NEUE ÜBERLEGUNGEN ZUM AUFKOMMEN DES JÜNGEREN FU*ARKS
Ein Beitrag zur Schriftgeschichte ›von unten‹ Für Thorsten Anderss...
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NEUE ÜBERLEGUNGEN ZUM AUFKOMMEN DES JÜNGEREN FU*ARKS
Ein Beitrag zur Schriftgeschichte ›von unten‹ Für Thorsten Andersson The ›Scandinavian runic reform‹ has fundamentally affected our insights into the development of the younger fuþarks. The aim of this paper is twofold. Firstly, it questions the notion of an intentional reform on several grounds. Secondly, it aims at introducing new systematic factors which support the linguistic approach toward this transformation as an internally driven process based on language change (particularly syncope). The general focus is on the contextualization of the writing system in written culture as exemplified by literacy and particular societal structures in Scandinavia on the brink of the Viking Age.
1. Ziel des Beitrages In diesem Beitrag sollen nochmals die Faktoren untersucht werden, die zur Kürzung der älteren Runenreihe von vierundzwanzig auf nur noch sechzehn Zeichen geführt haben.1 Schriftgeschichtlich ist dieser Prozess umso interessanter, als sich keine (auch nur annähernde) Parallele für eine derartige Reduktion des Grapheminventars in den bekannten Schriftsystemen des Erdkreises beibringen lässt (siehe etwa Daniels/Bright 1996). Nicht zuletzt soll hier die Annahme einer ›Skandinavischen Runenreform‹ kritisch hinterfragt werden. Eine ›Reform‹ wird zumeist in Anschlag gebracht, um die einheitliche (d. h. gemeinnordische) Reduktion des Fuþarks von vierundzwanzig auf sechzehn Zeichen zu erklären. Michael Barnes etwa folgert: »As things stand, we have to reckon with a radical runic reform swiftly established throughout the whole of Scandina-
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Dieser Beitrag, der im Dezember 2007 während eines Forschungsaufenthalts in Kapstadt entstand, soll die Debatte zum jüngeren Fuþark Ð inspiriert von Stephan Elspaß’ Projekt Ð neu anregen. Der Ansatz von Elspaß (2005, 2007) zur jüngeren germanischen Sprachgeschichte 1700Ð2000 ist meines Erachtens in wesentlichen Punkten für die ältere nordische Sprachgeschichte positiv auszuwerten. Ð Ich danke im besonderen Heinrich Beck, Klaus Düwel, Lena Peterson sowie Thorsten Andersson, die die erste Manuskriptfassung des Artikels gelesen und durch diverse fachliche Kommentare verbessert haben.
DOI 10.1515/bgsl.2009.026
Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (PBB). Volume 131, Issue 2, Pages 229–251
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via« (Barnes 2003, S. 54). Derartige Projektionen effektiver sprachplanerischer Eingriffe des 19. und 20. Jahrhunderts Ð man denke nur an die Konstruktion des Nynorsk in Norwegen Ð werden aber schon durch die dezentrale Gesellschaftsstruktur der frühen Wikingerzeit in Frage gestellt, die überregionale oder sogar gemeinskandinavische Ansätze einer Exekutive, Legislative und Jurisdikative völlig vermissen lässt. An die Stelle der vielzitierten ›Reform‹ soll in diesem Beitrag eine Sprach- und Schriftgeschichte ›von unten‹ treten, durchaus im theoretischen Verständnis von Stefan Elspaß (2005, 2007). In Anlehnung an Trudgill und Watts (2002) verlagert Elspaß den diachronen Blickwinkel gewissermaßen von der Vogelschau zu den Graswurzeln: »Whether it may be disputed that a ›language history from below‹ is feasible for each individual language and language period, the contributors to this book [d. h. Elspaß 2007, M. S.] may all agree that it is necessary to work on a change of perspective and some sort of ›alternative histories‹ of our languages [. . .].« (Elspaß 2007, S. 5 f.)
Im Folgenden soll der intrasystemische und folgerechte Charakter der Umbildung des älteren Fuþarks erhellt werden, der meines Erachtens dem sprachplanerischen Eingriff einer gezielten ›Reform‹ diametral gegenüber steht. Aus phonologischer bzw. phonotaktischer Sicht sind neue Argumente in die Debatte einzuführen, die den Modus operandi dieser Transformation erhellen können. Während der Verlust von Vokalgraphemen im Ganzen befriedigend durch Lautwandelprozesse im Anlaut der Runennamen erklärt werden kann, stellt die Ausmusterung der Konsonantengrapheme g und d (nebst p) offensichtlich das größte Problem dar. Die vielzitierte ›Reform‹ steht und fällt daher mit den ›Auslaufmodellen‹ und , deren Ablösung in irgendeiner Form zu motivieren ist. Hierzu soll im Folgenden eine neue Lösungsperspektive aufgezeigt werden. 1.1 Zum Stand der Forschung Bestimmend für die Forschungslage sind divergierende Modelle, die ganz verschiedene Erklärungsfaktoren und Reformansätze einbeziehen (zu einer Übersicht siehe Düwel 2008, S. 88Ð94). Selbst neuere Theorien, die sich der ›Skandinavischen Runenreform‹ verschreiben, divergieren beträchtlich in ihren konkreten Lösungsvorschlägen, vgl. etwa Stroh-Wollin (2002), Birkmann (2004), Liestøl (1981a, 1981b) sowie die zahlreichen Arbeiten von Michael Barnes.2 Aufs Ganze gesehen fällt auf, dass die Forschung 2
Michael Barnes hat die Auffassung einer ›Runenreform‹ in einer ganzen Reihe von Arbeiten verfochten. Siehe Barnes (1987, 1998, S. 450, 2003, S. 53Ð55) sowie zuletzt Barnes (2006, S. 19 f.; meine Hervorhebung): »the younger fuþ ark arose
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die ›Runenreform‹ völlig unterschiedlich, insgesamt aber durchaus vage erklärt. Selbst Forscher, die von dieser Grundannahme ausgehen, zeigen in ihren Vorgaben keinen erkennbaren Konsensus. Auf die entscheidende Frage antwortet Thomas Birkmann denn auch mit einer ausweichenden Antwort: »Gab es ein Runensymposium um 700? Auch das wissen wir nicht, aber ich werde für eine spätere Zeit Indizien für die Ausbreitung von Runenreihen vorführen, allerdings ist mir auch klar, dass die Mitte des 9. Jahrhunderts eine andere Zeit ist als das Ende des 7. Jahrhunderts Ð aber ist der Unterschied denn wirklich so groß?« (Birkmann 2004, S. 215)
Ich möchte behaupten, dass die Entwicklung des jüngeren Fuþarks wohl einen anderen Lauf genommen hätte, wenn es wirklich ein derartiges »Runensymposium« zu Anfang der Wikingerzeit gegeben hätte. Aber die Voraussetzungen dafür, vor allem grammatische Grundbildung und lateinischaltrunische Diglossie und Digraphie waren im entscheidenden Zeitraum des 7. Jahrhunderts in Skandinavien wohl nicht erfüllt. Sonst hätte man beispielsweise die ›Störfälle der Akrophonie‹ erkannt und ›Auslaufmodelle‹ wie die Runen w und e durch neue Runennamen mit passendem Anlaut erneut im Schriftsystem verankert: z. B. w = *walR (an. valr ›Toter auf dem Walplatz‹), oder e = *e¯l- (an. e´l ›Hagelschauer‹).3 Man bedenke hierbei, dass die Ausmusterung der acht ›überschüssigen‹ Grapheme, zuletzt g und d, nachweislich ein stufenweiser Prozess war, der zunächst zu ›partiellen Substitutionen‹ führte; vgl. in der Eggja-Inschrift (KJ 101, um 650Ð700) la˛t mit t im Auslaut gegenüber suwima˛de, gAla˛nde mit d im Inlaut (siehe § 4 unten). Der Umstand, dass derartige Modifikationen der nordischen Überlieferung gegenüber dem anglosächsischen (oder weiter gefasst anglofriesischen) Fuþorc völlig ausblieben, macht eine bewusste ›Reform‹ umso unwahrscheinlicher. Insgesamt muss denn auch eingewendet werden, dass die ›Skandinavische Runenreform‹ kein tragfähiges Argument darstellt, da
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as a r es ul t o f a re fo rm that reduced the number of runes from anything between twenty-four to eighteen (Barnes 1987) to sixteen«. Vgl. noch Barnes u. Page (2006, S. 51; meine Hervorhebung): »The r ef or m was probably complete by AD 700«. Ð Zu einem eingehenden Kommentar siehe Schulte (2006b) und ders. (2009). Dabei wäre man freilich auf Schwierigkeiten gestoßen, etwa einen neuen Runennamen mit anlautendem /e/ zu finden, zumal Brechung den Runennamen *ehwaz (an. io´r ›Ross‹) verfremdete, andererseits aber neue Umlautformen wie ælgR (an. elgr ›Elch‹) zunächst noch anlautendes /æ/ hatten, das erst Jahrhunderte später einzeldialektal mit /e/ zusammenschmolz; zu diesem Forschungsproblem siehe Schulte (2006d, S. 401 f.). Vgl. uiArki /wærki/ Dat. Sg. ›Schmerz‹ gegenüber tuirk /dverg/ Akk. Sg. ›Zwerg‹ in der oben angesprochenen Inschrift von Ribe. Dem Gedankenspiel eines ›Nordischen Runensymposiums‹ im Sinne Birkmanns (um oder kurz vor 700) soll hier aber nicht weiter nachgegangen werden.
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mit ihr im Prinzip jede Änderung des Schriftsystems ›begründet‹ werden könnte. An sich handelt es sich um eine ad hoc-Hypothese, die weder falsifiziert noch verifiziert werden kann. Wenn man außerdem bedenkt, dass Reformen prozesstypologisch i. d. R. gerade in entgegengesetzter Richtung wirken, d. h. einen Ausbau des Grapheminventars begünstigen, verliert die angesetzte ›Skandinavische Runenreform‹ weiterhin an Plausibilität. Bezeichnend für die heutige Forschungslage ist weiterhin, dass für die frühe Wikingerzeit ohne weiteres die Möglichkeiten moderner Sprachplanung vorausgesetzt werden. Beispielhaft ist die folgende Stellungnahme von Magnus Källström: »Det verkar inte omöjligt att en anledning till at den 16-typiga runraden i sin ursprungliga form har sa˚ fa˚ vokaltecken är att man m e d a v s i k t har skapat ett skriftsystem där dialektskillnader suddades ut. Sa˚ länge ordförra˚det och grammatiken var gemensam, borde nämligen en runtext ha varit begriplig även i omra˚den med starkt avvikande uttal.« (Källström 2007, S. 46)
Freilich ist diese Argumentation eher im sprachplanerischen Kontext des 19. und 20. Jahrhunderts verständlich als in einer dezentralen Gesellschaftsstruktur des 7. Jahrhunderts Ð man denke nur an den norwegischen Sprachplaner Ivar Aasen und seine Konstruktion der zweiten norwegischen Schriftsprache, des Nynorsk, die er auf der Grundlage der (west)norwegischen Dialekte unter Berücksichtigung des Altnordischen entwickelte. Dass diese unmittelbare Engführung beider Epochen, der (frühesten) Wikingerzeit und der Moderne, aber einen Anachronismus birgt, wird allgemein übersehen. 2. Argumentationsstrategien zur ›Runenreform‹ Wenn diese allgemeinen Überlegungen an sich schon gegen einen planerischen Eingriff in die nordische Runenüberlieferung um (oder kurz vor) 700 n. Chr. sprechen, so gilt es im Weiteren, zwei zentrale Argumente der Forschung kritisch zu beleuchten. Diese zielen zum einen auf die pragmatische Ebene, den Wandel der Kommunikationsstruktur, und zum anderen auf die runographischen Daten, d. h. die Bedeutung einzelner graphischer Subsysteme der Runenschrift für die Entwicklung des jüngeren Fuþarks. Wie sich zeigen soll, hat keines dieser beiden Argumente per se Erklärungskraft im Sinne eines Primus movens.4 4
Weitere runographische und numerisch-magische Argumentationsstrategien werden diskutiert in Schulte (2006a). Wenn wir die ›Runenreform‹ zu Beginn der Wikingerzeit entschieden ablehnen, müssen wir also auf die linguistischen Faktoren zurückkommen; siehe unten 3.1Ð3.2.
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2.1 Wandel der Kommunikationsstruktur Ohne den Begriff der ›Reform‹ in Anschlag zu bringen, wertet Kurt Braunmüller in zwei methodischen Beiträgen neben dem Sprachwandel auch den Wandel kommunikativer Bedürfnisse als Leitprinzip der Umgestaltungen (siehe Braunmüller 1998, 2002). Braunmüller zufolge ist die Verfertigung längerer historischer Inschriften als zentraler Faktor dieses »gezielten Eingriffe[s]« (Braunmüller 1998, S. 19) einzustufen: »Wenn sowohl eine systematische wie graphematische Reduzierung des Alphabets als Ausgangspunkt für diese Umstrukturierung in Frage kommt, die teils durch Sprachwandelprozesse [. . .], teils durch andere k o m m u n i k a t i v e B e d ü r f n i s s e (Verfertigung längerer historischer Inschriften) bedingt wurde, wird klar, daß diese Gebrauchsschrift maximal vereinfacht werden mußte, wenn sie weiterhin praktikabel sein sollte.« (Braunmüller 1998, S. 19; meine Hervorhebung) »All further restructurings of the older futhark can be interpreted as typological simplifications, probably along with a considerable change in the c o m m u n i c a t i v e p u r p o s e s of the runic script which was used to produce longer inscriptions (mostly in stone) with narrative/historical messages.« (Braunmüller 2002, S. 651; meine Hervorhebung)
Wenn man indes bedenkt, dass es auch ältere Inschriften mit längeren (teils historisch-narrativen) Texten gibt, so verliert diese Annahme sogleich an Überzeugungskraft; vgl. den Stein von Tune (Knirk 2006), die Gruppe der Blekinger Inschriften (Williams 2001) und nicht zuletzt die Steinplatte von Eggja mit kaum weniger als 200 Runen (Høst 1986; siehe § 4 unten). Schwerer indes wiegt der Einwand, dass gerade das 8. Jahrhundert in runologischer Sicht eine extrem fundarme Periode darstellt, die wohl auch in Zukunft nur sporadisch durch Neufunde bereichert werden wird.5 Diese Belegsituation gilt zumindest für Norwegen und Schweden (zur dänischen Überlieferungslage siehe Stoklund 2006). Weiterhin argumentiert Braunmüller (1998, S. 19 f.; meine Hervorhebung), dass »[a]lle diese g ez ie lt en Ei ng ri ff e in ein bestehendes Schriftsystem [. . .] wiederum fundiertes linguistisches Wissen voraus[setzen], das man sich nicht ohne irgendeine Form von Schulung erworben haben kann«. Letzteres möchte ich stark bezweifeln. Braunmüller verweist in diesem Zusammenhang auf Karin Fjellhammer Seims Arbeiten zu den Runensyllabarien des Mittelalters (Seim 1991, 1998, vgl. auch Knirk 1998). Es darf aber nicht übersehen werden, dass die digraphisch lateinisch-runische Schriftkultur des Mittelalters nicht mit der schriftkulturellen Situation zu
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Ein eindrucksvolles Beispiel bietet jüngst der Neufund von Skei: eine bronzene Schöpfkelle mit Runeninschrift, die um 800 n. Chr. datiert wird. Siehe Hagland/ Stenvik (2008).
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Beginn der Wikingerzeit (um 700 n. Chr.) gleichgesetzt werden darf.6 Dass die reduktive Entwicklung des nordischen Fuþarks auf »fachlichem Wissen« beruht, wie Braunmüller (1998, S. 19) annimmt, dürfte daher höchst fraglich sein und der Gesellschaftsstruktur Ð d. h. im Allgemeinen dezentralen Strukturen Ð Skandinaviens im 6. und 7. Jahrhundert nicht gerecht werden (vgl. unten 3.1). Allgemein wird von der Forschung übersehen, dass der Übergang zum jüngeren Fuþark einen anderen Prozesstyp darstellt als beispielsweise die Reformbestrebungen des Ersten Grammatikers im isländischen Kontext des 11. Jahrhunderts. Dieser ›extensive‹ Reformtyp wird übrigens auch anhand der Reformansätze des Merowingerkönigs Chilperich klar, wozu Bischoff (1990) im kontinentalen Zusammenhang folgendes anmerkt: »The mastery of writing, however, also extended in the seventh century to the Merovingian aristrocracy, and the kings signed their diplomas themselves. King Chilperich (561Ð84) even concerned himself, like a second Claudius, with the reform of the alphabet, inserting the letters Θ, Ψ, Z, Δ, according to the manuscript, (for the sounds w (long-o), ae, the, and wi; cp. the wyn-rune), and promoting their use. We learn this from the sardonic report of Gregory of Tours (Hist. Franc. V 44).« (Bischoff 1990, S. 194)
Der typologische Zusammenhang des extendierenden anglofriesischen Fuþorc mit den Reformbestrebungen des Chilperich und des Ersten Grammatikers erscheint aus meiner Sicht unbestreitbar; in allen drei Fällen handelt es sich um bewusste Erweiterungen der Schrift auf der Grundlage eines fremden Alphabets (der lateinischen Schrift im Falle der anglofriesischen Runenreihen und der Ersten Grammatischen Abhandlung, der griechischen Schrift im Falle der merowingischen Schriftreform). Diese Erweiterungsprozesse sind typologisch aber nicht mit dem Schrumpfen des jüngeren Fuþarks zu vergleichen Ð eben weil hier schriftgeschichtlich der Einfluss eines fremden Alphabets ausbleibt. 2.2 Kurzzweig- und Langzweigrunen Entscheidend für die Beurteilung der Fuþark-Problematik ist weiterhin die Frage, wie die Relation verschiedener Subsysteme, vornehmlich der 6
Die undifferenzierte Gleichsetzung verschiedener Zeit- und Sprachräume ist meines Erachtens der größte Schwachpunkt im kontaktlinguistischen Ansatz Braunmüllers; vgl. Schulte (2005) gegenüber Braunmüller (2004). Ð In keinem Fall kann die skandinavische Situation mit der ›Importschrift‹ des Fuþorc auf den Britischen Inseln verglichen werden; vgl. Page (1999, S. 19 f.). Zur Digraphie siehe auch Barnes/Page (2006, S. 91): »In the British Isles and Ireland there were three distinct writing systems in use during the Viking Age and the early Middle Ages: ogam, roman and runic.«
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Kurz- und Langzweigrunen zu erklären ist, und wie sich diese beiden Graphemsysteme chronologisch zueinander verhalten. Typologisch bereitet die Einteilung zwischen Kurz- und Langzweigrunen im Prinzip keine Schwierigkeiten (vgl. Schema 2 unten). Klaus Düwel merkt allerdings kritisch an: »Formtypologisch scheinen die Langzweigrunen älter als die Kurzzweigrunen, und unter diesen wiederum gilt Typ A (Rök-Runen) als der typologisch ältere, allerdings wird in neuerer Zeit beides in Frage gestellt (z. B. Barnes 1987, S. 42 ff.). Damit ist aber noch nichts über das zeitliche Früher oder Später einer der beiden Reihen gesagt. Die Entscheidung darüber ist auch eine Frage der Definition, was Langzweigrunen (im Vergleich zum älteren Futhark) sind, und hängt nicht zuletzt von den in der Forschung jeweils zugrundegelegten, zum Teil weiten Datierungen (sogar Datierungsspielräumen) ab [. . .].« (Düwel 2008, S. 92)
In den achtziger Jahren hatten Aslak Liestøl und Michael Barnes den zentralen Status der Kurzzweigrunen für die Reduktion der älteren Runenreihe hervorgehoben (siehe Liestøl 1981a, 1981b, Barnes 1987). In seinen späteren Arbeiten hat Barnes seine ursprüngliche These selbst revidiert (siehe v. a. Barnes 1998 u. 2006). Gegen die zentrale Stellung der Kurzzweigrunen sind verschiedene Ð insbesondere schriftgeschichtliche Ð Einwände geltend zu machen (Schulte 2009). Die vielfach bezeugten Interimssysteme und Mischreihen von Kurz- und Langzweigrunen, nicht zuletzt die »älteren ›norwegischen‹ Runen« sprechen meines Erachtens unmittelbar gegen Liestøls und Barnes’ These (siehe unten Schema 2; zu diesen Mischreihen vgl. Seim 2007, S. 182 f.).7 Darüber hinaus kann diesem Ansatz ein Anachronismus bescheinigt werden, zumal das jüngere Fuþark bereits mit der Ribe-Inschrift (stratigraphische Datierung um 720Ð725 n. Chr.) in Erscheinung tritt. Dies hat natürlich auch Michael Barnes anerkannt, ohne allerdings das Reformmodell aufzugeben: »But most crucial: the younger fuþ ark is already in evidence on the Ribe cranium (where, for example, t denotes /t/ and /d/, k /k/ and /g/, [θ] and [ð]; cf. Stoklund 1996:207Ð8, Barnes 1998:450; Grønvik 2001:61Ð2), and that inscription has been placed within the fairly narrow range of years 717Ð30 on the basis of the dendrochronological dating of the layers in which it was discovered [. . .].« (Barnes 2003, S. 55)
In jüngerer Zeit hat Barnes weiterhin betont, dass die typologische Unterscheidung zwischen Kurz- und Langzweigrunen Ð wie überhaupt die Existenz von Standard-Runenreihen oder »Lehrbuch-Futharken« (Seim 2007, S. 182) Ð eine moderne Abstraktion ist, die von Schreibtischrunologen erdacht wurde (Barnes 2006). Barnes muss aber in Kauf nehmen, dass 7
Durchaus häufig begegnen Mischsysteme in den norwegischen Runeninschriften der Wikingerzeit, z. B. N 251.
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damit gleichzeitig seine ursprüngliche These, die Kurzzweigrunen seien als Ausgangspunkt der Reform (oder wenigstens als zentrale Formreihe) zu betrachten, weiter an Schlagkraft verliert. Aus meiner Sicht verhält es sich denn auch diametral umgekehrt: Ein graphisch vereinfachtes System wie die Kurzzweigrunen (und die stablosen Runen vom Hälsinge-Typ; vgl. Peterson 1994, Fridell 2000) gründet auf der numerischen Reduktion des Grapheminventars von vierundzwanzig auf sechzehn Runen. Hierbei liegt eindeutig das Verhältnis von Ursache und Wirkung vor. Denn ein System mit vierundzwanzig Zeichen benötigt naturnotwendig eine größere Anzahl distinktiver graphologischer Merkmale als ein 16-Zeichen-System. Mit anderen Worten, nach der Reduktion des Zeicheninventars des älteren Fuþarks können die graphologischen Distinktionen bis zu einem gewissen Grad ungehindert abgebaut werden, o hn e dass Grapheme ihre kontrastiven Merkmale verlieren. Und dies geschieht zwangsläufig im Zuge des Ökonomiestrebens der Schrift, noch gefördert durch Erleichterungen beim aufwendigen Schreibprozess in teils harten Materialien wie Holz sowie besonders Stein und Metall. Alle Vereinfachungen des runischen Schriftsystems sind aus meiner Sicht als direkte bzw. indirekte R ea kt io n auf den Sprachwandel der Übergangszeit zu interpretieren. Als Motor von Reduktionen scheiden graphische Prozesse völlig aus. Dieser elementare Sachverhalt kann anhand der folgenden Gegenüberstellung von vier abstrahierten Runenreihen veranschaulicht werden: Schema 1: Idealisiertes Graphemsystem des älteren 24-Zeichen-Fuþarks, Schema 2: Jüngere 16-Zeichen-Systeme: 2.1. Kurzzweigrunen, 2.2. Langzweigrunen und 2.3. sog. ›ältere norwegische Runen‹. Schema 1: 24-Zeichen-System: Idealisiertes älteres Fuþark 8
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Nach Antonsen (1975, S. 8).
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Schema 2: 16-Zeichen-System: Idealisiertes jüngeres Fuþark Ð 2.1. Kurzzweigrunen, 2.2. Langzweigrunen und 2.3. die sog. ›älteren norwegischen Runen‹ (von oben nach unten)9
Entgegen Liestøl (1981a, 1981b) und Barnes (1987) ermöglicht erst die Reduktion des Zeicheninventars den Verlust distinktiver graphologischer Merkmale und damit die typologische Vereinfachung, welche zur Entwicklung der Kurzzweigrunen nebst der stablosen Runen führt (Schema 2.1. oben; zu den stablosen Runen siehe Peterson 1994). Kurzzweigrunen fungieren in keinem Fall als Primus movens des Schriftwandels, vielmehr sind sie das Produkt einer folgerechten Entwicklung. Die gegenteilige Annahme erweist sich nicht zuletzt im Hinblick auf die Beleglage als anachronistisch: Kurzzweigrunen sind deutlich später bezeugt als Langzweigrunen (vgl. etwa Fridell 2000, Barnes 2001, 2006). In seinen späteren Arbeiten hat Barnes seine These in diesem Punkt revidiert (siehe Barnes 1998, 2006). Im jüngeren Fuþark besteht also kein Bedarf mehr für die aufwendigen Distinktionen der älteren vierundzwanziger Runenreihe. Damit bleibt nunmehr vorrangig zu klären, wie die Reduktion der Konsonantengrapheme g und d motiviert ist, da ihr Wegfall das Schicksal des älteren Fuþarks endgültig besiegelt (siehe unten § 3.2). Doch zuvor soll eine weitere Grundthese zum Wandel der Runenschrift angesprochen werden.
2.3 Typologische Reduktion und maximale Kontraste Der Hauptstrom der Forschung betont das Zusammenwirken der typologischen Reduktion mit der graphischen Vereinfachung von Runenformen als Leitprinzip der Umgestaltung. Dabei wird kaum bedacht, dass Schriftsysteme gewöhnlich konservativ sind, so dass diese Entwicklung massive Einwirkungen und Systemzwänge voraussetzt. Beispielsweise kommt die folgende Stellungnahme von Michael Barnes kaum über die deskriptive Ebene hinaus: »The younger fuþ ark in comparison with the older is characterized by having fewer runes and simpler runes, and the elimination of the oppositions : , : , : , together with or followed by the creation of the short-twig alphabet with its s y s t e m o f m i n i m a l c o n t r a s t s , constitutes our earliest plausible evidence o f c o n s c i o u s r e f o r m with reduction and simplification as its guiding principles.« (Barnes 1998, S. 450; meine Hervorhebungen, M. S.)
Wie wir sehen, wird die Kombination typologischer und graphischer Vereinfachungen in Verbindung mit der ›Runenreform‹ als entscheidendes Er9
Nach Seim (2007, S. 183).
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klärungsmodell beansprucht. Gerade aber das Schädelfragment von Ribe (schon um 725) mit seinem auf 15 Runen reduzierten Grapheminventar, für h, m, A weist in typologischer Sicht noch ältere Runenformen auf.10 Aus meiner Sicht sind graphischer Wandel und Graphemverlust entgegen allgemeiner Stellungnahme nicht unbedingt direkt gekoppelt.11 Ein wesentlicher Zusammenhang, der mir zwingend erscheint, ist, dass ein 16-Zeichen-System sich naturnotwendig in graphischer Sicht einfacher gestaltet als ein 24-Zeichen-System, was konkret bedeutet, dass runographische Vereinfachungen dem Graphemverlust nachgeordnet sind (vgl. § 2.2 oben). Wie bereits betont wurde, strebt die Schrift nicht ohne weiteres nach einem ›System minimaler Kontraste‹, wie sie das jüngere Fuþark vor der Einführung der punktierten Runen darstellt. Dieser Schwachpunkt, der besonders der Arbeit von Jørgen Rischel (1967/68) anhaftet, sofern sie Erklärungsstatus beansprucht, wurde mehrfach von der Forschung hervorgehoben (vgl. Barnes 1987, Schulte 2006a). Abschließend liefert diese Beschreibungsgrundlage über den rein deskriptiven Ansatz hinaus keine diachronen Gesichtspunkte, die einen Kausalnexus erhellen könnten. Wie ist diese Bredouille zu lösen?
3. Ein integraler Neuansatz: Schriftwandel ›von unten‹ Wie kann eine Schriftgeschichte ›von unten‹ konkret Form annehmen? Spätestens mit den Arbeiten von Liestøl und Barnes wurden phonologische Faktoren auf den Plan gerufen, die den Verlust von Vokal- und Semivokalzeichen plausibel machen (vgl. § 3.1 unten).12 Dagegen hat sich die Forschung schwer getan, den Verlust der Konsonantengrapheme g und d zu begründen. Nach der Erörterung des Vokalbereichs stellt Michael Barnes ernüchtert zum Verlust der Konsonantengrapheme g und d fest: »No such considerations apply to and , however, and that is why I assume above that they were deliberately eliminated as part of a c o n s c i o u s r e f o r m of the fuþark Ð hence their importance and the import-
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11 12
Zur Ribe-Inschrift siehe besonders Stoklund (1996, S. 201Ð203, 205; 2003, S. 555Ð558; 2004, S. 31; 2006, S. 365 f.), dazu Grønvik (2001, S. 61 f.), Barnes (2003, S. 55) und Schulte (2006a, S. 48); vgl. außerdem Källström (2007, S. 50, 63). Siehe Schulte (2006a, S. 49), ders. (2008, S. 86); vgl. dazu auch § 2.2 oben. Liestøl (1981a, 1981b) und Barnes (1987); siehe weiterhin Bord (1997) und Schulte (2004, 2006a, 2006b) mit umfassenden Literaturangaben.
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ance of the denotation of [d] by , of [g], [] by and of [ð] by as criteria for determining the typological status of inscriptions.« (Barnes 1998, S. 457; meine Hervorhebung)
Wenn wir eine bewusste ›Reform‹ nicht zuletzt aus Gründen der Prozesstypologie ablehnen (vgl. schon § 1.1), bleibt Ð soweit ich sehen kann Ð nur die Möglichkeit einer systemischen Vereinfachung im Zuge des Sprachwandels. Dabei würde ich das ›graphische Argument‹, das darauf abhebt, dass g und d nicht einstäbig gemacht werden können (so argumentiert Spurkland 2005, S. 85), als Primus movens zur Ablösung der beiden Runen g und d jedenfalls nicht anerkennen.13 Denn selbst aufwendige graphologische Distinktionen in einem Schriftsystem werden nicht ohne weiteres aufgegeben, es sei denn, sie sind defunktionalisiert, d. h. im Prinzip ›redundant‹ (vgl. oben 2.2). Wir nähern uns dem Grundproblem, indem wir zunächst die gesicherten Ergebnisse zu Akrophonie und Lautwandel kurz zusammenfassen. 3.1 Akrophonie und Lautwandel: Grundlagen zum Vokalbereich Das akrophonische Prinzip ist für zahlreiche Schriftsysteme des Erdkreises bestimmend. Auch hat es erstmals zur erfolgreichen Entzifferung der Hieroglyphen geführt (vgl. Daniels 1996, S. 148, 155). In der germanischen Überlieferung spielt Akrophonie im Zusammenhang mit den Runennamen eine zentrale Rolle (zum Forschungsstand siehe Nedoma 2003, ferner Jungandreas 1935). Bereits Ludvig Wimmer (1887, S. 218) formuliert Ansätze zu einer ›Runennamentheorie‹, die von Aslak Liestøl (1981a, 1981b) und Michael Barnes (1987, 1998) weiterverfolgt wurden. Barnes fasst die aus seiner Sicht gesicherten Ergebnisse so zusammen: »Just as loss of initial /j/ changed the name of the twelfth rune from *ja¯ra to a¯r(a), whereupon its value (according to the acrophonic principle [. . .]) altered from /j/ to /a/, so we may suppose, for example, that *ehwaz, the name of the nineteenth rune, became jo´r [. . .]. It has been plausibly argued that , too, would have been affected by a change in its name (*wunjo¯ ⬎ *ynn-[sic]), and a possible case has also been made for (*o¯þila ⬎ *œðil; Liestøl 1981:250Ð254).« (Barnes 1998, S. 457)
Eine unmittelbare Stütze erfährt dieser Ansatz in der nordischen Runenüberlieferung durch den Gebrauch von Begriffsrunen (engl. ›ideographic runes‹), die in der entscheidenden ›Übergangszeit‹ belegt sind (vgl. Page
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Siehe die kritische Stellungnahme in Schulte (2008a, S. 115) gegenüber Spurkland (2005, S. 85): »The reason g and d were dropped and k and / t preserved is probably that k and t had simpler graphic forms than g and d.«
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1999, S. 78; Schulte 2006a, S. 58 f.). In diesem Rahmen sind besonders die Inschriften von Gummarp (KJ 95) und Stentoften (KJ 96) zu nennen: Gummarp, KJ 95: hA uwolAfA sAte stAbA ria˛ fff ›Haþuwolaf[R] setzte drei Stäbe: fff‹ (dreifaches = *fehu n. ›Vieh, Habe‹) Stentoften, KJ 96: [Zeile III] hA uwolAfR gAf j ›HaþuwolafR gab (gutes) Jahr‹ (alte Form der j-Rune = = *ja¯ra n. ›Jahr‹) Noch in wikingzeitlichen Inschriften finden sich Beispiele für den ideographischen Gebrauch von Runen; vgl. die d-Rune des älteren Fuþarks in der Inschrift von Ingelstad in Östergötland (Ög 43), die als Männername DagR (*dagaz) interpretiert wird (vgl. Källström 2007, S. 50; Peterson 2007, S. 54 s. v. DagR). Entgegen Odenstedt (1992) sehe ich daher insgesamt keine Schwierigkeiten, den Verlust der Runen e, o, w im Vokal- und Semivokalbereich als ›Störfälle der Akrophonie‹ zu interpretieren, was schließlich ihre Ablösung bedingt. Dieser Zusammenhang zwischen dem Lautwandel und der Ausmusterung der betreffenden Grapheme wurde von den meisten Forschern akzeptiert. Andererseits müssen Ð gegenüber Odenstedt (1992) Ð divergierende schriftkulturelle Voraussetzungen bei der nordischen und angelsächsischen (oder weiter gefasst anglofriesischen) Runenüberlieferung einkalkuliert werden; zur runischen Überlieferungssituation auf den Britischen Inseln siehe Looijenga (2003, S. 273 f.), ferner Barnes und Page (2006, S. 91). Das Argument einer bzw. mehrerer vom Lateinischen ausgehenden Runenreformen ist in Anlehnung an Clanchy (1993) durch Vermittelung des Klerus und des Adels für das anglofriesische Fuþorc ohne weiteres plausibel zu machen, nicht aber für die skandinavische Runenüberlieferung des 6. und 7. Jahrhunderts. Der Hauptstrom der Forschung übersieht denn auch, dass die skandinavische Schriftkultur des 6. und 7. Jahrhunderts keine ausgeprägte latinitas zu erkennen gibt und dass weiterhin eine vermittelnde Rolle des Klosterwesens oder der Aristokratie ausgeschlossen ist. Einen Indikator liefern römische Alphabetinschriften, die als Importgut im Norden erst ab 1150 greifbar werden.14 In seiner Besprechung der
14
In seiner Studie zu den mittelalterlichen römischen Alphabetinschriften Trondheims grenzt Martin Syrett (2002) drei Perioden ab, die verschiedene epigraphische Eigenheiten aufweisen: 1. eine frühe Periode (ca. 1150Ð1225), 2. eine Zwischenperiode (ca. 1225Ð1325/1350) und 3. eine späte Periode (ca. 1325Ð1537); siehe dazu auch Fuchs (2004, S. 133 f.).
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Dissertation Svante Fischers, die deutliche Anleihen bei Braunmüller (2004) aufnimmt, artikuliert Terje Spurkland seinen eigenen Standpunkt in dieser Frage wie folgt: »For egen regning vil jeg i denne sammenhengen tilføye at i etableringsfasen er det naturlig at runeskriften pa˚ ulike ma˚ter kunne være pa˚virket av latin, hvis det er slik vi antar at kilden til runeskriften er a˚ finne i latinskriften. Pa˚ ett sted i utviklingen ma˚ imidlertid runeskriften ha frigjort seg fra den latinske innflytelsen og begynt a˚ leve sitt eget liv. [. . .] Jeg finner det lite sannsynlig at en person pa˚ Jæren rundt 550 skulle være latinkyndig i den grad at vedkommende var pa˚virket av latinsk syntaks na˚r [han/hun] har ristet runer pa˚ morsma˚let sitt.« (Spurkland 2008, S. 191)
Zu einer negativen Bilanz kommt übrigens auch Jakob Povl Holck (2005) im Anschluss an Larsson und Söderberg (1993) im Hinblick auf die Brakteatenüberlieferung: »The earliest bracteates are supplied with inscriptions, the later bracteates are not. In a literacy perspective this could indicate that the Migration Age culture of the Danes only partially embraced the use of writing. Indeed one could imagine that the earlier obtained epigraphic knowledge was not maintained in the Migration Age due to the l a c k o f c o n t a c t with the advanced Mediterranean alphabet cultures.« (Holck 2005, S. 158; Hervorhebung M. S.)
Ich schließe mich der moderaten Sichtweise Spurklands im Wesentlichen an.15 Von einem Verfallsprozess der Runenüberlieferung, wie ihn Holck andeutet, ist aber wohl nicht auszugehen. Dies bedeutet aber, dass die lateinische Schriftkultur als Vermittler von scripta und grammatica Ð durchaus im Erklärungsrahmen Brian Stocks (1983, S. 26 f.) Ð bei den Nordleuten um 700 n. Chr. ausscheidet.16 Dass es Stock (1983) um sogenannte »textual communities« im Rahmen der Literacy-Debatte in einem späteren Zeitabschnitt Ð nämlich dem 11. und 12. Jahrhundert Ð auf den Britischen Inseln geht, sei hier nur am Rande bemerkt. Abschließend bleibt damit festzuhalten, dass die Voraussetzungen für den Einfluss des römischen Alphabets auf die skandinavische Runenschrift Ð anders als in
15
16
Zu meiner Kritik an der lateinischÐaltrunischen Kontakthypothese siehe Schulte (2005); vgl. übrigens auch Liestøl (1981a, 250), der gleichzeitig aber eine Runenreform verfechtet: »The old twenty-four letter fuþark seems to us a very useful set of graphemes Ð when we look at the Roman equivalents. But the Vikings did not have the same associations: they knew no Roman characters.« Zum Klosterwesen und zur grammatischen Exegese im Frühmittelalter siehe Bischoff (1966) und Clarke u. Brennan (1981) mit diversen Einzelbeiträgen. Vgl. oben § 2.1 zu reflektierten Orthographiereformen.
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Großbritannien Ð im entscheidenden Zeitraum des 6. und 7. Jahrhunderts nicht erfüllt sind. 3.2 Phonotaktische Konsequenzen der Synkope im Konsonantenbereich Wenden wir uns wieder dem aus meiner Sicht zentralen Problem zu, dem Verlust der Runen g und d. Erklärungsansätze, die sich auf Umstrukturierungen im Konsonantensystem berufen, wirken meines Erachtens nicht unmittelbar einleuchtend. Vorrangig zu nennen sind Trnka (1939), Barnes (1987), Quak (1982) und Stroh-Wollin (2002).17 Ich selbst hatte in einem rezenten Beitrag die Auslautverhärtung ins Spiel gebracht und werde sogleich auf dieses Problem zurückkommen. Schwerer wiegt die Feststellung, dass phonotaktische Konsequenzen der Synkope, die p/b, t/d, k/g in der synkopierten Sprache komplementär erscheinen lassen, bislang von der Forschung völlig übersehen worden sind. Der Ausbau eines multifunktionellen Graphemsystems im Sinne von Coulmas (2003) wurde spätestens um 600Ð650 n. Chr. forciert, weil die Schwächung der Themavokale /i, ¯ı, j/ zur Phonemisierung des Umlauts führte (vgl. Schulte 1998). Damit stand etwa die u-Rune plötzlich für /u/ und /y/. Ein unmittelbarer Effekt der Synkope, der wesentlich zur Lösung des Rätsels beiträgt, wurde dagegen von der Forschung bislang übersehen. Als unmittelbare Auswirkung der Synkope werden nämlich /b, d, g/ im Paradigma der a-Stämme teilweise entstimmt, womit intraparadigmatisch die synchrone Derivierbarkeit von p ; b, t ; d, k ; g begründet wird. Ebenso wie beim Umlaut, kann mit einem ›Grundphonem‹ gerechnet werden, das in der Oberflächenstruktur alterniert (vgl. u-Stamm Nom. Sg. vo˛llr [mit u-Umlaut] Ð Gen. Sg. vallar [ohne Umlaut] Ð Nom. Pl. vellir [mit i-Umlaut] usw.). Bei dieser Substitutionsregel taucht i. d. R. das ›unmarkierte‹ Graphem, d. h. t, k auf der graphischen Oberfläche auf, doch verhält es sich bei p und b wegen der frühen Substitution der p-Rune gerade umgekehrt (vgl. schon den Vadstena-Brakteaten mit für p).18 Die phonotaktischen Konsequenzen der Synkope lassen sich nunmehr wie folgt veranschaulichen (Schema 3Ð5 unten): 17
18
Vgl. die im Grundtenor kritische Stellungnahme Birkmanns (1995, S. 212Ð214) gegenüber Trnka (1939) und Quak (1982), sowie zusammenfassend Schulte (2006a, S. 63). Zu einem unorthodoxen Erklärungsversuch siehe Kortlandt (2003). Die Fuþark-Inschrift auf dem Brakteaten von Vadstena weist b als Platzhalter für p auf. Als C-Brakteat ist diese Inschrift ca. 500Ð530 n. Chr. datierbar; zur chronologischen Einordnung siehe Axboe (2004). Vgl. auch IK 377, ferner Düwel u. Heizmann (2006, Nr. 15).
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Schema 3: Paradigma arun. *dagaz ⬎ wz. *dagR ›Tag‹19 Nom. Sg. Akk.
*dagaz ⬎ wz. *dagR *daga(n) ⬎ wz. *dag
/dɑR/ bzw. /dɑkR/ (?) /dɑk/ bzw. /dɑ/ (?)
Gen.
*dagas ⬎ wz. *dags
‹/ /dɑks
Dat. *dagai/∞e¯ ⬎ wz. *dage/dæge /dɑje/ bzw. /dægje/ -------------------------------------------------------------------------Nom. Pl. *dago¯z ⬎ wz. *dagaR /dɑɑR/ Akk. *dagan ⬎ wz. *daga˜ /dɑɑ˜ / Gen. *dago¯(n) ⬎ wz. *daga /dɑɑ/ Dat. *dagamz/∞umz ⬎ wz. do˛gum /dɔum/ Schema 4: Paradigma arun. *landa ⬎ wz. *land ›Land‹ Nom. Sg. Akk.
*landa(n) ⬎ wz. *land *landa(n) ⬎ wz. *land
/lɑnd/, /lɑ˜ d/ bzw. /lɑnt/, /lɑ˜ t/ (?) /lɑnd/, /lɑ˜ d/ bzw. /lɑnt/, /lɑ˜ t/ (?)
Gen.
*landas ⬎ wz. *lands
‹ / bzw. /lɑ˜ ts ‹/ /lɑnts
Dat. *landai/∞e¯ ⬎ wz. *lande /lɑnde/ -----------------------------------------------------------------------------Nom. Pl. *landu(n) ⬎ wz. *lo˛nd /lɔnd/, /lɔ˜d/ bzw. /lɔnt/, /lɔ˜t/ (?) Akk. *landu(n) ⬎ wz. *lo˛nd /lɔnd/, /lɔ˜d/ bzw. /lɔnt/, /lɔ˜t/ (?) Gen. *lando¯(n) ⬎ wz. *landa /lɑndɑ/, /lɑ˜ dɑ/ Dat. *landamz/∞umz ⬎ wz. /lɔndum/, /lɔ˜ dum/ lo˛ndum Schema 5: Paradigma arun. *kambaz ⬎ wz. *kambR ›Kamm‹ Nom. Sg. Akk.
*kambaz ⬎ wz. *kambR *kamba(n) ⬎ wz. *kamb
/kɑmbR/ bzw. /kɑmpR/ (?) /kɑmb/ bzw. /kɑmp/ (?)
Gen.
*kambas ⬎ wz. *kambs
/kɑmps ‹/
Dat. *kambai/∞e¯ ⬎ wz. *kambe /kɑmbe/ -----------------------------------------------------------------------------Nom. Pl. *kambo¯z ⬎ wz. *kambaR /kɑmbɑR/ Akk. *kamban ⬎ wz. *kamba˜ /kɑmbɑ˜ / Gen. *kambo¯(n) ⬎ wz. *kamba /kɑmbɑ/ Dat. *kambamz/∞umz ⬎ wz. ko˛mbum /kɔmbum/
Die Auswertung dieser Daten ist zunächst von der Frage abhängig, ob sich die ›urnordische Auslautverhärtung‹ auf dieser synkopierten Sprachstufe
19
Abkürzungen: arun. = altrunisch (= »urnordisch«); wz. = wikingzeitlich. Gemeint ist ein früher Zeitansatz (spätestens) um 700 n. Chr., d. h. zu Beginn der Wikingerzeit.
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niederschlägt (zur Eggja-Inschrift vgl. unten 4). Dieses Problem betrifft auch den phonologischen Status des ›Block-R‹ (siehe z. B. Grønvik 2001, S. 43 f.). Im Bezug auf die Auslautverhärtung unsichere, d. h. deutungsabhängige Formen sind im obigen Schema durch Fragezeichen gekennzeichnet; diese betreffen den Nom. und Akk. Sg. der maskulinen a-Stämme und den Nom.-Akk. Sg., Nom.-Akk. Pl. der neutralen a-Stämme. Der Grund, warum ich die Formen Nom.-Akk. Sg. [la˜t] neben [lɑnd/lɑnt] und Nom.Akk. Pl. [lɔ˜ t] neben [lɔnd/lɔnt] ansetze, ist die Sequenz la˛t in der EggjaInschrift, die in der Tat deutungsabhängig ist.20 Jedenfalls sehe ich von einer phonetischen Assimilationsform [la˜t] mit -tt ⬍ *-nt ab, wogegen die Form /lɑ˜ t/ aber durchaus plausibel erscheint. Grønvik (1985, S. 175 f.) wertet la˛t als unmittelbaren Reflex der Auslautverhärtung (vgl. unten § 4 und Makaev 1996, S. 75). Ohne näher auf diese Problemlage einzugehen, ist entscheidend, dass die Synkope im Paradigma der a-Stämme einen phonotaktisch bedingten Wechsel zwischen Tenuis und Media b~p, d~t, g~k herbeiführt. Wenn wir mit Grønvik (1985) mögliche Reflexe der urnordischen Auslautverhärtung einbeziehen, kommt dieses Alternationsschema allerdings noch deutlicher zum Vorschein.21 ‹/ Ausschlaggebend ist aber der synkopierte Genitiv Singular *dags /dɑks ‹ /, /lɑ˜ ts ‹ / ›(des) Landes‹, *kambs /kɑmps ‹ / ›(des) ›(des) Tages‹, *lands /lɑnts Kammes‹. Aufgrund der phonotaktischen Regel taucht im Genetiv Singular auf der phonologischen Oberfläche Tenuis statt Media auf, also p, t, k statt b, d, g.22 Bei den a-Stämmen handelt es sich um eine äußerst hochfrequente Stammklasse, und beim Genitiv Singular um eine zentrale und hochbelastete Formkategorie. Auf diese Weise war der Wechsel zwischen Tenuis
20
21
22
Vgl. nur Barnes (1998, S. 458): »If la˜t does denote [lant], it is odd that no example of *latt is to be found in later Scandinavian (cf. binda Ð batt ⬍ *bant) Ð unless runic spellings such as iklati, oklati etc. show analogical extension of this form into the dative.« Vgl. dazu noch Schulte 2006a, S. 55. Eine deutliche Gegenposition hierzu beziehen allerdings Lena Peterson und ihr Schüler Patrik Larsson, die das ›Block-R‹ der Wikingerzeit als stimmhaften dentalen bzw. alveolaren Frikativ klassifizieren. Siehe Peterson (1983, S. 172 f.; 1993, S. 171Ð174) u. Larsson (2002, S. 28Ð132); »Jag betraktar alltsa˚ ›palatalt R‹ sa˚som Ulf Teleman har beskrivit det (1980:210): ›a voiced counterpart of a blurred alveolar [s]‹ eller (s. 209) ›a voiced fricative, probably articulated with the front part of the tongue against the alveolar ridge and its immediate surroundings‹« (Peterson 1993, S. 172). Sporadische Evidenz für die Neutralisation der Stimmhaftigkeit n ac h /s/ findet sich schon in den älteren Runeninschriften; vgl. asu-gasdiz ›Ansu-gast-‹ auf dem Stein von Myklebostad (vgl. Schulte 2006a, S. 57).
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und Media durch die Synkope paradigmatisch verankert Ð durchaus vergleichbar mit dem i-Umlaut in den Wurzelnomina (wz. *mannR [ohne Umlaut] Ð *mænnR [mit i-Umlaut] ⬍ *manniz, *fo¯tR [ohne Umlaut] Ð fø¯tR [mit i-Umlaut] ⬍ *fo¯tiz) und in den u-Stämmen (wz. *wo˛llR [mit u-Umlaut] Ð *wælliR [mit i-Umlaut] ⬍ *walliuz). Das Sprachsystem, das die Synkope durchlaufen hat, fördert somit neue Mehrfachzuweisungen im Zusammenspiel der paradigmatischen und syntagmatischen Ebene. Auf dieser Grundlage kann die in den jüngeren Runeninschriften durchgeführte Schreibregel ›Tenuis statt Media‹ im Sinne einer Substitutionsregel verallgemeinert worden sein (vgl. § 4 zur EggjaInschrift). Dass die p-Rune zu diesem Zeitpunkt, d. h. um 650Ð700 n. Chr., längst Ð zumal in semantisch deutbaren Runeninschriften Ð außer Gebrauch gekommen war, ist ohne Zweifel als förderlicher Zusatzfaktor zu werten. Damit dürfte der Modus operandi der Fuþark-Transformation weitgehend erhellt sein, wenn nicht sogar der Schlüssel zum Aufkommen des jüngeren Fuþarks gefunden.
4. Die Eggja-Inschrift als Prüfstein Wie nun fügt sich die ›kritische‹ Eggja-Inschrift in dieses Bild ein? Michael Barnes hatte Ð ausgehend vom ›Reformmodell‹ Ð mit Verweis auf seine eigenen Vorarbeiten23 den möglichen Einfluss des jüngeren Fuþarks geltend gemacht, d. h. konkret: »that the Eggjum inscription (KJ 101) was carved a f t e r the introduction of the younger fuþ ark, and that might also apply to a few other of the so-called ›transitional inscriptions‹, but there is no way this can be proved or disproved. As things stand, we have to reckon with a radical runic reform swiftly established throughout the whole of Scandinavia.« (Barnes 2003, S. 54)
Wenn wir die ›Reform‹ aber als unwahrscheinlich bezeichnen, können wir den Graphiewandel meines Erachtens unvoreingenommener auswerten. In der Tat hat die ältere Forschung schwankende Schreibungen, besonders e~i als Indiz für den Einfluss des jüngeren Fuþarks gewertet, was ansonsten durch eine vokalharmonische Regel erklärt werden kann (vgl. Grønvik 1998, S. 27 f.). Dennoch kann ich mich der These von Michael Barnes nicht anschließen. Ein auffälliger Zug der Eggja-Inschrift ist die t-Schreibung in hitla˛t, die Grønvik (1985, S. 175) als [hit la˜nt] liest, also mit dem Reflex der ›urnordischen Auslautverhärtung‹:
23
Siehe Barnes (1987, S. 42 f.; 1998, S. 457 f.).
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»Skrivema˚ten t i utlyd ma˚ gjenspeile en faktisk stemmeløs uttale av klusilen i denne stillingen, siden runetegnene d og t brukes konsekvent riktig i alle andre ord. Antagelig har man pa˚ denne tid enna˚ hatt en allofonisk veksel /d~tl/, slik at det stemmeløse uaspirerte allofon kunne inntre i utlyd, særlig ved setningsslutt (foran pausa). Dette kan man se pa˚ som en fortsettelse av utlydsherdningen i siste fase av urnordisk.« (Grønvik 1985, S. 175 f.)
Nun bereitet die so gedeutete Form la˛t aber sichtliche Schwierigkeiten für die Chronologie, weil man gewöhnlich den Übergang *band ⬎ batt ›jemand band‹ durch frühe Apokope (Ausgangsform *bande) erklärt, wogegen die Formen land, lo˛nd (⬍ *landa(n), *landu(n)) mit späterer Apokope offensichtlich nicht mehr von der Auslautverhärtung erfasst wurden (vgl. den Kommentar in Schulte 2008c, S. 403 zu Ringe 2006, S. 118, 143). Grønvik versucht derartigen Einwänden offensichtlich zuvorzukommen (vgl. Barnes 1998, S. 458): »I tida før apokopen, d. e. i det 5. a˚rhundret, hadde nordisk som kjent en utlydsherdning som resulterte i alternasjoner som binda : batt (mot band n.). Denne tendens til utlydsherdning kan godt ha fortsatt ogsa˚ etter apokopetida, slik at man i ordformer som /lande/ : /land/ fikk en allofonisk veksel /d~tl/ (hvor t l er en stemmeløs uaspirert klusil).« (Grønvik 1985, S. 71 f.)
Wenn wir dieses intrikate Problem auf die Runographie beziehen, bleibt festzuhalten, dass Eggja neben la˛t auch noch die Formen mAde, suwima˛de [suwimande] und la˛nde aufweist (Lesungen nach Grønvik 1985; Krause 1971 liest die Wortformen mAde, suwimade, gAlande, was an meiner Interpretation jedoch nichts ändert). So beleuchtet, hat Eggja die Schreibregel ›Tenuis für Media‹ nur im Auslaut, aber noch nicht im Anlaut und Inlaut durchgeführt. Mit diesen Phonem-Graphem-Korrespondenzen dürfte Eggja eine Spätphase des älteren Fuþarks Ð gewissermaßen ein Auslaufmodell Ð vertreten, aber entgegen Barnes (1998, 2003) ist der Einfluss des jüngeren Fuþarks keineswegs zwingend, wenn nicht anachronistisch. Das jüngere Fuþark steht eben ›kurz‹ vor seiner Einführung, wenn man einige Jahrzehnte als einen kurzen Zeitraum veranschlagt. In diesem Licht bestätigt die Eggja-Inschrift den paradigmatischen Wechsel von g~k, d~t, b~p, der in Schema 3Ð5 illustriert wurde. Auf dieser Grundlage dürfte die Substitution von ›Tenuis für Media‹ dann auch im Anlaut und Inlaut verallgemeinert worden sein; vgl. nur trikia = drengja in der Inschrift von Senja in Troms (N 540). 5. Resümee Wie eingangs gezeigt, hat die Annahme eines »Nordischen Runensymposiums« zu Anfang der Wikingerzeit wenig für sich. Tatsächlich läuft die Entwicklung des jüngeren Fuþarks einer ›Reform‹ in mehrfacher Hinsicht zu-
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wider. Dokumentierte Reformen führen denn auch nur dann zur Ausmusterung von Graphemen, wenn im Vorfeld Verschmelzungen eingetreten sind. Bernard Comrie nennt solche Fälle aus dem Sprachbereich der ehemaligen Sowjetunion (Comrie 1996). Die Grundskepsis gegenüber einer ›Skandinavischen Runenreform‹ führte uns zu einem Alternativszenario, in dem die Inschriften von Eggja und Ribe eine prominente Rolle spielen. Nach Ausweis der Beleglage vollzieht sich die Transformation des älteren Fuþarks als ein schrittweiser Prozess, der die Multifunktionalität des Graphemsystems systematisch ausbaut. Prozesstypologisch weist dieser Verlauf Ð entgegen häufiger Stellungnahme Ð nicht die typischen Merkmale einer Reform auf. Ein ›Missing link‹ zur theoretischen Fundierung dieses reduktiven Schriftwandels mit zunehmender Multifunktionalität liefert Ð neben der ebenso intrikaten wie interpretationsbedürftigen Auslautverhärtung Ð unmittelbar die Phonotaktik, indem sie der graphemischen Substitution von ›Tenuis für Media‹ direkt Vorschub leistet. Der entscheidende ›Sprung‹ vom älteren zum jüngeren Fuþark liegt genau zwischen Eggja (um 650Ð 700) und Ribe (stratigraphische Datierung um 720), d. h. recht genau um 700 n. Chr. Abschließend und zusammenfassend, erweist sich der Übergang vom älteren zum jüngeren Fuþark als ein zeitaufwendiger Prozess, wenigstens bis ins 5. Jahrdessen Anfänge mit der Ablösung von p, ¨ı, hundert zurückzuverfolgen sind, wogegen der formelle Abschluss die Durchführung der Synkope im 7. Jahrhundert voraussetzt. So gesehen, kann diese Umstrukturierung des germanischen Schriftsystems bei den Nordleuten vorteilhaft im Rahmen einer Sprach- und Schriftgeschichte ›von unten‹ ausgewertet werden.
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