außenwelt isolieren. Durch die gezielte Nutzung der Stärken werden den erkrankten Personen Erfolgserlebnisse vermittelt, die neuen Mut geben, Kommunikationen und Tätigkeiten aufzunehmen. Dies steigert nicht nur das Wohlbefinden der demenzkranken Menschen, sondern trägt auch entscheidend zur Entlastung der versorgenden Angehörigen bei.
Betreuungsgruppen Betreuungsgruppen zur Entlastung versorgender Angehöriger werden als niederschwelliges ambulantes Angebot von Alzheimer Gesellschaften sowie verschiedenen Wohlfahrtsverbänden angeboten ( Hilfreiche Adressen). Hierbei können demenzkranke Menschen an ein bis zwei Tagen pro Woche für einige Stunden in Gruppen betreut werden. Betreuungsgruppen beinhalten Aktivierungsangebote, die auf die Bedürfnisse der Kranken ausgerichtet sind. Die Betreuung wird in der Regel durch ehrenamtliche engagierte Menschen
33 4.2 · Für sich selbst sorgen
geleistet und durch eine Fachkraft begleitet. Ziel solcher Betreuungsgruppen ist es vor allem, dass die versorgenden Angehörigen Zeit für sich gewinnen und somit entlastet werden.
Ehrenamtliche Begleiter In der Regel begleiten ehrenamtlich engagierte Menschen einen Demenzkranken eine bis mehrere Stunden in der Woche. Auch hierdurch sollen die Angehörigen Zeit für sich selbst gewinnen und entlastet werden. Die ehrenamtlichen Begleiter erledigen jedoch keine pflegerischen oder hauswirtschaftlichen Aufgaben, sondern übernehmen ausschließlich die soziale Begleitung. Wichtig ist, dass ehrenamtliche Begleiter demenzkranker Menschen regelmäßig geschult und fachlich begleitet werden.
4
Menschen. Die Kosten hierfür können mindestens teilweise bei der Pflegekasse beantragt werden. Auch die Verhinderungspflege kann für bis zu 28 Tage im Jahr über die Pflegekasse beantragt werden. Hierbei ist es möglich, die erkrankte Person z. B. durch einen Pflegedienst oder eine nahe stehende Person zu Hause versorgen zu lassen, wenn der hauptsächlich versorgende Angehörige verhindert ist.
Betreuter Urlaub mit demenzkranken Menschen In den letzten Jahren wurden vermehrt Urlaubsangebote geschaffen, die an die Bedürfnisse von Demenzkranken und ihren Angehörigen angepasst sind. Umfassende Informationen hierzu bietet die Alzheimer Gesellschaft ( Hilfreiche Adressen).
Tagespflege
Selbsthilfegruppen
Die Tagespflege soll demenzkranke Menschen aktivieren und dient ebenso der Rehabilitation. Hierfür werden den erkrankten Menschen therapeutische und pflegerische Maßnahmen angeboten, sie werden in soziale Aktivitäten eingebunden und ihr Tagesablauf wird strukturiert. Gewöhnlich verfügen die Einrichtungen über einen Fahrdienst, der die demenzkranken Menschen morgens zuhause abholt und nachmittags wieder nach Hause fährt. Die Dauer des Aufenthalts in der Tagespflege bestimmen der erkrankte Mensch und seine Angehörigen, wobei mindestens zwei Tage wöchentlich empfohlen werden, damit sich die demenzkranken Menschen auch eingewöhnen können. Der Aufenthalt kann entweder durch Leistungen der Pflegeversicherung, des Sozialamtes oder durch Eigenbeteiligung bezahlt werden.
Selbsthilfegruppen sollen versorgenden Angehörigen ermöglichen, sich mit anderen Personen auszutauschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Hierbei kann zum einen über Sorgen und Ängste gesprochen werden, aber eine Selbsthilfegruppe bietet auch die Möglichkeit, sich gegenseitig zu unterstützen und zu beraten. Es gibt Gruppen, die von versorgenden Angehörigen selbst geleitet und organisiert werden, aber auch solche, die von einer Fachkraft geleitet oder begleitet werden. Üblich ist auch, dass Selbsthilfegruppen sich Experten einladen, die zu einem bestimmten Thema referieren, das die Gruppe besonders interessiert.
Kurzzeit- und Verhinderungspflege Die Kurzzeitpflege ist eine Leistung der Pflegeversicherung und wird von stationären Pflegeeinrichtungen angeboten, die mit den Pflegekassen einen Versorgungsvertrag abgeschlossen haben. Erkrankte Menschen können hier an bis zu 28 Tagen im Jahr aufgenommen werden, so dass die versorgenden Angehörigen beispielsweise einen Erholungsurlaub in Anspruch nehmen können. Die Kurzzeitpflegeeinrichtungen übernehmen in dieser Zeit die komplette Versorgung des erkrankten
z
Gestaltung der eigenen Selbsthilfegruppe
Um eine Selbsthilfegruppensitzung selbst zu gestalten, müssen sich die Teilnehmer zunächst auf bestimmte Inhalte und einen bestimmten Ablauf einigen. Aus Berichten von SelbsthilfegruppenTeilnehmern wurden verschiedene inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten zusammengestellt. Sie werden im Folgenden aufgezählt. ⊡ Folie 6, PPP 2, für versorgende Angehörige
Erfahrungs- und Informationsaustausch. Inhalt-
licher Schwerpunkt vieler Angehörigen-Selbsthilfegruppen ist der Erfahrungs- und Informationsaustausch zu bestimmten Themen. Dabei kann es z. B. um Pflegerecht, Pflegeversicherung, Sanitäts-
34
Kapitel 4 · Inhalte: Demenz betrifft uns alle
produkte, konkrete Entlastungsangebote, Beruhigungsmethoden, kulturelle Angebote zum Thema Demenz gehen, wie auch um den Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen, wie Inkontinenz, Nahrungsverweigerung, innerer Unruhe, Gedächtnisverlust. Ein weiteres Thema ist der Austausch über das Erkennen von eigenen Wünschen und Bedürfnissen und das Umsetzen im Alltag.
4
Experten einladen. Viele Gruppen laden Experten
für Vorträge ein. Dies könnten beispielsweise sein: Ärzte, (Psycho-, Ergo-, Bewegungs-, Ernährungs-) Therapeuten, Leiter oder Mitarbeiter ambulanter Pflegedienste, Vertreter der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, Mitarbeiter der Krankenkassen, Gerontologen, Mitglieder anderer Selbsthilfegruppen, Mitarbeiter der regionalen Selbsthilfe-Kontaktstelle, Buchautoren. Gemeinsame Aktivitäten. Manche Selbsthilfe-
gruppen planen gemeinsame Aktivitäten, z. B. Exkursionen, Kurse für versorgende Angehörige oder VHS-Kurse, Wanderungen, sportliche Aktivitäten, Theater-/Kinobesuche oder Besuche anderer kultureller Veranstaltungen. Konkrete gegenseitige Unterstützung. Je nach Be-
darf der Gruppenmehrheit kann es auch zu ganz konkreter gegenseitiger Unterstützung kommen, z. B. durch den Austausch von Telefonnummern, um sich in besonderen Situationen auch außerhalb der Sitzungen gegenseitig helfen zu können. Zur konkreten Hilfe zählen auch gegenseitige Hausbesuche. z
Mögliche Abläufe von Selbsthilfegruppen
Neben der inhaltlichen Ausgestaltung der Sitzungen ist es grundlegend für die Gründung einer Selbsthilfegruppe, dass der Sitzungsablauf festgelegt wird. Hierzu werden im Folgenden drei prototypische Abläufe von Selbsthilfegruppen skizziert. ⊡ Folie 7, PPP 2, für versorgende Angehörige
Beispiel 1: Die strukturierte Selbsthilfegruppe mit einem Schwerpunkt. Die Moderation wech-
selt von Sitzung zu Sitzung und sollte im Laufe der Zeit möglichst von allen Gruppenmitgliedern mindestens einmal bzw. regelmäßig übernommen
werden. Der Ablauf der Sitzungen ist festgelegt und gleichbleibend: ▬ Begrüßung durch den aktuellen Moderator ▬ Anfangsblitzlicht: Von jedem Gruppenmitglied wird das Thema der letzten Sitzung aufgegriffen, persönliche Erfahrungen berichtet und Erwartungen an die bevorstehende Sitzung formuliert ▬ Gemeinsame Festlegung des Sitzungsthemas ▬ Erfahrungsaustausch zum Thema ▬ Abschlussblitzlicht: Sind die Erwartungen der Sitzung erfüllt worden? Besteht noch mehr Klärungsbedarf zum Thema der Sitzung? Hat sich jeder verstanden gefühlt? ▬ Benennung des Moderators der nächsten Sitzung durch den aktuellen Moderator Außerdem werden Experten zu zusätzlichen Terminen und aktuellen Themen eingeladen. Eine Kleingruppe aus der Gesamtgruppe übernimmt die Organisation hierfür. Beispiel 2: Die halbstrukturierte Selbsthilfegruppe mit zwei oder mehr Schwerpunkten. Die Modera-
tion wechselt von Sitzung zu Sitzung und sollte im Laufe der Zeit möglichst von allen Gruppenmitgliedern mindestens einmal bzw. regelmäßig übernommen werden. Der Ablauf der Sitzungen ist nur grob festgelegt: ▬ Begrüßung durch den aktuellen Moderator ▬ Erste Runde: z. B. »Freud und Leid« als Hauptteil der Sitzung: Von jedem Teilnehmer wird alles geäußert, was er loswerden will; jeder aus der Runde kann sich zum Gesagten äußern ▬ Zum Abschluss der Sitzung wird der neue Moderator bestimmt, der aktuelle Moderator verabschiedet sich mit einer Zusammenfassung der aktuellen Sitzung Je nachdem, wie viel Zeit die erste Runde einnimmt, kommt es noch zu einer zweiten oder dritten Runde. Mögliche inhaltliche Themen hierfür sind beispielsweise: ▬ »Kultur und Medien«: In jeder Runde wird ein kleines Team bestimmt, welches Fernsehtermine, neue Buchtitel etc. zum Thema zwischen den Treffen sammelt und dann referiert
35 4.2 · Für sich selbst sorgen
▬ »Expertenrunde«: jedes 3. oder 4. Mal wird ein Experte zu einem Thema geladen, organisiert von einem kleinen Team aus der Gesamtgruppe Beispiel 3: Die offene Selbsthilfegruppe. Die
Gruppe trifft sich zu einem lockeren Beisammensein in gemütlicher Atmosphäre, z. B. bei Kaffee und Kuchen. Es erfolgt ein offenes Gespräch ohne Moderation und ohne feste Struktur.
Unterstützungsangebote in der Umgebung Menge und Art der Unterstützungsangebote für versorgende Angehörige unterscheiden sich regional oft erheblich. Für versorgende Angehörige ist es besonders wichtig zu erfahren, welche Unterstützung tatsächlich in der näheren Umgebung angeboten wird, d. h. welche Angebote für sie erreichbar und realistisch nutzbar sind. Informationen zu regionalen Angeboten, die ein Trainer seinen Teilnehmern vorstellen kann, liefert die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. ( Hilfreiche Adressen). Sie ist eine Anlaufstelle v. a. für Betroffene, Angehörige und professionelle Pflegekräfte und verfügt über eine große Zahl hilfreicher Adressen in fast allen Regionen Deutschlands. Im Internet und auch telefonisch können Sie sich über Angebote in Ihrer Region informieren lassen. ⊡ Folie 8, PPP 2, für versorgende Angehörige
4.2.2
Wer pflegt, muss sich pflegen!
Unterstützung organisieren Das Leben mit einem demenzkranken Menschen braucht viel Kraft. Versorgende Angehörige sollten schon früh versuchen, Unterstützung zu organisieren. Wichtige Unterstützung hierbei liefert zum Beispiel die Alzheimer Gesellschaft e.V., die in der Regel auch Informationen zu Unterstützungsangeboten in der näheren Umgebung liefern kann. Das Organisieren von Hilfe braucht am Anfang Zeit, zahlt sich aber langfristig aus. Versorgende Angehörige gewinnen dadurch langfristig Zeit für sich selbst und zusätzlich sind sie weniger isoliert. Unterstützung heißt auch, dass – wenn es nur irgend möglich ist – schon früh mehrere Personen
4
Wer pflegt, muss sich pflegen! t t t t t t
Unterstützung organisieren Versuchen Sie nicht, alles alleine zu schaffen Nicht zu hilfsbereit sein Mehrere Personen an der Pflege beteiligen Versuchen Sie, nicht in Isolation zu geraten Verwandte und Freunde informieren
⊡ Abb. 4.20 PPP-Folie »Wer pflegt, muss sich pflegen«
in die Versorgung eingebunden werden sollten. Wenn sich die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt, ist die Situation weniger aufreibend für die versorgenden Angehörigen. Mehrere Schultern kann heißen, dass sich nicht nur der Ehepartner, sondern auch die Kinder und vielleicht die Enkelkinder, einbringen. Es kann auch heißen, dass die Nachbarn und Freunde aktiv werden, eine ehrenamtliche Begleitung oder ein professioneller Pflegedienst engagiert wird. Es ist gar nicht so leicht, andere um Hilfe zu fragen und Unterstützung zuzulassen. Viele versorgende Angehörige – vor allem pflegende Ehefrauen – fühlen sich verpflichtet, die Pflege allein zu übernehmen. Manchmal sind die Kinder und Enkelkinder aber auch erleichtert, wenn sie helfen können und manchmal sind Nachbarn und Freunde auch dankbar für das Vertrauen, dass ihnen mit der Bitte um Hilfe entgegen gebracht wird. Die Angst und Scham, um Unterstützung zu bitten, kann häufig trotz größter Belastung nicht überwunden werden. Ein versorgender Angehöriger, der um Hilfe bittet, der sich helfen lässt und eventuell auch Hilfe einfordert, beweist großen Mut, der in der Regel mit kleinen oder großen Entlastungen belohnt wird.
Nicht versuchen, alles alleine zu schaffen Wenn Probleme oder Aufgaben auftreten, neigen versorgende Angehörige dazu zu denken, dass sie »das Bisschen« jetzt auch noch schaffen. Bei dem nächsten Problem oder der nächsten Aufgabe kommt dann wieder der gleiche Gedanke. Versorgende Angehörige brauchen aber auch Zeit
36
4
Kapitel 4 · Inhalte: Demenz betrifft uns alle
für sich, um die Kraft zu behalten, Zeit für den demenzkranken Menschen aufzubringen. Häufig haben versorgende Angehörige an sich selbst die aller größten Ansprüche. Manchmal hilft es, einmal bei einer guten Freundin oder den eigenen Kindern nachzufragen, ob sie auch meinen, dass man alles alleine schaffen muss.
zuzugestehen. Man sollte nicht von sich selbst verlangen, perfekt zu sein. Jeder Mensch macht Fehler und gerade in aufreibenden, herausfordernden und anstrengenden Situationen ist es niemandem möglich, sich immer passend zu verhalten. Häufig kann man auch erst im Nachhinein sagen, dass eine Verhaltensweise günstig oder ungünstig war.
Nicht zu hilfsbereit sein
Eigene Interessen nicht immer hinten anstellen
Oft ist man versucht, einem demenzkranken Menschen möglichst viel abzunehmen, um ihn zu entlasten. Aber sowohl versorgende Angehörige als auch professionell Pflegende sollten versuchen, dem erkrankten Menschen nicht zu viel abzunehmen. Alles, was er selbst machen kann, sollte er tun. Einerseits kann das weniger Arbeit für die Pflegenden bedeuten, andererseits merkt der erkrankte Mensch, was er noch alles kann. Das ist für das Selbstwertgefühl wichtig. Wenn man merkt, dass man ungeduldig wird, sollte man eher aus dem Zimmer gehen, bevor man die Arbeit abnimmt.
Klarheit in den Gefühlen Versorgenden Angehörigen kann es helfen, sich regelmäßig Klarheit über die eigenen Gefühle zu verschaffen. Hierfür sollte man sich Zeit nehmen. Auch die negativen Gefühle wie Wut, Schuld oder Scham sind wichtig. Diese Gefühle sind normal, wenn man einen erkrankten Angehörigen versorgt. Jeder versorgende Angehörige hat früher oder später solche Gefühle. Es ist wichtig, sich nicht selbst für diese Gefühle zu verurteilen. Gefühle sind nie an sich richtig oder falsch. Es ist nur gefährlich, diese Gefühle aufzustauen. Wenn man sich die Gefühle bewusst macht und sich eingesteht, haben sie bereits weniger Macht. Hierfür ist es hilfreich, mit Menschen, denen man vertraut, über die eigene Situation zu sprechen. Häufig helfen vor allem Gespräche mit Menschen, die in der gleichen Situation sind und die Situation deshalb gut verstehen, zum Beispiel in Selbsthilfegruppen, wie sie inzwischen in den meisten deutschen Städten angeboten werden. Auch hierüber kann die Alzheimer Gesellschaft e.V. informieren ( Hilfreiche Adressen).
Sich »Fehler« zugestehen Sowohl für versorgende Angehörige als auch für professionell Pflegende ist es wichtig, sich Fehler
Die eigenen Interessen nicht immer hinten anzustellen, ist leichter gesagt als getan. Manchen Angehörigen hilft der Gedanke, dass, wenn man sich selbst etwas Gutes tut, das auch dem versorgten Menschen mit Demenz zu Gute kommt. Denn Menschen mit Demenz haben ganz feine Antennen für die Gefühle ihrer Mitmenschen und können deren gute Laune auch mit genießen.
Nicht in Isolation geraten Häufig bleibt versorgenden Angehörigen weniger Zeit für soziale Kontakte, als es vor der Krankheit der Fall war. Zum Teil ziehen sich auch Freunde zurück, wenn sie nicht wissen, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollen. Es ist wichtig, Kontakte aufrechtzuerhalten. Umso schwieriger die Situation ist, desto wichtiger werden Freunde und Verwandte, die die versorgenden Angehörigen unterstützen und sei es nur durch zuhören. Gerade auch Kontakte zu anderen, die in einer ähnlichen Situation sind, können hilfreich sein, da sie die Situation gut verstehen.
Verwandte und Freunde informieren Es ist oft sehr hilfreich und erleichternd, wenn versorgende Angehörige ihre Verwandten und Freunde über die Krankheit und darüber, was sie mit erkrankten Menschen macht, informieren. Hierdurch können die Verwandten und Freunde den versorgenden Angehörigen besser verstehen und unterstützen. Es ist natürlich wichtig auszuwählen, wem man sich in welchem Ausmaß anvertrauen will.
Positive Erlebnisse vor Augen führen Eine Kraftquelle für viele versorgende Angehörige sind positive Erlebnisse aus der Vergangenheit und der Gegenwart mit dem demenzkranken Men-
37 4.2 · Für sich selbst sorgen
schen. Wenn man sich immer wieder die schönen Erlebnisse mit dem erkrankten Angehörigen vor Augen führt, kann das Kraft spenden.
Austausch Sich mit anderen austauschen, hören, wie andere mit der Erkrankung und den zugehörigen Herausforderungen umgehen, welche Herangehensweisen für andere hilfreich sind, wie sie bestimmte Schwierigkeiten meistern und wie andere für sich selbst sorgen, voneinander lernen, füreinander da sein, das tut nicht nur versorgenden Angehörigen, sondern auch professionell Pflegenden gut. Für versorgende Angehörige gibt es hierfür inzwischen in fast jeder Stadt Angebote wie Selbsthilfegruppen oder Seminare für Angehörige. Solche Seminare werden meist unter der Bezeichnung »für pflegende Angehörige« angeboten, richten sich aber auch an Personen, die einen demenziell erkrankten Angehörigen haben, der noch keine Pflege benötigt. Die Gruppenangebote können also durchaus auch von Leuten in Anspruch genommen werden, deren Angehöriger an einer leichten Demenz leidet. Oft werden Angehörigenseminare erst wahrgenommen, wenn die Demenz bereits weit fortgeschritten ist. »Das hätte ich mal früher wissen müssen!«, ist eine häufige Reaktion. Angehörige sollten sich nicht durch den Begriff »pflegende Angehörige« irritieren lassen und die Angebote in ihrer Region wahrnehmen ( siehe oben, Kap. Hilfreiche Adressen). Auch für professionell Pflegende werden zunehmend – aber immer noch viel zu selten – Möglichkeiten geschaffen, sich untereinander auszutauschen. Populäre Konzepte hierbei sind z. B. die Supervision und die Kollegiale Beratung. Bei der Supervision wird eine Person von außerhalb – z. B. ein Psychologe mit Supervisionsausbildung – engagiert, der in der Regel monatlich den Austausch in einem Pflegeteam anleitet und moderiert. In der kollegialen Beratung wird der Austausch von der Gruppe selbst moderiert, wobei die Rolle des Moderators je nach Sitzung und Thema von einem anderen Mitarbeiter ausgefüllt werden kann. Ein regelmäßiger, strukturierter, unterstützender und lösungsorientierter Austausch kann professionell Pflegende deutlich entlasten und dem sogenannten Burnout – einem Ausbrennen in Folge von beruf-
4
lichen Fehlbelastungen – vorbeugen. Eine Investition in solche präventiven Maßnahmen bedeutet kurzfristig zwar Zeitaufwand für die Pflegekräfte und Geldaufwand für die Arbeitgeber, langfristig kann aber Zeit und Geld gespart werden, da durch solche Angebote beispielsweise auch krankheitsbedingte Fehlzeiten der Pflegenden reduziert werden können.
5
Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen Haberstroh, J., Neumeyer, K., Pantel, J.
5.1
Was ist Kommunikation? – 40
5.1.1 5.1.2 5.1.3
Verbale und nonverbale Kommunikation – 40 Vier Schritte der Kommunikation – 40 Ist Kommunikation bei Demenz anders? – 42
5.2
Menschen mit Demenz als Sender von Informationen – 43
5.2.1 5.2.2
Stärken und Schwächen – 43 Strategien: Stärken fördern, Schwächen umgehen
– 49
5.3
Menschen mit Demenz als Empfänger von Informationen – 56
5.3.1 5.3.2
Stärken und Schwächen – 56 Strategien: Stärken fördern, Schwächen umgehen
– 61
5.4
Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation – 71
5.4.1 5.4.2 5.4.3
Herausforderungen – 72 Gründe für herausforderndes Verhalten – 74 Herausforderndes Verhalten verstehen – 75
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
40
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
5.1
Was ist Kommunikation?
mik, seinen Handlungen. Er kommuniziert nonverbal.
Definition Kommunikation
5
Kommunikation ist der Austausch von Mitteilungen zwischen Individuen. Hierzu gehört, dass ein sogenannter Sender gezielt Informationen an einen sogenannten Empfänger weitergibt. Sender und Empfänger wechseln im Verlauf einer Kommunikation ständig ihre Rollen – der Sender wird zum Empfänger und der Empfänger wird zum Sender.
5.1.1
Verbale und nonverbale Kommunikation
Kommunikation besteht nicht nur aus Worten, Kommunikation steckt in jeder kleinen Bewegung, Handlung oder auch Nicht-Handlung. »Man kann nicht nicht kommunizieren!«, sagt Paul Watzlawick und bringt damit zum Ausdruck, dass auch ein »Sich-Wegdrehen« oder ein »NichtAntworten« eine Information transportiert. Die Mitteilung des Senders an den Empfänger könnte heißen: »Ich will nicht mit Ihnen reden.« Der Sender bietet zwar keine Worte dar. Er kommuniziert nicht verbal. Aber er kommuniziert mit seiner Körpersprache, seiner Gestik, seiner Mi-
⊡ Abb. 5.1 TANDEM Kommunikationsmodell
5.1.2
Vier Schritte der Kommunikation
Stark vereinfacht läuft eine Kommunikation in vier Schritten ab (⊡ Abb. 5.1): 1. Darbietung: Ein Sender bietet eine Information dar 2. Aufmerksamkeit: Ein Empfänger richtet seine Aufmerksamkeit auf den Sender und die gegebene Information 3. Verstehen: Der Empfänger versteht die Information 4. Behalten: Der Empfänger behält die Information Nur wenn der Empfänger die Information mit Aufmerksamkeit bedacht, verstanden und behalten hat, kann er die Kommunikation umdrehen, eine Antwort darbieten und somit selbst zum Sender werden. Die Antwort ist für uns das Zeichen, dass die Kommunikation geglückt ist. ⊡ Folie 5, PPP 3, für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 5, PPP 5, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Schritt 1: Darbietung einer Information Der erste Schritt einer Kommunikation ist die Darbietung einer Information durch den Sender. Diese
41 5.1 · Was ist Kommunikation?
Information kann nonverbal dargeboten werden, z. B. ein Nicken zum Gruß oder ein Winken zum Abschied. Sie kann aber auch verbal dargeboten werden, wie die Frage: »Möchten Sie eine Tasse Tee?« Jede dargebotene Information hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt. Wenn wir nur die Worte lesen, können wir rein den Inhaltsaspekt, also das »Was« der Information, verstehen. Wir verstehen die reine Frage: »Möchten Sie eine Tasse Tee?« Der Inhaltsaspekt wird aber bestimmt vom Beziehungsaspekt, also vom »Wie« der Information: Wie möchte der Sender seine Information vom Empfänger verstanden haben und wie sieht er seine Beziehung zum Sender? Wie lautet die Botschaft zwischen den Zeilen? Stellen Sie sich vor, die Senderin der Information ist die Altenpflegerin Frau Laune, der Empfänger ist Herr Durstig. Frau Laune tritt zu Herrn Durstig, legt ihr Hand auf seine Hand, lächelt ihn an und fragt mit sanfter, ruhiger Stimme: »Möchten Sie eine Tasse Tee?«. Auf der Beziehungsebene sendet sie mit diesem Verhalten die Beziehungsbotschaft: »Lieber Herr Durstig, ich mag Sie gerne und möchte Ihnen etwas Gutes tun. Ich würde Ihnen gerne eine Tasse Tee bringen. Sagen Sie doch bitte ja.« An einem anderen Tag ist Frau Laune in Hetze, den ganzen Tag ist alles schief gelaufen und sie rennt ihrer Zeit hinterher. Sie stürzt an Herrn Durstig vorbei, der schon seit einer Stunde ruft, dass er etwas trinken möchte, und brüllt ihm im Vorbeirennen mit lauter, wütender und genervter Stimme zu: »Möchten Sie eine Tasse Tee?« Mit diesem Verhalten sendet sie die Beziehungsbotschaft: »Herr Durstig, Sie nerven mich gerade maßlos. Ich habe überhaupt keine Lust und Zeit, mich um Sie zu kümmern, geschweige denn, Ihnen Tee zu bringen. Sagen Sie also bloß nicht ja!«. Der Inhaltsaspekt und die reinen Worte der Information sind in beiden Situationen exakt identisch. Rein der Beziehungsaspekt unterscheidet sich und verdreht die dargebotene Information ins komplette Gegenteil. Der Beziehungsaspekt bestimmt demnach, wie der Inhaltsaspekt zu interpretieren ist.
Schritt 2: Aufmerksamkeit auf Sender und Information Ist die Information vom Sender dargeboten worden, so muss der Empfänger seine Aufmerksamkeit auf den Sender und die gegebene Information
5
richten. Gilt die Aufmerksamkeit des Empfängers z. B. dem Fernseher, so wird er gar nicht merken, dass ihm eine Information dargeboten wird oder dass jemand mit ihm spricht. Stellen Sie sich vor, es läuft das Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft. Die letzten fünf Minuten haben begonnen, es steht 1:1 und alle schauen gebannt auf den Fernseher. Versuchen Sie einmal, in solch einer Situation jemanden zu fragen, ob er etwas trinken möchte. Es wird sich hinterher niemand mehr daran erinnern können, dass Sie diese Frage gestellt haben. Es gibt verschiedene Arten von Aufmerksamkeitsleistungen, die ein Mensch erbringen kann. Zum einen gibt es die selektive Aufmerksamkeit. Sie beschreibt die Fähigkeit, sich auf die wichtigen, relevanten Informationen zu konzentrieren und nicht durch unwichtige, irrelevante Reize ablenken zu lassen. Beispielsweise ermöglicht die selektive Aufmerksamkeit einem Menschen auf einem großen Volksfest, seine Aufmerksamkeit nur auf das zu richten, was sein Gegenüber sagt, obwohl eine Unmenge an anderen Geräuschen, Düften, Eindrücken und weiteren irrelevanten Reizen auf ihn einströmt. Eine weitere Aufmerksamkeitsleistung ist die Daueraufmerksamkeit. Hierunter versteht man die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit bewusst und willentlich über längere Zeit aufrechtzuerhalten und dabei auf eine bestimmte Aufgabe zu richten. Eine dritte Aufmerksamkeitsleistung ist die geteilte Aufmerksamkeit. Hierunter versteht man die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit auf mehrere Dinge gleichzeitig zu richten. Gesunde Menschen verteilen in ihrem Alltag ständig ihre Aufmerksamkeit, ohne es zu merken. Beispielsweise reden wir beim Spazierengehen, achten dabei noch auf den Weg, den Straßenverkehr und denken gleichzeitig über das Gespräch nach. Völlig selbstverständlich richten wir unsere Aufmerksamkeit auf eine Vielzahl von Dingen gleichzeitig – und ganz beiläufig blenden wir alle Informationen aus, die wir nicht benötigen, wie beispielsweise die vorbeifahrenden Autos, ein laufendes Radio, das Gespräch anderer vorbeilaufender Personen. Alle drei Aufmerksamkeitsleistungen tragen dazu bei, dass aus einer Fülle von Reizen nur ein Teil ausgewählt wird. Hierdurch kann einer Reizüberflutung vorgebeugt werden. Dies bedeutet aber auch, dass eine Information nur dann aufgenommen wird, wenn die Aufmerksamkeit auf sie
42
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
gerichtet ist. Nur wenn die Aufmerksamkeit des Empfängers auch tatsächlich auf den Sender und die dargebotene Information gerichtet ist, hat er eine Chance, die Information zu verstehen.
Schritt 3: Verstehen der Information
5
Das Verstehen der Information ist der dritte Schritt der Kommunikation. In unserem Beispiel muss der Empfänger also verstehen, dass er mit der Frage: »Möchten Sie eine Tasse Tee?«, gemeint ist, er muss verstehen, was Tee ist und ob er Tee möchte. Stellen Sie sich vor, der Sender nuschelt, spricht sehr leise oder gar eine fremde Sprache, der Empfänger wird die dargebotene Information nicht verstehen können. Hinzu kommt, dass die übermittelte Information vom Empfänger anders aufgenommen werden kann als es vom Sender beabsichtigt wurde, da sie vom Empfänger je nach dessen Erfahrungen, Einstellungen, Motiven und Interessen sowie Intelligenz ergänzt und strukturiert wird. Dieselbe Nachricht kann daher von zwei Menschen völlig unterschiedlich interpretiert und verstanden werden. Nur wenn der Empfänger die Information – wie auch immer – verstanden hat, kann er sie auch behalten.
Schritt 4: Behalten der Information Das Behalten der verstandenen Information ist der letzte Schritt der Kommunikation. Nur wenn die Information behalten wurde, kann der Empfänger der Information die Kommunikation umdrehen und selbst zum Sender werden, um eine Antwort zu geben – entweder nonverbal, in dem er zum Beispiel mit dem Kopf nickt, oder verbal, indem er vielleicht »Ja!« sagt. Die Antwort wertet der Sender in der Regel als Zeichen dafür, dass die Kommunikation geglückt ist. Beim vierten Schritt der Kommunikation geht es sowohl um das kurzfristige Behalten innerhalb der Kommunikation als auch um das langfristige Behalten der Nachricht über die Kommunikation hinaus. Das kurzfristige Behalten ist beispielsweise gefragt, wenn man folgende Frage beantworten möchte: »Wollen Sie grünen Tee, schwarzen Tee oder Kamillentee oder vielleicht lieber Pfefferminztee oder Früchtetee?« Um diese Frage beantworten zu können, muss der Empfänger dazu in der Lage sein, die gegebenen Informationen (Teesorten) kurzfristig zu behalten. Kann er dies nicht,
so wird er die Frage nicht beantworten können: die Kommunikation scheitert. Langfristiges Behalten wird beispielsweise erforderlich, wenn der Empfänger die Information erhält: »Sie haben am Montag in einer Woche um 15 Uhr einen Arzttermin bei Dr. Müller.« Diese Nachricht muss über die Kommunikation hinaus behalten werden. In diesem Sinne kann die Kommunikation also noch scheitern, nachdem sie bereits beendet wurde.
5.1.3
Ist Kommunikation bei Demenz anders?
Die vier Schritte der Kommunikation scheinen für gesunde Menschen völlig selbstverständlich und kinderleicht zu sein. Beispielsweise im Training werden den Teilnehmern Informationen vom Trainer dargeboten, die Teilnehmer richten ihre Aufmerksamkeit auf ihn, verstehen die gegebene Informationen und behalten sie zumindest kurzfristig, um die Kommunikation umzudrehen und eine Rückmeldung zu den dargebotenen Informationen zu geben: entweder nonverbal mit einem bestätigenden Kopfnicken, Blickkontakt oder vielleicht auch einem gelangweilten Blick zum Fenster; oder auch verbal, indem die Teilnehmer mündlich etwas zum Training beitragen. Menschen mit Demenz fallen die vier Schritte der Kommunikation aber zunehmend schwer. Mit fortschreitender Demenz ergeben sich Schwierigkeiten bei allen vier Schritten der Kommunikation. Um nur einige Beispiele anzuführen: Schon zu Beginn einer Demenz ist die Darbietung durch auftauchende Wortfindungsstörungen beeinträchtigt, die Aufmerksamkeit kann nicht mehr gut verteilt werden, komplexe Sätze werden nicht mehr verstanden und das kurzzeitige Behalten, das für die Kommunikation so wichtig ist, bereitet immer mehr Schwierigkeiten. z
Stärken und Schwächen
Aber bei allen vier Schritten bleiben auch Stärken erhalten! Die Stärken liegen vor allem auf der nonverbalen Ebene und auf der Beziehungsebene. Menschen mit Demenz behalten bis ins späte Stadium die Fähigkeit zum nonverbalen Senden
43 5.2 · Menschen mit Demenz als Sender von Informationen
und Empfangen von Informationen insbesondere auf der Beziehungsebene. Vielleicht versteht die schwer demenzkranke Frau Stumm nicht mehr die Worte: »Ich habe dich lieb«, aber sie wird verstehen, was ich sage, wenn ich den Worten mit meiner Körpersprache, meiner Mimik und mit meinem Tonfall zusätzlich Ausdruck verleihe. Sie wird ebenso verstehen, wenn ich es nicht ernst meine und z. B. gereizt und wütend sage: »Was willst du denn? Warum schreist du denn? Ich habe dich doch lieb.« Können die Worte nicht mehr verstanden werden, sondern lediglich der Beziehungsaspekt, so wird in diesem Fall bei der demenzkranken Frau Stumm bloß ankommen »Sei still! Ich bin wütend!« Liebe Worte können im späten Stadium der Demenz oft nur noch verstanden werden, wenn sie auch in liebevollem Tonfall vermittelt werden. Menschen mit Demenz haben sehr feine Antennen für die Beziehungsebene, für das, was zwischen den Zeilen steht. Ein Mensch mit Demenz lässt sich kaum von Worten täuschen, er ist darauf angewiesen, zwischen den Zeilen zu lesen, versteht daher auch unterschwellige Stimmungen und Verstimmungen. In dieser Beziehung sind demenzkranke den gesunden Menschen durchaus überlegen. Diese und weitere kommunikative Stärken von Menschen mit Demenz können gezielt genutzt werden, um die im Krankheitsverlauf auftretenden Schwächen zu umgehen, Misserfolgserlebnisse und Rückzug zu vermeiden, Erfolgserlebnisse zu schaffen und Mut zu machen, um so die Kommunikation mit demenzkranken Menschen aufrecht zu erhalten.
5.2
Menschen mit Demenz als Sender von Informationen
Menschen mit Demenz, die stetig nur mit ihren Schwächen konfrontiert und in der Kommunikation immer wieder überfordert werden, gleiten nach und nach ab in eine Isolation von der Außenwelt. Sie verstummen. Menschen mit Demenz können nichts an ihren Kommunikationsschwächen ändern, da diese krankheitsbedingt sind. Aber wir, die Personen in der Umgebung der erkrankten Menschen, können unser Verhalten so ändern, dass es der betroffenen Person hilft.
5
Wir können versuchen, durch unser Verhalten die Kommunikation mit demenzkranken Menschen aufrecht zu erhalten, indem wir gezielt die noch vorhandenen Stärken nutzen, um Schwächen zu umgehen; indem wir vorhandene Stärken wertschätzen und fördern; indem wir Wege finden, die Kommunikation mit Menschen mit Demenz aufrecht zu erhalten. Und zwar zum einen ausgehend vom Menschen mit Demenz als Sender: Der erkrankten Person kann die Darbietung erleichtert werden. Und zum anderen ausgehend vom Menschen mit Demenz als Empfänger: Durch unsere Art der Darbietung kann der erkrankten Person die Aufmerksamkeit auf die gesendeten Informationen und das Verstehen und Behalten dieser Informationen ermöglicht werden. Hierbei spielen sowohl die verbale als auch die nonverbale Kommunikation eine Rolle. Im Folgenden soll daher zum einen betrachtet werden, was sprachlich dargeboten wird, also verbal. Und zum anderen wird betrachtet, wie etwas dargeboten wird, also nonverbal (Gestik, Mimik, Tonfall).
5.2.1
Stärken und Schwächen
Generell kann man sagen, dass Menschen mit Demenz vor allem Schwierigkeiten mit der Darbietung inhaltlicher Informationen haben, während auf der Ebene des Beziehungsaspekts viele Fähigkeiten erhalten bleiben. Im Folgenden werden einige typische Stärken und Schwächen von Menschen mit Demenz in der Darbietung von Informationen vorgestellt. Diese Stärken und Schwächen treten häufig und bei vielen demenziell Erkrankten auf. Aber nicht vergessen: Jeder Mensch mit Demenz ist einzigartig!
Stärken, Schwächen, Strategien Sender
⊡ Abb. 5.2 »PPP-Folie »Stärken, Schwächen, Strategien«
44
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
z Alte und neue Erlebnisse Beispiel
5
Ehepaar Fleißig sitzt am Mittagstisch. Frau Fleißig beginnt von ihrer schwierigen Schulzeit zu erzählen. Eine Geschichte, die sie in letzter Zeit häufig erzählt. Herr Fleißig hatte einen anstrengenden Vormittag und möchte einfach in Ruhe Mittagessen. Die Geschichten seiner Frau, die alle weit in der Vergangenheit liegen, kennt er zur Genüge und gerade die Geschichte von der Schulzeit seiner Frau hat er heute bereits zweimal gehört. Er würde sich wünschen mit seiner Frau mal über ein aktuelles Thema wie die Hochzeit seines Enkels Felix vor einer Woche zu sprechen. ⊡ Folie 7, PPP3, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 7, PPP 5, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Bereits bei leicht demenzkranken Menschen bemerkt der aufmerksame Beobachter, dass die Berichte von neuen Erlebnissen stetig weniger werden. ⊡ Folie 8, PPP 3, für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 8, PPP 5, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Im Beispiel wünscht sich Herr Fleißig, mit seiner Ehefrau endlich einmal wieder über ein aktuelles Thema zu sprechen, wie zum Beispiel über die kurz zurückliegende Hochzeit seines Enkels. Solche neueren Erlebnisse werden aber nicht mehr erinnert und können daher auch nicht berichtet werden (⊡ Tab. 5.1). Dem gegenüber stehen jedoch gar nicht so selten ausschweifende Berichte von Kindheits- und Jugenderlebnissen, die manchmal noch bei fortgeschrittener Demenz detailliert dargeboten werden. Auffällig ist, dass diese Berichte häufig im immer selben Wortlaut präsentiert werden und auch dieselbe Geschichte an einem Tag manchmal mehrfach erzählt wird. Diese häufig wiederkehrenden
⊡ Tab. 5.1 Stärken und Schwächen bei alten und neuen Erlebnissen Stärken
Schwächen
Berichte von alten Erlebnissen
Berichte von neueren Erlebnissen
Berichte von bedeutsamen Lebensthemen Berichte von aufwühlenden Erlebnissen
Geschichten thematisieren oft solche Erlebnisse, die im Leben des Menschen mit Demenz besonders bedeutsam waren. An solche alten Erinnerungen und lebensthematisch bedeutsamen Ereignisse können wir in der Kommunikation mit demenzkranken Menschen anknüpfen. Im Beispiel berichtet Frau Fleißig immer wieder von ihrer schwierigen Schulzeit. Wenn wir uns vorstellen, dass Frau Fleißig das einzige Mädchen in ihrem Ort war, das die höhere Schule besuchen durfte und sie als einziges Mädchen ihr Abitur abgeschlossen hat, wird klar, dass die Schulzeit für Frau Fleißig wahrscheinlich ein wichtiges Lebensthema war. Eine Zeit, die ihr Leben reich und bedeutsam gemacht hat. Eine Zeit, in der sie über sich selbst hinaus gewachsen ist, mutig, fleißig und erfolgreich war und auf die sie stolz zurück blickt. Nur verständlich, dass sie von dieser Zeit schon immer gern berichtet hat. Solche Lebensthemen bleiben bei Menschen mit Demenz lange erhalten, sie tragen zum Erhalt eines gesunden Selbstwertgefühls bei. Auch neue Erlebnisse, die in Bezug zu solchen alten und bedeutsamen Erinnerungen stehen, können von Menschen mit Demenz manchmal noch berichtet werden. Der Bericht von solchen Erlebnissen und das interessierte Zuhören der Mitmenschen verschaffen einem demenziell erkrankten Menschen Erfolgserlebnisse und geben ihm Selbstbewusstsein und Kraft, die Kommunikation trotz zunehmender krankheitsbedingter Schwierigkeiten aufrecht zu erhalten. Auch kürzlich erlebte, aufwühlende Ereignisse können häufig noch berichtet werden. So kann sich der demenzkranke Herr Benz noch ganz genau daran erinnern, dass er letzte Woche Zeuge eines Autounfalls direkt vor seiner Haustür war. Alles war sehr aufregend, aufwühlend, beängstigend. Von diesem Erlebnis berichtet er vielleicht noch monatelang. Es war so aufwühlend, dass es trotz aller Schwierigkeiten beim Abspeichern von neuen Erlebnissen den Weg in sein Gedächtnis gefunden hat. Viele Besucher im Altenpflegeheim versuchen, ein einfaches Gespräch zu starten und machen sich manchmal sogar viele Gedanken darüber, welche Frage denn besonders einfach und für den Menschen mit Demenz gut zu beantworten wäre. Besonders beliebt ist die Frage: »Was gab es denn heute zum Mittagessen?« Genau diese Frage, die ein sehr neues Erlebnis abfragt, das zudem ver-
45 5.2 · Menschen mit Demenz als Sender von Informationen
mutlich kein Lebensthema anspricht und in der Regel auch nicht aufwühlend war, ist aber für Menschen mit Demenz ganz besonders schwierig zu beantworten. Was es zum Mittagessen gab, hat die erkrankte Person vermutlich schon wieder vergessen. Der Fragende erhält vielleicht die Antwort: »Nichts, die haben mich mal wieder vergessen.« Eine solche Antwort bietet natürlich Konfliktpotenzial zwischen Angehörigen und Pflegekräften – denn woher soll der Angehörige auch wissen, von wem das Mittagessen vergessen wurde: Vom demenzkranken Bewohner oder vielleicht tatsächlich von den Pflegekräften? Konfliktsituationen wie diese sind in Pflegeheimen nicht selten. Aber woran liegt es, dass Menschen mit Demenz oft so sicher von der Vergangenheit berichten können und die Berichte von neuen Erlebnissen so viele Probleme bereiten? z
Warum bereiten »neue Erlebnisse« Probleme?
Was passiert in einem gesunden Gehirn? Wir sind in unserem Alltag ständig neuen Informationen
5
ausgesetzt. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Vortrag. Sie erhalten zum einen neue, relevante Informationen von dem Vortragenden, gleichzeitig sind da aber noch eine Menge weiterer, nicht relevanter Informationen. Sie hören vielleicht durch ein Fenster den Lärm von der Straße hereinkommen oder ihr Nachbar kratzt sich gerade an der Nase, vielleicht hängen viele Bilder an der Wand oder eine Tür wird lautstark vom Wind zugeschlagen. All diese Informationen gelangen in unser Gehirn durch einen Filter. Dieser Filter erkennt, ob die Information relevant ist und abgespeichert werden muss, oder ob sie nicht relevant ist und nicht abgespeichert werden muss. ⊡ Folie 9, PPP 3, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 9, PPP 5, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Verbildlicht kann man sich vorstellen, dass wir in unserem Gehirn eine Art Aktenschrank haben und einen Sortierer, der die relevanten Informationen in den Aktenschrank legt und die irrelevanten Informationen direkt in den Müll wirft (⊡ Abb. 5.3). Der Sortierer legt jede Information in
⊡ Abb. 5.3 Das normal arbeitende und das demenzkranke Gehirn
46
5
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
die richtige Schublade, z. B. werden die Namen der Enkel in der Schublade »Familie« abgespeichert. Wenn man seine Enkel trifft, greift der Sortierer zielsicher in die Schublade »Familie« und zieht die Information »Namen der Enkel« heraus. Jede Information hat ihren Platz und kann von diesem auch wieder abgerufen werden. Das ist für gesunde Menschen ein ganz normaler Vorgang. Wie sieht es nun in einem demenzkranken Gehirn aus? Menschen mit Demenz können sich gut an Dinge erinnern, die vor ihrer Erkrankung liegen. Vor allem Dinge, die sie vor langer Zeit erlebt haben wie zum Beispiel Kriegszeiten, werden lange erinnert. Diese Informationen wurden sicher im Aktenschrank abgespeichert und können gut abgerufen werden. Jedoch fällt es Menschen mit Demenz schwer, neue Eindrücke festzuhalten. Häufig werden sie direkt »fallengelassen«, bevor sie überhaupt den Aktenschrank erreichen. Aber woran liegt das? Bei Menschen mit Demenz ist der Filter kaputt, der erkennt, ob Informationen relevant oder nicht relevant sind. Jede Information erscheint gleich relevant, gleich wichtig. Der Sortierer in einem demenzkranken Gehirn erfährt also eine unglaubliche Reizüberflutung, da alle Eindrücke – ob Geräusche, Bilder, Gerüche oder Gefühle – mit gleicher Wichtigkeit und Intensität in das Gehirn einströmen. So werden viele dieser Eindrücke vom Sortierer bereits fallen gelassen, bevor sie den Aktenschrank überhaupt erreichen. Informationen, die vor Ausbruch der Erkrankung, also bevor der Filter kaputt gegangen ist, sicher im Aktenschrank abgelegt wurden, können von Menschen mit Demenz noch lange abgerufen werden. So kommt es, dass demenziell Erkrankte noch recht gut von älteren Erlebnissen berichten können, wie z. B. von der Schulzeit. Aber es fällt sehr schwer, neue Informationen zu erinnern. So gerät beispielsweise der gestrige Tag, der Besuch der Tochter am Wochenende oder der Name des Enkels in Vergessenheit. Diese Informationen wurden gar nicht richtig abgespeichert. Neue Erlebnisse können manchmal sicher »abgeheftet« werden, wenn sie für den Menschen mit Demenz lebensthematisch besonders bedeutsam sind, so berichtet z. B. die ehemalige Opernsängerin zum Erstaunen ihrer Familie vom gestrigen Opernbericht im Fernsehen.
Mit Fortschreiten der Erkrankung gehen dann auch ältere Informationen verloren, einzelne Karten fallen sozusagen aus dem Aktenschrank. Man sagt, die Erinnerung eines Menschen mit Demenz fällt wie ein Dominospiel – erst fällt der heutige Tag, dann der gestrige, die letzte Woche, das letzte Jahr, das letzte Jahrzehnt, bis schließlich nur noch die Erinnerung an die Kindheit erhalten ist. z
Manche Schwächen sind abhängig vom Umfeld
Wird ein demenziell erkrankter Mensch in seinem Redefluss unterbrochen (⊡ Tab. 5.2), so geht das, was er sagen will, oft unwiederbringlich verloren. Sein Kurzzeitgedächtnis kann den Gedanken nicht festhalten. Das Gleiche gilt auch für Vertrösten, wie z. B.: »Jetzt habe ich keine Zeit, ich höre später zu.« Menschen mit Demenz, die oft unterbrochen oder vertröstet werden, geben häufig auf und verstummen. Unterbrechungen, die den erkrankten Menschen seinen Faden verlieren lassen, sind uns nicht immer bewusst. Eine Unterbrechung kann z. B. auch eine zugeschlagene Tür verursachen oder eine hektische Handbewegung des Gegenübers. Solche Unterbrechungen nehmen wir manchmal gar nicht wahr und sind irritiert, dass der Redefluss plötzlich abbricht und der Mensch mit Demenz uns verwirrt anblickt. Unser Filter (⊡ Abb. 5.3) hat die zuschlagende Tür vermutlich als irrelevante Information ausgeblendet, für den erkrankten Menschen, dessen Filter kaputt ist, schien diese Information aber relevant und hat seinen Faden zum Abreißen gebracht. In solchen Momenten können wir versuchen, den erkrankten Menschen dabei zu unterstützen, den Faden wieder aufzunehmen, indem wir ihm signalisieren, dass wir in Ruhe zuhören und interessiert sind. Manchmal signalisiert ruhiges Schweigen Verstehen, manchmal ist zuhörendes Schweigen eine angemessene und wertschätzende Gesprächsform.
⊡ Tab. 5.2 Stärken und Schwächen abhängig vom Umfeld Stärken
Schwächen
Gedanken in Ruhe beenden
Faden verlieren
Faden wieder aufnehmen
47 5.2 · Menschen mit Demenz als Sender von Informationen
Stärken und Schwächen als Sender t Schwächen – »Faden verlieren« – Wortfindungsstörungen, Wortverwechslungen, Silbenverdrehungen – Komplexe Sätze t Stärken – Gedanken in Ruhe beenden – »Faden wieder aufnehmen« – Einfache, kurze Sätze – Floskeln ⊡ Abb. 5.4 PPP-Folie »Stärken und Schwächen als Sender« 1
⊡ Tab. 5.3 Stärken und Schwächen bei Wortfindungen Stärken
Schwächen
Einfache, kurze Sätze
Wortfindungsstörungen
Floskeln
Wortverwechslungen Silbenverdrehungen Komplexe Sätze
Schon bei beginnender Demenz fehlen Menschen mit Demenz häufig die Worte (⊡ Tab. 5.3). Sie finden nicht mehr das richtige Wort für z. B. Gegenstände oder Gefühle. Häufig wird das fehlende Wort durch »Dings« oder ähnliche Füllwörter ersetzt. Die Tasse wird beispielsweise zum »Trinkdings«. Manchmal wird aber auch einfach ein falsches Wort verwendet. Beispielsweise wird die Tasse zum »Glas«. Oder die Worte werden falsch gebildet, die Silben werden verdreht. So wird vielleicht die Tasse zur »Tessa«. Bei wenigen Wortverwechslungen oder Silbenverdrehungen haben wir noch die Chance, die Mitteilung aus dem Zusammenhang und der Körpersprache heraus zu verstehen. Bei einer Aneinanderreihung solcher unbekannten Worte erscheint sie uns jedoch manchmal wie eine fremde Sprache. Floskeln Beispiel Die Pflegerin Frau Aufmerksam beobachtet seit einiger Zeit drei schwer demenzkranke Frauen, die gemeinsam auf ihrer Demenzstation im Pflegeheim
5
leben. Die drei haben sich miteinander angefreundet. Jeden Tag sitzen sie zusammen im Aufenthaltsraum am immer selben Tisch direkt neben dem Fenster und genießen ihre Dreisamkeit. Sie schwatzen und lachen, klatschen manchmal begeistert in die Hände und die Gesprächsthemen scheinen nie auszugehen. Als Frau Aufmerksam sich neulich dazu setzte, war sie erstaunt, denn das Gespräch bestand ausschließlich aus Floskeln. »Schönes Wetter heute.« »Hauptsache, die Kinder sind gesund.« »Geht es uns gut!« »Gute Freunde sind Gold wert.« Frau Aufmerksam ist erstaunt. Auf der Inhaltsebene wird hier nicht viel ausgetauscht, die Damen scheinen fast aneinander vorbeizureden. Aber sie schauen sich dabei aufmerksam und interessiert an, bestätigen jedes gesagte Wort mit einem Nicken, würdigen jeden Satz mit einer ehrfurchtsvollen Pause und freuen sich gemeinsam über alle ausgetauschten Worte und Blicke, über jedes gemeinsame Lächeln.
Auf der Beziehungsebene wird hier sehr viel ausgetauscht, merkt Frau Aufmerksam. Auf der Beziehungsebene teilen die drei sich unentwegt mit, wie gern sie sich haben, wie wichtig sie füreinander sind und wie wohl sie sich zusammen fühlen. »Vom Smalltalk demenzkranker Menschen kann man lernen!«, sagt Frau Aufmerksam. »So viele schöne Dinge habe ich meinen Bekannten im Smalltalk bisher nie mitgeteilt.« Einfache, kurze Sätze mit häufig verwendeten Worten können Menschen mit Demenz noch recht lange darbieten. Häufig beobachtet man auch eine Aneinanderreihung von Floskeln wie z. B.: »Schönes Wetter heute.« Diese Floskeln ermöglichen zwar keinen inhaltlichen Austausch, sie ermöglichen aber dennoch einen funktionierenden »Smalltalk« – der im Übrigen auch bei gesunden Menschen manchmal nicht viel mehr inhaltliche Informationen transportiert. z Nonverbale Darbietung Beispiel Der demenzkranke Herr Müller nimmt kaum noch Kontakt zu anderen Menschen auf. Sowohl seine Familienmitglieder als auch die Pflegekräfte des ambulanten Dienstes scheint er zu ignorieren. Er wirkt unsicher, unglücklich und einsam. Manchmal klatscht er in die Hände oder summt eine Melodie.
48
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
Stärken und Schwächen als Sender t Schwächen – Sprachlicher Ausdruck
t Stärken – Emotionaler Ausdruck, Körpersprache – Singen, Musizieren – Mikroverhaltensweisen
⊡ Tab. 5.4 Stärken und Schwächen bezogen auf das Verhalten Stärken
Schwächen
Emotionaler Ausdruck, Körpersprache
Sprachlicher Ausdruck
Singen, Musizieren Mikroverhaltensweisen
⊡ Abb. 5.5 PPP-Folie »Stärken und Schwächen als Sender« 2
5 Als seine Bezugspflegerin neulich bei der morgendlichen Köperpflege mitsummte, lächelte er und fragte: »Mama, wie heißt dieses Lied?« »Kein schöner Land«, antwortete die Pflegerin. Sie gab ihm diese Antwort an diesem Morgen noch fünfmal.
Verhalten als Kommunikation. Mit fortschreiten-
der Demenz geht die wörtliche Sprache mehr und mehr verloren, es wird kaum noch gesprochen oder manchmal wird sogar gar nicht mehr gesprochen. Jedoch haben auch schwer demenzkranke Menschen noch beeindruckende Stärken im emotionalen Ausdruck, im Darbieten von Gefühlen und in der Körpersprache. Menschen mit Demenz senden uns mit ihrem gesamten Verhalten Informationen (⊡ Tab. 5.4). Weil die wörtliche Sprache mit fortschreitender Demenz oft nicht mehr funktioniert, wird auf Körpersprache und emotionalen Ausdruck zurückgegriffen. So kann z. B. beim Essen ein wiederholtes Mundöffnen oder eine wiederholte Handbewegung zum Körper hin signalisieren, dass die Person noch Hunger hat. Kleinste Verhaltensweisen, sogenannte Mikroverhaltensweisen, wie z. B. ein hochgezogener Mundwinkel oder ein entspannter Gesichtsausdruck, transportieren Informationen und sind Mitteilungen. Mikroverhaltensweisen sind im Übrigen auch in der Kommunikation mit gesunden Menschen vorhanden und wichtig. Sie werden jedoch auch hier häufig übersehen. Im Beispiel hat Herr Müller der Pflegerin nicht gesagt, dass er unsicher, unglücklich und einsam ist, aber sie hat es an seinem Verhalten, seinem emotionalen Ausdruck und seiner Körpersprache erkannt. Es braucht keine Worte, um zu kommunizieren.
Über genaues Beobachten können wir also feststellen, dass Menschen mit Demenz sehr häufig Informationen darbieten – häufig nicht mehr sprachlich, aber emotional und körperlich. Wir dürfen wiederholte Bewegungen und Gefühlsausbrüche also nicht als »dementes Verhalten« abtun, sondern müssen diese als dargebotene Informationen zu deuten versuchen! ⊡ Folie 13, PPP3, TANDEM für versorgende Angehörige, Folie 13, PPP 5, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Musizieren als Kommunikation. Menschen mit
Demenz im mittleren bis späten Stadium können manchmal nicht mehr sprechen, aber können ohne weiteres ein Gute-Nacht-Lied von Anfang bis Ende singen. Wir können daher häufig über Musik mit demenzkranken Menschen kommunizieren. Wenn wir nicht mehr mit der Person sprechen können, können wir trotzdem noch mit ihr singen. Manchmal beginnen Menschen mit Demenz auch eine Kommunikation, indem sie »musizieren«. Musizieren heißt hierbei nicht, dass eine Klaviersonate dargeboten wird. Musizieren heißt z. B. auch klatschen oder summen. Manch ein demenzkranker Mensch beginnt beispielsweise eine Kommunikation, in dem er klatscht, summt oder auf eine andere Art mit uns musiziert. Beispiel Die Pflegerin Frau Aufmerksam hat es heute sehr eilig. Auf Station steht alles Kopf und sie hetzt über die Gänge, als plötzlich der demenzkranke Herr Emsig auf sie zugelaufen kommt und immer wieder in die Hände klatscht. Sie macht einen Bogen um ihn und läuft an ihm vorbei. Als sie sich umdreht, sieht sie ihn, wie er irritiert und frustriert da steht. Sein Klatschen ist ver-
49 5.2 · Menschen mit Demenz als Sender von Informationen
stummt. Frau Aufmerksam schämt sich. Wie würde es mir gehen, wenn jemand einfach so an mir vorbei läuft? Als sie nachmittags bei einem Stadtbummel einen Bekannten trifft, wird ihr die Antwort bewusst. Sie läuft auf ihn zu und fragt: »Wie geht es dir?« Er läuft an ihr vorbei, als würde er sie nicht kennen – keine Antwort, kein Blick. Frau Aufmerksam ist frustriert. »Ungefähr so muss sich der demenzkranke Herr Emsig heute Morgen gefühlt haben.« Am nächsten Morgen trifft sie Herrn Emsig wieder, sie läuft auf ihn zu und klatscht. Er klatscht zurück. Die beiden lachen sich glücklich an und laufen zufrieden mit einem Lächeln auf den Lippen weiter.
z Manche Schwächen sind Stärken! Wiederkehrende Fragen. Erinnern wir uns noch
einmal an das Beispiel von Herrn Müller. Immer wieder fragte er seine Pflegerin, wie denn das Lied hieße, das sie gesummt hat. Viele gesunde Menschen starten eine Kommunikation stetig mit derselben Frage: »Wie geht es dir?« Nichts anderes sind die immer wiederkehrenden Fragen eines Menschen mit Demenz: Sie sind ein immer neuer Gesprächsbeginn und damit eine Stärke! ⊡ Folie 14, PPP3, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 14, PPP 5, TANDEM für professionelle Pflegekräfte ⊡ Tab. 5.5 Stärken und Schwächen bei wiederkehrenden Fragen Stärken
Schwächen
Wiederkehrende Frage als immer neuer Gesprächsbeginn
Wiederkehrende Fragen
Emotionale Botschaft »zwischen den Zeilen«
Verkennung
Manch einem Menschen mit Demenz fällt es sehr schwer, einen Satz so zu formulieren, dass er für seine Umgebung verständlich ist. Wegen Wortfindungsstörungen, Wortverwechslungen und Silbenverdrehungen (⊡ Tab. 5.3) sind die Sätze manchmal so unverständlich, dass der erkrankte Mensch beispielsweise auf eine Frage keine Antwort erhält. Nun stellen wir uns einmal vor, der demenzkranke Mensch hat diesen einen Satz: »Wie heißt dieses Lied?«, korrekt formuliert und ist mit der Antwort »Kein schöner Land« dafür belohnt worden. Er hat erfahren, dass dieser Satz funktioniert und dass er mit diesem Satz kommunizieren kann. Kein Wunder also, dass er, wenn auch unbewusst, diesen Satz wieder als neuen Gesprächsbeginn verwendet (⊡ Tab. 5.5). Verkennung. Im Beispiel hat Herr Müller seine
Pflegerin »Mama« genannt. Personen werden von Menschen mit Demenz häufig verwechselt. Sie werden »verkannt«. Die Pflegerin wird zur Mutter, der Zivildienstleistende zum Sohn. Aussagen sind bei Menschen mit Demenz jedoch nicht immer wortgetreu und inhaltlich gemeint, sondern die emotionale Botschaft, die Mitteilung auf der Beziehungsebene, die zwischen den Zeilen steht, kann die entscheidende Mitteilung sein. Die Botschaft des demenzkranken Herrn Müller an seine Pflegerin: »Du bist meine Mutter!«, ist also nicht als falsche Aussage abzulehnen, sondern kann auch als ein wunderschönes Kompliment für die Pflegerin gewertet werden mit der emotionalen Botschaft: »Du gibst mir Geborgenheit. Ich mag Dich. Ich fühle mich sicher bei Dir.«
5.2.2 Stärken und Schwächen als Sender t Schwächen – Sprachlicher Ausdruck – Wiederkehrende Fragen – Verkennung t Stärken – Emotionaler Ausdruck, Körpersprache – Singen, musizieren – Mikroverhaltensweisen – Wiederkehrende Frage als immer neuer Gesprächsbeginn – Emotionale Botschaft »zwischen den Zeilen«
⊡ Abb. 5.6 PPP-Folie »Stärken und Schwächen als Sender« 3
5
Strategien: Stärken fördern, Schwächen umgehen
Im Folgenden werden Strategien zur Erleichterung der Kommunikation mit demenzkranken Menschen vorgestellt. Die vorgestellten Strategien bauen auf den eben erläuterten Stärken und Schwächen von Menschen mit Demenz beim Senden von Informationen auf. Sie zielen zum einen darauf ab, die vorhandenen Stärken demenzkranker Menschen zu fördern, um Erfolgserlebnisse und Wohlbefinden zu schaffen. Zum anderen sollen diese
50
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
Stärken fördern, Schwächen umgehen! Kommunikationsbeginn erleichtern t An alte Erinnerungen und Lebensthemen anknüpfen t Keine neuen Erinnerungen abfragen t Biografiearbeit t An universelle Erfahrungen anknüpfen Sender t Akzeptieren, dass kürzlich Gesagtes vergessen wird t Keine „Warum-weshalb-wiesowozu“- Fragen t Zugewandte Körperhaltung t Gesprächsstützen
5
⊡ Abb. 5.7 PPP-Folie »Stärken fördern, Schwächen umgehen« 1
Strategien helfen, die Schwächen demenzkranker Menschen zu umgehen, um Misserfolge, Frustration und Rückzug zu vermeiden.
Kommunikationsbeginn erleichtern z
An alte Erinnerungen und Lebensthemen anknüpfen
Für an Demenz erkrankte Menschen sind alte Erinnerungen und Lebensthemen sicheres Gelände. Sie schaffen Selbstvertrauen und Selbstachtung. Diese Themen bieten Anlass zum Gespräch und der Mensch mit Demenz hat die Möglichkeit, das Gespräch selbst zu lenken. Sie bieten aber nicht nur Anlass zu einem Gespräch mit Worten, sondern auch Anlass für nonverbale Kommunikation. So kann z. B. die ehemals begeisterte Sängerin aus Schlesien klatschend und sich im Takt wiegend kommunizieren, dass sie es genießt, wenn eine schlesische Volksweise angestimmt wird. Oder die ehemalige Näherin legt selig summend hübschen Stoff zusammen, der ihr in die Hand gelegt wurde. An alte Erinnerungen und Lebensthemen kann also auch ohne Worte angeknüpft werden, um eine nonverbale oder vielleicht sogar verbale Kommunikation zu starten. z
Keine neuen Erinnerungen abfragen
Neue Erinnerungen bereiten demenzkranken Menschen Schwierigkeiten, daher sollten sie auch nicht abgefragt werden – auch wenn die Frage: »Was gab es denn heute zum Essen?«, so nahe
liegt. Es beschämt jeden, wenn er Dinge nicht weiß, die er eigentlich wissen müsste. Fragen nach neueren Erinnerungen regen das Gespräch nicht an, sondern bewirken meist das Gegenteil, weil die Antwort nicht gegeben werden kann. z
Biografiearbeit
Um zu wissen, an welche alten Erinnerungen und Lebensthemen wir anknüpfen können, um einen Kommunikationsbeginn zu erleichtern, müssen wir uns in der Biografie einer Person auskennen. Was war diesem einzigartigen Menschen in seinem Leben besonders wichtig? Wovon hat er besonders gerne berichtet? Auf welche Leistungen war er besonders stolz? Was hat ihm Freude bereitet, ihn nachdenklich gemacht? Worüber hat er gelacht? Womit hat er seine Zeit am liebsten verbracht? Die Biografie, und hierbei die alten Erinnerungen und bedeutsamen Lebensthemen, sind der Königsweg zur Kommunikation – nicht nur mit demenzkranken Menschen. Anknüpfen an das, was einem Menschen wert und wichtig war und ist, signalisiert Interesse sowie Wertschätzung und kann Stärken und Wohlbefinden wecken. Die Biografie hilft uns außerdem, eine Person besser zu verstehen und ihre Beweggründe und Antriebe zu begreifen. Wenn die Angehörigen solche biografischen Informationen an professionelle Pflegekräfte weitergeben, können diese besser auf den betreuten Menschen eingehen. Eine Möglichkeit hierfür bieten zum Beispiel die Gesprächsstützen ( siehe unten). z
An universelle Erfahrungen anknüpfen
Wenn wir keine oder nur unzureichende biografische Informationen haben – vielleicht weil wir den Menschen mit Demenz noch nicht lange kennen und keine Angehörigen da sind, die wir fragen könnten – dann haben wir die Möglichkeit, an universelle Erfahrungen anzuknüpfen. Bei Fragen nach universellen Erfahrungen geht es um Themen, die (fast) alle Menschen erfahren haben. Solche Themen sind in der westlichen Welt z. B. Fragen nach der Schule, nach Traditionen: »Sind Sie gerne in die Schule gegangen?«, »Wie haben Sie früher Weihnachten/Ostern/Geburtstage gefeiert?«
51 5.2 · Menschen mit Demenz als Sender von Informationen
z
Akzeptieren, dass kürzlich Gesagtes vergessen wird
Ab einem gewissen Schweregrad der Demenz kann die erkrankte Person sich an kürzlich Gesagtes nicht mehr erinnern. Hinweise wie: »Das habe ich dir doch schon gesagt«, holen die Erinnerung des Menschen mit Demenz nicht zurück und führen auch in der Regel nicht zu vermehrten Anstrengungen, sich doch noch zu erinnern, sondern bewirken vielmehr das Gegenteil. Die Konfrontation mit Schwächen und Unzulänglichkeiten frustriert und führt nicht selten dazu, dass die Person sich aus Angst vor weiterem Misserfolg mehr und mehr zurückzieht. Eine typische Situation ist z. B. dieselbe Frage, die immer wieder gestellt wird. Aber eine Frage, auch wenn sie schon 10 Mal beantwortet wurde, ist immer noch ein Gesprächsanfang. Mit dieser Frage leitet der demenzkranke Mensch eine für ihn neue Kommunikation ein. z
Zugewandte Körperhaltung
Wir erleichtern einem anderen Menschen die Kontaktaufnahme, wenn wir mit unserer Körperhaltung Offenheit und Interesse signalisieren, z. B. durch eine zugewandte und offene Körperhaltung (keine verschränkten Arme), durch Blickkontakt, durch leicht hochgezogene Augenbrauen, durch ruhige Bewegungen und freundliches Lächeln. z
Bilder mit Stammbäumen bzw. Bilderrahmen mit wichtigen Personen oder Schatzkisten mit geliebten Gegenständen wie z. B. Postkarten, Puppen, Medaillen.
Was ist ein Erinnerungsalbum? Das Erinnerungsalbum ist ein beschriftetes Fotoalbum, in dem wichtige Stationen im Leben eines Menschen festgehalten sind. So wie eine Brille eine Hilfe zum Sehen ist, ist ein Erinnerungsalbum eine Hilfe zum Erinnern und eine Stütze für Gespräche. Es beinhaltet Fotos und Beschreibungen, die wichtige Momente im Leben eines Menschen darstellen. Diese wichtigen Momente sind nicht an Zeitabschnitte gebunden. Sie können bei der Geburt anfangen und beim gegenwärtigen Zeitpunkt aufhören. Das Album kann aber auch stetig durch neuere wichtige Ereignisse ergänzt werden. ⊡ Folie 19, PPP 3, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 19, PPP 5, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Keine »Warum-weshalb-wieso-wozu«-Fragen
Wenn wir einen demenzkranken Menschen mit Fragen zum Erzählen animieren wollen, dann sollten wir »Warum-weshalb-wieso-wozu«- Fragen vermeiden. Die erkrankte Person weiß darauf keine Antwort. Einfacher fallen Menschen mit Demenz Fragen nach dem »Wie« und »Was«, z. B.: »Wie geht es dir?«, »Was machst du?« z
5
z
Vorteile eines Erinnerungsalbums
Ein Erinnerungsalbum kann einem demenziell erkrankten Menschen (vor allem bei fortgeschrittener Demenz) helfen, im Gespräch und Kontakt mit anderen zu bleiben. Es bietet Redestoff, um mit Enkelkindern, Kindern, Pflegern, Freunden und Besuchern zu sprechen und erlaubt es dem demenzkranken Menschen, das Gespräch zu lenken (⊡ Abb. 5.8). Mit fortschreitender Demenz kostet es einen Menschen mit Demenz immer mehr Anstrengung, spontan etwas zu erzählen. Gedächtnisprobleme
Gesprächsstützen
Erinnerungen sind wichtige Möglichkeiten, mit einem demenzkranken Menschen in Kontakt zu bleiben. Im Laufe der Demenz wird die Fähigkeit abnehmen, sich an Schlüsselerlebnisse im Leben zu erinnern. So wie man, wenn man beim Laufen Schwierigkeiten hat, einen Stock benutzt oder beim Lesen eine Brille, so kann man für ein Gespräch Gesprächsstützen benutzen. Solche Gesprächsstützen sind z. B. Erinnerungsalben ( siehe unten),
⊡ Abb. 5.8 Mit einem Erinnerungsalbum im Gespräch bleiben (Gina Sanders / fotolia.com)
52
5
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
machen es häufig unmöglich, mit Besuchern ins Gespräch zu kommen. Erzählen ist aber sehr wichtig: Zum einen ist es das beste »Gedächtnistraining«, zum anderen steigert es die Stimmung und das Selbstbewusstsein. Erzählen mithilfe des Erinnerungsalbums hält Schlüsselerlebnisse wach und hilft somit, diese Erlebnisse so lange wie möglich im Gedächtnis zu behalten. Es hilft einem Menschen mit Demenz, seine Identität zu wahren, gibt ihm Sicherheit, sich selbst zu kennen und schafft somit Selbstvertrauen und Selbstachtung. Es gibt der Person das Gefühl, dass ihr Leben einen Sinn hat und gibt ihr die Gelegenheit, auf ihr Leben zurückzublicken und sich an gute Zeiten zu erinnern. Einige Menschen mit Demenz können allerdings keine Fotos mehr erkennen und verstehen auch nicht mehr, was sie bedeuten. Trotzdem kann es auch in solchen Fällen sinnvoll sein, ein Erinnerungsalbum zu erstellen, da es Enkeln, Besuchern, Pflegekräften etc. hilft, den Menschen als Individuum mit einer eigenen Lebensgeschichte wahrzunehmen. Ein Erinnerungsalbum kann z. B. auch den Umzug ins Pflegeheim erleichtern – da zum einen die Pflegekräfte wichtige Informationen über die Biografie und Persönlichkeit des neuen Bewohners erhalten, ihn so leichter kennen lernen, sich auf seine Vorlieben und Bedürfnisse einstellen können, und auch der betroffene Mensch selbst ein Stück vertraute Erinnerung mit in das zunächst unvertraute Pflegeheim nehmen kann. z
Was braucht man für ein Erinnerungsalbum?
Für ein Erinnerungsalbum eignet sich ein kleines, etwa 15 mal 10 Zentimeter großes Fotoalbum mit genügend Platz für ungefähr 36 Fotos. Man kann es leicht mit sich tragen, und es wird eher akzeptiert als große Fotoalben, da es traditionellen Erinnerungshilfen wie Tagebüchern oder Notizbüchern ähnelt. z
Wie erstellt man ein Erinnerungsalbum?
Auf jede zweite Seite kommt ein Foto, auf die jeweils gegenüberliegende Seite schreibt man etwas zu diesem Foto oder zu dem betreffenden Lebensabschnitt auf ein Papier. Auf diese Art und Weise findet man auf einer Doppelseite immer ein Foto und dazugehörende Informationen und Kommentare oder vielleicht sogar eine kleine Geschichte,
⊡ Abb. 5.9 Einblick in ein Erinnerungsalbum
die mit der fotografierten Situation zusammenhängt. So kann man das Erinnerungsalbum durchblättern wie ein Bilderbuch (⊡ Abb. 5.9). Es können auch Zeitungsausschnitte mit wichtigen Ereignissen oder Orten im Leben des demenzkranken Menschen eingeklebt werden. Das Album sollte möglichst chronologisch aufgebaut werden. Beispielsweise könnte man mit Informationen zum Geburtsdatum und zum Geburtsort beginnen. Zum Schluss sollten einige Seiten frei gehalten werden, auf denen neue wichtige Ereignisse ergänzt werden können. Die Kommentare zu den Fotos sollten auf keinen Fall in Kindersprache verfasst sein, sondern in einer Sprache, die man auch selbst für sein eigenes Fotoalbum verwenden würde. z
Wer erstellt ein Erinnerungsalbum?
Ein Erinnerungsalbum erstellen in der Regel die Angehörigen eines Menschen mit Demenz. Wenn die Krankheit noch nicht so weit fortgeschritten ist, dann kann das Album gemeinsam mit dem betroffenen Menschen erstellt werden, und es kann gemeinsam überlegt werden, welche bedeutsamen und schönen Erlebnisse es in seinem Leben gab. Sollte der demenzkranke Mensch nicht mehr dazu in der Lage sein, sich an der Gestaltung des Erinnerungsalbums zu beteiligen, dann sollten die Angehörigen versuchen, sich zu erinnern, von welchen Ereignissen der Mensch mit Demenz gerne berichtet oder berichtet hat und was ihm in seinem Leben wichtig war und ist. Man muss die erkrankte Person gut kennen, um ein solches Album gestalten zu können. Ein Erinnerungsalbum ist auch ein schönes Geschenk für Enkel oder jüngere Familienmitglieder, das sie mitbringen können, wenn sie den
5
53 5.2 · Menschen mit Demenz als Sender von Informationen
erkrankten Menschen besuchen. Interesse an seiner Person und seinem Leben bereitet einem Menschen mit Demenz, genau wie jeder anderen Person, Freude und steigert das Selbstbewusstsein.
Beim Kommunizieren unterstützen z
Helfen, den Faden wieder zu finden
Wenn ein Mensch mit Demenz den Faden verliert, kann es hilfreich sein, wenn wir den letzten Satz, den er gesagt hat, noch einmal wiederholen, oder wenn wir kurz etwas zum Thema beitragen. So helfen wir ihm, den Faden wieder aufzunehmen. z
Auf unbekannte Wörter unkonkret reagieren
Menschen mit Demenz verwenden manchmal Wörter, die für andere keinen Sinn ergeben. Die demenzkranke Frau Wut hat zum Beispiel neulich gesagt: »Diese Verdumsen sind unerträglich! Sie können es einfach nicht lassen.« Wenn wir unkonkrete Aussagen verwenden, können wir oft kommunizieren, ohne zu verstehen, was wir gesagt bekommen. Eine mögliche Reaktion auf die Aussage von Frau Wut wäre: »Was machen sie denn?«, oder: »Das ist unangenehm, wenn jemand so unerträglich ist.« Unkonkrete Wörter, wie z. B. »er«, »sie«, »es«, »jemand« oder »etwas«, ersetzen Wörter, die man nicht im Wörterbuch findet. z
Beim Kommunizieren unterstützen t Helfen, den Faden wieder zu finden t Fünfe gerade sein lassen t Auf unbekannte Wörter unkonkret reagieren t Wiederholen t Facilitation t Genau beobachten - den Körper sprechen lassen t Gefühle erspüren t Auf Gefühle eingehen, Gefühle formulieren t Verständnis und Wertschätzung signalisieren t Spiegeln
Sender
Fünfe gerade sein lassen
Häufig versuchen Menschen mit Demenz, Informationen, die sie nicht mehr wissen, durch andere Informationen zu ersetzen, um das eigene Unwissen zu überspielen oder auch, weil sie es nicht mehr besser wissen. Wenn es möglich ist, sollten wir fünfe gerade sein lassen. Wenn wir unsere »Wahrheit« in solchen Momenten zurückstellen, können wir Konfrontationen vermeiden. Jede Richtigstellung beschämt den demenzkranken Menschen und nimmt den Mut für weitere Erzählungen. z
Stärken fördern, Schwächen umgehen!
Wiederholen
Für Menschen mit Demenz ist es oft ein Trost, ihre eigenen Worte noch einmal von anderen zu hören. Wiederholen bedeutet dabei, dass wir den Sinn dessen, was der demenzkranke Mensch gesagt hat, noch einmal sagen und dabei dieselben Schlüsselwörter und eventuell auch ähnliche Sprachmelodie und Stimmklang verwenden. In Bezug auf das
⊡ Abb. 5.10 PPP Folie »Stärken fördern, Schwächen umgehen« 2
Beispiel von eben (Verdumsen) kann das auch heißen, dass wir ein unbekanntes Wort wertschätzend wiederholen. Wiederholen heißt aber nicht nur, Wörter zu wiederholen. Wiederholen kann bei schwerer Demenz auch heißen, dass Laute oder Bewegungen des Menschen mit Demenz wiederholt oder gespiegelt ( siehe unten) werden. So kann eine Kommunikation auch ohne Worte geführt und unterstützt werden. Eine solche Kommunikation kann manchmal aussehen wie ein gemeinsamer Tanz oder Gesang. Ein gesunder Gesprächspartner, der sich auf solch einen Tanz einlässt, kann selbst Glücksmomente erleben und mit dem erkrankten Menschen teilen. z
Facilitation
Facilitation ist eine Technik der Validation nach Naomi Feil ( Literaturempfehlungen) und heißt, dass wir versuchen, uns in den erkrankten Menschen einzufühlen und seine Botschaften zu entschlüsseln. Wenn wir eine Vermutung haben, was mit einer sprachlichen Mitteilung gemeint sein könnte, dann können wir ein Wort oder eine Phrase ergänzen. Wenn wir richtig ergänzen, dann sorgen wir für Erfolgserlebnisse, die ein Mensch mit Demenz dringend braucht.
Aktives Zuhören Der Grundgedanke der folgenden Strategien ist, dass Menschen mit Demenz sich verstanden füh-
54
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
len wollen und müssen. Wer sich immer missverstanden fühlt, gibt irgendwann auf. Wer sich verstanden fühlt, behält den Mut, Kommunikation aufrecht zu erhalten und sich weiter einzubringen – mit Erzählungen und mit Körpersprache. Auch wenn Worte vielleicht nicht mehr verstanden werden, kann immer noch Verständnis signalisiert werden. Möglichkeiten hierfür werden im Folgenden aufgezeigt.
5
z
Genau beobachten – den Körper sprechen lassen
Durch genaues Beobachten kann man oft erkennen, was der Betroffene durch Körperhaltung, Gesten, Gesichtsausdruck und Verhalten ausdrücken möchte. Auch wenn die Sprache der Worte verloren ist, haben die erkrankten Menschen uns noch viel mitzuteilen, z. B. durch eine entspanntere Mimik, einen Händedruck, gelöste An- und Verspannungen, ruhigeres Atmen. z
Gefühle erspüren
Es ist wichtig, die Gefühle zu erspüren, die den demenzkranken Menschen gerade bewegen: Gefühle sind der Antrieb seines Handelns. z
Auf Gefühle eingehen, Gefühle formulieren
Es tut vielen Menschen mit Demenz gut, wenn wir auf ihre Gefühle eingehen. Wenn wir die sprachliche Mitteilung nicht mehr verstehen, können wir doch meistens den emotionalen Unterton verstehen. Wir merken, ob der demenzkranke Mensch beispielsweise traurig oder ängstlich ist. Hierauf können wir eingehen und diese Gefühle annehmen, ernst nehmen und wertschätzen. Ein Mensch mit Demenz hat zum Teil Schwierigkeiten auszudrücken, was er fühlt. Dies kann daran liegen, dass er die Worte dafür vergessen hat oder er selbst nicht mehr versteht, was in ihm vorgeht. Dann kann es hilfreich sein, wenn man die vermuteten Gefühle des anderen formuliert. Es kann dem Betroffenen helfen, sich sicherer zu fühlen und sich auch selbst besser zu verstehen. Dies bedarf jedoch genauer Beobachtung des Betroffenen und man sollte sehr sensibel vorgehen. Denn manchmal ist es nicht hilfreich oder sogar unangebracht, die Gefühle eines anderen zu formulieren.
z
Verständnis und Wertschätzung signalisieren
Verständnis und Wertschätzung tun jedem Menschen gut. Ein Lob, ein kleines Kompliment, ein freundliches Wort zaubern nicht nur demenzkranken Menschen ein Lächeln ins Gesicht. Wertschätzung kann aber auch non-verbal kommuniziert werden. Wer sich z. B. die Zeit nimmt für einen Blick auf Augenhöhe oder für ein Lächeln, wer auch bei einem kurzen Besuch die Jacke auszieht, um zu zeigen »Ich nehme mir Zeit für dich«, signalisiert Wertschätzung. Auch eine zugewandte Körperhaltung und ruhige Bewegungen signalisieren, dass man aufmerksam ist und sich Zeit nimmt für sein Gegenüber. z
Spiegeln
Spiegeln heißt, dass wir die Gefühle des Menschen mit Demenz benennen und bestätigen, ihn andeutungsweise imitieren in seiner Körperhaltung, Gesichtsausdruck und Mimik. Durch das ÄhnlichWerden, z. B. durch synchrone Bewegungen, können wir die Begegnung erleichtern. Hierzu kann auch zählen, dass man nicht frontal auf den erkrankten Menschen zugeht, sondern parallel zu ihm geht, bevor man ihn anspricht. Auch gemeinsames Handeln ist hilfreich, etwa zusammen essen, gemeinsam kochen oder im Garten arbeiten.
Drahtseilakte Bei allem »Stärken fördern, Schwächen umgehen« gibt es doch auch immer wieder Drahtseilakte, bei denen nicht sicher ist, welche Herangehensweise denn nun die richtige ist. Generell gilt, dass es kein
Drahtseilakte Mensch mit Demenz als Sender t Anknüpfen an alte Erinnerungen – Will der Mensch erinnert werden? Erinnerte Zeit ist oft Kriegszeit! t Fragen stellen – Kann eine Frage beantwortet werden? t Fünfe gerade sein lassen – Werden Gefühle der Angehörigen oder Pfleger verletzt? t Gesprächsstützen – Gesprächsstütze einem Erwachsenen angemessen gestaltet? t Gefühle formulieren – Richtiges Gefühl formuliert? ⊡ Abb. 5.11 PPP Folie »Drahtseilakte«
55 5.2 · Menschen mit Demenz als Sender von Informationen
richtiges und falsches Verhalten gibt. Es gibt viele verschiedene Strategien, die in der einen Situation hilfreich sein können und in der anderen vielleicht nicht. Einige besonders kniffelige Drahtseilakte, die sich auf die eben genannten Strategien zur Förderung der Stärken des demenzkranken Senders beziehen, sollen im Folgenden kurz benannt werden. z
Drahtseilakt: Anknüpfen an alte Erinnerungen
Anknüpfen an alte Erinnerungen bedeutet sicherlich ein Anknüpfen an die Stärken, denn was vor Ausbruch der Erkrankung erlebt wurde, ist sicher abgespeichert worden und kann besser abgerufen und berichtet werden. Die aktuelle Generation der Menschen mit Demenz ist aber eine Kriegsgeneration. Alte Erinnerungen sind häufig auch Kriegserlebnisse, die nicht jeder Mensch gerne erinnert und an die nicht jeder gerne erinnert werden möchte. Manch einer berichtet schon immer gerne und ausführlich von seinen Kriegserlebnissen, ein anderer hat diese stets verdrängt und möchte nicht darüber reden. Daher ist es wichtig, sich beim Anknüpfen an alte Erinnerungen auch immer die Frage zu stellen, ob der jeweilige Mensch überhaupt an diese Vergangenheit erinnert werden möchte. Hinweise darauf liefern uns die bevorzugten Gesprächsthemen der Person vor Ausbruch der Erkrankung, aber auch die direkten Reaktionen auf eine Frage oder Ähnliches. Es ist völlig in Ordnung, auch mal die »falsche Frage« zu stellen. Denn ob es eine falsche oder eine richtige Frage war, wissen wir erst hinterher. Lieber mal »danebengreifen«, als aus Angst vor Fehlern gar nicht mehr zu kommunizieren. Kommunikation ist kein Leistungsdruck, Kommunikation kann und soll von allen Beteiligten genossen werden. z
Drahtseilakt: Fragen stellen
Wenn wir mit einem Menschen eine Kommunikation starten wollen, dann tun wir das in der Regel, indem wir eine Frage stellen. Für manche Menschen mit Demenz stellen Fragen aber große Herausforderungen dar – weil sie mit der Angst verbunden sind, die Frage nicht korrekt beantworten zu können. Oben wurde bereits darauf hingewiesen, dass insbesondere »Warum-weshalbwieso-wozu«-Fragen für Menschen mit Demenz schwer zu beantworten sind.
5
Manchmal muss man keine Frage stellen, um zu kommunizieren. Manche Menschen mit Demenz ziehen es vor, wenn sie erzählt bekommen und aktiv zuhören können – beispielsweise indem der Gesprächspartner verbal darbietet und der erkrankte Mensch nonverbal antwortet, z. B. mit lächeln, nicken, Blickkontakt oder Ähnlichem. Manche Menschen mit Demenz sind aber gerade glücklich, wenn sie etwas gefragt werden und wenn das Gegenüber Interesse an ihrer Person signalisiert. Auch hier gilt also ganz deutlich: Es gibt keine Rezepte zur Kommunikation bei Demenz. Jeder Mensch mit Demenz ist einzigartig! z
Drahtseilakt: Fünfe gerade sein lassen
Fünfe gerade sein lassen klingt einfach, ist aber manchmal die herausforderndste Strategie. Denn nicht selten werden hierdurch die Gefühle der Angehörigen oder auch der professionell Pflegenden verletzt. Es mag egal sein, dass der ehemalige Bäcker behauptet, dass er früher Arzt war. Hier können wir problemlos fünfe gerade sein lassen und die Wahrheit des demenzkranken Menschen annehmen und akzeptieren. Wenn aber der mehrfache Vater und Großvater plötzlich seiner Frau gegenüber behauptet, dass er nie verheiratet war und auch keine Kinder hat, dann kann das sehr schmerzhaft sein. Hierbei gilt, dass die eigenen Gefühle nicht immer hinten angestellt werden müssen. In solchen Momenten ist es wichtig, sich eine Auszeit nehmen zu dürfen, einen Moment den Raum zu verlassen, Luft schnappen zu können, Beistand und ein offenes Ohr bei anderen zu suchen, und auch daran zu denken, dass man nicht immer perfekt sein muss. Wenn die eigenen Gefühle verletzt sind, darf und muss man auch an sich selbst denken. z
Drahtseilakt: Gesprächsstützen
Bei der Gestaltung einer Gesprächsstütze ist es wichtig, sich zu fragen, ob diese einem Erwachsenen angemessen gestaltet ist. Hilfreich kann dabei sein, wenn man sich fragt, ob man sich selbst freuen könnte, wenn man eine solche Gesprächsstütze geschenkt bekommen würde. z
Drahtseilakt: Gefühle formulieren
Gefühle formulieren soll Verständnis signalisieren. Aber was, wenn man gar nicht das richtige Gefühl
56
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
„Stärken fördern, Schwächen umgehen“ Beachte: t Jeder Mensch mit Demenz ist einzigartig t hat einzigartige Stärken und Schwächen. t Es gibt keine Rezepte zur Kommunikation bei Demenz! Wichtigste Strategie: Genau beobachten, individuelle Stärken und Schwächen erkennen, persönliche Kommunikationswege finden!
5
⊡ Abb. 5.12 PPP Folie »Stärken fördern, Schwächen umgehen« 3
erspürt hat? Wenn wir das falsche Gefühl formulieren, signalisieren wir ja vielmehr Missverständnis und konfrontieren den erkrankten Menschen mit seinen Schwächen. Gefühle zu formulieren erfordert Feingefühl und ist nicht immer angebracht. Wenn Gefühle formuliert werden, dann gehört unbedingt auch immer das genaue Beobachten der Reaktionen der betreffenden Person dazu. > Die wichtigste Strategie bleibt immer das genaue Beobachten der ganz individuellen Stärken, Schwächen, Vorlieben und Bedürfnisse eines einzigartigen Menschen mit Demenz in einer ganz bestimmten Situation.
Menschen mit Demenz als Empfänger von Informationen
5.3
gehkleidung nicht gut sehen können. In diesem Fall führen wir das Verschwinden der Sonne im Speiseraum durch. Also etwas, was man nicht alle Tage sehen kann.« Der Betriebsleiter sagt zum Betriebsabteilungsleiter: »Auf Anweisung des Vorstandes wird morgen um 9 Uhr in Ausgehkleidung das Verschwinden der Sonne im Speiseraum durchgeführt. Der Vorstand gibt die Anweisung, ob es regnen soll; also etwas, was man nicht alle Tage sehen kann.« Der Betriebsabteilungsleiter zum Gruppenleiter: »Wenn es morgen im Speiseraum regnet, also etwas, was man nicht alle Tage sieht, verschwindet um 9 Uhr unser Vorstand in Ausgehkleidung.« Der Gruppenleiter zum Kollegen: »Morgen um 9 Uhr soll unser Vorstand verschwinden. Schade, dass man das nicht alle Tage zu sehen bekommt.« (Quelle: Rüttinger, B. & Sauer, J. (2000). Konflikt und Konfliktlösen. Leonberg: Rosenberger Fachverlag)
Kommunikation ist ganz schön schwierig, nicht nur, wenn man an Demenz leidet. Die Geschichte zur vollkommenen Information zeigt, dass es auch bei nicht demenzkranken Menschen zu Missverständnissen kommt. Aber woher kommt das? Im folgenden Kapitel soll es um Herausforderungen beim Empfangen von Informationen gehen. Bezogen auf das oben vorgestellte Kommunikationsmodell geht es also um Schwierigkeiten bei der Lenkung von Aufmerksamkeit auf eine Information, beim Verstehen und beim Behalten von Informationen. ⊡ Folie 4, PPP 4, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 4, PPP 6, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
5.3.1
Stärken und Schwächen
Die vollkommene Information Das technische Vorstandsmitglied eines Industriebetriebes sagt zum Produktionsbereichsleiter: »Morgen um 9 Uhr findet eine Sonnenfinsternis statt. Also etwas, was man nicht alle Tage sehen kann. Veranlassen Sie, dass sich die Belegschaft in Ausgehkleidung draußen dieses Ereignis ansieht. Die Erläuterung zu dem seltenen Ereignis werde ich selbst bei der Beobachtung geben. Wenn es regnet, werden wir es nicht gut sehen können. Die Belegschaft begibt sich dann in den Speisesaal.« Der Produktionsleiter sagt zum Betriebsleiter: »Auf Anweisung des technischen Vorstandes findet morgen um 9 Uhr eine Sonnenfinsternis statt. Wenn es regnet, werden wir sie auf dem Werkshof in Aus-
▼
Generell kann man sagen, dass Menschen mit Demenz vor allem Schwierigkeiten mit dem Empfangen inhaltlicher Informationen haben, während auf Beziehungs- und Gefühlsebene viele Fähigkeiten erhalten bleiben. Im Folgenden werden einige typische Stärken und Schwächen von Menschen mit Demenz beim Empfangen von Informationen vorgestellt. Diese Stärken und Schwächen treten häufig im Verlauf einer Demenz auf. Aber nicht vergessen: Jeder Mensch mit Demenz ist einzigartig! Zudem variieren die Stärken und Schwächen stark im Krankheitsverlauf und oft sogar im Laufe eines einzigen Tages.
57 5.3 · Menschen mit Demenz als Empfänger von Informationen
Aufmerksamkeit
Verstehen
5
Behalten
⊡ Abb. 5.13 TANDEM Kommunikationsmodell
Aufmerksamkeit
z
Beispiel
Im Beispiel ist Herr Holl durchaus dazu in der Lage, seine Aufmerksamkeit auf das Radio zu richten, er kann seine Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Reiz »fokussieren«.
Herr Holl sitzt im Wohnzimmer und hört Radio. Seine Ehefrau ruft ihm aus der Küche zu: »Essen ist fertig. Komm bitte in die Küche!« Herr Holl reagiert nicht. Seine Ehefrau ruft erneut: »Essen ist fertig!« Aber es gelingt ihr nicht, die Aufmerksamkeit des demenzkranken Mannes zu erlangen. Er merkt gar nicht, dass sie mit ihm redet. Seine ganze Aufmerksamkeit gilt dem Radio. ⊡ Folie 6, PPP 6, TANDEM für professionelle Pflegekräfte, ⊡ Folie 6, PPP 4, TANDEM für versorgende Angehörige
Warum sind Menschen mit Demenz manchmal dazu in der Lage, ihre Aufmerksamkeit auf einen Gesprächspartner zu lenken und manchmal nicht? Mit fortschreitender demenzieller Erkrankung kommt es zu Störungen einiger Aufmerksamkeitsfunktionen, während andere Aufmerksamkeitsfunktionen erhalten bleiben (⊡ Tab. 5.6). ⊡ Folie 7, PPP 4, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 7, PPP 6, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
⊡ Tab. 5.6 Stärken und Schwächen der Aufmerksamkeit Stärken
Schwächen
Fokussierung der Aufmerksamkeit
Verlagerung der Aufmerksamkeit Geteilte Aufmerksamkeit
z
Fokussieren
Verlagerung der Aufmerksamkeit
Herr Holl hat jedoch Schwierigkeiten, seine Aufmerksamkeit vom Radio loszulösen und auf einen anderen Reiz – die rufende Ehefrau – zu verlagern. z
Geteilte Aufmerksamkeit
Herr Holl hat zudem Schwierigkeiten, zwei Aufgaben gleichzeitig auszuführen – also Radio zu hören und die rufende Ehefrau wahrzunehmen. Er kann seine Aufmerksamkeit nicht auf mehrere Aufgaben gleichzeitig verteilen. Als »Aufgabe« kann bei Menschen mit Demenz schon Laufen oder Reden gewertet werden. Die Aufgabe »Laufen« kann die gesamte Aufmerksamkeit eines Menschen mit Demenz ausfüllen. Während er läuft, kann es ihm schwer fallen, weitere Aufgaben wie beispielsweise »Reden« auszuführen. Wenn die Aufgaben aber nacheinander ausgeführt werden, also z. B. für ein Gespräch stehen geblieben wird, hat der demenzkranke Mensch eine Chance, die Aufgaben zu bewältigen. Im schweren Stadium der Demenz kann es schon eine Aufmerksamkeitsüberforde-
58
5
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
rung sein, einen Fuß vor den anderen zu setzen und gleichzeitig Hindernisse wahrzunehmen – wie beispielsweise eine geschlossene Tür oder ein umgeschlagener Teppichboden. Stürze sind bei fortschreitender Demenz keine Seltenheit. Für die Umgebung ist es eine große Herausforderung, zu erkennen, was für einen Menschen mit Demenz eine »Aufgabe« darstellt. Wird vielleicht die Aufmerksamkeit der betroffenen Person gefesselt von den Geräuschen, die durch das geöffnete Fenster hereinströmen? Wird die Aufmerksamkeit durch das im Hintergrund laufende Radio abgezogen oder ist der demenzkranke Mensch überfordert durch das Gerede am Nachbartisch? Oder betrachtet er vielleicht konzentriert ein aufregendes Bild an der Wand? Vielleicht hängt er auch einfach seinen eigenen Gedanken nach und seine Aufmerksamkeit gilt der eigenen Erinnerung. Wenn wir eine Kommunikation mit einem Menschen mit Demenz beginnen möchten, müssen wir zunächst seine Aufmerksamkeit gewinnen, erkennen, wem oder was aktuell seine Aufmerksamkeit gilt, um ihn da abholen zu können, wo er gerade steht – ohne ihn zu überfordern oder seine Selbstbestimmung zu verletzen.
Verstehen Beispiel Herr Brem besucht seine Mutter und berichtet begeistert und mit lauter Stimme, damit seine Mutter ihn besser versteht: »Stell Dir vor, gestern war ich bei Tim und Eva bei ihrer Hochzeit in der Kirche direkt um die Ecke und sie wollten im Kirchengarten feiern, obwohl es Bindfäden geregnet hat.« Die Mutter schaut ihn erschrocken und irritiert an und fragt vorsichtig: »Bindfäden?« Der Sohn antwortet: »Ja, ja, wir haben dann eben drinnen gefeiert.« Die Mutter blickt ihn ratlos an und beginnt etwas zu erzählen, das sie dem Sohn schon tausendmal erzählt hat. Er ärgert sich, dass sie überhaupt nicht auf das eingeht, was er ihr erzählt hat. Sie hat es scheinbar gar nicht verstanden. ⊡ Folie 8, PPP 6, TANDEM für professionelle Pflegekräfte, ⊡ Folie 8, PPP 4, TANDEM für versorgende Angehörige
Warum sind Menschen mit Demenz manchmal dazu in der Lage, eine Mitteilung zu verstehen und manchmal nicht? Obwohl die Aufmerksamkeit auf die dargeboten Information gerichtet wurde, scheitert die Kommunikation häufig am Verstehen der
⊡ Tab. 5.7 Stärken und Schwächen beim Verstehen Stärken
Schwächen
Eindeutige, »einfache« Informationen verstehen
Verbal-sprachliche Mitteilung verstehen
Gefühlsmäßige Mitteilung verstehen
Verständnis von Mehrdeutigkeiten
Mitteilung – der dritten Stufe der Kommunikation. Mit fortschreitender Erkrankung haben Menschen mit Demenz zunehmend Schwierigkeiten, dargebotene Mitteilungen zu verstehen. Einige Verständnisfähigkeiten bleiben jedoch auch in späten Stadien der Demenz erhalten (⊡ Tab. 5.7). ⊡ Folie 9, PPP 4, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 9, PPP 6, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
z
Verbal-sprachliche Mitteilungen
Das Beispiel von Herrn Brem und seiner Mutter zeigt, dass verbal-sprachliche Mitteilungen Menschen mit Demenz Schwierigkeiten bereiten. Vor allem beim Verständnis von langen, komplexeren Sätzen zeigen sich schon in frühen Krankheitsstadien Beeinträchtigungen. Der lange, verschachtelte Satz von Herrn Brem hat seine Mutter überfordert. z
Einfache, eindeutige Informationen
Das Verständnis von einfachen, eindeutigen Sätzen und Sprachinhalten kann recht lange erhalten bleiben. Wenn Herr Brem seinen Satz in kurze, einfache Sätze mit nur einer Information pro Satz unterteilt hätte, hätte seine Mutter eine Chance gehabt, den verbal-sprachlichen Mitteilungen zu folgen und sie zu verstehen. »Gestern war ich bei Tim und Eva. Sie haben geheiratet. Die Kirche ist direkt um die Ecke. Sie wollten im Kirchengarten feiern. Aber es hat stark geregnet.« Häufig zeigen sich aber Schwierigkeiten darin, die Bedeutung von Worten zu verstehen. Zu Beginn sind es vor allem solche Worte, die selten benutzt werden, wie z. B. »Hängematte«. Später werden auch geläufigere Worte nicht mehr verstanden. z
Mehrdeutigkeiten
Auch die Abstraktionsfähigkeit, d. h. das Verständnis von Mehrdeutigkeiten, ist bei demenzkranken
59 5.3 · Menschen mit Demenz als Empfänger von Informationen
Menschen beeinträchtigt. Das heißt, dass Ausdrücke, die über die rein wörtliche Bedeutung hinausgehen, oft nicht mehr verstanden werden. Ironie und Mehrdeutigkeiten bereiten Probleme. Im Beispiel hat Herr Brem seiner Mutter erzählt, dass es Bindfäden geregnet hat. »Bindfäden« ist eine doppeldeutige Aussage, die die Abstraktionsfähigkeit von Menschen mit Demenz übersteigen kann. Wenn wir sagen: »Es regnet junge Hunde«, schaut ein demenzkranker Mensch vielleicht verwundert zum Fenster hinaus und sucht nach den Hunden. Auch Ironie und Sarkasmus sind ein mehrdeutiger Humor, der von Menschen mit Demenz oft nicht mehr verstanden werden kann und deshalb häufig als Beleidigung wahrgenommen wird. Mehrdeutig sind aber auch komplexe Sätze wie: »Deck den Tisch!« Auch wenn dieser Satz erst einmal klingt, als wäre er einfach und eindeutig, so geht er doch über die rein wörtliche Bedeutung hinaus. Dieser Auftrag beinhaltet mehrere Unterschritte wie: »Hol die Teller aus dem Schrank, stell sie auf den Tisch, hol die Messer aus der Schublade, leg sie neben die Teller...« Diese Unterschritte aus dem Auftrag herauszuhören, ist eine Leistung, die die Fähigkeiten eines Menschen mit Demenz überfordern kann. Die betroffene Person hat die Chance, den Auftrag erfolgreich auszuführen, wenn wir ihn in Teilschritte unterteilen und eine Aufgabe nach der anderen benennen. Ähnliche komplexe Sätze, die häufig eine Überforderungssituation auslösen, sind z. B.: »Wasch dich!«, oder: »Mach dich fertig, wir müssen los.« z Gefühlsmäßige Mitteilungen Beispiel Die demenzkranke Frau Fröhlich sieht eine Komödie im Fernsehen. Sie lacht die ganze Zeit und freut sich: »Das ist aber ein lustiger Film.« Die Frage, worum der Film geht, kann sie nicht beantworten. Sie versteht die Worte der Personen nicht, aber sie begreift ihre fröhliche, ausgelassene Stimmung.
Eine Stärke von Menschen mit Demenz liegt in der Wahrnehmung der gefühlsmäßigen Mitteilungen. Die Bedeutung von Worten wird in fortgeschrittenen Stadien zwar häufig nicht mehr verstanden, aber die dahinterliegenden Gefühle werden erfasst. Die gefühlsmäßige Mitteilung erhält bei Menschen
5
mit Demenz eine deutlich stärkere Gewichtung als bei gesunden Menschen, da sich Gesunde auf die Bedeutung der Worte verlassen und weniger »zwischen den Zeilen lesen« müssen. Menschen mit Demenz sind teilweise darauf angewiesen, zwischen den Zeilen zu lesen, da sie die Zeilen selbst manchmal nicht mehr verstehen können. Das bedeutet auch, dass demenzkranke Menschen den nicht-demenzkranken Menschen hier oft deutlich überlegen sind. Man sagt, man kann Menschen mit Demenz nicht anlügen. Denn sie sind hoch sensibel für Untertöne. Wer mit gereiztem Tonfall in Eile ruft: »Ich hab dich doch gern«, der wird von einem Menschen mit Demenz kaum Dank, sondern eher Zorn oder Traurigkeit ernten. Ein nicht-demenzkranker Mensch wird sich vielleicht von einer solchen dahingeworfenen Aussage beeindrucken lassen, ein demenzkranker Mensch hört ganz klar das, was zwischen den Zeilen steht: »Du nervst mich, ich hab gerade gar keine Zeit für dich, lass mich doch einfach in Ruhe.« Daher ist es wichtig, dass in der Kommunikation mit demenzkranken Menschen die verbalen und die nonverbalen Informationen zusammenpassen – das heißt, dass man nicht nur mit Worten sagt: »Ich hab dich doch gern«, sondern es auch mit der Körpersprache und Mimik zum Ausdruck bringt.
Behalten Beispiel Frau Koch sitzt auf ihrem Lieblingssessel im Wohnzimmer, als ihre Nachbarin eintritt. »Na, Frau Koch, was gab es denn heute zum Mittagessen?« »Nichts«, antwortet Frau Koch. »Die haben mich mal wieder
Fallbeispiel: Behalten Frau Koch sitzt auf ihrem Lieblingssessel im Wohnzimmer, als ihre Nachbarin eintritt. „Na, Frau Koch, was gab es denn heute zum Mittagessen?“ „Nichts.“ antwortet Frau Koch. „Die haben mich mal wieder vergessen.“ Die Nachbarin ist erstaunt, hat sie doch vor zwei Stunden das Essen-auf-Rädern-Auto vor der Tür stehen gesehen. „Was gab es denn früher bei Ihnen zum Mittagessen? Sie waren ja eine großartige Köchin. Ihre Tochter schwärmt immer von Ihren Kartoffelpuffern.“ Frau Koch strahlt und berichtet detailliert von Geheimrezepten und Lieblingsspeisen. ⊡ Abb. 5.14 PPP Folie »Fallbeispiel: Behalten«
60
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
vergessen.« Die Nachbarin ist erstaunt, hat sie doch vor zwei Stunden das Essen-auf-Rädern-Auto vor der Tür stehen gesehen. »Was gab es denn früher bei Ihnen zum Mittagessen? Sie waren ja eine großartige Köchin. Ihre Tochter schwärmt immer von Ihren Kartoffelpuffern.« Frau Koch strahlt und berichtet detailliert von Geheimrezepten und Lieblingsspeisen.
5
Warum sind Menschen mit Demenz so häufig nicht dazu in der Lage, eine dargebotene Information zu behalten? Auch wenn die Aufmerksamkeit auf die dargebotene Information gerichtet und die Information verstanden wurde, so scheitert die Kommunikation oft noch an der letzten Stufe der Kommunikation: dem Behalten. Die Fähigkeiten, die für das Behalten von Mitteilungen von Nöten sind, werden im Verlauf der demenziellen Entwicklung zunehmend beeinträchtigt. Aber auch hier bleiben Stärken erhalten. Mit den Stärken und Schwächen im Behalten knüpfen wir wieder an die Stärken und Schwächen beim Darbieten von Informationen an, denn natürlich kann nur das dargeboten werden, was auch behalten wurde (⊡ Tab. 5.8). ⊡ Folie 11, PPP 4, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 11, PPP 6, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Menschen mit Demenz haben Schwierigkeiten, sich an aktuelle oder kurz zurückliegende Ereignisse zu erinnern, da neue Informationen nicht mehr richtig abgespeichert werden können. Im Beispiel kann sich Frau Koch nicht mehr daran erinnern, dass sie heute etwas zum Mittag essen gebracht bekommen hat. Sie kann sich aber durchaus noch an ihre Geheimrezepte erinnern, die sie, die
⊡ Tab. 5.8 Stärken und Schwächen beim Behalten Stärken
Schwächen
Behalten alter und lebensthematisch bedeutsamer Informationen
Behalten neuer Informationen
Behalten emotionaler Informationen
Behalten inhaltlicher Informationen
Behalten gefühlsintensiver Ereignisse
großartige Köchin, früher für ihre Kinder gezaubert hat. Diese Geheimrezepte und ihre besonderen Kochkünste, auf die sie besonders stolz ist und war, die für sie wahrscheinlich lebensthematisch bedeutsam sind und waren, kann sie besonders gut erinnern. Lebensthematisch bedeutsam sind solche Informationen, die im Leben eines Menschen mit Demenz eine besondere Rolle gespielt haben, sein Leben geprägt und reich gemacht haben. Die ehemalige Köchin Frau Koch kann sich besonders gut an Rezepte erinnern, eine ehemalige Schauspielerin könnte sich vielleicht besonders gut an Theatererlebnisse erinnern. Hierbei können oft auch noch neue Ereignisse, die im Zusammenhang mit den Lebensthemen eines Menschen mit Demenz stehen, behalten werden, z. B. erinnert sich die ehemalige Schauspielerin an die Theaterkritik, die ihr gestern vorgelesen wurde oder der Fußballfan an das Ergebnis seines Lieblingsvereins beim gestrigen Spiel. z Inhaltliche Mitteilungen behalten Beispiel Frau Müller gibt ihrem demenzkranken Vater die Aufgabe, seiner gehbehinderten Frau ein Buch zu bringen. Er nimmt das Buch und läuft in die richtige Richtung los. Das Buch kommt allerdings nicht bei seiner Frau an. Der demenzkranke Mann hat auf dem Weg seinen Arbeitsauftrag vergessen.
Auch dargebotene Mitteilungen in einer Kommunikation sind neue Informationen, die nicht mehr korrekt abgespeichert und deshalb auch nicht behalten werden können. Besondere Schwierigkeiten bereiten hierbei die inhaltlichen Informationen einer Mitteilung, wie im vorangegangenen Beispiel der Auftrag von Frau Müller an ihren Vater. z Emotionale Mitteilungen behalten Beispiel Die demenzkranke Frau Treu bekommt im Pflegeheim Besuch von ihrem Sohn, der ihr unter Tränen berichtet, dass ihr Mann gestorben ist. Zwei Stunden später beschließt die weinende Frau, dass sie nach Hause zu ihrem Mann will. Nur er könne sie nun trösten. Sie hat die inhaltliche Information vergessen, aber die emotionale Information beschäftigt sie noch immer.
5
61 5.3 · Menschen mit Demenz als Empfänger von Informationen
Obwohl die inhaltliche Mitteilung einer Kommunikation schnell vergessen wird, können sich Menschen mit Demenz häufig länger an die emotionale Mitteilung erinnern. Eine erhaltene emotionale Mitteilung kann die Stimmung eines demenzkranken Menschen für eine ganze Weile einfärben, wie im Beispiel die Traurigkeit von Frau Treu. z Gefühlsintensive Mitteilungen behalten Beispiel Der Mann der demenzkranken Pflegeheimbewohnerin Frau Einsam ist letzte Woche gestorben. Sie war gestern auf der Beerdigung. Jetzt sitzt sie wütend in ihrem Zimmer und schimpft und flucht, dass ihr Mann sie schon so lange nicht besucht hat. Ihr Sohn weist sie darauf hin, dass ihr Mann letzte Woche gestorben ist. Frau Einsam weist dies als Lüge zurück. Der Sohn beginnt von der Beerdigung zu erzählen. »Auf der Beerdigung waren auch deine Enkelkinder. Pfarrer Müller hat eine Predigt gehalten.« Die demenzkranke Frau erinnert sich.
Ereignisse, die sehr gefühlsintensiv erlebt werden, wie beispielsweise die Beerdigung des Partners, können von demenzkranken Menschen manchmal erstaunlich gut behalten werden. Bisweilen werden auch Teilaspekte eines Ereignisses vergessen, während andere Aspekte desselben Ereignisses noch präsent bleiben. Im Beispiel begreift Frau Einsam nicht mehr, dass ihr Mann tot ist, aber sie kann sich noch an die gefühlsintensive Beerdigung erinnern. Dass die Beerdigung bedeutet, dass ihr Mann tot ist, kann aber wiederum die Abstraktionsfähigkeit der demenzkranken Frau übersteigen. Gefühlsintensiv werden oft auch anstehende Ereignisse wie z. B. ein Arztbesuch erlebt. Stellen Sie sich vor, die Information, dass der demenzkranke Herr Schnupf zum Arzt muss, wurde erst gestern gegeben. Der Arzttermin ist somit eine neue Information, die ja eigentlich vergessen werden müsste. Trotzdem kann er sich an die Information, dass ein Arztbesuch ansteht, erinnern und fragt immer wieder: »Wann müssen wir denn zum Arzt?« Wahrscheinlich ist dieses anstehende Ereignis für den demenzkranken Herrn Schnupf sehr gefühlsintensiv, er hat vielleicht Angst, dass er überfordert sein wird, dass er die Treppen zur Arztpraxis nicht bewältigen kann oder stürzt. Vielleicht hat er auch
Angst, die Fragen des Arztes nicht beantworten zu können oder die Toilette in der fremden Umgebung nicht rechtzeitig zu erreichen. Ein Arztbesuch oder vergleichbare Ereignisse können von einem Menschen mit Demenz so gefühlsintensiv erlebt werden, dass diese neue Information noch abgespeichert und behalten wird. Die immer wiederkehrende Frage, wann man denn zum Arzt müsse, ist also nicht nur die Schwäche, dass die gegebene Antwort vergessen wurde, sondern auch eine Leistung, denn ein Teil der Information ist trotz aller Schwierigkeiten behalten worden. Wenn wir wissen, dass das anstehende Ereignis beängstigend ist, können wir auf die wiederkehrende Frage mit Trost und Beistand reagieren. »Ich begleite dich zum Arzt. Das schaffen wir gemeinsam! Ich bin bei dir.«
5.3.2
Strategien: Stärken fördern, Schwächen umgehen
Im Folgenden werden Strategien zur Erleichterung der Kommunikation mit demenzkranken Menschen vorgestellt. Die vorgestellten Strategien bauen auf den eben erläuterten Stärken und Schwächen von Menschen mit Demenz beim Empfangen von Informationen auf. Sie zielen zum einen darauf ab, die vorhandenen Stärken demenzkranker Menschen zu fördern, um Erfolgserlebnisse und Wohlbefinden zu schaffen. Zum anderen sollen diese Strategien helfen, die Schwächen demenzkranker Menschen zu umgehen, um Misserfolge, Frustration und Rückzug zu vermeiden
Stärken fördern, Schwächen umgehen! Präsenz zeigen t Sich zeigen t Blickkontakt aufnehmen t Mit Namen ansprechen
Empfänger
Verschiedene Sinne nutzen t Berühren t Bevorzugtes Sinnesorgan erkennen t Bevorzugtes Sinnesorgan nutzen t Musik einsetzen ⊡ Abb. 5.15 PPP Folie »Stärken fördern, Schwächen umgehen« 3
62
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
Präsenz zeigen Um die Aufmerksamkeit eines Menschen mit Demenz zu gewinnen, ist es wichtig, zunächst einmal präsent zu sein. Die betroffene Person muss die Chance bekommen, zu merken, dass sie angesprochen bzw. dass Kontakt mit ihr aufgenommen wird. Hierzu stehen uns verschiedene verbale, aber auch körpersprachliche Strategien zur Verfügung. z
5
Sich zeigen, ins Blickfeld treten
Es ist meist hilfreich, einen Menschen mit Demenz von vorne anzusprechen, damit er sieht, wer mit ihm spricht. Wenn wir beispielsweise herumlaufen und Dinge erledigen oder den Kopf von unserem Gegenüber abgewendet haben, so fällt es einem Menschen mit Demenz schwer zu merken, dass wir gerade mit ihm sprechen. Wenn wir nahe bei ihm stehen oder sitzen, kann er uns besser sehen und auch besser verstehen und bekommt die Chance zu merken, dass unsere Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet ist. z
Auch Gesunde reagieren verunsichert, wenn der Gesprächspartner den Blicken ausweicht. Bei Menschen mit Demenz gilt: Verunsicherung löst Angst aus und Angst macht verwirrt. Der Blickkontakt erleichtert den betroffenen Menschen, ihre Aufmerksamkeit auf den Sprecher zu verlagern und auch auf ihn gerichtet zu lassen. Blickkontakt gibt dem Gegenüber zudem Sicherheit und kann beruhigend wirken.
Blickkontakt aufnehmen, in Augenhöhe gehen
Blickkontakt signalisiert, dass unsere Aufmerksamkeit unserem Gegenüber gilt und hilft somit, auch dessen Aufmerksamkeit zu gewinnen. Wem man direkt in die Augen schaut, dem gibt man zu verstehen, dass man mit ihm in Kontakt treten möchte. Blickkontakt kann Aufmerksamkeit gewinnen – nicht nur bei Menschen mit Demenz. Blickkontakt ist in der Regel der erste Schritt, um eine Kommunikation zu beginnen, die von Wertschätzung geprägt ist. Die aufmerksamkeitsgewinnende Wirkung von Blickkontakt kann bei Menschen mit Demenz noch unterstützt werden, indem man sich mit dem Gesicht auf Augenhöhe des Kommunikationspartners begibt. Augenhöhe kann dabei doppeldeutig verstanden werden. Augenhöhe kann heißen, dass wir uns zu den Menschen mit Demenz setzen, um die Augen auf der gleichen Höhe zu haben. Es kann aber auch heißen, dass wir durch unseren Tonfall, unsere Körpersprache und Wortwahl signalisieren, dass wir nicht »von oben herab« mit dem betroffenen Menschen kommunizieren, sondern auf einer Ebene – mit Wertschätzung sowie Anerkennung der Leistungen und Qualitäten des Gegenübers.
z
Mit Namen ansprechen
Unser eigener Vorname ist ein sogenannter »Aufmerksamkeitstrigger« mit starker persönlicher Relevanz. Stellen Sie sich einmal vor, Sie sind auf einem großen Volksfest – überall Menschen, Lärm, Gedrängel und Stimmengewirr. Sie können kaum verstehen, was Ihr Begleiter zu Ihnen sagt, weil es so laut ist. Doch plötzlich erklingt hinter Ihnen – Ihr Name! Egal, welcher Trubel herrscht, den eigenen Namen hören wir aus dem größten Stimmengewirr heraus. Diese aufmerksamkeitsgewinnende Wirkung des Namens gilt insbesondere für den Vornamen. Für den Nachnamen ist der Effekt deutlich reduziert. Nicht nur gesunden, auch demenzkranken Menschen kann die Ansprache mit dem eigenen Namen helfen zu merken, dass mit ihnen geredet wird. Dies hilft ihnen auch, ihre Aufmerksamkeit von einem anderen Reiz loszulösen (z. B. von einem angeschalteten Fernseher) und auf den Sprecher zu verlagern. Hierfür brauchen Menschen mit Demenz aber Zeit. Bevor wir weiterreden, ist es daher sinnvoll, eine kleine Pause zu machen.
Verschiedene Sinne nutzen Es kann Menschen mit Demenz helfen, wenn nicht nur das Hören zur Aufmerksamkeitsgewinnung genutzt wird, sondern auch das Sehen – indem wir ins Blickfeld treten – und das Fühlen – indem wir den Menschen mit Demenz berühren. z
Berühren
Wenn wir z. B. die Hand des betroffenen Menschen halten oder unsere Hand auf seine Schulter legen, lassen wir ihn nicht nur hören, sondern auch fühlen, dass jemand mit ihm spricht. Das kann dabei helfen, die Aufmerksamkeit des Menschen mit Demenz zu gewinnen. Es kann dem
5
63 5.3 · Menschen mit Demenz als Empfänger von Informationen
erkrankten Menschen zudem helfen, seine Aufmerksamkeit von einem anderen Reiz, etwa dem Fernseher, loszulösen und auf den Gesprächspartner zu verlagern. Personen im späten Stadium der Demenz haben häufig Schwierigkeiten mit dem Sehen und Hören. Über diese Sinne können sie also nur noch schwer Anreize und Informationen erhalten. Viele haben aber trotzdem das Bedürfnis, die Gegenwart eines anderen Menschen zu spüren. Berührung kann ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. Durch z. B. Handhalten kann vermittelt werden, dass wir für den Menschen mit Demenz da sind. Bevor jemand berührt wird, sollten wir uns der Person von vorne nähern, um sie nicht zu erschrecken. Aber nicht jeder will berührt werden! Der persönliche Raum eines Menschen muss respektiert werden – das gilt natürlich nicht nur für den Raum des erkrankten Menschen, sondern auch für den eigenen persönlichen Raum. z
Bevorzugtes Sinnesorgan erkennen
Verschiedene Sinne können nicht nur zur Aufmerksamkeitsgewinnung genutzt werden, sondern auch, um das Wohlbefinden des Menschen mit Demenz zu fördern. Hierfür kann es hilfreich sein, das bevorzugte Sinnesorgan einer Person zu erkennen. Viele Leute bevorzugen ein bestimmtes Sinnesorgan. Für manche sind das die Augen, für andere der Geruchssinn oder der Tastsinn. Wenn man das bevorzugte Sinnesorgan eines Menschen kennt, kann man damit leichter Vertrauen aufbauen. Um herauszufinden, welches Sinnesorgan eine Person bevorzugt, muss man genau zuhören und beobachten. Eine Möglichkeit, es herauszufinden, besteht darin, die Person zu bitten, dass sie an eine Begebenheit in der Vergangenheit denkt und sie beschreibt. Oft enthüllt bereits der erste Satz das bevorzugte Sinnesorgan. Beispiel: »Vom Dachboden meines Großvaters aus konnte man ganz wundervoll die Berge sehen!« Hier sind vermutlich die Augen das bevorzugte Sinnesorgan. z
Bevorzugtes Sinnesorgan nutzen
Um Vertrauen aufzubauen, ist es hilfreich, solche Wörter zu verwenden, die das bevorzugte Sinnesorgan des Menschen mit Demenz ansprechen.
z
Musik einsetzen
Menschen mit Demenz im mittleren bis späten Stadium können manchmal nicht mehr sprechen, aber können ohne weiteres ein Gute-Nacht-Lied von Anfang bis Ende singen. Wir können daher häufig über Musik mit demenzkranken Personen kommunizieren. Wenn wir nicht mehr mit der Person sprechen können, können wir trotzdem noch mit ihr singen. Viele alte Volkslieder transportieren Informationen auf der Gefühls- und Beziehungsebene. So kann man z. B. auch das Verständnis einer Situation fördern, in dem das passende Lied angestimmt wird – vor einem Spaziergang mag das vielleicht »Im Frühtau zu Berge« sein, vorm Zubettgehen erleichtert vielleicht »Guten Abend, Gute Nacht« die Orientierung, dass nun Schlafenszeit ist.
»Probier’s mal mit Gemütlichkeit« z
Aufgaben nacheinander machen
Ein Mensch mit Demenz hat Schwierigkeiten, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Wir müssen versuchen, möglichst wenige Aufgaben gleichzeitig von Menschen mit Demenz zu verlangen. Hierbei ist es gar nicht so einfach und selbstverständlich festzustellen, was man alles als Aufgabe verstehen kann. Beispielsweise stellt ein angeschaltetes Radio für einen Menschen mit Demenz schon eine zu bewältigende Aufgabe dar. Auch Laufen ist eine Aufgabe. Für gesunde Menschen ist es völlig selbstverständlich, mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen. Man stelle sich nur einmal vor, zwei Personen gehen miteinander spazieren, beide reden, hören
Stärken fördern, Schwächen umgehen! „Probiers mal mit Gemütlichkeit“ t Aufgaben nacheinander machen t Zeit einplanen und geben, Pausen machen t Die Situation von zu vielen Reizen entlasten t Selbstbestimmung wahren, wo immer es geht t Ruhiger Tonfall, stimmlich beruhigen t Klar, sanft und liebevoll sprechen t Das Gesagte wiederholen
Empfänger
⊡ Abb. 5.16 PPP Folie »Stärken fördern, Schwächen umgehen« 4
64
5
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
dem anderen zu, machen sich Gedanken über das Gesagte, nehmen gleichzeitig den Weg wahr, eventuelle Hindernisse werden umgangen, der Straßenverkehr wird beachtet, parallel nimmt man aus dem Augenwinkel die Passanten wahr, grüßt vielleicht eine bekannte Person. All diese Aufgaben erledigen gesunde Menschen gleichzeitig und in der Regel ohne Schwierigkeiten. Die Aufmerksamkeitskapazitäten eines Menschen mit Demenz sind manchmal schon völlig damit erfüllt, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Hier sind keine Kapazitäten mehr übrig, um parallel noch auf den Weg zu achten oder ein Gespräch zu führen. Solche Aufmerksamkeitsschwierigkeiten können (u. a. neben Wahrnehmungsstörungen und auch körperlicher Schwäche) manchmal Mitschuld an Stürzen sein. Beispielsweise passiert es nicht selten, dass ein Hindernis nicht mehr wahrgenommen werden kann, weil die ganze Aufmerksamkeit auf die Bewegung der Beine gerichtet ist. Um Menschen mit Demenz zu ermöglichen, Aufgaben erfolgreich zu bewältigen, ist es wichtig, die Anforderungen möglichst zu entzerren und, wann immer es möglich ist, Aufgaben nacheinander zu erledigen. Das kann beispielsweise heißen, dass man sich hinsetzt, bevor man miteinander redet. z Zeit einplanen und geben, Pausen machen Beispiel Vor 2 Jahren wurde bei Herrn Plan eine leichte demenzielle Erkrankung vom Typ Alzheimer diagnostiziert. Seitdem besucht er gemeinsam mit seiner Frau halbjährlich die Gedächtnissprechstunde der Universitätsklinik, um den Verlauf der Erkrankung zu erfassen und die Medikation entsprechend anzupassen. Frau Plan bittet immer um einen Termin um 11 Uhr, da sie weiß, dass ihr Mann vormittags deutlich fitter und besser gestimmt ist als nachmittags. In den letzten beiden Jahren hat sich ein geregelter Ablauf dieser Arztbesuche eingestellt. Frau Plan teilt ihrem Mann stets um 10 Uhr mit: »Hans, wir müssen in einer halben Stunde los, mach dich bitte fertig zum Weggehen.« Herr Plan geht daraufhin ins Badezimmer, zieht sich dann seine Jacke und seine Schuhe an und die beiden verlassen pünktlich um 10.30 Uhr das Haus. In den letzten Monaten ist die Demenz von Herrn Plan aber deutlich fortgeschritten – und heute ist alles anders als sonst.
Herr Plan reagiert auf die Ansage seiner Frau gar nicht, bleibt zunächst sitzen. Seine Frau scheint ihm jeden einzelnen Schritt neu benennen zu müssen: »Musst du noch mal zur Toilette?«, »Zieh bitte deine Schuhe an«, »Zieh bitte deine Jacke an«… Herr Plan braucht viel mehr Zeit für alle seine Handlungen, Frau Plan wird unruhig, drängelt ihn zur Eile: »Beeil dich!«. Aber jede Aufforderung scheint Herrn Plan nur noch verwirrter, aufgeregter und langsamer zu machen. Die Schuhe fallen ihm erst aus der Hand, dann kommt er in den Schuh ohne die Hilfe seiner Frau nicht hinein und bindet schließlich auch die Schleife falsch. Der Termin um 11 Uhr kann nicht eingehalten werden. Die beiden erreichen mit einer Stunde Verspätung die Gedächtnisambulanz. Frau Plan merkt sich: »Beim nächsten Mal plane ich viel mehr Zeit ein. Lieber sitzen wir ein bisschen länger im Wartezimmer, als dass ich meinen Mann durch meine Eile so unter Druck setzen muss. Das spart meinem Mann Stress, aber vor allem auch mir selbst.« (⊡ Abb. 5.17). Ein Mensch mit Demenz braucht für Handlungen mehr Zeit als eine gesunde Person. Im Beispiel benötigt Herr Plan sehr viel Zeit, um seine Schuhe anzuziehen – und auch bei bestem Willen kann er diese Handlung nicht schneller ausführen. Die Schuhe anzuziehen ist für den erkrankten Mann eine schwierige Aufgabe – eine Herausforderung. Aufforderungen wie: »Beeil dich!« können frustrieren, denn der demenzkranke Mensch kann ja eben nicht schneller. Versetzen Sie sich einmal in Ihre Schulzeit zurück: Sie sitzen in einem Mathematiktest, die
⊡ Abb. 5.17 Teufelskreis der Verwirrung
65 5.3 · Menschen mit Demenz als Empfänger von Informationen
Aufgaben sind so schwer, dass Sie ins Schwitzen geraten, aber die Zeit wird knapp und neben Ihnen steht schon der Lehrer, zeigt mit dem Finger auf die Uhr und sagt »Beeil dich!« Was meinen Sie? Hätte dieser Hinweis dazu beigetragen, dass Sie die Aufgabe schneller erfolgreich beenden können? Oder hätte er eher bewirkt, dass Sie noch mehr Zeit benötigen bzw. irgendwann erfolglos die Aufgabe abbrechen müssen, weil Ihnen die Aufgabe plötzlich nur noch wirr erscheint? Verwirrung ist häufig ein Zeichen von Überforderung – gerade bei Menschen mit Demenz kann Überforderung die demenzielle Symptomatik verschlimmern. Aufgaben, die normalerweise keine Probleme bereiten, können unter Stress nicht mehr erfolgreich erledigt werden. Es ist wichtig, einem Menschen mit Demenz so viel Zeit wie nötig zu lassen. Vermitteln Sie ihm Sicherheit und zeigen Sie ihm Ihre Wertschätzung. Wir müssen einer demenzkranken Person für jede einzelne Aufgabe möglichst viel Zeit geben und Pausen machen, denn Stress kann die Verwirrung des Erkrankten akut steigern. Und Verwirrung kostet wiederum Zeit – daher gilt nicht nur in der Kommunikation mit demenzkranken Menschen: »Wenn du es eilig hast, gehe langsam.«
Menschen mit Demenz ab, so ist es sehr wichtig, nicht einfach über den Kopf des demenzkranken Menschen hinweg zu entscheiden, dass die überfordernde Reizquelle ausgeschaltet wird. Menschen mit Demenz werden notgedrungen häufig in ihrer Selbstbestimmung eingeschränkt. Man denke nur daran, dass es beispielsweise in einem Pflegeheim logistisch gar nicht möglich wäre, jedem Menschen genau dann Essen aufzutischen, wenn er gerade Hunger hat. Erwachsene Menschen, die ihr Leben lang selbst bestimmen konnten, wann sie essen, wann sie schlafen gehen, wann sie sich waschen, kriegen die Abfolge dieser alltäglichen Verrichtungen plötzlich vorgegeben. Der Entzug der Selbstbestimmung kann frustrieren, weh tun, traurig und auch wütend machen. Kein Wunder also, dass manche demenzkranken Menschen – genau wie gesunde Menschen – wütend werden, wenn man über ihren Kopf hinweg den Fernseher einfach so ausschaltet, ohne sie zu fragen oder zumindest einzubeziehen. Eine wütende Reaktion darf in einem solchen Moment keinesfalls als »dementes Verhalten« abgetan werden, sondern ist oft eine ganz menschliche und gesunde Reaktion auf eine Einschränkung der Selbstbestimmung. z
z
Die Situation von zu vielen Reizen entlasten
Stellen Sie sich vor, eine Familie sitzt gemeinsam am Essenstisch. Parallel laufen zwei Gespräche und das Radio ist eingeschaltet. Dies stellt für einen Menschen mit Demenz, der nicht mehr zwischen wichtigen und unwichtigen Informationen filtern kann, eine Überlastung dar. Wir sollten versuchen, die Situation von Reizen zu entlasten. Beispielsweise könnten wir das Radio ausschalten und versuchen, jeweils nur ein Gespräch am Tisch zu führen. Wenn Menschen mit Demenz etwas nicht verstehen, ist das nicht unbedingt ein Problem der Schwerhörigkeit. Das Gehirn kann oft die Vielzahl an Informationen nicht mehr verarbeiten, der »Sortierer im Gehirn« ist sozusagen überfordert, sodass keine der vielen einströmenden Informationen verstanden wird. z
Selbstbestimmung wahren, wo immer es geht
Wenn man der Meinung ist, z. B. ein eingeschalteter Fernseher ziehe die Aufmerksamkeit eines
5
Ruhiger Tonfall, stimmlich beruhigen
Ein betont ruhiger Tonfall kann demenziell Erkrankte beruhigen. Es liegt nicht an der Lautstärke, wenn die erkrankte Person nicht sofort versteht. Lautes Ansprechen erschreckt sie eher und verstärkt ihre Verwirrtheit. Wenn wir auch in lauten Situationen bewusst leise sprechen, verringern wir nicht nur bei der erkrankten Person, sondern auch bei uns selbst die Aufregung. Erheben Sie nicht die Stimme nur deswegen, weil die demenzkranke Person dies tut. Lautes Sprechen verwirrt unnötig. z
Klar, sanft und liebevoll sprechen
Ungeduldiges und unfreundliches Sprechen führt bei Menschen mit Demenz oft dazu, dass sie zornig werden oder sich zurückziehen. Hohe sanfte Klänge sind wiederum für ältere Leute schwer zu hören. Es ist meist hilfreich, wenn man mit einer klaren, sanften und liebevollen Stimme spricht. Manchmal führt eine solche Stimme auch dazu, dass Erinnerungen an eine geliebte Person wieder wach werden und kann helfen, Stress abzubauen.
66
z
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
Das Gesagte wiederholen
Wenn die Mitteilung nicht sofort verstanden wird, sollten wir den Satz genauso noch einmal wiederholen. Eine Umformulierung ist dabei in der Regel nicht hilfreich, sondern erschwert das Verständnis. Eine neue Formulierung erscheint dem Menschen mit Demenz manchmal wie eine neue Information.
Auf den Punkt bringen z
5
Gesprächsthema ankündigen
Manchmal möchte man über ein Thema sprechen, das sich etwas länger ausdehnt oder das kompliziert ist. Hier kann es hilfreich sein, der betroffenen Person zunächst zu erklären, worüber man sprechen möchte. Beispielsweise: »Ich möchte über Ihren Umzug sprechen.« So kann man das Thema bestimmen und der Person helfen, in das Thema einzusteigen. Stellen Sie sich vor, Sie sind im Ausland – vielleicht in Frankreich. Sie haben in der Schule ein wenig Französisch gelernt und sitzen nun in einer Runde mit Franzosen, die laut durcheinander reden. Sie haben keine Ahnung, wovon geredet wird und können die wenigen Wortstückchen, die Sie verstehen, nicht sinnvoll zusammenfügen. Nun flüstert Ihnen Ihr Nachbar zu, worüber gesprochen wird: »Es geht um die Hochzeit von Pierre und Chantal letzte Woche.« Mit dieser Information geben Wortstückchen plötzlich Sinn und Sie können – auch wenn Sie nicht alles verstehen – doch zumindest ein wenig besser dem Gespräch folgen. z
Kurze, einfache Sätze
Doppeldeutigkeiten und komplizierter Satzbau sowie lange Sätze bereiten Menschen mit Demenz schon früh Probleme. Einfache und kurze Sätze können jedoch noch sehr lange verstanden werden. z
Deutlich und langsam sprechen
Wenn Menschen mit Demenz etwas nicht verstehen, dann erheben viele die Stimme und sprechen lauter. Denn wir haben ja gelernt, dass, wenn jemand etwas nicht verstanden hat, er es nicht richtig gehört hat. Bei Menschen mit Demenz liegt es aber in der Regel nicht an der Lautstärke, dass eine Information nicht verstanden wird, sondern an den Worten an sich. Die Inhalte einer
Stärken fördern, Schwächen umgehen! Auf den Punkt bringen t Gesprächsthema ankündigen t Kurze, einfache Sätze t Deutlich und langsam sprechen t Nur ein prägnanter Inhalt pro Satz t Wichtige Wörter betonen t Inhaltliche Mehrdeutigkeiten vermeiden t Sprichwörter, Volksweisheiten und Lieder für emotionale Informationen nutzen t Positiv ausdrücken
Empfänger
⊡ Abb. 5.18 PPP Folie »Stärken fördern, Schwächen umgehen« 5
Nachricht bereiten Schwierigkeiten, während der Beziehungsaspekt (die emotionale Botschaft zwischen den Zeilen) noch bis ins späte Stadium der Demenz sehr gut verstanden wird. Wenn wir nun die Stimme erheben und laut sprechen, damit der demenzkranke Gesprächspartner uns besser versteht, so ändert das nichts daran, dass er den Sinn der Worte nicht begreift. Es ändert aber etwas an der emotionalen Botschaft, die er wahrnimmt. Denn wenn jemand laut spricht, bedeutet das in der Regel, dass er wütend oder streng ist. Das kann einen Menschen mit Demenz verwirren. Denn er ist auf die Botschaften zwischen den Zeilen angewiesen, um sein Gegenüber zu verstehen. Statt laut zu sprechen sollte man daher eher deutlich und langsam sprechen. Das ist leichter gesagt als getan und bedarf sicherlich einiger Übung. Die Kunst ist es, nicht zu leise und nicht zu laut, aber deutlich, langsam und liebevoll zu sprechen. z
Nur ein prägnanter Inhalt pro Satz
Eben wurde gesagt, »kurze, einfache Sätze« sollten verwendet werden. Aber was heißt das eigentlich? Wann ist ein Satz kurz, wann ist er lang? Eine Hilfestellung hierbei kann sein, dass man pro Satz nur einen wichtigen, prägnanten Inhalt formulieren sollte. Wenn ein Satz mehrere Informationen gleichzeitig transportiert, kann das einen Menschen mit Demenz überfordern. NICHT: »Stell dir vor, Hilde, eben hat deine Freundin Sophie, die nach Frankreich gezogen ist, angerufen, um dir ausrichten zu lassen, dass sie nächste Woche zu Besuch kommt und auch ihre Enkelkinder mitbringt.«
5
67 5.3 · Menschen mit Demenz als Empfänger von Informationen
SONDERN: »Hilde! – Sophie hat angerufen. – Aus Frankreich. – Sophie wird dich besuchen. – Sie kommt nächste Woche. – Sie bringt ihre Enkelkinder mit.« z
Wichtige Wörter betonen
Der eben genannte prägnante Inhalt im Satz kann noch einmal hervorgehoben werden, indem wichtige Wörter im Satz betont werden, z. B.: »SOPHIE hat angerufen.« Oft sind es nur einzelne Worte in einem Satz, die die eigentlich relevante Information transportieren. Wenn diese relevante Information betont wird, kann das die Aufmerksamkeit auf den Kern des Satzes lenken und so das Verstehen der Mitteilung erleichtern. z
Positiv ausdrücken
Worte wie »nicht«, »keiner« oder »niemand« werden besonders bei Aufregung leicht überhört. Vom Hinweis: »Niemand will Dir wehtun«, nimmt der demenzkranke Mensch vielleicht nur den Begriff »wehtun« wahr. Folglich bewirkt die Mitteilung genau das Gegenteil von dem, was wir eigentlich aussagen wollten. Es ist daher sinnvoll, gerade in aufregenden Situationen auf Negativ-Formulierungen zu verzichten. Stellen Sie sich z. B. vor, ein demenzkranker Pflegeheimbewohner soll geduscht werden, ist sehr aufgeregt und wehrt sich gegen die Pflegehandlung. Statt zu sagen: »Ich will Ihnen nicht WEH TUN«, ist es oft hilfreich, sich positiv auszudrücken und beruhigende Worte zu verwenden, z. B.: »Ich will Ihnen GUTES tun.«
Inhaltliche Mehrdeutigkeiten vermeiden
Ausdrücke, die über die rein wörtliche Bedeutung hinausgehen, werden inhaltlich oft nicht mehr verstanden. Ironie, Sprichwörter und Mehrdeutigkeiten bereiten hier Probleme. Wenn es um das Verständnis inhaltlicher Informationen geht, sollten Mehrdeutigkeiten daher vermieden werden, z. B. »Wir können heute nicht spazieren gehen, es regnet junge Hunde.« Eindeutige Wörter erleichtern demenzkranken Menschen das Verstehen, z. B. »Es regnet stark!« Auch Sätze wie: »Deck den Tisch!«, sind inhaltliche Mehrdeutigkeiten, denn sie beinhalten viele Unterschritte, die aus der komplexen Anweisung herausgehört werden müssen. Wenn dem demenzkranken Menschen die Unterschritte nacheinander benannt werden, hat er einen Chance, die Aufgabe erfolgreich auszuführen, z. B.: »Holst du bitte die Teller aus dem Schrank?« Wenn die betroffene Person die Teller in der Hand hat, kann die nächste Anweisung erfolgen: »Kannst du bitte die Teller auf den Tisch stellen?« z
z
Sprichwörter, Volksweisheiten und Lieder für emotionale Informationen nutzen
Um emotionale Informationen weiterzugeben, können Sprichwörter, Volksweisheiten und Liedtexte hilfreich sein. Auch wenn die inhaltliche Bedeutung (häufig mehrdeutig) oft nicht mehr verstanden wird, transportieren sie doch eine emotionale Botschaft, die der aktuellen Generation der Menschen mit Demenz sehr vertraut ist.
Erfolgserlebnisse schaffen Beispiel Hans Kellner ist demenzkrank, aber körperlich gesund. Seine Frau Hilde hingegen ist nach einem Sturz, bei dem sie sich den Oberschenkelhals gebrochen hat, körperlich stark eingeschränkt. Beide wohnen seit dem Unfall von Frau Kellner in der Wohnung ihrer Tochter. Obwohl Hans Kellner körperlich noch relativ fit ist, sitzt er meist apathisch im Wohnzimmer. Herr Kellner hat früher mit seiner Frau ein kleines Restaurant betrieben, in dem er vor allem die Rolle des Oberkellners mit Begeisterung ausgeübt hat. Die Tochter weiß, dass ihm dieser Beruf viel Freude bereitet hat. Sie möchte ihn ein wenig aktivieren, drückt ihm ein Glas Wasser in die Hand und bittet ihn, dieses Glas seiner Frau zu bringen. Herr
Stärken fördern, Schwächen umgehen! Erfolgserlebnisse schaffen t Nicht korrigieren t Leistungen wertschätzen t Selbständigkeit und Selbstbestimmung stützen
Empfänger
Den Körper sprechen lassen t Zugewandte Körperhaltung t Zuneigung, Verständnis und Wertschätzung signalisieren t Zusammenpassendes Verhalten ⊡ Abb. 5.19 PPP Folie »Stärken fördern, Schwächen umgehen« 6
68
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
Kellner läuft in die richtige Richtung los. Das Glas Wasser kommt allerdings nicht bei seiner Frau an. Der demenzkranke Mann hat auf dem Weg seinen Arbeitsauftrag vergessen. Die Tochter findet ihn, wie er gerade glückselig mit dem Glas Wasser die Blumen gießt.
z
5
Nicht korrigieren
Im Fallbeispiel hat Herr Kellner den eigentlichen Arbeitsauftrag falsch ausgeführt. Ihm selbst ist das aber sicherlich nicht bewusst. In seiner Wahrnehmung hat er wahrscheinlich ordnungsgemäß und fleißig die Blumen gegossen. Eine Korrektur wie: »Aber Papa, das Glas Wasser solltest du doch Mama bringen!«, würde den demenzkranken Mann sinnlos frustrieren und aus seiner positiven Erfolgsstimmung herausreißen. Insgesamt gilt, dass Korrekturen, wann immer es geht, vermieden werden sollten. Auch wenn demenzkranke Menschen sich z. B. bei der Hausarbeit beteiligen, so ist es wichtig, zu akzeptieren, dass die Handtücher vielleicht nicht ganz akkurat zusammengelegt sind oder der Tisch nicht so gedeckt ist, wie man es selbst machen würde. Entscheidend ist, dass Menschen mit Demenz aktiv bleiben, sich wichtig und gebraucht fühlen und zum gemeinsamen Leben selbstständig etwas beitragen können. Korrekturen frustrieren und führen auf kurz oder lang dazu, dass die Betroffenen sich nicht mehr trauen, sich einzubringen. Sie haben Angst, etwas falsch zu machen. Aktiv sein und sich wert und gebraucht fühlen ist jedoch wichtig für das Wohlbefinden eines Menschen mit Demenz und kann auch den Verlauf der Erkrankung günstig beeinflussen. z
Leistungen wertschätzen
Statt die Leistung von Herrn Kellner im Fallbeispiel zu korrigieren, kann sie durchaus auch wertgeschätzt werden. Denn das Glas Wasser kommt zwar nicht bei seiner Frau an wie ursprünglich beabsichtigt, aber die ausgeführte Handlung ist ja durchaus auch sinnvoll und eine Leistung. »Wunderbar! Danke, dass du die Blumen gegossen hast! Das war schon lange überfällig!« Eine solche Reaktion kann den demenzkranken Mann bestätigen und Mut geben, sich wieder in die täglich anfallenden Arbeiten einzubringen.
z
Selbstständigkeit und Selbstbestimmung stützen
Wer das Gefühl hat, noch selbstständig und selbstbestimmt handeln zu können, der kann auch Selbstwert empfinden. Beim Einbezug von Menschen mit Demenz in den Alltag ist zum einen wichtig, nicht einzugreifen, wenn es nicht ganz so läuft, wie man es sich vorstellt – das heißt also z. B. auch, langsames Handeln »auszuhalten« und nicht sofort zu helfen. Die Handlung dauert vielleicht länger als bei gesunden Menschen, die selbstständige Fertigstellung ist aber wichtig, um Selbstwert und Erfolg zu erleben. Zum anderen ist auch wichtig, dass der demenzkranke Mensch selbst bestimmen kann, ob er sich einbringen möchte. Antworten wie: »Ach nein, dazu habe ich jetzt keine Lust«, können auch eine Schutzreaktion sein und ein Versuch, die Fassade aufrecht zu erhalten. Vielleicht weiß die betroffene Person schon, dass sie diese Aufgabe überfordern wird und sie sie nicht erfolgreich ausüben kann. Eine nicht ausgeführte Aufgabe, weil man keine Lust dazu hat, ist weniger beschämend als eine Fehlleistung, weil man die Aufgabe nicht mehr bewältigen konnte. Wenn auch ein motivierendes, gutes Zureden nicht überzeugen kann, dann sollte dieses nicht übermäßig in die Länge gezogen, sondern akzeptiert werden. Wenn ein Mensch mit Demenz regelmäßig die Beteiligung verweigert, könnte dies auch seine Umgebung dazu motivieren, die Aufgaben den Fähigkeiten des erkrankten Menschen anzupassen oder noch häufiger seine Leistungen zu wertschätzen. Das kann dem erkrankten Menschen vielleicht wieder neuen Mut geben, sich in den Alltag einzubringen. Insgesamt gilt: > Fördern, nicht fordern!
Den Körper sprechen lassen z
Zugewandte Körperhaltung
Durch unsere Körperhaltung können wir Informationen senden. Wir können z. B. Zugewandtheit, Zuneigung und Wertschätzung signalisieren und dem Menschen mit Demenz so Sicherheit geben. Schon eine ruhige Ausstrahlung kann eine erkrankte Person entlasten.
5
69 5.3 · Menschen mit Demenz als Empfänger von Informationen
z
Zuneigung, Verständnis und Wertschätzung signalisieren
Verständnis und Wertschätzung können wir z. B. signalisieren, indem wir Blickkontakt halten und eine zugewandte Körperhaltung einnehmen. Menschen mit Demenz sind für emotionale Untertöne besonders empfänglich und reagieren entsprechend. Das Verhalten von Personen im sozialen Umfeld demenzkranker Menschen, etwa ihr Gesichtsausdruck oder ihre Stimmlage, ruft bei den Erkrankten Emotionen hervor. Sie merken, ob wir ihnen rein formal begegnen und nur so tun oder ob sie tatsächlich unsere Aufmerksamkeit, Zuwendung und Wertschätzung inne haben. Menschen mit Demenz besitzen eine große Sensibilität für Atmosphäre und Stimmungen. z
Zusammenpassendes, kongruentes Verhalten
Oft reagieren Menschen mit Demenz nicht auf den Inhalt, sondern auf die darin mitschwingenden Gefühle. Demenzkranke Personen bekommen viel mit und reagieren eher auf das »Wie« und nicht so sehr auf das »Was« des Gesagten. Deswegen müssen wir darauf achten, dass das, was wir sagen, auch so gemeint ist und in unserer Körperhaltung, Mimik und Gestik zum Ausdruck kommt. Unser Verhalten muss kongruent sein, das heißt, es muss zusammenpassen. Wer sagt: »Ich hab dich lieb!«, der muss dies auch fühlen und nonverbal zum Ausdruck bringen. Signalisiert die Person nonverbal stattdessen z. B. Ungeduld, so führt dies zu einer unverständlichen Doppelbotschaft.
Achtung wahren! z
Keine Baby-Sprache!
Ein Abgleiten in Babysprache erniedrigt eine Person und verletzt ihre Würde als erwachsener Mensch. Ein demenziell Erkrankter muss als erwachsener Mensch geachtet und behandelt werden. Auch einfache, klare Sätze können im Tonfall eines Erwachsenen und auf einer Augenhöhe vermittelt werden. z
Offen reden
Wir dürfen niemals mit anderen über den Kopf einer demenzkranken Person hinweg über sie sprechen oder uns mit anderen durch heimliche Zeichen verständigen. Wir wissen nie, was die
Stärken fördern, Schwächen umgehen! Achtung wahren! t Keine Babysprache t Offen reden t MIT dem Demenzkranken reden, nicht ÜBER ihn!
Empfänger
⊡ Abb. 5.20 PPP Folie »Stärken fördern, Schwächen umgehen« 7
erkrankte Person versteht und wie tief sie durch solche Formen der Entmündigung verletzt wird. Die Regel ist: > MIT dem Demenzkranken reden, nicht ÜBER ihn!
Stellen Sie sich vor, Sie liegen in einem Krankenhausbett. Neben Ihnen stehen Ärzte und Pflegekräfte, die sich über Sie unterhalten. Sie hören immer wieder Ihren eigenen Namen, aber die Worte, die gesprochen werden, können Sie nicht verstehen. Die Worte wirken wie eine fremde Sprache. Die Ärzte und Pflegekräfte schauen Sie nicht an, beziehen Sie nicht mit ein. Sie verlassen den Raum, ohne Sie darüber informiert zu haben, was denn überhaupt gesprochen wurde. Welche Gefühle spüren Sie bei diesem Gedanken? Oder stellen Sie sich vor, Sie sitzen am Esstisch und Ihre Kinder sind zu Besuch. Ihr Ehepartner nennt immer wieder laut und scheinbar ärgerlich Ihren Namen, ohne Sie in das Gespräch einzubeziehen. Sie scheinen gar nicht mehr Teil des Gespräches zu sein, sind irgendwie »außen vor«. Wie würde sich das wohl anfühlen? Auch wenn Menschen im späten Stadium der Demenz vielleicht nicht mehr die vollen Inhalte des Gesagten verstehen, so merken sie doch, dass über sie gesprochen wird. Sie spüren die emotionalen Untertöne. Es ist wichtig, in solchen Momenten den demenzkranken Menschen in das Gespräch mit einzubeziehen. Auch wenn die Augen vielleicht geschlossen sind und vermeintlich nichts mehr verstanden wird, kann schon eine direkte Ansprache und ein scheinbarer Einbezug in das Gespräch Trost spenden. Auf diese Weise kann das Gefühl vermittelt werden, dazu zu gehören und
70
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
ernst genommen zu werden. »Das tut mir leid, Papa, dass du heute nicht schlafen konntest.« oder »Herr Müller, das Fieber ist gesunken. Sie sind bald wieder gesund.«
Drahtseilakte
5
Auch beim »Stärken fördern, Schwächen umgehen« beim Empfangen von Informationen gibt es immer wieder Drahtseilakte, bei denen nicht sicher ist, welche Herangehensweise die richtige ist. Einige besonders kniffelige Drahtseilakte, die sich auf die eben genannten Strategien zur Förderung der Stärken des demenzkranken Senders beziehen, sollen im Folgenden kurz benannt werden. ⊡ Folie 19, PPP 4, TANDEM für versorgende Angehörige
z
Demenzwohngemeinschaft nicht alle Bewohner mit Vornamen angesprochen werden, nur weil diese Art der Ansprache einem oder einigen Bewohnern gut tut. Für manche demenziell erkrankten Menschen ist es ganz im Gegenteil nämlich sehr wichtig, weiterhin mit dem Nachnamen angesprochen zu werden, da dies auch Respekt und Wertschätzung signalisieren kann. z
Drahtseilakt: Berühren
Berühren kann wichtig sein, um die Aufmerksamkeit eines Menschen mit Demenz zu erlangen und ihm ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Hierbei ist es aber entscheidend, die Privatsphäre eines jeden Menschen zu wahren. Nicht jeder lässt sich gern berühren.
Drahtseilakt: Mit Namen ansprechen
Bei der Anrede mit dem Namen stellt sich für professionell Pflegende die Frage, mit welchem Namen die erkrankte Person angesprochen wird, um die Aufmerksamkeit zu gewinnen. Bei manchen Menschen mit Demenz kann der Vorname deutlich zum Aufmerksamkeitsgewinn beitragen. Der Nachname hat längst nicht die gleiche aufmerksamkeitsgewinnende Wirkung wie der Vorname. Gerade bei demenzkranken Frauen ist der angeheiratete Name, der ja erst später angenommen wurde, manchmal in Vergessenheit geraten. Hier ist es zuweilen der Mädchenname, der noch erinnert wird und Aufmerksamkeit gewinnen kann. Der Vorname wird in der Regel noch bis ins späte Stadium der Demenz hinein erinnert. Der Vorname ist aber in der Regel für professionell Pflegende tabu, da die Achtung und Würde durch die Ansprache mit dem Nachnamen gewahrt werden soll. Wenn Angehörige merken, dass ihr erkranktes Familienmitglied von der Ansprache mit dem Vornamen profitiert, sollten sie die Pflegekräfte darauf aufmerksam machen und ganz konkret darauf hinweisen, dass in diesem Fall die Anrede mit dem Vornamen in Ordnung oder sogar gewünscht ist. Wenn Pflegekräfte vermuten, dass der Gebrauch des Vornamens in einem individuellen Fall die Kommunikation erleichtern könnte, sollte dies mit den Angehörigen abgesprochen und gemeinsam beschlossen oder abgelehnt werden. Wichtig ist, dass in einem Alten-/Pflegeheim oder einer
Halböffentliche Stellen. Manche Stellen eignen
sich besser als andere, um Körperkontakt zur Aufmerksamkeitsgewinnung zu nutzen. So sind die meisten Menschen damit einverstanden, wenn man die Hände oder die Schultern berührt. Mit einem Augenzwinkern könnte man sagen, Hände und Schultern sind »halböffentliche Stellen«. Um einen Menschen an den Knien oder am Kopf berühren zu dürfen, müssen wir schon ein deutlich innigeres Vertrauensverhältnis zu dem berührten Menschen haben. Privatsphäre. Zudem ist es natürlich auch wichtig, die eigene Privatsphäre zu wahren. Stellen Sie sich vor, eine Pflegerin hat von ihrer Kollegin erfahren hat, dass es einem bestimmten Bewohner gut tut, wenn er umarmt wird. Die Pflegerin ist aber selbst eher schüchtern und fühlt sich unwohl beim Umarmen fremder Menschen. Hier ist es wichtig, dass auch Pflegende auf ihre eigene Privatsphäre achten. Menschen mit Demenz spüren ohnehin, wenn sich das Gegenüber unwohl fühlt. z
Drahtseilakt: Kurze, einfach Sätze
Es ist gar nicht so leicht, kurze einfache Sätze so zu formulieren, dass sie trotzdem noch einem erwachsenen Menschen angemessen sind. Ein wertschätzender Tonfall kann hier entscheidend dazu beitragen, dass man auch mit einer einfachen Sprachwahl dem Gesprächspartner respektvoll begegnet.
71 5.4 · Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation
5
„Stärken fördern, Schwächen umgehen“ Beachte: t Jeder Mensch mit Demenz ist einzigartig t hat einzigartige Stärken und Schwächen. t Es gibt keine Rezepte zur Kommunikation bei Demenz! Wichtigste Strategie: Genau beobachten, individuelle Stärken und Schwächen erkennen, persönliche Kommunikationswege finden!
⊡ Abb. 5.21 PPP Folie »Stärken fördern, Schwächen umgehen« 8
> Es darf nicht vergessen werden: ▬ jeder Demenzkranke ist einzigartig, ▬ hat einzigartige Stärken und Schwächen. ▬ Es gibt keine Rezepte zur Kommunikation bei Demenz! ▬ Die wichtigste Strategie ist und bleibt ▬ das genaue Beobachten, um ▬ individuelle Stärken und Schwächen des einzigartigen Menschen mit Demenz zu erkennen und ▬ persönliche Strategien zu finden, die zu dem einzigartigen versorgenden Angehörigen, professionell oder ehrenamtlich Pflegenden passen!
5.4
Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation
Die beiden Freunde Fritz und Franz unterhalten sich. Fritz erzählt: »Oh weh, seit einiger Zeit habe ich wirklich Probleme mit dem Sehen. Alles ist irgendwie unscharf.« Antwortet Franz: »Ach kein Problem, das gleiche Problem hatte ich auch. Hier, ich schenke dir meine Brille. Ich sehe damit ganz hervorragend.«
Auch wenn ein Mensch mit Demenz stundenlang erzählen könnte, würde sein Gesprächspartner niemals ein ebenso guter Experte für das Leben des Menschen mit Demenz, seine Sichtweise und Problemlage, seine aktuelle Stimmung und Situation werden wie der Mensch selbst. Auch wenn wir bildlich gesprochen versuchen, seine Brille auf-
⊡ Abb. 5.22 Perspektivübernahme
zusetzen, um seine Perspektive übernehmen und die Welt aus seinen Augen sehen zu können, so sieht für uns die Welt durch diese Brille doch ganz anders und unscharf aus. Beim Versuch, die Perspektive eines anderen Menschen zu übernehmen (⊡ Abb. 5.22), gilt daher immer: > Jeder Mensch hat einen guten Grund für seine Standpunkte und Verhaltensweisen. Durch seine Brille sieht er seine Welt klar und deutlich. Durch seine Brille ist sein Handeln für ihn verständlich und begründet.
72
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
5.4.1
Herausforderungen
Jeder Demenzverlauf ist einzigartig
5
Jeder Demenzverlauf ist einzigartig. Nicht jeder Mensch mit Demenz zeigt im Verlauf seiner Erkrankung die gleichen herausfordernden Stimmungen und Verhaltensweisen. Bestimmte Verhaltensweisen treten aber besonders häufig irgendwann im Verlauf einer Demenz auf. Diese sollen im Folgenden beschrieben werden, da es vor allem die herausfordernden Stimmungen und Verhaltensweisen sind, die es Pflegepersonen häufig schwer machen, sich in Menschen mit Demenz einzufühlen und ihre Perspektive zu übernehmen. »Warum ist der demenzkranke Bewohner aggressiv zu mir? Warum schlägt er mich? Warum beschimpft er mich? Wieso ist meine demenzkranke Mutter so ängstlich? Warum glaubt sie, dass ich sie bestehlen will?«
z
Angst
Vor allem in den Frühphasen der Erkrankung machen sich bei vielen Personen Ängste breit. Die Betroffenen merken, dass sie sich verändern, dass »irgendetwas« mit ihnen nicht mehr stimmt. Sie haben Angst vor gewohnten und ungewohnten Situationen. z
Aggression
t Herausfordernde Stimmungen
Depressivität, Angst, Aggression
Einige Menschen mit Demenz machen im Laufe der Erkrankung eine Persönlichkeitsveränderung durch. Personen, die immer friedliebend waren, werden plötzlich häufig aggressiv. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass fast alle Menschen hin und wieder zornig sind. Es ist also ganz natürlich, dass auch Menschen mit Demenz manchmal wütend sind. Aggression ist kein notgedrungenes Merkmal der Demenz. Aggression kann auch einfach zum Menschen gehören. Die Unterschiede in der Aggression, die zwischen gesunden Menschen bestehen, bestehen genau so auch bei demenzkranken Menschen. Viele sind selten oder nie aggressiv, einige sind ab und zu aufbrausend und wenige sind mit ihrer Aggression der Schrecken ihrer Umgebung. Aggression kann sich auf Worte beschränken: schimpfen, fluchen, beschuldigen. Sie kann sich aber auch in Taten äußern: an den Haaren ziehen, schreien, zwicken, schlagen, spucken. Aggression tritt vor allem zu Beginn des mittleren Stadiums der Demenz auf und kann in manchen Fällen interpretiert werden als ein Aufbäumen gegen den eigenen kognitiven Verfall und den Verlust der Selbstbestimmung. Die eigenen Fähigkeiten, die eigene Selbstständigkeit und Selbstbestimmung entgleiten dem erkrankten Menschen immer mehr, zunehmend deutlich und unaufhaltsam. Ein solches Erlebnis führt bei jedem Menschen zu Frustration. Und Frustration führt bei dem einen zu Aggression, bei dem anderen zu Depressivität und bei dem nächsten vielleicht zu Angst. All diese Stimmungen sind also völlig menschliche Reaktionen auf das Erleben stetig zunehmender Frustration.
t Herausfordernde Verhaltensweisen
Davonlaufen, Nächtliche Un ruhe, Passivität / Apathie
Herausfordernde Verhaltensweisen
Stimmungen z
Depressivität
Depressivität ist ein anderer Ausdruck für Niedergeschlagenheit. Gemeint ist hier nicht das Krankheitsbild »Depression«, sondern eine schwächere Form der Niedergeschlagenheit. Diese tritt besonders im frühen Stadium der Demenz auf. Depressivität ist häufig ein Ausdruck von Machtlosigkeit. Besonders problematisch wird es, wenn aus der Depressivität eine Depression entsteht, das heißt, wenn die Stimmung sehr gedrückt ist und über einen längeren Zeitraum anhält. Kennzeichnend für eine Depression ist, dass die Person nicht mehr dazu in der Lage ist, etwas zu genießen. Für den depressiven Menschen hat das Leben keinen Reiz mehr.
Herausforderungen t Jeder Demenzverlauf ist einzigartig!
t Krankhaftes herausforderndes Verhalten
Misstrauen und Wahn, Illusionen und Halluzinationen ⊡ Abb. 5.23 PPP Folie »Herausforderungen«
z
Davonlaufen
Viele Menschen mit Demenz spüren gelegentlich den dringenden Wunsch, ihr Haus zu verlassen.
73 5.4 · Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation
Einige erkennen ihre eigene Umgebung nicht mehr und wollen deshalb nach Hause – »nach Hause« steht hier häufig als Sinnbild für den Ort, an dem sich der erkrankte Mensch sicher und geborgen gefühlt hat. Andere wollen ihre Eltern besuchen oder mit früheren Freunden ein paar Worte wechseln. Vor allem in der Phase der mittelschweren Demenz haben einige Personen einen ständigen Drang zum Weggehen. Nicht selten schaffen sie es auch, tatsächlich die Wohnung oder das Pflegeheim zu verlassen und begeben sich damit selbst in Gefahr. Denn bei Menschen mit Demenz ist die Orientierung gestört. Sie finden sich alleine nicht mehr zurecht, finden den Weg meist nicht mehr zurück und können Situationen oft nicht mehr richtig einschätzen. z
Nächtliche Unruhe
Gerade nachts haben einige Menschen mit Demenz eine starke Unruhe, stehen auf und »spuken herum«. Das ist nicht nur für die Umgebung belastend, sondern auch für die demenzkranken Menschen selbst, die den Schlaf genau so brauchen, wie jeder gesunde Mensch auch. Der Schlaf wird dann häufig tagsüber nachgeholt, also zu der Zeit, in der in der Regel Beschäftigungen angeboten werden können, aus denen der betroffene Mensch Lebensqualität schöpfen kann. Diese Angebote gehen an der unausgeschlafenen Person vorbei und nachts ist sie wieder ausgeschlafen und unausgelastet, sodass sie erneut »herumspuken« wird – ein Teufelskreis. z
Passivität – Apathie
Oft werden Menschen mit Demenz immer passiver. Die Ausführung der Tätigkeiten, mit denen früher der Tag ausgefüllt wurde, wird zu schwierig oder ihnen wird nicht mehr nachgegangen. Grund hierfür ist oft die Angst zu versagen. Passivität und mangelnde Initiative haben große Nachteile. Zum einen wird die körperliche Verfassung der Person schlechter, wenn sie sich nicht mehr anstrengt. Zum anderen führt Passivität nicht selten zu Langeweile und schlechter Laune. Daneben leitet jeder Mensch sein Selbstvertrauen hauptsächlich aus dem ab, was er macht. Wenn er nichts macht, schwindet das Selbstvertrauen.
5
Krankhaftes herausforderndes Verhalten z
Misstrauen und Wahn
Misstrauen tritt häufig bei solchen Menschen mit Demenz auf, mit denen bereits früher der Umgang schwierig war. Misstrauen kann aber auch völlig überraschend bei Menschen auftreten, bei denen man mit einer solchen Verhaltensweise nie gerechnet hätte. Misstrauen an sich ist noch nicht krankhaft. Die Phase des krankhaften Misstrauens dauert meist nur einige Monate – in Einzelfällen aber auch länger. Das Misstrauen richtet sich dabei häufig gerade an diejenigen Personen, von denen die betroffene Person am abhängigsten ist, also vor allem an die versorgenden Angehörigen, manchmal auch an die Bezugspflegekräfte. Wenn der Argwohn maßlos ist und sich sogar gegen Personen richtet, mit denen die Person keinen oder kaum Kontakt hat, können wir vermuten, dass es noch über die Demenz hinausgehende oder komplett andere Ursachen dafür gibt. Man spricht hier von »Wahn«. In solch einem Fall sollte man einen Arzt zu Rate ziehen. Misstrauen und daraus abgeleitete Beschuldigungen sind keine böse Absicht. Die erkrankte Person ist in diesem Moment der festen Überzeugung, dass die Annahme korrekt ist. Das Abstreiten oder Korrigieren der misstrauischen Äußerungen verstärkt in der Regel nur das Misstrauen. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in der Straßenbahn und plötzlich merken Sie, dass Ihre Geldbörse verschwunden ist. Sie hatten sie eben noch in der Hand, um Ihre Fahrkarte vorzuzeigen. Sie wissen also ganz genau, dass Ihre Geldbörse eben noch da war. Das Verschwinden der Geldbörse kann also nur mit Diebstahl erklärt werden. Und ist da nicht eben gerade eine auffällige Person sehr dicht an Ihnen vorbeigelaufen und hat Sie gerempelt? Was denken Sie als erstes? Die Überzeugung eines Menschen mit Demenz, dass er bestohlen wurde, ist oft der verzweifelte Versuch, den eigenen Selbstwert noch aufrecht zu erhalten. »Ich war immer ordentlich, wusste immer ganz genau, wo ich meine Sachen hatte, meine Geldbörse KANN mir nur gestohlen worden sein.« Diese Überzeugung entsteht nicht bewusst, um von den eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken, sondern eher unbewusst – sozusagen
74
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
als Schutzreaktion des Selbstwerts. Eine Korrektur ist in diesem Fall wie gesagt nicht hilfreich, sondern provoziert eher Zorn, vermehrtes Misstrauen und Abwehr. Hilfreicher ist in der Regel, wenn wir dem erkrankten Menschen unsere Hilfe anbieten und seine Sorgen ernst nehmen – ihm also helfen, seinen Selbstwert zu wahren. z
5
Gründe für herausforderndes Verhalten Verhalten hat für die Person, die sich verhält, immer einen Sinn. Resultat der Unfähigkeit sich verständlich zu machen Reaktion auf eine Welt, die nicht mehr vertrauensvoll und verlässlich ist Kommunikation durch Verhalten Selbstbestimmung wieder herstellen
Illusionen und Halluzinationen
Manche Menschen mit Demenz sehen Dinge oder hören Stimmen, die andere nicht wahrnehmen. Zuweilen handelt es sich um Fehlinterpretationen, z. B. wenn der demenzkranke Mensch den Blumentopf, der auf dem Balkon steht, nachts für einen Hund hält. Das nennt man Illusionen. Illusionen sind nicht krankhaft und werden durchaus auch von gesunden Personen erlebt. Es kann aber auch sein, dass Menschen mit Demenz Sinnestäuschungen haben. Sie können z. B. Geräusche hören, die gar nicht da sind. Oder sie sehen Personen, die in Wirklichkeit an einem anderen Ort sind oder schon tot. Sie haben also Halluzinationen. Starkes Misstrauen und Halluzinationen weisen darauf hin, dass hier neben der Demenz eine weitere behandlungswürdige Störung vorliegt. Solche Problemverhaltensweisen sollten mit einem Arzt besprochen werden. Zuvor muss jedoch die Frage gestellt werden, ob die Halluzination den demenzkranken Menschen belastet. Es gibt nämlich durchaus auch trostspendende Halluzinationen. Ein Mensch mit Demenz, der die Stimme seiner Mutter hört, wie sie ihm ein Gute-NachtLied singt, erhält hierdurch wahrscheinlich Trost. Diesen Trost sollte man ihm nicht durch Medikamente nehmen.
5.4.2
Gründe für herausforderndes Verhalten
Jedes Verhalten und natürlich auch das Verhalten von Menschen mit Demenz hat Gründe. Verhalten hat für die Person, die sich verhält, immer einen Sinn. Herausfordernde Verhaltensweisen von Menschen mit Demenz sind oft ein Resultat der Unfähigkeit »sich verständlich zu machen«. Die demenzkranke Person reagiert damit auf eine
⊡ Abb. 5.24 PPP Folie »Gründe für herausforderndes Verhalten«
Welt, die für sie nicht mehr vertrauensvoll und verlässlich ist. z
Kommunikation durch Verhalten
Im vorangegangenen Kapitel wurde bereits deutlich, dass die Darbietung von Informationen mit fortschreitender Erkrankung zunehmend Schwierigkeiten bereitet. Menschen mit Demenz können ihre Probleme und Bedürfnisse nicht mehr in herkömmlicher Art und Weise mitteilen. Dies führt dazu, dass die erkrankten Personen gerade im schweren Stadium der Demenz manchmal nur noch durch Veränderungen im Verhalten auf sich aufmerksam machen können. Für Außenstehende – also z. B. die versorgenden Angehörigen oder Pflegekräfte – ist es aber sehr schwierig, diese Signale zu deuten, sodass der Auslöser für herausforderndes Verhalten meist nicht erkannt und verstanden wird. z
Selbstbestimmung wieder herstellen
Neben der Kommunikation von Problemen und Bedürfnissen sind herausfordernde Verhaltensweisen häufig auch der Versuch, die eigene Selbstbestimmung wieder herzustellen. Menschen mit Demenz erleben Einschränkungen ihrer Selbstbestimmung in vielen Lebensbereichen. Diese Einschränkungen sind im Pflegeheim z. B. bedingt durch die Organisationsstrukturen oder die Routine in der Versorgung und im Tagesablauf. Ein einfaches Beispiel: Um zwölf Uhr wird gegessen – egal ob die demenzkranke Person Hunger hat oder nicht. Etwas anderes wäre im Stationsalltag kaum realisierbar. Wenn Menschen aber stetig daran gehindert werden, über einen gewissen Freiheitsspielraum Einfluss auf ihre Umgebung zu nehmen,
75 5.4 · Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation
erleben sie eine Einengung oder Verletzung ihrer Selbstbestimmung. Hieraus entsteht bei jedem Menschen – ob gesund oder demenzkrank – der Wunsch, die verlorene Freiheit zu sichern oder zurückzugewinnen. Dies kann sich auch in Form von Angst, Enttäuschung, Wut und Aggression zeigen. All das sind Stimmungen und Verhaltensweisen, die von der Umgebung als herausfordernd wahrgenommen werden.
5.4.3
Herausforderndes Verhalten verstehen
Beispiel Die demenzkranke Frau Heinrich bringt die Pflegekräfte ihrer Station zur Verzweiflung: immer wieder sammelt sie die Mülleimer auf dem gesamtem Wohnbereich ein, um deren Inhalt feinsäuberlich auf einem großen Berg im Treppenhaus auszuleeren. Versuchen die Pflegekräfte, sie davon abzuhalten, indem sie ihr z. B. den Mülleimer aus der Hand nehmen, so reagiert sie aggressiv, schreit und schlägt. ⊡ Folie 8, PPP 4, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
z
Um die Gründe für herausforderndes Verhalten verstehen zu können, bedarf es der aufmerksamen Beobachtung des demenzkranken Menschen und der intensiven Auseinandersetzung mit dessen Biografie. Die in der Abbildung ⊡ Abb. 5.25 dargestellten Faktoren spielen eine entscheidende Rolle in der Entstehung von herausforderndem Verhalten und können uns einen Leitfaden dafür liefern, was wir beobachten müssen, um zu verstehen.
Hintergründe
Die folgenden Hintergründe könnten für das Verhalten von Frau Heinrich bedeutsam sein: z
Neurologischer Status
Motorische Fähigkeiten. Frau Heinrich ist körperlich noch sehr fit. Sie läuft täglich mehrere Stunden umher. Sie ist sehr aktiv und hilft gerne bei anfallenden hauswirtschaftlichen Tätigkeiten im Wohnbereich mit.
Hintergründe
Nahe liegende Gründe
Neurologischer Status: Zirkadianer Rhythmus („Innere Uhr“), motorische Fähigkeiten, Gedächtnis/ Merkfähigkeit, Sprache, Wahrnehmungsfähigkeit (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen)
Physiologische Bedürfnisse: Hunger und Durst, Ausscheidung, Schmerz, Unannehmlichkeit/ Unwohlsein, Schlafstörungen
Gesundheitsstatus: Allgemeinzustand, (Instrumentelle) Aktivitäten des täglichen Lebens Demographische Variablen: Geschlecht, Abstammung, Familienstand, Schulbildung, Beruf Psychosoziale Variablen: Persönlichkeit, Verhaltensreaktion auf Stress
5
Psychosoziale Bedürfnisse: Gefühle (Angst, Langeweile); Wunsch, dass die Unterstützung an die Fähigkeiten angepasst wird Physikalische Umgebung: Umgebungsgestaltung, Routine/ Stationsalltag, Lichtlevel, Geräuschlevel, Wärmelevel Soziale Umgebung: Personalausstattung und -stabilität, Umgebungsatmosphäre, Präsenz anderer
Herausforderndes Verhalten ⊡ Abb. 5.25 Faktoren der Entstehung von herausforderndem Verhalten (angelehnt an das NDB-Modell vgl. Kolanowski, 1999)
76
Kapitel 5 · Inhalte: Kommunikation mit demenzkranken Menschen
Herausforderndes Verhalten verstehen Hintergründe Neurologischer Status Gesundheitsstatus Demographische Variablen Psychosoziale Variablen
Herausforderndes Verhalten verstehen Hintergründe Neurologischer Status Gesundheitsstatus Demographische Variablen Psychosoziale Variablen
Nahe liegende Gründe Physiologische Bedürfnisse Psychosoziale Bedürfnisse Physikalische Umgebung Soziale Umgebung
⊡ Abb. 5.26 PPP Folie »Herausforderndes Verhalten verstehen« 1
⊡ Abb. 5.27 PPP Folie »Herausforderndes Verhalten verstehen« 2
Wahrnehmungsfähigkeit. Frau Heinrich reagiert auf Ansprache und sonstige Geräusche, ihr Gehör scheint intakt zu sein. Es kann jedoch vermutet werden, dass sie Wahrnehmungsschwierigkeiten hat, die das Sehen betreffen. So steigt sie bei ihrem Gang über die Station gelegentlich über nicht vorhandene Hindernisse, indem sie vorsichtig ihr Bein hebt und mit einem großen Schritt wieder absetzt. Sprache. Frau Heinrich spricht kaum – und wenn, dann unzusammenhängend. Sie hat Schwierigkeiten, inhaltliche Mitteilungen zu verstehen. Beispielsweise reagiert sie nicht auf die Aufforderung: »Decken Sie bitte den Tisch!«, beginnt jedoch begeistert den Tisch zu decken, sobald ihr ein Teller in die Hand gedrückt wird.
schnell unruhig, wirkt unzufrieden und unausgelastet.
5
z
Gesundheitsstatus
Instrumentelle Aktivitäten des täglichen Lebens. Frau Heinrich kann noch selbstständig kleine Hausarbeiten durchführen. Sie nutzt jede Gelegenheit, die sich ihr bietet, um aktiv zu werden. z
Demografische Variablen
Frau Heinrich hat zusammen mit ihrem Mann ein kleines Hotel betrieben, in dem sie sämtliche hauswirtschaftliche Tätigkeiten übernahm. Hierzu zählten neben dem Herrichten des Frühstückbuffets (→ Tischdecken) unter anderem auch das Aufräumen und Säubern der Gästezimmer – also z. B. auch das Leeren von Mülleimern. z
Nahe liegende Gründe
Die folgenden nahe liegenden Gründe könnten für das Verhalten von Frau Heinrich bedeutsam sein: Psychosoziale Bedürfnisse. Wenn Frau Heinrich nichts zu tun hat, so wirkt sie gelangweilt, wird
z
Beschreibung des Verhaltens »Mülleimer leeren«
Solange Frau Heinrich die Mülleimer leert, wirkt sie selig und mit sich selbst zufrieden. Sie ist völlig vertieft in ihre Tätigkeit. z
Verstehenshypothese
Auf Basis dieser Daten wird folgende Verstehenshypothese von der Bezugspflegekraft von Frau Heinrich in Abstimmung mit der Tochter und dem Hausarzt aufgestellt: ▬ Das Leeren der Mülleimer zeigt Restfähigkeiten ihrer beruflichen Tätigkeit »Hauswirtschaftlerin in einem Hotelbetrieb«. ▬ Das Verhalten ist mit ihrer Identität eng verknüpft. Aus der Tätigkeit schöpft sie Erfolgserlebnisse, Selbstwert und das Gefühl, gebraucht zu werden. ▬ Wird sie in dieser Tätigkeit unterbrochen, brechen diese positiven Gefühle zusammen. Wo Erfolg und Selbstwert war, ist nun Misserfolg und Frustration. Und das löst bei fast jedem Menschen Gefühle wie Aggression, Traurigkeit oder Angst aus. ▬ Darüber hinaus ist sie aufgrund ihrer kommunikativen Schwierigkeiten nicht mehr dazu in der Lage, ihre Probleme und Bedürfnisse in herkömmlicher Art und Weise mitzuteilen. Dies führt dazu, dass Frau Heinrich sich nur durch Veränderungen im Verhalten erklären kann – wie z. B. Schlagen und Schreien. ▬ Auch versteht sie die Begründungen der Pflegepersonen nicht, die ihr die Mülleimer ab-
77 5.4 · Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation
nehmen. Mündliche Erklärungen, die sie nicht verstehen kann, sind daher ein zusätzliches Misserfolgserlebnis. Sie steigern somit Frustration und auch Aggression. z
Maßnahmen
Auf Basis der Verstehenshypothese soll versucht werden, die hauswirtschaftlichen Fähigkeiten von Frau Heinrich gezielt im Stationsalltag zu nutzen. Somit soll die Langeweile, die der Antrieb zu ihrem herausfordernden Verhalten (Mülleimer leeren) zu sein scheint, vermieden werden. Gleichzeitig sollen solche Tätigkeiten gewählt werden, die sie mit ihren Fähigkeiten noch ausführen kann, sodass sie aus den Tätigkeiten Erfolgserlebnisse und Selbstwert ziehen kann. Bekannt sind bereits ihre Fähigkeiten beim Tischdecken. Über genaues Beobachten sollen weitere Fähigkeiten entdeckt werden. Tritt das Verhalten »Mülleimer leeren« dennoch auf, so soll auf mündliche Erklärungsversuche verzichtet werden. Stattdessen soll die Fähigkeit gelobt werden, um Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Gleichzeitig soll eine alternative Beschäftigung eingeleitet werden, die das Gefühl vermittelt, gebraucht zu werden, z. B.: »Ich brauche dringend Ihre Unterstützung. Helfen Sie mir, die Teller auf den Esstisch zu stellen?«
Herausforderndes Verhalten verstehen Hintergründe Neurologischer Status Gesundheitsstatus Demographische Variablen Psychosoziale Variablen
Nahe liegende Gründe Physiologische Bedürfnisse Psychosoziale Bedürfnisse Physikalische Umgebung Soziale Umgebung
Herausforderndes Verhalten Beschreiben
Verstehen
Maßnahmen
⊡ Abb. 5.28 PPP Folie »Perspektivübernahme« 2
5
6
Inhalte: Kommunikation und Kooperation von versorgenden Angehörigen und professionell Pflegenden Krause, K., Franzmann, J., Haberstroh, J.
6.1
Das »Pflegedreieck«
– 80
6.2
Die vier Seiten der Kommunikation – 81
6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4
Sachinhalt – Worüber ich informiere – 81 Selbstoffenbarung – Was ich von mir selbst kundgebe – 81 Beziehung – Was ich von Dir/Ihnen halte und wie wir zueinander stehen Appell – Wozu ich Dich/Sie veranlassen möchte – 82
6.3
Empfängermodell: Die vier Ohren – 82
6.4
Gesprächsführung
6.4.1 6.4.2
Ich-Botschaften – 83 Aktives Zuhören – 84
6.5
Perspektivübernahme
6.5.1 6.5.2
Was bedeutet Demenz für die Angehörigen des erkrankten Menschen? Was bedeutet Demenz für Altenpflegekräfte? – 87
– 81
– 83
– 85
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 85
80
Kapitel 6 · Inhalte: Kommunikation und Kooperation von versorgenden Angehörigen und professionell Pflegenden
6.1
Das »Pflegedreieck«
Sowohl die Pflegekräfte als auch die Angehörigen stehen durch die Pflege in intensivem Kontakt mit dem betreuten demenzkranken Menschen (PPP 7, TANDEM für professionelle Pflegekräfte; PPP 5, TANDEM für versorgende Angehörige).
6
Damit die Versorgung eines an Demenz erkrankten Menschen optimal gestaltet werden kann, ist es wichtig, dass sich Angehörige und Pflegekräfte untereinander austauschen und zusammenarbeiten. Das Modell »Pflegedreieck« verdeutlicht, dass ein Mensch mit Demenz, seine versorgenden Angehörigen und die professionellen Pflegekräfte ein »Pflegesystem« bilden, innerhalb dessen es zwischen allen Beteiligten zu Austausch und Zusammenarbeit, aber auch Missverständnissen oder Spannungen kommen kann (⊡ Abb. 6.1, ⊡ Abb. 6.2).
Das „Pflegedreieck“ Angehörige als Sender von Informationen
Pflegekraft
Angehörige als Empfänger von Informationen
Angehörige
Mensch mit Demenz ⊡ Abb. 6.1 PPP Folie »Das Pflegedreieck« für Angehörige
Das „Pflegedreieck“ Pflegekraft als Empfänger von Informationen
Pflegekraft
Pflegekraft als Sender von Informationen
Angehörige
Mensch mit Demenz
⊡ Abb. 6.2 PPP Folie »Das Pflegedreieck« für Pflegekräfte
Die formell-informellen Beziehungen innerhalb des »Pflegedreiecks« bergen aufgrund der unterschiedlichen Perspektiven und Interessen auf allen Seiten Konfliktpotential, aber auch das große Potential, von der Erfahrung und Expertise der anderen zu profitieren. Um dies zu unterstützen, ist es hilfreich, wenn sowohl Angehörige als auch Pflegekräfte Gelegenheit haben, ihre Perspektiven zu reflektieren und ihre Erwartungen und Wünsche an die Pflege und die Zusammenarbeit im »Pflegesystem« klar zu formulieren. Interventionen zur Förderung von Kommunikation und Kooperation zwischen beruflich Pflegenden und Angehörigen haben sich für die stationäre Pflege demenzkranker Menschen als effektiv erwiesen. Von der stationären Pflege unterscheidet sich die Situation in der ambulanten Pflege dahingehend, dass Angehörige häufig in gleichem Maße oder mehr an der Pflege ihres Angehörigen beteiligt sind als die beruflich Pflegenden. Die Gelegenheiten, Möglichkeiten, aber auch Anforderungen an Zusammenarbeit und Austausch zwischen den in die Pflege eines demenzkranken Menschen Involvierten sind im häuslichen Setting nochmals größer. In den Sitzungen zur »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« wurden die Besonderheiten und Herausforderungen in der Interaktion mit einem an Demenz erkrankten Menschen intensiv behandelt. Kommunikation kann aber nicht nur mit einem an Demenz erkrankten Menschen herausfordernd sein! Auch im Alltag kann Kommunikation Schwierigkeiten bereiten – oft wird hier der Anteil der Kommunikation an Missverständnissen gar nicht bemerkt, da unser Kommunikationsverhalten uns oft gar nicht bewusst, sondern »selbstverständlich« erscheint. Viele Missverständnisse und Konflikte können aber vermieden (oder konstruktiv gelöst) werden, wenn wir darauf achten, Anliegen und Wünsche direkt und offen zu kommunizieren. Wie kann diese Kommunikation, der Austausch zwischen Pflegekräften und Angehörigen, möglichst effektiv und für beide Seiten angenehm gestaltet werden? Wie können Pflegekräfte und Angehörige zum Wohle des demenzkranken Menschen kooperieren und sich gegenseitig unterstützen?
81 6.2 · Die vier Seiten der Kommunikation
6.2
Die vier Seiten der Kommunikation
Wenn zwei Menschen miteinander kommunizieren, unterscheidet man dabei den Sender vom Empfänger der Nachricht. Der Sender ist derjenige, der etwas mitteilt, d. h. eine Nachricht sendet. Am Empfänger liegt es nun, die Nachricht zu entschlüsseln, d. h., dahinter zu kommen, was der Sender ihm mitteilen möchte. ⊡ Folie 5, PPP 5, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 5, PPP 7, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Hier möchten wir etwas genauer hinschauen: Was sagen wir eigentlich, wenn wir etwas sagen? Was schwingt bei einer Kommunikation vielleicht auch ungesagt mit? Friedemann Schulz von Thun unterscheidet verschiedene Botschaften, die alle Teil einer Nachricht sein können. Diese nennt er den Sachinhalt, die Selbstoffenbarung, die Beziehung und den Appell (⊡ Abb. 6.3). Sehen wir uns die einzelnen Seiten dieses Kommunikationsquadrats anhand eines Beispiels nun einmal genauer an. Beispiel Der Pflegedienstleiter sagt zur Mitarbeiterin: »Sie machen heute aber früh Feierabend!«
sich darauf, dass die Mitarbeiterin offensichtlich gerade beschlossen hat, für heute aufzuhören zu arbeiten. Darüber hinaus stellt der Chef fest, dass es eine frühe Zeit zu sein scheint – ob sich dies darauf bezieht, dass die Mitarbeiterin gewöhnlich länger bleibt, ist als Information in dem Satz nicht enthalten. Bei der Seite Sachinhalt geht es zunächst also einmal darum, worüber der Sender inhaltlich informieren möchte.
6.2.2
Sachinhalt – Worüber ich informiere
Die im Beispiel überbrachte Nachricht (»Sie machen heute aber früh Feierabend!«) enthält zunächst einmal eine Sachinformation. Diese bezieht
⊡ Abb. 6.3 Die vier Seiten einer Nachricht (angelehnt an Schulz von Thun (2006)
Selbstoffenbarung – Was ich von mir selbst kundgebe
In jeder Nachricht stecken nicht nur Informationen über die mitgeteilten Sachinhalte, sondern auch Informationen über die Person des Senders. Zunächst einmal erfahren wir über den Sender der Nachricht im obigen Beispiel, dass es ihm aufgefallen ist, dass die Mitarbeiterin gerade gehen möchte. Darüber hinaus verrät uns sein Satz, dass er den Feierabendbeginn seiner Mitarbeiterin als früh bewertet. Allgemein gesagt: In jeder Nachricht steckt immer auch ein Stück Selbstoffenbarung des Senders. Wenn jemand etwas von sich gibt, gibt er also immer auch etwas von sich preis.
6.2.3 6.2.1
6
Beziehung – Was ich von Dir/Ihnen halte und wie wir zueinander stehen
Aus einer Nachricht geht zudem auch hervor, wie der Sender zum Empfänger steht, was er von ihm hält. Dies zeigt sich oftmals in der gewählten Formulierung, dem Tonfall und anderen nichtsprachlichen Begleitsignalen, wie beispielsweise dem Gesichtsausdruck oder der Körperhaltung. Für diese Seite der Nachricht ist der Empfänger besonders empfindlich, denn hier fühlt er sich als Person in einer bestimmten Weise (z. B. gut oder schlecht) behandelt. In unserem Beispiel gibt der Sender (= Chef) dem Empfänger (= Mitarbeiterin) zu erkennen, dass er ein Auge darauf hat, wann seine Mitarbeiter Feierabend machen. Mit seinem Satz gibt er der Mitarbeiterin darüber hinaus zu verstehen, dass er in einer Beziehung zu ihr steht, in der er das
82
Kapitel 6 · Inhalte: Kommunikation und Kooperation von versorgenden Angehörigen und professionell Pflegenden
Verhalten der Mitarbeiterin kommentieren kann. Aus der Reaktion des Empfängers kann deutlich werden, ob er diese Definition der Beziehung zwischen sich und dem Sender akzeptiert oder nicht.
6.2.4
6
Appell – Wozu ich Dich/ Sie veranlassen möchte
Viele Nachrichten haben die Funktion, auf den Empfänger Einfluss zu nehmen. Was der Sender (= Chef) in unserem Beispiel der Mitarbeiterin auf der Appell-Ebene mitteilen möchte, ist nicht ganz eindeutig: Beispielsweise könnte in dem Satz der Appell »Bleiben Sie noch!« versteckt sein. Eine andere Interpretation könnte sein, dass der Sender es bedauert, selbst noch nicht Feierabend machen zu können und einen Appell zur Anteilnahme an die Mitarbeiterin richtet. Dies spricht er jedoch nicht offen aus. Eine Nachricht dient also (auch) dazu, den Empfänger zu veranlassen, bestimmte Dinge zu tun oder zu lassen, zu denken oder zu fühlen – auch wenn dies nicht explizit im Sachinhalt der Nachricht formuliert wird. > Welche Botschaften auf der Beziehungs-, Selbstoffenbarungs- und Appellebene in einer Nachricht implizit mitschwingen, wird zum großen Teil über die nonverbalen Anteile der Kommunikation ausgedrückt!
Von maßgeblicher Bedeutung für die Interpretation des Beispielsatzes: »Sie machen heute aber früh Feierabend!«, ist z. B., mit welchem Tonfall und mit welcher Mimik der Chef diesen Satz zu seiner Mitarbeiterin sagt. Wie stark diese nonverbalen Anteile die Interpretation auf der Beziehungs-, Selbstoffenbarungs- und Appellebene beeinflussen, kann man sich mit einer kleinen Übung verdeutlichen. Vergleichen Sie bitte, wie Sie anstelle der Mitarbeiterin den Satz Ihres Chefs in den folgenden beiden Situationen interpretieren würden: ▬ Die Mitarbeiterin räumt ihren Schreibtisch auf und schaltet den Computer aus. Der Chef läuft mit einer Akte in der Hand an ihrem Büro vorbei. Als er die Mitarbeiterin sieht, bleibt er stehen. Er runzelt die Stirn und sagt mit
Nachdruck: »Sie machen heute aber früh Feierabend!« Die Betonung legt er dabei auf »früh«. ▬ Die Mitarbeiterin räumt ihren Schreibtisch auf und schaltet den Computer aus. Der Chef läuft mit einer Akte in der Hand an ihrem Büro vorbei. Als er die Mitarbeiterin sieht, bleibt er stehen. Er lächelt, nickt ihr zu und sagt: »Sie machen heute aber früh Feierabend!« Die Betonung legt er dabei auf »Sie«. Haben Sie in den beiden Situationen unterschiedliche »Botschaften« des Chefs empfangen? Viele Menschen empfinden die Aussage des Chefs in der ersten Situation als einen verdeckten Tadel. Der Chef sagt nicht direkt: »Ich finde es nicht richtig, dass Sie jetzt schon Feierabend machen!«, aber durch den mimischen Ausdruck des Stirnrunzelns und der Betonung auf dem Wort »früh« schwingt eine Bewertung mit. Oft wird eine solche implizit ausgedrückte Bewertung als sehr viel unangenehmer empfunden als eine offen ausgesprochene. In der zweiten Situation wird die Botschaft des Chefs meist als wohlwollend aufgefasst. Durch seine Mimik und Gestik signalisiert der Chef, dass er mit dem Verhalten der Mitarbeiterin einverstanden ist oder sich sogar für sie freut.
6.3
Empfängermodell: Die vier Ohren
Durch die vier Seiten einer Nachricht haben wir aufgeschlüsselt, was in einem Satz alles an Botschaften enthalten sein kann und damit auch kommuniziert wird. Jetzt wollen wir uns die andere Seite – die des Empfängers der Nachricht – genauer anschauen: Was kommt beim Empfänger an? Analog zu den vier Seiten einer Nachricht kann man sich vorstellen, dass der Empfänger die Nachricht mit »vier Ohren« hört: Dem Sach-Ohr, dem Selbstoffenbarungs-Ohr, dem BeziehungsOhr und dem Appell-Ohr. ⊡ Folie 6, PPP 5, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 6, PPP 7, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Wir erinnern uns an den Satz, den der Chef zur Mitarbeiterin sagt: »Sie machen heute aber früh Feierabend!« Was denkt die Mitarbeiterin wohl, wenn sie diesen Satz hört? Was sind ihre Ge-
83 6.4 · Gesprächsführung
danken, je nachdem, mit welchem Ohr sie ihrem Chef zugehört hat? Es gibt sehr große individuelle Unterschiede, auf welchem dieser Ohren ein Mensch besonders hellhörig ist. Je nachdem, mit welchem Ohr der Empfänger die Nachricht hört, wird auch seine Reaktion ausfallen. Hat die Mitarbeiterin aus unserem Beispiel die Angewohnheit, Nachrichten vor allem mit dem Appell-Ohr zu hören, wird sie unter Umständen beschließen, doch noch länger zu bleiben und erst später Feierabend zu machen. Hört sie dagegen sehr ausgeprägt mit dem Selbstoffenbarungs-Ohr, wird sie vielleicht zu dem Schluss kommen, dass ihr Chef ärgerlich darüber ist oder es bedauert, selbst noch länger arbeiten zu müssen, während sie schon gehen kann. Hat sie die Nachricht dagegen mit dem Beziehungs-Ohr gehört, wird sie sich vielleicht Gedanken machen, was ihr Chef von ihr denkt: »Hält er mich für faul?« Hört sie dagegen sehr ausgeprägt mit dem Sach-Ohr, wird sie ihrem Chef zustimmen – je nachdem, ob sie wirklich gerade dabei ist, in den Feierabend zu gehen und je nachdem, ob sie der Einschätzung ihres Chefs, dass es noch früh ist, zustimmt. Eine Quelle für Konflikte in der Alltagskommunikation liegt darin, dass Nachrichten vom Sender so formuliert werden, dass auf der Beziehungs-, Selbstoffenbarungs- und Appellebene für den Empfänger unklare Botschaften mitschwingen. Diese müssen vom Sender gar nicht bemerkt worden sein. Reagiert der Empfänger in seiner Antwort dann wiederum beispielsweise auf die bei ihm angekommene Botschaft auf der Beziehungsebene, ist dies für den Sender eine unverständliche Reaktion.
6.4
Gesprächsführung
Im Folgenden wollen wir uns damit beschäftigen, wie man Missverständnisse und Konflikte, die durch unklare Kommunikation entstehen, vermeiden kann! Zunächst einmal geht es darum, wie man eigene Nachrichten – z. B. persönliche Anliegen oder Wünsche – so formulieren kann, dass sie für den Empfänger möglichst gut verständlich sind. Das kann man erreichen, indem der Sachund vor allem der Selbstoffenbarungsanteil einer
6
Nachricht betont werden. ⊡ Folie 7, PPP 5, TANDEM für versorgenden Angehörige, ⊡ Folie 7, PPP 7, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
6.4.1
Ich-Botschaften
Nachrichten mit hohem Selbstoffenbarungsanteil werden auch Ich-Botschaften genannt. Durch das Formulieren einer Ich-Botschaft gibt der Sender etwas von sich selbst, von seinem Innenleben preis. Damit stehen Ich-Botschaften im Gegensatz zu Du-Botschaften, bei denen eine Aussage über den anderen gemacht wird. Ich-Botschaften sind Äußerungen, die die eigene Meinung und die eigenen Gefühle mitteilen. Dabei besteht eine Ich-Botschaft aus einem Gefühls- und einem Sachinhalt. Die eigenen Gefühle werden hierbei in der Ich-Form zum Ausdruck gebracht. Ein Satz, der mit »Ich fühle mich…« beginnt, muss deshalb noch keine Ich-Botschaft sein. Beispiel Beispiel für eine »unechte« Ich-Botschaft: »Ich war verletzt, dass Du nicht mit mir über die Probleme an Deinem Arbeitsplatz reden wolltest.« In diesem Satz steckt eigentlich die Du-Botschaft: »Du redest nie mit mir über Probleme auf der Arbeit.«
Wie das Beispiel zeigt, bezieht sich das Formulieren eigener Gefühle/Meinungen jedoch nicht (nur) darauf, die Aussage mit dem Wort »Ich« zu beginnen. Bei der Aussage: »Ich finde es doof, dass du nie mit mir über Probleme auf der Arbeit redest«, handelt es sich nicht um eine Ich-Botschaft, sondern um eine Beschuldigung. Im Prinzip steckt in diesem Satz einfach der Vorwurf: »Du redest nie mit mir über Probleme auf der Arbeit« (= DuBotschaft). Die Person macht demnach vielmehr eine Aussage über den anderen, als etwas von sich selbst preis zu geben. Damit handelt es sich also um eine versteckte Du-Botschaft und keinesfalls um eine Ich-Botschaft. Eine vollständige Ich-Botschaft besteht nach Schmidt (2007) aus folgenden vier Schritten (⊡ Tab. 6.1). ⊡ Folie 8, PPP5, TANDEM für versorgende Angehörige, ⊡ Folie 8, PPP 7, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
84
Kapitel 6 · Inhalte: Kommunikation und Kooperation von versorgenden Angehörigen und professionell Pflegenden
⊡ Tab. 6.1 Vollständige Ich-Botschaft
6
Schritt
Inhalt
1
Die Situation bzw. das störende Verhalten aus der eigenen Sicht konkret beschreiben
2
Die Auswirkungen auf mich schildern
3
Die eigenen Gefühle ausdrücken
4
Eigene Wünsche oder Erwartungen formulieren
Eine vollständige Ich-Botschaft kann z. B. so aussehen. (1) »Sie sind zu unserer Besprechung heute eine halbe Stunde zu spät gekommen. (2) Ich komme jetzt in Zeitdruck, weil ich nachher weitere Termine habe. (3) Das ärgert und stresst mich. (4) Ich wünsche mir, dass Sie in Zukunft pünktlicher sind oder Bescheid sagen, wenn es später wird.« Beim Formulieren von Ich-Botschaften ist nicht immer jeder einzelne Schritt notwendig. Zudem ist die Reihenfolge der Schritte nicht entscheidend. Eine Ich-Botschaft kann beispielsweise auch so aussehen: (3) »Ich bin verärgert, (1) da Sie eine halbe Stunde zu spät kommen.« Wichtig beim Formulieren einer Ich-Botschaft ist es, eigene Meinungen/Gefühle auszudrücken und sich dabei selbst wohl zu fühlen. Es kann sein, dass Sie es unangemessen finden, eigene Gefühle auszudrücken. Dann kann der dritte Schritt auch weggelassen werden. Formulieren Sie IchBotschaften so, dass sie zu Ihrer Person (und zur Situation) passen. Das Benutzen von Wörtern wie »immer« oder »wieder« sollte dabei beim Formulieren von IchBotschaften unterlassen werden. Formulierungen mit Generalisierungen dieser Art (≠ Beschreibungen konkreter Situationen) tendieren dazu, den Empfänger anzugreifen und Konfliktsituationen zu verursachen bzw. zu verschärfen. Das Formulieren von Ich-Botschaften ist eine wichtige Technik zur konstruktiven Gesprächsführung. Dies gilt vor allem für Spannungs- oder Konfliktsituationen. Ich-Botschaften können deeskalierend wirken, da sie dem Empfänger die Perspektive des Senders verständlich machen, und so das Einlenken leichter machen. Die Bereitschaft zur
Klärung eines Missverständnisses oder Konflikts wird durch das Senden von Ich-Botschaften erhöht. Der Sender einer Ich-Botschaft stellt sich nicht höher als sein Gegenüber, er zeigt sich als ein Mensch mit Empfindungen, mit Stärken und Schwächen. Dadurch wird eine partnerschaftliche Atmosphäre im Gespräch gefördert. Zudem macht das eigene Senden von Ich-Botschaften auch das Formulieren von Ich-Botschaften des Gesprächspartners wahrscheinlicher, wodurch eine Atmosphäre der Offenheit und des Vertrauens gefördert wird. > Das eigene Kommunikationsverhalten zu verändern, geht nicht im Handumdrehen!
Kommunikation ist für uns etwas Alltägliches und Selbstverständliches – unsere eigenen Kommunikationsgewohnheiten fallen uns daher oft gar nicht bewusst auf. Wenn wir Kommunikation anders gestalten möchten, ist es daher ein erster wichtiger Schritt, uns bewusst zu machen, wie wir kommunizieren. Dazu gehört, sich nach einem Gespräch noch einmal zu überlegen: Was wollte ich sagen? Was habe ich tatsächlich gesagt? Wie ist das von mir Gesagte bei meinem Gegenüber angekommen? Genauso kann man sich auch auf anstehende Gespräche bewusst vorbereiten und ausprobieren, wie man seine Anliegen formulieren möchte. Mit zunehmender Übung wird es dann auch gelingen, in Situationen spontan zu reagieren. Es lohnt sich!
6.4.2
Aktives Zuhören
Aktives Zuhören ist eine Technik, die man als Empfänger von Information – einer Nachricht, Botschaft – einsetzen kann, um die Verständigung zu verbessern. Aktives Zuhören im Austausch mit anderen kann helfen, den Gesprächspartner besser zu verstehen, Missverständnisse zu vermeiden und aufkommende Konflikte zu entschärfen. ⊡ Folie 4, PPP 8, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Grob können beim Aktiven Zuhören drei Stufen unterschieden werden: Zuhören, Verstehen und Gefühle verstehen. ⊡ Folie 5, PPP 8, TANDEM für professionelle Pflegekräfte Die erste Stufe Zuhören ist im Grunde etwas Selbstverständliches: Ich höre meinem Gesprächspartner aufmerksam zu und signalisiere ihm das durch Blickkontakt,
85 6.5 · Perspektivübernahme
6
durch Nicken oder durch Laute wie »Ja« und »mhm«. Dies wird auch als »soziales Grunzen« bezeichnet. Wenn ich gerade mit etwas anderem beschäftigt bin, unterbreche ich dies, um mich meinem Gesprächspartner zuzuwenden und ihm zu signalisieren, dass er oder sie meine volle Aufmerksamkeit hat. Bei der zweiten Stufe – Verstehen – geht es darum, zu überprüfen, ob ich das Gehörte inhaltlich richtig verstanden habe. Verständnis überprüfen kann ich z. B. dadurch, dass ich in eigenen Worten wiedergebe, was ich von dem Gesagten meines Gesprächspartners verstanden habe. Auch kann ich beispielsweise das Wichtigste zusammenfassen, um sicher zu gehen, mein Gegenüber richtig verstanden zu haben. Das dient nicht nur meinem Verständnis, sondern hilft auch meinem Gesprächspartner, seine Gedanken zu klären bzw. zeigt ihm, dass ich mich um das Verstehen des Gesagten bemühe. Wenn mein Gesprächspartner aufgeregt oder emotional sehr bewegt ist, kann durch diesen Schritt zudem sichergestellt werden, dass beide Gesprächspartner genau verstehen, »wo der Schuh drückt«. Die dritte Stufe – Gefühle verstehen – ist gleichzeitig die schwierigste Stufe des Aktiven Zuhörens. Bei der dritten Stufe geht es darum, die Gefühle und Bedürfnisse des Gesprächspartners zu verstehen und anzusprechen. Dazu muss ich versuchen, zwischen den Zeilen zu lesen und die Motive und Beweggründe hinter seinen Worten zu finden. Dies ist nicht leicht umzusetzen und auch nicht immer angebracht. Es kann jedoch hilfreich sein, um bei Spannungen im Gespräch meinem Gegenüber Verständnis und Interesse zu signalisieren. Dennoch sollte diese Stufe mit Vorsicht behandelt werden. Ein Verbalisieren der Gefühle des anderen sollte keine Unterstellung (z. B.: »Sie sind müde und meckern mich deshalb an.«) oder Vorwurf an den Gesprächspartner sein. Um zu verdeutlichen, wie eine Reaktion mit Aktivem Zuhören aussehen kann, versetzen Sie sich bitte in folgende Situation:
der Tür. Als Sie öffnen, legt sie direkt los: »Frau Müller, Ihre Kinder haben mich den ganzen Mittag vom Arbeiten abgehalten! Ich hatte mir extra Arbeit mit nach Hause genommen, um sie in Ruhe fertig machen zu können. Dazu kam ich aber dann gar nicht, weil Ihre Kinder so laut waren, dass ich mehrmals rübergehen musste, um sie zu ermahnen, leiser zu sein. Im Endeffekt bin ich nun zu nichts gekommen! Wie reagieren Sie?
Beispiel
In mindestens 80 % der Fälle wird die Betreuung und Pflege von Menschen mit Demenz von den Angehörigen geleistet. Gleichzeitig gehört diese Situation zu den belastendsten, denen Familienmitglieder ausgesetzt sein können. In allen Le-
Sie kommen gerade von einem sehr anstrengenden Arbeitstag nach Hause und möchten sich erst einmal entspannen. Sie setzen sich auf die Couch und legen die Füße hoch, da klingelt Ihre Nachbarin an
Die üblichen Reaktionen auf dieses Beispiel reichen von »Ich mache die Tür wieder zu!« bis zu »Ich entschuldige mich für meine Kinder und hoffe, dass es damit erledigt ist.« Sie verdeutlichen die ganze Bandbreite an möglichen Reaktionsweisen in einer privaten Situation, in der die Reaktion beispielsweise davon abhängt, wie gut ich mit der Nachbarin bisher ausgekommen bin, ob es solche Situationen schon öfter gab und vielem mehr. Möchte ich mit der Nachbarin in Zukunft gut auskommen und bin daher an einer konstruktiven Lösung interessiert, empfiehlt es sich, in einer solchen Situation nicht gleich eine Rechtfertigungs- oder Verteidigungshaltung einzunehmen. Eine Reaktion mit Aktivem Zuhören ermöglicht es, Lösungsbereitschaft zu signalisieren – gleichzeitig ermöglicht sie der anderen Person, mit ihrem Anliegen erst einmal gehört zu werden. Dies hat oftmals den Effekt, dass Spannung aus einer Konfliktsituation genommen wird. Ein Beispiel für das Verbalisieren von Gefühlen, bezogen auf Person und Vorwurf der Nachbarin: »Verstehe ich Sie richtig, dass sie sehr verärgert darüber sind, dass Sie Ihre Arbeit nicht haben beenden können, weil meine Kinder Sie durch ihr lautes Spielen davon abgehalten haben?«
6.5
Perspektivübernahme
6.5.1
Was bedeutet Demenz für die Angehörigen des erkrankten Menschen?
86
Kapitel 6 · Inhalte: Kommunikation und Kooperation von versorgenden Angehörigen und professionell Pflegenden
Perspektivübernahme t Die Pflegepersonen eines an Demenz erkrankten Menschen haben den entscheidenden Einfluss auf seine Lebensqualität! t Aber wie geht es den Pflegenden selbst dabei? ⊡ Abb. 6.4 PPP Folie »Perspektivübernahme«
6
bensbereichen kommt es zu tiefgreifenden Veränderungen durch die Erkrankung des Partners oder Elternteils. Es ist ein grundlegender Widerspruch auszuhalten: Auf der einen Seite steht die enge Bindung zu einem wichtigen Menschen, der nun Betreuung und Pflege braucht. Auf der anderen Seite muss der versorgende Angehörige täglich Abschied nehmen von dem Menschen, der der Erkrankte früher war – vor Ausbruch der Demenz.
Anpassungsleistungen Im Verlauf der Demenzerkrankung müssen die versorgenden Angehörigen verschiedene schwierige Anpassungsleistungen bewältigen. Es beginnt mit den ersten Symptomen der Krankheit, die am Anfang häufig noch fehlinterpretiert oder geleugnet werden; es folgt die psychische Verarbeitung der Diagnose und schließlich muss der sich verändernde Mensch betreut und gepflegt werden. Das familiäre Gleichgewicht, das über Jahre hinweg etabliert wurde und durch beständige Muster von Beziehungen und Verhaltensweisen gekennzeichnet war, wird durch die Erkrankung erschüttert und muss im Laufe der Demenz ständig angepasst werden.
Rollenwechsel Die Rollen, die sich im Laufe des Zusammenlebens ausgebildet haben, müssen neu definiert werden. Herr Fürsorglich, der früher mit Stolz seine Familie versorgt hat, muss nun selbst versorgt werden. Frau Putzteufel, die früher den Haushalt geführt hat, kann heute die einfachsten Tätigkeiten nicht mehr verrichten. Frau Karriere-Leiter, die ihr Leben lang berufstätig war und der ihre Eigenständigkeit immer wichtig war, ist auf einmal von anderen abhängig. Die versorgenden Angehörigen müssen die schwindenden Fähigkeiten ausgleichen und neue Rollen übernehmen. Wenn die Demenz
bei den Eltern oder Schwiegereltern auftritt, führt dies zur Umkehr der früheren Rollen. Für den erkrankten Angehörigen müssen Entscheidungen getroffen und Grenzen gesetzt werden. Das Elternteil kommt in eine starke Abhängigkeit gegenüber seinen Kindern, vergleichbar der Situation von Kindern in ihren ersten Lebensjahren. Das stellt eine ungewohnte und schwierige Situation dar. Neben den neuen Rollen, die übernommen werden müssen, bedeuten die Veränderungen des Menschen mit Demenz für den versorgenden Angehörigen einen emotionalen Verlust. Der Ehemann, der immer eine Stütze im Leben war, kann keine längeren Gespräche mehr führen und wird schnell aggressiv. Die Mutter, auf die sich die Tochter immer verlassen konnte, zieht sich zurück und wirkt apathisch. Es kann sogar passieren, dass die Angehörigen sich den Tod des demenzkranken Partners wünschen, um den psychologischen Verlust auch real betrauern zu können. Gleichzeitig sind für sie damit starke Schuldgefühle verbunden. Die Neudefinition der Rollen im Familiensystem und die Akzeptanz der Erkrankung werden durch die erheblichen Schwankungen der demenziellen Symptomatik erschwert. Selbst bei der Alzheimer-Demenz, die insgesamt gesehen gleichmäßig fortschreitet, sind im Laufe eines Tages starke Schwankungen der Fähigkeiten und Gefühle des demenzkranken Menschen zu beobachten. Für die Angehörigen bedeutet das, dass sie zwischen Verzweiflung und Hoffnung schwanken.
Herausforderungen Die Versorgung eines Menschen mit Demenz in der Familie bringt eine Vielzahl von Herausforderungen und Belastungen mit sich. Versorgende Angehörige erleben u. a. Verschlechterungen ihres körperlichen Gesundheitszustandes und Wohlbefindens, Einbußen des psychischen Wohlbefindens und Einschränkungen der Anzahl und Qualität der sozialen Beziehungen innerhalb und außerhalb der Familie. Somit müssen sie als Risikogruppe für physische und psychische Erkrankungen betrachtet werden. Auch wenn in der öffentlichen Wahrnehmung die Gedächtnisprobleme im Mittelpunkt einer Demenz stehen, so sind es eigentlich ganz andere Schwierigkeiten, die die versorgenden Angehörigen am meisten belasten. Die versorgen-
87 6.5 · Perspektivübernahme
den Angehörigen verzweifeln oft vielmehr an den schwankenden Gefühlen, den herausfordernden Verhaltensweisen, wie beispielsweise Schreien oder nächtlichem Herumwandern und vor allem auch an den Kommunikationsschwierigkeiten. Seinen Angehörigen nicht mehr verstehen, sich ihm nicht mehr mitteilen können, und gleichzeitig mit ihm die meiste Zeit verbringen – das gibt vielen versorgenden Angehörigen das Gefühl, allein zu sein – allein zu zweit. Daher ist es nicht nur wie oben besprochen für den demenziell erkrankten Menschen wichtig, dass Kommunikation aufrecht erhalten wird, sondern ebenso für seinen versorgenden Angehörigen.
6.5.2
Was bedeutet Demenz für Altenpflegekräfte?
Nicht jeder demenzkranke Mensch kann von der Versorgung durch Angehörige in der häuslichen Umgebung profitieren. Immer mehr Menschen mit Demenz sind auf die Unterstützung durch professionelle Pflegekräfte oder Hilfsdienste (z. B. Essen auf Rädern) angewiesen. Dies kommt unter anderem daher, dass Menschen mit Demenz zunehmend allein leben und oft keine sozialen Bezugssysteme mehr existieren. Zum anderen spielen die steigende Berufstätigkeit von Frauen und die geringere Zahl an pflegenden (Enkel-)Kindern pro pflegebedürftigen (Groß-)Elternteil eine Rolle. Hierdurch nehmen die Unterstützungsmöglichkeiten in den Familien ab, wodurch vermehrt auch auf Unterstützung von außen zurückgegriffen werden muss (z. B. auf ambulante Pflegedienste). Hinzukommt, dass bis zu 80 % der Betroffenen im Laufe der demenziellen Erkrankung in ein Pflegeheim übersiedeln. Für alleinlebende sowie im Pflegeheim lebende demenzkranke Menschen nehmen daher oft professionelle Pflegekräfte die Rolle der wichtigsten Bezugsperson ein. Nicht umsonst wird der Begriff »Bezugspflegekraft« vor allem im stationären Bereich immer populärer.
Belastungen Auch Altenpflegekräfte, die sich der Versorgung von Menschen mit Demenz widmen, sind eine Risikogruppe für physische und psychische Er-
6
krankungen in Folge von beruflichen Fehlbelastungen. Immer wieder lesen wir reißerische Artikel über den gravierenden Pflegenotstand in der Altenpflege. Und immer wieder wird mit dem anklagenden Finger auf die Pflegekräfte gezeigt. Aber wer fragt, wie es den Pflegenden geht? Wer sind sie eigentlich, diese Pflegekräfte der 4. Generation? Und welchen Belastungen sind sie tagtäglich ausgesetzt? Wer den Beruf des Altenpflegenden wählt, ist nahezu ausnahmslos hoch motiviert, Gutes zu tun. Kontakt zu anderen Menschen finden und ihnen helfen – das sind die Motive der Berufseinsteiger. Diese hohe soziale Arbeitsmotivation wird aber schnell enttäuscht, da der vorherrschende Personalmangel kaum Zeit lässt, die Pflege in gewünschter Weise durchzuführen. Ständiger Zeitdruck, geringe gesellschaftliche Anerkennung, Unsicherheit und Unzufriedenheit mit der eigenen Leistung tragen dazu bei, dass die ursprünglich überdurchschnittliche Motivation innerhalb kürzester Zeit auf eine deutlich unterdurchschnittliche Motivation abfällt. Dies wiederum bedingt eine überdurchschnittlich hohe Berufsausstiegsquote von Altenpflegern. Jede vierte Altenpflegekraft reicht schon nach einem Jahr Berufsausübung die Kündigung ein. Der Umgang mit zu pflegenden Menschen mit Demenz stellt hierbei eine besondere Belastung für die Altenpflegenden dar, der darüber hinaus weitere Belastungen wie Zeitdruck und Unsicherheit verschärft. Die Pflege eines Menschen mit Demenz kostet Zeit – deutlich mehr Zeit, als die Pflege eines nicht demenzkranken Menschen. Hinzu kommt, dass der Umgang mit demenziell Erkrankten in der Altenpflegeausbildung noch viel zu kurz kommt. Das heißt, der Kontakt mit Menschen mit Demenz bedeutet für die Altenpflegekräfte auch immer, mit den eigenen Unsicherheiten umzugehen und an die eigenen Grenzen zu stoßen. Genau wie für die versorgenden Angehörigen stellen hierbei – entgegen der öffentlichen Wahrnehmung – nicht die Gedächtniseinbußen demenzkranker Menschen die Hauptproblematik dar. Die größten Belastungen für die Altenpflegekräfte sind vielmehr die Schwierigkeiten in der Kommunikation und der Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen von Menschen mit Demenz (z. B. aggressives oder depressives Verhalten).
88
Kapitel 6 · Inhalte: Kommunikation und Kooperation von versorgenden Angehörigen und professionell Pflegenden
Glücksmomente
6
Die Pflege eines Menschen mit Demenz kann auch viele Glücksmomente mit sich bringen. Wer einmal im Speisesaal einer Demenzstation ein altes Volkslied angestimmt hat – vielleicht »Kein schöner Land« – und miterlebt hat, wie der Sitznachbar einstimmt, das Gegenüber aufwacht, den Kopf langsam hebt wie eine aufblühende Blume und sich im Takt glückselig wiegt, nach und nach das Lied immer mehr Mitsänger und Mitsängerinnen findet, bis es schließlich den ganzen Raum erfüllt wie ein ganzer Chor, der weiß, wie schön der Beruf des Altenpflegers sein kann. Solche Glücksmomente entlohnen für viele Anstrengungen und lassen viele Altenpflegekräfte trotz aller Belastungen und Herausforderungen in ihrem Beruf alt werden.
7
Inhalte: Kollegiale Beratung – Kommunikation im Altenpflege-Team Franzmann, J., Krause, K., Haberstroh, J.
7.1
Modell: Team – 90
7.2
Feedback
7.3
Themenzentrierte Interaktion (TZI) – 91
7.4
Kollegiale Beratung
– 90
– 92
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
90
7
Kapitel 7 · Inhalte: Kollegiale Beratung – Kommunikation im Altenpflege-Team
Pflegekräfte sind bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeiten in der Regel Teil eines Teams. Der Austausch und die Kooperation mit Kollegen gehören zum täglichen Miteinander im Arbeitsteam. Der Kontakt mit Arbeitskollegen gestaltet sich dabei jedoch nicht immer konstruktiv und problemlos. (Unausgesprochene) Konflikte im Arbeitsteam, mangelnde soziale Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte sowie Probleme im Austausch mit und bei der Abstimmung unter Kollegen sind keine Seltenheit und tragen zum Beanspruchungserleben der Pflegekräfte bei. Die Trainingssitzung »Kollegiale Beratung: Kommunikation im Altenpflege-Team« zielt darauf ab, die Kommunikation und Kooperation unter Arbeitskollegen zu verbessern und die soziale Unterstützung im Team zu fördern. Dazu thematisiert diese Sitzung wichtige Aspekte der Gesprächsführung (Feedback geben und annehmen, Themenzentrierte Interaktion) im Arbeitsteam und stellt mit der Kollegialen Beratung eine Methode der Teambesprechung vor, die sich im Besonderen dafür eignet, spezifische Problemstellungen im AltenpflegeTeam sowie im Umgang mit betreuten Personen und ihren Angehörigen gemeinsam zu bearbeiten und einvernehmlich zu lösen. Zur Einstimmung auf die beiden Themenblöcke »Gesprächsführung mit Kollegen« und »Kollegiale Beratung« wird im Training jeweils das Modell: Team zur Veranschaulichung des Trainingsthemas vorangestellt.
7.1
Modell: Team
Das Modell »Team« stellt das Thema der beiden Sitzungen »Gesprächsführung mit Kollegen« und »Kollegiale Beratung« grafisch dar. Die beiden Sitzungen thematisieren die Kommunikation und den konstruktiven Austausch im Altenpflege-Team. In der ersten Sitzung zur »Gesprächsführung mit Kollegen« geht es dabei insbesondere um die Kommunikation zwischen einzelnen Teammitgliedern. Neben dem Geben und Annehmen von Feedback liegt ein weiterer Schwerpunkt der ersten Sitzung auf dem fairen und selbstsicheren Äußern eines Anliegens. Mit Anliegen können dabei Bitten, Kritik, Anregungen oder auch das Vertreten der eigenen Meinung anderen gegenüber gemeint
⊡ Abb. 7.1 Modell: Team
sein. ⊡ PPP 2 Gesprächsführung, TANDEM für professionelle Pflegekräfte Die zweite Sitzung »Kollegiale Beratung« thematisiert die Kommunikation in einer Gruppe von Mitarbeitern. Die Methode »Kollegiale Beratung« wird hierbei als eine spezielle Methode der Teambesprechung eingeführt, mit der sich Teamkollegen in Gruppen gegenseitig beraten und unterstützen können. ⊡ PPP 3 Kollegiale Beratung, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
7.2
Feedback
Wenn wir jemandem Feedback geben, teilen wir ihm mit, wie wir sein Verhalten wahrnehmen. Feedback geben heißt, jemandem rückmelden, wie er auf andere Menschen wirkt. Durch Feedback kann also das eigene Selbstbild mit dem Fremdbild von Mitmenschen verglichen werden. Auf beruflicher Ebene ist das Geben und Annehmen von Feedback sehr wichtig, da es uns die Möglichkeit gibt, mehr über unsere Stärken und Schwächen zu erfahren. Damit bekommen wir die Gelegenheit, Stärken auszubauen und an möglichen Schwächen zu arbeiten. Vielleicht hat jemand ein Organisationstalent, das er gar nicht als besondere Stärke wahrnimmt. Wird er von anderen darauf aufmerksam gemacht, kann er schauen, wie er diese Fähigkeit evtl. noch besser nutzen kann. ⊡ Folie 4, PPP 2, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
91 7.3 · Themenzentrierte Interaktion (TZI)
Feedback annehmen
Feedback geben 1. Die eigene Wahrnehmung beschreiben, nicht den anderen bewerten.
1. Nur zuhören, nicht rechtfertigen. 2. Die Bedeutung von Informationen überprüfen.
2. Konkret bleiben, nicht verallgemeinern. 3. Die andere Person direkt ansprechen.
7
3. Der anderen Person Ihre Reaktion mitteilen.
⊡ Abb. 7.2 PPP Folie »Feedback geben«
⊡ Abb. 7.3 PPP Folie »Feedback annehmen«
Feedback zu geben bzw. anzunehmen ist eine soziale Fähigkeit, die erlernt werden kann. Um offenes, konstruktives Feedback geben zu können bzw. ein solches annehmen zu können, ist es wichtig, einige Grundprinzipien zu beachten.
z
z
Wenn Sie ein Feedback erhalten, ist es wichtig, dass Sie zunächst einmal nur zuhören. Versuchen Sie nicht sich direkt zu rechtfertigen, zu erklären oder zu widersprechen. Lassen Sie das Gesagte auf sich wirken und fragen Sie bei Unklarheiten gegebenenfalls nach. Hierzu können Sie das Feedback in eigenen Worten wiederholen bzw. zusammenfassen, um sicher zu stellen, dass Sie den Feedbackgeber richtig verstanden haben. Wenn Sie möchten, sagen Sie dem Feedbackgeber ehrlich, wie Sie sich nach dem Feedback fühlen, egal ob Sie erfreut, überrascht oder verletzt sind.
Regeln für die Feedbackgeber
1. Die eigene Wahrnehmung beschreiben, nicht den anderen bewerten. 2. Konkret bleiben, nicht verallgemeinern. 3. Den Feedbacknehmer direkt ansprechen. Wenn wir Feedback geben, ist es wichtig, die eigene Wahrnehmung zu beschreiben, nicht den anderen zu bewerten. Beschreiben Sie, was Sie wahrgenommen haben und wie dies auf Sie gewirkt hat. Dabei sollten Sie sich auf tatsächlich sichtbares Verhalten beziehen. Verallgemeinerungen, die sich z. B. auf die Person des Feedbacknehmers beziehen, sind zu vermeiden. Achten Sie darauf, immer auch Positives rückzumelden, nicht nur Negatives. Feedback sollte immer etwas von einem Geschenk haben, das der Feedbacknehmer gut annehmen kann. Sprechen Sie den Feedbacknehmer immer direkt an.
Regeln für den Feedbacknehmer
1. Nur zuhören, nicht rechtfertigen. 2. Die Bedeutung von Informationen überprüfen. 3. Der anderen Person Ihre Reaktion mitteilen.
Beispiel Maria freut sich über das nette Feedback ihrer Kollegin Anne und meldet ihr dies zurück: »Danke, Anne, das freut mich sehr zu hören. Ich habe mir viel Mühe gegeben, an alles zu denken. Toll, dass es so gut geklappt hat und Frau Müller sich so gefreut hat!«
Beispiel Maria hat den 90. Geburtstag einer Bewohnerin organisiert. Ihre Kollegin Anne ist ganz begeistert davon, wie gut alles geklappt hat und gibt ihrer Kollegin ein Feedback: »Maria, ich bin ganz begeistert davon, wie Du Frau Müllers Geburtstag organisiert hast! Für alles war gesorgt – Getränke, Kuchen, Einladung der Gäste. Und wie schön der Raum hergerichtet war. Damit hast Du Frau Müller bestimmt eine große Freude gemacht!«
7.3
Themenzentrierte Interaktion (TZI)
TZI ist eine Abkürzung für »Themenzentrierte Interaktion«. Die Themenzentrierte Interaktion ist ein Konzept und eine Methode zur Arbeit in Gruppen, z. B. in Arbeitsteams. Im Rahmen der TZI gibt es einige Regeln für die Kommunikation in Arbeits- und Lernprozessen, die helfen sollen,
92
Kapitel 7 · Inhalte: Kollegiale Beratung – Kommunikation im Altenpflege-Team
diese offener und klarer zu gestalten. Sie sollen die Interaktion in Gruppen bzw. auch zwischen einzelnen Personen erleichtern und helfen, sie direkter und lebendiger zu machen. ⊡ Folie 15, PPP 2, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
z TZI-Regeln (1) Seien Sie Ihr eigener Chairman! Das zentrale
Postulat der TZI bezieht sich auf die Selbstverantwortung jedes einzelnen. Jede Person soll sich selbst bewusst wahrnehmen und ihr eigenes Verhalten bestimmen, d. h., sprechen Sie, wenn Sie etwas sagen wollen; schweigen Sie, wenn Sie nichts sagen wollen, etc. Die anderen werden es ebenso tun.
7
(2) Vertreten Sie sich selbst in Ihren Aussagen: Sprechen Sie per »Ich«, nicht per »man« oder »wir«. Sprechen Sie von sich selbst und sagen sie
»Ich denke…«, »Mir ist aufgefallen…« anstatt sich hinter allgemeinen Formulierungen wie »alle finden…« zu verstecken. Versuchen Sie, Sie selbst zu sein! (3) Sprechen Sie den anderen direkt an. Wenn Sie
jemandem etwas mitteilen wollen, sprechen Sie ihn direkt an. Sprechen Sie nicht über einen Dritten zu einem anderen und sprechen Sie nicht zur Gruppe, wenn Sie eigentlich jemand Bestimmten meinen. (4) Versuchen Sie, Ihre Gesprächspartner zu verstehen. Gehen Sie nicht einfach darüber hinweg,
wenn jemand etwas gesagt hat, sondern versuchen Sie zu erfassen, was er damit meint. Wenn Ihnen etwas unverständlich bleibt, fragen Sie nach.
Beispiel Das Team befindet sich in der Übergabe. Susanne fällt es schwer sich zu konzentrieren, da das Fenster geöffnet ist und es ihr unangenehm in den Nacken zieht. Sie unterbricht die Übergabe kurz und wendet sich an ihre Kollegen: »Bitte entschuldigt kurz. Durch das offene Fenster zieht es mir unangenehm in den Nacken. Ist es ok, wenn ich für die Übergabe kurz das Fenster schließe?«
7.4
Kollegiale Beratung
Kollegiale Beratung ist eine spezielle Methode der Teambesprechung. Sie kann zur Lösung von Problemen zwischen Mitarbeitern oder im Umgang mit den Heimbewohnern bzw. ihren Angehörigen genutzt werden. Kollegiale Beratung bietet die Möglichkeit zur gemeinsamen Planung und Besprechung des Vorgehens in spezifischen Fällen. Konkrete Problemsituationen aus dem Altenpflegealltag können so bearbeitet werden. Verschiedene Sicht- und Herangehensweisen können dabei aufeinandertreffen und kombiniert werden bzw. einander ergänzen. Möchten Pflegekräfte sich im Rahmen Kollegialer Beratung in Kleingruppen gegenseitig beraten und gemeinsam Handlungswege für ihre individuellen Problemstellungen entwickeln, sollten einige wichtige Regeln für die Beratungssituation eingehalten werden. Das Einhalten eines genauen Ablaufplanes ermöglicht es zudem, die Beratung kurz und präzise zu halten. Jede Beratungssitzung wird somit für alle Beteiligten möglichst effektiv gestaltet. z
Regeln für die Beratungssituation
(1) Vertraulichkeit. Alle verpflichten sich dazu, mit
(5) Störungen angemessenen Raum geben. Wenn
Sie an einem Gespräch nicht wirklich teilnehmen können (z. B. weil Sie gelangweilt, ärgerlich oder aus einem sonstigen Grund unkonzentriert sind), teilen Sie dies dem/den anderen mit. Geben Sie an, was Sie irritiert. (6) Es kann immer nur einer sprechen. Es sollte
immer nur eine Person sprechen. Seitengespräche sind zu unterlassen oder ihr Inhalt ist als Störung (s. Punkt 5) in die Gruppe einzubringen.
dem Gehörten vertraulich umzugehen. (2) Respekt und Wertschätzung. Jeder verpflichtet
sich dazu, anderen Wertschätzung entgegenzubringen. Das heißt vor allem, auch andere Ansichten und Überzeugungen akzeptieren und respektieren zu können. Das Gespräch sollte immer auf einer Augenhöhe stattfinden. (3) Autonomie des Fallerzählers. Der Fallerzähler
entscheidet selbst über den Fokus und die Tiefe
93 7.4 · Kollegiale Beratung
der Beratung. Er entscheidet, welche Ratschläge er umsetzen möchte, in welche Richtung er weiter denken möchte und er hat auch die Freiheit, den Beratungsprozess umzulenken oder abzubrechen, wenn die Situation für ihn unangenehm wird. (4) Selbstverantwortung jedes Teilnehmers. Jeder Teilnehmer entscheidet selbst, wie viele und welche Informationen er den anderen mitteilt. Niemand muss mehr erzählen, als er will. (5) Aktive Beteiligung der Teilnehmer. Alle Teil-
nehmer werden mit ihrer Aufmerksamkeit und ihren Beiträgen gebraucht, da nur im Zusammenwirken der Kompetenzen aller Beteiligten gut Beratungsergebnisse erzielt werden können. Durch die aktive Mitarbeit zeigen Sie Ihren Teamkollegen Ihren Respekt und Ihr Bemühen. (6) Offenheit der Beteiligten. Offenheit heißt hierbei nicht, dass Sie sämtliche Details einer Situation preisgeben sollen, sondern vielmehr anderen zuzuhören und andersartige Gedankengänge wenigstens probeweise zuzulassen. Für eine Problemstellung gibt es immer viele mögliche Lösungswege, die im individuellen Fall hilfreich sein können und im anderen vielleicht nicht. Alle Lösungsmöglichkeiten sollten zunächst einmal grundlegend akzeptiert werden. Danach kann jeder für sich entscheiden, welche Lösungswege er in seiner Situation umsetzen möchte. (7) Nur einer redet. Es redet immer nur eine Per-
son zu einer Zeit.
z
Vorgehen bei der Kollegialen Beratung
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Kollegiale Beratung durchzuführen. Im Folgenden wird ein konkretes Vorgehen vorgestellt, dass sich für die spezielle Arbeitssituation in der Altenpflege als hilfreich erwiesen hat. Weitere mögliche Vorgehensweisen finden Sie im Buch »Kollegiale Beratung« von Tietze, 2007 ( Literaturempfehlungen). Jede Beratungssituation dauert maximal 25 Minuten. Im Rahmen dieser 25 Minuten stellt eine Person ihren individuellen Fall vor und wird daraufhin von den teilnehmenden Kollegen beraten. Neben dem Fallerzähler besteht die Runde aus einem Moderator, einem Sekretär und mehreren Beratern. Der Moderator wird vom Fallerzähler bestimmt und ist dafür zuständig, dass die Reihenfolge, Zeitvorgaben und Gruppenregeln der Kollegialen Beratung eingehalten werden. Neben dem Moderator wählt der Fallerzähler einen Kollegen als Sekretär aus. Der Sekretär notiert die Beiträge in Stichpunkten, so dass der Fallerzähler sich ganz auf das Gesagte konzentrieren kann. Als Berater fungieren alle weiteren Kollegen, denen keine spezifische Rolle zugeteilt wurde. z
Ablauf einer Kollegialen Beratung
Zu Beginn jeder Kollegialen Beratung übernimmt eine Person die Rolle des Fallerzählers. Sie bestimmt den Moderator und den Sekretär dieser Beratungssitzung. Es folgt die Fallerzählung (5 Minuten). Hier schildert der Fallerzähler seine individuelle Problemstellung. Daran schließen sich Verständnisfragen (3 Minuten) an. Bei Bedarf können die Berater hier Rückfragen an den Fallerzähler stellen, um die Problemstellung genauer
Ablauf der Kollegialen Beratung
Regeln der Kollegialen Beratung 1. Vertraulichkeit
1. Beginn
2. Respekt und Wertschätzung
2. Fallerzählung (5 Min.)
3. Autonomie des Fallerzählers
3. Verständnisfragen (3 Min.)
4. Selbstverantwortung jedes Teilnehmers
4. Brainstorming (10 Min.)
5. Aktive Beteiligung der Teilnehmer
5. „Erster kleiner Schritt“ (5 Min.) 6. Zusammenfassung (2 Min.)
6. Offenheit der Beteiligten 7. Nur einer redet zur Zeit
⊡ Abb. 7.4 PPP Folie »Regeln der Kollegialen Beratung«
7
⊡ Abb. 7.5 PPP Folie »Ablauf der Kollegialen Beratung«
94
7
Kapitel 7 · Inhalte: Kollegiale Beratung – Kommunikation im Altenpflege-Team
zu erfassen. Detailfragen nach Namen, Daten o. Ä. sollten allerdings vermieden werden. Während des Brainstormings (10 Minuten) sammeln die Berater dann Ideen, wie man mit dem dargestellten Fall umgehen könnte. Der Sekretär schreibt alle diese Vorschläge mit. Der Fallerzähler übernimmt die Rolle des Zuhörers und lässt die Äußerungen seiner Kollegen auf sich wirken. Dabei sollte er sich weder rechtfertigen, noch Kritik an den Vorschlägen der Berater äußern. »Ein erster kleiner Schritt« (5 Minuten) nennt sich der nächste und vorletzte Programmpunkt der Kollegialen Beratung. Der Fallerzähler bleibt hierbei in der Rolle des Zuhörers, während seine Kollegen sich überlegen, welcher konkrete kleine Schritt zur Problemlösung als erstes gegangen werden könnte. Hierbei geht es nun um eine erste kleine Handlungsempfehlung, die unmittelbar umgesetzt werden kann. Der Sekretär notiert alle Vorschläge in Stichpunkten. In der abschließenden Zusammenfassung (2 Minuten) gibt der Fallerzähler eine kurze Rückmeldung, inwieweit die Beratung für seine Belange hilfreich war und was er nun in Bezug auf seinen Fall zu tun gedenkt. Der Moderator, der während der insgesamt 25 Minuten von einem zum nächsten Programmpunkt übergeleitet hat und dabei auch die Zeit im Auge behalten hat, beendet schließlich diese Beratungssitzung.
II
III Trainingsdurchführung
8
Didaktischer Hintergrund: Wie fährt ein TANDEM? – 97 Haberstroh, J., Franzmann, J., Krause, K., Neumeyer, K.
9
Instruktionskompetenz: Was muss ein Trainer können? – 101 Franzmann, J., Haberstroh, J.
10
Zielgruppen: Wer fährt ein TANDEM? Haberstroh, J., Franzmann, J.
11
Rahmenbedingungen – 107 Haberstroh, J., Franzmann, J.
12
Einstieg in ein Training – 109 Haberstroh, J., Neumeyer, K., Roth, I.
13
Hilfreiche Trainingselemente für alle Sitzungen – 115 Haberstroh, J., Neumeyer, K.
14
Transfer: Wie kommt das gelernte Wissen in den Alltag? – 121 Franzmann, J., Jakob, M., Krause, K., Haberstroh, J.
15
Evaluation: Woher weiß ich, dass das Training erfolgreich war? – 127 Krause, K., Franzmann, J., Haberstroh, J.
16
Nachhaltigkeitsförderung – 133 Franzmann, J., Jakob, M., Krause, K., Haberstroh, J.
– 105
8
Didaktischer Hintergrund: Wie fährt ein TANDEM? Haberstroh, J., Franzmann, J., Krause, K., Neumeyer, K.
8.1
Rolle des Trainers
– 98
8.2
Expertentum der Teilnehmer – 98
8.3
Grundhaltungen des Trainers
– 98
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _8, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
98
Kapitel 8 · Didaktischer Hintergrund: Wie fährt ein TANDEM?
8.1
Rolle des Trainers
Die Rolle des Trainers innerhalb der TANDEMTrainingssitzungen ist die Rolle des Moderators. Der Trainer ist also kein Lehrer. Er sagt nicht, was die einzig richtige Lösung für eine spezielle Problemstellung ist, sondern er leitet dazu an, individuelle Lösungswege zu finden.
8.2
8
Expertentum der Teilnehmer
Bei einem TANDEM Training zur Kommunikation in der Versorgung demenzkranker Menschen hat man es nicht mit Laien zu tun. Die teilnehmenden versorgenden Angehörigen und professionellen Pflegekräfte bringen vielfältige Erfahrungen, Vorwissen und Expertentum in ein solches Training mit. Jeder Trainingsteilnehmer ist Experte im Umgang mit demenzkranken Menschen und häufig auch im Umgang mit Pflegekräften und anderen versorgenden Angehörigen. Dieses Expertentum gilt es, explizit in die Trainingsmaßnahmen einzubauen und zu nutzen. Versorgende Angehörige und professionelle Pflegekräfte stehen häufig im fast täglichen Miteinander mit einem demenzkranken Menschen und haben oft vielfältige Erfahrungen im Kontakt mit einem Pflegedienst oder mit versorgenden Angehörigen. Sie kennen viele Handlungsweisen, wie sie mit den von ihnen versorgten demenzkranken Menschen umgehen können. Gleichzeitig kommt jeder versorgende Angehörige und auch jede professionelle Pflegekraft regelmäßig in Situationen, in denen sie nicht wissen, was zu tun ist. Grundgedanke der TANDEM Trainings ist es daher, den Erfahrungsaustausch unter Experten zu fördern und viele neue Blickwinkel und Handlungsalternativen von anderen versorgenden Angehörigen oder anderen professionellen Pflegekräften kennen zu lernen, um so sein eigenes Handlungsrepertoire zu erweitern. Die Teilnehmer bekommen immer wieder die Gelegenheit, im gegenseitigen Erfahrungsaustausch Expertenratschläge der anderen Gruppenmitglieder einzuholen und natürlich auch Expertenratschläge zu geben. > Nicht der Trainer ist der Experte, sondern er moderiert die Experten.
Während eines TANDEM Trainings steht nicht der Trainer im Mittelpunkt, sondern die Teilnehmer, das Thema und das Ziel der Gruppe. Der Trainer übernimmt die Aufgabe, das bereits vorhandene Expertentum der Teilnehmer zu fördern, zu festigen und gegebenenfalls zu ergänzen. Hierzu gibt er kurze theoretische Inputs, die jeweils mit aktiven, praxisnahen Übungen verbunden sind. Insbesondere im Rahmen der Übungen haben die Teilnehmer die Möglichkeit, ihr Vorwissen einzubringen, sich mit anderen Personen auszutauschen und gemeinsam neue Ideen zu entwickeln und zu diskutieren.
8.3
Grundhaltungen des Trainers
Die Haltung oder Gesinnung des Trainers ist von großer Bedeutung für das erfolgreiche und professionelle Handeln in einem Training. Die Haltung des Trainers hat nicht nur Konsequenzen für sein eigenes Selbstverständnis, sondern auch für seine persönliche Art der Trainingsdurchführung und die Atmosphäre, die er innerhalb einer Trainingsgruppe schaffen kann. Die im Folgenden vorgestellten Grundhaltungen orientieren sich an Haltungen systemischer Ansätze. Verzweifeln Sie nicht an den Grundhaltungen: Vieles ist leichter gesagt, als getan. Auch Haltungen wollen geübt sein. z
Wertschätzung
Die Wertschätzung gegenüber den Teilnehmern des Trainings ist die entscheidendste Grundhaltung. Sie ist sozusagen die Basis der folgenden Haltungen und die Grundlage einer erfolgreichen und für alle Beteiligten zufriedenstellenden Trainingsdurchführung. Hierfür muss man die eigenen Vorstellungen, wie etwas zu sein hat, loslassen. Nur so können auch kreative, ungewöhnliche Lösungen oder Handlungsansätze der Trainingsteilnehmer unterstützt und begleitet werden. Wertschätzung hat viel mit Gelassenheit zu tun, denn Wertschätzen bedeutet auch, dass man innerhalb eines Trainings nicht die eigenen Beurteilungen und Bewertungen als Standard festlegt und nicht alle Überlegungen in diese Richtung treibt, sondern gelassen auch neue, andersartige
99 8.3 · Grundhaltungen des Trainers
Ansätze zulassen, respektieren, anerkennen und würdigen kann. Wer wertschätzend trainiert, stülpt keine Strategien über, sondern ist offen, von seinen Teilnehmern zu lernen und vor allem seine Teilnehmer voneinander lernen zu lassen. z
Teilnehmerorientierung: Unterstützung beim Finden individueller Strategien
Jeder Mensch mit Demenz, jeder Angehörige und jede Pflegekraft ist einzigartig. Bei allen TANDEM Trainings zur Kommunikation in der Versorgung von Menschen mit Demenz ist es daher überaus wichtig, nicht »die richtige Lösung« für ein bestimmtes Problem oder Anliegen vorzugeben. Stattdessen gilt es, die Erfahrungen, das Vorwissen und das bereits vorhandene Expertentum der Teilnehmer mit einzubeziehen und zu fördern. Jeder Angehörige und jede Pflegekraft soll dabei unterstützt werden, individuelle Vorgehensweisen zu finden bzw. bereits bestehende Strategien zu bekräftigen oder weiterzuentwickeln.
8
Der Trainer übernimmt während eines TANDEM Trainings dabei insbesondere die Verantwortung für den Arbeitsprozess, d. h., der Trainer behält das Ziel der Gruppe im Auge und macht gegebenenfalls Vorschläge, welche Methode der Zielerreichung dienlich sein könnte. Hierbei wahrt der Trainer jedoch möglichst die inhaltliche Unparteilichkeit und beteiligt sich inhaltlich nicht an Diskussionen. Personenbezogene Neutralität. Ein weiterer wich-
Ein Trainer muss allen Teilnehmern gegenüber neutral sein. Das heißt, dass kein Standpunkt und kein Lösungsansatz als richtiger bewertet werden sollte als der andere. Neutralität heißt auch, dass die Probleme der Teilnehmer nicht bewertet werden und dass der Trainer nicht die Partei eines Teilnehmers oder einer Gruppe übernimmt. Hintergrund der Neutralität ist, dass davon ausgegangen wird, dass es keine Objektivität gibt. Jedes Verhalten einer Person erscheint sinnvoll, wenn man den Kontext kennt und versteht. Das heißt, dass der Trainer stets bemüht ist, verschiedenen Perspektiven Raum zu schaffen und immer davon ausgeht, dass jeder Teilnehmer einen guten Grund für seine Standpunkte, Lösungsansätze und Verhaltensweisen hat.
tiger Punkt der Moderatorenhaltung ist das Entgegenbringen der gleichen Wertschätzung für alle Teilnehmer. Natürlich ist dies nicht immer leicht – einige Teilnehmer sind einem auf Anhieb sympathischer als andere. Dennoch: Ein guter Trainer zeichnet sich auch dadurch aus, dass er seine Sympathien der Gruppe nicht offen legt, sondern möglichst eine personenbezogene Neutralität aufrecht erhält. Jeder bei einem TANDEM Training anwesende Teilnehmer – sei es ein versorgender Angehöriger, eine Pflegekraft in der ambulanten oder stationären Pflege – alle diese Personen sind Experten auf ihrem Gebiet. Jede Person bringt dabei vielfältige Erfahrungen, Ideen und Vorwissen in ein Training mit. Die Meinungen und Überzeugungen einer Person mögen nicht denen der anderen Teilnehmer und/oder denen des Trainers entsprechen. Dennoch: gerade auch die Unterschiedlichkeit an Meinungen und Erfahrungshintergründen kann für ein Training, das auch vom gegenseitigen Austausch lebt, enorm bereichernd sein. Dabei liegt es insbesondere am Trainer, die Trainingsatmosphäre so offen und konstruktiv zu gestalten, dass sich möglichst alle Teilnehmer ernst genommen und wertgeschätzt fühlen. So kommen die produktivsten Diskussionen, die kreativsten Ideen und die innovativsten Problemlösungen zustande.
Inhaltliche Unparteilichkeit. Der Trainer zeichnet
z
sich durch inhaltliche Unparteilichkeit aus, d. h., er versucht eigene Meinungen und Wertungen möglichst zurückzustellen. Inhaltlich gibt es für den Trainer kein »richtig« oder »falsch«. Jede Anregung eines Teilnehmers kann für das Training wertvoll sein und sollte mit der gleichen Wertschätzung des Trainers aufgenommen werden.
Eine wichtige Aufgabe des TANDEM Trainers ist es, offensichtliche und auch verborgene Stärken und Potentiale der Trainingsteilnehmer zu erkennen. Eben diese Stärken und Potentiale tragen entscheidend zur Strategiefindung und -erarbeitung sowie zur gegenseitigen Unterstützung in Erfahrungsaustausch und Gruppenarbeit bei. Ein
z
Neutralität
Ressourcenorientierung
100
8
Kapitel 8 · Didaktischer Hintergrund: Wie fährt ein TANDEM?
Trainer sollte sich nicht scheuen, entdeckte Stärken zu benennen und entsprechend zu würdigen. Komplimente fördern nicht nur die positive Trainingsatmosphäre, sondern können durchaus auch zur Verhaltenssicherheit der Trainingsteilnehmer, somit zu einem Kompetenzgewinn und vielleicht sogar zu einer Entlastung der Teilnehmer beitragen. Ressourcenorientierung bedeutet außerdem, dass der Trainer grundlegend davon ausgeht, dass jeder Teilnehmer die Ressourcen, die er für die Lösung eines individuellen Problems benötigt, innehat. Er ist überzeugt, dass jeder Teilnehmer dazu in der Lage ist, seine eigene Lösung zu finden bzw. präsentierte Ansätze gegeneinander abzuwägen und sich für seinen eigenen Weg zu entscheiden. Das heißt nicht, dass jeder Teilnehmer bei der Lösungssuche auf sich selbst gestellt sein soll, sondern vielmehr, dass der Trainer den Teilnehmern die Zeit und die Möglichkeit gibt, ihre eigenen Lösungsansätze zu finden. Es heißt auch, dass der Trainer den individuellen Lösungsweg eines jeden Teilnehmers wertschätzt und nicht die eigenen Lösungswege überstülpt – auch dann nicht, wenn die Lösungsfindung eventuell manchmal etwas dauert. Lösungen überstülpen geht schneller, als eigene Wege finden lassen. Lassen Sie sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Selbst gefundene Lösungen werden eher angewendet als übergestülpte Lösungen (Transfer) und haben größere Chancen zu überdauern (Nachhaltigkeit). z
Nicht-Wissen
Das Prinzip des Nicht-Wissens ist entscheidend für ein TANDEM Training. Der Trainer geht grundlegend davon aus, dass er nicht den Weg zur Lösung eines individuellen Problems kennt. Nicht der Trainer ist der Experte, sondern jeder Teilnehmer ist der Experte für sein eigenes Problem, seine eigene Situation und seine eigenen Herangehensweisen. Auch wenn ein Teilnehmer stundenlang erzählen würde (was in einem Training ohnehin nicht möglich ist), könnte der Trainer niemals ein ebenso guter Experte für das Leben des Teilnehmers oder seine Sichtweise und Problemlage werden wie der Teilnehmer selbst. Die Haltung des Nicht-Wissens ist die Basis für ein interessier-
tes und wertschätzendes Nachfragen und Zuhören des Trainers bei Beiträgen seiner Teilnehmer. Die Haltung des Nicht-Wissens kann die Teilnehmer zu Beiträgen und Erfahrungsaustausch ermutigen und die Dynamik eines Trainings entscheidend beeinflussen.
9
Instruktionskompetenz: Was muss ein Trainer können? Franzmann, J., Haberstroh, J.
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
102
Kapitel 9 · Instruktionskompetenz: Was muss ein Trainer können?
Unter Instruktionskompetenz werden im Folgenden eine Reihe von Fähigkeiten zusammengefasst, die ein Trainer mitbringen sollte, um ein Training erfolgreich moderieren zu können. Es werden einige Tipps gegeben, wie ein Trainer seine Instruktionskompetenz verbessern kann, also z. B. wie er mit herausfordernden Teilnehmern oder schwierigen Situationen umgehen kann, worauf er achten muss, wenn er mit Metaplan oder FlipChart arbeitet. Die Tipps beziehen sich auf grundlegende Instruktionskompetenzen, die für die Durchführung eines TANDEM Trainings besonders relevant sind. Weitere und vertiefende Informationen zu diesen Themen finden Sie z. B. im Buch »Trainer trainieren« (Perels, van de Loo & Schmitz, 2008; Literaturempfehlungen). Zudem kann die Teilnahme an einer Trainerausbildung oder einem Vortragstraining die eigene Instruktionskompetenz zusätzlich steigern. z
9
Berücksichtigung der Eigenschaften einer Gruppe
Für einen Trainer ist es wichtig, über ein Repertoire an Trainingsmethoden zu verfügen. Unterschiedliche Methoden eignen sich für unterschiedliche Personen bzw. Gruppen. Vorkenntnisse und Motivation der Teilnehmer spielen dabei eine entscheidende Rolle ( Kap. 10). So werden sich die Mitglieder einer sehr mitteilungsfreudigen und motivierten Gruppe darüber freuen, sich im Rahmen eines Erfahrungsaustauschs ( Abschn. 13.5) mit anderen Gruppenmitgliedern auszutauschen. Auch wird die Gruppe Diskussionen lebhaft gestalten und sich über die Möglichkeit, ihre Vorkenntnisse einzubringen freuen, z. B. bei einer Vorwissensabfrage. In einer ruhigeren Gruppe können die Teilnehmer hingegen mit Partner- oder Kleingruppenübungen motiviert werden, sich mit anderen auszutauschen. Die Schwelle, sich einzubringen, ist für den Einzelnen in einer Kleingruppe zunächst geringer als beim Sprechen vor der Gesamtgruppe. z
Alternative Lehr- und Lernmethoden
Für eine abwechslungsreiche und anregende Gestaltung eines Trainings ist es hilfreich, wenn ein Trainer über Kenntnisse verschiedener alternativer Lehr- und Lernmethoden verfügt. In den TANDEM Trainingsmanualen kommen einige sogenannte alternative Lehr- und Lernmethoden
zum Einsatz und werden bedarfsgerecht erläutert. Grundlegende Elemente einer jeden Trainingssitzung (Vortrag, FlipChart- und Metaplanarbeit) werden in der folgenden Tabelle vorgestellt und es werden wichtige Empfehlungen zur Nutzung dieser Methoden gegeben (⊡ Tab. 9.1). Weitere alternative Lehr- und Lernmethoden, wie beispielsweise Jigsaw Learning (Gruppenpuzzle) oder Mentales Vorstellen, die eine Trainingssitzung zusätzlich bereichern können, werden ausführlich im Handbuch »Trainer trainieren. Seminare effektiv gestalten« von Perels, van de Loo und Schmitz (2008) beschrieben ( Literaturempfehlungen) und können bei Interesse hier nachgelesen werden. z
Umgang mit herausfordernden Teilnehmern
Trotz der besten Planung und Gestaltung eines TANDEM Trainings sind schwierige Situationen nicht immer vollständig zu vermeiden. Jeder Trainer wird irgendwann an einen »herausfordernden« Teilnehmer geraten bzw. eine schwierige Situation in der Gruppe erleben. Beschäftigt sich ein Trainer im Vornherein gedanklich mit möglichen auftretenden schwierigen Trainingssituationen, ist er beim Auftreten einer solchen Situation im Training bereits gewappnet und hat im Idealfall einige Strategien parat, um möglichst effektiv mit einer solchen Situation umzugehen. Als allgemeine Tipps zum Umgang mit schwierigen Situationen können die folgenden Verhaltens- bzw. Vorgehensweisen hilfreich sein. Kleingruppenarbeit. Es empfiehlt sich, allgemein
viele Kleingruppenarbeiten in ein Training einzubauen. So können sich alle Teilnehmer in ihren jeweiligen Kleingruppen aktiv einbringen und gegenseitig austauschen. Kleingruppenarbeit verhindert, dass Einzelne die Gruppe zu sehr dominieren. Teilnehmer schützen. Weiterhin sollte ein Trainer stets Personen beschützen, die von anderen angegriffen werden. Dazu kann der Trainer beispielsweise auf die Einhaltung der Gruppenregeln verweisen ( Abschn. 12.2) oder etwas Positives beitragen, um den Fokus auf das konstruktive Miteinander zu schärfen.
103 Kapitel 9 · Instruktionskompetenz: Was muss ein Trainer können?
9
⊡ Tab. 9.1 Grundlegende Elemente einer Trainingssitzung Wann einsetzen?
Was beachten?
Was vermeiden?
Vortrag
Wissensvermittlung Begrüßung Verabschiedung Zusammenfassen von Meinungen, Trainingsinhalten
Blickkontakt mit den Zuhörern halten Verständlich formulieren (in kurzen Sätzen) Sparsam mit Fremdwörtern, Abkürzungen, Zahlen und Statistiken umgehen Worte mit Gestik und Mimik unterstützen Lautstärke der Raumgröße angemessen Pausen machen, um wichtige Aussagen wirken zu lassen/zu strukturieren/ sich zu sammeln/bei Aufregung ruhiger zu werden Authentisch bleiben!
Reden mit dem Rücken zu den Zuhörern Zu schnell/laut/leise sprechen Verwendung langer, verschachtelter Sätze Fachwörter verwenden, die nicht der Zielgruppe angemessen sind Kleinste Pannen entschuldigen oder den Fehler kommentieren Hände in den Hosentaschen Falschem Redner-Ideal nacheifern, das nicht zur eigenen Person passt
FlipChart
Überblick über die Trainingssitzung Wissensvermittlung Wissenssammlung Visuelle Veranschaulichung von Trainingsinhalten
FlipChart-Ständer für alle Teilnehmer gut sichtbar aufstellen Gut lesbar schreiben: Groß- und Kleinbuchstaben, Blockschrift Angemessene Schriftgröße (FlipChartSchrift) Klare Strukturierung FlipChart-Papier nicht überladen Mit Farben/Hervorhebungen sparsam umgehen
FlipChart-Ständer für einige Teilnehmer schlecht sichtbar aufstellen FlipChart-Papier überladen Zu klein/undeutlich schreiben Fehlende Strukturierung der Inhalte Zu viele Hervorhebungen pro beschriftetem FlipChartblatt Verschiedene Schriftarten benutzen
Sammeln und Sortieren von Ideen, Meinungen, Lösungsansätzen usw. Visuelle Veranschaulichung von Trainingsinhalten Strukturierung
Metaplanwand gut sichtbar aufstellen Lesbarkeit: ordentlich und groß Moderationskarten übersichtlich gestalten Knappe Schlagwörter Pro Karte nur ein Schlagwort/Stichpunkt aufschreiben Wichtige Punkte optisch hervorheben Verschiedene Inhalte deutlich voneinander trennen Beim Präsentieren zu den Zuhörern sprechen und Blickkontakt halten Seitlich neben der Metaplanwand stehen und mit der Hand auf die Karte deuten, über die gerade gesprochen wird
Metaplanwand für einige Teilnehmer schlecht sichtbar aufstellen Moderationskarten in zu kleiner/schlecht lesbarer Schrift beschriften Zu viele Stichpunkte auf eine Moderationskarte notieren Moderationskarten unübersichtlich an der Metaplanwand sammeln (nicht sortieren) Redundanz (d. h. gleich beschriftete Karten erneut ausführlich besprechen) Beim Präsentieren mit dem Rücken zu den Zuhörern reden oder das zu Präsentierende verdecken
Metaplan
Keine Machtkämpfe. Ein Trainer sollte sich nicht
Humor. Und auch in schwierigen Situationen gilt:
auf 1:1-Machtkämpfe einlassen. Er sollte gegensätzliche Meinungen generell anerkennen (z. B. »Was Sie da ansprechen, ist ein wichtiger Punkt.«), sich jedoch mit inhaltlichen Wertungen des Gesagten zurückhalten.
Mit Humor geht vieles leichter! Tipps zu konkreten Problemsituationen, u. a. wenn Einzelne die Gruppe dominieren, private Unterhaltungen den Trainingsablauf stören oder ein Großteil der Teilnehmer nicht zu einer Mit-
104
Kapitel 9 · Instruktionskompetenz: Was muss ein Trainer können?
arbeit im Training bewegt werden kann, werden ebenfalls ausführlich im Handbuch »Trainer trainieren. Seminare effektiv gestalten« (Perels, van de Loo und Schmitz, 2008; Literaturempfehlungen) beschrieben. z
9
Nachbereitung
Nach dem Training ist vor dem Training: Was für ein Fußballspiel gilt, kann auch als wichtige Trainerkompetenz bei der Gestaltung und Durchführung der TANDEM Trainings genannt werden. Nach dem Training bzw. nach einer jeden Trainingssitzung sollte der Trainer sich einige Minuten Zeit nehmen und über den Ablauf des Trainings bzw. der Sitzung sowie die Passung der Inhalte mit der Zielgruppe reflektieren. Eine umfassende abschließende Einschätzung des Trainings und einer jeden Trainingssitzung ist eine wichtige Quelle für Trainingsoptimierungen und für Anregungen, die bei der Planung, Gestaltung und Durchführung eines neuen Trainings bzw. einer neuen Sitzung beachtet werden sollten. Folgende Fragen können bei der Reflexion des Trainings bzw. der Trainingssitzung helfen: ▬ Wurden die Ziele erreicht, die ich für das Training/die Sitzung gesetzt hatte? ▬ Hat meine Zeitplanung funktioniert? ▬ Was ist mir besonders gut gelungen? ▬ Was möchte ich beim nächsten Mal noch besser machen?
10
Zielgruppen: Wer fährt ein TANDEM? Haberstroh, J., Franzmann, J.
10.1 Trainer: Wer trainiert ein TANDEM? – 106 10.2 Teilnehmer: Wer wird trainiert? – 106
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _10, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
106
10.1
10
Kapitel 10 · Zielgruppen: Wer fährt ein TANDEM?
Trainer: Wer trainiert ein TANDEM?
Die TANDEM Trainings sind nicht festgelegt für bestimmte Berufsgruppen, sondern können von Personen mit sehr unterschiedlichen Erfahrungshintergründen durchgeführt werden. Für angehende TANDEM Trainer, die bislang nur wenige Vorkenntnisse zu den Inhalten der Trainings besitzen, empfiehlt es sich, Zeit für die inhaltliche Einarbeitung einzuplanen. Tipps für weiterführende Literatur für eine intensivere Einarbeitung finden Sie im Abschnitt Literaturempfehlungen. Die Empfehlungen werden hier jeweils kurz vorgestellt, sodass individuell beurteilt werden kann, ob dieses Buch für die eigene Einarbeitung notwendig ist oder ob darauf verzichtet werden kann. Angehende TANDEM Trainer, die bislang keine pädagogische Erfahrung gesammelt haben bzw. noch nie eine Gruppe geleitet oder geschult haben, sollten sich insbesondere mit dem Kap. 9 Instruktionskompetenz intensiv auseinandersetzen. Zudem empfehlen wir das Buch »Trainer trainieren« (Perels, van de Loo und Schmitz, 2008), das ebenfalls im Abschnitt Literaturempfehlungen besprochen wird. Wer die Möglichkeit dazu hat, kann an einem Vortragstraining, einer Trainerausbildung oder ähnlichem teilnehmen. Vortragstrainings werden z. B. von Volkshochschulen angeboten, es gibt aber auch immer mehr private Anbieter, die sich dieser Thematik widmen.
10.2
Teilnehmer: Wer wird trainiert?
Die Inhalte müssten in diesem Fall entsprechend der Zielgruppe angepasst werden. Die Sitzung »Und was ist Demenz?« sowie das Modul »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« wurden bereits für ehrenamtlich engagierte Menschen durchgeführt und können weitestgehend identisch auch für diese Zielgruppe durchgeführt werden. Es ist wichtig, das Tempo der Sitzung den Zielgruppen entsprechend anzupassen und der Gruppe die Möglichkeit zu geben, das Tempo in gewissem Ausmaß zu moderieren. Dies kann z. B. erreicht werden, indem regelmäßig Zeit für Fragen der Gruppe eingeräumt wird und – falls Bedarf besteht – Inhalte wiederholt oder diskutiert werden. z
z
Die TANDEM Trainings richten sich vor allem an versorgende Angehörige und an professionelle Pflegekräfte im ambulanten sowie im stationären Setting, die demenzkranke Menschen – und hierbei insbesondere solche, die an Alzheimer oder vaskulärer Demenz leiden – betreuen. Für beide Zielgruppen (versorgende Angehörige und professionelle Pflegekräfte) werden in den folgenden Kapiteln Vorschläge für Trainingssitzungen erläutert. Eine weitere potenzielle Zielgruppe sind ehrenamtlich engagierte Menschen, die ebenso von den Inhalten der Sitzungen profitieren können.
Vorkenntnisse der Teilnehmer
Ein unterschiedlicher (Vor-)Wissensstand der Teilnehmer wird in allen Sitzungen im Sinne eines Tutorensystems genutzt und bereichert somit die Gruppenarbeit. Ein einheitlicher Wissensstand innerhalb der Trainingsgruppen ist nicht nur schwierig realisierbar, sondern auch nicht erwünscht. Wissensstand und Kompetenzen können in verschiedenen Gruppen stark variieren. Um eine sinnvolle Anpassung des Trainings auf eine bestimmte Gruppe zu erreichen, empfiehlt es sich, am Ende jeder Sitzung Gruppenevaluationsbögen auszuteilen, in denen die Teilnehmer direkt Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge festhalten können ( Kap. 15). Um ein adäquates Training entwickeln zu können, das an den individuellen Kenntnisstand einer Gruppe angepasst ist, kann es weiterhin hilfreich sein, deren Vorkenntnisse zu erfassen. Motivation der Teilnehmer
Die Motivation zur Teilnahme an einem Training variiert. Es kann daher hilfreich sein, diese vor Trainingsbeginn zu erfassen, um Trainingsmethoden auswählen zu können, die mit einer motivierten oder auch unmotivierten Gruppe funktionieren – ohne dass der Trainer sich dabei verausgabt und frustriert. Je nach Motivationsstand der Gruppe kann es auch sinnvoll sein, die Rahmenbedingungen des Trainings (z. B. Turnus, Gruppengröße, Zeitpunkt) anzupassen.
11
Rahmenbedingungen Haberstroh, J., Franzmann, J.
11.1 Gruppengröße 11.2 Raumgestaltung
– 108 – 108
11.3 Dauer der Trainingssitzungen – 108 11.4 Trainingsmaterial
– 108
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _11, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
108
11.1
Kapitel 11 · Rahmenbedingungen
Gruppengröße
Die empfohlene Gruppengröße variiert je nach Zielgruppe. Während Trainings für Pflegekräfte auch mit bis zu 21 Teilnehmern noch relativ gut durchführbar sind, ist für Angehörige die absolute Obergrenze schon bei 15 Teilnehmern erreicht. Angehörige haben verständlicher Weise in der Regel einen deutlich höheren Redebedarf und bringen daher auch öfter als professionell Pflegende eigene Beispiele mit hoher persönlicher Relevanz ein. Um den individuellen Anliegen so weit wie möglich gerecht werden zu können, muss die Gruppengröße daher vor allem bei versorgenden Angehörigen eher klein gehalten werden. Ideal ist für beide Zielgruppen eine Gruppengröße von 9 bis 12 Teilnehmern. Minimal sollte eine Gruppe aus 6 Personen bestehen.
11.2
11
Raumgestaltung
Da die Trainingsmodule sehr aktiv gestaltet sind, empfiehlt es sich, das Training in einem Raum stattfinden zu lassen, der ausreichend Platz für Rollenspiele und Kleingruppenarbeit für drei Gruppen bietet. Die Kleingruppen sollten in ausreichend großem Abstand voneinander ungestört arbeiten können – eventuell auch in einem benachbarten Raum oder Flur. Ein U- oder kreisförmiger Aufbau der Tische und/oder Stühle ist empfehlenswert.
11.3
Dauer der Trainingssitzungen
Eine Trainingssitzung sollte mindestens 1½ und maximal 3 Stunden umfassen. In den folgenden Manualen werden Sitzungen vorgestellt, die für 1½ bis 2 Stunden konzipiert sind. Es ist aber durchaus möglich, zwei Sitzungen zu einer dreistündigen Sitzung zusammenzulegen, wobei eine zehnminütige Pause zwischen den beiden Sitzungen empfehlenswert ist. Es ist empfehlenswert, eine Pause von etwa 5 Minuten in den Trainingsverlauf fest einzuplanen. In den Sequenzplänen werden Empfehlungen gegeben, zu welchen Zeitpunkten eine Pause sinnvoll durchgeführt werden kann. Da sich die Dauer
der einzelnen Sequenzen von Gruppe zu Gruppe unterscheidet, kann es manchmal angemessen sein, die Pause zu anderen Zeitpunkten abzuhalten.
11.4
Trainingsmaterial
Die Utensilien für das Training sind: Moderationsstifte oder andere dicke Stifte, Moderationskarten, Krepp-Klebeband, Pinwand-Nadeln, FlipChartPapier (FC) und FlipChart-Ständer, Metaplanwand (manchmal auch als Pinwand oder Moderationswand bezeichnet; Handouts (als Download im passwortgeschützten Internetbereich), Beamer und Laptop. Die Handouts zu jeder Sitzung stehen druckfertig zur Verfügung (Diese können Sie im passwortgeschützten Downloadbereich zum Buch einfach herunterladen, anpassen und ausdrucken. Ihren Zugangscode finden Sie auf der Umschlagseite des Buches). Die FCs sollten vor den Sitzungen vorbereitet werden. Vorlagen für die FCs sind als Abbildung in jedem Kapitel abgedruckt. Bei der Beschriftung der FCs muss auf deutlich lesbare Schrift geachtet werden. Empfehlenswert ist Druckschrift. Falls das FC-Papier kariert ist, können folgende Daumenregeln dienen: ▬ Eine Zeile nutzt drei Karoreihen. ▬ Zwei Zeilen nutzen zusammen sechs Karoreihen. ▬ Kleiner Abstand zwischen Buchstaben, großer Abstand zwischen Worten. ▬ Die Buchstaben setzen auf der mittleren Karoreihe auf. ▬ Die Buchstaben sind eher eckig. ▬ Buchstaben und Zeichen, die nach oben (z. B. Großbuchstaben, b, d, f, h, i, j, k, l, t) oder unten (z. B. f, g, j, p, q) »ausschlagen«, nutzen die obere und untere Karoreihe nur zur Hälfte.
12
Einstieg in ein Training Haberstroh, J., Neumeyer, K., Roth, I.
12.1
Kennenlernen
– 110
12.1.1 Vorstellungsrunde – 110 12.1.2 Einstieg: Stimmungspostkarten – 110 12.1.3 Kennenlernspiel: Gruppenaufstellung – 110 Einstiegsübung: Gemeinsame Kreise – 111 12.1.4 Erwartungen der Teilnehmer – 112
12.2
Gruppenregeln
– 113
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _12, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
110
Kapitel 12 · Einstieg in ein Training
Um sich in einer Gruppe wohl zu fühlen, ist es sinnvoll, dass sich alle Beteiligten kennen, ihre Erwartungen benennen und sich an bestimmte Gruppenregeln halten. Es ist daher sinnvoll, die erste Sitzung eines Trainings mit einem Kennenlernspiel oder einer Vorstellungsrunde, einer Erwartungsabfrage und der Festlegung von Gruppenregeln zur Förderung der Gruppenkohäsion zu starten.
12.1
Kennenlernen
Im Folgenden werden einige Möglichkeiten zur Unterstützung des Kennenlernens in einer Trainingsgruppe vorgeschlagen.
12.1.1
Vorstellungsrunde
Dauer: pro Teilnehmer ca. 1 Minute. Die ein-
12
fachste Art des Einstiegs in eine Trainingsgruppe ist die Vorstellungsrunde. Hierbei sagt jeder Teilnehmer nacheinander seinen Namen und wo er herkommt. In einer Angehörigengruppe kann bei einer solchen Vorstellungsrunde z. B. auch schon gesagt werden, in welcher Beziehung man zu dem demenzkranken Angehörigen steht (Partner, Nachbar, Freund etc.). In einer Gruppe von Pflegekräften, die alle aus demselben Pflegedienst kommen, wird eine solche Vorstellungsrunde manchmal eher als störend erlebt. Wenn der Trainer der einzige in der Runde ist, der die Namen der Gruppenmitglieder nicht kennt, empfehlen
Kennenlernen
sich daher Namensschilder anstelle einer Vorstellungsrunde. z
Benötigtes Material
▬ Keins
12.1.2
Einstieg: Stimmungspostkarten
Dauer: ca. 1 Minute pro Teilnehmer. Eine Möglichkeit für eine recht einfache und schnelle Einstiegsrunde bieten die Stimmungspostkarten. Hierfür bringt der Trainer eine Reihe von Postkarten mit. Idealerweise haben die Postkarten Motive, die bestimmte Stimmungen oder Befindlichkeiten ausdrücken, z. B. ein lachendes Gesicht, ein schlafendes Kind, eine ruhige Landschaft, eine Blume… Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Es sollten mindestens doppelt so viele Postkarten zur Auswahl stehen, wie Teilnehmer an dem Training mitmachen. Die Postkarten sollten auf den Tischen vor den Teilnehmern oder auf einem separaten Tisch ausgelegt werden. Folgende Instruktion kann die Übung einleiten: ; Auf den Tischen habe ich eine Reihe von Postkarten ausgelegt. Bitte wählen Sie eine dieser Postkarten, die Ihre aktuelle Stimmung besonders gut beschreibt. Wenn alle eine Postkarte gewählt haben, gehen wir reihum durch die Gruppe. Jeder von Ihnen nennt dann kurz seinen Namen, zeigt seine Postkarte und sagt, warum er gerade diese Postkarte ausgewählt hat. : Der Trainer kann die Runde mit der von ihm gewählten Postkarte beginnen, um ein Beispiel zu geben. z
Benötigtes Material
▬ Mindestens doppelt so viele Postkarten wie die Anzahl der Teilnehmer des Trainings
Kennenlernspiel
12.1.3 Gruppenregeln
Kennenlernspiel: Gruppenaufstellung
Dauer: ca. 3 Minuten pro Frage. Eine GruppenEisbox ⊡ Abb. 12.1 PPP Folie »Kennenlernen«
aufstellung kann sowohl mit Gruppen durchgeführt werden, die sich schon kennen, als auch mit solchen, die sich noch nicht kennen. Die Grup-
111 12.1 · Kennenlernen
penaufstellung kann zur Auflockerung der Stimmung und auch zur Aktivierung der Gruppe beitragen. Die Teilnehmer sollen sich hierfür zu bestimmten Themenbereichen »aufstellen«. Das heißt z. B. bei der Fragen: »Wie sind Sie hergekommen?«, sollen alle Teilnehmer, die zu Fuß gekommen sind, in die linke Ecke des Raumes gehen, alle Teilnehmer, die mit einem Fahrzeug angereist sind, sollen in die rechte Ecke des Raumes gehen. Die Fragen können vom Trainer beliebig je nach Gruppe angepasst werden. Einige Fragen, die für fast alle Gruppen funktionieren, sind z. B.: 1. Wie sind Sie hergekommen? – zu Fuß – mit dem Fahrrad – mit öffentlichen Verkehrsmitteln – mit dem Auto 2. Wie weit wohnen Sie vom Schulungsort weg? – 0–5 km – 5–10 km – >10 km 3. Wie fit fühlen Sie sich gerade? – 0–100 4. Haben Sie schon an einem Seminar zum Thema Demenz teilgenommen? – ja – nein
– – – – –
12
< 1 Jahr 1–2 Jahre 2–4 Jahre 4–7 Jahre > 7 Jahre
Zielgruppe: professionell Pflegende
Für die Zielgruppe der professionell Pflegenden, die an einem TANDEM Training teilnehmen, eignen sich ergänzend z. B. folgende Fragen: 1. Wie lange arbeiten Sie schon in der Pflege? – < 1 Jahr – 1–2 Jahre – 2–4 Jahre – 4–7 Jahre – > 7 Jahre 2. Welche Ausbildung haben Sie? – Gerontopsychiatrische Fachkraft – Examinierte/r Altenpfleger/in oder Gesundheits- und Krankenpfleger/in – Auszubildende/r Alten- bzw. Gesundheitsund Krankenpfleger/in – Hauswirtschaftler/in – Nicht examiniert – Sonstiges 3. Haben Sie schon einmal ein demenzkrankes Familienmitglied versorgt? – Ja – Nein
Zielgruppe: versorgende Angehörige
Für die Zielgruppe der versorgenden Angehörigen, die an einem TANDEM Training teilnehmen, eignen sich ergänzend z. B. folgende Fragen: 1. In welcher Beziehung stehen Sie zu dem von Ihnen versorgten Angehörigen? Mein demenzkranker Angehöriger ist mein/e – (Ehe)Partner/in – Vater/Mutter – Großvater/Großmutter – Nachbar/in und/oder Freund/in – Onkel/Tante – Sonstige Beziehung 2. Leben Sie mit Ihrem demenzkranken Angehörigen in einem Haushalt? – Ja – Nein 3. Wie lang versorgen Sie Ihren demenzkranken Angehörigen schon?
z
Benötigtes Material
▬ Keins
Einstiegsübung: Gemeinsame Kreise z
Dauer: ca. 30 Minuten bei 10 Teilnehmern (Partnerarbeit: 10 Minuten; Vorstellung: ca. 20 Minuten)
Die Einstiegsübung »Gemeinsame Kreise« kann mit folgender Instruktion erläutert werden: ; Wir beginnen unsere Trainingssitzung mit einer Übung zum Kennenlernen. Ich bitte Sie hierfür, dass Sie gleich zu zweit zusammen gehen. Immer zwei von Ihnen bekommen ein FlipChart. Auf dieses FlipChart malen Sie bitte zwei Kreise, die sich in der Mitte überschneiden (vorbereitetes Beispiel zeigen, z.B. wie ⊡ Abb. 12.2). Ihre Aufgabe
112
Kapitel 12 · Einstieg in ein Training
▬ Mindestens halb so viele Moderationsstifte wie die Anzahl der Teilnehmer ▬ Ein beschriftetes Beispiel-FlipChart ▬ Klebeband zum Aufhängen der FlipCharts
Lehrerin Schwimmen Katze aus Hessen
2 Enkel Partner mit Demenz lesen
Schreiner Fußballer 2 Hunde aus Bayern
Carola Müller
Michael Mayer
⊡ Abb. 12.2 Beispiel für gemeinsame Kreise
12
ist es, im Gespräch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Ihnen herauszufinden. Es gibt keine Vorgaben, in welche Richtung Sie dabei gehen sollen. Schreiben Sie alles auf, was Sie übereinander herausfinden. In den Überschneidungsbereich der Kreise schreiben Sie die Gemeinsamkeiten zwischen Ihnen und Ihrem Gesprächspartner. In die Bereiche, die sich nicht überschneiden, die Unterschiede. Wenn Sie beide z. B. gerne lesen, kommt das in die Mitte; wenn nur einer von Ihnen gerne liest, kommt das in den Kreis der entsprechenden Person. Bitte schreiben Sie Ihren Namen an den jeweiligen Kreis. Wenn alle fertig sind, stellen wir zusammen unsere Ergebnisse im Plenum vor. Haben Sie Fragen dazu? Sie haben hierfür etwa 10 Minuten Zeit. : Der Trainer kann mit einem der Teilnehmer zusammen ein FlipChart erstellen. Wenn eine gerade Anzahl an Teilnehmern an der Sitzung teilnimmt, kann zu dritt ein FlipChart erstellt werden. Die fertigen FlipCharts werden im Raum aufgehängt. Bei der Vorstellungsrunde kann der Trainer mit der Vorstellung von sich selbst beginnen, um ein Beispiel zu geben. Wenn ein Teilnehmer sich vorgestellt hat, sollte sich der Trainer bei ihm bedanken und zum nächsten Teilnehmer überleiten. z
Benötigtes Material
▬ Halb so viele FlipCharts wie die Anzahl der Teilnehmer (z. B. 5 FlipCharts bei 10 Teilnehmern)
12.1.4
Erwartungen der Teilnehmer
Dauer: ca. 15 Minuten (5 Minuten Einzelarbeit, 5 Minuten Pause zum Kartensortieren, 5 Minuten Vorstellung der Erwartungen). Um ein Training
möglichst an seine Teilnehmer anpassen zu können, ist es manchmal sinnvoll, die Erwartungen abzufragen und zu visualisieren. Zur Vorbereitung werden hierfür zwei Überschriftenkarten an eine Metaplanwand gehängt mit den Aufschriften: ▬ Ich möchte, dass… ▬ Ich möchte nicht, dass… Alle Teilnehmer bekommen einen Moderationsstift ausgeteilt. Zur Erläuterung der Übung kann die folgende Instruktion genutzt werden: ; Als nächstes möchte ich mit Ihnen gemeinsam sammeln, was Sie von diesem Training erwarten. Ich teile jedem von Ihnen eine rote und eine grüne Karte aus. Bitte ergänzen Sie auf der grünen Karte den Satz: »Ich möchte, dass ...« (auf Überschriftenkarte zeigen). Auf dieser Karte sollen Sie festhalten, was Sie sich von diesem Training erwarten, z. B. was Sie auf jeden Fall lernen möchten. Auf der roten Karte ergänzen Sie bitte den Satz »Ich möchte nicht, dass ...«. (auf Überschriftenkarte zeigen). Auf dieser Karte sollen Sie Ihre Befürchtungen in Bezug auf das Training festhalten, also Dinge, die hier nicht passieren sollen. Wenn Sie Ihre Karten beschriftet haben, geben Sie sie nach vorne. Ich hänge sie auf. Im Anschluss machen wir eine kurze Pause. Nach der Pause gehe ich dann auf Ihre Erwartungen und Befürchtungen ein. Haben Sie noch Fragen? : Die beschriebenen Karten werden in einer Pause vom Trainer grob nach Themen sortiert und an der Metaplanwand aufgehängt. Nach der Pause werden die thematischen Blöcke einzeln durchgegangen und es wird benannt, ob die gewünschten Themen der Teilnehmer: ▬ im Training behandelt werden, ▬ bisher im Training noch nicht vorgesehen waren, aber z. B. in der Eisboxsitzung behandelt
113 12.2 · Gruppenregeln
Erwartungen
12
Gruppenregeln
t Was brauchen Sie, um sich in der Gruppe wohl zu fühlen? t Woran soll sich dir Gruppe halten?
Ich möchte, dass…
Ich möchte nicht, dass…
⊡ Abb. 12.3 PPP Folie »Erwartungen«
⊡ Abb. 12.4 PPP Folie »Gruppenregeln«
werden können, wenn es dem Interesse der Gruppe entspricht ( Kap. 13.3 Eisbox), ▬ im Training nicht behandelt werden können; hier ist es günstig, wenn für diese Themen ein Verweis an andere Stellen, z. B. die Deutsche Alzheimer Gesellschaft, gegeben wird. Weiterhin sollte auf die genannten Befürchtungen eingegangen werden. z
Benötigtes Material
▬ Überschriftenkarte rot »Ich möchte nicht, dass…« ▬ Überschriftenkarte grün »Ich möchte, dass…« ▬ So viele grüne und rote Moderationskarten wie die Anzahl der Teilnehmer des Trainings (z. B. 10 grüne und rote Moderationskarten bei 10 Teilnehmern) ▬ Eine Metaplanwand ▬ Pinwand-Nadeln zum Aufhängen der Karten
12.2
Gruppenregeln
Dauer: ca. 15 Minuten bei Selbstentwicklung, ca. 5 Minuten bei Vorgabe der Gruppenregeln. Die
Einführung von Gruppenregeln ist notwendig, um einen sicheren Rahmen für die Sitzungen zu geben. Hierzu kann man die Teilnehmer auffordern zu überlegen, was sie als wichtig empfinden, um sich in einer Gruppe wohl und sicher zu fühlen. Die gemeinsam gesammelten Punkte werden auf einem FlipChart notiert und – wenn nötig – vom Trainer ergänzt. Wenn wenig Zeit vorhanden ist,
kann man auch Gruppenregeln vorgeben, diese bereits auf einem FlipChart vorschreiben, kurz mit den Teilnehmern durchgehen und bei Bedarf ergänzen lassen. z
Mögliche Gruppenregeln
▬ Jede/r Teilnehmer/in muss die Gewissheit haben und selbst den anderen zusichern, dass nichts von dem, was in der Gruppe besprochen wird, nach draußen weitergegeben wird (Vertraulichkeit) ▬ Wir hören einander zu und bewerten Gehörtes nicht nach gut oder schlecht oder nach richtig und falsch, denn es gibt nur ein individuelles, subjektives Erleben und Fühlen, das unantastbar ist und nicht interpretiert werden soll ▬ Jeder soll zu Wort kommen ▬ Jeder darf ausreden, keiner wird unterbrochen ▬ Es sollte niemand absichtlich beleidigt, gedemütigt oder verhöhnt werden; geschieht dies doch, wird der Trainer darauf achten, dass das Missverständnis besprochen wird ▬ Jeder ist Experte seines eigenen Problems ▬ Wer nicht zur Gruppenstunde kommen kann, meldet sich möglichst rechtzeitig ab z
Benötigtes Material
▬ Ein weißes oder bereits mit ausgewählten Regeln beschriftetes FlipChart-Papier ▬ Ein FlipChart-Ständer
13
Hilfreiche Trainingselemente für alle Sitzungen Haberstroh, J., Neumeyer, K.
13.1
Handouts
– 116
13.2
Übungen
– 116
13.3
Eisbox
– 116
13.3.1 Eisbox-Sitzung – 117
13.4
Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen – 117
13.5
Erfahrungsaustausch
13.6
Zusammenfassung und Reflexion durch den Trainer – 118
13.7
Reflexion und Transfer: »Was nehme ich mit?«
13.8
Feedback für den Trainer: Blitzlicht – 119
13.9
Ausblick
– 118
– 118
– 120
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _13, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
116
Kapitel 13 · Hilfreiche Trainingselemente für alle Sitzungen
Bestimmte Elemente finden sich in allen TANDEM Sitzungen wieder. Hierzu zählen die Eisbox, der Erfahrungsaustausch, die Einzelübung »Was nehme ich mit?«, die den inhaltlichen Abschluss einer jeden TANDEM Sitzung bildet, sowie das Blitzlicht und der Sitzungsabschluss, die stets in gleicher Weise am Ende einer Sitzung für Feedback und Ausblick genutzt werden können. Die mögliche Anwendung und Instruktion der genannten Elemente wird im Folgenden erläutert. Empfehlungen, wann diese Elemente jeweils zur Anwendung kommen können, werden in den Sequenzplänen der Sitzungen gegeben.
13.1
13
Handouts
Zu Beginn jeder Sitzung wird ein umfassendes Handout ausgeteilt. Die Handouts jeder Sitzung beinhalten eine Kurzzusammenfassung sämtlicher Inhalte dieser Sitzung sowie die Anweisungen für die Übungen, die von den Teilnehmern durchgeführt werden sollen. Für jede Sitzung finden Sie ein druckfertiges Handout zum Download auf der Buchseite im Internet unter www.springer. com/978-3-642-16921-2. Die Handouts sollten vor Beginn der Sitzung bereits auf den Plätzen der Teilnehmer ausgelegt werden, um spätere Unruhe zu vermeiden. Es schadet nicht, wenn die Teilnehmer schon vor oder während der Sitzung in den Handouts lesen oder diese auch zur Bearbeitung der Übungen und Problemstellungen in der Sitzung nutzen. Ganz im Gegenteil kann dies sogar dazu beitragen, dass auch nach dem Training das Handout eher genutzt wird, wenn alltägliche Problemstellungen auftreten.
13.2
gekennzeichnet sind. Die Instruktionen sollen der Orientierung dienen. Sie sind als Hilfestellung für die Trainer gedacht und nicht als zwingende Vorgabe zu verstehen.
13.3
Eisbox
Die Zeit einer Trainingssitzung ist in der Regel auf 1½ bis 2 Stunden begrenzt. Die TANDEM Sitzungen sind in der Regel exakt auf diese Dauer ausgelegt. In dieser Zeit bleibt zwar Raum für individuelle Fragen, aber erfahrungsgemäß tauchen im Laufe einer Sitzung für versorgende Angehörige immer so viele Fragen auf, dass, wenn man alle Fragen direkt beantworten würde, keine Zeit mehr für die eigentlich geplanten Inhalte bleibt. Da aber gerade die individuellen Fragen besonders wichtig sind und den einzelnen Teilnehmern in der Regel besonders am Herzen liegen, sollte diesen Fragen ausreichend Raum gegeben werden. Damit man trotzdem sein Programm für den Tag »durchziehen« kann, empfehlen wir die sogenannte »Eisbox«. Während des Trainings werden Fragen, die den Teilnehmern besonders wichtig sind, jedoch in der kurzen Sitzungszeit keinen Raum haben oder erst in einer späteren Sitzung behandelt werden, gesammelt. Die Teilnehmer könnten jederzeit auf Moderationskarten ihre Fragen aufschreiben und an eine Eisbox hängen. Die »Eisbox« steht symbolisch dafür, dass die Fragen in ihr kühl und frisch gelagert werden und beim nächstmöglichen Zeitpunkt – aber spätestens in der letzten Trainingssitzung – beantwortet werden. Mit dieser Methode
Eisbox
Übungen
Ein Training lebt von den Übungen, die die Inhalte greifbar und umsetzbar machen und zudem die Sitzung auflockern können. Für jede Trainingssitzung werden in den folgenden Kapiteln Vorschläge für Übungen gegeben. Zur Erläuterung der Übungen für die Teilnehmer werden Instruktionsvorschläge gemacht, deren Beginn mit dem Symbol ; und deren Ende mit dem Symbol :
⊡ Abb. 13.1 PPP Folie »Eisbox«
117 13.4 · Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
können themenfremde Fragen und Diskussionen aus den Sitzungen herausgehalten werden und die Teilnehmer können trotzdem sicher sein, dass ihre Fragen beantwortet werden. Auch wenn zeitaufwendige Diskussionen auftauchen, hat der Trainer die Möglichkeit, selbst den Diskussionspunkt auf eine Eisbox-Moderationskarte zu schreiben und somit die Diskussion auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Bei professionellen Pflegekräften wird die Eisbox in der Regel kaum genutzt bzw. erfahrungsgemäß bleibt in den Sitzungen selbst mehr Zeit, um auftauchende Fragen direkt beantworten zu können. Die Eisbox sollte trotzdem auch im Training für professionelle Pflegekräfte als Angebot vorgestellt werden.
13.3.1
Eisbox-Sitzung
Die meisten Sitzungen sind so geplant, dass am Ende ausreichend Zeit bleibt, individuelle Fragen zu beantworten. In einem Training für professionelle Pflegekräfte reicht diese Zeit auch in der Regel aus. In einem Training für versorgende Angehörige ist es aber sinnvoll, nach etwa drei abgehaltenen Sitzungen eine »Eisbox-Sitzung« einzuplanen, die sich ausschließlich den aufgeschobenen Eisbox-Themen widmet. In einer solchen »Eisbox-Sitzung« werden die Fragen, die während der vorangegangenen Sitzungen in der Eisbox gesammelt wurden, nacheinander an eine Metaplanwand gehängt und mit Hilfe von vorher beschrifteten Moderationskarten vom Trainer beantwortet. Die Antworten können daraufhin im Plenum diskutiert und von den Teilnehmern ergänzt werden. Fragen, auf die der Trainer keine Antwort geben kann oder will, können auch direkt zur Diskussion bzw. zur gemeinschaftlichen Beantwortung an die Gruppe weitergegeben werden. Vor der Beantwortung der Fragen sollten die Teilnehmer noch einmal darauf hingewiesen werden, dass es auf die von ihnen gestellten Fragen nicht die eine Lösung gibt. Die Antworten stellen stets nur Ideen und Anhaltspunkte dar. Die Teilnehmer müssen jedoch selbst herausfinden, welche Tipps und Strategien für sie sinnvoll und hilfreich sein können.
z
13
Benötigtes Material
▬ Eisbox (Kühlbox oder FlipChart mit der Beschriftung »Eisbox«) ▬ Moderationskarten ▬ Moderationsstift z
Instruktion
Die Eisbox kann in der ersten Trainingssitzung mit der folgenden Instruktion eingeführt werden: ; An diesem Punkt komme ich auf diese Eisbox (auf Eisbox zeigen) zu sprechen. Unsere Sitzungszeit ist recht kurz, deshalb werde ich voraussichtlich einige von Ihren Fragen innerhalb dieser Zeit nicht beantworten können. Wenn Sie eine Frage stellen, die ich aufgrund der Zeit nicht beantworten kann, kommt die Frage in die Eisbox. In der Eisbox sind Ihre Fragen gut aufgehoben und, wenn ich sie im Laufe des Trainings – spätestens in der letzten Trainingssitzung – hervorhole, sind sie noch schön frisch. Die Eisbox ist jederzeit für Ihre Fragen da. Wenn Sie ein Frage stellen und ich feststelle, dass die Frage in einem späteren Block sowieso noch mal ausführlich behandelt wird oder die Frage über das Training hinausgeht, dann werde ich Sie bitten, die Frage an die Eisbox zu hängen. Diese Moderationskarten und der Stift liegen immer auf dem Tisch, so dass Sie jederzeit Fragen aufschreiben können (Moderationskarten und Stift auf den Tisch legen). :
13.4
Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
Zu Beginn jeder Sitzung sollte ein Überblick über die gesamte Sitzung gegeben, d. h., die Tagesordnung und die Zielsetzung sollten hier kurz vorgestellt werden. Dieser Einstieg in die Sitzung soll es den Teilnehmern erleichtern, sich zu orientieren. Sie sollen wissen, was in der Sitzung auf sie zukommt, damit sie den roten Faden der Sitzung besser nachvollziehen können. Für den einleitenden Überblick geht der Trainer zunächst anhand des FlipCharts »Tagesordnung« alle Tagesordnungspunkte kurz Schritt für Schritt durch und benennt jeweils mit etwa einem Satz, worum es in diesem Sitzungsabschnitt gehen wird. Nachdem alle Tagesordnungspunkte
118
Kapitel 13 · Hilfreiche Trainingselemente für alle Sitzungen
benannt sind, hängt der Trainer das Blatt »Zielsetzung« auf (z. B. an eine Metaplanwand oder an die Wand) und benennt das Lernziel der aktuellen Sitzung. z
Benötigtes Material
▬ FC »Tagesordnung« ▬ Blatt »Zielsetzung«
13.5
13
Erfahrungsaustausch
Zum Abschluss einer Sitzung für versorgende Angehörige ist es wichtig, dass die Teilnehmer ausreichend Zeit für einen Erfahrungsaustausch erhalten. Leitende Frage hierfür ist: »Und wie ist das bei mir?« In jeder Power Point Präsentation findet sich eine Folie mit diesem Titel, auf der Vorschläge für Leitfragen zu einem Erfahrungsaustausch aufgelistet sind. Die Gruppe kann sich an diesen Leitfragen orientieren, kann sich aber auch von den Leitfragen lösen und die Themen des Erfahrungsaustauschs dem eigenen, aktuellen Bedarf anpassen. Ab einer Gruppengröße von acht Teilnehmern wird die Gruppe für den Erfahrungsaustausch in zwei Kleingruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe wird von dem Trainer moderiert. Die Gruppe ohne Trainer sollte darauf hingewiesen werden, dass sie auf eine ausgewogene Sprechzeit aller Teilnehmer achtet. Günstig ist, wenn sich ein Teilnehmer als Moderator der Gruppe zur Verfügung stellt. Der entsprechende Teilnehmer hat die Aufgabe, auf die Zeit zu achten, und darauf, dass jeder zu Wort kommt. Der Trainer sollte jeweils die Moderation einer Gruppe übernehmen. Ein Wechsel des Trai-
Und wie ist das bei mir? Erfahrungsaustausch in Kleingruppen
ners in die jeweils andere Gruppe während eines Erfahrungsaustauschs ist nicht zu empfehlen, da hierdurch der Fluss des Erfahrungsaustausches gestört wird. Wenn während des Erfahrungsaustauschs Situationen beschrieben werden, die schlecht gelaufen sind, und die Gruppe keine Lösung findet, können diese auf eine Karte geschrieben und an die »Eisbox« gehängt werden ( Abschn. 13.3). Auf diese Karten kann dann im Anschluss oder – falls keine Zeit mehr ist – in einer Extra »Eisbox-Sitzung« eingegangen werden. z
Benötigtes Material
▬ Folie »Und wie ist das bei mir« aus der Power Point Präsentation ▬ Eventuell Moderationskarten und Moderationsstift für Eisbox
13.6
Zusammenfassung und Reflexion durch den Trainer
Bevor die Einzelübung »Was nehme ich mit?« gestartet wird, sollte der Trainer die Inhalte der Sitzung noch einmal bündig zusammenfassen und im Hinblick auf die zu Beginn gesetzte Zielsetzung kurz reflektieren. Hierfür kann er die Tagesordnung, die Zielsetzung der Sitzung, das Handout und eventuell auch die Ergebnisse der Gruppenübungen (z. B. FlipCharts, die als Ergebnisse der Gruppenübungen entstanden sind und an die Wand gehängt wurden) verwenden. z
Benötigtes Material
▬ ▬ ▬ ▬
FC Tagesordnung Blatt »Zielsetzung« Handout Eventuell Ergebnisse der Gruppenübungen (z. B. FlipCharts)
t Welche Stärken und Schwächen hat mein demenzkranker Angehöriger? t Welche Strategien helfen mir?
⊡ Abb. 13.2 Bsp. für PPP Folie »Und wie ist das bei mir?«
13.7
Reflexion und Transfer: »Was nehme ich mit?«
Den Abschluss der Sitzung bildet eine Einzelübung, in der sich jeder Teilnehmer mit Hilfe des Handouts Gedanken macht, welche der erar-
119 13.8 · Feedback für den Trainer: Blitzlicht
beiteten Strategien er persönlich in nächster Zeit anwenden möchte, welche der gelernten Inhalte er »mit in den Alltag nehmen möchte«. Diese Abschlussübung dient dazu, den Transfer der Sitzungsinhalte in den Alltag zu erleichtern, in dem erste konkrete Schritte der Umsetzung individuell durchdacht und festgehalten werden. Folgende Instruktion kann die Übung z. B. für die Sitzungen der Module »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« einleiten: ; Sie haben heute eine Menge Strategien kennen gelernt, jeder von Ihnen hat individuelle Strategien in die Sitzung eingebracht. Eine Strategie, die dem einen hilft, ist aber für einen anderen manchmal gar nicht hilfreich. Daher möchte ich Sie bitten, sich fünf Minuten Zeit zu nehmen und sich Ihr Handout und Ihre Aufzeichnungen der heutigen Sitzung noch einmal zur Hand zu nehmen. Stellen Sie sich vor, in drei Wochen fragt Sie ein Bekannter »Sag mal, du hast doch da an diesem Training teilgenommen, kannst du mir sagen, was die wichtigsten Informationen waren?« Schreiben Sie sich kurz in Stichpunkten einen Spickzettel, in dem Sie die Inhalte der heutigen Sitzung notieren, die für Sie ganz persönlich wichtig waren und die Sie nicht vergessen wollen. Der Zettel ist ganz allein für Sie selbst, Sie können den Zettel in drei Wochen oder vielleicht auch drei Monaten noch einmal hervorholen und nachschauen, woran Sie sich heute erinnern wollten. : z
Benötigtes Material
▬ Jedem Teilnehmer wird eine Moderationskarte und bei Bedarf ein Stift ausgeteilt
13.8
Feedback für den Trainer: Blitzlicht
Ein abschließendes Blitzlicht bietet dem Trainer die Möglichkeit, in kurzer Zeit ein Feedback zum Sitzungserfolg und zur Zufriedenheit der Gruppe zu erhalten. Weiterhin kann ein Blitzlicht auch den Transfer und die Reflexion der Sitzungsinhalte anregen. Blitzlicht ist eine Methode des Feedbacks, die schnell die Stimmungen und Meinungen in einer Gruppe in einer Momentaufnahme erfassen kann.
13
Die Teilnehmer erhalten reihum die Möglichkeit, kurz – mit einem Satz oder wenigen Sätzen – die eigene Zufriedenheit oder die eigene Befindlichkeit wiederzugeben. Folgende Instruktion kann das Feedback einleiten: ; Jeder von Ihnen hat im Folgenden die Möglichkeit, reihum seine aktuelle Zufriedenheit und Befindlichkeit wiederzugeben. Beantworten Sie für sich selbst kurz in ein bis zwei Sätzen die Fragen »Wie geht es mir jetzt in diesem Moment?« (Alternative Fragen: Wie zufrieden bin ich mit dem Arbeitsergebnis? Wie habe ich die Zusammenarbeit in der Gruppe erlebt? Wie war für mich der heutige Tag? Was nehme ich nach der Veranstaltung mit? Was war besonders wichtig?) Diese Abschlussrunde nennt man »Blitzlicht«. Hierfür gibt es fünf Regeln: 1. Jeder hat reihum die Möglichkeit, sich zu äußern. 2. Keiner ist gezwungen, sich zu äußern. 3. Jeder sagt nur ein bis zwei Sätze. 4. Die Äußerungen werden nicht kommentiert und diskutiert, sondern werden wie ein Blitzlicht im Raum stehen gelassen. 5. Wer mit seinem Beitrag fertig ist, gibt das Wort an seinen Sitznachbarn durch einen kurzen Blickkontakt weiter (alternativ kann auch ein »Sprechstein« oder ähnliches herumgereicht werden). 6. Möchten Sie anfangen? (Person ausdeuten, die sich vorher möglichst schon aktiv beteiligt hat) : Die Äußerungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen kurz gefasst sein. Der Trainer sollte zur Durchführung der Methode im Stuhlbzw. Tischkreis sitzen und sich in die Gruppe integrieren und muss darauf achten, dass die Regeln eingehalten werden. Am Ende sollte keine Diskussion der Blitzlichtrunde durchgeführt werden. Das Wissen darum, dass die eigenen Äußerungen nicht kommentiert werden, verleiht den Teilnehmern Sicherheit. Jede Äußerung hat ihren Bestand und ihre Geltung. z
Benötigtes Material
▬ Keins
120
Kapitel 13 · Hilfreiche Trainingselemente für alle Sitzungen
13.9
Ausblick
Zum Abschluss der Sitzung sollte auf die Inhalte der nächsten Sitzung verwiesen werden, um die Teilnehmer hierfür zu motivieren. Als Verweis genügt zum Beispiel eine letzte Power Point Folie, auf der das Datum und das Thema der nächsten Sitzung vermerkt sind. z
Benötigtes Material
▬ Letzte Folie einer jeden Präsentation
13
14
Transfer: Wie kommt das gelernte Wissen in den Alltag? Franzmann, J., Jakob, M., Krause, K., Haberstroh, J.
14.1
Transferförderung in den Trainingssitzungen – 122
14.2
Transferförderung durch individuelle Fallbesprechungen – 122
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _14, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
122
14.1
Kapitel 14 · Transfer: Wie kommt das gelernte Wissen in den Alltag?
Transferförderung in den Trainingssitzungen
Damit der gewonnene Lerneffekt eines Trainings nicht nach der jeweiligen Sitzung direkt wieder verpufft, sondern auch tatsächlich im Alltag angewendet und weiterentwickelt wird, sollen bereits im Rahmen der Sitzungen einige Maßnahmen zur Transferförderung in den Alltag getroffen werden. Tagesordnung. Die Vorstellung der Tagesordnung zu Beginn jeder Sitzung ermöglicht es den Teilnehmern, sich auf die Sitzung einzustellen und alle Hauptsequenzen bereits zu Beginn kurz kennenzulernen. Der kurze Verweis auf den Fortschritt in der Tagesordnung nach jeder absolvierten Hauptsequenz fördert eine bessere Integration der Sitzungsinhalte bei den Teilnehmern und hilft, den roten Faden in der Sitzung aufrechtzuerhalten. Abfolge von aktiveren und passiveren Trainingsanteilen. Alle Sitzungen zeichnen sich durch eine
14
abwechslungsreiche Abfolge von aktiveren und passiveren Trainingsanteilen bei den Teilnehmern aus. Kurze theoretische Inputs werden jeweils anhand zahlreicher Beispiele sehr praxisnah erläutert und mit praktischen Übungen zu Problemstellungen aus dem Pflegealltag verbunden. Bereits vorhandenes Wissen der Teilnehmer wird dabei stets explizit in die Trainingssitzung einbezogen, Anregungen und Fragen können jederzeit geäußert und im Plenum diskutiert werden. Problemstellungen aus dem Pflegealltag. Weiter-
hin wird die Bearbeitung typischer Problemstellungen aus dem Pflegealltag als transferfördernde Maßnahme eingesetzt. Für diese Problemstellungen werden bewusst keine Lösungswege vorgegeben, sondern die Entwicklung individueller Lösungswege sowie die gemeinsame Weiterentwicklung dieser Lösungswege im Team soll gefördert werden. Somit wird neues Wissen an bestehendes Vorwissen angeknüpft und bereits vorhandenes Expertenwissen kann gefestigt und vertieft werden. Neues Wissen, das an Vorwissen anknüpft, kann nicht nur besser behalten werden, sondern wird zudem auch einfacher im Alltag umgesetzt.
Arbeit in Kleingruppen. Die Arbeit in Kleingruppen dient in speziellem Maße dazu, die Teilnehmer anzuregen, ihr vorhandenes Expertenwissen in die Bearbeitung einer Problemstellung einzubringen, sich mit ihrem jeweiligen Erfahrungshintergrund gegenseitig zu ergänzen und zu unterstützen. Das Aufgreifen der Ergebnisse von Gruppenübungen im Plenum ermöglicht darüber hinaus, die Rückmeldung der Mitglieder anderer Kleingruppen einzuholen und eine Integration des gesamten Expertenwissens der teilnehmenden Personen anzuregen. Übertragung auf den individuellen Fall. Eine weitere Maßnahme, um den Transfer der Inhalte in den Pflegealltag zu fördern, ist die Übertragung des Gelernten auf den individuellen Fall. Hierfür wird innerhalb jeder Sitzung in unterschiedlicher Art und Intensität Zeit eingeräumt (z. B. die Sequenz: »Und wie ist das bei mir?« im Training für versorgende Angehörige oder die Sequenz: »Was nehme ich mit?«). Die Sitzungsinhalte sollen hierdurch ganz explizit mitgenommen werden in den Pflegealltag der Teilnehmer. Die erworbenen Kompetenzen der Teilnehmer, die bisher in allgemeinen Problemstellungen besprochen wurden, werden auf den eigenen Fall und die eigene Betreuungssituation übertragen. Hierdurch werden abstrakte Informationen zu konkreten, praxistauglichen und umsetzbaren Strategien. Die erste Hürde, diese Strategien auch tatsächlich im Alltag umzusetzen, ist genommen. Zusammenfassung und Reflexion. Transferunter-
stützung geschieht zudem durch die Zusammenfassung und Reflexion der Sitzungsinhalte am Ende der Sitzung durch den Trainer und die Teilnehmer.
14.2
z
Transferförderung durch individuelle Fallbesprechungen
Was sind individuelle Fallbesprechungen?
Als Ergänzung zu einem TANDEM Training kann man den Angehörigen und Pflegekräften eines bestimmten demenzkranken Menschen individuelle Fallbesprechungen anbieten. Eine solche Besprechung findet an einem extra Termin im kleinen Kreis statt. Die Grundlage von Fallbesprechungen
123 14.2 · Transferförderung durch individuelle Fallbesprechungen
ist der Austausch über die Pflegesituation und alle damit verbundenen Aspekte. Teilnehmer einer Fallbesprechung im Sinne des TANDEM Konzepts sind versorgende Angehörige sowie die in die spezifische Pflegesituation involvierten professionellen Pflegekräfte und eventuell beteiligte ehrenamtlich engagierte Menschen. Im Allgemeinen bestimmen sich die Zielsetzung und die Inhalte der Fallbesprechung aus dem Bedarf der Teilnehmer. Die Dauer einer Fallbesprechung beläuft sich auf etwa eine Stunde. Im Mittelpunkt einer individuellen Fallbesprechung steht in der Regel der an einem TANDEM Training teilnehmende versorgende Angehörige eines Menschen mit Demenz. z
Konstellationen von individuellen Fallbesprechungen
Als Ergänzung zu einem TANDEM Training sind verschiedene Teilnehmerkonstellationen um den am Training teilnehmenden versorgenden Angehörigen denkbar: Konstellation 1: Alle beteiligten Personen ohne Moderator. An der Besprechung nehmen alle für
die Pflege des Menschen mit Demenz relevanten Personen teil, d. h. alle versorgenden Angehörigen, ambulante oder stationäre Bezugspflegekräfte, ehrenamtliche Begleiter etc. Der Vorteil von einer Fallbesprechung mit möglichst allen Beteiligten ist, dass viele Perspektiven eingebracht werden. Alle Beteiligten können zur Lösungsfindung beitragen und sind auf gleichem Informationsstand bezüglich der erarbeiteten Strategien und Haltungen. Der Nachteil liegt in der Gefahr, dass die Besprechung ohne neutralen Moderator ausufern könnte und eventuell keine Lösung herbeigeführt wird. Eine weitere Herausforderung ist zudem, dass alle Beteiligten eine passende Zeit und einen Ort für ein Treffen finden müssen. Konstellation 2: Alle beteiligten Personen mit externem Moderator. Ein externer Moderator, der
geschult ist im Durchführen von Fallbesprechungen, wird hinzugezogen. Zusätzliche Vorteile gegenüber Konstellation 1 sind, dass die Zielsetzung der Besprechung durch einen neutralen Vermittler im Auge behalten wird, neue Perspektiven durch ihn eingebracht und Handlungsmöglichkeiten er-
14
arbeitet werden können. Gegebenenfalls können bestehende Konflikte thematisiert und geklärt werden. Der Nachteil eines externen Moderators besteht im zusätzlichen finanziellen Aufwand. Konstellation 3: Hauptpflegepersonen mit oder ohne Moderator. Der organisatorische Aufwand
der Konstellationen 2 und 3 kann deutlich verringert werden, wenn in die Fallbesprechungen nur die primären Pflegepersonen einbezogen werden, d. h. nur der primär versorgende Angehörige und die Bezugspflegekraft. Nachteil hierbei ist, dass weniger Perspektiven einbezogen werden können. Vorteil ist, dass insbesondere die primär versorgenden Angehörigen, die in der Regel einen hohen Redebedarf haben, mehr Zeit zur Erörterung ihrer individuellen Anliegen erhalten. Konstellation 4: Trainingsteilnehmer und Trainer.
Denkbar ist auch eine Besprechung zwischen Trainingsteilnehmer und Trainer bezüglich bestimmter Schwierigkeiten im Pflegealltag. Vorteil hiervon ist, dass gezielt problematische Aspekte bearbeitet werden können und der Trainer auf das Trainingswissen zurückgreifen kann. Außerdem besteht weniger organisatorischer Aufwand. Der Nachteil besteht darin, dass der Trainer die zusätzliche Rolle eines Supervisors bekommt, was es für ihn gegenüber diesem Teilnehmer während der Gruppensitzungen schwierig machen könnte, wieder in die Trainerrolle zurückzufinden. Außerdem werden weniger Informationen gesammelt, wenn andere wichtige Pflegepersonen nicht involviert sind. z
Transferförderung durch Fallbesprechungen
TANDEM Trainings enthalten an sich bereits eine Reihe von transferfördernden Maßnahmen, die es den Teilnehmern erleichtern, neue Informationen und Sichtweisen in den eigenen Pflegealltag mitzunehmen und individuelle Lösungen für die jeweilige Pflegesituation zu erarbeiten. Ergänzend hierzu können individuelle Fallbesprechungen zum Transfer der Trainingsinhalte in den Alltag beitragen. In Fallbesprechungen können Trainingsinhalte aus den vorangegangenen Sitzungen konkretisiert und auf den individuellen Fall übertragen werden. Gleichzeitig können individuelle Problemstellungen erörtert und Lösungsmöglichkeiten hierfür
124
Kapitel 14 · Transfer: Wie kommt das gelernte Wissen in den Alltag?
erarbeitet werden. Somit werden Trainingsinhalte, die in der eigentlichen Trainingssituation aufgrund der begrenzten Redezeit für den Einzelnen manchmal auf einer eher allgemeinen Ebene verbleiben können, auf den individuellen Fall übertragen. Hindernisse, die die Anwendung der Inhalte im Alltag erschweren könnten, werden in der Fallbesprechung erörtert und Lösungen hierfür können erarbeitet werden. Die Trainingsinhalte werden somit für den einzelnen Teilnehmer und seine individuelle Pflegesituation noch anwendbarer gemacht. z
14
Entlastung durch Fallbesprechungen
Über den rein transferfördernden Nutzen von Fallbesprechungen hinaus kann es für manche Teilnehmer auch notwendig sein, ergänzend zu den Trainingssitzungen an individuellen Fallbesprechungen teilzunehmen. Die individuellen Fallbesprechungen können in bestimmten Fällen die Basis dafür schaffen, dass bestimmte Teilnehmer überhaupt von den TANDEM Trainings profitieren können. Hierzu zählen insbesondere Teilnehmer mit hoher Belastung und mit großem Redebedarf, aber auch sehr zurückhaltende Personen. Ein Trainer sollte aufmerksam für solche Teilnehmer in seiner Gruppe sein, um diesen, falls die Möglichkeit dazu besteht, individuelle Fallbesprechungen anbieten zu können. Idealerweise werden solche Fallbesprechungen von einer unabhängigen Person (externer Moderator) durchgeführt. Falls dies nicht möglich ist, kann auch der Trainer die Rolle des Moderators in der Fallbesprechung übernehmen. Belastete Teilnehmer. Ein Trainingsteilnehmer, der sehr belastet ist, kann Schwierigkeiten haben, Informationen aufzunehmen und umzusetzen bzw. sich den Anforderungen (z. B. Zeitaufwand, Organisation von Versorgung des demenzkranken Angehörigen in der Sitzungszeit) eines Trainings zu stellen. In diesem Fall zielt die Fallbesprechung zunächst auf die Entlastung des Teilnehmers ab. Dies kann dadurch erreicht werden, dass er Zeit und Aufmerksamkeit bekommt, um über die Situation und die damit verbundenen Probleme zu sprechen. Weiterhin können Inhalte einer solchen Fall-
besprechung sein, welche Möglichkeiten es für den versorgenden Angehörigen gibt, für sich selbst zu sorgen bzw. Unterstützung zu organisieren. Teilnehmer mit großem Redebedarf. In einem TANDEM Training gibt es immer wieder Teilnehmer mit großem Redebedarf. Dieser weist in der Regel auch auf eine große Belastung hin. Es ist wichtig, diesem Bedarf nachzukommen, aber gleichzeitig nicht die Redezeit der anderen Teilnehmer und deren Profit vom Training einzuengen. Daher bieten sich für Teilnehmer mit großem Redebedarf in besonderem Maße individuelle Fallbesprechungen an. Das Ziel liegt in diesem Fall darin, auf den Teilnehmer im kleinen Rahmen adäquater eingehen zu können. Dem Bedarf nach einer ausführlichen Besprechung individueller Problemstellungen kann in einem solchen Setting intensiver nachgegangen werden als in einem Training. Zudem wird die Redezeit der anderen Teilnehmer somit nicht beschnitten und unguten Stimmungen in der Trainingsgruppe, die durch Vielredner entstehen können, wird vorgebeugt. Zurückhaltende Teilnehmer. Teilnehmer, die zu-
rückhaltend sind und sich in die Gruppenarbeiten nicht einbringen, profitieren in der Regel weniger von den TANDEM Trainings, da sie die transferfördernden Maßnahmen wie Erfahrungsaustausch und Übungen nicht in ausreichendem Maße nutzen können. Bei zurückhaltenden Teilnehmern besteht die Möglichkeit, sich in individuellen Fallbesprechungen im kleinen Rahmen eher zu öffnen, somit die fehlende Transferunterstützung in den Trainingssitzungen auszugleichen und folglich besser von einem TANDEM Training profitieren zu können. Ziele der Fallbesprechungen können im Falle zurückhaltender Teilnehmer insbesondere die Übertragung der Trainingsinhalte auf den individuellen Fall sein. Zurückhaltung entsteht jedoch nicht immer nur aufgrund von Schüchternheit oder ähnlichem, sondern kann auch manchmal entstehen, wenn die Trainingsinhalte dem Teilnehmer zu unspezifisch für die eigene Pflegesituation erscheinen. In einem solchen Fall besteht das Ziel der Fallbesprechungen darin, individuelle Problemstellungen mithilfe
125 14.2 · Transferförderung durch individuelle Fallbesprechungen
der Sichtweisen aller in die Pflege involvierten Personen genauer zu erfassen, um daraufhin konkrete Lösungen mit verhaltensnahen Umsetzungsschritten zu erarbeiten. z
Förderung der Kooperation durch Fallbesprechungen
Implizit ergibt sich durch die Zeit für gemeinsamen Austausch auch eine verbesserte Kooperation der involvierten Personen. Häufig stellen die Teilnehmer erst in der Fallbesprechung fest, dass sie ähnliche Schwierigkeiten im Umgang mit bestimmten Verhaltensweisen des gemeinsam versorgten demenzkranken Menschen haben. Sie bestätigen oder ergänzen sich in ihren Beobachtungen. Sie erfahren sich über die Besprechungen als Team mit einem gemeinsamen Ziel, wachsen in ihrer Expertenrolle und fühlen sich gestärkt durch die gegenseitig geleistete Unterstützung.
14
15
Evaluation: Woher weiß ich, dass das Training erfolgreich war? Krause, K., Franzmann, J., Haberstroh, J.
15.1
Bewertung einer einzelnen Trainingssitzung – 128
15.2
Evaluation eines ganzen Trainings – 128
15.2.1 15.2.2 15.2.3 15.2.4
Warum evaluiert man ein Training? – 128 Wie kann man die Ergebnisse der Evaluation nutzen? – 128 Wie wurde das TANDEM bisher evaluiert? – 130 Welche Instrumente eignen sich zur TANDEM Evaluation? – 130
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _15, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
128
15.1
Kapitel 15 · Evaluation: Woher weiß ich, dass das Training erfolgreich war?
Bewertung einer einzelnen Trainingssitzung
Zur Bewertung einer einzelnen Trainingssitzung empfiehlt es sich, im Anschluss an die Sitzung kurze Fragebögen an die Teilnehmer auszuteilen. Fragen nach dem individuellen Nutzen der Sitzungsinhalte sowie einer Einschätzung der Relevanz des Gehörten für den Pflegealltag sollten dabei ebenso enthalten sein wie Fragen nach der Zufriedenheit mit der Trainingssitzung. Darüber hinaus sollen auch die Trainer bewertet werden, um Rückmeldung zu ihrer Trainingsleistung zu erhalten. Mit Hilfe konstruktiver Rückmeldung der Teilnehmer können die Trainer ihre Instruktionskompetenz steigern und gleichzeitig ihre Trainingsmaßnahmen optimieren und an die Zielgruppe anpassen. Die Rückmeldung der Teilnehmer sollte hierbei als wertvolle Anregung angenommen und für die eigene Weiterentwicklung genutzt werden. Wer eine Verteidigungshaltung einnimmt oder bestimmte Vorgehensweisen rechtfertigt, vergibt sich womöglich die Chance, in Zukunft wertvolle Ratschläge seiner Trainingsgruppe zu erhalten. Die Bewertung des Trainers kann z. B. in einem sich an die Sitzung anschließenden Blitzlicht oder sogar in einer umfassenderen Trainingsreflexion erfolgen (⊡ Abb. 15.1).
15
15.2
Evaluation eines ganzen Trainings
15.2.1
Warum evaluiert man ein Training?
kräfte angeboten, interessiert vielleicht die Frage, inwieweit sich die Teilnehmer durch das Training in ihrer sozialen Kompetenz verbessert haben. Auch ein genauerer Blick darauf, welche Trainingssitzungen am effektivsten wirken, wird durch eine solche Evaluation möglich. Die TANDEM Trainings haben zum Ziel, die soziale Kompetenz der Teilnehmer im Umgang mit Menschen mit Demenz, mit Pflegekräften und Angehörigen zu steigern. Eine Evaluation, die auf die soziale Kompetenz abzielt, untersucht demnach die direkten Trainingseffekte. Bei einer wissenschaftlichen Evaluation besteht aber darüber hinaus auch die Möglichkeit, Effekte des Trainings auf anderen Ebenen zu untersuchen – sogenannte indirekte Effekte. Das heißt z. B.: ▬ Wirkt sich eine Steigerung der sozialen Kompetenz von Angehörigen auch auf deren Beanspruchungserleben aus? ▬ Erfahren Pflegekräfte die Teilnahme am Training als einen Beitrag zur eigenen Arbeitszufriedenheit? ▬ Wie wirkt sich ein Kompetenzgewinn der Teilnehmer im Umgang mit den demenzkranken Menschen aus? ▬ Gelingt es Teilnehmern nach der Trainingsphase besser, die Stärken demenzkranker Menschen in der Kommunikation zu fördern? Mit einer entsprechend geplanten wissenschaftlichen Evaluation ist es möglich, all diese spannenden Fragen zu beantworten.
15.2.2
Über die grundlegende Sitzungsevaluation hinaus kann die wissenschaftliche Evaluation eines Trainings sinnvoll sein, z. B. wenn man die Förderung eines Modellvorhabens nach § 45 des SGB XI (Sozialgesetzbuch) oder Ähnliches beantragen will. Hierbei werden beispielsweise standardisierte Fragebögen ausgegeben, oder die Teilnehmer werden nach einem standardisierten Vorgehen befragt. Die wissenschaftliche Evaluation eines Trainings hat den Vorteil, dass die Effektivität des Trainings auf verschiedenen Ebenen untersucht werden kann. Wurde das Training für Angehörige und Pflege-
Wie kann man die Ergebnisse der Evaluation nutzen?
Bei der Evaluation der Trainingsdurchführung durch den Einsatz wissenschaftlich entwickelter Fragebögen besteht die Möglichkeit, die Effektivität der TANDEM Trainings genau und differenziert zu bestimmen. Bei der Planung des Einsatzes und der Auswertung der Fragebögen ist es notwendig, fachkundige Unterstützung oder Beratung zu haben. Vor Beginn der Trainingsdurchführung ist eine Befragung der zukünftigen Teilnehmer hilfreich, um ein Bild zu erhalten, welcher Trai-
15
129 15.2 · Evaluation eines ganzen Trainings
Ihre Meinung zur heutigen Sitzung
1. Die Inhalte der Sitzung haben mir für meinen Pflegealltag etwas gebracht.
trifft garnicht zu
trifft nicht zu
trifft eher nicht zu
trifft eher zu
trifft zu
trifft genau zu
1
2
3
4
5
6
2.
Die Teilnahme an der Sitzung hat Spaß gemacht.
1
2
3
4
5
6
3.
Die Inhalte der Sitzung sind für meinen Pflegealltag relevant.
1
2
3
4
5
6
4.
Die Sitzung hat mir gefallen.
1
2
3
4
5
6
5.
Ich werde das Gelernte voraussichtlich im Pflegealltag anwenden können.
1
2
3
4
5
6
6.
Ich bin mit der heutigen Sitzung zufrieden.
1
2
3
4
5
6
Besonders gut gefallen hat mir:
Verbesserungsideen sind:
⊡ Abb. 15.1 Sitzungsevaluation
130
Kapitel 15 · Evaluation: Woher weiß ich, dass das Training erfolgreich war?
ningsbedarf in der Gruppe vorhanden ist. Welche Kompetenzen bringen die Teilnehmer mit? In welchem Bereich besteht der intensivste Trainingsbedarf? Die Befragung der Teilnehmer vor der Trainingsdurchführung liefert zudem ein Bild der Ausgangssituation, mit dem die Einschätzungen der Teilnehmer nach dem Training verglichen werden können. Haben die Teilnehmer von der Trainingsteilnahme profitiert? Welche Trainingssitzung hat sich als die effektivste erwiesen? Eine solche Evaluation kann z. B. der Entscheidung dienen, welche Trainingssitzungen vermehrt angeboten werden sollten. Nicht zuletzt sind die Ergebnisse der Evaluation hilfreich, um den Nutzen der TANDEM Trainings »schwarz auf weiß« belegen zu können. Ein Nachweis darüber, dass sich beispielsweise Angehörige und Pflegekräfte durch die Trainingsteilnahme in ihren Kompetenzen gestärkt und dadurch weniger beansprucht fühlen, ist ein gutes Argument dafür, die TANDEM Trainings regelmäßig für eine möglichst breite Zielgruppe anzubieten.
15.2.3
15
Wie wurde das TANDEM bisher evaluiert?
In bisherigen Evaluationen hat sich gezeigt, dass die TANDEM Trainings die soziale Kompetenz von Angehörigen und professionellen Pflegekräften in der Versorgung von Menschen mit Demenz steigern können. Eine Erhebung der sozialen Kompetenz dient demnach dazu, die unmittelbare Wirksamkeit der TANDEM Trainings zu erfassen. Ein weiteres Ziel der TANDEM Trainings ist es, versorgende Angehörige und professionelle Pflegekräfte durch den Kompetenzgewinn langfristig zu entlasten. Bei bisherigen Evaluationen wurde daher auch die psychische Beanspruchung der Teilnehmer erhoben. Hier zeigte sich, dass die TANDEM Trainings zu einer Reduktion der psychischen Beanspruchung von Angehörigen und der beruflichen psychischen Beanspruchung von Pflegekräften beitragen können. Weiterhin konnte im Rahmen bisherigen TANDEM Trainings gezeigt werden, dass ein TANDEM Training sozialer Kompetenzen bei Angehörigen oder Pflegekräften auch zu einer Steigerung der Kommunikations-
fähigkeit und Lebensqualität von Menschen mit Demenz beitragen kann. Um Effekte der TANDEM Trainings für die versorgten Menschen mit Demenz untersuchen zu können, bedarf es des geschulten und sensiblen Einsatzes wissenschaftlicher Erhebungsinstrumente zur Erfassung der Kommunikationsfähigkeit und der Lebensqualität bei Demenz.
15.2.4
Welche Instrumente eignen sich zur TANDEM Evaluation?
Soziale Kompetenz in der Versorgung demenzkranker Menschen Zur Erfassung des Trainingsbedarfs der Teilnehmer und zur Bestimmung des Nutzens eines TANDEM Trainings für die Teilnehmer empfehlen wir die Erfassung der sozialen Kompetenz der Trainingsteilnehmer vor und nach der Durchführung eines Trainings. Die soziale Kompetenz von versorgenden Angehörigen und professionellen Pflegekräften kann mit dem Erhebungsinstrument »SOKO Demenz« erfasst werden. Der kurze Fragebogen besteht für Angehörige aus den drei Unterskalen »Soziale Kompetenz im Umgang mit demenzkranken Menschen«, »Soziale Kompetenz im Umgang mit Pflegekräften« sowie »Soziale Kompetenz im Umgang mit anderen Angehörigen«. Bei Pflegekräften werden entsprechend die Unterskalen »Soziale Kompetenz im Umgang mit demenzkranken Menschen«, »Soziale Kompetenz im Umgang mit Angehörigen« und »Soziale Kompetenz im Umgang mit Arbeitskollegen« erhoben. Vor der Durchführung eines TANDEM Trainings kann mittels dieses Instruments festgestellt werden, in welchem Bereich der größte Trainingsbedarf von Angehörigen und Pflegekräften besteht. Nach der Durchführung des Trainings – ausgerichtet am Bedarf der Teilnehmer – kann das Instrument zur Bestimmung des Nutzens, d. h. des Kompetenzgewinns der Trainingsteilnehmer, eingesetzt werden. (Krause, K., Franzmann, J., Pantel, J. & Haberstroh, J. (in preparation). Assessment of caregiver’s specific social competencies in dementia care: Development and validation of a self-report instrument.)
131 15.2 · Evaluation eines ganzen Trainings
Belastung und Beanspruchung von versorgenden Angehörigen und professionell Pflegenden z
Für versorgende Angehörige
Das Zarit Burden Interview ist ein etabliertes Instrument zur Erfassung der pflegebedingten Beanspruchung von Angehörigen. Der Fragebogen besteht aus 22 leicht verständlichen Fragen, die auch in Interviewform im Gespräch gestellt werden können. Das Zarit Burden Interview ist speziell für versorgende Angehörige von Menschen mit Demenz entwickelt worden und insbesondere hilfreich, um hoch beanspruchte Angehörige zu identifizieren. (Braun, M., Scholz, U., Hornung, R., & Martin, M. (2010). The burden of spousal caregiving: A preliminary psychometric evaluation of the German version of the Zarit Burden Interview. Aging and Mental Health, 14 (2), pp. 159-167.) z
Für professionelle Pflegekräfte
Zum Nachweis einer Beanspruchungsreduktion bei Pflegekräften durch die Teilnahme an einem TANDEM Training empfehlen wir den Einsatz des BHD (Beanspruchungsscreening bei Humandienstleistern). Das BHD ist ein ScreeningInstrument zur Erfassung der beruflichen psychischen Beanspruchung. Ein differenziertes Bild der Beanspruchungssituation wird möglich durch die Betrachtung der Unterskalen »Emotionale Erschöpfung«, »Intrinsische Motivierung«, »Unzufriedenheit«, »Klientenaversion« und »Reaktives Abschirmen«. (Hacker, W. & Reinhold, S. (1999). Beanspruchungsscreening bei Humandienstleistern. Frankfurt am Main: Harcourt Test Services.)
Lebensqualität und Kommunikationsfähigkeit der Menschen mit Demenz z
H.I.L.DE.
Das Heidelberger Instrument zur Erfassung der Lebensqualität Demenzkranker (H.I.L.DE.) ist ein praxistaugliches, vielfältig einsetzbares Instrument. Mit dem H.I.L.DE. wird die Lebensqualität eines Menschen mit Demenz differenziert für die Bereiche körperliches Wohlbefinden, räumliche Umwelt, Aktivitäten, soziales Bezugssystem und Emotionalität beurteilt. Anwendbar ist das
15
H.I.L.DE.-Instrument im Gespräch mit Angehörigen und Pflegekräften oder dem Menschen mit Demenz selbst. (Becker, S., Kruse, A., Schröder, J. & Seidl, U. (2005). Das Heidelberger Instrument zur Erfassung von Lebensqualität bei Demenz (H.I.L.DE.): Dimensionen von Lebensqualität und deren Operationalisierung. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 38, 108-121.) z
KODEM
Um den Effekt eines Trainings auf die Kommunikationsfähigkeit von Menschen mit Demenz aufzeigen zu können, empfehlen wir den Einsatz des Beobachtungsinstruments KODEM (KOmmunikationsfähigkeit DEMenzkranker Menschen). Das Beobachtungsverfahren ist speziell auf die trainierten Kompetenzen im Rahmen der TANDEM Trainings abgestimmt, sodass die Auswirkungen der Trainingssitzungen auf die betreuten demenzkranken Menschen besonders sensibel erfasst werden können. (Kümmel, A. & Haberstroh, J. (in Druck). Kommunikationsfähigkeit demenzkranker Menschen. In J. Haberstroh & J. Pantel (Hrsg.), Demenz psychosozial behandeln. Heidelberg: AKA.)
16
Nachhaltigkeitsförderung Franzmann, J., Jakob, M., Krause, K., Haberstroh, J.
16.1
Nachhaltigkeitsförderung durch Trainerausbildung
16.2
Nachhaltigkeitsförderung durch die Initiierung von Selbsthilfe – 135
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _16, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 134
134
Kapitel 16 · Nachhaltigkeitsförderung
16.1
Nachhaltigkeitsförderung durch Trainerausbildung
Die Ausbildung und der Einsatz eines internen Trainers im Pflegeheim bzw. Pflegedienst bietet sich an, um die Inhalte der TANDEM Trainings nachhaltig in den Arbeitsalltag ihrer Mitarbeiter zu integrieren und/oder ein regelmäßiges und nachhaltiges Unterstützungsangebot für die Angehörigen der demenzkranken Klienten zu schaffen. z
16
Empfehlungen für eine Trainerausbildung von pädagogisch unerfahrenen Teilnehmern
Für angehende TANDEM Trainer, die noch keine pädagogische Erfahrung in der Durchführung von Trainings und in der Leitung von Gruppen haben bzw. sich hierbei nicht ausreichend ausgebildet fühlen, empfiehlt sich die Teilnahme an einer Trainerausbildung oder einem Vortragstraining. Das Manual liefert zwar die wichtigsten Informationen zu den zentralen Grundhaltungen eines Trainers sowie zu den grundlegenden Instruktionskompetenzen ( Kap. 9), eine zusätzliche Ausbildung, in der diese Kompetenzen nicht nur theoretisch vermittelt, sondern auch praktisch im geschützten Rahmen eingeübt werden können, kann jedoch die Sicherheit und Kompetenz in der Trainingsdurchführung steigern. Es empfiehlt sich, dass zukünftige Trainer alle TANDEM Trainingssitzungen zunächst als Teilnehmer kennenlernen. In der Rolle des Teilnehmers ist es ihnen möglich, alle Inhalte der Trainings ausgiebig zu erfahren und dabei gleichzeitig zu reflektieren, was mögliche Gestaltungsänderungen zur Anpassung des jeweiligen Trainings an die Bedürfnisse der Arbeitskollegen sein könnten. Neben einer inhaltlichen Ausbildung kommt der methodischen Ausbildung der zukünftigen Trainer eine wichtige Rolle zu. Auszubildende Trainer sollten dazu befähigt werden, sich ein eigenes Repertoire an Trainingsmethoden aufzubauen, um später selbstständig interaktive Trainingssitzungen planen und durchführen zu können. Neben Kenntnissen zu methodischen Lehr- und Lernformen in Trainings – z. B. Rollenspiele, Metaplantechnik, Mentales Vorstellen – sollten auch eventuell auftretende Probleme bei der Trainingsgestaltung und -durchführung antizipiert und mögliche Lösungswege besprochen werden.
Als weitere wichtige Punkte sollten im Rahmen der Trainerausbildung die Rolle des Trainers als Moderator ( Kap. 8) sowie die Wichtigkeit der Transferförderung ( Kap. 14) vor, während und nach einem Training besprochen werden. Bei der Transferförderung vor dem Training kommt den auszubildenden Trainern ihre methodische Ausbildung zugute. Das Erfragen von Wünschen und Bedürfnissen der Mitarbeiter ist dabei ebenso wichtig wie die Erfassung der Motivation und das Feststellen der relevanten Vorkenntnisse. Sind diese Aspekte bekannt, kann der zukünftige Trainer die jeweilige Sitzung optimal an die zu trainierende Zielgruppe anpassen. Insgesamt ist es wichtig, zukünftigen Trainern viel Zeit für den gegenseitigen Erfahrungsaustausch einzuräumen. Es empfiehlt sich, Möglichkeiten anzubieten, Inhalte der Ausbildung fortlaufend in der Gruppe zu reflektieren und zu besprechen, individuelle Problemstellungen aufzugreifen und gemeinsam zu bearbeiten. Die Ausbildungsinhalte werden dadurch weiter konkretisiert und direkt erfahrbar gemacht, sodass deren Transfer auf den eigenen Arbeitsalltag erleichtert wird. Das Expertenwissen der zukünftigen Trainer sollte hierbei explizit aufgegriffen und gefestigt, die Selbstwirksamkeit der Auszubildenden für ihre Tätigkeit als Trainer gestärkt werden. z
Empfehlungen für eine Trainerausbildung von pädagogisch erfahrenen Teilnehmern
Angehende TANDEM Trainer, die bereits über pädagogische Erfahrungen in der Durchführung von Trainings und in der Leitung von Gruppen verfügen, können die TANDEM Trainings anhand des vorliegenden Manuals auch ohne zusätzliche Trainerausbildung erfolgreich durchführen. Das vorliegende Manual liefert sämtliche notwendigen Informationen und stellt die benötigten Medien und Materialien zur Anwendung zur Verfügung. Eine Trainerausbildung, an der auch angehende TANDEM Trainer mit pädagogischer Vorerfahrung teilnehmen, sollte daher unbedingt auch solche Kompetenzen vermitteln und vertiefen, die über die reine Durchführung der vorgefertigten TANDEM Sitzungen hinausgehen. Eine Trainerausbildung sollte in diesem Fall Wert darauf legen, dass den angehenden TANDEM Trainern Kom-
135 16.2 · Nachhaltigkeitsförderung durch die Initiierung von Selbsthilfe
petenzen vermittelt werden, wie sie die Sitzungen an den individuellen Bedarf ihrer Mitarbeiter oder Klienten dynamisch anpassen können bzw. wie sie eigene Trainingssitzungen mit weiterführenden, bedarfsangepassten Inhalten gestalten können.
16.2
Nachhaltigkeitsförderung durch die Initiierung von Selbsthilfe
Nach Abschluss der Gruppensitzungen stellt sich häufig die Frage, wie es weitergehen kann. Viele unserer Teilnehmer meldeten uns zurück, dass es ihnen – neben den gelernten neuen Informationen und erarbeiteten Problemlösungen – gut getan habe, einmal in der Woche etwas für sich zu tun und sich durch die Begegnung mit ähnlich Betroffenen nicht weiter isoliert zu fühlen. Damit einher ging die Sorge, dass ohne die wöchentlichen Gruppentermine die gefühlte Unterstützung wegfällt und im Pflegealltagsstress die Motivation abnimmt, weiter für sich zu sorgen und gelernte Strategien umzusetzen. Eine Möglichkeit, diesen Entwicklungen zu begegnen, ist die Umwandlung der Trainingsgruppe in eine Selbsthilfegruppe. z
Was sind Selbsthilfegruppen? ( Abschn. 4.2)
Selbsthilfegruppen entstehen, wenn sich mehrere Menschen aus eigener Kraft zusammen tun, die von einer ähnlichen Krankheit oder Situation betroffen sind. Sie werden nicht professionell angeleitet und sind zeitlich nicht begrenzt. Die Schwerpunkte der Gruppenarbeit werden nach den Bedürfnissen der Gruppenmitglieder ausgerichtet. Die Mitglieder helfen sich gegenseitig, schwierige Alltagssituationen und alle Probleme zu bewältigen, die in Zusammenhang mit der entsprechenden Erkrankung stehen. AngehörigenSelbsthilfegruppen haben zwei große Ziele: 1. Die Angehörigen wollen dem an Demenz erkrankten Menschen helfen. 2. Sie wollen sich selbst dabei helfen, die Belastungen und Sorgen zu bewältigen, die mit der Erkrankung verbunden sind. In Selbsthilfegruppen finden sich ca. sechs Arbeitsschwerpunkte, die je nach Entwicklungsstand
16
und Zielen der Gruppe unterschiedlich gewichtet sein können. Diese Schwerpunkte sind konkrete gegenseitige Hilfe, Informationsvermittlung und -austausch, Gruppengemeinschaft und Geselligkeit, Erfahrungsaustausch, gemeinsames Lernen und Wissenserwerb sowie Öffentlichkeitsarbeit. z
Nutzung eines Trainings für die Initiation einer Selbsthilfegruppe
Mitte der achtziger Jahre bildeten sich die ersten Selbsthilfegruppen für pflegende Angehörige von demenzkranken Menschen. 1989 wurde beispielsweise die Deutsche Alzheimer Gesellschaft als große Interessensvertretung der Angehörigen von Menschen mit Alzheimer-Demenz gegründet. Inzwischen gehören Selbsthilfegruppen für versorgende Angehörige zu einem festen Bestandteil der Versorgungsstrukturen. Allerdings kennen oder nutzen viele Angehörige dieses Angebot nach wie vor nicht. Dies hängt sicherlich mit den Belastungen der Pflegesituation und dem damit verbundenen Zeitmangel sowie dem meist schon höheren Lebensalter der Pflegenden zusammen. Viele versorgende Angehörige sind durch die Pflegesituation so belastet, dass sie den organisatorischen Aufwand zur Initiierung und zum Aufbau einer Selbsthilfegruppe nicht leisten können. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass diese Gruppen problemloser entstehen, wenn sie als Fortsetzung von professionell geleiteten Gruppen angeboten werden. Vor dem Hintergrund dieser Tatsache ist es sinnvoll, den während dem TANDEM Training entstandenen Gruppenzusammenhalt und die geschaffenen Strukturen zu nutzen, um der Gruppe dabei zu helfen, sich im Anschluss an das Training als Selbsthilfegruppe zu organisieren. Unserer Erfahrung nach gibt es verschiedene Bedingungen, die das Entstehen einer Selbsthilfegruppe nach Abschluss des Trainings wahrscheinlicher machen. Dazu gehören die Häufigkeit der Schulungstermine und die Kontinuität des Trainers. Je mehr Schulungstermine angeboten werden, desto stärker wächst die Gruppe zusammen, was dafür spricht, viele kurze Termine zu machen anstelle von wenigen Blockterminen. Positiven Einfluss auf den Gruppenzusammenhalt nimmt es auch, wenn das Training kontinuierlich von der
136
Kapitel 16 · Nachhaltigkeitsförderung
gleichen Person durchgeführt wird und der Trainer nicht wechselt. Mehr Informationen zum Aufbau und Ablauf von Selbsthilfegruppen finden Sie bei der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (www. NAKOS.de).
16
IV
IV Sitzungsmanuale
17
Manual: TANDEM für versorgende Angehörige – 139 Haberstroh, J., Krause, K., Franzmann, J., Neumeyer, K., Jakob, M., Roth, I., Pantel, J.
18
Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte – 179 Franzmann, J., Krause, K., Haberstroh, J., Pantel, J.
17
Manual: TANDEM für versorgende Angehörige Haberstroh, J., Krause, K., Franzmann, J., Neumeyer, K., Jakob, M., Roth, I., Pantel, J.
17.1
Besonderheiten bei der Planung eines Trainings für versorgende Angehörige – 141
17.1.1 Trainingstermin – 141 17.1.2 Trainingsort und Raumgestaltung – 141 17.1.3 Gruppenzusammensetzung – 142
17.2
Trainingsverlauf
– 142
17.2.1 Alternative Trainingsverläufe – 144
17.3
Manual: TANDEM, wir fahren los! – 144
17.3.1 17.3.2 17.3.3 17.3.4
Lernziele – 145 Geplanter Verlauf – 145 Sequenzplan der Sitzung »TANDEM, wir fahren los!« (100 Minuten) Trainingsmaterial – 147
17.4
Manual: Und was ist Demenz?
17.4.1 17.4.2 17.4.3 17.4.4 17.4.5
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse) – 148 Lernziele – 149 Geplanter Verlauf – 149 Sequenzplan der Sitzung »Und was ist Demenz?« (100 Minuten) Trainingsmaterial – 151
17.5
Manual: Für sich selbst sorgen! – 151
17.5.1 17.5.2 17.5.3 17.5.4 17.5.5
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse) – 151 Lernziele – 152 Geplanter Verlauf – 152 Sequenzplan der Sitzung »Für sich selbst sorgen« (100 Minuten) Trainingsmaterial – 155
– 145
– 148
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _17, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 149
– 153
17.6
Manual: Menschen mit Demenz als Sender – 156
17.6.1 17.6.2 17.6.3 17.6.4 17.6.5
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse) – 156 Lernziele – 158 Geplanter Verlauf – 158 Sequenzplan der Sitzung »Menschen mit Demenz als Sender« (120 Minuten) Trainingsmaterial – 160
17.7
Manual: Menschen mit Demenz als Empfänger – 162
– 158
17.7.1 17.7.2 17.7.3 17.7.4
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse) – 162 Lernziele – 164 Geplanter Verlauf – 164 Sequenzplan der Sitzung »Menschen mit Demenz als Empfänger« (110 Minuten) – 164 17.7.5 Trainingsmaterial – 166
17.8 17.8.1 17.8.2 17.8.3 17.8.4
Manual: Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften – 169
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse) – 169 Lernziele – 171 Geplanter Verlauf – 171 Sequenzplan der Sitzung »Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften« für versorgende Angehörige (120 Minuten) – 172 17.8.5 Trainingsmaterial – 174
141 17.1 · Besonderheiten bei der Planung eines Trainings für versorgende Angehörige
Der folgende Abschnitt beinhaltet das Manual des TANDEM Trainings für versorgende Angehörige ( Kap. 17) sowie des TANDEM Trainings für professionelle Pflegekräfte ( Kap. 18). In beiden Manualen werden zunächst die Besonderheiten der Planung eines Trainings für eben diese Zielgruppen erläutert. Daraufhin wird eine Empfehlung gegeben, in welcher Reihenfolge die Sitzungen sinnvollerweise durchgeführt werden sollen ( Abschn. 17.2; Abschn. 18.2). Entsprechend diesem empfohlenen Trainingsverlauf werden daraufhin nacheinander die Manuale aller Sitzungen vorgestellt. Sitzungen, deren Inhalte sich für beide Zielgruppen überschneiden, weisen auch in den Manualen einige Überschneidungen auf. Einige Sitzungsbausteine ähneln sich, sind aber zielgruppenspezifisch angepasst (z. B. unterschiedliche Zeiten, Übungen, Handouts). In jedem Sitzungsmanual wird eine Didaktische Analyse der Sitzung (Vermittlung des Themas) vorgenommen, Lernziele werden definiert und der geplante Verlauf wird als Übersicht dargestellt. Weiterhin ist ein ausführlicher Sequenzplan der Sitzung abgebildet. Wir empfehlen dem Trainer, den Sequenzplan in der jeweiligen Sitzung gut erreichbar dabei zu haben, damit er sich regelmäßig orientieren und insbesondere die Zeit im Auge behalten kann. Weiterhin beinhaltet jedes Sitzungsmanual eine Aufstellung des in der Sitzung benötigten Trainingsmaterials inklusive Mitnehmliste und Visualisierungen, Verweise auf die Handouts sowie Instruktionsvorschläge für die Übungen. Die Instruktionen sowie die Zeitangaben sollen der Orientierung dienen. Sie sind als Hilfestellung für die Trainer gedacht und nicht als zwingende Vorgabe.
17.1
Besonderheiten bei der Planung eines Trainings für versorgende Angehörige
17.1.1
Trainingstermin
Es empfiehlt sich, das Training einmal wöchentlich immer zum selben Zeitpunkt durchzuführen, um interessierten versorgenden Angehörigen eine regelmäßige Teilnahme zu ermöglichen. Als
17
wöchentlicher Termin für die Sitzungen hat sich der Samstag bewährt. Da samstags in der Regel nicht gearbeitet wird, können auch berufstätige versorgende Angehörige am Training teilnehmen. Außerdem ist es für die Trainingsteilnehmer an diesem Tag einfacher, alternative Betreuungspersonen für die Zeit des Trainings zu finden. Optional kann zeitgleich zum Training ein freiwilliges Betreuungsangebot für die demenzkranken Angehörigen der Trainingsteilnehmer offeriert werden. Auf diese Weise kann zum einen vermieden werden, dass die Organisation einer privaten Betreuung für die Trainingszeit eine zusätzliche Belastung für die versorgenden Angehörigen darstellt. Zum anderen können auch solche Personen am Training teilnehmen, die keine Möglichkeit haben, ihren demenzkranken Angehörigen für die Trainingszeit privat betreuen zu lassen. Für die Organisation eines Betreuungsangebots können in der Regel regionale Alzheimer Gesellschaften hilfreiche Auskünfte erteilen ( Kap. 20).
17.1.2
Trainingsort und Raumgestaltung
Das Training sollte möglichst an einem Ort durchgeführt werden, der einfach durch öffentliche Verkehrsmittel zu erreichen ist und ausreichend Parkplätze bietet, sodass die Anreise die Teilnehmer nicht übermäßig belastet. Bei der Raumwahl sollte darauf geachtet werden, dass die Akustik mit Hörgeräten vereinbar ist. Ein hallender Raum bereitet Personen mit Hörgerät Schwierigkeiten. Die Tische sollten so gestellt sein, dass sich alle Teilnehmer ansehen können, z. B. in U-Form. Tische sind empfehlenswert, da die Teilnehmer bei manchen Gruppenübungen schreiben müssen und außerdem erfahrungsgemäß einige Teilnehmer während der Sitzungen mitschreiben wollen. Es empfiehlt sich, während jeder Trainingssitzung zum Beispiel Wasser, Kaffee und/ oder Tee und Kekse zur Verfügung zu stellen. Dies kann auch die Trainingsatmosphäre positiv beeinflussen.
142
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
17.1.3 z
Gruppenzusammensetzung
Gruppengröße
Bei einem Training mit versorgenden Angehörigen hat sich eine Gruppengröße zwischen sechs und zwölf Teilnehmern als günstig erwiesen. Insbesondere mehr Teilnehmer sind problematisch, da der Erfahrungsaustausch der Teilnehmer dann beschränkt werden muss und der Einzelne weniger Möglichkeiten hat, seine Probleme darzustellen. Bei weniger Teilnehmern können einige Gruppenübungen nur schwer realisiert werden bzw. müssen in manchen Fällen eventuell sogar weggelassen werden. z
Altersunterschiede
Das Alter der Trainingsteilnehmer kann aufgrund der sehr heterogenen Zielgruppe stark variieren. Die häufig großen Altersunterschiede können die Gruppenarbeit bereichern. Eine homogene Altersverteilung innerhalb der Trainingsgruppen ist nicht nur schwierig realisierbar, sondern auch nicht notwendig. z
17
Geschlechtsunterschiede
Bezüglich des Geschlechts der Trainingsteilnehmer hat sich gezeigt, dass männliche versorgende Angehörige das Training vor allem im Sinne eines psychoedukativen Schulungsprogramms nutzen wollen, während für die Teilnehmerinnen insbesondere der Erfahrungsaustausch in der Gruppe von Bedeutung zu sein scheint. Die Geschlechtsverteilung kann die Gruppendynamik sowie die Schwerpunktsetzung innerhalb der Sitzungen daher beeinflussen. Deshalb sollten bei der Durchführung der Sitzungen die Zeitangaben für die einzelnen Sequenzen nur als Richtwerte genutzt werden, die gemäß den Wünschen der Teilnehmer angepasst werden können. Um eine sinnvolle Anpassung des Trainings auf eine bestimmte Gruppe zu erreichen, empfiehlt es sich, am Ende jeder Sitzung Evaluationsbögen auszuteilen, in denen die Teilnehmer direkt Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge festhalten können (⊡ Abb.15.1). z
Beziehung zum demenzkranken Menschen
Teilnehmer eines Trainings für versorgende Angehörige sind erfahrungsgemäß vorwiegend die
Kinder der demenzkranken Menschen, etwas seltener die Ehepartner und manchmal auch die Lebensgefährten, Enkelkinder, Nachbarn oder Freunde. Unterschiedliche Beziehungen zwischen demenzkranken Menschen und versorgenden Angehörigen innerhalb einer Trainingsgruppe ermöglichen den Teilnehmern, ihre Situation aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten. Auch bezüglich dieses Punktes ist folglich eine Heterogenität der Gruppe bis zu einem gewissen Grad zu begrüßen. Störend kann es sein, wenn die Häufigkeit der Betreuung sehr stark variiert. Übernimmt ein Enkelkind beispielsweise nur einmal die Woche die Betreuung seines demenzkranken Großvaters, so ist dies eine völlig andere Belastung wie die einer pflegenden Ehefrau, die ihren Partner täglich rund um die Uhr betreuen muss. Ob bezüglich der Häufigkeit der Betreuung eine Heterogenität innerhalb der Gruppe akzeptiert werden kann, muss im Einzelfall entschieden werden. In manchen Fällen kann gerade eine solch starke Heterogenität der Gruppe vorteilhaft sein, sodass z. B. die Perspektive der anderen Trainingsteilnehmer auf Familienmitglieder übertragen und somit ein Verständnis für unterschiedliche Betreuungssituationen und -positionen geschaffen werden kann.
17.2
Trainingsverlauf
Das TANDEM für versorgende Angehörige beinhaltet drei Module mit insgesamt sechs Sitzungen, die jeweils zwischen 90–120 Minuten dauern. Die exakte Dauer der Sitzungen ist abhängig vom jeweiligen Redebedarf der Gruppe und insbesondere davon, wie intensiv das Angebot des Erfahrungsaustauschs in der Gruppe genutzt wird. Eine Sitzungsdauer von 120 Minuten sollte nicht überschritten und der Erfahrungsaustausch rechtzeitig abgebrochen werden, damit für Angehörige, die pünktlich nach Hause müssen, kein unnötiger Zeitdruck entsteht. Für die Sitzungen wird die folgende Reihenfolge empfohlen:
17
143 17.2 · Trainingsverlauf
Modul
Sitzung à 90–120 Minuten
Inhalte
Manual
TANDEM, wir fahren los!
Kennenlernen
Kap. 12
Abschn. 17.3
Demenz betrifft uns alle
Und was ist Demenz?
Abschn. 4.1
Abschn. 17.4
Für sich selbst sorgen
Abschn. 4.2
Abschn. 17.5
Mensch mit Demenz als Sender
Abschn. 5.1, Abschn. 5.2
Abschn. 17.6
Mensch mit Demenz als Empfänger
Abschn. 5.3
Abschn. 17.7
Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften
Kap. 6
Abschn. 17.8
Kommunikation mit demenzkranken Menschen Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften
Den inhaltlichen Sitzungen sollte eine Sitzung vorangestellt werden, in der die Gruppe sich kennenlernt, die Erwartungen der Teilnehmer gesammelt und reflektiert und gemeinsame Gruppenregeln festgelegt werden ( Kap. 12, Abschn. 17.3, ⊡ TANDEM, wir fahren los!). > Alle Sequenzpläne und Handouts zu den einzelnen Sitzungen finden Sie druckfertig als Download im passwortgeschützten Internetbereich zum Buch. www.springer.com/978-3642-16921-2
Um die Trainingsgruppe, die in der Regel bezüglich ihres Vorwissensstandes sehr uneinheitlich ist, auf einen gemeinsamen Wissensstand zu bringen, wird in der ersten Sitzung erklärt, was Demenz eigentlich ist und welche diagnostischen und therapeutischen Ansätze aktuell zur Verfügung stehen. Die zweite Sitzung widmet sich den Möglichkeiten und aktuell gängigen Angeboten für versorgende Angehörige, um für sich selbst zu sorgen und sich selbst zu entlasten. Es empfiehlt sich, die Sitzung »Für sich selbst sorgen« vor den Modulen »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« und »Kooperation mit professionell Pflegenden« durchzuführen. Diese beiden Module vermitteln viele Strategien, die manchmal auch als Aufforderung zum »richtigen Handeln« missverstanden werden können. Um die Strategien dieser Module als Möglichkeiten, sich selbst zu entlasten, wahrnehmen zu können und insgesamt das Training nicht als Seminar zum »noch besser werden« zu verstehen, sondern auch als etwas, was man für sich selbst macht, sollte die Sitzung »Für sich selbst sorgen« möglichst
früh durchgeführt werden. Gleichzeitig verlangt diese Sitzung bereits ein relativ vertrautes Verhältnis in der Gruppe, so dass sie nicht schon als allererste Sitzung zur Anwendung kommen sollte. Als »Einstieg« in ein Training hat sich daher die Sitzung »Und was ist Demenz?« bewährt, deren Inhalte noch recht an der Oberfläche bleiben und die daher genutzt werden kann, um ein vertrautes Verhältnis nach und nach aufzubauen. Nach drei abgehaltenen Sitzungen empfehlen wir, eine »Eisbox-Sitzung« ( Abschn. 13.3.1) einzuplanen, die sich ausschließlich den aufgeschobenen Eisbox-Themen widmet. Falls die Eisbox nicht in ausreichendem Maße genutzt wurde, um eine ganze Sitzung damit zu füllen, kann diese Sitzung auch erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. Da das Thema »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« in der Regel das Thema ist, das den Teilnehmern am meisten »auf der Seele brennt«, sollte dieses Modul im Anschluss an das Modul »Demenz betrifft uns alle« angeboten werden. Als abschließendes Modul empfehlen wir die Sitzung »Kooperation mit professionell Pflegenden«. Die Inhalte dieser Sitzung betreffen nicht jeden versorgenden Angehörigen gleichermaßen. Aber auch Teilnehmer, die ihren demenzkranken Angehörigen noch ohne professionelle Unterstützung pflegen, können von diesen Sitzungen profitieren und eventuell Mut fassen, professionelle Unterstützung zu organisieren. In der Regel bildet sich im Laufe eines Trainings ein wohltuender Gruppenzusammenhalt. Viele Teilnehmer äußern daher den Wunsch, sich auch nach Trainingsabschluss weiterhin zu tref-
144
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
fen und auszutauschen. Um die Nachhaltigkeit der Trainingseffekte zu fördern und langfristig z. B. eine Entlastung der Angehörigen zu ermöglichen, empfehlen wir, dass die Teilnehmer vom Trainer dabei unterstützt werden, sich weiterhin als Selbsthilfegruppe zu treffen. Hierfür kann z. B. eine abschließende Eisbox-Sitzung ( Abschn. 13.3.1) genutzt werden, in der neben der Beantwortung der übrigen Eisbox-Fragen auch besprochen wird, inwiefern die Gruppe sich weiter treffen möchte und welche Möglichkeiten es hierfür gibt. Zur Ausgestaltung der eigenen Selbsthilfegruppe kann auf die entsprechenden Inhalte der Sitzung »Für sich selbst sorgen« zurückgegriffen werden.
17.2.1 z
17
Alternative Trainingsverläufe
Dreistündige Sitzungen durch Kombination von Inhalten
Alternativ können die beiden Sitzungen eines Moduls auch zu einer dreistündigen Sitzung miteinander verbunden werden. Hierbei sollten die beiden Sitzungen mit einer etwa zehnminütigen Pause voneinander getrennt werden. Der Erfahrungsaustausch der ersten Sitzung eines Moduls wird hierbei gestrichen. Es findet nur am Ende der gesamten Sitzung ein Erfahrungsaustausch statt. Eventuell müssen noch weitere Sequenzen gestrichen werden, um drei Stunden Trainingszeit nicht zu überschreiten. Der Trainer sollte sich hierfür bereits vor Sitzungsbeginn Gedanken machen, welche Sequenzen er eventuell spontan kürzen kann, falls er in Zeitdruck gerät. Für diese Variante des Trainings empfiehlt es sich, die Eisbox-Sitzung mit der Sitzung »Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften« zu verknüpfen und ans Ende des Trainings zu setzen. Es sollte auch hier abschließend dabei unterstützt werden, die Trainingsgruppe in eine Selbsthilfegruppe überzuleiten. Weiterhin kann die Sitzung »TANDEM, wir fahren los!« mit der Sitzung »Und was ist Demenz?« verknüpft werden. Die Sitzung »Für sich selbst sorgen!« wiederum kann mit Inhalten der Sitzung »Perspektivübernahme« angereichert werden. Hierfür müssen die Inhalte und Übun-
gen der Sitzung »Perspektivübernahme« an die Bedürfnisse versorgender Angehöriger angepasst werden. Erfahrungsgemäß bevorzugen versorgende Angehörige die kürzere Variante der Sitzungen, also 90–120 Minuten. z
Dreistündige Sitzung mit mehr Zeit für individuelle Themen
Für Gruppen mit einem sehr hohen Redebedarf oder vielen individuellen Fragen kann es sinnvoll sein, die Sitzungsdauer zu verlängern. Einerseits kann am Ende einer Sitzung stets eine Stunde für die Beantwortung von Eisbox- oder spontanen individuellen Fragen eingeplant werden. Andererseits kann auch der Erfahrungsaustausch am Ende einer Sitzung bedarfsgerecht verlängert werden. Die Dauer einer Sitzung verlängert sich entsprechend dem individuellen Bedarf der Gruppe. Um nicht in Zeitdruck zu geraten, kann der Trainer eine Sitzung stets für drei Stunden ankündigen und spontan die tatsächliche Trainingsdauer den aktuellen Bedürfnissen in der Gruppe anpassen.
17.3
Manual: TANDEM, wir fahren los!
Für versorgende Angehörige z
FC Tagesordnung der Sitzung »TANDEM, wir fahren los!«
Tagesordnung
▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬
Trainingsverlauf Gruppenregeln Eisbox Kennenlernspiel Erwartungen Wie ist das bei mir?
DIN A4-Blatt »Zielsetzung« Sich kennen lernen und eigene Wünsche in das Training einbringen.
145 17.3 · Manual: TANDEM, wir fahren los!
TANDEM, wir fahren los!
Name des Vortragenden Institut ⊡ Abb. 17.1 »TANDEM, wir fahren los!«
17.3.1
Lernziele
Gerade in einem Training für versorgende Angehörige ist es ungemein wichtig, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen und dem Kennenlernen der Gruppenmitglieder ausreichend Zeit einzuräumen. Daher empfehlen wir, dem Kennenlernen eine ganze Sitzung zu widmen, die den inhaltlichen Sitzungen vorangestellt werden sollte. Ziel dieser Sitzung ist: Lernziele Sich kennenlernen und eigene Wünsche in das Training einbringen.
17.3.2
Geplanter Verlauf
Der im Folgenden vorgestellte Verlauf und Sequenzplan ist ein Vorschlag für eine Kennenlernsitzung. Die erste Sitzung bietet aber viele Möglichkeiten und kann vom Trainer individuell gestaltet und an seinen eigenen Trainingsstil angepasst werden. Die erste Sitzung dient nicht nur dem Kennenlernen der Teilnehmer, sondern auch des Trainers. Es ist also schön, wenn der Trainer seine Individualität auch in diese erste Sitzung einfließen lässt. 1. Einstieg in die Sitzung – Begrüßung und Vorstellung des Trainers – Tagesordnung – Zielsetzung
17
2. Einstieg ins Training – Trainingsverlauf vorstellen ( Abschn. 17.2) – Gruppenregeln ( Abschn. 12.2) – Eisbox vorstellen ( Abschn. 13.3) 3. Kennenlernen – Kennenlernspiel: Gemeinsame Kreise ( Abschn. 12.1.4) – Erwartungen der Teilnehmer ( Abschn. 12.1.5) 4. Erfahrungsaustausch ( Abschn. 13.5) – Wie ist das bei mir? 5. Ausstieg aus der Sitzung – Zusammenfassung und Reflexion durch Trainer ( Abschn. 13.6) – Feedback für den Trainer: Blitzlicht ( Abschn. 13.8) – Abschluss ( Abschn. 13.9)
17.3.3
z
Sequenzplan der Sitzung »TANDEM, wir fahren los!« (100 Minuten)
Vorbereitung
▬ FlipChart »Tagesordnung« aufhängen ▬ Beamer und Laptop vorbereiten ▬ Metaplanwand mit Überschriftkarten »Ich möchte, dass…« (grün) und »Ich möchte nicht, dass…« (rot) vorbereiten
146
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/Material
5
Begrüßung
Vorstellung des Trainers, der Tagesordnung und der Zielsetzung
Überblick über den Ablauf der Sitzung
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
2
Trainingsverlauf
Trainingsverlauf vorstellen
Überblick über den Ablauf des Trainings
Plenum
Vortrag
FC Trainingsverlauf
15
Gruppenregeln
Persönliche Gruppenregeln erarbeiten
Sicheren Rahmen für die Sitzungen geben
Plenum
Gruppenregeln erarbeiten, Zuruffrage: Was brauchen Sie, um sich in einer Gruppe wohl und sicher zu fühlen? Bsp. für eine Gruppenregel geben, weitere Antworten notieren
FC Gruppenregeln Moderationsstift
3
Eisbox
Eisbox vorstellen
Sitzungsdauer kontrollieren, individuelle Anliegen integrieren
Plenum
Vortrag
Eisbox Moderationskarten Moderationsstift Klebeband
30
Kennenlernen
Gemeinsame Kreise
Kennenlernen, Austausch initiieren
Partnerarbeit
Einstiegsübung: Gemeinsame Kreise
Leere FCs
5
Erwartungsabfrage
Individuelle Erwartungen und Befürchtungen einbringen
Motivation
Einzelarbeit
Die Teilnehmer beschriften Karten mit ihren Erwartungen/ Befürchtungen an das Training. Sie ergänzen hierfür die Aussagen: Ich möchte, dass… Ich möchte nicht, dass…
Moderationskarten Moderationsstifte
5
Pause
Der Trainer nutzt diese Pause, um die Erwartungs-Karten zu sortieren und aufzuhängen
Metaplanwand Moderationskarten PinwandNadeln
5
Vorstellung der Erwartungen
Der Trainer geht auf Erwartungen und Befürchtungen ein
Metaplanwand Moderationskarten
17
▼
Individuelle Erwartungen und Befürchtungen ins Training integrieren
Motivation, Wertschätzung
17
147 17.3 · Manual: TANDEM, wir fahren los!
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/Material
20
Wie ist das bei mir?
Erfahrungsaustausch über individuelle Situation
Vertraute Atmosphäre schaffen, Entlastung
Kleingruppen
Teilnehmer tauschen sich in Kleingruppen über ihre eigenen Situation aus
PPP
3
Zusammenfassung/Reflexion durch Trainer
Sitzungsverlauf zusammenfassen, Zielsetzung wiederholen, Ziel erreicht?
Transfer fördern
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
5
Feedback für den Trainer
Reaktion und Reflexion der Teilnehmer
Feedback für Trainer, Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Plenum
Blitzlicht
2
Abschluss
Ausblick auf nächste Sitzung
Motivation
Plenum
17.3.4
PPP
Trainingsmaterial
Mitnehmliste Benötigtes Material
Anzahl
FlipChart-Ständer
1
Metaplanwand
1
Pinwand-Nadeln
TN x 3
Moderationsstifte
TN + 1
Eisbox
1
Klebeband
1
Kugelschreiber
TN
Überschriftkarten »Ich möchte, dass…« (grün) und »Ich möchte nicht, dass…« (rot)
1
Moderationskarten grün
TN
Moderationskarten rot
TN
Moderationskarten sonstige
TN
FC »Tagesordnung«
1
FC »Gruppenregeln«
1
Leere FC (oder mit vorgemalten »gemeinsamen Kreisen«)
TN / 2
DIN A4-Blatt »Zielsetzung«
1
Beamer und Laptop mit PPP 0 »Kennenlernen«
1
148
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
Visualisierungen z
Und was ist Demenz?
FC »Gruppenregeln«
Gruppenregeln
▬ Vertraulichkeit ▬ …
Name des Vortragenden Institut
Lehrerin Schwimmen Katze aus Hessen
2 Enkel Partner mit Demenz lesen
Carola Müller
Schreiner
⊡ Abb. 17.3 PPP: »Und was ist Demenz?«
Fußballer 2 Hunde aus Bayern
17.4.1
Michael Mayer
⊡ Abb. 17.2 FC »Gemeinsame Kreise«
17.4
Manual: Und was ist Demenz?
Für versorgende Angehörige z
FC Tagesordnung der Sitzung »Und was ist Demenz?«
Tagesordnung Was ist Demenz?
17
▬ ▬ ▬ ▬
Demenzdiagnostik Ansatzpunkte der Demenzbehandlung Und wie ist das bei mir? Was nehme ich mit?
DIN A4-Blatt »Zielsetzung« Wissen, was Demenz bedeutet, welche Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse)
In der Sitzung »Und was ist Demenz?« geht es um grundlegende Informationen zu demenziellen Erkrankungen, Demenzdiagnostik und -behandlung. Zu Beginn der Sitzung wird ein Überblick über die gesamte Sitzung gegeben, d. h. die Tagesordnung und die Zielsetzung werden vorgestellt. Ein kurzes Fallbeispiel führt in die Thematik ein. Es folgen drei Theorieblöcke, in denen Wissen zum Thema »Was ist Demenz«, »Demenzdiagnostik« und »Ansatzpunkte zur Demenzbehandlung« vermittelt werden. Um den Transfer der Inhalte bereits bei der Wissensvermittlung zu fördern, sollten stets praktische und alltagsnahe Beispiele in den Vortrag eingebaut werden. Falls es die Zeit zulässt, ist es zudem transferförderlich, wenn den Teilnehmern Raum gegeben wird, eigene Beispiele zu berichten. Es folgt ein Erfahrungsaustausch, in dem die Teilnehmer das Gelernte auf ihren individuellen Fall übertragen sollen. In Kleingruppen von drei bis vier Personen tauschen sich die Teilnehmer darüber aus, in welchem Demenz-Stadium ihr Angehöriger ist, wie ihr Angehöriger die Diagnostik erlebt hat, bzw. ob und – wenn ja – wo die Diagnostik der Demenz durchgeführt wurde und welche Therapien und Behandlungen der demenzkranke Angehörige erhält.
149 17.4 · Manual: Und was ist Demenz?
Im Anschluss daran fasst der Trainer die Sitzungsinhalte kurz zusammen und reflektiert sie im Hinblick auf die zu Beginn der Sitzung genannte Zielsetzung. Dies soll den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen und bereitet zudem auf die letzte Übung vor. Die letzte Übung ist eine Einzelübung, in der sich jeder Teilnehmer mit Hilfe des Handouts Gedanken macht, an welche der gelernten Inhalte er sich erinnern möchte. Diese Abschlussübung dient dazu, den Transfer der Trainingsinhalte in den Alltag zu erleichtern, in dem die Relevanz der Inhalte für den eigenen, individuellen Fall reflektiert wird. Ein abschließendes Blitzlicht bietet dem Trainer die Möglichkeit, in kurzer Zeit ein Feedback zum Trainingserfolg und zur Zufriedenheit der Gruppe zu erhalten. Weiterhin kann ein Blitzlicht auch zusätzlich den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen. Zum Abschluss der Sitzung sollte auf die Inhalte der nächsten Sitzung verwiesen werden, um die Teilnehmer hierfür zu motivieren. Falls am Ende der Sitzung noch Zeit verbleibt, kann diese für Ergänzungen und Diskussionsbedarf genutzt werden.
17.4.2
Lernziele
In der Sitzung »Und was ist Demenz?« sollen die Teilnehmer grundlegende Kenntnisse über demenzielle Erkrankungen erwerben bzw. auffrischen sowie Möglichkeiten der Demenzdiagnostik und -behandlung kennenlernen. Ziel dieser Sitzung ist:
wird im Folgenden im kurzen Gesamtüberblick dargestellt, in Klammern finden sich jeweils die Verweise zu den Inhalten, Übungen, Instruktionen oder Materialien, die in dem jeweiligen Abschnitt zur Anwendung kommen. Zu allen Punkten gibt es auch mindestens eine Folie in der Power Point Präsentation. 1. Einstieg in die Sitzung – Begrüßung – Tagesordnung – Zielsetzung 2. Einstieg ins Thema – Fallbeispiel »Frau Umtrieb« ( Abschn. 4.1) 3. Was ist Demenz? ( Abschn. 4.1) – Informationen zu demenziellen Erkrankungen – Informationen zur Demenzdiagnostik – Informationen zu Behandlungsmöglichkeiten 4. Erfahrungsaustausch ( Abschn. 13.5) – Und wie ist das bei mir? 5. Ausstieg aus der Sitzung – Zusammenfassung und Reflexion durch Trainer ( Abschn. 13.6) – Reflexion und Transfer »Was nehme ich mit?« ( Abschn. 13.7) – Feedback für den Trainer: Blitzlicht ( Abschn. 13.8) – Abschluss ( Abschn. 13.9)
17.4.4
z Lernziele Wissen, was Demenz bedeutet, welche Diagnoseund Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
17.4.3
Geplanter Verlauf
Die Power Point Präsentation leitet durch die Sitzung. Jeder Schritt wird mit einer Präsentationsfolie eingeleitet, so dass der Trainer sich bei der Durchführung ganz einfach an den Folien »entlang hangeln« kann. Der Verlauf der Sitzung
17
Sequenzplan der Sitzung »Und was ist Demenz?« (100 Minuten)
Vorbereitung
▬ Handout vor Beginn der Sitzung austeilen ▬ FlipChart »Tagesordnung« aufhängen ▬ Beamer und Laptop vorbereiten
150
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/ Material
5
Begrüßung
Thema, Handout, Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
Überblick über den Ablauf
Plenum
Vortrag
Handout FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
2
Fallbeispiel
Fallbeispiel »Frau Umtrieb«
Ins Thema einfühlen
Plenum
Vorlesen
PPP
28
Was ist Demenz?
Informationen zu demenziellen Erkrankungen
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP Handout
5
Demenzdiagnostik
Möglichkeiten der Demenzdiagnostik
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP Handout
5
Pause
20
Ansatzpunkte der Demenzbehandlung
Informationen zu Behandlungsmöglichkeiten
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP Handout
20
Wie ist das bei mir?
Erfahrungsaustausch über individuelle Situation
Transfer fördern
Kleingruppen
Teilnehmer tauschen sich in Kleingruppen über ihre eigenen Erfahrungen mit Demenz, Diagnostik und Therapie aus.
PPP
3
Zusammenfassung / Reflexion durch Trainer
Sitzungsverlauf zusammenfassen, Zielsetzung wiederholen, Ziel erreicht?
Transfer fördern
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
5
Reflexion und Transfer
»Was nehmen Sie heute mit?«
Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Einzelarbeit
Jeder Teilnehmer soll auf einer Moderationskarte festhalten: Woran möchte ich mich erinnern?
Bunte Moderationskarten
5
Feedback für den Trainer
Reaktion und Reflexion der Teilnehmer
Feedback für Trainer, Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Plenum
Blitzlicht
2
Abschluss
Ausblick auf nächste Sitzung
Motivation
Plenum
17
PPP
151 17.5 · Manual: Für sich selbst sorgen!
17.4.5
17
Trainingsmaterial Für sich selbst sorgen!
Mitnehmliste Benötigtes Material
Anzahl
FlipChart-Ständer
1
Moderationsstift
1
Eisbox
1
Klebeband
1
Kugelschreiber
TN
Moderationskarten
TN x 2
FC »Tagesordnung«
1
DIN A4-Blatt »Zielsetzung«
1
Beamer und Laptop mit PPP 1 Und was ist Demenz?
1
Handout »Und was ist Demenz?«
TN + 1
Name des Vortragenden Institut ⊡ Abb. 17.4 PPP: »Für sich selbst sorgen!«
DIN A4-Blatt »Zielsetzung« Wissen, welche Unterstützungsangebote es für versorgende Angehörige von Menschen mit Demenz gibt und neue Ideen bekommen, wie man in seiner ganz einzigartigen Betreuungssituation für sich selbst sorgen kann.
Handout Zu Beginn der Sitzung wird das Handout »Und was ist Demenz?« (TANDEM für versorgende Angehörige) ausgeteilt. Das Handout beinhaltet eine Kurzzusammenfassung sämtlicher Inhalte der Sitzung. Sie finden das Handout und die Visualisierungen als Download im passwortgeschützten Internetbereich zum Buch. www.springer.com/978-3-642-16921-2
17.5
z
Manual: Für sich selbst sorgen!
FC Tagesordnung der Sitzung »Für sich selbst sorgen«
Tagesordnung Erfahrungsbericht
▬ Grundgedanken ▬ Unterstützungsangebote für versorgende Angehörige
▬ Wer pflegt, muss sich pflegen! ▬ Was nehme ich mit?
17.5.1
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse)
Die Sitzung »Für sich selbst sorgen!« widmet sich den Möglichkeiten und aktuell gängigen Angeboten für versorgende Angehörige, um für sich selbst zu sorgen und sich selbst zu entlasten. Zu Beginn der Sitzung wird ein Überblick über die gesamte Sitzung gegeben, d. h. die Tagesordnung und die Zielsetzung werden vorgestellt. Den Einstieg in das Thema »Für sich selbst sorgen!« liefert der Erfahrungsbericht eines Selbsthilfegruppenteilnehmers. Es folgt ein Vortragsabschnitt zu Unterstützungsangeboten für versorgende Angehörige, in dem zunächst ein Überblick über allgemeine Unterstützungsangebote für versorgende Angehörige gegeben werden soll. Daraufhin wird verstärkt auf Möglichkeiten der Gestaltung von Selbsthilfegruppen eingegangen, um die Möglichkeiten einer Fortführung der Trainingsgruppe in Form einer Selbsthilfegruppe schon frühzeitig anzudenken. Hiermit soll die Nachhaltigkeit des Trai-
152
17
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
nings und das Überdauern des entstehenden Gruppenzusammenhalts gefördert werden. Falls dem Trainer entsprechende Informationen vorliegen, sollte er im Folgenden konkrete Unterstützungsangebote (idealerweise mit entsprechendem Informationsmaterial) in der näheren Umgebung vorstellen, die für die jeweilige Gruppe interessant und attraktiv sein könnten. In dieser Sequenz können die Angehörigen somit über wohnortnahe Angebote informiert und gleichzeitig kann der Transfer der Trainingshalte in den Alltag gefördert werden. In der folgenden Sequenz »Wer pflegt, muss sich pflegen!« soll weiterhin erarbeitet werden, wie versorgende Angehörige für sich selbst sorgen können. In Kleingruppen sollen sich die Teilnehmer über mögliche bereits vorhandene Strategien austauschen und diese auf einem FlipChart festhalten. Dies dient zum einen dazu, das bestehende Vorwissen zu aktivieren und das Expertenwissen der Teilnehmer in das Training einzubringen. Im Anschluss stellen die Kleingruppen ihre Arbeitsergebnisse nacheinander im Plenum vor. Die Wissensvermittlung erfolgt in diesem Teil also sozusagen durch die Teilnehmer selbst, die voneinander lernen. Somit wird bestehendes Vorwissen bestätigt, gefestigt und erweitert. Im Anschluss an die Präsentationen der Teilnehmer fasst der Trainer die gefundenen Strategien noch einmal zusammen und bestätigt sie. Bei Bedarf können wichtige weitere Strategien, die von den Teilnehmern noch nicht genannt wurden, ergänzt werden. Im Anschluss daran fasst der Trainer die Sitzungsinhalte kurz zusammen und reflektiert sie im Hinblick auf die zu Beginn der Sitzung genannte Zielsetzung. Dies soll den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen und bereitet zudem auf die letzte Übung vor. Die letzte Übung ist eine Einzelübung, in der sich jeder Teilnehmer mit Hilfe des Handouts Gedanken macht, welche der erarbeiteten Strategien er persönlich in nächster Zeit anwenden möchte, welche der gelernten Inhalte er »mit in den Alltag nehmen möchte«. Diese Abschlussübung dient dazu, den Transfer der Trainingsinhalte in den Alltag zu erleichtern, in dem erste konkrete Schritte der Umsetzung individuell durchdacht und festgehalten werden. Ein abschließendes Blitzlicht bietet dem Trainer die Möglichkeit, in kurzer Zeit ein Feedback zum Trainingserfolg und zur Zufrieden-
heit der Gruppe zu erhalten. Weiterhin kann ein Blitzlicht auch zusätzlich den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen. Zum Abschluss der Sitzung sollte auf die Inhalte der nächsten Sitzung verwiesen werden, um die Teilnehmer hierfür zu motivieren. Falls am Ende der Sitzung noch Zeit verbleibt, kann diese für Ergänzungen und Diskussionsbedarf genutzt werden.
17.5.2
Lernziele
In der zu beschreibenden Sitzung geht es darum, wie versorgende Angehörige von Menschen mit Demenz für sich selbst sorgen können und welche Unterstützungsmöglichkeiten es hierfür gibt. Hierbei sollen die Teilnehmer sensibilisiert werden für ihre eigenen Belastungen und sollen Möglichkeiten kennenlernen und erarbeiten, wie sie sich selbst entlasten und für sich selbst sorgen können. Bei der Formulierung des Ziels dieser Sitzung ist es wichtig zu betonen, dass es für jeden Angehörigen ganz individuelle, einzigartige Dinge sind, die ihm gut tun und ihn entlasten können. Die Sitzung soll dazu beitragen, durch den Austausch mit anderen Personen, die sich in der gleichen oder in einer ähnlichen Situation befinden, auf neue Ideen zu kommen, wie man für sich selbst sorgen kann. Die Teilnehmer sollen neue Ansätze und Strategien von anderen versorgenden Angehörigen kennenlernen, die in der eigenen, ganz einzigartigen Betreuungssituation vielleicht auch hilfreich sein könnten. Ziel dieser Sitzung ist: Lernziele Wissen, welche Unterstützungsangebote es für versorgende Angehörige von Menschen mit Demenz gibt, und neue Ideen bekommen, wie man in seiner ganz einzigartigen Betreuungssituation für sich selbst sorgen kann.
17.5.3
Geplanter Verlauf
Die Power Point Präsentation leitet durch die Sitzung. Jeder Schritt wird mit einer Präsentati-
17
153 17.5 · Manual: Für sich selbst sorgen!
onsfolie eingeleitet, so dass der Trainer sich bei der Durchführung ganz einfach an den Folien „entlanghangeln« kann. Der Verlauf der Sitzung wird im Folgenden im kurzen Gesamtüberblick dargestellt, in Klammern finden sich jeweils die Verweise zu den Inhalten, Übungen, Instruktionen oder Materialien, die in dem jeweiligen Abschnitt zur Anwendung kommen. Zu allen Punkten gibt es mindestens eine Folie in der Power Point Präsentation.
1. Einstieg in die Sitzung – Begrüßung – Tagesordnung – Zielsetzung 2. Einstieg ins Thema – Einstieg »Erfahrungsbericht« ( Abschn. 4.2) 3. Unterstützungsangebote für versorgende Angehörige – Allgemeine Unterstützungsangebote ( Abschn. 4.2.1) – Selbsthilfegruppen ( Abschn. 4.2.1) – Konkrete Unterstützungsangebote in der näheren Umgebung (Falls vorhanden: Informationsmaterial zu lokalen Unterstützungsangeboten) ▼
4. Wer pflegt, muss sich pflegen! ( Abschn. 4.2.2) – Strategiesammlung in Kleingruppenarbeit ( Abschn. 17.5.5) – Präsentation der Strategien der Teilnehmer ( Abschn. 0, Abschn. 17.5.5) 5. Ausstieg aus der Sitzung – Zusammenfassung und Reflexion durch Trainer ( Abschn. 13.6) – Reflexion und Transfer »Was nehme ich mit?« ( Abschn. 13.7) – Feedback für den Trainer: Blitzlicht ( Abschn. 13.8) – Abschluss ( Abschn. 13.9)
17.5.4
Sequenzplan der Sitzung »Für sich selbst sorgen« (100 Minuten)
z
Vorbereitung
▬ ▬ ▬ ▬
Handout vor Beginn der Sitzung austeilen FlipChart »Tagesordnung« aufhängen Beamer und Laptop vorbereiten Informationsmaterial von Unterstützungsangeboten in der näheren Umgebung auslegen (falls vorhanden)
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/ Material
5
Begrüßung
Thema, Handout, Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
Überblick über den Ablauf
Plenum
Vortrag
Handout FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
2
Einstieg »Erfahrungsbericht«
Erfahrungsbericht Franz: Pflegen und überleben
Ins Thema einfühlen
Plenum
Vorlesen
Text »Erfahrungsbericht Franz«
12
Allgemeine Unterstützungsangebote
Unterstützungsangebote für versorgende Angehörige
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP
▼
154
17
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/ Material
12
Selbsthilfegruppen
Informationen zur Gestaltung von Selbsthilfegruppen
Wissen vermitteln, Nachhaltigkeitsförderung
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP
12
Konkrete Unterstützungsangebote
Unterstützungsangebote in der näheren Umgebung
Informieren, Transfer fördern
Plenum
Vortrag: Falls bekannt bzw. vorhanden, stellt der Trainer konkrete Unterstützungsangebote in der näheren Umgebung vor
Falls vorhanden: Informationsmaterial zu lokalen Unterstützungsangeboten
5
Pause
17
Wer pflegt, muss sich pflegen: Strategiesammlung
Strategien der Teilnehmer erfragen
Vorwissen der Teilnehmer einbringen
Kleingruppe
2 Kleingruppen setzen sich möglichst so zusammen, dass sie ungestört arbeiten können und tauschen sich über ihre Strategien aus, wie sie für sich selbst sorgen und halten das auf einem FC fest.
Leere FCs »Für uns selbst sorgen« Moderationsstifte
20
Wer pflegt, muss sich pflegen: Präsentation
Teilnehmer stellen ihre Strategien vor und fehlende Strategien werden ergänzt
Vorwissen bestätigen, festigen, vertiefen und erweitern
Plenum
Präsentation: Kleingruppen präsentieren ihre Ergebnisse, Trainer ergänzt wenn nötig
Beschriftete FC »Für uns selbst sorgen« PPP
3
Zusammenfassung/Reflexion durch Trainer
Sitzungsverlauf zusammenfassen, Zielsetzung wiederholen, Ziel erreicht?
Transfer fördern
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
5
Reflexion und Transfer
»Was nehmen Sie heute mit?«
Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Einzelarbeit
Jeder Teilnehmer soll auf einer Moderationskarte festhalten: Woran möchte ich mich erinnern?
Bunte Moderationskarten
5
Feedback für den Trainer
Reaktion und Reflexion der Teilnehmer
Feedback für Trainer, Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Plenum
Blitzlicht
2
Abschluss
Ausblick auf nächste Sitzung
Motivation
Plenum
PPP
155 17.5 · Manual: Für sich selbst sorgen!
17.5.5
Trainingsmaterial
17
Übungen z
Wer pflegt, muss sich pflegen!
z
Strategiesammlung in Kleingruppenarbeit
Mitnehmliste Benötigtes Material
Anzahl
FlipChart-Ständer
1
Moderationsstifte
TN* / 3
Eisbox
1
Klebeband
1
Kugelschreiber
TN
Moderationskarten
TN x 2
FC »Tagesordnung«
1
DIN A4-Blatt »Zielsetzung«
1
Beamer und Laptop mit PPP »Für sich selbst sorgen«
1
Handout »Für sich selbst sorgen!«
TN + 1
Text »Erfahrungsbericht Franz«
1
FC »Für uns selbst sorgen«
2
Falls vorhanden: Informationsmaterial zu lokalen Unterstützungsangeboten * TN = Anzahl der Teilnehmer
Visualisierungen z
FC »Für sich selbst sorgen«
Für uns selbst sorgen
▬ …
In der Übung »Wer pflegt, muss sich pflegen!« sollen die Teilnehmer zunächst in Kleingruppenarbeit ihre eigenen Strategien zusammentragen, die ihnen in ihrer individuellen Betreuungssituation helfen. Die Teilnehmer werden hierfür in zwei bis drei Kleingruppen eingeteilt, in denen sie im gemeinsamen Austausch Strategien sammeln und diese auf einem FlipChart festhalten. Hiermit soll das bestehende Vorwissen aktiviert und das Expertenwissen der Teilnehmer in das Training eingebracht werden. Gleichzeitig bietet ein solcher Austausch die Chance, dass Angehörige, die sich bislang keine Unterstützung und Auszeiten zugestanden haben bzw. diese aus Scham oder mangelnden Informationen nicht in Anspruch nehmen konnten, von den anderen Teilnehmern wichtige Tipps und Argumente an die Hand zu bekommen, um die »Selbstpflege« in Angriff zu nehmen. Die Übung kann mit der folgenden Instruktion eingeleitet werden: ; Eine demenzielle Erkrankung betrifft nicht nur den erkrankten Menschen selbst, sondern in erheblichem Ausmaß auch Sie: die Angehörigen. Durch die Versorgung eines Menschen mit Demenz in der Familie oder im näheren Umfeld erleben die versorgenden Angehörigen tiefgreifende Veränderungen in nahezu allen Lebensbereichen. Um diese Situation zu meistern, brauchen die Angehörigen viel Kraft. Nur wenn es dem versorgenden Angehörigen gut geht, kann er für seinen demenzkranken Angehörigen da sein. Ein
Handout Zu Beginn der Sitzung wird das gesamte Handout »Für sich selbst sorgen!« (TANDEM für versorgende Angehörige) ausgeteilt. Das Handout beinhaltet eine Kurzzusammenfassung sämtlicher Inhalte der Sitzung. Zudem beinhaltet es die Anweisungen für die Übungen, die von den Teilnehmern durchgeführt werden sollen. > Sie finden das Handout und die Visualisiernungen als Download im passwortgeschützten Internetbereich zum Buch. www.springer. com/978-3-642-16921-2
Wer pflegt, muss sich pflegen!
Wie sorgen SIE für sich selbst?
⊡ Abb. 17.5 PPP Folie »Wer pflegt, muss sich pflegen«
156
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
versorgender Angehöriger, der eine TANDEMAngehörigengruppe besucht hat, hat einmal gesagt: »Das Schlimmste, das meiner Frau passieren kann, ist, dass ich krank werde.« Für versorgende Angehörige gilt, dass, wenn sie sich selbst etwas Gutes tun, das auch ihrem demenzkranken Angehörigen zu Gute kommt. Sie alle kennen sicherlich schon Strategien, die Ihnen gut tun, kleine und vielleicht auch größere Verhaltensweisen oder Angebote, die für einen Moment Entlastung bringen können, die Ihnen helfen, für sich selbst zu sorgen. Was dem einen hilft, hilft dem anderen vielleicht nicht, vielleicht aber doch. Deshalb möchte ich Sie jetzt bitten, sich in zwei Kleingruppen aufzuteilen. Jede Gruppe erhält ein solches FlipChart (zeigen). Sie sollen sich über Ihre individuellen Strategien austauschen, die Ihnen in Ihrer ganz einzigartigen Betreuungssituation Entlastung bringen können und sie auf dem FlipChart notieren. Sie sollen sich dabei gut zuhören, denn vielleicht ist die eine oder andere Strategie dabei, die Sie selbst noch nicht kennen oder ausprobiert haben, und die für Sie auch hilfreich sein könnte. Sie haben für diese Übung 15 Minuten Zeit. Im Anschluss an die Übung werden wir uns über Ihre Arbeitsergebnisse austauschen, jede Gruppe wird ihr FC vorstellen. : z
17
Vorstellung der Strategien der Teilnehmer
Im Anschluss an die Strategiesammlung stellen die Kleingruppen ihre Arbeitsergebnisse nacheinander im Plenum vor. Die Wissensvermittlung erfolgt in diesem Teil also sozusagen durch die Teilnehmer selbst, die voneinander lernen. Im Anschluss an die Präsentationen der Teilnehmer fasst der Trainer die gefundenen Strategien noch einmal zusammen und bestätigt sie. Bei Bedarf können wichtige weitere Strategien, die von den Teilnehmern noch nicht genannt wurden, ergänzt werden.
17.6
Manual: Menschen mit Demenz als Sender
Für versorgende Angehörige z FC Tagesordnung der Sitzung »Menschen mit Demenz als Sender«
Menschen mit Demenz als Sender
Name des Vortragenden Institut ⊡ Abb. 17.6 PPP: »Menschen mit Demenz als Sender«
Tagesordnung Grundgedanken
▬ ▬ ▬ ▬ ▬
Kommunikationsmodell Stärken und Schwächen beim Senden Strategien Und wie ist das bei mir? Was nehme ich mit?
DIN A4-Blatt »Zielsetzung« Sicherheit darin gewinnen, demenzkranken Menschen das Senden von Informationen zu erleichtern bzw. ermöglichen.
17.6.1
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse)
In dieser Sitzung erarbeiten die Teilnehmer gemeinsam, wie sie ihren demenzkranken Angehörigen das Senden von Informationen erleichtern bzw. ermöglichen können. Zu Beginn der Sitzung wird ein Überblick über die gesamte Sitzung gegeben, d. h. die Tagesordnung und die Zielsetzung werden vorgestellt. Im Folgenden sollen die Grundgedanken der Trainingssitzung vorgestellt werden, wobei insbesondere das Expertentum der Teilnehmer und die
157 17.6 · Manual: Menschen mit Demenz als Sender
Notwendigkeit, individuelle Strategien zu finden, verdeutlicht werden sollen. Hiermit wird die Motivation der Teilnehmer zur aktiven Mitarbeit im Training gefördert. Den Einstieg in das Thema »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« liefert das Spiel »Stille Post«. Hiermit soll zum einen für Auflockerung und eine positive Stimmung unter den Teilnehmern gesorgt werden. Zudem sollen die Teilnehmer selbst die Erfahrung machen, dass Kommunikation auch bei gesunden Menschen nicht einfach ist und bestimmte Schwierigkeiten birgt. Im Folgenden wird das »Kommunikationsmodell« vorgestellt, das dem Modul »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« zugrunde liegt. Es folgt ein Vortrag des Trainers zum Thema »Stärken und Schwächen von demenzkranken Menschen als Sender von Informationen«. Um den Transfer der Inhalte bereits bei der Wissensvermittlung zu fördern, sollten stets praktische und alltagsnahe Beispiele in den Vortrag eingebaut werden. Falls es die Zeit zulässt, ist es zudem transferförderlich, wenn den Teilnehmern Raum gegeben wird, eigene Beispiele zu berichten. Diese können im Abschnitt »Strategien« wieder aufgegriffen werden. Anschließend erarbeiten die Teilnehmer gemeinsam Strategien, mit Hilfe derer demenzkranken Menschen das Senden von Informationen erleichtert werden kann. In Kleingruppenarbeit soll eine typische Problemstellung aus dem häuslichen Pflegealltag bearbeitet werden. Dies dient zum einen dazu, das bestehende Vorwissen zu aktivieren und das Expertenwissen der Teilnehmer in das Training einzubringen. Gleichzeitig soll mit dem sehr praxisnahen Beispiel der Transfer in den Alltag gefördert werden. Im Anschluss stellen die Kleingruppen ihre Arbeitsergebnisse nacheinander am FlipChart im Plenum vor. Die Wissensvermittlung zum Thema »Strategien« erfolgt also sozusagen durch die Teilnehmer selbst, die voneinander lernen. Die Übung wird bewusst vor der Wissensvermittlung durchgeführt, da die Teilnehmer somit nicht mit Dingen »gelangweilt« werden, die sie schon wissen. Vielmehr lernen die Teilnehmer voneinander – und bekräftigen sich gegenseitig in ihren individuel-
17
len Herangehensweisen. Somit wird bestehendes Vorwissen bestätigt, gefestigt und erweitert. Im Anschluss an die Präsentationen der Teilnehmer fasst der Trainer die gefundenen Strategien noch einmal zusammen und bestätigt sie. Bei Bedarf können wichtige weitere Strategien, die von den Teilnehmern noch nicht genannt wurden, ergänzt werden. Der Trainer sollte im spezifischen Fall entscheiden, ob er eine Ergänzung für notwendig hält oder ob eventuell ein Verweis auf die Inhalte des Handouts ausreicht. In jedem Fall sollte jedoch die Strategie »Gesprächsstützen« und insbesondere das »Erinnerungsalbum« näher erläutert werden, da diese Strategien nicht als Vorwissen erwartet werden können. Es folgt ein Erfahrungsaustausch, in dem die Teilnehmer das Gelernte auf ihren individuellen Fall übertragen sollen. In Kleingruppen von drei bis vier Personen tauschen sich die Teilnehmer darüber aus, welche Stärken und Schwächen ihr demenzkranker Angehöriger hat und welche Strategien ihnen im Kontakt mit ihrem »einzigartigen« demenzkranken Angehörigen helfen, die Kommunikation aufrecht zu erhalten. Im Anschluss daran fasst der Trainer die Sitzungsinhalte kurz zusammen und reflektiert sie im Hinblick auf die zu Beginn der Sitzung genannte Zielsetzung. Dies soll den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen und bereitet zudem auf die letzte Übung vor. Die letzte Übung ist eine Einzelübung, in der sich jeder Teilnehmer mit Hilfe des Handouts Gedanken macht, welche der erarbeiteten Strategien er persönlich in nächster Zeit anwenden möchte, welche der gelernten Inhalte er »mit in den Alltag nehmen möchte«. Diese Abschlussübung dient dazu, den Transfer der Trainingsinhalte in den Alltag zu erleichtern, in dem erste konkrete Schritte der Umsetzung individuell durchdacht und festgehalten werden. Ein abschließendes Blitzlicht bietet dem Trainer die Möglichkeit, in kurzer Zeit ein Feedback zum Trainingserfolg und zur Zufriedenheit der Gruppe zu erhalten. Weiterhin kann ein Blitzlicht auch zusätzlich den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen. Zum Abschluss der Sitzung sollte auf die Inhalte der nächsten Sitzung verwiesen werden, um die Teilnehmer hierfür zu motivieren.
158
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
Falls am Ende der Sitzung noch Zeit verbleibt, kann diese für Ergänzungen und Diskussionsbedarf genutzt werden.
17.6.2
2. Einstieg ins Thema – Grundgedanken ( Kap. 3) – Einstiegsübung Stille Post ( Abschn. 17.6.5) – Kommunikationsmodell ( Abschn. 5.1) 3. Demenzkranke Menschen als Sender von Informationen ( Abschn. 5.2) – Sender: Stärken und Schwächen ( Abschn. 5.2.1) – »Neue Erinnerung« (⊡ Abb.5.23, ⊡ Abb.5.24) – Problemstellung bearbeiten ( Abschn. 17.6.5) – Präsentation der Problemlösung ( Abschn. 17.6.5) – Strategie: Gesprächsstützen ( Abschn. 5.2.2) – Erinnerungsalbum ( Abschn. 5.2.2) 4. Erfahrungsaustausch ( Abschn. 13.5) – Und wie ist das bei mir? 5. Ausstieg aus der Sitzung – Zusammenfassung und Reflexion durch Trainer ( Abschn. 13.6) – Reflexion und Transfer »Was nehme ich mit?« ( Abschn. 13.7) – Feedback für den Trainer: Blitzlicht ( Abschn. 13.8) – Abschluss ( Abschn. 13.9)
Lernziele
In der zu beschreibenden Sitzung geht es um das Thema Kommunikation mit demenzkranken Menschen als Sender von Informationen. Gemeinsam wird erarbeitet, wie Angehörige dem Menschen mit Demenz das Senden einer Nachricht erleichtern bzw. ermöglichen können. Die Teilnehmer sollen in der Sitzung krankheitsbedingte Stärken und Schwächen von Menschen mit Demenz beim Senden von Informationen kennenlernen. Und sie sollen in Übungen und Erfahrungsaustausch gemeinsam erarbeiten, wie man die Stärken fördern und die Schwächen umgehen kann. Ziel dieser Sitzung ist: Lernziele Sicherheit darin gewinnen, demenzkranken Menschen das Senden von Informationen zu erleichtern/ ermöglichen.
17.6.3
17
Geplanter Verlauf
Die Power Point Präsentation leitet durch die Sitzung. Jeder Schritt wird mit einer Präsentationsfolie eingeleitet, sodass der Trainer sich bei der Durchführung ganz einfach an den Folien »entlanghangeln« kann. Der Verlauf der Sitzung wird im Folgenden im kurzen Gesamtüberblick dargestellt, in Klammern finden sich jeweils die Verweise zu den Inhalten, Übungen, Instruktionen oder Materialien, die in dem jeweiligen Abschnitt zur Anwendung kommen. Zu allen Punkten gibt es mindestens eine Folie in der Power Point Präsentation.
1. Einstieg in die Sitzung – Begrüßung – Tagesordnung ▼ – Zielsetzung
17.6.4
Sequenzplan der Sitzung »Menschen mit Demenz als Sender« (120 Minuten)
z
Vorbereitung
▬ ▬ ▬ ▬
Handout vor Beginn der Sitzung austeilen FlipChart »Tagesordnung« aufhängen Beamer und Laptop vorbereiten 2–3 FC »Senden« und je einen Moderationsstift an 2–3 Tischen im Raum möglichst entfernt voneinander verteilen für Gruppenübung.
17
159 17.6 · Manual: Menschen mit Demenz als Sender
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/ Material
5
Begrüßung
Thema, Handout, Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
Überblick über den Ablauf
Plenum
Vortrag
Handout FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
7
Einstieg »Stille Post«
Instruktion »Stille Post«
Auflockerung, Selbsterfahrung
Plenum
Spiel
3
Grundgedanken
Einzigartigkeit und Expertentum
Motivation zur aktiven Mitarbeit
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP
7
Kommunikationsmodell
Schrittweise Erläuterung des Kommunikationsmodells
Wissen vermitteln
Plenum
Visualisierung mit PPP: Bausteine des Modells werden Schritt für Schritt erläutert
PPP
8
Sender: Stärken und Schwächen
Stärken und Schwächen von Demenzkranken als Sender von Informationen
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP
5
»Neue Erinnerung«
Was passiert im Gehirn?
Wissen vermitteln
Plenum
Visualisierung mit PPP
PPP
15
Problemstellung bearbeiten
Bearbeitung eines fiktiven Fallbeispiels: Gruppenübung »Darbietung«
Vorwissen aktivieren, Expertenwissen der Teilnehmer einbringen, Transfer fördern
Kleingruppe
Problembearbeitung: 2–3 Kleingruppen setzen sich möglichst so zusammen, dass sie ungestört arbeiten können; alle bearbeiten die gleiche Problemstellung
Im Handout: »Darbietung: Gruppenübung« 2–3 FC »Senden«
5
Pause
25
Präsentation der Problemlösung
Strategien: Demenzkranker als Sender von Informationen
Vorwissen bestätigen, festigen, vertiefen und erweitern
Plenum
Präsentation: Kleingruppen stellen ihre Ergebnisse visualisiert mit FC vor; Trainer benennt und bekräftigt die gefundenen Strategien, ergänzt eventuell weitere
2–3 FC »Senden« (beschriftet von Teilnehmern)
5
Strategie: Gesprächsstützen
Gesprächsstützen und v. a. Erinnerungsalbum vorstellen
Wissen vermitteln, an Vorwissen anknüpfen
Plenum
Vortrag, auf Handout verweisen
Handout
20
Wie ist das bei mir?
Erfahrungsaustausch über individuelle Situation
Transfer fördern
Kleingruppen
Teilnehmer tauschen sich in Kleingruppen über ihre individuellen Strategien und die Stärken und Schwächen ihrer Angehörigen aus
PPP
▼
160
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/ Material
3
Zusammenfassung/Reflexion durch Trainer
Sitzungsverlauf zusammenfassen, Zielsetzung wiederholen, Ziel erreicht?
Transfer fördern
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt »Zielsetzung«
5
Reflexion und Transfer
»Was nehmen Sie heute mit?«
Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Einzelarbeit
Jeder Teilnehmer soll auf einer Moderationskarte festhalten: 1. Woran möchte ich mich erinnern? 2. Welche Strategien möchte ich ausprobieren?
Bunte Moderationskarten
5
Feedback für den Trainer
Reaktion und Reflexion der Teilnehmer
Feedback für Trainer, Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Plenum
Blitzlicht
2
Abschluss
Ausblick auf nächste Sitzung
Motivation
Plenum
17.6.5
Trainingsmaterial
PPP
Visualisierungen FC »Senden«
Mitnehmliste ▬ Darbietung
17
Benötigtes Material
Anzahl
FlipChart-Ständer
1
Moderationsstifte
TN* / 3
Eisbox
1
Klebeband
1
Kugelschreiber
TN
Moderationskarten
TN x 2
FC »Tagesordnung«
1
DIN A4-Blatt »Zielsetzung«
1
Beamer und Laptop mit PPP »Menschen mit Demenz als Sender«
1
Handout »Menschen mit Demenz als Sender von Informationen«
TN + 1
FC »Senden«
2–3
* TN = Anzahl der Teilnehmer
Handout Zu Beginn der Sitzung wird das gesamte Handout »Menschen mit Demenz als Sender« (TANDEM für versorgende Angehörige) ausgeteilt. Das Handout beinhaltet eine Kurzzusammenfassung sämtlicher Inhalte der Sitzung. Zudem beinhaltet es die Anweisungen für die Übungen, die von den Teilnehmern durchgeführt werden sollen. > Sie finden das Handout und die Visualisierungen als Download im passwortgeschützten Internetbereich zum Buch unter www.springer.com/978-3-642-16921-2
Übungen z
Instruktion: Stille Post
Die Übung »Stille Post« kann als Einstieg in das Thema »Menschen mit Demenz als Sender« ge-
161 17.6 · Manual: Menschen mit Demenz als Sender
spielt werden. ⊡ Folie 4, PPP 3, TANDEM für versorgende Angehörige Folgende Instruktionen erläutern und begleiten die Übung: ; Als kleine Einstimmung auf das Thema Kommunikation spielen wir eine Runde »Stille Post«. »Stille Post« funktioniert folgendermaßen: Ich flüstere der Person links neben mir (Person ausdeuten) einen Satz ins Ohr. Sie flüstern der nächsten Person genau das ins Ohr, was Sie verstanden haben. Diese Person flüstert nun das, was sie verstanden hat, weiter. Wenn etwas nicht gut verstanden wurde, dann darf es nicht wiederholt werden. So geht die Botschaft einmal im Kreis herum und die letzte Person in der Runde (Person ausdeuten) sagt dann laut, welcher Satz bei Ihr angekommen ist. Gibt es hierzu Fragen? : Satz flüstern: »Kommunikation ist ganz schön schwierig, vor allem wenn man an Demenz leidet.«
Rückmeldung je nachdem, ob Satz korrekt oder falsch ankam. Erfahrungsgemäß kommt der Satz falsch an. Falscher Satz:
; Der Satz, den ich losgeschickt habe, lautete »Kommunikation ist ganz schön schwierig, vor allem wenn man an Demenz leidet.« Es kann also schon bei einem Satz unter gesunden Menschen zu Missverständnissen kommen – zu Kommunikationsproblemen. Kommunikation an sich ist eine schwierige Angelegenheit, die bei demenzkranken Menschen noch zusätzlich durch bestimmte Krankheitssymptome erschwert wird. Symptome, die die Kommunikation erschweren, werde ich Ihnen heute vorstellen, aber auch Stärken, die noch vorhanden sind. Wir werden gemeinsam erarbeiten, wie wir die Stärken gezielt fördern und die Schwächen umgehen können, um so die Kommunikation zu erleichtern und aufrechtzuerhalten. : Richtiger Satz:
; Herzlichen Glückwunsch! Diesen Satz habe ich tatsächlich losgeschickt. In Ihrer Gruppe scheint es keine Kommunikationsprobleme zu geben. In der Regel kommt bei der letzten Person ein falscher Satz an. Das liegt daran, dass es schon bei
17
einem Satz unter gesunden Menschen zu Missverständnissen kommen kann – zu Kommunikationsproblemen. Kommunikation an sich ist eine schwierige Angelegenheit, die bei demenzkranken Menschen noch zusätzlich durch bestimmte Krankheitssymptome erschwert wird. Diese Symptome, die die Kommunikation erschweren, werde ich Ihnen heute vorstellen, aber auch Stärken, die noch vorhanden sind. Wir werden gemeinsam erarbeiten, wie wir die Stärken gezielt fördern und die Schwächen umgehen können, um so die Kommunikation zu erleichtern und aufrechtzuerhalten. : z
Bearbeitung eines fiktiven Fallbeispiels: Gruppenübung »Darbietung«
Die Gruppenübung »Darbietung« wird durchgeführt, nachdem die Stärken und Schwächen von demenzkranken Menschen als Sender von Informationen erläutert wurden. ⊡ Folie 16 und 17, PPP 3, TANDEM für versorgende Angehörige
Die Problemstellung und die Erläuterung der Übung können mithilfe der folgenden Instruktionen vorgestellt werden: ; Bitte teilen Sie sich für die folgende Übung in zwei (bzw. drei) Kleingruppen auf. Sie sollen in der Kleingruppe gemeinsam eine Problemstellung lösen, in der einem demenzkranken Menschen das Darbieten von Informationen Schwierigkeiten bereitet. Folgende Problemstellung liegt vor: Beispiel Der demenzkranke Herr Müller lebt gemeinsam mit seinem Sohn und dessen Ehefrau in deren Haus. Bislang sitzt Herr Müller den ganzen Tag reglos herum. Er nimmt keinen Kontakt mit anderen Menschen auf. Sowohl seine Familienmitglieder als auch die Mitarbeiter des ambulanten Pflegeteams scheint er zu ignorieren. Er hört zwar bei Erzählungen zu und antwortet auch auf Nachfragen, erzählt aber nichts von sich aus. Er wirkt unsicher, unglücklich und einsam. Seine Angehörigen haben die Befürchtung, dass er sich weiter zurückziehen und von der Außenwelt isolieren wird.
Stellen Sie sich vor, Sie sind der Sohn/die Schwiegertochter von Herrn Müller. Wie könnten Sie ihn
162
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
zu einer Kommunikation ermuntern? Wie können Sie ihn dabei unterstützen, dass er mit anderen Personen (mit Ihnen selbst, mit anderen Familienmitgliedern, mit Mitarbeitern des Pflegeteams oder anderen Personen) in Kontakt tritt und vielleicht sogar ein Gespräch einleitet und/oder mitredet? Wie können Sie vermeiden, dass der demenzkranke Mann sich weiter zurückzieht? Achten Sie dabei auf zwei Punkte: 1. Wie erleichtern Sie dem demenzkranken Menschen den Kommunikationsbeginn? 2. Wie unterstützen Sie ihn bei einer bereits begonnenen Kommunikation darin, dass er weiter kommuniziert?
17
Überlegen Sie sich gemeinsam, wie Sie diese Problemstellung lösen könnten. Welche konkreten Schritte würden Sie einleiten, um dieses Problem zu lösen? Kennen Sie ähnliche Situationen aus Ihrem Alltag und was hilft Ihnen in solchen Situationen? Beraten Sie sich gemeinsam mit Ihren Gruppenmitgliedern. Jeder von Ihnen hat sicherlich ganz einzigartige Herangehensweisen an eine solche Problemstellung. Die Schritte, die jedes Gruppenmitglied einbringt und die Sie gemeinsam erarbeiten, halten Sie bitte auf dem FlipChart in Stichpunkten fest. Sie haben für diese Aufgabe 15 Minuten Zeit. Ihre Arbeitsergebnisse sollen Sie später der Gruppe präsentieren. : Im Anschluss stellen die Kleingruppen ihre Arbeitsergebnisse nacheinander am FlipChart im Plenum vor. Die Wissensvermittlung zum Thema »Strategien« erfolgt also sozusagen durch die Teilnehmer selbst, die voneinander lernen. Nach den Präsentationen der Teilnehmer fasst der Trainer die gefundenen Strategien noch einmal zusammen und bestätigt sie. Bei Bedarf können wichtige weitere Strategien, die von den Teilnehmern noch nicht genannt wurden, ergänzt werden. Der Trainer sollte im spezifischen Fall entscheiden, ob er eine Ergänzung für notwendig hält oder ob eventuell ein Verweis auf die Strategien im Handout ausreicht. In jedem Fall sollte jedoch die Strategie »Gesprächsstützen« und insbesondere das »Erinnerungsalbum« näher erläutert werden, da diese Strategien nicht als Vorwissen erwartet werden können.
17.7
Manual: Menschen mit Demenz als Empfänger
Für versorgende Angehörige z FC Tagesordnung der Sitzung »Menschen mit Demenz als Empfänger«
Tagesordnung Kommunikationsmodell
▬ ▬ ▬ ▬
Stärken und Schwächen beim Empfangen Strategien Und wie ist das bei mir? Was nehme ich mit?
DIN A4-Blatt »Zielsetzung« Sicherheit darin gewinnen, demenzkranken Menschen das Empfangen von Informationen zu erleichtern bzw. ermöglichen.
Menschen mit Demenz als Empfänger
Name des Vortragenden Institut ⊡ Abb. 17.7 PPP: »Menschen mit Demenz als Empfänger«
17.7.1
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse)
In dieser Sitzung erarbeiten die Teilnehmer gemeinsam, wie sie ihren demenzkranken Angehörigen das Empfangen von Informationen erleichtern bzw. ermöglichen können. Zu Beginn der Sitzung wird ein Überblick über die gesamte Sitzung gege-
163 17.7 · Manual: Menschen mit Demenz als Empfänger
ben, d. h. die Tagesordnung und die Zielsetzung werden vorgestellt. Den Einstieg in das Thema »Menschen mit Demenz als Empfänger« liefert die Geschichte »Die perfekte Information«. Hiermit soll ein auflockerndes Einfühlen ins Thema stattfinden. Weiterhin soll zu einer positiven Stimmung unter den Teilnehmern beigetragen werden. Es folgt ein Theorieblock, in dem Wissen zum Thema »Stärken und Schwächen von demenzkranken Menschen als Empfänger von Informationen« vermittelt wird. Um den Transfer der Inhalte bereits bei der Wissensvermittlung zu fördern, sollten stets praktische und alltagsnahe Beispiele in den Vortrag eingebaut werden. Falls es die Zeit zulässt, ist es zudem transferförderlich, wenn den Teilnehmern Raum gegeben wird, eigene Beispiele zu berichten. Diese können im Abschnitt »Strategien« wieder aufgegriffen werden. Anschließend erarbeiten die Teilnehmer gemeinsam Strategien, mit Hilfe derer demenzkranken Menschen das Empfangen von Informationen erleichtert werden kann. In Kleingruppenarbeit werden typische Problemstellungen aus dem häuslichen Pflegealltag bearbeitet. Es werden drei Gruppen gebildet. Eine Gruppe beschäftigt sich mit einem Problem fehlender Aufmerksamkeit, die zweite bearbeitet ein Problem missglückenden Verstehens und die dritte Gruppe bearbeitet ein Problem, in dem die Kommunikation am Behalten scheitert. Dies dient zum einen dazu, das bestehende Vorwissen zu aktivieren und das Expertenwissen der Teilnehmer in das Training einzubringen. Gleichzeitig soll mit den sehr praxisnahen Beispielen der Transfer in den Alltag der Teilnehmer gefördert werden. Im Anschluss stellen die Kleingruppen dem Plenum ihre Arbeitsergebnisse nacheinander im Rollenspiel vor. Auch hier lernen die Teilnehmer also voneinander – und bekräftigen sich gegenseitig in ihren individuellen Herangehensweisen. Somit wird bestehendes Vorwissen bestätigt, gefestigt und erweitert. Im Anschluss an jedes Rollenspiel stellt der Trainer eine Zuruffrage an das Plenum: »Welche Strategien haben Sie beobachtet?« Die Teilnehmer der jeweils anderen Gruppen benennen somit die Strategien, die in der präsentierenden Kleingruppe gefunden wurden.
17
Bei Bedarf können weitere Strategien, die von den Teilnehmern noch nicht genannt wurden, ergänzt werden. Ist der Trainer der Meinung, dass bestimmte wichtige Strategien im Rollenspiel nicht umgesetzt wurden, so kann eine weitere Zuruffrage an das Plenum gerichtet werden: »Welche weiteren Strategien wären möglich gewesen?« Hierbei muss jedoch aufgepasst werden, dass die gefundene Lösung der Gruppe mit der weiterführenden Frage nicht herabgewürdigt oder als unzureichend wahrgenommen wird. Der Trainer sollte im spezifischen Fall entscheiden, ob er eine Ergänzung für notwendig hält oder ob eventuell ein Verweis auf die Inhalte des Handouts ausreicht. Es folgt ein Erfahrungsaustausch, in dem die Teilnehmer das Gelernte auf ihren individuellen Fall übertragen sollen. In Kleingruppen von drei bis vier Personen tauschen sich die Teilnehmer darüber aus, welche Stärken und Schwächen ihr demenzkranker Angehöriger hat und welche Strategien ihnen im Kontakt mit ihrem »einzigartigen« demenzkranken Angehörigen helfen, die Kommunikation aufrecht zu erhalten. Im Anschluss daran fasst der Trainer die Sitzungsinhalte kurz zusammen und reflektiert sie im Hinblick auf die zu Beginn der Sitzung genannte Zielsetzung. Dies soll den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen und bereitet zudem auf die letzte Übung vor. Die letzte Übung ist eine Einzelübung, in der sich jeder Teilnehmer mit Hilfe des Handouts Gedanken macht, welche der erarbeiteten Strategien er persönlich in nächster Zeit anwenden möchte, welche der gelernten Inhalte er »mit in den Alltag nehmen möchte«. Diese Abschlussübung dient dazu, den Transfer der Trainingsinhalte in den Alltag zu erleichtern, in dem erste konkrete Schritte der Umsetzung individuell durchdacht und festgehalten werden. Ein abschließendes Blitzlicht bietet dem Trainer die Möglichkeit, in kurzer Zeit ein Feedback zum Trainingserfolg und zur Zufriedenheit der Gruppe zu erhalten. Weiterhin kann ein Blitzlicht auch zusätzlich den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen. Zum Abschluss der Sitzung sollte auf die Inhalte der nächsten Sitzung verwiesen werden, um die Teilnehmer hierfür zu motivieren.
164
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
Falls am Ende der Sitzung noch Zeit verbleibt, kann diese für Ergänzungen und Diskussionsbedarf genutzt werden.
17.7.2
2. Einstieg ins Thema – Einstieg »Geschichte« ( Abschn. 7.7.5) – Wiederholung: Kommunikationsmodell ( Abschn. 5.1) 3. Demenzkranke Menschen als Empfänger von Informationen ( Abschn. 5.3) – Empfänger: Stärken und Schwächen ( Abschn. 5.3.1) – Problemstellung bearbeiten ( Abschn. 17.7.5) – Präsentation der Problemlösung ( Abschn. 17.7.5, Abschn. 5.3.2) 4. Erfahrungsaustausch ( Abschn. 13.5) – Und wie ist das bei mir? 5. Ausstieg aus der Sitzung – Zusammenfassung und Reflexion durch Trainer ( Abschn. 13.6) – Reflexion und Transfer »Was nehme ich mit?« ( Abschn. 13.7) – Feedback für den Trainer: Blitzlicht ( Abschn. 13.8) – Abschluss ( Abschn. 13.9)
Lernziele
In der zu beschreibenden Sitzung geht es um das Thema Kommunikation mit demenzkranken Menschen als Empfänger der Information. Gemeinsam wird erarbeitet, wie Angehörige dem erkrankten Menschen das Empfangen einer Nachricht erleichtern bzw. ermöglichen können. Die Teilnehmer sollen in der Sitzung krankheitsbedingte Stärken und Schwächen von Menschen mit Demenz beim Empfangen von Informationen kennenlernen. Und sie sollen in Übungen und Erfahrungsaustausch gemeinsam erarbeiten, wie man die Stärken fördern und die Schwächen umgehen kann. Ziel dieser Sitzung ist: Lernziele Sicherheit darin gewinnen, demenzkranken Menschen das Empfangen von Informationen zu erleichtern/ermöglichen.
17.7.4 17.7.3
17
Geplanter Verlauf
Die Power Point Präsentation leitet durch die Sitzung. Jeder Schritt wird mit einer Präsentationsfolie eingeleitet, so dass der Trainer sich bei der Durchführung ganz einfach an den Folien »entlang hangeln« kann. Der Verlauf der Sitzung wird im Folgenden im kurzen Gesamtüberblick dargestellt, in Klammern finden sich jeweils die Verweise zu den Inhalten, Übungen, Instruktionen oder Materialien, die in dem jeweiligen Abschnitt zur Anwendung kommen. Zu allen Punkten gibt es auch mindestens eine Folie in der Power Point Präsentation.
1. Einstieg in die Sitzung – Begrüßung – Tagesordnung ▼ – Zielsetzung
z
▬ ▬ ▬ ▬
Sequenzplan der Sitzung »Menschen mit Demenz als Empfänger« (110 Minuten)
Vorbereitung
Handout vor Beginn der Sitzung austeilen FlipChart »Tagesordnung« aufhängen Beamer und Laptop vorbereiten 3 FC »Empfangen« in der Reihenfolge 1. Aufmerksamkeit, 2. Verstehen, 3. Behalten an FlipChart-Ständer aufhängen für Gruppenübung. ▬ Platz schaffen für Rollenspiele
17
165 17.7 · Manual: Menschen mit Demenz als Empfänger
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/ Material
5
Begrüßung
Thema, Handout, Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
Überblick über den Ablauf
Plenum
Vortrag
Handout FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
2
Einstieg »Geschichte«
Text »Die vollkommene Information«
Auflockerung, ins Thema einfühlen
Plenum
Vorlesen
Text »Die vollkommene Information«
3
Kommunikationsmodell
Kommunikationsmodell wiederholen
Wiederholen, Wissen festigen
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP
15
Empfänger: Stärken und Schwächen
Stärken und Schwächen von Demenzkranken als Sender von Informationen
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP
15
Problemstellungen bearbeiten
Bearbeitung von fiktiven Fallbeispielen: Gruppenübung »Empfangen«
Vorwissen aktivieren, Expertenwissen der Teilnehmer einbringen, Transfer fördern
Kleingruppe
Problembearbeitung: 3 Kleingruppen setzen sich möglichst so zusammen, dass sie ungestört arbeiten können; je eine Gruppe bearbeitet ein Fallbeispiel zum Thema Aufmerksamkeit bzw. Verstehen bzw. Behalten
Im Handout: »Aufmerksamkeit, Verstehen, Behalten: Gruppenübung«
5
Pause
30
Präsentation der Problemlösung
Strategien: Demenzkranker als Empfänger von Informationen
Vorwissen bestätigen, festigen, vertiefen und erweitern
Plenum
Rollenspiel und Zuruffrage: Kleingruppen stellen ihre Ergebnisse im Rollenspiel vor; Trainer fragt daraufhin das Plenum, welche Strategien beobachtet wurden. Trainer dokumentiert die beobachteten Strategien auf dem FC, bekräftigt die gefundenen Strategien, ergänzt eventuell weitere
3 FC »Empfangen«
20
Wie ist das bei mir?
Erfahrungsaustausch über individuelle Situation
Transfer fördern
Kleingruppen
Teilnehmer tauschen sich in Kleingruppen über ihre individuellen Strategien und die Stärken und Schwächen ihrer Angehörigen aus
PPP
3
Zusammenfassung/Reflexion durch Trainer
Sitzungsverlauf zusammenfassen, Zielsetzung wiederholen, Ziel erreicht?
Transfer fördern
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt »Zielsetzung«
▼
166
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/ Material
5
Reflexion und Transfer
»Was nehmen Sie heute mit?«
Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Einzelarbeit
Jeder Teilnehmer soll auf einer Moderationskarte festhalten: 1. Woran möchte ich mich erinnern? 2. Welche Strategien möchte ich ausprobieren?
Bunte Moderationskarten
5
Feedback für den Trainer
Reaktion und Reflexion der Teilnehmer
Feedback für Trainer, Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Plenum
Blitzlicht
2
Abschluss
Ausblick auf nächste Sitzung
Motivation
Plenum
17.7.5
Trainingsmaterial
Übungen z
Mitnehmliste
Text: Die vollkommene Information
Der folgende Text wird den Trainingsteilnehmern zum Einstieg in das Thema »Demenzkranke Menschen als Empfänger von Informationen« vorgelesen: ⊡ Folie 3, PPP 4, TANDEM für versorgende Ange-
Benötigtes Material
Anzahl
FlipChart-Ständer
1
Moderationsstifte
TN* / 3
hörige
Klebeband
1
Kugelschreiber
TN
Moderationskarten
TN x 2
FC »Tagesordnung«
1
DIN A4-Blatt »Zielsetzung«
1
Beamer und Laptop mit PPP »MmD als Empfänger«
1
Text »Die vollkommene Information«
1
Handout »Menschen mit Demenz als Empfänger von Informationen«
TN + 1
FC »Empfangen«
3x1
; Das technische Vorstandsmitglied eines Industriebetriebes sagt zum Produktionsbereichsleiter: »Morgen um 9 Uhr findet eine Sonnenfinsternis statt. Also etwas, was man nicht alle Tage sehen kann. Veranlassen Sie, dass sich die Belegschaft in Ausgehkleidung draußen dieses Ereignis ansieht. Die Erläuterung zu dem seltenen Ereignis werde ich selbst bei der Beobachtung geben. Wenn es regnet, werden wir es nicht gut sehen können. Die Belegschaft begibt sich dann in den Speisesaal.« Der Produktionsleiter sagt zum Betriebsleiter: »Auf Anweisung des technischen Vorstandes findet morgen um 9 Uhr eine Sonnenfinsternis statt. Wenn es regnet, werden wir sie auf dem Werkshof in Ausgehkleidung nicht gut sehen können. In diesem Fall führen wir das Verschwinden der Sonne im Speiseraum durch. Also etwas, was man nicht alle Tage sehen kann.« Der Betriebsleiter sagt zum Betriebsabteilungsleiter: »Auf Anweisung des Vorstandes wird morgen um 9 Uhr in Ausgehkleidung das Verschwinden der Sonne im Speiseraum durchgeführt. der Vorstand gibt die Anweisung, ob es regnen soll; also etwas, was man nicht alle Tage sehen kann.«
* TN = Anzahl der Teilnehmer
Handout
17
PPP
Zu Beginn der Sitzung wird das gesamte Handout »Menschen mit Demenz als Empfänger« (TANDEM für versorgende Angehörige) ausgeteilt. Das Handout beinhaltet eine Kurzzusammenfassung sämtlicher Inhalte der Sitzung. Zudem beinhaltet es die Anweisungen für die Übungen, die von den Teilnehmern durchgeführt werden sollen. Sie finden das Handout und die Visualisierungen als Download im passwortgeschützten Internetbereich zum Buch. www.springer.com/978-3-642-16921-2
167 17.7 · Manual: Menschen mit Demenz als Empfänger
Der Betriebsabteilungsleiter zum Gruppenleiter: »Wenn es morgen im Speiseraum regnet, also etwas, was man nicht alle Tage sieht, verschwindet um 9 Uhr unser Vorstand in Ausgehkleidung.« Der Gruppenleiter zum Kollegen: »Morgen um 9 Uhr soll unser Vorstand verschwinden. Schade, dass man das nicht alle Tage zu sehen bekommt.« : [Quelle: Rüttinger, B. & Sauer, J. (2000). Konflikt und Konfliktlösen. Leonberg: Rosenberger Fachverlag] Folgende Instruktion kann dem Text nachgestellt werden: ; Kommunikation ist ganz schön schwierig, nicht nur, wenn man an Demenz leidet. Die Geschichte zur vollkommenen Information zeigt, dass es auch bei nicht demenzkranken Menschen zu Missverständnissen kommt. Aber woher kommt das? In der heutigen Sitzung soll es um Herausforderungen von demenzkranken Menschen beim Empfangen von Informationen gehen. Bezogen auf das Kommunikationsmodell, das ich Ihnen in der letzten Sitzung vorgestellt habe (PPP Folie »Kommunikationsmodell« öffnen) geht es also um Schwierigkeiten bei der Lenkung von Aufmerksamkeit auf eine Information, beim Verstehen und beim Behalten von Informationen. : z
Bearbeitung von fiktiven Fallbeispielen: Gruppenübungen »Empfangen«
Die Gruppenübung »Empfangen« wird durchgeführt, nachdem die Stärken und Schwächen von demenzkranken Menschen als Empfänger von Informationen erläutert wurden. ⊡ Folie 12, 13, PPP 4, TANDEM für versorgende Angehörige
Die Gruppeneinteilung, die Erläuterung der Übung und die Problemstellungen können mithilfe der folgenden Instruktionen vorgestellt werden: ; Sie alle sind Experten in der Kommunikation mit demenzkranken Menschen. Daher möchte ich Ihnen im Folgenden keine Strategien vorgeben, die Menschen mit Demenz das Empfangen erleichtern können. Wie in der letzten Sitzung auch sollen Sie direkt Problemstellungen bearbeiten. Ich teile Sie hierfür in drei Gruppen auf (Teilnehmer in drei gleichgroße Gruppen aufteilen). Die erste Gruppe (auf Gruppe zeigen) bearbeitet eine Problemstellung, in der die Kommunikation an fehlender Aufmerksamkeit scheitert. Die zweite Gruppe (auf
17
Gruppe zeigen) bearbeitet eine Problemstellung, in der die Kommunikation an mangelndem Verstehen scheitert. Die dritte Gruppe (auf Gruppe zeigen) bearbeitet eine Problemstellung, in der die Kommunikation an Schwierigkeiten beim Behalten scheitert. Alle Problemstellungen handeln von Hans Schmidt. Hans Schmidt ist demenzkrank, aber körperlich gesund. Seine Frau Hilde hingegen ist nach einem Sturz, bei dem sie sich den Oberschenkelhals gebrochen hat, körperlich stark eingeschränkt. Beide wohnen seit dem Unfall von Frau Schmidt in der Wohnung ihrer Tochter. Obwohl Hans Schmidt körperlich noch relativ fit ist, sitzt er meist apathisch im Wohnzimmer. : z
Aufmerksamkeit: Gruppenübung
; Ihre Gruppe soll eine Problemsituation lösen, in der die Kommunikation mit Hans Schmidt an fehlender Aufmerksamkeit zu scheitern droht. Sie finden diese Problemsituation im Handout auf Seite X. Die Problemstellung lautet: Beispiel Heute sitzt Hans Schmidt im Wohnzimmer und sieht fern. Seine Tochter tritt ein und fordert ihn auf, ins Esszimmer zu kommen. Der Vater reagiert nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit gilt dem Fernseher. Seine Tochter hat keine Idee, wie sie die Aufmerksamkeit des demenzkranken Mannes gewinnen kann.
Suchen Sie für diese Problemstellung nach Lösungsmöglichkeiten. Überlegen Sie sich, was die Tochter machen könnte, um dem demenzkranken Mann die Kommunikation zu erleichtern. Wie kann sie die Aufmerksamkeit von Hans Schmidt gewinnen? Denken Sie dabei daran, dass schon kleine Dinge wie z. B. Blickkontakt aufnehmen, wichtig sein können. Versuchen Sie, die Problemsituation mit Lösung im Rollenspiel darzustellen. Das Rollenspiel sollen Sie später den Teilnehmern der anderen Gruppen präsentieren. Wir werden dann in der Großgruppe gemeinsam analysieren, welche Strategien eingesetzt wurden. Ihr Rollenspiel ist beendet, sobald Sie die Aufmerksamkeit von Herrn Schmidt gewonnen haben, also sobald er sie anschaut und auf sie reagiert. :
168
z
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
Verstehen: Gruppenübung
; Ihre Gruppe soll eine Problemsituation lösen, in der die Kommunikation zu scheitern droht, weil Hans Schmidt die Information nicht versteht. Sie finden diese Problemsituation im Handout auf Seite X. Die Problemstellung lautet: Beispiel Herr Schmidt war früher Kellner. Die Tochter weiß, dass ihm dieser Beruf viel Freude bereitet hat. Sie möchte ihn aktivieren und bittet ihn, ihr beim Tischdecken zu helfen. Sie setzt sich zu ihm und sagt: »Hans, gleich wird das Mittagessen gebracht und weil noch gar nichts vorbereitet ist, dachte ich mir, du könntest mir vielleicht helfen, den Tisch für Mama und dich zu decken?« Herr Schmidt schaut seine Tochter irritiert an und bleibt reglos sitzen. Die Tochter hat keine Idee, wie sie den demenzkranken Mann dazu bewegen kann, den Tisch zu decken.
Auch Sie sollen versuchen, die Problemsituation mit Lösung im Rollenspiel darzustellen, um es nachher der Großgruppe zu präsentieren. : z
Behalten: Gruppenübung
; Ihre Gruppe soll eine Problemsituation lösen, in der die Kommunikation zu scheitern droht, weil Hans Schmidt die Information nicht behält. Sie finden diese Problemsituation im Handout auf Seite X. Die Problemstellung lautet: Beispiel
17
Herr Schmidt war früher Kellner. Die Tochter weiß, dass ihm dieser Beruf viel Freude bereitet hat. Sie möchte ihn ein wenig aktivieren, drückt ihm ein Glas Wasser in die Hand und bittet ihn, dieses Glas seiner Frau zu bringen. Herr Schmidt läuft in die richtige Richtung los. Das Glas Wasser kommt allerdings nicht bei seiner Frau an. Der demenzkranke Mann hat auf dem Weg seinen Arbeitsauftrag vergessen. Die Tochter findet ihn, wie er gerade das Glas Wasser in die Spüle gießt. Die Tochter hat keine Idee, wie sie nun reagieren soll.
Ihr Rollenspiel startet in dem Moment, in dem das Glas Wasser in der Spüle landet. Für diese Problemstellung sollen Sie nach Lösungsmöglichkeiten suchen. Sie sollen sich überlegen, was die Tochter machen könnte, um dem demenzkranken Mann
die Kommunikation zu erleichtern. Soll sie ihrem Vater das Behalten der Information erleichtern? Oder gibt es vielleicht auch andere Möglichkeiten, wie die Tochter nun reagieren kann? Auch Sie sollen versuchen, die Problemsituation mit Lösung im Rollenspiel darzustellen, um es nachher der Großgruppe zu präsentieren. Für die Bearbeitung der Problemstellung haben Sie 10 Minuten Zeit. : Während der Bearbeitung der Problemstellungen kann der Trainer von Gruppe zu Gruppe gehen und sich vergewissern, dass alle die Aufgabenstellung verstanden haben. Der Trainer sollte aber nicht zu lang bei den Gruppen verweilen, da dies in der Regel die Kreativität der Teilnehmer hemmen kann. Der Trainer kann die Zeit zum Beispiel nutzen, um die FlipCharts vorzubereiten. Die Gruppen benötigen in der Regel etwa 10 Minuten, bis die Rollenspiele abgeschlossen sind. Wenn alle Gruppen fertig sind, bittet der Trainer zunächst die »Aufmerksamkeitsgruppe« auf die »Bühne«. Als »Bühne« sollte ein Platz im Raum freigeräumt werden, der gut sichtbar für alle Teilnehmer ist und ausreicht, um ein kleines Rollenspiel vorführen zu können. Wenn das erste Rollenspiel fertig ist, sollte der Trainer zunächst das Rollenspiel wertschätzen, z. B.: ; Herzlichen Dank für dieses eindrucksvolle Rollenspiel. In diesem kurzen Rollenspiel haben eine ganze Menge Strategien gesteckt, die es demenzkranken Menschen erleichtern können, ihre Aufmerksamkeit auf eine Person zu richten. Was haben Sie alles beobachtet? Was hat die Gruppe gemacht, um die Aufmerksamkeit von Herrn Schmidt zu erlangen? : Jeder Beitrag der Teilnehmer wird wertgeschätzt und als Stichpunkt, möglichst kurz und in den Worten der Teilnehmer, an das FlipChart geschrieben. Falls es zu längeren Schweigemomenten kommt, soll der Trainer wichtige Punkte benennen, die im Rollenspiel gezeigt wurden und auf dem FlipChart ergänzen, z. B. »Blickkontakt«, »Augenhöhe«, »Mit Namen ansprechen«. Solche Dinge können auch benannt werden, wenn die Gruppe zu weit weg geht von Stichpunkten, die die Aufmerksamkeit betreffen. Im Anschluss an die Strategiesammlung sollte der Trainer erneut die Gruppe loben und zur nächsten Gruppe über-
169 17.8 · Manual: Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften
leiten. Identisch wird für die Rollenspiele der Verstehens- und der Behaltens-Gruppe vorgegangen. Falls Platz dafür ist, können die FlipCharts mit den gesammelten Strategien vor der Einzelübung »Was nehme ich mit?« an die Wand gehängt werden, um den Teilnehmern nicht nur die Strategien aus dem Handout, sondern auch die eigenen Strategien der Gruppe zur Reflexion zur Verfügung zu stellen.
17.8
z
Manual: Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften
FC Tagesordnung »Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften«
Tagesordnung
▬ ▬ ▬ ▬ ▬
Das »Pflegedreieck« Die vier Seiten der Kommunikation Gesprächsführung: Ich-Botschaften Kooperation in der Pflege Was nehme ich mit?
DIN A4-Blatt »Zielsetzung« Mittels Ich-Botschaften eigene Anliegen selbstsicher vertreten können. Möglichkeiten der Kooperation zwischen Angehörigen und Pflegekräften entwickeln.
Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften
Name des Vortragenden Institut ⊡ Abb. 17.8 PPP: »Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften«
17.8.1
17
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse)
In der Sitzung »Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften« liegen die Schwerpunkte auf der Sensibilisierung der Teilnehmer für die Gestaltungsmöglichkeiten der alltäglichen Kommunikation. Zu Beginn der Sitzung wird ein Überblick über die gesamte Sitzung gegeben, d. h., die Tagesordnung und die Zielsetzung werden vorgestellt. Der Einstieg in das Thema erfolgt über die Vorstellung des Modells »Pflegedreieck«. Das Modell setzt einen Bezug zur Sitzung »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« und veranschaulicht den Teilnehmern, dass es in der aktuellen Sitzung um die Kommunikation zwischen den an der Pflege eines demenzkranken Menschen beteiligten Personen geht, die für eine gelingende Versorgung wichtig ist. Analog zur Sitzung »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« wird beim Pflegedreieck der Austausch mit Pflegekräften unterteilt in »Angehörige als Sender von Informationen« und »Angehörige als Empfänger von Informationen«. Diese Unterteilung gibt gleichzeitig die Schwerpunkte dieser und der nächsten Sitzung vor. In der aktuellen Sitzung liegt der Fokus auf Angehörigen als Sender von Informationen, also dem Vorbringen der eigenen Meinung, eigener Anliegen und Wünsche im Kontakt mit Pflegekräften. Im Anschluss an das Pflegedreieck stellt der Trainer das »Vier-Seiten-Modell der Kommunikation« nach Schulz von Thun (2006) vor. Zum Einstieg ins Thema präsentiert der Trainer den Beispiel-Satz: »Sie machen heute aber früh Feierabend!« eines Chefs zu seiner Mitarbeiterin. Der Trainer sammelt zunächst mit den Teilnehmern, was mit dem Beispielsatz alles gesagt wird. Welche Botschaften sendet der Chef seiner Mitarbeiterin? Die Antworten der Teilnehmer werden vom Trainer (gegebenenfalls stichpunktartig) auf dem FlipChart »Die vier Seiten einer Nachricht« festgehalten. Beim Notieren sortiert der Trainer die Antworten gleichzeitig nach der jeweiligen Seite der Kommunikation: Er schreibt also z. B. Beiträge, die sich auf die Sachseite beziehen, an die obere Seite des Quadrats und Beiträge, die
170
17
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
auf die Beziehungsseite fokussieren, an die untere. Werden beispielsweise keine Vorschläge für eine Selbstoffenbarungsbotschaft gemacht, bleibt diese Seite des Quadrats frei. Im Anschluss daran erläutert der Trainer das Modell von Schulz von Thun anhand der PPP-Folie »Das Kommunikationsquadrat«. Hierbei werden die von den Teilnehmern vorgeschlagenen Botschaften, die in der Nachricht des Chefs stecken, jeweils einer oder gegebenenfalls mehreren Seiten zugeordnet. Ist für eine Seite keine Botschaft genannt worden, wird ein Vorschlag vom Trainer ergänzt. Mit dem gleichen Beispiel wird anschließend das Empfängermodell »Die vier Ohren« vorgestellt. Der Trainer stellt den Teilnehmern die Frage: »Was hört und denkt sich die Mitarbeiterin, wenn sie den Satz des Chefs hört?« Die Antworten werden wieder auf einem FlipChart gesammelt und dabei den vier Seiten zugeordnet. Die Spannbreite an Mehrdeutigkeiten und Botschaften, die in einer Nachricht wie dem Beispielsatz stecken bzw. gehört werden können, bilden die Überleitung zum Themenblock »Gesprächsführung: Ich-Botschaften«. Die Selbstoffenbarungs- und Sachseite von Nachrichten werden im Folgenden im Rahmen der Ich-Botschaften weiter thematisiert. Den Teilnehmern wird der Aufbau von Ich-Botschaften näher gebracht. Zudem werden Vorteile des Formulierens von Ich-Botschaften für das Führen konstruktiver Gespräche verdeutlicht. Dies wird durch praxisnahe Beispiele untermauert, um den Transfer in den Alltag zu fördern. Gemeinsam mit den Teilnehmern wird anhand eines Beispiels eine »Du-Botschaft« in eine »IchBotschaft« umformuliert. Diese kurze Übung im Plenum dient der Vorbereitung auf die folgende Kleingruppenübung. Um weiterhin die Transferförderung anzuregen, wird den Teilnehmern im Rahmen einer Übung die Möglichkeit gegeben, selbst Ich-Botschaften zu verschiedenen Fallbeispielen zu formulieren. Dies geschieht im Rahmen einer Kleingruppenarbeit, so dass sich die Trainingsteilnehmer beim Formulieren der Nachrichten gegenseitig unterstützen können und ihr Vorwissen und Expertentum auf diesem Gebiet ausbauen und weiterentwickeln können. Dem Erfahrungsaustausch innerhalb der Großgruppe dient die anschließende
Präsentation der von den Teilnehmern in den Kleingruppen erarbeiteten Lösungsvorschläge zu den Problemstellungen aus dem Pflegealltag. Hierbei stellt je ein Kleingruppenmitglied den anderen teilnehmenden Angehörigen das Ergebnis seiner Gruppe vor. Alle Trainingsteilnehmer werden dabei eingeladen, Rückfragen an den Vortragenden zu stellen. Der Trainer gibt anschließend allen Gruppen eine kurze Rückmeldung, in der er die Lösungsvorschläge der Teilnehmer wertschätzt und gegebenenfalls ergänzt. Dies dient zum einen der Motivierung der Trainingsteilnehmer, die Sitzungsinhalte mit in den Alltag zu nehmen, zum anderen zur weiteren Verfestigung der in der Sitzung bearbeiteten Thematik. Nach einer Pause schließt sich eine Übung zur Kooperation zwischen familiär und professionell Pflegenden an. Hierzu bearbeiten die Teilnehmer zunächst Fallbeispiele und daran anschließende Fragen. Eine von zwei Gruppen bearbeitet hierbei ein Fallbeispiel eines pflegenden Angehörigen, der einen sehr großen Teil der Pflege übernimmt und selbst stark beansprucht ist. Die andere Gruppe bearbeitet ein Fallbeispiel eines eher die Pflege organisierenden Angehörigen, der selbst kaum in die Pflege involviert ist. Beide Fallbeispiele dienen dazu, anhand der fiktiven Situation die Erwartungen und Wünsche der Angehörigen an die professionellen Pflegekräfte herauszuarbeiten. Daran anknüpfend sammeln die Teilnehmern Möglichkeiten, den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Angehörigen und Pflegekräften gestalten zu können. Die von den Teilnehmern zusammengetragenen Ideen und Vorschläge werden von jeder Gruppe auf FlipCharts gesammelt und im Anschluss an die Gruppenübung im Plenum vorgestellt. Es folgt ein Erfahrungsaustausch, in dem die Teilnehmer das Erarbeitete auf ihren individuellen Fall übertragen sollen. In Kleingruppen von drei bis vier Personen tauschen sich die Teilnehmer darüber aus, wie ihre individuelle Pflegesituation aussieht, welche Möglichkeiten für Austausch und Zusammenarbeit mit Pflegekräften sich bewährt haben und welche sie verändern möchten. Im Anschluss daran fasst der Trainer die Sitzungsinhalte kurz zusammen und setzt sie in Bezug zur zu Beginn der Sitzung genannten Zielset-
171 17.8 · Manual: Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften
zung. Dies soll den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen und bereitet zudem auf die letzte Übung vor. Die letzte Übung ist eine Einzelübung, in der sich jeder Teilnehmer mit Hilfe des Handouts Gedanken macht, welche der erarbeiteten Strategien er persönlich in nächster Zeit anwenden möchte, welche der gelernten Inhalte er »mit in den Alltag nehmen möchte«. Diese Abschlussübung dient dazu, den Transfer der Trainingsinhalte in den Alltag zu erleichtern, in dem erste konkrete Schritte der Umsetzung individuell durchdacht und festgehalten werden. Ein abschließendes Blitzlicht bietet dem Trainer die Möglichkeit, in kurzer Zeit ein Feedback zum Trainingserfolg und zur Zufriedenheit der Gruppe zu erhalten. Weiterhin kann ein Blitzlicht auch zusätzlich den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen. Zum Abschluss der Sitzung sollte auf die Inhalte der nächsten Sitzung verwiesen werden, um die Teilnehmer hierfür zu motivieren. Falls am Ende der Sitzung noch Zeit verbleibt, kann diese für Ergänzungen und Diskussionsbedarf genutzt werden.
17.8.2
Lernziele
In der Sitzung zum Thema »Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften« lernen die Trainingsteilnehmer das Vier-Seiten-Modell der Kommunikation nach Schulz von Thun und die Gesprächstechnik »Ich-Botschaften« kennen. Die Teilnehmer sollen zunächst Wissen über das Kommunikationsquadrat nach Schulz von Thun erwerben und sich darüber bewusst werden, dass jede Nachricht stets viele Botschaften enthält. Zudem sollen die Teilnehmer Ich-Botschaften als Technik zu konstruktiver Gesprächsführung vor allem in Spannungs- und Konfliktsituationen kennen lernen und dazu befähigt werden, Ich-Botschaften zu formulieren, die zur eigenen Person und der gegebenen Situation passen. Im Rahmen einer Übung zur Kooperation in der Pflege sollen die Trainingsteilnehmer darüber hinaus angeregt werden, sich über die bewusste Gestaltung der Zusammenarbeit mit professionellen Pflegekräften Gedanken zu machen. Darauf
17
aufbauend sollen die Teilnehmer Ideen entwickeln, wie sie in ihrem Arbeitsalltag noch besser mit Pflegekräften kooperieren können. Ziele dieser Sitzung sind: Lernziele Mittels Ich-Botschaften eigene Anliegen selbstsicher vertreten können. Möglichkeiten der Kooperation zwischen Angehörigen und Pflegekräften entwickeln.
17.8.3
Geplanter Verlauf
Die Power Point Präsentation leitet durch die Sitzung. Jeder Schritt wird mit einer Präsentationsfolie eingeleitet, so dass der Trainer sich bei der Durchführung ganz einfach an den Folien »entlang hangeln« kann. Der Verlauf der Sitzung wird im Folgenden im kurzen Gesamtüberblick dargestellt, in Klammern finden sich jeweils die Verweise zu den Inhalten, Übungen, Instruktionen oder Materialien, die in dem jeweiligen Abschnitt zur Anwendung kommen. Zu allen Punkten gibt es auch mindestens eine Folie in der Power Point Präsentation. 1. Einstieg in die Sitzung – Begrüßung – Tagesordnung – Zielsetzung 2. Einstieg ins Thema: Das »Pflegedreieck« ( Abschn. 6.1) 3. Die vier Seiten der Kommunikation – Die vier Seiten der Kommunikation ( Abschn. 6.2) – Empfängermodell: Die »vier Ohren« ( Abschn. 6.3) 4. Gesprächsführung: Ich-Botschaften – Theorie: Ich-Botschaften ( Abschn. 6.4.1) – Gruppenübung: Ich-Botschaften ( Abschn. 17.8.5) – Vorstellen der Lösungen im Plenum ( Abschn. 17.8.5) 5. Kooperation ( Abschn. 6.5) – Übung: Perspektivübernahme ( Abschn. 17.8.5) – Sammlung der Ergebnisse im Plenum ( Abschn. 17.8.5)
172
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
6. Erfahrungsaustausch ( Abschn. 13.5) – Und wie ist das bei mir? 7. Ausstieg aus der Sitzung – Zusammenfassung und Reflexion durch Trainer ( Abschn. 13.6) – Reflexion und Transfer »Was nehme ich mit?« ( Abschn. 13.7) – Feedback für den Trainer: Blitzlicht ( Abschn. 13.8) – Abschluss ( Abschn. 13.9)
17.8.4
z
Sequenzplan der Sitzung »Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften« für versorgende Angehörige (120 Minuten)
Vorbereitung
▬ Handout vor Beginn der Sitzung austeilen ▬ FlipChart »Tagesordnung« aufhängen ▬ Beamer und Laptop vorbereiten
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/ Material
5
Begrüßung
Thema, Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
Überblick über den Ablauf
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
5
Modell: Pflegedreieck
Vorstellung des Modells
Einführung ins Thema
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP
7
Die vier Seiten der Kommunikation
4-Seiten-Modell der Kommunikation nach Schulz von Thun
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP und FC
PPP, FC »Vier Seiten der Kommunikation«
8
Empfängermodell »Vier Ohren«
Empfänger-Seite des 4-Seiten-Modells
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP und FC
PPP, FC »Die vier Ohren«
10
Ich-Botschaften
Ich-Botschaften werden theoretisch sowie anhand eines Beispiels in Abgrenzung zur Du-Botschaft vorgestellt
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP
15
Übung: Ich-Botschaften
Ich-Botschaften formulieren
Wissen einüben und anwenden, Transfer fördern
Kleingruppen
Kleingruppen formulieren IchBotschaften zu vorgegebenen Fallbeispielen aus dem Pflegealltag; die TN halten ihre Lösung auf einem FC fest
Übungsblätter mit Instruktionen, leere FCs, FCStifte
15
Präsentation der Übung
Ich-Botschaften zu vorgegebenen Fallbeispielen
Wissen der Teilnehmer bestätigen und festigen, Transfer fördern
Plenum
Präsentation: Kleingruppen stellen ihre Ergebnisse visualisiert mit FC vor; Trainer benennt und bekräftigt die gefundenen Lösungen
FC-Ständer, ggf. PinwandNadeln
17
▼
17
173 17.8 · Manual: Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/ Material
15
Kooperation in der Pflege
Fallbeispiele: Kooperation in der Pflege
Vorwissen der Teilnehmer aktivieren
Kleingruppe
TN bilden zwei Gruppen und bearbeiten verschiedene Fallbeispiele, Ergebnisse werden auf FlipCharts festgehalten
Handout, leere FCs, Stifte
10
Vorstellen der Ergebnisse im Plenum
Fallbeispiele: Kooperation in der Pflege
Vorwissen bestätigen, festigen, vertiefen und erweitern
Plenum
Die Gruppen lesen zunächst ihr Fallbeispiel vor und präsentieren anschließend ihre FlipCharts mit den Überlegungen
15
Wie ist das bei mir?
Erfahrungsaustausch über individuelle Situation
Transfer fördern
Kleingruppen
Teilnehmer tauschen sich in Kleingruppen über ihre individuelle Pflegesituation aus und überlegen, ob sie noch Gestaltungs- und Veränderungspotential sehen
PPP
3
Zusammenfassung/Reflexion durch Trainer
Sitzungsverlauf zusammenfassen, Zielsetzung wiederholen, Ziel erreicht?
Transfer fördern
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt »Zielsetzung«
5
Reflexion und Transfer
»Was nehmen Sie heute mit?«
Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Einzelarbeit
Jeder Teilnehmer soll auf einer Moderationskarte festhalten: 1. Woran möchte ich mich erinnern? 2. Welche Strategien möchte ich ausprobieren?
Bunte Moderationskarten
5
Feedback für den Trainer
Reaktion und Reflexion der Teilnehmer
Feedback für Trainer, Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Plenum
Blitzlicht
2
Abschluss
Ausblick auf nächste Sitzung
Motivation
Plenum
PPP
174
17.8.5
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
Trainingsmaterial
Handout
Mitnehmliste Benötigtes Material
Anzahl
Moderationsstifte
TN* / 3
Kugelschreiber
TN
Klebeband, Schere
TN x 2
FC »Tagesordnung«
1
DIN A4-Blatt »Zielsetzung«
1
Beamer und Laptop PPP 5 »Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften«
1
Handout »Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften«
TN + 1
FC »Die vier Seiten der Kommunikation«
1
FC »Die vier Ohren«
1
Leere FC-Blätter
TN / 4
* TN = Anzahl der Teilnehmer
Visualisierungen FC: Die vier Seiten der Kommunikation
Die vier Seiten der Kommunikation
Nachricht
FC: Die vier Ohren
Sie finden das Handout und die Visualisierungen als Download im passwortgeschützten Internetbereich zum Buch. www.springer.com/978-3-642-16921-2
Übungen z
Bearbeitung von fiktiven Fallbeispielen: Gruppenübung »Ich-Botschaften«
Die Gruppenübung »Ich-Botschaften« wird durchgeführt, nachdem die Teilnehmer die Formulierung von Ich-Botschaften theoretisch kennengelernt haben. Die Gruppeneinteilung, die Erläuterung der Übung und die Problemstellungen können mithilfe der folgenden Instruktionen vorgestellt werden. Die Übung ist für maximal drei Kleingruppen konzipiert. ; Sie haben gerade die Formulierung von IchBotschaften kennengelernt. Damit Sie die Anwendung von Ich-Botschaften selbst ausprobieren können, machen wir eine Gruppenübung. Ich teile Sie hierfür in drei Gruppen auf (Teilnehmer in drei gleichgroße Gruppen aufteilen und von eins bis drei durchnummerieren). Alle Gruppen bekommen ein Fallbeispiel aus dem Pflegealltag, dass sie bearbeiten sollen. Das Fallbeispiel für Ihre Gruppe finden Sie im Handout auf den Seiten X bis X. Ihren Lö-
Ich- und Du-Botschaften Ein Mitarbeiter kommt zur Teambesprechung eine halbe Stunde zu spät. Der Teamleiter sagt:
Die vier Ohren
17
Zu Beginn der Sitzung wird das gesamte Handout »Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften« (TANDEM für versorgende Angehörige) ausgeteilt. Das Handout beinhaltet eine Kurzzusammenfassung sämtlicher Inhalte der Sitzung. Zudem beinhaltet es die Anweisungen für die Übungen, die von den Teilnehmern durchgeführt werden sollen.
Sachohr Selbstoffenbarungsohr
Appellohr
Immer müssen Sie zu spät kommen! Das ist ja unmöglich!
Beziehungsohr
Wie könnte der Teamleiter sein Anliegen als Ich-Botschaft formulieren? ⊡ Abb. 17.9 FC 1 und 2 Die vier Seiten einer Nachricht
⊡ Abb. 17.10 Folie »Ich- und Du-Botschaften«
175 17.8 · Manual: Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften
sungsvorschlag halten Sie bitte auf einem FlipChart fest. Anschließend werden die Fallbeispiele und Ergebnisse der Gruppen vorgestellt. Sie haben für diese Übung 15 Minuten Zeit. ⊡ Folie 11, PPP 5 ambulant, TANDEM für versorgende Angehörige / Folie 11, PPP 5 stationär, TANDEM für versorgende Angehörige
Beispiel Stationäre Pflege Fallbeispiel 1 Der an einer Demenz erkrankte Herr Adam lebt im Pflegeheim. Seine Frau, die ihn bis zum Heimeinzug zuhause gepflegt hat, kommt ihn jeden Tag besuchen. Frau Adam hat die Pflegekräfte im Heim bisher alle als freundlich und kompetent kennengelernt. Bei einer Mitarbeiterin ist ihr jedoch aufgefallen, dass sie während der Pflege oft etwas laut und hektisch vorgeht. Für Herrn Adam, der Lärm und Eile noch nie gut vertragen hat, ist es jedoch besonders wichtig, dass er ruhig und mit viel Geduld versorgt wird. Hat diese Mitarbeiterin Dienst, fällt Frau Adam auf, dass ihr Mann hinterher oftmals unruhig wirkt und sie Mühe hat, ihn zu beruhigen. Sie möchte dies gerne der Pflegekraft gegenüber ansprechen. Wie könnte Frau Adam ihr Anliegen in Form einer Ich-Botschaft formulieren?
Fallbeispiel 2 Die Mutter von Frau Lorenz ist an einer Demenz erkrankt und lebt seit einiger Zeit im Pflegeheim. Frau Lorenz besucht ihre Mutter an zwei bis drei Nachmittagen in der Woche, um nach ihr zu sehen. Bei ihren Besuchen im Heim freut sie sich, wenn sie ab und zu die Gelegenheit hat, sich mal mit einer Pflegekraft über das Befinden ihrer Mutter auszutauschen und die Einschätzung der Pflegekraft zu erfahren. Bei einem der zuständigen Pflegemitarbeiter hat Frau Lorenz dabei das Gefühl, ihm alle Informationen »aus der Nase ziehen zu müssen«, da ein Austausch immer nur stattfindet, wenn sie ihn explizit dazu auffordert. Selbst dann hat sie oft das Gefühl, dass er eigentlich schnell mit seiner Arbeit weiter machen möchte und ihr Anliegen als nicht besonders wichtig betrachtet. Frau Lorenz möchte dies dem Mitarbeiter gegenüber gerne ansprechen. Wie könnte Frau Lorenz ihr Anliegen in Form einer Ich-Botschaft formulieren?
Fallbeispiel 3 Die Mutter von Frau Meier ist an einer Demenz erkrankt und lebt seit ein paar Wochen im Pflegeheim.
17
Am kommenden Sonntag begeht sie ihren 80. Geburtstag. Die Familie möchte den runden Geburtstag mit einem schönen Essen in einem Restaurant feiern. Zu dem Anlass will unter anderem einer ihrer Enkel aus dem Ausland anreisen. Frau Meier möchte ihrer Mutter am Sonntag gerne ihre schönste Bluse anziehen. Als sie vor zwei Tagen bei ihrer Mutter war, war die Bluse in der Wäscherei. Frau Meier hat deshalb extra nochmal einer Pflegekraft Bescheid gesagt, dass sie die Bluse am Sonntag braucht. Als Frau Meier am Sonntag zu ihrer Mutter kommt, muss sie aber feststellen, dass die Bluse noch nicht aus der Wäscherei zurück ist. Sie ärgert sich darüber, dass auf ihren Wunsch keine Rücksicht genommen wurde. Sie möchte dies gerne der Pflegekraft gegenüber ansprechen. Wie könnte Frau Meier ihr Anliegen in Form einer Ich-Botschaft formulieren?
Ambulante Pflege Fallbeispiel 1 Der an einer Demenz erkrankte Herr Adam lebt mit seiner Frau in der gemeinsamen Wohnung. Seit ein paar Wochen kommt zusätzlich morgens und abends eine Pflegekraft eines ambulanten Pflegedienstes vorbei, um Herrn Adam bei der Körperpflege zu unterstützen. Frau Adam hat bisher alle Pflegedienstmitarbeiter als freundlich und kompetent kennen gelernt. Bei einer Mitarbeiterin ist ihr jedoch aufgefallen, dass sie während der Pflege morgens oft etwas laut und hektisch vorgeht. Für Herrn Adam, der noch nie ein Morgenmensch war, ist es dagegen besonders wichtig, ruhig und gemütlich in den Tag zu starten. Hat diese Mitarbeiterin Dienst, fällt Frau Adam auf, dass ihr Mann hinterher oftmals unruhig wirkt und sie Mühe hat, ihn zu beruhigen. Sie möchte dies gerne der Pflegekraft gegenüber ansprechen. Wie könnte Frau Adam ihr Anliegen in Form einer Ich-Botschaft formulieren?
Fallbeispiel 2 Die Mutter von Frau Lorenz ist an einer Demenz erkrankt, kann zurzeit aber noch in ihrer eigenen Wohnung leben. Vormittags und abends kommt eine Pflegekraft, die ihr bei der Körperpflege hilft und sich um den Haushalt kümmert. Frau Lorenz selbst besucht ihre Mutter wenn möglich jeden Nachmittag, um nach ihr zu sehen. Wenn sie abends die Pflegekraft trifft, möchte sie gerne hin und wieder die Gelegenheit nutzen, sich über das Befinden ihrer Mutter auszutauschen und die Ein-
176
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
schätzung der Pflegekraft erfahren. Bei einem Mitarbeiter des Pflegedienstes hat Frau Lorenz dabei das Gefühl, ihm alle Informationen »aus der Nase ziehen zu müssen«, da ein Austausch immer nur stattfindet, wenn sie ihn explizit dazu auffordert. Selbst dann hat sie oft das Gefühl, dass er eigentlich schnell auf seiner Abendtour weitermöchte. Frau Lorenz möchte dies dem Mitarbeiter gegenüber gerne ansprechen. Wie könnte Frau Lorenz ihr Anliegen in Form einer Ich-Botschaft formulieren?
Fallbeispiel 3 Frau Meier kümmert sich um ihren demenzkranken Vater, der bei ihr und ihrer Familie lebt. Morgens und abends kommt ein Pflegedienst zur Medikamentengabe. Der Vater von Frau Meier ist noch sehr mobil und geht sehr gerne raus. Eine Nachbarin und gute Bekannte der Familie holt ihn deshalb vormittags oft ab und nimmt ihn mit zum Einkaufen oder spazieren gehen. Frau Meier hat aus diesem Grund mit dem Pflegedienstleiter abgesprochen, dass die Mitarbeiter des Pflegedienstes morgens bis spätestens 10 Uhr bei ihrem Vater gewesen sind. In letzter Zeit ist es aber häufiger vorgekommen, dass einer der neuen Mitarbeiter erst später dagewesen ist. Frau Meier, die selbst berufstätig ist und daher vormittags nicht zuhause, hat von ihrer Nachbarin mitbekommen, dass sie ihn deshalb ein paar Mal nicht mitnehmen konnte. Frau Meier ärgert sich, dass die Abmachung mit dem Pflegedienst nicht klappt und möchte dies gegenüber der Pflegekraft ansprechen. Wie könnte Frau Meier ihr Anliegen in Form einer Ich-Botschaft formulieren?
17
Während der Bearbeitung der Problemstellungen kann der Trainer von Gruppe zu Gruppe gehen und sich vergewissern, dass alle die Aufgabenstellung verstanden haben. Der Trainer sollte aber nicht zu lang bei den Gruppen verweilen, da dies in der Regel die Kreativität der Teilnehmer hemmen kann. Wenn alle Gruppen fertig sind, bittet der Trainer die erste Gruppe, ihren Lösungsvorschlag vorzustellen. Hierzu sollte immer ein Mitglied der Gruppe nach vorne kommen, das FlipChart gut sichtbar aufhängen und die Lösung vorstellen. Jede Lösung sollte vom Trainer wertgeschätzt werden. Wurde keine Ich-Botschaft formuliert, sollte der Trainer eine Ich-Botschaft als alternative Lösung ergänzen, z.B.:
; Herzlichen Dank für diese Lösung. Sie haben die Vorgehensweise sehr gut herausgearbeitet, mit der man ein solches Anliegen ansprechen kann. Würde man hier darüber hinaus auch noch eine Ich-Botschaft formulieren, könnte man beispielsweise sagen … : z
Übung: Kooperation in der Pflege
Der nächste Teil der Sitzung besteht aus einer Übung zu Kooperationsmöglichkeiten in der Pflege. ⊡ Folie 12, PPP 5, TANDEM für versorgende Angehörige
Der Trainer könnte diesen Teil der Sitzung beispielsweise so einleiten: ; Wir kommen nun zum Thema »Kooperation in der Pflege« und gehen damit im letzten Teil unserer heutigen Sitzung über das Thema »Kommunikation« noch etwas hinaus. Wir wollen gemeinsam – anhand von konkreten Beispielen – Ideen sammeln, wie Angehörige und Pflegekräfte im Alltag zusammenarbeiten können. Für die Übung werde ich Sie in zwei Gruppen aufteilen (mit der Hand deuten, an welcher Stelle die Großgruppe geteilt wird). In Ihrer Arbeitsmappe finden Sie zwei Fallbeispiele von versorgenden Angehörigen, die Sie so oder ähnlich vielleicht auch kennen. Gruppe eins (auf Gruppe eins deuten) bearbeitet bitte das erste Fallbeispiel, Gruppe zwei (auf Gruppe zwei deuten) bitte das zweite. Bitte lesen Sie sich zunächst das Fallbeispiel in Ruhe durch. Beantworten Sie dann die anschließenden Fragen zusammen in Ihrer Gruppe und halten Ihre Ergebnisse auf einem FlipChart-Papier fest. Sie haben für diese Aufgabe 20 Minuten Zeit. : Beispiel Stationäre Pflege Fallbeispiel Gruppe 1: Frau Marianne Schmidt ist vor ein paar Tagen ins Heim eingezogen. Bis dahin hat sie mit ihrem Mann in der gemeinsamen Wohnung gelebt. Fünf Jahre lang hat Herr Schmidt sich nun hauptsächlich um seine Frau gekümmert. In letzter Zeit ging es Frau Schmidt körperlich zunehmend schlechter. Ihre Mobilität ist stark eingeschränkt, dadurch wurde ihre Versorgung für ihren Mann immer schwieriger. Er sah sich zunehmend überlastet. Nach langem Zögern hat er sich schweren Herzens entschlossen, seine Frau in ein Pflegeheim
177 17.8 · Manual: Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften
zu geben. Er möchte nach wie vor für sie da sein und wünscht sich, dass sie auch im Pflegeheim ihren gewohnten Tagesablauf beibehalten kann. Herr Schmidt bekommt bei seinen Besuchen öfter mit, dass die Pflegekräfte sehr bemüht sind, allen Bewohnern gerecht zu werden, auch wenn sie bei der Arbeit manchmal unter einem hohen Zeitdruck stehen.
Fallbeispiel Gruppe 2: Frau Martha Schulze ist vor ein paar Tagen ins Heim eingezogen. Sie hat bisher alleine gewohnt. Ihre Tochter kam alle paar Wochen für ein paar Tage zu Besuch, um ihr im Haus zu helfen. Da die Tochter mit ihrer Familie in einer anderen Stadt lebt, kann sie nicht öfter für ihre Mutter da sein. Die letzten Monate kam Frau Schulze allerdings immer schlechter allein zuhause zurecht. Arzttermine wurden vergessen, Einkaufen und Kochen klappten immer schlechter und auch die körperliche Hygiene wurde immer öfter vernachlässigt. Nachdem bei Frau Schulze Alzheimer diagnostiziert wurde, beschloss ihre Tochter, sie in einem Heim unterzubringen, das auf Demenzerkrankungen spezialisiert ist. Sie hat mit ihrer Mutter vereinbart, dass sie sie weiterhin alle paar Wochen besuchen wird, um nach dem Rechten zu sehen. Die Tochter möchte sich gerne darauf verlassen können, dass die Pflegekräfte sich gut um ihre Mutter kümmern. Bei ihren Besuchen hat sie den Eindruck gewonnen, dass die Pflegekräfte bemüht sind, allen Bewohnern gerecht zu werden, auch wenn sie bei der Arbeit manchmal unter einem hohen Zeitdruck stehen.
Fragen: Bitte versetzen Sie sich in die Rolle der Angehörigen aus dem Fallbeispiel. ▬ Welche Erwartungen und Wünsche haben Sie in dieser Situation an das Heim und die Pflegekräfte, die Sie gerne in einem Gespräch mit den Pflegekräften besprechen möchten? ▬ Wie würden Sie gerne den Austausch und die Zusammenarbeit mit den Pflegekräften gestalten?
17
opferungsvoll um seine Frau, ist dabei allerdings zunehmend an die Grenze seiner Belastbarkeit gelangt. Dennoch hat er so lange wie möglich versucht, auf professionelle Hilfe zu verzichten. Er ist besorgt, dass seine Frau auf die fremden Menschen mit Unruhe und Angst reagieren könnte. Die weiter entfernt lebenden Kinder machten sich jedoch zunehmend mehr Sorgen um seine Gesundheit und haben ihn schließlich überzeugt, einen Teil der Pflege an den Pflegedienst abzugeben. Morgens und abends kommt nun eine professionelle Pflegekraft, um sich um die Körperpflege von Frau Specht zu kümmern. Auf die Pflegekräfte, die gut mit Frau Specht zurechtkommen, wirkt Herr Specht oft erschöpft und überfordert. Dennoch lässt er sich kaum etwas abnehmen und ist auch bei der Pflege seiner Frau immer anwesend. Er fühlt sich unzureichend über den Zustand und die Behandlung seiner Frau informiert. Seine Fragen und Beschwerden trägt er dabei oftmals an die Pflegekräfte heran, während diese mit der Pflege von Frau Specht beschäftigt sind.
Gruppe 2: Herr Lorenz ist 45 Jahre alt, seine Frau 43. Die Mutter von Herrn Lorenz wird seit kurzem vom ambulanten Pflegedienst betreut. Die 78-jährige Dame ist an Demenz erkrankt, kann aber noch alleine in ihrer Wohnung leben. Neben den Mitarbeitern des Pflegedienstes, die zweimal am Tag vorbeikommen, kümmern sich Frau Lorenz und ihr Mann so gut es geht um sie. Frau Lorenz kommt zweimal pro Woche vorbei, um nach ihrer Schwiegermutter zu sehen und anfallende Besorgungen zu erledigen. Öfter schaffen es sie und auch ihr Mann nicht, da sie beide berufstätig sind und zwei Kinder haben. Die Demenzerkrankung und zunehmende Unselbstständigkeit der Schwiegermutter ist für Herrn und Frau Lorenz nun als weitere Aufgabe hinzugekommen, um die sie sich kümmern müssen. Dazu haben sie viel Mühe, sich mit den ganzen organisatorischen und finanziellen Fragen rund um die Pflege zu beschäftigen. Sie wünschen sich auch mehr Gelegenheit, sich einmal generell über das Thema Demenz zu informieren.
Ambulante Pflege Gruppe 1:
Fragen:
Frau Specht wird seit kurzem vom ambulanten Pflegedienst betreut. Die 74-jährige Dame ist an Demenz erkrankt und wird von ihrem Ehemann zuhause versorgt. Herr Specht kümmert sich seit Jahren auf-
Bitte versetzen Sie sich in die Rolle des/der Angehörigen aus dem Fallbeispiel. ▬ Welche Erwartungen und Wünsche haben Sie in dieser Situation an den ambulanten Pflege-
178
Kapitel 17 · Manual: TANDEM für versorgende Angehörige
dienst und die Pflegekräfte, die Sie gerne in einem Gespräch mit den Pflegekräften besprechen möchten? ▬ Wie würden Sie gerne den Austausch und die Zusammenarbeit mit den Pflegekräften gestalten?
Wenn alle Gruppen fertig sind, bittet der Trainer die erste Gruppe, ihre Überlegungen und Ideen vorzustellen. Hierzu sollte immer ein Mitglied der Gruppe nach vorne kommen, das FlipChart gut sichtbar aufhängen und das Gesammelte vorstellen. Nach der Vorstellung des zweiten Fallbeispiels geht der Trainer kurz auf die gesammelten Ideen ein und leitet über in den Erfahrungsaustausch, z. B.: ; Herzlichen Dank für Ihre beeindruckenden Ideen. Wie Sie sehen, gibt es eine ganze Menge Möglichkeiten, sich im Alltag mit Pflegekräften abzusprechen und Aufgaben sinnvoll zu verteilen. Wichtig ist dabei vor allem, dass man seine eigenen Vorstellungen und Wünsche klar kommuniziert. In der Übung haben wir das anhand von fiktiven Beispielen besprochen. Sie alle befinden sich aber selbst in der Situation, in Ihrem Alltag mit Pflegekräften zusammenzuarbeiten, damit Ihr Angehöriger so gut wie möglich versorgt ist. Für die heutige Runde des Erfahrungsaustausches »Wie ist das bei mir?« möchte ich Ihnen daher folgende Frage an die Hand geben: »Wie funktionieren bei mir die Zusammenarbeit und die Absprachen mit den Pflegekräften?« :
17
18
Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte Franzmann, J., Krause, K., Haberstroh, J., Pantel, J.
18.1
Besonderheiten bei der Planung eines Trainings für professionelle Pflegekräfte – 181
18.1.1 18.1.2 18.1.3
Trainingstermin – 181 Trainingsort und Raumgestaltung – 181 Gruppenzusammensetzung – 181
18.2
Trainingsverlauf
18.2.1
Alternative Trainingsverläufe – 183
– 181
18.3
Manual: Und was ist Demenz? – 183
18.3.1 18.3.2 18.3.3 18.3.4 18.3.5
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse) – 184 Lernziele – 184 Geplanter Verlauf – 185 Sequenzplan der Sitzung »Und was ist Demenz?« (90 Minuten) Trainingsmaterial – 187
– 185
18.4
Manual: Gesprächsführung mit Kollegen – 187
18.4.1 18.4.2 18.4.3 18.4.4
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse) – 187 Lernziele – 189 Sequenzplan der Sitzung »Gesprächsführung mit Kollegen« (90 Minuten) Trainingsmaterial – 191
18.5
Manual: Kollegiale Beratung – 195
18.5.1 18.5.2 18.5.3 18.5.4 18.5.5
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse) – 195 Lernziele – 196 Geplanter Verlauf – 196 Sequenzplan der Sitzung »Kollegiale Beratung« (90 Minuten) Trainingsmaterial – 198
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9 _18, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 197
– 189
18.6
Manual: Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation – 198
18.6.1 18.6.2 18.6.3 18.6.4
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse) – 199 Lernziele – 199 Geplanter Verlauf – 200 Sequenzplan der Sitzung »Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation« (90 Minuten) – 200 Trainingsmaterial – 202
18.6.5
18.7
Manual: Menschen mit Demenz als Sender – 207
18.7.1 18.7.2 18.7.3 18.7.4 18.7.5
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse) – 207 Lernziele – 208 Geplanter Verlauf – 208 Sequenzplan der Sitzung »Menschen mit Demenz als Sender« (90 Minuten) Trainingsmaterial – 211
18.8
Manual: Menschen mit Demenz als Empfänger – 213
18.8.1 18.8.2 18.8.3 18.8.4
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse) – 213 Lernziele – 214 Geplanter Verlauf – 214 Sequenzplan der Sitzung »Menschen mit Demenz als Empfänger« (90 Minuten) – 215 Trainingsmaterial – 217
18.8.5
– 209
18.9
Manual: Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen
18.9.1 18.9.2 18.9.3 18.9.4 18.9.5
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse) – 221 Lernziele – 222 Geplanter Verlauf – 222 Sequenzplan der Sitzung »Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen« für Pflegekräfte im ambulanten oder stationären Bereich (90 Minuten) – 223 Trainingsmaterial – 225
18.10
Kooperation mit versorgenden Angehörigen
18.10.1 18.10.2 18.10.3 18.10.4
– 220
– 228
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse) – 228 Lernziele – 229 Geplanter Verlauf – 230 Sequenzplan der Sitzung »Kooperation mit versorgenden Angehörigen« für Pflegekräfte im ambulanten oder stationären Bereich (90 Minuten) – 230 18.10.5 Trainingsmaterial – 232
181 18.2 · Trainingsverlauf
18.1
Besonderheiten bei der Planung eines Trainings für professionelle Pflegekräfte
18.1.1
Trainingstermin
Als Trainingstermin eignen sich insbesondere Tage, an denen keine Visiten, Teamgespräche oder Fallbesprechungen stattfinden. Zudem sollten Tage vermieden werden, an denen Medikamente gestellt werden oder Personalmangel durch Vertretungen in der Haupturlaubszeit oder hohen Krankheitsausfall herrscht. Es hat sich als günstig erwiesen, die im Folgenden vorgestellten 1,5-stündigen Trainingssitzungen an einem Tag pro Woche im Anschluss an eine verkürzte Übergabe nach dem Frühdienst anzubieten. Zu dieser Zeit befinden sich sowohl Mitarbeiter der Früh- als auch der Spätschicht vor Ort und können gemeinsam an einer regelmäßig angebotenen Trainingssitzung teilnehmen.
18.1.2
Trainingsort und Raumgestaltung
Es empfiehlt sich, das Training an einem Ort abzuhalten, der gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist und/oder ausreichend Parkplätze für die Trainingsteilnehmer bietet. Da die Trainingsmodule sehr aktiv gestaltet sind, empfiehlt es sich, das jeweilige Training in einem Raum stattfinden zu lassen, der ausreichend Platz für Rollenspiele und Kleingruppenarbeit für mindestens drei Gruppen bietet. Dabei kann natürlich auch ein Raum im Pflegedienst bzw. Pflegeheim genutzt werden. Es sollte jedoch gewährleistet sein, dass dieser Raum während der Trainingszeit nicht von anderen Mitarbeitern genutzt werden muss, sodass die Trainingsgruppe konzentriert arbeiten kann. Die Kleingruppen sollten in ausreichend großem Abstand voneinander ungestört arbeiten können – eventuell auch in einem benachbarten Raum oder Flur. Zusätzlich zu Stühlen, sollten Tische im Trainingsraum vorhanden sein, die z. B. in U-Form gestellt werden können. Somit ist gewährleistet, dass sich die Trainingsteilnehmer ansehen können
18
und die Möglichkeit haben, mitzuschreiben bzw. sich zu den Übungen Notizen zu machen. Es empfiehlt sich zudem, den Teilnehmern während der Trainingssitzungen Getränke (u. a. Kaffee, Tee oder Wasser) sowie Knabbergebäck oder Kekse bereitzustellen. Dies kann auch die Trainingsatmosphäre positiv beeinflussen.
18.1.3
Gruppenzusammensetzung
Eine Gruppengröße zwischen acht und fünfzehn Teilnehmern hat sich als günstig erwiesen. Die Trainings richten sich an professionelle Pflegekräfte, die in der ambulanten oder stationären Altenpflege tätig sind. Eine Ausbildung zur Pflegefachkraft ist keine Voraussetzung zur Teilnahme an den Trainingssitzungen. Ein unterschiedlicher (Vor-)Wissensstand der Teilnehmer wird im Training im Sinne eines Tutorensystems genutzt und bereichert somit die Gruppenarbeit. Ein homogener Wissensstand innerhalb der Trainingsgruppen ist nicht nur schwierig realisierbar, sondern auch nicht erwünscht. Wissensstand und Kompetenzen können in verschiedenen Gruppen stark variieren. Um eine sinnvolle Anpassung des Trainings auf eine bestimmte Gruppe zu erreichen, empfiehlt es sich, am Ende jeder Sitzung Gruppenevaluationsbögen auszuteilen, in denen die Teilnehmer direkt Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge festhalten können. Um ein adäquates Training entwickeln zu können, das an den individuellen Kenntnisstand einer Gruppe angepasst ist, ist es weiterhin sinnvoll, deren Vorkenntnisse zu erfassen ( Kap. 15).
18.2
Trainingsverlauf
Das TANDEM für professionell Pflegende beinhaltet vier Module mit insgesamt acht Sitzungen. Die einzelnen Trainingssitzungen sind für eine Dauer von 90 Minuten geplant. Da die Trainings in der Regel in den Arbeitsalltag der Pflegekräfte eingebettet sind, empfiehlt es sich, diese Trainingszeit nicht deutlich zu überschreiten. Eine Verlässlichkeit der Trainingsdauer ist wichtig, um bis zum
182
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Ende der Trainingssitzung mit der Gruppe konzentriert arbeiten zu können und zu verhindern, dass der allgemeine Zeitdruck und/oder das vorModul
Sitzung à 90 Minuten
Inhalte
Manual
A. Demenz betriff uns alle
1. Und was ist Demenz?
Abschn. 4.1
Abschn. 18.3
B. Kollegiale Beratung – Kommunikation im Altenpflege-Team
2. Gesprächsführung mit Kollegen
Abschn. 7.1, Abschn. 7.2, Abschn. 7.3
Abschn. 18.4
3. Kollegiale Beratung
Abschn. 7.4
Abschn. 18.5
C. Kommunikation mit demenzkranken Menschen
4. Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation
Abschn. 5.4
Abschn. 18.6
5. Mensch mit Demenz als Sender
Abschn. 5.1, Abschn. 5.2
Abschn. 18.7
6. Mensch mit Demenz als Empfänger
Abschn. 5.3
Abschn. 18.8
7. Gesprächsführung mit Angehörigen
Abschn. 6.1, Abschn. 6,2, Abschn. 6.3, Abschn. 6.4
Abschn. 18.9
8. Kooperation mit Angehörigen
Abschn. 6.1, Abschn. 6.4.2, Abschn. 6.5
Abschn. 18.10
D. Kooperation mit versorgenden Angehörigen
18
zeitige Aufbrechen einzelner Trainingsteilnehmer die Arbeitsatmosphäre stören. Für die Sitzungen wird die folgende Reihenfolge empfohlen:
Die erste Sitzung »Und was ist Demenz?« dient dazu, alle Trainingsteilnehmer auf einen gemeinsamen Wissensstand zu bringen. Im Rahmen dieser Sitzung wird dazu erläutert, was Demenz eigentlich ist und welche diagnostischen und therapeutischen Ansätze aktuell zur Verfügung stehen. Darüber hinaus besteht in dieser Sitzung auch die Möglichkeit zu einem kurzen Kennenlernen in der Gruppe. Gemeinsame Regeln für das effektive und konstruktive Arbeiten im Rahmen der TANDEM Trainings werden in dieser ersten Sitzung festgelegt ( Kap. 12). Wir empfehlen, an dieses erste Modul »Demenz betrifft uns alle« das Modul »Kollegiale Beratung – Kommunikation im Altenpflege-Team« anzuschließen. Dieses Modul besteht aus den beiden Sitzungen »Gesprächsführung mit Kollegen« und »Kollegiale Beratung«. Wir halten es für wichtig, insbesondere die Sitzung »Kollegiale Beratung« frühzeitig zu trainieren. Hierbei handelt es sich um eine speziell strukturierte Methode der Teambesprechung, die besonders effizient zur Besprechung von Schwierigkeiten im Arbeitsteam, mit betreuten Menschen bzw. ihren Angehörigen eingesetzt werden kann ( Abschn. 18.5). Zudem bietet »Kollegiale Beratung« jederzeit die Möglichkeit, Trainingsinhalte aus vorangegangen Sitzungen aufzugreifen, zu
diskutieren und zu vertiefen (siehe dazu auch die Abschnitte: Abschn. 14.3, Abschn. 18.2.1). Zur Förderung der gegenseitigen Unterstützung im Arbeitsteam sowie zur Förderung des Transfers der Trainingsinhalte in den Arbeitsalltag empfehlen wir, Kollegiale Beratung nach der Thematisierung im Training fortan fest in den Stationsalltag bzw. den allgemeinen Arbeitsablauf im Pflegedienst zu integrieren. Dies kann beispielsweise derart geschehen, dass je eine inhaltliche Trainingssitzung in der kommenden Woche von einer (25-minütigen) Sitzung Kollegiale Beratung gefolgt wird, sodass sich folgender Ablauf ergibt: ▬ 1. Woche: Inhaltliche Trainingssitzung »Und was ist Demenz?« ▬ 2. Woche: Inhaltliche Trainingssitzung »Gesprächsführung mit Kollegen« ▬ 3. Woche: Inhaltliche Trainingssitzung »Kollegiale Beratung« ▬ 4. Woche: Kollegiale Beratung ▬ 5. Woche: Inhaltliche Trainingssitzung »Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation« ▬ 6. Woche: Kollegiale Beratung ▬ 7. Woche: Inhaltliche Trainingssitzung »Mensch mit Demenz als Sender« ▬ 8. Woche: Kollegiale Beratung etc.
183 18.3 · Manual: Und was ist Demenz?
Eine weitere Möglichkeit, Kollegiale Beratung in den allgemeinen Arbeitsablauf zu integrieren wird im folgenden Absatz beschrieben. Im Anschluss an das Modul »Kollegiale Beratung – Kommunikation im Altenpflege-Team« empfehlen wir, das Modul »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« aufzugreifen. Hierbei handelt es sich um die Sitzungen, die von den meisten Teilnehmern am stärksten eingefordert werden. Ressourcenorientierung wird in allen diesen Sitzungen großgeschrieben. Theoretische Inputs werden sehr praxisnah erläutert und sind stets mit Übungen aus dem Pflegealltag gekoppelt, in denen die Teilnehmer ihr bereits vorhandenes Expertenwissen sowie neu erlerntes bzw. aufgefrischtes Wissen direkt auf Problemsituationen ihres Arbeitsalltags übertragen können. Abschließend empfehlen wir das Modul »Kooperation mit versorgenden Angehörigen« mit den Trainingsteilnehmern zu bearbeiten. Versorgende Angehörige können eine wichtige Ressource für professionelle Pflegekräfte darstellen. Im Rahmen der beiden Sitzungen »Gesprächsführung mit Angehörigen« und »Kooperation mit Angehörigen« wird mit den Teilnehmern das konstruktive Miteinander mit Angehörigen besprochen und eingeübt, Möglichkeiten der Integration von Angehörigen in den Heimalltag bzw. der Kooperation mit versorgenden Angehörigen in der ambulanten Pflege werden vorgestellt und diskutiert.
18.2.1 z
Alternative Trainingsverläufe
Dreistündige Sitzungen
Alternativ können zwei Sitzungen eines Moduls auch zu einer dreistündigen Sitzung miteinander verbunden werden. Hierbei sollten die beiden Sitzungen auf jeden Fall mit einer etwa zehnminütigen Pause voneinander getrennt werden. Die Module »Demenz betrifft uns alle« und »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« haben eine ungerade Anzahl an Sitzungen. Daher bietet es sich an, die beiden Sitzungen »Und was ist Demenz?« und »Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation« in einer dreistündigen Sitzung miteinander zu kombinieren. Da sich beide Sitzungen unter anderem mit Symptomen
18
demenzkranker Menschen beschäftigen, bietet sich diese Kombination auch inhaltlich an. Sie hat sich zudem in der Trainingspraxis bereits bewährt. Die Kombination dieser beiden Sitzungen wird bei der Wahl von dreistündigen Sitzungen sinnvollerweise den anderen Sitzungen vorangestellt und eröffnet das Training. z
Kollegiale Beratung ans Training andocken
Eine weitere Möglichkeit, die Kollegiale Beratung so früh wie möglich begleitend zu den TANDEM Sitzungen einzuführen, ist das »Andocken« einer Runde Kollegialer Beratung an eine Trainingssitzung. Nach der Sitzung »Kollegiale Beratung« wird im Folgenden nach jeder weiteren Trainingssitzung eine ca. 25-minütige Runde Kollegiale Beratung durchgeführt. Die Sitzungen haben dann einen Umfang von ca. zwei Stunden. Die Kollegiale Beratung im Anschluss an eine Trainingssitzung kann dazu dienen, Teilnehmern Raum zu geben, mit eigenen Problemstellungen an das aktuelle Trainingsthema anzuknüpfen und sich hierzu beraten zu lassen. Gleichzeitig dient die Kollegiale Beratung damit der Transferförderung der Trainingsinhalte. Im Rahmen der Kollegialen Beratung können aber auch Problemstellungen zu Themen aus früheren Trainingssitzungen besprochen werden. Dies bietet die Möglichkeit, die Erfahrungen der Teilnehmer mit der Umsetzung von Trainingsinhalten im Berufsalltag aufzugreifen, was im Zeitrahmen der Trainingssitzungen selbst nicht möglich ist.
18.3
Manual: Und was ist Demenz?
Für professionelle Pflegekräfte z FC Tagesordnung der Sitzung »Und was ist Demenz?«
Tagesordnung
▬ ▬ ▬ ▬ ▬
Kennen lernen Was ist Demenz? Demenzdiagnostik Ansatzpunkte der Demenzbehandlung Was nehme ich mit?
184
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Und was ist Demenz?
Name des Vortragenden Institut ⊡ Abb. 18.1 PPP: »Und was ist Demenz?«
DIN A4-Blatt »Zielsetzung« Wissen, was Demenz bedeutet, welche Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
18.3.1
18
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse)
Zu Beginn der Sitzung wird ein Überblick über die gesamte Sitzung gegeben, d. h., die Tagesordnung und die Zielsetzung werden vorgestellt. Die Sitzung »Und was ist Demenz?« bietet Raum, um zu Beginn ein Kennenlernspiel durchzuführen. Ohne Kennenlernspiel kann die Sitzung »Und was ist Demenz?« für Pflegekräfte zudem recht trocken und inaktiv werden, was ein falsches Bild von den TANDEM Trainings an sich vermitteln würde und eventuell die Motivation zur weiteren Teilnahme senken könnte. Wir empfehlen daher für diese Sitzung ein möglichst aktives Kennenlernspiel, wie z. B. die Gruppenaufstellung ( Abschn. 12.1.3). Inhaltlich geht es in der Sitzung »Und was ist Demenz?« um grundlegende Informationen zu demenziellen Erkrankungen, Demenzdiagnostik und -behandlung. Ein kurzes Fallbeispiel führt in die Thematik ein. Es folgen drei Theorieblöcke, in denen Wissen zu den Themen »Und was ist Demenz«, »Demenzdiagnostik« und »Ansatzpunkte zur Demenzbehandlung« vermittelt
werden. Um den Transfer der Inhalte bereits bei der Wissensvermittlung zu fördern, sollten stets praktische und alltagsnahe Beispiele in den Vortrag eingebaut werden. Falls es die Zeit zulässt, ist es zudem transferförderlich, wenn den Teilnehmern Raum gegeben wird, eigene Beispiele zu berichten. Im Anschluss daran fasst der Trainer die Sitzungsinhalte kurz zusammen und reflektiert sie im Hinblick auf die zu Beginn der Sitzung genannte Zielsetzung. Dies soll den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen und bereitet zudem auf die letzte Übung vor. Die letzte Übung ist eine Einzelübung, in der sich jeder Teilnehmer mit Hilfe des Handouts Gedanken macht, an welche der gelernten Inhalte er sich erinnern möchte. Diese Abschlussübung dient dazu, den Transfer der Trainingsinhalte in den Alltag zu erleichtern, in dem die Relevanz der Inhalte für den eigenen, individuellen Fall reflektiert wird. Ein abschließendes Blitzlicht bietet dem Trainer die Möglichkeit, in kurzer Zeit ein Feedback zum Trainingserfolg und zur Zufriedenheit der Gruppe zu erhalten. Weiterhin kann ein Blitzlicht auch zusätzlich den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen. Zum Abschluss der Sitzung sollte auf die Inhalte der nächsten Sitzung verwiesen werden, um die Teilnehmer hierfür zu motivieren. Falls am Ende der Sitzung noch Zeit verbleibt, kann diese für Ergänzungen und Diskussionsbedarf genutzt werden.
18.3.2
Lernziele
In der Sitzung »Und was ist Demenz?« sollen die Teilnehmer sich kennen lernen und grundlegende Kenntnisse über demenzielle Erkrankungen erwerben bzw. auffrischen sowie Möglichkeiten der Demenzdiagnostik und -behandlung kennen lernen. Ziel dieser Sitzung ist: Lernziele Wissen, was Demenz bedeutet, welche Diagnoseund Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
18
185 18.3 · Manual: Und was ist Demenz?
18.3.3
Geplanter Verlauf
Die Power Point Präsentation (⊡ Abb. 18.1) leitet durch die Sitzung. Jeder Schritt wird mit einer Präsentationsfolie eingeleitet, sodass der Trainer sich bei der Durchführung ganz einfach an den Folien »entlanghangeln« kann. Der Verlauf der Sitzung wird im Folgenden im kurzen Gesamtüberblick dargestellt, in Klammern finden sich jeweils die Verweise zu den Inhalten, Übungen, Instruktionen oder Materialien, die in dem jeweiligen Abschnitt zur Anwendung kommen. Zu allen Punkten gibt es auch mindestens eine Folie in der Power Point Präsentation. Der Beginn der Sitzung »Und was ist Demenz?« ist angereichert mit konkreten Bausteinen zum Einstieg in ein Training (Kennenlernspiel, Gruppenregeln). Der Einstieg in ein Training bietet viele Möglichkeiten und kann vom Trainer individuell gestaltet und an seinen eigenen Trainingsstil angepasst werden. Die Sequenz »Einstieg in ein Training« ist daher als Vorschlag zu werten. Weitere Vorschläge für den Einstieg in ein Training finden Sie im Kap. 12. 1. Einstieg in die Sitzung – Begrüßung – Tagesordnung – Zielsetzung 2. Einstieg ins Training – Kennenlernspiel: Gruppenaufstellung ( Abschn. 12.1.3)
– Gruppenregeln ( Abschn. 12.2) – Eisbox ( Abschn. 13.3) 3. Einstieg ins Thema – Grundgedanken ( Kap. 3) – Fallbeispiel »Frau Umtrieb« ( Abschn. 4.1) 4. Was ist Demenz? ( Abschn. 4.1) – Informationen zu demenziellen Erkrankungen – Informationen zur Demenzdiagnostik – Informationen zu Behandlungsmöglichkeiten 5. Ausstieg aus der Sitzung – Zusammenfassung und Reflexion durch Trainer ( Abschn. 13.6) – Reflexion und Transfer »Was nehme ich mit?« ( Abschn. 13.7) – Feedback für den Trainer: Blitzlicht ( Abschn. 13.8) – Abschluss ( Abschn. 13.9)
18.3.4
Sequenzplan der Sitzung »Und was ist Demenz?« (90 Minuten)
z
Vorbereitung
▬ ▬ ▬ ▬
Namensschilder austeilen Handout vor Beginn der Sitzung austeilen FlipChart »Tagesordnung« aufhängen Beamer und Laptop vorbereiten
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/Material
6
Begrüßung
Thema, Handout, Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
Überblick über den Ablauf
Plenum
Vortrag Bitten, Namensschilder zu beschriften
Handout FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung Namensschilder
9
Kennenlernspiel
Gruppenaufstellung
Kurzes Kennenlernen, in Trainingssituation ankommen
Plenum
Gruppenaufstellung mit 3 Fragen, z. B.: 1. Wie lange arbeiten Sie schon in der Pflege? 2. Welche Ausbildung haben Sie? 3. Haben Sie schon einmal ein demenzkrankes Familienmitglied versorgt?
▼
186
18
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/Material
5
Gruppenregeln
Gruppenregeln
Sicheren Rahmen für die Sitzungen geben
Plenum
Gruppenregeln vorstellen und bei Bedarf durch Gruppe ergänzen lassen
FC Gruppenregeln Moderationsstift
3
Eisbox
Eisbox vorstellen
Sitzungsdauer kontrollieren, individuelle Anliegen integrieren
Plenum
Vortrag
Eisbox Moderationskarten Moderationsstift Klebeband
2
Fallbeispiel
Fallbeispiel »Frau Umtrieb«
Ins Thema einfühlen
Plenum
Vorlesen
PPP
25
Was ist Demenz?
Informationen zu demenziellen Erkrankungen
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP Handout
5
Pause
5
Demenzdiagnostik
Möglichkeiten der Demenzdiagnostik
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP Handout
15
Ansatzpunkte der Demenzbehandlung
Informationen zu Behandlungsmöglichkeiten
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP Handout
3
Zusammenfassung/ Reflexion durch Trainer
Sitzungsverlauf zusammenfassen, Zielsetzung wiederholen, Ziel erreicht?
Transfer fördern
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
5
Reflexion und Transfer
»Was nehmen Sie heute mit?«
Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Einzelarbeit
Jeder Teilnehmer soll auf einer Moderationskarte festhalten: Woran möchte ich mich erinnern?
Bunte Moderationskarten
5
Feedback für den Trainer
Reaktion und Reflexion der Teilnehmer
Feedback für Trainer, Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Plenum
Blitzlicht
2
Abschluss
Ausblick auf nächste Sitzung
Motivation
Plenum
PPP
187 18.4 · Manual: Gesprächsführung mit Kollegen
Trainingsmaterial
18.3.5
18.4
18
Manual: Gesprächsführung mit Kollegen
Mitnehmliste Benötigtes Material
Anzahl
Namensschilder
TN + 1
FlipChart-Ständer
1
Moderationsstift
1
Eisbox
1
Klebeband
1
Kugelschreiber
TN
Moderationskarten
TN x 2
FC »Tagesordnung«
1
DIN A4-Blatt »Zielsetzung«
1
Beamer und Laptop mit PPP »Und was ist Demenz?«
1
Handout »Und was ist Demenz?«
TN + 1
z
FC Tagesordnung der Sitzung »Gesprächsführung mit Kollegen«
Tagesordnung
▬ ▬ ▬ ▬
Modell: Team Feedback Themenzentrierte Interaktion (TZI) Was nehme ich mit?
DIN A4-Blatt »Zielsetzung« Sicherheit darin gewinnen, sich mit Teamkollegen offen und konstruktiv auszutauschen und gegenseitig Rückmeldung zu geben.
Gesprächsführung mit Kollegen
Visualisierungen Gruppenregeln
▬ Vertraulichkeit ▬ Einander zuhören und Gehörtes nicht bewerten: subjektives Erleben ist unantastbar!
▬ Jeder soll zu Wort kommen ▬ Jeder darf ausreden, keiner wird unter-
Name des Vortragenden Institut
brochen.
▬ Niemand wird absichtlich beleidigt, gedemütigt oder verhöhnt. ▬ Jeder ist Experte seines eigenen Problems. ▬ Wer nicht zur Gruppenstunde kommen kann, meldet sich möglichst rechtzeitig ab.
Handout Zu Beginn der Sitzung wird das gesamte Handout »Und was ist Demenz?« (TANDEM für professionelle Pflegekräfte) ausgeteilt. Das Handout beinhaltet eine Kurzzusammenfassung sämtlicher Inhalte der Sitzung.
⊡ Abb. 18.2 PPP: »Gesprächsführung mit Kollegen«
18.4.1
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse)
Im Rahmen dieser Sitzung zum Thema »Kollegiale Beratung – Kommunikation im Altenpflege-Team« lernen die Teilnehmer verschiedene Strategien zur Gesprächsführung mit Kollegen kennen und anwenden. Zunächst wird den Teilnehmern hierzu ein Überblick über die gesamte Sitzung gegeben und das Lernziel der Sitzung vorgestellt.
188
18
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Im Anschluss daran wird den Teilnehmern das Modell: »Team« gezeigt, um die Sitzungsinhalte grafisch zu veranschaulichen, bevor mit dem ersten neuen inhaltlichen Thema »Feedback geben und annehmen« begonnen wird. Dieser Themenblock wird damit eingeleitet, dass die Trainingsteilnehmer danach gefragt werden, was sie unter dem Begriff »Feedback« verstehen. Dies dient dazu, das Vorwissen der teilnehmenden Pflegekräfte zu erfassen und die Teilnehmer für die Inhalte dieses Themenblocks zu motivieren. Im Anschluss an die Vorwissensabfrage erläutert der Trainer, wie wir im Rahmen dieser Sitzung das Geben und Annehmen von Feedback verstehen wollen und erläutert je drei sinnvolle Regeln, um offenes und konstruktives Feedback auszutauschen. Um mit diesem Thema nicht auf der theoretischen Ebene verhaftet zu bleiben, bekommen die Trainingsteilnehmer im Anschluss an die Erläuterung der Feedback-Regeln die Möglichkeit, das Geben und Annehmen von Feedback direkt auszuprobieren. Dies geschieht im Rahmen einer Übung, bei der die Teilnehmer anhand von Fallbeispielen das Geben und Annehmen von Feedback in Kleingruppen einüben. Dies soll den Transfer in den Arbeitsalltag erleichtern. Der zweite Themenblock dieser Sitzung, die Gesprächsführung mit Kollegen im engeren Sinne, beginnt mit einer Übung im Plenum. Den Teilnehmern werden hierzu kurze Fallbeispiele aus dem Arbeitsalltag oder Privatleben vorgelesen. Aufgabe der Pflegekräfte ist es nun, jeweils zu entscheiden, ob es sich bei dem dargestellten Vorgehen um ein unsicheres, selbstsicheres oder aggressives Vorgehen handelt. Die Teilnehmer sollen so für die generelle Überlegenheit selbstsicheren Verhaltens sensibilisiert werden, die unsicherem oder aggressivem Vorgehen, insbesondere im Berufsleben, vorzuziehen ist. Im Anschluss an diese Einstiegsübung werden den Teilnehmern ausgewählte Sätze der Themenzentrierten Interaktion (TZI) als Grundlage für die Gestaltung offener und klarer Kommunikation in Arbeits- und Lernprozessen vorgestellt. Hierbei werden solche Sätze thematisiert, die sowohl die Interaktion in Gruppen als auch zwischen einzelnen Personen erleichtern sollen. Aufbauend auf der Einstiegs-
übung und dem theoretischen Input zu TZI-Regeln schließt sich nach einer kurzen Pause eine Übung in Kleingruppen an, in der die Teilnehmer Problemlösungen zu Fragestellungen aus dem Altenpflegealltag finden sollen. Dies gibt den Teilnehmern die Möglichkeit, sich im Formulieren selbstsicherer Aussagen zu üben, wobei die vorgestellten TZI-Regeln als zusätzliche Richtschnur dienen sollen. Die im Rahmen dieser Kleingruppenübung gefundenen Problemlösungen werden im Anschluss daran im Plenum präsentiert. Während der Übung liegt es an den einzelnen Kleingruppen, ein FlipChart mit ihrem Lösungsvorschlag zu gestalten und ein Gruppenmitglied zu bestimmen, das der Großgruppe das Erarbeitete vorstellt. Alle Trainingsteilnehmer werden dabei eingeladen, Rückfragen an den Vortragenden zu stellen. Der Trainer gibt anschließend allen Gruppen eine kurze Rückmeldung, in der er die Lösungsvorschläge der Teilnehmer wertschätzt und gegebenenfalls ergänzt. Dies dient zum einen der Motivierung der Trainingsteilnehmer, die Sitzungsinhalte mit in den Arbeitsalltag zu nehmen, zum anderen zur weiteren Verfestigung der in der Sitzung bearbeiteten Thematik. Im Anschluss daran fasst der Trainer die Sitzungsinhalte kurz zusammen und reflektiert sie im Hinblick auf die zu Beginn der Sitzung genannte Zielsetzung. Dies soll den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen und bereitet zudem auf die letzte Übung vor. Die letzte Übung ist eine Einzelübung, in der sich jeder Teilnehmer mit Hilfe des Handouts Gedanken macht, was ihm an der heutigen Sitzung besonders wichtig war, welche der gelernten Inhalte und Erfahrungen er »mit in den Alltag nehmen möchte« und welche Möglichkeiten es hierfür gibt. Diese Abschlussübung dient dazu, den Transfer der Trainingsinhalte in den Alltag zu erleichtern, in dem erste konkrete Schritte der Umsetzung individuell durchdacht und festgehalten werden. Ein abschließendes Blitzlicht bietet dem Trainer die Möglichkeit, in kurzer Zeit ein Feedback zum Trainingserfolg und zur Zufriedenheit der Gruppe zu erhalten. Weiterhin kann ein Blitzlicht auch zusätzlich den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen. Zum Abschluss der Sitzung sollte auf die Inhalte der nächs-
189 18.4 · Manual: Gesprächsführung mit Kollegen
18
Lernziele
▬ 2. Einstieg ins Thema – Modell: Team ( Abschn. 7.1) ▬ 3. Feedback ( Abschn. 7.2) – Vorwissensabfrage ( Abschn. 18.4.5) – Feedback geben und annehmen ( Abschn. 7.2) – Problemstellung bearbeiten ( Abschn. 18.4.5) – Erfahrungsaustausch zur Problembearbeitung ( Abschn. 18.4.5) ▬ 4. Themenzentrierte Interaktion ( Abschn. 7.3) – Fallbeispiele zur Gesprächsführung ( Abschn. 18.4.5) – Regeln der Themenzentrierten Interaktion ( Abschn. 7.3) – Problemstellung bearbeiten ( Abschn. 18.4.5) – Präsentation der Problemlösung ( Abschn. 18.4.5) ▬ 5. Ausstieg aus der Sitzung – Zusammenfassung und Reflexion durch Trainer ( Abschn. 13.6) – Reflexion und Transfer »Was nehme ich mit?« ( Abschn. 13.7) – Feedback für den Trainer: Blitzlicht ( Abschn. 13.8) – Abschluss ( Abschn. 13.9)
Sicherheit darin gewinnen, sich mit Teamkollegen offen und konstruktiv auszutauschen und gegenseitig Rückmeldung zu geben.
18.4.3
ten Sitzung verwiesen werden, um die Teilnehmer hierfür zu motivieren. Falls am Ende der Sitzung noch Zeit verbleibt, kann diese für Ergänzungen und Diskussionsbedarf genutzt werden.
18.4.2
Lernziele
In der Sitzung »Gesprächsführung mit Kollegen« sollen die teilnehmenden Pflegekräfte verschiedene Strategien zum offenen und konstruktiven Austausch mit ihren Arbeitskollegen kennen lernen. Hierzu sollen sie zunächst je 3 wichtige Regeln zum Geben und Annehmen von Feedback kennen und anwenden lernen. Weiterhin sollen die Pflegekräfte selbstsicheres Formulieren von Anliegen von unsicherem oder aggressivem Vorgehen differenzieren lernen sowie sich der Überlegenheit selbstsicheren Vorgehens im Berufsleben bewusst werden. Innerhalb der Sitzung vorgestellte Regeln der Themenzentrierten Interaktion (TZI) sollen den Teilnehmern bekannt sein sowie deren Sinn und Zweck für Teamgespräche wie auch für Gespräche zwischen einzelnen Personen.
Geplanter Verlauf Die Power Point Präsentation (⊡ Abb. 18.2) leitet durch die Sitzung. Jeder Schritt wird mit einer Präsentationsfolie eingeleitet, sodass der Trainer sich bei der Durchführung ganz einfach an den Folien »entlanghangeln« kann. Der Verlauf der Sitzung wird im Folgenden im kurzen Gesamtüberblick dargestellt, in Klammern finden sich jeweils die Verweise zu den Inhalten, Übungen, Instruktionen oder Materialien, die in dem jeweiligen Abschnitt zur Anwendung kommen. Zu allen Punkten gibt es auch mindestens eine Folie in der Power Point Präsentation. ▬ 1. Einstieg in die Sitzung – Begrüßung – Tagesordnung – Zielsetzung
z
Sequenzplan der Sitzung »Gesprächsführung mit Kollegen« (90 Minuten)
Vorbereitung
▬ Handout vor Beginn der Sitzung austeilen ▬ FlipChart »Tagesordnung« aufhängen ▬ Beamer und Laptop vorbereiten
190
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/Material
5
Begrüßung
Thema, Handout, Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
Überblick über den Ablauf
Plenum
Vortrag
Handout FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
5
Modell: Team
Thema der Sitzung wird grafisch veranschaulicht
Thema visuell erfassen, auf Sitzungsinhalte einstellen
Plenum
Visualisierung mit PPP
PPP
5
Vorwissensabfrage Feedback
Teilnehmer geben darüber Auskunft, was sie mit dem Begriff »Feedback« verbinden
Vorwissen aktivieren, Expertenwissen der Teilnehmer einbringen
Plenum
Vorwissensabfrage
6
Feedback geben und annehmen
Vorstellung von je 3 Regeln zum Geben bzw. Annehmen von Feedback
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag
PPP
10
Feedback: Problemstellung bearbeiten
Geben und annehmen offenen, konstruktiven Feedbacks im Arbeitsteam anhand von Fallbeispielen einüben
Vorwissen aktivieren, Expertenwissen der Teilnehmer einbringen, Transfer fördern
Kleingruppe
Problembearbeitung: Je 2 Teilnehmer setzen sich so zusammen, dass sie ungestört arbeiten können; alle bearbeiten die gleichen Fallbeispiele
Im Handout: »Partnerübung Feedback«
4
Feedback: Erfahrungsaustausch zur Problembearbeitung
Erfahrungsaustausch zur Bearbeitung der Fallbeispiele zur »Partnerübung Feedback«
Vorwissen bestätigen, festigen, vertiefen und erweitern
Plenum
Diskussion
5
Fallbeispiele zur Gesprächsführung
Ausgewählte Fallbeispiele werden von den Teilnehmern auf das unsichere, selbstsichere oder aggressive Mitteilen von Anliegen untersucht
Vorwissen aktivieren, Expertenwissen der Teilnehmer einbringen
Plenum
Gemeinsame Bearbeitung von Fallbeispielen
PPP
5
Regeln der Themenzentrierten Interaktion (TZI)
Vorstellung ausgesuchter Regeln der Themenzentrierten Interaktion
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag
PPP
15
TZI: Problemstellung bearbeiten
Kleingruppen formulieren selbstsichere Aussagen zu vorgegebenen Fallbeispielen aus dem Pflegealltag. Problemlösungen werden auf FC festgehalten
Vorwissen aktivieren, Expertenwissen der Teilnehmer einbringen, Transfer fördern
Kleingruppe
Problembearbeitung: 2-3 Kleingruppen setzen sich möglichst so zusammen, dass sie ungestört arbeiten können; jede Gruppe bearbeitet ein anderes Fallbeispiel
Im Handout: »Gruppenübung Gesprächsführung« 2–3 leere FCs
18
▼
18
191 18.4 · Manual: Gesprächsführung mit Kollegen
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/Material
15
TZI: Präsentation der Problemlösung
Problemlösungen zu den verschiedenen Fallbeispielen werden im Plenum vorgetragen
Vorwissen bestätigen, festigen, vertiefen und erweitern
Plenum
Präsentation: Kleingruppen stellen ihre Ergebnisse visualisiert mit FC vor; Gruppe/ Trainer nennt ggf. weitere Lösungsmöglichkeiten
2–3 FCs »TZI: Problemlösung« (beschriftet von den Teilnehmern)
3
Zusammenfassung/Reflexion durch Trainer
Sitzungsverlauf zusammenfassen, Zielsetzung wiederholen, Ziel erreicht?
Transfer fördern
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
5
Reflexion und Transfer
»Was nehmen Sie heute mit?«
Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Einzelarbeit
Jeder Teilnehmer soll auf einer Moderationskarte festhalten: 1. Woran möchte ich mich erinnern? 2. Was möchte ich ausprobieren?
Bunte Moderationskarten
5
Feedback für den Trainer
Reaktion und Reflexion der Teilnehmer
Feedback für Trainer, Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Plenum
Blitzlicht
2
Abschluss
Ausblick auf nächste Sitzung
Motivation
Plenum
18.4.4
Trainingsmaterial
PPP
Handout
Mitnehmliste
Zu Beginn der Sitzung wird das Handout »Gesprächsführung mit Kollegen« (TANDEM für professionelle Pflegekräfte) ausgeteilt. Das Handout beinhaltet eine Kurzzusammenfassung sämtlicher Inhalte der Sitzung. Zudem beinhaltet es die Anweisungen für die Übungen, die von den Teilnehmern durchgeführt werden sollen. Sie finden
Benötigtes Material
Anzahl
Moderationsstifte
TN* / 3
Kugelschreiber
TN
Moderationskarten, Pinwand-Nadeln
TN x 2
FlipChart-Ständer
1
Leere FlipChart-Blätter
3
Eisbox
1
Klebeband
1
z
FC »Tagesordnung«
1
DIN A4-Blatt »Zielsetzung«
1
Beamer und Laptop mit PPP »Gesprächsführung mit Kollegen«
1
Handout »Gesprächsführung mit Kollegen«
TN + 1
Bevor Regeln zum Geben und Annehmen von Feedback vorgestellt werden, empfiehlt es sich, die Teilnehmer zunächst nach ihrem Vorwissen zu diesem Thema zu befragen. Die Vorwissensabfrage kann wie folgt eingeleitet werden: ; Wir beschäftigen uns nun mit dem Thema Feedback. Der Begriff »Feedback« ist sicherlich
* TN = Anzahl der Teilnehmer
das Handout und die Visualisierungen als Download im passwortgeschützten Internetbereich zum Buch. www.springer.com/978-3-642-16921-2
Übungen Vorwissensabfrage Feedback
192
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
den meisten geläufig. Mich würde nun zunächst einmal interessieren, was Sie mit dem Begriff »Feedback« verbinden. : Sammeln Sie anschließend einige Erläuterungen des Begriffs »Feedback« von den Teilnehmern. Achten Sie bitte stets darauf, jedem Teilnehmer mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen, auch wenn die Erläuterung nicht exakt dem entspricht, was Sie mit dem Begriff »Feedback« verbinden. Leiten Sie anschließend zur Vorstellung der Feedback-Regeln über. z
Feedback: Problemstellung bearbeiten: Partnerübung »Feedback«
Im Anschluss an die Vorstellung der Regeln zum Geben bzw. Annehmen von Feedback können Sie die Partnerübung »Feedback« wie folgt einleiten (⊡ Folie 7, PPP 2, TANDEM für professionelle Pflegekräfte): ; Sie haben nun jeweils 3 Regeln zum Geben und Annehmen konstruktiven Feedbacks kennengelernt. Dazu möchte ich nun gerne eine Übung mit Ihnen machen. Es handelt sich um eine Partnerübung. Bitte suchen Sie sich einen Partner, mit dem Sie die Übung durchführen wollen. Ihre Aufgabe ist nun Folgendes: Lesen Sie sich die Fallbeispiele zur Partnerübung »Feedback« nacheinander aufmerksam durch. Bestimmen Sie für jedes Fallbeispiel einen Feedbackgeber und einen Feedbacknehmer. Wechseln Sie nach jedem Fallbeispiel die Rollen, sodass zum Schluss der Übung jeder mindestens einmal in der Rolle des Feedbackgebers und des Feedbacknehmers war. : Beispiel Stationäre Pflege Situation 1:
18
Eine Kollegin, die im Frühdienst mit Ihnen arbeitet, gibt sich heute besonders große Mühe, Ihre Arbeit möglichst schnell und ordentlich zu machen. Nachdem sie alle Bewohner auf ihrem Flur versorgt hat, kommt sie zu Ihnen, um bei noch ausstehenden Aufgaben zu helfen. Wie können Sie der Kollegin in dieser Situation Feedback geben?
Situation 2: Ein Kollege von Ihnen hat kürzlich beim Besuch einer externen Fortbildung neue Kniffe für schwierige Verbandswechsel gelernt. Heute zeigt er Ihnen
einen neuen Trick, einen bisher für Sie problematischen Verbandswechsel viel schneller und einfacher zu gestalten. Wie können Sie dem Kollegen in dieser Situation Feedback geben?
Situation 3: In einem Teamgespräch gibt eine Ihrer Kolleginnen einige grobe Verallgemeinerungen von sich, die Sie so nicht akzeptieren können. Sie sind überrascht, dass Ihre Kollegin so argumentiert, da sie sich normalerweise immer sehr konstruktiv mit konkreten Anmerkungen einbringt. Wie können Sie der Kollegin in dieser Situation – im Anschluss an das Teamgespräch – Feedback geben?
Ambulante Pflege Situation 1: Im Teamgespräch wird die Pflege eines demenzkranken Klienten besprochen. Eine Kollegin beschreibt ihre Probleme bei der Pflege und schildert dabei den Klienten wesentlich verwirrter, als Sie ihn bei der Pflege erleben. Sie möchten Ihrer Kollegin gerne Tipps zum Umgang mit diesem Klienten geben, die Sie selbst anwenden und hilfreich finden. Gleichzeitig möchten Sie aber nicht, dass Ihre Kollegin den Eindruck bekommt, sie wäre nicht kompetent genug. Wie können Sie Ihrer Kollegin in dieser Situation Feedback geben?
Situation 2: Ein Kollege von Ihnen hat kürzlich beim Besuch einer externen Fortbildung neue Kniffe für schwierige Verbandswechsel gelernt. Nach einer Teambesprechung demonstriert er Ihnen, wie Sie einen bisher für Sie problematischen Verbandswechsel viel schneller und einfacher durchführen können. Wie können Sie dem Kollegen in dieser Situation Feedback geben?
Situation 3: In einem Teamgespräch gibt eine Ihrer Kolleginnen einige grobe Verallgemeinerungen von sich, die Sie so nicht akzeptieren können. Sie sind überrascht, dass Ihre Kollegin so argumentiert, da sie sich normalerweise immer sehr konstruktiv mit konkreten Anmerkungen einbringt. Wie können Sie der Kollegin in dieser Situation – im Anschluss an das Teamgespräch – Feedback geben?
193 18.4 · Manual: Gesprächsführung mit Kollegen
z
Feedback: Erfahrungsaustausch zur Problembearbeitung
Nachdem sich die Teilnehmer im Rahmen einer Partnerübung gegenseitig Feedback gegeben haben, empfiehlt es sich, die diesbezüglichen Erfahrungen der Teilnehmer zu erfragen. Dies können Sie wie folgt einleiten: ; Sie haben nun alle Erfahrungen als Feedbackgeber und Feedbacknehmer gesammelt. Was ist Ihnen leichter gefallen: Feedback geben oder annehmen? Ist Ihnen etwas besonders schwer oder vielleicht auch besonders leicht gefallen? : Lassen Sie nun einige Teilnehmer zu Wort kommen, sodass sich die Gruppe über ihre Erfahrungen mit der Übung zum Feedback geben und annehmen austauschen kann. Moderieren Sie diesen Erfahrungsaustausch, ohne selbst Stellung zu beziehen. z
Fallbeispiele zur Gesprächsführung
Mit Hilfe ausgewählter Regeln der Themenzentrierten Interaktion (Langmaack & BrauneKrickau, 2000) wird im Rahmen dieser Trainingssitzung mit den Teilnehmern eingeübt, selbstsichere Aussagen im Arbeitsleben zu formulieren. Vor der Vorstellung der TZI-Regeln können zur Einstimmung auf die Thematik einige Fallbeispiele mit den Teilnehmern hinsichtlich der Formulierung unsicherer, selbstsicherer bzw. aggressiver Aussagen analysiert werden. Die Fallbeispiele sind an Hinsch und Wittmann (2003) angelehnt und können mit Hilfe der Power Point Präsentation »Gesprächsführung mit Kollegen« vorgestellt werden. ; Im Folgenden werde ich Ihnen einige Fallbeispiele vorlesen. Diese beziehen sich zum Teil auf Themen des Arbeitsalltags, zum Teil aber auch auf Themen des Privatlebens. Ihre Aufgabe ist es nun, bei der Vorstellung des Fallbeispiels genau hinzuhören, ob es sich hier um eine unsicher, selbstsicher oder sogar eher aggressiv formulierte Aussage handelt. : Stellen Sie 3–4 Fallbeispiele den Teilnehmern vor. Achten Sie dabei darauf, jeweils mindestens ein Fallbeispiel mit einer unsicheren, selbstsicheren und aggressiven Aussage analysieren zu lassen. ⊡ Folien 8 bis 14, PPP 2, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
18
Beispiel Fallbeispiel 1: Sie arbeiten mit einem Kollegen, der sich ständig davor drückt, einen Teil seiner Aufgaben zu erledigen. Er fragt Sie heute wieder, ob Sie nicht diesen Anteil übernehmen könnten. Sie sagen: »Ja, hm, kann ich machen, obwohl es mir heute eigentlich gar nicht gut geht.«
Fallbeispiel 2: Ihr Zehnjähriger hat Sie dreimal mit irgendetwas Nebensächlichem unterbrochen, während Sie telefonieren. Sie haben ihn jedes Mal freundlich gebeten, nicht zu unterbrechen. Jetzt kommt er wieder an. Sie sagen: »Ich bin jetzt richtig sauer auf dich. Ich kann dir nicht zuhören und gleichzeitig telefonieren. Wenn ich mit dem Telefonieren fertig bin, können wir uns unterhalten.«
Fallbeispiel 3: Sie sind gerade auf dem Weg ins Stationszimmer, als Ihnen eine Kollegin, die immer wieder versucht, Ihnen zusätzliche Arbeit aufzudrücken, begegnet und Sie fragt, wohin Sie gehen. Sie antworten: »Ich gehe zum Pokalturnier. Oder wonach sehe ich sonst aus?«
Fallbeispiel 4: Gemeinsame Ferienpläne werden ganz abrupt von Ihrem Freund geändert. Er teilt Ihnen das am Telefon mit. Sie antworten: »Hm, das ist wirklich eine Überraschung für mich. Lass mich dich später wieder anrufen, nachdem ich etwas Zeit hatte, mir das durch den Kopf gehen zu lassen.«
Fallbeispiel 5: Eine Ehefrau sagt zu ihrem Mann, dass sie gerne wieder in ihrem Beruf arbeiten würde. Er ist aber gar nicht dafür und sagt: »Warum willst du denn zusätzlich zu den Kindern und zum Haushalt auch noch arbeiten gehen? Du weißt doch, dass du gar nicht fähig bist, diese Extrabelastung noch zu verkraften.«
Fallbeispiel 6: Sie nehmen gemeinsam mit 5 anderen Personen an einer Teamsitzung teil. Zu Beginn der Sitzung werden sie gebeten, das Protokoll zu führen. Sie antworten: »Ich bin damit einverstanden, anteilig das Protokoll zu übernehmen, und will es für heute tun. Bei den nächsten Sitzungen sollten wir diese Aufgabe abwechselnd übernehmen.«
194
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Fallbeispiel 7: Ihr Mann möchte im Fernsehen ein Fußballspiel sehen. Zur gleichen Zeit läuft in einem anderen Programm ein Film, den Sie gerne sehen möchten. Sie sagen: »Ja, hmm, Schatz, dann schalt’ ruhig ein und schau dir das Fußballspiel an. Vielleicht kann ich inzwischen ein bisschen bügeln.«
Selbstsichere Aussagen sind insbesondere im Arbeitsleben den anderen beiden Varianten vorzuziehen. Nur wer seine Anliegen offen und selbstsicher äußert, kann sich entsprechend Gehör verschaffen. Dabei sollte man jedoch darauf achten, seine Anliegen konstruktiv vorzubringen und nicht – wie in den Beispielen zu aggressiven Aussagen – sozusagen mit der Brechstange vorgehen. z
TZI: Problemstellung bearbeiten: Gruppenübung »Gesprächsführung«
Nach der Vorstellung der Regeln zur Themenzentrierten Interaktion schließt sich die Gruppenübung »Gesprächsführung« an. Die Gruppeneinteilung und die Erläuterung der Übung und können mithilfe der folgenden Instruktionen vorgestellt werden. ⊡ Folie 16, PPP 2, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
18
; Die TZI-Regeln können Ihnen einige Anregungen zur Formulierung selbstsicherer Aussagen geben. Dies wird im Folgenden Ihre Aufgabe sein. Wie auch bei der Übung zum Thema »Feedback« wird die anschließend Übung zur Gesprächsführung als Gruppenübung durchgeführt. Dieses Mal handelt es sich jedoch nicht um eine Partnerübung, sondern um eine Übung, die in Kleingruppen durchgeführt wird. Ich teile Sie hierfür in drei Gruppen auf (Teilnehmer in drei gleichgroße Gruppen aufteilen). Die erste Gruppe (auf Gruppe zeigen) bearbeitet eine Problemstellung, in der eine Bitte geäußert werden soll. Die zweite Gruppe (auf Gruppe zeigen) bearbeitet eine Problemstellung, in der Kritik geäußert werden soll. Die dritte Gruppe (auf Gruppe zeigen) bearbeitet eine Problemstellung, in der der eigene Standpunkt vertreten werden soll. Alle Problemstellungen drehen sich um das Thema »Miteinander im Team«. Bitte schauen Sie sich nun mit Ihrer Gruppe Ihr entsprechendes Fallbeispiel an. Lesen Sie dieses zunächst in Ruhe durch und überlegen anschließend
gemeinsam, wie eine oder auch mehrere mögliche Problemlösungen aussehen könnten. Ihre Ergebnisse halten Sie bitte auf einem FlipChart-Papier fest, das ich Ihnen gleich austeile. Im Anschluss an die Übung werden sich die Gruppen dann gegenseitig ihre Ergebnisse vorstellen. : Beispiel Fallbeispiel 1: Der neue Monatsplan der Station hängt aus. Sie lesen ihn und sehen zu Ihrem Schrecken, dass Sie am Tag nach Ihrem Geburtstag Frühdienst haben. Sie wollen doch eine große Party geben und haben schon eine Menge Leute eingeladen! Es wurde also bei der Dienstplanung keine Rücksicht auf Ihren Wunsch genommen, an diesem Tag Spätdienst zu machen. Jetzt müssen Sie eine Kollegin bitten, mit Ihnen zu tauschen.
Fallbeispiel 2: Sie haben einer Kollegin etwas Persönliches anvertraut. Sie haben nicht extra gesagt, dass sie das für sich behalten soll, sind aber davon ausgegangen, dass sie es nicht weitersagen wird. Nun haben Sie mitbekommen, dass andere Kollegen davon wissen. Sie ärgern sich über das Verhalten Ihrer Kollegin und sprechen sie darauf an.
Fallbeispiel 3: Sie unterhalten sich mit einer Kollegin über Angehörige. Ihre Kollegin ist der Meinung, dass Angehörige generell nicht im Zimmer sein sollten, wenn sie pflegerische Tätigkeiten an einem Bewohner vornimmt. Sie erzählt Ihnen, dass sie die Angehörigen dann bittet, das Zimmer zu verlassen. Sie selbst sind der Meinung, dass Angehörige durchaus während pflegerischer Tätigkeiten dabeibleiben können bzw. sogar mit einbezogen werden sollen. Wie können Sie auf den Standpunkt Ihrer Kollegin eingehen und Ihre eigene Meinung deutlich machen?
Während der Bearbeitung der Problemstellungen kann der Trainer von Gruppe zu Gruppe gehen und sich vergewissern, dass alle die Aufgabenstellung verstanden haben. Der Trainer sollte aber nicht zu lang bei den Gruppen verweilen, da dies in der Regel die Kreativität der Teilnehmer hemmen kann.
195 18.5 · Manual: Kollegiale Beratung
Haben alle Gruppen ihre Lösungsvorschläge zu Papier gebracht, bitten Sie die erste Gruppe, ihr Fallbeispiel samt Lösungsvorschlag bzw. -vorschlägen im Plenum vorzustellen. Rufen Sie danach die zweite, anschließend die dritte Gruppe zur Präsentation ihrer Ergebnisse nach vorne. Geben Sie nach der Präsentation der Ergebnisse jeder Gruppe den Teilnehmern kurz die Möglichkeit, Ergänzungen oder Anregungen zum Vorgestellten loszuwerden. Wertschätzen Sie alle Beiträge und Anregungen und stellen konstruktive selbstsichere Formulierungen deutlich heraus. Literaturhinweise Hinsch, R. & Wittmann, S. (2003). Soziale Kompetenz kann man lernen. Weinheim: BeltzPVU. Langmaack, B. & Braune-Krickau, M. (2000). Wie die Gruppe laufen lernt: Anregungen zum Planen und Leiten von Gruppen. Ein praktisches Lehrbuch. Weinheim: BeltzPVU.
18.5 z
Manual: Kollegiale Beratung
FC Tagesordnung der Sitzung »Kollegiale Beratung«
Tagesordnung
▬ ▬ ▬ ▬ ▬
Modell: Team Regeln der Kollegialen Beratung Ablauf der Kollegialen Beratung Durchführung: Kollegiale Beratung Was nehme ich mit?
Kollegiale Beratung
Name des Vortragenden Institut ⊡ Abb. 18.3 PPP: »Kollegiale Beratung«
18
DIN A4-Blatt »Zielsetzung« Sicherheit darin gewinnen, sich in Kleingruppen gegenseitig zu beraten und gemeinsam Handlungswege für individuelle Problemstellungen zu entwickeln.
18.5.1
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse)
Innerhalb der Sitzung »Kollegiale Beratung« lernen die Trainingsteilnehmer, wie sie sich in Kleingruppen gegenseitig beraten und gemeinsam Handlungswege für individuelle Problemstellungen entwickeln können. Zu Beginn der Sitzung wird den Teilnehmern ein Überblick über die gesamte Sitzung gegeben und das Lernziel der Trainingssitzung vorgestellt. Im Anschluss daran wird den Teilnehmern zunächst mittels des Modells: »Team« das Thema der Sitzung grafisch veranschaulicht, bevor wichtige Regeln zur Methode »Kollegiale Beratung« vorgestellt werden. Das detaillierte Vorstellen der Beratungsregeln ist notwendig, damit bestimmte Grundprinzipien der gewählten Methode der Kollegialen Beratung etabliert werden können. Dazu gehören neben der Vertraulichkeit der Situation die Offenheit der Beteiligten für die erbrachten Äußerungen sowie der gegenseitige Respekt und die Wertschätzung aller Beiträge und Ideen. Zudem ist es wichtig, zu betonen, dass die aktive Teilnahme aller ausdrücklich erwünscht ist, da nur im Zusammenwirken der Kompetenzen aller Beteiligten gute Beratungsergebnisse erzielt werden können. Weiterhin gilt es, die Autonomie des Fallerzählers sowie die Selbstverantwortung jedes Teilnehmers zu betonen, um die Beratungssituation für alle Beteiligten möglichst angenehm und druckfrei zu gestalten. Nach dem Darstellen der Beratungsregeln wird der genaue Ablauf einer Beratungssitzung erläutert. Hierbei werden die einzelnen Programmpunkte, deren Zeitvorgaben und die Aufgaben aller Teilnehmer besprochen, um die folgende Proberunde vor zu strukturieren und den Trainingsteilnehmern einen Leitfaden für den Beratungsablauf an die Hand zu geben.
196
18
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Während der anschließenden Proberunde »Kollegiale Beratung« übernimmt der Trainer zunächst die Rolle des Moderators. So können sich alle Teilnehmer ganz auf die Beratung konzentrieren, während der Trainer den genauen Programmablauf, die Zeitvorgaben und die Einhaltung der Regeln der Beratungssituation kontrolliert. Der Fallerzähler wird nun in der Gruppe der Pflegekräfte gesucht. Dieser bestimmt anschließend seinen Sekretär, der alle Ideen und Vorschläge zur Problemlösung im Rahmen der Beratung notiert. Sind alle Rollen verteilt und Hilfsmittel (z. B. Papier und Stifte für den Sekretär, Uhr, Prozessanzeiger) bereitgestellt, beginnt der Moderator die Beratungssitzung und führt durch alle Programmpunkte. Er ist es auch, der die Beratung nach der Zusammenfassung des Fallerzählers beendet. Nach einer Pause liegt es dann an den Teilnehmern, eine zweite Runde Kollegialer Beratung alleine zu gestalten. Einer der Trainingsteilnehmer übernimmt die Rolle des Fallerzählers. Dieser bestimmt anschließend einen Moderator und Sekretär unter seinen Kollegen. Der Trainer übernimmt für diese zweite Beratungssitzung die Rolle des Zuhörers, der die eigentliche Beratung lediglich beobachtet. Dies dient dazu, den Teilnehmern nun auch die Möglichkeit zu geben, den Ablauf der Beratungssitzung sowie die Einhaltung der Regeln selbst zu überwachen. Damit wird der Transfer in den Arbeitsalltag gefördert und die Anwendung Kollegialer Beratung in Teamsitzungen o. Ä. vorbereitet. Im Anschluss daran fasst der Trainer die Sitzungsinhalte kurz zusammen und reflektiert sie im Hinblick auf die zu Beginn der Sitzung genannte Zielsetzung. Dies soll den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen und bereitet zudem auf die letzte Übung vor. Die letzte Übung ist eine Einzelübung, in der sich jeder Teilnehmer mit Hilfe des Handouts Gedanken macht, was ihm an der heutigen Sitzung besonders wichtig war, welche der gelernten Inhalte und Erfahrungen er »mit in den Alltag nehmen möchte« und welche Möglichkeiten es hierfür gibt. Diese Abschlussübung dient dazu, den Transfer der Trainingsinhalte in den Alltag zu erleichtern, in dem erste konkrete Schritte der Umsetzung individuell durchdacht und festgehal-
ten werden. Ein abschließendes Blitzlicht bietet dem Trainer die Möglichkeit, in kurzer Zeit ein Feedback zum Trainingserfolg und zur Zufriedenheit der Gruppe zu erhalten. Weiterhin kann ein Blitzlicht auch zusätzlich den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen. Zum Abschluss der Sitzung sollte auf die Inhalte der nächsten Sitzung verwiesen werden, um die Teilnehmer hierfür zu motivieren. Falls am Ende der Sitzung noch Zeit verbleibt, kann diese für Ergänzungen und Diskussionsbedarf genutzt werden.
18.5.2
Lernziele
In dieser Sitzung des Themenblocks »Kollegiale Beratung – Kommunikation im Altenpflege-Team« lernen die Teilnehmer die Methode »Kollegiale Beratung« kennen und anwenden. Hierbei sollen die Teilnehmer zunächst Wissen über wichtige Regeln für die Beratungssituation erwerben, um die eigentliche Beratung später effizient und für alle Beteiligten möglichst angenehm gestalten zu können. Entsprechend sollen sie in den anschließenden Beratungssituationen neben dem vorgegebenen Ablauf samt Zeitvorgaben insbesondere darauf achten, dass die Autonomie des Fallerzählers gewahrt wird und die einzelnen Beiträge mit Respekt und Wertschätzung behandelt werden. Die Teilnehmer sollen sich darüber hinaus über ihre Selbstverantwortung als Teilnehmer im Klaren sein sowie sich in offener, aktiver Beteiligung an der Beratungssituation üben. Lernziele Sicherheit darin zu gewinnen, sich in Kleingruppen gegenseitig zu beraten und gemeinsam Handlungswege für individuelle Problemstellungen zu entwickeln.
18.5.3
Geplanter Verlauf
Die Power Point Präsentation (⊡ Abb. 18.3) leitet durch die Sitzung. Jeder Schritt wird mit einer Präsentationsfolie eingeleitet, sodass der Trainer sich bei der Durchführung ganz einfach an den Folien
18
197 18.5 · Manual: Kollegiale Beratung
»entlanghangeln« kann. Der Verlauf der Sitzung wird im Folgenden im kurzen Gesamtüberblick dargestellt, in Klammern finden sich jeweils die Verweise zu den Inhalten, Übungen, Instruktionen oder Materialien, die in dem jeweiligen Abschnitt zur Anwendung kommen. Zu allen Punkten gibt es auch mindestens eine Folie in der Power Point Präsentation. ▬ 1. Einstieg in die Sitzung – Begrüßung – Tagesordnung – Zielsetzung ▬ 2. Einstieg ins Thema – Modell: Team ( 7.1) ▬ 3. Kollegiale Beratung ( Abschn. 7.4) – Regeln der Kollegialen Beratung – Ablauf der Kollegialen Beratung – Durchführung: Kollegiale Beratung
▬ 4. Ausstieg aus der Sitzung – Zusammenfassung und Reflexion durch Trainer ( Abschn. 13.6) – Reflexion und Transfer »Was nehme ich mit?« ( Abschn. 13.7) – Feedback für den Trainer: Blitzlicht ( Abschn. 13.8) – Abschluss ( Abschn. 13.9)
18.5.4
z
Sequenzplan der Sitzung »Kollegiale Beratung« (90 Minuten)
Vorbereitung
▬ Handout vor Beginn der Sitzung austeilen ▬ FlipChart »Tagesordnung« aufhängen ▬ Beamer und Laptop vorbereiten
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/Material
5
Begrüßung
Thema, Handout, Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
Überblick über den Ablauf
Plenum
Vortrag
Handout FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
5
Modell: Team
Thema der Sitzung wird grafisch veranschaulicht
Thema visuell erfassen, auf Sitzungsinhalte einstellen
Plenum
Visualisierung mit PPP
PPP
8
Regeln der Kollegialen Beratung
Vorstellung der Regeln für die Beratungssituation
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag
PPP
7
Ablauf der Kollegialen Beratung
Vorstellung des Ablaufs der Beratungssituation
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag
PPP
25
Durchführung: Kollegiale Beratung
Proberunde: Kollegiale Beratung, d. h. Trainer übernimmt Rolle des Moderators, Teilnehmer übernehmen die weiteren Rollen
Vorwissen aktivieren, Expertenwissen der Teilnehmer einbringen, Transfer fördern
Kleingruppe
Kollegiale Beratung
PPP Im Handout: »Genauer Ablauf der Kollegialen Beratung« Aufgabenkarten Prozessanzeiger Uhr Spielstein
25
Durchführung: Kollegiale Beratung
Selbstständige Durchführung: Kollegiale Beratung, d. h. alle Rollen werden von den Teilnehmern übernommen
Sicherheit in Kollegialer Beratung gewinnen, Transfer fördern
Kleingruppe
Kollegiale Beratung
PPP Im Handout: »Genauer Ablauf der Kollegialen Beratung« Aufgabenkarten Prozessanzeiger Uhr Spielstein
▼
198
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/Material
3
Zusammenfassung/Reflexion durch Trainer
Sitzungsverlauf zusammenfassen, Zielsetzung wiederholen, Ziel erreicht?
Transfer fördern
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
5
Reflexion und Transfer
»Was nehmen Sie heute mit?«
Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Einzelarbeit
Jeder Teilnehmer soll auf einer Moderationskarte festhalten: 1. Woran möchte ich mich erinnern? 2. Was möchte ich ausprobieren?
Bunte Moderationskarten
5
Feedback für den Trainer
Reaktion und Reflexion der Teilnehmer
Feedback für Trainer, Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Plenum
Blitzlicht
2
Abschluss
Ausblick auf nächste Sitzung
Motivation
Plenum
18.5.5
Trainingsmaterial
PPP
Handout
Mitnehmliste Benötigtes Material
Anzahl
FlipChart-Ständer
1
Moderationsstifte
TN* / 3
Kugelschreiber
TN
Moderationskarten
TN x 2
Aufgabenkarten
Je 2
Prozessanzeiger
2
Uhr
2
Spielstein
2
Eisbox
1
Zu Beginn der Sitzung wird das Handout »Kollegiale Beratung« (TANDEM für professionelle Pflegekräfte) ausgeteilt. Das Handout beinhaltet eine Kurzzusammenfassung sämtlicher Inhalte der Sitzung. Sie finden das Handout und die Visualisierungen als Download im passwortgeschützten Internetbereich zum Buch. www.springer.com/978-3-642-16921-2
18.6
z
Manual: Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation
FC Tagesordnung der Sitzung »Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation«
Klebeband
18
FC »Tagesordnung«
1
DIN A4-Blatt »Zielsetzung«
1
Beamer und Laptop mit PPP 3 »Kollegiale Beratung«
1
Handout »Kollegiale Beratung«
TN + 1
* TN = Anzahl der Teilnehmer
Tagesordnung
▬ ▬ ▬ ▬ ▬
Phantasiereise Herausforderungen Herausforderndes Verhalten verstehen Selbsterfahrung(en) Was nehme ich mit?
199 18.6 · Manual: Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation
Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation
Name des Vortragenden Institut ⊡ Abb. 18.4 PPP: »Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation«
DIN A4-Blatt »Zielsetzung« Ziel: Das Erleben und Verhalten demenzkranker Menschen nachfühlen und nachvollziehen.
18.6.1
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse)
Innerhalb dieser Sitzung erarbeiten die Teilnehmer gemeinsam, wie man das Erleben und Verhalten von Menschen mit Demenz nachfühlen und nachvollziehen kann. Zu Beginn der Sitzung wird ein Überblick über die gesamte Sitzung gegeben, d. h., Tagesordnung und Zielsetzung der Sitzung werden vorgestellt. Den Einstieg in das Thema »Perspektivübernahme« liefert eine Imaginationsübung, in der die Teilnehmer typische Gefühle demenzkranker Menschen erleben sollen. Es folgt eine kurze Sequenz, in der Wissen zu häufigen herausfordernden Stimmungen und Verhaltensweisen von demenzkranken Menschen vermittelt wird. Daraufhin folgt eine Übung, in der die Teilnehmer die Perspektive demenzkranker Menschen übernehmen und erkennen sollen, dass herausforderndes Verhalten häufig »normal und menschlich« ist – und dass es ihnen selbst auch manchmal so geht. Diese Übung aktiviert das Vorwissen, das die Teilnehmer bereits über die Gründe für herausfordernde Verhaltensweisen und Stimmungen von demenzkranken
18
Menschen besitzen. Es folgt ein Abschnitt, in dem die Teilnehmer lernen, welche Faktoren entscheidend sind, um herausfordernde Verhaltensweisen und Stimmungen demenzkranker Menschen ergründen zu können. Das Vorgehen bei der Ergründung herausfordernden Verhaltens wird anhand eines Fallbeispiels veranschaulicht. Daraufhin werden – je nach verbleibender Zeit – eine oder zwei Selbsterfahrungsübungen durchgeführt, in der typische Überforderungssituationen für demenzkranke Menschen simuliert werden, die häufig zu herausfordernden Verhaltensweisen führen. Auch diese Übung zielt darauf ab, die Perspektive eines demenzkranken Menschen zu übernehmen Im Anschluss daran fasst der Trainer die Sitzungsinhalte kurz zusammen und reflektiert sie im Hinblick auf die zu Beginn der Sitzung genannte Zielsetzung. Dies soll den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen und bereitet zudem auf die letzte Übung vor. Die letzte Übung ist eine Einzelübung, in der sich jeder Teilnehmer mit Hilfe des Handouts Gedanken macht, was ihm an der heutigen Sitzung besonders wichtig war, welche der gelernten Inhalte und Erfahrungen er »mit in den Alltag nehmen möchte« und welche Möglichkeiten es hierfür gibt. Diese Abschlussübung dient dazu, den Transfer der Trainingsinhalte in den Alltag zu erleichtern, in dem erste konkrete Schritte der Umsetzung individuell durchdacht und festgehalten werden. Ein abschließendes Blitzlicht bietet dem Trainer die Möglichkeit, in kurzer Zeit ein Feedback zum Trainingserfolg und zur Zufriedenheit der Gruppe zu erhalten. Weiterhin kann ein Blitzlicht auch zusätzlich den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen. Zum Abschluss der Sitzung sollte auf die Inhalte der nächsten Sitzung verwiesen werden, um die Teilnehmer hierfür zu motivieren. Falls am Ende der Sitzung noch Zeit verbleibt, kann diese für Ergänzungen und Diskussionsbedarf genutzt werden.
18.6.2
Lernziele
Die zu beschreibende Sitzung gehört zu dem Modul »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« und bearbeitet das Thema Perspektivübernahme
200
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
bzw. Verhalten als Kommunikation. Das heißt in Bezug auf das TANDEM Kommunikationsmodell (⊡ Abb.5.2) geht es in dieser Sitzung darum, zu lernen, wie man die Beziehungs- oder Gefühlsbotschaft demenzkranker Menschen verstehen bzw. wie man »zwischen den Zeilen« lesen kann. Die Teilnehmer lernen, welche herausfordernden Stimmungen und Verhaltensweisen bei Menschen mit Demenz häufig auftreten. Sie erfahren in Übungen, wie in bestimmten Situationen herausfordernde Stimmungen und Verhaltensweisen auch bei ihnen selbst entstehen können und erarbeiten gemeinsam, wie man herausfordernde Stimmungen und Verhaltensweisen von demenzkranken Menschen nachvollziehen kann. Das Ziel dieser Sitzung lautet: Lernziele Das Erleben und Verhalten demenzkranker Menschen nachfühlen und nachvollziehen.
18.6.3
Geplanter Verlauf
Die Power Point Präsentation (⊡ Abb. 18.4) leitet durch die Sitzung. Jeder Schritt wird mit einer Präsentationsfolie eingeleitet, so dass der Trainer sich bei der Durchführung ganz einfach an den Folien »entlang hangeln« kann. Der Verlauf der Sitzung wird im Folgenden im kurzen Gesamtüberblick dargestellt, in Klammern finden sich jeweils die Verweise zu den Inhalten, Übungen, Instruktionen oder Materialien, die in dem jeweiligen Abschnitt zur Anwendung kommen. Zu allen Punkten gibt es auch mindestens eine Folie in der Power Point Präsentation. 1. Einstieg in die Sitzung – Begrüßung
18
– Tagesordnung – Zielsetzung 2. Einstieg ins Thema – Geschichte »Perspektivübernahme« ( Abschn. 18.6.5) – Fantasiereise ( Abschn. 18.6.5) 3. Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation – Herausforderungen ( Abschn. 5.4.1) – Übung »Perspektivübernahme« ( Abschn. 18.6.5) – Erfahrungsaustausch »Perspektivübernahme« ( Abschn. 18.6.5) – Gründe für herausfordernde Stimmungen und Verhaltensweisen (NDB-Modell und Fallbeispiel) ( Abschn. 5.4.2; Abschn. 5.4.3) – Selbsterfahrung(en) ( Abschn. 18.6.5) 4. Ausstieg aus der Sitzung – Zusammenfassung und Reflexion durch Trainer ( Abschn. 13.6) – Reflexion und Transfer »Was nehme ich mit?« ( Abschn. 13.7) – Feedback für den Trainer: Blitzlicht ( Abschn. 13.8) – Abschluss ( Abschn. 13.9)
18.6.4
Sequenzplan der Sitzung »Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation« (90 Minuten)
z
Vorbereitung
▬ ▬ ▬ ▬
Handout vor Beginn der Sitzung austeilen FlipChart »Tagesordnung« aufhängen Beamer und Laptop vorbereiten Platz schaffen für Rollenspiele
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/ Material
5
Begrüßung
Thema, Handout, Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
Überblick über den Ablauf
Plenum
Vortrag
Handout FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
1 ▼
Einstieg »Geschichte«
Geschichte »Perspektivübernahme«
Auflockerung, ins Thema einfühlen
18
201 18.6 · Manual: Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/ Material
10
Einstieg »Fantasiereise«
Fantasiereise
Typische Gefühle eines Demenzkranken erleben
Plenum
Vorlesen/Imaginationsübung Diskussion
Anweisung Fantasiereise
4
Herausfordernde Stimmungen und Verhaltensweisen
Aggression, Depressivität, Angst, Davonlaufen, Nächtliche Unruhe, Apathie, Misstrauen, Halluzinationen
Wissen vermitteln, Herausfordernde Verhaltensweisen kennen
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP
15
Übung »Perspektivübernahme«
Perspektivübernahme: Herausfordernde Stimmungen und Verhaltensweisen
Vorwissen aktiveren, herausforderndes Verhalten Demenzkranker nachfühlen
Einzelarbeit
Übung
Übungsblatt Perspektivübernahme im Handout
15
Erfahrungsaustausch »Perspektivübernahme«
Besprechung der Ergebnisse der Einzelarbeit: Austausch über »eigene« herausfordernde Verhaltensweisen«
Herausforderndes Verhalten als »normal und menschlich« erkennen
Kleingruppe
Erfahrungsaustausch
5
Pause
8
Gründe für herausfordernde Stimmungen und Verhaltensweisen
Gründe für herausfordernde Stimmungen und Verhaltensweisen, NDB-Modell, Fallbeispiel
Herausforderndes Verhalten Demenzkranker verstehen
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP, Handout
12
Selbsterfahrung(en)
Eine oder zwei Selbsterfahrungsübungen werden durchgeführt
Perspektive übernehmen
Plenum
Rollenspiel, Anschließend: Erfahrungsaustausch
Anweisung Selbsterfahrungsübungen
3
Zusammenfassung/Reflexion durch Trainer
Sitzungsverlauf zusammenfassen, Zielsetzung wiederholen, Ziel erreicht?
Transfer fördern
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
5
Reflexion und Transfer
»Was nehmen Sie heute mit?«
Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Einzelarbeit
Jeder Teilnehmer soll auf einer Moderationskarte festhalten: 1. Woran möchte ich mich erinnern? 2. Was möchte ich ausprobieren?
Bunte Moderationskarten
5
Feedback für den Trainer
Reaktion und Reflexion der Teilnehmer
Feedback für Trainer, Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Plenum
Blitzlicht
2
Abschluss
Ausblick auf nächste Sitzung
Motivation
Plenum
PPP
202
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
18.6.5
I
Trainingsmaterial
Die beiden Freunde Fritz und Franz unterhalten sich. Fritz erzählt: »Oh weh, seit einiger Zeit habe ich wirklich Probleme mit dem Sehen. Alles ist irgendwie unscharf.« Antwortet Franz: »Ach kein Problem, das gleiche Problem hatte ich auch. Hier, ich schenke dir meine Brille. Ich sehe damit ganz hervorragend.«
Mitnehmliste Benötigtes Material
Anzahl
FlipChart-Ständer
1
Moderationsstifte
TN* / 3
Eisbox
1
Klebeband
1
Kugelschreiber
TN
Moderationskarten, Pinwand-Nadeln
TN x 2
FC »Tagesordnung«
1
DIN A4-Blatt »Zielsetzung«
1
Anweisung »Fantasiereise«
1
Beamer und Laptop mit PPP 4 »Perspektivübernahme«
1
Handout »Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation«
TN + 1
Anweisung »Selbsterfahrungsübungen«
1
* TN = Anzahl der Teilnehmer
Handout Zu Beginn der Sitzung wird das gesamte Handout »Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation« (TANDEM für professionelle Pflegekräfte) ausgeteilt. Das Handout beinhaltet eine Kurzzusammenfassung sämtlicher Inhalte der Sitzung. Zudem beinhaltet es die Anweisungen für die Übungen, die von den Teilnehmern durchgeführt werden sollen.
I
Eine Brille, durch die die eine Person gut und klar sieht, kann für eine andere Person die Sicht ganz unklar und unscharf machen. Was heißt das in Bezug auf unser heutiges Thema? Auch wenn ein Mensch mit Demenz stundenlang erzählen könnte, würde sein Gesprächspartner niemals ein ebenso guter Experte für das Leben des Menschen mit Demenz, seine Sichtweise und Problemlage, seine aktuelle Stimmung und Situation werden wie der Erzähler selbst. Auch wenn wir bildlich gesprochen versuchen, seine Brille aufzusetzen, um seine Perspektive übernehmen und die Welt aus seinen Augen sehen zu können, so sieht für uns die Welt durch diese Brille doch ganz anders und unscharf aus. Beim Versuch, die Perspektive eines anderen Menschen zu übernehmen, gilt daher immer: > Jeder Mensch hat einen guten Grund für seine Standpunkte und Verhaltensweisen. Durch seine Brille sieht er seine Welt klar und deutlich. Durch seine Brille ist sein Handeln für ihn verständlich und begründet.
Auch wenn uns nach allen Versuchen, die Perspektive des Menschen mit Demenz zu übernehmen, sein Verhalten noch unverständlich erscheint, müssen wir doch immer davon ausgehen, dass aus seinen Augen bzw. durch seine Brille sein Verhalten einen guten Grund hat. :
Übungen z
18
Geschichte »Perspektivübernahme«
Zur Auflockerung und zum Einfühlen ins Thema »Perspektivübernahme« kann die Sitzung mit einer kurzen Geschichte begonnen werden, die mit der folgenden Instruktion vorgestellt werden kann (⊡ Folie 3, PPP 4, TANDEM für professionelle Pflegekräfte): ; Die heutige Sitzung möchte ich mit einer kleinen Geschichte beginnen:
z
Fantasiereise
Die Teilnehmer einer Fantasiereise liegen entweder auf einer weichen Unterlage auf dem Boden oder sitzen angelehnt auf einem bequemen Stuhl. Manchen Teilnehmern fällt es schwer, sich auf eine Fantasiereise einzulassen. Die Freiwilligkeit der Teilnahme sollte selbstverständlich sein. Bei Personen, die eine solche Übung zum ersten Mal machen, sollte im Voraus darüber informiert werden,
203 18.6 · Manual: Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation
wie die Übung abläuft, wie lange sie etwa dauern wird und was danach geplant ist. Eine mögliche Instruktion hierfür ist: ; Wir steigen in das Thema »Perspektivübernahme« ein mit einer Fantasiereise. Die Fantasiereise wird etwa 5 Minuten dauern. In dieser Zeit können Sie sich bequem auf Ihren Stuhl setzen, sich anlehnen, Arme und Beine nicht überkreuzen, die Schultern entspannt hängen lassen und die Augen schließen. Ich werde Ihnen dann langsam einen Text vorlesen, der Sie auf eine Fantasiereise mitnehmen soll. Ich werde immer wieder Pausen machen, damit Sie Zeit haben, sich das Vorgelesene vorzustellen. Es wird keine entspannende Fantasiereise sein, wie sie manche von Ihnen vielleicht kennen. Heute geht es um eine Fantasiereise zur Perspektivübernahme. Nach der Fantasiereise werden wir über Ihre Erfahrungen während der Übung sprechen. Sind Sie bereit, sich auf die Fantasiereise einzulassen? (Abwarten, ob Teilnehmer nicht an der Fantasiereise teilnehmen wollen. Die Teilnahme muss freiwillig sein.) Wenn alle bereit sind, dann fangen wir jetzt an. : Anweisung
Die Fantasiereise sollte langsam und deutlich vorgelesen werden. Am Ende jedes Absatzes sollte eine Pause gemacht werden. Die Länge der Pausen liegt im Ermessen des Vorlesers, sollte aber für die hier verwendete Fantasiereise mindestens 5 Sekunden und höchstens 15 Sekunden dauern. Die Stimme sollte hierbei natürlich bleiben und der Text kann dem eigenen Sprachgebrauch und Redestil angepasst werden. Der Vorleser sollte sein Sprechtempo und die Länge der Pausen richtig einschätzen können. Am besten üben Sie den Text zuvor mit einer Person Ihres Vertrauens ein und lassen sich Rückmeldung geben, ob Geschwindigkeit und Pausenlänge angenehm waren und ausgereicht haben, um sich in die Szene einzufühlen. Die folgende Instruktion führt durch die Fantasiereise: ; Setzen Sie sich entspannt und bequem auf Ihren Stuhl, so dass nichts zwickt oder kneift, lehnen Sie sich an, lassen Arme und Beine locker, ohne sie zu überkreuzen und schließen Sie die Augen. Atmen Sie dreimal tief durch die Nase ein…und langsam durch den Mund aus…ein…und aus…
18
▬ Stellen Sie sich vor, es ist Samstagnacht. ▬ Sie liegen zuhause in Ihrem Bett im Halbschlaf. ▬ Sie spüren die Decke auf Ihrem Körper – auf Ihren Beinen, auf Ihren Armen. ▬ Ihr Körper ist ganz warm. ▬ Sie hören Ihren eigenen Atem. Sie hören, wie Sie langsam ein – und aus atmen. Ein – und aus… ▬ Sie hören das Ticken Ihrer Uhr. ▬ Sie schauen verschlafen ins Halbdunkel. ▬ Sie sehen die Konturen Ihres Zimmers. Die Decke, die Wände, das Fenster. ▬ Sie haben heute Frühschicht. ▬ Um 7 Uhr beginnt Ihr Arbeitstag. ▬ Heute haben zwei Bewohner Geburtstag. Es haben sich viele Angehörige angemeldet. ▬ Ein einflussreicher Angehöriger hat sich nach dem letzten Besuch über den Zustand seines erkrankten Familienmitglieds beklagt. Er sei ungepflegt, die Pflege lasse zu wünschen übrig. ▬ Die Heimleitung hat Ihnen den Auftrag gegeben, diesen Bewohner heute besonders zu versorgen. ▬ Gerade heute hat sich aber Ihre Kollegin krank gemeldet. Für eine besondere Betreuung wird die Zeit nicht reichen. ▬ Sie sind unruhig. ▬ Sie überlegen, ob Sie heute früher zur Arbeit gehen sollen, um Zeit zu gewinnen. ▬ Mit halb geöffnetem Auge werfen Sie einen Blick auf die Uhr: 7 Uhr! ▬ Oh nein…der Wecker muss stehen geblieben sein! ▬ Sie müssen sofort zur Arbeit! ▬ Sie springen auf, werfen sich Ihre Kleidung über und laufen los! ▬ Frühstück und Morgenwäsche muss heute ausfallen. ▬ Nur schnell zur Tür raus. Schnell, schnell, schnell! Es ist keine Zeit zu verlieren. ▬ Sie reißen die Tür auf und rennen los! ▬ Da…plötzlich stürzen sich zwei Fremde auf Sie! ▬ Zwei junge Damen, die Sie noch nie gesehen haben. Sie halten Sie fest und reden auf Sie ein, halten Ihnen die Tür zu. ▬ Sie verstehen die Worte der Damen nicht. Es erscheint Ihnen wie eine fremde Sprache. Sie
204
▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬
▬
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
spüren, dass die Damen streng mit Ihnen sind. Die Damen halten Sie fest, halten die Tür zu, es ist unruhig. Sie wehren sich. Diese Damen müssen Einbrecher sein. Was machen die hier in Ihrem Haus? Und was fällt ihnen ein? Sie hören die Heimleitung schon schimpfen, weil Sie zu spät kommen. Sie schreien die Damen an: »Wer sind Sie? Was machen Sie hier? Ich muss zur Arbeit! Lassen Sie mich vorbei!« Verzweiflung macht sich breit. Die Damen reagieren nicht auf Ihre Worte und scheinen Sie nicht zu verstehen. Die Damen hören Ihnen nicht zu. Sie wiederholen erneut: »Bitte, lassen Sie mich vorbei. Ich muss zur Arbeit.« Sie hören Ihre eigene Stimme, wie sie undeutlich und schwach klingt, wie in einem Alptraum. Über der Tür blinkt ein rotes Licht. Sie werden zu spät kommen. Die Zeit rennt. Sie werden Ärger bekommen. Und Sie können nichts dagegen tun. Sie fühlen sich hilflos, Sie haben Angst, Sie sind allein. Sie hören eine der Damen sagen: »Frau Müller wollte wieder die Station verlassen. Sie ist verwirrt. Sie glaubt, dass sie zur Arbeit muss. Die Medikamente scheinen nicht zu wirken.« - Pause – langsam in Gedanken bis 5 zählen.
Kommen Sie nun langsam wieder zurück in den Trainingsraum. Nehmen Sie die Geräusche in Ihrer Umgebung wahr. Atmen Sie ein paar Mal tief ein und aus. Öffnen Sie die Augen, machen Sie mit beiden Händen eine Faust – lockern Sie diese wieder. Recken und strecken Sie die Arme. : Diskussion der Fantasiereise
18
Im Anschluss an die Fantasiereise sollten 5 Minuten eingeplant werden, um das Erlebte zu besprechen. Hierfür kann die folgende Zuruffrage gestellt werden: ; Wie ist es Ihnen ergangen? Wie haben Sie die Situation wahrgenommen? Welche Gefühle hatten Sie? :
Genannte Stimmungen, Gefühle, Wünsche, Verhaltensweisen o. Ä. der Teilnehmer können auf einem FlipChart festgehalten werden. Erklärung
; Sie sind also gerade in die Rolle eines demenzkranken Altenpflegeheimbewohners hineingeschlüpft. Ein Bewohner, der nachts erwacht, verwirrt ist, keine Orientierung zu Ort und Zeit hat. Er versteht seine Umgebung nicht. Er versteht die Informationen nicht, die die Pflegekräfte ihm geben wollen. Er ist als Empfänger der Informationen völlig überfordert. Sie haben also gerade erfahren, wie hilflos man sich fühlt, wenn man seine Umgebung nicht versteht. Manche Personen reagieren auf diese Situation mit Traurigkeit, andere mit Aggression, wieder andere mit einem Rückzug in sich selbst. Das sind alles Gefühle und Verhaltensweisen, die wir häufig bei Menschen mit Demenz beobachten können. : Falls die Sitzung »Perspektivübernahme« auf versorgende Angehörige übertragen wird, sollte die Fantasiereise nicht (!) durchgeführt werden. z
Übung »Perspektivübernahme«
In der Übung Perspektivübernahme sollen die Teilnehmer die Perspektive demenzkranker Menschen übernehmen und erkennen, dass herausforderndes Verhalten häufig »normal und menschlich« ist – und dass es ihnen selbst auch manchmal so geht. ⊡ Folie 6, PPP 4, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Diese Übung aktiviert das Vorwissen, das die Teilnehmer bereits über die Gründe für herausfordernde Verhaltensweisen und Stimmungen von demenzkranken Menschen besitzen. Die Übung kann mit der folgenden Instruktion eingeleitet werden: ; Auf den Seiten X in Ihrem Handout finden Sie eine Übung zu Perspektivübernahme. Diese Übung wird in Einzelarbeit durchgeführt. In der ersten Spalte sind jeweils Stimmungen und Verhaltensweisen beschrieben. Im ersten Schritt sollen Sie sich überlegen, ob Sie diese Stimmungen oder Verhaltensweisen von sich selbst kennen und wenn ja, wie diese ausgelöst wurden bzw. ausgelöst werden können. Im zweiten Schritt sollen Sie sich überlegen, was diese Stimmungen und Verhaltens-
205 18.6 · Manual: Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation
weisen bei einem Menschen mit Demenz auslösen könnte. Für diese Einzelarbeit teilen wir die Gruppe in zwei Teile, die Gruppe links (Hälfte der Gruppe abzählen und ausdeuten) füllt selbstständig und in Einzelarbeit den Übungsteil 1 zu den herausfordernden Stimmungen aus, die Gruppe
Herausfordernde Stimmungen
18
rechts (andere Hälfte der Gruppe ausdeuten) füllt selbstständig und in Einzelarbeit den Übungsteil 2 zu den herausfordernden Verhaltensweisen aus. Sie haben für die Übung 15 Minuten Zeit. Im Anschluss an die Übung werden wir uns über Ihre Arbeitsergebnisse austauschen. :
Ging es mir auch schon einmal so? Was hat bei mir diese Stimmung ausgelöst?
Was könnte diese Stimmung bei Menschen mit Demenz auslösen?
Habe ich mich auch schon so verhalten? Was hat bei mir dieses Verhalten ausgelöst?
Was könnte dieses Verhalten bei Demenzkranken auslösen?
Aggression Aggression kann sich auf Worte beschränken: schimpfen, fluchen, beschuldigen; sie kann sich aber auch in Taten äußern: an den Haaren ziehen, schreien, zwicken, schlagen, spucken Depressivität Depressivität ist ein anderer Ausdruck für Niedergeschlagenheit; gemeint ist hier nicht das Krankheitsbild »Depression«, sondern eine schwächere Form der Niedergeschlagenheit, die unerwartet auftritt Angst Die Betroffenen merken, dass sie sich verändern, dass »irgendetwas« nicht stimmt; sie haben Angst vor gewohnten und ungewohnten Situationen
Herausfordernde Verhaltensweisen
Davonlaufen Die Person verspürt einen ständigen Drang zum Weggehen und zu glückenden oder missglückenden Versuchen, die Wohnung zu verlassen Nächtliche Unruhe Nachts tritt bei einigen Personen eine starke Unruhe auf; die Person steht auf und »spukt herum«; der Schlaf wird dann häufig tagsüber nachgeholt, also zu der Zeit, in der in der Regel Aktivitäten stattfinden; das führt dazu, dass die Person in der nächsten Nacht so ausgeschlafen und unausgelastet ist, dass sie wieder »herum spuken« wird Passivität/Apathie Früheren Tätigkeiten wird nicht mehr nachgegangen; die Person ist passiv und hat keine Initiative; diese Passivität führt nicht selten zu Langeweile und zu schlechter Laune
206
z
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Erfahrungsaustausch »Perspektivübernahme«
Im Anschluss an die Einzelarbeit kann ein Erfahrungsaustausch erfolgen, in dem jeder Teilnehmer möglichst eine Stimmung oder Verhaltensweise vorstellt, die er selbst schon einmal erlebt hat, um daraufhin zu berichten, welchen Auslöser er bei sich selbst festgestellt und welche Auslöser er bei Menschen mit Demenz vermutet hat. Der Erfahrungsaustausch kann entweder reihum erfolgen, damit sichergestellt ist, dass jeder sich einbringt, kann aber auch als Zuruffrage gemeinsam und dynamisch im Plenum erfolgen. Eine mögliche Instruktion für einen Erfahrungsaustausch, der reihum durchgeführt wird, ist: ; Welche Erfahrungen haben Sie in der Übung gemacht? Reihum hat nun jeder von Ihnen die Möglichkeit, eine der aufgeführten Stimmungen oder Verhaltensweisen zu benennen, die er selbst schon einmal erlebt hat. Jeder von Ihnen kann kurz der Gruppe mitteilen, welche Auslöser er für ein bestimmtes Verhalten oder eine bestimmte Stimmung bei sich selbst festgestellt hat und was er vermutet, was solche Verhaltensweisen bei Menschen
18
mit Demenz auslösen könnte. Sie können selbst wählen, welche Stimmung oder welches Verhalten Sie vorstellen möchten. Wer seine Erfahrungen lieber nicht mitteilen möchte, kann das Wort auch einfach nur an den nächsten weitergeben. Die Beiträge werden von den anderen nicht kommentiert, jeder darf ausreden. : Bevor der Erfahrungsaustausch durchgeführt wird, sollte die Gruppe gefragt werden, ob sie damit einverstanden ist, einen Erfahrungsaustausch durchzuführen. Niemand sollte verpflichtet werden, Erfahrungen preis zu geben. Die Beteiligung am Erfahrungsaustausch muss freiwillig sein. z
Anweisung: Selbsterfahrungsübungen
Für die Selbsterfahrungsübungen geht jeweils ein Trainingsteilnehmer vor die Tür. Sowohl der Teilnehmer vor der Tür als auch die restliche Gruppe erhalten eine Instruktion vom Trainer (siehe Tabelle). Weder Selbsterfahrer noch Gruppe erhalten die Information, welche Situation hier simuliert werden soll. Diese Information wird erst im Anschluss an die jeweilige Selbsterfahrungsübung gegeben.
Simulierte Situation
Instruktion des Selbsterfahrers
Instruktion der Gruppe
1. Gesprächsbeginn eines Menschen mit Demenz wird ignoriert (z. B. wiederkehrende Frage)
Der Selbsterfahrer soll die anderen Teilnehmer fragen, wie es ihnen geht
Die Gruppe soll im Raum herumlaufen; wenn der Selbsterfahrer sie anspricht, sollen sie ihn ignorieren
2. Reizüberflutung eines Menschen mit Demenz durch zu viele Störquellen (z. B. zeitgleich eigener Gesprächspartner, Radio, Gespräche von anderen Bewohnern, Pflegern oder Besuchern)
Der Selbsterfahrer soll sich still auf einen Stuhl setzen und soll versuchen, die für ihn relevante Information herauszuhören und nur auf diese zu reagieren
Die Gruppe soll auf den Selbsterfahrer einreden – alle gleichzeitig: 2 Teilnehmer sollen ihn fragen, was er gestern zu Mittag gegessen hat (Simulation der eigenen Gesprächspartner) 2 Teilnehmer sollen singen (RadioSimulation) 2 Teilnehmer unterhalten sich miteinander laut über das Wetter (Simulation der Gespräche von anderen Bewohnern, Pflegern oder Besuchern)
3. Überforderung eines Menschen mit Demenz durch die gleichzeitige Bearbeitung mehrerer Aufgaben
Der Selbsterfahrer soll ein Kreuzworträtsel lösen und gleichzeitig versuchen, alle Fragen zu beantworten, die ihm gestellt werden
Die Gruppe soll ihm ständig Fragen stellen, z. B.: »Warum löst du das Kreuzworträtsel? Weshalb verwendest du einen schwarzen Stift? Wieso antwortest du nicht auf meine Frage? Was hast du gestern zu Mittag gegessen/vorgestern zu Abend gegessen?« usw.
207 18.7 · Manual: Menschen mit Demenz als Sender
Im Anschluss an die Selbsterfahrungsübung sollte den Teilnehmern Zeit eingeräumt werden, sich über ihre Erfahrungen im Plenum auszutauschen. Falls die Sitzung »Perspektivübernahme« auf versorgende Angehörige übertragen wird, sollten die Selbsterfahrungsübungen nicht (!) durchgeführt werden.
18.7
Manual: Menschen mit Demenz als Sender
Für professionelle Pflegekräfte z FC Tagesordnung der Sitzung »Menschen mit Demenz als Sender«
Tagesordnung
▬ ▬ ▬ ▬ ▬
Grundgedanken Kommunikationsmodell Stärken und Schwächen beim Senden Strategien Was nehme ich mit?
DIN A4-Blatt »Zielsetzung« Sicherheit darin gewinnen, demenzkranken Menschen das Senden von Informationen zu erleichtern / ermöglichen.
Menschen mit Demenz als Sender
Name des Vortragenden Institut ⊡ Abb. 18.5 PPP Menschen mit Demenz als Sender
18.7.1
18
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse)
In dieser Sitzung erarbeiten die Teilnehmer gemeinsam, wie sie Menschen mit Demenz das Senden von Informationen erleichtern bzw. ermöglichen können. Zu Beginn der Sitzung wird ein Überblick über die gesamte Sitzung gegeben, d. h., die Tagesordnung und die Zielsetzung werden vorgestellt. Im Folgenden sollen die Grundgedanken der Trainingssitzung vorgestellt werden, wobei insbesondere das Expertentum der Teilnehmer und die Notwendigkeit, individuelle Strategien zu finden, verdeutlicht werden sollen. Hiermit wird die Motivation der Teilnehmer zur aktiven Mitarbeit im Training gefördert. Den Einstieg in das Thema »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« liefert das Spiel »Stille Post«. Hiermit soll zum einen für Auflockerung und eine positive Stimmung unter den Teilnehmern gesorgt werden. Zudem sollen die Teilnehmer selbst die Erfahrung machen, dass Kommunikation auch bei gesunden Menschen nicht einfach ist und bestimmte Schwierigkeiten birgt. Im Folgenden wird das »Kommunikationsmodell« vorgestellt, das dem Modul »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« zugrunde liegt. Es folgt ein Vortrag des Trainers zum Thema »Stärken und Schwächen von demenzkranken Menschen als Sender von Informationen«. Um den Transfer der Inhalte bereits bei der Wissensvermittlung zu fördern, sollten stets praktische und alltagsnahe Beispiele in den Vortrag eingebaut werden. Falls es die Zeit zulässt, ist es zudem transferförderlich, wenn den Teilnehmern Raum gegeben wird, eigene Beispiele zu berichten. Diese können im Abschnitt »Strategien« wieder aufgegriffen werden. Anschließend erarbeiten die Teilnehmer gemeinsam Strategien, mit Hilfe derer demenzkranken Menschen das Senden von Informationen erleichtert werden kann. In Kleingruppenarbeit soll eine typische Problemstellung aus dem Pflegealltag bearbeitet werden. Dies dient zum einen dazu, das bestehende Vorwissen zu aktivieren und das Expertenwissen der Teilnehmer in das Training einzubringen. Gleichzeitig soll mit dem sehr praxisnahen Beispiel der Transfer in den Alltag gefördert werden.
208
18
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Im Anschluss stellen die Kleingruppen ihre Arbeitsergebnisse nacheinander am FlipChart im Plenum vor. Die Wissensvermittlung zum Thema »Strategien« erfolgt also sozusagen durch die Teilnehmer selbst, die voneinander lernen. Die Übung wird bewusst vor der Wissensvermittlung durchgeführt, da die Teilnehmer somit nicht mit Dingen »gelangweilt« werden, die sie schon wissen. Vielmehr lernen die Teilnehmer voneinander – und bekräftigen sich gegenseitig in ihren individuellen Herangehensweisen. Somit wird bestehendes Vorwissen bestätigt, gefestigt und erweitert. Im Anschluss an die Präsentationen der Teilnehmer fasst der Trainer die gefundenen Strategien noch einmal zusammen und bestätigt sie. Bei Bedarf können wichtige weitere Strategien, die von den Teilnehmern noch nicht genannt wurden, ergänzt werden. Der Trainer sollte im spezifischen Fall entscheiden, ob er eine Ergänzung für notwendig hält oder ob eventuell ein Verweis auf die Strategien im Handout ausreicht. In jedem Fall sollte jedoch die Strategie »Gesprächsstützen« und insbesondere das »Erinnerungsalbum« näher erläutert werden, da diese Strategien nicht als Vorwissen erwartet werden können. Eine Kopiervorlage für das Handout »Erinnerungsalbum« wird den Teilnehmern separat ausgeteilt, sodass sie dieses an interessierte Angehörige weitergeben können. Im Anschluss daran fasst der Trainer die Sitzungsinhalte kurz zusammen und reflektiert sie im Hinblick auf die zu Beginn der Sitzung genannte Zielsetzung. Dies soll den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen und bereitet zudem auf die letzte Übung vor. Die letzte Übung ist eine Einzelübung, in der sich jeder Teilnehmer mit Hilfe des Handouts Gedanken macht, welche der erarbeiteten Strategien er persönlich in nächster Zeit anwenden möchte, welche der gelernten Inhalte er »mit in den Alltag nehmen möchte«. Diese Abschlussübung dient dazu, den Transfer der Trainingsinhalte in den Alltag zu erleichtern, in dem erste konkrete Schritte der Umsetzung individuell durchdacht und festgehalten werden. Ein abschließendes Blitzlicht bietet dem Trainer die Möglichkeit, in kurzer Zeit ein Feedback zum Trainingserfolg und zur Zufriedenheit der Gruppe zu erhalten. Weiterhin kann ein Blitzlicht auch zusätzlich den Transfer und die
Reflexion der Trainingsinhalte anregen. Zum Abschluss der Sitzung sollte auf die Inhalte der nächsten Sitzung verwiesen werden, um die Teilnehmer hierfür zu motivieren. Falls am Ende der Sitzung noch Zeit verbleibt, kann diese für Ergänzungen und Diskussionsbedarf genutzt werden.
18.7.2
Lernziele
In der zu beschreibenden Sitzung geht es um das Thema Kommunikation mit demenzkranken Menschen als Sender von Informationen. Gemeinsam wird erarbeitet, wie Pflegekräfte einem Menschen mit Demenz das Senden einer Nachricht erleichtern bzw. ermöglichen können. Die Teilnehmer sollen in der Sitzung krankheitsbedingte Stärken und Schwächen von Menschen mit Demenz beim Senden von Informationen kennen lernen. Und sie sollen in Übungen und Erfahrungsaustausch gemeinsam erarbeiten, wie man die Stärken fördern und die Schwächen umgehen kann. Ziel dieser Sitzung ist: Lernziele Sicherheit darin gewinnen, demenzkranken Menschen das Senden von Informationen zu erleichtern/ ermöglichen.
18.7.3
Geplanter Verlauf
Die Power Point Präsentation leitet durch die Sitzung. Jeder Schritt wird mit einer Präsentationsfolie eingeleitet, so dass der Trainer sich bei der Durchführung ganz einfach an den Folien »entlang hangeln« kann. Der Verlauf der Sitzung wird im Folgenden im kurzen Gesamtüberblick dargestellt, in Klammern finden sich jeweils die Verweise zu den Inhalten, Übungen, Instruktionen oder Materialien, die in dem jeweiligen Abschnitt zur Anwendung kommen. Zu allen Punkten gibt es mindestens eine Folie in der Power Point Präsentation. 1. Einstieg in die Sitzung – Begrüßung – Tagesordnung – Zielsetzung
18
209 18.7 · Manual: Menschen mit Demenz als Sender
2. Einstieg ins Thema – Grundgedanken ( Kap. 3) – Einstiegsübung Stille Post ( Abschn. 18.7.5) – Kommunikationsmodell ( Abschn. 5.1) 3. Demenzkranke Menschen als Sender von Informationen ( Abschn. 5.2) – Sender: Stärken und Schwächen ( Abschn. 5.2.1) – »Neue Erinnerung« ( 5.7, 5.8) – Problemstellung bearbeiten ( Abschn. 18.7.5) – Präsentation der Problemlösung ( Abschn. 18.7.5) – Strategie: Gesprächsstützen ( Abschn. 5.2.2) – Erinnerungsalbum ( Abschn. 5.2.2) 4. Ausstieg aus der Sitzung – Zusammenfassung und Reflexion durch Trainer ( Abschn. 13.6)
– Reflexion und Transfer »Was nehme ich mit?« ( Abschn. 13.7) – Feedback für den Trainer: Blitzlicht ( Abschn. 13.8) – Abschluss ( Abschn. 13.9)
18.7.4
Sequenzplan der Sitzung »Menschen mit Demenz als Sender« (90 Minuten)
z
Vorbereitung
▬ ▬ ▬ ▬
Handout vor Beginn der Sitzung austeilen FlipChart »Tagesordnung« aufhängen Beamer und Laptop vorbereiten 2–3 FC »Senden« und je einen Moderationsstift an 2–3 Tischen im Raum möglichst entfernt voneinander verteilen für Gruppenübung.
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/Material
5
Begrüßung
Thema, Handout, Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
Überblick über den Ablauf
Plenum
Vortrag
Handout FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
7
Einstieg »Stille Post«
Instruktion »Stille Post«
Auflockerung, Selbsterfahrung
Plenum
Spiel
3
Grundgedanken
Einzigartigkeit und Expertentum
Motivation zur aktiven Mitarbeit
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
5
Kommunikationsmodell
Schrittweise Erläuterung des Kommunikationsmodells
Wissen vermitteln
Plenum
Visualisierung mit PPP: Bausteine des Modells werden Schritt für Schritt erläutert
PPP
10
Sender: Stärken und Schwächen
Stärken und Schwächen von Demenzkranken als Sender von Informationen
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP
5
»Neue Erinnerung«
Was passiert im Gehirn?
Wissen vermitteln
Plenum
Visualisierung mit PPP
PPP
5 ▼
Pause
210
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/Material
15
Problemstellung bearbeiten
Bearbeitung eines fiktiven Fallbeispiels: Gruppenübung »Darbietung«
Vorwissen aktivieren, Expertenwissen der Teilnehmer einbringen, Transfer fördern
Kleingruppe
Problembearbeitung: 2 – 3 Kleingruppen setzen sich möglichst so zusammen, dass sie ungestört arbeiten können; alle bearbeiten die gleiche Problemstellung
Im Handout: »Darbietung: Gruppenübung« 2–3 FC »Senden«
15
Präsentation der Problemlösung
Strategien: Demenzkranker als Sender von Informationen
Vorwissen bestätigen, festigen, vertiefen und erweitern
Plenum
Präsentation: Kleingruppen stellen ihre Ergebnisse visualisiert mit FC vor; Trainer benennt und bekräftigt die gefundenen Strategien, ergänzt eventuell weitere
2–3 FC »Senden« (beschriftet von Teilnehmern)
5
Strategie: Gesprächsstützen
Gesprächsstützen und v. a. Erinnerungsalbum vorstellen
Wissen vermitteln, an Vorwissen anknüpfen
Plenum
Vortrag, auf Kopiervorlage verweisen
Kopiervorlage »Erinnerungsalbum«
3
Zusammenfassung/Reflexion durch Trainer
Sitzungsverlauf zusammenfassen, Zielsetzung wiederholen, Ziel erreicht?
Transfer fördern
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt »Zielsetzung«
5
Reflexion und Transfer
»Was nehmen Sie heute mit?«
Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Einzelarbeit
Jeder Teilnehmer soll auf einer Moderationskarte festhalten: 1. Woran möchte ich mich erinnern? 2. Welche Strategien möchte ich ausprobieren?
Bunte Moderationskarten
5
Feedback für den Trainer
Reaktion und Reflexion der Teilnehmer
Feedback für Trainer, Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Plenum
Blitzlicht
2
Abschluss
Ausblick auf nächste Sitzung
Motivation
Plenum
18
PPP
211 18.7 · Manual: Menschen mit Demenz als Sender
18.7.5
Trainingsmaterial
Mitnehmliste Benötigtes Material FlipChart-Ständer
Anzahl 1
Moderationsstifte
TN* / 3
Eisbox
1
Klebeband
1
Kugelschreiber
TN
Moderationskarten, Pinwand-Nadeln
TN x 2
FC »Tagesordnung«
1
DIN A4-Blatt »Zielsetzung«
1
Beamer und Laptop mit PPP 5 »MmD als Sender«
1
Handout »Menschen mit Demenz als Sender von Informationen«
TN + 1
Kopiervorlage »Erinnerungsalbum«
TN + 1
FC »Senden«
2–3
* TN = Anzahl der Teilnehmer
Visualisierungen z
FC »Senden« Darbietung
Handout Zu Beginn der Sitzung wird das gesamte Handout »Menschen mit Demenz als Sender« (TANDEM für professionelle Pflegekräfte) ausgeteilt. Das Handout beinhaltet eine Kurzzusammenfassung sämtlicher Inhalte der Sitzung. Zudem beinhaltet es die Anweisungen für die Übungen, die von den Teilnehmern durchgeführt werden sollen. Sie finden das Handout und die Visualisierungen als Download im passwortgeschützten Internetbereich zum Buch. www.springer.com/978-3-642-16921-2
Übungen z
Instruktion: Stille Post
Die Übung »Stille Post« kann als Einstieg in das Thema »Menschen mit Demenz als Sender« gespielt werden. Folgende Instruktionen erläutern und begleiten die Übung:
18
; Als kleine Einstimmung auf das Thema Kommunikation spielen wir eine Runde »Stille Post«. »Stille Post« funktioniert folgendermaßen: Ich flüstere der Person links neben mir (Person ausdeuten) einen Satz ins Ohr. Sie flüstern der nächsten Person genau das ins Ohr, was Sie verstanden haben. Diese Person flüstert nun das, was sie verstanden hat, weiter. Wenn etwas nicht gut verstanden wurde, dann darf es nicht wiederholt werden. So geht die Botschaft einmal im Kreis herum und die letzte Person in der Runde (Person ausdeuten) sagt dann laut, welcher Satz bei ihr angekommen ist. Gibt es hierzu Fragen? : Satz flüstern: »Kommunikation ist ganz schön schwierig, vor allem wenn man an Demenz leidet.«
Rückmeldung je nachdem, ob Satz korrekt oder falsch ankam. Erfahrungsgemäß kommt der Satz falsch an. Falscher Satz: ; Der Satz, den ich losgeschickt
habe, lautete »Kommunikation ist ganz schön schwierig, vor allem wenn man an Demenz leidet.« Es kann also schon bei einem Satz unter gesunden Menschen zu Missverständnissen kommen – zu Kommunikationsproblemen. Kommunikation an sich ist eine schwierige Angelegenheit, die bei demenzkranken Menschen noch zusätzlich durch bestimmte Krankheitssymptome erschwert wird. Symptome, die die Kommunikation erschweren, werde ich Ihnen heute vorstellen, aber auch Stärken, die noch vorhanden sind. Wir werden gemeinsam erarbeiten, wie wir die Stärken gezielt fördern und die Schwächen umgehen können, um so die Kommunikation zu erleichtern und aufrechtzuerhalten. : Richtiger Satz: ; Herzlichen Glückwunsch! Diesen
Satz habe ich tatsächlich losgeschickt. In Ihrer Gruppe scheint es keine Kommunikationsprobleme zu geben. In der Regel kommt bei der letzten Person ein falscher Satz an. Das liegt daran, dass es schon bei einem Satz unter gesunden Menschen zu Missverständnissen kommen kann – zu Kommunikationsproblemen. Kommunikation an sich ist eine schwierige Angelegenheit, die bei Demenzkranken Menschen noch zusätzlich durch bestimmte Krankheitssymptome erschwert wird. Diese Symptome, die die Kommunikation
212
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
erschweren, werde ich Ihnen heute vorstellen, aber auch Stärken, die noch vorhanden sind. Wir werden gemeinsam erarbeiten, wie wir die Stärken gezielt fördern und die Schwächen umgehen können, um so die Kommunikation zu erleichtern und aufrechtzuerhalten. : z
Bearbeitung eines fiktiven Fallbeispiels: Gruppenübung »Darbietung«
Die Gruppenübung »Darbietung« wird durchgeführt, nachdem die Stärken und Schwächen von demenzkranken Menschen als Sender von Informationen erläutert wurden. Die Problemstellung und die Erläuterung der Übung können mithilfe der folgenden Instruktionen vorgestellt werden. Folie 16, PPP 5 ambulant/stationär, TANDEM für professionelle Pflegekräfte ; Folgende Problemstellung liegt vor: Beispiel Beispiel stationäre Pflege: Der neue demenzkranke Bewohner Herr Kellner sitzt den ganzen Tag reglos herum. Er nimmt keinen Kontakt mit anderen Bewohnern auf, hört zwar bei Erzählungen zu, erzählt aber nichts von sich aus. Er wirkt unsicher, unglücklich und einsam. Sie haben die Befürchtung, dass er sich weiter zurückziehen und von der Außenwelt isolieren wird.
Beispiel ambulante Pflege: Der demenzkranke
18
Herr Kellner lebt gemeinsam mit seiner Frau in ihrem eigenen Haus. Da Frau Kellner von der Pflege sehr belastet ist, haben ihre Kinder sie überzeugt, Ihren ambulanten Pflegedienst zu beauftragen, sich einmal am Tag um Herrn Kellner zu kümmern. In dieser Zeit kann Frau Kellner durchatmen und sich einmal um sich selbst kümmern. Ihr Pflegeteam soll Herrn Kellner einmal am Tag eine halbe Stunde lang beschäftigen und wenn möglich sozial aktivieren. Bislang sitzt Herr Kellner den ganzen Tag reglos herum. Er nimmt keinen Kontakt mit anderen Menschen auf. Sowohl seine Familienmitglieder als auch die Pflegekräfte des ambulanten Pflegeteams scheint er zu ignorieren. Er hört zwar bei Erzählungen zu, erzählt aber nichts von sich aus. Er wirkt unsicher, unglücklich und einsam. Sie haben die Befürchtung, dass er sich weiter zurückziehen und von der Außenwelt isolieren wird.
Stellen Sie sich vor, Sie sind der/die Pfleger/in von Herrn Kellner. Ihre Aufgabe ist es, den demenzkranken Mann zu einer Kommunikation zu ermuntern. Wie können Sie Herrn Kellner dabei unterstützen, dass er mit anderen Personen (mit Ihnen selbst, Mitarbeitern, Besuchern, Angehörigen, Nachbarn etc.) in Kontakt tritt und vielleicht sogar ein Gespräch einleitet und/oder mitredet? Wie können Sie vermeiden, dass Herr Kellner sich weiter zurückzieht? Achten Sie dabei auf zwei Punkte: 1. Wie erleichtern Sie dem demenzkranken Mann den Kommunikationsbeginn? 2. Wie unterstützen Sie Herrn Kellner bei einer bereits begonnenen Kommunikation darin, dass er weiter kommuniziert? Überlegen Sie sich gemeinsam, wie Sie diese Problemstellung lösen könnten. Erstellen Sie gemeinsam einen Handlungsplan: welche konkreten Schritte würden Sie einleiten, um dieses Problem zu lösen? Diese Schritte halten Sie bitte auf dem FlipChart-Papier fest. Sie haben für diese Aufgabe 15 Minuten Zeit. Ihre Arbeitsergebnisse sollen Sie später der gesamten Gruppe vorstellen. : Im Anschluss stellen die Kleingruppen ihre Arbeitsergebnisse nacheinander am FlipChart im Plenum vor. Die Wissensvermittlung zum Thema »Strategien« erfolgt also sozusagen durch die Teilnehmer selbst, die voneinander lernen. Nach den Präsentationen der Teilnehmer fasst der Trainer die gefundenen Strategien noch einmal zusammen und bestätigt sie. Bei Bedarf können wichtige weitere Strategien, die von den Teilnehmern noch nicht genannt wurden, ergänzt werden. Der Trainer sollte im spezifischen Fall entscheiden, ob er eine Ergänzung für notwendig hält oder ob eventuell ein Verweis auf die Strategien im Handout ausreicht. In jedem Fall sollte jedoch die Strategie »Gesprächsstützen« und insbesondere das »Erinnerungsalbum« näher erläutert werden, da diese Strategien nicht als Vorwissen erwartet werden können. Eine Kopiervorlage für das Handout »Erinnerungsalbum« wird den Teilnehmern separat ausgeteilt, sodass sie dieses an interessierte Angehörige weitergeben können. Folgende Instruktion kann für die Übergabe des Handouts »Erinnerungsalbum« genutzt werden:
213 18.8 · Manual: Menschen mit Demenz als Empfänger
; Ein Erinnerungsalbum erstellen in der Regel nicht die Pflegekräfte, sondern die Angehörigen eines demenzkranken Menschen. Deshalb habe ich Ihnen eine Kopiervorlage mitgebracht, in der alle wichtigen Informationen zur Erstellung eines Erinnerungsalbums zusammengefasst sind. Wenn Sie denken, dass ein Erinnerungsalbum für einen Menschen mit Demenz oder seinen Angehörigen geeignet und hilfreich sein könnte, dann können Sie dem Angehörigen dieses Informationsblatt kopieren und mitgeben. Ein Erinnerungsalbum kann zum Beispiel einen Menschen mit Demenz, aber auch seine Angehörigen, entlasten, wenn ein Umzug ins Pflegeheim ansteht oder gerade stattgefunden hat. :
18.8
Manual: Menschen mit Demenz als Empfänger
Für professionelle Pflegekräfte z FC Tagesordnung der Sitzung »Menschen mit Demenz als Empfänger«
Tagesordnung
▬ ▬ ▬ ▬
Kommunikationsmodell Stärken und Schwächen beim Empfangen Strategien Was nehme ich mit?
Menschen mit Demenz als Empfänger
Name des Vortragenden Institut ⊡ Abb. 18.6 PPP: »Menschen mit Demenz als Empfänger«
18
DIN A4-Blatt »Zielsetzung« Sicherheit darin gewinnen, demenzkranken Menschen das Empfangen von Informationen zu erleichtern / ermöglichen.
18.8.1
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse)
In dieser Sitzung erarbeiten die Teilnehmer gemeinsam, wie sie Menschen mit Demenz das Empfangen von Informationen erleichtern bzw. ermöglichen können. Zu Beginn der Sitzung wird ein Überblick über die gesamte Sitzung gegeben, d. h., die Tagesordnung und die Zielsetzung werden vorgestellt. Den Einstieg in das Thema »Menschen mit Demenz als Empfänger« liefert die Geschichte »Die perfekte Information«. Hiermit soll ein auflockerndes Einfühlen ins Thema stattfinden. Weiterhin soll zu einer positiven Stimmung unter den Teilnehmern beigetragen werden. Es folgt ein Theorieblock, in dem Wissen zum Thema »Stärken und Schwächen von demenzkranken Menschen als Empfänger von Informationen« vermittelt wird. Um den Transfer der Inhalte bereits bei der Wissensvermittlung zu fördern, sollten stets praktische und alltagsnahe Beispiele in den Vortrag eingebaut werden. Falls es die Zeit zulässt, ist es zudem transferförderlich, wenn den Teilnehmern Raum gegeben wird, eigene Beispiele zu berichten. Diese können im Abschnitt »Strategien« wieder aufgegriffen werden. Anschließend erarbeiten die Teilnehmer gemeinsam Strategien, mit Hilfe derer demenzkranken Menschen das Empfangen von Informationen erleichtert werden kann. In Kleingruppenarbeit werden typische Problemstellungen aus dem Pflegealltag bearbeitet. Es werden drei Gruppen gebildet. Eine Gruppe beschäftigt sich mit einem Problem fehlender Aufmerksamkeit, die zweite bearbeitet ein Problem missglückenden Verstehens und die dritte Gruppe bearbeitet ein Problem, in dem die Kommunikation am Behalten scheitert. Dies dient zum einen dazu, das bestehende Vorwissen zu aktivieren und das Expertenwissen der Teilnehmer in das Training einzubringen. Gleichzeitig soll
214
18
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
mit den praxisnahen Beispielen der Transfer in den Alltag der Teilnehmer gefördert werden. Im Anschluss stellen die Kleingruppen dem Plenum ihre Arbeitsergebnisse nacheinander im Rollenspiel vor. Auch hier lernen die Teilnehmer also voneinander – und bekräftigen sich gegenseitig in ihren individuellen Herangehensweisen. Somit wird bestehendes Vorwissen bestätigt, gefestigt und erweitert. Im Anschluss an jedes Rollenspiel stellt der Trainer eine Zuruffrage an das Plenum: »Welche Strategien haben Sie beobachtet?« Die Teilnehmer der jeweils anderen Gruppen benennen somit die Strategien, die in der präsentierenden Kleingruppe gefunden wurden. Bei Bedarf können weitere Strategien, die von den Teilnehmern noch nicht genannt wurden, ergänzt werden. Ist der Trainer der Meinung, dass bestimmte wichtige Strategien im Rollenspiel nicht umgesetzt wurden, so kann eine weitere Zuruffrage an das Plenum gerichtet werden: »Welche weiteren Strategien wären möglich gewesen?« Hierbei muss jedoch aufgepasst werden, dass die gefundene Lösung der Gruppe mit der weiterführenden Frage nicht herabgewürdigt oder als unzureichend wahrgenommen wird. Der Trainer sollte im spezifischen Fall entscheiden, ob er eine Ergänzung für notwendig hält oder ob eventuell ein Verweis auf das Handout »Strategien: Empfänger« ausreicht. Im Anschluss daran fasst der Trainer die Sitzungsinhalte kurz zusammen und reflektiert sie im Hinblick auf die zu Beginn der Sitzung genannte Zielsetzung. Dies soll den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen und bereitet zudem auf die letzte Übung vor. Die letzte Übung ist eine Einzelübung, in der sich jeder Teilnehmer mit Hilfe des Handouts Gedanken macht, welche der erarbeiteten Strategien er persönlich in nächster Zeit anwenden möchte, welche der gelernten Inhalte er »mit in den Alltag nehmen möchte«. Diese Abschlussübung dient dazu, den Transfer der Trainingsinhalte in den Alltag zu erleichtern, in dem erste konkrete Schritte der Umsetzung individuell durchdacht und festgehalten werden. Ein abschließendes Blitzlicht bietet dem Trainer die Möglichkeit, in kurzer Zeit ein Feedback zum Trainingserfolg und zur Zufriedenheit der Gruppe zu erhalten. Weiterhin kann ein Blitzlicht auch zusätzlich den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen. Zum Ab-
schluss der Sitzung sollte auf die Inhalte der nächsten Sitzung verwiesen werden, um die Teilnehmer hierfür zu motivieren. Falls am Ende der Sitzung noch Zeit verbleibt, kann diese für Ergänzungen und Diskussionsbedarf genutzt werden.
18.8.2
Lernziele
In der zu beschreibenden Sitzung geht es um das Thema Kommunikation mit demenzkranken Menschen als Empfänger der Information. Gemeinsam wird erarbeitet, wie professionell Pflegende einem demenzkranken Menschen das Empfangen einer Nachricht erleichtern bzw. ermöglichen können. Die Teilnehmer sollen in der Sitzung krankheitsbedingte Stärken und Schwächen von Menschen mit Demenz beim Empfangen von Informationen kennenlernen. Und sie sollen in Übungen und Erfahrungsaustausch gemeinsam erarbeiten, wie man die Stärken fördern und die Schwächen umgehen kann. Ziel dieser Sitzung ist: Lernziele Sicherheit darin gewinnen, demenzkranken Menschen das Empfangen von Informationen zu erleichtern/ermöglichen.
18.8.3
Geplanter Verlauf
Die Power Point Präsentation (⊡ Abb. 18.6) leitet durch die Sitzung. Jeder Schritt wird mit einer Präsentationsfolie eingeleitet, so dass der Trainer sich bei der Durchführung ganz einfach an den Folien »entlang hangeln« kann. Der Verlauf der Sitzung wird im Folgenden im kurzen Gesamtüberblick dargestellt, in Klammern finden sich jeweils die Verweise zu den Inhalten, Übungen, Instruktionen oder Materialien, die in dem jeweiligen Abschnitt zur Anwendung kommen. Zu allen Punkten gibt es auch mindestens eine Folie in der Power Point Präsentation. ▬ 1. Einstieg in die Sitzung – Begrüßung – Tagesordnung – Zielsetzung
18
215 18.8 · Manual: Menschen mit Demenz als Empfänger
▬ 2. Einstieg ins Thema – Einstieg »Geschichte« ( Abschn. 18.8.5) – Wiederholung: Kommunikationsmodell ( Abschn. 5.1) ▬ 3. Demenzkranke Menschen als Empfänger von Informationen ( Abschn. 5.3) – Empfänger: Stärken und Schwächen ( Ab-
– Feedback für den Trainer: Blitzlicht ( Abschn. 13.8) – Abschluss ( Abschn. 13.9)
18.8.4
schn. 5.3.1)
– Problemstellung bearbeiten ( Abschn. 18.8.5) – Präsentation der Problemlösung ( Abschn. 18.8.5, Abschn. 5.3.2) ▬ 4. Ausstieg aus der Sitzung – Zusammenfassung und Reflexion durch Trainer ( Abschn. 13.6) – Reflexion und Transfer »Was nehme ich mit?« ( Abschn. 13.7)
z
Sequenzplan der Sitzung »Menschen mit Demenz als Empfänger« (90 Minuten)
Vorbereitung
▬ ▬ ▬ ▬
Handout vor Beginn der Sitzung austeilen FlipChart »Tagesordnung« aufhängen Beamer und Laptop vorbereiten 3 FC »Empfangen« in der Reihenfolge 1. Aufmerksamkeit, 2. Verstehen, 3. Behalten an FlipChart-Ständer aufhängen für Gruppenübung. ▬ Platz schaffen für Rollenspiele
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/Material
5
Begrüßung
Thema, Handout, Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
Überblick über den Ablauf
Plenum
Vortrag
Handout FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
2
Einstieg »Geschichte«
Text »Die vollkommene Information«
Auflockerung, ins Thema einfühlen
Plenum
Vorlesen
Text »Die vollkommene Information«
3
Kommunikationsmodell
Kommunikationsmodell wiederholen
Wiederholen, Wissen festigen
Plenum
Vortrag , Visualisierung mit PPP
PPP
15
Empfänger: Stärken und Schwächen
Stärken und Schwächen von Demenzkranken als Sender von Informationen
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP
15
Problemstellungen bearbeiten
Bearbeitung von fiktiven Fallbeispielen: Gruppenübung »Empfangen«
Vorwissen aktivieren, Expertenwissen der Teilnehmer einbringen, Transfer fördern
Kleingruppe
Problembearbeitung: 3 Kleingruppen setzen sich möglichst so zusammen, dass sie ungestört arbeiten können; je eine Gruppe bearbeitet ein Fallbeispiel zum Thema Aufmerksamkeit bzw. Verstehen bzw. Behalten
Im Handout: »Aufmerksamkeit, Verstehen, Behalten: Gruppenübung«
▼
216
18
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/Material
5
Pause
30
Präsentation der Problemlösung
Strategien: Demenzkranker als Empfänger von Informationen
Vorwissen bestätigen, festigen, vertiefen und erweitern
Plenum
Rollenspiel und Zuruffrage: Kleingruppen stellen ihre Ergebnisse im Rollenspiel vor. Trainer fragt daraufhin das Plenum, welche Strategien beobachtet wurden; Trainer dokumentiert die beobachteten Strategien auf dem FC, bekräftigt die gefundenen Strategien, ergänzt eventuell weitere
3 FC »Empfangen«
3
Zusammenfassung/Reflexion durch Trainer
Sitzungsverlauf zusammenfassen, Zielsetzung wiederholen, Ziel erreicht?
Transfer fördern
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt »Zielsetzung«
5
Reflexion und Transfer
»Was nehmen Sie heute mit?«
Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Einzelarbeit
Jeder Teilnehmer soll auf einer Moderationskarte festhalten: 1. Woran möchte ich mich erinnern? 2. Welche Strategien möchte ich ausprobieren?
Bunte Moderationskarten
5
Feedback für den Trainer
Reaktion und Reflexion der Teilnehmer
Feedback für Trainer, Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Plenum
Blitzlicht
2
Abschluss
Ausblick auf nächste Sitzung
Motivation
Plenum
PPP
217 18.8 · Manual: Menschen mit Demenz als Empfänger
18.8.5
Trainingsmaterial
Übungen z
Mitnehmliste Benötigtes Material
Anzahl
FlipChart-Ständer
1
Moderationsstifte
TN* / 3
Eisbox
1
Klebeband
1
Kugelschreiber
TN
Moderationskarten
TN x 2
FC »Tagesordnung«
1
DIN A4-Blatt »Zielsetzung«
1
Beamer und Laptop mit PPP 6 »MmD als Empfänger«
1
Text »Die vollkommene Information«
1
Handout »Menschen mit Demenz als Empfänger von Informationen«
TN + 1
FC »Empfangen«
3x1
* TN = Anzahl der Teilnehmer
Visualisierungen z
18
FC »Empfangen« Aufmerksamkeit
▬ ▬ Behalten
▬ ▬
Handout Zu Beginn der Sitzung wird das gesamte Handout »Menschen mit Demenz als Empfänger« (TANDEM für professionelle Pflegekräfte) ausgeteilt. Das Handout beinhaltet eine Kurzzusammenfassung sämtlicher Inhalte der Sitzung. Zudem beinhaltet es die Anweisungen für die Übungen, die von den Teilnehmern durchgeführt werden sollen. Sie finden das Handout und die Visualisierungen als Download im passwortgeschützten Internetbereich zum Buch. www.springer.com/978-3-642-16921-2
Text: Die vollkommene Information
Der folgende Text wird den Trainingsteilnehmern zum Einstieg in das Thema »Demenzkranke Menschen als Empfänger von Informationen« vorgelesen: ; Das technische Vorstandsmitglied eines Industriebetriebes sagt zum Produktionsbereichsleiter: »Morgen um 9 Uhr findet eine Sonnenfinsternis statt. Also etwas, was man nicht alle Tage sehen kann. Veranlassen Sie, dass sich die Belegschaft in Ausgehkleidung draußen dieses Ereignis ansieht. Die Erläuterung zu dem seltenen Ereignis werde ich selbst bei der Beobachtung geben. Wenn es regnet, werden wir es nicht gut sehen können. Die Belegschaft begibt sich dann in den Speisesaal.« Der Produktionsleiter sagt zum Betriebsleiter: »Auf Anweisung des technischen Vorstandes findet morgen um 9 Uhr eine Sonnenfinsternis statt. Wenn es regnet, werden wir sie auf dem Werkshof in Ausgehkleidung nicht gut sehen können. In diesem Fall führen wir das Verschwinden der Sonne im Speiseraum durch. Also etwas, was man nicht alle Tage sehen kann.« Der Betriebsleiter sagt zum Betriebsabteilungsleiter: »Auf Anweisung des Vorstandes wird morgen um 9 Uhr in Ausgehkleidung das Verschwinden der Sonne im Speiseraum durchgeführt. der Vorstand gibt die Anweisung, ob es regnen soll; also etwas, was man nicht alle Tage sehen kann.« Der Betriebsabteilungsleiter zum Gruppenleiter: »Wenn es morgen im Speiseraum regnet, also etwas, was man nicht alle Tage sieht, verschwindet um 9 Uhr unser Vorstand in Ausgehkleidung.« Der Gruppenleiter zum Kollegen: »Morgen um 9 Uhr soll unser Vorstand verschwinden. Schade, dass man das nicht alle Tage zu sehen bekommt.« : [Quelle: Rüttinger, B. & Sauer, J. (2000). Konflikt und Konfliktlösen. Leonberg: Rosenberger Fachverlag] Folgende Instruktion kann dem Text nachgestellt werden: ; Kommunikation ist ganz schön schwierig, nicht nur, wenn man an Demenz leidet. Die Geschichte zur vollkommenen Information zeigt, dass es auch bei nicht demenzkranken Menschen zu
218
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Missverständnissen kommt. Aber woher kommt das? In der heutigen Sitzung soll es um Herausforderungen von demenzkranken Menschen beim Empfangen von Informationen gehen. Bezogen auf das Kommunikationsmodell, das ich Ihnen in der letzten Sitzung vorgestellt habe (PPP Folie »Kommunikationsmodell« öffnen) geht es also um Schwierigkeiten bei der Lenkung von Aufmerksamkeit auf eine Information, beim Verstehen und beim Behalten von Informationen. :
Grundlegende Situationsbeschreibung: Ambulante Pflege. Herr Kellner ist demenzkrank, aber
körperlich gesund. Seine Frau Hilde hingegen ist nach einem Sturz, bei dem sie sich den Oberschenkelhals gebrochen hat, körperlich stark eingeschränkt. Beide wohnen seit dem Unfall von Frau Kellner in der Wohnung ihrer Tochter. Obwohl Hans Kellner körperlich noch relativ fit ist, sitzt er meist apathisch im Wohnzimmer. z
z
Bearbeitung von fiktiven Fallbeispielen: Gruppenübungen »Empfangen«
Die Gruppenübung »Empfangen« wird durchgeführt, nachdem die Stärken und Schwächen von demenzkranken Menschen als Empfänger von Informationen erläutert wurden. Die Gruppeneinteilung, die Erläuterung der Übung und die Problemstellungen und können mithilfe der folgenden Instruktionen vorgestellt werden. ; Sie alle sind Experten in der Kommunikation mit demenzkranken Menschen. Daher möchte ich Ihnen im Folgenden keine Strategien vorgeben, die Menschen mit Demenz das Empfangen erleichtern können. Wie in der letzten Sitzung auch sollen Sie direkt Problemstellungen bearbeiten. Ich teile Sie hierfür in drei Gruppen auf (Teilnehmer in drei gleichgroße Gruppen aufteilen). Die erste Gruppe (auf Gruppe zeigen) bearbeitet eine Problemstellung, in der die Kommunikation an fehlender Aufmerksamkeit scheitert. Die zweite Gruppe (auf Gruppe zeigen) bearbeitet eine Problemstellung, in der die Kommunikation an mangelndem Verstehen scheitert. Die dritte Gruppe (auf Gruppe zeigen) bearbeitet eine Problemstellung, in der die Kommunikation an Schwierigkeiten beim Behalten scheitert. Alle Problemstellungen handeln von Hans Kellner. Grundlegende Situationsbeschreibung: Stationäre Pflege. Herr Kellner ist demenzkrank, aber kör-
18
perlich gesund. Er lebt seit einiger Zeit im Pflegeheim und hat dort ein eigenes Zimmer auf einem Demenzwohnbereich. Obwohl Herr Kellner körperlich noch relativ fit ist, sitzt er meist apathisch in seinem Zimmer. Regelmäßig holen die Pflegekräfte ihn aus seinem Zimmer in den Speisesaal, damit er nicht so einsam ist.
Aufmerksamkeit: Gruppenübung
; Ihre Gruppe soll eine Problemsituation lösen, in der die Kommunikation mit Hans Kellner an fehlender Aufmerksamkeit zu scheitern droht. Sie finden diese Problemsituation im Handout auf Seite X. Die Problemstellung lautet: Beispiel Stationäre Pflege. Heute sitzt Herr Kellner in seinem Zimmer und sieht fern. Eine Pflegerin tritt ein, bleibt an der Tür stehen und ruft: »Kommen Sie zum Essen!« Der Bewohner reagiert nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit gilt dem Fernseher. Die Pflegerin hat keine Idee, wie sie die Aufmerksamkeit des demenzkranken Mannes gewinnen kann.
Ambulante Pflege. Heute sitzt Herr Kellner im Wohnzimmer und sieht fern. Eine Pflegerin tritt ein, bleibt an der Tür stehen und ruft: »Kommen sie zum Essen!«. Hans Kellner reagiert nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit gilt dem Fernseher. Die Pflegerin hat keine Idee, wie sie die Aufmerksamkeit des demenzkranken Mannes gewinnen kann.
Suchen Sie für diese Problemstellung nach Lösungsmöglichkeiten. Überlegen Sie sich, was die Pflegerin machen könnte, um dem demenzkranken Mann die Kommunikation zu erleichtern. Wie kann sie die Aufmerksamkeit von Hans Kellner gewinnen? Denken Sie dabei daran, dass schon kleine Dinge wie z.B. Blickkontakt aufnehmen, wichtig sein können. Versuchen Sie, die Problemsituation mit Lösung im Rollenspiel darzustellen. Das Rollenspiel sollen Sie später den Teilnehmern der anderen Gruppen präsentieren. Wir werden dann in der Großgruppe gemeinsam analysieren, welche Strategien eingesetzt wurden. Ihr Rollenspiel ist beendet, sobald Sie die Aufmerksamkeit von Herrn
219 18.8 · Manual: Menschen mit Demenz als Empfänger
Kellner gewonnen haben, also sobald er sie anschaut und auf sie reagiert. : z
Hans Kellner die Information nicht behält. Sie finden diese Problemsituation im Handout auf Seite X. Die Problemstellung lautet:
Verstehen: Gruppenübung
; Ihre Gruppe soll eine Problemsituation lösen, in der die Kommunikation zu scheitern droht, weil Hans Kellner die Information nicht versteht. Sie finden diese Problemsituation im Handout auf Seite X. Die Problemstellung lautet: Beispiel Stationäre Pflege. Heute sitzt Herr Kellner teilnahmslos im Speisesaal. Eine Pflegerin weiß, dass Herr Kellner früher mit seiner Frau ein kleines Restaurant betrieben hat, in dem er mit Begeisterung die Gäste als Oberkellner verwöhnt hat. Er war immer sehr stolz auf seinen großen Erfolg bei dieser Arbeit. Die Pflegerin möchte ihn ein wenig aktivieren. Sie setzt sich zu ihm und sagt: »Herr Kellner, gleich wird das Mittagessen gebracht und weil noch gar nichts vorbereitet ist, dachte ich mir, Sie könnten mir vielleicht beim Tischdecken helfen?« Herr Kellner schaut die Pflegerin irritiert an und bleibt reglos sitzen. Die Pflegerin hat keine Idee, wie sie den demenzkranken Bewohner dazu bewegen kann, den Tisch zu decken.
Ambulante Pflege. Heute sitzt Herr Kellner teilnahmslos im Wohnzimmer. Eine Pflegerin weiß, dass Herr Kellner früher mit seiner Frau ein kleines Restaurant betrieben hat, in dem er mit Begeisterung die Gäste als Oberkellner verwöhnt hat. Er war immer sehr stolz auf seinen großen Erfolg bei dieser Arbeit. Die Pflegerin möchte ihn ein wenig aktivieren. Sie setzt sich zu ihm und sagt: »Herr Kellner, gleich wird das Mittagessen gebracht und weil noch gar nichts vorbereitet ist, dachte ich mir, Sie könnten mir vielleicht helfen, den Tisch für Ihre Frau und Sie zu decken?« Herr Kellner schaut die Pflegerin irritiert an und bleibt reglos sitzen. Die Pflegerin hat keine Idee, wie sie den demenzkranken Mann dazu bewegen kann, den Tisch zu decken.
Auch Sie sollen versuchen, die Problemsituation mit Lösung im Rollenspiel darzustellen, um es nachher der Großgruppe zu präsentieren. : z
18
Behalten: Gruppenübung
; Ihre Gruppe soll eine Problemsituation lösen, in der die Kommunikation zu scheitern droht, weil
Beispiel Stationäre Pflege. Heute läuft Herr Kellner nervös im Wohnbereich herum und räumt Sachen hin und her. Eine Pflegerin weiß, dass Herr Kellner früher mit seiner Frau ein kleines Restaurant betrieben hat, in dem er mit Begeisterung die Gäste als Oberkellner verwöhnt hat. Er war immer sehr stolz auf seinen großen Erfolg bei dieser Arbeit. Um Herrn Kellner ein wenig zu beschäftigen und ihm das Gefühl zu geben, gebraucht zu werden, möchte die Pflegerin ihm eine Aufgabe geben. Sie bittet ihn, einer gehbehinderten Bewohnerin ein Glas Wasser zu bringen. Der demenzkranke Mann nimmt das Glas Wasser und läuft in die richtige Richtung los. Das Glas Wasser kommt allerdings nicht bei der Bewohnerin an. Hans Kellner hat auf dem Weg seinen Arbeitsauftrag vergessen. Die Pflegerin findet ihn, wie er gerade zufrieden das Glas Wasser in die Spüle in der Küche gießt. Die Pflegerin hat keine Idee, wie sie nun reagieren soll.
Ambulante Pflege. Heute läuft Herr Kellner nervös im Haus herum und räumt Sachen hin und her. Eine Pflegerin weiß, dass Herr Kellner früher mit seiner Frau ein kleines Restaurant betrieben hat, in dem er mit Begeisterung die Gäste als Oberkellner verwöhnt hat. Er war immer sehr stolz auf seinen großen Erfolg bei dieser Arbeit. Um Herrn Kellner ein wenig zu beschäftigen und ihm das Gefühl zu geben, gebraucht zu werden, möchte die Pflegerin ihm eine Aufgabe geben. Sie bittet ihn, seiner Frau ein Glas Wasser zu bringen. Der demenzkranke Mann nimmt das Glas Wasser und läuft in die richtige Richtung los. Das Glas Wasser kommt allerdings nicht bei seiner Frau an. Hans Kellner hat auf dem Weg seinen Arbeitsauftrag vergessen. Die Pflegerin findet ihn, wie er gerade zufrieden das Glas Wasser in die Spüle in der Küche gießt. Die Pflegerin hat keine Idee, wie sie nun reagieren soll.
Ihr Rollenspiel startet in dem Moment, in dem das Glas Wasser in der Spüle landet. Für diese Problemstellung sollen Sie nach Lösungsmöglichkeiten suchen. Sie sollen sich überlegen, was die Pflegerin
220
18
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
machen könnte, um dem demenzkranken Mann die Kommunikation zu erleichtern. Soll sie Herrn Kellner das Behalten der Information erleichtern? Oder gibt es vielleicht auch andere Möglichkeiten, wie die Pflegerin nun reagieren kann? Auch Sie sollen versuchen, die Problemsituation mit Lösung im Rollenspiel darzustellen, um es nachher der Großgruppe zu präsentieren. Für die Bearbeitung der Problemstellung haben Sie 10 Minuten Zeit. : Während der Bearbeitung der Problemstellungen kann der Trainer von Gruppe zu Gruppe gehen und sich vergewissern, dass alle die Aufgabenstellung verstanden haben. Der Trainer sollte aber nicht zu lang bei den Gruppen verweilen, da dies in der Regel die Kreativität der Teilnehmer hemmen kann. Der Trainer kann die Zeit zum Beispiel nutzen, um die FlipCharts vorzubereiten. Die Gruppen benötigen in der Regel zwischen 5 bis 10 Minuten, bis die Rollenspiele abgeschlossen sind. Wenn alle Gruppen fertig sind, bittet der Trainer zunächst die »Aufmerksamkeitsgruppe« auf die »Bühne«. Als »Bühne« sollte ein Platz im Raum freigeräumt werden, der gut sichtbar für alle Teilnehmer ist und ausreicht, um ein kleines Rollenspiel vorführen zu können. Wenn das erste Rollenspiel fertig ist, sollte der Trainer zunächst das Rollenspiel wertschätzen, z. B.: ; Herzlichen Dank für dieses schöne Rollenspiel. In diesem kurzen Rollenspiel haben eine ganze Menge Strategien gesteckt, die es demenzkranken Menschen erleichtern können, ihre Aufmerksamkeit auf eine Person zu richten. Was haben Sie alles beobachtet? Was hat die Gruppe gemacht, um die Aufmerksamkeit von Herrn Kellner zu erlangen? : Jeder Beitrag der Teilnehmer wird wertgeschätzt und als Stichpunkt, möglichst kurz und in den Worten der Teilnehmer, an das FlipChart geschrieben. Falls es zu längeren Schweigemomenten kommt, soll der Trainer wichtige Punkte benennen, die im Rollenspiel gezeigt wurden und auf dem FlipChart ergänzen, z. B. »Blickkontakt«, »Augenhöhe«, »Mit Namen ansprechen«. Solche Dinge können auch benannt werden, wenn die Gruppe zu weit weg geht von Stichpunkten, die die Aufmerksamkeit betreffen. Im Anschluss an die Strategiesammlung sollte der Trainer erneut die Gruppe loben und zur nächsten Gruppe über-
leiten. Identisch wird für die Rollenspiele der Verstehens- und der Behaltens-Gruppe vorgegangen. Falls Platz dafür ist, können die FlipCharts mit den gesammelten Strategien vor der Einzelübung »Was nehme ich mit?« an die Wand gehängt werden, um den Teilnehmern nicht nur die Strategien aus dem Handout, sondern auch die eigenen Strategien der Gruppe zur Reflexion zur Verfügung zu stellen.
18.9
Manual: Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen
Für professionelle Pflegekräfte z FC Tagesordnung »Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen«
Tagesordnung
▬ ▬ ▬ ▬
Das »Pflegedreieck« Die vier Seiten der Kommunikation Gesprächsführung: Ich-Botschaften Was nehme ich mit?
DIN A4-Seite »Zielsetzung« Sich bewusst werden, welche Kommunikationsebenen in einer Botschaft unterschieden werden können. Mittels Ich-Botschaften eigene Anliegen selbstsicher vertreten können.
Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen
Name des Vortragenden Institut ⊡ Abb. 18.7 PPP: »Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen«
221 18.9 · Manual: Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen
18.9.1
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse)
In der Sitzung »Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen« liegen die Schwerpunkte auf der Sensibilisierung der Teilnehmer für die Gestaltungsmöglichkeiten der alltäglichen Kommunikation. Zu Beginn der Sitzung wird ein Überblick über die gesamte Sitzung gegeben, d. h., die Tagesordnung und die Zielsetzung werden vorgestellt. Der Einstieg in das Thema erfolgt über die Vorstellung des Modells »Pflegedreieck«. Das Modell setzt einen Bezug zur Sitzung »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« und veranschaulicht den Teilnehmern, dass es in der aktuellen Sitzung um die Kommunikation zwischen den an der Pflege eines demenzkranken Menschen beteiligten Personen geht, die für eine gelingende Versorgung wichtig ist. Analog zur Sitzung »Kommunikation mit demenzkranken Menschen« wird beim Pflegedreieck der Austausch mit Angehörigen unterteilt in »Die Pflegekraft als Sender von Informationen« und »Die Pflegekraft als Empfänger von Informationen«. Diese Unterteilung gibt gleichzeitig die Schwerpunkte dieser und der nächsten Sitzung vor. In der aktuellen Sitzung liegt der Fokus auf der Pflegekraft als Sender von Informationen, also dem Vorbringen der eigenen Meinung, eigener Anliegen und Wünsche im Kontakt mit Angehörigen. Im Anschluss an das Pflegedreieck stellt der Trainer das »Vier-Seiten-Modell der Kommunikation« nach Schulz von Thun (2006) vor. Zum Einstieg ins Thema präsentiert der Trainer den Beispiel-Satz »Sie machen heute aber früh Feierabend!« eines Chefs zu seiner Mitarbeiterin. Der Trainer sammelt zunächst mit den Teilnehmern, was mit dem Beispielsatz alles gesagt wird. Welche Botschaften sendet der Chef seiner Mitarbeiterin? Die Antworten der Teilnehmer werden vom Trainer (ggf. stichpunktartig) auf dem FlipChart »Die vier Seiten einer Nachricht« festgehalten. Beim Notieren sortiert der Trainer die Antworten gleichzeitig nach der jeweiligen Seite der Kommunikation: Er schreibt also z. B. Beiträge, die sich auf die Sachseite beziehen an die obere Seite des Quadrats und Beiträge, die auf die Beziehungsseite fokussieren, an die untere. Werden beispielsweise keine
18
Vorschläge für eine Selbstoffenbarungsbotschaft gemacht, bleibt diese Seite des Quadrats frei. Im Anschluss daran erläutert der Trainer das Modell von Schulz von Thun anhand der PPP-Folie »Das Kommunikationsquadrat«. Hierbei werden die von den Teilnehmern vorgeschlagenen Botschaften, die in der Nachricht des Chefs stecken, jeweils einer oder ggf. mehreren Seiten zugeordnet. Ist für eine Seite keine Botschaft genannt worden, wird ein Vorschlag vom Trainer ergänzt. Mit dem gleichen Beispiel wird anschließend das Empfängermodell »Die vier Ohren« vorgestellt. Der Trainer stellt den Teilnehmern die Frage: »Was hört und denkt sich die Mitarbeiterin, wenn sie den Satz des Chefs hört?« Die Antworten werden wieder auf einem FlipChart gesammelt und dabei den vier Seiten zugeordnet. Die Spannbreite an Mehrdeutigkeiten und Botschaften, die in einer Nachricht wie dem Beispielsatz stecken bzw. gehört werden können, bilden die Überleitung zum Themenblock »Gesprächsführung: Ich-Botschaften«. Die Selbstoffenbarungs- und Sachseiten von Nachrichten werden im Folgenden im Rahmen der Ich-Botschaften weiter thematisiert. Den Teilnehmern wird der Aufbau von Ich-Botschaften näher gebracht. Zudem werden Vorteile des Formulierens von Ich-Botschaften für das Führen konstruktiver Gespräche verdeutlicht. Dies wird durch praxisnahe Beispiele untermauert, um den Transfer in den Arbeitsalltag zu fördern. Gemeinsam mit den Teilnehmern wird anhand eines Beispiels eine »Du-Botschaft« in eine »Ich-Botschaft« umformuliert. Diese kurze Übung im Plenum dient der Vorbereitung auf die folgende Kleingruppenübung. Um weiterhin die Transferförderung anzuregen, wird den Teilnehmern im Rahmen einer Übung die Möglichkeit gegeben, selbst Ich-Botschaften zu verschiedenen Fallbeispielen aus ihrem Altenpflegealltag zu formulieren. Dies geschieht im Rahmen einer Kleingruppenarbeit, so dass sich die Trainingsteilnehmer beim Formulieren der Nachrichten gegenseitig unterstützen können und ihr Vorwissen und Expertentum auf diesem Gebiet ausbauen und weiterentwickeln können. Dem Erfahrungsaustausch innerhalb der Großgruppe dient die anschließende Präsentation der von den Teilnehmern in den Kleingruppen erarbeiteten Lösungsvorschläge zu
222
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
den Problemstellungen aus dem Altenpflegealltag. Hierbei stellt je ein Kleingruppenmitglied den anderen teilnehmenden Pflegekräften das Ergebnis seiner Gruppe vor. Alle Trainingsteilnehmer werden dabei eingeladen, Rückfragen an den Vortragenden zu stellen. Der Trainer gibt anschließend allen Gruppen eine kurze Rückmeldung, in der er die Lösungsvorschläge der Teilnehmer wertschätzt und gegebenenfalls ergänzt. Dies dient zum einen der Motivierung der Trainingsteilnehmer, die Sitzungsinhalte mit in den Arbeitsalltag zu nehmen, zum anderen zur weiteren Verfestigung der in der Sitzung bearbeiteten Thematik. Im Anschluss daran fasst der Trainer die Sitzungsinhalte kurz zusammen und reflektiert sie im Hinblick auf die zu Beginn der Sitzung genannte Zielsetzung. Dies soll den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen und bereitet zudem auf die letzte Übung vor. Die letzte Übung ist eine Einzelübung, in der sich jeder Teilnehmer mit Hilfe des Handouts Gedanken macht, welche der erarbeiteten Strategien er persönlich in nächster Zeit anwenden möchte, welche der gelernten Inhalte er »mit in den Alltag nehmen möchte«. Diese Abschlussübung dient dazu, den Transfer der Trainingsinhalte in den Alltag zu erleichtern, in dem erste konkrete Schritte der Umsetzung individuell durchdacht und festgehalten werden. Um weiterhin den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anzuregen, wird die Sitzung mit einer Zusammenfassung und Reflexion durch die Teilnehmer beendet. Die Reflexion durch die Teilnehmer erfolgt in Form eines Blitzlichts. Für den Trainer bietet das Blitzlicht ein Feedback zum Trainingserfolg und zur Zufriedenheit der Gruppe. Zum Abschluss der Sitzung sollte auf die Inhalte der nächsten Sitzung verwiesen werden, um die Teilnehmer hierfür zu motivieren. Falls am Ende der Sitzung noch Zeit verbleibt, kann diese für Ergänzungen und Diskussionsbedarf genutzt werden.
18 18.9.2
Lernziele
In der Sitzung zum Thema »Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen« lernen die Trainingsteilnehmer das Vier-Seiten-Modell der
Kommunikation nach Schulz von Thun und die Gesprächstechnik »Ich-Botschaften« kennen. Die Teilnehmer sollen zunächst Wissen über das Kommunikationsquadrat nach Schulz von Thun erwerben und sich darüber bewusst werden, dass jede Nachricht stets viele Botschaften enthält. Zudem sollen die Teilnehmer Ich-Botschaften als Technik zu konstruktiver Gesprächsführung vor allem in Spannungs- und Konfliktsituationen kennen lernen und dazu befähigt werden, person- sowie situationsadäquate Ich-Botschaften zu formulieren. Ziele dieser Sitzung sind: Lernziele Sich bewusst werden, welche Kommunikationsebenen in einer Botschaft unterschieden werden können. Mittels Ich-Botschaften eigene Anliegen selbstsicher vertreten können.
18.9.3
Geplanter Verlauf
Die Power Point Präsentation (⊡ Abb. 18.7) leitet durch die Sitzung. Jeder Schritt wird mit einer Präsentationsfolie eingeleitet, so dass der Trainer sich bei der Durchführung ganz einfach an den Folien »entlang hangeln« kann. Der Verlauf der Sitzung wird im Folgenden im kurzen Gesamtüberblick dargestellt, in Klammern finden sich jeweils die Verweise zu den Inhalten, Übungen, Instruktionen oder Materialien, die in dem jeweiligen Abschnitt zur Anwendung kommen. Zu allen Punkten gibt es auch mindestens eine Folie in der Power Point Präsentation. 1. Einstieg in die Sitzung – Begrüßung – Tagesordnung – Zielsetzung 2. Einstieg ins Thema: Das »Pflegedreieck« ( Abschn. 6.1) 3. Die vier Seiten der Kommunikation – Die vier Seiten der Kommunikation ( Abschn. 6.2) – Empfängermodell: Die »vier Ohren« ( Abschn. 6.3) 4. Gesprächsführung: Ich-Botschaften – Theorie: Ich-Botschaften ( Abschn. 6.4.1)
18
223 18.9 · Manual: Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen
– Gruppenübung: Ich-Botschaften ( Abschn. 18.9.5) – Vorstellen der Lösungen im Plenum ( Abschn. 18.9.5) 5. Ausstieg aus der Sitzung – Zusammenfassung und Reflexion durch Trainer ( Abschn. 13.6) – Reflexion und Transfer »Was nehme ich mit?« ( Abschn. 13.7) – Feedback für den Trainer: Blitzlicht ( Abschn. 13.8) – Abschluss ( Abschn. 13.9)
18.9.4
z
Sequenzplan der Sitzung »Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen« für Pflegekräfte im ambulanten oder stationären Bereich (90 Minuten)
Vorbereitung
▬ Handout vor Beginn der Sitzung austeilen ▬ FlipChart »Tagesordnung« aufhängen ▬ Beamer und Laptop vorbereiten
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/Material
5
Begrüßung
Thema, Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
Überblick über den Ablauf
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung
5
Modell: Pflegedreieck
Einstieg ins Thema
Verdeutlichen, dass es bei der Kommunikation zwischen pflegenden Angehörigen und Pflegekräften um die Herausforderungen der »normalen Alltagskommunikation« geht
Plenum
Vortrag
PPP
8
Theorie: Die vier Seiten der Kommunikation
4-Seiten-Modell der Kommunikation nach Schulz von Thun vorstellen
Den Teilnehmern die vier Ebenen der Kommunikation theoretisch und anhand eines Beispiels veranschaulichen
Plenum
Vortrag
PPP, FC »Vier Seiten der Kommunikation«
7
Theorie: Empfängermodell »Vier Ohren«
Empfänger-Seite des 4-SeitenModells
Veranschaulichen, dass die ankommende Botschaft nicht nur davon abhängt, was der Sender sagt, sondern auch maßgeblich davon, mit welchem Ohr der Empfänger zuhört
Plenum
Vortrag
PPP, FC »Die vier Ohren«
▼
224
18
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien/Material
10
Theorie: Ich-Botschaften
Ich-Botschaften werden theoretisch sowie anhand eines Beispiels in Abgrenzung zur Du-Botschaft vorgestellt
Ich-Botschaften als Nachrichten, die hohe Selbstoffenbarungsanteile besitzen, sowie als Mittel für konstruktive Gesprächsführung deutlich machen;. Ich-Botschaften und Du-Botschaft kontrastieren
Plenum
Vortrag
PPP
5
Pause
15
Übung: Ich-Botschaften
Kleingruppen formulieren IchBotschaften zu vorgegebenen Fallbeispielen aus dem Pflegealltag
Die TN lernen, Ich-Botschaften zu formulieren
Kleingruppen mit jeweils ca. 4 TN
Die TN halten ihre Lösung auf einem FC fest
Übungsblätter mit Instruktionen, leere FCs, FC-Stifte
20
Präsentation der Übung: IchBotschaften
Die TN stellen die Lösungen zu ihren Fallbeispielen vor
Diskussion über die Lösungsvorschläge; Gelegenheit für den Trainer, die Lösungen zu ergänzen oder ggf. wertschätzend zu korrigieren
Plenum
Jeweils ein TN aus jeder Kleingruppe stellt die Lösung seiner Gruppe im Plenum vor
FC-Ständer, ggf. Pins
3
Zusammenfassung/Reflexion durch Trainer
Sitzungsverlauf zusammenfassen, Zielsetzung wiederholen, Ziel erreicht?
Transfer fördern
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt »Zielsetzung«
5
Reflexion und Transfer
»Was nehmen Sie heute mit?«
Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Einzelarbeit
Jeder Teilnehmer soll auf einer Moderationskarte festhalten: 1. Woran möchte ich mich erinnern? 2. Welche Strategien möchte ich ausprobieren?
Bunte Moderationskarten
5
Feedback für den Trainer
Reaktion und Reflexion der Teilnehmer
Feedback für Trainer, Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Plenum
Blitzlicht
2
Abschluss
Ausblick auf nächste Sitzung
Motivation
Plenum
PPP
225 18.9 · Manual: Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen
18.9.5
Trainingsmaterial
18
Handout
Mitnehmliste Benötigtes Material
Anzahl
Moderationsstifte
TN* / 3
Kugelschreiber
TN
Klebeband, Schere
TN x 2
FC »Tagesordnung«
1
DIN A4-Blatt »Zielsetzung«
1
Beamer und Laptop mit Präsentation »Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen«
1
Handout »Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen«
TN + 1
FC »Die vier Seiten der Kommunikation«
1
FC »Die vier Ohren«
1
Leere FC-Blätter
TN / 4
Zu Beginn der Sitzung wird das gesamte Handout »Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen« (TANDEM für professionelle Pflegekräfte) ausgeteilt. Das Handout beinhaltet eine Kurzzusammenfassung sämtlicher Inhalte der Sitzung). Zudem beinhaltet es die Anweisungen für die Übungen, die von den Teilnehmern durchgeführt werden sollen. ⊡ Sie finden das Handout und die Visualisierungen als Download im passwortgeschützten Internetbereich zum Buch. www.springer.com/978-3-642-16921-2
Übungen
* TN = Anzahl der Teilnehmer
Visualisierungen FC: Die vier Seiten der Kommunikation
Die vier Seiten der Kommunikation
z
Bearbeitung von fiktiven Fallbeispielen: Gruppenübung »Ich-Botschaften«
Die Gruppenübung »Ich-Botschaften« wird durchgeführt, nachdem die Teilnehmer die Formulierung von Ich-Botschaften theoretisch kennengelernt haben. Die Übung ist für maximal vier Kleingruppen konzipiert. Ein fünftes Fallbeispiel zum Thema »Eigene Gefühle ausdrücken« ist dazu geeignet, nach der Vorstellung der Kleingruppenübung vom Trainer mit den Teilnehmern in der Großgruppe besprochen zu werden. Die Gruppeneinteilung, die Erläuterung der Übung und die Problemstellungen können mithilfe der folgenden Instruktionen vorgestellt werden. ⊡ Folie 9, PPP 7, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
; Sie haben gerade die Formulierung von IchBotschaften kennengelernt. Damit Sie die Anwendung von Ich-Botschaften selbst ausprobieren können, machen wir eine Gruppenübung. Ich teile Sie hierfür in vier Gruppen auf (Teilnehmer in vier gleichgroße Gruppen aufteilen und von eins bis vier durchnummerieren). Alle Gruppen bekommen ein Fallbeispiel aus dem Pflegealltag, das sie bearbeiten sollen. Alle Fallbeispiele handeln von Herrn Adam.
Nachricht
FC: Die vier Ohren
Die vier Ohren
Grundlegende Situationsbeschreibung: Stationäre Pflege. Der demenzkranke Herr Adam lebt seit ein
Sachohr Selbstoffenbarungsohr
Appellohr
Beziehungsohr
⊡ Abb. 18.8 Vier Ohren der Kommunikation
paar Wochen im Pflegeheim. Seine Frau hat ihn zuvor jahrelang zu Hause versorgt. Nach einem Sturz vor ein paar Wochen ist er auf den Rollstuhl angewiesen. Seine Ehefrau sah sich zunehmend nicht mehr in der Lage, die körperliche und psychische Anstrengung der Pflege zu meistern. Im Pflegeheim kommen sie und ihre Tochter Herrn Adam regelmäßig besuchen.
226
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Grundlegende Situationsbeschreibung: Ambulante Pflege. Herr Adam wird seit ein paar Wo-
chen von einem ambulanten Pflegeteam betreut, da er aufgrund seiner demenziellen Erkrankung nach dem Tod seiner Frau nicht mehr ohne Unterstützung zuhause leben konnte. Der Sohn zahlt die Leistungen des Pflegedienstes, klagt aber regelmäßig über die hohen Kosten und diskutiert jede zu bezahlende Zusatzleistung aus. Gleichzeitig bemängelt er regelmäßig fehlende Leistungen des Pflegedienstes. Die Tochter von Herrn Adam – die Sie bisher als sehr nett und engagiert erlebt haben, die aber durch ihren Beruf zeitlich eingeschränkt ist – geht für ihren Vater einkaufen und kommt ihn regelmäßig besuchen, um den Einkauf vorbeizubringen. Das Fallbeispiel für Ihre Gruppe finden Sie im Handout auf den Seiten X bis X. Ihren Lösungsvorschlag halten Sie bitte auf einem FlipChart fest. Anschließend werden die Fallbeispiele und Ergebnisse der Gruppen vorgestellt. Sie haben für diese Übung 15 Minuten Zeit. Beispiel Stationäre Pflege Fallbeispiel 1 Die Tochter von Herrn Adam haben sie bei ihren regelmäßigen Besuchen bisher als sehr nett und engagiert erlebt. Kommenden Sonntag ist ein Frühjahrsfest geplant, an dem auch Herr Adam teilnehmen möchte. Es fehlen noch Helfer, die das Fest mitgestalten. Sie hatten in diesem Zusammenhang schon an die Tochter von Herrn Adam gedacht. Als Sie ihr auf dem Flur begegnen, sprechen Sie sie darauf an.
Fallbeispiel 4 Sie haben kürzlich mitbekommen, dass Herrn Adams Tochter in einem kleinen Frauenchor singt. Sie überlegen sich, sie zu fragen, ob sie nicht einmal für die Bewohner ein paar Lieder mit ihrem Chor singen möchte. Als Sie sie das nächste Mal auf Station treffen, sprechen Sie sie darauf an.
Großgruppe: Eigene Gefühle ausdrücken Frau Adam kommt ihren demenzkranken Mann fast jeden Tag im Pflegeheim besuchen und übernimmt dann auch meist einige pflegerische Tätigkeiten. Gestern hat sie neue Unterhemden für ihren Mann mitgebracht und ihm auch gleich eines davon angezogen. Dieses Hemd hat ihr Mann nachts durchgeschwitzt, so dass er vom Pflegepersonal noch einmal umgezogen werden musste. Als Frau Adam am nächsten Tag vorbeikommt, beschwert sie sich über das »Verschwinden« der neuen Unterhemden. Obwohl Sie ihr erklären was vorgefallen ist, unterstellt sie Ihnen, nicht die Wahrheit zu sagen. Sie fühlen sich durch diese Unterstellung verletzt und sprechen Frau Adam darauf an.
Ambulante Pflege Fallbeispiel 1
Die Tochter von Herrn Adam ist sehr darauf bedacht, dass ihr Vater in der neuen Umgebung nicht auf seinen mittäglichen Spaziergang verzichten muss und bittet Sie darum, für eine Stunde mit ihrem Vater in den Park zu gehen. Dies ist nicht möglich, da Sie während des Dienstes die Station natürlich nicht verlassen dürfen. Sie erklären der Tochter dies und bieten ihr eine Alternative an.
Sie stellen fest, dass es Herrn Adam zunehmend schwer zu fallen scheint, sich um die anfallenden Haushaltstätigkeiten zu kümmern. Sie und Ihre Kollegen geraten in letzter Zeit während Ihres Dienstes öfter in Zeitnot, wenn Sie versuchen, Herrn Adam noch bei der Erledigung der wichtigsten Haushaltsarbeit Hilfestellung zu geben. Dies können Sie so nicht auf Dauer leisten. Sie möchten dem Sohn von Herrn Adam gegenüber ansprechen, dass sein Vater Ihrer Meinung nach mehr Unterstützung benötigt. Wie gehen Sie vor?
Fallbeispiel 3
Fallbeispiel 2
Die Ehefrau von Herrn Adam kommt regelmäßig zu Besuch und kümmert sich um ihren Mann. Wenn
Sie begegnen dem Sohn von Herrn Adam am Samstagabend, als dieser seinen Vater gerade zu einer
Fallbeispiel 2
18
sie zu Besuch ist, möchte sie beispielsweise auch das An- und Umziehen ihres Mannes übernehmen. Ihnen ist schon mehrmals aufgefallen, dass sie beim Ankleiden ihres Mannes sehr unbeholfen vorgeht. Sie möchten ihr gerne mit Ihrem Fachwissen weiterhelfen und sprechen das Thema bei ihr an.
227 18.9 · Manual: Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen
Familienfeier im Restaurant abholen will. Sie haben Herrn Adam am Vormittag gewaschen. Sein Sohn ist aber unzufrieden mit dem Erscheinungsbild seines Vaters und bittet Sie darum, den Vater umzuziehen – und zwar sofort, weil sie in einer halben Stunde spätestens zur Familienfeier losgehen müssen. Dies ist aber in der kurzen Zeit nicht möglich, ohne Herrn Adam damit zu überfordern und zu verwirren. Formulieren Sie eine passende Ich-Botschaft, um dem Sohn von Herrn Adam Ihre Position deutlich zu machen!
Fallbeispiel 3 Die Tochter von Herrn Adam holt ihn regelmäßig zum Spaziergang ab. Da Herr Adam sich nicht mehr selbst ankleiden kann, hilft ihm seine Tochter dabei. Ihnen ist schon mehrmals aufgefallen, dass die Tochter beim Ankleiden ihres Vaters etwas hektisch vorgeht. Ihre Ungeduld überträgt sich auf Herrn Adam, der unruhig wird und die Versuche seiner Tochter, ihm zu helfen, abwehrt. Sie möchten der Tochter gerne einen Rat geben, wie sie das Ankleiden ihres Vaters Ihrer Meinung nach günstiger gestalten kann und sprechen sie darauf an. Wie gehen Sie vor?
Fallbeispiel 4 In der Wohnung neben Herrn Adam lebt eine alleinstehende alte Dame, die ebenfalls von Ihrem Pflegeteam betreut wird. Die alte Dame ist geistig und körperlich noch relativ fit, hat aber Angst, alleine vor die Tür zu gehen. Da sie keine Angehörigen hat, kommt sie nur sehr selten vor die Tür. Sie möchten die Tochter von Frau Adam bitten, dass sie die alte Dame gelegentlich zu ihren Spaziergängen mit Herrn Adam mitnimmt. Als Sie ihr eines Abends begegnen, sprechen Sie sie darauf an. Wie gehen Sie vor?
Großgruppe: Eigene Gefühle ausdrücken Der Sohn von Herrn Adam beklagt sich bei Ihnen, dass sein Vater zu selten gewaschen wird. Sie wissen aber sehr genau, dass die Häufigkeit der Körperpflege von Herrn Adam exakt den Vorgaben entspricht. Ausgerechnet heute – am Tag der Kritik – haben Sie Herrn Adam sogar höchst persönlich gewaschen. Als Sie den Sohn darauf hinweisen, wirft er Ihnen vor, dass Sie lügen. »Das sieht doch jedes Kind, dass mein Vater heute nicht gewaschen
18
wurde!« Sie ärgern sich darüber, dass der Sohn von Herrn Adam Sie als Lügner hinstellt und sprechen ihn darauf an. Wie gehen Sie vor?
Während der Bearbeitung der Problemstellungen kann der Trainer von Gruppe zu Gruppe gehen und sich vergewissern, dass alle die Aufgabenstellung verstanden haben. Der Trainer sollte aber nicht zu lang bei den Gruppen verweilen, da dies in der Regel die Kreativität der Teilnehmer hemmen kann. Wenn alle Gruppen fertig sind, bittet der Trainer die erste Gruppe, ihren Lösungsvorschlag vorzustellen. Hierzu sollte immer ein Mitglied der Gruppe nach vorne kommen, das FlipChart gut sichtbar aufhängen und die Lösung vorstellen. Jede Lösung sollte vom Trainer wertgeschätzt werden. Wurde keine Ich-Botschaft formuliert, kann der Trainer dies noch als alternative Lösung ergänzen, z. B.: ; Herzlichen Dank für diese Lösung. Sie haben sehr schön die Vorgehensweise herausgearbeitet, mit der man ein solches Anliegen ansprechen kann. Würde man hier darüber hinaus auch noch eine Ich-Botschaft formulieren, könnte man beispielsweise sagen… : Ist im Anschluss an die Vorstellung der Gruppenübung noch Zeit, kann der Trainer das fünfte Fallbeispiel gemeinsam mit der Gruppe durchsprechen. In diesem Fallbeispiel geht es darum, auf den verletzenden Vorwurf eines Angehörigen zu reagieren. Dieses Fallbeispiel sollte nur vom Trainer moderiert bearbeitet werden, da es hier zu einer sehr großen Bandbreite an Lösungsvorschlägen kommen kann. Der Trainer sollte dabei alle Beiträge wertschätzen und gegebenenfalls stichpunktartig auf einem FlipChart notieren, unabhängig davon, ob sie den Ansatz »Ich-Botschaft« wählen oder nicht. Gemeinsam mit den Teilnehmern sollte darauf hingearbeitet werden, wie die Pflegekraft sich in dem Fallbeispiel wahrscheinlich fühlt und wie sie dies in Form einer Ich-Botschaft ausdrücken könnte, z. B.: ; Wie fühlen Sie sich bei einer solchen Unterstellung? Wie können wir das in einer IchBotschaft formulieren? Wie wünschen Sie sich den Umgang mit dem Angehörigen? Könnte man das auch in einer Ich-Botschaft ausdrücken? :
228
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
18.10
Kooperation mit versorgenden Angehörigen
Für professionelle Pflegekräfte z FC Tagesordnung »Kooperation mit versorgenden Angehörigen«
Tagesordnung
▬ Das »Pflegedreieck« ▬ Aktives Zuhören – Pause ▬ Perspektivübernahme ▬ Kooperationsmöglichkeiten ▬ Was nehme ich mit?
DIN A4-Seite »Zielsetzung« Aktives Zuhören als eine hilfreiche Methode zur Reaktion auf unklare Anliegen oder in Konfliktsituationen kennen und anwenden können. Die Perspektive versorgender Angehöriger einnehmen und darauf aufbauend Möglichkeiten der Kooperation zwischen Pflegekräften und Angehörigen entwickeln können.
Kooperation mit versorgenden Angehörigen
Name des Vortragenden Institut
18
⊡ Abb. 18.9 PPP: »Kooperation mit versorgenden Angehörigen«
18.10.1
Vermittlung des Themas (Didaktische Analyse)
Zu Beginn der Sitzung »Kooperation mit versorgenden Angehörigen« stellt der Trainer den Ablauf der Sitzung, die Zielsetzung sowie kurz erneut das »Pflegedreieck« vor. Der Rückgriff auf das Pflegedreieck stellt einen Bezug zur vorherigen Sitzung dar, bei der es um Gesprächsführung mit Angehörigen ging. Analog ist in dieser Sitzung das Reagieren auf Anliegen Angehöriger ein Thema, also »die Pflegekraft als Empfänger von Informationen«. Ein weiterer Schwerpunkt der Sitzung ist eine Übung zur Perspektivübernahme und die Erarbeitung von Kooperationsmöglichkeiten mit Angehörigen. Auch dieser zweite Schwerpunkt kann vom Trainer anhand des Pflegedreiecks veranschaulicht werden: Nur wenn alle an der Pflege Beteiligten auch zusammenarbeiten, kann die Versorgung eines Menschen mit Demenz so gut wie möglich gestaltet werden. Den Einstieg in das Thema »Aktives Zuhören« bildet eine Übung zum Reagieren auf Anliegen anderer. Noch bevor theoretisches Wissen zum Aktiven Zuhören vermittelt wird, liest der Trainer den Seminarteilnehmern eine kurze Fallgeschichte vor, die mit einem Vorwurf endet. Anschließend werden spontane Reaktionen der Teilnehmer auf das Fallbeispiel im Plenum gesammelt und vom Trainer kommentiert. Anhand des Fallbeispiels kann im Plenum zusammen erarbeitet werden, dass Reaktionen im Privatleben vielfältiger ausfallen können als Reaktionen im Berufsleben. Beim Reagieren auf Anliegen anderer im Berufsleben stehen einer Person, im Gegensatz zu ihrem Privatleben, nicht alle denkbaren Reaktionsweisen offen. Beispielsweise ist zu vermeiden, Angehörigen sarkastische Antworten auf Fragen zu geben oder sie verbal anzugreifen. An diese Einstiegsübung schließt sich ein kurzer theoretischer Input zu Aktivem Zuhören an, bei dem den Teilnehmern die drei Stufen des Aktiven Zuhörens näher gebracht werden. Um die Umsetzbarkeit der Methode »Aktives Zuhören« aufzuzeigen, wird dabei auf das zuvor vorgelesene Fallbeispiel Bezug genommen. Den Teilnehmern werden neben dem theoretischen Wissen über Aktives Zuhören demnach auch bereits mögliche Anwendungsbeispiele der Methode
229 18.10 · Kooperation mit versorgenden Angehörigen
vorgestellt. Zur Einübung der Methode »Aktives Zuhören« durch die Teilnehmer schließt sich eine Kleingruppenübung an den theoretischen Input an. In Gruppen zu je drei Pflegekräften sollen hier Problemstellungen aus dem Pflegealltag – vorgegebene Fallbeispiele und/oder eigene Beispiele der Teilnehmer – mittels Aktivem Zuhören bearbeitet werden. Dabei übernimmt je eine Person die Rolle der Pflegekraft, des Angehörigen sowie des Beobachters. Während Pflegekraft und Angehöriger sich in Aktivem Zuhören üben, ist es die Aufgabe des Beobachters, die Vorgehensweise der beiden »unter die Lupe zu nehmen« und den »Akteuren« im Anschluss eine kurze Rückmeldung zu geben. So soll versucht werden, Sicherheit in Aktivem Zuhören zu gewinnen, während die Teilnehmer gleichzeitig die Möglichkeit haben, sich gegenseitig zu unterstützen und Erfahrungswissen auszutauschen. Den Abschluss des Themenblocks »Aktives Zuhören« bildet anschließend eine kurze Diskussion im Plenum, bei der Probleme der vorangegangen Übung thematisiert werden. Dies dient der Transferförderung der eingeübten Methode, da (antizipierte) Schwierigkeiten angesprochen werden und gemeinsam bearbeitet werden können. Nach einer Pause schließt sich eine Übung zur Perspektivübernahme an. Anhand eines Fallbeispiels sollen sich die teilnehmenden Pflegekräfte nun in die Rolle eines Angehörigen hineinversetzen. Die Übernahme der Angehörigenrolle und das Einfühlen in die Angehörigenperspektive sollen dem besseren Verständnis der Angehörigenwünsche und -befürchtungen dienen. Hierzu bearbeiten die Teilnehmer zunächst Fallbeispiele und daran anschließende Fragen. Eine von zwei Gruppen bearbeitet hierbei ein Fallbeispiel eines pflegenden Angehörigen, der einen sehr großen Teil der Pflege übernimmt und stark beansprucht ist. Die andere Gruppe bearbeitet ein Fallbeispiel eines eher delegierenden und kontrollierenden Angehörigen, der selbst kaum in die Pflege involviert ist. Neben der Einfühlung in die Angehörigenrolle erarbeiten beide Gruppen Möglichkeiten, im Alltag mit diesen Angehörigen möglichst gut zu kooperieren. Die von den Teilnehmern zusammengetragenen Ideen und Vorschläge werden von jeder Gruppe auf FlipCharts gesammelt und im Anschluss an die Gruppenübung im Plenum vorgestellt.
18
Im Anschluss daran fasst der Trainer die Sitzungsinhalte kurz zusammen und reflektiert sie im Hinblick auf die zu Beginn der Sitzung genannte Zielsetzung. Dies soll den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anregen und bereitet zudem auf die letzte Übung vor. Die letzte Übung ist eine Einzelübung, in der sich jeder Teilnehmer mit Hilfe des Handouts Gedanken macht, welche der erarbeiteten Strategien er persönlich in nächster Zeit anwenden möchte, welche der gelernten Inhalte er »mit in den Alltag nehmen möchte«. Diese Abschlussübung dient dazu, den Transfer der Trainingsinhalte in den Alltag zu erleichtern, in dem erste konkrete Schritte der Umsetzung individuell durchdacht und festgehalten werden. Um weiterhin den Transfer und die Reflexion der Trainingsinhalte anzuregen, wird die Sitzung mit einer Zusammenfassung und Reflexion durch die Teilnehmer beendet. Die Reflexion durch die Teilnehmer erfolgt in Form eines Blitzlichts. Für den Trainer bietet das Blitzlicht ein Feedback zum Trainingserfolg und zur Zufriedenheit der Gruppe. Zum Abschluss der Sitzung sollte auf die Inhalte der nächsten Sitzung verwiesen werden, um die Teilnehmer hierfür zu motivieren. Falls am Ende der Sitzung noch Zeit verbleibt, kann diese für Ergänzungen und Diskussionsbedarf genutzt werden.
18.10.2
Lernziele
In der zweiten Sitzung zum Thema »Kooperation mit versorgenden Angehörigen« lernen die Trainingsteilnehmer die Methode des »Aktiven Zuhörens« kennen. Neben theoretischem Wissen über »Aktives Zuhören« sollen die teilnehmenden Pflegekräfte Sicherheit im Anwenden des »Aktiven Zuhörens« erlangen, um so im Arbeitsalltag ihre Gesprächspartner besser zu verstehen, Missverständnisse im Gespräch zu vermeiden und aufkommende Konflikte entschärfen zu können. Im Rahmen einer Übung zur Perspektivübernahme soll darüber hinaus die Fähigkeit der Trainingsteilnehmer geschult werden, sich in die Rolle eines Angehörigen hineinzuversetzen. Mittels dieser Übung wird angestrebt, die Anliegen eines anderen besser nachvollziehen zu können, in dem sich
230
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
in den anderen eingefühlt wird. Darauf aufbauend sollen die Teilnehmer Ideen entwickeln, wie sie in ihrem Arbeitsalltag noch besser mit Angehörigen kooperieren können. Ziele dieser Sitzung sind: Lernziele Aktives Zuhören kennen und anwenden können. Die Perspektive versorgender Angehöriger einnehmen können. Kooperationsmöglichkeiten zwischen Pflegekräften und Angehörigen entwickeln.
18.10.3
Geplanter Verlauf
Die Power Point Präsentation (⊡ Abb. 18.9) leitet durch die Sitzung. Jeder Schritt wird mit einer Präsentationsfolie eingeleitet, so dass der Trainer sich bei der Durchführung ganz einfach an den Folien »entlang hangeln« kann. Der Verlauf der Sitzung wird im Folgenden im kurzen Gesamtüberblick dargestellt, in Klammern finden sich jeweils die Verweise zu den Inhalten, Übungen, Instruktionen oder Materialien, die in dem jeweiligen Abschnitt zur Anwendung kommen. Zu allen Punkten gibt es auch mindestens eine Folie in der Power Point Präsentation. 1. Einstieg in die Sitzung – Begrüßung – Tagesordnung – Zielsetzung
18
2. Gesprächsführung: Aktives Zuhören – Theorie: Aktives Zuhören ( Abschn. 6.4.2, Abschn. 18.10.5)
– Gruppenübung: Aktives Zuhören ( Abschn. 18.10.5) 3. Kooperation ( Abschn. 6.5) – Übung: Perspektivübernahme ( Abschn. 18.10.5) – Sammlung der Ergebnisse im Plenum ( Abschn. 18.10.5) 4. Ausstieg aus der Sitzung – Zusammenfassung und Reflexion durch Trainer ( Abschn. 13.6) – Reflexion und Transfer »Was nehme ich mit?« ( Abschn. 13.7) – Feedback für den Trainer: Blitzlicht ( Abschn. 13.8) – Abschluss ( Abschn. 13.9)
18.10.4
z
Sequenzplan der Sitzung »Kooperation mit versorgenden Angehörigen« für Pflegekräfte im ambulanten oder stationären Bereich (90 Minuten)
Vorbereitung
▬ Handout vor Beginn der Sitzung austeilen ▬ FlipChart »Tagesordnung« aufhängen ▬ Beamer und Laptop vorbereiten
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien / Material
5
Begrüßung
Thema, Tagesordnung und Zielsetzung vorstellen
Überblick über den Ablauf, Anknüpfung an die letzte Sitzung mit dem Modell »Pflegedreieck«
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
FC Tagesordnung Blatt Zielsetzung, PPP
7
Aktives Zuhören: Einstiegsbeispiel
Trainer liest TN ein Fallbeispiel vor, in das sie sich hineinversetzen sollen; mögliche Reaktionsweisen werden im Plenum gesammelt
Reaktionsmöglichkeiten auf Ansprache anderer vergegenwärtigen
Plenum
Fallbeispiel
Fallbeispiel »Nachbarin«, Handout
▼
18
231 18.10 · Kooperation mit versorgenden Angehörigen
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien / Material
7
Theorie: Aktives Zuhören
Vorgehensweise beim »Aktiven Zuhören« wird theoretisch vorgestellt und in Bezug zum vorangegangenen Fallbeispiel gesetzt
Wissen vermitteln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP
15
Problemstellung aus dem Altenpflegealltag: Problemlösen mittels Aktivem Zuhören
TN üben in Kleingruppen »Aktives Zuhören« anhand von Fallbeispielen/ eigenen Beispielen. Rollen: Pflegekraft, Angehöriger, Beobachter; nach jeder Runde werden die Rollen getauscht
Transfer fördern
Kleingruppe
Übung
Arbeitsmappe
3
Abschluss: Aktives Zuhören
Aufgreifen und bearbeiten von Schwierigkeiten beim Problemlösen mittels Aktivem Zuhören
Reflexion, Verfestigung des Gelernten, Transferförderung
Plenum
Diskussion
3
Perspektivübernahme und Kooperationsmöglichkeiten
Überleitung und Erläuterung zur Übung »Perspektivübernahme«
Verdeutlichen, dass es neben Kommunikation für gelingende Kooperation wichtig ist, die Situation des anderen zu verstehen, und darauf aufbauend konkrete praktische Kooperationsmöglichkeiten zu entwickeln
Plenum
Vortrag, Visualisierung mit PPP
PPP
20
Perspektivübernahme: Austausch in der Kleingruppe
TN versetzen sich mit Hilfe eines Fallbeispiels in die Rolle eines Angehörigen
Sich in die Perspektive/Rolle eines Angehörigen einfühlen können
Kleingruppe
Übung, TN bilden zwei Gruppen und bearbeiten verschiedene Fallbeispiele (pflegende oder delegierende Angehörige), Ergebnisse werden auf FlipCharts festgehalten
Arbeitsmappe, leere FCs, Stifte
15
Perspektivübernahme: Vorstellen der Ergebnisse im Plenum
TN stellen ihr Fallbeispiel der anderen Gruppe vor und präsentieren ihre Überlegungen
Unterschiede und Gemeinsamkeiten beim Umgang mit pflegenden und delegierenden Angehörigen deutlich machen
Plenum
Die Gruppen lesen zunächst ihr Fallbeispiel vor und präsentieren anschließend ihre FlipCharts mit den Überlegungen
▼
232
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Dauer (min)
Sequenz
Inhalt
Ziel
Sozialform
Methode
Medien / Material
3
Zusammenfassun/Reflexion durch Trainer
Sitzungsverlauf zusammenfassen, Zielsetzung wiederholen, Ziel erreicht?
Transfer fördern
Plenum
Vortrag
FC Tagesordnung Blatt »Zielsetzung«
5
Reflexion und Transfer
»Was nehmen Sie heute mit?«
Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Einzelarbeit
Jeder Teilnehmer soll auf einer Moderationskarte festhalten: 1. Woran möchte ich mich erinnern? 2. Welche Strategien möchte ich ausprobieren?
Bunte Moderationskarten
5
Feedback für den Trainer
Reaktion und Reflexion der Teilnehmer
Feedback für Trainer, Reflexion und Transfer der Trainingsinhalte anregen
Plenum
Blitzlicht
2
Abschluss
Ausblick auf nächste Sitzung
Motivation
Plenum
18.10.5
Trainingsmaterial
Benötigtes Material
Anzahl
teilt. Das Handout beinhaltet eine Kurzzusammenfassung sämtlicher Inhalte der Sitzung. Zudem beinhaltet es die Anweisungen für die Übungen, die von den Teilnehmern durchgeführt werden sollen.
Moderationsstifte
TN* / 3
Übungen
Kugelschreiber
TN
z
Mitnehmliste
18
PPP
Klebeband, Schere
TN x 2
FC »Tagesordnung«
1
DIN A4-Blatt »Zielsetzung«
1
Beamer und Laptop mit Präsentation PPP 8 »Kooperation mit versorgenden Angehörigen«
1
Handout »Kooperation mit versorgenden Angehörigen«
TN + 1
Leere FC-Blätter
TN / 4
* TN = Anzahl der Teilnehmer
Handout Zu Beginn der Sitzung wird das gesamte Handout »Kooperation mit versorgenden Angehörigen« (TANDEM für professionelle Pflegekräfte) ausge-
Einstiegsbeispiel: Aktives Zuhören
Das Einstiegsbeispiel »Nachbarin« wird zu Beginn der thematischen Einheit »Aktives Zuhören« vorgelesen. Zur Einleitung kann der Trainer beispielsweise sagen: ; Zum Einstieg in das Thema »Aktives Zuhören« möchte ich Ihnen eine kleine Situation aus dem Alltag vorlesen. Diese Situation hat noch gar nichts mit dem Pflegealltag zu tun, sondern könnte so oder ähnlich vielleicht jedem von uns passieren. Versetzen Sie sich bitte in folgende Situation: Sie kommen gerade von einem sehr anstrengenden Arbeitstag nach Hause und möchten sich erst einmal entspannen. Sie setzen sich auf die Couch und legen die Füße hoch, da klingelt Ihre Nachbarin an der Tür. Als Sie öffnen, legt sie direkt los: »Frau Müller, Ihre Kinder haben mich den ganzen Mittag vom Arbeiten abgehalten! Ich hatte mir extra Arbeit mit nach Hause genommen, um
233 18.10 · Kooperation mit versorgenden Angehörigen
sie in Ruhe fertig machen zu können. Dazu kam ich aber dann gar nicht, weil Ihre Kinder so laut waren, dass ich mehrmals rübergehen musste, um sie zu ermahnen, leiser zu sein. Im Endeffekt bin ich nun zu nichts gekommen!« Ganz spontan, wie würden Sie reagieren? : Der Trainer sammelt die einzelnen Beiträge der Teilnehmer, hält sie aber nicht schriftlich fest. Manchmal dauert es zu Beginn ein bisschen, bevor der erste Teilnehmer etwas sagt. Ist dies der Fall, kann der Trainer beispielsweise die Frage nochmal wiederholen: ; Sie stehen im Flur, die Türklinke noch in der Hand, und vor Ihnen steht die aufgebrachte Nachbarin. Was wäre Ihre spontane Reaktion? : Jeder Beitrag der Teilnehmer wird wertschätzend aufgegriffen. Nach einigen Beiträgen fasst der Trainer noch einmal zusammen, welche unterschiedlichen Reaktionen genannt wurden und leitet dann auf die Theorie des Aktiven Zuhörens über, z. B.: ; Wie Sie gemerkt haben, reagiert jeder etwas unterschiedlich in so einer Situation. Wie man reagiert, ist abhängig davon, wie man sich in diesem Moment gerade fühlt und natürlich auch davon, wie der ganze Tag vorher schon gelaufen ist. Aber es ist auch davon abhängig, was man bisher mit der Nachbarin für ein Verhältnis hatte. Jedenfalls hat man im Privatleben die Freiheit, so zu reagieren, wie man gerade möchte. Wenn es einen nicht stört, kann man einen Konflikt auch weiter eskalieren und vielleicht eine schlechte nachbarschaftliche Beziehung in Kauf nehmen. Im Beruf ist diese Freiheit aber nicht gegeben. Hier ist es sinnvoll, mit Vorwürfen, Problemen und aufkommenden Konflikten konstruktiv umzugehen. Eine Möglichkeit, dies zu tun, ist das Aktive Zuhören, die ich Ihnen jetzt vorstellen möchte. : z
Gruppenübung Aktives Zuhören
Die Gruppenübung »Aktives Zuhören« wird durchgeführt, nachdem die Teilnehmer das Vorgehen beim Aktiven Zuhören theoretisch kennengelernt haben. Die Gruppeneinteilung, die Erläuterung der Übung und die Problemstellungen können mithilfe der folgenden Instruktionen vorgestellt werden. ⊡ Folie 6, PPP 8, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
18
; Sie haben gerade das Vorgehen beim Aktiven Zuhören kennengelernt. Damit Sie die Anwendung des Aktiven Zuhörens selbst ausprobieren können, machen wir eine Gruppenübung. Bitte finden Sie sich für die Übung in Gruppen von drei Personen zusammen. Auf Seite X in Ihrem Handout finden Sie drei Situationen, mit denen Sie ausprobieren sollen, wie Sie mit Aktivem Zuhören reagieren können. Die Situationen stammen aus dem Pflegealltag. Bitte spielen Sie in Ihrer Gruppe alle drei Situationen durch. Nach jeder Situation tauschen Sie die Rollen, so dass jeder in der Gruppe einmal in der Rolle des Angehörigen, der Pflegekraft und des Beobachters war. Der Beobachter sieht sich eine Situation an und gibt seinen Gruppenmitgliedern anschließend Feedback. Dabei geht es vor allem darum, ob und wie das Aktive Zuhören umgesetzt wurde. Wenn Sie Situationen aus Ihrem eigenen Berufsalltag haben, können Sie natürlich auch gerne diese zum Üben nehmen! : Beispiel Stationäre Pflege Situation 1: Die Tochter einer Bewohnerin kommt sonntags mittags vorbei, um ihre Mutter zum Kaffeetrinken abzuholen. Sie möchte ihr ihre Lieblingsbluse anziehen, kann sie aber im Kleiderschrank nicht finden. Im aufgebrachten Ton spricht sie eine Pflegekraft an: »Wie ist denn bei Ihnen die Wäscherei organisiert? Das ist ja anscheinend das totale Chaos! Verschwindet bei den anderen Bewohnern auch Kleidung oder nur bei meiner Mutter??«
Situation 2: Der Sohn besucht seinen demenzkranken Vater im Pflegeheim. Er ist direkt nach der Arbeit vorbeigekommen, um nach seinem Vater zu schauen. Nach kurzer Zeit kommt er ins Stationszimmer marschiert und poltert los: »Wann wollen sie denn meinem Vater eigentlich mal was zu essen geben? Er hat heute den ganzen Tag noch nichts bekommen!!«
Situation 3: Die Ehefrau kommt zu Besuch und verbringt Zeit mit ihrem Mann, der aufgrund fortschreitender Demenz in den letzten Wochen merklich abgebaut hat. Nach dem Besuch spricht sie sehr besorgt eine Pflegekraft an: »Ich habe den Eindruck, dass mein Mann mich
234
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
auf den ersten Blick gar nicht gleich erkannt hat. Dabei sind wir doch seit 38 Jahren verheiratet. Was ist denn bloß mit ihm passiert?«
Ambulante Pflege Situation 1: Die Tochter einer demenzkranken Frau kommt sonntags mittags vorbei, um ihre Mutter zum Kaffeetrinken abzuholen. Sie möchte ihr ihre Lieblingsbluse anziehen, kann sie aber im Kleiderschrank nicht finden. Im aufgebrachten Ton spricht sie eine Pflegekraft an: »Das ist ja das totale Chaos hier! Können Sie nicht Sachen da hinlegen, wo sie schon immer gelegen haben? So findet man ja gar nichts mehr! Wie soll sich denn meine Mutter so noch in ihrer eigenen Wohnung zu Recht finden?«
Situation 2: Der Sohn besucht seinen demenzkranken Vater. Er ist direkt nach der Arbeit vorbeigekommen, um nach seinem Vater zu schauen. Gleichzeitig kommt eine Pflegerin vorbei, um den Vater ins Bett zu bringen. Der Sohn ist entrüstet: »Sie können doch jetzt nicht meinen Vater ins Bett bringen! Jetzt hat er doch Besuch! Kommen Sie gefälligst später nochmal vorbei! Ich bleibe etwa bis 22 Uhr.«
Situation 3: Frau Müller macht sich Sorgen um Ihren demenzkranken Mann, der vor ein paar Wochen gestürzt ist. Seitdem hat er fast nur im Bett gelegen. Als die zuständige Pflegekraft kommt, fragt Frau Müller: »Ich habe den Eindruck, meinem Mann geht es wieder etwas besser. Aber so genau kann ich das ja gar nicht beurteilen, ich kenne mich da zu wenig aus. Sie haben da ja sicher mehr Ahnung!«
ten hatten, in den Situationen mit Aktivem Zuhören zu reagieren. Eventuell haben einige Teilnehmer noch Klärungsbedarf bezüglich der letzten Situation. Hier geht es nicht um einen Vorwurf von Seiten der Angehörigen, sondern um eine unklare Aussage und versteckte Bitte der Angehörigen. Mit Aktivem Zuhören kann die Pflegekraft in dieser Situation herausbekommen, was das eigentliche Anliegen der Angehörigen ist. Auf die Beiträge der Teilnehmer hin sollte der Trainer abschließend noch mal betonen, dass die Methode des Aktiven Zuhörens ein erster Schritt ist, um bei möglichen Konflikten konstruktiv zu reagieren und die eigenen professionelle Distanz zu wahren, z. B.: ; Wie Sie schon zu Recht bemerkt haben, hat man beim Aktiven Zuhören manchmal das Gefühl, eigentlich gar nicht wirklich zu reagieren, da man selbst erst einmal inhaltlich keine Stellung bezieht. Genau das ist das Schöne am Aktiven Zuhören! Es verhindert, dass man eine Rechtfertigungsoder Verteidigungshaltung einnimmt und damit vielleicht einen Konflikt schürt, statt einfach nur ein Missverständnis zu klären. Eine Situation mit Aktivem Zuhören zu klären, kann sehr hilfreich sein, wenn jemand aufgebracht ist oder emotional sehr bewegt, und sich daher vielleicht auch nicht klar ausdrückt. Aktives Zuhören hilft auch, professionelle Distanz zu wahren und sich beispielsweise von einem Vorwurf nicht persönlich getroffen zu fühlen. Aber auch für die andere Person ist eine Reaktion mit Aktivem Zuhören hilfreich: Wenn ein aufgebrachter Gesprächspartner sich gehört und verstanden fühlt, geht gleich eine Menge Luft aus einer angespannten Situation. : z
18
Während der Bearbeitung der Situationen kann der Trainer von Gruppe zu Gruppe gehen und sich vergewissern, dass alle die Aufgabenstellung verstanden haben. Fühlt sich eine Gruppe nicht wohl dabei, die Situationen durchzuspielen, kann der Trainer anbieten, diese auch nur durchzusprechen. Falls die Möglichkeit besteht, kann die Gruppe eventuell auch auf einen anderen Raum ausweichen, in dem sie ungestört üben kann. Nach Ablauf der Übungszeit folgt eine kurze Nachbesprechung der Übung in der Großgruppe. Der Trainer fragt, ob die Teilnehmer Schwierigkei-
Übung: Perspektivübernahme und Möglichkeiten der Kooperation
Der letzte Teil der Sitzung besteht aus einer längeren Gruppenübung zur Perspektivübernahme und darauf aufbauend zur Erarbeitung von Kooperationsmöglichkeiten in der Pflege. Der Trainer leitet diesen Teil der Sitzung anhand der PPP-Folie »Perspektivübernahme« ein, z. B.: ; Wir kommen nun zum Thema »Perspektivübernahme und Kooperation« und gehen damit im letzten Teil unserer heutigen Sitzung über das Thema »Kommunikation« noch etwas hinaus. Für einen an Demenz erkrankten Menschen haben die
235 18.10 · Kooperation mit versorgenden Angehörigen
Personen, die sich um ihn kümmern und mit ihm in Kontakt sind, den entscheidenden Einfluss auf seine Lebensqualität. Die unmittelbaren Bezugspersonen sind also immens wichtig – aber wie geht es den Pflegenden eigentlich selbst dabei? In was für einer Situation befinden sie sich? Die Situation von versorgenden Angehörigen wollen wir in der nächsten Übung mit einer Perspektivübernahme beleuchten. Für die Übung werde ich Sie in zwei Gruppen aufteilen (mit der Hand deuten, an welcher Stelle die Großgruppe geteilt wird). In Ihrer Arbeitsmappe finden Sie zwei Fallbeispiele von versorgenden Angehörigen, die Sie so oder ähnlich vielleicht auch schon erlebt haben. Gruppe eins (auf Gruppe eins deuten) bearbeitet bitte das erste Fallbeispiel, Gruppe zwei (auf Gruppe zwei deuten) bitte das zweite. Bitten lesen Sie sich zunächst das Fallbeispiel in Ruhe durch. Beantworten Sie dann die anschließenden Fragen zusammen in Ihrer Gruppe und halten Ihre Ergebnisse auf einem FlipChart-Papier fest. Sie haben für diese Aufgabe 20 Minuten Zeit. : ⊡ Folie 8, PPP 8, TANDEM für professionelle Pflegekräfte
18
kam Frau Schulze allerdings immer schlechter allein zuhause zurecht. Arzttermine wurden vergessen, Einkaufen und Kochen klappten immer schlechter und auch die körperliche Hygiene wurde immer öfter vernachlässigt. Nachdem bei Frau Schulze Alzheimer diagnostiziert wurde, beschloss ihre Tochter, sie in einem Heim unterzubringen, das auf Demenzerkrankungen spezialisiert ist. Sie hat mit ihrer Mutter vereinbart, dass sie sie weiterhin alle paar Wochen besuchen wird, um nach dem Rechten zu sehen.
Fragen: Bitte versetzen Sie sich in die Rolle der Angehörigen aus dem Fallbeispiel. ▬ Was macht Ihnen Sorgen, was befürchten Sie in dieser (Lebens-)Situation? ▬ Welche Erwartungen und Wünsche haben Sie in dieser Situation an das Heim und die Pflegekräfte? ▬ Wie stellen Sie sich als Angehöriger die Zusammenarbeit mit den Pflegekräften und dem Heim vor? Aus Ihrer Perspektive als Pflegekraft:
▬ Wo sehen Sie Möglichkeiten zur AufgabenteiBeispiel Stationäre Pflege Fallbeispiel Gruppe 1: Frau Marianne Schmidt ist vor ein paar Tagen ins Heim eingezogen. Bis dahin hat sie mit ihrem Mann in der gemeinsamen Wohnung gelebt. Fünf Jahre lang hat Herr Schmidt sich nun hauptsächlich um seine Frau gekümmert. In letzter Zeit ging es Frau Schmidt körperlich zunehmend schlechter. Ihre Mobilität ist stark eingeschränkt, dadurch wurde ihre Versorgung für ihren Mann immer schwieriger. Er sah sich zunehmend überlastet. Nach langem Zögern hat er sich schweren Herzens entschlossen, seine Frau in ein Pflegeheim zu geben. Er möchte nach wie vor für sie da sein.
Fallbeispiel Gruppe 2: Frau Martha Schulze ist vor ein paar Tagen ins Heim eingezogen. Sie hat bisher alleine gewohnt. Ihre Tochter kam alle paar Wochen für ein paar Tage zu Besuch, um ihr im Haus zu helfen. Da die Tochter mit ihrer Familie in einer anderen Stadt lebt, kann sie nicht öfter für ihre Mutter da sein. Die letzten Monate
lung und Zusammenarbeit mit der Angehörigen? ▬ Wie könnte die Angehörige in den Heimalltag einbezogen werden?
Ambulante Pflege Gruppe 1: Frau Specht wird seit Kurzem vom ambulanten Pflegedienst betreut. Die 74-jährige Dame ist an Demenz erkrankt und wird von ihrem Ehemann zuhause versorgt. Herr Specht kümmert sich seit Jahren aufopferungsvoll um seine Frau, ist dabei allerdings zunehmend an die Grenze seiner Belastbarkeit gelangt. Dennoch hat er so lange wie möglich versucht, auf professionelle Hilfe zu verzichten. Er ist besorgt, dass seine Frau auf die fremden Menschen mit Unruhe und Angst reagieren könnte. Die weiter entfernt lebenden Kinder machten sich jedoch zunehmend mehr Sorgen um seine Gesundheit und haben ihn schließlich überzeugt, einen Teil der Pflege an den Pflegedienst abzugeben. Morgens und abends kommt nun eine professionelle Pflegekraft, um sich um die Körperpflege von Frau Specht zu kümmern.
236
Kapitel 18 · Manual: TANDEM für professionelle Pflegekräfte
Auf die Pflegekräfte, die gut mit Frau Specht zurechtkommen, wirkt Herr Specht oft erschöpft und überfordert. Dennoch lässt er sich kaum etwas abnehmen und ist auch bei der Pflege seiner Frau immer anwesend. Er fühlt sich unzureichend über den Zustand und die Behandlung seiner Frau informiert. Seine Fragen und Beschwerden trägt er dabei oftmals an die Pflegekräfte heran, während diese mit der Pflege von Frau Specht beschäftigt sind.
Gruppe 2: Herr Lorenz ist 45 Jahre alt, seine Frau 43. Die Mutter von Herrn Lorenz wird seit Kurzem vom ambulanten Pflegedienst betreut. Die 78-jährige Dame ist an Demenz erkrankt, kann aber noch alleine in ihrer Wohnung leben. Neben den Mitarbeitern des Pflegedienstes, die zweimal am Tag vorbeikommen, kümmern sich Frau Lorenz und ihr Mann so gut es geht um sie. Frau Lorenz kommt zweimal pro Woche vorbei, um nach ihrer Schwiegermutter zu sehen und anfallende Besorgungen zu erledigen. Öfter schaffen es sie – und auch ihr Mann – nicht, da sie beide berufstätig sind und zwei Kinder haben. Die Demenzerkrankung und zunehmende Unselbstständigkeit der Schwiegermutter ist für Frau Lorenz nun als weitere Aufgabe hinzugekommen, um die sie sich kümmern muss. Bei den seltenen Kontakten mit den Mitarbeitern des Pflegedienstes haben diese den Eindruck gewonnen, dass sowohl Frau Lorenz als auch ihr Mann vor allem mit den organisatorischen und finanziellen Fragen rund um die Pflege beschäftigt sind. Im Kontakt mit den Pflegekräften beschwert sich die Dame hin und wieder, dass ihr Sohn und seine Frau versuchen würden, ihr Vorschriften zu machen. Sie scheinen wenig Wissen über die Erkrankung zu haben und wenig Zeit mit der Mutter von Herrn Lorenz zu verbringen.
Fragen:
18
Bitte versetzen Sie sich in die Rolle des/der Angehörigen aus dem Fallbeispiel. ▬ Was macht Ihnen Sorgen, was befürchten Sie in dieser (Lebens-)Situation? ▬ Welche Erwartungen und Wünsche haben Sie in dieser Situation an den ambulanten Pflegedienst? ▬ Wie stellen Sie sich als Angehöriger die Zusammenarbeit mit den Pflegekräften vor?
Aus Ihrer Perspektive als Pflegekraft: ▬ Wo sehen Sie Möglichkeiten zur Aufgabenteilung und Zusammenarbeit mit dem/den Angehörigen?
Wenn alle Gruppen fertig sind, bittet der Trainer die erste Gruppe, ihre Überlegungen und Ideen vorzustellen. Hierzu sollte immer ein Mitglied der Gruppe nach vorne kommen, das FlipChart gut sichtbar aufhängen und das Gesammelte vorstellen. Nach der Vorstellung des zweiten Fallbeispiels geht der Trainer kurz auf die Unterschiede zwischen den Fallbeispielen ein, z. B.: ; Herzlichen Dank für Ihre beeindruckenden Ideen. Wie Sie gemerkt haben, waren die beiden Fallbeispiele recht unterschiedlich. Im ersten Fallbeispiel wurde ein pflegender Angehöriger beschrieben – also eine Person, die sich bisher hauptverantwortlich um ihren Angehörigen gekümmert hat und für die dies auch die Hauptaufgabe war oder ist. Ändert sich dies, ist damit natürlich auch ein Rollenwechsel verbunden, der nicht leicht zu bewältigen ist. Im zweiten Fallbeispiel hat die Angehörige bisher nicht gepflegt. Sie muss aber andere Anpassungsleistungen vollbringen: Zum Beispiel den Spagat zwischen dem Wunsch, für den kranken Angehörigen eine gute Versorgung zu organisieren, und anderen Verpflichtungen, beispielsweise im Beruf oder den eigenen Kindern gegenüber. Angehörige, wie sie im zweiten Fallbeispiel beschrieben werden, müssen notgedrungen die Pflege delegieren und sehen ihre Aufgabe eher darin, sicherzustellen, dass die Pflege auch gut klappt. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch, in welcher Beziehung die Angehörigen zu dem an Demenz erkrankten Menschen stehen. Im ersten Fallbeispiel handelt es sich um den Ehepartner, im zweiten um die Generation der Kinder. Hier sind natürlich schon von der Lebenssituation ganz andere Bedingungen gegeben. Beiden Fallbeispielen ist aber eines gemeinsam: Für die Angehörigen ist es ein großer Unterschied, ob die Zusammenarbeit mit den professionellen Pflegekräften gut funktioniert. In beiden Fällen bietet es Entlastung, auf den Rat und die Information der Pflegekräfte zurückgreifen zu können. Und für einen gelungenen Austausch ist eben auch dies ganz zentral: Gute Kommunikation! :
V
V Anhang: Weiterführende Informationen
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
239 Literaturempfehlungen mit kurzen Buchbesprechungen
Literaturempfehlungen mit kurzen Buchbesprechungen Alzheimer Europe (Hrsg.) (1999). Handbuch der Betreuung und Pflege von Alzheimer-Patienten. Stuttgart: Georg Thieme Verlag. Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
Versorgende Angehörige und professionell Pflegende
Umfassender Überblick über Betreuung und Pflege bei Alzheimer Demenz
»Und was ist Demenz?« »Für sich selbst sorgen«
Dieses von »Alzheimer Europe« vorgelegte und von der Europäischen Kommission geförderte Gemeinschaftswerk verschiedener namhafter Autoren bietet umfassende Hilfen und Informationen zur Betreuung und Pflege von Menschen mit Alzheimer-Demenz. Zunächst wird das Krankheitsbild AlzheimerDemenz eingehend beschrieben. Beginnend werfen die Autoren einen Blick auf die historische Entwicklung, um dann auf die aktuellen Forschungsergebnisse einzugehen. Ein weiteres Kapitel befasst sich mit den Veränderungen hinsichtlich Gedächtnis, Verhalten und Stimmung der Menschen mit Demenz. Häufige und immer wiederkehrende Si-
tuationen in der Pflege von Menschen mit Demenz werden an anschaulichen Beispielen verdeutlicht. Ebenso werden die Ursachen auf verständliche Weise erläutert, um dann anschließend mögliche Lösungsstrategien für Pflegeperson aufzuzeigen. In einem weiteren Kapitel werden den Pflegenden Strategien und Möglichkeiten aufgezeigt, wie sie sich selbst helfen können. Den Abschluss des Buches bildet eine Übersicht über die rechtlichen Fragen bei der Pflege, auch in den Ländern der EU. Das Buch ist allgemeinverständlich geschrieben und richtet sich an professionell Pflegende von Menschen mit Demenz sowie an versorgende Angehörige.
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2002). Vierter Altenbericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland: Risiken, Lebensqualität und Versorgung Hochaltriger – unter besonderer Berücksichtigung demenzieller Erkrankungen. Berlin: BMFSFJ. Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
Alle am Thema Interessierten
Umfassende Informationen über Hochaltrigkeit und demenzielle Erkrankungen in Deutschland
»Und was ist Demenz?«
Dieser Spezialbericht einer unabhängigen Sachverständigenkommission zur Lage älterer Menschen in der BRD widmet sich besonders den Lebensbedingungen und Bedürfnissen der stark wachsenden Gruppe der Hochaltrigen (80 Jahre und älter) sowie den Auswirkungen von Demenzerkrankungen. Neben einer Übersicht über die Forschungsaktivitäten in diesem Bereich werden die Themen Lebensqualität, Risiken (Erkrankungen) und Potenziale der Hochaltrigkeit beschrieben. Interventionen werden unter strukturellen und strategischen Gesichtspunkten mit besonderer
Berücksichtigung demenzieller Erkrankungen diskutiert. Ebenfalls werden rechtliche Rahmenbedingungen und ethische Fragen behandelt und zu den einzelnen Abschnitten Empfehlungen herausgegeben. Der umfangreiche Bericht eignet sich für Interessierte für einen umfassenden Überblick zu dem Thema Hochaltrigkeit, indem er Chancen wie Risiken für diese Altersgruppe gleichmäßig Rechnung trägt. Bezüglich demenzieller Erkrankungen ist die Betrachtung sozialer Auswirkungen und Anforderungen an die Gesellschaft (etwa durch die Forderung einer breiten Palette an Unterstüt-
240
Anhang: Weiterführende Informationen
zungsangeboten zur Entlastung von Gesellschaft und Hochaltrigen) besonders hervorzuheben. In beiden Bereichen liefert er zudem vielfältige Implikationen für zukünftige Forschungszweige
und Anwendungsgebiete. Der Bericht ist im Internet abzurufen unter: http://www.bmfsfj.de/ bmfsfj/generator/BMFSFJ/Service/Publikationen/ publikationen,did=5362.html
BMG (2007). Rahmenempfehlungen zum Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Menschen mit Demenz in der stationären Altenhilfe. Forschungsbericht 2007, Gesundheitsforschung, Berlin. (www.bmg.de) Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
Professionelle Pflegekräfte und leitendes Personal im Pflegeheim
Information zu empfohlenem Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Menschen mit Demenz
»Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation«
Dieser vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in Auftrag gegebene Forschungsbericht ist primär für das Management in der stationären Altenpflege und für stationäres Pflegepersonal bestimmt. Er liefert durch wissenschaftliche Studienergebnisse und Expertisen gestützte, grundlegende Empfehlungen für den Umgang mit herausfordernden, von den Pflegenden häufig als störend erlebten Verhaltensweisen von Menschen mit Demenz. Die Sichtung aktueller Fachliteratur sowie interdisziplinäre Expertenrunden bilden die Grundlage dieser Rahmenempfehlungen. Für den Umgang mit herausforderndem Verhalten wurden so insgesamt sieben für das pflegerische Handeln praxisrelevante
Empfehlungen erarbeitet und erläutert: 1. Verstehende Diagnostik; 2. Assessment-Instrumente (zur standardisierten Erfassung der Verhaltensweisen); 3. Validieren; 4. Erinnerungspflege; 5. Berührung, Basale Stimulation, Snoezelen; 6. Bewegungsförderung und 7. Pflegerisches Handeln in akuten psychischen Krisen von Menschen mit Demenz. Zudem stellt der Bericht Grundlagen und Voraussetzungen einer erfolgreichen Umsetzung der Empfehlungen vor, etwa bezüglich des zugrunde gelegten Menschenbildes, Pflegeverständnisses, organisatorischen Rahmens und Umgebung sowie bezüglich der Anforderungen an das Management. Auch bietet er einen Ausblick auf noch zu leistende Veränderungen im Rahmen stationärer Altenhilfe.
Buijssen, H. (2008). Demenz und Alzheimer verstehen: Erleben, Hilfe, Pflegen: Ein praktischer Ratgeber. Weinheim: Beltz Verlag. Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
Versorgende Angehörige von Menschen mit Demenz
Besseres Verständnis der Erkrankung und Hilfe in der Pflegesituation gewinnen
»Und was ist Demenz?« »Für sich selbst sorgen« »Menschen mit Demenz als Sender von Information« »Menschen mit Demenz als Empfänger von Information«
Der holländische Psychologe H. Buijssen widmet diesen praktischen Ratgeber insbesondere den Angehörigen von Menschen mit Demenz, um ihnen ein besseres Verständnis der Erkrankung und Hilfestellung in der Pflegesituation zu geben. Das Buch führt zunächst in die unterschiedlichen Erscheinungsbilder demenzieller Erkrankungen ein, um dann in den weiteren Kapiteln auf kognitive
und nicht-kognitive Symptome der Erkrankung einzugehen. Der Autor schildert eindrücklich das individuelle (Selbst)Erleben in der Demenz durch den Erkrankten und die aus der Erkrankung resultierenden Kommunikationsprobleme sowie den Umgang mit herausforderndem Verhalten. Weiter gibt er allgemeine Tipps im Umgang mit Menschen mit Demenz. Im Fokus der letzten Kapitel
241 Literaturempfehlungen mit kurzen Buchbesprechungen
stehen die Probleme von Pflegenden und Angehörigen, hier wird auf eine verstärkte Selbstfürsorge als mögliche Lösung explizit eingegangen. In sei-
nen Beschreibungen lässt der Autor den Selbstberichten von Menschen mit Demenz ebenso Raum wie den Angehörigen und ihrem Erleben.
Feil, N. (2000). Validation in Anwendung und Beispielen. Der Umgang mit verwirrten alten Menschen. München: Ernst Reinhardt. Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
Professionell Pflegende und versorgende Angehörige von Menschen mit Demenz
Anschauliches Kennenlernen einer Kommunikationsmethode mit demenziell Erkrankten
»Menschen mit Demenz als Sender von Information« »Menschen mit Demenz als Empfänger von Information«
Dieses grundlegende Werk der Sozialarbeiterin Naomi Feil, die als Begründerin der Validation, einer Methode zur Kommunikation insbesondere mit demenzkranken Menschen, gilt, wendet sich sowohl an versorgende Angehörige als auch an professionell in der Altenpflege und -versorgung tätige Personen. Ihr zentrales Anliegen ist die Vermittlung des Validationskonzepts im Sinne einer wertschätzenden, »validierenden« Grundhaltung im Umgang mit desorientierten alten Menschen, Einfühlungsvermögen in die Situation der Betroffenen, Verständnis und Akzeptanz der inneren Lebenswelt bei demenziellen Erkrankungen sowie der hieraus resultierenden Verhaltensweisen. Zunächst schildert Naomi Feil Altern und Demenz, die grundlegenden Konzepte und Techniken der Validation sowie die vier Stufen der Desorientie-
rung. Anschauliche Situationen und konkrete Beispiele für die Validationsanwendung in jeder Stufe illustrieren eindrucksvoll, in welch vielfältiger Art und Weise auf den individuell Erkrankten eingegangen werden kann. Der zweite Teil des Buches widmet sich der Anwendung der Validation in der Praxis anhand von Fallbeispielen; im abschließenden dritten Teil wird der Aufbau und die Durchführung einer Validationsgruppe für mehrere Betroffene vorgestellt. Durch die Schwerpunktsetzung des Werks auf individuelle Biografien von Betroffenen und ihrer Angehörigen wird der Blick des Lesers wiederholt auf das Ziel gelenkt, durch Verständnis und Akzeptanz des Anderen würdevolles, angstfreieres Erleben der Menschen mit Demenz zu erreichen. Dies soll auch den Versorgenden und Pflegenden zu Gute kommen.
Götte, R. & Lackmann, E. (1991). Alzheimer, was tun? Eine Familie lernt, mit der Krankheit zu leben. Beltz: Weinheim. Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
Insbesondere versorgende Angehörige von Menschen mit Demenz
Besseres Verständnis der Erkrankung und der sie begleitenden Veränderungen in der Familie
»Und was ist Demenz?« »Menschen mit Demenz als Sender von Information« »Menschen mit Demenz als Empfänger von Information«
Dieses Buch richtet sich insbesondere an Angehörige von Menschen mit Demenz. Es zeigt anschaulich, welches Spektrum an Veränderungen die Alzheimer-Demenz für den Betroffenen selbst sowie für dessen Angehörige beinhaltet. Die Autorin gibt auf einfühlsame Weise einen tiefen Einblick in den Krankheitsverlauf ihrer
Mutter und die damit verbundenen Veränderungen für die Familienmitglieder. Es werden nicht nur die traurigen und schwierigen Situationen, sondern insbesondere auch die schönen und glücklichen Momente im Familienleben beschrieben. Das Buch soll anderen Angehörige dabei behilflich sein, die Krankheit zu verstehen, die
242
Anhang: Weiterführende Informationen
Lebensqualität der Menschen mit Demenz zu erhalten und trotz zunehmendem Krankheitsverlauf Geborgenheit zu vermitteln. Auch gibt das Buch den Ängsten und Problemen sowie dem
Gefühl der Überforderung bei den Angehörigen Raum. Einen größeren Teil des Buches nimmt die umfangreiche kommentierte Fotodokumentation »Bilder aus dem Alltag« ein.
Groothuis, R. (2000). Soziale und kommunikative Fertigkeiten: Praxishandbuch für Pflege und Gesundheitsberufe. Bern: Huber. Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
In Pflege- und Gesundheitsberufen Tätige
Erlernen und Umsetzen sozialer und kommunikativer Fertigkeiten
»Kommunikation und Kooperation von versorgenden Angehörigen und professionell Pflegenden« »Kollegiale Beratung 4 Kommunikation im Altenpflegeteam«
Der Niederländer R. Groothius hat hiermit ein sehr praxisorientiertes Fachbuch zur Verbesserung der Kommunikation in Pflege- und Gesundheitsberufen vorgelegt. Im Mittelpunkt steht die Vermittlung von Fertigkeiten in den Bereichen Beobachten, Zu-
hören und Kommunizieren. Ziel ist es, soziale und kommunikative Fertigkeiten, wie Feedback geben, Evaluieren, aktives Zuhören, Empathie zeigen, Fragen stellen, Paraphrasieren, Verneinen und Kritisieren, in die Praxis zu integrieren.
Haberstroh, J. & Pantel, J. (Hrsg.) (2010). Demenz psychosozial behandeln. Heidelberg: AKA Verlag. Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
Professionell Pflegende, Psychologen, Gerontologen, Mediziner, Gesundheits-, Sozial- und Pflegewissenschaftler sowie Auszubildende und Studierende dieser Fachrichtungen, Versorgende Angehörige von Menschen mit Demenz, ehrenamtlich Tätige
Übersicht der vielfältigen Möglichkeiten psychosozialer Interventionen bei Demenz
»Und was ist Demenz?« »Für sich selbst sorgen«
In diesem Buch sind – erstmals im deutschsprachigen Raum – psychosoziale Interventionen bei Demenz von Autoren unterschiedlicher Berufsgruppen aus Praxis und Forschung aus verschiedenen Blickwinkeln zusammengestellt. Zuerst wird dabei eine Abgrenzung des gesunden vom pathologischen Altern vorgenommen, um vor diesem Hintergrund die vielfältigen, wissenschaftlich evaluierten Ansätze psychosozialer Interventionen zur Demenzprävention und -behandlung vorzustellen. Hierbei werden sowohl Interventionen für den erkrankten Menschen selbst als auch für Pflege- und Bezugspersonen (Angehörige, Pflegekräfte, Ehrenamtliche) berücksichtigt. Die evaluierten Stärken und Grenzen der einzelnen Ansätze
werden mit dem Ziel präsentiert, einen möglichst prägnanten Überblick über dieses Themengebiet bieten zu können. Außerdem werden wichtige Zielgrößen und Grundlagen psychosozialer Interventionsforschung erläutert sowie psychosoziale und medikamentöse Interventionsansätze gegenübergestellt und unter ethischen Gesichtspunkten diskutiert. Diese Veröffentlichung ist sowohl für Personen gedacht, die mit dem Thema Demenz beruflich und professionell zu tun haben, als auch für Angehörige demenziell erkrankter Menschen und in diesem Bereich ehrenamtlich Tätige, welche einen umfassenden Einblick in psychosoziale Ansätze der Demenzbehandlung erhalten möchten.
243 Literaturempfehlungen mit kurzen Buchbesprechungen
Halek, M., & Bartholomeyczik, S. (2006). Verstehen und Handeln. Forschungsergebnisse zur Pflege von Menschen mit Demenz und herausforderndem Verhalten. Hannover: Schlütersche. Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
Alle am Thema Interessierten
Übersicht und Schlussfolgerungen der Forschung zur Pflege demenziell Erkrankter und zu herausfordernden Verhaltensweisen
»Perspektivübernahme oder Verhalten als Kommunikation« »Menschen mit Demenz als Sender von Information«
Diese Forschungsarbeit aus der Publikationsreihe »Wittener Schriften« von Margareta Halek und Sabine Bartholomeyczik baut auf den Ergebnissen der Literaturrecherche zu den »Rahmenempfehlungen zum Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Menschen mit Demenz in der stationären Altenhilfe« (BMG, 2007) auf und vertieft spezifische Aspekte dieses Forschungsberichts. Nach ausführlicher Analyse des wissenschaftlichen Status Quo wird bezüglich des »Verstehens« besonders die Relevanz des Einnehmens der Perspektive der Betroffenen hervorgehoben. So können die Gründe für das herausfordernde Verhalten der Menschen mit Demenz verstanden werden und besser individuelle Ansätze für den Umgang
mit Betroffenen gesucht werden. In Bezug auf »Handeln« werden wissenschaftliche Ergebnisse zu pflegerischen Interventionen wie Validation, multisensorische Stimulation oder Erinnerungsarbeit vorgestellt, für die ein positiver Einfluss auf die Zufriedenheit und das Wohlbefinden, und damit indirekt auch auf die Verhaltensweisen der Menschen mit Demenz zählt. Abschließend steht das Ergebnis, dass das bestmögliche Handeln bei einer bestimmten Verhaltensweise von Einflüssen der Situation, der Betroffenen und der Pflegenden abhängt und eine erfolgreiche Interaktion stark von Fach-, Kommunikations-, Einfühlungsund Beobachtungsfähigkeit der Pflegenden abhängt.
Jansen, S., Tschainer, S., Gräßel, E. (2001). Angehörigengruppen für Demenzkranke in Deutschland. Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.). Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
Selbsthilfegruppen-Interessenten, Leiter, Teilnehmer und Initiativen
Überblick über die Situation von Angehörigengruppen und die Voraussetzungen einer erfolgreichen Gruppenarbeit
»Für sich selbst sorgen«
Die von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft im Auftrag vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorgelegte Expertise gibt einen ersten Eindruck über die derzeitige Situation von Angehörigengruppen für Menschen mit Demenz in Deutschland. Diese Arbeit versucht, die Wissenslücke über die Voraussetzungen, die für eine erfolgreiche und kontinuierliche Arbeit
von Selbsthilfegruppen gegeben sein sollten, zu schließen. Auch wird die Frage aufgegriffen, welche Bedürfnisse solche Personen haben, die von diesen Angeboten nicht erreicht werden. Diese Arbeit richtet sich an Personen, die sich der Thematik wissenschaftlich nähern wollen, sowie an Personen die direkt in die Arbeit mit Selbsthilfegruppen eingebunden sind.
244
Anhang: Weiterführende Informationen
Moos-Hofius, B. & Rapp, I. (2005). Selbsthilfegruppen – Ein Leitfaden für die Gruppenarbeit. Frankfurt am Main: Selbsthilfe e.V. Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
Selbsthilfegruppen-Interessenten, Leiter, Teilnehmer und Initiativen
Entscheidungsfindung zur Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, Konzeption einer Gruppe
»Für sich selbst sorgen«
Der kostenfreie Leitfaden von Birgit Moos-Hofius und Ilse Rapp richtet sich an diejenigen, die mit dem Gedanken spielen, an einer Selbsthilfegruppe teilzunehmen. Er gibt wichtige Entscheidungshilfen für die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe.
Ebenso bietet er allen an der Pflege Beteiligten wertvolle Informationen zum Konzept von Gesprächsselbsthilfegruppen. Zudem werden Anregungen für den Aufbau und die Mitarbeit in einer Selbsthilfegruppe geboten.
Powell, J. (2002). Hilfen zur Kommunikation bei Demenz. Köln: Kuratorium Deutsche Altershilfe. (aus dem Englischen von Britta Maciejewski) Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
Versorgende Angehörige und professionell Pflegende
Kennenlernen praktischer Lösungsansätze für erfolgreiche Kommunikation mit demenziell Erkrankten
»Menschen mit Demenz als Sender von Information« »Menschen mit Demenz als Empfänger von Information«
Dieser Ratgeber richtet sich an Personen, die Menschen mit Demenz professionell oder häuslich pflegen. Er verfolgt das Ziel, eine bestmögliche Lebensqualität aller an der Pflege eines demenzkranken Menschen beteiligten Personen zu erreichen. Diesem Ansatz entsprechend funktioniert »Hilfe zur Kommunikation bei Demenz« als Praxisanleitung zur häufig schwierigen Kontaktaufnahme mit einem Menschen mit Demenz, die auch den Erkrankten in seiner Persönlichkeit und Eigenständigkeit stärken soll. In diesem Rahmen wird übersichtlich strukturiert und in einer anschaulichen, auch für den Laien gut verständlichen Sprache, der Ablauf des Kommunikationsprozesses dargestellt. Ebenso werden die Gründe für das Zustandekommen verbaler Kommunikationsprobleme zwischen Pflegenden und Erkrankten sowie Herausforderungen in konkre-
ten, alltagsnahen Situationen deutlich gemacht. Gleichzeitig werden in praxisnahen Beispielen vielfältige Lösungsmöglichkeiten und Hilfestellungen aufgezeigt, wie verschiedene Kommunikationswege aufrechterhalten werden können. Die vermittelten Ideen werden oft von sehr konkreten Umsetzungsmöglichkeiten bis hin zu Kopiervorlagen angereichert. Die Autorin verfolgt dabei stets den personenzentrierten Ansatz in der Pflege nach Kitwood. Dieser Ansatz drückt sich im Respekt gegenüber der Persönlichkeit und Individualität von Menschen mit Demenz aus. Neben der übersichtlichen Gestaltung und verständlichen Sprache ist besonders eine liebevolle, sehr anschauliche Illustration des Werks hervorzuheben, welche nicht zuletzt die Unterschiede eines »trockenen Fachbuchs« zu diesem Ratgeber verdeutlicht.
245 Literaturempfehlungen mit kurzen Buchbesprechungen
Schlee, J. (2005). Kollegiale Beratung und Supervision für pädagogische Berufe. Stuttgart: Kohlhammer. Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
In pädagogischen Berufen Tätige sowie Personen, die im Team arbeiten
Praxisnahes Kennenlernen eines Verfahrens zur Kollegialen Beratung und Supervision
»Kollegiale Beratung Kommunikation im Altenpflegeteam«
In diesem Buch von Jörg Schlee wird ein bereits praxiserprobtes Verfahren zur Kollegialen Beratung und Supervision (KoBeSu) in Kleingruppen vorgestellt. Die Darstellung ist dabei so detailliert beschrieben und an einfach zu erlernenden Regeln orientiert, dass das Verfahren leicht umgesetzt werden kann. Neben dem deutlichen Praxisbezug liefert das Buch eine fundierte Darstellung der zugrunde lie-
genden Theorien, die insbesondere auf dem Forschungsprogramm »Subjektive Theorien« (nach Groeben, Scheele, Wahl und Schlee) aufbauen. Das Buch ist durchweg leicht verständlich geschrieben und durch Beispiele, Abbildungen und sinnvolle Hinweise für den praktischen Einsatz ergänzt.
Schmidt, T. (2007). Kommunikationstrainings erfolgreich leiten. Bonn: managerSeminare Verlags GmbH. Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
Trainer, insbesondere Kommunikationstrainer
Kennenlernen der detaillierten Bausteine und Anleitung zur Durchführung eines Kommunikationstrainings
Abschnitt »Trainingsdurchführung« »Kommunikation und Kooperation von versorgenden Angehörigen und professionell Pflegenden«
Thomas Schmidt stellt sein in der Praxis erworbenes Wissen als Coach und Trainer in diesem Buch anschaulich dar. Er bietet die Bausteine und ein bisschen mehr für ein dreitägiges Seminar zum Thema Kommunikation und Gesprächsführung. Dazu gibt es jeweils zahlreiche Praxistipps, die auf mögliche Fallstricke aufmerksam machen. Besonders hilfreich sind die zahlreichen Abbildungen, die das Vorgehen
verdeutlichen. Die Seminarplakate, die der Autor zur Verfügung stellt sowie die zahlreichen Kopiervorlagen können direkt in die eigene Praxis übernommen werden. Alles in allem ist das Seminarkonzept fachlich fundiert und wird um eine Vielzahl von methodischen und inhaltlichen Variationen erweitert. Geeignet für Kommunikationstrainer und für Trainer mit anderen Themenschwerpunkten.
Schulz von Thun, F. (2006). Miteinander Reden 1. Störungen und Klärungen. Reinbek: Rowohlt. Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
Alle am Thema Interessierten
Einarbeitung in die Theorie des Kommunikationsquadrats und Zusammenhänge mit Kommunikationsproblemen
»Kommunikation und Kooperation von versorgenden Angehörigen und professionell Pflegenden« »Menschen mit Demenz als Sender von Information«
Grundlage des Buches ist die Theorie des »Kommunikationsquadrats«. In jeder Nachricht sind die vier Seiten des Kommunikationsquadrates enthalten, die vier verschiedenen Aspekten entsprechen:
dem Sach-, Beziehungs-, Selbstoffenbarungs- und dem Appellaspekt. In der ersten Hälfte des Buches stellt von Thun diese Theorie ausführlich dar und geht auf die einzelnen Aspekte jeder Nachricht
246
Anhang: Weiterführende Informationen
ein. In der zweiten Hälfte werden die Einblicke in die vier Aspekte intensiviert und wichtige Kommunikationsstörungen in diesem Zusammenhang aufgezeigt. Anhand von Beispielen aus dem Alltag erfährt der Leser, dass Kommunikationsprobleme entstehen, weil jeder Mensch eine Nachricht mit einem anderen Ohr empfängt und somit auch Dinge
hineininterpretieren kann, die vom Sender nicht beabsichtigt waren. So kommt es immer wieder zu Missverständnissen. Der Autor schreibt leicht verständlich, so dass auch ein Leser ohne besondere Vorkenntnisse das Buch verstehen kann. Das Buch ist eine gelungene Mischung aus theoretisch fundiertem wissenschaftlichem Fachbuch und unterhaltsamem Sachbuch.
Tietze, K.-O. (2007). Kollegiale Beratung. Problemlösungen gemeinsam entwickeln. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
In pädagogischen Berufen Tätige sowie Personen, die im Team arbeiten
Praxisnahes Kennenlernen und Vertiefen eines Verfahrens zur Kollegialen Beratung
»Kollegiale Beratung Kommunikation im Altenpflegeteam«
Die Kollegiale Beratung bietet eine lebendige Möglichkeit, konkrete Problemstellungen im Berufsalltag in einer Gruppe zu reflektieren und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Sein Buch mit dem gleichnamigen Titel versteht Kim-Oliver Tietze als ein Lehr- und Lernbuch für den Einstieg in die Kollegiale Beratung, aber auch als ein Nachschlagewerk für die Erweiterung des Methodenrepertoires einer Gruppe. Als Praxisanleitung konzipiert enthält »Kollegiale Beratung. Problemlösungen gemeinsam ent-
wickeln« eine eingängige Darstellung der Methode, eine Fülle von Beispielen zu beruflichen Fragestellungen, praktische Hinweise für die erfolgreiche Durchführung von Beratungen und Tipps zur Überwindung möglicher Hürden. Das Buch ist sowohl für Einsteiger in die Methode der Kollegialen Beratung als auch für erfahrene Gruppen geeignet. Kim-Oliver Tietze erläutert die Methode sehr anschaulich und gut verständlich dank zahlreicher Beispiele und Tipps für die Anwenderpraxis.
Zimber, A. & Weyerer, S. (Hrsg.) (1999). Arbeitsbelastung in der Altenpflege. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie. Zielgruppe
Verwendungsmöglichkeit
Begleitend zur Sitzung:
Psychologen, Pflegewissenschaftler, am Thema Interessierte
Kennenlernen der Konzepte und Ergebnisse zur Arbeitssituation und -belastung in der Altenpflege und deren Konsequenzen
»Kommunikation und Kooperation von versorgenden Angehörigen und professionell Pflegenden« »Kollegiale Beratung 4 Kommunikation im Altenpflegeteam«
Das Buch richtet sich an Diplom-Psychologen, Pflegewissenschaftler und all diejenigen, die mehr über die theoretischen Konzepte von Arbeitsbelastung in der Pflege von älteren Menschen wissen möchten. Die Autoren geben einen Überblick über die Konzepte, Methoden und Ergebnisse der Arbeitsbelastungsforschung in der Altenpflege. Ebenso
wird die Versorgungs-, Ausbildungs- und Arbeitssituation von Altenpflegern dargestellt. Im Fokus stehen die langfristigen Konsequenzen der hohen Arbeitsbelastung – körperliche und psychische Beschwerden, Burnout und hohe Fluktuationsraten. Die aufgezeigte Perspektive gilt vor allem den Maßnahmen zur Belastungsreduktion im Rahmen von Aus-, Fort- und Weiterbildungen.
247 Quellen
Quellen Aalten, P., de Vugt, M. E., Jaspers, N., Jolles, J., & Verhey, F. R. J. (2005). The course of neuropsychiatric symptoms in dementia. Part I: findings from the two-year longitudinal Maasbed study. International Journal of Geriatric Psychiatry 20, 523-530. Aalten, P., Verhey, R. R. J., Boziki, M., Bullock, R., Byrne, E.J., Camus, V. et al. (2007). Neuropsychiatric Syndromes in Dementia: Results from the European Alzheimer Disease Consortium: Part I. Dementia and Geriatric Cognitive Disorders 24, 457-463. Ahlberg-Hulten, G. K., Thoerell, T., & Sigala, F. (1995). Social support, job strain and muscolo-skeletal pain among female health care personnel. Scandinavian Journal of work, environment and health 21, 435-439. Appell, J., Kertesz, A., & Fishman, M. (1982). A study of language functioning in Alzheimer Patients. Brain and Language 17, 73-91. Bäckman, L. (1992). Memory training and memory improvement in Alzheimer’s disease: roles and exceptions. Acta Neurologica Scandinavia 139, 84-89. Bäckman, L. (1996). Utilizing compensatory task conditions for episodic memory in Alzheimer’s disease. Acta Neurologica Scandinavia Suppl. 165, 109-113. Baines, S., Saxby, P., & Ehlert, K. (1987). Reality orientation and reminescence therapy. A controlled cross-over study of elderly confused people. British Journal of Psychiatry 151, 222-231. Baldwin, P. (1999). Stress and the nurse. Nursing standard 13(16), 22-24. Bayles, K.A. (2003). Effects of working memory deficits on the communicative functioning of Alzheimer’s dementia patients. Journal of Communication Disorders 36, 209-219. Becker, S., Kruse, A., Schröder, J., & Seidl, U. (2005). Das Heidelberger Instrument zur Erfassung von Lebensqualität bei Demenz (H.I.L.D.E.): Dimensionen von Lebensqualität und deren Operationalisierung. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 38,108-121. Becker, W., & Meifort, B. (1997). Altenpflege – eine Arbeit wie jede andere? Ein Beruf fürs Leben? Berlin: Bundesinstitut für Berufsbildung. Belardi, N. (1996). Supervision: Eine Einführung für soziale Berufe. Freiburg: Lambertus. Berger, J., Nolting, H.-D., Schiffhorst, G., Genz, H. O., & Kordt M. (2001). BGW-DAK Gesund-heitsreport 2001. Altenpflege. Arbeitsbedingungen und Gesundheit von Pflegekräften in der stationären Altenpflege. Hamburg: Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege und der Deutschen Angestellten Krankenkasse. Bianchetti, A., & Trabucchi, M. (2004). Behavioural and psychological symptoms of dementia: clinical aspects. Neuroscience Research Communications 35(3), 173-183.
Bickel, C., Pantel, J., Eysenbach, K., & Schröder, J. (2000). Syntactic comprehension deficits in Alzheimer’s disease. Brain and Language 71, 432-448. Boller, F., El Massioui, F., Devouche, E., Traykov, L., Pomati, S., & Starkstein, S.E. (2002). Processing emotional information in Alzheimer’s disease: Effects on memory performance and neurophysiological correlates. Dementia and Geriatric Cognitive Disorders 14, 104-112. Bourgeois, M. (1990). Enhancing conversation skills in patients with Alzheimer’s disease using a prostetic memory aid. Journal of Applied Behavior Analysis 23, 29-46. Bourgeois, M. (1993). Effects of memory aids on the dyadic conversations of individuals with dementia. Journal of Applied Behavior Analysis 26, 77-87. Bourgeois, M., Schulz, R., & Burgio, L. (1996). Interventions for caregivers of patients with Alzheimer’s disease: A review and analysis of content, process, and outcomes. International Journal of Aging and Human Development 43(1), 35-92. Bradford Dementia Group (2002). Well-being profiling. Bradford: University of Bradford. Bradley, J. R., & Cartwright, S. (2002). Social support, job stress, health and job satisfaction among nurses in the United Kingdom. International Journal of Stress Management 9(3), 163-182. Braun, M., Scholz, U., Hornung, R., & Martin, M. (2010). The burden of spousal caregiving: A preliminary psychometric evaluation of the German version of the Zarit Burden Interview. Aging and Mental Health 14(2), 159-167. Buijssen, H. P. J. (2003). Demenz und Alzheimer verstehen – mit Betroffenen leben. Weinheim: Beltz. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (Hrsg.) (2002). Vierter Altenbericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland: Risiken, Lebensqualität und Versorgung Hochaltriger – unter besonderer Berücksichti-gung demenzieller Erkrankungen. Berlin: BMFSFJ. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (Hrsg.) (2006). Erster Bericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über die Situation der Heime und die Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner. Berlin: BMFSFJ. Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (2003). Wenn das Gedächtnis nachlässt / Ratgeber für die häusliche Betreuung demenzkranker älterer Menschen. Berlin: Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung. Burns, A., & Rabins, P. (2000). Carer burden in dementia. International Journal of Geriatric Psychiatry 15, 9-13. Clare, L., Wilson, B. A., Carter, G., & Hodges, J. R. (2000). Intervening with everyday memory problems in dementia of Alzheimer type: an errorless learning approach. Journal of Clinical & Experimental Neuropsychology 22(1),132-146.
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
248
Anhang: Weiterführende Informationen
Coen, R. F., Swanwick, G. R. J., O’Boyle, C. A., & Coakley, D. (1997). Behaviour disturbance and other predictors of carer burden in Alzheimer’s disease. International Journal of Geriatric Psychiatry 12, 331-336. Cummings (1994). The Neuropsychiatric Inventory: assessing psychopathology in dementia patients. Neurology 48(5), 10-16. Daneke, S. (2000). Angehörigenarbeit. München: Urban und Fischer. Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (Hrsg.) (2000). Praxisleitlinien in Psychiatrie und Psychotherapie: Bd. 3, Behandlungsleitlinie Demenz. Darmstadt: Steinkopff. Devanand, D. P., Jacobs, D. M.,Tang, M. X., Del-CastilloCastandeda, C., Sano, M., Marder, K., Bell, K., Bylsma, F. W., Brandt, J., & Albert, M. (1997). The course of psychopathology in mild to moderate Alzheimer’s disease. Archives of General Psychiatry 54, 257-263. DeVugt, M. E., Stevens, F., Aalten, P., Lousberg, R., Jaspers, N., Winkens, I. et al. (2004). Do caregiver management strategies influence patients behaviour in dementia. International Journal of Geriatric Psychiatry 19, 85-92. Done, D. J., & Thomas, J. A. (2001). Training in communication skills for informal carers of people suffering from dementia: a cluster randomized clinical trial comparing a therapist led workshop and a booklet. International Journal of Geriatric Psychiatry 16, 816-821. Ellis, M. P., & Astell, A. J. (2004). The urge to communicate in serve dementia. Brain and Language 91, 51-52. Feil, N. (1992). Validation: Ein neuer Weg zum Verständnis alter Menschen. Wien: Altern und Kultur. Feil, N. (2000). Validation in Anwendung und Beispielen. München: Ernst Reinhardt. Folstein, M. F., Folstein, S. E., & McHugh, P. R. (1975). Mini Mental State – A practical method for grading the cognitive state of patinets for the clinician. Journal of Psychiatric Research 12,189-198. Franke, L. (2000). Psychosoziale Beratung für Angehörige Demenzkranker. Kassel: Universität Gesamthochschule Kassel. Frey, D., & Greif, S. (1997). Sozialpsychologie: Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen. München: Beltz. Gaebel, W., & Falkai, P. (2000). Behandlungsleitlinie Demenz. Darmstadt: Steinkopff. Georges, J., Jansen, S., Jackson, J., Meyrieux, A., Sadowska, A., & Selmes, M. (2008). Alzheimer`s disease in real life – the dementia carer’s survey. International Journal of Geriatric Psychiatry 23, 546-551. Germain, S., Adam, S., Olivier, C., Cash, H., Ousset, P.J., Andrieu, S. et al. (2009). Does Cognitive Impairment Influence Burden in Caregivers of Patients with Alzheimer`s Disease? Journal of Alzheimer’s Disease 17, 105-114. Gonyea, J. G., & Silverstein, N. M. (1991). The role of Alzheimer’s disease support groups in families’ utilization of community services. Journal of Gerontological Social Work 16, 43-55. Gräßel, E. (1998). Belastung und gesundheitliche Situation der Pflegenden. Egelsbach: Hänsel-Hohenhausen.
Gräßel, E. (2001). Häusliche-Pflege-Skala. Ebersberg: Vless. Gregersen, S., Harms, P., & Zimber, A. (2004). Gesundheitsförderung durch Schlüsselqualifikation. Hamburg: BGW. Groothuis, R. (2000). Soziale und kommunikative Fertigkeiten: Praxishandbuch für Pflege- und Gesundheitsberufe. Bern: Hans Huber. Gümmer, M., & Döring, J. (2002). Im Labyrinth des Vergessens: Hilfen für Altersverwirrte und Alzheimer-Kranke. Bonn: Psychiatrie-Verlag. Haberstroh, J., & Pantel, J. (2010). Organisch psychische Störungen. In: S. Amberger & S. Roll (Hrsg.), Psychiatriepflege und Psychotherapie (S. 455-466). Stuttgart: Thieme. Haberstroh, J., & Pantel, J. (Hrsg.) (in Druck). Demenz psychosozial behandeln. Heidelberg: AKA. Haberstroh, J., Neumeyer, K., Schmitz, B., Perels, F., & Pantel, J. (2006). Kommunikations-TAnDem: Entwicklung, Durchführung und Evaluation eines Kommunikations-Trainings für pflegende Angehörige von Demenzpatienten. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 39(5), 358-364. Haberstroh, J., Neumeyer, K., Schmitz, B., & Pantel, J. (2007). Kommunikations-TAnDem: Ent-wicklung, Durchführung und Evaluation eines Kommunikationstrainings für pflegende Angehörige von Demenzpatienten. In: M. Teising, L. M. Drach, H. Gutzmann, M. Haupt, R. Kortus & D. K. Wolter (Hrsg.), Alt und psychisch krank: Diagnostik, Therapie und Versorgungsstrukturen im Spannungsfeld von Ethik und Ressourcen (S. 328-332). Stuttgart: Kohlhammer. Haberstroh, J., Ehret, S., Kruse, A., Schröder, J., & Pantel, J. (2008). Qualifizierungsmaßnahmen zur Steigerung der Lebensqualität demenzkranker Menschen über eine Förderung der Kommunikation und Kooperation in der ambulanten Altenpflege (Quadem). Zeitschrift für Gerontopsychologie & -psychiatrie 21(3), 191-197. Haberstroh, J., Franzmann, J., Krause, K., & Pantel, J. (2009). The influence of social competence on occupational stress of nursing home staff caring for dementia patients. In: R. V. Schwarthoffer (Hrsg.), Psychology of burnout: Predictors and coping mechanisms (S. 199-214). New York: Nova Science. Haberstroh, J., Neumeyer, K., & Pantel, J. (2009). Kommunikations-TAnDem: Kommunikations-Training für Angehörige von Demenzkranken. Forum Logopädie 23(5), 12-17. Haberstroh, J., Neumeyer, K., Schmitz, B., & Pantel, J. (2009). Evaluation eines Kommunikationstrainings für Altenpfleger in der stationären Betreuung demenzkranker Menschen (Tandem im Pflegeheim). Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 42, 108-116. Haberstroh, J., Hampel, H., & Pantel, J. (2010). Optimal management of Alzheimer‘s disease patients: Clinical guidelines and family advice. Neuropsychiatric Disease and Treatment 6, 243–253. Hacker, R. (1999). Beanspruchungsscreening bei Humandienstleistern. Frankfurt am Main: Harcourt Test Services. Harvath, T. A. (1994). Interpretation and management of dementia-related behavior. Clinical Nursing Research 3, 7-26. Heinemann-Knoch, M., Korte, E., Heusinger, J., Klünder, M., & Knoch, T. (2005). Kommunika-tionsschulung in der
249 Quellen
stationären Altenpflege: Ergebnisse der Evaluation eines Modell-projektes zur Entwicklung der Kommunikationskultur und zur Transfersicherung. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 38, 40-46. Hasselhorn, H.-M., Müller, B. H., Tackenberg, P., Kümmerling, A., & Simon, M. (2005). Berufsausstieg bei Pflegepersonal: Arbeitsbedingungen und beabsichtigter Berufsausstieg bei Pflegepersonal in Deutschland und Europa. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Henninger, M., & Mandl, H. (2003). Zuhören – verstehen – miteinander reden. Bern: Hans Huber. Hennlein, S., & Jöns, I. (2006). Kompetenzentwicklung von Arbeitsgruppen durch Teamfeedback. Arbeit: Zeitschrift für Arbeitsforschung, Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik 15(1), 29-42. Heun, R., Burkart, M., Wolf, C., & Benkert, O. (1998). Effects of presentation rate on word list learning in patients with dementia of the Alzheimer’s type. Dementia and Geriatric Cognitive Disorders 9(4), 214-218. Hinsch, R., & Wittmann, S. (2003). Soziale Kompetenz kann man lernen. Weinheim: BeltzPVU. Holz, M. (2005). Soziale Belastungen und soziale Ressourcen in Beziehungen mit Vorgesetzten, Kollegen und Kunden. Praxis Klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation 69, 94-100. Jansen, A., van Hout, H., van Marwijk, H., Nijpels, G., Gundy, C., Vernooij-Dassen, M. et al. (2007). Sense of competence questionnaire among informal caregivers of older adults with dementia symptoms. Clinical Practice and Epidemiology in Mental Health 3, 1-11. Kaluza, G. (2004). Stressbewältigung – Trainingsmanual zur psychologischen Gesundheitsförderung. Berlin: Springer. Kanfer, F. H., Reinecker, H., & Schmelzer, D. (1996). Selbstmanagement-Therapie: Ein Lehrbuch für die klinische Praxis. Berlin: Springer. Kasten, E., Schmid, G., & Eder, R. (Hrsg.). (2002). Effektive neuropsychologische Behandlungsmethoden. Bonn: Deutscher Psychologen Verlag. Kim, J.-M., Lyons, D., Shin, I.-S., & Yoon, J.-S. (2003). Differences in the behavioral and psychological symptoms between Alzheimer’s disease and vascular dementia: Are the different pharmacologic treatment strategies justifiable? Human Psychopharmacology 18, 215–220. Kitwood, T. (1997). Evaluating dementia care: The DCM method (7. Aufl.). Bradford: Bradford Dementia Group. Knight, B. G., Steven, M. L., & Macofsky-Urban, F. (1993). A Meta-analytic review of interventions for caregiver distress: Recommendations for future research. The Gerontologist 33, 240-248. Knoll, G. (1995). Hilfe für Helfer/innen in der Altenarbeit. In S. Braun, G. Knoll, B. Krauß & G. Uhlmann (Hrsg.), Gerontopsychiatrie und Altenarbeit III. Berlin: Deutsches Zentrum für Altersfragen e.V. Krause, K., & Haberstroh, J. (2010). Förderung der Kooperation Angehöriger, Pflegender und Ehrenamtlicher. In J. Haberstroh & J. Pantel (Hrsg.), Demenz psychosozial behandeln. Heidelberg: AKA.
Kruse, A., & Schmitt, E. (1999). Konfliktsituationen in Altenund Altenpflegeheimen. In: A. Zimber & S. Weyerer (Hrsg.), Arbeitsbelastung in der Altenpflege (S. 155-169). Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie. Kümmel, A., & Haberstroh, J. (in Druck). Kommunikationsfähigkeit demenzkranker Menschen. In: J. Haberstroh & J. Pantel (Hrsg.), Demenz psychosozial behandeln. Heidelberg: AKA. Kurz, A. (1998). BPSSD: Verhaltensstörungen bei Demenz – Ein neues diagnostisches und therapeutisches Konzept? Nervenarzt 69, 269-273. Kurz, A., Feldmann, R., Müller-Stein, M., & Romero, B. (1987). Der Demenzkranke ältere Mensch in der Familie: Grundzüge der Angehörigenberatung. Zeitschrift für Gerontologie 20, 248-251. Landes, A. M., Sperry, S. D., Strauss, M. E., & Geldmacher, D. S. (2001). Apathy in Alzheimer’s disease. Journal of the American Geriatrics Society 49, 1700-1707. Langmaack, B., & Braune-Krickau, M. (2000). Wie die Gruppe laufen lernt: Anregungen zum Planen und Leiten von Gruppen. Ein praktisches Lehrbuch. Weinheim: BeltzPVU. Lazarus, L. W., & Stafford, B. (1981). A pilot study of an Alzheimer patients relatives discussion group. Gerontologist 21(4), 353-358. Livingston, G., Cooper, C., Woods, J., Milne, A., & Katona, C. (2008). Successful ageing in adversity: the LASER AD longitudinal study. Journal of Neurology, Neurosurgery and Psychiatry 79, 641-645. Locke, E. A. (2001). Motivation by goal setting. In: Golembiewski, R.T. (Hrsg.), Handbook organizational behavior (S. 43-56). New York: Marcel Dekker. Logsdon, R. G., Gibbons, L. E., McCurry, S. M. & Teri, L. (1999). Quality of life in Alzheimer’s disease: Patient and caregiver reports. Journal of Mental Health and Aging 5(1), 21-32. Looi, J. C. L., & Sachdev, P. S. (1999). Differentiation of vascular dementia from AD on neuropsychological tests. Neurology 53, 670-678. Lovett, S. B., & Gallagher, D. (1988). Psychoeducational interventions for family caregivers: Preliminary efficacy data, Behavior Therapy 19, 321-330. Lovett, S. B., & Rose, J. M. (1994). Psychoeducational Interventions for caregivers. Seminars in Speech and Language 15, 271-276. McPherson, S. E., & Cummings, J. L. (1996). Neuropsychological aspects of vascular dementia. Brain and Cognition 31, 269-282. Mega, M. S., Cummings, J. L., Fiorello, T., & Gornbein, J. (1996). The spectrum of behavioral changes in Alzheimer’s disease. Neurology 46, 130-135. Muthny, F. A. & Bermejo, I. (1999). Fortbildungs- und Supervisionsbedarf in der Altenpflege. In: A. Zimber & S. Weyerer (Hrsg.), Arbeitsbelastung in der Altenpflege (S. 262-269). Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie. Neumeyer, K., & Haberstroh, J. (in Druck). Kommunikationstraining der Angehörigen. In: J. Haberstroh & J. Pantel (Hrsg.), Demenz psychosozial behandeln. Heidelberg: AKA.
250
Anhang: Weiterführende Informationen
Pantel, J., Weber, B., Bockenheimer-Lucius, G., Ebsen, I., Müller, R., Lang, E., Hustedt, P., & Diehm, A. (2005). Psychopharmaka im Altenpflegeheim: Eine interdisziplinäre Untersuchung unter Berücksichtigung gerontopsychiatrischer, ethischer und juristischer Aspekte. Frankfurt am Main: BHF-BANK-Stiftung. Parasuraman, R., Greenwood, P. M., Haxby, J. V., & Grady, C. L. (1992). Visuopatial attention in dementia of the Alzheimer type. Brain 115, 711-733. Perrin, T. (1997). The Positive Response Schedule for Severe Dementia. Aging & Mental Health 1(2), 184-191. Perry, R. J., & Hodges. J. R. (1999). Attention and executive deficits in Alzheimer’s disease. A critical review. Brain 122, 383-404. Piccininni, M., DiCarlo, A., Baldereschi, M., Zaccara, G., & Inzitari, D. (2005). Behavioral and psychological symptoms in Alzheimer’s disease: Frequency and relationship with duration and severity of the disease. Dementia and Geriatric Cognitive Disorders 19, 276–281. Pickl, C. (2004). Selbstregulation und Transfer: Entwicklung und Evaluation eines Trainingsprogramms zum selbstregulierten Lernen und die Analyse von Transfer-determinanten in Trainingskontexten. Weinheim: Beltz. Powell, J. (2000). Care to communicate. London: Hawker Publications. Reisberg, B., Ferris, S. H., De Leon, M. J., & Crook, T. (1982). The global deterioration scale (GDS): an instrument for the assessment of primary degenerative dementia (PDD). American Journal of Psychiatry 139, 1136-1139. Riesner, C., Müller-Hergl, C., & Mittag, M. (2005). »Wie geht es Ihnen?« Konzepte und Materialien zur Einschätzung des Wohlbefindens von Menschen mit Demenz. Köln: Kuratorium Deutsche Altershilfe. Ripich, D. N. (1994). Functional communication with AD patients: A caregiver training program. Alzheimer Disease and Associated Disorders 8(3), 95-109. Rohrer, J. D., Knight, W. D., Warren, J. E., Fox, N. C., Rossor, M. N., & Warren, J. D. (2008). Word-finding difficulty: a clinical analysis of the progressive aphasias. Brain 131, 8-38. Romero, B., & Eder, G. (1992). Selbst-Erhaltungs-Therapie (SET): Konzept einer neuropsychologischen Therapie bei Alzheimer-Krankheit. Zeitschrift für Gerontopsychologie und -psychiatrie 5(4), 267-282. Romero, B., & Kurz, A. (1989). Kommunikationswege für Alzheimer Kranke. In: V. Roth (Hrsg.), Kommunikation trotz gestörter Sprache: Aphasie, Demenz, Schizophrenie (S. 129141). Tübingen: Gunter Narr Verlag. Romero, B., & Wenz, M. (2002). Konzept und Wirksamkeit eines Behandlungsprogrammes für Demenzkranke und deren Angehörige: Ergebnisse aus dem AlzheimerTherapiezentrum Bad Aibling. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 35, 118-128. Roudier, M., Marcie, P., Grancher, A.-S., Tzortzis, C., Starkstein, S., & Boller, F. (1998). Discrimination of facial identity and of emotions in Alzheimer’s Disease. Journal of Neurological Sciences 154, 151-158.
Rüttinger, B., & Sauer, J. (2000). Konflikt und Konfliktlösen. Leonberg: Rosenberger Fachverlag. Scheller, I. (1998). Szenisches Spiel: Handbuch für die pädagogische Praxis. Berlin: Cornelsen Scriptor. Schlee, J. (2005). Kollegiale Beratung und Supervision für pädagogische Berufe. Stuttgart: Kohlhammer. Schmid, G. (2002). Behandlung der Aphasie. In: E. Kasten, G. Schmid & R. Eder (Hrsg.), Effektive neuropsychologische Behandlungsmethoden (S. 227-252). Bonn: Deutscher Psychologen Verlag. Schneider, K. (1999). Feedback, Reflexion, Transfer. Unterricht Pflege 4, 40-47. Schneider-Schelte, H. (2005). Vorstellung der Schulungsreihe Hilfe beim Helfen. Vortrag im Rahmen des DGGPP-Kongresses in Frankfurt am Main. Scholz, H. (1999). Kommunikation im Gesundheitswesen: Handbuch zur Konfliktvermeidung. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie. Schreyögg, A. (1992). Supervision – ein integratives Modell. Lehrbuch zu Theorie und Praxis. Paderborn: Junfermann. Schriftenreihe der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. (1996). Stationäre Versorgung von Alzheimer Patienten: Leitfaden für den Umgang mit demenzkranken Menschen. Stuttgart: Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Schröder, J., Haberstroh, J., & Pantel, J. (in Druck). Früherkennung und Diagnostik demenzieller Erkrankungen. In: A. Kruse (Hrsg.), Lebensqualität bei Demenz. Heidelberg: AKA. Schmidt, T. (2007). Kommunikationstrainings erfolgreich leiten. Bonn: managerSeminare Verlags GmbH. Schulz von Thun, F. (1981). Miteinander Reden, Bd.1: Störungen und Klärungen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. Schüttler, R. (2000). Deskriptives Klassifikationskonzept. München: Zuckschwerdt. Simons, P. R. J. (1999). Transfer of learning: paradoxes for learners. International Journal of Educational Research 31, 577-589. Small, J. A., & Gutman, G. (2002). Recommended and reported use of communication strategies in Alzheimer caregiving. Alzheimer Disease and Associated Disorders 16(4), 270-278. Smeijsters, H. (1997). Musiktherapie bei Alzheimerpatienten – eine Metaanalyse von Forschungsergebnissen. Heerlen: Melos. Smith, S. (1990). The unique power of music therapy benefits Alzheimer’s patients. Activities, Adaption and Aging 14(4), 59-63. Spector, A., Thorgrimsen, L., Woods, B. Royan, L., Davis, S., Butterworth, M., & Orrell, M. (2003). Efficacy of an evidencebased cognitive stimulation therapy programme for people with dementia: Randomised controlled trial. British Journal of Psychiatry 183, 248-254. Taulbee, L. R., & Folsom, J. C. (1966). Reality orientation for geriatric patients. Hospital and Community Psychiatry 17, 133-135. Tesch-Römer, C. (1998). Alltagsaktivitäten und Tagesstimmungen im Alter. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 31, 257-262.
251 Quellen
Thorgrimsen, L., Selwood, A., Spector, A., Royan, L., Madariaga-Lopez, M., Woods, R. T., & Orrell, M. (2003). Whose quality of life is it anyway? Alzheimer Disease and Associated Disorders 17 (4), 201-208. Tietze, K.-O. (2007). Kollegiale Beratung – Problemlösungen gemeinsam entwickeln. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. Toseland, R. W., & Rossiter, C. M. (1989). Group interventions to support family caregivers: A review and analysis. The Gerontologist 29, 438-448. Vugt, M. E., Stevens, F., Aalten, P., Lousberg, R., Jaspers, N., Winkens, I., Jolles, J., & Verhey, F. R. J. (2004). Do caregiver management strategies influence patient behaviour in dementia? International Journal of Geriatric Psychiatry 19, 85-92. Wagner-Link, A. (2002). Kommunikation als Verhaltenstraining – Arbeitsbuch für Therapeuten, Trainer und zum Selbsttraining. Stuttgart: Pfeiffer bei Klett-Cotta. Watzlawick, P., Beavin, J. H., & Jackson, D. D. (1967). Pragmatics of Human Communication. New York: Norton. Weyerer, S., & Schäufele, M. (2004). Die Versorgung dementer Patienten in Deutschland aus epidemiologischer Sicht. Zeitschrift für Gerontopsychologie und -psychiatrie 17(1), 41-50. Wilz, G., Adler, C. & Gunzelmann, T. (2001). Gruppenarbeit mit Angehörigen von Demenzkranken – Ein Therapeutischer Leitfaden. Göttingen: Hogrefe. Wolf, S. A. (2009). Neuropsychological differential diagnosis of degenerative dementias. Fortschritte der Neurologie/ Psychiatrie 77, 376-388. Zimber, A. (1997). Auch Helfer brauchen Hilfe. Altenpflege Forum 5(1), 18-27. Zimber, A., & Teufel, S. (1999). Wie gut bin ich eigentlich? Altenpflege 10, 45-48. Zimber, A., & Weyerer, S. (Hrsg.) (1999). Arbeitsbelastung in der Altenpflege. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie. Zsolnay-Wildgruber, H. (1997). Alzheimer-Kranke und ihr primäres Bezugssystem – Grundlegende Untersuchungen für ein Kommunikationstraining pflegender Angehöriger. Freiburg: Lambertus.
252
Anhang: Weiterführende Informationen
Hilfreiche Adressen Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V. Friedrichstr. 236 10969 Berlin Tel.: (030) 259 37 95 – 0 http://www.deutsche-alzheimer.de/
[email protected] Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V. ist eine Anlaufstelle v. a. für Betroffene, Angehörige und professionelle Pflegekräfte und verfügt über eine große Zahl hilfreicher Adressen in fast allen Regionen Deutschlands. Im Internet und auch telefonisch können Sie sich über Angebote in Ihrer Region informieren lassen. Die Alzheimer Gesellschaft hilft Ihnen, das passende und naheliegendste Angebot zu finden. Sie verweist Sie zum Beispiel an Angehörigengruppen, Beratungsstellen, Gedächtnissprechstunden oder Memory Kliniken in Ihrer Region und nennt Ihnen hilfreiche Adressen in Ihrer Nähe. Die Internetseite der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e. V. liefert umfassende Informationen, die zudem ständig aktualisiert werden. Die Anzahl hilfreicher Adressen, die hier genannt werden, wächst stetig. Daher verzichten wir in diesem Ratgeber darauf, weitere aktuell hilfreiche Adressen aufzulisten, da diese in der Regel nach kürzester Zeit aktualisiert werden müssten. Wir empfehlen stattdessen, die umfangreichen Informationsmöglichkeiten über lokale und weitergehende Unterstützungsangebote der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e. V. entweder per Internet oder per Telefon zu nutzen.
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
253 Glossar
Glossar Acetylcholin: Einer der wichtigsten Neurotrans-
Creutzfeldt-Jakob’sche Erkrankung: Selten auftre-
mitter, d. h. Botenstoffe zwischen Nervenzellen, im zentralen Nervensystem.
tende Erkrankung des Gehirns, welche gekennzeichnet ist durch motorische Störungen (z. B. Muskelstarre), Krampfanfälle und fortschreitende Demenz.
Agitation, Agitiertheit: Psychomotorische Unruhe,
bei der Gefühle von innerer Anspannung unkontrolliert in sich wiederholende Bewegungen (z. B. Hin- und Herlaufen, an Kleidung zerren) umgesetzt werden.
Didaktik: Wissenschaft vom Unterrichten. Evaluation: Bewertung.
werte (z. B. in einem Gedächtnistest), die an bestimmte Altersstufen und Bildungshintergründe angepasst sind und somit den individuellen Wert einer Person besser interpretieren lassen.
Frontotemporale Demenz: Demenz, bei der ein Abbau von Nervenzellen im Stirn- und Schläfenbereich des Gehirns stattfindet. Die Krankheit ist gekennzeichnet durch eine Veränderung der Persönlichkeit und des Sozialverhaltens sowie Gedächtnis- und Sprachstörungen.
Amyloide Plaques: Ablagerungen, die bei der Alz-
Glutamat: Ein wichtiger Neurotransmitter, d. h.
heimer-Demenz zwischen den Nervenzellen im Gehirn entstehen.
Botenstoff zwischen Nervenzellen, des zentralen Nervensystems.
Anämie: Blutarmut.
Gruppenkohäsion: Zusammenhalt einer Gruppe.
Anamnese: Vorgeschichte einer Erkrankung die
Halluzination: Wahrnehmung, die nicht durch einen entsprechenden Reiz in der Umwelt ausgelöst wird (z. B. Stimmen hören, ohne dass jemand spricht) und sich auf alle Sinne beziehen kann. Das Wahrgenommene wird vom Betroffenen meist als tatsächlich existierend beurteilt.
Alters-/Bildungsadjustierte Normwerte: Norm-
im Gespräch mit einem Arzt oder Therapeuten erhoben wird. Antizipiert: In Gedanken vorweggenommen. Apathie: Zustand, der durch Teilnahms- und Leidenschaftslosigkeit, die Abwesenheit von Gefühlen und geringen Antrieb gekennzeichnet ist.
Hypothyreose: Schilddrüsenunterfunktion. Hypnotika: Schlafmittel.
Burnout: Zustand ausgesprochener emotionaler, geis-
tiger und körperlicher Erschöpfung, der vor allem bei engagierten Menschen in helfenden Berufen (z. B. Gesundheits- und Krankenpflegenden) auftritt.
Inkontinenz: Mangelnde Fähigkeit, Stuhlgang oder Harn zurückzuhalten. Instruktion: Anweisung.
CCT: Bildgebendes, röntgendiagnostisches, nicht-
invasives Verfahren, bei dem dreidimensionale Aufnahmen von Gewebe und unterschiedlichen Organen erzeugt werden können.
Instruktionskompetenz: Oberbegriff für Kompetenzen, die ein Trainer benötigt, um ein Training erfolgreich zu moderieren.
Cholin-Acetyltresferase: Ein Enzym, welches beim Aufbau von Acetylcholin hilft.
Kardiale Erkrankungen: Erkrankungen des Her-
zens.
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
254
Glossar
Kognitiv: Die höheren geistigen Funktionen (z. B.
Denken, Lernen, Wahrnehmen, Erkennen, Beurteilen und Verstehen) betreffend. Kongruent: Übereinstimmend. Lewy-Körperchen-Demenz: Form der fortschreitenden Demenz die zwischen dem 40. und 80. Lebensjahr ausbricht und durch motorische Symptome, akustische und visuelle Halluzinationen und wechselnde Denk- und Aufmerksamkeitsleistung gekennzeichnet ist. Lipidsenkung: Fettsenkung.
Nachhaltigkeitsförderung: hier: Förderung der Wirkung eines Trainings über den Zeitraum der Durchführung hinaus. Neurodegenerative Prozesse: Prozesse der Rückbildung und des Zerfalls von Nervenzellen. Neurofibrilläre Tangels: Charakteristische Ablagerungen im Gehirn von Menschen mit AlzheimerDemenz. Neurologisch: Die Nervenzellen betreffend.
denwirbel zur Entnahme von Nervenwasser (Liquor).
Nicht-kognitive Symptome: hier: bezogen auf demenzielle Erkrankungen; sie werden den kognitiven Symptomen (Gedächtniseinbußen usw.) gegenübergestellt. Beispiele für nicht-kognitive Symptome sind Apathie, Wahn oder Agitation.
Manie: Psychische Störung, die durch eine auffällig gehobenen Stimmungslage, geringes Schlafbedürfnis, gesteigerten Antrieb, Reizbarkeit und Hemmungslosigkeit gekennzeichnet ist.
Nonverbal: Jegliche Kommunikation, die nicht verbal-sprachlich erfolgt, also weder über Lautsprache noch über Gebärdensprache oder Schriftsprache.
Memory Kliniken: Einrichtungen, die auf die Di-
Positronen-Emissionstomographie (PET): Bildgebendes Verfahren, durch welches unter Zuhilfenahme einer schwach radioaktiven Substanz Schnittbilder erzeugt und Stoffwechselprozesse im Körper untersucht werden können.
Lumbalpunktion: Punktion im Bereich der Len-
agnose und Therapie von Demenz-Krankheiten spezialisiert sind. Mikroverhaltensweisen: Kleinste Äußerungen menschlichen Verhaltens (z. B. Augenbewegungen, Veränderungen der Stimme oder Atemfrequenz), welche vom Gegenüber als sensorische Hinweisreize für Emotionen und Intentionen wahrgenommen werden können.
Prägnant: Merkmal für etwas, das trotz kurzer Darstellung klar und deutlich ist und eine hohe Aussagekraft hat. Progredient: Fortschreitend.
Morbus Parkinson: Eine neurologische Erkran-
kung, welche unter anderem zu Zittern der Hände, Muskelsteifheit und Gleichgewichtsstörungen führt. Ursache ist das Absterben von dopaminergen Nervenzellen in der Substantia nigra, einer Struktur im Mittelhirn. MRT (Magnetresonanztomographie): Bildgebendes Verfahren, das zur Darstellung von Struktur und Funktion der Gewebe und Organe im Körper eingesetzt wird.
Psychoedukation: Schulung von Menschen mit psychischen Störungen im Umgang und Verständnis ihrer Krankheit. Psychopharmaka: Ein Psychopharmakon (Mehrzahl: Psychopharmaka) ist ein Arzneimittel, das auf die Psyche des Menschen einwirkt. Psychosozial: hier: Der Begriff verweist auf den Zusammenhang zwischen psychischen und sozialen Aspekten und deren wechselseitige Bedingtheit. Zu den psychosozialen Aspekten zählt der
255 Glossar
gesamte problemrelevante Kontext des Patienten (z. B. Besonderheiten des sozialen Umfelds, Belastungen der Bezugspersonen, Gesellschaftliche Wertvorstellungen). Es sollen nicht nur die Defizite, sondern auch die individuellen Stärken und sozialen Ressourcen bei der Einschätzung der Situation des Patienten berücksichtigt und in die Behandlung mit einbezogen werden. Ressourcenorientierung: Orientierung auf die in-
neren Reserven (z. B. bestimmte Fertigkeiten, Talente, Interessen und Stärken) eines Menschen. Sedierende Medikamente: Beruhigende und dämp-
fende Medikamente. Selbstwirksamkeit: Erwartung, gewünschte Handlungen erfolgreich auszuführen und schwierige Situationen aus eigener Kraft bewältigen zu können. Transferförderung: Maßnahmen, die die Umset-
zung von Gelerntem im Alltag fördern sollen. Validation: Eine von N. Feil entwickelte Pflege-
technik und klientenzentrierte Methode mit der Zielsetzung, einen Zugang zum Menschen mit Demenz herzustellen. Vaskulär: Die Blutgefäße betreffend.
Stichwortverzeichnis
A Abstraktionsfähigkeit 58 Achtung wahren 69 Aggression 72, 205 Aktives Zuhören 53, 84 Alltag − bei Demenz 17 Alois Alzheimer 16 Alzheimer-Demenz 19 − beginnendes Stadium 22 − Endstadium 24 − kognitive Beeinträchtigungen 21 − Krankheitsentstehung 20 − mittleres Stadium 23 − nicht-kognitive Beeinträchtigungen 22 − schweres Stadium 24 − Verlauf 22 Analyse − didaktische, Für sich selbst sorgen 151 − didaktische, Gesprächsführung mit Kollegen 187 − didaktische, Kollegiale Beratung 195, 199, 207, 213, 221, 228 − didaktische, Kommunikation und Kooperation 169 − didaktische, Menschen mit Demenz 156, 162
− didaktische, Und was ist Demenz 148, 184 Anamnese 25 Angehörige − Unterstützungsangebote 31 − versorgende 35 Angst 72, 205 Anpassungsleistungen − Angehörige 86 Ansatzpunkte − Demenzbehandlung 26 Antidementiva 28 Antidepressiva 29 Apathie 73, 205 Appell 82 Appell-Ohr 82 Aufmerksamkeit − geteilte 41 − Kommunikation 41 − selektive 41 − Stärken und Schwächen 57 Auguste D. 16 Austausch 37
B Basistherapie 27 Beanspruchungsscreening bei Humandienstleistern (BHD) 131
Beeinträchtigungen − kognitive, bei AlzheimerDemenz 21 − nicht kognitive, bei AlzheimerDemenz 22 Begleiter − ehrenamtliche 33 Behalten − emotionale Mitteilung 60 − gefühlsintensive Mitteilung 61 − inhaltliche Mitteilung 60 − Stärken und Schwächen 59 Belastungen − Pflegekräfte 87 − Angehörige 131 − Unterstützungsangebote 31 − Evaluation 131 Beratung − kollegiale 37, 89, 92 − Manual 195 Berühren 62, 70 Betreuungsformen 29 Betreuungsgruppen 32 Beziehung 81 Beziehungsaspekt 41 Beziehungs-Ohr 82 BHD (Beanspruchungsscreening bei Humandienstleistern) 131 Biografiearbeit 50 Blickfeld 62 Blickkontakt 62 Blitzlicht, Feedbackübung 10, 119
J. Haberstroh, J. Pantel, Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual, DOI 10.1007/978-3-642-16922-9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
258
Stichwortverzeichnis
C Cholinesterasehemmer 28
D Darbietung, Informationen 40 − nonverbale 47 Daueraufmerksamkeit 41 Davonlaufen 72, 205 Demenz − Alltag 17 − Definition 16 − Diagnostik 25 − gemischte 20 − Krankheitsverlauf 21 − primäre 19 − sekundäre 20 − Stärken und Schwächen 43 − Symptome 21 − Ursachen 19 − vaskuläre 20, 24 Demenzbehandlung 26 Demenzformen 19 Demenzverlauf,individueller 72 Demenz-Wohngemeinschaft 29 Depressivität 72, 205 Diagnostik 25 − weiterführende 25 Didaktik 97 − Manuale, Angehörige 148, 151, 156, 162, 169 − Manuale, professinelle Pflegende 184, 187, 195, 199, 207, 213, 221, 228 Drahtseilakt 54, 70 Du-Botschaft 83
E Ehrenamt 30, 33 Einstiegsübung, Kennenlernen 111
Einzelarbeit 10 Eisbox 116, 117 Empfänger 81 − von Informationen 56 Empfängermodell − Die vier Ohren 82 Erfahrungen, universelle 50 Erfahrungsaustausch 118 Erfolgserlebnisse 67 Erinnerungen 55 Erinnerungsalbum 51 Erlebnisse, alte und neue 44 Erwartungen − Teilnehmer 112 Evaluation 127 − Instrumente 130
F Facilitation 53 Fallbesprechung, individuelle 122 Fantasiereise 204 Feedback 90 − für den Trainer 119 − Teilnehmer 191 Feedbackregeln 91 Feil, Naomi 53 FlipChart (FC) 10, 103 Floskeln 47 Fokussieren 57 Fragen, wiederkehrende 49 Für sich selbst sorgen 30 − Manual fürAngehörige 151
G Gefühle,verstehen 85 Gehirn − demenzkrankes 46 − normal arbeitendes 45 Gemeinsame Kreise, Übung 111 Gesamttherapiekonzept, individuelles 29
Gesprächsführung 83 Gesprächsführung mit Kollegen − Manual für professionelle Pflegekräfte 187 Gesprächsführung mit versorgenden Angehörigen − Manual für professionelle Pflegekräfte 220 Gesprächsstützen 51 Glücksmomente 88 Grunzen, soziales 85 Gruppenaufstellung, Kennenlernspiel 110 Gruppengröße 108 Gruppenregeln 113 Gruppenübung 161 Gruppenzusammensetzung − Training für professionelle Pflegekräfte 181 − Training für versorgende Angehörige 142
H Halluzinationen 74 Handout 116 Heidelberger Instrument zur Erfassung der Lebensqualität Demenzkranker (H.I.L.DE.) 131 Heimweh 17 Herausforderungen 72 − Angehörige 86 H.I.L.DE. (Heidelberger Instrument zur Erfassung der Lebensqualität Demenzkranker) 131 Hilfsangebot, Angehörige 32 Hintergrund − didaktischer 4, 97 Hypnotika 29
I Ich-Botschaft 83 Illusionen 74
259 Stichwortverzeichnis
Information 40 − behalten 42 − eindeutige 58 − empfangen 56 − Inhaltsaspekt 41 − senden 43 − verstehen 42 Instruktionskompetenz 4, 101 Interaktion, themenzentrierte 91
K Kennenlernen 110 − Spiel 110 Kleingruppe 10, 122 Kleingruppenarbeit 102 KODEM, (Kommunikationsfähigkeit Demenzkranker Menschen) 131 Kollegiale Beratung 89, 92 − Manual für professionelle Pflegekräfte 195 Kommunikation − Angehörige 79 − Aufmerksamkeit 41 − bei Demenz 42 − Einstieg 50 − nonverbale 40 − Manual 169 − professionell Pflegende 79 − verbale 40 − vier Schritte 40 − vier Seiten 81 Kommunikationsfähigkeit − Menschen mit Demenz 131 Kommunikationsfähigkeit Demenzkranker Menschen (KODEM) 131 Kommunikationsmodell 40 Kommunikationsquadrat 81 Kommunikationsschwierigkeiten 18 Kommunizieren − unterstützen 53 Kompetenz, soziale − Evaluation 130
Kooperation 79 Körperhaltung, zugewandte 68 Krankheitsverlauf − Demenz 21 Kurzzeitpflege 33
L Laborscreening 25 Lebensqualität − Menschen mit Demenz 131 Lebensraumanpassung 30 Lebensthemen 19 Lehrmethoden 102 − Didaktik 97, 148, 151, 156, 162, 169, 184, 187, 195, 199, 207, 213, 221, 228 Leidensdruck 22 Lernmethoden 102 Lernziele − Manual Selbstpflege 152 − Manual Gesprächsführung 189, 222 − Manual Kollegiale Beratung 196 − Manual Kommunikation 171 − Manual Kooperation 229 − Manual Menschen mit Demenz als Empfänger 164, 214 − Manual Menschen mit Demenz als Sender 158, 208 − Manual Perspektivübernahme 199 − Manual Und was ist Demenz 145, 149,184 Lumbalpunktion 25
M Manual − Manual: TANDEM, wir fahren los! 144 − Manual: Und was ist Demenz? 148
C–N
− Manual: Für sich selbst sorgen! 151 − Manual: Menschen mit Demenz als Sender 156 − Manual: Menschen mit Demenz als Empfänger 162 − Manual: Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften 169 − TANDEM für professionelle Pflegekräfte 179 − TANDEM für versorgende Angehörige 139 Maßnahmen − kognitiv-aktivierend 27 − Ressourcen-orientierte 28 Materialien 10 Medien 10 Medikamente 28 Mehrdeutigkeit 58 − vermeiden 67 Menschen mit Demenz − als Empfänger 56, 162, 213 − als Sender 43, 156, 207 Metaplan 103 Metaplanwand 10 Mikroverhaltensweisen 48 Misstrauen 73 Mitteilung − gefühlsmäßige 59 − verbal-sprachliche 58 Moderationskarten 10 Moderator 98 Module − für Pflegekräfte 181 − für Angehörige 142 Musik 48 Musizieren 48
N Nachbereitung 104 Nachhaltigkeitsförderung 133 Neuroleptika 29 Neutralität − Trainer 99
260
Stichwortverzeichnis
O Ohrenmodell 82
P Partnerarbeit 10 Passivität 73, 205 Pausen 64 Persönlichkeitsveränderungen 22 Perspektivübernahme 71, 85 − Manual für professionelle Pflegekräfte 198 Pet-Therapie 30 Pflegedienst 31 Pflegedreieck 80 Pflegeoase 29 Pflegeperson − Schulung 28 Plenum 10 PowerPoint Präsentation (PPP) 10 Präsentation 10 Prävention 26 Privatsphäre 70 Psychopharmaka 29
R Rahmenbedingungen 5, 107 Raumgestaltung 108, 141,181 Reflexion 118 Reizüberflutung 17 Ressourcenorientierung 99 Rollenwechsel − Angehörige 86
S Sachinhalt 81 Sach-Ohr 82
Schulung − Angehörige − Pflegepersonen 28 Schulungsprogramme 31 Schulz von Thun, Friedemann 81 Schwächen − bei Demenz 43 − umfeldabhängige 46 − Umgang 49 Selbstbestimmung 68 Selbsterfahrung, Übung 206 Selbsthilfe 135 Selbsthilfegruppe 33, 135 − halbstrukturierte 34 − offene 35 − strukturierte 34 Selbstoffenbarung 81 Selbstoffenbarungs-Ohr 82 Selbstständigkeit 68 − Verlust 18 Sender 81 − von Informationen 43 Sequenzplan − Manual, Für sich selbst sorgen 153 − Manual, Gesprächsführung mit Kollegen 189 − Manual, Gesprächsführung mit Angehörigen 223 − Manual, Kollegiale Beratung 197 − Manual,Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften 172 − Manual,Kooperation mit Angehörigen 230 − Manual,Menschen mit Demenz als Empfänger 164, 215 − Manual, Menschen mit Demenz als Sender 158, 209 − Manual, Perspektivübernahme 200 − Manual, TANDEM, wir fahren los 145 − Manual, Und was ist Demenz 149, 185 Silbenverdrehungen 47 Sinne 62
Sinnesorgan, bevorzugtes 63 Sitzungsevaluation 128 Sitzungsmanuale 6 SOKO Demenz 130 Sozialform 10 Spiegeln 54 Stärken − bei Demenz 43 − fördern 49 Schwächen − Umfeld 46 − Aufmerksamkeit 57 − Behalten 60 − Verstehen 58 − wiederkehrende Fragen 49 − Wortfindung 47 Stimmungen − herausfordernde 72, 205 Stimmungspostkarte 110 sun-downing 21 Supervision 37 Symptome − Demenz 21
T Tagesordnung 117, 122 Tagespflege 33 TANDEM in der Familie 32 TANDEM Kommunikationsmodell 13, 40 TANDEM − Manual für versorgende Angehörige 139 − Manual für professionelle Pflegekräfte 179 Team, Modell 90 Teilnehmer − Erwartungen 112 − TANDEM Training 106 Teilnehmerorientierung 99 Test − neuropsychologisch 25 Themenzentrierte Interaktion (TZI) 91 − Gesprächsführung 193
261 Stichwortverzeichnis
Therapie 27 − medikamentöse 28 − nicht-medikamentöse 27 Tiertherapie 30 Trainer − Grundhaltungen 98 − Rolle 98 − TANDEM Training 13, 106 Trainerausbildung 98 − Nachhaltigkeitsförderung 134 Trainingsdurchführung 4 Trainingseinstieg 109 Trainingselemente 5, 115 Trainingsinhalte 4, 11 Trainingsmaterial 108 − Angehörige, Für sich selbst sorgen 155 − Pflegekräfte, Gesprächsführung mit Kollegen 191 − Pflegekräfte, Gesprächsführung mit Angehörigen 225 − Pflegekräfte, Kollegiale Beratung 198 − Angehörige, Kommunikation und Kooperation mit Pflegekräften 174 − Pflegekräfte, Kooperation mit Angehörigen 232 − Pflegekräfte, Menschen mit Demenz als Empfänger 217 − Angehörige, Menschen mit Demenz als Empfänger 166 − Pflegekräfte, Menschen mit Demenz als Sender 211 − Angehörige, Menschen mit Demenz als Sender 160 − Perspektivübernahme, professionelle Pflegekräfte 202 − Angehörige, TANDEM, wir fahren los 147 − Und was ist Demenz 151,187 Trainingsort − professionelle Pflegekräfte 181 − Rahmenbedingungen 108 − versorgende Angehörige 141 Trainingsreflexion 128
Trainingssitzung − Bewertung 128 − Dauer 108 − Termin 141,181 − Verlauf 142, 181 Trainingsverlauf, alternativer − für professionelle Pflegekräfte 183 − für versorgende Angehörige 144 Transfer 118, 121 Transferförderung 122 TZI (Themenzentrierte Interaktion) 91 TZI-Regeln 92 − Gesprächsführung mit Kollegen 193
O–Z
− krankhaftes herausforderndes 73 − Manual für professionelle Pflegekräfte 198 Verhaltensweise − herausfordernde 72, 205 Verhinderungspflege 33 Verkennung 49 Verlauf − Alzheimer-Demenz 22 Verstehen 85 − Stärken 43, 58, 164, 207, 213 − Schwächen 43, 58, 164, 207, 213 Verstehenshypothese 76 Visualisierung 10 Vitalitätsverlust 23 Vorstellungsrunde 110 Vortrag 10, 103
U Übung − Selbstpflege 155 Übungen 116 Umfeldoptimierung 29 Unparteilichkeit 99 Unruhe − nächtliche 73, 205 Unterstützungsangebote − versorgende Angehörige 35 Urlaub, betreuter 33 Ursachen, Demenz 19
W Wahn 73 Wahrnehmungsveränderung 22 Wertschätzung 69 − Grundhaltung des Trainers 98 Wiederholen 49, 53 Wohnformen, innovative 29 Wortfindungsstörungen 47 Wortverwechslungen 47
Z V Veränderungen − afektive 22 − neurovegetative 22 Verfahren − bildgebende 25 Verhalten − als Kommunikation 48, 71 − Gründe für herausforderndes 74
Zarit Burden, Interview 131 Zielgruppe 5 − TANDEM Training 105 Zielsetzung 117 Zuhören − aktives 53, 84 Zusammenfassung 118