Cameron Dokey
Buffy Im Bann der DÄmonen Mutter der Monster
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Cameron Dokey
Buffy Im Bann der DÄmonen Mutter der Monster
In der Stadt auf dem HÄllenschlund verlÅuft ausnahmsweise einmal alles friedlich. So friedlich, dass Buffy sich allmÅhlich Sorgen macht, ob es sich nicht um die berÇhmte Ruhe vor dem Sturm handelt. Als dann ein merkwÇrdiges ZwillingsbrÇderpaar in Sunnydale aufkreuzt, ahnt die JÅgerin, dass sie mit ihrer Vermutung nicht falsch lag. So ziemlich alles an den beiden Neulingen scheint aus dem Rahmen zu fallen: ihr altmodischer Kleidergeschmack, Çberholte Umgangsformen und eine auffallend enge Bindung an ihre Mutter. Ziemlich merkwÇrdig, wenn man bedenkt, dass es sich um Vampire handelt. Als die JÅgerin die beiden zur Strecke bringt, muss sie erfahren, was es heiÉt, sich mit einer rachsÇchtigen Vampirmutter anzulegen.
Cameron Dokey
Mutter der Monster Aus dem Amerikanischen von Thomas Ziegler
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Buffy, im Bann der DÄmonen. – K•ln: vgs Mutter der Monster/Cameron Dokey. Aus dem Amerikan. von Thomas Ziegler. – 2001 ISBN 3-8025-2788-7
Das Buch ‚Buffy – Im Bann der Dƒmonen. Mutter der Monster„ entstand nach der gleichnamigen Fernsehserie (Orig.: Buffy, The Vampire Slayer) von Joss Whedon, ausgestrahlt bei ProSieben.
… des ProSieben-Titel-Logos mit freundlicher Genehmigung der ProSieben Media AG
Erstver•ffentlichung bei Pocket Books, New York 2000. Titel der amerikanischen Originalausgabe: Buffy, The Vampire Slayer. Here be Monsters. ™ und … 2000 by Twentieth Century Fox Film Corporation. All Rights Reserved. … der deutschsprachigen Ausgabe: Egmont vgs Verlagsgesellschaft mbH, K•ln 2001 Alle Rechte vorbehalten. Umschlaggestaltung: Sens, K•ln Titelfoto: … Twentieth Century Fox Film Corporation 2000 Satz: Kalle Giese, Overath Druck: Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany ISBN 3-8025-2788-7
F‡r das Lisa-Team, vor allem f‡r seine furchtlose Leiterin. Du bist die Beste, und die ganze Welt sollte sich vor dir verneigen. F‡r Ellen, mit der ich mir am liebsten BUFFY ansehe. Und f‡r Jim, weil alles ist.
Anmerkung des Historikers: Diese Geschichte spielt in der dritten Jahreszeit.
1 Es war eine dunkle und sternenlose Nacht. In der Dunkelheit, in der Stadt, die auf dem H€llenschlund thronte, rannte ein junges M•dchen um ihr Leben. Sie hatte sich diese Nacht ganz bestimmt nicht so vorgestellt. Ihr Name war Heidi Lindstrom. Was ein Witz war, auf den sie gut h•tte verzichten k€nnen. Jeder wusste, wie ein M•dchen namens Heidi sein sollte. S‚ƒ. Unschuldig. Selbstlos. Aber niemand sollte sich einbilden, dass dies auf sie zutraf. Heide Lindstrom war knallhart, und sie sorgte daf‚r, dass sie auch danach aussah. Die knochenbleich gef•rbten Haare mit den dunklen Ans•tzen standen senkrecht von ihrem Sch•del ab. Jeans so eng wie Schlangenhaut verh‚llten lange Beine, die im Moment verzweifelt versuchten, sie weiter durch die Nacht zu tragen. Eine schwarze Bomberlederjacke klatschte gegen ihren R‚cken, die silbernen Nieten an den Schultern gl•nzten matt im Licht der Straƒenlaternen. Ihre F‚ƒe steckten in schwarzen Stiefeln mit dicken Sohlen. Ideal, um jeden zu treten, der ihr in die Quere kam, jedoch zum Laufen v€llig ungeeignet. Und sie rannte jetzt schon seit sehr, sehr langer Zeit. So lange, dass sie sich kaum noch an die Zeit erinnern konnte, als sie nicht gelaufen war. Eine Zeit, als sie sich sicher gef‚hlt hatte. Oder wenn schon nicht sicher, dann wenigstens als Herrin der Lage. Eine Zeit, als ihre Beine sich nicht wie Gummi und ihre F‚ƒe sich nicht wie Blei angef‚hlt hatten. Eine Zeit, als die Luft beim Ein- und Ausatmen nicht in ihrer Lunge gebrannt hatte. Und lange genug, dass sie das Gef‚hl hatte, in einem Fiebertraum zu rennen, in dem sie sich immer wieder verzweifelt antrieb, obwohl sie in ihrem h•mmernden Herzen wusste, dass sie die n€tige Geschwindigkeit niemals erreichen konnte. Denn so, wie ihre Chancen standen, h•tte sie ebenso gut in Zeitlupe laufen k€nnen. Sie wandte sich nach links und hetzte mit stampfenden Beinen ‚ber den Mittelstreifen der Fahrbahn, vorbei an einem gr‚nen Straƒenschild, das stolz verk‚ndete, dass dies die ELM STREET war. Sie w‚nschte, sie h•tte genug Luft, um ‚ber diesen Scherz lachen zu k€nnen. Denn dies war ein Albtraum, daran bestand kein Zweifel. Aber die Wahrheit war, dass in diesem Teil von Sunnydale alle Straƒen nach B•umen benannt worden waren: Oak. Birch. Larch. Poplar. Sycamore – Eiche. Birke. L•rche. Pappel. Ahorn. Die H•user waren viel gr€ƒer als jenes, in dem sie wohnte, mit saftigem gr‚nen Rasen davor. Was w‚rde passieren, wenn ich pl€tzlich eine dieser perfekt gepflegten
Auffahrten hinaufrennen w‚rde?, fragte sie sich. Und verzweifelt an eine dieser perfekt lackierten Haust‚ren klopfte? W‚rde einer der perfekten Leute, die dort wohnen, herausst‚rzen, um ihr zu helfen? Sie rang sich jetzt ein Lachen ab, ein erstickter Laut, der ungebeten tief aus ihrem Bauch kam. Tr•um weiter. Dieser Teil von Sunnydale mochte anders aussehen, aber in zumindest einer Hinsicht war er wie das Viertel der Stadt, aus der sie kam. Niemand w‚rde ihr helfen. Nicht jetzt. Das war es, was Sunnydale zu dem machte, was es war. Sie hatte jetzt nur eine M€glichkeit, und sie war bereits dabei. Rennen. Rennen. Rennen. Sie bog nach links in die Oak Street und hielt sich jetzt auf dem B‚rgersteig. Unterdr‚ckte das Gef‚hl, dass sich ihre Beine in Gummib•nder verwandelt hatten. Dass die Luft wie heiƒe Abgase in ihrer Lunge brannte. Wie nah sind sie? Holen sie auf? Heidi riskierte einen kurzen Blick ‚ber die Schulter und hoffte gegen alle Vernunft, dass ein Wunder geschehen w‚rde und sie bis jetzt einfach zu ersch€pft gewesen war, um es zu bemerken. Vielleicht hatten sie inzwischen die Verfolgung aufgegeben. Weil sie es leid geworden waren. Oder vielleicht war es ihr endlich gelungen, sie abzusch‚tteln. Ja, genau. Das war wahrscheinlich. Sie waren noch immer hinter ihr, genau wie sie es geahnt hatte. Zwei Kerle. Jene, die sie zum ersten Mal in der Gasse hinter dem Bronze bemerkt hatte. Sie trugen Hemden, die so weiƒ waren, dass sie praktisch in der Dunkelheit leuchteten. Khakihosen mit perfekten B‚gelfalten. Slipper. Krawatten. An diesen Kerlen sahen die braven Schuluniformen wie Designerkleidung von Tommy Hilfiger aus. Als sie sie zum ersten Mal bemerkt hatte, hatte sich Heidi nicht beherrschen k€nnen. Sie war in Gel•chter ausgebrochen. Aber da hatte sie noch nicht ihre Augen gesehen. Gl‚hend. Raubtierhaft. Gelb. Ihre Stirn hatte komisch ausgesehen, irgendwie missgebildet. Und sie brauchten eine kieferorthop•dische Behandlung. Dringend. Heidi wusste nicht, was sie waren, und sie wollte es auch nicht wissen. Sie wollte ihnen nur noch entkommen. Erst als sie angefangen hatten, sie zu jagen, hatte sie erkannt, dass sie in Wirklichkeit zwei Dinge wollte. Heidi Lindstrom wollte auch noch am Leben bleiben. Sie sprintete ‚ber die Kreuzung Oak – Poplar Street. Sie wusste, dass es jetzt nicht mehr lange dauern w‚rde. Wie sollte es auch anders sein? Inzwischen konnte sie ihre Beine nicht einmal mehr f‚hlen. Warum zum Teufel holten sie sie nicht einfach ein und erledigten sie? Warum machten sie dem Spiel nicht ein Ende? T€teten sie? Sie h•tte es jedenfalls
getan. Aber oh nein, nicht diese Kerle. Sie hielten sich zur‚ck. Taktierten anders. Spielten Katz und Maus mit ihr. Es h•tte sie richtig w‚tend gemacht, wenn sie nicht so viel Angst gehabt h•tte. Niemand legte sich mit Heidi Lindstrom an. Sondern Heidi legte sich mit ihnen an. So sollte es eigentlich sein. Aber heute Nacht war nichts so, wie es sein sollte. Heute Nacht hatte sie einen Fehler gemacht. Einen, der sie alles kosten w‚rde. Warum bin ich nicht einfach zu Hause geblieben? Sie stolperte jetzt. Der untere Teil ihres K€rpers verweigerte den Dienst. Schweiƒ tropfte von ihrer Stirn und brannte ihr in den Augen. W•re es wirklich so schlimm gewesen, nur dieses eine Mal zu Hause zu bleiben? Zu Hause, wo die W•nde so d‚nn waren, dass man alles hindurch h€rte. Zu Hause, der Ort, wo es niemals am sch€nsten gewesen war. Ein Ort, wo jedes zornige, verletzende Wort, das jemals gesagt worden war, f‚r immer weiterlebte. Der letzte Ort auf Erden, wo sie sein wollte. Vor allem, wenn ihre Mutter den Fernseher einschaltete. Sie rannte jetzt nach vorn gebeugt, beide Arme gegen ihren Bauch gepresst, erf‚llt von der Erinnerung an den L•rm des Fernsehers. Mehr als alles andere war es dieser L•rm, der sie dazu gebracht hatte, aus dem Schlafzimmerfenster zu klettern und zum Bronze zu gehen. Der einzige Ort, wo sie alles vergessen konnte, was sie war, und alles, was sie nicht war. Wo die Musik laut genug war, um die l•rmenden Fernsehprogramme ihrer Mutter aus ihrem Kopf zu vertreiben. Immer derselbe L•rm, Nacht f‚r Nacht. Serie um Serie mit Familien, die warmherzig und mitf‚hlend waren. Familien mit Kids und Eltern, die nat‚rlich auch ihre Probleme hatten, aber nicht solche, die sich nicht mit etwas Liebe und guten Worten l€sen lieƒen. Serien, in denen die Kids fr‚her oder sp•ter zugaben, dass die Eltern Recht hatten, immer Recht gehabt hatten. Immer Recht haben w‚rden. Sie gestanden ihre S‚nden, ihre Schuld, ihre Liebe, um dann mit offenen Armen empfangen zu werden und Absolution zu erhalten. Die reinste M•rchenwelt, dachte Heidi. Sie schnappte nach Luft, als sie in die Larch Street bog. Ihr Atem war eine weiƒ gl‚hende Nadel, die ihr in die Seite stach. Das Problem war, dass ihre Mom nie zu verstehen schien, dass diese Familien im Fernsehen nicht Wirklichkeit waren, und dass sie ebenso wenig verstand, dass selbst M•rchenkinder ihre Liebe nicht ohne Gegenleistung verschenkten. Diese M•rcheneltern mussten die Liebe ihrer Kinder auf die altmodische Art gewinnen. Indem sie sich die Liebe verdienten. Eine Tatsache, die sogar die Autoren von drittklassigen Sitcoms zu kennen schienen. Die aber, trotz all der Stunden hingebungsvollen Fernsehens, nie bis in das Gehirn von Heidis Mom
vorgedrungen war. Ihre Erziehungsmethode beschr•nkte sich haupts•chlich darauf, Heidi all ihre Fehler vorzuwerfen. Sich dar‚ber zu beklagen, was f‚r eine Entt•uschung Heidi doch war. H•tte Heidi jedes Mal ein F‚nfcentst‚ck bekommen, wenn ihre Mutter sagte, dass sie nicht verstand, wieso ihre eigene Tochter nur derart missraten sein konnte, dann h•tte sich Heidi schon mit neun Jahren eine Eigentumswohnung am Strand von Malibu leisten k€nnen. An der Ecke Larch, Sycamore Street stolperte sie. Ihre keuchenden Atemz‚ge waren die einzigen Laute, die zu h€ren waren. Die Sycamore Street war eine Durchgangsstraƒe und nicht ganz so fein wie die angrenzenden Straƒen. Die Laternen leuchteten hier nicht so hell, vorausgesetzt, sie funktionierten ‚berhaupt. Die H•user hatten statt Rasen groƒe St‚cke brauner Borke in ihren Vorg•rten. Zierborke nannte man das. Es sah in den heiƒen s‚dkalifornischen Sommern nicht so h‚bsch aus wie Rasen, aber immerhin reduzierte sich dadurch die Wasserrechnung, ein Satz, den Heidi tausendfach aus dem Mund ihrer Mutter geh€rt hatte. Obwohl Clara Lindstrom f‚r Zierborke nicht das Geringste ‚brig hatte. Das war auch der Grund, warum sie sich einmal im Jahr vom €rtlichen Gartencenter eine Ladung dieser h‚bsch glitzernden weiƒen Kieselsteine in den Vorgarten der Lindstroms kippen lieƒ. Heidi richtete sich auf und sah mit brennenden Augen zum Ende der Straƒe, zu der einzigen funktionierenden Laterne und der dahinter liegenden Bushaltestelle. Wenn sie es bis dorthin schaffte, einem hell erleuchteten €ffentlichen Ort, w‚rde dann das Wunder geschehen? W‚rden die Kerle hinter ihr aufgeben und sie in Ruhe lassen? Du kannst es schaffen, sagte sie sich. Komm schon. Komm schon. Verzweifelt spornte sie sich zu einer letzten H€chstleistung an. Dann sp‚rte sie, wie ihr Fuƒ umknickte, ihr Kn€chel sich verdrehte. Oh, Gott, dachte sie. Oh, bitte, Gott, nein. Und dann st‚rzte sie wie in Zeitlupe. Langsam genug, um das zu erkennen, was sie zu Fall gebracht hatte. Ein St‚ck Zierborke, das unter ihrem Fuƒ hervorgerutscht und in den Rinnstein gefallen war. Nur ein St‚ck, aber es hatte gen‚gt. Die Zeit lief wieder schneller ab, als Heidis rechter Ellbogen mit einem Knacken laut wie ein Pistolenschuss auf dem B‚rgersteig aufschlug. Sie schrie, als sengender Schmerz von ihrem Ellbogen bis in ihre Schulter schoss. Sie rollte sich auf den R‚cken, w•hrend ihr rechter Arm unkontrolliert zuckte und dann zur Ruhe kam, aber in einem komischen Winkel von ihrem K€rper abstand. W•hrend sie nach Luft schnappte, wallten rote Schleier vor ihren Augen. Dann wurde ihre Sicht wieder halbwegs klar, und Heidi registrierte, dass sie keinen Schmerz mehr sp‚rte.
Schock, dachte sie. Der einzige Lichtblick in ihrer derzeitigen Lage war, dass sie Linksh•nderin war, was die Kerle hinter ihr nicht wussten. Wenn sie sie erreichten, konnte sie ihnen zumindest einen letzten Schlag verpassen. Vorausgesetzt, dass sie in der Lage war, ‚berhaupt etwas zu unternehmen. Wie w‚rde sich ihre Mutter f‚hlen, fragte sie sich, wenn sie erfuhr, dass ihr einziges Kind tot war? Dass Heidi nie mehr nach Hause kommen w‚rde? Dann h€rte sie die Schritte hart besohlter Schuhe auf dem B‚rgersteig. Einen Moment sp•ter beugten sich zwei gelbe Augenpaare ‚ber sie und funkelten sie an. Durch die Schleier vor ihren Augen konnte Heidi erkennen, dass sie bei ihrer ersten Begegnung dr‚ben beim Bronze Recht gehabt hatte. Diese Kerle waren die h•sslichsten V€gel, die sie in ihrem ganzen Leben gesehen hatte. Und die Furcht erregendsten. Aber das w‚rde sie ihnen nat‚rlich nicht zeigen. Lieber w‚rde sie sterben. Was vermutlich auch passieren w‚rde. Sie holte keuchend Luft und r•usperte sich, um ihre zugeschn‚rte Kehle frei zu machen. Heidi Lindstrom w‚rde nicht wie ein Waschlappen sterben. …Das ist mal ein schlimmer Fall von Gelbsucht.† Der rechte Kerl stemmte die Arme in die H‚ften, ganz so, wie es Heidis Mutter tat, wenn sie ‚ber irgendetwas ver•rgert war. Heidi biss sich hart auf die Zunge. Nichts an dieser Situation war auch nur im Mindesten komisch. Warum versp‚rte sie dann diesen unwiderstehlichen Drang, laut zu lachen? Schock, dachte sie wieder. Und sah ‚ber sich die gelben Augen flackern, w•hrend tief in ihrem Bauch das Zittern begann. Kalt. Ihr war schrecklich kalt. …Nun, das war’s†, sagte einer der Kerle mit einem starken S‚dstaatenakzent. …Es gibt keinen Grund, unh€flich zu sein. Wir haben die Jagd auf faire, anst•ndige Weise gewonnen. Es ist nicht unsere Schuld, dass du gest‚rzt bist.† Er wandte die Augen von Heidi ab und warf dem Typ an seiner Seite einen kurzen Blick zu, als wollte er sich seiner Unterst‚tzung versichern. …Nicht wahr, Webster?†, fuhr er fort. …Ja, Percy†, antwortete Gelbauge prompt. Der Ja-Sager, dachte Heidi. …Es ist eindeutig nicht unsere Schuld†, f‚gte er ernst hinzu. …Ganz gewiss nicht.† Heidi gab den Kampf auf und lachte schnaubend. Die beiden klangen, als w•ren sie einem l•ngst vergessenen Cartoon entstiegen. …Was ist mit ihr los, Percy?†, fragte Webster besorgt und beugte sich dann nach unten, um besser sehen zu k€nnen. Percy sch‚ttelte den Kopf. …Ich weiƒ es nicht, Webster†, erwiderte er. …Ich weiƒ es einfach nicht. Es ist ein R•tsel, so viel steht fest.† …Du glaubst doch nicht, dass sie etwas Ansteckendes hat, oder?†, fragte Webster. Er klang ehrlich best‚rzt. Abrupt richtete er sich auf, als w‚rde ihn dies auƒer
Reichweite der Keime bringen. …Webster†, sagte Percy. …Was?† …Gib dich nicht d‚mmer als du bist.† Webster sch‚rzte die Lippen. …Du sollst nicht so mit mir reden†, meinte er beleidigt. …Mama mag das nicht. Sie hat dir gesagt, du sollst das nicht tun.† Heidi wollte erneut lachen, stellte aber fest, dass sie es nicht konnte. Sie schien die Kontrolle ‚ber ihren K€rper verloren zu haben. Sie konnte nur nach oben schauen und die beiden Kerle anstarren, die sich ‚ber sie beugten und mit ihren weiƒen Hemden den Blick auf den dunklen Nachthimmel versperrten. Da sie auƒer Starren nichts tun konnte, bemerkte Heidi jetzt, dass das Gelbauge zu ihrer Linken, der Typ namens Webster, eine marineblaue Krawatte trug. Percys Krawatte war dunkelbraun. Ansonsten •hnelten sie sich wie ein Ei dem anderen. Die knallharte Heidi Lindstrom war von zwei CartoonZwillingspoppern aus der H€lle zur Strecke gebracht worden. Wie peinlich. Percy beugte sich n•her zu ihr, als wollte er ihr etwas anvertrauen. …Du warst bis jetzt die Beste†, erkl•rte er. …Du hast mindestens zehn Blocks l•nger durchgehalten, als ich dachte. Das ist doppelt so lang wie unser letztes Opfer, nicht wahr, Webster?† Die Erinnerung an die ‚beraus spannende Jagd brachte Webster zum Strahlen. …Du hast v€llig Recht, Percy†, best•tigte er. Heidi hatte das Gef‚hl, als w‚rde sie schweben. Sie fror auch nicht mehr. Sie konnte sich nicht erinnern, warum sie solche Angst gehabt hatte. Diese Kerle w‚rden ihr nichts tun. Sie hatten sie nur durch die halbe Stadt gejagt, um sie zu Tode zu langweilen. Es st€rte sie nicht einmal, dass sich Percy neben sie kniete. Er griff nach ihrem Kopf und drehte ihn von einer Seite zur anderen. …Sie sieht absolut perfekt aus†, bemerkte er. …So... so...† Percy schienen die Worte zu fehlen. Webster nutzte diesen Moment, um eine imagin•re Gl‚hbirne ‚ber seinem Kopf aufleuchten zu lassen. …So... heruntergekommenÄ, warf er hilfsbereit ein. …Heruntergekommen!†, wiederholte Percy entz‚ckt. …Heruntergekommen, ja. Ich denke, das trifft es.† …Mutter wird begeistert sein†, f‚gte Webster hinzu. …Das ist exakt die Sorte M•dchen, vor der sie uns immer gewarnt hat.† Oh, nun haltet aber mal die Luft an, dachte Heidi. Als h•ttet ihr beide schon viele Sch€nheitswettbewerbe gewonnen. Wie aus groƒer Ferne h€rte sie, wie der Bus an der Haltestelle Sycamore Street hielt, dann das Zischen und Klappern der sich €ffnenden T‚ren. Einen Moment
sp•ter h€rte sie, wie sie sich wieder schlossen und der Bus davonfuhr. Sie hatte es nicht geschafft. W‚rde es auch nicht schaffen. Heidis Bet•ubung wich, als die Angst und die Schmerzen zur‚ckkehrten. Sie war am Ende. Aber es gab noch immer etwas, das sie tun konnte. Etwas Wichtiges. Heidi schluckte und €ffnete den Mund. …Oh, sieh doch!† Webster quiekte f€rmlich vor Entz‚cken. …Sie will etwas sagen.† Er kniete ebenfalls nieder, sodass sein Gesicht auf gleicher H€he mit Percys war. Heidi blickte in zwei leuchtend gelbe Augenpaare, die sie wachsam und erwartungsvoll ansahen. Was seid ihr?, fragte sie sich. Nicht, dass es eine Rolle spielte. Ganz gleich, was sie waren, es gab nur eins, das sie ihnen sagen wollte. Es stimmte, dass sie dazu ein Wort benutzen musste, von dem ihre Mutter erkl•rt hatte, dass sie es in ihrem Haus niemals h€ren wollte. Ein Wort, das gute M•dchen niemals benutzten. Auch wenn Heidi der ˆberzeugung war, dass es so schlimm nicht sein konnte, weil das Wort, das sie im Sinn hatte, fast immer einen Liebhaber hatte. Gefolgt von dem Zusatz: …dich ins Knie†. Sie holte tief Luft. Wenn sie ‚berhaupt die Kraft aufbrachte, etwas zu sagen, dann musste sie es schnell tun und schon beim ersten Versuch richtig machen. …Bitte†, sagte sie stattdessen. Ihre eigene Stimme widerte sie an. Sie hatte es verdorben. Sie hatte es tats•chlich getan. Das, was sie am meisten hasste. Sie hatte nicht das …F†-, sondern das …B†-Wort benutzt. …Bitte, t€tet mich nicht.† Percy gab ein schrilles Lachen von sich. Er klang wie ein abgestochenes Schwein. …Hast du das geh€rt, Webster?†, fragte er entz‚ckt. …Du hast uns missverstanden, Kleine.† Webster nickte. …V€llig missverstanden†, bekr•ftigte er. Dann brach auch er in Gel•chter aus. Die beiden Was-immer-sie-auch-waren lehnten sich aneinander und schlugen sich vor Vergn‚gen gegenseitig auf die Schultern. Vielleicht sollte ich einen anderen Versuch machen, solange sie mit ihrem Lachanfall besch•ftigt sind, dachte Heidi. Das einzige Problem bei diesem Plan war, dass sie dazu aufstehen musste. …Wir werden dich nicht t€ten, Sch•tzchen†, erkl•rte Percy, als er sich wieder beruhigt hatte. Er wischte sich die tr•nenden Augen mit seiner braunen Krawatte ab. …Tu das nicht†, sagte Webster. …Das ist widerlich.† …Wenigstens jetzt noch nicht†, fuhr Percy fort, seinen Bruder ignorierend. …Es
gibt etwas sehr Wichtiges, das wir vorher tun m‚ssen.† …Oh ja, etwas sehr Wichtiges†, best•tigte Webster ernst. …Sie will wissen, was es ist, ich seh’s ihr an. Willst du nicht wissen, was es ist, S‚ƒe?† Beide grinsten und entbl€ƒten ihre abscheulichen Z•hne. Reiƒz•hne. Was auch immer. …Wir werden dich nach Hause zu Mutter bringen†, sagten sie im Chor. Percy legte den Kopf zur Seite. …Nat‚rlich bedeutet die Tatsache, dass wir dich jetzt noch nicht t€ten k€nnen, nicht unbedingt, dass dir die Sache Spaƒ machen wird.† …Oh, Mann. Ich liebe diesen Teil†, sagte Webster. Percy griff nach unten und packte Heidis rechten Arm. Sie schrie wieder auf. Schmerz durchzuckte sie, heiƒ und schnell wie ein Blitz. Dann, wie ein Blitz, war es vorbei. Die Welt wurde schwarz. Sie erwachte in einer Welt aus blendendem Weiƒ und stellte fest, dass sie auf dem Bauch lag. Ihre Wange dr‚ckte gegen etwas Kaltes, Glattes, Weiƒes. Ihr linker Arm war unter ihrem K€rper eingeklemmt. Die Fl•che, auf der sie lag, sah genauso wie der Marmorboden aus, den Heidi einmal bei einem Schulausflug in einem Kunstmuseum gesehen hatte. Der Schmerz in Heidis rechtem Arm war so stark, dass er ‚ber ihren ganzen K€rper ausstrahlte. Das waren schlechte Neuigkeiten. Die gute Neuigkeit war, dass ihr Kopf klarer war und dass sie Webster und Percy nicht sehen konnte. Langsam, vorsichtig st‚tzte sich Heidi auf ihren linken Arm. Wenn sie auf die Beine kommen konnte, w‚rde sie vielleicht feststellen k€nnen, wo zum Teufel sie war, und dann von hier verschwinden. …Oh, gut, du bist wach, meine Liebe†, sagte eine Stimme hinter ihr. Heidi fuhr zusammen. Ihr Arm rutschte ab, und ihr Kopf landete wieder auf dem Marmorboden. Ein sengender Schmerz durchzuckte sie und lieƒ sie die Augen schlieƒen. Als sie die Augen wieder €ffnete, beugte sich eine Frau ‚ber sie. Auf ihrem Kopf saƒ der breitkrempigste Strohhut, den Heidi je gesehen hatte. Um den Hut war ein hauchfeiner rosa Schal gebunden, dessen Enden hinter den breiten Schultern der Frau verschwanden. Das Kleid, das sie trug, war ebenfalls rosa. Leuchtend rosa. Mit Blumen. Heidi konnte nicht sagen, um was f‚r eine Sorte es sich handelte, aber sie waren sehr, sehr groƒ. In Brusth€he prangte eine riesige Rheinkieselbrosche. So riesig, dass Heidi in dem Mittelstein ihr Spiegelbild sehen konnte. Dies musste Big Mama sein, die Frau, zu der die beiden Zwillingshohlk€pfe Heidi bringen wollten. Und diese Jungs hatten den Nerv, sie als heruntergekommen zu bezeichnen.
…Ich bin so froh, dass du zu uns kommen konntest, meine Liebe†, sagte Big Mama. Sch€n f‚r dich, dachte Heidi. So hat wenigstens einer von uns was davon. Big Mama hatte denselben Akzent wie Webster und Percy. Ganz so, als w•re sie eine Vom Winde verweht-Komparsin. Aber zumindest sah ihr Gesicht verh•ltnism•ƒig normal aus. Ihre Augen waren nicht gelb. Und ihre Z•hne schienen alle in ihren Mund zu passen, wenn sie ihn schloss. …Ich hoffe, meine Jungs waren nicht zu grob zu dir†, sagte Big Mama. …Sie k€nnen manchmal ein wenig ungest‚m sein. Nun ja, Jungs sind nun einmal Jungs, nicht wahr? Ich bin sicher, dass du das verstehst.† Heidi verstand nur, dass Big Mama eindeutig durch die Feminismuspr‚fung gerasselt war. Sie befeuchtete ihre rissigen Lippen, versuchte zu sprechen und stellte fest, dass sie dazu in der Lage war. …Sie haben mir den Arm gebrochen†, kr•chzte sie. …Haben wir nicht†, widersprach sofort eine Stimme hinter Heidis rechter Schulter. Heidi vermutete, dass es Percy war. Er war fast immer der Erste, der etwas sagte. Offenbar hielten sich die beiden Zwillingshohlk€pfe im Hintergrund. …Sie ist gest‚rzt, Mama. Wir waren nicht einmal in der N•he, als es passierte, nicht wahr, Webster?†, fuhr die Stimme fort. …Nein, das waren wir nicht†, best•tigte Webster die Aussage seines Bruders. …Wir haben sie auf faire, anst•ndige Weise gefangen. Ich schw€re es, Mama.† …Also, Jungs†, schalt ihre Mutter sie. …Ihr wisst, dass es unh€flich ist, einem Gast zu widersprechen.† Heidi h€rte hinter sich einen seltsamen Laut. Es klang ganz so, als w‚rden Percy und Webster mit den F‚ƒen scharren. …Na, na†, fl€tete Big Mama beruhigend. Sie richtete sich auf. Im Stehen sah sie wie ein groƒer rosa Turm aus. …Mama weiƒ, dass ihr gute Jungs seid. Es spielt keine Rolle, wie ihr sie gefangen habt. Wichtig ist nur, dass ihr meine Anweisung befolgt und etwas zu Essen nach Hause gebracht habt. Ihr wisst doch, dass ich mich st•ndig frage, was ihr wohl als N•chstes in den Mund steckt.† Heidi sp‚rte, wie ihr kalter Schweiƒ auf die Stirn trat. Essen? Das klang definitiv nicht gut. ˆberhaupt nicht. Es klang sogar ganz danach, als wollten sie sie... Heidi f‚hrte den Gedanken nicht zu Ende. Sie wollte absolut nicht daran denken, was es bedeuten konnte. Sie hatte Angst, dass sie sonst anfangen w‚rde zu schreien, ohne damit aufh€ren zu k€nnen. …Hilf dem M•dchen hoch, Webster†, befahl Big Mama. …Ich will sie mir genauer ansehen. Oh nein, meine Liebe†, f‚gte sie hinzu, als Heidi verzweifelt zur‚ckzuweichen versuchte. …Es ist alles in Ordnung. Er wird dir nicht wehtun. Nicht, solange ich es ihm nicht sage. In diesem Haus geschieht nichts ohne meine
Erlaubnis.† …Wow, danke†, keuchte Heidi. …Pl€tzlich f‚hle ich mich viel besser.† Big Mama warf ihren Kopf zur‚ck und gab ein Lachen von sich, das wie das Kratzen von Fingern•geln auf einer Schiefertafel klang. …Was f‚r ein mutiges junges Ding†, bemerkte sie. …Du zeigst R‚ckgrat. Aber ein R‚ckgrat kann gebrochen werden, weiƒt du, meine Liebe. Das passiert jeden Tag. Um genau zu sein, ich bin daf‚r bekannt, selbst eine ganze Reihe gebrochen zu haben.† Ohne Vorwarnung verzerrte sich ihr Gesicht, verwandelte sich in eine noch grausigere Fratze als die ihrer S€hne. Ihre Stirn faltete sich zusammen, bis sie nur noch eine Reihe tiefer Furchen war. Ihre Augen wurden wolfsgelb. …Ich sagte, hilf ihr hoch, Webster. Du weiƒt, wie sehr ich es hasse, warten zu m‚ssen. Es ist nicht nett, deine Mama zu entt•uschen.† Heidi sp‚rte, wie sie am linken Arm gepackt und auf die Beine gezogen wurde. Sie schwankte, und der Griff um ihren Arm verst•rkte sich und bewahrte sie vor einem Sturz. …Hier ist sie, Mama.† Kaum hatte Webster das gesagt, entspannte sich Big Mamas Gesicht. Die Haut auf ihrer Stirn gl•ttete sich. Ihre Augen nahmen wieder ihre normale fahlblaue Farbe an. Heidi musste sich anstrengen, um das Zittern ihrer Knie zu unterdr‚cken. Ich weiƒ, was ihr seid, dachte sie. Ihr seid Monster. Die Art, von der ihre Mutter behauptet hatte, dass sie nicht existierte, obwohl Heidi immer davon ‚berzeugt gewesen war, dass es sie doch gab. Sieht so aus, als h•tte ich in diesem Punkt Recht gehabt, Mama. Und weil sie Recht hatte, wusste Heide, dass dies nur auf eine Weise enden konnte. Auf eine Weise, die sie die ganze Zeit geahnt hatte. Sie w‚rde sterben. Sie hoffte, dass es schnell geschehen w‚rde. Und dass sie tot sein w‚rde, bevor sie das taten, was in Heidis Ohren wie die Einnahme eines Mitternachtssnacks klang. Von allen Freaks in Sunnydale war sie ausgerechnet denen ‚ber den Weg gelaufen, die enge pers€nliche Freunde von Hannibal Lecter waren. Heidi stand reglos da, w•hrend Big Mama sie wie ein Haifisch umkreiste und dabei mit den St€ckelschuhen auf den kalten weiƒen Marmor klapperte. …Schrecklich†, murmelte Mama, w•hrend sie Heidis Jeans und Lederjacke begutachtete. …Absolut entsetzlich. Ihr habt eine gute Wahl getroffen, Jungs. Die hier ist wirklich nur f‚r eins geeignet.† Sie trat n•her. Webster lieƒ Heidi los und wich zur‚ck. Heidi sp‚rte, wie ihre Knie nachgaben. …Komm mit mir, meine Liebe†, sagte Big Mama und hakte sich bei Heidi ein, bevor diese umfallen konnte. Heidi zuckte zusammen. Big Mama mochte ja wie
ein Marshmallow in einem rosa Zelt mit Bl‚mchenmuster aussehen, aber sie hatte einen Griff wie eine Stahlklammer. …Ich m€chte dir etwas zeigen.† Big Mama drehte sie herum und zog sie durch den Raum. Heidi stellte zufrieden fest, dass ihre Schuhe dabei h•ssliche dunkle Streifen auf dem sauberen weiƒen Boden hinterlieƒen. …Das sind die Vorfahren meiner Jungs†, erkl•rte Big Mama und deutete auf die Wand, an der eine Reihe von Gem•lden hingen. Portr•ts. Deshalb hat mich dieser Ort an ein Kunstmuseum erinnert, erkannte Heidi. Weil es eine Gem•ldegalerie ist. Jedes Bild wurde von zwei altmodischen Messingleuchten erhellt, von denen eine oben und die andere unten angebracht war. Sie gaben den Portr•ts ein fremdartiges, unirdisches Aussehen. Als w‚rden ihre Augen einem folgen, wenn man sich durchs Zimmer bewegte. Sie erinnerten Heidi an etwas. An was noch gleich? Streng aussehende M•nner in ˆberziehern und gl•nzenden schwarzen Stiefeln standen neben m‚de dreinblickenden Frauen in langen Kleidern und drapierten Schals. Ernste Kinder mit langen Locken trugen weiƒe R‚schenhemden und Schn‚rstiefel, sodass Heidi nicht erkennen konnte, ob es M•dchen oder Jungen waren. …Meine Jungs entstammen einem stolzen Geschlecht, einer langen Linie wahrer Ladys und Gentlemen†, fuhr Big Mama fort. …Dieser Mann dort dr‚ben† – sie zeigte auf das Portr•t eines Mannes, der neben einem groƒen schwarzen Pferd stand – …war einer der Gr‚nderv•ter des Commonwealth of Virginia. Und das...† Sie zerrte Heidi vor das gr€ƒte Portr•t in der gesamten Galerie, ein Mann in der grauen Uniform eines konf€derierten Offiziers. …Das ist der Vater meiner Jungs†, sagte Big Mama, und der Stolz in ihrer Stimme lieƒ sie tats•chlich warm klingen. …Jungs†, fl€tete sie, …kommt her und stellt euch neben das Portr•t eures Vaters.† Webster und Percy gehorchten und stellten sich rechts und links neben das Bildnis ihres Vaters. Sie sahen wie junge Hunde aus, die unbedingt gefallen wollten. Junge Mutantenhunde, die nur darauf warten, mich zu fressen. Heidi sp‚rte, wie sich ihr der Magen umdrehte. …Mein Gatte war der groƒartigste Mann, der je gelebt hat†, sagte Big Mama. …Und ich habe meine Jungs nach seinem Vorbild zu wahren Gentlemen erzogen. Als es meinen Gatten auf tragische Weise in der Bl‚te seiner Jahre dahinraffte, kannte ich meine Pflicht: meine Babys zu besch‚tzen. Immer bei ihnen zu sein.† Heidi sp‚rte Big Mamas Blick auf sich ruhen. Die Mutter der beiden Prachtkerle erwartete offenbar, dass sie etwas sagte. Heidi holte tief Luft und bedachte ihre Optionen.
Ihr rechter Arm war gebrochen. Ihr linker Arm war in Mamas festem Griff. ˆberall um sie herum waren Monster. Heidi wusste, dass sie diesen Ort niemals lebend verlassen w‚rde. Aber bedeutete dies, dass sie hilflos war? Bedeutete dies, dass sie wohlerzogen in den Tod gehen musste? Sie war anderer Meinung. Vor allem, da ihr jetzt d•mmerte, woran all diese Gem•lde sie erinnerten. …Ich wette, dass diese Portr•ts wie die in dem Gespensterhaus in Disneyland sind, nicht wahr?† Big Mamas Gesicht wurde v€llig ausdruckslos, aber sie war durch und durch eine Lady. Und eine Lady vergaƒ nie ihre Manieren. …Wie bitte?† Heidi grinste. Es f‚hlte sich gut an, mit einem Knall abzutreten, dachte sie. Auch wenn es nur ein leiser war. …Sie wissen schon – auf den ersten Blick sehen sie normal aus, aber dann dehnen und verzerren sie sich, bis man erkennt, dass sie von Grund auf abscheulich sind. Ich wette, diese Gem•lde sind genauso. Oberfl•chlich gut aussehend, darunter aber krank.† Heidi nickte Big Mamas geliebtem verschiedenen Gemahl zu. …Vor allem der da. Ihre heiƒ geliebten Jungs sind genauso. Schon im ersten Moment, als ich sie sah, wusste ich, dass sie Freaks sind.† Big Mama warf ihren Kopf zur‚ck und heulte. Ihr Griff um Heidis Arm verst•rkte sich, bis Heidi Sterne sah. Als ihre Sicht wieder klar wurde, wusste sie, dass sie ihrem Tod ins Gesicht blickte. Geradewegs in die Augen des Monsters. …Du garstiges, ungezogenes, unversch•mtes Ding†, zischte Big Mama durch ihre langen, spitzen Z•hne, w•hrend ihre Augen wild und gelb leuchteten. …Du bist die Einzige hier, die abscheulich ist. Du bist nur dazu geeignet, totes Fleisch zu werden.† Mit einem brutalen Ruck riss sie Heidis Kopf zur Seite und grub ihre Z•hne in die Drosselvene. Heidi blieb nur noch Zeit f‚r einen einzigen Gedanken. Das kann nicht wahr sein. Das kann nicht passieren. In Horrorfilmen, ja. Aber nicht im wirklichen Leben. Dann konnte sie nicht mehr denken. Sie verlor die Kontrolle ‚ber ihren K€rper, der zuckte und sich verkrampfte. Big Mama br‚llte wieder und hob ihr blutverschmiertes Gesicht. Dann riss sie Heidi herum und stieƒ sie in Richtung ihrer S€hne. …Nehmt sie†, h€rte Heidi Big Mama keuchen. Und dann fielen Webster und Percy ‚ber sie her. Sie bohrten ihre Z•hne in die Seiten ihres Halses. Heidi bewegte sich jetzt nicht mehr. Sie war nicht mehr dazu in der Lage. Sie konnte nur wie gel•hmt
dastehen, w•hrend ihr Mund sich hilflos €ffnete und schloss, die Augen starr auf das Portr•t des Vaters gerichtet, als Webster und Percy sie tranken. Nachdem sie mit ihr fertig waren, blieb sie noch f‚r einen letzten Moment stehen. Nachdem sie ihre K€pfe gehoben und sie losgelassen hatten. Nachdem sie zur‚ckgetreten waren, um sich wieder neben das Portr•t ihres geliebten verstorbenen Vaters zu stellen. Durch die Schleier vor ihren Augen sah Heidi, wie Big Mama zwischen ihre S€hne trat und ihre Arme um sie legte. Sie dr‚ckten ihre K€pfe an den ‚ppigen, bl‚mchengemusterten, rosa Busen ihrer Mutter. Heidis Lebensblut verschmierte ihre M‚nder. Heidi h•tte schw€ren k€nnen, dass das Portr•t ‚ber ihren K€pfen auf sie herabl•chelte. …Meine guten Jungs†, h€rte Heidi Big Mama fl€ten. Heidis Beine gaben nach, konnten ihr Gewicht nicht l•nger tragen. …Ihr wart so ordentlich. Habt nicht einen Tropfen versch‚ttet. Eure Mutter ist m•chtig stolz auf euch.† Heidi sp‚rte, wie sie fiel. Sie sah den Marmorboden auf sich zukommen. Ihr Kopf schlug auf, aber zu diesem Zeitpunkt spielte es schon keine Rolle mehr. Denn zu diesem Zeitpunkt war bereits alles vorbei. Als ihr Kopf auf dem kalten, weiƒen Stein aufschlug, sp‚rte Heidi Lindstrom nichts mehr. Sah nichts. H€rte nichts. War nichts. Und so h€rte sie auch nicht den einzigen Gedenkspruch, den sie je erhalten w‚rde. …Schafft diesen abscheulichen Haufen M‚ll hier raus†, befahl Big Mama.
2 Die Tiere waren hungrig, und Buffy Summers hatte einen groƒen Fehler gemacht. Sie war genau zur F‚tterungszeit gekommen. In ihrem Job als die Auserw•hlte, als die J•gerin, hatte Buffy in ihrem jungen Leben schon eine Menge entsetzlicher Dinge gesehen. Aber das hier war so schlimm, dass sich sogar der eiserne Magen der J•gerin umdrehte. Zungen zuckten heraus. M•uler €ffneten sich. Speichel tropfte. Z•hne teilten sich und schnappten zu. Hart. Z•he rote Fl‚ssigkeit spritzte hervor. Und es gab absolut nichts, was Buffy dagegen tun konnte. Sie war vollkommen hilflos. Machtlos angesichts des abscheulichsten Bildes, das sie je gesehen hatte. Wenigstens tags‚ber. Es war Mittagszeit im Imbissbereich des Sunnydaler Einkaufszentrums. …Hungrig, Sch•tzchen?†, fragte Joyce Summers, als sie sich zu ihrer Tochter setzte. Buffy verfolgte mit krankhafter Faszination, wie der Kerl am Nachbartisch eine Portion Fritten verspeiste. Er tunkte eine Hand voll in einen Plastikbecher, der mindestens eine halbe Flasche Ketchup enthalten musste und hielt sie dann hoch. ˆber seinen Kopf. Er legte den Kopf zur‚ck, wartete, bis ein dicker Tropfen Ketchup auf seiner Zunge gelandet war und stopfte dann die Fritten in etwas, das f‚r Buffy wie ein klaffendes Maul aussah. Er kaute, w•hrend aus seinen Mundwinkeln Ketchup quoll, wischte sich dann mit dem Handr‚cken ‚bers Gesicht und griff nach der zweiten Hand voll. Buffy wandte den Blick ab. Sollte man sie ruhig einen Waschlappen nennen, diesen Anblick konnte sie jedenfalls keine Sekunde l•nger ertragen. …Ich glaube, ich habe keinen Hunger, Mom.† Joyce Summers zuckte die Schultern. …Okay†, sagte sie zustimmend. …Wenn du meinst. Aber ich dachte, deswegen w•rst du hergekommen.† Das dachte ich auch, gab Buffy im Stillen zu, w•hrend sie aus den Augenwinkeln sah, wie eine einzelne Fritte auf den Tisch fiel. Was war das bloƒ mit den Jungs und dem Essen?, fragte sie sich. Wenn man bedachte, wie wichtig es f‚r sie war, hatten sie viel zu viele manuelle Probleme damit. Buffy nahm ihre Mutter am Arm und zog sie aus dem Imbissbereich in die Haupthalle des Einkaufszentrums. …Ich sch•tze, ich habe meine Meinung ge•ndert.† …Nun†, sagte Joyce nach einem Moment. Dann hellte sich ihr Gesicht auf. Buffy glaubte zu wissen, was als N•chstes kommen w‚rde. …Es heiƒt, dass dies das Vorrecht der Frauen ist.† Buffy t•tschelte den Arm ihrer Mutter. …Netter Versuch, Mom. Aber wir
befinden uns mittlerweile im 21. Jahrhundert.† Es war Samstagnachmittag, nicht die Zeit, in der die Welt erwartete, dass Teenager mit ihren M‚ttern einkaufen gingen. Aber als Joyce Buffy gefragt hatte, ob sie Lust hatte, ein paar Besorgungen mit ihr zu erledigen – sofern sie keine andere Pl•ne hatte –, da hatte Buffy den Mund ge€ffnet und sie beide ‚berrascht, indem sie das Gegenteil von Nein sagte. Die Wahrheit war, dass es in letzter Zeit im Summers-Haushalt besonders harmonisch zuging. Wenn auch nicht so harmonisch, dass Buffy bef‚rchten musste, ihre Mutter w‚rde sich nach passenden Mutter-Tochter-Kleidern umsehen oder sie zu einem Ikebanakurs mitschleppen. Es gab schlieƒlich Grenzen. Aber zu Hause ging es, nun, irgendwie friedlich zu. Es war ein angenehmer Frieden – man war entspannt und akzeptierte sich gegenseitig – und nicht die Sorte Frieden, die sich sp•ter als Ruhe vor dem Sturm entpuppte. Nach Buffys Vermutung hing dies damit zusammen, dass sie in den letzten Tagen nicht als J•gerin aktiv gewesen war. Mit dem Ergebnis, dass die Scooby Gang eine Pause eingelegt hatte. Sie verbrachten noch immer Zeit miteinander, sicher, aber jeder von ihnen war auch mehr seiner eigenen Wege gegangen als sonst. Da Buffy ihre Zeit schwerlich zusammen mit Angel verbringen konnte, zumindest nicht auf die Art, die ihr vorschwebte, war sie h•ufig zu Hause geblieben. Am letzten Wochenende hatten sie und ihre Mom sogar Kekse gebacken und sich zusammen einen Film angesehen. An diesem Wochenende machten sie einen Bummel durch das Einkaufszentrum. Auf Wiedersehen, Sunnydale. Hallo, Freudenstadt, dachte Buffy, als sie Joyce durch einen kurzen Seitenkorridor des Einkaufszentrums folgte. Wenn das so weiterging und Buffy nicht aufpasste, w‚rde sie noch den Arzt aufsuchen m‚ssen, um sich etwas gegen das …Gl‚ckliche Tage†-Syndrom verschreiben zu lassen. Doch wenn sie ehrlich zu sich selbst war, musste sie zugeben, dass ihr das Zusammensein mit ihrer Mom gefiel. Schlieƒlich war ihnen nie so viel Zeit miteinander verg€nnt gewesen, dass Buffy es als Selbstverst•ndlichkeit betrachten konnte. Vor allem, da J•gerinnen manchmal nicht allzu lange lebten. Wie aufs Stichwort hin schlugen Buffys J•gersinne an. Ihre Nackenh•rchen richteten sich auf und ihr lief ein kalter Schauder ‚ber den R‚cken. …Ich will nur kurz hier reinschauen, dann sind wir fertig†, sagte Joyce, die Buffys pl€tzliche Unruhe nicht bemerkte. …Ich brauche noch ein paar Sachen f‚r mein Fotoalbum.† Erst jetzt fiel Buffy auf, wo sie waren. Sie standen vor einem Kartenladen. Wow, dachte Buffy, w•hrend ihre J•gersinne sie noch immer vor einer potenziell
feindlichen Pr•senz warnten. Eine ziemlich starke Reaktion auf einen Haufen zuckers‚ƒer Gruƒkarten. Obwohl nat‚rlich die M€glichkeit bestand, dass Buffys Reaktion tats•chlich etwas mit der Albumleidenschaft ihrer Mom zu tun hatte. In der letzten Woche hatte Joyce jede freie Minute damit verbracht, ein Fotoalbum ‚ber Buffy zusammenzustellen. Sie behauptete, dass es als Retrospektive gedacht war, um Buffys viele Erfolge zu feiern und die Kluft zwischen Kindheit und Erwachsensein zu ‚berbr‚cken. Buffy gefiel der Gedanke. Er gefiel ihr wirklich. Es gab nur zwei winzig kleine Probleme. Das erste war, dass die meisten ihrer wirklich groƒen Erfolge nie auf Film gebannt werden konnten. Das zweite war, dass – angesichts der durchschnittlichen Lebensspanne einer J•gerin – das Projekt ihrer Mom h€chstwahrscheinlich als eine Art Buffy-Summers-Gedenkalbum enden w‚rde. …Geh ruhig, Mom†, sagte sie jetzt, w•hrend sie sich – auf hoffentlich nicht allzu auff•llige Weise – umschaute, um festzustellen, was wirklich f‚r ihre Reaktion verantwortlich war. …Ich bleibe hier drauƒen und mache das, was Teenager meistens machen. Herumlungern, meine ich.† Joyce runzelte die Stirn. …Ist irgendetwas nicht in Ordnung, Buffy?† …Nein, nein†, beteuerte Buffy und schenkte Joyce ihr strahlendstes L•cheln. Ihr imagin•rer J•gersuchscheinwerfer richtete sich w•hrenddessen auf eine Gestalt, die ein paar Gesch•fte weiter in ein Schaufenster starrte. Erwischt, dachte Buffy. Niemand, der so viel Leder trug, konnte ernsthaft an Puppen interessiert sein. Oh ja. Hier ging eindeutig irgendetwas vor. Buffy glaubte nicht, dass Vampire dahinter steckten. Schlieƒlich war es Mittag. Aber Vamps waren nicht die einzigen Monster, die in Sunnydale ihr Unwesen trieben, eine Tatsache, der sich Buffy als J•gerin nur zu deutlich bewusst war. …Du kannst ruhig reingehen, Mom, ehrlich†, dr•ngte sie. …Es macht mir nichts aus, hier zu warten. Auƒerdem habe ich keine Lust, in den Laden zu gehen. Mir ist hier drauƒen schon warm genug.† …Nun, in Ordnung†, stimmte Joyce widerstrebend zu. …Wenn du es sagst. Es dauert nur eine Minute, Sch•tzchen. Nebenbei†, fuhr sie fort und senkte ihre Stimme zu einem Fl‚stern, …dieses M•dchen dort dr‚ben – das so unpassend gekleidet ist – folgt uns schon, seit wir den Imbiss verlassen haben.† Beeindruckt t•tschelte Buffy erneut den Arm ihrer Mutter, diesmal zustimmend. …Dein Sp‚rsinn funktioniert hervorragend, Mom. Aber kein Grund zur Aufregung. Die Lage ist unter Kontrolle. Geh jetzt.† Ihre Mutter z€gerte einen weiteren Moment und musterte ihre Tochter. Buffy konnte ihre Gedanken fast h€ren. Sie sp‚rte Joyces Unwillen, ihre einzige Tochter allein zu lassen, wenn m€glicherweise Gefahr drohte – ihren Wunsch, bei ihr zu bleiben und sie um jeden Preis zu besch‚tzen.
Sie wusste auch genau, in welchem Moment ihre Mutter ihre Meinung •nderte. Joyces Lippen verzogen sich zu einem trockenen L•cheln mit nach unten gerichteten Mundwinkeln. Und was glaubst du eigentlich, was du im Ernstfall tun kannst?, schien diese Mimik zu sagen. Du bist schlieƒlich nur die Mutter der J•gerin. Sie €ffnete den Mund und schloss ihn dann wieder. Buffy sp‚rte einen leichten Stich im Herzen. Und beantwortete die Frage, die ihre Mutter bewusst nicht gestellt hatte. …Ich verspreche dir, dass ich vorsichtig sein werde, Mom.† Die Winkel von Joyces Mund gingen ein wenig nach oben. Dann wandte sie sich ab und betrat den Laden. Buffy wartete, bis ihre Mutter hinter einem Regal Keksdosen mit Teddyb•ren darauf verschwunden war, und rannte dann zum anderen Ende des Gangs. Dort hinten mussten die Toiletten liegen, wenn sie sich den Plan des Einkaufszentrums richtig eingepr•gt hatte, und sie war ziemlich sicher, dass ihre Geografiekenntnisse sie nicht t•uschten. Schlieƒlich war das Einkaufszentrum der einzige Ort, wo sie ihre begrenzten geografischen Kenntnisse anwenden konnte. Sie bog um die Ecke, stellte erleichtert fest, dass der kurze Gang vor den Toiletten leer war, und warf einen schnellen Blick nach oben. An der Decke hing eine riesige Lampe. Das Einkaufszentrum war vor kurzem umgebaut worden, nach diesem ungl‚cklichen Zwischenfall mit einem Raketenwerfer. Dabei hatte man auch alle Beleuchtungsk€rper erneuert. Das hier war eine Art Kronleuchter. Perfekt, dachte Buffy. Ohne zu z€gern ging sie in die Knie und sprang. Sie packte den Leuchter, hielt sich fest und zog die Beine hoch. Im n•chsten Moment kam eine Gestalt in schwarzem Leder um die Ecke gelaufen und blieb abrupt stehen. Sie warf einen Blick ‚ber die Schulter, steuerte direkt die Damentoilette an und stieƒ die T‚r auf. Buffy sp‚rte, wie sich ihre Bizepsmuskeln langsam verkrampften, w•hrend sie bis hundert z•hlte. So lange dauerte es, bis das andere M•dchen wieder durch die T‚r st‚rmte. Sie blieb stehen und starrte die T‚r der Herrentoilette an. Buffy hielt sich weiter am Kronleuchter fest. Sie wartete, bis das M•dchen sich tats•chlich entschloss, das innere Heiligtum zu betreten, und einen Schritt auf die T‚r zu machte. Dann lieƒ sie sich zu Boden fallen. Wenn dieses M•dchen so versessen auf Buffy war, dass sie sogar bereit war, das Herrenklo nach ihr abzusuchen, dann war es eindeutig Zeit, den Grund daf‚r zu erfahren. …Suchst du jemand?†, fragte die J•gerin. Das M•dchen wirbelte herum und ging in Kampfstellung. Buffy nahm sofort eine Verteidigungshaltung ein und stemmte die Abs•tze gegen den Boden.
Spannungsgeladene Stille folgte, w•hrend die M•dchen sich gegenseitig taxierten. Buffy nahm das Bild ihres Gegen‚bers in sich auf. Die Kleidung des M•dchens vor ihr hatte definitiv etwas Einsch‚chterndes an sich. Sie trug genug Leder, um sich einen Spitzenplatz auf der Hitliste der Liga f‚r die ethische Behandlung von Tieren zu sichern. An ihrem rechten Nasenfl‚gel gl•nzte ein silberner Stecker. Ein anderer ragte aus der Mitte ihrer Unterlippe. An fast allen Fingern prangten schwere Silberringe. Wer brauchte noch einen Totschl•ger, wenn man derartige modische Accessoires tragen konnte? Die einzigen K€rperteile, die sie nicht mit Metall geschm‚ckt oder gepierct hatte, waren ihre Ohren, was Buffy irgendwie ‚berraschte. Die andere ˆberraschung war, dass Buffy nach der gr‚ndlichen Musterung d•mmerte, dass sie sie kannte. Sie hieƒ Suz Tompkins und ging zur selben Schule wie Buffy. Suz geh€rte zur h•rtesten Clique an der Sunnydale High. Um genau zu sein, ungef•hr die H•lfte von Suz’ Freunden hatten sich entschlossen, auf die Teilnahme am Unterricht zu verzichten. Sie lieƒen sich nur auf dem Campus blicken, um herumzulungern und andere Sch‚ler zu erschrecken. Dass Suz Tompkins an einem Samstag im Sunnydaler Einkaufszentrum aufkreuzte, war seltsam, um es vorsichtig auszudr‚cken. In etwa so wahrscheinlich, wie... Buffy Summers mit ihrer Mom anzutreffen. Buffy richtete sich auf. …Du hast deine Ohren nicht gepierct, Suz.† Suz Tompkins richtete sich ebenfalls auf. Sie schenkte Buffy ein verschlagenes L•cheln. …Ich ‚berlege, ob ich mir nicht die Ohrl•ppchen dehnen lassen soll†, antwortete sie. …Ein gutes altes Stammesritual†, meinte Buffy. Sie legte den Kopf zur Seite, als w‚rde sie nachdenken. …Aber ich weiƒ nicht. Das k€nnte sich im Nahkampf als Nachteil erweisen. Der Gegner k€nnte sich daran festkrallen.† …Guter Einwand†, r•umte Suz ein. …Ich werde daran denken.† Sie musterte Buffy f‚r einen Moment. …Ich habe geh€rt, dass du eine gute K•mpferin bist†, fuhr sie fort. An ihrem bewusst neutral gehaltenen Tonfall erkannte Buffy, dass sie soeben eine Teilantwort auf die Frage bekommen hatte, warum Suz Tompkins sich solche M‚he gemacht hatte, sie zu finden. Unklar war nur, ob sie Buffy um Hilfe bitten oder sich mit ihr anlegen wollte. Vielleicht litt sie unter der SunnydaleVersion des Duell-Syndroms. Vielleicht wollte sie nur ihre Kr•fte mit ihr messen, so wie andere es vor ihr schon versucht hatten. Buffy wusste, dass sie als J•gerin der anderen ‚berlegen war, dennoch sp‚rte sie, wie ihr ein eisiger Schauder ‚ber den R‚cken lief. Trotz ihres kaltschn•uzigen
Tonfalls verhielt sich Suz nicht wie jemand, der zum Kampf herausfordern wollte. Es war ihre ganz normale Art. Aber wenn Suz Buffys Hilfe wollte, musste die Lage ernst sein. Buffy konnte sich nicht vorstellen, warum sich jemand mit Suz Tompkins anlegen wollte. Jeder, der noch halbwegs bei Verstand war, w‚rde sich davor h‚ten. Bevor Buffy fragen konnte, was los war, schwang die T‚r der Herrentoilette auf und traf Suz Tompkins im Kreuz. Suz drehte sich halb, sodass sie sehen konnte, wer herauskam, ohne Buffy dabei aus den Augen zu lassen. Buffy fiel auf, dass das andere M•dchen stets darauf bedacht war, die Wand im R‚cken zu haben. Suz Tompkins ging kein Risiko ein, nicht einmal mitten am Tag im Sunnydaler Einkaufszentrum. Und wenn das nicht aufschlussreich war, was dann? …Was gibt’s da zu glotzen?†, schnarrte Suz. Der Junge, der aus der Toilette gekommen war, sah wie das weiƒe Kaninchen aus Alice im Wunderland aus. Sein Adamsapfel tanzte auf und ab, als er schluckte. Und der Anblick von Suz Tompkins lieƒ ihn mehr als nur einmal schlucken. …N-nichts†, stotterte er, als er sich an ihr und Buffy vorbeidr•ngte. Er huschte zum Ende des Korridors und verschwand um die Ecke. Buffy konnte f€rmlich sehen, wie sein kleiner weiƒer Schwanz in dem Kaninchenloch verschwand. …Du kannst wirklich toll mit Menschen umgehen†, bemerkte sie. …Eine Gabe†, sagte Suz Tompkins knapp. …H€r zu, Buffy, ich... es tut mir Leid, dass ich dir hinterhergeschlichen bin, aber ich muss dringend mit dir ‚ber etwas reden.† …Ich bin ganz Ohr†, versicherte Buffy. Aber Suz Tompkins sch‚ttelte bereits den Kopf. …Nicht hier. In diesem Gedr•nge wird mir ‚bel.† …Wo dann?†, fragte Buffy. …Und wann?† …Heute Abend†, antwortete Suz Tompkins. …Wir treffen uns im Bronze.†
3 …Kannst du mir verraten, warum wir eigentlich hier sind?†, schrie Willow. Es war Samstagabend kurz vor neun Uhr, und im Bronze wurde es langsam voll. Auf der Tanzfl•che drehten sich die K€rper wild zur Musik von den Dingoes Ate My Baby. Da der L•rmpegel hoch genug war, um jede Unterhaltung zu einem aussichtslosen Unterfangen zu verurteilen, hatte Willow den Groƒteil des Abends damit verbracht, Oz anzuhimmeln. Und Xander lieƒ die T‚r keinen Moment aus den Augen. Er wartete auf Cordelia, und das trotz des Umstands, dass ihre Ankunft ihn wahrscheinlich nur ungl‚cklich machen w‚rde. Es war eine ganz normale Samstagnacht in Sunnydale. Buffy hatte sich die Zeit damit vertrieben, sich nach besten Kr•ften einzureden, dass sie ihren Platz an einem der Tische mit den hohen Hockern nur deshalb gew•hlt hatte, weil Suz Tompkins sie so leichter entdecken konnte – es hatte nichts damit zu tun, dass sie hoffte, Angel zu entdecken. Und im ˆbrigen versuchte sie, nicht n•her dar‚ber nachzudenken, was zwischen ihr und ihrer Mutter ablief. Joyce hatte Buffys Erkl•rung, dass das M•dchen in dem schwarzen Leder eine Mitsch‚lerin war, die in Schwierigkeiten steckte, ohne Kommentar akzeptiert. Es war fast so, als h•tte sie sich beim Einkaufen in diesem Kartenladen geschworen, sich nicht einzumischen. Statt den Versuch zu machen, Buffy weitere Informationen zu entlocken, hatte sie auf dem Heimweg vom Einkaufszentrum begeistert ‚ber das geplante Fotoalbum gesprochen. Sie hatte Buffy den Rest des Tages frei gegeben und sie nicht einmal gebeten, den Tisch f‚r das Abendbrot zu decken, das sie gemeinsam eingenommen hatten. Als Buffy das Haus verlassen hatte, um zum Bronze zu gehen, hatte sie sich einen Cary-Grant-Film im Fernsehen angeschaut und dabei gl‚cklich Fotos von Buffy als Zehnj•hrige in das Album geklebt. Alles lief so gut, dass Buffy anfing, sich Sorgen zu machen. Konnte die Tatsache, dass sie und ihre Mom so gut miteinander auskamen, in Wirklichkeit darauf hindeuten, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte? Schlieƒlich war es nicht normal, dass Teenager ein gutes Verh•ltnis zu ihren Eltern hatten, oder nicht? Oder war Buffy von diesem Thema etwa schon besessen? Oh nein. Definitiv nicht. …Was hast du gesagt?†, schrie sie Willow zu. …Ich sagte...†, begann Willow. Ein hallendes Beckenscheppern des Drummers der Dingoes Ate My Baby ‚bert€nte ihre Worte. …... kannst du mir verraten, warum
wir eigentlich hier sind?†, schrie sie aus Leibeskr•ften. Alle K€pfe im Bronze drehten sich zu ihr um. Die Becken hatten das Ende des Dingoes-Auftritts markiert. Willows Gesp‚r f‚r das richtige Timing spottete jeder Beschreibung. Wie es von ihr nicht anders zu erwarten war. Niemand im Bronze hatte ihre Frage ‚berh€ren k€nnen. Als Willow d•mmerte, was passiert war, nahm ihr Gesicht eine Farbe an, die, davon war Buffy ‚berzeugt, die Modeberaterinnen des Young Miss-Magazins als v€llig unpassend abgetan h•tten, da sie nicht mit der Farbe von Willows Haar harmonierte. Rotsch€pfe sollten schlieƒlich kein Rot tragen. Zum Gl‚ck f‚r sie war Xander bereit, als ihr Ritter in schimmernder R‚stung einzugreifen. Er stand auf und stellte sich vor Willow, um den Blick auf sie zu versperren. Wer, wenn nicht Xander Harris, wusste, was es hieƒ, sich in aller ‰ffentlichkeit zu blamieren. …Achtet nicht auf die Frau hinter dem gr‚nen Kordhemd.† Die Leute grinsten und wandten sich dann ab. Willows ruhmreicher Auftritt war vor‚ber. …Unser Gig hat dir nicht gefallen, was?†, fragte Oz, als er an ihrer Seite auftauchte. …Oz, nein!†, stotterte Willow. Ihr Kopf tauchte ‚ber Xanders Schulter auf. …Das habe ich nicht gemeint. Ich schw€re es.† …Vielleicht solltest du deine Bemerkung noch mal ‚berdenken, Will†, riet Buffy. Xander setzte sich wieder. Da Oz jetzt hier war, konnte er die Ritterpflichten ‚bernehmen. Schlieƒlich gab es in Teenbeziehungen eine gewisse Hierarchie. …Warte†, stieƒ Willow hervor. …Noch mal von vorn. Gig gut. Timing schlecht.† Oz nickte. …Das ist cool†, sagte er. …Danke f‚r die Klarstellung†, warf Buffy ein. …Also – warum sind wir eigentlich hier?†, fragte Oz. Oz’ F•higkeit, sich praktisch in jeder Situation auf das Wesentliche zu konzentrieren, geh€rte zu den Dingen, die Buffy am meisten an ihm gefielen. Das und nat‚rlich seine Haare. …Wir warten auf Suz Tompkins.† Oz zog die buschigen Brauen hoch. …Suz Tompkins. Das ist die H•rte.† …Genau!†, rief Willow, als h•tte Oz ihr gerade Recht gegeben. …Das ist die Oberh•rte†, stimmte Xander zu. …Was auch der Grund f‚r die Zusammenrottung der Scooby Gang ist.† ˆbergangslos sang er den Titelsong vor sich hin. …Scooby Dooby Do, ich sehe – wow – eine Menge Šrger f‚r Sunnydale voraus.† …Xander†, protestierte Willow. …So geht der Song nicht.† …Nein, ich meine es w€rtlich†, erkl•rte Xander. …Und der Šrger ist auf direktem Weg zu uns.†
Rasch blickte Buffy zum Eingang des Bronze hin‚ber. Die Menge teilte sich wie das Rote Meer und gab den Blick auf Cordelia frei, an deren Arm sich Suz Tompkins klammerte, als w‚rde sie ihn nie wieder loslassen wollen. Der Ausdruck auf Cordelias Gesicht h•tte frische Milch gerinnen lassen. …Also, das ist definitiv ein Bild, das man nicht jeden Tag zu sehen bekommt†, stellte Oz fest. …Suz Tompkins sieht irgendwie seltsam aus†, bemerkte Willow. …Ich denke, das Wort, nach dem du suchst, ist ver•ngstigt, Will†, kam Buffy ihr zu Hilfe. …Wer w•re das nicht an ihrer Stelle?†, fragte Oz. Wie ein Schlachtschiff unter Volldampf bahnte sich Cordelia ihren Weg durch das Bronze. Als sie Buffys Tisch erreichte, versuchte sie w‚tend, ihren Arm aus Suz’ Umklammerung zu befreien. …In Ordnung, wir sind da. W‚rdest du mich jetzt bitte loslassen?† Suz Tompkins lieƒ Cordelias Arm los. Kaum hatte sie ihren Griff gelockert, inspizierte Cordelia den Šrmel ihrer Seidenbluse. …Wenn deine schmutzigen Pfoten meine Bluse ruiniert haben, kaufst du mir eine neue†, drohte sie Suz Tompkins. Jetzt, da sie an Buffys Tisch stand, schien sich Suz Tompkins etwas gefasst zu haben. Sie war nicht l•nger kreidebleich im Gesicht, sondern nur noch ein wenig blass um die Nase. Obwohl Buffy zugeben musste, dass es auch an der Beleuchtung im Bronze liegen konnte. …Sommerschlussverkauf bei K-Mart, richtig?†, fragte Suz. …Das hast du wohl getr•umt†, gab Cordelia zur‚ck. …Verwechsel bloƒ deine Einkaufsgewohnheiten nicht mit meinen. Oh, mein Gott, ich glaube, da ist ein Schweiƒfleck.† Sie hielt den Arm hoch, damit die anderen am Tisch ihn sich anschauen konnten. …Seht ihr, was diese M€chtegern-Erwachsene angerichtet hat?† Xander glitt von seinem Hocker. …Cordelia, was h•ltst du davon, wenn ich etwas f‚r dich bestelle?†, fragte er, um die Situation zu entspannen. …Das ist eine wirklich groƒartige Idee†, nickte Cordelia. …Wie w•re es mit einer Tetanusspritze?† Xander griff nach ihrer Hand. Cordelia entriss sie ihm. …Wie oft muss ich dir denn noch sagen, dass du mich in der ‰ffentlichkeit nicht anfassen sollst?†, zischte sie. Dennoch folgte sie Xander zur Bar. Suz sah ihnen mit steinernem Gesicht nach. …Und mit der gebt ihr euch ab...?† Genau, dachte Buffy. ˆber meine Freunde herzuziehen, ist der beste Weg, mich um Hilfe zu bitten. …Ich denke, es hat mit etwas zu tun, das sich Freundschaft nennt†, sagte sie ruhig. …Klingelt da was bei dir?†
Suz Tompkins holte tief Luft und machte vor Buffys staunenden Augen eine Verwandlung durch. Suz’ Gesicht verzerrte sich wie unter Schmerzen. Ihre Schultern sackten nach unten. Tr•nen traten in ihre dick geschminkten Augen. Offenbar hatten Buffys Worte sie tief getroffen. …Ein Drink?†, wandte sich Oz leise an Willow. Willow glitt von ihrem Hocker und nahm seine Hand. Die beiden verschwanden in der Menge und lieƒen Buffy und Suz Tompkins allein zur‚ck. Suz z€gerte, als w‚sste sie nicht, was sie als N•chstes tun sollte. Buffy deutete mit dem Kopf auf Willows leeren Hocker. …Setz dich.† Suz lieƒ sich auf dem Hocker nieder. Ihr war deutlich anzusehen, dass sie noch immer um ihre Selbstbeherrschung k•mpfte. Buffy ‚berlegte, wie sie am besten den Ball ins Rollen bringen sollte, und w‚nschte sich, sie w‚rde sich nicht wie eine Briefkastentante vorkommen. In dieser Hinsicht war sie nicht gerade eine Expertin. …Also, Suz†, sagte sie. …Was ist los?† …Es geht um meine Freunde†, begann Suz, um dann zu verstummen. Sie presste ihre Lippen zusammen, als h•tte sie Angst, mitten im Bronze in Schluchzen auszubrechen. Okay, dachte Buffy. Sie konnten ruhig ein Frage-und-Antwort-Spiel veranstalten, wenn das Suz zum Reden bringen w‚rde. Buffy mochte Fragen. Fragen waren gut. Solange sie nicht zu der Sorte geh€rten, die ihr in Mathearbeiten gestellt wurden. …Du glaubst, dass sie in Schwierigkeiten sind?†, fuhr sie fort. Diesmal schluchzte Suz Tompkins tats•chlich. Nur ein Mal. Es war ein rauer, verzweifelter, einsamer Laut. Im n•chsten Moment holte sie tief Luft und bekam sich wieder unter Kontrolle. …Das k€nnte man so sagen†, erwiderte sie und richtete ihren gequ•lten Blick auf Buffy. …Ich glaube, dass sie sterben werden.†
4 In dem groƒen weiƒen Haus, das einsam auf dem H‚gel ‚ber der Stadt thronte, bereiteten sich Webster und Percy auf einen Auftritt als b€se kleine Vampirjungs vor. Ihre Mama hatte sie vor ihrer Neigung zu ungest‚men Ausbr‚chen gewarnt. Sie hatte ihren S€hnen geraten, diese zu unterdr‚cken. Schlieƒlich waren sie zu Besserem erzogen worden. Einen Gentleman erkannte man schlieƒlich daran, dass er sich nie von seinen niederen Instinkten beherrschen lieƒ. Aber Mama war auch die Erste, die f‚r das zeitweilige Ungehorsam ihrer S€hne Verst•ndnis aufbrachte. Sie f‚hrte es auf das Alter zur‚ck, in dem ihre Kinder verwandelt wurden und das sie nun auf ewig beibehalten w‚rden. Sie waren damals f‚nfzehn gewesen. Ein Alter, das von ‚bersprudelnden Hormonen gepr•gt war. Webster und Percy waren sich allerdings nicht so sicher, ob sie ‚berhaupt noch Hormone hatten, was auch immer das war. Aber sie wussten, dass es Zeiten gab, in denen es besser war, ihrer Mama nicht zu widersprechen. Mama hatte sie auch noch vor etwas anderem gewarnt. Sie hatte sie gewarnt, nicht zu fr‚h wieder auf Jagd zu gehen. Es ging ihnen gut in Sunnydale, besser als jemals zuvor. Es hatte keinen Sinn, sich durch Gier alles zu verderben. Webster und Percy hatten folgsam genickt, um zu zeigen, dass sie verstanden hatten. Aber im Geheimen hatten sie bereits eigene Pl•ne geschmiedet. Sie hatten l•ngst ihr n•chstes Opfer ausgew•hlt. Schon seit fast einer Woche waren sie hinter dem M•dchen her. Sie hatten sie sogar ein oder zwei Mal einen Blick auf sie erhaschen lassen. Nicht lange genug, um ihr einen deutlichen Eindruck zu vermitteln. Aber gerade lange genug, um sie wissen zu lassen, dass das Gef‚hl, verfolgt zu werden, keine Einbildung war. Dass ihr Verstand ihr keinen Streich spielte. Sondern jemand anders. Percy und Webster hatten es genossen, dass sich das M•dchen st•ndig umblickte. Dass sie Angst hatte, allein durch die Straƒen zu gehen. Sie hegten die Vermutung, dass sie lange und schnell rennen w‚rde, angetrieben von ihrer Furcht. Die Vampirbr‚der konnten nur noch daran denken, die Sache zu Ende, sie zur Strecke zu bringen. Sie wollten nicht l•nger warten. Sahen keinen Grund dazu. Nun, Mama hatte es selbst gesagt, nicht wahr? Jungs sind nun mal Jungs. …Komm, Webster†, fl‚sterte Percy, als er sein Bein aus dem Schlafzimmerfenster steckte, um an einem vor dem Fenster stehenden Apfelbaum nach unten zu klettern. …Mal sehen, ob drauƒen jemand ist, der spielen will.†
Hinter ihm gab Webster ein schrilles Lachen von sich. …Auƒer uns, nat‚rlich.† Buffy hatte Suz Tompkins ein Glas Wasser geholt und dann staunend verfolgt, wie das andere M•dchen einen groƒen Schluck genommen, ein Kleenex aus ihrer Tasche gefischt und es eingetunkt hatte, um sich mit dem feuchten Tuch den Lidschatten abzuwischen. Ohne ihr Make-up sah Suz viel j‚nger aus. Viel verletzlicher. …Also, was ist deiner Meinung nach passiert?†, fragte Buffy mit gesenkter Stimme. W•hrend Buffy das Wasser f‚r Suz geholt hatte, hatte eine zweite Band die Dingoes abgel€st. Und zwar eine von der gesellschaftskritischen Sorte. Auf der B‚hne des Bronze unterst‚tzte ein Bassist ein schlaksiges M•dchen, das in ein Handmikro fl‚sterte. Ihr Gesicht war v€llig hinter einem Vorhang aus langen dunklen Haaren verschwunden. Buffy hatte keine Ahnung, wie sie aussah. …Ich weiƒ es nicht mit Sicherheit†, antwortete Suz. Ihre ungeschminkten Lider waren rot und geschwollen. …Jedenfalls kann ich nichts beweisen. Ich weiƒ nur, dass etwas nicht stimmt, und ich habe niemand, mit dem ich dar‚ber reden kann. Ich meine, es ist nicht so, als w‚rden die Leute bei mir Schlange stehen, um sich meine Sorgen anzuh€ren. Du hast wahrscheinlich bemerkt, dass ich nicht gerade mit der verdienstvollsten Clique herumh•nge.† …Ich auch nicht†, sagte Buffy. …Was ist mit Rosenberg?†, konterte Suz. …Ich habe geh€rt, sie ist die Eins plus in Person.† …Nun, das ist sie†, stimmte Buffy zu. …Aber obwohl meine Mathekenntnisse vielleicht nicht die besten sind, habe selbst ich begriffen, dass zu einer Clique immer mehr als einer geh€rt.† Trotz ihrer Anspannung musste Suz lachen, und sie griff nach ihrem Glas Wasser. Sie hatte es halb zu ihren Lippen gef‚hrt, als ihr einfiel, dass der Inhalt sich nach ihrer Abschminkaktion jetzt wahrscheinlich in gef•hrlichen Sonderm‚ll verwandelt hatte. Sie stellte das Glas abrupt wieder ab, wobei Wasser ‚ber den Rand und auf den Tisch schwappte. Buffy schob das Glas, aus dem sie getrunken hatte, ‚ber den Tisch. …Nichts Ansteckendes, ich schw€r’s.† Suz nahm einen Schluck, stellte das Glas wieder hin und stocherte mit dem Strohhalm nach den Eisw‚rfeln. W•hrend Buffy sie beobachtete, kam ihr pl€tzlich eine Erkenntnis. Genauso musste sich ihre Mutter f‚hlen, wenn sie versuchte, ihr wichtige Informationen zu entlocken. Informationen, die Buffy lieber f‚r sich behalten wollte, obwohl sie wusste, dass es nicht vern‚nftig war. …Komm schon, Suz†, dr•ngte Buffy und versuchte dabei, den besorgten, ernsten
Tonfall ihrer Mutter nachzuahmen, den sie bei solchen Gelegenheiten annahm. …Du schindest Zeit, und du weiƒt es.† …Es ist nur, dass ich mir so dumm vorkomme!†, brach es aus Suz hervor. …Du wirst mich bestimmt f‚r verr‚ckt halten.† …Das werde ich nicht†, versicherte Buffy. Wenn es etwas gab, das sie in ihrer Zeit als J•gerin gelernt hatte, dann die Tatsache, dass absolut nichts unm€glich war. Es gab Wesen, die in der Nacht ihr Unwesen trieben, und Buffy hatte mit den meisten von ihnen n•here Bekanntschaft geschlossen. Wenn ein M•dchen, das so abgebr‚ht wie Suz Tompkins war, Angst hatte, dann gab es wahrscheinlich einen sehr guten Grund daf‚r. …Es ist zum ersten Mal vor etwa einem Monat passiert†, sagte Suz z€gernd. …Leila Johns ist einfach verschwunden. Heidi – Heidi Lindstrom, meine beste Freundin –, Leila und ich wollten ins Kino gehen. Aber Leila ist nicht aufgekreuzt, und am n•chsten Morgen ist sie auch nicht zur Schule gekommen. Aber da sie sowieso nur noch selten zum Unterricht ging, ist es den Lehrern wahrscheinlich nicht aufgefallen.† Suz schwieg und nahm einen weiteren Schluck von Buffys Mineralwasser. …Hast du mit irgendjemand dar‚ber gesprochen?†, fragte Buffy. …Was ist mit Leilas Familie? Wissen ihre Leute nicht, wo sie ist?† Suz sch‚ttelte den Kopf. …Ich habe es versucht†, antwortete sie. …Aber ich komme nicht gerade gut mit Leilas Mom aus. Sie glaubt, dass ich einen schlechten Einfluss oder so auf sie habe.† Oder so. …Was ist mit der Polizei?†, sagte Buffy. …Hast du Leila als vermisst gemeldet?† Die S•ngerin auf der B‚hne brach pl€tzlich in wildes Gel•chter aus. Suz Tompkins schloss sich ihr an. …Bleib auf dem Teppich†, sagte sie knapp. …Sieh mich an, Buffy. Die Cops haben dieselbe Meinung von mir wie deine Freundin Cordelia und Leilas Mom. Sie werfen einen Blick auf mich und sehen einen zuk‚nftigen Knacki. Wenn ich den Cops erz•hle, dass ich mir Sorgen mache, weil eine meiner Freundinnen ihr Kinodate nicht eingehalten hat, garantiere ich dir, dass die sich einen Ast ablachen.† …K€nnte Leila nicht einfach abgehauen sein, ohne euch etwas davon erz•hlt zu haben?†, forschte Buffy nach. Noch bevor sie ihren Satz richtig beendet hatte, sch‚ttelte Suz Tompkins heftig den Kopf. …So etwas w‚rde sie nie tun†, versicherte sie nachdr‚cklich. …Warum nicht?† Suz’ Gesicht lief zornesrot an. …Weil das nicht ihre Art ist!†, schrie sie fast. …W‚rdest du bitte etwas leiser sein?†, zischte ihr ein Junge am Nebentisch zu.
…Ich kann die Band nicht h€ren.† Suz drehte sich zu ihm um und Buffy glaubte zu sehen, dass sie wahrhaftig die Z•hne fletschte. …Verzieh dich†, fauchte sie. Ohne ein weiteres Wort nahm der Junge seinen Drink und setzte sich an einen anderen Tisch. Suz wandte sich wieder Buffy zu. …Beeindruckend†, meinte Buffy. …Ich wusste, dass du mir nicht glauben w‚rdest†, sagte Suz vorwurfsvoll. …Du bist genau wie die anderen. Du siehst nur, was du sehen willst.† …Ich sehe nur, was du mich sehen l•sst, Suz†, konterte Buffy. …Wenn du willst, dass ich mehr sehe, musst du mir schon zeigen, wo ich hinschauen soll.† Wir sind noch lange nicht am Ziel, M•dchen. Suz Tompkins barg ihren Kopf in den H•nden. Ihre Schultern sackten nach unten. Mit einem Mal schien sie alle Kraft zu verlieren. Buffy stellte ‚berrascht fest, wie sich ein Klumpen in ihrer Kehle bildete. Sie wusste, was Verzweiflung war. …Ich weiƒ nicht, ob du das verstehen kannst... aber... meine Freunde und ich... wir haben... Regeln†, sagte Suz schlieƒlich leise. …Niemand unternimmt irgendetwas Wichtiges, irgendetwas, das die Gruppe betreffen k€nnte, ohne den anderen etwas zu sagen. Auf diese Weise sch‚tzen wir uns, verstehst du? Geben uns R‚ckendeckung. Passen aufeinander auf. Leila w‚rde niemals abhauen, ohne es vorher zu sagen. Keiner von uns w‚rde das tun. Frag mich nicht, wieso ich mir so sicher bin. Ich weiƒ es einfach, Buffy.† …Sie hat nicht gesagt, dass sie weg wollte, und sie hat sich seitdem nicht mehr gemeldet. Deshalb glaubst du, dass sie tot ist.† Suz Tompkins nickte. Sie spielte wieder mit dem Strohhalm und hatte die Schultern hochgezogen, als erwarte sie weiteren Widerspruch von Buffy. Als Buffy nichts sagte, kamen Suz’ H•nde allm•hlich wieder zur Ruhe. Buffy runzelte nachdenklich die Stirn, betrachtete geistesabwesend das Gedr•nge im Bronze und versuchte, die Teile von Suz’ Puzzle zusammenzusetzen. Obwohl es stimmte, dass nicht alles B€se, das in Sunnydale passierte, auf den H€llenschlund zur‚ckzuf‚hren war, hatte Buffy inzwischen genug erlebt, um den H€llenschlund nicht von vornherein als Quelle des ˆbels auszuschlieƒen. Andererseits war es m€glich, jedenfalls theoretisch, dass Leila Johns einem ganz normalen Verbrechen zum Opfer gefallen war. Aber was war, wenn dies nicht stimmte? Was war, wenn der friedliche Verlauf der letzten Tage Buffy mit einem falschen Gef‚hl der Sicherheit eingelullt hatte? Vielleicht war es in Sunnydale am Ende doch nicht so friedlich gewesen. Manche Wesen, die aus dem H€llenschlund kamen, wollten einfach nur Chaos anrichten und dann wieder im Schlund verschwinden. Nicht alle wollten die J•gerin wissen lassen, dass sie in der Stadt waren.
Buffy d•mmerte jetzt, dass sie Ger‚chte ‚ber Leilas Verschwinden geh€rt hatte. Sie hatte ihnen nur keine Beachtung geschenkt. Vielleicht hatte Suz Recht mit ihrer Meinung ‚ber sie. Vielleicht war sie genau wie alle anderen. Wie all diese Erwachsenen, die annahmen, dass ein M•dchen wie Leila, das nach Šrger aussah, es auch verdient hatte, wenn sie in Schwierigkeiten geriet. Dass sie das Unheil geradezu heraufbeschworen hatte. Abrupt richteten sich Buffys Augen auf einen bestimmten Punkt, und sie erkannte, was sie die ganze Zeit angestarrt hatte. Intuitiv war ihr Blick direkt zu Willow gewandert, die Oz dabei half, das Soundequipment der Dingoes einzupacken. Xander und Cordy standen in der N•he. Nat‚rlich r‚hrte Cordy keinen Finger, um ihnen zu helfen. Buffy bemerkte jetzt, dass Willow immer wieder in ihre Richtung sah. Offenbar war sie neugierig, was vor sich ging. Buffy wusste, was die Leute dachten, wenn sie ihre Gruppe sahen. Sie hielten sie f‚r Freaks und Spinner. F‚r die Auƒenseiter der Sunnydale High – mit Ausnahme von Cordelia. Sie sind meine Freunde, dachte sie. Ihre Freunde, die €fter, als sie z•hlen konnte, bewiesen hatten, dass sie buchst•blich alles f‚r sie tun w‚rden. Wir haben auch Regeln, erkannte sie. Und die erste auf der Liste lautete, dass Freunde niemals ihre eigenen Regeln brachen, niemals die Versprechen brachen, die sie sich gegenseitig gegeben hatten. Freunde hielten ihr Wort. Sie hielten zusammen, ganz gleich, was passierte... …Ich gehe nicht wieder hin‚ber†, erkl•rte Cordelia. …Du kannst mich nicht dazu zwingen. Also vergiss es.† Oz lieƒ das Schloss seines Gitarrenkastens zuschnappen. …Sieht nach einem schweren Fall aus†, bemerkte er. …Nun, h•ttest du eine richtige Band, m‚sstest du das Ding nicht selbst schleppen. Dann h•ttest du Groupies daf‚r.† Drei Augenpaare starrten Cordelia an. …Was?† Mit alarmiertem Gesichtsausdruck setzte sie sich gerade auf. …Ich habe doch nicht etwas zwischen meinen Z•hnen, oder?† …Ich glaube, seine Bemerkung bezog sich auf Buffy und Suz†, sagte Willow schlieƒlich mit ruhiger Stimme. W•hrend Oz mit seinem Instrument besch•ftigt war, hatte sie mit besorgter und nachdenklicher Miene Buffys Tisch beobachtet. …Wieso lernt man in der Schule nichts N‚tzliches?†, beklagte sie sich. …Zum Beispiel so etwas wie Lippenlesen?† …Wenn sich Buffy mit jemand wie Suz Tompkins einl•sst, kann sie nicht auf mich z•hlen†, fuhr Cordelia fort. …Da ziehe ich eine klare Grenze.†
…Und eine ‚beraus gerade und schmale†, warf Xander ein. Cordelia funkelte ihn an. …Geht es auch noch nerviger?† Xander grinste. …Das musst du schon selbst herausfinden†, sagte er. …Nicht n€tig†, fauchte Cordelia. …Ich weiƒ es schon.† Buffy l€ste den Blick von ihren Freunden. Sie hatte einen Job zu erledigen, und das konnte sie nur, wenn sie sich konzentrierte. …Wer wird sonst noch vermisst†, fragte sie Suz Tompkins. Suz starrte sie ‚ber den Tisch hinweg an. Buffy sah an den Augen des M•dchens, dass sie langsam begriff. …Du glaubst mir, nicht wahr?†, fragte Suz. …Ich glaube dir†, best•tigte Buffy sanft. …Aber du hast von ›Freunden‹ gesprochen, Suz. Plural, was so viel heiƒt wie mehr als einer. Das muss bedeuten, dass sonst noch jemand verschwunden ist. Also wer?† Suzes Augen f‚llten sich erneut mit Tr•nen. Buffy sp‚rte, wie sich ihr Magen zusammenzog. Sie zwang sich, nicht wieder zu Willow hin‚berzusehen. Denn diesmal wusste sie, was Suz sagen w‚rde. …Letzte Woche...†, begann Suz. Ihre Stimme klang rau und br‚chig. Sie r•usperte sich und setzte erneut an. …Letzte Woche ist meine beste Freundin verschwunden, Heidi Lindstrom.† Webster und Percy erlebten eine Entt•uschung. Sie pirschten jetzt schon seit ‚ber einer Stunde durch die Straƒen und hatten noch immer keine Spur von dem M•dchen entdeckt, das sie auserw•hlt hatten. Webster war fast so weit, die Jagd abzubrechen und nach Hause zu gehen. Mama hatte wahrscheinlich inzwischen bemerkt, dass sie fort waren. Und die Wahrheit war, dass Mama ihre lieben Jungs schon mehrfach in Verlegenheit gebracht hatte. Es war ihr nie verborgen geblieben, wenn sie auf die Jagd gegangen waren, ohne sie vorher um Erlaubnis zu fragen. Wenn sie auf eigene Faust handelten und dabei vergaƒen, dass die Regeln, die Mama aufstellte, nur zu ihrem Besten waren. Webster erinnerte Percy daran, dass das Leben viel einfacher war, wenn Mama gl‚cklich war. Aber Percy war noch nicht bereit aufzugeben. Noch nicht. Uh, uh. Es gab einen Ort, den Percy noch aufsuchen wollte. Den Ort, an dem sich h€chstwahrscheinlich das M•dchen befand. Derselbe Ort, wo sie ihr letztes Opfer gefunden hatten. Nur dass Percy diesmal mehr wollte. Er wollte nicht in der Seitengasse darauf warten, was herauskam. Diesmal wollte Percy hineingehen, wo die Beute, wo die Action war. Das bedeutete, dass sie ihre menschlichen Gesichter tragen mussten, was langweilig war. Aber selbst Percy war nicht so dumm, sich in seiner
Vampirgestalt unter Menschen zu wagen. Wenn sie so etwas taten und Mama dahinter kam, w‚rde sie ein Riesentheater machen. Und das wollte Percy um jeden Preis vermeiden. …Das Lokal hat einen komischen Namen†, sagte er zu Webster, w•hrend er seinen Arm ergriff und ihn mit sich zog. Manchmal war Webster so langsam, dass es Percy nicht nur w‚tend machte, sondern auch peinlich war. Es lieƒ ihn in einem falschen Licht erscheinen. Schlieƒlich waren sie Zwillinge. …Einen Metallnamen.† …Gold†, schlug Webster vor. …Das ist es nicht†, sagte Percy und zog seinen Bruder um die Ecke in eine dunkle Straƒe. …Silber.† …Das ist es auch nicht.† …Kupfer.† …Nein†, sagte Percy ungeduldig und brachte Webster mit einem Ruck an seinem Arm abrupt zum Stehen. …Percy†, jammerte Webster. …Du bist ein R‚pel und du bist grob zu mir. Wenn du dich nicht sofort besser benimmst, werde ich es Mama sagen, wenn wir nach Hause kommen.† …Wir sind da, Webster†, erkl•rte Percy. Er lieƒ den Arm seines Bruders los und zeigte nach oben. …Das wollte ich als N•chstes vorschlagen†, sagte Webster. Auf dem Schild ‚ber der T‚r stand in groƒen Lettern: BRONZE. Es hatte einige ˆberredungskunst und ein weiteres Mineralwasser gekostet, bis Buffy Suz hatte davon ‚berzeugen k€nnen, auch die anderen ins Vertrauen zu ziehen. Ein Appell an Suz’ Sinn f‚r Freundschaft hatte schlieƒlich den Ausschlag gegeben. Das und die Tatsache, dass Cordelia gegangen war. Wenn Suz Buffy vertraute, w‚rde sie auch Buffys Freunden vertrauen m‚ssen. Das waren ihre Regeln. Sobald alle am Tisch versammelt waren, weihte Buffy ihre Freunde ein. Als sie fertig war, hatte Suz ihr Einverst•ndnis, dass die anderen jetzt dazugeh€rten, dadurch signalisiert, dass sie mit einer letzten Information herausger‚ckt war. Sie war ziemlich sicher, dass sie als N•chste an der Reihe war. Denn sie war absolut sicher, dass sie verfolgt wurde. Es hatte kurz nach Heidis Verschwinden angefangen. Oz war der Erste, der das Wort ergriff. …Hast du gesehen, wer es war?†, fragte er ruhig, ganz wie man es von ihm gewohnt war. …Nicht direkt†, antwortete Suz Tompkins. …Nicht so deutlich, dass ich sie bei einer Gegen‚berstellung identifizieren k€nnte. Nur so, dass ich den Horror
bekam.† Sie runzelte die Stirn, als versuchte sie, sich an Einzelheiten zu erinnern. …Ich glaube, sie waren irgendwie eigenartig gekleidet.† Willow verschluckte sich an ihrem Mineralwasser. Suz sah sie an. …Die ganze Zeit?†, beeilte sich Willow zu fragen. …Woher soll ich das wissen?†, entgegnete Suz. …Ich bin ihnen schlieƒlich nicht morgens beim Anziehen behilflich.† …Nein, ich meine, hast du das Gef‚hl, dass du die ganze Zeit von ihnen verfolgt wirst?†, stellte Willow klar. …Oder passiert es nur zu bestimmten Zeiten? Zum Beispiel nach Einbruch der Dunkelheit?† Suz ‚berlegte mit nachdenklichem Gesicht. Wenn sie die Spannung bemerkte, die sich jetzt am Tisch breit machte, zeigte sie es jedenfalls nicht. …Nur nach Einbruch der Dunkelheit†, best•tigte sie nach einem Moment. Nun, dachte Buffy. Das schr•nkt den Kreis der Verd•chtigen deutlich ein. Es gab eine Menge Wesen, die das Tageslicht scheuten, aber nur ein paar, f‚r die sich die UV-Strahlen sofort als t€dlich erwiesen, da sie zu einer spontanen Selbstentz‚ndung f‚hrten. Und ganz oben auf der Liste stehen... …Hallo†, sagte eine neue Stimme. …Oh. Wow. Sieh doch. Da ist Angel†, stieƒ Willow hervor. …Ich meine, du weiƒt schon, das ist ein gutes...† …Timing†, beendete Xander f‚r sie den Satz. Angel blickte von einem zum anderen und verengte ein wenig die Augen. Er hatte sich schon seit langem an die Tatsache gew€hnt, dass der Empfang, den ihm Buffys engste und beste Freunde bereiteten, allabendlich variierte. Nicht, dass er sich etwas daraus machte. Oder zumindest nicht viel. Aber Angel gefiel es nicht, der Ausl€ser eines Konfliktes zwischen Buffy und ihren Freunden zu sein. Seiner Meinung nach war es schon hart genug f‚r sie, dass sie die J•gerin war. Wobei die ganze B€ser-Angel-versuchte-sie-und-alle-die-sie-liebte-zu-t€tenKiste noch erschwerend hinzukam. Doch alles in allem war der Empfang am heutigen Abend ziemlich positiv. …Ihr habt wieder ge‚bt, stimmt’s?†, fragte er. Wie gew€hnlich war es Willow, die antwortete. Xander sprach Angel nur direkt an, wenn ihm seine anderen Optionen nicht behagten. Beispielsweise in F•llen, wenn sein Ableben unmittelbar bevorstand. Willow nickte. …Tag und Nacht. Und Nacht und Tag.† …Das sollte gen‚gen†, sagte Angel trocken. Wie macht er das nur?, fragte sich Buffy. Seine N•he w‚hlte sie immer auf. Und ganz gleich, wie sehr sie auch versuchte, darauf vorbereitet zu sein – er tauchte stets in dem Moment auf, wenn sie es am wenigsten erwartete.
Aber die Wahrheit war, dass sie eigentlich nie richtig auf Angel vorbereitet gewesen war. Wie sollte ein M•dchen auch mit der Tatsache fertig werden, dass ihr Seelenpartner ein ‚ber 200 Jahre alter Vampir ist? Er trat neben sie, ber‚hrte sie aber nicht. Vor den anderen tat er das eh nur selten. …Angel, das ist Suz. Suz, Angel†, stellte Buffy die beiden einander vor. …Hallo†, sagte Angel. …Hallo†, sagte Suz. …Nun†, sagte Xander, als k€nnte er der Versuchung zu sticheln nicht widerstehen, …welch r‚hrender Moment. Ich bin zutiefst bewegt.† Angel ignorierte ihn. …Buffy†, sagte er, w•hrend sein Blick ruhelos durchs Bronze wanderte. …Wir m‚ssen miteinander reden. Ich...† …Oh, mein Gott. Ich glaube, das sind sie†, entfuhr es Suz Tompkins. Alle K€pfe am Tisch drehten sich in die Richtung, in die Suz deutete. Buffy konnte zwei Jungen sehen, die sich ihren Weg durchs Bronze bahnten. Sie trugen die gleichen Khakihosen und weiƒe Hemden. Das Einzige, was sie voneinander unterschied, waren ihre Krawatten. Die eine war marineblau, die andere kastanienbraun. Buffy konnte ihre F‚ƒe nicht sehen, aber sie war bereit, ihr nicht existierendes Collegestipendium darauf zu verwetten, dass sie Slipper trugen. Die Kerle gafften, ohne sich um die Blicke und das Gekicher zu k‚mmern, das ihr Erscheinen ausgel€st hatte, reckten die K€pfe und schauten sich um, als wollten sie jedes einzelne Detail des Bronze in sich aufnehmen. Sie wirkten wie F‚nfj•hrige, die gerade einen Bonbonladen betreten hatten. Ohne Begleitung eines Erwachsenen. Als sie Suz entdeckten, tuschelten sie miteinander. Der mit der marineblauen Krawatte winkte sogar. Sein Pendant mit der kastanienbraunen Krawatte schlug ihm den Arm nach unten. …Das sind sie?†, fragte Xander ungl•ubig. Er drehte sich zu Suz Tompkins um. …Du hast Angst vor den Pillsbury Poppern? Warum gibst du ihnen nicht einfach einen Tritt in den kleinen Hintern oder so?† …Xander†, sagte Buffy warnend. …Was?†, fauchte Xander. …Das ist eine vern‚nftige Frage, die eine vern‚nftige Antwort verlangt.† …Du hast Recht†, wandte sich Willow an Suz. …Sie sind eigenartig gekleidet.† …Altmodisch†, warf Angel ein. Xander schnaubte. …Du musst es ja wissen.† Dann ver•nderte sich sein Gesichtsausdruck, als w•re ihm pl€tzlich ein neuer Gedanke gekommen. …Nur Geduld†, sagte Oz zu den anderen. …Gleich legt er los.† …Moment mal†, fuhr Xander fort, nun ganz auf Angel konzentriert. …Willst du
damit vielleicht sagen, dass du diese Kerle kennst?Ä …Ich habe sie noch nie zuvor gesehen†, erwiderte Angel ruhig, …obwohl man sagen k€nnte, dass ich... mit dem Typ vertraut bin.† Seine dunklen Augen suchten Buffys. …Ich gehe jede Wette ein, dass die beiden neu in der Stadt sind.† …Nun gut†, sagte Buffy und glitt von ihrem Hocker, um sich neben ihn zu stellen. …Ich w‚rde sagen, dass wir sie auf bew•hrt warmherzige Art in Sunnydale willkommen heiƒen sollten.† …Wovon redet ihr eigentlich?†, fragte Suz Tompkins schniefend. Zehn Minuten sp•ter waren Buffy und Angel in der Gasse hinter dem Bronze. Nicht, dass sie so lange gebraucht hatten, um ihren Angriffsplan zu entwickeln, der ‚beraus simpel war: 1. Vampirzwillinge aufsp‚ren. 2. Pf•hlen. 3. Nach Hause gehen. Aber es hatte Buffy zehn Minuten gekostet, Suz davon zu ‚berzeugen, sie die Sache regeln zu lassen, w•hrend Oz und Willow sie nach Hause fuhren, begleitet von Xander als eine Art mobiles Ein-Mann-Einsatzkommando. Anschlieƒend sollte sich die Scooby Gang in die Schulbibliothek begeben, um sich dort mit Buffy zu treffen und Giles ‚ber den Vorfall zu informieren. Jetzt, wo Suz einen genauen Blick auf ihre beiden mutmaƒlichen Verfolger geworfen hatte, war ihre Furcht verflogen. Sie war drauf und dran gewesen, sie selbst zu erledigen. Hier und jetzt. Nachdem sie alles getan hatte, um ihnen zu entlocken, was sie mit Leila und Heidi angestellt hatten. Buffy machte sich nicht die M‚he, ihr zu erkl•ren, dass sie in diesem Fall zu ganz speziellen Maƒnahmen greifen musste. …Suz hat nicht ganz Unrecht†, sagte Buffy, als sie mit Angel durch die Gasse schlich. Die Jungs hatten keinen besonders gef•hrlichen Eindruck gemacht, aber Buffy wusste nur zu gut, wie sehr der •uƒere Eindruck t•uschen konnte. Sie hielt bereits einen Pflock in der Hand. …In welcher Hinsicht?†, fragte Angel. …Wir sollten uns vorher vergewissern, ob diese Kerle f‚r das verantwortlich sind, was Heidi und Leila zugestoƒen ist.† …Okay†, nickte Angel. …Du kitzelst sie, bis sie alles ausplaudern. Ich halte sie fest.† Buffy seufzte. …Du hast wieder den Cartoon-Kanal gesehen, nicht wahr?† …Ich muss mir tags‚ber irgendwie die Zeit vertreiben. Ich langweile mich.† …Besuch doch einfach die Sunnydale High.† …Oooh, sieh mal, Webster†, sagte eine Stimme hinter ihnen. Buffy und Angel wirbelten in perfekter Synchronit•t herum. Hinter ihnen
standen die beiden Zwillinge aus dem Bronze. Das Licht der Lampe ‚ber dem Hintereingang spiegelte sich in ihren kleinen gelben Knopfaugen. Die Jungs hatten jetzt, wo sie nicht mehr in der ‰ffentlichkeit waren, in den Vampmodus umgeschaltet. …Na so was†, murmelte Angel. …Sie k€nnen mit einem Satz ‚ber hohe Geb•ude springen.† Er h•tte schw€ren k€nnen, dass die Gasse hinter ihnen kurz zuvor noch leer gewesen war. Er hatte sich dessen vergewissert. Angel achtete auf derartige Dinge. Er wusste schlieƒlich, dass sie im Ernstfall ‚ber Leben und Tod entscheiden konnten. …Ich habe dir doch gesagt, dass wir heute Nacht Gl‚ck haben werden†, sagte der mit der kastanienbraunen Krawatte. …Zwei zum Preis von einem.† …Ich weiƒ nicht, Percy†, sagte die marineblaue Krawatte nerv€s. …Du weiƒt, dass es Mama nicht mag, wenn wir k•mpfen, ohne in der ˆberzahl zu sein.† …Und was willst du tun? Mich verpetzen?†, schnaubte Percy. …Du sollst nicht so mit mir reden!†, jammerte der Vamp namens Webster. …Mama hat das gesagt.† …Mutters€hnchen†, sagte Angel voller Abscheu. …Ich hasse Mutters€hnchen.† Buffy gab ihm einen Stoƒ in die Rippen. …Und ich hasse es, wenn man mir meine besten S•tze klaut.† …Tut mir Leid†, sagte Angel. …Du kannst es wieder gutmachen†, meinte Buffy mit einem kurzen Seitenblick. …Wie?† Buffy hob ihren Arm. …Hilf mir, Tweedledum und Tweedledee meinem Mr. Spitz hier vorzustellen.† Angel lieƒ ein teuflisches Grinsen aufblitzen. Buffy sp‚rte, wie sich ihr Puls beschleunigte. …Kein Problem†, versicherte Angel. …Aber ich bin diesmal mit dem Z•hlen dran.† …Du schaffst es immer nur bis drei†, sagte Buffy sp€ttisch. …Eins... zwei...†, sagte Angel. In perfekter Harmonie – perfekt aufeinander abgestimmt – st‚rmten die J•gerin und der Vampir los.
5 Webster heulte gespenstisch, aber er und Percy wichen nicht zur‚ck. F‚r einen kurzen Schlag ihres h•mmernden Herzens hatte Buffy geglaubt, dass es f‚r sie und Angel kein Problem sein w‚rde, die kleinen schwarzen Vampirherzen der Zwillingstrottel zu durchbohren. Es kann unm€glich so leicht sein, dachte sie. Sie hatte Recht. Percy und Webster warteten, bis Buffy und Angel sie fast erreicht hatten. Dann st‚rmten auch sie los. Buffy reagierte instinktiv, schob den Pflock in den Šrmel ihrer Jacke und lieƒ sich r‚cklings auf das Pflaster das Gasse fallen. Die Luft wurde aus ihrer Lunge gepresst, als sie hart aufschlug. Sie hob ihr rechtes Bein, beugte das Knie wie ein Schlangenmensch im Zirkus und rammte dem Vamp mit der kastanienbraunen Krawatte ihren Fuƒ in den Bauch. Als er nach vorn kippte, packte sie seine Handgelenke und nutzte seinen eigenen Schwung, um ihn ‚ber sich zu hinwegzuschleudern. Sie h€rte, wie Angel neben ihr vor Anstrengung keuchte, und wusste, dass er dasselbe wie sie getan hatte, obwohl sie keinen Seitenblick riskierte, um sich zu vergewissern. Kaum war der Vampir ‚ber sie hinweggesegelt, sprang Buffy auf und fuhr herum. Als sie ihre Drehung vollendet hatte, hielt sie den Pflock wieder stoƒbereit in ihrer Faust. Buffy h‚tete sich, ihren R‚cken auch nur einen Moment ungesch‚tzt zu lassen. Vor allem, wenn ihr Gegner ein Vampir in Slippern war. Wieder starrten sich die vier an. …Oooh, das hat Spaƒ gemacht, nicht wahr?†, frohlockte der Vamp mit der kastanienbraunen Krawatte. Seine Reiƒz•hne gl•nzten, als er sie zu einem breiten Grinsen entbl€ƒte. …Hat es dir nicht auch Spaƒ gemacht, Webster?† …Er hat mein Hemd beschmutzt†, beschwerte sich Webster. Buffy musste zugeben, dass sie beeindruckt war. Selten hatte sie jemanden so finster starren und gleichzeitig schmollen gesehen. …Lass uns von hier verschwinden, Percy. Ich will nach Hause.† …Nun, ein weiser Entschluss. Zumindest einer von euch scheint schlauer zu sein, als ihr ausseht†, bemerkte Angel. Webster sch‚rzte die Unterlippe. …Du bist gemein†, sagte er. …Ich glaube nicht, dass ich dich mag. Und du solltest wirklich nicht so mit mir reden. Mama w‚rde es gar nicht gefallen. Wer weiƒ, wie sie reagiert, wenn sie davon erf•hrt.† …Ich denke, ich werde das Risiko eingehen†, sagte Angel. …Oh, aber wir sind verdammt schlau, nicht wahr, Webster?†, warf Percy ein. Er dr‚ckte den Arm seines Bruders, um ihn zum Schweigen zu bringen. …Zum Beweis werden wir jetzt dieses kleine Quiz veranstalten. Zwei von uns k€nnen
jederzeit entkommen, wenn sie wollen. Zwei von uns sitzen wie Ratten in der Falle. Wer ist wer?† Es stimmte, d•mmerte es Buffy pl€tzlich. Der Positionswechsel hatte den Vamps einen potenziellen Vorteil verschafft. Sie hatten den Ausgang der Gasse im R‚cken, w•hrend Angel und Buffy an einer Mauer standen. In die Enge getrieben. Ratten. Falle. Eine ziemlich zutreffende Beschreibung. Aber nat‚rlich w‚rde Buffy das nicht zugeben. Nur ‚ber meine Leiche. Oder besser ‚ber ihre. …Kommt her, dann gebe ich euch die Antwort†, sagte sie herausfordernd. …Du hast Mumm†, stellte Percy mit einem Grinsen fest. …Das gef•llt mir. Du siehst zwar nicht so toll aus. Aber in Anbetracht der Umst•nde bin ich bereit, dar‚ber hinwegzusehen.† Buffy konnte nicht glauben, was sie da h€rte. Ein Vampir, dessen Modegeschmack in den f‚nfziger Jahren steckengeblieben war, m•kelte an ihrem Aussehen herum? Bitte. …Willst du damit sagen, du w•hlst deine Opfer nach ihrem Aussehen aus?†, fragte sie ungl•ubig. …H•ltst du das nicht auch f‚r ein wenig oberfl•chlich oder so?† …Es ist nicht oberfl•chlich†, widersprach Webster trotzig. …Das Aussehen ist sehr wichtig. Man muss in jeder Situation auf seine •uƒere Erscheinung achten. Das sagt Mama auch.† …Der Vorname deiner Mutter ist nicht zuf•llig Martha, oder?†, murmelte Buffy. …Sind wir endlich mit Reden fertig?†, fragte Angel pl€tzlich. …Bei dem Tempo wird noch die Sonne aufgehen, bevor wir zum eigentlichen Thema kommen.† …Oh, nein!†, japste Webster. …So lange k€nnen wir nicht warten. Die Sonne wird uns verbrennen.† Angel gab ein Knurren von sich und nahm seine Vampirgestalt an. …Wem sagst du das?† Die beiden wichen einen Schritt zur‚ck. Volltreffer, Angel, dachte Buffy. …Einen Moment!†, jammerte Webster. …Das ist nicht fair. Du solltest auf unserer Seite sein.† …Ich schlage vor, ihr findet euch so schnell wie m€glich damit ab†, sagte Angel. …Denn ich bin nicht auf eurer Seite. Pflock†, f‚gte er hinzu und streckte Buffy die Hand hin. Ohne ihre Augen von den Zwillingen zu lassen, griff die J•gerin in ihre Jackentasche, brachte einen Pflock zum Vorschein und dr‚ckte ihn in Angels ausgestreckte Handfl•che. …Pass auf, dass du dich daran nicht verletzt†, warnte sie. …Vertrau mir. Ich habe andere Pl•ne. Der Jammerlappen geh€rt mir.† …Du kannst ihn haben†, versicherte Buffy. …Solange ich mich ein paar Minuten ungest€rt mit dem jungen Modeberater unterhalten kann.†
Sie duckte sich, ging in Kampfstellung und lieƒ den Pflock von einer Hand in die andere wandern, wobei sie bemerkte, dass Percy ihm mit den Augen folgte. …Das wird bestimmt lustig†, sagte Angel. Webster machte einfach kehrt und lief davon, dicht gefolgt von Angel. Buffy konnte schw€ren, dass er …Mama!† rief, bevor die beiden das Ende der Gasse erreichten und hinter der Ecke verschwanden. Sie lieƒ den Pflock weiter von einer Hand in die andere wandern, w•hrend sie und Percy sich gegenseitig umkreisten. Buffy hielt sich weiter geduckt und machte langsame, gleitende Schritte. Webster war ein Feigling, so viel stand fest. Ebenso klar war, dass Percy wie ein wildes Tier k•mpfen w‚rde, wenn er in die Enge getrieben wurde. So sehr sie ihn auch erledigen wollte, war Buffy doch zu klug, um einfach loszuschlagen. Ihr Instinkt warnte sie eindringlich, dass Percy schmutzige Tricks anwenden w‚rde. Sie warf den Pflock in die linke Hand. Percy t•uschte eine Bewegung nach rechts vor in der Hoffnung, sie aus dem Gleichgewicht zu bringen. Genau das hatte Buffy erwartet. Nun konnte sie die Angriffstechnik w•hlen, die sie sich gew‚nscht hatte. Sie riss ihr rechtes Bein hoch und trat dem jungen Vampir in den Unterleib. Percy kr‚mmte sich zusammen. Buffy hob ihren Arm, um ihn mit einem Genickschlag zu Boden zu schicken, aber bevor sie den Treffer landen konnte, streckte Percy blitzartig einen Arm nach ihr aus. Seine Finger schlossen sich um Buffys Kniebeuge. Ein kr•ftiger Ruck, und Buffys Bein gab nach. Sie fiel zu Boden. Percy wich sofort zur‚ck und war auƒer Reichweite. Er richtete sich auf, als Buffy auf die Beine kam. Wieder umkreisten sich die J•gerin und der Vampir, w•hrend Buffy den Pflock so schnell von einer Hand in die andere wandern lieƒ, dass seine Umrisse verschwammen. Buffys Adrenalin dr•ngte sie, anzugreifen und die Sache zu Ende zu bringen. Aber sie zwang sich, es langsam angehen zu lassen. Sie hatte vorher noch etwas zu erledigen. Etwas, das sie sich und Suz Tompkins versprochen hatte. Der Pflock wanderte jetzt wieder langsamer von einer Hand in die andere. Links. Rechts. Rechts. Links. …Du wirst mich nie besiegen k€nnen, weiƒt du†, sagte Percy, als w‚rden er und Buffy bei einer nachmitt•glichen Teeparty miteinander plaudern. …Aber wenn du jetzt aufgibst, verspreche ich dir, dass ich es schnell und schmerzlos machen werde.† …Sicher†, nickte Buffy. …Ob tot oder lebendig. Ihr Kerle macht alle dieselben Versprechen.† Sie sp‚rte, wie sich ihr Pulsschlag beschleunigte. Sie hatte einen seltsamen Geschmack im Mund, den sie nicht einordnen konnte.
…Nun, worauf wartest du, S‚ƒe? Ich bin hier. Willst du mich nicht erledigen?†, stichelte Percy. Links. Rechts. Rechts. Links. Buffy beobachtete Percys Augen, die versuchten, dem Pflock zu folgen. Sie bemerkte, wie er allm•hlich immer gereizter und w‚tender wurde. Buffy grinste. Es war gut, wenn er w‚tend war. Und gereizt. Sie liebte es, andere zu reizen. …Was denkst du, Schlaukopf?† …Ich denke, dass du ohne diesen groƒen, starken Kerl an deiner Seite nicht ganz so mutig bist†, fauchte Percy. Er schien kurz davor zu stehen, die Beherrschung zu verlieren. …Du hast Angst, dass ein kleines M•dchen wie du die Sache nicht zu Ende bringen kann. Nun, ich werde dir etwas sagen. Du hast Recht, Sch•tzchen.† Buffy warf den Pflock nach rechts, dann nach oben, sodass er sich um seine Achse drehte und mit einem leisen Klatschen wieder in ihrer Hand landete. Ende. Spitze. Ende. Spitze. Stirb jetzt. Stirb sp•ter. Stirb jetzt. …Halt die Klappe, du vampiristisches Chauvinistenschwein†, rief sie provozierend. …Oooh†, kreischte Percy. …Du kannst schmutzig reden. Ich liebe das. Ich nehme zur‚ck, dass du nicht die Richtige f‚r mich bist. Ich denke, dass du absolut perfekt bist, Sch•tzchen. Komm her und lass es mich dir beweisen.† Abrupt erkannte Buffy den Geschmack in ihrem Mund. Es war Zorn. Es war Abscheu. Sie war nie ein groƒer Vampirfan gewesen, aber der hier war ein besonders ‚bler Bursche. Fairerweise musste sie zugeben, dass Percy und sein Bruder nur das taten, was Vampire nun einmal taten, aber sie hatten eine Art an sich, die Buffy eindeutig nicht gefiel. Sie hatten es bewusst auf junge M•dchen abgesehen. Hatten ihre Opfer nach dem Aussehen ausgew•hlt, wenn Buffy sie richtig verstanden hatte. Als w•ren sie eine Art Modepolizei. Als w•re es nicht schon schwierig genug, ein M•dchen zwischen zw€lf und zwanzig zu sein. Buffy umklammerte das Ende des Pflocks mit der rechten Hand und machte kreisende Bewegungen. Stirb jetzt. Gleich wird es so weit sein. …Deshalb habt ihr auch diese beiden anderen M•dchen ausgew•hlt. Es waren nur zwei, nicht wahr?† …Zwei sind erledigt, und du bist die N•chste†, erkl•rte Percy. …Aber warum diese M•dchen?†, fragte Buffy. …Wegen ihrem Aussehen? Was haben sie getan? Zu viel Make-up getragen?† …Sie sahen nicht wie Ladys aus†, sagte Percy. …Genauso wenig wie du. Ladys sollten elegant und weiblich aussehen. Mama sagt, dass M•dchen, die das nicht tun, nur f‚r eins taugen.† Opfer zu sein, dachte Buffy. Sie sp‚rte, wie sich der bittere Geschmack in ihrem
Mund ausbreitete. Galle stieg in ihr hoch. Sie schluckte sie hinunter. Offenbar hatte Percys geliebte Mama ihn zu viele alte Splatterfilme sehen lassen. Jeder wusste, dass seit The Blob die alte Regel, dass das Aussehen ‚ber den Tod entschied, keine G‚ltigkeit mehr hatte. …Komisch†, sagte sie. ÅMeine Mutter hat mir beigebracht, dass man ein Buch nicht nach seinem Einband beurteilen darf. Aber in deinem Fall bin ich bereit, eine Ausnahme zu machen.† …Ha, ha. Sehr witzig†, sagte Percy. …Verzeih mir, wenn ich mich totlache.† …Hauptsache, du stirbst.† Buffy entschied, dass sie genug von diesem Gespr•ch hatte, und st‚rzte sich auf ihn. Percy senkte den Kopf und st‚rmte los. Buffy st€hnte auf, als der Vampir ihr den kurz geschorenen Kopf in die Magengrube rammte. Br‚llend schleuderte Percy die J•gerin gegen die n•chste Wand. Buffys Kopf flog nach hinten und prallte mit einem ˆbelkeit erregenden Klatschen gegen die Ziegelsteine. Ihr ganzer Sch•del dr€hnte vor Schmerz. Grelle, weiƒe Lichtblitze tanzten vor ihren Augen. Automatisch stemmte sie die Abs•tze gegen den Boden, um nicht an der Wand nach unten zu rutschen. Sie sch‚ttelte den Kopf und versuchte verzweifelt, wieder klar zu sehen. Es gab jetzt zwei Percys. …Ich liebe dieses Ger•usch, du auch?†, fragten sie, als sie zur‚cktanzten, auƒer Reichweite des Pflocks. Kluge Vampire h•tten ihren Vorteil genutzt, aber nicht die beiden Percys. Sie waren zu versessen auf das Katz-und-Maus-Spielen. …Der Kopf des letzten M•dchens klang genauso†, erkl•rten die beiden Percys. …Er ist wie eine reife Wassermelone zerplatzt. Aber keine Sorge. Sie hat nichts gesp‚rt. Wenigstens nicht mehr zu diesem Zeitpunkt.† Buffy schnappte nach Luft und machte den ersten Atemzug seit ihrem direkten Kontakt mit dem Vampirsch•del. Ihr Kopf f‚hlte sich an, als w‚rde er von einem kr•ftigen Bauarbeiter mit einem riesigen Presslufthammer maltr•tiert. Sie sch‚ttelte erneut den Kopf, heftiger diesmal. Nervenenden schrien ihren Protest hinaus. Eine Explosion bunter Lichter gesellte sich zu den weiƒen Blitzen, die vor ihren Augen flackerten. Aber es hatte funktioniert. Sie konnte wieder klar sehen. Keine Gehirnersch‚tterung. Ausgezeichnet. Jetzt stand nur noch ein unglaublich nervender Vampir vor ihr. Einer, der nicht mehr lange zu leben hatte, wenn es nach Buffy Summers ging. …H€rst du eigentlich nie auf zu reden?† …Nun, du wolltest doch wissen, was mit den anderen passiert ist†, protestierte Percy mit gekr•nkt klingender Stimme. …Wenn du es nicht wissen wolltest, h•ttest du nicht fragen sollen. Es gibt keinen Grund, unh€flich zu mir zu sein.† …Sagt Mama das?†, fragte Buffy. Sie machte einen Schritt auf ihn zu. Dann noch einen. Sie hatte die Gasse halb durchquert, als ein jammernder Schrei sie zum
Halt brachte. …Maamaa...† Zu Buffys Erstaunen tauchte Webster am Anfang der Gasse auf, dicht gefolgt von Angel. …Wieso kommt ihr zur‚ck?†, fragte die J•gerin. …Ich sch•tze, es liegt an dieser Zwillingsbindungskiste†, antwortete Angel, w•hrend er und Webster auf sie zurannten. …Webster, pass auf!†, schrie Percy. Aber es war bereits zu sp•t. Buffy stellte ihm ein Bein. Webster flog mit flatternder marineblauer Krawatte durch die Luft. Er landete zwischen den M‚lleimern gegen‚ber der Hintert‚r des Bronze und blieb reglos liegen. Mit einem w‚tenden Knurren sprang Percy Angel auf den R‚cken. Angel wirbelte herum und warf sich dann mit aller Kraft nach hinten. Diesmal war es Percys Kopf, der dieses liebliche Wassermelonenger•usch hervorbrachte. Angel schmetterte ihn mehrfach gegen die R‚ckwand des Bronze. Aber Percy hing wie eine Klette an ihm. …Reserveplan†, rief Buffy. Angel stolperte vorw•rts. Buffy nahm Anlauf auf die Wand, stieƒ sich mit dem Fuƒ ab, schlug einen Salto, drehte sich in der Luft und stieƒ mit dem Pflock zu, als sie landete. Er bohrte sich in Percys ungesch‚tzten R‚cken. Vor Schmerz und Wut aufheulend warf er den Kopf zur‚ck. Seine gelben Raubtieraugen richteten sich f‚r den Bruchteil einer Sekunde auf Buffy. …Mama wird das ‚berhaupt nicht gefallen†, sagte er. Buffy zog den Pflock heraus, und Percy zerfiel zu Staub. …Hoffentlich weiƒ sie, wie man einen Staubwedel benutzt.† Angel wischte sich den Vampirstaub von den Schultern. …Oh, tut mir Leid†, sagte Buffy und streckte die Hand aus, um ihm zu helfen. …Kein Problem†, meinte Angel achselzuckend. Buffy und Angel wandten sich nun Webster zu, der am Ende der Gasse zwischen den umgekippten M‚lltonnen lag. Buffy hoffte nur, dass die G•ste des Bronze in der letzten Zeit keine besonders ekligen Abf•lle hineingeworfen hatten. Sie hatte das Gef‚hl, dass der Jammerlappen Webster nicht aus eigener Kraft dem M‚ll entsteigen konnte. Das bedeutete, dass sie ihm dorthin folgen musste. …Ihr habt meinen Bruder umgebracht†, beschwerte sich Webster. Er setzte sich auf und sch‚ttelte den Unrat ab. …Das durftet ihr nicht tun.† …Wer sagt das?†, fragte Buffy. ÅDas Buch der Etikette und feinen Lebensart fÇr junge Vampire?Ä …Ich glaube, du meinst Sterbensart†, warf Angel ein. …Ich mag dich nicht†, sagte Webster zu ihm. …Nun, das wird mir jetzt eine schlaflose Nacht bescheren.† …Keine Sorge†, wandte sich Buffy beruhigend an Angel. …Ich werde nicht
zulassen, dass er deine Gef‚hle verletzt. Ich erledige ihn f‚r dich.† …Mama!†, kreischte Webster. …Mama, hilf mir! Wo bist du?† …Webster!†, h€rte Buffy eine Stimme aus der Ferne. Augenblicklich fuhr Angel herum und stellte sich so, dass er und Buffy R‚cken an R‚cken standen. …Ich bin daf‚r, diese Runde abzubrechen†, sagte er. …Klingt so, als w•re die Kavallerie im Anmarsch.† …Hasst du nicht auch m‚tterliche Einmischungsversuche?†, murmelte Buffy. Webster erhob sich aus dem M‚ll wie der Ph€nix aus der Asche. An seinem Hemd klebte eine Snickers-Riegel-Verpackung, was Buffy passend fand. …Ihr k€nnt mich nicht t€ten†, h€hnte Webster. …Jetzt wo meine Mama kommt. Sie wird mich besch‚tzen, das werdet ihr schon sehen. Und sie wird daf‚r sorgen, dass es euch noch Leid tut, was ihr Percy angetan habt.† …Webster! Percy!†, drang eine laute Stimme durch die Gasse. …Jungs, wo seid ihr? Ihr wisst, was ich davon halte, wenn ihr euch hinter meinem R‚cken davonschleicht. Es geh€rt sich nicht, eure Mama zu •rgern.† Buffy sp‚rte, wie sich Angel an ihrem R‚cken abrupt verspannte. …Dreh dich bloƒ nicht um†, warnte er. …Warum nicht?† …Weil ich nicht glaube, dass dir gefallen wird, was du dann siehst.† …Ich bin hier, Mama!†, quiekte Webster. Er machte ein paar z€gernde Schritte aus dem M‚ll und zeigte mit einem zitternden Finger auf Buffy. …Sie hat Percy getÉtet, Mama! Sie hat ihn von hinten erstochen. Sie hat ihm nicht einmal einen ehrenvollen Tod geg€nnt.† Buffy h€rte, wie die Vampirmutter tief in ihrer Kehle knurrte, und sp‚rte, wie sich bei dem Laut ihr Magen zusammenzog. Sie hatte dieses Ger•usch fr‚her schon geh€rt. Oft genug, um zu wissen, wie das B€se klang, und dass der Klang immer derselbe war, ganz gleich, in welcher Gestalt das B€se daherkam. …Unversch•mte G€re†, dr€hnte die Stimme der Vampirmutter durch die Gasse. …Feigling.† …Nun, entscheide dich†, rief Buffy zur‚ck. …Was von beidem bin ich nun?† Die einzige Antwort bestand aus dem Klappern hochhackiger Schuhe, die sich unaufhaltsam n•herten. …Lass meinen Jungen in Ruhe†, zischte die Vampirmutter. …Dann verspreche ich dir, dass ich nett zu dir sein werde. Ich werde dich nur t€ten.† …Ich habe es euch ja gesagt†, rief Webster triumphierend. …Meine Mama ist jetzt hier und ihr k€nnt nicht...† Ohne Vorwarnung €ffnete sich die Hintert‚r des Bronze und eine Gestalt trat schwankend auf die Gasse hinaus. Jemand, der mehr Trankopfer dargebracht hatte, als gut f‚r ihn war, k€nnte man sagen. Er hielt eine Hand vor den Mund und presste die andere gegen den Bauch.
…Verschwinde!†, schrie Buffy. Verdutzt hob der junge Mann den Kopf. Im tr‚ben Licht der Gasse sah Buffy, dass seine verquollenen Augen nicht auf sie gerichtet waren, sondern auf einen Punkt irgendwo hinter ihr. Sah, wie seine Augen groƒ, gr€ƒer, am gr€ƒten wurden – und sein Gesicht die Farbe von Kalk annahm. Er fuhr herum und beugte sich nach vorn. Und gab alles von sich, was er an der Bar konsumiert hatte. …Iiiih!†, kreischte Webster. …Sieh, was du mit meinen neuen Schuhen gemacht hast!† Okay, dachte Buffy. Das reicht. Es wird Zeit, dass wir von hier verschwinden. Sie machte zwei schnelle Schritte, stieƒ den betrunkenen Jungen zur‚ck ins Bronze und versetzte der T‚r einen schwungvollen Tritt, sodass sie hinter ihm zufiel. Hinter ihr br‚llte die Vampirmutter auf. Buffy h€rte, wie Knochen gegen Knochen prallten, als sie Angel rammte und wieder zur‚ckwich. Die Vampirin knurrte erneut, diesmal wild und raubtierhaft. Buffy hob den Pflock, den sie noch immer in der Faust hielt, und machte einen weiteren Schritt nach vorn. …Meine Mama ist direkt hinter dir†, warnte Webster sie nerv€s, w•hrend er zur‚ckwich. Er rutschte auf dem Erbrochenen aus. …Du kannst nicht...† Diesmal schnitt ihm Buffy das Wort ab. Sie machte einen letzten Schritt und stieƒ blitzartig mit dem Pflock zu. Das zugespitzte Holzst‚ck bohrte sich in Websters Brust. …Wollen wir wetten?†, fragte die J•gerin. …He!†, entfuhr es Webster. …Du hast es trotzdem getan. Das durftest du nicht.† Dann, wie sein Bruder, zerfiel er zu Staub. Das Snickers-Papier schwebte einen Moment in der Luft, sank dann langsam zu Boden und vereinigte sich mit dem ‚brigen M‚ll. Buffy h€rte, wie es hinter ihr in der Gasse totenstill wurde. Langsam drehte sie sich um und erstarrte dann. Jetzt konnte auch sie die Vampirmutter sehen, die ein St‚ck weiter die Gasse hinunter hinter Angel stand. Sie war groƒ, fast so groƒ wie Angel, und sie war eindeutig viel breiter als er. Sie trug ein t‚rkisblaues Kleid, das mit riesigen weiƒen Blumen gemustert war. Sie sahen wie Margeriten aus, aber Buffy konnte es nicht mit Sicherheit sagen. Was sie wohl erkennen konnte, war, dass die Blumen in der Mitte dieselbe Farbe hatten wie die Augen der Vampirmutter. Ein wildes, grelles Gelb. Die Haare hatte sie zu einer volumin€sen, verdrehten Frisur hoch gesteckt, die von einer riesigen, mit Rheinkieseln besetzten Spange zusammengehalten wurde. Ihre F‚ƒe steckten in t‚rkisblauen Schuhen mit Bl‚mchenriemen. Buffy konnte die Spannung in der Luft so deutlich sp‚ren, als h•tte sie sich verstofflicht. Und da war noch etwas anderes. Etwas, das ihr am liebsten alle
Gliedmaƒen einzeln ausgerissen h•tte. Hass. Schlichter, einfacher, purer Hass. Angel hat Recht, dachte Buffy. Das gef•llt mir nicht. ˆberhaupt nicht. Angel durchbrach die spannungsgeladene Stille. …Ich habe kein gutes Gef‚hl bei der Sache.† Buffy €ffnete den Mund, um zu antworten, aber sie bekam nicht einmal die Chance dazu. Die Vampirmutter warf ihren Kopf zur‚ck und riss das Maul auf. Ein wildes Klaggeschrei erf‚llte die Luft. Angel wich stolpernd zur‚ck und zog Buffy an sich, als wollte er sie vor dem Kreischen sch‚tzen, das sie kalt und beiƒend wie ein Winterwind umtoste. Suchend. Lauernd. Auf ihre Vernichtung erpicht. Buffy hatte gewusst, dass das B€se einen Klang hatte, eine Stimme, dasselbe traf auf die Trauer zu. Nur hatte sie bis zu diesem Moment nicht gewusst, dass beides mit einer Stimme sprechen konnte. Das Kreischen setzte sich endlos fort, bis es v€llig von Buffy Besitz ergriffen hatte. Ihre Sinne waren wie bet•ubt, erf‚llt von dem h€llischen Klang, der durch die Jahrhunderte hallen w‚rde, selbst dann noch, wenn die H€lle gefror. Buffy wollte sich die Ohren zuhalten, aber sie zwang sich, es nicht zu tun. Wenn sie dem Drang nachgab, diesen L•rm auszusperren, w‚rde dies der Vampirmutter einen Vorteil verschaffen, davon war sie ‚berzeugt. Dann, so abrupt, wie es begonnen hatte, h€rte das Kreischen wieder auf. Stille trat ein. So rein und allumfassend, dass Buffy das Rauschen des Blutes in ihren Adern h€ren konnte. Jeden einzelnen ihrer Atemz‚ge. Ihr Herz, das laut h•mmerte. Ich lebe, dachte sie. Ich bin ein Mensch. Die Kreatur vor ihr mochte in der Lage sein, ein Kreischen von sich zu geben, das wild und grimmig genug war, um Tote zu wecken, was nicht weiter abwegig war. Schlieƒlich war sie tot. Dann sah Buffy, wie die Vampirmutter einen Schritt nach vorn trat. …Uh, oh†, machte Angel an ihrer Seite. …Ich bin ganz deiner Meinung†, stimmte Buffy zu. …Die Blumen auf ihrem Kleid sind definitiv eine Nummer zu groƒ†. …Ihr habt meine Jungs get€tet†, zischte die Vampmutter durch ihre spitzen Z•hne. …Und jetzt werdet ihr daf‚r bezahlen.† Joyce Summers saƒ in ihrem Wohnzimmer und hatte Fotos von ihrer Tochter vor sich ausgebreitet. Buffys erste Jahre waren bereits in dem Fotoalbum verewigt. Buffy als S•ugling, als Kleinkind, im Kindergarten. Fotos von ihrer Einschulung. Als N•chstes hatte Joyce das Bild ausgew•hlt, das Buffy auf ihrem ersten Dreirad in der Auffahrt ihres Hauses in Los Angeles zeigte, w•hrend ihr Vater neben ihr
kniete, mit einer Hand am Lenker des Dreirads. Und dann kam das Foto, wie sie nackt in der Badewanne sitzt, umgeben von Bergen aus •therisch weiƒem Schaum, und ihre Gummiente so stolz in die Kamera h•lt, als h•tte sie gerade einen Oscar gewonnen. Dann kam eins von einer Geburtstagsparty, das einen Kuchen mit einer echten Puppe in der Mitte zeigte. Der Kuchen selbst war das Kleid der Puppe. Joyce hatte den ganzen Morgen gebraucht, um die Cremedekoration herzurichten. Und Buffy und ihre Freundinnen hatten in f‚nf Minuten alles zerst€rt. Die Puppe hatte Buffy noch immer. Sie hatte zu den Dingen geh€rt, die sie unbedingt selbst einpacken wollte, als sie von L.A. nach Sunnydale gezogen waren. Zusammen mit ihrem Pl‚schschwein Mr. Gordo. Joyce bl•tterte zur n•chsten leeren Seite und starrte die Fotos an, die vor ihr auf dem Couchtisch lagen. Sie ‚berlegte einen Moment und entschied sich dann f‚r eine Aufnahme von Buffy mit ihrer Lieblingskusine Celia. Es war eins der wenigen Fotos, die sie von den beiden zusammen hatte. Celia war im Alter von acht Jahren gestorben. Die beiden M•dchen hatten sich die Arme um die Schultern gelegt. Celia trug Jeans und ein T-Shirt. Normale Kinderkleidung. Aber Buffy trug ihr Power-GirlKost‚m. Sie hatte sich so in diese Rolle hineingesteigert, dass sie das Kost‚m gar nicht mehr ausziehen wollte. Zum Waschen konnte ich es ihr nur ausziehen, w•hrend sie schlief, erinnerte sich Joyce. Sie legte das Foto auf die Seite und w•hlte schnell ein anderes aus, das Buffy mit ihrem Vater zeigte. Buffy trug ein rosa R‚schenkleid, Strumpfhosen und weiƒe Lackschuhe mit passender Handtasche. Sie hatte die Lippen zu einem L•cheln verzogen, weil die Kamera auf sie gerichtet war. Aus ihren Augen sprach jedoch nur Traurigkeit. Das war Buffys achter Geburtstag, als sie keine Party wollte, weil Celia nicht dabei sein konnte. Celia w‚rde nie wieder eine von Buffys Partys besuchen. Sie war tot; sie war fort. Um Buffy aufzuheitern, hatte ihr Vater sie zum ersten Mal mit zum Schlittschuhlaufen genommen. Unter das Geburtstagsfoto klebte Joyce eine Aufnahme, die ein paar Monate sp•ter entstanden war. Buffy hielt ihr erstes Paar Schlittschuhe in den H•nden. Ihre Augen waren noch immer von dunklen Ringen umschattet, aber diesmal l•chelte sie. Joyce strich das Foto glatt und schlug das Album zu. Pl€tzlich glitzerten Tr•nen in ihren Augen. Wie hatte es bloƒ dazu kommen k€nnen?, fragte sie sich. Wieso war ihre Tochter nur so schnell groƒ geworden? Zu etwas
herangewachsen, das keiner von ihnen geahnt, geschweige denn gewollt hatte. Joyce wusste, dass das, was Buffy war, was sie tat, von ungeheurer Wichtigkeit war. Etwas, das auƒer ihr niemand tun konnte. Aber selbst die Wahl zu treffen, war etwas anderes, als auserw•hlt zu werden. Nun, Buffy war es nicht verg€nnt gewesen, ihre eigene Wahl zu treffen. Sie war die Auserw•hlte, die J•gerin. Alles andere war zweitrangig. Und die Tatsache, dass ihre Mutter in manchen Momenten um all die Dinge trauerte, die Buffy nie sein konnte, •nderte nichts daran. Was Joyce wollte, wof‚r sich Buffy vielleicht entschieden h•tte, war nicht l•nger von Bedeutung. Abrupt schob Joyce das Fotoalbum von ihrem Schoƒ und ging in die K‚che. Sie €ffnete den K‚hlschrank. Sie hatte es sich schon gedacht. Buffy hatte das Eis aufgegessen und ihr nichts davon gesagt. Wenn Joyce Eis haben wollte, musste sie in den Laden gehen. Ganz pl€tzlich hatte sie Appetit auf etwas S‚ƒes. Etwas Kaltes. Irgendetwas, das diesen heiƒen, trockenen Schmerz aus ihrer Kehle vertreiben konnte. Sie liebte ihre Tochter. Sie bem‚hte sich, das zu akzeptieren, was sie war. Aber es gab Zeiten, stille N•chte wie diese, in denen es ihr sehr, sehr schwer fiel. Joyce kehrte entschlossen ins Wohnzimmer zur‚ck, streifte ihre Hausschuhe ab und schl‚pfte in ihre Straƒenschuhe. Sie w‚rde nicht zu Hause herumsitzen und ‚ber Dinge br‚ten, die sie nicht •ndern oder verhindern konnte. Sie war aus h•rterem Holz geschnitzt, genau wie ihre Tochter. Auƒerdem wollte sie Buffy mit dem Fotoalbum eine Freude machen, nicht wahr? Nat‚rlich wollte sie das. Aber dann, mit einer Hand an der T‚rklinke, blieb Joyce Summers, die Mutter der J•gerin, stehen. Und gab das Stoƒgebet von sich, das abertausend M‚tter in abertausend N•chten in jeder nur vorstellbaren Sprache von sich gegeben hatten. Wenn auch keine mit solchem Nachdruck, mit solcher Berechtigung wie Joyce. Bitte, dachte sie. Lass meinem Kind nichts zustoƒen. Was immer Buffy gerade machte. Wo immer sie auch war.
6 …Irgendwelche Vorschl•ge?†, fragte Buffy. …Tut mir Leid†, sagte Angel. …Die sind mir gerade ausgegangen.† …Wir k€nnten eine M‚nze werfen†, meinte Buffy. …Bei Kopf k•mpfen wir. Bei Zahl k•mpfen wir.† …Okay, wir k•mpfen.† …Ich wusste, dass du das sagen w‚rdest.† Die Vampirmutter hob ihre Arme, entbl€ƒte ein paar Zentimeter ihres weiƒen, spitzenbesetzten Slips und ein St‚ck ihrer Strumpfhose. Buffy konnte ein Schaudern nicht unterdr‚cken. Sie hatte fr‚her schon mit Dingen zu tun gehabt, die ihr den Magen umdrehten, aber sie hatte sich nie vorstellen k€nnen, dass auch die Mom von jemand dazu geh€ren w‚rde. Und vor allem keine Mom, die ein in der Dunkelheit leuchtendes t‚rkisblaues, mit Margeriten von Tellergr€ƒe gemustertes Kleid trug. Und die sich mit Rheinkieseln schm‚ckte. Sie nahm an, dass es stimmte, was man sagte. Wer auch immer …man† war. Es gab f‚r alles ein erstes Mal. Buffy und Angel standen Seite an Seite mit dem R‚cken zur Hintert‚r des Bronze. Buffy sp‚rte, wie das Adrenalin durch ihre Adern schoss. …Diesmal z•hle ich.† Aber bevor sie auch nur anfangen konnte, warf die Vampirmutter ihren Kopf zur‚ck und gab ein weiteres ohrenbet•ubendes, an- und abschwellendes Heulen von sich. Sie griff in ihr Haar und l€ste es, sodass es als verfilzte, struppige Masse um ihre Schultern wogte. Sie zerkratzte sich mit den Fingern•geln die Wangen. Zerriss ihre Kleidung. Dann, Schritt f‚r Schritt, n•herte sie sich Buffy und Angel. Augenblicklich, wie auf ein lautloses Signal hin, wichen die beiden auseinander. Es war schwerer, zwei bewegliche Ziele zu bek•mpfen als eins. Buffy musste nicht einmal die J•gerin sein, um das zu wissen. Die Vampirmutter gab ein kehliges Lachen von sich. …Ihr denkt, dass ich gegen euch k•mpfen werde, nicht wahr?†, fragte sie mit vor Hohn triefender Stimme. …Ihr denkt, dass ich die Chance vertun werde, den Tod meiner S€hne zu r•chen, indem ich versuche, allein mit euch fertig zu werden.† Die Vampirmutter blieb stehen und verzog das Gesicht zu einem grausigen L•cheln. …Okay, jetzt habe ich ein ungutes Gef‚hl bei der Sache†, sagte Buffy. …Das solltest du auch, M•dchen†, meinte die Vampirmutter. …Ich werde daf‚r sorgen, dass du dir w‚nschst, nie geboren zu sein.†
Erneut warf die Vampirmutter ihren Kopf zur‚ck. …Vergeltung†, schrie sie mit rauer, verzerrter Stimme. …M•chte der Unterwelt, M•chte der Finsternis, erh€rt meinen Ruf. Erh€rt den Schrei einer Mutter, die um Vergeltung fleht. Verschafft mir Gerechtigkeit! Erhebt euch und r•cht den Tod meiner S€hne!† Wie als Antwort grollte ‚ber ihren K€pfen, am klaren Nachthimmel, ein Donnerschlag. …Ich kann es ganz und gar nicht leiden, wenn sie Verst•rkung herbeirufen†, sagte Angel. …Ich schlage vor, wir erledigen sie, bevor noch mehr von ihrer Sorte auftauchen†, meinte Buffy. Buffy glitt einen Schritt nach vorn. Die Vampirmutter senkte den Kopf und sah ihr direkt in die Augen. …Mach dich bereit†, sagte sie. …Dein Ende naht.† …Du meinst wohl, es steht kurz bevor†, konterte Buffy. …Nur dass du dich vertan hast. Es geht um dein Ende. Durch meine Hand.† Sie hob den Pflock, doch in diesem Moment pfiff ein eisiger Windstoƒ durch die Gasse. So stark, dass er ihren Vormarsch stoppte und sie dann zur‚cktrieb. Buffy hob die H•nde, um ihre Augen vor dem heulenden, schneidenden Wind zu sch‚tzen. Sie glaubte zu h€ren, wie Angel ihren Namen schrie, aber sie war sich nicht sicher. Der Sturm ‚bert€nte alles. Dann, so schnell, wie er gekommen war, lieƒ der pl€tzliche Wind wieder nach. Die Luft um Buffy war absolut still, schwer wie Blei. Dann begann sie zu flimmern, als h•tte sich das Pflaster der Gasse in eine riesige heiƒe Herdplatte verwandelt. D‚nne Nebelschwaden stiegen auf, Tentakeln gleich. Roter Nebel, der die Farbe von Schwefel hatte. H€llenfeuer. …Warum habe ich nur das Gef‚hl, dass heute nicht meine Nacht ist?†, murmelte Buffy. Pl€tzlich explodierte die Luft vor ihr und eine Gestalt erschien. Eine Frau. Hoch gewachsen. Majest•tisch. Riesig. So groƒ, dass alle anderen in der Gasse, die Vampirmutter eingeschlossen, neben ihr wie Zwerge wirkten. Am Ende der S•ule, die ihr Hals war, saƒen vier Gesichter. Oder zumindest nahm Buffy an, dass es vier waren. Sie konnte in Wirklichkeit nur drei sehen, jenes, das sie anstarrte, und die beiden, die den Gassenw•nden zugewandt waren. Aber wenn jemand Augen am Hinterkopf hatte, dann diese Gestalt. Irgendwo in Buffys N•he erklang Angels Stimme. …Dies ist dann wohl der Grund daf‚r, dass heute nicht deine Nacht ist, w‚rde ich mal vermuten.† …Der Kandidat hat 100 Punkte†, sagte Buffy. …Šh – ich nehme an, das hier ist niemand, den du kennst?†
…Tut mir Leid†, erwiderte Angel. …Niemand aus meiner Nachbarschaft.† Die Haut der Frau war von einem seltsamen, stumpfen Grau, eine Farbe, die Buffy vorher nur einmal gesehen hatte. Auf Fotos von der Landschaft rund um den Vulkan St. Helens kurz nach dessen Ausbruch. Eine Farbe, die keine Farbe war. Das einzig Lebendige inmitten der €den Landschaft dieser Aschegesichter waren die Augen, vier rot gl‚hende Augenpaare. …Ich bin Nemesis†, sagte die Gestalt mit allen vier M‚ndern gleichzeitig. Nur der Tonfall variierte, um Nuancen, die sich scharf voneinander abgrenzten, um dann wieder miteinander zu verschmelzen. Als w‚rde jede Stimme eine leicht ver•nderte Version derselben Geschichte erz•hlen. Buffy sp‚rte die Macht der Stimmen bis ins Mark ihrer Knochen. …Nemesis†, wiederholte die Gestalt, …die ausgleichende Gerechtigkeit. Warum wurde ich heraufbeschworen?† …Um groƒes Unrecht zu r•chen†, schrie die Vampirmutter heiser und warf sich der riesigen Gestalt zu F‚ƒen. …Meine prachtvollen Jungs, meine Sch•tzchen, sind ermordet, massakriert worden. Ich flehe die M•chte der Finsternis an, ihren Tod zu r•chen.† …Ich habe eine bessere Idee†, sagte Buffy. …Warum gesellst du dich nicht einfach zu ihnen?† Sie trat einen Schritt vor. Doch bevor sie den n•chsten machen konnte, hob Nemesis eine Hand. Wieder heulte der eisige Wind durch die Gasse. Buffy sp‚rte, wie er messergleich in ihre Haut schnitt. Sie wich einen Schritt zur‚ck, und der Wind lieƒ nach. …Okay†, keuchte sie. …Ich hab’s kapiert. Im Moment wird nicht gepf•hlt. Aber dann ist es wohl nicht zu viel verlangt, wenn ich erst mal ein paar Dinge klarstelle.† Sie deutete auf die kniende Frau in dem t‚rkisfarbenen Kleid. …Sie ist eine Vampirin. Ihre wundervollen Jungs waren Vampire. Also geh€ren sie zu den B€sen. Ich bin die J•gerin. Ich jage Vampire und erledige sie. Somit geh€re ich zu den Guten.† …Das behauptest du†, erwiderte Nemesis. Buffy bemerkte, wie die auf sie gerichteten roten Augen kurz zu Angel wanderten und dann wieder zu ihr zur‚ckkehrten. …Aber wie ich sehe, gehst du mit einem Vampir auf die Jagd.† Woher weiƒ sie das?, fragte sich Buffy. Angel trug nicht l•nger sein Vampirgesicht. Und dennoch war er als eingetragenes Mitglied der M•chte der Finsternis entlarvt worden. Offenbar musste man ebenfalls zu dem Verein geh€ren, um derartige Dinge zu erkennen. …Er ist anders†, stellte Buffy klar, von dem Verlangen erf‚llt, Angel zu besch‚tzen. Es war dies der atavistische Drang, den eigenen Partner zu
verteidigen. Buffy hatte schon vor langer Zeit aufgeh€rt, ihre Motive zu hinterfragen. Es war, wie es war. Das Feuer in Nemesis’ roten Augen leuchtete heller. Buffy h•tte schw€ren k€nnen, dass es Belustigung war, was in ihnen aufleuchtete, als sie Angel von Kopf bis Fuƒ musterten. …Ich kann sehen, dass er anders ist†, sagte Nemesis schlieƒlich. …Das also ist der Verfluchte.† …Ich hasse es, in der ‰ffentlichkeit erkannt zu werden†, meinte Angel. …Was ist passiert? Ziert mein Foto etwa die Titelseite der Unterwelt Gazette?Ä Nemesis zuckte die Schultern. …So etwas spricht sich herum. Es ist schlieƒlich eine kleine Unterwelt. Obwohl ich zugeben muss, dass mich dein Fall schon immer pers€nlich interessiert hat. Als die Zigeuner dich verfluchten, statt dich zu t€ten, haben sie genau die richtige Entscheidung getroffen. Sag mir, was ist das f‚r ein Gef‚hl, das zu sein, was du bist, und eine Seele zu haben?† …Du als Expertin f‚r Ausgewogenes m‚sstest das doch am besten wissen†, entgegnete Angel knapp. …Ich unterbreche wirklich nur ungern†, warf Buffy ein, …aber meint ihr nicht auch, dass wir Wichtigeres zu tun haben?† …Tut mir Leid†, murmelte Angel. …Wir sind also einer Meinung, richtig?†, fragte Buffy Nemesis. …Vampirj•gerin – gut. Vampire – schlecht. Vergeltung – total unn€tig. V€llig ‚berfl‚ssig. Also h•ltst du dich am besten aus der Sache raus. Ich pf•hle Mama, und dann k€nnen wir alle nach Hause gehen, um uns gem‚tlich die ›Late Show‹ anzusehen.† …Nein!†, schrie die Vampirmutter und sprang auf. …Ich verlange...† …Schweig!†, donnerte Nemesis. Die Vampirmutter schloss den Mund und knirschte mit den Z•hnen. …Du hast mich gerufen. Ich bin gekommen. Du wirst keine weiteren Forderungen stellen. Ich werde entscheiden, was getan werden muss.† …Aber...†, begann Buffy. …Schweig!†, donnerte Nemesis erneut. …Glaubst du, die Dinge sind so einfach, t€richte Sterbliche?† Hatten sich fr‚her die J•gerinnen ebenfalls mit Frage-Antwort-Spielen aus dem Stegreif herumschlagen m‚ssen?, fragte sich Buffy. Oder gab es so etwas nur in der modernen Welt? Nicht vergessen: Giles fragen. …Das ist eine Fangfrage, nicht wahr?†, erwiderte sie. Nemesis l•chelte. …Diese Kreatur hat um Vergeltung gebeten, um Rache†, sagte sie und wies auf die Vampirmutter. …Sie rief die M•chte der Finsternis, der Unterwelt zu Hilfe, und ich bin das, was sie heraufbeschworen hat. Erwartest du, dass ich auf deiner
Seite stehe?† …Da hat sie nicht ganz Unrecht†, bemerkte Angel. …Ich wusste, dass du das sagen w‚rdest†, murmelte Buffy. …H€rt†, rief Nemesis. …H€rt, was Nemesis entschieden hat.† Sie deutete auf die J•gerin. …Du musst dich einer Pr‚fung unterziehen. Wenn du sie bestehst, wird dir nichts geschehen. Und zwar musst du den Beweis antreten, dass deine Taten ausgewogen waren und der Gerechtigkeit gedient haben. Sollte dir dies gelingen, wird der Ruf nach Rache nicht erh€rt werden. Aber wenn du versagst...† …Wenn sie versagt†, wiederholte die Vampirmutter gen‚sslich. Sie richtete ihre gelben Augen auf Buffy. …Wenn sie versagt, geh€rt sie mir – J•gerin hin oder her.† …Bist du mit diesen Bedingungen einverstanden?†, fragte Nemesis. …Ich bin einverstanden†, nickte die Vampirmutter. Nemesis klatschte in die H•nde. …Der Pakt ist geschlossen†, erkl•rte sie. …Einen Moment!†, protestierte Buffy. …Habe ich in dieser Sache nichts zu sagen?† …Denk doch mal nach†, entgegnete Nemesis. …Du bist es, die gepr‚ft wird.† …Denk selber nach†, fauchte Buffy. …Ich werde mich nicht deiner bl€den Pr‚fung unterziehen.† …Irgendwie wusste ich, dass du so reagieren w‚rdest†, antwortete Nemesis. …Habe ich schon erw•hnt, dass unser Pr‚fungsangebot einen speziellen Anreiz hat? Erlaube mir, ihn dir vorzuf‚hren.† Sie klatschte erneut in die H•nde. Es gab einen Blitz aus heiƒem, roten Licht, so grell, dass Buffy die H•nde hob, um ihre Augen zu sch‚tzen. Als sie wieder klar sehen konnte, stand Joyce in der Gasse. ÅMom?Ä Joyce Summers sah verwirrt aus, desorientiert. Was auch kein Wunder war. Sie trug dieselbe Jogginghose, die sie angehabt hatte, als Buffy sie fr‚her am Abend verlassen hatte. Zu Hause. Wo sie sicher war. Oder auch nicht. Joyce blinzelte, als k€nnte sie ihre Umgebung nicht deutlich erkennen. Sie hatte ihre Handtasche dabei, stellte Buffy fest. Als h•tte sie sich entschlossen, einen n•chtlichen Einkauf zu t•tigen. Wahrscheinlich wollte sie Eis holen, dachte Buffy schuldbewusst. Sie hatte das letzte Eis gegessen und nicht daran gedacht, es auf die Einkaufsliste zu setzen. Dann bemerkte sie, dass ihre Mutter ihre Handtasche an die Brust dr‚ckte, als w•re sie eine Rettungsweste. Buffy sp‚rte, wie etwas in ihr hochstieg. Im Doppelpack. Wut und Entsetzen. Sie k•mpfte um ihre Selbstbeherrschung. Wenn es eine Situation gab, in der sie einen k‚hlen Kopf bewahren musste, dann diese.
Die M•chte der Finsternis haben meine Mom entf‚hrt. …Buffy, Sch•tzchen, bist du das?†, fragte Joyce mit einem kaum merklichen Beben in der Stimme, als sie in die Richtung starrte, aus der Buffys Stimme drang. …Liebling, was geht hier vor?† …Ich denke, du bist jetzt mit allem einverstanden, nicht wahr?†, sagte Nemesis. …Wir werden die Pr‚fung durchf‚hren.† …Warte!†, rief Buffy verzweifelt. …Wohin bringst du sie? Was hast du mit meiner Mom gemacht?† …Wenn du die Pr‚fung bestehst, wirst du es erfahren†, erkl•rte Nemesis. …Du hast eine Stunde, um dich vorzubereiten. Bring keine Waffen mit.† Ihre roten Augen wanderten kurz zu Angel. …Komm allein. Bestimme den Ort der Pr‚fung†, wies Nemesis die Vampirmutter an. Die Vampirmutter trat vor und hielt Buffy eine ausgestreckte Hand hin. Darin lag eine kunstvoll verzierte Visitenkarte. Buffy nahm die Karte. Las die Adresse. …Zweitausend Elysian Fields Lane? Du machst wohl Witze.† Die Vampirmutter grinste nur. …Unter den gegebenen Umst•nden erscheint die Adresse in einem etwas anderen Licht, nicht wahr? Sei p‚nktlich, J•gerin. Wenn du scheiterst, was so gut wie fest steht, werde ich zur Stelle sein, um deine ˆberreste aufzusammeln.† …Genug!†, donnerte Nemesis. Sie klatschte zum vierten Mal in die H•nde. Dichter roter Nebel verschluckte die Gasse. Als er sich verzog, waren Buffy und Angel allein. …Wir haben nicht viel Zeit†, sagte Angel sofort. …Wir sollten gehen.† Buffy stand wie angewurzelt da. Angel trat zu ihr und legte ihr eine Hand auf die Schulter. …Buffy?† Als h•tte seine Ber‚hrung einen Bann gebrochen, fuhr Buffy zusammen, um gleich darauf in Aktion zu treten. …Du kannst nicht mitkommen, Angel†, sagte sie, als sie zum Ausgang der Gasse lief. …Du hast geh€rt, was dieses viergesichtige Unget‚m gesagt hat. Ich muss allein gehen.† Angel rannte ihr hinterher und brachte Buffy zum Halt, indem er sie am Arm festhielt. …Du kannst nicht dorthin gehen, solange wir nicht genau wissen, mit was du es zu tun hast†, sagte er eindringlich. …Wir sollten Giles suchen.† Buffy sch‚ttelte seine Hand ab und w‚nschte, sie k€nnte ebenso leicht den Drang absch‚tteln, zu schreien und zu weinen. Die M•chte der Finsternis haben meine Mom entf‚hrt. Und sie hatten kein Recht dazu, nicht das geringste. Aber nat‚rlich hatte ein
derart nebens•chlicher Aspekt sie nicht davon abgehalten. …Ich habe keine Zeit f‚r Giles. Ich mag ja bei diesem dummen Spiel mitmachen m‚ssen, aber ich sehe keinen Grund, mich an die Regeln anderer zu halten. Ich werde keine Stunde warten, Angel. Ich werde sofort dorthin gehen. Vielleicht kann ich sie so ‚berrumpeln.† Sie wollte nicht warten. Konnte nicht warten. Die M•chte der Finsternis haben meine Mom entf‚hrt. Angel packte sie an den Schultern und sch‚ttelte sie. …Ich weiƒ, wie du dich f‚hlst†, sagte er. …Ich verstehe, dass du deine Mom unbedingt retten willst. Aber du hast geh€rt, was Nemesis gesagt hat, Buffy. Du kannst keine Waffen mitnehmen. Informationen sind m€glicherweise dein einziger Vorteil. Wenn du hingehst, ohne dich vorher informiert zu haben, bist du wirklich waffenlos.† Buffy €ffnete den Mund, um ihn anzufahren, ihm zu widersprechen. Wie konnte Angel verstehen, dass sie ihre Mutter retten musste? Er hatte schlieƒlich seine eigene Mom umgebracht. Im n•chsten Moment wurde sie von heiƒer, ‚berw•ltigender Scham gepackt. Was hatte Nemesis ihn gefragt? ›Was ist das f‚r ein Gef‚hl, ein Vampir zu sein und eine Seele zu haben?‹ Das ist etwas, das ich mir nicht vorstellen kann, dachte Buffy. Aber sie wusste jetzt, dass er Recht und sie Unrecht hatte. Wenn es ‚berhaupt jemand gab, der ihren Schmerz nachempfinden konnte, dann Angel. Um siegen zu k€nnen, musste sie wissen, was sie erwartete. F‚r einen kurzen Moment lehnte sich Buffy an ihn und legte ihren Kopf an seine Brust. Wenn er ein Mensch gewesen w•re, h•tte sie jetzt seinen Herzschlag geh€rt. Sie sp‚rte, wie Angels Finger kurz durch ihr Haar strichen. …Die Uhr l•uft†, fl‚sterte er. …Lass uns gehen.†
7 Allein in dem weiƒen Haus auf dem H‚gel, ging die Vampirmutter in der Portr•tgalerie auf und ab und trauerte um ihre geliebten kleinen Jungs. Sie hatte die Haare wieder hoch gesteckt und diesmal unter einem schwarzen K•ppi verborgen. Dazu trug sie ein schlichtes schwarzes Kleid. An ihrem ‚ppigen Busen hing eine einreihige Kette aus milchweiƒen Perlen. Ihre F‚ƒe steckten in flachen Lackschuhen. Schwarze Handschuhe mit Perlenkn€pfen am Gelenk umschmiegten ihre H•nde. In den Armen hielt sie einen Strauƒ langstieliger, blutroter Rosen. Es war wichtig, auf die •uƒere Erscheinung zu achten, selbst in einer Zeit der Trauer. Eine wahre Lady verlor nie die Kontrolle, gab nie ihren Gef‚hlen nach. Die M€rder ihrer S€hne hatten die Vampirmutter schon einmal dazu gebracht, die Beherrschung zu verlieren, was sie normalerweise als h€chst unschicklich empfunden h•tte. Unter diesen Umst•nden jedoch hatte sie durch ihren Ausbruch Nemesis heraufbeschworen. Nemesis, die Ausgleicherin, die Rachebringerin. Jene, die den Tod ihrer S€hne vergelten w‚rde. Sofern nicht das Undenkbare geschieht und die m€rderische Schlampe die Pr‚fung besteht. Die Vampirmutter schauderte, als sie die Galerie der L•nge nach durchmaƒ. Ihre Abs•tze klapperten auf dem kalten, weiƒen Marmor, bis sie schlieƒlich vor dem lebensgroƒen Portr•t ihres Gemahls zum Stehen kam. Er blickte auf sie herab, streng und stolz. Aber zum ersten Mal seit ‚ber hundert Jahren konnte sie es nicht ‚ber sich bringen, seinen Blick zu erwidern. Sie hatte ihn entt•uscht. Sich selbst entt•uscht. Sie hatte versagt, ihre Pflichten vernachl•ssigt. Sie hatte ihre S€hne nicht besch‚tzt. Mit einem erstickten Schrei sank die Vampirmutter vor dem Portr•t ihres vor langer Zeit verstorbenen Gatten auf die Knie. Ihre Finger zerdr‚ckten die Blumen, die sie in den Armen hielt. Ein Schauer aus Bl‚tenbl•ttern regnete auf den Marmor, bis sie in einem Meer aus rotem Rosenblut kniete. Und dort, auf den Knien, stellte sie sich ihrer neuen Pflicht. Schwor einen neuen Eid. …Ich schw€re dir, dass unsere S€hne ger•cht werden†, versprach sie mit rauer, erstickter Stimme. …Ich werde daf‚r sorgen, dass ihre M€rderin f‚r ihre Untat bezahlt. Hier, in diesem Haus, wird sie ihrer Pr‚fung unterzogen werden.† Nemesis w‚rde die M€rderin zu ihr bringen. Sie hatte daf‚r gesorgt. So wie sie auch noch f‚r etwas anderes sorgen w‚rde.
…Ob sie die Pr‚fung nun besteht oder nicht, wird keinen Unterschied machen†, versprach die Vampirmutter ihrem verschiedenen Gatten, w•hrend sie es endlich wagte, ihm in die Augen zu sehen. …Sobald die M€rderin unserer S€hne diese Schwelle ‚berschritten hat, werde ich daf‚r sorgen, dass sie unser Haus nicht mehr verl•sst. Lebend.† …Kommen Sie, Giles. Ich habe nicht viel Zeit.† Buffy ging in der Bibliothek der Sunnydale High nerv€s auf und ab. Seit sie angekommen war, hatte sie nicht still sitzen k€nnen. Angel hatte es ‚bernommen, auf Patrouille zu gehen und ein paar Informanten aufzusuchen, die m€glicherweise mehr ‚ber Mama Vamp wussten. Buffy hatte Giles an seinem Schreibtisch angetroffen, in die Arbeit vertieft, wie nicht anders zu erwarten. Giles schien die meiste Zeit mit seinen B‚chern zu verbringen. Und wenn dies kein eindeutiges Zeichen daf‚r war, dass das Leben an ihrem W•chter vorbeiging, was dann? Buffy mochte B‚cher. B‚cher waren gut, zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Aber definitiv nicht an einem Samstagabend. Dennoch musste sie zugeben, dass Giles’ Faszination f‚r d‚stere, staubige W•lzer, f‚r alle groƒen und kleinen Nachschlagewerke gelegentlich recht hilfreich war. Wie zum Beispiel jetzt. …Gib mir noch einen Moment Zeit†, bat Giles, w•hrend er eine Stelle in dem vor ihm liegenden Buch markierte. Er blickte auf, nahm seine Brille ab und wischte sich mit einem Tweed•rmel den Schweiƒ von der Stirn. …Buffy†, sagte er in einem Tonfall, der sowohl Mitgef‚hl als auch Šrger ‚ber ihr Verhalten verriet, …ich w‚nschte, du w‚rdest dich hinsetzen. Du verschwendest nur deine Energie, wenn du weiter heruml•ufst.† …Genau†, stimmte Xander zu. …Ganz davon zu schweigen, dass du diese unansehnlichen Streifen auf dem Boden hinterl•sst.† Wenigstens eins hat geklappt, dachte Buffy, als sie sich seufzend auf einen Stuhl sinken lieƒ. Die Gang hatte sich bereits in der Bibliothek eingefunden. Was bedeutete, dass Buffy keine kostbare Zeit damit verschwenden musste, sie aufzusp‚ren. Zeit, die sie im Moment auch nicht hatte. Die anderen waren kurz nach Buffy eingetroffen. Mit ein paar knappen Worten hatte sie sich vergewissert, dass die Gang ihre Mission erf‚llt hatte: Suz Tompkins war sicher zu Hause angekommen. Buffy sagte sich, dass sie ebenfalls ihre Mission erf‚llt hatte. Sie hatte die Kerle erledigt, die hinter Suz her und f‚r das Verschwinden von Leila und Heidi verantwortlich waren. Bloƒ Pech, dass sie sich jetzt nicht auf ihren Lorbeeren
ausruhen konnte. Sie h€rte von beiden Seiten der Bibliothek das Rascheln beim Umbl•ttern der B‚cher, in denen Willow und Giles nach Hinweisen forschten. Wie gew€hnlich hatte Giles die Gang mit Arbeit eingedeckt, sobald er erfahren hatte, dass es ein Problem gab. Willow hatte die Aufgabe, nach Informationen ‚ber Nemesis zu suchen, w•hrend Giles Daten ‚ber die Vampirmutter und ihre Jungs sammelte. Oz half Willow; er hatte die B‚cher geholt, um die sie gebeten hatte, und auf ihrem Tisch zu zwei groƒen Stapeln aufget‚rmt. Auch Xander hatte eine Aufgabe – sich im Hintergrund zu halten und nicht zu st€ren. Buffy wusste nicht, um was f‚r ein Buch es sich handelte, in das Giles so vertieft war, aber sie war ziemlich sicher, dass es einen ellenlangen Titel hatte, etwa in dem Stil wie Amerikanische Vampire des neunzehnten Jahrhunderts: Eine historische Retrospektive und Chronologie. Giles hoffte, dass die Informationen ‚ber die Vamps, die Buffy gepf•hlt hatte, ihnen einen Hinweis auf die Art der bevorstehenden Pr‚fung liefern w‚rde. Wie gew€hnlich lieƒ Giles nichts unversucht. Buffy sch•tzte seine Gr‚ndlichkeit. Sehr sogar. Sie w‚nschte nur, er w‚rde schneller machen. Sie l€ste das Zopfband von ihren Haaren und machte kreisende Bewegungen mit dem Kopf, um die Verspannungen in ihrem Nacken abzubauen. Dabei warf sie einen verstohlenen Blick auf die Bibliotheksuhr. 23:23 Uhr. Seit sie erfahren hatte, dass sie sich einer Pr‚fung unterziehen musste, um ihre Mutter zu retten, war eine knappe halbe Stunde vergangen. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit. Buffy trommelte mit dem Fuƒ auf den Boden und versuchte nicht daran zu denken, wie Joyce in der Gasse hinter dem Bronze ausgesehen hatte. Wie sie ihre Handtasche an die Brust gepresst hatte, als k€nnte sie sie besch‚tzen. Ver•ngstigt. Verloren. Allein. Buffy wusste, wie es war, sich so zu f‚hlen. Sie wollte nicht, dass ihre Mom so etwas durchmachen musste. Es gen‚gte, wenn eine Summers in der Familie in scheinbar aussichtslose Lagen geriet. …Ich bin fertig†, sagte Giles pl€tzlich. …Ich glaube, ich habe etwas gefunden, auch wenn meine Nachforschungen recht unbefriedigend verlaufen sind, wie ich mit Bedauern einr•umen muss. Es gibt L‚cken in den Aufzeichnungen, aber das ist ja nichts Neues.† Buffy biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, um ihre Ungeduld zu z‚geln. …Sagen Sie mir einfach, was Sie herausgefunden haben, Giles.† …Ich bin auf einen Hinweis auf eine ganze Familie von Konf€derierten gestoƒen, die verwandelt wurde†, erkl•rte Giles und hob das Nachschlagewerk, in dem er gebl•ttert hatte. …Laut diesem Buch ist es im Jahr 1864 geschehen, kurz vor dem Ende des B‚rgerkriegs. W•hrend des Falls von Atlanta, oder kurz danach. Der
Name der Familie war Walker.† …Moment, Moment†, warf Xander ein. …Wollen Sie damit sagen, dass ein Kerl namens Rhett Butler darin verwickelt war?† Giles legte das Buch auf den Tisch. …Obwohl ich dir unter normalen Umst•nden in diesem Moment ein Lob daf‚r ausgesprochen h•tte, dass du tats•chlich eine literarische Anspielung gemacht hast, Xander, kann ich...† …Was f‚r eine literarische Anspielung?†, unterbrach Xander verdutzt. …Ich spreche von einem Film – Sie wissen schon – Vom Winde verweht.Ä …Xander†, meldete sich Willow zum ersten Mal zu Wort. …Erinnerst du dich noch an das erste Schuljahr? In der Bibliothek muss man still sein.† …Nun ja, um zum Thema zur‚ckzukehren†, fuhr Giles fort. …Wie es scheint, war Mr. Walker ein Offizier in der Konf€derierten Armee. Wie er zu einem Vampir wurde, wer daf‚r verantwortlich war, ist nicht belegt. Bekannt ist nur, dass er w•hrend der Belagerung von Atlanta desertierte und zu seiner Familie zur‚ckkehrte. Er verwandelte seine Frau. Sie verwandelte dann ihre beiden f‚nfzehnj•hrigen S€hne. Die gesamte Familie entkam, als Atlanta in Brand gesteckt wurde.† …So viel zu den Familienbanden†, warf Oz ein. Giles zog die Brauen hoch. …Nun ja†, h‚stelte er. …Der Vater wurde einige Jahre sp•ter, •h, get€tet, w•hrend die Mutter und die beiden S€hne am, •h, Leben blieben. Nebenbei, sie sind eineiige Zwillinge. Habe ich das schon erw•hnt?† …In diesem Fall†, sagte Buffy, …sind es eindeutig unsere Jungs. Sonst noch etwas?† Giles nahm seine Brille ab und rieb sich den Nasenr‚cken. …Bedauerlicherweise nein. Das hier ist wirklich nur eine Chronologie, keine umfassende Studie der amerikanischen Vampire des neunzehnten Jahrhunderts.† …Wer schreibt eigentlich derartige B‚cher?†, fragte sich Xander laut. …Glaub mir†, erwiderte Giles, …das w‚rdest du nicht wissen wollen.† …Es hilft mir nicht viel weiter, nicht wahr?†, unterbrach Buffy. …Abgesehen von der Information, wie sie verwandelt wurden, haben wir alles andere bereits gewusst. Die Tatsache eingeschlossen, dass Mama Vamp an einem sehr schweren Fall von Familieritis leidet.† Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf Willow und drehte sich auf ihrem Stuhl zu ihr um. …Irgendetwas ‚ber Nemesis, Will?† Ein besorgter Ausdruck huschte ‚ber das Gesicht des Rotschopfes. Sie wies auf die beiden B‚cherstapel, die sich neben ihr t‚rmten. …Ich bin mir nicht sicher†, erkl•rte sie. …Es gibt die W€rterbuchdefinition und die historische Definition. Welche willst du zuerst h€ren?† …Das sind alles W€rterb‚cher?†, fragte Xander. …Kaum zu fassen. Okay, okay, ich
weiƒ Bescheid†, sagte er und hielt bei Willows finsterem Blick die H•nde hoch, als w‚rde man ihn als Geisel nehmen. …Ich werde von jetzt an so still wie eine kleine Bibliotheksmaus sein.† Willow schlug den umfangreichsten der B•nde auf. Die Schrift war so klein, dass man ein Vergr€ƒerungsglas brauchte, um sie entziffern zu k€nnen. …Nemesis†, las Willow laut vor. …Ein Mittel oder ein Akt der Vergeltung; jemand oder etwas, das einen besiegt oder vernichtet; ein Gegner, der nicht bezwungen werden kann.† …Wie sch€n†, sagte Buffy. …Ich denke, in diesem Fall w•re Unwissenheit vorzuziehen gewesen.† …Nun†, sagte Willow aufmunternd, …dann gibt es noch das historische Zeug. Die Erkl•rungen sind alle fast identisch. Nemesis war urspr‚ngliche eine griechische G€ttin.† Dieses Wesen, das ich in der Gasse gesehen habe, war eine G€ttin?, dachte Buffy. …Von was?† …Der Vergeltung†, antwortete Willow. …Auƒerdem der ausgleichenden, strafenden Gerechtigkeit, die R•cherin b€ser Taten.† …Nun, dann sollte alles in Ordnung sein†, warf Oz an ihrer Seite ein. …Buffy hat getan, was ihre Aufgabe ist. Sie hat Vampire gepf•hlt. Was meiner Meinung nach nicht gerade etwas ist, was man als b€se Tat bezeichnen k€nnte.† …Ich habe bereits versucht, ihr das klar zu machen†, sagte Buffy. …Ohne groƒen Erfolg. Die Vampirmutter hat die M•chte der Finsternis angerufen, und dieses Nemesis-Wesen ist gekommen. Ich w‚rde sagen, f‚r unsere Definition von b€sen Taten sieht es nicht besonders gut aus.† …Aber das ergibt keinen Sinn†, protestierte Willow. …Nun, um genau zu sein...†, begann Giles. …Ich wusste, dass es einen Haken gibt†, murmelte Xander. Buffy sprang auf. Sie hatte genug vom Stillsitzen. Es brachte sie nirgendwo hin, und die Uhr tickte. Ihr blieb bis zur Pr‚fung weniger als eine halbe Stunde. …Um genau zu sein?†, wiederholte sie. …Nun, logisch gesehen†, sagte Giles, …tritt dieser Widerspruch nur auf, wenn wir versuchen, unseren eigenen Maƒstab von Gut und B€se an Nemesis anzulegen. Aber wenn wir auf diesen Maƒstab verzichten...† …Oder den Maƒstab der M•chte der Finsternis anlegen...†, warf Willow ein. …Exakt†, nickte Giles. …Unter diesem Aspekt gibt es keinen Widerspruch. So betrachtet ist es die J•gerin, die eine b€se Tat begangen hat, und zwar an einer Angeh€rigen der M•chte der Finsternis. Wir m€gen mit dieser Sichtweise nicht einverstanden sein, aber sie hat ihre eigene Logik.† …Ob er jemals etwas auf Englisch erkl•ren wird?†, beklagte sich Xander. …Ich bin Engl•nder†, antwortete Giles knapp.
…Aber sie hat sich selbst als ausgleichende Macht bezeichnet†, wandte Willow ein. …Sollte das unserer Seite nicht helfen?† Giles setzte seine Brille wieder auf. …Es sollte, aber ich bin mir keineswegs sicher, dass es das auch wird†, erwiderte er. …Um genau zu sein, ich glaube, wir k€nnen davon ausgehen, dass Buffy bereits den entscheidenden Punkt angesprochen hat. Nemesis wurde von der Vampirmutter heraufbeschworen. Was auch immer Nemesis’ urspr‚ngliche Aufgabe gewesen sein mag, sie ist jetzt eine Agentin der M•chte der Finsternis. Wir sollten deshalb damit rechnen, dass die von ihr vorbereitete Pr‚fung nicht fair und ‚beraus unerfreulich sein wird.† …Groƒartig†, murmelte die J•gerin. …Nun, dann m‚ssen wir eben f‚r Fairness sorgen†, sagte Willow hitzig. Sie stand von ihrem Stuhl auf und trat zu Buffy. …Wir lassen dich nicht allein gehen. Wir haben dich noch nie im Stich gelassen. Und jetzt ist keine gute Zeit, damit anzufangen. Kein guter Tag, um Neues zu beginnen. Das habe ich in meinem Horoskop gelesen.† Buffy legte ihrer Freundin eine Hand auf die Schulter. …Ich muss allein gehen, Will†, sagte sie sanft. …Dieses viergesichtige Wesen hat meine Mom entf‚hrt. Ich werde alles tun, um sie zur‚ckzuholen. Das bedeutet, dass ich mich an ihre Regeln halten muss: allein und unbewaffnet. Das ist schlieƒlich nicht das erste Mal.† …Aber...†, sagte Willow. …Kein Aber†, wehrte die J•gerin ab. …Das ist mein Kampf, Will. Meiner ganz allein. Wenn du mir wirklich helfen willst, dann bleib hier, wo du sicher bist.† Und mir nicht im Wege stehst. …Nun, okay†, gab Willow schlieƒlich nach. …Aber es gef•llt mir nicht.† …Wir werden unsere Nachforschungen fortsetzen†, versprach Giles. …Vielleicht finden wir noch mehr heraus.† …Gut†, nickte Buffy. Gespannte Stille senkte sich ‚ber die Bibliothek. Niemand fragte, wie sie sie informieren sollten, wenn sie etwas herausfanden. …Und konzentriere dich†, f‚gte Giles hinzu, bevor Buffy die T‚r erreichte. …Lass dich nicht von irgendwelchen Tricks ablenken, die Nemesis wom€glich anwendet. Geh zu der Pr‚fung. Hol deine Mutter und verschwinde mit ihr.† …Schon kapiert†, sagte Buffy. …Und setze deinen Verstand ein.† …Genau das hatte ich auch vor.† Schlieƒlich ist mein Verstand so ziemlich die einzige Waffe, die mir zur Verf‚gung steht, f‚gte die J•gerin im Stillen hinzu. …Und...† …Giles†, sagte Buffy, als sie die Bibliothekst‚r aufzog. …Ja?†
…Ich gehe.† …Nun ja – viel Gl‚ck†, sagte er. …Danke†, erwiderte Buffy. Sie lieƒ die T‚r los und h€rte, wie sie hinter ihr zufiel. Ihre Freunde, ihren W•chter aussperrte. Ich bin auf mich allein gestellt, dachte Buffy. Nicht einmal Angel, der oftmals Wege beschreiten konnte, die den anderen versperrt waren, konnte ihr helfen. Sie war alles, was zwischen ihrer Mutter und einem ungewissen Schicksal stand. Steh nicht bloƒ herum, beweg dich endlich, sagte sie sich. Von jetzt an, mehr denn je, z•hlte jede Sekunde. Zehn Minuten sp•ter war Buffy zu Hause und bewegte sich mit der Zielsicherheit einer Lenkrakete durch die R•ume. Sie durchw‚hlte Kleiderschr•nke, st€berte in Schubladen. Keine Waffen, hatte Nemesis gesagt. Aber das ist nicht dasselbe wie mit leeren H•nden zu gehen, nicht wahr? Das Problem war, dass Nemesis die Regeln aufstellte, was es Buffy fast unm€glich machte, mit Sicherheit sagen zu k€nnen, was als Waffe galt und was nicht. Sie wollte sich aber auch nicht mit einem Haufen unn‚tzer Dinge belasten, ohne zu wissen, gegen was sie w•hrend der bevorstehenden Pr‚fung k•mpfen musste. Verzweifelt schlug sie die T‚r des Medizinschr•nkchens im Badezimmer zu. Was hatte sie ‚berhaupt dort gesucht? Glaubte sie im Ernst, sie konnte ihre Mutter retten, indem sie ihre Zahnb‚rste z‚ckte? Die Borsten standen zwar in alle Richtungen ab, weil sie sich die Z•hne so kr•ftig zu putzen pflegte, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass sich die M•chte der Finsternis davon einsch‚chtern lieƒen. Sie €ffnete eine Schublade, nahm ein Zopfband heraus als Ersatz f‚r jenes, das sie in der Bibliothek vergessen hatte, strich ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zur‚ck und befestigte ihn mit dem Band. Stromlinienform kann nur von Nutzen sein, dachte sie, als sie in ihr Zimmer zur‚ckkehrte, um sich umzuziehen. Je weniger Angriffsfl•che sie dem Feind bot, desto besser. Sie l•chelte grimmig, als sie erkannte, dass sie sich denselben Rat gab, den sie Suz Tompkins im Einkaufszentrum erteilt hatte. Man durfte dem Gegner keine Gelegenheit geben, sich irgendwo festzukrallen. Eilig schl‚pfte Buffy in eine hautenge schwarze Hose, zog ein T-Shirt an und stieg in ihre robustesten Stiefel. Die Stiefel gaben ihr ein etwas besseres Gef‚hl. Wenn sie den M•chten der Finsternis in den Hintern treten musste, dann so kr•ftig wie m€glich. Ihre Mutter mochte es nicht, wenn sie schwarze Sachen anzog. Aber Buffy nahm an, dass dies eine Gelegenheit war, bei der selbst ihre Mom zugeben musste, dass
es keine Rolle spielte, was Buffy trug. Sie fr€stelte pl€tzlich. Die Wahrheit war, dass sich Buffy ohne den Inhalt ihrer J•gertasche ein wenig nackt vorkam. Aus einem Impuls heraus trat sie wieder an den Schrank, nahm die Lederjacke heraus, die Angel ihr vor einer Ewigkeit geschenkt hatte, und streifte sie ‚ber. Die Tatsache, dass sie Taschen hatte, war irgendwie beruhigend. Nat‚rlich hatte sie nichts, was sie hineinstecken konnte. Sie warf einen Blick auf die Leuchtziffern der Digitaluhr auf der Kommode. Dann eilte sie zur Haust‚r und versuchte, das wummernde, an eine ‚berdrehte Bassfrequenz erinnernde H•mmern ihres Herzens zu ignorieren. Sie kam nur bis ins Wohnzimmer. Abrupt blieb sie stehen. Dort, auf der Couch, im Lichtkreis einer Tischlampe, lag das Fotoalbum. Genau wie Joyce es zur‚ckgelassen hatte, als w•re sie, aus freiem Willen, nur kurz nach drauƒen gegangen und w‚rde jeden Moment zur‚ckkommen. Buffy sp‚rte, wie ihr rasender Herzschlag stockte, wie ihr Atem aussetzte. Ihre Mutter war nicht aus freiem Willen fortgegangen. Sie war von den M•chten der Finsternis entf‚hrt worden. Entf‚hrt aus ihrem Haus, weil Buffy etwas getan hatte. Etwas, das sie tun musste. Weil sie die J•gerin war. Weil sie die Auserw•hlte war. Wegen Buffy war ihre Mutter in Gefahr. Es war nicht das erste Mal und m€glicherweise auch nicht das letzte. Bei diesem Gedanken f‚hlte sich Buffy nicht unbedingt besser. Sie wusste, dass die Zeit knapp war, der Countdown bis zum Beginn der Pr‚fung lief unerbittlich. Aber dennoch trugen ihre F‚ƒe sie zur Couch, saugten sich ihre Augen an dem Album fest, das ihre Mutter zusammenstellte, um ihr eine Freude zu machen. Das Album, das Buffys Entwicklung von der Kindheit bis zum Erwachsenenalter dokumentieren sollte. Buffy betrachtete die aufgeschlagene Seite, jene Seite, an der ihre Mutter gearbeitet hatte, als sie so brutal unterbrochen worden war. Zahlreiche Fotos waren bereits eingeklebt. Ein weiteres lag da, als wartete es nur darauf, hinzugef‚gt zu werden. Buffy b‚ckte sich und hob es auf. Das Bild zeigte sie im Alter von zehn Jahren. Die kleine Buffy war selbstbewusst, voller Leben und grinste in die Kamera. Ich erinnere mich an diesen Tag, dachte Buffy. Die ganze Familie war in einen Park gegangen, und sie hatte sich auf eine Schaukel gesetzt und von ihrem Dad anstoƒen lassen, h€her und h€her, bis das kleine M•dchen, das sie gewesen war, aufgeschrien hatte. Und zwar so, wie es nur Kinder konnten: in einer Mischung aus Angst und Lachen. Dass sie so hoch und immer h€her in den Himmel geflogen war, hatte sie gleichzeitig erschreckt und begeistert. Denn tief in ihrem Herzen hatte Buffy
keine Angst gehabt. Sie hatte gewusst, dass ihre Eltern bei ihr waren, direkt an ihrer Seite. Mit der Sicherheit eines Kindes hatte sie gewusst, was das bedeutete: dass nichts Schlimmes passieren, dass ihr nichts zustoƒen konnte. Buffy legte die Aufnahme zu den anderen, die bereits in dem Album klebten. Erinnerungen wurden wach. Dort war sie mit ihrer Kusine Celia, die viel zu jung gestorben war. Und da war Buffy an ihrem achten Geburtstag, als ihr Vater sie zum ersten Mal mit zum Schlittschuhlaufen genommen hatte. Etwas, das er schon lange nicht mehr tat, ganz gleich, wie sehr ihr Herz sich auch danach sehnen mochte. Aber andererseits hatte sie ihrem Vater auch schon lange nicht mehr gesagt, was sie sich tief im Herzen w‚nschte. Denn jetzt war die kleine Buffy Summers erwachsen. Ihre Eltern waren geschieden. Ihr Vater war weit weg. Jetzt schickte er ihr eine Karte mit einem Scheck zum Geburtstag. Wenn er sich ‚berhaupt daran erinnerte. Und ihre Mom, die stets zu ihr gehalten hatte, ganz gleich, was passiert war, ihre Mom steckte jetzt in groƒen Schwierigkeiten. Weil das Kind auf diesem Foto herangewachsen und die J•gerin geworden war, die Auserw•hlte. Eine Sache, bei der sie absolut keine Wahl gehabt hatte. Und ihre Mutter auch nicht, erkannte Buffy pl€tzlich. Sie hatte es lange vor ihrer Mutter geheim gehalten, dass sie die J•gerin war. Aus vielen Gr‚nden. War dies einer davon gewesen? Hatte Buffy instinktiv gewusst, dass sich Joyce zwar erschrecken, sie aber niemals im Stich lassen w‚rde? Dass sie zu ihrer Tochter halten, ihr immer zur Seite stehen w‚rde, ganz gleich, was geschah? Buffys Freunde hatten sich bewusst dazu entschlossen, Teil ihrer Welt als J•gerin zu sein. Sicher, sie w•re verletzt gewesen, wenn sie sich entschieden h•tten, ihr den R‚cken zuzukehren und fortzugehen. Aber sie h•tte es verstanden, ohne ihnen Vorw‚rfe zu machen. Die Welt war ein angenehmerer, ein einfacherer Ort, wenn man nicht wusste, was Buffy wusste. Wenn man sich nicht der Tatsache stellen musste, dass sie nicht immer sicher war. Joyce Summers hatte nie eine andere Wahl gehabt, als sich den Tatsachen zu stellen. Joyce war an Buffy gebunden, weil sie Joyce war: die Mutter der J•gerin, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Buffy trat in die Mitte des Wohnzimmers und betrachtete sich in dem Spiegel ‚ber dem Kamin. War das kleine M•dchen, jenes, dessen Andenken ihre Mutter so liebevoll bewahrte, noch immer irgendwo in ihr? Vielleicht diente das Fotoalbum im Grunde nur dazu, sie daran zu erinnern, dass es so war. Vielleicht hatte ihre Mutter mehr verstanden, als Buffy ihr zutraute oder wahrhaben wollte. Vielleicht verstand sie, was f‚r ein Gef‚hl es war, an seiner Vergangenheit zu
zweifeln, weil einem eine Zukunft winkte, um die man nicht gebeten hatte und ‚ber die man keine Kontrolle hatte. Eine Zukunft als Auserw•hlte. Und jetzt war auch ihre Mutter auserw•hlt worden. Als ein Werkzeug der Vergeltung, der Rache, eine M€glichkeit, Buffy zu schaden. Und es gab nur eins, das Buffy dagegen tun konnte. Nicht versagen. Das Fotoalbum, das hinter ihr auf der Couch lag, war der sprechende Beweis, dass ihre Mutter ihr vertraute. Dass ihre Mutter sie liebte. Jetzt war Buffy an der Reihe, ihre Liebe zu beweisen. Und zu best•tigen, dass das Vertrauen ihrer Mutter berechtigt war. Sie wollte sich gerade abwenden, von neuer Entschlossenheit erf‚llt, als ihre Augen auf etwas fielen, das auf dem Kaminsims lag. Die Schachtel Streichh€lzer, die ihre Mutter immer bereithielt, um bei besonderen Anl•ssen Kerzen anzuz‚nden. Eine Reihe von Bildern erschienen blitzschnell vor Buffys innerem Auge. Ihre Mutter, wie sie an Thanksgiving, an Geburtstagen oder aber aus keinem besonderen Grund Kerzen anz‚ndete. Aus keinem anderen Grund als dem, es sich gem‚tlich zu machen. Es mir gem‚tlich zu machen, dachte Buffy. Sie machte zwei schnelle Schritte, nahm die Streichholzschachtel vom Kaminsims und steckte sie in ihre Jackentasche. Nemesis hat etwas vergessen, dachte sie. Etwas, das selbst Buffy fast vergessen hatte. Etwas, an das sie sich vielleicht nicht erinnert h•tte, wenn es nicht um ihre Mom gegangen w•re. Eine J•gerin musste keine Waffen mitbringen. Denn die beste Waffe einer J•gerin war immer sie selbst.
8 F‚r wen h•lt sich Buffy Summers eigentlich?, fragte sich Suz Tompkins. Sie kauerte in den B‚schen auf der anderen Seite der Straƒe und beobachtete, wie Buffy das Haus verlieƒ. Verfolgte, wie sie mit schnellen Schritten ‚ber den B‚rgersteig ging, nicht in Eile, aber zielstrebig. Im Lichtschein einer Straƒenlaterne konnte Suz sogar den Ausdruck auf Buffys Gesicht sehen. Entschlossen. Grimmig. Sie geht, als w‚sste sie genau, wohin sie will. Nun, soweit es Suz betraf, war das v€llig in Ordnung. Denn Buffy war nicht die Einzige, die wusste, wohin sie wollte. Suz wusste es auch. Sie w‚rde genau dorthin gehen, wo auch Buffy hinging. Wo immer das auch war. Wenn sie dort ankamen, w‚rde Suz das tun, was sie schon tun wollte, seit sie sich von Willow, Oz und Xander nach Hause hatte bringen lassen. Sie w‚rde die Sache selbst in die Hand nehmen. Das wettmachen, was im Bronze passiert war. Buffy bog um die Ecke, und Suz glitt aus ihrem Versteck und rannte ‚ber die Straƒe, entschlossen, ihr Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Sie hatte ein Mal alles vermasselt. Ein zweites Mal w‚rde ihr das nicht passieren. Der Schmerz, die Dem‚tigung, die sie am Abend erlitten hatte, dr‚ckte noch immer schwer auf ihrer Brust. Brannte wie ein Feuerball. Buffy ihr Herz auszusch‚tten war eine Sache, und das war schon schlimm genug gewesen. Aber sich von Buffys vertrottelten Freunden nach Hause fahren zu lassen, als w•re sie eine sechsj•hrige G€re, die einen Babysitter brauchte, war etwas ganz anderes. Etwas, das sie nicht auf sich sitzen lassen wollte. Mit dem sie sich nicht abfinden konnte. Sie hatte schlieƒlich einen Ruf zu wahren. Und zwei Freundinnen, die sie r•chen musste. Etwas, das sie l•ngst h•tte tun sollen, und zwar allein. Aber sie konnte weder das eine noch das andere tun, wenn sich herumsprach, dass sie sich von Willow Rosenberg hatte nach Hause fahren lassen. Die Tatsache, dass in Wirklichkeit Oz am Steuer gesessen hatte, w‚rde kaum einen Unterschied machen. Alle w‚rden wissen, dass Suz Tompkins dabei war, die Nerven zu verlieren. Die Nerven verloren hatte. Sie konnte das nicht zulassen. Auf keinen Fall. Sie bog um die Ecke und duckte sich, als Buffy den Kopf drehte. Wohin in aller Welt wollte Buffy nur? Nicht, dass es eine groƒe Rolle spielte. Wo Buffy auch immer hinging, Suz w‚rde ihr folgen.
Sie vermutete, dass sie sich mit demjenigen treffen wollte, der f‚r das verantwortlich war, was Leila und Heidi zugestoƒen war. Denn trotz der seltsamen Reaktion von Buffy und ihren Freunden fiel es Suz schwer zu glauben, dass ihre Freundinnen von den Zwillingen massakriert worden waren, die sie fr‚her am Abend im Bronze gesehen hatte. Zum einen sahen sie zu jung aus. Zum anderen... Wie hatte diese Nervens•ge Xander Harris sie noch gleich genannt? Die Pillsbury Popper. Die reinsten Milchbubis, dachte sie. Die beiden hatten auf Suz in keinster Weise gef•hrlich gewirkt. Und von denen habe ich mich in Panik versetzen lassen, dachte sie. Sie hatte zugelassen, dass sie ihr tagelang nachschlichen und sie auf einen derartigen Horrortrip brachten, dass sie gegen eine der wichtigsten Regeln verstoƒen hatte, die sie und ihre Freundinnen aufgestellt hatten. Sie hatte ihre Probleme jemandem anvertraut, der nicht zu ihnen geh€rte: einer Auƒenstehenden. Dann hatte sie zugelassen, dass Buffy die Sache in die Hand nahm, w•hrend sie praktisch nach Hause ins Bett geschickt worden war. Wenn ich Willow mit reingenommen h•tte, h•tte sie mir dann eine Gutenachtgeschichte vorgelesen?, fragte sie sich. W•hrend Oz und Xander in die stets makellose K‚che ihrer Mutter geschlichen w•ren, um sich den Bauch mit Keksen und Milch voll zu stopfen. H•tte Suz sich noch erb•rmlicher verhalten k€nnen? Wohl kaum. Aber die Sache war damit noch lange nicht gelaufen. Nicht, wenn sie irgendetwas dazu zu sagen hatte. Buffy war sich ziemlich sicher, dass sie verfolgt wurde. Sie hatte es bereits gesp‚rt, als sie das Haus verlassen hatte. Das Gef‚hl, beobachtet zu werden. Das Prickeln zwischen ihren Schulterbl•ttern, das fast immer bedeutete, dass jemand oder etwas hinter ihr her war, sie beobachtete, belauerte, verfolgte. Normalerweise h•tte sie sich die Zeit genommen, herauszufinden, wer oder was es war, um die m€gliche Bedrohung auszuschalten. Es war nicht besonders clever, seinen R‚cken ungesch‚tzt zu lassen. Das wusste schlieƒlich jeder, nicht nur die J•gerin. Aber das w‚rde Zeit kosten, und Zeit war ein Luxus, den sie sich nicht leisten konnte. Buffy vermutete ohnehin, dass sie von jemand verfolgt wurde, der den Auftrag hatte, sie abzulenken. Genau davor hatte Giles sie gewarnt. Werden mir Punkte abgezogen, wenn ich zu sp•t zu der Pr‚fung komme?, fragte sie sich. Und was w‚rde passieren, wenn sie gar nicht erst erschien? W‚rde Nemesis dann Joyce Mrs. Walker ‚bergeben, der Vampirmutter?
Buffy beschleunigte ihre Schritte, w•hrend ihr Giles’ Einsch•tzung der Situation durch den Kopf ging. Die Pr‚fung w‚rde wahrscheinlich nicht fair und dar‚ber hinaus •uƒerst unerfreulich sein. Groƒartig, dachte sie. Genau das, was ich brauche. Eine Pr‚fung, die wie ein Termin beim Zahnarzt klingt. Aus den Augenwinkeln erhaschte sie eine Bewegung und drehte den Kopf. Nichts. Entweder spielten ihre J•gersinne ihr einen Streich, oder jemand anders spielte Katz und Maus mit ihr. K‚mmer dich nicht weiter darum, sagte sie sich, als sie ihre Schritte noch mehr beschleunigte. Geh einfach weiter. Geh zur Pr‚fung. Hol Mom raus. Verschwinde mit ihr. Sieh dich nicht um. …Mir gef•llt das noch immer nicht†, sagte Willow. Sie hatte Buffys Job ‚bernommen, in der Bibliothek nerv€s auf und ab zu gehen. Obwohl die J•gerin vor mehreren Minuten aufgebrochen war, saƒen ihre Freunde noch immer zusammen. Alle vermieden es, auf die Uhr zu sehen, und konnten doch eines nicht erwarten. Dass die Zeiger die Zw€lf erreichten. Punkt Mitternacht sollte Buffys Pr‚fung beginnen. …Es soll dir auch nicht gefallen†, bemerkte Xander, als Willow an ihm vorbeimarschierte. Er hatte die Erlaubnis bekommen, wieder zu sprechen, nachdem sie mit den Nachforschungen fertig waren. …Wir haben es schlieƒlich mit den M•chten der Finsternis zu tun.† …Ich meine, wir wissen nicht einmal, was gerade passiert†, sagte Willow. Xander sah sich in der Bibliothek um, als suche er nach Unterst‚tzung. …Ist sonst noch jemand hier, der mit mir ‚bereinstimmt?† …Ich bin hier†, sagte Oz. …Genau!†, rief Willow und fuhr zu ihm herum. …Darauf wollte ich hinaus. Wir k€nnen nicht dort sein. Wir sind hier, zur‚ckgelassen, im Dunkeln. In der Abwesenheit von Licht. In der Finsternis, die geradezu stygisch ist.† …Ich hasse diese Sorte†, warf Xander so schnell ein, dass alle wussten, dass er nicht wusste, was es bedeutete. …Diese Sorte ist die absolut schlimmste.† …Und w•hrenddessen braucht Buffy unsere Hilfe.† Willow lieƒ sich auf den Stuhl fallen, auf dem vorher Buffy gesessen hatte, und schloss ihre Finger um das Zopfband, das die J•gerin vergessen hatte. …Ich mag es nicht, tatenlos herumzusitzen†, sagte sie. …Es ist frustrierend.† …Genau so f‚hlt man sich als W•chter†, erkl•rte Giles pl€tzlich. …Aber ich stimme dir zu, Willow†, fuhr er fort. …Das heiƒt, in Bezug auf die Frustration.
Ungl‚cklicherweise sehe ich in Anbetracht der gegenw•rtigen Umst•nde keinen Ausweg.† …Das ist ja das Problem! Wir k€nnen nichts sehen!†, jammerte Willow. …Es ist Mitternacht†, sagte Oz. …Nun†, murmelte die J•gerin. Sie warf einen pr‚fenden Blick auf die weiƒe Visitenkarte in ihrer Hand und sah dann wieder auf das Haus vor ihr. …Ich sch•tze, das ist es.† Zweitausend, Elysian Fields Lane. Sie h•tte wissen m‚ssen, dass es sich als eines der H•user entpuppen w‚rde, die sie immer zum Z•hneknirschen brachten. Eine s‚dkalifornische, aus verschiedenen Baustilen zusammengew‚rfelte Monstrosit•t. Bevor Buffy nach Sunnydale gekommen war, hatte sie kaum einen Gedanken an die Tatsache verschwendet, dass Architektur tats•chlich Furcht einfl€ƒen konnte. Aber das war damals gewesen, in den alten, unschuldigen Tage ihres Lebens in der Stadt der Engel. Die weiƒen Steinw•nde des auf einem der niedrigen H‚gel ‚ber Sunnydale thronenden Hauses leuchteten selbst in der mittern•chtlichen Dunkelheit. M•chtige weiƒe S•ulen trugen einen um das Geb•ude f‚hrenden Vorbau, sodass es wie eine Mischung aus Tara in Vom Winde verweht, einem griechischen Tempel und einem grinsenden Totensch•del aussah. Wie passend, dachte Buffy. Sie holte tief Luft, um ihre Nerven zu beruhigen, und ging die Auffahrt hinauf. Die Sohlen ihrer Stiefel knirschten auf dem Kiesbelag. Das Gef‚hl, verfolgt und beobachtet zu werden, war noch immer da, aber sie hatte es erfolgreich verdr•ngt. Wichtig war nur das, was vor ihr lag. Auch wenn es ihr nicht besonders gefallen w‚rde. Sie erreichte die Veranda und stieg die kurze Treppe hinauf. Dabei ging das Verandalicht an. Geblendet schnellten Buffys H•nde vor ihr Gesicht und schirmten ihre Augen ab. Sie sp‚rte, wie ihre Muskeln sich spannten, sich kampfbereit machten. Vor ihr schwang lautlos die Haust‚r auf. Tritt in mein Haus, sagte die Spinne zu der Fliege. Spinnen. Schluck. Buffy straffte sich, hob ihr Kinn und trat ‚ber die Schwelle. …Wally, Beaver, ich bin zu Hause.† Nichts. Hinter ihr schlug die T‚r zu.
9 In dem Herrenhaus, das seine Zuflucht war, starrte der Vampir namens Angel ins Feuer. Aber er sah die Flammen nicht, die langsam die Holzscheite verzehrten. Er dachte nur an eins: die Zeit, die unaufhaltsam verstrich, und Buffys Pr‚fung, die unweigerlich n•her r‚ckte. Ich habe sie allein gehen lassen. Es gab viele Dinge, mit denen sich Angel abgefunden hatte, Schlachten, in die er nicht gezogen war, weil er wusste, dass er sie nie gewinnen w‚rde; dass er war, was er war – ein D•mon mit einer Seele –, geh€rte ebenfalls dazu. Aber eines hatte er nie gelernt. Zu akzeptieren, dass es Zeiten gab, in denen er zur‚cktreten und zusehen musste, wie sich die Frau, die er liebte, in Gefahr begab. Ohne ihn. Er schlug mit der Faust auf den Kaminsims, ohne den harten Stein zu f‚hlen, ebenso wenig wie er die Hitze der Flammen sp‚rte. Wenn er besorgt war, war es stets sein erster Impuls, ein Feuer zu machen. Ein Verlangen nach Licht und W•rme, das ihn nie verlassen hatte, nicht einmal nach all diesen Jahren und all den Dingen, die er geworden war. Vielleicht war es genetisch bedingt. Vielleicht war ein Teil von ihm so sehr in seinen Genen verankert, dass er immer derselbe bleiben w‚rde. So grundlegend war dieser Teil. Es spielte auch keine Rolle, dass er nur die H•lfte von dem genieƒen konnte, was das Feuer zu bieten hatte. Nur das Licht. Nicht die W•rme. Er war tot, er war seit mehr als 200 Jahren tot. Es gab kein Feuer auf Erden, das ihn w•rmen konnte. Sag mir, was ist das f‚r ein Gef‚hl, das zu sein, was du bist, und eine Seele zu haben? Er sp‚rte, wie sich gegen seinen Willen seine Lippen zu einem bitteren L•cheln verzogen. Eins musste er Nemesis lassen. Sie wusste, wie man eine Frage stellte. Es ist die H€lle. Jedenfalls so gut wie. Dass er die H€lle durchlebte konnte man nur deshalb nicht behaupten, weil er nicht lebte. Er starrte finster in die Flammen, doch pl€tzlich ruckte sein Kopf herum, Sekunden, bevor er das wilde H•mmern an seiner Haust‚r h€rte. Er durchquerte den Raum mit schnellen, groƒen Schritten und riss die T‚r auf. Vor ihm, in der Dunkelheit, stand Willow. Oz war an ihrer Seite. Xander und Giles waren dicht hinter ihnen. Er konnte Oz’ Transporter und Giles’ klapperigen Citro•n am Straƒenrand parken sehen. Sieh an, die ganze Gang ist hier versammelt, dachte Angel. Die einzige Frage war, warum waren sie gekommen? …Was ist los?†, fragte er mit scharfer Stimme. …Was ist passiert?† …Nichts†, antwortete Willow. In den H•nden hielt sie eine groƒe Kupfersch‚ssel.
…Nun, ihr seid doch nicht den ganzen Weg hierher gekommen, um mir einen Mitternachtssnack zuzubereiten, oder?† Oz hielt mit der rechten Hand einen Gegenstand hoch: einen Krug Quellwasser. …Kristallkugelzauber†, sagte er knapp. Angel zog die Brauen hoch. Er wusste sehr wohl, welch starke Gef‚hle Buffys Freunde f‚r sie empfanden, aber zuweilen war selbst er ‚berrascht. …Kristallkugelzauber†, wiederholte er. …Interessante Idee.† Er sah wieder Willow an. …Deine?† Der Rotschopf nickte und dr‚ckte die Sch‚ssel an sich. …Ich dachte, wenn wir Buffy schon nicht begleiten k€nnen, dann k€nnen wir wenigstens beobachten, was passiert. Um notfalls einzugreifen, wenn etwas schief geht.† …Wie die Kavallerie†, meinte Angel. Willow nickte erneut. …So in der Art†, best•tigte sie. …Ich habe ihnen die Risiken erkl•rt†, meldete sich Giles mit leicht h€lzern klingender Stimme zu Wort. …Aber wie es scheint, bin ich ‚berstimmt worden – wie immer.† Und das bezieht sich nicht nur auf den Zauber, dachte Angel. Giles war vermutlich nicht begeistert von dem Ort, den Willow gew•hlt hatte. Aber er ist gekommen, aus demselben Grund, aus dem ich ihn hereinlassen werde. Weil die J•gerin zuerst kam. Immer. Angel trat zur‚ck und bedeutete Buffys Freunden einzutreten. …Kommt herein†, sagte er. Und versuchte die Tatsache zu ignorieren, dass Giles der Letzte war, der ‚ber die Schwelle trat. …Mom?† Buffy stand an der T‚r des Vampirhauses und sah sich schnell um. Von dem Marmoreingang f‚hrten zwei Flure wie ausgestreckte Arme in die Seitenfl‚gel. Vor ihr befand sich eine Wand, deren Tapete mit kohlkopfgroƒen Rosen gemustert war. Wie es schien, war die Vorliebe der Vampirmutter f‚r Blumen nicht allein auf ihre Kleidung beschr•nkt. Grund genug f‚r Buffy, mit Sorge an all das zu denken, was ihr noch bevorstand. Sie holte tief Luft, hielt sie f‚r einen Moment an und atmete dann aus. Die Luft in dem Haus war muffig und kalt. Es ist lange her, seit etwas Lebendes hier gewesen ist, dachte Buffy. Und das, was hier war, hatte nicht sehr lange ‚berlebt. Allein der Gedanke daran beschleunigte ihren Puls. Wo ist meine Mom? ˆberzeugt, dass es besser war, etwas zu unternehmen, statt einfach nur
herumzustehen, wandte sich die J•gerin in den nach rechts f‚hrenden Korridor. Sie ging langsam weiter, mit dem R‚cken an der Wand. …Oh, gut†, sagte eine Stimme zu ihrer Linken. …Du bist p‚nktlich.† Buffy duckte sich sofort und wirbelte in Kampfhaltung zum Eingang herum. Dort stand Nemesis. Alle drei Gesichter, die Buffy sehen konnte, l•chelten. …Das ist gut†, sagte die G€ttin des Ausgleichs und nickte beif•llig. …Ich mag es, wenn ein Teilnehmer p‚nktlich ist. Das l•sst einiges f‚r die Pr‚fung hoffen.† Buffy sp‚rte, wie der Zorn in ihr hochkochte. Sie war hier, um ihrer Mutter das Leben zu retten, und dieses viergesichtige Monstrum tat gerade so, als w•re Buffy die Kandidatin in irgendeiner €den Gameshow. …Wo ist meine Mom?† Nemesis’ h•ssliches L•cheln wurde ein wenig breiter. …Nicht so ungest‚m†, tadelte sie. …Geduld ist eine Tugend, J•gerin. Frag nur deinen W•chter.† Buffy biss sich hart auf die Zungenspitze. Sie w‚rde sich nicht auf ein Wortgefecht mit dieser Agentin der Finsternis einlassen. Es war eine potenzielle Ablenkung, vor der Giles sie eindringlich gewarnt hatte. Sie musste sich beherrschen. Sich auf das konzentrieren, was am wichtigsten war. Die Details der Pr‚fung in Erfahrung bringen. Mom holen. Von hier verschwinden. …Wo ist die Vampirmutter, Mrs. Walker?† …Du hast also herausgefunden, wer sie ist†, stellte Nemesis fest. …Ich habe mich gefragt, ob du dir die M‚he machen wirst. Das war schnelle Arbeit. Das spricht f‚r dich.† …Wo ist sie?†, fragte Buffy wieder. …Das geht dich nichts an†, entgegnete die Ausgleicherin. …Sie ist an dem, was dich erwartet, nicht beteiligt. Mit ihrer Zustimmung zu den Pr‚fungsbedingungen hat sie ihre Rolle erf‚llt. Jetzt bleibt ihr nur noch, auf den Ausgang zu warten.† …Sie wird schwer entt•uscht werden.† …Das werden wir sehen, nicht wahr?†, fragte die Ausgleicherin. …Nun, wenn du bitte in diese Richtung gehen w‚rdest...† …Nach dir†, sagte Buffy. Nemesis l•chelte erneut, wandte sich dann ab und ging in den nach links f‚hrenden Korridor. Buffy folgte ihr dichtauf, w•hrend ihre Augen st•ndig von links nach rechts wanderten, um so viele Informationen wie m€glich ‚ber ihre Umgebung zu sammeln. Mit jedem Schritt, den sie machte, wurde sich Buffy mehr und mehr bewusst, wie still es in dem Haus war. Kein Laut drang von drauƒen durch die dicken W•nde. Auch im Innern war alles ruhig. Die einzigen Laute, die Buffy h€rte, waren ihre Atemz‚ge. Ihre Schritte. Das regelm•ƒige, schwere Schlagen ihres
Herzens. Zum ersten Mal erkannte Buffy, dass Nemesis, wenn sie nicht gerade sprach, keinen einzigen Laut von sich gab. Die Wand mit der Rosentapete endete an dem Eingang zu einem d‚steren Wohnzimmer. Die Tapete in diesem Raum war mit riesigen purpurroten Schwertlilien gemustert. …Diese Pr‚fung hat doch nichts mit meinem Dekorationstalent zu tun, oder?†, fragte sie. Alle vier Gesichter von Nemesis gaben ein kurzes, bellendes Lachen von sich, w•hrend ihre roten Augen f€rmlich gl‚hten. Die Einrichtung des Wohnzimmers wirkte altmodisch, als h•tte Mrs. Walker die M€bel seit dem B‚rgerkrieg nicht mehr gewechselt. Sofas mit gerader R‚ckenlehne. Tische und St‚hle mit d‚nnen Beinen. Alles sah unbequem aus. Bis auf die Lampen konnte Buffy keine modernen Ger•te entdecken. Keine Stereoanlage. Keinen Fernseher oder Videorecorder. Kein Wunder, dass aus Webster und Percy solche Loser geworden sind, dachte Buffy. Die einzige Unterhaltung an diesem Ort schien aus dem Aussaugen unschuldiger Menschen zu bestehen. Wobei man nach getaner Arbeit noch nicht einmal gem‚tlich die F‚ƒe auf den Tisch legen konnte. …Der Groƒteil des Hauses ist sehr ger•umig, wie du siehst†, erkl•rte Nemesis, als sie Buffy quer durch das Wohnzimmer zu einer T‚r auf der anderen Seite f‚hrte. …Weiƒt du†, sagte Buffy, w•hrend sie Nemesis ‚ber einen Teppich folgte, der nur um ein paar Schattierungen heller war als die Purpurblumen an den W•nden, …wenn du nicht gerade bei den M•chten der Finsternis unter Vertrag st•ndest, k€nntest du eine tolle Karriere als Maklerin starten.† K€nnten wir jetzt bitte mit der Pr‚fung beginnen? …Zerbrich dir meinetwegen nicht den Kopf†, erkl•rte Nemesis, als Buffy ihr in eine ger•umige K‚che folgte, deren Tapete mit etwas gemustert war, das Willow einmal als giftige Blume bezeichnet hatte. Fingerhut. Nemesis ging zur anderen Seite des Raumes und steuerte eine der beiden nebeneinander liegenden T‚ren an. Jetzt wird es ernst, dachte Buffy. Die Lady oder der Tiger? …Du solltest dir lieber den Kopf dar‚ber zerbrechen†, sagte Nemesis, …was hier drinnen ist.† Sie riss eine der T‚ren auf. Buffy zuckte zusammen und sch‚ttelte dann den Kopf. …Soll ich etwa in einer Besenkammer nach meiner Mutter suchen?† Nemesis warf die T‚r mit einer derartigen Wucht zu, dass die an der Wand h•ngenden Essteller in ihren Halterungen klirrten. …Ich hasse das†, sagte sie, um dann zwei Schritte nach links zu treten. …Wor‚ber
du dir wirklich den Kopf zerbrechen solltest, ist hier drinnen.† Triumphierend €ffnete sie die zweite T‚r. Buffy konnte eine d‚stere Treppe erkennen, die nach unten in die Dunkelheit f‚hrte. Ein Keller. Was f‚r eine ˆberraschung, dachte Buffy. Wieso konnte sie nicht einmal zur Abwechslung gegen etwas k•mpfen, das sich ‚ber dem Boden aufhielt? Zum Beispiel in einem Park? Bei Tag. W•hrend im Hintergrund die V€gel zwitscherten. Buffy trat zur obersten Stufe und sp•hte nach unten. Das Haus der Vampirmutter war makellos sauber. Nicht ein Staubkorn war zu sehen. Aber die in den Keller f‚hrende Treppe war v€llig verstaubt und von Spinnweben ‚berzogen. …Sobald du einen Fuƒ auf diese Treppe setzt†, sagte Nemesis, …betrittst du die Welt der Pr‚fung und l•sst die Welt, die du kennst, hinter dir zur‚ck.† Groƒartig, dachte Buffy. Wenn dies nicht eine besonders ausgefallene Umschreibung f‚r …Niemand kann voraussagen, was passiert† war, wollte sie einen Besenstiel fressen. …Was gibt es da unten?†, fragte sie. …Monster?† Nemesis nickte. …Du hast es erraten. Wenngleich die Sorte allein von dir abh•ngt.† Buffy verdrehte die Augen. Sie h•tte wissen m‚ssen, dass es sinnlos war, eine direkte Frage zu stellen. Heutzutage bekam ein M•dchen nie eine direkte Antwort von jemandem, der •lter als 300 Jahre war. …Pass jetzt genau auf und h€re die Bedingungen deiner Pr‚fung†, lieƒ sich die Ausgleicherin mit donnernder Stimme vernehmen. …Deine Widersacherin hat die M•chte der Finsternis angerufen, den Tod ihrer S€hne zu r•chen...† …Das weiƒ ich. Ich war schlieƒlich dabei†, unterbrach Buffy. …Schweig!†, fauchte Nemesis. …Entschuldigung†, murmelte Buffy. …Deine Widersacherin hat einen bemerkenswerten Familiensinn gezeigt†, fuhr Nemesis fort. Buffy versuchte nicht darauf zu achten, dass ihr Gegen‚ber wie Giles klang. …Insbesondere f‚r eine Vampirin. Statt ihre S€hne zu verlassen oder auf der Stelle zu t€ten, hat sie sie verwandelt und in all diesen Jahren bei sich behalten. Weil sie sie liebte, auf ihre eigene Art. Deine Pr‚fung wird bestimmen, wessen Liebe st•rker ist, die der Vampirmutter zu ihren S€hnen oder deine zu deiner Mutter.† Nun, das sollte kein Problem sein, dachte Buffy. Sie sp‚rte, wie sie sich zum ersten Mal, seit sie das Haus der Vampirmutter betreten hatte, allm•hlich entspannte. Wenn es darum ging, wessen Liebe st•rker war, Buffys oder Vampmamas, dann sollte Buffy diese Pr‚fung m‚helos bestehen.
Sie war ein Mensch. Mrs. Walker nicht. Sie war eine Vampirin, ein Wesen ohne Seele. Was sie f‚r ihre S€hne empfand, konnte man gewiss nicht einmal ansatzweise mit dem vergleichen, was Buffy f‚r Joyce f‚hlte. Mrs. Walker hatte schon vor langer Zeit ihre F•higkeit verloren, wahre Liebe zu empfinden. …Wenn deine Liebe st•rker ist†, fuhr Nemesis fort, …dann wird sie beziehungsweise du den Sieg davontragen und Mrs. Walkers Gesuch um Vergeltung wird nicht stattgegeben. Du wirst deine Mutter finden, sie befreien und mit ihr unversehrt in die Oberwelt zur‚ckkehren, in die Welt, die du kennst.† …Klingt nach einer Menge Aufwand f‚r ein vorhersehbares Ergebnis†, bemerkte Buffy. …Ich bin ein Mensch; sie ist es nicht. Ende der Geschichte. So einfach ist das.† Nemesis l•chelte w€lfisch. …Meinst du wirklich?†, fragte sie. …Ich dachte eigentlich, dass du inzwischen begriffen h•ttest, dass die Liebe ganz und gar nicht einfach ist.† Unvermittelt lief der J•gerin ein Schauder ‚ber den R‚cken. Es stimmt, dachte sie. Bilder von Menschen, die sie liebte und die behaupteten, sie zu lieben, tanzten vor ihrem geistigen Auge. Ihre Freunde, die immer f‚r sie da waren. Ihr Vater, der es einst gewesen war. Ihre Mutter. Giles. Und schlieƒlich Angel, mit dem es am schwierigsten war. Selbst als er seine Seele verloren und sich in Angelus zur‚ckverwandelt hatte, waren sie und Angel weiter verbunden gewesen, insofern, als sie diejenige war, der er am meisten hatte wehtun wollen. …Was passiert, wenn ich verliere?†, wollte sie wissen. Nemesis’ rote Augen betrachteten sie gleichm‚tig. …Ich muss diese Frage doch nicht wirklich beantworten, oder?† …Vermutlich nicht.† …In diesem Fall erkl•re ich die Phase der Vorbereitungen f‚r offiziell beendet. Du kannst jetzt mit der Pr‚fung beginnen. Mach dich bereit.† …Einen Moment!†, protestierte Buffy. …Keine Verz€gerung mehr.† …Aber was ist mit...† Nemesis streckte eine riesige Hand aus und verpasste der J•gerin einen Stoƒ. Buffy stolperte die Treppe hinunter und griff haltsuchend nach dem Gel•nder, w•hrend sie mit den F‚ƒen Staubwolken aufwirbelte. …Geh!†, donnerte die Ausgleicherin. Dann schlug sie krachend die T‚r zu und st‚rzte Buffy in v€llige Finsternis.
10 Suz hatte das Haus nur zwei Mal umrunden m‚ssen, um alles herauszufinden, was sie wissen wollte. Ganz oben auf der Liste stand die Tatsache, dass das Haus, das Buffy betreten hatte, ‚ber keine Alarmanlage zu verf‚gen schien, obwohl es im Villenviertel der Stadt lag. Der zweite Punkt war die Tatsache, dass eine Reihe von Fenstern an der R‚ckseite des Hauses zu einem einzigen groƒen Raum zu geh€ren schienen, der die ganze L•nge des Erdgeschosses einnahm. Dieser Raum war sanft erleuchtet von etwas, das Suz nicht hatte identifizieren k€nnen. Sie hatte zuerst an Kerzen gedacht und sich gefragt, ob sie die Beweggr‚nde missverstanden hatte, aus denen Buffy mitten in der Nacht ihr Haus verlassen hatte. Vielleicht waren sie in Wirklichkeit romantischer Natur. Dann hatte Suz erkannt, dass das Licht zu stetig war, um von Kerzen stammen zu k€nnen. Es flackerte nicht. Es leuchtete gleichm•ƒig, wenn auch nicht besonders hell. Ein weiteres R•tsel in einer Nacht voller Mysterien. Von ihrem Versteck – dem Schatten eines groƒen Baumes im Hinterhof – aus beobachtete Suz die Fenster und sp‚rte, wie ihre Entschlossenheit wuchs. Sie mochte keine R•tsel. Sie zog Klarheit vor, Eindeutigkeit. Sie wollte den Dingen ins Auge sehen, denn all das, was man nicht sah, das, von dem man nichts wusste, konnte einem wehtun. Ich werde erst dann wieder verschwinden, wenn ich herausgefunden habe, was hier vor sich geht. Suz ver•nderte ihre Position, ohne die Augen von dem Haus zu wenden. Gleich w‚rde sie handeln. Seit Buffy das Haus betreten hatte, waren f‚nfzehn Minuten verstrichen. In dieser Zeit hatte Suz keine Bewegung festgestellt. Niemand ging hinein. Niemand kam heraus. Und soweit sie feststellen konnte, gab es auch im Innern keine Bewegung. H•tte sie nicht beobachtet, wie die T‚r aufgeschwungen und Buffy hineingegangen war, h•tte Suz angenommen, dass niemand zu Hause war. Gut. Je weniger Leute im Innern waren, desto weniger Arbeit w‚rde sie damit haben, die Antworten aus ihnen herauszupr‚geln, die sie haben wollte. Okay, genug gewartet. Jetzt ist Showtime. Davon ‚berzeugt, dass der Raum, in den sie einsteigen wollte, leer war, schlich Suz geduckt los. Sie hielt sich so lange wie m€glich in dem ausladenden Schatten des Baumes. Als sie den Rand des Schattens erreichte, rannte sie zur R‚ckwand des Hauses. Zwischen zwei Fenstern blieb sie stehen, presste ihren R‚cken an das Mauerwerk und wartete, bis sich ihr Puls wieder beruhigt hatte. Sie war nicht so weit gekommen, um sich jetzt durch lautes Keuchen zu verraten.
Mein Name ist Tompkins. Suz Tompkins. Geheimagentin. Als ihr Atem wieder leise und gleichm•ƒig ging, ging Suz neben dem Fenster, f‚r das sie sich entschieden hatte, in die Hocke und ‚berdachte ihre M€glichkeiten. Am besten versuche ich es auf die einfachste Weise. Zu den wenigen Schulf•chern, die sie mochte, geh€rte Geometrie. Die k‚rzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist eine gerade Linie. Sie behielt den Kopf unter dem Fenster, streckte einen Arm aus, gab dem Fenster einen kr•ftigen Stoƒ nach oben und zog ihren Arm sofort wieder zur‚ck. Das Fenster glitt lautlos auf. Suz sp‚rte, wie ihr Herz einen triumphierenden Sprung machte, w•hrend sie bewegungslos vor dem Fenster verharrte. Das war schrecklich leicht gewesen. M€glicherweise zu leicht. Suz hatte die Erfahrung gemacht, dass die Dinge, die zu gut schienen, um wahr zu sein, es meistens auch nicht waren. Sie wartete. Nichts geschah. Schlieƒlich entschied sie, dass sie lange genug gewartet hatte. Geschmeidig schwang sie ein Bein ‚ber die Fensterbank, steckte ihren Kopf durch die ‰ffnung, zog das andere Bein nach und sprang lautlos ins Innere. Eilig schob Suz das Fenster wieder nach unten und lieƒ es einen Spalt weit offen, gerade breit genug, um die Finger hindurchstecken zu k€nnen. Sie wollte keine Zeit damit verschwenden, die anderen Fenster daraufhin zu ‚berpr‚fen, ob sie ebenfalls unverschlossen waren, und der Spalt w‚rde ihr helfen, das Fenster wieder zu finden, durch das sie eingestiegen war. Sie drehte sich um. Adrenalin schoss durch ihren K€rper. Ich habe es geschafft. Ich bin drinnen. …Du bist dir also absolut sicher, dass du das wirklich tun willst†, sagte Giles in einem halb feststellenden, halb fragenden Tonfall. Auf der anderen Seite des Kamins nickte Willow so nachdr‚cklich, dass ihre roten Haare tanzten. …Absolut. Hundertprozentig.† Die Gruppe stand in einem Raum, den Giles f‚r Angels Wohnzimmer hielt. Braucht man ‚berhaupt ein Wohnzimmer, wenn man tot ist? Es war nat‚rlich eine m‚ƒige ˆberlegung, aber sie half ihm, sich von dem eigentlichen Problem abzulenken. Ich w‚rde lieber sonstwo sein als hier. Solange es sich in einem vern‚nftigen Rahmen bewegt, nat‚rlich. Dennoch zwang ihn sein Sinn f‚r Gerechtigkeit zu dem Eingest•ndnis, wenn auch nur im Stillen, dass sich Angel bereits n‚tzlich gemacht hatte. Er hatte das Feuer gesch‚rt, sodass es hell und heiƒ loderte, wie es in der ersten Phase des Zaubers n€tig war. Ich nehme an, ich sollte Dankbarkeit f‚r Angels Hilfe empfinden.
Was alles in allem nicht sehr wahrscheinlich war. Giles stand zusammen mit Xander auf einer Seite des Kamins und musterte Willow, die ihnen gegen‚berstand. Sie wirkte nerv€s, aber auch entschlossen. Oz war an ihrer Seite und schwieg wie gew€hnlich. Angel stand, ein St‚ck vom Kamin entfernt, allein zwischen den beiden Gruppen. Die Spitze des Dreiecks. Der Angelpunkt. Jene von uns, die willentlich die Hilfe des Vampirs gesucht haben, auf der einen Seite, und jene, die dagegen waren, auf der anderen, dachte Giles. Obwohl er sein Bestes getan hatte, um sich eine Alternative auszudenken, musste Giles zugeben, dass Willows Plan mit dem Kristallkugelzauber zwar gef•hrlich, aber auch vern‚nftig war. Er h•tte selbst daran denken m‚ssen. Er w‚nschte nur, Willow h•tte nicht darauf bestanden, den Zauber in Angels Herrenhaus durchzuf‚hren. Giles bat Angel nur ungern um Hilfe. Es widersprach all seinen Instinkten, allen Regeln, die er gelernt hatte. Die Tatsache, dass er der W•chter einer J•gerin war, die bereits gegen jede denkbare Regel verstoƒen hatte, konnte ihn auch nicht tr€sten. Vor allem, da eine der wichtigsten Regeln, gegen die sie regelm•ƒig verstieƒ, lautete: vertrau niemals einem Vampir. Und verliebe dich erst recht in keinen. Vampire waren der Feind. Nur f‚r eine Sache gut: zum Pf•hlen. Obwohl selbst Giles einr•umen musste, dass Angel unter den Vampiren ein auƒergew€hnlicher Fall war. Dennoch hatte er schon genug Probleme gehabt, Angel vor seiner ungl‚ckseligen R‚ckverwandlung in Angelus zu trauen. Es war fast unm€glich, ihm jetzt zu trauen, nach allem, was er Jenny Calendar angetan hatte. Was bedeutet, dass du deine Bed‚rfnisse an erste Stelle setzt, Rupert, ermahnte er sich selbst, in dem Bewusstsein, gegen eine seiner eigenen Regeln zu verstoƒen. Die Bed‚rfnisse der J•gerin kamen zuerst. Immer. …Also gut†, sagte er und sah wieder Willow an. …Da du so entschlossen bist, k€nnen wir ebenso gut anfangen, denke ich. Du hast die Kr•uter f‚r die Reinigung des Raumes?† Willow nickte erneut und trat an einen niedrigen Tisch, den Angel vor den Kamin gestellt hatte. Darauf waren die Dinge ausgebreitet, die f‚r den Kristallkugelzauber ben€tigt wurden. Ein B‚ndel Salbei. Ein klarer Quarzkristall, der so lang und dick war wie Giles’ Zeigefinger. Der Krug Quellwasser und die Kupfersch‚ssel. Nicht zu vergessen, das Buch mit der Formel f‚r den Kristallkugelzauber. Angel hatte auƒerdem ein Kissen beigesteuert, auf dem Willow sitzen konnte. Damit der Zauber funktionierte, musste sie die Sch‚ssel halten. …Ich habe es schon einmal gesagt, aber ich denke, ich sollte es noch einmal
wiederholen†, erkl•rte Giles, als Willow nach dem B‚ndel Salbei griff und ans Feuer trat. …Kristallkugelzauber ist etwas, das man absolut nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Er erfordert absolute, st•ndige Konzentration. Ein einziger Fehler...† …Und dann sind wir nicht schlimmer dran, als wir es ohnehin schon sind†, fiel ihm Angel ins Wort und brach damit sein langes Schweigen. …Der Zauber kann nichts daran •ndern, was mit Buffy passiert; er kann es uns nur zeigen.† …Ich brauche keine ungebetenen Ratschl•ge von...†, entfuhr es Giles hitzig. Er verstummte, bevor er den Satz zu Ende gesprochen hatte, und atmete stattdessen tief und langsam durch. Es hatte wenig Sinn, mit Angel zu streiten. Vor allem, wenn er Recht hatte. Zumindest in diesem Punkt. …Mir ist bewusst, dass der Zauber keine Wirkung auf Buffy haben wird†, sagte der W•chter. …Es ist die Wirkung auf Willow, die mir Kopfzerbrechen bereitet. Kristallkugelzauber ist keine gew€hnliche Magie. Die Person, die den Zauber durchf‚hrt, die Wahrsagerin, wie ich sie in Ermangelung eines besseren Ausdrucks nennen m€chte, beschw€rt nicht nur die Energie herauf und holt sie in diese Welt. Sondern sie wird buchst•blich zum Leiter dieser Energie. Es gibt historische Berichte ‚ber Wahrsagerinnen, die von den Kr•ften, die sie heraufbeschworen hatten, in den Wahnsinn getrieben wurden.† Giles nahm seine Brille ab, putzte die Gl•ser und setzte sie dann wieder auf. …Haben jetzt alle meine Bedenken verstanden?† …Giles, ich muss es tun†, sagte Willow nach einem Moment des Schweigens. …Es ist... eine...† Sie runzelte die Stirn, als w‚rde sie nach den richtigen Worten suchen, um ihn zu ‚berzeugen. …Es ist etwas, das ich tun muss. F‚r Buffy.† …Damit ist wohl alles klar†, brummte Xander und steuerte damit die erste Bemerkung bei, seit er angekommen war. Giles seufzte. Nun, ich habe es zumindest versucht. Und jetzt w‚rde er sein Bestes tun. Wie immer. …Hast du einen pers€nlichen Gegenstand von Buffy? Du wirst ihn brauchen, um die Bilder zu fokussieren, die du heraufbeschw€rst.† Der Rotschopf griff in die Tasche und brachte das Zopfband zum Vorschein, das Buffy fr‚her am Abend in der Bibliothek vergessen hatte. …Okay, es ist kein besonders pers€nlicher Gegenstand†, gab sie zu. …Aber es wird funktionieren. Das weiƒ ich.† …Wenn du es sagst.† Er trat an den Tisch und nahm das Buch mit der Formel f‚r den Kristallkugelzauber. …Sind alle bereit? Gut. Beginnen wir jetzt mit der Reinigung des Raumes.† Willow warf das B‚ndel Salbei in die Flammen. …Wow†, machte Xander. …Niemand hat mir gesagt, dass es wie Spaghetti riechen
wird.† Ich schaffe es. Willow saƒ vor Angels Kamin im Schneidersitz auf dem Kissen, das er ihr gegeben hatte, und hielt die Kupfersch‚ssel zwischen ihren Knien. Neben ihr stand Oz mit dem Krug Quellwasser. In der einen Hand hielt Willow den Quarzkristall und in der anderen Buffys Zopfband. Giles stand hinter ihr und hielt sich bereit, ihr die Worte des Zauberspruchs zuzufl‚stern, falls sie sie vergessen sollte. Was kaum passieren w‚rde. Sie w‚rde Isis anrufen, eine antike G€ttin, die so m•chtig war, dass sie ihren ermordeten Gemahl Osiris zur‚ck ins Leben geholt hatte. Es konnte bestimmt kein Fehler sein, sich an ein derart nettes Gesch€pf zu wenden. …Okay†, sagte Willow, …ich bin bereit.† Sie umfasste den Quarzkristall mit den H•nden, hauchte ihn an und legte ihn dann in die Sch‚ssel. Auf ihr Nicken hin goss Oz das Quellwasser hinein. Willow wartete, bis sich das Wasser in der Sch‚ssel so weit beruhigt hatte, dass sie den Kristall am Boden deutlich sehen konnte. Dann warf sie das Zopfband hinein und versuchte nicht darauf zu achten, dass es wie ein kleiner Doughnut auf dem Wasser trieb. …M•chtige Isis, Spenderin des Lebens. H€re meine Bitte.† Willow beugte sich nach vorn und blies auf die Wasseroberfl•che, sodass sie sich kr•uselte. Langsam sank das Zopfband auf den Boden. Erneut wartete sie, bis die Oberfl•che des Wassers wieder glatt war. …Atme dem Bild derjenigen, die ich rufe, Leben ein.† Ein Funkenschauer schoss aus dem Kamin, als ein Windstoƒ durch den Schornstein heulte, und umtanzte Willow. Die Wasseroberfl•che wellte sich. …H€re den Namen, den ich nenne†, rief Willow. Im Raum wurde es totenstill. Die Wasseroberfl•che war glatt wie Glas. Die Luft dar‚ber begann kaum merklich zu schimmern. Als w‚rde sie darauf warten, dass Willow die Worte sagen w‚rde, die sie dazu brachten, sich zu verdichten und Form anzunehmen. …Buffy Summers.† Buffy stand auf der obersten Stufe der Kellertreppe, hustete, um den Staub aus ihrer Lunge zu vertreiben, und wartete, dass sich ihre Augen an die Dunkelheit gew€hnten. Ein vergebliches Unterfangen. Die Dunkelheit war schier undurchdringlich.
Warum habe ich keine Taschenlampe mitgebracht?, fragte sich die J•gerin. Nun, wenn ich gewusst h•tte, dass die Pr‚fung darin besteht, in einem pechschwarzen Keller vom Typ Unterwelt eingesperrt zu werden, h•tte ich es wahrscheinlich getan, dachte sie. Aber sie hatte es nicht gewusst. Und sie hatte die H•nde frei haben wollen, sollte es zu einem Kampf kommen. Auch wenn die einzige Bedrohung im Moment nur aus riesigen Staubflusen zu bestehen schien. Buffy hielt sich mit der rechten Hand am Gel•nder fest, streckte die linke tastend aus und stieg in die Tiefe. Alles in ihr schrie danach, sich zu beeilen, aber sie zwang sich, langsam und vorsichtig jede Stufe mit dem Fuƒ zu testen, bevor sie sich mit ihrem ganzen Gewicht darauf stellte. Wenn Giles sie jetzt sehen k€nnte, dachte Buffy, w•re er vermutlich stolz, dass sie nicht nur die Kraft ihrer F•uste einsetzte, sondern auch ihren Verstand. Die Treppe hatte solide gewirkt, soweit Buffy sie hatte sehen k€nnen. Was nicht besonders weit gewesen war. Sie konnte ihre Mutter schwerlich retten, wenn sie sich verletzte, indem sie ausrutschte und bis zum Fuƒ der Treppe st‚rzte. Sofern sie ‚berhaupt ein Ende hat. Dies war schlieƒlich kein normaler Keller. Buffy machte einen weiteren Schritt in die Tiefe. Etwas strich ‚ber ihre ausgestreckte Hand, leicht wie Spinnweben, klebrig wie Fliegenpapier. Instinktiv riss sie sie zur‚ck. Das Ding, das sie gestreift hatte, legte sich wie eine groƒe Wolke ‚ber Buffys Kopf und verklebte ihre Haare und Lider. Spinnweben. Riesig groƒe. Hastig wischte Buffy sie weg und w‚nschte sich erneut, sie h•tte eine Lichtquelle. Es w‚rde eine ziemlich knifflige Sache werden, wenn sie sich die ganze Zeit mit den H•nden ihren Weg durch den Keller ertasten musste. …Du Idiotin†, sagte sie pl€tzlich. Sie hatte eine Lichtquelle, und zwar in ihrer Jackentasche. Den einen Gegenstand, den sie mitgenommen hatte. Er mochte vielleicht kein besonders helles Licht abgeben, aber es war immer noch besser, als blindlings durch diese Finsternis zu tappen. Eilig zog Buffy die Schachtel Streichh€lzer aus der Tasche, die sie vom Kaminsims im Wohnzimmer genommen hatte. Sie umfasste die Schachtel vorsichtig mit der Hand und €ffnete sie. Es war so dunkel, dass sie die Schachtel nicht einmal sehen und erkennen konnte, welche Seite nach oben zeigte. Das Schlimmste w•re jetzt, wenn die Streichh€lzer auf die Treppe fielen, bevor sie dazu kam, eins anzuz‚nden. Ihre Finger schlossen sich um eins der H€lzer. Nahmen es heraus. Sie schloss die Schachtel, ertastete den Z‚ndkopf und strich ihn dann ‚ber die raue Seite der Schachtel. Das Streichholz brannte schon beim ersten Versuch. Buffy seufzte erleichtert. Es war nicht viel Licht, aber es gen‚gte.
Sie steckte die Streichholzschachtel zur‚ck in ihre Tasche und hielt das Streichholz ‚ber den Kopf. ˆber dem matten goldenen Lichtschein starrten sie ein Paar Augen von der Farbe von Erbsensuppe an. …Buffy!†, schrie Willow. …Pass auf!† Sie sp‚rte, wie die Energie des Kristallkugelzaubers sie durchstr€mte. Ein starker Schmerz pochte direkt hinter ihren Augen. Aber sie wusste, dass sie nicht den Blick von dem Bild wenden durfte, das sie heraufbeschworen hatte. Denn dann w‚rde sie den Zauber brechen. …Was ist das f‚r ein Ding da bei ihr?†, h€rte sie Xander murmeln. …Der Weiƒe Riese, ganz gr‚n vor Zorn? Aber der sollte eigentlich auf unserer Seite sein, oder nicht?† …Es ist groƒ†, stimmte Oz zu. Es gibt nichts, was ich tun kann!, dachte Willow. Sie konnte ihrer Freundin nicht helfen. Sie konnte nur zusehen. Das Bild bewegte sich derart langsam, dass es manchmal schien, als w‚rde Buffy erstarren. Bin ich daf‚r verantwortlich? Kann ich das Ganze vielleicht beschleunigen? …Ist das der Punkt, an dem besagte Hellseherinnen verr‚ckt geworden sind?†, fragte sie laut. Sie sp‚rte, wie Oz ihr die H•nde auf die Schultern legte. …Ruhig†, sagte er sanft. …Du musst nicht weitermachen, wenn du nicht willst, Willow†, erkl•rte Giles hinter ihr. …Wir k€nnen jederzeit aufh€ren. Buffy w‚rde nicht wollen, dass du unn€tige Risiken eingehst.† Aber dies ist notwendig, dachte Willow. Buffys Freunde, ihr Unterst‚tzerteam, mussten wissen, was mit ihr geschah. Und ich bin diejenige, die es ihnen zeigen kann. …Es ist okay†, sagte sie. …Ich schaffe es schon.† …Buffy ist eine K•mpferin†, meldete sich Angel zu Wort. …Sie wird sich schon etwas einfallen lassen.† Sie wusste das. …Ich weiƒ das.† Komm schon, Buffy. Lass dir etwas einfallen. Sie machte das Erste, was ihr einfiel. Ihre J•gerinstinkte durchzuckten sie wie tausend Volt. Buffy ging in die Knie und sprang dann in die H€he. Einen Sekundenbruchteil, bevor das Streichholz erlosch, bohrte sie seine brennende Spitze in eins der hellgr‚nen Augen ‚ber ihr.
Ein schmerzerf‚lltes Heulen gellte durch den Keller. Und im n•chsten Moment waren die Augen verschwunden. Buffy landete hart und sp‚rte, wie die Stufe unter ihr nachgab. Sie stolperte die Stiege hinunter und klammerte sich haltsuchend an das Gel•nder. Sie merkte, wie sie gegen etwas Dickes, Weiches prallte. Wieder ert€nte das Heulen und Buffy sp‚rte, wie lange Klauen ‚ber ihre Schulter kratzten. Sie wich zur‚ck, drehte sich zur Seite, hielt sich am Gel•nder fest, sprang hoch und trat mit beiden F‚ƒen zu. Sie sp‚rte, wie ihre schweren Stiefel gegen etwas traten. Mit einem erneuten Heulen kippte das Ding nach hinten und st‚rzte die Treppe hinunter. Buffy h€rte ein Knacken wie von brechenden Knochen, als ihr Widersacher, das unbekannte Wesen, auf dem Boden aufschlug. Damit ist eine Frage beantwortet. Jetzt weiƒ ich, dass es einen Boden gibt. Zur ihrer Verbl‚ffung ging das Ding nun in Flammen auf. Der beiƒende Geruch von brennendem Staub stieg der J•gerin in die Nase. Es roch genau wie die Heizung, wenn ihre Mom sie im Winter das erste Mal wieder anstellte. Vielleicht hatte sie mit diesen riesigen Staubflusen doch nicht ganz Unrecht gehabt. Buffy blieb auf der Treppe stehen und hob eine Hand, um ihr Gesicht vor den Flammen abzuschirmen, als das Ding am Ende der Treppe wie ein Leuchtfeuer lichterloh brannte. Es ist eindeutig nicht feuerfest, dachte sie. Inzwischen heulte es nicht mehr, sodass man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit annehmen konnte, dass es tot war. Buffy hatte keine Uhr dabei, aber sie sch•tzte, dass sie nicht l•nger als eine Minute gebraucht hatte, um dieses Was-immer-es-auch-war zu erledigen. Wenn sie in diesem Tempo weitermachte, w‚rde sie die Pr‚fung im Handumdrehen hinter sich bringen. W•re das nicht famos? Und nicht nur das. Das Ding, das sie get€tet hatte, w‚rde ihr auch noch bei der Suche nach ihrer Mutter helfen. Der brennende Haufen am Ende der Treppe war jetzt etwas kleiner geworden. Auƒerdem war das Ding in seinem Todeskampf zur Seite gerollt, sodass Buffy das Ende der Treppe erreichen und weitergehen konnte, ohne buchst•blich auf heiƒen Kohlen laufen zu m‚ssen. Sie wusste das zu sch•tzen. Die Stiefel waren ziemlich neu. Nicht nur das, sie mochte sie auch sehr. Sie w‚rde alles tun, um zu verhindern, dass die Sohlen schmolzen. Buffy sprang die Stufen hinunter. Am Fuƒ der Treppe blieb sie stehen. Sie drehte sich um, hob einen Fuƒ und trat mit aller Kraft auf die unterste Stufe. Wieder und wieder lieƒ die J•gerin ihren Fuƒ auf die Stufe niedersausen. Beim dritten Versuch knackte das Holz splitternd auseinander. Buffy trat noch einmal zu, nur um dem Ganzen das richtige Maƒ zu verpassen, b‚ckte sich dann und
hob ein paar der pflockf€rmigen Bruchst‚cke auf. Sie steckte sie in ihre leere Jackentasche. He. Warum nicht? Die Regeln der Pr‚fung besagten, dass sie keine Waffen mitbringen durfte, aber es gab keine Bestimmungen, was das Aufsammeln oder die Herstellung von Waffen w•hrend der Pr‚fung anging. Sie hatte mit Xander oft genug Star Trek gesehen, um zu wissen, wie Captain Kirk Schieƒpulver hergestellt und eine tragbare Kanone gebastelt hatte, um auf einem fremden W‚stenplaneten mit einem Reptiliencaptain zu k•mpfen. Buffy b‚ckte sich erneut, nahm das gr€ƒte St‚ck Holz vom Boden, richtete sich auf und drehte sich um. Die Flammen waren zu einem fr€hlichen kleinen Lagerfeuer heruntergebrannt. Und ich habe nicht mal ein paar Grillw‚rste dabei. Von neuem Selbstvertrauen erf‚llt machte Buffy einen Schritt, steckte das Ende ihres Holzbrettes in das Feuer und wartete, bis es in Brand geriet. Sie wusste, dass ihre improvisierte Fackel nicht lange halten w‚rde, aber sie war immerhin viel besser als ein Streichholz. Wenigstens konnte sie jetzt besser erkennen, wohin sie ging. …Danke f‚r das Licht.† Dann hielt die J•gerin die Fackel hoch, als w•re sie eine Kleinausgabe der Freiheitsstatue, und ging tiefer hinein in die Dunkelheit des Kellers. Halte durch. Ich komme, Mom.
11 Suz befand sich in einer Portr•tgalerie. Es ergab nicht den leisesten Sinn. Portr•tgalerien waren etwas f‚r Museen, nicht f‚r Wohnh•user. Sofern man kein K€nig oder so war. Gibt es K€nige in Sunnydale? Wohl kaum. Aber wenigstens wusste sie jetzt, woher das seltsame Licht kam, das sie von drauƒen bemerkt hatte. Jedes Portr•t wurde von zwei langen, zylindrischen Messinglampen beleuchtet, von denen eine oben und eine unten angebracht war. Sie warfen Lichtkreise auf die Leinwand und hoben hier ein Gesicht, dort eine Hand hervor, w•hrend der Rest im Schatten lag. Was ist das f‚r ein Ort?, fragte sie sich. Obwohl sie hergekommen war, um andere Antworten zu erhalten, trat sie n•her. Dies war ihre beste Eigenschaft und gleichzeitig ihr gr€ƒter Fehler. Das, was bisher niemand bei ihr richtig erkannt hatte. Ihre Neugierde. Und sie brachte sie fast immer in Schwierigkeiten. Es war nicht so sehr der Drang nach Rebellion, der es Suz Tompkins unm€glich machte, sich innerhalb der vorgeschriebenen Bahnen zu bewegen, sondern der Wunsch, mehr ‚ber die Natur der Grenzen zu erfahren. Wie weit konnte jemand dazu gebracht werden, sich zu verbiegen? Es gab nur eine M€glichkeit, dies herauszufinden. Man musste sich auflehnen, bis das, was einen hemmte, zerbrach. Oder bis man selbst zerbrach. Von dem angezogen, was an den W•nden hing, trat Suz Tompkins vor das gr€ƒte der Gem•lde. Es war das Portr•t eines Soldaten. Eines Konf€derierten, dachte sie. Der K‚nstler hatte sogar die wehende rote Flagge der Rebellen vor den blauen Himmel im Hintergrund gemalt. …Stattlich, nicht wahr?†, sagte eine Stimme. Suz Tompkins fuhr zusammen. Sie wirbelte herum und ging sofort in Kampfstellung. Gibt es irgendeine Grenze f‚r meine Dummheit?, fragte sie sich. Sie war Buffy mehrere Blocks weit gefolgt und in das Haus eingebrochen, in dem sie verschwunden war, nur um dann ihren R‚cken ungesch‚tzt zu lassen. So viel zur Neugierde. Sie hatte schon manchen ins Verderben gest‚rzt. Und sie kann auch mich ins Verderben st‚rzen. Aber nat‚rlich w‚rde sie nicht kampflos abtreten. Die Frage war, w‚rde sie k•mpfen m‚ssen? Mit zusammengekniffenen Augen
studierte Suz die Frau vor ihr. Sie war groƒ, so viel stand fest. Aber sie sah aufgeschwemmt und teigig aus. Sie war gekleidet, als w•re sie gerade von einem Begr•bnis oder aus der Oper gekommen. Ganz in Schwarz, mit Perlen behangen. Suz wusste bereits, dass diese Frau sich leise bewegen konnte. So leise, dass sie nicht einmal geh€rt hatte, wie sie in den Raum gekommen war. Wann hatte sich zum letzten Mal jemand an sie heranschleichen k€nnen? Suz konnte sich nicht erinnern. Es musste schon Jahre her sein. Die Frau sah nicht aus, als w‚rde sie sie angreifen wollen. Sie stand einfach nur da. Sie ist nicht gef•hrlich, dachte Suz. Auch wenn sie ziemlich massig ist. Wenn ich muss, kann ich sie erledigen. Sie entspannte sich ein wenig. Rede mit ihr. Finde heraus, was sie will, dachte sie. Sie hatte sich schon aus einer Menge Schwierigkeiten herausgeredet. Es gab keinen Grund zu der Annahme, dass sie es in diesem Fall nicht auch schaffen w‚rde. Auƒerdem musste sie davon ausgehen, dass die Frau etwas von ihr wollte, oder sie h•tte l•ngst Alarm geschlagen. Suz wandte sich wieder dem Portr•t zu und verlagerte ihr Gewicht auf die Fersen f‚r den Fall, dass sie rennen musste. Ihre Stimme klang ruhig, als sie nun sprach. …Ich mag M•nner in Uniform. Wer war er?† Die Frau trat zu ihr. Suz machte einen gleitenden Schritt zu Seite, aber die Frau in Schwarz traf keine Anstalten, ihr zu folgen. Sie stand nur da und betrachtete das Portr•t. …Mein Gatte. Aber ich vergesse meine Manieren†, fuhr sie fort, ehe Suz eine Antwort auf ihre Erkl•rung einfiel. …Erlaube mir, mich vorzustellen. Ich bin Zahalia Walker.† Sie streckte ihre Hand aus. …Suz Tompkins†, murmelte Suz. In was habe ich mich da nur hineingeritten?, dachte sie. Und wie konnte sie aus diesem Schlamassel wieder herauskommen? Sie sch‚ttelte die Hand der •lteren Frau. Ihre Finger waren weich und schlaff wie eine Hand voll kalter Spaghetti. …Aha†, machte Suz. …War das dann das Halloweenkost‚m Ihres Mannes?† …Sei nicht albern†, fauchte Zahalia Walker. Ihr Akzent war der einer S‚dstaatlerin, aber ihr Ton klang genau wie der von Suz’ Mutter, wenn sie wegen irgendetwas sauer war. Was oft genug passierte. Genau das, was ich brauche. Einen Anschnauzer von Miz Scarlett. …Wir haben das Portr•t kurz nach seiner Einziehung anfertigen lassen. Es wurde einen Tag fertig, bevor er zur Armee ging.† …Und das war...?† …Achtzehnhunderteinundsechzig.†
Ich musste ja unbedingt fragen, nicht wahr? Sie tat es schon wieder. Stellte zu viele Fragen. Warum konnte sie nicht ein einziges Mal den Mund halten? Entweder war diese Frau total verr‚ckt, oder sie war eine erstklassige Schauspielerin, die irgendeine skurrile Show abzog. Soweit Suz es beurteilen konnte, meinte sie es absolut ernst. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht hatte sich nicht im Mindesten ver•ndert. Erinnern Sie mich daran, Sie nie zu fragen, ob Sie mit mir eine Runde Poker spielen, dachte Suz. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie und diese Frau sich n•her kamen, war ohnehin gering. …Seine Ernennung zum Offizier war der stolzeste Moment in seinem Leben†, fuhr Mrs. Walker fort. Sie wandte ihren Blick von dem Portr•t ab und sah Suz an. Ihre Augen waren pl€tzlich durchdringend. …Auƒer der Geburt unserer S€hne nat‚rlich.† Suz bekam pl€tzlich eine G•nsehaut. S€hne? Tu es nicht, warnte sie sich. Frag nicht. Du willst es gar nicht wissen. Oh, und ob sie wollte. War dies nicht der Grund, warum sie Buffy ‚berhaupt gefolgt war? …Zwillinge?†, h€rte sie sich laut sagen. …Ja, in der Tat†, antwortete Zahalia Walker. Ihr S‚dstaatenakzent wurde noch st•rker. Sie l•chelte und entbl€ƒte einen Mund voller gl•nzender weiƒer Z•hne. …Kanntest du meine Jungs?† Kanntest, horchte Suz auf. Vergangenheitsform. Was in aller Welt hatte Buffy getan? …Ich glaube nicht.† …Oh, aber ich denke schon†, konterte Zahalia Walker. Sie trat einen Schritt n•her. Suz wich zur‚ck. …Ich denke, deshalb bist du auch heute Nacht hierher gekommen. Du bist gekommen, um die J•gerin anzufeuern. Ich werde dich nicht fragen, wie du hereingekommen bist. Es spielt auch keine Rolle. Die Tatsache, dass du hier bist, k€nnte man als Verstoƒ gegen die Regeln der Pr‚fung ansehen. In diesem Fall h•tte ich bereits gewonnen.† Pr‚fung? Augenblicklich gesellte sich zu Suz’ G•nsehaut ein kalter Schauder. Diese Frau war verr‚ckt. …Ich weiƒ nicht, wovon Sie reden.† …Wirklich nicht?† Zahalia Walker l•chelte erneut. Dann, bevor Suz auch nur blinzeln konnte, packte sie mit einer Hand ihren Ellbogen. Hart. Sie entdeckte, dass die fleischigen weiƒen Finger, die sich vor einem Moment noch so kraftlos angef‚hlt hatten, pl€tzlich so stark zufassen konnten, dass es schmerzte.
Suz schlug mit dem freien Arm nach ihr, doch die Verr‚ckte packte ihn wie den anderen und hielt ihn fest. …In diesem Fall gibt es sehr viele Dinge, von denen du nichts weiƒt, Sch•tzchen†, sagte Zahalia Walker. Vor Suz’ entsetzten Augen w€lbte sich die Stirn der Frau nach vorn und ihre Augen wurden gelb. Ihre Z•hne wurden... etwas, das Suz gar nicht n•her betrachten wollte. Solche Dinge existieren nicht. Sie k€nnen nicht existieren. …Aber du wirst sie erfahren†, fl‚sterte Zahalia Walker durch ihre langen, spitzen Z•hne. …Das verspreche ich.† In Ordnung. Was jetzt? Buffys schwere Stiefelschritte hallten durch den Keller, w•hrend sie ihn erforschte. Sie bewegte sich an der Kellerwand entlang. Ihre linke Hand hielt die Fackel, w•hrend ihre rechte ‚ber das Mauerwerk strich. Sie hatte sich entschlossen, umsichtig vorzugehen. Das Ganze erinnerte sie ein wenig an den Eignungstest, den sie in der Grundschule gemacht hatte. Nur dass dieser Test totalen K€rpereinsatz verlangte. …Wenn du herausfinden sollst, was innerhalb dieser Form war, was w‚rdest du tun?†, h€rte sie in ihrer Erinnerung die Schulpsychologin fragen. Sie konnte sich auch daran erinnern, dass sie den gelben Nummer-Zwei-Bleistift in die Hand genommen und die Umrisse des Dreiecks wieder und wieder nachgezogen hatte. Von innen nach auƒen. ˆbersieh nichts. Finde deine Mom. Ungl‚cklicherweise hatte sie bis jetzt nur Staub gefunden. Und noch mehr Dunkelheit. Wie lange bin ich schon unterwegs? Buffy ging jetzt schneller. Die Finger ihrer rechten Hand kratzten ‚ber die Kellerwand. Sie hielt ihre Fackel etwas h€her und nach vorn, um weiter in die Dunkelheit hineinsehen zu k€nnen. Sie spitzte die Ohren, horchte angestrengt. Das Gef‚hl, sich beeilen zu m‚ssen, wurde mit jedem Schritt st•rker. Mom! Wo bist du? …Mom!†, rief sie wieder. …Mom, antworte mir!† Keine Antwort. Stille. Buffy kam an eine Ecke und bog nach links. Rannte los. Warum konnte ihre Mutter nicht antworten? War sie verletzt? Lag sie im Sterben? Was war, wenn Buffy sie nicht rechtzeitig fand? Wenn sie versagte. Scheiterte. H€r auf damit!, sagte sie sich grimmig. H€r bloƒ auf damit.
Jetzt war nicht die Zeit f‚r Selbstzweifel. Dem konnte sie sich in jeder anderen Nacht der Woche hingeben, dr‚ben im Bronze. Warum kann das Leben nicht einfach sein? Nur dieses eine Mal? Warum musste es immer so hart sein? Warum gen‚gte es nicht, einfach ein paar Vampire zu pf•hlen? Damit kam sie immer zurecht. Sie w‚nschte sich im Moment nichts sehnlicher als das. Unversehens griffen die Finger von Buffys rechter Hand ins Leere, als sich der Keller pl€tzlich verbreiterte. Buffy reagierte instinktiv, fuhr herum und suchte mit der rechten Hand nach der Wand. Bevor sie jedoch irgendetwas ber‚hrte, tauchte aus der Dunkelheit eine andere Hand auf, packte ihr Handgelenk und zog sie vorw•rts. …Nein!†, keuchte Willow. Angel warf einen Blick in das bleiche Gesicht des Rotschopfes und entschied, dass es genug war. Er nahm Giles beiseite. Sich an Giles zu wenden entsprach nicht unbedingt seinem gr€ƒten Wunsch, aber wenn es jemand gab, der gelernt hatte, wann es Zeit war, seine eigenen Bed‚rfnisse zur‚ckzustellen, dann er. …Mir gef•llt das nicht†, sagte er mit leiser Stimme. …Es bringt uns nicht weiter. Wir qu•len uns nur selbst damit. Ich glaube nicht, dass sie noch l•nger durchhalten kann.† …Nun ja, ausnahmsweise muss ich Ihnen zustimmen†, nickte Giles. …Die Frage ist, k€nnen wir Willow dazu bringen, den Zauber abzubrechen? Ich muss Ihnen ja nicht sagen, wie halsstarrig sie sein kann.† Nein, das m‚ssen Sie nicht, dachte Angel. Willows Entschlossenheit im Angesicht der Gefahr hatte ihn mehr als einmal beeindruckt. …Was ist mit Oz?† …Guter Gedanke...† …Okay!† Bei Xanders enthusiastischem Ausruf wandten Angel und Giles ihre Aufmerksamkeit der Gruppe am Kamin zu. …Es war ein Vamp†, erkl•rte er. …Sie hat ihn gepf•hlt. Damit steht’s zwei zu null f‚r uns. Was macht ihr beide da dr‚ben? Ihr verpasst die besten Sachen. Wir k€nnen die Szenen schlieƒlich nicht wiederholen.† …Das ist kein Spiel†, erinnerte Angel. …Nicht f‚r Buffy.† …Sag bloƒ!†, schoss Xander sofort zur‚ck. …Du musst nicht so tun, als w‚sstest du alles, nur weil du •lter bist.† …H€rt auf damit!†, rief Willow, w•hrend sie weiter in die Sch‚ssel starrte. …Streitet euch nicht. Es macht alles nur noch schlimmer. Mein Kopf... er tut so weh.†
…Willow†, sagte Giles dr•ngend. Er trat n•her und kniete sich neben sie. …Ich weiƒ, dass du auf Buffy aufpassen willst, aber bist du sicher, dass du weitermachen sollst? Der Zauber hat dir bereits viel Kraft geraubt. Weiterzumachen k€nnte... deinem Verstand schaden.† Willows Augen l€sten sich keinen Moment von dem Bild der J•gerin. …Wenn Buffy weitermachen kann, kann ich es auch.† Kein fairer Vergleich, dachte Angel. …Will†, sagte Oz. …Buffy ist die J•gerin. Du bist es nicht. Du kannst dich nicht mit ihr vergleichen. Du solltest auf Giles h€ren.† …Sp•ter†, stieƒ Willow mit zusammengebissenen Z•hnen hervor. …Noch nicht. Bitte, Giles.† …Nun gut†, seufzte Giles. …Aber das n•chste Mal h€rst du auf mich.† …Was ist das?†, fragte Xander pl€tzlich. …Es sieht aus wie...†, begann Oz. …Nein, das ist unm€glich†, fiel ihm Willow ins Wort. …Es ergibt keinen Sinn†, sagte Angel. Giles schnaubte. …Seit wann spielt das eine Rolle?† In der Luft ‚ber dem Wasser formte sich das Bild von Cordelia Chase. …Ich weiƒ, was Sie sind†, sagte Suz. …Sie sind ein Vampir.† Sie versuchte, die Nerven zu behalten, aber es fiel ihr schwer. Zuerst war sie an den Haaren ins Wohnzimmer gezerrt worden. Jetzt fesselte das Wesen, das sich selbst Zahalia Walker nannte, sie ans Sofa. …Sehr gut†, sagte Zahalia, als sie den Strick mit einem letzten, brutalen Ruck festzog. Suz versuchte zu ignorieren, dass er die Blutzirkulation in ihren Beinen abschn‚rte. Die Vampirmutter grinste und entbl€ƒte dabei diese wahrhaft abscheulichen Z•hne. …Hast du Angst?† Was glaubst du wohl? Suz war schlieƒlich nur ein Mensch. Was mehr war, als sich von dem Ding sagen lieƒ, das drohend vor ihr stand. …Ich bin eher angewidert. Genau wie von Ihren Jungs.† …Rede nicht so ‚ber meine S€hne†, fauchte Zahalia Walker. …Sie waren gute Jungs.† Ein lauernder Ausdruck trat in ihre gelben Knopfaugen. …Sie waren gut zu mir†, fuhr sie fort. …Sie haben immer ihr Essen nach Hause gebracht, um ihrer Mutter etwas abzugeben. Die letzten beiden waren dir erstaunlich •hnlich. Vielleicht waren es Freundinnen von dir.† Suz sp‚rte, wie sie am ganzen K€rper zu zittern begann. Wut, Abscheu, Grauen ‚berkam sie. Sie hatte Recht gehabt. Sie hatte es gewusst. Leila und Heidi waren tot. Aber nicht einmal in ihren schlimmsten Tr•umen h•tte sich Suz vorstellen k€nnen, dass sie auf diese Weise enden w‚rde.
Was war es f‚r ein Gef‚hl, wenn einem das Blut ausgesaugt wurde? Jetzt war nicht gerade der beste Zeitpunkt, ihrer Neugierde nachzugeben, sagte sich Suz. Vor allem, da es nur zu wahrscheinlich war, dass sie es bald herausfinden w‚rde. …Ich werde es genieƒen, dich sterben zu sehen†, sagte sie. …Wenn Buffy dich nicht t€tet, werde ich es tun.† Die Vampirmutter warf ihren Kopf zur‚ck und gab ein br‚llendes Lachen von sich. …Und wie willst du das machen? Nein, nein. Verrat’s mir nicht. Ich liebe gute ˆberraschungen. Das ist der einzige Grund, warum du noch am Leben bist, Sch•tzchen. Du bist meine kleine ˆberraschung f‚r die J•gerin. Und die ˆberraschung wird nat‚rlich sein, dass du am Leben bist.† Oh, Gott, dachte Suz. Sie zerrte an ihren Fesseln. Die Vampirmutter lachte erneut. Sie griff nach Suz’ Kopf und hielt ihn fest. …Kein Angst, es wird nicht wehtun†, versprach sie. Suz sp‚rte, wie sich etwas Spitzes und Heiƒes in ihren Hals bohrte. Und dann schlug Dunkelheit ‚ber ihr zusammen.
12 …Cordy?† Buffy starrte die Gestalt an, die sich vor ihr aus dem Nichts langsam materialisierte, erhellt vom Licht ihrer improvisierten Fackel. Die Fackel war nach Buffys Begegnung mit dem Vampir nicht mehr im allerbesten Zustand. Sie hatte das Ende der Fackel benutzt, um den Vampir zu pf•hlen, als der sich geweigert hatte, ihren anderen Arm loszulassen. Um genau zu sein, die Fackel war nicht das Einzige, was nicht in bester Verfassung war. Auch Cordy hatte schon einmal besser ausgesehen. Sie war an einen Stuhl gefesselt. Oder vielmehr an einen Thron. Stricke waren kreuzweise um ihre Brust und ihre Handgelenke gewickelt. Auf dem Kopf trug sie eine Sch€nheitsk€niginkrone. Sie war gekleidet, als wollte sie zu einem Abschlussball gehen. Ihr Kopf war nach vorn gesunken, ihr Kinn lag auf ihrer Brust. Und der helle Stoff ihres Abendkleids wies Flecken auf... Blut. Nein! So ist es nicht gewesen!, dachte Buffy. Cordy war auf diese Weise gefesselt worden, als Marcie Ross sie damals entf‚hrt hatte, um Cordy f‚r das bezahlen zu lassen, was sie getan hatte. Oder genauer gesagt: was sie nicht getan hatte. Sie hatte nicht bemerkt, dass Marcie existierte. Die anderen Sch‚ler der Sunnydale High hatten sie so lange ignoriert, dass Marcie Ross buchst•blich unsichtbar geworden war. Aber die Sache ist nicht so ausgegangen, dachte Buffy. Vorsichtig trat sie n•her. Buffy hatte Cordelia gerettet, Sekunden bevor Marcie ihre Drohung wahrmachen konnte, Cordy ein brandneues Aussehen zu verpassen. Und zwar mit einem Skalpell. Langsam streckte Buffy die Hand aus und hob Cordys Gesicht. Ihre Augen waren geschlossen, als w‚rde sie die Tatsache verleugnen, dass Marcie diesmal mehr Erfolg gehabt hatte. Neue Brauen w€lbten sich an Cordys Stirn. Fein gestrichelte Linien wie zwei neue Wimpernpaare waren unter ihre Augen geritzt worden. Die Winkel ihres Mundes waren weit nach oben verl•ngert, sodass sie bis zu den Wangenknochen reichten. Cordy sah wie ein verst‚mmelter Clown aus. Unvermittelt riss Cordelia die Augen auf. Buffy sprang entsetzt zur‚ck. …Sieh mich an†, sagte Cordelia. Ihre Stimme klang kr•chzend, hatte jedoch von ihrer gewohnten Sch•rfe nichts eingeb‚ƒt. …Das ist alles deine Schuld. Du hast sie nicht rechtzeitig aufgehalten.†
…Aber das habe ich†, protestierte Buffy. …Ich habe sie aufgehalten. Erinnerst du dich nicht?† Ich habe nicht verloren. Ich habe gewonnen. …Und wie erkl•rst du dir das?†, fragte Cordelia. Sag du es mir. …Was ist das?Ä, fragte Cordelia pl€tzlich. …Was ist was?Ä ÅDieses Ding hinter dir.† Buffy wirbelte herum. Etwas kam aus der Dunkelheit des Kellers auf sie zugerollt. Etwas, das wie ein abgetrennter Kopf aussah. Er prallte gegen ihre Beine und blieb mit dem Gesicht nach oben liegen. …Xander?†, sagte Buffy. Was zum Teufel ging hier vor? Das hatte sie doch auch verhindert, oder nicht? Xander war nicht Ms. French zum Opfer gefallen, der Biologievertretungslehrerin, die in Wirklichkeit eine m•nnermordende Gottesanbeterin gewesen war, mit der F•higkeit, den M•nnern im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf zu verdrehen. Obwohl das wahrscheinlich etwas mit der Tatsache zu tun hatte, dass sie ihnen zu diesem Zeitpunkt schon die K€pfe abgebissen hatte. Aber ich habe auch diesen Kampf gewonnen, dachte Buffy. Was ist das hier? Eine Art Buffy Summers: Das war Ihr Leben, nur mit umgekehrten Vorzeichen? …Nun, ich habe wegen ihr den Kopf verloren.† Der Mund in Xanders Kopf sprach m‚helos, obwohl ihm die Stimmb•nder fehlten. …Was hast du erwartet? Ich bin ein Mann. Solche Dinge passieren uns st•ndig.† …Nicht im buchst•blichen Sinn.† …Oh†, machte Xander. …Heiƒt das, ich bin zu weit gegangen?† Ich bekomme allm•hlich ein schlechtes Gef‚hl bei der Sache, dachte Buffy. Und zwar ein richtig schlechtes. Konnte es sein, dass Nemesis sie nacheinander ihrer Siege beraubte? Ihr nur noch ihre Šngste lieƒ? Wobei habe ich sonst noch Angst gehabt, es zu vermasseln?, fragte sie sich. Und wenn sie schon einmal dabei war, wobei hatte sie keine Angst gehabt, es zu vermasseln? …He†, sagte eine neue Stimme. Ich musste ja unbedingt fragen, nicht wahr?, dachte Buffy, als er halb gehend, halb kriechend ins Licht trat. Doch auf seltsame Weise machte Oz’ Auftauchen Sinn. Es war wirklich nicht n€tig gewesen, dass Buffy in seinem Fall etwas vermasselte. Er hatte genug eigene Probleme.
…Pass auf†, sagte Oz. Blitzschnell wich sie zur Seite aus, wobei sie darauf achtete, nicht auf Xanders Kopf zu treten. Sie hob die Fackel. Langsam kam ein Gegenstand in Sicht. Etwas, jemand wurde von der Decke heruntergelassen. Buffy h€rte das Klirren von Ketten, als sich der K€rper senkte. Etwas Feuchtes landete auf Buffys Kopf. Sie griff sich an den Kopf und hielt ihre Hand dann ins Fackellicht, um zu sehen, was es war. Obwohl sie es bereits wusste. Genauso wie sie wusste, was da direkt auf sie zukam. Blut. Willow. In dieser Reihenfolge. Das ist alles nur eine T•uschung. Es passiert nicht wirklich, versuchte sie sich zu beruhigen. Willow war zu Beginn des ersten Highschooljahres in Ketten gelegt worden, nachdem die Gefolgsleute des Meisters sie entf‚hrt hatten, um mit Hilfe ihres Bluts den K€nig der Vampire ins Leben zur‚ckzuholen. Aber es ist nicht geschehen, dachte Buffy wieder. Ich habe auch das verhindert. Willow sollte nicht mit dem Kopf nach unten und durchschnittener Kehle von der Decke h•ngen. …Es tut mir Leid†, sagte Willow. Ihre Stimme war ein seltsames Gurgeln. …Ich sch•tze, ich habe dir diesmal nicht sehr geholfen.† …Aber du hast mir geholfen, Will. Wir haben ihn besiegt, erinnerst du dich nicht?† …Es tut mir Leid†, sagte Willow wieder. …Es tut mir so schrecklich Leid.† …H€r auf damit!†, schrie Buffy. Wenn es jemandem Leid tun sollte, dann ihr. Willow h•tte sich erst gar nicht in Todesgefahr begeben d‚rfen. Keiner von Buffys Freunden h•tte das je tun d‚rfen. Aber sie hatten wieder und wieder ihr Leben aufs Spiel gesetzt. Und ich bin der Grund daf‚r. Weil sie war, was sie war. Buffy Summers, die J•gerin der Abtr‚nnigen. Diejenige, die sich nicht an die Regeln halten wollte, oder zumindest nur an ihre eigenen. Diejenige, die nie eine Chance verpasste, Vorschriften zu ignorieren, zu brechen oder am besten gleich ganz in den Wind zu schieƒen. Diejenige, die alles und jeden, den sie liebte, in Gefahr brachte, nur weil sie ihren Kopf durchsetzen wollte. Wie viele Male noch w‚rde Buffy ihre Freunde retten k€nnen, bevor diese Albtraumbilder Wirklichkeit wurden? Bevor ihre Freunde nacheinander eines schrecklichen, unnat‚rlichen Todes starben. Ihr fiel bereits eine Person ein, die sie nicht hatte retten k€nnen. …Ich habe sie geliebt†, ert€nte Giles’ Stimme. …Ich hatte nie die Gelegenheit, es ihr zu sagen.†
Oh, Gott, dachte Buffy. Bitte, nicht das. Giles trat auf sie zu und hielt eine tote Jenny Calendar in den Armen. Buffy war von ihren Freunden umringt. Oder besser gesagt von dem, was von ihnen ‚brig war. Ich bin jetzt umzingelt. Umzingelt von ihrer Vergangenheit. Von den Erinnerungen, die sie in sich trug. Den Gef‚hlen, die sie nie ganz vergessen hatte. Es war einer der schrecklichsten Momente in Buffys Leben gewesen, als sie von Jennys Tod erfahren hatte. Weil sie gewusst hatte, dass sie teilweise daf‚r verantwortlich war. H•tte sie Angel nicht geliebt, in jeder erdenklichen Weise... Angel... …Du weiƒt, dass es nur eine M€glichkeit gibt, das hier zu beenden, nicht wahr?† Angel trat in den Lichtschein von Buffys Fackel. Seine dunklen Augen bohrten sich in ihre. Aber das taten sie immer irgendwie. Intensiver Blickkontakt geh€rte zu Angels Naturell. …Du bist die J•gerin†, fuhr Angel fort. …Ich bin ein Vampir. Ende der Geschichte. So einfach ist das.† …Ich dachte eigentlich, dass du inzwischen begriffen h•ttest, dass die Liebe ganz und gar nicht einfach ist†, erinnerte sich Buffy an Nemesis’ Worte. …Nein†, widersprach Buffy. …Das stimmt nicht. Ich will nicht, dass es so endet.† Angel schenkte ihr ein bitteres L•cheln. …Ich glaube nicht, dass du eine Wahl hast. Du weiƒt, dass es nur eine M€glichkeit gibt, das hier zu beenden. Du hast mich schon einmal gepf•hlt. Du kannst es wieder tun. Nur diesmal...† Er nahm seine Vampirgestalt an. …Ich schlage vor, du machst es gr‚ndlich.† Mit einem Knurren sprang er sie an. Buffy duckte sich, fischte Xanders Kopf vom Boden und warf ihn Oz zu. …Hier! Fang!†, rief sie. …He†, protestierte Xander. …Geht sacht mit mir um. Ich bin alles, was ich habe!† Buffy wandte sich Angel zu. Die beiden fingen an, sich gegenseitig zu umkreisen. …Was ist los?†, h€hnte Angel. …Du bist die groƒe, b€se J•gerin, nicht wahr? Warum kommst du nicht her? Warum erledigst du mich nicht?† …Das wird nicht funktionieren, Angel†, gab Buffy ihm zu verstehen. …Ich habe keine Angst vor dir. Und du kannst mich nicht dazu bringen, etwas zu tun, was ich nicht will.† …Wollen wir wetten?† Ohne Vorwarnung st‚rzte sich Angel auf sie. Buffy wich zur Seite aus. Ihr freier Arm schoss nach vorn. Buffys Faust traf Angel am Kinn und lieƒ ihn zur‚cktaumeln.
…Das muss man dir lassen†, keuchte er. …Du weiƒt, wie man einen guten Kinnhaken anbringt.† …Dann vergiss es nicht. Und jetzt verschwinde.† …Keine Chance. Es wird Zeit, dass du ein paar Tatsachen ins Gesicht siehst.† …Zum Beispiel?† …Wovor du Angst hast.† Buffy sp‚rte, wie sich in ihrer Magengrube ein kalter, harter Klumpen bildete. …Du hast Angst, dass du verlieren wirst, nicht wahr?†, stichelte Angel. …Du weiƒt, dass es stimmt. Denn du weiƒt, dass du verlieren wirst. Fr‚her oder sp•ter wirst du gegen einen Gegner antreten m‚ssen, den selbst du nicht besiegen kannst. Gegen ein Wesen, das st•rker ist als du. Dann wirst du wie jede andere J•gerin vor dir sein. Tot.† …Vielen Dank, das war ich schon†, konterte Buffy. …Ich habe geh€rt, dass es einem beim zweiten Mal leichter f•llt†, erwiderte Angel. Buffy sp‚rte, wie die K•lte in ihrem Magen st•rker wurde, bis es schmerzte. …H€r auf†, rief sie. …H€r endlich auf damit!† …Dazu musst du mich erst bringen...† Buffy warf die Fackel zu Boden und machte einen Sprung nach vorn. Sie riss den Fuƒ hoch und traf Angel unter dem Kinn. Er stolperte zur‚ck, gewann dann aber sein Gleichgewicht wieder. …Du musst dir schon was Besseres einfallen lassen†, h€hnte er. …Keine Sorge†, antwortete Buffy. …Ich kann dir garantieren, dass das nicht der letzte Treffer war.† Sie trieb Angel mit einer Reihe von Fausthieben zur‚ck und schlug ihm gegen die Brust. Dann folgte ein rechter Haken. Angel blockte ihn ab. Blitzschnell riss sie den linken Arm hoch, aber auch diesen Schlag blockte er ab. …Schachmatt†, sagte er. Buffy rammte ihm den Kopf gegen den Sch•del, sodass sie Sterne sah und Angel in die Knie ging. …Das denke ich nicht.† Sie h•mmerte Angel die Spitze ihres Stiefels ins Gesicht und schickte ihn r‚cklings zu Boden. Das Blut rauschte in ihren Ohren. Sie sprang hoch und lieƒ sich mit voller Wucht auf ihn fallen, nagelte seine Arme mit den Knien am Boden fest. Sie griff in ihre Jackentasche, riss einen Pflock heraus. …Was wolltest du sagen?† …Du kannst das nicht, oder?†, sagte Angel. …Du hast zu viel Angst.† Buffy hatte das Gef‚hl, als w‚rden mehrere Feuerwerke gleichzeitig in ihrem Kopf explodieren.
Sie war die J•gerin. Angst war etwas f‚r andere. Sie konnte es sich nicht leisten, vor irgendetwas Angst zu haben. …Feigling†, h€rte sie Angel sagen. …Du wirst verlieren und du weiƒt es.† Mit einem Aufschrei hob Buffy den Pflock ‚ber ihren Kopf.
13 Willow gab einen schrillen Schrei von sich und drehte den Kopf hin und her. Der Schmerz hinter ihren Augen stach wie ein Dolch durch ihren Sch•del. Ich will das nicht sehen, dachte sie. Sie wollte nicht sehen, wie Buffy Angel mit einem Pflock durchbohrte. Nicht einmal, wenn sie wusste, dass der echte Angel direkt neben ihr stand. …In Ordnung†, h€rte sie Giles’ Stimme sagen. …Ich habe genug gesehen.† Willow sp‚rte, wie die Sch‚ssel von ihren Knien genommen wurde. Einen Moment sp•ter h€rte sie das Zischen von Wasser, das sich ins Feuer ergoss. Rauch f‚llte den Raum und brannte in ihren Augen. Ihrer Kehle. Der Schmerz hinter ihren Augen verwandelte sich in heiƒes, weiƒes Licht, das abrupt erlosch. Willow schrie auf und kippte zur Seite. Oz’ Arme fingen sie rechtzeitig auf, bevor sie auf dem Steinboden aufschlagen konnte. Aber trotz der Schmerzen wusste sie, was Giles getan hatte. Wasser l€scht Feuer. Der Kristallkugelzauber war beendet. …Ich werde ein Fenster €ffnen†, sagte Angel. Einen Moment sp•ter sp‚rte Willow, wie k‚hle Luft durch den Raum strich und den Rauch vertrieb. …Willow†, h€rte sie Giles’ Stimme sagen. …Kannst du mich h€ren? Wie geht es dir?† …Okay, glaube ich†, sagte sie. Langsam setzte sie sich auf. Ihr Kopf dr€hnte noch immer, aber der Schmerz war jetzt nicht mehr so schlimm. …Wie viele Finger halte ich hoch?†, warf Xander ein. Er wedelte mit seiner Hand vor ihrem Gesicht herum. …W‚rdest du bitte damit aufh€ren?†, fauchte Giles. …Ich versuche nur zu helfen†, murmelte Xander. …Bist du sicher, dass du in Ordnung bist?†, fragte Giles und sah Willow durchdringend an. …Wie geht es deinem Kopf?† Willow schenkte ihm ein mattes L•cheln. …Als w‚rde ich eine Familienpackung Aspirin brauchen.† Giles lehnte sich zur‚ck. …Das ist nicht weiter verwunderlich. Dieser Zauber war viel zu gef•hrlich f‚r dich, Willow. Ich kann dir nur dringend raten, es nicht noch einmal zu versuchen.† …Das haben Sie dieses Mal ja auch nicht†, bemerkte Angel, als er zur‚ck ins Zimmer kam. …He†, protestierte Willow. …Ich dachte, du bist auf meiner Seite.† …Ich denke, wir sind hier alle auf derselben Seite†, erkl•rte Oz. …Nun ja†, meinte Willow, …aber was machen wir jetzt? Wir sind wieder da, wo
wir angefangen haben. Wir wissen nicht, was passiert. Wir stehen im Dunkeln.† …Und es ist durchaus m€glich, dass wir dort auch bleiben werden†, sagte Giles. …Eine der Bedingungen von Buffys Pr‚fung besagt eindeutig, dass sie allein dorthin geht.† …Einen Moment†, unterbrach Xander. …Oh... nat‚rlich†, rief Giles. …Warum habe ich daran nicht gedacht?† …Aber wir wissen nicht, wo sie stattfindet†, protestierte Willow. …Warum habe ich nur dieses Gef‚hl, dass sich mir gleich der Magen umdreht?†, fragte Xander. …Ich weiƒ es†, sagte Angel. …Wie bitte?Ä, explodierte Giles. …Ich weiƒ, wo die Pr‚fung stattfindet.† …Nun, warum haben Sie das nicht schon fr‚her gesagt?† …Ich habe bis jetzt nicht daran gedacht. Auƒerdem haben Sie nicht gefragt.† …Wo findet Buffys Pr‚fung statt?† …Zweitausend, Elysian Fields Lane.† …Gut†, sagte Giles und sprang auf. …Ich schlage vor, wir sehen nach, was passiert, wenn wir uns dort ein wenig umschauen, in Ordnung?† …W‚rde mir bitte jemand erkl•ren, was los ist?†, jammerte Xander. …Nemesis hat gesagt, dass Buffy allein gehen muss, aber sie hat nicht gesagt, dass sie allein bleiben muss†, erkl•rte Willow. …Heiƒt das, wir tun das, was ich denke, das wir tun?† Willow nickte. …Die Scooby Gang startet eine Rettungsaktion.† …Ausgezeichnet.† Der Pflock pfiff durch die Luft, als Buffy ihn niedersausen lieƒ, direkt auf Angels ungesch‚tzte Brust. In letzter Sekunde riss sie den Pflock zur Seite. …In Ordnung. Du kannst das Abonnement von Psychologie heute abbestellen. Ich hab’s kapiert†, schrie sie. Hat auch lange genug gedauert. Sie stand auf, gab Angel frei und warf den Pflock mit einer heftigen Bewegung weg. Ohne sich umzusehen stapfte sie zu der zischenden Fackel. Es w‚rde nicht mehr lange dauern, dachte sie. Und sie hatte ihre Mom noch immer nicht gefunden, ebenso wenig wie den Weg nach drauƒen. Vielleicht hatte Angel Recht. Vielleicht w‚rde sie verlieren. Denk nicht mal daran, mahnte sie sich. Damit spielte sie Nemesis nur in die H•nde. Spielte ihr Spiel. Was gibt es da unten? Monster? ›Du hast es erraten‹, hatte die Ausgleicherin gesagt. Aber Buffy d•mmerte jetzt, dass etwas anderes, was Nemesis gesagt hatte, viel
wichtiger war. ›Wenngleich die Sorte allein von dir abh•ngt.‹ Zu diesem Zeitpunkt hatte Buffy noch geglaubt, dass Nemesis nur das geheimnisvolle ‚bernat‚rliche Wesen spielte. Jetzt wusste sie, dass es nicht stimmte. Nemesis hatte sich nicht geheimnisvoll gegeben. Sie hatte die Wahrheit gesagt. Und wenn das nicht raffiniert und hinterh•ltig war, was dann? Sie hatte sich nicht nur dieser dummen Pr‚fung unterziehen m‚ssen. Sie hatte auch noch ihre eigenen Monster mitbringen m‚ssen. Genau das habe ich getan, erkannte sie pl€tzlich. Sie hatte gegen ihre eigenen Šngste gek•mpft. Jene, die sie tags‚ber verdr•ngte. Und die sich jede Nacht in ihre Tr•ume schlichen. Tr•ume, in denen ihre Freunde verst‚mmelt, tot oder Schlimmeres waren. Und immer war es ihre Schuld. Immer hatte sie es zu verantworten. …Du weiƒt, dass es nur eine M€glichkeit gibt, das hier zu beenden, nicht wahr?†, fragte Angels Stimme wieder. …Ja, das weiƒ ich.† Als w•ren ihre Worte eine Art Signal, verschwanden ihre Freunde, so wie sie es fast erwartet hatte. Was gibt es hier unten? Monster, dachte sie. V€llig richtig. Und das gr€ƒte von allen war... …Hi, ich bin Buffy. Wie heiƒt du?†, fragte eine Stimme direkt vor ihr. ... Buffy Summers. Suz Tompkins wachte langsam auf. Was vermutlich besser war, sagte sie sich, als tot zu erwachen. Ihr Hals f‚hlte sich an, als h•tte jemand einen Eispickel hineingebohrt und die Innenseite dann mit Sandpapier behandelt. Als sie nach unten blickte, entdeckte sie am Revers ihrer Jacke Blutflecken. Sie konnte ihre Arme und Beine nicht f‚hlen. Lag es an den Fesseln oder dem Blutverlust?, fragte sie sich. Nicht, dass es eine Rolle spielte. Wichtig war nur, dass sie wie ein Lamm zur Schlachtbank gef‚hrt worden war. Sie war der K€der. Und nur um des Effektes willen hatte Mama Walker sie gebissen. Nur ein kleines Bisschen. Suz sp‚rte, wie etwas Heiƒes, Scharfes in ihrer Brust hochstieg. Wut, rein und unverf•lscht. Niemand behandelt mich auf diese Weise.
Irgendwie w‚rde sie aus diesem Schlamassel wieder herauskommen. Irgendwie w‚rde sie einen Ausweg finden. Und wenn ihr das gelang, sollte das Ding, das ihr das angetan hatte, sich lieber warm anziehen. Niemand legte sich ungestraft mit Suz Tompkins an. Nicht einmal etwas, das bereits tot war. Buffy Summers starrte ungl•ubig. Im Licht der Fackel konnte sie sich selbst sehen, als w•re sie gerade den Seiten des Fotoalbums entstiegen, das ihre Mutter angelegt hatte. Ein junges M•dchen von etwa acht Jahren in einem Power-Girl-Kost‚m. Das Gesicht der j‚ngeren Buffy war nach oben gerichtet, als sie ihr Gegen‚ber interessiert in Augenschein nahm. Weiƒ sie, dass ich es bin – dass wir es sind?, dachte Buffy. Wusste diese j‚ngere Ausgabe ihrer selbst, dass sie, so unwahrscheinlich dies auch klang, zu etwas heranwachsen w‚rde, das Šhnlichkeit mit einer Superheldin hatte? Buffy wollte diese Frage gerade beantworten, als eine zweite Stimme erklang. …Hi, ich bin Buffy. Wie heiƒt du?† Oh, Gott, dachte sie. Ich bin ‚berall. Und da kamen sie, aus den Schatten. Zuerst eine Buffy, dann immer mehr, bis die J•gerin von ihnen umringt war. Zwei Buffys. Vier Buffys. Sechs. Acht. Zehn. Zw€lf. Bis es mehr Versionen von ihr gab, als sie zu z•hlen im Stande war. Dort war sie in dem feinen Kleid, das sie bei der Verleihung der Abschlusszeugnisse an der Grundschule getragen hatte. Daneben stand eine etwas j‚ngere Version mit Schlittschuhen. Dieses kleine blonde M•dchen trug die wundersch€ne Kombination, die sie immer zum Schlittschuhlaufen angezogen hatte. Eine weiƒe Bluse mit einem Peter-Pan-Kragen. Einen roten Flanellreifrock, der sich um sie gebauscht hatte, wenn sie ihre Pirouetten drehte. Sie sah sich selbst als Cheerleaderin, kurz bevor sie zur J•gerin auserw•hlt worden war. Als kleines Kind im Schlafanzug, das beim L•cheln eine Zahnl‚cke zeigte und stolz seinen ersten ausgefallenen Zahn hochhielt. Wo sie auch hinsah, ‚berall waren Buffys. Sie sind ich, dachte Buffy. Ich bin sie. Was war so schlimm daran? …Hi, ich bin Buffy. Wie heiƒt du?†, fragte die Power-Girl-Buffy erneut. Und die J•gerin sp‚rte, wie sich das letzte Teil in das Puzzle einf‚gte. Willow hatte ihr den Schl‚ssel gegeben. Nemesis: ein Mittel oder ein Akt der Vergeltung. Okay, dachte Buffy. Ich hab’s kapiert. Sie war hier, um einer Pr‚fung unterzogen zu werden, nicht wahr? Es ging um Vampmamas Rache. Darum, dass jemand oder etwas einen besiegt oder vernichtet.
Ihre eigenen Šngste beispielweise. Wie jene, ihre Freunde nicht vor dem Tod retten zu k€nnen. Oder ein Gegner, der nicht bezwungen werden kann. Mann, wer k€nnte das wohl sein? Buffy hatte in ihrer Karriere als J•gerin gegen eine Menge Widersacher k•mpfen m‚ssen, wovon eine ganze Reihe ihr fast zum Verh•ngnis geworden w•re, sie fast umgebracht h•tte. Aber es gab nur einen Gegner, von dem sie ohne einen Schatten des Zweifels wusste, dass er jede ihrer Aktionen kontern, jeden ihrer Gedanken vorausahnen konnte. Nur einen Gegner, den Buffy niemals w‚rde besiegen k€nnen, ganz gleich, wie hart sie auch k•mpfte. Ich wusste, dass ich jemand in den Hintern treten musste, als ich hierherkam, dachte Buffy. Sie hatte sich nur nicht vorstellen k€nnen, dass sie selbst diejenige sein w‚rde, und dann noch in solcher Zahl. …Hi, ich bin Buffy Summers†, sagte Buffy. …Ich bin die J•gerin. Und ihr seid es nicht. Ihr seid mir im Weg. Ich denke, ihr solltet verschwinden und zwar sofort.† Die Buffy, die ihr am n•chsten stand, eine Version, die ein Halloweenkatzenkost‚m trug, lachte und trat n•her. …Okay, dann eben auf die harte Tour†, sagte Buffy. Sie hatte eben nie gewusst, wann sie zur‚ckstecken musste. Die J•gerin streckte die Hand aus und verpasste ihrem j‚ngeren Selbst einen kr•ftigen Stoƒ. Mit einem erstickten Ausruf kippte die andere Buffy nach hinten, riss die hinter ihr stehende Buffy zu Boden und l€ste eine Kettenreaktion aus. Die Buffys fielen wie Dominosteine. Beim Aufschlag auf den harten Betonboden des Kellers zersplitterten sie wie Spiegel, bildeten winzig kleine Buffyscherben. Jene Buffys, die noch immer standen, gerieten in Panik, st‚rzten sich beiƒend und kratzend auf die J•gerin und versuchten, sie zu Boden zu werfen. Buffy verlor die ˆbersicht ‚ber die Zahl derer, gegen die sie k•mpfte. Die Fackel wurde ihr aus der Hand geschlagen. Es kamen immer mehr, und der Boden zu ihren F‚ƒen war bald kniehoch von ihren Scherben bedeckt, als die J•gerin sie in tausend St‚cke schlug. Diese Bilder des M•dchens, das sie einst gewesen war, aber nie wieder sein konnte. Und dann waren sie fort. Bis auf eine. Buffy blickte in die Augen ihrer Power-Girl-Ausf‚hrung. ˆber dem Meer aus zerbrochenen Buffys sahen sich die beiden M•dchen an. Dann hob die junge Buffy ihr Kinn, eine Geste, die die J•gerin als offene Herausforderung erkannte. Ihr Mund verzog sich zu einem d‚nnen L•cheln. Ohne ein Wort fuhr sie herum und floh. Die J•gerin b‚ckte sich, hob die fast abgebrannte Fackel vom Boden auf und folgte ihr.
14 Ich hoffe wirklich, sie weiƒ, wohin sie geht. Durch den finsteren Keller verfolgte die J•gerin ihr j‚ngeres Selbst. Bis sie ersch€pft keuchte und die Fackel ausging. Buffy bemerkte es kaum. Denn jetzt konnte sie vor sich etwas erkennen, etwas, das durch die Dunkelheit leuchtete. Es war kein warmes, angenehmes Licht, wie es durch die Fenster eines gem‚tlichen Heims in die kalte Winternacht drang, sondern ein fades, gr‚nes Flimmern, das nach Buffys Erfahrung nur eins bedeuten konnte. Sie hatte ihr Ziel erreicht. Die H€hle des letzten Monsters. Was wird es wohl diesmal sein?, fragte sie sich. D•monen? Noch mehr Vampire? Irgendwelche Unterweltkumpel von Nemesis? Buffy beobachtete, wie ihre Juniorversion ihre Schritte verlangsamte, sich dann umdrehte und ihr einen auffordernden Blick zuwarf. Als w‚rde sie auf Buffy warten, als w‚rde sie wollen, dass sie die letzten Meter der Reise gemeinsam zur‚cklegten, dachte die J•gerin. Entweder das, oder sie hatte einfach Angst, allein weiterzugehen. Verst•ndlich. Und ziemlich wahrscheinlich. Buffy war nicht besonders wild darauf, es herauszufinden. Es •nderte jedoch nichts an ihrem Vorsatz, alles zu tun, um ihre Mutter zu retten. Sie warf die nun nutzlos gewordene Fackel weg. Sie brauchte sie jetzt ohnehin nicht mehr. Das Licht war jetzt hell genug, obwohl sie noch immer nicht erkennen konnte, woher es kam. Der Keller ging nun um eine Ecke. Was auch immer dieses fade, gr‚ne Leuchten erzeugte, lag hinter dieser Ecke. Offenbar hatte Nemesis viel f‚r Spannungseffekte ‚brig. Nun, dann los, dachte Buffy. Sie trat zu dem Power Girl und nahm es an die Hand. Seine Finger f‚hlten sich heiƒ an, als sie sich um ihre legten, aber der Griff war entschlossen. Zusammen bogen die beiden Buffys um die Ecke und blieben abrupt stehen. Das hat mir gerade noch gefehlt, dachte Buffy. Sie h•tte es wissen m‚ssen. Es war nicht ihre gr€ƒte Angst, bei weitem nicht. Aber sie reichte bis in ihre Kindheit zur‚ck, wo sie direkt hinter ihrer Angst vor der Dunkelheit rangiert hatte. Nicht die Angst vor dem Tod. Auch nicht die vor D•monen oder Vampiren. Diese Šngste waren erst viel sp•ter hinzugekommen. Das, was durch die Albtr•ume ihrer Kindheit gespukt hatte, waren... Spinnen. Oder wie in diesem Fall eine Spinne.
Es war die gr€ƒte Spinne, die Buffy je gesehen hatte, und in ihren Albtr•umen war sie schon so manchem Prachtexemplar begegnet. Diese hier war mindestens halb so groƒ wie sie und viel breiter. Ihr haariger K€rper war von einer weiƒen Farbe, die Buffy immer mit H‚ttenk•se assoziierte. Ihr geschwollener Unterleib war von hochroten Flecken bedeckt. Sie sahen wie riesige, blutunterlaufene Augen aus. Vielleicht litt sie an einem wirklich ‚blen Fall von Windpocken. Solche, die im Dunkeln leuchteten. Wom€glich konnte Buffy das zu ihrem Vorteil nutzen. F‚r solche Wesen war es verdammt schwer, sich im Dunkeln anzuschleichen. In der unteren rechten Ecke des Spinnennetzes war etwas, das wie ein groƒer weiƒer Rhombus aussah. Der Eiersack, dachte Buffy. Wie kam es eigentlich, dass sie am Ende immer gegen etwas k•mpfte, das sich als Mutter entpuppte? Die Bezoar, Natalie French und jetzt das. Vielleicht brauchte sie eine J•gerinfamilientherapie oder etwas in der Richtung. …Du heiƒt nicht zuf•llig Charlotte, oder?† Beim Klang von Buffys Stimme krabbelte die Spinne los. Sie hob ihre Vorderbeine, als w‚rde sie auf eine Herausforderung reagieren. Jetzt konnte Buffy erkennen, was sich hinter der Spinne befand, in der obersten Ecke ihres Netzes. Etwas, das von ihrem aufgebl•hten, fleckigen Rumpf verdeckt worden war. Es war Joyce. …Mom!†, schrie Buffy. Hinter ihr gab Power Girl einen klagenden Laut von sich. Joyces Kopf drehte sich in ihre Richtung. Buffy sah, wie ihre Mutter zusammenzuckte, weil die Spinnf•den an ihren Haaren zogen. …Buffy†, sagte Joyce. Ihre Stimme klang d‚nn und schwach. Buffy sp‚rte, wie ein Finger aus purem Eis ‚ber ihre Wirbels•ule strich. Noch ein paar Minuten, und sie w•re wom€glich zu sp•t gekommen. …Schatz, wenn du das bist... komm nicht n•her.† Von wegen, Mom. Buffy war nicht hergekommen, um herumzustehen und zu plaudern. Sie lieƒ die Hand ihrer Begleiterin los und trat vor. Sofort setzte sich die Spinne in Bewegung und wich zur‚ck, n•her zu Joyce. Es gab f‚r Buffy keine M€glichkeit, ihre Mom vor der Spinne zu erreichen. Buffy blieb stehen. Die Spinne blieb stehen. Eine Pattsituation. Die J•gerin ‚berdachte ihre M€glichkeiten. Eine kleine Ablenkung k•me jetzt sehr gelegen. Nur bedauerlich, dass die Chancen, eine zu inszenieren, im Moment nicht besonders gut standen. Sie konnte nicht die Spinne ablenken und gleichzeitig ihre Mutter retten. Die j‚ngere Buffy blickte zu der J•gerin auf, als w‚rde auch sie nach einer L€sung suchen.
Dann ging sie auf das Netz zu. Geradewegs zu der Ecke mit dem Eiersack. Buffy bekam eine G•nsehaut. Ihr j‚ngeres Selbst zu beobachten, war wie das DŽj•-vu einer Situation, von der Buffy wusste, dass es sie nie gegeben hatte. Sie musste sich nicht fragen, was das M•dchen in dem Power-Girl-Kost‚m, das sich gelassen dem riesigen Spinnennetz n•herte, als N•chstes tun w‚rde. Sie wusste es bereits. Sie w‚rde der J•gerin die n€tige Ablenkung liefern. Blitzartig schlug eine Woge aus wilder Freude ‚ber Buffy zusammen. Sie konnte fast sp‚ren, wie in ihrem Kopf ein Licht anging. Wie der Groschen fiel. Wie die Hintergrundmusik anschwoll, als der Chor einsetzte. Wurde auch Zeit, dachte sie. Sie verstand nun, warum ihre Mutter ‚berhaupt ein Fotoalbum angelegt hatte. Verstand, was diese j‚ngere Ausgabe ihrer selbst ihr zu zeigen versuchte. Sie war dieses M•dchen, ebenso gut wie all die anderen Buffys. Die Tatsache, dass sie zu etwas herangewachsen war, das keine von ihnen hatte vorhersagen k€nnen, bedeutete nicht, dass sie sie verraten, dass sie alle hinter sich lassen musste. Sie hatte sich nicht zu einem Freak, einer Entt•uschung entwickelt. Sie war nicht ihre eigene Nemesis. Sie musste nicht gegen sich selbst k•mpfen. Nicht der Gegner sein, den sie nie besiegen konnte. Stattdessen konnte sie Teil einer endlosen Kette von Buffys sein. Jede einzelne von ihnen war ein Teil von dem, was sie in diesem Moment war. Wenn sie jetzt gewann, bestanden alle die Pr‚fung. Und um das zu tun, musste sie nur aufrichtig zu all dem stehen, was sie jetzt war, was sie je zuvor gewesen war. Sie musste nicht gegen ihre Vergangenheit ank•mpfen, um ihre Mutter zu retten. Sie musste sie sich zu Nutzen machen. Buffy musterte ihr j‚ngeres Selbst. Das M•dchen starrte den Eiersack an. Buffy griff in ihre Jackentasche und sp‚rte, wie sich ihre Hand um den letzten verbliebenen Pflock schloss. Sie zog ihn heraus und warf ihn der j‚ngeren Buffy zu, die ihn geschickt auffing. F‚r einen Moment blickte das M•dchen im Power-Girl-Kost‚m zu der J•gerin auf. Dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf das spitze Ende des Pflocks und legte den Kopf zur Seite. …Tu es†, sagte die J•gerin. Die Kleine lieƒ ein Grinsen aufblitzen. Sie umklammerte das dickere Ende des Pflocks und rammte die Spitze in die Mitte des Eiersacks. Die Mutterspinne reagierte sofort. Zischend krabbelte sie ‚ber das Netz auf sie zu. Auf halbem Weg zwischen Joyce und den beiden Buffys verharrte die Riesenspinne. Fuchtelte nerv€s mit den Vorderbeinen. Buffy h•tte schw€ren k€nnen, dass sie ihre Gedanken gelesen hatte. Nat‚rlich vorausgesetzt, dass Spinnen denken konnten.
Was war wichtiger, ihre Beute oder ihre Kinder zu verteidigen? Die Spinne bewegte sich ein St‚ck weiter. Ihre Kinder. Buffy l•chelte ihr j‚ngeres Selbst an. …Gut gemacht†, lobte sie. Das kleine M•dchen, das Buffy einst gewesen war, blickte erneut mit leuchtenden Augen zu ihr auf und hielt ihr den Pflock hin. …Okay, von jetzt an ‚bernehme ich†, sagte die J•gerin und griff nach dem Pflock. In dem Moment, als Buffy die Hand ihres j‚ngeren Selbst ber‚hrte, l€ste sich dieses in Luft auf, und Buffy stand allein vor dem Eiersack, mit dem Pflock in der Hand. Nun sind wir wieder vereint, dachte sie. Es wurde Zeit f‚r Action. …Lass meine Mutter in Ruhe.† Buffy hielt den Pflock fest umklammert, hob ihn ‚ber den Eiersack und lieƒ ihn dann niedersausen. Die Mutterspinne wandte sich von Joyce ab und krabbelte los, um ihre Kinder zu retten, als eine gelatin€se Masse aus dem Sack quoll und zu Boden tropfte. Buffy ignorierte die Tropfen, rannte am unteren Rand des Netzes entlang, klemmte den Pflock wie einen Piratendolch zwischen die Z•hne und kletterte hinauf zu ihrer Mom. Die Spinnenseide klebte an ihren H•nden und F‚ƒen und machte ihren Aufstieg qu•lend langsam. Beeil dich, dachte sie. Beeil dich. Sie erwartete jeden Moment, dass die Spinne sie von hinten ansprang. Buffy hasste es zutiefst, ihren R‚cken ungesch‚tzt zu lassen, aber es war die einzige M€glichkeit, um zu Joyce zu gelangen. Sie hatte bis jetzt nur einen Teil der Pr‚fung bestanden. Buffy hatte das Geheimnis der Pr‚fung entdeckt und war dabei, ihre Mutter zu befreien. Damit blieb nur noch der letzte Teil: von hier verschwinden. Lebend. Sie erreichte ihre Mutter und hackte auf die F•den ein, die sie festhielten. …Es ist alles gut. Ich bin hier, Mom. Kannst du gehen?† Sie sah, wie Joyce schluckte und den Mund €ffnete, um zu sprechen. Aber kein Laut drang heraus. …Mom, ich brauche unbedingt eine Antwort von dir†, dr•ngte Buffy. …Glaubst du, dass du gehen kannst, wenn wir unten sind?† Joyce nickte matt. Beim zweiten Versuch gelang es ihr, sich verst•ndlich zu machen. …Ich glaube schon†, sagte sie mit schwacher Stimme. …Aber ich... f‚hle mich nicht besonders gut. Liegt wahrscheinlich am Spinnengift.† Denk nicht dar‚ber nach, sagte sich Buffy grimmig, w•hrend sie Joyces Arme aus dem Netz befreite. …Vielleicht solltest du vorangehen†, sagte Joyce, als Buffy die F•den um ihre
Beine zerschnitt. …Ich komme nach.† …Kommt gar nicht in Frage, Mom†, sagte Buffy, als Joyces Knie nachgaben und sie nach vorn kippte. Buffy kletterte das Netz hinunter, wobei die klebrigen F•den an ihren H•nden zogen, und fing ihre Mutter einen Sekundenbruchteil, bevor sie auf dem Betonboden aufschlug, auf. Sie zog sie hoch und half ihr dann, sich von dem Netz zu l€sen. …Vielleicht hilft dir Bewegung†, meinte sie. …Du weiƒt schon, die Blutzirkulation wieder in Gang bringen und so.† …Vielleicht†, murmelte Joyce. …Nur... Buffy...† …Was?†, sagte die J•gerin und versuchte, nicht allzu gereizt zu klingen. Verstand ihre Mutter denn nicht, dass dies eine Rettungsaktion war? …Mom, jetzt ist wirklich nicht der beste Zeitpunkt f‚r ein inniges Gespr•ch, weiƒt du.† …Ich weiƒ†, sagte Joyce. …Es ist nur... wie auch immer, vielleicht sollten wir uns wirklich besser beeilen, Schatz.† Buffy fuhr herum und schirmte instinktiv ihre Mutter mit ihrem K€rper ab. Die Spinne war direkt hinter ihr. Buffy konnte die zahllosen roten Knopfaugen der Spinne sehen. Sie h•tte schw€ren k€nnen, dass stinkender Spinnenatem zu ihr her‚berdrang. Die Spinne machte einen winzigen Schritt vorw•rts. …Uh, uh†, murmelte Buffy und hob den Pflock. …Ich glaube, daf‚r ist es zu sp•t.† Sie st‚rzte los, holte mit dem Pflock aus und stach nach dem Gesicht der Spinne. Mehrere der roten Augen erloschen. Die Spinne fiel auf den R‚cken und zappelte mit den haarigen Beinen. …Komm†, sagte Buffy und griff nach Joyces Arm. …Wir verschwinden.† Sie hatte gerade zwei Schritte gemacht und ihre Mutter an sich vorbeigelassen, da fiel die Spinne ‚ber Buffy her und hackte nach ihrem R‚cken, ihren Armen. …Mom, lauf!†, befahl Buffy, als sie herumfuhr und mit dem Pflock zustach. Gr‚ner Schleim quoll aus einem Vorderbein der Spinne. Buffy sprang zur‚ck. Das Letzte, was sie brauchte, war ein Bad in Spinnenschleim. Schon mit R‚cksicht auf die chemische Reinigung. Sie prallte hart gegen ihre Mutter und stolperte. …Warum bist du noch immer hier?†, fragte Buffy, als sie ihr Gleichgewicht zur‚ckgewann. Die Spinne krabbelte erneut auf sie zu und fuchtelte mit ihrem rechten Vorderbein herum. Buffy duckte sich und lieƒ den Pflock von einer Hand in die andere wandern. …Ich kann dich nicht einfach allein lassen†, antwortete Joyce hinter ihr. …Mom, du musst mir in diesem Fall wirklich vertrauen. Jetzt ist keine Zeit f‚r m‚tterliche Heldentaten. Wir kommen hier nur mit heiler Haut raus, wenn du zuerst gehst.† Buffy verfolgte, wie die Spinne die Beine anzog. Uh, oh. Sie hatte gar kein gutes
Gef‚hl dabei. Irgendwie wusste sie, was als N•chstes passieren w‚rde. …Aber...† …Geh einfach!†, stieƒ Buffy hervor. Sie h€rte, wie ihre Mutter hinter ihr ein paar z€gernde Schritte machte. Die Spinne sprang und landete genau dort, wo sich Joyce noch einen Augenblick zuvor befunden hatte. Jetzt war sie zwischen Buffy und ihrer Mutter. Das gute alte Prinzip des Trennens und Besiegens. Buffy h€rte Joyce auf der anderen Seite des Monstrums aufschreien. Sie wich mehrere Schritte zur‚ck, nahm Anlauf und machte dann einen gewaltigen Sprung. Im Flug drehte sie sich und zielte mit dem Pflock nach der Unterseite des ihr am n•chsten stehenden Hinterbeins der Spinne. Gr‚ner Schleim spritzte heraus, als sich die Holzspitze tief ins Fleisch bohrte. Buffy landete und rutschte in einer Pf‚tze Spinnenschleim aus. Sie schlug hart mit dem R‚cken auf dem Kellerboden auf, sodass ihr die Luft wegblieb. Wie kommt es, dass ich nie auf etwas Weichem lande?, fragte sie sich, w•hrend rote Punkte vor ihren Augen tanzten. Warum musste es immer etwas Hartes sein? Beton. Asphalt. Der Steinboden einer Gruft. Solche Dinge. W‚rde es gegen eine wichtige J•gerregel verstoƒen, wenn ich zur Abwechslung mal auf etwas landen w‚rde, das weniger dazu angetan ist, m€gliche Knochenbr‚che zu verursachen? Etwas, das ihrem Gegner nicht half, indem es einfach war, was es war? Eine weitere Sache, die ich Giles fragen muss, dachte sie. Vorausgesetzt, dass ich lebend hier herauskomme, um ihn ‚berhaupt fragen zu k€nnen. Sie sch‚ttelte den Kopf und blinzelte durch die Schleier vor ihren Augen. Aber die verschwommene, sich bewegende Masse vor ihren Augen verschwand nicht. Sie lag unter der Spinne. Sie musste unbedingt versuchen aufzustehen. Denn wenn sie es nicht tat, w‚rde die Spinne zweifellos etwas absolut Scheuƒliches mit ihr anrichten. Sie zum Beispiel wie einen K•fer zerquetschen. Die Spinne war bereits dabei, sich aufzurichten, und brachte ihren Unterleib in die entsprechende Position. Zu sp•t, um aus dem Weg zu rollen. Buffy hatte gerade noch Zeit, die Knie anzuziehen und sich auf die Seite zu drehen, bevor sich der Spinnenunterleib senkte. Ich lass mich nicht in einen Pfannkuchen verwandeln. Buffy kam auf die Knie und streckte dann den Arm mit dem Pflock aus. Sie h€rte, wie die Spinne aufkreischte, als sie ihren Unterleib, dessen Haut sich trotz seines weichen Aussehens als z•h und dick erwies, mit der Spitze ber‚hrte. Die Spinne senkte sich weiter auf Buffy herab, legte sich zu beiden Seiten um sie
und drohte die J•gerin zu ersticken. Wer h•tte geahnt, dass man mit Arachniden Verstecken spielen konnte? Wenn Buffy nachgab, w‚rde sie mit Sicherheit zerquetscht werden. Jedoch wenn die Spinne ihren Unterleib nicht hob, riskierte sie es, aufgespieƒt zu werden. Wessen Wille war st•rker? Der der J•gerin oder der der Spinne? Andererseits – hatten Spinnen ‚berhaupt einen freien Willen? Okay, dachte Buffy. Genug ist genug. Wenn sie schon so weit war, dass sie mitten in einem Kampf philosophische Fragen stellte, war es eindeutig Zeit, die Dinge zu beschleunigen. Sie konnte nicht die ganze Nacht hier kauern. Sie musste sich um ihre Mutter k‚mmern. Sie senkte die freie Hand und benutzte sie als Hebel, um sich in eine Hocke zu stemmen. Sie sp‚rte, wie ihr Arm mit dem Pflock unter dem st•rker werdenden Druck der Spinne zitterte. Sie spannte die Muskeln an. Diesmal muss ich allein z•hlen, Angel, dachte Buffy. Eins. Zwei. Wie gew€hnlich kam sie nicht bis drei. Die J•gerin stieƒ den Pflock abrupt nach oben. Sie konnte sp‚ren, wie die Spinnenhaut ‚ber ihr nachgab und die Spitze sich endlich ins Fleisch bohrte. Mit einem ohrenbet•ubenden Kreischen b•umte sich die Spinne auf. Nicht viel. Aber es gen‚gte. Buffy lieƒ den Pflock los, machte eine schnelle Drehung, schl•ngelte sich unter dem Spinnenleib hervor, holte mit dem rechten Fuƒ aus und trat mit voller Wucht gegen den Teil des Pflockes, der aus dem K€rper hervorsah. Sie sp‚rte, wie er sich tief in das Fleisch des Unget‚ms bohrte. Die Spinne heulte vor Schmerz und b•umte sich erneut auf, h€her diesmal. Ein Schleimschwall ging auf Buffy nieder. Immer dieser Schleim. Diesmal versuchte sie nicht einmal, ihr Gleichgewicht zu bewahren. Sie landete b•uchlings auf dem Kellerboden und sprang sofort wieder auf. Die verwundete Spinne zuckte und warf sich wild hin und her. Sie machte kreisende Bewegungen mit dem Unterleib, um den Pflock abzusch‚tteln. Buffy h€rte ein ˆbelkeit erregendes dumpfes Klatschen, als sie gegen die Wand prallte. Von der Decke regneten riesige Brocken Mauerwerk herab. Um sie herum begannen die W•nde des Kellergew€lbes zu beben. Wir m‚ssen schleunigst von hier verschwinden, dachte sie. Bevor die Spinne das ganze Haus ‚ber uns zum Einsturz bringt. …Mom!†, schrie sie. Stille. Falls man ‚berhaupt von Stille reden konnte, wenn man einen Raum mit einer Riesenspinne im Todeskampf teilte. Buffys Herz klopfte bis zum Hals. Wo war ihre Mutter? Die Spinne lag jetzt auf dem R‚cken und schlug mit den Beinen um sich. Buffy
umging sie in einem groƒen Bogen. Ein paar Schritte weiter fand sie ihre Mutter auf dem Boden liegen. F‚r einen herzzerreiƒenden Moment f‚rchtete Buffy, dass ihre Mutter tot war. Dass sie nicht schnell genug gewesen war. Dann erkannte sie, dass sich ihre Brust in flachen Atemz‚gen hob und senkte und dass ihre Augen offen waren und zu ihr aufblickten. …Mom, wir m‚ssen sofort weg von hier.† …Ich weiƒ das, Sch•tzchen†, sagte ihre Mutter. …Es ist nur... ich f‚rchte, ich brauche deine Hilfe.† …Wir werden zusammen gehen, Mom†, sagte die J•gerin. Sie half Joyce auf die Beine und zog sie dann mit sich durch den Keller. Je weiter sie kamen, desto heller wurde es, wie um zu best•tigen, dass Buffy nicht l•nger im Dunkeln tappte. Sie hatte ihre Pr‚fungen bestanden. Sie konnte ihren Weg jetzt sehen. Keine Buffyscherben mehr. Keine Spur von Xanders Kopf. Jetzt blieb nur noch eins zu tun. Buffy und Joyce erreichten das Ende der Kellertreppe. Die Asche des ersten Monsters war verschwunden, die unterste Stufe ersetzt. …Komm†, dr•ngte Buffy. …Es ist nur noch ein kleines St‚ck.† Nur noch diese Treppe, und dann waren sie frei. Buffy ging voran und zog ihre Mutter hinter sich her. Sie erreichte die T‚r. Dr‚ckte die Klinke. Sie war verschlossen. …Oh, auch das noch.† Buffy hob einen Fuƒ und trat zu. Die T‚r wurde halb aus ihren Angeln gerissen. Dann war Buffy durch die ‰ffnung und zog ihre Mutter aus dem Keller. Sie trat die T‚r zu und lehnte dann Joyce dagegen, die langsam nach unten rutschte. Buffys Knie gaben pl€tzlich nach, und sie setzte sich neben sie. Sie konnte sich jetzt ein wenig ausruhen. Sie hatte es geschafft. Sie hatten den Keller verlassen. Die Pr‚fung war vorbei. Ihre Mom war in Sicherheit. Ich habe es geschafft. Ich habe gewonnen. Sie drehte den Kopf, sah Joyce an und stellte fest, dass die Augen ihrer Mutter bereits auf sie gerichtet waren. …Ich hoffe nur, dass das kein neues Hautpflegemittel ist, an dem dein Herz h•ngt†, sagte Joyce matt, w•hrend sie den Schleim von Buffys Gesicht wischte. …Denn ich muss dir sagen, dass es scheuƒlich riecht.† …Sobald ich nach Hause komme, nehme ich ein Schaumbad†, versprach Buffy. Sie nahm die Hand ihrer Mutter und dr‚ckte sie fest. …Wir haben es geschafft, Mom. Wir haben gewonnen. Wir k€nnen nach Hause gehen.† …Du hast es geschafft, meinst du†, antwortete ihre Mutter. Sie erwiderte den
Druck ihrer Hand. …Ich sch•tze, das bedeutet, ich sollte jetzt aufstehen.† …Sofern du nicht noch eine Weile hier bleiben willst.† …Nicht sehr wahrscheinlich†, sagte Joyce. Langsam standen die beiden auf. …Ich f‚hle mich, als h•tte ich einen f‚rchterlichen Kater†, sagte Joyce. …Im Gegensatz zu einem netten?†, fragte Buffy. Sie hakte sich bei ihrer Mutter ein. Zusammen durchquerten sie die K‚che und gingen ins Wohnzimmer. Joyce drehte ihren Kopf hin und her und betrachtete nachdenklich das Blumenmuster der Tapete. …Wer in aller Welt wohnt hier?†, fragte sie. …Niemand, den du kennen lernen wolltest†, versicherte Buffy und fragte sich, wo Nemesis steckte und wann die Pr‚fung offiziell beendet war. Sie blickte auf ihre F‚ƒe und half ihrer noch immer auf schwankenden Beinen stehenden Mutter die kurze Treppe hinunter ins tiefer liegende Wohnzimmer. …Wir m‚ssen nur noch durch diesen Raum und dann...† …Buffy†, sagte ihre Mutter. Ihr Tonfall klang nicht besonders beruhigend. Buffys Kopf ruckte hoch. Sie blieb wie angewurzelt stehen. Auf der anderen Seite des Wohnzimmers lag eine Gestalt ausgestreckt auf einem der unbequemen Sofas, an dessen h€lzernen Beinen sie mit H•nden und F‚ƒen festgebunden war. Buffy verfolgte, wie die Gestalt langsam den Kopf hob. Ihr Gesicht war w•chsern. Selbst aus der Entfernung konnte Buffy den d‚nnen Blutfaden an einer Seite des Halses erkennen. …Suz?† …Buffy...†, kr•chzte Suz. …Ich dachte...† …Sie dachte, sie h•tte alles durchschaut†, sagte eine Stimme hinter Buffy. Sie wirbelte herum und zog ihre Mutter hinter sich. …Genau wie du†, sagte Zahalia Walker. …Aber ich w•re mir dessen nicht so sicher, wenn ich du w•re. Du wirst nicht von hier weggehen, bevor ich mit dir fertig bin.†
15 …Einen Moment!†, rief Xander. …Sie h•tten gerade rechts abbiegen m‚ssen.† …H€r auf, mir von da hinten Ratschl•ge zu erteilen†, fauchte Giles. Er machte eine so scharfe Kehrtwende, wie es sein Auto erlaubte, und passierte Oz’ Lieferwagen, der ihnen folgte. Bremsenquietschen verriet, dass auch Oz gedreht hatte. …Ich sitze nicht hinten†, konterte Xander. …Ich sitze vorne, neben Ihnen. In Amerika nennen wir das den Beifahrersitz.† …W‚rdest du bitte aufh€ren, mich vollzuquasseln, damit ich mich konzentrieren kann?†, fragte Giles. …Ich kenne mich in diesem Teil der Stadt nicht besonders gut aus.† …Ein Punkt, der selbst mir auff•llt – he!†, schrie Xander, als der Citro•n mit quietschenden Reifen um eine Ecke schoss. …Sie sollten doch links abbiegen, Giles!† …Ich kann mich deutlich erinnern, dass du rechts gesagt hast.† …Da sind wir auch in die entgegengesetzte Richtung gefahren.† …Oh, verdammt.† Buffy stemmte ihre Arme in die H‚ften und sah die Vampirmutter herausfordernd an. …Was ist dein Problem?†, fragte sie. …Weiƒt du nicht, wann du verloren hast? Du hast um diese Pr‚fung gebeten. Du hast sie bekommen. Du hast verloren. Ich habe gewonnen. Ich werde meine Mutter von hier wegbringen und verschwinden. Ende der Geschichte. Und niemand hat dir gesagt, dass du an meinen Freunden naschen sollst.† …Es hat einige Šnderungen gegeben†, erkl•rte Zahalia Walker. …Niemand bringt meine Jungs um und kommt ungestraft davon, du eingeschlossen, J•gerin. Nemesis oder nicht Nemesis. Du hast zwar die Pr‚fung bestanden, aber an mir kommst du nicht vorbei.† …Das werden wir ja sehen†, knurrte Buffy. …Mom. Geh. Sofort.† …Ich werde dich nicht...†, begann Joyce Summers. …Tu, was ich dir sage†, schrie die J•gerin. Dann senkte sie den Kopf und rannte direkt auf Zahalia Walker zu. Die Vampirmutter gab ein Grunzen von sich, als Buffy ihr den Kopf in den Bauch rammte. Sie kippte nach hinten und griff Halt suchend nach Buffys Schultern. Die J•gerin lieƒ sich von der Vampirin zu Boden reiƒen. Sie rollte weiter und schlug einen Salto ‚ber Vampmamas Kopf, landete dann auf den F‚ƒen und wirbelte herum. Zahalia Walker war gerade dabei aufzustehen.
Die Pr‚fung ist vorbei. Mama Vamp ist leichte Beute. Wo also ist ein guter Pflock, wenn ich ihn wirklich brauche? …Ich werde dich t€ten†, drohte Mrs. Walker, als sie wieder auf den Beinen stand. …Ich werde dich t€ten und deine Mutter dabei zusehen lassen. Genau wie ich zusehen musste, wie du meinen Webster get€tet hast. Dann werde ich deine Mutter in eine von uns verwandeln. Es ist heutzutage gar nicht einfach, eine gute Bridgepartnerin zu finden.† …Dazu wirst du keine Chance bekommen†, sagte Buffy. …Versuch doch, mich aufzuhalten.† Bevor die Vampirmutter ihren Satz beenden konnte, war Buffy bereits in Bewegung. Sie sprang hoch und verpasste der Vampirin einen Tritt, der sie zur Seite schleuderte. Dann folgte ein Tritt gegen die Brust. Die Vampirmutter prallte gegen die Wand. Eine ihrer fetten F•uste schoss vor und bohrte sich in Buffys Gesicht. Die J•gerin wankte. Autsch. …Wenn ich mir die Nase richten lassen muss, wirst du daf‚r bezahlen.† Zahalia Walker lachte. …Wenn ich mit dir fertig bin, J•gerin, wirst du dir um deine Nase keine Sorgen mehr machen. Du wirst dann kein Gesicht mehr haben.† Buffy erhaschte aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Ihre Mutter hatte Suz’ Arme befreit und l€ste jetzt die Fesseln an ihren Beinen. Gute Arbeit, Mom. Die Vampirmutter n•herte sich den beiden, doch Buffy versperrte ihr den Weg. Sie musste sich um jeden Preis zwischen sie stellen. Dieses Scheusal wird meiner Mutter nichts antun. …Warum greifst du mich nicht einfach an, J•gerin?†, fragte Zahalia Walker. …Kann es sein, dass du m‚de wirst? Ich kann die ganze Nacht weitermachen. Ich kann ewig weitermachen. Du nicht. Du bist sterblich.† …Und zu Tr•nen ger‚hrt†, h€hnte Buffy. Warum habe ich es immer mit schwatzhaften Vampiren zu tun? Aber auch wenn sie es hasste, es zuzugeben, Vampmama hatte Recht. Buffy war sterblich. Und sie war m‚de. Ihre Arme f‚hlten sich schwer an. Ihre Beine waren wie aus Gummi. …Und was ist das f‚r eine abscheuliche Substanz, die du ‚berall auf meinen sch€nen Teppich verstreust?†, fuhr die Vampirmutter fort. …Hat man dich in einer Scheune oder so groƒgezogen? Ich werde ein W€rtchen mit deiner Mutter reden m‚ssen. Bevor ich ihr Blut trinke, versteht sich.† Buffy warf erneut einen kurzen Blick ‚ber die Schulter. Suz’ Beine waren jetzt ebenfalls frei. Joyce rieb sie, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu bringen. Langsam bewegte sich Buffy zu einer Seite des Wohnzimmers, wo ein kleiner
Tisch an der Wand stand. Suz und Joyce waren jetzt auf den Beinen und wichen in Richtung Flur zur‚ck. …Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich sie entkommen lasse, oder?†, fragte die Vampirmutter. Jetzt oder nie, dachte Buffy. Sie sprang zu dem Tisch, w•hrend sich im selben Moment die Vampirmutter auf sie st‚rzte. Sie traf Buffy mit voller Wucht, und beide landeten auf dem Tisch, der unter ihnen zusammenbrach. Buffy prallte gegen die Wand und rutschte an ihr nach unten. Sie sp‚rte, wie sich spitze Holzsplitter in ihren R‚cken bohrten, als sie auf dem Boden landete. Ihr blieb die Luft weg. Pf•hl dich nicht selbst, du Idiotin! Die Vampirin! Die Vampirin! Buffy hatte jetzt jede Menge Holz. Das Problem war, die Holzsplitter einzusetzen. Zuerst musste sie wieder zu Atem kommen. Und dann musste sie die Vampirin absch‚tteln. Zahalia Walker hatte Buffy an den Haaren gepackt. Sie zog den Kopf der J•gerin hoch und h•mmerte ihn dann gegen den Boden. Einmal. Zweimal. …Das ist f‚r Webster. Das ist f‚r Percy†, sagte die Vampirmutter. Sie h•mmerte Buffys Kopf ein drittes Mal gegen den Boden und riss ihn dann zur Seite. Die J•gerin sp‚rte, wie ihr Puls raste. Sie wollte sich aufb•umen, aber Zahalia Walkers massiger K€rper nagelte sie an den Boden. …Und das†, sagte sie, als sie ihr Gesicht ganz nahe an Buffys heranbrachte und den Mund €ffnete, …das ist f‚r mich.† …Ich bitte um Verzeihung.† Obwohl Buffy immer noch Sterne sah, konnte sie die Hand erkennen, die der Vampirmutter auf die Schulter klopfte. …Entschuldigen Sie†, fuhr die vertraute Stimme fort. …Es tut mir Leid, dass ich st€ren muss.† Mit einem Knurren fuhr Zahalia Walker herum. Offenbar war ihr Killerinstinkt nicht stark genug ausgepr•gt, um sie ihre guten Manieren vergessen zu lassen. …Was?†, grollte sie. …Das†, sagte Joyce Summers. Einen Moment sp•ter lag Buffy in einem Haufen Vampirstaub. Suz Tompkins stand ‚ber ihr, ein Tischbein in der Hand, das gesplitterte Ende auf Buffy gerichtet. …Das war f‚r Leila und Heidi.† …Gut gemacht†, sagte die Stimme der Ausgleicherin. …Wurde auch Zeit, dass du auftauchst†, sagte Buffy. …Die Regeln des Fairplays sind dir vermutlich nicht vertraut, oder?† Sie setzte sich auf und lieƒ sich dann von Suz hochziehen. Der Vampirstaub vermischte sich mit dem Spinnenschleim. Von der Eingangshalle drang ein Krachen. Was war das? …Das ist besser niemand, den du kennst†, sagte sie zu der Ausgleicherin.
Sie beobachtete erstaunt, wie Angel ins Zimmer st‚rmte, dicht gefolgt von Giles und Willow. Oz gab Willow R‚ckendeckung. Und Xander deckte... niemand. Giles blieb beim Anblick von Nemesis abrupt stehen. …Ah†, sagte sie mit grimmigen Gesichtern. …Das muss der treue W•chter sein.† …Die Ausgleicherin, nehme ich an?†, erwiderte Giles ruhig. Buffy h€rte, wie ihre Mutter ein kurzes Lachen von sich gab. Ich habe es geschafft, dachte Buffy. Diesmal habe ich wirklich gewonnen. …Ich denke, die Kavallerie ist gerade eingetroffen†, sagte Joyce. Buffy grinste ihre Freunde an. …Hi, Leute. Groƒartiges Timing.†
16 …Aber ich verstehe noch immer nicht, warum dieses g€ttliche Ausgleichswesen nicht eingegriffen hat, als die Vampirmutter Buffy angriff†, sagte Xander. …Ich meine, sie hat ein ziemlich klares Foulspiel geliefert.† Es war ungef•hr eine Stunde sp•ter, und alle, die an den Ereignissen dieser Nacht beteiligt gewesen waren, saƒen in der Summers-K‚che und verspeisten riesige Portionen Eiscreme. Oder alle bis auf Angel und Buffys Mutter. Joyce war v€llig ersch€pft zu Bett gegangen. Und der Sonnenaufgang war viel zu nah, als dass Angel es h•tte genieƒen k€nnen, in Buffys K‚che herumzuh•ngen und kalte Milchprodukte zu konsumieren. Und dann war da noch die Tatsache, dass Vampire keine Eiscreme aƒen. …Eigentlich†, sagte Giles, als er den letzten Rest Eis l€ffelte, …dachte ich, dass Nemesis selbst eine sehr einleuchtende Erkl•rung geliefert hat.† …Was vermutlich erkl•rt, warum ich noch immer im Dunkeln tappe†, nickte Xander. …Er will damit sagen, dass alles meine Schuld war†, warf Suz Tompkins ein. Auf Buffys Dr•ngen hin hatte Suz die Gruppe zu Buffys Haus begleitet. Zum einen, weil sie erste Hilfe brauchte, f‚r die Joyce und Giles gesorgt hatten. Zum anderen, weil Buffy annahm, dass das M•dchen ein paar Fragen auf Lager hatte. …Ganz im Gegenteil†, widersprach Giles. …Die Vampirmutter war v€llig von ihren S€hnen besessen. Ich vermute, sie hatte nie die Absicht, Buffy zu verschonen, auch dann nicht, wenn sie die Pr‚fung bestand.† …Jetzt kommt die schonungslose Aufkl•rung†, meinte Willow schaudernd. …Ich hasse diesen Teil.† Buffy verfolgte, wie Suz zwischen Willow und Giles hin- und hersah. …Ich kann immer noch nicht glauben, dass du wirklich einen Kristallkugelzauber durchgef‚hrt hast, Will†, sagte sie. …Das ist eine ziemlich harte Sache.† …In der Tat†, nickte Willow stolz. …Ich weiƒ. Aber ich bin wieder okay. Kein Problem.† …Wir waren bei Nemesis†, erinnerte Xander. …Richtig†, best•tigte Giles. …Nun, dass Nemesis zulieƒ, dass...† Er sah Suz an, als w•re er unsicher, wie er sie nennen sollte. …Dass Ms. Tompkins die Vampirmutter erledigte, hat eine gewisse Symmetrie. Schlieƒlich waren es ihre S€hne, die...† Er verstummte. …Die meine Freundinnen get€tet haben†, vollendete Suz den Satz. …Ja†, sagte Giles. Er legte seinen L€ffel in die leere Sch‚ssel. …Nun, indem sie zulieƒ, dass Sie die Mutter t€teten, schloss sich der Kreis. Es ging um den Konflikt im Allgemeinen, nicht nur um den zwischen Buffy und Mrs. Walker.
Ausgleichende Gerechtigkeit. Ordnung. Ich glaube, Nemesis war ‚beraus zufrieden mit dem Ausgang.† …Entweder das, oder die ganze Sache war von Anfang an ein abgekartetes Spiel†, sagte Buffy. …Ja†, nickte Giles. …Das k€nnte auch sein.† Er stand auf und trug seine Sch‚ssel zur Anrichte. Er sp‚lte sie und stellte sie dann auf den Ablauf. …Was machen Sie da?†, fragte Buffy. …Sp‚len†, antwortete Giles. …Das geh€rt zu den Dingen, die man lernt, wenn man allein lebt. Nun, ich denke, es ist Zeit zum Gehen. Morgen ist schlieƒlich Schule.† …Pl€tzlich f‚hle ich mich gar nicht mehr so gut†, bemerkte Xander. …Sollen wir dich fahren?†, fragte Oz Suz. Er und Willow standen auf und brachten ihre Sch‚sseln zur Sp‚le. …Nein, danke†, sagte Suz knapp. Sie stand ebenfalls auf. …Wir, •h, mÇssen doch nicht sp‚len, oder?†, fragte Xander. …Denn ich bin mir nicht sicher, ob ich weiƒ, wie es geht.† …Schon gut†, meinte Buffy. Sie brachte ihre Freunde zur T‚r. …Danke f‚r das Eis†, sagte Willow. …Genau†, stimmte Xander zu. …Diese frostigen Kalorien sind immer der Hit.† Oz legte seinen Arm um Willows Schulter. …Bis sp•ter.† Oz, Willow und Xander verlieƒen das Haus. …Nun ja†, sagte Giles. …Šh, ich w‚rde sagen, alles in allem hast du heute Nacht gute Arbeit geleistet.† Er folgte den anderen und stieg in seinen heiƒ geliebten Citro•n. …Bist du sicher, dass du nicht mitfahren willst?†, fragte Buffy Suz, als diese neben ihr auf der Veranda z€gerte. …Ich k€nnte Giles fragen.† Sie verfolgten, wie Giles den Motor seines uralten Wagens anlieƒ. Rauch quoll aus dem Auspuff. Suz sch‚ttelte den Kopf. …Zu Fuƒ bin ich schneller.† …Giles ist nicht gerade ein Formel 1-Pilot, wie ich zugeben muss. Aber er ist ein verdammt guter Kerl.† …H€r mal...†, begann Suz, w•hrend sie den davonrollenden Autos nachschauten. …Wegen heute Nacht...† Jetzt kommt es, dachte Buffy. …Was ist damit?† …Dieses Wesen, das ich get€tet habe, war wirklich ein Vampir, oder?† …Ja†, sagte Buffy schlicht. …Das war ein Vampir.† …Und ihre S€hne waren diejenigen, die meine Freundinnen get€tet haben?† Buffy nickte. …Du hast sie erledigt.†
…Ich habe sie gepf•hlt, ja. Das ist eine Art Spezialausdruck, den wir f‚r die T€tung von Vampiren benutzen.† …Die Vampirmutter hat eine besondere Bezeichnung f‚r dich gehabt.† …Die J•gerin†, best•tigt Buffy. …Und das ist etwas, das du zum...Vergn‚gen machst?† …Nein†, erwiderte Buffy. …Zum Vergn‚gen gehe ich ins Kino oder esse zu viel Popcorn. Dass ich die J•gerin bin, ist mehr eine Art Job.† …Und Mister Giles ist was? Dein Boss?† …Mehr eine Art Tutor†, antwortete Buffy. …Und deine Freunde – sie wissen, was du bist. Sie helfen dir sogar.† Buffy nickte. …Das geh€rt zu unserem ganzen Verst•ndnis von Freundschaft.† Suz betrachtete sie mit m‚den Augen. …Ich sch•tze, dann sind wir am Ende gar nicht so verschieden†, meinte sie. …Du hast deine Freunde, ich habe meine.† Hattest, dachte Buffy. …Nun, wir haben eindeutig andere Ansichten, wenn’s ums Piercen geht.† Suz l•chelte. …Es tut mir Leid wegen Heidi und Leila†, sagte Buffy. Jetzt weiƒ ich, wie ich mich an ihrer Stelle f‚hlen w‚rde. …Ja, danke.† …Bist du okay?† …Sicher. Danke, dass du meine Fragen beantwortet hast.† Als h•tte sie damit alles gesagt, was es zu sagen gab, ging Suz die Treppe hinunter. Auf halbem Weg blieb sie noch einmal stehen. …Buffy†, sagte sie und drehte sich zu ihr um. …Ja?† …Verlier bloƒ nicht dein Gleichgewicht.† …Ich werd’s versuchen†, versprach die J•gerin. Sie l•chelte, als sie dem M•dchen in der Tarnjacke nachsah, bis es in der Dunkelheit verschwand.
ENDE