Numerische Str¨omungsmechanik Vorlesungsskriptum Wintersemester 1998/99 ¨ rth R. Verfu Fakult¨ at f¨ ur Mathematik, Ruhr...
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Numerische Str¨omungsmechanik Vorlesungsskriptum Wintersemester 1998/99 ¨ rth R. Verfu Fakult¨ at f¨ ur Mathematik, Ruhr-Universit¨ at Bochum, D-44780 Bochum, Germany
Inhalt I Einf¨ uhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I.1 Beispiele f¨ ur Str¨omungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I.2 Modellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 I.3 Der Satz von Cauchy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 I.4 Notationen und Hilfsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 II Die Stokes Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26 II.1 Heuristische Vor¨ uberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 II.2 Ein abstraktes Variationsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 II.3 Existenz, Eindeutigkeit und Regularit¨at der L¨osung der Stokes Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 II.4 Ein abstrakter Approximationssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 II.5 Stabile gemischte Elemente f¨ ur die Stokes Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . 45 II.6 Petrov-Galerkin Stabilisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 II.7 Nicht konforme Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 II.8 Stromfunktionsformulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 II.9 Numerische L¨osung der diskreten Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 II.10 A posteriori Fehlersch¨atzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 III Die station¨ aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen . . . . . 107 III.1 Existenz, Eindeutigkeit und Regularit¨at der L¨osungen der station¨aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen . . . . . . . . . . 107 III.2 Approximation regul¨arer L¨osungs¨aste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 III.3 Stromlinien-Diffusions Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 III.4 Numerische L¨osung der diskreten Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 III.5 A posteriori Fehlersch¨atzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 IV Die instation¨ aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen . . . 143 IV.1 Existenz, Eindeutigkeit und Regularit¨at der L¨osungen der instation¨aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen . . . . . . . . 143 IV.2 Finite Element Diskretisierung und numerische L¨osung . . . . . . . . . . . . . . . 151 IV.3 A posteriori Fehlersch¨atzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
I Einf¨ uhrung I.1 Beispiele f¨ ur Str¨ omungsprobleme In diesem Abschnitt wollen wir einige Beispiele f¨ ur Str¨omungsprobleme angeben, ohne dabei n¨aher auf die physikalische und mathematische Modellierung einzugehen. Die Beispiele sollen einen Eindruck u ¨ber die Vielfalt der auftretenden Probleme vermitteln. Die Liste der Beispiele ist bei weitem nicht vollst¨andig. Ein erstes Beispiel ist die Reduzierung des Luftwiderstandes eines Kraftfahrzeuges. Hierbei muss die Luftstr¨omung um das Fahrzeug berechnet werden. Mathematisch handelt es sich um ein Außenraumproblem, d.h. ein System von Differentialgleichungen muss außerhalb eines beschr¨ankten Gebietes gel¨ost werden. Eng verwandt ist das Problem der Optimierung eines Tragfl¨ ugels, so dass der Luftwiderstand reduziert und gleichzeitig des Auftrieb verbessert wird. F¨ ur jede Tragfl¨ ugelkonfiguration muss die Str¨omung um den Tragfl¨ ugel berechnet werden, d.h., es muss wieder ein Außenraumproblem gel¨ost werden. Im Gegensatz zum ersten Beispiel sind die Str¨omungsgeschwindigkeiten wesentlich h¨oher. Hierdurch treten neue physikalische und mathematische Probleme auf. Besonders augenf¨allig ist dies ¨ ¨ beim Ubergang von Unterschall- zu Uberschallgeschwindigkeiten. Eine mathematische Konsequenz ist z.B., dass sich der Typ der Differentialgleichung ¨andert. Traditionellerweise wurden die oben beschriebenen Probleme durch Experimente im Windkanal gel¨ost. In den letzten Jahrzehnten werden diese Experimente jedoch zunehmend durch numerische Simulationen erg¨anzt und zum Teil ganz ersetzt. Besonders augenf¨allig ist dies bei der Simulation des Wiedereintrittes eines Raumgleiters in die Erdatmosph¨are. Hier sind die Str¨omungsph¨anomene in komplizierter Weise mit thermischen und chemischen Problemen gekoppelt (z. B. Abschmelzen des Hitzeschutzes). Ein weiteres Beispiel ist die Str¨omung in einem Gew¨asser, z.B. einem See. Dabei ist z. B. der Transport oder die Sedimentation von Schadstoffen zu simulieren. Wenn die horizontale Ausdehnung des Gew¨assers groß ist im Vergleich zur Tiefe, k¨onnen spezielle Vereinfachungen getroffen werden, die auf die sog. Flachwassergleichungen f¨ uhren. Eng verwandt sind Schwingungsph¨anomene in großen Seen. Historisch verb¨ urgt ist z. B. das Konstanzer Wasserwunder von 1549. Durch g¨ unstige Windkonstellationen wurden mehrere Grundfrequenzen des Bodensees so angeregt, dass sich die Str¨omungsrichtung in Konstanz umkehrte. Str¨omungsprobleme treten oft auch in Verbindung mit freien Randwertproblemen auf. Eine industrielle Anwendung ist z. B. die Filmbeschichtung. Dabei wird ein Tr¨agermaterial durch einen d¨ unnen Kanal, der mit der aufzutragenden Fl¨ ussigkeit gef¨ ullt ist, gezogen. Am Austritt des Kanals bildet sich eine freie Oberfl¨ache. Die Geschwindigkeit, mit der das Tr¨agermaterial fortbewegt wird, und die Nachf¨ ullmenge 1
der Fl¨ ussigkeit m¨ ussen so gesteuert werden, dass eine gew¨ unschte Filmdicke erreicht wird. Neben dem Str¨omungsfeld muss dabei auch die unbekannte Grenzfl¨ache des Fl¨ ussigkeitsfilmes berechnet werden. Str¨omungsprobleme sind h¨aufig mit thermischen, chemischen oder elektromagnetischen Ph¨anomenen gekoppelt. Ein Beispiel ist der bereits erw¨ahnte Wiedereintritt eines Raumgleiters. Ein anderes ist die Str¨omung eines elektrisch leitenden Plasmas in einem starken Magnetfeld (Tokamak). Ein letztes allt¨agliches Beispiel ist die Wettervorhersage. Hierbei muss die Str¨omung auf einer Mannigfaltigkeit (Erdoberfl¨ache) beeinflusst durch Gravitation, Erdrotation und Topographie simuliert werden.
I.2 Modellierung Wir betrachten einen Fl¨ ussigkeitsk¨ orper Ω, der sich unter dem Einfluss innerer und ¨außerer Kr¨afte bewegt. Sei V ⊂ Ω ein kleines Fl¨ ussigkeitsvolumen und η ∈ V . Zur Zeit t > 0 befindet sich das Teilchen, das zur Zeit t = 0 in η war, an der Stelle x = Φ(η, t). Sezte V (t) := Φ(., t)(V ). Wir machen folgende grundlegende Annahme: (A1) Φ(., t) : Ω −→ Ω ist f¨ ur jedes t > 0 ein orientierungstreuer C ∞ -Diffeomorphismus mit Φ(., 0) = Id. 2.1 Bemerkung: Wir k¨onnen die Str¨omung auf zwei Weisen betrachten. Einmal betrachten wir die Trajektorie t −→ Φ(η, t) eines beliebigen, festen Punktes mit urspr¨ unglicher Position η. Dies ist die sog. Lagrange’sche Sichtweise. Entsprechend heißt η Lagrange’sche Koordinate. Das Lagrange’sche Koordinatensystem bewegt sich mit der Str¨omung mit. Bei der anderen Sichtweise, die wir im folgenden stets verfolgen werden, betrachten wir zu einem beliebigen, festen Punkt x die Trajektorien t −→ Φ(., t)−1 (x), die durch diesen Punkt laufen. Dies ist die sog. Euler’sche Sichtweise. Entsprechend heißt x Euler’sche Koordinate. Das Euler’sche Koordinatensystem ist unbewegt. ³ ´ i Bezeichne mit DΦ = ∂Φ die Funktionalmatrix von Φ, mit J := det DΦ ∂ηj 1≤i,j≤3
die Funktionaldeterminante von Φ und mit Aij die Ko-Faktoren von DΦ. Dann gilt
und
£
(DΦ)−1
3 X
¤
ij
=
1 (−1)i+j Aji J
(−1)i+j Aij (DΦ)kj = Jδik .
j=1
2
Die Geschwindigkeit der Str¨omung im Punkt x = Φ(η, t) ist definiert durch v(x, t) := 2.2 Lemma:
Es ist
∂ Φ(η, t) ∂t
,
x = Φ(η, t).
∂ J = J(divx v) ◦ Φ. ∂t
Beweis: Aus der Definition von v folgt ∂ ∂2 Φi (η, t) = vi (Φ(η, t), t) ∂t∂ηj ∂ηj 3 X ∂vi ∂Φk = (Φ(η, t), t) . ∂xk ∂ηj k=1
Hieraus und aus dem Entwicklungssatz f¨ ur Determinanten ergibt sich mit x = Φ(η, t) X ∂ J= ∂t
∂J i ∂( ∂Φ ∂ηj ) | {z }
1≤i,j≤3
∂2 Φi ∂t∂ηj
=(−1)i+j Aij
=
X
(−1)i+j Aij
1≤i,j,k≤3
=
X
Jδik
1≤i,k≤3
∂Φk ∂vi (x, t) ∂ηj ∂xk
∂vi (x, t) ∂xk
=J(divx v) ◦ Φ(η, t).
2.3 Satz: (Transport Theorem) Sei f : Ω × (0, ∞) −→ IR hinreichend oft differenzierbar. Dann gilt f¨ ur jedes Volumen V in Ω d dt
Z
f (x, t)dx = V (t)
Z
V (t)
n ∂f ∂t
o
(x, t) + div(f v)(x, t) dx.
Beweis: Aus der Annahme (A1) und Lemma 2.2 folgt mit dem Transformationssatz Z d f (x, t)dx dt V (t) Z d = f (Φ(η, t), t)J(η, t)dη dt V 3
Z n 3 X ∂ ∂ f (Φ(η, t), t)J(η, t) + f (Φ(η, t), t) = ∂x i V ∂t i=1 o
J(η, t)
=vi (Φ(η,t),t)
∂ J(η, t) dη ∂t Z 3 n∂ X ∂ f (., t) + f (., t)vi (., t) = J(η, t) ∂t ∂x i V i=1 + f (Φ(η, t), t)
∂Φi ∂t |{z}
o ∂vi + f (., t) (., t) ◦ (Φ(η, t))dη ∂xi i=1 Z o n ∂f (x, t) + div(f v)(x, t) dx. = V (t) ∂t 3 X
An die Bewegung der Fl¨ ussigkeit werden nun die klassischen Annahmen der Physik gestellt: (A2) Erhaltung der Masse, (A3) Erhaltung des Impulses, (A4) Erhaltung der Gesamtenergie. Bezeichne mit ρ(x, t) die Dichte der Fl¨ ussigkeit. Dann folgt aus der Massenerhaltung (A2) und Satz 2.3 f¨ ur jedes Volumen V in Ω: Z d ρ(x, t)dx 0= dt V (t) Z n ∂ρ o = (x, t) + div(ρv)(x, t) dx. V (t) ∂t Hieraus ergibt sich punktweise ∂ρ + div(ρv) = 0 in ∂t
Ω × (0, ∞)
(Massenerhaltung). ¨ Die zeitliche Anderung des Impulses ist wegen Satz 2.3 gleich Z d ρ(x, t)v(x, t)dx dt V (t) ³d Z ´ = ρ(x, t)vi (x, t)dx dt V (t) 1≤i≤3 n∂ o ´ ³Z (ρvi )(x, t) + div(ρvi v)(x, t) dx = 1≤i≤3 V (t) ∂t Z n∂ o = (ρv)(x, t) + div(ρv ⊗ v)(x, t) dx V (t) ∂t 4
(1)
(2)
mit v ⊗ u := (vi uj )1≤i,j≤3 . ¨ Wegen der Impulserhaltung (A3) ist die zeitliche Anderung des Impulses gleich der Summe der inneren und ¨außeren Kr¨afte. Da die ¨außeren Kr¨afte mit dem Volumen skalieren und bzgl. des Volumens additiv sind, folgt aus dem Satz von RadonNikodym, dass sie von der Form Z ρf dx
V (t)
sind. F¨ ur die inneren Kr¨afte folgt aus dem Satz von Cauchy, dessen Beweis wir im n¨achsten Abschnitt skizzieren, dass sie von der Form sind Z T · ndσ ∂V (t)
mit einem Tensor T : Ω −→ IR3×3 und dass der Gauß’sche Integralsatz gilt Z Z T · ndσ = div Tdx. ∂V (t)
V (t)
(Wie u ¨blich bezeichnen ∂V (t) und n den Rand von V (t) und den ¨außeren Einheitsnormalenvektor an ∂V (t).) T heißt der Spannungstensor. Aus dieser Darstellung der inneren und ¨außeren Kr¨afte und der Identit¨at (2) ergibt sich f¨ ur jedes Volumen Z
Z o n∂ ª © (ρv) + div(ρv ⊗ v) dx = ρf · v + div T dx V (t) V (t) ∂t
und somit punktweise ∂ (ρv) + div(ρv ⊗ v) = ρf + div T in Ω × (0, ∞) ∂t
(3)
(Impulserhaltung). Bezeichnen wir mit e die Gesamtenergie, so folgt aus Satz 2.3 f¨ ur ihre zeitliche ¨ Anderung Z Z n ∂e o d edx = (x, t) + div(ev)(x, t) dx. (4) dt V (t) V (t) ∂t
¨ Aus der Eenergieerhaltung (A4) folgt andererseits, dass die zeitliche Anderung der Gesamtenergie gleich der Summe der Energie der einwirkenden inneren und ¨außeren ¨ Kr¨afte plus der Anderung der inneren Energie ist. Wegen der oben hergeleiteten Form der inneren und ¨außeren Kr¨afte ergeben sich die ersten beiden Beitr¨age zu Z ρf · vdx V (t)
5
und
Z
∂V (t)
n · T · vdσ =
Z
V (t)
div(T · v)dx.
¨ F¨ ur die Anderung der inneren Energie folgt aus dem Satz von Cauchy, dass sie von der Form ist Z σ · ndσ ∂V (t)
mit einem Vektorfeld σ : Ω −→ IR3 und dass wieder der Gauß’sche Integralsatz gilt Z Z σ · ndσ = div σdx. ∂V (t)
V (t)
Hieraus und aus der Identit¨at (4) ergibt sich f¨ ur jedes Volumen Z Z n∂ o © ª e + div(ev) dx = ρf · v + div(T · v) + div σ dx V (t) ∂t V (t) und somit punktweise
∂ e + div(ev) = ρf · v + div(T · v) + div σ ∂t
in Ω × (0, ∞)
(5)
(Energieerhaltung). Die Gleichungen (1), (3) und (5) beschreiben das Verhalten der Fl¨ ussigkeit noch nicht vollst¨andig. Sie m¨ ussen durch konstitutive Gleichungen f¨ ur die Gr¨oßen T, e und σ erg¨anzt werden. Hierzu werden die folgenden Annahmen gemacht: (A5) T h¨angt nur vom Gradienten der Geschwindigkeit ab und die Abh¨angigkeit ist linear; T ist symmetrisch (folgt mit dem Satz von Cauchy auch aus der Erhaltung des Drehmomentes); bei Fehlen innerer Reibung ist T diagonal und dem Druck proportional (es treten nur innere Kr¨afte in Normalenrichtung auf). (A6) e = ρε+ 21 ρ|v|2 (ε heißt interne Energie und wird h¨aufig mit der Temperatur identifiziert). ¨ (A7) σ ist proportional zur Anderung der internen Energie, d.h. σ = α∇ε. Aus der Annahme (A5) folgt, dass der Spannungstensor T von der Form ist T = 2λD(v) + µ(div v) I − pI. Dabei bezeichnen I = (δij )1≤i,j≤3 den Einheitstensor, 1 ³ ∂vi ∂vj ´ 1 t + D(v) = (∇v + ∇v ) = 2 2 ∂xj ∂xi 1≤i,j≤3 6
(6)
den Deformationstensor, p = p(ρ, ε)
(7)
den Druck und λ, µ ∈ IR die kinematischen Viskosit¨ aten der Fl¨ ussigkeit. Gleichung (7) heißt auch Zustandsgleichung. F¨ ur ein ideales Gas ist z.B. p(ρ, ε) = (γ − 1)ρε mit γ > 1. Man beachte, dass div v die Spur des Deformationstensors D(v) ist. Aus den Gleichungen (1), (3), (5), (6) und (7) und den Annahmen (A6) und (A7) ergeben sich die kompressiblen Navier-Stokes Gleichungen in konvervativer Form ∂t ρ + div(ρv) =0 ∂t (ρv) + div(ρv ⊗ v) =ρf + 2λ div D(v) + µ grad div v − grad p =ρf + λ∆v + (λ + µ) grad div v − grad p
∂t e + div(ev) =ρf · v + 2λ div[D(v) · v]
+ µ div[div v · v] − div(pv) + α∆ε
(8)
={ρf + 2λ div D(v) + µ grad div v − grad p} · v + λD(v) : D(v) + µ(div v)2 − p div v + α∆ε
p =p(ρ, ε) 1 e =ρε + ρ|v|2 . 2
F¨ ur reibungsfreie Str¨omungen, d.h. λ = µ = 0, ergeben sich aus (8) die Euler’schen Gleichungen f¨ ur ein ideales Gas ∂t ρ + div(ρv) =0 ∂t (ρv) + div(ρv ⊗ v + pI) =ρf
∂t e + div(ev + pv) =ρf · v + α∆ε 1 p = p(ρ, ε), e =ρε + ρ|v|2 . 2
(9)
Aus der ersten Gleichung von (8) ergibt sich f¨ ur die linke Seite der zweiten Gleichung von (8) ∂t (ρv) + div(ρv ⊗ v) =(∂t ρ)v + ρ∂t v + (div(ρv))v + ρ(v · ∇)v =ρ[∂t v + (v · ∇)v].
Einsetzen der ersten beiden Gleichungen von (8) in die dritte Gleichung liefert λD(v) : D(v) + µ(div v)2 − p div v + α∆ε
= − {ρf + 2λ div D(v) + µ grad div v − grad p} · v 1 1 + ∂t (ρε + ρ|v|2 ) + div(ρεv + ρ|v|2 v) 2 2 7
= − {∂t (ρv) + div(ρv ⊗ v)} · v
+ ε∂t ρ + ε div(ρv) + ρ∂t ε + ρv · grad ε 1 1 1 1 + |v|2 ∂t ρ + |v|2 div(ρv) + ρ∂t ( |v|2 ) + ρv · grad( |v|2 ) 2 2 2 2 = − ρv · [∂t v + (v · ∇)v] + ρ∂t ε + ρv · grad ε
+ ρv · ∂t v + ρv · [(v · ∇)v]
=ρ∂t ε + ρv · grad ε.
Insgesamt erhalten wir so die kompressiblen Navier-Stokes Gleichungen in nicht konservativer Form ∂t ρ + div(ρv) =0 ρ[∂t v + (v · ∇)v] =ρf + λ∆v + (λ + µ) grad div v − grad p
ρ[∂t ε + ρv · grad ε] =λD(v) : D(v) + µ(div v)2 − p div v + α∆ε
(10)
p =p(ρ, ε).
Nehmen wir an, dass die Dichte ρ in Ω × (0, ∞) konstant ist, vernachl¨assigen wir die Energiegleichung, d.h. die dritte Gleichung in (10), ersetzen p durch ρp und bezeichnen mit λ ν := ρ die dynamische Viskosit¨ at, so erhalten wir die instation¨ aren inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen div v =0 ∂t v + (v · ∇)v =f + ν∆v − grad p.
(11)
F¨ ur eine station¨are Bewegung ergeben sich die station¨ aren inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen div v =0 −ν∆v + (v · ∇)v + grad p =f .
(12)
Linearisieren wir schließlich um v = 0 und skalieren die Viskosit¨at ν zu 1, erhalten wir die Stokes Gleichungen div v =0 −∆v + grad p =f .
(13)
Man beachte, dass in den heute in der Praxis u ¨blichen Algorithmen zur numerischen Str¨omungssimulation die L¨osung der Navier-Stokes Gleichungen in der oben beschriebenen Art und Weise auf eine Folge einfacherer Probleme reduziert wird. 8
Die Gleichungen (8) – (11) sind zeitabh¨angig. Sie m¨ ussen daher durch Anfangsbedingungen f¨ ur die Geschwindigkeit v, die interne Energie ε und – bei den Gleichungen (8) – (10) – die Dichte ρ komplettiert werden. Die Euler Gleichungen (9) sind hyperbolischer Natur und erfordern Randbedingungen auf dem Einstr¨omrand von Ω. Die Gleichungen (8) und (10) – (13) sind von zweiter Ordnung im Ort und ben¨otigen daher Randbedingungen auf ganz Γ := ∂Ω. F¨ ur die Energiegleichungen in (8) und (10) hat man die u ¨blichen Dirichlet und Neumann Randbedingungen zur Auswahl. Schwieriger ist die Situation f¨ ur die Massen- und Impulsgleichungen in (8) und (10) – (13). Sir George Gabriel Stokes (1819 – 1903) schlug um 1845 zur Modellierung vor, dass die Fl¨ ussigkeitspartikel an den festen W¨anden haften, so dass die Dirichlet Randbedingung v=0 (14) auf Γ zu fordern w¨are. (Allgemeiner kann man v = vΓ mit bekanntem vΓ betrachten.) Pierre Louis Marie Henri Navier (1785 – 1836) schlug dagegen um 1827 die allgemeinere Randbedingung λn v · n + (1 − λn )n · T · n =0
λt [v − (v · n)n] + (1 − λt )[T · n − (n · T · n)n] =0
(15)
auf Γ mit λn , λt ∈ [0, 1] vor. (Allgemeiner kann man die homogene rechte Seite durch bekannte Funktionen ersetzen.) Man beachte, dass die erste Gleichung die Normalkomponente von v und n · T betrifft und dass sich die zweite Gleichung auf die Tangentialkomponenten von v und n · T bezieht. F¨ ur λn = λt = 1 erh¨alt man offensichtlich die Haftrandbedingung (14) von Stokes als Spezialfall. F¨ ur λn = 1, λt = 0 erh¨alt man die Gleitrandbedingung v · n =0
T · n − (n · T · n)n =0
(16)
als Spezialfall. Die Frage, welche der beiden Randbedingungen (14) oder (15) die Natur besser wiedergibt, wurde im letzten Jahrhundert durch Pendelexperimente in z¨ahen Fl¨ ussigkeiten zugunsten der Haftrandbedingung (14) entschieden. Bei hohen Str¨omungsgeschwindigkeiten und geringen Reibungskr¨aften, wie sie z.B. beim Wiedereintritt eines Raumk¨orpers auftreten, scheint allerdings die Gleitrandbedingung (16) bessere Ergebnisse zu liefern. Diese Randbedingung tritt auch zwingend bei freien Randwertproblemen wie z.B. der Filmbeschichtung auf. Die Lage des freien Randes wird dann wegen Kapillarit¨atseffekten dadurch bestimmt, dass seine Kr¨ ummung proportional zu den Normalspannungen n · T · n sein muss.
9
I.3 Der Satz von Cauchy Wir betrachten die Bewegung eines K¨orpers B unter dem Einfluss innerer und ¨außerer Kr¨afte. Sei P ein ”Teil” von B. F¨ ur P gilt der Satz von der Impulserhaltung: ¨ zeitliche Anderung des Gesamtimpulses von P = Resultierende aller auf P einwirkenden Kr¨afte.
(1)
Bezeichnen ρ die Massendichte und u die Geschwindigkeit, so l¨asst sich die linke Seite von (1) in der Form schreiben: Z d ρudV. dt P Die rechte Seite l¨asst sich zerlegen in den Anteil des ¨außeren Kraftfeldes und in die Kr¨afte, die von den Molek¨ ulen außerhalb von P auf die innerhalb von P ausge¨ ubt werden. Bezeichnet f die Dichte der ¨außeren Kr¨afte, so ist deren Einfluss auf P gegeben durch Z f dV.
P
Schließlich nimmt man an, dass der Einfluss der inneren Kr¨afte auf P gegeben wird durch Z q(x, n(x))dA. ∂P
Dabei ist q die Dichte der inneren Kr¨afte, n die ¨außere Normale und A das Fl¨achenelement. Dieser Darstellung der inneren Kr¨afte liegt die Annahme zugrunde, dass sie nur u ¨ber die Oberfl¨ache von P auf P einwirken k¨onnen. Unter der Annahme, dass q stetig von x abh¨angt, bewies Cauchy im Jahre 1823, dass q eine lineare Funktion von n ist, d.h. q(x, n(x)) = T(x) · n(x). Damit folgt aus der Impulserhaltung (1) die Gleichung Z Z Z d ρudV = f dV + T · ndA. dt P P ∂P
(2)
Da (2) f¨ ur alle Teile P von B gelten muss, folgt aus (2) nach dem Gauß’schen Integralsatz unter geeigneten Regularit¨ atsannahmen die differentielle Form ∂ (ρu) + div(ρu · u) = f + div T. ∂t
(3)
Bei der Herleitung von (2) und (3) aus der Impulserhaltung (1) sind Begriffe verwandt und Annahmen gemacht worden, deren mathematische Bedeutung und physikalische Rechtfertigung noch gekl¨art werden muss: 10
1◦ : Was ist ein ”Teil” von B? Welche Struktur muss die Gesamtheit der Teile von B haben? ◦ 2 : Wodurch ist die Existenz der Kraftdichten f und q gerechtfertigt? 3◦ : Ist die Stetigkeit von q physikalisch beweisbar oder folgt die lineare Abh¨angigkeit von n auch unter schw¨acheren Annahmen? 4◦ : Unter welchen Regularit¨atsannahmen gilt die differentielle Form (3) und sind diese Voraussetzungen physikalisch gerechtfertigt? Diese Fragen sollen im folgenden beantwortet werden. Dabei beschr¨anken wir uns ¨ der Einfachheit halber auf skalare Gr¨oßen; die Ubertragung auf Vektoren – wie dem Impuls – ist unmittelbar klar. A priori ist ein K¨orper eine offene, beschr¨ankte Teilmenge des IRn . Wie wir weiter unten sehen werden, muss der Rand von B gewisse (relativ schwache) Glattheitseigenschaften haben, um obigen Begriffen einen mathematischen Sinn zu geben. Alle physikalischen Aussagen u ¨ber B sollten auch f¨ ur alle seine Teile gelten. Insbesondere gelten die gleichen Einschr¨ankungen an deren R¨ander. Falls P und Q Teile von B sind, sollten auch P ∪ Q und (bis auf ”Nullmengen”) P ∩ Q Teile von B sein. Ebenso sollte mit P auch B\P ein Teil von B sein. Insgesamt muss die Menge der Teile von B also die Struktur einer σ-Algebra tragen. Um die Existenz einer Dichte der ¨außeren Kr¨afte zu gew¨ahrleisten, muss diese σ-Algebra diejenige der Borel-Teilmengen von B enthalten. Die ¨außeren Kr¨afte sind auf den Teilen von B definiert. F¨ ur disjunkte Teile von B m¨ ussen sie additiv sein. Mithin tragen sie die Struktur eines Maßes. Da die linke Seite von (1) absolut stetig bzgl. des Volumenmaßes ist, muss gleiches f¨ ur die ¨außeren Kr¨afte gelten. Damit folgt die Existenz einer Dichte f¨ ur die ¨außeren Kr¨afte unmittelbar aus dem Satz von Radon-Nikodym. Die Existenz der Kraftdichte f in (2◦ ) ist also in diesem Zusammenhang trivial. Die inneren Kr¨afte, die auf einen Teil P von B wirken, h¨angen nur von P und B\P bzw. allgemeiner von Teilen Q von B\P ab. Daher ist es sinnvoll anzunehmen, dass sie nur eine Funktion des Randes ∂P von P sind. Außerdem sollten sie auch f¨ ur ”vern¨ unftige” Teilmengen von ∂P definiert und f¨ ur disjunkte Mengen additiv sein. Insgesamt tragen sie also die Struktur eines Oberfl¨ achenmaßes. Außerdem h¨angen sie von der Orientierung ab. Insbesondere muss der Rand von P hinreichend glatt sein, um den Begriff einer Normalen definieren zu k¨onnen. Da die linke Seite von (1) f¨ ur kleiner werdendes Volumen gegen Null strebt, ist es sinnvoll anzunehmen, dass die inneren Kr¨afte absolut stetig bzgl. des Fl¨achenmaßes auf ∂P sind. Außerdem stellt die Erhaltungsgleichung (1) eine Koppelung zwischen Volumen- und Fl¨achenmaßen dar. Diese wird f¨ ur den Beweis des Satzes von Cauchy wesentlich sein. F¨ ur x ∈ IRn sei
B(x, r) := {y ∈ IRn : |y − x| < r}. 11
Dabei bezeichnet |.| die euklidische Norm auf IRn . F¨ ur A ⊂ IRn sei diamA = sup |x − y|. x,y∈A
Dann definieren wir f¨ ur m ∈ IN das m-dimensionale Hausdorffmaß von A ⊂ IRn als H m (A) := lim Hδm (A) (4) δ→0+
mit Hδm (A)
= inf
∞ nX j=0
ωm 2−m (diamCj )m :Cj ⊂ IRn offen, diamCj < δ, A ⊂
∞ [
j=0
o
(5)
Cj .
Dabei bezeichnet ωm := Vm (B(0, 1)) das Volumen der Einheitskugel im IRm . H n stimmt mit dem Lebesgue’schen Volumenmaß u ¨berein. F¨ ur hinreichend glatt berann−1 dete Mengen stimmt H (∂A) mit dem Lebesgue’schen Oberfl¨achenmaß u ¨berein. n F¨ ur A ⊂ IR definieren wir den maßtheoretischen Rand ∂A von A als n H n (A ∩ B(x, r)) 6= 0 und ∂A := x ∈ IRn : lim r→0+ H n (B(x, r)) (6) o H n ((IRn \A) ∩ B(x, r)) 6= 0 . lim r→0+ H n (B(x, r)) Es ist stets ∂A ⊂ ∂A und So ist z.B.
H n−1 (∂A\∂A) = 0.
∂(B(0, 1)\{0}) = ∂B(0, 1) ∪ {0}
(7)
und
∂(B(0, 1)\{0}) = ∂B(0, 1).
Sei n ein Vektorfeld auf ∂A mit |n(x)| = 1 f¨ ur alle x. Setze B ± (x, r) = {y ∈ B(x, r) : ±(y − x) · n(x) ≥ 0}. Dann heißt n(x) die maßtheoretische ¨ außere Normale von A in x, wenn gilt H n (B − (x, r) ∩ A) H n (B + (x, r) ∩ A) = 0 und lim = 1. r→0+ r→0+ H n (B + (x, r)) H n (B − (x, r)) lim
(8)
Die Menge aller Punkte von ∂A, in denen die maßtheoretische ¨außere Normale existiert, wird mit ∂ ∗ A bezeichnet. Falls H n−1 (∂A) < ∞ ist, heißt A eine Menge endlichen Perimeters. F¨ ur Mengen endlichen Perimeters gilt (9) H n−1 (∂A\∂ ∗ A) = 0. 12
Falls A eine Menge endlichen Perimeters ist, gibt es abz¨ahlbar viele C 1 -Mannigfaltigkeiten Mi mit ∞ [ n−1 ∗ H (∂ A\ Mi ) = 0. (10) i=0
n−1
Der Rand von A ist also bis auf eine H -Nullmenge glatt. Die Mengen endlichen Perimeters bilden außerdem eine σ-Algebra, die diejenige der Borelmengen enth¨alt. Die Mengen endlichen Perimeters erf¨ ullen also alle oben genannten Bedingungen an die Teile eines K¨orpers. Falls A eine Menge endlichen Perimeters und v : A −→ IRn ein Lipschitz-stetiges Vektorfeld ist, gilt eine Verallgemeinerung des Gauß’schen Integralsatzes: Z Z n v · ndH n−1 . (11) div vdH = A
∂∗A
Sei B eine offene, beschr¨ankte Menge endlichen Perimeters. Bezeichne mit P := {P ⊂ B : H n−1 (∂P ) < ∞}
(12)
das System aller Teile von B. Wie wir gesehen haben, besitzt P die f¨ ur eine axiomatische Behandlung der klassischen Mechanik erforderliche Struktur. ˆ n) mit Sˆ ⊂ ∂P f¨ ur ein Unter einer Materialfl¨ ache S verstehen wir ein Paar (S, n−1 ˆ P ∈ P und n = nP H -f.¨ u. auf S. Materialfl¨achen sind also Verallgemeinerungen
orientierter Fl¨achenst¨ ucke und haben die oben geforderte Struktur. Zwei Fl¨achenst¨ ucke Si = (Sˆi , ni ) heißen kompatibel, falls es ein P ∈ P gibt mit Sˆi ⊂ ∂P und ni = nP H n−1 -f.¨ u. auf Sˆi , i = 1, 2. Die Menge der Materialfl¨achen bezeichnen wir mit S. Die Forderungen an die inneren Kr¨afte fassen wir in der folgenden Definition zusammen.
3.1 Definition: (1) Ein Cauchy-Fluss ist eine Abbildung Q : S −→ IR, die auf disjunkten, kompatiblen Materialfl¨achen additiv ist und die Lipschitz-stetig bzgl. des n − 1 dimensionalen Hausdorffmaßes ist, d.h. Q(S1 ∪ S2 ) = Q(S1 ) + Q(S2 ) |Q(S)| ≤ cH n−1 (S)
S1 , S2 kompatibel, H n−1 (S1 ∩ S2 ) = 0,
∀S = S.
(13) (14)
(2) Ein Cauchy-Fluss Q erf¨ ullt eine schwache Erhaltungsgleichung, falls gilt |Q(∂P )| ≤ cH n (P )
∀P ∈ P.
(15)
Definition 3.1 konkretisiert die allgemeinen Bemerkungen zu den inneren Kr¨aften. Die Bedingungen (14) und (15) sind nicht die schw¨achst m¨oglichen. Aus Bedingung (13) und (14) und dem Satz von Radon-Nikodym folgt unmittelbar: 13
3.2 Lemma: Sei Q ein Cauchy-Fluss. Zu jedem S ∈ S gibt es dann eine Funktion qS ∈ L1 (S, H n−1 ) mit Z 0 Q(S ) = qS dH n−1 (16) S0
ˆ f¨ ur jede zu S kompatible Materialfl¨ ache S 0 mit Sˆ0 ⊂ S.
Im Lichte von Lemma 3.2 besehen, besagt der Satz von Cauchy qS = q · n S
f¨ ur alle S ∈ S mit einer universellen, d.h. von S ∈ S unabh¨angigen Funktion q. 3.3 Definition:
ˆ n) ∈ S. Dann ist Sei S = (S, ˆ −n). −S := (S,
(17)
Aus der Definition von S und den Eigenschaften von P folgt, dass mit S auch −S aus S ist. 3.4 Lemma: Sei Q ein Cauchy-Fluss, der einer schwachen Erhaltungsgleichung gen¨ ugt. F¨ ur jedes S ∈ S gilt dann Q(S) + Q(−S) = 0
(18)
bzw. q−S = −qS , wobei qS und q−S die gem¨ aß Lemma 3.2 existierenden Dichten sind. ˆ n)). Beweis: Wir nehmen zun¨achst an, dass Sˆ eine C 1 -Mannigfaltigkeit ist (S = (S, Dann sind f¨ ur hinreichend kleines ε > 0 die folgenden Mengen wohl definiert und in P enthalten: ˆ 0 < t < ε} Dε± :={x = y ± tn(y) : y ∈ S, ˆ |t| < ε}. Dε :={x = y + tn(y) : y ∈ S, Außerdem ist
S ∪ (−S) ∪ ∂Dε ∪ Nε = ∂Dε+ ∪ ∂Dε− mit H n−1 (Nε ) = 0. Aus (13) – (15) folgt daher |Q(S) + Q(−S)| =|Q(∂Dε+ ) + Q(∂Dε− ) − Q(∂Dε )|
≤|Q(∂Dε+ )| + |Q(∂Dε− )| + |Q(∂Dε )|
≤2cH n (Dε )
→0 f¨ ur
ε → 0.
ur Damit folgt die Behauptung f¨ ur glatte Fl¨achenst¨ ucke. Da jedes S ∈ S in ∂P f¨ n−1 ˆ ein P ∈ P enthalten ist, ist S bis auf eine H -Nullmenge die Vereinigung von 1 abz¨ahlbar vielen C -Mannigfaltigkeiten. Damit folgt die Behauptung aus dem soeben Bewiesenen und (13), (14). 14
3.5 Lemma: Sei Q ein Cauchy-Fluss, der einer schwachen Erhaltungsgleichung gen¨ ugt. Dann gibt es eine Funktion b ∈ L1 (B, H n ) mit Q(∂P ) =
Z
bdH n
f¨ ur alle
P
P ∈ P.
(19)
Beweis: Definiere die Abbildung M : P −→ IR durch M (P ) := Q(∂P )
∀P ∈ P.
Aus Lemma 3.4 folgt, dass M auf P additiv ist. Aus (15) folgt die absolute Stetigkeit von M bzgl. H n . Damit ergibt sich die Behauptung aus dem Satz von RadonNikodym. 3.6 Satz: Sei Q ein Cauchy-Fluss, der einer schwachen Erhaltungsgleichung gen¨ ugt. 1 n n Dann gibt es ein q ∈ L (B, H ) , dessen Divergenz im distributionellen Sinn in L1 (B, H n ) ist, mit Z Z vdQ = div(vq)dH n (20) ∂P
P
f¨ ur alle P ∈ P und alle v ∈ C 0,1 (B). Außerdem gilt H n -f.¨ u. die lokale Form des Erhaltungssatzes div q = b,
(21)
wobei b die Funktion aus Lemma 3.5 ist. Beweis: Wir zeigen zun¨achst, dass es ein q ∈ L1 (B; H n )n derart gibt, dass f¨ ur alle P ∈ P und alle st¨ uckweise affinen Funktionen v die Identit¨at Z Z Z n vdQ = bvdH + q · ∇vdH n (22) ∂P
P
P
gilt. Sei dazu P ∈ P beliebig. Wegen Lemma 3.5 gilt (22) f¨ ur alle konstanten Funk∗ tionen. Bezeichen mit xi : x = (x1 , ..., xn ) −→ xi die i-te Koordinatenfunktion. Definiere folgende Mengen R(t) :={x ∈ IRn : x∗i (x) ≤ t}, ◦
t ∈ IR,
R0 (t) := R(t), N (t) :=∂R(t), P (t) :=P ∩ R(t). Dann ist ∂P (t) = [∂P ∩ R0 (t)] ∪ [P ∩ N (t)] ∪ M (t) 15
(23)
mit H n−1 (M (t)) = 0. Setze F (t) :=Q(∂P ∩ R0 (t)),
G(t) :=Q(P ∩ N (t)), Z H(t) := bdH n . P (t)
Da P ⊂ B beschr¨ankt ist, hat die Funktion G einen kompakten Tr¨ager. Aus (14), (23) und Lemma 3.5 folgt H(t) =Q(∂P (t)) =Q(∂P ∩ R0 (t)) + Q(P ∩ N (t))
(24)
∀t ∈ IR.
=F (t) + G(t)
Wenden wir Satz 2.5.18 aus H. Federer: Geometric Measure Theory auf die Funktionen x∗i und f := id und die Maße Z µ(A) := Q(∂P ∩ A) , ν(A) := bdH n P ∩A
an, so folgt
Z
Z IR IR
tdF (t) =
Z
x∗i dQ,
Z∂P tdH(t) = x∗i bdH n .
(25)
P
Da G kompakten Tr¨ager hat, folgt aus (24) und (25) ¯Z ¯ Z ¯ ¯ ∗ ∗ n¯ ¯ x dQ − x bdH i i ¯ ¯ P ¯ ¯Z∂P ¯ ¯ = ¯¯ td(F − H)(t)¯¯ ¯ IRZ ¯ ¯ ¯ = ¯¯− tdG(t)¯¯ ¯ ¯Z IR ¯ ¯ ¯ = ¯ G(t)dt¯¯ Z IR ≤ |Q(P ∩ N (t))|dt IR Z ≤c H n−1 (P ∩ N (t))dt wegen (14)
(26)
IR n
=cH (P ),
wobei die letzte Identit¨at aus der co-area Formel folgt (sog. slicing). Definiere die Abbildung µi : P −→ IR durch Z Z ∗ µi (P ) := xi dQ − x∗i bdH n . ∂P
P
16
Wegen Lemma 3.4 ist µi additiv. Wegen (26) ist µi absolut stetig bzgl. H n . Aus dem Satz von Radon-Nikodym folgt die Existenz eines qi ∈ L1 (B, H n ) mit Z Z Z ∗ ∗ n xi dQ − xi bdH = qi dH n ∀P ∈ P. ∂P
P
P
Definiere q := (q1 , ..., qn ). Wegen ∇x∗i = (0, ..., 1, ..., 0) folgt hieraus (22) f¨ ur alle P ∈ P und alle affinen Funktionen. Die rechte Seite von (22) ist additiv auf P. Wegen Lemma 3.4 gilt dasselbe f¨ ur die linke Seite von (22). Daher gilt (22) f¨ ur alle st¨ uckweise affinen Funktionen. 0,1 Sei nun v ∈ C (B) und P ∈ P. Gem¨aß I. Ekeland – R. Temam: Analyse convexe et probl`emes variationnels gibt es eine Folge (vm )m∈IN st¨ uckweiser affiner Funktionen mit vm −→v gleichm¨aßig auf B ∇vm −→∇v
|∇vm | ≤ c
Wegen (22) gilt f¨ ur jedes m Z Z n q · ∇vm dH = P
H n -f.¨ u. auf B ∀m.
∂P
vm dQ −
Z
vm bdH n .
(27)
P
Wegen vm −→ v gleichm¨aßig in B konvergiert die rechte Seite von (27) gegen R R vbdH n . Wegen |∇vm | ≤ c f¨ ur alle m konvergiert die linke Seite von vdQ − ∂P RP n ∞ (27) gegen P q · wdH f¨ ur ein w ∈ L (B, H n )n . Wegen ∇vm −→ ∇v H n -f.¨ u. in B 0,1 ist w = ∇v. Also gilt (22) f¨ ur alle v ∈ C (B). ∞ Sei nun speziell v ∈ C0 (B). Dann folgt aus (22) Z Z Z n vdQ = vbdH + 0= q · ∇vdH n . ∂B
B
B
Also ist b = div q im distributionellen Sinn. Wegen Lemma 3.5 folgt div q ∈ L1 (B, H n ) und Gleichung (21). Hieraus und aus Gleichung (22) folgt Gleichung (20) f¨ ur alle v ∈ C0∞ (B) wegen div(vq) = v div q + q · ∇v. Da C0∞ (B) dicht ist in C 0,1 (B) beweist dies die Behauptung. 3.7 Bemerkung: Falls q Lipschitz-stetig ist, folgt aus (20) mit v = 1 und (11) die Identit¨at Z Z n Q(∂P ) = div qdH = q · ndH n−1 ∀P ∈ P. P
∂∗P
Dies ist genau die Aussage des Satzes von Cauchy. Ein wesentliches Ergebnis wird sein, dass diese Aussage schon unter wesentlich schw¨acheren Annahmen an q aus (20) folgt. 17
3.8 Lemma: Sei ϕ ∈ C0∞ (IRn ) eine Funktion mit folgenden Eigenschaften ϕ ≥0,
ϕ(x) =ϕ(|x|), Z
suppϕ ⊂B(0, 1), IRn−1
ϕ(y1 , ..., yn−1 , 0)dH n−1 =1.
Dann gelten f¨ ur P ∈ P und H n−1 -f.a. x ∈ ∂P die Beziehungen Z −n+1 ϕ(r−1 (x − y))dH n−1 (y) =1, lim r r→0+ ∂P Z −n lim r ∇ϕ(r−1 (x − y))dH n (y) =nP (x). r→0+
(28) (29)
P
Beweis: Wegen der Radialsymmetrie von ϕ gilt die vierte Eigenschaft f¨ ur alle Ebenen E. Sei nun P ∈ P und ˆ := {x ∈ ∂P : ∂P ist in einer Umgebung von x eine C 1 -Mannigfaltigkeit}. ∂P ˆ ) = 0. Sei x0 ∈ ∂P ˆ und T die Tangentialebene an ∂P ˆ Wegen (10) ist H n−1 (∂P \∂P in x0 . Dann ist Z −n+1 r ϕ(r−1 (x0 − y))dH n−1 (y) ZT =r−n+1 ϕ(r−1 (x0 − y))dH n−1 (y) T ∩B(x0 ,r) Z (30) = ϕ(z)dH n−1 (z) z := r−1 (x0 − y) (x +T )∩B(0,1) Z 0 = ϕ(z)dH n−1 (z) x0 +T
=1
und r
−n+1
=r−n+1
Z
ϕ(r
−1
Z∂P
(x0 − y))dH
∂P ∩B(x0 ,r)
−r
−n+1
Z
(y) − r
−n+1
Z
T
ϕ(r−1 (x0 − y))dH n−1 (y)
[ϕ(r−1 (x0 − y)) − ϕ(x0 )]dH n−1 (y)
T ∩B(x0 ,r)
+ r−n+1 ϕ(x0 )
n−1
(Z
[ϕ(r−1 (x0 − y)) − ϕ(x0 )]dH n−1 (y)
∂P ∩B(x0 ,r)
dH n−1 (y) − 18
Z
(31) )
dH n−1 (y) . T ∩B(x0 ,r)
Die ersten beiden Summanden von (31) streben wegen der Stetigkeit von ϕ f¨ ur r → 0 gegen Null. Das gleiche gilt f¨ ur den dritten Summanden, da ∂P in einer Umgebung 1 von x0 eine C -Mannigfaltigkeit und T die Tangentialebene an ∂P in x0 ist. Wegen ˆ bewiesen. (30) ist damit (28) f¨ ur alle x0 ∈ ∂P ˆ . Wegen ∂P ˆ ⊂ ∂ ∗ P folgt aus (28) und dem Satz von Gauß, sowie Sei weiter x0 ∈ ∂P wegen der Stetigkeit von np in x0 : Z −n+1 ϕ(r−1 (x0 − y))nP (x0 )dH n−1 (y) np (x0 ) = lim r r→0+ Z∂P = lim r−n+1 ϕ(r−1 (x0 − y))nP (y)dH n−1 (y) r→0+ Z∂P = lim r−n+1 ∇y ϕ(r−1 (x0 − y))dH n−1 (y) r→0+ Z P ∇ϕ(r−1 (x0 − y))dH n−1 (y). = lim r−n r→0+
P
Hieraus folgt (29). Nach diesen Vorbereitungen k¨onnen wir nun den Satz von Cauchy beweisen. 3.9 Satz: (Satz von Cauchy) Sei Q ein Cauchy-Fluss, der einer schwachen Erhaltungsgleichung gen¨ ugt. Dann gibt es eine H n -Nullmenge N ∗ von B, derart dass ˆ n) ∈ S mit H n−1 (Sˆ ∩ N ∗ ) = 0 die Identit¨ f¨ ur jedes S = (S, at Z Q(S) = q · ndH n−1 (32) S
gilt. Dabei ist q das Vektorfeld aus Satz 3.6. Insbesondere ist H n−1 -f.¨ u. auf Sˆ q · n = qS ,
(33)
wobei qS die Dichte aus Lemma 3.2 ist. Beweis: Sei N ∗ das Komplement des Durchschnittes der Menge der Lebesgue-Punkte von b mit der Menge der Lebesgue-Punkte von q. Dann ist H n (N ∗ ) = 0. Sei S = ˆ n) ∈ S mit H n−1 (Sˆ ∩ N ∗ ) = 0 und P ∈ P mit Sˆ ⊂ ∂P . Sei ϕ die Funktion aus (S, Lemma 3.8 und vr,x0 (y) := r−n+1 ϕ(r−1 (x0 − y)) F¨ ur x0 ∈ ∂P \N ∗ gilt lim r
r→0+
= lim r r→0+
=0.
−n+1
Z
Z
P
∀x0 ∈ ∂P \N ∗ .
ϕ(r−1 (x0 − y))b(y)dH n (y)
(x0 +rP )∩B(0,1)
19
ϕ(z)b(x0 − rz)dH n (z)
(34)
Sei q∂P die Dichte aus Lemma 3.2. Weiter sei x0 ∈ ∂P \N ∗ ein Lebesgue-Punkt von q∂P . Dann ist −n+1
q∂P (x0 ) = lim r r→0+ Z = lim r→0+
Z
∂P
ϕ(r−1 (x0 − y))q∂P (y)dH n−1 (y)
vr,x0 (y)q∂P (y)dH n−1 (y). ∂P
Wegen Lemma 3.2 ist Z
vr,x0 (y)q∂P (y)dH
n−1
(y) =
∂P
Z
vr,x0 (y)dQ(y). ∂P
Wenden wir Satz 3.6 auf die Funktion vr,x0 an, so folgt hieraus und aus (34), sowie Lemma 3.8: Z vr,x0 (y)dQ(y) lim r→0+ ∂P ¾ ½Z Z n n q(y) · ∇vr,x0 (y)dH (y) vr,x0 (y)b(y)dH (y) + = lim r→0+ P P Z −n = lim r q(y) · ∇ϕ(r−1 (x0 − y))dH n (y) r→0+
P
=q(x0 ) · nP (x0 ).
Da auf Sˆ die Funktionen q∂P und qS u ¨bereinstimmen, folgt hieraus (33). Aus Lemma 3.2 ergibt sich schließlich Q(S) =
Z
q∂P dH
n−1
S
=
Z
S
q · ndH n−1 .
Damit ist die Behauptung bewiesen. 3.10 Bemerkung: Falls Q ein Maß mit Werten im IRn ist, ergibt der Satz von Cauchy angewandt auf die Komponenten von Q die Existenz einer Funktion T : B −→ IRn×n mit Z Q(S) = T · ndH n−1 ∀S ∈ S. S
Ist insbesondere n = 3, wird h¨aufig die Drehmomenterhaltung gefordert. Dies bedeutet Z −3 lim r (y − x0 ) ∧ q∂P (y)dH 2 (y) = 0 ∀P ∈ P (35) r→0+
∂P ∩B(x0 ,r)
f¨ ur die Dichten q∂P aus Lemma 3.2 und H 2 -f.a. x0 ∈ ∂P . Hieraus folgt dann die u.. Symmetrie des Tensors T H 2 -f.¨ 20
Um dies einzusehen, betrachte einen Lebesque Punkt x0 von T und ein P ∈ P, so dass (35) gilt. Wegen Satz 3.9 ist dann Z −3 r (y − x0 ) ∧ q∂P (y)dH 2 (y) ∂P ∩B(x0 ,r) Z (y − x0 ) ∧ T(y)n(y)dH 2 (y) =r−3 ∂P ∩B(x0 ,r) Z =r−3 (y − x0 ) ∧ T(x0 )n(y)dH 2 (y) ∂P ∩B(x0 ,r) Z −3 +r (y − x0 ) ∧ [T(y) − T(x0 )]n(y)dH 2 (y). ∂P ∩B(x0 ,r)
Da x0 ein Lebesque-Punkt von T ist, ergibt sich f¨ ur den zweiten Summanden ¯ ¯ Z ¯ ¯ ¯ ¯ −3 2 (y − x0 ) ∧ [T(y) − T(x0 )]n(y)dH (y)¯ ¯r ¯ ¯ ∂P ∩B(x0 ,r) Z |T(y) − T(x0 )|r−3 |y − x0 |dH 2 (y) ≤ sup y∈∂P ∩B(x0 ,r)
≤
sup y∈∂P ∩B(x0 ,r)
|
∂P ∩B(x0 ,r)
{z
≤r 3 H 2 (S 2 )
|T(y) − T(x0 )|H 2 (S 2 )
}
−→0. r→0
W¨ahle ein i ∈ {1, 2, 3} und betrachte die i-te Komponente des ersten Summanden. Dann ergibt sich mit dem Gauß’schen Integralsatz Z h i −3 (y − x0 ) ∧ T(x0 )n(y) dH 2 (y) r =
3 X
r−3
l=1
=
i
∂P ∩B(x0 ,r)
3 n X
Z
∂P ∩B(x0 ,r)
T(x0 )i+2,l r
−3
l=1
− T(x0 )i+1,l r
und somit
n
Z
(y − x0 )i+1 T(x0 )i+2,l n(y)l o − (y − x0 )i+2 T(x0 )i+1,l n(y)l dH 2 (y)
P ∩B(x0 ,r)
−3
Z
∂ (y − x0 )i+1 dH 3 (y) ∂xl
P ∩B(x0 ,r)
o ∂ 3 (y − x0 )i+2 dH (y) ∂xl
= [T(x0 )i+2,i+1 − T(x0 )i+1,i+2 ] r−3 H 3 (P ∩ B(x0 , r))
¯ ¯Z ¯ ¯ i h ¯ ¯ 2 −3 r ¯ (y − x0 ) ∧ T(x0 )n(y) dH (y)¯ ¯ ¯ ∂P ∩B(x0 ,r) i
= |T(x0 )i+2,i+1 − T(x0 )i+1,i+2 | H 3 (B(x0 , 1) ∩ rP ). 21
Dabei sind die Indizes i + 1 und i + 2 modulo 3 zu interpretieren, d.h. 4 ↔ 1 und 5 ↔ 2. Aus diesen Absch¨atzungen und (35) folgt die Symmetrie von T im Punkt x0 .
I.4 Notationen und Hilfsergebnisse Wir stellen zun¨achst einige Bezeichnungen zusammen, die wir im folgenden immer wieder benutzen werden: Ω offene, beschr¨ankte, zusammenh¨angende Menge in IRn , n ∈ {2, 3}; Γ Rand von Ω als Lipschitz-stetig vorausgesetzt;
n ¨außeres Einheitsnormalenfeld zu Ω; p, q, r, ... Skalare: Funktionen mit Werten in IR; u, v, w, ... Vektorfelder: Funktionen mit Werten in IRn ; S, T, ... Tensoren: Funktionen mit Werten in IRn×n ; I Einheitstensor; ∇ Gradient;
div Divergenz; n X ∂ui ; div u = ∂xi i=1 ! Ã n X ∂Tij div T = ∂xi i=1
; 1≤j≤n
∆ = div ∇ Laplace Operator; µ ¶ ∂uj 1 ∂ui D(u) = + Deformationstensor; 2 ∂xj ∂xi 1≤i,j≤n u · v Skalarprodukt;
S : T dyadisches Produkt (Skalarprodukt von Tensoren); u ⊗ v = (ui vj )1≤i,j≤n Tensorprodukt. Aus der Produktregel f¨ ur die Differentiation ergeben sich folgende Formeln, wobei T als symmetrisch vorausgesetzt ist: div(pu) =∇p · u + p div u,
div(T · u) =(div T) · u + T : D(u),
div(u ⊗ v) =(div u)v + (u · ∇)v. 22
Dementsprechend folgt aus dem Gauß’schen Integralsatz Z Z Z p div u, ∇p · u + pu · n = Ω Ω Γ Z Z Z n · T · u = (div T) · u + T : D(u), Γ Ω Ω Z Z Z n · (u ⊗ v) = (div u)v + (u · ∇)v. Γ
Ω
Ω
Wir werden im folgenden immer wieder Sobolev-R¨aume und ihre Eigenschaften benutzen. Die wichtigsten Notationen und Ergebnisse stellen wir nun zusammen. F¨ ur eine ausf¨ uhrliche Darstellung verweisen wir auf R. A. Adams: Sobolev Spaces bzw. die Vorlesung ”Numerische Behandlung von Differentialgleichungen II” (im folgenden abgek¨ urzt als VFEM). F¨ ur α ∈ INn mit |α| = α1 + ... + αn und ϕ, ψ ∈ Lp (Ω), 1 ≤ p < ∞, heißt ψ die α-te schwache Ableitung von ϕ, kurz ψ = Dα ϕ, wenn f¨ ur alle ρ ∈ C0∞ (Ω) gilt Z Z |α| ψρ = (−1) ϕDα ρ. Ω
Ω
Die Sobolev-R¨aume und ihre Normen sind dann definiert durch W k,p (Ω) :={ϕ ∈ Lp (Ω) : Dα ϕ ∈ Lp (Ω) ∀|α| ≤ k}, 1/p X p α |ϕ|k,p := kD ϕkLp (Ω) , kϕkk,p :=
(
|α|=k
k X l=0
|ϕ|pl,p
)1/p
=
H k (Ω) :=W k,2 (Ω),
X
|α|≤k
kDα ϕkpLp (Ω)
1/p
,
|.|k :=|.|k,2 ,
k.kk :=k.kk,2 ,
W01,p (Ω) :={ϕ ∈ W 1,p (Ω) : ϕ = 0 auf Γ}, H01 (Ω) :=W01,2 (Ω), L20 (Ω)
2
:={p ∈ L (Ω) :
Z
p = 0}. Ω
Die R¨aume W k,p (Ω)n := W k,p (Ω, IRn ) und W k,p (Ω)n×n := W k,p (Ω, IRn×n ) werden mit der kanonischen Produktnorm versehen; analog die R¨aume H k (Ω)n und H k (Ω)n×n . Die R¨aume W k,p (Ω) sind Banach R¨aume; die R¨aume H k (Ω) sind Hilbert R¨aume. C ∞ (Ω) ist jeweils eine dichte Teilmenge. W01,p (Ω) und H01 (Ω) sind die Vervollst¨andigungen von C0∞ (Ω) in der jeweiligen Norm. 23
Es gelten folgende Einbettungss¨ atze c p 1 f¨ ur n = 2: H (Ω),→L (Ω) ∀1 ≤ p < ∞, f¨ ur n = 3: H 1 (Ω) ,→ Lp (Ω) ∀1 ≤ p ≤ 6; die Einbettung ist kompakt f¨ ur 1 ≤ p < 6. Des weiteren gelten folgende Ungleichungen Friedrich’sche Ungleichung Poincar´ e’sche Ungleichung
kϕk0 ≤ cΩ |ϕ|1
kϕk0 ≤ c0Ω |ϕ|1
∀ϕ ∈ H01 (Ω),
∀ϕ ∈ H 1 (Ω) ∩ L20 (Ω).
Die Konstanten cΩ und c0Ω h¨angen jeweils nur vom Durchmesser von Ω ab. H −1 (Ω) ist der Dualraum von H01 (Ω); die entsprechende duale Paarung wird mit h., .i bezeichnet. Dabei wird L2 (Ω) mit seinem Dualraum identifiziert. Daher ist H01 (Ω) ,→ L2 (Ω) ,→ H −1 (Ω) und hϕ, ψi =
Z
ϕψ Ω
∀ϕ ∈ L2 (Ω), ψ ∈ H01 (Ω).
Die Spurabbildung u −→ γu := u|Γ ist ein stetiger linearer Operator von H 1 (Ω) in L2 (Γ). Das Bild dieses Operators wird mit H 1/2 (Γ) bezeichnet und mit der Graphennorm versehen. Diese wird mit k.k1/2,Γ bezeichnet. Es ist kψk1/2,Γ = inf{kϕk1 : ϕ ∈ H 1 (Ω), γϕ = ψ}. H −1 (Ω)n , H −1 (Ω)n×n , H 1/2 (Γ)n , H 1/2 (Γ)n×n sind die kanonischen Produktr¨aume und werden mit den entsprechenden Produktnormen versehen. Abschließend stellen wir noch einige Bezeichnungen und Eigenschaften f¨ ur Finite Element R¨ aume zusammen, die wir im folgenden h¨aufig nutzen werden. F¨ ur Details verweisen wir auf §§ 6, 7 von VFEM. Th , h > 0, bezeichnet stets eine Familie von Unterteilungen von Ω mit folgenden Eigenschaften: ¨ (1) (Affine Aquivalenz) Jedes K ∈ Th ist ein Dreieck oder Parallelogramm, falls n = 2, oder ein Tetraeder oder Parallelepiped, falls n = 3. (2) (Zul¨ assigkeit) Je zwei Elemente von Th sind entweder disjunkt oder haben einen Eckpunkt oder eine ganze Kante oder – falls n = 3 ist – eine ganze Seitenfl¨ache gemeinsam. (3) (Regularit¨ at) Das Verh¨altnis hK /ρK ist unabh¨angig von K ∈ Th und h > 0 durch eine Konstante cT nach oben beschr¨ankt. Dabei ist hK der Durchmesser von K und ρK der Durchmesser des gr¨oßten in K eingeschriebenen Balles. αn 1 Mit der Abk¨ urzung xα := xα aume 1 · ... · xn definieren wir die Polynomr¨ α , falls K ein Dreieck oder Tetraeder, span{x : |α| ≤ k} α max αi ≤ k} , falls K ein Parallelogramm oder Rk (K) := span{x : 1≤i≤n Parallelepiped. 24
F¨ ur die Finite Element R¨aume verwenden wir folgende Bezeichnungen Shk,−1 :={ϕ : Ω −→ IR : ϕ|K ∈ Rk (K) ∀K ∈ Th } , k ∈ IN, Shk,0 :=Shk,−1 ∩ C(Ω)
, k ∈ IN∗ ,
k,0 Sh,0 :=Shk,0 ∩ H01 (Ω) = {ϕ ∈ Shk,0 : ϕ = 0 auf Γ}
, k ∈ IN∗ .
Mit h := max hK gelten folgende Approximationseigenschaften: K∈Th
inf k,−1 ϕh ∈Sh
kϕ − ϕh k0 ≤chk+1 |ϕ|k+1
inf k,0 ϕh ∈Sh
inf k,0 ϕh ∈Sh,0
∀ϕ ∈ H k+1 (Ω) , k ∈ IN,
|ϕ − ϕh |j ≤chk+1−j |ϕ|k+1
∀ϕ ∈ H k+1 (Ω) , j ∈ {0, 1} , k ∈ IN∗ ,
|ϕ − ϕh |j ≤chk+1−j |ϕ|k+1
∀ϕ ∈ H k+1 (Ω) ∩ H01 (Ω) , j ∈ {0, 1} , k ∈ IN∗ .
Im folgenden werden wir h¨aufig den modifizierten Cl´ement’schen Interpolationsoperator aus § 10 VFEM benutzen. Im Gegensatz zum nodalen Interpolationsoperator ist er auch f¨ ur L1 -Funktionen definiert und erlaubt lokale, elementweise Fehlerabsch¨atzungen. F¨ ur seine Definition bezeichnen wir mit Nh die Menge aller Elementeckpunkte, genannt Knoten. Nh,Ω ist die Menge aller inneren Knoten, d.h. der Knoten in Ω. F¨ ur x ∈ Nh bezeichnet ωx die Vereinigung aller Elemente, die x als Eckpunkt haben, und λx die nodale Basisfunktion zu x, d.h. diejenige Funktion in Sh1,0 , die in x den Wert 1 annimmt und die in allen anderen Knoten verschwindet. Es ist ωx = suppλx . Schließlich bezeichne πx : L1 (ωx ) −→ IR die L2 -Projektion. Dann ist 1,0 der Interpolationsoperator Rh : L1 (Ω) −→ Sh,0 definiert durch Rh ϕ :=
X
λx πx ϕ.
x∈Nh,Ω
F¨ ur jede Funktion ϕ ∈ H 1 (Ω) und jedes Element K ∈ Th gelten die folgenden lokalen Fehlerabsch¨atzungen kϕ − Rh ϕkL2 (K) ≤c1 hK kϕkH 1 (˜ωK ) 1/2
kϕ − Rh ϕkL2 (∂K) ≤c2 hK kϕkH 1 (˜ωK ) . Dabei ist ω ˜ K die Vereinigung aller Elemente, die einen nicht leeren Durchschnitt mit K haben. Die Konstanten c1 und c2 h¨angen nur von der Konstanten cT aus der Regularit¨atsbedingung ab.
25
II Die Stokes Gleichungen II.1 Heuristische Vor¨ uberlegungen Wir betrachten die Stokes Gleichungen mit homogenen Dirichlet Randbedingungen in einem beschr¨ankten, zusammenh¨angenden Gebiet Ω ⊂ IRn , n ∈ {2, 3}, mit Lipschitz Rand Γ: −∆u + ∇p =f in Ω div u =0 in Ω
(1)
u =0 auf Γ. Wir stellen uns die Frage nach einer geeigneten schwachen Formulierung von (1) und deren eindeutiger L¨osbarkeit. Zun¨achst ist offensichtlich, dass der Druck p h¨ochstens bis auf eine additive Konstante eindeutig sein kann. Diese Konstante wollen wir durch die Forderung Z p=0
Ω
festlegen. Offensichtlich ist die Massengleichung, d.h. die zweite Gleichung in (1), ¨aquivalent zu Z q div u = 0 ∀q ∈ L2 (Ω). Ω
Da wegen des Gauß’schen Integralsatzes Z div u = 0 ∀u ∈ H01 (Ω)n Ω
gilt, ist die Massengleichung sogar ¨ aquivalent zu Z q div u = 0 ∀q ∈ L20 (Ω). Ω
Multipliziere nun die Impulsgleichung, d.h. die erste Gleichung in (1), mit v ∈ C0∞ (Ω)n , integriere u ¨ber Ω und wende den Gauß’schen Integralsatz an. Dann folgt Z Z f · v = {−∆u + ∇p} · v Ω ZΩ = {∇u : ∇v − p div v}. Ω
Also ist jede klassische L¨osung u ∈ C 2 (Ω)n ∩ C0 (Ω)n , p ∈ C 1 (Ω) ∩ L20 (Ω) von (1) eine L¨osung des folgenden Variationsproblems Finde u ∈ H01 (Ω)n , p ∈ L20 (Ω), so dass Z Z Z ∇u : ∇v − p div v = f · v ∀v ∈ H01 (Ω)n Ω Ω Ω Z q div u =0 ∀q ∈ L20 (Ω). Ω
26
(2)
Umgekehrt ist jede hinreichend glatte L¨osung u, p von (2) auch eine klassische L¨osung von (1). Mithin ist (2) ein guter Kandidat f¨ ur eine schwache Formulierung der Stokes Gleichungen (1). Entsprechend stellt sich die Frage, ob (2) eindeutig l¨osbar ist. Da div ∈ L(H01 (Ω)n , L20 (Ω)) ist, ist V :={v ∈ H01 (Ω)n : div v = 0 f.¨ u. in Ω} Z ={v ∈ H01 (Ω)n : q div v = 0 ∀q ∈ L20 (Ω)}
(3)
Ω
ein abgeschlossener Unterraum von H01 (Ω)n und damit ein Banach Raum mit der Norm k.k1 . Offensichtlich gilt f¨ ur jede L¨osung u, p von (2) u ∈ V . Betrachte daher das Variationsproblem Finde u ∈ V, so dass Z Z ∇u : ∇v = f ·v Ω
Ω
∀v ∈ V.
(4)
Dann ist f¨ ur jede L¨osung u, p von (2) u auch eine L¨osung von (4). Allerdings ist in (4) der Druck p eliminiert, und es stellen sich zwei Fragen: (1) Besitzt (4) eine eindeutige L¨osung? (2) Falls u eine L¨osung von (4) ist, gibt es dann ein eindeutiges p ∈ L20 (Ω), so dass u, p eine L¨osung von (2) ist? Die erste Frage k¨onnen wir leicht positiv beantworten. Aus der Friedrich’schen Ungleichung folgt n¨amlich kuk1 ={kuk20 + |u|21 }1/2 ≤{1 + c2Ω }1/2 |u|1
Daher ist die Bilinearform u, v −→
Z
Ω
∀u ∈ V ⊂ H01 (Ω)n . ∇u : ∇v
auf V stetig und koerziv, so dass aus dem Satz von Lax-Milgram (Satz 2.1 VFEM) sofort die eindeutige L¨osbarkeit von (4) folgt. Die zweite Frage l¨asst sich aber nicht so leicht beantworten. Dies wird im wesentlichen der Inhalt der folgenden beiden Abschnitte sein. ¨ Unsere bisherigen Uberlegungen zeigen, dass das Problem (4) durchaus ein Kandidat f¨ ur eine schwache Formulierung der Stokes Gleichungen (1) ist, sofern wir uns nur f¨ ur die Geschwindigkeit u interessieren. Wir k¨onnten daher versuchen, f¨ ur die numerische L¨osung die Schwierigkeit mit dem Druck zu umgehen, indem wir direkt das Problem (4) durch die Konstruktion von Finite Element R¨aumen Vh ⊂ V approximieren. Das folgende Beispiel zeigt jedoch, dass dies nicht so einfach ist. Betrachte das Eineitsquadrat Ω = (0, 1)2 . Unterteile Ω in Quadrate der Kantenl¨ange h = N1+1 , N ∈ IN∗ , und jedes Quadrat durch die Diagonale von der linken oberen in 27
1,0 2 die rechte untere Ecke in zwei Dreiecke. Setze Vh := [Sh,0 ] ∩ V , d.h. betrachte divergenzfreie, stetige, lineare Dreieckselemente. Sei vh ∈ Vh und K0 ∈ Th das Dreieck, das die linke untere Ecke von Ω als Eckpunkt hat. Da alle Eckpunkte von K0 auf Γ liegen, ist vh = 0 auf K0 . Betrachte nun das Dreieck K1 das mit K0 die Hypotenuse gemeinsam hat. Sei z1 der Eckpunkt von K1 , der in Ω liegt. Aus vh = 0 auf Γ, div vh = 0 in K1 und dem Gauß’schen Integralsatz folgt durch Anwenden der Trapezregel auf die Randintegrale Z Z h vh · nK1 = vh (z1 ) · {e1 + e2 }. div vh = 0= 2 ∂K1 K1
Dabei sind nK1 die ¨außere Normale an K1 und e1 , e2 die kanonischen Basisvektoren des IR2 . Betrachte als n¨achstes das Dreieck K2 , das an den linken Rand von Ω und an K1 grenzt. Dann folgt mit dem gleichen Argument wie oben aus der soeben hergeleiteten Beziehung Z Z 0= div vh = v h · nK2 K2
∂K2
h h = vh (z1 ) · {e1 + e2 } − vh (z1 ) · e2 |2 {z } 2 =0
=−
h vh (z1 ) · e2 . 2
Wegen vh (z1 ) · e1 = −vh (z1 ) · e2 folgt insgesamt vh (z1 ) = 0. Also ist vh = 0 auf K0 ∪ K1 ∪ K2 . Indem wir obige Argumentation sukzessive fortf¨ uhren, folgt zun¨achst, dass vh auf allen Quadraten, die an den linken Rand von Ω grenzen, verschwindet, und danach, dass vh in ganz Ω verschwindet. Also ist Vh = {0} und damit g¨anzlich ungeeignet f¨ ur eine Approximation von V .
Wenn wir einmal annehmen, dass wir die Schwierigkeiten mit dem Druck in Problem (2) in den Griff bekommen, k¨onnen wir versuchen, die soeben gefundene Schwierigkeit zu umschiffen, indem wir direkt Problem (2) diskretisieren. Wir w¨ urden 1 n 2 dann zwei Finite Element R¨aume Xh ⊂ H0 (Ω) und Mh ⊂ L0 (Ω) w¨ahlen und (2) approximieren durch Z
Finde uh ∈ Xh , ph ∈ Mh , so dass Z Z ∇uh : ∇vh − ph div vh = f · vh ∀vh ∈ Xh Ω Ω Ω Z qh div uh =0 ∀qh ∈ Mh . Ω
28
(5)
Aber auch dieser Ansatz st¨oßt auf Schwierigkeiten. Betrachte dazu wieder obige Triangulierung des Einheitsquadrates und w¨ahle 1,0 2 Xh := [Sh,0 ]
,
Mh := Sh0,−1 ∩ L20 (Ω).
Da f¨ ur jede L¨osung von (2) u ∈ H01 (Ω)2 , p ∈ L20 (Ω) gilt, ist diese Wahl bei naiver Vorgehensweise durchaus naheliegend. Indem wir in (5) f¨ ur qh die Funktionen χK − |K| |Ω| , K ∈ Th , einsetzen und Z Z div uh =
Ω
ausnutzen, erhalten wir
Z
Γ
div uh = 0 K
uh · n = 0
∀K ∈ Th .
Da aber div uh ∈ Sh0,−1 ist, folgt div uh = 0. 1,0 2 Also gilt f¨ ur jede L¨osung von (5) uh ∈ [Sh,0 ] ∩ V und, nach dem zuvor Gezeigten, uh = 0. Also ist auch (5) mit obiger Wahl der R¨aume Xh und Mh f¨ ur die Approximation von (2) denkbar ungeeignet.
In den §§ 4 – 6 werden wir Methoden entwickeln, die eine effiziente Finite Element Approximation erlauben und die die oben geschilderten Klippen umschiffen.
II.2 Ein abstraktes Variationsproblem Im folgenden bezeichnen (X, k.kX ) und (M, k.kM ) zwei Hilbert R¨aume, X 0 und M 0 die zugeh¨origen Dualr¨aume mit den Normen k.kX 0 := k.kL(X,IR) und k.kM 0 := k.kL(M,IR) , sowie h., .iX und h., .iM die entsprechenden dualen Paarungen. Wir betrachten zwei stetige Bilinearformen a :X × X −→ IR b :M × M −→ IR
mit den zugeh¨origen Normen kak := kakL2 (X,IR) = kbk := kbkL2 (X×M,IR) = 29
a(u, v) , u,v∈X\{0} kukX kvkX sup
sup u∈X\{0} λ∈M \{0}
b(u, λ) . kukX kλkM
Wir wollen die L¨osbarkeit des folgenden abstrakten Variationsproblems untersuchen: Finde zu gegebenem l ∈ X 0 und χ ∈ M 0 ein Paar (u, λ) ∈ X × M mit a(u, v) + b(v, λ) =hl, viX
b(u, µ) =hχ, µiM
∀v ∈ X
(Q)
∀µ ∈ M.
Zur Vereinfachung der Notation definieren wir Operatoren
A ∈ L(X, X 0 ) , B ∈ L(X, M 0 ) , B 0 ∈ L(M, X 0 ) durch
hAu, viX :=a(u, v)
hBu, λiM :=b(u, λ)
0
hB 0 λ, viX :=b(v, λ)
∀u, v, ∈ X,
∀u ∈ X, λ ∈ M,
∀v ∈ X, λ ∈ M.
Offensichtlich ist B der duale Operator zu B. Mit diesen Notationen ist Problem (Q) ¨aquivalent zu: Finde (u, λ) ∈X × M mit Au + B 0 λ =l
Bu =χ. Zu gegebenem χ ∈ M 0 betrachten wir den affinen Raum V (χ) :={u ∈ X : Bu = χ}
und setzen
={u ∈ X : b(u, µ) = hχ, µiM ∀µ ∈ M } V := V (0).
Die Polare V ◦ von V ist definiert durch V ◦ := {g ∈ X 0 : hg, viX = 0 ∀v ∈ V }.
Bezeichnet (., .)X das Skalarprodukt von X, so ist das orthogonale Komplement V ⊥ von V wie u ¨blich definiert durch V ⊥ := {u ∈ X : (u, v)X = 0 ∀v ∈ V }.
Schließlich definieren wir den Operator π ∈ L(X 0 , V 0 ) durch hπf, viX := hf, viX
∀v ∈ V.
Mit diesen Notationen ordnen wir Problem (Q) ein anderes Problem zu: Finde u ∈ V (χ) mit
a(u, v) =hl, viX In Operatorschreibweise lautet Problem (P):
∀v ∈ V.
(P )
Finde u ∈ V (χ) mit πAu =πl.
Offensichtlich ist jede L¨osung von (Q) auch eine L¨osung von (P). Wir suchen notwendige und hinreichende Bedingungen daf¨ ur, dass auch die Umkehrung gilt. 30
2.1 Satz: Die folgenden Aussagen sind ¨ aquivalent: (1) Es gibt eine Konstante β > 0 mit b(u, λ) ≥ β. λ∈M \{0} u∈X\{0} kukX kλkM inf
sup
(2) Der Operator B 0 ist ein Isomorphismus von M auf V ◦ und kB 0 λkX 0 ≥ βkλkM
∀λ ∈ M.
(3) Der Operator B ist ein Isomorphismus von V ⊥ auf M 0 und kBvkM 0 ≥ βkvkX
∀v ∈ V ⊥ .
Beweis: (1) ⇒ (2): Wegen der Definition von B 0 und der Dualnorm folgt aus (1) f¨ ur jedes λ ∈ M hB 0 λ, viX kB 0 λkX 0 = sup kvkX v∈X\{0} =
b(v, λ) v∈X\{0} kvkX sup
≥βkλkM .
Also ist B 0 injektiv und R(B 0 ) := B 0 (M ) abgeschlossen in M 0 . Aus dem closed range theorem (§ VIII.5 in K. Yosida: Functional Analysis) folgt R(B 0 ) = (ker B)◦ = V ◦ . (2) ⇒ (1): Folgt aus kB 0 λkX 0 =
b(v, λ) hB 0 λ, viX = sup . kvkX v∈X\{0} kvkX v∈X\{0} sup
(2) ⇔ (3): Wir zeigen zun¨achst, dass V ◦ und (V ⊥ )0 isometrisch ¨aquivalent sind. Dazu bezeichnen wir mit v ⊥ die orthogonale Projektion von v ∈ X auf V ⊥ . Jedem g ∈ (V ⊥ )0 ordnen wir ein Element g˜ ∈ X 0 durch die Vorschrift h˜ g , viX = hg, v ⊥ iX zu. Offensichtlich ist g˜ ∈ V ◦ und k˜ g kX 0 = = ≤
h˜ g , viX v∈X\{0} kvkX sup
hg, v ⊥ iX v∈X\{0} kvkX sup
sup v∈X\{0}
kgk(V ⊥ )0
≤kgk(V ⊥ )0 31
kv ⊥ kX kvkX
sowie kgk(V ⊥ )0 = = = ≤
hg, viX v∈V ⊥ \{0} kvkX sup
hg, v ⊥ iX v∈V ⊥ \{0} kvkX sup
wegen v ⊥ = v ∀v ∈ V ⊥
h˜ g , viX v∈V ⊥ \{0} kvkX sup
h˜ g , viX v∈X\{0} kvkX sup
=k˜ g kX 0 .
¨ Wegen der isometrischen Aquivalenz von V ◦ und (V ⊥ )0 ist B ein Isomorphismus von V ⊥ auf M 0 mit kB −1 kL(M 0 ,V ⊥ ) ≤ β1 genau dann, wenn B 0 ein Isomorphismus von −1 ¨ von (2) M auf (V ⊥ )0 = V ◦ ist mit kB 0 kL(V ◦ ,M ) ≤ 1 . Dies beweist die Aquivalenz β
und (3).
2.2 Bemerkung: Die inf-sup Bedingung aus Satz 2.1 (1) wurde unabh¨angig voneinander von I. Babuˇska und F. Brezzi um 1973 eingef¨ uhrt. Sie firmiert in der Literatur unter den Bezeichnungen Brezzi, Babuˇ ska-Brezzi oder inf-sup Bedingung. 2.3 Satz: Problem (Q) besitzt genau dann zu jedem Paar (l, χ) ∈ X 0 × M 0 eine eindeutige L¨ osung (u, λ) ∈ X × M mit kukX + kλkM ≤ c{klkX 0 + kχkM 0 }, wenn folgende beiden Bedingungen erf¨ ullt sind (i) πA ist ein Isomorphismus von V auf V 0 . (ii) b erf¨ ullt die inf-sup Bedingung aus Satz 2.1 (1). Beweis: ” ⇐ ”: Wegen Satz 2.1 und (ii) existiert genau ein u0 ∈ V ⊥ mit Bu0 = χ und es ist ku0 kX ≤
1 kχkM 0 . β
Wegen (i) gibt es genau ein w ∈ V mit πAw = π(l − Au0 ) und es ist kwkX ≤ c0 kπ(l − Au0 )kV 0 ≤ c0 kl − Au0 kX 0 32
mit c0 := k(πA)−1 kL(V 0 ,V ) . Setze u := u0 + w. Dann ist 1 kukX ≤ kχkM 0 + c0 klkX 0 + c0 kakku0 kX β 1 ≤ [1 + c0 kak]kχkM 0 + c0 klkX 0 β und π(l − Au) = 0 ⇐⇒ l − Au ∈ V ◦ . Wegen Satz 2.1 und (ii) gibt es daher genau ein λ ∈ M mit B 0 λ = l − Au und
1 kλkM ≤ kl − AukX 0 β 1 1 ≤ [1 + c0 kak]klkX 0 + 2 kak[1 + c0 kak]kχkM 0 . β β
Offensichtlich ist (u, λ) die gesuchte L¨osung von (Q). ” ⇒ ”: Wir zeigen zun¨achst (ii). Sei dazu χ ∈ M 0 . Dann gibt es nach Voraussetzung genau ein Paar (u, λ) ∈ X × M mit Au + B 0 λ =0 Bu =χ. Also ist R(B) = M 0 . Mithin ist B eine stetige, bijektive, lineare Abbildung von V ⊥ auf M 0 . Aus dem Satz u ¨ber die offene Abbildung (§ II.5 in K. Yosida: loc. cit.) folgt, dass B ein Isomorphismus ist. Damit folgt (ii) aus Satz 2.1. Sei nun u ∈ V mit πAu = 0, d.h. Au ∈ V ◦ . Wegen (ii) und Satz 2.1 gibt es ein eindeutiges λ ∈ M mit B 0 λ = −Au.
Also l¨ost (u, λ) das Problem (Q) mit l = χ = 0. Nach Voraussetzung ist somit u = 0, d.h. πA ist injektiv. Sei nun g ∈ V 0 . Wegen des Satzes von Hahn-Banach (§ IV.1 in K. Yosida: loc. cit.) gibt es mindestens ein l ∈ X 0 mit πl = g. Sei nun (u, λ) ∈ X × M die eindeutige L¨osung von Au + B 0 λ =l Bu =0, 33
F¨ ur v ∈ V folgt
hg, viX =hl, viX = hAu, viX + hB 0 λ, viX =hAu, viX + hBv, λiM =hAu, viX
und somit πAu = g. Also ist πA auch surjektiv. Damit folgt (i) aus dem Satz u ¨ber die offene Abbildung (§ II.5 K. Yosida: loc. cit.). 2.4 Bemerkung: (1) Im ersten Teil des Beweises von Satz 2.3 zeigen wir, dass Problem (Q) mindestens eine L¨ osung hat, wenn πA ein Isomorphismus und V (χ) 6= ∅ ist. Die inf-sup Bedingung aus Satz 2.1 (1) garantiert, dass V (χ) 6= ∅ ist f¨ ur jedes 0 χ∈M . (2) Satz 2.3 zeigt, dass die Probleme (P) und (Q) ¨aquivalent sind, wenn die inf-sup Bedingung aus Satz 2.1 (1) erf¨ ullt ist. 2.5 Satz: Die Bilinearform a sei symmetrisch und koerziv auf V , d.h. es gibt ein α > 0 mit a(v, v) ≥ αkvk2X
∀v ∈ V.
Dann besitzt Problem (Q) genau dann zu jedem Paar (l, χ) ∈ X 0 ×M 0 eine eindeutige L¨ osung, wenn b die inf-sup Bedingung erf¨ ullt. Beweis: Sei l ∈ V 0 . Da a auf V koerziv und symmetrisch ist, folgt aus dem Satz von Lax-Milgram (Satz 2.1 in VFEM), dass es genau ein u ∈ V gibt mit a(u, v) = hl, viX
∀v ∈ V
bzw. ¨aquivalent πAu = l. Außerdem ist kukX ≤
1 klkV 0 . α
Also ist πA ein Isomorphismus von V auf V 0 . Damit folgt die Behauptung aus Satz 2.3. 2.6 Satz: Die Bilinearform a sei symmetrisch, koerziv auf V und positiv semi-definit auf X, d.h. a(v, v) ≥ 0 34
∀v ∈ X.
Die Bilinearform b erf¨ ulle die inf-sup Bedingung. Definiere das Lagrange-Funktional L : X × M −→ IR durch L(u, λ) :=
1 a(u, u) + b(u, λ) − hl, uiX − hχ, λiM . 2
Dann ist das Paar (u, λ) ∈ X × M genau dann eine L¨ osung von (Q), wenn (u, λ) ein Sattelpunkt von L ist, d.h., wenn gilt L(u, µ) ≤ L(u, λ) ≤ L(v, λ)
∀v ∈ X, µ ∈ M.
(1)
Beweis: Wegen Du L(u, λ)v =a(u, v) + b(v, λ) − hl, viX
Dλ L(u, λ)µ =b(u, µ) − hχ, µiM
sind die kritischen Punkte von L genau die L¨osungen von (Q). Wegen Satz 2.5 besitzt (Q) eine eindeutige L¨osung. Wir m¨ ussen also nur noch die Sattelpunktseigenschaft (1) zeigen. Die erste Ungleichung von (1) ist ¨aquivalent zu b(u, µ − λ) ≤ hχ, µ − λiM
∀µ ∈ M.
Da M ein Vektorraum ist, ist dies ¨ aquivalent zur zweiten Gleichung von (Q). Die zweite Ungleichung von (1) ist ¨aquivalent zu L(u, λ) = inf L(v, λ). v∈X
Da die Bilinearform a auf X positiv semi-definit ist, ist aber jeder kritische Punkt von v −→ L(v, λ) ein Minimum. Hieraus folgt die zweite Ungleichung von (1).
II.3 Existenz, Eindeutigkeit und Regularit¨ at der L¨ osung der Stokes Gleichungen Wir betrachten die Stokes Gleichungen mit homogenen Dirichlet Randbedingungen −∆u + ∇p =f
in Ω
div u =0 in Ω
(1)
u =0 auf Γ. Dabei ist Ω wie u ¨blich eine offene, beschr¨ankte, zusammenh¨angende Menge im IRn , n ∈ {2, 3}, mit Lipschitz-Rand Γ. Die schwache Formulierung von (1) ist gem¨aß 35
Gleichung (2) in § 1 gegeben durch Finde u ∈ H01 (Ω)n , p ∈ L20 (Ω), so dass Z Z Z ∇u : ∇v − p div v = f · v ∀v ∈ H01 (Ω)n Ω Ω ZΩ q div u =0 ∀q ∈ L20 (Ω).
(2)
Ω
Dies entspricht Problem (Q) aus § 2 mit X =H01 (Ω)n , M =L20 (Ω), Z a(u, v) = ∇u : ∇v, Ω Z b(u, p) = − p div u, Ω Z hl, viX = f · v, Ω
hχ, qiM =0.
Wegen der Friedrich’schen Ungleichung ist a auf ganz X koerziv. Also sind die Voraussetzungen von Satz 2.5 an a erf¨ ullt, und wir m¨ ussen ”nur” noch die inf-sup Bedingung f¨ ur b beweisen, d.h. β :=
inf
sup
p∈L20 (Ω)\{0} u∈H01 (Ω)n \{0}
R
p div u > 0. kuk1 kpk0 Ω
(3)
Wegen Satz 2.1 ist (3) ¨aquivalent dazu, dass div ein Isomorphismus von V ⊥ auf L20 (Ω) ist. Da div ∈ L(H01 (Ω)n , L20 (Ω)) auf V ⊥ injektiv und L20 (Ω) ein abgeschlossener Unterraum von L2 (Ω) ist, k¨onnen wir den Satz von der offenen Abbildung (§ II.5 in K. Yosida: Functional Analysis) heranziehen und m¨ ussen nur die Surjektivit¨at von div ∞ zeigen. Wenn wir uns auf C -Funktionen auf sternf¨ormigen Gebieten beschr¨anken, folgt diese Surjektivit¨at aber sofort aus dem Satz von Poincar´e (Satz X.5.16 in Analysis III). Um dies einzusehen, betrachte ein p ∈ C ∞ (Ω) und ordne ihm die Differentialform ϕ = pdx1 ∧ ... ∧ dxn ∈ Ω∞ n (Ω) zu. Dann ist ϕ geschlossen, d.h. dϕ = 0, und nach dem Satz von Poincar´e exakt. Also gibt es ein n X ci ∧ ... ∧ dxn ∈ Ω∞ (Ω) ω= vi (−1)i dx1 ∧ ... ∧ dx n−1 i=1
36
mit dω = ϕ. F¨ ur v = (v1 , ..., vn ) gilt dann div v = p. Zwar ist C ∞ (Ω) dicht in L20 (Ω), aber dies reicht nicht, um von der Surjektivit¨at von div : C ∞ (Ω)n −→ C ∞ (Ω) auf die Surjektivit¨at von div : H01 (Ω)n −→ L20 (Ω) zu schließen.
Wenn wir uns auf glatt berandete ebene Gebiete, d.h. n = 2 und Γ ∈ C 2 , einschr¨anken, k¨onnen wir (3) mit folgendem Argument relativ leicht nachweisen. Sei R p ∈ L20 (Ω). Wegen Ω p = 0 besitzt das Neumann Problem ∆ϕ =p in Ω ∂ϕ =0 auf Γ ∂n
eine eindeutige schwache L¨osung ϕ ∈ H 1 (Ω) ∩ L20 (Ω). Da Γ ∈ C 2 ist, gilt ϕ ∈ H 2 (Ω). Setze v := ∇ϕ. Dann ist offensichtlich v ∈ H 1 (Ω)2 und div v =p
in Ω
v · n =0 auf Γ. Bezeichne mit t das Tangentenfeld an Γ, so dass det(n, t) > 0 ist. Da v · t ∈ H 1/2 (Γ) und Γ ∈ C 2 ist, besitzt die biharmonische Gleichung ∆2 ψ = 0 ψ=0 ∂ψ = v·t ∂n
in Ω auf Γ auf Γ
∂ψ eine eindeutige schwache L¨osung ψ ∈ H 2 (Ω). Setze w := ( ∂ψ ∂y , − ∂x ). Dann ist w ∈ H 1 (Ω)2 und div w = 0 in Ω ∂ψ = −v · t auf Γ t·w = − ∂n ∂ψ n·w = =0 auf Γ. ∂t
Also ist u := v + w ∈ H01 (Ω)2 und erf¨ ullt div u = p.
Um die inf-sup Bedingung (3) im allgemeinen Fall zu beweisen, m¨ ussen wir st¨arkeres mathematisches Gesch¨ utz auffahren.
3.1 Satz: Es gibt eine Konstante c, die nur von Ω abh¨ angt, so dass f¨ ur alle p ∈ L2 (Ω) gilt kpk0 ≤ c {kpk−1 + k∇pk−1 } . Beweis: Einen ausf¨ uhrlichen Beweis findet man in G. Duvaut, J. L. Lions: Inequalities in Mechanics and Physics, Theorem III.3.2 und Remark III.3.1. Wir geben im folgenden nur die wesentlichen Ideen des Beweises an. 37
1. Schritt: Definiere X(Ω) := {p ∈ H −1 (Ω) : ∇p ∈ H −1 (Ω)n } und |||p||| := kpk−1 + k∇pk−1 . Aus der Definition von H −1 (Ω) und der schwachen Ableitung folgt: (1) (X(Ω), |||.|||) ist ein Hilbert Raum. (2) L2 (Ω) ,→ X(Ω). Da die kanonische Injektion ι : L2 (Ω) −→ X(Ω) injektiv ist, folgt die Behauptung aus dem Satz u ¨ber die offene Abbildung (§ II.5 in K. Yosida: loc. cit.), sofern wir die Surjektivit¨ at von ι beweisen k¨onnen. Wir m¨ ussen also nur die mengentheoretische Inklusion X(Ω) ⊂ L2 (Ω) (4) beweisen. 2. Schritt: (4) gilt f¨ ur den IRn . Aus der Charakterisierung der Sobolev R¨aume u ¨ber die Fourier-Transformation (§ I.4 in Duvaut-Lions: loc. cit.) folgt p ∈ X(IRn ) ⇐⇒ (1 + |η|2 )−1/2 pˆ(η) ∈ L2 (IRn ) und
(1 + |η|2 )−1/2 ηi pˆ(η) ∈ L2 (IRn ) , 1 ≤ i ≤ n.
Daher gilt f¨ ur p ∈ X(IRn ) Z
2 −1
IRn
(1 + |η| )
2
|ˆ p(η)| {1 +
n X i=1
ηi2 }dη
=
Z
IRn
|ˆ p(η)|2 dη < ∞.
Also ist p ∈ L2 (IRn ). 3. Schritt: Es gen¨ ugt, (4) f¨ ur den Halbraum IRn−1 × IR∗+ zu beweisen. Es gibt eine Partition der Eins α0 , ..., αk auf Ω mit folgenden Eigenschaften: (i) suppα0 ⊂⊂ Ω (ii) suppαi , 1 ≤ i ≤ k, liegt in einer Karte von Γ, in der Ω das Lipschitz-stetige Bild einer Nullumgebung in IRn−1 × IR∗+ ist. Dann reicht es, f¨ ur p ∈ X(Ω) die Beziehungen αi p ∈ L2 (Ω), 0 ≤ i ≤ k, zu zeigen. Da α0 p durch Null auf den IRn fortgesetzt werden kann, kann Schritt 2 auf α0 p angewandt werden. Die anderen Funktionen αi p, 1 ≤ i ≤ k, k¨onnen aber wegen (ii) auf Funktionen auf IRn−1 × IR∗+ transformiert werden. 4. Schritt: Mit Hilfe des Satzes von Hahn-Banach zeigt man, dass C ∞ (IRn−1 × IR∗+ , IR) dicht ist in X(IRn−1 × IR∗+ ). Daher muss man (4) nur noch f¨ ur glatte Funkn−1 ∗ × IR+ ) beweisen. Sei p eine solche Funktion. Wir definieren eine tionen in X(IR 38
Fortsetzung p˜ von p auf IRn durch p(x1 , ..., xn−1 , xn ) p˜(x1 , ..., xn−1 , xn ) = −3p(x1 , ..., xn−1 , −xn ) +4p(x1 , ..., xn−1 , −2xn )
, falls xn > 0 , falls xn ≤ 0.
Dann kann man zeigen, dass p˜ ∈ X(IRn ) ist und dass die Abbildung p −→ p˜ eine stetige lineare Abbildung von X(IRn−1 × IR∗+ ) nach X(IRn ) ist. Damit folgt die Behauptung aus Schritt 2. 3.2 Satz: Es gibt ein Konstante c, die nur von Ω abh¨ angt, so dass f¨ ur alle p ∈ L20 (Ω) gilt kpk0 ≤ ck∇pk−1 . Beweis: Wir nehmen an, die Behauptung sei falsch. Dann gibt es eine Folge (pn )n∈IN ⊂ L20 (Ω) mit 1 ∀n ∈ IN. kpn k0 = 1 und k∇pn k−1 ≤ n Da L20 (Ω) ein Hilbert Raum ist und da aus der kompakten Einbettung von H01 (Ω) in L2 (Ω) (Satz 1.19 VFEM) die kompakte Einbettung von L2 (Ω) = L2 (Ω)0 in H −1 (Ω) = H01 (Ω)0 folgt, gibt es ein p ∈ L2 (Ω) und eine Teilfolge (pnk )k∈IN von (pn )n∈IN mit (i) kpnk − pk−1 −→ 0 k→∞ Z Z 2 (ii) pnk −→ p schwach in L (Ω), d.h. pnk q −→ pq ∀q ∈ L2 (Ω). k→∞
k→∞
Ω
Ω
Aus (ii) und der Definition der schwachen Ableitung folgt Z
Ω
∇pnk · v = −
Wegen k∇pn k−1 ≤
1 n
Z
Ω
pnk div v −→ − k→∞
Z
p div v = Ω
Z
Ω
∇p · v
∀v ∈ C0∞ (Ω)n .
gilt andererseits ¯ ¯Z ¯ ¯ ¯ ∇pn · v¯ ≤ k∇pn k−1 kvk1 −→ 0. k k ¯ ¯ k→∞ Ω
Also ist ∇p = 0 und damit p konstant. Aus pn ∈ L20 (Ω) ∀n ∈ IN und (ii) folgt weiter 0=
Z
Ω
pnk −→
k→∞
Z
p. Ω
Also ist p = 0, und (pnk )k∈IN und (∇pnk )k∈IN konvergieren in H −1 (Ω) bzw. H −1 (Ω)n gegen Null. Wegen Satz 3.1 ist dies ein Widerspruch zu kpn k0 = 1 ∀n ∈ IN. 39
3.3 Satz: Die inf-sup Bedingung (3) ist erf¨ ullt. Beweis: Der Operator grad : L20 (Ω) −→ H −1 (Ω)n ist injektiv und stetig. Wegen Satz 3.2 ist sein Bildbereich R(grad) := grad(L20 (Ω)) ein abgeschlossener Unterraum von H −1 (Ω)n . Wegen des Satzes von der offenen Abbildung (§ II.5 in K. Yosida: loc. cit.) ist somit grad ein Isomorphismus von L20 (Ω) auf R(grad). Wegen des closed range theorems (§ VII.5 in K. Yosida: loc. cit.) ist R(grad) = ker(div)◦ = V ◦ . (Man beachte, dass − div der duale Operator von grad ist.) Damit folgt die Behauptung aus Satz 2.1. Aus Satz 3.3 und Satz 2.5 folgt unmittelbar: 3.4 Satz: Die schwache Formulierung (2) der Stokes Gleichungen (1) besitzt f¨ ur −1 n 1 n 2 jedes f ∈ H (Ω) eine eindeutige schwache L¨ osung (u, p) ∈ H0 (Ω) × L0 (Ω), und es gilt kuk1 + kpk0 ≤ ckf k−1 . Die Konstante c h¨ angt nur von Ω ab. Gem¨aß L. Cattabriga: Su un problema al contorno relativo al sistema di Stokes, Rend. Sem. Mat. Univ. Padova 31, 308 – 340 (1961) gilt folgender Regularit¨atssatz: 3.5 Satz: (1) Seien m ∈ IN, Γ ∈ C m+2 und f ∈ H m (Ω)n . Dann gilt f¨ ur die 1 n m+2 n eindeutige schwache L¨ osung der Stokes Gleichungen u ∈ H0 (Ω) ∩ H (Ω) , p ∈ 2 m+1 L0 (Ω) ∩ H (Ω) und es gibt eine Konstante c = c(m, Ω) mit kukm+2 + kpkm+1 ≤ ckf km . (2) Ist n = 2, so gilt die Regularit¨ atsaussage aus Teil (1) mit m = 0 auch f¨ ur konvexe Polygone. 3.6 Bemerkung: H¨ aufig tritt folgende Verallgemeinerung der Stokes Gleichungen (1) auf −∆u + ∇p =f in Ω div u =r
u =g
in Ω
(5)
auf Γ.
Dabei ist r ∈ L2 (Ω) und g ∈ H 1/2 (Γ)n . Aus dem Gauß’schen Integralsatz folgt, dass r und g die Kompatibilit¨ atsbedingung Z Z r= g·n (6) Ω
Γ
40
erf¨ ullen m¨ ussen, damit (5) eine L¨ osung haben kann. Sei also (6) erf¨ ullt. Die schwache Formulierung von (5) lautet dann: Finde u ∈ H 1 (Ω)n mit u = g auf Γ und p ∈ L20 (Ω), so dass Z Z Z ∇u : ∇v − p div v = f · v ∀v ∈ H01 (Ω)n Ω ZΩ ZΩ q div u = rq ∀q ∈ L20 (Ω). Ω
(7)
Ω
(Man beachte, dass wir wegen des Gauß’schen Integralsatzes und der Bedingung (6) in der zweiten Gleichung von (7) nur Funktionen in L20 (Ω) betrachten m¨ ussen.) Da 1/2 n 1 n g ∈ H (Γ) ist, gibt es mindestens ein u1 ∈ H (Ω) mit u1 = g auf Γ. Wegen (6) gilt Z Z Z Ω
{r − div u1 } =
Daher definiert
q −→
Z
Ω
Ω
r−
Γ
u1 · n = 0.
{r − div u1 }q
ein stetiges lineares Funktional χ ∈ L20 (Ω)0 . Da u1 ∈ H 1 (Ω)n ist, definiert Z v −→ {f · v − ∇u1 : ∇v} Ω
ein stetiges, lineares Funktional l ∈ H −1 (Ω)n . Daher entspricht Problem (7) mit dem Ansatz u = u1 + u0 mit u0 ∈ H01 (Ω)n dem Problem (Q) aus § 2. Damit folgt die eindeutige L¨ osbarkeit von (7) aus Satz 2.5 und Satz 3.3. Ebenso folgt die a priori Absch¨atzung kuk1 + kpk0 ≤ c{kf k−1 + krk0 + kgkH 1/2 (Γ)n } mit einer Konstanten c, die nur von Ω abh¨angt. Der Regularit¨atssatz 3.5 bleibt ebenfalls g¨ ultig.
II.4 Ein abstrakter Approximationssatz Wir greifen das abstrakte Variationsproblem (Q) aus § 2 auf und benutzen die dortigen Notationen. F¨ ur die Diskretisierung w¨ahlen wir endlich dimensionale Unterr¨aume Xh ⊂ X und Mh ⊂ M und approximieren (Q) durch: Finde (uh , λh ) ∈ Xh × Mh mit
a(uh , vh ) + b(vh , λh ) =hl, vh iX
b(uh , µh ) =hχ, µh iM
∀vh ∈ Xh
Das diskrete Analogon zu V = kerB ist dann
∀µh ∈ Mh .
Vh := {vh ∈ Xh : b(vh , λh ) = 0 ∀λh ∈ Mh }. Man beachte, dass Vh i.a. kein Unterraum von V ist. 41
(Qh )
(1)
4.1 (1) (2) (3)
Satz: Folgende Voraussetzungen seien erf¨ ullt: a ist koerziv auf V . b erf¨ ullt die inf-sup Bedingung bzgl. X × M . (diskrete Koerzivit¨ at) a ist gleichm¨ aßig koerziv auf Vh , d.h. es gibt eine von h unabh¨ angige Konstante α ˜ > 0 mit a(vh , vh ) ≥ α ˜ kvh k2X
∀vh ∈ Vh , h > 0.
(4) (diskrete inf-sup Bedingung) b erf¨ ullt die inf-sup Bedingung gleichm¨ aßig ˜ bzgl. Xh × Mh , d.h. es gibt eine von h unabh¨ angige Konstante β > 0 mit b(uh , λh ) ≥ β˜ ∀h > 0. λh ∈Mh \{0} uh ∈Xh \{0} kuh kX kλh kM inf
sup
Dann besitzen die Probleme (Q) und (Qh ) jeweils eine eindeutige L¨ osung (u, λ) ∈ X × M bzw. (uh , λh ) ∈ Xh × Mh , und es gilt die Fehlerabsch¨ atzung ku − uh kX + kp − ph kM ½ ¾ ≤c inf ku − vh kX + inf kλ − µh kM vh ∈Xh
(2)
µh ∈Mh
mit einer von h unabh¨ angigen Konstanten c. Beweis: Die eindeutige L¨osbarkeit der Probleme (Q) und (Qh ) folgt aus Satz 2.5. Seien vh ∈ Xh und µh ∈ Mh beliebig. Definiere ˜l ∈ X 0 und χ ˜ ∈ M 0 durch h˜l, viX := a(u − vh , v) + b(v, λ − µh )
hχ, ˜ µiM := b(u − vh , µ) Dann ist
∀v ∈ X
∀µ ∈ M.
k˜lkX 0 ≤kakL2 ku − vh kX + kbkL2 kλ − µh kM
kχk ˜ M 0 ≤kbkL2 ku − vh kX .
F¨ ur alle wh ∈ Xh und ρh ∈ Mh gilt
h˜l, wh iX = a(u, wh ) + b(wh , λ) −a(vh , wh ) − b(wh , µh ) | {z } =hl,wh iX
= a(uh , wh ) + b(wh , λh ) −a(vh , wh ) − b(wh , µh ) {z } | =hl,wh iX
=a(uh − vh , wh ) + b(wh , λh − µh )
und
hχ, ˜ ρh iM = b(u, ρh ) −b(vh , ρh ) | {z } =hχ,ρh iM
= b(uh , ρh ) −b(vh , ρh ) | {z } =hχ,ρh iM
=b(uh − vh , ρh ). 42
Damit folgt aus Satz 2.1 und Satz 2.5 kuh − vh kX + kλh − µh kM ≤c{k˜lkX 0 + kχk ˜ M0 }
≤c0 {ku − vh kX + kλ − µh kM }.
Zusammen mit der Dreiecksungleichung ergibt dies ku − uh kX + kλ − λh kM ≤ {1 + c0 }{ku − vh kX + kλ − µh kM }. Da vh ∈ Xh und µh ∈ Mh beliebig waren, folgt hieraus die Behauptung. 4.2 Bemerkung: (1) Satz 4.1 ist f¨ ur Sattelpunktsprobleme das Analogon zum C´ea-Lemma (Satz 2.5 VFEM) f¨ ur Minimumprobleme. (2) Problem (Qh ) ist auch eindeutig l¨osbar, wenn die Bedingungen (3) und (4) von Satz 4.1 f¨ ur jedes feste h mit von h abh¨angigen positiven Konstanten α ˜ (h) bzw. ˜ β(h) gelten. Die Fehlerabsch¨atzung von Satz 4.1 bleibt ebenfalls g¨ ultig. Allerdings folgt aus dem Beweis von Satz 2.3 und aus Satz 2.1, dass die Konstanten c0 und c ˜ −2 proportional sind. Daher gilt die Fehlerabsch¨atzung (2) nur zu α ˜ (h)−1 bzw. β(h) ˜ dann gleichm¨aßig in h, wenn die Gr¨oßen α ˜ (h) und β(h) f¨ ur h → 0 von Null weg beschr¨ankt sind. (3) Wenn wir Basen f¨ ur Xh und Mh w¨ahlen, geht Problem (Qh ) in ein lineares Gleichungssystem u ¨ber. Die Matrix dieses Gleichungssystemes hat die Form µ
Ah Bh
BhT 0
¶
mit Matrizen Ah und Bh der Dimension dimXh × dimXh bzw. dimMh × dimXh . Die inf-sup Bedingung (4) aus Satz 4.1 besagt dann u.a., dass die Spalten von BhT linear unabh¨angig sein m¨ ussen, d.h. rangBh ≥ dimMh . Da andererseits stets rangBh ≤ min{dimXh , dimMh } ist, kann die inf-sup Bedingung (4) h¨ochstens dann gelten, wenn dimXh ≥ dimMh ist. Dies ist allerdings eine notwendige und keine hinreichende Bedingung.
43
(3)
4.3 Satz: Die Voraussetzungen seien wie in Satz 4.1. Zus¨ atzlich gebe es dichte Teilmengen X von X und M von M und lineare Operatoren rh : X −→ Xh und ρh : M −→ Mh mit lim krh v − vkX =0 ∀v ∈ X h→0 (4) lim kρh µ − µkM =0 ∀µ ∈ M. h→0
Dann gilt f¨ ur die L¨ osungen (u, λ) und (uh , λh ) der Probleme (Q) und (Qh ) lim {ku − uh kX + kλ − λh kM } = 0.
h→0
Beweis: Sei ε > 0 beliebig. Dann gibt es uε ∈ X und λε ∈ M mit ku − uε kX + kλ − λε kM ≤ ε. Wegen (4) gibt es ein hε > 0, so dass f¨ ur alle 0 < h ≤ hε gilt krh uε − uε kX + kρh λε − λε kM ≤ ε. Aus Satz 4.1 folgt dann f¨ ur alle 0 < h ≤ hε ku − uh kX + kλ − λh kM ≤ c{ku − rh uε kX + kλ − ρh λε k} ≤ 2cε. Da ε beliebig war und die Konstante c nicht von h abh¨angt, folgt hieraus die Behauptung. Bei Anwendung auf die Stokes Gleichungen liefert Satz 4.1 Fehlerabsch¨atzungen f¨ ur die Geschwindigkeit in der H 1 -Norm und f¨ ur den Druck in der L2 -Norm. Der folgende Satz, der dem Dualit¨atsargument von Aubin-Nitsche (Satz 2.5 VFEM) f¨ ur 2 Minimumprobleme entspricht, liefert dann L -Fehlerabsch¨atzungen f¨ ur die Geschwindigkeit. 4.4 Satz: Die Voraussetzungen seien wie in Satz 4.1. Zus¨ atzlich gebe es einen Hilbert Raum H mit Skalarprodukt (., .)H und Norm k.kH , so dass X dicht ist in H mit stetiger Einbettung. F¨ ur jedes g ∈ H besitzt dann das Problem a(v, ug ) + b(v, λg ) =(g, v)H b(ug , µ) =0
∀v ∈ X
∀µ ∈ M
(5)
eine eindeutige L¨ osung (ug , λg ) ∈ X × M . F¨ ur die L¨ osungen (u, λ) und (uh , λh ) der Probleme (Q) und (Qh ) gilt dann die Fehlerabsch¨ atzung ku − uh kH ≤ c {ku − uh kX + kλ − λh kM } · ½ ¾ 1 inf kug − vh k + inf kλg − µh kM . sup vh ∈Xh µh ∈Mh g∈H\{0} kgkH 44
Beweis: Sei g ∈ H beliebig. Da X ,→ H ist, definiert die Abbildung v −→ (g, v)H ein stetiges lineares Funktional auf X. Wegen Satz 2.5 besitzt daher (5) eine eindeutige L¨osung. Seien vh ∈ Xh und µh ∈ Mh beliebig. Dann folgt (g, u − uh )H =a(u − uh , ug ) + b(u − uh , λg ) + b(ug , λ − λh ) | {z } =0
=a(u − uh , ug − vh ) + b(ug − vh , λ − λh ) + b(u − uh , λg − µh ) + a(u − uh , vh ) + b(vh , λ − λh ) + b(u − uh , µh ) {z } | {z } | =0
=0
≤kakku − uh kX kug − vh kX + kbkkug − vh kX kλ − λh kM + kbkku − uh kX kλg − µh kM .
Da X dicht ist in H, gilt andererseits ku − uh kH =
(g, u − uh )H . kgkH g∈H\{0} sup
Aus diesen beiden Absch¨atzungen folgt die Behauptung.
II.5 Stabile gemischte Elemente f¨ ur die Stokes Gleichungen Wir wollen die abstrakten Ergebnisse des vorigen Paragraphen auf Finite Element Diskretisierungen der Stokes Gleichungen anwenden. Dazu w¨ahlen wir die R¨aume X und M und die Bilinearformen a und b wie in § 3. Zus¨atzlich setzen wir im Rahmen von § 4 H :=L2 (Ω)n , X :=H 2 (Ω)n ∩ H01 (Ω)n ,
M :=H 1 (Ω) ∩ L20 (Ω).
Im folgenden bezeichnet Th , h > 0, eine Familie von affin ¨aquivalenten, zul¨assigen und regul¨aren Unterteilungen von Ω wie in § I.4. Zur Vermeidung technischer Schwierigkeiten nehmen wir an, dass der Rand von Ω st¨ uckweise gerade ist, d.h. dass Ω ein 1 n Polyedergebiet ist. Xh ⊂ X = H0 (Ω) und Mh ⊂ M = L20 (Ω) bezeichnen stets zu Th geh¨orige Finite Element R¨aume. Wir sagen, das Paar (Xh , Mh ) sei stabil, wenn es ein von h unabh¨angiges β˜ > 0 gibt mit R p div vh Ω h ≥ β˜ ∀h > 0. (1) inf sup ph ∈Mh \{0} vh ∈Xh \{0} kvh k1 kph k0 Jedem Paar (Xh , Mh ) ordnen wir zwei maximal gew¨ahlte Zahlen µ, ν ∈ IN mit h in µ,0 Sh,0 ⊂ Xh 45
und Shν,−1 ∩ L20 (Ω) ⊂ Mh
oder
Shν,0 ∩ L20 (Ω) ⊂ Mh
zu. Offensichtlich k¨onnen wir o.E. annehmen, dass µ ≥ 1 ist und dass ν ≥ 1 gilt, falls die Elemente in Mh stetig sind. F¨ ur den Operator rh aus Satz 4.3 w¨ahlen wir die nodale Interpolation in den Elementeckpunkten. F¨ ur den Operator ρh aus Satz 4.3 0,−1 2 w¨ahlen wir die L -Projektion auf Sh , falls die Elemente in Mh unstetig sind, oder den modifizierten Cl´ement’schen Interpolationsoperator aus § I.4, falls die Elemente in Mh stetig sind. Dann ist jeweils die Bedingung (4) aus Satz 4.3 erf¨ ullt. Damit ergibt sich aus den S¨atzen 4.1, 4.3, 4.4, 3.4 und 3.5 und den Approximationseigenschaften aus § I.4: 5.1 Satz: Das Paar (Xh , Mh ) sei stabil. Dann besitzt das diskrete Stokes Problem Z Z ∇uh : ∇vh − ph div vh =hf , vh iH 1 ∀vh ∈ Xh Ω Ω Z qh div uh =0 ∀qh ∈ Mh Ω
zu jedem f ∈ H −1 (Ω)n eine eindeutige L¨ osung (uh , ph ) ∈ Xh × Mh . Bezeichne mit (u, p) ∈ X × M die eindeutige schwache L¨ osung der entsprechenden Stokes Gleichungen. Dann gilt lim {ku − uh k1 + kp − ph k0 } = 0. h→0
Gibt es ein m ∈ IN∗ mit u ∈ H m+1 (Ω)n , p ∈ H m (Ω), so gilt zus¨ atzlich o n ku − uh k1 + kp − ph k0 ≤ c1 hmin{µ,m} |u|m+1 + hmin{ν+1,m} |p|m .
(2)
Ist außerdem n = 2 und Ω konvex, so gilt
ku − uh k0 ≤ c2 h{ku − uh k1 + kp − ph k0 }.
(3)
Die Konstanten c1 und c2 h¨ angen nur von Ω und der Konstanten cT in der Regularit¨ atsbedingung an Th ab. 5.2 Bemerkung: (1) Wegen Satz 5.1 liegt die Hauptarbeit bei der Konstruktion geeigneter Finite Element Diskretisierungen im Nachweis der Stabilit¨at, d.h. der Absch¨atzung (1). (2) Die Fehlerabsch¨atzung (2) ist optimal, da f¨ ur L¨osungen der Stokes Gleichungen die Regularit¨at des Druckes i.a. um eine Differentiationsstufe niedriger ist als die Regularit¨at der Geschwindigkeit. (3) Wegen der Absch¨atzung (2) sind stabile Paare (Xh , Mh ) mit ν = µ − 1 optimal. µ,0 n Unter diesem Gesichtspunkt sind die Paare ([Sh,0 ] , Shµ−1,−1 ∩ L20 (Ω)) und, f¨ ur µ ≥ 2, µ,0 n µ−1,0 2 ([Sh,0 ] , Sh ∩ L0 (Ω)) optimal, sofern sie stabil sind. 46
5.3 Beispiel: (1) Betrachte das Einheitsquadrat Ω = (0, 1)2 und eine CourantTriangulierung Th bestehend aus rechtwinkligen, gleichschenkligen Dreiecken mit Katheten der L¨ ange h = N1+1 und Hypotenusen parallel zu (−1, 1). Dann ist das Paar 1,0 2 ([Sh,0 ] , Sh0,−1 ∩ L20 (Ω)) instabil. Denn es ist 1,0 2 dim[Sh,0 ] = 2N 2 ,
dimSh0,−1 ∩ L20 (Ω) = 2(N + 1)2 − 1 > 2N 2 . ¨ Dies erg¨anzt die heuristischen Uberlegungen vom Ende von § 1. (2) Betrachte das Einheitsquadrat Ω = (0, 1)2 und eine Unterteilung Th von Ω in 1,0 2 ] , Sh0,−1 ∩ Quadrate der Kantenl¨ange h = N1+1 , N ≥ 2. Wir betrachten das Paar ([Sh,0 L20 (Ω)), das sog. Q1/Q0 Element. Wegen 1,0 2 dim[Sh,0 ] = 2N 2 ,
dimSh0,−1 ∩ L20 (Ω) = (N + 1)2 − 1 = 2N 2 − (N − 1)2 + 1 < 2N 2 k¨onnte dieses Paar stabil sein. Sei ph die st¨ uckweise konstante Funktion, die auf dem Quadrat Kij mit linker unterer Ecke (ih, jh) den Wert (−1)i+j hat. Dann ist 1,0 2 ] beliebig. Aus dem Gauß’schen offensichtlich ph ∈ Sh0,−1 ∩ L20 (Ω). Sei uh ∈ [Sh,0 Integralsatz folgt f¨ ur alle 0 ≤ i, j ≤ N unter Anwendung der Trapezregel f¨ ur die Linienintegrale Z Z i+j ph div uh =(−1) div uh Kij
=(−1)i+j =(−1)i+j
Z
Kij
∂Kij
uh · nKij
hn (uh · e1 )((i + 1)h, jh) + (uh · e1 )((i + 1)h, (j + 1)h) 2 − (uh · e1 )(ih, (j + 1)h) − (uh · e1 )(ih, jh)
+ (uh · e2 )((i + 1)h, (j + 1)h) + (uh · e2 )(ih, (j + 1)h) o − (uh · e2 )(ih, jh) − (uh · e2 )((i + 1)h, jh) .
Summation u ¨ber alle Paare (i, j) liefert wegen der homogenen Randbedingung f¨ ur uh Z ph div uh = 0. Ω
1,0 2 Da uh ∈ [Sh,0 ] beliebig war, kann das Paar nicht stabil sein. Der soeben beschriebene Effekt wird als Schachbrett Instabilit¨ at des Q1/Q0 Elementes bezeichnet.
Bevor wir nach diesen ersten negativen Erfahrungen stabile Raumpaare (Xh , Mh ) konstruieren, geben wir zwei Kriterien an, die diese Konstruktion erleichtern werden. 47
5.4 Satz: (Fortin) Das Paar (Xh , Mh ) ist genau dann stabil, wenn es einen linearen Operator πh : X −→ Xh mit folgenden Eigenschaften gibt: (1) kπ Z h uk1 ≤ ckuk1 Z∀u ∈ X, h > 0. (2)
ph div(πh u) =
ph div u
Ω
Ω
∀u ∈ X, ph ∈ Mh , h > 0.
Beweis: ” ⇒ ”: Sei u ∈ X beliebig. Dann definieren Z hl, viX := ∇u : ∇v ∀v ∈ X Ω Z hχ, qiM := q div u ∀q ∈ M Ω
zwei stetige lineare Funktionale auf X bzw. M . Offensichtlich ist (u, 0) die eindeutige L¨osung von Z Z Ω
∇w : ∇v − r div v =hl, viX ∀v ∈ X Ω Z q div w =hχ, qiM ∀q ∈ M. Ω
Da das Paar (Xh , Mh ) stabil ist, besitzt das entsprechende diskrete Problem eine eindeutige L¨osung (uh , ph ) ∈ Xh × Mh , und es gilt ku − uh k1 + k0 − ph k0 ≤ c{klkX 0 + kχkM 0 } mit einer von h unabh¨angigen Konstanten c. Setze πh u := uh . Offensichtlich ist Bedingung (2) erf¨ ullt. Bedingung (1) folgt aus obiger Absch¨atzung und klkX 0 + kχkM 0 ≤ c0 kuk1 . ” ⇐ ”: Sei ph ∈ Mh beliebig mit kph k0 = 1. Wegen Satz 3.3 gibt es ein β > 0, das weder von ph noch von h abh¨angt, und ein v ∈ X mit Z kvk1 = 1 und ph div v ≥ β. Ω
Dann folgt kπh vk1 ≤ c Also ist sup vh ∈Xh \{0}
R
und
Z
Ω
p div vh Ω h ≥ kvh k1
Hieraus folgt die Stabilit¨at mit β˜ =
β c.
48
ph div(πh v) ≥ β.
R
Ω
ph div(πh v) β ≥ . kπh vk1 c
5.5 Bemerkung: Bezeichne mit Π0h : L20 (Ω) −→ Mh die L2 -Projektion. Es sei div(Xh ) ⊂ Mh . Dann besagt Bedingung (2) von Satz 5.4 Π0h (div v) = div(πh v)
∀v ∈ X,
d.h. das Diagramm 1 n X = H 0 (Ω) πh y
Xh
div
2 −→ M = L0 (Ω) 0 Πh y div
−→
Mh
ist kommutativ. Daher wird diese Bedingung h¨aufig auch als commuting diagram property bezeichnet. F¨ ur das zweite Kriterium ben¨otigen wir einige zus¨atzliche Notationen. Bezeichne mit Eh die Menge aller inneren Kanten, falls n = 2, bzw. Fl¨achen, falls n = 3, in Th . Jedem E ∈ Eh ordnen wir einen zu E orthogonalen Einheitsvektor nE zu. F¨ ur jede st¨ uckweise stetige Funktion ϕ bezeichnen wir mit [ϕ]E den Sprung von ϕ u ¨ber E in Richtung nE , d.h. [ϕ]E (x) = lim ϕ(x + tnE ) − lim ϕ(x − tnE ) t→0+
∀x ∈ E.
t→0+
Schließlich definieren wir f¨ ur jede st¨ uckweise differenzierbare Funktion ϕ kϕk1,h :=
(
X
K∈Th
h2K k∇ϕk2L2 (K)
+
X
E∈Eh
hE k[ϕ]E k2L2 (E)
)1/2
.
(4)
Dabei bezeichnet hE die L¨ange bzw. den Durchmesser von E. 5.6 (1) (2) (3)
Satz: Folgende Voraussetzungen seien erf¨ ullt: k.k1,h ist eine Norm auf Mh . 1,0 n [Sh,0 ] ⊂ Xh . Es gibt ein von h unabh¨ angiges β ∗ > 0 mit R
ph div vh ≥ β∗ kv k kp k h 1 h 1,h ph ∈Mh \{0} vh ∈Xh \{0} inf
sup
Ω
∀h > 0.
Dann ist das Paar (Xh , Mh ) stabil. Beweis: Sei ph ∈ Mh mit kph k0 = 1 beliebig. Wegen Bedingung (1) existiert η := kph k1,h . Wegen Satz 3.3 gibt es ein β > 0, das weder von ph noch von h abh¨angt, und ein v ∈ X mit Z kvk1 = 1 und
Ω
49
ph div v ≥ β.
Setze vh := Rh v, wobei Rh der modifizierte Cl´ement’sche Interpolationsoperator aus § I.4 ist. Wegen Bedingung (2) ist vh ∈ Xh . Gem¨aß den Fehlerabsch¨atzungen f¨ ur Rh aus § I.4 gibt es Konstanten c1 , c2 , die nicht von h abh¨angen, mit (
X
K∈Th
kvh k1 ≤c1 kvk1 = c1 )1/2
X
2 h−2 K k∇(v − vh )kL2 (K) +
2 h−1 E kv − vh kL2 (E)
E∈Eh
≤c2 kvk1 = c2 .
Wegen der Eigenschaften von v ist Z Z Z ph div vh = ph div v + ph div(vh − v) Ω Ω Ω Z ≥β + ph div(vh − v). Ω
Elementweise partielle Integration und Anwendung der Cauchy-Schwarz’schen Ungleichung liefert Z ph div(vh − v) Ω ¾ Z X ½ Z − ∇ph · (vh − v) + ph nK · (vh − v) = K
K∈Th
=
X Z
K∈Th
≤
X
K∈Th
+
K
∇ph · (v − vh ) +
E∈Eh
hK k∇ph kL2 (K) h−1 K kv
X
E∈Eh
≤kph k1,h ≤c2 η.
∂K
X Z
(
X
K∈Th
[ph ]E nE · (vh − v)
− vh kL2 (K)
−1/2
1/2
hE k[ph ]E kL2 (E) hE
E
kv − vh kL2 (E)
2 h−2 K k∇(v − vh )kL2 (K) +
Also ist
sup uh ∈Xh \{0}
R
p div uh Ω h ≥ kuh k1
R
Ω
X
E∈Eh
2 h−1 E kv − vh kL2 (E)
ph div vh 1 ≥ {β − c2 η} . kvh k1 c1
Zusammen mit Bedingung (3) folgt hieraus R ½ ¾ p div uh 1 ∗ Ω h ≥ max β η , {β − c2 η} sup kuh k1 c1 uh ∈Xh \{0} ¾ ½ 1 ∗ ≥ min max β z , {β − c2 z} z≥0 c1 =β
∗
β c1
β∗ +
c2 c1
.
Dies beweist die Stabilit¨at des Paares (Xh , Mh ) mit β˜ = 50
ββ ∗ c1 β ∗ +c2 .
)1/2
5.7 Bemerkung: Bedingung (1) von Satz 5.6 ist erf¨ ullt, falls die Funktionen in Mh elementweise stetig differenzierbar sind. Bedingung (2) ist f¨ ur alle praxisrelevanten Finite Element R¨aume erf¨ ullt. Beispiel 5.3 und Satz 5.6 legen die Vermutung nahe, dass man bei st¨ uckweise konstanten bzw. linearen Druckapproximationen den Geschwindigkeitsraum mit zus¨atzlichen Freiheitsgraden auf den Elementr¨andern bzw. im Elementinnern anreichern muss, um eine stabile Diskretisierung zu erhalten. F¨ ur diese zus¨atzlichen Feiheitsgrade ben¨otigen wir einige neue Notationen. Sei nK die Zahl der Eckpunkte von K ∈ Th . Es gilt nK = n + 1, falls K ein n-Simplex ist, und nK = 2n , falls K ein n-Parallelepiped ist. Bezeichne mit λK,1 , ... , λK,nK die Schwerpunktskoordinaten von K. D.h., λK,i ist dasjenige Polynom in R1 (K), das im i-ten Eckpunkt von K den Wert 1 annimmt und das in allen anderen Eckpunkten von K verschwindet. Setze nK Y λK,i ψK := αK i=1
mit
αK =
½
(n + 1)n+1 2n
, falls K ein n-Simplex , falls K ein n-Parallelepiped.
Der Faktor αK ist so gew¨ahlt, dass gilt ψK ≥0
in K
ψK =0
auf ∂K
max ψK (x) =1. x∈K
Wir setzen die Funktionen ψK außerhalb von K durch Null fort. Seien E ∈ Eh und K1 , K2 ∈ Th die beiden Elemente mit E = K1 ∩ K2 . Setze ωE := K1 ∪ K2 . Numeriere die Eckpunkte von K1 und K2 so, dass die Punkte von E zuerst numeriert werden. Setze ψE := βE
nE Y
λKj ,i
i=1
auf Kj , j ∈ {1, 2}.
Dabei ist nE analog zu nK definiert und ½ n n , falls E ein (n − 1)-Simplex βE = n−1 2 , falls E ein (n − 1)-Parallelepiped. Der Faktor βE ist so gew¨ahlt, dass gilt ψE ≥0 in ωE
ψE =0 auf ∂ωE max ψE (x) = max ψE (x) =1.
x∈ωE
x∈E
Wir setzen die Funktionen ψE außerhalb von ωE durch Null fort. 51
5.8 Satz: Sei BE,h := span{ψE nE : E ∈ Eh }. 1,0 n Dann ist das Paar Xh = [Sh,0 ] ⊕ BE,h , Mh = Sh0,−1 ∩ L20 (Ω) stabil.
1,0 n Beweis: Wir wenden Satz 5.4 an. Sei dazu Rh : H01 (Ω)n −→ [Sh,0 ] der modifizierte Cl´ement’sche Interpolationsoperator aus § I.4. Definiere πh : X −→ Xh durch
πh u := Rh u +
X
½Z
ψE n E
E∈Eh
E
(u − Rh u) · nE
¾ ½Z
ψE E
¾−1
.
Dann gilt f¨ ur jedes E ∈ Eh und jedes u ∈ X Z Z u · nE . (πh u) · nE = E
E
Seien ph ∈ Sh0,−1 ∩ L20 (Ω) und u ∈ H01 (Ω)n . Mit elementweiser partieller Integration erhalten wir Z X Z ph div(πh u) ph div(πh u) = Ω
K∈Th
K
E∈Eh
E
Z X Z = ∇ph ·πh u + − ph nK · πh u K |{z} ∂K K∈Th =0 X Z = [ph ]E nE · πh u
=
X
[ph ]E
E∈Eh
=
X
[ph ]E
E∈Eh
= = =
X Z
E∈Eh
K∈Th
K
Z
Z
E
n E · πh u
E
nE · u
[ph ]E nE · u
E
X Z
Z
ph div u
ph div u. Ω
Also ist Bedingung (2) aus Satz 5.4 erf¨ ullt. Zum Nachweis der Bedingung (1) erinnern wir zu¨achst an die Approximationseigenschaften von Rh aus § I.4 ku − Rh ukL2 (K) + hK |u − Rh u|H 1 (K) ≤chK kukH 1 (˜ωK ) 1/2
ku − Rh ukL2 (∂K) ≤chK kukH 1 (˜ωK ) . 52
Dabei ist ω ˜ K die Vereinigung aller Elemente, die einen nicht leeren Durchschnitt mit K haben. Durch Transformation auf das Referenzelement beweist man leicht die folgenden Eigenschaften der Funktionen ψE n/2−1
|ψE |H 1 (ωE ) ≤chE Z ψE ≥chn−1 E . E
Mit diesen Absch¨atzungen und der Cauchy-Schwarz’schen Ungleichung folgt f¨ ur jedes Element K ∈ Th |πh u|H 1 (K) ≤|Rh u|H 1 (K) ¯−1 ¯ ¯Z ¯Z X ¯ ¯¯ ¯ ¯ ¯ ¯ |ψE |H 1 (K) ¯ (u − Rh u) · nE ¯ ¯ ψE ¯¯ + E
E
E∈Eh E⊂∂K
≤c1 |u|H 1 (˜ωK ) X −n/2 c2 hE |E|1/2 ku − Rh ukL2 (E) + E∈Eh E⊂∂K
≤c1 |u|H 1 (˜ωK ) X −n/2+(n−1)/2+1/2 c 3 hE |u|H 1 (˜ωK ) + E∈Eh E⊂∂K
≤c4 |u|H 1 (˜ωK ) . Dabei bezeichnet |E| das (n − 1)-dimensionale Lebesgue-Maß von E. Es ist |E| ≤ chn−1 ¨ber alle Elemente folgt aus obiger Absch¨atzung E . Nach Summation u |πh u|1 ≤ |u|1 . Da wegen der Friedrich’schen Ungleichung |.|1 und k.k1 ¨aquivalente Normen auf H01 (Ω)n sind, beweist dies die Bedingung (1) aus Satz 5.4. n,0 n Wegen BE,h ⊂ [Sh,0 ] folgt aus Satz 5.8 unmittelbar: n,0 n 5.9 Korollar: Das Paar ([Sh,0 ] , Sh0,−1 ∩ L20 (Ω)) ist stabil.
5.10 Satz: (Mini-Element) Setze BT ,h := span{ψK : K ∈ Th }. 1,0 Dann ist das Paar ([Sh,0 ⊕ BT ,h ]n , Sh1,0 ∩ L20 (Ω)) stabil.
Beweis: Wir wenden wieder Satz 5.4 an. Diesmal definieren wir πh : H01 (Ω)n −→ Xh durch ¾−1 ½Z Z X ψK . (u − Rh u) ψK πh u := Rh u + K∈Th
K
53
K
Dabei ist wieder Rh der modifizierte Cl´ement’sche Interpolationsoperator aus § I.4. F¨ ur alle u ∈ H01 (Ω)n und alle K ∈ Th gilt Z Z πh u = u. K
K
Seien ph ∈ Sh1,0 ∩ L20 (Ω) und u ∈ H01 (Ω)n . Da ph stetig und ∇ph st¨ uckweise konstant ist, folgt mit dem Gauß’schen Integralsatz Z Z ph div(πh u) = − ∇ph · πh u Ω Ω Z X ∇ph · =− πh u K∈Th
=−
X
K∈Th
∇ph ·
Z
Z
K
u K
=− ∇ph · u Ω Z ph div u. = Ω
Dies beweist Bedingung (2) von Satz 5.4. Durch Transformation auf das Referenzelement beweist man leicht folgende Eigenschaften der Funktionen ψK : n/2−1
|ψK |H 1 (K) ≤chK Z ψK ≥chnK . K
Mit den Approximationseigenschaften von Rh liefert dies f¨ ur jedes K ∈ Th |πh u|H 1 (K)
¯Z ¯ ¯Z ¯−1 ¯ ¯¯ ¯ ≤|Rh u|H 1 (K) + |ψK |H 1 (K) ¯¯ (u − Rh u)¯¯ ¯¯ ψK ¯¯
≤c1 |u|H 1 (˜ωK ) +
≤c3 |u|H 1 (˜ωK ) .
K −n/2−1 c 2 hK |K|1/2 ku
K
− Rh ukL2 (K)
Dabei bezeichnet |K| das n-dimensionale Lebesgue-Maß von K. Es ist |K| ≤ chnK . Aus diesen Absch¨atzungen folgt wie im Beweis von Satz 5.8 die Bedingung (1) von Satz 5.4. 5.11 Satz: (Taylor-Hood Elemente) Sei Th/2 eine affin ¨ aquivalente, zul¨ assige und regul¨ are Unterteilung von Ω, die aus Th durch Halbieren aller Kanten aller Elemente 2,0 n 1,0 in Th entsteht. Dann sind die Paare ([Sh,0 ] , Sh1,0 ∩L20 (Ω)) und ([Sh/2,0 ]n , Sh1,0 ∩L20 (Ω)) stabil. 54
Beweis: Wir beschr¨anken uns auf den einfachsten Fall ebener Dreieckselemente. Der allgemeine Fall wird ganz analog behandelt, erfordert aber gr¨oßeren technischen Aufwand. Wir wenden diesmal Satz 5.6 an. Offensichtlich m¨ ussen wir nur noch Bedingung (3) nachweisen. Sei dazu ph ∈ Mh beliebig. Da ph stetig und ∇ph st¨ uckweise konstant ist, gilt f¨ ur jedes uh ∈ Xh Z Z Z X ph div uh = − ∇ph · uh = − ∇ph · uh . Ω
Ω
K∈Th
K
Jeder Kante E ∈ Eh ordnen wir einen parallelen Einheitsvektor tE zu. Wegen der Regularit¨at von Th gibt es eine Konstante c0 , so dass f¨ ur alle z ∈ IR2 und alle K ∈ Th gilt X z · z ≤ c0 |tE · z|2 . E∈Eh E⊂∂K
Sei uh ∈ Xh die Funktion, die in allen Dreieckseckpunkten verschwindet und die f¨ ur 2 ∂ph jede Kante E im Mittelpunkt mE von E den Wert −hE ∂tE tE annimmt. Dann gilt f¨ ur jedes Dreieck K Z X 1 uh = |K| uh (mE ). 3 K E∈E h E⊂∂K
Hieraus folgt
Z
Ω
ph div uh = −
X
K∈Th
∇ph ·
Z
uh K
X X 1 ∂ph = |K|h2E tE · ∇ph 3 ∂tE K∈Th E∈Eh {z } | E⊂∂K ¯ ∂p ¯2 =¯ ∂t h ¯ E X 1 ≥c−1 |K||∇ph |2 min h2E 0 E∈Eh 3 E⊂∂K K∈Th X h2K k∇ph k2L2 (K) ≥c K∈Th
=ckph k21,h .
Dabei haben wir ausgenutzt, dass wegen der Regularit¨at von Th min h2E ≥ ch2K
E∈Eh E⊂∂K
ist mit einer von K und h unabh¨angigen Konstanten. Durch Transformation auf das Referenzelement pr¨ ufen wir andererseits leicht nach, dass f¨ ur alle K ∈ Th gilt X |uh |2H 1 (K) ≤ ch−2 |K| |uh (mE )|2 K E∈Eh E⊂∂K
55
mit einer von K und h unabh¨angigen Konstanten. Damit folgt |uh |21 = ≤ ≤ =
X
K∈Th
|uh |2H 1 (K) X
¯ ¯ ¯ ∂ph ¯2 ¯ ¯ ¯ ∂tE ¯ | {z }
X
ch−2 K |K|
X
c0 h2K |K||∇ph |2
K∈Th
K∈Th
X
K∈Th
E∈Eh E⊂∂K
h4E
≤ch4K |∇ph |2
c0 h2K k∇ph k2L2 (K)
=c0 kph k21,h . Dies beweist Bedingung (3) von Satz 5.6. k,0 2 (Taylor-Hood Elemente h¨ oherer Ordnung) Das Paar ([Sh,0 ] ,
5.12 Satz:
Shk−1,0 ∩ L20 (Ω)) ist f¨ ur jedes k ≥ 3 stabil. Beweis: Wir betrachten nur den einfachsten Fall ebener Dreieckselemente und k = 3. Der allgemeine Fall ist in F. Brezzi, R. S. Falk: SIAM J. Numer. Anal. 28, 581 – 590 (1991), D. Boffi: M 3 AS 4, 223 – 235 (1994) und D. Boffi: SIAM J. Numer. Anal. 34, 664 – 670 (1997) behandelt. Die Beweisidee f¨ ur k = 3 und ebene Dreieckselemente ist die gleiche wie im vorigen Beweis. Zus¨atzlich ben¨otigen wir eine Quadraturformel der Ordnung 4. Bezeichne dazu die Eckpunkte von K ∈ Th mit zK,1 , zK,2 , zK,3 und setze 1 zK,123 := (zK,1 + zK,2 + zK,3 ) 3 √ √ 12 12 1 1 )zK,i + ( − )zK,j zK,iij :=( + 2 12 2 12 9 ω1 := 20 1 ω2 := − 60 1 ω3 := . 10
i, j ∈ {1, 2, 3} i 6= j
Dann gilt f¨ ur alle K ∈ Th und alle ϕ ∈ IP4 (K) Z
K
ϕ = |K|
ω1 ϕ(zK,123 ) + ω2
3 X i=1
56
ϕ(zK,i ) + ω3
X i6=j
ϕ(zK,iij )
.
Sei ph ∈ Mh beliebig. Dann gibt es ein uh ∈ Xh mit folgenden Eigenschaften uh (zK,i ) =0 uh (zK,123 ) = − |K|∇ph (zK,123 ) ∂ph (zK,iij )tE uh (zK,iij ) = − h2E ∂tE f¨ ur alle K ∈ Th und alle relevanten Indizes i, j. Da ph stetig und ∇ph ·uh elementweise in IP4 ist, folgt Z Z ∇ph · uh ph div uh = − Ω Ω ¯2 ¯ X X ¯ ¯ ∂ph = (zK,iij )¯¯ h2E ¯¯ |K| ω1 |K||∇ph (zK,123 )|2 + ω3 ∂tE K∈Th i6=j ¯2 X ¯¯ ∂ph X ¯ ¯ h2K |K| |∇ph (zK,123 )|2 + ≥c . (zK,iij )¯¯ ¯ ∂tE K∈Th
i6=j
Durch Transformation auf das Referenzelement folgt andererseits f¨ ur jedes K ∈ Th ¯2 X ¯¯ ∂ph ¯ ¯ |K| |∇ph (zK,123 )|2 + ≥ c0 k∇ph k2L2 (K) . (zK,iij )¯¯ ¯ ∂tE i6=j
Also ist
Z
Ω
ph div uh ≥ ck∇ph k21,h .
Durch Transformation auf das Referenzelement folgt wiederum f¨ ur jedes K ∈ Th X |uh |2H 1 (K) ≤c |uh (zK,123 )|2 + |uh (zK,iij )|2 i6=j ¯2 ¯ X ¯ ¯ ∂ph (zK,iij )¯¯ =c |K|2 |∇ph (zK,123 )|2 + h4E ¯¯ ∂tE i6=j X 2 2 0 2 |∇ph (zK,iij )| ≤c hK |K| |∇ph (zK,123 )| + i6=j
≤c00 h2K k∇ph k2L2 (K) .
Also ist auch |uh |1 ≤ ckph k1,h . Hieraus folgt Bedingung (3) von Satz 5.6. Die beiden anderen Bedingungen sind offensichtlich erf¨ ullt. 57
5.13 Satz: Betrachte ebene Dreieckselemente. F¨ ur K ∈ Th und m ≥ 2 bezeichne ˜ m−2 (K) := span{xi1 xm−2−i : 0 ≤ i ≤ m − 2} IP 2 den Raum der homogenen Polynome vom Grad m − 2 auf K. Setze ˜ m−2 (K), K ∈ Th } BT ,m,h := span{ψK v : v ∈ IP m,0 mit ψK wie in Satz 5.10. Dann ist das Paar ([Sh,0 ⊕ BT ,m,h ]2 , Shm−1,−1 ∩ L20 (Ω)) f¨ ur jedes m ≥ 2 stabil.
Beweis: Sei ph ∈ Mh mit kph k0 = 1 beliebig. Bezeichne mit ph ∈ Sh0,−1 ∩ L20 (Ω) die L2 -Projektion von ph auf Sh0,−1 . Dann ist wegen der Poincar´e’schen Ungleichung kph − ph k0 ≤ c1
(
X
K∈Th
h2K k∇ph k2L2 (K)
)1/2
mit einer von h unabh¨angigen Konstanten c1 . Da wir ebene Dreieckselemente betrachten und m ≥ 2 ist, gilt 1,0 2 [Sh,0 ] ⊕ BE,h ⊂ Xh .
Dabei ist BE,h wie in Satz 5.8. Also gibt es ein β ∗ > 0, das weder von ph noch von h abh¨angt, und ein uh ∈ Xh mit Z |uh |1 = 1 und ph div uh ≥ β ∗ kph k0 . Ω
Dann ist Z
Z
Z
(ph − ph ) div uh √ ≥β kph k0 − kph − ph k0 2|uh |1 √ ≥β ∗ kph k0 − β ∗ kph − ph k0 − 2kph − ph k0 )1/2 ( X √ ≥β ∗ − ( 2 + β ∗ ) c1 . h2K k∇ph k2L2 (K)
ph div uh = Ω
Ω ∗
ph div uh +
Ω
K∈Th
Mit η := folgt sup vh ∈Xh \{0}
R
(
X
K∈Th
p div vh Ω h ≥ |vh |1
h2K k∇ph k2L2 (K)
R
Ω
)1/2
√ ph div uh ≥ β ∗ − ( 2 + β ∗ ) c1 η. |uh |1 58
(5)
Betrachte nun ˆ h := − u
X
K∈Th
h2K ψK ∇ph .
ˆ h ∈ Xh . Da u ˆ h auf den Dreieckskanten Da ∇ph elementweise in IPm−2 ist, ist u verschwindet, folgt mit elementweiser partieller Integration Z
ˆh = ph div u Ω
X Z
K∈Th
=− =
ˆh ph div u K
X Z
K∈Th
X
h2K
K∈Th
K
Z
ˆh ∇ph · u
K
ψK |∇ph |2 .
¨ Durch Transformation auf das Referenzelement und Ausnutzen der Aquivalenz von Normen auf endlich dimensionalen R¨aumen folgt wie im Beweis von Satz 10.2 in VFEM f¨ ur jedes K ∈ Th Z
K
ψK |∇ph |2 ≥ c2 k∇ph k2L2 (K)
mit einer von K, h und ph unabh¨angigen Konstanten c2 . Also ist Z
Ω
ˆ h ≥ c2 η 2 . ph div u
Durch Transformation auf das Referenzelement folgt andererseits f¨ ur jedes K ∈ Th |ˆ uh |H 1 (K) ≤c3 h−1 uh kL2 (K) K kˆ
=c3 hK kψK ∇ph kL2 (K) ≤c3 hK k∇ph kL2 (K) .
Also ist |ˆ uh |1 ≤ c3 η und sup vh ∈Xh \{0}
R
p div vh Ω h ≥ |vh |1
R
Ω
ˆh ph div u c2 ≥ η. |ˆ uh |1 c3
(6)
Aus den Absch¨atzungen (5) und (6) ergibt sich die behauptete Stabilit¨at mit den gleichen Argumenten wie im Beweis von Satz 5.6. 59
5.14 Bemerkung: (1) Satz 5.13 l¨asst sich mit einer kleinen Modifikation auf ndimensionale simpliziale Elemente mit n ≥ 3 u ¨bertragen. Da die Funktionen ψE n,0 n ] . Daher u ¨bertr¨agt sich der st¨ uckweise Polynome vom Grad n sind, ist BE,h ⊂ [Sh,0 Beweis von Satz 5.13 direkt auf den Fall m ≥ n und liefert die Stabilit¨at der Paare m,0 ur alle m ≥ n. F¨ ur 2 ≤ m < n erh¨alt man ⊕ BT ,m,h ]n , Shm−1,−1 ∩ L20 (Ω)) f¨ ([Sh,0 m,0 analog die Stabilit¨at der Paare ([Sh,0 ⊕ BT ,m,h ]n ⊕ BE,h , Shm−1,−1 ∩ L20 (Ω)). (2) F¨ ur ebene Dreiecksnetze, die einer Zusatzbedingung gen¨ ugen, kann man auf den Term BT ,m,h in Satz 5.13 verzichten (s. L. R. Scott, M. Vogelius: RAIRO M 2 AN 19, 111 – 143 (1985)). Zur Beschreibung dieser Zusatzbedingung nennen wir einen Dreieckseckpunkt singul¨ar, wenn die Kanten, die sich in diesem Punkt treffen, auf zwei Geraden liegen. Ist der Dreieckseckpunkt x nicht singul¨ar, bezeichnen wir mit k die Zahl der angrenzenden Dreiecke und mit α1 , ..., αk die anliegenden Winkel und setzen R(x) := max{|αi + αj − π| : 1 ≤ i, j ≤ k, i − j = 1 mod k}. Die erw¨ahnte Zusatzbedingung an die Triangulierung fordert nun, dass die Triangulierung keine singul¨aren Dreieckseckpunkte enth¨alt und dass inf h>0 minx∈Nh R(x) > 0 ist. Die Notwendigkeit dieser Zusatzbedingung kann man sich wie folgt klar machen. Betrachte vier Dreiecke K1 , ..., K4 , die einen singul¨aren Eckpunkt x0 gemeinsam haben. Bezeichne mit t1 und t2 die normierten Richtungsvektoren der beiden Geraden, auf m,0 2 denen die von x0 ausgehenden Dreieckskanten liegen. Sei v ∈ [Sh,0 ] beliebig. Dann ∂v·ti ist div v elementweise eine Linearkombination der Ausdr¨ ucke ∂tj , 1 ≤ i, j ≤ 2, und die entsprechenden Koeffizienten sind auf allen vier Dreiecken die selben. Da v stetig ist, folgt f¨ ur i ∈ {1, 2} lim
K1 3x→x0
lim
K3 3x→x0
lim
K1 3x→x0
lim
K2 3x→x0
∂v · ti (x) = lim K2 3x→x0 ∂t1 ∂v · ti (x) = lim K4 3x→x0 ∂t1 ∂v · ti (x) = lim K4 3x→x0 ∂t2 ∂v · ti (x) = lim K3 3x→x0 ∂t2
∂v · ti (x) ∂t1 ∂v · ti (x) ∂t1 ∂v · ti (x) ∂t2 ∂v · ti (x). ∂t2
Hieraus folgt 4 X i=1
(−1)i
lim
Ki 3x→x0
div v(x) = 0.
m,0 2 Also ist div([Sh,0 ] ) in einem echten Unterraum von Shm−1,−1 ∩ L20 (Ω) enthalten. m,0 2 m,0 2 W¨are aber das Paar ([Sh,0 ] , Shm−1,−1 ∩ L20 (Ω)) stabil, so folgte wegen div([Sh,0 ] )⊂ m−1,−1 m,0 2 m−1,−1 2 2 ∩ L0 (Ω). Sh ∩ L0 (Ω) sogar die Gleichheit div([Sh,0 ] ) = Sh
60
II.6 Petrov-Galerkin Stabilisierung Die Ergebnisse des vorigen Paragraphen, insb. die S¨atze 5.8, 5.10 und 5.13, zeigen, dass man (fast) jedes Paar (Xh , Mh ) stabilisieren kann, indem man Funktionen der Form ψK v, ψE w zu dem Geschwindigkeitsraum Xh hinzuf¨ ugt. Dieses Ergebnis ist zwar theoretisch sehr beruhigend, f¨ ur die Praxis aber nur zum Teil befriedigend. Denn zum einen wird der Geschwindigkeitsraum und damit die Zahl der Unbekannten vergr¨oßert und zum anderen m¨ochte man h¨aufig unbedingt mit den urspr¨ unglichen Ansatzr¨aumen arbeiten, da sie z. B. besonders einfache Datenstrukturen erlauben. Ein Beispiel hierf¨ ur ist die in der Praxis sehr beliebte sog. equal order interpolam,0 n ] , Mh = Shm,0 ∩ L20 (Ω), bei der Druck und Geschwindigkeit die tion, d.h. Xh = [Sh,0 gleichen Freiheitsgrade haben. In diesem Abschnitt wollen wir daher einen anderen Zugang betrachten, bei dem f¨ ur die Stabilisierung die Bilinearformen a und b und die linearen Funktionale l und χ modifiziert werden. Das folgende Beispiel motiviert unsere Vorgehensweise und zeigt zugleich, dass die Zug¨ange dieses und des letzten Paragraphen in gewissem Sinne ¨aquivalent sind. 6.1 Beispiel: Wir betrachten das Mini-Element aus Satz 5.10 f¨ ur eine ebene Dreieckszerlegung. Sei (uh , ph ) die eindeutige L¨osung des diskreten Stokes Problems Z
Ω
∇uh : ∇vh −
Z
ph div vh =
ZΩ
Z
Ω
f · vh
1,0 2 ∀vh ∈ [Sh,0 ] ⊕ BT ,h
∀qh ∈ Sh1,0 ∩ L20 (Ω).
qh div uh =0
Ω
Dabei nehmen wir der Einfachheit halber an, dass f ∈ L2 (Ω)2 ist. Die Geschwindigkeit 1,0 2 uh l¨asst sich eindeutig in einen ”linearen Anteil” uh,L ∈ [Sh,0 ] und einen ”Blasenanteil” uh,B ∈ BT ,h zerlegen: uh = uh,L + uh,B .
Da uh,B auf den Elementr¨andern verschwindet, ergibt sich mit dem Gauß’schen In1,0 2 tegralsatz f¨ ur jedes vh ∈ [Sh,0 ] Z
Ω
∇uh,B : ∇vh =
X Z
K∈Th
=−
K
∇uh,B : ∇vh
X Z
K∈Th
=0. Also ist
Z
Ω
∇uh,L : ∇vh −
Z
ph div vh = Ω
61
Z
Ω
K
uh,B · ∆vh |{z}
f · vh
=0
1,0 2 ∀vh ∈ [Sh,0 ] .
Ebenso folgt f¨ ur die Koeffizienten αK in der Darstellung uh,B =
X
α K ψK
K∈Th
die Identit¨at Z = =
Z
Z
K
f · ei ψ K
Ω
f · (ψK ei )
Z
Z
∇uh,L : ∇(ψK ei ) + ∇uh,B : ∇(ψK ei ) − ph div(ψK ei ) Ω Ω | {z } | } | } R{z R {z Ω
=0
=αK,i
Z
K
|∇ψK |2 +
Z
=αK,i
K
K
∂ph ψK , ∂xi
|∇ψK |2
=−
∂ph K ∂xi
ψK
i = 1, 2,
und damit αK =
½Z
K
[f − ∇ph ]ψK
¾ ½Z
K
|∇ψK |
2
¾−1
∀K ∈ Th .
Definieren wir zur Abk¨ urzung γ˜K :=
½Z
K
|∇ψK |
2
¾−1
und setzen die gewonnene Darstellung f¨ ur uh,B in die diskrete Massengleichung ein, 1,0 2 erhalten wir f¨ ur jedes qh ∈ Sh ∩ L0 (Ω) 0= =
Z
Z
qh div uh Ω
X Z
qh div uh,L + Ω
K∈Th
|
K
qh div(αK ψK ) } R {z
=−
=
Z
Ω
qh div uh,L −
X
K∈Th
γ˜K
K
½Z
ψK αK ·∇qh
K
¾ ¾ ½Z ψK [f − ∇ph ] . ψK ∇qh · K
1,0 2 Also ist (uh,L , ph ) ∈ [Sh,0 ] × [Sh1,0 ∩ L20 (Ω)] die L¨osung des modifizierten Problems
Z
Z
Z
∇uh,L : ∇vh − ph div vh = f · vh Ω Ω Ω Z qh div uh,L + ch (ph , qh ) =χh (qh ) Ω
62
1,0 2 ∀vh ∈ [Sh,0 ]
∀qh ∈ Sh1,0 ∩ L20 (Ω)
mit ch (ph , qh ) :=
X
γK
K∈Th
χh (qh ) :=
X
γ˜K
K∈Th
Z
½Z
γK :=˜ γK |K|−1
∇ph · ∇qh
K
K
½Z
¾ ½Z ¾ ψK ∇qh · ψK f K
ψK K
¾2
.
Man beachte, dass γK zu h2K proportional ist. Wir betrachten im folgenden eine affin ¨aquivalente, zul¨assige und regul¨are Unterteilung Th eines polyhedralen Gebietes Ω ⊂ IRn , n ≥ 2, wie in § I.4 und zugeh¨orige Finite Element R¨aume Xh ⊂ H01 (Ω)n und Mh ⊂ L20 (Ω). Wie in § 5 ordnen wir diesen R¨aumen maximal gew¨ahlte Zahlen µ, ν ∈ IN mit in h µ,0 ⊂ Xh Sh,0 und
Shν,−1 ∩ L20 (Ω) ⊂ Mh
Shν,0 ∩ L20 (Ω) ⊂ Mh
oder
zu. Zus¨atzlich nehmen wir an, dass die Funktionen in Xh bzw. Mh elementweise zweibzw. einmal stetig differenzierbar sind. Insbesondere ist dann k.k1,h aus Gleichung (4) von § 5 eine Norm auf Mh . Jedem Element K ∈ Th und jeder Kante bzw. Fl¨ache E ∈ Eh ordnen wir zwei positive Parameter δK und δE zu. Die Wahl dieser Gr¨oßen ist zun¨achst beliebig, wird aber sp¨ater eingeschr¨ankt. Wir definieren nun auf Xh × Mh eine Norm |||.|||h , eine Bilinearform Bh und ein lineares Funktional lh durch © ª1/2 |||[uh , ph ]|||h := |uh |21 + kph k20 + kph k21,h Z Z Z Bh ([uh , ph ], [vh , qh ]) := ∇uh : ∇vh − ph div vh + qh div uh Ω Ω Ω Z X 2 δ K hK + [−∆uh + ∇ph ] · ∇qh K∈Th
X
+ lh ([vh , qh ]) :=
Z
δ E hE
E∈Eh
Ω
+
Z
f · vh X
δK h2K
K∈Th
K
[ph ]E [qh ]E E
Z
K
f · ∇qh .
Dabei setzen wir der Einfachheit halber voraus, dass der Quellterm f der Stokes Gleichungen quadrat-integrierbar ist. Man beachte, dass die δK - und δE -Terme in Bh und lh die zus¨ atzlichen Stabilisierungsterme sind. Die Sprungterme in Bh verschwinden, 63
wenn eine stetige Druckapproximation, d.h. Mh ⊂ C(Ω), verwendet wird. Ebenso verschwindet der Term ∆uh in Bh , wenn die Geschwindigkeit st¨ uckweise linear ist. Das neue diskrete Problem lautet nun: Finde [uh , ph ] ∈Xh × Mh , so dass
Bh ([uh , ph ], [vh , qh ]) =lh ([vh , qh ])
∀[vh , qh ] ∈ Xh × Mh .
(1)
Wir untersuchen zun¨achst die Stabilit¨at von Bh und damit die eindeutige L¨osbarkeit von (1). Dazu definieren wir ½
¾
δmax := max max δK , max δE E∈Eh K∈Th ½ ¾ min min δK , min δE , falls Mh 6⊂ C(Ω) K∈Th E∈Eh δmin := min δK , falls Mh ⊂ C(Ω). K∈Th
6.2 Satz: Es gibt eine Konstante δ0 > 0, die nur von der Konstanten cT in der Regularit¨ atsbedingung an Th abh¨ angt, so dass f¨ ur alle Parameter δK , δE mit δmax ≤ δ0 und δmin > 0 folgendes gilt: Es gibt eine Konstante β, die nur von δmin abh¨ angt, mit Bh ([uh , ph ], [vh , qh ]) ≥ β. [uh ,ph ]∈Xh ×Mh \{0} [vh ,qh ]∈Xh ×Mh \{0} |||[uh , ph ]|||h |||[vh , qh ]|||h inf
sup
−1 Es ist β ∼ δmin .
Beweis: 1. Schritt: Wir zeigen, dass es ein δ0 der beschriebenen Art gibt, so dass f¨ ur alle Parameter δK , δE mit δmax ≤ δ0 und δmin > 0 und alle [uh , ph ] ∈ Xh × Mh gilt o n 1 2 Bh ([uh , ph ], [uh , ph ]) ≥ δmin |||[uh , ph ]|||h − kph k20 . 2 Sei dazu [uh , ph ] ∈ Xh × Mh beliebig. Dann folgt aus der Definition von Bh Bh ([uh , ph ], [uh , ph ]) =
Z
X
2
Ω
+
|∇uh | + X
E∈Eh
≥|uh |21 + +
X
E∈Eh
−
X
K∈Th
K∈Th
δ E hE X
K∈Th
δK h2K
Z
E
Z
K
[−∆uh + ∇ph ] · ∇ph
|[ph ]E |2
δK h2K k∇ph k2L2 (K)
δE hE k[ph ]E k2L2 (E) δK h2K k∆uh kL2 (K) k∇ph kL2 (K) . 64
Durch Transformation auf das Referenzelement zeigt man, dass es eine Konstante c0 gibt, die nur von cT abh¨angt, so dass f¨ ur alle K ∈ Th , alle h > 0 und alle vh ∈ Xh gilt k∆vh kL2 (K) ≤ c0 h−1 K k∇vh kL2 (K) . Setzen wir dies in obige Absch¨atzung ein und wenden die Cauchy-Schwarz’sche Ungleichung f¨ ur Summen an, erhalten wir mit Gleichung (4) aus § 5 X Bh ([uh , ph ], [uh , ph ]) ≥|uh |21 + δK h2K k∇ph k2L2 (K) +
X
E∈Eh
− ≥
X
K∈Th
K∈Th
δE hE k[ph ]E k2L2 (E) 1/2
1/2
c0 δK |uh |H 1 (K) δK hK k∇ph kL2 (K)
X
1 1 X (1 − c20 δK )|uh |2H 1 (K) + δK h2K k∇ph k2L2 (K) 2 2 K∈Th K∈Th X δE hE k[ph ]E k2L2 (E) + E∈Eh
1 1 ≥(1 − c20 δmax )|uh |21 + δmin kph k21,h . 2 2 Setze δ0 =
2 . 1+c20
Dann folgt aus δmax ≤ δ0 1 1 1 − c20 δmax ≥1 − c20 δ0 2 2 1 1 1 = δ0 ≥ δmax = 2 1 + c0 2 2 1 ≥ δmin . 2
Also ist dann 1 Bh ([uh , ph ], [uh , ph ]) ≥ δmin {|uh |21 + kph k21,h } 2 1 2 = δmin {|||[uh , ph ]|||h − kph k20 }. 2 2. Schritt: Sei δ0 wie im 1. Schritt bestimmt und 0 < δmin ≤ δmax ≤ δ0 . Wir zeigen nun die inf-sup-Bedingung f¨ ur Bh . Sei dazu [uh , ph ] ∈ Xh × Mh mit |||[uh , ph ]|||h = 1 beliebig. Gem¨aß Satz 3.3 gibt es ein w ∈ H01 (Ω)n mit div w = −ph
und
|w|1 ≤ cΩ kph k0 .
1,0 n Sei wh := Rh w ∈ [Sh,0 ] ⊂ Xh die modifizierte Cl´ement Interpolierende von w wie in § I.4. Dann ist |wh |1 ≤ c1 cΩ kph k0
65
und
Z
Z
ph div wh ∇uh : ∇wh − Z Z Z Ω ph div w + ∇uh : ∇wh =− ph div(w − wh ) + Ω Ω Ω | {z }
Bh ([uh , ph ], [wh , 0]) =
Ω
=kph k20
≥kph k20
Z
ph div(w − wh ) − |uh |1 |wh |1 Z 2 ph div(w − wh ). ≥kph k0 − c1 cΩ kph k0 |uh |1 + +
Ω
Ω
R
Als n¨achstes integrieren wir Ω ph div(w − wh ) elementweise partiell und nutzen die lokalen Approximationseigenschaften von Rh wie im Beweis von Satz 5.6 aus. Dies ergibt Z ph div(w − wh ) Ω X Z X Z [ph ]E (w − wh ) · nE ∇ph · (w − wh ) + =− K∈Th
≤ ≤
X
K∈Th
(
(
K
E
E∈Eh
k∇ph kL2 (K) kw − wh kL2 (K) +
X
K∈Th
X
K∈Th
h2K k∇ph k2L2 (K) +
X
E∈Eh
2 h−2 K kw − wh kL2 (K) +
≤kph k1,h c2 |w|1
X
E∈Eh
k[ph ]E kL2 (E) kw − wh kL2 (E)
hE k[ph ]E k2L2 (E) X
E∈Eh
)1/2
·
2 h−1 E kw − wh kL2 (E)
)1/2
≤c2 cΩ kph k1,h kph k0 .
Setzen wir dies in die Absch¨atzung f¨ ur Bh ([uh , ph ], [wh , 0]) ein, erhalten wir Bh ([uh , ph ], [wh , 0]) ≥kph k20 − c1 cΩ kph k0 |uh |1 − c2 cΩ kph k1,h kph k0 1 ≥ kph k20 − c21 c2Ω |uh |21 − c22 c2Ω kph k21,h 4 1 ≥ kph k20 − c23 c2Ω {|uh |21 + kph k21,h } 4 1 =(c23 c2Ω + )kph k20 − c23 c2Ω 4 mit c3 := max{c1 , c2 }. Aus dieser Absch¨atzung und Schritt 1 folgt Bh ([uh , ph ], [vh , qh ]) |||[vh , qh ]|||h [vh ,qh ]∈Xh ×Mh \{0} ½ ¾ Bh ([uh , ph ], [uh , ph ]) Bh ([uh , ph ], [wh , 0]) ≥ max , |||[uh , ph ]|||h |||[wh , 0]|||h sup
66
½
1 1 δmin − δmin kph k20 , ≥ max 2 2 ½ 1 1 ≥ min∗ max δmin − δmin z , z∈IR+ 2 2
1 4
+ c23 c2Ω c2 cΩ kph k0 − 3 kph k−1 0 c1 cΩ c1 ¾ 1 2 2 c23 cΩ −1 4 + c3 cΩ z− z c1 cΩ c1
¾
:=β >0. Dies beweist die Behauptung. Aus Satz 6.2 folgt unmittelbar, dass das diskrete Problem (1) eindeutig l¨osbar ist. Der folgende Satz gibt eine Fehlerabsch¨atzung f¨ ur diese L¨osung. 6.3 Satz: Die Bezeichnungen und Voraussetzungen seien wie in Satz 6.2. Bezeichne mit [u, p] ∈ X × M die eindeutige schwache L¨ osung der Stokes Gleichungen und mit [uh , ph ] ∈ Xh × Mh die eindeutige L¨ osung von (1). Es sei u ∈ H 2 (Ω)n , p ∈ H 1 (Ω). Dann ist |||[u − uh , p − ph ]|||h ≤c
inf [vh ,qh ]∈Xh ×Mh
n
|||[u − vh , p − qh ]|||h +
X
K∈Th
h2K k∆(u
−
vh )k2L2 (K)
o1/2
mit c ∼ δmax β −1 . Weiter gebe es ein m ∈ IN∗ mit u ∈ H m+1 (Ω)n und p ∈ H m (Ω). Dann ist o n |||[u − uh , p − ph ]|||h ≤ c hmin{µ,m} |u|m+1 + hmin{ν+1,m} |p|m . Beweis: Sei [vh , qh ] ∈ Xh × Mh beliebig. Aus der Dreiecksungleichung folgt |||[u − uh , p − ph ]|||h ≤ |||[u − vh , p − qh ]|||h + |||[uh − vh , ph − qh ]|||h . Aus Satz 6.2 ergibt sich |||[uh − vh , ph − qh ]|||h ≤
1 β
sup [wh ,rh ]∈Xh ×Mh
Bh ([uh − vh , ph − qh ], [wh , rh ]) . |||[wh , rh ]|||h
Betrachte ein beliebiges Element [wh , rh ] ∈ Xh × Mh mit |||[wh , rh ]|||h = 1. Wegen der Bilinearit¨at von Bh ist Bh ([uh − vh , ph − qh ], [wh , rh ])
=Bh ([u − vh , p − qh ], [wh , rh ]) + Bh ([uh − u, ph − p], [wh , rh ]). 67
Aus der Definition von Bh und lh folgt Bh ([uh − u, ph − p], [wh , rh ]) =Bh ([uh , ph ], [wh , rh ]) − Bh ([u, p], [wh , rh ]) =lh ([wh , rh ]) − Bh ([u, p], [wh , rh ]) Z Z X 2 f · ∇rh δ K hK = f · wh + Ω
− |
−
−
Z
K∈Th
Ω
∇u : ∇wh + R{z =−
X
δK h2K
K∈Th
X
Ω
δ E hE
E∈Eh
Z
Z
K
Ω
f ·wh
K
E
=0.
Z
Z
rh div u p div wh − Ω } | {z } =0
(2)
[−∆u + ∇p] ·∇rh | {z } =f
[p]E [rh ]E |{z} =0
Dabei haben wir ausgenutzt, dass wegen p ∈ H 1 (Ω) die Spr¨ unge von p u ¨ber die Elementr¨ander verschwinden. Aus der Definition von Bh und von |||.|||h folgt weiter mit der Cauchy-Schwarz’schen Ungleichung Bh ([u − vh , p − qh ], [wh , rh ]) Z Z Z = ∇(u − vh ) : ∇wh − (p − qh ) div wh + rh div(u − vh ) Ω Ω Ω Z X 2 + [−∆(u − vh ) + ∇(p − qh )] · ∇rh δ K hK K∈Th
X
+
E∈Eh
δ E hE
Z
K
E
[p − qh ]E [rh ]E
√ √ ≤|u − vh |1 |wh |1 + nkp − qh k0 |wh |1 + nkrh k0 |u − vh |1 X ª © + δK h2K k∆(u − vh )kL2 (K) + k∇(p − qh )kL2 (K) k∇rh kL2 (K) K∈Th
+
X
E∈Eh
(
δE hE k[p − qh ]E kL2 (E) k[rh ]E kL2 (E)
≤c |||[u − vh , p −
2 qh ]|||h
+
X
K∈Th
h2K k∆(u − vh )k2L2 (K)
)1/2
|||[wh , rh ]|||h .
Aus diesen Absch¨atzungen folgt die erste Fehlerabsch¨atzung des Satzes. Die zweite Fehlerabsch¨atzung des Satzes folgt aus der ersten und den Approximationseigenschaften der Finite Element R¨aume aus § I.4. 68
6.4 Bemerkung: (1) Ein wesentlicher Schritt im Beweis von Satz 6.3 ist die sog. Galerkin Orthogonalit¨ at des Fehlers, d.h. Gleichung (2). Sie gilt, da die zus¨atzlichen Stabilit¨atsterme in Bh und lh konsistent sind, d.h. f¨ ur die schwache L¨ osung der Stokes Gleichungen verschwinden. (2) Wie in Bem. 5.2 (3) ist wieder die Wahl ν = µ − 1 optimal.
(3) Anders als in Satz 5.1 ben¨otigt die erste Fehlerabsch¨atzung von Satz 6.3, die dem C´ea-Lemma entspricht, schon eine h¨ohere Regularit¨at der L¨osung der Stokes Gleichungen. Satz 6.3 kommt nicht mit der Regularit¨at aus, die f¨ ur die schwache Variationsformulierung ben¨otigt wird. Diese zus¨atzliche Regularit¨atsvoraussetzung spiegelt sich auch in praktischen Rechnungen wider. Und zwar in Form eines Genauigkeitsverlustes bei Stokes Problemen, deren L¨ osung nicht die n¨otige Regularit¨at aufweist, z.B. bei polygonalen Gebieten mit einspringenden Ecken.
II.7 Nicht konforme Methoden Bisher haben wir stets konforme Methoden betrachtet, d.h. es galt Xh ⊂ X und Mh ⊂ M . Die wesentliche Bedingung ist hierbei nat¨ urlich die globale Stetigkeit der diskreten Geschwindigkeitsfelder. Wie in § 12 VFEM wollen wir diese Restriktion nun aufgeben. Daf¨ ur werden wir eine Approximation erhalten, die exakt divergenzfrei ist und eine explizite lokale Basis des Raumes Vh besitzt. Im folgenden bezeichnet Th , h > 0, eine Familie ebener, zul¨assiger und regul¨arer Triangulierungen des einfach zusammenh¨ angenden polygonalen Gebietes Ω ⊂ IR2 . Die Menge aller Dreieckskanten bezeichnen wir mit E h ; Eh bezeichnet wie bisher die Menge der inneren Kanten. F¨ ur E ∈ E h ist mE der Mittelpunkt. In Analogie zu § 12 VFEM definieren wir den Raum der Crouzeix-Raviart Elemente durch Xh := {ϕ ∈ L2 (Ω)2 :ϕ|K ∈ IP1 ∀K ∈ Th ,
[ϕ]E (mE ) = 0 ∀E ∈ Eh , ϕ(mE ) = 0 ∀E ∈ E h \Eh }.
Die Funktionen in Xh sind eindeutig bestimmt durch ihre Werte in den Kantenmittelpunkten. Durch )1/2 ( X |vh |2H 1 (K) |vh |1,h := K∈Th
wird eine Norm auf Xh definiert. F¨ ur die Druckapproximation w¨ahlen wir Mh := Sh0,−1 ∩ L20 (Ω). 69
Wir definieren diskrete Analoga ah , bh und lh von a, b und l durch X Z
ah (uh , vh ) :=
K∈Th
bh (uh , ph ) := − lh (uh ) :=
K
∇uh : ∇vh
X Z
K∈T
h X Z
K∈Th
K
ph div uh K
f · uh .
Man beachte, dass diese Bilinear- bzw. Linearformen auch f¨ ur Argumente aus X bzw. M definiert sind und mit a, b bzw. l u ¨bereinstimmen, wenn die entsprechenden Argumente alle aus den R¨aumen X bzw. M sind. Das diskrete Stokes Problem, das wir im folgenden betrachten werden, lautet dann: Finde (uh , ph ) ∈Xh × Mh , so dass ah (uh , vh ) + bh (vh , ph ) =lh (vh )
∀vh ∈ Xh
∀qh ∈ Mh .
bh (uh , qh ) =0
7.1 Lemma: (1) F¨ ur alle h > 0 und alle vh ∈ Xh gilt ah (vh , vh ) ≥ |vh |21,h . (2) Es gibt ein β˜ > 0, das nicht von h abh¨ angt, so dass f¨ ur alle h > 0 gilt bh (uh , ph ) ˜ ≥ β. ph ∈Mh \{0} uh ∈Xh \{0} |uh |1,h kph k0 inf
sup
(3) Sei Vh := {vh ∈ Xh : bh (vh , ph ) = 0 ∀ph ∈ Mh }. Dann ist Vh 6= {0} und Vh = {vh ∈ Xh : div vh = 0}. Beweis: ad (1): Folgt direkt aus der Definition von ah und |.|1,h . ad (2): Wir definieren zun¨achst einen linearen Operator πh : X −→ Xh durch Z 1 v (πh v)(mE ) := |E| E 0 70
, falls E ∈ Eh , falls E ∈ E h \Eh .
(1)
Seien qh ∈ Mh und v ∈ X beliebig. Da die Mittelpunktsregel die Ordnung 1 hat, folgt X Z bh (πh v, qh ) = − qh div(πh v) K
K∈Th
=−
=−
X
qh
K∈Th
X
Z
div(πh v) K
X
Z
nK · (πh v) E E∈E h {z } E⊂∂K | =|E|nK ·(πh v)(mE ) Z X X nK · v =− qh E∈E h E K∈Th
=−
=−
qh
K∈Th
X
qh
K∈Th
X Z
K∈Th
Z
(2)
E⊂∂K
div v
K
qh div v K
=bh (v, qh ) =b(v, qh ).
hv Seien nun v ∈ X und K ∈ Th beliebig. Da πh v und ∂π ∂nK auf den Kanten von K linear bzw. konstant sind, folgt mit der Mittelpunktsregel und dem Gauß’schen Integralsatz Z 2 |πh v|H 1 (K) = ∇(πh v) : ∇(πh v) K Z Z ∂(πh v) · πh v − ∆(πh v) ·πh v = K | {z } ∂K ∂nK =0 Z X ∂(πh v) = · πh v ∂nK E E∈E h | {z } E⊂∂K
=
=|E|(πh v)(mE )
X ∂(πh v) · ∂nK
E∈E h E⊂∂K
= =
Z
Z∂K ∂K
=
Z
K
Z
v
E
∂(πh v) ·v ∂nK Z ∂(πh v) ∆(πh v) ·v ·v− ∂nK K | {z } =0
∇(πh v) : ∇v ≤ |πh v|H 1 (K) |v|H 1 (K) . 71
Summation u ¨ber alle K ∈ Th und die Cauchy-Schwarz’sche Ungleichung f¨ ur Summen ergeben X |πh v|21,h ≤ |πh v|H 1 (K) |v|H 1 (K) ≤ |πh v|1,h |v|1 . K∈Th
Also ist |πh v|1,h ≤ |v|1 .
(3)
Sei nun ph ∈ Mh mit kph k0 = 1 beliebig. Wegen Satz 3.3 gibt es ein β > 0, das weder von h noch von ph abh¨angt, und ein v ∈ X mit Z |v|1 = 1 und − ph div v ≥ β. Ω
Aus (2) und (3) folgt |πh v|1,h ≤ 1 und bh (πh v, ph ) = b(v, ph ) = −
Z
Ω
ph div v ≥ β.
Hieraus folgt die gleichm¨aßige inf-sup Bedingung mit β˜ = β. ad (3): Wegen Satz 2.1 und Teil (2) ist Vh 6= {0}. Da die Mittelpunktsregel die Ordnung 1 hat, gilt f¨ ur jedes vh ∈ Xh X Z bh (vh , 1) = − div vh K∈Th
=− =−
K
X X
K∈Th
X
E∈Eh
E∈E h E⊂∂K
Z
vh · nK | {z } E
=|E|vh (mE )·nK
|E|[vh · nE ]E (mE ) −
X
E∈E h \Eh
|E|vh (mE ) · n
=0. Also ist Vh = {vh ∈ Xh : bh (vh , qh ) = 0 ∀qh ∈ Sh0,−1 }. Da andererseits div vh f¨ ur vh ∈ Xh st¨ uckweise konstant ist, folgt hieraus die Behauptung. Wegen Lemma 7.1 und Satz 2.5 besitzt Problem (1) stets eine eindeutige L¨osung. Außerdem ist (1) ¨aquivalent zu: Finde uh ∈ Vh mit
ah (uh , vh ) =lh (vh )
∀vh ∈ Vh .
Als n¨achstes sch¨atzen wir den Konsistenzfehler von (4) ab. 72
(4)
7.2 Lemma: Sei (u, p) ∈ X × M die eindeutige schwache L¨ osung der Stokes Glei2 2 1 chungen. Es gelte u ∈ H (Ω) und p ∈ H (Ω). Dann gilt f¨ ur alle w ∈ V ⊕ Vh |Lh (w)| :=|ah (u, w) − lh (w)|
≤ch{|u|2 + |p|1 }|w|1,h .
Die Konstante c h¨ angt nur von der Konstanten cT in der Regularit¨ atsbedingung an Th ab. Beweis: Der Beweis verl¨auft analog zu dem Beweis von Satz 12.3 in VFEM. Sei w ∈ V ⊕ Vh beliebig. Dann ist Lh (w) =ah (u, w) − lh (w) X Z = {∇u : ∇w − f · w} =
K∈Th
K
K∈Th
K
X Z
{∇u : ∇w + ∆u · w − ∇p · w}.
Durch elementweise partielle Integration erhalten wir X Z
K∈Th
K
{∇u : ∇w + ∆u · w}
¸ X Z · ∂u ·w + = E ∂nE E E∈Eh
Bezeichne mit
1 wE := |E|
X
E∈E h \Eh
Z
Z
E
∂u · w. ∂n
w E
1,0 2 ] ⊂ Xh den Mittelwert von w auf E ∈ E h und mit Ih : X ∩ H 2 (Ω)2 −→ [Sh,0 ∂Ih u den nodalen Interpolationsperator. Da ∂nE f¨ ur jede Kante E ∈ E h konstant und R (w − wE ) = 0 ist, folgt E
X Z
K∈Th
K
{∇u : ∇w + ∆u · w}
¸ X Z · ∂(u − Ih u) · (w − wE ) + = ∂nE E E E∈Eh
X
E∈E h \Eh
Z
E
∂(u − Ih u) · (w − wE ). ∂n
Im Beweis von Satz 12.3 VFEM haben wir gezeigt, dass jeder Summand auf der rechten Seite dieser Gleichung durch chE |w|H 1 (K) |u|H 2 (K) 73
abgesch¨atzt werden kann. Dabei ist K ein Dreieck mit E ⊂ ∂K. Dies liefert mit der Cauchy-Schwarz’schen Ungleichung die Absch¨atzung ¯ ¯ ¯X Z ¯ ¯ ¯ {∇u : ∇w + ∆u · w}¯ ≤ ch|u|2 |w|1,h . ¯ ¯ ¯ K K∈Th
Wir betrachten nun den Term − liefert X Z ∇p · w − K∈Th
=
X Z
K∈Th
K
K
p div w −
P
R
K∈Th
X Z
E∈Eh
E
∇p·w. Elementweise partielle Integration
K
[pw · nE ]E −
X
E∈E h \Eh
Z
E
pw · n.
Die Linienintegrale auf der rechten Seite dieser Gleichung k¨onnen wie oben mit pnE ∂u an Stelle von ∂n abgesch¨atzt werden. Wir erhalten dann f¨ ur diesen Beitrag E ¯ ¯ ¯ ¯ Z Z X ¯ ¯X ¯ pw · n¯¯ ≤ ch|p|1 |w|1,h . [pw · nE ]E + ¯ E ¯ ¯E∈Eh E E∈E \E h
Ist w ∈ V , so ist nat¨ urlich
X Z
K∈Th
h
p div w = 0, K (0)
und wir sind fertig. Sei also w ∈ Vh . Bezeichne mit πh : L20 (Ω) −→ Mh die L2 Projektion. Dann folgt mit der Poincar´e’schen Ungleichung X Z
K∈Th
p div w = K
X Z
K∈Th
(0)
K
(p − πh p) div w
(0)
≤kp − πh pk0 |w|1,h
≤ch|p|1 |w|1,h ,
und wir haben auch in diesem Fall die Behauptung bewiesen. Nach diesen Vorbereitungen k¨onnen wir nun eine Fehlerabsch¨atzung f¨ ur die Diskretisierung (1) beweisen. 7.3 Satz: Seien (u, p) ∈ X × M die eindeutige schwache L¨ osung der Stokes Gleichungen und (uh , ph ) ∈ Xh ×Mh die eindeutige L¨ osung von (1). Es gelte u ∈ H 2 (Ω)2 und p ∈ H 1 (Ω). Dann gilt die Fehlerabsch¨ atzung |u − uh |1,h + kp − ph k0 ≤ c1 h{|u|2 + |p|1 }. 74
Ist zus¨ atzlich Ω konvex, so ist ku − uh k0 ≤ c2 h2 {|u|2 + |p|1 }. Die Konstanten c1 und c2 h¨ angen nur von Ω und der Konstanten cT in der Regularit¨ atsbedingung an Th ab. Beweis: F¨ ur den Geschwindigkeitsfehler k¨onnen wir die abstrakten Fehlerabsch¨atzungen f¨ ur nicht konforme Methoden der S¨atze 12.1 und 12.2 aus VFEM anwenden. Zusammen mit der Absch¨atzung des Konsistenzfehlers aus Lemma 7.2 ergeben diese S¨atze die Fehlerabsch¨atzungen |u − uh |1,h ≤ 2 inf |u − vh |1,h + ch{|u|2 + |p|1 } vh ∈Vh
und ku − uh k0 ≤
sup g∈L2 (Ω)2 kgk0 =1
n
|u − uh |1,h |ug − ug,h |1,h + ch{|ug |2 + |pg |1 }|u − uh |1,h
o
+ ch{|u|2 + |p|1 }|ug − ug,h |1,h . Dabei bezeichnen (ug , pg ) ∈ X×M und ug,h ∈ Vh die eindeutige schwache L¨osung der Stokes Gleichungen mit rechter Seite g ∈ L2 (Ω)2 bzw. des entsprechenden diskreten Problems (4). Wegen des Regularit¨atssatzes 3.5 m¨ ussen wir f¨ ur die Fehlerabsch¨atzung der Geschwindigkeit nur noch den Term inf vh ∈Vh |u − vh |1,h absch¨atzen. Dazu beachten wir, dass u ∈ V ist und dass f¨ ur den Operator πh aus dem Beweis von Lemma 7.1 (2) gilt πh (V ) ⊂ Vh . Daher ist inf |u − vh |1,h ≤ |u − πh u|1,h .
vh ∈Vh
1,0 2 Bezeichne wieder mit Ih : X ∩ H 2 (Ω)2 −→ [Sh,0 ] ⊂ Xh den nodalen Interpolationsoperator. Wegen πh Ih u = Ih u folgt dann aus (3)
|u − πh u|1,h ≤|u − Ih u|1,h + |Ih u − πh u|1,h
=|u − Ih u|1,h + |πh (Ih u − u)|1,h ≤2|u − Ih u|1,h =2|u − Ih u|1 ≤ch|u|2 .
Damit sind die Fehlerabsch¨atzungen f¨ ur die Geschwindigkeit bewiesen. 75
(0)
Bezeichne wieder mit πh : L20 (Ω) −→ Mh die L2 -Projektion. Dann ist (0)
(0)
kp − ph k0 ≤ kp − πh pk0 + kπh p − ph k0 und (0)
kp − πh pk0 ≤ ch|p|1 . Aus Lemma 7.1 (2) folgt weiter (0)
(0)
kπh p − ph k0 ≤ β˜−1
bh (vh , πh p − ph ) . |vh |1,h vh ∈Xh \{0} sup
Sei vh ∈ Xh mit |vh |1,h = 1 beliebig. Dann ist (0)
(0)
bh (vh , πh p − ph ) = bh (vh , πh p − p) + bh (vh , p − ph ) und (0)
bh (vh , πh p − p) ≤
√
(0)
2|vh |1,h kp − πh pk0 ≤ ch|p|1 .
Aus (1) folgt weiter bh (vh , p − ph )
=bh (vh , p) + ah (uh , vh ) − lh (vh ) X Z {∇u : ∇vh − p div vh − f · vh } =ah (uh − u, vh ) + =ah (uh − u, vh ) +
K∈Th
K
K∈Th
K
X Z
{∇u : ∇vh + ∆u · vh − p div vh − ∇p · vh }.
F¨ ur den ersten Summanden erhalten wir mit den schon bewiesenen Fehlerabsch¨atzungen f¨ ur die Geschwindigkeit ah (uh − u, vh ) ≤ |u − uh |1,h |vh |1,h ≤ ch{|u|2 + |p|1 }. F¨ ur den zweiten Summanden erhalten wir mit elementweiser partieller Integration und dem Beweis von Lemma 7.2 X Z {∇u : ∇vh + ∆u · vh − p div vh − ∇p · vh } K∈Th
K
¾ ¸ Z X ½Z · ∂u = · vh − [pvh · nE ]E E ∂nE E E E∈Eh ½ ¾ Z Z X ∂u · vh − pvh · n + E ∂n E E∈E h \Eh
≤ch|vh |1,h {|u|2 + |p|1 } ≤ch{|u|2 + |p|1 }.
76
Damit ist auch die Fehlerabsch¨atzung f¨ ur den Druck bewiesen. Zum Abschluss dieses Paragraphen wollen wir noch eine lokale Basis von Vh konstruieren. Dazu berechnen wir zun¨achst dimVh . Bezeichne mit N T , N E0 und N V0 die Zahl der Dreiecke, der inneren Kanten und der inneren Eckpunkte von Th . Da Ω einfach zusammenh¨angend ist, folgt aus der Euler’schen Polyederformel N T − N E0 + N V0 = 1. Da Xh und Mh die inf-sup Bedingung erf¨ ullen, ergibt sich dimVh = dimXh − dimMh = 2N E0 − N T + 1 = N E0 + N V0 . Jedem E ∈ Eh ordnen wir nun einen Einheitstangentenvektor tE und die eindeutig bestimmte, st¨ uckweise lineare Funktion ϕE mit ϕE (mE 0 ) = δEE 0
∀E 0 ∈ E h
zu. Setze wE := ϕE tE
∀E ∈ Eh .
Bezeichne mit Nh die Menge der Dreieckseckpunkte von Th in Ω. F¨ ur x ∈ Nh sei Ex die Menge aller Dreieckskanten, die x als einen Endpunkt haben. Ausgehend von einer beliebigen Kante in Ex werden die restlichen Kanten in Ex fortlaufend in mathematisch positiver Orientierung durchnumeriert. F¨ ur E ∈ Ex bezeichnen tE,x und nE,x zwei orthogonale Einheitsvektoren, derart dass tE,x tangential zu E ist, von x wegweist und det[tE,x , nE,x ] > 0 ist. Setze wx :=
X
E∈Ex
1 ϕE nE,x . |E|
Da die Vektorfelder wE und wx zu den Kanten tangential bzw. normal sind, sind sie linear unabh¨angig. Außerdem ist offensichtlich stets wE ∈ Vh . Seien nun K ∈ Th ein Dreieck, x ∈ Nh ein Eckpunkt von K und E1 , E2 die beiden Kanten von K, die den Punkt x gemeinsam haben. Dann folgt aus dem Gauß’schen Integralsatz mit der Mittelpunktsregel f¨ ur die Linienintegrale Z Z div wx = wx · n K K
=
∂K 2 X i=1
=
2 X i=1
|Ei |wx (mEi ) · nK
nEi ,x · nK
=0.
77
Also ist auch stets wx ∈ Vh . Dies beweist Vh = span{wE , wx : E ∈ Eh , x ∈ Nh }. Wir haben nun die Wahl, ob wir das diskrete Problem (1) oder (4) numerisch l¨osen. Das Problem (1) hat eine d¨ unn besetzte Steifigkeitsmatrix mit 2N E0 +N T −1 = 3N E0 −N V0 Zeilen und Spalten. Diese Matrix ist symmetrisch, aber indefinit, d.h., sie besitzt positive und negative Eigenwerte. Problem (1) liefert uns direkt die diskreten Geschwindigkeiten und Dr¨ ucke. Da Vh eine lokale Basis besitzt, ist die Steifigkeitsmatrix von (4) ebenfalls d¨ unn besetzt. Sie hat N E0 + N V0 Zeilen und Spalten, ist also viel kleiner als die Steifigkeitsmatrix von (1). Außerdem ist sie symmetrisch und positiv definit. Allerdings hat sie eine Kondition von O(h−4 ), w¨ahrend die Kondition der Steifigkeitsmatrix von (1) ”nur” O(h−2 ) ist (s. W. D¨orfler: Numer. Math. 58, 203 – 214 (1990)). Problem (4) liefert uns auch nur die diskreten Geschwindigkeiten. Allerdings lassen sich die diskreten Dr¨ ucke leicht aus den diskreten Geschwindigkeiten berechnen. Um dies einzusehen, betrachte eine beliebige Kante E ∈ Eh und setze die Funktion ϕE nE als Testfunktion vh in (1) ein. Da die Mittelpunktsregel die Ordnung 1 hat, ergibt sich mit dem Gauß’schen Integralsatz lh (ϕE nE ) − ah (uh , ϕE nE ) =bh (ϕE nE , ph ) Z = − [ϕE ph ]E E
= − |E|[ϕE (mE )ph ]E
= − |E|[ph ]E .
Also k¨onnen die Spr¨ unge des Druckes ph u ¨ber die Kanten leicht aus uh berechnet werden. Wir w¨ahlen nun ein beliebiges Dreieck K, das eine Kante auf dem Rand Γ hat, aus, setzen dort p˜h := 0 und bestimmen p˜h auf den restlichen Dreiecken, indem wir sukzessiv von Dreieck zu Dreieck fortschreiten und jeweils den Sprung von ph u ¨ber die gemeinsame Kante zu p˜h hinzu addieren. Anschließend bestimmen wir P :=
X |K| p˜h|K |Ω|
K∈Th
und subtrahieren P von p˜h . Dies liefert den gesuchten Druck ph mit Mittelwert 0.
78
II.8 Stromfunktionsformulierung Die Methoden der vorigen Abschnitte diskretisieren alle die schwache Formulierung der Stokes Gleichungen aus § 3 und approximieren simultan das Geschwindigkeitsfeld und den Druck. Sie liefern i.a. Geschwindigkeitsfelder, die nur n¨aherungsweise divergenzfrei sind. Im vorigen Abschnitt konnten wir exakte Divergenzfreiheit der diskreten Geschwindigkeitsfelder erzielen, erkauften dies aber durch Aufgabe der H 1 Konformit¨at. In diesem Paragraphen betrachten wir andere schwache Formulierungen der Stokes Gleichungen, die konforme Diskretisierungen mit exakt divergenzfreien Geschwindigkeitsfeldern erlauben. Wir werden sehen, dass wir diesen Vorteil durch andere Nachteile erkaufen. Sei Ω ein beschr¨anktes, offenes, einfach zusammenh¨ angendes Gebiet in IR2 . Insbesondere ist der Rand Γ von Ω zusammenh¨angend. Wir betrachten die Stokes Gleichungen mit homogenen Dirichlet Randbedingungen −∆u + ∇p =f
in Ω
div u =0 in Ω
(1)
u =0 auf Γ. F¨ ur die neue schwache Formulierung f¨ uhren wir die Operatoren curl : H 1 (Ω) −→ L2 (Ω)2 und curl : H 1 (Ω)2 −→ L2 (Ω) durch µ
∂ϕ ∂ϕ curl ϕ := − , ∂y ∂x ∂v2 ∂v1 − curl v := ∂y ∂x
¶T
ein. Wie man leicht nachrechnet, gelten folgende Identit¨aten curl(curl ϕ) = − ∆ϕ
curl(curl v) = − ∆v + ∇(div v)
∀ϕ ∈ H 2 (Ω)
∀v ∈ H 2 (Ω)2 .
Außerdem folgt aus dem Gauß’schen Integralsatz Z Z Z v · curl ϕ = curl vϕ + ϕv · t ∀v ∈ H 1 (Ω)2 , ϕ ∈ H 1 (Ω). Ω
Ω
Γ
Dabei ist t ein Einheitstangentenfeld an Γ. 8.1 Satz: Der Operator curl ist ein Isomorphismus von H01 (Ω)2 auf H0 (div) := {v ∈ L2 (Ω)2 : div v = 0, v · n = 0 auf Γ}. Beweis: Offensichtlich bildet curl den Raum H01 (Ω)2 in H0 (div) ab. Die Abbildung ist auch injektiv. Denn aus curl ϕ = 0 folgt ∇ϕ = 0 und damit ϕ = const und, wegen 79
der Randbedingung, ϕ = 0. Wegen des Satzes von der offenen Abbildung (§ II.5 in K. Yosida: Functional Analysis) m¨ ussen wir also nur noch die Surjektivit¨at von curl zeigen. Sei dazu v ∈ H0 (div) und v⊥ := (v2 , −v1 )T . Aus div v = 0 folgt ∂ ⊥ ∂ ⊥ (v )1 = (v )2 , ∂y ∂x d.h. Dv⊥ ist symmetrisch. Wegen des Satzes von Poincar´e (Satz VIII.3.16 Analysis II) ist v⊥ ein Gradientenfeld, d.h. v⊥ = ∇ψ. Hieraus folgt v = curl ψ. Wegen v·n = 0 auf Γ ist ψ konstant auf Γ. Wegen v = curl ψ ist also o.E. ψ = 0 auf Γ. Dies beweist die Surjektivit¨at. Sei nun u, p eine hinreichend glatte L¨osung der Stokes Gleichungen (1). Wegen Satz 8.1 existiert ein eindeutiges ψ ∈ H01 (Ω) mit u = curl ψ. ψ heißt die Stromfunktion von u. Aus u · t = 0 auf Γ folgt zus¨atzlich ∂ψ = t · curl ψ = 0 auf Γ. ∂n Setzen wir obige Darstellung f¨ ur u in die Impulsgleichung, d.h. die erste Gleichung von (1), ein und bilden deren curl, so erhalten wir die Beziehung curl f = curl{−∆u + ∇p}
= − ∆(curl u) + curl(∇p) | {z } =0
= − ∆(curl(curl ψ)) =∆2 ψ.
Also ist die Stromfunktion ψ eine L¨osung der biharmonischen Gleichung ∆2 ψ = curl f ψ=0 ∂ψ =0 ∂n
in Ω auf Γ
(2)
auf Γ.
Sei nun umgekehrt ψ eine hinreichend glatte L¨osung der biharmonischen Gleichung (2). Setze u := curl ψ. 80
Dann ist div u = 0. Aus den Randbedingungen an ψ folgt ∇ψ = 0
auf Γ
und damit u = curl ψ = 0
auf Γ.
Weiter ist curl{f + ∆u} = curl f − ∆2 ψ = 0 Daher gilt f¨ ur jedes ϕ ∈ H01 (Ω) 0=
Z
curl{f + ∆u}ϕ = Ω
Z
Ω
in Ω.
{f + ∆u} · curl ϕ.
Also ist wegen Satz 8.1 f + ∆u ∈ V ⊥ . Wegen Satz 3.3 und Satz 2.1 gibt es daher ein p ∈ L20 (Ω) mit f + ∆u = ∇p. Also ist u, p eine L¨osung der Stokes Gleichungen (1). In diesem Sinne sind die Stokes Gleichungen (1) und die Biharmonische Gleichung (2) ¨aquivalent. Die schwache Formulierung von (2) lautet: Z
Finde ψ ∈H02 (Ω), so dass Z curl f ϕ ∀ϕ ∈ H02 (Ω). ∆ψ∆ϕ =
Ω
(3)
Ω
Dabei ist H02 (Ω) = {ϕ ∈ H 2 (Ω) : ϕ =
∂ϕ = 0 auf Γ}. ∂n
Problem (3) ist offensichtlich die Euler-Lagrange-Gleichung des Variationsproblems 1 J(ψ) := 2
Z
2
Ω
(∆ψ) −
Z
Ω
curl f ψ −→ min
in H02 (Ω).
Problem (3) passt also in den abstrakten Rahmen von § 2 VFEM f¨ ur koerzive Minimumprobleme und erscheint daher auf den ersten Blick leichter f¨ ur die Numerik zug¨anglich als die bisher betrachtete Sattelpunktsformulierung der Stokes Gleichungen. Der erste Eindruck t¨auscht aber. Denn (3) ist ein Minimumproblem u ¨ber H02 (Ω) und erfordert daher die Konstruktion von Finite Element Funktionen, die global stetig differenzierbar sind. Dies ist sehr aufwendig. 81
Man kann versuchen, diese Schwierigkeit zu umgehen, indem man eine gemischte Formulierung von (3) mit ∆ψ als zus¨atzlicher Unbekannten betrachtet. Im Rahmen der abstrakten Theorie von § 2 entspricht dies der Wahl X =H 1 (Ω) M =H01 (Ω) Z a(u, v) = uv Ω Z b(v, λ) = ∇v · ∇λ. Ω
Die Ergebnisse von § 2 sind jedoch nicht anwendbar, da die Bilienearform a nicht koerziv auf dem Kern V von b ist. Dies f¨ uhrt zu erheblichen Problemen bei der Analyse und Approximation des zu (3) geh¨orenden gemischten Problems. Ein anderer Nachteil der biharmonischen Gleichung (3) ist das Fehlen jedweder Information u ¨ber den Druck, der h¨aufig die physikalisch interessante Gr¨oße ist. Wir wollen im folgenden zeigen, wie man die geschilderten Schwierigkeiten umgehen kann und eine ”vern¨ unftige” Stromfunktionsformulierung der Stokes Gleichungen erh¨alt, die zudem die effiziente Berechnung des Druckes erlaubt. Diese Vorteile werden durch versch¨arfte Regularit¨atsanforderungen an die L¨osung der Stokes Gleichungen und sub-optimale Fehlerabsch¨atzungen f¨ ur die Finite Element Approximation erkauft. 8.2 Lemma: F¨ ur alle u ∈ H01 (Ω)2 ∩ H0 (div) und alle v ∈ H 1 (Ω)2 gilt Z Z ∇u : ∇v. curl u curl v = Ω
Ω
Beweis: Sei u ∈ V := {w ∈ C0∞ (Ω)2 : div w = 0}. Dann folgt aus dem Gauß’schen Integralsatz f¨ ur alle v ∈ H 1 (Ω)2 Z Z curl u curl v = curl(curl u) · v Ω Ω Z Z = [−∆u + ∇ (div u)] · v = − ∆u · v | {z } Ω Ω =0 Z = ∇u : ∇v. Ω
Da V in H01 (Ω)2 ∩ H0 (div) dicht ist, folgt die Behauptung. Bezeichne mit
ω := curl u 82
(4)
die Wirbelst¨ arke des Geschwindigkeitsfeldes. Aus Lemma 8.2 und der schwachen Formulierung der Stokes Gleichungen aus § 3 ergibt sich f¨ ur alle v ∈ H01 (Ω)2 Z Z Z Z Z f ·v = ∇u : ∇v − p div v = curl u curl v − p div v Ω Ω Ω Ω Ω Z Z = ω curl v − p div v. Ω
Ω
Da (4) zu
Z
ωµ = Ω
Z
curl uµ Ω
∀µ ∈ L2 (Ω)
a¨quivalent ist, erhalten wir folgende schwache Formulierung der Stokes Gleichungen (1): Finde u ∈ H01 (Ω)2 , p ∈L20 (Ω), ω ∈ L2 (Ω) mit Z Z Z ω curl v − p div v = f · v ∀v ∈ H01 (Ω)2 Ω Ω ZΩ (5) q div u =0 ∀q ∈ L20 (Ω) ZΩ Z ωµ − curl uµ =0 ∀µ ∈ L2 (Ω). Ω
Ω
Problem (5) ordnet sich in den abstrakten Rahmen von § 2 ein mit der Wahl X :=H01 (Ω)2 × L2 (Ω)
M :=L2 (Ω) × L20 (Ω) Z a([u, ω], [v, θ]) := ωθ Ω Z Z p div v. b([v, θ], [λ, p]) := (curl v − θ)λ − Ω
Ω
Man beachte, dass man hierf¨ ur die Identit¨at λ = ω in schwacher Form zu den Gleichungen von (5) hinzuf¨ ugen muss. Problem (5) ist f¨ ur unsere Zwecke noch nicht geeignet, da es zu starke Regularit¨atsanforderungen an das Geschwindigkeitsfeld u und damit an die Wirbelst¨arke ω stellt. Um diese Schwierigkeit zu umgehen, schw¨achen wir die Regularit¨atsbedingungen an u ab und versch¨arfen die an p und λ. Dies f¨ uhrt auf folgendes Variationsproblem: Finde u ∈ L2 (Ω)2 , ω ∈ L2 (Ω), λ ∈ H 1 (Ω), p ∈ H 1 (Ω) ∩ L20 (Ω) mit Z Z Z curl λ · v + ∇p · v = f · v ∀v ∈ L2 (Ω)2 Ω Ω Ω Z Z ωθ − λθ =0 ∀θ ∈ L2 (Ω) (6) Ω Z ZΩ u · curl µ − ωµ =0 ∀µ ∈ H 1 (Ω) Ω Ω Z ∇q · u =0 ∀q ∈ H 1 (Ω) ∩ L20 (Ω). Ω
83
Problem (6) ordnet sich in den abstrakten Rahmen von § 2 ein mit der Wahl X :=L2 (Ω)2 × L2 (Ω)
M :=H 1 (Ω) × [H 1 (Ω) ∩ L20 (Ω)] Z a([u, ω], [v, θ]) := ωθ Ω Z Z Z b([v, θ], [λ, p]) := v · curl λ − θλ + ∇p · v. Ω
Ω
Ω
Die Probleme (5) und (6) sind offensichtlich ¨aquivalent in dem u ¨blichen Sinne, dass jede hinreichend glatte L¨osung des einen Problems eine L¨osung des anderen Problems ist und umgekehrt. Wegen Satz 8.1 ist jede L¨osung u von (6) von der Form u = curl ψ mit ψ ∈ W¨ahlen wir die Testfunktion v in (6) von der Form v = curl ϕ mit ϕ ∈ so erhalten wir das Problem:
H01 (Ω). H01 (Ω),
Finde ψ ∈ H01 (Ω), ω ∈L2 (Ω), λ ∈ H 1 (Ω) mit Z Z f · curl ϕ ∀ϕ ∈ H 1 (Ω) curl λ · curl ϕ = Ω Ω Z Z λθ =0 ∀θ ∈ L2 (Ω) ωθ − Ω Z ZΩ curl ψ · curl µ − ωµ =0 ∀µ ∈ H 1 (Ω). Ω
(7)
Ω
W¨ahlen wir andererseits die Testfunktion v in (6) von der Form v = ∇q mit q ∈ H 1 (Ω), so erhalten wir das Problem: Z
Ω
Finde p ∈H 1 (Ω) ∩ L20 (Ω) mit Z ∇p · ∇q = (f − curl λ) · ∇q Ω
∀q ∈ H 1 (Ω) ∩ L20 (Ω)2 .
(8)
Also spaltet das Problem (6) ¨aquivalent in die beiden entkoppelten Probleme (7) und (8) auf. Problem (7) ist eine gemischte Formulierung der biharmonischen Gleichung (2); Problem (8) ist die schwache Formulierung einer Poisson Gleichung mit Neumann Randbedingungen. 8.3 Satz: Seien Γ ∈ C 2 oder Ω konvex und f ∈ L2 (Ω)2 . Dann besitzen die Probleme (6), (7) und (8) jeweils eine eindeutige L¨ osung. Beweis: Die eindeutige L¨osbarkeit der Probleme (7) und (8) folgt offensichtlich aus der eindeutigen L¨osbarkeit von Problem (6). Gem¨aß Satz 3.5 besitzen die Stokes Gleichungen eine eindeutige schwache L¨osung u, p. Wegen der Voraussetzungen an Γ bzw. Ω ist u ∈ H 2 (Ω)2 , p ∈ H 1 (Ω). Wegen Satz 84
8.1 ist u = curl ψ, und ψ, ω := curl u, λ := ω und p l¨osen Problem (6). Wir m¨ ussen also nur noch zeigen, dass es keine weitere L¨osung von (6) gibt, d.h. dass Problem (6) mit f = 0 nur die triviale L¨osung zul¨asst. Aus der ersten Gleichung von (7) folgt in diesem Fall curl λ = curl ω = 0. Also ist ω ein Gradientenfeld. Aus der dritten Gleichung von (7) folgt aber, dass ω senkrecht steht auf allen Gradientenfeldern. Also ist λ = ω = 0. Da die Bilinearform Z ψ, µ −→ curl ψ · curl µ Ω
auf H01 (Ω) koerziv ist, folgt wiederum mit der dritten Geleichung von (7), dass auch ψ = 0 ist. Aus (8) folgt dann Z ∇p · ∇q = 0 ∀q ∈ H 1 (Ω) ∩ L20 (Ω). Ω
Wegen der Poincar´e’schen Ungleichung impliziert dies p = 0. F¨ ur die Finite Element Diskretisierung von (7) und (8) nehmen wir von nun an stets an, dass Ω ein konvexes Polygon ist. (Die Konvexit¨at ben¨otigen wir wegen Satz 8.3.) Th sei eine affin ¨aquivalente, zul¨assige und regul¨are Unterteilung von Ω in Dreiecke oder Vierecke wie in § I.4. Wir w¨ahlen Finite Element R¨aume Φh ⊂ H01 (Ω), Θh ⊂ L2 (Ω), Mh ⊂ H 1 (Ω), Qh ⊂ H 1 (Ω)∩L20 (Ω) und betrachten die folgenden beiden diskreten Analoga der Probleme (7) und (8): Finde ψh ∈ Φh , ωh ∈Θh , λh ∈ Mh mit Z Z curl λh · curl ϕh = f · curl ϕh ∀ϕh ∈ Φh Ω Ω Z Z ωh θh − λh θh =0 ∀θh ∈ Θh Ω Ω Z Z curl ψh · curl µh − ωh µh =0 ∀µh ∈ Mh . Ω
(9)
Ω
und Z
Ω
Finde ph ∈Qh mit Z ∇ph · ∇qh = (f − curl λh ) · ∇qh Ω
∀qh ∈ Qh .
(10)
F¨ ur den Beweis einer Fehlerabsch¨ atzung ben¨otigen wir einen Projektionsoperator 1 Ph : H (Ω) −→ Θh , der durch Z ∇(Ph µ − µ) · ∇θh =0 ∀θh ∈ Θh (11) Ω 2 Ph µ − µ ∈L0 (Ω) definiert ist. 85
8.4 Satz: (1) Es gelte Φ h ⊂ Mh ⊂ Θ h . Dann besitzt Problem (9) eine eindeutige L¨ osung. Bezeichne mit ψ ∈ H01 (Ω), ω ∈ L2 (Ω), λ ∈ H 1 (Ω) die eindeutige L¨ osung von (7) und setze K(h) :=
kθh k1 . θh ∈Θh \{0} kθh k0 sup
Dann gilt die Fehlerabsch¨ atzung n ¤ £ kψ − ψh k1 + kω − ωh k0 ≤ c (1 + K(h)) inf kψ − ϕh k1 + inf kω − θh k0 ϕh ∈Φh
o
θh ∈Θh
+ kω − Ph ωk0 .
(2) Problem (10) besitzt eine eindeutige L¨ osung. Jedes u ∈ H01 (Ω)2 besitze eine Zerlegung der Form u = ∇q + curl ϕ (12) mit q ∈ H 1 (Ω) ∩ L20 (Ω) und ϕ ∈ H01 (Ω) und es gelte kq − Ph qk1 + inf kϕ − ϕh k1 ≤ chkuk1 .
(13)
ϕh ∈Φh
Bezeichne mit p ∈ H 1 (Ω) ∩ L20 (Ω) die eindeutige L¨ osung von (8). Dann gilt die Fehlerabsach¨ atzung n kp − ph k0 ≤ c h inf kp − qh k1 + kω − ωh k0 qh ∈Qh
+ inf θh ∈Θh
£
hK(h)kωh − θh k0 + hkω − θh k1
¤o
.
Beweis: Theoreme III.2.6 und III.2.7 in V. Girault, P. A. Raviart: Finite Element Methods for Navier-Stokes Equations. 8.5 Bemerkung: (1) Es gebe zwei Zahlen ν1 , ν2 ∈ IN mit ν1 ≤ ν2 und Shν1 ,−1 ⊂ Θh ⊂ Shν2 ,−1 . Dann folgt durch Transformation auf das Referenzelement c1 max h−1 K ≤ K∈Th
sup ν ,−1
θh ∈Sh1
≤K(h) ≤
sup ν ,−1
θh ∈Sh2
kθh k1 kθh k0 kθh k1 ≤ c2 max h−1 K . K∈Th kθh k0
(2) Eine Zerlegung der Form (12) heißt Helmholtz Zerlegung. Sie existiert f¨ ur alle 2 einfach zusammenh¨angenden Gebiete Ω ⊂ IR . Die wesentliche Annahme in Satz 8.4 (2) ist die Absch¨atzung (13). Aus Satz 8.4 und den Approximationsresultaten aus § I.4 folgt unmittelbar: 86
8.6 Satz: Die Bezeichnungen und Voraussetzungen seien wie in Satz 8.4. Zus¨ atzlich sie Th uniform, d.h. es gibt ein c > 0 mit max hK ≤ c min hK
K∈Th
Weiter sei
K∈Th
∀h > 0.
Θh = Mh =Shl,0 , l,0 Φh =Sh,0 ,
Qh =Shk,0 ∩ L20 (Ω)
mit l ∈ IN∗ und k = max{1, l − 1}. Schließlich gelte f¨ ur die L¨ osung von (7) und (8) m+1 m die Regularit¨ atsannahme ψ ∈ H (Ω), ∆ψ ∈ H (Ω), p ∈ H max{1,m−1} (Ω) f¨ ur ein m mit 1 ≤ m ≤ l. Dann gilt f¨ ur die L¨ osung von (9), (10) die Fehlerabsch¨ atzung kψ − ψh k1 + kω − ωh k0 + kp − ph k0 n i h o m−1 m ≤c h kψkm+1 + k∆ψkm + kpkmax{1,m−1} + h k∆ψkm .
8.7 Bemerkung: (1) Die Fehlerabsch¨atzung von Satz 8.6 ist nicht optimal. Dies liegt an dem Term K(h) in Satz 8.4. Dieser Term tritt auf, da im abstrakten Rahmen von § 2 die Bilinearform a zu Problem (7) nur bzgl. der L2 -Norm koerziv ist. (2) Satz 8.6 liefert f¨ ur l = 1 keine Konvergenz der Finite Element Approximation. F¨ ur diesen Fall kann man mit einer verbesserten Technik immer noch eine Fehlerabsch¨atzung der Ordnung O(h1/2 ) zeigen, sofern ψ ∈ H 3 (Ω) ist.
II.9 Numerische L¨ osung der diskreten Probleme Wir betrachten die abstrakte Situation aus § 4. Gegeben sind endlich dimensionale R¨aume Xh , Mh und stetige Bilinearformen a : Xh × Xh −→ IR, b : Xh × Mh −→ IR sowie stetige Linearformen l : Xh −→ IR, χ : Mh −→ IR mit folgenden Eigenschaften: (1) a ist gleichm¨aßig Xh koerziv, d.h. es gibt ein α > 0 mit a(uh , uh ) ≥ αkuh k2Xh
∀uh ∈ Xh , h > 0.
(2) b erf¨ ullt die uniforme inf-sup Bedingung, d.h. es gibt ein β > 0 mit b(uh , λh ) ≥β λh ∈Mh \{0} uh ∈Xh \{0} kuh kXh kλh kMh inf
sup
∀h > 0.
Zu l¨osen ist das diskrete Problem Finde (uh , λh ) ∈ Xh × Mh mit
a(uh , vh ) + b(vh , λh ) =l(vh )
b(uh , µh ) =χ(µh ) 87
∀vh ∈ Xh
∀µh ∈ Mh .
(1)
F¨ ur die Stokes Gleichungen sind Xh , Mh Finite Element R¨aume mit Xh ⊂ H01 (Ω)n , Mh ⊂ L20 (Ω) und k.kXh =k.k1 k.kMh =k.k0 Z ∇u : ∇v a(u, v) = Ω Z b(v, p) = − p div v Ω Z f ·v l(v) = Ω
χ(q) =0.
Wir f¨ uhren auf Xh und Mh Skalarprodukte (., .)Xh und (., .)Mh ein. Diese m¨ ussen nicht die entsprechenden Normen induzieren. Vielmehr werden sie in der Praxis skalierte Euklidische Skalarprodukte sein. Mit diesen Skalarprodukten definieren wir Operatoren Ah : Xh −→ Xh , Bh : Xh −→ Mh und Bh0 : Mh −→ Xh sowie Elemente fh ∈ Xh , ϕh ∈ Mh durch (Ah uh , vh )Xh =a(uh , vh ) (Bh uh , λh )Mh =b(uh , λh ) (Bh0 λh , vh )Mh =b(vh , λh )
∀uh , vh ∈ Xh
∀uh ∈ Xh , λh ∈ Mh
∀vh ∈ Xh , λh ∈ Mh
∀uh ∈ Xh
(fh , uh )Xh =l(uh )
∀λh ∈ Mh .
(ϕh , λh )Mh =χ(λh ) Dann ist (1) offensichtlich ¨aquivalent zu
Ah uh + Bh0 λh =fh
(2)
Bh uh =ϕh . Aus der Koerzivit¨at und Stetigkeit von a folgt 1 α ≤A := kakL2 (Xh ×Xh ,IR) .
kA−1 h kL(Xh ,Xh ) ≤ kAh kL(Xh ,Xh )
Aus der Stetigkeit von b und der inf-sup Bedingung folgt kBh kL(Xh ,Mh ) = kBh0 kL(Mh ,Xh ) ≤B := kbkL2 (Xh ×Mh ,IR) kBh0 λh kXh ≥βkλh kMh
∀λh ∈ Mh .
Insbesondere k¨onnen wir die erste Gleichung von (2) nach uh aufl¨osen und das Ergebnis in die zweite Gleichung von (2) einsetzen. Dies liefert 0 uh =A−1 h {fh − Bh λh }
−1 0 Bh A−1 h Bh λh =Bh Ah fh − ϕh .
88
(3)
Setze zur Abk¨ urzung
0 Lh :=Bh A−1 h Bh
(4)
ρh :=Bh A−1 h f h − ϕh .
Offensichtlich ist der Operator Lh symmetrisch. Aus den Absch¨atzungen f¨ ur Ah und Bh folgt kLh kL(Mh ,Mh ) ≤ B 2 α−1 und
0 0 (Lh λh , λh )Mh =(A−1 h B h λh , B h λh ) X h −1 0 0 =(A−1 h Bh λh , Ah Ah Bh λh )Xh −1 0 0 =a(A−1 h Bh λh , Ah Bh λh ) 2 0 ≥αkA−1 h Bh λh kXh
≥αA−2 kBh0 λh k2Xh
≥αA−2 β 2 kλh k2Mh . Also ist Lh auch koerziv und kL−1 h kL(Mh ,Mh ) ≤
A2 . αβ 2
Insbesondere folgt f¨ ur die Kondition von Lh κ(Lh ) :=
kLh kL(Mh ,Mh ) kL−1 h kL(Mh ,Mh )
≤
µ
AB αβ
¶2
.
Daher kann die zweite Gleichung von (3) effizient durch ein CG-Verfahren gel¨ost werden. Die Konvergenzrate h¨angt nicht von h ab, und der Aufwand, der f¨ ur die Reduktion des Fehlers um einen festen Faktor erforderlich ist, ist proportional zur Zahl der Unbekannten, d.h. zu dimMh . Die Proportionalit¨atskonstante h¨angt dabei von dem Aufwand ab, den die Auswertung von Lh erfordert. Die Berechnung von ρh und die Auswertung von Lh µh f¨ ur gegebenes µh erfordert die L¨osung eines Problems der Form Ah vh = wh .
(5)
F¨ ur die Stokes Gleichungen sind dies entkoppelte diskrete Poisson Gleichungen f¨ ur die Komponenten des Geschwindigkeitsfeldes. Wenn wir die Probleme (5) n¨aherungsweise durch n Iterationen eines station¨aren Iterationsverfahrens mit Startwert 0 l¨osen, approximieren wir A−1 h durch einen Operator Kh,n . Bezeichnet κ die Konvergenzrate gemessen in der Xh -Norm dieses Iterationsverfahrens, so gilt f¨ ur jedes wh ∈ Xh die Absch¨atzung −1 n kKh,n wh − A−1 h wh kXh ≤ κ kAh wh kXh .
89
(6)
Setze Lh,n := Bh Kh,n Bh0 . Falls Kh,n symmetrisch bzgl. der Bilinearform a ist, ist Lh,n symmetrisch. Aus den Absch¨atzungen f¨ ur Lh und (6) folgt f¨ ur jedes λh ∈ Mh 0 kLh λh − Lh,n λh kMh =kBh (A−1 h − Kh,n )Bh λh kMh 0 ≤Bk(A−1 h − Kh,n )Bh λh kXh
0 ≤κn BkA−1 h Bh λh kXh
≤
B 2 κn kλh kMh α
und (λh , Lh,n λh )Mh ≥(λh , Lh λh )Mh − (λh , (Lh − Lh,n )λh )Mh B 2 κn αβ 2 2 kλ k − kλh k2Mh h Mh 2 A α µ 2 ¶ αβ B 2 κn ≥ − kλh k2Mh . A2 α ≥
Also ist Lh,n koerziv, falls B 2 κn αβ 2 − >0 A2 α
d.h.
µ
n
κ <
αβ AB
¶2
(7)
ist. Insbesondere folgt in diesem Fall kLh,n kL(Mh ,Mh ) ≤kLh kL(Mh ,Mh ) + kLh − Lh,n kL(Mh ,Mh ) B2 B 2 κn + α α B2 = (1 + κn ) α ≤
und kL−1 h,n kL(Mh ,Mh ) sowie f¨ ur die Kondition κ(Lh,n ) ≤
B 2 κn αβ 2 − ≤ A2 α
¸−1
A2 B 2 (1 + κn ) . α 2 β 2 − A 2 B 2 κn
Ist insbesondere 1 κ ≤ 2 n
·
µ
αβ AB
90
¶2
,
(8)
αβ 2 ergibt sich wegen ( AB ) ≤1
κ(Lh,n ) ≤ 3
µ
αβ AB
¶2
= 3κ(Lh ).
Daher kann eine Gleichung der Form Lh,n λh = ρh,n effizient durch ein CG-Verfahren gel¨ost werden. Insbesondere ist der Aufwand zur Reduktion des Fehlers um einen festen Faktor nach wie vor proportional zu dimMh . Dabei h¨angt die Proportionalit¨atskonstante von dem Aufwand zur Auswertung von Kh,n ab. ¨ Diese Uberlegungen f¨ uhren auf folgenden Algorithmus. 9.1 Algorithmus: (CG-MG Algorithmus zur L¨ osung der diskreten Stokes Gleichungen) (1) L¨ ose die diskreten Poisson Gleichungen Ah wh = fh n¨ aherungsweise durch n Iterationen eines Mehrgitterverfahrens mit Startwert 0. Das Ergebnis sei wh,n . Setze ρh,n := Bh wh,n . (2) Wende ein CG-Verfahren mit Startwert 0 auf das Problem Lh ph = ρh,n an. Dabei werde f¨ ur gegebenes qh der Ausdruck Lh qh n¨ aherungsweise berechnet, indem die diskreten Poisson Gleichungen Ah vh = Bh0 qh n¨ aherungsweise durch n Iterationen eines Mehrgitterverfahrens mit Startwert 0 gel¨ ost werden. (3) Sei p˜h die in Schritt 2 berechnete N¨ aherung f¨ ur den Druck. L¨ ose die diskreten Poisson Gleichungen Ah vh = fh − Bh0 p˜h n¨ aherungsweise durch n Iterationen eines Mehrgitterverfahrens mit Startwert 0. ˜ h . Dies ist die Approximation f¨ Das Ergebnis sie u ur die Geschwindigkeit. 91
˜ h , p˜h das Ergebnis von Algorithmus 9.1, mit uh , ph 9.2 Satz: Bezeichne mit u die exakte L¨ osung der diskreten Stokes Gleichungen, mit Kh,n die durch das Mehrund mit Lh,n := Bh Kh,n Bh0 die gitterverfahren gegebene Approximation von A−1 h 0 entsprechende Approximation von Lh = Bh A−1 h Bh . Es gelte (8) und kLh,n p˜h − ρh,n k0 ≤ ε. Dann ist ˜ h k1 + kph − p˜h k0 ≤ κn c1 (α, β, A, B)kf k0 + εc2 (α, β, A, B). kuh − u Beweis: Es ist
kρh − ρh,n k0 =kBh (A−1 h − Kh,n )fh kMh ≤Bκn kA−1 h fh kXh ≤Bκn α−1
(fh , vh )Xh vh ∈Xh \{0} kvh kXh sup
≤Bκn α−1 kf k0 . Damit folgt kph − p˜h k0 =kph − p˜h kMh ≤
A2 k Lh ph −Lh p˜h kMh αβ 2 | {z } =ρh
o A n ≤ 2 kρh − ρh,n kMh + kρh,n − Lh,n p˜h kMh + kLh,n p˜h − Lh p˜h kMh αβ ½ ¾ A2 Bκn B 2 κn ≤ 2 kf k0 + ε + k˜ ph kMh αβ α α A2 A 2 B 2 κn A2 Bκn ε + {k˜ ph − ph kMh + kph kMh } . ≤ 2 2 kf k0 + α β αβ 2 α2 β 2 | {z } 2
≤ 21
Wegen
kph kMh =kph k0 ≤ 1 ≤ kf k0 β
1 β
b(vh , ph ) vh ∈V ⊥ \{0} kvh k1 sup h
folgt hieraus A2 A 2 B 2 κn A2 Bκn kf k + 2 ε + 2 kph kMh 0 α2 β 2 αβ 2 α2 β 2 µ ¶2 ¸ · AB 1 A2 n 1 ≤2 + kf k0 + 2 2 ε. κ αβ B β αβ
kph − p˜h k0 ≤2
92
Wegen der ersten Gleichung von (3) ergibt sich 0 0 ˜ h k1 =kA−1 kuh − u ˜h )kXh h (fh − Bh ph ) − Kh,n (fh − Bh p
−1 0 ˜h kXh ≤k(A−1 h − Kh,n )fh kXh + k(Ah − Kh,n )Bh p 0 + kA−1 ˜h )kXh h Bh (ph − p
B −1 0 n ≤κn kA−1 ˜h kXh + kph − p˜h kMh h fh kXh + κ kAh Bh p α h i n B B κ ph − ph k0 + kph k0 + kph − p˜h k0 ≤ kf k0 + κn k˜ α µ α¶ α B B κn 1+ kf k0 + (1 + κn ) k˜ ph − ph k0 . ≤ α β α Hieraus folgt die Behauptung. 9.3 Bemerkung: Aus dem Beweis von Satz 9.2 folgt, dass der κn -Term in der ˜ h k1 + kph − p˜h k0 nur von der Genauigkeit des MehrgitteralAbsch¨atzung von kuh − u gorithmus in Schritt 1, Schritt 3 und der letzten Iteration von Schritt 2 in Algorithmus 9.1 abh¨angt. Daher kann man in Schritt 2 mit einer geringen Anzahl von Mehrgitteriterationen (typischerweise 1 – 2 Iterationen) arbeiten und erst auf eine h¨ohere Genauigkeit (typischerweise 4 – 5 Iterationen) umschalten, wenn das Abbruchkriterium kLh,n p˜h − ρh,n k0 ≤ ε zum ersten Mal erf¨ ullt wird.
In Algorithmus 9.1 wird ein Mehrgitteralgorithmus zur L¨osung diskreter Poisson Gleichungen als innere Iteration eines iterativen L¨osungsverfahrens f¨ ur die diskreten Stokes Gleichungen verwendet. Wir wollen nun die Mehrgitteridee direkt auf die diskreten Stokes Gleichungen anwenden. Dazu nehmen wir an, dass wir u ¨ber eine Folge h0 > h1 > ... > hR von Unterteilungen Thk von Ω und entsprechender Finite Element R¨aume Xhk , Mhk verf¨ ugen. Wir machen folgende Annahmen: (1) Die Unterteilungen Thk sind uniform, d.h. max hK ≤ c min hK
K∈Thk
K∈Thk
∀0 ≤ k ≤ R.
(2) Die R¨aume Xhk und Mhk sind geschachtelt, d.h. Xhk ⊂ Xhk+1 , Mhk ⊂ Mhk+1
∀0 ≤ k < R.
(3) Die Bilinearform a ist gleichm¨aßig Xhk -koerziv; die Bilinearform b erf¨ ullt die gleichm¨aßige inf-sup Bedingung. (4) Die Skalarprodukte (., .)Xhk und (., .)Mhk sind gleichm¨aßig ¨aquivalent zum L2 Skalarprodukt. Zur Vereinfachung der Notation ersetzen wir den Index hk stets durch k. Zus¨atzlich zu den bisherigen Notationen f¨ uhren wir zwei Restriktionsoperatoren Rk : Xk −→ Xk−1 93
und ρk : Mk −→ Mk−1 durch (Rk uk , vk−1 )Xk−1 =(uk , vk−1 )Xk
∀uk ∈ Xk , vk−1 ∈ Xk−1 , k ≥ 1
∀pk ∈ Mk , qk−1 ∈ Mk−1 , k ≥ 1
(ρk pk , qk−1 )Mk−1 =(pk , qk−1 )Mk ein.
Wir betrachten im folgenden Algorithmus die Stokes Probleme Ak uk + Bk0 pk =fk
(Pk )
Bk uk =gk .
Dabei ist fR = fhR und gR = 0. Die Gr¨oßen fk , gk mit k ≤ R − 1 werden rekursiv w¨ahrend des Algorithmus berechnet. Man beachte, dass eine ¨aquivalente Formulierung von (Pk ) mit den Bilinearformen a und b gegeben ist durch a(uk , vk ) + b(vk , pk ) =(fk , vk )Xk b(uk , qk ) =(gk , qk )Mk
∀vk ∈ Xk
∀qk ∈ Mk .
9.4 Algorithmus: (Eine Iteration des Mehrgitteralgorithmus auf Stufe k mit m Richardson Gl¨ attungsschritten) 1. Gl¨ atung: Gegeben sei eine N¨ aherung u0k ∈ Xk , p0k ∈ Mk f¨ ur die L¨ osung von Problem (Pk ). Berechne f¨ ur l = 1, 2, ..., m wkl :=ωk−2 {fk − Ak ukl−1 − Bk0 pkl−1 } l−1 −2 rkl :=h−2 k ωk {gk − Bk uk }
und
ulk :=ukl−1 + Ak wkl + Bk0 rkl l plk :=pkl−1 + h−2 k Bk wk .
osung von 2. Grobgitterkorrektur: Sei u∗k−1 ∈ Xk−1 , p∗k−1 ∈ Mk−1 die exakte L¨ Problem (Pk−1 ) mit 0 m fk−1 :=Rk {fk − Ak um k − B k pk } gk−1 :=ρk {gk − Bk um k }.
˜ k−1 := u∗k−1 , p˜k−1 := p∗k−1 . Falls k > 1 ist, berechne Falls k = 1 ist, setze u ˜ k−1 ∈ Xk−1 , p˜k−1 ∈ Mk−1 f¨ N¨ aherungen u ur u∗k−1 , p∗k−1 durch Anwenden von µ ≥ 2 Iterationen des Mehrgitteralgorithmus auf Stufe k − 1 mit Startwert u0k−1 = 0, p0k−1 = 0. Setze ˜ k−1 um+1 :=um k +u k ˜k−1 . pm+1 :=pm k +p k
94
9.5 Bemerkung: Ein Gl¨attungsschritt von Algorithmus 9.4 entspricht einem Schritt der ged¨ampften Richardson Iteration angewandt auf das System µ
Ak h−2 k Bk
Bk0 0
¶µ
Bk0 0
Ak h−2 k Bk
¶µ
uk pk
¶
=
µ
Ak h−2 k Bk
Bk0 0
¶µ
fk h−2 k gk
¶
.
Das Quadrieren ber¨ ucksichtigt die Indefinitheit von µ Man beachte, dass
spektral ¨aquivalent ist zu
µ µ
Bk0 0
Ak Bk
¶
Bk0 0
Ak −2 hk B k
. ¶
0 h−1 k Bk 0
Ak h−1 k Bk
¶
.
Die Skalierung von Bk und Bk0 ber¨ ucksichtigt die unterschiedliche Ordnung der Differentialoperatoren, die zu Ak bzw. Bk und Bk0 geh¨oren. Der D¨ampfungsparameter ωk muss gr¨oßer sein als der gr¨oßte Eigenwert von µ
Ak −2 hk B k
Bk0 0
¶
.
Wir werden zeigen, dass dieser Eigenwert proportional zu h−2 k ist. F¨ ur die Konvergenzanalyse von Algorithmus 9.4 definieren wir eine gitterabh¨angige Norm k.k0,k auf Xk × Mk durch ª1/2 © . k[uk , pk ]k0,k := (uk , uk )Xk + h2k (pk , pk )Mk
Wegen der Voraussetzung (4) ist die Norm k.k0,k gleichm¨aßig ¨aquivalent zu {kuk k20 + h2k kpk k20 }1/2 . Die Skalierung des Druckes ber¨ ucksichtigt die unterschiedliche Regularit¨at von Druck und Geschwindigkeit. Da der Operator
µ
Ak h−2 k Bk
Bk0 0
¶
spektral ¨aquivalent ist zu dem symmetrischen Operator µ
0 h−1 k Bk 0
Ak h−1 k Bk
¶
besitzt er einen vollst¨andigen Satz von reellen Eigenwerten λk,1 , ..., λk,Nk und zugeh¨origen Eigenfuktionen [wk,1 , rk,1 ], ..., [wk,Nk , rk,Nk ] mit Nk := dim(Xk × Mk ). Dabei 95
k¨onnen die Eigenwerte der Gr¨oße nach geordnet und die Eigenfunktionen bez¨ uglich des zu k.k0,k geh¨orenden Skalarproduktes orthonormiert werden: |λk,1 | ≤ ... ≤ |λk,Nk |
Ak wk,i + Bk0 rk,i =λk,i wk,i
Bk wk,i =h−2 k λk,i rk,i (wk,i , wk,j )Xk + h2k (rk,i , rk,j )Mk =δi,j . Da o.E. hk ≤ 1 ist, folgt aus den Voraussetzungen (3) und (1) mit von k unabh¨angigen positiven Konstanten β0 =β0 k[wk,i , rk,i ]k0,k © ª1/2 ≤β0 c kwk,i k21 + krk,i k20 ≤c
a(wk,i , vk ) + b(vk , rk,i ) + b(wk,i , qk ) {kvk k21 + kqk k20 }1/2 [vk ,qk ]∈Xk ×Mk \{0} sup
≤c0
a(wk,i , vk ) + b(vk , rk,i ) + b(wk,i , qk ) k[vk , qk ]k0,k [vk ,qk ]∈Xk ×Mk \{0} sup
≤c0 |λk,i | und
|λk,i | =|a(wk,i , wk,i ) + b(wk,i , rk,i ) + b(wk,i , rk,i )| ≤c00 {kwk,i k21 + krk,i k20 } 2 ≤c000 h−2 k k[wk,i , rk,i ]k0,k
=c000 h−2 k .
Also ist |λk,Nk | ∈ [c1 , c2 h−2 angigen Konstanten c1 , c2 . Der Eink ] mit von k unabh¨ fachheit halber nehmen wir im folgenden stets an, dass ωk = |λk,Nk | ist. Jedes Element [vk , qk ] ∈ Xk × Mk besitzt eine eindeutige Zerlegung [vk , qk ] =
Nk X
ci [wk,i , rk,i ].
i=1
Mit Hilfe dieser Zerlegung k¨onnen wir f¨ ur jedes s ∈ IR eine Norm auf Xk × Mk durch |||[vk , qk ]|||s,k :=
(N k X i=1
c2i |λk,i |s
definieren. Konstruktionsgem¨aß ist |||.|||0,k = k.k0,k . 96
)1/2
9.6 Lemma: (Gl¨ attungseigenschaft) Bezeichne mit [u∗k , p∗k ] ∈ Xk ×Mk die exakte L¨ osung von Problem (Pk ) und mit [eik , εik ] := [uik − u∗k , pik − p∗k ] den Fehler nach dem i-ten Schritt von Algorithmus 9.4. Dann ist m |||[em k , εk ]|||2,k ≤ √
ch−2 k k[e0k , ε0k ]k0,k 2m + 1
mit einer von k unabh¨ angigen Konstanten c. Beweis: Zerlege den Anfangsfehler gem¨aß [e0k , ε0k ]
=
Nk X
ci [wk,i , rk,i ].
i=1
Dann ist am Ende von Schritt 1 m [em k , εk ]
=
Nk X i=1
¡ ¢m ci 1 − ωk−2 λ2k,i [wk,i , rk,i ].
(9)
Wegen ωk = |λk,Nk | folgt m |||[em k , εk ]|||2,k =
Nk X
c2i
i=1
=|λk,Nk |
Ã
λ2k,i 1− 2 λk,Nk
Nk X
c2i
i=1
Ã
!2m
1−
λ2k,i
λ2k,i λ2k,Nk 2 m
≤|λk,Nk | max |x|(1 − |x| ) |x|≤1
2 m
=|λk,Nk | max z(1 − z ) 0≤z≤1
1/2
!2m
(N k X
λ2k,i λ2k,Nk c2i
1/2
)1/2
i=1 0 0 k[ek , εk ]k0,k .
√ Da die Funktion z(1 − z 2 )m ihr Maximum in [0, 1] an der Stelle 1/ 2m + 1 annimmt, folgt hieraus die Behauptung. 9.7 Lemma: (Approximationseigenschaft) Es gibt eine von k unabh¨ angige Konstante c mit ∗ m ∗ 2 m m k[em k − uk−1 , εk − pk−1 ]k0,k ≤ chk |||[ek , εk ]|||2,k . Beweis: Definiere die Projektionsoperatoren Pk : H01 (Ω)n −→ Xk und πk : L20 (Ω) −→ Mk durch a(u − Pk u, vk ) + b(vk , p − πk p) =0 ∀vk ∈ Xk b(u − Pk u, qk ) =0 97
∀qk ∈ Mk .
Aus der Voraussetzung (3) und den abstrakten Ergebnissen von § 4 folgt f¨ ur alle 1 n 2 n 2 1 u ∈ H0 (Ω) ∩ H (Ω) , p ∈ L0 (Ω) ∩ H (Ω) ku − Pk uk1 + kp − πk pk0 ≤c{kuk1 + kpk0 }
ku − Pk uk1 + kp − πk pk0 ≤chk {kuk2 + kpk1 }.
F¨ ur g ∈ L2 (Ω)n bezeichne wg , rg die L¨osung des Stokes Problems Z a(wg , v) + b(v, rg ) = g · v ∀v ∈ H01 (Ω)n Ω
b(wg , q) =0
∀q ∈ L20 (Ω).
Da Ω ein konvexes Polygon ist, folgt wg ∈ H 2 (Ω)n , rg ∈ H 1 (Ω) und kwg k2 + krg k1 ≤ ckgk0 . Damit folgt f¨ ur beliebiges u ∈ H01 (Ω)n , p ∈ L20 (Ω) Z g · (u − Pk u) =a(wg , u − Pk u) + b(u − Pk u, rg ) + b(wg , p − πk p) Ω
=a(wg − Pk wg , u − Pk u) + b(u − Pk u, rg − πk rg ) + b(wg − Pk wg , p − πk p)
≤c{kwg − Pk wg k1 + krg − πk rg k0 }{ku − Pk uk1 + kp − πk pk0 } ≤c0 hk {ku − Pk uk1 + kp − πk pk0 }kgk0
und somit ku − Pk uk0 ≤ c0 hk {ku − Pk uk1 + kp − πk pk0 }. Wegen der Definition von k.k0,k folgt hieraus k[u − Pk u, p − πk p]k0,k ≤ c0 hk {ku − Pk uk1 + kp − πk pk0 }. Daher gilt f¨ ur jedes [vk , qk ] ∈ Xk × Mk
∗ m ∗ m ∗ a(em k − uk−1 , vk ) + b(vk , εk − pk−1 ) + b(ek − uk−1 , qk )
∗ m ∗ =a(em k − uk−1 , vk − Pk−1 vk ) + b(vk − Pk−1 vk , εk − pk−1 ) ∗ + b(em k − uk−1 , qk − πk−1 qk )
m m =a(em k , vk − Pk−1 vk ) + b(vk − Pk−1 vk , εk ) + b(ek , qk − πk−1 qk )
m ≤|||[em k , εk ]|||2,k k[vk − Pk−1 vk , qk − πk−1 qk ]k0,k
m ≤chk−1 |||[em k , εk ]|||2,k {kvk k1 + kqk k0 }.
Wegen der Voraussetzung (3) folgt hieraus ∗ m ∗ m m kem k − uk−1 k1 + kεk − pk−1 k0 ≤ chk−1 |||[ek , εk ]|||2,k . ∗ m Da u∗k−1 = Pk−1 em k , pk−1 = πk−1 εk und hk−1 ≤ chk ist, folgt hieraus die Behauptung.
98
9.8 Satz: Sei Ω ein konvexes Polygon. Dann gibt es zwei von k unabh¨ angige Kon−2 −2 stanten c1 , c2 , so dass f¨ ur alle ωk ∈ [c1 hk , c2 hk ] folgendes gilt: (1) Die Konvergenzrate δT G gemessen in der k.k0,k -Norm des Zweigitteralgorithmus 9.4 (d.h. auf Niveau k − 1 wird exakt gel¨ ost) ist beschr¨ ankt durch δT G ≤ √
c0 . 2m + 1
Die Konstante c0 h¨ angt nicht von k ab. (2) Es gibt ein m0 ∈ IN, so dass f¨ ur alle m ≥ m0 , alle µ ≥ 2 und alle k die Konvergenzrate δk gemessen in der k.k0,k -Norm des Mehrgitteralgorithmus 9.4 beschr¨ ankt ist durch 1 δk ≤ 2δT G ≤ . 2 Beweis: ad (1): Aus der Gl¨attungs- und der Approximationseigenschaft folgt f¨ ur den Zweigitteralgorithmus ∗ m ∗ ]k0,k =k[em , εm+1 k[em+1 k − uk−1 , εk − pk−1 ]k0,k k k m ≤c1 h2k |||[em k , εk ]|||2,k c2 k[e0k , ε0k ]k0,k . ≤√ 2m + 1
Hieraus folgt die Behauptung. ad (2): Konstruktionsgem¨aß gilt f¨ ur den Fehler nach der Grobgitterkorrektur ˜ k−1 , εm k[em+1 , εm+1 ]k0,k =k[em ˜k−1 ]k0,k k −u k −p k k
∗ m ∗ ≤k[em k − uk−1 , εk − pk−1 ]k0,k
˜ k−1 , p∗k−1 − p˜k−1 ]k0,k . + k[u∗k−1 − u
Gem¨aß Teil (1) ist ∗ m ∗ 0 0 k[em k − uk−1 , εk − pk−1 ]k0,k ≤ δT G k[ek , εk ]k0,k .
Wegen der Definition der Norm k.k0,k und der Mehrgitterkonvergenzrate gilt weiter ˜ k−1 , p∗k−1 − p˜k−1 ]k0,k ≤k[u∗k−1 − u ˜ k−1 , p∗k−1 − p˜k−1 ]k0,k−1 k[u∗k−1 − u µ ≤δk−1 k[u∗k−1 , p∗k−1 ]k0,k−1 µ ≤cδk−1 k[u∗k−1 , p∗k−1 ]k0,k .
Dabei h¨angt die Konstante c ≥ 1 nur von hk−1 /hk ab. Mit der Dreiecksungleichung, Teil (1) und der Fehlerdarstellung (9) folgt schließlich ∗ m ∗ m m k[u∗k−1 , p∗k−1 ]k0,k ≤k[em k − uk−1 , εk − pk−1 ]k0,k + k[ek , εk ]k0,k
≤(δT G + 1)k[e0k , ε0k ]k0,k . 99
Gem¨aß Teil (1) gibt es ein m0 ∈ IN, so dass f¨ ur alle m ≥ m0 gilt δT G ≤ min
(
1 , 2
√
2−1 2c
)
.
F¨ ur diese m und µ ≥ 2 folgt dann aus obigen Absch¨atzungen induktiv µ δk ≤δT G + cδk−1 (1 + δT G )
2 ≤δT G + cδk−1 (1 + δT G )
≤δT G + 4cδT2 G (1 + δT G )
=δT G [1 + 4cδT G + 4cδT2 G ] ≤δT G [1 + 2cδT G ]2 ≤2δT G .
Dies beweist die Behauptung. 9.9 Bemerkung: (1) Mit einer Modifikation des vorigen Beweises kann man zeigen, dass das Konvergenzresultat von Satz 9.8 auch gilt, wenn in Algorithmus 9.4 die ged¨ampfte Richardson Iteration ulk :=ukl−1 + ωk−1 {fk − Ak ukl−1 − Bk0 pkl−1 } −1 l−1 plk :=pkl−1 + h−2 k ωk {gk − Bk uk }
als Gl¨atter benutzt wird. Da pro Gl¨attungsschritt der Operator µ
Ak Bk
Bk0 0
¶
nur noch einmal ausgewertet werden muss, halbiert sich in etwa der Aufwand f¨ ur den Mehrgitteralgorithmus. (2) Eine weitere Verbesserung der Konvergenzrate bei in etwa gleichem Aufwand kann man durch folgende Modifikation von Algorithmus 9.4 erreichen. Sei αk eine Approximation f¨ ur den gr¨oßten Eigenwert von Ak , der von der Ordnung h−2 ist. k Ersetze in Schritt 1 von Algorithmus 9.4 die ged¨ampfte Richardson Iteration durch die Vorschrift µ
ulk plk
¶
=
µ
ukl−1 pkl−1
¶
−
µ
αk I Bk
Bk0 0
¶−1 ½µ
Ak Bk
Bk0 0
¶µ
ukl−1 pkl−1
¶
−
µ
fk gk
¶¾
.
(10)
osung pˆm Ersetze vor der Grobgitterkorrektur den Druck pm k durch die L¨ k des Minimumproblems 0 kAk um k + Bk qk − fk kXk −→ min in Mk . 100
F¨ uhre schließlich nach der Grobgitterkorrektur noch einen Schritt der Iterationsvorschrift (10) aus. Mit diesen Modifikationen kann man die Gl¨attungseigenschaft √ von Lemma 9.6 mit 1/m statt 1/ 2m + 1 beweisen. Der Beweis von Satz 9.8 bleibt ansonsten unver¨andert. Da die Konvergenzrate des modifizierten Algorithmus 1/m √ statt 1/ 2m + 1 betr¨agt, ist das neue Verfahren etwa doppelt so schnell wie Algorithmus 9.4. F¨ ur die Durchf¨ uhrung des Iterationsschrittes (10) beachte man, dass f¨ ur gegebenes [wk , rk ] ∈ Xk × Mk die L¨ osung von µ ¶µ ¶ µ ¶ αk I Bk0 vk wk = Bk 0 qk rk gegeben ist durch
1 [wk − Bk0 qk ] αk qk =(Bk Bk0 )−1 {Bk wk − αk rk }.
vk =
F¨ ur die Stokes Gleichungen entspricht aber das Problem (Bk Bk0 )qk = Bk wk − αk rk einer diskreten Poisson Gleichung. Diese kann mit den bekannten Verfahren leicht effizient n¨aherungsweise gel¨ost werden.
II.10 A posteriori Fehlersch¨ atzer In § 10 VFEM haben wir f¨ ur Finite Element Diskretisierungen der Reaktions-Diffusions Gleichung gezeigt, wie man aus den bekannten Daten der Differentialgleichung und der berechneten Finite Element Approximation leicht berechenbare lokale Gr¨oßen bestimmen kann, die a posteriori globale obere und lokale untere Schranken f¨ ur den Fehler der Finite Element Approximation liefern. Die wesentlichen Schritte hierbei waren: (1) Die Stabilit¨at des unendlich dimensionalen Variationsproblems, d.h. der Differentialoperator ist ein Isomorphismus zwischen geeigneten Sobolev R¨aumen. (2) Eine L2 -Darstellung des Residuums der Finite Element Approximation. (3) Die Konsistenz der Diskretisierung. (4) Geeignete Interpolationsoperatoren, die unter minimalen Regularit¨atsannahmen lokale Fehlerabsch¨atzungen liefern. (5) Lokale Abschneidefunktionen. Diese Ingredienzien lassen sich leicht auf gemischte Finite Element Diskretisierungen der Stokes Gleichungen u ¨bertragen. Um unn¨otige technische Schwierigkeiten zu vermeiden, betrachten wir im folgenden ebene Dreieckselemente. D.h., Ω ist ein 101
beschr¨anktes Polygon, Th ist eine Familie zul¨assiger und regul¨arer Triangulierungen von Ω und Xh , Mh sind Finite Element R¨aume zu Th , die Geschwindigkeit und Druck approximieren. Man beachte, dass die nachfolgenden Argumente nie die Stabilit¨at des Paares (Xh , Mh ) erfordern. µ,0 2 Wir nehmen an, dass es zwei Zahlen µ ≥ 1 und ν ≥ 0 gibt mit Xh ⊂ [Sh,0 ] , ν,−1 1,0 2 2 1 2 2 Mh ⊂ Sh ∩L0 (Ω) und dass [Sh,0 ] ⊂ Xh ist. Mit u ∈ H0 (Ω) , p ∈ L0 (Ω) bezeichnen wir die eindeutige schwache L¨osung der Stokes Gleichungen und mit uh ∈ Xh , ph ∈ Mh eine L¨osung der entsprechenden Finite Element Diskretisierung Z Z Z ∇uh : ∇vh − ph div vh = f · vh ∀vh ∈ Xh Ω Ω Ω Z (1) qh div uh =0 ∀qh ∈ Mh . Ω
Wegen Satz 3.4 gibt es eine Konstante β > 0, die nur von Ω abh¨angt, mit ku − uh k1 + kp − ph k0 Z nZ −1 ∇(u − uh ) : ∇v − (p − ph ) div v ≤β sup v∈H 1 (Ω)2 ,q∈L2 (Ω) 0 0 kvk2 +kqk2 =1 1 0
Ω
Ω
+
Z
Ω
(2)
o
q div(u − uh ) .
Dies ist die Stabilit¨at des Variationsproblems aus Punkt (1). F¨ ur die L2 -Darstellung des Residuums aus Punkt (2) f¨ uhren wir elementweise 1 2 2 partielle Integration aus. F¨ ur beliebiges v ∈ H0 (Ω) , q ∈ L0 (Ω) erhalten wir Z Z Z ∇(u − uh ) : ∇v − (p − ph ) div v + q div(u − uh ) Ω Ω Ω Z Z Z Z q div uh ph div v − = f ·v− ∇uh : ∇v + Ω Ω Ω Ω ) ( Z Z Z X Z − q div uh = f ·v − ∇uh : ∇v + ph div v K K K K K∈Th {z } R R| =
=
X ½Z
K∈Th
=
X Z
K∈Th
−
K
K
(∆uh −∇ph )·v−
∂K
(f + ∆uh − ∇ph ) · v −
(f + ∆uh − ∇ph ) · v −
X Z
E∈Eh
K
E
Z
nK ·(∇uh − ph I)·v
K
q div uh −
X Z
K∈Th
Z
q div uh K
[nE · (∇uh − ph I)]E · v. 102
∂K
nK · (∇uh − ph I) · v
¾
(3)
Hierbei bezeichnen I die 2 × 2 Einheitsmatrix, nK die ¨außere Normale zu K, Eh die Menge der inneren Kanten in Th , nE einen zu E senkrechten Einheitsvektor und [ϕ]E den Sprung von ϕ u ¨ber E in Richtung nE . Man beachte, dass die Terme [nE · ph I]E verschwinden, wenn wir stetige Druckapproximationen verwenden. Aus der schwachen Formulierung der Stokes Gleichungen und (1) folgt f¨ ur alle v h ∈ X h , q h ∈ Mh Z Z Z ∇(u − uh ) : ∇vh − (p − ph ) div vh + div(u − uh )qh = 0. (4) Ω
Ω
Ω
Dies ist die Konsistenz aus Punkt (3). F¨ ur die Interpolationsoperatoren aus Punkt (4) greifen wir auf den modifizierten Cl´ement’schen Interpolationsoperator aus § I.4 zur¨ uck und wenden ihn auf die Komponenten des Geschwindigkeitsfeldes an. Seien dazu v ∈ H01 (Ω)2 und q ∈ L20 (Ω) beliebig mit kvk1 + kqk0 = 1. Dann folgt mit vh = Rh v und der Cauchy-Schwarz’schen Ungleichung aus den Identit¨aten (3) und (4) und den Fehlerabsch¨atzungen aus § I.4 Z Z Z div(u − uh )q ∇(u − uh ) : ∇v − (p − ph ) div v + Ω Ω Ω Z Z Z = ∇(u − uh ) : ∇(v − vh ) − (p − ph ) div(v − vh ) + div(u − uh )q Ω Ω Ω X Z X Z q div uh (f + ∆uh − ∇ph ) · (v − vh ) − = K
K∈Th
− ≤
X Z
E∈Eh
X
K∈Th
+
X
X
K∈Th
≤
X
K∈Th
+
X
k[nE · (∇uh − ph I)]E kL2 (E) kv − vh kL2 (E) kqkL2 (K) k div uh kL2 (K)
1/2
X
K∈Th
≤c0
[nE · (∇uh − ph I)]E · (v − vh )
c1 hK kf + ∆uh − ∇ph kL2 (K) kvkH 1 (˜ωK )
E∈Eh
+
E
K
kf + ∆uh − ∇ph kL2 (K) kv − vh kL2 (K)
E∈Eh
+
K∈Th
c2 hE k[nE · (∇uh − ph I)]E kL2 (E) kv − vh kH 1 (˜ωE ) kqkL2 (K) k div uh kL2 (K)
nX£ K∈Th
+
h2K kf + ∆uh − ∇ph k2L2 (K) + k div uh k2L2 (K)
X
E∈Eh
hE k[nE · (∇uh − ph I)]E k2L2 (E) 103
o1/2
.
¤
Setzen wir zur Abk¨ urzung n ηK := h2K kf + ∆uh − ∇ph k2L2 (K) + k div uh k2L2 (K) o1/2 1 X 2 + hE k[nE · (∇uh − ph I)]E kL2 (E) , 2 E∈E
(6)
h E⊂∂K
so folgt aus dieser Absch¨atzung und der Ungleichung (2) die globale obere Fehlerschranke ( )1/2 X 2 ku − uh k1 + kp − ph k0 ≤ c0 β −1 ηK . (7) K∈Th
ηK ist der gesuchte residuelle a posteriori Fehlersch¨ atzer. Wegen Absch¨atzung (7) ist der Fehlersch¨atzer zuverl¨ assig. Man beachte, dass die Konstante in (7) nur von der Stabilit¨at des unendlich dimensionalen Variationsproblems und den Konstanten in der Interpolationsfehlerabsch¨atzung von § I.4 abh¨angt.
F¨ ur die Abschneidefunktionen aus Punkt (5) k¨onnen wir die Funktionen ψK und ψE aus § 10 VFEM u ¨bernehmen. ψK ist die Elementblasenfunktion aus § 5 (vgl. Satz 5.10). Diese ist das eindeutige kubische Polynom, das auf dem Rand von K verschwindet und das im Schwerpunkt von K den Wert 1 annimmt. ψE ist die Kantenblasenfunktion aus § 5 (vgl. Satz 5.8). Diese ist das eindeutige stetige, st¨ uckweise quadratische Polynom, das im Mittelpunkt von E den Wert 1 annimmt und das auf dem Rand von ωE verschwindet. In Satz 10.2 VFEM haben wir folgende Eigenschaften der Funktionen ψK und ψE bewiesen: nZ o1/2 c1 kvkL2 (K) ≤ ≤ kvkL2 (K) , ψK v 2 K
≤ c3 h−1 c2 h−1 K kψK vkL2 (K) , K kψK vkL2 (K) ≤ |ψK v|H 1 (K) Z n o1/2 c4 kσkL2 (E) ≤ ψE σ 2 ≤ kσkL2 (E) ,
(8)
E
c5 h−1 E kψE σkL2 (ωE ) ≤ |ψE σ|H 1 (ωE ) 1/2
kψE σkL2 (ωE ) ≤ c7 hE kσkL2 (E) .
≤ c6 h−1 E kψE σkL2 (ωE ) ,
Dabei sind K ∈ Th , E ∈ Eh , v ein Polynom vom Grad k auf K, σ ein Polynom vom Grad k auf E und k ∈ IN beliebig. Die Konstanten c1 , ..., c7 h¨angen nur von k und der Konstanten cT in der Regularit¨atsbedingung an Th ab. Wegen div u = 0 ist offensichtlich f¨ ur jedes K ∈ Th k div uh kL2 (K) = k div(u − uh )kL2 (K) ≤
√
2ku − uh kH 1 (K) .
(9)
Sei nun fh irgendeine Finite Element Approximation an f , z.B. die L2 -Projektion auf [Sh0,−1 ]2 . Setzen wir die Funktionen v := vK := ψK (fh + ∆uh − ∇ph ) und q := 0 in 104
(3) ein, so erhalten wir mit (8) c21 kfh + ∆uh − ∇ph k2L2 (K) Z ≤ (fh + ∆uh − ∇ph ) · ψK (fh + ∆uh − ∇ph ) | {z } K Z
Z
=vK
(f + ∆uh − ∇ph ) · vK + (fh − f ) · vK K Z Z Z (fh − f ) · vK (p − ph ) div vK + ∇(u − uh ) : ∇vK − = K K K √ ≤ku − uh kH 1 (K) k∇vK kL2 (K) + kp − ph kL2 (K) 2k∇vK kL2 (K)
=
K
+ kf − fh kL2 (K) kvK kL2 (K) o i n h √ 2 (K) + kf − fh kL2 (K) 1 (K) + 2kp − p k ≤ c3 h−1 ku − u k h h L H K · kfh + ∆uh − ∇ph kkL2 (K) .
Hieraus folgt f¨ ur jedes K ∈ Th hK kfh + ∆uh − ∇ph kkL2 (K) ª © ≤c ku − uh kH 1 (K) + kp − ph kL2 (K) + hK kf − fh kL2 (K) .
(10)
Setzen wir schließlich die Funktionen v := vE := ψE [nE · (∇uh − ph I)]E und q := 0 in (3) ein, erhalten wir aus (8) c24 k[nE · (∇uh − ph I)]E k2L2 (E) Z ≤ [nE · (∇uh − ph I)]E · ψE [nE · (∇uh − ph I)]E | {z } E Z
=vE
Z
(p − ph ) div vE ∇(u − uh ) : ∇vE + ωE X Z − (f + ∆uh − ∇ph ) · vE
=−
n
ωE
K⊂ωE
K
−1/2 £
√
¤ 2kp − ph kL2 (ωE ) o 1/2 + c7 hE kf + ∆uh − ∇ph kL2 (ωE ) k[nE · (∇uh − ph I)]E kL2 (E) .
≤ c 6 c 7 hE
ku − uh kH 1 (ωE ) +
Zusammen mit (10) liefert dies f¨ ur jedes E ∈ Eh 1/2
hE k[nE · (∇uh − ph I)]E kL2 (E) © ª ≤c ku − uh kH 1 (ωE ) + kp − ph kL2 (ωE ) + hE kf − fh kL2 (ωE ) .
(11)
Aus den Absch¨atzungen (9) – (11) ergibt sich die lokale untere Fehlerschranke © ª ηK ≤ c ku − uh kH 1 (ωK ) + kp − ph kL2 (ωK ) + hK kf − fh kL2 (ωK ) 105
(12)
mit ωK :=
[
K 0.
K∩K 0 ∈Eh
Daher ist der Sch¨atzer auch effizient. Man beachte, dass der Term hK kf − fh kL2 (ωK ) in (12) eine St¨orung h¨oherer Ordnung ist. Wie in § 10 VFEM beschrieben, kann man die Gr¨oßen ηK f¨ ur eine automatische, adaptive Gitterverfeinerung benutzen. ¨ Ahnlich wie in Bem. 10.3 VFEM kann man f¨ ur das Stokes Problem auch Fehlersch¨atzer konstruieren, die auf der L¨osung lokaler, diskreter Hilfsprobleme beruhen. Jetzt sind diese Probleme aber Stokes Gleichungen. Man muss daher besonders auf die Stabilit¨at der lokalen Probleme achten. Mit Hilfe der Abschneidefunktionen ψK und ψE kann man zeigen, dass diese Hilfsprobleme Fehlersch¨atzer liefern, die in dem Sinne zu ηK ¨aquivalent sind, dass beide Gr¨oßen in beide Richtungen bis auf multiplikative, von h unabh¨angige Konstanten und additive Terme h¨oherer Ordnung gegeneinander abgesch¨atzt werden k¨onnen.
106
III Die station¨ aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen III.1 Existenz, Eindeutigkeit und Regularit¨ at der L¨ osungen der station¨ aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen Wir betrachten in diesem Kapitel die station¨aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen aus § I.2 −ν∆u + ∇˜ p + (u · ∇)u =f
in Ω
div u =0 in Ω
(1)
u =0 auf Γ. Dabei ist Ω ⊂ IRn , n ∈ {2, 3}, wie u ¨blich ein beschr¨anktes, zusammenh¨angendes Gebiet mit Lipschitz Rand Γ; ν > 0 bezeichnet die Viskosit¨at. Wir beschr¨anken uns zun¨achst auf homogene Dirichlet Randbedingungen, um technische Schwierigkeiten zu vermeiden. Sp¨ater werden wir zeigen, wie inhomogene Dirichlet Randbedingungen behandelt werden k¨onnen. F¨ ur das weitere ist es hilfreich, Gleichung (1) umzuskalieren. Dazu dividieren wir die Impulsgleichung durch die Viskosit¨at und setzen p := ν −1 p˜. Dies liefert die ¨aquivalenten Gleichungen 1 1 −∆u + ∇p + (u · ∇)u = f in Ω ν ν div u =0 u =0
in Ω
(2)
auf Γ.
F¨ ur eine schwache Formulierung von (2) definieren wir eine Trilinearform N durch Z Z X ∂vj N (u, v, w) := [(u · ∇)v] · w = ui wj . ∂xi Ω Ω 1≤i,j≤n
1.1 Satz: N ist eine stetige Trilinearform auf H01 (Ω)n × H01 (Ω)n × H01 (Ω)n . F¨ ur n 1 alle u, v, w ∈ H0 (Ω) mit div u = 0 gilt N (u, v, w) = −N (u, w, v) und N (u, v, v) = 0.
Beweis: Wir erinnern daran, dass n ∈ {2, 3} ist. Seien u, v, w ∈ C0∞ (Ω)n . Dann folgt aus der H¨older’schen Ungleichung Z N (u, v, w) = ∇v : (u ⊗ w) Ω
≤k∇vkL2 (Ω) ku ⊗ wkL2 (Ω)
≤k∇vkL2 (Ω) kukL4 (Ω) kwkL4 (Ω) . 107
(3)
Da n ≤ 4 ist, ist gem¨aß dem Sobolev’schen Einbettungssatz H01 (Ω)n stetig in L4 (Ω)n eingebettet. Da C0∞ (Ω)n dicht ist H01 (Ω)n , beweist dies die Stetigkeit von N . Die Trilinearit¨at ist offensichtlich. F¨ ur u, v, w ∈ C0∞ (Ω)n folgt mit dem Gauß’schen Integralsatz Z X ∂vj N (u, v, w) = ui wj ∂xi Ω 1≤i,j≤n ¾ X Z ½ ∂ ∂ (ui vj wj ) − vj (ui wj ) = ∂xi ∂xi Ω 1≤i,j≤n Z Z X Z ∂ui ∂wj vj = n i u i v j wj − vj wj − ui Γ | {z } ∂xi ∂xi Ω Ω 1≤i,j≤n =0 Z = − (div u)(v · w) − N (u, w, v). Ω
Hieraus folgen die restlichen Eigenschaften von N . Wegen Satz 1.1 lautet die schwache Formulierung von (2): Finde u ∈ X := H01 (Ω)n , p ∈ M :=L20 (Ω), so dass Z 1 1 a(u, v) + b(v, p) + N (u, u, v) = f · v ∀v ∈ X ν ν Ω b(u, q) =0
(4)
∀q ∈ M.
Dabei ist wie bei den Stokes Gleichungen Z a(u, v) := ∇u : ∇v Ω Z p div v. b(v, p) := − Ω
Offensichtlich ist jede klassische L¨osung von (2) eine L¨osung von (4) und umgekehrt jede hinreichend glatte L¨osung von (4) eine klassische L¨osung von (2). Sei wie u ¨blich V := {v ∈ H01 (Ω)n : div v = 0}. Dann ist wegen Satz II.3.3 und Bem. II.2.4 Problem (4) ¨aquivalent zu Finde u ∈ V, so dass Z 1 1 f ·v a(u, v) + N (u, u, v) = ν ν Ω
∀v ∈ V.
(5)
F¨ ur den Nachweis der L¨osbarkeit von Problem (5) – und damit auch von Problem (4) – und f¨ ur die sp¨atere Finite Element Diskretisierung ist es hilfreich, Problem (5) 108
als eine ¨aquivalente Operatorgleichung zu formulieren. Hierzu bezeichnen wir mit T ∈ L(H −1 (Ω)n , V ) den Stokes Operator, der jedem w ∈ H −1 (Ω)n die eindeutige L¨osung u := T w ∈ V von a(u, v) = hw, viH 1 (Ω)
∀v ∈ V
zuordnet. Weiter definieren wir stetige Abbildungen G, G0 : H01 (Ω)n −→ H −1 (Ω)n durch hG0 (u), viH 1 (Ω) :=N (u, u, v) G(u) :=G0 (u) − f .
Dann ist Problem (5) ¨aquivalent zu Finde u ∈H01 (Ω)n mit 1 1 F ( , u) :=u + T G(u) = 0. ν ν
(6)
Im folgenden setzen wir zur Abk¨ urzung h¨aufig λ :=
1 . ν
Man beachte, dass f¨ ur alle u ∈ H01 (Ω)n und alle v ∈ V gilt a(F (λ, u), v) = a(u, v) + λN (u, u, v) − λhf , viH 1 (Ω) . 1.2 Satz: (1. Schauder’scher Fixpunktsatz) Seien X ein Banach Raum, K ⊂ X nicht leer, konvex und kompakt und ψ : K −→ K stetig. Dann besitzt ψ einen Fixpunkt in K. Beweis: Satz X.7.10 Analysis III oder Satz 230.3 Heuser: Lehrbuch der Analysis, Band 2. 1.3 Satz: Seien X ein endlich dimensionaler Hilbert Raum mit Skalarprodukt (., .)X und ϕ : X −→ X stetig. Es gebe ein r > 0 mit (ϕ(u), u)X ≥ 0
∀u ∈ X mit kukX = r.
Dann gibt es ein u ∈ X mit kukX ≤ r und ϕ(u) = 0. Beweis: (Vgl. Satz X.7.3 Analysis III) Wir nehmen an, ϕ besitze keine Nullstelle in K := {u ∈ X : kukX ≤ r}. K ist konvex und kompakt, da X endlich dimensional ist. Da ϕ keine Nullstelle in K besitzt, ist ψ(u) := −r
ϕ(u) kϕ(u)kX
109
auf K wohldefiniert und stetig. Aus Satz 1.2 folgt, dass ψ einen Fixpunkt u∗ in K besitzt. Wegen kψ(u)kX = r f¨ ur alle u ∈ K gilt ku∗ kX = r. Damit folgt r2 =(u∗ , u∗ )X =(ψ(u∗ ), u∗ )X ∗ ∗ = − rkϕ(u∗ )k−1 X (ϕ(u ), u )X
≤0. Dies ist ein Widerspruch.
1.4 Satz: (Existenzsatz) Die station¨ aren, inkompressiblen Navier-Stokes Glei−1 chungen (2) besitzen f¨ ur jedes f ∈ H (Ω)n und jedes ν ∈ IR∗+ mindestens eine schwache L¨ osung. F¨ ur jede schwache L¨ osung u gilt die a priori Absch¨ atzung |u|1 ≤
1 kf k−1 . ν
(7)
Beweis: Sei u eine schwache L¨osung der Navier-Stokes Gleichungen. Aus (5) und Satz 1.1 folgt |u|21 =a(u, u) 1 =a(u, u) + N (u, u, u) ν 1 = hf , uiH 1 (Ω) ν 1 ≤ kf k−1 |u|1 . ν Hieraus folgt die a priori Absch¨atzung (7). Wir zeigen nun die Existenz einer L¨osung. V ist als abgeschlossener Unterraum von H01 (Ω)n separabel, d.h., es gibt eine Folge (Vm )m∈IN endlich dimensionaler Unterr¨aume mit Vm ⊂ Vm+1 ∀m ∈ IN und V =
[
Vm .
m∈IN
Bezeichne mit Tm ∈ L(H −1 (Ω)n , Vm ) den Stokes Operator auf Vm , der jedem w ∈ H −1 (Ω)n die eindeutige L¨osung um := T w ∈ Vm von a(um , v) = hw, viH 1 (Ω)
∀v ∈ Vm
zuordnet. Da a V -koerziv ist, ist Tm wohldefiniert. Definiere Fm : IR∗+ × Vm −→ Vm durch Fm (λ, u) := u + λTm G(u). 110
Sei u ∈ Vm mit |u|1 = λkf k−1 . Dann folgt a(Fm (λ, u), u) =a(u, u) + λN (u, u, u) − λhf , uiH 1 (Ω) =a(u, u) − λhf , uiH 1 (Ω) ≥|u|21 − λ|u|1 kf k−1 =0.
Daher k¨onnen wir Satz 1.3 auf X := Vm , (., .)X := a(., .), ϕ := Fm (λ, .) anwenden und erhalten f¨ ur alle λ und alle m die Existenz eines uλ,m ∈ Vm mit |uλ,m |1 ≤ λkf k−1
(8)
Fm (λ, uλ,m ) = 0.
(9)
und
Aus (8) und dem Sobolev’schen Einbettungssatz folgt, dass es ein u∗λ ∈ V gibt mit uλ,m → u∗λ schwach in H 1 und stark in L4 . Aus (9) folgt a(uλ,m , v) + λN (uλ,m , uλ,m , v) = λhf , viH 1 (Ω)
∀v ∈ Vn , n ≤ m.
(10)
Wegen der schwachen Konvergenz der Folge (uλ,m )m∈IN in H 1 gilt f¨ ur jedes n ∈ IN und jedes v ∈ Vn a(uλ,m , v) −→ a(u∗λ , v). m→∞
Wegen der Trilinearit¨at von N , Satz 1.1 und Absch¨atzung (3) gilt weiter |N (uλ,m , uλ,m , v) − N (u∗λ , u∗λ , v)|
=|N (uλ,m − u∗λ , uλ,m , v) + N (u∗λ , uλ,m − u∗λ , v)|
=|N (uλ,m − u∗λ , uλ,m , v) − N (u∗λ , v, uλ,m − u∗λ )|
≤kuλ,m − u∗λ kL4 (Ω) |uλ,m |1 kvkL4 (Ω) + kuλ,m − u∗λ kL4 (Ω) |v|1 ku∗λ kL4 (Ω)
−→ 0.
m→∞
Also k¨onnen wir in (10) f¨ ur festes v den Grenz¨ ubergang m → ∞ ausf¨ uhren und erhalten a(u∗λ , v) + λN (u∗λ , u∗λ , v) = λhf , viH 1 (Ω)
∀v ∈ Vn , n ∈ IN.
S Da Vn dicht ist in V , zeigt dies, dass u∗λ eine schwache L¨osung der Navier-Stokes Gleichungen ist. 111
1.5 Satz: (Eindeutigkeitssatz) Setze zur Abk¨ urzung γ := kN kL3 =
N (u, v, w) . u,v,w∈H01 (Ω)n \{0} |u|1 |v|1 |w|1 sup
Gilt γν −2 kf k−1 < 1, so besitzen die station¨ aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen (2) eine eindeutige schwache L¨ osung. Beweis: Wegen Satz 1.4 m¨ ussen wir nur noch die Eindeutigkeit der schwachen L¨osung zeigen. Seien also u1 und u2 zwei schwache L¨osungen und v := u1 − u2 . Wegen Satz 1.4 ist 1 |ui |1 ≤ kf k−1 i = 1, 2. ν Mit Satz 1.1 folgt 1 1 0 =a(F ( , u1 ) − F ( , u2 ), v) | ν{z } | ν{z } =0
=0
1 =a(v, v) + {N (u1 , u1 , v) − N (u2 , u2 , v)} ν 1 =|v|21 + {N (v, u1 , v) + N (u2 , v, v)} {z } | ν =0
≥|v|21 ≥|v|21 Also ist v = 0.
−1
− γν |v|21 |u1 |1 {1 − γν −2 kf k−1 } . |
{z
>0
}
1.6 Satz: (Regularit¨ atssatz) Jede schwache L¨ osung der station¨ aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen hat die gleiche Regularit¨ at wie die L¨ osung der 2 Stokes Gleichungen mit gleicher rechter Seite f . Ist insbesondere f ∈ L (Ω)n und Γ ∈ C 2 oder Ω ein konvexes Polygon, so ist jede schwache L¨ osung der Navier-Stokes 2 n 1 Gleichungen in H (Ω) × H (Ω).
Beweis: Der Beweis erfolgt mit einem ”M¨ unchhausenargument”. Wir zeigen nur die 2 H -Regularit¨at; h¨ohere Regularit¨at wird v¨ollig analog bewiesen. Sei also f ∈ L2 (Ω), Γ ∈ C 2 oder Ω ein konvexes Polygon und u ∈ V eine L¨osung von (5). Aus dem Sobolev’schen Einbettungssatz folgt wegen n ≤ 3, dass u ∈ L6 (Ω)n ist. Wegen der H¨older’schen Ungleichung ist daher (u · ∇)u ∈ L5/3 (Ω)n . Wiederum mit der H¨older’schen Ungleichung folgt hieraus |N (u, u, v)| ≤ k(u · ∇)ukL5/3 (Ω) kvkL5/2 (Ω) 112
∀v ∈ C0∞ (Ω)n .
Da C0∞ (Ω)n dicht ist in H01 (Ω)n und H 3/10 (Ω)n stetig in L5/2 (Ω)n eingebettet ist, zeigt dies (u · ∇)u ∈ H −3/10 (Ω)n . Wegen der H 2 -Regularit¨at des Stokes Problems und u = ν1 T G(u) folgt hieraus u ∈ H 2−3/10 (Ω)n = H 1+7/10 (Ω)n . Wegen des Sobolev’schen Einbettungssatzes ist daher u ∈ L∞ (Ω)n und somit (u · ∇)u ∈ L2 (Ω)n . Wiederum wegen der H 2 -Regularit¨at des Stokes Problems und u = ν1 T G(u) impliziert dies u ∈ H 2 (Ω)n , p ∈ H 1 (Ω). Die folgende Definition spielt eine wesentliche Rolle f¨ ur die Finite Element Diskretisierung der Navier-Stokes Gleichungen. ar, wenn 1.7 Definition: (1) Eine L¨ osung uλ ∈ V , λ = ν1 , von (6) heißt regul¨ 1 n 1 n Du F (λ, uλ ) ∈ ISOM(H0 (Ω) , H0 (Ω) ) ist. (2) Sei Λ ⊂ IR∗+ ein nicht leeres Intervall. Eine Abbildung Λ 3 λ −→ uλ ∈ V heißt ein regul¨ arer L¨ osungsast von (6), wenn die Abbildung stetig und jedes uλ eine regul¨are L¨ osung von (6) ist. 1.8 Satz: Sei uλ eine L¨ osung von (6) mit λγ|uλ |1 < 1. Dann ist uλ regul¨ ar. Beweis: Sei v ∈ H01 (Ω)n \{0} beliebig. Aus der Definition von G folgt f¨ ur jedes w ∈ 1 n H0 (Ω) hDu G(uλ )v, wiH 1 (Ω) = N (v, uλ , w) + N (uλ , v, w). Also gilt a(Du F (λ, uλ )v, v) =a(v + λT Du G(uλ )v, v) =a(v, v) + λhDu G(uλ )v, viH 1 (Ω) =|v|21 + λN (v, uλ , v) + λ N (uλ , v, v) | {z } =0
≥|v|21 =|v|21
−
λγ|v|21 |uλ |1
{1 − λγ|uλ |1 } . | {z } >0
H01 (Ω)n -Koerzivit¨at
Dies zeigt die der Bilinearform v, w −→ a(Du F (λ, uλ )v, w) und damit die Isomorphie von Du F (λ, uλ ). Das folgende Beispiel soll ein Gef¨ uhl f¨ ur das asymptotische Verhalten von λγ|uλ |1 −1 und kDu F (λ, uλ ) kL f¨ ur λ → ∞, d.h. ν → 0, vermitteln. 1.9 Beispiel: Wir betrachten die eindimensionale Navier-Stokes Gleichung −u00 + λuu0 =0
in I := (−1, 1)
u(−1) = 1 , u(1) = −1. 113
(11)
Wegen uu0 = ( 12 u2 )0 ist −u0 + 21 u2 konstant. Daher muss jede L¨osung von (11) die Form uλ (x) = βλ tanh(αλ x) haben mit αλ , βλ ∈ IR. Aus den Randbedingungen folgt βλ = −
1 . tanh(αλ )
Einsetzen in die Differentialgleichung liefert die Bestimmungsgleichung 2αλ tanh(αλ ) = λ
(12)
f¨ ur αλ . Man u ¨berzeugt sich leicht, dass (12) f¨ ur jedes λ ∈ IR∗+ eine eindeutige L¨ osung ∗ αλ ∈ IR+ besitzt. Eine einfache Rechnung liefert Z 1 2 (u0λ )2 |uλ |1 = = =
Z
−1 1
−1 4αλ2
λ
u0λ −
und somit |uλ |1 = Offensichtlich ist N (u, v, w) =
Z
1 −1
F¨ ur jedes w ∈ H01 (I) gilt außerdem ¯Z ¯ |w(x)| = ¯¯
⇒ kwkL∞
= ≤
⇒ kwkL2
λ 2α2 − λ + u2λ λ 2
λ 3
r
¸
4αλ2 λ − . λ 3
uv 0 w ≤ kukL∞ kv 0 kL2 kwkL2 .
¯ ¯ w0 (t)dt¯¯ −1 ½Z x ¾1/2 ½Z x ¾1/2 0 2 ≤ dt w (t) dt −1 −1 √ ≤ 2kw0 kL2 √ ≤ 2kw0 kL2
und kwk2L2
·
Z
x
1
−1 Z 1
w(x)2 dx ½ Z (x + 1)
−1 ≤2kw0 k2L2 √ ≤ 2kw0 kL2 .
114
x
0
2
¾
w (t) dt dx −1
Also ist γ ≤ 2. Damit ist die Bedingung λγ|uλ |1 < 1 sicher dann erf¨ ullt, wenn gilt r 4αλ2 λ 1 2 1 − < 1 ⇔ αλ2 ≤ λ + . 2λ λ 3 12 16λ Aus der Bestimmungsgleichung (12) folgt andererseits λ . 2
λ = 2αλ tanh(αλ ) ≤ 2αλ ⇒ αλ ≥ Also ist αλ2 ≥
1 2 12 λ
+
1 16λ
sicherlich dann, wenn gilt 1 2 1 31/3 λ2 ≥ λ + ⇔λ≥ . 4 12 16λ 2
Also ist das Kriterium von Satz 1.8 f¨ ur die Regularit¨at des L¨osungsastes f¨ ur λ ≥ 31/3 ullt, d.h. Satz 1.8 ist nur f¨ ur den Bereich λ ¹ 0.721 bzw. 2 ∼ 0.721 nicht mehr erf¨ ν º 1.386 anwendbar. Im aktuellen Beispiel ist kDu F (λ, uλ )−1 kL =
|v|1 , f ∈H −1 (I)\{0} kf k−1 sup
wobei v das Randwertproblem −v 00 + λuλ v 0 + λvu0λ =f
in I
(13)
v(±1) =0
l¨ost. Sei uλ (x) := −2 ln(cosh(αλ x)). Dann ist u0λ = λuλ und −v 00 + λuλ v 0 + λu0λ v = [−v 0 + λuλ v]
0
0
= [−v 0 + u0λ v] h ¡ ¢ 0 i0 . = − euλ e−uλ v
Also ist die eindeutige L¨ osung von (13) gegeben durch v(x) = e
uλ (x)
·Z
x
e
−uλ (t)
−1
¾ ¸ ½ Z t f (s)ds dt , c− 0
115
wobei c durch die Bedingung v(1) = 0 festgelegt ist. Ist f gerade, ergibt sich aus Symmetriegr¨ unden c = 0. Sei nun speziell f (x) = cosh(αλ x). Dann folgt v(x) = Wegen kwkL∞ ≤
√
cosh3 (αλ ) − cosh3 (αλ x) . 3αλ2 cosh2 (αλ x)
2kw0 kL2 f¨ ur alle w ∈ H01 (I) folgt f¨ ur alle ϕ ∈ L∞ (I) R1 ϕw −1 kϕk−1 = sup w∈H01 (I)\{0} |w|1 2kϕkL∞ kwkL∞ |w|1 w∈H01 (I)\{0} √ ≤ 8kϕkL∞ .
≤
sup
Damit ergibt sich f¨ ur obiges f und v 1 |v|1 ≥ √ kvkL∞ 2 1 ≥ √ |v(0)| 2 1 cosh3 (αλ ) − 1 =√ 3αλ2 2 1 cosh3 (αλ ) − 1 cosh(αλ ) =√ 2 3αλ2 cosh(αλ ) | {z } =kf kL∞
3
≥
1 cosh (αλ ) − 1 kf k−1 . 4 3αλ2 cosh(αλ )
Also ist kDu F (λ, uλ )−1 kL(H01 (I),H01 (I)) ≥
cosh3 (αλ ) − 1 ∼ eλ 12αλ2 cosh(αλ )
f¨ ur λ → ∞.
Zum Abschluss dieses Paragraphen wollen wir zeigen, wie die Ergebnisse der S¨atze 1.4, 1.5, 1.6 und 1.8 auf Navier-Stokes Gleichungen mit inhomogenen Dirichlet Randbedingungen u ¨bertragen werden k¨onnen. Wir betrachten daher die station¨aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen (2) mit der inhomogenen Randbedingung u=g
auf Γ.
(14)
Dabei muss wegen div u = 0 in Ω das Vektorfeld g die Kompatibilit¨ atsbedingung Z g·n=0 (15) Γ
116
erf¨ ullen. Wegen Bem. II.3.6 gibt es eine divergenzfreie Fortsetzung ug von g, d.h. ug ∈ H 1 (Ω)n und div ug =0 in Ω ug =g
auf Γ.
Jede schwache L¨osung u, p von (2) mit der Randbedingung (14) k¨onnen wir in der ˜ + ug mit u ˜ ∈ H01 (Ω)n schreiben. Wegen Form u = u N (v + w, v + w, z) = N (v, v, z) + N (v, w, z) + N (w, v, z) + N (w, w, z) ˜ , p das Problem l¨ost dann u a ˜(˜ u, v) +
1 ˜ , v) + b(v, p) =˜l(v) N (˜ u, u ν b(˜ u, q) =0 .
mit
∀v ∈ H01 (Ω)n ∀q ∈ L20 (Ω)
1 1 a ˜(v, w) :=a(v, w) + N (ug , v, w) + N (v, ug , w) ν ν Z 1 ˜l(v) := 1 f · v − N (ug , ug , v). ν Ω ν
(16)
¨ Entsprechend muss f¨ ur die Ubertragung der S¨atze 1.4, 1.5, 1.6 und 1.8 die Bilinearform a stets durch die Bilinearform a ˜ ersetzt werden. Aus den Beweisen dieser S¨atze ergibt sich unmittelbar, dass sie g¨ ultig bleiben, sofern wir die H01 -Koerzivit¨at von a ˜, d.h. a ˜(v, v) ≥ α|v|21 ∀v ∈ H01 (Ω)n (17) mit α > 0 zeigen k¨onnen. Wir m¨ ussen dann u ¨berall nur ν durch αν ersetzen. Aus Satz 1.1, der H¨older’schen Ungleichung und dem Sobolev’schen Einbettungssatz H01 (Ω) ,→ L6 (Ω) f¨ ur n ≤ 3 folgt f¨ ur alle v ∈ H01 (Ω)n 1 1 N (v, ug , v) + N (ug , v, v) ν ν| {z } =0 Z 1 1 2 =|v|1 − N (v, v, ug ) − (div v)(ug · v) (18) ν ν Ω 1 1 ≥|v|21 − kvkL6 (Ω) |v|1 kug kL3 (Ω) − k div vkL2 (Ω) kvkL6 (Ω) kug kL3 (Ω) ν ν i h c ≥ 1 − kug kL3 (Ω) |v|21 . ν
a ˜(v, v) =|v|21 +
Dabei h¨angt die Konstante c nur von der Norm der Einbettung H01 (Ω) ,→ L6 (Ω) ab. Wegen (18) liefert der folgende Satz das gew¨ unschte Koerzivit¨atsresultat (17) mit einer Konstanten α < 1 beliebig nahe bei 1. 117
R
1.10 Satz: Sei g ∈ H 1/2 (Γ)n mit ug,ε ∈ H 1 (Ω)n mit
Γ
g · n = 0. Dann gibt es zu jedem ε > 0 ein
div ug,ε =0
in Ω
ug,ε =g
auf Γ
und kug,ε kL3 (Ω) ≤ εkgkH 1/2 (Γ) . Beweis: Wir betrachten nur den Fall n = 3. In zwei Dimensionen muss man in Schritt 3 das Vektorfeld ϕg durch eine skalare Funktion ϕg und die Rotation rot durch den Operator curl aus Satz II.8.1 ersetzen. 1. Schritt: F¨ ur alle p ∈ (1, ∞) gibt es eine Konstante cp > 0, so dass f¨ ur alle 1,p ϕ ∈ W0 (Ω) gilt kd(., Γ)−1 ϕkLp (Ω) ≤ cp |ϕ|W 1,p (Ω) .
(19)
Dabei ist d(x, Γ) := inf |x − y| y∈Γ
der Abstand zum Rand Γ gemessen in der Euklidischen Norm. Nach Einf¨ uhren einer Partition der Eins und entsprechender Karten von Γ k¨onnen wir uns f¨ ur den Beweis von (19) auf den Fall Ω = IR2 × IR∗+ zur¨ uckziehen. Da C0∞ (Ω) dicht ist in Lp (Ω), reicht es dann, die Absch¨atzung Z
IR2 ×IR∗ +
p |x−1 3 ϕ(x)| dx
≤c
Z
IR2 ×IR∗ +
¯ ¯ ¯ ∂ϕ ¯p ¯ ¯ ¯ ∂x3 ¯ dx
f¨ ur alle ϕ ∈ C0∞ (Ω) zu beweisen. Wegen des Satzes von Fubini folgt diese Ungleichung direkt aus der Hardy Ungleichung Z
∞ 0
|t
−1
p
ϕ(t)| dt ≤
µ
p p−1
¶p Z
∞ 0
|ϕ0 (t)|p dt
∀ϕ ∈ C0∞ ((0, ∞)).
Die Hardy Ungleichung beweist man wie folgt. Wegen ϕ ∈ C0∞ ((0, ∞)) ist f¨ ur jedes t ∈ (0, ∞) Z t ϕ(t) = ϕ0 (s)ds 0
und daher
Z
∞ 0
|t
−1
p
ϕ(t)| dt =
Z
∞ 0
118
t
−p
¯Z t ¯p ¯ ¯ 0 ¯ ¯ dt. ϕ (s)ds ¯ ¯ 0
Mit der Variablentransformation t = eτ , s = eσ folgt hieraus ¯Z τ ¯p Z ∞ Z ∞ ¯ ¯ τ −1 p −pτ ¯ 0 σ σ ¯ e dτ |t ϕ(t)| dt = e ϕ (e )e dσ ¯ ¯ 0 −∞ −∞ ¯p Z ∞ ¯Z τ ¯ ¯ p−1 − τ σ 0 σ ¯ = e p e ϕ (e )dσ ¯¯ dτ ¯ −∞ −∞ ¯p Z ∞ ¯Z τ ¯ ¯ (τ −σ) σ − p−1 0 σ ¯ dτ ¯ p p e ϕ (e )dσ = e ¯ ¯ −∞ −∞ ¯p ¯ Z ∞ Z ∞ ¯ ¯ p−1 σ (τ −σ) − 0 σ ¯ p p ϕ (e )dσ ¯ dτ = χ (τ − σ)e e I R + ¯ ¯ −∞
=kf ∗
mit
−∞ p gkLp (IR)
f (t) :=χIR+ (t)e−
p−1 p t
t
g(t) :=ϕ0 (et )e p und der Faltung (f ∗ g)(t) :=
Z
∞ −∞
f (t − s)g(s)ds.
Wegen f ≥ 0 folgt aus der H¨older’schen Ungleichung mit ¯Z ∞ ¯ ¯ ¯ |(f ∗ g)(t)| = ¯¯ f (t − s)g(s)ds¯¯ −∞
≤
½Z
∞
−∞
f (t − s)ds
1/q =kf kL1 (IR)
½Z
∞ −∞
¾1/q ½Z
∞
−∞
1 p
+
1 q
=1
p
f (t − s)|g(s)| ds p
f (t − s)|g(s)| ds
¾1/p
¾1/p
.
Nehmen wir die p-te Potenz hiervon und integrieren u ¨ber IR, erhalten wir mit dem Satz von Fubini wegen f ≥ 0 Z ∞ p kf ∗ gkLp (IR) = |(f ∗ g)(t)|p dt −∞ ¾ Z ∞ ½Z ∞ p/q p ≤kf kL1 (IR) f (t − s)|g(s)| ds dt −∞ −∞ Z Z ∞ ∞ p/q p f (t − s)|g(s)| dt ds =kf kL1 (IR) −∞ −∞ {z } | =|g(s)|p kf kL1 (IR) Z ∞ p =kf kL1 (IR) |g(s)|p ds −∞ p =kf kL1 (IR) kgkpLp (IR) .
119
Eine leichte Rechnung liefert kf kL1 (IR) =
Z
∞
e−
p−1 p t
dt =
0
p . p−1
Hieraus folgt die Hardy Ungleichung. 2. Schritt: Zu jedem hinreichend kleinen η > 0 gibt es eine Funktion θη ∈ W 1,∞ (Ω) mit θη =1 in einer Umgebung von Γ θη (x) =0 ¯ ¯ ¯∂ ¯ ¯ θη (x)¯ ≤ηd(x, Γ)−1 ¯ xi ¯
falls d(x, Γ) ≥ e−1/η falls d(x, Γ) ≤ e−1/η und 1 ≤ i ≤ n.
F¨ ur die Konstruktion von θη setzen wir δ(η) := e−1/η und betrachten die Funktion 1 ϕη (t) := η ln[δ(η)/t] 0
falls 0 ≤ t ≤ δ(η)2 falls δ(η)2 ≤ t ≤ δ(η) falls t ≥ δ(η).
Dann ist ϕη ∈ W 1,∞ (IR+ ). Setze
θη (x) := ϕη (d(x, Γ))
∀x ∈ Ω.
Da Γ Lipschitz-stetig ist, ist d(., Γ) ∈ W 1,∞ (Ω) und erf¨ ullt ¯ ¯ ¯ ¯ ∂ ¯ ¯ ¯ ∂xi d(x, Γ)¯ ≤ 1
∀1 ≤ i ≤ n, x ∈ Ω.
Daher ist θη ∈ W 1,∞ (Ω) und hat die genannten Eigenschaften. 3. Schritt: Gem¨aß Bem. II.3.6 besitzt das Stokes Problem −∆u + ∇p =0 in Ω div u =0 in Ω u =g
auf Γ
eine eindeutige schwache L¨osung ug ∈ H 1 (Ω)n , pg ∈ L20 (Ω), und es gilt kug k1 ≤ cΩ kgkH 1/2 (Γ) mit einer Konstanten cΩ , die nur von Ω abh¨angt. Wegen div ug = 0 gibt es ein Vektorfeld ϕg ∈ H 2 (Ω)n mit ug = rot ϕg ϕg × n =0 120
in Ω auf Γ.
Sei nun η > 0 hinreichend klein und ug,η := rot(θη ϕg ) mit θη aus Schritt 2. Wegen der Eigenschaften von θη und ϕg gilt div ug,η =0 in Ω ug,η =g
auf Γ.
Wir m¨ ussen also nur noch die gew¨ unschte Absch¨atzung f¨ ur die L3 -Norm von ug,η zeigen. Aus der Produktregel folgt ug,η = (∇θη ) × ϕg + θη rot ϕg =: u1 + u2 . F¨ ur u2 erhalten wir wegen der Eigenschaften von θη mit der Cauchy-Schwarz’schen Ungleichung und dem Sobolev’schen Einbettungssatz ku2 kL3 (Ω) =kθη ug kL3 (Ω) (Z =
d(x,Γ)≤2δ(η)
|θη (x)ug (x)|3 dx
)1/3
≤c1 meas{x ∈ Ω : d(x, Γ) ≤ 2δ(η)}1/6 kug kL6 (Ω)
≤c2 meas{x ∈ Ω : d(x, Γ) ≤ 2δ(η)}1/6 kug k1
≤c3 meas{x ∈ Ω : d(x, Γ) ≤ 2δ(η)}1/6 kgkH 1/2 (Ω) . F¨ ur die Absch¨atzung von u1 k¨onnen wir uns wie im 1. Schritt auf den Fall Ω = IR2 × IR∗+ beschr¨anken. Aus der Konstruktion von θη folgt dann ½ η ur δ(η)2 ≤ x3 ≤ δ(η) − x3 e3 f¨ ∇θη = 0 f¨ ur 0 ≤ x3 ≤ δ(η)2 .
Insbesondere ist also u1 (x) = 0 f¨ ur 0 ≤ x3 ≤ δ(η)2 und ϕ g · e2 η u1 (x) = −ϕg · e1 x3 0
f¨ ur δ(η)2 ≤ x3 ≤ δ(η). Wegen ϕg × n = 0 auf Γ ist ϕg · ei ∈ H01 (Ω) f¨ ur i = 1, 2. Damit folgt aus dem 1. Schritt und dem Sobolev’schen Einbettungssatz ku1 kL3 (Ω) ≤η
2 X i=1
≤c1 η
kd(., Γ)−1 ϕg · ei kL3 (Ω)
2 X i=1
kϕg · ei kW 1,3 (Ω)
≤c2 ηkϕg kH 2 (Ω) ≤c3 ηkug kH 1 (Ω)
≤c4 ηkgkH 1/2 (Γ) . 121
Da lim δ(η) = 0 ist, folgt aus diesen Absch¨atzungen die Behauptung des Satzes. η→0
III.2 Approximation regul¨ arer L¨ osungs¨ aste Um technische Schwierigkeiten zu vermeiden, nehmen wir im folgenden an, dass Ω ein Polyedergebiet und f ∈ L2 (Ω)n ist. Wir bezeichnen mit Th eine Familie affin ¨aquivalenter, zul¨assiger und regul¨arer Unterteilungen von Ω wie in § I.4 und mit Xh ⊂ H01 (Ω)n und Mh ⊂ L20 (Ω) zugeh¨orige Finite Element R¨aume, die die Geschwindigkeit und den Druck approximieren und die im Sinne von § II.5 stabil sind. Wie beim Stokes Problem nehmen wir an, dass es zwei Zahlen µ ∈ IN∗ und ν ∈ IN gibt mit µ,0 n [Sh,0 ] ⊂ Xh
und Shν,−1 ∩ L20 (Ω) ⊂ Mh
oder
Shν,0 ∩ L20 (Ω) ⊂ Mh .
˜ auf H 1 (Ω)n × H 1 (Ω)n × Weiter definieren wir eine modifizierte Trilinearform N 0 0 H01 (Ω)n durch ˜ (u, v, w) := 1 [N (u, v, w) − N (u, w, v)]. N 2 Gem¨aß Satz 1.1 gilt f¨ ur alle u ∈ V und alle v, w ∈ H01 (Ω)n ˜ (u, v, w) = N (u, v, w). N F¨ ur alle u, v ∈ H01 (Ω)n gilt zudem ˜ (u, v, v) = 0. N Die standard Finite Element Diskretisierung der station¨aren, inkompressiblen NavierStokes Gleichungen (2) aus § 1 lautet dann: Finde uh ∈ Xh , ph ∈ Mh , so dass Z 1 1 ˜ f · vh a(uh , vh ) + N (uh , uh , vh ) + b(vh , ph ) = ν ν Ω b(uh , qh ) =0 Dabei ist wie im vorigen Paragraphen Z
∇u : ∇v Z b(v, p) := − p div v.
a(u, v) :=
Ω
Ω
122
∀vh ∈ Xh ∀qh ∈ Mh .
(1)
Definiere wie u ¨blich Vh := {vh ∈ Xh : b(vh , qh ) = 0 ∀qh ∈ Mh }. Da das Paar (Xh , Mh ) stabil ist, ist Vh 6= {0}, und Problem (1) ist ¨aquivalent zu: Finde uh ∈ Vh , so dass Z 1 ˜ 1 a(uh , vh ) + N (uh , uh , vh ) = f · vh ν ν Ω
∀vh ∈ Vh .
(2)
Analog zum vorigen Paragraphen wollen wir Problem (2) in Operatorform schreiben. Dazu bezeichnen wir mit Th ∈ L(H −1 (Ω)n , Vh ) den diskreten Stokes Operator, der jedem w ∈ H −1 (Ω)n die eindeutige L¨osung uh =: Th w ∈ Vh von a(uh , vh ) = hw, vh iH 1 (Ω)
∀vh ∈ Vh
˜0, G ˜ ∈ C(H 1 (Ω)n , zuordnet. Analog zu G0 und G definieren wir die Abbildungen G 0 H −1 (Ω)n ) durch ˜ 0 (u), viH 1 (Ω) :=N ˜ (u, u, v) hG ˜ ˜ 0 (u) − f . G(u) :=G Dann ist Problem (2) – und damit auch Problem (1) – ¨aquivalent zu: Finde uh ∈Vh mit 1 ˜ 1 Fh ( , uh ) :=uh + Th G(u h ) = 0. ν ν
(3)
Wie im vorigen Paragraphen setzen wir zur Abk¨ urzung λ :=
1 . ν
2.1 Satz: Die diskreten Navier-Stokes Gleichungen (2) besitzen f¨ ur jedes ν > 0 und jedes f ∈ H −1 (Ω)n mindestens eine L¨ osung. F¨ ur jede L¨ osung uh von (2) gilt die a priori Absch¨ atzung 1 (4) |uh |1 ≤ kf k−1 . ν Sei (uh )h>0 eine Familie von L¨ osungen von (2) zu beliebigem, aber festem ν und f . Dann konvergiert eine Teilfolge (uhm )m∈IN von (uh )h>0 schwach in H01 (Ω)n gegen eine schwache L¨ osung u der station¨ aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen. Die zugeh¨ origen Dr¨ ucke phm konvergieren schwach in L2 (Ω) gegen den zu u geh¨ orenden Druck p. 123
Beweis: Wie im Beweis von Satz1.4 folgt f¨ ur jede L¨osung uh von (2) |uh |21 =a(uh , uh ) =a(uh , uh ) +
1 ˜ N (uh , uh , uh ) {z } ν| =0
1 = hf , uh iH 1 (Ω) ν 1 ≤ kf k−1 |uh |1 ν
und damit die a priori Absch¨atzung (4). Aus (4) und Satz 1.3 angewandt auf X := Vh , (., .)X := a(., .) und ϕ := Fh ( ν1 , .) folgt die L¨osbarkeit von (2). Die Konvergenzaussage folgt wie im Beweis von Satz 1.4 mit den R¨aumen Vh an Stelle der R¨aume Vm . 2.2 Satz: Sei γ wie in Satz 1.5. Gilt γν −2 kf k−1 < 1, so besitzt (2) eine eindeutige L¨ osung. ˜ an Stelle Beweis: Die Behauptung folgt wie im Beweis von Satz 1.5 mit Fh und N von F und N . Die Konvergenzaussage von Satz 2.1 ist sehr schwach. Wie beim Stokes Problem m¨ochten wir gerne eine Konvergenzrate f¨ ur die Finite Element Approximation beweisen. Hierzu m¨ ussen wir st¨arkere Anforderungen an die L¨osung des analytischen Problems stellen. 2.3 Satz: Seien Λ ⊂ IR∗+ ein nicht leeres, kompaktes Intervall und Λ 3 λ −→ uλ ein regul¨ arer L¨ osungsast schwacher L¨ osungen der Navier-Stokes Gleichungen im Sinne von Definition 1.7. F¨ ur alle λ ∈ Λ gelte uλ ∈ H 2 (Ω)n und pλ ∈ H 1 (Ω), wobei pλ der zugeh¨ orige Druck ist. Seien γ(λ) :=kDu F (λ, uλ )−1 kL(H01 (Ω)n ,H01 (Ω)n ) , γ ∗ := sup γ(λ), λ∈Λ ¾ ½ K := max kf k0 , sup |uλ |2 . λ∈Λ
Dann gibt es ein h0 = h0 (γ ∗ , K) > 0, so dass Problem (1) f¨ ur alle 0 < h ≤ h0 und alle λ ∈ Λ eine L¨ osung [uλ,h , pλ,h ] ∈ Xh × Mh besitzt mit kuλ − uλ,h k1 + kpλ − pλ,h k0 ≤ chK 2 . Die Konstante c h¨ angt weder von λ noch von h ab. 124
ˆ λ,h die H 1 -Projektion von uλ auf Vh und setze Beweis: Bezeichne mit u ˆ λ,h )|1 . εh (λ) := |Fh (λ, u ˜ λ ) = G(uλ ) gilt 1. Schritt: Wegen F (λ, uλ ) = 0 und G(u ˆ λ,h ) − F (λ, uλ )|1 εh (λ) =|Fh (λ, u ˜ uλ,h ) − uλ − λT G(uλ )|1 =|ˆ uλ,h + λTh G(ˆ
˜ uλ,h ) − G(u ˜ λ )]|1 + λ|(Th − T )G(uλ )|1 . ˆ λ,h |1 + λ|Th [G(ˆ ≤|uλ − u
Da das Paar (Xh , Mh ) stabil ist, folgt aus § II.4 und § I.4 ˆ λ,h |1 ≤ ch|uλ |2 ≤ chK. |uλ − u Aus dem gleichen Grunde ist |Th w|1 ≤ kwk−1 f¨ ur alle w ∈ H −1 (Ω)n . Aus Satz 1.1 folgt mit der Bezeichnung von Satz 1.5 ˜ uλ,h ) − G(u ˜ λ )k−1 = kG(ˆ =
sup w∈H 1 (Ω)n 0 |w|1 =1
sup w∈H 1 (Ω)n 0 |w|1 =1
˜ (ˆ ˜ (uλ , uλ , w)| ˆ λ,h , w) − N |N uλ,h , u ˜ (ˆ ˜ (uλ , u ˆ λ,h , w) + N ˆ λ,h − uλ , w)| |N uλ,h − uλ , u
≤γ[|uλ |1 + |ˆ uλ,h |1 ]|ˆ uλ,h − uλ |1 ≤chK 2 .
Schließlich folgt aus Satz II.4.1 und dem Sobolev’schen Einbettungssatz |(Th − T )G(uλ )|1 ≤chkG(uλ )k0
≤ch{kf k0 + k(uλ · ∇)uλ k0 } ≤ch{kf k0 + kuλ kL∞ |uλ |1 } ≤c0 hK 2 .
Also ist εh (λ) ≤ chK 2 . 2. Schritt: Sei w ∈ H01 (Ω)n beliebig. Dann ist ˆ λ,h )w − Du F (λ, uλ )w Du Fh (λ, u ˜ uλ,h )w − w − λT DG(u ˜ λ )w =w + λTh DG(ˆ
˜ uλ,h )w − DG(u ˜ λ )w] + λ(Th − T )DG(u ˜ λ )w. =λTh [DG(ˆ 125
Wie in Schritt 1 folgt ˜ uλ,h )w − DG(u ˜ λ )w]|1 ≤ kDG(ˆ ˜ uλ,h )w − DG(u ˜ λ )wk−1 |Th [DG(ˆ und ˜ uλ,h )w − DG(u ˜ λ )wk−1 kDG(ˆ ˜ (w, u ˜ (ˆ ˜ (w, uλ , v) − N ˜ (uλ , w, v)| ˆ λ,h , v) + N = sup |N uλ,h , w, v) − N v∈H 1 (Ω)n 0 |v|1 =1
=
sup v∈H 1 (Ω)n 0 |v|1 =1
˜ (w, u ˜ (ˆ ˆ λ,h − uλ , v) + N |N uλ,h − uλ , w, v)|
≤2γ|w|1 |ˆ uλ,h − uλ |1 ≤chK|w|1 .
Ebenso folgt
˜ λ )w|1 =|(Th − T )DG(uλ )w|1 |(Th − T )DG(u ≤chkDG(uλ )wk0
und – mit dem Sobolev’schen Einbettungssatz – kDG(uλ )wk0 ≤k(uλ · ∇)wk0 + k(w · ∇)uλ k0
≤kuλ kL∞ |w|1 + kwkL4 k∇uλ kL4/3 ≤c|w|1 |uλ |2
≤cK|w|1 .
Insgesamt erhalten wir also f¨ ur alle w ∈ H01 (Ω)n ˆ λ,h )w − Du F (λ, uλ )w|1 ≤ chK|w|1 |Du Fh (λ, u und somit ˆ λ,h ) − Du F (λ, uλ )kL(H01 (Ω)n ,H01 (Ω)n ) ≤ chK. kDu Fh (λ, u 3. Schritt: Wegen ˆ λ,h ) =Du F (λ, uλ ) − [Du F (λ, uλ ) − Du Fh (λ, u ˆ λ,h )] Du Fh (λ, u h i ˆ λ,h )] =Du F (λ, uλ ) I − Du F (λ, uλ )−1 [Du F (λ, uλ ) − Du Fh (λ, u
und Schritt 2 gibt es ein h1 = h1 (γ ∗ , K) > 0, so dass f¨ ur alle 0 < h ≤ h1 und alle λ ∈ Λ ˆ λ,h ) ∈ ISOM(H01 (Ω)n , H01 (Ω)n ) und kDu Fh (λ, u ˆ λ,h )−1 kL ≤ 2γ(λ). gilt Du Fh (λ, u 4. Schritt: Seien v1 , v2 , w ∈ H01 (Ω)n beliebig. Dann ist ˜ 1 )w − w − λTh DG(v ˜ 2 )w Du Fh (λ, v1 )w − Du Fh (λ, v2 )w =w + λTh DG(v ˜ 1 )w − DG(v ˜ 2 )w]. =λTh [DG(v 126
Wie im 2. Schritt folgt ˜ 1 )w − DG(v ˜ 2 )w]|1 ≤ kDG(v ˜ 1 )w − DG(v ˜ 2 )wk−1 |Th [DG(v und ˜ 1 )w − DG(v ˜ 2 )wk−1 ≤ 2γ|v1 − v2 |1 |w|1 . kDG(v Also ist |Du Fh (λ, v1 )w − Du Fh (λ, v2 )w|1 ≤ 2γλ|v1 − v2 |1 |w|1 und damit kDu Fh (λ, v1 ) − Du Fh (λ, v2 )kL(H01 (Ω)n ,H01 (Ω)n ) ≤ 2γλ|v1 − v2 |1 . 5. Schritt: Sei 0 < h ≤ h1 . Wegen Schritt 3 k¨onnen wir eine Abbildung Φ : H01 (Ω)n −→ H01 (Ω)n durch ˆ λ,h )−1 Fh (λ, v) Φ(v) := v − Du Fh (λ, u definieren. Setze ˆ λ,h |1 ≤ 4γ(λ)εh (λ)}. B := {v ∈ H01 (Ω)n : |v − u F¨ ur beliebiges v ∈ B folgt aus Schritt 3 und 4 |ˆ uλ,h − Φ(v)|1
ˆ λ,h )−1 Fh (λ, v)|1 =|ˆ uλ,h − v + Du Fh (λ, u ¯ ¯ n ¯ −1 ˆ λ,h ) ˆ λ,h )(ˆ Du Fh (λ, u uλ,h − v) =¯Du Fh (λ, u ¯ Z 1 o − Du Fh (λ, v + t(ˆ uλ,h − v))(ˆ uλ,h − v)dt 0
¯ ¯ ¯ ˆ λ,h )−1 Fh (λ, u ˆ λ,h )¯ + Du Fh (λ, u ¯ 1 Z 1¯ ¯ ¯ ¯ ˆ λ,h ) − Du Fh (λ, v + t(ˆ uλ,h − v))] (ˆ uλ,h − v)¯ dt ≤2γ(λ) ¯[Du Fh (λ, u 1
0
+ 2γ(λ)εh (λ)
≤2γ(λ)γλ|ˆ uλ,h − v|21 + 2γ(λ)εh (λ) ≤2γ(λ)εh (λ)[1 + 16λγγ(λ)2 εh (λ)].
127
Mit den gleichen Argumenten ergibt sich f¨ ur beliebiges v1 , v2 ∈ B |Φ(v1 ) − Φ(v2 )|1
ˆ λ,h )−1 Fh (λ, v1 ) + Du Fh (λ, u ˆ λ,h )−1 Fh (λ, v2 )|1 =|v1 − v2 − Du Fh (λ, u ¯ ¯ h ¯ ˆ λ,h )−1 Du Fh (λ, u ˆ λ,h )(v1 − v2 ) =¯Du Fh (λ, u ¯ ¯ Z 1 i¯ ¯ − Du Fh (λ, v2 + t(v1 − v2 ))(v1 − v2 )dt ¯ ¯ 0 1 Z 1¯ ¯ ¯ ¯ ˆ λ,h ) − Du Fh (λ, v2 + t(v1 − v2 ))] (v1 − v2 )¯ dt ≤2γ(λ) ¯[Du Fh (λ, u 0
≤4γγ(λ)λ|v1 − v2 |1
Z
1
1
0
2
|ˆ uλ,h − [v2 + t(v1 − v2 )] |1 dt | {z } ∈B
≤16γγ(λ) λεh (λ)|v1 − v2 |1 .
Wegen Schritt 1 gibt es ein 0 < h0 = h0 (γ ∗ , K) ≤ h1 mit 16γγ(λ)2 λεh (λ) ≤
1 2
∀0 < h ≤ h0 .
F¨ ur diese h ist dann Φ eine Kontraktion auf B und besitzt daher einen Fixpunkt uλ,h in B. Sei pλ,h der zugeh¨orige Druck. Offensichtlich ist uλ,h , pλ,h eine L¨osung von (1). 6. Schritt: Seien h und uλ,h , pλ,h wie in Schritt 5. Konstruktionsgem¨aß ist |uλ − uλ,h |1 ≤ 4γ(λ)εh (λ) ≤ chK 2 . Sei ˜ λ ) = λTh G(uλ ) ˜ λ,h := λTh G(u u und p˜λ,h der zugeh¨orige Druck. Aus der Stabilit¨at des Paares (Xh , Mh ) folgt ˜ λ ) − G(u ˜ λ,h )k−1 ˜ λ,h |1 + kpλ,h − p˜λ,h k0 ≤cλkG(u |uλ,h − u
≤cγλ|uλ − uλ,h |1 [|uλ |1 + |uλ,h |1 ]
≤c0 λhK 2 . Aus § II.4 folgt andererseits
|˜ uλ,h − uλ |1 + k˜ pλ,h − pλ k0 ≤ch{|uλ |2 + |pλ |1 } ≤chK.
Hieraus folgt die Behauptung.
128
2.4 Bemerkung: Seien uλ , pλ und uλ,h , pλ,h wie in Satz 2.3. F¨ ur ein m ∈ IN∗ gelte uλ ∈ H m+1 (Ω)n und pλ ∈ H m (Ω). Dann folgt aus den Schritten 1 und 6 des Beweises von Satz 2.3 die Fehlerabsch¨atzung |uλ − uλ,h |1 + kpλ − pλ,h k0 ≤ chmin{m,µ,ν+1} {|uλ |m+1 + |pλ |m }. Ebenso kann man wie in Satz II.4.4 die verbesserte L2 -Fehlerabsch¨atzung kuλ − uλ,h k0 ≤ ch{|uλ − uλ,h |1 + kpλ − pλ,h k0 } beweisen.
III.3 Stromlinien-Diffusions Methoden Die Diskretisierung des vorigen Paragraphen entspricht einer zentralen Differenzen Diskretisierung des Konvektionstermes (u · ∇)u in den Navier-Stokes Gleichungen. Wir haben bereits in § 6 VFEM an Hand einer skalaren Konvektions-Diffusions Gleichung gesehen, dass diese Vorgehensweise nur f¨ ur sehr kleine Gitterweiten h vern¨ unftige Ergebnisse liefert. Diese Schwierigkeit konnten wir durch eine StromlinienDiffusions Diskretisierung vermeiden, bei der wir die Differentialgleichung zus¨atzlich mit einer Testfunktion w · ∇v testeten. Dabei bezeichnet w die (damals bekannte) Stromrichtung. F¨ ur die Navier-Stokes Gleichungen w¨ urde diesem Vorgehen eine zus¨atzliche Testfunktion (u·∇)v entsprechen, wobei u das gesuchte Geschwindigkeitsfeld ist. Andererseits haben wir in § II.6 gesehen, dass wir durch analoge Petrov-Galerkin Verfahren mit zus¨atzlichen Testfunktionen ∇q f¨ ur die Impulsgleichung die Divergenznebenbedingung stabilisieren und so die inf-sup Bedingung f¨ ur Geschwindigkeits- und Druckraum umgehen k¨onnen. Es liegt nahe, diese beiden Vorgehensweisen f¨ ur die Navier-Stokes Gleichungen zu kombinieren. Sei daher Th eine Familie affin ¨aquivalenter, zul¨assiger und regul¨arer Unterteilungen von Ω und Xh und Mh zugeh¨ orige Finite Element R¨aume, die Geschwindigkeit und Druck approximieren sollen. Diese R¨aume k¨onnen beliebig sein und m¨ ussen nicht mehr der Stabilit¨atsbedingung der §§ II.5 und III.2 gen¨ ugen. Die StromlinienDiffusions Diskretisierung, kurz SDFEM, der Navier-Stokes Gleichungen lautet dann Finde [uh , ph ] ∈Xh × Mh , so dass (1) Bh ([uh , ph ], [vh , qh ]) =lh ([vh , qh ]) ∀[vh , qh ] ∈ Xh × Mh 129
mit Bh ([uh , ph ],[vh , qh ]) Z Z Z Z 1 := ∇uh : ∇vh − ph div vh + qh div uh + [(uh · ∇)uh ] · vh ν Ω Ω Ω Ω Z X 1 1 2 hK [−∆uh + ∇ph + (uh · ∇)uh ] · [∇qh + (uh · ∇)vh ] +δ ν ν K K∈Th Z Z X X div uh div vh hE [ph ]E [qh ]E + αδ +δ E∈Eh
E
K∈Th
K
lh ([vh ,qh ]) Z Z X 1 1 1 2 := f · vh + δ f · [∇qh + (uh · ∇)vh ]. hK ν Ω ν K ν K∈Th
Dabei sind α ≥ 0 und δ ≥ 0 frei w¨ahlbare Parameter. F¨ ur δ = 0 erhalten wir das Standard Galerkin Verfahren des vorigen Paragraphen wieder. W¨ahlen wir α = 0 und setzen formal alle Terme mit (uh · ∇) gleich Null, geht (1) in die Diskretisierung der Stokes Gleichungen aus § II.6 u ¨ber. Die (uh · ∇)vh -Terme stabilisieren den Einfluss des nicht linearen Konvektionstermes. Die ∇qh -Terme stabilisieren den Einfluss der Divergenznebenbedingung. Die Parameter α und δ werden u ¨blicherweise in der Gr¨oßenordnung 1 gew¨ahlt. Die Ergebnisse des vorigen Paragraphen lassen sich auf die SDFEM (1) u ¨bertragen. Dabei werden die gleichen Techniken benutzt. Allerdings sind die entsprechenden Absch¨atzungen wegen der zus¨atzlichen Stabilisierungsterme wesentlich technischer. Wir verzichten daher auf eine detailierte Darstellung und verweisen statt dessen auf SIAM J. Numer. Anal. 33, 107 – 127 (1996).
III.4 Numerische L¨ osung der diskreten Probleme In diesem Paragraphen stellen wir verschiedene Verfahren zur numerischen L¨osung der Finite Element Diskretisierung der station¨aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen vor. Die Darstellung vereinfacht sich wesentlich, wenn wir dabei die Notationen des analytischen Problems verwenden. Alle Ausdr¨ ucke sind dann in ihrer schwachen Form zu verstehen, d.h. Ausdr¨ ucke der Form ∆u , ∇p , (u · ∇)w , div u sind als
Z
Ω
∇u : ∇v , −
Z
p div v , Ω
Z
Ω
[(u · ∇)w] · v ,
Z
q div u Ω
mit Testfunktionen v, q aus Finite Element R¨aumen zu interpretieren. Den einfachsten Algorithmus liefert die Fixpunktiteration. 130
4.1 Algorithmus: (Fixpunktiteration) W¨ ahle ein u0 ∈ X und l¨ ose f¨ ur i = 0, 1, ... die Stokes Probleme 1 −∆ui+1 + ∇pi+1 = {f − (ui · ∇)ui } ν div ui+1 =0
in Ω in Ω
ui+1 =0
auf Γ.
Mit den Notationen von § 2 ist Algorithmus 4.1 die Fixpunktiteration f¨ ur Φ(u) := Wegen |Φ(u) − Φ(v)|1 ≤
1 ˜ Th G(u). ν
γ 1 ˜ ˜ kG(u) − G(v)k [|u|1 + |v|1 ]|u − v|1 −1 ≤ ν ν
ist Φ eine Kontraktion auf B(0, ν1 kf k−1 ), sofern 2γ kf k−1 < 1 ν2
(1)
ist. Daher konvergiert Algorithmus 4.1 sicher dann, wenn die Bedingung (1) erf¨ ullt ist. Die Stokes Probleme, die in jedem Schritt von Algorithmus 4.1 auftreten, k¨onnen mit einem der Verfahren aus § II.9 gel¨ost werden.
Eine wesentlich bessere Konvergenz kann man von dem Newton Verfahren erhoffen. 4.2 Algorithmus: (Newton Verfahren) W¨ ahle ein u0 ∈ X und l¨ ose f¨ ur i = 0, 1, ... die modifizierten Stokes Probleme −∆ui+1 + ∇pi+1 +
1 1 1 i+1 (u · ∇)ui + (ui · ∇)ui+1 = {f + (ui · ∇)ui } ν ν ν div ui+1 =0 ui+1 =0
in Ω in Ω auf Γ.
In jedem Schritt von Algorithmus 4.2 muss ein modifiziertes Stokes Problem gel¨ost werden. Kritisch ist dabei vor allem der Konvektionsterm ν1 (ui · ∇)ui+1 . Die Algorithmen des § II.9 sind daher entsprechend zu modifizieren. Es ist nicht ratsam, in den Termen ν1 (ui · ∇)ui+1 und ν1 (ui+1 · ∇)ui die Gr¨oße ui+1 durch ui zu ersetzen, da dann das Newton Verfahren 4.2 zur Fixpunktiteration 4.1 wird. Wie u ¨blich sollte man besonders zu Beginn des Verfahrens die Newton Schritte d¨ampfen. Ebenso kann man Quasi-Newton Verfahren anwenden und die Gr¨oßen 131
1 i i+1 ν (u ·∇)u
und ν1 (ui+1 ·∇)ui durch ν1 (uj ·∇)ui+1 und ν1 (ui+1 ·∇)uj mit j = Jdi/Je ersetzen. Dabei ist J ≥ 2 ein fester Parameter. Durch diese Modifikation muss die Steifigkeitsmatrix der modifizierten Stokes Probleme nur alle J Schritte neu aufgestellt werden. Bekanntlich h¨angt die Konvergenz des Newton Verfahrens wesentlich von einer guten Wahl des Startwertes u0 ab. Diese kann man durch eine Kontinuit¨ atsmethode erzielen. Dazu schreiben wir die Navier-Stokes Gleichungen wieder in Operatorform als uλ + λT G(uλ ) = 0. Setze vλ :=
duλ . dλ
Dann folgt mit der Kettenregel vλ + T G(uλ ) + λT DG(uλ )vλ = 0. Also ist vλ die L¨osung des folgenden modifizierten Stokes Problems −∆vλ + ∇qλ + λ(uλ · ∇)vλ + λ(vλ · ∇)uλ =f − (uλ · ∇)uλ div vλ =0 vλ =0
in Ω in Ω auf Γ.
Sei nun eine L¨osung uλ0 f¨ ur die Navier-Stokes Gleichungen zum Parameter λ0 bekannt. Dann kann man obiges modifizierte Stokes Problem mit λ = λ0 l¨osen und uλ0 + (λ1 − λ0 )vλ0 als Startwert f¨ ur Algorithmus 4.2 zum Parameter λ1 verwenden. Falls λ1 −λ0 nicht zu groß ist, liefert diese Strategie eine hinreichend gute Anfangsn¨aherung f¨ ur das Newton Verfahren. Ein anderer Ansatz f¨ ur ein Verfahren, das global konvergiert und sich in der N¨ahe einer L¨osung wie das Newton Verfahren verh¨alt, ist die sog. least squares Methode. Die Idee ist, das Funktional J(u) :=
1 |u + λT G(u)|21 2
zu minimieren und hierzu ein nicht lineares CG-Verfahren zu verwenden. Zur Beschreibung dieses Verfahrens betrachten wir zun¨achst folgende abstrakte Situation. Sei X ein Hilbert Raum mit Skalarprodukt (., .)X und J ∈ C 1 (X, IR) ein nicht lineares Funktional, das in der N¨ahe jedes kritischen Punktes konvex ist. F¨ ur u ∈ X definieren wir den Gradienten g(u) ∈ X als die Ritz Projektion von DJ(u), d.h. (g(u), v)X = DJ(u)v
∀v ∈ X.
Dann lautet das nicht lineare CG-Verfahren zur Minimierung von J: 132
4.3 Algorithmus: (nicht lineares CG-Verfahren nach Polak-Ribi` ere) W¨ ahle 0 ein u ∈ X und bestimme w0 := g 0 := g(u0 ). F¨ ur i = 0, 1, ... berechne ρi :=argminJ(ui − ρwi )
ui+1 :=ui − ρi wi g i+1 :=g(ui+1 )
σ i+1 :=(g i+1 − g i , g i+1 )X kg i k−2 X
wi+1 :=g i+1 + σ i+1 wi+1 .
4.4 Bemerkung: Man kann zeigen, dass Algorithmus 4.3 f¨ ur konvexe quadratische n 1 T T Funktionale auf dem IR , d.h. J(u) = 2 u Au − b u mit A s.p.d., mit dem klassischen PCG-Verfahren aus der Vorlesung ”Einf¨ uhrung in die Numerik” u ¨bereinstimmt. Die n Wahl des Skalarproduktes (., .)X auf X = IR bestimmt dann die Vorkonditionierungsmatrix C. F¨ ur die Navier-Stokes Gleichungen ist X = V = {u ∈ H01 (Ω)n : div u = 0} bzw. das entsprechende diskrete Analogon, Z ∇u : ∇v (u, v)X = Ω
und
1 J(u) = |u + λT G(u)|21 2 1 = (u + λT G(u), u + λT G(u))X . 2 Dabei ist gem¨aß § 1 f¨ ur jedes v, w ∈ X hG(u), viH 1 (Ω) = N (u, u, v) − hf , viH 1 (Ω) und (T w, v)X = hw, viH 1 (Ω) .
Damit folgt DJ(u)v = (u + λT G(u), v + λT DG(u)v)X , und mit w = u + λT G(u) ergibt sich DJ(u)v =(w, v)X + λhDG(u)v, wiH01 (Ω) =(w, v)X + λN (u, v, w) + λN (v, u, w) =(w, v)X − λN (u, w, v) + λ hw · (∇u), viH 1 (Ω) . | {z } =N (v,u,w)
133
Also ist ˜ g(u) = w + g mit (˜ g, v)X = λ{hw · (∇u), viH 1 (Ω) − N (u, w, v)}. Da G quadratisch ist in u, ist J ein Polynom vierten Grades in u. Daher gilt f¨ ur alle u, w ∈ X und alle ρ ∈ IR 1 J(u − ρw) =J(u) − ρDJ(u)w + ρ2 D2 J(u)[w, w] 2 1 3 3 1 − ρ D J(u)[w, w, w] + ρ4 D4 J(u)[w, w, w, w]. 6 24 Eine leichte Rechnung liefert f¨ ur alle w1 , ..., w4 , u ∈ X (beachte: Dk G(u) = 0 f¨ ur alle k ≥ 3) DJ(u)w1 =(u + λT G(u), w1 + λT DG(u)w1 )X D2 J(u)[w1 , w2 ] =(w2 + λT DG(u)w2 , w1 + λT DG(u)w1 )X + (u + λT G(u), λT D2 G(u)[w1 , w2 ])X D3 J(u)[w1 , w2 , w3 ] =(λT D2 G(u)[w2 , w3 ], w1 + λT DG(u)w1 )X + (w2 + λT DG(u)w2 , λT D2 G(u)[w1 , w3 ])X + (w3 + λT DG(u)w3 , λT D2 G(u)[w1 , w2 ])X D4 J(u)[w1 , w2 , w3 , w4 ] =(λT D2 G(u)[w2 , w3 ], λT D2 G(u)[w1 , w4 ])X + (λT D2 G(u)[w2 , w4 ], λT D2 G(u)[w1 , w3 ])X + (λT D2 G(u)[w3 , w4 ], λT D2 G(u)[w1 , w2 ])X . Also ist D2 J(u)[w1 , w1 ] =|w1 + λT DG(u)w1 |21
+ (u + λT G(u), λT D2 G(u)[w1 , w1 ])X
D3 J(u)[w1 , w1 , w1 ] =3(w1 + λT DG(u)w1 , λT D2 G(u)[w1 , w1 ])X D4 J(u)[w1 , w1 , w1 , w1 ] =3|λT D2 G(u)[w1 , w1 ]|21 . Setze
z1 :=λT DG(u)w1 , z2 :=λT D2 G(u)[w1 , w1 ].
Dann ist f¨ ur alle v ∈ X (z1 , v)X =λ{N (u, w1 , v) + N (w1 , u, v)} (z2 , v)X =λN (w1 , w1 , v). 134
Zusammen mit w := u + λT G(u) erhalten wir schließlich DJ(u)w1 =(w, w1 + z1 )X D2 J(u)[w1 , w1 ] =|w1 + z1 |21 + (w, z2 )X
D3 J(u)[w1 , w1 , w1 ] =3(w1 + z1 , z2 )X D4 J(u)[w1 , w1 , w1 , w1 ] =3|z2 |21 . Setzen wir z0 := λT G(u), dann ist (z0 , v)X = λ{N (u, u, v) − hf , viH 1 (Ω) } und
∀v ∈ X
n
o 1 2 2 λT G(u − ρw1 ) =λT G(u) − ρDG(u)w1 + ρ D G(u)[w1 , w1 ] 2 1 2 =z0 − ρz1 + ρ z2 . 2 Mit diesen Vorbereitungen nimmt Algorithmus 4.3 f¨ ur die Navier-Stokes Gleichungen folgende Form an: 4.5 Algorithmus: (nicht lineares CG-Verfahren nach Polak-Ribi` ere f¨ ur die least squares Formulierung der Navier-Stokes Gleichungen) ˜ 0 der Stokes Gleichungen 0: W¨ ahle ein u0 ∈ X und bestimme die L¨ osungen z0 und g 1 {(u0 · ∇)u0 − f } ν div z0 = 0
−∆z0 + ∇r0 = 0
z =0 und
in Ω in Ω auf Γ
1 {(u0 + z0 ) · (∇u0 ) − (u0 · ∇)(u0 + z0 )} ν ˜0 = 0 div g
−∆˜ g0 + ∇˜ s0 =
˜0 = 0 g
in Ω in Ω auf Γ.
˜0. Setze i := 0 und w0 := g0 := u0 + z0 + g 1: F¨ ur i = 0, 1, ... f¨ uhre folgende Schritte aus. Bestimme die L¨ osungen zi1 und zi2 der Stokes Probleme 1 {(ui · ∇)wi + (wi · ∇)ui } ν div zi1 = 0
−∆zi1 + ∇r1i =
zi1 = 0
in Ω in Ω auf Γ
135
und
1 i (w · ∇)wi ν div zi2 = 0
−∆zi2 + ∇r2i =
zi2 = 0 Berechne
in Ω in Ω auf Γ.
Z
∇(ui + zi0 ) : ∇(wi + zi1 ) Ω Z i i 2 ∇(ui + zi0 ) : ∇zi2 β :=|w + z1 |1 + Ω Z 3 ∇(wi + zi1 ) : ∇zi2 γ := − 2 Ω 1 δ := |zi2 |21 . 2
α := −
Bestimme die kleinste positive Nullstelle ρi von α + βρ + γρ2 + δρ3 und setze
ui+1 :=ui − ρi wi
1 2 zi+1 :=zi0 − ρi zi1 + ρi zi2 . 0 2
˜ i+1 des Stokes Problems Bestimme die L¨ osung g 1 {(ui+1 + zi+1 ) · (∇ui+1 ) − (ui+1 · ∇)(ui+1 + zi+1 )} ν =0
−∆˜ gi+1 + ∇˜ si+1 = ˜ i+1 div g
˜ i+1 = 0 g
in Ω in Ω auf Γ
und setze ˜ i+1 + ui+1 + zi+1 gi+1 := g 0 . Berechne σ
i+1
:=
|gi+1 |−2 1
Z
Ω
∇(gi+1 − gi ) : ∇gi+1
und setze wi+1 := gi+1 + σ i+1 wi . Die L¨osung der Navier-Stokes Gleichungen wird durch zwei Punkte erschwert: den nicht linearen Konvektionsterm und die Divergenznebenbedingung. Der Versuch ist daher naheliegend, diese Schwierigkeiten zu entkoppeln. Dies ist die grundlegende Idee der sog. Operator Splitting Methoden.
136
4.6 Algorithmus: (Operator Splitting f¨ ur die Navier-Stokes Gleichungen) 0 W¨ ahle eine Startn¨ aherung u ∈ X und einen D¨ ampfungsparameter ω ∈ (0, 1). F¨ ur i = 0, 1, ... berechne die L¨ osungen folgender Probleme: (a) 1 1 1 1 1 2ωui+ 4 − ∆ui+ 4 + ∇pi+ 4 =2ωui + f − (ui · ∇)ui in Ω ν ν 1
div ui+ 4 =0
in Ω
1
ui+ 4 =0
auf Γ
(b) 3
3
ωui+ 4 − ∆ui+ 4 +
1 3 1 1 i+ 3 1 (u 4 · ∇)ui+ 4 =ωui+ 4 + f − ∇pi+ 4 ν ν 3
ui+ 4 =0
in Ω auf Γ
(c) 3
2ωui+1 − ∆ui+1 + ∇pi+1 =2ωui+ 4 + div ui+1 =0
3 3 1 1 f − (ui+ 4 · ∇)ui+ 4 ν ν
in Ω in Ω
ui+1 =0
auf Γ.
In jedem Schritt von Algorithmus 4.6 m¨ ussen zwei Stokes Probleme (Teile (a) und (c)) und ein System nicht linearer Poisson Gleichungen (Teil (b)) gel¨ost werden. Das nicht lineare Problem in Teil (b) kann z.B. mit einem nicht linearen CG-Verfahren wie in Algorithmus 4.5 gel¨ost werden. Dabei entfallen im Vergleich zu Algorithmus 4.5 die Divergenznebenbedingungen und die Dr¨ ucke. Insbesondere sind dann als Teilprobleme nur noch skalare Poisson Gleichungen zu l¨osen. Hierdurch reduziert sich der Aufwand f¨ ur den Gesamtalgorithmus. Selbstverst¨andlich kann man die Mehrgitteridee direkt auf die nicht linearen diskreten Navier-Stokes Gleichungen anwenden. Die Hauptschwierigkeit besteht dann in der Konstruktion geeigneter Gl¨attungsverfahren. Wegen des hohen Codierungsaufwandes werden in der Praxis in der Regel jedoch Algorithmen 4.1 – 4.5 und Varianten davon in Verbindung mit schnellen Stokes L¨osern verwendet. Mehrgitterverfahren werden dann im Rahmen innerer Itrationen als Stokes L¨oser oder wie in Algorithmus II.9.1 als Poisson L¨oser eingesetzt.
137
III.5 A posteriori Fehlersch¨ atzer Wie in § II.10 wollen wir f¨ ur Finite Element Diskretisierungen der station¨aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen leicht berechenbare obere und untere Schranken f¨ ur den Fehler herleiten, die nur die gegebenen Daten der Differentialgleichung und die berechnete Finite Element L¨osung ben¨otigen. Dazu brauchen wir ein abstraktes Ergebnis. 5.1 Satz: Seien (V, k.kV ), (W, k.kW ) zwei Banach R¨ aume und F ∈ C 1 (V, W 0 ) eine stetig differenzierbare Abbildung von V in den Dualraum W 0 von W . Sei u0 ∈ V eine regul¨ are L¨ osung der Gleichung F (u) = 0, (1) d.h., es ist DF (u0 ) ∈ ISOM(V, W 0 ). Außerdem sei DF (u) lokal Lipschitz-stetig in u0 , d.h., es gibt ein R0 > 0 und ein β > 0 mit kDF (v) − DF (w)kL(V,W 0 ) ≤ βkv − wkV
∀v, w ∈ B(u0 , R0 ).
Setze −1 R := min{R0 , β −1 kDF (u0 )−1 k−1 kDF (u0 )kL(V,W 0 ) }. L(W 0 ,V ) , 2β
Dann gilt f¨ ur alle v ∈ B(u0 , R) 1 kDF (u0 )−1 k−1 L(W 0 ,V ) ku0 − vkV 2 ≤kF (v)kW 0
≤2kDF (u0 )kL(V,W 0 ) ku0 − vkV .
Beweis: Wegen F (u0 ) = 0 und DF (u0 ) ∈ ISOM(V, W 0 ) gilt f¨ ur alle v ∈ V u0 − v =DF (u0 )−1 DF (u0 )(u0 − v) n o =DF (u0 )−1 DF (u0 )(u0 − v) + F (v) − F (u0 ) − F (v) Z 1h i −1 DF (u0 ) − DF (v + t(u0 − v)) (u0 − v)dt − DF (u0 )−1 F (v). =DF (u0 ) 0
Wegen der lokalen Lipschitz-Stetigkeit von DF (u) folgt hieraus f¨ ur alle v ∈ B(u0 , R) ku0 − vkV ≤kDF (u0 )
−1
kL(W 0 ,V ) −1
Z
1 0
β(1 − t)ku0 − vk2V dt
+ kDF (u0 ) kL(W 0 ,V ) kF (v)kW 0 β ≤ kDF (u0 )−1 kL(W 0 ,V ) ku0 − vk2V + kDF (u0 )−1 kL(W 0 ,V ) kF (v)kW 0 2 138
und kF (v)kW 0 ≤kDF (u0 )(u0 − v)kW 0 +
Z
1 0
β(1 − t)ku0 − vk2V dt
≤kDF (u0 )kL(V,W 0 ) ku0 − vkV +
β ku0 − vk2V . 2
Wegen der Definition von R folgt hieraus die Behauptung. Seien nun Vh ⊂ V , Wh ⊂ W endlich dimensionale Unterr¨aume und Fh ∈ C(Vh , Wh0 ). Dann approximiert das Problem Fh (uh ) = 0
(2)
Problem (1). Ist uh,0 eine L¨osung von (2) mit ku0 − uh,0 kV ≤ R, so folgt aus Satz 5.1, dass der Fehler ku0 −uh,0 kV nach oben und unten beschr¨ankt ist durch das Residuum kF (uh,0 )kW 0 =
sup hF (uh,0 ), ϕiW .
ϕ∈W kϕkW =1
¨ Wie wir in § II.10 gesehen haben, ist aber gerade die Aquivalenz von Fehler und Residuum der wesentliche Grundstein f¨ ur die a posteriori Fehlersch¨atzung. Anders ¨ als bei linearen Problemen gilt diese Aquivalenz bei nicht linearen Problemen nur dann, wenn die diskrete L¨osung hinreichend nahe bei der betrachteten kontinuierlichen L¨osung liegt. Dies ist nicht u ¨berraschend, da nicht lineare Probleme i.a. mehrere L¨osungen zulassen. Im Rahmen der Navier-Stokes Gleichungen setzen wir V = W :=H01 (Ω)n × L20 (Ω) © ª1/2 k[u, p]kV = k[u, p]kW := kuk21 + kpk20 Z Z hF ([u, p]), [v, q]iW := ∇u : ∇v − p div v Ω Ω Z Z Z 1 1 [(u · ∇)u] · v − f ·v+ q div u. + ν Ω ν Ω Ω Die Lipschitz-Stetigkeit von DF gilt wegen der Multilinearit¨at und Stetigkeit des nicht linearen Termes global. Die Bedingung der Regularit¨at einer L¨osung ist identisch mit dem Regularit¨atsbegriff aus Definition 1.7. Wir betrachten nun zun¨achst die Finite Element Diskretisierung aus § 2. Im abstrakten Rahmen ist dann Vh = Wh :=Xh × Mh
hFh ([uh , ph ]), [vh , qh ]iW =hF ([uh , ph ]), [vh , qh ]iW . Insbesondere gilt f¨ ur jede L¨osung [uh , ph ] von (2) die Galerkin Orthogonalit¨ at hF ([uh , ph ]), [vh , qh ]iW = 0 ∀[vh , qh ] ∈ Xh × Mh . 139
(3)
Sei nun [v, q] ∈ H01 (Ω)n × L20 (Ω) mit kvk21 + kqk20 = 1 beliebig. Mittels elementweiser partieller Integration erhalten wir f¨ ur das Residuum folgende L2 -Darstellung X Z 1 1 {−∆uh + ∇ph + (uh · ∇)uh − f } · v hF ([uh , ph ]), [v, q]iW = ν ν K∈Th K Z X [nE · (∇uh − ph I)]E · v + (4) +
E∈Eh
E
K∈Th
K
X Z
q div uh .
Dabei verwenden wir die gleichen Notationen wie in § II.10.
Wegen der Galerkin Orthogonalit¨at (3) k¨onnen wir auf der rechten Seite von (4) v und q durch v − vh und q − qh mit beliebigen Elementen vh ∈ Xh und qh ∈ Mh ersetzen. Insbesondere k¨onnen wir qh = 0 und vh = Rh v w¨ahlen, wobei Rh komponentenweise der modifizierte Cl´ement’sche Interpolationsoperator aus § I.4 ist. Die lokalen Interpolationsfehlerabsch¨atzungen aus § I.4 und die Cauchy-Schwarz’sche Ungleichung liefern dann die Absch¨atzung X 1 1 k − ∆uh + ∇ph + (uh · ∇)uh − f kL2 (K) hF ([uh , ph ]), [v, q]iW = ν ν K∈Th
+
× kv − Rh vkL2 (K) {z } |
X
E∈Eh
+
X
K∈Th
≤c
nX
K∈Th
+
≤c1 hK |v|H 1 (ω ˜
k[nE · (∇uh − ph I)]E kL2 (E) kv − Rh vkL2 (E) | {z } 1/2
≤c2 hE |v|H 1 (ω ˜
h2K k − ∆uh + ∇ph +
X
X
K∈Th
1 1 (uh · ∇)uh − f k2L2 (K) ν ν
hE k[nE · (∇uh − ph I)]E k2L2 (E) k div uh k2L2 (K)
o1/2
.
Setzen wir zur Abk¨ urzung n 1 1 ηK := h2K k − ∆uh + ∇ph + (uh · ∇)uh − f k2L2 (K) ν ν X 2 hE k[nE · (∇uh − ph I)]E kL2 (E) + E∈Eh E⊂∂K
+
E)
kqkL2 (K) k div uh kL2 (K)
E∈Eh
+
K)
k div uh k2L2 (K)
o1/2
140
,
(5)
so erhalten wir mit Satz 5.1 die obere Fehlerabsch¨ atzung ku − uh k1 + kp − ph k0 ≤ c
(
X
2 ηK
K∈Th
)1/2
.
(6)
Die Konstante c h¨angt von c1 , c2 und damit von der Konstanten cT aus der Regularit¨atsbedingung an Th sowie von kDF ([u, p])−1 kL ab. Wie Beispiel 1.9 zeigt, ist die zweite Gr¨oße die kritischere. Die Gr¨oße ηK aus (5) ist der gesuchte residuelle a posteriori Fehlersch¨atzer. Aus Satz 5.1 folgt, dass der Ausdruck hF ([uh , ph ]), [v, q]iW k[v, q]k−1 f¨ ur jede V Testfunktion [v, q] ∈ V \{0} eine untere Schranke f¨ ur den Fehler liefert. Daher k¨onnen wir f¨ ur den Nachweis, dass ηK auch eine untere Fehlerschranke darstellt, wie in § II.10 vorgehen. W¨ahlen wir mit den dortigen Notationen nacheinander die Testfunktionen v=0
, q =ψK div uh
1 1 (uh · ∇)uh − fh } , q =0 ν ν , q =0, v = ψE [nE · (∇uh − ph I)]E
v = ψK {−∆uh + ∇ph +
so erhalten wir f¨ ur alle K ∈ Th die untere Fehlerschranke n o ηK ≤ c ku − uh kH 1 (ωK ) + kp − ph kL2 (ωK ) + hK kf − fh kL2 (ωK ) .
(7)
Dabei ist fh eine beliebige Finite Element Approximation an f , z.B. die L2 -Projektion auf [Sh0,−1 ]n . Die Konstante c h¨angt von cT und kDF ([u, p])kL ab. Im Gegensatz zu kDF ([u, p])−1 kL ist der Faktor kDF ([u, p])kL harmlos. Wir betrachten nun die SDFEM-Diskretisierung aus § 3. Wegen der zus¨atzlichen Stabilisierungsterme gilt die Galerkin Orthogonalit¨at (3) nicht mehr. Statt dessen erhalten wir f¨ ur alle [vh , qh ] ∈ Xh × Mh den Konsistenzfehler Z X 1 1 2 hF ([uh , ph ]), [vh , qh ]iW =δ hK [−∆uh + ∇ph + (uh · ∇)uh − f ] ν ν K K∈Th
· [∇qh + +δ
X
hE
E∈Eh
+ αδ
X Z
K∈Th
Z
1 (uh · ∇)vh ] ν
[ph ]E [qh ]E E
div uh div vh . K
Ist speziell qh = 0, vh = Rh v, so folgt wegen |Rh v|H 1 (K) ≤ c0 |v|H 1 (˜ωK ) 141
die Absch¨atzung hFh ([uh , ph ]), [Rh v, 0]iW n X 1 1 h2K k − ∆uh + ∇ph + (uh · ∇)uh − f k2L2 (K) ≤ckvk1 δ 2 ν ν K∈Th o1/2 X 2 2 2 k div uh kL2 (K) +α δ . K∈Th
Da δ ≤ 1 und αδ ≤ 1 ist, kann der zus¨atzliche Konsistenzfehler also durch den Fehlersch¨atzer ηK absorbiert werden. Daher bleiben die Fehlerabsch¨atzungen (6) und (7) auch f¨ ur die SDFEM-Diskretisierung aus § 3 g¨ ultig.
Wie in § II.10 kann man auch Fehlersch¨atzer konstruieren, die zu ηK ¨aquivalent sind und die auf der L¨osung diskreter, lokaler Hilfsprobleme beruhen. F¨ ur die Praxis ist es wesentlich, dass diese Hilfsprobleme nach wie vor linear, d.h. diskrete Stokes Probleme sind.
142
IV Die instation¨ aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen IV.1 Existenz, Eindeutigkeit und Regularit¨ at der L¨ osungen der instation¨ aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen Wir betrachten in diesem Kapitel die instation¨aren, inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen aus § I.2 ∂u − ν∆u + ∇p + (u · ∇)u =f ∂t div u =0 u =0 u(., 0) =u0
in Ω × (0, T ) in Ω × (0, T )
(1)
auf Γ × (0, T ) in Ω.
Um einen geeigneten schwachen L¨osungsbegriff f¨ ur (1) einf¨ uhren zu k¨onnen, ben¨otigen wir einige Notationen. Wir setzen wie u ¨blich V := {u ∈ H01 (Ω)n : div u = 0} und definieren H := {u ∈ L2 (Ω)n : div u = 0 in Ω, u · n = 0 auf Γ}. H ist der Abschluss von {u ∈ C0∞ (Ω)n : div u = 0} in der L2 -Norm. Zur Abk¨ urzung bezeichnen wir mit (., .) das L2 -Skalarprodukt und setzen wie in den vorigen Abschnitten Z ∇u : ∇v Z b(v, p) := − p div v Ω Z N (u, v, w) := [(u · ∇)v] · w. a(u, v) :=
Ω
Ω
Ist (X, k.kX ) ein Banach Raum, so bezeichnet Lp ((0, T ), X) mit 1 ≤ p ≤ ∞ und T > 0 den Raum der messbaren Funktionen ϕ auf (0, T ) mit Werten in X, derart dass die Funktion t −→ kϕ(., t)kX in Lp ((0, T ), IR) ist. Lp ((0, T ), X) ist ein Banach Raum mit der Norm kϕkLp ((0,T ),X) :=
(Z
T 0
kϕ(., t)kpX dt
mit der offensichtlichen Modifikation f¨ ur p = ∞. 143
)1/p
Ist ϕ eine Funktion auf (0, T ) mit Werten in X, so heißt ϕ schwach stetig in t0 , wenn f¨ ur jede Folge (tm )m∈IN ⊂ (0, T ) mit lim tm = t0 und jedes ψ ∈ X 0 = L(X, IR) gilt m→∞
lim hϕ(., tm ), ψiX = hϕ(., t0 ), ψiX .
m→∞
1.1 Definition: Seien T > 0, u0 ∈ H, f ∈ L2 ((0, T ), V 0 ) und u ∈ L∞ ((0, T ), L2 (Ω)n ) ∩ L2 ((0, T ), V ). Ferner sei u im L2 -Sinne schwach stetig auf [0, T ]. Dann heißt u eine schwache L¨osung von (1), wenn f¨ ur alle v ∈ C 1 ((0, T ), L2 (Ω)n ) ∩ C 0 ([0, T ], V ) mit v(., T ) = 0 gilt −
Z
T 0
∂v )+ν (u, ∂t
Z
Z
T
a(u, v) + 0
T
N (u, u, v) = 0
Z
T
(f , v) + (u0 , v(., 0)).
(2)
0
1.2 Bemerkung: Durch die Einschr¨ankung auf die R¨aume V und H divergenzfreier Funktionen tritt in der schwachen Formulierung (2) der Druck nicht mehr auf. Wir werden ihn sp¨ater mit Hilfe von Satz II.3.3 wie bei den station¨aren Problemen wiedergewinnen. 1.3 Satz: (Existenzsatz) Seien f und u0 wie in Definition 1.1. Dann besitzen die instation¨ aren Navier-Stokes Gleichungen (1) mindestens eine schwache L¨ osung u. ∂u 1 0 Außerdem gilt ∂t ∈ L ((0, T ), V ). Beweis: Da V als abgeschlossener Unterraum des Hilbert Raumes H01 (Ω)n separabel ist, gibt es eine abz¨ahlbare Basis (wj )j∈IN eines dichten Unterraumes von V , d.h. V =
[
m∈IN
span{wj : 0 ≤ j ≤ m}.
Bezeichne mit u0,m die L2 -Projektion von u0 auf Vm := span{wj : 0 ≤ j ≤ m}. F¨ ur beliebiges, aber festes m ∈ IN k¨onnen wir dann das folgende System gew¨ohnlicher Differentialgleichungen betrachten m X
(wi , wj )g˙ i,m (t) + ν
i=0
+
X
m X
a(wi , wj )gi,m (t)
i=0
N (wi , wl , wj )gi,m (t)gl,m (t) = (f , wj )
0≤i,l≤m m X
0≤j≤m
(3)
gi,m (0)wi = u0,m .
i=0
Wegen der Bilinearit¨at von a und der Trilinearit¨at und Stetigkeit von N erf¨ ullt dieses System die Voraussetzungen des Satzes von Picard-Lindel¨of und besitzt daher eine 144
eindeutige maximale L¨osung (g0,m (t), ..., gm,m (t)) auf einem maximalen Zeitintervall [0, tm ] mit 0 < tm ≤ T . Setze um :=
m X
gi,m (t)wi .
i=0
Ist tm < T , so folgt aus Analysis III Satz XI.1.9 lim kum (., t)k0 = ∞.
t→tm
Multiplizieren wir die j-te Gleichung von (3) mit gj,m (t) und addieren alle Gleichungen, so erhalten wir wegen N (u, w, w) = 0 f¨ ur alle u ∈ V , w ∈ H01 (Ω)n ( und somit
∂um , um ) + νa(um , um ) = (f , um ) ∂t
d kum (., t)k20 + 2ν|um (., t)|21 =2(f , um (., t)) dt ≤2kf k−1 |um (., t)|1 1 ≤ν|um (., t)|21 + kf k2−1 . ν
Hieraus folgt f¨ ur alle s ∈ [0, tm ] kum (., s)k20
+ν
Z
s 0
|um (., τ )|21 dτ
1 ≤ ν
Z
s 0
kf (., τ )k2−1 dτ + ku0 k20 .
Also ist lim sup kum (., t)k0 < ∞ t→tm
und daher tm = T . Außerdem ist die Folge (um )m∈IN in einer beschr¨ankten Teilmenge von L∞ ((0, T ), H)∩L2 ((0, T ), V ) enthalten. Mit Hilfe eines Kompaktheitssatzes kann man hieraus folgern, dass es ein u ∈ L∞ ((0, T ), H) ∩ L2 ((0, T ), V ) und eine Teilfolge (um0 )m0 ∈IN von (um )m∈IN gibt mit um0 −→ u schwach in L2 ((0, T ), V ), schwach-* in L∞ ((0, T ), H) und stark in L2 ((0, T ), H). Diese Konvergenz ist ausreichend, um in (3) den Grenz¨ ubergang m0 → ∞ bei festem j auszuf¨ uhren. Daher erf¨ ullt u die S Beziehung (2) f¨ ur alle wj . Da Vm dicht ist in V , folgt hieraus die Behauptung. 1.4 Lemma: F¨ ur alle n ∈ {2, 3} und alle ϕ ∈ H01 (Ω) gilt kϕkL4 (Ω) ≤ 2
n−1 4
4−n
n
kϕk0 4 |ϕ|14 .
Beweis: Es gen¨ ugt, die Absch¨atzung f¨ ur ϕ ∈ C0∞ (Ω) zu zeigen. 145
Sei zun¨achst n = 2. Dann ist 2
|ϕ(x)| = 2 und daher
Z
x1
ϕ(t, x2 ) −∞
1 |ϕ(x)|2 ≤ ϕ1 (x2 ) := 2
Z
1 |ϕ(x)|2 ≤ ϕ2 (x1 ) := 2
Z
∞
∂ϕ (t, x2 )dt ∂x1
|ϕ(t, x2 )||
∂ϕ (t, x2 )|dt. ∂x1
|ϕ(x1 , s)||
∂ϕ (x1 , s)|ds. ∂x2
−∞
Ebenso folgt ∞ −∞
Mit dem Satz von Fubini und der Cauchy-Schwarz’schen Ungleichung folgt hieraus Z Z 4 |ϕ(x)| dx ≤4 ϕ1 (x2 )ϕ2 (x1 )dx IR2 IR2 Z Z ϕ2 (x1 )dx1 =4 ϕ1 (x2 )dx2 IR
IR
∂ϕ ∂ϕ ≤4kϕk0 k k0 kϕk0 k k0 ∂x1 ∂x2 ≤2kϕk20 |ϕ|21 .
Dies beweist die Behauptung f¨ ur n = 2. Sei nun n = 3. Aus dem Fall n = 2 folgt Z |ϕ(x)|4 dx IR3
≤2
Z ½Z IR
IR2
½ Z ≤2 sup x3
|ϕ(x)|2 dx1 dx2 2
IR2
¾ (Z
|ϕ(x)| dx1 dx2
Da aber 2
Z
¾Z
2 X ∂ϕ (x)|2 dx1 dx2 | 2 ∂x i IR i=1
2 X ∂ϕ 2 | | dx. IR3 i=1 ∂xi
x3
∂ϕ (x1 , x2 , r)dr ∂x3 −∞ Z x3 ∂ϕ |ϕ(x1 , x2 , r)|| ≤2 (x1 , x2 , r)|dr ∂x3 −∞
|ϕ(x)| =2
ϕ(x1 , x2 , r)
ist, folgt mit der Cauchy-Schwarz’schen Ungleichung Z Z ∂ϕ 2 sup |ϕ(x)| dx1 dx2 ≤2 |ϕ(x)|| (x)|dx ∂x3 x3 IR2 IR3 ∂ϕ k0 . ≤2kϕk0 k ∂x3 146
)
dx3
R Setzen wir dies in die Absch¨atzung f¨ ur IR3 |ϕ(x)|4 dx ein, so erhalten wir wegen a[b2 + c2 ] ≤ [a2 + b2 + c2 ]3/2 f¨ ur alle a, b, c ∈ IR+ Z
) ( 2 X ∂ϕ ∂ϕ k0 k k20 |ϕ(x)|4 dx ≤4kϕk0 k 3 ∂x ∂x 3 i IR i=1 ( 3 )3/2 X ∂ϕ k ≤4kϕk0 k20 . ∂x i i=1
Hieraus folgt die Behauptung f¨ ur den Fall n = 3. 1.5 Satz: (Eindeutigkeitssatz) (1) Sie n = 2. Dann besitzen die instation¨ aren ∂u Navier-Stokes Gleichungen (1) genau eine schwache L¨ osung. Außerdem gilt ∂t ∈ 2 0 L ((0, T ), V ), u ∈ C([0, T ], H) und u(., t) → u0 in H f¨ ur t → 0. (2) Sei n = 3. Dann gilt f¨ ur jede schwache L¨ osung der instation¨ aren Navier-Stokes ∂u 8/3 4 3 4/3 0 Gleichungen (1) u ∈ L ((0, T ), L (Ω) ), ∂t ∈ L ((0, T ), V ). Es gibt h¨ ochstens 2 ∞ 8 4 eine schwache L¨ osung in L ((0, T ), V ) ∩ L ((0, T ), H) ∩ L ((0, T ), L (Ω)3 ). Eine solche L¨ osung ist automatisch in C([0, T ], H) und erf¨ ullt u(., t) → u0 in H f¨ ur t → 0. Beweis: Definiere die Operatoren A, B auf L2 ((0, T ), V ) ∩ L∞ ((0, T ), H) durch hAu, vi :=a(u, v)
hB(u), vi :=N (u, u, v). Dann gilt wegen Satz 1.3 f¨ ur jede schwache L¨osung u der instation¨aren Navier-Stokes Gleichungen (1) ∂u − νAu + B(u) =f f.¨ u. in V 0 ∂t u(., t) −→u0 in H 0 . t→0
ad (1): Aus Lemma 1.4 und Satz III.1.1 folgt kB(u)kV 0 = sup N (u, u, v) v∈V |v|1 =1
= sup N (u, v, u) v∈V |v|1 =1
≤kuk2L4 (Ω) √ ≤ 2kuk0 |u|1 . Also folgt aus u ∈ L2 ((0, T ), V )∩L∞ ((0, T ), L2 (Ω)2 ) auch Au, B(u) ∈ L2 ((0, T ), V 0 ) 2 0 atzen folgen hieraus die und damit ∂u ∂t ∈ L ((0, T ), V ). Mit Hilfe von Einbettungss¨ restlichen Regularit¨atsaussagen f¨ ur eine schwache L¨osung u. Zum Nachweis der Eindeutigkeit betrachten wir zwei schwache L¨osungen u1 , u2 und setzen w := u1 − u2 . 147
Wegen w ∈ L2 ((0, T ), V ),
∂w ∂t
∈ L2 ((0, T ), V 0 ) folgt
∂w d kw(., t)k20 + 2ν|w(., t)|21 =2( , w) + 2νa(w, w) dt ∂t ∂u1 ∂u2 =2( , w) + 2νa(u1 , w) − 2( , w) − 2νa(u2 , w) ∂t ∂t =2(f , w) − 2N (u1 , u1 , w) − 2(f , w) + 2N (u2 , u2 , w) = − 2N (w, u1 , w) − 2 N (u2 , w, w) {z } | =0
≤2|u1 (., t)|1 kw(., t)k2L4 (Ω)
√ ≤ 8|u1 (., t)|1 kw(., t)k0 |w(., t)|1 1 ≤2ν|w(., t)|21 + |u1 (., t)|21 kw(., t)k20 ν
und somit
1 d kw(., t)k20 ≤ |u1 (., t)|21 kw(., t)k20 . dt ν 2 Wegen u1 ∈ L ((0, T ), V ) folgt hieraus ½ · ¸¾ Z d 1 t 2 2 kw(., t)k0 exp − |u1 (., s)|1 ds dt ν 0 ¾ · ¸ ½ Z 1 t 1 d 2 2 2 2 kw(., t)k0 − kw(., t)k0 |u1 (., t)|1 exp − |u1 (., s)|1 ds = dt ν ν 0 ≤0.
Da w(., 0) = 0 ist, beweist dies die behauptete Eindeutigkeit der schwachen L¨osung. ad (2): Aus Lemma 1.4 und Satz III.1.1 folgt nun kB(u)kV 0 =kuk2L4 (Ω) 1/2
3/2
≤2kuk0 |u|1 . Also folgt aus u ∈ L2 ((0, T ), V ) ∩ L∞ ((0, T ), L2 (Ω)3 ) nun Au ∈ L2 ((0, T ), V 0 ) und 4/3 B(u) ∈ L4/3 ((0, T ), V 0 ) und somit ∂u ((0, T ), V 0 ). Mit dem gleichen Argument ∂t ∈ L folgt u ∈ L4/3 ((0, T ), L4 (Ω)3 ). Die zus¨atzliche Regularit¨at einer schwachen L¨osung in L2 ((0, T ), V ) ∩ L∞ ((0, T ), H) ∩ L8 ((0, T ), L4 (Ω)3 ) folgt aus Einbettungss¨atzen. F¨ ur den Nachweis der Eindeutigkeit unter den genannten Regularit¨atsannahmen gehen wir wie in Teil (1) vor und erhalten mit den gleichen Notationen wegen Lemma 1.4 und Satz III.1.1 nun die Absch¨atzung d kw(., t)k20 + 2ν|w(., t)|21 = − 2N (w, u1 , w) dt =2N (w, w, u1 ) ≤2kwkL4 (Ω) |w|1 ku1 kL4 (Ω) 1/4
7/4
≤4kwk0 |w|1 ku1 kL4 (Ω) .
148
Wegen der Ungleichung ab ≤
7 8/7 1 8 a + b 8 8
∀a, b ∈ IR+
(vgl. den Beweis der H¨older Ungleichung, Satz IX.6.2 Analysis III) folgt hieraus mit £ ¤7/8 £ 16 ¤−7/8 7/4 1/4 a = 16 ν |w(., t)| und b = 4 kw(., t)k0 ku1 (., t)kL4 (Ω) 1 7 7 ν · ¸7 1 7 d 2 2 2 kw(., t)k0 + 2ν|w(., t)|1 ≤ 2ν|w(., t)|1 + kw(., t)k20 ku1 k8L4 (Ω) dt 7 4ν
und somit
· ¸7 d 1 7 2 kw(., t)k0 ≤ ku1 (., t)k8L4 (Ω) kw(., t)k20 . dt 2 4ν
Wegen u1 ∈ L8 ((0, T ), L4 (Ω)3 ) folgt hieraus wie in Teil (1) w = 0, d.h. die behauptete Eindeutigkeit. 2 0 1.6 Satz: (Regularit¨ atssatz) (1) Sei n = 2 und f , ∂f ∂t ∈ L ((0, T ), V ), f (., 0) ∈ H und u0 ∈ H 2 (Ω)2 ∩V . Dann gilt f¨ ur die eindeutige schwache L¨ osung der instation¨ aren ∂u 2 ∞ atzlich Γ ∈ C 2 Navier-Stokes Gleichungen ∂t ∈ L ((0, T ), V ) ∩ L ((0, T ), H). Ist zus¨ und f ∈ L∞ ((0, T ), H), so ist u ∈ L∞ ((0, T ), H 2 (Ω)2 ). 1 2 3 (2) Sei n = 3 und f ∈ L∞ ((0, T ), H), ∂f ∂t ∈ L ((0, T ), H) und u0 ∈ H (Ω) ∩ V . Definiere d1 :=kf (., 0)k0 + νku0 k2 + ku0 k22
d2 :=kf kL∞ ((0,T ),V 0 ) .
Falls ν
−2
d2 + ν
−3
(1 +
d21 ){ku0 k20
+ν
−1
T d2 }exp
(Z
T 0
∂ k f (., s)k0 ds ∂t
)
hinreichend klein ist, besitzen die instation¨ aren Navier-Stokes Gleichungen eine ein∂u deutige schwache L¨ osung, und es gilt ∂t ∈ L2 ((0, T ), V )∩L∞ ((0, T ), H). Ist zus¨ atzlich ∞ ∞ 2 3 Γ ∈ C , so ist u ∈ L ((0, T ), H (Ω) ). Beweis: R. Temam: Navier-Stokes Equations, Theoreme III.3.5 – III.3.8.
1.7 Bemerkung: Sei u eine schwache L¨osung der instation¨aren Navier-Stokes Gleichungen. Mit den Notationen des Beweises von Satz 1.5 setze U(t) := β(t) := F(t) :=
Z
Z
Z
t
u(., s)ds 0 t
B(u(., s))ds 0 t
f (., s)ds. 0
149
Dann gilt U, β, F ∈ C([0, T ], V 0 ). Aus der schwachen Formulierung (2) folgt νa(U, v) = hg, vi
∀v ∈ V
mit g := F − β − u(., t) + u0 ∈ C([0, T ], V 0 ). Wegen Satz II.3.3 und Bem. II.2.4 gibt es daher ein q(., t) ∈ L2 (Ω) mit ∇q(., t) = g + ν∆U
(4)
im Distributionssinn. Es folgt ∇q ∈ C([0, T ], H −1 (Ω)) und daher q ∈ C([0, T ], L2 (Ω)). Daher kann man (4) im Distributionssinn bzgl. t ableiten und erh¨alt f¨ ur p := ∂q ∂t die Identit¨at ∂u ∇p = f − B(u) − + ν∆u ∂t im Distributionssinn. Außerdem folgt p ∈ L2 ((0, T ), L2 (Ω)). Daher ist p der gesuchte Druck in (1). Unter den Voraussetzungen von Satz 1.6 ergibt sich zus¨atzlich p ∈ L∞ ((0, T ), H 1 (Ω)). 1.8 Bemerkung: Die Regularit¨atsaussagen von Satz 1.6 f¨ ur ∂u ∂t sind zu schwach, um Fehlerabsch¨atzungen der Ordnung 2 oder h¨oher f¨ ur Zeitdiskretisierungen der instation¨aren Navier-Stokes Gleichungen zu erhalten. J. R. Heywood und R. Rannacher haben gezeigt, dass die hierf¨ ur erforderlichen Regularit¨atseigenschaften nur gelten, wenn die Daten f , u0 nicht lokale Kompatibilit¨atsbedingungen erf¨ ullen. Bleibt z.B. eine der Gr¨oßen ¯ ¯ Z T Z T ¯ ¯ ∂u ∂u ∂2u 2 ¯ (., t)¯ , k k (., s)k ds , (., s)k20 ds 2 ¯ ¯ ∂t 2 ∂t ∂t t t 1 f¨ ur t → 0 beschr¨ankt, so besitzt das u ¨berbestimmte Neumann Problem ∆ϕ = div{f (., 0) − (u0 · ∇)u0 }
∇ϕ =ν∆u0 + f (., 0) − (u0 · ∇)u0
in Ω auf Γ
eine eindeutige L¨ osung. Wegen des Gauß’schen Integralsatzes ist eine notwendige Bedingung hierf¨ ur Z Z div{f (., 0) − (u0 · ∇)u0 } = n · {ν∆u0 + f (., 0) − (u0 · ∇)u0 }. Ω
Γ
150
IV.2 Finite Element Diskretisierung und numerische L¨ osung Es gibt verschiedene Vorgehensweisen, die instation¨aren Navier-Stokes Gleichungen in Ort und Zeit zu diskretisieren. Sie unterscheiden sich in ihrer Herleitung und Analyse, f¨ uhren aber h¨aufig auf die gleichen diskreten Probleme. Wir betrachten zuerst die Linien Methode. Dazu w¨ahlen wir eine Familie Th affin ¨aquivalenter, zul¨assiger und regul¨arer Unterteilungen von Ω und stabile Paare (Xh , Mh ) zugeh¨origer Finite Element R¨aume zur Approximation von Geschwindigkeit und Druck. Setze wie u ¨blich Z ph div uh = 0 ∀ph ∈ Mh }. Vh := {uh ∈ Xh : Ω
Dann lautet mit den gleichen Notationen wie in § 1 das diskrete Analogon der schwachen Formulierung (2) aus Definition 1.1: Finde uh ∈ L2 ((0, T ), Vh ), so dass f¨ ur alle vh ∈ C 1 ([0, T ], Vh ) gilt −
=
Z
Z
T 0
∂vh (uh , )+ν ∂t
T
Z
T
a(uh , vh ) + 0
Z
T
N (uh , uh , vh ) 0
(1)
(f , vh ) + (u0 , vh (., 0)). 0
Setzen wir uh ∈ C 1 ((0, T ), Vh ) ∩ C([0, T ], Vh ) voraus, k¨onnen wir in (1) bzgl. der Zeit partiell integrieren und erhalten das ¨aquivalente Problem: Finde uh ∈ C 1 ((0, T ), Vh ) ∩ C([0, T ], Vh ) mit uh (., 0) = u0,h und (
∂uh , vh ) + νa(uh , vh ) + N (uh , uh , vh ) = (f , vh ) ∂t
∀vh ∈ Vh , t ∈ (0, T ).
(2)
Dabei ist u0,h die L2 -Projektion von u0 auf Vh . Definieren wir die Operatoren Ah , Bh : Vh −→ Vh durch (Ah uh , vh ) :=a(uh , vh ) (Bh (uh ), vh ) :=N (uh , uh , vh ), so k¨onnen wir Problem (2) in der vertrauten Form eines gew¨ohnlichen Anfangswertproblems schreiben: u˙ h =Fh (uh ) := f − νAh uh − Bh (uh )
uh (., 0) =u0,h .
151
(3)
Hierauf k¨onnen dann die u ¨blichen Methoden zur L¨osung gew¨ohnlicher Differentialgleichungen angewandt werden. Dabei ist zu beachten, dass der Operator Ah eine Kondition von O(h−2 ) hat und dass daher bei expliziten Zeitschrittverfahren eine CFL-Bedingung der Form τ ≤ ch2 f¨ ur die Zeitschrittweite τ eingehalten werden muss. Eine besonders h¨aufig verwandte Zeitdiskretisierung ist das θ-Schema. Dies ist die allgemeine Form eines linearen Einschrittverfahrens. Die Parameter θ = 0, θ = 1 und θ = 12 entsprechen dem expliziten und impliziten Euler Verfahren sowie der Trapezregel (Crank-Nicolson Verfahren) (vgl. Def. III.4.2, Bem. III.4.3 und Lemma III.4.4 der Vorlesung ”Numerische Behandlung von Differentialgleichungen I”). F¨ ur Problem (3) ergibt sich bei konstanter Zeitschrittweite τ das folgende Schema u0h =u0,h 1 n+1 − Bh (un+1 )} (uh − unh ) =θ{f n+1 − νAh un+1 h h τ + (1 − θ){f n − νAh unh − Bh (unh )} bzw. u0h =u0,h ) =gn+1 + τ θBh (un+1 + τ θνAh un+1 un+1 h h h :=unh + τ θf n+1 + τ (1 − θ){f n − νAh unh − Bh (unh )}. Die N¨aherung un+1 f¨ ur uh (., (n + 1)τ ) ergibt sich also als L¨osung der diskreten stah tion¨aren Navier-Stokes Gleichung (un+1 , vh ) + τ θνa(un+1 , vh ) + τ θN (un+1 , un+1 , vh ) = (gn+1 , vh ) h h h h
∀vh ∈ Vh . (4)
Dieses Problem kann mit einem der in § III.4 beschriebenen Verfahren gel¨ost werden.
F¨ ur die Fehleranalyse der Linien Methode kombiniert man die Fehlerabsch¨atzungen des vorigen Kapitels f¨ ur station¨are Navier-Stokes Gleichungen mit den Techniken zur Fehlerabsch¨atzung bei der Diskretisierung gew¨ohnlicher Differentialgleichungen. Der Nachteil dieser Vorghensweise liegt in den unrealistisch starken Regularit¨atsvoraussetzungen an die L¨osung der instation¨aren Navier-Stokes Gleichungen. Außerdem ist die Linien Methode kaum einer a posteriori Fehleranalyse und automatischen Gitteranpassung zug¨anglich. Bei der Rothe Methode wird die Reihenfolge der Orts- und Zeitdiskretisierung vertauscht. Dazu werden die instation¨aren Navier-Stokes Gleichungen als ein gew¨ohnliches Anfangswertproblem in einem unendlich dimensionalen Hilbert Raum aufgefasst und mit den u ¨blichen Methoden f¨ ur gew¨ohnliche Differentialgleichungen bzgl. 152
der Zeit diskretisiert. Dazu muss in jedem Zeitschritt eine station¨are Navier-Stokes Gleichung gel¨ost werden. Dies geschieht mit den Methoden des vorigen Kapitels. Insgesamt erh¨alt man in der Regel die gleichen diskreten Probleme wie bei der Linien Methode. Wie bei der Linien Methode k¨onnen bei dieser Vorgehensweise alle Verfahren f¨ ur gew¨ohnliche Differentialgleichungen benutzt werden. Die Fehleranalyse kommt nun aber mit schw¨acheren Regularit¨atsannahmen aus. Sie ist aber wesentlich aufwendiger, da man in unendlich dimensionalen R¨aumen arbeiten muss. Außerdem m¨ ussen die Fehlerabsch¨atzungen f¨ ur die Ortsdiskretisierung gleichm¨aßig bzgl. der Zeitschrittweite sein. Dies ist ein nicht triviales Problem. Wie die Linien Methode ist die Rothe Methode kaum einer a posteriori Fehleranalyse zug¨anglich. Bei den Raum-Zeit Finite Elementen werden Orts- und Zeitvariable gleichzeitig diskretisiert. Hierzu unterteilen wir das Zeitintervall [0, T ] durch 0 = t1 < t2 < ... < tNτ < tNτ +1 = T und setzen f¨ ur 1 ≤ j ≤ Nτ Jj := [tj , tj+1 ] , τj := tj+1 − tj . Zu jedem Zeitpunkt tj mit 1 ≤ j ≤ Nτ w¨ahlen wir eine affin ¨aquivalente, zul¨assige und regul¨ are Unterteilung Tj von Ω und ein stabiles Paar (Xj , Mj ) zugeh¨origer Finite Element R¨aume. Vj sei der entsprechende Raum der diskret divergenzfreien Geschwindigkeitsfelder. Setze f¨ ur 1 ≤ j ≤ Nτ und θ ∈ [0, 1] 1 ur tj−1 ≤ t ≤ tj τj−1 (t − tj−1 ) f¨ λj (t) := τ1 (tj+1 − t) f¨ ur tj ≤ t ≤ tj+1 j 0 sonst bj (t) :=
4 (t − tj )(tj+1 − t) τj2
und
3 1 λθj (t) := λj (t) + (θ − )[bj (t) − bj−1 (t)] 2 2 mit der offensichtlichen Modifikation f¨ ur j = 1. Die Funktionen λj und bj sind die stetigen, st¨ uckweise linearen, nodalen Basisfunktionen bzw. die quadratischen Elementblasenfunktionen zu der Unterteilung {Jj : 1 ≤ j ≤ Nτ } von [0, T ]. Mit Hilfe der Simpson-Regel rechnet man leicht nach, dass f¨ ur 1 ≤ j ≤ Nτ Z tj λθj (t)dt =(1 − θ)τj−1 Z
tj−1 tj+1
tj
λθj (t)dt =θτj 153
ist mit der offensichtlichen Modifikation f¨ ur j = 1. F¨ ur k ∈ IN sei Sτk,−1 (Vh(τ ) ) :=span{χJj (t)tµ vj (x) : 0 ≤ µ ≤ k, 1 ≤ j ≤ Nτ , vj ∈ Vj } Sτθ;1,0 (Vh(τ ) ) :=span{λθj (t)vj (x) : 1 ≤ j ≤ Nτ , vj ∈ Vj }
und – f¨ ur k ≥ 2 – Sτθ;k,0 (Vh(τ ) ) :=Sτθ;1,0 (Vh(τ ) ) ⊕ span{bj (t)tµ wj (x) : 0 ≤ µ ≤ k − 2, 1 ≤ j ≤ Nτ , wj ∈ Vj }. Sτk,−1 (Vh(τ ) ) besteht also aus in der Zeit unstetigen Funktionen, die st¨ uckweise Polynome vom Grad ≤ k mit Koeffizienten in Vj sind. Die Funktionen in Sτθ;k,0 (Vh(τ ) ) sind global stetig, verschwinden zur Zeit T und sind st¨ uckweise Polynome vom Grad ≤ k mit Koeffizienten in Vj . Die Raum-Zeit Finite Element Diskretisierung der instation¨aren Navier-Stokes Gleichungen lautet dann (mit k ∈ IN): Finde uh,τ ∈ Sτk,−1 (Vh(τ ) ), so dass f¨ ur alle vh,τ ∈ Sτθ;k+1,0 (Vh(τ ) ) gilt −
=
Z
Z
T 0
∂vh,τ (uh,τ , )+ν ∂t
T
Z
T
a(uh,τ , vh,τ ) + 0
Z
T
N (uh,τ , uh,τ , vh,τ ) 0
(5)
(f , vh,τ ) + (u0 , vh,τ (., 0)). 0
F¨ ur ein besseres Verst¨andnis dieser Diskretisierung integrieren wir den ersten Summanden auf der linken Seite von (5) auf jedem Zeitintervall Jj partiell. Mit der Notation uh,τ (., tj ± 0) := lim uh,τ (., tj ± s) s→0+
und uh,τ (., 0 − 0) := u0 erhalten wir dann die ¨aquivalente Beziehung Nτ n X j=1
(uh,τ (., tj + 0) − uh,τ (., tj − 0), vh,τ (., tj )) +
+
=
Nτ Z X j=1
Z
Z
tj+1 tj
∂uh,τ , vh,τ ) + ν ( ∂t
Z
tj+1
a(uh,τ , vh,τ ) tj
tj+1
N (uh,τ , uh,τ , vh,τ ) tj
tj+1
(f , vh,τ ). tj
154
o
(6)
Betrachte nun speziell den Fall k = 0. Setze ujh := uh,τ |Jj
1 ≤ j ≤ Nτ
und w¨ahle in (6) vh,τ := λθj (t)vj mit vj ∈ Vj . Dann erhalten wir und
u0h = uh,0
j j j (ujh − uj−1 h , vj ) + θτj νa(uh , vj ) + θτj N (uh , uh , vj )
j−1 j−1 + (1 − θ)τj−1 νa(uj−1 h , vj ) + (1 − θ)τj−1 N (uh , uh , vj ) Z tj+1 = λθj (t)(f , vj ) tj−1
∼θτj (f j , vj ) + (1 − θ)τj−1 (f j−1 , vj ).
Dabei ist uh,0 wieder die L2 -Projektion von u0 auf V0 , und f j bezeichnet den Mittelwert von f auf Jj . In Operatorschreibweise lautet dies u0h =u0,h ujh + τj θνAh ujh + τj θBh (ujh ) =uj−1 + τj θf j h + τj−1 (1 − θ){f j−1 − νAh uhj−1 − Bh (uhj−1 )}. Wir erhalten also wieder das θ-Schema. Mit einigem technischen Mehraufwand kann man zeigen, dass die Diskretisierung (5) einem impliziten (k + 1)-stufigen Runge-Kutta Verfahren f¨ ur die Zeit-Diskretisierung 1 entspricht und dass man f¨ ur θ = 2 die (k + 1)-te diagonale Pad´e-Approximation erh¨alt. Insbesondere ist die Zeit-Diskretisierung dann A-stabil und hat die Ordnung 2k + 2. Wie wir im n¨achsten Paragraphen sehen werden, ist die Diskretisierung (5) einer a posteriori Fehleranalyse besonders gut zug¨anglich. Eine andere Variante von Raum-Zeit Finiten Elementen ist die discontinuous Galerkin method, kurz DG(k), von C. Johnson et al. Man gewinnt sie, indem man von der Formulierung (6) ausgeht und die L¨osung uh,τ und die Testfunktionen vh,τ beide aus dem Raum Sτk,−1 (Vh(τ ) ) w¨ahlt. Da alle Funktionen nun unstetig in der Zeit sind, ist dies eine nicht konforme Methode. Dies erschwert die Fehleranalyse. F¨ ur k = 0 erh¨alt man insbesondere das implizite Euler Verfahren. Man kann zeigen, dass man f¨ ur allgemeines k ein implizites (k + 1)-stufiges Runge-Kutta Verfahren erh¨alt und dass die Stabilit¨atsfunktion die (k + 1)-te sub-diagonale Pad´e-Approximation ist. Insbesondere ist das Verfahren L-stabil und hat die Ordnung 2k + 1. 155
Bei allen Verfahren, die wir bisher betrachtet haben, m¨ ussen wir in jedem Zeitschritt diskrete station¨are Navier-Stokes Gleichungen l¨osen. Man kann auch die instation¨aren Navier-Stokes Gleichungen zuerst linearisieren und danach die linearen instation¨aren Probleme diskretisieren. Dann muss in jedem Zeitschritt ein diskretes Stokes Problem gel¨ost werden. Den Fehler der Linearisierung kann man mit den Methoden von § III.2 kontrollieren. Den Fehler der Diskretisierung bekommt man mit den Methoden von Kapitel II in den Griff. Zum Abschluss wollen wir noch auf den Transport-Diffusions Algorithmus eingehen. Bei ihm werden Linearisierung und Diskretisierung gewissermaßen in einem Schritt durchgef¨ uhrt. Wir betrachten wieder eine affin ¨aquivalente, zul¨assige und regul¨are Unterteilung Th von Ω und zugeh¨orige Finite Element R¨aume Xh , Mh f¨ ur Geschwindigkeit und Druck sowie den Raum Vh der diskret divergenzfreien Geschwindigkeitsfelder. Wir nehmen an, dass Xh ein Lagrange’scher Finite Element Raum ist, d.h. dass er eine nodale Basis besitzt. Die entsprechenden Gitterpunkte nennen wir xi . Aus dem Transport-Theorem I.2.3 wissen wir, dass ∂u ∂t + (u · ∇)u die totale zeitliche Ableitung entlang der Trajektorien ist und somit den Transport entlang der Charakteristiken beschreibt. Daher berechnet der Transport-Diffusions Algorithmus f¨ ur uh (., tn+1 ) aus der N¨aherung unh f¨ ur uh (., tn ) in den folgenden die N¨aherung un+1 h zwei Teilschritten: (1) (Transport Schritt) L¨ose f¨ ur jeden Gitterpunkt xi das gew¨ohnliche Anfangswertproblem d yi (t) =unh (yi (t)) f¨ ur tn < t < tn+1 dt yi (tn+1 ) =xi . (2) (Diffusions Schritt) L¨ose das diskrete Analogon des Stokes Problems un+1 − u(y(tn ), tn ) − ν∆un+1 + ∇pn+1 =f (., tn+1 ) tn+1 − tn div un+1 =0 un+1 =0 Beim Transport-Diffusions Algorithmus wird also der Term ∂ uh (xi , tn+1 ) + (uh (xi , tn+1 ) · ∇)uh (xi , tn+1 ) ∂t durch den Differenzenquotienten uh (xi , tn+1 ) − uh (yi (tn ), tn ) tn+1 − tn approximiert. 156
in Ω in Ω auf Γ.
Die Implementierung dieses Algorithmus ist recht aufwendig, da im Transport Schritt die Charakteristiken durch das Gitter verfolgt werden m¨ ussen. Außerdem treten Schwierigkeiten bei geschlossenen Stromlinien auf. Zum Abschluss sei generell bemerkt, dass sich die L¨osungen der instation¨aren √ ur das Geschwindigkeitsfeld bzw. wie Navier-Stokes Gleichungen f¨ ur t ∼ 0 wie t f¨ √ ur den Druck verhalten. Daher ist es bei jeder Diskretisierung empfehlenswert, 1/ t f¨ in den ersten Zeitschritten eine Zeitdiskretisierung niedriger Ordnung mit gutem Stabilit¨atsverhalten wie z.B. das implizite Euler Verfahren zu verwenden und erst sp¨ater auf ein Verfahren h¨oherer Ordnung wie z.B. das Crank-Nicolson Verfahren umzuschalten.
IV.3 A posteriori Fehlersch¨ atzer Wir benutzen den abstrakten Rahmen von § III.5. F¨ ur die instation¨aren Navier-Stokes Gleichungen ist dann mit den u ¨blichen Notationen hF ([u, p]), [v, q]iW := − (u0 , v(., 0)) − + +
Z
Z
T
Z
T
(u, 0
∂v ) ∂t
{νa(u, v) + N (u, u, v) + b(v, p) − (f , v)}
0 T
b(u, q) 0
∂v ∈ L2 ((0, T ), H −1 (Ω)n ), ∂t v(., T ) = 0 in H −1 (Ω)n , q ∈ L2 ((0, T ), L20 (Ω))}
W :={[v, q] : v ∈ L2 ((0, T ), H01 (Ω)n ), V :=V1 × V2 mit V1 :=
L∞ ((0, T ), L2 (Ω)2 ) ∩ L2 ((0, T ), H01 (Ω)2 )
L∞ ((0, T ), L2 (Ω)3 ) ∩ L2 ((0, T ), H01 (Ω)3 ) ∩ L8 ((0, T ), L4 (Ω)3 )
falls n = 2 falls n = 3
V2 :=L2 ((0, T ), L20 (Ω)).
Insbesondere besitzt wegen Satz 1.5 das Problem F ([u, p]) = 0 f¨ ur n = 2 genau eine L¨osung und f¨ ur n = 3 h¨ochstens eine L¨osung. Aus den u ¨blichen Energieabsch¨atzungen folgt, dass diese L¨osung regul¨ar ist im Sinne von Satz III.5.1. 157
Die Lipschitz-Stetigkeit von DF ([u, p]) folgt aus der Trilinearit¨at und Stetigkeit von N. F¨ ur die Diskretisierung betrachten wir Raum-Zeit Finite Elemente, d.h. Problem (5) aus § 2. Im vorliegenden abstrakten Rahmen entspricht dies der Wahl Vh :=Sτk,−1 (Xh(τ ) ) × Sτk,−1 (Mh(τ ) )
Wh :=Sτθ;k+1,0 (Xh(τ ) ) × Sτk,−1 (Mh(τ ) )
hFh ([uh , ph ]), [vh , qh ]iW :=hF ([uh , ph ]), [vh , qh ]iW .
Man beachte, dass f¨ ur den Druck Ansatz- und Testraum u ¨bereinstimmen. Insbesondere gilt also wieder die Galerkin Orthogonalit¨at hF ([uh , ph ]), [vh , qh ]iW = 0 ∀[vh , qh ] ∈ Wh f¨ ur jede L¨osung [uh , ph ] des diskreten Problems (5), d.h. Fh ([uh , ph ]) = 0. Wegen Satz III.5.1 ist somit der Fehler ku − uh kL2 ((0,T ),H01 (Ω)n ) + kp − ph kL2 ((0,T ),L20 (Ω)) ¨aquivalent zu dem Residuum kF ([uh , ph ])kW 0 =
sup [v,q]∈W k[v,q]kW =1
hF ([uh , ph ]), [v, q]iW .
Aus Gleichung (6) von § 2 erhalten wir mittels elementweiser partieller Integration wie in Gleichung (4) aus § III.5 die folgende Darstellung des Residuums hF ([uh , ph ]), [v, q]iW ( Nτ X nZ X = (uh (x, tj + 0) − uh (x, tj − 0)) · v(x, tj )dx j=1
K
K∈Tj
+
+
+
X Z
E∈Ej
Z
Z
tj+1 tj tj+1 tj
tj+1 tj
Z
Z
Z
E
K
{
∂uh − ν∆uh + ∇ph + (uh · ∇)uh − f } · vdxdt ∂t
q div uh dxdt K
o
)
[nE · (∇uh − ph I)]E · vdSdt . 158
(1)
Dabei benutzen wir die Notationen des vorigen Paragraphen; insbesondere ist uh (., 0 − 0) := u0 der bekannte Anfangswert. Um eine kompaktere Schreibweise zu erhalten, definieren wir Pτ := {K × Jj : 1 ≤ j ≤ Nτ , K ∈ Tj } und setzen f¨ ur Q := K × Jj ∈ Pτ ∂QB := K × {tj } , ∂QL := ∂K × Jj . Mit diesen Notationen geht (1) u ¨ber in hF ([uh , ph ]), [v, q]iW X nZ = (uh (x, tj + 0) − uh (x, tj − 0)) · v(x, tj )dx Q∈Pτ
∂QB
+ +
Z
Z
Q
{
∂uh − ν∆uh + ∇ph + (uh · ∇)uh − f } · vdxdt ∂t
(2)
q div uh dxdt Q
1 + 2
Z
∂QL
o [nE · (∇uh − ph I)]E · vdSdt .
ucksichtigt, dass jedes E ∈ Ej doppelt Der Faktor 12 vor dem letzten Summanden ber¨ gez¨ahlt wird. F¨ ur die Herleitung einer oberen Fehlerschranke ben¨otigen wir wieder einen geeigneten Interpolationsoperator. Dazu nehmen wir an, dass die R¨aume Xj die stetigen, st¨ uckweise linearen bzw. n-linearen Elemente enthalten und bezeichnen mit Rj den modifizierten Cl´ement’schen Interpolationsoperator zu Tj aus § I.4. Setze 1 πj u := τj−1 + τj
Z
tj+1
u(., t)dt tj−1
mit der offensichtlichen Modifikation f¨ ur j = 1. Dann definieren wir den Interpola1,0 θ;1,0 tionsoperator Ih : V1 −→ Sτ (Sh(τ ) ) durch Ih u :=
Nτ X
λθj (t)πj (Rj u).
j=1
159
Man kann zeigen, dass dann f¨ ur alle Q = K × Jj ∈ Pτ folgende Interpolationsfehlerabsch¨atzungen gelten ∂u −1 n } k 2 ∂t L (Jj ,H (˜ωK ) ) 1/2 −3/2 ∂u ≤c{hK kukL2 (Jj ,H01 (˜ωK )n ) + τj hK k kL2 (Jj ,H −1 (˜ωK )n ) } ∂t −1/2 ≤c{τj hK kukL2 (Jj−1 ∪Jj ,H01 (K)n )
ku − Ih ukL2 (Q) ≤c{hK kukL2 (Jj ,H01 (˜ωK )n ) + τj h−1 K k ku − Ih ukL2 (∂QL ) ku − Ih ukL2 (∂QB )
(3)
1/2 −1 ∂u hK k kL2 (Jj−1 ∪Jj ,H −1 (K)n ) }.
+ τj
∂t
Dabei ist wie in § III.5 ω ˜ K die Vereinigung aller Elemente in Tj , die einen nicht leeren Durchschnitt mit K haben. Aus den Interpolationsfehlerabsch¨atzungen (3) und der Darstellung (2) folgt f¨ ur alle [v, q] ∈ W mit k[v, q]kW = 1 die Absch¨atzung hF ([uh , ph ]), [v, q]iW X n −1/2 1/2 2 2 ≤c (τj hK + τj h−1 K ) kuh (x, tj + 0) − uh (x, tj − 0)kL2 (∂QB ) Q∈Pτ
2 + (hK + τj h−1 K ) k 1/2
∂uh − ν∆uh + ∇ph + (uh · ∇)uh − f k2L2 (Q) ∂t
−3/2 2
+ (hK + τj hK
) k[nE · (∇uh − ph I)]E k2L2 (∂QL )
o + k div uh k2L2 (Q) . Setze zur Abk¨ urzung n 1/2 −1/2 2 2 hK + τj h−1 ηQ := (τj K ) kuh (x, tj + 0) − uh (x, tj − 0)kL2 (∂QB )
∂uh − ν∆uh + ∇ph + (uh · ∇)uh − f k2L2 (Q) ∂t −3/2 2 1/2 + (hK + τj hK ) k[nE · (∇uh − ph I)]E k2L2 (∂QL ) o1/2 2 + k div uh kL2 (Q) . 2 + (hK + τj h−1 K ) k
Dann erhalten wir wegen Satz III.5.1 die folgende obere Fehlerschranke
ku − uh kL2 ((0,T ),H01 (Ω)n ) + kp − ph kL2 ((0,T ),L20 (Ω)) ≤ c
X
Q∈Pτ
2 ηQ
1/2
.
(4)
Wegen Satz III.5.1 liefert hF ([uh , ph ]), [v, q]iW f¨ ur jedes Element [v, q] ∈ W mit k[v, q]kW = 1 eine untere Schranke f¨ ur den Fehler. Indem wir sukzessive die 160
Funktionen v=0
, q =bj ψK div uh
∂uh − ν∆uh + ∇ph + (uh · ∇)uh − fh } , q =0 ∂t v = bj ψE [nE · (∇uh − ph I)]E , q =0 v = bj ψ K {
v = λj ψK {uh (., tj + 0) − uh (., tj − 0)}
, q =0
w¨ahlen, erhalten wir mit ¨ahnlichen Argumenten wie in § II.10 und § III.5 die untere Fehlerschranke n τ ) ku − uh kL2 (Jj−1 ∪Jj ,H01 (ωK )n ) ηQ ≤ c(1 + h2K τj−1 + h−2 j K + kp − ph kL2 (Jj−1 ∪Jj ,L2 (ωK ))
o
(5)
+ hK kf − fh kL2 (Jj−1 ∪Jj ,L2 (ωK )) . Dabei ist wieder fh eine beliebige Finite Element Approximation an f , z.B. durch st¨ uckweise konstante Funktionen, und ωk die Vereinigung aller Elemente, die mit K eine Kante, falls n = 2 ist, bzw. eine Seitenfl¨ache, falls n = 3 ist, gemeinsam haben. Der Faktor 1 + h2K τj−1 + h−2 uck bei den station¨aren Problemen K τj hat kein Gegenst¨ der Paragraphen II.10 und III.5. Er spiegelt wider, dass die instation¨aren NavierStokes Gleichungen eine Differentialgleichung zweiter Ordnung bzgl. des Ortes, aber nur erster Ordnung bzgl. der Zeit sind. Wegen der nicht lokalen Natur des Raumes H −1 (Ω) kann man die lokale untere Fehlerschranke (5) nicht in der gewohnten Art und Weise zu einer globalen unteren Fehlerschranke zusammensetzen. Man verliert in diesem Fall einen Faktor ½
min
min hK
1≤j≤Nτ K∈Tj
¾−1
.
Man kann diesen Nachteil vermeiden, wenn man Fehlerschranken f¨ ur ku − uh kL2 ((0,T ),L2 (Ω)n ) + kp − ph kL2 ((0,T ),H −1 (Ω)) betrachtet. Dann gelten die Absch¨atzungen (4) und (5) und das globale Analogon von (5), wenn u ¨berall ηQ durch hK ηQ ersetzt wird.
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