Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis
I
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus C.J.Wirth, L. Zichner, A..-K.Martini: Orthopädie - Ellenbogen (ISBN 3-13-126211-7) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 2003
II
Inhaltsverzeichnis
Orthopädie und Orthopädische Chirurgie Herausgegeben von Carl Joachim Wirth und Ludwig Zichner
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus C.J.Wirth, L. Zichner, A..-K.Martini: Orthopädie - Ellenbogen (ISBN 3-13-126211-7) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 2003
Ellenbogen, Unterarm, Hand Herausgegeben von Abdul-Kader Martini Mit Beiträgen von
H. Assmus H. Bade K. Bauwens A. Berger L. Bernd E. Brug L. Döderlein A. Eisenschenk A. Ekkernkamp G. Feldkamp R. Frahm J. Frühauf R. Hierner
L. Kleinschmidt M. Langer M. Lautenbach A.-K. Martini G. Rompe M. Schiltenwolf M. Sparmann R. Stober M. Strassmair H. J. Voß E. Welk K. Wilhelm
785 Abbildungen 92 Tabellen
Georg Thieme Verlag Stuttgart ⋅ New York
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IV
Inhaltsverzeichnis
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detailliertere bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar
2003 Georg Thieme Verlag Rüdigerstraße 14 D-70469 Stuttgart Telefon: +49/0711/89 31-0 Unsere Homepage: http://www.thieme.de Printed in Germany Zeichnungen: Piotr und Malgorzata Gusta, Paris Umschlaggestaltung: Thieme Verlagsgruppe Umschlaggrafik: Martina Berge, Erbach-Ernsbach Satz: Druckhaus Götz GmbH, D-71636 Ludwigsburg, System 3B2 Druck: Universitätsdruckerei H. Stürtz AG, D-97080 Würzburg ISBN 3-13-126211-7
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Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.
Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
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Vorwort der Reihenherausgeber
V
Vorwort der Reihenherausgeber Mit den acht Bänden Orthopädie und Orthopädische Chirurgie wird eine umfassende Übersicht über den gegenwärtigen Wissensstand der Orthopädie einschließlich ihrer Grenzgebiete angeboten. Der rasche Wissenszuwachs in vielen Bereichen der Orthopädie und die heutigen Möglichkeiten des Informationstransfers über wissenschaftliche Datenbanken scheinen den Wert der Handbücher einzuschränken. Andererseits können elektronische Datenträger keine kompetent ausgewählte, kritisch wertende und am Arbeitsplatz stets verfügbare Nachschlagequelle über das gesamte Gebiet der Orthopädie zur Verfügung stellen. Dies waren die Gründe für Verlag und Herausgeber, eine Präsentationsform zu wählen, die das klassische Handbuch weiterführt. Entscheidend für Auswahl und Gewichtung des zu berücksichtigenden Stoffes war dessen aktuelle klinische Relevanz. Die Dokumentation des Wissens auf dem Gebiet der Orthopädie ist bis etwa 1985 im deutschen Schrifttum in Handbüchern und ähnlichen Sammel- und Übersichtswerken in hervorragender Weise niedergelegt. Hauptanliegen der Beiträge des vorliegenden Werkes sollte es deshalb sein, besonderes Gewicht auf die Darstellung der neueren Entwicklung – etwa seit 1980 – zu legen. Älteres Wissensgut wurde dementsprechend weitgehend als bekannt vorausgesetzt, wenngleich gelegentlich seine Erwähnung notwendig war – sei es, dass sich dies im Interesse einer schlüssigen und geschlossenen Abhandlung als zweckmäßig erwies oder sei es, dass durch einen Mangel an neuen, weiterführenden Fakten zum Thema der Rückgriff auf Altwissen zur Abrundung des Gesamttextes erforderlich wurde. Die zwei allgemeinen Bände der Reihe tragen zum Verständnis der System- und Stoffwechselerkrankungen sowie der Tumoren und der tumorähnlichen Erkrankungen bei. Die weiteren sechs Bände sind monothematisch geprägt und haben Anatomie und Biomechanik, Diagnostik und Therapie, Fehlbildungen und Deformitäten, entzündliche, rheumatische und degenerative Erkrankungen, neurogene und stoffwechselbedingte Störungen, Verlet-
zungen und Verletzungsfolgen des gesamten Haltungsund Bewegungsapparates zum Inhalt. Eigene Kapitel befassen sich mit Begutachtungsfragen. Ein übersichtliches Inhaltsverzeichnis, eine einheitliche Gliederung der regionenbezogenen Bände sowie ein ausführliches, im Internet abrufbares Sachverzeichnis dienen der klaren und raschen Orientierung. Soweit in der vorliegenden Bandreihe Orthopädie und Orthopädischen Chirurgie zu Operationen Stellung zu nehmen ist, geschieht dies lediglich in prinzipieller Weise mit wenigen Schemazeichnungen, ohne auf Operationsverfahren, -konzepte und -alternativen im Detail einzugehen. Die Mitwirkung einer großen Zahl von Autoren bringt zwangsläufig eine gewisse Variationsbreite in der Form der Textgestaltung mit sich. Dies erhöht aber auch die Farbigkeit des Dargestellten und schafft eine reizvolle Meinungspalette. Die Vorteile dieser Stoffbewältigung dürften deren Nachteile aufwiegen, zumal es heute auf Schwierigkeiten stoßen würde, genügend Autoren zu finden, die in der Lage und willens wären, sehr große heterogene und möglicherweise auch komplizierte Themenkomplexe mit gleichbleibend hoher Kompetenz im Alleingang zu bearbeiten. Den Herausgebern der Einzelbände gebührt unser besonderer Dank, denn ohne ihre Kooperation wäre das Gesamtwerk nicht realisierbar gewesen. Für die Bereitschaft, ein derart weit gespanntes Vorhaben in Angriff zu nehmen, sind wir Herrn Albrecht Hauff und den Mitarbeitern des Georg Thieme Verlages, besonders Frau Silvia Buhl, für die stets gute Zusammenarbeit und die sachkundige Betreuung des Projektes zu großem Dank verpflichtet. Wir hoffen, mit diesem Werk den konservativ und operativ tätigen Kollegen ein aktuelles und verlässliches Hilfsmittel für ihre tägliche Arbeit an die Hand geben zu können. Hannover und Frankfurt, im Frühjahr 2002
Carl Joachim Wirth Ludwig Zichner
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Vorwort der Bandherausgeber
Vorwort des Bandherausgebers Max Lange soll gesagt haben: „Die Handchirurgie ist die Perle der Orthopädie“. Ich denke, er wollte damit nicht nur die Zugehörigkeit der Handchirurgie zur Orthopädie betonen, sondern auch das Wertvolle und Feine herausheben. Mehrere bekannte Orthopäden haben sich mit der Handchirurgie beschäftigt und uns wichtige Werke, insbesondere auf dem Gebiet der Fehlbildungen hinterlassen. Dieser Band ist eine Fortsetzung dieser Tradition. Die letzten Jahre zeichneten sich durch einen hohen Innovationsgrad auf allen medizinischen Gebieten aus. In unserem Fach haben neue diagnostische Verfahren Fuß gefasst, wie z. B. das Schnittbildverfahren und die Arthroskopie. Neue Operationstechniken wurden entwickelt, wie minimal invasive Verfahren, Mikrochirurgie und Navigationssysteme, um nur einige Fortschritte zu nennen. Neue Instrumente und Implantate wurden entwickelt. Die Operationstechniken wurden erweitert, und das Operationsalter wurde immer weiter vorverlegt. Wir haben uns bemüht, dieser Entwicklung gerecht zu werden und soweit es sich um fest etablierte und bewährte Methoden handelt, sie in dem Buch aufgenommen. Die Handchirurgie bedarf heute eines umfassenden Wissens, welches über die interdisziplinäre Betrachtung hinaus eine Spezialisierung notwendig macht. Wir konnten fachkompetente Autoren aus verschiedenen Disziplinen gewinnen, die auf ihrem Gebiet große Erfahrungen
haben und uns an diesem Erfahrungsschatz teilnehmen lassen. Das Buch ist sowohl für den klinischen Alltag, als auch als Nachschlagewerk konzipiert. Es soll dem Leser gründliche und umfassende Informationen über Diagnose, Untersuchungsmethoden und Behandlungsmöglichkeiten geben, auch die einzelnen Operationsschritte werden kurz beschrieben. Die dargestellten Ergebnisse dienen als Maßstab zur Bewertung der Behandlungsmaßnahmen. Ein aktuelles und ausführliches Literaturverzeichnis nach jedem Abschnitt kann bei Bedarf den Informationsgehalt vervollständigen. Dieses Buch konnte nur durch die aktive Unterstützung vieler fleißiger Mithelfer gestaltet werden. Mein Dank gilt den Mitarbeitern des Georg Thieme Verlages für die schöne Gestaltung und besonders den Autoren für die engagierte Mitarbeit und das Schöpfen aus ihren reichlichen persönlichen Erfahrungen. In der Hoffnung auf eine wohlwollende Aufnahme des Buches möge es den orthopädisch-chirurgisch tätigen Kollegen, aber auch den Kollegen aus anderen Fachrichtungen bei ihrer Arbeit mit Handpatienten eine wertvolle Unterstützung bieten. Heidelberg, im Frühjahr 2003
Abdul-Kader Martini
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Anschriften
VII
Anschriften Reihenherausgeber
Bandherausgeber
Wirth, C. J., Prof. Dr. med. Orthopädische Klinik II der Medizinischen Hochschule im Annastift e.V. A.-v.-Borries-Str. 3 30625 Hannover
Martini, A.-K., Prof. Dr. med. Orthopädische Univ.-Klinik Sektion Hand- und Mikrochirurgie Schlierbacher Landstr. 200 a 69118 Heidelberg
Zichner, L., Prof. Dr. med. Orthopädische Univ.-Klinik und Poliklinik Friedrichsheim Marienburgstr. 2 60528 Frankfurt
Mitarbeiter Assmus, H., Dr. med. Gemeinschaftspraxis für Neurochirurgie EKZ „Am Petrus“ Ringstr. 3 69221 Dossenheim
Döderlein, L., Dr. med. Orthopädische Univ.-Klinik Abt. Technische Orthopädie Schlierbacher Landstr. 200 a 69118 Heidelberg
Bade, H., Priv.-Doz. Dr. med. Anatomisches Institut Köln Joseph-Stelzmann-Str. 9 50931 Köln
Eisenschenk, A., Priv.-Doz. Dr. med. Unfallkrankenhaus Berlin Abt. für Hand-, Replantationsund Mikrochirurgie Warener Str. 7 12683 Berlin
Bauwens, K., Dr. med. Unfallkrankenhaus Berlin Warener Str. 7 12683 Berlin Berger, A., Prof. Dr. med. International Neuroscience Institut (INI) Alexis-Carrel-Str. 4 30625 Hannover Bernd, L., Priv.-Doz. Dr. med. Orthopädische Univ.-Klinik Sektion orthopädische Onkologie Schlierbacher Landstr. 200 a 69118 Heidelberg Brug, E., Prof. Dr. med. Klinik und Poliklinik für Unfallund Handchirurgie Universitätsklinikum Münster Waldeyerstr. 1 48149 Münster
Ekkernkamp, A., Prof. Dr. med. Unfallkrankenhaus Berlin Warener Str. 7 12683 Berlin Feldkamp, G., Dr. med. Orthopädie, Chirurgie, Unfallchirurgie Westenfelder Str. 62/64 44867 Bochum Frahm, Renate, Priv.-Doz. Dr. med. Untere Vorstadt 2 78532 Tuttlingen Frühauf, J. Orthopädische Univ.-Klinik Orthop. Werkstatt Schlierbacher Landstr. 200 a 69118 Heidelberg
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VIII
Anschriften
Hierner, R., Prof. Dr. med. Universitaetsklinikum Gasthuisberg Handchirurgie und Brandwundenzentrum Katholische Universitaet Leuven Herestraat 49 B-3000 Leuven Kleinschmidt, L., Dr. med. Klinik für Plastische, Handund Wiederherstellungschirurgie Podbielskistr. 380 30625 Hannover Langer, M., Dr. med. Klinik und Poliklinik für Unfallund Handchirurgie Universitätsklinikum Münster Waldeyerstr. 1 48149 Münster Lautenbach, M., Dr. med. Immanuel-Krankenhaus Abt. Orthopädie Königstr. 63 14109 Berlin Martini, A.-K., Prof. Dr. med. Orthopädische Univ.-Klinik Sektion Hand- und Mikrochirurgie Schlierbacher Landstr. 200 a 69118 Heidelberg Rompe, G., Prof. Dr. med. Orthopädische Univ.-Klinik Schlierbacher Landstr. 200 a 69118 Heidelberg
Sparmann, M., Prof. Dr. med. Immanuel-Krankenhaus Abt. Rheumaorthopädie Königstr. 63 14109 Berlin Stober, R., Prof. Dr. med. Handchirurgie-Zentrum Klinik Im Schachen Schänisweg CH-5001 Aarau Strassmair, M., Dr. med. Zentrum für Handchirurgie – Chirurgische Klinik – Kreiskrankenhaus Starnberg GmbH Oßwaldstr. 1 82319 Starnberg Voß, H. J., Dr. med. Orthopädische Univ.-Klinik Abt. Hand- u. Mikrochirurgie Schlierbacher Landstr. 200 a 69118 Heidelberg Welk, E., Dr. med. Praxis für Chirurgie – Handchirurgie Hesselgasse 44 69168 Wiesloch Wilhelm, K., Prof. Dr. med. Zentrum für Handchirurgie – Chirurgische Klinik – Kreiskrankenhaus Starnberg GmbH Oßwaldstr. 1 82319 Starnberg
Schiltenwolf, M., Priv.-Doz. Dr. med. Orthopädische Univ.-Klinik Schlierbacher Landstr. 200 a 69118 Heidelberg
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Inhaltsverzeichnis
IX
Inhaltsverzeichnis
I
Allgemeiner Teil
1
Anatomische Grundlagen
........................................................
3
H. Bade 1.1
Skelettentwicklung und Skelettreifung . . . . .
4
1.2 1.2.1 1.2.2
Funktionelle Anatomie des Ellenbogens . . . . Distaler Oberarm und proximaler Unterarm . Ellenbogengelenk, Articulatio cubiti . . . . . . .
6 6 7
2
Untersuchungsmethoden
2.1
Klinische Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . E. Welk und A.-K. Martini Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.1 2.1.2
1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4
2.2.2
.....
54
. . . .
. . . .
54 55 56 56
.....
56
...........................................................
61
35 35
. . . . . .
35 40 42 44 45 47
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
3.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M. Schiltenwolf
62
3.2
Physikalische Therapie M. Schiltenwolf Krankengymnastik . . . Ergotherapie . . . . . . . . Massage . . . . . . . . . . . Lymphdrainage . . . . . . Wärme . . . . . . . . . . . . Phonophorese . . . . . . . Kältetherapie . . . . . . .
..................
62
. . . . . . .
62 62 64 64 64 65 65
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
27
48 50
....... .......
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
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. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
Arthroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Feldkamp Arthroskopie des Ellenbogens . . . . . . . Arthroskopie des Handgelenks . . . . . . . Elektrophysiologische Untersuchungstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Assmus Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elektroneurographie (ENG) . . . . . . . . . Elektromyographie (EMG) . . . . . . . . . . SEP und Magnetstimulation . . . . . . . . . Spezielle Untersuchungen bei Armnervenläsionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14 14 15 18 22
..... .....
2.2.3
28 28
Konservative Therapie
. . . . . . .
. . . . .
48
Bildgebende Diagnostik . . . . . . . . . . Röntgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . R. Frahm Radiologische Nativdiagnostik . . . . . Arthrographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Computertomographie . . . . . . . . . . . Magnetresonanztomographie (MRT) Knochenszintigraphie . . . . . . . . . . . . Sonographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . R. Frahm
. . . . . . .
. . . . .
.....
28
3
3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.2.6 3.2.7
. . . . .
........................................................
2.2.4
2.2 2.2.1
Funktionelle Anatomie der Hand . . . . . . . Distaler Unterarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Radiokarpaler Übergang und Handwurzel Mittelhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
3.2.8 3.2.9 3.2.10
Elektrotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Iontophorese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Magnetfeldtherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65 65 66
3.3
Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M. Schiltenwolf
66
3.4
Orthesen und Prothesen . . . . . . . . . . . . . . . . L. Döderlein und J. Frühauf Orthesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
3.4.1 3.4.2
67 72
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus C.J.Wirth, L. Zichner, A..-K.Martini: Orthopädie - Ellenbogen (ISBN 3-13-126211-7) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 2003
X
Inhaltsverzeichnis
4
Operative Therapie
4.1
Allgemeine Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.-K. Martini Präoperative Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anästhesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blutleere und Blutsperre . . . . . . . . . . . . . . . . Zugangswege und Standardschnittführungen Atraumatische Operationstechnik . . . . . . . . . Postoperative Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5 4.1.6 4.1.7
4.2 4.2.1 4.2.2
...............................................................
Mikrochirurgische Technik . . . . . . . . . . . . . . . A.-K. Martini Mikrochirurgische Gefäßnaht . . . . . . . . . . . . . Mikrochirurgische Nervennaht (Neurorhaphie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80 80 80 80 84 84 85 86
4.3.3
87 88
. . . . . . . . . . . .
Amputation . . . . . . . . . . . . . . . . A.-K. Martini Operationstechnik . . . . . . . . . . . Postoperative Versorgung . . . . . . Spätkomplikationen . . . . . . . . . . Funktionsverbessernde Eingriffe
. . . .
. . . . . . . . . . . .
4.3.1 4.3.2
5
Berufs- und Arbeitsschäden des Ellenbogens, Unterarmes und der Hand
................
93
. . . .
93 94 94 94
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . . . . . . . . . .
. 95 . 95 . 95 . 96 . 97 . 97 . 97 . 99 . 99 . 99 . 100 . 100
. . . . . . . . . . 103
Arthroskopische Technik G. Feldkamp Einleitung . . . . . . . . . . . . Ellenbogen . . . . . . . . . . . Synovialitis – Plica . . . . . Plica anterolateralis . . . .
. . . .
. . . . . . . . . . . .
90 4.4
4.3
Degenerative Gelenkschäden (Chondromalazie, freie Gelenkkörper, Arthrose, Osteophyten) . . . . . . . . . . . . Entfernung freier Gelenkkörper . . . . . . Ellenbogensteife mit Arthrofibrose . . . Osteochondrosis dissecans . . . . . . . . . . Epicondylitis humeri radialis . . . . . . . . Die Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risse des Discus ulnocarpalis . . . . . . . . Interkarpale Bandläsionen, Kapselrisse Synovitiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Degenerative Gelenkschäden . . . . . . . . Das ulnare Impingementsyndrom . . . . Frakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
103 104 104 106
. . 111
G. Rompe 5.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
5.3
5.2
In Deutschland anerkannte Berufskrankheiten mit Auswirkungen an Ellenbogen, Unterarm und der Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berufskrankheiten durch mechanische Einwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . BK 2101 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . BK 2103 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . BK 2104 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . BK 2105 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . BK 2106 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berufskrankheiten mit Unterarmund Handbeteiligung BK 2201 . . . . . . . . . . . . BK 3101 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . BK 1100 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.1 5.3.2 5.3.3
5.2.1
5.2.2
112 112 112 113 114 114 114
5.3.4
115 115 115
5.3.9
5.3.5 5.3.6 5.3.7 5.3.8
In Deutschland nicht anerkannte Befunde, bei denen Berufseinflüsse diskutiert werden . Dupuytren-Erkrankung . . . . . . . . . . . . . . . . . Osteonekrosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Repetetive Strain-Injury – Repetetive StressInjury (RSI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reflexdystrophie (Morbus Sudeck, posttraumatische Reflexdystrophie, CRPS I) . . . . . Hypothenar-Hammer-Syndrom . . . . . . . . . . . Karpaltunnelsyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daumensattelgelenkarthrose . . . . . . . . . . . . . Überlastungsschäden bei Musikern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sportschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
115 115 115 115 116 116 116 116 116 116
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Inhaltsverzeichnis
II 6
XI
Spezieller Teil Angeborene Fehlbildungen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
A.-K. Martini 6.1
Einleitung zu den angeborenen Fehlbildungen des Ellenbogens, des Unterarmes und der Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
122 122 123 124
Fehlbildungen des Ellenbogens . . . . . . . . . . Aplasie des Ellenbogens . . . . . . . . . . . . . . . . Dysplasie des Ellenbogens und angeborene Luxation des Radiuskopfes . . . . . . . . . . . . . . Radioulnare Synostose . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Fehlbildungen des Ellenbogens . . . . Oberarmsporn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pterygium cubitale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
126 130 134 135 135
6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4 6.3.5 6.3.6 6.3.7
Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angeborene Pseudarthrose des Unterarmes Radiusdefekt – radiale Klumphand . . . . . . . Ulnadefekt – ulnare Klumphand . . . . . . . . . Ulnaverdoppelung (mirror hand) . . . . . . . . . Transversale Fehlbildungen – Peromelie . . . Madelung-Deformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . Synostosen der Handwurzelknochen . . . . . .
. . . . . . . .
139 139 141 148 152 155 157 160
6.4 6.4.1
Fehlbildungen der Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Differenzierungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . 167
Syndaktylie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Symbrachydaktylie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spalthand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schnürfurchensyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . Nummerische Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . Polydaktylie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Radiale Polydaktylie (Daumenverdoppelung) Zentrale Polydaktylie (Synpolydaktylie) . . . . . Ulnare Polydaktylie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oligodakytlie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypoplasie und Aplasie des Daumens . . . . . . Rückbildung des Daumens . . . . . . . . . . . . . . . Metrische Variationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Triphalangie des Daumens . . . . . . . . . . . . . . . Hyperphalangie der Finger . . . . . . . . . . . . . . . Brachydaktylien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Symphalangie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klinodaktylie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Metakarpale Synostosen . . . . . . . . . . . . . . . . Makrodaktylie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angeborene Kontrakturen . . . . . . . . . . . . . . . Pollex flexus congenitus . . . . . . . . . . . . . . . . . Der eingeschlagene Daumen . . . . . . . . . . . . . Sehnenfehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kamptodaktylie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Windmühlenflügel-Deformität . . . . . . . . . . . . Weitere angeborene Kontrakturen . . . . . . . . . Kirner-Deformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
167 172 176 182 190 191 192 193 194 195 196 196 203 203 206 208 210 211 213 216 222 222 223 223 225 227 229 229
7
Osteochondrodysplasien – Osteonekrosen des Ellenbogens und Handgelenks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
233
6.1.1 6.1.2 6.1.3
6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4
6.3
6.4.2
. 125 . 125
6.4.3
6.4.4
M. Schiltenwolf 7.1
Lunatumnekrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
7.2
Weitere Knochennekrosen an der Hand und am Ellenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
7.2.1 7.2.2 7.2.3
Mittelhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Karpus und distaler Unteram . . . . . . . . . . . . . 245 Ellenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
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XII
Inhaltsverzeichnis
8
Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.1
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . R. Hierner und L. Kleinschmidt Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion des Plexus brachialis und seiner Endäste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das integrative Therapiekonzept . . . . . . .
8.1.1 8.1.2 8.1.3
8.2
. . . 248
247
8.3
Tetraplegie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 L. Döderlein
8.4
Spastische Parese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 L. Döderlein
. . . 248 . . . 248 . . . 252
8.2.1 8.2.2
Läsionen des Plexus brachialis . . . . . . . . . . . . 254 R. Hierner, L. Kleinschmidt und A. Berger Posttraumatische Läsionen des Erwachsenen 254 Geburtstraumatische Läsionen . . . . . . . . . . . . 277
9
Nervenkompressionssyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
313
A Eisenschenk, M. Lautenbach 9.1 9.1.3
Pronator-teres-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Ätiopathogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314
9.4
Kompression des N. ulnaris in der Loge de Guyon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323
9.2
Karpaltunnelsyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
9.5
Kompression des N. radialis . . . . . . . . . . . . . . 325
9.3
Sulcus-ulnaris-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . 320
10
Durchblutungsstörungen an der oberen Extremität
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
R. Stober 10.1 10.1.1 10.1.2 10.1.3
Raynaud-Krankheit . . . Einleitung . . . . . . . . . . Morbus Raynaud . . . . Raynaud-Symptomatik
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
330 330 330 331
10.2 Arterielle Verschlusskrankheiten (AVK) . . . . . 333 10.2.1 Arteriosklerose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 10.2.2 Thrombangitis obliterans . . . . . . . . . . . . . . . 334
10.4 Gefäßkompressionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 10.4.1 Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) . . . . . . . . . . . 341 10.4.2 A.-brachialis-Kompressionssyndrom . . . . . . . 341 10.5 Gefäßschäden durch chronische Traumen . . . 344 10.5.1 Hypothenar-Hammer-Syndrom . . . . . . . . . . . 344 10.5.2 Vibrationsschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 10.6
10.3
Akute Gefäßverschlüsse am Arm und an der Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3.1 Arterielle Embolien und Thrombosen 10.3.2 Durchblutungsstörung als Folge eines akuten Traumas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3.3 Gefäßbeteiligung bei Frakturen . . . . . . . . . . . Suprakondyläre Humerusfraktur . . . . . . . . . . Klavikulafraktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.-subclavia-Abriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
336
338 338 338 339 340
Folgen traumatisch bedingter Durchblutungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . 10.6.1 Kompartmentsyndrom . . . . . . . . . . . . Akutes Kompartmentsyndrom . . . . . . Chronisches Kompartmentsyndrom . . 10.6.2 Volkmann-Kontraktur . . . . . . . . . . . . . 10.7
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
346 346 346 347 347
Pathologische arteriovenöse Fisteln . . . . . . . . 349
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Inhaltsverzeichnis
11
Morbus Dupuytren
XIII
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353
H. J. Voß, A.-K. Martini
12
Infektionen der Hand
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
E. Brug und M. Langer 12.1 12.1.1 12.1.2 12.1.3
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nomenklatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathogenese der Infektionen der Hand Allgemeine Behandlungsprinzipien . . .
. . . .
364 364 364 366
12.2 12.2.1 12.2.2 12.2.3 12.2.4 12.2.5 12.2.6
Pyogene Krankheitsbilder an den Fingern . . . Bulla infecta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paronychie, Panaritium par- und periunguale Panaritium subunguale . . . . . . . . . . . . . . . . . Subkutane Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interdigitalphlegmone . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwielenabszess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
367 367 368 368 369 370 371
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
12.3 Tiefe Infektionen der Hand . . . . . . . . . . . . . . . 371 12.3.1 Sehnenscheideninfektion . . . . . . . . . . . . . . . . 371
13
12.3.2 Phlegmone des radialen oder ulnaren Sehnenscheidensackes . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3.3 Sehnenscheidenphlegmone (V-phlegmone) 12.3.4 Infektion des oberflächlichen Hohlhandraumes (subaponeurotischer Raum) . . . . . 12.3.5 Infektion des Mittelhandraumes . . . . . . . . 12.3.6 Infektion des Thenarraumes . . . . . . . . . . . . 12.3.7 Infektion des Hypothenarraumes . . . . . . . . 12.3.8 Infektion im Paronaraum . . . . . . . . . . . . . . 12.3.9 Eitrige Arthritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3.10 Osteitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 373 . . 374 . . . . . . .
. . . . . . .
374 374 374 375 375 375 376
12.4 Infektionen der Streckseite . . . . . . . . . . . . . . 377 12.4.1 Furunkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 12.4.2 Handrückenphlegmone . . . . . . . . . . . . . . . . . 377
Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379
M. Lautenbach und M. Sparmann 13.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380
13.3
Handgelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389
13.2
Ellenbogengelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
13.4
Fingergelenke, Beuge- und Strecksehnen . . . 405
14
Erkrankungen der Sehnen und Sehnenscheiden, Insertionstendinosen
. . . . . 427
M. Schiltenwolf 14.1
Insertionstendinosen – Epikondylitis und Styloiditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428
14.3 Sehnenscheidenstenosen . . . . . . . . . . . . . . . . 433 14.3.1 Tendovaginitis stenosans (de Quervain) . . . . . 433
14.2 Sehnenscheidenentzündung . . . . . . . . . . . . . . 432 14.2.1 Paratenonitis crepitans . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 14.2.2 Repetitive Strain Injury (RSI) . . . . . . . . . . . . . 432
14.4
15
Verletzungen und Verletzungsfolgen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437
15.1
Verletzungen und Verletzungsfolgen des Ellenbogens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 K. Bauwens, A. Eisenschenk und A. Ekkernkamp Weichteilverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 Bandverletzungen und Luxationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441
15.1.3 15.1.4
15.1.1 15.1.2
Schnellender Finger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435
Distale Bizepssehnenruptur . . Knöcherne Verletzungen . . . . Frakturen beim Erwachsenen . Frakturen im Wachstumsalter
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
443 445 445 459
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XIV
Inhaltsverzeichnis
15.2
15.2.1 15.2.2
15.2.3
15.2.4
15.2.5 15.2.6
16
Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M. Strassmair und K. Wilhelm Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Distale Radiusfraktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Offene Radiusfraktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begleitverletzungen bei distalen Radiusfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgezustände der distalen Radiusfraktur . . . Karpale Frakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Skaphoidfraktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lunatumfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Triquetrumfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fraktur des Os pisiforme . . . . . . . . . . . . . . . . Hamatumfraktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trapezium- und Trapezoideumfrakturen . . . . Luxation von Handwurzelknochen . . . . . . . . Palmare Lunatumluxation . . . . . . . . . . . . . . . Dorsale Lunatumluxation . . . . . . . . . . . . . . . . Perilunäre Luxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Skaphoidluxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Luxationen der Handwurzelknochen Luxationsfraktur des Handgelenks . . . . . . . . . Perilunäre Luxationsfrakturen . . . . . . . . . . . . Folgezustände von Handgelenkfrakturen . . . . Skaphoidpseudarthrose . . . . . . . . . . . . . . . . . Arthrose des Pisiforme-Triquetrum-Gelenks . Pseudarthrose des Hamulus ossis hamati . . .
Arthrosen
467 467 467 477 478 478 483 483 488 489 490 491 492 493 493 495 496 496 497 497 497 499 499 501 501
15.2.7 Kapsel-Band-Verletzungen des Handgelenks . 502 Ruptur des skapholunären Bandes (SL-Band) 502
15.3 15.3.1 15.3.2 15.3.3 15.3.4 15.3.5 15.3.6 15.3.7 15.3.8 15.3.9 15.3.10 15.3.11 15.3.12 15.3.13
Verletzungen im Bereich der Hand . . . . . . . . M. Lautenbach und A. Eisenschenk Frakturen der Ossa metacarpalia II–V . . . . . . Frakturen des Os metacarpale I . . . . . . . . . . . Frakturen von Phalanx proximalis und medialis der Digiti II–V . . . . . . . . . . . . . . . . . Frakturen der Phalanges distales . . . . . . . . . . Frakturen der Phalangen des Pollex (Digitus primus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frakturen mit Knochendefekt . . . . . . . . . . . . Fehlstellungen und Pseudarthrosen nach Frakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Luxationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bandverletzungen im Bereich der Fingergelenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strecksehnenverletzungen im Bereich der Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beugesehnenverletzungen im Bereich der Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verletzungen der Nerven im Bereich der Hand . . . . . . . . . . Verletzungen mit Weichteildefekt im Bereich der Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
506 506 513 515 519 523 524 527 530 533 535 538 540 540
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545
A.-K. Martini 16.1
Ellenbogengelenkarthrose . . . . . . . . . . . . . . . 546
16.5
Arthrose des Karpometakarpalgelenks I . . . . 560
16.2
Arthrose des distalen Radioulnargelenks (DRUG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550
16.6
Arthrose der Karpometakarpalgelenke II und III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567
16.3
Arthrose des Radiokarpalgelenks . . . . . . . . . . 553
16.7
Bouchard-Arthrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 568
16.4
Arthrose des Skaphotrapezialgelenks . . . . . . 559
16.8
Heberden-Arthrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569
17
Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573
L. Bernd 17.1 17.1.1 17.1.2 17.1.3 17.1.4
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stadieneinteilung . . . . . . . . . . . . . . . Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Diagnostik bei Tumoren Klinische Diagnostik . . . . . . . . . . . . . Laboruntersuchungen . . . . . . . . . . . . Bildgebende Diagnostik . . . . . . . . . . Biopsie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
574 574 575 576 576 576 576 576 577
17.1.5
Therapie bei Tumoren und tumorähnlichen Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578
17.2 17.2.1 17.2.2 17.2.3 17.2.4
Benigne Weichteiltumoren Synoviale Zyste (Ganglion) . Muköse Zysten . . . . . . . . . . Epidermale Einschlusszyste Infantiles digitales Fibrom .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
579 579 580 581 581
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Inhaltsverzeichnis
17.2.5 17.2.6 17.2.7 17.2.8 17.2.9 17.2.10 17.2.11 17.2.12 17.2.13 17.2.14
Juveniles aponeurotisches Fibrom . . Fremdkörpergranulome . . . . . . . . . . Granularzelltumor . . . . . . . . . . . . . . Lipofibromatöses Hämartom . . . . . . Lipom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neurofibrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . Noduläre Fasziitis . . . . . . . . . . . . . . . Riesenzelltumor der Sehnenscheide Schwannom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glomustumor . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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582 582 582 583 583 584 584 584 585 586
17.3 17.3.1 17.3.2 17.3.3 17.3.4 17.3.5 17.3.6 17.3.7 17.3.8
Maligne Weichteiltumoren . . . . . . . . . . . . . Epitheloidsarkom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Malignes Weichteilmelanom . . . . . . . . . . . Dermatofibrosarcoma protuberans . . . . . . Fibrosarkom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Malignes fibröses Histiozytom . . . . . . . . . . Maligner peripherer Nervenscheidentumor Rhabdomyosarkom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Synovialsarkom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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588 589 590 590 591 591 591 592 592
18
Reflexdystrophie (Complex regional Pain Syndrome I)
17.4 17.4.1 17.4.2 17.4.3 17.4.4 17.4.5 17.4.6 17.4.7 17.4.8 17.4.9 17.4.10 17.4.11
Benigne Knochentumoren . . . . Enchondrom . . . . . . . . . . . . . . . Multiple Enchondromatose . . . Maffucci-Syndrom . . . . . . . . . . Periostales Chondrom . . . . . . . Osteochondrom . . . . . . . . . . . . Chondromyxoides Fibrom . . . . Osteoidosteom . . . . . . . . . . . . . Osteoblastom . . . . . . . . . . . . . . Solitäre Knochenzyste . . . . . . . Aneurysmatische Knochenzyste Riesenzelltumor des Knochens
17.5 Maligne Knochentumoren 17.5.1 Chondrosarkom . . . . . . . . 17.5.2 Ewing-Sarkom . . . . . . . . . 17.5.3 Osteosarkom . . . . . . . . . . . 17.5.4 Knochenmetastasen . . . . .
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594 594 595 596 596 597 597 598 599 599 600 601
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604 604 604 606 608
XV
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611
M. Schiltenwolf
19
Begutachtung von Ellenbogen und Hand
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617
G. Rompe 19.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618
19.2
Begutachtung von Verlusten, Teilverlusten und Funktionseinschränkungen . . . . . . . . . . . 618
19.3
19.3.1 Zusammenhangstrennende Sehnenschäden . Offene Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gedeckte zusammenhangstrennende Sehnenschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3.2 Sehnenschäden durch Dauerbeanspruchung .
624 624 624 626
Begutachtung von Sehnenverletzungen und -schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624
Sachverzeichnis
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1
I
Allgemeiner Teil
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IAllgemeiner Teil
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1
Anatomische Grundlagen H. Bade 1.1 Skelettentwicklung und Skelettreifung 1.2 Funktionelle Anatomie des Ellenbogens 1.3 Funktionelle Anatomie der Hand
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4
1 Anatomische Grundlagen
1.1
Skelettentwicklung und Skelettreifung
Die Armanlage kann als deutlicher Wulst der ventralen Leibeswand bereits bei Embryonen mit einer ScheitelSteiß-Länge (SSL) von 3 mm nachgewiesen werden (Abb. 1.1). Dieser Wulst, der etwa 5 Somiten umfasst, wird von einer ektodermalen Randleiste abgeschlossen, die im Mesenchym die Ausbildung der distalen Handelemente induziert. Bei einer SSL von 5,5 mm entspricht die verlängerte Armanlage mit ihrer kranialen Begrenzung dem radialen und mit der kaudalen Begrenzung dem ulnaren Rand des Unterarms. Die Wurzel der Armanlage liegt in Höhe der unteren 4 Zervikalsegmente und des ersten Thorakalsegments. Im 8-mm-Stadium beginnt die Trennung der distalen Handplatte von der proximalen Armanlage und bei einem 12 – 15 mm langen Embryo werden innerhalb der Handplatte die Fingerstrahlen und die einsprossenden Äste der 3 großen Armnerven (Nn. radialis, ulnaris, medianus) sichtbar (Christ u. Mitarb. 1987, Hochstetter1952, Starck 1975). Im Verlauf der weiteren Entwicklung tritt eine pronatorische Drehung der oberen Extremität auf, die zu einer Dorsalverlagerung des sich entwickelnden Ellenbogengelenks führt. Während sich die äußere Form der oberen Extremität herausbildet, verdichtet sich das zentrale Mesenchym zum Blastem eines hyalinen Knorpels. Initiale hyalinknorplige Vorstufen der Röhrenknochen treten um die 6. Embryonalwoche auf. In den folgenden Wochen beginnt regional unterschiedlich die chondrale Ossifikation der skelettalen Elemente, wobei sich die Knochenverbindungen aus jeweils gemeinsamen Blastemen durch Abgliederung und Differenzierung der einzelnen Bestandteile zu synovialen Gelenken entwickeln. Die ersten perichondralen Knochenmanschetten der oberen Extremität treten an Radius und Ulna in der 7. Embryonalwoche auf und führen zu einer Verknöcherung von Corpus radii und Corpus ulnae. Enchondrale Knochenkerne der Epiphysen bilden sich am Radius distal im 1. – 2. und proximal im 4. – 7. Lebensjahr, der knöcherne Processus styloideus radii erst zwischen dem 10. und 12. Lebensjahr. Die ulnaren Epiphysen verknöchern distal vom 4. – 7. Lebensjahr und proximal (eigener Knochenkern für das Olecranon) zwischen dem 9. und 11. Lebensjahr, wobei der Processus styloideus ulnae zeitlich vor dem radialen Griffelfortsatz (eigener Knochenkern) im 7. – 8. Lebensjahr ossifiziert. Die distalen Epiphysenfugen beider Unterarmknochen bilden eine wichtige Wachstumszone der oberen Extremität, was nicht zuletzt durch ihren relativ späten Verschluss zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr (proximal zwischen dem 14. und 17. Lebensjahr) dokumentiert wird. Später als am Unterarm beginnt die perichondrale Verknöcherung des Humerus im 2. und 3. Fetalmonat. Epiphysäre Knochenkerne entwickeln sich zwischen der 2. Lebenswoche und dem 12. Lebensjahr. In der proximalen Epiphyse des Oberarmknochens entstehen kurz nach der Geburt 3 enchondrale Knochenkerne (Caput, Tubercula majus et minus), wäh-
C5 C6
C5
C7
Th1
C8 Th1
C5 C6 C7
C5 Th1
C8 Th1
C5 Th1
C5 C6 Th1
C7 C8
Abb. 1.1 Segmentale Ursprünge der oberen Extremitätenanlage bei Embryonen von 3, 5 und 8 mm SSL.
rend die 4 distalen Epiphysenkerne des Humerus (Trochlea, Capitulum, Epicondyli medialis et lateralis) erst später auftreten. Die Ossifikation der Epiphysenlinien beginnt hingegen distal eher als proximal. Hinsichtlich der Verknöcherungszeitpunkte sind geschlechtsspezifische Unterschiede (weiblich früher, männlich später) die Regel (Abb. 1.2). Die karpalen Knochenkerne entwickeln sich generell erst nach der Geburt, wobei die zeitliche Reihenfolge zwar breiten Schwankungen unterliegt aber häufig einem Schema folgt (Abb. 1.3) (Siegert 1935). Das Kahnbein bildet regelmäßig 2 – 3 Knochenkerne innerhalb einer gemeinsamen knorpligen Anlage aus, was einer anlagebedingten Teilung des Skaphoid widerspricht (Louis u. Mitarb. 1976). Hingegen können die Knochenkerne von Lunatum und Triquetrum aus einer oder zwei Knochenanlagen zum Os lunatotriquetrum verschmelzen (Förster 1989). Am Übergang von der Embryonal- in die Fetalperiode (8.-10. Woche) entstehen die perichondralen Knochenmanschetten
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1.1 Skelettentwicklung und Skelettreifung
12. – 15. L M
9. – 11. L J
4. – 7. L J
2. – 3. L J
2. – 4. L J
5
Abb. 1.2 Perichondrale und enchondrale Ossifikation der langen Röhrenknochen des Armes (EW = Embryonale Woche, EM = Embryonalmonat, LM = Lebensmonat, LJ = Lebensjahr, FM = Fetalmonat).
2. – 3. E M 7. E W
10. – 12. L J
7. E W
1. – 2. L J
5. – 7. L J
Radius
1. – 7. L M
8. – 13. L J
5. L J
1. L J
12. L J.
7. – 8. L J
Ulna
1. – 6. L M
Humerus
4. – 8. L J 4. – 8. L J 7. E W 2. – 3. L J
8. – 12. L J
3.F M 2. – 3. L J 4. – 7. L J
5. L M – 3. L J 2. – 51/2. L J
Abb. 1.3 Zeitliche Abfolge der enchondralen Ossifikation der Handwurzelknochen (nach Schmidt u. Lanz).
der Mittelhandknochen. Abweichend vom Armskelett weisen die metakarpalen Röhrenknochen nur je einen epiphysären Knochenkern auf, der am 1. Strahl proximal und am 2. – 5. Strahl distal erscheint. Die enchondrale Ossifikation verläuft in der Regel am 2. und 3. Strahl beginnend zwischen dem 1. und 3. Lebensjahr. Akzessorische Epiphysenkerne werden vor allem für das Os metacarpale II (33 %) und für das Os metacarpale IV (10%) beschrieben (Weinert 1952). An den Phalangen setzt die perichondrale Verknöcherung der Diaphysen der Endglieder in der 7. – 8. Embryonalwoche ein, es folgen die Grundglieder in der 9. Woche und die Mittelglieder in der 11. Woche der Fetalperiode. Die epiphysären Knochenkerne aller Fingerknochen entstehen erst nach der Geburt zwischen dem 1. und 3. Lebensjahr. Die Synostose der Epiphysenlinien erfolgt an den Mittelhandknochen zwischen dem 15. und 20. und an den Fingerknochen zwischen dem 20. und 24. Lebensjahr (Abb. 1.4).
1.F M
11/2. – 3. L J
1. – 3. L J 11/2. – 3. L J
1. – 3. L J
1.F M 1.F M 11/2. – 3. L J Abb. 1.4 Perichondrale und enchondrale Ossifikation der Phalangen mit Angabe der daumenseitigen Abweichungen.
Wie die epiphysären Synostosen entsteht auch die Tuberositas unguis eines jeden Fingerendgliedes durch desmale Ossifikation. Die Ossifikation der Sesambeine unterliegt starken individuellen Schwankungen. Sie setzt in der Regel während der Pubertät ein, kann aber auch um Jahre verzögert beginnen (v. Lanz u. Wachsmuth 1959).
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6
1 Anatomische Grundlagen
1.2
Funktionelle Anatomie des Ellenbogens
1.2.1
Distaler Oberarm und proximaler Unterarm
Das distale Ende des Oberarmknochens (Humerus) zeigt eine Abflachung des Schaftes und verbreitert sich zum Condylus humeri, der zwei Gelenkkörper trägt. Auf der ulnaren Seite entwickelt sich aus einem eigenständigen Knochenkern die Oberarmrolle, Trochlea humeri, auf der radialen Seite, durch eine Führungsleiste abgegrenzt, in gleicher Weise das Oberarmköpfchen, Capitulum humeri. Proximal der ulnaren Gelenkrolle bildet der Humerus je eine ventrale und eine dorsale Vertiefung, Fossa coronoidea und Fossa olecrani, zur Aufnahme gleichnamiger Knochenfortsätze der proximalen Elle. Die Knochenreduktion bei einem grazilen Skelett kann zu einer Perforation der verbleibenden Knochenlamelle zwischen beiden Gruben Anlass geben. Proximal des Oberarmköpfchens bildet sich ventral eine flachere Vertiefung, die Fossa radialis für den Radiuskopf bei maximaler Flexion des Unterarms (Abb. 1.5). Von den beidseitigen Muskelapophysen, Epicondylus medialis und Epicondylus lateralis, ist die mediale deutlich prominenter und trägt in seltenen Fällen (1 %)
einen Processus supraepicondylaris, der über kräftige Kollagenfaserzüge mit dem medialen Epikondylus verbunden ist (Töndury 1981). Unter diesem Bandzug verlaufen der N. medianus und die A. brachialis, bedeckt von Ursprungsfasern des M. pronator teres. Wie der Unterschenkel wird auch der Unterarm (Vorderarm) von zwei Röhrenknochen, der Speiche (Radius) und der Elle (Ulna) gebildet. Während sich der Radius distal verbreitert und direkten Kontakt mit der Hand aufnimmt, zeigt die Ulna eine proximale Verstärkung zur intensiven Artikulation mit dem Oberarmknochen. Beide Unterarmknochen sind durch eine Syndesmose (Membrana interossea antebrachii) verbunden und stehen über Radgelenke, die Articulationes radioulnares proximalis et distalis in gelenkiger Verbindung. Beim Menschen tritt die Speiche hinsichtlich ihrer Mobilität und Belastung in den Vordergrund. Der proximale Speichenkopf, Caput radii, der eine flache Gelenkgrube (Fovea articularis) für das Oberarmköpfchen trägt, weist eine annähernd zylinderförmige Gestalt auf. Die Mantelflächen des Gelenkkopfes bilden die Circumferentia articularis zur Anlagerung der Elle. Der Radiuskopf lässt ich dorsal unter dem Epicondylus lateralis ertasten. Er ist durch den Radiushals, Collum radii, von der RadiusdiaphyAbb. 1.5 Gelenkkörper der Articulatio cubiti von ventral.
Fossa coronoidea Epicondylus medialis
Trochlea humeri Lig. collaterale ulnare
Fossa radialis Epicondylus lateralis Capitulum humeri Lig. collaterale radiale Circumferentia articularis radii
Processus coronoideus Lig. anulare radii Tuberositas ulnae
Tuberositas radii
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1.2 Funktionelle Anatomie des Ellenbogens
se abgesetzt. Distal und ulnar des Radiushalses tritt der Ansatz des M. biceps brachii als Tuberositas radii deutlich hervor. Der bogenförmig nach lateral ausgelenkte Radiusschaft entwickelt nach der Geburt einen der Elle zugewandten scharfen Margo interosseus. Das distale Radiusende (Epiphysis distalis) ist verbreitert und zeigt dorsale Knochenrinnen für die Strecksehnen der Hand, wobei das prominente Tuberculum dorsale (Lister) hervortritt. Zur gelenkigen Verbindung mit der Handwurzel trägt die distale Gelenkfläche zwei überknorpelte Facetten, die laterodorsal von einem stumpfen Griffelfortsatz (Processus styloideus radii) überragt werden. Die ulnare Kante der distalen Radiusepiphyse trägt einen Gelenkausschnitt (Incisura ulnaris radii) für den distalen Ellenkopf. Die Elle (Ulna) liegt generell oberflächlicher als die Speiche und ist so dorsal leicht zu tasten. Ihr proximales kräftiges Ende weist einen halbmondförmigen Ausschnitt (Incisura trochlearis) auf, der proximal vom Olecranon und distal vom Processus coronoideus umfasst wird. Die überknorpelte Gelenkfacette für die Trochlea humeri wird häufig durch einen quer verlaufenden Einschnitt geteilt und trägt an der lateralen Kante eine Incisura radialis ulnae für den radialen Gelenkkopf. Unterhalb des Processus coronoideus inseriert der M. brachialis in die Tuberositas ulnae. Dem Radius gegenübergestellt bildet sich ein ebenso scharfer Margo interosseus des Schaftes heraus. Nach distal hin verjüngt sich der rundliche Ellenschaft und endet mit einem zylinderförmigen Ellenkopf, Caput ulnae, dessen Mantelfläche als Circumferentia articularis mit dem distalen Radius in Kontakt tritt. Der gegenüberliegende Rand des Ellenkopfes trägt einen Griffelfortsatz (Processus styloideus ulnae) an dessen Basis der Discus articularis (ulnocarpalis) des proximalen Handgelenks inseriert. Der Ellenkopf ist bei pronierter Hand dorsal vor der Handgelenksfurche deutlich sichtbar. Zwischen den Margines interosseae beider Unterarmknochen spannt sich die Membrana interossea antebrachii als Syndesmose. Ihr mittlerer Abschnitt ist am stärksten ausgeprägt. Proximal weist die Zwischenknochenmembran eine von gegenläufigen Kollagenfaserbündeln (Chorda obliqua) begrenzte Lücke für den Durchtritt der A. interossea posterior und eine Aussparung für die Insertion des M. biceps brachii am Radius auf. Die Membrana interossea dient vorrangig als erweitertes Ursprungsfeld für die am Unterarm entspringenden extrinsichen Hand- und Fingermuskeln, die damit auch eine aktive Anspannung der Membran bewirken können.
7
1.2.2 Ellenbogengelenk, Articulatio cubiti
Die Gelenkkapsel umschließt am Ellenbogen drei Teilgelenke, die als Articulatio composita Humerus, Radius und Ulna miteinander gelenkig verbindet. Das Kugelgelenk zwischen Humerusköpfchen und Radiuskopf, Articulatio humeroradialis, und das Radgelenk zwischen Radius und Ulna, Articulatio radioulnaris proximalis, verleihen der Hand durch die Kreiselung der Speiche die Pronationsund Supinationsfähigkeit. Bestimmend für den Bewegungsumfang der Articulatio cubiti ist dabei das knochengeführte Scharniergelenk zwischen Humerusrolle und Ellenzange, die Articulatio humeroulnaris, in der die Flexion und die Extension des Unterarmes im Sinne einer funktionell wichtigen Verkürzung des Armes ausgeführt werden können. In diesem Gelenk greift die Incisura trochlearis mit einer Führungsleiste in die Hohlkehle der Trochlea humeri und bildet ein einachsiges Scharnier. Die Beanspruchung der knorpeligen Gelenkflächen ist dabei in allen Bewegungsphasen relativ konstant, wenngleich Inkongruenzen beim Erwachsenen häufig eine Zweiteilung der ulnaren Gelenkfläche und damit eine Kontaktzonenverringerung zeigen. Streckung und Beugung des Unterarmes werden je durch das Anschlagen des Olecranon in der Fossa olecrani und durch Weichteilhemmung (Anschlagen des Processus coronoideus in der Fossa coronoidea) begrenzt. Die Gelenkflächenebenen von Trochlea humeri und Incisura trochlearis ulnae bilden mit der jeweiligen Diaphysenachse eine Winkel von ca. 45°, wobei die Trochlea des Oberarmknochens ventral der Diaphysenachse liegt. Diese ventrale Position und die 45°-Stellung der Gelenkflächenebenen begünstigt die Beugung und somit die maximale Verkürzung des Armes und bietet gleichzeitig Raum für den Weichteilmantel des Ellenbogens (Abb. 1.6 u. 1.7). In der Articulatio humeroradialis bewegt sich der Radius auf dem Capitulum humeri sowohl bei den Winkelbewegungen des Unterarmes als auch kreiselnd um seinen Kopf. Seitliche Bewegungen des Radius werden in diesem morphologischen Kugelgelenk durch die Fesselung beider Unterarmknochen im proximalen Radioulnargelenk verhindert. Das Humerusköpfchen (Capitulum humeri) trägt als Gelenkkopf am vorderen und distalen Umfang eine überknorpelte Gelenkfläche und artikuliert mit der flachen Gelenkpfanne (Fovea articularis) des Radiuskopfes. Der ulnare Rand des Caput radii tritt ulnarseitig mit einem halbmondförmigen schmalen Bezirk („Lunula obliqua“) mit der radialen Kante der Trochlea humeri („Sulcus capitulotrochlearis“) in Kontakt. Diese zusätzliche Kontaktfläche erhöht die Stabilität und Belastbarkeit des Radiuskopfes im Ellenbogengelenk, denn die Belastung des humeroradialen Gelenkabschnittes ist höher als die des humeroulnaren Teilgelenkes.
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1 Anatomische Grundlagen
Abb. 1.6 Schematische Darstellung der Gelenkflächenebenen von distalem Humerus und proximaler Ulna.
Abb. 1.7 Schematische Darstellung der kubitalen Gelenkflächenbeziehungen (nach Kapandji 1984).
Im proximalen Radioulnargelenk (Articulatio radioulnaris proximalis) dreht sich die überknorpelte Circumferentia articularis radii in der Incisura radialis ulnae, die durch einen überknorpelten zirkulären Verstärkungszug der Gelenkkapsel, Lig. anulare radii, zu einem Gelenkring ergänzt wird. Die Drehung erfolgt um eine Bewegungsachse (Supinations-Pronations-Achse), die nur proximal fixiert ist und durch die Mitte der Fovea articularis radii dem Collum radii folgend den Zwischenknochenraum ulnarwärts durchquert, um distal zwischen Incisura ulnaris radii und Processus styloideus ulnae eine bewegungsabhängige Position auf einer annähernd kreisförmigen Bahn zu finden. Diese auch vereinfacht als diagonale Unterarmachse beschriebenen Achse steht senkrecht auf der queren Scharnierachse des Ellenbogengelenks, wobei der
Radius mehr beugeseitig und die Ulna mehr streckseitig liegen. Während der Speichendrehung im proximalen Radioulnargelenk kreist gleichzeitig die radiale Gelenkpfanne auf dem Capitulum humeri und der Pfannenrand schleift am lateralen Randwulst der Trochlea humeri, die dann zu gegenläufigen Kegelrädern werden, wenn im Ellenbogengelenk simultan Beugung oder Streckung des Unterarms und Umwendbewegungen der Hand stattfinden. Beugung und Streckung verlaufen dabei um eine Scharnierachse, die durch die Mitte des Oberarmköpfchens unterhalb der Kondylen verläuft. Bei voller Streckung bilden Oberarm und Unterarm in der Sagittalen einen Winkel von 180°, wenngleich eine Überstreckung bei Kindern regelmäßig (aufgrund der noch nicht voll ausgebildeten Zangenfortsätze der Ulna) und bei Frauen häufiger beobachtet werden kann. Oberarm- und Unterarmknochen bilden gestreckt in der Frontalen den lateral offenen „Armaußenwinkel“, der 167 – 170° beträgt und beim Mann deutlicher ausgeprägt ist. In maximaler Beugestellung bilden Oberund Unterarm einen (sagittalen) Winkel von 40°, wobei die Beugefalte der Haut etwa 2 cm oberhalb des Gelenkspaltes liegt. Die Gelenkkapsel, Capsula articularis, umfasst die Gelenkenden der 3 beteiligten Knochen mitsamt der beiden Gelenkgruben des Humerus (Abb. 1.8 u. 1.9). Der mediale und laterale Epikondylus bleiben ebenso extrakapsulär wie die radialen und ulnaren Muskelansätze, wobei unter der Ansatzsehne des M. biceps brachii in der Regel die Bursa bicipitoradialis ausgebildet wird. In einer mittleren Beugestellung ist die Gelenkkapsel entspannt und liegt zu beiden Seiten des Olecranon am oberflächlichsten. Bei Beugung und Streckung werden die sich faltenden ventralen und dorsalen Kapselanteile durch inserierende Fasern des M. brachialis und des M. triceps brachii gestrafft und somit vor dem Einklemmen bewahrt. Die jeweils freien Gelenkgruben (Fossa coronoidea, Fossa olecrani) werden durch synoviale Fettpolster aufgefüllt. Von den Epikondylen des Humerus strahlen fächerförmig die beiden Seitenbänder des Scharniergelenks, Ligg. collateralia, aus. Das ulnare Seitenband, Lig. collaterale ulnare, ist kräftiger ausgebildet und verleiht der Elle die seitliche Führung. Das ulnare Kollateralband strebt mit einem kräftigen Faserzügen zum Processus coronoideus nach ventral und mit einem weiteren nach dorsal zum Olecranon. Unter dem letztgenannten Faserzug verläuft der N. ulnaris zum Unterarm. Der vordere Anteil des Seitenbandes liegt vor der queren Beugeachse des Ellenbogengelenks und strafft sich bei Streckung, der hintere Anteil wird bei Beugung angespannt. Das Lig. collaterale radiale ist so angeordnet, dass es die Radiusdrehung nicht behindert und inseriert mit einem vorderen und hinteren Schenkel über das Ringband (Lig. anulare radii) in die Ulna dorsal und ventral der Incisura radialis ulnae. Der distale Abschluss der Gelenkkapsel durch eine horizontale Bandplatte, Lig. quadratum sowie ein dünnwandiger Recessus sacciformis trägt der Rotationsfähigkeit des Radius Rechnung (Abb. 1.10 u. 1.11).
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1.2 Funktionelle Anatomie des Ellenbogens
9
Abb. 1.8 Gelenkkapsel der Articulatio cubiti von ventral.
Capsula articularis Lig. collaterale ulnare
Lig. collaterale radiale
Lig. anulare radii
Recessus sacciformis
Abb. 1.9 Kapselbandapparat des Ellenbogengelenks von ulnar.
Chorda obliqua
Bursa bicipitoradialis
Membrana interossea anterbrachii
M. biceps brachii
Recessus sacciformis
Lig. collaterale ulnare
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1 Anatomische Grundlagen
Abb. 1.10 Muskulatur des Ellenbogens von ventral.
M. triceps brachii Caput mediale Septum intermusculare brachii mediale M. brachialis M. brachioradialis Epicondylus medialis M. supinator Mm. flexores, Caput commune M. flexor carpi ulnaris M. pronator teres M. flexor pollicis longus, Caput humerale M. flexor pollicis longus M. flexor digitorum profundus
M. biceps brachii, Tendo Radius, Facies anterior A. et V. interossea posterior M. extensor carpi radialis longus M. Pronator teres
M. flexor digitorum superficialis, Caput radiale
M. abductor pollicis longus
M. flexor digitorum superficialis
M. Pronator quadratus
M. palmaris longus
M. flexor carpi radialis
Das Ellenbogengelenk erhält durch die Mm. brachialis et biceps brachii und den M. triceps brachii oberarmseitig sowie durch die Hand- und Fingermuskulatur unterarmseitig einen kräftigen Muskel-Sehnen-Mantel, der sich ventral zur Ellengrube (Fossa cubiti) öffnet und beidseitig des inserierenden M. triceps muskelfreie Zonen aufweist. Die oberflächlichen Flexoren des Unterarms, die am Epicondylus medialis ihren Ursprung haben, begrenzen den Bindegewebsraum der Fossa cubiti ulnar, während lateral die vom Epicondylus lateralis entspringenden radialen Extensoren zum Unterarm ziehen. Im distalen Abschnitt bilden medial der humerale Kopf des M. pronator teres und lateral der M. supinator den Boden der Ellengrube. Die Ellenbeuge kann ihrem Aufbau nach als Übergangszone zwischen Oberarm und Unterarm aufgefasst werden. In der Tiefe der Fossa cubiti findet eine Umlagerung und
Neugliederung von Gefäßen und Nerven statt, die als Gefäß-Nerven-Bündel vom medialen Oberarm kommend mit Ausnahme des N. ulnaris und der A. collateralis ulnaris superior auf die Beugeseite des Ellenbogengelenks gelangen. Der Gefäß-Nerven-Strang liegt proximal noch im Sulcus bicipitalis medialis und beinhaltet die A. brachialis, zwei Begleitvenen, Vv. commitantes, und den medial vom Gefäßbündel verlaufenden N. medianus. Die Fossa cubiti durchquert die Arterie dicht am M. brachialis. Hier entlässt sie in unterschiedlicher Höhe die A. radialis, die direkt unter der Ellenfaszie gelegen in die radiale Unterarmfurche gelangt und sich dort dem Ramus superficialis des N. radialis anlegt. Die A. ulnaris verläuft ulnar der Sehne des M. biceps brachii in die Tiefe der Fossa cubiti und gibt hier die A. interossea communis ab. Den ulnaren Kopf des M. pronator teres unterquerend zieht die A. ul-
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1.2 Funktionelle Anatomie des Ellenbogens
Septum intermusculare brachii laterale
M. triceps brachii
11
Abb. 1.11 Muskulatur des Ellenbogens von dorsal.
M. brachioradialis Epicondylus lateralis
Olecranon M. anconeus
M. extensor carpi radialis longus M. extensor carpi radialis brevis Mm. extensores digitorum et digiti minimi
M. flexor carpi ulnaris
M. extensor carpi ulnaris
M. supinator Radius M. pronator teres, Tendo M. extensor pollicis longus M. abductor pollicis longus M. extensor indicis M. extensor pollicis brevis Radius
M. extensor digitorum, Tendines Retinaculum extensorum
naris in die tiefe Unterarmschicht. Für die lokale Blutversorgung bilden die rückläufigen Äste der beiden Arterien, die Aa. recurrentes, gemeinsam mit den Aa. collaterales das Rete articulare cubiti und das Rete olecrani. Die A. recurrens radialis kann auch direkt aus der A. brachialis entspringen und verläuft dann unter der Bizepssehne nach radial (Abb. 1.12 u. 1.13). Der N. medianus entlässt in der Fossa cubiti Nervenäste für die oberflächlichen Flexoren und den M. pronator teres und gelangt zwischen dem Caput humerale und dem Caput ulnare des Muskels in der Tiefe der Ellengrube zum Unterarm. Der N. radialis erreicht die Fossa cubiti aus dem Sulcus bicipitalis lateralis kommend und gibt seine Äste für die Radialextensoren (M. brachioradialis, Mm. extensor carpi radialis longus et brevis) ab und liegt dabei weit radial auf dem M. supinator. Hier teilt sich der Nerv in einen Ramus superficialis und einen Ramus profundus (nervi radialis). Der oberflächliche Ast bleibt auf der Beugeseite des Ellenbogengelenks und zieht mit der A. radialis nach distal. Der tiefe Radialisast, der keine Haut-
äste beinhaltet, quert die Ellenbogenspalte und durchbricht den M. supinator, um schraubenförmig dem Collum radii angelagert auf die Streckseite des Unterarms zu gelangen. Der N. ulnaris verlässt bereits im mittleren Drittel des Oberarms den Sulcus bicipitalis medialis, durchbricht das mediale Septum intermusculare und zieht in der Extensorenloge durch die Regio cubiti posterior zum Unterarm. Vom Caput mediale des M. triceps brachii bedeckt gelangt der Nerv in den Sulcus n. ulnaris zwischen Epicondylus medialis und Olecranon. Durch sehnige Abspaltungen vor allem des Lig. collaterale mediale wird der Sulcus zu einem osteofibrösen Kanal geschlossen, in dem der N. ulnaris auf dem ulnaren Periost umhüllt von einer Gleitschicht aus lockerem Bindegewebe liegt. Auf seinem weiteren Verlauf durchbohrt der Nerv den Ursprung des M. flexor carpi ulnaris und entlässt zwischen seinen beiden Köpfen (Caput humerale und Caput ulnare) Muskeläste, die auch den M. flexor digitorum profundus erreichen. Auf der radialen Seite begrenzen die vom Epicondylus lateralis entspringenden M. anconaeus, M extensor carpi
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1 Anatomische Grundlagen
Abb. 1.12 Tiefe Gefäße der Regio cubitalis von ventral.
N. radialis M. brachioradialis Mm. extensores carpi radiales Epicondylus lateralis
M. biceps brachii
N. medianus A. brachialis
Epicondylus medialis N. radialis, R. superficialis N. radialis, Ramus profundus M. supinator
M. extensor digitorum
A. recurrens radialis A. radialis
M. extensor carpi radialis brevis
A. interossea recurrens
radialis brevis und M. extensor digitorum die Regio cubiti posterior, die von der kräftigen Fascia olecrani bedeckt wird. Vom subkutanen Bindegewebsraum getrennt überzieht die Fascia cubiti als Fortsetzung der Oberarmfaszie die Regio cubiti anterior. Eine kräftige Verstärkung erhält die Ellenfaszie durch den Lacertus fibrosus, eine ulnare Abspaltung der Ansatzsehne des M. biceps brachii in die Unterarmfaszie. Während der Armstreckung spannt sich deshalb die Faszie über der Fossa cubiti und hebt die subkutanen Venen heraus. Im Gegensatz zur Fascia brachii und Fascia antebrachii wird die Fascia cubiti, deren Fasern zwischen die Unterarmbeuger und die radialen Extensoren am medialen und lateralen Epikondylus des Humerus inserieren, von zahlreichen Blut- und Lymphgefäßen sowie Hautnerven durchbrochen (Abb. 1.14).
Das Rete venosum cubiti ist hinsichtlich seiner Ausprägung und seiner Gefäßverläufe sehr variabel gestaltet. Über die V. cephalica gelangt das Blut in die V. subclavia und über die V. basilica in die V. brachialis. Beide Kubitalvenen stehen über Anastomosen miteinander und mit den tiefen Armvenen in Verbindung und werden von oberflächlichen Lymphbahnen begleitet. Die Lymphgefäße sind ulnar kräftiger ausgebildet als radial und münden in die Nodi lymphatici cubitales bzw. axillares laterales. Hautnerven aus allen 3 Faszikeln des Plexus brachialis durchdringen die Fascia cubiti und umlagern das subkutane Venengeflecht der Ellenbeuge. Die sensible Innervation der Regio cubitalis erfolgt proximal vor allem über die Hautäste des N. radialis und wird durch sensible Äste aus dem Fasciculus medialis des Plexus brachialis ergänzt.
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1.2 Funktionelle Anatomie des Ellenbogens
A. collateralis ulnaris inferior N. medianus A. brachialis Aponeurosis m. bicipitis
A. collateralis ulnaris superior
13
Abb. 1.13 Tiefe Gefäße der Regio cubitalis von dorsal (dorsolateral).
Septum intermusculare mediale N. ulnaris Epicondylus medialis Olecranon
M. brachioradialis Mm. flexores antebrachii N. radialis, R. profundus N. radialis, R. superficialis
M. flexor carpi ulnaris
A. recurrens ulnaris
N. ulnaris A. radialis N. medianus
M. flexor digitorum profundus
M. pronator teres A. ulnaris
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1 Anatomische Grundlagen
Abb. 1.14 Oberflächliche Gefäßverläufe in der Regio cubitalis anterior.
Fascia brachii
M. triceps brachii M. biceps brachii N. ulnaris V. basilica V. cephalica N. cutaneus antebrachii medialis M. brachialis
N. radialis
V. mediana cubiti
M. brachioradialis Aponeurosis m. bicipitis brachii
M. pronator teres
A. recurrens radialis
M. flexor carpi radialis
R. profundus n. radialis A. radialis R. superficialis n. radialis M. supinator
Fascia antebrachii
1.3
Funktionelle Anatomie der Hand
1.3.1
Distaler Unterarm
Im distalen Radioulnargelenk bewegt sich die Incisura ulnaris des Radius um die Circumferentia articularis der Ulna und erlaubt so im Zusammenwirken mit dem proximalen Radioulnargelenk die Umwendbewegung der Hand. In der Supination verlaufen Radius und Ulna paral-
lel und haben den größten Abstand. In der Pronation überkreuzt der Radius die Ulna und nähert sich ihr an. Zwischen dem ulnaren Rand der Radiusgelenkfläche und der Wurzel des Griffelfortsatz der Ulna spannt sich von einem palmaren und dorsalen radioulnaren Verstärkungszug gesichert eine dreieckige Faserknorpelplatte, Discus articularis (Discus ulnocarpalis), aus (Abb. 1.15). Dieser Diskus bildet gleichzeitig die distale Begrenzung der relativ schlaffen Gelenkkapsel des distalen Radioulnargelenks und füllt
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1.3 Funktionelle Anatomie der Hand
Processus styloideus radii
Abb. 1.15 knochen.
Discus ulnocarpalis Processus styloideus ulnae
Verbindungsstrukturen der distalen Unterarm-
den Raum zwischen Ulnakopf und ulnarer Handwurzel aus. Die faserknorplige Platte erlaubt die karpale Kontaktaufnahme der Ulna und weist bei älteren Menschen häufig Perforationen auf. Am Unterarm wird die Muskulatur durch Radius und Ulna sowie die zwischen ihnen gelegene Membrana interossea antebrachii einer ventralen Beugergruppe und einer dorsalen Streckergruppe zugeordnet, wobei von den Streckern durch bindegewebige Septen noch eine radiale Muskelgruppe, die Radialextensoren, abzugrenzen sind. Sowohl die Beugersehnen als auch die Streckersehnen liegen bei Eintritt in ihre karpalen Sehnenscheiden (Vaginae synoviales tendinum) in einer tiefen und einer oberflächlichen Schicht. Streckseitig verläuft die Sehne des M. extensor carpi ulnaris am weitesten ulnar. Nach radial folgen die Sehnen von M. extensor digiti minimi und M. extensor digitorum sowie M. extensor pollicis longus. Letztere bedecken in der Regel den tiefer gelegenen Strecker des Zeigefingers, M. extensor indicis. Radial des Tuberculum dorsale radii verlaufen die Sehnen der Radialextensoren, M. extensor carpi radialis brevis und M. extensor carpi radialis longus. Bereits auf der Außenseite des distalen Radius wird die Sehne des M. brachioradialis von den Sehnen des M. extensor pollicis brevis und des M. abductor pollicis longus überlagert. Beugeseitig liegt der M. pronator quadratus, zwischen Radius und Ulna ausgespannt, dicht auf der Zwischenknochenmembran. Dieser Muskel wird von den Sehnen des M. flexor pollicis longus und des M. flexor digitorum profundus überquert. In der oberflächlichen Beugerschicht verlaufen die Sehnen von M. flexor carpi radialis und M. flexor digitorum superficialis unter der gut sichtbaren Sehne des M. palmaris longus und der Sehne des M. flexor carpi ulnaris. Die Gefäß-Nerven-Straßen des distalen Unterarms lassen sich aufgrund ihrer Einbindung in die Blätter der Unterarmfaszie unterschiedlichen Schichten zuordnen. Im dorsalen Bereich des distalen Radioulnargelenks bildet sich unterhalb des Retinaculum extensorum ein arterielles
15
Netz (Rete carpi dorsale) das vorwiegend aus der A. radialis rückläufig und den oberflächlichen Ästen der A. interossea posterior gespeist wird. Diesem arteriellen Versorgungsnetz zugeordnet verlaufen die Endäste des N. interosseus posterior. Auf der Faszie des Unterarms vereinigen sich die dorsalen Handvenen radial zur V. cephalica und ulnar zur V. basilica, die häufig von einer gleichstarken Vene begleitet wird. Radial flankiert vom oberflächlichen Ast des N. radialis versorgt der N. cutaneus antebrachii posterior zusammen mit einem dorsalen, rückläufig um die Handwurzel ziehenden Ramus dorsalis n. ulnaris die dorsale Haut des radiokarpalen Übergangs. Die dem Handteller zugewandte Seite des distalen Unterarms zeigt durch die proximale Fortführung der Bindegewebslagen des Karpaltunnels eine Zweischichtung der arteriellen Versorgung. Die beiden großen Unterarmarterien, A. radialis und A. ulnaris, verlaufen palmar des M. pronator quadratus lateral von den Beugesehnen, wobei die A. radialis sich in die Tiefe nach radial und dorsal wendet. Distal des M. pronator quadratus entlassen beide Arterien eine R. carpalis palmaris in die Tiefe. Aus der A. radialis entspringt ein R. palmaris superficialis. Die Arterien werden vom R. superficialis n. radialis und vom N. ulnaris begleitet. Zwischen den Beugesehnen verläuft der N. medianus radial auf den Karpaltunnel zu und gibt hier einen palmaren Hautast ab (R. palmaris) der zusammen mit dem R. palmaris n. ulnaris und dem N. cutaneus antebrachii lateralis aus dem N. musculocutaneus auf der Unteraramfaszie (Fascia antebrachii) verläuft. Der palmare Ast des N. medianus zieht nicht selten dicht neben der Sehne des M. palmaris longus weit nach distal. Die sensible Innervation der Haut des distalen Unterarms erfolgt auf der radialen Seite durch den R. superficialis des N. radialis und seine Äste, auf der ulnaren Seite durch den R. palmaris und den R. dorsalis des N. ulnaris. Beugeseitig schiebt sich zwischen beide Innervationsgebiete der R. palmaris des N. medianus, der nach proximal durch den N. cutaneus lateralis aus dem N. musculocutaneus abgelöst wird.
1.3.2 Radiokarpaler Übergang und Handwurzel Als Handwurzel (Carpus) bezeichnet man den proximalen Teil der Hand, der aus 8 Handwurzelknochen (Ossa carpi) gebildet wird. Die Handwurzelknochen sind in einer proximalen und distalen Reihe zu je 4 Knochen angeordnet. In der proximalen Reihe findet man von radial beginnend das Kahnbein (Os scaphoideum), das Mondbein (Os lunatum) und das Dreiecksbein (Os triquetrum) mit dem palmaren Erbsenbein (Os pisiforme) als Sesambein des M. flexor carpi ulnaris. Die distale Handwurzelknochenreihe entsteht durch das radial gelegene große Vieleckbein (Os trapezium), das kleine Vieleckbein Os trapezoideum), das
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1 Anatomische Grundlagen
Articulationes intermetacarpales et carpometacarpales
Articulatio mediocarpalis
Articulatio radiocarpalis Articulatio radioulnaris distalis
Abb. 1.16 gelenke.
Schematische Darstellung der Hand- und Mittelhand-
Kopfbein (Os capitatum) und das ulnare Hakenbein (Os hamatum) mit dem palmar tastbaren Hamulus ossis hamati. Jeder der Handwurzelknochen trägt eine Vielzahl von Gelenkfacetten zur Artikulation mit den Nachbarknochen (Articulationes intercarpales) (Abb. 1.16). Nach palmar ist der Karpus konkav gewölbt und wird von einem Bandzug der Fascia antebrachii (Lig. carpi transversum) überspannt. Gleichgerichtet aber tiefer verlaufende Faserzüge (Retinaculum flexorum) begrenzen palmar den osteofibröser Karpaltunnel (Canalis carpi) der neben den Beugesehnen der Finger auch den N. medianus beherbergt. Der Karpaltunnel beherbergt die Beugesehnen des Unterarms bis auf die des M. palmaris longus und darüber hinaus wird dem N. medianus der Übergang in die Hohlhand ermöglicht. Durch Bindegewebezüge vom eigentlichen Karpaltunnel getrennt verläuft die Sehne des M. flexor carpi radialis. Im Bereich der palmaren Handwurzel verlaufen die Sehnen des M. flexor carpi radialis, des M. flexor pollicis longus und die Sehnen der Mm. flexores digitorum profundus et superficialis unterhalb des Retinaculum flexorum in eigenen karpalen Beugesehnenscheiden. Während die Sehnenscheide des langen Daumenbeugers radial im Karpaltunnel liegt, füllt der weite Sack der gemeinsamen Sehnenscheide aller Fingerbeuger den ulnaren Teil des Karpaltunnels aus. Die Sehnenscheide des langen Daumenbeugers verläuft nach distal bis zum Daumenendglied, so dass die karpale und digitale Sehnenscheide des Daumens eine Einheit bilden. Eine solche Verbindung wird in der Regel auch am 5. Strahl beobachtet. Auf Höhe des proximalen Handgelenks bildet die Unterarmfaszie auch dorsal starke transversal verlaufenden Faserzüge, die als Retinaculum extensorum die Streckseh-
nen umgreifen. Unter dem dorsalen Halteband liegen 6 durch osteofibröse Bandzüge zu Sehnenfächern ergänzte Rinnen mit ebenso vielen Sehnenscheiden. Durch das radiale oder erste Sehnenfach ziehen der M. abductor pollicis longus und der M. extensor pollicis brevis. Beide Muskeln sind häufig miteinander verschmolzen. Der M. extensor pollicis brevis streckt darüber hinaus die Grundphalanx des Daumens. Das zweite Sehnenfach wird von den Mm. extensores carpi radialis brevis et longus ausgefüllt, die gemeinsam die Dorsalextension der Hand unterstützen. Der M. extensor carpi radialis longus bewirkt außerdem eine leichte Radialabduktion. Das vierte Sehnenfach beherbergt den M. extensor digitorum und den M. extensor indicis. Der Zeigefingerstrecker adduziert den 2. Finger und wirkt so der leichten Spreizung des gemeinsamen Fingerstreckers entgegen. Der M. extensor digiti minimi scheint häufig als Teil des vorherigen und teilt sich innerhalb des fünften Sehnenfaches, das er allein durchläuft. Das sechste Sehnenfach beherbergt den M. extensor carpi ulnaris. Dieser Muskel abduziert die Hand kräftig nach ulnar und wirkt den radialen Abduktoren besonders bei der Abspreizung des Daumens entgegen (Abb. 1.17 u. 1.18). Die dem Unterarm zugewandten überknorpelten Gelenkflächen der proximalen Handwurzelknochen formen in ihrer Gesamtheit einen konvexen Kopf („karpaler Kopf“, Schmidt u. Lanz 1992) für die gelenkige Verbindung mit dem distalen Radius (Facies articularis carpalis) und dem Discus ulnocarpalis im proximalen Handgelenk (Articulatio radiocarpalis). Zwischen der proximalen und der distalen Reihe der Ossa carpi wird das distale Handgelenk (Articulatio mediocarpalis) mit einem S-förmigen Gelenkspalt ausgebildet (s. Abb. 1.16). Sowohl zwischen den proximalen als auch zwischen den distalen Karpalknochen spannen sich kräftige interossäre Bänder, die eine bandhaften Stabilisierung der Handwurzel ermöglichen und in ihrer Gesamtheit zum palmaren und dorsalen intrinsischen Bandapparat (Ligg. intercarpalia) gehören. Diesen interkarpalen Bändern liegen längere Bandzüge auf, die palmar stärker ausgeprägt sind als dorsal. Vor allem die extrinsischen oder radiokarpalen Bänder bilden die Verstärkungszüge des proximalen Handgelenks (Articulatio radiocarpalis) das als morphologisches Ellipsoidgelenk radioulnare Kantenbewegungen (Radial- und Ulnarabduktion) und dorsopalmare Flächenbewegungen (Dorsal- und Palmarflexion) ermöglicht. Die aktiven Bewegungen im distalen Handgelenk (Articulatio mediocarpalis) sind durch den S-förmigen radioulnaren Verlauf des Gelenkspaltes auf die dorsopalmare Bewegungsebene beschränkt. Die stark ausgebuchtete Gelenkhöhle weist regelmäßig Verbindungen zu den interkarpalen Gelenkhöhlen auf (Abb. 1.19 a u. b). Die Gefäßversorgung des Karpus wird auf der Dorsalseite durch die A. radialis, die um das Os trapezium verlaufend den Handwurzelrücken erreicht, sichergestellt. Auf diesem Weg durchläuft die A. radialis knochennah eine sichtbare Einsenkung, Fovea radialis, die ulnar von der Sehne des M. extensor pollicis longus und radial von
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1.3 Funktionelle Anatomie der Hand
17
Abb. 1.17 Retinaculum musculorum extensorum mit Sehnenfächern und Strecksehnenscheiden.
Connexus intertendinei
Retinaculum extensorum 6. Sehnenscheidenfach M. extensor carpi ulnaris
1. Sehnenscheidenfach M. abductor pollicis longus M. extensor pollicis brevis
5. Sehnenscheidenfach M. extensor digiti minimi
2. Sehnenscheidenfach Mm. extensor carpi radialis longus et brevis
4. Sehnenscheidenfach M. extensor digitorum M. extensor indicis
3. Sehnenscheidenfach M. extensor pollicis longus
A. ulnaris N. ulnaris
Retinaculum M. palmaris N. medianus M. flexor flexorum longus digitorum superficialis (Lig. carpi transversum)
M. flexor carpi radialis
Os pisiforme
M. flexor carpi radialis
M. abductor digiti V
Os trapezium
M. flexor digitorum profundus
M. abductor pollicis brevis A. radialis
Canalis carpi
Os scaphoideum
Os triquetrum
M. extensor carpi radialis longus
M. extensor carpi ulnaris M. extensor digiti V
Abb. 1.18 Schnitt durch den distalen Karpus.
Os M. extensor hamatum digitorum
Os capitatum
M. extensor pollicis longus M. extensor carpi radialis brevis
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1 Anatomische Grundlagen
den Sehnen der Mm. extensor pollicis brevis et abductor pollicis longus begrenzt wird (Tabatire). Quer nach ulnar entsendet die A. radialis einen R. carpalis dorsalis, der unter den Strecksehnenscheiden nach ulnar läuft, um dort mit gleichnamigen Ästen aus der A. ulnaris in Verbindung zu treten. Auf der Palmarseite des Karpus verläuft die A. ulnaris begleitet vom N. ulnaris auf dem Bindegewebszug zwischen Hypothenar und Thenar (Lig. carpi transversum) über das fibröse Karpaltunneldach (Retinaculum flexorum) und bedeckt von der Aponeurose des M. palmaris brevis (Guyon-Loge) nach distal. Der N. ulnaris teilt sich hier in einen oberflächlichen Ast, den R. superficialis, und einen tiefen, die A. ulnaris begleitenden Muskelast für die Versorgung der ulnaren kurzen Handmuskeln. Auf der radialen Seite zieht der R. palmaris superficialis der A. radialis durch den M. abductor pollcis brevis über den M. flexor pollicis brevis zur Hohlhand. Die Haut der Handwurzel setzt sich kontinuierlich vom Unterarm kommend auf den Handrücken und den Handteller fort. Über den beiden Handgelenken zeigen sich palmar vermehrt die Stauchungsfurchen der Felderhaut, die nach distal auf Thenar und Hypothenar deutlich an Dicke zunimmt. Die sensible Innervation der Regio carpi wird wie am distalen Unterarm dorsal durch die Äste des N. radialis und des N. ulnaris und palmar zusätzlich durch den N. medianus sichergestellt. Dorsal ergänzt der N. cutaneus antbrachii posterior aus dem N. radialis das Innervationsgebiet.
a
b
1.3.3 Mittelhand
Ligg. radiocarpalia et ulnocarpalia
Ligg. carpometacarpalia
Ligg. intercarpalia
Ligg. intermetacarpalia
Abb. 1.19 a u. b Extrinsische und intrinsische Handgelenkbänder von dorsal (a) und palmar (b).
Karpus Abb. 1.20
Schematische Darstellung des metakarpalen Bogens.
Die Mittelhandknochen (Ossa metacarpalia) lassen Basis, Corpus und Caput unterscheiden. Die proximal gelegenen Basen der Mittelhandknochen II–V tragen unterschiedliche Gelenkflächen zur Verbindung mit den Karpalknochen und zusätzlich intermetakarpale Gelenkflächen. Die Basis des 1. Metakarpale trägt eine sattelförmige Gelenkfläche. Die Schäfte der Ossa metacarpalia haben einen eher dreiseitigen Querschnitt und die Köpfe sind kugelförmig gestaltet. Das Corpus zeigt besonders in seinem distalen Abschnitt eine deutliche Querwölbung, wobei die Mittelhandknochen nach distal divergieren und so den Hohlhandbogen fächerförmig vertiefen helfen (Abb. 1.20). Die Gelenke zwischen Handwurzel- und Mittelhandknochen (Articulationes carpometacarpales) der Finger II–V sind straffe Gelenke (Amphiarthrosen) die nur geringe Bewegungen zulassen und durch kräftige Bänder, den Ligg. carpometacarpalia fixiert werden. Die Gelenkspalten bilden in der Regel einen einheitlichen Raum, der nach proximal mit den interkarpalen Gelenkspalten in Verbindung steht und distal durch die intermetakarpalen Gelenkhöhlen der gleichnamigen Gelenke erweitert wird. Bei den Intermetakarpalgelenken (Articulationes intermetacarpales) handelt es sich ebenfalls um Amphiarthrosen.
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1.3 Funktionelle Anatomie der Hand
Das erste Gelenk zwischen Handwurzel- und Mittelhandknochen, die Articulatio carpometacarpalis pollicis oder Daumensattelgelenk, stellt ein eigenständiges Gelenk mit sattelförmigen Gelenkflächen des großen Vieleckbeins (Os trapezium) und des 1. Metakarpale dar. Die Gelenkkapsel des Daumensattelgelenks ist relativ schlaff und durch 3 trapeziometakarpale Bänder (2 schräge und 1 gerades Band) sowie durch das Lig. metacarpale interosseum verstärkt. Die Gelenkflächenkonfiguration erlaubt die Abund Adduktion von 35 – 40° sowie die Flexion und Extension des Daumens von insgesamt 60°. Die funktionell bedeutsame Opposition des Daumens ist als kombinierte Bewegung aufzufassen und erfordert darüber hinaus eine rotatorische Bewegungskomponente, deren Ausmaß durch eine Subluxation beider Sattelgelenkflächen verstärkt wird. Eine Kombination der Grundbewegungen Abduktion-Adduktion und Flexion-Extension ermöglicht die Kreiselung, Zirkumduktion, des Daumens (Abb. 1.21). Der Handrücken, Dorsum manus, ist durch die zu den Fingern hin divergierenden Sehnen der Strecker gekennzeichnet. Im Gegensatz zur Hohlhand enden die Strecksehnenscheiden nach Unterqueren des dorsalen Haltebandes, Retinaculum extensorum, über den Basen der Mittelhandknochen. Als Bestandteil der Handrückenfaszie entsteht ein peritendinöses Bindegewebe, das durch eine ausgeprägte Schichtenbildung sehnenscheidenähnliche Gleiträume für die mobilen Strecksehnen bereitstellt (Bade 1999). Grundlage dieser dorsalen Gleitgewebe ist das tiefe Blatt der Handrückenfaszie, die in Fortführung der Strecksehnenfächer des Retinaculum extensorum Führungsröhren für die extrinsischen Hand- und Fingermuskeln bilden. Proximal der metakarpalen Köpfe kommt es zu einer transversalen Verbindung der Strecksehnen über Sehnenbrücken, (Connexus intertendinei) die als straffe Bindegewebszüge zu einer radioulnaren Stabilisierung der Strecksehnen beitragen. Darüber hinaus bewirken diese Sehnenverbindungen eine individuell unterschied-
oberflächliche Hohlhandfaszie M. abductor pollicis brevis
Abduktion/Adduktion Abb. 1.21
Abb. 1.22 Schnitt durch den rechten Metakarpus (ID = Mm. interossei dorsales, IP = Mm. interossei palmares).
M. flexor digiti minimi M. abductor digiti minimi M. opponens digiti minimi
IP IP ID
ID
M. extensor digiti minimi
ID
IP ID
M. extensor digitorum
M. adductor pollicis tiefe Hohlhandfaszie
Bewegungsachsen des Daumensattelgelenks.
M. flexor M. flexor Palmar- M. flexor M. flexor digitoMm. lumbripollicis apodigitorum rum superpollicis cales brevis neurose profundus ficialis longus M. palmaris brevis
M. flexor pollicis brevis (Caput profundus)
M. extensor pollicis longus
Flexion/Extension
lich ausgeprägte mechanische Kopplung der Streckung der Finger II–V. Der Zeigefinger (Index) verfügt in der Regel über einen eigenen, tiefer gelegenen Strecker, dessen Sehne keine intertendinöse Verbindung aufweist und dadurch eine ausgiebigere Streckung des Fingers ermöglicht. Als Rudiment eines tiefen, kurzen Streckers, der bei manchen Anthropoiden beobachtet wird, kann der Mittelfinger einen kurzen Streckmuskel tragen, dessen Muskelbauch dann auf dem Handrücken liegt (Abb. 1.22). Der Handteller, Palma manus, beherbergt in mehreren Lagen die extrinsischen und intrinsischen Beugemuskeln und wird von Daumen- und Kleinfingerballen begrenzt. Die tiefste Schicht der kurzen Handmuskeln wird von den Zwischenknochenmuskeln (Mm. interossei) gebildet. Sie verlaufen in den Zwischenräumen der Mittelhandknochen (Spatia interossea). Die Mm. interossei dorsales entspringen zweiköpfig an den einander zugewandten Seiten der Mittelhandknochen und formen auf diese Weise 4
M. opponens pollicis
M. extensor pollicis brevis
19
M. extensor digitorum
M. extensor indicis
Handrückenfaszie
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1 Anatomische Grundlagen
Muskelbäuche. Die 3 Mm. interossei palmares entspringen von der Ulnarseite des 2. und den Radialseiten des 4. und 5. Os metacarpale und sind schwächer ausgeprägt. Von palmar kommend ziehen alle Interossei zur Basis der Grundphalanx der Finger II–V und inserieren außerdem in die Dorsalaponeurose dieser Finger. Grundsätzlich sind die dorsalen Zwischenknochenmuskeln konvergent zur Mittelfingerachse, die palmaren divergent zur Mittelfingerachse ausgerichtet, so dass die dorsalen abduzierend und die palmaren adduzierend wirken. Der 3. Strahl, nur von dorsalen Mm. interossei besetzt, wird durch den Zug dieser Muskeln in der Mittelinie fixiert. Für die Greiffunktion der Hand ist die aufgrund der seitlichen Insertion der Mm. interossei verursachte rotatorische Bewegungskomponente der Finger bedeutsam. Im Gegensatz zu den Zwischenknochenmuskeln verlaufen die 4 Wurmmuskeln (Mm. lumbricales) palmar des tiefen queren Hohlhandbandes. Sie entspringen am radialen Rand der Sehnen des M. flexor digitorum profundus und strahlen an dieser Seite in die Dorsalaponeurose des 2. – 5. Fingers ein. Ihrer Lage nach können sie zwar die Beugung in den Grundgelenken der Finger und deren Streckung in den Interphalangealgelenken unterstützen, zeigen aber elektromyographisch höhere Aktivitäten während der Streckung der Finger in ihren Grundgelenken. Durch den Zug dieser Muskeln kommt es offenbar zu einer vermehrten Freigabe der tiefen Beugesehnen, was wiederum die Fingerstreckung erleichtert. Die Mm. lumbricales variieren hinsichtlich ihres Ursprungs und Ansatzes, wobei die Variationshäufigkeit vom ersten zum vierten Muskel zunimmt. Aufgrund ihres mobilen Ursprungs an den tiefen Beugesehnen werden sie bei Flexion der Finger in den Karpaltunnel hineingezogen, so dass ihre proximalen Anteile die distale Radiuskante erreichen können. Bedeckt werden die kurzen Handmuskeln von der tiefen Hohlhandfaszie und den darüber liegenden karpalen
Sehnenscheiden der Mm. flexores digitorum profundus et superficialis, die kleinfingerwärts ohne Unterbrechung in die digitale Sehnenscheide übergehen. Der Daumen besitzt eine eigene, die Sehne des M. flexor pollicis longus in voller Länge umgebende Sehnenscheide. Die gemeinsame Sehnenscheide des 2. – 4. Strahl endet in der Regel auf mittlerer Höhe des Metakarpus und setzt sich nach kurzer Unterbrechung proximal der Fingergrundgelenke in den digitalen Sehnenscheiden fort (Abb. 1.23 u. 1.24). Vier kurze palmare Muskeln – M. abductor pollicis brevis, M. opponens pollicis, M. flexor pollicis brevis und M. adductor pollicis – formen den Daumenballen (Thenar). Diese, das gesamte ersten Metakarpale bis auf einen dorsalen Streifen, umgebende Muskulatur ermöglicht nicht nur eine enorme Beweglichkeit des Daumens, sondern stabilisiert auch aktiv die Daumengelenke, vor allem das Daumensattelgelenk. Die Daumenmuskeln entspringen hauptsächlich vom Retinaculum flexorum (Ausnahme: tiefe Köpfe) und von den beiden radialen Handwurzelknochen Scaphoid und Trapezium. Sie ziehen zum lateralen und medialen Sesambein und zur Gelenkkapsel des Daumengrundgelenks sowie zur Grundphalanx des Daumens. Einzig der M. opponens inseriert am radialen Rand des ersten Mittelhandknochens. Neben den vom Namen abgeleiteten Wirkungen der einzelnen Thenarmuskeln sind ihre rotatorischen Bewegungskomponenten für die Greiffunktion von Wichtigkeit. Hervorzuheben ist hierbei besonders der kurze Daumenbeuger, M. flexor pollicis brevis, der zwischen seinen beiden Köpfen die Sehne des langen Daumenbeugers führt und den Daumen gegen Widerstand kräftig opponiert. Die 3 Muskeln des Kleinfingerballens (Hypothenar) – M. abductor digiti minimi, M. flexor digiti minimi, M. opponens digiti minimi – entspringen vom ulnaren Rand des Retinaculum flexorum und der so genannten Eminentia ulnaris carpi (Hakenbein, Os hamatum und Erbsenbein, Abb. 1.23 Kurze Handmuskeln der Palma manus.
M. flexor digitorum superficialis Mm. lumbricales M. abductor digiti minimi M. flexor digiti minimi brevis M. opponens digiti minimi
M. adductor pollicis M. flexor pollicis brevis (Caput superficiale) M. abductor pollicis brevis M. opponens pollicis M. flexor digitorum profundus
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1.3 Funktionelle Anatomie der Hand
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Abb. 1.24 Retinaculum flexorum und Beugesehnenscheiden der Hand.
digitale Sehnenscheiden der Finger II – IV
gemeinsame Beugersehnenscheide Retinaculum flexorum
Sehnenscheide des M. flexor pollicis longus Sehnenscheide des M. flexor carpi radialis
Os pisiforme). Hervorzuheben ist die Wirkung des tief liegenden M. opponens, der gemeinsam mit den Mm. interossei von der profunden Hohlhandfaszie bedeckt wird. Aufgrund seines schrägen Verlaufs zum lateralen Rand des 5. Metakarpale und der höheren Beweglichkeit des 5. Karpometakarpalgelenks zieht dieser Muskel den 5. Strahl aus der Ebenen der anderen Mittelhandknochen in die Opposition zum Daumen und verstärkt so die Hohlhandwölbung. Als derbe Deckschicht liegt den kurzen Handmuskeln sowie den Sehnen der Fingerbeuger die Palmaraponeurose der Hand auf. Diese Bindegewebsplatte, in die ein inkonstanter M. palmaris longus, auf dem Retinaculum flexorum verlaufend, inserieren kann, befestigt sich proximal an transversalen Verstärkungszügen der Unterarmfaszie und zieht mit Längsfasern nach distal zum 2. – 5. Finger. Darüber hinaus besitzt die Palmaraponeurose kräftige transversale Bandzüge, deren am weitesten nach distal vorgeschobene Anteile als oberflächliches queres Hohlhandband, Lig. metacarpale transversum superficiale, die Grundlage der so genannten Schwimmhäute (Ligg. natatoria) sind. Die Blutversorgung des Handrückens erfolgt über die A. radialis und die aus ihrem R. carpalis dorsalis hervorgehenden metakarpalen Ästen (Aa. metacarpales dorsales). Die A. radialis und die Aa. metacarpales dorsales verlaufen gemeinsam mit den Strecksehnen in einem Raum, der palmar vom tiefen Blatt und dorsal vom ober-
flächlichen Blatt der Handrückenfaszie, Fascia dorsalis manus, begrenzt wird. Letztere steht als Fortsetzung der Fascia antebrachii mit dem Retinaculum extensorum in Verbindung. Kurz vor Erreichen des ersten Zwischenknochenraumes, durch den die Arterie zur Hohlhand wechselt, gibt sie die erste Mittelhandarterie, A. metacarpalis dorsalis I, ab. Im Spatium interosseum primum entspringen aus dieser Arterie die dorsalen Fingerarterien (Aa. digitales dorsales) für die Dorsalseite des Daumens und des radialen Zeigefingers. Die übrigen metakarpalen Arterien teilen sich im 2. – 4. Zwischenknochenraum in jeweils 2 dorsale Fingerarterien. In die Aa. metcarpales dorsales münden Verbindungsäste (Rr. perforantes) der palmaren Metakarpalarterien, Aa. metacarpales palmares. Die Gefäß-Nervenbahnen der Hohlhand verlaufen in 2 Schichten, einer subfaszialen und einer tiefen Schicht. Die subfaszialen Bahnen liegen in einer dünnen Fett-Bindegewebe-Schicht zwischen der Palmaraponeurose und dem Beugesehnen, die tiefen Bahnen verlaufen auf der tiefen Hohlhandfaszie, bedeckt vom Beugesehnenapparat und deren Begleitmuskeln. Die subfaszialen Gefäße werden durch den oberflächlichen Hohlhandbogen, Arcus palmaris superficialis, aus der A. ulnaris mit seinen Ästen und Begleitvenen gebildet. Der oberflächliche Hohlhandbogen erstreckt sich auf den Sehnen der Fingerbeuger und kann durch einem R. palmaris superficialis mit der A. radialis in Verbindung treten. Aus
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1 Anatomische Grundlagen
der Konvexität des Bogens entspringen die A. digitalis palmaris propria V und 3 – 4 Aa. digitales palmares communes. Die gemeinsamen Fingerarterien spalten sich in Höhe der Grundgelenke in jeweils zwei kräftige palmare Fingerarterien, Aa. digitales palmares propriae. Die A. ulnaris versorgt somit in der Regel 3 1/2 ulnare Finger. Der N. medianus teilt sich bereits im Karpaltunnel in seine Äste, die sowohl zum Daumenballen (ausgenommen M. adductor pollicis, tiefer Kopf des M. flexor pollicis brevis) als auch als Nn. digitales palmares communes nach distal divergieren und dabei den oberflächlichen Hohlhandbogen unterkreuzen. Aus diesen gemeinsamen palmaren Nerven entspringen Muskeläste für die Mm. lumbricales I und II und die Nn. digitales palmares proprii für die Haut der 3 1/2 radialen Finger. Der N. ulnaris teilt sich in Höhe des Os pisiforme in einen R. profundus für die Kleinfingerballenmuskulatur und einen R. superficialis für den M. palmaris brevis und in die Hautäste für die ulnaren 1 1/2 Finger. Der tiefen Gefäßschicht gehört der tiefe Hohlhandbogen, Arcus palmaris profundus, aus der A. radialis an. Ehe die A. radialis die tiefe Hohlhand über das Spatium interosseum I erreicht, gibt sie im Daumenballen die A. princeps pollicis ab. Diese Arterie teilt sich unter dem M. opponens pollicis in zwei Aa. digitales palmares propriae für die ulnare und radiale Daumenseite. Der tiefe Hohlhandbogen liegt proximaler als der oberflächliche und ist durch einen R. palmaris profundus an seinem ulnaren Pol mit dem oberflächlichen verbunden. Aus dem tiefen Hohlhandbogen entspringen 3 – 4 Aa. metacarpales palmares, die mit jeweils einer A. digitales palmaris communis des oberflächlichen Hohlhandbogens in Verbindung stehen. Die hier geschilderten Gefäßverhältnisse der Hohlhandbögen sind nur bei etwa einem Drittel der Menschen anzutreffen. So kann der oberflächliche Hohlhandbogen auch ausschließlich durch die A. ulnaris, durch eine A. mediana antebrachii oder durch 3 Arterien gebildet werden bzw. als offener Bogen in Erscheinung treten. In gleicher Weise variieren der tiefe Hohlhandbogen und die Abgänge der Fingerarterien. Aus einem feinen oberflächlichen Lymphgefäßsystem und einem tiefen System wird die Lymphe ähnlich dem venösen Abfluss hauptsächlich durch die Zwischenknochenräume zum Handrücken geleitet. Hier entstehen die mit den Venen nach proximal verlaufenden Lymphbahnen. Kleinkalibrige Lymphbahnen begleiten die Äste der A. ulnaris und A. radialis in der Tiefe der Hohlhand. Die Haut zeigt an Handrücken und Handteller deutliche morphologische Unterschiede, die u. a. als Ausdruck einer differenten mechanischen Belastung aufgefasst werden können. So wird das Dorsum manus von einer relativ dünnen und behaarten Felderhaut bedeckt, die sowohl das dorsale Venennetz der Hand (Rete venosum dorsale manus) als auch die Sehnen des M. extensor digitorum hervortreten lässt. Über den Köpfen der Ossa metacarpalia verdickt sich die unbehaarte Felderhaut, ist jedoch hier wie am übrigen Handrücken gut verschiebbar und kann
in Falten abgehoben werden. Die Haut des Handtellers ist an der Palmaraponeurose durch kräftige Haltebänder, Retinacula cutis, fixert und deshalb kaum verschiebbar. Durch fibröse Septen entstehen mit Fettgewebe gefüllte Kammersysteme, die beim Zugreifen einerseits zur Polsterung der Weichteile dienen und andererseits die Abscherung der Haut unter der mechanischen Belastung verhindern. Die sensible Innervation des Handrückens erfolgt durch die beiden Hautäste des R. superficialis, des N. radialis und des N. ulnaris, die über dem mittleren Metakarpale durch einen R. communicans ulnaris des N. radialis eine Verbindung eingehen können. Bei der Ausbildung der dorsalen Hautäste werden einige Variationen beobachtet, die von einer überwiegend radialen bis hin zu einer vornehmlich ulnaren Innervation der Finger II–V reichen. Die Hohlhand wird von den 3 Handnerven gemeinsam versorgt, wobei der N. radialis lediglich den radialen Daumenballen, der N. medianus den ulnaren Daumenballen bis zum Metakarpale IV und der N. ulnaris das radiale vierte Metakarpale und den Kleinfingerballen sensibel innerviert (Abb. 1.25 a u. b, Abb. 1.26 a u. b).
1.3.4 Finger Die Fingerknochen (Ossa digitorum manus) sind kurze Röhrenknochen, die eine proximale Basis, ein Korpus und einen distalen Kopf unterscheiden lassen. Die Finger II–V setzen sich aus einer proximalen, mittleren und distalen Phalanx zusammen, der Daumen (Pollex) besteht aus einer proximalen und einer distalen Phalanx. Die proximalen Phalangen tragen an ihrer Basis eine Gelenkpfanne für die metakarpalen Köpfe. Der Schaft der proximalen Phalanx ist palmar für die Anlagerung des Beugesehnenapparates abgeplattet und nach dorsal konvex gebogen. Der phalangeale Kopf hat die Form einer Rolle. Die mittleren Phalangen der Finger II–V tragen an ihrer Basis eine quer gestellte flache Gelenkpfanne, ebenso die distalen Phalangen. Letztere weisen an ihrem Kopf eine Tuberositas phalangis distalis auf, die der Befestigung der Tastballen der Fingerspitzen dient. Die Fingergrundgelenke II–V (Articulationes metacarpophalangeales) sind morphologische Kugelgelenke, deren Gelenkkapseln palmar durch eine faserknorpelige palmare Platte (Lig. palmare) verstärkt wird. Medial und lateral der metakarpalen Gelenkköpfe ziehen Kollateralbänder (Ligg. collateralia) deren Ursprünge dorsal der Flexionsachse der Gelenke liegen, zu den Basen der proximalen Phalangen. Auf diese Weise werden diese Bänder mit zunehmender Beugung angespannt und stabilisieren dadurch die flektierten Finger in ihren Grundgelenken. Bei entspannten Kollateralbändern sind in den Grundgelenken Abduktion und Adduktion um eine dorsopalmare Bewegungsachse ebenso möglich wie eine passive Rotation. Zur Erweiterung der phalangealen Gelenkpfannen sind
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1.3 Funktionelle Anatomie der Hand
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a a A. digitalis dorsalis
Aa. metacarpales dorsales
R. perforans A. princeps pollicis R. carpalis dorsalis (A. radialis)
R. carpalis dorsalis (A. ulnaris)
A. radialis Rete carpale dorsale b
Nn. digitales dorsales n. ulnaris
Nn. digitales dorsales n. radialis
R. dorsalis n. ulnaris
R. superficialis n. radialis N. cutaneus antebrachii posterior
R. posterior (n. cutanei antebrachii medialis)
b Nn. digitales palmares (communes et proprii) n. mediani
Aa. digitales palmares propriae Aa. digitales palmares communes Arcus palmaris superficialis Aa. metacarpales palmares A. ulnaris
A. princeps pollicis Arcus palmaris profundus A. radialis
Nn. digitales palmares (communes et proprii) n. ulnaris R. palmaris n. mediani R. palmaris n. ulnaris
R. superficialis n. radialis
N. cutaneus antebrachii medialis Abb. 1.25 a u. b und palmar (b).
Arterielle Versorgung der Hand von dorsal (a)
die palmaren Kapselanteile zu einer palmaren Platte (Lig. palmare) verstärkt. Das Daumengrundgelenk (Articulatio metacarpophalangealis I) entspricht aufgrund seiner Gelenkflächenkonfiguration, der Anordnung der Kollateralbänder und der Beweglichkeit eher den Interphalangealgelenken (Articulationes interphalangeales proximales et distales). Eingewoben in die Sehnen der kurzen Daumenmuskeln (Mm. flexor pollicis brevis et adductor pollicis) finden sich im Grundgelenkbereich regelmäßig ein ulnares und ein radiales Sesambein, die seltener auch in den benachbarten Grundgelenken auftreten können. Das proximale Interphalangealgelenk (PIP) und das distale Inter-
Abb. 1.26 a u. b palmar (b).
N. cutaneus antebrachii lateralis
Hautinnervation der Hand von dorsal (a) und
phalangealgelenk (DIP) sind morphologische und funktionelle Scharniergelenke, die ebenfalls Kollateralbänder und palmare Verstärkungen, Ligg. palmaria, aufweisen. In den Interphalangealgelenken findet eine Flexion und Extension um eine radioulnare Bewegungsachse statt, wobei das Endglied des Daumens eine individuell unterschiedlich ausgeprägte Hyperextensionsstellung einnehmen kann. Die Dorsalaponeurose (Aponeurosis dorsalis) der Fingerrücken entsteht durch eine Verknüpfung von Fasern der langen Strecksehnen mit aponeurotischen Anteilen der kurzen Handmuskeln, die auf diese Weise eine Funktionserweiterung erfahren. Die Mm. lumbricales und die
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1 Anatomische Grundlagen
Abb. 1.27 Streck- und Beugeapparat der Finger.
Dorsalaponeurose
M. extensor digitorum
M. interosseus dorsalis M. lumbricalis Vincula tendinum
M. flexor digitorum superficialis
distales Interphalangealgelenk (DIP) lateraler Trakt der Dorsalaponeurose proximales Interphalangealgelenk (PIP)
medialer Trakt der Dorsalaponeurose
M. lumbricalis Mm. interossei
M. extensor digitorum (Sehne)
Abb. 1.28
Streckapparat des Fingers.
Mm. interossei bilden im Bereich der Fingergrundgelenke breite Sehnenplatten, die einerseits mit einem Faserbügel distal vom Grundgelenk die proximale Phalanx überqueren und andererseits mit ihren mehr longitudinal verlaufenden Faseranteilen Kontakt zu der oder den Strecksehen aufnehmen und somit die eigentliche Dorsalaponeurose entstehen lassen. Auf diese Weise erreichen die kurzen Handmuskeln über der proximalen Phalanx den Fingerrücken und werden zu Streckern in den Interphalangealgelenken. Die Strecksehnen ihrerseits bilden auf dem Fingerrücken
M. flexor digitorum profundus
mehrere Faserstränge, die mit seitlichen Zügen, Fasciculi laterales, das distalen Interphalangealgelenk umgreifen, um durch neu hinzutretende mediale Anteile schließlich die Endphalanx zu erreichen. Somit existieren keine durchlaufenden Sehnenzüge auf dem Fingerrücken sondern sich in mehreren Ebenen ergänzende Längsfasersysteme. Durch diese alternierenden Insertionen und zusätzlichen seitlich in die Dorsalaponeurose einstrahlende Bänder wird eine hohe Lagestabilität des Streckapparates auf dem Fingerrücken erreicht, ohne die Fingerbeugung zu behindern. Darüber hinaus tritt die Dorsalaponeurose auf der Endphalanx durch kurze Bandzüge mit der bindegewebigen Nagelmatrix (Nagelhalfter) in Kontakt (Abb. 1.27 u. 1.28). Die Palmarseite der Finger wird morphologisch durch die Beugesehnen, die synovialen digitalen Beugesehnenscheiden und deren Halteapparate gestaltet. Die Sehnen des oberflächlichen und tiefen Fingerbeugers, M. flexor digitorum superficialis und M. flexor digitorum profundus, verlaufen übereinander bis zum proximalen Interphalangealgelenk. Hier spaltet sich die Sehne des M. flexor digitorum superficialis in zwei Faserstränge, die an der Mittelphalanx inserieren. Durch diesen Sehnenspalt (Tendo perforatus) zieht die Sehne des tiefen Fingerbeugers (Tendo perforans) zum Fingerendglied, um dort breitbasig zu inserieren. Die Durchflechtung beider Sehnen bewirkt eine funktionell wichtige Fixierung der längeren tiefen Beugesehnen im Bereich des proximalen Interphalangealgelenks. Während die digitalen Sehnenscheiden des zweiten bis vierten Fingers von der karpalen gemeinsamen Sehnenscheide getrennt bis zur Endphalanx verlaufen, tritt die fünfte digitale Sehnenscheide beim Erwachsenen häufig mit der karpalen in Verbindung, so dass sich ein kontinuierlicher Synovialsack am fünften Strahl bis zur Endphalanx ausdehnt. Die äußeren Faserschichten der digitalen Sehnenscheiden sind durch bindegewebige Verstärkungszüge (Ligg. anularia und Ligg. cruciformia) gesichert. Die Blutversorgung der Beugesehen selbst erfolgt über arkadenförmige Bindegewebsbrücken (Vincula tendinum) die als Mesotendinea fungieren. Die morphologischen Verhältnisse am palmaren Daumen unterscheiden sich vor allem durch den Verlauf der Sehne des M. flexor pollicis longus von denen an den Langfingern (II–V). Während der
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1.3 Funktionelle Anatomie der Hand
Halteband (Lig. anulare, A5)
Halteband (Lig. cruciforme, C2) M. flexor digitorum superficialis (Tendo perforatus) M. flexor digitorum profundus (Tendo perforans) Mm. lumbricales
Hamulus ossis hamati Os pisiforme
Abb. 1.29 Beugeapparat des Fingers mit einstrahlenden Mm. lumbricales.
kurze Daumenbeuger (M. flexor pollicis brevis) zum radialen Sesambein am Daumengrundgelenk zieht, gelangt die lange Beugesehne des Daumens zwischen dem oberflächlichen und dem tiefen Kopf des kurzen Beugers zum Endglied. Die digitale Beugesehnenscheide des Daumens bildet regelhaft eine Einheit mit der karpalen Sehnenscheide. Auch am Daumen treten ringförmig verlaufende Verstärkungszüge der bindegewebigen Sehnenscheide als Ringbänder (Ligg. anularia) auf. Zwischen dem proximalen und einem distalen Ringband verläuft ein schräges Ver-
25
stärkungsband, das von radial nach ulnar ziehend über das ulnare Sesambein mit der Insertion des M. adductor pollicis in Verbindung steht (Abb. 1.29 u. 1.30). Die digitalen Gefäß-Nerven-Straßen verlaufen im Unterhautbindegewebe der Finger an jeder Seite dorsal und palmar als A. digitalis propria und N. digitalis proprius. Bei den Fingern II–V sind regelmäßig die palmaren Gefäße stärker ausgebildet und versorgen deshalb das Endglied und die Nagelanlage sowie die distale Mittelphalanx. Die digitalen Venen verlaufen unabhängig von den Arterien und sind palmar schwach, dorsal hingegen kräftig ausgebildet. Die Lymphbahnen der Finger sind parallel zu den Venen angeordnet. Der Hauptabfluss der digitalen Lymphe erfolgt über die Lymphbahnen des Handrückens (Abb. 1.31 a u. b). Die Endglieder aller Finger tragen einen Nagelapparat, bestehend aus der Nagelplatte (Corpus unguis) einer Hornplatte individueller Ausprägung und dem Bildungsund Fixierungssystem des Nagels (Matrix unguis). Der Nagel, ursprünglich bedeutungsvoller als Werkzeug, dient vor allem als festes Widerlager der tastenden Fingerkuppe mit ihren subkutane Tastballen. Der proximalen Rand des Nagels steckt in einer etwa 5 mm tiefen Nageltasche. Die Ränder des Nagels senken sich in den Nagelfalz (Sulcus matricis unguis) der Nageltasche ein, die von einem Nagelwall proximal und beidseitig umgeben ist. Das verhornte Plattenepithel des Nagelwalls (Paronychium) geht an der proximalen Grenzfurche in ein unverhorntes Epithel (Hyponychium) über. Das Hyponychium setzt sich unter der Nagelplatte auf dem bindegewebigen Nagelbett bis zum Beginn des freien Randes des Nagels nach distal fort. Auf der Außenseite des Nagels schiebt sich das verhornte Plattenepithel des Nagelwalles als Nagelhaut (Eponychium) nach distal auf den Nagelrücken vor. Das Eponychium verschließt die Nageltasche und verhindert so das Eindringen von Fremdkörpern. Durch die Nagelplatte scheint die halbmondförmige epitheliale Bildungszone, Lunula oder germinative Nagelmatrix, aus der die Nagelplatte mit einer Wachstumsgeschwindigkeit von etwa 0,1 mm/Tag hervorgeht. Die epitheliale Nagelmatrix wird von einer bindegewebigen Nagelmatrix, umgeben. Die Blutversorgung des Nagelbettes erfolgt über Anastomosen Abb. 1.30 Variationen der Beugesehnenscheiden der Hand.
Normaltyp
Übergreifen der gemeinsamen Beugerscheide auf den Ringfinger
Daumensehnenscheide hüllt im Karpaltunnel die Beugesehne des 2. Strahls ein
geteilte Beugesehnenscheide
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1 Anatomische Grundlagen
a
N. digitalis dorsalis
N. digitalis palmaris proprius
b
A. digitalis palmaris propria
A. digitalis dorsalis
Abb. 1.31 a u. b Gefäßversorgung des Fingers von lateral (a) und in Höhe der distalen Mittelphalanx (b).
A. digitalis palmaris communis
Aponeurosis dorsalis A. digitalis dorsalis N. digitalis dorsalis A. digitalis palmaris propria N. digitalis palmaris proprius Vagina tendinum digiti M. flexor digitorum profundus (Sehne)
Nagelplatte Nagelbett Nagelwall germinative Matrix (Lunula)
(Eponychium) Nagelhaut
epitheliale Nagelmatrix
Nagelhalfter und Nageltasche
bindegewebige Nagelmatrix
Sehne des M. extensor digitorum
Nagelplatte
Epidermis der Fingerbeere bindegewebige Tastballen der Fingerbeere Abb. 1.32
Phalanx distalis
der Fingerarterien, die als proximaler und distaler Arterienbogen zur Mitte der Nagelplatte verlaufen. Der Blutabfluss erfolgt über die dorsalen Fingervenen. Dorsale Äste der Fingernerven ziehen in Höhe der epithelialen Nagelmatrix und innervieren das Nagelbett und die umgebenden Weichteile sensibel (Abb. 1.32). Literatur Bade, H. (1999): Anatomie der Hand. In: Schröder, B.: Handtherapie. Thieme, Stuttgart Christ, B., K. Hinrichsen, H.J. Jacob (1987): Morphologische Aspekte der Handentwicklung. Verh Anat Ges 81 : 201 – 210 Förster, H. (1989): Das Os lunato-triquetrum. Z Orthop 127: 174 – 182 Hochstetter, F. (1952): Über die Entwicklung der Form der menschlichen Gliedmaßen. Denkschr Österr Akad Wiss MathNaturw Kl 109, Abh 4 : 1 – 35 Kapandji, I.A. (1994): Funktionelle Anatomie der Gelenke. Bd. 1, Obere Extremität. 5. Aufl. Enke, Suttgart Lanz, T., W. Wachsmuth (1959): Praktische Anatomie. Bd. 1, 3. Teil: Arm. 2. Aufl. Springer, Berlin Louis, D.S. , T.P. Calhoun, S. M. Garn, R.E. Carroll, A.R. Burdt (1976): Congenital bipartite scaphoid – Schmidt, H.-M., U. Lanz (1992): Chirurgische Anatomie der Hand. Hippokrates, Stuttgart Siegert, F. (1935): Atlas der normalen Ossifikation der menschlichen Hand. Thieme, Leipzig Starck, D. (1975): Embryologie. 3. Aufl. Thieme, Stuttgart Töndury, G. (1981): Angewandte und topographische Anatomie. 5. Aufl. Thieme, Stuttgart Weinert, P. (1952): Ein Beitrag zur Frage der Pseudoepiphysen. Anat Anz 99 : 1 – 18
Sehne des M. flexor digitorum profundus
Aufbau des Fingerendgliedes und des Nagellagers.
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2
Untersuchungsmethoden 2.1 Klinische Untersuchungen E. Welk und A.-K. Martini
2.2 Bildgebende Diagnostik 2.2.1 Röntgen R. Frahm
2.2.2 Sonographie R. Frahm
2.2.3 Arthroskopie G. Feldkamp
2.2.4 Elektrophysiologie H. Assmus
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2 Untersuchungsmethoden
2.1
Klinische Untersuchungen
E. Welk und A.-K. Martini An der Hand nehmen die klinischen Untersuchungen einen herausragenden Stellenwert ein. Die Weichteilbedeckung ist geringer als an anderen Körperstellen, alle wichtigen Strukturen sind daher direkt zugänglich und aufgrund der Innervationsdichte kann der Patient präzise Angaben über die Lokalisation von Schmerzen machen. Durch Anamnese und Untersuchung lassen sich daher eine große Zahl von Diagnosen ohne weitere apparative Maßnahmen stellen. Mögliche Zusatzuntersuchungen können zielgerichtet erfolgen (Tab. 2.1).
____
Tab. 2.1
Schema der Untersuchung
Nach Verletzungen ist – nicht nur bei Arbeitsunfällen – der genaue Hergang und der Zeitpunkt zu erfragen. Die Stellung der Hand und der Finger bei der Verletzung kann Aufschluss über die genaue Lokalisation und die möglicherweise verletzten Strukturen geben. Bei Quetschoder Stichverletzungen, die beim ersten Anblick harmlos erscheinen, muss an schwere Weichteil- und Durchblutungsstörungen gedacht werden. Bei Verletzungen mittels hydraulischer Flüssigkeiten können bei kleiner Eintrittspforte ausgedehnte und schwerste Fremdkörpereinbringungen vorliegen. Nur bei sofortiger Behandlung können weitreichende Folgeschäden vermieden werden.
Anamnese: 쐌 Alter, Beruf, Hobby, soziales Umfeld
2.1.2
Untersuchung
쐌 Begleiterkrankungen 쐌 Spezielle Vorgeschichte Untersuchung: 쐌 Inspektion: – Hautveränderungen – Weichteilveränderungen – Stellungsanomalien 쐌 Palpation: – Schmerzlokalisation – Provokationstests – Abgrenzbarkeit/Verschiebbarkeit – Sensibilität – Durchblutung 쐌 Funktionsprüfung: – Bewegungsumfänge – Sehnenfunktion – Muskelfunktionsprüfungen
2.1.1
Anamnese
Das Alter des Patienten muss bei der Therapieplanung berücksichtigt werden. Bei der Entscheidung über verschiedene Operationsverfahren sind der Beruf und das Hobby wichtig, so wird ein Geiger einer anderen Therapie bedürfen als ein Handwerker, für den es vor allem auf die grobe Kraft ankommt. Das soziale Umfeld muss bekannt sein, insbesondere drohende Arbeitslosigkeit und laufende Renten- oder Haftpflichtverfahren, gerade hier ist therapeutisch äußerste Zurückhaltung angebracht. Begleiterkrankungen müssen genau eruiert werden, so können zum Beispiel Neuropathien insbesondere beim Diabetiker mit Nervenkompressionssyndromen verwechselt werden. Vor geplanten Eingriffen muss nach Blutgerinnungsstörungen gefragt werden.
Die klinische Untersuchung folgt einem festgelegten Schema, um auch weniger offenkundige pathologische Veränderungen zu erkennen. Ein solches Schema ist besonders für die Erstellung späterer Begutachtungen wichtig und umfasst folgende Maßnahmen: 쐌 Inspektion: Sie umfasst zuerst die Haut, danach sichtbare Weichteilveränderungen und Stellungsanomalien der knöchernen Strukturen, 쐌 Palpation der Weichteile der Hand und des osteoligamentären Apparates; erfasst werden Temperatur der Haut, Schweißneigung, Schwellungen, die Durchblutung sowie die Sensibilität, 쐌 Funktionsprüfung: Beschreibung des aktiven und passiven Bewegungsumfanges, Störungen der Sehnen und der Muskulatur, der Greifformen, der groben Kraft, Paresen und ligamentäre Instabilitäten.
Inspektion An erster Stelle steht die Inspektion der Hand. Hier ist das Augenmerk auf Hautveränderungen zu richten, die Gebrauchsspuren darstellen. Berufliche oder sportliche Belastungen hinterlassen in der Hohlhand Beschwielungen, Fissuren und Rötungen. Daraus können Rückschlüsse auf mögliche Expositionen gezogen werden. Auffälligkeiten im Bereich der Handinnenfläche sind meist auf äußere Einflüsse zurück zu führen. Bei Veränderungen an der Handrückseite ist an endogene Erkrankungen zu denken, wie z. B. die Psoriasis. Typisch ist die große Hand bei Akromegalie, die feingliedrige beim Marfan-Syndrom. Bei der Sklerodermie fühlt sich die Hand hölzern an. Lepra oder Syringomyelie können zu Verstümmelungen, der sog. Morvan-Hand führen.
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2.1 Klinische Untersuchungen
Temperatur und Feuchte weisen auf bestimmte Grunderkrankungen hin: 쐌 warm auf Hyperthyreose oder Hypertonie, 쐌 trocken und kalt auf ein Myxödem, 쐌 kalt auf Hypotonie und Herzinsuffizienz, 쐌 feuchtkalt auf vegetative Dystonie. Ein Palmarerythem lässt an Leberzirrhose oder Kollagenosen denken. Die chronische Arsenvergiftung führt zur Hyperkeratose der Handinnenfläche. Vermehrte palmare Pigmentierung der Handlinien deutet auf einen Morbus Addison oder auf Hämochromatosen hin. Umschriebene stecknadelkopfgroße Rötungen finden sich beim Lupus erythematodes an der Palma manus, an den Fingerspitzen beim Morbus Osler und der Endokarditis. Spidernävi am Handrücken weisen auf eine Leberzirrhose hin. Auch ein vermehrtes Zittern der Hände deutet auf Systemerkrankungen hin, z. B. Hyperthyreose, Alkoholismus oder Morbus Parkinson (Siegenthaler u. Mitarb. 1980). Anfallsweises Blasswerden einzelner Finger, v. a. bei Kälte, stellt die Diagnose eines Morbus Raynaud. Vermehrtes seitendifferenziertes Schwitzen ist in Verbindung mit verstärkter Behaarung ein Hinweis auf einen Morbus Sudeck. Unscharf abgegrenzte Rötungen lassen an eine Infektion denken: Bei Panaritien sind die Rötungen meist um die Nägel herum lokalisiert; bei Rötungen im Bereich der Hohlhand entlang der Beugesehnen oder des Handrückens sind Sehnenscheidenphlegmonen zu erwarten. Zirkumskripte Veränderungen sprechen für ein Erythema migrans, wie es z. B. nach einem Zeckenbiss auftreten kann. Die Nägel sind einer genauen Inspektion zu unterziehen. Hier können sowohl Gebrauchsspuren als auch abnorme Verhaltensweisen erkannt werden: beispielsweise abgekaute Nägel bei Neurosen oder Gelbfärbungen bei starken Rauchern. Stark konvex gebogenen Nägel können als sog. Uhrglasnägel zusammen mit Trommelschlegelfingern auf chronische pulmonale oder kardiale Erkrankungen hindeuten. Quere Rillenbildungen und Lunulastreifen treten bei trophischen Störungen auf, z. B. nach schweren Infektionskrankheiten. Dünne, brechende und splitternde Nägel sind typisch für Anämien. Die Psoriasis geht mit grübchenförmigen Veränderungen, Verkürzungen und Verfärbungen der Nägel einher. Nagelmykosen zeichnen sich durch Verfärbungen, brüchige Verdickungen und Längsstreifungen der Nägel aus. Rötungen um die Nägel herum lassen auf Paronychien oder Panaritien schließen. Die Inspektion erfolgt immer im Seitenvergleich, um Schwellungen und Veränderungen der Hautfarbe erkennen zu können. Auch Auffälligkeiten der Behaarung lassen sich dadurch bereits erfassen. Die Diagnose des Morbus Sudeck lässt sich z. B. meist schon durch die bloße Inspektion stellen, wenn die Kriterien der Glanzhaut, der Hautatrophie und der vermehrten Behaarung erfüllt sind. Veränderungen der Muskulatur lassen sich gut erkennen. Die Atrophie der Mm. interossei tritt bei der Ulnarisparese auf, eine Atrophie der Daumenballenmuskulatur
29
bei Schädigung des motorischen Astes des N. medianus im Karpaltunnel. Atrophien der Fingerkuppen deuten auf lange bestehende Nervenschädigungen hin. Degenerative Erkrankungen der Gelenke können aufgrund der exponierten Lage oftmals direkt erkannt werden. Die Arthrose der Fingerendgelenke führt zu typischen Verdickungen streckseits (Heberden-Knoten) und zu Achsabweichungen in den Endgelenken. Die Bouchard-Arthrose geht mit Verdickungen und Fehlstellungen im Mittelgelenk einher. Bei der Rhizarthrose imponiert eine Subluxationsstellung der Daumensattelgelenke bei gleichzeitiger Adduktionsfehlhaltung. Rheumatische Erkrankungen zeigen zu Beginn sichtbare lokalisierte Schwellungen der betroffenen Gelenke oder Sehnenscheiden. Ulnarabweichungen der Fingergrundgelenke, Radialabweichungen im Handgelenk, Schwanenhals- oder Knopflochdeformitäten und die Ninety-Ninety-Deformität am Daumen lassen ohne weitere Untersuchungen bereits Rückschlüsse auf das Krankheitsbild zu. Fallen bei der Inspektion Strangbildungen in der Hohlhand auf, vor allem an den ulnaren Strahlen mit oder ohne Kontrakturen, lässt sich die Diagnose eines Morbus Dupuytren stellen. Bei sehr vielen angeborenen Anomalien sind sowohl die Hand als auch der Ellenbogen betroffen. Bei diesen Anomalien ist auf Veränderungen der Handlinienmuster zu achten. Beim Morbus Down und anderen chromosomalen Anomalien findet sich die typische Vierfingerfurche. Verstrichene Gelenkkonturen und fehlende Hautlinien bei Flexionskontrakuren im Handgelenk und Extensionskontrakturen im Ellenbogen lassen eine Arthrogrypose vermuten. Fehlende oder überzählige Strahlen oder Fingerteile, partielle oder vollständige Syndaktylien und Achsabweichungen im Handgelenk, Unterarm und Ellenbogen, die auf radiale oder ulnare Fehlbildungen hinweisen, lassen sich bei der Inspektion erkennen. Schließlich ist auf Hauttumoren zu achten. Warzen treten meist multipel auf und sind gut abgegrenzt. Nävi sind typischerweise abgegrenzt und flach bis wenig erhaben. Kleine pilzartige, blutende sowie granulomatöse Veränderungen sprechen für ein pyogenes Granulom. Malignome sind ulzerierend und schlecht abgegrenzt, wie z. B. das Plattenepithelkarzinom und das Basaliom. Bei unregelmäßigen oder knotigen Veränderungen an Nävi ist an ein malignes Melanom zu denken. Bei Narben – von früheren Verletzungen oder Operationen – sind Verlauf und Zustand zu beachten.
Palpation Nach der Inspektion folgt die sorgfältige Palpation der Weichteile und der osteoligamentären Strukturen. Neben Veränderungen der Konsistenz und Dicke der Weichteile wird gleichzeitig auf die Lokalisation von Schmerzen und die Veränderung der Schmerzintensität in Abhängigkeit von Gelenkstellungen und bei Bewegung von Muskeln und Sehnen geachtet. Die Sensibilität und die Motorik
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2 Untersuchungsmethoden
wird geprüft und schließlich die Durchblutung. Die Temperatur wird erfasst, die bei Entzündungen erhöht, bei Durchblutungsstörungen vermindert ist. Die Hautoberfläche kann glatt, rau, trocken oder feucht sein. Hautleisten können fehlen. Bei der Untersuchung hat sich ein schrittweises Vorgehen bewährt, das alle möglichen Veränderung umfasst. Zunächst werden die Weichteile nach subjektiven Schmerzangaben des Patienten abgetastet. Bei Sehnenscheidenentzündungen ist der Schmerz eng mit dem anatomischen Sehnenverlauf verbunden und neigt zu Ausstrahlungen in den Ellenbogen oder Oberarm. Hierfür ist der Provokationstest sehr nützlich: Das Anspannen der betroffenen Sehnen gegen Widerstand führt zur Schmerzverstärkung, wie zum Beispiel beim Finkelstein-Test am ersten Sehnenfach (Finkelstein 1930). Schmerzen entlang der Beugesehnen sind ebenfalls gut zu lokalisieren und meistens durch Überlastungen bedingt. Isolierte Schmerzangaben mit tastbarer Knotenbildung in Höhe des A1-Ringbandes – meist mit Angaben des Patienten über ein Hängen bleiben des Fingers – sind typisch für eine Tendovaginitis stenosans. Häufig führt die Verdickung der Sehnenscheiden in Höhe des Karpaltunnels zu begleitenden Nervenkompressionsyndromen. Immer ist nach einer möglichen Verletzung zu fahnden, die als Auslöser für eine bakterielle Infektion infrage kommen kann. Diffuse Schwellungen des betreffenden Fingers und Rötungen müssen an eine Sehnenscheidenphlegmone denken lassen. Teigige Schwellungen der Sehnenscheiden, vor allem am Handrücken, treten häufig bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises auf. In solchen Fällen muss daher immer nach Schwellungen und Fehlstellungen an den Gelenken und nach Hautveränderungen gesucht werden. Schmerzen und Schwellungen über dem lateralen Ellenbogen mit Verstärkung bei aktiver Extension von Handgelenk und Fingern gegen Widerstand sind typisch für eine chronische Epicondylitis radialis. Schmerzangaben medial und ein positiver Provokationstest bei aktiver Flexion im Handgelenk und der Finger sind typisch für eine Epicondylitis ulnaris. Meist werden ausstrahlende Schmerzen in den dorsalen oder palmaren Unterarm angegeben, begleitende Tendovaginitiden sind häufig. Bei allen chronischen Schmerzen von Ellenbogen, Unterarm und Hand ist die klinische Untersuchung der Halswirbelsäule obligat. Blockierungen der Wirbelgelenke führen häufig zu pseudoradikulären Beschwerden im Bereich der Arme, zervikale Bandscheibenvorfälle zeigen typische neurologische Defizite. Mit den Mitteln der Manualtherapie können derartige Beschwerden meist eindeutig differenziert werden. Weichteiltumore sind an der Hand immer gut palpabel und können aufgrund ihrer Härte, Verschieb- und Abgrenzbarkeit zur Umgebung bereits Rückschlüsse auf ihre Dignität ergeben. Ganglien finden sich als häufigste tumorähnliche Veränderung der Hand an typischen Stellen,
meist dorsoradial über der proximalen Karpalreihe, palmar über dem radialen Handgelenk und entlang der Beugeseltener der Strecksehnen als Sehnenscheidenganglien. Epithelzysten finden sich nach früheren Verletzungen oder Operationen im Narbenbereich meist palmar. Bei kleinen palmar gelegenen knotigen und lividen Tumoren, die rasch unter starken Schmerzen entstanden sind, handelt es sich meist um thrombosierte Venen. Riesenzelltumoren sind derb-höckrig, kaum verschiebbar und meist entlang der Sehnen und Ringbänder lokalisiert. Lipome sind eher weich und gut verschiebbar. Bei Bezug zu Nerven, v. a. bei Vorliegen gleichzeitiger Sensibilitätsstörungen muss an Neurinome gedacht werden, hier kann das Hoffmann-Tinel-Zeichen positiv sein. Malignome der Weichteile sind selten, auffallend ist eine rasche Größenzunahme, schlechte Abgrenzbarkeit und Verschiebbarkeit. Tumore im Unterarm fallen meist erst bei stärkerer Größenzunahme und bei Kompression von Nerven auf. Ein Sonderfall der Weichteiltumore ist die subunguale Lokalisation, nur bei genauer Inspektion ist ein kleiner bläulicher Fleck unter dem Nagel zu erkennen. Hier handelt es sich typischerweise um Glomustumoren. Bei Druck mit einer Bleistiftspitze werden massive Schmerzen angegeben (Love-Test) (Hoffmann 1997). Am Ellenbogen muss auf dorsale schmerzhafte, weiche bis feste Schwellungen, die meist fluktuierend sind, geachtet werden, die sowohl nach einem Trauma als auch durch eine Überlastung auftreten können und typisch für eine Bursitis olecrani sind. Umschriebene derbe verschiebbare Schwellungen, häufig multipel, die im Bereich des Ellenbogens aber auch der Finger vorkommen, sprechen für Rheumaknoten. Bei Verletzungen muss immer auf tief liegende Schädigungen geachtet werden. Besonders bei Stichwunden können bei nur kleiner Hautläsion Sehnen und Nerven vollständig durchtrennt sein. Schnittwunden streckseits über den Fingern gehen in einem hohen Prozentsatz mit partiellen Durchtrennungen der Strecksehnen einher. Die Prüfung der Funktion ist unerlässlich. Der Strecksehnenmittelzügel wird bei gebeugtem Mittelgelenk gegen Widerstand getestet. Eine nicht erkannte Verletzung des Mittelzügels führt durch Abrutschen der Seitenzügel mit Überstreckung im Endgelenk zur Knopflochdeformität. Eine Sonderstellung nimmt die lange Daumenstrecksehne ein. Der Ausfall der aktiven Streckfunktion im Endgelenk wird durch eine, meist degenerativ bedingte, Ruptur der Sehne an ihrer Umlenkung am Tuberculum dorsale (Lister) des distalen Radius bedingt. Die Streckung im Endgelenk wird ebenfalls gegen Widerstand geprüft (Abb. 2.1 a-c). Die Prüfung der Beugesehnen hat schrittweise für jede einzelne Struktur zu erfolgen. Die Befragung des Patienten, in welcher Position eines Fingers das Trauma erfolgte, ergibt, wie weit proximal der Hautläsion die Durchtrennung der Sehne zu erwarten ist. Durch Fixieren der Mittelgelenke wird die Funktion der tiefen Beugesehnen, durch Fixieren der Nachbarfinger die Funktion der oberflächlichen Beugesehnen getestet (Abb. 2.2 a u. b).
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2.1 Klinische Untersuchungen
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a 1
3
b
4
3
2
5
6
c
Abb. 2.1 a-c Prüfung der Funktion der Strecksehnen im Grundgelenk (a), im Mittelgelenk (b) und im Endgelenk (c).
a
b
Abb. 2.2 a u. b Prüfung der Funktion der tiefen Beugesehne (a) und der oberflächlichen Beugesehen (b).
Prüfung der Sensibilität Innervationsgebiete an der Hand und am Unterarm (Abb. 2.3): 쐌 N. radialis: Dorsalseite des Daumens sowie Zeigefinger und radialer Mittelfinger bis zum Mittelgelenk, 쐌 N. medianus: Beugeseite des 1. – 3. Fingers, die Radialseite des Ringfingers und die Streckseiten des 2. und 3. Fingers distal der Mittelgelenke, 쐌 N. ulnaris: übrige ulnare Hautareale, 쐌 N. cutaneus antebrachii lateralis: palmare radiale Unterarmgebiete, 쐌 N. cutaneus antebrachii medialis: palmare ulnare Anteile, 쐌 N. cutaneus antebrachii posterior: schließt sich dorsalseitig proximal an das Radialisgebiet an.
Abb. 2.3 Innervationsgebiete der Nerven an der Hand und am Unterarm. 1 N. medianus 2 N. radialis 3 N. ulnaris 4 N. cutaneus antebrachii medialis 5 N. cutaneus antebrachii lateralis 6 N. cutaneus antebrachii posterior
Geprüft wird sowohl die Unterscheidungsfähigkeit für spitz und stumpf, die Schmerzempfindlichkeit (Schutzsensibilität) und die Temperaturempfindlichkeit, als auch die Qualität des Tastsinnes (taktile Gnosis). Bei der statischen 2-Punkte-Diskriminierung wird festgestellt, welcher minimale Abstand zweier Punkte, z. B. mit einer gebogenen Büroklammer, als unterschiedlich erkannt wird. Der Normalwert an der Fingerbeere liegt bei 2 – 4 mm (Weber 1835). Bei der dynamischen 2-Punkte-Diskriminierung wird die Büroklammer von proximal nach distal bewegt, der Abstand wird allmählich verringert. Der Normalwert an den Fingerkuppen sollte bei 2 mm liegen (Dellon-Test) (Dellon 1981). Beim Auflesetest nach Moberg muss der Patient verschiedene kleine Gegenstände von einer glatten Tischplatte auflesen und in einer kleinen Schachtel sammeln. Bewertet wird, ob die Gegenstände ohne Augenkontrolle erkannt werden und welche Zeit hierfür benötigt wird (Moberg 1966). Bei länger bestehenden Nervenverletzungen treten typische Atrophien der betroffenen Hautareale auf, die besonders an den Fingerkuppen gut zu erkennen sind. Die Schweißsekretion zur Prüfung der Funktion des sympathischen Nervensystems wird mit Hilfe des Ninhydrintests (Moberg 1966) geprüft. Die Fingerbeeren der Hände werden auf ein saugfähiges Papier gedrückt, dieses wird anschließend mit Ninhydrin getränkt, getrocknet und fixiert. Die Veränderungen entsprechen den vegetativen Störun-
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2 Untersuchungsmethoden
gen der sensiblen Innervation. Im Bereich von Amputationsstümpfen oder Narben können durch Beklopfen elektrisierende Missempfindungen ausgelöst werden (Hoffmann-Tinel-Zeichen). Durch gezielte Provokationstests können mögliche Nervenkompressionssyndrome erkannt werden. Der Phalen-Test ist positiv, wenn bei Flexion im Handgelenk nach etwa einer Minute Gefühlsstörungen im Medianusgebiet auftreten (Phalen 1951). Der Druck auf den Sulcus ulnaris am Ellenbogen führt bei einem Sulcus-ulnaris-Syndrom zu Gefühlsstörungen des 4. und 5. Fingers der Hand. Beim Pronator-teres-Syndrom wird der N. medianus bei seinem Durchtritt durch die beiden Pronatorköpfe eingeengt. Bei der klinischen Untersuchung werden Schmerzen bei Druck auf die Durchtrittstelle angegeben, der sich bei aktiver Pronation und wenig gebeugtem Unterarm verstärkt (Spinner-Test) (Spinner 1980). Schmerzen distal des Epicondylus radialis mit Sensibilitätsstörungen im Radialisgebiet und motorischer Schwäche der Handgelenkextensoren deuten auf eine proximale Kompression des N. radialis im Hiatus nervi radialis hin und müssen differenzialdiagnostisch von der Epicondylitis radialis abgegrenzt werden. Bei der Palpation vom Epicondylus radialis über den Radiuskopf zum M. supinator muss auf Schmerzangaben geachtet werden, die auf ein Supinatorlogensyndrom hinweisen, hier fehlen meist sensible Störungen, während eine Streckschwäche der Finger besteht. Eine Schmerzverstärkung bei gleichzeitiger Supination der Hand ist typisch, ebenso der sog. Mittelfingertest: Bei Streckung von Ellenbogen, Handgelenk und Fingern wird ein Druck auf den Mittelfinger ausgeübt, was zu einer starken Schmerzzunahme führt. Isolierte Sensibilitätsstörungen des N. radialis mit Schmerzen am radialen Handgelenk deuten auf eine distale Kompression des N. radialis hin (Wartenberg-Syndrom). Prüfung der Durchblutung Es wird die A. radialis und die A. ulnaris palpiert, gleichzeitig kann die Durchgängigkeit des Hohlhandbogens geprüft werden, indem jeweils eine Arterie abgedrückt wird und nach aktivem Auspumpen der Hand die Revaskularisierung über die noch offene Arterie beobachtet wird (Allen-Test) (Allen 1929). Die Digitalarterien können gut in Höhe der Grundgelenkbeugefalte palpiert werden, auch hier kann bei Kompression einer der beiden Digitalarterien die Revaskularisation über die zweite beobachtet werden. Zu achten ist auf venöse Abflussstörungen mit livider Verfärbung und Schwellungen, die sehr diskret sein können und ggf. auf ein Thoracic-Inlet-Syndrom hinweisen können. Prüfung der knöchernen und ligamentären Strukturen Die Untersuchung beginnt zunächst mit der Inspektion. Bei Frakturen ist auf Achsen- oder Rotationsfehler zu achten, bei Luxationen auf Dislokationen der Gelenke. Chronische entzündliche Erkrankungen führen ebenfalls zu Gelenkdislokationen und Fehlstellungen.
Es schließt sich die Palpation sämtlicher knöcherner Strukturen an. Verdickungen der Knochen deuten auf Tumoren hin. Exostosen kommen häufiger multipel vor. Zu unterscheiden ist hiervon eine gelegentlich schmerzhafte Vorwölbung an der Basis des 2. oder 3. Mittelhandknochens, die als Carpal Bossing bezeichnet wird. Die exakte Differenzierung der Druckschmerzpunkte ist erforderlich. Typisch ist der Schmerz in der Tabatière bei der Skaphoidfraktur, über dem Processus styloideus radii bei der Styloiditis oder über dem Daumensattelgelenk bei Rhizarthrose. Dorsal über der ulnaren Handwurzel findet sich ein isolierter Druckschmerz bei Triquetrumfrakturen, palmar bei Pisiformefrakturen oder Arthrosen des pisotriquetralen Gelenks und in der Tiefe des Hypothenar bei Frakturen des Hamulus ossis hamati. Bei Schmerzen in der mittleren proximalen Handwurzel muss an das Vorliegen einer Lunatumnekrose gedacht werden. Die Unterscheidung von Schmerzen bei Sehnenscheidenentzündungen gelingt durch den negativen Provokationstest. Schmerzen über dem Daumensattelgelenk bei gleichzeitiger Abduktionshemmung sind typisch für eine Blockierung des Gelenks. Am Ellenbogen deuten isolierte radiale oder ulnare Schmerzangaben über dem Gelenkspalt zusammen mit Bewegungseinschränkungen auf degenerative Veränderungen hin. Speziell am Ellenbogen ist auf Einklemmungserscheinungen zu achten – der Patient muss danach gefragt werden – die ein Hinweis auf eine Osteochondrosis dissecans sein können. Geben jüngere Patienten ohne ein Trauma Schmerzen vor allem radial lokalisiert an, muss eine Osteonekrose im Sinne eines Morbus Panner ausgeschlossen werden. Es folgt die Prüfung der ligamentären Strukturen, wobei auf Instabilitäten geachtet wird. Der proximale Gelenkpartner wird mit Daumen und Zeigefinger der einen untersuchenden Hand fixiert, während der distale Gelenkpartner mit der anderen untersuchenden Hand einem seitlichen Stresstest unterzogen wird. Im Bereich der Fingergrundgelenke erfolgt dies bei Beugung, bei den Fingermittel- und endgelenken in Streckung, um die jeweiligen Kollateralbänder zu straffen. Wichtig ist die Prüfung des ulnaren Seitenbandes am Daumen im Seitenvergleich. Hier lässt sich die Instabilität meist bereits klinisch erfassen. Im Bereich der Handwurzel ist insbesondere auf Schmerzangaben in Höhe des skapholunären Gelenks zu achten. Beim Watson-Test (Skaphoid-Stress-Test) (Watson u. Mitarb. 1988) wird in Ulnarabduktion das Kahnbein zwischen Daumen und Zeigefinger des Untersuchers fixiert, wobei der Daumen fest auf den distalen Pol drückt. Der Test ist positiv und deutet damit auf eine Zerreißung der skapholunären Bandverbindung hin, wenn beim Übergang in die Radialabduktion der proximale Pol nach dorsal subluxiert und hierbei gegen den Zeigefinger stößt (Abb. 2.4). Gezielt muss der Patient nach „Klickphänomenen“ befragt werden. Verletzung der lunotriquetralen Bandverbindungen führen zu Schmerzen direkt über dem triquetrolunären Band. Bei der Untersuchung können Lu-
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2.1 Klinische Untersuchungen
Radialabduktion
Ulnarabduktion
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Kraft zu. Beim Schlüsselgriff und beim Spitzgriff wird getestet, wie ein Gegenstand zwischen Zeigefinger und Daumen geführt wird. Beim 3-Punkte-Griff wird geprüft, wie eine kleine Kugel zwischen den Spitzen von Daumen, Zeige- und Mittelfinger gehalten werden kann und beim Schreibgriff, wie ein Stift gehalten wird. Die Prüfung des Faustschlusses, der gemeinsamen Streckung aller Finger, der seitlichen Abspreizung und Adduktion der Finger und die Opponierbarkeit der Daumenkuppe gegenüber den anderen Fingerspitzen dienen ebenfalls der groben Orientierung. Der aktive und passive Test der Gelenkbeweglichkeit bei verschiedenen Stellungen der Nachbargelenke lässt Rückschlüsse auf Kapselschrumpfungen, Muskelveränderungen, Sehnenverklebungen oder Narbenbildungen zu. Prüfung der Bewegungsumfänge
Abb. 2.4
Prüfung der Stabilität des SL-Bandes (Watson-Test).
natum und Triquetrum in dorsopalmarer Richtung gegeneinander verschoben werden, wobei Schmerzen angegeben werden (positiver Shear-Test nach Kleinman (1993)). Schmerzen über dem ulnaren Handgelenk insbesondere beim Verschieben des ulnaren Karpusbereiches gegen das Ulnaköpfchen müssen an eine Verletzung des Discus triangularis denken lassen. Schädigungen im Bereich des ulnokarpalen Handgelenks lassen sich durch Schmerzauslösung bei maximaler Ulnarabduktion erkennen (Impingementtest). Am Ellenbogen ist auf die knöchernen Bezugspunkte Olekranonspitze, ulnarer und radialer Epikondylus zu achten, die das Hueter-Dreieck bilden. Abweichungen sprechen für Frakturen oder Luxationen. Es wird die Stabilität der ulnaren und radialen Bandverbindungen getestet. Beim Kleinkind muss bei Schmerzangaben über dem radialen Ellenbogen bei gleichzeitiger Schonung des Armes an eine Subluxation des Radiuskopfes gedacht werden (Morbus Chassaignac).
Hier hat sich das standardisierte Verfahren mit exakter Messung der passiven und ggf. aktiven Bewegungsumfänge nach der Neutral-Null-Methode bewährt (Hess 1998) (Tab. 2.2). Dies ist insbesondere zur Begutachtung und zur Verlaufskontrolle wichtig. An den Fingern wird die maximale Handspanne, der Abstand der Fingerkuppen zur distalen Hohlhandbeugefalte sowie zur verlängerten Handrückenlinie und die Oppositionsfähigkeit des Daumens gegenüber den Fingerkuppen ermittelt. Bewegungseinschränkungen sind besonders unter manualtherapeutischen Gesichtspunkten zu erfassen, um eine gezielte Therapie einleiten zu können. Die grobe Kraft durch Faustschluss wird zunächst orientierend geprüft, indem beide Hände gleichzeitig gedrückt werden. Mittels Manometrie werden die Werte objektiviert, indem durch 3 aufeinander folgende Messungen mit wechselnden Händen die Kraft im Seitenvergleich ermittelt wird. Prüfung der Muskelfunktionen
Funktionsprüfungen
Die Muskelfunktionen werden einzeln überprüft und der jeweilige Kraftgrad entsprechend einer Einteilung in 6 Stufen ermittelt: 쐌 M0: keine Kontraktion, 쐌 M1: fühlbare Kontraktion, 쐌 M2: beginnende aktive Bewegung, 쐌 M3: Bewegung gegen Schwerkraft, 쐌 M4: Bewegung gegen Widerstand, 쐌 M5: normale Kraft.
Während ein Teil der Funktionsprüfungen, wie die Untersuchung der Sehnen und der ligamentären Stabilität, bereits bei der Palpation vorweggenommen wird, sind noch gezielte Verfahren zum Erkennen von Einschränkungen der passiven und aktiven Beweglichkeit erforderlich. Bei der Überprüfung der Beweglichkeit muss auf Schmerz, Blockaden, Reibegeräusche, Schnappphänome etc. geachtet werden. Eine grobe Abschätzung der Funktionsstörung ist durch Prüfung der verschiedenen Greifformen im Seitenvergleich möglich: Der Grobgriff lässt Rückschlüsse auf die
Die Pronation des Unterarmes bei gestrecktem Ellenbogen prüft den M. pronator teres, bei gebeugtem Ellenbogen den M. pronator quadratus und die motorische Funktion des N. medianus. Der M. supinator wird durch aktive Supination bei gestrecktem Ellenbogen getestet (N. radialis). Die aktive Beugung im Handgelenk prüft den M. flexor carpi radialis (N. medianus) und bei gleichzeitiger Ulnarabduktion den M. flexor carpi ulnaris (N. ulnaris). Die motorische Funktion des N. medianus wird weiter durch Beugung der Finger geprüft. Eine Läsion führt zu einem Ausfall der aktiven Beugung des Daumens und des Zeige- und
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2 Untersuchungsmethoden
Tab. 2.2
____
Bewegungsumfänge am Ellenbogen und der Hand nach der Neutral-Null-Methode
Gelenk
Bewegung
Bewegungsgrad
Ellenbogengelenk
Streckung/Beugung
0/90/150°
Unterarmdrehung auswärts/einwärts
90/0/90°
Handgelenk
handrückenwärts/hohlhandwärts
60/0/60°
speichenwärts/ellenwärts
30/0/40°
Nagelrand/quere Hohlhandfalte
0 cm
Nagelrand/verlängerte Handrückenebene
0 cm
Grundgelenk: Streckung/ Beugung
10 – 30/0/90°
Mittelgelenk: Streckung/ Beugung
0/0/100°
Endgelenk: Streckung/ Beugung
0 – 30/0/90°
Grundgelenk: Streckung/ Beugung
0/0/70°
Endgelenk: Streckung/ Beugung
0 – 30/0/90°
Fingergelenke
Daumengelenke
Abspreizung in der Hand- 70 – 90° ebene Abspreizung rechtwinklig zur Handebene
50 – 60°
Mittelfingers im Mittel- und Endgelenk (sog. Schwurhand), da der M. flexor digitorum profundus D3 – 5 vom N. ulnaris versorgt wird. Die Prüfung der Mm. interossei und damit der Funktion des motorischen N.-ulnaris-Astes erfolgt durch Spreizen der Finger (Interossei dorsales) bzw. Schließen der Finger (Interossei palmares) gegen Widerstand. Das Überkreuzen des Zeige- und Mittelfingers und das Aneinanderbringen der Endglieder des Zeige- und Kleinfingers palmar des 3. und 4. Fingers ist bei Ulnarisschädigung nicht mehr möglich. Es wird immer im Seitenvergleich untersucht, wobei bereits geringe Differenzen insbesondere bei der Abduktion des Kleinfingers (M. abductor minimi) erkannt werden. Die Prüfung des M. adductor pollicis und M. flexor pollicis brevis (Caput brevis) erfolgt durch Halten eines Papiers zwischen Daumen und Zeigefinger (Froment-Zeichen) (Bunnell 1938) (Abb. 2.5). Durch Ausfall der aktiven Extension in den Mittelgelenken und der Beugung in den Grundgelenken ergibt sich das typische Bild der Krallenhand bei einem kompletten Schaden des N. ulnaris. Durch Beugung im Daumengrundgelenk wird der M. flexor pollicis brevis und durch Palmarabduktion der M. abductor pollicis brevis getestet. Die Abduktion des Kleinfingers gegen Widerstand prüft den M. abductor digiti minimi
Abb. 2.5
Froment-Zeichen.
(N. ulnaris) und die Beugung im Grundgelenk D5 den M. flexor digiti minimi (N. ulnaris). Die motorische Radialisfunktion wird bei der Extension gegen Widerstand der Finger bzw. des Handgelenks getestet. Komplette Läsionen führen zur Fallhand. Die Extensormuskeln werden im Einzelnen wie folgt geprüft: Streckung im Daumenendgelenk (M. extensor pollicis longus), im Daumengrundgelenk (M. extensor pollicis brevis), Radialabduktion von Daumen und Handgelenk (M. abductor pollicis longus), Streckung der Fingergrundgelenke (M. extensor digitorum), im Grundgelenk des Zeigefingers (M. extensor indicis), im Grundgelenk des Kleinfingers (M. extensor digiti minimi), Streckung und gleichzeitige Ulnarabduktion im Handgelenk (M. extensor carpi ulnaris) und schließlich Extension und Radialabduktion im Handgelenk (Mm. extensor carpi radialis brevis und longus). Die motorische Untersuchung von Flexion und Extension gegen Widerstand im Ellenbogengelenk dient vor allem dem Ausschluss von Verletzungen der Beuge- bzw. Streckmuskeln des Oberarmes. Folgt die Anamneseerhebung und die klinische Untersuchung einem solchen Schema, können die meisten Störungen der Funktion von Ellenbogen und Hand bereits primär erkannt werden. Die weiterführende bildgebende und neurologische Diagnostik kann gezielt erfolgen und unnötige Untersuchungen werden vermieden. Ergänzt wird die klinische Untersuchung durch fotografische Dokumentationen, was insbesondere für nachfolgende Begutachtungen wichtig ist. Literatur Allen, E.V. (1929): Thromboangitis obliterans. Methode of diagnosis of chronic occlusive arterial lesions distal to the wrist with illustrative cases. Am J Med Sci 178: 237 – 244 Bunnell, S. (1938): Opposition of the thumb. J Bone Joint Surg 20: 269 – 284 Dellon, A.L. (1981): Evaluation of sensibility and reeducation of sensation in the hand. Williams and Wilkins, Baltimore. Finkelstein, H. (1930): Stenosing tendovaginitis at the radial styloid process. J Bone Joint Surg 12: 509 Hess, H. (1998): Befunderhebung an den Gliedmaßen. In: Rompe, G., A. Erlenkämper: Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane. Thieme, Stuttgart: 235 – 244
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2.2 Bildgebende Diagnostik
Hoffmann, R. (1997): Checkliste. Handchirurgie. Thieme, Stuttgart. Kleinman, W.B. (1993): Wrist reconstruction. Pitfalls, ASSH Instr Course Lect (Phoenix): 1 – 13 Moberg, E. (1966): Methods of examining sensibility in the hand. In: Flynn, J.E.: Hand Surgery. Williams and Wilkins, Baltimore Phalen, G.S. (1951): Spontaneous compression of the median nerve at the wrist. J amer med Ass 145: 1128 Siegenthaler, W., S. Jenny, B. Meier (1980): Körperliche Ausdrucksformen und Habitus. In: Hegglin, W. Siegenthaler: Differentialdiagnose innerer Krankheiten. Thieme, Stuttgart: 3.21 – 3.24
2.2
35
Spinner, M. (1980): Management of nerve compression lesions of the upper extremity. In: Omer, G.E., M. Spinner: Management of peripheral nerve problems. Saunders, Philadelphia. Watson, H.K., D. Ashmead, M.V. Makhlouf (1988): Examination of the scaphoid. J Hand Surg 13-A: 657 – 660 Weber, E.H. (1835): Über den Tastsinn. Arch Anat physiol Wissensch Med: 152
Bildgebende Diagnostik
Voraussetzung zur effizienten Diagnostik pathologischer Veränderungen am Ellenbogengelenk und der Hand ist die Kenntnis der diagnostischen Aussage verschiedener Untersuchungsverfahren. Dadurch kann ausgehend von der klinischen Verdachtsdiagnose eine gezielte Indikation zur aussagekräftigsten Methode erfolgen. Die schnellstmögliche Diagnostik minimiert die Patientenbelastung, die Untersuchungskosten und berücksichtigt Aspekte der Strahlenhygiene. Verletzungen des Ellenbogengelenks und der Hand sind im Kindesalter besonders häufig. Hier müssen entwicklungsbedingte Besonderheiten der Epiphysenfugen und Knochenkerne berücksichtigt werden. Der Vergleich mit der gesunden Seite ist nicht immer möglich, wenn z. B. infolge von Schmerzen oder der kindlichen Abwehrhaltung keine symmetrische Standardprojektionen beider Seiten durchführbar sind (Hahn u. Mitarb. 1997).
2.2.1 Röntgen R. Frahm
Radiologische Nativdiagnostik Neben Anamnese und klinischer Untersuchung gehören Standardaufnahmen zur diagnostischen Basis und sind immer notwendig. Röntgenaufnahmen vom Ellenbogengelenk und von der Hand werden meistens am Bucky-Aufnahmetisch ohne Raster (sog. „Übertischaufnahmen“) mit einer Film-Folien-Kombination der Empfindlichkeitsklasse (EK) 200, bei Säuglingen und Kindern EK 400, durchgeführt (Zimmer-Brossy 1998). Die Bildzentrierung sollte auf den Schmerzpunkt oder orthograd auf das pathologisch veränderte Gelenk erfolgen. Das Kassettenformat einschließlich der Einblendung muss an das Organ angepasst sein, z. B. bei einer Zeigefingerendgliedfraktur wird der Zeigerfinger in 2 Ebenen geröntgt und nicht die Hand in 2 Ebenen.
Jeder diagnostisch wichtige Bereich muss in 2 senkrecht aufeinander stehenden Ebenen geröntgt werden. Eine Ausnahme ist die Hand: dorsopalmar und schräg. Nur bei gezielter Indikation erfolgt zusätzlich eine Aufnahme streng seitlich. Als Strahlenschutz ist bei Ellenbogen- und Handaufnahmen die Abdeckung des gesamten Körperstammes mit einer großen Bleischürze erforderlich. Eine exakte Beschriftung der Aufnahmen mit Patientenname, Geburtsdatum, Untersuchungsdatum und Seitenbezeichnung ist gesetzlich gefordert. Besondere Untersuchungsbedingungen, z. B. mit Kontrastmittel, unter Stress oder atypische Projektionen sind ebenfalls auf den Abbildungen zu vermerken. Standardaufnahmen des Ellenbogengelenks einschließlich des Unterarmes
Ellenbogengelenk in 2 Ebenen: 쐌 Lagerung: – ventrodorsal: Der Patient sitzt tief und seitlich zum Bucky-Tisch, das Ellenbogengelenk liegt in Ellenbogenstreckung in Supination (Handfläche oben) und 90° im Schultergelenk abduziert. Die Fixierung erfolgt mit einem Sandsack über dem Handgelenk. – seitlich: Der Patient sitzt seitlich zum Bucky-Tisch, der Arm ist 90° im Schultergelenk abduziert, das Ellenbogengelenk liegt 90° gebeugt mit der ulnaren Seite auf der Kassette. Das Handgelenk liegt ulnarseitig auf. 쐌 Zentralstrahl: – ventrodorsal und seitlich: senkrecht auf die Mitte des Ellenbogengelenks. 쐌 Qualitätskriterien: – ventrodorsal: orthograde Darstellung des Gelenkspaltes mit guter Transparenz des Kondylus, so dass auch das Olekranon beurteilt werden kann. Erkennbare Weichteile, Fat-Pad-Sign (Schunk u. Grossholz 1989), – seitlich: überlagerungsfreie Darstellung des humeroulnaren Gelenks, gute Abgrenzbarkeit des Radiusköpfchens. Erkennbare Weichteile (Fettstreifen).
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2 Untersuchungsmethoden
Tipp: Auf exakten Standardprojektionen ist die pathologische Verlagerung der Radius-Kapitulum-Linie sicher beurteilbar (Radiusköpfchenluxation bei Kindern) (Schild u. Mitarb. 1982).
Ellenbogengelenk in Pro- und Supination: 쐌 Lagerung: Diese erfolgt wie für die Standardprojektion, das Ellenbogengelenk ist 20 – 35° ulnar und radial angehoben. 쐌 Zentralstrahl: senkrecht auf die Mitte des Ellenbogengelenks. 쐌 Qualitätskriterien: – Pronation: überlagerungsfreie Projektion des Processus coronoideus, – Supination: überlagerungsfreie Darstellung des Radiusköpfchens und des humeroradialen Gelenks. Tipp: Bei Streckdefizit des Ellenbogengelenks wird bei Verdacht auf pathologische Veränderung am Unterarm dieser parallel zur Kassette gelagert. Freie Abbildung von Radiusköpfchen und orthograde Olekranondarstellung. Bei Verdacht auf Veränderungen an den Kondylen wird der Oberarm plattenparallel gelagert, freie Darstellung der Humerusgelenkflächen.
Aufnahme des Sulcus n. ulnaris (nach Mumenthaler): 쐌 Lagerung: Patient sitzt am Bucky-Tisch, die Dorsalseite des Oberarmes liegt in Schulterhöhe bei maximal gebeugtem Unterarm auf dem Untersuchungstisch. Das Ellenbogengelenk liegt in Kassettenmitte. Oberarm eventuell mit Sandsack fixieren. 쐌 Zentralstrahl: senkrecht auf Ellenbogengelenk und Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: gute Darstellung von Olekranon, Trochlea und Kondylen sowie des Sulcus n. ulnaris. Tipp: Manchmal ist zur überlagerungsfreien Projektion des Sulcus n. ulnaris die maximale Außenrotation des Unterarmes bei gleicher Einstellung notwendig.
Unterarmganzaufnahme mit Ellenbogen- und Handgelenk in maximaler Pro- und Supination: Diese Aufnahmen dienen zur Darstellung von Drehfehlern nach distaler Radiusfraktur. 쐌 Lagerung: – Pronation: Der Patient sitzt tief neben dem BuckyTisch. Der Unterarm liegt mit gestrecktem Ellenbogengelenk und der Handfläche auf der Kassette. – Supination: Der Patient sitzt wie bei der Pronation neben dem Bucky-Tisch, nur Unterarm mit Handrücken liegen auf der Kassette. 쐌 Zentralstrahl: senkrecht auf Unterarm und Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: Darstellung des gesamten Unterarmes mit Ellenbogen- und Handgelenk.
쐌 Physiologische Daten: scheinbare Verlängerung des Radius im Vergleich zur Ulna von der Pro- zur Supination (Milch 1964). Tipp: Bei Rotationsfehlstellung des distalen Fragmentes nach distaler Radiusfraktur fehlt diese Änderung. Die Quantifizierung des Drehfehlers ist nur mittels CT möglich. Standardaufnahmen von Handgelenk und Hand
Handgelenk und Handwurzel in 2 Ebenen in Neutralstellung: 쐌 Lagerung: – dorsopalmar: Der Patient sitzt tief und seitlich zum Bucky-Tisch, Schultergelenk 90° abduziert, Ellenbogengelenk 90° gebeugt, die Handfläche liegt auf dem Untersuchungstisch. – seitlich mit Brett: Der Patient sitzt seitlich zum Untersuchungstisch, das Schultergelenk ist adduziert, Stellung von Ellenbogen und Hand bleiben. Die ulnare Handseite liegt auf dem Untersuchungstisch. Die dorsale Handseite liegt an einem Brett. 쐌 Zentralstrahl: – dorsopalmar und seitlich: senkrecht auf die Mitte des Handgelenks und Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: – dorsopalmar: Radiusmitte, Os lunatum und capitatum sowie das MTK III haben eine gemeinsame Achse. – seitlich mit Brett: Übereinstimmung der Achse von Radius, Ulna, Os lunatum und capitatum sowie MTK III. 쐌 Physiologische Daten: Voraussetzung für die Beurteilung folgender Kriterien ist die Aufnahmetechnik in Neutralstellung. Nur diese ist durch mehrere Untersucher reproduzierbar und erlaubt die vergleichende Diagnostik an Aufnahmen von verschiedenen Untersuchern (Gutachten!). – dorsopalmar: Gelenkspaltbreite ca. 2 mm, Gelenkspalten sind parallel. Die jeweilige Verbindungslinie der distalen und proximalen Handwurzelknochen ergibt 2 harmonische Bögen (Gilula-Bögen). Die Differenz der Gelenkflächen von Radius und Ulna beträgt +/- 2 mm, der Gelenkflächenwinkel zeigt d.-p.10 – 25° und 1/2 – 2/3 der Lunatumgelenkfläche hat Kontakt zum Radius (Abb. 2.6). – seitlich: Achse von MTK III, Kapitatum, Lunatum, Radius und Ulna ist kongruent. SL(skapholunärer)Winkel: 30 – 60°, CL(kapitolunärer)-Winkel: 0 – 30°, RL(radiolunärer)-Winkel: 0°, Gelenkflächenwinkel: ca. 10 – 15° (Abb. 2.7). Stressaufnahmen von Handgelenk und Hand: 쐌 Lagerung: wie für die Aufnahmen von Handgelenk und Handwurzel in Neutralstellung, maximal mögliche Radial- und Ulnarduktion, Extension und Flexion.
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2.2 Bildgebende Diagnostik
Tr
Trp
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C
C
H
III
I
Sc Sc
P
T
I
L
L
α
β
II 1 R
U
2 SL U
1
R
Abb. 2.6 Skizze der Handwurzel und des Handgelenks d.-p. (Neutralstellung) mit physiologischen Maßen und Winkel. T Tr Trp C
Triquetrum Trapezium Trapezoideum Kapitatum
H P I
Hamatum Pisiforme Gilula-Bögen
R U Sc L
Radius Ulna Skaphoid Lunatum
II
„Kreuzfigur“ zwischen Kapitatum, Hamatum, Lunatum und Triquetrum M-Linie: Verbindung der Karpometakarpalgelenke Gelenkspaltbreite ca. 2 mm Röntgenprojektion ± 2 mm Längendifferenz zwischen Radius und Ulnagelenkfläche Radiusgelenkflächenwinkel 10 – 15°
III 1 2
α
쐌 Zentralstrahl: senkrecht auf die Mitte des Handgelenks und Kassettenmitte. 쐌 Physiologische Daten: In allen Projektionen bleiben die Gelenkspalten parallel, keine Stufen zwischen den Handwurzelknochen, d. h. erhaltene Gilula-Bögen. – dorsopalmar: Bei Radialduktion bleibt die Hälfte der Lunatumgelenkfläche mit dem Radius in Kontakt, das Os pisiforme projiziert sich auf das Os triquetrum. Die Länge des Os scaphoideum projiziert sich durch die Palmarkippung verkürzt. – Ulnarduktion: die gesamte Lunatumgelenkfläche hat Kontakt zur Radiusgelenkfläche, das Os pisiforme projiziert sich auf das Os triquetrum. Das Os scaphoideum ist bis fast 90° aufgerichtet und in ganzer Länge dargestellt. – Flexion und Extension: Die Gelenkflächen der Handwurzelknochen stehen aufeinander, keine (Sub)luxation. Die Abkippung der Handwurzelknochenachsen bleibt innerhalb der physiologischen Grenzen.
Abb. 2.7 Skizze der Handwurzel und des Handgelenks seitlich (Neutralstellung mit Brett) mit physiologischen Maßen und Winkel. C Kapitatum L Lunatum R Radius Sc Skaphoid U Ulna SL(skapholunärer)-Winkel bis 60 ° CL(kapitolunärer)-Winkel 0 – 30° RL(radiolunärer)-Winkel um 0° β 10 – 15°
Skaphoid (Stecher-Position): 쐌 Lagerung: Der Patient sitzt neben dem Bucky-Tisch, der Unterarm liegt flach auf dem Untersuchungstisch. Die Hand ist ulnarduziert und liegt mit 45°-Extension auf einem Keil. Daumen und Unterarm bilden eine Achse, „es kann ein Lineal angelegt werden“, eventuell sind Hilfsapparaturen zur Lagerung (Roolker u. Mitarb. 1996) notwendig. 쐌 Zentralstrahl: senkrecht auf Os scaphoideum und Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: Das Os scaphoideum stellt sich aufgerichtet in ganzer Länge überlagerungsfrei dar. Tipp: Bei guter Projektion ist diese Aufnahme ausreichend. Sollten noch weitere Ansichten des Knochens nötig sein, empfehlen sich zusätzlich die Aufnahmen dorsopalmar mit Faustschluss, in 45°-Supination und palmardorsal in Hyperpronation (Compson 1998). Bei klinischem Verdacht auf eine Fraktur und negativer konventioneller Radiologie müssen weitere Untersuchungsmethoden wie hoch auflösendes CT (Frahm u. Mitarb. 1992, Hindman u. Mitarb. 1989, Steward u. Gilula 1992) oder Szintigraphie und
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2 Untersuchungsmethoden
eventuell MRT eingesetzt werden. Auch heute werden noch 50% der Skaphoidfrakturen bei der Erstdiagnostik übersehen!
Triquetrum: 쐌 Lagerung: Der Patient sitzt neben dem Bucky-Tisch, Hand und Unterarm liegen auf dem Untersuchungstisch. Hand und Handgelenk werden leicht flektiert 45° ulnarseitig angehoben und auf einem Keil gelagert. 쐌 Zentralstrahl: senkrecht auf Os triquetrum und Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: überlagerungsfreie Darstellung der dorsalen Os-triquetrum-Fläche. Tipp: Viele Frakturen dieses Handwurzelknochens werden radiologisch nicht gesehen. Bei Verdacht auf eine Läsion zur weiteren Daignostik hoch auflösendes CT (Frahm u. Mitarb. 1989).
Os pisiforme: 쐌 Lagerung: Der Patient sitzt neben dem Bucky-Tisch, Hand und Handgelenk liegen ulnarseitig auf. Supination der Hand bei Extension um 15° und Fixierung auf einem Keil. 쐌 Zentralstrahl: senkrecht auf Os pisiforme und Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: Das Os pisiforme und der Gelenkspalt zum Os triquetrum sind überlagerungsfrei dargestellt. Trapezium und Trapezoideum: 쐌 Lagerung: a) Der Patient sitzt seitlich neben dem Bucky-Tisch. Hand und Handgelenk liegen flach auf dem Untersuchungstisch. Anheben des Handgelenks ca. 30 – 40° in Supination, die Fingerspitzen bleiben auf dem Tisch liegen (sog. Zitherspielerstellung). b) Der Patient sitzt seitlich neben dem Bucky-Tisch. Hand und Handgelenk liegen mit der dorsalen Seite auf dem Untersuchungstisch. Anheben der ulnaren Handkante um ca. 30° (Hyperpronation) und Unterstützung durch einen Keil. 쐌 Zentralstrahl: senkrecht auf die radiale Handwurzel und Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: überlagerungsfreie Darstellung von Os trapezium und trapezoideum sowie der Basis von MTK I und II. Hamatum: 쐌 Lagerung: Der Patient sitzt seitlich neben dem BuckyTisch. Hand und Handgelenk liegen ulnar auf dem Untersuchungstisch. Bei leichter Flexion Pronation von ca. 20°. Fixierung mit einem Keil. 쐌 Zentralstrahl: senkrecht auf distale Handwurzel und Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: überlagerungsfreie Darstellung der dorsalen Hamatumfläche.
Tipp: Nur ein kleiner Teil der Hamatumfrakturen ist mit dieser Projektion darstellbar. Bei klinischem Verdacht auf Läsion Feinstfokusvergrößerungsaufnahmen in unterschiedlicher Projektion, Karpalunnelaufnahme oder besser ein hoch auflösendes CT (Frahm u. Mitarb. 1992, Andresen u. Mitarb. 1998).
Lunatum und Kapitatum: Lagerung, Zentralstrahl und Qualitätskriterien sind entsprechend wie bei Standardaufnahmen des Handgelenks und der Handwurzel in Neutralstellung dorsopalmar und seitlich. Tipp: Beide Knochen sind immer überlagert abgebildet. Bei Verdacht auf Fraktur am besten hoch auflösendes CT. Karpaltunnel: 쐌 Lagerung: Der Patient sitzt seitlich zum Bucky-Tisch. Der Unterarm liegt auf dem Untersuchungstisch. Die Hand ist maximal extendiert, Fixierung durch die gesunde Hand des Patienten oder Zug einer 2. Person. Die distale Handwurzelknochenreihe liegt in Kassettenmitte. 쐌 Zentralstrahl: 45° tangential auf die Handwurzelmitte und Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: Darstellung des Karpaltunnels mit überlagerungsfreier Abbildung von Os pisiforme, Hamulus ossis hamati und Daumensattelgelenk. Hand in 2 Ebenen: 쐌 Lagerung: – dorsopalmar: Der Patient sitzt neben dem BuckyTisch. Bei aufliegendem Unterarm wird die Hand flach auf die Kassette gelegt. Finger und Daumen sind leicht gespreizt. – schräg: wie Hand dorsopalmar, die Hand wird 45° radial angehoben, dadurch liegen die Finger leicht schräg, fächerförmige Anordnung (Zitherstellung). 쐌 Zentralstrahl: – dorsopalmar und schräg: senkrecht auf das Mittelfingergrundgelenk und die Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: – dorsopalmar: Finger mit einsehbaren Gelenken nicht verkippt abgebildet, Weichteile beurteilbar, – schräg: Mittelhandknochen und Fingergrundgelenke sollten fast seitlich projiziert sein. Tipp: Zur Stellungskontrolle bei MTK-Frakturen oder Fremdkörperlokalisierung ist die streng seitliche Handaufnahme indiziert.
Streng seitliche Aufnahme der Hand: 쐌 Lagerung: wie Handgelenk und Handwurzel seitlich mit Brett. 쐌 Zentralstrahl: senkrecht auf das Zeigefingergrundgelenk und Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: MTK II–V sowie die Fingerknochen 2 – 5 projizieren sich übereinander. Der Daumen ist dorsopalmar abgebildet.
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2.2 Bildgebende Diagnostik
Mittelhand in 2 Ebenen: 쐌 Lagerung dorsopalmar und schräg wie Hand in 2 Ebenen. 쐌 Zentralstrahl dorsopalmar und schräg: senkrecht auf die Mitte des MTK III und Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: weitgehend überlagerungsfreie Darstellung der MTK einschließlich der Fingergrundgelenke in 2 Ebenen, Beurteilung der Weichteile. 쐌 Physiologische Daten: Die Verbindung der karpometakarpalen Gelenkflächen ist M-förmig. 쐌 Gelenkbeziehung: – Trapezium – MTK I, – Trapezoideum – MTK II, – Kapitatum – MTK III, – Hamatum – MTK IV und V. Daumen (mit MTK I) in 2 Ebenen: 쐌 Lagerung: – palmar-dorsal: Der Patient sitzt neben dem BuckyTisch. Der Unterarm ist hyperproniert, MTK I und der Daumen liegen mit der dorsalen Seite auf der Kassette. – seitlich: Unterarm und Hand liegen auf dem Untersuchungstisch, eventuell Beugung des 2. – 5. Fingers. Daumen und MTK I liegen auf der Kassette. 쐌 Zentralstrahl palmar-dorsal und seitlich: senkrecht auf Daumengrundgelenk (pathologische Veränderung proximal am Daumen) oder senkrecht auf Daumengrundglied (Pathologie distal) und Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: – palmar-dorsal: einsehbare Gelenke, vollständige Abbildung von Daumengrund- und -endglied, bei Aufnahme mit MTK I vollständige Darstellung von Daumen, MTK I, Trapezium und Trapezoideum, Weichteile können beurteilt werden. – seitlich: streng seitliche Projektion von Daumengrund- und -endglied einschließlich des Sesambeines in Grundgelenkhöhe, bei Aufnahmen mit MTK I zusätzlich vollständige Darstellung der MTK I und des Karpometakarpalgelenks I. Daumen mit Stress (Prüfung des ulnaren Seitenbandes) in 2 Ebenen: 쐌 Lagerung: Der Patient sitzt neben dem Bucky-Tisch. Unterarm und ulnare Handkante liegen auf dem Untersuchungstisch. Der Untersucher hält den abgespreizten Daumen des Patienten streng dorsopalmar zur Kassettenebene (Kassette liegt erhöht). Der Untersucherdaumen liegt radial in Höhe des Daumengrundgelenks, Untersucherzeige- und -mittelfinger ziehen den Patientendaumen von ulnar nach radial. Der Untersucher hält mit der freien Hand den Unterarm des Patienten fest. 쐌 Zentralstrahl: senkrecht auf Daumengrundgelenk und Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: exakte dorsopalmare Darstellung des Daumengrundgelenks. Da der Untersucher Blei-
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gummihandschuhe tragen muss, ist die Untersuchungsdurchführung stark erschwert. Tipp: bei Kindern oder Erwachsenen mit konstitutioneller Laxität Vergleich mit der Gegenseite.
Cave: Wenn der knöcherne Ausriss des ulnaren Seitenbandes bereits auf der Übersichtsaufnahme sichtbar ist, keine Stressaufnahme, um eine weitere Fragmentdislokation zu vermeiden. 2. – 5. Finger in 2 Ebenen: 쐌 Lagerung: – dorsopalmar: wie Hand in 2 Ebenen. – seitlich für die Aufnahme von Zeige- und Mittelfinger: Die Hand liegt radialseitig mit gebeugtem Daumen auf dem Untersuchungstisch. Der untersuchte Finger wird gestreckt, die übrigen zur Faust geschlossen, eventuell Unterpolsterung des 3. Fingers, damit er plattenparallel liegt. – seitlich für die Aufnahme des Ringfingers: Die Hand liegt ulnarseitig auf dem Untersuchungstisch. Der Ringfinger ist gestreckt und unterpolstert, die übrigen gebeugt. Alternativ kann bei gestrecktem Ringfinger Kleinfinger und Daumen gebeugt, Zeige- und Mittelfinger überstreckt werden. – seitlich für die Aufnahme des Kleinfingers: Der gestreckte Kleinfinger liegt ulnarseitig auf der Kassette, die übrigen Finger sind gebeugt. 쐌 Zentralstrahl: – dorsopalmar und seitlich: senkrecht auf das proximale Interphalangealgelenk und die Kassettenmitte. 쐌 Qualitätskriterien: – dorsopalmar: exakte dorsopalmare Abbildung der Fingerknochen, Einsehbarkeit der Gelenke, Beurteilung der Weichteile, – seitlich: exakte seitliche Abbildung der Fingerknochen. Vollständige Darstellung der Fingergrundgelenke; schwierig zu erreichen beim Ring- und Kleinfinger. Tipp: Die erforderliche Beugung oder Steckung der einzelnen Finger ist für die Patienten manchmal schwer durchführbar. Eventuell Fixierung mit der Gegenseite oder durch externe Hilfsmittel. Bei Verdacht auf Weichteilverletzung keine passive Fixierung, um die Fehlstellung, z. B. Streckstellung im Endgelenk bei Strecksehnenläsion, nicht zu übersehen. Feinstfokusvergrößerungsaufnahmen Die Aufnahmen erfolgen am Mammographiegerät. Spezielle Apparate für diese Technik stehen nicht flächendeckend zur Verfügung. Limitierung der Stromstärke bis 49 kV, deshalb sind nur Körperteile mit geringem Durchmesser zu untersuchen. Film-Objekt-Abstand 65 cm, 0,1 mm Fokuskantenlänge. Film-Folien-Kombination EK
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2 Untersuchungsmethoden
50. Wegen der geringen Organumfänge von Ellenbogen und Hand eignet sich diese Technik gut zur verbesserten Darstellung von Spongiosaläsionen oder Kortikalisunregelmäßigkeiten (Schick u. Mitarb. 1999). Konventionelle Tomographie Die heute zur Verfügung stehenden Geräte erreichen eine Schichtdicke ab 1 cm. Damit sind nur große knöcherne Absprengungen oder Läsionen darstellbar. Unter Berücksichtigung der relativ hohen Strahlenbelastung, der Untersuchungsdauer (meistens sind 2 Ebenen notwendig) und der unbequemen Patientenlagerung sollte – wenn möglich – die wesentlich aussagekräftigere Diagnostik mittels Computertomographie im hoch auflösenden Modus mit Knochenfenster gewählt werden. Derzeitige Indikationen zur konventionellen Schichtuntersuchung sind Verdacht auf Osteomyelitis mit Sequester oder Pseudarthrosenbildung sowie Gelenkflächen- und Fragmentdarstellung großer Gelenke. Bewegungsstudien unter Durchleuchtung mit Videodokumentation oder Kinematographie Bei Verdacht auf eine dynamische Gelenk- oder Handwurzelinstabilität, d. h. die verursachende Läsion besteht noch nicht lange und die pathologische Stellung ist nur während der Belastung sichtbar, ist die Beobachtung des Bewegungsablaufes (Radial-/Ulnarduktion, Extension/Flexion, eventuell Pronation/Supination an der Hand) oder der vom Patienten induzierten schmerzhaften Positionen diagnostisch sehr aussagekräftig. Die Dokumentation mittels Kinematographie bietet eine hohe Auflösung (welche zur Beurteilung der Bewegung nicht benötigt wird) und den Vorteil der schnellen Bildfolge (50/s). Nachteile sind mangelnde Verfügbarkeit und hohe Kosten aufgrund der Filmverarbeitung und der notwendigen Geräteausstattung zur Bildbetrachtung. Die Videodokumentation hat eine langsame Bildfolge (16/s), die aber zur Diagnostik ausreicht. Sie ist ohne viel Aufwand in jedem Durchleuchtungsgerät zu integrieren. Die geringe Auflösung beeinträchtigt die Beurteilung der Bewegungsdynamik nicht.
Diagnostische Aussagen Standardröntgenaufnahmen: Summationsbild von Spongiosa und Kortikalis, Abbildung von Frakturen, größerer knöcherner Absprengungen und Fehlstellungen. Bei Aufnahmen in der Wachstumsphase: cave Vergleich mit nicht identischen Projektionen der gesunden Seite! Standardröntgenaufnahmen mit Stress: Darstellung dynamischer Instabilitäten, eventuell Abbildung kleiner knöcherner, auf Abbildungen ohne Belastung nicht sichtbarer Bandausrisse durch Dislokation. Feinstfokusvergrößerungsaufnahmen: sehr gute Auflösung von Spongiosa und Kortikalis, deshalb gute Darstellung von Rarefizierungen, z. B. Demineralisierung, Osteo-
myelitits etc., Abbildung okkulter Frakturen und sehr kleiner knöcherner Absprengungen oder knöcherner freier Gelenkkörper.
Konventionelle Tomographie: weitgehende überlagerungsfreie Knochenabbildung, Darstellung relativ großer pathologischer Veränderungen, z. B. Pseudarthrosebildung, Osteomyelitis mit Sequester, große knöcherne Fragmente. Bewegungsstudie unter Durchleuchtung: Diagnostik dynamischer Handwurzelinstabilitäten oder pathologischer Bewegungsabläufe im Gelenk infolge Kapsel-Band-Läsion.
Arthrographie Zur konventionell radiologischen Abbildung der Gelenkbinnenstrukturen ist die intraartikuläre (invasive) Kontrastmittelgabe erforderlich. Hierbei kann ein positiver Kontrast durch wasserlösliches jodhaltiges Kontrastmittel, ein negativer Kontrast durch Luft oder der Doppelkontrast mit kombinierter Kontrastmittel- und Luftgabe erreicht werden. Bei komplex aufgebauten Gelenken wie dem Ellenbogen empfiehlt sich nach Kontrastierung die anschließende Computertomographie in Dünnschnitttechnik. Damit ist eine wesentlich bessere diagnostische Aussage als mit der konventionellen Tomographie nach Arthrographie möglich. Arthrographie des Ellenbogengelenks Unter sterilen Bedingungen wird nach Lagerung des Ellenbogens in 90°-Beugung der humeroulnare Gelenkspalt punktiert. Für die Arthrographie mit anschließenden konventionellen Aufnahmen unter Durchleuchtungskontrolle werden 5 – 10 (15) ml wasserlösliches, jodhaltiges Kontrastmittel injiziert. Nach passiver Bewegung werden Zielaufnahmen in verschiedenen Postionen des Gelenks angefertigt. Nach meiner Erfahrung ist die Doppelkontrastmethode (Singson u. Mitarb. 1986) bei diesem kleinen Gelenk mit schwer einsehbaren Gelenkspalten weniger aussagekräftig als der Monokontrast. Zur Diagnostik freier Gelenkkörper ist die Arthrographie im negativen Monokontrast mit Luft (gleiche Applikationsart) mit anschließender Dünnschnitt-CT der konventionellen Untersuchung weit überlegen (Frahm u. Wimmer 1990). Arthrographie des Handgelenks An Handgelenk und Handwurzel gibt es 3 Gelenkräume: 쐌 Karpalraum: Gelenkspalten zwischen den Handwurzelknochen, nach distal bis zu den Karpometakarpalgelenken reichend und nach proximal durch das skapholunäre und lunotriquetrale Ligament (interossäre Ligamente) gegen den radiokarpalen Raum abgegrenzt. 쐌 Radiokarpalraum: Nach distal erfolgt die Abgrenzung gegen den Karpalraum durch das skapholunäre und lunotriquetrale Ligament, nach proximal wird der Radio-
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karpalraum durch den Discus articularis gegen das distale radioulnare Gelenk abgeschlossen. 쐌 Distales radioulnares Gelenk (DRU): Der Recessus sacciformis ist durch den Diskus gegen das radiokarpale Gelenk getrennt. Bis zum ca. 30. Lebensjahr sind diese Räume physiologisch voneinander abgegrenzt. Ab diesem Alter entstehen zunehmend degenerativ bedingte Ligament- oder Diskusperforationen (strenge Abgrenzung dieser Entität gegen traumatisch verursachte Risse). Hierdurch ergeben sich schmale, symptomlose Verbindungen der Gelenkkompartimente (Mikic 1978). Die Arthrographie des Handgelenks ist meiner Erfahrung nach im positiven Monokontrast (Kontrastmittel) mit anschließenden Zielaufnahmen unter Durchleuchtung oder Feinstfokusvergrößerungsaufnahmen diagnostisch am aussagekräftigsten (Frahm u. Mitarb. 1989). Aufgrund der 3 abgetrennten Gelenkräume ist eine Stufendiagnostik notwendig: 1. Einkompartmentarthrographie: Punktion radiokarpal zwischen Skaphoid und Radius. Injektion von 1 – 2 ml wasserlöslichem Kontrastmittel. Beobachtung der Kontrastmittelverteilung unter Durchleuchtung und Dokumentation, eventuell Video (Perforation der interossären Bänder mit Kontrastierung des Karpalraumes oder Diskusläsion mit Auffüllung des DRU). Anschließend Zielaufnahmen in verschiedenen Projektionen (nicht nur d.-p., seitlich und schräg). Besondere Berücksichtigung der schmerzhaften Handstellung, aktive Provokation der Symptomatik durch den Patienten mit subtiler Beobachtung der Bewegungsabläufe und Kontrastmittelverteilung unter Durchleuchtung. Dokumentation. 2. Zweikompartmentarthrographie: Bei intaktem Bandabschluss des Radiokarpalgelenks zum DRU ist die erweiterte Untersuchung zur Darstellung der proximalen Diskusseite nötig. Bei guter Punktionstechnik kann sie direkt an die Einkompartmentarthrographie angeschlossen werden. Punktion des DRU mit auf das Ulnaköpfchen gerichteter Nadel. Beim Spüren des Knochenwiderstandes wird die Nadel ca. 1 mm zurückgezogen und dann der Recessus sacciformis kontrastiert. Cave: Nicht versuchen, den DRU-Gelenkspalt direkt zu punktieren, es gelingt selten! Injektion von ca. 0,5 ml wasserlöslichem Kontrastmittel. Weiteres Vorgehen wie unter 1. 3. Dreikompartmentarthrographie: Bei therapeutischer Konsequenz, z. B. operative Revision bei unidirektionalen Läsionen des SL- oder LT-Bandes vom Karpal- in den Radiokarpalraum (d. h. sie zeigen sich nicht mit der radiokarpalen Arthrographie) oder atypischen, nicht erklärbaren Handwurzelsymptomen, ist die Kontrastmitteldarstellung des Karpalraumes indiziert. Punktion in den Gelenkspalt zwischen Skaphoideum, Kapitatum und Lunatum. Injektion von 1 – 3 (5) ml wasserlöslichem Kontrastmittel, je nach Ausbreitung, manchmal bis in die Karpometakarpalgelenke. Weiteres Vorgehen wie unter 1.
Abb. 2.8 Zweikompartmentarthrographie des Handgelenks. Feinstfokusvergrößerungsaufnahme in Supination und Radialduktion. Glatt begrenzte Diskusfläche distal, Kommuniktion des radiokarpalen Gelenkraumes mit dem Karpalraum über eine Perforation im LT-Ligament (<). Keine Zeichen der Instabilität. Unauffällige DRU-Kontrastierung. Kleiner Schrägeinriss von proximal in den Diskus (<<). Radiale und ulnare Ansatzstellen ohne Befund.
Bei der Suche nach freien Gelenkkörpern empfiehlt sich auch hier die Luftarthrographie mit anschließender CT axial und sagittal, koronar nur selten nötig, eventuell durch Rekonstruktion (Voraussetzung sind dünne Schichten) (Abb. 2.8).
Diagnostische Aussagen Positiver Monokontrast: 쐌 Darstellung von Diskus sowie Knorpel- und Gelenkflächen in höchstmöglicher Auflösung (Feinstfokusvergrößerungsaufnahmen). 쐌 Funktionsbeurteilung bei Untersuchung mit Durchleuchtung, z. B. Kontrastmitteldurchtritt durch Läsionen: – in Ruhe: großer, eventuell traumatischer Riss, – nur bei Bewegung: kleine Läsion, eher degenerativ, – Handwurzelknochenfehlstellung bei Bewegung: dynamische Instabilität, durch Kontrastmittelabgrenzung des Gelenkspaltes leichter sichtbar als nativ. 쐌 Darstellung von Knorpelläsionen oder Adhäsionen.
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2 Untersuchungsmethoden
Negativer Kontrast (Luft) und CT: 쐌 Darstellung von freien, knöchernen oder knorpeligen Gelenkkörpern.
Computertomographie Die Computertomographie ermöglicht eine hervorragende Darstellung der Knochenmorphologie (Kortikalis und Spongiosa) ohne Überlagerung. Komplexe anatomische Bereiche wie Ellenbogengelenk und Handwurzel werden übersichtlich abgebildet. Die axiale Schnittführung verbessert die Diagnostik des DRU erheblich. Zur optimalen Diagnostik sind hoch auflösender Modus und Schichtdicken von 1 – 2 mm unerlässlich. Um auch feine Kortikalisunterbrechungen zu diagnostizieren, muss ein weites Fenster, sog. Knochenfenster (4000/400) gewählt werden. Um Fehldiagnosen aufgrund von Gefäßkanälen zu vermeiden, müssen für den Frakturnachweis strenge Kriterien beachtet werden: 1. Die Kortikalis ist an 2 gegenüberliegenden Bereichen unterbrochen. 2. Die Spongiosastruktur zwischen den Kortikalisunterbrechungen ist ungeordnet, im Idealfall linienförmig verändert. 3. Beide Veränderungen sind auf mehreren kontinuierlichen Schichten sichtbar. Die Modalität der Untersuchung richtet sich nach den Symptomen, d. h. sie wird individuell vom untersuchenden Arzt festgelegt. Es reicht meiner Ansicht nach nicht, ohne eigene Untersuchung des Patienten die Röntgenassistentin nach einem Standardschema arbeiten zu lassen. Ohne klinischen Bezug vergrößert sich die Möglichkeit, die oft diskreten Befunde zu übersehen, genau wie dies bei konventionellen Aufnahmen der Fall ist. Die Lagerung zur Untersuchung ist manchmal etwas beschwerlich. Meistens haben Patienten mit Hand- oder Armverletzungen aber eine außerordentlich gute Compliance. Die Erklärung über die Wichtigkeit der Untersuchung für die Diagnostik ist zusätzlich hilfreich. Nach meiner Erfahrung musste noch keine Untersuchung wegen Lagerungsproblemen abgebrochen werden. CT-Untersuchung des Ellenbogengelenks Der Patient liegt auf dem Bauch, der zu untersuchende Arm wird vorgestreckt, der andere Arm liegt parallel zum Körper, die Hand wird unter der Hüfte fixiert. Die erste Untersuchung erfolgt bei maximal gestrecktem Ellenbogengelenk, Fixierung der Hand mit einem Sandsack. Die zweite Serie wird bei maximal gebeugtem Gelenk durchgeführt. Hierdurch ergibt sich eine „zweite Ebene“, z. B. eventuelle Verlagerung freier Gelenkkörper, andere Schnittrichtung durch Ulna und Radius.
Abb. 2.9 CT des Ellenbogengelenks nativ, 1 mm Schichtdicke, hoch auflösender Modus, Knochenfenster. Trümmerfraktur des Radiusköpfchens. Kleine knöcherne Absprengung im humeroulnaren Gelenkspalt ventral. Weitere Schichten (keine Abb.) zeigen noch 3 freie Gelenkkörper humeroulnar dorsal.
Zur Diagnostik von Frakturen, knöchernen Absprengungen oder Fragmentverlagerungen ist die Nativuntersuchung ausreichend. Bei der Suche nach freien Gelenkkörpern hat sich die Kombination mit der Luftarthrographie bewährt (Abb. 2.9) (Burmester u. Mitarb. 1985, Franklin u. Mitarb. 1988, Frahm u. Mitarb. 1990, McKee u. Mitarb. 1996). CT-Untersuchung des Handgelenks und der Handwurzel
Axiale Schnittführung. Der Patient liegt auf dem Bauch, der Oberkörper auf einem festen Polster, so dass das Ellenbogengelenk des zu untersuchenden Armes in 90°-Beugung auf dem Untersuchungstisch liegt. Die ulnare Handkante liegt auf (annähernd Neutralstellung). Fixierung der Hand durch Sandsäcke. Die gesunde Hand liegt quer vor dem Polster. Sagittale Schnittführung. Der zu untersuchende Arm wird quer zum Untersuchungstisch und zur Gantry gelagert, die Handfläche liegt auf (leichte Pronation). Sagittale Schnittführung parallel zur Skaphoidlängsachse. Der zu untersuchende Arm liegt mit ca. 30° schräg zur Gantry, d. h. die axiale Schicht verläuft sagittal durch die ganze Länge des Skaphoids (Abb. 2.10). Im Allgemeinen reicht die Nativuntersuchung aus. Bei spezieller Fragestellung nach Knorpel- oder Diskusläsionen kann die CT mit der Monokontrastarthrographie kombiniert werden, falls die „handangepasste“ Kernspintomographie nicht zur Verfügung steht. Zur Diagnostik freier Gelenkkörper ist auch an der Hand die vorherige Luftarthrographie indiziert (Biondette u. Mitarb. 1987, Frahm u. Mitarb. 1989, Frahm u. Mitarb. 1992).
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2.2 Bildgebende Diagnostik
Abb. 2.10 CT von Handwurzel und Handgelenk parallel zur Skaphoidlängsachse, 1 mm Schichtdicke, hoch auflösender Modus, Knochenfenster. Trauma vor 3 Monaten, konventionell radiologisch kein Frakturnachweis. Skaphoidpseudarthrose mit typischer palmarer Abkippung und Rotation des distalen Fragments (asymmetrische Länge der Frakturränder). Beginnende Sklerosierung der Bruchkanten. Keine Arthrose sowie knöcherne Traumafolgen an den angrenzenden Handwurzelknochen sichtbar.
CT-Untersuchung des DRU
Axial in (fast) Neutralstellung, maximaler Pronation und Supination. Lagerung des Patienten wie bei der axialen Schnittführung der CT-Untersuchung des Handgelenks und der Handwurzel, zusätzlich Schichten durch DRU in Pro- und Supinationsstellung unter Beibehaltung der Lagerung. Beurteilung des Bewegungsumfanges im DRU und optimale Erkennung morphologischer Veränderungen (Cone u. Mitarb. 1983, Mino u. Mitarb. 1983) (Abb. 2.11 a u. b).
a
b
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Nachweis der Rotationsfehlstellung des distalen Fragmentes nach distaler Radiusfraktur. Lagerung wie bei axialer Schnittführung in (fast) Neutralstellung und in maximaler Pronation und Supination. Axiale Schichten durch das DRU. Zusätzlich eine Schicht durch den distalen Radius proximal der Fraktur, d. h. ca. 2 cm proximal der DRUSchicht, welche den engsten Gelenkspalt zeigt. Das Ausmaß des Drehfehlers und die Richtung in Prooder Supination ergibt sich aus der Differenz der Achsen von: 1. Epiphyse (Fragment): Senkrechte auf die Verbindungslinie der Eckpunkte der Incisura ulnaris radii und 2. Radius: Tangente an der palmaren Radiuskante, bei dreieckförmigem Querschnitt des Knochens gut möglich (Frahm u. Mitarb. 1989) (Abb. 2.12).
Diagnostische Aussagen Radiologisch okkulte Frakturen oder knöcherne Absprengungen: wesentliche bessere Abbildung als konventionell (Untersuchung im Gips möglich). Skaphoidfrakturen oder operativ versorgte Skaphoidpseudarthrosen: (Teil-)durchbau oder eine eventuelle Spanresorption sind wesentlich deutlicher sichtbar als auf Übersichtsaufnahmen oder bei konventionellen Tomographien. Bandläsionen: Inkongruente Gelenkspalten in der Handwurzel sind ein frühzeitiger sensibler Indikator, auch ohne Belastung. Nachweis freier Gelenkkörper: erheblich verbesserte Diagnostik durch Kombination mit der Luftarthrographie. Pathologische DRU-Veränderungen: z. B. Gelenkflächenstufen nach Fraktur, Inkongruenz nach Läsion des palmaren und/oder dorsalen radioulnaren Bandes, stark vereinfachte Diagnostik (keine sonstige konventionelle Methode ermöglicht die überlagerungsfreie axiale Ansicht). Abb. 2.11 a u. b CT des distalen Radioulnargelenks axial, 1 mm Schichtdicke, hoch auflösender Modus, Knochenfenster. Mit erheblicher Verkürzung verheilte distale Radiusfraktur, Beschwerden bei Pro- und Supination. Degenerative Veränderungen sind im CT viel deutlicher sichtbar als auf konventionellen Übersichtsaufnahmen. a Schicht in Höhe der Incisura ulnaris radii, Pseudogelenkfläche an der Ulnametaphyse (? ), vermehrte subchondrale Mineralisierung der Radiusgelenkfläche (>). b Schicht in Höhe der proximalen Handwurzelknochenreihe. Unregelmäßig konturiertes Ulnaköpfchen (>) und Arthrose an der pathologisch belasteten Lunatumgelenkfläche (>? ).
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2 Untersuchungsmethoden
1 2 cm 2 CT- Schnitte
Subtraktion
Abb. 2.12 Ermittlung des Drehfehlers bei Rotationsfehlstellung nach distaler Radiusfraktur. Die physiologische Winkeldifferenz zwischen Epiphysenachse (1) und Metaphysenachse (2) ist um 0° (bei Einhaltung von ca. 2 cm Schichtabstand).
Rotationsfehlstellung nach distaler Radiusfraktur: Quantifizierung und Richtungsbestimmung. Konventionelle Aufnahmen in Neutralstellung geben nur einen Hinweis auf den Drehfehler. Intraossäre Ganglien: überlagerungsfreie Darstellung mit Lokalisierung der Gelenkverbindung zur Planung des operativen Zuganges (palmar, dorsal).
Magnetresonanztomographie (MRT) Diese Untersuchungsmethode – auch Kernspintomographie genannt – misst in einem homogenen Magnetfeld die Ablenkung des Protonenspins (Wasserstoff) nach Hochfrequenzimpulsen und die anschließende Rückkehr der Spins in ihre Ausgangsposition. Diese Protonendichtebilder eignen sich hervorragend zur Darstellung von Weichteilgewebe in beliebiger Schichtrichtung, z. B. Gelenkbinnenstrukturen, Muskeln, Sehnen und Bänder. Beim Knochen ist besonders der Markraum und dessen pathologische Veränderung darstellbar. Die Kortikalis enthält keine Wasserstoffatome und ist demzufolge signallos (schwarz). Diagnostische Indikationen sind Verdacht auf pathologische Funktionszustände des Knochenmarkes wie Osteonekrose (Totterman u. Irving 1990), Knochenmarködem (bone bruise) nach Trauma, Osteochondrosis dissecans (Jürgensen u. Mitarb. 1996), Entzündung und Tumoren sowie zusätzlich bei der Diagnostik der sympathischen Reflexdystrophie (Schimmerl u. Mitarb. 1991). Die Knochenmorphologie ist besser mit der CT darzustellen. Kontraindikationen sind Herzschrittmacher, magnetische Implantate, z. B. Metallsplitter, alte Gefäßclips, Totalendoprothesen oder Osteosynthesematerial (Titanimplantate machen keine Nebenwirkungen, bilden aber wie anderes Metall Auslöschartefakte). Durch Gadolinium i. v. ist eine zusätzliche Differenzialdiagnose von pathologischen Veränderungen möglich (Stäpler u. Mitarb. 1995, Mellerowizc u. Mitarb. 1997).
Zur Beurteilung von Osteonekrosen oder Bandläsionen ist sie unerlässlich. Das relativ kleine Ellenbogengelenk (Randal 1995), besonders aber Untersuchungen des Handgelenks und der Handwurzel erfordern kleine hoch auflösende Spulen und der Organgröße angepasste Sequenzparameter. Es müssen das kleinstmögliche FOV (field of view) und eine maximale Schichtdicke von ca. 1 mm gewählt werden (Fellner u. Schmitt 1996). Aufgrund der relativ geringen Protonendichte, verursacht durch die kleine Organgröße, ergibt sich für qualitativ hochwertige Abbildungen eine längere Untersuchungszeit im Vergleich zum Knie- oder Schultergelenk. Die angepassten Parameter sind aber Voraussetzung für die sichere Beurteilung von Bändern und Diskus am Handgelenk (Geissler u. Mitarb. 1996, Potter u. Mitarb. 1997, Totterman u. Mitarb. 1993). Die in vielen Artikeln und Büchern empfohlene und zweifellos diagnostisch sehr aussagekräftige MR-Arthrographie (Gadolinium) ist noch nicht allgemein durchführbar, weil das Kontrastmittel gesetzlich für diese Untersuchung nicht zugelassen ist (Applegate u. Mitarb. 1993, Brossmann u. Mitarb. 1996, Engel 1990, Gagliardi u. Mitarb. 1994). Wichtig ist, die Untersuchung unter Kenntnis des klinischen Befundes und der diagnostischen Fragestellung durchzuführen sowie die Beurteilung der Aufnahmen, während der Patient noch im Gerät liegt. Nur so können ohne zeitliche Verzögerung diagnostisch wichtige Zusatzsequenzen geplant werden. MRT-Untersuchung des Ellenbogengelenks Die Lagerung zur Untersuchung ist die gleiche wie zur Computertomographie. 쐌 FOV: 12 – 14 cm, Schichtdicke 1 – 2 (3) mm. 쐌 Standardsequenzen: T2-TSE sagittal, T1-TSE koronar oder transversal, fettsupprimiert transversal oder sagittal. 쐌 Zusatzsequenzen: T1 oder fettsupprimiert nach Kontrastmittel i. v. nach Trauma, bei Entzündung oder Tumoren, individuell anguliert bei spezifischen Fragestellungen (Abb. 2.13). MRT-Untersuchung der Handwurzel, des Handgelenks und der Hand Die Lagerung entspricht derjenigen bei der CT-Untersuchung. Anwendung der kleinstmöglichen Spule, Positionierung entsprechend der Klinik, z. B. palmar, dorsal, DRU, Handwurzel, Mittelhand, Finger. 쐌 Gradientenecho- und 3 D-Sequenzen mit FOV 7 – 8 cm, Schichtdicke 0,8 – 1 (2) mm zur Darstellung von Diskus, interossären und extrinsischen Bändern. 쐌 Standardsequenzen: T1-GE koronar, (als Übersicht eignen sich auch SE-Sequenzen), fettsupprimiert koronar, hybrid, GE sagittal (Diskusbeurteilung in 2 Ebenen). T1-GE koronar nach Kontrastmittel i. v., bei SL- oder LTBandläsion transversal.
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2.2 Bildgebende Diagnostik
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Diagnostische Aussagen
Abb. 2.13 MRT des Ellenbogengelenks, T2-TSE transversal, kleine Wickelspule. Gelenkchondromatose. Mehrere mit dem Gelenkraum in Verbindung stehende Aussackungen ventral und dorsal. Dorsal zahlreiche knorpelige und/oder knöcherne freie Gelenkkörper.
쐌 Zusatzsequenzen: DRU fettsupprimiert transversal, Ganglion dünne T2-Schichten entsprechend der Lokalisation, Osteonekrose T2 nativ, meist koronar, fettsupprimiert nach Kontrastmittel, Bandläsion T1 nach Kontrastmittel entsprechend dem Bandverlauf anguliert (Abb. 2.14 a u. b).
Voraussetzung ist eine „organangepasste“ Sequenz! 쐌 Ligament-, Diskus- und Kapselläsion: Kontrastmittel i. v., differenzialdiagnostische Unterscheidung einer frischen von einer alten Verletzung. 쐌 Knochenmarködem (bone bruise): indirektes Frakturzeichen, Knochenkontusion, frühzeitige Erkennung (5 Tage nach Unterbrechung der Durchblutung) der Osteonekrose (Obletter u. Schmitt 1996). MR-Stadien I–III wichtig für die Therapie, Kontrastmittel i. v. unerlässlich. 쐌 Osteochondrosis dissecans: Stadien I–IV wichtig für die Therapie. 쐌 Ganglien: Darstellung mit dünnen (!) T2-Schichten. 쐌 Knorpelläsionen: eventuell Nachweis knorpeliger oder knöcherner freier Gelenkkörper, Kontrastmittel für die MR-Arthrographie nicht gesetzlich zugelassen! 쐌 Entzündungen, z. B. der Sehnenscheiden. 쐌 Tumorausdehnung.
Knochenszintigraphie Bei dieser Untersuchung wird ein i. v. verabreichter 99 mTcmarkierter Phosphatkomplex im Knochen gebunden und anschließend mittels Gammakamera abgebildet. Die 3-Phasen-Szintigraphie wird zur Diagnostik von Hand, Unterarm und Ellenbogen am häufigsten eingesetzt: 1. Radionuklidangiographie: Anflutungsphase (60 Bilder/ min gleich nach Injektion),
a
b Abb. 2.14 a u. b MRT der Handwurzel und des Handgelenks. Skaphoidpseudarthrose, Nekrose des proximalen Fragments MR-Stadium III. a T1-FFE vol koronar, FOV 70 mm, Schichtdicke 0,7 mm, hoch auflösende Oberflächenspule. Hypointense Skaphoidfragmente im Vergleich zu den übrigen Handwurzelknochen, Rotation des distalen Fragmentes, SL- und LT-Ligamente (? ) relativ gut sichtbar. Diskus mit radialem und ulnaren Ansätzen ist ohne Befund. Nebenbefund: intraossäres Ganglion im Os triquetrum. b T1-FFE mit spir koronar nach Kontrastmittel i. v., FOV 80 mm, Schichtdicke 0,8 mm. Kontrastmittelanreicherung im distalen Fragment, proximal keine Durchblutung nachweisbar. Inhomogene Kontrastmittelverteilung im Ganglion.
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2 Untersuchungsmethoden
2. Blutpoolfrühaufnahmen: Weichteilphase (ca. 5 min nach Injektion), 3. statische Phase: 2 – 4 h nach Injektion, hiermit sind nur umschriebene Körperbereiche zu diagnostizieren, sie ermöglicht aber die Differenzierung zwischen entzündlichem Weichteil- und/oder Knochenprozess. Die Ganzkörperszintigraphie, auch als Screening bei systemischen Skelett- und Gelenkerkrankungen sowie zur Metastasensuche eingesetzt, wird in der statischen Phase (2 – 4 h nach Injektion) durchgeführt. Hierbei wird das gesamte Skelett von ventral und dorsal abgebildet. Mit SPECT („szintigraphische Tomographie“) sind auch kleinere Bezirke pathologischer Aktivitätsanreicherung darzustellen. Lokalisierte pathologische Knochenprozesse zeigen sich als Hot Spot (hohe 99 mTc-Aktivität) bei erhöhtem Knochenumbau, zum Beispiel: 쐌 Fraktur, 2 – 7 (14) Tage nach Trauma in Abhängigkeit vom Patientenalter, außer Kalottenverletzungen (Spitz 1996), Knorpelläsionen durch angrenzende begleitende Knochenreaktion, Entzündung, Metastasen, Tumoren, Zustand nach Totalendoprothesenoperation bis 2 Jahre mit abnehmender Tendenz. 쐌 Cold lesion (fehlende 99 mTc-Aktivität), z. B. Osteonekrosen 14 Tage nach Unterbrechung der Durchblutung, d. h. späterer Nachweis als durch die MRT, reine Osteolysen, oft bei Plasmozytom, nicht aktive Knochenzysten. Die Knochenszintigraphie ist stark sensitiv, aber wenig spezifisch. Bei positivem Befund sind weitere Untersuchungen zur Klärung notwendig.
Diagnostische Aussagen 쐌 Differenzierung: – aktiver oder nicht aktiver Knochenumbauprozess, – frische oder alte Fraktur, – entzündlicher Weichteil- und/oder Knochenherd. 쐌 chronische Osteomyelitis, Verlaufskontrolle. 쐌 Radiologisch okkulte Frakturen: Nachweis 2 – 7 Tage posttraumatisch, wenn CT oder MRT nicht zur Verfügung stehen. 쐌 Suche nach pathologischen Prozessen: Wenn das 3-Phasen-Szintigramm unauffällig ist, sind mit großer Wahrscheinlichkeit keine pathologische Veränderungen vorhanden. 쐌 Myositis ossificans, präoperative Aktivitätsbeurteilung: Solange das Szintigramm positiv ist, kommt es trotz radikaler operativer Entfernung zum Rezidiv (Schaub u. Hahn 1990). 쐌 Sympathische Reflexdystrophie: unterstützende Diagnostik, da keine Methode beweisend ist! 쐌 Verdacht auf Kindesmisshandlung ohne direkte klinische Zeichen: Bei negativem Szintigramm erübrigen sich zahlreiche konventionelle Skelettaufnahmen (sog. Babygramme sollten nicht mehr durchgeführt werden),
d. h. die Strahlenbelastung ist geringer als nach konventioneller radiologischer Suche. Literatur Andresen, R., S. Radmer, J. Brossmann, D. J. Sartoris, M. Sparmann, G. Bogusch, D. Banzer (1998): Darstellung von Os hamatumFrakturen im konventionellen Röntgenbild und CT: Experimentelle Ergebnisse sowie klinische Erfahrungen. Fortschr Röntgenstr 169 (1): 53 – 57 Applegate, G.R., B.D. Flannigan, B.S. Tolin, J.M. Fox, W. Del Pizzo (1993): MR diagnosis of recurrent tears in the knee: Value of intraarticular contrast material. AJR 161 (4): 821 – 825 Bachmann, C., T. Bauer, I. Jürgensen, J. Schwab, B. Weimar, W.S. Rau (1998): Diagnostische Sicherheit und therapeutische Relevanz von CT-Arthrographie und MR-Arthrographie der Schulter. Fortschr Röntgenstr 168 (2): 149 – 156 Brossmann, J., K.W. Preidler, B. Daenen, R.A. Pedowitz, R. Andresen, P. Clopton, D. Trudell, M. Pathria, D. Resnick (1996): Imaging of osseous and cartilaginous intraarticular bodies in the knee: comparison of MR imaging and MR arthrography with CT and CT arthrography in cadavers. Radiology 200 (2): 509 – 517 Biondette, P.R., M.W. Vannier, L.A. Gilula, R. Knapp (1987): Wrist: coronal and transaxial CT scanning. Radiology 163: 149 – 151 Burmester, E., A.S. Mendoza, E. Gmelin (1985): Computertomographie des Ellenbogengelenkes. Fortschr Röntgenstr 143 (6): 671 – 676 Compson, J.P. (1998): The anatomy of acute scaphoid fractures. J Bone Joint Surg Vol. 80 B (2): 218 – 223 Cone, R.O., R. Szabo, P. Resnick, R. Gelberman, J. Taleisnik, L.A. Gilula (1983): Computed tomography of the normal radioulnar joints. Invest Radiol 18: 541 – 545 Engel, A. (1990): Magnetic resonance knee arthrography. Enhanced contrast by gadolinium complex in the rabbit and in humans. Acta Orthop Scan suppl 240: 1 – 57 Fellner, F., R. Schmitt (1996): MR-Tomographie. In: Schmitt, R., U. Lanz: Bildgebende Diagnostik der Hand. Hippokrates: 54 – 62 Frahm, R., H. Förstner, B. Wimmer (1992): CT investigation of traumatised wrist joints with Somatom Plus S. In: Felix, R., M. Langer: Somatom. Springer, Berlin Frahm, R., K. Lowka, Ph. Vinee (1992): Computertomographische Diagnostik bei Skaphoidfraktur und -pseudarthrose im Vergleich zur Röntgendiagnostik. Handchir Mikrochir Plast Chir 24: 62 – 66 Frahm, R., B. Wimmer (1990): Suche nach freien Gelenkkörpern im Ellenbogengelenk. Konventionelle oder CT-Arthrographie? Radiologe 30: 113 – 115 Frahm, R., L. Mannerfelt, E. Drescher (1989): Indikationen zur Computertomographie des Handgelenkes und der Handwurzel. Handchir Mikrochir Plast Chir 21: 189 – 194 Frahm, R., O. Saul, E. Drescher (1989): CT-Diagnostik bei Fehlstellung nach distaler Radiusfraktur. Radiologe 29: 68 – 72 Frahm, R., O. Saul, L. Mannerfelt (1989): Diagnostic applications of wrist arthrography. Arch Orthop Trauma Surg 109: 39 – 42 Franklin, P.D., R.W. Dunlop, G. Whitelaw, E. Jaques, J.G. Blickman, J.H. Shapiro (1988): Computed tomography of the normal and traumatised elbow. J Comp Ass Tomogr 12 (5): 817 – 823 Gagliardi, J.A., E.M. Chung, V.P. Candnani, K.L. Kessling, K.P. Christensen, R.N. Null, M.G. Radvany, M.F. Hansen (1994): Detection and staging of chondromalacia patellae: relative efficacies of conventional MR imaging, MR arthrography, and CT arthrography. AJR 163 (3): 629 – 636 Geissler, W.B., A.E. Freeland, F.H. Savoie, L.W. McIntyre, T.L. Whipple (1996): Intracarpal soft-tissue lesions associated with an intra-articular fracture of the distal end of the radius. J Bone Joint Surg 78-A (3): 357 – 365
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Literatur
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2.2.2 Sonographie R. Frahm
Die Komplexität von Ellenbogen- und Handgelenk mit schlecht einsehbaren Gelenkspalten limitiert die sonographischen Untersuchungsmöglichkeiten erheblich. Technische Voraussetzung sind: 쐌 7,5-(besser 10 – 13,5-)MHz-Linearschallkopf, 쐌 Vorlaufstrecke, 쐌 Nahfeldfokussierung. Indikationen für eine Gelenksonographie sind: 쐌 Gelenkerguss, -entzündung, 쐌 Prüfung der Sehnenfunktion (dynamische Untersuchung) und des Sehnenverlaufs (Karpaltunnel), 쐌 Suche nach okkulten Ganglien, 쐌 Weichteiltumore (zystische oder solide Form, Ausdehnung). Das diagnostische Resultat ist stark von der Erfahrung des Anwenders abhängig (Schmitt u. Buchberger 1996). Literatur Schmitt, R., W. Buchberger (1996): Sonographie. In: Schmitt, R., U. Lanz: Bildgebende Diagnostik der Hand. Hippokrates, Stuttgart: 65 – 69
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2 Untersuchungsmethoden
2.2.3 Arthroskopie G. Feldkamp Die Arthroskopie von Hand- und Ellenbogengelenk reiht sich seit kurzem in die diagnostischen und operativen Gelenkspiegelungen ein. Obwohl bereits seit 1987 arthroskopische Eingriffe an beiden Gelenken durchgeführt werden, hat sie ihren festen Platz im diagnostischen und zunehmend auch im operativen Bereich erst in jüngster Zeit erhalten. Das ist bei dem rasanten Fortschritt endoskopischer Techniken im Allgemeinen sehr verwunderlich und liegt an dem zeitraubenden und kniffligen Schwierigkeitsgrad dieser Technik. Zudem sind die meisten Erkrankungen des Ellenbogens klinisch gut diagnostizierbar. Die Hand- und Ellenbogenarthroskopien sind typische ambulante Operationen und wurden als „in der Regel ambulant durchführbar“ in den neuen Katalog „Ambulantes Operieren im Krankenhaus“ ( 115 b SGB V) aufgenommen. Während sich dieses Kapitel ausschließlich mit der Diagnostik von Hand- und Ellenbogengelenk befasst, werden die gängigen arthroskopischen Operationen im Kapitel 4.3 beschrieben.
Arthroskopie des Ellenbogens Die Arthroskopie des Ellenbogens steht bei der Einordnung nach Häufigkeit am Ende der Reihenfolge der arthroskopierten Gelenke: Knie, Schulter, OSG, Hand, Ellenbogen und „exotische Gelenke“ wie Hüftgelenk, Daumensattelgelenk und Großzehengrundgelenk. Für eine Arthroskopie sind folgende Indikation zu nennen: 쐌 Unklare therapieresistente Beschwerden: Hierunter können praktisch alle Diagnosen fallen. Überwiegend handelt es sich um mit anderen apparativen und klinischen Methoden nicht feststellbare Knorpelschäden (Abb. 2 .15) 쐌 Freie Gelenkkörper: Sie stellen die häufigste Indikation dar, wobei meist nur ein „Verdacht auf“ besteht. Das klinische Leitsymptom ist eine meist permanent oder vorübergehend bestehende Streck- oder Beugesperre. 쐌 Hämarthros, posttraumatisch oder spontan: Hier kann es sich um Bänderzerreißungen oder Knorpel-Knochen-Verletzungen handeln, die eine operative Versorgung erfordern. 쐌 Radiologisch sichtbare Degenerationen mit Therapieresistenz: Am häufigsten handelt es sich um Chondromalazien und Osteophyten. Am meisten betroffen sind das Ellenzangengelenk und das Radiusköpfchen, seltener das Capitulum humeri oder die Trochlea humeri. 쐌 Schmerzhafte therapieresistente Ellenbogenschwellungen/-entzündungen: Gefragt ist die Beurteilung der Art der Synovitis. Am häufigsten handelt es sich um die
Abb. 2.15 Chondromalazie Typ 3 der Ellenzangenbasis mit Shaver (? ). T = Trochlea humeri I = Inzisura trochlearis R = Radiusköpfchen
reaktiv-degenerative Form, gefolgt von der rheumatischen und der seltenen systemischen Synovitis. Oft kann die Probeexzision das Problem lösen. 쐌 Gelenkfrakturen: Radiusköpfchenfrakturen, Olekranonfrakturen und suprakondyläre Humerusfrakturen können im Detail geklärt, reponiert und arthroskopisch assistiert operativ stabilisiert werden. 쐌 Osteochondrosis dissecans, z. B. des Capitulum humeri: Hier kann der Ort, die Ausdehnung und das Stadium der Osteochondrosis dissecans sicher beurteilt und daraus notwendige Konsequenzen gezogen werden. 쐌 Ellenbogensteifen: Hier geht es um die Beurteilung intraartikulärer Möglichkeiten bei einer meist mehr extraartikulären Störung. Es gilt, dass bereits extraartikulär voroperierte posttraumatische Steifen für die Arthroskopie wenig geeignet sind (Maurer u. Resch 1998).
Technik Die Technik der Ellenbogenarthroskopie ist vordergründig ein Problem der stabilen Lagerung. Es hat sich die Bauchlagerung des Patienten bewährt. In dieser Position ist der Ellenbogen am sichersten fixiert und die operative Technik ähnelt der des Kniegelenks (Abb. 2.16). Das Operationsrisiko der Ellenbogenarthroskopie ist geprägt durch die beugeseitigen Gefäß-Nerven-Bündel, da der anteromediale Zugang vor dem anterolateralen vermehrt riskant ist. Vermindert wird das Risiko durch 2 Maßnahmen: 1. Die 90°-Lagerung des Ellenbogens. 2. Die Distension des Gelenks mit 20 ml Flüssigkeit vom dorsolateralen Zugang vor Beginn und die Wahl des
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dorsaler Zugang Ellenzange
N. radialis
soft spot anterolateraler Zugang N. cutaneus lateralis
Abb. 2.17 Die lateralen Zugänge zum Ellenbogen, wobei der mittlere dem dorsalen Soft Spot entspricht. Der vordere ist der anterolaterale Zugang, direkt vor dem tastbaren Radiusköpfchen (nach: Poehling, G.G. u. Mitarb. 1989).
Abb. 2.16
Lagerung des Ellenbogens in Bauchlagerung.
N. ulnaris
sog. superomedialen Zugangs (Whipple 1992). Damit erreicht man eine Entfernung des Gefäß-Nerven-Bündels vom Orientierungspunkt der Epikondylen sowie einen sicheren Zugang zur ventralen Gelenkkammer. Die dorsalen Zugänge sind vergleichsweise unproblematisch: Zum einen wird der dorsolaterale Soft-Spot-Zugang und zum anderen die laterale oder zentrale Region der Olekranonspitze verwendet. (Abb. 2.17). Die Landmarken zum ventralen Zugang befinden sich lateral direkt vor dem tastbaren Radiusköpfchen und medial 2 cm proximal des Epikondylus und 1 cm ventral entsprechend der Humerusvorderkante. Orientierungspunkte und Zugänge werden initial mit einem sterilen Marker auf die Haut gemalt. Dann folgt das Einbringen einer orientierenden Kanüle in Richtung Gelenkzentrum, aus der sich Flüssigkeit entleert. Danach folgt entsprechend der Kanülenrichtung eine oberflächliche Inzision, die mit einer kleinen gebogenen Klemme aufgedehnt wird. Das Arthroskop wird immer mit dem stumpfen Trokar unter Schutz des aufliegenden Zeigefingers bzw. der Tasthaken in Richtung Trochlea humeri in das Gelenk vorgeschoben. Arthroskopund Instrumentenzugang liegen sich somit gegenüber und werden während der Untersuchung zur besseren Übersicht gewechselt (Abb. 2.18). Als Arthroskop kann am Ellenbogen, zumindest ventral, das 4,5-mm-Standard-Arthroskop eingesetzt werden, was aber dorsal erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Somit sollte generell für Ellenbogen und Hand das 2,4-mm-Arthroskop für kleine Gelenke Verwendung finden.
A. brachialis
N. medianus
Abb. 2.18 Der anteromediale Zugang 2 cm proximal des Epikondylus mit Zielrichtung auf das tastbare Speichenköpfchen (nach: Poehling, G.G. u. Mitarb. 1989).
Komplikationen Bei den Komplikationen einer Arthroskopie an der oberen Extremität spielen Infektionen und Thrombosen eine untergeordnete Rolle. Bedeutsamer sind Nerven- und Gefäßschäden. Die Gesamtkomplikationsrate wird mit 10% angegeben (O’Driscoll u. Morrey 1992). Nervenschäden sind grundsätzlich an allen 3 Armnerven (Nn. medianus, radialis und ulnaris) möglich. Radial ist vor allem der sensorische Ast des N. radialis betroffen, aber noch stärker ist ulnar das Gefäß-Nerven-Bündel mit dem N. medianus, dem N. cutaneus antebrachii und der A.
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2 Untersuchungsmethoden
brachialis gefährdet. Diese Schädigungen treten jedoch nur auf, wenn die beschriebenen Vorsichtsmaßnahmen nicht eingehalten werden oder der Arm intraoperativ überstreckt wird. Eine seltene Komplikation ist das Kompartmentsyndrom, das vor allem bei Verwendung einer Pumpe mit zu hohem intraartikulärem Druck oder durch ausgedehnte posttraumatische Weichteilquetschungen entsteht.
Arthroskopie des Handgelenks Im Gegensatz zum Ellenbogengelenk besteht das Handgelenk aus 3 voneinander unabhängigen Gelenken, die gemeinsam die Funktionseinheit Hand bilden: 쐌 Radiokarpalgelenk (RCG) oder eigentliches Handgelenk, 쐌 Mediokarpalgelenk (MCG) oder Handwurzelgelenk, 쐌 distale Radioulnargelenk (DRUG). Zur arthroskopischen Diagnostik der Hand gehört immer die Inspektion des RCG und MCG und abhängig von der ulnaren Symptomatik, wie beim häufigen Diskusleiden, auch die des DRUG. Wie bei den anderen großen Gelenken gehört die Arthroskopie des Handgelenks ans Ende der diagnostischen Stufenleiter. Indikationen für eine Arthroskopie an der Hand sind: 쐌 unklare Diagnose, 쐌 unklare Schmerzen im Handgelenk, 쐌 unklare Schwellungen des Handgelenks: Probeexzision (Synovitis), 쐌 therapieresistente Steife des Handgelenks, 쐌 Diskuspathologie, 쐌 Knorpelpathologie mit unklaren Konsequenzen, 쐌 Bandläsionen mit einem unklaren Ausmaß und unklaren Begleitverletzungen, 쐌 Frakturen der Radiusgelenkfläche und Karpalfrakturen, 쐌 Gutachterfragen zur Klärung eines Zusammenhangs mit einem Unfallgeschehen.
Abb. 2.19 Die Universal-Optik für kleine Gelenke (Fa. R. Wolf) (aus: Feldkamp, G. u. Mitarb. Atlas der Handarthroskopie. Hippokrates, Stuttgart 1996).
Technik Voraussetzung ist ein komplettes Instrumentarium für kleine Gelenke, bestehend aus einer robusten kleinen und leistungsfähigen Optik von 2 – 2,5 mm Durchmesser mit kurzem Schaft, z. B. die 2,4-mm-Weitwinkeloptik (nach Feldkamp) mit 2 differenten Spülschäften (Fa. P. Wolf), einer sehr leistungsfähigen und möglichst leichten Kamera, speziellen kleinen Instrumenten und einem kleinen Shaver-System (Abb 2.19). Fixierung der Hand im sterilisierbaren Traction-Tower. Diese Vorrichtung erleichtert die Arthroskopie enorm, indem sie die Hand unter dosiertem Längszug in variabler Gelenkstellung fixiert. Ein Assistent ist dann nicht erforderlich (Abb. 2.20). Die Zugänge orientieren sich an den Strecksehnenfächern und sind als Landmarken vor Beginn der Arthroskopie aufzusuchen und zu markieren.
Abb. 2.20 Die Hand am Traction Tower mit dem kleinen Arthroskop im 3/4-Zugang.
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2.2 Bildgebende Diagnostik
Ihre exakte Identifizierung und Platzierung garantiert einen sicheren und komplikationsfreien Zugang zu allen Gelenkabschnitten. Die immer erforderlichen Zugänge für das Radiokarpalgelenk sind der sog. 3/4-Zugang, d. h. zwischen dem 3. (M. extensor pollicis longus) und dem 4. Sehnenfach (M. extensor digitorum communis), der 6 R-Zugang, d. h. radial des 6. Faches (M. extensor carpi ulnaris) und der MCR- und MCU-Zugang für das Mediokarpalgelenk, d. h. der ulnare und radiale Zugang im Bereich von tastbaren Weichteildellen (Soft Spots). Weitere Zugänge (4/5, 6 U, HT, STT und DRUG) sind deutlich schwieriger zu finden und teilweise durch ihre Nähe zu Nerven und Gefäßen auch nicht ganz unproblematisch (Abb. 2.21 a u. b). Der „Rundgang“ durch die Handgelenke umfasst immer die perfekte Inspektion des Radiokarpalgelenks (RCG), Mediokarpalgelenks (MCG) und falls notwendig auch des distalen Radioulnargelenks (DRUG). Es folgt der sog. 2-Kanülen-Test (Feldkamp u. Mitarb. 1996) mit dem man die Unversehrtheit der 3 Gelenke RCG, MCG und DRUG testet. Dabei wird in 2 benachbarte Gelenke je eine Kanüle eingeführt, um den Übertritt von
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Flüssigkeit durch ein Leck nach Auffüllen eines Raumes zu sehen. Dieser Test ist auch als Screeningmethode bei der Verletzungsdiagnostik zu nutzen. Der „Rundgang“ beginnt im 3/4-Zugang für das Arthroskop und im 6 R-Zugang für den Tasthaken. Das jeweilige Gelenk wird mit Purisolelösung aufgefüllt, da Kochsalzlösung eine zu hohe Schwellneigung des umgebenden Gewebes bewirkt. Durch den Wechsel der Optik kann so letztlich jeder Abschnitt der 3 Gelenke sichtbar gemacht und abgetastet werden. Nacheinander sind folgende Strukturen zu überprüfen:
Radiokarpalgelenk (RCG): 1. Die Gelenkflächen des RCG (Radius, Skaphoid, Lunatum und Triquetrum) werden vom 6 R-Zugang, das Pisiforme durch den prästyloiden Rezessus überprüft. Das Ausmaß der Veränderungen bestimmt das weitere Vorgehen (z. B. konservative Maßnahmen), arthroskopische Eingriffe (z. B. Abrasionsarthroplastik, Chondroplastik) oder offene Operationen (z. B. Teilarthrodese). 2. Die Überprüfung der interkarpalen Bänder (skapholunäres und lunotriquetrales Band). Hieraus ergeben sich
Abb. 2.21 a u. b Anatomische Übersicht der arthroskopischen Zugänge am Handgelenk. a Sämtliche Zugänge in ihrer Position zu den Strecksehnenb Die Zugänge 1/2 und 6 U und ihre Beziehung zu Nerven und fächern und knöchernen Markierungspunkten. Gefäßen (aus: Feldkamp, G. u. Mitarb. Atlas der Handarthroskopie. Hippokrates, Stuttgart 1996).
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2 Untersuchungsmethoden
vielfältige sowohl arthroskopische als auch offene operative Konsequenzen. Oft geht es nur um die Klärung der konstitutionellen Bandlaxität mit interkarpaler Dissoziation. 3. Die palmaren Kapsel-Band-Strukturen werden von dem zentralen Lig. radioscapholunatum, einem mehr plikaähnlichen V-förmigen Band, in welchem wahrscheinlich – ähnlich dem vorderen Kreuzband des Kniegelenks – die propriozeptiven Reflexe ablaufen und den radiokarpalen palmaren V-Bändern (Ligg. radiolunotriquetrum und radioscaphocapitatum) sowie dem ulnokarpalen Bandkomplex (Ligg. ulnolunatum und lunotriquetrum) gebildet. Alle genannten Bänder sind an der Entstehung der Komplexinstabilitäten der Handwurzel beteiligt. Die sich aus deren Prüfung ergebenden arthroskopischen operativen Konsequenzen sind gering. 4. Bei der Prüfung der Kapsel mit ihrer synovialen Auskleidung geht es vor allem um die Stabilität und die synoviale Reaktion des Gelenks. Arthroskopische Probeexzisionen, Synovektomien und Kapselrefixationen sind möglich. 5. Überprüfung des Discus ulnocarpalis (DUC) mit den umgebenden Aufhängungen und Plicae eventuell einschließlich seiner Unterseite. Die Betrachtung der Unterseite des Diskus erfordert einen separaten Zugang (DRUG). Die Diskusrisse werden nach der Klassifikation von Palmer in traumatische und degenerative unterteilt (Tab. 2.3). Die weitaus häufigsten Risse sind traumatische Risse entsprechend dem Typ 1 B und 1 D, gefolgt von den degenerativen Rissen Typ 2 (und folgenden).
____
Tab. 2.3
Klassifikation der Diskusrisse (n. Palmer)
Typ 1 – Traumatische Läsionen A
Zentrale Perforation
B
Ulnarer Abriss mit distaler Ulnafraktur ohne distale Ulnafraktur
C
Distaler Abriss
D
Radialer Abriss mit Fraktur der ulnaren Radiuskante ohne Fraktur der ulnaren Radiuskante
Die arthroskopischen operativen Konsequenzen der Diskusrisse sind nach Risstyp differenziert und ihre Ergebnisse sind sehr positiv (Abb. 2.22 a-c).
Mediokarpalgelenk (MCG): 1. Das MCG besteht nur aus den Gelenkflächen der proximalen und distalen Karpalia: Skaphoid, Lunatum, Triquetrum distal sowie Kapitatum und Hamatum proximal und des STT-Gelenks. Die Konsequenzen entsprechen denen des RCG. 2. Die interkarpalen SL- und ST-Bänder müssen unbedingt auch von mediokarpal beurteilt werden. Durch das Austasten der sichtbaren Zwischenräume in Kombination mit Druck von außen können auch frühe interkarpale Instabilitäten oder Dissoziationen diagnostiziert werden. Arthroskopische Konsequenzen sind je nach Instabilitätsgrad sehr wohl möglich und erfolgreich, wie z. B. die Reposition mit Débridement und externer Kirschner-Draht-Transfixation. 3. Das stärkste Band der Handwurzel ist das Lig. capitatohamatotriquetrum (CHT-Band). Sein Zerreißen bedeutet die folgenschwere mediokarpale Komplexinstabilität. Seine hohe Festigkeit im Vergleich zu den Bändern der Nachbarschaft ist unter anderem die Ursache der perilunären Luxation. 4. Das Skaphotrapeziotrapezoideumgelenk (STT) als distaler Abschnitt des RCG mit den Gelenkflächen vom distalen Skaphoid und proximalen Trapezium und Trapezoideum ist zu prüfen. 5. Die Überprüfung der Kapsel mit ihrer synovialen Auskleidung, vor allem die dorsale Kapselaufhängung von Skaphoid, Lunatum und Triquetrum. Hier findet man die Frühbefunde der skapholunären und lunotriquetralen Instabilitäten.
A
DUC-Aufspleißen
Distales Radioulnargelenk (DRUG): Das distale Radioulnargelenk ist normalerweise nur als separates Gelenk über eigene Zugänge unterhalb des Diskus zu erreichen. Durch den intakten Diskus ist es vom Radiokarpalgelenk flüssigkeitsdicht abgegrenzt. Im Falle von degenerativen Veränderungen des Diskus mit breitem zentralen Defekt ist ein guter Einblick in dieses Gelenk vom RCG möglich. Außer den üblichen Eingriffen am Knorpel und der Synovia gibt es im DRUG z. B. bei Plusvarianten der Elle die Beseitigung des Impingements des Diskus durch das Caput ulnae mit der arthroskopischen, „Wafer Procedure“ genannten, Dekompressionsoperation.
B
DUC-Aufspleißen und Lunatum- und/oder ulnare Chondromalazie
Komplikationen
C
DUC-Perforation und Lunatum- und/oder ulnare Chondromalazie
D
DUC-Perforation und Lunatum- und/oder ulnare Chondromalazie; und LT Bandverletzung
E
DUC-Perforation und Lunatum- und/oder ulnare Chondromalazie; und LT Bandverletzung; und ulnokarpale Arthrose
Typ 2 – Degenerative Läsionen (ulnokarpales Abnutzungssyndrom)
Infektionen sind – ähnlich wie im Ellenbogengelenk – so gut wie ausgeschlossn; auch Thrombosen kommen praktisch nicht vor. Dafür ist die Gefahr von Nerven- und Gefäßverletzungen deutlich höher als an allen anderen Gelenken, was auch auf die Möglichkeit von Sehnenverletzungen zutrifft. Werden Arthroskopien der Handgelenke durch ungeübte oder ungeduldige Operateure durch-
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2.2 Bildgebende Diagnostik
b
a Abb. 2.22 a – c Diskus-ulnocarpalis-Risse (nach Palmer). a Diskusriss Typ 1 B. L Lunatum D Diskusrand Rx Diskusriss mit Synovitis b Diskusriss Typ 1 D. R Radiusgelenkfläche D Diskusrissrand Rx Diskusriss Typ 1 D mit Caput ulnae CU in der Tiefe c Diskusriss Typ 2. L Lunatum mit Malazie CU Caput ulnae D Diskusrissrand
c
geführt, ist die Gefahr von artifiziellen Knorpelschäden groß.
Nervenverletzungen. Hier sind die sensiblen Äste des N. radialis und des N. ulnaris gefährdet. Ursache beim N. radialis ist ein unpräziser Zugang im 1/2-Portal, der so nahe am 2. Sehnenfach wie möglich liegen sollte. Oft ist hier der Hautnerv tastbar. Sicherheit gibt das initiale Aufzeichnen der Landmarken. Wichtig ist, die Inzision nur in die Haut auszuführen und dann mit der Klemme das Subkutangewebe zu spreizen und die Kapsel stumpf zu perforieren. Hierbei wird das Arthroskop mit stumpfem Trokar unter Schutz des Zeigefingers eingeführt.
Der sensible Ast des N. ulnaris weist zahlreiche Verlaufsvariationen auf, so dass seine Lokalisation nicht präzise ist. Deshalb sollte der 6 U-Zugang – ulnar des Extensor carpi ulnaris (ECU) – nur ausnahmsweise und am besten nach Transillumination verwendet werden. Bei der Diskusnaht werden daher die Nähte durch die ECU-Sehnenscheide gelegt, was eine relative Sicherheit vor Läsionen dieses Nervs bietet (s. Abb. 2.21 b). Komplikationen hat der Autor trotzdem erlebt. Der N. medianus kann durch zu kräftige Distraktion der Hand geschädigt werden. Daher niemals einen Längszug von mehr als 5 kp ausüben.
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2 Untersuchungsmethoden
Gefäßverletzungen. Die Verletzung von Venen ist unwichtig. Unter den Arterien kann die A. radialis im 1/2-Zugang – entsprechend dem N. radialis – geschädigt werden. Vorsichtsmaßnahmen siehe N. radialis.
2.2.4 Elektrophysiologische Untersuchungstechniken H. Assmus
Sehnenverletzungen. Sehnenverletzungen entstehen am ehesten durch unpräzise Zugänge. Daher sollten die Zugänge präoperativ unbedingt markiert werden. Das Legen der Zugänge erfolgt wie beim N. radialis beschrieben. Kompartmentsyndrom. Dieses seltene Problem kann durch das Fluid-Management, d. h. zu hohen Flüssigkeitsdruck im Gelenk, entstehen, vor allem wenn Radiusgelenkfrakturen vorliegen. Bei Anwendung einer Inflow-Pumpe sollen daher nie mehr als 50 mmHg benutzt werden. Allgemein ist eine Pumpe bei der Arthroskopie des Handgelenks nicht erforderlich. Verbrennungen. Eine ausgesprochen tückische und für Patient und Arzt sehr folgenreiche Komplikation ist die Verbrennung durch den Traktion-Tower. Dies geschieht immer unbemerkt durch den nach der Sterilisation nicht ausreichend abgekühlten Traction Tower. Aufgrund seines großen Gewichtes dauert diese Phase sehr lange und wird häufig unterschätzt. Cave: Schon eine Temperatur von 40 °C kann zur Verbrennung des anliegenden Unterarmes führen. Verbrennungen mit dem Diathermie-Messer sind eher selten und werden sofort bemerkt. Knorpelschäden. Neben der manipulationsbedingten Schädigung können auch falsche, d. h. zu große Instrumente die Ursache sein. Daher ist ein „Kleine-Gelenke-Set“ bei der Handarthroskopie unverzichtbar. Fazit: Nichts erzwingen wollen, Geduld haben, nie Makround Mikrochirurgie mischen. Die „Fine Feeling Surgery“ ist die beste Komplikationsprophylaxe. Literatur Esch, J.C., C.L. Baker (1993): Arthroscopic surgery. The shoulder and elbow. Lippincott, Philadelphia Feldkamp, G. (2001): Arthroskopie des Handgelenks beim „unklaren“ Handgelenkschmerz. Chir Praxis 58: 281 – 294 Feldkamp, G., P. Preißler, J. Koebke (1996): Atlas der Handarthroskopie. Hippokrates, Stuttgart Feldkamp, G., T.L. Whipple (1992): Der Stellenwert der Arthroskopie für die Handchirurgie heute. Handchir Plast Chir 24: 296 – 303 Maurer, H., H. Resch (1998): Ellenbogengelenk. In: Hierholzer, G., W. Platzer, S. Weller: Chirurgische Operationslehre. Band 10, Teil 2: Arthroskopie – obere und untere Extremität. Thieme, Stuttgart: 82 O’Driscoll, S. W., B.F. Morrey (1992): Arthroscopy of the elbow: diagnostic and therapeutic benefits and hazards. J Bone Joint Surg 74-A: 74 – 84 Palmer, A.K. (1990): Triangular fibrocartilage disorders: injury patterns and treatment. Arthroscopy 6: 125 – 132 Poehling, G., T.L. Whipple u. Mitarb. (1989): Elbow arthroscopy: a new technique. Arthroscopy 5: 222 – 224 Whipple, T.L. (1992): Arthroscopic surgery. The Wrist. Lippincott, Philadelphia
Einleitung Zur Lokalisation und Quantifizierung einer Störung eines peripheren Nervs ist eine neurophysiologische Untersuchung unentbehrlich. Voraussetzung für eine erfolgreiche elektrophysiologische Diagnostik ist jedoch eine genaue klinische Untersuchung. Erst diese erlaubt einen gezielten Einsatz der neurophysiologischen Methoden und Techniken. Da sich häufig im Verlauf einer EMG- oder ENG-Untersuchung neue Fragestellungen ergeben, kann die Untersuchung nicht an Hilfspersonal delegiert werden (von wenigen Ausnahmen abgesehen), sondern bleibt Aufgabe des speziell geschulten ärztlichen Untersuchers (AAEM 1992). Unabdingbar ist außerdem die kritische Wertung der Ergebnisse. Leider kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass von weniger erfahrenen Untersuchern Messdaten erhoben werden, die in Widerspruch zum klinischen Bild stehen. In diagnostisch zweifelhaften Fällen ist der Klinik und dem Beschwerdebild Vorrang einzuräumen und der EMG-/ENG-Befund kritisch zu prüfen (Stöhr 1998). Auf eine Reihe untersuchungstechnischer und interpretatorischer Fehlermöglichkeiten muss hingewiesen werden. Nichtbeachtung der Haut- und Gewebetemperatur führt zu falschen Latenz- und NLG-Werten, da bei Abkühlung die gemessenen Werte zu langsam sind. Das gilt sowohl für die motorische Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) als auch das sensible Nervenaktionspotential (NAP). Dieser Fehler wird eliminiert, wenn ein Vergleich mit einem intakten Nachbarnerv (N. medianus bzw. N. ulnaris) möglich ist. Da nur bei supramaximaler Stimulation die schnellsten Fasern erregt werden, führt eine submaximale Stimulation zu verlängerten Latenzwerten und herabgesetzter NLG. Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn der Nerv tief in der Muskulatur liegt und durch die Stimulationselektrode schlecht erreicht werden kann, wie dies z. B. beim N. ulnaris distal des Sulkus der Fall ist. Bei fortgeschrittenen Nervenläsionen, werden zur Stimulation hohe Reizstärken benötigt, die die Gefahr einer unbeabsichtigten Mitstimulation eines benachbarten Nervs mit sich bringen. So kann es bei einem hochgradigen Karpaltunnelsyndrom zu einer normalen Latenz über den vom N. ulnaris versorgten M. flexor pollicis brevis kommen. Dieser falsch negative Befund ist ein leider häufig zu beobachtender gravierender Fehler, der umgehend korrigiert werden sollte, wenn der ENG-Befund in Widerspruch zum klinischen Bild steht. Ein falscher EMG-/ENGBefund bzw. eine Fehlinterpretation eines korrekt erhobenen Befundes kann einen großen Schaden anrichten, und zwar dann, wenn sich der Operateur blindlings auf diesen
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2.2 Bildgebende Diagnostik
irreführenden Befund verlässt und dem klinischen Beschwerdebild nicht die erforderliche Priorität einräumt. Das mag auch der Grund dafür sein, dass Operateure häufig den elektrophysiologischen Methoden misstrauisch gegenüber stehen und sich eher auf eigene scheinbar „objektive“ klinische Tests verlassen, deren Aussagekraft jedoch gegenüber den elektrophysiologischen Methoden weitaus geringer ist (Assmus 1999). Bei der Diagnostik neurogener Funktionsstörungen der Extremitäten und der Hand ist die Elektroneurographie aussagekräftiger als die Elektromyographie. Magnetstimulation und evozierte Potentiale (SEP) sowie vegetative Funktionsdiagnostik und Reflexuntersuchungen spielen nur eine untergeordnete Rolle, sind jedoch bei differenzialdiagnostischen Fragestellungen von Interesse.
Elektroneurographie (ENG) Elektroneurographie durch Stimulation eines peripheren Nervs testet dessen spezifische Funktion, d. h. seine Fähigkeit, elektrische Impulse zu leiten. Durch Nachweis einer Leitungsverzögerung oder eines Leitungsblocks kann eine Störung lokalisiert und in gewissem Maße auch das Ausmaß der Störung quantifiziert bzw. der Schweregrad der Läsion bewertet werden (Assmus 1978, Reiners 1997). Das ist bei sensiblen, motorischen und gemischten Nerven möglich.
Sensible Neurographie (SNAP) Die Untersuchung des sensiblen Nervs kann orthodrom, d. h. entsprechend der physiologischen Reizleitung von peripher nach zentral, erfolgen oder antidrom, nämlich entgegengesetzt. Bei Untersuchung des orthodromen Nerv-
55
aktionspotentials werden die Fingernerven mit Ringelektroden stimuliert und das sensible Nervaktionspotential (SNAP) mit Oberflächenelektroden über dem Nerv mittels Averaging-Technik abgeleitet. Wegen der Kleinheit des Signals sind auch Nadelelektroden gebräuchlich. Die Untersuchung mit Nadelelektroden ist allerdings schmerzhaft und das kleine Signal durch Artefakte leicht störbar. Aus diesem Grund hat sich für die klinische Routinediagnostik bei umschriebenen Nervläsionen das antidrome Verfahren durchgesetzt. Das antidrome SNAP der Nn. medianus und ulnaris wird von den Fingern mit Ringelektroden abgeleitet, nachdem der Nervenstamm am Handgelenk stimuliert wurde. Da das SNAP eine niedrigere Reizschwelle und eine kürzere Überleitungszeit als die motorischen Fasern aufweist, erscheint es vor der motorischen Antwort (Abb. 2.23). Bei stärkerer Leitungsverzögerung ist das SNAP im volumengeleiteten Muskelpotential allerdings oft nicht mehr auffindbar. Die Nn. medianus, ulnaris und radialis lassen sich auf diese Weise einfach untersuchen. Die Normwerte sind der Tabelle 2.4 zu entnehmen.
Motorische Neurographie (NLG) Nach Stimulation eines motorischen oder gemischten Nervs lässt sich das Muskelantwortpotential (MAP) mit Oberflächenelektroden nach der Tendon-Belly-Technik oder (ausnahmsweise) mit Nadelelektroden ableiten (AAEM 1992). Das Signal ist wesentlich größer als das SNAP und die Störmöglichkeit durch Artefakte entsprechend geringer. Da die schnellsten Fasern komplett erfasst werden müssen, ist immer auf eine supramaximale Stimulation zu achten, da andernfalls die Latenzwerte oder die NLG zu langsam werden. Durch Stimulation eines Nervs an mehreren Stellen kann die NLG für einzelne Segmente des betreffenden Nervs bestimmt werden.
N. medianus sensibel
N. medianus motorisch
Abb. 2.23 Sensible antidrome Neurographie des N. medianus beim Karpaltunnelsyndrom. Oben: Stimulation des N. medianus. Unten: Stimulation des N. ulnaris. Simultane Ableitung des antidromen sensiblen NAP (1. und 3. Kurve) und der motorischen Antwort (2. und 4. Kurve) bei identischer Lage der Ableiteelektroden.
N. ulnaris sensibel N. ulnaris motorisch
2 (ms)
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2 Untersuchungsmethoden
Tab. 2.4
____
Normal- und Grenzwerte der motorischen und sensiblen NLG und Latenzwerte der Nn. medianus, ulnaris und radialis (nach: Stöhr 1998)
Nerven
motorisch
sensibel
Latenz in ms
NLG in m/s
Amplitude in mV
NLG in m/s
Amplitude in µVolt
normal
oberer Grenzwert
normal
unterer Grenzwert
normal
unterer Grenzwert
normal
unterer Grenzwert
normal
3,7
4,2
56,7
50
13,2
5
54,2
46,9
13,7
N. ulnaris
2,5
3,3
59,8
50,6
12,2
4
53,8
44,6
11
N. radialis
2
2,6
69,8
50
6,4
4
63,5
55,6
39,1
N. medianus
Elektromyographie (EMG) Die EMG erfolgt mit Nadelektroden aus den „Kennmuskeln“ des jeweiligen Nervs und erlaubt den Nachweis einer Denervationsschädigung, einer Rest- und Reinnervation und mit Einschränkung auch eine neurogen-myopathische Differenzierung. Bei scheinbar umschriebenen Störungen (z. B. isolierte Atrophie der kleinen Handmuskeln bei MAL) gelingt der Nachweis einer generalisierten Denervationsschädigung auch in klinisch nicht betroffenen Muskeln. Nach Nervennaht oder bei Spontanregeneration lassen sich frühe Reinnervationsstadien erkennen. Eine minimale Restinnervation bei klinisch vollständigem Ausfall eines Nervs kann nur elektromyographisch zuverlässig nachgewiesen werden.
SEP und Magnetstimulation Nach repetitiver Stimulation des Innervationsgebietes oder des Nervs selbst in verschiedenen Höhen kann über der (kortikalen) Postzentralregion ein somatosensibles evoziertes Potential (SEP) abgeleitet und hieraus die Latenz bzw. Leitgeschwindigkeit des sensiblen Nervs vom Rezeptor bis zum Kortex ermittelt werden (Abb. 2.24). Diese Untersuchung ist auch dann noch möglich, wenn aufgrund einer schweren Nervschädigung ein sensibles Nervaktionspotential nicht mehr erhältlich ist (Stöhr u. Mitarb. 1996). Anstelle einer zeitaufwendigen Platzierung einer Nadelelektrode in unmittelbarer Nähe der sensiblen Faseranteile eines Nervs, wobei die Nadelelektrode von vielen Patienten, insbesondere von Kindern, nicht toleriert wird, kann die sensible NLG auf einfache Weise anhand der kortikalen Reizantwort untersucht werden (Stöhr u. Mitarb. 1996). Auch im frühen Reinnervationsstadium ist ein SEP lange vor einem SNAP ableitbar. Bei Begutachtungsfällen erlaubt die Untersuchung des SEP in gewissen Grenzen eine objektive Sensometrie (Assmus 1978, Assmus 1980). Eine von den Patienten angegebene Anästhesie ist z. B. wenig glaubhaft, wenn sich eine kortikale Reizantwort ableiten lässt. Des Weiteren lassen sich SEP-Untersuchungen bei Störungen in proximalen Nervenabschnitten oder im Bereich des Armplexus und der Nervenwur-
unterer Grenzwert 6,9 5,8 16
zeln durchführen. Diese Bereiche sind einer unmittelbaren sensiblen Neurographie nicht zugänglich (Stöhr u. Mitarb. 1996). Während das SEP die (proximalen) sensiblen Afferenzen testet, lassen sich mit der Magnetstimulation die motorischen Efferenzen (z. B. im Bereich der Nervenwurzeln oder auch bestimmte Hirnnerven) untersuchen. Hierzu werden mit entsprechenden Stimulationsspulen der Cortex oder einzelne Nervenwurzeln stimuliert. Die Muskelantwort wird wie bei der motorischen Neurographie abgeleitet. Die Methode erlaubt Aussagen über die motorischen Latenzen, ist jedoch bei partiellem Leitungsblock nur eingeschränkt verwertbar, da aus methodischen Gründen keine supramaximale Stimulation möglich ist (Stöhr 1998).
Spezielle Untersuchungen bei Armnervenläsionen N. medianus Am häufigsten wird die Neurographie des N. medianus beim Karpaltunnelsyndrom durchgeführt. Die einzelnen Untersuchungsschritte sind in der Abbildung 2.25 in Form eines Algorithmus dargestellt. Zunächst wird nach Stimulation am Handgelenk die distale motorische Latenz des N. medianus bestimmt, die beim ausgeprägten Karpaltunnelsyndrom über 3,5 ms liegt und Werte bis über 15 ms erreichen kann. In schweren Fällen ist auch eine NLGMinderung proximal der Kompression zu beobachten, die durch retrograde Degeneration des Nervs erklärt wird (Chang u. Mitarb. 1993). In Frühstadien ist die distale Latenz jedoch häufig normal, so dass in einem weiteren Schritt das sensible NAP untersucht werden muss. Als sehr sensitiv hat sich eine Amplitudenminderung und relative Verzögerung des SNAP des N. medianus im Vergleich mit dem N. ulnaris erwiesen (s. Abb. 2.23). Dieser Befund ist ein empfindlicher Indikator einer beginnenden Kompression, wenn ausschließlich über nächtliche Parästhesien geklagt wird, ohne dass bereits manifeste sensible Störungen vorliegen. Auch ein Vergleich des SNAP des N. medianus mit dem SNAP des Ramus palmaris n. mediani
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2.2 Bildgebende Diagnostik
57
Abb. 2.24 Technik der Ableitung des SEP am Beispiel des N. medianus mit mehreren Stimulationspunkten (aus: Maurer K., Lowitzsch L., Stöhr, M.: Evozierte Potentiale. Enke, Stuttgart 1988).
ist möglich (Stöhr 1998). Weiterhin kann die transkarpale sensible NLG berechnet werden, indem der N. medianus zusätzlich distal des Karpaltunnels in der Hohlhand stimuliert wird (Lesser u. Mitarb. 1995) oder die „Inching“-Technik (Kimura 1997) zur Anwendung kommt. Bei Letzterer wird die Stimulationselektrode schrittweise nach distal verschoben und ein Latenzsprung diagnostisch verwertet (Abb. 2.26). Diese Methoden haben die höchste Sensitivität und Spezifität für den Nachweis eines Karpaltunnelsyndroms (AAEM 1993, Stöhr 1998). Die transkarpale motorische NLG des N. medianus soll eine ähnlich hohe Sensitivität beim Karpaltunnelsyndrom erreichen (Stevens 1997). Durch eine Kombination mehrerer Verfahren (Differenz der palmaren Überleitung der Nn. medianus und ulnaris, antidrome Latenz der Nn. medianus und ulnaris zum Ringfinger und antidrome Latenz der Nn. medianus und ulnaris zum Daumen) lässt sich die Treffsicher-
heit nochmals steigern (Kimura 1997). Allerdings ist das Verfahren etwas aufwendig und sicher nicht als Routinediagnostik erforderlich. Ein klinisch latentes bzw. eventuell noch asymptomatisches Karpaltunnelsyndrom kann elektroneurographisch nachgewiesen und versicherungsrechtlich beim posttraumatischen Karpaltunnelsyndrom verwendet werden (Assmus u. Frobenius 1987). Bei den seltenen, weiter proximal gelegenen Läsionen bzw. Kompressionen des N. medianus (N.-interosseus-anterior-Syndrom, Pronatorsyndrom) ist die Neurographie häufig nicht eindeutig, da sich benachbarte Muskelgruppen überlagern bzw. die Verfälschung durch volumengeleitete Muskelpotentiale (auch bei Ableitung mit Nadelelektroden) nicht immer zu vermeiden ist.
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2 Untersuchungsmethoden
Differenzialdiagnose
distal-motorische Medianuslatenz pathologisch distal-motorische Medianuslatenz normal
proximale Läsion N. medianus oder Armplexus
ENG SEP
C 7-Syndrom Double Crush"
ENG, EMG SEP
Polyneuropathie
ENG
"
sensibles Nervenaktionspotenzial pathologisch
Karpaltunnelsyndrom
sensibles Nervenaktionspotenzial normal
SNAP-Quotient Medianus/Ulnaris pathologisch
Myopathie generalisierter Denervierungsprozess
EMG
zentrale Läsion
SEPMagnetstimulation
Differenzialdiagnose
SNAP-Quotient Medianus/Ulnaris normal
Abb. 2.25
Diagnose und Differenzialdiagnose des Karpaltunnelsyndroms als Algorithmus.
vor Dekompression –6 –5 –4 –3 –2 –1 0 1 –6
0
0,5
1,0
1,5 ms
0
0,5
1,0
1,5 ms
nach Dekompression –6 –5 –4 –3 –2 –1 0 1
–4 –2 0 2
50 µV 1 ms
Abb. 2.26 „Inching-Technik“ zur Untersuchung der sensiblen Leitfähigkeit des N. medianus beim Karpaltunnelsyndrom vor und nach Dekompression des N. medianus (nach: Kimura 1997).
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Literatur
N. ulnaris Die NLG des N. ulnaris kann über mehrere Segmente bestimmt werden. Hierbei wird der N. ulnaris in der Axilla, proximal und distal des Sulkus und am Handgelenk stimuliert. Eine Differenz von 10 ms im Vergleich zum Unterarmsegment gilt als beweisend für ein Kubitaltunnelsyndrom (Assmus 1985, Stöhr 1998). Auch eine um mehr als 4 ms verzögerte Latenz zum M. flexor carpi ulnaris ist diagnostisch verwertbar (Conrad u. Benecke 1987). Wir bevorzugen die Bestimmung der proximalen Latenz (Stimulaton oberhalb des Sulkus und Ableitung vom Hypothenar) als verlässliche Methode besonders für Verlaufsbeobachtungen (Assmus 1978, Assmus 1985). Wenn eine distale Kompression des N. ulnaris in der Loge de Guyon vermutet wird, muss die distale Latenz zum M. interosseus dorsalis I untersucht werden. Als pathologisch sind Werte über 4,5 ms anzusehen. Bei einer (rein motorischen) Läsion des R. profundus sind die Latenzwerte zum Hypothenar und das antidrome SNAP des N. ulnaris normal.
N. radialis Der N. radialis wird im mittleren Oberarmdrittel, wo er oberflächlich verläuft, stimuliert. Die Latenz wird zum M. extensor carpi radialis oder bei Vermutung eines Supinatortunnelsyndroms zum M. abductor pollicis longus bestimmt (Normalwerte s. Tab. 2.4). Das bei Letzterem normale sensible NAP des N. radialis superficialis kann antidrom mit Oberflächenelektroden über dem Spatium interosseum I oder mit Ringelektroden von der Basis des Daumens abgeleitet werden.
Weitere Armnerven Die Latenz des N. axillaris zum M. deltoideus lässt sich durch supraklavikuläre Stimulation (Normalwert 4,3 – 5,3 ms) bestimmen. Das Gleiche gilt für den N. musculocutaneus, dessen Latenz zum M. biceps brachii normalerweise 4,6 – 5,8 ms beträgt.
Differenzialdiagnose von Läsionen des Armplexus und der Nervenwurzeln sowie weiterer Erkrankungen Zur Abgrenzung peripherer Nervläsionen von Plexus- und radikulären Läsionen bzw. supranukleären Läsionen sind neurophysiologische Methoden ebenfalls unentbehrlich. Bei radikulären Läsionen oberhalb des Spinalganglions bleibt das SNAP normal (Tab. 2.5), jedoch eine Verzögerung des SEP ist zu erwarten (Stöhr u. Mitarb. 1996). Ein Nachweis proximaler motorischer Leitungsstörungen bzw. eines Leitungsblocks ist mit der Magnetstimulation möglich (Bischoff u. Mitarb. 1993) oder auch durch Messung der F-Welle, einer rückläufigen Entladung von Alpha-Motoneuronen (Stöhr 1989). Zur differenzialdiagnostischen
59
Abklärung von Muskelatrophien, die nicht durch periphere Nervläsionen bedingt sind, kann die Elektromyographie beitragen (Dengler 1997, Hopf u. Mitarb. 1996, Ludin 1997) und zusammen mit dem ENG auch zum differenzialdiagnostischen Ausschluss einer generalisierten Neuropathie (z. B. Polyneuropathie bei Diabetes mellitus oder Alkoholabusus). Für die prognostisch wichtige Unterscheidung von traumatischen Armplexusläsionen mit und ohne Wurzelausrissen und die Diagnose radikulärer Läsionen gibt es verlässliche Kriterien (s. Tab. 2.5). Die wichtigsten Kennmuskeln für C8 sind der Hypothenar, für C7 der Trizeps, für C6 der Bizeps und für C5 der Deltoideus.
Tab. 2.5
____
Differenzialdiagnose bei Armplexus- und Zervikalwurzelläsionen (nach: Stöhr 1998)
Verfahren
TOS Armplexusläsion
Zervikalwurzelläsion
Denervationspotentiale (EMG)
faszikulärer Verteilungstyp
radikulärer Verteilungstyp (inkl. Paraspinalmuskeln)
Sensibles Nervaktionspotential (SNAP)
pathologisch (erniedrigt)
normal
Somatosensibles Potential (SEP)
pathologisch (erniedrigt)
normal (N13-Komponente erniedrigt)
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2 Untersuchungsmethoden
Dengler, R. (1997): Stand und Entwicklung der modernen klinischen Elektromyographie. Z ENG-EMG 28: 61 – 63 Gitter, A.J., W.C. Stolov (1995): AAEM minimograph 16: Instrumentation and measurement in electrodiagnostic medicine. Muscle Nerve 18: 799 – 824 Hopf, H.C., R. Dengler, R. Röder, T. Vogt (1996): ElektromyographieAtlas. Thieme, Stuttgart Kaul, M.P., K.J. Pagel, J.D. Dryden (2001): When to use the combined sensory index. Muscle Nerve 24: 1078 – 1082 Kimura, J. (1997): Facts, fallacies and fancies of nerve conduction studies: Twenty-first annual Edward H. Lambert lecture. Muscle Nerve 20: 777 – 787 Lesser, E.A., S. Venkatesh, D.C. Preston, E.L. Logigian (1995): Stimulation distal to the lesion in patients with carpal tunnel syndrome. Muscle Nerve 18: 503 – 507 Ludin, P. (1997): Praktische Elektromyographie. Enke, Stuttgart Maurer K., L. Lowitzsch, M. Stöhr (1988): Evozierte Potentiale. Enke, Stuttgart
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3
Konservative Therapie 3.1 Einleitung M. Schiltenwolf
3.2 Physikalische Therapie M. Schiltenwolf
3.3 Psychotherapie M. Schiltenwolf
3.4 Orthesen und Prothesen L. Döderlein und A. Frühauf
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3 Konservative Therapie
3.1
Einleitung
M. Schiltenwolf Bei der konservativen Therapie von Erkrankungen und Verletzungen der Hand wird zwischen konservativen Strategien, die ohne chirurgische Prozedur auskommen und konservativen Techniken, die additiv chirurgischen Prozeduren vor- und nachgeschaltet werden, unterschieden. Ziele der konservative Maßnahmen sind sowohl funktionelle Veränderungen, z. B. Besserung der Beweglichkeit
3.2
und Geschicklichkeit durch Beeinflussung der Organphysiologie, als auch Veränderungen von zellulären Aktivitäten, z. B. der Genexpression von schmerzhaften Zuständen bei der Reflexdystrophie. Im Gegensatz zu den strukturellen Veränderungen bei der operativen Behandlung führt die konservative Therapie zu mikro- und makrostrukturellen Lernprozessen.
Physikalische Therapie
M. Schiltenwolf Die physikalische Therapie oder Physiotherapie umfasst sämtliche Behandlungsmaßnahmen mit natürlichen Mitteln. Zu unterscheiden ist zwischen passiven Anwendungen (Applikation von Wärme, Kälte, Licht, Ultraschall und Strömen, aber auch von oberflächlichen und tiefen taktilen Reizen) und aktiven Maßnahmen (Übungen mit wesentlichem Eigenanteil des Patienten). Die verschiedenen Applikationsmodalitäten umfassen ein ähnliches Indikationsspektrum, sie lassen sich besser durch ihre Kontraindikationen unterscheiden. Ein Wirksamkeitsvergleich auf dem Boden evidenzbasierter Medizin ist momentan nicht möglich. Bei der Behandlung chronischer Erkrankungen sollte die physikalische Therapie in ein multidisziplinäres Konzept mit einem „biopsychosozialen“ Ansatz integriert sein.
3.2.1 Krankengymnastik Die Krankengymnastik der Hand beinhaltet passive Mobilisationen sowie aktiv-assistive und aktive Bewegungsübungen. Krankengymnastik ist bei allen Bewegungseinschränkungen indiziert, soweit beübungsstabile Verhältnisse gegeben sind. Aktive Bewegungsübungen folgen manueller Mobilisation und Traktion zur Verbesserung des Gelenkspiels; rein passive Mobilisationen spielen keine wesentliche Rolle. Eine Krankengymnastik im Handbereich ist indiziert nach: 쐌 Gipsruhigstellungen, 쐌 operativen Rekonstruktionen, soweit beübungsstabile Verhältnisse vorliegen, 쐌 plastischen Operationen, 쐌 Nervendekompressionen.
Die aktive krankengymnastische Therapie fördert die Steigerung von Kraft und Ausdauer und verbessert die Beweglichkeit und Koordination. Die Schulung von Komplexbewegungen folgt den achsengerechten Bewegungen und den chronologisch passiven Maßnahmen. Bei chronischen Erkrankungen, z. B. Fehlbelastungsstörungen der Sehnen, werden die pathogentisch wesentlichen Anteile der Verkürzung und muskulären Dysbalance durch Dehnung und Antagonistenschulung konsekutiv zunächst passiv, dann aktiv behandelt. Sporttherapeutische Maßnahmen, insbesondere in Gruppen, stehen am Ende der Therapiemaßnahmen (Tab. 3.1). Bewegungstherapie im Wasser (Hydrotherapie) kombiniert die Effekte von Wärme und Wasserauftrieb mit den Möglichkeiten sowohl passiver als auch aktiver Krankengymnastik.
3.2.2 Ergotherapie Die Ergotherapie setzt die durch krankengymnastische Behandlung erzielte Funktion unter Alltagsbedingungen um und ergänzt sie durch die Möglichkeiten von Prothetik, Orthetik und Hilfsmitteln. Dynamische Gelenkschienen fördern die Behandlung von Bewegungsdefiziten, insbesondere der Fingergelenke (Abb. 3.1). Lagerungsschienen dienen der Prophylaxe von ungünstigen Funktionsstellungen. Die Lagerung der Hand des frisch verletzten Tetraplegikers entspricht nicht der Intrinsic-plus-Stellung bei Verletzungen im Handbereich. Für die Wiedererlangung von Handfunktionen bei komplexen Schädigungen und nach Operationen ist die Abstimmung der Maßnahmen zwischen Krankengymnastik und Ergotherapie wesentlich.
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3.2 Physikalische Therapie
Tab. 3.1
____
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Beispiele des Beginns krankengymnastischer Therapie
Art des operativen Eingriffes
Beginn mobilisierender Krankengymnastik
Übungsstabile Osteosynthese
in Abhängigkeit von den Weichteilverhältnissen nach Entfernung von Drainagen ab dem 2. postoperativen Tag
Replantation
쐌 Durchblutung ab dem 4. postoperativen Tag weitgehend gesichert 쐌 Mobilisation in Abhängigkeit von Nerven- und Sehnennähten sowie Osteosynthesen
Nervennaht
쐌 bei spannungsfreien Nahtverhältnissen nach 10 Tagen (Finger) bzw. 14 Tagen (Handgelenk) 쐌 bei nicht spannungsfreien Verhältnissen Mobilisation nach 3 Wochen
Sehnennaht
쐌 Strecksehnen: ab 3. Woche über Handgelenk und Handrücken, ab 4. Woche über Mittel- und Endgelenk 쐌 Beugesehnen: über 5 Wochen passive Mobilisation nach Kleinert, davon 3 mit dorsaler Gipsschalensicherung 쐌 erst ab der 8. Woche Krankengymnastik mit Widerstand
Hautverschiebeplastik
nach 7 – 10 Tagen
Fasziektomie
nach 3 Tagen
StrecksehnenfachSpaltung
nach 7 Tagen
Nervendekompression
nach 7 Tagen
Komplexe Rekonstruktionen
Beginn der Mobilisation ergibt sich aus dem schwächsten Gewebe, das operativ rekonstruiert wurde
Klassische Indikationen der Ergotherapie in der Handchirurgie sind die Wiedererlangung von Funktionen nach Verletzungen, Operationen und endogenen Dysfunktionen (z. B. bei Algodystrophie) sowie die Ergonomisierung von Bewegungsabläufen zur Vermeidung fehlbelastungsbedingter Schmerzen und Organschädigung. (Abb. 3.2). Die Ergotherapie ist auch verantwortlich für das Selbsthilfe- und spezifische Berufstraining. Hierzu zählt auch der Gelenkschutz mit Schienen und Orthesen. (Abb. 3.3). Standardisierte Fotodokumentationen bestimmter Funktionen (Fein-, Grob-, Spitz- und Schlüsselgriff, Aufheben von Münzen, Öffnen und Schließen von Knöpfen etc.) zu Beginn und nach der Behandlung dokumentieren den Behandlungseffekt (Gauer u. Rompe 1982).
Abb. 3.1 Ergotherapie mit dynamischer Fingerstreckschiene am Steckspiel.
Abb. 3.2
Ergotherapie: Prothesentraining bei Handamputation.
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3 Konservative Therapie
Abb. 3.3 Ergotherapie: Ulnardeviationsschiene bei rheumatoider Arthritis.
3.2.3 Massage Kutane Reize durch Massage erregten Aβ-Fasern und senkten somit über inhibitorische Interneurone die Muskelspannung. Massage kann, wie Wärme und Kälte, als vorbereitende Maßnahme der Krankengymnastik eingesetzt werden. Indikationen für lokale Massagen sind im Handbereich jedoch selten.
3.2.4 Lymphdrainage Durch Lymphdrainage wird der Lymphabfluss gefördert. Lymphdrainage ist besonders indiziert bei Fehlfunktionen des autonomen Nervensystems wie der Algodystrophie, aseptischen Heilungsstörungen, aber auch bei chronischen Schädigungen des Lymphsystems, z. B. nach Entfernung der axillären Lymphknoten.
3.2.5 Wärme Bei zunehmender Temperatur ändert sich die Materialeigenschaft des Kollagen von elastisch nach viskös, d. h. Wärme steigert die Kollagendehnbarkeit. Somit werden Steifigkeit und Muskeltonus beeinflusst; bei 45 °C kann die Steifigkeit eines Fingergrundgelenks um bis zu 20% gesenkt werden (Wright u. Johns 1961, Oosterveld u. Rasker 1994). Außerdem nimmt die Durchblutung zu. Weiterhin wird die Schmerzschwelle angehoben (Portwood u. Mitarb. 1987). Die physiologischen Wirkungen ergänzen sich synergistisch.
Bei der Wärmetherapie wird nach der Art der Wärmeapplikation und der Eindringtiefe unterschieden. Wärme kann einerseits oberflächlich angewandt werden, andererseits kann Wärme durch Umwandlung von Energie aus Schall- oder elektrischen Wellen im Gewebe entstehen. 쐌 Oberfläche Wärme: Oberflächliche Anwendung von Wärme (heiße Rolle oder Packung, heiße Bäder, Dampf etc.) wirkt physikalisch durch Konduktion und zeichnet sich durch geringe Eindringtiefe aus. Die therapeutische Breite liegt zwischen 41 °C und 45 °C. Die Wirkung wird durch die Toleranz des behandelten Gewebes und des Patienten begrenzt. Durch Kombination von Wärmeapplikation und gleichzeitiger Verdunstungskälte kann die Dauer der Anwendung verlängert werden. Oberflächliche Wärmeanwendung bieten sich im Bereich der Hand als einfache und sichere Maßnahme an, da alle Strukturen oberflächennah liegen. Indikationen zur Anwendung von Wärme sind Gelenkkontrakturen, Muskelspasmen und das atrophe Stadium der Algodystrophie. Kontraindikationen sind Infektionen, akute Verletzungen und Gerinnungsstörungen. 쐌 Ultraschall: Ultraschall benutzt akustische Wellen mit einer Wellenlänge über dem hörbaren Spektrum (> 17 000 Hz). Aufgrund der größeren Eindringtiefe sowie der sicheren und einfacheren Anwendbarkeit hat Ultraschall die anderen energetischen Applikationsmodalitäten weitgehend verdrängt. Dennoch bleibt die Dosierung der applizierten Energie ein geräteabhängiges technisches Problem, Überdosierungen sind nicht selten (Bissell 1999). Im Handbereich wird eine Energieintensität von 0,1 – 1,0 W/cm2 angestrebt. Aus Schallwellen kann Wärme am besten im Knochen und in Gelenkkapseln entstehen. Bei der Applikationen von Ultraschallwellen im niedrigen Frequenzbereich und hoher Intensität, insbesondere bei starr auf der Haut aufgedrückten Schallköpfen, kann es neben der Erwärmung auch zu Gasbildungen (Kavitationen) kommen und Gewebezerstörungen auslösen. Es bieten sich Applikationen an Hand und Fingern im Wasser an. Randomisierte und kontrollierte Studien zum Effekt von Ultraschall belegen nur die Wirksamkeit bei akuten schmerzhaften Bewegungseinschränkungen von Gelenken (Falconer u. Mitarb. 1990). Niedrig dosierter Ultraschall fördert die Regeneration von peripheren Nervenläsionen (Hong u. Mitarb. 1988). Insgesamt gilt Ultraschall als additive Maßnahme zur krankengymnastischen Beübung von Kontrakturen (Bissell 1999). Therapeutisch wird Ultraschall bei Hämatomen, Gelenkkontrakturen, myofaszialen Schmerzbildern sowie prä- und postoperativ bei peripheren Nervenläsionen eingesetzt. Kontraindikationen sind einzementierte Implantate (in Methylmetacrylat).
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3.2 Physikalische Therapie
3.2.6 Phonophorese
3.2.8 Elektrotherapie
Die Phonophorese bringt mithilfe von Ultraschallwellen Medikamente transdermal in tiefe Gewebe, z. B. in Gelenke. Der Lebermetabolismus (first pass effekt) wird umgangen. Der Wirkmechanismus ist jedoch nur in Tierstudien belegt (Byl 1995). Die Ergebnisse randomisierter und kontrollierter Studien sind insbesondere für das Einbringen von Corticoiden positiv (Griffin u. Mitarb. 1965, Kleinkort u. Wood 1975, Byl u. Mitarb. 1993). Für die Applikationsmodalitäten wird empfohlen: Ultraschallvorbehandlung, dynamische Anwendung des Ultraschalls mit Kopplungsmedium, Ultraschall mit einer Frequenz unter 3 MHz und einer Intensität von > 1,5 W/cm2, Belassen der Wirksubstanz nach Ende der Applikation unter einem Okklusionsverband (Bissell 1999). Indikationen zur Anwendung der Phonophorese sind nichteitrige Gelenkergüsse sowie nichteitrige Synovialitiden und Keloid. Kontraindiziert ist die Phonophorese bei Hautdefekten und -infektionen.
Elektrotherapie umfasst Stromanwendungen mit unterschiedlichen Frequenzen, Intensitäten und Wellenmodulationen. Die Wirkweisen sind nicht vollständig geklärt (Bissell 1999). Elektrostimulation kann bei Langwellenapplikation mit niedrigen Frequenzen auch tiefe Gewebe erreichen. TENS (transepidermale Nervenstimulation) arbeitet über Elektroden, die auf die Haut geklebt werden (Hautelektroden) und zwischen denen sowohl hochfrequentniederintenser als auch niederfrequent-hochintenser Strom fließen kann. Seine Wirkung wurde anfangs durch die mittlerweile revidierte Gate-Controll-Theorie erklärt, der eine selektive Aβ-Erregung zugeschrieben wurde (Melzack u. Wall 1965). Heute sind auch endogene Opioidausschüttungen nachgewiesen (Han u. Mitarb. 1991). Die Wirkung von TENS ist nicht durch Placebo kontrollierte Studien belegt. Neuromuskuläre Lernprozesse durch funktionelle Elektrostimulation können – insbesondere bei zentralen Störungen – durch Biofeedback unterstützt werden. Die Wirkung von funktionellen Elektrostimulationen auf periphere Nervenläsionen ist umstritten, da axonales Aussprossen durch Strom eher unterdrückt wird (Wysiw u. Jackson 1996). Die Elektrotherapie wird zur lokalen Schmerzbehandlung, besonders bei einem myofaszialen Schmerz und zur neuromuskulären Stimulation sowie zur postoperativen Ödembehandlung und Förderung der Heilung von Knochen und Weichteilen eingesetzt. Kontraindikationen resultieren aus Sicherheitsüberlegungen bei problematischer Erdung und möglichen Stromabfluss über einliegende Katheter, Metallimplantate und Schrittmacher. Die Stromstärke sollte 10 mA, die Ladung 75 µCi (soweit die Elektroden nicht transthorakal platziert sind) nicht übersteigen.
3.2.7 Kältetherapie Von allen Applikationsmodalitäten ist die Anwendung von Eiswasser am effektivsten (McMaster u. Mitarb. 1978). Die Applikationsdauer richtet sich nach der Dicke des subkutanen Fetts, so dass im Handbereich bei einer Dicke von unter 1 cm die Dauer der Applikation nur maximal 10 Minuten betragen sollte (Lehmann u. Delateur 1982). Durch Kälte werden Spastizität und Muskeltonus (durch Dämpfung der Muskelspindelaktivität) gesenkt, die Gelenksteifigkeit erhöht, die Schmerzschwelle angehoben und die Nervenleitfähigkeit gesenkt. Die Heilung von Brandwunden wird gefördert. Maximalkraft und maximal mögliche Muskelspannung werden bei Muskeltemperaturen erreicht, die unter den physiologisch normalen Temperaturen liegen (Bissell 1999). Die Mitteilungen über postoperative Kältebehandlung sind widersprüchlich. Wesentlich erscheint eine kontinuierliche Applikation unter Kompression. Kältetherapie als Vorbehandlung von mobilisierender Krankengymnastik ist weit verbreitet. Indikationen sind akute Verletzungen, lokale Ödeme, Spastizität und lokale Schmerzbehandlung. Eine Kältebehandlung ist kontraindiziert bei Kälteintoleranz, Raynaud-Symptomatik, Kälteglobulinämie und arterieller Durchblutungsstörung.
65
3.2.9 Iontophorese Wirksubstanzen können aus wässrigen Lösungen unter niedergespanntem Strom in Gewebe penetrieren. Es handelt sich um eine galvanische Applikation mit durch Elektrolyse dissoziierten Substanzen (Ionen) unter Gleichspannung. Kontrollierte Studien insbesondere zu Indikationen im Handbereich fehlen.
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3 Konservative Therapie
3.2.10 Magnetfeldtherapie Schon seit 1938 werden therapeutische Anwendungen in Magnetfeldern beschrieben (Hansen 1938). Neben statischen Magnetfeldern rückten in letzter Zeit gepulste Magnetfeldapplikationen in das wissenschaftliche Interesse. Magnetfeldern wird eine Steigerung der Nervenerregbarkeit zugeschrieben, ohne dass klinische Effekte kont-
3.3
rolliert belegt wurden (Hong 1987). Bei Weichteilschmerzen (z. B. des Nackens oder der Schultern) wurde nach 3-wöchiger Applikation kein Vorteil festgestellt (Hong u. Mitarb. 1982), dagegen wurde eine signifikante Schmerzlinderung für Postpoliomyelitisschmerzen demonstriert (Vallbona u. Mitarb. 1997). Für gepulste Magnetfeldtherapie sind die Ergebnisse von bislang 2 kontrollierten Studien widersprüchlich (Trock u. Mitarb. 1994, Leclaire u. Bourgouin 1991).
Psychotherapie
M. Schiltenwolf Bei komplexen Funktionsstörungen sowie bei chronischen Schmerzzuständen, die eindimensional und organisch nicht ausreichend zu erklären sind, sollte die Therapie durch einen „biopsychosozialen“ Ansatz erweitert werden. Hierzu zählt eine Diagnostik, die auch die psychosomatischen Anteile somatoformer und affektiver Störungen umfasst sowie eine multidisziplinäre Therapie, in die eine Psychotherapie integriert ist, die sowohl die Möglichkeit nichtorganischer Verursachung von Schmerzen als auch die Kompetenz des Krankheitsumgangs zum Gegenstand hat. Diagnostisch bieten sich Fragebögen für eine Grobabklärung an. Exakte Diagnostik kann geschultes Personal durch offenes oder strukturiertes Interview leisten. Therapeutisch ist die Überlegenheit einer bestimmten Psychotherapieform nicht geklärt (z. B. Verhaltenstherapie oder psychodynamische Therapie). Typische Krankheitsbilder mit der Möglichkeit nichtorganischer Verursachung oder Chronifizierung sind: 쐌 schwere Unfallfolgen mit der Möglichkeit einer posttraumatischen Belastungsstörung, 쐌 Algodystrophie, 쐌 nicht heilende Wunden mit der Möglichkeit artifizieller Störungen, 쐌 chronische Schmerzbilder, insbesondere des Weichgewebes, – rezidivierende Karpaltunnelsyndrome, – chronische Epikondylitiden, – organisch nicht ausreichend erklärbarer Handgelenkschmerz, – chronische Schmerzen an Hand und Ellenbogen, die nur Teil eines multilokulären Schmerzbildes und vielfältiger Funktionsstörungen im Rahmen somatoformer Schmerz- und Funktionsstörungen sind.
Literatur Bissell, J. H. (1999): Therapeutic modalities in hand surgery. J Hand Surg 24-A: 435 – 448 Byl, N. N. (1995): The use of ultrasound as an enhancer for transcutaneous drug delivery. Phys The 75: 539 – 553 Byl, N. N., A. McKenzie, B. Halliday, T. Wong, J. O’Connell (1993): The effects of phonophoresis with corticosteroids: a controlled pilot study. J Orthop Sports Phys Med 18: 590 – 600 Falconer, J., K. W. Hayes, R. W. Chang (1990): Therapeutic ultrasound in the treatment of muskuloskeletal conditions. Arthitis Care Res 3: 85 – 91 Gauer, E. F., G. Rompe (1982): Hand und Fuß. In: Müller, E.: Praktische Physiotherapie: 51 – 54 Griffin, J. E., J. C. Touchstone, A. C. Y. Liu (1965): Ultrasonic movement of cortisol into pig tissues. II: movement into paravertebral nerve. Am J Phys Med 44: 20 – 25 Han, J. S. , X. Y. Chen, S. L. Sun (1991): The effect of low- and highfrequency TENS on met-enkephalin-arg-phe and dynorphin A immunoreactivity in human lumbar CSF. Pain 47: 295 – 298 Hansen, K. M. (1938): Some observations with view to possible influence of magnetism upon the human organism. Acta Med Scand 97: 339 – 364 Hong, C. Z. (1987): Static magnetic field influence on human nerve function. Arch Phys Med Rehabil 68: 162 – 164 Hong, C. Z., J. C. Lin, L. F. Bender, J. N. Schaeffer, R. J. Meltzer, P. Causin (1982): Magnetic necklace: its therapeutic effectiveness on neck and shoulder pain. Arch Phys Med Rehabil 63: 462 – 466 Hong, C. Z., H. H. Liu, J. Yu (1988): Ultrasound thermotherapy effect on the recovery of nerve conduction in experimental compression neuropathy. Arch Phys Med Rehabil 69: 410 – 414 Kleinkort, J. A., J. P. Wood (1975): Phonophoresis with 1 % versus 10% hydocortisone. Phys Ther 55: 1320 – 1324 Leclaire, R., J. Bourgouin (1991): Electromagnetic treatment of shoulder periarthritis: a randomized controlled trial of efficiency and tolerance of magnetotherapy. Arch Phys Med Rehabil 72: 284 – 287 Lehmann, F. J., B. J. Delateur (1982): Cyotherapy. In: Lehmann, F. J., B. J. Delateur: Therapeutic heat and cold. 3. Aufl. Williams Wilkins, Balitmore: 563 – 602 McMaster, W. C., S. Liddle, T. R. Waugh (1978): The laboratory evaluation of various cold therapy modalities. Am J Sports Med 6: 291 – 294 Melzack, R., P. D. Wall (1965): Pain mechanisms: a new theory. Science 150: 171 – 179
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3.4 Orthesen und Prothesen
Oosterveld, G. F. J., J. J. Rasker (1994): Treating arthritis with locally applied heat or cold. Semin Arhtritis Rheum 24: 82 – 90 Portwood, N. N., J. S. Lieberman, R. G. Taylor (1987): Ultrasound treatment of reflex sympathetic dystrophy. Arch Phys Med Rehabil 68: 116 – 118 Trock, D. H., A. J. Bollet, R. Markoll (1994): The effect of pulsed electromagnetic fields in the treatment of osteoarthritis of the knee and cervical spine. Report of randomized, double blind, placebo controlled trials. J Rheumatol 21: 1903 – 1911
3.4
67
Vallbona, C., C. F. Hazlewood, G. Jurida (1997): Response of pain to static magnetic fields in postpolio patients: a double-blind pilot study. Arch Phys Med Rehabil 78: 1200 – 1203 Wright, V., R. J. Johns (1961): Quantitative and qualitative analysis of joint stiffness in normal subjects and in patients with connective tissue diseases. Ann rheum Dis 20: 36 – 45 Wysiw, W. J., R. D. Jackson (1996): Electrical stimulation. In: Braddonn, R. L.: Physical medicine and rehabilitation. Saunders, Philadelphia: 464 – 491
Orthesen und Prothesen
L. Döderlein und J. Frühauf
3.4.1 Orthesen Definition und Einführung „Eine Orthese ist eine äußerlich am Körper angebrachte Vorrichtung mit dem Zweck, strukturelle oder funktionelle Eigenschaften des Bewegungsapparates zu ändern.“ (Definition der internationalen Prothesen- und Orthesengesellschaft – ISPO). „Eine Orthese ist eine orthopädische Vorrichtung oder ein Apparat mit der Aufgabe der Unterstützung, der achsgerechten Ausrichtung, der Verhütung oder der Korrektur von Deformitäten oder um die Funktion der beweglichen Teile des Körpers zu unterstützen.“ (Definition aus Dorlands Lexikon, 1985) Die Verwendung von Orthesen kommt an Arm und Hand weitaus seltener vor als am Bein. An der oberen Extremität treten die Aufgaben einer Entlastung und Stützung hinter denen einer Funktionsverbesserung und Korrektur zurück. Lähmungen und posttraumatische Deformitäten waren in früherer Zeit das Haupteinsatzgebiet von Hand- und Armorthesen. Materialtechnisch verwendete man dabei überwiegend Leder- und Stahlkonstruktionen. Als klassische Beispiele für die Indikation zur Orthesenversorgung gelten Schienenhülsenapparate bei Ellenbogengelenkinstabilität, Arthrodesenhülsen für das Handgelenk und Radialisschienen bei einer Lähmung der Hand- und Fingerstrecker. Quengelschienen kamen bei Kontrakturen der größeren Gelenke zum Einsatz. Mit der Einführung neuer Werkstoffe, neuer Herstellungstechniken (Tiefziehverfahren, Gießharzlaminate) und vorgefertigter Schienen und Gelenke gestaltete sich die Orthesenherstellung effektiver, komfortabler, rascher und preisgünstiger. Da Orthesen problemlos vom Patienten an- und abgelegt werden können, muss dieser hinsichtlich Wirkung, Tragekomfort und Kosmetik mit der Versorgung einverstanden sein. Orthesen werden von Orthopädiemechanikern in Zusammenarbeit mit Ärzten und Therapeuten angefertigt.
Dies erfordert, dass sich Ärzte und Therapeuten die Grundlagen zur Indikation, Konstruktion und Wirkung von Orthesen aneignen. Die Orthesenversorgung stellt in der Regel nur einen Teil des Behandlungsprogrammes dar.
Indikationen Die Indikationsgebiete zur Orthesenversorgung an der oberen Extremität umfassen ein weites Spektrum verschiedener Krankheitsbilder. Die Orthesen sind dabei im Gegensatz zur unteren Extremität, bei der es eher auf dauerhafte Stabilität ankommt, vielfach zum vorübergehenden Gebrauch gedacht, bis die erhoffte Funktion wiederhergestellt ist. Eine Orthesenversorgung an der oberen Extremität ist indiziert bei: 쐌 neuromuskulären Störungen: – schlaffe Lähmungen (Plexusparese, Poliomyelitis, Tetraplegie, periphere Paresen etc.), – spastische Lähmungen (ICP, Apoplex, Schädel-HirnTrauma (SHT), Multiple Sklerose), 쐌 posttraumatischen Problemen: – Verbrennungen, – Frakturen, – Zustände nach Frakturen und Verletzungen (Kapseln, Sehnen), 쐌 weitere Indikationen: – angeborene Deformitäten/Dysmelien, – Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises (Polyarthritis, degenerative Veränderungen), – Überlastungssyndrome (Tennisarm, Tendinosen), – postoperativer Schutz.
Biomechanik, Konstruktionsprinzipien und Materialeigenschaften Eine Orthese soll schützen, die Funktion verbessern oder korrigieren bzw. stützen. Wird nicht wenigstens eine dieser Eigenschaften erfüllt, so ist die Orthese in der Regel überflüssig.
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3 Konservative Therapie
Wegen der deutlich geringeren mechanischen Anforderungen an der oberen Extremität wird Stahl und Titan nur in Ausnahmefällen eingesetzt.
Klassifikation der Orthesentypen
Abb. 3.4 Dynamischer Streckquengel für die Fingermittelgelenke.
Die Orthese wirkt über die Korrektur passiv ausgleichbarer Deformitäten und durch die Begrenzung unerwünschter Bewegungsausmaße. Dies bedeutet, dass eine manuell nicht ausgleichbare Fehlstellung auch von einer Orthese nicht zu korrigieren ist. Orthesen wirken normalerweise über einen 3-Punkte- bzw. 4-Punkte-Mechanismus. Stets ist die Kontaktfläche bzw. Auflagefläche bei der Wirkung zu bedenken (Druckverteilung). Je günstiger die Druckverteilung bzw. Auflagefläche gestaltet ist, umso eher wird der Patient das Hilfsmittel akzeptieren. Mobilisationsorthesen benötigen zusätzlich eine ausreichende Verankerung proximal des zu mobilisierenden Gelenkes (Abb. 3.4). Prinzipiell sollte jede Orthese aber nur so viele Gelenke überbrücken, wie für ihre Wirkung absolut notwendig sind. Bei der Materialauswahl ist meist ein Kompromiss zwischen der erforderlichen Stabilität und dem Tragekomfort zu suchen. Es steht eine Vielzahl unterschiedlicher Materialien zur Verfügung, weshalb die richtige Auswahl gewisse Grundkenntnisse erfordert. Eine Orthese umfasst folgende Funktionen: 쐌 Ruhigstellung, 쐌 Schutz, 쐌 Stabilisierung instabiler Gelenke, 쐌 Unterstützung abgeschwächter/fehlender Muskulatur, 쐌 Funktionsverbesserung über Adaptivsysteme, 쐌 Schmerzbegrenzung, 쐌 Bewegungsbegrenzung, 쐌 Tonuskontrolle (bei spastischer Parese), 쐌 Kontrakturprophylaxe, 쐌 Mobilisierung/Kontrakturbehandlung(Quengel- oder Redressionsorthesen). Folgende Komponenten charakterisieren den Aufbau einer Orthese: 쐌 Körper (Stahl, Aluminium, Gießharz, Thermoplaste), 쐌 Gelenke (Stahl, Titan, Aluminium, Kunststoffe), 쐌 Verschlüsse (Klett, Leder), 쐌 Polsterung (Plastazote, Leder, Stoff), 쐌 Zugeinrichtungen (Federn, Gummizüge).
Orthesen werden nach den Gelenken, die sie übergreifen und nach ihrer Funktion klassifiziert. Sie können in vorfabrizierte und individuell hergestellte Orthesen sowie Funktions- und Lagerungsorthesen eingeteilt werden. Bei den Lagerungsorthesen unterscheidet man passive und mobilisierende Konstruktionen. Mobilisierende Lagerungsorthesen können entweder durch Eigenkraft oder über externe Kraftquellen wirken (Federn, Gummizüge, Motoren: CPM-Orthesen). Die Orthesen lassen sich anhand der von ihnen überbrückten Gelenke klassifizieren in: 쐌 Ellenbogengelenkorthesen, 쐌 Ellenbogen-Hand-Orthesen, 쐌 Ellenbogen-Hand-Finger-Orthesen, 쐌 Unterarm-Hand-Orthesen (mit/ohne Daumeneinschluss), 쐌 Fingerorthesen, 쐌 Daumenorthesen. Eine weitere Unterscheidung ergibt sich beim Einsatzbereich schlaffer Lähmungen in Abhängigkeit von der Art und der Verteilung der Ausfälle. Hier unterscheidet man Stellungsorthesen, Greiforthesen, Einsteckorthesen (für Geräte) und Lagerungsorthesen.
Ellenbogengelenkorthesen. Eine Schwäche der aktiven Ellenbogengelenkbeugung, die Instabilität dieses Gelenks oder Bewegungseinschränkungen machen den Einsatz solcher Orthesen erforderlich (Abb. 3.5 a – c). Die Orthesen werden als Schienenhülsenkonstruktion mit seitlicher Gelenkführung gebaut. Das Ellenbogengelenk kann bei Schwäche oder Ausfall der Beuger durch die Verwendung von Systemgelenken mit Friktionsmechanismus oder Rastersperren in jeder Beugestellung ver- und entriegelt werden. Der Verriegelungsmechanismus kann dabei entweder durch die Gegenhand oder analog zur Prothesentechnik über Zugbandagen mit Bowdenkabeln bedient werden. Bei globaler Instabilität dient eine Schienenhülsenkonstruktion zur Gelenkführung. Im Falle einer Abschwächung der Pro- oder Supination wird eine zweiteilige Orthese mit einem schaligen Ellenbogenteil und einem Mittelhandteil konstruiert. Beide Komponenten werden durch einen längs angebrachten torquierenden Federquengel verbunden, dessen Korrekturwirkung verstellbar ist. Zur Korrektur von leichteren Ellenbogengelenkkontrakturen können Quengelorthesen gebaut werden. Sie wirken über 2 möglichst großflächig an Ober- und Unterarm angebrachte Schalen, die über einen Quengelmechanismus miteinander verbunden sind. Bei der Korrektur von Beugekontrakturen (Streckquengelorthese) sollten die Schalen ventral, bei der Korrektur
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3.4 Orthesen und Prothesen
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Abb. 3.5 a – c Ellenbogenführungshülse bei posttraumatischer Instabilität.
b
a
c
von Streckkontrakturen (Beugequengelorthese) dagegen dorsal angebracht werden. Je exakter der Drehpunkt der Orthese an anatomischer Stelle liegt, umso weniger Relativbewegungen zwischen Ellenbogen und Orthese treten auf (Gefahr von Druckstellen und Gelenkschädigung).
Ellenbogen-Hand-Orthesen. Dieser Orthesentyp kommt bevorzugt als Lagerungsorthese zum Einsatz. Er dient der Prophylaxe von Pro- oder Supinationskontrakturen sowie von Hand- und Ellenbogendeformierungen. In den seltenen Fällen einer kombinierten Ellenbogengelenkinstabilität bzw. -schwäche mit einer Handmuskelschwäche kann dieser Orthesentyp auch funktionell wirksam sein. Das Ellenbogengelenk wird dann als Feststellgelenk gebaut. Wegen seiner aufwendigen Konstruktion stößt die Akzeptanz als Funktionsorthese aber an ihre Grenzen.
Ellenbogen-Hand-Finger-Orthesen. Auch diese Orthese wird primär zur passiven Lagerung und Prophylaxe drohender Deformitäten eingesetzt. Unterarm-Hand-(-Finger-)Orthesen. Dieser Bereich stellt das Hauptgebiet der Orthesenversorgung an der oberen Extremität dar. Neben der Lagerungsbehandlung zur Prophylaxe von Beugedeformitäten an Hand- und Fingergelenken kommen auch Funktionsorthesen zum Einsatz. Sie wirken über die Aufrechterhaltung einer physiologischen Gelenkstellung muskulär nicht stabilisierbarer Regionen, damit die verbliebenen aktiv bewegbaren Gelenke besser wirken können. Typische Einsatzbereiche sind drohende Kontrakturen bei schlaffer oder spastischer Lähmung (Abb. 3.6) sowie Gelenkdestruktionen oder -instabilitäten. Bei der rheumatoiden Arthritis soll dieser Orthesentyp besonders einer Ulnardeviation der Hand- und Fingergelenke entgegenwirken. Zu diesem Zweck werden bei einer Lagerungsorthese die Langfinger einzeln mit Stegen ge-
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3 Konservative Therapie
Abb. 3.6 Handlagerungsorthese bei Beugespastik von Handund Fingergelenken.
Abb. 3.7
Handgelenkarthrodesenhülse.
Abb. 3.8 a u. b Dynamischer Streckquengel für ein Langfinger-PIP-Gelenk, Stack-Schiene.
führt. Die Funktionsorthese unterstützt die aktive Funktion bei Lähmungen der Unterarm- und Handmuskulatur sowie bei angeborenen und posttraumatischen Deformitäten. Eine Handgelenkarthrodesenhülse kommt bei schmerzhafter Handwurzelarthrose oder bei rheumatischer Gelenkschädigung zum Einsatz (Abb. 3.7). Sie schützt die Hand- und Fingerstrecksehnen vor Überdehnung. Die 3-Punkte-Orthese bei der angeborenen Klumphand stellt eine Spezialversorgung dar.
Fingerorthesen. Dieser Orthesentyp ist wegen der kleinen anatomischen Verhältnisse und der zahlreichen funktionell ineinander greifenden Gelenkketten besonders anspruchsvoll zu konstruieren. Generell wird man nur die therapeutisch infrage kommenden Gelenke orthetisch berücksichtigen. Bei mobilisierenden Schienen kann ein proximales Teil zur Verankerung notwendig werden. Es gibt reine Fingerorthesen, die entweder zur Ruhigstellung oder zur Mobilisation bewegungseingeschränkter Gelenke verwendet werden (Beuge- oder Streckquengel, 3-Punkte-Quengel bei der Schwanenhals- oder Knopflochdeformität) (Abb. 3.8 a u. b). Alternativ kommen auch Fingerquengel zum Einsatz, die an eine handgelenküberbrückende Unterarmschale gekoppelt sind. Dieser Orthesen-
typ findet besonders nach Sehnenoperationen Verwendung. Die Korrekturwirkung wird über Federn oder elastische Bandzüge ausgeübt. Die Orthese soll die rekonstruierten Sehnen gegen Überdehnung schützen und gleichzeitig Bewegungen im sicheren Bereich zur Vermeidung von Adhäsionen gestatten. Die Handschuhbandage nach Moberg erlaubt eine schrittweise Verbesserung der Langfingerbeugestellung. Die Stack-Fingerschiene wird bei knöchernen Strecksehnenausrissen zur Immobilisierung des DIP-Gelenks in Streckstellung eingesetzt.
Daumenorthesen. Wegen der deutlichen Einschränkung der Daumenfunktion durch jede Art von Orthesen werden sie in dieser Region nur selten eingesetzt. Instabilitäten des Daumnengrundgelenks, ausgeprägte Rhizarthrosen oder der spastisch eingeschlagene Daumen können eine so genannte Daumenhülse erforderlich machen (Abb. 3.9). Allerdings wird man in vielen Fällen durch operative Rekonstruktion eine bessere Situation für den Patienten schaffen. In diesen Fällen dienen die Orthesen zum vorübergehenden postoperativen Schutz.
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3.4 Orthesen und Prothesen
Klinische Untersuchung und Anpassung
Abb. 3.9
Daumenhülse.
Spezielle Orthesenversorgung bei Lähmungen der Unterarm- und Handmuskulatur. Ihr Einsatzbereich dient zum einen der Unterstützung der Reinnervation, wobei die Orthese einer Überdehnung der paretischen Muskulatur und der Entwicklung von Kontrakturen entgegenwirken soll. Zum anderen soll sie die verbliebene Funktion unterstützen. Beide Aufgaben können nur selten von ein und derselben Orthese übernommen werden. Radialislähmungen erfordern die Stabilisierung des Handgelenks, ggf. mit zusätzlichen Streckvorrichtungen für Langfinger und Daumen. Medianuslähmungen benötigen abhängig von der Lähmungshöhe Lagerungsschienen mit Daumeneinschluss sowie eine funktionelle Daumenabduktions-/oppositionsorthese (Abb. 3.10 a u. b). Bei Ulnarislähmungen setzt man Unterarm-Hand-Finger-Orthesen mit einer Blockierung der Überstreckung der Langfingergrundgelenke ein (Intrinsic-Plus-Stellung). Gleichzeitig kann die Beugung der Langfingergrundgelenke passiv unterstützt werden. Bei eventuell begleitenden sensiblen Ausfällen sollte immer auf die Gefahr von Druckstellen durch die Orthese geachtet werden.
a
Jeder Verordnung muss eine klinische Untersuchung vorausgehen, bei der die konstruktiven Details der Orthese festgelegt werden. Die klinische Untersuchung umfasst dabei die Erhebung eines genauen Gelenkstatus, der Muskelkraft und des neurologischen Befundes. Schmerzhafte oder druckempfindliche Regionen müssen speziell bezeichnet werden. Nach der Indikationsstellung zur Orthesenversorgung ist eine Wahl zwischen konfektionierten Orthesen mit oder ohne spezielle Zurichtungen bzw. individuell angefertigten Orthesen zu treffen. Eine Funktionsorthese muss immer besonders exakt angepasst werden, während bei Lagerungssorthesen eher etwas Spielraum belassen werden kann. Manchmal sind beide Typen nebeneinander, z. B. als Lagerungs- und Funktionsorthesen, notwendig. Bei Unklarheiten hinsichtlich der erwarteten Wirkung oder der Mitarbeit des Patienten kann man auch aus Kunststoffgips oder thermoplastisch formbaren Materialien Probeorthesen anfertigen, diese mit Filz auskleiden und Klettverschlüsse anbringen (Malick). In der Regel ist dabei die Mithilfe der Ergotherapeutin erforderlich. Schließlich sollte auch die notwendige Tragedauer der Orthese festgelegt werden (unter Umständen durch schrittweises Eingewöhnen). Jede Orthesenverordnung sollte demnach folgende Punkte beinhalten: 쐌 Orthesentyp (Funktions-, Lagerungs-, Quengelorthese, sonstige), 쐌 Art der Herstellung (konfektioniert oder individuell angefertigt, mit oder ohne Zurichtung), 쐌 von der Schiene überbrückte Gelenke, 쐌 Zweck der Orthese (anatomische Gelenkstellung, Art der Orthesengelenke, Mobilisierung, Stabilisierung, Unterstützung), 쐌 Hinweise zu Material/Polsterung/Verschlüssen/elastischen Zügen.
b Abb. 3.10 a u. b Funktionelle Oppositionsorthese.
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3 Konservative Therapie
Überprüfungskriterien Bei der Überprüfung vorhandener Orthesen ist zunächst die Frage zu stellen, ob mit der betreffenden Versorgung das angestrebte Ziel überhaupt erreichbar ist (Korrektur, Schutz, Funktionsverbesserung, Prophylaxe). Stellt die Orthese in diesem Falle die beste Lösung dar? Der nächste Schritt besteht in einer Überprüfung, ob die Orthese getragen und korrekt angelegt wird (Gebrauchsspuren an Polster und Verschlüssen). Wir sehen diesen Punkt als maßgeblich für eine eventuelle Änderung oder Erneuerung einer Versorgung an. Schließlich sind die konstruktiven Details am Patienten zu untersuchen. Dabei sollten die Länge, die Passform, die Ausrichtung eventueller Gelenke im Vergleich zu den anatomischen Gelenkachsen, die für den jeweiligen Zweck erforderliche Stabilität und die Verschlüsse kontrolliert werden. Es dürfen möglichst nur so viele Gelenke in die Schiene einbezogen werden, wie für die Orthesenfunktion absolut notwendig sind. Ein genauer Dokumentationsbogen der Orthese und ihrer Wirkung am Patienten wird von der Ergotherapeutin erstellt. Wie bei allen therapeutischen Maßnahmen können Probleme bei der Indikationsstellung, der Anfertigung und der Anwendung auftreten. Eine fehlende bzw. fehlerhafte Wirkung und ein schlechter Sitz zählen zu den am häufigsten beobachteten Punkten. Wenn die Orthese die ihr zugedachte Wirkung nicht oder zu stark entfaltet (Druckstellen, mögliche Gelenkschäden), muss sie geändert bzw. erneuert oder eine andere Lösung gesucht werden. Die Ursachen können in einer zu schwachen Konstruktion oder in zu ausgeprägter anatomischer Deformierung liegen, die einer passiven Korrektur nicht mehr zugänglich ist. Regelmäßige klinische Kontrollen helfen, solche Schwierigkeiten zu minimieren. Weitere Probleme bestehen in einer möglichen Muskelatrophie durch die Ruhigstellung, stärkerem Schwitzen mit Hautveränderungen und kosmetischen Belangen, die bei der Fertigung ebenfalls zu berücksichtigen sind, da sie die Akzeptanz wesentlich beeinflussen.
Zusammenfassung Orthesen sind bei richtiger Indikation und Anwendung wichtige zusätzliche Hilfen in der Therapie unterschiedlichster Krankheitsbilder an Arm und Hand. Die Kenntnis der konstruktiven Möglichkeiten und der indikatorischen Grenzen sind für eine erfolgreiche Anwendung ebenso wichtig wie geschulte Therapeuten und fähige Orthopädietechniker. Im Zuge der evidenzbasierten Medizin ist ein objektiver Wirkungsnachweis nur durch eine genaue Dokumentation und regelmäßige Verlaufskontrollen zu erbringen. Bei neueren Orthesenentwicklungen wird versucht, das Prinzip der kontinuierlichen passiven Bewegung einzubauen. Ihre Vorteile liegen in einer verbesserten Wund- und Sehnenheilung bei einer geringeren Verwach-
sungstendenz. Ihre Nachteile bestehen im größeren konstruktiven Aufwand, im Gewicht und im Preis. Auch auf diesem Gebiet sind deshalb weitere Untersuchungen zur Kosten-Nutzen-Analyse wünschenswert. Literatur Bailey, J.M., N.M. Cannon (1992): Splint classification system. American Society of Hand Therapists, Chicago Boozer, J. (1993): Splinting the arthritic hand. J Hand Ther 6: 46 – 51 Carus, D., J. Lamb, G. Johnson (1993): Upper limb orthoses. In: Bowker, Condie, Bader, Pratt: Biomechanical basis of orthotic management. Butterworth Heinemann, London: 191 – 218 Dorland’s Medical Dictionary (1985). Saunders, Philadelphia Fess, E., C. Phillips (1987): Hand splinting, principles and methods. 2nd ed. Mosby, St. Louis Fishman, S. , R. Berger (1985): Upper-limb orthoses. In: Atlas of orthotics. 2nd ed. Mosby, St. Louis: 163 – 198 King, J.W. (1992): Upper extremity fracture bracing. J Hand Ther 5: 157 – 161 Kirshblum, S. C., K.C. O’Connor, B.C. Benevento, S. Salerno (1998): Spinal and upper extremity orthotics. In: De Lisa, J.A., B.M. Gans: Rehabilitation medicine. 3rd ed. Lippincott, Philadelphia: 635 – 650 Malick, M., R. Baumgartner (1976): Lagerungsschienen für die Hand. Thieme, Stuttgart Mannerfelt, L., L. Biedermann (1990): Orthesen für die obere Extremität. In: Hohmann, D., R. Uhlig: Orthopädische Technik. 8. Aufl. Enke, Stuttgart: 455 – 558 Miner, L.J., V.S. Nelson (1995): Upper limb orthoses. In: Redford, J.B., J.V. Basmajian, P. Trautman: Orthotics-clinical practice and rehabilitation technology. Churchill, Livingstone: 103 – 135 Richard, R.L., M.J. Staley (1994): Burn care and rehabilitation principles and practice. Davis, Philadelphia Schutt, A.H. (1992): Upper extremity and hand orthotics. Phys Med Rehabil Clin N Am 3: 223 – 227
3.4.2 Prothesen Definition „Prothesen dienen dem funktionellen und/oder kosmetischen Ersatz fehlender Gliedmassenabschnitte oder ganzer Gliedmassen.“ (Definition nach ISPO = internationale Prothesen- und Orthesenvereinigung). Abgesehen von vereinzelten historischen Berichten über künstliche Hände, von denen die Hand des Ritters Götz von Berlichingen aus dem Jahre 1504 und die Konstruktionen von Ambroise Pare (1510 – 1590) sicherlich die bekanntesten sein dürften, begann die systematische Anfertigung von Armprothesen erst mit der Versorgung kriegsversehrter Patienten nach dem ersten Weltkrieg. Weitere Fortschritte in der Stumpfbettung und Prothesensteuerung, die Einführung der Muskelkanalbildung (Kineplastik) durch Sauerbruch und Lebsche sowie die Einteilung in Arbeits- und Schmuckarme kennzeichnen diesen Zeitraum. Trotz der teilweise hochinteressanten Gelenkkonstruktionen (Radicke u. Schede 1920, zur Verth 1941) war die Prothesenversorgung in der damaligen Zeit durch
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3.4 Orthesen und Prothesen
das hohe Gewicht (Leder, Holz, Stahl), die eingeschränkte Steuerungsfunktion und den hohen technischen Aufwand limitiert. Durch die Einführung neuer Werkstoffe (Gießharze, thermoplastische Kunststoffe, synthetische Schäume, Titangelenke) erfuhr die Armprothesenversorgung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen enormen Aufschwung. Vorgefertigte Prothesenpassteile beschleunigten die Herstellung ebenfalls. Als Kraftquelle dienten anfangs pneumatische Systeme, die durch am Patienten befestigte Kohlensäurepatronen gespeist wurden. Sie wurden durch die myoelektrische Steuerung verdrängt. Die weitere Entwicklung brachte miniaturisierte Elektromotoren hervor, die heute Bestandteil der meisten Fremdkraftprothesen sind. Die Rehabilitation von Patienten mit Gliedmaßenverlusten erfordert stets die enge Kooperation von Ärzten, Therapeuten, Orthopädietechnikern, Sozialarbeitern und Psychologen.
Indikation An der oberen Extremität besteht die Indikation zur prothetischen Versorgung primär bei Amputationen nach Traumata oder Tumoren. Seltenere Ursachen stellen Amputationen bei Gefäßerkrankungen, Lähmungen oder angeborene Gliedmaßenfehlbildungen dar. Die Mehrzahl traumatischer Amputationen betrifft den Hand- und Unterarmbereich und erscheint deshalb für eine Prothesenversorgung wegen des erhaltenen Ellenbogengelenks besonders gut geeignet. Nach Rene Baumgartner u. Pierre Botta (1997) gibt es trotzdem kaum ein Gebiet der Medizin, in dem die Erwartungen und Ansprüche des Patienten, seiner Angehörigen und der Ärzte an die Technik und die Realität so weit auseinanderklaffen, wie bei den Hand- und Armprothesen. Damit gilt es zunächst immer, dem Patienten klar zu machen, dass ein Ersatz der extrem diffizilen Handfunktion mit keiner auch noch so komplexen Prothesenkonstruktion auch nur entfernt erreichbar ist. Primär betrifft dies die fehlende sensibel-sensorische Rückmeldung. Aber auch die vielfältigen Greifvariationen einer normalen Hand sind prothetisch niemals zu erreichen. „Tempering expectation with reality is an essential part of the rehabilitation experience.“ (Leonard u. Meier, 1998) Die Versorgung der oberen Extremität hängt noch mehr als die der unteren Extremität von der Motivation und Mitarbeit des Patienten und seinen Ansprüchen an die Prothesenversorgung ab. Patienten mit einseitigen Amputationen oder mit Amputationen proximal des Ellenbogengelenks lehnen die Versorgung häufiger ab, als doppelseitig bzw. Unterarmamputierte.
Abb. 3.11
73
Bestandteile einer aktiven Unterarmprothese.
Biomechanik, Konstruktionsprinzipien und Materialeigenschaften Prothesen für Hand und Arm lassen sich in folgende Komponenten einteilen (Abb. 3.11): 쐌 Prothesenschaft (mit oder ohne Schienen- und Bandagenzugsysteme), der die Verbindung zum Körper herstellt und neben der sicheren Aufhängung eine sensibel-sensorische Rückmeldung erlaubt, 쐌 Prothesenhand bzw. die Greifkonstruktion, die für die Funktionalität der Prothese verantwortlich ist, 쐌 Prothesensteuerung mit der Aufgabe, willkürliche Funktionen des Patienten in die Greiffunktion umzusetzen, 쐌 Prothesenkosmetik, die einen wichtigen zusätzlichen Aspekt für die Akzeptanz darstellt. Die Prothesenschäfte werden am Stumpf in der Regel durch einen Gegenhalt an Skelettvorsprüngen fixiert. Der Prothesenschaft hat die Aufgaben, die Verbindung des Stumpfes mit den Passteilen herzustellen sowie die Bewegungen des Armes und die Greiffunktionen zu ermöglichen. Das an der unteren Extremität übliche Prinzip der Vollkontaktbettung kann an der oberen nicht immer realisiert werden. Die Ursachen hierfür sind die überwiegend auf die Prothese einwirkenden Zugkräfte. Die Verbindung des Schaftes mit dem Stumpf wird über die knöcherne Form, Schienenkonstruktionen, Gurtsysteme oder eine Sogwirkung hergestellt. Die Schaftkonstruktion muss neben der innigen Verbindung zum Stumpf noch weitere Funktionen erfüllen. Dazu gehören das einfache An- und Ablegen der Prothese, kosmetische Belange, die Stabilität, die Nachpassbarkeit sowie das Gewicht. Bei der Schaftkonstruktion überwiegt die Schalenbauweise, die in Gießharztechnik oder durch das Vakuum-Tiefziehverfahren angefertigt wird. Der Schaft dient als Basis für die Greifkonstruktion und die Prothesensteuerung (Passteile). Im Gegensatz zur individuellen Anfertigung des Prothesenschaftes sind die Passteile in der Regel industriell
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3 Konservative Therapie
Abb. 3.12
Zugbandage.
vorgefertigt. Abhängig von der Indikation und dem Einsatzbereich der Prothese kommen die unterschiedlichsten Greifsysteme zum Einsatz. Eine grobe Einteilung unterscheidet passive Hände von aktiven. Bei den aktiven können wiederum Eigen- und Fremdkraftsteuerungen sowie so genannte Hybridprothesen unterschieden werden. Hybridprothesen verwenden eine Kombination aus Eigenund Fremdkraftsteuerung. Zur Eigenkraftsteuerung, bei der die Prothesenhand durch Zug über ein Bowdenkabel aktiv geöffnet (häufig) oder geschlossen (selten) wird, werden Gurtsysteme verwendet, die über Bewegungen der gegenseitigen Schulter betätigt werden (Abb. 3.12). Bei proximalen Amputationen können auch Mehrzugbandagen zur Verriegelung und Ent-
riegelung des Ellenbogengelenks und zur Handsteuerung eingesetzt werden. Bei einem erhaltenen Karpalstumpf lassen sich die Bewegungen der Handwurzel direkt auf die Greiffunktion übertragen. Von Kuhn (1979) stammt die Idee einer passiven Teilhandprothese mit offenem Ende, bei der die Sensibilität des Stumpfes in die Funktion der Prothese mit integriert wird (Offenendprothese, Abb. 3.13). Die Muskelkanalbildung nach Sauerbruch und Lebsche stellt eine weitere Möglichkeit für die Eigenkraftsteuerung dar. Sie kommt jedoch in heutiger Zeit vor allem wegen kosmetischer Vorbehalte kaum mehr zum Einsatz, obgleich sie wegen ihrer propriozeptiven Eigenschaften hervorragend steuerbar ist. In den willkürlich bewegbaren Muskelkanal wird ein Stift eingesteckt, der über Bügelverbindungen die Prothesenmechanik steuert. Nachteile der Eigenkraftprothesen sind der Kraftverlust durch die Mechanik und die wenig befriedigende Kosmetik. Vorteile sind die bessere sensorische Rückmeldung und vor allem die höhere Stabilität bei geringerem Gewicht. Fremdkraftsteuerungen basieren entweder auf myoelektrischen Signalen, die von der verbliebenen Muskulatur des Stumpfes abgegriffen werden oder aber auf Zugoder Druckschaltern, die durch willkürliche Muskelkontraktionen betätigt werden. Die Impulse werden zur Steuerung von miniaturisierten Elektromotoren verwendet, die in den Prothesenschaft eingelassen sind. Für die myoelektrische Steuerung müssen gewisse Mindestgrößen von Aktionspotentialen gefordert werden. Über handelsübliche Myo-Testgeräte können diese vor einer eventuellen Versorgung getestet oder sie können durch Übung trainiert werden. Als Greifsysteme dienen hakenartige Konstruktionen (sog. Hooks) und spezielle motorbetriebene Greifer und Hände mit oder ohne kosmetische Überzüge. Durch konstruktive Verfeinerungen konnten myoelektrische Systeme inzwischen soweit verkleinert werden, dass auch eine Verwendung bei Kleinkindern möglich geworden ist. Das Gewicht solcher Versorgungen kann unter 200 g gehalten werden. Nachteile der myoelektrischen Steuerung sind die schwierigere Anpassung und die höhere Anfälligkeit für Reparaturen. Vorteile sind die gute Funktion auch bei geringer verbliebener Kraft und die bessere Abb. 3.13
Offenendprothese nach Kuhn.
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3.4 Orthesen und Prothesen
Kosmetik. In vielen Fällen sind Doppelversorgungen mit aktiven und fremdkraftgesteuerten Systemen notwendig. Auch für die Verbindung zwischen den Passteilen und dem Prothesenschaft existieren unterschiedliche Systeme, je nachdem, ob lediglich eine passive Fixierung mit oder ohne Verstellmöglichkeit oder zusätzliche Bewegungen im Handgelenk erwünscht sind. Die kosmetische Konstruktion der Prothese verlangt großes Geschick auf Seiten des Orthopädietechnikers, da er möglichst gute Funktion mit eingeschränktem Raum und mit vertretbarem Gewicht kombinieren muss. Als Prothesenüberzüge kommen verschiedene Kunststoffe zum Einsatz, die aber noch nicht in allen Fällen zu befriedigen vermögen. Beim rein kosmetischen Hand- oder Teilhandersatz werden aufsteckbare Schmuckprothesen (Epithesen) nach Gipsabdruck und dem Muster der Gegenhand angefertigt, die die natürliche Form weitgehend nachahmen. Zusätzliche Applikationen wie Fingernägel oder Ringe vermögen das Aussehen noch weiter zu vervollkommnen. a
b
Klassifikation der Prothesentypen Bei den Unterarm- und Handprothesen ist folgende Einteilung üblich: 쐌 passive Armprothesen, – Schmuckprothesen (Epithesen), – passive Arbeitshände, 쐌 aktive Armprothesen, – Eigenkraftprothesen (mit direkter oder indirekter Kraftquelle), – Fremdkraftprothesen (Abb. 3.14 a – c), – Hybridprothesen (Kombinationen aus Eigen- und Fremdkraftsteuerung). Abhängig von der Amputationshöhe gibt es weitere Klassifizierungen: 쐌 Finger- und Teilhandersatz: kosmetisch oder funktionell, 쐌 Handgelenkexartikulationsprothesen: kosmetisch, Eigenkraft, Fremdkraft, 쐌 Unterarmprothese: kosmetisch, Eigenkraft, Fremdkraft (mit und ohne Pro- und Supination).
c Abb. 3.14 a – c Myoelektrische Versorgung bei proximaler Unterarmamputation. Lage der Elektroden in der Prothese (c).
Prothesenanpassung Die Anpassung der Prothese sollte in Zusammenarbeit mit dem Ergotherapeuten, dem Krankengymnasten und dem Orthopädietechniker erfolgen. Bei Unklarheiten hinsichtlich der Akzeptanz hat sich die Kontaktaufnahme mit anderen Patienten, die eine vergleichbare Versorgung haben, bewährt. In der Regel wird die definitive Prothese 1 – 2 Monate nach der Amputation angepasst, wenn die Weichteilstrukturen (Myodese/Myoplastik) abgeheilt sind und der Stumpf eine konstante Form und ein konstantes Volumen erreicht hat. Im Gegensatz zur Sofortprothesenversorgung an der unteren Extremität kommt dieser Maß-
nahme am Arm nur untergeordnete Bedeutung zu (z. B. bei beidarmiger Amputation). Die Tabelle 3.2 zeigt die wichtigsten Punkte, die bei einer Prothesenanpassung berücksichtigt werden sollten. Bei angeborenen Fehlbildungen ist man wegen günstiger Ergebnisse mit der myoelektrischen Versorgung bis ins Kleinkindalter vorgerückt. Nach einer so genannten Patschhandversorgung, die als passiver Gegenhalt bis etwa zum 2. Lebensjahr getragen wird, ist die anschließende frühzeitige myoelektrische Prothesenanpassung ab etwa dem 2. – 3. Lebensjahr mittlerweile Standard gewor-
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3 Konservative Therapie
____
Tab. 3.2
Kriterien für die Prothesenanpassung
Stumpf
Stumpflänge, Weichteildeckung, Sensibilität, Schmerzen (lokalisiert), Phantomschmerzen, Narbenzüge, Gelenkbeweglichkeit, Muskelkraft
Patient
Funktion der Gegenseite (Prothese an- und ablegen), Motivation zur Gebrauchsschulung, funktionelle Anforderungen, kosmetische Bedürfnisse, berufliche Interessen, Freizeitinteressen
Anfertigung und Anpassung
Kenntnisse des Orthopädietechnikers, Möglichkeiten der Gebrauchsschulung (besonders bei Spezialkonstruktionen), Fragen der Kostenübernahme
den. Sie erlaubt die frühe Integration des Prothesenarmes in das Körperschema und erhöht auf diese Weise die langfristige Akzeptanz. Die Prothesen werden zunächst nur mit einer aktiven Öffnungsmöglichkeit und passivem Fingerschluss ausgestattet. Ab etwa dem 5. Lebensjahr werden die Funktionen erweitert. Vielfach ist allerdings zum Spielen eine Parallelversorgung mit dem robusteren aktiven Greifarm empfehlenswert. Besondere Anforderungen stellt der Patient mit einer doppelseitigen Amputation dar. Da ihm die sensorische Rückmeldung über die gesunde Seite fehlt, ist er vollständig auf seine Prothesen angewiesen. Neben der schwierigen Auswahl individuell abgestimmter Prothesenfunktionen, ist dem selbständigen An- und Ablegen besonderes Augenmerk zu schenken. Das Prothesengebrauchstraining ist dementsprechend aufwendiger. Die Ausstattung mit zumindest einem Greifer ist in der Regel funktionell günstiger als beidseitige Prothesenhände. Wegen des dauerhaften Gebrauches sollten robuste Systeme bevorzugt werden. Auch bei Unterarmamputationen wird – zumindest einseitig wegen des geringeren Gewichtes – ein Eigenkraftsystem (aktiver Greifarm) bevorzugt. Neben der Auswahl des individuell günstigsten Prothesentyps sind meist zusätzliche Einhandhilfen für Alltag, Schule und Beruf notwendig. Die Prothesengebrauchsschulung sollte möglichst im Rahmen eines stationären Aufenthaltes erfolgen. Dies ist besonders bei myoelektrisch gesteuerten Systemen notwendig. Der Patient trainiert dabei immer zuerst mit der probefertigen Prothese. Erst nach Austesten der für den jeweiligen Fall optimalen Prothesenpassteile wird das Hilfsmittel fertig gestellt. In der Regel werden die praktischen Alltagsverrichtungen mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad erlernt. Voraussetzung ist stets das korrekte An- und Ablegen der Prothese
sowie das optimale Platzieren des Prothesenarmes im Raum zur jeweiligen Funktion. Bei besonders gelagerten Fällen kann auch eine Doppelversorgung mit aktiven und Fremdkraftprothesen bzw. mit kosmetischen und funktionellen Prothesen erforderlich sein. Das Prothesentraining sollte auch die Pflege der Prothese und des Stumpfes berücksichtigen. Die nachfolgende Aufstellung zeigt die typischen Versorgungen für verschiedene Amputationshöhen am Unterarm und an der Hand: 쐌 Fingeramputationen: kosmetische Fingerprothesen (Epithesen), 쐌 Handteilamputationen: kosmetische Epithesen, funktionelle Prothesen zum Gegenhalt (als Doppelversorgung (Abb. 3.15), Offenendprothesen bei Karpalstümpfen, 쐌 Handgelenkexartikulationen: kosmetische Prothesen, aktive Prothesen mit Schulterbandage, myoelektrische Prothesen (die Unterarmbettung ermöglicht freie Pround Supination), ein großes Problem stellt die Überlänge der Prothesenhand dar, 쐌 Unterarmamputationen: Auch der kürzeste Stumpf ist versorgbar, vorausgesetzt aktive Ellenbogenbeugung und -streckung sind möglich. Durch eine Oberarmkondylenbettung in Münsterschafttechnik kann der Oberarm von der Prothesenaufhängung frei bleiben. Bei längeren Unterarmstümpfen ist auch eine kondylenfreie Unterarmeinbettung möglich. Hierdurch bleiben Pround Supination erhalten. Es sind kosmetische Prothesen, aktive Greifarme mit Schulterbandage und myoelektrische Prothesen möglich. Fingeröffnung und Fingerschluss sowie ggf. auch Pro- und Supination können über Muskelsignale gesteuert werden. 쐌 Ellenbogenexartikulationen: Die Versorgung bei dieser Amputationshöhe stellt erheblich höhere Anforderungen an den Patienten und den Orthopädietechniker. Die
Abb. 3.15
Gegenhalteorthese bei beweglichem Karpalstumpf.
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3.4 Orthesen und Prothesen
Prothese wird schwerer, da ein Ellenbogengelenk integriert werden muss. Gleichzeitig wird die Armfunktion trotz aufwendiger Konstruktionen erheblich stärker eingeschränkt. Dies ist auch der Hauptgrund, weshalb die Akzeptanz der Prothesen ab einer Ellenbogengelenkexartikulation aufwärts rapide sinkt. Es werden passive Prothesen als Schmuckarme, aktive und fremdkraftgesteuerte Prothesen sowie Kombinationen gebaut. Gerade auf dieser Amputationshöhe bietet die Kombination einer aktiven Sperrvorrichtung des Ellenbogengelenks mit einer myoelektrischen Handsteuerung (über die Oberarmmuskeln) den größten Komfort für den Patienten. Alternativ bietet sich eine aktive Versorgung mit zweifacher Kraftzugbandage für die Ellenbogengelenkverriegelung und die Handöffnung an. Sie ist leichter und vor allem robuster als die myoelektrische Steuerung. Die Ellenenbogenexartikulation bietet ähnlich der Kniegelenkexartikulation einen endbelastbaren und für die Prothesenaufhängung optimal geeigneten Stumpf. Die Prothesenaufhängung kann durch Vollkontaktbettung an dem sich verbreiternden Kondylenmassiv ohne Umgreifung des Schultergelenkes erfolgen. Neben der prothetischen Versorgung und dem Training des Patienten sind immer auch eventuell zusätzliche Schwierigkeiten wie Stumpfprobleme, lokale und Phantomschmerzen, psychische Krisen sowie die berufliche und soziale Rehabilitation in den Behandlungsplan einzubeziehen. Überprüfungskriterien Ähnlich wie die Anpassung einer Prothese sollte auch ihre Überprüfung im Rahmen einer interdisziplinären Sprechstunde erfolgen. Nach der Primärversorgung sind Kontrollen zunächst nach 3 und 6 Monaten und anschließend in jährlichen Abständen empfehlenswert. Gerade wenn der Patient eine neue Prothese wünscht, sind die aktuelle Situation und die technische Umsetzbarkeit der Bedürfnisse und Wünsche erneut genau aufeinander abzustimmen. Die Überprüfung einer vorhandenen Prothese lässt sich in 3 Teilschritte gliedern: 쐌 Überprüfung des Stumpfes, 쐌 Überprüfung der Prothese, 쐌 Überprüfung des Prothesengebrauches. Die Untersuchung des Stumpfes hat neben der Beweglichkeit und Stabilität verbliebener Gelenke, die Kraft (Myosignale) und Sensibilität zu berücksichtigen. Auf knöcherne Prominenzen, Druckstellen und druckschmerzhafte Regionen ist ebenfalls zu achten (Neurome, Phantomschmerz). Stumpflänge und Konsistenz sollten dokumentiert werden. Wichtig ist darüber hinaus die Untersuchung des gegenseitigen Armes. Die Prothese muss auf Abnutzungszeichen, Funktionsfähigkeit der Passteile und Stabilität hin untersucht wer-
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den. Bei fremdkraftgesteuerten Systemen ist eventuell die Überprüfung durch den Hersteller erforderlich. Schließlich wird die Funktion der Prothese im Gebrauch dokumentiert. Auch hier hat sich eine Untersuchung von Schaft, Passteilen, Steuerung und Kosmetik bewährt. Die Passform des Schaftes, seine Aufhängung (Prüfung durch Zug) und seine Stabilität sind schriftlich und ggf. auch fotographisch festzuhalten. Die aktive und passive Funktion der Passteile sowie die Steuerung lassen sich mit standardisierten Tests überprüfen. Schließlich sind Gewicht und Kosmetik zu berücksichtigen. Wird eine neue Prothese gewünscht, so muss zuerst nachgeforscht werden, in welchen Punkten die vorhandene nicht mehr genügt. Ist sie zu schwer, passt der Schaft nicht, ist die Funktion unzureichend oder die Kosmetik unbefriedigend? Die Verwendung von Untersuchungsund Dokumentationsbögen sowie von standardisierten Videoaufnahmen kann diese Punkte klarstellen. An einen Unterarmprothesenträger sind folgende funktionelle Mindestanforderungen zu stellen (modifiziert nach Leonard): 쐌 unabhängiges An- und Ablegen, 쐌 Selbständigkeit im Alltag, 쐌 Schreiben und Arbeiten mit der gesunden Hand zu erlernen, 쐌 Autofahren, 쐌 berufliche Rehabilitation abgeschlossen, 쐌 Einhandaktivitäten möglich, 쐌 Kleidung anziehen, 쐌 Mahlzeiten zubereiten, 쐌 Adaptationen im Alltag sind vorgenommen worden, 쐌 Prothese wird tagsüber getragen, 쐌 Benutzung der Prothese für beidhändiges Arbeiten mindestens in 25 % aller manuellen Aktivitäten.
Probleme bei der prothetischen Versorgung von Handund Unterarmamputationen lassen sich in Stumpf- und Prothesenprobleme unterscheiden. Da Stumpfprobleme an anderer Stelle (s. Kap. 4.4) ebenfalls behandelt werden, seien hier nur die wichtigsten Punkte aufgeführt. Stumpfschmerzen können lokalisiert oder als Phantomschmerzen auftreten und das Tragen der Prothese erschweren oder gar unmöglich machen. Wenn physikalische und lokale Maßnahmen nicht zum Ziel führen und die Prothese so optimal als möglich angepasst wurde, kann eine spezielle Schmerztherapie notwendig werden. Trotz alledem sollte die Prothese jedoch möglichst nicht vollständig beiseite gelegt werden. Lokale Stumpfprobleme lassen sich in den meisten Fällen mit Stumpfpflege und Schaftänderungen beheben. In seltenen Fällen sind operative Maßnahmen zur Stumpfkorrektur erforderlich (Narbenrevisionen, Glättung knöcherner Prominenzen, Nervenkürzungen, Myodesen). Prothesenprobleme betreffen die Passform, die Stabilität, die Funktion, das Gewicht und die Kosmetik. Während die ersten beiden Punkte durch konstruktive Modifikationen verbessert werden können, sind den Funktionen gewisse Grenzen gesetzt. Bei Fremdkraftprothesen bedeutet ein
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3 Konservative Therapie
Mehr an Funktion stets auch ein Mehr an Gewicht, so dass hier der Einzelfall sorgfältig abzuwägen ist. Kosmetische Belange müssen im Interesse der Akzeptanz unbedingt berücksichtigt werden. Die Zweitversorgung mit einer Schmuckprothese kann hier eventuell Abhilfe schaffen.
Zusammenfassung Die prothetische Versorgung von Amputationen an Ellenbogen, Unterarm und Hand wird immer ein Kompromiss zwischen den Wünschen des Patienten und dem technisch Machbaren bleiben Eine frühzeitige Prothesenanpassung sowie die professionelle Gebrauchsschulung im Rahmen eines spezialisierten Teams sind unabdingbare Voraussetzungen für den Erfolg funktioneller Armprothesen. Künftige Verbesserungen betreffen primär die Griffvariationen und damit den kosmetischen Aspekt. Durch Miniaturisierung der Passteile lässt sich ebenfalls eine verbesserte Kosmetik bei geringerem Gewicht erreichen. In Zukunft werden auch Amputationen distal der Handwurzel mit aktiven Prothesen versorgbar sein. Wenngleich durch aufwendige Feedbacksysteme die Griffkraftsteuerung heute bereits dosierbar ist, wird wohl auf Dauer die fehlende Sensibilität der begrenzende Faktor bei der Versorgung sein. Die Frage, ob und inwieweit teure Individualversorgungen überhaupt noch durch die Kostenträger übernommen werden, kann ebenfalls die prothetische Versorgung begrenzen. Hier sind die Spezialzentren einmal mehr gefordert, objektive Nachweise zu Funktion und Akzeptanz zu liefern.
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4
Operative Therapie 4.1 Allgemeine Richtlinien A.-K. Martini
4.2 Mikrochirurgische Technik A.-K. Martini
4.3 Arthroskopische Technik G. Feldkamp
4.4 Amputation A.-K. Martini
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4 Operative Therapie
4.1
Allgemeine Richtlinien
A.-K. Martini
4.1.1
Präoperative Aufklärung
Das präoperative Gespräch zwischen Operateur und Patient ist obligat und umfasst folgende Aspekte: Der Patient soll informiert werden über Ziel, Notwendigkeit und Aufwand der vorgesehenen Operation, über Alternativen und mögliche Komplikationen. Hierbei können Skizzen oder entsprechende Abbildungen hilfreich sein. Patienten möchten über die Erfolgschancen und Erfahrungen unterrichtet werden. Auskunft über Krankenhausaufenthalt, Nachbehandlung, Arbeitsausfall und das zu erwartende Ergebnis dürfen nicht fehlen. Bei komplizierten, nicht akuten Eingriffen soll dem Patienten Bedenkzeit eingeräumt und eventuell eine Kontaktaufnahme zu anderen Patienten mit ähnlicher Krankheit ermöglicht werden. Bei dem Gespräch können hohe Erwartungen des Patienten gedämpft und auf die aktive Mitarbeit hingewiesen werden. Das Gespräch hat für den Arzt nicht nur eine forensische Bedeutung, sondern hilft ihm, sich ein Bild über Intellekt, Einstellung und Einsicht des Patienten zu machen. Die Aufklärung wird schriftlich dokumentiert.
4.1.2
Instrumente
Zweckmäßige und handliche Instrumente erleichtern die Arbeit und helfen die Operationszeit zu verkürzen. Für die Handchirurgie wurden feine Instrumente und Materialien entwickelt, die auf die besonderen anatomischen Strukturen abgestimmt sind. Hierzu zählen Osteosynthesematerialien mit dünnen Platten, flachköpfigen und in Knochen versenkbaren Schrauben, wodurch Sehnenirritationen vermieden werden. Für die Sehnenchirurgie sind vor allem der Sehnenstripper zur Transplantatentnahme und die Durchflechtungsklemme für die Pulvertaft-Naht zu erwähnen. Die mikrochirurgische Technik peripherer Nerven und Gefäße erfordert optische Hilfsmittel und spezielle Instrumente. Das Einsetzen einer Lupenbrille ist bei jeglicher Manipulation an Gefäßen und Nerven notwendig, selbst bei Operation einer fortgeschrittenen Dupuytren-Kontraktur, um das Gefäß-Nerven-Bündel nicht zu verletzen. Für eine interfaszikuläre Nervennaht oder für die Anastomose kleiner Gefäße kommt das Operationsmikroskop zum Einsatz. Zu den Standardmikroinstrumenten gehören Scheren, Pinzetten und Nadelhalter in unterschiedlicher Länge und Form, außerdem Gefäßklemmen, Approximator und Delitator für die feinen Gefäße. Spezielle Nervenhalter und Mikroscheren mit Wellenschliff werden bei der Ner-
venversorgung eingesetzt. An Nahtmaterialien eignet sich für die Sehnenchirurgie am besten der monophile Faden in den Stärken 4/0. In der Mikrochirurgie sind Fadenstärken bis 10/0 möglich sowie bei Kapsel- und Bandnähten synthetisches, resorbierbares Nahtmaterial.
4.1.3
Anästhesie
Neben der Schmerzausschaltung soll die Applikation einer pneumatischen Blutleere gewährleistet sein. Eine Lokalanästhesie kommt selten in Betracht, nur für eine begrenzte, oberflächliche Versorgung. Für die Allgemeinnarkose müssen entsprechende Voruntersuchungen und Vorbereitungen sowie eine Aufklärung erfolgen. Eine Allgemeinnarkose wird angewendet bei: 쐌 Kindern, da sie für die Leitungsanästhesie wegen mangelhafter Kooperation nicht geeignet sind, 쐌 Angst und Nervosität trotz Aufklärung, 쐌 Koagulationsstörungen, z. B. Hämophilie und antikoagulatorische Behandlung verbieten die Leitungsanästhesie, 쐌 bestimmten Eingriffen, z. B. wenn beide obere Extremitäten betroffen sind oder wenn eine Gewebeentnahme bei der Lappenplastik geplant ist, empfiehlt sich die Allgemeinnarkose; auch bei lang dauernden Eingriffen und bei Vorliegen einer lokalen Infektion. Die Regionalanästhesie bleibt die erste Wahl aus folgenden Gründen: 쐌 für den Patienten weniger belastend, 쐌 kann im Notfall ohne Wartezeit und große Vorbereitung eingesetzt werden, 쐌 bei ambulante Patienten. 쐌 Dauer der Anästhesie kann individuell gestaltet werden und mindert den postoperativen Schmerz: – bei Marcainblock wird z. B. eine gute Analgesie für durchschnittlich 12 Stunden erreicht, – mit einem liegenden Katheter und Nachinjektion eines Lokalanästhetikums kann die Analgesie für mehrere Tage erreicht werden zwecks Frühmobilisation, 쐌 frühzeitige Entlassung des Patienten nach Beendigung der Blockwirkung. Nervöse und unruhige Patienten müssen bei einer Regionalanästhesie zusätzlich sediert werden. Die Regionalanästhesie ist kontraindiziert bei Koagulationsstörungen, Allergien und Sepsis sowie bei neurologischen Erkrankungen.
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4.1 Allgemeine Richtlinien
Die Komplikationen der regionalen Anästhesie sind relativ selten, sie können verursacht werden durch: 쐌 mangelhafte Technik: Nervenläsion durch die Injektionsnadel oder Verletzung benachbarter Gewebe (Pneumothorax oder Hämatombildung), 쐌 das Lokalanästhetikum: – neurotoxische Komplikationen können auch in kleinen Dosen in Form von diffuser Stimulation auftreten (Logorrhoe, Zittern, Hyperreflexie), – bei sensiblen Patienten können konvulsive Krisen ausgelöst werden, – ein Metallgeschmack ist Zeichen für die Toxizität, – kardiovaskuläre Komplikationen durch versehentlich intravasale Injektion oder durch Überschreitung der Maximaldosis (sie manifestieren sich als Blässe, Hypotonie, Bradykardie und A.V.-Block bis hin zum Herzstillstand), – allergische Reaktionen auf Amidlokalanästhetika (selten). Um Komplikationen rechtzeitig begegnen zu können sollen folgende Vorbereitungen getroffen werden: 쐌 Allergietest bei unbekannter Anamnese, 쐌 intravenöser Zugang am Gegenarm, 쐌 EKG-Monitor, 쐌 Intubationsbesteck und Beatmungsmöglichkeit, 쐌 Vorbereitung für das Weiterführen durch eine Allgemeinnarkose. Die Auswahl des Lokalanästhetikums richtet sich in erster Linie nach dem gewünschten Wirkungseintritt und der Wirkungsdauer. Folgende Anästhesieformen werden in der Chirurgie der oberen Extremitäten verwendet:
Supraklavikulärer Plexusblock. Wegen der Gefahr einer Pleuraverletzung und der Pneumothoraxbildung rückt diese Technik der Plexusanästhesie (Kulenkampff 1911) in den Hintergrund. In Rückenlage wird der Kopf zur Gegenseite gedreht und geneigt. Ein Querfinger oberhalb der Klavikulamitte und 1 cm lateral der A. subclavia wird eine Hautquaddel gesetzt. Eine kurzgeschliffene und kurze Kanüle wird in dorsomedialer Richtung vorgeschoben. Die Kanülenspitze muss stets auf der 1. Rippe verbleiben. Ein Zucken im Arm zeigt die Berührung des Plexus mit der Nadelspitze an. Aspirationstest, dann Injektion von 5 ml Lokalanästhetikum. Wiederholung dieses Vorganges nach Zurückziehen und Richtungsänderung der Nadel. Insgesamt reichen 30 ml Anästhesielösung aus. Nach etwa 30 Minuten ist die obere Extremität bis fast zur Schulter betäubt. Die Lage des Plexus brachialis kann sicher mit einem elektrischen Nervenstimulator gepeilt werden (Postel u. März 1984). Bei dieser Methode können folgende Komplikationen auftreten: An erster Stelle steht der Pneumothorax durch Anstechen der Pleurakuppe. Er wird in 0,5 – 6 % der Fälle, je nach Erfahrung, beobachtet. Hämatothorax und lang an-
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haltende Parästhesien durch Plexusläsion oder Hämatombildung sind weitere, ernsthafte Komplikationen dieser Technik. Ein Horner-Syndrom und Paresen des N. phrenicus und des N. recurrens bilden sich spontan zurück.
Subaxillärer Plexusblock. Durch diese relativ sichere und einfache Technik wird eine Anästhesiewirkung bis zum Deltaansatz erreicht. In Rückenlage wird der betroffene Arm um 90° abduziert und im Ellenbogen gebeugt gehalten. Am einfachsten legt der Patient die Hand in den Nacken. Die A. brachialis wird getastet. Die Injektionsstelle soll soweit proximal wie möglich liegen, etwa in der Schnittstelle des M. pectoralis mit der A. brachialis. Während die Pulsation der Arterie ständig zwischen dem linken Zeigefinger und Mittelfinger getestet wird, erfolgt die Punktion etwas oberhalb der Arterie (Abb. 4.1). Eine Parästhesie kann ausgelöst werden. Aspirationstest, dann Injektion von ca. 10 – 15 ml Lokalanästhetikum. Die Nadel wird dann wenige Millimeter zurückgezogen, im 90°-Winkel zum Boden vorgeschoben, um die Injektion von 15 – 20 ml Anästhesielösung vor und unter der Arterie zu gewährleisten. Damit das Lokalanästhetikum in zentralere Bereiche des Armplexus aufsteigt, empfiehlt sich die Kompression distal der Injektionsstelle. Dadurch wird der weiter zentral aus dem Armplexus abgehende N. musculocutaneus erreicht. Starkes, subkutanes Fettpolster oder Vernarbungen erschweren die Technik. In solchen Fällen empfiehlt sich die Absicherung durch Neurostimulation (Raj u. Mitarb. 1980). Der N. intercostobrachialis wird offensichtlich durch die Diffusion des Lokalanästhetikums soweit blockiert, dass der Druck der Blutleeremanschette ertragen wird, ansonsten hilft eine zusätzlich lokale, subkutane Infiltration. Ist eine lang anhaltende Anästhesie erforderlich, oder sind wiederholte Plexusblockaden postoperativ angezeigt, so wird ein Verweilkatheter in die Gefäß-Nerven-Scheide eingeführt. Die Punktion erfolgt in diesem Falle von distal nach proximal. Die Lagesicherung erfolgt durch den Nervenstimulator, der an dem Metalldrain angeschlossen wird (Gaumann u. Mitarb. 1988). Periphere Blockaden größerer Armnerven. Diese einfache Anästhesieform ist indiziert: 쐌 bei kleineren Eingriffen von kurzer Operationsdauer (eine Blutsperre am Oberarm kann um 20 – 30 Minuten ohne Betäubung des Oberarmes von den Patienten toleriert werden), 쐌 bei Eingriffen ohne Blutsperre, z. B. bei geschlossener Knochenbruchreposition, 쐌 als Ergänzungsmaßnahme zur Schmerzausschaltung bei inkompletter Plexusblockade, die gebräuchliche Form ist der Handgelenkblock. Folgende Verfahren werden angewendet: 쐌 Medianusblock: Die Punktionsstelle liegt zwischen der Sehne des M. palmaris longus und der Sehne des M. flexor carpi radialis etwa 2 Querfinger proximal der
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4 Operative Therapie
Abb. 4.1 Subaxilärer Plexusblock: anatomische Verhältnisse und Lage der Injektionsnadel (nach Merle).
Handgelenkbeugefalte. Die Kanüle wird im etwa 30°-Winkel zum Unterarm in Richtung des Handgelenkkanals etwa 1 cm vorgeschoben. Injektion von 3 – 5 ml Lokalanästhetikum (Abb. 4.2). Zur Betäubung des N. palmaris, der gelegentlich proximal des Handgelenks vom N. medianus abgeht, genügt eine subkutane Infiltration. Danach können Eingriffe im proximalen Handgelenkbereich vorgenommen werden. 쐌 Ulnarisblock: Die Blockade kann im Sulkusbereich einfach durchgeführt werden, da der Nerv an dieser Stelle subkutan liegt und leicht identifizierbar ist. Die Nadel wird proximal eingesetzt und in den Sulkus eingeführt. Nach negativem Aspirationstest werden 2 – 3 ml Lokalanästhetikum injiziert. Eine in den Kleinfinger ausstrahlende Parästhesie gilt als Sicherung der Lage der Injektionskanüle. Für die Blockade am Handgelenk erfolgt die Injektion unmittelbar radial der gut tastbaren FCU-Sehne etwa 1 Querfinger proximal der Handge-
lenkfalte und in ca. 1 cm Tiefe. Nach dem Aspirationstest erfolgt dann die Applikation von 2 – 3 ml Lokalanästhetikum. Der zur Streckseite ziehende dorsale Ast des N. ulnaris geht meist proximal dieser Injektionsstelle ab und bedarf einer separaten, subkutanen Injektion dorsal des Ellenkopfes. 쐌 Radialisblock: Der Trunkusblock erfolgt in der Ellenbeuge am medialen Rand des M. brachioradialis. Die gebräuchliche Blockade der sensiblen, oberflächlichen Äste erfolgt am Handgelenk durch eine quere, subkutane Injektion von 2 – 3 ml Lokalanästhetikum. Die Kanüle wird etwa 1 Querfinger proximal des Handgelenks auf der radialen Seite des Processus styloideus radii gesetzt. Dadurch wird die radiale Hälfte der dorsalen Handseite betäubt.
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4.1 Allgemeine Richtlinien
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Abb. 4.2 a u. b Periphere Nervenblockaden am Handgelenk (nach Merle).
Interdigitalblock (Oberst 1913). Diese einfache Leitungsanästhesie ist angezeigt bei Eingriffen distal der Grundgliedmitte. Sie ist zuverlässig und lässt die Applikation einer Fingerblutleere zu. Kontraindikationen sind bekannte arterielle Gefäßveränderungen (Morbus Raynaud) oder entzündliche Fingerprozesse (Keimverschleppung). Die Punktion erfolgt dorsal seitlich des Fingergrundgelenks, danach Injektion von wenigen Tropfen und Weiterführen der Kanüle seitlich des Fingers bis zum beugeseitigen Gefäß-Nerven-Bündel. Nach dem Aspirationstest erfolgt die Injektion von 1 – 1,5 ml Lokalanästhetikum. Der gleiche Vorgang erfolgt auf der anderen Fingerseite. Komplikationen können auftreten bei der Wahl des Lokalanästhetikums (kein Adrenalinzusatz und kein Lokalanästhetikum des Estertyps!) oder bei Injektion größerer Flüssigkeitsmenge (De Monaco u. Mitarb. 2002). Intravenöse Regionalanästhesie (Bier 1908). Die Analgesie wird durch Diffusion des Lokalanästhetikums über das vasale Kapillarnetz erreicht. Eine bestimmte Menge (ca. 40 ml beim Erwachsenen) eines niederprozentigen, adrenalinfreien Lokalanästhetikums wird intravenös injiziert, um das evakuierte Gefäßsystem aufzufüllen. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in der zuverlässigen Analgesie und der einfachen Technik. Ein Nachteil ist die relativ eingeschränkte Wirkungszeit von etwa 1 Stunde und der rasche Schmerzeintritt nach Öffnen der Blutleere. Am Unter-
arm wird eine Verweilkanüle intravenös eingeschoben, danach Anlegen einer doppelkammrigen Blutleeremanschette am Oberarm, Auswickeln der Hand und des Unterarmes mit Gummibinde, Aufblasen der proximalen Manschette und Injektion des Lokalanästhetikums. Die Analgesie tritt nach wenigen Minuten ein. Sobald der Patient die proximale Manschette als schmerzhaft empfindet, wird die im betäubten Bereich liegende, distale Manschette aufgeblasen und in der proximalen Manschette der Druck abgelassen. Beim Ablassen der Manschette muss der Patient für mindestens 10 Minuten genau beobachtet werden, denn wenn der Rest des Anästhetikums in den Kreislauf gelangt, können Bradykardie und Blutdruckabfall mit Übelkeit auftreten. Die intravenöse, regionale Anästhesie ist bei infektiösen Prozessen, peripheren Durchblutungsstörungen, kreislaufgefährdeten Patienten und bei Unverträglichkeit des Lokalanästhetikums kontraindiziert.
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4 Operative Therapie
4.1.4
Blutleere und Blutsperre
Operationen an der Hand sollen grundsätzlich in Blutleere durchgeführt werden. Nur so können die feinen anatomischen Strukturen einwandfrei identifiziert und geschont werden. Bunnell (1958) hat diese Forderung mit der Frage „Ob ein Uhrmacher eine Uhr in einem Tintenfass reparieren kann?“ in anschaulicher Weise dargestellt. Die Blutleere wird mittels einer pneumatischen Manschette am Oberarm nach Auswickeln des Armes erreicht. Von möglichen Komplikationen wie Nervenkompressionsoder Ischämieschäden wird allgemein gewarnt. Sie stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Höhe des Manschettendrucks und Dauer der Blutleere. Als Druckhöhe wird 33,3 – 40,0 Kpa (250 – 300 mmHg) beim Erwachsenen und 20 – 33 Kpa (150 – 250 mmHg) bei Kindern als unschädlich angesehen. Der Manschettendruck soll etwa 9,3 Kpa (ca. 70 mmHg) über dem systolischen Druck des Patienten liegen. Die erlaubte Ischämiezeit wird in der Literatur zwischen 45 Minuten (Eckhoff 1931) und 4 Stunden (Wolff u. Adkins 1945) angegeben. Wilgis (1972) fand nach einer Blutleerezeit von 2 Stunden eine ausgeprägte Azidose mit entsprechenden biochemischen Veränderungen, die vollständig reversibel waren. Enzymatische Untersuchungen von Stock u. Mitarb. (1973) haben gezeigt, dass selbst nach 4-stündiger Blutleere eine vollständige Normalisierung des Metabolismus zu erwarten ist. Dahlbäck (1970) fand ausgeprägte histologische und histochemische Veränderungen mit disseminierter Fibrose der Muskulatur nach 2-stündiger Ischämie. Während Whitesides u. Mitarb. (1971) nachweisen konnten, dass die Veränderungen der Muskulatur auch nach 4 Stunden Blutleere reversibel sind. In der Regel gilt eine Blutleerezeit am Arm von 2 Stunden als sicher. Kinder vertragen 2,5 – 3 Stunden Blutleere ohne Schädigung. Sollte eine längere Blutleerezeit benötigt werden, so kann nach einer Blutströmphase von 20 Minuten erneute Blutleere für weiter 1 – 1,5 Stunden angelegt werden. Eine Blutsperre ist angezeigt bei Infektionen, Tumoren oder, wenn die Blutgefäße sichtbar bleiben müssen, wie z. B. bei gefäßgestielten Transplantaten. Der Arm wird 2 – 3 Minuten hochgehalten und dann die Manschette aufgeblasen. Die Blutsperre darf aufgrund des erhaltenen Stoffwechsels nicht solange wie eine Blutleere belassen werden. Bei Anlegen der Blutleere sind folgende Vorsichtsmaßnahmen zu beachten, um Komplikationen zu vermeiden: 쐌 Manschette soll breit genug sein (etwa Oberarmdurchmesser), 쐌 Polsterung der Manschette mit synthetischer Watte, 쐌 keine Flüssigkeit unter die Manschette fließen lassen, 쐌 Manschette weit proximal am Oberarm anlegen, 쐌 nur Manschette mit geeichter Zeigeruhr verwenden, 쐌 bei älteren Menschen oder beim Vorliegen von Durchblutungsstörungen soll die Grenze bei 1,5 Stunden liegen.
4.1.5
Zugangswege und Standardschnittführungen
Für die Arthrotomie des Ellenbogens werden folgende Zugangswege empfohlen (Tubiana u. Mitarb. 1992):
Dorsaler Zugang. Standardzugang bei Frakturen des distalen Humerusendes und des Olekranons sowie bei der Arthroplastik. Längsschnitt mit einem Bogen um die Olekranonspitze. Die Trizepssehne kann längs gespalten werden. Erweiterung durch Ablösung der Muskelursprünge von den Epikondylen ist möglich. Die Trizepssehne kann auch zungenförmig mobilisiert und distal am Olekranon gestielt belassen werden. Der Zugang bietet nur einen begrenzten Blick in das Gelenk und ist besonders für die Arthroplastik geeignet. Die Osteotomie des Olekranons gestattet eine hervorragende Übersicht der Gelenkflächen und ist bei der Osteosynthese von Trümmerbrüchen des distalen Humerusendes angezeigt. Anschließend ist eine stabile Osteosynthese des Olekranons erforderlich. Bei diesem Zugang empfiehlt sich grundsätzlich die Freilegung des N. ulnaris um Verletzung oder Kompression durch Hakendruck zu vermeiden. Lateraler Zugang. Dieser Zugang ist besonders für die Freilegung des Radiuskopfes, Synovialektomie und Versorgung von Schädigungen des Capitulum humeri oder Caput radii günstig. Durch Teilablösung der Streckmuskulatur und des M. anconeus ist eine Erweiterung beuge- oder streckseitig möglich. Die Schnittführung erfolgt längsbogenförmig auf der lateralen Seite des Ellenbogens. Der Zugang erfolgt proximal zwischen M. triceps und M. brachioradialis und distal zwischen M. anconeus und M. extensor carpi ulnaris oder ventralwärts zwischen M. extensor carpi ulnaris und M. extensor digitorum communis. Nach Spaltung der Gelenkkapsel und Teilablösung des M. anconeus liegt der Radiuskopf frei. Der N. radialis liegt ventral, um den Nerv von der Inzision weiter weg zu bringen, wird der Unterarm proniert. Die Erweiterung des Zuganges ist durch Ablösung der Gelenkkapsel, des Extensorursprunges und des Ligamentum collaterale möglich. Anteriorer Zugang. Dieser Zugang wird nur bei wenigen Indikationen gewählt, wie z. B. Reinsertion der Bizepssehne, Abriss des Processus coronoideus oder bei der Arthrolyse. Der Hautschnitt ist bajonettförmig. Zur lateralen Arthrotomie erfolgt der Zugang proximal zwischen M. brachioradialis und M. brachialis und distal zwischen M. brachioradialis und M. pronator teres. Darstellung des N. radialis, der sich in Höhe des Epicondylus lateralis in seinen sensiblen und motorischen Ast teilt. Auch der N. cutaneus antebrachii lateralis soll geschont werden. Er tritt zwischen Bizepssehne und M. brachialis aus und verläuft subkutan distalwärts. Nach dem die Muskulatur zur Seite gehalten wird, liegt die Gelenkkapsel frei und es kann längs
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4.1 Allgemeine Richtlinien
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Abb. 4.3 Korrekte Schnittführungen und Erweiterungsschnitte (nach Nigst, Buck-Gramcko, Millesi).
oder quer inzidiert werden. Der mediale Zugang erfolgt medial der Bizepssehne, die mit dem N. medianus und der A. brachialis freigelegt und nach medial gehalten wird. Der M. brachialis wird im Faserverlauf gespalten, um die Gelenkkapsel freizulegen. Nach der Kapselinzision wird die Trochlea humeri und der Processus coronoideus sichtbar.
Medialer Zugang. Bogenförmiger, längs verlaufender Hautschnitt zwischen Epicondylus medialis humeri und Olekranon. Der N. ulnaris wird freigelegt und mobilisiert. Nach Ablösung des gemeinsamen Flexorenursprungs und Eröffnung der Gelenkkapsel ist eine gute Übersicht des Gelenks möglich. Synovialektomie, Osteosynthese von Kondylenfrakturen oder des Processus coronoideus sind möglich. Ist eine breite Eröffnung des Gelenks zwecks Arthroplastik oder Arthrodese erforderlich, so kann das Ligamentum collaterale ulnare durchtrennt oder eine Osteotomie des Epikondylus durchgeführt und das Gelenk luxiert werden. Zugangswege und Hautschnitte im Handbereich werden bei einzelnen Indikationen in den Spezialkapiteln besprochen. Um hypertrophe Narben, Narbenkontrakturen oder Wundheilungsstörungen im Handbereich zu vermeiden, sind bei der Schnittführung folgende Gesichtspunkte zu beachten: 쐌 Inzisionen dürfen, vor allem auf der Beugeseite, die Gelenkfalten nicht senkrecht überkreuzen, 쐌 Vermeidung des Zusammentreffens einer Hautinzision mit darunter gelegenen Sehnen- oder Nervennähten, 쐌 Schonung der Hautgefäße zur Verhinderung von Hautnekrosen und der sensiblen Nervenäste zur Erhaltung der Sensibilität.
Zur Gewährleistung einer ausreichenden Übersicht im Operationsbereich werden Erweiterungsschnitte angelegt. Eine lange aber feine und reizlose Narbe ist besser als eine kurze, hypertrophe und berührungsempfindliche Narbe. Eine radiär verlaufende Wunde auf der Beugeseite muss durch eine Z-plastische Erweiterung entschärft werden. Grundsätzlich sollen die Hautschnitte parallel oder schräg zu den Hautspannungslinien verlaufen und die Inzisionen deshalb bogen-, bajonett- oder zickzackförmig bzw. schräg oder längs gewählt werden (Abb. 4.3). Nur auf der Streckseite der Gelenke haben längs verlaufende Narben keine nachteilige Wirkung. Mechanisch stark exponierte Bezirke wie die Olekranonspitze oder die Handkante sollen möglichst narbenfrei bleiben. Bei Kindern sollen Längsschnitte vermieden werden, da die Narbe nicht mit wächst und sich weniger ausdehnt, so können Achsfehlstellungen entstehen. Zickzackschnitte können das Längswachstum mitmachen, durch Abflachung derer Winkeln.
4.1.6
Atraumatische Operationstechnik
Dieser Begriff, von Bunnell (1944) geprägt und gefordert, gilt heute noch als Grundprinzip. Damit ist das gewebeschonende Operieren gemeint, um zusätzliche mechanische, thermische oder chemische Gewebeschäden zu vermeiden. Gewebeschäden führen zu blockierenden Narben und in der Folge zum Funktionsverlust. Folgende Regeln sollen beachtet werden:
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4 Operative Therapie
쐌 Operieren in Blutleere, dadurch wird das Abtupfen überflüssig; wenn unbedingt getupft werden muss, dann nur mit angefeuchteten Mulltupfern, 쐌 gute Übersicht durch entsprechende Schnittführung, keine Unterminierung von Hauträndern, Verwendung von Haltefäden; Quetschung der Wundränder durch Pinzette und Zerren und Ziehen mit den Haken sind zu unterlassen, 쐌 stumpfes Präparieren von festen Strukturen ist traumatisierend und soll nur zum Freilegen feiner Strukturen, wie Nerven und Gefäße, verwendet werden, 쐌 stetiges Befeuchten offener Wunden, austrocknender Effekt der warmen Operationsleuchte ist nicht zu unterschätzen, 쐌 Eröffnung der Blutleere und exakte Blutstillung am Ende der Operation, Hämatome führen zur Vernarbung und sind infektionsgefährdet, nur größere Gefäße sollen ligiert werden, so wenig wie möglich Fremdmaterial versenken, kleinere Blutungen mit bipolarer Mikropinzette koagulieren, ohne zusätzliche Brandnekrosen in der Umgebung, 쐌 ausreichende Drainage, 쐌 spannungslose Hautnaht, Nähte dürfen nicht strangulieren und die postoperative Schwellung muss berücksichtigt werden, der Abfluss des Flüssigkeitsstromes darf nicht verhindert werden.
4.1.7
Postoperative Versorgung
Verbände und Ruhigstellung. Der Verband ist ein Teil der Operation und ist grundsätzlich vom Operateur anzulegen. Der Operateur legt auch aufgrund des Befundes die Art der Nachbehandlung fest. Der Verband schützt die Wunde und soll je nach Bedarf eine leichte Kompression des Wundgebietes zur Vermeidung eines Hämatoms und Ödems ausüben Er darf nicht schnüren und den Abfluss verhindern. Der Verband besteht in der Regel aus mehreren Schichten: 쐌 Fettgaze ohne Antibiotikazusatz zur Verhütung von Verklebung, 쐌 ausgezogene Mullkompressen, 쐌 synthetische Watte, 쐌 nicht saugfähige, elastische Binde, 쐌 Mulllagen für die Zwischenfingerfalten (um eine Mazeration der Haut zu verhindern). Oft wird eine Gipsschiene zur postoperativen Ruhigstellung verwendet. Grundsätzlich soll die Ruhigstellung nur solange wie nötig und so kurz wie möglich erfolgen. Nur die betroffenen Anteile werden ruhig gestellt und der Rest soll beweglich bleiben. Bei der Ruhigstellung ist die Funktionsstellung zu beachten und nur in Ausnahmefällen, wenn es der Befund erfordert, ist davon abzuweichen. Das Ellenbogengelenk soll in 60° Beugestellung fixiert
Abb. 4.4 Der klassische Verband nach einer Handoperation.
werden, der Unterarm in Neutralposition, das Handgelenk in ca. 30° Dorsalextension, der Daumen in Abduktion und leichter Opposition und die Finger in „Intrinsic-plus“-Position (Abb. 4.4). In dieser Position können Kontrakturen vermieden und die Rehabilitation erleichtert werden. Anatomische Untersuchungen über die Seitenbänder der Fingergelenke (Kuczinski 1975) zeigen, dass die Seitenbänder in Beugestellung des Grundgelenkes straff und in Streckstellung schlaff sind, während die Fixation der Fingermittelgelenke in Beugestellung zur Fältelung und Schrumpfen der palmaren Platte führt. Starker Schmerz, ein Ödem oder Zeichen einer Durchblutungsstörung erfordern sofortige Entfernung des Verbandes. Verbandswechsel am nächsten postoperativen Tag zur Entfernung der Drainagen und der verkrusteten oder feuchten Kompressen. Der Verband darf keine „feuchte Kammer“ bilden, diese führen zu Mazerationen und sekundären, bakteriellen oder mykotischen Infektionen der Haut.
Postoperative Lagerung. Der Ödembildung kann am wirksamsten durch Hochlagerung des betroffenen Armes begegnet werden. Die Hand soll über dem Niveau des Herzens liegen. Ab dem nächsten Tag soll der Patient mehrmals täglich den Arm gestreckt hochhalten und die frei gebliebenen Finger kräftig bewegen. In Ruhe, wie nachts, soll der Arm in den ersten 3 – 4 Tagen wieder hochgelagert werden. Nicht ruhig gestellte Gelenke, insbesondere die Schulter, sollen aktiv, bewusst immer wieder bewegt werden. Tragen des Armes in einer Mitella ist gegen diese Grundregeln.
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4.2 Mikrochirurgische Technik
Thromboseprophylaxe. In der Regel bei Eingriffen an der oberen Extremität nicht notwendig, da die Patienten kurze Zeit nach der Operation das Bett verlassen, den Arm bewegen und damit die Muskelpumpe aktivieren. Ausnahmen bilden Gefäßanastomosen oder -kontusionen oder wenn eine Herz-Kreislauferkrankung vorliegt. Literatur Bier, A. (1908): Über einen Weg Lokalanästhesie an den Gliedmaßen zu erzeugen. Arch Klein Chir 86: 1007 – 1016 Bunnell, St. (1958): Die Chirurgie der Hand. Maudrich, Wien Dahlbäck, L. (1970): Effects of temporary tourniquet ischaemia on striated muscle fibers and motor end-plates. Scand J plast reconstr Surg Suppl 7: 1 De Monaco, D. et al (2002): Fingerblock-Anästhesie. Über die geschichtliche Entwicklung und zwei Fälle einer Fingernekrose als seltene Komplikation. Handchir Mikrochir Plast Chir 34: 59 – 64 Eckhoff, N.L. (1931): Tourniquet paralysés. Lancet 2: 343 – 345 Gaumann, D.M., R.L. Lennon, D.J. Wedel (1988): Continuous axillary block for postoperative pain management. Reg Anesth 13: 77 – 82 Kuczynski, K. (1975): Less-know aspects of the proximal interphalangeal joints of the human hand. Hand 7: 31 – 33
4.2
87
Kulenkampff, D. (1911): Die Anästhesierung des Plexus brachialis: Zbl Chir 2: 1337 – 1340 Merle, M., G. Dautel, S. Rehat (1997): Chirurgie der Hand. Thieme, Stuttgart Nigst, H., D. Buck-Gramcko, H. Millesi (1981): Handchirurgie. Thieme, Stuttgart Oberst, A.M. (1913): Die Anwendung der lokalen Anaesthesie in der ärztlichen Praxis. 2. Ärztl Fortbild 10: 513 Postel, J., P. März (1984): Plexusanästhesie: Elektrische Nervenlokalisation und Kathetertechnik. Regional-Anästhesie 7: 104 – 108 Raj, P.P., R. Rosenblatt, S. J. Montgomery (1980): Use of the nerve stimulation for peripheral blocks. Region Anesth 5: 14 – 21 Stock, W., H.J. Bohn, W. Issehard (1973): Die Restitution des Energiestoffwechsels der Skelettmuskulatur der Ratte nach langdauernder Ischämie. Res exp Med 159: 306 – 320 Tubiana, R., Ch.J. McCullough, A.C. Masquelet (1992): Atlas der operativen Zugangswege Schultergürtel und obere Extremität. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln Whitesides, T.E., H. Hirada, K. Miromoto (1971): The response of skeletal muscle to temporary ischaemia: an experimental study. J Bone Jt Surg 53-A: 1027 – 1028 Wilgis, E.F.S. (1972): Tourniquet in reconstructive surgery of the hand. Handchir 4: 99 – 101 Wolff, L.H., T.F. Adkins (1945): Tourniquet problems in war injuries. Bull US Army Med Dept 87: 77 – 84
Mikrochirurgische Technik
A.-K. Martini Durch die Anwendung von optischen Vergrößerungshilfen und angepassten Instrumenten ist das Präparieren und die weitere Versorgung feiner Strukturen möglich. Hierzu zählen in der Handchirurgie die peripheren Nerven und die kleineren Blutgefäße mit einem äußeren Durchmesser von 0,3 – 2 mm. Diese Operationstechnik ist ein wichtiger, sogar unverzichtbarer Teil des Repertoires aller operativen Fächer geworden. In der Orthopädie liegen wichtige Indikationen vor: 쐌 Replantation, 쐌 Revaskularisation von traumatisch geschädigten Körperanteilen oder von Knochennekrosen, 쐌 Überbrückung von größeren Knochendefekten durch Trauma, Tumorresektion oder Infektion mittels gefäßgestielten Knochentransplantaten, 쐌 Weichteildeckung mit gefäßgestielten Lappen vor allem im Bereich der unteren Extremitäten, 쐌 Rekonstruktionsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Greiffunktion durch Zehentransplantation, 쐌 freie Muskelübertragung mit Gefäß- und Nervenanschluss usw. (Weber u. Mitarb. 1993). Die mikrovaskuläre Nahttechnik geht auf die Arbeiten von Jacobson u. Suarez (1960) zurück. Über die erste Replantation bei Versuchstieren berichtete Buncke u. Mitarb. (1965). Die erste Replantation eines abgetrennten Dau-
mens gelang in Japan (Komatsu u. Tamai 1968). Die erste freie Gewebetransplantation mit Gefäßanschluss in mikrochirurgischer Technik gelang im Tierversuch 1965 (Krizek u. Mitarb.) und klinisch 1973 (Daniel u. Taylor). Die Mikrochirurgie der peripheren Nerven wurde von Smith (1964) propagiert, um bessere Adaptation der Nervenfaszikeln zu erreichen. Spätere Arbeiten von Millesi (1968, 1972, 1979) und Samii (1972) haben diese Operationstechnik verfeinert und die dadurch erreichte Verbesserung der Resultate nachgewiesen. Die Vergrößerung wird mittels einer Lupenbrille (bis 6-mal) und durch das Operationsmikroskop erreicht. Das Operationsmikroskop beleuchtet das Operationsfeld, erlaubt stereoskopische Beobachtung für den Mitarbeiter, Vergrößerung bis 30-mal und Fotodokumentation. Die Anzahl der notwendigen, mikrochirurgischen Instrumente ist gering. Sie sind fein, präzise, leicht und ohne Kraftanstrengung zu bedienen. Außer Scheren, Pinzetten und Nadelhaltern sind für die mikrovaskuläre Naht ein Dilatator und Approximator sowie Mikrogefäßklammern erforderlich. Für die Nervennähte ist eine Schere mit Wellenschliff hilfreich. Nicht resorbierbare und resorbierbare synthetische Fäden bis 12/0 sind verfügbar. In der Regel werden Fadenstärken von 8/0 – 10/0 mit 3/8 Rundkörpernadeln verwendet.
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4 Operative Therapie
Diese Operationstechnik muss erlernt werden und bedarf des ständigen Trainings. Sie erfordert eine gute Kondition hinsichtlich Geduld und Konzentration. Die Instrumente werden in Schreibposition gehalten und durch feine Bewegungen der Finger und Drehung der Hand geführt.
4.2.1 Mikrochirurgische Gefäßnaht Grundsätzliche Regeln, die zu beachten sind: 쐌 wegen der Gefahr einer Stenosierung keine fortlaufenden Nähte, 쐌 nur gesunde und nicht traumatisch beschädigte Gefäßstümpfe anastomosieren, 쐌 Naht unter Spannung führt zur Stenose, ggf. Veneninterponat einsetzen, 쐌 Abknicken und Verdrehen der Gefäße vermeiden, 쐌 Gefäßrand nicht traumatisieren, 쐌 Gefäßspasmus kann durch Traumatisierung, Kälte, Schmerz oder Gefäßerkrankung entstehen, als Hilfsmaßnahmen haben sich bewährt: Träufeln von 2 % Xylocain, Abdecken mit in warmer Ringerlösung getränkter Kompresse und Abwarten, 쐌 gute Adaptation des Gefäßrandes ohne Falte oder Stufe ist die beste Thromboseprophylaxe.
End-zu-End-Anastomose. Angezeigt bei gleichkalibriger Arterien- und Venennaht. Die Gefäßstümpfe werden auf eine ausreichende Länge (ca. 1 – 2 cm) freigelegt und mobilisiert. Das Gefäß darf nur an der Adventitia angefasst werden. Ansetzen von Mikrogefäßklammern oder eines Approximators. Anfrischen der Gefäßenden. Zurückstreifen und Entfernen von Adventitiafetzen und Adventitiastreifen von etwa 2 mm. Ausspülen der Gefäßstümpfe mit heparinisierter Ringerlösung. Vorsichtiges Aufdehnen des Gefäßlumens mit dem Gefäßdilitator. Ausgleich von kleinen Kalibersprüngen durch Spalten oder Anschrägen eines Gefäßendes. Einsetzen von 2 Ecknähten bei 2 und 10 Uhr. Vereinigung der Vorderwand durch Einzelkopfnähte. Umdrehen des Gefäßapproximators um 180°. Kontrolle der Nahtstelle von innen und Naht der Hinterwand ebenso durch Einzelkopfnähte (Abb. 4.5). Entfernung der distalen Klammer und Testen der Dichtung. Größere Lücken werden genäht, kleinere Lücken können eventuell mit Fibrinkleber abgedichtet werden. Entfernung der proximalen Klammer und Prüfen der Durchgängigkeit (O`Brien u. Morrison 1987). Hilfreich ist dabei der Aceland-Test: Mit einer Pinzette wird das Gefäß distal der Nahtstelle auf 3 – 5 mm Strecke ausgestrichen und festgehalten, gleiches Vorgehen proximal der Nahtstelle. Nach Öffnen der proximalen Pinzette muss sich die ausgestrichene Strecke rasch und vollständig füllen.
Seit-zu-End-Anastomose. Diese etwas schwierigere Nahttechnik ist angezeigt, wenn das Anschlussgefäß nicht geopfert werden kann. Sie ist die Regelversorgung bei freier Gewebetransplantation, wobei ein Transplantat mit einem relativ dünnen Gefäßstiel an einem Stammgefäß angeschlossen wird. Bei dieser Nahttechnik wird weniger Gefäßspasmus beobachtet. Die T-förmige Anastomose hat sich bewährt. Die Fensterung des Empfängergefäßes erfolgt durch eine einfache quere Inzision, die sich durch Einspannung des Gefäßes zu einem runden Loch aufzieht. Bei dickwandigen Gefäßen ist die Fensterung durch Teilresektion einer Ellipse erforderlich. Die Naht erfolgt ebenso mit Einzelknopfnähten von einer Ecke ausgehend zunächst in der Hinterwand (Abb. 4.6). Anschließend wird die Vorderwand versorgt. Freigabe des Blutstromes und Kontrolle der Dichtung und der Durchgängigkeit. Venöse Anastomose. Die Venenwand ist zart und dünn, das Lumen ist oft kollabiert und lässt sich erst durch Ausspülen darstellen. Grundsätzlich erfolgt die Anastomose End zu End, nur bei größeren Kalibersprüngen, End zu Seit. Man versucht ohne Gefäßklammer zu arbeiten, klappentragende Abschnitte werden reseziert. Keine Resektion der Adventitia, in der Regel sind weniger Nähte als bei der Arterie notwendig, da der Blutdruck hier niedriger ist. Interponat. Die Indikationen für ein Veneninterponat sind: 쐌 Gefäßdefekte, 쐌 Umleitung von Gefäßverbindungen, 쐌 Ausgleich von Kalibersprüngen. Das Interponat soll entsprechende Länge und Kaliber haben. Die Veneninterponate werden vom Nachbargebiet der Operation entnommen. Die Seitenäste werden nah der Gefäßwand unterbunden und durchtrennt. Beim Einsetzen des Transplantates auf die Flussrichtung achten: Erst erfolgt die proximale Anastomose, dann wird der Strom freigegeben. Fließt das Blut einwandfrei, so erfolgt die distale Anastomose. Häufigste Fehler: 쐌 es wird nicht genug reseziert und ein geschädigter Gefäßstumpf verwendet, 쐌 Traumatisierung des Gefäßes und dadurch Auftreten eines Spasmus oder Intimaschadens, 쐌 unzureichende Freilegung und dadurch Schräglage oder schlechtes Einsetzen der Gefäßklammer, 쐌 falsche Reihenfolge oder Stichtechnik der Nähte mit der Entwicklung von Stufen oder Falten, 쐌 Mitfassen der Rückwand.
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Abb. 4.5 a – i Die einzelnen Schritte der End-zu-End-Anastomose (nach Merle).
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4 Operative Therapie
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Abb. 4.6 a – c Einzelne Schritte der Seit-zu-End-Anastomose (nach Merle).
4.2.2 Mikrochirurgische Nervennaht (Neurorhaphie) Ziel der Operation ist die exakte Wiederherstellung der Kontinuität, wobei möglichst die entsprechenden Nervenfaszikel miteinander verbunden werden sollen. Monooder oligofaszikuläre Nerven können mittels einfacher epineuraler Naht versorgt werden. Bei polyfaszikulären und insbesondere bei gemischten Nerven ist man bestrebt, den Nerv in Faszikelgruppen zu separieren um morphologisch ähnliche Gruppen zu vereinigen. In der Hoffnung die klinischen Ergebnisse zu verbessern, empfehlen einige Autoren die einzelnen Faszikel zu identifizieren und mit korrespondierenden Faszikeln des anderen Stumpfes zu verbinden (Michon 1979, Tupper 1980). Diese sehr aufwendige Technik ist sehr traumatisierend und konnte die Erfolgschancen nicht verbessern. Hakstian (1968) sowie Grabb (1968) versuchten, die einzelnen Faszikelgruppen durch Elektrostimulation zu identifizieren. Feilinger u. Mitarb. (1975) empfahlen die zweizeitige Rekonstruktion. Bei der ersten Sitzung werden 2 dünne Scheiben aus den Nervenstümpfen entnommen, mit bunten Fäden markiert und zur histologischen Untersuchung gesandt. Aufgrund eines unterschiedlichen Gehaltes an Acetylcholinesterase können motorische von sensiblen Fasern unterschieden
werden. Die Untersuchung dauert etwa 2 – 3 Tage. Engel u. Mitarb. (1980) können durch eigene Verfahren die Untersuchungszeit auf eine Stunde verkürzen. Nach Ablauf der Waller-Degeneration im peripheren Stumpf ist mit keiner der erwähnten Methoden eine genaue Identifizierung mehr möglich. Grundsätzlich ist die Vernarbung der Nahtstelle zu vermeiden, deshalb schonendes und atraumatisches Operieren und spannungsfreie Adaptation. Die Naht soll die normale Gewebespannung aufheben, dafür reicht eine Fadenstärke von 9/0 – 10/0. Bei Substanzverlust ist das Einsetzen eines Transplantates angezeigt. Möglichst wenig Nahtmaterial verwenden.
End-zu-End-Naht. Sie ist nur möglich bei Verletzungen ohne Quetschung oder Gewebezerstörung. 1. Aufbereitung der Stümpfe: Bei frischen Schnittverletzungen können die Faszikelgruppen leicht identifiziert und isoliert werden. Bei veralteten Verletzungen werden die Nervenenden mobilisiert und angefrischt. Das Anfrischen kann scheibenweise mithilfe des Nervenhalters nach Meyer und der Rasierklinge erfolgen, oder die Präparation beginnt im gesunden Bereich durch Spaltung des Epineuriums und Freilegen der Faszikelgruppe. Danach werden diese treppenförmig im Gesunden scharf vom narbig veränderten Teil getrennt. Durch den hohen endoneuralen Druck kommt es zum Hervorquellen des Axoplasmas. Um eine sichere Adaptation zu gewährleisten, muss dieses herausgezogen und reseziert werden. Der Prozess des Vorquellens wiederholt sich ständig. De Medinaceli u. Saeber (1989) schlagen vor, dass die Nervenenden schnell und kurz mit Stickstoffprotoxid tief gefroren werden. So können glatte Schnittflächen entstehen und das Problem mit dem vorquellenden Endoneuralgewebe überwunden werden. Um Ionenverlust und Zellveränderungen zu vermeiden, wird der Nerv mit Collins-Lösung imprägniert. 2. Aproximation: Beide Nervenenden werden bis zur Berührung aneinander gebracht. Bei frischen Verletzungen kann die elastische Retraktion mit einer epineuralen Naht leicht überwunden werden. Bleibt noch eine leichte Spannung, so kann eine geringe Beugung der benachbarten Gelenke die Aproximation erleichtern. De Medinaceli u. Saeber (1989) verwenden resorbierbare PDS-Streifen, die mit feinen Einzelnähten an den Nervenenden weit von der Schnittfläche fixiert werden. 3. Koaptation: Exaktes Aneinanderfügen der korrespondierenden Nervenfaszikel. Die Schnittflächen von mono- oder oligofaszikulären Nervenenden können leicht in exakte Deckung gebracht werden. Die an der Oberfläche längs verlaufenden Gefäße helfen eine Drehfehlstellung zu vermeiden. Diese Stamm-zuStamm-Koaptation wird mit wenigen Epineuralnähten gehalten. Bei polyfaszikulären Nerven besteht bei Naht des Epineuriums die Gefahr, dass einzelne Faszikel nicht einwandfrei koaptiert werden. In diesem Falle
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Abb. 4.7 a – d Einzelne Schritte der Nervennaht (nach Merle). a Präparation des Nervenstumpfes. b Approximation. c Stamm-zu-Stamm-Koaptation. d Epiperineurale Naht. e Interfaszikuläre Naht.
a
b
c
d
e
hilft die epi-perineurale Naht, wobei mit dem Epineurium das oberflächlich gelegene Perineurium der unmittelbar darunter gelegenen Faszikel gefasst wird (Abb. 4.7 a-e). Bourrel u. Mitarb. haben 1981 in einer Serie von 109 Fällen von Nervenverletzungen der Hand gezeigt, dass die epiperineurale Naht gute bis sehr gute Ergebnisse in 64 % ergibt, gegenüber 34 % nach einfacher epineuraler Naht. Bei der Versorgung von Nervenstämmen mit mehr als 6 Faszikeln empfiehlt sich die Koaptation der einzelnen Faszikel. Um die Narbenbildung am Spalt zu reduzieren, erfolgt die Naht an verschiedenen Ebenen nach treppenförmiger Vorbereitung der tümpfe. Bei frischen und glatten Verletzungen empfiehlt sich die interfaszikuläre Naht. Der Faden verläuft im epineuralen Begleitgewebe zwischen den Faszikeln und dient als Führungsschiene zur Sicherung der globalen Orientierung der Faszikelgruppen. Da sich die Faszikelstruktur der Nerven ständig auf relativ kurzer Strecke ändert, ist eine exakte Koaptation bei Vorliegen eines kurzen Defektes nicht immer möglich. Je proximaler die
Verletzungsstelle liegt, desto schwieriger die Identifikation der korrespondierenden Faszikelgruppen. Trotzdem können gute Ergebnisse erwartet werden. Um Nahtmaterial zu reduzieren kann die Retraktionskraft mittels einzelner Nähte überwunden und die Koaptation mittels biologischem Gewebekleber gesichert werden (Kuderna 1985).
Nerventransplantation. Zur Überbrückung von kleineren Nervendefekten können die Nervenenden mobilisiert und die benachbarten Gelenke gebeugt werden. Größere Defekte werden durch autologes Nerventransplantat überbrückt. Folgende Fremdmaterialien wurden versucht: konserviertes Nervengewebe (Schröder u. Seiffert 1970), Vene (Chiu 1980, Rigoni u. Mitarb. 1983) oder degeneriertes Muskelgewebe (Sparmann 1987). Auch Kunststoffkonduits werden in zunehmendem Maße herangezogen. In der letzten Zeit werden Nerventransplantate konstruiert, indem ein Bindegewebegerüst xenogener Transplantate mit durch Zellkultur gewonnenen Schwann-Zellen des Empfängers popularisiert werden (Aguays 1981, Bunge 1981).
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4 Operative Therapie
Lundborg (1988) konnte in mehreren Experimenten nachweisen, dass die spontane Regeneration und Wiederherstellung der Kontinuität auf einer Strecke von 10 mm in einer Silikonkammer möglich ist, sobald beide Nervenenden vorhanden sind, selbst, wenn sie versetzt gegeneinander stehen. Auch die Orientierung der wachsenden Axone erfolgt spontan nach dem Muster des distalen Nervenstumpfes durch neurotrophische Reize bedingt. Die klinischen Erfahrungen haben gezeigt, dass die Regeneration mittels Fremdmaterialien nur auf eine kurze Distanz möglich ist. Bei größeren Defekten ist die Nerventransplantation erforderlich. Als Transplantate eignen sich am besten dünne Hautnerven, die an der Entnahmestelle einen möglichst geringen Schaden hinterlassen. Sie werden rasch revaskularisiert und können auf den Empfängerquerschnitt individuell angepasst werden. Ein Nervenstamm kann mit seinem Gefäßstiel und mikrochirurgischer Anastomose transplantiert werden (Taylor u. Ham 1976). Diese Technik ist besonders beim narbig veränderten und schlecht durchbluteten Transplantatlager angezeigt. Stammtransplantate stehen aber selten zur Verfügung und die Ergebnisse waren nicht besser als die klassische, freie Nerventransplantation (McCullough u. Mitarb. 1984, Pho u. Mitarb. 1985, Seckel u. Mitarb. 1986). Als Transplantat kommen folgende Nerven in Betracht: N. suralis bis zu 40 cm, N. cutaneus antebrachii medialis bis zu 20 cm, N. cutaneus femoris lateralis bis zu 15 cm und für kleinere Defekte im Hand- und Fingerbereich eignet sich der N. interosseus posterior. Die Operationstechnik ist ähnlich der End-zu-End-Naht. Die Länge der Nerventransplantate wird so gewählt, dass eine spannungsfreie Naht bei voll gestreckten Gelenken möglich ist. Zwischen 2 korrespondierenden Faszikelstümpfen wird ein Nerventransplantat eingebracht. Die Approximation erfolgt mit einer epineuralen 10/0-Naht. Es werden so viele Transplantate mit dem Nervenstumpf koaptiert bis der ganze Querschnitt gedeckt ist. Durch die stufenförmige Vorbereitung der Faszikelgruppen werden die Transplantate versetzt (Abb. 4.8). Diese Verzahnung ergibt auch eine seitliche Stabilisierung der Transplantate. Bei einem Nervenstamm mit vielen kleinen Faszikelgruppen oder ohne klare Formation der Faszikel empfiehlt sich die Kabeltransplantation nach Narakas; die Enden der Nerventransplantate werden mit Fibrinkleber zusammengeklebt und scharf abgeschnitten. Dieses „Kabel“ wird mit dem glatt geschnittenen Nervenstumpf als Stamm-zu-Stamm koaptiert. Die klinischen Ergebnisse der Nerventransplantation sind nicht nur von der Operationstechnik abhängig, sondern auch vom Alter des Patienten, der Lokalisation und Beschaffenheit der Verletzungsstelle sowie dem Zeitabstand zwischen Unfall und Operation. Die Transplantatlänge beeinflusst nach Meinung von Millesi (1972) das Ergebnis nicht. Bei Frykman u. Gramyk (1991) konnten bei der Versorgung von Defekten des N. medianus von weniger als 5 cm 95 % und bei länger als 10 cm nur 66% gute Ergebnisse erzielt werden.
Abb. 4.8 Einsetzen von dünnen Nerventransplantaten und Koaptation durch wenige Nähte (nach Millesi).
End-zu-Seit-Verbindung. Experimentelle Arbeiten von Viterbo u. Mitarb. (1994), Lundborg u. Mitarb. (1994) und Tham u. Morrison (1998) haben gezeigt, dass eine Reinnervation eines distalen Nervenstumpfes durch Anschluss an einen intakten Nerven möglich ist. Man konnte neue, relativ dünne, nicht gut geordnete, aber teilweise myelinisierte Nervenfasern beobachten „neuromatöse Neurotisation“. Auch der betroffene Muskel zeigte im Vergleich zur gesunden Seite eine gute Regeneration mit 73 % Gewicht, 72 % aktiven Muskelfasern und 60% Kontraktionskraft. Das Epineurium des Spendernerves wird gefenstert und die Nervenfaszikeln bleiben intakt, dadurch entsteht kein Schaden für den Spendernerv. Der Empfängernerv wird dann an das Epineuriumfenster angnäht. Genaue Aussagen über Ursprung und Mechanismus der Axonensprossung sind immer noch nicht möglich. Zhang u. Mitarb. (1999) sprechen von „Switching Signals“ als auslösende Faktoren. Klinische Erfahrungen liegen nur vereinzelt vor (Oberlin 1998). Weitere Forschungsarbeiten sind noch erforderlich, um alle Voraussetzungen zu eruieren. Diese Methode eröffnet jedoch neue Möglichkeiten der Rekonstruktion bei ausgedehnten Defekten oder bei Verlust des proximalen Nervenstumpfes wie bei Wurzelausrissen. Literatur Bourrel, P., R.M. Ferro, J.M. Lortihoir (1981): Résultats cliniques comparés des sutures nerveuses «mixtes» épipérineurales et des sutures nérvilemnatiques: a report d’une série de 109 cas de plaies des nerfs de la main. Sem Hp, Paris 47 – 48: 2015 – 2023 Buncke, H.J., C.M. Buncke, W.B. Schulz (1965): Experimental digital amputation and reimplantation. Plast Reconst Surg 36: 62 – 70 Bunge, R.P. (1981): Construction of graft. In: Gorio, A., H. Milles, S. Mingrino: Posttraumatic peripheral nerve Regeneration. Raven, New York: 366 Chiu, D.T.W. (1980): Autogenous vein graft as a conduit for nerve regeneration. Surg Farum 31: 550 Daniel, R.K., G.I. Taylor (1973): Distant transfer of an island flap by microvascular anastomoses. Plast Reconstr Surg 52: 111 – 117 De Medinaceli, L., A.V. Seaber (1989): Experimental nerve reconnection: importance of initial repair. Microsurgery 10: 56 – 70 Engel, J., J. Ganel, R. Melamed, S. Russon, I. Farine (1980): Choline acetyl transferase for differentiation between human motor and sensory nerve fibers. Ann Plast Surg 4: 376 Feilinger, G., H. Gruber, J. Holle, H. Mandl (1975): Zur Methodik der sensomotorisch differenzierten Faszikelnaht peripherer Nerven. Handchir 7: 133 – 137
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4.3 Arthroskopische Technik
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4.3
93
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Arthroskopische Technik
G. Feldkamp
4.3.1 Einleitung Die arthroskopische Chirurgie des Ellenbogens wird bislang noch selten durchgeführt. In der Reihenfolge aller Statistiken arthroskopischer Gelenkeingriffe steht eindeutig das Knie an erster Stelle, gefolgt von dem Schultergelenk, oberen Sprunggelenk, Hand- und Ellenbogengelenk sowie dem Hüftgelenk. Dabei gibt es für die Arthroskopie des Ellenbogengelenks durchaus berechtigte Indikationen.
Zu den gängigen arthroskopischen Eingriffen am Ellenbogen gehört die Beseitigung von Schäden am Knorpel, der Synovialis und die Entfernung freier Gelenkkörper. Neben diesen eher allgemeinen Eingriffen zählen heute sowohl die arthroskopische Operation der Osteochondrosis dissecans als auch der fortgeschrittenen Arthrose mit Abrasio, der Überlastungsreaktion am Olekranon mit Osteophytenentfernung sowie die arthroskopische Radiusköpfchenresektion und schließlich die arthroskopische Arthrolyse bei Arthrofibrose zur Operationspalette. Bei frischen
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4 Operative Therapie
Ellenbogenfrakturen kann das Repositionsresultat kontrolliert und nicht reponierbare Fragmente entfernt werden. Auch bei der Epicondylitis humeri radialis, die ursprünglich endoskopisch behandelt wurde, kann heute die arthroskopische Technik eingesetzt werden. Ähnlich wie am Ellenbogen konnte sich die arthroskopische Chirurgie der Hand anfangs nur zögernd verbreiten. In den letzten Jahren nahmen die Indikationen allerdings kontinuierlich zu (Feldkamp u. Whipple 1992). Besonders häufig ist, da pathomorphologisch gut definiert, die Beseitigung der Diskusrisse. Weiter gehören die Besserung von Knorpelschäden und die reaktiven Synovitiden heute zum Standardrepertoire. Arthrosen, gleich welcher Ausprägung, sind immer dann „arthroskopiefähig“, wenn ihnen keine Komplexinstabilität zugrunde liegt. So bringt die Kombination von Débridement, Abrasio und Osteophytenentfernung mit partieller Synovektomie eine sichere Besserung. Rheumatische und sonstige systemische Synovitiden können im Radiokarpalgelenk und Mediokarpalgelenk schonend arthroskopisch operiert werden. Eine große Herausforderung, aber auch ein noch weitgehend unbefriedigend gelöstes Problem, stellen die Bandläsionen dar. Die bisherigen Ergebnisse der Stabilisierung von interkarpalen Rupturen und Dissoziationen, wie dem skapholunären (SL) und lunotriquetralen (LT) Band, berechtigen zu vorsichtigem Optimismus. Das ulnare und radiale Impingementsyndrom lässt sich problemlos mit Fräse oder Laser ablativ beseitigen. Leider noch zu wenig genutzt, aber durchaus chancenreich sind die intraartikulären Radiusfrakturen sowie die frische Skaphoidfraktur für die arthroskopische Handchirurgie. Auch die Handwurzelnekrosen können arthroskopisch revaskularisiert werden. Gute therapeutische Möglichkeiten bestehen auch bei der Rhizarthrose durch arthroskopisches Débridement.
4.3.2 Ellenbogen Für die arthroskopische Chirurgie des Ellenbogens sind folgende Vorbereitungen sowie technische, apparative Voraussetzungen erforderlich: 1. Ellenbogenarthroskopien können sowohl in Rückenals auch in Bauchlage durchgeführt werden. Es empfiehlt sich allerdings die Bauchlage, da der Ellenbogen in 90°-Beugung bei frei herunter hängendem Unterarm stabil gelagert wird, was die OP-Technik vereinfacht. Außerdem können alle Abschnitte, vor allem das dorsale Kompartiment, dadurch am besten erreicht werden. Außerdem ist eine intraoperative Beweglichkeit in allen Richtungen nur in Bauchlage gegeben. Als Lagerungshilfe reicht eine fixierte Rolle aus. Ein Beinhalter kann eventuell verwendet werden. Auch im Falle einer anschließenden Arthrotomie ist die Bauchlage eine gute Ausgangsposition. 2. Als Narkoseform ist die Intubationsnarkose obligat.
3. Auf die Anlage einer Blutleere folgt das sterile Abwaschen des ganzen Armes, wasserdichte Abdeckung und Kompressionsverband des Unterarmes, um ein Kompartmentsyndrom zu verhindern. 4. Als Spüllösung wird Purisole verwendet, um die Schwellung zu minimieren, die Gelenkflächen zu schonen und die HF-Sonde einsetzen zu können (Achtung: Bei Verwendung von physiologischer NaCl-Lösung besteht Explosionsgefahr!). 5. Anlegen sicherer Zugänge (s. Kap. 2.2.3) entsprechend der Pathologie. 6. Als Instrumentarium ist das „Set für kleine Gelenke“ unverzichtbar, bestehend aus einer kleinen Optik von 2,4 – 2,7 mm Durchmesser, einem kleinen ShaverHandgriff mit Schneideblättern von 2,5 – 3,0 mm Durchmesser und einem Sortiment kleiner Instrumente (Fasszange, Korbzangen, Messer etc.).
Synovialitis – Plica Indikation Reaktive rheumatische und sonstige Synovialitis mit ausgedehnter Schwellung und Schmerz, sowie Schnappphänomen mit Verdacht auf Plica.
Technik Eingehen in beide Kompartimente (palmar und dorsal) wechselseitig zwischen Arthroskop und Instrument. Es werden alle 4 Standardzugänge benötigt: ventral der anteromediale und anterolaterale und dorsal der dorsozentrale und dorsolaterale Zugang (s. Kap. 2.2.3, Abb. 2.17 u. 2.18). Als Instrument empfiehlt sich das kleine ShaverHandstück mit dem größtmöglichen Shaverblatt. Das Ausmaß der Synovialektomie wird durch die Diagnose bestimmt. Bei der rheumatischen Synovialitis muss soviel wie möglich entfernt werden, ohne den Knorpel zu schädigen. Ob die Synovialitis mehr reaktiv ist oder ob auch die zugrunde liegende Pathologie berücksichtigt werden muss, bestimmt bei degenerativen oder posttraumatischen Synovitiden die Klinik. Der Vorteil der arthroskopischen Durchführung liegt in der kompletten Darstellung und Sichtbarkeit aller Gelenkabschnitte sowie der geringen Traumatisierung und dadurch wesentlichen Erleichterung in der Nachbehandlung.
Plica anterolateralis Mitunter findet sich im lateralen Kompartiment ventral eine als verdickte Synovialfalte ausgebildete Plica. Offenbar ist sie – ebenso wie im Kniegelenk – embryonalen Ursprungs und wird nicht selten mit freien Gelenkkörpern verwechselt (Clarke 1988). Die Plica anterolateralis kann sich zwischen Radiusköpfchen und Capitulum humeri ein-
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4.3 Arthroskopische Technik
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klemmen und zu Blockierungen führen und sollte dann entfernt werden. Nach Einkerben mit einem Messer oder Saugpunch wird die Plica mit dem Shaver entfernt.
Degenerative Gelenkschäden (Chondromalazie, freie Gelenkkörper, Arthrose, Osteophyten) Indikationen 쐌 Freie Gelenkkörper, 쐌 Schmerzen bei einem bekannten degenerativen Gelenkleiden, 쐌 Schmerzen bei einem unbekannten degenerativen Gelenkleiden, 쐌 schmerzhafte Bewegungseinschränkung bei dorsalen Osteophyten, 쐌 Radiusköpfchenarthrose, posttraumatisch oder rheumatisch mit Bewegungssperre.
Entfernung freier Gelenkkörper Die Entfernung freier Gelenkkörper ist der häufigste Eingriff am Ellenbogengelenk. Sie liegen entweder ventral oder im Bereich der Olekranonspitze. Die Entfernung der Gelenkkörper ist – je nach Größe – unproblematisch. Vorsicht ist beim Erweitern der Zugänge, vor allem anteromedial geboten! Hier sollte man nur in Beugung und unter Flüssigkeitsaufdehnung nahe am Humerus bleiben. Allerdings führt die Entfernung von freien Gelenkkörpern in den seltensten Fällen zu einer Bewegungsverbesserung (Abb. 4.9).
Indikationen Neben lokalen Synovitiden sind degenerative Gelenkschäden der häufigste Arthroskopiebefund. Ihr Ausmaß ist deutlich geringer als das bei den entsprechenden Gelenken der unteren Extremität. Betroffen sind am häufigsten die Incisura trochlearis der Ulna und das Radiusköpfchen.
Technik Da der Knorpel in den Gelenken der oberen Extremität nur sehr dünn ist, muss besonders schonend und behutsam vorgegangen werden. Es wird vor allem mit dem ShaverSystem gearbeitet. Je nach Gelenk werden Shaver-Blätter zwischen 2 und 3,5 mm als Full-Radius-Rektoren oder Fräsen verwendet; gelegentlich auch der Standard-Shaver von 4,5 mm. Unterminierte Ränder werden mit Küretten abgetragen. Chondromalazien 1. Grades bedürfen keiner lokalen Maßnahmen. Für Chondromalazien 2. Grades gilt dasselbe, außer es handelt sich um sehr ausgedehnte Knorpelzonen
Abb. 4.9 Ellenbogen: Freier Gelenkkörper (? ) vor dem Olekranon mit Chondromalazie Grad III (T = Trochlea humeri, I = Inzisura trochlearis, R = Radiusköpfchen).
– dem sog. „Frotteeknorpel“ – mit einer generalisierten Synovialitis, eine sog. Detritus-Synovialitis. Chondromalazien 3. Grades werden ablativ, d. h. immer nur soviel wie unbedingt notwendig, mechanisch begradigt (Débridement). Die Chondromalazie 4. Grades mit sklerosierten Knochenzonen, sog. Knochenglatzen, trägt man mit einer Fräse oberflächlich ab (Abrasionsarthroplastik). Eine Begrenzung der Resektionsflächen, wie an der unteren Extremität, ist hier nicht nötig, da die Flächen ohnehin kleiner sind und die Entlastungssituation unproblematisch ist. Als Zugänge reichen meist die beiden Standardzugänge ventral und dorsal aus (Abb. 4.10). Osteophyten können entweder mit einem kleinen Meißel (4 mm) oder der Fräse entfernt werden. Sie werden am häufigsten an der Olekranonspitze bei Überlastung im Sport gefunden.
Ellenbogensteife mit Arthrofibrose Indikation Bewegungseinschränkungen – posttraumatisch in Streckung und Beugung, Bewegungseinschränkungen – posttraumatisch in Pround Supination durch Radiusköpfchenfrakturen.
Technik Da technisch sehr schwierig – die Vernarbung des Gelenkraumes erschwert den Überblick – wird die arthroskopische Arthrolyse sehr selten durchgeführt. Sie beginnt
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4 Operative Therapie
Hier werden meist Osteophyten und freie Gelenkkörper aus der Fossa entfernt sowie die Fossa gesäubert. Bei Arthrosen des Radiohumeralgelenks oder Rotationseinschränkungen erfolgt die Entfernung des Radiusköpfchens mit Meißel und Fräse. Es handelt sich dabei entweder um eine Dekompressionsarthroplastik oder eine Arthrolyse.
Osteochondrosis dissecans Die Osteochondrose des Capitulum humeri (Morbus Panner) tritt vor allem bei Ballsportarten auf. Meist liegt eine Streckhemmung vor.
Indikation 쐌 Unklares Stadium bei bekannter Diagnose, 쐌 schmerzhafte Strecksperre bei bekannter Diagnose, 쐌 Beurteilung der OP-Möglichkeiten bei Versagen der konservativen Therapie.
Abb. 4.10 Ellenbogen: Chondromalazie Grad IV, Ellenzange dorsal (? ) nach Abrasionsarthroplastik (T = Trochlea humeri, I = Inzisura trochlearis, R = Radiusköpfchen).
Technik
ventral mit ausgedehnten Weichteilresektionen mit dem Shaver. Gegebenenfalls ist ein Kapselrelease ventral mit dem Arthroskopiemesser nötig. Wegen der Verletzungsgefahr von Nerven und Gefäßen muss streng am Knochen gearbeitet werden. Osteophyten am Radiuskopf oder der proximalen Trochlea entfernt man mit dem kleinen Meißel. Gleiches Vorgehen erfolgt an der Olekranonspitze.
Die arthroskopischen operativen Methoden umfassen, je nach Stadium, erhaltende Maßnahmen wie das Pinning mit einem 1-mm-Kirschner-Draht oder resezierende Methoden. In den meisten Fällen wird die Abrasio des Defektes mit Entfernung des Dissekates durchgeführt. Da die Ergebnisse der Entfernung meist gut sind, sollte man auf die Refixation mit einer Schraube wegen ihres hohen Schwierigkeitsgrades verzichten (Andrews u. McKenzie 1996) (Abb. 4.11 a u. b).
b
a Abb. 4.11
a Osteochondrosis dissecans (? ) des Capitulum humeri (CH).
b Pinning mit Kirschner-Draht (? ).
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4.3 Arthroskopische Technik
Risse des Discus ulnocarpalis
Epicondylitis humeri radialis Hier handelte es sich in der Vergangenheit nicht um einen arthroskopischen sondern endoskopischen Eingriff am Ellenbogen. Wegen der unbefriedigenden Ergebnisse und der fehlenden Möglichkeit der Inspektion des Gelenks muss dieses Verfahren kritisch gesehen werden. Dagegen wird die arthroskopische Technik neuerdings als sehr erfolgreich beschrieben (Owens 2001). Kontrollierte Resultate aus dem deutschsprachigen Raum liegen noch nicht vor.
Indikation Versagen der konservativen Therapie.
Technik Zugänge sind die ventralen Standardzugänge, allerdings 2 cm proximal lateral des Epikondylus. Von medial kann die Unterseite der Extensor-carpi-radialis-brevis-Sehne (ERCB-Sehne) gut sichtbar gemacht und zu ihrem Ansatz am lateralen Epikondylus verfolgt werden. Mit dem Shaver wird von lateral ein Release des ECRB und mit der Fräse eine Abrasio des lateralen Epikondylus durchgeführt. Als Vorteil sind u. a. die nur kurzen Arbeitsunfähigkeitszeiten von 6 Tagen beschrieben.
4.3.3 Die Hand Für die arthroskopische Chirurgie der Hand sind folgende Vorbereitungen sowie technische, apparative Voraussetzungen erforderlich: 1. Die Operationen werden in Rückenlage des Patienten und in Allgemeinnarkose oder Plexusanästhesie durchgeführt. 2. Die Hand wird stabil unter Längszug fixiert und muss von allen Seiten zu erreichen sein. Außerdem muss die Einstellung des Handgelenks entsprechend den operativen Notwendigkeiten in alle Richtungen verändert werden können. Das ermöglicht der im Kapitel Diagnostik beschriebene Traction tower vorzüglich (s. Kap. 2.2.3, Abb. 2.20). Vor allem wird hier, selbst unter Operationsbedingungen, keine Assistenz benötigt. 3. Als Spüllösung muss unbedingt Purisole verwendet werden, da durch vermehrte Manipulation und längere Operationszeiten eine größere Schwellneigung als am Ellenbogen besteht. 4. Markierung der Zugänge mit sterilem Marker zur sicheren Identifikation bei intraoperativer Schwellung der Hand (s. Kap. 2.2.3, Abb. 2.21). 5. Verwendung des kleinen Gelenkesets (s. Kap. 2.2.3, Abb. 2.19) und Spezialinstrumentariums für die jeweilige Operation wie Diskusnahtset, bipolarer Vapor etc. (Feldkamp u. Mitarb. 1996).
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Schäden am Discus ulnocarpalis werden immer öfter vermutet und diagnostiziert; sie stellen inzwischen die häufigste Indikation zur Handgelenkarthroskopie dar (Tab. 4.1). Fast alle Diskusrisse können heute erfolgreich operiert werden. Trotzdem gilt nach wie vor die Forderung von Palmer (1990), wonach die Immobilisation für 3 Wochen am Anfang jeder akuten Diskusverletzung steht.
Indikation 쐌 Arthroskopisch diagnostizierter Diskusriss, 쐌 akute Handgelenkverletzung mit therapieresistentem ulnaren Schmerz, 쐌 chronischer ulnarer Handgelenkschmerz mit dringendem klinischen Verdacht auf Diskusriss, 쐌 akute Handgelenkverletzung mit radioulnarer Instabilität, 쐌 Plusvariante der Elle mit ulnarem Handgelenkschmerz. Diskusrisse werden entsprechend ihrer Klassifikation nach Palmer (s. Kap. 2.2.3, Tab. 2.3) unterschiedlich operiert. Das hängt neben der Rissform ganz wesentlich von der Stabilität des traumatisierten Diskus ab. So gelten die kompletten Typ-1 B-Risse mit und ohne Abriss des Processus styloideus ulnae als instabile Risse. Partiell instabil sind die oberflächlichen Typ-1 B-Risse und die Typ1 C-Risse; stabil sind Typ-1 A- und Typ-1 D-Risse. Inwieweit Typ-1 C-Risse überhaupt zu den Diskusrissen und nicht zu den Bandrissen zählen, muss hier offen bleiben. Folgende Operationsmethoden kommen bei den entsprechenden Risstypen zur Anwendung: 1. die Naht bei kompletten Typ-1 B-Rissen, 2. das Shrinkage bei inkompletten Typ-1 B-Rissen, 3. die Exzision bei Typ-1 A- und Typ-1 D-Rissen, 4. das Débridement bei Typ-2-Rissen, 5. die ulnare Dekompressionsoperation bei Typ-2-Rissen
Technik Die Nahtversorgung der instabilen Typ-1 B-Risse erfolgt am sichersten durch den Boden der eröffneten Extensorcarpi-ulnaris-Sehnenscheide (ECU-Sehnenscheide), um
____
Tab. 4.1
Häufigkeit von Diskusverletzungen
Typ
Häufigkeit in Prozent
Typ 1 A
19
Typ 1 B
46
Typ 1 C
26
Typ 1 D
34
Typ 2
5
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4 Operative Therapie
a
b Abb. 4.12
a Naht eines Diskusrisses Typ 1 B mit gelegtem PDS-Faden in situ.
Abb. 4.13 Shrinkage eines oberflächlichen Diskusrisses Typ 1 B mit dem Vapr (Fa. Mitek).
b Ein mit der Knotentechnik fixierter Diskusriss Typ 1 B.
den schwer einzuschätzenden sensiblen Ulnarisast zu schonen. Die Nähte werden mit kräftigen PDS-Fäden (Stärke 0 – 2-0) nach der Outside-in-Technik gelegt. Das geschieht entweder nach der Fangfaden-Nahtfaden-Methode oder nach der Knotentechnik, um sie dann im Boden der ECU-Sehnenscheide zu knoten (Abb. 4.12 a u. b). Abrissfrakturen des Processus styloideus ulnae bedürfen der osteosynthetischen Refixation. Die oberflächlichen Typ-1 B-Risse werden nach Anfrischen mit dem Shaver per Shrinkage mit schwachem Koagulationsstrom gestrafft (Abb. 4.13). Anschließend erfolgt die Ruhigstellung für 4 Wochen in Ulnarduktion und Extension im Handgelenk (Feldkamp 2001). Die Exzision der Typ-1 A- und Typ-1 D-Risse erfolgt vom 6 R-Zugang mit dem 2,5-mm-Saugpunch oder einem Rosettenmesser. Das Nachglätten der Ränder geschieht mit dem Shaver (Abb. 4.14). Die 1 C-Risse werden mit einem Shaver angefrischt und die Hand anschließend in Entlastungsstellung ruhig gestellt. Die Typ-2-Risse werden als degenerative Risse entweder als allgemeines Verschleißleiden oder als ulnares Impingementsyndrom therapiert (s. dort).
Ergebnisse
Abb. 4.14 punch.
Exzision eines Typ-1 D-Risses mit dem 2,5-mm-Saug-
Die Ergebnisse der arthroskopischen Versorgung der Diskusrisse kann man generell als gut bezeichnen. Bei den 1 B-Rissen werden 86 – 88 % der Fälle arthroskopisch durch Naht oder Shrinkage gut versorgt (Tab. 4.2). Bei den 1 D-Rissen eher mehr, während bei den 1 C-Rissen das Resultat von der Ausdehnung der Bandverletzung abhängt. Im Fall des Typ-2-Risses prägt – wie bei Verschleißleiden anderer Gelenke – das Ausmaß der Knorpelschäden und im Gefolge oft auch der Bandschäden wesentlich das Ergebnis.
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4.3 Arthroskopische Technik
____
Tab. 4.2
Ergebnis von Nachuntersuchungen an 31 Patienten nach erfolgter Operation von Diskusrissen Typ 1 B
Operationsmethode
Anzahl Patienten
Resultate gut Anzahl
Debridement + Naht Debridement + Shrinkage
mäßig
schlecht
Prozent
Anzahl
Prozent
Anzahl
Prozent
7
4
57
2
29
1
14
24
15
63
6
25
3
12
Interkarpale Bandläsionen, Kapselrisse Die Vielfalt der Bandrisse und ihre spezifischen Probleme sind bekannt. Einige Rissformen haben sich als arthroskopisch therapierbar entwickelt. Generell gilt auch hier, dass Handgelenkdistorsionen mit vermuteten Bandläsionen erst einmal für 8 – 10 Tage ruhig gestellt werden sollten. Die nachfolgende erneute Untersuchung mit bestätigter Bandverletzung führt dann zum arthroskopischen Eingriff. Die hier genannten Möglichkeiten und Techniken der arthroskopischen Chirurgie von interkarpalen Bandläsionen und Kapselrissen sind ein erster Schritt auf dem Weg zur Verbesserung der – auch bei konventionellen Operationstechnik längst nicht immer guten – Ergebnisse. So gibt Whipple (1992) für die arthroskopische Versorgung skapholunärer Bandverletzungen bis zu 80% gute Resultate an.
Indikationen 쐌 쐌 쐌 쐌 쐌
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Skapholunäre Lockerungen bzw. Risse, lunotriquetrale Lockerungen bzw. Risse, dorsale Kapsellockerungen der proximalen Karpalreihe, Risse des Discus ulnocarpalis Typ 1 C, Lockerungen der palmaren Kapsel an Radius, Ulna und den proximalen Karpalia.
Technik Die Versorgung der interkarpalen Bandlockerungen ist nur möglich, wenn keine weiteren extraartikulären Risse zum Verletzungsbild gehören. Whipple (1997) bezeichnet Diastasen des SL- oder LT-Spalts von bis zu 4 mm als Erfolg versprechend. Der interkarpale Spalt wird von den Bandresten gesäubert. Unter Sicht des Arthroskops wird vom Mediokarpalgelenk aus eine Abrasio der im Spalt einander gegenüberliegenden Knochenabschnitte mit einer Fräse durchgeführt, so dass sich anschließend zwei spongiöse Flächen gegenüberliegen. Sind gleichzeitig Kapselrisse an der dorsalen Anheftung der betroffenen Karpalia als Ursache mit vorhanden, wird auch hier eine Abrasio durchgeführt. Eine Reposition der oft vorhandenen Subluxation und eine externe Transfixation mit Kirschner-Drähten erfolgt anschließend. Die sich nun entwickelnde bindegewe-
bige Heilung schafft eine oft ausreichende Stabilität. Dieses Vorgehen kann bei leichten bis mittelschweren SLund LT-Instabilitäten erfolgreich verwendet werden. Auch an anderen Gelenken können gelockerte Bandansätze ebenso versorgt werden.
Synovitiden Hier gilt im wesentlichen das, was beim Ellenbogengelenk dazu ausgeführt wurde. Der Vorteil der geringen Traumatisierung bei totaler Synovektomie trifft hier besonders zu.
Degenerative Gelenkschäden Degenerative Handgelenkprobleme (Chondromalazie, freie Gelenkkörper, Arthrose, Osteophyten) sind aufgrund der starken Beanspruchung der Hand im Beruf und zunehmend im Sport sehr häufig. Sie stellen den größten Anteil der unklaren Handgelenkschmerzen dar, wenn röntgenologisch noch keine Veränderungen nachweisbar und diese im MRT aufgrund seiner begrenzten Auflösung an der Hand noch nicht sichtbar sind. Die arthroskopische Chirurgie der Chondromalazie entspricht der bei anderen Gelenken und das Vorgehen erfolgt wie beim Ellenbogengelenk. Freie Gelenkkörper kommen nur selten vor. Die Arthrosebehandlung hat bei umschriebenen posttraumatischen Defekten gute Resultate. Generalisierte Arthrosen durch Fehlbelastung haben meist Bandverletzungen zur Ursache (slac wrist) oder im Gefolge und sind dadurch nur begrenzt verbesserungsfähig. Hier kann die Wahl des konventionellen Verfahrens, z. B. Versteifungsoperationen, per Arthroskopie geklärt werden.
Indikationen 쐌 쐌 쐌 쐌 쐌 쐌 쐌 쐌
Unklare Handgelenkprobleme mit Therapieresistenz, posttraumatische therapieresistente Beschwerden, posttraumatisch umschriebene Arthrosen, degenerative Schäden mit Einsteifung, umschriebene Handwurzelarthrosen, ulnares Impingementsyndrom, radiales Styloid-Impingement, beginnende Handwurzelnekrosen.
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4 Operative Therapie
Technik Die arthroskopische Operation ist in diesem Fall sehr Erfolg versprechend. Vom ulnaren Zugang (6 R evtl. auch 6 U) her wird durch den Diskusdefekt das Caput ulnae soweit mit der Fräse oder dem Laser gekürzt, bis das Impingement beseitigt ist. Hierbei entsteht ein radiologisch sichtbarer Defekt des Caput ulnae zum Lunatum und distalen Radioulnargelenk hin. Dabei werden 3 – 4 mm vom Knochen entfernt (Abb. 4.16 a – c).
Frakturen
Abb. 4.15 Abtragen von Osteophyten des Processus styloideus radii mit dem Laser (PSR = Processus styloideus radii; ? = Laser; S = Skaphoid).
Technik Zunächst erfolgt eine arthroskopische Abklärung von Art und Umfang der Schäden. Dann kann durch eine „Gelenktoilette“ – unter ständiger Lavage – mit Teilsynovektomie, Knorpeldébridement, Abrasio, Osteophytenentfernung, Teilresektion des Diskus und eventuell Pinning zur Revitalisierung toter Knochenareale meist eine wesentliche Verbesserung der Gelenksituation erreicht werden. Sparsames Resezieren mit behutsamen Manipulationen bei erschwertem Zugang und oftmals eingeschränkter Sicht machen solche Eingriffe zum Meisterstück der Arthroskopie (Abb. 4.15).
Intraartikuläre Radiusfrakturen. Die Arthroskopie ist in der Behandlung intrartikulärer Frakturen sehr hilfreich, wird aber bislang nur wenig verwendet. Mit dem Arthroskop kann das exakte Ausmaß einer Fraktur sehr gut sichtbar gemacht werden. Eine Reposition und Fixation unter Sicht präzisiert das Verfahren vor allem dann, wenn es sich um Frakturen mit zentralen Impressionen handelt. Unter Sicht des Arthroskops können von den Standardzugängen des Radiokarpalgelenks die Frakturen reponiert und mit Kirschner-Drähten fixiert werden. Nicht fixierbare Fragmente werden entfernt. Impressionszonen können unter Sicht angehoben und mit Kirschner-Drähten fixiert werden (Abb. 4.17 a u. b). Skaphoidfrakturen. Frische Skaphoidfrakturen können unter Sicht des Arthroskops mit einem speziellen Instrumentarium operiert werden (Whipple 1997). Dafür kommen aber nur gering verschobene Frakturen infrage. Da es sich um die abgewandelte Form der Herbert-Schraube handelt und ein Teil des proximalen Trapezium palmar reseziert werden muss, ist diese Technik nur sehr eingeschränkt anwendbar.
Das ulnare Impingementsyndrom Das ulnare Impingementsyndrom entsteht meist posttraumatisch. Mitunter ist die zugrunde liegende Überlänge der Ulna gegenüber dem Radius im Handgelenk angeboren. Durch den erhöhten Druck im Ulnokarpalgelenk kommt es zu einem Durchscheuern des Discus ulnocarpalis und einer Chondromalazie des Lunatum und des Caput ulnae. Dadurch entstehen hartnäckige Schmerzen bei ulnarer Kompressionsstellung im Handgelenk. Die so entstehenden Diskusschäden entsprechen dem Typ 2 (nach Palmer). Dabei besteht immer ein großer zentraler Defekt, durch den vom Radiokarpalgelenk aus das Caput ulnae und das distale Radioulnargelenk sichtbar werden.
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4.3 Arthroskopische Technik
a
b Abb. 4.16
a Blick durch den Diskusriss (DUC) auf das Caput ulnae (CU) mit einer Chondromalazie Grad 3 – 4. b Wafer procedure: Mit einer Fräse wird durch den Diskusdefekt das Caput ulnae vor allem in seinem radialen Anteil gekürzt. c Postoperatives Röntgenbild mit Substanzdefekt (? ) (s. Feldkamp u. a. Atlas der Handarthroskopie, Abb. 4-24 f).
c
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4 Operative Therapie
a
b Abb. 4.17 a Arthroskopisches Bild einer Radiusgelenkfraktur. Der Frakturspalt im Radius ist deutlich sichtbar, jedoch ohne Stufe (? ). Oben im Bild eine Chondromalazie Grad III des Lunatum (L).
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b Postoperatives Röntgenbild einer Radiusgelenkfraktur mit Spickdrahtfixation.
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4.4 Amputation
4.4
103
Amputation
A.-K. Martini Mit der Höhe und Art der Amputation werden Bedingungen geschaffen, die für das weitere Schicksal des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sind. Das Ziel ist die Schaffung eines schmerzfreien, gut durchbluteten, kräftigen und belastungsfähigen Stumpfes. Die Amputationshöhe richtet sich ausschließlich nach der jeweiligen medizinischen Voraussetzung und nicht nach Schemata. Grundsätzlich gilt – besonders am Arm – so sparsam wie möglich zu amputieren. Exartikulationsstümpfe sind belastungsfähiger und leichter prothetisch zu versorgen als konisch geformte Stümpfe. Wenn die Amputationshöhe vom Gewebeschaden abhängt, bleibt die Stumpfbeschaffenheit weitgehend der chirurgischen Kunst überlassen. An den oberen Extremitäten stellen die schweren Verletzungen die Hauptindikationen für die primäre Amputation dar. Während eine glatte Durchtrennung selbst im proximalen Abschnitt des Armes einen Replantationsversuch rechtfertigt, führen schwere Quetschungen, Explosions- und Ausrissverletzungen zur Amputation. Weitere Indikationen können bösartige Tumore und nicht beherrschbare Infektionen sein. Die sekundäre Amputation ist indiziert, wenn die Funktion nach der Erstversorgung nicht wiederkehrt und wiederherstellende Maßnahmen nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen. Hierzu zählen Zustände nach misslungener Replantation, nach Erhaltungsversuch oder bei gangränöser Infektion mit drohender Sepsis, wie z. B. bei einer Starkstromverletzung.
4.4.1 Operationstechnik Bei Festlegung der Amputationshöhe sollen folgende Faktoren berücksichtigt werden: 쐌 Ausmaß der Gewebeschädigung, eine bestimmte Stumpflänge soll nicht um jeden Preis erreicht werden und vor allem darf deshalb kein Risiko in Kauf genommen werden, 쐌 auf der anderen Seite soll die Möglichkeit der späteren Wiederherstellungsmaßnahmen und Stumpfumgestaltung im Auge behalten werden, 쐌 Muskulatur ist für die Form, Durchblutung und Funktion des Stumpfes und damit auch für die prothetische Versorgung wichtig, für die Muskelfunktion ist die Erhaltung oder Beschaffung einer Ansatzstelle notwendig, 쐌 bei Kindern sollen die Wachstumsfugen möglichst erhalten werden, unter Verwendung von Lappenplastiken oder einer Verkürzungsosteotomie, 쐌 im Handbereich steht die Sensibilität im Vordergrund, ein gefühlsloser Stumpf ist nur nützlich, wenn er für die Greiffunktion unbedingt notwendig ist,
쐌 Knochenenden sollen ausreichend mittels Weichteilmantel gedeckt sein.
Ober- und Unterarmamputation. Der Hautschnitt erfolgt so, dass die Narbe möglichst außerhalb der Belastungszone zu Liegen kommt. Die Haut wird in der Regel zu einem ventralen und dorsalen Lappen zugeschnitten, der einen spannungsfreien Wundverschluss ermöglicht. Die Muskeln werden zu Gruppen separiert und zurückpräpariert. Die freie Strecke muss für die Bedeckung der Knochenspitze ausreichend sein. Muss die Absetzung im meta- bzw. diaphysären Bereich erfolgen, so wird die Markhöhle mit einem Periostlappen verschlossen. Dadurch bleibt die periostale Blutversorgung der Knochenspitze erhalten, außerdem wird ein Überdruck in der Markhöhle erreicht, der wiederum den Blutrückfluss aus dem Stumpf begünstigt (Hepp 1960, Langenhagel 1968). Eine knöcherne Überbrückung des distalen Endes der Unterarmknochen ist mit einem Muskelinterponat zu verhindern, um die Drehbewegung des Unterarmes zu erhalten. Die Gefäße werden ligiert und durchtrennt. Die Nerven werden gekürzt und in die Tiefe der Muskulatur weit von der Narbe und der Belastungszone entfernt verlagert. Die myoplastische Deckung dient einerseits zur Deckung und Polsterung des knöchernen Stumpfendes, andererseits ermöglicht die Fixation des distalen Muskelendes eine gute Spannung und Kraftentfaltung und damit bessere Stumpfführung. Die tiefen Muskeln werden mittels Bohrkanäle am Knochen fixiert (Myodese), die oberflächlichen über dem Stumpfende vernäht und zusätzlich an den tiefen Muskeln fixiert, um ein Hin- und Hergleiten über der Knochenspitze zu vermeiden (Myoplastik) (Abb. 4.18). Wichtig ist, dass jeder Muskel wieder einen festen Ansatz erhält (Marquardt u. Martini 1979). Exartikulation des Ellenbogen- bzw. Handgelenks. Der Exartikulationsstumpf ist sowohl für den direkten Gebrauch als auch für die Prothesenversorgung günstiger als ein konisch geformter Amputationsstumpf. Das Knochenende mit Knorpelbelag erlaubt eine schmerzfreie Endbelastung. Die ausladenden Kondylen ermöglichen die Versorgung mit selbsttragendem Prothesenschaft und damit die Übertragung des vollen Bewegungspotentials der erhaltenen Gelenke der Restextremität. Bei der Handgelenkexartikulation wird lediglich der Processus styloideus abgetragen. Die Sehnenenden werden an den Knochenenden befestigt, um die Kraft und Funktion der Muskulatur zu erhalten. Mittelhand- und Fingeramputation. Bei der Beurteilung und Festlegung der Amputationshöhe sind mehrere Ge-
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4 Operative Therapie
쐌 randständige Finger sind funktionell wichtiger als mittlere Finger, 쐌 eine gute Stumpfdeckung ist wichtiger als die Stumpflänge, 쐌 Sensibilität ist wichtiger als Beweglichkeit.
a
Bei Teilamputation des Endgliedes soll möglichst versucht werden, den Nagelrest und die Endgliedbasis mit der Ansatzstelle der tiefen Beugesehne zu erhalten. Auch bei der Amputation in Höhe des Mittelgliedes ist die Basis mit den Sehnenansätzen wichtig für die Greiffunktion. Beim Fingerverlust in Höhe des Grundgliedes ist die Beugung im Grundgelenk eingeschränkt, der Fingerstumpf steht beim Faustschluss ab und kann stören. Die Stümpfe der Beugeund Strecksehnen dürfen nicht als Polster über der Knochenspitze miteinander vernäht werden, da es sonst zur Fesselung und Störung des Zusammenspieles der Sehnen an den unverletzten Fingern kommt (Quadriga-Phänomen nach Verdan). Die Handverschmälerung nach Adelmann ist bei Verlust eines randständigen Fingers aus ästhetischen Gründen angezeigt. Sie führt zur Kraftminderung und ist kontraindiziert bei Handwerkern, die bestimmte Geräte, wie zum Beispiel einen Hammerstiel, mit der Hand halten müssen (Karle 2002). Der Mittelhandknochen wird basisnah reseziert und der Ansatz des M. interosseus dorsalis wird an den benachbarten Mittelhandknochen transponiert zur besseren Polsterung und Kräftigung des Spitzgriffes.
b
Abb. 4.18
Myodese und Myoplastik.
4.4.2 Postoperative Versorgung sichtspunkte zu berücksichtigen, in erster Linie die Greiffunktion. eine wichtige Rolle spielen dabei die Anzahl und die Lokalisation der betroffenen Finger. Ist nur ein Finger oder ein Teil betroffen, so werden Alter, Geschlecht, Beruf und Ästhetik berücksichtigt. Der Daumen als Gegenspieler der Langfinger ist für die Greiffunktion enorm wichtig und soll möglichst lang erhalten werden. Für den Spitzgriff sind Daumenlänge und Beweglichkeit des Sattelgelenks und die übrigen Fingergelenke maßgebend. Eine Stumpflänge von 1 cm genügt für den Feingriff bei freier Beweglichkeit. Bei Verlust oder Zerstörung des gesamten Daumens soll das Mittelhandköpfchen möglichst erhalten werden, denn es ist wichtig für die Endbelastung nach einer eventuellen Verlängerung nach Matev. Auch die Erhaltung eines Teils des 1. Mittelhandknochens ist für die spätere Rekonstruktion durch Aufstockung wichtig. Ebenso schafft die Erhaltung der Basis des 1. Mittelhandknochens und damit des Daumensattelgelenk bessere Voraussetzungen für die Pollizisation oder für die Zehtransplantation. Bei der Amputation der Langfinger gelten folgende Regeln: 쐌 Narben sollen möglichst außerhalb der Belastungszone liegen,
Wir streben die prothetische Sofortversorgung an (Dederich 1987). Der Amputierte wird früh aktiviert und überwindet leichter das psychische Trauma. Nach Entfernung der Drainagen und Sicherung der Wundheilung wird ein gepolsterter Gipsköcher angelegt, an diesem wird die Übungsprothese mit Klebeband befestigt und die Prothesenschulung kann beginnen. Nach Abschluss der Wundheilung kann der endgültige Gießharzschaft angefertigt und somit die Rehabilitationszeit deutlich verkürzt werden. Bei Fingeramputationen sind nur bei Kombinationsverletzungen bestimmte Rehabilitationsmaßnahmen erforderlich. Je nach Behinderung und Beanspruchung können auch bestimmte Hilfsmittel notwendig sein.
4.4.3 Spätkomplikationen Das Amputationsneurom. Druck- und Berührungsschmerz mit elektrisierendem Gefühl sind charakteristische Symptome eines Neuroms. Die Behandlung schmerzhafter Neurome ist schwierig. Der Grund dafür ist die außerordentlich hohe Rezidivquote. Zahlreiche Verfahren
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4.4 Amputation
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Abb. 4.19 Die Versieglungsmethode zur Verhinderung der Neurombildung.
wurden bekannt. Viele dieser Behandlungsmaßnahmen gehören der Geschichte an, wie die Vereisung (Janvier 1970) sowie die Lokalinjektion von Alkohol (Sicard 1916), Formalin (Foerster 1927), Phenol (Beswerschenko 1929) und Triamcinolon (Smith u. Comez 1970). Die meist praktizierten Verfahren sind: 쐌 Versenken des Nervenendes in den Knochenmarkraum: Boldrey (1943) führte diese Technik systematisch durch, Ziel ist, das Neurom in einer geschützten Stelle entstehen zu lassen. Rezidive werden aber beobachtet (Tooms 1972). 쐌 Silikonkappe (Swanson 1972) oder Silikonkleber (Nelson 1977), wobei entzündliche Reaktionen und Dislokationen beobachtet wurden. 쐌 Verschluss des Epineuriums über der Schnittfläche mittels Ligatur oder Naht (Tupper u. Booth 1976, Battista u. Caviot 1981). 쐌 Naht zweier zentraler Nervenstümpfe miteinander (Reichert 1954). Samii (1981) empfiehlt die Einschaltung eines Nerventransplantates zwischen den beiden Nervenstümpfen mit epineuraler Naht. Bei Versorgung eines Nervenstammes wird dieser in 2 Faszikelgruppen gespalten, die miteinander vernäht werden.
쐌 Versiegelung des Nervenstumpfes mit Kunststoffkleber (Edds 1945). Diese Methode wurde von Martini (1988) verfeinert und tierexperimentell untersucht. Das Epineurium wird zurückpräpariert und die Nervenfaszikel verkürzt, der entstandene Hohlraum wird mit dem Gewebekleber Histoacryl blau aufgefüllt (Abb. 4.19). Der Gewebekleber erhärtet schnell und verklebt fest mit dem Epineurium und dem Nervenquerschnitt. Nach wenigen Wochen wird der Gefäßkleber resorbiert. Inzwischen bildet sich aber eine feste Kapsel die ein weiteres Wachstum der Axone permanent verhindert. Alle diese Maßnahmen können auch prophylaktisch bei der Amputation verwendet werden.
Durchspießung der Weichteile bei Kindern. Das Problem treffen wir sowohl bei angeborenen Fehlbildungen als auch bei traumatischen Oberarmamputationen an. Nach Aitken u. Frantz (1953) handelt es sich um die häufigste Komplikation bei Kindern. Sie entsteht dadurch, dass sich der wachsende und nicht belastete Oberarmknochen distalwärts verjüngt und die Muskulatur zurückbleibt. Zur Behandlung der drohenden oder bereits stattgefunden Durch-
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4 Operative Therapie
Abb. 4.20 a – c Die Stumpfkappenplastik nach Marquardt (a). Klinisches Bild einer Durchspießung bei kurzem Oberarmstumpf (b) und nach Stumpfkappenplastik (c).
a
b
c
spießung hat sich die Kappenplastik nach Marquardt (1976) bestens bewährt. Swanson u. Mitarb. (1972) empfehlen die Deckung der Knochenspitze mit einer Silikonkappe. Marquardt verwendet ein autologes – notwendigerweise homologes – Knochen-Knorpel-Transplantat. Bei Vorliegen weiterer Gliedmaßenfehlbildungen wird das Transplantat aus einem fehlgebildeten Glied entnommen, sonst wird die Spina iliaca posterior verwendet. Der Amputationsstumpf wird in einen Exartikulationsstumpf verwandelt. Der Schleimbeutel wird eröffnet und die Knochenspitze reseziert. Zurückpräparieren der Muskulatur mit dem Periost. Längsspaltung des Knochenendes und Auseinanderdrücken der Kortikalis. Das pilzförmige Knochen-KnorpelTransplantat wird an den Knochenpfeilern fixiert. Zwischen die Branchen wird Eigenspongiosa eingefügt. Danach folgt die Anheftung der Periostmuskellappen am Transplantat (Abb. 4.20 a-c). Die prothetische Versorgung und das Endbelastungstraining beginnen postoperativ nach 8 Wochen. Durch das tägliche Training der Endbelastung und dem Gebrauch
des Stumpfes wird der Abbau des Transplantates verhindert und es kommt zu einem beträchtlichen Wachstum des Stumpfes. Bei zu kurzen Stümpfen und schlechter Hautdeckung der Stumpfspitze empfiehlt sich vorher die plastische Deckung, z. B. mit einem Pektoralis- oder Latissimus dorsi Lappen. Bei primärer Amputation im Kindesalter soll die Stumpfkappenplastik gleich durchgeführt werden. Das Transplantat, möglichst mit einer Wachstumsfuge, kann aus dem Amputat entnommen werden.
4.4.4 Funktionsverbessernde Eingriffe Die Winkelosteotomie (Marquardt 1972). Zur Steigerung der Effektivität und des Aktionsradius der Prothese. Sie ist angezeigt beim mittleren bzw. langen Oberarmstumpf. Der exakt anmodellierte Prothesenschaft kann direkt am Stumpf aufgehängt werden, die schulterübergreifende Einbettung entfällt und dadurch können sämtliche Bewe-
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4.4 Amputation
gungen der Schulter auf die Prothese übertragen werden. Besondere Bedeutung kommt hier der Abduktion und vor allem der Rotation zu. Das distale Fragment soll bei Kindern 3 – 5 cm und bei Erwachsenen 6 – 7 cm lang sein. Die Abwinkelung zum proximalen Teil soll um 70 – 90 Grad betragen. Wenn eine Verkürzung des Oberarmstumpfes erlaubt oder erwünscht ist, wie bei der drohenden Durchspießung, erfolgt die Osteotomie quer unter Entnahme eines beugeseitigen Keiles. Erlaubt die Stumpflänge keine Verkürzung, so wird bei Kindern nur die dorsale Kortikalis durchtrennt und der Knochen im Sinne einer Grünholzfraktur gebogen, anschließend Fixation mit 2 gekreuzten Kirschnerdrähten. Bei Erwachsenen wird die vordere Kortikalis abgeschrägt, im Sinne der Open wedge Osteotomie, anschließend Schraubenosteosynthese (Abb. 4.21 a u. b). Das distale Fragment darf wegen der Nekrosegefahr nicht von den Weichteilen abgelöst werden. Der M. biceps wird gekürzt und in Höhe der Abwinkelung mithilfe eines Bohrkanals am Knochen fixiert. Die prothetische Versorgung erfolgt 4 – 5 Wochen postoperativ und nach weiteren 4 Wochen (nach Konsolidierung) kann das Endbelastungstraining auf Druck und Zug vorgenommen werden.
Krukenberg-Plastik. Die Umwandlung des Unterarmstumpfes durch operative Trennung von Ulna und Radius in ein Greiforgan mit Sensibilität und Motorik wurde erstmals 1916 durchgeführt und 1917 publiziert. Sie gilt heute noch als die beste Möglichkeit der Versorgung eines Ohnhänders. Die Krukenberg-Zange ist zweifellos wegen der Sensibilität jeder Prothese funktionell überlegen. Swanson hat 1964 über die Krukenberg-Plastik bei Kindern mit angeborenen Fehlbildungen berichtet. Die Operation wird oft aus ästhetischen Gründen abgelehnt. Die prothetische Versorgung der Greifzange ist jedoch zur Verbesserung des Erscheinungsbildes möglich (Martini 1983). Die Operationstechnik wurde im Laufe der Zeit mehrmals verändert und verfeinert (Bauer 1948, Lob 1970, Marquardt 1978, Tubiana 1981). Ziel der Modifikationen war, die Innenseite und die Spitze der Branchen mit sensibler, ortsständiger Haut zu decken und wegen der Kraft und der besseren Durchblutung so wenig wie möglich von den Muskeln zu resezieren. Die Greiffunktion erfolgt nach dem ChopsticksPrinzip, die Elle mit dem M. triceps und M. brachialis stabilisiert sowie die Speiche ab- und adduziert. Zur Öffnung der Zange werden M. biceps und M. supinator aktiviert und das Schließen bewältigt in erster Linie der M. pronator teres. Trotzdem ist es sinnvoll, mehr Muskel zu erhalten, um die Branchen zu polstern und damit ein besseres Haft- und Haltevermögen zu bekommen. Je länger der Unterarmstumpf, desto besser ist das funktionelle Ergebnis. Die Grenze liegt etwa in der Unterarmmitte. Bei kurzem Stumpf kann der Ansatz des M. pronator teres nach proximal verlagert werden. Eine Möglichkeit, Stümpfe kürzer als 10 cm umzuwandeln, haben Stober u. Traub (1998) gezeigt. Hierfür werden zuvor beide Unterarmknochen mit dem Ringfixateur nach Ilisarov verlängert.
a
b Abb. 4.21 a u. b Die Winkelosteotomie (a) und die funktionelle Verbesserung durch die Prothesenaufhängung (b).
Operationstechnik. Der Hautschnitt wird so angelegt, dass ein beugeseitiger, ulnargestielter Lappen zur Deckung der ulnaren Branche und ein dorsalseitiger, radialgestielter Lappen zur Deckung der radialen Branche gebildet werden. Folgende Muskeln können auch unbeschadet reseziert werden: M. palmaris longus, M. pronator quadratus, M. flexor pollicis longus und eventuell M. flexor digitorum profundus sowie M. flexor carpi radialis. Spaltung der Membrana interossea. Der M. pronator teres bildet die proximale Grenze. Bei sehr langen Stümpfen werden die Unterarmknochen um etwa 3 cm gekürzt und die Muskulatur an den Knochenenden angeheftet. Bei Kindern müs-
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4 Operative Therapie
sen die Wachstumsfugen erhalten bleiben. Die Stumpfkuppen und die Greifflächen können mit den umschnittenen Hautlappen gedeckt werden. Zur Deckung der Kommissur dienen zwei Zeller-Lappen. Die ggf. verbliebenen Hautdefekte liegen außerhalb der Belastungszone und können mit freien Hauttransplantaten gedeckt werden (Abb. 4.22 a u. b). Die Branchen werden gespreizt verbunden, etwa eine Woche im Wechsel zwischen extremer Spreizung und Schließen. Etwa in der 3. postoperativen Woche beginnen wir mit einem gezielten krankengymnastischen und ergotherapeutischen Übungsprogramm. Beim Öffnen der Branchen darf nicht supiniert und bei Branchenschluss nicht proniert werden, da diese Bewegungen zum Greifen von Gegenständen ungünstig sind.
a
Literatur
b
c Abb. 4.22 a – c Die Krukenberg-Plastik: Operationsskizze (a), Funktionsfähigkeit der Greifzange (b u. c).
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Berufs- und Arbeitsschäden des Ellenbogens, Unterarmes und der Hand G. Rompe 5.1 Einleitung 5.2 In Deutschland anerkannte Berufskrankheiten mit Auswirkungen an Ellenbogen, Unterarm und der Hand 5.3 In Deutschland nicht anerkannte Befunde, bei denen Berufseinflüsse diskutiert werden
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5 Berufs- und Arbeitsschäden des Ellenbogens, Unterarmes und der Hand
5.1
Einleitung
Es geht in diesem Kapitel um Schäden, d. h. Veränderungen an den Geweben der Halte- und Bewegungsorgane von Ellenbogen, Unterarm, Hand und Fingern, die auf chronische oder wiederkehrende Einflüsse zu beziehen sind. Es geht nicht um akut aufgetretene Befunde, da diese als Folge einer einmaligen Einwirkung (in der gesetzlichen Unfallversicherung auch als Folge der Einwirkungen während einer Arbeitsschicht) als Unfallfolgen zu diskutieren wären. Eine private Berufskrankheitenversicherung (mit Invaliditätsentschädigung) gibt es nicht. Entsprechende Bemühungen um die Versicherung z. B. von Sportschäden im Hochleistungs- oder Profisport haben bisher nicht zum Ziel geführt. Die private Krankenversicherung zahlt für die Behandlung auch bei Berufskrankheiten. In der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland sind als Berufskrankheiten (SGB VII, 9) die Krankheiten erfasst, die der Versicherte infolge einer unter Versicherungsschutz stehenden beruflichen Tätigkeit erleidet (Thomann u. Jung 2001). Die Anerkennung als Berufskrankheit (BK) setzt voraus, dass die berufliche Verursachung eine rechtlich wesentliche Bedingung im Sinne der für die deutsche Sozialversicherung maßgeblichen Kausalitätslehre der rechtlich wesentlichen Bedingung ist. Die aktuelle Fassung der Berufskrankheitenverordnung vom 31.10.1997 umfasst 67 Positionen, die als Berufskrankheit anerkennungsfähig sind (Listenkrankheiten), weil bestimmte Personengruppen nach epidemiologischen Erkenntnissen des Verordnungsgebers (Seidler u. Nienhaus 1999) einem erhöhten Risiko für eine berufliche verursachte Erkrankung unterliegen. Trotz des Listensystems
5.2
besteht die Notwendigkeit, in jedem Einzelfall eine Kausalitätsprüfung durchzuführen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Befunde/Beschwerden/Erkrankungen, für die ein Zusammenhang mit der Berufstätigkeit vermutet/diskutiert wird, ohne dass diese Vermutung bisher hinreichend belegt werden konnte (zur Listenreife führte). In diesen Fällen kann eine Anerkennung „wie eine Berufskrankheit“ dann erfolgen, wenn der Zusammenhangsnachweis überzeugend geführt wird. Bei den Berufskrankheiten durch mechanische Ursachen bzw. den chirurgischen Berufskrankheiten handelt es sich in der Regel um eine Anpassungsstörung des Gewebes, d. h. der Berufstätige hatte nicht genügend Zeit, sich an eine bestimmte Belastung anzupassen. Es fehlte eine trainingswissenschaftliche Belastungssteigerung entweder von Anfang an (Berufsanfänger) oder nach einer Tätigkeitsumstellung. Mechanische Berufskrankheiten sind also vermeidbar. Prophylaktischen Maßnahmen kommt deshalb eine wesentlich größere Bedeutung zu, als der Bewertung von Schädigungen. Die Anerkennung als Berufskrankheit setzt in Deutschland vielfach die Aufgabe der belastenden Tätigkeit voraus, was insbesondere bei Selbstständigen und freiberuflich Tätigen nicht selten zu Schwierigkeiten führt. Die Bewertung der Minderung der Erwerbstätigkeit (MdE) richtet sich „nach dem Umfang, der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens“ (SGB VII, 56, Abs. 2). Beispielsweise wäre die Latexhandschuhallergie eines Chirurgen kaum höher als mit 10% MdE zu bewerten.
In Deutschland anerkannte Berufskrankheiten mit Auswirkungen an Ellenbogen, Unterarm und der Hand
5.2.1 Berufskrankheiten durch mechanische Einwirkung
Für alle Berufskrankheiten infolge einer mechanischen Ursache gilt, dass der positive Nachweis eines Zusammenhanges im Einzelfall nahezu nie zu erbringen ist, weil es sich um häufige Befunde handelt, die auch in der nicht belasteten Bevölkerung vorkommen, während nur ein kleiner Teil der vergleichbar Belasteten die als BK gelisteten Befunde entwickelt. Die Theorie der Sozialrechtslehre unterstellt, dass es gerade der Schutzzweck des Sozialrechts ist, nicht nur den Durchschnittsmenschen, sondern
vor allem diejenigen Personen zu versichern/entschädigen, die aus welchem Grunde auch immer, besonders disponiert/gefährdet sind.
BK 2101 Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung oder die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
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5.2 In Deutschland anerkannte Berufskrankheiten mit Auswirkungen an Ellenbogen, Unterarm und der Hand
Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes (Tenosynovitis, Peritendinitis bzw. Paratendinitis crepitans). Reizzustand im Bereich der Fingerbeuge- und/oder -strecksehnen bei beruflich einseitiger lang dauernder mechanischer Tätigkeit, z. B. bei Stenotypistinnen und Klavierspielern. Ausdrücklich verneint worden ist die Anerkennung bei einer Masseurin (LSG Bayern – L 17 U 305/94), weil es sich bei dieser Tätigkeit nicht um eine einseitige mechanische Belastung handelt. Als auslösend für die Krankheit gelten kurzzyklische, immer wiederkehrende Bewegungsabläufe, bei denen im Handbereich immer die selben Muskeln und Sehnen unter gleichartiger Belastung betätigt werden (Dreher, Montierer, Stenotypistin). Aber auch repetierende Arbeitsverrichtungen mit statischen und dynamischen Belastungen, bei denen eine einseitige, von der Ruhestellung stark abweichende, Haltung der Gliedmaßen erforderlich ist, können die Ursache sein. Ein besonderes Risiko stellen plötzliche Änderungen der genannten Belastungsarten durch betriebliche Umstrukturierungen dar ( Barrot 1999, Bischoff u. Mitarb. 2001, Rettig 1982, Tillmann u. Koch 1995, Wirth u. Carls 2000). Ein Sonderfall ist die Tendovaginitis stenosans de Quervain, bei der es über eine Peritendinitis zu einer relativen Enge im ersten Strecksehnenfach der Hand kommt, in welchem die Mm. extensor pollicis brevis und abductor pollicis longus gemeinsam verlaufen. Als charakteristisch gilt die Schmerzauslösung durch Ulnarabduktion des Handgelenks bei eingeschlagenem Daumen (FinkelsteinZeichen). Auch der schnellende Finger oder Daumen kann – wenn nicht anlagebedingt bzw. angeboren oder infolge einer Verletzung – die Folge eines Reizzustandes im Bereich von Beugesehne und Sehnenscheide unterhalb des (meist ersten, körpernahen) Ringbandes sein. Erkrankungen der Sehnenansätze (Insertionstendopathien). Die klassischen Insertionstendopathien im Bereich der oberen Gliedmaßen sind der Tennisellenbogen (Epicondylopathia humeri radialis) am Ursprung der Handgelenk- und Fingerstrecker bzw. der Golferellenbogen (Epicondylopathia humeri ulnaris) am Ursprung der Hand- und Fingerbeuger, vor allem bei Wurfbelastungen (Simmons u. Wyman 1992). Die Kenntnis der ätiologischen Faktoren der tennisbedingten Epikondylopathie führt gegebenenfalls zur Korrektur spieltechnischer Fehler, Wechsel des RacketsGriffes oder Änderung der Bespannungshärte und macht dadurch weitere, schwerwiegendere Therapiemaßnahmen überflüssig (Pförringer u. Keyl 1983). Auch Wessels (1981) weist auf den Zusammenhang des Tennisellenbogens mit mangelnder Technik (Vorhandschlag aus dem Handgelenk heraus) hin, so dass ein Großteil der Schlagwirkung von der Unterarmmuskulatur und besonders von der Handgelenkextensionsmuskulatur aufgefangen werden muss. Noch gravierender ist die Einwirkung der Kraftentfaltung beim falschen Rückhandschlag aus dem Handgelenk. An-
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dere Autoren weisen darauf hin, dass es keinen wissenschaftlichen Beweis dafür gibt, dass repetierende Streckung des Handgelenks und Umwendbewegungen der Hand ursächlich für den Tennisellenbogen seien (Bär u. Kiener 2000, Fagg 1995, Labelle u. Mitarb. 1992, Rompe 1983, Schröter 2001). Als Folge der Radialabduktion kommt es beim Werferoder Golferellenbogen gegebenenfalls zur Stauchung des Radiohumeralgelenks mit Knorpelschädigung (Steinbrück u. Rompe 1977). Möllhoff (1992) geht auf die Reaktionskräfte und den damit verbundenen Varus- und Valgusstress beim Golfschlag ein. Ältere Lehrbücher führen auch die Styloiditis radii auf und verweisen auf die Überlastung bei Ulnaflexionsbewegungen beim Säbelfechten. Die Beschwerden treten dann aber nicht an der Spitze des Griffelfortsatzes auf, sondern proximal davon am Ansatz des M. brachioradialis. Abzugrenzen sind nichtberufliche Einflüsse, wie bakterielle Sehnenscheidenentzündungen, Sehnenscheidenganglien, rheumatische Erkrankungen, Verletzungsfolgen (Epikondylenprellung), außerberufliche Überbeanspruchung (s. Kap. 14). Ist eine berufliche Veranlassung Hauptursache für die genannten Beschwerden, ist durch eine Verringerung der Belastung (das gilt auch für den Sport) in den meisten Fällen eine rasche Besserung des Befundes zu erreichen. Folgt dem keine Änderung der Belastung oder Üben der belasteten Strukturen unter trainingswissenschaftlichen Gesichtspunkten, ist das Rezidiv vorprogrammiert. Mit der Häufung von Rezidiven werden schließlich auch die Voraussetzungen zur Unterlassung aller Tätigkeiten erfüllt, die das nächste Rezidiv riskieren. Eine Renten berechtigende MdE ist am ehesten nach Therapiekomplikationen zu erwarten und lässt sich ansonsten durch konsequente Behandlung und berufliche Rehabilitationsmaßnahmen vermeiden.
Diagnose und Therapie Siehe Kapitel 14.
BK 2103 Erkrankungen durch Erschütterung bei der Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen. Als Folge der Vibrationseinwirkung durch den Rückstoß von pressluftangetriebenen Werkzeugen, aber auch bei motorbetriebenen Kettensägen, Schleifschwingern, Bohr- und Abbauhämmern, in seltenen Fällen auch in der hammerführenden Hand bei der Arbeit am Stein (LSG Baden-Württemberg L 2 U 984/96) werden 3 unterschiedliche Erkrankungen beobachtet.
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5 Berufs- und Arbeitsschäden des Ellenbogens, Unterarmes und der Hand
Vibrationsarthropathie. Sie umfasst Schäden am Gelenkknorpel mit nachfolgender Arthrose (s. Kap. 16). Entsprechende Veränderungen werden vor allem am Ellenbogengelenk, in absteigender Häufigkeit am distalen Radioulnargelenk, Schultergelenk und am seltensten im Handgelenk beobachtet.
Diagnose und Therapie
Vibrationsosteonekrose. Die Vibrationsosteonekrose entsteht als Sonderform beim Arbeiten mit Pressluftwerkzeugen als Mondbeinnekrose, seltener auch als Nekrose des Os scaphoideum (Kahnbeinnekrose) auf dem Boden einer venösen Abflussstörung (LSG Baden-Württemberg L 7 U 1155/90; Rettig 1982, Schiltenwolf 1998).
Diagnose und Therapie
Chronische Erkrankungen der Schleimbeutel durch ständigen Druck. Ein ständiger Druck mit unphysiologischer Belastung der Arme kann z. B. durch das Abstützen der Ellenbogen bei Glas- und Steinschleifern entstehen. In der Regel erfolgt zunächst eine Anpassung der Haut (Verdickung, „Schwiele“). Danach kommt es zur chronischen Schleimbeutelreizung mit zunächst serösem, später fibrinösem Exsudat und schließlich zur schwielig fibrösen Kapselverdickung mit Reiskornbildungen. Entsprechende Veränderungen an der Bursa subcutanea olecrani werden gelegentlich beobachtet und führen schnell zum chronischen Verlauf bzw. zu Rezidiven. Eine Anerkennung als Berufskrankheit ist bereits nach einem Zeitraum von wenigen Monaten möglich. In Anbetracht der guten Therapiemöglichkeiten ist eine MdE in den seltensten Fällen zu befürchten.
Siehe Kapitel 7.
Diagnose und Therapie
Vibrationsangiopathie (s. BK 2104). Auslösend sind Tätigkeiten mit Vibrationseinwirkungen vor allem im Frequenzbereich von 10 – 50 Hz in Abhängigkeit von der Greif- und Andruckkraft (Kaulbars u. Scheffer 1992). Die Anerkennung der Veränderungen am Skelett setzt eine mindestens 2-jährige regelmäßige Tätigkeit mit entsprechenden Werkzeugen und Maschinen voraus (Schröter 2001).
BK 2104 Vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen an den Händen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Die Abtrennung von der BK 2103 erfolgte 1977 aufgrund der Erfahrung, dass für die Entstehung vibrationsbedingter Durchblutungsstörungen nicht niederfrequente Schwingungen (wie bei BK 2103), sondern höhere Frequenzen zwischen 20 und 1000 Hz verantwortlich sind. Hier können prophylaktisch auch Antivibrationshandschuhe eingesetzt werden (Christ 1987). Es handelt sich um eine „funktionelle“ Störung ohne primären morphologischen Gefäßschaden mit vasospastischen Anfällen (die dann auch durch Kälte induziert werden können), was zu weiß verfärbten, zum Teil gefühllosen, zum Teil schmerzhaften Fingern führt. Diagnostik, Differenzialdiagnostik und Begutachtung erfordern umfangreiche angiologische Untersuchungen einschließlich Kälteprovokationstest, Infrarotthermographie und den Ausschluss organisch bedingter Durchblutungsstörungen. Die Begutachtung sollte deshalb dem Angiologen bzw. Sachverständigen mit einschlägiger Erfahrung vorbehalten bleiben (Dupuis 1989, Heitmann u. Mitarb. 2001, Lunn 1995, Kriegs-Au u. Scharitzer 2001, Strömberg u. Mitarb. 1996).
Siehe Kapitel 10.
BK 2105
Siehe Kapitel 12.
BK 2106 Drucklähmung der Nerven. Tätigkeiten mit Aufstützen der Ellenbogen oder Druck gegen die Hohlhand können zu länger anhaltendem oder intermittierendem Druck auf Nerven führen, vor allem in bestimmten Gelenkendstellungen. So wird der N. ulnaris durch Druck im Bereich des Ellenbogens und durch gleichzeitige Dehnung beeinträchtigt, seltener im Bereich der Karpalloge (Guyon-Loge). Bei einer Schädigung im Sulcus nervi ulnaris bleiben der ulnare Handbeuger und die ulnare Portion der tiefen Fingerbeuger häufig verschont. Bei Druck oder Dehnung im Bereich der Handwurzel ist sowohl eine isolierte Funktionsstörung des R. superficialis als auch des R. profundus möglich. Der N. medianus kann im Karpaltunnel, seltener im Engpass in Höhe des M. pronator teres am Rande des M. flexor digitorum superficialis, durch Druck infolge häufiger Drehbewegungen des Unterarms geschädigt werden (Thürauf 1998). Bei Veränderungen im Karpaltunnel sind vor allem Sensibilitätsstörungen, besonders am Zeige- und Mittelfinger sowie motorische Ausfallerscheinungen der kleinen Handmuskulatur die Folge (Louis 1992). Bei Schädigung im Bereich des Unterarmes kommt es neben der örtlicher Druckempfindlichkeit zum Pronatorsyndrom (Symptome wie beim Karpaltunnelsyndrom mit zusätzlicher Lähmung der
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5.3 In Deutschland nicht anerkannte Befunde, bei denen Berufseinflüsse diskutiert werden
Mm. pronator quadratus und flexor pollicis longus). Funktionsstörungen des M. radialis finden sich extrem selten. Die Lokalisation der Nervenschäden lässt sich heute elektroneurographisch meist exakt bestimmen (Thürauf 1998). Das Karpaltunnelsyndrom ist nur in seltenen Fällen auf beruflich bedingte Belastungen im Sinne der rechtlich wesentlichen Mitverursachung zu beziehen. Es gibt bisher keine nachvollziehbare Dosiswirkungsbeziehung und keine plausible zeitliche Beziehung zum Beginn der als belastend angesehenen Tätigkeit (Bagatur u. Zorer 2001, Giersiepen u. Mitarb. 2000, Vogt 1998).
Diagnose und Therapie Siehe Kapitel 9.
5.2.2 Berufskrankheiten mit Unterarm- und Handbeteiligung BK 2201 Erkrankungen durch Arbeiten in Druckluft. Dekompressionsunfälle (Caisson-Krankheit) führen zu Gasembolien in Gefäßen, gelegentlich auch im Bereich der Endgefäße des Oberarmkopfes und der Handwurzelknochen.
5.3
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BK 3101 Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße ausgesetzt war. Hier sind insbesondere Knochen- und Gelenktuberkulose, aber auch das Erysipel, Gasbrand, Tetanus, Sepsis, Brucellose und Hautmilzbrand zu nennen.
BK 1100 Berufskrankheiten durch chemische Einwirkungen mit Beteiligung der Haltungs- und Bewegungsorgane. Röntgenologisch nachweisbare Strukturveränderungen im Knochen finden sich bei Erkrankungen durch Blei (BK 1101) als Verdichtungslinien in den Metaphysen und bei Erkrankungen durch Beryllium (BK 1110) als Periostverdickungen. Auflockerung der Knochenstruktur und anschließende Verdickung finden sich als Folge einer Fluorose (BK 1308). Akroosteolysen der Fingerendglieder und Trommelschlegelauftreibungen der Fingerspitzen mit intraossären Zysten, marginalen Kortikalisusuren und bandförmigen Knochendurchtrennungen finden sich bei Erkrankungen durch Vinylchlorid und Polyvinylchlorid (BK 1302).
In Deutschland nicht anerkannte Befunde, bei denen Berufseinflüsse diskutiert werden
Vielfältig werden vor allem in der ausländischen Literatur Beziehungen zwischen den Befunden und Beschwerden und der körperlichen Tätigkeit vermutet.
5.3.1 Dupuytren-Erkrankung Die Ursache der Erkrankung ist nach wie vor umstritten. Auch Mikrotraumen werden als Ursache diskutiert (McFarlane 1991). Histobiochemische Besonderheiten bei der Synthese von Kollagen Typ III und Glycosamin sprechen gegen eine wesentliche mechanische Mitverursachung (Caranzano u. Vogt 1996).
Diagnose und Therapie Siehe Kapitel 11.
5.3.2 Osteonekrosen
Nur für die Mondbeinnekrose werden rezidivierende Druckbelastungen als Ursache diskutiert, siehe auch BK 2103 (Bohndorf u. Imhof 1998).
5.3.3 Repetetive Strain-Injury – Repetetive Stress-Injury (RSI) Es wird angenommen, dass quasi jede Belastung geeignet sei, Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen hervorzurufen. Dem stehen sportmedizinische, sportphysiologische und trainingswissenschaftliche Erkenntnisse über Anpassungsvorgänge an allen Strukturen des Haltungs- und Bewegungssystems gegenüber und es fehlt
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5 Berufs- und Arbeitsschäden des Ellenbogens, Unterarmes und der Hand
eine wissenschaftlich begründete Aussage über Dosis und Belastungsgrenzen der mechanischen Einflüsse (Campbell Semple 1991, Ireland 1992, Sommer 1994, Szabo u. King 2000).
Diagnose und Therapie
Diagnose und Therapie
5.3.7 Daumensattelgelenkarthrose
Siehe Kapitel 9.
Siehe Kapitel 14.
5.3.4 Reflexdystrophie (Morbus Sudeck, posttraumatische Reflexdystrophie, CRPS I) Obwohl ein lokaler Reiz (Verletzungen, aber auch Operationen) an Knochen, Nerven oder Weichteilen von geringer Stärke als auslösende Noxe gilt, wird ein Tätigkeitsbezug mit Arbeitsplatzbesonderheiten bisher nicht beobachtet.
Diagnose und Therapie
Die Lokalisation arthrotischer Knorpelläsionen an den Gelenkflächen unterstützt die Auffassung, dass die Entstehungsursache der Daumensattelgelenkarthrose primär mechanisch bedingt ist. Während der Oppositionsbewegung des Daumens kommt es zu einer pronatorischen Rotation des Os metacarpale I. Diese Rotation führt zu einer inkongruenten Gelenkstellung mit extremer Verkleinerung der die Kraft übertragenden Fläche. Spannungsoptische Modellversuche zeigen punktförmige Kontaktzonen mit Spannungsspitzen. Die Anatomie der Tangentialfaserschicht der Gelenkknorpel ist (nur) an die für ein Sattelgelenk typische Bewegungen angepasst (Koebke u. Thomas 1979). Bezüglich mikrotraumatischer Einflüsse siehe unten (Sportschäden).
Siehe Kapitel 18.
5.3.5 Hypothenar-Hammer-Syndrom Beschwerden in der Hypothenarregion nach chronischer Überlastung. Durch Klopfen mit dem Kleinfingerballen (Maurer, Orthopädiemechaniker) oder Handkantenschlag (Karate) können Gefäßveränderungen bis hin zum Gefäßverschluss entstehen, die an der A. ulnaris Fingerbefunde ähnlich einem Morbus Raynaud hervorrufen (Terrono u. Millender 1992, LSG Niedersachsen L 6 U 222/98).
Diagnose und Therapie
5.3.8 Überlastungsschäden bei Musikern In Abhängigkeit von der Instrumentenhaltung und -bespielung kommt es zum Musculotendinous-overuse-Syndrom (Lederman 1989, Schlegel 1982, Rompe 1983, Spranger u. Breitenfelder 1976). Isolierte Muskelkrämpfe am Gebrauchsarm werden nicht nur bei psychosomatischen Belastungsstörungen (sogenannte Schreibkrämpfe), sondern auch bei mechanischer Überforderung gesehen. Ein Ulnarisrinnensyndrom wird bei Violinspielern in Abhängigkeit von der Geigenhaltung beobachtet (Blum 1995, Charness 1992).
Siehe Kapitel 10.
5.3.9 Sportschäden 5.3.6 Karpaltunnelsyndrom Unter den zahlreichen Ursachen im Sinne einer Einengung des Tunnels von außen oder einer Vermehrung des Tunnelinhaltes spielen entzündliche Veränderungen, Stoffwechselerkrankungen, mechanische Einengungen nach Bruch des körperfernen Speichenendes und Thrombose der A. mediana die Hauptrolle. Gelegentlich wird die Handgelenkbelastung beim Krückengang beinamputierter Personen diskutiert (Kriegs-Au u. Scharizer 2001, Terrono u. Millender 1992).
Am Haltungs- und Bewegungsapparat werden unter Sportschäden Veränderungen verstanden, die zunächst unbemerkt eintreten und – im Gegensatz zur plötzlich auftretenden Sportverletzung – nur langsam einen Krankheitswert erreichen (Rompe u. Rieder 1983). Dabei spielen ständig wiederkehrende Beanspruchungen im Grenzbereich der Gewebetoleranz eine wichtige Rolle. Ein wiederholter Vorgang, der als „Mikrotrauma“ ohne singuläre Bedeutung ist, wird durch Summation zum pathogenetischen Faktor, der die trainingsbedingte Anpassung übersteigt.
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Literatur
Es kommt zum Missverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit: 쐌 durch ungewöhnlich hohe Belastung, 쐌 durch normale Belastung unter unphysiologischen Bedingungen, 쐌 durch unphysiologische Bewegungsabläufe, 쐌 bei verminderter Belastbarkeit des Gewebes. Während selbst bei physiologischer, extrem häufiger Beanspruchung Stressfrakturen an Röhrenknochen nicht sicher vermeidbar sind, führt eine physiologische intermittierende Gelenkbeanspruchung bei kontrollierter Willkürbewegung selbst bei exzessiver Bewegungshäufigkeit (Langstreckenläufer) nicht zu einer nennenswerten Mehrbelastung eines anatomisch Gesunden (Hüft-)Gelenks. Jede ultraphysiologische Gelenkbeanspruchung (z. B. maximale Kniebeugung unter zusätzlicher Gewichtsbelastung) birgt jedoch das Risiko einer Schädigung des Gelenkknorpels. Welche Rolle Bewegungen jenseits des physiologischen Bewegungsausschlages spielen, z. B. die Bewegung im sog. paraphysiologischen Raum (Bewegungsausweitung bis zur Schmerzgrenze) oder eine planmäßige „Bewegungsverbesserung“ (Kunstturnen, Akrobatik) ist bisher nicht untersucht.
Arthrose in den Fingergrundgelenken. Diese können nach wiederholter ruckartiger Überstreckung entstehen (Kugelstoßerhand). Arthrose im Ellenbogen. Werferellenbogen (beim Speerwurf durch wiederholte Distorsion des ulnaren Seitenbandes bei seitlichem Aufklappen des gebeugten Elenbogengelenks) und Judoellenbogen (bei wiederholten Distorsionen im Rahmen von Hebelgriffen und Würfen). Fingergelenkkapselschwellungen der End- und Mittelgelenke. In späteren Stadien sind eine Verbreiterung der Gelenkflächen und kleine knöcherne Ausziehungen durch unphysiologisches Aufstellen der Finger (Hyperflexion im Mittelgelenk, Hyperextension im Endgelenk) zu finden, z. B. beim Sportklettern (Klauser u. Mitarb. 2000). Arthrose im Daumensattelgenk und in den Fingergrundgelenken. Treten bei wiederholter Distorsion/Kontusion auf (Boxerdaumen, Boxerhand). Stressraktionen am Knochen. Im Frühstadium vor allem durch ein Skelettszintigramm nachweisbar. Stressreaktionen am Knochen wurden am Olekranon bei Speerwerfern und Baseball-Pitchern und am distalen Radius oder der distalen Ulna bei Tennisspielern beobachtet (Engelhardt u. Mitarb. 1997, Rompe u. Rieder 1983).
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5 Berufs- und Arbeitsschäden des Ellenbogens, Unterarmes und der Hand
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Spezieller Teil
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Spezieller Teil II
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6
Angeborene Fehlbildungen A.-K. Martini 6.1 Einleitung zu den angeborenen Fehlbildungen des Ellenbogens, des Unterarmes und der Hand 6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens 6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke 6.4 Fehlbildungen der Hand
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6 Angeborene Fehlbildungen
6.1
Einleitung zu den angeborenen Fehlbildungen des Ellenbogens, des Unterarmes und der Hand
Bei den angeborenen Fehlbildungen (Malformation) handelt es sich um einen primären Defekt aus einem lokalisierten Fehler der Morphogenese, der zum Zeitpunkt der Geburt vorliegt (Warkany u. Kalter 1961). Angeborene Anomalien manifestieren sich dagegen im Säuglings- und Kleinkindesalter oder später und werden erst durch das Wachstum auffällig. Nach Conway u. Bowe (1956) hat eines von 626 Neugeborenen eine Fehlbildung an einer oberen Extremität. Die meisten sind geringfügig und bedürfen keiner Behandlung, aber 1 von 10 dieser Fehlbildungen erfordert aufgrund der Funktionsstörung oder des auffälligen Erscheinungsbildes eine spezielle Therapie (Birch-Jensen 1949)
6.1.1
Ätiologie
Groß angelegte klinische Beobachtungen und tierexperimentelle Studien haben die Klärung der Ursachen mancher Fehlbildungen (Thalidomid-Katastrophe) und des Vererbungsmodus (Spalthand) ermöglicht. Trotzdem bleibt die eindeutige Zuordnung einer Ursache für viele Fehlbildungen der oberen Extremität unmöglich (Langmann 1989). Eine Vielzahl von Fehlbildungen an Hand und Unterarm sind Teil eines genetisch bedingten Syndroms (Wynne-Davies u. Lamb 1985). Die Tabelle 6.1
____
Tab. 6.1
zeigt die wichtigsten und häufigsten Syndrome, bei denen die Fehlbildung der oberen Extremität ein wichtiges Symptom darstellt (Tab. 6.1). Die Handfehlbildung kann ein wichtiger Hinweis auf ein erst später erkennbares Syndrom sein. Die genaue Diagnose und Klärung der Ätiologie ist für die Betroffenen von großer Bedeutung, dabei gilt es, das Wiederholungsrisiko abzuschätzen und eventuell präventive Maßnahmen zu treffen. Eine genetische Beratung ist in solchen Fällen zu empfehlen. Genetisch bedingte Gliedmaßenfehlbildungen können in 3 Gruppen unterteilt werden: monogene Erbleiden (autosomal-dominant, autosomal-rezessiv, x-dominant, x-rezessiv), Chromosomenaberrationen und multifaktorielle Krankheiten. Eine Vielzahl experimenteller Untersuchungen haben den Nachweis erbracht, dass manche Gliedmaßenfehlbildungen durch exogene Noxen hervorgerufen werden können. Die Wirkung eines teratogenen Faktors ist, wie Büchner (1958, 1959) betont, von der jeweiligen Entwicklungsphase des Keimlings abhängig. Lenz u. Knapp (1962) haben für die Thalidomid-Embryopathie als kritische Phase die Zeitspanne vom 37. bis zum 50. Tag nach der letzten Menstruation ermittelt. Im Tiermodell wurde eine Vielzahl von Noxen untersucht: Ionisierende Strahlen, Hyper-, Hypo- und Avitaminosen, Hormone, Zytostatika, Hypo- und Anoxie, Infektionen usw. (Literaturübersicht u. a. bei Berry u. Poswillow 1975, Langmann 1989). Ogino
Fehlbildungen und Vererbungsmodus (aus: Lamb u. Wynne-Davies 1998)
Fehlbildungen
Klinische Bilder
Vererbungsmodus
Aplasien
Radialdefekte: Fanconi-Anämie Thrombozytopenie/Radiusaplasie Hypoplastische Anämie, z. T. mit triphalangealem Daumen Holt-Oram-Syndrom (Herz-Hand-Syndrom) Duane-Syndrom
autosomal-rezessiv autosomal-rezessiv autosomal-rezessiv autosomal-dominant autosomal-dominant
Hypoplasien
Plusvarianten
Weichteildefekte
Daumenhypoplasie: progressive Myositis ossificans Rubinstein-Taybi-Syndrom Brachydaktylie: Pseudohypoparathyreoidismus Turner-Syndrom präaxiale (radialseitige) Polydaktylie postaxiale (ulnarseitige) Polydaktylie Laurence-Moon-Syndrom
autosomal-dominant x-chromosomal-dominant xo
z. T. autosomal-rezessiv autosomal-rezessiv
Gigantismus: Neurofibromatose
autosomal-dominant
Marfan-Syndrom kongenitale kontrakte Arochnodaktylie Scheie-Syndrom (u. a. Mucopolysaccharidosen)
autosomal-dominant autosomal-dominant autosomal-rezessiv
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6.1 Einleitung zu den angeborenen Fehlbildungen des Ellenbogens, des Unterarmes und der Hand
(1996) konnte durch Applikation des Zytostatikums Busulfan bei Ratten am 9. Schwangerschaftstag Ulnardefekte und am 10. Schwangerschaftstag Radialdefekte hervorrufen. Bei verschiedenen Rattenstämmen zeigten sich unterschiedliche Defekte. Bei diesen Experimenten traten Polydaktylie, Syndaktylie und Spalthand oft kombiniert auf und es fand sich die gleiche kritische Periode zur Auslösung dieser Fehlbildungen. Eine Assoziation fand sich zwischen Symbrachydaktylie und transversalen Defekten, so dass die scharfe Trennung zwischen longitudinalen und transversalen Fehlbildungen nicht mehr möglich ist (Ogino 1996, Miura u. Mitarb. 1994, Luijsterburg u. Mitarb. 2000, Lamb u. WynneDavies 1998). Neue Untersuchungsergebnisse über die molekularen Grundlagen der Embryologie des Skelettsystems werden die Bedeutung regulierender Gene und Transkriptionsfaktoren verdeutlichen. Mundlos u. Olsen (1997) unterscheiden in diesem Zusammenhang nach dem Pathomechanismus zwei Gruppen: Die Störung der Mesenchymverdichtung und -differenzierung sowie die Störung der Knorpelproliferation und -reifung. So haben bei der ersten Gruppe Transskriptionsfaktoren der HOX-Familie (Homöbox-Gene), PAX-Gene (Paired-box-Gene) und BMPs (Bone morphogenic proteins) eine zentrale Bedeutung. Für einige Fehlbildungen oder Syndrome sind die entsprechenden Genloci identifiziert und in Tabelle 6.2 dargestellt. Bei der Proliferation und Reifung des Knorpels während des Wachstums haben besonders GH (growth hormone), Wachstumsfaktoren, FGF (fibroblastic growth factor), FGFR (fibroblastic growth factor receptor) sowie das Parathormon eine große Bedeutung. Auch in dieser Gruppe sind für einige Syndrome die Genloci mittlerweile bekannt (Tab. 6.3).
Tab. 6.2
____
Störungen der Mesenchymverdichtung und die entsprechenden Genloci (aus: Mundlos u. Olsen 1997)
Defekte der Mesenchymverdichtung und -differenzierung
Genloci
Synpolydaktylie
HOX D-13
Greig-Syndrom
GLI 3
Waardenburg-Syndrom
PAX-3
Holt-Oram-Syndrom
12 q 2
Tab. 6.3
____
Störungen der Knorpelproliferation und -reifung (aus: Mundlos u. Olsen 1997)
Syndrome
Genloci
Achondroplasie
FGFR 3
Apert-Syndrom
FGFR 2
Pfeiffer-Syndrom
FGFR 1
6.1.2
123
Klassifikation
Die Handfehlbildungen treten in sehr vielfältigen Formen auf, so dass die Unterbringung aller Deformitäten in einer Klassifikation kaum möglich ist. Manche Klassifikationen richten sich nach der Morphologie, andere nach der teratologischen Reihenfolge oder nach der Pathogenese. Kelikan (1974) gibt einen Überblick über die bekannten Klassifikationen in 21 Tabellen. Besondere Verbreitung fanden die Einteilungen von Kümmel (1895) in der Modifikation von Nigst (1927), Müller (1937) und von Frantz u. O’Rahilly (1961). 1968 entwickelten Swanson u. Mitarb. eine umfassende Klassifikation, die nach den embryologischen Primärschäden von Gliedmaßenteilen in Gruppen einteilt. Henkel u. Willert (1969) entwickelten eine Klassifikation der Dysmelie in zwei Hauptgruppen: Transversale und longitudinale Defekte. Diese Einteilung ging auch in die Klassifikation von Swanson u. Mitarb. (1968) ein, insbesondere in der ersten Gruppe. Die endgültige Klassifikation von Swanson (1976) wurde von der „American Society for Surgery of the Hand“, von der „International Federation of Societies for Surgery of the Hand“ und von der „International Society for Prothetics and Orthetics“ angenommen und hat bis heute allgemeine Gültigkeit. Diese umfasst die folgenden 7 Kategorien:
I. Fehlen der Bildung von Teilen: A Transversale Defekte: 1. Amputationsdefekte: Arm, Unterarm, Handgelenk, Hand, Finger. B Longitudinale Defekte: 1. Komplett: proximal (Phokomelie), distal. 2. Kombiniert: radialer Defekt (radiale Klumphand). 3. Kombiniert: zentraler Defekt (Spalthand). 4. Kombiniert: ulnarer Defekt (ulnare Klumphand). 5. Hypoplasie distal: Finger. II. Fehlen der Differenzierung (Separation) von Teilen: A Synostosen: Ellenbogen, Unterarm, Karpus, Metakarpus, Phalangen. B Luxation des Radiuskopfes. C Symphalangie. D Syndaktylie: häutige Komplexe, als Teil eines Syndroms. E Kontraktur: 1. Weichteile: Arthrogryposis, Pterygium, schnellender Finger, Fehlen der Strecksehnen, Daumenhypoplasie, Kamptodaktylie, Windmühlenflügeldeformität. 2. Knochen: Klinodaktylie, Kirner-Deformität, Deltaknochen. III. Doppelbildungen: A Daumen-Polydaktylie (präaxial). B Dreigliedriger Daumen, Hyperphalangie.
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6 Angeborene Fehlbildungen
C Polydaktylie der Finger: zentrale (Polysyndaktylie), ulnare Polydaktylie (postaxial). D Spiegelbilddeformität. IV. Überentwicklung (Gigantismus) des ganzen Armes oder Teile des Armes: Makrodaktylie. V. Unterentwicklung (Hypoplasie). VI. Schnürfurchenkomplex. VII. Generalisierte Skelettdeformitäten. Madelung-Deformität. Diese Klassifikation wurde von mehreren Autoren getestet, die ihre Praktikabilität bestätigten (Flatt 1970, De Smet u. Mitarb. 1997, Cheng u. Mitarb. 1987). Außerdem bleiben Fehlbildungen übrig, die nicht zu einer Gruppe passen (Buck-Gramcko u. Ogino 1996, Luijsterburg u. Mitarb. 2000).
6.1.3 Therapie Die Geburt eines fehlgebildeten Kindes hat für die Eltern eine gravierende Schockwirkung. Fragen nach Ursache, Fähigkeiten, Weiterentwicklung und Vererbung beschäftigen sie und sollen möglichst bei der ersten Vorstellung umfassend besprochen und beantwortet werden. Ein Therapieplan mit dem dafür notwendigen Aufwand und dem zu erwartenden Ergebnis soll unter Berücksichtigung verschiedener Eventualitäten und Möglichkeiten erstellt und erklärt werden. Das Ziel jeglicher Therapie besteht darin, dem Kind so früh wie möglich die Greiffunktion zu ermöglichen. Dies fördert nicht nur die Selbständigkeit, sondern ist auch für die geistige Entwicklung des Kindes wichtig. Im Vordergrund der konservativen Therapie stehen Schulung und Training der Greiffähigkeit unter Verwendung der fehlgebildeten Extremität, gleichzeitig Bewegungs- und Dehnungsübungen, um Kontrakturen zu lockern und Fehlstellungen zu korrigieren, eventuell mit Schienenversorgung, die auf keinen Fall die Aktivität des Kindes einschränken darf. Im Rahmen der Ergotherapie wird das Kind auch mit den nötigen Hilfsmitteln versorgt. Fehlt die Hand, so kommt die Versorgung mit Greifhilfen und Handprothese schon im Kleinkindesalter in Betracht, um das „beidhändige“ Arbeiten zu ermöglichen. Armlose Kinder werden auch früh auf Greifen mit den Zehen und Arbeiten mit den Füßen geschult (Lamb u. Law 1987, Marquardt u. Mitarb. 1998). Die mikrochirurgische Operationstechnik mit den entsprechenden feinen Instrumenten, dem feinen Nahtmaterial und der optischen Vergrößerung hat die Behandlung fehlgebildeter Hände im Säuglingsalter möglich ge-
macht und ist für die frühfunktionelle Entwicklung des Kindes wertvoll. Die Indikation und der Zeitpunkt der Operation werden von verschiedenen Kriterien bestimmt: 쐌 Die gesamte Situation des Kindes muss berücksichtigt werden: Weitere Fehlbildungen an derselben Extremität, an anderen Gliedmaßen oder Organen, die dringender Behandlung bedürfen. Der geistige Entwicklungsstand und der Intelligenzgrad des Kindes sind von entscheidender Bedeutung, wenn Mitarbeit in der Nachbehandlungsphase benötigt wird. 쐌 Beim Zeitfaktor ist zu berücksichtigen, ob im Laufe des Wachstums eine Zunahme der Deformität, Verschlechterung der Funktion oder eher Korrekturverlust zu erwarten sind. 쐌 Durch frühzeitige Korrektur und Gebrauch können sich die anatomischen Strukturen in der weiteren Entwicklung anpassen. 쐌 In der Regel ist man bestrebt, die Behandlung vor dem Kindergarten- oder Schulalter abzuschließen. Sind mehrere Eingriffe notwendig, so soll mit der Behandlung rechtzeitig begonnen werden. 쐌 Geringe Fehlbildungen, die keine spontane Besserung erwarten lassen, können auch im frühen Kindesalter beseitigt werden. 쐌 Eingriffe am Skelettsystem verbieten sich solange, als daraus mit hoher Wahrscheinlichkeit Wachstumsstörungen resultieren würden. 쐌 Für ästhetisch begründete Korrekturen darf keine Funktionseinbuße in Kauf genommen werden. 쐌 Eine Operation mit ungewisser Funktionsverbesserung soll gegenüber den natürlichen Anpassungsvorgängen abgewogen werden (Blauth u. Schneider-Sickert 1976, Martini u. Suppelna 1982). Literatur Berry, C.L., D.E. Poswillo (1975): Teratology. Trends and applications. Springer, Berlin Birch-Jensen, A. (1949): Congenital deformities of the upper extremities. Odense, Denmark. Andelsbogrykkeriet: 15 – 16 Blauth, W., F. Schneider-Sickert (1976): Handfehlbildungen. Atlas ihrer operativen Behandlung. Springer, Berlin Buck-Gramcko, D., T. Ogino (1996): Congenital malformations of the hand: Non-classifiable cases. Hand Surg 1: 45 – 61 Büchner, F. (1958): Die Bedeutung peristatischer Faktoren für die Entstehung der Missbildungen und Missbildungskrankheiten. Verh Dtsch Ges Inn Med 64 Büchner, F. (1959): Von der Entstehung menschlicher Missbildungen und Missbildungskrankheiten. Wien Klin Wschr 9: 145 – 148 Cheng, J.C.Y., S. K. Chow, P.C. Leung (1987): Classification of 578 cases of congenital upper limb anomalies with the IFSSH system-a 10 years’ experience. J Hand Surg 12-A: 1055 – 1060 Conway, H., J. Bowe jr. (1956): Congenital deformities of the hands. Plast Reconstr Surg 18: 286 – 290 DeSmet, L., G. Maltton, S. Monstrey, E. Cambier, G. Fabry (1997): Application of the IFSSH (3) – classification for congenital anomalies of the hand, results and problems. Acta Orthop Belg 63: 182 – 188 Flatt, A.E. (1970): A test of a classification of anomalies of the upper extremity. Surg Clin N Amer 50: 509 – 516
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6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens
Frantz, C.H., R. O’Railly (1961): Congenital skeletal limb deficiencies. J Bone Jt Surg 43-A: 1202 – 1224 Henkel, L., H.G. Willert (1969): Dysmelie. A classification and a pattern of malformations in a group of congenital defects of the limb. J Bone Jt Surg 51-B: 399 – 414 Kelikan, H. (1974): Congenital deformities of the hand and forearm. Saunders, Philadelphia Kümmel, W. (1895): Die Missbildungen der Extremitäten durch Defekt, Verwachsung und Überzahl. Fischer, Kassel Lamb, D.W., H.T. Law (1987): Upper-limb deficiencies in children: prosthetic, orthetic and surgical management. Little Brown, Boston Lamb, D.W., R. Wynne-Davies (1998): Inheritance and other possible causes of congenital deformities. In: Buck-Gramcko, D.: Congenital malformations of the hand and forearm. Churchill Livingston, London: 3 – 7 Langman, J. (1989): Medizinische Embryologie. 8. Aufl. Thieme, Stuttgart Lenz, W., K. Knapp (1962): Die Thalidomid-Embryopathie. Dtsch Med Wschr 87: 1232 – 1242 Luijsterburg, A.J.M., M.A. van Huizum, B.E. Implemans u. Mitarb. (2000): Classification of congenital anomalies of the upper limb. J Hand Surg 25-B: 3 – 7 Marquardt, E., B. Fromm, G. Neermann-Klinkert (1998): Nonoperative treatment. In: Buck-Gramcko, D.: Congenital malformations of the hand and forearm. Churchill Livingston, London: 31 – 40 Martini, A.K., G. Suppelna (1982): Die funktionellen Fähigkeiten der missgebildeten Hand. Orthop Praxis 18: 260 – 265 Miura, T., R. Nakamara, E. Horii (1994): The position of symbrachydactyly in the classification of congenital hand anomalies. J Hand Surg 11-B: 364 – 371
6.2
125
Müller, W. (1937): Die angeborenen Fehlbildungen der menschlichen Hand. Thieme, Leipzig Mundlos, S. , B.R. Olsen (1997): Heritable diseases of the skeleton. Part I: Molecular insights into skeletal development-transcription factors and signaling pathways. FASEB J 11: 125 – 132 Mundlos, S. , B.R. Olsen (1997): Heritable diseases of the skeleton. Part II: Molecular insights into skeletal development. Matrix components and their homeostasis. FASEB J 11: 227 – 233 Nigst, P.F. (1927): Über kongenitale Missbildungen des menschlichen Extremitätenskeletts mit Röntgenbildern. Schweiz Med Wschr 57: 7 – 18, 53 – 61, 81 – 91, 97 – 106 Ogino, T., H. Kato (1993): Clinical and experimental studies on teratogenic mechanismus of congenital absence of digits in longitudinal deficiencies. Cong Anom 33: 187 – 196 Ogino, T. (1996): Congential anomalies of the hand. Clin Orthop and Rel Research 323: 12 – 21 Swanson, A.B., A.J. Barsky, M.A. Entin (1968): A classification for congenital limb malformation. J Hand Surg 1: 8 – 22 Swanson, A.B. (1976): Classification of limb malformations on the basis of embryological failures. Surg Clin N Amer 48: 1169 – 1179 Tajima, T. (1996): A brief review and proposal for the classification of the congenital anomalies of the upper limb. Hand Surg 1: 63 – 68 Warkany, J., H. Kalter, (1961): Congenital malformations. New Engl J Med 265: 993 Wynne-Davies, R., D.W. Lamb (1985): Congenital upper limb anomalies. An etiologic grouping of clinical, genetic and epidemiologic data from 387 patients with „absence“ defects, constriction bands, polydaktylies and syndaktylies. J Hand Surg 10-A: 958 – 964
Fehlbildungen des Ellenbogens
6.2.1 Aplasie des Ellenbogens
Sehr seltene Fehlbildung, die oft mit weiteren Veränderungen der betroffenen Extremität und anderer Körperteile auftritt. Sie ist häufig ein Leitsymptom für Erkrankungen eines oder mehrerer Körpersysteme.
Synonyme Angeborene Ankylose, Humeroradialsynostose.
Definition Das Ellenbogengelenk fehlt und damit auch die Beweglichkeit. Dafür sind Humerus und Radius, Humerus und Ulna oder alle 3 am Gelenk beteiligten Knochen miteinander verschmolzen.
Ätiologie Humerus, Radius und Ulna werden etwa ab dem 37. Tag sichtbar, die Verknorpelung des Radius am 41. und der Ulna am 44. Tag. Zu dieser Zeit sind alle 3 Knochen noch miteinander verbunden. Ausbleiben der Separation ist eher dafür verantwortlich (O’Rahilly u. Gardner 1975, Smith 1982) als eine spätere Fusion (Wood 1998). Heredität und familiäres Auftreten sind für einige Fälle mit Sicherheit nachzuweisen (Frankel 1944, Frostad 1940, Keutel u. Mitarb. 1970). Das Auftreten von Synostosen bei Geschwistern (Roth 1926, Storen 1946) oder in 2 oder 3 Generationen (Mouchet u. Saint-Pierre 1931) werden beschrieben. Blutsverwandtschaft bei den Eltern wird manchmal festgestellt (Birch-Jensen 1949, Keutel u. Mitarb. 1970, Megarbane u. Mitarb. 1998). Die Vererbung erfolgt wahrscheinlich autosomal-dominant (Fuhrmann u. Mitarb. 1966), wenngleich andere Verfasser (Keutel u. Mitarb. 1970, Say u. Mitarb. 1973) eine rezessive Vererbung für möglich halten. Sporadisches Auftreten wird auch beobachtet (Hunter u. Mitarb. 1976).
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6 Angeborene Fehlbildungen
Pathogenese
Bildgebende Diagnostik
Zunächst liegt im Bereich des aplastischen Gelenks eine Synchondrose mit zunehmender Verknöcherung und Verschmelzung vor (Fuhrmann u. Mitarb. 1966, Kéry u. Wouters 1970). Am häufigsten wird die Humeroradialsynostose beobachtet, ihr folgt die Verschmelzung aller 3 Knochen, während die Humeroulnarsynostose am seltensten beobachtet wird (Winston 1972, Quasi u. Mitarb. 1979). Die Aplasie des Humeroradialgelenks ist häufig mit einer Ulnahypoplasie kombiniert, ebenso sind weitere Hypoplasien der Karpalknochen und der Finger häufige Begleiterscheinungen. Hypoplasie des Schultergürtels ist auch keine Seltenheit. Die Radiushypoplasie bei einer Humeroulnarsynostose ist eher selten (Lehmann u. Löhr 1955, Winston 1972).
Im Frühkindesalter erscheint im Röntgenbild zwischen den 3 Knochen noch eine Art „Gelenkraum“, der nach wenigen Monaten durch die zunehmende Verknöcherung verschwindet. Der Humerus endet in Gabelform, die Elle kann fehlen oder hypoplastisch sein. Für eine frühzeitige Diagnose im Säuglingsalter kann die Ultraschalluntersuchung hilfreich sein.
Epidemiologie Die Aplasie des Ellenbogens ist eine seltene Fehlbildung (Murphy u. Hanson 1945). Weil berichtete 1982 über 101 derartige Fälle aus der Literatur. Swanson u. Mitarb. berichteten 1984 über 47 Arme mit Humeroradialsynostose bei ihren 104 Patienten mit 127 longitudinalen ulnaren Fehlbildungen (53 %). In unserem Krankengut fanden sich 69 Ellenbogenankylosen durch humeroradiale oder humeroradioulnare Synostosen bei 111 Patienten (43,7 %) mit ulnaren Defekten (Mattis 1995). Das männliche Geschlecht ist davon häufiger betroffen als das weibliche (Verhältnis 4 : 3). Bei fast der Hälfte der Fälle ist die Aplasie doppelseitig.
Diagnostik Klinische Diagnostik Der Arm ist verkürzt, das Ellenbogengelenk steht leicht gebeugt, wobei die Winkelstellung von 0 – 90° reichen kann. Die Muskulatur des betroffenen Armes ist erwartungsgemäß unterentwickelt. Öfter wird eine narbige Einziehung auf der Rückseite des Ellenbogens beobachtet. Bei einer Humeroulnarsynostose bleibt die Unterarmdrehbewegung möglich, während bei der häufigeren Humeroradialsynostose die Beweglichkeit in allen Richtungen aufgehoben ist. Der Arm steht oft in einer extremen Pronationsstellung. Wie bereits erwähnt, kommt die Aplasie des Ellenbogens meist im Rahmen von Syndromen wie Antley-Bixler-, Apert-, Pfeiffer- u. Crouzon-Syndrom (Anderson u. Mitarb. 1998, Kitoh u. Mitarb. 1996) vor. Viele Autoren berichten über zusätzliche Fehlbildungen vorwiegend an Händen und Füßen in Form von Hypo- und Aplasien, Verschmelzungen von Hand- und Fußwurzelknochen sowie Flügelfellen (Frank 1937, Stranak u. Oberender 1971), Hüftdysplasien und Skoliosen (Keutel u. Mitarb. 1970, Kéry u. Wouters 1970, Leisti 1975), Kniegelenkveränderungen, vor allem Patellaaplasie (Kéry u. Wouters 1970, Wood 1998).
Klassifikation Die Humeroradialsynostosen werden in 3 Formen unterteilt (Pfeiffer u. Braun-Quentin 1994, Tonkin 1999) (Abb. 6.1a-c): 쐌 Aplasie des Ellenbogens im Rahmen generalisierter Fehlbildungen mit Synostosen, 쐌 Humeroradialsynostose mit Ulnadysplasie (eventuell Fibuladysplasie) ohne Oligodaktylie, 쐌 Humeroradialsynostose in Begleitung zu longitudinalen ulnaren Defekten mit Oligodaktylie.
Therapie Bei extremer Fehlstellung ist die Korrekturosteotomie indiziert. Dabei wird der Unterarm in die Mittelstellung zurückgedreht und im Ellenbogenbereich eine Beugestellung von ca. 20° gerichtet. Auf keinen Fall mehr Beugung, da der Arm in der Regel zu kurz ist. Dobyns (1985) empfiehlt die Osteotomie in mehreren Ebenen mit der Fixation mittels Steinmann-Nagel. Als Alternative kommt die Versorgung mit Ringfixateur nach Ilisarov in Betracht. Bei bilateralem Befall wird nur eine Seite korrigiert und der andere Arm bleibt gestreckt. Versuche mit Wiederherstellung der Beweglichkeit durch Interpositionsarthroplastik oder Gelenkersatz waren enttäuschend, da die Muskelfunktion fehlt (Kirmani 1967, Stranak u. Oberender 1971).
6.2.2 Dysplasie des Ellenbogens und angeborene Luxation des Radiuskopfes Die angeborene Luxation des Radiuskopfes ist die häufigste Anomalie im Bereich des Ellenbogens. Eine Dysplasie des gesamten Ellenbogens als alleinige Fehlbildung ist außerordentlich selten, während Dysplasie des lateralen Anteils häufig vorkommt (Fried 1973). Die angeborene Radiuskopfluxation wurde zuerst von Dupuytren u. Loir (1830) beobachtet (Bonnenberg 1893). Im englischen Sprachraum wird die Veröffentlichung von Smith (1852) als Erstbeschreibung bezeichnet.
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6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens
a
b
127
c
Abb. 6.1 a – c
Aplasie des Ellenbogens. a Humeroradialsynostose mit Ulnahypoplasie sowie Oligodaktylie. b Humeroradialsynostose mit Ulnaaplasie, Oligodaktylie und Verschmelzung des mittleren Strahles.
c Verschmelzung aller drei am Ellenbogen beteiligten Knochen mit Oberarmsporn.
Definition
Pathogenese
Fehlentwicklung des Ellenbogens mit Abflachung oder Fehlen des Capitulum humeri, Deformierung und Luxation des Radiuskopfes und Bewegungseinschränkung des Ellenbogengelenks.
Die meisten Autoren sind der Ansicht, dass der primäre Defekt das Capitulum humeri betrifft, das abgeflacht ist oder fehlen kann (Almquist 1969, Caravias 1957). Die Verrenkung kann nach dorsal, nach ventral oder zur Seite erfolgen. Luxationen nach vorn treten häufiger (66 %) auf, wenn keine weiteren zusätzlichen Fehlbildungen vorhanden sind (Weil 1982). Nach Mardam-Bey u. Ger (1979) ist die dorsale Luxation häufiger (65 %), während die ventrale Luxation nur in 18% der Fälle vorkommt. Miura (1990) gibt die Häufigkeit der anterioren Luxation mit 53 % und die der posterioren Luxation mit 45 % an.
Ätiologie Vererbbarkeit der Fehlbildung wird von vielen Autoren beschrieben (Capecchi u. Casini 1955, Mordeja 1957, Belas 1967). Bei 40% der Fälle tritt die Radiuskopfluxation allein in Erscheinung. Ein autosomal- dominanter Erbgang wird angenommen (Wynne-Davies 1973, Kelikan 1974), insbesondere bei der dorsalen Luxation (Reichenbach u. Mitarb. 1995). Bei 60% der Fälle kommt diese Fehlbildung im Rahmen eines Syndroms oder als Begleiterscheinung zu weiteren Fehlbildungen vor. Der Erbgang ist dominant vom Phänotyp (Almquist u. Mitarb. 1969, Dobyns 1985, Mardam-Bey u. Ger 1979, Menio u. Wenner 1992, van Bever u. Mitarb. 1996, Dougall u. Gibson 1997) (Tab. 6.4).
Epidemiologie Almquist u. Mitarb. (1969) fanden die Deformität bei 0,2% der 9000 Patienten, die die 3 Seattler Kliniken von 1961 – 1967 besucht haben. Gonzales-Ferre (1994 – 95) beziffert die Häufigkeit in seinem Krankengut mit 0,41 %. Angaben über Geschlechtsverteilung schwanken, Männer sind aber bevorzugt betroffen (60 – 70%).
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6 Angeborene Fehlbildungen
Tab. 6.4
____
Die Fehlbildungen der Radiuskopfluxation in Verbindung mit anderen Fehlbildungen
Fehlbildungen und Systemerkrankungen mit Radiuskopfluxation
Syndrome mit möglicher Radiuskopfluxation
Hereditäre Osteochondrodysplasie
Ellis-van-Creveld-Syndrom
Osteochondritis dissecans
Patella-Nail-Syndrom (Morgan 1964, Wood 1998)
Multiple Exostosen (v. Meel 1962)
Ehlers-Danlos-Syndrom
Enchondrale Dysostosen (Hendelkens 1955)
Silvers-Syndrom (Almquist 1969)
Humerospinale Dysostosen (Cortina 1979)
Larsen-Syndrom (Azimi 1974, Trigueros 1978)
Kleidokraniale Dysostosen
Cornelia-de-Lange-Syndrom (Falek 1966, Lee 1967)
Arthrogrypose
Holt-Oram-Syndrom (Gall 1966)
Flügelfell
Nievergelt-Syndrom (Dubois 1970, Kassner 1976)
Hemimelien
Klinefelter-Syndrom (Zaleski 1966)
Radioulnare Synostosen
Klippel-Feil-Syndrom (Gordon1948)
Spastische Zerebralparese (Pletscher 1976)
Apert-Syndrom (Pillay 1964)
Ulnadefekt
Trisomie-8-Syndrom (Dougall 1997)
Karpale Synostosen (van Bever 1996)
Detenbach-Abrams-Syndrom
Metokarpale Synostosen
Rubinstein-Taybi-Syndrom
Transversale Fehlbildungen des Unterarmes (Menio u. Wenner 1992)
Carpenter-Syndrom
Sprengel-Deformität
Diagnostik Klinische Diagnostik Die isolierte Radiuskopfluxation fällt kaum auf, da die äußere Form und die Funktion in der Regel lange Zeit regelrecht bleiben. Meistens ist die Unterarmdrehung mehr oder weniger eingeschränkt. Dadurch ergibt sich ein auffälliges Verhalten beim Sport, in der Schule oder beim Essen. Die Streckung des Ellenbogens kann bei dorsaler Luxation beeinträchtigt sein. Ebenso kann die Beugung bei ventraler Luxation eingeschränkt sein. Der luxierte Radiuskopf kann in seiner abnormen Stellung sichtbar oder tastbar sein, ebenso ist die Valgusstellung auffällig. Es soll
daran gedacht werden, dass die angeborene Radiuskopfluxation oft nur ein Leitsymptom für weitere Fehlbildungen und Syndrome ist. Bildgebende Diagnostik Die Röntgenaufnahmen des Ellenbogens in 2 Ebenen zeigen die oben beschriebenen Veränderungen. Sonographie und MRT können Auskunft über den Knorpelbelag geben, aber auch über die umliegenden Weichteile (Tonkin 1999, Gonzales-Ferre 1994 – 95) sowie Gelenkkapsel (Detzel 1953, Brennan u. Mitarb. 1963).
Differenzialdiagnose Bei isolierter Luxation und besonders nach ventral ist es sehr schwierig, die angeborene von der geburtstraumatischen Verrenkung zu unterscheiden (Schubert 1965, Lloyd-Roberts u. Bucknill 1977). Für die Annahme einer kongenitalen Natur der Dislokation stellte McFarland (1936) folgende Kriterien auf: 쐌 Hypoplasie oder fehlendes Capitulum humeri, 쐌 Längenunterschied beider Unterarmknochen, 쐌 domartige Form des Radiuskopfes, 쐌 elongierter und verschmälerter Radiuskopf, 쐌 konkave proximale Ulnakante, 쐌 Hypoplasie der Trochlea, 쐌 Prominenz des ulnaren Epikondylus, 쐌 Einbuchtung des distalen Radiusendes. Als weitere Kriterien werden von Wood (1998) verlangt: Kein Trauma, die Luxation ist direkt nach der Geburt feststellbar und die Reposition entweder unmöglich oder nicht haltbar, außerdem bilaterales Vorkommen und das Vorliegen einer familiären Häufung oder weitere Fehlbildungen (Abb. 6.2 a-c). Selbst die radiologischen Veränderungen nach den Kriterien von McFarland (1936) können sekundär entstehen. Verkalkungen und Verknöcherungen können Hinweise auf das Trauma geben. Beim Vorliegen von multiplen Exostosen oder multipler Enchondromatose ist die Radiuskopfluxation als sekundäre entwicklungsbedingte Deformität zu bezeichnen (Tokin 1999).
Therapie Aufgrund der geringen Funktionseinschränkung ist die Behandlung oft unnötig. Je nach Patientenalter und Schweregrad der Deformität kommen folgende operative Verfahren in Betracht: 쐌 Offene Reposition ist im ersten und höchstens im zweiten Lebensjahr indiziert, d. h. solange die knöchernen Veränderungen noch relativ gering sind und sich anpassen können (Almquist u. Mitarb. 1969, Brennan u. Mitarb. 1963, Dobyns 1985, Mital 1976). Liegt eine Längendifferenz beider Unterarmknochen vor, erfolgt eine Verkürzungsosteotomie des Radius oder Verlängerung der Ulna (Hirayama u. Mitarb. 1987, Letts 1985). Letz-
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6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens
c
a Abb. 6.2 a – c Angeborene Luxation des Radiuskopfes mit den typischen Merkmalen: Hypoplasie des Radiuskopfes und des Kapitulums, Längenunterschied der Unterarmknochen und Verbiegung des Radius. Verbiegung nach dorsal (a), nach ventral (b), nach lateral (c).
b
tere erfolgt durch Kallusdistraktion (Villa u. Mitarb. 1990). Außerdem ist eine Rekonstruktion des Lig. anulare radii erforderlich, um eine Reluxation zu verhindern (Bell Tawse 1965). Willey u. Mitarb. (1991) waren von den Operationsergebnissen enttäuscht, während Futami u. Mitarb. (1992) über Besserung des Erscheinungsbildes und der Funktion bei ihren Patienten berichten (Abb. 6.3 a-c). 쐌 Resektion des Radiuskopfes darf erst nach Wachstumsabschluss erfolgen (Grill u. Altenhuber 1985) und ist bei zunehmenden Beschwerden, Bewegungseinschränkung und eventueller Verschleißerscheinung angezeigt. Beim Weiterwachsen des Radius entsteht eine schmerzhafte Nearthrose mit dem Humerus (Abb. 6.4 a u. b). Auch nach der Resektion kann der Funktionsgewinn wegen der Situation der Weichteile bescheiden
bleiben (Mardam-Bey u. Ger 1979). Im Laufe der Zeit verschiebt sich der Radius nach proximal und ein relativer Ulnavorschub entwickelt sich im Handgelenk mit Impingement (Grill u. Altenhuber 1985, Tonkin 1999). Deshalb empfiehlt sich die Implantation eines Ersatzes selbst im kindlichen Alter (Abb. 6.5).
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6 Angeborene Fehlbildungen
a
b
Abb. 6.3 a – c
c
Radiuskopfluxation (a), Verlängerung der Elle und Reposition (b), stabile Situation (c).
Abb. 6.4 a u. b Angeborene Luxation des Radiuskopfes beidseits. a Zustand nach Resektion des Kopfes rechts mit der Bildung einer schmerzhaften Nearthrose. b Spontane Entwicklung links.
a
b
6.2.3 Radioulnare Synostose
Therapie
im Frühkindesalter
nach Wachstumsabschluss
Die angeborene radioulnare Synostose (Arus) wurde 1793 von Sandifort in Leyden anhand einer anatomischen Studie beschrieben.
offene Reposition mit
Resektion des Radiuskopfes
Definition
Bandplastik
Abb. 6.5
Verkürzung des Radius
Verlängerung der Ulna
Verbindung beider Unterarmknochen durch eine am Ellenbogen nahe gelegene Knochenbrücke mit Aufhebung der Unterarmdrehbewegung und Blockierung in Pronationsstellung.
Therapie der angeborenen Luxation des Radiuskopfes.
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6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens
Ätiologie Die Arus entsteht als Folge abnormer longitudinaler Segmentation. Das präkartilaginäre Gewebe m Bereich der künftigen Gelenke verdichtet sich in der 6. embryonalen Woche zunehmend. Durch physiologische Zellnekrosen bilden sich in der 7. Woche Gelenkspalten (Lewis 1901, Sledge 1966). Bleibt die Resorption im proximalen Unterarmbereich aus, entsteht eine umschriebene Synchondrose, die später in eine Arus übergeht. Da der Unterarm in dieser Entwicklungsphase des Ellenbogens in Pronationsstellung in unterschiedlicher Ausprägung steht, bleibt diese Fehlstellung bestehen (Blechschmidt und Petersen 1967, Griffet u. Mitarb. 1986, Okrent u. McFadden 1986). Es handelt sich um eine Hemmungsfehlbildung, die sporadisch oder familiär auftreten kann. Davenport u. Mitarb. beschrieben 1924 die Erblichkeit in 13 Familien. Sie sind der Ansicht, dass die Vererbung dominant erfolgt (Cleary u. Omer 1985, Rizzo u. Mitarb. 1997). Cohen-Solal (1963) glaubt dagegen an einen rezessiven Erbgang (Hansen u. Andersen 1970, Wynne-Davies 1973). Die Arus kommt im Rahmen von Erkrankungen mit Chromosomenaberrationen – besonders der X-Chromosomen, seltener der Autosomen – vor (Manouvier u. Mitarb. 2000, Franceschini u. Mitarb. 2000) (Tab. 6.5).
Pathogenese Die Synostose kann faserknorpelig bis vollkommen spongiös knöchern sein (Wilkie 1914, Hansen u. Andersen 1970, Cleary u. Omer 1985 Griffet u. Mitarb. 1986). Die Verknöcherungszone variiert von wenigen Zentimetern bis zur vollkommenen Verschmelzung beider Unterarmknochen (Blauth u. Rothkirch 1989). Die fibröse Verbindung mit Deformierung des Radiuskopfes wird als leichte Form der Arus betrachtet (Cleary u. Omer 1985). Der Radiuskopf kann mit der Ulna verschmolzen bzw. nach ventral oder dorsal luxiert sein. Fehlt der Radiuskopf, so scheint das Capitulum humeri dysplastisch. Der Radiusschaft ist verkrümmt und das Unterarmskelett im Vergleich zur gesunden Seite geringfügig verkürzt. Der M. supinator kann fehlen oder sehr atrophisch sein, ähnliche Veränderungen zeigen der M. pronator teres u. M. pronator quadratus. Die Membrana interossea ist fibrös und verdickt.
Epidemiologie Die Arus ist selten. Zirka 350 Fälle wurden bisher veröffentlicht. Albrecht (1967) fand bei 124 Patienten mit Unterarmfehlbildungen 7 radioulnare Synostosen. Zwei Drittel der Fälle kommen als alleinige Anomalie vor (Tonkin 1999, Simmons u. Mitarb. 1983). Angaben über die Geschlechtsverteilung schwanken. Bei Davenport u. Mitarb. (1924) ist das männliche Geschlecht zweimal so häufig als das weibliche betroffen. Auch bei Griffet u. Mitarb. (1986) überwiegt das männliche Geschlecht. Bei Blauth u. Rothkirch (1989) ist das Verhältnis weibliches zu männ-
Tab. 6.5
____
131
Die angeborene radioulnare Synostose (Arus) in Verbindung mit anderen Anomalien und Syndromen
Anomalien mit Arus
Syndrome mit Arus
Daumenaplasie
XXY
Radiale Klumphand
XXXY
Schnürfurchenkomplex
XXXXY
Karpale Synostosen
Apert-Syndrom
Symphalangie
Arthrogrypose
Madelung-Deformität
mandibulofaziale Dysostose
Polydaktylie
Thalidomid-Intoxikation
Syndaktylie
akrofaziale Dysostose
Hypoplasie des M. pectoralis major
Nivergelt-Pearlman-Syndrom
Klumpfuß
Carpenter-Syndrom
Angeborene Hüftluxation
Williams-Syndrom
Hydrozephalus
Klinefelter-Syndrom
Tarsale Koalition
Holt-Oram-Syndrom
liches Geschlecht etwa 3 : 2. Doppelseitigkeit ist häufiger als einseitiger Befall.
Klassifikationen Für die Klassifikation der angeborenen radioulnaren Synostose gibt es die folgenden Klassifikationen: 쐌 Einteilung nach Wilkie (1914): – Typ I: 3 – 6 cm lange, proximal gelegene knöcherne Verbindung. Der Radiuskopf fehlt, ist deformiert, in der Synostose verschmolzen. – Typ II: Die knöcherne Verbindung ist geringer und schließt den Radiuskopf nicht ein. Dieser ist nach ventral oder dorsal disloziert. 쐌 Einteilung von Cleary u. Omer (1985): – Typ I: fibröse Synostose, Radiuskopf leicht dysplastisch. – Typ II: knöcherne Synostose, keine weitere Deformität. – Typ III: knöcherne Synostose, Radiuskopf hypoplastisch und disloziert nach dorsal. – Typ IV: wie III aber mit ventraler Dislokation, Kopf ist pilzartig verbreitert. 쐌 Einteilung von Blauth u. Rothkirch (1989) (Abb. 6.6 a-d): – I. Grad: Dysplasie des proximalen radioulnaren Gelenks mit Einschränkung der Unterarmdrehbewegung. – II. Grad: proximale Synostose. – III. Grad: breite oder zweiteilige Synostose. – IV. Grad: nahezu vollständige Verschmelzung beider Unterarmknochen (selten!).
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6 Angeborene Fehlbildungen
a
b
c
Abb. 6.6 a – d Verschiedene Formen der radioulnaren Synostose: Grad I (a), Grad II (b), Grad III (c), Grad IV (d).
d
Die Ausdehnung der Synostose kann erst nach Wachstumsabschluss endgültig beurteilt werden.
der Synostose können bestimmt werden. Bei fibröser oder unvollständiger Synostose ist die CT oder MRT angezeigt.
Diagnostik
Differenzialdiagnose
Klinische Diagnostik Die Unterarmdrehbewegung ist aufgehoben. Der Unterarm ist proniert. In wenigen Ausnahmen besteht eine Supinationskontraktur. Die aufgehobene Supination wird durch die Schulter und Hypermobilität des Handgelenks kompensiert und wird deshalb erst spät von Eltern oder Lehrern entdeckt. Die Beugefähigkeit des Ellenbogens ist in der Regel frei. Ein Streckdefizit kann auf eine Dislokation des Radiuskopfes hinweisen. Sowohl Cubitus varus als auch valgus werden beobachtet. Der Unterarm ist dünner und kürzer als bei der gesunden Seite.
Posttraumatische Synostosen entstehen bei Fraktur beider Unterarmknochen oder auch bei der Monteggia-Fraktur, sowohl nach konservativer als nach operativer Behandlung. Die Anamnese ist eindeutig. Die Unterarmstellung ist unterschiedlich und der Funktionsverlust ist auffällig. Die Arus ist in vielen Fällen nur ein Leitsymptom für weitere Fehlbildungen, nach denen gefahndet werden soll.
Bildgebende Diagnostik Die Röntgenaufnahmen des Ellenbogens und des Unterarmes zeigen die Synostose, Verdrehung der Unterarmknochen gegeneinander und die Verbiegung des Radius. Form und Lage des Radiuskopfes sowie die Ausdehnung
Therapie Die Einschränkung der Unterarmdrehbewegung bei der Arus kann durch Ausgleichsbewegungen im Schulterund Handgelenk kompensiert werden, so dass kein Behandlungsbedarf besteht (Cleary u. Omer 1985, Blauth u. Rothkirch 1989, Lescault u. Mitarb. 2000).
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6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens
Operative Therapie Die meisten Autoren sehen die Operationsindikation als individuell an, die vom Schweregrad der Fehlstellung, der Behinderung, den Bedürfnissen des Patienten im Alltag sowie den Hobbys und dem Berufswunsch abhängt. Eine abwartende Haltung wird zunächst empfohlen und wenn eine Operation indiziert ist, dann frühestens im Schulalter. Als Operationsverfahren kommen die Wiederherstellung der Drehbewegung und die Drehosteotomie infrage.
Wiederherstellung der Drehbewegung. Die Wiederherstellung der Drehbewegung kann in verschiedenen operativen Verfahren erfolgen: 1. Resektion der Synostose: Diese führt zum schnellen Rezidiv. Auch die Interposition von Faszie, Fett, Dura, Muskulatur, Silikon und anderen Materialien konnte die Refusion nicht verhindern (Dal Monte u. Mitarb. 1987, Miura u. Mitarb. 1984, Sachar 1994, Poureyron u. Mitarb. 1996). 2. Pseudarthrosenbildung: Die Pseudarthrosenbildung im Radius distal der Synostose mit Einsetzen eines Drehgelenkes (Kelikan u. Doumanian 1957) schlug fehl. Später wurde die Operation erweitert und modifiziert (Kelikan 1974). Andere Autoren haben keinen Erfolg mit dieser Methode gehabt (Dobyns 1993). 3. Synostosenresektion und Interposition eines vaskularisierten Faszien-Fett-Lappens: Braun u. Mitarb. beschrieben 1995 die Interposition eines retrograden A.-ra-
a
133
dialis-Faszienlappens in einem Fall einer distal gelegenen posttraumatischen Synostose. Sugimoto u. Mitarb. verwendeten 1996 bei einer proximalen posttraumatischen Synostose einen A.-interossea-posterior-Insellappen. Kanaya u. Mitarb. haben erstmals 1996 einen freien FaszienFett-Lappen aus dem lateralen Oberarm bei Arus mit Gefäßanastomose eingesetzt. Kanaya u. Ibaraki berichteten 1998 über die Erfahrungen bei 7 Kindern mit Arus, wobei es nach 4 Jahren kein einziges Rezidiv gab und die erreichte Unterarmdrehfähigkeit im Durchschnitt 71° beträgt. Diese Operationsmethode ist die einzige, die die Wiederherstellung der Unterarmdrehbewegung bei der Arus ermöglicht und gilt als die Methode der Wahl. Deshalb wird die Operationstechnik genauer beschrieben (Abb. 6.7): Den Zugang bilden ein dorsaler und ein ventraler Schnitt. Ausgiebige Resektion der Synostose und der Kortikalis, des Radius und der Ulna mit Bildung einer konkaven Fläche. Der Radiuskopf wird zurechtgeformt. Verkürzungsangulationsosteotomie des Radius mit Entnahme eines trapezförmigen Segments von 3 – 22 mm. Nach Reposition des Kopfes und Drehen des Unterarmes in die Neutralstellung erfolgt die Osteosynthese mittels einer Titanplatte. Naht der Gelenkkapsel und des Lig. anulare radii. Die Bizepssehne wird am dorsalen Rand des Radius reinseriert. Der M. anconeus wird zwischen den Unterarmknochen nach ventral verlagert und an der Vorderseite der Ulna fixiert. Der M. supinator wird wegen der Blutversorgung des proximalen Radiusendes nicht abgelöst. Ein Fett-Faszien-Lappen mit einem schmalen Hautstreifen wird vom ipsilateralen Oberarm mit der A. collateralis radialis posterior, der A. profunda brachii und den begleitenAbb. 6.7 Kanaya.
b
Operationsskizze nach
A. profunda brachii et Vv. brachiales
A. recurrens radialis et Vv. radiales
c
Sehne des M. biceps
Ulna
Platte
dorsal
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6 Angeborene Fehlbildungen
den Venen entnommen. Der Lappen soll etwa 1 – 2 cm größer als die knöcherne Lücke sein. Der Lappen wird zwischen beide Unterarmknochen platziert und mit dem Hautstreifen wird die dorsale Wunde verschlossen. Gefäßanastomose mit den Empfängergefäßen. Immobilisation im Oberarmgips für 4 Wochen. Der Lappen kann sicher als Insellappen am Gefäßstiel mobilisiert werden, ebenso ist die Verwendung eines A.interossea-posterior-Insellappens ohne Gefäßnaht möglich (Sugimoto u. Mitarb. 1996, Zancolli u. Angrigiani 1986). Bell u. Benger berichten 1999 über gute Ergebnisse bei zwei posttraumatischen Synostosen nach Resektion und Interposition des M. anconeus als vaskularisierter Lappen.
Drehosteotomie. Diese ist zur Korrektur einer extremen Pronationsfehlstellung indiziert. Die Idealposition bei einseitiger Synostose ist in 10 – 20° Supination. Bei beidseitigem Befall ist die funktionsgünstigste Stellung am dominanten Arm bei 20 – 40 ° Pronation und am nicht dominanten Arm 40° Supination (Green u. Mital 1979, Griffet u. Mitarb. 1986, Ogino u. Hikino 1987, Lin u. Mitarb. 1995). Die Osteotomie erfolgt im Bereich der Synostose (Abb. 6.8). Dieser Eingriff ist mit einer hohen Komplikationsrate behaftet, wie z. B. Rerotation mit Korrekturverlust, aber vor allem Gefäß- und Nervenschäden (Griffet u. Mitarb. 1986, Simmons u. Mitarb. 1983, Hansen u. Andersen
1970, Ogino u. Hikino 1987, Lin u. Mitarb. 1995). Um Komplikationen zu verhindern werden mehrere Methoden verwendet: 쐌 Entnahme eines Knochenzylinders zur Entspannung der Weichteile (Wood 1998). 쐌 Bifokale Osteotomie distal der Synostose und 10 Tage später Stellungskorrektur in Allgemeinnarkose und Gips (Lin u. Mitarb. 1995). 쐌 Zunehmende und kontinuierliche Stellungskorrektur mittels Ilisarov-Ringfixateur (Bolano 1994). 쐌 Längsspaltung der Synostose und Stellungskorrektur mittels Etappengips innerhalb von 4 Wochen (Gaulrapp u. Heimkes 1997). 쐌 Keine interne Osteosynthese, höchstens nur axialer Steinmann-Nagel, damit im Falle von Durchblutungsstörung das Zurückdrehen des Unterarmes möglich bleibt und Tage später wieder in die richtige Korrekturstellung gebracht werden kann (Wood 1998). Wir führen die Korrekturosteotomie quer durch die Synostose mit Entnahme eines Knochenzylinders von 1 – 1,5 cm und fixieren die Fragmente mit K-Draht und interossärer Drahtnaht oder mit einer Platte. Wir haben bei 1 Kind (von 6 Fällen) eine ischämische Kontraktur erlebt.
6.2.4 Weitere Fehlbildungen des Ellenbogens Angeborene Dislokation
a
b
Abb. 6.8 Drehosteotomie mit Entnahme einer dünnen Scheibe und Fixation mit K-Drähten.
Die angeborene Dislokation ist eine extrem seltene Fehlbildung. Die Fehlstellung der ellenbogenbildenden Knochen kann sehr unterschiedlich sein. McGavin beschrieb 1913 einen Neugeborenen, bei dem die Ulna mit dem Capitulum humeri und der Radiuskopf mit der Trochlea artikulierte. Mead u. Martin berichteten 1963 über eine Mutter und ihre drei Kinder, bei denen folgende Veränderungen vorlagen: Aplasie der Trochlea mit Dislokation des proximalen Ellenendes mit einer Diastase zwischen Radius und Ulna. Häufiger wird die habituelle Luxation beobachtet, wobei die angeborenen von geburtstraumatischen oder posttraumatischen Fällen schwer zu trennen sind. Als Anhaltspunkte für die kongenitalen Genesen gelten: kein Trauma in der Vorgeschichte, familiäres oder doppelseitiges Vorkommen, zusätzliche Deformitäten und allgemeine Bandlaxität mit Hypermobilität der Gelenke (Milch 1936, Kapel 1951, Rüther 1951, Madgwich u. Maudsley 1967). Für die Pathogenese werden folgende Faktoren angenommen: Hypoplasie oder Teilaplasie der Trochlea, des Processus coronoideus und des Olekranon mit Abflachung der Incisura trochlearis, dazu noch Band- und Kapsellaxizität.
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6.2 Fehlbildungen des Ellenbogens
Therapie Operative Therapie Folgende operative Verfahren sind beschrieben: 쐌 Operation nach Milch (1936): Bei Hypoplasie des Kronenfortsatzes empfiehlt sich die Aufstockung desselben durch einen kortikospongiösen Block. 쐌 Operation nach Reichenheim (1947) in der Modifikation von King (1953): Die Bizepssehne wird von ihrem Ansatz abgelöst und am proximalen Ellenende in Höhe des Kronenfortsatzes refixiert. Wood (1998) kombiniert die beiden Verfahren. 쐌 Operation nach Kapel (1951): Die Retention erfolgt mit zwei gegenläufigen Sehnenzügeln aus der Bizeps- und Trizepssehne. 쐌 Operation nach Osborne u. Cotterill (1966): Straffen des medialen Kollateralbandes durch Verlagerung des medialen Epikondylus nach proximal und ventral. 쐌 Bandrekonstruktion durch freies Sehnentransplantat: Operation nach Jobe (Zitat bei Tullos u. Mitarb. 1981). Oft ist die Kombination mehrerer Verfahren erforderlich. Die Indikation und Art der Operation soll immer individuell gewählt werden.
Oberarmsporn
mit aufgehobener Unterarmdrehbewegung vor. Neff u. Schonert (1976) berichten über einen Fall mit Ulnaverdoppelung und ebenfalls Unmöglichkeit der Umwendbewegung des Unterarmes. Der oberflächliche Kopf des M. pronator teres entspringt vom Struthers-Ligament und bedeckt den N. medianus. Bei den Dysmelie-Fällen dient der Oberarmsporn als Ansatz für die Bizepssehne.
Diagnostik Der tastbare Befund ist aufgrund der Knorpelschicht auffälliger als der radiologische. Schmerzen, Parästhesien und Paresen im Medianus- aber auch im Ulnarisbereich können auftreten (Fragiadakis u. Lamb 1970, Mumenthaler u. Schliak 1993, Mimoun u. Mitarb. 1986). Bei voller Streckung oder Überstreckung des Armes mit Pro- oder Supination kann der Radialispuls durch Kompression der A. brachialis verschwinden (Delahaye u. Mitarb. 1976, Mital u. Gupta 1978, Talha u. Mitarb. 1987, Al-Naib 1994).
Therapie Die operative Abtragung des Sporns ist die Therapie der Wahl.
Pterygium cubitale
Synonyme
Synonyme
Processus supracondylicus, Tuberculum supratrochleare, Humerussporn, Humeral supracondylar spur.
Flügelfell, Flughaut, congenital webbed elbow, cutaneus web.
Definition
Definition
Es handelt sich um einen knöchernen Vorsprung unterschiedlicher Form und Größe an der vorderen ulnaren Seite des distalen Humerusendes, ca. 6 – 7 cm proximal des Gelenkspaltes. Er ist mit dem Epicondylus ulnaris durch ein Ligament verbunden (Struthers-Ligament). Durch den so entstehenden Canalis supracondylicus zieht der N. medianus und die A. brachialis. Erstbeschreibung geht auf den Anatomen Tiedemann (1822) zurück.
Angeborene Schwimmhaut in der Ellenbeuge mit Streckhemmung, die meist ein Teil von weiteren Fehlbildungen ist. Scott (1969) prägte die Bezeichnung „Pterygium Syndrome“.
Epidemiologie Diese Anomalie wird in etwa 1 – 2 % der Bevölkerung beobachtet und kann auch beiderseitig vorkommen (Kessel 1972).
Ätiologie Ascher u. Engelmann (1928) erwähnen familiäres und vererbliches Auftreten. Schöllner (1969) beschreibt 4 verschiedene Formen des Sporns, den er bei 25 % der Patienten mit Dysmelie-Syndrom festgestellt hat. Bei diesen Patienten lag eine Radiusaplasie oder radioulnare Synostose
135
Ätiologie Für die Entstehung des Flügelfells gibt es bis heute keine eindeutige Erklärung. Ebstein (1924) vertrat die Ansicht, dass die Flügelfellbildung als Folge einer intrauterinen Störung entsteht. Kopits (1937) glaubte an die Gelenkkontraktur als primäre Deformität. Heinz u Gropp (1968) befürworten die Ullrich-Wanderblasentheorie. Familiäres Vorkommen und Vererblichkeit können vorliegen, autosomal-dominanter (Kieser 1939, Kopits 1937, Shun-Shin 1954) sowie rezessiver Erbgang (Elias u. Mitarb. 1978, Gillian u. Pryse-Davis 1976, Ullrich 1949) wird angenommen. Das Pterygium wird bei der Arthrogrypose und weiterer Syndrome beobachtet, z. B. Bonnevie-Ullrich-Syndrom, Turner-Syndrom, Cornelia-de-Lange-Syndrom und Möbius-Syndrom. Zu den begleitenden Fehlbildungen am Arm zählen: Ulnahypoplasie, Syndaktylie, Oligodaktylie, Kamp-
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6 Angeborene Fehlbildungen
to- und Klinodaktylie. Weitere begleitende Fehlbildungen betreffen das Herz, Urogenitalsystem und Muskeldefekte (Ullrich 1949, Warkany 1971).
Pathogenese Das Flügelfell spannt sich in der Ellenbeuge, dehnt sich vom Ober- zum Unterarm und hält das Ellenbogengelenk in Beugestellung. Die Oberarmmuskeln sind dünn, schwach und fibrös verändert. Sie können auch fehlen. Die Insertionsstellen des M. biceps und brachialis sind nach distal verlagert (Abb. 6.9). Außerdem treten Verkürzung des Humerus, Dysplasie des distalen Humerusendes, insbesondere der Trochlea und des medialen Kondylus auf sowie Hypoplasie des proximalen radioulnaren Gelenks mit Subluxation des Radiuskopfes nach dorsal.
Epidemiologie Caflisch (1952) zählte 240 Pterygium-Fälle in der Literatur, davon betrafen 29 den Ellenbogen. Das Pterygium kann ein- oder doppelseitig symmetrisch oder asymmetrisch sein.
Therapie Die operative Behandlung mit Z-Plastik und Hauttransplantationen bringt nur geringe funktionelle Besserung, weil die Pathologie auch Muskeln und Gelenke umfasst. Eine volle Streckung des Gelenkes ist kaum möglich, da im Pterygium Gefäßnervenbündel verlaufen, sich vom Gelenk abheben und die Streckung limitieren (Wood 1982). Erfahrungen mit der kontinuierlichen und progressiven Streckung mittels Fixateur externe liegen in der Literatur nur vereinzelt vor (Song u. Mitarb. 1998) und die Ergebnisse sind enttäuschend.
Abb. 6.9 aplasie.
Pterygium cubitale bei TAR-Syndrom und Radius-
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Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke
6.3.1 Angeborene Pseudarthrose des Unterarmes Sehr seltene Fehlbildung des Unterarmes. Die Pseudarthrose kann einen oder beide Unterarmknochen betreffen und mit Bewegungseinschränkung sowie Verkürzung und Verbiegung des Unterarmes einhergehen.
Ätiologie Die Verbindung der angeborenen Pseudarthrose mit der Neurofibromatose und mit der fibrösen Dysplasie ist bekannt. Etwa 5 % der Patienten mit Neurofibromatose zeigen eine Pseudarthrose und etwa 50 % der Pseudarthrosenträger haben ein Merkmal der Neurofibromatose (Crawford 1978, Wood 1999). Bei der Revision der englischen Literatur stellten Witoonchart u. Mitarb. (1999) 60 Fälle mit angeborenen Unterarmpseudarthrosen zu-
sammen. Nur bei 16 der Fälle gab es keinen Hinweis für eine familiäre Belastung mit Neurofibromatose. Craigen u. Clarke berichten 1995 über eineiige Zwillinge mit Café-aulait-Flecken, aber nur ein Kind zeigt eine Ulnapseudarthrose. Boyd u. Sage (1958) unterscheiden 2 Typen der angeborenen Pseudarthrose: 쐌 Typ I: Entspricht eher der fibrösen Dysplasie, beginnt mit einer Zyste und führt über eine pathologische Fraktur zur Pseudarthrose. 쐌 Typ II: Defektpseudarthrose wird eher bei Neurofibromatose beobachtet.
Pathogenese Nur in wenigen Fällen gelang der Nachweis von neurofibromatösem Gewebe im Pseudarthrosenspalt (Brown u. Mitarb. 1977). Johnson (1972) führt die Pseudarthrosenbildung auf Schädigung der Blutversorgung zurück. Aegerter (1950) nimmt als Ursache für die mangelhafte Entwicklung und Reife der Knochen eine Störung der nervalen
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6 Angeborene Fehlbildungen
Versorgung an. Eine Entwicklungsstörung der mesodermalen Struktur in der 5. Woche wird auch vermutet, die sowohl die knöcherne als auch neurologische Reife betrifft (Bayne 1985). Die Ulna wird häufiger betroffen als der Radius oder beide Knochen. Ein bilateraler Befall wurde nicht beobachtet. Die Pseudarthrose liegt in der Regel in der distalen Hälfte.
Diagnostik Klinische Diagnostik Der Unterarm ist verkürzt, verbogen und hypoplastisch. Sind beide Unterarmknochen betroffen, so ist dieser instabil. Die Beweglichkeit des Ellenbogens und des Handgelenks ist meist frei. Die Umwendbewegung des Unterarmes und insbesondere die Supination ist eingeschränkt. Neurofibrome und Hautflecken treten auf. Bildgebende Diagnostik Das Röntgenbild zeigt folgende typische Veränderungen: Breiter Defekt, die Knochenenden sind spitzförmig, das distale Fragment ist hypoplastisch, der proximale Teil ist sklerotisch und ohne Markraum. Ist nur die Ulna betroffen, kommt es durch das Weiterwachsen des Radius zur Verbiegung derselben, zur Subluxation des Kopfes und/ oder Hypoplasie des Capitulum humeri (Abb. 6.10).
Differenzialdiagnose Bei der Unterscheidung von einer geburtstraumatischen oder posttraumatischen Pseudarthrose sind folgende Merkmale zu beachten: Hautsymptome der Neurofibromatose und familiäres Vorkommen, mangelhafte Kallusbildung trotz Ruhigstellung und die typischen Veränderungen im Röntgenbild.
Therapie Kommt die operative Behandlung aus irgendeinem Grund nicht in Betracht, so kann der Unterarm mit einem Hülsenapparat stabilisiert werden. Für die Ulnapseudarthrose wird die operative Behandlung im Frühkindesalter empfohlen, um die sekundäre Veränderung des Radius und des Humeroradialgelenks zu verhindern (Cheng u. Mitarb. 1994). Die Behandlung der Radiuspseudarthrose ist erfolgreicher bei älteren Kindern ab 8 Jahren, wenn die Radiusbasis groß genug ist (Wood 1999). Für Typ I gilt es, die Zyste auszuräumen, anschließend erfolgt eine Spongiosaplastik. Bei Typ II wird die Pseudarthrose großzügig reseziert, die Knochenlücke überbrückt und die Fragmente stabilisiert. Als Operationsverfahren wurden 20 Methoden versucht (Wood 1999), z. B. Knochentransplantation, ver-
Abb. 6.10 Angeborene Ulnapseudarthrose mit Instabilität und Verbiegung des Unterarmes.
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6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke
schiedene Osteosyntheseverfahren und die Verbindung der Elle mit der Speiche. Die erfolgversprechendsten Operationen sind: 1. Die gefäßgestielte Fibulatransplantation: Gilt als die Methode der Wahl. Seit dem Erstbericht von Allieu u. Mitarb. (1981) haben zahlreiche Autoren diese Operationsmethode immer mehr befürwortet (Gilbert 1998). Die 17 Fälle in der Literatur zeigen im Vergleich zu anderen Methoden schnelle und sichere Heilung (Übersicht und Vergleich bei Witoonchart u. Mitarb. 1999). Die Spätergebnisse (Allieu u. Mitarb. 1999) zeigen volle Integration und Anpassung des Transplantates sowie Verbesserung der Armfunktion. Allieu u. Mitarb. empfehlen bei der Unterarmpseudarthrose die zweizeitige Fibulatransplantation. Zunächst wird die Ulna stabilisiert und 6 – 8 Monate später erfolgt die zweite Transplantation mittels einer End-zu-Seit-Anastomose und eines Venentransplantates. 2. Die Verbindung des proximalen Ulnafragmentes mit dem distalen Radiusanteil (one bone forearm): Die Operation ist bei der Pseudarthrose beider Unterarmknochen mit Hypoplasie des distalen Ulnafragmentes und evtl. mit Dislokation des Radiuskopfes indiziert (Abb. 6.11). Um eine starke Verkürzung zu vermeiden
141
oder den Unterarm zu verlängern, kann ein gefäßgestieltes Fibulatransplantat eingeschaltet werden (Allieu u. Mitarb. 1999). Nachteilig bei dieser Operationsmethode ist die Aufhebung der Unterarmdrehung. 3. Ilisarov-Technik: Bei der Behandlung der angeborenen Tibiapseudarthrose konnten mit der Distraktion im Ringfixateur gute Erfolge erzielt werden. Auch mit der Segmentverschiebung nach Resektion der Pseudarthrose können solche Defekte verschlossen werden. Bei der Unterarmpseudarthrose sind die Erfahrungen noch begrenzt, aber anscheinend ein Erfolg versprechendes Verfahren (Fabry u. Mitarb. 1988).
6.3.2 Radiusdefekt – radiale Klumphand Die wahrscheinlich erste Beschreibung von beidseitigen Radiusdefekten in Form von Klumphänden findet sich in einem Autopsiebericht von Petit (1733).
Synonyme Radial club hand, radial deficiencies, radial ray defekt, radial hemimelia, radial dysplasia, main bote.
Definition Hemmungsfehlbildung der radialseitigen (präaxialen) Teile der oberen Extremitätenanlagen mit Verkürzung des Unterarmes und radialer Deviation der Hand (Manus vara). Zwischen der Radiusaplasie und der radialen Strahlenaplasie besteht nach Birch-Jensen (1949) sowie Willert u. Henkel (1969) eine pathogenetische Identität. Diese beiden Formen lassen sich unter dem Begriff des radialen Defektes zusammenfassen.
Ätiologie
Abb. 6.11
One-bone-forearm-Operation.
Die Fehlbildung tritt meistens sporadisch auf. Über seltenes familiäres Vorkommen sind einige wenige Berichte bekannt (Aschner u. Engelmann 1928, Goldberg 1948, Forbes 1938, Blauth u. Sönnichsen 1986). Wir haben, wie die meisten Autoren, keine erblichen Klumphände gesehen (Wynne-Davies 1973, Flatt 1977). Exogene Noxen werden angenommen. Im Rahmen der Thalidomid-Embryopathie Anfang der 60-er Jahre kam es zu einer sprunghaften Häufung der radialen Klumphände. Lenz (1963) konnte die sensible Phase ermitteln. Sie lag zwischen dem 43. u. 45. Tag nach der letzten Menstruation. Ogino (1996) konnte durch Applikation des Zytostatikums Busulfan bei Ratten am 9. Schwangerschaftstag Ulnardefekte und am 10. Schwangerschaftstag Radialdefekte erzeugen. Andererseits kommt die radiale Klumphand im Rahmen bekannter Syndrome und in Verbindung mit anderen Deformitäten vor. Die meisten Begleiterkrankungen be-
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6 Angeborene Fehlbildungen
____
Tab. 6.6
Die wichtigsten Syndrome mit Radialdefekt
Syndrome
Defekte
Erbgang
Literatur
Holt-Oram-Syndrom
– – – – –
Radiusaplasie proximale Radioulnarsynostose Daumenhypoplasie proximaler Humerusdefekt Vorhof-Septum-Defekt
autosomal-dominant
Holt, Oram (1960)
TAR-Syndrom
– – – – – –
bilaterale Radiusaplasie Humerushypoplasie oder -aplasie Ulnahypoplasie oder -aplasie Mesobrachyphalangie Klinodaktylie Thrombozytopenie
autosomal-rezessiv
Schoenecker (1984)
Nager-Syndrom
– – – – – –
Radiushypo- oder -aplasie Daumenhypo- oder -aplasie triphalang. Daumen Synostosen Mandibulahypoplasie kleine Ohren
autosomal-dominant und sporadisch Lowry (1977)
VATER-Assoziation
– – – – – –
Radiushypoplasie Skoliose Analatresie Tracheoösophageal-Fistel Nierenanomalie Herzfehler
unbekannt
Quan (1973)
Fanconi-Syndrom
– – – – – – –
Radiushypo- oder -aplasie Daumenhypo- oder -aplasie Doppeldaumen Anämie polymorphe Leukozyten Thrombopenie kardiale und renale Fehlbildungen
unbekannt
Fanconi (1967) Riordan (1965)
(akrofazial-dysostosis)
treffen das Herz (Holt-Oram-Syndrom) sowie Thrombozytopenie (TAR-Syndrom), Panzytopenie (Fanconi-Anämie) und VATER-Assoziation. Seltener sind Skelettanomalien als Begleitfehlbildungen (Tab. 6.6).
Pathogenese Pathogenetisch können Skelettdefekte die Folge von Fehldifferenzierungen der zugehörigen Arterien (Poznanski 1974), Fehler bei der Induktion der Extremitätenknospe, Störung des Wachstums der Gliedmaßenelemente (Cotta u. Rauterberg 1982), Defekte spezifischer Neurotome der Neuralrohranlage (McCredic 1976) oder Schädigung der fibrösen oder knorpeligen Extremitätenknochenanlage mit nachfolgendem Entwicklungsstillstand (Rupprecht u. Manitz 1973, Duraiswami 1952) sein. Die verschiedenen Bilder lassen sich in einer teratologischen Reihe ordnen (Abb. 6.12). Die leichteste Form ist der dreigliedrige Daumen oder die Daumenhypoplasie. Die Reihe setzt sich mit zunehmender Defektbildung des Radius und Humerus bis zur Extremform fort, bei der nur ein Finger angelegt ist und eine Hypoplasie des Schultergürtels auftritt. Der Radius-
defekt steht bei der radialen Klumphand im Mittelpunkt. Dabei kann der Radius vollständig oder teilweise fehlen oder hypoplastisch angelegt sein. Die komplette Radiusaplasie kommt am häufigsten vor (48% bei James u. Mitarb. 1999, 54,2% bei Martini 1992), gefolgt von der Radiushypoplasie (27 % bei James u. Mitarb. und 37,3% bei Martini) und der partiellen Radiusaplasie (13 % bei James u. Mitarb. und 8,4 % bei Martini). Bei der letztgenannten Form fehlt die distale Epiphyse. Eine proximale partielle Radiusaplasie ist sehr selten und eine Klumpstellung der Hand kann dabei fehlen (Steindler 1936). Anstelle des fehlenden Radius kann ein derber fibröser Strang vom Epicondylus humeri radialis oder von einem Radiusrudiment zur Handwurzel ziehen und Teilen der Muskulatur als Ursprung und Ansatz dienen (Barsky 1958, Lamb 1977, Skerik u. Flatt 1969). Die Ulna kann verkürzt, verplumpt oder nach radial verbogen sein. Auch am proximalen Ulna- und distalen Humerusende kommen Dysplasien vor, die zusammen mit Anomalien der Gelenkkapsel und der Muskulatur zur Streckkontraktur des Ellenbogens führen. Humerusdysplasien sind häufig (34 % in unserem Krankengut). Der Schweregrad der Humerusfehlbildung nimmt mit dem Schweregrad der Radiusfehlbildung zu. Die Handwurzel-
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6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke
143
Abb. 6.12 Teratologische Reihe der radialen Fehlbildungen (aus: Henkel, H.L., Willert, H.G., Grassmann, U.C. [1978]: Arch orthop traum Surg 93 : 1).
radial
ulnar zentral
karpal
metakarpal
phalangeal 1, 2, 3, 4, 5,
knochen sind hypoplastisch, teilweise nicht angelegt oder miteinander verschmolzen. Vor allem ist die radiale Handwurzel betroffen. O’Rahilly (1951) hat z. B. ein Fehlen des Skaphoids in 81 %, des Trapeziums in 85 %, des Lunatums in 10% und des Trapezoids in 14 % nachgewiesen. Synostosen werden in der ulnaren Handwurzel beobachtet (Hippe 1970). Oft erfolgt die Ossifikation der Handwurzel und des Radiusrudiments verzögert. Das Handgelenk zeigt eine radiale Deviation. Bei der Radiusaplasie ist der Karpus nach radial luxiert und artikuliert mit der Radialseite des distalen Ulnaendes. Das Handgelenk ist instabil. Nur bei gering gradiger Radiushypoplasie oder bei extrem kombinierter Aplasie bleibt die Hand gerade (Martini 1992). Der Daumen kann hypoplastisch sein oder fehlen. Bei Lamb (1977), Manske u. McCarroll jr. (1998) und James u. Mitarb. (1999) war der Daumen bei allen Fällen fehlgebildet. Heikel (1959) fand 2 normale Daumen bei 38 Radiusaplasien. Bayne u. Klug (1987) zählten 15 normal gebildete Daumen bei 67 Radiusaplasien. Nach Heikel (1959) fehlt der Daumen bei kompletter Radiusaplasie in etwa 60%, bei
partieller Radiusaplasie in etwa 50% und bei Radiushypoplasie in etwa 30% der Fälle. Es kommen aber auch polydaktyle, dreigliedrige, syndaktyle Daumen sowie Doppeldaumen vor. Die übrigen Finger zeigen oft Hypoplasie und Kamptodaktylie. Die Veränderungen nehmen von radial nach ulnar ab. Der Kleinfinger ist in der Regel gut ausgebildet, kräftig und mobil. Auch die Weichteile sind betroffen. Die Muskeln zeigen Hypo- oder Aplasie. Am häufigsten sind betroffen: Mm. brachioradialis, flexor carpi radialis, extensor carpi radialis brevis und longus, extensor pollicis longus und brevis, supinator, pronator teres und quadratus, extensor digitorum communis, die Daumenballenmuskulatur, Bizeps- und Deltahypoplasie mit Instabilität des Schultergelenks. Die A. radialis fehlt oder ist hypoplastisch, ein oder beide Hohlhandbögen können fehlen, aber auch die radialseitige Arterie des Zeigefingers kann bei der Daumenaplasie fehlen (Gefahr bei der Pollizisation). Der N. radialis kann in Höhe des Ellenbogens enden. Der N. medianus liegt oberflächlich radialseitig (Schöllner 1972).
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6 Angeborene Fehlbildungen
Epidemiologie Die Häufigkeit der radialen Klumphand beträgt 1 : 30 000 (Birch-Jensen 1949) bis 1 : 100 000 (Flatt 1977) der lebenden Geburten. Wir stellten eine auffällige Häufung in den ersten 4 Monaten des Jahres sowie Überwiegen der weiblichen gegenüber den männlichen Patienten (41 : 30) fest. Zum gleichen Ergebnis kommt auch Straub (1972). Ganz im Gegensatz dazu stehen die Angaben von Birch-Jensen (1949), Blauth (1969) und Buck-Gramcko (1981). Gehäuftes Auftreten der Beidseitigkeit haben wir beobachtet (58 %) ebenso Kato (1924), Hopf (1959), Bayne u. Mitarb. (1970) und Lamb (1977). Nach Lewin (1917) und BuckGramcko (1985) ist die Einseitigkeit häufiger als die Beidseitigkeit.
Diagnostik Klinische Diagnostik Der Arm ist insgesamt verkürzt, insbesondere der Unterarm. Die Hand zeigt eine mehr oder weniger ausgeprägte radiale Deviation, das Handgelenk ist instabil und die aktive Streckung sehr schwach. Der Daumen ist hypoplastisch oder nicht angelegt und die übrigen Finger können verkürzt, hypoplastisch oder kontrakt sein. Der Kleinfinger ist meistens normal und gut beweglich. Die Unterarmdrehbewegung ist oft eingeschränkt oder aufgehoben und das Ellenbogengelenk zeigt eine Beugehemmung bis zur Streckkontraktur. Die Hypermobilität des Handgelenks ersetzt die Bewegungseinschränkung des Ellenbogens und der Fingergelenke. Ein Klemmgriff zwischen der offenen Hand und dem Unterarm ersetzt den Grobgriff. Der Kleinfinger ersetzt den Daumen beim Präzisionsgriff. Bei einseitigem Befall können Fehlbildungen der anderen Seite beobachtet werden, die vor allem den radialen Strahl betreffen, z. B. Daumenhypoplasie oder Doppeldaumen (Rotman u. Manske 1994). Bei bilateralem Befall sind die Veränderungen auf beiden Seiten selten symmetrisch.
Karpal-, Mittelhand- und Fingerknochen sowie Dysplasie des Ellenbogens und das Vorliegen einer Synostose. Es empfiehlt sich die Röntgenkontrollen mit Messband durchzuführen, um das Wachstum genau beurteilen zu können.
Klassifikation Bayne (1982) differenziert 4 Typen der Radiusveränderungen (Abb. 6.13 a-e) und geht davon aus, dass die Handdeformität parallel zum Radiusdefekt verläuft: 쐌 Typ I: Verkürzung des distalen Radius: Die distale Epiphyse ist vorhanden, angedeutete Radialdeviation, Daumenhypoplasie, normale Ellenbogenfunktion. 쐌 Typ II: Radiushypoplasie: Beide Epiphysen sind vorhanden, aber das Wachstum ist eingeschränkt. Der Unterarm ist verkürzt und die Ulna verbogen. 쐌 Typ III: Partielle Radiusaplasie: Die Ulna ist kurz, verdickt und verbogen. Das Handgelenk ist instabil. 쐌 Typ IV: Totale Radiusaplasie: Die Ulna ist wie bei Typ III verändert. Das Handgelenk ist instabil. James und Mitarb (1999) unterscheiden 6 Typen, wobei die Daumen- und Karpusveränderungen mehr berücksichtigt werden (Tab. 6.7).
Differenzialdiagnose Radiale Klumphandstellung mit Verkürzung des Radius kann durch Schädigung der Wachstumsfugen entstehen. Die Ursachen dafür können verschieden sein, z. B. Frakturen, Bestrahlungsschäden, ischämische Kontraktur der radialseitigen Muskulatur oder Vernarbung der Haut. Die Anamnese gibt Hinweis auf die Ätiologie, außerdem fehlen die Begleitveränderungen der Hand.
Therapie Konservative Therapie
Bildgebende Diagnostik Röntgenaufnahmen des Armes zeigen alle Veränderungen, die unter der klinischen Diagnostik beschriebenen wurden: Hypo- oder Aplasie des Radius, Verbiegung der Ulna, Luxation des Handgelenks, Zahl und Zustand der
____
Tab. 6.7
Die konservative Therapie soll so früh wie möglich erfolgen bevor die Fehlstellung kontrakt wird. Sie besteht in der passiven Redression und der Versorgung mit Klumphandschienen. Ziel ist die Verbesserung der Beweglichkeit und die Vorbeugung einer zunehmenden Fehlstellung.
Klassifikation des Radiusdefekts nach James u. Mitarb. (1999)
Typ
Daumen
Karpus
Distaler Radius
Proximaler Radius
N
Hypo- oder Aplasie
normal
normal
normal
0
Hypo- oder Aplasie
Hypo- oder Aplasie oder Synostosen
normal
normal/Synostose
1
Hypo- oder Aplasie
Hypo- oder Aplasie oder Synostosen
4 2 mm Verkürzung
normal/Synostose
2
Hypo- oder Aplasie
Hypo- oder Aplasie oder Synostosen
Hypoplasie
Hypoplasie
3
Hypo- oder Aplasie
Hypo- oder Aplasie oder Synostosen
keine dist. Epiphyse
Hypoplasie
4
Hypo- oder Aplasie
Hypo- oder Aplasie oder Synostosen
Aplasie
Aplasie
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6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke
a
b
c
d
e
e Abb. 6.13 a – e
Die verschiedenen Formen des Radiusdefektes. a Radiushypoplasie ohne Fehlstellung der Hand. b Radiushypoplasie mit Daumenaplasie, Hypoplasie des 2. Strahles und Klumphandstellung.
c Partielle Aplasie des Radius. d Seltene proximale Radiusaplasie mit Geradstellung der Hand. e Radiusaplasie.
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6 Angeborene Fehlbildungen
Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Schiene nicht die Luxation fixiert. Vor der Schienenversorgung soll die Reposition durch Traktion und Redression erfolgen (Marquardt u. Martini 1982). Die Schiene wird tagsüber abgenommen, um die Bewegungsfreiheit zu fördern (Lamb 1977, Flatt 1977). Operative Behandlung Die meisten Kinder mit Klumphänden entwickeln eine große Geschicklichkeit und kommen gut zurecht. Das Erscheinungsbild lässt die Eltern nach Korrektur drängen. Die Operation ist kontraindiziert bei Streckkontraktur des Ellenbogens. Die Geradestellung der Hand bringt in diesem Fall Funktionseinbußen, da die Hand nicht mehr zum Gesicht geführt werden kann. Indikation, Zeitpunkt und Art der operativen Behandlung waren lange Zeit umstritten. Für Blauth (1986) und Marquardt (1982) bleibt die Operation für wenige bestimmte Fälle indiziert. BuckGramcko (1985) und die meisten angloamerikanischen Autoren empfehlen die operative Behandlung und zwar so früh wie möglich, im 2. – 6. Lebensmonat (Riordan 1955, Lidge 1969, Lamb 1977). Zahlreiche Operationsverfahren wurden praktiziert und verlassen, da sie zur Versteifung des Handgelenkes und Verkürzung des Unterarmes führten. Übersicht bei Schöllner (1972). Die zur Zeit gültigen Verfahren sollen hier entsprechend der Fehlbildung beschrieben werden.
Radiushypoplasie. Bei der Radiushypoplasie oder partiellen Aplasie ist die Verlängerung des Radius durch Kallusdistraktion die Methode der Wahl. Die Operation soll wegen der Anpassungsfähigkeit bei der Bildung des distalen Radioulnargelenks, im Alter von 2 – 3 Jahren erfolgen, auch unter der Gefahr die Operation im Laufe des Wachstums wiederholen zu müssen. Es empfiehlt sich dabei, das proximale Radiusfragment an der Ulna mittels proximaler Stifte zu fixieren, um eine Luxation des Radiuskopfes zu verhindern. Blauth u. Sönnichsen (1986) empfehlen die Verkürzung der Elle als „einfache Lösung“. Totale oder subtotale Radiusaplasie. Bei dieser Fehlbildung sind verschiedene Wege möglich. 쐌 Zentralisation der Elle: Ziel der Operation ist es, die Handwurzel auf und um das distale Ellenende herum in Funktionsstellung der Hand zu stellen, wobei die Ankylose angestrebt wird. Riordan (1995) empfiehlt die Operation im 2. – 3. Monat, Bayne (1982) im 6. Monat und Blauth (1976) im 3. – 4. Lebensjahr. Die Operationstechnik wurde 1893 von Sayre beschrieben und ist von Blauth (1969) und von Bayne (1982) modifiziert worden und galt für viele Jahre als die gängigste Methode. Die wichtigsten Schritte sind: – Ablösung der Kontrakturstränge, Eröffnung der Gelenkkapsel und Mobilisation des Ellenendes, ein Teil der mittleren Handwurzel wird entfernt und eine Mulde gebildet, die Sehnen des M. brachioradialis
und des M. flexor carpi radialis (FCR) werden durchtrennt, – Einstellen des distalen Ellenendes in Karpus und Fixation mit K-Draht, – Naht der Gelenkkapsel ulnarseitig, die Sehne des M. extensor carpi ulnaris (ECU) wird gerafft, die Sehne des M. flexor carpi ulnaris (FCU) wird mit der Extensorsehne vernäht, – Korrekturosteotomie der Ulna falls erforderlich, 6 – 8 Wochen Oberarmgips, Materialentfernung, Unterarmschienen Tag und Nacht bis zum 6. Lebensjahr und nur für die Nacht bis zum Wachstumsabschluss (Watson u. Mitarb. 1984). – Die Ergebnisse waren z. T. enttäuschend (Hippe u. Blauth 1979). Neben dem Bewegungsverlust kam es zur Schädigung der Epiphysenfuge mit weiterer Verkürzung des Unterarmes, Rezidiv und Verbiegung der Ulna. 쐌 Zweizeitige Zentralisation der Elle. Um das Operationstrauma zu reduzieren wird seit geraumer Zeit empfohlen, die operative Korrektur zweizeitig vorzunehmen. – Reposition durch Traktion: Mittels Fixateur externe erfolgt die langsame Traktion der Weichteile bis die Handwurzel einen Abstand zum distalen Ellenende von mehreren Zentimetern erreicht (Kessler 1989, Nanchahal u. Tonkin 1996, Smith und Green 1995) danach erfolgt: – Zentralisation oder die Radialisation: Eine Resektion des Gelenkknorpels oder des Os lunatum ist nicht mehr erforderlich. Kessler (1989) fixiert das Handgelenk in Mittelstellung mittels KDraht nach geschlossener Reposition. Buck-Gramcko (1985) empfiehlt eine Ruhepause von 2 Wochen nach Beendigung der Traktion, anschließend Entfernung des Fixateurs und offene Reposition, wobei das distale Ellenende unter die radiale Handwurzel gestellt wird (Radialisation) und Verpflanzung der Muskelsehnenansätze des ECR und FCR auf die Ellenseitige Handwurzel, Korrekturosteotomie der Ulna und Fixation des Handgelenkes und der Ulna mit einem axialen K-Draht für 6 Wochen. Die Überkorrektur und Sehnenverlagerumg sollen die Balance des Handgelenkes besser halten und Rezidive verhindern (Abb. 6.14). 쐌 Weitere Eingriffe: – Knöcherne radiale Abstützung: Albee (1928) verpflanzte ein Stück Fibula in die Ulna. Starr (1945) verwendete das Fibulaköpfchen mit der Epiphyse. Das Wachstum blieb aus und die Abstützung war nur vorübergehend. Mehrere Autoren haben diese Idee mit mikrochirurgischer Technik verbessert (Sawaizumi u. Mitarb. 1991). – Transplantation des 2. Os metatarsale: Vilkki (1998) transplantierte das 2. Os metatarsale, das MT-Gelenk und die Grundphalanx als eine Einheit mit mikrovaskulärem Anschluss und konnte ein
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6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke
Abb. 6.14
147
Die Radialisation der Ulna.
ausreichendes Wachstum beider Epiphysenfugen beobachten. 3 von 6 Fällen hatten schwere Komplikationen mit Rezidiv. 쐌 Verlängerung der Ulna durch Kallusdistraktion: Das Wachstum der Ulna ist bei der Radiusaplasie eingeschränkt und erreicht etwa 50 – 75 % (Heikel 1959) bzw. 60% (Bora u. Mitarb. 1981) der gesunden Seite. Die Operation kann frühestens im Alter von 6 Jahren durchgeführt werden. Die Osteotomiestelle soll möglichst in der Metaphyse liegen. Die Verlängerungsgeschwindigkeit beträgt ca. 1 mm/Tag und die Konsolidierung dauert etwa doppelt so lang wie die Verlängerungszeit. Wir verwenden den Ringfixateur. Eine Verlängerung von 60 – 94 % der Ulnalänge ist möglich (Raimondo u. Mitarb. 1999), dabei kann eine gleichzeitige Achskorrektur erfolgen (Kawabata u. Mitarb. 1998) (Abb. 6.15). Eine zweite Verlängerung im Alter von 12 – 14 Jahren ist möglich (Paley u. Herzenberg 1998).
Abb. 6.15 Verlängerung der Ulna durch Kallusdistraktion mit dem Ringfixateur.
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6 Angeborene Fehlbildungen
Beim Erwachsenen wird die Indikation zur Operation selten gestellt, da die Patienten in der Regel an die Deformität adaptiert sind und keine funktionellen Defizite beklagen. Wird die Operation aus ästhetischen Gründen gewünscht, so muss erst noch sicher gestellt werden, dass die Begradigung der Hand keinen Funktionsverlust mit sich bringt. In diesem Falle empfiehlt sich die radiokarpale Arthodese (Martini 1980) oder die Korrekturosteotomie nach Gardemin (1964) oder mittels Kallusdistraktion (Paley u. Herzenberg 1998).
Komplikationen Die Zerstörung der Wachstumsfuge des distalen Ellenendes – verursacht durch die ausgiebige Freilegung und Mobilisation oder durch Druck nach der Reposition – führt zur weiteren Verkürzung und/oder Verbiegung der Ulna. Die Komplikationen bei der Verlängerung sind: Bohrdrahtkanalinfektion, verzögerte Kallusbildung, Verbiegung und/oder Bruch des neu gebildeten Knochens nach Entfernung des Fixateurs, Zunahme der Kontrakturen des Ellenbogens und der Fingergelenke. Die Komplikationsrate ist relativ hoch (Raimondo 1999, Catagani u. Mitarb. 1993, Hülsebergen-Krüger u. Mitarb. 1998, Kawabata u. Mitarb. 1998). Im Hinblick auf die veränderte Anatomie können Nervenschäden iatrogen oder durch die Traktion entstehen.
Ergebnisse Unsere Erfahrungen, sowie in den meisten Veröffentlichungen, zeigen, dass die Ästhetik und Akzeptanz nach der Operation gut sind (Grill u. Mitarb. 1996). Die Beweglichkeit des Handgelenks nimmt deutlich ab. Bora u. Mitarb. (1981) fanden nach Zentralisation eine durchschnittliche Beweglichkeit des Handgelenks von 30°, ähnliche Ergebnisse von 20 – 25° erreichte Watson u. Mitarb. (1984). Bei Buck-Gramcko (1985) konnte nach der Radialisation eine Flexion von 40 – 90° erreicht werden, jedoch keine aktive Extension. Im Laufe der Zeit kommt es zu zunehmender Verkürzung und Verbiegung der Ulna auch ohne Schädigung der Wachstumsfuge (Bora u. Mitarb. 1981, Manske u. Mitarb. 1981, Lamb u. Mitarb. 1997). Auch Rezidive kommen vor (4 von 21 bei Lamb u. Mitarb.), trotz Sehnenraffung und Fixation des Handgelenks mit dickem K-Draht bis zu einer Dauer von 13 Jahren.
6.3.3 Ulnadefekt – ulnare Klumphand Der Ulnadefekt ist nach der Humerusaplasie der zweitseltenste Defekt der langen Knochen überhaupt (Laurin u. Farmer 1959). Nach der Erstbeschreibung durch Göller im Jahre 1698 folgten bis Ende des 19. Jahrhunderts einzelne Fallbeschreibungen. Kümmel hat 1895 zwölf Beschreibungen von ulnaren Defekten aus der Literatur zu-
sammengetragen und fügte diesen noch einen von ihm beobachteten Fall hinzu.
Synonyme Begriffe wie ulnare Klumphand, ulnar clubhand, manus valga, Pseudoklumphand beschreiben jeweils die Fehlstellung der Hand bei ulnaren Defekten. Begriffe wie kongenitaler Ulnadefekt, congenital absence of the ulna, ulnar deficiency, ulnar dysplasia, paraxial ulnar hemimelia, ulnar agenesis nehmen Bezug zur Pathologie. Bezeichnungen wie ulnarer Strahldefekt, defects of the ulnar ray beschreiben Defekte der ulnaren Finger.
Definition Hemmungsfehlbildung mit vorwiegendem Befall der ulnarseitigen (postaxialen) Teile der oberen Gliedmaßenanlage. Diese longitudinale Fehlbildung kann von der Hypoplasie eines ulnaren Fingers bis zur Aplasie der Ulna mit den entsprechenden hypoplastischen Begleiterscheinungen des Ellenbogens und sogar der Schulter reichen.
Ätiologie Ulnafehlbildungen treten sporadisch auf, in Einzelfällen wird Erblichkeit diskutiert (Roberts 1886, Müller 1939, Wierzejewski 1910). Im Krankengut von Buck-Gramcko (1997), Bayne (1988) sowie in unserem (Mattis 1995) war kein familiäres Vorkommen zu beobachten. Abnorme Chromosomen wurden beobachtet (McKusick 1966). Auch exogene „Agenzien“ wurden als Ursache angenommen. Im Tierversuch an Ratten konnten ulnare Defekte bei Gabe von Cyclophosphamid am 12. Embryonaltag erzeugt werden (Jeyasselan u. Singh 1984). Ebenfalls wurden bei Ratten Ulnadefekte durch Gabe von Myleran (Busulfan) in der sensiblen Phase zwischen dem 9. und 10. Tag hervorgerufen. Diese Zeit fällt mit der Phase der höchsten Embryomortalität zusammen, was eine Erklärung für das wesentlich seltenere Vorkommen des Ulnadefektes im Vergleich zum Radiusdefekt sein könnte (Ogino u. Kato 1988). In den 60er Jahren wurde ein starker Anstieg der radialen Fehlbildungen durch die Thalidomid-Medikation beobachtet, aber keine Häufung der ulnaren Defekte verzeichnet. Ulnare Ektromelie kommt bei mehreren erblichen Syndromen vor. Klinisch bedeutsam, weil am häufigsten, sind: das Femur-Fibula-Ulna-(FFU-)Syndrom (Kühne u. Mitarb. 1967, Lenz u. Mitarb. 1993), das Cornelia-de-Lange-Syndrom (Wiedemann u. Mitarb. 1989, Pfeiffer u. Correll 1993, Goldberg1987), das Weyers-Oligodaktylie-Syndrom (Weyers 1957, Elejalde u. Mitarb. 1985, Lungarotti u. Calabro 1993, Turnpenny u. Mitarb. 1992), das SchinzelSyndrom (Temtamy u. McKusick 1978, Schinzel u. Mitarb. 1987), die ulnafibularen Dysplasien (Burck u. Mitarb. 1980, Henssge u. Engelke 1970, Langer jr. 1967, Reinhardt u. Pfeiffer 1967, Saito u. Mitarb. 1989) und das Pillay-Syndrom (Pillay 1964).
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6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke
Pathogenese Überwiegend kommt die Ulnateilaplasie mit Fehlen des distalen Teiles vor (ca. 60%). Es folgen totale Ulnaaplasie und Ulnahypoplasie (Johnson u. Omer jr. 1985, BuckGramcko 1997). Ulnateilaplasien mit Defekten des proximalen Teils sind ausgesprochen selten (Werthemann 1952, Künzel 1973). Die Ossifikation bei Ulnateilaplasie ist immer verspätet (Laurin u. Farmer 1959, Buck-Gramcko 1997), so dass auf frühen postpartalen Röntgenaufnahmen der Eindruck einer kompletten Ulnaaplasie entsteht (Broudy u. Smith 1979, Lausecker 1954). Bei Ulnateilaplasie und Ulnaaplasie mit humeroradialer Synostose kann eine fibrokartilaginäre Anlage gefunden werden (Flatt 1991, Bayne 1988). Diese zieht vom Ulnarest oder dem Humerus zur distalen Radiusepiphyse und/oder zum ulnaren Karpus (Ogden u. Mitarb. 1976 u. 1978). Diese kann zur Verbiegung des Radius und sogar zur Subluxation des Radiuskopfes führen (Carroll u. Bowers 1977, Riordan 1978, Watson u. Bohne 1971). Das Ellenbogengelenk bleibt nur selten unverändert und nur bei der Ulnahypoplasie. Dysplasie des Ellenbogens ohne Radiuskopfluxation wurde von uns bei 37 Extremitäten (23,4 %) beobachtet. Eine Radiuskopfluxation bestand an 28 Extremitäten (17,7%), (bei Buck-Gramcko 32 %) und eine Aplasie des Ellenbogens durch radiohumerale oder radiohumeroulnare Synostose fanden wir bei 69 Extremitäten (43,7 %), (bei Buck-Gramcko 16 %). Das Handgelenk ist in der Regel stabil und die Ulnadeviation beträgt nur selten mehr als 30° (May u. Littler 1990). Am Karpus fehlen häufig ulnare Handwurzelknochen, vor allem das Os triquetrum, Os capitatum, Os hamatum und Os pisiforme, oder es liegen Karpalknochensynostosen vor (30 – 40%). Da die Extremität von proximal nach distal determiniert wird, sollten nach Tschumi (1957) mit Defekten der Unterarmknochen stets auch Defekte der Hand verbunden sein. Tatsächlich aber findet man bei Ulnadefekten in ca. 11 % eine normal ausgebildete Hand (May u. Littler 1990). In über 50% bestehen Daumenfehlbildungen in Form von Hypoplasie, Aplasie oder Doppeldaumen (Broudy u. Smith 1979). Häufig fehlen der 4. und 5. Strahl zusammen, weil sie einen gemeinsamen Seitenfortsatz haben dürften (Christ 1990, Werthemann 1952). Auch alle 3 ulnaren Finger können fehlen. Der Zeigefinger fehlt fast nie (Himmele 1986, O’Rahilly 1951). Die vorhandenen Finger zeigen häufig ossäre oder kutane Syndaktylien (30 – 40%), Symphalangien, Klinodaktylien, Kampto- und Brachydaktylien. Nach unserer Untersuchung (Mattis 1995) lag eine Parallelität zwischen der Schwere des Ulnadefektes und der Dysplasie der Hand vor. Bei der Fingerlosigkeit und der einstrahligen Hand überwiegt die Ulnaaplasie. Die Fehlbildung beschränkt sich nicht auf das Skelettsystem, vielmehr sind begleitende Weichteilanomalien die Regel. Die A. ulnaris fehlt meistens, teilweise auch die A. radialis, man findet eine persistierende zentrale Arterie. Der N. ulnaris kann fehlen oder zeigt eine Verlaufs-
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anomalie. Außerdem sind oft Aplasien, Hypoplasien und Insertionsanomalien der Mm. triceps, biceps, palmaris longus, anconeus, supinator, extensor carpi ulnaris, extensor digiti quinti, extensor digiti communis, flexor digiti profundus und flexor carpi ulnaris (Pardini 1967, Blauth u. Schneider-Sickert 1976). Hypoplasien des Oberarmes und der Schulter kommen bei schweren Fällen vor (Masson u. Mitarb. 1995). Kardiorespiratorische, gastrointestinale und hämatopoetische Begleitfehlbildungen kommen beim Ulnadefekt wesentlich seltener als beim Radiusdefekt vor (Goldberg 1987, Bayne 1988).
Epidemiologie Die Angaben der Inzidenz ulnarer Defekte schwankt zwischen 1 : 100 000 (Birch-Jensen 1949) über 7: 100 000 (Czeizel u. Mitarb. 1993) bis 11 : 100 000 Lebendgeburten (Bod u. Mitarb. 1983). Daraus ergibt sich ein Verhältnis zwischen radialer zu ulnarer Klumphand von 3 : 1 über 10 : 1 bis 18 : 1. In unserem Krankengut von 111 Patienten mit ulnaren Defekten waren 47 weiblich (42,3 %) und 64 männlich (57,7%). Davon waren 47 Patienten beiderseits betroffen (42,3 %). In der Literatur schwanken die Angaben über den bilateralen Befall von 22 % (Buck-Gramcko 1997) über 40% (Blauth u. Hippe 1990) bis 60% (Ohnesorge 1987).
Klassifikation Die älteste Klassifikation von Kümmel (1895) berücksichtigt nur den Ellenbogenbefund. Lausecker hat 1954 die morphologischen Veränderungen der Unterarmknochen, Hand- und Fingerbereiche in den Mittelpunkt seiner Einteilung gestellt. Er unterscheidet 7 Schweregradtypen. Pingel u. Rompe haben 1971 weitere Unterklassen definiert. Ogden u. Mitarb. (1976) teilten die Ulnadefekte in 3 Schweregrade: Ulnahypoplasie mit vorhandener distaler Epiphyse, distale und totale Ulnaaplasie. Swanson u. Mitarb. (1984) unterteilen den Ulnadefekt in 4 Klassen (Abb. 6.16): 쐌 Typ I: Hypoplasie oder Teilaplasie der Ulna, Radiuskopfluxation aber gute Ellenbogenfunktion, 쐌 Typ II: Totale Ulnaaplasie, Flexionskontraktur des Ellenbogens mit Radiuskopfluxation, 쐌 Typ III: Teil- oder Totalaplasie der Ulna mit humeroradialer Synostose, 쐌 Typ IV: Ulnadefekt mit Amputation im Handgelenkbereich. Riordan (1978) unterteilt den Ulnadefekt je nach Zustand der Ulna und Vorhandensein einer radiohumeralen Synostose in 3 Typen. Bayne (1988) unterscheidet 4 Typen: 쐌 Typ I: Ulnahypoplasie (Ogden-Typ I): leichte ulnare Deviation, Hypoplasie des ulnaren Fingers bis zur fingerlosen Hand,
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6 Angeborene Fehlbildungen
Abb. 6.16 a – d Ulnadefekte nach der Swanson-Klassifikation: Typ I (a), Typ II (b), Typ III (c), Typ IV (d).
a
b
c
d
쐌 Typ II: Partielle Ulnaaplasie (Ogden II, Riordan II): stabiler Ellenbogen, deutliche ulnare Deviation, Anlage vorhanden, Radiuskopf kann luxiert sein, 쐌 Typ III: Totale Ulnaaplasie (Ogden III, Riordan I): keine ulnare Anlage, Radius nicht verbogen, keine ulnare Deviation, Ellenbogen instabil, Radiuskopf luxiert, 쐌 Typ IV: Radiohumerale Synostose (Riordan III): ulnare Anlage ist vorhanden, Radius verbogen und ulnare Deviation.
Eine neue Klassifikation von Cole u. Manske (1997) stellt die Veränderungen des radialen Strahles und der ersten Zwischenfingerfalte (ZFF) in den Mittelpunkt. Weitere Klassifikationen wurden entwickelt von Ströer (1938), Frantz u. O’Rahilly (1971), Kay u. Mitarb. (1975), Bod u. Mitarb. (1983), Miller u. Mitarb. (1986), Lovell u. Winter (1986), Ogino u. Kato (1988).
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6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke
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Diagnostik Klinische Diagnostik Der Arm ist verkürzt, die Hand zeigt eine ulnare Deviation, der Unterarm ist nach ulnar verbogen und nach innen rotiert (Abb. 6.17). Je nach Ausprägungsgrad ist der Ellenbogen deformiert und zeigt Bewegungseinschränkungen, eine vollständige Ankylose oder Instabilität. Die ulnaren Finger sind hypoplastisch oder fehlen, außerdem Syndaktylie und Kamptodaktylie der übrigen Finger. Bildgebende Diagnostik Die Röntgenaufnahmen zeigen die Skelettveränderungen: Ulnahypo- oder -aplasie, Zustand des Handgelenks, des Radius, des Ellenbogens und der Hand. Die Veränderungen und Kombinationsmöglichkeiten sind vielfältig (Tab. 6.8).
Therapie Konservative Therapie Das Kind entwickelt spontan Kompensationsbewegungen um Ausfälle auszugleichen. Bei extremem Befall mit Armverkürzung und Unbeweglichkeit des Ellenbogens können Hilfsmittel angepasst werden, z. B. Anziehhaken, Toilettenhilfe und Einsteckvorrichtung für Essbesteck, Schreibutensilien und ähnliches. Die Wirkung der redressierenden Schienen ist umstritten und nicht nachgewiesen (Johnson u. Omer jr. 1985). Operative Therapie Als Kriterien der Operationsindikation gelten die ungünstige Unterarmstellung, die Radiuskopfluxation, die Ulnaverkürzung und vor allem die Handfehlbildung. Wir korrigieren im 1. Lebensjahr die Handdeformität, um die Greiffunktion zu ermöglichen. Die meisten Eingriffe sind: Syndaktylietrennung, Rotationsosteotomie, Entfernung von rudimentären knöchernen Anteilen, Pollizisation und Phalangentransfer, um Defekte der Mittelhandknochen auszugleichen. Mit den Eingriffen an Ellenbogen und Unterarm warten wir ab und kontrollieren die Entwicklung und die Funktion. Die Indikation wird individuell gestellt. Folgende Eingriffe kommen in Betracht.
Exzision der fibrokartilaginären Ulnaanlage. Eine Reihe von Autoren empfiehlt die frühzeitige Resektion (Bayne 1988, Carroll 1998), um einer weiteren Verbiegung des Radius und der Radiuskopfluxation entgegenzuwirken. Die Existenz der Ulnaanlage ist jedoch im frühen Kindesalter nicht sicher diagnostizierbar (MRT mit Narkose). Selbst intraoperativ ist sie nicht immer zu finden (Ogden u. Mitarb. 1976). Der Vorteil dieser Operation ist auch nicht gesichert. Es liegen sowohl Berichte vom Rezidiv der Ulnadeviation nach der Resektion vor (Marcus u. Omer jr. 1984) und auch über Stillstand der Deformität ohne Resektion (Johnson u. Omer jr. 1985, May u. Littler 1990, Mattis 1995). Buck-Gramcko (1997) kombiniert die
Abb. 6.17
Tab. 6.8
____
Das klinische Bild der ulnaren Klumphand.
Die Differenzialdiagnose der ulnaren Klumphand im Vergleich zur radialen
Ulnare Klumphand
Radiale Klumphand
Ulnare Deviation: Manus valga Radiale Deviation: Manus vara Handfläche zeigt zum Körper
Handrücken zeigt zum Körper
Handgelenk ist stabil
Handgelenk luxiert
Ellenbogen ist instabil/ankylo- Ellenbogen stabil tisch Fingerdefekte ausgeprägt, insbesondere die ulnaren Finger, aber auch die radialen
überwiegend Daumendefekt, ulnare Finger sind vollkommen normal
Distale Teilaplasie der Ulna überwiegt
Radiusaplasie überwiegt
Begleitende Fehlbildungen betreffen das Skelettsystem und die Muskeln
Begleitfehlbildungen betreffen das kardiorespiratorische und gastrointestinale System
Resektion mit Verlagerung der Sehnen der Muskeln ECU und FCU nach radial – falls vorhanden!
Radius-pro-Ulna-Fusion (one bone forearm). Das Prinzip ist von Vitale (1952) definiert: „The ulna makes the elbow, the radius makes the wrist.“ Die Indikation liegt bei einer Ulnateilaplasie mit instabilem Ellenbogen und stark eingeschränkter Pro- und Supination vor (Bora 1986). Der distale Radiusteil wird mit der Hand versetzt und mit dem proximalen Ulnateil fusioniert (Murray 1955). Smith u. Green (1995) bringen den luxierten Radiuskopf durch Traktion zum Ulnaende und verlängern dadurch den Unterarm.
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6 Angeborene Fehlbildungen
Durch die Radius-pro-Ulna-Fusion entsteht ein stabiler Unterarm mit Kraft und anhaltendem guten Längenwachstum, da sich an beiden Enden eine Wachstumsfuge findet. In unserem Krankengut haben wir diese Operationsmethode bei 4 Patienten (von 111) mit Erfolg durchgeführt. Die Ellenbogenbeweglichkeit konnte sogar im Vergleich leicht verbessert werden (Mattis 1995).
Ulnaverlängerungsosteotomie. Der Eingriff ist bei Ulnahypoplasie und bei leichter distaler Ulnaaplasie indiziert. Die Kallusdistraktion ist dafür die Methode der Wahl. (Cheng 1991, Wagner 1992, Paley u. Herzenberg 1998). Das Wachstum der Ulna bleibt oft zurück im Verhältnis zum Radius, so dass eine erneute Operation notwendig werden kann (Abb. 6.18). Korrekturosteotomie des Radius. Ziel ist die Begradigung und die Korrektur der Supinationsfehlstellung des Unterarmes. Radiuskopfresektion. Dieses Verfahren kann bei einer Einschränkung der Unterarmdrehbewegung durch eine Radiuskopfluxation angewendet werden. Die Funktionsverbesserung ist aber nur für kurze Zeit. Umstellungsosteotomie des synostosierten Ellenbogens. Bei ungünstiger Streckstellung oder Hyperextension mit Verkürzung des Armes ist die Korrekturosteotomie indiziert, um die Hand zum Mund bringen zu können. Die angestrebte Stellung beträgt zwischen 60 und 90°. Wir haben diese Operation bei 7 Patienten vorgenommen und dadurch die Gebrauchsfähigkeit des Armes verbessert (Mattis 1995, Winston 1972).
6.3.4 Ulnaverdoppelung (mirror hand) Synonyme
Ätiologie Die Ulnaverdoppelung tritt in der Regel sporadisch und einseitig ohne Kombination mit anderen Anomalien auf. Einige Fälle mit Fibulaverdoppelung als vererbte Fehlbildung wurden beschrieben (Laurin u. Mitarb. 1964, Sandrow u. Mitarb. 1970). Als Ursache für diese Fehlentwicklung wird eine Fehlaktivität der Zellen in der Polarisationszone der Extremitätenknospe beschuldigt. Tierexperimentelle Untersuchungen an Hühnerembryos bestätigen diese Theorie (Wolpert 1978, Tickle u. Wolpert 1981). Nach Dwight (1892) handelt es sich um Fusion doppelt angelegter Extremitäten. Pol (1958) sieht diese Fehlbildung als einen höheren Grad hypermelischer Bildungsprozesse an, wobei die Hyperdaktylie am Anfang dieser teratologischen Reihe steht.
Pathogenese Die erste anatomische Beschreibung stammt von Jackson (1853). Das Präparat befindet sich im anatomischen Museum der Harvard University. Barton u. Mitarb. (1986) beschrieben dieses Präparat und weitere zwei Fälle. Das Hauptmerkmal ist die symmetrische Duplikation der Knochen und der Weichteile. Kein Radius aber Ulnaverdoppelung, kein Daumen aber Duplikation der ulnaren Finger, ebenso symmetrische Duplikation der ulnarseitigen Handwurzel und Fehlen der radialen. Das proximale Ulnaende ist verdreht, so dass die Incisura trochlearis etwas seitlich mit dem distalen Humerusende artikuliert, das Capitulum humeri fehlt (Abb. 6.19). Eine Gelenkverbindung zwischen den Unterarmknochen fehlt und die Unterarmdrehbewegung ist stark eingeschränkt. Die ulnarseitige Muskulatur ist doppelt angelegt und gut entwickelt, die übrigen Muskeln fehlen, sind dysplastisch oder zeigen Fehlinsertion. Der N. ulnaris ist an beiden Seiten vorhanden. Der N. medianus versorgt die zentralen Finger. Zwei ulnare Arterien und zwei weitere dünne Aa. medianae stammen aus der A. brachialis. Ein Handbogen liegt nicht vor (Zwierzchowski u. Komorowski 1982).
Diplocheirie, Dicheirie, ulnar dimelia, Spiegelbild-Deformität der Hand.
Epidemiologie
Definition
Die Ulnaverdoppelung ist sehr selten. Das Vorkommen wird auf weniger als 1: 100 000 geschätzt (Lamb u. Wynne-Davies 1998).
Spiegelbildliche Verdoppelung ulnarer Anteile, wobei die einander zugewandten radialen Anteile unterdrückt sind. Die Verdoppelung der Ulna zählt zu den Hypermelien höheren Grades. Diese Plusvariante zeigt eine Mehrzahl von Fingern (7 – 9), aber keinen Daumen. Neben der doppelten Ulnaanlage kann ein Radius entweder in Synostose mit einer Ulna oder als selbstständige Anlage erscheinen (Peterfey u. Jona 1942, Barton u. Mitarb. 1986).
Diagnostik Klinische Diagnostik Die Deformität ist in der Regel unilateral und ohne weitere Begleitfehlbildungen. Die Hand hat 7 Finger, einen Zeigefinger in der Mitte und je 3 ulnare Finger medial und lateral davon, symmetrisch angeordnet und leicht gegenüber den anderen gestellt. Das Handgelenk zeigt eine Beugekontraktur mit einer seitlichen Deviation und ist breiter
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6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke
a
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b Abb. 6.18 a – c Ulnahypoplasie mit Verbiegung des Radius und Subluxation des Radiuskopfes (a). Verlängerung der Ulna mittels Kallusdistraktion (b). Wiederherstellung der Länge und Achse des Unterarmes (c).
c
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6 Angeborene Fehlbildungen
Abb. 6.19
Ulnaverdoppelung (mirror hand) mit den typischen Veränderungen im Bereich von Ellenbogen, Handgelenk und Hand.
als die gesunde Seite. Der Unterarm ist verkürzt und die Umwendbewegung ist aufgehoben. Der Ellenbogen ist verdickt und zeigt eine Bewegungseinschränkung. Bildgebende Diagnostik Skaphoid und Trapezium fehlen. Bei Kleinkindern kann der Processus styloideus ulnae fehlen und später erscheinen, die distalen Ellenenden sind verbreitert. Diese Anpassung kann jedoch nur einseitig erfolgen (Chinegwundoh u. Mitarb. 1997). Das distale Humerusende ist dysplastisch und artikuliert seitlich mit der Ulna.
Differenzialdiagnose Die echte Spiegelbild-Deformität ist zu unterscheiden von der Polydaktylie, wobei ein Radius vorhanden ist und die Finger asymmetrisch sind. Die Polydaktylie kann in Form einer doppelten Hand erscheinen. Hier ist die Hand spiegelbildlich verdoppelt, oft mit einer kleinen Lücke zwischen beiden Händen und der Unterarm ist normal. Barton u. Mitarb. (1986) beschrieben einen Fall mit 8 Fingern und 3 Unterarmknochen. Die Übergänge können fließend sein.
Klassifikation Nach Weil (1923): 1. Die Veränderungen beschränken sich auf die Hand. 2. Mitbeteiligung der Unterarmknochen: – mit Radiusdefekt, – mit Ulnaverdoppelung.
Nach Al Qattan u. Mitarb. (1998): 1. Ulna dimelia: multiple Finger mit Ulnaverdoppelung: – TYP A: vollständige Formation der Ulna, – TYP B: die laterale Ulna ist hypoplastisch. 2. Übergangstyp: multiple Finger mit 3 Unterarmknochen. 3. Übergangstyp: multiple Finger mit Ulna und Radius: – TYP A: normaler Radius, – TYP B: hypoplastischer Radius. 4. Als Teil eines Syndroms: multiple Finger, Syndaktylie, Doppelbildung des Fußes, Nasaldefekt, Tibiaaplasie: – TYP A: Sandrow-Syndrom: Ulnaverdoppelung, – TYP B: Martin-Syndrom: Ulna und Radius sind vorhanden 5. Handverdoppelung: zwei Daumen und normaler Unterarm.
Therapie Das groteske Aussehen und die mangelhafte Opposition und die dadurch bedingte Funktionseinschränkung rechtfertigen die operative Behandlung. Das Operationsprinzip besteht in der Bildung eines Daumens und der Amputation der überflüssigen Finger. Bereits Mau (1922) bildete durch Rotationsosteotomie des Mittelhandknochens einen daumenähnlichen Finger. Entin (1959) hielt die Oppositionsstellung des rotierten Fingers mittels eines Knochenspanes aus den amputierten Fingern. Man führt jetzt eine Pollizisation mit Verkürzungs- und Rotationsosteotomie des Mittelhandknochens und Muskelverlagerung durch.
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6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke
Der kräftigste und beweglichste Finger wird dafür gewählt und die übrigen Finger werden geopfert (Buck-Gramcko 1964, Kelly 1962, Gropper 1983) (Abb. 6.20). Cornacchia (1950) fusioniert zwei Finger um einen kräftigen Daumen zu bilden. Folgende weitere operative Verfahren werden angewendet:
6.3.5 Transversale Fehlbildungen – Peromelie Synonyme Transverse deficiencies, congenital amputations.
Korrektur der Beugefehlstellung und der Deviation des Handgelenkes. Resektion der überflüssigen Handwurzelknochen oder der proximalen Handwurzelreihe, beugeseitige Kapsulotomie und Sehnenverlagerung. Hierfür können auch Sehnen der amputierten Finger verwendet werden. Verbesserung der Beweglichkeit des Ellenbogens. Resektion des proximalen Endes der lateralen Ulna, dadurch soll auch die Unterarmdrehung verbessert werden (Santero 1936, Tsuyuguchi u. Mitarb. 1982). Berichte über Spätergebnisse fehlen.
Definition Amputationsartige Fehlbildung des Armes, wobei kleinere Reste am Stumpf – „Fingerbürzel“ –vorhanden sein können. Die Aplasie von Radius und Ulna ist immer kombiniert mit Defekten im Handbereich. Die Gradausprägung reicht von der Aphalangie im Fingerbereich bis zur Amelie (Armverlust) über Adaktylie (fingerlose Hand), Acheirie (Handverlust), partielle oder totale Hemimelie (Unterarmverlust).
a
b
c
d Abb. 6.20 a – d Pollizisation eines Fingers und Amputation der restlichen zusätzlichen Finger.
a Mirrorhand. c Pollizisation: Operationssitus nach Amputation der lateralen Finger.
b Operationssitus: Freipräparation. d Zustand nach Pollizisation.
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6 Angeborene Fehlbildungen
Ätiologie
Epidemiologie
Lange Zeit wurde die exogen-amniogene Entstehung angenommen. Nach Petersen (1970) handelt es sich um hämodynamisch bedingte Koriumschnürungen der frühembryonalen Gliedmaßenanlage. Diese Theorie wird unterstützt durch die auffällige Häufung der Peromelie bei Nikotin- oder Alkoholabusus der Mütter (Czeizel u. Mitarb. 1994, Forster u. Baird 1992), Chorionzottenbiopsie (Firth u. Mitarb. 1991) oder Gefäßverschluss (Hoyme u. Mitarb. 1982).
Nach Birch-Jensen (1949) ist die Peromelie eine häufige Fehlbildungsform der oberen Gliedmaßen, die in einem Verhältnis von 1 : 20 000 Lebendgeburten für den Unterarm und 1 : 270 000 für den Oberarm auftritt. Nach Lamb u. Wynne-Davies (1998) sind es 0,4 beim Unterarm und 0,6 bei der Acheirie sowie 5,8 bei der Adaktylie per 10 000 Lebendgeburten. Petersen (1964) fand eine Häufigkeit von 1 : 12 369, dabei waren 85,6 % Unterarmperomelien, hiervon 2/3 linksseitig und 1/3 rechtsseitig.
Pathogenese
Diagnostik
Das „Amputationsniveau“ liegt vorwiegend in Gelenknähe. Am Unterarm ist es also meist proximal ellenbogennah oder distal handgelenknah lokalisiert. Der Stumpf ist in der Regel gut gepolstert bis wulstig und zeigt im Bereich der Spitze grübchenförmige Einziehungen oder kleine Bürzelchen. Die Sehnen reichen bis zur Stumpfspitze und bewegen die wulstige Weichteilmasse. Der Unterarmstumpf ist hypoplastisch mit Atrophie der Muskulatur. In der Regel ist die Peromelie einseitig und ohne weitere begleitende Fehlbildungen. In seltenen Fällen wurden Hydrozephalus, Spina bifida, Meningomyelozele, Klumpfuß, Radiuskopfluxation und radioulnare Synostose beobachtet (Baker u. Rudolph 1971, Field u. Krag 1973, Temtamy u. McKusik 1978).
Das klinische Bild ist eindeutig, ein Teil des Unterarmes samt der Hand fehlt. Es ist nicht immer einfach, transversale von kombinierten longitudinalen Fehlbildungen zu unterscheiden. Bei den letzten resultiert eher eine flossenähnliche Phokomelie und die Dysplasie reicht weit nach proximal bis zur Schulter.
Therapie Konservative Therapie Im Säuglings- und Frühkindesalter gilt es die Greif- und Tastfunktion des Stumpfes zu fördern und zu schulen. Das Kind soll durch Anreize beim Spielen, Robben und ähnlichen Aktivitäten den Stumpf einsetzen und Gebrauch
Abb. 6.21 Transversale Fehlbildung mit Handverlust (Acheirie) und Fingerbürzel.
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6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke
davon machen. Vorhandene oder drohende Kontrakturen sollen durch Dehnungs- und Bewegungsübungen angegangen werden. Im Alter von 1,5 – 2 Jahren empfiehlt sich die Versorgung mit einem Hook, um die Beidhändigkeit beim Feingriff zu ermöglichen. Karpal- oder Metakarpalstümpfe können mit einem Greifwiderlager oder einer Offenendprothese versorgt werden (s. Kap. 3.1). Im Alter von 3 – 4 Jahren kommt die Versorgung mit einer myoelektrischen Prothese in Betracht (Lamb u. Law 1987, Sorbye 1977, Marquardt u. Mitarb. 1998). Die Kinder lernen in der Regel schnell die Prothese zu bedienen.
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ECU als Flexor brevis
Operative Therapie Abgesehen von kleineren Eingriffen wie die Entfernung von Fingerbürzeln oder der Weichteilreduktion ist die operative Behandlung selten indiziert. Bei beidseitigem Befall soll dem Kind auf der dominanten Seite eine sensible Greiffähigkeit ermöglicht werden. Die Bildung einer primitiven Greifzange ist mit der Krukenberg-Plastik möglich (s. Kap. 4.4). Dieser Eingriff bei Kindern wird von Swanson (1964) sowie von Chan u. Mitarb. (1984) empfohlen. Am besten eignet sich dafür ein langer Unterarmstumpf. Als Alternative dafür kommt die Zehentransplantation in der Technik nach Vilkki (1985) in Betracht. Diese Operationsmethode ist besonders bei dem Karpalstumpf wertvoll (Abb. 6.22). Als Transplantat eignet sich am besten die Großzehe wegen der breiten Greiffläche (Furnas u. Achauer 1983). Die Entnahmestelle ist entstellend. Bei extrem kurzen Unterarmstumpf kann eine Verlängerung den direkten Einsatz des Stumpfes verbessern, obwohl die prothetische Versorgung in solchen Fällen problemlos ist. Exner (1998) transferiert im ersten Schritt den Radiusstumpf auf die Elle mit Umdrehung um 180°, so dass der Radiuskopf das freie distale Stumpfende bildet. Im zweiten Eingriff nach der knöchernen Konsolidierung führt er eine Verlängerung (Kallusdistraktion) durch.
6.3.6 Madelung-Deformität Im Jahre 1878 beschrieb Madelung unter dem Titel: „Die spontane Subluxation der Hand nach vorne.“ eine angeborene Fehlbildung der oberen Extremität und ihre charakteristische Merkmale.
Definition Genetisch bedingte Wachstumsstörung des Fugenknorpels am distalen Radiusende und dadurch bedingte Subluxation des Karpus, Verbiegung des Radius und Hervortreten des Ellenkopfes, die im Laufe des Wachstums auffällig wird.
EPL als Lumbricalis
BR als ulnarer Interosseus ECRL Extension durch ECRB
FDS als Flexor longus
Abb. 6.22 Operation nach Vilkki: Zehentransplantation zum distalen Unterarmende.
Ätiologie Die Ätiologie der Madelung-Deformität (MD) ist noch nicht geklärt. Madelung vermutete, dass die Wachstumsstörung des Radius durch ein Ungleichgewicht zwischen Ernährung und Belastung des Knochens zustande kommen. Abadie (1903) stellte 4 verschiedene Theorien vor: 1. Muskuläre Theorie: überwiegen der Beuger gegenüber den Streckern (Anton u. Mitarb. 1938) oder abnorme Insertion des M. pronator teres am Skaphoid (Linscheid 1979). 2. Ligamentäre Theorie: Laxizität der Ligamenta, aber auch abnorme Band- und Kapsel-Strukturen auf der Beugeseite des Karpus (Ezaki 1999, Vickers und Nielsen 1992). 3. Nervale Theorie: Übererregbarkeit (Golding u. Blackburne 1976). 4. Trauma: Fraktur, Dislokation der Epiphyse oder Schädigung der Epiphysenfuge (Henry u. Thorburn 1967). Nach Stehr (1938) handelt es sich um ein endogenes Leiden, das in direktem Erbgang über mehrere Generationen beobachtet worden ist (Marti 1940, von Verschner 1959). Eine Agenesie des anteromedialen Epiphysenanteils ist für Martini-Benkeddache u. Banslama (1979) sowie für Mansat u. Mitarb. (1979) der Grund für die Entstehung der Deformität. Eine Wachstumsstörung aufgrund von Minderdurchblutung der Radiusepiphyse wird von Mansat u. Mitarb. (1979) und Cahuzac (1973) vermutet. Einige Autoren sehen pathogenetische Ähnlichkeiten zwischen MD und aseptischen Knochennekrosen (Langer 1965). Lichtenstein u. Mitarb. (1980) sind der Meinung, dass die Anoma-
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6 Angeborene Fehlbildungen
lie durch Geschlechtshormone oder durch das X-Chromosom in utero begünstigt werden könne und stützen ihre These durch die Tatsache, dass bei Patientinnen mit Gonadendysgenesien, wie dem Ullrich-Turner-Syndrom mit erhöhten Gonadotropinwerten im Plasma, gehäuft MD zu finden sind. Einige Autoren klassifizieren die isolierte bilaterale MD als Abortivform des Léri-Weill-Syndroms (Ranawat u. Mitarb. 1975, Nielsen 1977, Christ 1981). Außer den bereits genannten Erkrankungen wird die MD gehäuft bei folgenden Syndromen und Erkrankungen beobachtet: 쐌 Exostosenkrankheit (Anton u. Mitarb. 1938, Nielsen 1977, Zapfe 1981), 쐌 Achondroplasie (Nielsen 1977, Mohan u. Mitarb. 1984), 쐌 Morbus Ollier (Langer 1965, Mohan u. Mitarb. 1984), 쐌 Osteoonychondrodysplasie (Golding u. Blackburne 1976), 쐌 Turner-Syndrom (Necic u. Grant 1978, Cleveland u. Mitarb. 1985), 쐌 Onycho-Osteodysplasie-Syndrom, Nail-Patella-Syndrom (Ioan u. Mitarb. 1992).
Pathogenese Als Ursache für die MD wird eine Wachstumsstörung der distalen Radiusepiphyse angenommen und zwar im palmaren ulnaren Bereich. Dadurch kommt es zu einer extremen Neigung der radialen Gelenkfläche nach palmar und ulnar sowie zu einer relativen Verkürzung des Radius. Der Ellenkopf scheint prominent nach dorsal und distal. Der Radius verbiegt sich ulnarwärts und das distale Radioulnargelenk verbreitert sich. Zwischen den distalen Enden der Unterarmknochen sitzt das Lunatum als Spitze einer Pyramide. Das Handgelenk erscheint bajonettförmig und verbreitert. Beim seltenen “Typus inversus“ der MD scheint die distale Radiusgelenkfläche retrovertiert, der distale Radius im Sinne einer beugeseitigen Konvexität verkrümmt und der Karpus nach dorsal verlagert. Der Ellenkopf erscheint in der Handgelenksbeuge. Mau zeigte 1958 fließende Übergänge von normaler zur MD und bezeichnete sie als “Abortivformen“. Dazu zählen die federnde Elle und der Konsolenradius.
Epidemiologie Von 1000 angeborenen Fehlbildungen der oberen Extremitäten waren 7 Fälle der MD im Patientengut von Ogino u. Mitarb. (1986). Das weibliche Geschlecht ist etwa 4-mal häufiger betroffen als das männliche (Anton u. Mitarb. 1938). In unserem Krankengut war das Verhältnis von männlichen/weiblichen Patienten 7: 24, das entspricht einer Verhältniszahl von 1 : 3,4. Bei 24 Patienten war die Deformität bilateral und bei 7 Patienten einseitig (Schwöbel 1988). Henry u. Thorburn (1967) sowie Golding u. Blackburn (1976) bezweifeln das Vorkommen der idiopathischen isolierten MD bei den Männern.
Abb. 6.23
Das klinische Bild der Madelung-Deformität.
Diagnostik Klinische Diagnostik Die Deformität wird je nach Schweregrad in unterschiedlichem Alter klinisch manifest, meist erst mit dem Wachstumsschub um die Pubertät. Auffällig und ästhetisch störend ist ein hervorstehender Ellenkopf und bei ausgeprägter Form der Deformität noch eine Bajonettstellung des Karpus dazu (Abb. 6.23). Andererseits treten bewegungs- und belastungsabhängige Schmerzen im Handgelenk auf. Die Schmerzintensität scheint in keinem festen Verhältnis zum Ausmaß der Deformität zu stehen (Kelikan 1974). Der Schmerz lässt in der Regel nach, um bei schwereren Formen der Deformität wieder im Alter von 40 – 50 Jahren aufzutreten, bedingt durch die arthrotischen Veränderungen des Handgelenks. Die Bewegungseinschränkung ist unterschiedlich ausgeprägt und steht selten im Vordergrund der Beschwerden. Die Ruptur von Strecksehnen wurde auch beobachtet (Ducloyer u. Saffar 1991, Godwin 1979, Harvey u. Harvey 1989). Bildgebende Diagnostik Dannenberg u. Mitarb. (1939) haben 12 Kriterien zur Diagnosestellung ausgearbeitet, die auch heute noch gültig sind (Abb. 6.24): A Veränderungen am Radius: 1. Krümmung der Radiusdiaphyse mit Konvexität nach dorsolateral, 2. Radiusverkürzung, 3. Dreiecksform der distalen Radiusepiphyse,
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6.3 Fehlbildungen des Unterarmes und der Handgelenke
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Tritt die MD im Rahmen einer Dyschondrosteose auf, wird zusätzlich eine Verdickung des proximalen Radius und eine dorsale Subluxation des Radiuskopfes beschrieben (Gelberman u. Bauman 1980). Im Alter von über 40 Jahren sind arthrotische Veränderungen des Handgelenks zu finden (Henry u. Thorburn 1967, Necic u. Grant 1978).
Differenzialdiagnose Ähnliche Deformierungen des distalen Radiusendes können posttraumatisch oder infolge einer Infektion auftreten, auch mit Verformung des Handgelenks. Die übrigen radiologischen Kriterien fehlen, insbesondere die dreieckförmige Stellung der Handwurzelknochen und die Radiusverbiegung. Der Konsolenradius (Schneck 1931) zeigt eine vermehrte Abwinkelung der distalen Gelenkfläche nach palmar und ulnar mit verstärkter Gelenklippe beugeseitig.
Therapie Konservative Therapie Schmerzen treten oft periodisch auf und können durch medikophysikalische Maßnahmen positiv beeinflusst werden. Operative Therapie
Abb. 6.24 Die typischen Veränderungen im Röntgenbild beider Unterarmknochen und des Karpus.
4. vorzeitiger Schluss der ulnaren Hälfte der distalen Epiphysenfuge, 5. eine Zone verminderter Knochendichte auf der ulnaren Seite der distalen Radiusepiphyse, 6. kleine Exostose auf der ulnaren Seite des distalen Radius, 7. Erweiterung des Raumes zwischen Radius und Ulna, 8. verstärkte Neigung der distalen Gelenkfläche nach ulnar und palmar. B Veränderungen der Ulna: 1. Subluxation bzw. Luxation des distalen Ellenendes nach dorsal, 2. Auftreibung und trabekulare Verdichtung des Ellenkopfes. C Veränderungen des Karpus: 1. Pyramidenform der Ossa carpi mit dem Lunatum an der Spitze, 2. Fortsetzung der dorsalen Radiuskrümmung durch die Ossa carpi.
Die Indikationen für eine operative Behandlung sind selten (Lamb 1988, Schwöbel 1988, Tachdjian 1990). Anhaltende Schmerzen und Funktionsstörungen sowie starke Fehlstellung als präarthrotische Deformität machen eine operative Intervention erforderlich. In Betracht kommen: 쐌 Verkürzungsosteotomie der Ulna, Resektion des distalen Ellenendes oder OP nach Kapandji (Darrow u. Mitarb. 1985, Ranawat u. Mitarb. 1975, Nielsen 1977, Minami 1987, Angelini u. Mitarb. 1996). 쐌 Korrekturosteotomie des Radius: Bogenförmige Osteotomie zur Korrektur der palmaren und ulnaren Verkippung. Zuvor sollen die festen Ligamente beuge- und ulnarseitig durchtrennt werden (Carter u. Mitarb. 2000, Ezaki 1999) oder als offene Korrekturosteotomie mit Verlängerung im Sinne der Kallusdistraktion nach Ilisarov (Lacher u. Mitarb. 1994, Houshian u. Mitarb. 2000). 쐌 Korrekturosteotomie mit Ulnaverkürzung (Salon u. Mitarb. 2000), oder Resektion des Ellenkopfes (Dobyns 1993) oder mit Teilresektion des Ellenkopfes (Watson u. Mitarb. 1993). Die Korrekturosteotomie soll möglichst kurz vor oder kurz nach Wachstumsabschluss durchgeführt werden. Eine Neuorientierung des Karpus, des Radiokarpalgelenks und des distalen Radioulnargelenks wird erfolgen. Es kann nicht vorausgesagt werden, ob die neue Anpassung problemlos geschieht. 쐌 Im Sinne der Prophylaxe, der Ursachenbeseitigung und Ausnutzung der Anpassungsfähigkeit wachsender Skelette empfiehlt Vickers u. Nielsen (1992) die Epiphysiolyse mit Resektion des beugeseitigen abnormen ulnoradialen Ligaments. Schwierig ist es sicher, die richtige
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6 Angeborene Fehlbildungen
Patientenauswahl zu treffen, bevor die Deformität ausgeprägt ist. Auch die Eltern von der Notwendigkeit und Erfolgsaussicht der Operation zu überzeugen, wird nicht problemlos sein. 쐌 Weitere Eingriffe wie die Denervation und die Arthrodese des Handgelenks mit der Resektion des Ellenkopfes kommen in Betracht. Alle Autoren berichten über gute Erfolge bei Anwendung ihrer Methoden. Ernstzunehmende Komplikationen wurden nicht beobachtet. Wir haben 6 (von 31) Patienten nach unterschiedlichen Methoden operiert, so dass es sich fast um einzelne Beobachtungen handelt, wobei wir das Handgelenk immer teildenerviert haben (Schwöbel 1988).
6.3.7 Synostosen der Handwurzelknochen Synonyme Karpale Koalition.
Definition Zusammenschmelzen von zwei oder mehreren Karpalknochen.
Ätiologie Es handelt sich um mangelhafte Differenzierung der Handwurzelknochen zwischen der 4. und 8. embryonalen Woche (O’Rahilly 1953, McCrediec 1975, Carlson 1981, Weinzweig u. Mitarb. 1997). Die Assimilationstheorie von Pfitzner (1900) scheint unwahrscheinlich zu sein (Behr
a
b
Abb. 6.25 a – c Synostosen der Handwurzelknochen: Synostose von Lunatum und Triquetum (a), von Kapitatum und Hamatum
1933, Zimmer 1936, Dederich 1955). Eine Erblichkeit der Synostosierung wird beobachtet, jedoch nicht zu einer bestimmten anatomischen Lokalisation (Mestern 1934, Hohmann 1949, Albrecht 1969).
Pathogenese Die Tendenz zur Synostosierung in der queren Richtung ist etwa 3-mal größer als in der Längsrichtung. Die zweite Form kommt selten als alleinige Fehlbildung vor, sondern meist im Rahmen einer globalen Fehlbildung der Extremität wie Poly- oder Oligodaktylie, Brachydaktylie, longitudinaler radialer, ulnarer und zentraler Fehlbildung oder im Rahmen eines Syndroms, z. B. Nievergelt-, Pearlman-, Apert-, Holt-Oram-, Turner-, Ellis-van-Creveld- und Cornelia-de-Lange-Syndrom. Alle möglichen Kombinationen der Verschmelzung wurden beschrieben. Eine Synostose zwischen zwei Karpalia ist häufiger als zwischen mehreren Handwurzeln. Die häufigste Form ist die Synostose von Lunatum und Triquetrum (Anderson 1883, Temtamy u. McKusick 1978) mit einer Inzidenz von 0,7% (Wetherington 1961) bis 9,5 % (Cockshott 1963) mit deutlich vermehrter Häufigkeit bei der schwarzen Rasse (Delaney u. Eswar 1992). Die zweithäufigste Koalition ist zwischen Kapitatum und Hamatum (Carlson 1981, Resnick u. Mitarb. 1986) zu finden. Seltener ist die Verschmelzung um Skaphoid und Lunatum, die dem „Skapholunatum“ im Tierreich entspricht (Bogart 1932, Albrecht 1969) (Abb. 6.25 a-c). Zielenski u. Gunther (1981) berichten über 7 Fälle von skaphotrapezialer Fusion in der Literatur. Ingram u. Mitarb. (1997) haben einen einmaligen Fall mit Verschmelzung aller 4 radialen Knochen beschrieben. Verschmelzungen der Handwurzelknochen mit Mittelhandknochen werden auch beobachtet, insbesondere Synostosen zwischen Trapezoid und Metakarpale II (Cotta u. Rauterberg 1982) sowie zwischen Kapitatum und Metakarpale III (Gomez u. Robledo 1998) verbunden mit einer Synostose der Metakarpalia IV und V und Brachydaktylie.
c sowie Trapezium und Trapezoid (b) und sämtlicher Handwurzelknochen bis auf das Pisiforme bei Oligodaktylie (c).
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Literatur
Klassifikation Pfitzner (1898) unterscheidet zwischen: 쐌 Koaleszenz: Verschmelzungserscheinung bei fortbestehender Diskontinuität. 쐌 Synostose: Knochenkontinuität, die Außenform der einzelnen Knochen ist erkennbar. 쐌 Fusion: einheitliche Gesamtform. 쐌 Assimilation: Verschwinden der einzelnen Komponente. Weitere Klassifikationen für die Lunatotriquetrumsynostose sind von Zimmer (1936), Minnaar (1952) und Cockshott (1963) bekannt. Sie stufen die Grade der Verschmelzung von fibröser Verbindung bis zur kompletten Fusion ein.
Diagnostik Klinische Diagnostik Karpale Synostosen verursachen weder Schmerzen noch Bewegungseinschränkungen (Minnaar 1952), sie werden zufällig entdeckt (Delaney u. Eswar 1992). Eine fibröse Verbindung kann Beschwerden verursachen, wenn durch die Mikrobewegung eine Arthrose entsteht (Gross u. Mitarb. 1989, Weinzweig u. Mitarb. 1997). Die Koalition kann bei Trauma brechen, wobei die Fusionslinie als Sollbruchstelle angesehen wird (Cockshott 1963). Bildgebende Diagnostik Die a.-p. Röntgenaufnahme zeigt die Synostose und evtl. weitere Fehlbildungen oder Veränderungen.
Differenzialdiagnose Die Abgrenzung einer syndesmalen Verbindung mit unregelmäßigem Gelenkspalt von einer Pseudarthrose kann problematisch sein (Rohde 1978, Scharizer 1979).
Therapie Nur bei symptomatischen unvollständigen Synostosen ist eine Therapie erforderlich. Die Fusion wird durch eine Arthrodese vervollständigt.
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6.4 Fehlbildungen der Hand
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Fehlbildungen der Hand
6.4.1 Differenzierungsstörungen Syndaktylie Die Syndaktylie ist die häufigste Handfehlbildung. Unter diesem Begriff wird eine Gruppe von ätiologisch, pathogenetisch und morphologisch uneinheitlichen Fehlbildungen der Hand zusammengefasst, deren gemeinsames Merkmal die angeborene Fingerverschmelzung ist.
Ätiologie Die Syndaktylie tritt sporadisch auf, trotzdem wird ein familiäres Vorkommen zwischen 10% (Flatt 1977) und 40% (Dao u. Mitarb. 1998) beobachtet. Zahlreiche erbliche Formen sind bekannt (Kelikan 1974, McKusick 1975). Der Erbgang kann autosomal-dominant erfolgen oder mit inkompletter Penetranz und variabler Expressivität (Ger 1998). Neuere Untersuchungen über die molekularen Grundlagen der Embryologie des Skelettsystems verdeutlichen die Bedeutung regulierender Gene und Transkriptionsfaktoren bei der Entstehung der Syndaktylie (Mundlos u. Olsen 1997, Tsai u. Mitarb. 1999, Bosse u. Mitarb. 2000). Es wird zwischen primären und sekundären Syndaktylien unterschieden. Bei der ersten Gruppe handelt es sich um eine Differenzierungsstörung der Weichteilmäntel um die Knochenstrahlen. Während die Skleroblastome für die Strahlen bei der Normalentwicklung erheblich divergieren, bleiben sie bei der S9/S9-Mutante annähernd parallel und haben die Tendenz, distal zu verschmelzen (Grünberg u. Huston 1965). Die sekundäre Form entsteht durch Differenzierungs- und Wachstumsstörung des bereits gegliederten Skleroblastoms, wie bei der Poly- und Oligodaktylie, der Brachydaktylie und insbesondere der Symbrachydaktylie. Die Syndaktylie tritt als fakultatives oder obligates Symptom bei einer Vielzahl von Fehlbildungssyndromen auf. Als wichtigste gelten: Poland-Syndrom, ApertSyndrom und andere Formen der Akrozephalosyndaktylie (ausführlich bei Dao 1998, Ezaki 1999).
Pathogenese Die häufigste Lokalisation der primären Syndaktylie ist der Raum zwischen DIII und DIV (40 – 50%), gefolgt von DIV/ DV (25 – 28 %) und am seltensten zwischen DI/DII (7 – 9 %) (Cocchi 1964, Light 1996, Lösch 1970, Flatt 1974, Ger 1998). Grundsätzlich wird zwischen kutaner und ossärer Syndaktylie unterschieden. Bei der ersten Form ist der Zwischenfingerraum durch eine Hautbrücke ersetzt. Die Cleland-Ligamente durchflechten sich zu einer septumartig nach palmar „aufsteigenden“ bindegewebigen Trennschicht, um dort in der Haut zu inserieren. Sehnen und
Gefäß-Nerven-Bündel zeigen bei der kutanen Syndaktylie in der Regel keine Anomalien. Bei der ossären Syndaktylie und insbesondere bei der komplexen Form können Streckund Beugesehnen fehlgebildet sein, Nerven und Gefäße zeigen distale Aufteilung aber auch Aplasien.
Epidemiologie Die Syndaktylie kommt einmal bei 2000 – 2500 Lebendgeburten vor (McCollum 1940), wobei eine Erblichkeit in 20 – 40% besteht. In der Geschlechtsverteilung überwiegt das männliche, die Angaben variieren zwischen 56 und 84 % (Davis u. German 1930, McCollum 1940, Kettelkamp u. Flatt 1961, Buck-Gramcko 1981).
Klassifikation Grundsätzlich können aus morphologischen und pathogenetischen Gesichtspunkten 2 Grundformen der Syndaktylie unterschieden werden: die isolierte und die komplexe oder kombinierte Form, die sich wiederum unterteilen. Daraus ergibt sich die folgende Einteilung.
A Isolierte Syndaktylie (Abb. 6.26 a u. b): 1. Kutane Syndaktylie. 1a Partielle kutane Syndaktylie: Die Schwimmhautfalte reicht in der Regel bis zum Mittelglied. 1b Komplette kutane Syndaktylie: Die Hautverschmelzung geht bis zum Endglied. 1c Akrosyndaktylie auch sekundäre oder Brückensyndaktylie genannt. Diese kommt meist im Rahmen des Schnürfurchenkomplexes vor. Im proximalen Teil findet sich ein Kanal oder eine Hauteinziehung mit akralen Defekten. 2. Ossäre Syndaktylie: Verschmelzung der Endglieder. Die extreme Form bildet die Löffelhand beim Apert-Syndrom. B Kombinierte (komplexe) Syndaktylie: 1. Teil einer Handfehlbildung, z. B. bei der Poly- oder Oligodaktylie, Spalthand, Klumphand, Symbrachydaktylie, Schnürfurchenkomplex usw. (Abb. 6.27). 2. Teil eines Syndroms, z. B. Akrozephalosyndaktylien, Down-, Poland-, Carpenter-. Holt-Oram-, Pierre-Robin-, Klippel-Feil-Syndrom u. a. (Abb. 6.28).
Diagnostik Die verschiedenen Formen der Syndaktylie sind äußerlich auffällig und können weitgehend durch die Inspektion differenziert werden. Ein Nagelband weist auf eine ossäre Verbindung hin. Die Akrosyndaktylie ist gekennzeichnet durch die amputationsähnliche periphere Hypoplasie der Finger. Im Vergleich zur Symbrachydaktylie sieht man hier
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6 Angeborene Fehlbildungen
Abb. 6.26 a u. b Kutane komplette Syndaktylie ungleich langer Finger mit Beugekontraktur und Torsion des Ringfingers (a). Ossäre Syndaktylie sämtlicher Finger (b).
a
b
Abb. 6.27 daktylie.
Syndaktylie
isolierte Syndaktylie
kutane Syndaktylie
ossäre Syndaktylie
partielle Syndaktylie
komplette Syndaktylie
Abb. 6.28
kombinierte Syndaktylie
Teil eines Syndroms
Handfehlbildung
Akrosyndaktylie
Komplexe Syndaktylie bei Oligo-
kein Nagelrudiment. Die Deformität ist doppelseitig und die proximalen Fingeranteile sind defektfrei. Bewegungseinschränkung, Achsenfehlstellung sowie nummerische Variationen sind äußere Zeichen für eine kombinierte oder komplexe Form der Syndaktylie. Sie geben Anlass für weitere Untersuchungen der gesamten Extremität auf weitere Merkmale eines Syndroms. Die Röntgenaufnahme ist bei der ossären und komplexen Form erforderlich, um weitere Fehlbildungen wie versteckte Polydaktylie, Hypo- oder Aplasien schon im Frühkindesalter festzustellen.
Schema zur Klassifikation der Syndaktylien.
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6.4 Fehlbildungen der Hand
Differenzialdiagnose Sekundäre Syndaktylien können durch Verbrennung der Hand entstehen und sind narbenbedingt. Weitere Handfehlbildungen oder Fehlbildungssyndrome beeinflussen Behandlungsart und Prognose.
Therapie Die Behandlung der Syndaktylie ist operativ. Die Ziele der Operation sind: die Funktion zu verbessern, Fehlwachstum zu verhindern und der Hand ein normales Erscheinungsbild zu geben. Die Syndaktylietrennung ist kontraindiziert beim Fehlen des Knochengerüstes oder bei Gefahr der Nekrose aufgrund mangelhafter Blutversorgung. Zeitpunkt der Operation: Wir sind bestrebt die Behandlung vor dem Kindergartenalter abzuschließen. Bei der Trennung zwei gleich großer Finger oder bei partieller Syndaktylie kann die Operation auch im Schulalter erfolgen. Ossäre Syndaktylien und ungleich große Finger erfordern wegen der Tendenz zum Fehlwachstum die frühzeitige Operation. Ebenso wird bei Verwachsungen mehrerer Finger im 1. Lebensjahr operiert, damit die Greiffähigkeit verbessert wird. Beim Befall beider Hände operieren wir nur eine Hand und lassen die andere frei zum Spielen und Greifen. Andere Autoren empfehlen die gleichzeitige Operation beider Hände durch 2 Teams (Ger 1998, Dao 1998). Operationstechnik Trennung der Langfinger (Standardtechnik). Für den Operationserfolg sind 2 Kardinalpunkte maßgebend: 1. Bildung einer tiefen, breiten und narbenfreien Kommissur. 2. Spannungsfreie Deckung der korrespondierenden seitlichen Wundflächen der Finger und Vermeidung von längs verlaufenden Narben, da diese im Laufe des Wachstums zur Deviation führen. Zur Kommissurbildung verwenden wir einen trapezförmigen proximal gestielten dorsalen Lappen (Flatt 1974) (Abb. 6.29). Verschiedene Lappenformen wurden beschrie-
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ben: zwei dreieckförmige Lappen, ein dorsaler und ein palmarer (Norton 1881, Cronin 1956), palmarer oder dorsaler mörtelblattförmiger Lappen (Blauth 1972), dorsaler Lappen mit drei distalen Zacken (Ekerot 1996) oder dorsaler Omegalappen (D’Arcangelo u. Mitarb. 1996). Die Schnittführung erfolgt dorsal und beugeseitig zickzackförmig. Die Schnitte gehen über die Mittellinie hinaus. Trennung der Bindegewebeschicht bis zu den Grundgelenken, Vorsicht ist auf der Beugeseite geboten, hier sollen die Gefäß-Nerven-Bündel dargestellt und geschont werden. Liegt die Gefäß-Nerven-Gabel weit distal, so wird der gemeinsame Nerv interfaszikulär längs getrennt, die dünnere und weniger wichtige Arterie wird geopfert. Eröffnung der Blutleere und Blutstillung. Hautnähte, die zurückgebliebenen Hautdefekte an beiden Fingerseiten werden mit Vollhauttransplantaten gedeckt. Die Transplantate entnehmen wir aus der Leiste. Die Entnahmestelle kann in der Regel primär verschlossen werden. Die Vollhauttransplantate bleiben im Vergleich zur Spalthaut elastisch und neigen nicht zur Schrumpfung. Kompressionsverband mit Fettgaze und Gipsverband für 10 Tage. Ekerot (1996) konnte durch seine Schnittführung die Finger mit örtlicher Haut bedecken und auf jegliche Hauttransplantation verzichten. Andere Autoren dehnen die Haut vor der Trennung mittels Silikonexpander (Argenta 1986, Ashmead u. Smith 1995, Takagi u. Mitarb. 2000) oder Fixateur externe (Paley u. Herzenberg 1998). Raus (1984) führte die Syndaktylietrennung bei Neugeborenen in Lokalanästhesie mit einem geraden Schnitt und ohne Hautransplantat erfolgreich durch. Robinson u. Mitarb. (1995) trennten die Finger bei der Ratte im Experiment intrauterin mit mäßigem Erfolg. Bei Syndaktylien zwischen mehreren Fingern darf ein Finger wegen der Blutversorgung nicht an beiden Seiten gleichzeitig operiert werden. Bei einer ossären Syndaktylie mit einem gemeinsamen Fingernagel wird der Nagel unter Entnahme eines 2 mm breiten Streifens (Nagel, Nagelbett und Nagelwurzel) halbiert. Zur Bildung einer runden und gut gepolsterten Fingerkuppe werden 2 Hautlappen durch ein „Z“ nach Buck-Gramcko (1988) gebildet (Abb. 6.30).
Abb. 6.29 Operationsskizze der Syndaktylietrennung.
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6 Angeborene Fehlbildungen
Abb. 6.30 Schnittführung und Lappenbildung zur Trennung der Fingerkuppen (aus Buck-Gramcko 1988).
A
B
A B
Diese Technik hat sich bewährt (Dao 1998, Golash u. Watson 2000). Als Alternativmethode kommt die Anwendung eines Thenarlappens in Betracht (Johanson 1982). Bei einem Rezidiv oder partieller Syndaktylie ist eine freie Hauttransplantation in der Regel nicht erforderlich. Die Schnittführungen bestehen in Z-Plastiken, Schmetterlings- und andere Formen der Verschiebelappen (Dao 1998).
Bildung der ersten Zwischenfingerfalte. Die Trennung des Daumens soll früh im Säuglingsalter erfolgen um Deviation des Zeigefingers zu verhindern und die Greiffunktion der Hand wiederherzustellen. Der 1. MHK muss ausreichend mobilisiert werden um größtmögliche Abspreizbarkeit zu erreichen. Hierfür muss das Lig. metacarpale transversum superficiale durchtrennt und eventuell die Muskulatur eingekerbt werden. Für die Kommissurdeckung verwendet Buck-Gramcko (1981) einen Rotations-Schwenk-Lappen vom Handrücken, Blauth u. Schneider-Sickert (1976) empfehlen einen Rundstiellappen, der mehrere Eingriffe benötigt und ästhetisch nicht schön ist. Wir verwenden einen Schwenklappen aus der Streckseite des Zeigefingers. Akrosyndaktylie. Die Hautverschmelzungen können schmal oder breit sein. Der Hautkanal liegt in der Regel distaler als eine normale Fingerkommissur, die Finger erscheinen überkreuzt und verklumpt, so dass eine genaue Differenzierung der einzelnen Finger sehr schwer ist. Hier soll die operative Trennung so früh wie möglich erfolgen. Beim ersten Schritt werden alle Finger distal der sondierbaren Hautkanäle getrennt und später können die Kommissuren dann vertieft werden. Die kleinen Hautdefekte heilen oft spontan. Löffelhand (Apert-Syndrom). Apert beschrieb 1906 das nach ihm genannte Syndrom mit ausgeprägter Syndaktylie an allen 4 Extremitäten sowie Veränderungen des Schädels (Turmschädel, Exophtalmus und Stellungsanomalien der Zähne bei hohem Gaumen). Außerdem besteht ein
Streckdefizit des Ellenbogens mit Cubitus valgus und Abduktionseinschränkung der Schulter sowie Intelligenzdefekt. An den Händen sind folgende Merkmale vorhanden: Totale Syndaktylie DII–DIV mit Verwachsungen der Fingerkuppen, Akrosynostosen und durchgehendem Nagelband. Weiterhin tritt eine partielle Syndaktylie des Kleinfingers und des Daumens auf (Abb. 6.31 a u. b). Muskeln sind in der Regel normal angelegt, Nerven und Blutgefäßabzweigungen sind nach distal verlagert, Sehnen können falsch inserieren oder verschmolzen sein. Die Finger zeigen Kampto- und Brachydaktylie mit ossären Symphalangien. Nach Blauth (1976) können 3 Typen unterschieden werden: 쐌 Typ I: partielle Syndaktylie des Kleinfingers und des Daumens. Der Daumen ist verkürzt, verbreitert und nach radial deviiert. 쐌 Typ II: „ Geburtshelferhand“. Der kleine Finger ist durch straffe komplette kutane Syndaktylie mit den anderen Langfingern verbunden. 쐌 Typ III: „Löffelhand“. Komplette Syndaktylie aller Finger (Abb. 6.32 a u. b). Weitere Variationen der Akrozephalosyndaktylien sind bei anderen Syndromen beschrieben: Carpenter-, Pfeiffer-, Chotzen-, Noak-, Waardenburg-, Summitt-, HermannOpitz-Syndrom (Blauth u. Falliner 1998). Mit den Operationen soll schon im Säuglingsalter angefangen werden. Wir trennen die Finger einer Hand in 2 Sitzungen mit Abstand von mindestens 6 Monaten. In der 1. Sitzung trennen wir DI/II und DIII/IV und in der 2. Sitzung DII/III und DIV/V. Zwischen beiden Sitzungen kann auch die andere Hand operiert werden. Notwendige Korrekturosteotomien werden gleichzeitig vorgenommen. Je nach knöcherner Fehlform können einzelne Fingerstrahlen entfernt werden (van Heest u. Mitarb. 1997, Hovius u. Mitarb. 2000). Das funktionelle Ergebnis ist vom Ausmaß der Fehlbildung abhängig. Spätere Korrekturen können erforderlich sein.
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6.4 Fehlbildungen der Hand
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Abb. 6.31 a u. b Löffelhand vor (a) und nach der Trennung (b).
a
b
Die Fehlerquellen: 쐌 Die Fingertrennung und Vertiefung der Kommissur sind nicht ausreichend, vielleicht wegen der distal gelegenen Gefäß-Nerven-Gabelung. 쐌 Falsche Schnittführung, die Lappen zur Kommissurbildung und zur Deckung der Seitenfläche sind zu kurz, zu dünn oder zu schmal, sie werden unter starker Spannung vernäht und dadurch teilnekrotisch. Sekundäre Heilung führt zu Vernarbung! 쐌 Gerade oder nur wellenförmige seitliche Schnitte führen zur Narbenkontraktur und Beugefehlstellung.
a b Abb. 6.32 a u. b Komplette Löffelhand vor (a) und nach der Trennung (b).
Komplikationen Die häufigsten Komplikationen sind: Rezidive mit Nachwachsen der Schwimmhaut und Narbenkontrakturen. Die Ursache dafür wurde in dem frühzeitigen Operieren gesehen. Wir sind mit Buck-Gramcko (1981) der Meinung, dass die OP-Technik dafür verantwortlich ist.
Die Verletzung der palmaren Gefäß-Nerven-Bündel können zur Fingernekrose führen. Unterbundene Gefäße im OP-Bericht angeben und niemals einen Finger an beiden Seiten gleichzeitig operieren!
Ergebnisse Je komplexer die Syndaktylie ist, desto schlechter ist das funktionelle Ergebnis und eine Nachoperation wird erforderlich. In zahlreichen Nachuntersuchungen wurde zur Schnittführung und kommissurbildenden Lappenform sowie zum OP-Zeitpunkt (Alter des Patienten) und zu Hauttransplantaten Stellung genommen (Kettelkamp u. Flatt 1961, Meissl u. Mitarb. 1975, Neff u. Mitarb. 1978,
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6 Angeborene Fehlbildungen
Johne 1985, Dingler 1986). Unsere Nachuntersuchungen zeigen, dass die OP-Technik und die Erfahrung des Operateurs die Hauptrolle spielt.
Symbrachydaktylie Diese Bezeichnung geht auf Pol (1921) zurück. Er definierte damit eine Handfehlbildung mit Brachydaktylie und Syndaktylie, die einseitig auftritt und manchmal in Kombination mit gleichseitigem Brustmuskel- oder Brustwanddefekt. Die Erstbeschreibung solcher Deformität stammt von Poland (1841), der den Defekt der Pektoralmuskeln in den Vordergrund stellte. Die von Müller (1937) erstellte teratologische Reihe reicht von der Hand mit Verkürzungen und syndaktylen Fingern bis zur Handlosigkeit.
Synonyme Brachysyndactylism, Poland-Syndrom, primäre skeletogene Ektrodaktylie, atypical cleft hand.
Ätiologie Die Ätiologie der Symbrachydaktylie ist bis jetzt unbekannt. Sie tritt sporadisch auf. Pol (1921) sprach sich für exogene Entstehungsursachen aus. Chromosomenanomalien konnten bei 4 Patienten von Blauth u. Gekeler (1973) ausgeschlossen werden. Hierfür spricht auch die Beobachtung von Stevens u. Mitarb. (2000), dass bei echten Zwillingen nur bei einem ein Poland-Syndrom vorlag. Andererseits konnten Erbeinflüsse sowohl bei der Brachydaktylie (Cocchi 1965) als auch bei der Syndaktylie (Barsky 1958, Lösch 1970), bei Brustwanddefekt (Stucke 1948) sowie beim Poland-Syndrom (Velez u. Moreno 2000) beobachtet werden. Diskutiert wird eine Unterbrechung der Blutversorgung der Extremitätenknospe (De Smet u. Fabry 1998). Eine kontrollierte Studie von Martinez-Frias u. Mitarb. (1999) zeigte ein erhöhtes Vorkommen des Poland-Syndroms, wenn während der Schwangerschaft geraucht wurde. Imagawa (1980) konnte Symbrachydaktylie bei Mäusen durch Gabe von 5-Fluorouracil am 11. Schwangerschaftstag erzeugen.
Pathogenese Primär liegt eine Reduktion der knöchernen Anlage vor. Die Weichteilplatte ist normal angelegt, kann sich aber nicht weiter entwickeln (Müller 1937). Die Reduktion betrifft die Mittelphalangen und kommt vorwiegend an den 3 mittleren Strahlen vor. Sie breitet sich nach ulnar- aber auch zentralwärts fortschreitend bis zum völligen Handdefekt aus. In solchen Fällen ist die Differenzierung und
Abgrenzung von den peripheren Hypoplasien und transversalen Defekten nicht einfach. Die mehr oder weniger gute Erhaltung der Endphalangen ist für die Symbrachydaktylie charakteristisch. Eine Brachymesophalangie kann an einem Finger oder an allen Langfingern vorkommen. Verzögerte Ossifikation und fehlende Wachstumsfugen können beobachtet werden. Das Mittelglied kann vollkommen fehlen, oder seine Reste können mit dem End- oder Grundglied verschmelzen (Biphalangie). Die Grundphalangen können auch verkürzt sein mit Deformierung des Köpfchens. Die trapezförmige Deformierung des Mittelgliedes sowie die Schrägstellung der Gelenkfläche des Grundgliedes führen zur seitlichen Abweichung des Fingers (Klinodaktylie). Die Endphalangen weichen zur Mittellinie der Hand ab. Die Syndaktylie ist entweder nur häutig, partiell oder komplett, wobei die Endglieder gut geformt mit einzelnen Fingernägeln erscheinen und selbst bei kompletter Form eine lockere Schwimmhaut zeigen. Die nächste höher gradige Defektbildung umfasst die mittleren Mittelhandstrahlen mit Hypoplasie, partieller oder totaler Aplasie. Häufig verbleiben nur noch nageltragende Bürzel zurück. Die Handwurzelknochen zeigen ebenso Hypo- wie Aplasien sowie Verschmelzungen. Der Daumen ist in solchen Fällen auch hypoplastisch mit Klinodaktylie und Rotationsfehlstellung. Die Fingersehnen zeigen eine atypische Insertion. In den Fingerbürzeln können feine Sehnenzügel beobachtet werden. Die Flexorsehnen können bei starkem Grad der Reduktion im Bereich des Handgelenks miteinander verschmolzen sein. Je stärker der knöcherne Defekt im Fingerbereich, desto schwieriger ist es zwischen oberflächlicher und tiefer Beugesehne zu differenzieren (Kay u. Wiberg 1996). Der N. medianus ist hypoplastisch oder kann fehlen. Die A. radialis ist meist vorhanden.
Epidemiologie Die Symbrachydaktylie kommt in Dänemark im Verhältnis 1 : 40 000 Geburten vor (Birch-Jensen 1949). In Brasilien fanden Freire-Maia u. Azevedo (1977) ein Vorkommen im Verhältnis von 0,34 pro 10 000 Geburten. Sugiura (1976) berechnet eine Inzidenz von 1 : 10 000. Das männliche Geschlecht überwiegt im Verhältnis 3 : 2. In der Regel ist die Symbrachydaktylie einseitig, wobei die linke Seite überwiegt. Doppelseitigkeit kommt beim Hanhart-Syndrom vor. Bilateraler Befall wurde von Blauth u. Gekeler (1973) in 6,9 % von Senuri (1984) in 1,6% beobachtet.
Klassifikation Aufgrund der von Müller (1937) aufgestellten teratologischen Reihe nahmen Blauth u. Gekeler (1971) eine Klassifikation in 4 Gruppen (Abb. 6.33 a-d und 6.34) vor: 쐌 Typ I (Kurzfinger-Typ): Brachymesophalangien und/ oder Fehlen einer oder mehrerer Mittelphalangen. 쐌 Typ II (Spalthand-Typ): Fehlen eines Fingers oder mehrerer mittelständiger Handstrahlen.
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6.4 Fehlbildungen der Hand
Abb. 6.33 a – d Symbrachydaktylie: Kurzfinger-Typ (a), Spalthand-Typ (b), monodaktyler Typ (c), peromeler Typ (d).
a
b
d
c
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6 Angeborene Fehlbildungen
Kurzfinger-Typ Abb. 6.34
Spalthand-Typ
Monodaktyler Typ
Peromeler Typ
Die teratologische Reihe bei der Symbrachydaktylie mit Übergangstypen (aus Buck-Gramcko 1991).
쐌 Typ III (Monodaktyler-Typ): Sämtliche Finger fehlen, nur der Daumen ist erhalten. 쐌 Typ IV (Peromeler-Typ): Sämtliche Finger fehlen. Erweiterungen und Modifikationen dieser Klassifikationen wurden publiziert (Yamauchi u. Tanabu 1998, MiguellaSola u. Cabrera-Gonzales 1998, Foucher u. Mitarb. 2000).
Diagnostik Klinische Diagnostik
Differenzialdiagnose Die Abgrenzung der Symbrachydaktylie Typ I von der Syndaktylie ist dadurch möglich, dass bei der Symbrachydaktylie keine ossäre oder Akroform vorkommt, sie ist grundsätzlich einseitig und die Familienanamnese ist leer. Die Spalthand ist vererbbar mit vorwiegend dominantem Erbgang. Sie tritt doppelseitig und oft symmetrisch auf. Da die Spalthand auf einer Störung der Weichteilplatte beruht, sind weder Fingerbürzel noch Fingernägel in der Spalte vorhanden. Die Spalthand breitet sich nach radial aus. Die distalen Hypoplasien und transversalen Defekte weisen wie die Symbrachydaktylien keine Erblichkeit auf, zeigen aber eine Gesetzmäßigkeit in der Lokalisation und Ausbreitung.
Für die Diagnostik ist das Vorhandensein der Endglieder oder ihrer Rudimente mit Fingernägeln oder Nagelresten sehr wichtig. Die mittleren Finger sind am stärksten befallen. Die Syndaktylie breitet sich nach radial aus und der Knochendefekt nach ulnar und zentral. Die Interphalangealfurchen setzen sich an syndaktylen Fingern über die Handbrücken fort. Eine quere Furche (sog. Affenfurche) findet sich etwas proximal der MP-Gelenke. Beim Typ I kann die Fingerbeugung und die Daumenopposition eingeschränkt sein. Beim Typ II zeigen die vorhandenen Finger Hypoplasie, Symphalangie und Klinodaktylie. Der Daumen liegt im Niveau der Langfinger, so dass die Funktion der Hand bei diesem Typ deutlich eingeschränkt ist.
Versorgung mit Prothesen und Hilfsmitteln bei extremen Formen. Ein Greifwiderlager geben wir bei Typ 3 und 4 bis zum Prothesenalter, falls keine Operation gewünscht wird oder in Betracht kommt.
Bildgebende Diagnostik
Operative Therapie
Die Röntgenuntersuchung zeigt Hypo- und/oder Aplasie der Phalangen, Metakarpalia und Handwurzelknochen. Synostosen, Fehlformen und das Vorliegen von Wachstumsfugen sind für die Prognose wichtig. Mit Sonographie können die Sehnen dargestellt und verfolgt werden.
Die Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad der Fehlbildung (Tab. 6.9):
Therapie Konservative Therapie
Typ I. Die Korrekturen betreffen: Partielle Syndaktylien, Adduktionskontraktur des Daumens, Hypo- oder Aplasie der Mittelglieder mit Instabilität der Interphalangealgelenke. Die Syndaktylietrennung und Bildung der ersten Kommissur erfolgt nach den bekannten Richtlinien (siehe Kap. 6.4.1) Zunächst werden die gut gebildeten randstän-
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6.4 Fehlbildungen der Hand
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Tab. 6.9
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Operative Therapie der Symbrachydaktylie
Typ I
Typ II
Typ III
Typ IV
1. Syndaktylietrennung u. Vertiefung der 1. Kommissur
1. Exstirpation der mittleren Fingerrudimente u. Vertiefung des ZF-Raumes
Aufbau eines Gegengreifers durch: – Verlängerung – Aufstockung – Zehentransplantation – Phalangentransfer
Herstellung einer Greifzange durch: – Zehentransplantation – Krukenberg-Plastik
2. Drehosteotomie MHK 1 u. 5 u. Opponensplastik
2. Aufbau des Kleinfingers durch: – on top plasty – Phalangentransfer – Verlängerung
3. Arthrodesen
digen Finger getrennt. Die Trennung der mittleren Finger mit Knochendefekten soll erst später – wegen der Ossifikationsstörung – erfolgen. Fehlt einem Finger die knöcherne Stütze und erscheint er funktionslos, so wird dieser nicht getrennt. Wenn kein Spitzgriff zustande kommt, empfiehlt sich die Drehosteotomie des 1. und 5. MHK mit Muskelverlagerung im Sinne der Opponensplastik. Instabile und fehlstehende Gelenke bedürfen einer Arthrodese, die erst ab dem 10. Lebensjahr unter Erhaltung der Wachstumsfuge durchgeführt werden kann.
Typ II. Sind die randständigen Finger durch die Weichteilverschmelzung beeinträchtigt, so ist die Resektion der Fingerrudimente mit gleichzeitiger Vertiefung und Erweiterung der Spalte mittels Z-Plastik angezeigt. Aufbau des Kleinfingers: Bei kompletter oder partieller Aplasie des 5. MHK und der Phalangen ist die Knochentransplantation erforderlich. Als Transplantat kann ein funktionsloser MHK oder ein Zehengrundglied dienen.
Der Vorteil dieser Transplantate im Vergleich zum Beckenkammspan ist das Weiterwachsen durch Erhaltung der Wachstumsfuge. Liegt ein Fingerrudiment in der Nähe der Endphalanx, so kann dieser auf den 5. Fingerstumpf gefäßgestielt übertragen werden (on top plasty). Die Operation soll im ersten Lebensjahr erfolgen. Bei partieller Aplasie kann der MHK mittels Kallusdistraktion oder durch Knochentransplantat in seiner Mitte verlängert werden.
Typ III. Hier gilt es, ein Gegenlager für den Daumen aufzubauen. Die Operation hängt vom Befund ab: 쐌 Ist ein MHK und ausreichende Weichteildecke vorhanden, so kann dieser verlängert werden (Abb. 6.35). 쐌 Ist kein MHK vorhanden oder nur ein kleiner Rest und die Weichteildecke zu knapp, so kann der Aufbau mit Verschiebelappenplastik und Knochentransplantat erfolgen. Die Verwendung ortständiger Haut zum Fingeraufbau ist wegen der Sensibilität besser als der Stiellappen. Abb. 6.35 Aufbau eines Gegengreifers durch Kallusdistraktion.
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6 Angeborene Fehlbildungen
Abb. 6.36 a u. b Symbrachydaktylie adaktyler Form (a) und Zustand nach Phalagentransfer (b). Daumenaufbau ist vorgesehen.
a
b
쐌 Ist der Daumen zu kurz und wenig beweglich, so muss der Gegengreifer gut beweglich sein, damit ein Spitzgriff zustande kommen kann. In diesem Fall ist die Transplantation der 2. Zehe mit Gefäß- und Nervenanschluss angezeigt (Kay u. Wiberg 1996, Foucher u. Mitarb. 2000). Die Ergebnisse sind sehr gut und die Morbidität am Fuß ist sehr gering. 쐌 Bei Kleinkindern bis 18 Monate führen wir Phalangentransfer an allen 3 ulnaren MHK durch, die später verlängert werden können (Abb. 6.36a u. b). Je nach Bedarf können Grund- oder Mittelphalangen der 2. und 3. Zehe entnommen werden. Es ist wichtig, das Periost intakt mitzunehmen. Ein Teil der Gelenkkapsel wird verwendet um das Transplantat im Lager zu befestigen. Die vorhandenen Sehnen werden am Transplantat befestigt. Je früher die Transplantation erfolgt, desto besser ist die Chance für das Weiterwachsen. Die Transplantate werden mit K-Drähten gesichert. Die Zehe verkürzt sich um wenige Millimeter und bleibt vollkommen funktionsfähig (Carroll u. Green 1975, Goldberg u. Watson 1982, Buck-Gramcko 1990, Hou 1992, Radocha u. Mitarb. 1993).
Typ IV: Bei kurzer fingerloser Mittelhand oder Handwurzelstumpf entwickeln die Kinder eine begrenzte Greiffähigkeit zwischen dem Stumpf und Unterarm und können so „bimanuell“ arbeiten. Später ist die Prothesenversorgung angezeigt (s. Kap. 3.2). Hilfsmittel wie Greifwiderlager, Ess- und Schreibmanschetten sind hilfreich. Bei der Indikationsstellung zur Operation ist zu bedenken, dass das Kind auf der anderen Seite eine völlig gesunde Hand hat und das ästhetische Resultat nicht der Vorstellung der Eltern entspricht. Die operativen Möglichkeiten sind: 쐌 Zehtransplantation zum Radius nach Vilkki (1985), als aktiver Greifer gegenüber dem Handstumpf (Abb. 6.37 a u. b).
쐌 Transplantation von 2 oder 3 Zehen am Stumpfende. 쐌 Krukenberg-Plastik (s. Kap. 4.4). 쐌 Bei der Vielfältigkeit der Symbrachydaktylie soll die Behandlung individuell gewählt und den Eltern anhand von Beispielen nahe gebracht werden.
Spalthand Synonyme Longitudinaler distaler zentraler Defekt, Krebsschere, Hummerschere, Ektrodaktylie, Cleft-hand, Split-hand, Lobster clow, Carb clow, Pincer, Central longitudinal deficiency, Pince de homard, main en fourche.
Definition Zusammengefasste Fehlbildungen mit keilförmigem Defekt der zentralen Strahlen der Hand und der Tendenz der Defektausbreitung nach zentral und radial, wobei die erhaltenen Finger defektfrei bleiben. Die Bezeichnung „Spalthand“ geht auf Meller (1893) zurück.
Ätiologie Der dominante Erbgang der Spalthand ist nachgewiesen (Grebe 1958, Kelikan 1974). Dies trifft besonders für die symmetrischen Formen der Spalthände und Spaltfüße zu. Eine einseitige Spalthand tritt sporadisch auf (Vogel 1958). Die Ektrodaktylie (Split-Hand-/Split-Foot-Malformations = SHFM) ist eine genetische heterogene Störung, wobei bisher mindestens 2 Genloci bestimmt werden konnten: Der erste Locus auf Chromosom 7 (7 q21) wird als SHFM 1, der zweite Locus (X-Chromosomal auf Xq26) wird als SHFM 2 bezeichnet. Nunes u. Mitarb. (1995) fanden in der Region 10 (10 q25) als einen weiteren Locus für
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6.4 Fehlbildungen der Hand
a
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b
Abb. 6.37 a u. b Symbrachydaktylie monodaktyler Form (a) und Zustand nach Transplantation der Großzehe zum distalen Radiusende und Stabilisierung des hypoplastischen Fingers (b).
Ektrodaktylien und bezeichnen ihn als SHFM 3. Durch Untersuchungen an einer großen türkischen Familie konnten Ozen u. Mitarb. (1999) diesen letzten Locus weiter eingrenzen. Nach Müller (1937) entsteht die Spalthand durch einen umschriebenen keilförmigen Defekt des Weichteilblastoms. Aufgrund des Raummangels im Bereich des Defektes sollen sich Differenzierungsstörungen an den prospektiven knöchernen Anteilen sekundär entwickeln. Diese manifestieren sich in Form von Verschmelzungen und Störung der Längendifferenzierung. Werthemann (1952) ist der Meinung, dass der Defekt auch die ektrodermale Apikalisleiste betrifft. Diese Vorstellung wird nach neueren tierexperimentellen Untersuchungen bestätigt. Ogino (1996) konnte bei Ratten durch Gabe des Zytostatikums Busulfan sowohl Polydaktylie als auch Syndaktylie und Spalthand erzeugen und fand die gleiche kritische Periode zur Auslösung dieser Fehlbildungen. Er stellte teratologische Reihen auf, an deren Ende sich die Spalthand als Produkt eines Zusammenwirkens von Syndaktylie und Polydaktylie fand (Abb. 6.38). Das P63-Gen, ein homologes, den Zellzyklus regulierendes Gen ist für die Entstehung und Differenzierung der apikalen Ektodermalleiste von entscheidender Bedeutung. Ianakiev u. Mitarb. (2000) konnten in 2 Familien mit Spalthänden und -füßen Mutationen im P63-Gen identifizieren. Eine zentrale Polydaktylie oder Spalthand wird entstehen, wenn die Längsfurche etwa den Mittelfinger trifft anstatt seitlich des Fingers zu liegen (Yasuda 1971 u. 1975, Ueba 1998) (Abb. 6.39).
Pathogenese Von der Spaltbildung sind bevorzugt die Binnenstrahlen betroffen, in erster Linie der 3. Strahl. Der keilförmige Defekt mit einer peripher gelegenen Basis und nach proximal gerichteten Spitze breitet sich radialwärts aus. Dabei werden knöcherne Anteile verlagert, Weichteile verschmelzen und Differenzierungsprozesse werden unterdrückt. Die verlagerten knöchernen Anteile können am benachbarten Knochen angelagert oder mit ihnen verschmolzen sein. Andere werden quer gelagert und artikulieren mit den Nachbarknochen in Dreieckform. Sie werden von Müller (1937) als „Transversalknochen“ bezeichnet und sind für die Spalthand typisch. Es handelt sich meistens um abgedrängte Grundphalangen, oft mit 2 Wachstumsfugen, wobei die Endphalangen fehlen oder mit den Nachbarknochen verschmolzen sind. Beuge- und Strecksehne des fehlenden Fingers vereinigen sich über dem Köpfchen des Mittelhandknochens, und wenn dieser fehlt, so liegt die Verbindung im Karpalbereich. Anomalien der Blutgefäße wurden auch beobachtet. Die Hohlhandbögen können eine atypische Lage aufweisen. Die randständigen Finger zeigen oft Syndaktylie oder inkomplette Polydaktylie, besonders am 1. Strahl.
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6 Angeborene Fehlbildungen
Syndaktyliegrad Polydaktyliegrad
S-0
S-1
S-2
S-3
S-4
P-0
P-1
P-2
P-3
P-4
Abb. 6.38
Spalthandbildung aufgrund von Polysyndaktylie (aus Ogino 1990).
Epidemiologie
Klassifikation
Die Häufigkeit des Vorkommens beträgt nach Birch-Jensen (1949) 1 auf 90 000 Geburten, während atypische Spalthand 1-mal bei 150 000 Geburten vorkommt. Blauth u. Falliner (1986) fanden bei 303 Fällen aus der Literatur und bei 35 eigenen Fällen bei 48% Bilateralität und unilaterale Spalthände (atypisch) bei 41%, bei einem Drittel lagen auch Spaltfüße vor. Das männliche Geschlecht ist doppelt so häufig betroffen wie das weibliche Geschlecht.
Klassifikationen wurden nach unterschiedlichen Standpunkten vorgenommen. Aus ätiologischen Gründen unterscheiden Birch-Jensen (1949) und Barsky (1964) zwischen: 쐌 Typischer Spalthand: vererbbar, doppelseitig mit Spaltfüßen (Abb. 6.40 a u. b): a mit zentralem Defekt, b mit radialem Defekt (monodaktyler Typ). 쐌 Atypische Spalthand: sporadisch, einseitig und ohne Spaltfuß.
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6.4 Fehlbildungen der Hand
Abb. 6.39
179
Pathogenese der Spalthand sowie der Poly- und Syndaktylie (aus Ueba 1998).
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6 Angeborene Fehlbildungen
a Abb. 6.40 a u. b Spalthände bei Mutter und Kind (a). Spalthand und Spaltfuß (b).
b
Müller (1937) und Stroer (1938) haben eine teratologische Reihe aufgestellt: Sie beginnt bei V-förmigen Binnenstrahlendefekten mit zunehmender Reduktion bis zur ulnaren Monodaktylie. Nach formalen Gesichtspunkten differenzierten Blauth u. Schneider-Sickert (1976) 2 Gruppen : 1. Mediantyp mit Defekt von Binnenstrahlen, 2. Medioradialer Typ, bei dem die Keilspitze mehr zum 1. MHK hin gerichtet ist. Blauth u. Falliner (1986) unterscheiden 3 Typen: 쐌 Typ I: Spalthände mit knöchernen Defekten (Aplasie), 쐌 Typ II: Spalthände mit ossären Syndaktylien (Synostosen), 쐌 Typ III: Spalthände mit knöchernen Defekten und gleichzeitigen Synostosen, 쐌 Evtl. Typ IV: Spalthände mit zentraler Polydaktylie. Manske u. Halikis (1995) stellten aus funktionellen Gründen die Veränderungen der 1. Zwischenfingerfalte (ZFF) in den Vordergrund (Abb. 6.41 a-d): 쐌 Typ I: normale ZFF, 쐌 Typ II: Einengung der 1. ZFF: IIa mäßige Einengungen, IIb massive Einengungen, 쐌 Typ III: 1. ZFF verschlossen = Syndaktylie DI und DII, 쐌 Typ IV: Spalte reicht zur 1. ZFF, DII fehlt, 쐌 Typ V: der Daumen fehlt.
Weitere Klassifikationen berücksichtigen die begleitende Polydaktylie und ossäre Syndaktylie (Tada u. Mitarb. 1981, Sandzen 1985, Glicenstein u. Mitarb. 1995).
Diagnostik Klinische Diagnostik Flatt (1977) beschrieb die Spalthand als „funktionell ausgezeichnete und soziale Katastrophe“. Die Hand ist äußerlich auffällig durch die Spalte. Diese kann von unterschiedlicher Ausprägung sein. Die randständigen Finger können schmal erscheinen und normale Funktion zeigen. Bei größeren Defekten findet man Veränderungen, z. B. Syndaktylien oder knöcherne Verschmelzungen, ebenso häufig findet sich radialseitig eine unvollständige Polydaktylie. Der Ringfinger zeigt bei Syndaktylie mit den Kleinfingern oft eine Beugekontraktur des Mittelgelenks (Kamptodaktylie). Defekte der radialen Strahlen können über eine Zweifingerhand zu einer monodaktylen Hand führen. Bei dieser extremen Form zeigt die Hand eine Ulnardeviation aufgrund muskulärer Imbalance. Als assoziierte Fehlbildungen sind in erster Linie Spaltfüße, LippenKiefer-Gaumen-Spalten und triphalangealer Daumen. Seltener sind Tibiaaplasie, Riesenwuchs, radioulnare Synostosen, Ulnaaplasie, Mikrognathie.
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6.4 Fehlbildungen der Hand
a
b
c
d Abb. 6.41 a – d Spalthände unterschiedlicher Ausprägung:
a Typ IIa c links: Typ III mit Synostose der Grundglieder; rechts: Typ IV
b Typ III d Typ V.
Bildgebende Diagnostik
Bei tief reichenden Spalten treten Deformierung und Verschmelzung des Os capitulum und Os hamatum auf.
Das Röntgenbild zeigt die Ausdehnung des Defektes aber auch die Synostosen und die Transversalknochen. Außerdem liegen die Zeichen der Synostosierung vor, d. h. knöcherne Syndaktylie, Verbreiterung eines Knochens als Folge der Verschmelzung auf der gesamten Länge sowie der Deltaknochen, der mit einem verdickten Knochen artikuliert.
Differenzialdiagnose Zur Abgrenzung der Spalthand von der Symbrachydaktylie sind die in Tabelle 6.10 aufgeführten Merkmale wichtig.
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6 Angeborene Fehlbildungen
Tab. 6.10
____
Abgrenzung der Spalthand von der Symbrachydaktylie
Spalthand
Symbrachydaktylie
vererbbar
kein Erbgang
oft bilateral
immer einseitig
oft mit Spaltfüßen
Füße nicht beteiligt
keilförmiger Knochendefekt und glatte Begrenzung des Weichteildefektes
U-förmiger Defekt
Transversalknochen
Symbrachyphalangie
mehr distale Defekte
Fingerbürzel-Endgliedreste
Ausbreitung des Defektes radialwärts
Ausbreitung ulnarwärts
Synostosen
Hypoplasien der restlichen Knochen
Therapie Konservative Therapie Konservative Maßnahmen kommen nicht in Betracht. Operative Therapie Ziel der operativen Behandlung ist die Verbesserung des Erscheinungsbildes und der Handfunktion. Die Operationsart richtet sich nach dem Befund. Die Eingriffe können ein- oder mehrzeitig, einzeln oder in Kombination erfolgen. 쐌 Syndaktylietrennung: Diese erfolgt nach den bereits beschriebenen Prinzipien und Techniken. 쐌 Entfernung von sperrenden Transversalknochen. 쐌 Korrektur der Beugekontraktur (Kamptodaktylie) oder Korrekturosteotomie bei Fehlstellung oder um den Spitzgriff zu ermöglichen. 쐌 Beseitigung der Spalte: Eine einfache Spalthandform und fehlender Mittelfinger (Typ I nach Manske u. Halikis 1995) kann durch Weichteilresektion, Entfernung des 3. MHK, Verlagerung des 2. MHK auf die Basis MHK 3 und Fixation mit 2 gekreuzten K-Drähten beseitigt werden. Fehlt der 3. MHK, so kann der 2. MHK nach ulnar verschoben werden und an den 4. MHK mit einem Sehnentransplantat gefesselt werden. Bei Typ II und III (nach Manske u. Halikis 1995) ist neben der Beseitigung der Spalte, die Bildung einer tiefen und breiten Daumenkommissur erforderlich. Die meist angewandte Technik nach Snow-Littler (1967) erlaubt die Erweiterung der 1. ZFF durch Verlagerung eines palmar gestielten Hautlappens aus der Spalte (Abb. 6.42 a-c). Die Syndaktylie zwischen DI/DII wird durch ZickzackSchnitt getrennt, das straffe Bindegewebe wird gespalten. Der M. interosseus dorsalis I wird abgelöst. Osteotomie des 2. MHK basisnah und Verlagerung nach ulnar
mit dem 1. palmaren Interosseus. Osteosynthese mit der Basis des 4. MHK. Zur Rekonstruktion des Lig. metacarpale transversum werden die Ringbänder A2 abgelöst und zusammengenäht (Saito u. Mitarb. 1978, Ogino 1990). Die Snow-Littler-Methode ist anspruchsvoll, vor allem ist die Lappenplanung und Präparation wichtig, um die Blutversorgung zu sichern. Miura u. Komada (1979) vereinfachten die Schnittführung (Abb. 6.43). Nach Versetzen des Zeigefingers nach ulnar wird die 1. Kommissur durch Z-Plastik und Hauttransplantat gebildet. Diese OP-Technik eignet sich eher für den Typ IIa. Weitere Modifikation von Ueba (1998) achtet darauf, dass die neue Kommissur zwischen DII und DIV narbenfrei bleibt. Bei extremer Fehlbildungsform, wie z. B. der Monodaktylie, gelten die Indikationen und OP-Methoden, die in den vorherigen Kapiteln bereits besprochen wurden (Symbrachydaktylie, Peromelie)
Komplikationen Als Komplikationen, die auftreten können, sind zu nennen: 1. Durchblutungsstörung und Teilnekrose des Lappens oder des versetzten Zeigefingers, 2. Verletzung des tiefen Astes des N. ulnaris, 3. Dreh- oder Achsenfehlstellung des versetzten Zeigefingers, 4. Narbenkontraktur bei nicht korrekter Schnittführung.
Ergebnisse Bei Beachtung der Gefahrstellen und subtiler OP-Technik können gute Ergebnisse sowohl nach ästhetischen als auch funktionellen Gesichtspunkten erzielt werden (Malek 1971, Miura u. Komada 1979, Rider u. Mitarb. 2000).
Schnürfurchensyndrom Synonyme Schnürringkomplexe, Amniogene, intrauterine Amputationen, Perodaktylien, Congenital constriction ring-syndrom, Annular grooves, Amnion discription, Annular constriction rings, Streeter’s dysplasie.
Definition Angeborener Fehlbildungskomplex mit folgenden morphologischen Veränderungen: Schnürringe und -furchen mit polsterartigen Verdickungen der dorsalen Weichteile distal davon, periphere Defekte, Teilamputationen und Syndaktylien mit z. T. Verklumpungen der Finger. Diese Veränderungen können einzeln oder in Kombination auftreten.
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6.4 Fehlbildungen der Hand
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Abb. 6.42 a – c Skizze der Operationstechnik von Snow-Littler für Spalthände Typ IIa (a) und ein klinisches Beispiel einer Spalthand Typ III, wobei der Schwenklappen dorsal gestielt war (b u. c).
a
Fortsetzung 䉴
1
dorsal
2
palmar
II II
I
IV
I
IV
3
4 III
5
III
dorsal
6
II
palmar
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6 Angeborene Fehlbildungen
Zeitpunkt, wenn die Kondensation der Fingerstrahlen abgeschlossen ist. Genetische Ursache oder familiäres Vorkommen konnten nicht nachgewiesen werden. Einige Mütter geben Blutungen und hormonelle Behandlung während der Schwangerschaft sowie frühzeitigen Fruchtwasserverlust an. Einige Autoren berichten über häufiges Vorkommen bei erster Schwangerschaft (Moses u. Mitarb. 1979) oder beim fortgeschrittenen Alter der Eltern. Es besteht kein Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten oder Rauchen (Miura 1984).
Pathogenese Im Bereich des Schnürrings fehlt das subkutane Fettgewebe vollkommen und die Haut ist sehr dünn. Die Schnürfurchen können oberflächlich oder tief bis zum Knochen reichend sein. Im Bereich des Unterarmes kann dadurch eine radioulnare Synostose vorkommen, während im Fingerbereich keine knöchernen Verschmelzungen, aber Defektpseudarthrosen der Fingerglieder entstehen. Nerven und Gefäße können Defekte im Ringbereich zeigen. Proximal des Ringes sind Knochen und Weichteile normal, distal davon finden sich Lymphödeme und dorsale Fingerpolster aus induriertem verdicktem Subkutangewebe. Zirkuläre Schnürringe im endständigen Fingerbereich führen oft zu knospenartigen Fingerresten, die mit dem Finger nur mittels eines dünnen Weichteilstiels verbunden sind. Besonders charakteristisch ist auch die Akrosyndaktylie. Die Finger bzw. die Fingerreste zeigen Weichteilverschmelzungen mit schmalen Kanälen proximal davon, die auf die Kommissur hinweisen, jedoch distaler als die richtige Kommissur liegen. Die Finger können verklumpt sein, so dass die Differenzierung der einzelnen Finger kaum möglich ist.
b
Epidemiologie
c Abb. 6.42 b u. c
Die Fehlbildung kommt etwa im Verhältnis 1 : 15 000 Geburten vor (Patterson 1961, Pillay 1964). Die Veränderungen sind häufig doppelseitig, aber nicht symmetrisch ausgeprägt und oft mit ähnlichen Veränderungen an den Füßen verbunden (Miura 1984). Die Schäden betreffen meist die mittelständigen Finger und die Großzehe (Light u. Ogden 1993).
Ätiologie
Diagnostik
Seit der Erstbeschreibung von Montgomery (1832) werden Amnionabschnürungen für diese Defektfehlbildung verantwortlich gemacht. Histologische Untersuchungen an Feten führen immer mehr dazu, endogene Entstehungsmechanismen zu vermuten (Buck-Gramcko, 1981). Streeter (1930) zeigte fokale dysplastische Bezirke im mesodermalen und subkutanen Gewebe. Kino (1975) konnte Schürringschäden experimentell bei Ratten durch Amniozentese erzeugen. Die Fehlbildung entsteht zum späteren
Klinische Diagnostik Die Finger zeigen bei leichten Fällen dorsalseitige Schnürfurchen oder Schnürringe. Tiefe Schnürringe können unterschiedlich breit sein und führen zu Schwellung und trophischen Störungen der distal gelegenen Weichteile und zu Bildung von Weichteilpolstern. Der distale Fingeranteil kann bis zu einem Anhängsel reduziert sein. Nach der Geburt können ballonartige Schwellungen oder Nekrosen der distalen Fingerabschnitte vorkommen. Teilampu-
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6.4 Fehlbildungen der Hand
1
185
2
II
IV
M. adductor pollicis I M. interosseus dorsalis
III
3
4
IV
II I III
Abb. 6.43
II
Operationstechnik nach Miura und Komoda.
tationen in verschiedenen Höhen sind häufig, wobei die Weichteilpolsterung des Stumpfes sehr unterschiedlich sein kann (Abb. 6.44). Weichteilverschmelzungen können in Form von häutigen Brücken (Akrosyndaktylie) erscheinen oder zu Verklumpungen der Finger führen. Diese Veränderungen können einzeln oder in Kombination vorkommen, wobei die Schäden die mittelständigen Finger wahllos betreffen: Daumen und Kleinfinger bleiben verschont oder zeigen Schnürringe (Abb. 6.45 a u. b). Finger mit Schnürringen zeigen hypoplastische und langsam wachsende Nägel. Weitere Schnürfurchen finden sich auch im Bereich des Unterarmes und der unteren Extremitäten. Neurologische Störungen wurden vereinzelt beschrieben. Begleitende Fehlbildungen kommen bei etwa 40% der Fälle vor (Emmett u. Morris 1998) in Form von LippenKiefer-Gaumen-Spalten, Klumpfuß und weiteren Fußveränderungen, die durch die Schnürringe entstehen.
Differenzialdiagnose Die Abgrenzung des Schnürfurchensyndroms von der Symbrachydaktylie sowie von der peripheren Hypoplasie ist nicht immer einfach. Die Merkmale dieser Fehlbildungen werden in der Tabelle 6.11 aufgestellt.
Klassifikation Nach Patterson (1961): Typ I: nur Schnürring. Typ II: Schnürring mit Akrosyndaktylie. Typ III: Schnürring mit Akrosyndaktylie und Teilamputation.
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6 Angeborene Fehlbildungen
Abb. 6.44 Schnürring mit Teilamputation DI–III und Akrosyndaktylie DII/III.
Abb. 6.45 a u. b Akrosyndaktylie und Verklumpung der mittelständigen Finger.
a
b
Tab. 6.11
____
Differenzialdiagnostische Merkmale des Schnürfurchensyndroms, der Kamptodaktylie und der peripheren Hypoplasie aller Finger Schnürfurchen-Syndrom
Kamptodaktylie
Periphere Hypoplasie aller Finger
Lokalisation
2. – 4. Finger
2. u. 3. Finger
alle Finger
Ausbreitung
keine Regel
nach ulnar
keine
Klinik
Schnürring, Ödem, Weichteilpolster
u-förmiger Defekt mit Fingerbürzel und Fingernägeln
querverlaufende Fingerstümpfe mit Kamptodaktylie
Defekt
amputationsartig
amputationsartig
amputationsartig
Syndaktylie
Akrosyndaktylie
vollständige Syndaktylie
partielle Syndaktylie
Röntgen
Defektpseudarthrose
Symphalangie, Biphalangie
erhaltene Teile normal
Befall
überwiegend doppelseitig
einseitig
einseitig
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6.4 Fehlbildungen der Hand
Nach Al Quattan (2000): Typ I: Proximale Amputation. Typ II: Finger-Teilamputation mit Weichteilverschmelzung und Verklumpung. Typ III: Finger-Teilamputation (ohne Verklumpung).
Therapie Die Therapie ist operativ. Sie richtet sich nach der Schwere der Fehlbildung und hat das Ziel sowohl die Funktion als auch das Erscheinungsbild zu verbessern. Wir klassifizieren die möglichen Behandlungsverfahren in 4 Stufen: 1. Dringliche Eingriffe: Stauungserscheinungen mit der Gefahr der Nekrose erfordern eine operative Entlastung in den ersten Lebenstagen (Emmett u. Morris 1998). Der tiefe Ring wird reseziert mit gleichzeitiger Z-Plastik. Lymph- und Blutzirkulation bessern sich schnell. Bereits nekrotische Anteile werden reseziert. 2. Hände mit verklumpten oder überkreuzten Fingern sind funktionslos. Die Finger sollen möglichst früh in den ersten Lebensmonaten getrennt werden, um Fehlstellungen und Lymphödeme zu beseitigen und den Fingern die Chance zu geben, gerade weiter zu wachsen. Es werden die Hautbrücken distal der Kanäle getrennt und die entstandenen Defekte mit Vollhauttransplantaten gedeckt. Die Kommissurvertiefung erfolgt später. Ein knospenartiges Endglied, das nur an einem Weichteilstiel hängt, soll auch frühzeitig stabilisiert werden. Der dorsalseitige Schnürring wird reseziert. Durch die breite Wundnaht wird die Verbindung mit dem Finger und die Überlebenschance verbessert. 3. Wiederherstellende Maßnahmen: Die Eingriffe können im Alter von 2 – 3 Jahren oder später vorgenommen werden. Oft werden mehrere Verfahren in einer Sitzung durchgeführt.
a Abb. 6.46 a – c
187
a) Beseitigung der Schnürringe aus ästhetischem Grund und um eine evtl. Lymphstauung und Ödembildung zu beseitigen. Die dünne und narbige Haut wird in toto samt der Faszie reseziert. Die zirkuläre Narbe wird durch fortlaufendes „Z“ unterbrochen. Dicke streckseitige Weichteilpolster werden durch Entfernung des indurierten Fettgewebes beseitigt. b) Syndaktylietrennung und Kommissurvertiefung: Die Syndaktylietrennung erfolgt nach den bekannten Richtlinien (s. Syndaktylie). Die Trennung soll weit proximal erfolgen, da die Finger zu kurz sind. c) Defektpseudarthrosen wichtiger Fingerphalangen werden mittels Knochentransplantation beseitigt. Als Transplantat kann eine funktionslose Fingerphalanx, eine Zehengrund- oder -mittelphalanx oder ein Beckenkammspan dienen. Ist die Haut im Bereich der Pseudarthrose narbig und dünn, so muss sie durch Lappenplastik ersetzt werden. d) Daumenbildung bei Teilverlust mit funktionslosem kurzem Stumpf: An erster Stelle kommt hier die Aufstockung durch Transposition eines Fingerstumpfes auf neurovaskulärem Stiel (on top plasty) mit Vertiefung der Kommissur infrage (Abb. 6.46 a-c). In seltenen Fällen kann ein Fingerstumpf mit mikrochirurgischem Gefäß- und Nervenanschluss von der anderen Hand verwendet werden. Die Verlängerung des 1. MHK durch Kallusdistraktion setzt eine ausreichende Länge des 1. MHK voraus, um den Fixateur unterbringen zu können, außerdem eine gute Weichteildecke, vor allem im Bereich der Stumpfspitze. Bei extremen Fehlbildungen kommt die Zehtransplantation in Betracht. 4. Korrektureingriffe: Spätere Korrekturen können im Laufe des Wachstums notwendig werden, z. B. erneute
b
c
Aufstockung des Daumens mittels Zeigefingerstumpfes.
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6 Angeborene Fehlbildungen
Kommissurvertiefung, Korrekturosteotomie oder Arthrodese eines Fingergelenkes in Funktionsstellung sowie Verlängerung von Mittelhandknochen oder Fingergliedern.
Komplikationen In erster Linie ist die Durchblutungsstörung bei Verletzung der feinen Fingergefäße zu nennen. Bei extremem Lymphstau hilft eine Saugdrainage.
Ergebnisse Bei rechtzeitiger Operation kann das Lymphödem beseitigt werden, bevor es induriert und organisiert wird. Die Funktion und das ästhetische Ergebnis hängen vom Schweregrad der Fehlbildung ab. Literatur Al Quattan, M.M. (2000): Classification of the pattern of intrauterine amputations of the upper limb in constriction ring syndrome. Ann Plast Surg 44: 626 – 632 Apert, E. (1906): De l’acrocephalosyndactylie. Bull Mem Soc Med Hopit Paris 23: 1310 – 1330 Argenta, L.C. (1986): Controlled tissue expansion. Surgical Rounds: 72 Ashmead, D., P.J. Smith (1995): Tissue expansion for Apert’s syndactyly. J Hand Surg 20-B: 327 – 330 Barsky, A.J. (1958): Congenital anomalies of the hand and their surgical treatment. Thomas, Springfield Barsky, A.J. (1964): Cleft hand: classification, incidence and treatment. Review of the literature and report of 19 cases. J Bone Jt Surg 46-A: 1707 – 1720 Birch-Jensen, A.C. (1949): Congenital deformities of the upper extremities. Opera ex domo biologiae hereditariae humanae Universitatis Hafniensis. Bd. IXX. Munsgaard, Kopenhagen Blauth, W. (1972): Syndaktylien der Hand. Dtsch Ärzteblatt 69: 2013 – 2021 Blauth, W., A. Falliner (1986): Zur Morphologie und Klassifikation von Spalthänden. Handchir Mikrochir Plast Chir 18: 161 – 195 Blauth, W., A. Fallinger (1998): Apert Syndrom. In: Buck-Gramcko, D.: Congenital malformations. Churchill Livingston, London: 159 – 168 Blauth, W., F. Schneider-Sickert (1976): Handfehlbildungen: Atlas ihrer operativen Behandlung. Springer, Berlin: 10 – 34 Blauth, W., J. Gekeler (1971): Zur Morphologie und Klassifikation der Symbrachydaktylie. Handchirurgie 3: 123 – 128 Blauth, W., J. Gekeler (1973): Symbrachydaktylien. Beitrag zur Morphologie, Klassifikation und Therapie. Handchirurgie 5: 121 – 171 Blauth, W., P. Hippe (1973): Schnittführungen bei Syndaktylie-Rezidiven. Arch Orthop Unfall Chir 77: 97 – 107 Bosse, K. u. Mitarb. (2000): Localization of a gene for syndaktylie typ 1 to chromosome 2 q34-q36. Am J Hum Genet 67: 492 – 497 Buck-Gramcko, D. (1981): Angeborene Fehlbildungen der Hand. In: Nigst, H., D. Buck-Gramcko, H. Millesi: Handchirurgie, Bd. 1. Thieme, Stuttgart: 12.1 – 12.115 Buck-Gramcko, D. (1988): Congenital malformations. In: Nigst, H., D. Buck-Gramcko, H. Millesi, G.D. Lister: Hand surgery, vol. 1. Thieme, New York: 12.22 – 12.23 Buck-Gramcko, D. (1990): The role of nonvascularised toe phalanx transplantation. Hand Clin 6: 643 – 659
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6 Angeborene Fehlbildungen
Stroer, W.F.H. (1938): Die Extremitätenmißbildungen und ihre Beziehungen zum Bauplan der Extremität. Z Anat Entwickl Gesch 108: 136 – 160 Stucke, K. (1948): Über die Erscheinungsformen der Symbrachydaktylie und ihre operative Behandlung. Dtsch Z Chir 261: 215 Sugiura, Y. (1976): Poland’s syndrome. Clinico-roentgenographic study on 45 cases. Congen Anom 16: 17 – 28 Tada, K., K. Yonenobu, A.B. Swanson (1981): Congenital central ray deficiency in the hand: A surgery of 59 cases and subclassification. J Hand Surg 6: 434 – 441 Takagi, S. u. Mitarb. (2000): A new technique for the treatment of syndactylie with osseous fusion of the distal phalanges. Ann Plast Surg 44: 660 – 663 Tropin, R. (1968): Foetal malformations caused by amnion rupture during gestation. Thomas, Springfield Tsai, F.J. u. Mitarb. (1999): Molecular diagnosis of Apert syndrome in Chinese patients. Taiwan Erh Ko I Hsuch Hui Tsa Chih 40: 31 – 33 Ueba, Y. (1998): Cleft Hand. In: Buck-Gramcko, D.: Congenital malformations of the hand. Churchill Livingston, London: 199 – 215 Velez, A., J. Moreno (2000): Poland’s syndrome and recessive x-linked ichthyosis in two brothers. Clin Exp Dermatol 25: 308 – 311 Vilkki, S. K. (1985): Zehenübertragung auf den Unterarmstumpf nach Handgelenkamputation – eine moderne Alternative zur Krukenberg-Operation. Handchirurgie 17: 92 – 97 Vogel, F. (1958): Verzögerte Mutation bei Menschen? Ann Hum Genet 22: 132 – 137 Werthemann, A. (1952): Die Entwicklungsstörungen der Extremitäten. In: Lubarsch, O., F. Henke, R. Rössler: Handbuch der speziellen pathologischen Anatomie und Histologie. Bd. IX, Teil b. Springer, Berlin Yamauchi, Y., S. Tanabu (1998): Symbrachydactyly. In: Buck-Gramcko, D.: Congenital malformations. Churchill Lvingston, London: 149 – 158 Yasuda, M. (1971): Early morphogenesis of cleft hand in human embryos. Acta Anat Nipponica 46: 19 – 20 Yasuda, M. (1975): Pathogenesis of preaxial polydactyly of the hand in human embryos. J Embryol Exp Morph 33: 745 – 756
6.4.2 Nummerische Fehlbildungen Fehlbildungen mit Plus- oder Minusvariante der Fingerzahl. Sie sind auf mangelhafte oder überschießende Breitendifferenzierung in Form von Aufspaltungen oder Verschmelzungen an einzelnen Strahlen zurückzuführen. Müller (1937) zeigte die Gemeinsamkeit ihrer morphologischen Erscheinungen und ihre teratologische Reihe in einem Schema mit einer nach peripher geöffneten Skelettgabel (Abb. 6.47). Die Fehlbildung bei der Oligodaktylie schreitet von proximal nach distal fort und bei der Polydaktylie in umgekehrter Richtung. Ein paralleles Auftreten beider Formen an einer Hand ist sehr selten, aber möglich (Cotta u. Jäger 1966). Das familiäre Vorkommen mit einem autosomaldominanten Erbgang ist mehrfach gesichert. Rodriguez de Alba u. Mitarb. (1999) stellten fest: Beim Vorliegen einer partiellen Trisomie 13 q22 entsteht eine Polydaktylie aller 4 Extremitäten während bei partieller Monosomie dieser Region eine Oligodaktylie beobachtet wird.
Abb. 6.47 Bild der Skelettgabel bei Doppelung und Verschmelzung von Strahlen (aus Müller, W. 1937).
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6 Angeborene Fehlbildungen
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6.4.2 Nummerische Fehlbildungen Fehlbildungen mit Plus- oder Minusvariante der Fingerzahl. Sie sind auf mangelhafte oder überschießende Breitendifferenzierung in Form von Aufspaltungen oder Verschmelzungen an einzelnen Strahlen zurückzuführen. Müller (1937) zeigte die Gemeinsamkeit ihrer morphologischen Erscheinungen und ihre teratologische Reihe in einem Schema mit einer nach peripher geöffneten Skelettgabel (Abb. 6.47). Die Fehlbildung bei der Oligodaktylie schreitet von proximal nach distal fort und bei der Polydaktylie in umgekehrter Richtung. Ein paralleles Auftreten beider Formen an einer Hand ist sehr selten, aber möglich (Cotta u. Jäger 1966). Das familiäre Vorkommen mit einem autosomaldominanten Erbgang ist mehrfach gesichert. Rodriguez de Alba u. Mitarb. (1999) stellten fest: Beim Vorliegen einer partiellen Trisomie 13 q22 entsteht eine Polydaktylie aller 4 Extremitäten während bei partieller Monosomie dieser Region eine Oligodaktylie beobachtet wird.
Abb. 6.47 Bild der Skelettgabel bei Doppelung und Verschmelzung von Strahlen (aus Müller, W. 1937).
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6.4 Fehlbildungen der Hand
Polydaktylie Definition Mehr als 5 Finger an einer Hand (oder Fuß), die durch übermäßige embryonale longitudinale Segmentierung entstehen. Die Bezeichnung „Polydaktylie“ geht auf Kerckring (1670) zurück.
Ätiologie Die Polydaktylie zeigt in der Mehrzahl der Fälle einen autosomal-dominanten Erbgang mit gelegentlich vorkommendem Überspringen von Generationen (Gruber 1958, Seyhan u. Mitarb. 1998). Radhakrishna u. Mitarb. (1997) fanden bei einer breit angelegten Untersuchung von 5 Generationen einer indischen Familie mit ulnarer Polydaktylie Markergene auf den Chromosomen 7 p15-q11.23. Ein Locus konnte bei der radialen Polydaktylie auf das Chromosom 7 q36 kartiert werden (Heus u. Mitarb. 1999, Zugricas u. Mitarb. 1999). Das Vorkommen der Polydaktylie wird auch in Zusammenhang mit fortgeschrittenem Alter der Mutter und hohem Testosteronspiegel während der Schwangerschaft gebracht (James 1998). Polydaktylien kommen bei zahlreichen Syndromen vor, z. B. BardetBiedl-Syndrom (Beales u. Mitarb. 1999), Ellis-van-CreveltSyndrom (Krakow u. Mitarb. 2000), Carpenter-Syndrom, Trisomie-13- und Meckel-Syndrom. Beim Down-Syndrom kommt überwiegend die Daumenverdoppelung vor (Castilla u. Mitarb. 1998). Das Triphalangial-Daumen-Polysyndaktylie-Syndrom und das Tibial-Hemimelie-Polysyndaktylie-Triphalangeal-Syndrom sind nach Kantaputra u. Chalidapong (2000) identisch.
Pathogenese Für die Störung der Separation ist eine abnorme Wechselwirkung zwischen apikaler Ektodermalleiste und dem Mesoderm verantwortlich (Yasuda 1975, Scott u. Mitarb. 1977, Nogami u. Oohira 1980). Die kraniokaudale Asymmetrie soll die Ursache dafür sein, dass die Polydaktylie an den oberen Extremitäten häufiger als an den unteren Extremitäten auftritt (Miura 1980, Nogami u. Oohira 1980). Die teratologische Reihe der Polydaktylie fängt mit Verbreiterung der Endphalanx an und führt über die Verdoppelung bis zur Verdreifachung kompletter Fingerstrahlen. Eine Sonderstellung nimmt die Handverdoppelung ein (s. mirror hand). Der zusätzliche Finger kann als Anhängsel mit oder ohne Phalangen erscheinen oder als kompletter Finger mit verschiedenen Übergängen. Eine echte Verdoppelung ist selten, oft ist der zusätzliche Finger hypoplastisch und deformiert. Die Bildung von Sehnen und Muskeln verläuft parallel zum Knochenstatus. Beide Partner können verschiedene Formen der Hypoplasie zeigen.
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Epidemiologie Genaue Zahlen sind schwer zu ermitteln, da einerseits schwache Formen nicht immer erfasst und andererseits kleine Anhängsel gleich nach der Geburt abgetragen werden. Nach Flatt (1994) kommt eine Polydaktylie bei Schwarzen in einer Frequenz von 1 : 300, bei Weißen und Asiaten von 1 : 3000 vor. Bei Schwarzen überwiegt die ulnare und bei Weißen die radiale Polydaktylie. In Mitteleuropa liegt die Häufigkeit bei 5 : 10 000 Geburten (Harnack 1987). Das männliche Geschlecht überwiegt im Verhältnis 2 : 1,5 (Buck-Gramcko u. Behrens 1989). Die Verdoppelung der randständigen Finger ist wesentlich häufiger als die der zentralen Finger (Castilla u. Mitarb. 1996).
Klassifikation Früher wurde zwischen „präaxialer“ und „postaxialer“ Polydaktylie unterschieden. Diese Bezeichnungen gelten auf Beschluss der „International Federation of Societies for Surgery of the Hand“ seit dem Jahre 1995 nicht mehr, da sie nicht exakt sind. Man unterscheidet zwischen: ulnar (betrifft den Kleinfinger), radial (betrifft den Daumen) und zentral (betrifft den 2. – 4. Strahl). Diese Aufteilung geht auf Pol (1958) zurück und hat jetzt allgemeine Gültigkeit. Bei der Einteilung der Polydaktylie in Längsrichtung sind mehrere Klassifikationen bekannt geworden, wobei jeweils Bezug auf Daumen- oder Kleinfingerverdoppelung genommen wird (Buck-Gramcko u. Behrens 1989, Schrader 1991). Buck-Gramcko u. Behrens (1989) entwickelten eine umfassende Klassifikation, die auf die Klassifikation der Fußpolydaktylie von Blauth und Olason (1984) aufbaut. Die befallenen Strahlen werden von radial nach ulnar mit römischen Ziffern nummeriert und die Stelle der Verdoppelung bezeichnet. Die einfache Verdoppelung wird in 10 Typen unterteilt, außerdem werden Sonderformen wie Triphalangie, rudimentäre Formen und dreifache Bildung extra klassifiziert. Schrader (1991) erweiterte die Klassifikation von Temtamy u. McKusick (1978) mit Berücksichtigung der Ätiologie und Veränderungen der Weichteile.
Diagnostik Das klinische Bild ist auffällig. Genaue Form und Höhe der Verdoppelung werden anhand des Röntgenbildes genau identifiziert, dabei ist die verspätete Ossifikation zu berücksichtigen. Bereits in der 14.– 16. Schwangerschaftswoche kann die Polydaktylie mit der Sonographie festgestellt werden (Zimmer u. Bronshtein 2000).
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6 Angeborene Fehlbildungen
Radiale Polydaktylie (Daumenverdoppelung) Die radiale Polydaktylie ist eine der häufigsten Fehlbildungen der Hand, wenn nicht die Häufigste (Ogino u. Mitarb. 1996, Ikuta 1998).
Klassifikation Die am meisten verbreitete Klassifikation von Wassel (1969) richtet sich nach Höhe der Duplikation und berücksichtigt nicht die Anhängsel oder Dreigliedrigkeit des Daumens (Abb. 6.48). Erweiterungen und Ergänzungen von Tuch u. Mitarb. (1977), Wood (1978) und Horii u. Mitarb. (1997) beschäftigen sich mit Form, Gliederzahl und Art der Verbindung beider Daumen. Am häufigsten ist: 쐌 Typ IV: Doppeldaumen in Höhe des MP-Gelenks und 쐌 Typ II: Verdoppelung des Endgliedes (Ogino u. Mitarb. 1996).
Diagnostik Das klinische Bild reicht von einem verbreiterten Endglied bis zur Bildung von 2 oder sogar mehreren Daumen (Atabay u. Mitarb. (1997), Mennen 1999). Die Daumen können zwei- oder dreigliedrig sein. Der zusätzliche Daumen kann ein kleines funktionsloses Anhängsel oder ein voll gebildeter Daumen mit den dazugehörigen Sehnen und Muskeln sein.
Therapie Die Behandlung ist operativ zur Verbesserung der Funktion und der Ästhetik. Das beste Operationsalter liegt zwischen dem 8. und 12. Monat. In diesem Alter können die knöchernen Strukturen auch unter Berücksichtigung der verzögerten Ossifikation gut beurteilt werden (Ikuta 1998, Ogino u. Mitarb. 1999). Grundsätzlich wird der hypoplastische und der radial gelegene Daumen entfernt. Zahlreiche zusätzliche Korrekturen sind erforderlich: Verschmälerung des Köpfchens, Reposition und Reinsertion des Seitenbandes, Fixation mit K-Draht, Verlagerung der
Strecksehne vom zusätzlichen zum verbliebenen Daumen. Die abgelösten Daumballenmuskeln werden reinseriert und falls eine Achsdeviation vorliegt, erfolgt eine Korrekturosteotomie. Ist der 1. Zwischenfingerraum zu eng, so kommen Z-Plastiken, Rotations- oder Schwenklappen in Betracht, wobei die dorsalseitige Haut des zusätzlichen Daumens verwendet wird (Ogino u. Mitarb. 1996). Beim Typ V ist in der Regel die Verbindung des zusätzlichen Strahles zum Karpus besser als der ulnare Daumen, der peripher gut ausgestattet ist. Deshalb wird in diesem Fall der ulnare Daumen auf die radiale MHK-Basis verlagert. Die Bilhaut-Cloquet-Operation ist indiziert bei gleichgroßen hypoplastischen Partnern. Das mediale Drittel wird jeweils reseziert und die Knochen werden mittels Zerklage mit resorbierbaren PDS-Fäden fusioniert (Abb. 6.49 a u. b). Es ist wichtig, die Gelenkflächen stufenfrei zu gestalten. Nagelbett und Nagelfalz sollen in mikrochirurgischer Technik adaptiert werden. Trotzdem können Bewegungseinschränkung, Fehlwachstum und auffällige Narben im Fingernagel zurückbleiben. Falls der Fingernagel etwa 2/3 der Größe des normalen Daumennagels hat, wird der zusätzliche reseziert. Um eine breite Daumenkuppe zu bekommen, wird nur eine schmale dorsalseitige Weichteilstrecke reseziert (Masuda u. Mitarb. 2000). Bei Dreigliedrigkeit wird das Mittelglied reseziert. Bei Dreifachbildung wird der beste Finger pollizisiert (s. mirror hand).
Komplikationen Bewegungseinschränkungen, Achsdeviationen und eine Gelenkinstabilität kommen oft vor und sind z. T. durch inadäquate Operation bedingt (Townsend u. Mitarb. 1994). Mangelhafte Oppositionsfähigkeit kann aufgrund Dysplasie des Daumensattelgelenks entstehen. Nageldeformierung entsteht nach schlechter Adaptation des Nagelbettes oder bei ungleichem Nagelpaar.
Ergebnisse Nachkorrekturen sind oft erforderlich (Del Bene u. Mitarb. 2000). Das Ergebnis hängt nicht nur von OP-Technik ab, sondern von der Schwere der Deformität. Bei Duplikationen von Typ III, IV und V sowie triphalangeale Daumen Abb. 6.48 Die Klassifikation des Doppeldaumens von Wassel (1969).
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6.4 Fehlbildungen der Hand
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Abb. 6.49 a u. b Die originale Bilhaut-Technik hinterlässt eine auffällige Narbe im Nagel (a). Modifikation nach Masuda (b).
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ergeben sich schlechtere Resultate (Ogino u. Mitarb. 1996). Auch die Art der Verbindung der Gelenke bei Typ IV spielt eine Rolle (Horii u. Mitarb. 1997). Je größer der zu resezierende Daumen ist, desto schlechter das Ergebnis.
Zentrale Polydaktylie (Synpolydaktylie) Eine Doppelbildung der mittelständigen Strahlen ist wesentlich seltener als die der randständigen und kommt meist in syndaktyler Form als „verdeckte syndaktyle Polydaktylie“ vor (Schatzki 1934).
Ätiologie Die Synpolydaktylie tritt oft bilateral auf und ist eine autosomal-dominant vererbte Fehlbildung mit inkompletter Penetranz und variabler Expressivität. Der Gendefekt konnte als Mutation im Homöoboxgen-Cluster HOX-D13 identifiziert werden (Mundlos u. Olsen 1997, Goodman u. Mitarb. 1997, Johnson u. Mitarb. 1998). Die Veränderungen
reichen von Verbreiterung des Endgliedes mit einem breiten oder doppelt angelegten Fingernagel bis zur Doppelbildung aller 3 Phalangen und sogar des MHK. Gabelungen der Phalangen und MHK, Deltaphalangen und Synostosen finden sich häufig. Die Abgrenzung zur ossären Syndaktylie und zur Spalthand ist oft schwierig (Blauth u. Falliner 1986), was für die gemeinsame Ätiologie spricht (Ogino, 1979, Tanabu 1985). Manske (1983) berichtet über eineiige Zwillinge, die eine Spalthand auf der einen und eine zentrale Polydaktylie auf der anderen Seite zeigten. Die Verdoppelung des Ringfingers ist die häufigste Form, gefolgt von der Verdoppelung des Mittel- und am seltensten Zeigefingers. Die Gabelung findet sich meist in Metakarpalhöhe beim Mittelfinger und distal davon beim Ringfinger (Buck-Gramcko 1998).
Klassifikation Die Klassifikation von Stelling (1963) und Turek (1967) wurde von Tada u. Mitarb. (1982) erweitert: 쐌 Typ I: Anhängsel ohne Skelettverbindung,
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6 Angeborene Fehlbildungen
Abb. 6.50 a u. b Zentrale Polydaktylie mit Verdoppelung des Ringfingers und Syndaktylie des Mittelfingers mit beiden Ringfingern.
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쐌 Typ IIA: Doppelbildung eines oder Teil eines Fingers, der von einer Phalanx oder einem Mittelhandknochen abgeht, 쐌 Typ IIB: wie Typ IIA aber mit Syndaktylie (Abb. 6.50 a u. b), 쐌 Typ III: vollständiger Doppelfinger mit eigenem Mittelhandknochen.
Therapie Die Operation wird im 1. oder 2. Lebensjahr empfohlen, um einer Deviation und Kontraktur entgegenzuwirken. Mehrere Eingriffe sind oft notwendig (Wood 1971). Grundsätzlich wird die Syndaktylietrennung mit Resektion der zusätzlichen Knochen vorgenommen. Schwierigkeiten bilden Gabelungen im Bereich des Mittel- oder Grundgelenks mit Deltaknochen. Nach Entfernung der zusätzlichen Knochen kann eine Gelenkinstabilität entstehen, in solchen Fällen soll ein Seitenband rekonstruiert werden. Achsfehlstellung bedarf einer Korrekturosteotomie. Zwei hypotrophe Partner können miteinander nach Bilhaut-Cloquet fusioniert werden. Bei starker Deformierung kommt auch die Resektion beider Partner in Betracht. (Wood 1971, Flatt 1994).
Komplikationen Eine Durchblutungsstörung mit nachfolgender Nekrose kann aufgrund abnormer Gefäßverteilung entstehen. Gelenkinstabilität, Bewegungseinschränkung, Achsfehlstellung und Wachstumsstörung sind häufig und erfordern Nachoperationen.
Ergebnisse Oft sind mehrere Eingriffe und Nachkorrekturen erforderlich. Buck-Gramcko (1998) berichtet über einen Fall mit 19 Operationen und schlechtem Ergebnis. Gute Ergebnisse werden bei proximaler und distaler Duplikation erreicht. Duplikationen in Höhe des MP-Gelenks mit Deltaknochen oder Verschmelzungen ergeben schlechtere Ergebnisse.
Ulnare Polydaktylie Diese häufigste Handfehlbildung kommt oft bilateral vor mit einem autosomal-dominanten Erbgang. Sie tritt 9-mal häufiger bei der schwarzen als bei der weißen Rasse auf (Woolf 1973).
Klassifikation Stelling (1963) unterscheidet 2 Typen: 쐌 Typ A: Doppelfinger mit knöcherner Verbindung zum Kleinfinger, 쐌 Typ B: Anhängsel mit Weichteilverbindung zum Kleinfinger. Ein kleiner Knochenkern und ein Fingernagel können vorkommen. Die Verbindung zum Kleinfinger besteht aus Haut und Gefäß-Nerven-Bündel. Der zusätzliche Finger (Typ A) ist in der Regel voll ausgebildet mit Streck- und Beugesehne sowie 2 Gefäß-Nerven-Bündeln. Das Mittelglied ist zu kurz und der Finger ist funktionslos. Die Duplikation liegt meistens in Höhe des MP-Gelenks. Oft liegt eine Syndaktylie beider Finger vor (Abb. 6.51 a–c). Eine komplette Duplikation mit Verdoppelung des MHK ist äußerst selten (De la Torre u. Simpson 1998). Weitere begleitende Fehlbildungen sind Poly- und Syndaktylie der Zehen sowie Doppeldaumen. Die ulnare Polydaktylie kommt im Rahmen von zahlreichen Syndromen vor: Ellis-van-Creveld-Syndrom, Laurence-Moon-Bardet-Biedl-Syndrom, Trisomie-13-Syndrom, Carpenter-Syndrom, Grebe-Syndrom, Mohr-Syndrom u. a. (Light 1999).
Therapie Flottierende Anhängsel werden oft kurz nach der Geburt ligiert und fallen ab. Die Abtragung eines zusätzlichen Fingers ist aus ästhetischen Gründen indiziert. Sie wird nach den Regeln der Amputation vorgenommen. Um spätere Komplikationen zu verhindern, empfiehlt sich das ulnare Seitenband aus einem Teil der Gelenkkapsel zu bilden, den Ansatz des M. abductor digiti minimi abzulösen und an der Basis des Kleinfingergrundgliedes zu reinserie-
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a
b
Abb. 6.51 a – c
195
c
Hexadaktylie: Typ A (a), Typ B mit Symphalangie DIII (b u. c).
ren. Ist der Mittelhandkopf zu breit oder dachförmig gebildet, so soll er verschmälert und umgestellt werden. Die Ergebnisse sind bei regelrechter Operationstechnik gut.
Oligodakytlie Definition Angeborene Minderung der Fingerzahl. Dazu zählen sowohl Aplasie als auch Hypoplasie der Fingerstrahlen. Das komplette Fehlen eines oder mehrerer Finger als alleinige Deformität ist selten. Oft ist diese Rückbildung mit weiteren Fehlbildungen an Hand und Unterarm gekoppelt.
Ätiologie Das Fehlen von Fingern tritt in der Regel sporadisch auf. Es gibt jedoch Beobachtungen von Familien mit dominanter Erblichkeit (Lehmann 1953, Wulfsberg u. Mitarb. 1993, Sener u. Mitarb. 1990). Neuere Untersuchungen ergaben, dass das Ausmaß der HOX-D13-Expression entlang des distalen Randes der Extremitätenknospe mitentscheidend für die Anzahl der sich entwickelnden Finger ist (Moribe u. Mitarb. 2000). Nach Zakany u. Mitarb. (1997) besteht eine Wirkungsbeziehung zwischen der Dosis von HOX-GenProdukten einerseits und der Größe und Zahl der Finger andererseits, schrittweise Reduktion der Dosis dieser GenProdukte führt zunächst zu Ektrodaktylie, Oligodaktylie und dann zu Adaktylie.
Pathogenese Die Rückbildung verläuft nach der teratologischen Linie von Müller (1937) in entgegen gesetzter Richtung zur Polydaktylie und kann in allen Schweregraden der Reduktion vorkommen. Die Rückbildung der randständigen Strahlen tritt oft in Begleitung einer Hypo- oder Aplasie der Ulna oder des Radius auf. Bei der ulnaren Oligodaktylie wird
die Aplasie des 4. und 5. Strahles beobachtet (Abb. 6.52 a u. b). Der verbleibende MHK weist eine Gabelungstendenz auf. Im Bereich der Binnenstrahlen zeigen sich Synostosen zwischen dem 1. und 2. Strahl, oder dem 3. und 4. Strahl mit Gabelungstendenz. Fehlformen und Verschmelzungen der Handwurzelknochen sowie Syndaktylie sind die häufigsten Begleitfehlbildungen (Abb. 6.53). Die Rückbildung des Daumens läuft nicht unter Verschmelzungen der Nachbarstrahlen ab, sondern als eine von zentral nach peripher fortschreitender Hypoplasie bis zur Aplasie. Eine Sonderform stellt die Oligosyndaktylie dar, wobei die schmale löffelartige Hand multiple Koaleszensen benachbarter Strahlenteile mit Aplasie des I. Strahles zeigt. Die Oligodaktylie kommt in Begleitung von weiteren Fehlbildungen vor: Radioulnare Synostose, Dysplasie oder Aplasie des Ellenbogens, Skoliose, Tibiaaplasie (Sener u. Mitarb. 1990) und Robin-Sequenz (Robinow u. Mitarb. 1986).
Epidemiologie Diese Minusvariante ist gegenüber der Polydaktylie seltener zu beobachten. Sie tritt meist einseitig auf.
Differenzialdiagnose Die Oligodaktylie ist abzugrenzen von den Fehlbildungen mit partiellen Defekten bei Schnürringkomplex, Spalthand und Symbrachydaktylie.
Therapie Die Aplasie von ulnaren Fingern bedarf bei sonst normalen Fingern keiner Behandlung. Die Rückbildungsformen des Daumens werden wegen ihrer besonders nachteiligen funktionellen Folgen gesondert abgehandelt. Bei den anderen Formen richtet sich die Behandlung nach der Deformität.
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6 Angeborene Fehlbildungen
In 쐌 쐌 쐌
Betracht kommen (Abb. 6.54 a u. b): Syndaktylietrennung, Trennung von Metakarpalsynostosen, Drehosteotomie und Sehnenverlagerung zur Bildung einer Greifzange bei der Löffelhand.
Hypoplasie und Aplasie des Daumens Die Daumenhypoplasie ist eine heterogene und komplexe angeborene Fehlbildung. Im Patientengut von Flatt (1994) kommt die Daumenhypoplasie in 3,5 % und die Aplasie in 1,4% der Fälle vor. Sie tritt häufig doppelseitig auf, als alleinige Fehlbildung oder im Zusammenhang mit weiteren Malformationen und Syndromen (Kleinmann 1990). In erster Linie kommt der Radiusdefekt als Begleitfehlbildung vor (59 % bei James u. Mitarb. 1996, s. radiale Klumphand). Fehlformen und Synostosen der radialen Handwurzelknochen (Morris u. Jones 1990) sind häufig. Weitere begleitende Anomalien wie radioulnare Synostosen, Metakarpalsynostose IV und V und Doppeldaumen auf der kontralateralen Seite (Lister 1991, Rotmann u. Manske 1994) sind nicht selten.
a
Rückbildung des Daumens Die Rückbildung umfasst Knochen und Weichteile und geht von leichter Verkürzung und Verschmächtigung bis zum totalen Fehlen des Daumens.
Klassifikation
b Abb. 6.52 a u. b Oligodaktylie beidseits: rechts mit Syndaktylie, partieller Aplasie des MHK und Ulnahypoplasie, links mit Synostose der Handwurzelknochen.
Abb. 6.53 Zentrale Oligodaktylie beidseits mit Akrosynostosen und Gabelungstendenz rechts.
Zur Klassifikation erstellte Müller (1937) bei der Rückbildung des radialen Randstrahles eine teratologische Reihe mit 4 Schweregraden. Blauth (1967) erweiterte diese auf 5 Stufen. Im Hinblick auf die Therapie wurde die BlauthKlassifikation von Manske u. Mitarb. (1995) modifiziert, indem der Typ III in 2 unterschiedliche Stufen unterteilt wurde (Abb. 6.55). Diese Modifikation ist die am meisten verbreitete: 쐌 Typ I: geringe Verkürzung und Verschmälerung, leichte Atrophie der Mm. abductor pollicis brevis und opponens, 쐌 Typ II: Adduktionsstellung des hypoplastischen I. MHK, partielle Syndaktylie, Instabilität des MP-Gelenkes und deutliche Hypo- oder Aplasie der Thenarmuskulatur, 쐌 Typ IIIA: wie bei Typ II mit Fehlinsertion, Hypo- oder Aplasie des M. EPL und des M. FPL (Pollex abductus nach Bayne 1982), 쐌 Typ IIIB: wie bei Typ IIIA mit partieller Aplasie des I. MHK, 쐌 Typ IV: totale Aplasie von Metakarpale I, Trapezium und Skaphoid, rudimentäre Anlage des Daumengrundund -endgliedes (Pendeldaumen), 쐌 Typ V: Daumenaplasie.
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a
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b
Abb. 6.54 a u. b Oligosyndaktylie. Nach Trennung beider Finger und Drehosteotomie ist ein Spitzgriff möglich.
Therapie Die Therapie der Fehlbildung wird entsprechend des Typs vorgenommen: 쐌 Typ I bedarf in der Regel keiner Behandlung. 쐌 Typ II: Zur Behandlung dieser Fehlbildung sind mehrere Schritte erforderlich. – Beseitigung der Adduktionskontraktur: Syndaktylietrennung, Erweiterung der ersten Kommissur durch Z-Plastik oder Schwenklappenplastik (s. Syndaktylie), Myotomie bzw. Spaltung der fibrösen Strukturen und Kapsulotomie des CM-Gelenks. – Stabilisierung des Grundgelenkes: Rekonstruktion des ulnaren Seitenbandes mittels Sehnen oder Fasziestreifen. Wird die oberflächliche Beugesehne des Ringfingers für die Opponensplastik verwendet, so kann ein Zügel zum Seitenbandersatz herangezogen werden. Bei extremer Instabilität kommt die Arthrodese in Betracht, wobei die Epiphysenfugen geschont werden sollen (Kowalski u. Manske 1988, Neviaser 1979). – Opponensplastik: Entweder durch Verlagerung der oberflächlichen Beugesehne des Ringfingers oder durch Transfer des M. abductor digiti minimi (OP nach Huber 1921). Die Sehnenverlagerung bringt mehr Kraft, während der verlagerte Muskel mehr Füllungsmasse für den Daumenballen bringt (Manske u. McCarroll jr. 1978). 쐌 Typ IIIA: Zusätzlich zu den in Typ II angezeigten Maßnahmen kommen in diesem Falle Eingriffe zur Korrektur der langen Beuge- und Strecksehnen dazu. Die Sehne des FPL verläuft radialseitig, ist hypoplastisch und kann gespalten sein, mit mehreren Ansätzen am
Grund- und Endglied. Die Sehnen müssen in einen richtigen Verlauf gebracht und zentriert werden. Zur Sicherung der Sehnenlage werden Ringbänder aus örtlichen Strukturen rekonstruiert (Graham u. Louis 1998). Hypoplastische Sehnen können ersetzt werden durch Verlagerung der Indicis-proprius-Sehne als Strecker und der oberflächlichen Beugesehne des Ringfingers als Beuger (Manske 1997). Bei guter Funktion des M. flexor pollicis brevis (FPB) und insbesondere bei zu kurzem Daumen empfiehlt sich die Arthrodese des Endgelenks. 쐌 Typ IIIB: Die meisten Autoren bevorzugen die Amputation und den Ersatz durch die Pollizisation des Zeigefingers. Die Rekonstruktion des Daumens ist relativ aufwendig und mit Komplikationen behaftet. Insbesondere japanische Autoren berichten über gute Ergebnisse (Nishjima u. Mitarb. 1995, Shibata 2000). In der ersten Sitzung erfolgt die Erweiterung der ersten Kommissur, Opponensplastik durch Verlagerung des M. abductor digiti minimi mit einem Hautinsellappen. Ein Silikonstab wird als Platzhalter für die spätere Rekonstruktion der Daumenbeugesehne eingelegt. 6 Monate später erfolgt die 2. Sitzung: Transplantation des PIPoder MP-Gelenks der 2. Zehe mit dem dazugehörigen Anteil der Streckaponeurose mit mikrochirurgischem Gefäßanschluss. Die oberflächliche Beugesehne des Ringfingers wird als Beuger und vom Mittelfinger als Strecker zum Daumen verlagert. Die Sehne des M. abductor pollicis longus (APL) wird mit der Zehenstrecksehne vernäht. Nach 4 Wochen erfolgt die Materialentnahme und Krankengymnastik. Die Wachstumsfuge des Zehengrundgliedes sorgt für Weiterwachstum des Daumens.
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I
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III
IV
Abb. 6.55 Manske.
V
Klassifikation der Daumenhypoplasie nach Blauth-
Als Alternative zur Gelenktransplantation kommt die Verlängerung des 1. MHK in Betracht, vorausgesetzt das 1. Os metacarpale weist eine ausreichende Länge nach. Nachteilig ist das Fehlen einer Gelenkverbindung zum Karpus und die Notwendigkeit die Verlängerung zu wiederholen. 쐌 Typ IV und V: Versuche des Aufbaus eines Daumenanhängsels haben weder die ästhetischen noch die funktionellen Erwartungen erfüllt. Die Therapie der Wahl ist die Pollizisation. In der Regel wird dazu der Zeigefinger verwendet. Es können aber auch andere Finger dafür genommen werden. Die Pollizisation wurde zu einer sicheren und wertvollen Methode entwickelt. Die Pollizisation basiert auf dem Verfahren von Hilgenfeld (1950), Gosset (1949) sowie Littler (1953) und wurde von Buck-Gramcko (1968, 1971) verfeinert. Der Zeigefinger wird mit einem neurovaskulären Stiel verlagert und durch Muskelplastik stabilisiert. Die Sensibilität bleibt erhalten. Ein Daumenballen und die erste Kommissur werden gebildet und dadurch ist die Form und die Funktion des neuen Daumens wiederhergestellt. Die einzelnen Schritte der Operation sind bei Blauth (1967) genau beschrieben. Die Schnittführung ermöglicht die Bildung einer breiten Kommissur ohne Hauttransplantation (Abb. 6.56 a-c). Die beugeseitigen Gefäß-Nerven-Bündel werden bis zur Hohlhand freigelegt. Die Gefäße zur radialen Seite des Mittelfingers werden ligiert und durchtrennt. Der gemeinsame Nerv wird längs gespalten. Der Metakarpalknochen wird gekürzt und mit dem Karpus in Abduktions- und Oppositionsstellung verbunden. Das Metakarpalgelenk wird zum neuen Daumensattelgelenk. Um spätere Überstreckung zu verhindern, soll das Köpfchen in Flexionsstellung fixiert werden. Die wichtige Muskelstabilisierung erfolgt duch Verkürzung der Sehne des M. extensor indicis (EI), Fixation der ED-Sehne an der Basis des neuen Mittelhandknochens als Abductor pollicis longus. Der M. interosseus dorsalis I wird mit dem radialen Seitenzügel vernäht und übernimmt die Opponensfunktion. Der M. interosseus palmaris I wird mit dem ulnaren Seitenzügel der Strecksehne vernäht und wird zum Adduktor des neuen Daumens. Postoperativ erfolgt die Ruhigstellung zunächst in einer Gipsschiene zur Beobachtung der Durchblutung. Nach Entfernung der Drainagen wird ein geschlossener Unterarmgips evtl. unter Korrektur der Daumenposition angelegt. Nach 3 – 4 Wochen Freigabe und Krankengymnastik mit Greifübungen (Abb. 6.57 a – d).
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Abb. 6.56 a – c Pollizisation des Zeigefingers: Schnittführung nach Blauth (a), Teilresektion des MHK (b), Muskelstabilisierung (c).
a
b c
2 Kirchner-Dracht
b
a
M. interosseus palm.
3
M. ext. indic. propr. M. ext. dig. comm.
M. interosseus dorsalis Reste der Daumenballenmuskulatur M. ext. poll. brev.
M. ext. poll. long.
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Abb. 6.57 a – d Daumenhypoplasie beidseits: rechts Typ IV und links Typ I (a u. b). Zustand nach Pollizisation des Zeigefingers rechts (c u. d).
Fortsetzung 䉴
a
b
Komplikationen
Ergebnisse
Sie sind bei vorsichtigem Vorgehen selten. In erster Linie kommt die Teilnekrose des Hautlappens vor. Weitere Komplikationen sind: Nekrose des Metakarpalköpfchens, Lähmung des M. interosseus und Funktionsstörung der Beuge- oder Strecksehne.
Das funktionelle und ästhetische Ergebnis hängt in erster Linie von der Beschaffenheit des Zeigefingers und dem Vorliegen von weiteren Fehlbildungen ab. Wird die Operation im Frühkindesalter durchgeführt, so passen sich Knochen und Muskel an. Der pollizisierte Zeigefinger entwickelt sich zu einem kräftigen Daumen. Nachoperationen können bei Klumphänden erforderlich werden, vor allem Opponensplastik oder Stellungskorrektur (Buck-Gramcko 1998). Von anderen Autoren wird die Transplantation der 2. Zehe (Nyarady u. Mitarb. 1983) oder der Großzehe (O’Brien u. Mitarb. 1978) empfohlen.
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Abb. 6.57 c u. d
c
d
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6.4 Fehlbildungen der Hand
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203
6.4.3 Metrische Variationen Es handelt sich um eine angeborene Störungen der Längendifferenzierung des Handskeletts. Für die Plusvariante beginnt die aufsteigende Reihe mit der Anlage überzähliger Epiphysen und endet mit der Hyperphalangie, die jedoch bisher nur in Form der Triphalangie des Daumens beobachtet wurde. Als Minusvariante sind die unterschiedlichen Brachyphalangien anzuführen. Die dysplastischen und atypischen Epiphysen können miteinander verschmelzen oder zur Verkürzung und Verformung der kleinen Röhrenknochen führen.
Triphalangie des Daumens Beim dreigliedrigen Daumen existiert eine zusätzliche, rudimentäre oder regelrechte Mittelphalanx. Die Erstbeschreibung geht auf Dubois (1826) zurück. Seitdem liegen Berichte in der Literatur über etwa 400 Patienten mit 700 dreigliedrigen Daumen (Wood 1999) vor.
Ätiologie Mehrfach wurde ein autosomal-dominanter Erbgang mit wechselnder Expressivität und Spezifität sowie hoher Penetranz nachgewiesen (Swanson u. Braun 1962, Cotte 1974, Radhakrishna u. Mitarb. 1996, Dobbs u. Mitarb. 2000). Es gelang kürzlich das Gen für die Daumendreigliedrigkeit bei betroffenen Familienstämmen auf Chromosom 7 q zu lokalisieren. Kopplungsversuche zeigten Kupplung mit unterschiedlichen Markern auf dem Chromosom 7 q36 (Radhakrishna u. Mitarb. 1996, Balci u. Mitarb. 1999, Kantaputra u. Chalidapong 2000, Dobbs u. Mitarb. 2000). Andererseits wurde eine deutliche Häufung dieser Deformität im Rahmen der Thalidomid-Embryopathie beobachtet, wenn die Einnahme des Medikaments in der Zeit zwischen dem 45. und 50. Schwangerschaftstag erfolgte (Lenz u. Mitarb. 1964, Rath 1966). Daumendreigliedrigkeit tritt in Verbindung mit anderen Deformitäten der Hand auf, z. B. Spalthand, Polydaktylie, Klumphand, Daumenhypoplasie der anderen Hand sowie weiteren Veränderungen der unteren Extremitäten wie Spaltfuß, Polysyndaktylie und Tibiaaplasie. Sie bildet einen Teil verschiedener Syndrome, dazu zählen das Holt-Oram-Syndrom und bestimmte Anämieformen (Qazi u. Kassner 1988). Es wird angenommen, dass der Gendefekt auch für begleitende Herzfehler verantwortlich ist (Lenz u. Mitarb. 1964).
Pathogenese Die Diskussion über die Pathogenese ist noch nicht abgeschlossen. Für die Form mit dem vollständigen Mittelglied (Fünffingerhand, Dolichophalangie) wird eine Verdoppelung des Zeigefingers bei Daumenaplasie angenommen
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6 Angeborene Fehlbildungen
Defekt
Abb. 6.58 Pathogenese der Daumendreigliedrigkeit von brachymesophalanger Form (Ogino 1994).
Interposition Fusion
(Joachimsthal 1900, Hopf 1959). Die Studie über den Hautlinienverlauf der Daumenbeere unterstützt diese Theorie (Shiono u. Ogino 1984). Auch für die brachymesophalange Form wird eine unvollständige Doppelanlage des Daumenendgliedes mit Teilfusion diskutiert (Ogino u. Mitarb. 1994) (Abb. 6.58). Eine weitere Erklärung gibt die Assimilationshypothese von Pfitzner (1898). Das Os metacarpale I zeigt bei der Daumendreigliedrigkeit meistens Doppelepiphysen und abnorme Länge. Das Auftreten überzähliger Epiphysen ist nicht zwangsläufig mit Überschussformen in der Längendifferenzierung verbunden (Wood u. Mitarb. 1994). Erst das Vorliegen einer kernhaltigen Epiphyse mit verlängertem Strahlensegment entspricht nach Müller (1937) der Plusvariante. Die Atrophie der Daumenballenmuskulatur nimmt mit der Länge des Mittelgliedes zu. Selbst bei der extremen Form, der Dolichophalangie, konnten Überreste der Thenarmuskulatur gefunden werden (Koebke 1980). Mit Verlaufsanomalien der Nerven und Gefäße muss gerechnet werden.
Epidemiologie Die Häufigkeit des Auftretens eines dreigliedrigen Daumens beträgt nach Flatt (1977) 1 : 25 000. Die brachymesophalange Form tritt oft unilateral auf, während die Dolichophalangie mehr doppelseitig vorkommt (Buck-Gramcko 1998).
Klassifikation Für die metrischen Überschussformen stellte Müller (1937) eine teratologische Reihe auf, sie reicht von einer kleinen dreieckigen bis zur vollständigen Mittelphalanx. Folgende Einteilungen sind in der Literatur gebräuchlich:
Die Klassifikation nach Cocchi (1952) teilt in 2 Formen ein, diese Klassifikation wird auch von Swanson u. Brown (1962) verwendet: 쐌 Brachymesophalange Form: keilförmige Mittelphalanx, Daumen oppositionsfähig, 쐌 Dolichophalange Form: Fünffingerhand, keine Oppositionsfähigkeit. Grobelnik (1951) unterscheidet ebenfalls 2 Typen: 쐌 oppositionsfähig, 쐌 oppositionsunfähig. Diese Einteilung wird heutzutage auch verwendet (Ogino u. Mitarb. 1994). Die Klassifikation nach Wood (1976) basiert auf die Einteilung von Hilgenreiner (1907): 쐌 Deltaphalanx: Schaltknochen zwischen Grund- und Endglied, 쐌 viereckige Phalanx: rudimentäre Mittelphalanx, 쐌 vollständige Mittelphalanx: Fünffingerhand. Klassifikation nach Buck-Gramcko (1998) (Abb. 6.59): 쐌 Typ I: rudimentäre Dreigliedrigkeit = kleiner dreieckiger Schaltknochen ohne Gelenkverbindung zum Endglied, 쐌 Typ II: kurze dreieckige Mittelphalanx = brachymesophalangeale Form, 쐌 Typ III: trapezoidförmige Mittelphalanx = intermediate Form, 쐌 Typ IV: rechteckige mittellange Phalanx = dolichophalangeale Form, 쐌 Typ V: hypoplastischer dreigliedriger Daumen, 쐌 Typ VI: dreigliedriger Daumen mit/ohne Polydaktylie.
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6.4 Fehlbildungen der Hand
Abb. 6.59 Klassifikation der Dreigliedrigkeit des Daumens nach Buck-Gramcko (1998).
I
II
III
IV
V
VI
Diagnostik Klinische Diagnostik Beim Daumen mit kurzer dreieck- oder trapezoidförmiger Mittelphalanx erscheint das Endglied verlängert und zeigt eine ulnare Deviation, ansonsten ist der Daumen frei beweglich. Mit zunehmender Ausprägung der Mittelphalanx verliert der Daumen seinen Charakter zum normalen Finger, er wird schmäler und länger, hat zwei Interphalangealgelenke mit Beugefalten, weist eine zunehmende Atrophie der Thenarmuskulatur auf und verliert die Opponierbarkeit (Abb. 6.60 a u. b). Der Daumen steht im Niveau der anderen Langfinger und die 1. Kommissur ist verengt und nach distal verschoben. a
Bildgebende Diagnostik Die Röntgenaufnahme zeigt die Größe und Form der Mittelphalanx. Bei brachymesophalanger Form zeigt die a.-p. Aufnahme oft eine verschmolzene Verdopplung des Endgliedes mit einem kleinen Hohlraum. Bei dolichophalanger Form ist der 1. MHK verlängert und zeigt meistens Doppelepiphysen, gelegentlich ist die proximale nur als Pseudoepiphyse angelegt, die Mittelphalanx scheint regelrecht mit selbständig ossifizierender Epiphyse. Ein Sattelgelenk ist nicht angelegt, die radialen Handwurzelknochen sind hypoplastisch oder können fehlen.
Differenzialdiagnose Daumenhypoplasie mit Dreigliedrigkeit (Typ V nach BuckGramcko) kommt vor allem im Bereich des longitudinalen Radiusdefektes mit radialer Klumphand vor. Der Daumen ist in diesem Fall kurz, hypoplastisch und funktionslos, die Gelenke sind instabil mit partieller oder totaler Syndaktylie mit dem Zeigefinger.
Therapie Die leichten Fälle bedürfen keiner Behandlung. Ein kleiner dreieckiger Schaltknochen mit ulnarer Deviation kann bei Kleinkindern bis zum 6. Lebensjahr entfernt werden, die Gelenkflächen passen sich problemlos an (Cotta u. Jäger 1965, Miura 1976). Der lange Daumen mit trapezför-
b Abb. 6.60 a u. b Dolichophalangie beidseits.
miger oder viereckiger Phalanx fällt kaum auf und beeinträchtigt die Handfunktion nicht (Zguricas u. Mitarb. 1998). Bei Brachymesophalangie mit auffälliger Deviation kommen folgende Eingriffe in Betracht: 쐌 Arthrodese des Endgelenks unter Entnahme eines Keiles, 쐌 Korrekturosteotomie des Mittel- oder Grundgliedes, 쐌 Vertiefung der 1. Kommissur mit Ablösung der Mm interosseus dorsalis I und adductor pollicis (s. Syndaktylie),
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6 Angeborene Fehlbildungen
a
b
Abb. 6.61 a u. b Beidseits dreigliedriger Daumen: rechts mit dreieckigem Schaltknochen, links dolichophalageale Form (a). Zustand nach Pollizisation des dreigliedrigen Daumens links (b).
쐌 Verkürzung und Rotation der 1. MHK in Oppositionsstellung (Jennings u. Mitarb. 1992). Bei Bestimmung der Metakarpuslänge wird das Verhältnis zu den Phalangen und zu den anderen Fingern berücksichtigt (Zguricas u. Mitarb. 1997).
(1966) bevorzugt, konnte sich aber nicht durchsetzen. Die Anomalie wird in der Literatur unter Brachydaktylie erfasst und wird von Bell (1951) als Typ C bezeichnet.
Bei der Dolichophalangie ist die Handfunktion stark beeinträchtigt, da funktionell der Daumen fehlt (Fünffingerhand). Die Pollizisation des radialen Fingers ist angezeigt (Abb. 6.61 a u. b). Wenn der M. interosseus auf der radialen Seite fehlt, so kann die überflüssig gewordene oberflächliche Beugesehne für die Opponensplastik verwendet werden. Ein hypoplastischer dreigliedriger Daumen ist in der Regel funktionslos. In solchen Fällen empfiehlt sich die Amputation und die Pollizisation des Zeigefingers (s. Daumenhypoplasie Typ IIIA u. B).
Bei dieser Plusvariante ist der autosomal-dominante Erbgang nachgewiesen. Gunal u. Mitarb. (1996) berichten über 42 Fälle in 6 Generationen einer Familie. Diese Fehlbildung trat bei beiden Geschlechter gleich auf.
Komplikationen Bei Entfernung eines relativ großen Mittelgliedes und bei älteren Kindern bleibt das Gelenk instabil. Die Komplikationen bei Pollizisation sind bereits beschrieben.
Hyperphalangie der Finger Hyperphalangismus ist eine seltene angeborene Anomalie mit einem zusätzlichen Fingerglied zwischen den Phalangen eines Fingers (Wood u. Flatt 1977). Die Erstbeschreibung stammt von Le Boucq (1896). Da die Hyperphalangie mit einer Verkürzung des betroffenen Fingers auftritt, bezeichnete Pol (1921) diese Fehlbildung als Brachyhyperphalangismus. Diese Bezeichnung wurde auch von Schinz (1943) verwendet und von Hai-Lan u. Mitarb.
Ätiologie
Pathogenese Der Ersatz einer kernlosen Epiphyse durch eine kernhaltige oder Pseudoepiphyse entspricht nach Müller (1937) der Plusvariante. Pol (1921) spricht von einer sekundären Epiphyse an der Basis der primären proximalen Epiphyse der Grundphalanx. Die zusätzliche proximal gelegene Phalanx ist meist dreieck- oder trapezförmig, die Mittelphalanx sämtlicher Finger ist verkürzt (Brachymesophalangie). Sowohl die zusätzliche Phalanx als auch die Mittelphalanx des benachbarten Fingers können als Deltaknochen erscheinen. Im Laufe der Zeit kommt es zur Fusion der 2 proximalen Phalangen. Folgende begleitende Anomalien werden beobachtet: 쐌 an derselben Hand: Klinodaktylie, insbesondere des Kleinfingers und Brachymetakarpie, vor allem des 1. Strahles, 쐌 am Fuß: Klumpfuß und Brachyphalangie sowie Hüftdysplasie (Gunal u. Mitarb. 1996). Die Hyperphalangie ist ein Bestandteil des Catel-ManskeSyndroms (Bernd u. Mitarb. 1990) (Abb. 6.62 a u. b).
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6.4 Fehlbildungen der Hand
a
207
b
Abb. 6.62 a u. b Hyperphalangie des Zeigefingers bei Catel-Manske-Syndrom.
Epidemiologie
Bildgebende Diagnostik
Die Hyperphalangie ist sehr selten. Bis 1996 umfasst die Literatur etwa 100 Fälle und 16 weitere Fälle des CatelManske-Syndroms.
Die a.-p. Aufnahme der Hand zeigt die typischen Veränderungen: vier Phalangen des Zeige- und Mittelfingers, wobei der gesamte Finger so lang wie der Daumen ist. Die proximale Phalanx ist dreieckig oder trapezförmig, der Gelenkspalt des MP-Gelenks verläuft schräg und der Finger zeigt eine ulnare Deviation. Verkürzung und Verformung des 1. MHK. Vorliegen von Deltaknochen mit abnormer Epiphyse. Bei älteren Kindern können die 2 proximalen Phalangen fusioniert sein. Die Mittelphalanx ist verkürzt, manchmal bis zu einer Scheibe. Die frühzeitige Fusion der Phalangen und die geringe Funktionsstörung sind wahrscheinlich Grund für die scheinbare Seltenheit dieser Fehlbildung.
Klassifikation Pol (1914) unterscheidet 3 Grade der Segmentation: 쐌 Grad I: latente Hyperphalangie: die radiale Seite der Basis der proximalen Phalanx ist verdickt, 쐌 Grad II: rudimentäre Hyperphalangie mit inkompletter Separation (Pseudoepiphyse), 쐌 Grad III: komplette Hyperphalangie.
Diagnostik Klinische Diagnostik Verkürzung des Zeige- und Mittelfingers mit ulnarer Deviation. Ebenso können Daumen und Kleinfinger verkürzt sein. Nur der Ringfinger ist normal lang. Klinodaktylie des Kleinfingers. Bewegungseinschränkung der IP-Gelenke des Zeige- und Mittelfingers. Eine zusätzliche Beugefalte kann auf der Beugeseite des Mittelfingers erscheinen. Der Zeigefinger kann über den Mittelfinger reiten. Typisch ist der bilaterale Befall.
Differenzialdiagnose Die Abgrenzung von der Brachydaktylie ist möglich, wenn alle weiteren Merkmale außer der Fingerverkürzung vorhanden sind.
Therapie Eine Korrekturosteotomie ist aus ästhetischen und funktionellen Gründen angezeigt, wenn die ulnare Deviation zu stark ist und der Zeigefinger über den Mittelfinger reitet. Wegen der Fingerverkürzung wird die Aufrichtungsosteotomie der zusätzlichen Phalanx mit Knochentransplantat (Buck-Gramcko 1998) angeraten. Mit dieser Me-
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6 Angeborene Fehlbildungen
thode hat Wood (1999) schlechte Erfahrungen gemacht, deshalb empfiehlt er die geschlossene Osteotomie mit Keilentnahme. Weitere Eingriffe sind: 쐌 Verlängerungsosteotomie des 1. MHK, 쐌 Verkürzung des Grundgliedes D IV oder Epiphysiodese.
Brachydaktylien
daktylie, Spalthand, Synostosen und Syndaktylie (s. Symbrachydaktylie). Neben isoliertem Auftreten sind Brachydaktylien ein häufiges Begleitsymptom bei einer Vielzahl von Syndromen. Eine wesentliche Bedeutung haben Down-, Rubinstein-, Taybi-, Turner- und Holt-Oram-Syndrom sowie enchondrale Dysostosen, Pseudohypoparathyroidismus, Hypochondroplasie, Mucopolysacharidose und Morbus Ollier. Zusammenstellung sind bei Gupta u. Scheker (2000) zu finden.
Definition Selektiver Minderwuchs eines Strahlenelementes an einem oder mehreren Fingern. Erste Publikation und Namensgebung geht auf LeBoucq (1896) zurück. Bei der Brachyphalangie wird die Lokalisation der Verkürzung folgendermaßen bezeichnet: Brachytelophalangie, Brachymesophalangie und Brachybasophalangie für die Verkürzung der End-, Mittel- und Grundphalanx (Abb. 6.63 a u. b) und Brachymetakarpie für die Verkürzung des MHK. Die Brachydaktylie ist ein Sammelbegriff für die Kurzfingrigkeit unterschiedlicher Genese und Morphologie.
Ätiologie Brachydaktylien treten genetisch als fixierte, autosomaldominante Formen mit wechselnden Formenvarianten auf (Farabee 1903, Bell 1951). Bei der Brachydaktylie Typ B wurde eine Genmutation festgestellt, die auf dem Chromosom 9 q22 lokalisiert ist (Oldridge u. Mitarb. 1999, Afzal u. Mitarb. 2000). Nach Schwabe u. Mitarb. (2000) handelt es sich um eine Mutation des Tyrosinekinase-Rezeptorgens ROR2. Die Brachydaktylie kommt in Verbindung mit anderen Fehlbildungen derselben Hand vor, z. B. Poly-
Pathogenese Die Brachydaktylie entsteht durch eine mangelhafte Anlage der Knorpelkerne oder degenerative Ausdifferenzierung (Grüneberg u. Lee 1973). Die Disposition der Segmente eines Strahles zur Verkürzung ist um so größer, je später in der Embryonalzeit ihre enchondrale Ossifikation eintritt (Fürst 1900). Primäre Ossifikationszentren treten an den Strahlenabschnitten in der zeitlichen Reihefolge: Endphalangen, Metakarpalia, Grundphalangen und Mittelphalangen auf. Deshalb sind die Mittelphalangen am häufigsten betroffen. Die betroffene Phalanx ist verkürzt und zeigt keine Epiphyse, sie ist verformt, erscheint viereckig oder trapezförmig mit Deviation des Fingers zum zentralen Strahl (Klinodaktylie). Die Phalanx kann als Deltaknochen mit einer bogenförmigen längsverlaufenden Epiphysenfuge erscheinen.
Klassifikation Bell (1951) untersuchte 1336 Patienten mit Brachydaktylien in 124 Stammbäumen und stellte ihre Klassifikation auf, die geringfügig von Temtamy und McKusick (1978) modifiziert wurde: Abb. 6.63 a u. b Brachydaktylie DII–V (a) und DII (b).
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6.4 Fehlbildungen der Hand
쐌 Typ A: Brachymesophalangie: – A1 (Farabee-Typ): Verkürzung der Mittelphalanx II–V evtl. Fusion mit der distalen Phalanx. Verkürzung der Grundglieder des Daumens und der Großzehe, – A2 (Mohr-Wriedt-Typ): Verkürzung der Mittelphalanx DII, evtl. als Deltaphalanx, – A3 (Bauer-Typ): Verkürzung der Mittelphalanx DIV, evtl. als Deltaphalanx (Klinodaktylie), – A4 (Temtamy-Typ): Verkürzung der Mittelphalanx DII und DV evtl. DIV mit Klinodaktylie, – A5 (Bass Typ): Aplasie der Mittelphalanx DII–DV, hypoplastische Fingernägel und Verdoppelung der Endphalanx DI. 쐌 Typ B = Mackinder-Typ: Verkürzung der Mittelphalanx und Aplasie der Endphalanx DII–DV, hypoplastische oder fehlende Fingernägel, breites Daumenendglied (Kolbendaumen). 쐌 Typ C = Drinkwater-Typ: Verkürzung der Mittelphalanx DII und DIII evtl. mit Hyperphalangie und Klinodaktylie. 쐌 Typ D = Breitenbecher-Typ: Verkürzung der Mittelphalanx DV, evtl. als Deltaphalanx, Hyperphalangie DII und DIII mit Deviation DII. 쐌 Typ E = Bell-Typ: Kurzes und breites Daumenendglied mit Verkürzung eines oder mehrerer Mittelhand- und Mittelfußknochen. 쐌 Die Brachymetakarpie: Sie kommt bei zahlreichen Syndromen vor (Wood 1999). Das Os metacarpale IV ist am häufigsten betroffen und kann mit einer Brachybasophalangie am selben Strahl kombiniert sein.
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Weitere Formen der Brachydaktylie, die aufgrund von Assimilationshypophalangie (Symphalangie) oder von Vermehrung der Einzelglieder (Brachypolyphalangie) entstehen, werden in dieser Klassifikation nicht berücksichtigt.
Diagnostik Die Fingerverkürzung ist oft augenfällig, insbesondere in Verbindung mit Achsabweichung. Bei ausgeprägten Fällen kann die Handfunktion gestört sein. Die Verkürzung des Mittelhandknochens fällt beim Faustschluss auf. Nach weiteren Anomalien im Fußbereich sowie weiteren Symptomen eines Syndroms muss gefahndet werden. Die a.-p. Röntgenaufnahme zeigt die einzelnen Veränderungen.
Therapie Die Indikationen für eine operative Behandlung sind: 쐌 Ästhetik: bei größerer Deformierung oder bei deutlicher Verkürzung, 쐌 Funktion: bei starker Deviation. In Betracht kommt die Korrekturosteotomie der betreffenden Phalanx oder die Verlängerungsosteotomie des Mittelhandknochens. Eine Verlängerung von etwa 1 cm kann akut mit Knochentransplantat erfolgen, für eine längere Strecke ist die Kallusdistraktion angezeigt (Abb. 6.64 a u. b).
Abb. 6.64 a u. b Brachymetakarpie (a). Verlängerung mittels Kallusdistraktion (b).
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6 Angeborene Fehlbildungen
Symphalangie Synonyme Assimilationshypophalangie, Biphalangie, Brachyhypophalangie, Aplasie der Interphalangealgelenke, phalangeale Anarthrose, angeborene Ankylose, Orthodaktylie.
Definition Angeborene Fusion von 2 Phalangen. Cushing (1916) verwendete diese Bezeichnung für die Aplasie des Mittelgliedes, sie wird aber auch für die angeborene Aplasie des End- und sogar des Grundgelenks verwendet.
Ätiologie Die Anomalie kommt als isolierte Erscheinung sowohl sporadisch als auch familiär gehäuft mit autosomaler Dominanz vor (Drinkwater 1917, Bell 1951, Moumoumi u. Mitarb. 1991, Castle u. Mitarb. 1993). Eine Genmutation, lokalisiert auf dem Chromosom 17 q21 – 22, wurde bei der Symphalangie sowie den multiplen Synostosen identifiziert (Polymeropoulos u. Mitarb. 1995, Krakow u. Mitarb. 1998). Gong u Mitarb. (1999) konnten den Mechanismus der genetischen Störung genauer analysieren, sie fanden in beiden Krankheiten Mutationen des Noggin-Proteins, das bestimmte Knochenwachstumsfaktoren antagonisiert. Die Symphalangie kommt bei nicht erblichen Anomalien vor, z. B. Symbrachydaktylie, Apert- sowie Poland-Syndrom und in Kombination mit Brachydaktylie, Syn- und Polydaktylie, Synostosen der Hand- und Fußwurzelknochen, radioulnaren und humeroulnaren Synostosen, angeborener Radiuskopfluxation sowie Taubheit infolge StapesSynostose.
Epidemiologie Die Angaben über die Häufigkeit variieren von 0,3% von allen Fehlbildungen der oberen Extremitäten bei Flatt (1977) bis 0,4% bei Ogino (1998). Die Symphalangie kommt in erster Linie bei der weißen Rasse vor, weniger bei Asiaten und selten bei Schwarzen. Die Mittelgelenke werden häufiger befallen als die Endgelenke, beide Geschlechter werden gleich betroffen.
Klassifikation Mestern (1934) unterscheidet 4 Stufen: 쐌 Gelenkhypoplasie 1. Grades: geringe Bewegungseinschränkung. Röntgenbild: Gelenkspaltverschmälerung und Verbreiterung der Epiphyse (Abb. 6.65 a), 쐌 Gelenkhypoplasie 2. Grades: fibröse Steife (Syndesmose), 쐌 Gelenkhypoplasie 3. Grades: knöcherne Überbrückung (Phalanxsynostose) (Abb. 6.65 b), 쐌 Gelenkaplasie: beide Phalangen bilden eine Einheit. Klassifikation nach Flatt und Wood (1975): 1. echte Symphalangie, 2. Symbrachydaktylie, 3. Symphalangie und Syndaktylie.
Pathogenese Eine Differenzierungsstörung wird angenommen, daher auch die enge Beziehung zu anderen Segmentierungsstörungen des Skleroblastems (multiple Synostosen). Sistieren nach vorausgegangener Ausbildung intermediärer Querstreifen, die den embryonalen Gelenkanlagen entsprechen, die Differenzierungsprozesse für die Ausbildung von Gelenkkapseln, Bändern und Sehnen, aber auch die Spaltungsprozesse, dann entwickelt sich eine Hypo- bzw. Aplasie der Fingergelenke. Fischel (1909) fand bei Fingern ohne Mittelgelenk die oberflächliche Beugesehne an der Mittel- und Grundphalanx angeheftet. Andere Autoren führen die Fusion auf mangelhafte Bewegung in der embryonalen Phase zurück (Blechschmidt u. Petersen 1967, Steinberg u. Reynolds 1948, Drachmann 1969). Die geringe Disposition des radialen Strahles wird auf dessen frühe Entwicklung zurückgeführt.
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Abb. 6.65 a u. b Gelenkhypoplasie: 1. Grades (a) und 3. Grades (b).
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6.4 Fehlbildungen der Hand
Diagnostik Klinische Diagnostik Die Anomalie erscheint oft beidseitig und symmetrisch. Das Mittelgelenk ist in Streckstellung versteift, der Finger ist hypoplastisch und die beuge- und streckseitigen Gelenkfalten in der Haut fehlen. Der Faustschluss ist nicht möglich, obwohl die benachbarten Gelenke hypermobil sind. Die seltene distale Symphalangie betrifft in überwiegender Linie den Klein- und Zeigefinger. Bildgebende Diagnostik Im Kindesalter kann ein Gelenkspalt röntgenologisch sichtbar sein, die Epiphyse ist verbreitert, der Gelenkspalt verschmälert und verformt. Bei Gelenkaplasie erscheint nur eine verlängerte Phalanx anstelle von zwei. Bei Assimilationshypophalangie lassen beide Segmente – selbst bei knöcherner Verschmelzung – Hinweise auf den ursprünglichen Gelenkspaltbereich erkennen. Die Synostosierung hypoplastischer Gelenke entwickelt sich im Laufe des Wachstums. Folgende Typen wurden differenziert: 쐌 Typ Cushing: häufigste Form, Fusion der PIP-Gelenke, evtl. Synostose der Hand- und Fußwurzelknochen, 쐌 Typ Drey: DIP II und V sind steif mit Hypo- oder Aplasie der Nägel, 쐌 Typ Kirmisson: Aplasie der Endglieder und Fingernägel aller Finger, Fusion des Mittelgelenks und instabiles Grundgelenk, massive Ankylose der Fußwurzel mit Varusstellung, 쐌 Typ Fuhrmann: Symphalangie mit radioulnarer, karpaler, tarsaler Synostose, Brachymetakarpie, Brachytelophalangie und Brachymesophalangie, 쐌 WL-Symphalangie-Brachydaktylie-Syndrom: proximale oder distale Symphalangie mit Schwerhörigkeit, breiter Nase und Klumpfüßen.
Therapie Die funktionelle Beeinträchtigung ist in der Regel sehr gering, so dass eine operative Behandlung kaum indiziert ist (Flatt u. Wood 1975). Bei der proximalen Symphalangie kommt im Kindesalter die Interpositionsarthroplastik in Betracht: Das Grundgliedköpfchen wird geformt und anschließend entweder mit Korium oder Faszie bzw. Rippenknorpel umhüllt, oder es wird die freie Transplantation eines Zehengelenks mit mikrochirurgischem Gefäßanschluss durchgeführt (Tsai u. Mitarb. 1982, Shibata 2000). Im Erwachsenenalter: 쐌 Umstellungsosteotomie und Fixation in leichter Beugestellung, 쐌 Arthroplastik: Silikonprothese (Palmieri 1980).
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Die operierten Fälle sind gering und Spätergebnisse fehlen. Wir haben schlechte Erfahrung mit der Koriumplastik. Es ist zu bedenken, dass die Beuge- und/oder Strecksehne oft fehlgebildet ist.
Klinodaktylie Definition Seitliche Abwinklung eines Fingers oder des Daumens. Erstbeschreiber ist Tamplin im Jahre 1846. Am häufigsten ist der Kleinfinger betroffen, mit radialer Deviation im Mittelgelenk. Der Daumen weicht im Grundgelenk nach radial und bei Dreigliedrigkeit im Endgelenk nach ulnar ab.
Ätiologie Die Kleinfingerklinodaktylie ist eine familiäre Anomalie mit autosomal-dominantem Erbgang und variabler Expression (Hersh u. Mitarb. 1953, McKusick 1968, Pozanski u. Mitarb. 1969). Sie tritt bilateral auf. Als Begründung für das häufige Auftreten an der Mittelphalanx wird angegeben, dass sie zuletzt verknöchert (Flatt 1977). Die anderen Klinodaktylieformen treten isoliert, aber meist als Teil vieler Syndrome auf, z. B. die radiale Abwinklung des Daumens beim Apert-Syndrom oder die ulnare Deviation bei Dreigliedrigkeit und die ulnare Abwinkelung des Zeigefingers bei der Hyperphalangie im Catel-Manske-Syndrom. Weitere Syndrome mit Klinodaktylie sind: Down-, Turner-, Trisomie-18-, Holt-Oram-, Carpenter- und Poland-Syndrom. Die Klinodaktylie kommt bei zahlreichen Handfehlbildungen vor, z. B. bei Polydaktylie, Spalthand, Syndaktylie und multiplen Synostosen. Mehrere Deltaknochen können bei komplexer Fehlbildung an einer Hand vorkommen.
Pathogenese Die betroffene Mittelphalanx V ist verkürzt und trapezförmig (Brachymesophalangie). Die abgeschrägte Gelenkfläche führt zu der Fehlstellung (Abb. 6.66 a u. b). Eine weitere Ursache, insbesondere im Bereich des Daumens, ist das Vorliegen einer „Deltaphalanx“ (Abb. 6.66 c u. d). Die Bezeichnung stammt von Jones (1964) und beschreibt eine dreieckige Phalanx mit einer bogenförmigen längsgerichteten Epiphyse. Die klammerartige Epiphyse verbindet beide Gelenkanteile miteinander (Theander u. Carstam 1974). Der betroffene Knochen ist deutlich verkürzt, und die Epiphysenfuge findet sich auf der konvexen Seite. Die Grundphalanx ist am meisten betroffen (Watson u. Boyes 1967), aber auch die Mittelhandknochen (Cotta u. Jäger 1965). Watson u. Boyes (1967) sowie Ogino u. Mitarb. (1994) sehen in der Deltaphalanx eine Vorstufe der Polydaktylie.
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6 Angeborene Fehlbildungen
Abb. 6.66 a – d Klinodaktylie des Kleinfingers mit trapezförmigem Mittelglied (a u. b). Klinodaktylie des Daumens mit Deltaphalanx sowie Hyperphalangie D II und III (c u. d).
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Epidemiologie
Therapie
Die Häufigkeit der Klinodaktylie schwankt in der Literatur zwischen 1,5% (Rogala u. Mitarb. 1974) und 19,5 % (Flatt 1977). Wood u. Flatt (1977), fanden Deltaknochen bei 3,5% der Patienten mit Fehlbildungen der oberen Extremitäten.
Schienenbehandlung ist nicht erfolgversprechend. Die OPIndikation ist bei starker Abwinklung gegeben. Folgende Eingriffe kommen in Betracht (Abb. 6.67 a-d): 쐌 Die Korrekturosteotomie unter Keilentnahme ist ein einfaches und sicheres Verfahren, die Fixation erfolgt anschließend mit einem oder zwei K-Drähten. Voraussetzung dafür ist eine ausreichende Länge der Mittelphalanx. 쐌 Verlängerungsosteotomie: akut mit Knochentransplantat (Carstam u. Theander 1975, Light u. Ogden 1981), relativ aufwendiges Vorgehen, da zusätzlich zur Knochenentnahme eine Verlängerung der Weichteildecke notwendig ist. Diese kann mittels Z-Plastik, herzförmigem (Cerqueiro-Mosquera 2000) oder gefäßgestieltem Lappen (Evans u. James 1992) bewältigt werden.
Diagnostik Die Fehlbildung ist augenfällig. Eine Abwinklung bis 10° wird als normal betrachtet (Dudding u. Mitarb. 1967). Die Lokalisation und Pathogenese der Abwinkelung sowie die begleitenden Veränderungen können radiologisch auf einer a.-p. Aufnahme identifiziert werden. Als Differenzialdiagnosen sind Fälle der Wachstumsstörung infolge von Trauma, Vernarbung oder Gelenkentzündung abzugrenzen.
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6.4 Fehlbildungen der Hand
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Abb. 6.67 a – d Korrekturmöglichkeiten der Delta-Phalanx: Keilentnahme (a), Keilinterposition (b), Kombination beider Methoden (c), Resektion der Brücke und Fettinterposition (d).
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쐌 Eine Kombination beider Verfahren ist möglich: Die Keilentnahme erfolgt auf der konvexen Seite und wird als Transplantat auf der konkaven Seite wieder eingesetzt. 쐌 Teilresektion der Epiphysenfuge und Fettinterposition, um eine spontane Korrektur durch das Weiterwachstum zu erlangen (Vickers 1987). 쐌 Bei Daumendreigliedrigkeit kann ein kleiner dreieckiger Knochen reseziert werden. Bei Schrägstellung der Gelenkfläche der Endphalanx ist die Arthrodese des Endgelenks angezeigt (Abb. 6.68)
Metakarpale Synostosen Definition Verschmelzung von 2 benachbarten Mittelhandknochen, die unterschiedliche Ausdehnung aufweist. Erstbeschreibung mit Zeichnung stammt von Seerig im Jahre 1827.
Synonyme Syndaktylie Typ V, Aplasie des 5. Metakarapale.
Ätiologie Operative Behandlung der Klinodaktylie
Brachymesophalangie Keilosteotomie
Deltaknochen
– Teilresektion der Epiphyse – offene Korrekturosteotomie – Keilresektion
dreigliedriger Daumen – Exstirpation – Arthrodese
Abb. 6.68 Übersicht zur operativen Behandlung der Klinodaktylie.
Nach der teratologischen Reihe von Müller (1937) für Rück- und Überschussbildung der Fingerstrahlen stellt die Synostosis metacarpi die leichteste Form der Oligodaktylie dar (Habighorst u. Albers 1965, Schneider-Sickert u. Blauth 1977). Andere Autoren betrachten diese Anomalie als leichte Form des longitudinalen Ulnadefektes (Ogino u. Mitarb. 1978). Sie tritt meist sporadisch auf. Familiäres Vorkommen ist aber auch bekannt (Habighorst u. Albers 1965) mit überwiegendem Befall des männlichen Geschlechtes (Holmes u. Mitarb. 1972) sowie mit autosomaldominantem Erbgang (Temtamy u. McKusick 1978). Die Anomalie kommt als alleinige Veränderung, aber häufiger im Rahmen von Handfehlbildungen und Syndromen vor, z. B. bei Syndaktylie, Apert-Syndrom, zentrale Polydaktylie, Symbrachydaktylie, Oligodaktylie, ulnare Dysplasie, Brachymesophalangie, Spalthand und karpalen Synostosen.
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6 Angeborene Fehlbildungen
Pathogenese
Klassifikation
Am häufigsten sind der 4. und 5. MHK betroffen, wesentlich seltener ist die radiale Lokalisation. Die Verschmelzung liegt proximal und kann sich nach distal ausdehnen bis zur vollständigen Fusion. Mehrere Mittelhandknochen können verschmelzen. Die Ossa metacarpalia und Phalangen können verkürzt sein. Die Strecksehne kann eine entsprechende Gabelbildung zeigen. Der M. interosseus palmaris III kann fehlen oder hypoplastisch sein.
Die teratologische Reihe bei der mangelhaften Breitendifferenzierung schreitet von zentral nach peripher fort. Dieser Tatsache entsprechend ist die Klassifikation nach BuckGramcko u. Wood (1993) (Abb. 6.69): Typ I: Fusion im Bereich des Basis-MHK, Typ II: Fusion der proximalen Hälfte des MHK, Typ III: Fusion mehr als der Hälfte, Typ IIIA: mit separaten MP-Gelenken, Typ IIIB: mit gemeinsamen MP-Gelenk.
Epidemiologie Die Angaben über die Häufigkeit schwanken von 1,75% (Buckwalter u. Mitarb. 1981) bis 7 % (Ogino 1998). Bilateral sind 60 – 80 % der Fälle.
Diagnostik Der Kleinfinger ist hypoplastisch, verkürzt und steht nach ulnar abgewinkelt ab. Die Hypothenarmuskulatur ist atrophisch. Die Beweglichkeit des Kleinfingers kann eingeAbb. 6.69 a – d Metakarpale Synostosen: Typ I mit dreigliedrigem Daumen und Symphalangie (a), Typ III A (b), Typ III B (c), Typ II (d).
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6.4 Fehlbildungen der Hand
schränkt sein. Bei Synostosen der mittleren MHK erscheint der Zwischenfingerraum breit und bei Fusion des 1. und 2. MHK liegt der Daumen im Fingerniveau und die Abduktion sowie Opposition sind aufgehoben.
Therapie Der abstehende Finger kann stören und durch die Verkürzung kann eine vollkommene Funktionslosigkeit des Kleinfingers entstehen. Ziel der Operation ist die Parallelstellung und die Verlängerung des Kleinfingers.
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Folgende Eingriffe werden durchgeführt: 쐌 schräge Osteotomie des Blockes und des 5. MHK (Hooper u. Lamb 1983), 쐌 winkelförmige Osteotomie mit Abspreizung und Verlängerung des 5. MHK mit Interposition eines kortikospongiösen Spans (Buck-Gramcko u. Wood 1993) (Abb. 6.70 a u. b), 쐌 Spaltung der Synostose mit Interposition eines Silikonblockes (Ueba u. Seto 1997), 쐌 Winkelosteotomie und Kallusdistraktion (Horii u. Mitarb. 1998) (Abb. 6.71). Abb. 6.70 a u. b Metakarpale Synostose vor (a) und nach der Trennung mit Endobon-Implantat (b).
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b Abb. 6.71 Winkelosteotomie und Kallusdistraktion (Horii u. Mitarb. 1998).
Osteomie
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6 Angeborene Fehlbildungen
Weitere flankierende Maßnahmen können erforderlich sein, z. B. Ablösung des M. abductor digiti minimi, Sehnenverlagerung zum Ersatz der Strecksehne oder Rekonstruktion eines Seitenbands. Die operative Behandlung der Synostose des 1. und 2. MHK ist schwierig, weil sowohl das Sattelgelenk als auch die Thenarmuskulatur fehlen. Drehosteotomie, Sehnenverlagerung und Lappenplastik zur Kommissurbildung können die Funktion verbessern.
Ergebnisse Die Abduktionsstellung kann durch Lateralisation des MHK sofort korrigiert werden, die Beweglichkeit des Kleinfingers bessert sich durch Wiederherstellung der Balance der Intrinsic-Muskulatur.
Komplikationen Bewegungseinschränkung und Wachstumsstörung des Kleinfingers, auch aseptische Nekrose des Metakarpalköpfchens wurden beobachtet.
Makrodaktylie Ein Sammelbegriff für Riesenwuchs der Finger und/oder Zehen mit unterschiedlicher Morphologie und Pathogenese. Die Erstbeschreibung geht auf Klein (1824) zurück.
Synonyme Partieller Riesenwuchs, Megalodaktylie, Hyperplasie, digital gigantism, giant fingers.
Definition Angeborene keilförmige Vergrößerung eines oder mehrerer Finger mit dem dazu gehörigen Teil der Hohlhand. Eine Massenvermehrung von mindestens 2 Geweben wird vorausgesetzt (Kehrer 1948).
Ätiologie Ein familiäres Vorkommen wird in der Literatur bis auf wenige Fälle verneint. Eine anlagebedingte Entwicklungsstörung mit lokal vermehrter Sensitivität auf Wachstumsreize wird vermutet. Barsky (1967) nimmt eine Störung der wachstumshemmenden Faktoren in der betroffenen Region an. Die meisten Autoren sprechen sich für einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Riesenwuchs und der Nervenhypoplasie aus. Moore (1942) weist dem Nervensystem eine Kontrollaufgabe über das Organwachstum zu. So entspricht der Bezirk des Riesenwuchses immer dem der Nervenveränderungen (McCarroll 1956, Jäger 1967, Tsuge 1967). Kelikan (1974) hebt die Verbindung zwischen Lokalisation des Riesenwuchses und dem
Versorgungsgebiet des N. medianus hervor und spricht von „Nerve territory oriented macrodactyly“ (NTOM). Histologische Untersuchungen zeigten eine Lipofibromatose der Nerven (Mikhail 1964, Ruppert u. Mitarb. 1999) oder lipomatöses Hamartom (Emmett 1965). Der Zusammenhang zwischen Makrodaktylie und Neurofibromatose wird immer betont (Brooks u. Lehman 1924, Moore 1942). Edgerton u. Tuerk (1974) betrachten die Makrodaktylie als eine Form der Fibromatose. Sicher trifft dieses für einen Teil der Fälle zu, aber nicht generell. Ochi u. Mitarb. (1987) fanden im Bereich der Wachstumsfuge bei Makrodaktylie mehr Somatomedin-C-Rezeptoren als bei Polydaktylie. Somatomedin wird vom Wachstumshormon synthetisiert und spielt eine Rolle bei Wachstum und Differenzierung der Chondrozyten.
Pathogenese Die hyperplastische Veränderung betrifft in erster Linie den Knochen und das Fettgewebe. In vielen Fällen besteht außerdem eine deutliche Verdickung und Verlängerung der palmaren Fingernerven und ihres gemeinsamen Nervenstammes in der Hohlhand und sogar des N. medianus im Handgelenk. Histologische Untersuchungen zeigen eine Zunahme des endo- und perineuralen Bindegewebes, die Nervenfasern können dünn erscheinen mit schmaler Myelinscheide als Zeichen der Kompression (Moore 1942). Die Fingerarterie weist eine normale Wandstärke auf, hat aber ein erweitertes Lumen. Sowohl das enchondrale als auch das periostale Knochenwachstum ist betroffen, und dadurch sind die Knochen länger und dicker als normal. Diese Veränderungen nehmen von proximal nach distal zu. Außerdem scheint die Knochenreifung beschleunigt zu sein, erkennbar an vorzeitigem Auftreten knöcherner Epiphysenkerne (Minkowitz u. Minkowitz 1965, Inglis 1950). Ben Bassat (1966) fand eine bandförmige Schicht von Fibroblasten oder Osteoblasten zwischen Periost und Kortikalis. Sehnen, Muskeln und Haut sind lediglich entsprechend der Knochenhyperplasie vergrößert. Die Verkrümmung des Riesenfingers ist die Folge des asymmetrischen Wachstums. Tsuge (1967) fand bei solchen Fällen eine einseitige Hypertrophie eines palmaren Fingernerven. Auch eine einseitige Gefäßerweiterung wurde angiographisch festgestellt (Ogino 1998).
Epidemiologie Die Makrodaktylie ist eine seltene Fehlbildung. Ogino (1998) zählte 165 Fälle in der Literatur. Die Geschlechtsverteilung war ohne deutliche Bevorzugung. Bilaterales Vorkommen lag nur bei 10% der Fälle vor. Den Befall eines Fingers zeigten 30% der Fälle. Der Riesenwuchs von 2 Fingern ist häufiger als der von 3 Fingern. Am häufigsten waren Zeige- und Mittelfinger betroffen und am seltensten der Kleinfinger.
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6.4 Fehlbildungen der Hand
Klassifikation Temtamy und McKusick (1978) unterscheiden 2 Formen: 쐌 Typ I: Makrodaktylie als isolierte Anomalie: – IA = echte Makrodaktylie: mit Hyperplasie des Knochens, – IB = Pseudomakrodaktylie: ohne Knochenhyperplasie, Weichteilgigantismus durch Hämangiome, arteriovenöse Fisteln, Lymphödem (Schnürringkomplex). 쐌 Typ II: partieller Riesenwuchs als Teil eines Syndroms: Morbus Recklinghausen (Neurofibromatose), Morbus Ollier (Enchondromatose), Mafucci-Syndrom, Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom, Proteus-Syndrom, Morbus Milory und im Rahmen einer Hemihypertrophie. Die echte Makrodaktylie wird nach De Laurenzi (1962) in 2 Formen unterteilt: 쐌 Statische Form: Die Makrodaktylie besteht seit der Geburt und sie nimmt proportional zum übrigen Körperwachstum zu, auch „einfacher Riesenwuchs“ genannt (Windholz 1931, Pearn u. Mitarb. 1986). 쐌 Progressive Form: Die Makrodaktylie zeigt ein überproportionales und fortschreitendes Wachstum mit Ausdehnung nach proximal. Diese Form kommt häufiger vor und führt zur Verkrümmung des Fingers. Sie wird auch „Makrodystrophia lipomatosa progressiva“ genannt (Feriz 1926, Werthemann 1952). Dell (1985) unterscheidet 3 Typen: 쐌 Typ I: mit lipofibromatösen Hamartomen der peripheren Nerven, 쐌 Typ II: mit Neurofibromatosen, 쐌 Typ III: mit ausgeprägten Hyperostosen: Keine nervale Veränderungen, sondern blumenkohlartige, gelenknahe Exostosen mit zunehmender Versteifung (Fritzsche 1955, Ben Bassat 1966, Kelikian 1974, Klein u. Mitarb. 1992).
Diagnostik Klinische Diagnostik Die Makrodaktylie ist augenfällig und bereits nach der Geburt sichtbar, oder sie wird im Laufe des Wachstums auffällig und kann groteske Ausmaße annehmen. Das Knochenwachstum endet gewöhnlich mit der Pubertät, während das Weichteilvolumen weiter zunehmen kann (Tsuyuguchi u. Mitarb. 1983). Die Beweglichkeit der Fingergelenke ist von proximal nach distal zunehmend eingeschränkt. Sensibilitätsstörung und die Symptomatik eines Karpaltunnelsyndroms können vorliegen.
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Bildgebende Diagnostik Die Röntgenuntersuchung zeigt das Ausmaß der knöchernen Hypoplasie, das Vorliegen von Exostosen oder Enchondrome und den Zustand der Wachstumsfugen (wichtig für die Therapie). Periartikuläre Verkalkungen oder zystische Aufhellungen können als Zeichen eines überstürzten Knochenumbaus vorliegen. Die MRT zeigt die Fettmasse und gibt Auskunft über Gefäße und Nerven (Guthikonda u. Mitarb. 1994).
Differenzialdiagnose Von der echten Makrodaktylie ist der Riesenwuchs abzugrenzen, der von anderen Ursachen ausgeht. Die wichtigsten Erkrankungen dafür sind: 쐌 Fibrolipomatöses Hamartom: langsame Entwicklung des Tumors, überschüssiges Knochenwachstum nur gering (Ruppert 1998), 쐌 Neurofibromatose (Morbus Recklinghausen): kutane Neurofibrome und Café-au-lait-Flecken, 쐌 Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom: Hemihypertrophie, Hämangiome und Varikosis (McGrory u. Mitarb. 1991), 쐌 Proteus-Syndrom: Hemihypertrophie, Exostosen, pigmentierte Naevi und subkutane Tumoren (Hagari u. Mitarb. 1992, Reize u. Mitarb. 1997, Rink u. Mitarb. 1997).
Therapie Da der Riesenfinger oft unbeweglich ist und eher störend wirkt, soll bei Befall eines Fingers die Amputation mit der Verschmälerung der Hand in die Diskussion mit eingeschlossen werden. Folgende Eingriffe kommen in Betracht: 쐌 Verödung der Epiphysenfugen (Clinford 1959): Diese erfolgt während des Knochenwachstums, wenn der Riesenfinger die Größe des entsprechendes Fingers der Eltern erreicht hat (Abb. 6.72 a-c). 쐌 Reduktion der Weichteile (Fettmasse und Haut): Tsuyuguchi u. Mitarb. (1983) reseziert auch den veränderten palmaren Nerv aus kausalen Gründen und hofft auf Wachstumsstopp. Diese Hypothese konnte aber nicht bestätigt werden (Ishida u. Ikuta 1998). Über gute Sensibilität nach Nervenresektion wird berichtet (McCarroll 1950, Buck-Gramcko 1973, Kelikian 1974). 쐌 Resektionsarthrodese (Barsky 1967): vor allem des Endgelenks zur Fingerverkürzung und -begradigung (Abb. 6.73 a). Tsuge (1967) reseziert die distale Phalanx bis auf eine dünne dorsale Scheibe mit dem Fingernagel, die dann mit dem Grundglied fusioniert wird. Die überschüssigen Weichteile reseziert er in einer 2. Sitzung (Abb. 6.73 b). 쐌 Resektionsosteotomie (Millesi 1966): Nicht nur zum Verkürzen, sondern auch zum Verschmälern der Phalangen anwendbar (Abb. 6.73 c). Auch der MHK kann
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6 Angeborene Fehlbildungen
a
b
Abb. 6.72 a – c
a
c
Riesenwuchs des Zeige- und Mittelfingers vor (a u. b) und nach der Epiphysiodese (c).
b
Abb. 6.73 a – c Teilresektion beim Riesenwuchs: nach Barsky (a), nach Tsuge (b) und nach Millesi (c).
c
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Literatur
verkürzt werden (Hoshi u. Mitarb. 1973). Rosenberg u. Mitarb. (1983) mobilisieren den Fingernagel mit dem Nagelbett als Insellappen am Gefäßstiel, amputieren den Finger etwa in der Mitte des Mittelgliedes und versetzen den Nagel zurück. Der Fingernagel kann auch frei transplantiert werden (Sabapathy u. Mitarb. 1990). In der Regel werden mehrere Methoden miteinander kombiniert. Oft sind auch mehrere Sitzungen mit Nachkorrekturen erforderlich.
Ergebnisse Eine Wiederherstellung der Fingerform und -funktion ist kaum möglich. Die Ergebnisse sind nur begrenzt befriedigend, sie verbessern den Urzustand sind aber eine Kompromisslösung (Kotwal u. Farooque 1998). Literatur Afzal, A.R. u. Mitarb. (2000): Recessive Robinow syndrome, allelic to dominant brachydactyly type B, is caused by mutation of ROR2. Nat Genet 25: 419 – 422 Balci S. u. Mitarb. (1999): Phenotypic variability of triphalangeal thumb-polysyndactyly syndrome linked to chromosome 7 q36. Am J Genet 87: 399 – 406 Barsky, A.J. (1967): Macrodactyly. J Bone Jt Surg 49-A: 1255 – 1266 Bass, H.N. (1968): Familial absence of middle phalanges with nail dysplasia: a new syndrome. Pediatrics 42: 318 – 323 Bauer, B. (1907): Eine bisher nicht beobachtete kongenitale, hereditäre Anomalie des Fingerskelettes. Dtsch Z Chir 86: 252 – 259 Bell, J. (1951): On brachydactyly and symphalangism. In: Penrose, L.S. : The treasury of human inheritance. Vol. 5, Part 1. Cambridge Uni Press, London: 1 – 31 Ben Bassat, M. (1966): Congenital macrodactyly: a case report with three year follow-up. J Bone Jt Surg 48-B: 359 – 364 Bernd, L., A.K. Martini, M. Schiltenwolf (1990): Die Hyperphalangie beim Pierre-Robin-Syndrom. Z Orthop 128: 463 – 465 Blechschmidt, E., D. Petersen (1967): Die frühembryonalen Entwicklungsbewegungen des menschlichen Armes als Faktor möglicher Mißbildungen. Ergebn Chir Orthop 49: 62 – 111 Breitenbecher, J.K. (1923): Hereditary shortness of thumbs. J Hered 14: 15 – 21 Brooks, B., E.P. Lehman (1924): The bone changes in Recklinghausen’s neurofibromatosis. Surg Gynec Obstet 38: 587 – 595 Buck-Gramcko, D. (1973): Diskussionsbemerkungen zum Vortrag von D. Schöllner: Behandlung einer exzessiven Makrodaktylie. Handchirurgie 5: 97 Buck-Gramcko, D. (1998): Hyperphalangism of the fingers. In: Buck-Gramcko, D.: Congenital malformations of the hand and forearm. Churchill Livingston, London: 279 – 294 Buck-Gramcko, D. (1998): Triphalangeal thumb. In: Buck-Gramcko, D.: Congenital malformations of the hand and forearm. Churchill Livingston, London: 403 – 424 Buck-Gramcko, D., V.E. Wood (1993): The treatment of metacarpal synostosis. J Hand Surg 18-A: 565 – 581 Buckwalter, J.A. u. Mitarb. (1981): The absent fifth metacarpal. J Hand Surg 6: 364 – 367 Carstam, N., G. Theander (1975): Surgical treatment of clinodactyly caused by longitudinally bracketed diaphysis (delta phalanx). Scand J Plast Reconstr Surg 9: 199 – 202 Castle, J.E., S. Bass, I.O. Kanat (1993): Hereditary symphalangism with associated tarsal synostosis and hypophalangism. J Am Pediatr Med Assoc 83: 1 – 9
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6 Angeborene Fehlbildungen
6.4.4 Angeborene Kontrakturen Es handelt sich um Handfehlbildungen, die durch Anomalien der Muskeln und Sehnen verursacht werden, wobei die Ätiologie uneinheitlich ist.
Pollex flexus congenitus Angeborene Beugekontraktur des Daumenendgelenks, die durch eine angeborene Tendovaginitis stenosans mit Einschnürung des Ringbandes in Höhe des Metakarpophalangialgelenks sowie spindelförmiger Auftreibung der langen Daumenbeugesehne verursacht wird (congenital trigger thumb). Auch die Langfinger können betroffen sein. Das Verhältnis von Fingerbefall zu Daumenbefall liegt bei etwa 1 : 10 (Cardon u. Mitarb. 1999). Das unangenehme Hin- und Herrutschen des Sehnenknotens unterhalb des verdickten Lig. anulare wird von den Kindern vermieden, indem sie den Daumen gebeugt halten und nur in seltenen Fällen strecken.
Ätiologie Die Ätiologie ist unbekannt (Chia u. Mitarb. 1996). Eine genetische Prädisposition wird angenommen. Die Deformität kann familiär gehäuft vorkommen (Weber 1979, Steenwerckx u. Mitarb. 1996, Vyas u. Sarwahi 1999) und wird bei Zwillingen beobachtet (Neu u. Murray 1983, Thomas u. Dodds 1999). Zweifel an der These, dass der Pollex flexus oder schnellender Finger eine angeborene Anomalie ist, äußern Rodgers u. Waters (1994). Sie fanden bei 1046 Neugeborenen keinen einzigen schnellenden Daumen, geschweige denn den selteneren schnellenden Finger. Außerdem sahen sie in ihrem Patientengut keinen jünger als 3 Monate.
Epidemiologie Die Ermittlung der Häufigkeit ist wegen der möglichen Spontanheilung schwierig und weil viele Kinder an unterschiedlichen Stellen in unterschiedlicher Art behandelt werden. Ger u. Mitarb. (1991) geben die Häufigkeit in der größten Orthopädischen Kinderklinik in England mit 1 : 2000 an. Flatt (1977) gibt die Häufigkeit in seinem Patientengut mit 2,2 % an.
Diagnose Die Beugefehlstellung des Daumenendgelenks kann bei der Geburt vorliegen wird aber nicht immer wahrgenommen, sondern fällt erst später im 1. Lebensjahr auf. Am Anfang und in wenigen Fällen kann ein „Schnellen“ des Daumens beobachtet werden. Mit dem Wachstum nimmt die Kontraktur zu. Manchmal gibt der prominente Knoten auf der Beugeseite des Grundgelenks Anlass für den Arztbesuch. Über den Spontanverlauf haben Dinham u. Meggitt (1974) folgende Beobachtung gemacht. Etwa 30% der bei der Geburt festgestellten Fälle bilden sich innerhalb des ersten Lebensmonats spontan zurück. Wird die Diagnose erst zwischen dem 6. und 30. Lebensmonat festgestellt, verringert sich die Chance der Spontanheilung auf 12 %. Andere Autoren verneinen die Spontanheilung (Ger u. Mitarb. 1991, Steenwerckx u. Mitarb. 1996).
Differenzialdianose Es gilt, die Beugekontraktur des Daumenendgelenks von der seltenen Aplasie der Strecksehne abzugrenzen. Der tastbare Knoten und die sichtbare Strecksehne beim Anspannen gegen Widerstand sind wichtige Hinweise.
Therapie Konservative Therapie
Pathogenese Das Lig. anulare ist verdickt und verengt. Sampson u. Mitarb. (1991) stellten bei Erwachsenen eine fibrokartilaginäre Metaplasie des Ringbandes fest. Eine Anomalie der Sesambeine wird diskutiert (Van Genechten 1982). Hueston u. Wilson (1972) machen die Beugesehne verantwortlich. Diese hat eine lockere Struktur, die zur Fältelung der Sehnenoberfläche und zur Entstehung des Sehnenknoten führt, der die Bewegungssperre bewirkt. Die meisten Autoren betrachen den Knoten als sekundäre Erscheinung (Wood u. Sicilia 1972). Der Knoten bildet sich spontan nach der Ringbandspaltung zurück.
Die konservative Schienenbehandlung hat wenig Erfolgschancen und wird in der Regel von den Kindern nur in geringem Maße toleriert. Wenige Autoren führen vor der Operation eine Schienenbehandlung für 9 – 10 Monate durch (Tsuyuguchi u. Mitarb. 1985). Operative Therapie Die Operation ist einfach und mit bester Prognose, deshalb ist sie für uns die erste Wahl. Wir empfehlen die operative Behandlung im 1. Lebensjahr. Das Ringband wird durch Querschnitt dargestellt und gespalten. Bei schnellendem Finger ist die Spaltung des A1-Ringbandes nicht ausreichend, oft ist die Resektion eines Zügels der oberflächlichen Beugesehne oder Spaltung des A3-Ringbandes notwendig (Cardon u. Mitarb. 1999, Tordai u. Engkvist 1999).
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6.4 Fehlbildungen der Hand
Komplikation
Therapie
Die Verletzung des digitalen Nerves ist die häufigste Komplikation (Lupenbrille!).
Für die Behandlung dieser Deformität ist die genaue Pathologie zu ermitteln, welche Strukturen sind krankhaft oder fehlen und welche weiteren Symptome liegen vor, die für die Grunderkrankung sprechen. Beim Typ I wird die Schienenbehandlung für 1 Jahr empfohlen, kombiniert mit Dehnungsübungen und Sensibilitätstraining. Beim Typ II ist die operative Behandlung mit dem Ziel angezeigt, die Adduktionskontraktur durch Myotomie oder Ablösung des M. interosseus dorsalis I und M. adductor pollicis zu lösen. Die operativen Verfahren sind Zoder Lappenplastik und Sehnentransfer zum Ersetzen der Daumenstrecker oder Chondrodese, insbesondere bei Gelenkinstabilität. Einzelheiten der Operationstechnik sind in den entsprechenden Kapitel abgehandelt.
Ergebnisse Die Ergebnisse sind gut, Rezidive äußerst selten.
Der eingeschlagene Daumen Der „eingeschlagene Daumen“ ist eine extreme Form des schnellenden Fingers.
Synonyme Congenital clapsed Thumb, Pollex varus, Pollex adductus, Thumb-in-palm-deformity.
Definition Der Daumen ist im Grundgelenk gebeugt und adduziert und in die Hohlhand eingeschlagen. Die Erstbeschreibung geht auf Tamplin (1846) zurück.
Ätiologie Die Ursache ist eine Hypo- oder Aplasie der Daumenstrecker und möglicherweise des M. abductor pollicis longus. Die Deformität tritt oft bilateral auf (Weckesser u. Mitarb. 1968). Das männliche Geschlecht ist doppelt so häufig als das weibliche betroffen. Familiäres Vorkommen wurde in etwa 1/3 der Fälle beobachtet (Tsuyuguchi u. Mitarb. 1985). Diese Deformität kommt isoliert vor, aber auch oft als Teil eines Syndroms oder einer Erkrankung, wie z. B. Arthrogryposis, zerebrale Parese, Windmühlenflügel-Deformität, Freeman-Sheldon-Syndrom, MASA- und WaardenburgSyndrom.
Klassifikation McCarroll (1985) unterscheidet 2 Typen: 쐌 Typ I: passive Korrektur möglich (die Strecker fehlen), 쐌 Typ II: passive Korrektur nicht möglich (oft Teil eines Syndroms). Weitere Klassifikationen von Weckesser u. Mitarb. und Tsuyuguchi u. Mitarb. berücksichtigen die komplexe Deformität mit anderen Begleiterscheinungen wie Daumenhypoplasie und Polydaktylie.
Diagnose
223
Sehnenfehlbildungen Die Sehnen können fehlen oder hypoplastisch sein, sie können falsch inserieren oder haben abnorme Verbindung. Außerdem kann der dazugehörige Muskel fehlen.
Anomalien der Beugesehnen. Die häufigste Form ist die abnorme Insertion der oberflächlichen Sehne im Rahmen der Kamptodaktylie. Bei der Linburg-Comstock-Anomalie besteht eine Verbindung zwischen der Sehen des M. flexor pollicis longus (FPL-Sehne) und der tiefen Zeigefingerbeugesehne, so dass eine isolierte Beugung des Daumenendgelenkes nicht möglich ist (Linburg u. Comstock 1979). Die Anomalien der FPL-Sehne lassen sich in 4 Gruppen unterteilen: 1. Aplasie der Sehne. Diese kann uni- oder bilateral sowie familiär vorkommen. Der Daumen ist dünner als normal und die Beugefalte des Endgelenkes fehlt, das Endgelenk kann aktiv nicht gebeugt werden. Eine Erstbeschreibung stammt von Fromont (1895). Die Anomalie kann isoliert oder als Teil eines Syndroms auftreten (Usami 1987). Der Muskel kann auch fehlen oder es liegt eine dünne funktionslose Sehne vor, die im Bereich des Lig. carpi transversum (Retinaculum flexorum) endet (Miura 1981). 2. Fehlinsertion beim Pollex abductus. Die FPL-Sehne sitzt lateral und ist mit der Sehne des M. extensor pollicis longus (EPL-Sehne) verbunden (Tupper 1969), sie kommt bei Daumenhypoplasie oder Polydaktylie vor (Lister 1991). 3. Linburg-Comstock-Deformität. 4. Komplexe Anomalie (Uchida u. Mitarb. 1985) mit Hypoplasie des Daumens und der Thenarmuskulatur.
Da für Neugeborene diese Daumenstellung normal ist, kann die Diagnose erst ab dem 3. Monat festgestellt werden.
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6 Angeborene Fehlbildungen
Die operative Behandlung der Sehnenaplasie ist angezeigt bei Instabilität oder bei komplexer Anomalie. In Betracht kommen: 쐌 Chondro- oder Arthrodese des Endgelenkes, 쐌 Zweizeitige Wiederherstellung der Sehne. Bei der ersten Sitzung wird ein Sehnenkanal mittels Silikonstab gebildet. In der zweiten Sitzung Monate später wird entweder ein Sehnentransfer (FDS, DIV) oder eine Transplantation der PL-Sehne (M.-palmaris-longusSehne) durchgeführt. Die Ergebnisse der Sehnenplastik sind bescheiden. Eine Kooperation des Kindes ist erforderlich, deshalb ist die Operation erst ab dem 10. Lebensjahr angezeigt (Lister 1998). Beim Pollex abductus wird die Beugesehne abgelöst, mobilisiert, zentriert und reinseriert (Lister 1991), außerdem wird ein Ringband gebildet. Die Behandlung der komplexen Aplasie richtet sich nach dem hypoplastischen Daumen. Die Anomalien der Fingerbeugesehnen kommen oft im Rahmen weiterer Fehlbildung, wie z. B. bei Symbrachydaktylie, Symphalangie oder Kamptodaktylie vor. Ohne weitere Fehlbildung zeigen die oberflächlichen Beugesehnen Anomalien (Wood 1868, Baker u. Mitarb. 1981). Die Aplasie ist selten, häufiger wird die Hypoplasie beobachtet (Kaplan 1969) und am meisten kommt eine Verbindung oder gemeinsamer Stamm mit einer anderen superfizialen Sehne vor. Die Veränderungen werden meist im Bereich des Kleinfingers beobachtet. Die Anomalien der tiefen Beugesehne sind seltener, bekannt sind: 쐌 gemeinsamer Ursprung der Sehne des FDP II mit FPL (Murkami u. Edashige 1980), 쐌 Abgang der Sehne des FDP V von der oberflächlichen Beugesehne.
Bei den Anomalien der Fingerstrecker ist die Aplasie als alleinige Fehlbildung selten (Schenck 1964). Tsunge (1975) hat 5 Fälle beobachtet. Die Kombination mit Aplasie der Daumenstrecker wird als familiäre Deformität mit autosomal-dominantem Erbgang und inkompletter Penetranz beschrieben (Weckesser u. Mitarb. 1968, McMurtry u. Jochims 1977). Die Hypoplasie der Fingerstrecker wird beobachtet (Crawford u. Mitarb. 1966). Die Extensor-digiti-minimi-Sehne kann von der ECU-Sehne abgehen. Die Hypo- oder Aplasie des Mittelzügels – mit der Unfähigkeit das Mittelgelenk zu strecken – betrifft in der Regel einen einzelnen Finger. Im Laufe der Zeit entwickelt sich eine Beugekontraktur des Mittelgelenks. Diese Deformität kann mit der Kamptodaktylie oder mit dem schnellenden Finger verwechselt werden. Die Therapie erfolgt zunächst konservativ mit Schiene und Dehnungsübungen, um der Kontrakturentwicklung entgegenzuwirken. Die Wiederherstellung aller Fingerstrecker kann durch Verlagerung der oberflächlichen Beugesehne des Ringfingers nach dorsal durch die Membrana interossea und Spaltung derselben in 4 Zügel erfolgen. Fixation an der Streckhaube des MP-Gelenks oder an der Basis des Grundgliedes (Crawford u. Mitarb. 1966) (Abb. 6.74). Ein Handgelenksstrecker kann auch als Motor
Die Behandlung richtet sich nach der Gesamtdeformität und dem Funktionsausfall, der in der Regel gering ist.
Anomalien der Strecksehnen. Diese sind selten, die häufigste Anomalie ist die Hypo- oder Aplasie der Daumenstrecker. Die Anomalien der Daumenstrecker kommen als Teil eines Syndroms oder Erkrankung vor, z. B. beim FreemanSheldon-Syndrom oder der Arthrogrypose. Die EPL-Sehne kann fehlen, auch ohne weitere Fehlbildung (Zadek 1934). Wichtig ist die Abgrenzung vom Pollex flexus, bei dem ein Knoten beugeseitig des Grundgelenks sicht- und tastbar ist. Familiäres Vorkommen wurde dokumentiert (Kobayashi u. Mitarb. 1976). Das Fehlen beider Strecksehnen führt zum eingeschlagenen Daumen (White u. Jensen 1952). Die Therapie besteht im Sehnentransfer, z. B. der Indizisplastik. Falls die Indizissehne fehlgebildet ist, wird die ECRL-Sehne (M.-extensor-carpi-radialis-longus-Sehne) mittels eines Transplantates verlängert und am Daumenendglied knöchern fixiert.
Retinaculum extensorum oberflächliche Fingerbeugesehne
Abb. 6.74 Ersatz der Fingerstrecksehnen durch eine oberflächliche Fingerbeugesehne (Crawford 1966).
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6.4 Fehlbildungen der Hand
Seitenzügel
dienen und durch Sehnentransplantat verlängert werden. Die Rekonstruktion des Mittelzügels erfolgt durch Verlagerung der oberflächlichen Beugesehne nach dorsal oder es wird der Seitenzügel des Nachbarfingers verwendet (Snow 1976) (Abb. 6.75).
Kamptodaktylie Synonyme Crooked little finger, hammer finger, doigt crochu.
Definition Angeborene Beugekontraktur des Fingermittelgelenks. Die Erstbeschreibung geht auf Tamplin (1846) zurück. Landouzy (1885) gab der Deformität ihre Bezeichnung als Kamptodaktylie.
Ätiologie Ein autosomal-dominanter Erbgang mit unterschiedlicher Penetranz konnte nachgewiesen werden (Nowak 1937, Stoddard 1939, Brites u. Mitarb. 1998). Die Kamptodaktylie tritt auch sporadisch auf und kommt bei zahlreichen Deformitäten und Syndromen vor, wie z. B. radiale Klump-
225
Abb. 6.75 Wiederherstellung des Mittelzügels durch Verlagerung des Seitenzügels des Nachbarfingers (Snow 1976).
hand, Pierre-Robin-Syndrom, Freeman-Sheldon-Syndrom, Silver-Russel-Syndrom, Trisomie-4 P-Syndrom, 48 XXYYSyndrom, Spondylo-Kamptodaktylie- und Kamptodaktylie-Arthropathie-Coxavara-Perikarditis-Syndrom (LizcanoGil u. Mitarb. 1995, Stoll u. Mitarb. 1999, Faivre u. Mitarb. 2000).
Pathogenese Mehrere Theorien und unterschiedliche Befunde können nur einen Teil der Pathogenese erklären: 1. Strukturelle oder funktionelle Schwäche der Streckaponeurose über dem Mittelgelenk (Millesi 1968, Koman u. Mitarb. 1990). 2. Fehlinsertion des M. lumbricalis, dadurch wird die Gleitfähigkeit der FDS-Sehne behindert (Wilhelm u. Kleinschmidt 1968, McFarlane u. Mitarb. 1992, Minami u. Sakai 1993, Inoue 1994, Frank u. Mitarb. 1996). 3. Anomalien der FDS-Sehne, z. B. Verkürzung, Insertionsanomalie und Verbindung zur Palmaraponeurose oder zum Retinaculum flexorum bei fehlender Muskulatur (Furnas 1965, Smith u. Kaplan 1968, Martini u. Neusel 1985, Ogino u. Kato 1992, Hoogbergen u. Mitarb. 1996). 4. Abflachung der Gelenkflächen (Buck-Gramcko 1996). 5. Multifaktorelles Geschehen, nicht nur Sehnen und Muskeln sind beteiligt, sondern auch die Haut, Ligamente und das Bindegewebe (Smith u. Grobbelaar 1998).
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6 Angeborene Fehlbildungen
Die meisten Autoren halten die Veränderungen der Haut, Knochen und Bindegewebe für sekundäre Erscheinungen.
Epidemiologie Das Vorkommen der Kamptodaktylie wird mit weniger als 1 % angegeben (Jones u. Mitarb. 1974). Bilateraler Befall in etwa 2/3 der Fälle (Courtemanche 1969).
Klassifikation Nach dem Erscheinungsalter erfolgt eine Einteilung (Adams 1891, Flatt 1977) in: 쐌 bei der Geburt, dabei tritt etwa gleiche Geschlechtverteilung auf, 쐌 späteres Auftreten, etwa im 2. Lebensjahr, davon sind überwiegend Mädchen betroffen. Benson u. Mitarb. (1994) unterscheiden 3 Typen: 쐌 Typ I: Kindliche Kamptodaktylie. 쐌 Typ II: Erwachsene Kamptodaktylie. 쐌 Typ III: Kamptodaktylie im Rahmen eines Syndroms. Je nach Grad der Beugefehlstellung (Frank u. Mitarb. 1996): 쐌 Stadium I: Streckdefizit ohne oder mit geringer Hautverkürzung, 쐌 Stadium II: Beugekontraktur < 50°, 쐌 Stadium III: Beugekontaktur > 50° mit mäßiger oder ausgeprägter Hautverkürzung.
Diagnostik Am häufigsten ist der Kleinfinger betroffen, die Inzidenz nimmt bei den übrigen Fingern von ulnar nach radial stetig ab. Mehrere Finger können betroffen sein. Die Beugekontraktur des Mittelgelenks kann angedeutet bis extrem sein, beim letzten steht das Grundgelenk dann in Überstreckstellung. Die Beugung ist frei. Es besteht kein Schmerz und die funktionelle Beeinträchtigung ist gering (Musikspielen, Computer u.ä.). Die Beugekontraktur nimmt mit dem Wachstum zu. Die seitliche Röntgenaufnahme zeigt manchmal bereits im Frühkindesalter eine Abflachung der Gelenke und eine Delle proximal des Grundgliedköpfchens (Abb. 6.76 a u. b).
Differenzialdiagnose Es gilt die Abgrenzung zu: Arthrogryposis (oft mehrere Gelenke betroffen), Tendovaginitis stenosans (Knoten, Beuge- und Streckhemmung mit Schnapp-Phänomen), Hypo- oder Aplasie der Strecksehne (Carneiro 1993). Beim Erwachsenen ist in erster Linie an die digitale Form einer Dupuytren-Kontraktur zu denken (Strang- und Knotenbildung).
Therapie Konservative Therapie Als konservative Maßnahmen sind beim Kind Dehnungsübungen und die Versorgung mit einer dynamischen und/ oder statischen Schiene möglich und können zum Erfolg führen (Siegert u. Mitarb. 1990, Goffin u. Mitarb. 1994, Benson u. Mitarb. 1994). Die Behandlung soll langfristig Abb. 6.76 a u. b Kamptodaktylie DIII und IV beim Kind (a). Veränderung des Grundgliedköpfchens beim Erwachsenen (b).
a
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6.4 Fehlbildungen der Hand
für die Dauer von bis zu 20 Monaten durchgeführt werden (Hori u. Mitarb. 1987, Miura u. Mitarb. 1992). Operative Therapie Eine operative Behandlung ist beim Versagen der konservativen Therapie und bei extremer Fehlstellung angezeigt. Buck-Gramcko (1996) hatte die besten Ergebnisse bei den seltenen Fällen mit Fehlinsertion des M. lumbricalis an der oberflächlichen Beugesehne. In diesen Fällen ist eine aktive Streckung des Mittelgelenks beim Beugen des Grundgelenks nicht möglich. Nach Entfernung des M. lumbricalis ist die Funktion wieder hergestellt. Bei den übrigen Fällen rät er zur Zurückhaltung bei der Indikationsstellung zur Operation. Folgende Eingriffe kommen in Betracht, wobei die Operation nach Bedarf erweitert und kombiniert wird: 쐌 Verlängerung der beugeseitigen Haut durch Z- oder Lappenplastik. 쐌 Ablösung des Retinaculums cutis und der Septen (McCash 1975). 쐌 Revision der Beugesehne und der M. lumbricalis: Ablösung und/oder Resektion bei abnormer Insertion, Verlängerung der Beugesehne (Smith u. Grobbelaar 1998). 쐌 Schrittweise Arthrolyse des Mittelgelenks: Eröffnung der Sehnenscheide, Durchtrennung der Zügelbänder (check-rein), Inzision der palmaren Platte und evtl. der Seitenbänder. 쐌 Funktionstest des Mittelzügels der Strecksehne: in Beugestellung des Hand- und Grundgelenks geht das Mittelgelenk in Streckung (Smith u. Ross 1994). 쐌 Bei voller Streckung Fixation mit Kirschner-Draht. 쐌 Verlagerung der oberflächlichen Beugesehne auf die Streckaponeurose, wie bei der Ulnarislähmung (Millesi 1968). Gupta u. Burke (1990) verwenden die Indizissehne. 쐌 Bei ausgeprägter Gelenkkontraktur empfiehlt Saffar (1983) eine vollständige anteriore Tenoarthrolyse, wobei die Beugesehne samt Sehnenscheide und Gelenkkapsel vom Periost als eine Einheit abgelöst wird (Glicenstein u. Mitarb. 1995). Die Traktion mit einem Fixateur externe hat versagt (Hulsbergen-Kruger u. Mitarb. 1998). Postoperative Ruhigstellung für 4 Wochen, anschließend Krankengymnastik und Schienenversorgung für 4 – 6 Monate (Magalon u. Mitarb. 1997). Zeigt das Röntgenbild Veränderungen der Gelenkflächen, so kommt die subkapitale Aufrichtungsosteotomie oder die Arthrodese in Betracht.
Ergebnisse Freie Beweglichkeit kann nur in Ausnahmefällen erreicht werden, aber nur wenn eine klare Pathologie vorliegt, die durch eine einzige Maßnahme beseitigt wird. Bei den übrigen Fällen wird der Bewegungsumfang nicht wesentlich vergrößert, sondern in Richtung Streckung verlagert. Nicht selten entsteht eher eine störende Ankylose (Buck-Gramcko 1996) (Abb. 6.77).
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Vorgehen bei Kamptodaktylie Kind
Streckdefizit
Jugendliche (Veränderungen der Gelenkflächen) Kontraktur
< 50 °
> 50 °
Versager
6 Monate Schienenbehandlung Abb. 6.77
Lyse : Z-Plastik, Tendoarthrolyse
Korrekturosteotomie
Schema zum Vorgehen bei Kampodaktylie.
Windmühlenflügel-Deformität Synonyme Windblown hand, Windswept hand, en coup de vent, congenital ulnar drift, congenital cutaneous ulnar drift.
Definition Angeborene Beugekontraktur der MP-Gelenke mit ulnarer Deviation der Langfinger und Adduktionskontraktur des Daumens. Erstbeschreibung 1897 von Boix, der die Bezeichnung: „Deviation des doigts en coup de vent.“ von Brissaud prägte.
Ätiologie und Pathogenese Ätiologie und Pathogenese sind nicht bekannt. Die zahlreichen Synonyme und die Analyse der Befunde und Pathologie in der Literatur lassen annehmen, dass mehrere Syndrome ähnliche Handfehlbildungen aufweisen. Wood (1994) vermutet, dass in der Zukunft, durch mehr Erfahrung über die Pathogenese, die Deformität in mehrere Kategorien aufgeteilt wird, oder es sind alle beschriebenen Typen nur eine „forme fruste of arthrogryposis“. Wegen der Ähnlichkeit mit der Dupuytren-Kontraktur wurde die Fehlbildung als „angeborener Dupuytren“ gedeutet (Constantinescu u. Mitarb. 1938) bzw. als „retraction palmaire congenitale“ (Jorge 1926) oder „congenital fibrous substrata“ (McCash 1975) bezeichnet. Zancolli u. Zancolli (1985) fanden bei ihren Patienten atypische, derbe, subkutane Faserzüge, vor allem auf der ulnaren Fingerseite und klassifizieren die Deformität als segmentale Arthrogryposis. Für Fisk u. Mitarb. (1974) stellt eine Hypo- oder Aplasie der Strecksehnen das Hauptmerkmal dieser Fehlbildung dar. Sie erklären die ulnare Devia-
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6 Angeborene Fehlbildungen
tion durch die Zugkraft der Beuger und muskuläre Imbalance. Malkawi u. Tarawneh (1983) stellten anhand von Biopsien eine Kapselverdickung und Muskelatrophie fest, die sie für die Deformität verantwortlich machten. Ähnliche Befunde haben Vanek u. Mitarb. (1986) beobachtet und sprechen von einem separaten Typ einer myopathischen Arthogryposis. So (1992) stellte eine bis jetzt einmalige Kombination vor: Windmühlenflügel-Deformität mit Hypertrophie des Armes und abnormer Epiphyse an der Basis des 2. MHK. Lanz u. Mitarb. (1994) fanden bei 3 Patienten mit ulnarer Deviation und Beugekontraktur der Grundgelenke abnorme Muskelhyperplasien, jedoch keine Daumenbeteiligung dieser einseitigen Deformität und keine familiäre Anamnese. Die Windmühlenflügel-Deformität ist Bestandteil mehrerer Syndrome. Das bekannteste ist das Freeman-Sheldon-Syndrom, das 1938 unter dem Titel „Cranio-carpotarsale-Dystrophie“ veröffentlicht wurde. Das Syndrom wird charakterisiert durch einen typischen Gesichtsausdruck „Whistling-face“, Klumpfüße, Unterbrechung der Kontinuität zwischen Schädelbasis und Os frontale sowie die typischen Veränderungen der Hand. Nachdem bereits mehrfach familiäres Vorkommen beschrieben wurde, wird von den meisten Autoren ein autosomal-dominanter Erbgang mit unterschiedlicher Penetranz angenommen (Martini u. Banniza von Bazan 1982, Grünert u. Brug 1991, Kay 1999). Chromosomale Aberrationen ließen sich nicht nachweisen. Die Windmühlen-Deformität kommt auch beim Proteus-Syndrom vor (DeSmet u. Fryns 1994). Weitere Syndrome der Windmühlenflügel-Deformität wurden bekannt (Jaquemain 1966, Sallis u. Beighton 1972).
gerfurche. Im Laufe der Zeit kann es zur Überstreckung der Mittelgelenke im Sinne der Schwanenhals-Deformität und Überstreckung des Daumenendgelenks kommen. Beim Freeman-Sheldon-Syndrom stellt der kleine Mund Probleme bei der Nahrungsaufnahme dar. Der wie zum Pfeifen gespitzte Mund (Mikrosomie) ist auffällig bei domartig hohem Gaumen und breitem Philtrum. Das Gesicht ist starr (Abb. 6.78 a u. b). Weitere Veränderungen sind: Klumpfüße, Kleinwuchs und Kyphoskoliose. Röntgenologisch kommen Synostosen der Handwurzelknochen (Martini u. Banniza von Bazan 1982) oder der Metakarpalia (Wood 1994) vor.
Differenzialdiagnose Die Abgrenzung von einer distalen Arthrogryposis kann sehr schwer sein, wenn weitere charakteristische Merkmale fehlen (Hall u. Mitarb. 1982).
Therapie Die Schienenbehandlung wird allgemein als nicht erfolgversprechend bezeichnet. Die operative Behandlung wird frühzeitig empfohlen, bevor weitere anatomische Strukturen irreversibel verändert werden (Wood u. Biondi 1990). Das Vorgehen erfolgt stufenweise und in mehreren Sitzungen (Wenner u.
Klassifikation In der Klassifikation nach Zancolli werden 3 Typen unterschieden: 쐌 Typ I: fasziokutane Veränderungen, 쐌 Typ II: wie Typ I plus Verkürzung der Beugesehne, 쐌 Typ III: wie Typ II plus Schrumpfung des Kapsel-BandApparates und knöcherne Veränderungen. a
Diagnostik Die typische Windmühlenflügel-Deformität, insbesondere beim Freeman-Sheldon-Syndrom, ist bilateral und bereits nach der Geburt sichtbar. Der Daumen ist in die Hand eingeschlagen, die Hand zur Faust geschlossen und die Finger zeigen eine ulnare Deviation. Die Streckung der Finger ist passiv wie aktiv eingeschränkt, der Daumen lässt sich nicht abspreizen, die Schwimmhäute sind weit nach distal vorgewachsen (partielle Syndaktylie). Das Handgelenk steht meist in Überstreckstellung und die Beweglichkeit ist eingeschränkt, ebenso ist die Unterarmdrehung beeinträchtigt. Thenar und Hypothenar sind flach und atrophisch. Hautfältelungen sind atypisch mit Vierfin-
b Abb. 6.78 a u. b Die typischen Veränderungen des Gesichts und der Hände beim Freeman-Sheldon-Syndrom.
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6.4 Fehlbildungen der Hand
Shalvoy 1989). Im Vordergrund steht die Beseitigung der Beuge- und Adduktionskontraktur des Daumens (Mc Carroll u. Manske 1992). Zur Erweiterung und Vertiefung der ersten Kommissur kann eine Z-Plastik oder ein Schwenklappen vom Zeigefinger ausreichen, bei extremer Fehlstellung kann eine gestielte Lappenplastik erforderlich sein (Martini u. Banniza von Bazan 1982). Der M. adductor pollicis longus wird eingekerbt und der M. flexor pollicis brevis wird nach proximal verlagert, evtl. muss die Flexor-pollicis-longus-Sehne am Unterarm verlängert werden. Ebenso kann eine Kapsulotomie des Sattel- und Grundgelenks notwendig sein. Bei Subluxationsstellung des Grundgelenks empfiehlt sich die Arthrodese. In einer weiteren Sitzung wird die Sehnentransposition vorgenommen, um Opposition und Streckung zu ermöglichen (s. Syndaktylie u. eingeschlagener Daumen). An den Langfingern werden zunächst sämtliche Stränge durchtrennt oder abgetragen (Zancolli u. Zancolli 1985, Kay 1999). Falls die Beugekontraktur dadurch nicht behoben wird, erfolgt die Verlängerung der Beugesehnen am Unterarm. Die ulnare Deviation kann durch Zentrierung der Strecksehnen korrigiert werden. Auch die subkapitale Umstellungsosteotomie der Metakarpalia kommt in Betracht (Kelikian 1974). Postoperativ ist die Versorgung mit einer dynamischen und statischen Schiene erforderlich sowie Krankengymnastik und Ergotherapie.
Ergebnisse Eine Wiederherstellung der Handfunktion und des Erscheinungsbildes ist bei dieser schweren und vielschichtigen Deformität kaum möglich. Sowohl der Grob- als auch der Spitzgriff werden verbessert. Das Gesamtergebnis ist auch von der Grunderkrankung und vom Ausmaß der Deformität abhängig.
Weitere angeborene Kontrakturen
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Ätiologie Idiopatische Störung der Wachstumsfuge der Endphalanx. Eine abnorme Insertion oder ein starker Zug der tiefen Beugesehne an der Metaphyse des Endgliedes werden dafür verantwortlich gemacht (Dubrana u. Mitarb. 1995). Ein einfacher autosomal-dominanter Erbgang mit inkompletter Penetranz wird angenommen. Die Deformität kommt als alleinige Fehlbildung oder mit weiteren muskuloskelettalen Veränderungen, wie z. B. Kyphose, Genu valgum, Radialdefekt, Klumpfuß und progressive Myositis ossificans vor. Außerdem kann die Deformität auch als Teil eines Syndroms in Erscheinung treten, z. B. beim Turnerund Silver-Syndrom oder dem Cornelia-de-Lange-Syndrom.
Pathogenese Histologische Untersuchungen zeigten eine Lockerung der Wachstumsfuge (Ezaki 1999). Dementsprechend erscheint die Epiphysenfuge im seitlichen Röntgenbild erweitert, die Epiphyse ist elongiert, die Metaphyse dünn und die Diaphyse verbogen. Das Endgelenk zeigt keine Veränderungen (Abb. 6.79 a u. b).
Epidemiologie Die Häufigkeit beträgt in Japan 0,15% (Sugiura u. Mitarb. 1961). David u. Burwood (1972) fanden eine Kirner-Deformität bei 410 Patienten. Beide Geschlechter werden gleich befallen.
Klassifikation Sugiura u. Mitarb. (1961) unterscheiden 3 Phasen des Skelettwachstums im seitlichen Röntgenbild bis zur Knochenreife.
Hierzu zählen folgende Grunderkrankungen: Arthrogryposis multiplex congenita (Mertesdorf 1987, Büchler 1993) Arachnodaktylie, Marfan-Syndrom, Mucopolysaccharidose.
Therapie Die Richtlinien der Therapie entsprechen den bereits beschriebenen Vorgehensweisen.
Kirner-Deformität Kirner beschrieb 1927 eine angeborene bilaterale Deformität des Kleinfingerendgliedes. Das Endglied ist nach palmar-radial verbogen und der Fingernagel schnabelförmig geformt. Unilaterale Fälle (Adachi u. Mitarb. 1978) und ähnliche Veränderungen des Zeigefingerendgliedes wurden beschrieben (Brailsford 1953).
a
b
Abb. 6.79 a u. b Kirner-Deformität.
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6 Angeborene Fehlbildungen
a
b
Diagnostik Die Deformität wird im Alter zwischen 8 und 14 Jahren auffällig. Patienten haben keine Beschwerden und keine Funktionsbeeinträchtigung, lediglich beim Gitarre spielen oder ähnlichen Tätigkeiten.
Differenzialdiagnose Als Differenzialdiagnose soll an die Schädigung der Wachstumsfuge nach Trauma oder Infektion gedacht werden.
Therapie Eine Therapie ist selten erforderlich. Im Frühstadium kann eine nächtliche Schienung die Deformität mildern (Dykes 1978, Freiberg u. Forrest 1986). Eine operative Behandlung erfolgt bei wachsendem Skelett durch die dorsale Epiphysiodese (Niederweiser u. Segmüller 1979). Nach Wachstumsabschluss erfolgt die Korrekturosteotomie mit Entnahme eines Keils mit dorsaler Basis (Luppino u. Vaccari 1971). Carstam u. Eiken (1970) empfehlen die mehrfache Querosteotomie der beugeseitigen Kortikalis und das Aufrichten der Endphalanx nach Nagelentfernung, dann Fixation mit einem K-Draht (Abb. 6.80 a u. b). Literatur Adachi, Y. u. Mitarb. (1978): Kirner’s deformity. Jpn J Plast Reconstr Surg 21: 115 – 119 Adams, W. (1891): Congenital contraction of the fingers and its association with „hammer toe“ its pathology and treatment. Lancet II: 111 – 114 Bahabri, S. A. u. Mitarb. (1998): The camptodactyly-arthropathycoxa vara-pericarditis syndrome: clinical features and genetic mepping to human chromosome 1. Arthritis Rheum 41: 730 – 735 Baker, D.S. u. Mitarb. (1981): The little finger superficialis – clinical investigation of its anatomic and functional shortcomings. J Hand Surg 6: 374 – 378
Abb. 6.80 a u. b Operative Behandlung der Kirner-Deformiät: Epiphysiodese (a) und mehrfache Querosteotomie und Aufrichten des Endgliedes (b).
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6 Angeborene Fehlbildungen
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7
Osteochondrodysplasien – Osteonekrosen des Ellenbogens und Handgelenks M. Schiltenwolf 7.1 Lunatumnekrose 7.2 Weitere Knochennekrosen an der Hand und am Ellenbogen
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7 Osteochondrodysplasien – Osteonekrosen des Ellenbogens und Handgelenks
7.1
Lunatumnekrose
Synonyme Die Lunatumnekrose wurde 1843 zwar erstmals von Peste beschrieben, jedoch begründete Kienböcks radiologische Entdeckung 1910 die Krankheitsbezeichnung als Morbus Kienböck, die insbesondere im englisch und französisch sprechenden Ausland gebräuchlich ist (Kienböck’s disease bzw. maladie de Kienböck). Im deutschen Sprachraum wird auch der Begriff der Lunatummalazie verwendet.
Definition Es handelt sich um die Nekrose des karpalen Mondbeines mit dem für Knochennekrosen typischen stadienhaften Verlauf.
Ätiologie Selbst für die idiopathische Hüftkopfnekrose, die am besten von allen humanen Osteonekrosen untersucht ist, existieren keine geeigneten Tiermodelle zur Untersuchung der Ätiologie: Bekannte Risikofaktoren beim Menschen (z. B. Kortikosteroide) führen beim Tier nicht zum Hüftkopfeinbruch. Für die Mondbeinnekrose ist wegen der Handfunktionen des Menschen ein Tiermodell nicht denkbar.
____
Tab. 7.1
Einerseits wird ein ursächlicher Zusammenhang mit Verletzungen des Handgelenks behauptet. Nach schweren Handgelenkverletzungen wie perilunären Luxationen werden Mondbeinnekrosen beschrieben (Lesire u. Allieu 1982). Andererseits wird der Zusammenhang zwischen Trauma, Fraktur und Nekrose verneint (Koob 1973, Teisen u. Mitarb. 1990). Verschiedene ätiologische Modelle wurden diskutiert und wieder verworfen (Tab. 7.1) Es bestehen Hinweise für eine physiologisch problematische venöse Drainage des Mondbeines insbesondere in Extension, der Arbeitsstellung des Handgelenkes. Sowohl Plastinationsdarstellungen der Vaskularisation als auch das Druckverhalten des Mondbeines in Extension belegen eine anatomisch determinierte Gefährdung, die im benachbarten Kopfbein nicht festgestellt werden kann (Schiltenwolf u. Mitarb. 1996, 1997). Gemeinsam mit endogenen Faktoren (Radiusüberlänge, Mondbeinform, Radiusgelenkwinkel) und manueller Beanspruchung kann die Nekroseentstehung begünstigt werden (Abb. 7.1 a-c). Die Mondbeinnekrose kann nach Nr. 2103 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) nach zumindest 2-jähriger Berufstätigkeit mit Druckbelastungen als Berufskrankheit anerkannt werden („Erkrankungen durch Erschütterungen bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen“), ohne dort na-
Ätiologische Modelle der Mondbeinnekrose
Modell
Autoren
Jahr
Trauma
Kienböck
1910
Band- und Gefäßzerreißungen nach Trauma
Ståhl
1947
Trauma
Decoulx u. Mitarb.
1957
Hyperextensionstrauma mit Fraktur
Beckenbaugh u. Mitarb.
1980
Trauma mit Fraktur
Alexander u. Lichtman
1986
repetitives Mikrotrauma
Koken
1975
arterielle Minderdurchblutung in Extension des Handgelenks
Arterielle Minderperfusion
Gestörte Drainage
Handgelenkanatomie
Druckaufnahme
Ursache
Gelberman und Gross
1986
anlagebedingte arterielle Minderdurchblutung
Laarmann
1944
gestörte Vaskularisation bei Pressluftarbeiten
Schiltenwolf u. Mitarb.
1996
gestörte venöse Drainage bei manueller Arbeit
Hulten
1928
Radiusüberlänge
Tsuge u. Nakamura
1993
geringe radiale Handgelenkinklination
Navarro Koebke
1937 1990
Säulenbelastungsmodell des Karpus Beanspruchungsfolge
Giunta u. Mitarb.
1998
Beanspruchungsfolge (CT-Osteoabsorptiometrie)
Zapico
1966
Trabekelschwäche rautenförmiger Mondbeine
Segmüller
1981
Druckaufnahme des Karpus durch Mondbein wie Schlussstein eines romanischen Rundbogens
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235
7.1 Lunatumnekrose
a
[mmHg] 125 100 75 50 25 0
Blutleere Neutral- venöse stellung Stase Mondbeine gesund
Flexion Extension
Mondbeine nekrotisch
Kopfbeine c
b
Abb. 7.1 a – c Die Blutversorgung des Mondbeines sowie das Druckverhalten. a Zuflüsse (rot) zum Mondbein und zum Kopfbein in Neutralstellung. b Zuflüsse (rot) und Abflüsse (blau) des Mond- und Kopfbeines in Extension des Handgelenks: Beeinträchtigung der palmaren arteriellen Zuflüsse und des venösen Abflusses des Mondbeines durch gespannte Beugesehnen, dorsal durch Knicken und Abdrücken in der tiefen Mondbeinnische. Die intraossäre arterielle Versorgung durch Anastomosen im Mondbein ist aufrecht erhalten. Kräftige Abflüsse aus dem Kopfbein. c Druckverhalten gesunder und nekrotischer Mondbeine sowie von Kopfbeinen in Blutleere, Neutralstellung, venöser Stase, Flexion und Extension (Mittelwerte von jeweils 16 Knochen).
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236
7 Osteochondrodysplasien – Osteonekrosen des Ellenbogens und Handgelenks
mentlich gelistet zu sein. Die berufliche Verursachung ist umstritten.
Pathogenese Die Mondbeinnekrose beginnt fokal im proximalen Anteil, der der Fossa lunata des Radius gegenüberliegt. Wie alle Knochennekrosen folgt die unbehandelte Mondbeinnekrose einem gesetzmäßigen Stadienverlauf: Nach einem Knochenödem kommt es zum fokalem Untergang von Knochenmatrix, der lange von reparativen Vorgängen begleitet wird. Histologisch imponieren diese Reparaturversuche mit faserreichem Bindegewebe an den Grenzzonen zu den nekrotischen Läsionen. Im Fasergewebe finden sich zwar Gefäßneubildungen mit dilatierten Lumina, eine funktionierende Knochenneubildung wird jedoch durch das fibröse Narbenwebe verhindert (Kenzora 1983, Simank u. Schiltenwolf 1998). Störungen der Angiogenese, der Zytokinproduktion wie auch der knochenmorphogenetischen Proteine sind anzunehmen. Immunologisch wurden Antikörper gegen Phospholipide nachgewiesen (Alijotas u. Mitarb. 1990). Nach erfolglosen Reparaturversuchen und
____
Tab. 7.2
wiederholten Mikrotraumen des subchrondralen Knochens gibt die äußere Form des Mondbeines nach knapp 2 Jahren nach und führt nach ca. 4 Jahren aufgrund der Gelenkinkongruenz zur Handgelenkarthrose.
Klassifikation Die gebräuchlichen Klassifikationen spiegeln die – mittlerweile zum Teil widerlegten – ätiopathogenetischen Überzeugungen ihrer Autoren wider. Die jüngste aus dem deutschsprachigen Raum publizierte Klassifikation hält sich an den Spontanverlauf (Tab. 7.2).
Epidemiologie Die Mondbeinnekrose ist die dritthäufigste Knochennekrose des Menschen (Abb. 7.2). Sie betrifft vorwiegend Patienten zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr in einem Geschlechtsverhältnis männlich:weiblich von 2 : 1. Es handelt sich häufig um Personen, die einen Beruf mit manueller Beanspruchung ausüben.
Klassifikationen nach Decoulx u. Mitarb. (1957), Lichtman u. Mitarb. (1977) sowie Martini u. Schiltenwolf (1998)
Stadium I
Stadium II
Decoulx u. Mitarb. (1957)
Lichtman u. Mitarb. (1977)
– allgemeine Zunahme der radiolo- – unauffällige Knochenstruktur – normale Knochendichte gischen Dichte des Knochens – Verlust der normalen trabekulären – horizontale Frakturlinie Struktur – äußere Form erhalten
– fleckige Aufhellungen und Verschattungen
Martini u. Schiltenwolf (1998) IA nur KST-Pathologie: Signalminderung (T1-Wichtung), Ödem (T2-Wichtung) IB – Kondensation oder Mosaikstruktur des Mondbeins im Röntgenbild – Erhalt der Form
IIA – unterschiedliche Knochendichte – eventuell Verminderung der Tiefe – partielle Deformierung mit proximaler oder radialer Eindellung des radialen Anteils des Mondbeins IIB – Frakturierung – Erhalt der Mondbeinhöhe – Ståhl-Index1 negativ
Stadium III – wie Stadium 2, jedoch mit beginnender Fragmentation
Stadium IV – (vollständige Fragmentation bzw. Arthrose des Handgelenks) 1 2 3 2
IIIA – Zusammenbruch des Mondbeins – Proximalisierung des Kopfbeins IIIB – wie IIIA mit fixierter Drehung des Kahnbeins – Ulnardeviation des Os triquetrum
IIIA – Mondbeinkollaps – Ståhl-Index pathologisch
– wie III, zusätzlich Degeneration – Veränder
– Arthrose
IIIB – Karpuskollaps – Youm-Index2 oder Karpus-HöhenIndex nach Stähelin3 oder skaphoradialer Winkel4 pathologisch
Ståhl-Index (1947): Vertikale Höhe des Mondbeins: Durchmesser × 100 = 0,50 (pathologisch wenn 5 0.50) Youm-Karpus-Höhen-Bestimmung (1978): Höhe des Karpus: Höhe des 3. Mittelhandknochens 5 0,54 +/- 0,03 Stähelin-Karpus-Höhen-Index (1989): Youm-Wert der Gegenseite: Wert der erkrankten Seite = 1,00 +/- 0,015 Skaphoradialer Winkel pathologisch, wenn Winkel zwischen den Längsachsen von Radius und Skaphoid im Handgelenkseitenbild größer als 60o
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7.1 Lunatumnekrose
237
Abb. 7.2 Seltener Fall einer Mondbeinnekrose bei einem 13-jährigen Knaben (Stadium IIIB).
Diagnostik
Differenzialdiagnose
Klinische Diagnostik
Die radiologisch frühen Stadien der Lunatumnekrosen müssen von posttraumatischen Störungen der Knochentransparenz des Handgelenks abgegrenzt werden. Nach schweren Kontusionen des Handgelenks kann vorübergehend die Strahlendichte des Mondbeines zunehmen, während – rückstellungsbedingt – die der sonstigen Karpalknochen abnimmt. Ein Stadium IB kann somit vorgetäuscht werden (White u. Omer 1984). Intraossäre Ganglien sind lokalisiert szintigraphisch aktiv und kernspintomographisch (T2-Wichtung) eindeutig abzugrenzen.
Die Klinik der Lunatumnekrose ist unspezifisch. In den Anfangsstadien – solange die Erkrankung auf das Mondbein begrenzt ist – treten Handgelenksschmerzen, insbesondere streckseits und bei manueller Belastung auf. Mit dem Einbruch des Mondbeines nimmt die Klinik zu, so dass die meisten Erkrankungen erst in diesem Stadium diagnostiziert werden. Richtungsweisende klinische Untersuchungen stehen nicht zur Verfügung. Der unspezifische klinische Befund erklärt, warum die überwiegende Zahl der Lunatumnekrosen erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt werden. Laborchemische Untersuchungen gehören nicht zur Standarddiagnostik. Bildgebende Diagnostik Bei Schmerzen im Bereich des Handgelenks wird das Handgelenk in 2 Ebenen geröntgt. Ist das Röntgenbild ohne pathologischen Befund, sollte spätestens innerhalb der ersten 6 Wochen seit Schmerzbeginn eine Kernspintomographie in T1-, T2-Wichtung sowie nach Kontrastmittelgabe (0,1 – 0,2 mmol/kg Körpergewicht Gadolinium i. v.) veranlasst werden. Nur damit können Erkrankungen im IA-Stadium mit der besten Behandlungsprognose entdeckt werden (Abb. 7.3 a-f). Ist die Röntgenuntersuchung bereits richtungweisend, sind weitere bildgebende Untersuchungen nicht notwendig.
Therapie Die Therapie sollte sich am Stadium der Erkrankung orientieren. Behandlungsalgorithmen sind bislang nicht evaluiert. Die aktuelle wissenschaftliche Literatur erlaubt jedoch die Empfehlung, bei erhaltener Mondbeinform (bis Stadium IIB) Eingriffe zur Verbesserung der Durchblutungssituation und/oder der Drucksenkung im Handgelenk zu favorisieren und ab Stadium IIIA arthroplastische, arthrodesierende und denervierende Maßnahmen durchzuführen.
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7 Osteochondrodysplasien – Osteonekrosen des Ellenbogens und Handgelenks
a
b
c
d
e
f Abb. 7.3 a – f
Der natürliche Verlauf der Mondbeinnekrose. a Stadium IA mit Ödem (MRT, T2-Wichtung). b Stadium IB mit Mosaikstruktur. c Stadium IIA mit Kondensation und radialer Delle (subchondrale Fraktur).
d Stadium IIB mit Fraktur und erhaltener Höhe. e Stadium IIIA mit Mondbeinkollaps. f Stadium IV mit Karpuskollaps und Arthrose.
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7.1 Lunatumnekrose
Konservative Therapie Konservative Maßnahmen haben keinen Stellenwert in der Behandlung der Mondbeinnekrose. Zwar wird für die Stadien I die alleinige Ruhigstellung als Option angeführt, es fehlen jedoch prospektive Studien. Konservative Therapieansätze, die in die Pathophysiologie der Mondbeinnekrose eingreifen würden (Behandlung mit Zytokinen oder Wachstumsfaktoren), sind noch nicht erprobt. Operative Therapie
Fourage. Die intraossäre Dekompression durch Anbohrung (Fourage) zählt nicht zu den Standardverfahren. Kasuistische Beobachtungen rechtfertigen diese Operation in den Stadien IA und IB in Anlehnung an die Hüftkopfanbohrung bei der idiopathischen Hüftkopfnekrose (Schiltenwolf 1998, Vitek u. Schönbauer 1987). Radiusverkürzung und Ulnaverlängerung. Solange das Mondbein noch nicht zusammengebrochen ist, können Niveauoperationen durch Senkung des intraartikulären Drucks in die Pathogenese der Erkrankung ursächlich eingreifen (Hulten 1928, Horii u. Mitarb. 1990, Watanabe u. Mitarb. 1993). Der erniedrigte Gelenkdruck vermindert den intraossären Druck und verbessert die venöse Drainage. Eine Verkürzung des Radius von ca. 2 mm, was der Sägeblattstärke entspricht, ist ausreichend. Bei fehlendem Radiusvorschub kann der Eingriff auf eine dezente dorsale Keilentnahme reduziert werden. Die Ulnaverlängerung wird Z-förmig durchgeführt. Alle Verfahren werden mit einer Platte gesichert und sind übungsstabil (Abb. 7.4 a-d). Niveauoperationen werden auch bei mikrochirurgischrevaskularisierenden Eingriffen als additive Maßnahme zur Verbesserung der Durchblutungsverhältnisse empfohlen (Martini 1987). Operation nach Beck. Solange die Form des Mondbeines und somit auch der Gelenkknorpel noch erhalten sind, kann in seine intakte Hülle das gefäßgestielte und entknorpelte Os pisiforme transplantiert werden (Beck 1971). Die Operation nach Beck wird häufig mit einer Radiusverkürzung kombiniert, da der Wiederaufbau des Mondbeines dadurch beschleunigt wird (Martini 1987). Über einen palmaren Zugang wird das Erbsenbein mit seinem Gefäßstiel (aus der A.ulnaris) dargestellt und aus seinem Lager gelöst. Nach Entknorpelung wird es in das zuvor ausgehöhlte Mondbein transplantiert. Nach 3 – 4-wöchiger Ruhigstellung wird das Handgelenk zur Beübung freigegeben (Abb. 7.5 a-d). Operation nach Saffar. Nach dem Kollaps von Mondbein und Karpus kann das ursprüngliche Mondbein in seiner Form nicht wiederhergestellt werden. In das durch die Proximalisierung des Os capitatum verkleinerte Lager des Mondbeines kann das Os pisiforme mit seinem Knorpelüberzug und seinem Gefäßstiel transponiert werden (Saffar 1982).
239
Über denselben Zugang wie bei der Operation nach Beck wird das Os pisiforme nach Ausräumung des nekrotischen Mondbeines verlagert. Bei Luxationstendenz wird das verlagerte Os pisiforme für 3 – 4 Wochen mit einem Kirschner-Draht gesichert (Abb. 7.6 a u. b).
Karpusteilarthrodesen. Teilarthrodesen sind nach dem Karpuskollaps indiziert, wenn eine Wiederherstellung der ursprünglichen Mondbeinanatomie nicht mehr erreicht werden kann, jedoch die Anatomie des Handgelenks rekonstruiert werden soll (Abb. 7.7 a u. b). Die Skaphoid-Trapezium-Trapezoideum-(STT-)Arthrodese geht auf Peterson u. Lipscomb (1967) bzw. Watson u. Hempton (1980) zurück und lenkt die Lastaufnahme des Handgelenks von der zentralen Reihe (mit dem Mondbein) auf den radialen Pfeiler um. Gleiches wird durch die Skaphoid-Kapitatum-(SK-)Arthrodese erreicht. Die Arthrodesen beheben zudem den Karpuskollaps durch Fusion des palmar subluxierten Skaphoids in Repositionsstellung. Die Beweglichkeit verringert sich um ca. die Hälfte des freien Ausmaßes, der Kraftverlust ist deutlich geringer (Prommersberger u. Mitarb. 1998). Die Fusionen werden traditionell mit Kirschner-Drähten fixiert. Weitere Implantate sind Halteklammern und maßgerechte Platten. Bis zur knöchernen Durchbauung muss das Handgelenk über 8 Wochen ruhig gestellt werden. Operation nach Graner. Das von Graner u. Mitarb. 1966 beschriebene Verfahren ersetzt das entfernte Mondbein durch das nach proximal verlängerte Kopfbein. Zwischen proximalem und distalem Kopfbeinteil wird ein autologer Knochenblock gesetzt. Zusätzlich werden mit Ausnahme von Skaphoid, Trapezium und Pisifome alle Karpalknochen fusioniert. Proximal Row Carpectomy (PRC). Bei Zerstörung des Mondbeines, jedoch intakten Gelenkknorpelverhältnissen des Radius und der distalen Karpalreihe, bietet sich die Entfernung der proximalen Karpalreihe (Skaphoid, Lunatum, Triquetrum) an. Resektionsarthroplastik mit autogenem Interponat bzw. mit Silikonimplantat. Der arthroplastische Ersatz des Mondbeines mit einem autogenen Sehnen- oder Silikoninterponat hat gegenüber den Karpusteilarthrodesen in der Behandlung fortgeschrittener Erkrankungsstadien seinen Stellenwert eingebüßt. Denervierung. Im Stadium IV stellt die Denervierung des Handgelenks (Neurotomie insbesondere des N. interosseus dorsalis) eine palliative Option mit vorübergehender Schmerzlinderung dar. Präoperativ ist die zu erwartende Schmerzreduktion durch Blockade der zu durchtrennenden Äste des N. radialis und des N. ulnaris zu simulieren (Wilhelm 1966). Eine spezielle Nachbehandlung ist nicht notwendig.
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7 Osteochondrodysplasien – Osteonekrosen des Ellenbogens und Handgelenks
a
b
c
d Abb. 7.4 a – d Lunatumnekrose:
a Stadium IA (MRT, T1-Wichtung). b 2,5 Jahre nach Radiusverkürzung Restitutio ad integrum.
c Stadium IIA: Radiusverkürzung. d Nach Metallentfernung (1,5 Jahre später) Konsolidierung mit noch geringer Delle radial.
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7.1 Lunatumnekrose
a
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Abb. 7.5 a Das Os pisiforme mit der Gefäßversorgung ist dargestellt. Im Bereich der gestrichelten Linie werden die Sehne des M. flexor carpi ulnaris, die Ligg. pisohamatum und pisometacarpicum, der Ursprung des M. abductor digiti quinti und das Retinaculum flexorum durchtrennt. b Das Os pisiforme ist mobilisiert und angefrischt, das Retinaculum flexorum nach radial umgeschlagen. Die Beugesehnen werden nach radial verzogen. Das Mondbein ist ausgehöhlt. Nun kann das Os pisiforme am Gefäßstiel in die Mondbeinhöhle eingepflanzt werden. c Darstellung des ulnaren GefäßNerven-Bündels. Das Os pisiforme wird von drei Ästen, die nach ulnarwärts abgehen, versorgt. d Nach Aushöhlung des Mondbeines wird das Os pisiforme am Gefäßstiel in den Defekt verlagert.
Fortsetzung 䉴
b
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7 Osteochondrodysplasien – Osteonekrosen des Ellenbogens und Handgelenks
d
c Abb.7.5 c, d Fortsetzung
Abb. 7.6 a u. b Mondbeinnekrose im Stadium IIIA. Nach Ersatz des Mondbeines durch das Erbsenbein (Operation nach Saffar) steht das Kahnbein flektiert, so dass die Karpusarchitektur verändert ist.
a
b
Komplikationen
Ergebnisse
Übermäßige Verkürzungen des Radius stören die Gelenkmechanik des distalen Radioulnargelenks (Nakamura u. Mitarb. 1990). Alle die Anatomie des Handgelenks verändernden Eingriffe haben eine Einschränkung der Beweglichkeit und Verminderung der Kraft zur Folge. Schmerzen gelten als wesentliche und häufige Komplikation der Operation nach Graner u. Mitarb. (1966), die außerdem zur Nekrose des proximalisierten Kopfes und zur beschleunigten Handgelenkarthrose führen kann (Bartelmann u. Mitarb. 1998).
Das Behandlungsergebnis korreliert mit dem Stadium der Erkrankung bei Behandlungsbeginn. Solange die Mondbeinform noch erhalten ist, erbringen Dekompressionen durch Niveauoperation überwiegend gute Ergebnisse ohne spätere röntgenmorphologische Verschlechterung, so dass Heilung möglich ist (Condit u. Mitarb. 1993, Haußmann 1994, Kuschner u. Mitarb. 1992, Weiss 1993). Radiusverkürzungen scheinen den Ellenverlängerungen überlegen zu sein (Trail u. Mitarb. 1996). Keine Verbesserung der Ergebnisse nach Niveauoperation erbringen zusätzliche revaskularisierende Maßnahmen, z. B. durch Operation nach Beck, für die Stadien IIA und IIB (Bochud u. Büchler 1994, Horii u. Mitarb. 1990). Umgekehrt profitieren revaskularisierende Eingriffe durch
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Literatur
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Abb. 7.7 a u. b STT-Arthrodese bei Lunatumnekrose im Stadium IIIB, Stabilisierung mit Bumerang-Platte (a), nach Metallentfernung (b). Das Skaphoid ist aufgerichtet, die Karpusarchitektur wieder hergestellt.
a
b
zusätzliche Niveauoperationen, was die Bedeutung der Dekompression in der Therapie der Lunatumnekrose unterstreicht. Die Operation nach Saffar steht – da bei Lunatumkollaps indiziert – zwischen der PRC und den Teilarthrodesen. Weil das Os pisiforme kleiner ist als das Os lunatum, kann das transponierte Erbsenbein den Karpuskollaps nicht verhindern. Eigene Ergebnisse favorisieren die Operation nach Saffar gegenüber den Teilarthrodesen. Mittelfristige Ergebnisse nach Karpusteilarthrodesen sind günstig (Prommersberger u. Mitarb. 1998, Watson u. Mitarb. 1996, Sennwald u. Ufenast 1995). Sowohl die STTals auch die SK-Arthrodese verändern jedoch die Biomechanik des Radiokarpal- wie auch des Mediokarpalgelenks, so dass langfristige Gelenkstörungen nicht auszuschließen sind (Iwasaki u. Mitarb. 1998). Die Ergebnisse der PRC entsprechen im Wesentlichen den der Teilarthrodesen bei insgesamt deutlich geringerem operativen und postoperativen Aufwand (Begley u. Engber 1994, Nakamura u. Mitarb. 1998). Nach Denervierung des Handgelenks kann zwischen 8 und 10 Jahren mit signifikanter Schmerzreduktion nach positivem präoperativen Blockadetest gerechnet werden. Die Arthrose schreitet jedoch währenddessen voran (Martini u. Mitarb. 1983, Buck-Gramcko 1993).
Prognose. Die Behandlungsergebnisse korrelieren mit dem Stadium des Behandlungsbeginns; Befall der Arbeitshand, Geschlecht und Patientenalter beeinflussen die Prognose nicht. Eine Heilung durch Behandlung kann nur
bis zum Stadium IIA erwartet werden. Im eigenen Patientengut (Schiltenwolf u. Martini 1994) wurden 66 % der Diagnose erst im Stadium IIIA bzw. IIIB gestellt. Bis zur Diagnosestellung vergingen im Durchschnitt über 1,5 Jahre. Literatur Alexander, A.H., D.M. Lichtman (1986): Kienböck’s disease. Orthop Clin North Am 17: 461 – 417 Alijotas, J., M. Argemi, J. Barquinero (1990) Kienböck’s disease and antiphospholipid antibodies. Clin Exp Rheumatol 8: 297 – 298 Bartelmann, U., N. Richter, B. Landleitner (1998): Operation nach Graner zur Therapie der Lunatumnekrose. Literaturübersicht und eigene Ergebnisse. Handchir Mikrochir Plast Chir 30: 165 – 174 Beck, E. (1971): Die Verpflanzung des Os pisiforme am Gefäßstiel zur Behandlung der Lunatummalazie. Handchir 3: 64 – 67 Beckenbaugh, R.D., T.S. Shives, J.H. Dobyns, R.L. Linscheid (1980): Kienböck’s disease: The natural history of Kienböck’s disease and consideration of lunate fractures. Clin Orthop 149: 98 – 106 Begley, B.W., W.D. Engber (1994): Proximal row carpectomy in advanced Kienböck’s disease. J Hand Surg 19-A: 1016 – 1018 Bochud, R.C., U.E. Büchler (1994): Kienböck’s disease. Early stage 3-height reconstruction and core revascularisation of the lunate. J Hand Surg 19-B: 466 – 478 Buck-Gramcko, D. (1993): Wrist denervation in the treatment of Kienböck’s disaese. Hand Clin 9: 517 – 520 Condit, D.P., R.S. Idler, T.J. Fischer, H. Hastings (1993): Preoperative factors and outcome after lunate decompression for Kineböck’s disaese. J Hand Surg 18-A: 691 – 695 Decoulx, P., M. Marchand, P. Minet, J.P. Razemon (1957): La maladie de Kienböck chez le mineur. Lille Chir 12: 65 – 81 Gelberman, R.H., M.S. Gross (1986): The vascularity of the wrist. Clin Orthop Rel Res 202: 40 – 49
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7 Osteochondrodysplasien – Osteonekrosen des Ellenbogens und Handgelenks
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7.2 Weitere Knochennekrosen an der Hand und am Ellenbogen
7.2
Weitere Knochennekrosen an der Hand und am Ellenbogen
7.2.1
Mittelhand
Kasuistisch wird über weniger als 30 Fälle von Nekrosen der Metakarpalköpfchen, vorwiegend des 3. Strahles (Morbus Dietrich) berichtet. Eine Mitteilung bezieht sich auf die Nekrose der Basis des 2. Os metacarpale (Myerthall u. Graham 1999). In der Pubertät werden auch symmetrische Nekrosen der Basisepiphysen – vorwiegend der Mittel- seltener der Grund- und Endglieder – mit Verdichtungen und Fragmentierungen sowie meniskusförmigen Deformierungen beobachtet (Morbus Thiemann) (Thiemann 1909); sie folgen einem dominanten Erbgang und können mit Brachydaktylien vergesellschaftet sein. Eine Behandlung ist nicht notwendig. Die Prognose ist gut (Schiltenwolf u. Mitarb. 1989).
7.2.2 Karpus und distaler Unteram Karpale Nekrosen sind außerhalb des Mondbeines sehr selten, wahrscheinlich wegen einerseits geringer mechanischer Belastung, andererseits sicherer Vaskularisation durch karpale Anastomosenbögen aus den Aa. radialis, ulnaris sowie interossea posterior. Nur das Kahn- und Erbsenbein werden selektiv versorgt (Gelbermann u. Mitarb. 1983, Kuhlmann u. Guerin-Surville 1982).
Skaphoidnekrose (Morbus Preiser). Der Morbus Preiser (Preiser 1910) muss stets von den avaskulären Komplikationen der Kahnbeinfraktur unterschieden werden. Auch beim Morbus Preiser ist jedoch die ausschließlich retrograde Blutversorgung aus der A. radialis wesentlich, da keine Anastomosen zur Reparation der Nekrose zur Verfügung stehen. Neben einer möglichen Mitbeteiligung des Kahnbeins im Rahmen einer progressiven systemischen Sklerose (Kawai u. Mitarb. 1983) oder bei Gefäßerkrankungen (z. B. Kollagenosen) bleibt die ätiologische Deutung der Kahnbeinnekrose meist offen. Die Kahnbeinnekrose führt zur Sklerosierung, Fragmentierung und Formzerstörung sowie später zur Arthrose. Vielfältige Therapievorschläge wurden gemacht. Die Behandlung soll sich an der Schwere der Symptome und an den therapeutischen Überlegungen zur Radiokarpalarthrose orientieren (Amadio u. Taleisnik 1993, Ferlic u. Morin 1989, Vidal u. Mitarb. 1991) (Abb. 7.8). Kapitatumnekrose (Morbus Jonsson). Die Kapitatumnekrose ist selten und wird im Zusammenhang mit Vibrationsexpositionen und mechanischen Extensionsbelastungen der Hand durch Beruf und Sport gesehen (Bolton-
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Abb. 7.8 Röntgenbild einer Skaphoidnekrose (Morbus Preiser).
Maggs u. Mitarb. 1984, James u. Burke 1984, Murakami u. Nakajima 1984, Rahme 1983). Eine Klassifikation wurde von Milliez u. Mitarb. (1991) entsprechend der Lokalisation der Nekrose vorgestellt. Betroffen ist vorwiegend der proximale Pol. Im Spontanverlauf ist der Karpuskollaps nicht auszuschließen. Wegen der Seltenheit hat sich bislang keine Therapie etabliert. Durchgeführt wurden revaskularisierende Eingriffe, Karpusteilarthrodesen und Resektionsathroplastiken ohne wesentliche Unterschiede der Kurzzeitergebnisse. Nekrosen vom Hakenbein (Morbus Vogel), Trapezium (Morbus Harms), Triquetrum (Morbus Zimmer) und Pisiforme (Morbus Schmier u. Meyers) sowie Nekrosen der Apophysen des distalen Unterarms (radial nach de Cuveland, ulnar nach Burns) haben nur kasuistische Bedeutung (Kerschbaumer u. Bauer 1989, siehe auch: Breck 1971, Mau 1982, Pöschl 1974).
7.2.3 Ellenbogen Epiphysennekrosen und Osteochondrosis dissecans. Zu unterscheiden ist die Totalnekrose einer Ellenbogenepiphyse von der begrenzten Dissekatentwicklung. Nicht ausgeschlossen ist die Deutung der Osteochondrosis dissecans als Residuum einer inkompletten Nekrosenheilung. Am häufigsten wird die Nekrose des Capitulum humeri (Morbus Panner) (Panner 1927) beschrieben, sehr selten die der Trochlea humeri (Morbus Hegemann) (Hegemann 1951) sowie des Capitulum radii (Morbus Climescu). Betroffen sind fast nur Kinder und Jugendliche männlichen Geschlechts. Das Erkrankungsalter des Capitulum humeri liegt vor dem 10. Lebensjahr, des Capitulum radii kurz danach und der Trochlea in der Adoleszenz. Die Prognose der
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7 Osteochondrodysplasien – Osteonekrosen des Ellenbogens und Handgelenks
lenkkörper gilt durch die frühzeitige Entwicklung einer Arthrose als Präarthrose. Nur kasuistisch wird über Nekrosen der Epikondylen (Mygind u. Peterson) sowie des Olekranons (Iselin) berichtet. Literatur
Abb. 7.9
a
Röntgendarstellung eines Morbus Panner.
b
Abb. 7.10 a u. b Röntgenbild eines Morbus Hegemann in seitlicher (a) und dorsaler (b) Ansicht.
Ellenbogennekrosen korreliert mit dem Ausmaß der Gelenkinkongruenz (Abb. 7.9 und 7.10). Die Osteochrondrosis dissecans des Ellenbogens manifestiert sich klinisch vorwiegend im jungen Erwachsenenalter. Betroffen sind fast nur Männer und der rechte Arm. Solange kein freier Gelenkkörper vorhanden ist, sind operative Maßnahmen nicht indiziert. Der Erhalt von Dissekat und Knorpeldecke sollte bei freiem Gelenkkörper operativ angestrebt werden. Der Morbus Pannus mit freiem Ge-
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8
Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich 8.1 Grundlagen R. Hierner und L. Kleinschmidt
8.2 Läsionen des Plexus brachialis R. Hierner, L. Kleinschmidt und A. Berger
8.3 Tetraplegie L. Döderlein
8.4 Spastische Parese L. Döderlein
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
8.1
Grundlagen
R. Hierner, L. Kleinschmidt
8.1.1
Anatomie
Der Plexus brachialis bildet sich lateral des M. scalenus anterior und entsteht aus der Teilung und Wiedervereinigung des R. anterior der Spinalnerven C5 – Th1. In 62 % der Fälle entsendet C4 einen Ast zu C5. Seltener erhält Th1 einen Zustrom von Th2. Der Aufbau der Nervengeflechte kann bei den einzelnen Menschen unterschiedlich sein. Die häufigste Aufgliederung innerhalb des Plexus ist in (Abb. 8.1) dargestellt. Die ventralen Äste aus C5 und C6 verbinden sich und bilden den Truncus superior. Die Fasern aus C7 bilden den Truncus medius und die Fasern aus C8 und Th1 den Truncus inferior. Die Trunci (Primärstränge) teilen sich jeweils in einen dorsalen und ventralen Ast. Die ventralen Äste der Trunci superior und medius aus C5, C6 und C7 verbinden sich zum Fasciculus lateralis, die ventralen Äste des Truncus inferior aus C8 und Th1 bilden den Fasciculus medialis. Die dorsalen Äste aus allen drei Trunci – bestehend aus Fasern von C5 – C8 (aber nicht Th1) – bilden den Fasciculus posterior. Die Faszikeln teilen sich in die Endäste auf, die peripheren Nerven. Der Fasciculus posterior gibt die Nn. subscapulares und den N. thoracodorsalis ab und zweigt sich auf in den N. axillaris und N. radialis. Nachdem der Fasciculus medialis einen Ast aus dem Fasciculus lateralis empfangen hat, geht aus ihm der N. ulnaris hervor. Ein Ast des Fasciculus lateralis wird zum N. musculocutaneus; der andere Ast verbindet sich mit einem Ast aus dem Fasciculus medialis um den N. medianus zu bilden. Andere periphere Nerven verlassen an verschiedenen Stellen den Plexus. Die ventralen Äste der Trunci, der Fasciculus lateralis und medialis und die peripheren Nerven, die aus ihnen hervorgehen, versorgen die Flexoren der oberen Extremität. Die dorsalen Anteile der Trunci, der Fasciculus posterior und die peripheren Nerven, die aus ihnen hervorgehen, innervieren die Extensoren der oberen Extremität (s. Abb. 8.1). Nach Austritt der Spinalnerven aus den Foramina intervertebralia geben die ventralen Äste sog. Rami communicantes albi (präganglionäre sympathische Fasern) zu den sympathischen Ganglien ab und erhalten von diesen sog. Rami communicantes grisei (postganglionäre sympathische Fasern). C5 und C6 bekommen Fasern vom mittleren zervikalen Ganglion, C7, C8 und Th1 von den zervikothorakalen Ganglien. Postganglionäre Fasern werden hauptsächlich über C7, C8 und Th1 dem Plexus brachialis zugeführt. Diese sympathischen Fasern sind für Vasokonstriktion und Schweißdrüsenstimulation verantwortlich. Von gewisser Bedeutung sind auch die zervikalen sympathischen Fasern von C8 und Th1 die den N. trigeminus zur Orbita begleiten, wo sie zu ziliaren Nerven werden. Diese Fasern versorgen den M. tar-
salis superior (Müllerscher Muskel) und den M. dilatator pupillae. Unterbrechungen dieser Fasern, z. B. durch Avulsion der C8- und Th1-Wurzeln führt zu den charakteristischen klinischen Befunden der Ptosis (Ausfall des M. tarsalis superior), des Enophthalmus (Vortäuschung durch Verengung der Lidspalte) und der Miosis (Ausfall des M. dilatator pupillae), zusammen bekannt als Claude-Bernhard-Horner-Syndrom. Falls ein Ast aus C4 in den Plexus übergeht, entspricht dies meist einer Kranialverschiebung des Plexus. Man spricht von einem präfixierten Typ. Umgekehrt kann der Plexus von Th2 mit gebildet werden. Bei Kaudalverschiebung des Plexus spricht man von einem postfixierten Typ. Die intraneurale Anordnung des Plexus brachialis wechselt in Intervallen die kleiner als 1 cm sind, wodurch es im Verlauf schwierig ist, die gerade bestehende intraneurale Faszikelanordnung zu bestimmen. Obwohl die Hauptfaszikel eine ungefähr konstante intraneurale Position haben, ist es durch die zahlreichen Variationen des Plexus brachialis nicht möglich, eine universelle topographische Karte aufzustellen. Durch mikroskopische Studien konnten trotzdem einige Information über die intraneurale Topographie gewonnen werden (Abb. 8.2). Der menschliche Plexus brachialis enthält 100 000 – 160 000 Nervenfasern. Die meisten Faszikel beinhalten motorischen und sensiblen Fasern, nur wenige enthalten ausschließlich motorische oder sensible Nervenfasern. Die Nerven bestehen zu einem relativ großen Teil aus Bindegewebe, dessen Dichte von proximal nach distal zunimmt. Dieses Bindegewebe dient primär als mechanischer Schutz des Plexus.
8.1.2
Funktion des Plexus brachialis und seiner Endäste
Die Bestimmung der segmentalen Zuordnung der peripheren Nerven und Muskeln hat sich für Anatomen und Kliniker als eine schwierige Aufgabe erwiesen. Der Weg der Spinalnerven durch den Plexus ist aufgrund der eng miteinander verflochtenen Nervenfasern nicht klar erkennbar. Da es fast unmöglich ist, den Verlauf eines einzelnen Nerven durch das Labyrinth seines Plexus zu verfolgen, stammen die Kenntnisse über die segmentale Zuordnung hauptsächlich aus klinischen Beobachtungen. Eine Vielfalt an Aussagen über die segmentalen Ursprünge der Nerven und der Innervation der Muskeln ist die Folge dieser empirischen Methode. Bei der Diagnose und Lokalisation einer Nervenläsion gilt es diese Schwankungen zu berücksichtigen (Abb. 8.3).
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8.1 Grundlagen
249
Abb. 8.1 a u. b Makroskopische Anatomie des Plexus brachialis. In der schematischen Abbildung (a) sind die Wurzeln etwas auseinander gezogen (nach: v. Lanz-Wachsmuth).
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250
8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
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C5 sc p
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C8
u
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u mcfa
Th 1
C4 N. phrenicus N. suprascapularis
C5 C6
N. axillaris
Fasciculus posterior C7
Fasciculus lateralis
N. radialis MCN Med Med
N. musculocutaneus (MCN)
N. medianus (Med)
Fasciculus medialis
N. ulnaris (Uln)
Abb. 8.2 Mikroskopische Anatomie (Faszikelverteilung) des Plexus brachialis (nach: Narakas bzw. Terzis).
N. cutaneus (MBC)
C8
Uln MBC
Uln
N. thoracicus longus
Med
Th 1
Th 2
Abb. 8.3 Kernsäulen auf Rückenmarkebene und 䉴 segmentale Versorgung der Muskulatur (Markierung der sog. Kennmuskeln).
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8.1 Grundlagen
251
Funktionen
Schulteradduktion/-abduktion Schulteraußenrotation
Diaphragma
Wurzeln Nerven N. phrenicus
C4
C5
Fingerflexion Daumenflexion radiale intrinsische Funktion ulnare HG-Flexion
Pronation Daumenopposition Ellenbogenstreckung radiale HG-Streckung
C6
C7
Thenarfunktion
C8
Th 1
Diaphragma
N. accessorius N. dors. scapulae Pars supraclavicularis
Schulterflexion/-extension Schulteradduktion/-abduktion Ellenbogenflexion Pronation, Supination radiale HG-Beugung/-streckung
Trapezius Rhomboidei
N. thoracicus longus N. subclavius N. suprascapularis Ansa pectoralis: Nn. pectoralis lat. et med. Nn. subscapulares
Serratus anterior Subclavius Supraspinatus Infraspinatus Pectoralis minor Pectoralis major (Pars claviculares) Pectoralis major (Pars sternales) Teres major Subscapularis Latissimus dorsi
N. thoracodorsalis N. axillaris
Deltoideus Teres minor Triceps brachii
Fasciculus lateralis
Fasciculus posterior
Brachioradialis Supinator Extensor carpi radialis longus et brevis Extensor digitorum communis
N. radialis
Extensor indicis Extensor digiti minimi Extensor carpi ulnaris Abductor pollicis longus Extensor carpi radialis longus Extensor carpi radialis brevis N. musculocutaneus
Coracobrachialis Biceps brachii Brachialis Pronator teres Pronator longus Palmaris brevis Flexor digitorum superficialis
Fasciculus medialis
N. medianus
Flexor digitorum profundus Flexor pollicis longus Pronator quadratus Abductor pollicis brevis Opponens pollicis Flexor pollicis brevis Lumbricales II, III Flexor carpi ulnaris Flexor digitorum profundus IV, V
N. ulnaris
Abb. 8.3
Adductor pollicis Flexor pollicis brevis Abductor digiti minimi Opponens digiti minimi Flexor pollicis brevis (Caput profundum) Interossei Lumbricales
(Legende gegenüber)
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252
8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
8.1.3
Das integrative Therapiekonzept
Für die Diagnostik und Therapie von Läsionen im Bereich der Hirnnerven und der peripheren Nerven (Plexus brachialis und dessen terminale Endäste) verwenden wir ein integratives Therapiekonzept, welches neben der primär anzustrebenden Nervenrekonstruktion sekundäre Muskelersatzoperationen und (tertiäre) adjuvante Eingriffe umfasst. Die Therapiedauer beträgt unabhängig von der gewählten Primärtherapie (konservativ versus operativ) etwa 3 – 5 Jahre. Während dieser Zeit ist eine physikalische Basistherapie – in unterschiedlicher Form und Intensität – fortzuführen. Unabdingbare Voraussetzungen für eine erfolgreiche primäre oder sekundäre Wiederherstellung der Funktion sind stabile knöcherne Verhältnisse, ein „ersatzstarkes“ Transplantatlager und freie passive Gelenkbeweglichkeit. Nur durch eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit kann ein optimales Therapieergebnis erreicht werden. Mitglieder des Therapieteams sind neben dem Chirurgen (Plastische Chirurgie, Neurochirurgie, Orthopädie, Unfallchirurgie) – oft in Verbindung mit dem Neuropathologen – Hausarzt („Drehscheibe“), Physiotherapeut (Krankengymnastik, Ergotherapie), Neurologe und in besonderen Fällen anästhesiologische Schmerzambulanz (bei Deafferenzierungsschmerzen oder Kausalgien), Sozialdienste, Arbeitsamt, Berufsgenossenschaft (berufliche Rehabilitation bzw. Wiedereingliederung), Orthopädietechniker (Hülsen- und Schienenapparate), Psychotherapeuten und Selbsthilfegruppen. Der stetige Informationsaustausch innerhalb des Teams ist außerordentlich wichtig (Abb. 8.4). Ein optimales Behandlungsergebnis kann nur ereicht werden, wenn alle Mitglieder des Therapieteams lückenlos zusammenarbeiten. Auf die Bedeutung der prä- und postoperativen Physiotherapie muss besonders hingewiesen werden. Für ein gutes Ergebnis ist es immer günstig, wenn der Patient vor der Operation gelernt hat, den ausgewählten Muskel bewusst isoliert anzuspannen. Darüber hinaus sollte immer ein spezielles Auftrainieren des zu transponierenden Muskels durchgeführt werden. Der nervalen Rekonstruktion durch spontane Regeneration oder frühzeitige mikrochirurgische Versorgung wird höchste Priorität gegeben. Bei Ausbleiben oder inadäquater Spontanregeneration können durch Neurolyse oder einer direkten spannungsfreien Naht (in seltenen Fällen) bzw. durch Nerventransplantation in der Regel die besten funktionellen Ergebnisse erzielt werden. Je besser die Sensibilität im Handbereich („taktile Gnosis“) rekonstruiert werden kann desto besser werden die wiedergewonnenen motorischen Funktionen eingesetzt. Darüber hinaus nimmt auch die Anzahl der für sekundäre motorische Ersatzoperationen zur Verfügung stehenden Muskeln signifikant zu.
Liegt zum Zeitpunkt der Nervenläsion kein Nervendefekt vor, sollte – vorausgesetzt der Allgemeinzustand des Patienten erlaubt es – wenn möglich eine spannungsfreie primäre Nervennaht durchgeführt werden (seltene Ausnahmesituation). In allen anderen Fällen erfolgt die Versorgung der Nervenläsion sekundär nach 3 bis maximal 6 Monaten mit Hilfe einer Nerventransplantation. Da die funktionellen Ergebnisse nach Nerventransplantation 6 Monate nach Unfall aufgrund einer Endorganschwäche in den reinnervierten Muskeln deutlich schlechter wird, muss die nervale Rekonstruktion Priorität gegenüber sekundären traumatologischen Eingriffen haben. Abhängig von der Entfernung zwischen der Höhe der Läsion und dem Muskel sollte eine nervale Rekonstruktion mit dem Ziel der Verbesserung der Motorik nicht später als nach 12 maximal 18 Monaten (schulternahe Muskulatur) durchgeführt werden. Soll nur eine Verbesserung der (protektiven) Sensibilität erreicht werden, kann eine nervale Rekonstruktion auch noch nach 24 – 36 Monaten durchgeführt werden. Bei allen mikrochirurgischen Nervennähten ist eine postoperative Ruhigstellung für 10 Tage obligat, weshalb nie gleichzeitig Sehnen- und/oder Gelenkeingriffe durchgeführt werden dürfen. Übungsstabilität im Bereich der Nervennaht besteht nach 3 Wochen. Durch einfache oder multiple Sehnenumsetzplastik(en) kann eine spezifische Bewegungsform wiederhergestellt, verstärkt (augmentiert) oder ausbalanciert (z. B. muskuläre Kokontraktionen) werden. Sehnentranspositionen können sowohl monopolar, d. h. nur eine Insertion wird verändert, als auch bipolar, d. h. Ansatz und Insertion werden abgelöst und neu inseriert, durchgeführt werden. Sie können ein (monoartikulär) Gelenk oder mehrere (polyartikulär) Gelenke bewegen. Sekundäre Ersatzoperationen sind im Allgemeinen 2 – 3 Jahre nach erfolgter Nervenrekonstruktion möglich. In seltenen Fällen kann die Sehnentransposition auch gleichzeitig mit der Nervenrekonstruktion erfolgen. Vor allen im Bereich des N. radialis (Oberarmsegment) hat sich ein derartiges Vorgehen bei Patienten, die älter als 50 Jahre sind, bewährt. Eine weitere Ausnahmeindikation ist der primäre, zum Zeitpunkt der Nervenrekonstruktion bereits geplante, Muskel-/Sehnentransfer. Stehen bei ausreichender Innervation keine Muskel-Sehnen-Gruppen für die Transposition zur Verfügung (direkte Muskelschädigung, Muskeldegeneration bei einer Denervationszeit > 2 – 3 Jahre), kann eine freie mikrovaskuläre funktionelle Muskeltransplantation durchgeführt werden. Fehlt eine ausreichende Innervation, kann mit Hilfe eines mehrzeitigen Vorgehens ein Nerventransplantat vorgelegt werden, um dann bei ausreichender Axonzahl im Bereich des distalen Transplantatstumpfes eine freie mikrovaskuläre Muskeltransplantation durchzuführen.
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8.1 Grundlagen
Diagnostik- und Therapieteam Chirurgie/(Neuro-)Pathologie Physiotherapie
Neurologie
Hausarzt/Patient
253
Abb. 8.4 Das „integrative Therapiekonzept“ bei Läsionen peripherer Nerven.
Schmerzambulanz (Anästhesie)
Orthopädie-Techniker
Psychotherapeut
Sozialdienste/Arbeitsamt/ Berufsgenossenschaft
Selbsthilfegruppen
Nervenrekonstruktion (0 – 18 Monate) : – Neurolyse (0 – 18 Monate) – direkte spannungsfreie Koaptation (0 – 18 Monate) – Nerventransplantation (0 – 18 Monate)
Therapieverlauf
Muskel-Sehnen-Transposition (24 – 36 Monate) : – monopolar/bipolar – monoartikulär/polyartikulär freier funktioneller mikrochirurgischer Muskeltransfer : – einzeitig – mehrzeitig Adjuvante Eingriffe : – Botulinustoxin – Tenodese – Kapsulodese – Orthetische Hilfsmittel – Schienen – Hülsenapparate
Notwendige Voraussetzungen
• stabile knöcherne Verhältnisse • „ersatzstarkes“ Transplantatlager • frei passive Gelenkbeweglichkeit (Physiotherapie)
Zum Zeitpunkt der Operation müssen notwendige Voraussetzungen für sekundäre Ersatzoperationen erfüllt sein: 1. Die Weichteilverhältnisse sollen ohne Probleme Muskel- und Sehnenverlagerungen zulassen, oder der Weichteilmantel muss vor oder gleichzeitig mit der Ersatzoperation wiederhergestellt werden können (z. B. myokutaner M.-latissimus-dorsi-Transfer). 2. Die passive Gelenkbeweglichkeit muss frei sein, da Weichteilkontrakturen zu einem signifikanten Bewegungs- und Kraftverlust bis zum Fehlschlag des Muskeltransfers führen. 3. Die für den Transfer ausgewählten Muskeln sollten entweder eine ähnliche Funktion haben oder in der gleichen Bewegungsphase aktiviert werden. 4. Der Muskel muss als ganzes transponiert werden. Es ist nicht sinnvoll, dass der gleiche Muskel als Agonist und Antagonist eingesetzt wird. 5. Neben einer ausreichenden Bewegungsamplitude muss die sekundäre Ersatzoperation auch die Kraft (Muskelquerschnitt) ausreichend wieder herstellen. Um einen unnötigen Kraftverlust zu vermeiden, sollte ein möglichst gerader Verlauf gewählt werden. Ist eine Richtungsänderung notwendig, müssen Umlenkvorrichtungen („pulley“) vorhanden sein.
6. Die richtige Spannung des Muskel-Sehnen-Transfers spielt eine entscheidende Rolle für dessen Funktion. 7. Bei der Sehnenumlegung ist vor allem auf die Schonung des Paratendineums zu achten, um die Gleitfähigkeit zu erhalten. Verletzungen führen zu Adhäsionen mit Funktionseinschränkungen. 8. Schließlich muss auch der Spenderdefekt eines jeden Muskeltransfers beachtet werden. Der durch das Umsetzen des Spendermuskels zu erwartende Funktionsgewinn muss größer sein als der Funktionsverlust an der Entnahmestelle. Da bei den Patienten mit Plexus-brachialis-Läsion oft regenerierte Muskeln für eine motorische Ersatzoperation eingesetzt werden, müssen einige Besonderheiten beachtet werden. Nur Muskeln mit einer Kraftentwicklung > M3 sind für eine Transposition sinnvoll. Wegen einer beeinträchtigten Innervation können die umgesetzten Muskeln oft nur unergonomisch eingesetzt werden, was bei der Auswahl des Operationsverfahrens zu bedenken ist. Aufgrund der höheren Fibroserate, der geringeren Muskelmasse und der beeinträchtigten Innervation sind regenerierte Muskel weniger widerstandsfähig.
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254
8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
Die Auswahl des Verfahren wird neben den defektbedingten Faktoren auch von patientenbedingten Faktoren signifikant beeinflusst. Zu den patientenbedingten Faktoren gehören Alter, Geschlecht, allgemeiner Gesundheitszustand, Beruf und Freizeitverhalten, Intelligenz, Wünsche des Patienten, Compliance, soziales Umfeld und Motivation. Die bisher genannten Rekonstruktionsverfahren können durch adjuvante Eingriffe zu jedem Zeitpunkt der Therapie funktionell oft deutlich verbessert werden. Neben der Möglichkeit der Tenodese und Kapsulodese sollte auch die Arthrodese bedacht werden. Schließlich können auch orthetische Hilfsmittel und Hülsenapparate eingesetzt werden, um die Funktionalität der gesamten Extremität zu verbessern. Zur Optimierung der Nervenregeneration und zur Therapie von Kokontraktionen kann die intramuskuläre Injektion von Botulinustoxin erfolgreich eingesetzt werden.
Literatur Alnot, J.-Y., A. Narakas (1995): Les paralysies du plexus brachial. 2e ed. Masson, Paris Berger, A., E. Schaller, P. Mailänder (1991): Brachial plexus injuries: An integrated treatment concept. Ann Plas Surg 26: 70 – 76 Berger, A., P. Brenner (1995): Secondary surgery following brachial plexus injuries. Microsurgery 16: 43 – 47 Boome, R. (1999): The brachial plexus. Churchill, Edinburgh Kline, D.G., A.R. Hudson (1995): Nerve injuries – Operative results for major nerve injuries, entrapments, and tumors. Saunders, Philadelphia Mantkelow, R.T. (1993): Functioning free muscle transfer. In: Green, D.P.: Operative Hand Surgery. 3rd ed., vol. 1. Churchill, New York: 1159 – 1177 Millesi, H. (1992): Chirurgie der peripheren Nerven. Urban Schwarzenberg, München Narakas, A. (1987): Läsionen des Plexus cervicobrachialis. In: Mummenthaler, M., H. Schliack: Läsionen peripherer Nerven. 5. Aufl. Thieme, Stuttgart: 161 – 210
Läsionen des Plexus brachialis
8.2
R. Hierner, L. Kleinschmidt und A. Berger Erworbenen Läsionen des Plexus brachialis können durch eine Entzündung, ein akutes Trauma (geburtstraumatisch, posttraumatisch), chronische Schädigungen durch Kompression (Thoracic-outlet-Syndrom), Bestrahlung oder einen Tumor (primär oder sekundär) bedingt sein (Tab. 8.1).
ergebnis erreicht werden. Die dafür notwendige Teambildung mit ausreichender Erfahrung kann nur durch eine überregionale Organisierung erzielt werden. Vor allem die frühzeitige soziale und berufliche Wiedereingliederung ist für den sozialen Status des Patienten entscheidend. Die Einleitung von Maßnahmen zur Berufsfindung, besonders bei Handwerkern, sollte möglichst frühzeitig, d. h. innerhalb der ersten 6 Monate erfolgen.
8.2.1 Posttraumatische Läsionen des Erwachsenen
Pathogenese
Diagnostik und Therapie von posttraumatischen Läsionen des Plexus brachialis setzt ein ausgezeichnet eingespieltes Therapieteam voraus. Nur durch eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit kann ein optimales Therapie-
Verletzungen des Plexus brachialis werden durch Traktion, Kompression oder durch die Kombination beider verursacht. Bei einem intakten knöchernen Skelett sind die Weichgewebe vor longitudinaler Traktion relativ gut geschützt. Wenn eine Fraktur oder eine Subluxation der
____
Tab. 8.1
Läsionen des Plexus brachialis: eigenes Patientengut von 1981 – 1999
Ätiologie
Patientenzahl
Frühzeitige mikrochirurgische Exploration/Revision
Sekundäre Ersatzoperationen Tertiäre Eingriffe
Posttraumatisch
1212
682
347
38
Geburtstraumatisch
418
211
184
11
Radiogen
56
22
9
0
Thoracic-outlet-Syndrom
24
11
4
1
4
4
2
2
1714
930
546
52
Sonstiges Total
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
Schulter auftritt, wird der Plexus brachialis einer longitudinalen Traktion ausgesetzt. Der schwächste Punkt im Verlauf des Plexus sind die Wurzeln. Dies bedeutet, dass eine rein longitudinal gerichtete Traktion zu einem Wurzelausriss führt. Wenn der Arm in kaudale Richtung gezogen wird, sind die oberen Wurzeln der stärksten Traktion ausgesetzt, bei Zug in lateraler Richtung wird die C7-Wurzel am meisten belastet. Wenn der Arm nach kranial gezogen wird, müssen die unteren Wurzeln dem Zug den größten Widerstand leisten. Zusätzlich kann der Plexus brachialis bei einem Trauma, das die Schulter in kraniokaudaler Richtung bewegt, zwischen Klavikula und 1. Rippe komprimiert werden. Auch bei einer Fraktur der Klavikula, des Processus coracoideus oder eines Processus transversus kann der Plexus brachialis durch ein knöchernes Fragment komprimiert werden. Eine Kompression des Plexus brachialis, gefolgt von einer schweren Fibrose, wird auch oft durch entstandene große Hämatome oder Ödeme verursacht. Eine Kombination aus Kompression und Traktion entsteht beispielsweise, wenn der Plexus zwischen Klavikula und 1. Rippe komprimiert und gleichzeitig der Kopf zur Gegenseite bewegt wird. Hierdurch werden die zentralen Anteile des Plexus elongiert. Um die lateralen Anteile des Plexus zu elongieren, kann umgekehrt nach Fixierung des Plexus zwischen Klavikula und 1. Rippe der Arm nach lateral gezogen werden.
Epidemiologie Pro Jahr treten in Deutschland etwa 1000 – 1500 posttraumatische Läsionen des Plexus brachialis auf. In den meisten Fällen handelt es sich um Motorradunfälle.
Klassifikation Posttraumatische Plexusläsionen können klassifiziert werden nach: 쐌 Lokalisation (unilateral, bilateral), 쐌 Ausprägung (obere Armplexusläsion, erweiterte obere Armplexusläsion, annähernd komplette Lähmung, komplette Lähmung), 쐌 Schwere der Nervenschädigung (Nervenschädigung Grad I–V nach Sunderland bzw. I–VI nach Dellon). Die Schwere der Nervenläsion kann erst aufgrund mehrmaliger klinischer (und elektrophysiologischer) Untersuchungen angegeben werden. Einen entscheidenden Einfluss auf die Prognose der möglichen Wiederherstellung haben zusätzlich bestehende Knochen- und/oder Weichteilschädigungen (offene Verletzung versus geschlossene Verletzung, knöcherne Verletzungen, Gefäßverletzungen). Bei allen Verletzungen ist zu prüfen, ob es sich um eine isolierte Schädigung des Plexus brachialis oder eine Schädigung im Rahmen einer Mehrfachverletzung (Polytrauma) handelt (Abb. 8.5).
255
Diagnostik Für eine möglichst exakte Schadenserfassung dient uns ein standardisiertes diagnostisches Vorgehen (Abb. 8.6). Bei posttraumatischen Läsionen des Plexus brachialis im Rahmen eines Polytraumas muss das genannte standardisierte diagnostische Vorgehen in ein umfassendes Diagnostik- und Therapieschema bei Polytrauma integriert werden. Das von uns entwickelte computergestützte Plexus-brachialis-Evaluationssystem (PES) wird seit mehreren Jahren erfolgreich eingesetzt (Hierner u. Mitarb. 1999, Hierner u. Mattheus 2001). Bei der Erstuntersuchung einige Tage bis Wochen nach dem Trauma wird erst- und einmalig eine detallierte Allgemeinanamnese erhoben. Darüber hinaus erfolgt eine klinische Untersuchung, welche durch apparative Untersuchungen ergänzt wird. Die standardisierte klinische Untersuchung, die sich bis zum 6. (spätestens 9.) posttraumatischen Monat monatlich wiederholt, beinhaltet die subjektive Bewertung von Beschwerden (Schmerzskala 0 – 10), Wetterfühligkeit und Kälteempfindlichkeit, die Sensibilitätstestung im Unterarm- und Handbereich, die Untersuchung der aktiven und passiven Gelenkbeweglichkeit von Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenk, sowie der Hand mit Hilfe der Neutral-Null-Methode und die Beurteilung der Muskelkraft jedes einzelnen Muskels der oberen Extremität nach der Klassifikation des Medical Research Councils (MRC). Foto- und Videodokumentation sind sehr hilfreich und sollten ebenfalls zur Erstuntersuchung und danach vierteljährlich wiederholt werden. Ab dem dritten posttraumatischen Monat können zur Unterstützung und Sicherung der Diagnose und der Einschätzung des Schädigungsausmaßes vor eventuell geplanter Exploration des Plexus brachialis fakultativ EMG/NLG, Myelographie/Myelo-CT und MRT angefertigt werden. Spätestens im 6. posttraumatischen Monat sollte die Entscheidung für oder gegen eine frühzeitige mikrochirurgische Exploration des Plexus brachialis getroffen werden. Bei der operativen Revision des Plexus brachialis werden eine direkte Nervenstimulation, Gewebeentnahmen aus dem Bereich der proximalen Nervenstümpfe und eine Fotodokumentation routinemäßig durchgeführt. Abhängig von den apparativen Möglichkeiten sollten neben den somatosensorisch evozierten Potentialen (SEP) auch motorisch evozierte Potentiale (MEP) abgeleitet werden. Postoperative Befunde werden nach 6 Wochen, 6, 9, 12 Monaten und danach im halbjährlichen Abstand erhoben. Zusätzlich zu der beschriebenen klinische Untersuchung erfolgt die Kontrolle der Wundheilung. Jährliche Fotound fakultative Videodokumentationen sind wiederum hilfreich. Ab dem 24. postoperativen Monat können vor einer geplanten funktionsverbessernden sekundären Ersatzoperation (Muskel-Sehnen-Transfer) fakultativ Röntgenaufnahmen, EMG/NLG und eventuell eine Arthro-CTUntersuchung durchgeführt werden. Man achtet auf Achsenfehlstellungen, knöcherne Defekte, Bruchheilungsstörungen, arthrotische Veränderungen und Gelenkfehlstel-
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
Lokalisation
Abb. 8.5 Klassifikation der posttraumatischen Läsionen des Plexus brachialis (nach: Hierner u. Mitarb.).
unilateral bilateral
Ausdehnung der Schädigung
Funktionsausfall
obere Armplexuslähmung (C 5/C 6 = Erb-Lähmung)
Schulterabduktion/Außenrotation Ellenbogenbeugung
erweiterte obere Armplexuslähmung (C 5/C 6/C 7)
wie bei oberer Armplexuslähmung plus Ellenbogenstreckung und Handgelenk-u. Fingerstreckung
annähernd komplette Lähmung (C 5/C 6/C 7/C 8)
wie bei erweiterter oberer Amplexuslähmung plus Handgelenkbeugung und Fingerbeugung D I, D II
komplette Lähmung (C 5 – Th 1)
wie bei annähernd kompletter Amplexuslähmung plus Fingerbeugung D III – V und Intrinsic-Funktion
inkomplette Lähmung nach Regeneration (nichtklassifizierbare Mischformen) Klassifikation
Schwere der Nervenschädigung
Ausmaß der Gesamtverletzung
mitbestehende Knochen- u. Weichteilschäden
nach Sunderland
nach Seddon
I II III IV V
Neuropraxie Axonotmesis Neurotmesis
Monotrauma Polytrauma
– Gefäßverletzungen – knöcherne Verletzungen – offene versus geschlossene Verletzungen
lungen (Subluxationen, Luxationen). Fakultativ vor geplantem Muskel-Sehnen-Transfer erfolgt die Beurteilung der Muskelkraft nach der Klassifikation des MRC. Hat man sich aufgrund einer guten Spontanregeneration bis zum 6. posttraumatischen Monat zur konservativen Therapie der Läsion des Plexus brachialis entschieden, sollten bis zum 18. posttraumatischen Monat vierteljährlich und danach halbjährlich Kontrolluntersuchungen stattfinden. Diese beinhalten klinische Untersuchung sowie Foto- und eventuell Videodokumentation (6-monatiger Abstand). Ab dem 30. posttraumatischen Monat können, falls funktionelle und/oder ästhetische Beeinträchtigungen aufgetreten sind, vor geplantem Muskel-SehnenTransfer fakultativ Zusatzuntersuchungen wie EMG/NLG, Röntgen und eine Muskeltestung nach der MRC-Klassifikation durchgeführt werden.
Therapie Die Therapieziele bei der primären und sekundären Behandlung von posttraumatischen Läsionen des Plexus brachialis können in funktionelle, ästhetische und psychologische (Vermeidung einer prothetischen Versorgung) Ziele eingeteilt werden. Funktionelle Therapiezielen sind Verringerung der Deafferenzierungsschmerzen, die Vermeidung von sekundären Kontrakturen und die Wiederherstellung der Funktion der oberen Extremität. Bezüglich der Bewertung der Funktionalität der geschädigten Extremität hat sich die Klassifikation in „Basisfunktion“, „erweiterte Basisfunktion“ und „komplette Funktionalität“ klinisch bewährt (Tab. 8.2). Die Festsetzung der Primärtherapie (konservativ versus operativ) erfolgt auf der Basis der Ergebnisse der wiederholten klinischen und apparativen Untersuchungen. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse kann 3 – 6 Monate nach Trauma mit hoher Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, bei welchen Patienten mit einer gravierenden De-
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
A Kenndatenerhebung B Allgemeinanamnese C Untersuchungsbefunde (Erstvorstellung) D Untersuchungsbefunde (3. M) E Untersuchungsbefunde (6. M) F Untersuchungsbefunde (9. M)
257
Abb. 8.6 Standardisiertes diagnostisches Vorgehen bei posttraumatischen Läsionen des Plexus brachialis: Plexus-Evaluationsschema (PES) (nach: Hierner u. Mattheus).
Procedere primäre Nervenrekonstruktion
keine primäre Nervenrekonstruktion
G intraoperative und histologische Befunde H postoperative Befunde (6. Woche) I postoperative Befunde (6. M)
I’ Untersuchungsbefunde (12. PM)
J postoperative Befunde (9. M)
J’ Untersuchungsbefunde (15. PM)
K postoperative Befunde (12. M)
K’ Untersuchungsbefunde (18. PM)
L postoperative Befunde (18. M)
L’ Untersuchungsbefunde (24. PM)
M postoperative Befunde (24. M)
M’ Untersuchungsbefunde (30. PM)
N postoperative Befunde (30. M)
N’ Untersuchungsbefunde (36. PM)
O postoperative Befunde (36. M)
O’ Untersuchungsbefunde (42. PM)
P postoperative Befunde (42. M)
P’ Untersuchungsbefunde (48. PM)
Q postoperative Befunde (48. M)
Q’ Untersuchungsbefunde (54. PM)
R postoperative Befunde (54. M)
R’ Untersuchungsbefunde (60. PM)
S postoperative Befunde (60. M)
S’ Untersuchungsbefunde (66. PM)
M : Monat; PM : posttraumatischer Monat
Tab. 8.2
____
Therapieziele bei posttraumatischer Läsion des Plexus brachialis
1. Allgemeine funktionelle Therapieziele 쐌 Verringerung der Deafferenzierungsschmerzen 쐌 Vermeidung von sekundären Kontrakturen 쐌 Wiederherstellung der Funktion der oberen Extremität 2. Spezielle funktionelle operative Therapieziele 쐌 Schulteradduktion (thorakohumerale Zange) 쐌 Ellenbogenbeugung 쐌 (protektive) Sensibilität im Handbereich 쐌 Schulterabduktion/Flexion 쐌 Handgelenk- und Fingerbeugung 쐌 Handgelenk- und Fingerstreckung 쐌 Schulteraußenrotation 쐌 Ellenbogenstreckung 쐌 Daumenopposition 쐌 Pronation/Supination 쐌 Intrinsische Langfingerfunktion 3. Psychologische Therapieziele 쐌 Verminderung einer prothetischen Versorgung 4. Ästhetische Therapieziele
fektheilung nach konservativer Therapie gerechnet werden muss. Folgendes differenzialtherapeutisches Vorgehen hat sich bewährt (Abb. 8.7). Liegt am Unfalltag eine offene Läsion des Plexus brachialis oder eine akute Ischämie der oberen Extremität aufgrund einer zusätzlichen Gefäßverletzung vor, erfolgt die chirurgische Exploration am Unfalltag. Die Gefäßläsion sowie die Knochen-Weichteil-Schäden werden primär versorgt. Die Läsion des Plexus brachialis wird sorgfältig dokumentiert, ebenso die Lage von dehiszenten Plexusanteilen. Die definitive Versorgung findet früh sekundär innerhalb der nächsten 3 – 6 Monate statt. Eine primäre Versorgung der Plexusläsion am Unfalltag erscheint aus mehreren Gründen nicht indiziert. Meist handelt es sich um polytraumatisierte Patienten, dessen Allgemeinzustand keine länger dauernde Operation zulässt. Darüber hinaus kann das exakte Ausmaß der Nervenschädigung am Unfalltag nicht bestimmt werden, so dass die Gefahr einer inadäquaten Vorbereitung der Nervenstümpfe besteht. Bei geschlossenen Läsionen ohne akute Ischämie der oberen Extremität erfolgt die Erstuntersuchung einige Tage
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
Posttraumatische Plexus-brachialis-Läsionen Unfalltag
Erstuntersuchung (DD : Tetraplegie, Pseudoparese bei Claviculafraktur, Radialisparese) Anamnese Klinische Untersuchung Fotodokumentation Röntgen
offene Verletzung des PB lschämie der oberen Extremität
Lagerung Physiotherapie (Schienenversorgung) 3. posttraumatischer Monat
1. Kontrolluntersuchung Klinische Untersuchung Fotodokumentation (EMG/NLG) (Myelographie/Myelo-CT) (MRT)
schnelle Spontanregeneration (Restitutio ad integrum) 6. posttraumatischer Monat
2. Kontrolluntersuchung Klinische Untersuchung Fotodokumentation (EMG/NLG)
3./4./5. Kontrolluntersuchung Klinische Untersuchung Fotodokumentation (EMG/NLG)
fortschreitende Spontanregeneration 10. bis 18. posttraumatischer Monat
chirurgische Exploration (keine primäre Rekonstruktion)
inadäquate Spontanregeneration
fortschreitende Spontanregeneration 7./8./9. posttraumatischer Monat
Indikationen zur operativen Rekonstruktion
keine Spontanregeneration Horner-Zeichen Läsion M. serratus ant.
stagnierende Spontanregeneration
6. bis 14. Kontrolluntersuchung Klinische Untersuchung Fotodokumentation Problem : Der verspätet gesehene Patient
fortschreitende Spontanregeneration 2. bis 3. posttraumatisches Jahr
Defektheilung ohne gravierende funktionelle Beeinträchtigung
keine Spontanregeneration
Defektheilung mit gravierender funktioneller Beeinträchtigung
Balanzierung der Funktion : Sekundäre Ersatzoperation – Kontrakturauflösung – Muskel-Sehnentransposition – freie mikrochirurgische Muskeltransplantation (FFMT) Adjuvante Eingriffe – Tenodesen – Kapsulodesen/Arthrodesen – Osteotomien – Orthesen – Sonstiges
Abb. 8.7
Diagnosealgorithmus einer posttraumatischen Plexus-brachialis-Läsion (nach: Hierner u. Mattheus).
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
bis 3 Wochen nach Trauma. Das Ergebnis dieser Untersuchung ergibt noch keinen schlüssigen Hinweis auf die zu erwartende Prognose. Die nächste Untersuchung erfolgt 3 Monate nach Trauma. Zwei Situationen können unterschieden werden: 쐌 Der verletzte Patient zeigt Spontanregeneration. Je früher die Schulterfunktion (M. deltoideus) und Ellenbogenbeugefunktion (Mm. biceps brachii, brachialis) zurückkehren, desto kompletter ist die Spontanregeneration. 쐌 Für die Patienten, die keine Spontanregeneration zu diesem Zeitpunkt zeigen, bestehen mehrere Möglichkeiten: – Im Falle einer kompletten Läsion (C5 – Th1) mit zusätzlichem Horner-Zeichen ist die Prognose sehr schlecht, deshalb sollte eine operative Revision so früh wie möglich (meist kurz nach dem 3. posttraumatischen Monat) durchgeführt werden (Abb. 8.8 a–e). – Bei inkompletter Läsion besteht noch Aussicht auf eine ausreichende Spontanregeneration, weitere Beobachtung. Die nächsten Untersuchungen erfolgen in monatlichem Abstand bis 6 Monate nach Trauma. Wiederum sind zwei Situationen zu unterscheiden: 쐌 Der verletzte Patient zeigt eine gut progrediente Spontanregeneration. In diesen Fällen ist eine konservative Therapie indiziert. 쐌 Trotz des Abwartens zeigt sich keine oder nur inadäquate, d. h. zu geringe oder stagnierende Spontanregeneration. In diesen Fällen ist eine operative Revision des Plexus brachialis umgehend durchzuführen. Die verbleibenden Patienten, bei denen noch eine ausreichende Spontanregeneration erwartet werden kann, werden wie die operierten Patienten bis zum Abschluss der Regeneration nach 2 – 3 Jahren in Abständen von 3 – 6 Monaten untersucht. Die Patienten teilen sich in 2 Gruppen auf: 쐌 Funktionsverbessernde sekundäre Eingriffe sind nicht notwendig oder erwünscht. Eine Sonderform der konservativen Therapie stellt die intramuskuläre Gabe von Botulinustoxin dar. Mit Hilfe dieser Technik können Kokontraktionen bei Reinnervation vor allem im BizepsTrizeps-Bereich deutlich verringert werden. 쐌 Bei den meisten Patienten kann durch sekundäre Muskel-Sehnen-Umsetzungen und/oder adjuvanten Eingriffen eine deutliche Verbesserung der funktionellen und ästhetischen Ergebnisse erreicht werden.
Sekundäre Ersatzoperationen werden nach einer Regenerationszeit von 2 – 3 Jahren notwendig, wenn Bewegungsfunktionen nach Spontanregeneration oder operativer Therapie fehlen oder nur ungenügend vorhanden sind. Die bisher genannten Rekonstruktionsverfahren können durch adjuvante (oder tertiäre) Eingriffe, wie Teno-
259
desen, Kapsulodesen, Arthrodesen, Orthesen und neuerdings auch myoelektrische Orthesen oft funktionell deutlich verbessert werden (Abb. 8.9 a–g). Primäre nervale Rekonstruktion Chirurgische Exploration des Plexus brachialis. Der Patient liegt auf dem Rücken (Abb. 8.10 a). Der Arm muss völlig frei gelagert sein, um die Wirkung der Nervenstimulation beobachten zu können und um verschiedene Lagerungen intraoperativ zu ermöglichen. Wegen der erforderlichen Nervenstimulation sind bei der Narkoseführung auch keine Muskelrelaxanzien erlaubt. Abhängig vom Ausmaß der Schädigung und der gewählten Rekonstruktion ist eine supraklavikuläre Exploration allein oder in Kombination mit einer infraklavikulären Exploration notwendig. Der supraklavikuläre Zugang (Abb. 8.10 b u. c) erlaubt die Freilegung der Spinalwurzeln, der Primärstränge und der supraklavikulären Äste des Plexus brachialis. Die Inzision folgt der hinteren Grenze des M. sternocleidomastoideus, beginnend am Kieferwinkel bis zur Klavikula und von dort über der Klavikula horizontal nach lateral. Die Injektion eines Vasokonstriktivums vor der Hautinzision ist vorteilhaft. Der Hautlappen wird mobilisiert und mit dem ebenfalls durchtrennten Platysma gemeinsam angeschlungen. Die Hautäste des Plexus cervicalis werden identifiziert und geschont, genau wie der N. accessorius, der im Wundbereich dorsal unter dem M. sternocleidomastoideus hervortritt. Die V. jugularis externa wird möglichst geschont und nach medial beiseite gehalten. Die lateralen Fasern des M. sternocleidomastoideus an der Insertion an der Klavikula werden durchtrennt. Die V. jugularis interna ist immer zu schonen. Die Präparation führt weiter durch loses Bindegewebe in die Fossa sternoclavicularis. Hier wird der M. scalenus anterior dargestellt. Der M. omohyoideus wird entweder beiseite gehalten oder zwischen seinen Bäuchen durchtrennt und zur späteren Naht jeweils angeschlungen. Unter diesem Muskel überqueren zervikale und supraskapuläre Gefäße rechtwinklig den Plexus brachialis. Diese werden ligiert. Der N. phrenicus, welcher unter der prävertebralen Faszie auf dem M. scalenus anterior verläuft, wird dargestellt. Zur zweifelsfreien Identifikation kann die Elektrostimulation, die zur Kontraktion des ipsilateralen Zwerchfells führt, benutzt werden. Dem N. phrenicus folgt man nach zentral zur C4- und C5-Wurzel zwischen M. scalenus anterior und M. scalenus medius. Die Spitzen der Querfortsätze sollten getastet und die Foramina intervertebrale sowie die Spinalwurzeln möglichst identifiziert werden. Man folgt nun der C5-Wurzel nach distal um den Truncus superior zu identifizieren. Der N. suprascapularis, der nach dorsal aus dem Truncus superior entspringt, wird angeschlungen. Die unteren Wurzeln verlaufen etwas horizontaler, d. h. in etwas weniger schräger Richtung als die oberen Wurzeln. Die C7-Wurzel und der Truncus medialis sind dorsal und kaudal der C5- und C6-Wurzeln zwischen dem M. scalenus anterior und dem M. scalenus medianus zu finden. Die C8- und Th1-Wurzel liegen teilweise verdeckt hinter dem
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
a
b
c
d Abb. 8.8 a – e Kontralateraler partieller C7-Transfer zur Rekonstruktion der Basisfunktion der oberen Extremität (thoracohumerale Zange, Ellenbogenbeugung, protektive Sensibilität im Bereich der radialen Unterarm- und Handseite). a Intraoperativer Befund: Cross-over-Nerventransplantation (2 × Nn. surales à 35 cm) von dem dorsalen Anteil der kontralateralen C7-Wurzel auf den Fasciculus lateralis der geschädigten Seite. b Postoperativer klinischer Aspekt: Schulterabduktion, Zustand nach Neurotisation N. XI direkt auf den N. suprascapularis. c Postoperativer klinischer Aspekt 2 Jahre nach Neurotisation: aktive Ellenbogenbeugung M4. d Postoperativer klinischer Aspekt: aktive Handgelenk/Fingerbeugung. e Postoperativer klinischer Aspekt: Ellenbogenbeugung – passive Handgelenk/Fingerstreckung.
e
dritten Abschnitt der A. subclavia. Die Exploration des Truncus inferior wird erleichtert, wenn zunächst nach einem infraklavikulären Zugang der Truncus medialis identifiziert wurde und diesem dann nach kaudal gefolgt wird. Nahe der Th1-Wurzel müssen der Ductus thoracicus, das Ganglion stellatum, die A. vertebralis und die Pleura beachtet und geschont werden. Die Präparation wird nach distal bis zur Aufzweigung der Trunci fortgeführt.
Beim kombinierten supra- und infraklavikulären Zugang werden die Inzisionen für die supra- und infraklavikuläre Exploration durch einen Schnitt parallel zur Klavikula verbunden. Die Klavikula kann dann nach Anschlingen mit einer ausgezogenen Kompresse zur Gewinnung einer besseren Übersicht jeweils nach kranial oder nach kaudal gehalten werden. Hilfreich ist dabei auch der Zug am Arm entweder in Adduktion oder Abduktion. Eine Os-
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
Abb. 8.9 a – g Freie funktionelle Muskeltransplantation nach frühzeitiger mikrochirurgischer Revision des Plexus brachialis und guter nervaler Regeneration bei muskulärer Degeneration im palmaren Unterarmbereich: Zustand nach frühzeitiger mikrochirurgischer Rekonstruktion des Plexus brachialis: Ellenbogenstreckung (a) und Ellenbogenbeugung (b). Befund nach freie funktioneller Transplantation eines myokutanen M. gracilis zur Handgelenk- und Fingerbeugung (c). Intraoperativer Befund nach Tendodese im Strecksehnebereich (d). Postoperativer klinischer Aspekt: Grobgriffunktion (e) und Augmentation der gewonnenen Funktion mithilfe einer Orthese zur Fingerstreckung (f) und zum Faustschluss (g).
b
a
c
d
f
e
g
teotomie der Klavikula sollte die Ausnahme in den Fällen bleiben, in denen die Verletzung auf Höhe der Aufteilung C8 und Th1 direkt retroklavikulär lokalisiert ist. Falls osteotomiert werden muss, sollte zuvor eine Kompressionsplatte angepasst und auf der Klavikula vorgebohrt werden. Um die Osteosynthese zu vereinfachen wird diese dann schräg oder auch stufenartig angelegt. Auftretende Komplikationen sind Pseudarthrosen, Osteomyelitiden und
Kallushypertrophien. Letztere können zur Kompression des Plexus brachialis führen. Der infraklavikuläre Zugang zum Plexus brachialis eignet sich zur Darstellung der Faszikel und deren Äste. Die Inzision folgt dem Sulcus deltoideopectoralis, beginnend proximal an der Klavikula bis zur vorderen Axillarfalte distal. Diese Inzision kann bei Bedarf leicht bogenförmig auf dem Arm fortgeführt werden. Nun wird die V.
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
Abb. 8.10 a – c
(Legende gegenüber)
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
cephalica aufgesucht und zurückgehalten oder ligiert. Eine limitierte Übersicht über den axillären Anteil des Plexus brachialis wird dadurch erreicht, dass man die Sehne des M. pectoralis isoliert und nach kaudal und medial hält. Um die Übersicht zu verbessern, kann der obere Teil dieser Sehne durchtrennt und angeschlungen werden. Auch die Ursprünge des M. pectoralis sowie des M. deltoideus können zur Verbesserung der Übersicht teilweise von der Klavikula abgetrennt werden. Die Faszikel und deren weitere Äste werden identifiziert. Die Fascia clavicopectoralis wird inzidiert und gibt den Blick auf den Fasciculus lateralis oberhalb und lateral der A. axillaris frei. Der Fasciculus posterior befindet sich hinter und der Fasciculus medialis unterhalb und medial der A. axillaris. Auf dieser Höhe sollten unbedingt die medialen und lateralen Nn. pectorales beachtet und geschont werden. Bei starker Vernarbung auf dieser Höhe sollte die Exploration distal im Gesunden beginnen und zur Identifikation des lateralen Faszikel z. B. der N. medianus nach proximal verfolgt werden. Der N. musculocutaneus entspringt dem Fasciculus lateralis nach lateral und tritt in den M. coracobrachialis ein. Die mediale Zinke des N. medianus lässt sich nach proximal zum Fasciculus medialis verfolgen. Aus diesem wird, nach Abgabe des N. cutaneus brachii medialis und des N. cutaneus antebrachii medialis der N. ulnaris. Zunächst eher medial und tief hinter der A. axillaris verläuft der N. radialis. Dieser lässt sich nach proximal zum Fasciculus posterior mit seinem abgehenden N axillaris verfolgen. Insgesamt muss in der axillären Region wegen der ausgeprägten Variationen sehr vorsichtig präpariert werden. Vor dem Wundverschluss sollten die durchtrennten Strukturen natürlich readaptiert werden.
Grundlagen der nervalen Rekonstruktion durch intraund extraplexuelle Neurotization. Als nächstes muss die Entscheidung gefällt werden, welche proximalen Stümpfe mit welchen distalen koaptiert werden (intraplexuelle Neurotisation) und bei Ausrissverletzungen, welche distalen Stümpfe für eine Neurotisation durch welche Spendernerven im Rahmen einer extraplexuellen Neurotisation geeignet sind. Weiterhin muss der Chirurg entscheiden, wie viele Nerventransplantate benötigt werden und welche Stellen zum Spenden zur Verfügung stehen. Als Grundsatz bei der Auswahl des Neurotisationsverfahrens gilt, dass eine Nervenwurzel von guter Qualität besser ist als ein extraplexueller Neuronspender. Es gilt aber zu beachten, dass bei einer Transplantation von einer Nervenwurzel aus manchmal lange Regenerationswege in Kauf genommen werden müssen (v. a. supraklavikulär nach infraklavikulär). Hier kann es häufig zu dem
䉳
Abb. 8.10 a – c Chirurgische Exploration des Plexus brachialis: Lagerung des Patienten und Anzeichnen des Hautschnitts (a), supraklavikuläre Exploration (b) und Zustand nach Beendigung der supra- und infraklavikulären Darstellung des Plexus brachialis (c).
263
Problem kommen, dass nicht genügend autologes Material für eine Nerventransplantation zur Verfügung steht. In diesen Fällen ist die Möglichkeit einer extraplexuellen Neurotisation mit Hilfe folgender Nerven zu prüfen: N. accessorius, N. phrenicus, N. hypoglossus, Nn. intercostales, motorischer Ast für M. flexor carpi ulnaris aus N. ulnaris und kontralateraler C7-Wurzel (Tab. 8.3). Vor allem bei ausgedehnten Schädigungen wird heutzutage immer eine Kombination aus intra- und extraplexueller Neurotisation unter Beachtung der Therapieziele (s. Tab. 8.2) gewählt.
Rekonstruktionsplan bei komplettem Ausriss (C5 – Th1). Die Standardrekonstruktion bei kompletter Ausrissverletzung ist in Tabelle 8.4 dargestellt. Nur wenn eine ausreichende Stabilisierung der Skapula möglich ist, kann im Glenohumeralbereich alternativ eine Arthrodese durchgeführt werden. Rekonstruktionsplan bei Ausriss C6 – Th1 und brauchbarer Wurzel C5. Abhängig von der Größe und der Qualität der Wurzel erfolgt eine intraplexuelle Neurotisation auf den N. musculocutaneus allein oder auf den Fasciculus lateralis unter hauptsächlicher Abdeckung des N. musculocutaneus (Tab. 8.5). Vor allem durch den sekundär (2 Monate nach primärer Exploration) durchgeführten kontralateralen C7-Transfer ist eine Verbesserung der Ergebnisse im Unterarm und Handbereich zu erwarten. Rekonstruktionsplan bei Ausriss C7 – Th1 und brauchbarer Wurzel C5/C6. Im Gegensatz zu den Läsionen mit nur einer brauchbaren Wurzel kann durch die selektive Verwendung der Wurzel C5 für die Schulterfunktion und C6 für die Ellenbogenfunktion eine Regeneration von besserem Ausmaß und höherer Zuverlässigkeit im Schulter/ Ellenbogenbeugebereich erzielt werden (Tab. 8.6). In einigen Fällen gelingt es auch durch extraplexuelle Neurotisation des N. radialis die aktive Ellenbogenstreckung wiederherzustellen. Im Handbereich ist derzeit maximal mit einer Grobgrifffunktion (Handgelenk- und Fingerbeugung) zu rechnen. Die Funktion der Ulnaris wird nicht wiederhergestellt, weshalb der N. ulnaris als Nerventransplantat (vaskulär gestielt) entnommen werden kann. Rekonstruktionsplan bei Ausriss C5/C6 und erhaltener Funktion von C7 – Th1. Bei der C5/C6-Läsion, der Erb-Lähmung, kommt es zu einem Ausfall der Schulter- und Ellenbogenbeugefunktion, die Ellenbogenstreckung sowie die Unterarm- und Handfunktion sind dabei erhalten geblieben. Für die Wiederherstellung der aktiven Ellenbogenbeugung hat sich in den letzten Jahren die periphere intraplexuelle Neurotisation des motorischen Astes für den M. flexor carpi ulnaris aus dem N. ulnaris direkt auf den motorischen Ast des N. musculocutaneus nach Oberlin (1995) bewährt. Für die Wiederherstellung der Schulterfunktion steht nur der N. XI zur Verfügung. Die wichtige zusätzliche Funktion des N. axillaris kann nicht wiederhergestellt wer-
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
____
Tab. 8.3
Möglichkeiten der intra- und extraplexuellen Neurotisation
Neurotisation
Nerv
Anzahl myelinisierter Axone
Intraplexuell
C5
16 400
+++
C6
27400
+++
Extraplexuell
Plexus cervicalis
M. levator scapulae
0
1700
gering
+
N. XII
5 000
Sprach-beeinträchtigung
+ (Autonomisation)
N. phrenicus
2 000
Vitalkapazität
+
je 500
Vitalkapazität
0 (Autonomisation)
N. ulnaris (FCU-Ast) kontralateraler partieller C7
____
Funktionelles Ergebnis
1/2 N. XI
Nn. intercostales
Tab. 8.4
500
Spenderdefekt
1100
++
12 000
Therapieplan bei kompletter Läsion (Ausriss C5 –T1) des Plexus brachialis
1. Thorakohumerale Zange (Nn. pectorales) 쐌 T2 oder T3 쐌 motorische Äste des Plexus cervicalis 2. Ellenbogenbeugung (N. musculocutaneus) 쐌 N. phrenicus 쐌 T3,T4,T5 (motorischer Anteil) 쐌 N. XII 3. Schulterstabilisation 쐌 Stabilisation des Schulterblattes (N. thoracisus longus): – T2 oder T3 – motorische Äste des Plexus cervicalis 쐌 Stabilisation des Gleonhumeralgelenks (N. suprascapularis): – ½ N. XI (direkte Koaptation) – sekundärer Transfer des kranialen Anteils des M. Trapezius 4. Protektive Sensibilität im Handbereich (N. medianus) 쐌 kontralateraler C7-Transfer (sekundär nach 2 Monaten) 쐌 T3,T4,T5,T6,T7,T8 (sensible Äste) 쐌 sensible Äste des Plexus cervicalis 5. Handgelenk und Fingerbeugung (N. medianus) 쐌 kontralateraler C7-Transfer (sekundär nach 2 Monaten) 쐌 T3,T4,T5,T6,T7,T8 (motorische Äste)
den, weshalb zusätzliche sekundäre Muskel-SehnenTranspositionen (kranialer Anteil des M. trapezius, M. levator scapulae) durchgeführt werden (Tab. 8.7). Sekundäre Muskel-Sehnen-Umsetzplastiken im Bereich des Ellenbogens Die Ersatzoperation zur Verbesserung der Ellenbogenbeugung hat in unserem Therapiekonzept höchste Priorität.
Parästhesie DI–DIII dorsal P3
Tab. 8.5
____
++ (Autonomisation)
Therapieplan bei Ausriss C6 –T1 und brauchbarer Wurzel C5
1. Thorakohumerale Zange (Nn. pectorales) 쐌 anteriore Anteile der C5-Wurzel 쐌 motorische Äste des Plexus cervicalis 2. Ellenbogenbeugung (N. musculocutaneus) 쐌 C5 3. Schulterstabilisierung 쐌 Stabilisierung der Skapula (N. thoracicus longus): – T2 oder T3 – motorische Äste des Plexus cervicalis 쐌 Stabilisierung des Glenohumeralgelenks (N. suprascapularis): – ½ N. XI – sekundärer Transfer des kranialen Anteils des M. trapezius 4. Protektive Sensibilität im Handbereich (N. medianus) 쐌 C5 (bei großer Wurzel) 쐌 kontralateraler C7-Transfer (2 Monate nach Exploration) 쐌 sensible Äste des Plexus cervicalis 5. Handgelenk- und Fingerbeugung (N. medianus) 쐌 C5 (bei großer Wurzel) 쐌 kontralateraler C7-Transfer (2 Monate nach Exploration)
Die Wiederherstellung der Ellenbogenbeugefunktion bei ansonst kompletter Parese führt zu einer signifikanten Funktionsverbesserung der Extremität, da dadurch bimanuelle Funktionen ausgeführt werden können. In Abhängigkeit von der Bewegungsamplitude und der Kraft der erworbenen Ellenbogenbeugung können verschiedene Funktionsgrade erreicht werden. Durch die Auflage der Hand auf einen Gegenstand wird im einfachsten Fall ein „Papierpresse-Mechanismus“ möglich. Kann der Ellenbo-
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
Tab. 8.6
____
Therapieplan bei Ausriss C7 –T1 und brauchbarer Wurzel C5/C6
Tab. 8.7
Rekonstruktionsplan bei Ausriss C5/C6 und brauchbarer Wurzeln C7 –T1
1. Thorakohumerale Zange (Nn. pectorales) 쐌 anteriore Anteile der C6-Wurzel 쐌 motorische Äste des Plexus cervicalis 2. Ellenbeugung (N. musculocutaneus) 쐌 C6 3. Schulterstabilisierung 쐌 Stabilisierung der Skapula (N. thoracicus longus): – T2 oder T3 – motorische Äste des Plexus cervicalis 쐌 Stabilisierung des Glenohumeralgelenks (N. suprascapularis): – 1/2 N. XI – N. suprascapularis – C5 – N. axillaris – sekundärer Transfer des kranialen Anteils des M. trapezius 4. Protektive Sensibilität im Handbereich (N. medianus) 쐌 C6 쐌 kontralateraler C7-Transfer (2 Monate nach Exploration) 쐌 sensible Äste des Plexus cervicalis 5. Handgelenk- und Fingerbeugung (N. medianus) 쐌 C6 쐌 kontralateraler C7-Transfer (2 Monate nach Exploration)
____
1. Thorakohumerale Zange (Nn. pectorales) 쐌 innerviert durch N. pectoralis medialis 2. Ellenbogenbeugung (N. musculocutaneus) 쐌 Oberlin-transfer (motorischer Ast für FCU aus N. ulnaris) 쐌 N. phrenicus 3. Schulterstabilisierung 쐌 Stabilisierung der Skapula (N. thoracicus longus) – meist noch Restfunktion erhalten 쐌 Stabilisierung des Glenohumeralgelenks (N. suprascapularis): – 1/2 N. XI – sekundärer Transfer des kranialen Anteils des M. trapezius 4. (Protektive) Sensibilität im Handbereich 5. Handgelenks- und Fingerbeugung 6. Handgelenks- und Fingerstreckung (erhaltene Funktionen) 7. Schulteraußenrotation 8. Ellenbogenstreckung 9. Daumenopposition 10. Pronation/Supination 11. Intrinsische Langfingerfunktion
gen auf 90° gebeugt werden, ist eine so genannte „TablettFunktion“ möglich. Mit einer Ellenbogenbeugung von mehr als 90° und einer Handgelenk- und Fingerbeugung kann ein Grobgriff durchgeführt und Gegenstände zum Mund bewegt werden („Haken-Funktion“). Für ein gutes funktionelles Ergebnis muss mit dieser „Haken-Funktion“ ein Gewicht von mindestens 1,5 kg (am Handgelenk angebracht) zum Mund gebracht werden können. Um mehr als
265
nur eine „Tablett-Funktion“ der rekonstruierten Extremität zu erreichen, sollte als nächstes die aktive Handfunktion in der Reihenfolge Handgelenk- und Fingerbeugung, Handgelenk- und Fingerstreckung mit (wenn möglich) Individualisierung der Daumenfunktion verbessert werden. Schließlich können durch Verbesserung der Schulterbeweglichkeit (Abduktion/Adduktion, Extension/Flexion, Außenrotation/Innenrotation die gewonnenen Bewegungen besser im Raum eingesetzt werden. Übermäßige Spannung während der Operation und ein zu schneller Belastungsaufbau nach Mobilisierung müssen vermieden werden. Postoperativ wird der Ellenbogen in einer Oberarmschiene (mit Handgelenk- und Fingereinschluss in Intrinsic-plus-Stellung) mit 100° Beugung im Ellenbogengelenk für 6 Wochen (Wundheilung von Sehnennähten) immobilisiert. Nach 6 Wochen wird mit aktiven und passiven Übungen „aus der Schiene“ heraus begonnen. Jede Woche wird die Schiene um 10° mehr in die Streckung gebracht. Am Ende von 3 Monaten sollte ein Reststreckdefizit von 30 – 40° nicht unterschritten werden. Die exakte präoperative Analyse des gesamten Ausfalles, insbesondere im Bereich der benachbarten Armabschnitte wie Unterarm und Schulter, ist von zentraler Bedeutung. Bei Lähmung im Ellenbogenbeugebereich kann folgende Klassifikation der klinische Situationen bei Läsionen des Plexus brachialis im Hinblick auf die sekundäre Wiederherstellung der Ellenbogenbeugefunktion vorgenommen werden: 쐌 komplette Paralyse der gesamten Extremität, 쐌 partielle Paralyse nach Spontanregeneration oder operativer Revision mit fehlender Regeneration im Bereich der Ellenbogenbeugemuskulatur (Kraftgrad M0), 쐌 partielle Paralyse nach Spontanregeneration oder operativer Revision mit ungenügender Regeneration im Bereich der Ellenbogenbeugemuskulatur (Kraftgrad M1 oder M2). Für alle Formen der partiellen Lähmung gilt es, die bestehende Funktion optimal zu verteilen (zu balancieren). In diesem Zusammenhang ist vor allem an die Bedeutung der Unterarmmuskeln für die Ellenbogenbeugung zu denken, welche am distalen Humerus ihren Ursprung haben. In seltenen Fällen können diese Muskeln derart stark ausgeprägt sein, dass eine aktive Ellenbogenbeugung bei Ausschaltung (M2+) oder sogar gegen die Schwerkraft (M3) möglich ist. Bei partieller Paralyse nach Spontanregeneration oder operativer Revision mit ungenügender Regeneration im Bereich der Ellenbogenbeugemuskulatur (Kraftgrad M1 oder M2) können mit den verschiedenen Verfahren – im Sinne eines Augmentationstransfers – meist deutlich bessere Ergebnisse erzielt werden als bei komplett fehlender Ellenbogenbeugung. Dies ist möglicherweise auf eine bessere sensomotorische Steuerung der Gelenkfunktion durch die regenerierte Ellenbogenbeugemuskulatur zurückzuführen. In diesen Fällen können ausnahmsweise auch Muskeln mit einem Kraftgrad > M2 transponiert werden.
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
____
Tab. 8.8
Möglichkeiten und Ergebnisse der sekundären Wiederherstellung der Ellenbogenbeugung
Therapie
Innervation
ROM
Kraft
(Ex/Flex)
(kg)
Spenderdefekt
Polyartikuläre Wirkung Schulter UA
Intraplexuelle Nervenrekonstruktion
–
0/30/130°
6 – 16
–
+
+
Bipolarer Latissimus-dorsi-Transfer
C6 – C8
0/0/115°
0,5 – 4
+
+
–
Pectoralis-major-Transfer
C5 – Th1
0/20/150°
1 – 4,5
+
+
–
Pectoralis-minor-Transfer
C5 – Th1
90°
–
–
–
–
Trizeps-Transfer
C7 – Th1
–
1–2
+
–
–
Steindler-Transfer
C6 – Th1
0/22/115°
0–2
–
–
+
Modifizierter Steindler-Transfer
C6 – Th1
0/33/113°
3–4
–
–
+
Mehrzeitiger freier funktioneller Muskeltransfer (Schulter, Ellenbogen)
N. XI T3 – 5 N. phrenicus kontralateraler C7
0/20/100°
1 – 2,5
+
+
–
Mehrzeitiger polyartikulärer (Ellenbogen, Handgelenk, Hand) freier funktioneller Muskeltransfer
N. XI T3 – 5 kontralateraler C7
0/45/95°
0 – 0,7
+
–
+
Oft ist hierbei ein befriedigendes Ergebnis, vor allem bei Kindern zu erreichen. Ersatzoperationen an Oberarm und Ellenbogen werden bei Patienten durchgeführt, bei denen die operative Behandlung von Verletzungen des Plexus brachialis nach Ablauf von 2 – 3 Jahren keinen oder nur einen Teilerfolg (siehe Klassifikation) ergeben haben bzw. wenn bei vorliegenden Wurzelausrissen keine Neurotisationsoperationen (1/2 N. accessorius, Interkostalestransfer 3 – 6, kontralateraler C7 Transfer) durchgeführt werden können und/oder wenn neben der Nervenschädigung auch direkte Muskelschädigungen im Oberarmbereich vorliegen. Für die sekundäre Wiederherstellung der Ellenbogenbeugung stehen mehrere Verfahren zur Verfügung (Tab. 8.8). Die verschiedenen Verfahren unterscheiden sich hinsichtlich der Innervation, der Bewegungsamplitude, der Kraftentwicklung, dem Spenderdefekt und dem Einfluss auf die benachbarten Gelenke. Neben der Möglichkeit von bimanuellen Tätigkeiten kann mit den verschiedenen Verfahren eine Stabilisierung im Glenohumeralgelenk sowie eine Supinationsfähigkeit im Unterarmbereich von unterschiedlichem Ausmaß erreicht werden. Der M. latissimus dorsi wird durch den N. thoracodorsalis (C6 – C8), einem Ast des Fasciculus posterior, versorgt. Es handelt sich um einen sehr kräftigen Muskel mit konstanten anatomischen Verhältnissen und einem ausreichend langen Gefäß-Nerven-Stiel. Durch den bipolar transponierten M. latissimus dorsi kann durchschnittlich eine Bewegungsamplitude von Extension/Flexion: 0 – 0-115° und eine Kraft von 0,5 – 4 kg erreicht werden. Trotz guter Perfusion der Hautinsel zeigte 1 Muskel in unserer Serie (n = 10) postoperativ einen signifikanten Kraftverlust. Die
restliche 9 Patienten erreichten eine durchschnittliche aktive Bewegungsamplitude von Extension/Flexion: 0 – 30 – 130° und konnten etwa 4 kg bei 90° gebeugtem Ellenbogen halten (s. Tab. 8.8, und Abb. 8.11 a–d). Durch die Technik des bipolaren Transfers ist es möglich neben der Ellenbogenbeugung auch eines Stabilisierung des Glenonhumeralgelenks und eines gewisse Supinationsfähigkeit des Unterarmes gleichzeitig zu rekonstruieren. Der M. pectoralis major wird durch die Ansa pectoralis (C5 – Th1) innerviert, wobei der klavikuläre Anteil aus Fasern des Fasciculus lateralis (C5/C6/C7) und der sternokostale Anteil aus Fasern des Fasciculus medialis (C8/Th1) versorgt wird. Wegen der breiten Innervation ist dieser Muskel oft bei partiellen Läsionen einsetzbar. Im Allgemeinen ist nach der Muskeltransposition mit einer kraftvollen Wiederherstellung der Ellenbogengelenksbeweglichkeit zu rechnen, wobei gegenüber der Verwendung des M. latissimus dorsi die Präparation des GefäßNerven-Stiels wegen der nicht ganz konstanten Verhältnisse schwieriger sein kann. Aufgrund der ästhetisch unschönen Narbe wird dieser Transfer bei Frauen nur zurückhaltend eingesetzt. Da der M. pectoralis major auch die thorakohumerale Zangenfunktion maßgeblich bedingt, darf dieser Muskel nur genommen werden, wenn entweder der M. latissimus dorsi oder der M. teres major eine aktive Oberarmadduktion gegen die Thoraxwand ermöglichen. Patienten mit einem M.-pectoralis-major-Transfer erreichen eine durchschnittliche Bewegungsamplitude von Extension/Flexion: 0 – 20 – 150° wobei 1 – 4,5 kg gehoben werden können (s. Tab. 8.9). Eigene Erfahrungen liegen nicht vor.
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
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Abb. 8.11 a – d Bipolare Transposition des M. latissimus dorsi zur Wiederherstellung der Ellenbogenbeugefunktion. a Schema der bipolaren Transposition des M. latissimus dorsi (nach: Zancolli u. Mitre). Abb. 8.11 b – d 䉴
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
b
c
d Abb. 8.11 b – d b Lappenplanung: Hautschnitt im Oberarmbereich. c Hebung des M. latissimus dorsi. d Postoperativer Aspekt: Ellenbogenbeugung in der Ansicht von frontal (Merke: zusätzliche Hautinzision im Bereich des Processus coracoideus für die bipolare Verlagerung des Muskels).
Der M. pectoralis minor wird durch die Ansa pectoralis (C5 – Th1) innerviert. Wegen der breiten Innervation ist dieser Muskel oft bei partiellen Läsionen einsetzbar. Der M. pecoralis minor ist ein sehr schwacher kurzer Muskel, weshalb dieser Transfer entweder in Kombination mit einem Steindler-Transfer (Proximalisierung der Flexor/Pronatormuskelmasse) oder als Augmentationstransfer bei noch bestehender Ellenbogenbeugekraft von M2 eingesetzt werden sollte. Eine gewisse Rezentrierung des Humeruskopfes kann dadurch erreicht werden.
Der M. triceps brachii wird durch Äste des N. radialis (C7 – Th1) versorgt. Da es sich um einen Antagonisten des Bizeps handelt, treten Schwierigkeiten bei der postoperativen Umlernphase nur in Ausnahmefällen auf. In der eigenen Serie (n = 15) kam es bei 1 Patienten zu einem Funktionsverlust. Die restlichen 14 Patienten erreichten durchschnittlich eine aktive Bewegungsamplitude von Extension/Flexion 0 – 40 – 100° und konnten durchschnittlich 2 kg bei 90° gebeugtem Ellenbogen halten (s. Tab. 8.8 und Abb. 8.12 a–e). Durch die Transposition verliert der Patient die Möglichkeit der aktiven Ellenbogenstreckung. Ist eine Schulterabduktion/-flexion nicht über 90° möglich, kann dieser Spenderdefekt als nicht sehr gravierend angesehen werden. Allerdings gibt es immer wieder Indikationen, die auch eine aktive Ellenbogenstreckung erfordern, vor allem bei Patienten mit speziellen Berufen, oder bei Patienten die infolge einer Behinderung auf den Gebrauch von Gehstöcken oder eines Rollstuhles angewiesen sind. Aufgrund des Wegfalls des Antagonisten nach Transposition besteht beim unreifen Skelett die erhöhte Gefahr von Wachstumsstörungen mit zunehmendem Streckdefizit. Da nur ein monopolarer Transfer durchgeführt wird, kann gleichzeitig keine Stabilisierung im Glenohumeralgelenk erzielt werden. Vor allem bei Kokontraktionen können im Bereich der Mm. biceps und triceps brachii nach Regeneration oder bewusster Rekonstruktion durch die Verlagerung des M. triceps eine sehr gute Bewegungsfähigkeit und Kraftentwicklung erreicht werden. Die Flexor/Pronatormuskelmasse des Unterarmes wird durch den N. medianus (C6 – Th1) innerviert. Nach Proximalisierung des Ursprunges (Op. nach Steindler) beträgt die durchschnittliche aktive Beweglichkeit bei Extension/Flexion 0 – 22 – 115°, wobei 0 – 2 kg (am Handgelenk befestigt) gehoben werden können. Bei 6 Patienten haben wir eine eigene Modifikation der Steindler-Operation eingesetzt. Aufgrund einer tiefen Infektion haben wir 1 Patienten verloren. Durch eine vermehrte Proximalisierung auf 8 – 10 cm proximal des Ellenbogengelenkspaltes kann eine aktive Bewegungsamplitude von 0 – 32 – 113° mit einer durchschnittlichen Kraftentwicklung von 3,2 kg erreicht werden (s. Tab. 8.8 und Abb. 8.13 a – d). Wegen der Ausbildung einer Pronations/Flexionskontraktur im Handgelenk- und Fingerbereich bei fehlender aktiver Handgelenk- und Fingerstreckung sollte dieses Verfahren nur dann eingesetzt werden, wenn eine aktive Handgelenk- und Fingerstreckung vorliegt oder durch einen primären Transfer der M.-flexor-carpi-ulnaris-Sehne wiederhergestellt werden konnte. Im Falle einer kompletten Parese kann die Ellenbogenbeugung nur durch eine mehrzeitige mikrochirurgische Rekonstruktion wiedererlegt werden. In der ersten Operation werden Nerventransplantate vorgelegt. Als Axonspender dienen entweder extraplexuelle Quellen (N. accessorius, N. phrenicus, Interkostalnerven T3 –T5) oder Teile der kontralateralen C7-Wurzel (Pectoralis-major- oder Latissimus-dorsi-Anteil). Eine Biopsie des distalen Nerventransplantatendes zur Überprüfung der Qualität der Nervenregeneration erfolgt 12 – 18 Monate nach der ersten Operation. Neben der Qualität der Axone (motorisch/sensibel:
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
atrophierter M. biceps verlagerter M. triceps
M. triceps vor der Verlagerung
a
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e
Abb. 8.12 a – e Transposition des M. triceps brachii zur Wiederherstellung der Ellenbogenbeugefunktion bei Kokontraktion Bizeps/Trizeps. a Präoperativer Befund. d Postoperatives Ergebnis: Heben eines 3 kg schweren Koffers. b Schema der Trizepstransposition nach Caroll. e Postoperatives Ergebnis: Spenderdefekt (fehlende aktive Ellenbogenextension bei Schulterabduktion/flexion > 90°). c Postoperatives Ergebnis: Flexion.
Acethylcholinesterasereaktion) wird die Quantität der Axone < 6 < 18 µm auf dem Nervenquerschnittspräparat bestimmt. Bei ausreichender Quantität und Qualität wird ein freier funktioneller Muskeltransfer durchgeführt. Als Spendermuskel stehen der M. latissimus dorsi, der M. gracilis oder der M. rectus femoris zur Verfügung. Zur gleichzeitigen Wiederherstellung der Ellenbogenbeugung sowie der Handgelenk- und Fingerbeugung kann der Muskel im Sinne einer Steindler-Plastik bifunktional unter Schaffung einer Pulley transplantiert werden. Alternativ kann neben
der Ellenbogenbeugung die aktive Handgelenk- und Fingerstreckung gleichzeitig wiederhergestellt werden. Nach mehrzeitiger mikrochirurgischer Rekonstruktion mit primärer Vorlage eines Nerventransplantates an einen Interkostalnerventransfer und anschließender sekundärer freier funktioneller Latissimus-dorsi-Lappenplastik ist in etwa 50% der Fälle mit einem funktionellen Ergebnis zu rechnen. In der eigenen Serie (n = 4) beträgt die durchschnittliche Bewegungsamplitude 0 – 45 – 95°, wobei maximal 0,7 kg gehoben werden können. (Abb. 8.14 a–e).
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
a
b
c
d Abb. 8.13 a – d
Proximalisierung der Flexor/Pronator-Muskelmasse zur Wiederherstellung der Ellenbogenbeugefunktion. a Präoperativer Befund. c Schema des modifizierten Steindler-Transfers (nach: Berger). b Intraoperativer Befund: Zustand nach Ventralverlagerung des d Postoperatives Ergebnis: Ellenbogenbeugung bei HandgelenkN. ulnaris und Ablösung der Pronator/Flexoren-Muskelmasse und Fingerextension (zur Ausschaltung des „Steindler-Effekvom Epicondylus medialis mit einem Knochenstück. tes“).
Die Auswahl des Ersatzmuskels ist abhängig vom Ausmaß des vorliegenden Ausfalls, von der Notwendigkeit weiterer Muskeltransfers im Bereich anderer Abschnitte der gelähmten Extremität sowie vom Patientenalter.
Komplette Paralyse der gesamten Extremität. Bei komplett paretischer oberer Extremität kann eine aktive Ellenbogenbeugung nur durch mehrzeitige mikrochirurgische Rekonstruktion mit primärer Vorlage eines Nerventransplantates und sekundärer freier funktioneller Muskeltransplantation (M. latissimus dorsi, M. gracilis) erreicht werden. Anschlussstellen für das Nerventransplantat sind mit absteigender Priorität die mittleren und tiefen Anteile des ipsilateralen N. accessorius, die ipsilateralen Nn. intercostales (Th) 3 – 8 und Teile der kontralateralen C7-Wurzel
(Pectoralis-major- und Latissimus-dorsi-Anteil). Wegen der enttäuschenden funktionellen Ergebnisse des bifunktionellen Transfers (Ellenbogenbeugung und Handgelenk/ Fingerbeugung oder Handgelenk/Fingerstreckung), sollte nur die Ellenbogenbeugung wiederhergestellt werden.
Partielle Paralyse nach Spontanregeneration oder operativer Revision mit fehlender Regeneration im Bereich der Ellenbogenbeugemuskulatur (Kraftgrad M0). In solchen Fällen ist eine „Balancierung“ der (wiedergewonnenen) Muskelfunktionen im Schulter- und Unterarmbereich zugunsten der Ellenbogenbeugung notwendig. Bei komplett fehlender Ellenbogenbeugung stellt der M.-latissimus-dorsi-Transfer wegen der guten Bewegungsamplitude, der Kraftentwicklung, des geringen Spenderdefektes
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
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d Abb. 8.14 a – e Wiederherstellung der Ellenbogenbeugefunktion durch mehrzeitige mikrochirurgische Rekonstruktion. a Primäres Vorlegen eines Nerventransplantates auf einen Interkostalistransfer. b Histologischer Querschnitt des distalen Nerventransplantatendes nach Nerventransplantation nach 12 Monate (Biopsie: Acethylcholinesterase-Reaktion zur Darstellung der motorischen Faszikel). c Intraoperatives Bild des freien mikrovaskulären funktionellen Latissimus-dorsi-Transfers. d Intraoperatives Bild: Umlenkung des M. latissimus dorsi unterhalb des FCU. e Funktionelles Spätergebnis (Flexion).
e
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
und der zusätzlichen Stabilisierung des Glenohumeralgelenks die Therapie der 1. Wahl dar. Beim Einsatz des M. latissimus dorsi muss aber immer überprüft werden, ob dieser Muskel nicht günstiger im Schulterbereich für weitere Sehnentransfers eingesetzt werden kann. Besteht auch der Wunsch und die Möglichkeit der Wiederherstellung einer Außenrotation im Schulterbereich, ist zu prüfen, ob die Schulter über 90° abduziert werden kann. Ist dies möglich, muss überprüft werden ob der M. teres major oder der M. pectoralis major als Therapie der 2. Wahl zu Rekonstruktion der Außenrotation im Schulterbereich zur Verfügung steht. Als Therapie der 2. Wahl sehen wir den Trizeps-auf-Bizeps-Transfer an. Kontraindikationen für dieses Verfahren bestehen bei einer Schulterabduktion von mehr als 90°, weil dadurch die Hand dem Patienten ins Gesicht schlagen kann. Darüber hinaus setzen wir den Trizepstransfer bei Kindern nur in Ausnahmefällen ein, da wachstumsbedingt Gelenkfehlstellungen auftreten können. Eine glenohumerale Subluxation kann mit diesem Verfahren nicht therapiert werden. Wegen des großen Spenderdefektes sehen wir vor allem bei Frauen den M.-pectoralis-major-Transfer als Therapie der 3. Wahl an. Meist muss eine gut funktionierende aktive thorakohumerale Zangenfunktion durch die Transposition aufgegeben werden. Der Transfer der Pronator/Flexormuskelmasse nach Steindler stellt eine gute Möglichkeit bei Läsionen im Bereich von C5/C6 dar. Eine fehlende aktive Handgelenk- und Fingerstreckung ist eine relative Kontraindikation. Durch primäre Verlagerung der Flexor-carpiulnaris-Sehne als Handgelenk- und Fingerstreckung kann die funktionsbeeinträchtigende Mitbeugung von Handgelenk und Finger deutlich verringert werden.
Partielle Paralyse nach Spontanregeneration oder operativer Revision mit ungenügender Regeneration im Bereich der Ellenbogenbeugemuskulatur (Kraftgrad M1 oder M2). Hier können die oben genannten Verfahren im Sinne eines Augmentationstransfers eingesetzt werden. Bei bestehender aktiver Handgelenk- und Fingerstreckung sollte immer an die Möglichkeit der Proximalisierung der Flexor/Pronatormuskelmasse gedacht werden. Zusätzlich kann auch noch ein Pectoralis-minor-Transfer zur Vergrößerung der Kraft durchgeführt werden. Eine Sonderfall sollte immer bedacht werden: Liegt nach Reinnervation eine geplante oder zufällige Kokontraktion der Mm. triceps und biceps brachii vor, stellt der Trizeps-auf-Bizeps-Transfer die Therapie der 1. Wahl dar. Bei partieller Paralyse nach Spontanregeneration, operativer Revision mit Regeneration im Bereich der Ellenbogenbeugemuskulatur auf den Kraftgrad M3 oder bestehendem „Steindler-Effekt“ richtet sich das weitere Vorgehen nach den Bedürfnissen des Patienten und den möglichen Rekonstruktionsmöglichkeiten. Falls der Patient im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit und privat ohne das Heben größerer Lasten auskommt, ist die Operationsindikation zunächst fraglich. Hier muss mit dem Patienten genauestens erörtert werden, was durch einen zusätzli-
chen Kraftspender verbessert werden kann und inwieweit für den Alltag die Verbesserung für den Patienten wichtig ist. Sekundäre Muskel-Sehnen-Umsetzplastiken im Bereich der Schulter Durch Verbesserung von Stabilität und Beweglichkeit im Schulterbereich kann die Rekonstruktion der aktiven Ellenbogenbeugung und die dadurch erzielte bimanuelle Funktion auch in einem körperferneren Sektor durchgeführt werden. Dadurch wird eine deutliche Steigerung der Gebrauchsfähigkeit der betroffenen Extremität erreicht. Hauptziele der Wiederherstellung der Funktion im Schulterbereich sind mit absteigender Priorität: 1. Adduktion („thorakohumerale Zange“), 2. Stabilisierung des Glenohumeralgelenks („Sulkus-Zeichen“), 3. Abduktion, 4. Flexion, 5. Außenrotation. Selbst bei kompletter Läsion des Plexus brachialis sind oft der M. trapezius und die Schulterblattmuskeln (Mm. levator scapulae, rhomboideus major, rhomboideus minor) noch intakt. Der M. serratus anterior hat eine Schlüsselrolle bei der dynamischen Fixierung der Skapula an der Thoraxwand und sollte, wenn immer möglich, bei der primären Nervenrekonstruktion neurotisiert werden (z. B. extraplexuell T2 und/oder T3). Die Adduktion erfolgt passiv durch die Schwerkraft und aktiv durch die Wirkung des kurzen Kopfes des M. biceps auf das Schultergelenk. Viele Patienten mit komplett paretischer Schulter klagen über Schmerzen im Bereich des Glenohumeralgelenks, oft verbunden mit einer Subluxationsstellung des Humeruskopfes. Klinisch zeigt sich das so genannte „Sulkus-Zeichen“. Durch die suffiziente Muskelfunktion des langen Kopfes des M. biceps auf das Glenohumeralgelenk kann eine Subluxationsstellung bei etwa der Hälfte der Patienten aufgehoben werden. Ansonsten besteht weiterhin die Möglichkeit des Trapeziustransfers nach Saha (1967) oder eine Arthrodese im Glenohumeralgelenk. Letztere darf nur dann durchgeführt werden, wenn eine Stabilisierung der Skapula an der Thoraxwand durch eine ausreichende Funktion des M. serratus anterior besteht. Anderenfalls würde anstatt der Abduktionsbewegung eine Skapula-alata-Fehlstellung mit inadäquater Funktion resultieren. Vor allem bei kleineren Patienten (Winkelverhältnisse) und kompletter Parese (leichte Extremität) kann durch den Transfer des kranialen Trapeziusanteils nach Saha (1967) eine aktive Abduktion von durchschnittlich 40° erzielt werden. Durch Verlagerung der Insertionsstelle nach ventral kann zusätzlich eine Flexionskomponente von ebenfalls ca. 40° gewonnen werden. Ob durch zusätzlichen Transfer des M. levator scapulae zur Insertionsstelle des M. supraspinatus eine weitere Ergebnisverbesserung er-
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
reicht werden kann, wird unterschiedlich diskutiert. Durch die Verlagerung des M. latissimus dorsi kann einen aktive Außenrotation von etwa 30° erreicht werden. Vor allem bei einer Abduktionsfähigkeit von mehr als 90° kann diese durch die neue Zugrichtung des M. latissimus dorsi beeinträchtigt werden. Bei Patienten mit fehlender oder inadäquater M.-latissimus-dorsi-Funktion kann eine Bewegung mit Außenrotationskomponente bei intakten Mm. serratus anterior und rhomboidei durch eine Glenohumeralarthrodese imitiert werden, da bei Bewegung im glenohumeralen Gelenkspalt eine Außenrotation bei gebeugtem Ellenbogen von AR/IR 10 – 0 – 40° erreicht werden kann. Sekundäre Muskel-Sehnen-Umsetzplastiken im Bereich der Hand Die Wiederherstellung der verschiedenen aktiven Handfunktionen stellt beim Erwachsenen – im Gegensatz zum Neugeborenen – ein nachgeordnetes Therapieziel dar. Die wichtigste aktive Funktion im Handbereich ist die Handgelenkstreckung, denn sie erlaubt durch die aktive Handgelenkextension eine passive Beugung der Finger durch einen Tenodeseeffekt. Bei gleichzeitig bestehender aktiver Fingerbeugung erlaubt die aktive Handgelenkstreckung darüber hinaus eine Positionierung der Hand zum Objekt und eine Stabilisation während des Greifaktes. Die zweitwichtigste Funktion im Handbereich stellt die Fingerbeugung dar. Sie erlaubt die einfachste Greifform, den Hackengriff. Als nächst wichtige Greifform sollte der Schlüsselgriff wiederhergestellt werden. Für das Umgreifen größerer Gegenstände ist eine aktive Finger- und Daumenstreckung notwendig. Die intrinsische Funktion von Daumen und Langfingern ist Voraussetzung für Präzisionsgreifformen sowie für Kraft und Ausdauer bei Handarbeit. Beim Erwachsenen mit ausgedehnter Schädigung im unteren Plexusbereich kann sie fast nie wiederhergestellt werden. Da die Fingerflexoren das Handgelenk mitbeugen, sollte eine Wiederherstellung der aktiven Handgelenkbeugung nur dann durchgeführt werden, wenn diese spezielle Bewegung für den Patienten von außerordentlich großer Bedeutung ist. Meist ist dies aus Mangel an verwendbaren Muskel/Sehneneinheiten nicht möglich (Tab. 8.9). Die Beeinträchtigung der Handfunktion bei Schädigungen des Plexus brachialis ist abhängig von der Lokalisation (obere Anteile, versus untere Anteile), dem Ausmaß der Primärschädigung sowie der möglichen Regeneration nach konservativer oder operativer Therapie. Die Rekonstruktion der Handfunktion erfolgt im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes der gelähmten Extremität nach Wiederherstellung der thorakohumeralen Zangenfunktion, der Ellenbogenbeugung und der Schulterfunktion. Für die erfolgreiche Wiederherstellung oder Verbesserung der Handfunktion bei Patienten mit Läsionen des Plexus brachialis ist ebenfalls ein Gesamttherapiekonzept notwendig (s. Kap. 8.1.3).
Tab. 8.9
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273
Therapieziele der Wiederherstellung der Handfunktion bei Patienten mit einer Läsion des Plexus brachialis
Therapie- Funktion ziel
Griff
0
Papierpresse-Hand: – passiv (keine ausreichende aktive Ellenbogenbeugung) – aktiv (ausreichende aktive Ellenbogenbeugung)
1
passive Fingerflexion: – keine Schutzsensibiltät vorhanden – Schutzsensibilität vorhanden
passiver Hackengriff
2
aktive Fingerextension
aktiver Hackengriff
3
aktive Fingerflexion
4
passive Daumenadduktion/ flexion
Schlüsselgriff
5
aktive Fingerextension
Grobgriff
6
aktive Daumenabduktion/ retropulsion
transiente Greifform
7
aktive Daumenantepulsion
Präzisionsgreifformen
8
intrinsische Fingerfunktion
9
aktive Handgelenkflexion
Aufgrund der höheren Fibroserate, der geringeren Muskelmasse und der beeinträchtigten Innervation sind regenerierte Muskeln weniger widerstandsfähig. Übermäßige Spannung während der Operation und ein zu schneller Belastungsaufbau nach Mobilisierung müssen vermieden werden. Postoperativ erfolgt eine Ruhigstellung mit einer palmaren Unterarmschiene oder Oberarmschiene für 3 – 6 Wochen. Die exakte präoperative Analyse des gesamten Ausfalles ist von zentraler Bedeutung. Folgende klinische Situationen können nach Alnot u. Mitarb. (1995) unterschieden werden (Tab. 8.10). Ersatzoperationen an der Hand werden bei Patienten durchgeführt, bei denen die operative Behandlung von Verletzungen des Plexus brachialis nach Ablauf von 2 – 3 Jahren keinen oder nur einen Teilerfolg ergeben hat oder bei denen aufgrund der Nervenrekonstruktion eine teilweise oder komplette Wiederherstellung der Handfunktion von vorn herein nicht möglich ist. Abhängig von der Lokalisation und Ausprägung der Nervenschädigung sowie möglicher direkter Muskelschädigungen im Unterarmbereich (Zustand nach Kompartmentsyndrom) stehen unterschiedliche Muskeln und Muskelgruppen zur Transposition zur Verfügung.
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
Tab. 8.10
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Klassifikation der vorliegenden Schädigung im Handbereich (nach Alnot)
Supraklavikuläre Läsion
– partielle supraklavikuläre Läsionen von C5-C6 bei erhaltener Funktion von C7-C8-Th1 – partielle supraklavikuläre Läsionen von C5-C6-C7 bei erhaltener Funktion von C8 – Th1 – partielle supraklavikuläre Läsionen von C5-C6-C7 mit Kontusion von C8-Th1 – partielle supraklavikuläre Läsionen von C8-Th1 + C7 bei erhaltener Funktion von C5-C6 + C7 – komplette supraklavikuläre Läsionen
Retro- und/oder – retro- und/oder infraklavikuläre Läsion des Fasciculus posterior infraklavikuläre – retro- und/oder infraklavikuläre Läsion Läsion des Fasciculus lateralis – retro- und/oder infraklavikuläre Läsion des Fasciculus medialis – komplette retro- und/oder infraklavikuläre Läsion
Supraklavikuläre Läsionen
Partielle supraklavikuläre Läsionen von C5-C6 bei erhaltener Funktion von C7-C8-Th1. Bei reiner C5-C6-Läsion ist die Handfunktion in der Regel klinisch unbeeinträchtigt. Nur bei genauer Untersuchung kann eine Schwächung der Handgelenkextension (ECRL und ECRB) bei etwa 20% der Patienten gefunden werden. Partielle supraklavikuläre Läsionen von C5-C6-C7 bei erhaltener Funktion von C8-Th1. Bei 70% der Patienten kommt zu dem klinischen Bild einer Fallhand im Rahmen des typischen Bildes einer hohen Radialislähmung. Auf der palmaren Unterarmseite sind PL und FCU meist erhalten, während der FCR oft teilweise oder vollständig gelähmt ist. Hieraus resultiert die Möglichkeit des Grob- und Schlüsselgriffes bei jedoch deutlich eingeschränkter Sensibilität im Medianusbereich (s. Abb. 8.3). Für die Wiederherstellung der motorischen Funktionen im Sinne einer Radialisersatzoperation haben sich die Techniken nach Francke, Jones und Merle d’Aubigne bewährt. Im Gegensatz zur peripheren Radialisläsion müssen folgende Besonderheiten beachtet werden: Bei einer Schädigung der Wurzeln C5-C6-C7 besteht in 30% der Fälle noch eine Aktivität bei den Muskeln ECRL u. ECRB bzw. ECRB mit dem Kraftgrad M3 + (5), weshalb bei diesen Patienten nur die Fingerstreckung und Daumenretropulsion fehlt. Bei ausreichender Bewegungsamplitude und Kraft ist eine sekundäre Wiederherstellung der Handgelenkextension nicht notwendig (Tab. 8.11). Für die Rekonstruktion der Handgelenkstreckung können 3 Muskeln ausgewählt werden; Mm. flexor digitorum superficialis III/ IV, M. flexor carpi radialis (FCR) und M. palmaris longus (PL). Aufgrund der besseren Ergebnisse bezüglich Kraft
Tab. 8.11
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Therapieplan bei Läsion C5-C7 und intakter Wurzel C8-Th1
Funktion
Transfer
Handgelenkextension (ECRL, ECRB, ECU)
ECRB – 70% FDS III/IV (PT) 30% ausreichende Funktion
Fingerextension (EDC, EIP, EDM)
EDC – FCU FDS III, IV
Daumenretropulsion (EPL, APL, EPB)
EPL – FCU APL – PL FDS III, IV
und Ausdauer stellt die transmembranöse Verlagerung der FDS-III- oder IV-Sehne auf die ECRB-Sehne die Therapie der 1. Wahl dar. Der FCR stellt aufgrund seiner Kraft die Therapie der 2. Wahl dar. Der PL ist oft subklinisch mitgeschädigt. Obwohl bei präoperativer klinischer Prüfung oft ein Kraftgrad M3 oder M4 besteht, kommt es häufig zu einer schnellen Ermüdung, weshalb oft nur ein Tenodeseeffekt und keine adäquate aktive Bewegung erzielt werden kann. Für die Wiederherstellung der aktiven Fingerextension stellt die Sehne des M. flexor carpi ulnaris (FCU) für die Therapie die 1. Wahl dar. Als 2. Wahl kann die Sehne des FDS III oder IV verwendet werden. Wieder gilt es den Spenderdefekt (Kraftverlust bei Fingerbeugung, vor allem beim Grobgriff) gegen den zu erwartenden Nutzen abzuwägen. Für die Extension bzw. Retropulsion im Daumenbereich stehen neben dem PL und dem FCU wiederum die Sehnen von FDS III oder IV zur Verfügung. Durch die Koppelung des EPL mit dem FCU kommt es zwar zu einer Extension im IP-Gelenk, jedoch auch zu einer gleichzeitigen Adduktionsbewegung des 1. Strahls. Durch Rekonstruktion des APL entweder mit dem PL oder dem FDS III oder IV kann die Adduktionskomponente wirkungsvoll vermindert werden.
Partielle supraklavikuläre Läsionen von C5-C6-C7 mit Kontusion von C8-Th1. In diesem Fall kommt es zusätzlich zu einer Schädigung von PT, FDS III und IV, FCR und PL, weshalb nur noch der FCU zur Transposition zur Verfügung steht. Um eine störende Daumenadduktion bei Fingerstreckung zu vermeiden, führen wir eine Tenodese der APL-Sehne durch. In diesen Fällen wird oft auch die Indikation zur Handgelenkarthrodese diskutiert, um mehr Kraft für die aktive Fingerstreckung zu erzielen. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass der oft sehr nützliche Tenodeseeffekt zur Fingerstreckung durch die Arthrodese verloren geht (Tab. 8.12). Partielle supraklavikuläre Läsionen von C8-Th1 und C7 bei erhaltener Funktion von C5-C6 und C7. Bei diesen Läsionen besteht eine normale Funktion im Bereich der Schulter und des Ellenbogens. Fingerstreckung sowie Handgelenk- und Fingerbeugung fehlen. Für eine Trans-
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
position stehen mit absteigender Sicherheit zur Verfügung: M. brachioradialis, ECRL und ECRB. Für die Rekonstruktion der Langfingerbeugung hat sich die transmembranöse Verlagerung der Sehne des ECRL auf die Sehne des FDP bewährt. Hierbei ist es aber außerordentlich wichtig, dass die aktive Handgelenkextension adäquat erhalten bleibt. Ist der ECRB nicht geschädigt, reicht seine Funktion für eine adäquate Handgelenkstreckung aus. Ist dieser Muskel jedoch auch geschädigt, ist die Transposition der ECRL-Sehne kontraindiziert. In diesen Fällen hat sich die Tenodese des FDP am Radius bewährt. Durch die aktive Handgelenksextension kommt es zu einer passiven Fingerbeugung. In den Fällen, bei denen C7 nur partiell geschädigt ist, können eventuell auch der PT oder die regenerierten FDS II oder III eingesetzt werden. Immer ist zu prüfen, ob durch einfache Seit-zu-Seit-Koppelung der FDS II und III mit IV und V eine aktive Fingerbeugung erzielt werden kann. Für die Wiederherstellung der Daumenbeugung für eine primitive Greiffunktion bei komplettem Flexionsverlust im Handbereich hat sich der Transfer der Sehne des M. brachioradialis (BR) auf die translozierte Sehne des FPL in Kombination mit einer Arthrodese im MP-I-Gelenk bewährt. Durch die Änderung der Zugrichtung der FPL-Sehne ergibt sich eine Oppositionsbewegung des Daumens gegen die Langfinger. Bei starker Regeneration der Extensoren im Handbereich kann sich eine Krallenhandfehlstellung ausbilden, weshalb eine Korrektur im Sinne einer Intrinsic-Ersatzoperation notwendig werden kann. Durch die zusätzlich stark beeinträchtigte Sensibilität ist selbst bei guter Funktion der Transfers die Hand meist nur bei gleichzeitiger visueller Kontrolle einsetzbar (Tab. 8.13).
Komplette supraklavikuläre Läsionen. Die kompletten supraklavikulären Läsionen, etwa bei 70 – 75 % aller Patienten, haben per se eine sehr schlechte Prognose für die Hand. Vordringlichstes Therapieziel ist die Vermeidung von Fehlstellungen. Selbst die komplett paralytische Hand dient als „autologe Prothese“, dessen funktioneller Wert nicht unterschätzt werden darf. Nur selten (0,2%) wünschen die Patienten eine Amputation. Bei allen Operationen an dystrophen paralytischen Unterarmen und Händen ist eine verzögerte Wundheilung zu beachten. Das Basisziel ist die Korrektur von Fehlstellungen durch adäquate Positionierung von Daumen und Langfinger mithilfe von Tenodesen und Arthrodesen. Das Maximalziel, eine primitive Grobgrifffunktion, kann heute nur mit einer freien funktionellen Muskeltransplantation, einem sehr aufwendige Verfahren erreicht werden (Tab. 8.14). Bei ausreichender Perfusion der Extremität, adäquater Ellenbogenbeugung und protektiver Sensibilität im radialen Unterarm- und Handbereich besteht die Möglichkeit einer monofunktionalen Transplantation zur Verbesserung der Handgelenk- und Fingerbeugung oder der Handgelenkstreckung mit tenodetisch bedingter Fingerbeugung. Bei
Tab. 8.12
____
Therapieplan bei Läsion C5-C7 und beschädigter Wurzel C8-Th1
Funktion
Transfer
Handgelenkextension (ECRL, ECRB, ECU)
ECRB – FCU (Tenodese, Arthrodese)
Fingerextension (EDC, EIP, EDM)
EDC – FCU FDS III, IV
Daumenretropulsion (EPL, APL, EPB)
EPL – FDS V Tenodese
Tab. 8.13
____
Therapieplan bei partieller supraklavikulärer Läsionen von C8-Th1 + C7 bei erhaltener Funktion von C5-C6 + C7
Funktion
Transfer
Fingerflexion (FDP/FDS II–V)
FDP – ECRL Tenodese (ECRB insuffizient) (PT) (FDS II, III regeneriert)
Daumenopposition (FPL)
FPL – BR + MP-Arthrodese nach Dislokation
Fingerextension (EDC, EIP, EDM)
EDC – keine Rekonstruktion möglich
Daumenretropulsion (EPL, APL, EPB)
EPL – keine Rekonstruktion APL – keine Rekonstruktion (PL)
Tab. 8.14
____
275
Therapieplan für komplette supraklavikuläre Läsion (C5-Th1)
Funktion
Transfer
Handgelenk/Fingerflexion (FDP/FDS II–V)
FDP – statische Positionierung (freier funktioneller Muskeltransfer)
Daumenopposition (FPL)
FPL – statische Positionierung (Tenodese, Arthrodese)
Handgelenkextension/ Fingerflexion
EDC – statische Positionierung (freier funktioneller Muskeltransfer)
ausreichender Innervation nach Regeneration kann nach histologisch kontrollierter Regenerationsqualität das freie funktionelle Muskeltransplantat primär an den regenerierten Nerven angeschlossen werden. Fehlt eine ausreichende Innervation, ist eine extraplexuelle Neurotisation notwendig. Dieses kann einzeitig an einen Interkostalistransfer oder mehrzeitig nach Vorlage eines Nerventransplantates an den ispsilateralen N. XI oder einen partiellen kontralateralen C7-Transfer erfolgen.
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276
8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
Retro/infraklavikuläre Läsionen Diese Gruppe betrifft etwa 20 – 25 % der Läsionen des Plexus brachialis. Bei dieser Lokalisation liegen höchst unterschiedliche nervale Schädigungsmuster vor. Häufig lassen sich auch zusätzliche knöcherne Läsionen und Gefäßschäden finden. Die zusätzlichen Läsionen wirken sich äußerst negativ auf die Prognose aus.
Retro- und/oder infraklavikuläre Läsion des Fasciculus posterior. Die retrokalvikuläre Schädigungen betreffen in etwa 50 % den posterioren Faszikel. Es besteht das Bild einer „hohen Radialisläsion“. Für die Therapie dieser Läsion haben sich die Standardtechniken wie z. B. die Technik nach Merle d’Aubiné bewährt (Tab. 8.15). Retro- und/oder infraklavikuläre Läsion des Fasciculus lateralis. In etwa 30% der retro- und/oder infraklavikulären Läsionen liegt eine Schädigung des Fasciculus lateralis vor. Hier bestehen für die Hand nur geringe Ausfälle (laterale Medianusgabel).
Tab. 8.15
____
Therapieplan bei retro- und/oder infraklavikulärer Läsion des Fasciculus posterior („hohe Radialisschädigung“)
Funktion
Transfer
Handgelenkextension (ECRL, ECRB, ECU)
ECRB – PT FDS III, IV
Fingerextension (EDC, EIP, EDM)
EDC – FCU FDS III, IV
Daumenretropulsion (EPL, APL, EPB)
EPL – FCU APL – PL FDS V
Tab. 8.16
____
Therapieplan bei retro- und/oder infraklavikuläre Läsion des Fasciculus medialis („hoher Ulnarisschaden“)
Funktion
Transfer
Intrinsische Daumenfunktion: Retropulsion
EPL – EIP PL
Antepulsion
FPL – BR + MP-Arthrodese nach Dislokation APB – PL unter Retinaculum flexorum
Fingerflexion
FDP – laterolaterale Koppelung (FDP/FDS II–V)
Intrinsische Fingerfunktionen
Intrinsics – FDS II, III (OP n. Zancolli-Lasso) ECRL (Palende) anteriore Kapsuloraphie Tenodese (Frowler)
Retro- und/oder infraklavikuläre Läsion des Fasciculus medialis. Die isolierte Schädigung des Fasciculus medialis ist äußerst selten und zeigt das klinische Bild einer „hohen Ulnarisläsion“. Für die Rekonstruktion der intrinsischen Daumenfunktion hat sich die Technik nach Mackin (Transfer des BR auf die dislozierte Sehne des FPL mit gleichzeitiger Arthrodese des MP-I-Gelenks) oder nach Camitz (PL auf APB) bewährt. Für die Wiederherstellung der aktiven Fingerbeugung sollte primär an eine Seit-zu-Seit-Koaptation der FDP-Sehnen II–V gedacht werden. Für den Ersatz der intrinsischen Muskel im Langfingerbereich hat sich vor allem die LassoOperation nach Zancolli bewährt. Alternativ dazu kann auch der ECRL – verlängert durch Sehnentransplantate – eingesetzt werden. Falls weder eine FDS-Sehne noch ein radialer Handgelenkstrecker zur Verfügung stehen, bleibt noch die Möglichkeit einer anterioren Capsuloplicatio (capsulorraphy) der MP-Gelenke als statische Korrektur (Tab. 8.16). Adjuvante Eingriffe Die bisher genannten Rekonstruktionsverfahren können durch adjuvante (oder tertiäre) Eingriffe wie Tenodesen, Kapsulodesen, Arthrodesen, Orthesen oft funktionell deutlich verbessert werden.
Ergebnisse Durch den Einsatz standardisierter Methoden zur Diagnostik, Klassifikation, Therapie und Dokumentation von Patienten mit posttraumatischen Läsionen des Plexus brachialis kann eine deutliche Verbesserung der Ergebnisse erreicht werden. Durch die frühzeitige mikrochirurgische Exploration des Plexus brachialis können abhängig von der Art und dem Ausmaß der Schädigung bei Patienten mit schwerer posttraumatischer Schädigung des Plexus brachialis Elementarfunktionen im Bereich der oberen Extremität (Schulteraddukltion, Ellenbogenbeugung, protektive Sensibilität in Teilen der Hand, Handgelenk- und Fingerbeugung) primär wiederhergestellt werden. Durch die „Balancierung“ der erreichten Bewegungsformen kann nach Ablauf von 2 – 3 Jahren mit Hilfe von sekundären Muskel-Sehnen-Transfers und/oder adjuvanten Eingriffen in vielen Fällen eine weitere entscheidende Funktionsverbesserung erreicht werden. Mit den heute zur Verfügung stehenden Rekonstruktionstechniken ist es möglich, auch bei kompletter (C5-Th1) Läsion in 60% der Fälle die Basisfunktionen der oberen Extremität (Schulteradduktion, Ellenbogenbeugung, protektive Sensibilität im Handbereich) zu erreichen. Diese Patienten weisen eine größere Funktion der oberen Extremität auf, als mit den besten heute erhältlichen Prothesen zu erreichen ist. Die Versorgung mit myoelektrischen Prothesen nach Läsionen des Plexus brachialis ist problematisch und bei kompletten Läsionen eingeschränkt möglich (Schulterarthrodese, Oberarmamputation und Winkelosteotomie).
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
8.2.2 Geburtstraumatische Läsionen Wie mehrere klinische Studien und die eigenen Ergebnisse zeigen, kann durch die frühzeitige mikrochirurgische Revision des Plexus brachialis eine deutliche Ergebnisverbesserung, nicht aber eine Restitutio ad integrum für die Patienten der Gruppe III erreicht werden. Da die Erwartungen der Eltern oft wesentlich höher sind, müssen präoperativ in dieser Hinsicht die Therapieziele ganz klar definiert und besprochen werden. Die erzielbaren Ergebnisse sind abhängig von dem Ausmaß (C5, C6) und der Art (Wurzelabriss/Wurzelausriss) der Schädigung, dem Zeitpunkt der Operation, der prä- und postoperativen konservativen Begleittherapie, den Erfahrung und die Kooperation des Therapieteams (Geburtshelfer, Neurologe, Pädiater, Physiotherapeut, Operateur, Elternselbsthilfegruppen). Mit einer frühzeitigen operativen Revision kann bei 80 – 90% der Kinder mit einer schweren Schädigung des Plexus brachialis (Gruppe III) eine Regeneration ohne nennenswerte funktionelle und ästhetische Beeinträchtigung (Gruppe II) erzielt werden. Darüber hinaus kann durch die operative Plexusrekonstruktion auch die Anzahl der für sekundäre motorische Ersatzoperationen zur Verfügung stehenden Muskeln signifikant erhöht werden. Auch bei einer operativen Therapie ist eine intensive prä- und postoperative konservative Behandlung zur Vermeidung von Gelenkkontrakturen und für die Unterstützung der Reinnervation unerlässlich. Je früher die Operation durchgeführt wird, desto bessere funktionelle Ergebnisse lassen sich vor allem im Schulterbereich (aufgrund die Vermeidung von sekundären Gelenkkontrakturen) erzielen. Der optimale Operationszeitpunkt liegt für die meisten Fälle zwischen dem 3. – 6. Lebensmonat, da hier die Diagnostik mit hoher Sicherheit erfolgen kann und das Risiko einer 4 – 6-stündigen Narkose für den Säugling absolut vertretbar ist. Darüber hinaus ist es oft ratsam, die Eingriffe nicht später durchzuführen, da sonst die schon erlangten Teilfunktionen durch den Eingriff verloren gehen können. Eine operative Revision des Plexus brachialis nach dem 1. Lebensjahr ist nur in extremen Ausnahmefällen bei ausgedehnter Schädigung und unzureichender Reinnervation diskutabel. Die Realisierung derartiger Eingriffe setzt ein ausgezeichnet eingespieltes Team voraus. Bei der Seltenheit von operationsbedürftigen geburtstraumatischen Armplexusläsionen kann die nötige Teambildung mit ausreichender Erfahrung nur bei überregionaler Organisierung erreicht werden.
Pathogenese Geburtstraumatisch bedingte Lähmungen des Plexus brachialis können bei Spontangeburt, aber hauptsächlich bei abnormer Kindslage und/oder geburtshilflichen Schwierigkeiten auftreten. Auch bei Zangenentbindungen kann es durch direkten Druck der Zangenblätter auf den Plexus
277
zu einer Schädigung kommen. Die Entwickelung des nachfolgenden Kopfes bei Steißlage mit dem Handgriff nach Veit-Smellie kann durch Druck des 2. und 3. Fingers des Geburtshelfers auf den Plexus bzw. durch den so ausgeübten Zug zu schweren Plexuslähmungen führen, sodass das Aufgeben dieser Methode zugunsten der Zange empfohlen wird. Experimentelle Untersuchungen an totgeborenen Kindern zeigten, dass der Zug am Kopf des Kindes bei festgehaltener Schulter zunächst zu einer Zerrung der Spinalnerven C5 und C6 führt. Bei weiterhin anhaltendem Zug kommt es dann zu einer Ruptur der beanspruchten Nervenstränge, und der Zug wirkt sich dann auch auf die C7 Wurzel aus. Obwohl die Faszikel in ihrer Kontinuität unterbrochen sind, bleibt das Epineurium noch erhalten. Die soeben beschriebenen Erscheinungen treten bei Zugkräften von 35 – 40 kg auf. Bei noch größeren Kräften kann es zu einer vollständigen Ruptur unter Einbeziehung des Epineuriums kommen. Auch der Strang C7 wird dann entweder aus dem Rückenmark ausgerissen oder infraganglionär am Ausgang des Foramen intervertebrale unterbrochen. Wenn auch C7 nachgegeben hat, werden anschließend die beiden kaudalen Wurzeln C8 und Th1 beeinträchtigt. Hier genügen 20 – 25 kg, um diese Wurzeln zu schädigen, wobei sie meist aus dem Rückenmark ausgerissen werden. Operative Feststellungen haben allerdings gezeigt, dass sich die operativen Befunde nicht ganz mit den erwähnten experimentellen Verhältnissen decken. Mehrfach wurde bei der operativen Exploration eine Ruptur des oberen Primärstranges C5/C6 gefunden, die von einem Wurzelausriss C7 und einer Läsion bzw. einem Ausriss der Wurzel C8 bei nur gezerrtem Spinalnerv Th1 begleitet wurde. Geschieht der Zug am elevierten Arm, wie bei der Steißlage, dann kommt ein umgekehrter Mechanismus in Gang und die unteren Wurzeln werden zuerst beansprucht.
Epidemiologie Eine geburtstraumatische Läsion des Plexus brachialis tritt in 0,5 – 3 pro mille Geburten auf. Risikofaktoren für eine geburtstraumatische Lähmung sind ein Geburtsgewicht des Kindes > 4000 g (cave: Diabetes mellitus der Mutter), anatomische Varianten im Bereich der Geburtswege der Frau, eine Steißlage (meist mit geringem Geburtsgewicht des Kindes) und eine Notfallsituation während der fortgeschrittenen Geburt mit Bedrohung für Kind und/oder Mutter.
Klassifikation Geburtstraumatische Plexusläsionen können klassifiziert werden nach der Lokalisation (unilateral/bilateral), der Ausprägung (obere Armplexusläsion, erweiterte obere Armplexusläsion, annähernd komplette Lähmung, komplette Lähmung) und der Schwere der Nervenschädigung (Nervenschädigung Grad I–V nach Sunderland, bzw. Grad I–VI und Dellon). Die Schwere der Nervenläsion kann erst
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278
8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
aufgrund mehrmaliger klinischer (und elektrophysiologischer) Untersuchungen angegeben werden (Abb. 8.15). Nach neueren Erkenntnissen wird die Existenz der reinen unteren (C8, Th1) Plexuslähmung (Duchenne-Lähmungstyp) bezweifelt. Es handelt sich wahrscheinlich um den Residualzustand einer kompletten Läsion nach Regeneration der widerstandsfähigeren oberen Wurzeln, meist nach Geburt in Beckenendlage mit eleviertem Arm.
anamnese (Tab. 8.17), klinische und apparative Untersuchungen. Die apparative Diagnostik wird gezielt angeordnet und umfasst Röntgen, Elektromyographie, Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, Myelographie, Kernspintomographie und Arthrocomputertomographie (Tab. 8.18 bis 8.25) Foto- und Videoaufnahmen können zur Dokumentation des Behandlungserfolges sehr hilfreich sein und sollten deshalb ebenfalls erwogen werden.
Diagnostik
Therapie
Für die Diagnostik und Dokumentation verwenden wir das Baby-Plexus-Evaluations-Schema. Es ist zu empfehlen, dass alle Patienten einige Tage nach der Geburt und dann monatlich bis zum 6. Lebensmonat dem Spezialisten vorgestellt werden. Nach dem 6. Lebensmonat sollte ein strenger Untersuchungsplan von Kontrolluntersuchungen im dreimonatlichen Abstand bis zur Entscheidung über eventuell funktionsverbessernde weitere Operationen eingehalten werden. Ab dem Eintritt ins Schulalter bis zum Abschluss des Längenwachstums genügen Vorstellungen im halbjährlichen Intervall. Die Untersuchung eines Kindes, ganz besonders eines Neugeborenen ist zeitaufwendig und schwierig, erfordert große Erfahrung und Einfühlungsvermögen von Seiten des Untersuchers. Zur Basisuntersuchung gehören Allgemein-
Für die Therapie von geburtstraumatischen Läsionen des Plexus brachialis und seiner terminalen Endäste verwenden wir in Anlehnung an die Therapie der adulten Plexusläsionen ein so genanntes „integratives Therapiekonzept“ . Die Therapiedauer beträgt unabhängig von der gewählten Primärtherapie (konservativ, operativ) etwa 5 Jahre. Während dieser Zeit ist die physiotherapeutische Basistherapie – in unterschiedlicher Form und Intensität – fortzuführen. Korrigierende Eingriffe können auch noch nach Abschluss des Wachstums notwendig werden. Die Therapieziele bei der primären und sekundären Behandlung von geburtstraumatischen Läsionen des Plexus brachialis sind in Tabelle 8.26 zusammengefasst. Wie mehrere klinische Studien und eigene Erfahrungen zeigen, kann durch die frühzeitige mikrochirurgische Re-
Lokalisation
Abb. 8.15 Klassifikation der geburtstraumatischen Läsionen des Plexus brachialis (nach: Hierner).
unilateral bilateral
Ausdehnung der Schädigung
Funktionsausfall
obere Armplexuslähmung (C 5/C 6 = Erb-Lähmung)
Schulterabduktion/Außenrotation Ellenbogenbeugung
erweiterte obere Armplexuslähmung (C 5/C 6/C 7)
wie bei oberer Armplexuslähmung plus Ellenbogenstreckung und Handgelenk- u. Fingerstreckung
annähernd komplette Lähmung (C 5/C 6/C 7/C 8)
wie bei erweiterter oberer Armplexuslähmung plus Handgelenkbeugung und Fingerbeugung D I, D II
komplette Lähmung (C 5 – Th 1)
wie bei annähernd kompletter Armplexuslähmung plus Fingerbeugung D III – V und Intrinsic-Funktion
inkomplette Lähmung nach Regeneration (nichtklassifizierbare Mischformen) Klassifikation
Schwere der Nervenschädigung
mitbestehende Schädigung
nach Sunderland
nach Seddon
I II III IV V
Neuropraxie Axonotmesis Neurotmesis
Phrenikusverletzung knöcherne Verletzung
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
____
Tab. 8.17 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.
Allgemeinanamnese
Tab. 8.19
____
____
Tab. 8.18
Geschlecht Bisherige Schwangerschaften Bisherige Geburten Schwangerschaftsdauer Komplikationen während der Schwangerschaft Geburtsart Geburtslage Geburtskomplikationen Geburtsgewicht APGAR-Index Zusatzverletzungen Lokalisation der Plexusschädigung Erstdiagnose durch wen? Überweisung erfolgte durch wen? Bisherige Therapie
Muskeltestung nach dem „Hospital for sick children grading system“ Muskeltestung
Numerischer Punktzahl-Score
0
Keine Kontraktion
0
1
Kontraktion ohne Bewegungen
0,3
2
Gelenkbewegung 5 ½ Bewegungsamplitude
0,3
3
Gelenkbeweglichkeit 4 ½ Bewegungsamplitude
0,6
4
volle Bewegungsamplitude
0,6
1. 2. 3. 4.
5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22.
/10*
5
Gelenkbewegung 5 ½ Bewegungsamplitude
1,3
6
Gelenkbeweglichkeit 4 ½ Bewegungsamplitude
7
volle Bewegungsamplitude
Klinische Untersuchung
Subjektive Bewertung der Bewegung durch die Eltern Subjektive Bewertung der Funktion durch die Eltern Rekapillarisierungszeit Muskeltestung nach dem „Hospital for sick children grading system“ Passive Gelenkbeweglichkeit „Schulter“ Passive Gelenkbeweglichkeit „Ellenbogen“ Passive Gelenkbeweglichkeit „Handgelenk“ Passive Gelenkbeweglichkeit „Hand“ Funktionsanalyse „Schulter“ nach Gilbert Funktionsanalyse „Ellenbogen“ nach Gilbert Funktionsanalyse „Hand“ nach Raimondi Längenmessung „obere Extremität“ Röntgen Fotodokumentation Sensibilitätsmessung Videodokumentation EMG/NLG Myelographie/Myelo-CT MRT Wundheilung nach erfolgter Operation Arthro-CT Muskelgrading nach dem „Medical research council“
____
Tab. 8.20
ohne Schwerkraft mit: – Ellenbogenbeugung – Ellenbogenstreckung – Handgelenkstreckung – Fingerstreckung – Daumenstreckung
279
Funktionsanalyse „Schulter“ nach Gilbert
Gradeinteilung Schulterfunktion 0
komplett paretische Schulter
I
Abduktion 4 45°, Flexion möglich, keine aktive Außenrotation
II
Abduktion 5 90°, keine aktive Außenrotation
III
Abduktion 5 90°, schwache Außenrotation
1,6
IV
Abduktion 5 120°, unvollständige Außenrotation
2,0
V
Abduktion 4 120°, aktive Außenrotation
* Maximale Punktzahl für 5 Bewegungen ist 5 × 2,0 = /10/10 (10 über 10)
konstruktion des Plexus brachialis zwischen dem 3. und 6. Lebensmonat eine deutliche Ergebnisverbesserung bei Kindern mit einer ausgedehnten Plexusschädigung erreicht werden. Die diagnostische Schwierigkeit besteht darin, die Patienten mit schwerer Plexusschädigung und schlechter Spontanregeneration zwischen dem 3. und 6. Lebensmonat herauszufiltern. Aufgrund eigener Erfahrungen und der Durchsicht der Literatur haben wir ein diagnostisches und therapeutisches Schema (Algorithmus) entwickelt, an welches folgende Anforderungen gestellt wurden:
쐌 möglichst hohe diagnostische Sicherheit, 쐌 breite Anwendbarkeit durch alle Mitglieder des Therapieteams, 쐌 Vergleichbarkeit mit bereits bestehenden Algorithmen und/oder Kriterien. Der Primärtherapie (konservativ oder operativ) hat dabei die höchste Priorität. Die Festlegung des therapeutischen Vorgehens erfolgt aufgrund der Ergebnisse bei wiederholter Untersuchung. Neben der klinischen Untersuchung können auch elektrophysiologische Untersuchungen
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280
8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
____
Tab. 8.21
Funktionsanalyse „Ellenbogen“ nach Gilbert
Flexion 1
Extension keine oder nur geringe Muskelkontraktion
0
Streckdefizit keine Extension
0
0°– 30°
2
inkomplette Beugung
1
schwache Extension
1
30°– 50°
3
komplette Beugung
2
gute Extension
-2
4 50°
Bewertung: 4 – 5 Punkte: gute Regeneration 2 – 3 Punkte: Durchschnitt 0 – 1 Punkt: schlechte Regeneration
____
Tab. 8.22
Funktionsanalyse „Hand“ nach Raimondi
Gradeinteilung
Handfunktion
0
komplette Lähmung oder nur geringe nutzlose Fingerbewegung, nutzlose Daumenfunktion, wenig oder keine Sensibilität
Tab. 8.23
____
Sensibilitätstestung nach Gilbert (modifiziert nach Berger u. Mitarb. 1997) Sensibilitätstestung der Hand
S0
keine Reaktion auf Schmerzreiz
S1
Reaktion auf Schmerzreiz
S2
Reaktion auf Berührung
S3
scheinbar normale Sensibilität
Ergebnisse radial ulnar
I
eingeschränkte aktive Langfingerbeugung, keine aktive Handgelenk- und Fingerextension, Schlüsselgriff-Funktion des Daumens
II
aktive Handgelenkstreckung mit passiver Langfingerbeugung (Tenodese-Effekt), passive Schlüsselgriff-Funktion des Daumens (Pronation)
III
komplette Handgelenk- und Fingerbeugung, mobiler Daumen mit partieller Abduktion, Opposition, Intrinsic-Balance, keine aktive Supination
M0
keine Muskelaktivität
IV
komplette Handgelenk- und Langfingerbeugung, aktive Handgelenkextension, fehlende oder schwache Langfingerstrecker, gute Daumenopposition mit aktiver intrinsischer Muskulatur (N. ulnaris), partielle Pronation und Supination
M1
sichtbare oder fühlbare Kontraktion ohne Bewegungseffekt
M2
Bewegungsmöglichkeit unter Ausschaltung der Schwerkraft des abhängigen Gliedabschnittes
Hand IV mit aktiver Langfingerextension, fast komplette Pronation und Supination
M3
Bewegungsmöglichkeit gegen die Schwerkraft
M4
Bewegungsmöglichkeit gegen mäßigen Widerstand
M5
normale Kraft
V
(Elektromyographie, Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit, F-Welle, somotosensorisch evozierte Potentiale) und radiologische Untersuchungen (Röntgen, Myelographie/CT-Myelographie) zur weiteren Befundklärung eingesetzt werden. Mithilfe gut definierter Entscheidungskriterien zur Therapieauswahl während der ersten 3 – 6 Lebensmonate können mit hoher Wahrscheinlichkeit die Patienten herausgefiltert werden, welche mit einer gravierenden Defektheilung nach konservativer Therapie rechnen müssen. Folgendes differenzialtherapeutisches Vorgehen hat sich in unseren Händen bewährt (Abb. 8.16). Die Erstuntersuchung erfolgt einige Tage nach der Geburt. Der Status dieser Untersuchung ergibt noch keinen schlüssigen Hinweis auf die zu erwartende Prognose.
Gesamtergebnis
____
Tab. 8.24
Muskelgrading nach dem Medical Research Council
Die nächste Untersuchung erfolgt 4 Wochen (6. postpartale Woche) später. Zwei Situationen können unterschieden werden: 쐌 Die meisten Kinder zeigen Spontanregeneration. Je früher die Schulterbeugefunktion (M. deltoideus) und Ellenbogenbeugefunktion (Mm. biceps brachii, brachialis) zurückkehren, desto kompletter ist die Spontanregeneration (vor allem im Schulterbereich). Eine komplette Spontanregeneration ist dann wahrscheinlich, wenn der M. deltoideus und der M. biceps brachii nach 2 Monaten den Kraftgrad M1 (Kontraktion ohne Bewegung) erreicht haben. 쐌 Für die Kinder, die keine Spontanregeneration zu diesem Zeitpunkt zeigen bestehen mehrere Möglichkeiten:
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
____
Tab. 8.25
281
Plexus-Dokumentationsschema nach Narakas
1. Rhomboidei
C6
C7
C8
C5
Th 1
2. a) kranial M. trapezius b) medial/kaudal 8. M. serratus anterior
3. a) posterior b) med. Deltoideus c) lat.
23. II III FDS 10. Bizeps
27. V FDS
Thenar
20. Pronator
22. FCR 11. Brachialis
24. IV
21. PL
12.
26. Trizeps
FPL 30. Hypothenar
15. 4. Supraspinatus
16. ECR
Teres minor 13. Brachioradialis
17.
ECU 19. APL
25. EPB
EDC + II Proprii V
31. II
ID I
FDP III 18. EPL
5. Infraspinatus
14. Supinator
28.
Palmaris 29.
FCU
IV FDP V Interosseus dorsalis
6. Teres major 9.
Pectoralis major
7. Latissimus dorsi a) kranial
– Im Falle einer kompletten Läsion (C5 – Th1) mit zusätzlichem Horner-Zeichen besteht eine sehr schlechte Prognose und die operative Revision sollte so früh wie möglich (meist nach dem 2. Lebensmonat) durchgeführt werden. – Fehlt eine Spontanregeneration im Schulter- und Ellenbogenbereich bei jedoch gut regenerierender Handgelenk- und Fingerstreckung, besteht noch Aussicht auf eine ausreichende Spontanregeneration bei weiterer Beobachtung.
b) kaudal
Die dritte Untersuchung erfolgt vor dem 3. Lebensmonat. Wiederum können 2 Situationen unterschieden werden: 쐌 Die Ellenbogenbeugung zeigt eine Funktion mit dem Kraftgrad M1 (Kontraktion ohne Bewegung). Ist eine Spontanregeneration im Bereich des M. deltoideus und des M. biceps brachii nach 3 – 3,5 Monaten zu verzeichnen, kann immer noch mit einer Spontanregeneration (Gruppe II) – wenn auch nicht mehr mit einer Restitutio ad integrum (Gruppe I) – gerechnet werden. 쐌 Die Ellenbogenbeugung zeigt noch keine messbare Muskelaktion (M0). Nach Gilbert u. Tassin (1987) sollten alle Patienten mit einer fehlenden Bizepsfunktion
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282
8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
Tab. 8.26
____
Therapieziele bei geburtstraumatischer Läsion des Plexus brachialis
Allgemein
Funktionsbezogen
1. Vermeidung eines Neglektes der betroffenen Hand 2. Vermeidung von sekundären Kontrakturen 3. Wiederherstellung der Funktion der oberen Extremität 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Ästhetisch
Protektive Sensibilität im Handbereich Handgelenk- und Fingerbeugung Handgelenk- und Fingerstreckung Daumenopposition Schulteradduktion (Thorakohumerale Zange) Ellenbogenbeugung Schulterabduktion/Flexion Ellenbogenstreckung Schulteraußenrotation Pronation/Supination intrinsische Langfingerfunktion
Verminderung von Wachstumsstörungen
(Kraftgrad M0) einer Operation zugeführt werden. Es sind jedoch einige Patienten beschrieben worden, die trotz fehlender Bizepsfunktion zum 3-Monatszeitpunkt im weiteren Verlauf eine gute Spontanregeneration gezeigt. Nach Michelow u. Mitarb. (1994) besteht zum 3-Monatszeitpunkt eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 12,8%, wenn man die Operationsindikation allein von der Ellenbogenfunktion abhängig macht. Das bedeutet, 1 von 8 Patienten würde entweder eine operative Plexusrevision gehabt haben, ohne dass sie notwendig gewesen wäre, oder einer operativen Plexusrevision nicht zugeführt worden sein, obwohl diese notwendig gewesen wäre. Für reine obere Armplexusläsionen ohne Mitbeteiligung der Handgelenk- und Fingerextensoren (C5/C6 = Erb-Lähmung) kann die Vorhersagewahrscheinlichkeit auf etwa 95 % erhöht werden, wenn Kriterien beachtet werden, welche sich positiv oder negativ auf das zu erwartende funktionelle Ergebnis auswirken können (Tab. 8.27). Bei ausgedehnten Plexusläsionen (C5, C6) kann unter Beachtung der positiven und negativen prognostischen Faktoren und durch Kombination mehrerer Parameter (Schulter, Ellenbogen, Handgelenk/Finger) die Irrtumswahrscheinlichkeit einer Funktionsprognose auf 5,2 % verringert werden. Da die Handgelenk- und Fingerextension bei reinen C5/C6-Läsionen nicht betroffen sind, führt die Anwendung dieser Formel in dieser Patientengruppe jedoch zu einem zu positiven Ergebnis, sodass Patienten mit real schlechterer Funktion der operativen Therapie nicht zugeführt werden. Die Patienten, bei denen noch eine ausreichende Spontanregeneration erwartet werden kann, werden monatlich untersucht. Die Entscheidung zur operativen Therapie
Tab. 8.27
____
Kriterien mit positivem und negativem Vorhersagewert auf das zu erwartende Ergebnis bei geburtstraumatischen Läsionen des Plexus brachialis
Kriterien mit positivem Vorhersagewert
– Lähmung nach Schulterluxation – inkomplette Parese mit kontrahierenden Muskeln in jedem Wurzelsegment – früher Beginn der Reinnervation – fehlende oder nur gering ausgeprägte sensible Defekte – adäquate Progression des HoffmannTinel-Zeichens – Aussparung der Mm. rhomboidei, teres major, latissimus dorsi – fehlendes sensibles Aktionspotential
Kriterien mit negativem Vorhersagewert
– Vorliegen von Begleitverletzungen als Ausdruck einer großen Energieapplikation zum Zeitpunt des Traumas – Mitbeteiligung des M. serratus anterior als Indikator einer foramennahen Schädigung im Bereich von C5-C7 – Horner-Syndrom als Ausdruck einer schweren Schädigung im Bereich der Wurzeln C8,Th1 – Lähmung der skapulothorakalen Muskulatur und/oder N. phrenicus als Ausdruck einer Mitschädigung des Plexus cervicalis – Spastik als Zeichen einer medullären Mitschädigung (Wurzelausrisse) – komplette Lähmung (C5-Th1) – EMG: fehlende Reinnervation – Myelographie/CT-Myelographie: extraforaminale Meningozele, indirekte medulläre Zeichen, fehlende Wurzeldarstellung
sollte spätestens nach dem 6. – 9. Lebensmonat gefällt werden. Grundsätzlich gilt, dass je mehr Zeit verläuft, desto geringer werden die Unterschiede der Ergebnisse der konservativen und operativen Therapie. Nach Vollendung des 1. Lebensjahres erfolgt nur noch in Ausnahmefällen eine operative Therapie. Wiederum können 2 Patientenkollektive unterschieden werden: 쐌 Trotz spät einsetzender Spontanregeneration zeigt sich eine partielle Erholung ohne nennenswerte Beeinträchtigung (Gruppe II). 쐌 Aufgrund einer stagnierenden oder völlig ausbleibenden Spontanregeneration muss mit einer Defektheilung mit nennenswerten Beeinträchtigungen (Gruppe III) gerechnet werden. Durch die krankengymnastische Therapie nach Vojta (1988) kann nicht nur ein therapeutischer, sondern auch
Abb. 8.16 Algorithmus zur Diagnostik und Therapie bei Neugeborenen mit geburtstraumatischer Läsion des Plexus brachialis (nach: Hierner).
䉴
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
283
Geburtstraumatische Plexus-brachialis-Läsionen Erstuntersuchung (DD : „Hypomobile obere Extremität“)
0. Woche
• Anamnese • klinische Untersuchung (Begleitverletzungen) • Röntgen (evtl.) 2. Woche
Fixierung, Handling Physiotherapie 1./2. Kontrolluntersuchung • klinische Untersuchung • (EMG/NLG)
6. Woche konservative Therapie
Schnelle Spontanregeneration („Restitutio ad integrum“)
Inadäquate Spontanregeneration
8. Woche fortschreitende Spontanregeneration Schulter Ellenbogen HG/Finger
Proximo-Distal
Disto-Proximal
keine Spontanregeneration schwere Läsion C 5, C 6, C 7 +) Horner-Zeichen
3. Kontrolluntersuchung
12. Woche
• klinische Untersuchung • (EMG/NLG) • (Myelographie/C T Myelographie) Ellenbeugung > M*
Ellenbeugung M*
C 5/C 6-Läsion
C 5/C 6/C 7 + -Läsion
+Toronto-Index > 3,5
C 5/C 6-Läsion +Toronto-Index < 3,5
4./5. Kontrolluntersuchung
16. Woche 20. Woche
• klinische Untersuchung • (EMG/NLG) Progrediente Spontanregeneration 6. Kontrolluntersuchung
24. Woche
Stagnierende Spontanregeneration (inadäquate Afferenzstimulation nach VOJTA möglich)
• klinische Untersuchung • (EMG/NLG) Ellenbogenbeugung M3*
Ellenbogenbeugung < M3*
7./8./9. Kontrolluntersuchung
28. Woche 32. Woche 36. Woche
• klinische Untersuchung • (EMG/NLG) Schechte oder stagnierende Regeneration im Schulterbereich Ellenbogenbeugung > 6#
Ellenbogenbeugung < 6#
10./11./12./13./14. Kontrolluntersuchung
52. Woche (12. Monat)
• klinische Untersuchung Problem : Der verspätet gesehene Patient
ungenügende Spontanregeneration bei : • C 5 – C 8 oder C 5 – Th 1 • noch reinnervierbarer Muskel
Progrediente Spontanregeneration Funktion einzelner Bewegungen Globalfunktion der Extremität
> 3. Lebensjahr
verbesserbar
ausreichend
* + # •
Abb. 8.16
Klassifikation nach GILBERT und TASSIN (1987) Test-Score nach MICHELOW und Mitarb. (1994) Hospital for sick children Muscle Grading System/(CLARKE und CURTIS [1995]) Klassifikation nach MEDICAL RESEARCH COUNCIL
sekundäre Ersatzoperation • Kontrakturauflösung • Muskel-Sehnentransposition • freie mikrochirurgische Muskeltransplantation • tertiäre Operationen • Tenodese • Kapsulodese/Arthrodese
(Legende gegenüber)
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284
8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
ein diagnostischer Effekt genutzt werden. Eine fehlende Reflexbewegungen nach dem 3. – 5. Monat spricht für eine ausgeprägte Schädigung im Bereich des Plexus brachialis, die einer operativen Therapie zugeführt werden sollte. Falls durch die Funktion des Bizeps nach 6 Monaten eine komplette Bewegung gegen die Schwerkraft nicht erreicht wird, sollte die operative Revision des Plexus brachialis durchgeführt werden, da die Ergebnisse der Spontanregeneration jenen nach Operation unterlegen sind. In Fällen mit guter Regeneration im Ellenbogenbereich, aber schlechter oder stagnierender Regeneration im Schulterbereich, kann zum 9-Monatszeitpunkt die Evaluation mithilfe des „Active Movements Scores“ nach Michelow u. Mitarb. (1994) weitere Informationen geben. Falls beim „Keks-Test“ die Ellenbogenbeugung einen Kraftgrad von weniger als 6 (weniger als die Hälfte der normalen Bewegungsamplitude gegen die Schwerkraft) zeigt, sollte die mikrochirurgische Exploration des Plexus brachialis empfohlen werden. Primärtherapie (0 – 6. Lebensmonat)
Besonderheiten der operativen Revision des Plexus brachialis im Säuglingsalter. Die operative Revision des Plexus brachialis beim Säugling (Abb. 8.17 a–f) unterscheidet sich von jener beim Erwachsenen in mehreren Punkten. Aufgrund der guten Gewebeelastizität kann beim Säugling der supra- und retroklavikuläre Plexusanteil über eine strichförmige, entlang den Spannungslinien der Haut verlaufende Inzision dargestellt werden (s. Abb. 8.17 b u. c). Bei Verdacht auf eine zusätzliche infraklavikuläre Schädigung kann eine ebenfalls ästhetisch unauffällige Narbe im Verlauf des Sulcus deltopectoralis gelegt werden. Die ästhetisch auffällige Zickzackinzision – wie bei der Exploration posttraumatischer Plexusläsionen bei Erwachsenen – kann dadurch vermieden werden. Oft führt die mikrochirurgische Neurolyse wegen der Überbewertung noch vorhandener Bewegungen bei (inadäquater) intraoperativer Nervenstimmulation zu enttäuschenden postoperativen Ergebnissen (Lernkurve). Lässt sich bei adäquater direkter Reizung keine eindeutige Muskelkontraktion erreichen, sollte der geschädigte Plexusanteil reseziert und mit Transplantaten (s. Abb. 8.17 c) überbrückt werden. Dadurch können deutlich bessere funktionelle Ergebnisse erreicht werden. Wenn immer möglich ist die anatomische Rekonstruktion im Plexusbereich anzustreben. Im Gegensatz zum Erwachsenen hat beim Neugeborenen bei annähernd kompletter (C5 – C8) oder kompletter Läsion (C5 – Th1) die Wiederherstellung der Handfunktion („taktile Gnosis“ und Greiffunktionen) die höchste Priorität. Je mehr Handfunktionen möglich sind, desto wahrscheinlicher wird das Kind die betroffene Extremität benutzen und in sein Körperschema integrieren. Ein Neglekt kann vermieden werden. Deshalb werden der N. medianus und der N. ulnaris bevorzugt von intraplexuellen Strukturen (proximalen Wurzelstümpfen) reneurotisiert. Die Schulterabduktion und -außenrotation
erfolgt durch direkte extraplexuelle Neurotisation des N. suprascapularis mit dem absteigenden Anteil des N. XI. Die Ellenbogenbeugung wird durch extraplexuelle Neurotisation ausgehend von den Nn. intercostales III–VI oder dem N. XII wiederhergestellt. Wegen der großen funktionellen Beeinträchtigung verwenden wir den N. phrenicus nicht als Axonspender für extraplexuelle Neurotisationen. Die Rekonstruktion der Ellenbogenstreckung erfolgt durch Neurotisation des N. radialis. Postoperativ erfolgt eine Ruhigstellung mit einem Kopf/Rumpfgipsverband für 10 Tage. Eine funktionelle Elektrostimulation (FES) führen wir bei Säuglingen, im Gegensatz zu Erwachsenen, nicht durch.
Rekonstruktion bei kompletter Ausrissverletzung. Die komplette Ausrissverletzung beim Kind stellt eine absolute Seltenheit dar (1 % in unserem Krankengut). Ist keine Wurzel für eine intraplexuelle Neurotisation vorhanden, muss eine extraplexuelle Neurotisation (s Tab. 8.4) durchgeführt werden. Hierbei stehen bei Kindern folgende Möglichkeiten zur Verfügung: kontralateraler partieller C7-Transfer, N. hypoglossus (XII), N. accessorius (XI), N. phrenicus und Nn. intercostales 3 – 5 (T3 –T5). Der partielle kontralaterale C7-Transfer kann nur dann eingesetzt werden, wenn der N. ulnaris nicht reinnerviert wird und deshalb als gestieltes vaskularisiertes Nerventransplantat verwendet werden kann. Die Reinnervation des N. musculocutaneus mithilfe des ipsilateralen N. hypoglossus (XII) stellt eine zuverlässige Methode dar. Eine intensive logopädische Begleittherapie sollte unbedingt durchgeführt werden, um theoretisch mögliche Beeinträchtigungen der Sprachentwicklung zu vermeiden. Wegen der Beeinträchtigung der Atemfunktion sollte der N. phrenicus bei Neugeborenen nur dann als Axonspender verwendet werden, wenn ein Restanteil in Kontinuität verbleibt. Da der N. phrenicus oft doppelt angelegt ist oder 2 Faszikel aufweist, kann ein Anteil ohne klinisch messbare Funktionseinbuße verwendet werden. Wegen der möglichen Wachstumsbeeinträchtigung der Brustwand sollte der Interkostalistransfer – v. a. bei Mädchen – ebenfalls sehr zurückhaltend eingesetzt werden. Muss er durchgeführt werden, sollten maximal nur 3 Interkostalnerven (T3, 4, 5) verwendet werden. Für die Standardrekonstruktion verwenden wir bei kompletter Ausrissverletzung einen partiellen kontralateralen C7-Transfer über den gestielten N. ulnaris als Transplantat zur Reinnervation des N. medianus. Für die Neurotisation des N. radialis erfolgt ein Interkostalistransfer von T3, T4 und T5 aus. Für die Reinnervation des N. musculocutaneus verwenden wir den N. phrenicus, wenn eine Restfunktion erhalten bleiben kann. Als Therapie der 2. Wahl kann der N. XII eingesetzt werden. Für die Rekonstruktion der Schulter verwenden wird die Hälfte des N. XI (Anteile für den mittleren und distalen Trapeziusanteil), welche direkt auf den N. suprascapularis gepfropft wird. Sind ausreichend große motorische Äste des Plexus cervicalis vorhanden, kann bei ausreichendem Nerventransplantationsmaterial zusätzlich der N. axillaris reinnerviert
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285
8.2 Läsionen des Plexus brachialis
b
a
c
d
e
Abb. 8.17 a – f Annähernd komplette geburtstraumatische Läsion (C5 – C8) des Plexus brachialis. Befund nach 3 Monaten: fehlende Schulterabduktion/flexion, Ellenbogenbeugung und Handgelenk/Fingerstreckung (a). Operativer Zugang (b) und intraoperativer Situs nach Einbringen der Nerventransplantate (c). Funktionelles Ergebnis 2 Jahre nach Operation: Schulterabduktion (d), Ellenbogenbeugung (e), Handgelenk- und Fingerstreckung (f).
werden. Bei erfolgreicher Reinnervation des M. deltoideus ergibt sich eine deutlich bessere Schulterfunktion. Sekundäre Verbesserungen können 2 – 3 Jahre nach primärer Nervenrekonstruktion durch eine Trapeziustransfer erzielt werden (Tab. 8.28).
f
Rekonstruktion bei einer verfügbaren Wurzel. Der Schlüssel für eine erfolgreiche Nerventransplantation liegt u. a. in einer ausreichenden Menge an adäquaten Nerventransplantaten. Prinzipiell sollten eher zu viele als zu wenige Nerventransplantate verwendet werden. Da der N. ulnaris als Nerventransplantat nicht zur Verfügung steht,
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286
8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
____
Tab. 8.28
Therapieplan bei kompletter Ausrissverletzung
Läsion Hand
Transfer N. medianus
kontralateraler partieller C7-Transfer
____
Tab. 8.29
Therapieplan bei einer verfügbaren Wurzel
Läsion
Transfer
Hand
Truncus inferior vorhandene Wurzel (N. medianus, N. ulnaris)
N. ulnaris N. radialis
N. radialis T3-T5
sekundäre Sehnentransfers in Abhängigkeit von der nervalen Regeneration Ellenbogen
Schulter
N. musculocutaneus
N. XII
N. radialis
T3-T5
N. suprascapularis
½ N. XI (motorische Äste des Plexus cervicalis)
N. axillaris
Ellenbogen
Schulter
____
Tab. 8.30
Rekonstruktion bei zwei verfügbaren Wurzeln. Bei zwei verfügbaren Wurzeln erfolgt die Reinnervation des Truncus inferior und des Fasciculus lateralis jeweils mit einer Wurzel. Die weitere Vorgehensweise entspricht den zuvor genannten (Tab. 8.30).
Schulter
Sekundäre Ersatzoperationen werden nach einer Regenerationszeit von 1 – 3 Jahren notwendig, wenn Bewegungsfunktionen nach Spontanregeneration oder operativer Therapie fehlen oder nur ungenügend vorhanden sind. Bei allen Sekundär- und Tertiäreingriffen ist darauf zu achten, nützliche Heilungstendenzen nicht zu übersehen und eine Dekompensation der durch Wachstums- und Adaptationsvorgänge „kompensierten“ Fehlentwicklung der Extremität zu vermeiden (nil nocere). Das Risiko einer iatrogen bedingten Dekompensation ist umso grö-
vorhandene Wurzel (wenn ausreichend) N. XII
N. radialis
T3-T5
N. suprascapularis
½ N. XI (motorische Äste des Plexus cervicalis)
sekundärer Trapeziustransfer
liegt häufig ein Mangel an autologem Nerventransplantatmaterial vor. Neben dem rechten und linken N. suralis können der rechte und linke N. saphenus sowie der rechte und linke R. superficialis N. radialis entnommen werden. Ist eine Wurzel vorhanden, erfolgt die extraplexuelle Neurotisation des Truncus inferior. Abhängig von Größe und Qualität der Wurzel wird der N. musculocutaneus entweder von der vorhandenen Wurzel reinnerviert oder eine extraplexuelle Neurotisation durchgeführt. Die weitere nervale Rekonstruktion im Ellenbogen- und Schulterbereich entspricht der Vorgehensweise bei kompletten Wurzelausriss (Tab. 8.29).
Sekundärtherapie (> 2. – 3. Lebensjahr)
N. musculocutaneus
N. axillaris
sekundärer Trapeziustransfer
Rekonstruktion bei drei verfügbaren Wurzeln. Bei drei verfügbaren Wurzeln werden Truncus inferior (Hand), Fasciculus lateralis (Schulter, Ellenbogen, Hand) und Truncus medius bzw. Fasciculus posterior reinnerveirt. Die weitere Vorgehensweise entspricht der zuvor genannten (Tab. 8.31).
T3-T5
sekundäre Sehnentransfers in Abhängigkeit von der nervalen Regeneration
Therapieplan bei 2 verfügbaren Wurzeln
Läsion Hand
Transfer Truncus inferior vorhandene Wurzel (N. medianus, N. ulnaris) N. radialis
T3 –T5
sekundäre Sehnentransfers in Abhängigkeit von der nervalen Regeneration Ellenbogen
Fasciculus lateralis (N. musculocutaneus, N. medianus)
vorhandene Wurzel
N. radialis
T3-T5
N. suprascapularis
½ N. XI (motorische Äste des Plexus cervicalis)
N. axillaris
sekundärer Trapeziustransfer
ßer, je länger die Funktionsbehinderung bei dem Kind bestanden hat. Eine freie passive Gelenkbeweglichkeit stellt eine absolute Voraussetzung für die Durchführung solcher Operationen dar. Durch einfache oder multiple Sehnenumsetzplastik(en) kann eine spezifische Bewegungsform wiederhergestellt oder verstärkt (augmentiert) werden. Die bisher genannten Rekonstruktionsverfahren können durch adjuvante Eingriffe oft funktionell deutlich verbessert werden. Wegen des noch nicht abgeschlossenen Wachstums sollten Tenodesen nur sehr zurückhaltend eingesetzt werden. Mehrmalige Korrekturen bis zur völligen Skelettreife können notwendig werden. Kapsulodesen sollten mit Ausnahme an der Hand ebenfalls nur sehr restriktiv vor Eintritt in die Pubertät eingesetzt werden. Vor Abschluss des Skelettwachstums sind Arthrodesen eine absolute Seltenheit. Der Einsatz von orthetischen Hilfsmit-
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
____
Tab. 8.31
Therapieplan bei 3 verfügbaren Wurzeln
Läsion Hand
Transfer Truncus inferior (N. medianus,N. ulnaris)
vorhandene Wurzel
Truncus intermedius (N. radialis)
vorhandene Wurzel sekundäre Sehnentransfers in Abhängigkeit von der nervalen Regeneration
Ellenbogen
Schulter
Fasciculus lateralis (N. musculocutaneus, N. medianus)
vorhandene Wurzel
Truncus intermedius (N. radialis)
vorhandene Wurzel
N. suprascapularis
½ N. XI (motorische Äste des Plexus cervicalis oder vorhandene Wurzel)
N. axillaris
sekundärer Trapeziustransfer
teln und Hülsenapparaten zur Verbesserung der Funktionalität der gesamten Extremität ist abhängig von der Akzeptanz durch das Kind. Insgesamt ist jedoch mit einer sehr geringen Compliance, vor allem nach Schuleintritt, zu rechnen.
Hand. Im Gegensatz zum Erwachsenen stellt die motorische und sensible Rekonstruktion der Hand beim Neugeborenen das wichtigste Therapieziel dar (s. Abb. 8.16). Vordringlichstes Ziel muss es sein, einen Neglekt der betroffenen Extremität zu vermeiden. Bezüglich der Voraussetzungen (s. Kap. 8.1.3) und der Operationstechniken gelten die gleichen Regeln wie beim erwachsenen. Folgende Punkte gilt es besonders zu beachten: Die motorischen Ersatzoperationen sollten nicht vor dem 2. – 3. Lebensjahr durchgeführt werden, da vor allem bei der Radialisersatzoperation mit schlechteren funktionellen Ergebnissen gerechnet werden muss. Neben vermuteten kortikalen Prozessen bei sich noch entwickelnden Bewegungsmustern ist auch die mangelnde Compliance bei der Nachbehandlung als Grund zu nennen. Die Therapie der Pronations/Supinationsfehlstellung stellt die letzte rekonstruktive Etappe im Unterarm/Handbereich dar. Diese Fehlstellung ist bedingt durch eine Imbalance zwischen Supinatoren (vor allem M. biceps brachii) und Pronatoren (Pronator/Flexorenmuskelmasse im Unterarmbereich). Die Mechanismuskette stellt sich wie folgt dar: 쐌 muskuläre Imbalance, 쐌 Kontraktur im Bereich der Articulationes radioulnares proximalis et distalis und der dazwischen liegenden Membrana interossea,
287
쐌 schließlich Ausbildung und federnde Fixierung der Subluxations/Luxationsfehlstellung des Radiusköpfchens mit dem Capitulum humeri. Die beste Therapie zur Verringerung der muskulären Imbalance ist die frühzeitige Regeneration des M. biceps brachii. Ist dies nicht möglich, sollte eine temporäre reversible Schwächung der Pronator/Flexorenmuskelmasse im Unterarmbereich mithilfe von Botulinustoxin Typ A durchgeführt werden. Für die bereits manifesten sekundären Veränderungen hat sich das therapeutische Vorgehen nach Millesi (1992) bewährt.
Ellenbogen. Im Gegensatz zum Erwachsenen sollte der Trizepstransfer aus mehreren Gründen nur als Therapie der letzen Wahl eingesetzt werden. Da die Schulterbewegung meist eine Abduktion von 90° zulässt, kommt es bei einer fehlenden aktiven Ellenbogenstreckung bei einer Abduktion bzw. Flexion im Schulterbereich zu einer unkontrollierten Ellenbogenbeugung mit der Gefahr der Verletzung im Gesichtsbereich. Durch die fehlende Streckwirkung des Trizeps entwickelt sich durch das Überwiegen der Ellenbogenbeuger im Verlauf des Wachstums eine fixierte Luxationsstellung im Bereich des Ellenbogengelenks. Schulter. Die Schulter, vor allem die Außenrotationsbewegung im Glenohumeralgelenk, ist das beste Maß für die Regeneration spontan oder nach operativer Therapie. Je früher und je besser die Regeneration im Bereich der Rotatorenmanschettenmuskulatur und des M. deltoideus einsetzt, umso geringer wird das Außenrotationsdefizit. Aufgrund der geringeren Inzidenz an Ausrissverletzungen im Bereich von C5 und C6 ist – im Gegensatz zum Erwachsenen – oft eine Restfunktion im Bereich des M. deltoideus vorhanden. Diese und die günstigeren Winkelverhältnisse beim Kind sind hauptsächlich dafür verantwortlich, warum die Schulterfunktion beim Kind, im Vergleich zum Erwachsenen, deutlich besser wiederkehrt. Die häufigsten Bewegungen, die durch sekundäre Muskel/Sehnentranspositionen wiederhergestellt oder augmentiert werden müssen, sind die Abduktion und die Außenrotation. Für die Abduktion hat sich, wie beim Erwachsenen, die Transposition des kranialen Anteils des M. trapezius auf den Humeruskopf – unter Schonung der Epiphyse – bewährt. Für die Wiederherstellung der Außenrotation kommen mehrere Verfahren zum Einsatz. Da der M. subscapularis in den meisten Fällen seine Funktion (teilweise) behält, die Außenrotation jedoch meist komplett paretisch ist, kommt es durch das Ungleichgewicht der Kräfte zu einer Innenrotation im Glenohumeralgelenkbereich. Folgende Mechanismuskette führt schließlich zu einer manifesten Innenrotationskontraktur: 쐌 Verkürzung der Sehne des M. subscapularis, 쐌 sekundäre Verkürzung der Gelenkkapsel im Glenohumeralgelenkbereich,
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
쐌 sekundäre knöcherne Veränderungen im Gelenk- und periartikulären Bereich. Um diese Ereigniskette zu vermeiden oder zumindest zeitlich deutlich zu verzögern, führen wir bei allen schwereren Läsionen (inadäquate Regeneration der Schulter zum Zeitpunkt 2. – 3. Monat) eine Injektion von Botulinustoxin Typ A durch. Liegt bereits eine Verkürzung der Sehnen des M. subscapularis vor, ist ein sog. Subskapularisrelease indiziert. Durch stumpfes Ablösen des M. subscapularis von der Unterfläche der Skapula kann bei frühzeitiger Operation im 12.– 18. Lebensmonat eine deutliche Verbesserung der passiven Außenrotation um 30 – 50° erreicht werden. Bei Durchführung der Operation jenseits des 18. Lebensmonats ist nur noch eine Verbesserung der Außenrotationsfähigkeit von durchschnittlich 20 – 30° zu erwarten. Dies ist durch die stärker ausgeprägte Kontraktur und die sekundären Veränderungen im Knochen-, Gelenk- und Weichteilbereich bedingt. Bei bereits vorliegender Kontraktur, vor allem der anterior-inferioren Kapselanteile, kann eine Verbesserung der passiven Gelenkbeweglichkeit nur noch durch einen Gelenkrelease durch Kapsulotomie bzw. eine Kapselplastik erreicht werden. Bezüglich der resultierenden Instabilitäten und der Langzeitergebnisse liegen keine größeren Erfahrungen vor. Um den gewonnenen passiven Gelenkbereich erhalten zu können, müssen ausreichend starke aktive Muskel vorhanden sein. Oft reicht die Kraft der regenerierten Schulteraußendreher aus. Ist dies nicht der Fall, ist die Transposition des M. latissimus dorsi die Therapie der 1. Wahl. Bei der Transposition des tendinösen Ursprung ist auf die exakte Planung der neuen Ursprungsstelle zu achten. Oft wird zwar die Außenrotation deutlich verbessert, die Folge ist jedoch auch eine Verringerung der Abduktionsfähigkeit, vor allem dann, wenn der neue Insertionspunkt unterhalb der Abduktions/Adduktionsachse zu liegen kommt. Adjuvante Eingriffe Adjuvante Eingriffe können während des Wachstums bei auftretenden Fehlstellungen bzw. nach weitgehender Skelettreife bei Indikation von Tenodesen, Kapsulodesen oder Arthrodesen notwendig werden. Bei einigen Patienten kann auch zu diesem Zeitpunkt noch eine ein- mehrzeitige freie mikrochirurgische funktionelle Muskeltransplantation durchgeführt werden.
Botulinustoxin. Wiederholte intramuskuläre Injektionen von Botulinustoxin Typ A bei muskulären Kokontraktionen führen zu einer anhaltenden Stärkung des Agonisten, der letztlich den weiterhin kokontrahierenden Antagonisten überwinden kann. Zur Zeit wird der Haupteffekt der Wirkung mechanistisch den Muskeln selbst zugeschrieben. Der Agonist (injizierter Muskel) wird gedehnt und der Antagonist wird durch Anspannung gekräftigt. Ob jedoch eine gewisse Plastizität des kindlichen Gehirns allein oder in Kombination mit Effekten auf das periphere und/ oder zentrale Nervensystem die Ursache der Wirkung des
Botulinustoxin A sein könnte, ist zur Zeit Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Indikationen stellen muskuläre Imbalancen und Kokontraktionen im Oberarmbereich (Bizeps/Trizeps) (Abb. 8.18), Schulterbereich (Teres major/deltoideus) (Abb. 8.19) und Unterarmbereich (Pronations/Supinationskokontraktionen) dar.
Ergebnisse Spontanverlauf. Nach weit verbreiteter Lehrmeinung erfolgt die Therapie geburtstraumatischer Läsionen des Plexus brachialis konservativ. Aus der Literatur ergeben sich bezüglich des Spontanverlaufes nach geburtstraumatischer Läsion des Plexus brachialis 3 Patientengruppen (Tab. 8.32): 쐌 komplette Spontanheilung (35 – 81 %), 쐌 partielle Spontanheilung ohne nennenswerte funktionelle und/oder ästhetische Beeinträchtigung (25 – 65 %), 쐌 Defektheilung mit gravierender funktioneller und ästhetischer Beeinträchtigung (4 – 43 %). Das klinische Bild der hochgradigen geburtstraumatischen Schädigung des Plexus brachialis nach konservativer Therapie zeigt sich in einem langsameren Wachstum der Knochen und Weichteile gegenüber der gesunden Seite. Ein 6 – 8 Monat alter Säugling weist eine 10% kürzere obere Extremität auf. Zum Zeitpunkt der Pubertät beträgt der Längenunterschied ca. 6 – 7 cm, im Erwachsenenalter maximal eine Handlänge. Neben der primären Funktionsbeeinträchtigung durch die Muskelparese kommt es sekundär durch die monatelang andauernde Lähmung zu Gelenkkontrakturen, vor allem im Schulter- und Ellenbogenbereich sind hochgradige Veränderungen zu verzeichnen. Durch die Kontraktur der Gelenkkapsel kommt es im Glenohumeralgelenk zu einer frühen Mitbewegung der Skapula, was zu einer Umkehrung des skapulothorakalen Bewegungsrhythmus führt. Im Bereich des Ellenbogens ist eine Beeinträchtigung der Streckung die Folge, insbesondere wenn der M. triceps brachii lange paretisch war. Da sich nach einigen Jahren einige Fasern der Schultergürtelmuskulatur und besonders der Ellenbogenmuskulatur erholt haben, wird der verkürzte Arm leicht abduziert mit leicht gebeugtem Ellenbogen (Ausfall oder Schwächung des Trizeps) und supiniertem Unterarm (Zug des M. biceps brachii) sowie mit (passiv) gestrecktem Radiokarpalgelenk aber leicht gebeugten Fingern gehalten. Die endgültige Fehlhaltung des Armes und der Hand nach einigen Jahren entspricht der Geste eines Bettlers (Abb. 8.20). Bei schweren Läsionen, besonders bei Wurzelausrissen, bleibt die Sensibilität monatelang und manchmal auch definitiv beeinträchtigt. Dies spielt sich in einem Alter ab, in welchem das ZNS seine Reife noch nicht erreicht hat und das Körperschema noch nicht endgültig festgelegt ist. Der Mangel an normalen afferenten Impulsen, die gestörte Kinästhesie und der beeinträchtigte Tastsinn haben zusammen mit den Wachstumsstörungen und den Paresen zur Folge, dass
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8.2 Läsionen des Plexus brachialis
289
a
b
c
Abb. 8.18 a – d Therapie der Bizeps-/Trizeps-Kokontraktion durch mehrmalige Injektion von Botolinustoxin A in den M. triceps: Pathomechanismus der muskulären Kokontraktionen (mo-
d difiziert nach Schliack) (a). Klinischer Aspekt vor der Therapie (b) und nach Beendigung der Therapie: Ellenbogenstreckung (c) und Ellenbogenbeugung („Lutscher-Test“) (d).
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
a
b
Abb. 8.19 a u. b Therapie der Teres-major/deltoideus-Kokontraktion durch mehrmalige Injektion von Botolinustoxin A in den M. teres major. Klinischer Aspekt vor der Therapie: Schulterabduktion < 90° (a) und nach der Therapie: Schulterabduktion 120° (b).
____
Tab. 8.32
Ergebnisse der geburtstraumatischen Plexusläsion bei konservativer Therapie (Angaben aus der Literatur)
Autoren
Fälle
Gruppe I: komplette Spontanheilung
Gruppe II: partielle Spontanheilung ohne nennenswerte funktionelle und/oder ästhetische Beeinträchtigung
Gruppe III: Defektheilung mit gravierender funktioneller und ästhetischer Beeinträchtigung
n
n
%
n
%
n
%
Bauer u. Vojta
57
24
42
25
44
8
14
Gordon u. Mitarb.
35
–
–
–
–
–
7
Greenwald u. Mitarb.
38
–
–
–
–
–
4
Hentz
25
8
32
10
40
7
28
Jackson u. Hoffer
21
17
81
–
–
4
19
Lone
103
40
39
30
29
32
31
Michelow u. Mitarb.
66
–
–
–
–
5
8
Rossi u. Mitarb.
34
12
35
22
65
–
–
Tan
35
24
69
7
20
4
11
44
14
32
11
25
19
43
Tassin
458
das Kind eine oft schwer beeinträchtigte Extremität entwickelt. Nach Spontanregeneration, unterstützt durch intensive konservative Therapie, kann eine nützliche Erholung in 70% bezüglich der Sensibilität und nur in 33 % bezüglich der Motorik erwartet werden.
Operative Therapie. Auch nach operativer Revision des Plexus brachialis kommt es als Ausdruck der nervalen
Schädigung zu einem verminderten Extremitätenwachstum. Je früher die operative Revision durchgeführt wird, desto geringer sind die Längendifferenzen. Aufgrund der früheren und stärkeren Reinnervation treten sekundäre Gelenkkontrakturen signifikant seltener auf. In Abhängigkeit von Ausmaß und Schwere der Schädigung können folgende Ergebnisse erreicht werden:
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Literatur
Abb. 8.20 Spontanverlauf einer Defektheilung mit gravierender funktioneller und ästhetischer Beeinträchtigung (GruppeIII-Ergebnis) nach geburtstraumatischer Plexusparese.
쐌 Bei einer oberen Plexusläsion (C5/C6) kann nach frühzeitiger Plexusrevision in 60 – 80% der Fälle eine gute (Grad III) bis normale (Grad V) Schulterfunktion erreicht werden. Bei den übrigen 20 – 40% der Patienten kann durch zusätzliche sekundäre Ersatzoperationen ebenfalls eine signifikante Ergebnisverbesserung (Grad III und besser) erzielt werden. Die Wiederherstellung der Ellenbogenbeugefunktion gelingt in mindestens 90% der Fälle. 쐌 Bei den erweiterten oberen Plexusläsionen (C5, C6, C7) wird in 70 – 90% eine befriedigende (Grad III), gute (Grad IV), oder normale (Grad V) Schulterfunktion durch die Plexusoperation erreicht. Ellenbogenbeugung und -streckung können regelhaft wiedererlangt werden. Die aktive Handgelenk- und Fingerstreckung wird jedoch nur in 55 – 70% der Fälle erreicht. 쐌 Bei den kompletten (C5-Th1) Plexusläsionen kann eine befriedigende (Grad III) bis normale (Grad V) Schulterfunktion in 53 – 85 % der Fälle erreicht werden. Die Ellenbogenbeugung kann in der Regel wiedererlangt werden. Die Wiederherstellung der Ellenbogenstreckung sowie der Handgelenk- und Fingerstreckung ist abhängig von der Anzahl der ausgerissenen Wurzeln. Die Handgelenk- und Fingerbeugung kann bei 33 – 75 % der Fälle, die Funktion der intrinsischen Handmuskulatur in bis zu 50% durch alleinige frühzeitige Nervenchirurgie wiederhergestellt werden. Mit Hilfe von sekundären Sehnentransfers (z. B. Handgelenk- und Fingerstreckung) kann in den meisten Fällen noch eine deutliche Ergebnisverbesserung erreicht werden.
291
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
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8.3 Tetraplegie
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8.3
293
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Tetraplegie
L. Döderlein Definition und Einführung Die Tetraplegie ist eine motorisch sensible und autonome, teilweise oder vollständige Lähmung durch eine Schädigung des Rückenmarkquerschnittes in Höhe des Halsmarkes. Vollständige Lähmungen zeigen keine sensible oder motorische Funktion unterhalb der Läsion. Bei teilweisen Lähmungen bestehen dagegen sensible und motorische Funktionsreste unterhalb der Läsion. Bei allen Schädigungen zwischen dem ersten Zervikalsegment und dem ersten Thorakalsegment spricht man von einer Tetraplegie. Patienten mit Lähmungen in diesem Bereich verstarben in früherer Zeit aufgrund der vielfältigen Begleitprobleme (Dekubitalgeschwüre, Blasen- und Nierenprobleme, Beeinträchtigung der Atmung) meist frühzeitig an den Sekundärfolgen. Heute ist durch eine zielgerichtete Rehabilitation eine nahezu normale Lebenserwartung möglich. Sir Ludwig Guttmann, der nach dem II. Weltkrieg das nationale Querschnittszentrum in StokeMandeville (England) gründete, ist der Nestor einer systematischen Rehabilitation querschnittgelähmter Menschen in Spezialzentren. Er hat die vielfältigen Begleitprobleme frühzeitig erkannt und Methoden entwickelt, die die Gefährdung des Patienten vermindern. In der BRD existieren derzeit 22 Spezialzentren für die Versorgung querschnittgelähmter Patienten.
und Jahr, in der BRD liegt sie bei 36 pro 1 Million, in der Schweiz bei 28 pro 1 Million. Tetraplegische Patienten, die das erste Vierteljahr überlebten, haben eine 10-JahresÜberlebensrate von etwa 80% (Capen u. Zigler 1992).
Klinisches Bild
Ätiologie
Die Lähmung und die sensiblen Ausfälle entsprechen in der Regel der Höhe und dem Ausmaß der Schädigung. Die motorische Lähmung ist meist schlaff, kann aber auch spastische Komponenten enthalten, die eine funktionelle Rehabilitation erschweren und die Kontrakturentwicklung fördern. Nach Botte (1992) betrifft die Spastik eher die distalen innervierten Handmuskeln (C7, C8 und Th1). Bei jeder Steigerung der Spastik sollte an Triggermechanismen wie z. B. an einen Harnwegsinfekt, Nierensteine oder einen Dekubitus gedacht werden. Neben dem Verteilungsmuster der Muskelausfälle ist die Erhaltung sensibler Restfunktionen und eine Auge-Hand-Kontrolle für die weitere funktionelle Prognose entscheidend. Folgende Schlüsselmuskeln erlauben nach Zancolli (1979) eine grobe Abschätzung der Lähmungshöhe: 쐌 C5: Ellenbogengelenkbeugung erhalten, 쐌 C6: Handgelenkstreckung erhalten (Abb. 8.21 a u. b), 쐌 C7: Fingerstreckung erhalten, 쐌 C8: Fingerbeugung erhalten (Abb. 8.22), 쐌 Th1: intrinsische Fingerfunktion erhalten.
Halswirbelsäulenverletzungen stellen die häufigste Ursache (etwa 2/3 der Fälle) für hohe Querschnittlähmungen dar. Meist handelt es sich dabei um Flexions-RotationsVerletzungen im Bereich der unteren Halswirbelsäule (C5 – C7), die jüngere Patienten oft bei Autounfällen oder sportlichen Aktivitäten erleiden. Die selteneren Hyperextensionsverletzungen kommen durch Beschleunigungstraumata bei älteren Patienten mit eingeschränkter oder aufgehobener HWS-Beweglichkeit vor. Weitere Ursachen für Halsmarkschädigungen können Infektionen, gutartige und bösartige Tumoren der Wirbelsäule, Metastasen, vaskuläre sowie degenerative Veränderungen sein. In den USA beträgt die Inzidenz überlebender querschnittgelähmter Patienten etwa 32 pro 1 Million Einwohner
Oberhalb einer Lähmungshöhe von C6 bestehen in der Regel keine ausreichenden sensiblen Areale im Handbereich mehr. Das Lähmungsniveau korreliert nicht immer mit der Höhe der Halswirbelsäulenschädigung. Das lähmungsbedingte Muskelungleichgewicht und Fehllagerungen können auch im Frühstadium charakteristische Muskelverkürzungen und Kontrakturen verursachen. Häufige Deformitäten beim Patienten mit Tetraplegie sind neben der Schulteradduktion die Beugekontraktur des Ellenbogengelenks (M. biceps und BR), die Unterarmsupinationskontraktur (M. biceps), die (Über-)Streckkontraktur der Fingergrundgelenke (EDC) und die Adduktionskontraktur des Daumens.
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
Diagnostik Eine exakte Dokumentation der Schädigung ist die Grundlage für jede operative, konservative oder kombinierte Rehabilitation. Eine genaue Kenntnis der segmentalen Innervation ist dabei unerlässlich. Nachfolgend wird eine Aufstellung der Muskeln und ihrer zugehörigen Segmente gegeben. Man erkennt hierbei, dass ein vollständig oder zumindest teilweise erhaltenes Segment C6 für die weitere Therapieplanung entscheidend ist (Tab. 8.33). Die internationale Klassifikation der Handchirurgie bei Tetraplegie gibt eine 10-stufige Einteilung an (Botte 1992) (Tab. 8.34). Da neben der motorischen Funktion und der dokumentierten Gelenkbeweglichkeit auch eine eventuell erhaltene Sensibilität für die weitere Prognose wichtig ist, wurden verschiedene Klassifikationen für Tetraplegiker vorgeschlagen, die sich alle an den Restfunktionen orientieren. Folgende Gesichtspunkte sollten in einer Klassifikation Berücksichtigung finden: 쐌 Höhe der knöchernen Schädigung an der HWS, 쐌 Lähmungshöhe, 쐌 funktionelle Einteilung, 쐌 spastische oder schlaffe Komponente, 쐌 sensible Defizite.
a
b Abb. 8.21 a u. b Typischer Befund bei einem Patienten mit einer Lähmung in Höhe von C6.
Moberg (1983) unterschied zwischen einer Gruppe O, bei der die Handfunktion nur durch eine visuelle Kontrolle möglich ist, und einer Gruppe Ocu, bei der zusätzliche sensible Reste erhalten sind (Zwei-Punkte-Diskrimination unter 10 mm). Bei einer Zwei-Punkte-Diskrimination über 10 mm ist die Augen-Hand-Kontrolle erforderlich.
Tab. 8.33
____
Muskeln und zugehörige nervale Rückenmarksegmente
Segmenthöhe
Muskel
C5
M. deltoideus
C5/6
M. biceps
C6 (oberer Abschnitt)
M. brachioradialis (BR)
C6 (mittlerer Abschnitt) M. extensor carpi radialis longus und brevis (ECRL/ECRB)
Abb. 8.22
Befund bei einem Lähmungsniveau in Höhe von C8.
C6 (unterer Abschnitt)
M. pronator teres (PT), M. flexor carpi radialis (FCR)
C7 (oberer Abschnitt)
M. triceps
C7 (unterer Abschnitt)
M. extensor digitorum communis (EDC)
C8 (oberer Abschnitt)
M. extensor pollicis longus (EPL)
C8 (unterer Abschnitt)
M. flexor digitorum communis (FDS, FDP)
Th1
Mm. interossei und lumbricales, Thenar-/Hypothenarmuskeln
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8.3 Tetraplegie
Tab. 8.34
____
Internationale Klassifikation der Handchirurgie bei Tetraplegie (Botte 1992)
Gruppierung Vorhandene Muskeln
Vorhandene Funktion
0
kein funktionsfähiger Muskel unterhalb des Ellenbogens
Ellenbogenbeugung, Unterarmsupination
1
BR
Ellenbogenbeugung
2
ECRL
Handgelenkstreckung
3
ECRB
Handgelenkstreckung
4
PT
Unterarmpronation
5
FCR
Handgelenkbeugung
6
EDC
Langfingerstreckung
7
EPL
Daumenstreckung
8
FDS/FDP (teilw.)
Fingerbeugung (schwach)
9
nur Intrinsics fehlen
Fingerbeugung (kräftig)
Esaki (in Hentz, 1992) schlug zusätzlich die Verwendung der Kernspintomographie zur Beurteilung funktionsfähiger Armmuskeln vor.
Therapie Patienten mit einer Tetraplegie bleiben dauerhaft auf fremde Hilfe sowie eine Fortbewegung im Rollstuhl angewiesen. Durch eine Behandlung der Schädigung der oberen Extremitäten lässt sich jedoch häufig das Ausmaß dieser Abhängigkeit vermindern und damit die Lebensqualität spürbar verbessern. Die Behandlung der oberen Extremitäten muss bei einer akut aufgetretenen Lähmung zunächst hinter den Allgemeinproblemen zurückstehen. Die Intensivversorgung mit (operativer) Stabilisierung der Halswirbelsäule, Versorgung etwaiger Zusatzverletzungen sowie die Intensivpflege einschließlich der Prophylaxe von Harnwegsund Atemwegsinfekten, Darmproblemen, Thrombosen und Dekubitalulzera haben absolute Priorität. Die allgemeinen Behandlungsziele von Patienten mit Querschnittlähmung lassen sich folgendermaßen beschreiben: 쐌 Maximierung der Restfunktionen, 쐌 Vermeidung von Komplikationen, 쐌 möglichst frühzeitige berufliche und soziale Rehabilitation. Um diese Ziele zu erreichen, ist ein interdisziplinäres Team aus Intensivmedizinern, Chirurgen, Neurologen, Urologen, Orthopäden, Krankengymnasten, Ergotherapeuten, Psychologen, Sozialarbeitern, Orthopädietechnikern und spezialisierten Pflegekräften erforderlich.
295
Die Erstmaßnahmen für die oberen Extremitäten umfassen lediglich die krankengymnastische und lagerungstechnische Kontrakturprophylaxe. Alle Patienten mit Tetraplegie sind in ihren Alltagsverrichtungen stark eingeschränkt. Bei einem Lähmungsniveau oberhalb von C5 besteht in der Regel vollständige Abhängigkeit von anderen Menschen sowie elektronisch gesteuerten Hilfen. Da nach Zancolli u. Lamb (1979) etwa 65 – 75 % der Tetraplegiker ein Lähmungsniveau bei C6 haben, bestehen durchaus funktionelle Verbesserungsmöglichkeiten. Die hauptsächlichen Defizite dieser Patientengruppe sind eine fehlende Ellenbogengelenk- und Langfingerstreckung sowie die ausgefallene Daumenopposition. Eine Restsensibilität im Bereich des Daumens und Zeigefingers erhöht den Gebrauchswert der Extremität. Basis jeder therapeutischen Indikation sind eine exakte Dokumentation und Verlaufskontrolle der Parese. Bei einer spontanen Verbesserung der Muskelkraft anhand von monatlichen Überprüfungen sollte man mit einer eventuell operativen Therapie etwa 1 Jahr warten (Botte 1992) und zunächst zur Prophylaxe von Kontrakturen physiotherapeutisch behandeln. Eine zusätzliche tägliche funktionelle Elektrostimulation kann die Muskelatrophie aufhalten. Eine funktionelle Restitution wird dadurch jedoch nicht beeinflusst. Bei geplanter beidseitiger Rekonstruktion sollte man mit der besseren Seite beginnen („always start with a winner“). Konservative Therapie Jede Therapie des Ellenbogens und der Hand kann bei Tetraplegikern höchstens die vorhandenen Funktionsreste optimal ausschöpfen, niemals aber eine Restitutio ad integrum erreichen. Der Patient ist deshalb entsprechend aufzuklären, um übertriebene Erwartungshaltungen zu bremsen. Die therapeutischen Möglichkeiten sind umso geringer, je später sie einsetzen. Dies hat seine Gründe in den meist schon ausgeprägten Bewegungseinschränkungen und den funktionellen Adaptationen, die ein Erlernen neuer Funktionen erschweren oder gar unmöglich machen. Die Behandlungsmethoden sollen dabei nicht gegeneinander konkurrieren sondern sich gegenseitig ergänzen. Krankengymnastik und Ergotherapie sind sowohl in der frühen posttraumatischen als auch in der frühen postoperativen Phase unbedingt erforderlich. Geschulte Krankengymnasten sind in der Frührehabilitation für die Kontrakturprophylaxe verantwortlich. „A joint moved once daily through its full range of motion will not develop a contracture“ (Botte 1992). In der postoperativen Phase muss das sukzessive Erlernen neuer Bewegungsmöglichkeiten erfolgen, ohne dass dabei die transponierten Muskeln und Sehnen gefährdet werden. Dies setzt eine enge Kooperation zwischen Operateur und Therapeut voraus. Der Physiotherapeut ist zusätzlich für die Befunderhebung und die weiteren Verlaufskontrollen verantwortlich. Der Einsatz orthopädietechnischer Hilfsmittel erstreckt sich an der oberen Extremität auf die Anfertigung von
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
Lagerungsorthesen zur Kontrakturprophylaxe und zum postoperativen Schutz. Quengelorthesen zur Behandlung von eventuellen Kontrakturen sind wegen der reduzierten Sensibilität kontraindiziert. Hier können therapeutisch mehrfache Redressionsgipsbehandlungen Besseres leisten. Funktionelle Orthesen sind individuell angefertigte Handschienen für die Rollstuhlbenutzung sowie für Alltagsverrichtungen, die mit Einstecksystemen für Besteck oder Schreibgeräte versehen werden können (Abb. 8.23 a–c). Bei erhaltener aktiver Handgelenkstreckung (C6 und C7) kommen auch so genannte aktive Orthesen zum Einsatz, bei denen ein Öffnen und Schließen der schienengeführten Finger über die Bewegung des Handgelenks gesteuert wird. Der Fingerschluss erfolgt bei Dorsalflexion des Handgelenks aktiv, die Fingeröffnung durch Palmarflexion passiv. Bei ausgeprägter Spastik kann die lokale Behandlung mit Botulinustoxin A oder Alkohol/Phenolblockaden in Verbindung mit Orthesen hilfreich sein. Nach Botte (1992) ist die elektrische Stimulationsbehandlung der Antagonistenmuskulatur von großer Bedeutung für die konservative Mobilisation.
a
b
c
Abb. 8.23 a – c Patient mit einer Lähmung in Höhe von C5. Klinisches Bild (a), Handmanschette (b) und Rollstuhlbenutzung (c).
Operative Therapie Die operative Behandlung des Ellenbogens und der Hand des Tetraplegikers hat durch die Arbeiten von Freehafer u. Mitarb. (1988), Lamb (1987), Lipscomb (1958), Moberg (1990) und Zancolli (1979) entscheidende Impulse erfahren und die früher oft geübte passive Haltung verdrängt. Nach Moberg (1983) können bis zu 70% der Patienten mit traumatischer Tetraplegie von Rekonstruktionsoperationen profitieren. Unabdingbare Voraussetzungen für eine erfolgreiche operative Behandlung sind: 쐌 exakte präoperative Dokumentation der funktionellen Defizite, 쐌 richtige Patientenauswahl (motivierter, aktiver Patient, möglichst nicht zu alte Schädigung), 쐌 korrekte operative Technik, 쐌 sorgfältige Nachbehandlung im Team, 쐌 freie Gelenkbeweglichkeit als Voraussetzung für Sehnentransfers. Die beiden wichtigsten wiederherzustellenden Funktionen sind die aktive Ellenbogengelenkstreckung und der Schlüsselgriff. Abhängig von der vorhandenen Restmuskulatur können ggf. auch die aktive Fingerbeugung, Unterarmpronation, Daumenstreckung und intrinsische Fingerfunktion verbessert werden. Die operative Behandlung wird in der Regel mehrzeitig durchgeführt. Dies bedeutet, dass zuerst der Ellenbogen, dann eine Hand (ein- oder zweizeitig) und nach erfolgter Rehabilitation und bei ausreichender Sensibilität anschließend die Gegenseite entsprechend der vorhandenen Muskulatur operiert werden. Wegen der unterschiedlichen Nachbehandlungstechniken von Hand und Ellenbogen ist ein simultanes Vorgehen, wie es sich bei spastischen Lähmungen durchaus bewährt hat, beim Tetraplegiker nicht empfehlenswert. McDowell u. Mitarb. (1986) haben eine 10-stufige Klassifikation erarbeitet, die sich am distalsten transferfähigen Muskel orientiert. Sie ist bei der Indikation zur Rekonstruktionsoperation hilfreich (Tab. 8.35). Nachfolgend werden die häufigsten funktionellen Defizite und ihre operativen Behandlungsmöglichkeiten dargestellt.
Korrektur einer Ellenbogenbeugekontraktur. Wenn eine konservative Behandlung mit Redressionsgipsen und Krankengymnastik nicht Erfolg versprechend ist, empfehlen wir die Z-förmige Verlängerung der Bizepssehne, die intramuskuläre Verlängerung der Brachialisaponeurose sowie die proximale Ablösung des M. brachioradialis (N. radialis unbedingt darstellen und schonen). Anschließend sollte die Ellenbogenstreckung durch Etappengipse erreichbar sein.
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8.3 Tetraplegie
____
Tab. 8.35
Klassifikation nach McDowell u. Mitarb. (1986)
Gruppe Vorhandene Muskeln Rekonstruktionsoperation (mindestens Grad 4) 0
nur M. biceps brachii Delta pro Trizeps
1
+ Bizeps und BR
BR auf ECRL, MobergTenodese
2
+ ECRL
Moberg-Tenodese, BR auf FPL oder EPL
3
+ ECRB
Lasso-Operation, ECRL auf FDP, BR auf FPL
4
+ PT
PT auf FCR
5
+ FCR
BR auf EPL und EDC, ECRL auf FDP PT auf FPL, Lasso-Operation
6
+ EDC
EPL auf EDC
7
+ EPL
Lasso-Operation
8
+ teilweise Fingerbeuger
BR auf FPL, FDP zusammen, Lasso-Operation
9
nur Intrinsics fehlen
Augmentation der Intrinsics
Korrektur von Hand- und Fingerkontrakturen. Handgelenkbeugekontrakturen kommen relativ selten bei überwiegender Spastik vor. Sie werden durch Verlängerung der verkürzten Muskulatur behandelt. Bei willkürlichen Resten sollte nicht zu großzügig verlängert werden. An den Fingern gibt es Intrinsic-plus- und -minus-Deformitäten. Die Behandlung entspricht der bei den spastischen Lähmungen beschriebenen. Wiederherstellung der Ellenbogengelenkstreckung. Die Ellenbogengelenkstreckung ist sowohl für die Funktion der Hand im Raum, als auch für den Transfer in und aus dem Rollstuhl notwendig. Die Standardoperation besteht in der Schaffung eines Ellenbogenstreckers durch das dorsale Deltoideusdrittel, das mit einem freien Sehnentransplantat oder mit einem Dacronband bis zum Olekranon geführt wird. Für den Erfolg der Operation sind einige operative Details notwendig. Der M. deltoideus muss im Ansatz mit einem Periostanteil abgelöst werden, um die Verankerung zum freien Sehnentransplantat (Sehne des M. tibialis anterior oder des langen Zehenstreckers) nicht zu gefährden. Die Innervation zum M. deltoideus muss dargestellt und geschont werden. Wir empfehlen die Verankerung der Sehnen mit nichtresorbierbaren Fäden unter Schultergelenkadduktion und voller Ellenbogenstreckung. Postoperativ erfolgt eine Ruhigstellung für 6 Wochen mit thermoplastischen oder gepolsterten Kunststoffgipsschienen und anschließend eine langsame Mobilisation nach dem Schema von Moberg (1983). Postoperativ kann mit einem Kraftgrad von 3 – 4 für die Ellenbogenstreckung gerechnet werden. Die von Zancolli (1979) vorgeschlagene Alternative eines Bizeps-pro-Trizeps-Transfers kommt
297
nur bei ausreichend verbliebener Ellenbogenbeugefunktion und wenigstens teilweise vorhandenem M. supinator infrage. Für die Unterarmstellung ist eine Mittelposition zwischen Pro- und Supination anzustreben (Rollstuhl fahren).
Wiederherstellung der Greiffunktion. Obwohl von einigen Kollegen die Lagerung und Schienung der tetraplegischen Hand in Beugestellung der Langfinger empfohlen wird, um über eine entsprechende Beugekontraktur eine passive Klemmfunktion zu erreichen, besteht Übereinstimmung darüber, dass beim Vorliegen von aktiver Muskulatur eine aktive Greiffunktion wiederhergestellt werden sollte. Bei der häufigsten Form der zervikalen Lähmung in Höhe des Segmentes C6 sind neben der aktiven Ellenbogenbeugung über den M. biceps lediglich 3 weitere Muskeln im Unterarmbereich intakt. Dies sind die Mm. brachioradialis, ECRB und ECRL. Ziel einer funktionellen Verbesserung muss die Wiederherstellung einer Greiffunktion sein. Bei passiv freier Beweglichkeit der Hand- und Fingergelenke kann dieses Ziel auf folgende Weise erreicht werden: 쐌 über speziell konstruierte Orthesen, 쐌 über die externe Steuerung implantierter Elektroden (sog. Freehand-Systeme), 쐌 über rekonstruktive Operationen. Das Prinzip aller funktionellen Orthesen besteht darin, dass die verbliebene aktive Handgelenkextension in einen Fingeröffnungs- und -schlussmechanismus umgewandelt wird. Trotz aufwendiger Konstruktionen kann bestenfalls ein Dreipunktegriff zwischen Daumen, Zeigeund Mittelfinger erreicht werden. Weniger aufwendige Behelfe sind Handgelenkmanschetten mit Einsteckvorrichtungen für Besteck, Schreibgeräte und ähnliche Dinge. Die Akzeptanz der funktionellen Orthesen ist wegen ihrer aufwendigen Konstruktion und nicht zuletzt auch wegen der zusätzlichen Einschränkung der Restsensibilität gering. Das Freehand-System stellt eine aufwendige und teure – aber durchaus interessante – Bioprothese dar. Es besteht aus einem System gezielt implantierter Elektroden, die durch subkutan geführte Kabel mit einer implantierten Empfängereinheit verbunden sind. Die Steuerung der Greiffunktion erfolgt induktiv über einen an der gegenseitigen Schulter äußerlich angebrachten Joystick, der durch die verbliebene Restwillküraktivität des Schultergürtels bewegt wird. Die visuelle Kontrolle ist erforderlich (Abb. 8.24). Durch die Kombination mit gezielten Sehnentransfers kann die Effizienz dieses Systems noch gesteigert werden. Voraussetzungen für ein solch aufwendiges Verfahren sind eine absolute Patientencompliance und die vorausgehende Stimulation der betreffenden Unterarmund Handmuskulatur über mehrere Monate hinweg (Abb. 8.25 a u. b). Ideale Kandidaten für dieses Verfahren sind Patienten mit kompletter Lähmung in Höhe C5 oder C6. Die Lähmung sollte neurologisch stabil sein, d. h. das
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
Abb. 8.24 Patient mit Freehand-System rechts, bestehend aus einem Schulterpositionssensor (Joystick), einer Induktionsspule über dem Implantat sowie einer externen Kontrolleinheit (Kästchen rechts vom Patienten).
ebenfalls ausgeschlossen sein. Da das Anlegen des Systems fremde Unterstützung erfordert, ist auch dieser Punkt zu berücksichtigen.
a
b Abb. 8.25 a u. b Die präoperative Muskelstimulationsbehandlung vor einer Freehand-Operation.
Ereignis sollte wenigstens 1 Jahr zurückliegen. Etwaige Kontrakturen müssen vorausgehend konservativ oder operativ beseitigt sein. Außerdem sollte möglichst keine spastische Komponente bestehen. Etwaige Zusatzprobleme wie Druckstellen, Blaseninfekte oder ähnliches sollten
Funktionsverbessernde Operationen. Diese haben sich seit Jahrzehnten bewährt und stellen bei korrekter Indikation auch heute den „Golden Standard“ dar. Sehnentransferoperationen kommen nur bei schlaffer und nicht bei spastischer Lähmung in Betracht. Operationen, die nach Art eines Tenodesegriffes wirken, werden heute bei ausreichend erhaltener Muskulatur durch Techniken ersetzt, die eine aktive Greiffunktion ermöglichen. Das Prinzip ist die Vereinfachung komplexer Greiffunktionen zu einem einfachen und effektiven Griff durch eine Kombination von Transfers und Arthrodesen. Voraussetzung ist jeweils die freie passive Gelenkbeweglichkeit und gute Willkürfunktion der zu versetzenden Muskeln (mindestens Kraftgrad 4). Ein kräftiger Handgelenkstrecker muss stets erhalten bleiben (ECRB). Vor einem Transfer des M. brachioradialis (BR) sollte eine aktive Ellenbogengelenkstreckung mit einem hinteren Deltoideustransfer erfolgt sein. Je mehr funktionsfähige Restmuskulatur zur Verfügung steht, umso eher kann man Transfers kombinieren. Als Mindestfunktion muss immer eine aktive Handgelenkstreckung und ein kräftiger Schlüsselgriff erreicht werden. Folgende Verfahren haben sich jeweils als Kombinationsoperation bewährt: 쐌 Transfer des ECRL auf den FDP, Transfer des BR auf den FDS, Lasso-Operation der Langfingergrundgelenke (Zancolli 1979), Transfer des PT auf den EDC, Arthrodese der PIP-Gelenke der Langfinger und aller Daumengelenke (Beasley 1983), 쐌 Transfer des ECRL auf den FDP, Transfer des BR auf den FPL, Fingeröffnung erfolgt dabei über eine passive Handgelenkbeugung (Lamb 1987), 쐌 Transfer des BR auf den ECRB (Moberg 1983).
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8.3 Tetraplegie
299
satz der Ellenbogenstrecker eine 6-wöchige Immobilisation. Die aktive Beugung wird nach Gipsabnahme schrittweise erreicht. Im Handbereich kann bei guter Sehnennahtfixation nach der Wundheilung mit passiver Führung im Handgelenk mobilisiert werden. Die Behandlung sollte immer aktiv sein, passive abrupte Dehnungen sind zu unterlassen. Eine Lagerungsschienenversorgung und ggf. auch eine Funktionsorthese zum Schutz der transponierten Sehnen wird für weitere 3 – 4 Monate empfohlen. Auf das Risiko von Druckstellen sei ausdrücklich hingewiesen.
Komplikationen
Abb. 8.26 Typische Intrinsic-Minus-Deformität mit zusätzlich fehlender Daumenopposition (Lähmungsniveau C7).
Bei jeglicher Transferoperation an der radialen Handgelenkseite ist die verbliebene Restsensibilität für Daumen und Zeigefinger sorgfältig zu schonen. Die Fixierung der Transfers sollte in einer mittleren Beugestellung der Langfinger bei Dorsalflexion im Handgelenk vorgenommen werden. Bei einem Transfer des BR in den FPL sollte der Daumen bei Dorsalflexion des Handgelenks gut gegen die Mittelphalanx des Zeigefingers drücken. Das IP-Gelenk des Daumens kann dabei über eine Tenodese oder Arthrodese stabilisiert werden. Am Daumen ist neben dem Endgelenk auch das Grundgelenk entbehrlich und kann in Abduktion und Extension stabilisiert werden (Zancolli 1979). Der BR kann auch auf den EPL verlagert werden. Andere Maßnahmen kombinieren eine Tenodese des APL und EPL in den distalen Radius mit einer Aktivierung des FPL durch den PT. Nach Augmentation des FDS kann auch ein Teil als Opponensersatz dienen (House 1985). Moberg (1983) empfiehlt die Tenodese der Sehne des FPL in den distalen Radius in Kombination mit einer Tenodese oder (split FPL) Arthrodese des IP-Gelenks und einer Inzision des proximalen Ringbandes. Daumenöffnung und -schluss wirken über den Tenodeseeffekt bei Handgelenkbeugung bzw. -streckung. Entscheidend ist intraoperativ ein guter Schlüsselgriff bei Handgelenkstreckung. Die Intrinsic-Minus-Deformität kann durch die Augmentation in der Lasso-Technik nach Zancolli (Moberg 1990) behandelt werden (Abb. 8.26). Eine Streckkontraktur der Grundgelenke muss jedoch zuvor durch eine zungenförmige Verlängerung des Streckapparates beseitigt werden.
Bei Sehnentransferoperationen an der Hand des Tetraplegikers sind Komplikationen selten. Ein Transfer kann auslockern und muss gegebenenfalls nachgespannt werden. Bei der Freehand-Operation können an den Elektroden sowie an den Verbindungen zum Steuerungssystem Fehler auftreten, die unter Umständen umfangreiche Revisionen notwendig machen. Versehentliche Schädigungen intakter Nerven müssen mikrochirurgisch revidiert werden. Ein Verlust der aktiven Handgelenkstreckung stellt eine schwerwiegende funktionelle Komplikation dar, die, wenn möglich, operativ revidiert werden sollte. Bei dem Transfer von spastischen Muskeln drohen Überkorrekturen, die ebenfalls revisionspflichtig sind. Frakturen an osteoporotischen Knochen der oberen Extremität sollten zum Zwecke der Frühmobilisation osteosynthetisch versorgt werden. In seltenen Fällen kann durch andauernden langen Rollstuhlgebrauch ein Karpaltunnelsyndrom entstehen, das nach neurophysiologischer Diagnostik konservativ bzw. operativ zu behandeln ist. Eine möglichst kleine Inzision (endoskopisch) unterstützt die Rehabilitation. Ein Sudeck-Syndrom kann bei bis zu 10% der Tetraplegiker auftreten (Botte 1992). Die Behandlung entspricht dem allgemein gültigen Vorgehen.
Ergebnisse In der Literatur werden verschiedene Testsysteme zur postoperativen Beurteilung vorgeschlagen. Die meisten Systeme beurteilen Dauer und Qualität der Ausführung verschiedener Tätigkeiten des Alltags. Daneben ist aber auch die subjektive Beurteilung durch den Patienten wichtig. Moberg (1990) bewertet den Wunsch des Patienten, auch die andere Seite operieren zu lassen, als wichtiges Erfolgskriterium. Es muss jedoch immer der präoperative Befund als Maßstab des Erreichten dienen.
Nachbehandlung Die postoperative Nachbehandlung ist nach Moberg (1983) ebenso wichtig wie die Operation und sollte unter kompetenter ergotherapeutischer Kontrolle stehen. Der Therapeut sollte neben der Mobilisation und der Greifschulung auch in der Lage sein, eventuell erforderliche Schienen anzufertigen. Moberg (1983) empfiehlt bei Er-
Prognose Die funktionellen Verbesserungsmöglichkeiten an Ellenbogen und Hand des Tetraplegikers sind begrenzt, können aber für einen weitgehend hilflosen Menschen durchaus bedeutsam sein (Tab. 8.36).
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
____
Tab. 8.36
Funktionelle Ziele bei Patienten mit Tetraplegie
Lähmungshöhe
Muskelfunktion
Funktionelle Ziele
C4
Halskontrolle, Schulterblattheber
adaptierter E-Rolli, Mundschalter
C5
teilweise Schulterfunktion, Ellenbogenbeugung
adaptierter Rolli, Esshilfen
C6
Schulterfunktion, Ellenbogenbeugung
An/Ausziehen, Transfer, zugerichtetes Auto
H
Handgelenkstreckung
gewisse Sportarten mit Zurichtungen
C7/8
Schulterfunktion, Ellenbogenstreckung
unabhängig beim Essen und bei der Hygiene
Vielfach sind die Operationen in mehreren Sitzungen vorzunehmen. Dem Patienten und Operateur muss allerdings stets klar sein, dass auch das beste Resultat immer ein Teilerfolg bleiben wird. Literatur American spinal cord injury association. Standards for neurological and functional classification of spinal cord injury (1992). Atlanta, Georgia Beasley, R.W. (1983): Surgical treatment for C5-C6-tetraplegia. Orthop Clinics of North America 14 (No 4): 14 – 25 Botte, M.J. (1992): Extremity problems in spinal cord injury. In: Nickel, V.L., M.J. Botte: Orthopaedic rehabilitation. Churchill, Livingstone: 427 – 452 Capen, D.A., J.E. Zigler (1992): Spinal cord injury. In: Nickel, V.L., M.J. Botte: Orthopaedic rehabilitation. Churchill, Livingstone: 411 – 426 Casanova, J.S. , P.D. Grunert (1989): Adult prehension. Patterns and nomenclature for pinches. J Hand Ther 2: 231 – 244 Chae, J., K. Kilgore, R. Triolo, G. Creasey (2000): Functional neuromuscular stimulation in spinal cord injury. Phys Med And Rehabil Clin N Am 11, No. 1: 209 – 226 Ejeskär, A., A. Dahllöf (1988): Results of reconstructive surgery in the upper limb of tetraplegic patients. Paraplegia 26: 204 – 208 Esaki, M.B. (1992): in Hentz, V.R. Freehafer, A.A., P.H. Peckham, M.W. Keith (1988): New concepts on treatment of the upper limb in the tetraplegic surgical restoration and functional neuromuscular stimulation. Hand Clinics 4: 563 – 574 Goloborodko, S. A. (1999): A method of restoration of the abduction of the thumb in traumatic tetraplegic patients. J Hand Surg 24-A, No. 2: 320 – 323
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8.4 Spastische Parese
8.4
301
Spastische Parese
L. Döderlein Definition Die spastische Parese ist die Folge einer durch unterschiedliche Ursachen hervorgerufenen Schädigung des ersten motorischen Neurons oder seiner absteigenden Bahnen (Pyramidenbahn) in Höhe der Hirnrinde, der Capsula interna, des Hirnstammes oder des Rückenmarks. Neben der Lähmung ist die spastische Parese durch folgende Merkmale gekennzeichnet: 쐌 Einschränkung oder Verlust der Willküraktivität, 쐌 Ersatz durch primitivmotorische Reflexmuster, 쐌 Einschränkung der Kraft (zentrale Paresekomponente), 쐌 Koaktivierung von Agonisten und Antagonisten, 쐌 Neigung zur Kontrakturentwicklung, 쐌 Einschränkung der Sensibilität und Propriozeption, 쐌 mentale Behinderung. In der älteren Literatur sind nur vereinzelt Berichte über therapeutische Verfahren am Arm und der Hand, im Gegensatz zur Behandlung spastischer Deformitäten der unteren Extremität, zu finden. Dieffenbach (1841) wandte seine perkutane Sehnendurchschneidung auch vereinzelt bei spastisch deformierten Armen an. Zur Zeit der ersten Sehnenverpflanzungen und Neurotomien wurden der spastischen Parese einige wenige Beiträge gewidmet (Vulpius u. Stoffel 1924, Silfverskjöld 1924). Die Ergebnisse dürften jedoch nur wenig überzeugt haben. Erst zwischen 1920 und 1960 wurden die Berichte über erfolgreiche Operationsmethoden zahlreicher. Namen wie Scaglietti, Page, Matev und vor allem Zancolli und Goldner haben die Indikationen und Operationstechniken verfeinert und die beachtlichen Möglichkeiten dieses Randgebietes aufgezeigt.
Abb. 8.27 Spastische Hemiparese rechts bei infantiler Zerebralparese (5-jähriger Knabe).
Ätiologie und Pathogenese So vielfältig die Ursachen einer spastischen Lähmung an der oberen Extremität sind, so mannigfaltig ist auch ihre Ausprägung. Schädigungen der Pyramidenbahn treten in der Regel zu Beginn und in der zweiten Hälfte des Lebens auf. Im frühen Lebensalter überwiegt das Krankheitsbild der infantilen Zerebralparese aufgrund von prä-, peri- oder postnatalen Hirnschädigungen (Abb. 8.27). Im Erwachsenenalter tritt ursächlich die Apoplexie mit entsprechenden peripheren Ausfällen und spastischen Paresen in den Vordergrund (Abb. 8.28 a). Weitere Ursachen für spastische Lähmungen sind: 쐌 Schädel-Hirn-Verletzungen (Abb. 8.28 b), 쐌 Infektionen, 쐌 gut- oder bösartige Hirntumoren, 쐌 Multiple Sklerose.
a
b
Abb. 8.28 a u. b a Spastische Hemiparese links nach Apoplexie (49-jähriger Mann). b 27-jährige Patientin mit spastischer Tetraparese nach SchädelHirn-Trauma vor 4 Jahren.
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302
8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
Auch bei Patienten mit Myelomeningozele kann es infolge der Liquorzirkulationsstörungen zu zentralen Paresen kommen. Einer Schätzung zufolge gab es gegen Ende der 80er Jahre in den USA 150 000 Kinder und 40 000 Erwachsene mit spastischen Armproblemen aufgrund einer infantilen Zerebralparese. Hinzu kamen 500 000 Schlaganfallpatienten mit erheblicher Funktionsstörung mindestens eines Armes. Etwa die Hälfte der Patienten, die einen Schlaganfall überleben, bleiben schwer behindert, nur bei 15% stellt sich wieder eine ausreichende Handfunktion ein. Der Schlaganfall stellt derzeit die Hauptursache der Hemiparese des Erwachsenen dar. Der Patient, der seinen Apoplex mehr als 5 Monate überlebt, hat eine Lebenserwartung über 5 Jahre (Botte u. Mitarb. 1992). Die Prognose für eine ausreichende Wiederherstellung der Handfunktion ist aber relativ schlecht. Die Ursache dafür ist in der entscheidenden Rolle einer ausreichenden Propriozeption und Sensibilität für die Handfunktion zu suchen. Zusätzlich erschwerend können ein Neglekt, eine Apraxie sowie Sehstörungen hinzutreten. Schädel-Hirn-Verletzungen sind neben der Apoplexie eine weitere wichtige Ursache erworbener spastischer Bewegungsstörungen. Nach Keenan (1992) kommt es jährlich in den USA zu mehr als 400 000 neuen Fällen, davon überleben ca. 80% mit guter Lebenserwartung.
Diagnostik Klinische Diagnostik Das klinische Bild wird zum einen von der Art (Qualität) und zum anderen von der Ausprägung der Lähmung, die das Resultat der zentralen Schädigung ist, bestimmt. Ferner muss man, insbesondere hinsichtlich eventueller operativer Therapieindikationen, zwischen stationären (z. B. infantile zerebrale Parese, Apoplex, Schädel-Hirn-Trauma) und progredienten (z. B. Multiple Sklerose, MMC Myelomeningozele) Erkrankungen bzw. Störungen unterscheiden. Die spastische Lähmung zeichnet sich durch charakteristische klinische Zeichen aus, die man in negative und positive Symptome unterteilen kann. Zu den negativen Symptomen zählen die Schwäche, die bis zur Parese reichen kann, der Verlust feinmotorischer Fähigkeiten und die leichte Ermüdbarkeit. Negative Symptome begegnen uns besonders nach Apoplexie und Schädel-Hirn-Traumen. Positive Symptome umfassen den Komplex der pathologischen Haltungs- und Bewegungsmuster, der gesteigerten Reflexe, der Streckreaktionen sowie der Muskelspastizität. Die positiven Symptome kommen durch die Abschwächung bzw. den Wegfall zentraler hemmender Einflüsse zustande. Folgende Formen von Lähmungen können bei einer zentralen Schädigung auftreten: 쐌 spastische Lähmung (häufig), 쐌 extrapyramidale Lähmung (dyston, ataktisch, rigide), ist seltener, 쐌 Mischformen (häufig).
Abb. 8.29 Typisches Deformierungsmuster bei spastischer Hemiparese.
Die spastische Form der Lähmung ist durch eine geschwindigkeitsabhängige Steigerung des Muskeltonus, eine Koaktivierung von Agonisten und Antagonisten und ein zentral bedingtes Muskelungleichgewicht gekennzeichnet. Dystone Lähmungsformen zeigen spontane unwillkürliche ausfahrende Bewegungen, die sich durch emotionale Anstrengung verstärken. Es kommen auch Mischbilder vor. Die seltene Rigidität zeichnet sich durch eine bleirohrartige Starre der betroffenen Muskulatur aus. Eine typische sog. „mustergebundene“ Verteilung der überaktivierten Muskulatur führt zu charakteristischen Fehlstellungen (Abb. 8.29). An der oberen Extremität finden sich in der Regel: 쐌 Innenrotationsadduktionsdeformität im Schultergelenk, 쐌 Beugedeformität im Ellenbogengelenk, 쐌 Pronationsdeformität im Unterarm, 쐌 Beugestellung und Ulnarabduktion im Handgelenk, 쐌 Beuge- oder Überstreckstellung der Langfinger, 쐌 eingeschlagener Daumen. Grundsätzlich gilt: Je schwerer die zentrale Schädigung ist, umso stärker ist die Deformität. Zu den neurologischen Mechanismen, die über die zentrale Fehlsteuerung zur jeweiligen Deformität führen, kommen weitere Faktoren hinzu, die zusätzlich die Deformität verstärken. Hierzu gehören biomechanische Komponenten, die z. B. durch eine Fehlbelastung der deformierten Hand die Fehlstellung weiter verstärken (Abb. 8.30). Das Wachstum wirkt durch eine Verkürzungsneigung der pathologisch aktivierten Muskulatur und einen zentral verminderten Wachstumsreiz ebenfalls in diese Richtung.
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8.4 Spastische Parese
a
Abb. 8.30 Verstärkung der Deformität durch Handeinsatz (10-jähriges Mädchen mit Tetraparese).
Die extrapyramidal dystone Lähmung ist im Gegensatz zur spastischen durch abnorme und unkontrollierte Bewegungen, die durch emotionale Erregung verstärkt werden, gekennzeichnet. Die Patienten haben in der Regel eine normale Intelligenz und Sensibilität. Kontrakturen sind bei den rein dystonen Formen selten. Ataktische und rigide Formen sind selten und therapeutisch nahezu nicht beeinflussbar. Die klinische Untersuchung sollte neben dem lokalen Befund (Beweglichkeit, Muskeltonus, Kraft) auch möglichst umfassend die anderen Aspekte der Behinderung berücksichtigen. Hierzu zählen das Ausmaß einer eventuellen mentalen Behinderung, die Sensibilität und die Willkürkontrolle. Die Willkürkontrolle wird mittels gezielter Aufgaben in die Kategorien schlecht, befriedigend und gut unterteilt. Geprüft wird das Greifen und Loslassen verschiedener Gegenstände mit und ohne Augen-Hand-Kontrolle. Das Fingeröffnen und -schließen wird bei erhobenen Händen getestet. Besonders wichtig ist die Abhängigkeit der Finger- und Daumenöffnung von der Handgelenkbeugung. Ist bei passiv durch den Untersucher in neutraler Stellung gehaltenem Handgelenk keine Finger- bzw. Daumenextension mehr möglich, so muss dies bei der Therapie unbedingt berücksichtigt werden, z. B. Verlängerung der Flexo-
b Abb. 8.31 a u. b Die Finger können bei Dorsalflexion nicht aktiv geöffnet werden. In diesem Fall sind isolierte Operationen zur Verbesserung der Dorsalflexion kontraindiziert.
ren/Augmentation der Extensoren (Abb. 8.31 a u. b). Nach der Untersuchung der Hand müssen die Unterarmbeweglichkeit sowie die Ellenbogen- und Schultergelenkfunktion überprüft werden (Abb. 8.32). Die Stützfunktion des Armes kann durch den Schubkarrentest oder die Fallschirmspringer-Reaktion untersucht werden. Die Erhebung des Muskeltonus lässt sich über die Reflexprüfung und rasche Dehnungsmanöver (Klonus, Taschenmesserphänomen) bewerkstelligen. Zu den Sensibilitätstests gehört die Prüfung der Propriozeption, bei der die Fähigkeit getestet wird, ohne Augenkontrolle verschiedene Gegenstände zu ertasten. Es ist dabei wichtig, nicht die Augen des Patienten zu verbinden, sondern die Gegenstände verdeckt ertasten zu lassen. Auch der 2-Punkte-Diskriminationstest nach Moberg ist in diesem Zusammenhang hilfreich. Verschiedene weitere
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
Tab. 8.37
____
Abb. 8.32
Die funktionelle Klassifikation der spastischen Hand nach House (1981)
Stufe
Klassifizierung
Funktion
0
kein Gebrauch
keine
1
schlechte passive Hilfshand
Gegenhaltehand
2
befriedigende passive Hilfshand
Gegenstand wird festgehalten
3
gute passive Hilfshand
Einsatz zum beidhändigen Gebrauch
4
schlechter aktiver Gebrauch
schwaches aktives Greifen
5
befriedigender aktiver Gebrauch
aktives Greifen und Stabilisieren
6
guter aktiver Gebrauch
aktives Greifen und Loslassen
7
teilweise Spontangebrauch
teilweiser spontaner bimanueller Gebrauch
8
vollständiger Spontangebrauch
unabhängiger Gebrauch beider Hände
Die Typ-IIb-Deformität bei spastischer Hemiparese.
Tests zur Objektivierung sensorischer Defizite sind besonders zur Therapieplanung nützlich. Dazu gehören die Druckempfindung palmar und dorsal und das selektive Bewegen einzelner Finger und des Daumens. Schließlich sollte der Patient aufgefordert werden, Personen zu zeichnen. Wenn er sie nur einarmig abbildet, kann dies ebenfalls ein wichtiger Hinweis auf die fehlende kortikale Repräsentation der betroffenen Hand sein. Bildgebende Diagnostik Neben der klinischen Untersuchung kommen je nach Befund verschiedene apparative Verfahren zum Einsatz. Vor einer geplanten Operation ist unbedingt ein Röntgenbild in 2 Ebenen anzufertigen. Vor eventuellen Sehnentranspositionen kann ein dynamisches EMG zur Beurteilung der betreffenden Muskulatur angefertigt werden (Hoffer 1993). Damit ist die Unterscheidung zwischen phasischer (willkürlicher), spastischer (überaktiver) und paretischer (nicht aktiver) Muskulatur möglich. Gerade bei erworbener Spastizität ist diese Unterscheidung für die Therapieplanung notwendig. Ein Umlernen spastisch aktivierter Muskulatur gelingt kaum, weshalb diese Muskeln nach einem Transfer eher als Tenodese wirksam sind. Durch eine probatorische Gipsbehandlung vor geplanter Handgelenkarthrodese bzw. durch lokale Injektionsbehandlung mit lang wirkenden Lokalanästhetika oder Botulinustoxin A lässt sich in Einzelfällen der Effekt einer Operation simulieren. Anhand klinischer Parameter wurden verschiedene Klassifikationen der spastischen Hand vorgeschlagen. Sie
sollten zur klinischen Einteilung sowie zum Vergleich präversus postoperative Befunde dienen. Klassifikation der spastischen Hand nach E. A. Zancolli (1987): 쐌 Gruppe I: minimale Beugespastik, bei Fingerstreckung unvollständige Handgelenkstreckung (neutral bis minus 20°), 쐌 Gruppe II: Fingerstreckung nur mit ausgeprägter Handgelenkbeugung möglich: – IIa: Handgelenkstrecker aktivierbar, – IIb: Handgelenkstrecker fehlend, 쐌 Gruppe III: starke Flexion-Pronation-Deformität von Handgelenk und Fingern ohne aktive Fingerstreckung. Die funktionelle Klassifikation der spastischen Hand nach J. H. House (1981) ist in Tabelle 8.37 dargestellt. Goldner (1993) teilt die spastische Hand in Mustergruppen ein, bei denen er Kraft, Deformitäten, Sensibilität und Einsatz im Alltag bewertet. Er unterscheidet 5 Gruppen: 쐌 Muster I: Fingeröffnung und -schluss gut, eingeschlagener Daumen, schlechte räumliche Wahrnehmung, guter Schmerz- und Temperatursinn, Hand wird kaum gebraucht, 쐌 Muster II: leichte bis mäßige Beugestellung von Langfingern, eingeschlagener Daumen, Handfunktion über den Tenodeseeffekt, Handeinsatz als Hilfshand, 쐌 Muster III: starke Beugestellung des Handgelenks und Überstreckstellung der Langfinger (EDC), eingeschlagener Daumen,
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8.4 Spastische Parese
305
쐌 Muster IV: Handgelenkstreckung, Beugestellung der Langfinger, eingeschlagener Daumen, kaum Einsatz der Hand, typische Stellung nach erworbener Hemiparese (z. B. Apoplexie), 쐌 Muster V: schwere Hand- und Fingerbeugestellung und eingeschlagener Daumen, keine Funktion der Extensoren, schlechte Sensibilität, zusätzlich Ellenbogenbeugekontraktur. Nach Goldner (1993) profitieren primär Patienten der Muster I–III von operativen Maßnahmen. Je besser die Propriozeption erhalten ist, umso mehr. Goldner gibt in seiner Arbeit eine weitere Klassifikation in 4 Gruppen an, die er besonders im Zusammenhang mit postoperativer Evaluation einsetzt. Sie entspricht im Wesentlichen der Klassifikation nach Zancolli. Funktionelle Klassifikation der spastischen Hand nach Tonkin (1995): 쐌 gute willkürliche Funktion, gute Handöffnung und guter Handschluss, 쐌 eingeschränkte Willkürkontrolle, Handöffnung und Schluss durch Aufforderung, 쐌 Funktion als Hilfshand, kein Öffnen und Schließen, 쐌 keine Funktion.
Abb. 8.33 Hand.
Spontaner Einsatz der hemiparetischen rechten
Therapie Die Zielvorstellungen einer funktionellen Verbesserung sollten realistisch sein und dürfen sich niemals an der gesunden Hand orientieren. Goldner (1993) definiert dies folgendermaßen: „The problem is in the brain and not in the hand.“ Bei den Indikationen zur Therapie wird eine Verbesserung des Muskelgleichgewichtes und der vorhandenen Funktion angestebt. Bei schwerer Behinderung kann auch die Pflegeerleichterung zur Operationsindikation führen. Ein wichtiger Nebenaspekt ist die kosmetische Verbesserung durch die Stellungskorrektur. Van Heest u. Mitarb. (1999) sehen auch bei ausgeprägter Behinderung keine Kontraindikation zur Operation. Allerdings dürfen die Erwartungen in diesen Fällen nicht sehr hoch angesetzt werden. Entsprechend werden bei der Indikationsstellung 3 verschiedene Bereiche unterscheiden: 쐌 prophylaktische Therapie (drohende Verschlechterung), 쐌 therapeutische Maßnahmen (manifeste Funktionseinschränkung), 쐌 palliative Therapie (Pflegebehinderung). Gerade bei erworbener Spastik, z. B. nach Apoplex oder Schädel-Hirn-Trauma, kommt der Prophylaxe drohender Kontrakturen eine entscheidende Bedeutung zu. Die Reduktion der spastischen Überaktivität steht dabei an oberster Stelle (Botte u. Mitarb. 1992). Wenn es bereits zu strukturellen Muskelverkürzungen und fixierten Gelenkfehlstellungen gekommen ist, die die
vorhandene Funktion einschränken, ist die Indikationsstellung dagegen relativ spät. Unabhängig von strukturellen Veränderungen sollte die Indikation zu einer Funktionsverbesserung immer dann gestellt werden, wenn folgende Funktionen vorliegen: 쐌 spontaner Einsatz der Hand zum Gegenhalt, 쐌 spontaner Einsatz der Hand als Hilfshand beim Essen, Anziehen und Spielen, 쐌 Stützfunktion des Armes vorhanden. Smith (1987) hat die Indikationsstellung zur Therapie folgendermaßen charakterisiert: „If the patient attempts to use the hand in functional activities, regardless of how awkward this may appear, then it is probable he would use the hand better if successful reconstructive surgery were performed. If he avoids using the hand completely, he is unlikely to use it even after well-executed tendon surgery.“ (Abb. 8.33). Das Alter, in dem eine Operation durchgeführt werden sollte, wird in der Literatur unterschiedlich angegeben. Während einzelne Autoren (Smith 1987, Thom 1980) eher erst bei älteren Kindern operieren, favorisieren andere (Goldner 1993, Martini 1986, Nachemson 2001) operative Eingriffe schon ab dem 2. – 4. Lebensjahr. Die Vorteile einer besseren Mitarbeit bei älteren Kindern dürften aber durch die bei kleinen Kindern noch gering ausgeprägten Muskelverkürzungen und das größere therapeutische Entwicklungspotential deutlich aufgewogen werden. Die Intelligenz spielt nach Smith und Goldner bei der Indikationsstellung nur eine untergeordnete Rolle.
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
Abhängig von individuellen Deformierungsmustern und den Restfunktionen ist die Indikation individuell am jeweiligen Patienten auszurichten. Analog zur Mehretagenkorrektur an der unteren Extremität hat sich auch eine ganzheitliche Sichtweise an der oberen Extremität durchgesetzt. Da meist die gesamte obere Extremität in das Deformierungsmuster, insbesondere bei den mittelschweren und schweren Paresen, einbezogen ist, muss die Therapie, sei sie nun konservativ oder operativ, auch den gesamten Arm berücksichtigen (Goldner 1983, Smith 1987, Zancolli 1987). Nach Tonkin (1995) und Zancolli (1987) sollte die präoperative Untersuchung folgende Faktoren berücksichtigen: 쐌 allgemeiner neurologischer Status, 쐌 vorwiegende Art der Lähmung (spastisch, dyston, gemischt), 쐌 Ausmaß und die Lokalisation der Lähmung, 쐌 Alter des Patienten, 쐌 sensibel-sensorische Beeinträchtigung, 쐌 Lähmungsmuster, 쐌 verbliebene Willkürkontrolle. Von vielen Autoren wird eine standardisierte mehrfache Untersuchung des Armes empfohlen (Zancolli 1987, Thom 1988). Bei der Untersuchung der Sensibilität sollten die höheren Funktionen wie Stereognosie (räumliche Wahrnehmung), Lagesinn und der 2-Punkte-Diskriminationstest von niedrigeren Funktionen, wie z. B. Schmerz-, Temperatur- und Berührungsempfindung unterschieden werden. Gerade die einfachen Funktionen sind meist erhalten, die differenzierten dagegen, nach Smith (1987) besonders bei den spastischen Formen, in nahezu der Hälfte der Fälle eingeschränkt. Die Behandlung der spastischen Hand kann sowohl konservativ als auch operativ erfolgen. Alle Verfahren zielen primär darauf ab, die Auswirkungen der zentralen Schädigung auf den Bewegungsapparat zu minimieren und die Restfunktionen zu optimieren. Sensible oder mentale Defizite sind allerdings nicht beeinflussbar.
unterweisung sollen die funktionellen Möglichkeiten optimal erhalten bzw. ausgeschöpft werden. Die Aufgaben des Ergotherapeuten sind: 쐌 Erhaltung bzw. Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit, 쐌 Verbesserung der Kraft, 쐌 Verbesserung des spontanen Handgebrauches, 쐌 Verbesserung der Wahrnehmung, 쐌 Unterstützung bei der Indikationsstellung, 쐌 Anfertigung von Orthesen, 쐌 Unterweisung im Gebrauch von Hilfsmitteln, 쐌 Mitarbeit bei der Dokumentation. Unterstützt werden diese Maßnahmen durch orthopädietechnische und lokal wirkende medikamentöse Verfahren. Zum Aufgabengebiet der Orthopädietechnik zählt die Anfertigung von Funktions- und Lagerungsschienen, die abhängig vom individuellen Befund in Zusammenarbeit mit dem Therapeuten hergestellt werden. Lagerungsschienen werden in passive Lagerungsschienen zur Prophylaxe drohender Deformitäten bzw. zur postoperativen Stellungserhaltung und in so genannte Quengelorthesen zur passiven Aufdehnung von Kontrakturen eingeteilt. Funktionsorthesen werden primär zur Verbesserung der Handgelenkstellung und der Daumenabduktion eingesetzt. Die Aufgaben von Orthesen lassen sich bei spastischen Handdeformitäten folgendermaßen umschreiben: 쐌 Dehnung spastisch verkürzter Muskeln, 쐌 Verbesserung der Gelenkstellung, 쐌 Verbesserung der Greiffunktion, 쐌 Stabilisierung instabiler Gelenke, 쐌 präoperative Testung, 쐌 postoperativer Schutz.
Konservative Therapie
Für diese Aufgaben können anstelle der Orthesen auch Kunststoffgipse eingesetzt werden. Eine neue und interessante Behandlung besteht in der Anfertigung von eng anliegenden Lycra-Strümpfen, die die sensorische Rückkoppelung und die übersteigerten Dehnungsreflexe günstig beeinflussen sollen (Nicholson u. Mitarbeiter 2001). Ob ihre Wirkung über die Tragedauer hinaus anhält, ist allerdings unklar.
Bei der spastischen Parese sind die Hauptgebiete der Therapie die Spastik, die Kontraktur sowie in selteneren Fällen der Schmerz. Besonders während einer Periode möglicher spontaner neurologischer Erholung bei erworbener Spastik kommt der Kontrakturprophylaxe oberste Bedeutung zu. Jedes Gelenk muss regelmäßig täglich in seinem gesamten Bewegungsumfang mobilisiert werden. Unterstützend wirken Lagerungsorthesen in funktioneller Stellung (Abb. 8.34). Neben der Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage, die die meisten Patienten mit neurologischen Störungen von Anfang an erhalten, sind es ergotherapeutische Maßnahmen, die sich gezielt mit der gestörten Handfunktion befassen. Durch Bewegungs- und Kräftigungsschulung sowie gezielte Funktions- und Gebrauchs-
Abb. 8.34
Lagerungsorthese bei Beugespastik.
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8.4 Spastische Parese
Das Einsatzgebiet der elektrischen Stimulationsbehandlung abgeschwächter Antagonisten ist begrenzt (Botte 1992). An lokalen medikamentösen Maßnahmen kommen Lokalanästhetika zum Einsatz, mit denen eine Operation in gewissen Grenzen simuliert werden kann Bei neurologischen Krankheitsbildern ist es durch die Anwendung von Botulinustoxin A möglich geworden, Muskeln gezielt für einen längeren Zeitraum zu schwächen. Das Medikament greift an der motorischen Endplatte der injizierten Muskeln an und blockiert die Acetylcholinfreisetzung. Es führt so zu einer temporären schlaffen Parese. Die Wirkung ist nach einigen Monaten vollständig reversibel, sodass die Injektion wiederholt werden kann. Da im Unterarm- und Handbereich die Muskulatur eng gebündelt angeordnet ist, kann man die Injektion über eine Stimulationskanüle gezielter vornehmen als durch rein klinische Testung. In jedem Falle sollte die Substanz nur gering verdünnt werden (100 U Botox bzw. 500 U Dysport in 1 ml). Die Dosierung richtet sich nach der Größe bzw. dem Volumen der zu behandelnden Muskeln. Das Indikationsgebiet für Botulinustoxin A umfasst funktionell oder/und pflegerisch störende Muskelspastik ohne wesentlichen Kontrakturanteil. Eine Kombination mit Orthesen ist sinnvoll. Einzelne Autoren erachten auch eine Operationssimulation für möglich. Die günstigsten Ergebnisse lassen sich – analog zu den Operationen – bei Kindern erzielen, deren Willkürfunktion noch überwiegend oder zumindest teilweise erhalten ist. Autti-Rämö u. Mitarb. (2000) meinen, dass durch eine präoperative Botulinustoxingabe bei Kindern mit spastischer Hemiparese diejenigen herausgefiltert werden können, die von einer geplanten Operation profitieren. Seit dem Einsatz von Botulinustoxin A sind andere neurotoxische Substanzen wie Alkohol oder Phenol in ihrer Anwendung bei spastischen Paresen deutlich in den Hintergrund getreten. Ihre Nachteile liegen in der Schmerzhaftigkeit, besonders bei Injektion in gemischte Nerven. Ein Vorteil ist der weitaus geringere Preis. Systemische Antispastika wie Diazepam, Tetrazepam oder Baclofen haben in der Behandlung der spastischen Hand nur eine untergeordnete Bedeutung. Allenfalls in der postoperativen Phase kommen sie temporär zum Einsatz. Besonders bei beginnenden Kontrakturen hat sich auch die etappenweise Redressionsgipsbehandlung bewährt, die mit den oben genannten Maßnahmen kombinierbar ist.
307
Folgende Verfahren kommen zum Einsatz: 쐌 Neurotomien (selektiv oder global nur bei motorischen Nerven), 쐌 Myotomien (Ursprungsablösungen der Muskulatur), 쐌 Tenotomien (Sehnenverlängerungen, Sehnendurchtrennungen), 쐌 Kapsulotomien, 쐌 Tenodesen (Sehnenfesselungen), 쐌 Sehnentranspositionen, 쐌 Kapsulodesen (Kapselfixierungen), 쐌 Osteotomien (knöcherne Umstellungen), 쐌 Arthrodesen (Gelenkstabilisierungen). Die Indikationen für die einzelnen Verfahren sind unterschiedlich: 쐌 Neurotomie: meist am N. musculocutaneus oder distal am motorischen Ulnarisast, bei schwerer Ellenbogenbeugespastik, bei Spastik der intrinsischen Handmuskulatur, zur Pflegeerleichterung und zur Kontrakturprophylaxe, 쐌 Myotomie: zur selektiven Verbesserung der Muskelexkursion im Rahmen funktionsverbessernder Operationen, meist am Unterarm (Ursprungsablösung nach Erlacher-Scaglietti [1928], Rutschenlassen des FPL) und an der Hand (Operation nach Matev [1970]) (Abb. 8.35), 쐌 Tenotomie: Z-förmige Verlängerung zur selektiven Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit oder reine Durchtrennung (bei ausschließlicher Pflegeindikation); bei der Z-förmigen Verlängerung soll das „Z“ der Verlängerungsstrecke 2-mal so lang sein wie die gewünschte Verlängerung (Nachemson 2001), 쐌 Kapsulotomie: bei schwerer, länger bestehender struktureller Kontraktur, wenn eine Muskel- oder Sehnenverlängerung allein nicht mehr ausreicht (Ellenbogengelenk, Ablösung der Membrana interossea, selten palmare Kapsulotomie), 쐌 Tenodesen: Fesselung von Sehnen zur Bewegungsbegrenzung eines Gelenks bei nicht verfügbaren aktiven Kraftspendern (z. B. als Tenodese der Handgelenkstrecker oder der Daumenabduktoren/extensoren, LassoOP nach Zancolli [Moberg 1983] bei Krallenstellung),
Operative Therapie Bei den operativen Verfahren ist zwischen Eingriffen am (peripheren) Nervensystem und am Muskel- und Skelettsystem zu unterscheiden. Während Neurotomien in der operativen Behandlung der spastischen Hand in seltenen Fällen und nur bei schwerer Spastik und primärer Pflegebehinderung zum Einsatz kommen, werden die Operationen am Muskelund Skelettsystem umfassend angewendet.
Abb. 8.35
Operation nach Matev.
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
쐌 Sehnentransposition: zur selektiven Verbesserung der Handgelenk- und Fingerfunktion; wenn möglich sollten selektiv innervierbare bzw. wenig spastische Muskeln verlagert werden, andernfalls kann es zu einer Überkorrektur kommen, besonders bei zu ausgiebiger Schwächung der Antagonisten. Ein Umlernen spastischer Muskeln gelingt kaum (Hoffer 1993). Ein Transfermuskel sollte proximal nicht geschwächt werden (z. B. FCU). Bei erworbener Spastik werden meist keine Tranferoperationen durchgeführt (Botte u. Mitarb. 1992). 쐌 Kapsulodesen: Bewegungsbegrenzung eines Gelenks durch Kapselraffung (z. B. am Daumengrundgelenk oder an den PIP-Gelenken der Langfinger palmarseitig), 쐌 Osteotomien: Korrektur knöcherner Deformität (am Ellenbogengelenk als suprakondyläre Osteotomien oder am Unterarm bei Pronationsdeformität), 쐌 Arthrodesen: Stabilisierung einer funktionell hinderlichen Gelenkinstabilität oder Gelenkdeformität, häufig am Handgelenk oder Daumengrundgelenk; eine Arthrodese kann mit einer Verkürzung kombiniert werden (z. B. Entfernung der proximalen Handwurzelreihe). Leider gibt es in der Literatur fast nur Berichte über die Wirksamkeit einzelner Operationsverfahren. Besonders van Heest u. Mitarb. (1999) betonen jedoch die Bedeutung des operativen Vorgehens auf allen betroffenen Etagen. Van Heest u. Mitarb. berichteten über 718 Eingriffe bei 134 Patienten. Die am häufigsten durchgeführten Operationen waren: 쐌 Verlängerung des M. biceps brachii und Ablösung des M. pronator teres, 쐌 Transfer des FCU, ECU oder BR auf den ECRB, 쐌 Verlängerung der Handgelenkbeuger (FDS, FCR), 쐌 Ablösung der Daumenadduktoren (OP nach Matev), 쐌 Augmentation der Daumenabduktoren (PL oder FCR auf APL). Thom (1988) berichtete über 532 Operationen bei 123 Patienten. Auch wir empfehlen die Korrektur möglichst aller Deformitäten in einer Sitzung. Je älter der Patient ist und je ausgeprägter die Deformitäten in Abhängigkeit vom Schweregrad der Behinderung sind, umso vielfältiger und teilweise auch aufwendiger müssen die Operationen sein, um eine bessere Form und Funktion zu erzielen. In diesen Fällen ist die Indikation strenger zu stellen. Eva Nachemson (2001), die ein frühzeitiges operatives Eingreifen favorisiert, gab folgende Maßnahmen bei Kleinkindern mit spastischer Fehlstellung an: 쐌 Korrektur der Pronationsspastik durch eine Ablösung der Pronator-Teres-Sehne, 쐌 Korrektur des eingeschlagenen Daumens durch eine Operation nach Matev, 쐌 Korrektur der Beugestellung des Handgelenks durch einen Transfer des FCU in den EDC.
In Abhängigkeit vom Befund empfehlen wir beim Zerebralparetiker folgende Eingriffe:
Schultergelenkadduktion. Tenomyotomie der Mm. pectoralis major, latissiums dorsi und ggf. auch des subscapularis und teres major durch einen ventralen Zugang. Ellenbogenbeugung. Z-förmige Verlängerung der Bizepssehne, aponeurotische Verlängerung des M. brachialis, ggf. zusätzlich proximale Ablösung der Handgelenkbeuger nach Erlacher-Scaglietti, in seltenen Fällen vordere Kapsulotomie des Ellenbogengelenks. Bei ausgeprägter Kontraktur kann die zusätzliche suprakondyläre Extensionsosteotomie notwendig sein. Bei erworbener Spastik muss auch der M. brachioradialis proximal nach Darstellung des N. radialis abgelöst werden. Unterarmpronation. Distale Ablösung der Sehne des M. pronator teres, Ablösung des M. pronator quadratus an der Ulna, ggf. Spaltung der Membrana interossea, in Extremfällen Radiusosteotomie. Unterarmsupination. Verlängerung und ggf. Verlagerung der Bizepssehne als Pronator (Operation nach Tubby). Ablösung des M. supinator am Ursprung. Handgelenkbeugung. Distale Verlängerung des FCR und PL, Transfer des FCU auf den ECRB oder EDC, Transfer des PT auf den ECRL, Ablösung des gemeinsamen FlexorenPronatoren-Ursprungs (nach Erlacher-Scaglietti) – selten, primäre Handgelenkarthrodese aus kosmetischen Gründen bei erworbener Spastik. Die Handgelenkarthrodese bietet sich auch bei starken Beugekontrakturen in Verbindung mit der Entfernung der proximalen Handwurzelreihe an. Bei Dystonien ist sie ebenfalls eine gute Methode. Alexander u. Mitarb. (2000) berichten über günstige Resultate auch bei Kindern. Wird die Handgelenkbeweglichkeit zur Fingeröffnung und zum Fingerschluss benötigt, ist diese Operation kontraindiziert. Ulnarabduktion. Transfer des FCU und Transfer des ECRU auf den ECRB. Langfingerbeugung. Hier sollte zwischen einer Verkürzung des FDS und des FDP unterschieden werden. Grundsätzlich darf bei Operationen zur Funktionsverbesserung nicht zu großzügig verlängert werden. In der Regel genügt die intramuskuläre Verlängerung des FDS über eine proximale Verlängerung durch Inzision am Unterarm. Die gewünschte Länge ergibt sich durch postoperative Frühmobilisation. Eine leichte Beugestellung muss verbleiben. Bei stärkster Kontraktur und alleiniger „Hygiene-Indikation“ kann auch ein Superfizialis-auf-Profundus-Transfer erwogen werden .Dabei werden die Sehnen des FDS distal am Handgelenk zusammengenäht und die Sehnen des FDP proximal. Anschließend werden die FDS-Sehnen distal und die FDP-Sehnen proximal der Vernähung durchtrennt.
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8.4 Spastische Parese
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Beide Sehnenstümpfe werden miteinander vereinigt, was eine erhebliche Verlängerung um bis zu 10 cm ergibt. Bedingt durch die großzügige Verlängerungsstrecke und die Ausschaltung des FDP-Muskels kommt es zu einer extremen Schwächung mit dem Risiko von Schwanenhalsdeformitäten.
Eingeschlagener Daumen. Ablösung des M. adductor pollicis und Verlängerung des FPL. Botte (1989) und Goldner (1993) geben auch die Ablösung des ersten Interosseusmuskels an, Raffung des APL und EPB, Augmentation des EPL mit einem FDS-DIII oder -DIV. Bei schweren Fällen einer Beugekontraktur oder bei Instabilität des IP-Gelenks kommt die Arthrodese dieses Gelenks infrage. Die Verbreiterung des ersten Intermetakarpalraumes durch Hautplastiken kann bei veralteten Fällen zusätzlich erforderlich sein.
Abb. 8.36 Eine Subluxation des Daumengrundgelenks muss stabilisiert werden.
Instabiles MCP-Gelenk DI. Der klinische Befund ist in Abbildung 8.36 dargestellt. Es kommt eine Arthrodese oder Kapsulodese des Gelenks in Betracht. Angesichts der komplizierten Technik der Kapsulodese und dem Risiko einer Beugekontraktur sollte die Arthrodese bevorzugt werden. Bei Schonung der Epiphyse und Verwendung temporärer K-Draht-Transfixation ist sie auch bei Kindern möglich (Goldner 1988). Schwanenhalsdeformität der Langfinger. Schlingenoperation nach Zancolli, Raffung der palmaren Gelenkkapsel, die Tenodese der distal gestielten FDS-Sehne nach Swanson ist deutlich aufwendiger, eine zusätzliche Augmentation schwacher Langfingerbeuger (FDP) mit dem ECRL kann ebenfalls erwogen werden. Die von Smith (1987) empfohlene Ablösung der Interosseusursprünge hat sich nicht durchgesetzt.
Abb. 8.37 Extrinsic-Plus-Deformität nach Schädel-Hirn-Trauma (33-jähriger Patient).
Überstreckkontraktur der Langfingergrundgelenke (Extrinsic-plus-Deformität). Klinischer Befund ist in Abbildung 8.37 zu sehen. Zungenförmige distal gestielte Verlängerung der Streckaponeurosen nach Goldner. Beugespastik der Langfingergrundgelenke (Intrinsicplus-Deformität). Den klinischen Befund zeigt Abbildung 8.38. Release-Operation nach Littler, Neurotomie des distalen motorischen Ulnarisastes. Nachbehandlung Die postoperative Behandlung kann bei ausreichend guter Fixierung der Sehnennähte und guter Mitarbeit des Patienten nach Abschluss der Wundheilung frühfunktionell aus speziell angefertigten Schienen heraus erfolgen. Wir empfehlen stets für ein halbes Jahr postoperativ tagsüber Funktions- und über die Nacht Lagerungsorthesen (Goldner 1993). Bei weniger kooperativen Patienten sollte das Handgelenk für 4 – 5 Wochen in einem Unterarmgips ruhig gestellt werden. Die Finger müssen im Interesse einer opti-
Abb. 8.38 Intrinsic-Plus-Deformität nach Schädel-Hirn-Trauma (27-jähriger Patient).
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8 Lähmungen im Ellenbogen und Handbereich
malen Funktion möglichst frühzeitig freigegeben werden. Der Daumen sollte einschließlich der Grundphalanx in Abduktion ruhig gestellt werden. Bei Arthrodesen des Daumengrundgelenks stellen wir für 6 Wochen ruhig, bei Handgelenkarthrodesen für 8 Wochen, jeweils unter Freilassen der Langfinger. Nach Abnahme der Gipse sollten die Patienten mindestens für 3 – 4 Monate regelmäßig mehrmals wöchentlich qualifizierte ergotherapeutische Behandlung erhalten. Ärztliche Verlaufskontrollen sind 3 Monate und dann jährlich nach erfolgter Operation ratsam.
Evaluation nach Therapie. Neben dem Vergleich (prä/ post) anhand der beschriebenen Klassifikationen kommen verschiedene andere Beurteilungssysteme, die sich an der erreichten Beweglichkeit und der neu erworbenen Greiffunktion orientieren, zum Einsatz. Die Beurteilung nach der Therapie sollte primär Stellung (Kosmetik) und Funktion berücksichtigen. Beide müssen sich am präoperativen Befund orientieren. Der spontane willkürliche Einsatz lässt sich aufgrund der begleitenden Wahrnehmungsstörungen kaum beeinflussen. Dieser Punkt sollte deshalb in der postoperativen Evaluation nicht zu einer negativen Bewertung Anlass geben.
a
Komplikationen Voraussetzungen für ein günstiges Resultat sind: 쐌 subtile Untersuchung und Dokumentation, 쐌 richtige Patientenauswahl, 쐌 korrekte Operationstechnik, 쐌 richtige Nachbehandlung. Jeder dieser Punkte kann Ursache für Komplikationen oder Probleme sein. Eine schlechte Indikationsstellung lässt sich auch durch die beste Operation nicht korrigieren. Wenn der Patient seine Hand präoperativ aufgrund unzureichender Sensibilität nicht oder kaum einsetzt, wird er dies postoperativ ebenso wenig tun. Die Indikation kann dann nur aus kosmetischen Gründen gestellt werden. Bei Patienten, die sich am umfassenden Nachbehandlungsprogramm nicht beteiligen, wird eine operative funktionelle Verbesserung kaum einen Erfolg zeigen. Die Operationstechnik kann eine Ursache für ein Rezidiv oder eine eventuelle Überkorrektur darstellen, z. B. die zu ausgiebige Schwächung von funktionell wichtigen Muskeln (FCR, FDS, FDP) (Abb. 8.39 a u. b). Der zu stark gespannte Transfer des FCU auf den ECRB kann zur hinderlichen Überstreckkontraktur des Handgelenks führen. Nicht selten kommen auch Rezidive eines eingeschlagenen Daumens vor. Wir empfehlen in solchen Fällen eher die Sehnenraffung (APL, EPB) als einen erneuten Transfer. Die andernorts vorgeschlagene intermetakarpale Arthrodese mit autologem Beckenspan ist wegen ihrer funktionellen Nachteile nicht empfehlenswert. Nach exzessiver Schwächung der Fingerbeuger (FDS und FDP) kann es zur
b Abb. 8.39 a u. b Die Überkorrektur nach FDS- und FDP-Verlängerung sollte zunächst orthetisch behandelt werden.
Intrinsic plus oder Schwanenhalsstellung kommen, die bei entsprechender Ausprägung erneut operiert werden sollte. Goldner (1993) gibt an, dass er bei mehr als 100 Patienten in 30% der Fälle nachoperieren musste. Dies unterstreicht die Schwierigkeiten einer adäquaten Dosierung der Eingriffe.
Prognose Die Behandlung der spastisch gelähmten Hand ist besonders hinsichtlich der Indikationsstellung anspruchsvoll. Die Ursachen hierfür sind die häufige Beteiligung des gesamten Armes, die begleitenden Wahrnehmungsstörungen und eine eingeschränkte Mitarbeit des Patienten. Nur wenn der Patient die Hand willkürlich einsetzt, wird er von einer funktionell verbessernden Operation profitieren. Die Operationstechniken sind etabliert. Immer sollte versucht werden, alle vorhandenen Deformitäten und Funktionseinschränkungen soweit als möglich in derselben Sitzung zu korrigieren. Bei Sehnenverlängerungen ist immer eine gewisse Restspannung notwendig. Die frühfunktionelle Nachbehandlung ergibt bei entsprechender Mit-
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Literatur
arbeit des Patienten bessere Ergebnisse. Der postoperative Orthesenschutz für 6 Monate mit Funktions- und Lagerungsorthesen hilft, Rezidive zu verringern. In jedem Falle dürfen die Erwartungen an eine Operation zur Verbesserung der Funktion nicht zu hoch gesteckt werden (Martini 1986). Die spastisch gelähmte Hand wird immer eine Hilfshand bleiben. Defizite in der Willkürinnervation und der Sensibilität lassen sich mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln leider nicht beheben. Literatur Alexander, R.D., J.R. Davids, L.C. Peace, M.A. Gidewall (2000): Wrist arthrodesis in children with cerebral palsy. J Pediatr Orthop 20: 490 – 495 Autti-Rämö, I., A. Larsen, J. Peltonen, A. Taimo, L. von Wendt (2000): Botulinum toxin injection as an adjunct when planning hand surgery in children with spastic hemiplegia. Neuropediatrics 31 (1): 4 – 8 Bodine-Fowler, S. , M.J. Botte (1992): Muscle spasticity. In: Nickel, V.L., M.J. Botte: Orthopaedic rehabilitation. 2nd ed. Churchill, Livingstone: 295 – 308 Botte, M.J., M.E. Keenan, C. Jordan (1992): In: Nickel, V.L., M.J. Botte: Orthopaedic rehabilitation. 2nd ed. Churchill, Livingstone: 337 – 360 Botte, M.J., M.E. Keenan, H. Gellman u. Mitarb. (1989): Surgical management of spastic thumb in plam deformity in adults with brain injury. J Hand Surg 14-A: 174 – 182 Braun, R.M., V. Mooney, V.L. Nickel (1970): Flexor-origin release for pronation-flexion deformity of forearm and hand in stroke patients. J Bone Joint Surg 52-A: 907 – 911 Brunelli, G., F. Brunelli (1993): Hyponeurotization (Partial selective denervation) in spastic palsies. In: Tubiana, R.:The hand. Saunders, Philadelphia: 747 – 753 Dieffenbach, J.F. (1841): Über die Durchschneidung der Sehnen und Muskeln. Förstner, Berlin Eliasson, A.C., C. Ekholm, T. Carlstedt (1998): Hand function in children with cerebral palsy after upper-limb tendon transfer and muscle release. Dev Med Child Neurol 40: 612 – 621 Erlacher-Scaglietti, Ph.J. (1928): Die Technik des orthopädischen Eingriffes. Springer, Wien: 84 Goldner, J.L. (1983): Surgical treatment of the hand in cerebral palsy. In: Evarts, C.M.C.: Surgery of the muskuloskeletal system. 2nd ed. Churchill, Livingstone: 439 – 469 Goldner, J.L. (1988): Surgical reconstruction of the upper extremity in cerebral palsy. Hand Clinics 4: 223 – 265 Goldner, J.L. (1993): Cerebral palsy: Assessment and surgical treatment of the upper extremity. In: Tubiana, R.: The hand. Saunders, Philadelphia: 684 – 726 van Heest, A.E., House, J.H., Cariello, C. (1999): Upper extremity surgical treatment of cerebral palsy. J Hand Surg 24 A (No 2): 323 – 330 Hoffer, M.M. (1993): The use of the pathokinesiology laboratory to select muscles for tendon transfers in the cerebral plasy hand. Clin Orthop Rel Res 288: 135 – 138 House, J.H., F.W. Gwathmey, M.O. Fidler (1981): A dynamic approach to the thumb-in-palm deformity in cerebral palsy. J Bone Joint Surg 63 A (No 2): 216 – 225
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9
Nervenkompressionssyndrome A Eisenschenk, M. Lautenbach 9.1 Pronator-teres-Syndrom 9.2 Karpaltunnelsyndrom 9.3 Sulcus-ulnaris-Syndrom 9.4 Kompression des N. ulnaris in der Loge de Guyon 9.5 Kompression des N. radialis
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9 Nervenkompressionssyndrome
9.1
Pronator-teres-Syndrom
Synonyme Pronator-Logensyndrom.
Definition Das Pronator-teres-Syndrom zählt zu der Gruppe der proximalen Medianuskompressionssyndrome. Die Kompression des N. medianus erfolgt in der anatomischen Region des M. pronator teres.
9.1.3
Ätiopathogenese
Eine Kompression des N. medianus in der Region des M. pronator teres kann von unterschiedlichen anatomischen Strukturen ausgelöst werden. Zum einen vom M. pronator teres selbst: Am häufigsten kommen seine sehnigen Ursprungsportionen des tiefen M.-pronator-teres-Kopfes, eine Muskelhypertrophie oder auch der vollständige Verlauf des Nervs unter dem M. pronator teres infrage. Zum anderen kann der Lacertus fibrosus der Aponeurosis musculi bicipitis oder eine vergrößerte Bursa am Ansatz der Sehne des M. biceps brachii die Ursache sein. Weitere Kompressionsmöglichkeiten sind die proximale Begrenzung der Aponeurose des M. flexor digitorum superficialis, Exostosen am Radius, eine aberrierende A. radialis, die den Nervenstrang kreuzenden thrombosierten kollateralen Äste der A. ulnaris sowie Weichteilprozesse (Beaton u. Anson 1939, Braun u. Spinner 1991, Coonrad u. Spinner 1995, Dawson u. Mitarb. 1983, Kopell u. Thompson 1958, Morris u. Peters 1976, Spinner 1978, Upton u. McComas 1973, Werner u. Mitarb. 1998).
Epidemiologie Die häufigste Ursache ist der Muskel selber, gefolgt vom Lacertus fibrosus und M. flexor digitorum superficialis (Richter 1989). In einer großen EMG-Kontrollstudie fanden Gross u. Jones (1992) 0,2% proximale Unterarmkompressionssyndrome.
Diagnostik Klinische Diagnostik Alle nun folgenden klinischen Diagnostika sind nicht beweisend. Sie helfen die Diagnose in Verbindung mit einem Elektromyogramm zu untermauern. Hierzu zählen Unterarmschmerzen, die sich bei Druck auf den N. medianus verstärken oder weitergeleitet werden können und Parästhesien und/oder Sensibilitätsdefizite im peripheren Ausbreitungsgebiet des N. medianus: Zeigefinger, Daumen, Mittel- und der radiale Ringfinger. Als ein Hinweis auf
ein Pronator-teres-Syndrom können starke Krämpfe in der Unterarmmuskulatur beim Schreiben auftreten („writer`s cramp“). Liegt die Ursache in der Aponeurosis des M. biceps wird über dem N. medianus durch Flexion im Ellenbogen bei gleichzeitiger Supination diese zusätzlich angespannt und komprimiert den N. medianus. Ähnlich verengen die Köpfe des M. pronator teres den Bereich des N. medianus bei Extension des Unterarms mit Pronation. Anamnestisch klagen die Patienten häufig zuerst über eine Schwäche und dann folgend über Schmerzen im Unterarm. Ist beim Perkutieren des N. medianus im Unterarmbereich eine resultierende Fortleitung ausschließlich distal des Handgelenkes auslösbar, ist ein Karpaltunnelsyndrom sehr wahrscheinlich. Es können auch beide Syndrome parallel vorliegen. Dieses wird dann als Double-Crush-Phänomen tituliert. Bildgebende Diagnostik Die elektomyographische Messung ist der wesentliche Baustein zur Lokalisationsbestimmung und Objektivierung des Befundes. Die Röntgenbilddiagnostik dient dem Ausschluss knöcherner Ursachen und die Magnetresonanztomographie zum Ausschluss von komprimierenden Weichteilprozessen. Bei dem Verdacht auf Gefäßanomalien kann eine Gefäßdarstellung indiziert sein.
Differenzialdiagnose Folgende Differenzialdiagnosen sind zu beachten: 쐌 Ausschluss eines evtl. parallel bestehenden Karpaltunnelsyndroms, 쐌 isoliertes N. interosseus anterior Syndrom, 쐌 proximal des M. pronator teres bestehende Kompression des N. medianus, 쐌 Neuritis der oberen Extremität, 쐌 traumatische Verletzung des N. medianus, 쐌 Nerventumoren, 쐌 Ullrich-Turner-Syndrom, 쐌 C6/C7-Radikulopathien, 쐌 Thoracic-Outlet-Syndrom, 쐌 Supinatorsyndrom (radiodorsale Schmerzen), 쐌 ischämische Volkmann-Schädigung.
Therapie Nach Spinner u. Mitarb. (1991) sollte bei erfolgloser konservativer Therapie spätestens nach 6 – 8 Wochen eine operative Exploration erfolgen. Bei der operativen Therapie bleibt zu berücksichtigen, dass auch bei klinisch nahezu sicherer Lokalisationsbestimmung der Kompression diese proximal oder distal der M.-pronator-teres-Region
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9.1 Pronator-teres-Syndrom
liegen kann. In diesen Fällen muss zusätzlich weiter proximal exploriert werden. Wird auch hier die Ursache nicht gefunden, muss an eine rein intraneurale, faszikuläre Kompression gedacht und mikrochirurgisch eine Faszikeldekomprimierung durchgeführt werden. Konservative Therapie Hier werden physikalische Therapiemaßnahmen, Ruhigstellungen und medikamentöse Therapien (z. B. antiphlogistisch) empfohlen. Operative Therapie In Blutleere wird unter Zuhilfenahme mikrochirurgischer Vergrößerungshilfen ein S- oder zickzackförmiger Hautschnitt über der zu explorierenden Ellenbogenregion gesetzt. Nach Darstellung der Aponeurosis m. bicipitis brachii (Lacertus fibrosus) erfolgt die funktionelle Überprüfung einer bereits jetzt evtl. erkennbaren Einengung. Anschließend wird der Lacertus fibrosus Z-förmig durchtrennt. Der N. medianus ist nun gut erkennbar und wird mikrochirurgisch auf Einengungen präparatorisch untersucht (Abb. 9.1). Die Einengungsursachen werden behoben. Bei Vorliegen einer intraneuralen, faszikulären Kompression werden mit dem Mikroskop die Faszikel präparatorisch isoliert (Haußmann (1993). Nachbehandlung In Abhängigkeit von der Wundheilung erfolgt die volle Freigabe der Beweglichkeit des Armes schnellstmöglich.
315
Komplikationen Verletzung des N. medianus, der A. brachialis oder größerer Venen sind bei ausgereifter Technik vermeidbar. Ein postoperatives Hämatom sollte saniert werden um erneute Kompressionen zu vermeiden. Eine zusätzliche Kompressionsursache wurde übersehen, so dass keine wesentliche postoperative Besserung eintritt.
Ergebnisse Die in der Literatur angebotenen Ergebnisse für Pronatorteres-Syndrome sind aufgrund der vielfältigen Kompressionsursachen, der geringen Fallzahlen sowie mit der nicht scharfen Trennung zu weiter proximal und distal der Pronator-teres-Region auftretenden Kompressionssyndromen schwer vergleichbar. Zur Verhinderung von irreparablen Nervenschäden sollte bei erfolgloser konservativer Therapie bei bestehender Symptomatik spätestens nach 6 – 8 Wochen eine operative Exploration erfolgen. Johnson u. Mitarb. (1979) sagen aus, dass 50 % der Pronator-teres-Syndrome erfolgreich konservativ therapiert werden. Okada (1987) hat in einer 10-Jahres-Statistik von 25 Kompressionssyndromen im Ellenbogenbereich nur 3 operiert. Die übrigen heilten ohne operative Intervention. Matsuzaki (1999) gibt nach operativer Therapie von Pronator-teres-Syndromen an, dass sich alle Befunde
Abb. 9.1 Nach Durchtrennung des Lacertus fibrosus wird der N. medianus dargestellt. Mögliche Kompressionsursachen sind ein überkreuzendes Band, ein Gefäß oder eine Aponeurose des M. flexor digitorum superficialis.
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9 Nervenkompressionssyndrome
nach 3 – 6 Monaten normalisiert hätten. Zwei Rezidive traten später auf. Bei 17 von 24 operierten Armen lag ein zusätzliches Nervenkompressionssyndrom vor (in 15 Fällen ein Karpaltunnelsyndrom). Nighst (1993) fand bei 9 postoperativ nachuntersuchten Patienten 2 schlechte Ergebnisse und 7 galten als geheilt. Literatur Beaton, L.E., B.J. Anson (1939): The relation of the median nerve to the pronator teres muscle. Anat Rec 75: 23 – 26 Braun, R.M., R.J. Spinner (1991): Spontaneous bilateral median nerve compression in the distal arm. J Hand Surg 16-A: 244 – 247 Coonrad, R.W., R.J. Spinner (1995): Snapping brachialis tendon associated with median neuropathy. J Bone Joint Surg 77-A: 1891 – 1893 Dawson, D.M., M. Hallet, L.H. Millender (1983): Entrapment neuropathies. Litle, Brown and Company, Boston-Toronto: 66 – 70 Gross, P.T., H.J. Jones (1992): Proximal median neuropathies: Electromyographic and clinical correlation. Muscle Nerve 15: 390 – 395 Haußmann, P. (1993): Faszikuläre Dekompression des N. medianus. Operat Orthop Traumat 5: 155 – 161 Johnson, R.K., M. Spinner, M.M. Shrewsbury (1979): Median nerve entrapment syndrom in the proximal forearm. Am J Hand Surg 4: 48 – 51
9.2
Kopell, H.P., W.A.L. Thompson (1958): Pronator syndrome. N Engl J Med 259: 713 – 715 Matsuzaki, A. (1999): Die operative Behandlung des Pronator-Logensyndroms. Operat Orthop Traumat 11: 34 – 43 Morris, H.H., B.H. Peters (1976): Pronatorsyndrome: clinical and electrophysiological features in severe cases. J Neurol Neurosurg Psychiat 39: 461 – 464 Nighst, H. (1993): Kompressionssyndrome des N. medianus. Operat Orthop Traumat 5: 40 – 47 Okada, A. (1987): Pronator syndrome. J Jap Soc Surg Hand 3: 898 – 901 Richter, H.P. (1989): N. medianus. In: Tackmann, W., H.-P. Richter, M. Stöhr: Kompressionssyndrom peripherer Nerven. Springer, Berlin Spinner, M. (1978): Injuries to the major branches of peripheral nerves of the forearm. 2nd ed. Saunders, Philadelphia Spinner, R.J., S. W. Carmichael, M. Spinner (1991): Partial median nerve entrapment in the distal arm because of an accessory bicipital aponeurosis. J Hand Surg 16-A: 236 – 244 Upton, A.R.M., A.J. McComas (1973): The double crush in nerve entrapment syndromes. Lancet 2: 359 – 362 Werner, C.O., I. Rosen, K.G. Thorngren (1998): Clinical and neurophysiologic characteristics of the pronator teres syndrome. Clin Orthop 197: 231 – 236
Karpaltunnelsyndrom
Synonyme Distales Medianuskompressionssyndrom.
Definition Das Karpaltunnelsyndrom zählt zu der Gruppe der distalen Medianuskompressionssyndrome und wird durch eine Kompression des N. medianus im Karpaltunnel hervorgerufen.
Ätiopathogenese Es handelt sich allgemein um eine Kompression infolge Zunahme des Tunnelinhaltes oder Verkleinerung der Tunnelkapazität. Die Ursachen hierfür sind vielfältig: 쐌 Synovialitis (z. B. Rheuma, Tuberkulose, Infektionen, unspezifische Entzündungen usw.), 쐌 Synovialose, 쐌 Verdickung des Retinaculum flexorum, 쐌 Tumoren, 쐌 rudimentärer Muskel, 쐌 Anomalien des M. palmaris longus, 쐌 zu weit nach distal reichende Muskelbäuche der Flexoren, 쐌 zu weit nach proximal reichende Muskelbäuche der Mm. lumbricales,
쐌 Distorsionen, Luxationen und Frakturen mit Einblutungen in den Karpalkanal, 쐌 in Fehlstellung verheilte Radiusfrakturen, 쐌 Kompartmentsyndrom, 쐌 Verbrennungen, 쐌 Elektrizitätsunfälle, 쐌 Ödem nach AV-Fistelanlage oder bei Thoracic-InletSyndrom durch Einengung der V. subclavia, 쐌 Ödembildungen bei Veränderungen des Hormonhaushaltes (z. B. Gravidität, Menopause, Fettsucht usw.) und endokrinen Erkrankungen (z. B. Akromegalie, Myxödem, Hyperparathyroidismus usw.), 쐌 Thrombose, 쐌 Amyloidose, 쐌 Diabetes mellitus.
Epidemiologie Das Karpaltunnelsyndrom kommt bei Frauen häufiger als bei Männern vor, nach Phalen (1966) 67 % Frauen von 439 Patienten. Bevorzugt betroffen ist das mittlere Alter zwischen 50 und 60 Jahren. Die Inzidenz, d. h. die Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr, wurden in Rochester/Minnesota mit 99, alterskorrigiert für Männer mit 52 und für Frauen mit 149 angegeben (Stevens u. Mitarb. 1988). In einer epidemiologischen Studie wurde in Holland die Prä-
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9.2 Karpaltunnelsyndrom
valenz nicht diagnostizierter Fälle mit 0,6% bei erwachsenen Männern und mit 6% bei erwachsenen Frauen angegeben (De Krom u. Mitarb. 1992).
Diagnostik Klinische Diagnostik Der Patient gibt initial häufig ein nächtliches Erwachen mit Schwellungsgefühl und meist Parästhesien in der gesamten Hand an. Ein Schwächegefühl, schwitzende Hände, zunehmender Verlust der Schutzsenbilität in den medianusversorgten Fingern sowie eine Thenaratrophie können typischerweise je nach Ausprägungsgrad vorliegen. Außerdem ist ein Druckschmerz bei Druck auf das Retinaculum flexorum oder ein positives Tinel-Hoffmann-Zeichen beim Beklopfen des N. medianus über dem Handgelenk (nach Phalen [1966] in 70% der Fälle positiv) mit jeweiliger Ausstrahlung in die medianusversorgten Finger auslösbar. Weiterhin kann ein Dorsal- oder Palmarflexionstest mit gestreckten Fingern hilfreich sein: Durch passives oder aktives Halten können Parästhesien in den medianusversorgten Fingern entstehen (positives Testergebnis). Bildgebende Diagnostik Die elektrographische Untersuchung ist der Goldstandard zur Untermauerung der Diagnose. Eine Röntgenbilddiagnostik wird zum Ausschluss knöcherner Ursachen, insbesondere bei endoskopischer Therapie eingesetzt. Auch die Magnetresonanztomographie kann z. B. bei Tumorverdacht indiziert sein.
Abb. 9.2
317
Differenzialdiagnose Im Wesentlichen können eine Kompression, eine Verletzung oder auch eine systemische Schädigung des proximal des Karpalkanals gelegenen N. medianus bzw. eine zervikale Schädigung des Rückenmarks oder des Plexus brachialis infrage kommen. Ein Gichtanfall oder ein Raynaud-Phänomen sind ebenfalls differenzialdiagnostisch in Betracht zu ziehen.
Therapie Konservative Therapie Eine gering ausgeprägte Karpaltunnelsymptomatik (nächtliche Schmerzen und geringe Sensibilitätsirritationen) sollte zuerst konservativ behandelt werden. Die Therapiewahl liegt in der Ruhigstellung in Neutralstellung des Handgelenks, einer eventuellen antientzündlichen medikamentösen Therapie (z. B. bei Verdacht auf Synovialitis) und/ oder der Gabe von Diuretika zur Ödemminderung sowie der Möglichkeit einer Steroidinjektion (Gelberman u. Mitarb. 1980). Girlande u. Mitarb. (1993) fanden bei 27 Karpaltunnelsyndromen, die mit Methylprednisolonacetatinjektionen therapiert wurden, in 92 % der Fälle eine gute Symptombesserung. Nach 2 Jahren waren hiervon noch 85 % gebessert. Operative Therapie
Endoskopische Operation des Karpaltunnelsyndroms. Es gibt die Ein-Pforten- und die Zwei-Pforten-Technik, die in der Hand des Geübten als gleichwertig anzusehen ist. Die Anästhesie sollte auf jeden Fall so gewählt werden, dass eine Blutleere erreicht wird.
Endoskopische CT-Spaltung nach Agee.
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9 Nervenkompressionssyndrome
Abb. 9.3 Endoskopische CT-Spaltung nach Chow.
Es wird bei der Ein-Pforten-Technik ein 1,5 cm langer Hautschnitt quer über der anatomischen Region der Sehne des M. palmaris longus gesetzt. Parallel zur Sehne in Richtung des 4. Strahls wird die Faszie eröffnet und Präparation eines distal gestielten Faszienlappens (bei Fehlen der Sehne des M. palmaris longus sollte der Faszieneinschnitt ca. 1,5 cm ulnar der Sehne des M. flexor carpi radialis erfolgen). Der Messervorsatz wird 3 – 4 cm in Richtung des 4. Strahles vorgeschoben (Abb. 9.2). Darstellung der distalen Grenze des sicher erkennbaren Retinaculum flexorum mit resultierender vollständiger Durchtrennung (Agee u. Mitarb. 1993, 1995). Die Zwei-Pforten-Technik (Abb. 9.3) durchdringt zusätzlich die Haut in Verlängerung des 4. Strahles distal des Retinaculum flexorums (Chow 1989, 1993).
Offene Operation des Karpaltunnelsyndroms. Die Anästhesie muss auf jeden Fall so gewählt werden, dass eine Blutleere erreicht wird. Die Hautschnitttechniken sind sehr unterschiedlich. Die Überschreitung der Rascetta mit einem durchgehenden Hautschnitt ist nicht mehr zeitgemäß. Setzen des Hautschnitts zwischen der Thenarmuskulatur von der Rascetta in Richtung des 4. Strahles (4 – 5 cm) (Abb. 9.4). Die Äste des R. palmaris n. mediani werden geschont. Das Retinaculum flexorum wird nun unter Nachsetzen des Spreizers minimal inzidiert und dann nach proximal und distal mit einer rund auslaufenden schmalen Schere vollständig durchtrennt. Distal wird zuvor der Hohlhandbogen identifiziert. Die Inspektion des gesamten Karpalkanals wird durchgeführt. Die selten indizierte mikrochirurgische Epineurektomie des N. medianus kann durchgeführt werden.
Abb. 9.4
Die offene Dekompression des N. medianus.
Nachbehandlung Gipsschiene mit Freigabe der Beweglichkeit bei intakter Wundheilung für 3 – 4 Tage.
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Literatur
Komplikationen Die Verletzung des N. medianus oder des Hohlhandbogens erfordert eine sofortige mikrochirurgische Rekonstruktion. Das bedeutet, dass bei endoskopischer Technik eine sofortige offene Darstellung erfolgen muss. Dieses gilt auch für Sehnendurchtrennungen. Die inkomplette Durchtrennung des Retinaculum flexorum – besonders bei endoskopischer Technik auftretend – führt häufig zu einer Sekundäroperation (Brozentka u. Osterman 1995). Eine Verletzung der Äste des R. palmaris n. mediani kann zu Neurombeschwerden führen (Da Silva u. Mitarb. 1996).
Ergebnisse Die meisten Literaturangaben zeigen, dass die subjektiven Beschwerden wie Schmerzen und Parästhesien in der Regel unmittelbar nach der Operation nicht mehr angegeben werden. Die objektivierten Sensibilitätsausfälle, die seit Tagen und Wochen bestehen, verschwinden in der Regel nach Wochen und Monaten. Allerdings bleiben bei den seit Monaten und Jahren bestehenden Karpaltunnelsyndromen mit objektivierten Sensibilitäts- und motorischen Ausfällen häufig Restschäden im Sinne des Sensibilitäts- und motorischen Defizits sowie Parästhesien zurück. Rezidivoperationen werden von Nigst (1989) mit ca. 3% angegeben. Die Folgeergebnisse sind nach Rezidivoperationen deutlich schlechter. Die häufigste Ursache ist die unvollständige Durchtrennung des Retinaculum flexorum. Der wesentliche Vorteil der endoskopischen gegenüber der offenen Technik wird in der Literatur bezüglich einer verkürzten Rehabilitationsphase gesehen (Agee u. Mitarb. 1993, Chow 1993, Brown u. Mitarb. 1993, Palmer u. Mitarb. 1993, Schäfer 1997). Nach 6 bis 12 Wochen haben sich die postoperativen Verläufe der offenen und endoskopischen Methode allerdings wieder angeglichen. Die Kriterien, die von vornherein eine endoskopische Technik verbietet, werden in der Literatur unterschiedlich streng gestellt. Hierzu zählen im Wesentlichen Tumoren, Synovialitis, Synovialose, Thenaratrophie, Rezidiveingriffe usw.
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Literatur Agee, J.M., C.A. Peimer, J.D. Pyrek, W.E. Walsh (1995): Endoscopic carpal tunnel release: a prospective study of complications and surgical experience. J Hand Surg 20-A: 165 – 172 Agee, J.M., H.R. McCarroll, R.D. Tortosa, D.A. Berry, R.A. Szabo, C.A. Peimer (1993): Endoscopic release of the carpal tunnel: a randomized prospective study. J Hand Surg 17-A: 987 – 995 Brown, R.A., R.H. Gelberman, J.G. Seiler, S. -O. Abrahamson, A.J. Weiland, J.R. Urbaniak, D.A. Schoenfeld, D. Furcolo (1993): Carpal tunnel release: a prospective randomized assesment of open and endoscopic methods. J Bone Joint Surg 75-A: 1265 – 1275 Brozentka, D.J., A.L. Osterman (1995): Complications of endoscopic carpal tunnel release. Hand Clin 11: 91 – 95 Chow, J.C.Y. (1989): Endoscopic-release of the carpal ligament: a new technique for carpal tunnel syndrome. Arthroscopy 5: 19 – 24 Chow, J.C.Y. (1993): The Chow technique of endoscopic release of the carpal ligament for carpal tunnel syndrome; four years of clinical results. Arthroscopy 9: 301 – 314 Da Silva, M.F., D.C. Moore, A.C. Weiss, E. Akelman, M. Sicirca (1996): Anatomy of the palmar cutaneous branch of the median nerve: clinical significance. J Hand Surg 21-A: 639 – 643 De Krom, M.C.T., P.G. Knipschild, A.D.M. Kester (1992): Carpal tunnel syndrome: Prevalence in the general population. J Clin Epidemiol 45: 373 – 376 Gelberman, R.H., D. Aronson, M.H. Weisman (1980): Carpal tunnel syndrome: results of a prospective trial of steroid injection and splinting. J Bone Joint Surg 62-A: 1181 – 1184 Girlande, P., R. Dattola, Chiara, Venuto (1993): Local steroid treatment in idiopathic carpal tunnel syndrome: short-long termterm effiacy. J Neurol 240: 187 – 190 Nigst, H. (1989): Die Operation des Karpaltunnelsyndroms. Operat Orthop Traumat 9: 17 – 21 Palmer, D.H., J.C. Paulson, C.L. Lane-Larson, V.K. Peulen, J.D. Olson (1993): Endoscopic carpal tunnel release: a comparison of two techniques with open release. Arthroscopy 9: 498 – 508 Phalen, G.S. (1966): The carpal-tunnel syndrome. J Bone Joint Surg 48-A: 211 – 214 Schäfer, W. (1997): Endoskopische Operation des Karpaltunnelsyndroms. Operat Orthop Traumat 1: 141 – 148 Stevens, J.C., S. Sun, C.M. Beard (1988): Carpal tunnel-syndrome in Rochester, Minnesota, 1961 – 1980. Neurology 38: 134 – 138
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320
9 Nervenkompressionssyndrome
9.3
Sulcus-ulnaris-Syndrom
Synonyme Ulnaris-Rinnen-Syndrom, Neuropathie des N. ulnaris im Sulkusbereich.
Definition Druckschädigung des N. ulnaris im Bereich des Sulcus ulnaris.
Ätiopathogenese Einmalige oder additiv häufige Traumata im Sulcus-ulnaris-Bereich sowie Luxationen oder Subluxationen des N. ulnaris können zu unterschiedlich stark ausgeprägten Ausfällen im Ausbreitungsgebiet des N. ulnaris führen. Ein Druck auf den N. ulnaris aufgrund einer Einengung, z. B. durch die das Dach bildenden Faszien sowie durch entzündliche Prozesse, Tumoren oder Exostosen kann eine weitere Ursache sein. Außerdem können Frakturen oder von Geburt an vorliegende anormale Knochenverhältnisse ein Sulcus-ulnaris-Syndrom verursachen.
Epidemiologie Die traumatische Parese des N. ulnaris (unter Einschluss aller Lokalisationen) ist die häufigste periphere Nervenläsion. Seletz (1951) fand 14,15 % in seinem Krankengut und von 7050 operierten Fällen der amerikanischen Armee im 2. Weltkrieg fielen 32,1 % in diesen Bereich. Primäre Ulnarisläsionen im Sulcus-ulnaris-Bereich bei distalen Humerusfrakturen stellte Mumenthaler (1961) in nahezu 4% der Fälle fest. Alvine u. Mitarb. (1987) fanden auf der Suche nach Lagerungsschäden in einer prospektiven Studie mit 6538 operierter Patienten 0,26% Ulnarisläsionen. Diese Fälle wiesen jedoch beidseits eine verzögerte Erregungsleitung im Sulcus-ulnaris-Bereich auf. Mumenthaler (1998) konnte bei 1200 19-jährigen Rekruten 4,3% vollständige spontane Luxationen des N. ulnaris diagnostizieren.
Diagnostik Klinische Diagnostik Tritt eine langsame Druckschädigung ein, ist die zunehmende Parästhesie mit einem ameisenähnlichen Einschlafen der ulnaren Handkante verbunden, gefolgt von Par- und Hypoästhesien bis hin zur Analgesie. Betroffen sind in der Regel der ulnare Palmarnerv des Ringfingers, die gesamte Palmarfläche des Kleinfingers sowie der ulnodorsale Ast. Der Ausfall der Motorik führt zur sog. Krallenhand, die durch Ausfall der Mm. interossei (Überstreckung der Grundgelenke mit leichter Flexion in den Mittelgelenken)
entsteht. Durch das Überwiegen der Strecker wird der Klein- und Ringfinger leicht abduziert gehalten. Die Lähmung der Mm. flexor carpi ulnaris und flexor digitorum profundus V und IV führen zu einer Schwäche der Beugung und Ulnarduktion im Handgelenk. Die Schwäche der Endgliedflexion des Klein- und Ringfingers kommen hinzu. Der Kleinfinger und der Daumen können nicht mehr zu einem Ring geschlossen werden. Durch den Ausfall des M. adductor pollicis kompensiert der M. flexor pollicis longus die fehlende Funktion beim Greifen des Daumens zum Zeigefingergrundgelenk (Froment-Zeichen, s. Kap. 9.4). Auch die Fähigkeit den Daumen bündelartig mit der Palmarfläche aller Langfinger zu kontaktieren ist geschwächt oder aufgehoben. Lokale weitere diagnostische Hinweise können das vermehrte Schwitzen der Haut, verstrichene Papillarlinien, Nagelveränderungen, Hyperkeratose, Atrophie der kleinen Handmuskeln usw. sein. Bildgebende Diagnostik Eine Röntgenuntersuchung in 2 Ebenen erscheint in den Fällen sinnvoll, in denen anamnestisch eine Arthritis, ein Trauma oder Abnormitäten in der Ellenbogenbewegung erkennbar ist. Eine neurographische Untersuchung zur Bestimmung der motorischen wie sensiblen Leitgeschwindigkeit sollte unbedingt zur Sicherung der Diagnose durchgeführt werden. Die Erstellung einer Kernspin- und/oder Computertomographie kann z. B. bei Tumoren indiziert sein.
Differenzialdiagnose Syringomyelie, amyotrophische Lateralsklerose sowie zervikale Prozesse, wie z. B. ein Diskusprolaps und das Thoracic-Outlet-Syndrom.
Therapie Konservative Therapie Ein gering ausgeprägtes Sulcus-ulnaris-Syndrom (Par- und Hypoästhesien) sollte zuerst konservativ therapiert werden. Nach 6 Wochen unveränderter oder zunehmender Symptomatik sollte nach entsprechender Diagnostik die operative Therapie eingeleitet werden. Die Wahl der konservativen Maßnahmen liegt in der Ruhigstellung in angedeuteter Streckstellung des Ellenbogengelenks, einer eventuellen antientzündlichen medikamentösen Therapie und/oder der Gabe von Diuretika zur Ödemminderung. Operative Therapie Die gängigen Methoden je nach Indikation sind die Dekompression, die subkutane Ventralverlagerung und die
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9.3 Sulcus-ulnaris-Syndrom
submuskuläre Ventralverlagerung des N. ulnaris. In seltenen Fällen kommt die Verlagerung mit Epikondylektomie zur Anwendung.
Dekompression des N. ulnaris. Ferlic (1991) sieht die Indikation zur Dekompression nach Osborne (1957) bei gering oder intermittierend auftretenden Symptomen ohne Subluxationstendenz des Nervs, bei normaler Knochenanatomie, bei fehlender Schmerzsymptomatik des Epikondylus ulnaris sowie bei Auffinden einer Einengung unter der Faszienarkade. Es wird in Blutleere und unter Zuhilfenahme von Vergrößerungshilfen von proximal nach distal nach Identifizierung des N. ulnaris das Sulkusdach bis hin zum Arcus tendineus durchtrennt (Abb. 9.5). Hier erfolgt die Überprüfung einer eventuellen Kompression. In diesem Bereich kann der Nerv pseudoneuromartig verdickt sein. Der Arcus tendineus wird durchtrennt. Die Muskulatur des M. flexor carpi ulnaris wird zur Seite gehalten und eventuell vorhandene derbe bindegewebige Strukturen werden mit mikrochirurgischer Restlösung des Nervs reseziert. Das Dach wird je nach Enge meist türflügelartig zur Erweiterung verschlossen. Subkutane Ventralverlagerung des N. ulnaris. Eaton (1991) sieht die Indikation zur subkutanen Ventralverlagerung des N. ulnaris bei jeglichen anatomischen Veränderungen, die den N. ulnaris in seinem Bewegungsspiel komprimieren. Hierzu gehören Tumoren, knöcherne Veränderungen, Valgusdeformitäten des Ellenbogengelenks oder Ellenbogengelenkinstabilitäten sowie Subluxationen des Nervs.
Abb. 9.5 Freilegung des N. ulnaris nach Spaltung des Sulkusdaches und der Muskelfaszie.
321
Es wird wie bei der Dekompression nach Osborne (1957) begonnen. Zusätzlich erfolgt die Mobilisation nach proximal mit Durchtrennung der Struthers-Arkade und die Resektion des Septum intermusculare. Anschließend wird eine quere Einkerbung der Faszie im Kopfbereich des M. flexor carpi ulnaris durchgeführt. Die distal abgehenden Nervenäste müssen zur spannungsfreien Verlagerung durch eine mikrochirurgische Präparation ausreichend mobilisiert werden (Abb. 9.6). Nach Verlagerung wird das Sulkusdach verschlossen und zur Sicherung der erlangten Position werden Subkutisnähte mit dem Epicondylus ulnaris angelegt.
Submuskuläre Ventralverlagerung des N. ulnaris. Die Indikationen für eine submuskuläre Verlagerung des N. ulnaris sind neuropathisch veränderte Nn. ulnares, sehr dünne Patienten bei denen der Nerv sehr prominent unter der Haut verlaufen würde sowie die Verlagerung des N. ulnaris in eine nicht vernarbte Region nach Voroperation. Der N. ulnaris soll einen parallelen Verlauf zum N. medianus unter der Beugemuskulatur erreichen. Beginnendes Vorgehen wie bei der subkutanen Verlagerung. Anschließend erfolgt die Mobilisation des Ansatzes der Beugemuskulatur am Epicondylus ulnaris mit einer Refixierung nach Verlagerung und Verschluss des Sulcus ulnaris (Abb. 9.7). Nachbehandlung Bei der Dekompression und sukutanen Verlagerung erfolgt ein postoperativer elastischer Verband mit krankengymnastischer Therapie. Bei der submuskulären Verlagerung
Abb. 9.6
Subkutane Verlagerung des N. ulnaris.
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9 Nervenkompressionssyndrome
N. ulnaris langstreckig nicht mikrochirurgisch präpariert, können sich anschließend Durchblutungsprobleme des N. ulnaris ergeben.
Ergebnisse
Beugermuskelgruppe
Nigst (1990) berichtet, dass die Ergebnisse am besten sind, wenn präoperativ nur Parästhesien vorlagen. Ebenfalls besser sind die Ergebnisse bei jüngeren gegenüber älteren Patienten sowie bei fehlender chronischer Subluxation des N. ulnaris. Das Krankengut bestand aus 255 Patienten. Eine Heilung oder Besserung konnte bei der submuskulären Ventralverlagerung in 92 %, bei subkutaner Ventralverlagerung in 89 % und bei der Dekompression nach Osborne (1957) in 89 % der Fälle erreicht werden. Nach Szabo (1999) sind in 80 – 90 % der Fälle gute Resultate bei allen 3 genannten Operationsmethoden zu verzeichnen. Sind zusätzlich beim Vorliegen eines Pseudoneuroms mikrochirurgische Epineurektomien indiziert, sind je nach Schweregrad insgesamt schlechtere Ergebnisse zu erwarten. Literatur
Abb. 9.7
Submuskuläre Verlagerung des N. ulnaris.
sollte die Anlage einer dorsalen Gipsschiene für 2 Wochen erfolgen. Danach Freigabe zur Bewegungstherapie.
Komplikationen Neben der direkten Verletzung des N. ulnaris und dessen Abgänge, die einer sofortigen mikrochirurgischen Rekonstruktion zugeführt werden müssen, können auch Neurombeschwerden auftreten. Es kann zu einer Fehleinschätzung der Kompressionsursache mit daraus resultierender unveränderter postoperativer Symptomatik, übersehener Zweitursache oder die Produktion einer Subluxation des N. ulnaris kommen. Nach der Verlagerung ist eine Einengung des N. ulnaris oder Knickbildungen unbedingt zu verhindern. Wird der
Alvine, F.G., A.E. Schurrer, S. Falls (1987): Postoperative ulnar-nerve palsy. J Bone Joint Surg A-69: 255 – 259 Eaton, R.G. (1991): Anterior subcutaneous transposition. In: Gelberman, R.D.: Operative nerve repair and reconstruction. 1st ed. J.B. Lippincott, Philadelphia Ferlic, D.C. (1991): In situ decompression of the ulnar nerve at the elbow. In: Gelberman, R.D.: Operative nerve repair and reconstruction. 1st ed. J.B. Lippincott, Philadelphia Mumenthaler, M. (1961): Die Ulnarisparesen. Thieme, Stuttgart Mumenthaler, M. (1998): Läsionen einzelner Nerven im SchulterArm-Bereich. In: Mumenthaler, M., H. Schliack, M. Stöhr: Läsionen peripherer Nerven und radikuläre Symptome. Thieme, Stuttgart Nigst, H. (1990): Die Operation bei Neuropathie des N. ulnaris im Sulcusbereich. Operat Orthop Traumat 2: 160 – 168 Osborne, G.V. (1957): The surgical treatment of tardy ulnar neuritis. J Bone Joint Surg 39-B: 782 – 786 Seletz, E. (1951): Surgery of peripheral nerves. Thomas, Springfield Szabo, R.M. (1999): Entrapment and compression neuropathies. In: Green, D.P., R.N. Hotchkiss, W.C. Pederson: Green`s operative hand surgery. Churchill Livingstone, New York
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9.4 Kompression des N. ulnaris in der Loge de Guyon
9.4
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Kompression des N. ulnaris in der Loge de Guyon
Synonyme Distales Ulnariskompressionssyndrom, ulnares Tunnelsyndrom.
Definition Es handelt sich um eine Kompression des N. ulnaris in der Loge de Guyon (Guyon 1861).
Ätiopathogenese Infolge einer Zunahme des Logeninhaltes oder der Verkleinerung der Logenkapazität kommt es zur Kompression des N. ulnaris. Die Ursachen hierfür sind vielfältig (Engber u. Gmeiner 1980, Shea u. McClain 1969, Gelberman 1991, Nigst 1990, Failla 1996, Hayes u. Mitarb. 1969, Fahrer u. Millroy 1981): 쐌 traumatische Verletzungen im Knochen-Weichteil-Bereich, 쐌 Ganglien oder andere Weichgewebezunahmen in 32 – 48 % der Fälle, 쐌 Muskelanomalien in 16 % der Fälle, 쐌 Thrombosen oder Pseudoaneurysmen der A. ulnaris, 쐌 Arthritiden, 쐌 ödematöse Veränderungen nach Verbrennungen, 쐌 Kompartmentsyndrom, 쐌 Elektrizitätsunfälle, 쐌 Ödem nach AV-Fistelanlage oder bei Thoracic-InletSyndrom durch Einengung der V. subclavia, 쐌 Ödembildungen bei Veränderungen des Hormonhaushaltes (z. B. Gravidität, Menopause, Fettsucht usw.) und bei endokrinen Erkrankungen (z. B. Akromegalie, Myxödem, Hyperparathyroidismus usw.).
Epidemiologie Nach Mumenthaler (1961) würden die nichttraumatischen Ulnarisparesen in der Loge de Gyon 12 % betragen, bezugnehmend auf alle Ulnarisparesen. Hier ist in 85 % der Fälle ein Ganglion aus dem Gelenk zwischen Os triquetrum und Os hamatum die Ursache (Gelberman 1991).
Diagnostik Klinische Diagnostik Es gibt 6 verschiedene klinische Muster in Abhängigkeit von der Höhe der Läsion des N. ulnaris in der Loge de Gyon inklusive entsprechender nervaler Verlaufs- und Aufzweigungsvarianten: 쐌 motorischer Ausfall (M. abductor minimi, Hypothenar, Mm. lumbricales III/IV, Mm. interossei, M. adductor pollicis usw.), 쐌 motorischer Ausfall ohne Hypothenar,
쐌 motorischer Ausfall ohne M. abductor digiti minimi, 쐌 sensibler Ausfall (Hypothenar, palmarer Kleinfinger, die ulnare palmare Seite des Ringfingers), 쐌 sensibler und motorischer Ausfall gemischt, 쐌 sensibler und motorischer Ausfall gemischt ohne Hypothenar. Der Patient gibt initial häufig Parästhesien in den sensiblen Fingerversorgungsbereichen und Schmerzen in Logenhöhe an. Es folgen je nach Kompressionslokalisation häufig Taubheit und Muskelatrophien. Auslösung von Druckschmerzen bei Druck auf die Loge de Gyon oder ein positives Tinel-Hoffmann-Zeichen beim Beklopfen des N. ulnaris über dem Handgelenk mit jeweiliger Ausstrahlung in die vom N. ulnaris versorgten Finger. Weiterhin kann ein positiver Dorsal- oder Palmarflexionstest mit gestreckten Fingern hilfreich sein: Durch passives oder aktives Halten einer dieser Tests können Parästhesien in den vom N. ulnaris versorgten Fingern entstehen. Bei Ausfall des M. adductor pollicis ist das FromentZeichen positiv: Bei Adduktion des Daumens an das Zeigefingergrundgelenk wird der Daumenendgliedbereich durch den vom N. medianus innervierten M. flexor pollicis longus flektiert. Eine Messung der 2-Punkte-Diskrimination differenziert in Qualität der Sensibilitätsminderung. Bildgebende Diagnostik Die elektrographische Untersuchung ist der Goldstandard zur Untermauerung der Diagnose. Eine Röntgenbilddiagnostik und/oder eine Computertomographie finden zum Ausschluss knöcherner und auch ligamentärer Ursachen Anwendung. Auch die Magnetresonanztomographie kann z. B. bei Tumorverdacht oder die Gefäßdarstellung bei Gefäßproblematiken indiziert sein.
Differenzialdiagnose Im Wesentlichen können eine Kompression, eine Verletzung oder auch eine systemische Schädigung des proximal der Loge de Gyon gelegenen N. ulnaris, eine zervikale Rückenmark- oder Plexus-brachialis-Schädigung infrage kommen. Außerdem sind zentrale Affektionen auszuschließen.
Therapie Konservative Therapie Bei einer gering ausgeprägten Symptomatik (Parästhesien oder geringe Sensibilitätsirritationen) sollte zuerst die konservative Therapie ihre Anwendung finden. Die Wahl der Therapie liegt in der Ruhigstellung in Neutralstellung des Handgelenks, in einer eventuellen antientzündlichen medikamentösen Therapie und/oder der Gabe von Diure-
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9 Nervenkompressionssyndrome
tika zur Ödemminderung sowie der Möglichkeit einer Steroidinjektion. Bei bestehender oder zunehmender Symptomatik trotz konservativer Therapie oder nachgewiesener Läsion des N. ulnaris ist die operative Therapie indiziert. Operative Therapie Die Anästhesie muss auf jeden Fall so gewählt werden, dass eine Blutleere erreicht wird. Nach der Inzision erfolgt die Präparation auf das Logendach und die Fascia antebrachii. Der geschwungene Hautschnitt liegt soweit radial, dass der R. palmaris des N. ulnaris nicht verletzt wird. Durchtrennung des Logendaches nach Anschlingen des N. ulnaris. Die weitere Präparation nach distal wird jetzt möglich (Abb. 9.8a u. b). Mikrochirurgische Identifizierung und Präparation des Ramus profundus und des Ramus superficialis des N. ulnaris kann notwendig sein. Nachbehandlung Drei bis vier Tage Ruhigstellung mit oder ohne Gipsschiene. Freigabe der Beweglichkeit nach intakter Wundheilung.
Komplikationen
beschwerden führen (Engber u. Gmeiner 1980). Die Nichterkennung der Ursache bzw. einer 2. Ursache oder die inkomplette Spaltung können zu Rezidiveingriffen führen.
Ergebnisse Statistisch relevante Aussagen sind aufgrund geringer Fallzahlen mit sehr hoher Vielfalt an Ursachen nicht bekannt (Shea u. McClain 1969). Die Prognosen in den Literaturangaben zeigen gute Ergebnisse bei gering ausgeprägter Symptomatik, wie z. B. Schmerzen und Parästhesien oder auch bei Sensibilitätsstörungen, die erst kurzzeitig bestehen. Auch eine erst kurzzeitig bestehende motorische Symptomatik zeigt gute Regenerationsergebnisse. Wird in diesen Fällen die Ursache der Dekompression gefunden und beseitigt, sind die Regenerationsergebnisse sehr gut. Ist die Symptomatik fortschreitend, muss schnell operativ therapiert werden. Je größer der symptomatische Zeitraum wird, desto schlechter (insbesondere im motorischen Bereich) werden die Regenerationsergebnisse (Nigst 1990). Vance u. Gelberman (1978) empfehlen bei anhaltender N.-ulnaris-Symptomatik nach Frakturen eine Exploration nach 24 – 36 Stunden. Ist allerdings die Symptomatik fortschreitend muss sofort exploriert werden.
Die Verletzung des N. ulnaris oder der Ulnargefäße erfordert eine sofortige mikrochirurgische Rekonstruktion. Eine Verletzung der Äste des R. palmaris n. ulnaris kann zu NeuromAbb. 9.8 a u. b Schnittführung zur Eröffnung der Loge de Guyon (a) und Freilegung des N. ulnaris nach Spaltung des Logendaches (b). Der motorische Ast kann durch die Muskelarkade komprimiert werden.
a
b M. opponens digiti minimi Sehnenarkade FDM u. ADM
M. flexor digiti minimi M. adductor digiti minimi R. superficialis n. ulnaris
Os hamatum Retinaculum flexorum
R. profundus n. ulnaris Lig. pisohamatum
Lig. carpi palmare
Os pisforme M. flexor carpi ulnaris A. ulnaris
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9.5 Kompression des N. radialis
Literatur Engber, W.D., J.G. Gmeiner (1980): Palmar cutaneous branch of the ulnar nerve. J Hand Surg 5-A: 26 – 29 Fahrer, M., P.J. Millroy (1981): Ulnar nerve compression neuropathy due to an anomalous abductor minimi-clinical and anatomic study. J Hand Surg 6-A: 266 – 268 Failla, J.M. (1996): The hypothenar adductor muscle: An anomalous intrinsic muscle compressing the ulnar nerve. J Hand Surg 21-A: 366 – 368 Gelberman, R.G. (1991): Ulnar tunnel syndrome. In: Gelberman, R.D.: Operative nerve repair and reconstruction. 1st ed. J.B. Lippincott, Philadelphia: 1131 – 1143 Gyon, F. (1861): Note sur une disposition anatomique propre a la face anterieure de la region du poignet et non encore decrite par le docteur. Bull Soc Anat Paris 6: 184 – 186
9.5
325
Hayes, J.R., R.C. Mulholland, B.T. O`Connor (1969): Compression of the deep palmar branch of the ulnar nerve. J Bone Joint Surg 51-B: 469 – 472 Mumenthaler, M. (1961): Die Ulnarisparesen. Thieme, Stuttgart Nigst, H. (1976): Neuropathie des N. ulnaris am Handgelenk: Operationsbefunde. Handchirurgie 8: 125 – 131 Nigst, H. (1990): Kompression des N. ulnaris in der Loge de Guyon. Operat Orthop Traumat 2: 117 – 121 Shea, J.D., E.J. McClain (1969): Ulnar-nerve compression syndromes at and below the wrist. J Bone Joint Surg 51-A: 1095 – 1098 Vance, R.M., R.M. Gelberman (1978): Acute ulnar neuropathy with fractures at the wrist. J Bone Joint Surg 60-A: 962 – 965
Kompression des N. radialis
Synonyme Supinatorlogensyndrom, Kompression des R. profundus nervi radialis im Supinatorlogenbereich, paretische Form des Supinatorsyndroms, algetische Form des Supinatorsyndroms, PINCS (posterior interosseous nerve compression syndrome), Radial Tunnel Syndrome.
Definition Die Definition der Kompression des N. radialis (Supinatorlogensyndrom) ist in der Literatur von der Anatomie beginnend bis hin zur klinischen Begriffswahl und Zuordnung innerhalb des deutschsprachigen sowie angloamerikanischen Raumes sehr unterschiedlich. Besonders der Zusammenhang zwischen einer Epicondylitis humeri radialis und der algetischen Form des Supinatorlogensyndroms wird teilweise völlig kontrovers diskutiert. Es handelt sich beim Supinatorlogensyndrom um eine Kompression des R. profundus n. radialis im Bereich der Supinatorloge (Bereich des M. supinator). Der R. profundus n. radialis beginnt mit der Aufzweigung des N. radialis
in den superfizialen sowie profundalen Ast und verläuft durch den M. supinator hindurch und versorgt in der jeweiligen Höhe die entsprechende Muskulatur (M. supinator, M. extensor carpi radialis brevis, M. extensor carpi ulnaris, M. extensor digitorum communis, M. extensor indicis proprius, M. extensor digiti quinti, M. abductor pollicis longus, M. extensor pollicis longus and brevis). Anschließend wird der Nerv zwischen den Unterarmknochen zum N. interosseus posterior (Abb. 9.9). Im angloamerikanischen Raum wird der R. profundus nervi radialis und N. interosseus posterior zum Posterior Interosseous Nerve zusammengefasst. Durch die Kompression des Nervs in der Supinatorloge bedingt, werden 2 verschiedene Krankheitsbilder definiert: Die komplette oder inkomplette Parese (inkomplett, zum Beispiel bei einer seitendifferenten Schwäche) nach initialer meist kurzer Schmerzsymptomatik und das reine Schmerzsyndrom in der Supinatorloge. Parallel hierzu kann eine Epicondylitis lateralis humeri vorliegen. Die Annahme, dass das Supinatorlogensyndrom eine Manifestationsform der Epicodylitis radialis humeri ist und diese Abb. 9.9 Kompressionsstellen des N. radialis im Unterarmbereich.
Wartenberg-Syndrom
N.interosseus posterior
M. supinator
Frohse-Arkade
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9 Nervenkompressionssyndrome
insgesamt auf eine Kompression des N. radialis zurückgeführt werden kann, wird vielfach angenommen (Wilhelm 1996, 2000). Bei Stöhr (2002) ist die algetische Form des Supinatorlogensyndroms „eine therapieresistente Epicondylitis radialis humeri, die mit einer Nervendruckschädigung nicht das Geringste zu tun hat“. Hagert u. Mitarb. (1977) betrachten das Supinatorlogensyndrom als eigenständiges Krankheitsbild, das klar von der Epicondylitis humeri radialis getrennt werden muss. Die paretische Form des Supinatorlogensyndroms wird im angloamerikanischen Bereich als „Posterior Interosseous Nerve Compression Syndrome“ (PINCS) und das Schmerzsyndrom als „Radial Tunnel Syndrome“ bezeichnet. Zusammenfassung und Festlegung: Da in unserem gesamten Krankengut bei der algetischen Form des Supinatorlogensyndroms anamnestisch zumindest immer temporär eine Epicondylitis humeri radialis vorgelegen hat und unsere Ergebnisse denen von Wilhelm (2000) entsprechen, teilen wir die ätiologischen Ursachen sowie das operative vorgehen dieses Autors. Wir vertreten die Annahme, dass das Supinatorlogensyndrom eine Manifestationsform der Epicodylitis radialis humeri ist und diese insgesamt auf eine Kompression des N. radialis (in unterschiedlichen Lokalisationsbereichen) zurückgeführt werden kann; wie hier z. B. in der Supinatorloge verursacht.
Ätiopathogenese In der Literatur werden vielfältige Kompressionsursachen beschrieben: 쐌 traumatische Verletzungen im Knochen-Weichteil-Bereich der M.-supinator-Region, wie z. B. Ossifikationen nach Frakturen, Frakturen, Luxationen und intramuskuläre Injektion (Mumenthaler 1998, Holst-Nielson u. Jensen 1984), 쐌 Tumoren in der M.-supinator-Region; häufig Lipome (Wu u. Mitarb. 1974) und Ellenbogenganglien (Mass u. Mitarb. 1982), 쐌 entzündlich veränderte Bursa bicipitoradialis und Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises (Chang u. Mitarb. 1972, Nakano 1975), 쐌 Gefäßaneurysma (Rahamizadeh 1992), 쐌 häufige Wiederholungen bestimmter Abläufe können Symptome des Supinatorlogensyndroms hervorrufen, z. B. Wurfsportarten, Tennisspielen usw. (Johnson 1986, Müller-Vahl 1984, Roles u. Maudsley 1972, Sponseller u. Engber 1983), 쐌 anatomische Variationen im Supinatorbereich; eine Verhärtung beim Eintritt in den Muskelbereich wird als Arkade von Frohse bezeichnet (Frohse u. Frankel 1908).
Diagnostik Klinische Diagnostik
Algetische Form des Supinatorlogensyndroms. Der Schmerzort befinden sich über der Supinatorloge ca. 4 cm distal und/oder über dem Epicondylus humeri radialis. Folgende Schmerzprovokationstests werden angewendet: 쐌 seitendifferent auszulösender Druckschmerz über der Supinatorloge, in der Diagnosefindung hilfreich (Lister 1991), 쐌 passive Pronation bei flektiertem Handgelenk, 쐌 aktive Supination bei gestrecktem Ellenbogengelenk gegen Widerstand, 쐌 sog. Mittelfingertest: Widerstand wird bei gestrecktem Ellenbogengelenk und Mittelfinger sowie Neutralposition des Handgelenks gegen die proximale Phalanx des Mittelfingers durch den Untersucher erzeugt. Schmerzen werden dabei am Rand des M. extensor carpi brevis im Unterarm ausgelöst (Roles u. Maudsley 1972, Lister 1991). Paretische Form des Supinatorlogensyndroms. Anhand des rein motorischen Ausfalls ist die Diagnose klinisch zu stellen. Folgende Muskeln kommen infrage: 쐌 M. supinator, 쐌 M. extensor carpi radialis brevis, 쐌 M. extensor carpi ulnaris, 쐌 M. extensor digitorum communis, 쐌 M. extensor indicis proprius, 쐌 M. extensor digiti quinti, 쐌 M. abductor pollicis longus, 쐌 M. extensor pollicis longus und brevis. Bildgebende Diagnostik Das Elektromyogramm dient der Untermauerung der Diagnose bei der paretischen Form (unter Ausschluss des forensischen Gesichtspunktes ist ein Elektromyogramm nur in klinischen Grenzfällen indiziert, da die Klinik eine genaue Diagnose zulässt). Eine Röntgenbilddiagnostik und/oder eine Computertomographie finden zum Ausschluss knöcherner und auch ligamentärer Ursachen Anwendung. Auch die Magnetresonanztomographie kann z. B. bei Tumorverdacht oder die Gefäßdarstellung bei Gefäßproblematiken indiziert sein.
Differenzialdiagnose Es können eine Kompression, eine Verletzung oder auch eine systemische Schädigung des proximal oder distal der Supinatorloge gelegenen N. radialis infrage kommen. Des Weiteren werden von Mumenthaler (1998) die fokale spinale Muskelatrophie, eine chronisch inflammatorische demyelisierende Polyneurapathie, der fokale Beginn einer Mononeuropathia multiplex und das Auftreten im Rahmen einer Sarkoidose angegeben.
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9.5 Kompression des N. radialis
Auch weiter proximal des Supinatorlogenbereiches gelegene Einengungen des N. radialis und ein Thoracic-Outlet-Syndrom sind in die differenzialdiagnostischen Überlegungen einzubeziehen. Bei Rheumapatienten können Sehnenrupturen zu ähnlichen klinischen Ausfallerscheinungen führen.
Therapie Konservative Therapie Bei der paretischen Form kann eine konservative Behandlung eingeleitet und bei rückläufiger Symptomatik über mehrere Wochen fortgesetzt werden. Hierzu ist eine Oberarmgipsruhigstellung in Supinationsstellung des Armes zu empfehlen (2 – 4 Wochen). Bei Symptompersistenz oder Zunahme muss die operative Therapie eingeleitet werden. Die algetische Form sollte primär auf jeden Fall konservativ behandelt werden. Hier steht die Ruhigstellung mit physikalischen Therapiemaßnahmen und Injektionstherapien im Vordergrund. Bei Symptompersistenz oder Zunahme ist die operative Therapie indiziert. Operative Therapie Die Anästhesie muss so gewählt werden, dass eine Blutleere erreicht wird. Das operative Vorgehen erfolgt in mikrochirurgischer Technik. Der Zugang für die algetische Form beginnt ca. 5 cm proximal des Epicondylus humeri lateralis, verläuft dorsolateral bogenförmig um diesen herum, um dann dorsal mittig in Richtung Radius auszulaufen. Dieser Schnitt wird bei direkter Therapie des R. profundus n. radialis (paretische Form) nach distal verlängert. Die Faszie wird ca. 3 cm proximal des Epicondylus humeri lateralis beginnend eröffnet und nach ventral zwischen M. extensor carpi radialis longus und M. extensor carpi radia-
M. extensor carpi radialis longus
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lis brevis fortgesetzt. Die dorsale Inzision beginnt ebenfalls am Epicondylus humeri lateralis und wird zwischen M. anconeus und dem M. extensor carpi ulnaris fortgesetzt. Zirka 3 cm proximal des Epicondylus humeri lateralis im Bereich des Septum intermusculare wird das laterale kollaterale Gefäß-Nerven-Bündel durchtrennt (Abb. 9.10). Desinsertion des M. extensor carpi radialis longus mit Periostinzidierung. Zirka 2 cm weiter nach distal erfolgt eine zusätzliche Inzidierung der beiden Radialextensoren. Ventrale Desinsertion der tiefen Trizepsfasern und des M. anconeus. Darstellung der ventralen und lateralen Ursprungsanteile des M. supinator mit vollständiger Durchtrennung der fibrösen Ursprungsfasern. Die abgelöste Muskulatur wird mit Ausnahme des M. supinator reinseriert. Anlage eines elastischen Verbandes bis zur Wundheilung.
Komplikationen Die Verletzung des R. profundus n. radialis oder deren motorische Abgänge erfordern eine sofortige mikrochirurgische Rekonstruktion. Werden die Ursachen nicht korrekt erkannt oder die erkannte Ursache nicht komplett behoben, können Rezidiveingriffe erforderlich sein.
Ergebnisse Statistisch relevante Aussagen sind aufgrund geringer Fallzahlen mit entsprechender Vielfalt an Ursachen nicht bekannt. Häufig bestehen die retrospektiven Gruppen aus einem hoch inhomogenen Krankengut. Hinzu kommt häufig die rein subjektive Indikationsbeurteilung bei klinisch pathologischem, nicht pathologischem oder nicht durchgeführtem Elektromyogramm mit differenten OperateuAbb. 9.10 Freilegung des N. radialis im Bereich der Supinatorloge.
R. profundus n. radialis
M. supinator, oberflächliche Schicht mit Arkade
M. anconeus
M. extensor carpi radialis brevis
M. extensor digiti minimi
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9 Nervenkompressionssyndrome
ren. Kalb u. Mitarb. (1999) fanden in einer derartigen Gruppe bei 69 Patienten in 60% der Fälle ein sehr gutes und gutes Ergebnis. Subjektiv gaben 72 % der Patienten eine Besserung der Beschwerden an, 17 % zeigten ein zeitversetztes Rezidiv. Bei 10 Patienten lag eine rein algetische Form vor, die jedoch keine besseren Ergebnisse zeigten. Wilhelm (1996) fand bei 42 von 46 Patienten (91,3%) mit einer Epicondylitis humeri radialis innerhalb eines durchschnittlichen Nachuntersuchungszeitraumes von 7,3 Jahren 76,6 % sehr gute, 16,6 % gute und 4,8 % befriedigende Ergebnisse. Dieses entspricht den eigenen Ergebnissen bei einer durchschnittlichen Nachuntersuchungszeit von 3,1 Jahren. Literatur Chang, L., J. Gowans, C. Granger (1972): Entrapment neuropathy of the posterior interosseous nerve: Complication of rheumatoid arthritis. Arthritis Rheum 15: 350 – 352 Frohse, F., M. Frankel (1908): Die Muskeln des menschlichen Armes. Fischer, Jena Hagert, C.G., G. Lundborg, T. Hansen (1977): Entrapment of the posterior interosseous nerve. Scand J Plast Reconstr Surg 11: 205 – 212 Holst-Nielson, F., F. Jensen (1984): Tardy posterior interosseous nerve palsy as a result of an unreduced radial head dislocation in Monteggia fractures: A report of two cases. J Hand Surg 9-A: 572 – 577 Johnson, R. (1986): Soft tissue injuries of the forearm and hand. Clin Sports Med 5: 701 Kalb, K., P. Gruber, B. Landsleitner (1999): Das Kompressions-Syndrom des N. radialis im Bereich der Supinatorloge. Erfahrungen mit 110 Patienten. Handchir Mikrochir Plast Chir 31: 303 – 310
Lister, G.D. (1991): Radial tunnel syndrome. In: Gelberman, R.H.: Operative nerve repair and reconstruction. 1st ed. J.B. Lippincott, Philadelphia: 1023 – 1037 Mass, D., R. Tortosa, W. Newmeyer (1982): Compression of posterior interosseous nerve by a ganglion – case report. J Hand Surg 7-A: 92 – 94 Müller-Vahl, H. (1984): Aseptische Gewebsnekrose; eine schwerwiegende Komplikation nach intramuskulärer Injektion. Dtsch Med Wschr 109: 786 – 792 Mumenthaler, M. (1998): Läsionen einzelner Nerven im SchulterArm-Bereich. In: Mumenthaler, M., H. Schliack, M. Stöhr: Läsionen peripherer Nerven und radikuläre Symptome. Thieme, Stuttgart Nakano, K.K. (1975): The entrapment neuropathiesof rheumatoid arthritis. N Am Orthop Clin 6: 837 – 860 Rahamizadeh, A. (1992): Unusual delayed radial nerve palsy caused by a traumatic aneurysmn of a collateral radial artery: report of two cases. Neurosurgery 30: 628 – 630 Roles, N., R. Maudsley (1972): Radial tunnel syndrome. J Bone Joint Surg 54-B: 499 Sponseller, P., W. Engber (1983): Double-entrapment radial tunnel syndrome. J Hand Surg 8: 420 Stöhr, M. (2002): Nerven-Engpass-Syndrome – Qualitätsanforderungen an die neurologische und neurophysiologische Diagnostik. Handchir Mikrochir Plast Chir 34: 269 – 274 Werner, C.O. (1979): Lateral elbow pain and posterior interosseous nerve entrapment. Acta Orthop Scand 174: 61 – 62 Wilhelm, A. (1996): Tennis elbow: Treatment of resistant cases by denervation. J Hand Surg 21-B: 523 – 533 Wilhelm, A. (2000): Denervation bei therapieresistenter Epicondylitis humeri lateralis. Operat Orthop Traumat 12 (2): 95 – 108 Wu, K., R. Jordan, C. Eckert (1974): Lipoma, a cause of paralysis of deep radial (posterior interosseous) nerve: Report of a case and review of the literature. Surgery 75: 790 – 795
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Durchblutungsstörungen an der oberen Extremität R. Stober 10.1 Raynaud-Krankheit 10.2 Arterielle Verschlusskrankheiten (AVK) 10.3 Akute Gefäßverschlüsse am Arm und an der Hand 10.4 Gefäßkompressionen 10.5 Gefäßschäden durch chronische Traumen 10.6 Folgen traumatisch bedingter Durchblutungsstörungen 10.7 Pathologische arteriovenöse Fisteln
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10 Durchblutungsstörungen an der oberen Extremität
10.1 Raynaud-Krankheit 10.1.1 Einleitung
10.1.2 Morbus Raynaud
Raynaud beschrieb 1862 in seiner Publikation über „Die lokale Asphyxie und die symmetrische Gangrän der Extremitäten“ Symptome, die nicht zu der von ihm definierten Krankheit (Durchblutungsstörung ohne gefäßmorphologisches Substrat) passen. Damit hat er den Grundstein zu einer bis heute andauernden Begriffsvielfalt und -verwirrung gelegt, die jeden Autor, der sich mit dem Thema der Durchblutungsstörung der Hände befasst, dazu zwingt, zuerst zu definieren, was womit gemeint ist: Deshalb möchte ich vorschlagen, aus logischen Gesichtspunkten die von Raynaud definierte Krankheit als Morbus Raynaud und die von ihm beschriebenen Symptome als Raynaud-Symptome zu bezeichnen. 쐌 Morbus Raynaud (Raynaud-Erkrankung) soll im Folgenden also der Zustand genannt werden, der durch anfallsweise auftretende Vasospasmen der Langfinger – der Daumen ist immer ausgenommen – gekennzeichnet ist. Dabei gibt es niemals Fingerspitzennekrosen. Wesentlich ist entsprechend der Beschreibung Raynauds, dass keine organischen Veränderungen der Gefäßwände vorhanden sind. Es handelt sich also um eine rein funktionelle Fehlregulation. 쐌 Raynaud-Symptome sollen dagegen die Zeichen einer Minderdurchblutung der Finger genannt werden, die oft als erstes eine organisch bedingte Durchblutungsstörung der oberen Extremität anzeigen und von Raynaud beschrieben wurden: anfallsweise Weißverfärbung und Kaltwerden der Finger, die wie beim Morbus Raynaud durch Stress oder Kälteexposition ausgelöst werden, aber bis zu akralen Nekrosen führen können und eine organische Ursache haben.
Definition
Diese Definition wird vor allem deswegen abweichend von Heidrichs (1986) Vorschlag gewählt, weil sie sich selbst erklärt, während sonst die Begriffe „Primäres RaynaudSyndrom“ dem Morbus Raynaud und „Sekundäres Raynaud-Syndrom“ der Raynaud-Symptomatik zugeordnet werden müssen. Fast alle Ursachen von Durchblutungsstörungen an der oberen Extremität können sich nämlich mit RaynaudSymptomen äußern, bis auf eine wichtige Ausnahme: Bei der Angiodysplasie vom Typ F.P. Weber sind Fingerspitzennekrosen als Zeichen der Mangelversorgung kombiniert mit überwärmter Hand- und Fingerhaut, übermäßig gefüllten Venen, arteriovenösen Strömungsgeräuschen und vermehrtem Längenwachstum („hot ulcer“). Dieses Krankheitsbild wird genauso häufig als „Hämangiom“ verkannt, wie die durch Mangeldurchblutung bedingte Fingerspitzennekrose als „Panaritium“!
Ein Morbus Raynaud liegt vor, wenn sich bei den typischen Symptomen des symmetrischen, durch Stress ausgelösten, anfallsweisen Weißwerden der 4 Langfinger keine Nekrosen sowie keine pathologischen Befunde in der Angiographie, der Kapillarmikroskopie, der Lichtplethysmographie und auch in der Serologie keine Hinweise auf eine der zahlreichen möglichen Grunderkrankungen finden lassen. Dabei ist zu bedenken, dass eine RaynaudSymptomatik allen anderen Krankheitszeichen um Jahre vorausgehen kann, so dass etwa 15 – 20% der zunächst als Morbus Raynaud diagnostizierten Durchblutungsstörungen sich im Laufe der Krankengeschichte dann doch als Erstmanifestation einer anderen Grundkrankheit herausstellen. Deswegen fordern Allen u. Brown (1932) zusätzlich, dass die Diagnose „Morbus Raynaud“ erst 2 Jahre nach der Erstmanifestation gestellt werden darf und nur, nachdem alle Untersuchungen, die zur Abklärung einer Raynaud-Symptomatik erforderlich sind, andere Ursachen ausgeschlossen haben.
Ätiologie Der Funktionsmechanismus, der bei Kälte oder Stress die Ischämieanfälle beim Morbus Raynaud auslöst, ist noch nicht genau bekannt. Die verschiedensten Mechanismen werden diskutiert. Eine Schlüsselrolle spielt möglicherweise die endothelabhängige Vasomotorik, die durch Autakoide (lokal produzierte und wirkende Substanzen) vermittelt wird (Röther u. Mitarb. 1993). Eine Fehlsteuerung der Hautgefäße durch sympathische Nervenfasern ist durch die Untersuchungen von Edwards u. Mitarb. (1999) wohl widerlegt.
Epidemiologie Man rechnet mit einer Erkrankungshäufigkeit von 3 – 5 %, wobei Frauen etwa doppelt so oft betroffen sind wie Männer (Creutzig 1993).
Therapie Eine Therapie ist nur bei mehrmals wöchentlich auftretenden Anfällen notwendig und erfolgt konservativ. Sie besteht vor allem darin, Kälteexposition und Stress zu vermeiden. Medikamentös werden Calciumantagonisten, ACE-Hemmer und andere Vasodilatatoren eingesetzt (Heidrich 1986, Ling u. Wigley 1999).
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10.1 Raynaud-Krankheit
10.1.3 Raynaud-Symptomatik Definition Bei allen Patienten, die an signifikanten Durchblutungsstörungen der oberen Extremität leiden, können episodische Anfälle von Gefäßspasmen als Antwort auf einen Kältereiz oder eine emotionale Erregung auftreten (Edwards u. Porter 1998).
Ätiologie Bei den Krankheitsbildern, die mit organisch obliterierenden Gefäßveränderungen einhergehen, stellt man sich vor, dass eine zusätzliche Gefäßverengung durch Kältereiz oder Stress zu den typischen paroxysmalen Ischämien der Finger führt. Aber genau genommen ist die Pathogenese dieser Symptomatik noch weitgehend unerforscht. Theoretisch sind viele Mechanismen möglich, so dass Röther u. Mitarb. (1993) das Zusammenspiel mehrerer Faktoren vermutet. Etwa 70 verschiedene Krankheiten werden von Heidrich (1986) als mögliche Ursachen einer Raynaud-Symptomatik aufgezählt, von denen der größte Teil als Kollagenosen, hämatologische Erkrankungen, Intoxikationen bzw. medikamentöse Nebenwirkungen (am bekanntesten der Ergotismus) u.ä. internistischer Therapie zugänglich sind (sog. „small vessel diseases“, Edwards u. Porter 1998). Dagegen sind die Erkrankungen der größeren Arterien differenzierter zu analysieren und benötigen eine spezielle Therapie. Die Ursachen für diese Durchblutungsstörungen der Hände sind vor allem: 쐌 Gefäßerkrankungen (AVK, Thrombangitis obliterans), 쐌 akute Gefäßverschlüsse (Embolie, Thromben oder durch Trauma), 쐌 Gefäßkompressionen (TOS, A.-brachialis-Kompressionssyndrom), 쐌 chronische Traumen (Repetitionstrauma, Vibrationsschaden), 쐌 pathologische arteriovenöse Fisteln (posttraumatisch oder angeboren).
Diagnostik Nach der Aufnahme der Beschwerdeschilderung (Anamnese) steht die klinische Untersuchung am Anfang jeder Diagnose und gibt oft die entscheidenden Hinweise für die richtige Vermutung.
Inspektion. Beim Betrachten der Finger fällt oft eine Abflachung der Fingerbeeren mit eigentümlich straffer Haut und Wachstumsstörungen der Fingernägel auf, wenn nicht schon Nekrosen auf den ersten Blick die Diagnose einer Durchblutungsstörung erlauben. Selten kann man die symmetrische Blässe der Langfinger, die in der Mitte des Grundgliedes relativ scharf gegen das normale
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Hautkolorit der übrigen Hand abgesetzt ist, klinisch direkt beobachten. Mit einem Provokationstest, bei dem die Hände in kaltes Wasser getaucht werden, lässt sich dieses typische Bild aber meist schnell – allerdings für den Patienten unangenehm – hervorrufen (Abb. 10.1 a u. b). Eine subtilere Auswertung des Kältetests erfasst die Wiedererwärmungszeit einzelner Finger und Handregionen (Schuhfried u. Mitarb. 2000). Das Muster der reaktiven Hyperämie nach der Faustschlussprobe zeigt organisch bedingte Minderperfusionen auf.
Palpation. Die Hand ist kühler als die der Gegenseite, wenn die Symptomatik einseitig ist. Pulstastbefunde am Handgelenk, an der medialen Ellenbeuge, an der Oberarminnenseite und supraklavikulär sowie die Überprüfung der Anlage und Durchgängigkeit der Hohlhandbögen mit dem Allen-Test ergeben direkte Hinweise auf die Gefäßsituation. Auskultation. Sie hat an der oberen Extremität einen geringeren diagnostischen Stellenwert als am Bein, aber supraklavikulär kann ein Strömungsgeräusch auf eine Enge der oberen Thoraxappertur (Skalenusenge, kostoklavikuläre Enge, deltoideopektorale Enge) hinweisen. Kardiale Geräusche lassen Rückschlüsse auf eine mögliche Embolusstreuquelle zu. Die pathologische arteriovenöse Fistel (posttraumatisch oder angeboren als F.P.Weber-Syndrom) macht sich durch das typische „Maschinengeräusch“ bemerkbar. Neurologische Befunde. Durchblutungsstörungen an der Hand korrelieren häufig mit neurologischen Symptomen. Ein Taubheitsgefühl an der ulnaren Handseite ist fast immer das erste Zeichen eines Hypothenar-Hammer-Syndrom (HHS) und wird vom Neurologen als Leitungsverzögerung des N. ulnaris in der Loge de Guyon gemessen. Auch bei einem Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) gehen oft neurologische Symptome, z. B. Sensibilitätsstörungen und Muskelschwächen einer vaskulären Manifestation lange Zeit voraus. Apparative Diagnostik. Die Messung der systolischen Fingerarteriendrücke mit Doppler-Sonde, die Lichttransmissionsplethysmographie und die Kapillarmikroskopie sind angiologische Verfahren, die dazu beitragen können, den Charakter der Durchblutungsstörung zu typisieren. Basis für alle chirurgisch-therapeutischen Planungen und die zuverlässigste Lokalisations- und Artdiagnostik eines Gefäßverschlusses bleibt die Angiographie, die aber ohne Zusätze oft keine akrale Füllung zeigt und daher in Plexusanästhesie oder nach intraarterieller Gabe eines gefäßerweiternden Medikamentes (Priscol) wiederholt werden muss. Inwieweit die Magnetresonanzangiographie (Disa u. Mitarb. 1997, Kransdorf u. Mitarb. 1998, Krinsky u. Rofsky 1998) eine für den Patienten weniger belastende Alternative wird, muss die Zukunft zeigen.
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10 Durchblutungsstörungen an der oberen Extremität
a
b Abb. 10.1 a u b Digitus mortuus nach Kälteexposition (Kaltwassertest) von D IV und D V bei Hypothenar-Hammer-Syndrom von dorsal (a) und palmar (b).
Serologische Untersuchungen. Um die Ursachen eine Raynaud-Symptomatik zu ergründen, geben typische morphologische Befunde in der Angiographie zwar Hinweise (Wagner u. Alexander 1993), die genaue Diagnostik erfolgt aber durch immunologische (Rheumafaktoren, antinukleäre Antikörper) und hämatologische (Kryoglobuline) Laboruntersuchungen. Dabei muss vor allem nach den Kollagenosen – in erster Linie der Sklerodermie – geforscht werden, die 2/3 der Ursachen der Raynaud-Symptome ausmachen. Eine genauere Aufschlüsselung geben Röther u. Mitarb. (1993) und Creutzig (1993) an. Danach ist bei einer Raynaud-Symptomatik mit folgender Häufigkeit einer Grunderkrankung zu rechnen: 쐌 90% progressive Systemsklerose, 쐌 85 % Mischkollagenose, 쐌 10 – 40% Lupus erythematodes, 쐌 33 % Sjögren-Syndrom.
Therapie Konservative Therapie Die Therapie der im Rahmen der Kollagenosen auftretenden Durchblutungsstörungen der Hände ist in erster Linie konservativ. Neben der Behandlung der Grundkrankheit kommen zur symptomatischen Therapie der Durchblutungsstörung folgende Medikamente zum Einsatz:
쐌 Calciumblocker (Nifedipine 3 ×10 – 30 mg/die oder Amlodipine 5 mg/die), 쐌 Antidepressiva (Trizyklische AD- und Serotonin-Inhibitoren), 쐌 Sympathikolytika: postsynaptische α-1-Antagonisten (Prazosin und Terazosin) oder präsynaptische α-2-Agonisten (Clonidine) (nach Troum u. Mitarb. 1997); von einer sofortigen Durchblutungsverbesserung bei Ergotismus durch Iloprost berichtet Piquema u. Mitarb. (1998).
Operative Therapie Bei mangelndem Effekt der medikamentösen Therapie oder bei akuter Gefährdung der Extremität durch Ischämie und fortschreitenden Nekrosen gibt es als einzige chirurgische Maßnahme die thorakale Sympathektomie, die sofort eine signifikante Verbesserung der peripheren Zirkulation bewirkt. Die thorakale Sympathektomie ist nicht unumstritten. Während sie für Vollmar (1996 b) für akrale Verschlussprozesse im Stadium III–IV (unabhängig von ihrer Ursache) die Methode der Wahl darstellt, halten andere Autoren (Levin u. Moore 1999) diese für völlig entbehrlich, da der Effekt vorübergehend sei (wegen der sympathischen Fasern, die mit dem Plexus verlaufen). Allenfalls bei der Thrombangitis obliterans habe die thorakale Sympathektomie noch eine Berechtigung.
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10.2 Arterielle Verschlusskrankheiten (AVK)
Nach eigener Erfahrung kann mit der thorakalen Sympathektomie die akute vitale Gefährdung der marginal durchbluteten Hand zuverlässig abgewendet werden, wenn nur periphere Verschlüsse vorliegen. Man gewinnt Zeit, die bis zum Wirkungseintritt der konservativen Behandlung benötigt wird, und Grenzzonenamputationen der Fingerspitzennekrosen heilen unter ihrem Schutz deutlich besser ab. Die Durchgängigkeitsrate von peripheren (mikrochirurgischen) Gefäßrekonstruktionen kann erhöht werden. Es ist allerdings richtig, dass die Sympathektomie als symptomatische Therapie nicht die einzige Maßnahme zur Verbesserung der Handdurchblutung bleiben darf. Dauerhafter wirksam ist die von Flatt (1980) angegebene „periphere“ Sympathektomie der digitalen Arterien, was von anderen Autoren bestätigt wird (El-Gammal u. Blair 1991). Wegen der Gefahr der Wundheilungsstörung scheint der periphere Eingriff als Erstmaßnahme bei knapper Handdurchblutung gefährlich zu sein, der Effekt der Schmerzlinderung und Durchblutungsverbesserung an den Fingern ist aber zuverlässig. Die thorakale Sympathektomie wird in halbschräger Seitenlage über einen Schnitt an der unteren Haargrenze in der Axilla durch den 3. Interkostalraum offen durchgeführt (Schnittlänge 10 cm) oder thorakoskopisch über 3 Pforten (Ghisletta u. Mitarb. 1999). Reseziert werden die sympathischen Ganglien vom Stellatum (Ganglion cervicothoracicum) abwärts über mindestens 3 Rippenköpfchen. Meist sind darin 2 Ganglien (Th2/Th3) enthalten. Der Effekt ist noch während der Operation an der betreffenden Hand als deutliche Erwärmung festzustellen. Literatur Allen, E.V., G.E. Brown (1932 b): Raynaud’s disease affecting men. Ann Intern Med 5: 1384 – 1386 Creutzig, A. (1993): Diagnostik des Raynaud-Syndroms. Dtsch Med Wschr 118: 1449 – 1454 Disa, J.J., K.C. Chung, F.E. Gellad, K.D. Bickel, E.F.S. Wilgis (1997): Efficacy of magnetic resonance angiography in the evaluation of vascular malformations of the hand. Plast Recons Surg 99 (1): 136 – 144 Edwards, C.M., J.M. Marshall, M. Pugh (1999): The cutaneous vasoconstrictor response to venous stasis is normal in subjects with primary Raynaud’s disease. Clin Auton Res 9 (5): 255 – 262
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Edwards, J.M., J.M. Porter (1998): Upper extremity arterial disease: Etiologic considerations and differential diagnosis. Semin Vasc Surg 11 (2): 60 – 66 El-Gammal, T.A., W.F. Blair (1991): Digital peripherial sympathectomy for ischemic digital pain and ulcers. J Hand Surg 16-B (4): 382 – 385 Flatt, A.E. (1980): Digital artery sympathectomy. J Hand Surg Am 5: 550 – 556 Ghisletta, N., J. Habicht, P. Stulz (1999): Videoassistierte thorakoskopische Sympathektomie: Indikationsspektrum und eigene Resultate. Schweiz Med Wschr 129: 85 – 92 Heidrich, H. (1986): Das Raynaud-Phänomen. Hospitalis 11: 676 – 680 Kransdorf, M.J., S. Turner-Stepahin, W.H. Merritt (1998): Magnetic resonance angiography of the hand and wrist: Evaluation of patients with severe ischemic disease. J. Reconstr Microsurg 14 (2): 77 – 81 Krinsky, G., N.M. Rofsky (1998): MR angiography of the aortic arch vessels and upper extremities. MRI Clinics of North America 6 (2): 269 – 292 Levin, L.S. , R.S. Moore (1999): Vascular disorders of the hand: Surgeon’s perspective. J Hand Ther 12 (2): 152 – 159 Ling, S. M., F.M. Wigley (1999): Raynaud’s phenomenon in older adults. Drugs Aging 15 (3): 183 – 194 Piquema, R., J. Emmerich, J.L. Guilmot, J.N. Fiessinger (1998): Successful treatment of ergotism with iloprost. Angiology 49 (6): 493 – 497 Raynaud, M. (1862): De l’asphyxie locale et de la gangrne des extrémités. Thse, Paris Röther, E., J. Galle, H.H. Peter (1993): Sekundäres Raynaud-Phänomen. Immun Infekt 21 (3): 59 – 63 Schuhfried, O., G. Vacariu, T. Lang, M. Korpan, H.P. Kiener, V. FialkaMoser (2000): Thermographic parameters in the diagnosis of secondary Raynaud’s phenomenon. Arch Phys Med Rehabil 81: 495 – 499 Troum, J.S. , T.L. Smith, L.A. Koman, D.S. Ruch (1997): Management of vasospastic disorders of the hand. Clin Plast Surg 24 (1): 121 – 132 Vollmar, J. (1996 a): Arteriovenöse Fisteln. In: Rekonstruktive Chirurgie der Arterien. 4. Aufl. Thieme, Stuttgart: 154 – 178 Vollmar, J. (1996 b): Chirurgie der chronisch-obliterierenden Arteriopathien der oberen Gliedmaßen. In: Rekonstruktive Chirurgie der Arterien. 4. Aufl. Thieme, Stuttgart: 326 – 338 Wagner, H.-H., K. Alexander (1993): Durchblutungsstörungen der Hände. Thieme, Stuttgart
10.2 Arterielle Verschlusskrankheiten (AVK) 10.2.1 Arteriosklerose
Definition Nach der WHO ist die Arteriosklerose durch Veränderungen in der Tunica intima charakterisiert, die infolge von Einlagerung von Lipiden und anderen Blutbestandteilen
zur Verhärtung der Gefäßwand und Einengung des Lumens führen. Risikofaktoren für diese Gefäßerkrankung sind Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus, erhöhter Blutdruck und Nikotinabusus. Eindeutige Vorstellungen über Ätiologie und Pathogenese existieren nicht, aber zahlreiche Entstehungstheorien werden diskutiert.
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10 Durchblutungsstörungen an der oberen Extremität
Diagnostik Im Gegensatz zur unteren Extremität treten kurzstreckige, im Rahmen der Arteriosklerose langsam entstehende Verschlüsse wegen der guten Kollateralisierung am Arm selten klinisch in Erscheinung. Die Pulslosigkeit und der Gefäßverschluss fällt erst bei einer diesbezüglichen Diagnostik auf, wenn eine Operation ansteht (z. B. wegen Morbus Dupuytren) oder wenn nach den Ursachen für Wundheilungsstörungen nach Bagatellverletzungen gesucht wird. Die Diagnosestellung erfolgt mittels der Arteriographie, wenn nicht schon die normale Röntgenaufnahme der Hand die Gefäße als sklerotische Bänder abbildet (Abb. 10.2).
Therapie Um für einen komplikationsfreien Heilungsverlauf nach einer Operation oder Verletzung zu sorgen, ist in solchen Fällen die Wiederherstellung der Strombahn erforderlich, wofür es heute neben der operativen Rekonstruktion endoluminale Kathetertechniken gibt, die vergleichbare Ergebnisse ohne operatives Risiko erreichen. Wahrscheinlich hat der kombinierte Einsatz chirurgischer (Bypass), endoluminärer (Angioplastie [Abb.10.3a-c], Stent-Einlage) und medikamentöser Therapiemaßnahmen die besten Erfolgsaussichten (Gaines u. Mitarb. 1999; Whitbread u. Mitarb.
1998). Je weiter distal die Verschlussprozesse lokalisiert sind, desto unsicherer sind die Erfolgsaussichten für ihre zuverlässige Beseitigung, z. B. durch Resektion und (Venen-)Interposition oder Bypass-Technik. Aber mit Hilfe der Mikrochirurgie sind auch segmentale Verschlüsse der Unterarm- und Handarterien operativer Rekonstruktion zugänglich (Dalman 1997), wobei die Durchgängigkeitsrate unter Sympathektomieschutz deutlich verbessert werden kann (höhere Flow-Rate im Bypass bei peripherer Gefäßerweiterung!). Nach der chirurgischen Gefäßsanierung ist die lebenslange Gabe von Acetylsalicylsäure (Aspirin) als Schutz der rekonstruierten Gefäßstrecke und als Prophylaxe gegen weitere Verschlüsse anzuraten, da es Hinweise dafür gibt, dass den Thrombozyten eine Schlüsselrolle beim Entstehen der Intimaplaques zukommt.
10.2.2 Thrombangitis obliterans Synonyme Winiwater-Buerger-Syndrom (Winiwater [1879], Buerger [1908]), Endangitis obliterans.
Definition Die Thrombangitis obliterans (TAO) ist eine, durch entzündliche Veränderungen der Intima gekennzeichnete Verschlusserkrankung der vornehmlich mittleren und kleineren Gefäße (Arterien und Venen) der Extremitäten, von der man früher annahm, sie komme nur bei unter 40-jährigen männlichen Zigarettenrauchern vor. Olin u. Mitarb. berichteten 1990 über eine Serie von 112 Patienten mit TAO aus dem Beobachtungszeitraum von 1970 – 1987, bei der 23 % weiblich und 7 % älter als 60 Jahre waren (Olin u. Mitarb. 1990). Die Krankheit ist im Vormarsch und hat sich in ihrem Erscheinungsbild gewandelt und verursacht heute 5 % der peripheren Verschlusserkrankungen (Wagner u. Alexander 1993).
Ätiologie Warum Nikotin bei manchen Patienten diese Form der Gefäßerkrankung auslöst, ist nicht bekannt. Neben einer speziellen immunologischen Reaktionsbereitschaft der Patienten auf Tabakbestandteile hat man Veränderungen bestimmter Lymphozyten (genetisch bedingt?) und eine gesteigerte Antwort der Thrombozyten auf Serotonin gefunden (genauere Einzelheiten bei Aqel u. Olin 1997).
Pathogenese Abb. 10.2 Arteriosklerose der Arterien der Hand bei Diabetes mellitus und Niereninsuffizienz. Keine Symptomatik.
Histologisch beginnt die TAO mit einer akuten Entzündung der Gefäßwand, und zwar aller Schichten, der eine zum Verschluss führende Thrombose folgt. Um diese ent-
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10.2 Arterielle Verschlusskrankheiten (AVK)
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Abb. 10.3 a – c Arteriosklerotische Gefäßveränderungen: Verschluss der A. subclavia und der A. brachialis (kollateralisiert) (a), anlässlich einer Wundheilungsstörung nach Swanson-Prothesenimplantation an der linken Hand entdeckt. Dilatation der zentralen Stenose (5 mm) (b u. c).
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wickelt sich eine Art Mikroabszess, in denen charakteristische mehrkernige Riesenzellen gefunden werden können.
Diagnostik
giographie mit den charakteristischen morphologischen Veränderungen der Gefäße besondere diagnostische Bedeutung zu. Wagner u. Alexander (1993) unterscheiden nach den angiographischen Befunden 4 Stadien der Erkrankung (Abb. 10.4).
Da sich wegen des segmentalen Befallsmusters die Veränderungen nur an den betroffenen Gefäßabschnitten beobachten lassen – die ungezielte Biopsie ist also unergiebig – und typische Laborbefunde fehlen, kommt der An-
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10 Durchblutungsstörungen an der oberen Extremität
Therapie Wichtigste und zugleich schwierigste Maßnahme ist der komplette Verzicht auf Tabakkonsum in jeglicher Form. Aspirin scheint wenig wirksam, dagegen werden mit Iloprost-Infusionen Erfolge erzielt (Fiessinger u. Schafer 1990). Nach eigener Erfahrung kann man mit der Sympathektomie die Ischämieattacken vermeiden und von der Amputation bedrohte Finger retten, aber nicht die strikte Nikotinkarenz ersetzen! Literatur
Abb. 10.4 Thrombangitis obliterans (Stadium III nach Wagner u. Alexander) bei einer 30-jährigen Patientin mit einem täglichen Zigarettenkonsum von 40 Stück.
Aqel, M.B., J.W. Olin (1997): Thromboangiitis obliterans (Buerger’s disease). Yasc Med Br 2 (1): 61 – 66 Dalman, R.L. (1997): Upper extremity arterial bypass distal to the wrist. Ann Vasc Surg 11 (5): 550 – 557 Fiessinger, J.N., M. Schafer (1990): Trial of iloprost versus aspirin treatment for critical limb ischaemia of thrombangitis obliterans. Lancet Mar 10, 335 (8689): 555 – 557 Gaines, P.A., M.J. Swarbrinck, A.J. Lopes, T. Cleveland, J. Beard, T.M. Buckenham, A.M. Belli, D. Kessel (1999): The endovascular management of blue finger syndrome. Eur J Vasc Endovasc Surg 17: 106 – 110 Olin, J.W., J.R. Young, R.A. Graor, W.F. Ruschhaupt, J.R. Bartholomew (1990): The changing clinical spectrum of thromboangiitis obliterans (Buerger’s disease). Circulation 82 (Suppl IV): 3 – 8 Wagner, H.-H., K. Alexander (1993): Durchblutungsstörungen der Hände. Thieme, Stuttgart Whitbread, T., T.J. Cleveland, J.D. Beard, P.A. Gaines (1998): A combined approach to the treatment of proximal arterial occlusions of the upper limb with endovascular stents. Eur J Vasc Endovasc Surg 15: 29 – 35
10.3 Akute Gefäßverschlüsse am Arm und an der Hand 10.3.1 Arterielle Embolien und Thrombosen Sie sind neben Traumen (totale oder subtotale Amputation und direkte Gefäßverletzungen) die Ursachen akuter Durchblutungsstörungen. Dabei ist der Arm deutlich weniger häufig betroffen als das Bein (1 : 6) (Pederson 1997). Thrombosen entwickeln sich auf dem Boden von Gefäßwandschäden durch Arteriosklerose oder entzündlichen Veränderungen, bei traumatischer Schädigung der Intima, iatrogen durch Herz-Katheterismus oder arterieller Druckmessung in der A. radialis bei fehlenden Hohlhandbögen.
Häufigste Quelle einer Embolie im Arm ist das Herz (70%), gefolgt von Aneurysmen der A. subclavia. Umgekehrt finden 10 – 20% der kardialen Emboli den Weg in den Arm (Edwards u. Porter 1998). Ein Verschluss proximal der A. profunda brachii erzeugt eine gefährliche Ischämie, distal sind meist genügend Kollateralen für eine knappe, aber ausreichende Restdurchblutung vorhanden.
Diagnostik Anamnestisch kann die Schilderung der plötzlichen Durchblutungsstörung mit massiven Schmerzen und den bald auftretenden Funktionsstörungen (myoneural) die differenzialdiagnostische Entscheidung zugunsten der Embolie erleichtern.
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10.3 Akute Gefäßverschlüsse am Arm und an der Hand
Thrombosen entstehen eher auf dem Boden von Gefäßwandvorerkrankungen und gehen meist nicht ganz so akut in Szene, oft auch nicht gänzlich ohne Vorsymptome. Die Arteriographie ist zur Planung der Therapie unverzichtbar. Gefäßdilatation entweder mit Priscol oder mit der Langzeit-Plexusanästhesie, die gleich für die Therapie genutzt werden kann, verbessert die Darstellung insbesondere der Peripherie durch Erhöhung der Flussgeschwindigkeit. Als günstig erweist sich die Darstellung der gesamten Strombahn einschließlich Aortenbogen und Stammarterien, um Embolusstreuquellen (Aneurysmen, Füllungsdefekte als Abbild wandständiger Thromben) zu erkennen. Andere Untersuchungen tragen kaum zusätzliche Information bei. Da der akute Gefäßverschluss schnell erkannt und therapiert werden muss, sollte man auf diese verzichten. Um gravierende, nicht reversible Folgeschäden zu vermeiden, darf die „warme Ischämiezeit“ die 6-StundenGrenze nicht überschreiten.
Therapie Die Diskussion über die adäquate Therapie der Embolie und Thrombose ist in vollem Gange. Seit die Thrombolysetechniken ausgefeilter und zuverlässiger geworden sind, ist die chirurgische Therapie nicht mehr unbedingt „sowohl effektiver als auch dauerhafter“ (Pemberton u. Mit-
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arb. 1999). Trotzdem hat die Embolektomie heute noch ihren gut fundierten Platz im therapeutischen Repertoire (Abb. 10.5 a u. b). Die Thrombolyse wird zwar von manchen (nicht chirurgischen) Autoren bevorzugt, und es wird über gleich gute Resultate bei geringerem Risiko berichtet (Baguneid 1996). Chirurgen lehnen dagegen die Thrombolyse wegen der hohen Komplikationsrate (bis 47 %) ab. Wie fast immer bei konkurrierenden Therapieoptionen fehlen korrekt durchgeführte Vergleichsstudien (Pemberton u. Mitarb. 1999). Ergänzt wird die Embolektomie durch eine Vollheparinisierung zur Vorbeugung gegen erneute Verschlüsse. Bei unvollständiger Embolektomie hat die Thrombolyse allerdings ihren Platz und ist die Therapie der ersten Wahl bei Thrombosen, vor allem derjenigen, die auf dem Boden einer Arteriosklerose entstanden sind. Die Lyse kann bei noch liegendem Katheter gleich nach der Angiographie gestartet und ihr Erfolg kontinuierlich durch Kontrastmittelgabe überwacht werden. Streptokinase oder Urokinase in Kombination mit Heparin werden eingesetzt. Die Thrombolyse wird bis zu wenigstens 80%iger Rekanalisation fortgesetzt, was bis zu 48 Stunden dauern kann (Baguneid u. Mitarb. 1999). Die Sympathektomie ist in dieser Indikation wegen der schlechten Langzeitresultate nicht sinnvoll. Bei sehr peripheren Fingerarterienverschlüssen hilft die periphere Sympathektomie jedoch durch Deadventitialisierung der Interdigitalarterien (Flatt 1980, El-Gemmal u. Blair 1991) Abb. 10.5 a u. b Armarterienthrombose: Handversorgung nur noch über die A. interossea (a). Durch Thrombektomie gewonnene Blutgerinnsel (b).
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10 Durchblutungsstörungen an der oberen Extremität
Kollateralwege für die Fingerdurchblutung zu öffnen und die Schmerzen zu beseitigen. Schließlich werden distale Bypässe immer erfolgreicher (Dalman 1997, Koman u. Mitarb. 1998). In verzweifelten Fällen kann eine Arterialisation des Venensystems oder das Einhüllen der Hand mit proximal angeschlossenem Omentum majus die Extremität retten. Über Erfolge solcher Maßnahmen wird in Einzelfällen berichtet (Pederson 1995).
10.3.2 Durchblutungsstörung als Folge eines akuten Traumas Definition Akute Traumen können das Gefäßsystem des Armes durch scharfe, penetrierende Verletzungen mit Eröffnung oder Durchtrennung einer Arterie direkt betreffen oder durch stumpfe Gewalt zu einer Intimaaufberstung mit Thrombose führen (Vollmar 1996 b). Bei der subtotalen Amputation ist definitionsgemäß die Durchblutung peripher der Verletzung unterbrochen (zusammen mit der Durchtrennung von 2/3 der Weichteile und des Knochens), bei der Amputation liegt eine komplette Abtrennung des Körperteiles vor.
Diagnostik Diagnostische Probleme hinsichtlich traumatischer Ursachen von Durchblutungsstörung gibt es vermutlich nur bei der Thrombose nach stumpfer Gewalt, da diese mit zeitlicher Verzögerung nach dem Trauma auftreten kann und dabei primär keine arterielle Blutung entsteht. Eine Angiographie klärt die Situation und legt den therapeutischen Weg fest.
Therapie Die Gefäßrekonstruktion durch Naht, Venenpatch (bei Intimaschaden), Veneninterponat oder allenfalls Gefäßersatz weist heute eine sehr hohe Erfolgsquote auf, wenn eine korrekte gefäßchirurgische Technik angewendet wird. Probleme bei Makroreplantationen (proximal vom Handgelenk) sind heute nicht mehr durch die Gefäßnähte bedingt, sondern entstehen durch eine zu lange Ischämiezeit bzw. eine mangelhafte oder ausbleibende Nervenregeneration, die trotz Einheilung des Amputats zu massiven Funktionseinbußen führen. Bei Makroreplantationen gilt der strikte Grundsatz, dass die 6-Stunden-Grenze bis zur Reperfusion des abgetrennten Körperteils eingehalten werden muss, um eine brauchbare Funktion zu gewinnen. Gerade an der oberen Extremität kann man großzügig kürzen, um zerstörte Segmente zu beseitigen und „im Gesunden“ zu rekonstruieren.
Bei Mikroreplantationen (distal des Handgelenks) hängt die Replantierbarkeit sehr von der Art der Verletzung ab, das heißt von der Qualität der Abtrennungswunde. Quetschungen oder breite Zerstörungszonen (Fräse!) können eine Replantation technisch unmöglich machen. Dagegen ist heute bei einer glatten Abtrennung die Replantation bis in die Peripherie (distal des Endgelenks) durchführbar. Nach 30 Jahren Replantationschirurgie hat man aber gelernt, dass nicht jede Replantation eines abgetrennten Fingers oder Fingerteils einen Gewinn darstellt. „Erfolg“ bedeutet nicht mehr, wie zu Beginn der Replantationsära, das Einheilen des Amputats, sondern der Funktionsgewinn im Vergleich zu einer entsprechenden Amputation. Bei eigenen Nachuntersuchungen von über 380 Replantationen ergab sich eine deutliche Diskrepanz zwischen der Rate der dauerhaften Durchblutungswiederherstellung („Einheilungsquote“ bis zu 90%) zu der Quote der tatsächlich gebesserten Minderung der Erwerbstätigkeit (unter 50 %) gegenüber der Stumpfversorgung!
10.3.3 Gefäßbeteiligung bei Frakturen Frakturen können indirekt das Gefäßsystem betreffen, indem Knochenfragmente die Arterie abknicken, einoder abreißen oder indem Bindegewebszüge die Arterie strangulieren. An der oberen Extremität sind vor allem die suprakondyläre Humerusfraktur, seltener die Klavikulafraktur und Frakturen der Phalangen die Ursache von Verletzungen der Gefäße.
Suprakondyläre Humerusfraktur Bei der suprakondylären Humerusfraktur ist die Begleitverletzung von Gefäßen besonders gut dokumentiert, sie wird aber auch heute noch gelegentlich übersehen und führt dann zu massiven Funktionsstörungen (VolkmannKontraktur). Die Angaben zur Häufigkeit dieser Komplikation bei der suprakondylären Oberarmfraktur schwanken stark (2 – 25 % bei Kelsch u. Mitarb. 1999).
Diagnostik Die Mitbeteiligung der A. brachialis wird durch periphere Pulslosigkeit, Blässe, Muskel- und Nervenfunktionsstörung sowie Schmerzen (im Englischen die „5 P“: pulseless, pale, paralysis, paraesthesia, pain) klinisch angezeigt. Hinzu kommt der klinisch meist sehr deutliche Befund der Abkühlung, die mit den modernen elektrischen Fieberthermometern leicht gemessen werden kann. Jede Temperatur unter 30° ist verdächtig (Lister 1993). Wenn diese Zeichen nach der Reposition und gegebenenfalls Fixierung der Fragmente (Kirschner-Draht) nicht verschwin-
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10.3 Akute Gefäßverschlüsse am Arm und an der Hand
den, besteht dringender Handlungsbedarf. Selbst eine Angiographie erscheint entbehrlich, da die Schädigung des Gefäßes immer im unmittelbaren Frakturbereich zu suchen ist. Außerdem verliert man unnötig Zeit (Kelsch u. Mitarb. 1999).
Therapie Die Therapie besteht in der Gefäßfreilegung, -öffnung und Reparatur des Intimaschadens (Intimanaht) sowie Verschluss mit Venenpatch. Bei Gefäßruptur kann bis zu 2 cm reseziert und nach Mobilisation direkt anastomosiert werden (Einzelknopfnähte oder Fortlaufnaht). Man muss daran denken, dass das Gefäß auf 2 Etagen verletzt sein kann und eine entsprechende Strecke besonders nach kranial überprüfen! (Abb. 10.6 a-c). Wichtig ist, wie bei der Makroreplantation, dass die Reperfusion innerhalb von 4 – 6 Stunden erfolgt. Bereits
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eine Ischämiezeit über 4 Stunden kann von einem massiven Muskelödem gefolgt sein, welches die Faszienspaltung zur Vorbeugung eines Kompartmentsyndroms fordert (Regel u. Mitarb. 1996).
Klavikulafraktur Die Klavikulafraktur beschädigt die A. subclavia nur, wenn der Bruch ganz medial liegt. Meist zieht der M. sternocleidomastoideus das mediale Fragment nach kranial und verhindert damit eine Gefäßverletzung. Splitter können aber die Arterie aufspießen, da sie in der Lücke zwischen dem vorderen und medialen M. scalenus fixiert ist und kaum ausweichen kann. Oft ist diese Komplikation kombiniert mit einer Irritation des unmittelbar hinter der Arterie liegenden Plexus brachialis, dessen Symptomatik in der Regel zur Revision Anlass gibt. Abb. 10.6 a – c Zwei-Etagen-Schaden der A. brachialis bei suprakondylärer Humerusfraktur: Verschluss 1 cm kranial des Gelenkspaltes und Intimaeinriss mit Füllungsdefekt (Pfeil) (a), Gefäßinnenansicht (b) und Situs nach Reparatur mit Veneninterponat (c).
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10 Durchblutungsstörungen an der oberen Extremität
Im Operationsverlauf der Plexusfreilegung wird die Arterie angeschlungen, wobei man an der mit Blut durchtränkten Wand den Gefäßschaden erkennt. Dieser Befund sollte, nach zentraler und peripherer Abklemmung, die Gefäßeröffnung und Revision der Intima veranlassen, da auch bei zunächst noch ungestörter Durchblutung hier der Startpunkt einer späteren Thromboseentwicklung mit der möglichen Folge einer peripheren Embolie oder eines thrombotischen Gefäßverschlusses verborgen liegt.
A.-subclavia-Abriss Als Begleitverletzung zum Plexus-brachialis-Ausriss – auch ohne ossäre Verletzung – stellt der A.-subclavia-Abriss eine absolute Operationsindikation dar. Eigentlich ist diese Situation an der kalten, pulslosen und bleichen Extremität leicht erkennbar. Wegen der Asensibilität und Lähmung wird der Arzt aber vom Patienten auf dieses Problem nicht aufmerksam gemacht, zudem stehen oft gravierende sonstige Verletzungen im Vordergrund. Da meist noch eine marginale Restdurchblutung des Armes besteht und sich die lokale Einblutung in Grenzen hält, ist die Erkennung eines Gefäßabrisses oft keine Sofortdiagnose (Abb. 10.7). In der Regel kann die A. subclavia nach sparsamer Resektion der Abrissstelle und vorsichtigem Austasten der Peripherie mit dem Fogarthy-Katheter nach Thromben, die entfernt werden müssen, direkt wieder vereinigt werden.
Literatur Baguneid, M., D. Dodd, P. Fulfort, Y. Hadjilucas, M. Bukhari, G. Griffiths, N. Chalmers, M. Walker (1999): Management of acute nontraumatic upper limb ischemia. Angiology 50 (9): 715 – 720 Dalman, R.L. (1997): Upper extremity arterial bypass distal to the wrist. Ann Vasc Surg 11 (5): 550 – 557 Edwards, J.M., J.M. Porter (1998): Upper extremity arterial disease: Etiologic considerations and differential diagnosis. Semin Vasc Surg 11 (2): 60 – 66 El-Gammal, T.A., W.F. Blair (1991): Digital peripherial sympathectomy for ischemic digital pain and ulcers. J Hand Surg 16-B (4): 382 – 385 Flatt, A.E. (1980): Digital artery sympathectomy. J Hand Surg Am 5: 550 – 556 Kelsch, G., E. Savvidis, G. Jenal, K. Parsch (1999): Begleitende Gefäßkomplikationen bei suprakondylären Humerusfrakturen des Kindes. Unfallchirurg 102 (9): 708 – 715 Koman, L.A., D.S. Ruch, M. Aldridge, B.P. Smith, M.B. Holden, M. Fulcher (1998): Arterial reconstruction in the ischemic hand and wrist: Effects on microvascular physiology and haelth-related quality of life. J Hand Surg 23-A (5): 773 – 782 Lister, G. (1993): The Hand: Diagnosis and indications. 3. Aufl. Churchill Livingston, London Pederson, W.C. (1997): Management of severe ischemia of the upper extremity. Clin Plast Surg 24 (1): 107 – 120 Pederson, W.C., J.J. Pribaz (1995): Revascularization of the upper extremity with microsurgical omental transfer, when faced with end-stage ischaemia. J Reconstr Microsurg 11: 397 Pemberton, M., K. Varty, S. Nydahl, P.R.F. Bell (1999): The surgical management of acute limb ischaemia due to native vessel occlusion. Eur J Vasc Endovasc Surg 17 (1): 72 – 76 Regel, G., A. Seekamp, M. Blauth, R. Klemme, K. Kuhn, H. Tscherne (1996): Die Komplexverletzung des Ellenbogengelenks. Unfallchirurg 99: 92 – 99 Vollmar, J. (1996 a): Arteriovenöse Fisteln. In: Rekonstruktive Chirurgie der Arterien. 4. Auflage. Thieme, Stuttgart: 154 – 178 Vollmar, J. (1996 b): Chirurgie der chronisch-obliterierenden Arteriopathien der oberen Gliedmaßen. In: Rekonstruktive Chirurgie der Arterien. 4. Aufl. Thieme, Stuttgart: 326 – 338
Abb. 10.7 Angiographische Darstellung eines Subklaviaabrisses mit Plexusausriss nach Motorradunfall.
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10.4 Gefäßkompressionen
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10.4 Gefäßkompressionen An der oberen Extremität gibt es 2 Prädilektionsstellen für eine Gefäßkompression: die obere Thoraxapertur und die Ellenbeuge.
10.4.1 Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) Definition Das TOS ist ein Plexuskompressionssyndrom mit möglicher vaskulärer Begleitsymptomatik. Im einzelnen kann man 3 Engen unterscheiden: die Skalenuslücke, die kostoklavikuläre Enge und die deltoideopektorale Passage. Treten vaskuläre Symptome auf (in 10 – 20% der TOS-Fälle nach der Literatur, nach eigener Erfahrung deutlich seltener), stehen diese schnell im Vordergrund des Krankheitsgeschehens.
Ätiologie Die markanteste Ursache eines TOS ist eine Halsrippe, die auch bei kurzer Ausbildung wegen des von der Halsrippenspitze meist zum Innenrand der ersten Rippe ziehenden Bandes den Plexus brachialis und die A. subclavia kompromittieren kann (Stober 1989). Wilhelm u. Wilhelm (1985) haben eine Vielzahl weiterer Band- und Muskelanomalien als TOS-Ursache beschrieben. Unter 720 TOS-Patienten fanden sich als arterielle Komplikationen wandständige Thromben in 4,1 %, Subklaviaverschlüsse in 6,7 % und Aneurysmabildungen in 3,3% der Fälle (Rauwerda u. van Dongen 1984). Diese Gefäßmanifestationen machen sich als periphere Embolien bemerkbar, die klinisch mit Raynaud-Symptomen einhergehen (Ostheim u. Schmitt 1976, Lemmens 1984) (Abb. 10.8 a-c). Noch seltener sind venöse Manifestationen des TOS (Jiha u. Mitarb. 1997). Einer Armvenenthrombose (Pagetvan-Schroetter-Syndrom) liegt vermutlich nicht nur eine ungewohnte Anstrengung („thrombose par effort“) zugrunde, sondern auch eine Passagestörung in den Engen der oberen Thoraxapertur. Fritschy u. Mitarb. (1976) vermuten darin die Ursache der schlechten Langzeiterfolge der fibrinolytischen Therapie bei Armvenenthrombose. Demnach wäre nach Rekanalisation durch Thrombolyse im Intervall die Resektion der ersten Rippe und damit die Dekompression der Vene anzustreben (Abb. 10.9 a u. b).
Die klinische Untersuchung gibt erste Hinweise. Zumindest in Provokationsstellung lässt sich ein Stenosegeräusch über der A. subclavia auskultieren, eine Pulsauslöschung beobachtet man aber auch bei etwa 30% gesunder Probanden. Neurologische Symptome, die viel häufiger ein Thoracic-outlet-Syndrom anzeigen, fehlen bei vaskulärer Manifestation oft. Stehen die neurologischen Symptome im Vordergrund, kann die Phlebographie indirekt die komprimierenden Strukturen abbilden. Bei primär vaskulärer Symptomatik ist die Arteriographie die sicherste und aussagekräftigste diagnostische Maßnahme, die den therapeutischen Weg festlegt.
Therapie Aneurysmen, Thromben oder Kompressionen müssen chirurgisch beseitigt werden, um diese Veränderungen als potenzielle Embolusstreuquelle auszuschalten. Die äußere komprimierende Struktur wird beseitigt, günstiger Weise immer kombiniert mit der Resektion der ersten Rippe, um Narbenrezidiven vorzubeugen und in jedem Falle genügend Platz zu schaffen. Aneurysmatische Gefäßerweiterungen werden reseziert oder beidseits ligiert und die Gefäßstrecke mit Interponat oder Umgehung des ausgeschalteten Aneurysmas wiederhergestellt. Wandständige Thromben werden nach Gefäßeröffnung ausgeräumt. Wenn eine Intimaläsion Entstehungsort für die Thrombusbildung war, ist auch hierbei der kurzstreckige Gefäßersatz die sicherste Maßnahme zur Rezidivprophylaxe. Auch bei diesem Krankheitsbild ist eine Kombination mit peripher rekanalisierender Katheterlyse sinnvoll.
Ergebnisse Die Langzeitergebnisse der operativen Behandlung bei vaskulärer Manifestation eines TOS sind durchweg gut (85 %) (Barwegen u. Mitarb. 1980, van der Kun u. Brummelkamp 1984). Stehen aber neurologische Symptome im Vordergrund, lassen sich im eigenen Krankengut der letzten 10 Jahre (58 Fälle) nur 58 % wirklich zufrieden stellende Ergebnisse erzielen.
10.4.2 A.-brachialisKompressionssyndrom
Diagnostik Das Hauptproblem in der Diagnostik des TOS liegt auch heute noch darin, dass man an diese Möglichkeit denken muss! Es ist die erste Differenzialdiagnose bei peripheren Embolien in den Fingerarterien beim jungen Patienten.
Eine Anomalie im Ansatz des M. biceps brachii durch einen akzessorischen 3. Bizepskopf, der vom distalen Humerus kommt und muskulär über die Ellenbeuge zieht, kann bei muskelstarken Patienten die distale A. brachialis
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Abb. 10.8 a – c Halsrippe mit symptomatischem Thoracic-outletSyndrom (a) und Stenose der A. subclavia mit poststenotischer Dilatation und Thrombusbildung (b). Intraoperativer Situs (c).
a
b
c
komprimieren und zu Thrombosen führen (Schulze-Bergmann 1977). Biemans (1977) beschreibt einen anderen Mechanismus. Er hat beobachtet, dass die Arterie durch einen kräftig entwickelten M. pronator teres gegen den Lacertus fibrosus gedrückt wird. In beiden Fällen äußerte sich das Phänomen durch intermittierende Ischämie. Beide Patienten zeigten intraoperativ Wandveränderungen, die bei dem Patienten mit Muskelanomalie zur
Thrombose geführt hatten. Chirurgische Dekompression und Thrombektomie machte die Patienten auf Dauer beschwerdefrei. Diese Anomalien sind vielleicht häufiger, als man bisher annahm, die Ursache eines distalen A.-brachialis-Verschlusses. Bei jungen Patienten mit akutem Verschluss am Gebrauchsarm – bei sonst gesundem Gefäßsystem – ist an diese Möglichkeit zu denken (SchulzeBergmann 1977).
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Literatur
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Abb. 10.9 a u b Kompletter Verschluss der V. subclavia (a) mit sekundärer arterieller Durchblutungsstörung der Hand (b).
a
b
Literatur Barwegen, M.G.M.H., R.J.A.M. van Dongen, E.D. Schwilden (1980): Arterielle Komplikationen beim neurovaskulären Kompressionssyndrom der oberen Thoraxapertur. Angio 2 (2): 103 – 108 Biemans, R.G.M. (1977): Brachial artery entrapment syndrome. J Cardiovas Surg 18 (4): 367 – 370 Fritschy, J., A. Bollinger, P.W. Straub (1976): Zur Rolle des kostoklavikulären Kompressionssyndroms im Rahmen der fibrinolytischen Therapie tiefer Armvenenthrombosen. Schweiz Med Wschr 106: 847 – 853 Jiha, J.G., C.E. Laurito, R.W. Rosenquist (1997): Subclavian vein compression and thrombosis presenting as upper extremity pain. Anesth Analg 85: 225 – 226 van der Kun, J.E.M., W.H. Brummelkamp (1984): Long term results of surgical treatment in thoracic outlet syndrome. Inter Angio 3: 187 – 188
Lemmens, H.A.J. (1984):Vasospastic and ischemic handsyndromes in relation to thoracic outlet syndrome. Inter Angio 3: 119 – 122 Ostheim, W., H.E. Schmitt (1976): Fingerarterienembolien bei Schultergürtelsyndrom. Dtsch Med Wschr 101: 1118 – 1120 Rauwerda, J.A., J.A.M. van Dongen (1984): Major arteriel complications in thoracic outlet syndrome. Inter Angio 3: 151 – 155 Schulze-Bergmann, G. (1977): Das Kompressionssyndrom der Arteria brachialis. VASA 6 (1): 30 – 34 Stober, R. (1989): Das Thoracic-outlet-Syndrom. Schweiz Rundschau Med 78 (39): 1063 – 1070 Wilhelm, A., F. Wilhelm (1985): Das Thoracic-outlet-Syndrom und seine Bedeutung für die Chirurgie der Hand. Handchirurgie 17: 173 – 187
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10 Durchblutungsstörungen an der oberen Extremität
10.5 Gefäßschäden durch chronische Traumen 10.5.1 Hypothenar-Hammer-Syndrom Ätiologie Wenn bei „handwerklichen“ Arbeiten der Begriff zu wörtlich genommen und der ulnare Handballen wiederholt als Hammer gebraucht wird, kann eine Durchblutungsstörung der Finger aufgrund eines Schadens der distalen A. ulnaris entstehen, möglicherweise aber nur bei bestimmter Disposition (Ferris u. Mitarb. 2000). Von Rosen hat 1934 das Krankheitsbild als „Ein Fall von Thromben in der A. ulnaris nach Einwirkung von stumpfer Gewalt“ beschrieben und damit eine gültige Definition gegeben. Dieses HypothenarHammer-Syndrom (HHS) ist bedingt durch die exponierte Lage der Arterie auf dem Hamatum, gegen welches sie bei der Schlagbelastung gequetscht wird. Entsprechend findet man diese Gefäßveränderung bei Handwerkern wie Schlossern, Maurern, Orthopäden (Schneider u. Reinbold 1999) sowie bei Schreinern, aber auch bei Mountainbikern, Karatekämpfern und Baseballspielern (Willekens u. Mitarb. 1991). Als „Hypothenar-Snowboard-Syndrom“ wurde es von Vanmaele u. Mitarb. (1998) bei Snowboardern beobachtet. Entsprechende Veränderungen der A. radialis werden als Thenar-Hammer-Syndrom beschrieben (Neill-Cage u. Mitarb. 1997).
Epidemiologie Das HHS ist nicht so selten, wie früher vermutet: In Australien wurde 1972 in einer Studie bei 79 Handwerkern, die die Hand als Schlaginstrument einsetzen, die Symptomatik 11-mal gefunden; aus Maastricht wurde über 19 Fälle innerhalb von 10 Jahren berichtet (zitiert nach Willekens u. Mitarb. 1991). Wir beobachteten über einen Zeitraum von 13 Jahren in St. Gallen 20 Fälle.
Diagnostik Klinische Diagnostik Klinisch äußert sich dieses Krankheitsbild mit typischer Raynaud-Symptomatik besonders der ulnaren Finger. Bis zu 2 % der Raynaud-Symptome sind durch diese traumatische Schädigung der A. ulnaris ausgelöst. Es kommt aber auch der akute Schmerzbeginn als Korrelat eines plötzlichen Gefäßverschlusses vor. Oft besteht zuerst eine neurologische Symptomatik, bis dann die Durchblutungsstörung mit Schmerzen und Fingerspitzennekrosen in den Vordergrund treten. Bei der Untersuchung findet man eine unzureichende Durchblutung der Hand im Allen-Test bei Kompression nur der A. radialis, da die A. ulnaris bei voller Ausprägung des Bildes in Höhe des Hypothenars verschlossen ist. Ge-
fühlsstörungen im Ausbreitungsgebiet des N. ulnaris sind bei genauer Prüfung fast immer festzustellen. Bildgebende Diagnostik Sonographisch sind der Gefäßverschluss und die Gefäßerweiterung zu erkennen (Okereke u. Mitarb. 1999, Taute u. Mitarb. 1998). Genauere Auskunft gibt aber auch hier die Angiographie. Das HHS tritt angiographisch in 3 verschiedenen Formen in Erscheinung. Typisch sind korkenzieherartige Veränderungen mit Erweiterung und Schlängelung der Arterie (Hammond u. Mitarb. 1993, Ferris u. Mitarb. 2000). Möglicherweise ist dies der Beginn der folgenden Bilder: Aneurysmabildung (Yasuda u. Takeda 1996, Torre u. Mitarb. 1999) und Verschluss der A. ulnaris (Kröger u. Mitarb. 1998, Willekens u. Mitarb. 1991) (Abb. 10.10 a-c). Alle 3 Veränderungen gehen fast immer mit peripheren embolischen Verschlüssen einzelner Fingerarterien einher. Histologisch zeigen sich an der A. ulnaris eine Fibrose und Intimahyperplasie bei Zerstörung der elastischen Fasern (Ferris u. Mitarb. 2000).
Therapie Regionale Fibrinolyse (Schneider u. Reinbold 1999), Resektion und (mikrochirurgische) Rekonstruktion der veränderten Gefäßstrecke (meist mit Veneninterposition) (Yasuda u. Takeda 1996, Neill-Cage u. Mitarb. 1997) und thorakale Sympathektomie (Willekins u. Mitarb. 1991) werden vorgeschlagen. Alle genannten Therapiemaßnahmen sind erfolgreich. Das chirurgische Vorgehen hat den Vorteil, eine lokale Sympathektomie zu erzeugen und die Embolusstreuquelle zu beseitigen (van de Walle u. Mitarb. 1998). Die Kombination mit der Sympathektomie hebt zudem sofort die akrale Mangelversorgung der Finger auf. Die Lysetherapie kann auch die peripheren Verschlüsse beseitigen (Schneider u. Reinbold 1999), es werden aber Misserfolge berichtet (Wheatly u. Marx 1996 zitiert nach Schneider u. Reinbold). Da es keine größeren Untersuchungsserien gibt und alle Autoren von guten Ergebnissen berichten, muss man vermuten, dass für den einzelnen Patienten die unterschiedlichen Therapieansätze alle akzeptabel sind (van de Walle u. Mitarb. 1998). Wir empfehlen aufgrund unserer Erfahrung die Resektion und Rekonstruktion der veränderten Gefäßstrecke und kombinieren den Eingriff bei schon bestehenden oder drohenden Nekrosen an den Fingern mit der thorakalen Sympathektomie. Mit diesem Therapiekonzept haben wir bei keinem unserer Fälle ein Rezidiv gesehen, obwohl sich bei 3 Patienten an der rekonstruierten Arterie nach Jahren ein Verschluss entwickelt hat.
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Literatur
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Abb. 10.10 a – c HypothenarHammer-Syndrom: Verschluss der A. ulnaris (a), Aneurysmabildung der A. ulnaris (b), intraoperativer Situs eines A.-ulnaris-Aneurysmas (c).
a
b
c
10.5.2 Vibrationsschaden Mit dem gleichen klinischen und angiographischen Erscheinungsbild machen sich Vibrationsschäden an der Hand bemerkbar. Unter 330 Arbeitern, die chronisch einer Vibrationsbelastung ausgesetzt waren, fanden Kaji u. Mitarb. (1993) 24 Hypothenar-Hammer-Syndrome mit den oben beschriebenen angiographischen Veränderungen. Nol u. Mitarb. (1998) haben den Begriff als HandArm-Vibrationssyndrom erweitert, weil sie bei einem
Traktorfahrer auch proximale Gefäßverschlüsse als Folge der über 25 Jahre andauernden Vibrationsexposition beobachtet haben. Die beim HHS beschriebene Diagnostik und Therapie sind auch hier verbindlich. Literatur Ferris, B.L., L.M. Taylor, K. Oyama, R.B. McLafferty, J.M. Edwards, G.L. Moneta, J.M. Porter (2000): Hypothenar syndrome: Proposed etiology. J Vasc Surg 31 (1): 104 – 113 Hammond, D.C., H.S. Matloub, N.J. Yousif, J.R. Sanger (1993): The corkscrew sign in hypothenar hammer syndrome. J Hand Surg 18-B (6): 767 – 769
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10 Durchblutungsstörungen an der oberen Extremität
Kaji, H., H. Honma, M. Usui, Y. Yasuno, K. Saito (1993): Hypothenar hammer syndrome in workers occupationally exposed to vibrating tools. J Hand Surg 18-B (6): 761 – 766 Kröger, K., A. Hinrichs, G. Rudofsky (1998): Diagnostik und Therapie des Hypothenar-Hammer-Syndroms. Chirurg 69: 102 – 104 Neill-Cage, D.J., M. Rechnic, R.M. Braun (1997): Bilateral thenar hammer syndrome as a result of cumulative trauma: a case report. J Hand Surg 22-A (6): 1081 – 1083 Nol, B., J. Holtz, H. Savolainen, M. Depairon (1998): Hand-arm vibration syndrome with proximal ulnar artery occlusion. VASA 27 (3): 176 – 178 Okereke, C.D., S. Knight, A. McGowan, A. Coral (1999): Hypothenar hammer syndrome diagnosed by ultrasound. Injury 30: 448 – 449 von Rosen, S. (1934): Ein Fall von Thrombose in der Arteria ulnaris nach Einwirkung von stumpfer Gewalt. Acta Chir Scand 73: 500 – 506 Schneider, W., W.-D. Reinbold (1999): Regionale Fibrinolyse mit rt-PA beim Hypothenar-Hammer-Syndrom. Radiologe 39 (4): 320 – 322
Taute, B.-M., C. Behrmann, W.A. Cappeller, H. Podhaisky (1998): Das sonographische Bild des Hypothenar-Hammer-Syndroms. Ultraschall Med 19 (5): 220 – 224 Torre, J. (1999): Ulnar artery aneurysm with digital ischemia. Vascular Medicine 4: 143 – 145 Vanmaele, R.G., P.E. van Schil, F. van den Brande, A.M. Verbist (1998): Hypothenar snowboard syndrome. Eur Vasc Endovasc Surg 16 (1): 82 – 84 van de Walle, P.M., F.L. Moll, A.A.E.A. De Smet (1998): The hypothenar hammer syndrome: Update and literature review. Acta Cir Belg 98 (3): 116 – 119 Wheatley, M.J., M.V. Marx (1996): The use of intra-arterial urokinase in the management of hand ischaemia secondary to palmar and digital occlusion. Ann Plast Surg 37: 356 – 363 Willekens, F.G.J., G. Vermeer, W.L. Idema, J.J. Merrelaar (1991): Das Hypothenar-Hammer-Syndrom. VASA 20 (2): 95 – 99 Yasuda, T., R. Takeda (1996): False aneurysma of a digital artery in a softball catcher evaluated by sonography:a case report. J Trauma 41 (1): 153 – 155
10.6 Folgen traumatisch bedingter Durchblutungsstörungen 10.6.1 Kompartmentsyndrom Ätiologie Eine länger als 2 – 4 Stunden andauernde Ischämie einer Extremität lässt nach Wiederherstellung der Durchblutung ein so ausgeprägtes Ödem entstehen, dass sich in der von Knochen und Faszien eingesperrten Muskulatur ein Druck aufbaut, der die Blutversorgung wieder unter kritische Werte drosselt. Nach 3 Stunden Ischämie schwellen die Kapillarendothelien um 30 – 60% an. Schon nach 30 Minuten beginnen Störungen der Nervenfunktion aufzutreten (von Schröder u. Botte 1998). Damit entwickelt sich ein Circulus vitiosus, der nach 12 – 24 Stunden zu irreparablen Dauerschäden führt. Diese Druckerhöhung in einem unnachgiebigen Faszienraum ist der Beginn eines Kompartmentsyndroms. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Ursache eine Volumenvermehrung des Kompartimentinhaltes (Muskelödem) oder eine Kompartimentverkleinerung durch Druck von außen ist (Verbände, Druck durch Lagerung in Bewusstlosigkeit). Mit der Drucksteigerung in der Loge wird als erstes der venöse Abfluss behindert, was die weitere Ödembildung fördert, bis auch der arterielle Druck für eine Blutversorgung nicht mehr ausreicht. Es entstehen Muskelinfarkte (Stadium II des Kompartmentsyndroms nach Lanz u. Felderhoff 2000), die schließlich durch Narben ersetzt werden (Stadium III). So offensichtlich sich ein akutes Kompartmentsyndrom präsentiert, so versteckt kann ein chronisches oder ein subakut rezidivierendes Kompartmentsyndrom die Ursache für schwierig zu deutende Beschwerden sein.
Eine außerordentlich seltene Ursache eines Kompartmentsyndroms wurde von Piza-Katzer u. Laszloffy (1994) beobachtet und mitgeteilt: eine AV-Fistel in der Ellenbeuge.
Akutes Kompartmentsyndrom Das akute Kompartmentsyndrom wird aber nicht nur durch eine zu lange Ischämie ausgelöst. Elektrounfälle (d’Amato u. Mitarb. 1994, Mann u. Mitarb. 1996), Schlangenbisse, Infektionen (Schnall u. Mitarb. 1984), Verbrennungen, Quetschverletzungen, aber auch einfache Frakturen, Hämatome bei Antikoagulantienbehandlung, selbst übertriebenes Muskeltraining (Botte u. Gelberman 1998 a) führen über die Ödementwicklung zu dem immer gleichen klinischen Erscheinungsbild. Eine außerordentlich seltene Ursache eines Kompartmentsyndroms wurde von Piza-Katzer u. Laszloffy (1994) beobachtet und mitgeteilt: eine AV-Fistel in der Ellenbeuge.
Diagnostik Die Extremität ist gespannt und geschwollen, die Haut blass und kühl. Bei der Palpation fühlt man die Härte der prall aufgetriebenen Muskulatur. Der Versuch, durch Bewegen der Finger die Muskulatur zu dehnen, ist äußerst schmerzhaft. Pulse sind peripher nicht mehr zu tasten. Gefühlsstörungen stellen sich mit der zunehmenden ischämischen Schädigung der Nerven ein (myoneurales Defizit). Die Diagnose ist mit diesen deutlichen Zeichen klinisch zu stellen, durch Druckmessung ist keine zuverlässige Absicherung zu erwarten, da zu viele Unsicherheiten die Messung beeinflussen. Selbst die in der Literatur angegebenen oberen kritischen Werte variieren von
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10.6 Folgen traumatisch bedingter Durchblutungsstörungen
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renzialdiagnose zum Schreibkrampf und betrifft die Muskeln der ersten Kommissur. Der Muskeldehnungsschmerz nach entsprechender Anstrengung weist auf die richtige Diagnose hin. Die dorsale Faszienspaltung beseitigt das Problem (Bickert u. Mitarb. 1999). Auch am dorsalen Unterarm wurde ein durch Muskeltätigkeit provoziertes Kompartmentsyndrom beschrieben (Imbriglia u. Boland 1984).
10.6.2 Volkmann-Kontraktur Ätiologie
Abb. 10.11
Kompartimente des Unterarms (R = Radius, U = Ulna).
20 mmHg unter dem diastolischen Druck bis 45 mmHg. Allgemein akzeptiert ist der Grenzwert von 30 mmHg als Indikationshilfe für die Faszienspaltung. Die Angiographie zeigt „verdämmernde“ Gefäße als Ausdruck der Kompression und des mangelnden Blutflusses.
Therapie Die Therapie besteht in der Dekompression, so schnell und so wirkungsvoll wie möglich. Dies ist bei einem ausgeprägten Krankheitsbild nur durch konsequentes Eröffnen der Faszienräume möglich, wie es Bardenheuer (1911) angegeben hat. Dabei müssen alle betroffenen Kompartimente entlastet werden, wozu genaue anatomische Kenntnisse erforderlich sind (Abb. 10.11). Verschiedene Schnittführungen werden angegeben, auch eine endoskopische Technik ist beschrieben worden (Hallock 1999). Dabei darf insbesondere die Druckentwicklung in den tiefer gelegenen Faszienräumen nicht übersehen werden, was aufgrund der Entlastung der oberflächlichen Logen mit den dann unter der Haut weich zu tastenden Muskeln leicht passieren kann. Auch erholt sich die Durchblutung rasch wieder, die Haut wird wegen der reaktiven Hyperämie kräftig rot, die Sensibilität kehrt zurück, trotzdem kann sich das Kompartmentsyndrom in einer tiefen Loge weiter entwickeln. Das ist die Ursache der Krallenzehenstellung nach distalen Unterschenkelfrakturen, wenn eine Ischämie in der Flexor-digitorum-communis-Muskulatur zu lange bestand und sich daraus eine Volkmann-Kontraktur entwickelt hat.
Chronisches Kompartmentsyndrom Im Gegensatz zum posttraumatischen Kompartmentsyndrom ist das belastungsbedingte Muskellogensyndrom weniger geläufig. An der Hand ist es die wichtigste Diffe-
Von Volkmann (1881) hat die nach zu engen Verbänden auftretenden Lähmungen und Kontrakturen als rein myogenischämisch bezeichnet. Inzwischen ist bekannt, dass auch neurale Schäden zum klinischen Bild beitragen (Hoover u. Siefert 2000, Lanz u. Felderhoff 2000), es ist aber vor allem durch verkürzte und vernarbte Muskulatur geprägt, die je nach betroffenem Kompartiment die entsprechenden und typischen Fehlhaltungsbilder und Funktionsausfälle erzeugt (Stadium III des Kompartmentsyndroms nach Lanz). Eine solche Volkmann-Kontraktur stellt sich in 1 – 10% der Kompartmentsyndrome ein (Hoover u. Siefert 2000). Nach einer suprakondylären Humerusfraktur beobachtet man immerhin bei 0,5% diese Spätkomplikation (Krenzien u. Mitarb. 1998). Da nach dem ischämischen Schaden nicht alles Muskelgewebe in einem betroffenen Kompartiment zugrunde gehen und sich narbig umwandeln muss, gibt es verschiedene Schweregrade einer Kontraktur, die schon Seddon (1956) als leicht, mittel und schwer bezeichnet hat. Als leicht gilt die Vernarbung von Muskelanteilen, die nur einzelne Finger betreffen. Als mittelschwer werden die Fälle mit Kontraktur der Langfinger- und der Daumenbeugemuskulatur bezeichnet, die zwar eine Krallenstellung erzwingt, aber noch deutliche Restfunktionen der Muskeln (meist FDCP, FPL) aufweisen. Bei schweren Formen sind alle Beuger oder Teile der Beuge- und Streckmuskulatur einbezogen (Botte u. Mitarb. 1998 b).
Therapie Nur die leichten Formen sind einer Physiotherapie zugänglich. Quengel- und Lagerungsschienen, Dehnungsbehandlung der Narben und Auftrainieren der Restmuskulatur erreichen bei diesen umschriebenen Vernarbungen – allerdings mit langer Therapiedauer– eine weitgehend normale Funktion. Bei den höheren Schweregraden muss ein umfangreiches chirurgisches Repertoire zur Verfügung stehen, um die Probleme erfolgreich angehen zu können: Exzision der Fibrose, Verlängerung der Sehnen, Ablösen und Versetzen der Muskulatur (Scaglietti 1957) (Abb. 10.12 a – c), wenn sie noch Restfunktionen aufweist, Neurolysen und
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10 Durchblutungsstörungen an der oberen Extremität
Abb. 10.12 a – c Volkmann-Kontraktur der Unterarmmuskeln beugeseitig (a), Lösung der Muskelursprünge (Operation nach Skaglietti) (b) und funktionelles Ergebnis (c).
a
b
c
Nervenverlagerungen. Schließlich sind Sehnenumlagerungen oder sogar mikrochirurgische Muskeltransplantationen fallweise nötig, um brauchbare Funktionen bei solchen schwerstgeschädigten Gliedmaßen wieder zu erlangen (Krimmer u. Mitarb. 1995, Hoover u. Siefert 2000, Lanz u. Felderhoff 2000). Literatur Bardenheuer, B. (1911): Die Entstehung und Behandlung der ischämischen Muskelkontraktur und Gangrän. Dtsch Z Chir 108: 44 – 201 Bickert, B., M. Sauerbier, G. Germann (1999): Chronisches Kompartmentsyndrom des ersten dorsalen Interosseusmuskels: Zwei Fallbeispiele. Handchir Mikrochir Plast Chir 31: 279 – 281
Botte, M.J., M.A.E. Keenan, R.H. Gelberman (1998 b): Volkmann’s ischemic contracture of the upper extremity. Hand Clin 14 (3): 483 – 497 Botte, M.J., R.H. Gelberman (1998 a):Acute compartment syndrome of the forearm. Hand Clin 14 (3): 391 – 403 D’Amato, T.A., I.B. Kaplan, L.D. Britt (1994): High-voltage electrical injury: a role for mandatory exploration of deep muscle compartments. J Natl Med Assoc 86 (7): 381 – 399 Hallock, G.G. (1999): An endoscopic technique for decompressive fasciotomy. Ann Plast Surg 43 (6): 668 – 670 Hoover, T.J., J.A. Siefert (2000): Soft tissue complications of orthopedic emergencies. Emergency Med Clin 18 (1): 115 – 139 Imbriglia, J.E., D.M. Boland (1984): An exercise-induced compartment syndrome of the dorsal forearm: a case report
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10.7 Pathologische arteriovenöse Fisteln
Krenzien, J., H. Richter, A. Gussmann, A. Schildknecht (1998): Das Kompartmentsyndrom und die Volkmann-Kontraktur – sind sie bei der supracondylären Humerusfraktur vermeidbar? Chirurg 69 (11): 1252 – 1256 Krimmer, H., P. Hahn, U. Lanz (1995): Free gracilis muscle transplantation for hand reconstruktion. Clin Orthop 314: 13 – 18 Lanz, U., J. Felderhoff (2000): Ischämische Kontrakturen an Unterarm und Hand. Handchir Mikrochir Plast Chir 32: 6 – 25 Mann, R., N. Gibran, L. Engrav, D. Heimbach (1996): Is immediate decompression of high voltage electrical injuries to the upper extremity always necessary. J Trauma 40 (4): 584 – 589 Piza-Katzer, H., P. Laszloffy, R. Schindrich (1994): Komplikation einer ante-kubitalen arteriovenösen Fistel. VASA 23: 163 – 166
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Scaglietti, O. (1957): Chirurgische Behandlung der Volkmannschen Paralyse. Verh Dtsch Orthop Ges 45: 219 Schnall, S. , P.D. Holtom, E. Silva (1984): Compartment syndrome associated with infection of the upper extremity. J Hand Surg 1: 142 – 143 von Schröder, H.P., M.J. Botte (1998): Definitions and terminology of compartment syndrome and Volkmann’s ischemic contracture of the upper extremity. Hand Clinics 14 (3): 331 – 334 Seddon, H. (1956): Volkman’s contracture. Treatment by the excision of the infarct. J Bone Joint Surg 39-B: 152 – 174 von Volkmann, R. (1881): Die ischämischen Muskellähmungen und Kontrakturen. Zbl Chir 8: 801 – 803
10.7 Pathologische arteriovenöse Fisteln Definition Unter pathologischen arteriovenösen Fisteln werden alle Formen nicht physiologischer Kurzschlussverbindungen zwischen Arterie und Vene verstanden (Vollmar 1996 a). Durch den Druckverlust mit Abstrom des Blutes über die Fistel in das venöse Niederdrucksystem entsteht distal des Lecks hämodynamisch die gleiche Situation, wie hinter einer Gefäßenge. Ab einem bestimmten Shunt-Volumen (Menge des im Kurzschluss fließenden Blutes pro Minute) ist der Druck zu gering, um eine ausreichende Menge Blut zur Versorgung der Peripherie zu liefern. Zudem wird das Herz durch das zusätzlich „umzutreibende“ Volumen massiv belastet, was zu einer Schlagfrequenzerhöhung führt. Beim Abdrücken der Fistel ist daher eine Pulsverlangsamung zu beobachten (Nikoladni-Branham-Zeichen).
Ätiologie Die häufigsten Fisteln am Arm sind gewollt iatrogen, nämlich Shunt-Anlagen für die Hämodialyse. Meist ist das Shunt-Volumen nicht groß genug, um eine Minderperfusion in der Peripherie zu erzeugen. Kommt aber im Rahmen der Grunderkrankungen (Niereninsuffizienz, Diabetes mllitus) noch eine zentral gelegene arterioklerotische Stenose dazu, kann nicht mehr genügend Blut herantransportiert werden, um Shunt-Volumen und Kapillarperfusion der Hand zu gewährleisten. Es resultiert eine Mangelversorgung der Hand mit den typischen Zeichen bis zu Nekrosen an den Fingerspitzen (Abb. 10.13). Verletzungsbedingt können sich pathologische AV-Fisteln aus einer gleichzeitigen Läsion der Arterie und der Vene entwickeln, wenn das aus der Arterie ins Gewebe ausströmende Blut den Weg in das Venensystem findet. Die Ursache ist fast immer eine penetrierende Läsion durch Stich oder Schuss. Deswegen ist die AV-Fistel im Kriege mit 7 % der Gefäßverletzungsmuster deutlich häufiger als in Friedenszeiten (Vollmar 1996). Die arterio-
Abb. 10.13 Fingerspitzennekrose bei Dialyse-Shunt und zusätzlicher zentraler arterieller Stenose.
venöse Verbindung kann direkt oder über die Ausbildung eines falschen Aneurysmas zwischen Arterie und Vene entstehen. Ein solches falsches Aneurysma unterscheidet sich vom echten histologisch durch narbige Wandbestandteile ohne Gefäßwandelemente. Es wird von einem Leck in der Arterie gespeist und entleert sich mit hoher Strömungsgeschwindigkeit in die benachbarte Vene. Ist der Weg einmal gebahnt, besteht eher die Tendenz zur Vergrößerung der Fistel, als dass sie spontan heilen könnte (Abb. 10.14 a – d).
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10 Durchblutungsstörungen an der oberen Extremität
a
b Abb. 10.14 a – d Traumatische arteriovenöse Fistel der A. subclavia sowie Fistelgebiet und Gefäßerweiterungen im Zustromgebiet der Aa. mamaria interna und intercostales. a u. b Angiographisch ist die Fistel nur bei unmittelbar distal des venösen Lecks appliziertem Kontrastmittel darstellbar. c Operationsskizze: Vierer-Ligatur und arterielle Rekonstruktion durch Venen-Bypass.
Fortsetzung 䉴 c
Angeboren kommen pathologische AV-Fisteln als F.P.Weber-Syndrom vor. Diese Angiodysplasie ist gekennzeichnet durch: Naevus flammeus, vermehrtes Längenwachstum der betroffenen Extremitätenabschnitte (einzelne Finger oder Arm) und arteriovenöse Kurzschlussverbindungen. Dabei ist diese Kurzschlussverbindung nicht auf ein Leck in der Arterie konzentriert, sondern es hat sich ein Fistelgebiet entwickelt, in welchem in schwammartigen Räumen das Blut von der Arterie zur Vene abströmt (Typ II und III nach Vollmar 1996 a) (Abb. 10.15 a – e).
Diagnostik Klinische Diagnostik Klinisch erkennt man AV-Fisteln an dem systolisch-diastolischen Geräusch (Maschinen-Geräusch), welches sogar als ein tastbares Schwirren über dem Fistelgebiet imponieren kann. Distal fällt der Blutdruck rapide ab, der Puls versiegt, die Peripherie ist mangelhaft versorgt bis hin zum Auftreten von Fingerspitzennekrosen. Proximal der Fistel elongiert und dilatiert die Arterie unter der erhöhten Strömungs- und Volumenbelastung. Entsprechend prominent ist hier der Puls zu tasten. Das Venensystem ist maximal gefüllt und entleert sich auch nicht bei Elevation
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10.7 Pathologische arteriovenöse Fisteln
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Abb. 10.14 (Fortsetzung) d Postoperative Arteriographie (transklavikulärer Zugang).
des Armes über Herzniveau. In Fistelnähe ist auch über den Venen ein Puls zu spüren. Beim Abdrücken der Fistel (kontrollierbar am Verschwinden des Maschinengeräusches) sinkt die Herzfrequenz als Zeichen der sofortigen Entlastung ab (Nikoladoni-Branham-Zeichen). Bildgebende Diagnostik Bei der Angiographie muss man auf diese Situation eingestellt sein: Sehr schnell verschwindet das Kontrastmittel im Venensystem und erschwert die genaue Lokalisation der Fistel. Die Peripherie kann man oft nur darstellen, wenn es gelingt, die Fistel während der Untersuchung zu komprimieren. Nur ganz rasch gemachte Aufnahmen erlauben die Analyse des arteriellen Schenkels, sonst überdeckt das massiv gefüllte Venensystem alles. Das Shunt-Volumen lässt sich durch Verdünnungsmethoden genau bestimmen.
Therapie Die Therapie zielt auf den Verschluss der Fistel. Bei einem Dialyse-Shunt gelingt dies leicht durch Ligatur der abführenden Vene. Diese Maßnahme kann die Hand retten. Bevor man sich aber dazu entschließt, sollte man die zuführende Arterienstrecke genau analysieren, insbesondere dann, wenn der Shunt schon eine Zeit lang funktioniert hat, ohne dass bisher Durchblutungsmängel in der Hand auftraten. Dabei verursacht die Grunderkrankung (z. B. der Diabetes mellitus) eine zentral hinzukommende arterielle Stenose, die in Kombination mit dem Dialyse-Shunt zur peripheren Mangelversorgung führt. Dann genügt es, diese Stenose aufzudehnen, und man kann dem Patienten den Dialyse-Shunt belassen. Traumatische AV-Fisteln sind selten so gestielt, dass sie einfach ligiert werden können. Arterie und Vene müssen herauspräpariert werden, die Vene kann unterbunden, die
Öffnung in der Arterie mit einem Patch verschlossen werden. Bei länger bestehenden Fisteln (über 6 Monate) sind die Gefäßwände so dünn, dass die Präparation in Fistelnähe kaum gelingt. Dann werden zu- und abführende Schenkel der Arterie und der Vene ligiert („Vierer-Ligatur“) und die Arterie im Bypass-Verfahren rekonstruiert (s. Abb. 10.14 c) Nur kleine Fisteln können mit einer Embolisierung per Kathetertechnik zum Versiegen gebracht werden. Die Hämodynamik normalisiert sich nach dem Fistelverschluss, die strukturellen Veränderungen in der Wand der zuführenden Arterie sind aber nicht rückbildungsfähig. Da beim F.P.Weber-Syndrom keine eng umschriebene Fistelregion exisitiert, muss man das ganze Gewebegebiet, welches die Fehlbildung trägt, „trocken legen“: Die durch das Fistelgebiet ziehende Arterie wird freipräpariert und alle Seitenäste ligiert. Dabei muss man weit proximal des Fistelgebietes beginnen und weit distal aufhören, da sonst immer neue Zuflüsse aus der Umgebung rekrutiert werden. Der Erfolg dieser „Skelettierungsoperation“ nach Vollmar (1996a) kann sofort am Verschwinden des Schwirrens und des Maschinengeräusches kontrolliert werden (steriles Stethoskop!). Sind die Hand oder einzelne Finger betroffen, kann das Prinzip der Skelettierung mikrochirurgisch bis in die Fingermitte verfolgt werden (Stober 1989) (s. Abb. 10.15 d u. e). Damit unterbindet man den Abstromverlust und verbessert die Blutversorgung der distalen Gefäßprovinzen. Bei der früher geübten Ligatur der distalen Fistelarterien droht die Nekrose der stromabwärts liegenden Gewebe. Bei keinem der in Ulm (1982 – 1987) und in St. Gallen (1987 – 1999) mit der mikrochirurgischen peripheren Skelettierung operierten Hände und Finger mit F.P.WeberSyndrom (11 Fälle) ist es zu einer Amputation gekommen (längste Beobachtungsdauer 16 Jahre).
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10 Durchblutungsstörungen an der oberen Extremität
Abb. 10.15 a – e F.P.Weber-Syndrom mit Naevus flammeus (a), vermehrtem Längenwachstum (Mittelfinger) (b) und arteriovenöser Fistel mit Ulzeration distal der Fistelregion (Zeigefinger) (c). Postoperative Kontrollangiographie mit weitgehender „Trockenlegung“ der Fistel durch Skelettierungsoperation (d u. e).
a, b
c
d
e
Literatur Stober, R. (1989): Das F.P.Weber-Syndrom an der Hand. Handchir Mikrochir Plast Chir 21: 107 – 110 Vollmar, J. (1996 a): Arteriovenöse Fisteln. In: Rekonstruktive Chirurgie der Arterien. 4. Aufl. Thieme, Stuttgart: 154 – 178 Vollmar, J. (1996 b): Chirurgie der chronisch-obliterierenden Arteriopathien der oberen Gliedmaßen. In: Rekonstruktive Chirurgie der Arterien. 4. Aufl. Thieme, Stuttgart: 326 – 338
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Morbus Dupuytren H. J. Voß, A.-K. Martini
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11 Morbus Dupuytren
Das Krankheitsbild wurde bereits 1614 durch Felix Platter erwähnt. Die Erstbeschreibung erfolgte durch Henry Cline (1777) und Astley Cooper (1822). Letztere und Baron Guillaume Dupuytren (1831) erkannten, dass die Erkrankung nicht die Beugesehnen sondern die Palmaraponeurose betrifft.
Synonyme Palmarfibromatose.
Definition Veränderung des Bindegewebes in der Hohlhand mit Knoten- und Strangbildung, die zu zunehmender Beugekontraktur der Fingergelenke führt.
Ätiologie Die genaue Ätiologie der Erkrankung ist bis heute unklar. Am ehesten ist eine komplexe Genese anzunehmen. Die Peptidwachstumsfaktoren bFGF (Lappi u. Mitarb. 1992), PDGF (Terek u. Mitarb. 1995, Alman u. Mitarb. 1996), TGF-β (Badalamente u. Mitarb. 1996, Berndt u. Mitarb. 1995, Kloen 1995), TGF-α (Magro u. Mitarb. 1997) sind in den Knoten des Dupuytren-Gewebes nachgewiesen, und scheinen bei der Regulation der Myofibroblastenproliferation, ebenso wie die Verteilung von Androgenrezeptoren (Pagnotta u. Mitarb. 2002), eine Rolle zu spielen. Baird u. Mitarb. (1993) stellten die Hypothese einer T-Zell-vermittelten Autoimmunerkrankung vor. Im entnommenen Dupuytren-Gewebe fiel eine vermehrte Infiltration mit aktivierten T-Lymphozyten (CD 3+) auf. Weitere Hinweise in diese Richtung sind die Assoziation mit HLA-DR-Untertypen, der Nachweis von KollagenAutoantikörpern (Brenner u. Mitarb. 1996, Neumüller u. Mitarb. 1994), die Assoziation mit der Autoimmunerkrankung Diabetes (Heathcote u. Mitarb. 1981, Machtey 1997) sowie der positive Effekt von intraläsionalen Steroid- bzw. γ-Interferoninjektionen (INF-γ) (Pittet u. Mitarb. 1994, Shelley u. Shelley 1993, Meek u. Mitarb. 1999). In diesem Zusammenhang scheint es interessant, dass Patienten mit rheumatoider Arthritis nur sehr selten an Dupuytren-Kontrakturen leiden (Arafa u. Mitarb. 1984). Histologisch betrachtet wird die Dupuytren-Kontraktur von einigen Autoren aufgrund der ausgeprägten Fibroblastenproliferation sogar in den Bereich der Neoplasien gerückt. Weitere Assoziationen wurden zur Epilepsie, zum Alkoholismus (Burge u. Mitarb. 1997), zur Hyperlipidämie, zum Rauchen und zur HIV-Infektion (French u. Mitarb. 1990) gefunden. Eine hereditäre Belastung liegt bei einer Vielzahl der Fälle vor (25 – 44 %) (Millesi 1965, Ling 1963). Ein Zusammenhang mit Trauma – sowohl als Folge eines einmaligen Ereignisses als auch von repetitiven Mikrotraumata – wurde diskutiert (Caranzano u. Vogt 1996), konnte aber nicht eindeutig festgestellt werden.
Pathogenese Luck (1959) beschreibt bei der Dupuytren-Kontraktur 3 histologische Phasen: 쐌 Phase I: Proliferationsstadium, 쐌 Phase II: Involutionsstadium, 쐌 Phase III: Residualstadium. Jede Phase ist nach Gupta u. Gupta (1985) durch einen vorherrschenden Zelltyp charakterisiert (I: Fibroblast, II: Myofibroblast, III: Fibrozyt). Dabei zeigt die proliferative Phase eine Zellproliferation ohne Anordnung. Während der Involutionsphase zeigen die Fibroblasten eine Anordnung in Spannungslinien. In der Residualphase wird das Gewebe azellulär und sehnenähnlich. Luck sieht im Knoten (Nodus) die fundamentale Läsion der Erkrankung, charakterisiert durch den hohen Zellreichtum an Myofibroblasten. Gabbiani u. Majno konnten 1972 erstmals Myofibroblasten im Dupuytren-Gewebe, bevorzugt in den Knoten, als charakteristischen Zelltyp nachweisen. Genau dieser Zelltyp proliferiert im Granulationsgewebe bei der Wundheilung. Die Erkrankung folgt anatomischen Strukturen, die durch longitudinale Spannungslinien vorgegeben scheinen. McFarlane (1974) beschreibt das Voranschreiten der Dupuytren-Kontraktur von einer anatomischen Struktur zur nächsten unter Ausbildung eines longitudinal ausgerichteten Stranges. Die Fibroblasten sind dabei bestrebt, eine Spannungshomöostase aufrecht zu erhalten und lagern sich in Linien gleicher Zugbeanspruchung an (Gupta u. Gupta 1985). Die Einbeziehung der Haut nimmt bei schwindendem subkutanem Fettgewebe zu (Martini u. Puhl 1980, Abb. 11.1 a – c). Die faszialen Strukturen, die in den fibroproliferativen Prozess mit einbezogen werden, sind nach McFarlane das prätendinöse Band, das Lig. metacarpale transversum superficiale, das spiralförmige Band, das Lig. natatorium, die laterale Fingerfaszie, das retrovaskuläre Bündel und das Grayson-Ligament. Das Cleland-Band wird nahezu immer ausgespart. Das prätendinöse Band ist zumeist verantwortlich für die Kontraktur des MCP-Gelenks. Ein spiralförmiger Strang ist häufig für die Kontraktur des PIP-Gelenks, sowie für die Verlagerung des neurovaskulären Bündels verantwortlich (Abb. 11.2 a – c).
Epidemiologie Die Dupuytren-Kontraktur tritt mit zunehmendem Alter häufiger auf. In der Altersverteilung findet sich ein Punctum maximum in der 5. und 6. Lebensdekade. Die Erkrankung ist bei Männern wesentlich häufiger als bei Frauen (5 : 1 – 6 : 1) (Early 1962). Nordeuropäische Herkunft scheint ebenfalls ein prädisponierender Faktor zu sein (Whaley u. Ellliot 1993). In Asien findet sich die Erkrankung selten, doch zeigen in England lebende Inder eine ansteigende Prävalenz, was für das Vorliegen von Umweltfaktoren spricht (Srivastava u. Mitarb. 1989).
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11 Morbus Dupuytren
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Abb. 11.1 a – c Verdickte Palmaraponeurose mit ausstrahlenden Faserbündeln in die Haut (Operationssitus) (a). Querschnitt der Haut (links) und der Palmaraponeurose (rechts) zeigt die enge Verwachsung beider Strukturen, die fehlende subkutane Schicht und die verdickte Aponeurose (REM 32 x) (b). Der Abschnitt zeigt die Haut (links), die traubenförmige athrophische Fettzellen (Mitte) und die Aponeurose (rechts) (REM 42 x) (c).
a
b
c
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11 Morbus Dupuytren
Abb. 11.2 a-c Anatomie des Fingerbandsystems. Gesamtansicht (1 = Grayson-Ligament palmar des Gefäß-Nerven-Bündels, 2 = Cleland-Ligament dorsal des Gefäß-Nerven-Bündels, 3 = spira-
lig verlaufende Züge vom Fasciculus longitudinalis der Palmaraponeurose zum seitlichen Bandapparat eines Fingers) (a). Spiralförmiger Strang (b). Umschlingen des Gefäß-Nerven-Bündels (c).
Diagnostik
nen einzeln oder gleichzeitig betroffen sein. Bei besonders schweren Formen der Erkrankung kann es auch zu Beugekontrakturen im DIP-Gelenk kommen; oft steht jedoch das Fingerendgelenk in Überstreckstellung im Sinne der Knopflochdeformität. Relativ häufig finden sich seitliche Kontrakturstränge am Kleinfinger, die von der Hypothenarfaszie und der Sehne des M. abductor digiti minimi entspringen (Barton 1984). Der Kleinfinger zeigt dann neben der Beugekontraktur des PIP-Gelenks eine Torsion und Abduktionsfehlstellung (Abb. 11.3 b). Der Befall von Fasern im Bereich der Interdigitalfalten (Lig. natatorium) führt zur Spreizhemmung der Langfinger. Wird die erste Interdigitalfalte befallen, kommt es zu einer Adduktionskontraktur des Daumens. Ein Befall der Thenarfaszie führt zur Beugekontraktur des MCP-Gelenks (Abb. 11.3 b). Der am häufigsten befallene Finger ist der Ringfinger, gefolgt vom Kleinfinger. Bei langer Krankheitsdauer besteht die Tendenz zur Ausbreitung auf sämtliche Finger inklusive des Daumens. Millesi (1965) berichtet bei einem langfristig beobachteten Krankengut über 477 befallene Hände. Hierbei waren Daumen und Zeigefinger zu 23,9%, der Mittelfinger zu 70,86%, Ring- und Kleinfinger
Klinische Diagnostik Klinisch zeigen sich deutliche Unterschiede hinsichtlich der Ausprägung und Progredienz des Krankheitsbildes. Der Beginn der Erkrankung wird als solcher selten wahrgenommen. Zunächst wird eine stärkere Fixierung der palmaren Haut auf ihrer Unterlage empfunden. Eine punktförmige Hauteinziehung weist auf die Verkürzung von in die Haut einstrahlenden Fasern hin. Es kommt zu knotigen Verdickungen im Bereich der queren Hohlhandfurche, hauptsächlich über dem 4. und 5. Mittelhandstrahl. Im weiteren zeitlichen Verlauf bilden sich zunehmend strangförmige oder auch flächig-knotige Veränderungen aus. Schmerzen treten nur in den Fällen auf, in denen die Gewebeveränderungen zu Druck auf die Gefäß- und Nervenbündel in der Hohlhand führen. Ähnliche Verdickungen können auch an den Fingern, hauptsächlich proximal des PIP-Gelenks entstehen. In diesem Stadium kann der Krankheitsprozess z. T. jahrelang verharren. Durchschnittlich nach 4 – 5 Jahren entwickeln sich unter Ausbildung dickerer Stränge mit Ausdehnung auf die Finger Beugekontrakturen (Abb. 11.3 a). Das MCPund/oder das PIP-Gelenk eines oder mehrerer Finger kön-
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11 Morbus Dupuytren
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dienten Krankheitsverlauf mit hoher Rezidivquote aufweist. Gleiches gilt auch für frühen Krankheitsbeginn, beidseitigen Befall und eine positive Familienanamnese. Bildgebende Diagnostik Eine Röntgenuntersuchung der Hand gibt Auskunft über die betroffenen Fingergelenke (Ankylose) und das Vorliegen weiterer Veränderungen (z. B. Polyarthrose). Diese Informationen sind für die Bestimmung der Therapie und Prognose wichtig.
Klassifikation Nach Iselin u. Dieckmann (1951) werden 4 Stadien unterschieden: 쐌 Stadium I: Knoten in der Hohlhand ohne Streckbehinderung, 쐌 Stadium II: Beugekontraktur im Grundgelenk, 쐌 Stadium III: Beugekontrakturen im Grund- und Mittelgelenk, 쐌 Stadium IV: Beugekontrakturen im Grund- und Mittelgelenk, Überstreckhaltung im Endgelenk.
a
b Abb. 11.3 a u. b Klinisches Bild des Morbus Dupuytren. Das typische Bild mit Beugekontraktur des 4. MCP-Gelenks (a). Befall mehrerer Finger und Beugekontraktur der PIP-Gelenke sowie Adduktionskontraktur des Daumens (b).
zu 80,2% befallen. Am häufigsten wurde eine Kombination von Mittel-, Ring- und Kleinfingerbefall angetroffen. Mit der Länge der Beobachtungszeit tritt die Erkrankung zumeist beidseitig auf. Im genannten Krankengut betrug der Anteil doppelseitiger Erkrankungen 81,38 %. Unbehandelt kommt es bei fortschreitender Erkrankung zu deutlichen Behinderungen bei dem Betroffenen, vor allem bei beidseitigem Befall. Zusätzlich ergibt sich ein hygienisches Problem bei Mazeration der Haut. Der Gesamtverlauf kann relativ gutartig oder auch durch massive Progredienz und Rezidivhäufigkeit charakterisiert sein. Zumeist findet sich eher ein schubweiser Verlauf. Ungefähr 5 % der Patienten mit Dupuytren-Kontraktur weisen ähnliche Läsionen an der medialen Plantarfaszie auf (Morbus Ledderhose), ca. 3 % erleiden eine Verhärtung des Penis (Morbus Peyronie). Verhärtungen dorsal der PIPGelenke der Langfinger („knuckle pads“) sind häufig mit der Erkrankung vergesellschaftet. Diese zusätzlichen Veränderungen werden unter der Bezeichnung DupuytrenDiathese zusammengefasst, die häufig einen sehr progre-
Von Tubiana u. Mitarb. wurde 1961 eine Einteilung in 5 Schweregrade vorgeschlagen: 쐌 0: keine Krankheitszeichen, 쐌 1: Summe der Kontrakturen zwischen 0 und 45°, 쐌 2: Summe der Kontrakturen zwischen 45 und 90°, 쐌 3: Summe der Kontrakturen zwischen 90 und 135°, 쐌 4: Summe der Kontrakturen über 135°. Dabei wird das Gesamtausmaß der Kontraktur aller betroffenen Gelenke eines Fingers addiert. Durch Buchstabenkürzel können einzelne Läsionen noch genauer gekennzeichnet werden: 쐌 N: Knoten oder Strang in der Hohlhand ohne Beugekontraktur, 쐌 P: Läsion ist hauptsächlich in der Hohlhand lokalisiert, 쐌 D: Läsion ist hauptsächlich am Finger lokalisiert, 쐌 R: Rezidiv, 쐌 D +: Beugekontraktur von mehr als 90° im PIP-Gelenk, 쐌 F: Ankylose eines Gelenks. Die Stadieneinteilung nach Martini (2000) erfolgt wie bei Tubiana u. Mitarb. (1961) nach dem Ausmaß der Fingerkontraktur. Zusätzlich wird differenziert, ob das Grundgelenk (A) oder das Mittelgelenk (B) betroffen ist. Eine zusätzliche Ziffer gibt die Anzahl der betroffenen Finger an, z. B. IIB2: Betroffen sind zwei Finger, wobei eine Beugekontraktur eines Mittelgelenks vorliegt und die Summe der Kontrakturen des am stärksten befallenen Fingers bis 90° beträgt.
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11 Morbus Dupuytren
Differenzialdiagnose In den Frühstadien werden die beginnenden Veränderungen bei der Dupuytren-Kontraktur häufig als Schwiele aufgefasst. Isolierte Stränge an der Fingerseitenfläche können mit einem Neurofibrom verwechselt werden. Auch das Vorliegen einer Epithelzyste muss in Betracht gezogen werden. Bei rein tendogenen oder arthrogenen Kontrakturen sowie bei der Kamptodaktylie fehlen die strangartigen Veränderungen. Eine Narbenkontraktur ist als solche leicht erkennbar.
Therapie Konservative Therapie Trotz vielfacher konservativer Behandlungsversuche gibt es keine prospektiv nachweisbaren Therapieerfolge (Hurst u. Badalamente 1999, McCarthy 1992). Operative Therapie Die in der Literatur beschriebenen operativen Verfahren unterscheiden sich hinsichtlich der Schnittführung, der Behandlung der Haut, der Palmaraponeurose und der Gelenke. Zur Verfügung stehen folgende Verfahren: 1. Fasziotomie, 2. begrenzte Strangexzision, 3. partielle Fasziektomie/Aponeurektomie, 4. radikale Fasziektomie/Aponeurektomie, 5. Open-palm-Technik nach McCash (1964), 6. Dermatofasziektomie, 7. zweizeitiges Vorgehen (kontinuierliche Dehnung plus partielle Aponeurektomie), 8. Amputation. Grundsätzlich sollte mit einer Lagerungshilfe, z. B. einer Bleihand und in Blutleere gearbeitet werden. Bei schwieriger Präparation ist eine Lupenvergrößerung sinnvoll.
Indikation. Für die Indikationsstellung sind Progression und Funktionsverlust maßgeblich. Der „Table-top“-Test nach Hueston (1976) gibt Hinweise für den Operationszeitpunkt. Der Test ist positiv, wenn der Patient die Hand auf einem Tisch nicht mehr flach auflegen kann und korreliert typischerweise mit einer MCP-Gelenkkontraktur von 30 – 40°. Sollten mehrere Langfinger betroffen sein, rutscht die Grenze um 10° nach unten. PIP-Gelenkkontrakturen von unter 30° profitieren nicht von einem operativen Vorgehen (McFarlane u. Botz 1990). Wegen der Rezidivgefahr wird der Operationszeitpunkt möglichst lange hinausgeschoben. Verursacht die Kontraktur Schmerzen beim Greifen von harten Gegenständen, so ist die Operation bereits im Frühstadium indiziert.
Schnittführungen. In der Literatur werden zahlreiche Schnittführungen angegeben. Die Schnittform und das gewählte Operationsverfahren müssen aufeinander abgestimmt sein. Verschiedene Schnittführungen können auch miteinander kombiniert werden. Folgende Verfahren ermöglichen gewöhnlich eine gute Exposition der erkrankten Palmarfaszie: 1. longitudinale Schnittführung, Hautverschluss in Form von Z-Plastiken nach Iselin (1951), 2. Zickzackinzision nach Bruner (1967), 3. Zickzackinzision mit Hautverschluss in VY-Technik (Abb. 11.4 a – c). Die Anlage von Z-Plastiken oder auch die VY-Technik beim Verschluss von Zickzackinzision ermöglicht eine Hautverlängerung. Die Zickzackschnittführung nach Bruner erlaubt keine Hautverlängerung, ermöglicht aber dafür eine gute Exposition des Operationssitus. Bei der totalen Aponeurektomie der gesamten Hohlhand wird eine „Mercedesstern“- oder Y-förmige Schnittführung angewandt. Entstehen größere Hautdefekte, werden Rotationsschwenklappen oder z. T. auch Vollhauttransplantate erforderlich (Razemon 1982). Bei transversaler Schnittführung in der Hohlhand wird von einigen Autoren eine offene Wundbehandlung propagiert. Das von McCash (1964) als Open-Palm-Technik bezeichnete Vorgehen wird mit einer Nachtlagerungsschiene über einen längeren Zeitraum kombiniert. Diese offene Wundbehandlung verhindert Hämatombildungen, ist jedoch für den Patienten belastend (Shaw 1996, Wulle 1991). Bei ausgeprägtem Hohlhandbefall mit Ausdünnung, Einziehung und Fältelung der palmaren Haut über den befallenen Aponeuroseanteilen wird im angloamerikanischen Sprachraum die weite Exzision involvierter palmarer und digitaler Hautanteile kombiniert mit Vollhauttransplantaten befürwortet. Nach Hueston (1984) wird durch dieses Vorgehen eine Art Schutzwall gegen das Rezidiv angelegt, da die von Myofibroblasten infiltrierte Dermis reseziert wird (McCann 1993). Diese Ansicht wird durch Studien belegt, die dem geschilderten Verfahren eine geringe Rezidivquote bescheinigen (Hall u. Mitarb. 1997, Armstrong u. Hurren 2000).
Fasziotomie (quere Strangdurchtrennung). Die am wenigsten aufwendige Methode stellt die quere Durchtrennung der Kontrakturstränge dar; sie kann sowohl perkutan, als auch offen durchgeführt werden. Erstere eignet sich als sehr begrenzter Eingriff beim alten Menschen mit eingeschränktem Allgemeinzustand. Häufig lässt sich die Beugekontraktur mit diesem Eingriff beheben. Aufgrund der engen anatomischen Lagebeziehung und Verflechtung mit den Gefäßnervenbahnen, besteht aber hier ein erhebliches Verletzungspotenzial.
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11 Morbus Dupuytren
Abb. 11.4 a – c Operative Schnittführungen. Schnittführung nach Iselin (a). Zickzackförmige Schnittführung nach Bruner (b). MillesiSchnitt und Z-förmige Schnittführung (c).
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b
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Die Fasziotomie bietet sich als Ersteingriff vor einer geplanten Fasziektomie an, um die Kontraktur aufzudehnen und die sekundäre Hautschrumpfung rückgängig zu machen. Der Zweiteingriff wird hierdurch wesentlich erleichtert. Die Fasziotomie sollte als temporäre Maßnahme gesehen werden, da die Patienten sich einer erneuten operativen Maßnahme unterziehen müssen (Rodrigo u. Mitarb. 1976, Rowley u. Mitarb. 1984).
Fasziektomie/Aponeurektomie. Bei diesem Verfahren steht die radikale Entfernung der Palmaraponeurose bzw. sämtlicher straffer Bindegewebestrukturen im Vordergrund, ohne Rücksicht darauf, ob das Gewebe erkrankt ist. Hierfür eignet sich die Inzision in Form eines Mercedessternes nach Millesi (1965). In der Hohlhand ist eine sehr weite Freilegung mit entsprechender Unterminierung der Haut von Nöten. Deshalb finden sich häufig Komplikationen wie Hämatome, Wundheilungsstörungen und
Hautnekrosen, z. T. auch Gelenksteifen. Die Literatur gibt keinen Hinweis dafür, dass eine ausgedehnte Resektion eine Garantie für Rezidivfreiheit gewährleistet. Rezidive spielen sich ja vornehmlich an den PIP-Gelenken bzw. an den Fingern ab. Der Prozentsatz an Rezidiven im Bereich der Hohlhand konnte jedoch durch das radikale Vorgehen gesenkt werden.
Partielle Fasziektomie/Aponeurektomie. Zuerst durch Goyrand (1833) durchgeführt, später durch Hueston (1961) propagiert, konnte sich die partielle Aponeurektomie seit den 60er-Jahren etablieren. Sie ist zumeist beim Befall der ulnaren Finger indiziert. Postoperative Morbidität und Komplikationsrate sind geringer als bei der radikalen Fasziektomie. Bei diesem Eingriff wird sämtliches makroskopisch befallenes Gewebe entfernt. Die Schnittführung ist longitudinal angelegt,
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11 Morbus Dupuytren
vorzugsweise in Zickzackform nach Bruner oder mittig unter Ausbildung von Z-Plastiken. Der befallene Teil der Palmaraponeurose wird gewöhnlich von proximal nach distal herauspräpariert, samt der zu den Fingern ziehenden Stränge und Knoten, unter Mitnahme der in die Tiefe ziehenden Bindegewebssepten. Eine subtile Präparation der Gefäßnervenbündel ist obligat. Oft wird der Chirurg mit einem anatomisch abnormen Verlauf dieser Strukturen konfrontiert, da sie durch die Knoten und Stränge teilweise angehoben, verschoben oder eingemauert werden (Lupenbrille!).
Ergänzende Eingriffe. Falls nach Entfernung sämtlicher Kontrakturstränge weiterhin ein Streckdefizit vorhanden ist, liegt eine sekundäre Schrumpfung der Beugesehnen und Gelenkkapsel vor. Fast immer handelt es sich hierbei um das PIP-Gelenk. Das MCP-Gelenk ist nach der Fasziektomie zumeist ohne Probleme streckbar. Die Beugesehnenscheide sollte möglichst verschlossen bleiben, um eine narbige Verklebung der Sehnen zu verhindern. Nacheinander können schräge und kreuzförmige Fasern distal des Ringbandes A2, Fasern des Grayson- und Cleland-Ligamentes, die Check-rein-Ligamente, das akzessorische, kollaterale Ligament und volare Kapselanteile gelöst werden. Die so gewonnene Stellung kann z. B. durch einen transartikulären Kirschner-Draht, im Sinne einer temporären Arthrodese fixiert werden. Dynamische Schienen und Nachtlagerungsschienen können ebenfalls verwendet werden (Ebskov u. Mitarb. 2000). Bei ausgeprägten Hautdefiziten infolge sekundärer Hautschrumpfung finden Rotationsschwenklappen (Bunnell-Lappen) von der ulnaren Seite des Fingers (proximal gestielt) in Verbindung mit Vollhauttransplantaten Anwendung (Razemon 1982). Bei schwerer tendogener Kontraktur besteht die Möglichkeit der Z-förmigen Verlängerung der Beugesehne. Alternativ kann die Superfizialissehne weit distal, die Profundussehne weit proximal durchtrennt werden. Der proximale Stumpf der Superfizialissehne wird mit dem distalen Stumpf der Profundussehne vernäht. Bei bestehenden Schäden an der Gelenkfläche des PIP-Gelenks kann auch auf eine Arthrodese zurückgegriffen werden, bei Bedarf auch mit Verkürzung. Bei ausgeprägter Fehlstellung (z. B. jeweils 90°-Beugekontraktur am MCP- und PIP-Gelenk) ist im Rezidivfall auch eine Exartikulation im Grundgelenk möglich. Bei ausgeprägten Beugekontrakturen mit Befall der MCP- und PIP-Gelenke von jeweils mehr als 70° ist ein zweizeitiges Vorgehen empfehlenswert. Als Ersteingriff kann eine Fasziektomie erfolgen, oder die Anlage eines Fixateur externe zur kontinuierlichen Aufdehnung vorgezogen werden (Citron u. Messina 1998, Borchardt u. Lanz 1995, Messina u. Messina 1991, Abb. 11.5). Als Zweiteingriff erfolgt dann eine partielle Aponeurektomie, wie bereits beschrieben.
Abb. 11.5 Traktionsgerät nach Martini.
Nachbehandlung Postoperativ wird ein Kompressionsverband angelegt, um einem Hohlhandhämatom entgegenzuwirken. Die Ruhigstellung erfolgt auf einer volaren Unterarmschiene mit Langfingereinschluss für 10 Tage, danach bei komplikationslosem Verlauf Bewegungsübungen (Sampson u. Mitarb. 1992).
Komplikationen In der Literatur wird über eine durchschnittliche Komplikationsrate von ca. 17 % berichtet. Die gravierendste Komplikation stellt die Mangeldurchblutung eines Fingers dar, ausgelöst durch den Verschluss oder die Durchtrennung beider palmarer Arterien. Bei Rezidiveingriffen muss damit gerechnet werden, dass bereits beim Voreingriff eines der Gefäße verletzt wurde. Auch Nervenverletzungen sind weitaus wahrscheinlicher als beim Ersteingriff. Im Falle einer ausgeprägten Zirkulationsstörung kann eine Amputation/Exartikulation erforderlich werden. Eine intraoperative Nervendurchtrennung ist ein relativ seltenes Ereignis. Die Inzidenz wird mit 1,5% angegeben. Die Durchtrennung einer Arterie liegt sicherlich sehr viel häufiger vor und macht sich weniger bemerkbar. Die Entwicklung eines Hämatoms in der Hohlhand (5 %) stellt ebenfalls eine schwerwiegende Komplikation dar. Es kann zu persistierenden Ödembildungen und im Gefolge zu Gelenkeinsteifungen und Fibrosierungen in der Hohlhandfläche kommen. Daneben können Wunddehiszenzen und Hautnekrosen, selten Infektionen auftreten. Eine Reflexdystrophie äußert sich zumeist 3 – 6 Wochen nach dem Eingriff in diffusen Schmerzen, Ödem, Funktionsminderung, Gelenksteifen, trophischen Veränderungen und regionaler Knochenentkalkung (Lankford 1999).
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Literatur
Ergebnisse Da eine vollständige Entfernung des Bindegewebesystems der Palmarseite der Hand nicht möglich ist, kann eine Heilung nicht erwartet werden. Die Spätergebnisse sind demzufolge durch die individuelle Aktivität des Krankheitsprozesses bestimmt. Wird beim Ersteingriff ein aktiver Kontrakturstrang zurückgelassen, kann sich schon nach wenigen Monaten ein Rezidiv einstellen. Nach partieller Aponeurektomie entwickelt sich nach Hueston die Mehrzahl der Rezidive innerhalb von zwei Jahren aufgrund mikroskopisch befallener Faserbündel. Die in der Literatur publizierten Rezidivraten differieren z. T. erheblich. McGrouther (1999) berichtet, dass in seinem Patientenkollektiv nach 10 Jahren keine Hand rezidivfrei war. Forgon u. Farkas (1988) berichten über 50% Rezidive nach 5 Jahren, Foucher u. Mitarb. (1992) über 41 %, Tonkin u. Mitarb. (1984) erreichen mit partieller Aponeurektomie einen Rezidivanteil von 54 %, mit Dermatofasziektomie liegt der Anteil bei 33 %. Hueston (1984) berichtet über eine Rezidivquote von 40%. Weitere Autoren berichten ebenfalls über Rezidive bei 30 – 40% der Fälle, von denen 5 – 10% erneut operiert werden mussten. Höhere Werte ergeben sich bei der alleinigen Fasziotomie. Luck (1959) kommt hier auf eine Quote von 76%. Auffällig sind die deutlich geringeren Rezidivanteile nach Dermatofasziektomie und Vollhauttransplantation. Bei Tonkin u. Mitarb. (1984) finden sich 33 %, bei Hall u. Mitarb. (1997) 8 % nach 24 – 100 Monaten. Millesi fand keinen großen Unterschied in der Rezidivquote zwischen partieller und kompletter Fasziektomie. Die Mehrzahl der Rezidive beträfen jedoch nicht nur die Finger, sondern reichten bis weit in die Hohlhand, so dass eine neuerliche Freilegung erforderlich sei. Die Rezidive und Ausbreitungen nach kompletter Fasziektomie lägen fast ausnahmslos an den Fingern. Eine Reoperation war nach partieller Fasziektomie bei 12 %, nach kompletter Fasziektomie bei 5 % der Fälle nötig. Die Ergebnisse sind, gerade bei Rezidivbefall des PIPGelenks oft unbefriedigend. McGrouther (1999) empfiehlt PIP-Gelenkkontrakturen bis zu 35° zu akzeptieren. Bei darüber hinausgehender Beugekontraktur sollte eine Arthrodese bevorzugt werden.
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11 Morbus Dupuytren
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Infektionen der Hand E. Brug und M. Langer 12.1 Einleitung 12.2 Pyogene Krankheitsbilder an den Fingern 12.3 Tiefe Infektionen der Hand 12.4 Infektionen der Streckseite
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12 Infektionen der Hand
12.1 Einleitung Die Hand ist aufgrund ihrer besonderen Exposition als Tast- und Kontaktorgan und ihres Gebrauchs als Werkzeug im besonderen Maße der Verletzungsgefahr ausgesetzt. Seit der statistischen Erfassung von Arbeitsunfällen am Arbeitsplatz beträgt der Anteil der Handverletzungen konstant 40%. Dazu kommt eine nicht definierbare Dunkelziffer, weil Verletzungen nicht gemeldet oder vom Verletzten bagatellisiert werden. Das sind die alltäglichen Mikroverletzungen an kleinen Holz-, Glas-, und Metallsplittern sowie an Kaktusstacheln und Rosendornen, um nur einige wenige beispielhaft zu nennen. Ist die Verletzung unbemerkt geblieben oder wurde nur ein kurz anhaltender Schmerz registriert, wird die Mikroverletzung zu einem ernst zu nehmenden Krankheitsbild, wenn es zur Infektion kommt. Diese aus Mikroverletzungen entstandenen Infektionen werden an den Fingern als Panaritien oder aber als primär pyogene Infektionen an Fingern und Händen bezeichnet.
12.1.1 Nomenklatur Den etymologisch Interessierten lassen seine altsprachlichen Kenntnisse bei dem Begriff Panaritium allerdings im Stich, handelt es sich dabei doch um eine Wortverstümmelung, die auf das ursprüngliche griechische Wort παρονυχιον (Paronychion) (para: am, neben; onyx: Nagel) zurückzuführen ist und das sich in der Folgezeit über Paronychium (1. – 6. Jahrhundert), Paranychium (5. – 6. Jahrhundert) in den lateinischen Texten schließlich zu Paranichium verändert hat und das dann durch Metathese zu Panaricium und schließlich zu Panaritium „verwandelt“ wurde. Weniger wahrscheinlich sind andere Deutungsversuche, wonach es sich aus „Panus“ (Drüse) und „rhein“ (fließen, sich herumlegen) ableitet. Lediglich die Infektion des Nagelwalls bzw. der Nagelregion wird heute noch als Paronychie bezeichnet oder erfährt durch entsprechende Attribute wie „parunguale“, „periunguale“ und „subunguale“ zum Begriff „Panaritium“ eine genauere Beschreibung der Lokalisation. Dem Schweregrad wird damit nicht Rechnung getragen, beispielsweise einer Endphalangenosteitis, die sich aus einer „verschleppten“ Nagelwallinfektion entwickelt hat. Sehr vielfältig ist auch die Diktion, wenn es um die Benennung der Sehnenscheideninfektionen geht. Bezeichnungen wie „Sehnenscheidenpanaritium“, „eitrige Tendovaginitis“ oder „Sehnenscheidenphlegmone“ lassen an Lokalisation und Schweregrad zwar keinen Zweifel, werden aber wiederum nicht dem eigentlichen pathologischen Substrat gerecht, z. B. der Eiteransammlung. Treffender wäre hier die Bezeichnung „Sehnenscheidenempyem“. E. Lexer hatte bereits 1936 in seiner Monographie „Die pyogenen Infektionen und ihre Behandlung“ für den Ver-
zicht auf das „bequeme Sammelwort“ und die „verbildete Bezeichnung“ „Panaritium“ plädiert und statt dessen Fingereiterung vorgeschlagen, die je nach befallener anatomischer Struktur näher zu erläutern wäre. Im Handbereich ist die Nomenklatur genauer. Begriffe wie „Interdigitalphlegmone“, „Schwielenabszess“, „Eiterung im Paronaraum“ sind eindeutig. Im angloamerikanischen Sprachraum gibt es zwar die Bezeichnung „Paronychia“ für den Nagelumlauf („run around“), das eigentliche „Panaritium“ finden wir als „Proximal“-, „Middle-Pulp-Abscess“ oder „Felon“ (am Endglied). Ein Terminus wie „Panaritium“, der sich über Hunderte von Jahren gehalten hat, kann, so „verbildet“ (Lexer 1939) er auch immer sein mag, offensichtlich nicht ohne weiteres ausgemerzt werden. Im Folgenden wird dieser Begriff deshalb für alle subkutanen pyogenen Infektionen der Fingerbeugeseite weitergeführt. Für intrakutane Infektionen erscheint die Bezeichnung „Eiterblase“ oder „Bulla infecta“ mindestens ebenso zutreffend und einprägsam. Für die Nagelwallinfektionen wird die Bezeichnung „Paronychie“ bzw. „Panaritium parunguale“ gebraucht. Zwischen „parungualer Phlegmone“ und „parungualem Abszess“ wird nicht unterschieden. Für das Sehnenscheidenpanaritium wird der Begriff „Sehnenscheideninfektion“ verwendet, da sich erst nach Eröffnung der Sehnenscheiden herausstellt, ob schon ein „Empyem“ oder der Zustand der zwar exsudativen, aber noch nicht putriden Entzündung vorliegt (Tab. 12.1). In analoger Weise wird bei der Infektion der Hohlhandräume verfahren.
12.1.2 Pathogenese der Infektionen der Hand Das Infektionsbild des Panaritiums oder der primär pyogenen Infektion an der Hand wird einerseits geprägt von der anatomischen Region bzw. Struktur, in der sich die Infektion entwickelt hat, andererseits vom eingedrungenen Keim. Staphylokokken entwickeln als Abszessmembranbildner ein anderes Infektionsbild als hämolysierende Streptokokken, worauf in diesem Zusammenhang nicht weiter eingegangen wird. Bereits Hüter (1870) hat in der „eigenthümlichen Construction des Unterhautbindegewebes an der Volarfläche so ziemlich das ganze Geheimnis des Panaritiums“ erkannt und das vor der „Entdeckung“ der für die Infektion verantwortlichen Eitererreger. Kanavel (1939) hat in seiner Monographie „Infections of the hand“ eine exakte Studie der „Räume“ der Hand und des Vorderarms geliefert und damit die möglichen Ausbrei-
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12.1 Einleitung
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Tab. 12.1
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Nomenklatur der Infektionen der Hand
Deutsche Synonyme
Angloamerikanische Synonyme
Im Kapitel verwendete Termini
Eiterblase Bulla infecta Panaritium cutaneum Panaritium intracutaneum Panaritium subepitheliales
Subepithelial Abscess Blister subcuticular Abscess Intracutaneous Abscess
Bulla infecta Eiterblase
Paronychie Umlauf Niednagel Nagelgeschwür Panaritium Panaritium parunguale Panaritium periunguale Panaritium subunguale
Paronychia Run around Whitlow
Panaritium parunguale Paronychie Panaritium subunguale
Fingerbeereneiterung Fingerbeerenabszess Endgliedabszess Panaritium Panaritium subcutaneum des Endgliedes Panaritium des Mittelgliedes Panaritium des Grundgliedes
Apical pulp Abscess (fast schon „subunguale“)
Panaritium subcutaneum
Kragenknopfabszess
Collar-Button-Abscess Shirt-Stud-Abscess Frog Felon
Kragenknopfabszess
Karbunkel
Carbuncle Boil
Karbunkel
Furunkel
Furuncle Boil
Furunkel
Interdigitalphlegmone
Web-Space-Abscess
Interdigitalabszess Interdigitalphlegmone
Schwielenabszess
Septic Callus
Schwielenabszess
Sehnenscheidenphlegmone Sehnenscheidenpanaritium Panaritium tendineum Eitrige Sehnenscheidenentzündung Eitrige Tendovaginitis
Tendon-Sheath-Infection Suppurative Tenosynovitis
Sehnenscheideninfektion Sehnenscheidenphlegmone Sehnenscheidenempyem
Panaritium articulare Eitrige Arthritis
Septic Arthritis Pyogenic Arthritis
Panaritium articulare eitrige Arthritis
Panaritium ossale Panaritium osseum Knochenpanaritium (Eitrige) Periostitis (Eitrige) Osteomyelitis
Osteomyelitis
Osteomyelitis Osteitis
Oberflächliche Hohlhandphlegmone
Palmar subaponeurotic Space Infection
Infektion im oberflächlichen Hohlhandraum (subaponeurotischer) Raum
Thenarphlegmone
Thenar-Space-Abscess
Infektion im Thenarraum
Tiefe Hohlhandphlegmone
Midpalmar-Space-Abscess
Infektion im Mittelhandraum
Felon Subcutaneous terminal pulp Abscess Middle pulp Abscess Proximal pulp Abscess Pulp Space Infection
Panaritium des Endgliedes Panaritium des Mittelgliedes Panaritium des Grundgliedes
Hypothenarphlegmone
Hypothenar-Space-Abscess
Infektion im Hypothenarraum
Eiterung im Paronaraum
Forearm intermuscular Space Abscess
Eiterung im Paronaraum
V-Phlegmone Gekreuzte Phlegmone
Horse-Shoe Abscess
V-Phlegmone
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12 Infektionen der Hand
tungswege der eitrigen Infektionen aufgezeigt sowie ihre potenziellen Kommunikationen zwischen Sehnenscheiden einerseits und zwischen Sehnenscheiden und diesen „Räumen“ andererseits. Die besondere Anatomie der Hohlhand und der Greiffläche der Finger prägt ganz bestimmte, ebenso charakteristische Infektionsbilder wie beispielsweise die besondere Konstruktion der Nagelumgebung oder die Sehnenscheiden. So zeichnet sich das Subkutangewebe der Fingerbeugeseite und der Hohlhand gegenüber ihren Streckseiten durch eine enorme Dickenentwicklung und Unverschiebbarkeit aus, weshalb es auf der Streckseite gelingt, die Hautfalten je nach Alter bis über einen Zentimeter abzuheben, sie also bei der Präparation von der Streckaponeurose mühelos stumpf abzutrennen. Die Hohlhand und die Fingerbeugeseite sind dagegen im Bereich des Unterhautbindegewebes durch eine „Druckkonstruktion“ (Wachsmuth 1972) mit der Unterlage – an den Fingern mit dem Periost, an der Hohlhand mit der Palmaraponeurose – verbunden. Kurze, starre Bindegewebefasern verlaufen senkrecht vom Papillenkörper in die Tiefe und bilden „Druckkammern“, in denen das subkutane Fett liegt und bedingen die Unverschiebbarkeit der Greiffläche. Sie sind dafür verantwortlich, dass sich oberflächliche Infektionen der Hohlhand und Fingerbeugeseite nicht parallel zur Oberfläche fortpflanzen, sondern sich zwischen den vertikalen Septen senkrecht in die Tiefe in Richtung Palmaraponeurose und durch diese hindurch bzw. am Finger in Richtung Sehnenscheiden bzw. Knochen ausbreiten. Die Steigerung des Druckes in den „Kammern“ durch Zunahme des eitrigen Exsudates bewirkt heftige Schmerzen. Das Bild der Sehnenscheideninfektionen wird ebenfalls von der besonderen Anatomie geprägt: den unterschiedlichen Längen der Sehnenscheiden, ihren Verbindungen untereinander, den möglichen morphologischen Variationen und ihren topographischen Beziehungen zu den palmaren Handräumen. Die Sehnenscheiden der Finger II und IV reichen von den Basen der Endphalangen bis in die Höhe der distalen Hohlhandquerfurche (Kanavel-Linie), die Sehnenscheide des Daumenbeugers und Kleinfingers proximal bis etwa fingerbreit über das Retinaculum flexorum. Die Sehnenscheide des Kleinfingers erweitert sich im Mittelhand- und Handgelenkbereich sackförmig. Die Daumensehnenscheide kann auf halber Höhe des 1. Os metacarpale bei 5 % aller Fälle unterbrochen sein, wie das generell bei den 3 Sehnenscheiden der mittleren Finger der Fall ist, bevor sie gewissermaßen im radialen Sack (Karpalsack) ihre Fortsetzung findet. Eine Verbindung zwischen ulnarem und radialem Sack ist nach Poirier bei 50% der Erwachsenen zu finden.
12.1.3 Allgemeine Behandlungsprinzipien
Für die eitrigen Fingerinfektionen gilt nach wie vor die alte Formel in der Chirurgie „ubi pus ibi evacua“ oder – panaritienspezifisch – die Therapietrias Inzision zur Exzision, Drainage, Ruhigstellung.
Therapie Schicksalhaft für den weiteren Verlauf und das Ergebnis eines Panaritiums ist die Indikationsstellung zur Inzision und damit die Zäsur zwischen konservativer und operativer Behandlung. Konservative Therapie Die konservative Behandlung besteht aus: 쐌 Ruhigstellung auf einer Schiene, 쐌 feuchtkalten Kataplasmen, 쐌 Breitbandantibiotikum. Täglicher Verbandswechsel unter Inspektion der lokalen Symptome und die Frage nach Schmerzen, insbesondere in der vergangenen Nacht, sind absolute Voraussetzung. Eine konservative Behandlung ist nur angezeigt bei: 1. Lymphangitis, bei der nach dem primären Herd gesucht werden muss und dieser nach den Kautelen der Infektionsbehandlung im Allgemeinen und der Panaritiumbehandlung im Besonderen behandelt werden. 2. Entzündungen der Nagelregion, die noch nicht eingeschmolzen sind. Hier kann eine frühzeitig einsetzende konservative Behandlung mit Ruhigstellung, feuchtkalten Kataplasmen und der Verabreichung von hoch dosierten, bakterizid wirkenden Breitbandantibiotika zum Ziel führen. 3. Furunkeln. Da es sich um einen vom Haarbalg ausgehenden Infektionsprozess handelt, ist der Ausbreitungsweg von vornherein vorgeschrieben und begrenzt. 4. Erysipel und Erysipeloid, die als intrakutan lokalisierte Infektionen eine Kontraindikation für die Operation darstellen. 5. Nichtpyogene Entzündungen der Finger, wie z. B. Arthritis urica, Herpesinfektion, Rotz, um nur die wichtigsten differenzialdiagnostischen Krankheitsbilder zu nennen. Operative Therapie Die Zäsur zwischen konservativer und operativer Behandlung ist die aufgrund von Schmerzen erste schlaflose Nacht. Die Frage danach ist die Schlüsselfrage der Anamneseerhebung beim Panaritium. Eine konservative Behandlung danach kann verheerende Folgen haben. Grundsätzlich kann niemals zu früh inzidiert werden, allenfalls zu spät und an anatomisch falscher Stelle.
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12.2 Pyogene Krankheitsbilder an den Fingern
Nach Hüter (1870) ist „das Panaritium schon einige Stunden nach seinem Entstehen reif für das Messer . . .“. Ein so genanntes „reif werden lassen“ darf es für das Panaritium nicht geben. Die Therapietrias des Panaritiums besteht somit in: 쐌 kompromissloserfrüherEröffnungdeseitrigenProzesses, 쐌 der Gewährleistung eines ungehinderten Sekretabflusses, 쐌 ununterbrochener Ruhigstellung bis zum Rückgang der Entzündungszeichen.
täre Folgen haben. Gleichermaßen ist ein zu spät durchgeführtes Inzidieren einzustufen. Um dem eitrigen Sekret sicher Abfluss zu gewähren, sollte: 쐌 die Inzisionsstelle ovalär bzw. wetzsteinförmig ausgeschnitten werden, 쐌 in den meisten Fällen gegeninzidiert werden, 쐌 durch die Inzisionsstellen eine geschmeidige Gummilaschendrainage eingeführt werden, die am Ende spannungsfrei mit einem Zwirnfaden verknotet wird.
Voraussetzung für die tatsächliche Eröffnung des Herdes ist seine exakte Lokalisation. Ausschlaggebend ist nicht die Stelle der stärksten Schwellung, die sich häufig im Bereich des streckseitigen kollateralen Ödems befindet, sondern das mit der Sonde (Hüter-Sondentest) zu ermittelnde Punctum maximum des Schmerzes. Das Inzidieren ohne ausreichende Kenntnis der Anatomie der Hand kann dele-
„Der erste Eingriff muss sicher ausreichen“ (Verdan 1972). Danach noch bestehende pochende Schmerzen sind der Beweis für die ungenügende Entlastung des Herdes. Die Drainagen (an den Fingern z. B. aus Handschuhgummi, am Unterarm Easy-flow- oder Penrose-Drains) werden am 4. Tag entfernt. Anschließend wird mit lauwarmen Handbewegungsbädern begonnen.
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12.2 Pyogene Krankheitsbilder an den Fingern 12.2.1 Bulla infecta Bevorzugte Lokalisation ist die Beugeseite der Finger (gelegentlich auch in der Hohlhand von einer Schwiele ausgehend). Die Epidermis, durch die der Eiter gelblich durchschimmert, ist an umschriebener Stelle als Blase abgehoben (Abb. 12.1 a u. b). Schmerzen bestehen meistens keine, Fieber nie, dementsprechend unbeeinträchtigt ist das Allgemeinbefinden. Nicht selten verbirgt sich jedoch unter der Eiterblase ein subkutaner Abszess, der mit der Blase über einen Fistelgang in Verbindung steht (Abb. 12.2). In diesem Fall
liegt ein so genannter „Kragenknopfabszess“ vor. Differenzialdiagnostisch unterscheidet sich der nur als Bulla infecta imponierende Kragenknopfabszess von der reinen Bulla infecta durch einen meist pochenden Schmerz. a
b
Abb. 12.1 a u. b Bulla infecta. a Typisches klinisches Bild einer Bulla infecta mit Eiterperforation durch die Hornschicht. b Stadium mit komplett abgetragener Hornhaut.
Abb. 12.2 a u. b Kragenknopfabszess. a Äußerlich einer Bulla infecta zum verwechseln ähnlich. b Im Sagittalschnitt durch das Fingerendglied zeigt sich die Ausdehnung des Eiterherdes durch die Lederhaut in die Druckkammern der Fingerkuppe.
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12 Infektionen der Hand
Therapie Abtragen der Blase mit Skalpell oder Schere, sondieren des Blasengrundes (Kragenknopfabszess?) und anlegen eines feuchten Verbandes. Eine Schiene ist entbehrlich. Täglich wechseln des Verbandes, meist nur 2-, allenfalls 3-mal erforderlich.
12.2.2 Paronychie, Panaritium par- und periunguale Gehäuftes Vorkommen im Herbst und Frühjahr in der Zeit der Infektionen des Nasen-Rachen-Raumes. Tritt häufig bei Kleinkindern auf. Bei Frauen meist die Folge von Manikürverletzungen. Der Nagelwall ist partiell oder in der gesamten Ausdehnung glänzend rot und mehr oder weniger stark geschwollen (Abb. 12.3). Bis zu der aufgrund von Schmerzen ersten schlaflosen Nacht ist eine konservative Behandlung möglich. Liegt bereits eine eitrige Einschmelzung vor, was meist in unmittelbarer Nagelnähe, am Falz, in den proximalen Nagelecken oder unter dem Nagel selbst der Fall ist, muss inzidiert werden. Die Inzision kann in Oberst-Leitungsanästhesie und Blutsperre erfolgen. Die Inzision verläuft annähernd parallel zum seitlichen Nagelwall und biegt nach proximal hockeystockförmig um. Der Abstand zwischen Inzisionsstelle und Nagelwall sollte mindestens 4 – 5 mm betragen. Die Inzision erfolgt sinnvollerweise von der Nagelseite aus mit dem Skalpell direkt auf dem Nagel (Abb. 12.4 a). Die weiteren Maßnahmen sind Laschendrainage, Ruhigstellung auf einer Fingerschiene sowie Anlegen eines Feuchtverbandes. Die Gabe eines Breitbandantibiotikums ist nicht obligat, stellt jedoch eine Auxiliärmaßnahme zur Verhinderung der Infektionsausbreitung dar.
Abb. 12.3
Paronychie, die bereits in Einschmelzung begriffen ist.
a
b
12.2.3 Panaritium subunguale Die Eiteransammlung unter dem distalen freien Nagelende resultiert meist aus einer Verletzung durch einen Fremdkörper (besonders häufig Holzsplitter). Bei einer sichtbaren eitrigen Einschmelzung werden der freie Nagelrand und oberflächlich der freie Rand des Nagelbetts dreieckförmig inzidiert (Abb. 12.4 b). Die Eiteransammlung unter dem proximalen Nagelanteil entsteht entweder primär durch Infektion eines subungualen Hämatoms oder sekundär durch Übergreifen eines Panaritium parunguale auf das Nagelbett.
Abb. 12.4 a Panaritium parunguale. Die linke Darstellung zeigt die Inzision von der Nagelplatte aus. Rechts die Schnittführung, die mindestens 4 mm vom freien seitlichen Nagelwall entfernt sein muss. b Panaritium subunguale. Links subunguale Eiteransammlung unter dem distalen Rand der Nagelplatte, rechts Infektsanierung durch keilförmige Exzision an der Nagelplatte und Sohlenhorn.
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12.2 Pyogene Krankheitsbilder an den Fingern
Therapie
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a
Grundsätzlich niemals den gesamten Nagel entfernen, sondern den Nagel in Oberst-Leitungsanästhesie lediglich trepanieren oder das proximale Drittel (allenfalls die Hälfte) des Nagels entfernen. Weitere Maßnahmen sind Schiene, feuchtkalter Verband und Antibiose.
12.2.4 Subkutane Infektionen Nach den Nagelwallinfektionen sind die subkutanen Panaritien die häufigsten Fingerinfektionen. Sie spielen sich in den 3 durch die Beugefurchen voneinander getrennten Fettpolstern ab. Ein Überschreiten dieser fettfreien und mit den Sehnenscheiden in Verbindung stehenden „Grenzen“ ist ungewöhnlich.
b
Diagnostik Leitsymptome sind heftige, klopfende Spontanschmerzen. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits eine Schwellung und eine Rötung zu finden, die sich oft schon in das lockere streckseitige Subkutangewebe fortgesetzt haben. Im späteren Stadium kann die gerötete beugeseitige Haut an einer umschriebenen Stelle eine inhomogene düstere Lividverfärbung annehmen. Bisweilen ist als Zeichen einer subepidermalen Einschmelzung auch eine punktförmige grau-gelbe Verfärbung zu finden. Beide sind die Vorboten der drohenden Perforation.
Therapie Therapie der Infektionen an den Endgliedern. Eine Oberst-Leitungsanästhesie ist noch möglich. Anlegen einer Blutsperre, hockeystockförmige Inzision (umgekehrt wie bei der Paronychie) vom Zentrum der Fingerspitze nicht weiter als 3 mm vom Nagelbett entfernt entweder von ulnar oder radial nach proximal, je nachdem, welche Fingerseite von der Symptomatik mehr betroffen ist (Abb. 12.5 a u. b) (Hüter-Sondenprobe). Auf keinen Fall darf ein Froschmaulschnitt durchgeführt werden! Eine Drainage ist einzulegen, die von einer Situationsnaht durch die Schnittränder in situ gesichert werden muss. Die weitere Behandlung erfolgt wie beim Panaritium para-, peri- und subunguale. Die Drainage wird am 4. Tag entfernt. Therapie der Infektionen der Mittel- und Grundglieder. Liegt noch keine sichtbare eitrige Einschmelzung vor, muss vor der Inzision differenzialdiagnostisch eine Sehnenscheideninfektion ausgeschlossen werden. Fingerhaltung und Hüter-Sondenprobe helfen differenzialdiagnostisch weiter. Bei den Infektionen, die sich allein im Unterhautgewebe abspielen, sind die Finger nahezu gestreckt. Bei Abtastung des Fingers wird an umschriebener Stelle
Abb. 12.5 a u. b Panaritium subcutaneum. a Hockeyschlägerförmige Inzision palmarseitig des Knochens. b Eröffnung aller Druckkammern.
ein Punctum maximum des Schmerzes angegeben. Bei den Sehnenscheideninfektionen ist der betroffene Finger gebeugt. Jede passive Bewegung darüber hinaus bereitet heftige Schmerzen. Bei der Betastung der Palmarseite des Fingers werden gleichmäßig im gesamten Verlauf der Beugesehnenscheide von der Endgelenkbeugefurche bis zur distalen Hohlhandquerfurche Schmerzen angegeben. Die Inzision erfolgt in axillärer Plexusanästhesie oder Vollnarkose. Es darf weder eine Oberst-Leitungsanästhesie noch eine intravenöse Regionalanästhesie, die ein Auswickeln des Armes und eine Venenpunktion zu nahe am Herd erfordert, durchgeführt werden! Die Inzision erfolgt – vor der Perforation des Herdes – am Ort der Wahl. Das ist eine gedachte Verbindungslinie zwischen den Polen der Beugefurchen und damit sicher dorsal der Gefäß-NervenBündel (Abb. 12.6). Die Inzisionsstelle wird wetzsteinförmig exzidiert. Mit einer kleinen gebogenen stumpfen Schere wird sorgfältig in Richtung Sehnenscheide weiter präpariert. Die Sehnenscheide bleibt unberührt, und zwar dorsal der Scherenbranchen. Es ist schonender, vor Erreichen der Kutis der Gegenseite schon auf gleichem Niveau die Gegeninzision zu setzen, deren Ränder ebenfalls wetzsteinförmig exzidiert werden können. Es soll ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass nicht zu früh inzidiert wird, d. h. wenn sich noch kein Eiter, sondern allenfalls wenig klares Sekret entleert. Findet sich nekrotisches Gewebe, wird dieses gründlich exzidiert. Der Herd wird über beide Inzisionsstellen gründlich gespült. Durch beide Inzi-
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12 Infektionen der Hand
Abb. 12.6 Schnittführung bei subkutaner Infektion des Mittel- oder Grundgliedes.
sionsstellen wird eine dünne Handschuhgummilaschendrainage geleitet, deren Enden mit einem Faden verknotet werden. Keine Tamponade der Inzisionsstellen durchführen, keine Salben verwenden! Es empfiehlt sich, die Haut um die Inzisionsstellen zum Schutz vor Mazeration durch Sekret und den feuchten Verband mit Salbengittertüll abzudecken. Feuchter Mullverband und Fingerschiene sind obligat. Täglich sind Verbandswechsel durchzuführen. Ein Routinebreitbandantibiotikum ist fakultativ. Ist es bereits zur Perforation gekommen, so ist die Inzisionsstelle dadurch festgelegt (Abb. 12.7). Das Geschwür wird in toto mit dem Messer exzidiert. Eine Gegeninzision ist meistens überflüssig. Auf alle Fälle müssen bei den palmar lokalisierten und perforierten Herden nach der Exzision der gangränösen Haut und des mehr oder weniger ausgedehnten eingeschmolzenen Fettgewebes Sehnenscheide und Gefäß-Nerven-Bündel revidiert werden.
Abb. 12.7
12.2.5 Interdigitalphlegmone Die eitrige Entzündung der Zwischenfingerfalten kann entweder primär entstehen oder durch Fortleitung einer subkutanen Fingereiterung. Zu den klassischen Entzündungszeichen kommt die pathognomonische Spreizstellung der begrenzenden Finger hinzu (Abb. 12.8). Außerdem wird immer ein ausgeprägtes Handrückenödem beobachtet.
Diagnostik Allgemeine Symptome können fehlen, allenfalls bestehen subfebrile Temperaturen.
Therapie Wie bei allen eitrigen Prozessen an der Hand muss die Inzision spätestens nach der vor Schmerzen ersten schlaflosen Nacht erfolgen. Die Inzision wird in Blutsperre und hoher Leitungsanästhesie durchgeführt, d. h. Oberarmplexusanästhesie, da bei weiter distal gesetzten Nervenblockaden die pneumatische Blutsperre nicht mehr toleriert wird. Besser ist eine Allgemeinnarkose. Die Inzision erfolgt palmar in Längsrichtung zwischen den Metakarpalköpfchen. Bei der Präparation in die Tiefe – mit einer kleinen gebogenen stumpfen Schere – ist besonders auf die hier verlaufenden Nn. digitales palmares propriae bzw. communes zu achten. Auf der streckseitigen Zwischenfingerfalte wird über der sich vorwölbenden Scherenspitze gegeninzidiert. Das weitere operative Vorgehen und die Nachbehandlung entsprechen den der subkutanen Fingerinfektionen.
Perforiertes Panaritium subcutaneum.
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12.3 Tiefe Infektionen der Hand
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Abb. 12.8 Interdigitalphlegmone mit der typischen Abspreizstellung der Finger.
12.2.6 Schwielenabszess Schwielenabszesse kommen bei schwer manuell arbeitenden Personen (Bauarbeiter, Landwirte u.ä.) mit starker Schwielenbildung vor. Eintrittspforten sind kleine Risse und Schrunden auf den Schwielen.
Diagnose Die Diagnose ist augenfällig. Im fortgeschrittenen Stadium finden sich Fluktuation und meist auch ein stärkeres Handrückenödem sowie heftige Spontanschmerzen. Im Frühstadium bestehen außer subfebrilen Temperaturen meist keine Allgemeinsymptome.
Therapie Voraussetzungen für die Inzision sind eine hohe Leitungsanästhesie, besser eine Allgemeinnarkose und Blutsperre. Die Inzision erfolgt im Verlauf der Handleisten, genau über dem Abszess unter Exzision des gesamten nekrotischen Gewebes. Grundsätzlich ist mit dem Messer oder einer gebogenen Schere zu arbeiten, nicht mit dem scharfen Löffel. Bei frühzeitiger Inzision von Schwielenabszessen ist noch nicht mit der Perforation der Palmaraponeurose zu rechnen. Im proximalen Daumenballenbereich muss man sich bei der exzidierenden Präparation des oft in die Thenarmuskeln reichenden Abszesses den Verlauf des motorischen Astes des N. medianus vergegenwärtigen. Eine Gegeninzision ist – zumal wenn knapp ovalär exzidiert wird – nach Drainage überflüssig.
12.3 Tiefe Infektionen der Hand Sie sind in den tiefen Räumen der Hohlhand lokalisiert, den Sehnenscheiden, dem radialen und ulnaren Sehnenscheidensack und den beiden Hohlhandräumen (tiefer ulnarer Mittelhohlhandraum = „Mittelhandraum“ und tiefer radialer Mittelhandraum = „Thenarraum“) sowie den imaginären Räumen zwischen Palmaraponeurose und Sehnenscheiden (oberflächlicher mittlerer Hohlhandraum = „subaponeurotischer Raum“) und am Unterarm zwischen den tiefen Fingerbeugesehnen einerseits und dem M. pronator quadratus andererseits („Paronaraum“). Diese Krankheiten sind selten geworden und sollten stationär behandelt werden.
12.3.1 Sehnenscheideninfektion Von allen tiefen, ernst zu nehmenden Infektionsbildern an der Hand sind die Infektionen der Sehnenscheiden die häufigsten. Sie können sich primär entwickeln, d. h. durch Keiminvasion aufgrund eines die Sehnenscheide treffenden Traumas oder sekundär durch Übergreifen subkutaner Infektionen.
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12.3 Tiefe Infektionen der Hand
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Abb. 12.8 Interdigitalphlegmone mit der typischen Abspreizstellung der Finger.
12.2.6 Schwielenabszess Schwielenabszesse kommen bei schwer manuell arbeitenden Personen (Bauarbeiter, Landwirte u.ä.) mit starker Schwielenbildung vor. Eintrittspforten sind kleine Risse und Schrunden auf den Schwielen.
Diagnose Die Diagnose ist augenfällig. Im fortgeschrittenen Stadium finden sich Fluktuation und meist auch ein stärkeres Handrückenödem sowie heftige Spontanschmerzen. Im Frühstadium bestehen außer subfebrilen Temperaturen meist keine Allgemeinsymptome.
Therapie Voraussetzungen für die Inzision sind eine hohe Leitungsanästhesie, besser eine Allgemeinnarkose und Blutsperre. Die Inzision erfolgt im Verlauf der Handleisten, genau über dem Abszess unter Exzision des gesamten nekrotischen Gewebes. Grundsätzlich ist mit dem Messer oder einer gebogenen Schere zu arbeiten, nicht mit dem scharfen Löffel. Bei frühzeitiger Inzision von Schwielenabszessen ist noch nicht mit der Perforation der Palmaraponeurose zu rechnen. Im proximalen Daumenballenbereich muss man sich bei der exzidierenden Präparation des oft in die Thenarmuskeln reichenden Abszesses den Verlauf des motorischen Astes des N. medianus vergegenwärtigen. Eine Gegeninzision ist – zumal wenn knapp ovalär exzidiert wird – nach Drainage überflüssig.
12.3 Tiefe Infektionen der Hand Sie sind in den tiefen Räumen der Hohlhand lokalisiert, den Sehnenscheiden, dem radialen und ulnaren Sehnenscheidensack und den beiden Hohlhandräumen (tiefer ulnarer Mittelhohlhandraum = „Mittelhandraum“ und tiefer radialer Mittelhandraum = „Thenarraum“) sowie den imaginären Räumen zwischen Palmaraponeurose und Sehnenscheiden (oberflächlicher mittlerer Hohlhandraum = „subaponeurotischer Raum“) und am Unterarm zwischen den tiefen Fingerbeugesehnen einerseits und dem M. pronator quadratus andererseits („Paronaraum“). Diese Krankheiten sind selten geworden und sollten stationär behandelt werden.
12.3.1 Sehnenscheideninfektion Von allen tiefen, ernst zu nehmenden Infektionsbildern an der Hand sind die Infektionen der Sehnenscheiden die häufigsten. Sie können sich primär entwickeln, d. h. durch Keiminvasion aufgrund eines die Sehnenscheide treffenden Traumas oder sekundär durch Übergreifen subkutaner Infektionen.
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12 Infektionen der Hand
Ätiopathogenese Häufige Ursachen sind Mikrostichverletzungen in den Beugefurchen, z. B. durch Nadeln, spitze Scheren, so genannten Stachellockenwicklern usw. Im Bereich der Beugefurchen befindet sich unter der Haut kein subkutanes Fettgewebe, wodurch ein umittelbarer Kontakt der Haut mit der darunterliegenden Sehnenscheide besteht. Der Verlauf des Infektionsbildes ist oft sehr rasant. Bereits Stunden nach dem Mikrotrauma kann das Vollbild der Infektion bestehen, das gekennzeichnet ist durch: 쐌 starke Berührungsempfindlichkeit des Fingers im gesamten Verlauf der Sehnenscheide, 쐌 gleichmäßige Verdickung und Rötung des gesamten Fingers, der in Beugestellung gehalten wird, 쐌 heftigste Schmerzen beim passiven Bewegen, insbesondere in Streckrichtung. Allgemeinsymptome wie Fieber und gelegentlich Schüttelfrost können hinzukommen. Der betroffene Finger und die Nachbarfinger – aber auch der Handrücken – sind ödematös geschwollen.
Diagnostik Der eventuelle anamnestische Hinweis auf eine Stichverletzung in einer der Beugefurchen, die rasche Entwicklung, das Gesamterscheinungsbild des Fingers (gleichmäßige Schmerzangabe bei Hüter-Sondenprobe zwischen Endgelenk- und distaler Hohlhandbeugefurche), seine Beugehaltung (aber auch die der Nachbarfinger) und eventuelle Allgemeinsymptome sprechen bei der differenzialdiagnostischen Abgrenzung gegenüber dem Panaritium subcutaneum mit großer Wahrscheinlichkeit für eine Sehnenscheideninfektion.
Therapie Beim leisesten Verdacht muss jede konservative exspektative Therapie aufgegeben und unverzüglich operiert werden. In hoher Leitungsanästhesie, besser Allgemeinanästhesie, wird von einem kleinen quer verlaufenden Hautschnitt (ähnlich wie zur Operation des schnellenden Fingers) parallel zur distalen Hohlhandbeugefurche und auf halber Höhe zur Grundgliedbeugefurche das proximale Sehnenscheidenende zur Darstellung gebracht. Erscheint das Sehnenscheidenende vorgewölbt und eventuell gräulich, wird es inzidiert und das eitrige Exsudat abgesaugt. Zusätzlich wird die Sehnenscheide im Bereich des Primärherdes – sofern dieser erkennbar ist – revidiert, andernfalls die Sehnenscheide im Endgelenkbereich von einem Querschnitt oder besser von einem V-förmigen Schnitt eröffnet. Danach wird über eine dünne Braunüle die Sehnenscheide von beiden Richtungen mit Betaisodonalösung gespült (Abb. 12.9 a – c).
Der Hautschnitt an der Eintrittsstelle richtet sich nach den lokalen Verhältnissen. Wann immer möglich, sollte der Bruner-Zickzackschnitt gewählt werden, der eine gute Übersicht über die gesamte Sehnenscheide ermöglicht. Er kann am Ende des Eingriffs primär (oder verzögert) durch Naht verschlossen werden. Von einer postoperativen Fortsetzung der Spülung im Sinne einer Spül-Saug-Drainage wird dringendst abgeraten, da dies erhebliche Schmerzen bereitet. Beide Inzisionsstellen (proximal und distal) sowie – falls zusätzlich durchgeführt – die intermediäre Inzision über der Eintrittsstelle werden drainiert. Wurde an 3 Stellen inzidiert, empfiehlt sich ohnehin die Eröffnung des gesamten Fingers von der Basis des Endgliedes bis zur distalen Hohlhandbeugefurche. Dieser Zugang kann durch eine Redon-Drainage drainiert werden. Die zickzackförmige Wunde wird nur durch 3 – 4 Ecknähte verschlossen. Sind bei der Inspektion des proximalen Sehnenscheidenendes noch normale anatomische Verhältnisse vorhanden, wird die Hohlhandwunde vor Ausräumung des Primärherdes am Finger durch Naht verschlossen und abgedeckt. Der Eingriff am Primärherd wird wie eine subkutane Infektion behandelt. Auch wenn keine eitrige Einschmelzung vorlag, wird grundsätzlich drainiert. Bei verschleppten Sehnenscheideninfektionen fällt die Sehne der Nekrotisierung anheim, beim alten Menschen eher als beim jungen. Ist die Sehne sicher nekrotisch, was an einer grau-grünlichen Verfärbung oder Auffaserung zu erkennen ist, muss sie kompromisslos in toto entfernt werden. Die Ringbänder werden – wenn möglich – belassen. Bei ödematöser Schwellung der Sehne sollte das proximale Ringband (wie bei der Operation des schnellenden Fingers) gespalten werden. Erfolgt die Inzision nicht rechtzeitig oder gar nicht, kann sich die Infektion – abgesehen von der Nekrotisierung bis zur Sequestrierung der Sehne – weiter nach proximal ausbreiten. Prädilektionsstellen sind: 쐌 die Fingergelenke, besonders das mittlere Gelenk, 쐌 der subaponeurotische Hohlhandraum sowie der Thenarraum bei Betroffensein der Sehnenscheide der Finger I und II oder der Mittelhandraum bei Prozessen der Sehnenscheiden der Finger III–V, 쐌 die Phalangen. Bei einer Ausbreitung der Sehnenscheideneiterung auf Gelenke und Phalangen spricht man von einer „Pandaktylitis“, bei der die Amputation des betreffenden Fingers angezeigt ist.
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12.3 Tiefe Infektionen der Hand
a
b
12.3.2 Phlegmone des radialen oder ulnaren Sehnenscheidensackes Diese Infektionsformen sind ausgesprochen selten geworden und fast nur noch von akademischem Interesse. Sie entstehen in der Regel durch Ausbreitung einer Eiterung der Sehnenscheide der randständigen Finger, die nach Kanavel (1933) nur bei 5 % der Fälle durch Schnürfurchen von den Sehnenscheiden getrennt sind. Es ist aber auch eine Infektionsfortleitung aus den Hohlhandräumen möglich. Eine Entstehung durch ein direktes Mikrotrauma scheint ungewöhnlich zu sein.
Diagnostik Die lokalen Symptome entsprechen etwa denen der Sehnenscheidenphlegmone und äußern sich durch: 쐌 starke spontane Schmerzen und durch Schmerzen bei passivem Streckversuch über dem betroffenen Sehnensack (Sondenprobe), 쐌 starke Schwellung dieser Region, 쐌 fixierte Beugestellung. Ein stark ausgeprägtes Handrückenödem kann Anlass der Verwechslung mit einer Handrückenphlegmone sein. All-
373
Abb. 12.9 a – c Sehnenscheidenphlegmone. a Exzision der Eintrittspforte in der Endgelenkbeugefurche, Eröffnung des proximalen Endes der Sehnenscheide über dem Grundgelenk und Spülung der Sehnenscheide. b Spülung der Sehnenscheide auch von distal. c Laschendrainage und locker adaptierende Hautnähte.
c
gemeinsymptome sind schlaflose Nächte, Fieber, gelegentlich Schüttelfrost.
Therapie Die Eröffnung erfolgt in Allgemeinanästhesie und Blutsperre. Der zickzackförmige Bruner-Hautschnitt zur Freilegung der betroffenen Sehne sollte bis zum Daumenbzw. Kleinfingerballen verlängert werden. Die Hohlhandbeugefurche darf nicht im rechten Winkel überschnitten werden. Es kann aber auch die Hohlhand separat von einem Querschnitt parallel zur distalen Hohlhandquerfurche eröffnet werden und der ulnare Sehnenscheidensack von einem Längsschnitt radial der Kleinfingerballenmuskulatur, der radiale von einem entsprechenden am ulnaren Rand der Daumenballenmuskulatur. Am Vorderarm geschieht die Freilegung des ulnaren Sehnenscheidensackes von einem ca. 8 cm langen Hautschnitt unmittelbar beugeseitig der Ulna. Das Retinaculum flexorum wird zur Dekompression des N. medianus durchtrennt. Iselin (1938) eröffnet den ulnaren Sehnensack nur an seiner proximalen Vorwölbung. Die Eröffnung des radialen Sackes kann vom gleichen ulnaren Vorderarmschnitt vorgenommen werden. Eine radiale Inzision ist nur erforderlich, wenn die Eiterung in den Paronaraum eingebrochen ist.
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12 Infektionen der Hand
12.3.3 Sehnenscheidenphlegmone (V-phlegmone)
Diese Erkrankung ist ebenfalls selten geworden. Der Autor erinnert sich nur an 2 Fälle in seiner 30-jährigen Tätigkeit in der Handchirurgie. Es handelt sich bei der V-phlegmone um die eitrige Entzündung beider Sehnensäcke. Es wird beschrieben, dass die Entstehung der Infektion im radialen Sehnensack häufiger sei. Die Diagnose ist augenfällig. Die Symptome entsprechen denen einer solitären Sehnenscheidensackinfektion. Die Therapie ist analog.
12.3.4 Infektion des oberflächlichen Hohlhandraumes (subaponeurotischer Raum) Außer der primären Entstehung ist die fortgeleitete Ausbreitung aus einer subkutanen Fingereiterung, einer Interdigitalphlegmone, einem Schwielenabszess oder einer Sehnenscheideninfektion möglich. Die Infektion spielt sich in dem Raum zwischen Palmaraponeurose und den Beugesehnen ab. Auch diese Infektion ist selten geworden.
Diagnostik Der Interthenarraum ist plan oder kann sogar kissenartig vorgewölbt sein und ist bei starken Spontanschmerzen die Stelle des größten Druckschmerzes. Die gesamte Hohlhand ist stark gerötet. Im fortgeschrittenen Stadium ist trotz der harten und straffen Hohlhandhaut Fluktuation nachweisbar. Ein begleitendes Handrückenödem tritt meist sehr früh auf. Fieber ist meist obligat. Zu den schlaflosen Nächten aufgrund der Schmerzen sollte es bei rechtzeitiger Konsultation des Arztes nicht kommen. Ein wichtiges differenzialdiagnostisches Merkmal ist das „Lumbrikalissymptom“, bzw. die Intrinsic-minusStellung, d. h. die Grundgelenke stehen in Streck- bzw. Überstreckstellung, während Mittel- und Endgelenke gebeugt gehalten werden, ähnlich wie bei der Krallenhand.
Therapie Die Operation geschieht besser in Allgemein- als in hoher Leitungsanästhesie und selbstverständlich in Blutsperre. Die Schnittführung selbst erfolgt über der Stelle des größten Druckschmerzes, im Wesentlichen in Längsrichtung durch die Hohlhand und – um ein Überqueren der Hohlhandbeugefurche in Längsrichtung zu vermeiden – am zweckmäßigsten runen-S- oder bajonettförmig. Auch eine transversale Inzision ist möglich.
Es sollte keine Exzision der Wundränder erfolgen, da die stark gespannte bis vorgewölbte Hohlhandhaut nach Durchtrennung ohnehin mehr oder weniger weit auseinander weicht. Die darunterliegende Palmaraponeurose wird im Verlauf ihrer longitudinalen Fasern, also längs durchtrennt. Es kann aber auch eine wetzsteinförmige Fensterung vorgenommen werden. Findet man bereits eine Ausbreitung der Infektion in einen der Interdigitalräume, wird der „Bajonettschnitt“ entsprechend in Längsrichtung oder winkelförmig verlängert. Möglich ist auch eine Ausbreitung der Infektion in den Thenarraum, der dann am besten nach Zur Verth (1936) durch eine streckseitig parallel zum 1. Metakarpale lokalisierte Inzision eröffnet wird.
12.3.5 Infektion des Mittelhandraumes Die Infektionen des Mittelhandraumes (tiefer ulnarer Mittelhohlhandraum) sind ebenso selten wie die Infektionen der tiefen Räume der Hand. Auch hier ist eine primäre Entstehung ungewöhnlich, meist handelt es sich um eine fortgeleitete eitrige Infektion der Sehnenscheiden der Finger III und IV oder einer Infektion des Thenarraumes, selten einer oberflächlichen Hohlhandphlegmone. Die Symptome ähneln denen der oberflächlichen Hohlhandphlegmone. Eine Fluktuation ist selten nachweisbar. Das „Lumbrikalissymptom“ sowie Allgemeinsymptome sind vorhanden. Die Therapie erfolgt wie bei der Infektion des oberflächlichen Hohlhandraumes.
12.3.6 Infektion des Thenarraumes Eine primäre Entstehung von Infektionen des Thenarraumes (tiefer radialer Mittelhohlhandraum) ist durchaus möglich, da der prominierende Daumenballen beim Handarbeiter exponierter ist als die Hohlhand. Dennoch überwiegt die sekundäre Entstehungsform durch Ausbreitung von oberflächlichen (subkutanen) Infektionen (Schwielenabszess am Daumenballen, Interdigitalphlegmone der 1. und 2. Zwischenfingerfalte) sowie Ausbreitung von tiefen Infektionen. Diesen ähneln sie auch in ihrer Symptomatik, wobei Schmerz, Schwellung und Rötung vorwiegend den radialen Hohlhandbereich und den ganzen Daumenballen betreffen. Der Daumen wird stark abgespreizt gehalten. Das „Lumbrikalissymptom“ kann vorhanden sein, beschränkt sich aber auf Zeige- und Mittelfinger. Die erste Zwischenfingerfalte ist prall gespannt und vorgewölbt. Übliche Allgemeinsymptome treten auf.
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12.3 Tiefe Infektionen der Hand
375
12.3.8 Infektion im Paronaraum Ein ebenfalls sehr seltenes Infektionsbild, das der Autor nur ein einziges Mal gesehen hat. Verursacht wird die Infektion des Paronaraums durch verschleppte, also nicht oder ungenügend behandelte Infektionen der Sehnenscheiden und der oberflächlichen und tiefen Hohlhandräume bei in der Regel indolenten Patienten.
Diagnostik
Abb. 12.10
Infektion im Thenarraum.
Therapie Eine frühe Inzision ist auch bei diesem Krankheitsbild angezeigt, um eine Ausbreitung in die Nachbarräume zu vermeiden. Die Inzision wird in Allgemeinanästhesie und mit Blutsperre durchgeführt. Sie erfolgt zweckmäßigerweise auf der Streckseite zwischen dem 1. und 2. Mittelhandknochen. Dabei ist der Verlauf des zum Daumen und Zeigefinger ziehenden Hautastes aus dem N. radialis zu berücksichtigen.Die Mm. adductor pollicis und interosseus I werden stumpf auseinandergedrängt und bereits vorhandene Nekrosen exzidiert. Eine beugeseitige Gegeninzision ist bei gründlicher und sorgfältiger Ausräumung des Herdes meist nicht erforderlich. Wenn sie doch durchgeführt wird, dann am ulnodistalen Rand des Daumenballes. Hier muss man sich den Abgang des R. muscularis aus dem N. medianus für den M. opponens vergegenwärtigen, also nicht zu weit proximal inzidieren! Weitere Therapiemaßnahmen sind Handschuh-, Gummi- oder Easy-flow-Drainage, permanentes feucht halten, Oberarmwinkelschiene, täglicher Verbandswechsel.
12.3.7 Infektion des Hypothenarraumes Der Hypothenarraum besitzt keinerlei Verbindung zu anderen „Räumen“ der Hand. Möglich ist deshalb nur die primäre Entstehung eines Abszesses, der höchst selten ist. Eine Ausbreitung in andere Räume kommt dementsprechend nie vor. Zur Verth (1936) hält diese extrem seltene Infektion für „chirurgisch unwichtig“. Die Therapie entspricht dem Vorgehen bei Infektion des Thenarraumes.
Außer den Symptomen der Sehnensackphlegmone oder der oberflächlichen und tiefen Hohlhandinfektion finden sich zusätzlich starke Rötung, Schwellung und Druckschmerzhaftigkeit der Beugeseite des distalen Unterarmes, wobei das Handgelenk in leichter Beugestellung gehalten wird. Der passive Streckversuch verursacht starke Schmerzen. Auch hier kann ein kollaterales Handrückenödem vorhanden sein. Allgemeinsymptome sind nahezu obligat.
Therapie Bilaterale Inzisionen durch genügend lange Hautschnitte unmittelbar beugeseits von Elle und Speiche in Allgemeinanästhesie und Blutsperre. Bei der weiteren sorgfältigen Präparation in die Tiefe bleiben sämtliche Beugermuskelbäuche palmar der präparierenden Scherenbranchen. Bei weiterer Ausdehnung der Eiteransammlung zwischen den Beugern und dem M. pronator quadratus nach proximal wird am proximalen Ende der Eiterhöhle zusätzlich inzidiert. Knappe wetzsteinförmige Exzision der Entlastungsstellen, Drainagen, von denen hier kräftigere wie Penroseoder Easy-flow-Drains geeigneter sind als die zarten Handschuhgummidrainagen.
12.3.9 Eitrige Arthritis Als Ursache ist sowohl die primäre Entstehung durch eine Mikroverletzung des betroffenen Gelenks, meist von dorsal möglich, als auch die sekundäre aus einer ins Gelenk übergreifenden Phalangenosteitis oder selten einer Sehnenscheideninfektion. Ebenso selten ist die Entstehung aus einer subkutanen Fingerinfektion oder einer Paronychie. Es trifft das Gleiche zu wie für die Sehnenscheideninfektionen und die der Hohlhandräume: Sie sind selten geworden, da die Patienten heute eher als in früheren Jahrzehnten bereits bei den ersten Symptomen einer oberflächlichen Infektion den Arzt aufsuchen.
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12 Infektionen der Hand
Diagnostik Klinische Diagnostik Bei den primär entstandenen Gelenkinfektionen entwickelt sich zunächst ein seröses Gelenkexsudat. Die typische klinische Symptomatik wird erst mit Umwandlung des serösen in das eitrige Exsudat manifest. Der Patient klagt dann über heftigste, pochende Spontanschmerzen. Das betroffene Gelenk ist spindelförmig geschwollen, zirkulär druckschmerzhaft und in mäßiger Beugestellung fixiert. Im weiteren Verlauf kommt es zur Destruktion des Knorpelüberzuges, der über die sich dorsal entwickelnde Fistel abgestoßen wird. Typisch in diesem Stadium sind Stauchungs- und Zugschmerzen, „Gelenkschlottern“ und Krepitation. An Allgemeinsymptomen treten gelegentlich Fieber und Schüttelfrost auf. Bildgebende Diagnostik Im Röntgenbild lassen sich erst sehr spät Veränderungen an den Knorpelüberzügen der Gelenke nachweisen. Das Finalstadium der eitrigen Arthritis stellt im günstigsten Fall die Ankylose dar. Meist breitet sich jedoch die eitrige Gelenkinfektion auf Knochen und Sehnenscheiden aus und wird zur Pandaktylitis.
Therapie Konservative Therapie Im Anfangsstadium sollte zunächst konservativ vorgegangen werden, da nahezu jeder operative Eingriff am Fingergelenk zu einer mehr oder weniger starken Funktionseinbuße führt. Bei absoluter Ruhigstellung ist die Instillation eines Lokalantibiotikums bei gleichzeitiger hochdosierter systemischer Antibiose erwägenswert. Schink (1960) und Wachsmuth (1972) empfehlen eine Röntgenbestrahlung (25 R/Sitzung, max. 625 R). Operative Therapie Eine unverzügliche Operation ist angesagt, wenn: 1. eine Wunde sich über dem infizierten Gelenk findet, 2. bereits eine Fistel entstanden ist, 3. trotz konservativer Therapie sich lokale und allgemeine Symptomatik nicht zurückbilden.
Operation in Allgemein- oder Plexusanästhesie und Blutsperre. Quere oder runen-S-förmige Inzision über der Streckseite des Gelenks. Die Schnittführung trägt einer eventuell vorhandenen Fistel oder Wunde Rechnung, die exzidiert werden muss. Ist die Streckaponeurose über dem Gelenk nicht oder nur wenig zerstört, wird seitlich davon die Gelenkkapsel eröffnet. Ist der Schaden größer, wird die noch bestehende Brücke vollends durchtrennt. Zerstörte Knorpelteile werden mit dem Skalpell radikal abgetragen. Sind beide Gelenkflächen zerstört, werden die gelenkflächentragenden Knochenteile im Gesunden – jedoch möglichst knapp – abgetragen (oszilierende Säge, Messer besser als Luer). Die Spülung des Gelenks erfolgt
mit Betaisodona, die Approximierung der iatrogen durchtrennten Sehne mit einer Rückstichnaht, maximal zwei Rückstichnähten. Situationsnähte der Hautwinkel bei runen-S-förmigem Hautschnitt. Sind bereits größere Bezirke der gelenkbildenden Phalangen verändert, sollte man sich eher zur Amputation entschließen. Auf diese Option muss beim präoperativen Aufklärungsgespräch hingewiesen werden. Die rekonstruktiven Maßnahmen nach Ausheilung der Infektion müssen dem Ausmaß der infektiösen Destruktion bzw. der iatrogenen Sehnendurchtrennung Rechnung tragen. In der Regel wird das im Bereich des Endgelenks die Arthrodese sein. Im Mittelgelenk könnte die rekonstruktive Maßnahme eine Strecksehnenplastik (z. B. nach Matev) sein.
12.3.10 Osteitis Sie kann primär durch eine Mikroverletzung entstehen oder aber auch fortgeleitet aus einer subkutanen Infektion, einer Paronychie, selten einer Sehnenscheideninfektion. Bevorzugte Lokalisation ist das Endglied. Die Infektion befällt zunächst das Periost, an dem sich nach dessen Abhebung ein subperiostaler Abszess bildet. Thrombosierung und Kompression der Gefäße bewirken eine Ischämie der betreffenden Phalangen. Beck (1921) unterscheidet Randsequester, Sequestrierung der Diaphyse und die totale Endphalangensequestrierung.
Diagnostik Klinische Diagnostik Der Schmerz ist stärker als bei allen anderen Fingerinfektionen. Es findet sich ein zirkulärer, gleichmäßiger Druckschmerz und eine starke Schwellung, die am oft stark kolbenartig aufgetriebenen Endglied am deutlichsten ist. Im Spätstadium Fistelbildung. Bildgebende Diagnostik Eine häufige Unterlassung bei Infektionen der Finger ist die Röntgenuntersuchung. Frühe röntgenologische Zeichen können unscharfe Knochenkonturen sein. Im späteren Stadium finden sich randständige Aufhellungszonen. Der Knochen wirkt wie „angenagt“. Nach bereits wenigen Wochen können Demarkierungen erster abgestorbener Knochenbezirke erkannt werden. So haben wir nach weniger als 3 Wochen nach einer Punktion der Fingerbeere zum Zwecke der Blutabnahme bei einem 8-jährigen Kind bereits eine Sequestrierung des Nagelkranzes festgestellt. Fieber tritt nur im akuten Stadium auf.
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Literatur
Therapie Eine konservative Therapie ist nur beim jugendlichen Patienten im Anfangsstadium gerechtfertigt. Die Zäsur für die chirurgische Intervention ist – wie bei allen Infektio-
377
nen – die vor Schmerzen erste schlaflose Nacht trotz Ruhigstellung und systemischer Antibiose. Der Umfang der Operation richtet sich nach dem Ausmaß der Destruktion und kann von der Entlastung und Drainage der Weichteile über die Fistelexzision, Sequesterentfernung bis zur Amputation reichen.
12.4 Infektionen der Streckseite 12.4.1 Furunkel Der Furunkel unterscheidet sich in der Entstehungsursache, im klinischen Erscheinungsbild und in den therapeutischen Maßnahmen nicht von den Haarbalginfektionen anderer Körperregionen. Er sitzt bevorzugt an der Ulnarseite des Handrückens und der Streckseite der Fingergrundglieder und ist vor allem bei Männern zu finden, weniger bei Kindern und Frauen. Die Therapie ist vorwiegend konservativ mit Ruhigstellung auf einer Unterarmschiene, feuchtkalten Kataplasmen sowie täglichem Verbandswechsel. Auch bei erfolgter Einschmelzung keine forcierte Eiterentleerung in Form von Ausdrücken, schon gar nicht vom obsoleten „Kreuzschnitt“ aus, stattdessen tangentiales Abtragen des Eiterpfropfes.
12.4.2 Handrückenphlegmone Die Handrückenphlegmone ist in Wirklichkeit seltener als sie diagnostiziert wird. Häufig wird ein kollaterales Ödem bei der Infektion der Hohlhand oder der Interdigitalräume für eine Handrückenphlegmone gehalten. Bei der eitrigen Infektion des Handrückens findet sich immer eine Fluktuation, die bei Ödembildung nicht nachweisbar ist. Das ist ein wichtiges pathognomonisches Unterscheidungsmerkmal. Die Inzision erfolgt in Längsrichtung. Bei bilateraler Inzision sollte der Steg breit genug gewählt werden. Literatur Bailey, E.A. (1963): The infected hand. H.K. Lewis Co Ltd. Beck, H. (1921): Regeneration bei Knochenpanaritien. Langenbecks Arch Klin Chir 118: 748 Berger, A., G. Meissl (1967): Das Panaritium tendinosum und seine Spätergebnisse. Zbl Chir 96: 1505 Blümel, G., H. Millesi (1967): Zur Behandlung der eitrigen Entzündungen im Bereich der Hand. Wien Med Wschr 117: 215 Bolton, H., P.J. Fowler, R.P. Jepson (1949): Natural history and treatment of pulp space infection and osteomyelitis of the terminal phalanx. J Bone Joint Surg 31-B: 499 Brüser, P. (1993): Die Osteomyelitis im Bereich der Finger. Operative orthopädische Traumatologie 5: 60 – 67
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Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand M. Lautenbach und M. Sparmann 13.1 Einleitung 13.2 Ellenbogengelenk 13.3 Handgelenk 13.4 Fingergelenke, Beuge- und Strecksehnen
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
13.1 Einleitung Definition Der Terminus „rheumatische Erkrankung“ umfasst verschiedene Krankheiten unterschiedlicher Ätiologie. Versuche von Einteilungen richten sich nach Verläufen, ätiologischen, anatomisch-topographischen oder pathologisch-anatomischen Gesichtspunkten sowie deren Kombinationen.
Ätiopathogenese Die Ätiologie der rheumatoiden Arthritis (Synonym: chronische Polyarthritis, RA, CP) als die am häufigsten diagnostizierte chronische entzündliche Gelenkerkrankung ist bis heute nicht ausreichend sicher bekannt. Autoimmune Fehlsteuerungen werden vermutet, wobei ein Autoantigen oder ein bakterieller bzw. viraler Erreger, der eine immunologische Kreuzreaktion verursacht, bisher nicht identifiziert werden konnte. Die klinischen und röntgenologisch dokumentierbaren Verläufe sowie immunologische Parameter (z. B. HLA-B27 etc.) der verschiedenen rheumatischen Systemerkrankungen zeigen zum Teil große Unterschiede. Obwohl die pathohistologischen Befunde sich oft ähneln, ist daher eine unterschiedliche Ätiologie nicht unwahrscheinlich. Für einige Arthritiden ist hingegen eine Infektassoziation nachgewiesen worden (z. B. Lyme-Arthritis, ReiterSyndrom). Die Pathogenese der Arthritis basiert vereinfacht dargestellt auf der synovialen entzündlichen Hyperplasie und Hypertrophie (Synovialitis) – synonym aber inkorrekt als Synovitis bezeichnet (Buck-Gramcko 1998, Lluch u. Mitarb. 2001) – ausgelöst durch die Folgen der gesteigerten Permeabilität gelenknaher Blutgefäße, z. B. Ödembildung, Synoviavermehrung, Fibrinexsudation, Infiltration inflammatorisch wirksamer Zellen. Das sich entwickelnde Pannusgewebe (gefäßreiches Granulationsgewebe u. a. mit Makrophagen und Fibroblasten) nimmt von den entzündeten Recessus der Gelenkkapsel seinen Ausgang und führt zur Invasion, Unterminierung und Destruktion des Gelenkknorpels und der knöchernen Grenzlamelle/subchondralen Knochens (woraus die gelenknahe „Osteoporose“ resultiert). Zusätzlich ist die Bildung eines „Oberflä-
chenpannus“ möglich, der über die Knorpeloberfläche wächst. Der sog. „Markpannus“ (subchondrales Pannusgewebe) wächst gegen den Knorpel und führt auch zur chondralen Destruktion. Durch mechanische Beanspruchungen werden Fragmente aus dem entzündlich geschädigten Knorpel und ggf. Knochen abgelöst. Diese verursachen als „innere Noxe“ weitere Gefäßwandläsionen, was die Entstehung eines Circulus vitiosus auslösen kann. Der Einfluss von Entzündungsmediatoren, Cytokinen (am bekanntesten sind IL-1, TNFα), Wachstumsfaktoren (z. B. FGF) sowie Autoantikörpern (serologisch als Rheumafaktor bestimmt) und deren Bedeutung bei der Bildung von matrixabbauenden Enzymen wird heute als wesentlich betrachtet (Mohr 1997, Cope u. Mitarb. 1992).
Epidemiologie Die Inzidenz (Anzahl neu Erkrankter in einer Population pro Zeit) und die Prävalenz (Anzahl der Krankheitsfälle zu einem Zeitpunkt in festgelegter Population) der einzelnen rheumatischen Erkrankungen weisen große unterschiede auf. Je nach Studie werden dabei große Streubreiten beschrieben (Tab. 13.1).
Tab. 13.1
____
Häufigkeit ausgewählter rheumatischer Erkrankungen im Erwachsenenalter
Krankheit
Inzidenz/ 100.000/Jahr
Rheumatoide Arthritis
36
Psoriasisarthropathie
Prävalenz ( %) 1–2 0,1
Systemischer Lupus erythematodes
2,8
0,04
Spondylitis ankylosans
7
0,1
Polymyalgia rheumatica (4 50 Jahre)
53
0,6
Arteriitis temporalis (4 50 Jahre)
20
0,2
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13.2 Ellenbogengelenk
381
13.2 Ellenbogengelenk Definition Im Rahmen einer rheumatischen Systemerkrankung (z. B. rheumatoide Arthritis) kommt es regional zu entzündlichen Prozessen im Ellenbogengelenkbereich (z. B. Synovialis, Gefäße, Haut usw.) mit folgenden Destruktionen am Knochen, Knorpel, Kapsel-Band-Apparat, Sehnengewebe usw., die zu Schmerzen, Fehlstellungen und Funktionsverlusten führen können.
Ätiopathogenese Die Ätiologie und die Pathogenese der rheumatischen Erkrankungen des Ellenbogengelenks entsprechen den für verschiedene Gelenke des Körpers bestehenden gemeinsamen Ursachen und pathogenetischen Prozessen (s. Kap. 13.1). Die rheumatischen Veränderungen am Ellenbogengelenk müssen unter Berücksichtigung der funktionellen Einheit von distalem Humerus, proximalem Radius, proximaler Ulna und dem umgebenden Kapsel-Band-Apparat sowie der gelenknahen und gelenküberschreitenden Sehnen der Beuge- und Streckmuskulatur des Gelenks beurteilt werden. Die Folgen der rheumatischen Erkrankung betreffen daher in der Regel nicht nur einzelne Anteile des Gelenks, sondern alle Strukturen dieser Region. Die Gesamtheit der Läsionen muss also bei der Diagnostik des Ellenbogengelenks beachtet werden. Die synoviale Proliferation führt am Ellenbogengelenk zu Kapseldeformierungen, knöchernen Erosionen und Läsionen des Bandapparates sowie des Knorpels. Die dem Ellenbogengelenk benachbarten Nerven zeigen häufig typische Folgen entzündlicher Läsionen. Dies kann durch knöcherne und weichteilige Kompressionen von Gelenkanteilen oder durch andere, synovial proliferierte Strukturen im Nervenverlauf resultieren. Aufgrund der Funktion als Gelenk, das die Bewegung der Hand zu Kopf und Rumpf ermöglicht, kommt der Beweglichkeit des Ellenbogengelenks zum Erhalt der selbständigen Alltagsversorgung (z. B. Essen, Trinken, Körperhygiene usw.) eine besondere Bedeutung zu (Mohing u. Franke 1983).
Epidemiologie Die Häufigkeit von Ellenbogengelenkbeteiligungen im Rahmen der rheumatoiden Arthritis werden in der Literatur in Abhängigkeit von der Dauer der Erkrankung zwischen 33,3 und 72 % (im Durchschnitt 14 Jahre nach Erkrankungsbeginn) angegeben. Als Primärmanifestation der Arthritis wird der Ellenbogen mit 2 – 3 % genannt. Meist zeigen sich Symptome der rheumatischen Veränderungen erst 11 – 15 Jahre nach Beginn der Erkrankung. Einige Autoren beschreiben, dass bei männlichen Patienten das Ellenbogengelenk früher als bei weiblichen Symptome
entwickelt (Gschwend 1986, Hämäläinen 1995, Mohing u. Franke 1983, Simmen u. Gschwend 1995).
Klassifikation Eine Einteilung des Verlaufs der rheumatischen Destruktion des Ellenbogengelenks kann zwischen eher stabilen, ankylosierenden (häufiger bei juveniler RA) und eher instabilen, mutilierenden Formen unterscheiden. Die Ausprägung der Veränderungen ist dabei besonders durch das Ausmaß der Krankheitsaktivität (d. h. die entzündlich-proliferative Komponente) beeinflusst (Mohing u. Franke 1983). Die gebräuchlichste Einteilung der Röntgenveränderungen des rheumatischen Ellenbogengelenks anhand von Standardröntgenbildern (Referenztafeln) erfolgt nach Larsen u. Mitarb. (1977): 쐌 Stadium 0: keine Veränderungen, 쐌 Stadium I: geringe Röntgenveränderungen mit periartikulären Weichteilschwellungen, periartikulärer Osteoporose, Gelenkspaltverschmälerung, 쐌 Stadium II: Frühveränderung des Röntgenbildes mit Erosionen, Gelenkspaltverschmälerung, 쐌 Stadium III: mittelgradige Destruktion mit starken Erosionen, ausgeprägten Gelenkspaltverschmälerungen, 쐌 Stadium IV: starke Destruktion mit starken Erosionen und Gelenkspaltverlust, 쐌 Stadium V: mutilierende/ankylosierende Veränderungen mit Verlust der Gelenkflächen. Im amerikanischen Sprachraum wird auch die „American Rheumatism Association Modified Classification of X-Ray Involvement“ zur Beschreibung der Röntgenstadien genutzt (Tab. 13.2) (Ferlic 1993). Im Gegensatz zu anderen Gelenken korreliert am Ellenbogengelenk häufig das Ausmaß der im Röntgenbild darstellbaren Destruktion mit den klinischen Symptomen Schmerz und Instabilität. Die Röntgenstadien bilden somit die Grundlage (unter Beachtung der Klinik) zur Festlegung des therapeutischen Procedere (Simmen u. Gschwend 1995).
Tab. 13.2
____
American Rheumatism Association Modified Classification of X-Ray Involvement
Stage I
Osteoporosis
Stage II
Slight subchondral bone or cartilage destruction, osteoporosis
Stage IIIA
Cartilage and bone destruction with joint deformity, joint space not completely lost
Stage IIIB
Total loss of joint space in one view
Stage IV
Total loss of joint space in two views or fibrous or bony ankylosis
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
Diagnostik Klinische Diagnostik Zu Beginn der rheumatischen Erkrankung stehen meist die Beschwerden im Bereich anderer Gelenke im Vordergrund. Schmerz und Bewegungsverlust im Ellenbogengelenkbereich können lange durch die Funktion der Nachbargelenke (Schulter und Hand) kompensiert werden. Neben der Erfassung der Anamnese und der allgemeinen körperlichen Untersuchung des Rheumapatienten, sollte daher bei Beschwerden im Ellenbogengelenkbereich die gesamte Gliederkette der oberen Extremität mit dem Schultergürtel den Untersuchungsschwerpunkt bilden. Die Manifestation am Ellenbogengelenk macht sich fast immer primär durch eine oft schon sichtbare Schwellung im Bereich des Radiuskopfes bemerkbar. Schwellungen können aber besonders auch die Fossa olecrani, den humeroradialen Gelenkanteil (vor allem Bereich des Caput radii) und die Bursa olecrani betreffen (Abb. 13.1). Die typische Lokalisation von Rheumaknoten betrifft die Streckseite des Ellenbogengelenks. Nach Böni (1970) sind diese bei 2 – 20% der Patienten besonders über der dorsalen, proximalen Ulna lokalisiert. Bei der Umwendbewegung des Unterarmes ist über dem Radiuskopfbereich oft das typische Bewegungsreiben tast- und hörbar. Der Bewegungsverlust betrifft meist initial die Extension (Synovialgewebe in der Fossa olecrani) und die Supination. Im Verlauf gehen auch die weiteren Bewegungsausmaße zurück, wobei Flexionsverluste lange toleriert werden, da bei einer verbleibenden Flexionsfähigkeit von 110 – 120° die meisten Alltagsaktivitäten (Es-
sen, Gesicht erreichen, Hygiene etc.) verrichtet werden können. Während die juvenile rheumatoide Arthritis häufiger in einer Ankylose des Ellenbogengelenks in Streckstellung münden kann, ist dies bei der rheumatoiden Arthritis in einem späteren Manifestationsalter und bei vielen anderen Arthritiden selten. Hier bleibt meist ein schmerzhafter Bewegungsumfang von ca. 30° erhalten. Besonders bei mutilierenden Formen ist aber die Entwicklung von ausgeprägten Instabilitäten durch Destruktion der ossären Gelenkpartner und des Kapsel-Band-Apparates möglich (sog. Schlottergelenk) (Mohing u. Franke 1983). Instabilitäten (besonders bei körperlich aktiven Patienten als beeinträchtigend empfunden), Schmerzen und Nervenkompressionssymptomatiken (meist N. ulnaris z. B. aufgrund von Druck durch Synovialitis mit Kapselwölbung, Osteophyten, Verwachsungen, Instabilität bei Destruktion des Halteapparates) führen letztendlich zum Therapiewunsch beim Patienten. Labordiagnostik
Serologie. Die Laboruntersuchung bei rheumatischen Erkrankungen des Ellenbogengelenks sollte wie bei allen Manifestationsorten die allgemeine Serologie und Entzündungsparameter (z. B. Blutsenkungsreaktion, C-reaktives Protein, Hb, Hk, Leukozyten, Serumeisen, Harnsäure, Blutzucker etc.) und ggf. spezielle laborchemische Tests (z. B. ASL-O-, ASTA-Titer, Komplementfaktoren, ANA, AMA, HLAAssoziationen, Rheumafaktoren, Infektserologie, Immunelektrophorese etc.) umfassen. Zu beachten ist dabei, dass röntgennachweisbare und ggf. auch klinisch auffällige progrediente Destruktionen des Gelenks nicht immer von Auffälligkeiten dieser Laborwerte begleitet werden („dissoziative Entkoppelung“). Synoviaanalyse. Die Punktion mit Flüssigkeitsgewinn kann zum Nachweis von Erregern oder Kristallen führen, sowie über die Anzahl von enthaltenen Zellen zur Differenzialdiagnostik beitragen. Bildgebende Diagnostik
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6
4
Abb. 13.1 Typische Lokalisationen der Synovialitiden und Bursitiden im Bereich des Ellenbogengelenks. 1 ventrale Synovialitis 2 dorsale Synovialitis 3 intraartikuläre Synovialitis 4 Bursitis olecrani 5 intraossäre Zysten 6 Synovialitis im Bereich des Radiushalses u. Lig. anulare radii 7 Kubitalzyste
Röntgen. Die standard Röntgendarstellung des Ellenbogengelenks erfolgt in 2 Ebenen. Bei besonderen Fragestellungen (z. B. Kubitaltunnel) kann die axiale Aufnahme notwendig sein. Eine Aufnahme unter Belastung zur Dokumentation einer Instabilität ist möglich. Nach Dihlmann (1985) lassen sich Kriterien beschreiben, die Zusammen das Röntgenbild der Arthritis des Ellenbogengelenks („Arthritismosaik“) darstellen können (Tab. 13.3). Das proximale Radioulnargelenk und das ulnare Gelenkkompartiment weisen oft früh Erosionen im Röntgenbild auf. Besonders die radialen Anteile des Radioulnargelenks zeigen häufig Usurierungen, Randanbauten und zystische Veränderungen. Früh sind oft auch Randzacken an der Ulna nachweisbar. Der Gelenkspalt ist dann meist schon vermindert. Bei länger bestehender Arthritis sind in der Regel auch in anderen Gelenkanteilen arthritische Zeichen darstellbar. Ausgeprägte Destruktionen mit
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13.2 Ellenbogengelenk
Tab. 13.3
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383
Beschreibung der Zeichen der Röntgenmorphologie bei Arthritiden (Dihlmann 1985)
Arthritische Weichteilzeichen
artikuläre und periartikuläre Volumenzunahme durch Gelenkerguss, peri-/ intraartikuläres Ödem, Synovialisproliferation
Arthritische Kollateralphänomene
subchondrale Kalksalzreduktion („Osteoporose“)
Arthritische Direktzeichen
쐌 gleichmäßige (meist reaktionslos, d. h. ohne osteophytäre Anbauten, subchondrale Spongiosaverdichtung) Gelenkspaltverschmälerung 쐌 Erweiterung des röntgenologischen Gelenkspaltes bei inkompressiblem Erguss 쐌 Pseudoerweiterung des Gelenkspaltes durch marginale Resorption 쐌 Entkalkung, Abbau, Verlust der subchondralen Grenzlamelle 쐌 Erosion 쐌 Destruktion 쐌 arthritische Mutilation (arthritische Verstümmelung) 쐌 arthritische Dissektion (Sequester) 쐌 arthritische Begleit-/Signalzyste 쐌 arthritische Deviation, Subluxation, Luxation
Abb. 13.2 Röntgenbild einer Destruktion des Ellenbogengelenks mit ausgeprägten Knochendefekten bei einer seit 20 Jahren bestehenden rheumatoider Arthritis.
Abb. 13.3 Destruktion des Ellenbogengelenks, seitliche Aufnahme (Pat. von Abb. 13.2).
Abb. 13.4 Rheumatoide Arthritis. Sonographie einer ventralen Synovialitis im Humeroradialgelenkbereich. 1 Humerus 2 Radiuskopf 3 Synovialis 4 Vorlaufstreckenartefakt
umfassenden Knochendefekten können nach längeren Verläufen darstellbar sein (Abb. 13.2 u. 13.3) (Mohing u. Franke 1983). Am Ellenbogengelenk ist aber auch zu beachten, dass die klinische Symptomatik häufig, aber nicht immer mit den Röntgenbefunden korreliert (Hämäläinen 1995, Simmen u. Gschwend 1995).
Die Klassifikation der Röntgenveränderungen des rheumatischen Ellenbogengelenks anhand von Standardröntgenbildern (Referenztafeln) kann nach Larsen u. Mitarb. (1977) erfolgen.
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
Sonographie. Die besondere Wertigkeit der Sonographie des Ellenbogengelenks liegt in der Darstellung von intrabzw. periartikulären Weichteilveränderungen und Flüssigkeiten. Die hypertrophe Synovialis und Gelenkergüsse führen entsprechend einer „Vorlaufstrecke“ zur besseren Abbildung von anatomischen Strukturen. Unterscheidungen zwischen Synovialitiden, Peritendinitiden (Bizepssehne), Bursitiden und Ergüssen sowie deren räumliche Zuordnungen sind in der Regel möglich. Knöcherne Läsionen des Ellenbogengelenks sind hingegen nicht vollständig erfassbar. Bevorzugt im Bereich des Radiuskopfes (Abb. 13.4), der Trochlea humeri und des Capitulum humeri lassen sich aber sonographisch Oberflächendefekte des Knochens mit Basisreflexionen abbilden. Ergüsse stellen sich echoarm mit sog. dorsaler Schallverstärkung (Artefakt) und ggf. mit aufgespannter Gelenkkapsel dar. Synovialitiden (echoarm) können sonographisch in grob- und feinvillöse Formen unterschieden werden. Diese intraartikulären Strukturen und Ergüsse lassen sich besonders im humeroradialen (Radiuskopf), humeroulnaren (Fossa coronoidea) und dorsalen Gelenkanteil (Fossa olecrani) darstellen. Sonographisch lässt sich die Bursitis olecrani echoarm (oft mit eingelagerten echoreicheren Formationen als Zeichen der Fibrin- und Detritusinhalte) in der Regel mit Verbindungsgang zum Gelenk in 2 Ebenen abbilden (Abb. 13.5). Ventral können sog. Kubitalzysten meist mit Verbindung zum Gelenkbinnenraum auch echoarm dargestellt werden. Diese entstehen bevorzugt distal-ventral des Radiuskopfes als Erweiterung des ventralen Rezessus. Eine Differenzialdiagnose zwischen Bursa, Zyste und Rheumaknoten kann – falls notwendig – sonographisch sicher erfolgen (Harland u. Sattler 1991).
CT, MRT, Szintigraphie. Eine generelle Notwendigkeit zur Durchführung dieser diagnostischen Verfahren bei der rheumatischen Erkrankung des Ellenbogengelenks besteht nicht. Eine Indikation für die Durchführung von CT und MRT kann aber bei speziellen differenzialdiagnostischen Fragen gegenüber anderen Erkrankungen (z. B. Raumforderungen im ellenbogengelenknahen Bereich) und ggf. bei speziellen Fragestellungen der präoperativen Planung (z. B. vor Einbringen von Implantaten) bestehen. Die Szintigraphie kann bei unklaren Arthritiden typische Befallsmuster verschiedener Gelenke abbilden und vor der Radiosynoviorthese die entzündliche Aktivität im Ellenbogengelenk darstellen. Elektrophysiologische Diagnostik. Die Durchführung einer Elektromyographie und die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit sollte bei dem klinischen Verdacht eines Nervenengpasssyndroms bzw. einer Nervenläsion im ellenbogengelenknahen Bereich (am häufigsten im Sulcus ulnaris, aber auch des proximalen N. radialis [N. interosseus posterior] und N. medianus) erfolgen.
Differenzialdiagnose Differenzialdiagnostisch sollten Arthritiden des Ellenbogengelenks bei anderen rheumatischen Erkrankungen als der RA unterschieden werden. Die Gichtarthritis kann auch im Bereich des Ellenbogens manifest werden. Bei der Psoriasisarthropathie und dem Morbus Reiter soll eine typische Periostreaktion feststellbar sein (Dihlmann 1985). Zusätzlich müssen Infektarthritiden und Arthrosen von den chronisch entzündlichen Systemerkrankungen unterschieden werden (Dihlmann 1985, Mohing u. Franke 1983).
Therapie Konservative Therapie Die interdisziplinäre Therapie des Rheumapatienten ist unter Einbindung von Ärzten, Physio- und Ergotherapeuten, Sozialdiensten, der Rheumaliga etc. notwendig. Krankengymnastik und Ergotherapie sollen die Ellenbogenbeweglichkeit erhalten und vor allem nach therapeutischen Maßnahmen wiederherstellen, sowie durch das Anpassen von Hilfsmitteln die Alltagstätigkeiten erleichtern.
Abb. 13.5 Sonographie einer Bursitis olecrani bei rheumatoider Arthritis. 0 Olekranon 1 Bursa 2 Vorlaufstreckenartefakt
Medikamentöse Therapie. Diese sollte dem in der medikamentösen Therapie rheumatischer Erkrankungen erfahrenen Arzt vorbehalten bleiben. Ein Abwägen von notwendigen Medikamenten, Dosierungen und unerwünschten Wirkungen unter genauer klinischer, laborchemischer und röntgenologischer Kontrolle ist nötig. Im Rahmen dieses Kapitels sollen daher nur die Medikamentengruppen als Überblick eine Erwähnung finden. Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR, NSAIDS) und Cortikoide beeinflussen nicht die Aktivität der rheumatischen Erkrankung. Besonders die NSAR stellen die Mittel der ersten Wahl dar. Die Kombination mit den sog. Basis-
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13.2 Ellenbogengelenk
therapeutika (synonym: Disease Modifying AntiRheumatic Drug, DMARD), die im Verlauf zur Suppression oder Ausschaltung pathogenetischer Krankheitsursachen und somit der Krankheitsaktivität führen sollen, wird häufig durchgeführt. Das früher übliche allgemeingültige Durchlaufen eines starren Stufenschemas der Basistherapeutika gilt heute nicht mehr. In Fällen hoher Entzündungsaktivität und rascher Progredienz können auch frühzeitig hochpotente Substanzen zum Einsatz kommen. Seit einiger Zeit wird das Methotrexat (MTX) besonders häufig als Basistherapeutikum eingesetzt, da es aufgrund günstiger Wirksamkeits-/Nebenwirkungsverhältnisse auch im Langzeitverlauf zu wenig Therapieabbrüchen führt. Die „neueren“ Basistherapeutika/Biologika (z. B. Leflunomid (Arava), Etanercept (Enbrel) etc.) scheinen neue medikamentöse Wege der Therapie rheumatischer Erkrankungen zu eröffnen. Aufgrund ihres komplexen Eingriffs in die körperliche Immunität ist aber eine besondere Vorsicht angemessen. Erste Beschreibungen von ausgeprägten Nebenwirkungen auf Organsysteme, systemischen Infektionen und Infektionen mehrerer Gelenke unter Einsatz dieser Medikamente liegen schon vor (Sparmann u. Mitarb. 2002). Ein Einsatz sollte daher nur erfolgen, wenn andere Basistherapeutika wirkungslos sind bzw. nicht gegeben werden können. Analgetika sind Adjuvanstherapeutika und werden nur in Ausnahmefällen alleine eingesetzt (Bongartz u. MüllerLadner 2002, Choi 2002). Die intraartikuläre Injektion von Corticoiden ist vor allem indiziert, wenn durch systemische medikamentöse Maßnahmen sowie lokale physikalische Anwendungen kein ausreichender Effekt erzielt wird und die klinischen Beschwerden des Ellenbogengelenks weiter führend sind. Besondere Beachtung müssen aseptische Maßnahmen finden, um iatrogene Infektionen zu vermeiden.
Synoviorthese. Das Ziel ist der Rückgang der proliferierten Synovialis durch Instillation der nekrotisierenden Noxe. Die Indikation zur Synoviorthese besteht somit bei der Synovialitis mit Beschwerden bei erfolgloser medikamentöser Therapie, wenn (noch) keine operative Behandlung erfolgen soll. Die chemische Synoviorthese (z. B. Natriummorrhuat, Osmiumsäure) wird heute seltener angewendet, da in der Literatur eine Schädigung am Gelenkknorpel und Resynovialitiden häufig beschrieben wurden (Mitchell u. Mitarb. 1973). Nur wenige Arbeitsgruppen halten die Effektivität und die Langzeitergebnisse für zufriedenstellend. Die Radiosynoviorthese (RSO) des Ellenbogengelenks wird meist durch Injektion von 186Rhenium durchgeführt. Dieser Beta- und Gammastrahler hat eine maximale Gewebereichweite von 3,7 mm. Die physikalische Halbwertszeit beträgt 3,7 Tage. Initial kommt es zur Nekrose der Synovialis, vor allem im Bereich der Oberflächenzellschicht mit Entzündungsreaktion und folgender Fibrosierung. Eine neue Synovialmembran mit der Fähigkeit zur Bildung von Synovia kann aber wieder aufgebaut werden. Viele Autoren empfehlen vor der RSO die Durchführung
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einer Arthrosonographie und einer Szintigraphie, um Injektionen bei geringer entzündlicher Aktivität zu vermeiden und um die Größe des Gelenkraumes beurteilen zu können (Mödder 1995, Müller u. Mitarb. 1974). Als Nebenwirkungen werden die Strahlensynovialitis, Gewebenekrosen (vor allem bei nicht kompletter intraartikulärer Injektion), Knorpelschäden, Malignome und chromosomale Schäden beschrieben. Kontraindikationen sind somit Schwangerschaft, Laktation und die Anwendung bei Kindern. Eine Altersgrenze von 5 35 Jahren wird oft genannt. Bei ausgeprägter Kubitalzyste sollte keine Radiosynoviorthese erfolgen. Die besten Ergebnisse nach RSO finden sich in den Stadien LDE 0 –I (II). Die Kombination der RSO ca. 6 Wochen nach einer operativen (offen oder arthroskopisch) Synovialektomie kann vor allem bei ausgeprägten Synovialitiden erfolgversprechend sein. Operative Therapie Die Indikation zu operativen Behandlungen besteht bei Schmerzen, Schwellungen, Instabilitäten, Bewegungsverlusten oder schnellerer, röntgenologisch nachgewiesener Progredienz der Destruktionen im Bereich des Ellenbogengelenks trotz ausreichend langer (> 6 Monate), adäquater medikamentöser Therapie. Besonders intraossäre Zysten im Bereich des Olekranons und Kapitulums sind zu beachten, da Stressfrakturen hier häufig große therapeutische Herausforderungen darstellen können (s. Abb. 13.1). Bei akuten Beschwerden durch Nervenkompressionen oder Sehnenrupturen ist eine operative Therapie früher indiziert. Frühe, gelenkerhaltende Eingriffe am Ellenbogengelenk haben bessere Ergebnisse als späte, erhaltende oder rekonstruktive Maßnahmen (Souter 1995).
Synovialektomie. Die Wertigkeit der Synovialektomie (Entfernung der Gelenkschleimhaut [Synovialis], synonym aber inkorrekt auch als Synovektomie bezeichnet, BuckGramcko 1998, Lluch u. Mitarb. 2001), wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Nach Gschwend 1989 führt die Synovialektomie des Ellenbogengelenks in erster Linie zur Verzögerung rekonstruktiver Eingriffe. Obwohl eine (zumindest zeitweilige) Verbesserung der Schmerzsituation, Bewegungsumfänge und Schwellungen durch diesen Eingriff unbestritten ist, haben viele neuere Studien gezeigt, dass die Synovialektomie den natürlichen Verlauf des Fortschreitens der Gelenkdestruktionen nicht verbessern und auch eine im postoperativen Röntgenbild darstellbare Progression der Gelenkveränderungen resultieren kann (Souter 1995). Im Gegensatz zu weiten Bereichen des angloamerikanischen Sprachraumes wird im deutschsprachigen Raum die Frühsynovialektomie, also die Entfernung der entzündlich veränderten Synovialis bevor Schäden an Knorpel, Knochen, Kapsel oder Bandapparat vorliegen, meist befürwortet, da sie die größten Erfolgsaussichten haben soll (Gohlke 2002, Souter 1995). Nicht zuletzt aufgrund der besseren Wirksamkeit der medikamentösen Therapien und der besseren Endoprothesen berichten aber die meisten rheumachirurgischen Zentren im
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
deutschsprachigen Raum über deutlich rückläufige Frequenzen dieser Operationen. Die Indikation zur Synovialektomie besteht vor allem in Stadien mit geringer Ausprägung der Gelenkdestruktion bei Aktivität der lokalen Symptomatik (6 Monate bei adäquater Medikation) und/oder erfolgloser Synoviorthese (Souter 1995). Die arthroskopische Synovialektomie ist als weniger radikal als die offenen Maßnahmen zu werten, da die Synovialis im Bereich des Radiushalses distal des Lig. anulare und die direkt dem Sulcus ulnaris anliegenden Synovialisanteile nicht entfernt werden können. Zusätzlich kann der Eingriff bei ausgeprägten Synovialitiden aufgrund geringerer Übersicht erschwert sein. In den Stadien LDE 0 –I kann aber die Indikation zum arthroskopischen Vorgehen gegeben sein, wenn durch die Synoviorthese oder Corticoidinstillation kein Erfolg erreicht werden kann. Eine Kombination mit der RSO ca. 6 Wochen nach dem operativen Eingriff verspricht längerfristige Erfolge (Schmidt u. Miehlke 1994). Die alleinige offene Synovialektomie kann im Röntgenstadium LDE (0)I bei ausgeprägt proliferativen Synovialitiden zur Anwendung kommen. Während in diesem Stadium der Radiuskopf meist erhalten werden kann, ist die Resektion des Caput radii bei sichtbaren Destruktionen und Inkongruenzen, wie sie schon im Stadium LDE II und III vorliegen können, oft zusammen mit der Synovialektomie nötig. Diese Resektion sollte möglichst sparsam erfolgen (vor allem unter Erhalt des Lig. anulare). Ein eventueller Stabilitätsverlust bei Radiuskopfresektion mit auch entsprechenden Auswirkungen auf das radioulnare Gefüge bis zum distalen Radioulnargelenk ist zu bedenken. Der Ersatz des Radiuskopfes (z. B. durch Silastikprothesen) hat sich beim rheumatischen Ellenbogengelenk nicht bewährt. Die erweiterte Synovialektomie des Ellenbogengelenks nach Stellbrink (1972) umfasst neben der Resektion des Radiuskopfes die Abtragung von Osteophyten im Bereich des Processus coronoideus und des Olekranons. Sie soll nach Angaben einiger Arbeitsgruppen auch in Stadien mit ausgeprägteren Destruktionen noch gute Ergebnisse, besonders bei schlechten Bewegungsausmaßen des Gelenks, erreichen lassen (Ferlic 1993, Niehaus u. Staudte 1990).
Operationstechnik (offen): Radiale und ulnare Zugänge werden von den meisten Arbeitsgruppen favorisiert. Ventrale und dorsale Zugänge sowie Kombinationen werden auch beschrieben. Meist wird mit der Synovialektomie des radialen Gelenkkompartimentes begonnen. Besonders bei straffem Bandapparat ist eine weitere Inzision zu empfehlen, um eine möglichst radikale Entfernung der Synovialis zu ermöglichen. Der Eingriff erfolgt in Blutleere. Die radiale Hautinzision beginnt bei der Synovialektomie proximal des Epicondylus lateralis humeri und verläuft über den Radiuskopf nach distal. Die Faszie wird dann zwischen dem M. exten-
sor carpi ulnaris und M. anconeus gespalten. Die darunter liegende Kapsel kann danach eröffnet werden. Eine Erweiterung unter Ablösung des radialen Seitenbandes ist möglich. Die ulnare Inzision kann ventral oder dorsal des Epicondylus medialis humeri erfolgen. Nach Mobilisation des N. ulnaris kann die Eröffnung des Ellenbogengelenks durch partielle Ablösung der Unterarmbeuger vom Epicondylus oder durch Osteotomie des Epicondylus erfolgen. Während der dorsale Zugang bei der Synovialektomie hilfreich sein kann, ist der ventrale Zugang in der Regel zur Arthrolyse bzw. Entfernung von Gelenkkörpern und weniger zur Synovialektomie geeignet.
Resektions-Interpositions-Arthroplastik (RIAP). Während früher die RIAP häufiger durchgeführt wurde, wird diese Indikation heute aufgrund besserer Erfahrungen mit den Endoprothesen in vielen Kliniken seltener gestellt. Die Indikation besteht bei stark fortgeschrittenen Destruktionen mit Bewegungsverlusten im Ellenbogengelenk bei erhaltener Stabilität (LDE IV und V). Eine Instabilität des Gelenks wird von vielen Autoren als Kontraindikation gewertet. Verschiedene Techniken sind für das Ellenbogengelenk beschrieben (z. B. Hass 1930). Deckungen der angefrischten, verkleinerten Gelenkstrukturen mit lyophylisierter Dura, Trizepssehne, Fascia lata oder Kutis werden genannt. Als Vorteile gegenüber der Alloarthroplastik wird der Verzicht auf Fremdmaterial und somit das Fehlen von Lockerungen oder Materialinfektionen beschrieben. Häufig soll nach Angaben einiger Arbeitsgruppen keine anhaltende Schmerzfreiheit bestehen, Bewegungsverluste zunehmen und eine schmerzhafte Instabilität progredient werden können (Ferlic 1993, Gschwend 1968, Rüther u. Mitarb. 1994, Simmen u. Gschwend 1995, Souter 1973, Thabe u. Tillmann 1983). Alloarthroplastik. Die Indikation zum Gelenkersatz besteht als rekonstruktive Maßnahme in den fortgeschrittenen Stadien (LDE IV und V) der röntgendarstellbaren Destruktion. Bei Instabilitäten mit Destruktion (LDE V) ist die Endoprothese die Therapieform der Wahl. Die knöchernen Substanzen sind bei Patienten mit Rheuma oft schlecht. Die Verankerung von Implantaten wird dadurch erschwert. Hemialloarthroplastiken werden heute am Ellenbogengelenk nicht mehr genutzt. Ellenbogengelenkprothesen können in sog. linked-Prothesen, basierend auf dem Scharnierprinzip und sog. non-linked-Prothesen, die einen Gelenkflächenersatz imitieren, eingeteilt werden. Neben gekoppelten (constrained) und teilgekoppelten (semiconstrained) Systemen, sind ungekoppelte Gelenkersatzformen (unconstrained) entwickelt worden (Tab. 13.4). Die Systeme werden in der Regel im Humerus und der proximalen Ulna zementiert (Abb. 13.6 a u. b). Vor der Implantation einer Prothese sind die Weichteile am Ellenbogen besonders zu beachten. Infektionen und die, bei Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung nicht selte-
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13.2 Ellenbogengelenk
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Tab. 13.4
Typen von Ellenbogengelenkprothesen (Auswahl)
Non-constrained
Semi-constrained
Constrained
Ewald capitellocondylar
Coonrad-Morrey
Coonrad I
Gunston
DEE IV
Dee
Kudo
GSB III
McKee
Mayo
St. Georg-Bucholz
Schiers
Souter-Strathclyde
Triaxial
nen, Voroperationen dieser schon anatomisch bedingten schwierigen Weichteilsituation können zur Kontraindikation für die Implantation einer Alloarthroplastik führen. Der Eingriff ist als anspruchsvoll bezüglich der Operationstechnik und Nachbehandlung zu werten. Im Vergleich zu Endoprothesen in anderen Regionen des Körpers wird in der Literatur über hohe Lockerungsraten bei allen Typen des Ellenbogenersatzes, besonders aber bei gekoppelten Scharnierprothesen berichtet. Bei rekonstruktiven Eingriffen sind dann häufig große Knochendefekte zu behandeln (Alnot u. Mitarb. 2000, Gallagher 2000, Simmen u. Gschwend 1995, Stanley u. Gidden 2000).
Operationstechnik: Verschiedene Zugänge werden von den jeweiligen Entwicklern der Prothesen beschrieben. Rücken-, Seit- und Bauchlagen des Patienten sind möglich. Wesentlich ist, dass eine größtmögliche Bewegungsfrei-
heit des Gelenks vorliegt, um die Knochenoberflächen vorzubereiten und die Reposition nach Prothesenimplantation durchführen zu können. Dorsale und posterolaterale Zugänge zum Gelenk werden unter transtrizipitalem Vorgehen (proximale, longitudinale Spaltung des Streckapparates und distale Ablösung mit dünnen knöchernen Anteilen der Ansätze an der proximalen Ulna), Bildung eines distal oder proximal gestielten Trizepssehnenlappens, der Osteotomie der proximalen Ulna etc. meist empfohlen. Auch laterale Zugänge sind möglich. In der Regel erfolgt die Mobilisation des N. ulnaris. Seine Verlagerung ist nicht obligat. Die Synovialektomie und Radiuskopfresektion erfolgt vor der Zurichtung des Prothesenlagers. Nach der Zementierung der Prothesenteile und Reposition erfolgt die Rekonstruktion des Streckapparates.
Arthrodese. Die Ellenbogengelenkversteifung führt zur ausgeprägten Behinderung des Armes im Alltag. Die Indikation wird daher nur ausgesprochen selten, wie z. B. bei anderweitig nicht beherrschbaren Infektionen des Gelenks, gestellt und ist somit eine Seltenheit. Weitere operative Maßnahmen. Typische operative Maßnahmen am rheumatischen Ellenbogengelenk sind die Bursektomie, die Entfernung von störenden Rheumaknoten oder Knoten, die ein Risiko der Hautperforation haben sowie die Dekompression mit Verlagerung des N. ulnaris bei entsprechender klinischer Symptomatik und EMG-Veränderung (Abb. 13.7) (Ferlic 1993).
b Abb. 13.6 a u. b Röntgenbilder eines Ellenbogengelenkersatzes Typ GSB III bei rheumatoider Arthritis (6 Jahre nach Implantation).
a
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
nach Autor 2 – 43 %) beschrieben (Gallagher 2000, Simmen u. Gschwend 1995, Souter 2000).
Ergebnisse
Abb. 13.7
Bursitis olecrani bei rheumatoider Arthritis.
Nachbehandlung Der Nachbehandlung kommt bei allen Eingriffen im Bereich des Ellenbogengelenks besondere Bedeutung zu. Physikalische und medikamentöse Maßnahmen zur Reduktion des Schwellungszustandes müssen direkt postoperativ beginnen. In der Regel sollte nach dem Entfernen der Redondrainagen (24 – 48 Stunden postoperativ) eine frühfunktionelle Nachbehandlung angestrebt werden. Dies geschieht anfangs als geführte Bewegungen, später auch aktiv. Die Lagerung in Schienen in wechselnden Beugestellungen des Gelenks (Streckung, 90° Beugung, maximale Beugung) unterstützt diese Behandlung je nach Eingriff und präoperativen Zustand in den ersten 2 – 4 Wochen postoperativ. Die CPM-Schiene (continuing passive motion) kann die Mobilisation erleichtern. Eine weitergehende krankengymnastische und physikalische Nachbehandlung (Elektrotherapie etc.) ist in der Regel nötig.
Komplikationen Durch eine bestehende Vaskulitis und immunsupprimierende Medikationen sowie Aufgrund des geringen Weichteilmantels und der häufig schlechten Knochenqualität im Ellenbogengelenkbereich beim Patienten mit rheumatischen Erkrankungen besteht ein besonderes Risiko für postoperative Infektionen und Wundheilungsstörungen. Beschwerdepersistenz, Materiallockerungen und Zunahmen von Beschwerden in benachbarten Gelenken sind möglich. Ein begleitender Diabetes mellitus (auch steroidinduziert) kann dieses Risiko noch erhöhen. Der postoperativen Überwachung unter anfänglich stationären Bedingungen kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Komplikationen bei Implantationen von Ellenbogengelenkprothesen wie Läsionen des N. ulnaris und N. radialis, Trizepssehnenrupturen, Infektionen, Wundheilungsstörungen, Instabilitäten, Entkopplungen, Luxationen und periprothetische Frakturen werden in der Literatur häufig (je
Der chronische, meist schubartige Verlauf bedarf einer dauerhaften optimalen medikamentösen Therapie. Überwiegend erfolgen operative Therapien erst in späten Stadien der Erkrankung mit meist schon ausgeprägten Destruktionen des Ellenbogengelenks und somit auch schlechterer Ausgangslage. Operative Maßnahmen, die zu einem früheren Zeitpunkt unter Berücksichtigung des natürlichen Verlaufes der rheumatischen Erkrankung des Gelenks erfolgen, haben deutlich besserer Ergebnisse bei kürzeren Rehabilitationszeiten (Souter 1995). Insgesamt werden von den meisten rheumachirurgisch tätigen Zentren eher niedrige Frequenzen von operativen Eingriffen an Ellenbogengelenken beschrieben. Vainio (1968) berichtete von einer Zunahme dieser Eingriffe von 1964 – 1965 von 6,6 auf 15,8 %. Gschwend u. Steiger (1986) gaben an, ca. 3 % und Dinges (1997) ca. 4,7 % aller operativen Therapien an Ellenbogen durchzuführen. Auch die eigenen Zahlen entsprechen diesen Anteilen. Die klinischen Erfolgsraten der Synoviorthese (bezüglich Schmerzen, Bewegungsumfang und Schwellungen) werden in der Literatur mit bis zu 70% in frühen Stadien angegeben. In späteren Stadien sind die Ergebnisse erheblich schlechter. Die Synovialektomie führt zur Verbesserung des Bewegungsumfanges des Ellenbogengelenks, vor allem der Pround Supination. Viele Studien belegen besonders am Ellenbogengelenk eine nach der Synovialektomie mit Radiuskopfresektion anhaltende Reduktion von Schmerzen (eventuell bedingt durch Denervierungseffekt) und Schwellungen bei subjektiver Patientenzufriedenheit, obwohl eine radiologisch darstellbare Progression im Verlauf nicht verhindert werden kann. Gründe hierfür sollen in schon manifesten Knorpelschäden, eingeleiteten Vorgängen der Apoptosen von Knorpelzellen oder in einer mangelnden Radikalität des Eingriffs liegen (Ferlic 1993, Souter 1995). Gschwend u. Steiger (1986) berichteten über die Entwicklung von schmerzhaften Instabilitäten nach RIAP in der modifizierten Technik nach Hass bei einem Drittel der Patienten in den ersten 5 Jahre nach der Operation. Nach Souter (1973) sind unbefriedigende Ergebnisse nach Resektionsarthroplastiken und Fasziendeckung in bis zu 50% der Fälle möglich. Dies entspricht auch unseren Beobachtungen. Die Resektionsarthroplastik wird von uns aus diesen Gründen beim Patienten mit rheumatoider Arthritis nur noch als „Rettungsoperation“ z. B. nach Entfernung eines infizierten Implantates und schlechter Weichteilsituation genutzt (Gschwend 1968, Simmen u. Gschwend 1995). Bei der rheumatoiden Arthritis des Ellenbogengelenks im fortgeschrittenen Destruktionsstadium wird übereinstimmend in der Literatur eine konstant gute Schmerzbe-
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13.3 Handgelenk
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freiung, eine Verbesserung des Bewegungsumfanges (vor allem der wesentlicheren Flexion) und eine hohe Patientenzufriedenheit nach der Implantation einer Ellenbogengelenkprothese beschrieben. Die Lockerungsraten bei den neueren Ellenbogenprothesentypen – am häufigsten genutzte Prothesen sind z. B. GSB III, Souter-Strathclyde, Coonrad-Morrey – im mittleren Nachuntersuchungsintervall werden in der Literatur hingegen uneinheitlich bewertet. Ein besonderes Problem aller Prothesentypen stellt dabei die Humeruskomponente dar. Es kommt hier zur Lockerung mit z. T. ballonartiger Deformierung des distalen Humerus und zum anterioren Kippen der Prothese (Abb. 13.8). Während einige Autoren röntgendarstellbare Lockerungen nach 10 Jahren von ca. 6 % beschreiben, nennen andere Arbeiten Prothesenlockerungen von 10% und höher, z. T. auch schon bei kürzeren Nachuntersuchungszeiten (Dinges 1997, Simmen u. Gschwend 1995, Souter 2000, Weiland u. Mitarb. 1989).
Abb. 13.8 Lockerung der Humeruskomponente einer Ellenbogengelenksprothese (9 Jahre nach Implantation) bei rheumatoider Arthritis.
13.3 Handgelenk Definition Im Rahmen einer rheumatischen Systemerkrankung (z. B. rheumatoide Arthritis) kommt es zu regionalen entzündlichen Prozessen im Bereich des Handgelenks (z. B. Synovialis, Gefäße, Haut usw.) mit anschließenden Destruktionen an Knochen, Knorpel, Kapsel-Band-Apparat, Sehnengleitgeweben und Sehnen, die zu Schmerzen, Fehlstellungen, Funktionsverlusten und Rupturen der Sehnen führen können.
Ätiopathogenese Die Ätiologie und die Pathogenese der rheumatischen Erkrankungen des Handgelenks entsprechen den für verschiedene Gelenke des Körpers bestehenden gemeinsamen Ursachen und pathogenetischen Prozessen (s. Kap. 13.1).
Die Pathogenese der rheumatischen Handdeformität ist begründet in der Vermehrung des synovialen Gewebes. Dies betrifft nicht nur die großen und kleinen Gelenke der Hand, sondern auch die Beugesehnenscheiden und Strecksehnenfächer. Die Komplexität der Handanatomie führt zu unterschiedlichen Läsionsmustern rheumatischer Erkrankungen. Die Existenz verschiedener synovialer Räume in den zahlreichen Gelenken, die gelegentlich untereinander kommunizieren und die vielen verschiedenartigen Sehnengleitgewebe erklären die Vielzahl von klinischen Problemen, die bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Erkrankung eintreten können. Die synoviale Proliferation ruft unterschiedliche Phänome hervor. Knöcherne Erosionen, Destruktionen der intrinsischen und extrinsischen Bandsysteme, Kapseldeformierungen und -vergrößerungen sowie Sehnen- und Sehnengleitgewebsläsionen führen zu einer Vielzahl von Deformitäten im Bereich der rheumatischen Hand inklusive der Finger und deren Funktionsverlust.
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Handdeformität („Handskoliose“). Die Folge der Synovialitis ist primär die Überdehnung, Lockerung und Ruptur der dorsalen radiokarpalen und palmaren ulnokarpalen Kapsel-Band-Systeme mit zum Teil hernienartiger Perforation des synovialitischen Gewebes. Dadurch entsteht primär eine Supinationsfehlstellung. Durch die Destruktion der Verbindung zwischen Radius und Os triquetrum wird die Ulnartranslokation des Karpus begünstigt (Linscheid u. Dobyns 1985, Pechlaner u. Mitarb. 1998). Die palmare Dislokation der Handwurzel wird durch die Synovialitis im Bereich der insuffizienten radiokarpalen Bänder ermöglicht. Bei entzündlicher Aktivität im Bereich des Lig. radioscapholunatum am Radius kann eine so genannte Radiuskrypte als Zeichen der Destruktion der Bandinsertion entstehen. Interkarpale Synovialitiden führen zur Entstehung von Instabilitäten des Karpus. Die Synovialitis des distalen Radioulnargelenks und Destruktion des TFCC (Triangular Fibro Cartilage Complex) – synonym ulnokarpaler Komplex, der aus fibrokartilaginären und ligamentären Strukturen zwischen Ulnakopf und der proximalen, ulnaren Handwurzelreihe besteht und den Diskus triangularis beinhaltet – ist Teil dieser Lockerung des ulnokarpalen Systems. Durch Überdehnung des dorsalen Kapsel-Band-Apparates des distalen Radioulnargelenks und entzündlicher Destabilisierung des 6. Strecksehnenfaches entsteht die palmare Dislokation der Sehne des M. extensor carpi ulnaris (zusammen Bildung des Caput-ulnae-Syndroms). Diese führt zu einer relativen Insuffizienz dieser Sehne (auch Ruptur) und Verlust der Stabilisierung des ulnokarpalen und distalen Radioulnargelenks. Die Lockerung der Bandsysteme und Translation des Karpus nach ulnar, zusammen mit der Zugwirkung der radialen Handgelenkstrecker bei Verlust der Stabilisierung durch die Sehne des M. extensor carpi ulnaris kann dadurch die radiale Fehlstellung (sog. Radialkollaps, radiale Rotation) der Handwurzel forciert werden, was die Entstehung der Ul-
nardeviation der Langfinger begünstigt/ermöglicht. Die Ulnardeviation muss aber als multifaktorielles Geschehen betrachtet werden (s. Kap. 13.3). Die sichtbare „Handskoliose“ entspricht einer „Zickzackdeformität“ von Handund Fingergelenken (Abb. 13.9 a u. b). Das Caput-ulnae-Syndrom (Bäckdahl 1963) mit der palmaren Subluxation des Radius und der Hand gegenüber dem dorsal prominenten Ulnakopf aufgrund der genannten rheumatischen Veränderungen hat wesentlichen Anteil an der Entstehung der rheumatischen Handdeformität (Abb. 13.10 a u. b). Eine nicht seltene Komplikation des Caput-ulnae-Syndroms ist die Ruptur der Fingerstrecksehnen über dem dorsal des Radius stehenden, teilweise scharfkantig deformierten Ulnakopf, beginnend am 5. Finger und sich dann nach radial fortsetzend. Die verlorene Handgelenkfunktion bedeutet für den Rheumatiker oft eine schwerere Behinderung als der Verlust der Gehfähigkeit, da eine Selbstversorgung fast unmöglich werden kann. Die deformierte Hand stellt zusätzlich auch eine „ästhetische Behinderung“ im sozialen Umgang des Patienten dar. Sehr lange können die langsam fortschreitenden Funktionsverluste durch den Betroffenen kompensiert werden und oft besteht eine Angst vor korrigierenden Operationen, die zum Verlust von gewohnten Ersatzgreifformen führen könnten. Häufig erfolgt daher die Vorstellung des Patienten beim Handchirurgen erst, wenn schon präventive Maßnahmen nicht mehr möglich sind. Die früher übliche abwartende Haltung im Bezug auf die Erkrankung der rheumatischen Hand muss daher der Vergangenheit angehören (Gschwend 1968, Thabe 1997).
Epidemiologie Bei der rheumatoiden Arthritis ist die Beteiligung des Handgelenks hoch. Zwar beginnt sie nur in 2,7 % der Fälle am Handgelenk selbst, betrachtet man aber die Hand als Abb. 13.9 a u. b Klinischer Befund und Röntgenbild einer „Handskoliose“ bei rheumatoider Arthritis.
a
b
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13.3 Handgelenk
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krankungsbeginn) angegeben. Von diesen wiederum haben 95 % eine doppelseitige Symptomatik. In 2/3 der Fälle führt die Beteiligung des Handgelenks zu irreversiblen schwergradigen Schädigungen, verbunden mit einem Funktionsverlust der gesamten Hand. Die Chirurgie des Handgelenks umfasst daher in Rheumazentren bis zu 40% aller Operationen. Dem Handgelenk muss also in der Rheumachirurgie eine besondere Aufmerksamkeit gelten, da es das Schlüsselgelenk für die gesamte Handfunktion ist (Gschwend 1968, Hämäläinen 1995, Mohing u. Franke 1983).
a
Klassifikation
b Abb. 13.10 a u. b Klinischer und intraoperativer Befund eines Caput-ulnae-Syndrom bei rheumatoider Arthritis.
Gesamtheit, manifestiert sich nach Gschwend 1968 die rheumatoide Arthritis bei 14,9 – 19,5 % der Patienten primär hier, andere Arbeiten nennen auch 36 – 39 % (Sell u. Mitarb. 2002). Erhebliche krankhafte Veränderungen am Handgelenk haben 35 % der Patienten bereits sehr früh (2 – 3 Jahre nach Beginn der Erkrankung). Die Häufigkeit von Hand- und Handgelenkbeteiligungen werden in der Literatur in Abhängigkeit von der Dauer der Erkrankung zwischen 64 und 95 % (durchschnittlich 14 Jahre nach Er-
____
Tab. 13.5
Die gebräuchlichste Einteilung der Röntgenveränderungen des rheumatischen Handgelenks anhand von Standardröntgenbildern (Referenztafeln) erfolgt nach Larsen u. Mitarb. (1977): 쐌 Stadium 0: keine Veränderungen, 쐌 Stadium I: geringe Röntgenveränderungen mit periartikulären Weichteilschwellungen, periartikulärer Osteoporose, geringer Gelenkspaltverschmälerung, 쐌 Stadium II: Frühveränderung des Röntgenbildes mit Erosionen, Gelenkspaltverschmälerung, 쐌 Stadium III: mittelgradige Destruktion mit starken Erosionen, ausgeprägten Gelenkspaltverschmälerungen, ggf. Zeichen der karpalen Instabilität, 쐌 Stadium IV: starke Destruktion mit starken Erosionen, Deformierungen und weitgehender Gelenkspaltverlust, 쐌 Stadium V: mutilierende/ankylosierende Veränderungen mit Verlust der Gelenkflächen, ausgeprägte knöcherne Deformierung, Luxation oder Ankylose. Die Wrightington-Klassifikation (Hodgson u. Mitarb. 1989) beruht auch auf der Einteilung von Röntgenbildern rheumatischer Handgelenke. Diese werden aber unter Zuordnung zu notwendigen therapeutischen Maßnahmen bewertet (Tab. 13.5).
Wrightington-Klassifikation der Röntgenbilder von rheumatischen Handgelenken
Grade
Röntgenbild
Therapie
1
Handgelenkarchitektur ist erhalten nur geringe Rotationsinstabilität des Skaphoids Osteoporose Erosionen und ggf. Zysten
Synovialektomie des Handgelenks
2
Radioskaphoidal- und Mediokarpalgelenke sind erhalten Ulnartranslokation Lunatumflexion Skaphoidflexion oder die Destruktion des Radiolunargelenks sind darstellbar
쐌 쐌 쐌 쐌
3
Radius ohne größere Destruktionen Destruktion der Interkarpalgelenke, des Radioskaphoidalgelenks oder palmare Subluxation des Karpus
쐌 Arthrodese 쐌 Alloarthroplastik
4
Destruktion ausgeprägt auch am Radius und distalem Radioulnargelenk
Arthrodese
Ulnakopfresektion bei Caput-ulnae-Syndrom weichteilige Stabilisierung radiolunäre Fusion RIAP
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
Eine Klassifizierung, die nicht das Ausmaß der entzündlichen Destruktion, sondern den Typ des natürlichen Verlaufs am Handgelenk bei der rheumatoiden Arthritis berücksichtigt, wurde von Simmen u. Huber (1994) vorgeschlagen. Die 3 Typen haben dabei unterschiedliche Langzeitprognosen und erfordern ein unterschiedliches therapeutisches Konzept. Dies ist insbesondere wichtig, wenn das Röntgenbild noch keine ausgeprägten entzündlichen Destruktionen zeigt, die klinische Situation aber einen operativen Eingriff notwendig macht. Die Einteilung beruht auf radiologischen Kriterien, charakterisiert durch die Abnahme der karpalen Höhe (Carpal Height Ratio nach Youm u. Mitarb. 1978) und der progressiven Ulnartranslokation des Karpus (DiBenedetto u. Mitarb. 1990) sowie Röntgenzeichen der karpalen Desintegration (z. B. skapholunäre Dissoziation, DISI). Dies macht eine regelmäßige (jährliche) Röntgenuntersuchung der Handgelenke bis zum Feststellen des Verlaufs nötig: 쐌 Typ I (ankylosierender Typ): Handgelenke dieser Gruppe haben die Tendenz, Beweglichkeit zu verlieren und während des Krankheitsverlaufs radiokarpal oder interkarpal, wahrscheinlich als Folge einer raschen Destruktion der Gelenkflächen bei straffem Handgelenk, spontan zu fusionieren (Ulnartranslokation und Verlust karpaler Höhe langsam). Die Bildung auch eines Os carpi ist möglich. Dieser Verlauf ist typisch für die juvenile Arthritis, kann aber auch im Erwachsenenalter beobachtet werden. 쐌 Typ II (sekundäre Osteoarthrose): Neben den durch die Arthritis bedingten erosiven Veränderungen sind auch degenerative sekundär arthrotische Veränderungen erkennbar. Im Röntgenbild zeigen sich neben der für die Arthritis typischen chondralen Osteoporosen auch subchondrale Sklerosezonen (Ulnartranslokation und Verlust karpaler Höhe langsam). Es kommt somit zu einer Art Gleichgewicht der entzündlichen Destruktion mit sekundären degenerativen Reaktionen, was die karpale Architektur stabilisieren kann. 쐌 Typ III (Desintegration): Patienten dieser Gruppe haben erosive Arthritiden mit progredientem Handgelenkkollaps, Destruktionen der ligamentären Strukturen und rasch progrediente Knochenverluste (Arthritis mutilans). Der Verlauf kann vielgestaltig sein: Handgelenksluxationen nach palmar und/oder nach ulnar, teilweise vollständige Verluste der karpalen Knochen etc. sind möglich (Ulnartranslokation und Verlust karpaler Höhe schnell). Besonders dieser Verlaufstypus hat für die klinische Behandlung große Bedeutung, da diese Handgelenke durch reine Weichteileingriffe (dorsale Handgelenksynovialektomie, Caput-ulnae-Resektion) langfristig nicht zu stabilisieren sind. Die ossäre Stabilisierung (partielle oder vollständige radiokarpale Fusion) ist nötig. Viele weitere Vorschläge zur Einteilung der Handgelenkdestruktionen bei der rheumatoiden Arthritis werden in der Literatur genannt.
Diagnostik Klinische Diagnostik Neben der Erfassung der Anamnese und der allgemeinen körperlichen Untersuchung des Rheumapatienten sollte bei Beschwerden im Handgelenkbereich die gesamte Gliederkette der oberen Extremität inklusiv des Schultergürtels den Untersuchungsschwerpunkt bilden. Klinische Symptome und Deformitäten variieren in Abhängigkeit von der bevorzugten Lokalisation des Pannusgewebes. Synoviale Proliferationen sind in der Regel verbunden mit einer Ergussbildung im Handgelenk und mit einer Weichteilschwellung, die am stärksten in den dehnbarsten Anteilen der Gelenkkapsel ausgeprägt ist. Bei der Untersuchung dominiert primär oft die ausgeprägte Synovialitis auf der Streckseite des Handgelenks. Die Tenosynovialitis der Strecksehnenfächer ist dabei meist im Tastbefund auffälliger als die Handgelenksynovialitis. Während das 1. Strecksehnenfach selten betroffen ist, sind das 3. und 4. Strecksehnenfach oft eindrucksvoll durch synoviales Gewebe geschwollen (Abb. 13.11). Im Bereich des distalen Radioulnargelenks und des nahen 6. Strecksehnenfaches sind inspektorisch und palpatorisch Synovialitiden meist schon früh feststellbar. Die Bewegung des Handgelenks kann trotzdem auch bei ausgeprägten Synovialitiden anfänglich nur wenig eingeschränkt sein, da durch Banddestruktionen eine verringerte Stabilität des Gelenks resultiert. Gerade dieser „relative Funktionsgewinn“ macht häufig die Notwendigkeit eines operativen Eingriffs für den Patienten und den nicht handchirurgisch tätigen Arzt schwer verständlich. Die Pro- und Supination sind als Folge der Instabilität und der sekundären Deformierung des Ulnakopfes (ggf. mit Caput-ulnae-Syndrom) eingeschränkt. Fehlstellungen, Sehnendysfunktionen bzw. Sehnenrupturen und vorliegende Symptome von Nervenläsionen/-kompressionen sind unter Berücksichtigung der rheumatypischen Ursachen zu beurteilen (z. B. Symptomatik des Karpaltunnelsyndroms durch Beugesehnenscheidensynovialitis, Sehnenruptur bei Caput-ulnae-Syndrom). Tastbare Verdickungen, Krepitationen bei Bewegung und Bewegungsverluste sind auch Hinweise auf eine Beugesehnenscheidensynovialitis.
Abb. 13.11 Klinischer Befund bei ausgeprägter Synovialitis der Strecksehnenfächer und des Handgelenks bei rheumatoider Arthritis.
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13.3 Handgelenk
Labordiagnostik
Serologie. Die Laboruntersuchung bei rheumatischen Erkrankungen des Handgelenks sollte wie bei allen Manifestationsorten die allgemeine Serologie und Entzündungsparameter (z. B. Blutsenkungsreaktion, C-reaktives Protein, Hb, Hk, Leukozyten, Serumeisen, Harnsäure, Blutzucker etc.) und ggf. spezielle laborchemische Tests (z. B. ASL-O-, ASTA-Titer, Komplementfaktoren, ANA, AMA, HLAAssoziationen, Rheumafaktoren, Infektserologie, Immunelektrophorese etc.) umfassen. Zu beachten ist dabei, dass röntgennachweisbare und ggf. auch klinisch auffällige progrediente Destruktionen des Gelenks nicht immer von Auffälligkeiten dieser Laborwerte begleitet werden („dissoziative Entkoppelung“). Synoviaanalyse. Die Punktion des Handgelenks kann, wenn eine ausreichende Flüssigkeitsmenge gewonnen werden kann, zum Nachweis von Erregern oder Kristallen führen, sowie über die Anzahl von enthaltenen Zellen zur Differenzialdiagnostik beitragen. Bildgebende Diagnostik
Röntgen. Die standardisierte Röntgenuntersuchung des Handgelenks umfasst die Darstellung in 2 Ebenen. Zusätzlich können präoperativ bei bestimmten Fragestellungen die p.-a. Röntgenuntersuchung in maximaler Radial- und Ulnarduktion, sowie die laterale Aufnahme in Flexion und Extension notwendig sein. Diese Röntgenuntersuchungen können den Grad der Instabilität und die Repositionsfähigkeit des Lunatums sowie die Mobilität der karpalen Knochen untereinander zeigen. Neben der Abbildung der knöchernen Destruktionen ist die Bestimmung der ulnaren Translokation des Karpus und der karpalen Höhe anhand der Morphometrie nötig (DiBenedetto u. Mitarb. 1990, Youm u. Mitarb. 1978). Nach Dihlmann (1985) lassen sich Kriterien beschreiben, die Zusammen das Röntgenbild der Arthritis („Arthritismosaik“) darstellen können (s. Tab. 13.3). Die Klassifikation der Röntgenveränderungen des rheumatischen Handgelenks anhand von Standardröntgenbildern (Referenztafeln) kann nach Larsen u. Mitarb. (1977) erfolgen. Auffällig ist die meist feststellbare deutliche Verschlechterung der Röntgenstadien der Handgelenke im Krankheitsverlauf der RA, auch wenn zum Teil andere Gelenke desselben Patienten diese Veränderungen nicht zeigen. Sonographie. Sonographisch lassen sich am Handgelenk palmare und dorsale longitudinale und transversale (axiale) Ebenen abbilden. Die besondere Wertigkeit der Methode liegt in der Darstellung von intra- bzw. periartikulären Weichteilveränderungen und Flüssigkeiten. Die hypertrophe Synovialis und Gelenkergüsse führen entsprechend einer „Vorlaufstrecke“ zur besseren Abbildung von anatomischen Strukturen. Unterscheidungen zwischen Synovialitiden des Handgelenks, der Strecksehnenfächer, der Beugesehnenscheiden und Ergüssen sowie deren räumli-
393
che Zuordnungen sind in der Regel möglich. Knöcherne Läsionen des Handgelenks sind hingegen nicht vollständig erfassbar. Sonographisch lassen sich aber Oberflächendefekte des Knochens mit Basisreflexionen abbilden. Ergüsse stellen sich echoarm mit sog. dorsaler Schallverstärkung (Artefakt) und ggf. mit aufgespannter Gelenkkapsel dar. Synovialitiden (echoarm) können sonographisch in grobund feinvillöse Formen unterschieden werden. Synovialitiden im Bereich der Beugesehnenscheiden führen zu dem typischen Bild eines zentralen echoreichen Sehnenbereiches umgeben vom echoarmen Synovialisgewebe. Im Querschnitt führt dies zum Bild einer zentralen runden Sehne umgeben mit echoarmen Halo („Spiegeleiphänomen“, Mellerowicz pers. Mitteilung 1996) (Abb. 13.12). Die Darstellung von Sehnenrupturen – auch bei Nutzung der „Real-Time“-Technik – und von Kompressionen des N. medianus beim Karpaltunnelsyndrom kann schwierig sein. Palmare Schnittebenen über dem Thenar und dem Hypothenar ermöglichen es, die Muskulatur und die Daumenbeugesehne abzubilden (Harland u. Sattler 1991, Sattler 2002, Sell u. Mitarb. 2002).
CT, MRT, Szintigraphie. Die Indikation zur Durchführung dieser diagnostischen Verfahren bei rheumatischen Erkrankungen des Handgelenks ist sehr selten. Sie kann bei speziellen differenzialdiagnostischen Fragen gegenüber anderen Erkrankungen (z. B. Raumforderungen im handgelenknahen Bereich) bestehen. Die Szintigraphie kann bei unklaren Arthritiden typische Befallsmuster verschiedener Gelenke des Körpers abbilden und vor der Radiosynoviorthese die entzündliche Aktivität im Handgelenk darstellen. Elektrophysiologische Diagnostik. Die Durchführung einer Elektromyographie und die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit sollte bei dem klinischen Verdacht eines
Abb. 13.12 Sonographie bei Synovialitis der Strecksehnenfächer II–VI bei rheumatoider Arthritis. 1 Vorlaufstreckenartefakt 2 Strecksehnen mit Halo bei Synovialitis 3 distaler Radius
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
Nervenengpasssyndroms bzw. einer Nervenläsion im handgelenknahen Bereich (z. B. Karpaltunnelsyndrom: N. medianus; Syndrom der Loge de Guyon: N. ulnaris) erfolgen.
Differenzialdiagnose Differenzialdiagnostisch zur Handgelenkpathologie bei der rheumatoiden Arthritis sollten Arthritiden bei anderen rheumatischen Erkrankungen unterschieden werden. Zusätzlich müssen Infektarthritiden und Arthrosen von den chronisch entzündlichen Systemerkrankungen abgegrenzt werden (Dihlmann 1985, Mohing u. Franke 1983).
Therapie Konservative Therapie Die interdisziplinäre Therapie des Rheumapatienten ist unter Einbindung von Ärzten, Physio- und Ergotherapeuten, Sozialdiensten sowie der Rheumaliga etc. notwendig. Krankengymnastik und Ergotherapie sollen die Handgelenkbeweglichkeit erhalten und vor allem nach therapeutischen Maßnahmen wiederherstellen sowie durch das Anpassen von Hilfsmitteln die Alltagstätigkeiten erleichtern. Schienen und Bandagen können notwendig werden, um passiv-protektiv in Ruhe und Bewegung das Gelenk zu stabilisieren. Das Erlernen von schonenden Bewegungsabläufen im Alltag und Nutzen von Hilfsmitteln im Rahmen von „Gelenkschutzkursen“ ist für den Rheumapatienten von besonderer Wichtigkeit.
Medikamentöse Therapie. Diese sollte dem in der medikamentösen Therapie rheumatischer Erkrankungen erfahrenen Arzt vorbehalten bleiben. Ein Abwägen von notwendigen Medikamenten, Dosierungen und unerwünschten Wirkungen unter genauer klinischer, laborchemischer und röntgenologischer Kontrolle ist nötig (s. Kap. 13.1). Die intraartikuläre Injektion von Corticoiden ist vor allem indiziert, wenn durch systemische medikamentöse Maßnahmen sowie lokale physikalische Anwendungen kein ausreichender Effekt erzielt wird und die klinischen Beschwerden der Handgelenke als störend empfunden werden. Sie führt in erster Linie zu einer Verbesserung der Schmerzsymptomatik, ohne dass eine langfristige Verbesserung der entzündlichen Ursache erwartet werden darf. Besondere Beachtung müssen aseptische Maßnahmen finden, um iatrogene Infektionen zu vermeiden. Häufige Wiederholungen können Knorpel- und Knochenschäden verursachen. Synoviorthese. Das Ziel ist der Rückgang der proliferierten Synovialis durch Instillation der nekrotisierenden Noxe. Die Indikation zur Synoviorthese besteht somit bei der Synovialitis mit Beschwerden bei erfolgloser medikamentöser Therapie, wenn (noch) keine operative Behandlung erfolgen soll. Mit der Synoviorthese kann nur die intraartikuläre Erkrankung therapiert werden. Sehnenund Sehnengleitgewebspathologien sind damit nicht zu
behandeln. Gerade im Handgelenkbereich stellen diese aber eine wesentliche Problematik dar. Die Indikation besteht bei den seltenen isolierten artikulären Synovialitiden ohne Tenosynovialitis. In allen Fällen, bei denen auch eine Synovialitis im Bereich der Sehnen vorliegt, sollte die Entscheidung zur Synoviorthese daher zurückhaltend gestellt werden. Die chemische Synoviorthese (z. B. Natriummorrhuat, Osmiumsäure) wird heute seltener angewendet, da eine Schädigung am Gelenkknorpel und Resynovialitiden in der Literatur häufig beschrieben wurden (Mitchell u. Mitarb. 1973). Nur wenige Arbeitsgruppen halten die Effektivität und die Langzeitergebnisse für zufriedenstellend. Die Radiosynoviorthese (RSO) des Handgelenks erfolgt meist durch eine Injektion von 186Rhenium. Dieser Betaund Gammastrahler hat eine maximale Gewebsreichweite von 3,7 mm. Die physikalische Halbwertszeit beträgt 3,7 Tage. Initial kommt es zur Nekrose der Synovialis, vor allem der Oberflächenzellschicht mit Entzündungsreaktion und folgender Fibrosierung. Eine neue Synovialmembran mit der Fähigkeit zur Bildung von Synovia kann aber wieder aufgebaut werden. Viele Autoren empfehlen vor der RSO die Durchführung einer Arthrosonographie und einer Szintigraphie, um Injektionen bei einer geringen entzündlichen Aktivität zu vermeiden und die Größe des Gelenkraumes beurteilen zu können (Mödder 1995 a und b, Müller u. Mitarb. 1974). Als Nebenwirkungen werden die Strahlensynovialitis, Gewebenekrosen (vor allem bei nicht kompletter intraartikulären Injektion), Knorpelschäden, Malignome und chromosomale Schäden beschrieben. Kontraindikationen sind somit Schwangerschaft, Laktation und die Anwendung bei Kindern. Eine Altersgrenze von 5 35 Jahren wird oft genannt. Bei ausgeprägter Synovialhernie sollte keine Radiosynoviorthese erfolgen. Die besten Ergebnisse nach RSO finden sich in den Stadien LDE 0 –I. Die Vernarbung und Schrumpfung des Kapsel-BandApparates durch die RSO kann spätere operative Maßnahmen deutlich erschweren. Kapseldefekte, vor allem nach mehrfachen RSO, stellen ein Problem in der operativen Versorgung des Handgelenks dar. Sie können eventuell nur durch umfangreiche Maßnahmen gedeckt werden. Die Effektivität der RSO sollte erst 3 – 6 Monate nach der Injektion beurteilt werden. Operative Therapie Nach Gschwend (1998) muss in einem Therapieplan die Reihenfolge festgelegt werden, in der die Behandlungsmaßnahmen an der oberen Extremität, der unteren Extremität und der Wirbelsäule bei dem meist mehrfach betroffenen Patienten mit rheumatischen Erkrankungen erfolgen sollen. Wesentlich ist dabei die genaue Erfassung des Patientenwunsches und Patientenbedarfs auch unter Berücksichtigung der kosmetischen Vorstellungen. Die Kenntnis des Krankheitsverlaufes und der Destruktion des Handgelenks ist zur Indikationsstellung der operativen Therapie nötig. Anhand der Typisierung des natürlichen Verlaufes der rheumatischen Handgelenkdeformität
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13.3 Handgelenk
nach Simmen u. Huber (1994), der Röntgenstadien nach Larsen u. Mitarb. (1977) und unter Berücksichtigung der röntgenstadienabhängigen Therapieempfehlungen nach der Wrightington-Klassifikation (1989) kann das notwendige Verfahren bestimmt werden. Unterschieden werden kann zwischen präventiven (z. B. Synovialektomie etc.) und rekonstruktiven operativen Maßnahmen (z. B. Sehnenrekonstruktion, Gelenkersatz etc.). Am Handgelenk sollten präventive Maßnahmen im Vordergrund stehen. Trotzdem müssen rekonstruktive Verfahren häufig angewendet werden. Das Ziel der Rheumachirurgie an der Hand ist dabei der Erhalt der Restbeweglichkeit, wenn dies unter Berücksichtigung der Stabilität und Schmerzfreiheit möglich ist, die Wiederherstellung der schmerzfreien Supination, die Rekonstruktion von Sehnenfunktionen und die Schaffung der dafür notwendigen Grundlagen und die Verhinderung einer ulnaren oder palmaren Subluxation bzw. bei eingetretener Subluxation die Korrektur (Clayton u. Ferlic 1975, Gschwend 1968, Simmen u. Huber 1994, Souter 1995).
Synovialektomie. (s. Kap. 13.2) Die Indikation zur Handgelenksynovialektomie wurde seit ihrer Erstbeschreibung im 19. Jahrhundert immer wieder unterschiedlich beschrieben. In den 40er Jahren wurde sie weitgehend verlassen. Erst nach Einführung der Steroide und einer genauen Erforschung der Pathogenese des synovialen Pannus wurde dieses operative Verfahren wieder eingeführt. Dabei wurde zeitweilig geglaubt, man könne die Grunderkrankung insgesamt durch eine frühe Synovialektomie stoppen. Ende der 60er Jahre wurde dann ein Verfahren vorgeschlagen, das gleichzeitig auch eine Stabilisierung des Handgelenks umfasste. Dieser additive Schritt ist zusammen mit der radikalen Synovialektomie des Gelenks und der Sehnengleitgewebe mittlerweile die Behandlung der Wahl in frühen Stadien des Krankheitsbildes (Jensen 1983, Thirupathi 1983). Nach Gschwend (1998) sollte sie erfolgen, wenn Schmerzen und Schwellungen und/oder eine schnellere röntgenologische Progredienz der Destruktionen im Handgelenkbereich trotz ausreichend langer (> 6 Monate), adäquater medikamentöser Therapie bei noch geringen röntgenologisch darstellbaren Destruktionen (LDE 0 –II) persistieren (Clayton u. Ferlic 1975, Feldon u. Mitarb. 1993, Jensen 1983, Millender u. Nalebuff 1975, Stirrat 1989). Bei akuten Beschwerden durch Nervenkompressionen oder Sehnenrupturen natürlich auch früher. Synovialektomien des Handgelenks im Stadium III nach Larsen-Daale-Eek haben nach Teigland (1992) deutlich schlechtere Ergebnisse und sollten daher in diesen fortgeschrittenen Stadien nicht erfolgen. Aufgrund der besseren Wirksamkeit der medikamentösen Therapien berichten die meisten rheumachirurgischen Zentren im deutschsprachigen Raum über deutlich rückläufige Frequenzen dieser Operationen (Abb. 13.13). Synoviale Proliferationen im Handgelenkbereich betreffen mehrere anatomische Regionen, die chirurgisch unterschieden werden. Betroffen sind das radiokarpale, das ulnokarpale, das mediokarpale und das distale radio-
395
Abb. 13.13 Intraoperativer Befund einer ausgeprägten Synovialitis der Strecksehnenfächer und des Handgelenks bei rheumatoider Arthritis.
ulnare Gelenk. Zusätzlich müssen die synovialen Pathologien der Strecksehnenfächer und Beugesehnenscheiden in diesem Zusammenhang mit betrachtet werden. Die Synovialektomie des Handgelenks von palmar hat sich nicht durchgesetzt. Nur wenige Veröffentlichungen hierzu liegen vor. In der Regel ist daher die Synovialektomie der Beugesehnenscheiden nicht mit der Handgelenksynovialektomie kombiniert. Einige Autoren haben beschrieben, dass die Synovialektomie auf die Extensorsehnen und das distale Radioulnargelenk zu beschränken sei. Andere Veröffentlichungen berichten, dass Frührezidive bei Minimalverfahren häufig auftreten und die Synovialitis der Strecksehnenfächer in 95 % der Fälle mit einer Gelenkbeteiligung verbunden sei. Die Synovialektomie sollte daher so radikal wie möglich vorgenommen werden. Es ist darunter zu verstehen, dass nicht nur alle Kompartimente des Handgelenks selbst von synovialem Gewebe befreit werden, sondern auch eine Tenosynovialektomie vorzunehmen ist. Diese sollten verbunden werden mit einer Reposition und Stabilisierung des Karpus, da sonst in mehr als 1/3 der Fälle ein schlechtes Ergebnis zu erwarten ist. Die regenerierte Synovialis ist weniger gefäßreich und fibröser. Damit hat sie auch eine geringere exsudative Potenz (Gschwend 1998). Die arthroskopische Synovialektomie des Handgelenks hat ein geringeres Gewebetrauma und lässt aufgrund der deutlich kleineren Zugänge auch eine schnellere Rehabilitation erwarten (Kerschbaumer u. Mitarb. 1999). Eine Indikation zu diesem Verfahren besteht aber nur bei noch geringeren Destruktionen (LDE 0 –II) bei den seltenen isolierten artikulären Synovialitiden ohne Tenosynovialitis, da die Sehnengleitgewebe bei diesen Verfahren nicht behandelt werden können. Zusätzlich sollte in diesen Fällen vor der Arthroskopie eine Radiosynoviorthese als Behandlungsversuch erfolgt sein. Aus diesem Grund ist die arthroskopische Synovialektomie des Handgelenks im Vergleich zu anderen Gelenken des Körpers beim Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung ein seltener Eingriff.
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
Wir führen in den Stadien mit gering ausgeprägten Destruktionen im Röntgenbild (LDE 0 –I/II) bei persistierenden Synovialitiden die kombinierte Synovialektomie der Strecksehnenfächer und des Handgelenks (alle Kompartimente) zusammen mit einer dorsalen Stabilisierung der Handgelenkskapsel durch Transposition des Retinaculum extensorum durch. Im Stadium LDE II kann zusätzlich in Abhängigkeit vom Zustand des Knochens, Knorpels und der Stabilität des distalen Radioulnargelenks (Caput-ulnae-Syndrom) eine Resektion des Ulnakopfes erforderlich sein (Jensen 1983). In diesem Stadium ist auch die Karpusstabilisierung durch Transfer der Extensor-carpi-radialisSehne möglich.
Operationstechnik: Wie fast alle Operationen im Bereich der Hand erfolgt der Eingriff in Blutleere und unter Nutzung von Vergrößerungsoptiken (Lupenbrille). Meist werden mediane, gerade Inzisionen als Zugang zur Synovialektomie des Handgelenks empfohlen. Einige Arbeitsgruppen benutzen schräge Hautschnitte, die 3 – 4 cm proximal des Ulnakopfes beginnen und an der Basis des Os metacarpale II enden. Nur wenige Autoren beschreiben geschwungene oder gewinkelte Zugänge. Viele Autoren halten das Risiko von Hautnekrosen bei geraden Inzisionen für am geringsten, da die Hautperfusion so am wenigsten beeinträchtigt wird (Feldon u. Mitarb. 1993, Mannerfelt u. Malmsten 1971). Es ist zu beachten, dass die subkutanen Venen und die sensiblen Anteile des N. radialis sowie des N. ulnaris nicht verletzt werden. Das Retinaculum extensorum wird auf der ulnaren Seite entlang der Sehne des M. extensor carpi ulnaris inzidiert und radial gestielt bis zum zweiten Strecksehnenfach mobilisiert. Anschließend erfolgt grundsätzlich die Denervierung des Gelenks. Tenosynovialektomie. Sämtliche Strecksehnenfächer werden nacheinander synovialektomiert. Meist ist die Proliferation des synovialen Gewebes unter dem Retinaculum extensorum und distal von diesem am ausgeprägtesten. Die Dekompression der Sehnen allein scheint bereits einen günstigen Einfluss auf das Sehnengewebe zu haben. Eine möglichst radikale Synovialektomie jeder einzelnen Sehne ist aber darüber hinaus sinnvoll, ohne dabei die Qualität der Sehne selbst zu schädigen. Die Nachteile einer subradikalen operativen Versorgung werden in vielen Arbeiten größer als die Gefahr einer postoperativen Sehnenruptur beschrieben. Intratendinöse Synovialisanteile liegen in mehr als 50% der Fälle vor. Synovialektomie des distalen radioulnaren Gelenks (DRUG). Eine Beteiligung des radioulnaren Gelenks haben 30 % der Patienten. Die synoviale Proliferation umfasst meist auch die ventral des Ulnakopfes gelegenen Anteile des DRUG, so dass bei einer radikalen Synovialektomie in Abhängigkeit vom Zustand des Knochens, Knorpels und der der Stabilität des DRUG eine Resektion des Ulnakopfes erforderlich sein kann (Caput-ulnae-Syndrom) (Bogoch u. Mitarb. 1992).
Radiokarpale und mediokarpale Synovialektomie. Die Eröffnung der Handgelenkkapsel wird in der Literatur durch Konvexschnitte, Längsschnitte, Schnitte entlang des Radius, T-förmige Schnitte etc. beschrieben. Die Interkarpalräume sollten gründlich synovialektomiert werden. Dies wird durch Beugung im Handgelenk und axialen Zug erleichtert. In den Knochen eingewachsenes und dem radioskaphoidalen Bandapparat anliegendes synoviales Gewebe muss entfernt werden. Die Beteiligung des Mediokarpalgelenks ist seltener. Dieser Gelenkraum sollte aber dargestellt werden, da Synovialitiden hier erheblichen Beschwerden und Deformitäten des Karpus verursachen können. Den Abschluss bildet die Stabilisierung des Karpus, das Verlagern des Retinaculum extensorum (wenn möglich partiell, um ein subkutanes Bogensehnenphänomen der Strecksehnen zu vermeiden) unter die Extensorensehnen (als Schutz vor knöchernen Anteilen des Karpus sowie als Gleitstruktur zur Verhinderung von Adhäsionen der Sehnen an der Gelenkkapsel) und die Stabilisierung der Sehne des M. extensor carpi ulnaris. Einige Autoren beschreiben auch hierzu den Transfer der Extensor-carpi-radialis-longus-Sehne oder eine Stabilisierung mit der Sehne des M. palmaris longus als freies Sehnentransplantat, andere nennen eine Stabilisierung mit einem Anteil des Retinaculum extensorum als „Schlinge“, der die Sehne lateralisieren und dorsalisieren kann. Stabilisierung des Karpus. Zunächst wurden früher Kirschner-Drähte eingebracht, die 6 – 8 Wochen verblieben. Diese Technik hat allerdings zu Fusionen und damit Ankylosen geführt. Deshalb wurden Weichteiltechniken entwickelt, die insbesondere die posterioren radiotriquetralen Bänder rekonstruieren sollen. Eine Naht der Gelenkkapsel unter Spannung (ggf. mit nichtresorbierbarem Nahtmaterial zum Triquetrum als Kapselraffung), die Fixation der dorsalen Kapsel am Tuberculum dorsale radii (Lister), die Raffung der Gelenkkapsel unter Ankerfixation am Radius, die Transposition des Retinaculum extensorum, partielle (radiolunär oder radioskapholunäre) und vollständige Arthrodesen des Handgelenks wurden zur Stabilisierung des Karpus beschrieben (Gschwend u. Steiger 1986, Jensen 1983). Die Verlagerung des Retinaculum extensorum unter die Strecksehnen (ggf. partiell) als dorsale Handgelenkstabilisierung limitiert die Palmarflexion auf 30 – 40°. Sie ist in den Stadien LDE 0 –I isoliert, ab dem Stadium LDE II auch kombiniert indiziert (Jensen 1983, Thirupathi u. Mitarb. 1983). Ein Sehnentransfer der Extensor-carpi-radialis-longusSehne auf die Extensor-carpi-ulnaris-Sehne wurde von Clayton u. Ferlic (1975) in den Stadien einer mäßigen röntgenologisch darstellbaren Destruktion (LDE II) empfohlen. Die Supinationsdeformität und die radiale Deviation des Karpus sollen so korrigiert werden können. Zusätzlich soll ein dorsaler Zügel geschaffen werden, der die Extensorensehnen bei forcierter Extension stabilisiert und die Exten-
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13.3 Handgelenk
sor-carpi-ulnaris-Sehne rezentriert. Dieser Sehnentransfer soll aber keinen Effekt auf die ulnare Translation des Karpus und die ulnare Deviation in den Metakarpophalangealgelenken haben. Flatt (1995) konnte nachweisen, dass die ulnare Stabilität selbst in vorangeschrittenen Fällen hierdurch erhalten werden kann. Andere Autoren beschreiben den Transfer der halben Sehne des M. extensor carpi radialis brevis. Kann mit Weichteileingriffen keine Stabilisierung erreicht werden, muss in Abhängigkeit vom röntgenologisch darstellbaren Stadium der Destruktion und der vorliegenden Knorpelsituation die partielle Arthrodese oder die Handgelenkarthrodese erfolgen. Die Wahl des Verfahrens machen wir auch abhängig vom natürlichen Verlaufstyp des rheumatischen Handgelenks (Simmen u. Huber 1994). Während bei den Typen I und II nach dorsaler Handgelenksynovialektomie und Ulnakopfresektion beim Vorliegen eines Caput-ulnaeSyndroms auch langfristig keine Konsequenzen für die Handgelenkstabilität zu erwarten sind, muss der Typ III schon vom natürlichen Verlauf diese erwarten lassen, obwohl eine Beschleunigung dieses Vorganges auch durch die Ulnakopfresektion nach Simmen u. Huber (1994) nicht eintreten soll. Handgelenke der Typen I und II würden daher bei uns, wenn die Berücksichtigung der knöchernen und knorpeligen Destruktionen dies zulässt, eine weichteilige Stabilisierung und Typ III eine (wenn möglich) partielle knöcherne Fusion erhalten.
Distales Radioulnargelenk. Wenn notwendig sollte die Resektion des Ulnakopfes sparsam erfolgen. Seine Entfernung führt zusammen mit der Synovialektomie (z. T. schon ab den Röntgenstadium LDE II nötig) in der Regel zu einer deutlichen Verbesserung der Pro- und Supination bei Schmerzfreiheit. Verschiedene Modifikationen der Resektion sind beschrieben (Darrach 1912, Gschwend 1968). Die veröffentlichten Ergebnisse der verschiedenen Verfahren sind einander ähnlich. Auch der Erhalt des Processus styloideus ulnae hat keinen Einfluss auf das operative Ergebnis. Eine Instabilität der distalen Ulna nach Resektion wird in der Literatur mit bis zu 30% angegeben, wobei sie häufig von den Patienten mit rheumatischen Erkrankungen nicht als beschwerdeverursachend genannt wird. Behandlungsverfahren zur Stabilisierung mit einem Sehnenstreifen aus der Sehne des M. flexor carpi ulnaris, mit Anteilen des M. pronator quadratus, mit der Sehne des M. palmaris longus als freies Transplantat und mit Kapselanteilen des distalen Radioulnargelenks etc., die durch den Stumpf der distalen Ulna geführt werden, sind in der Literatur beschrieben (Abb. 13.14) (Bogoch u. Mitarb. 1992). Operationstechnik: Soll nur die Resektion des Ulnakopfes erfolgen, kann eine dorsoulnare, gerade oder L-förmige Inzision erfolgen. Häufig wird beim Patienten mit rheumatoider Arthritis die Synovialektomie gleichzeitig durchgeführt. Hier sollte dann die bereits genannte gerade Inzision gleichzeitig auch zur Therapie des DRUG genutzt werden. Unter Schonung des dorsalen Anteils des N. ulnaris
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Abb. 13.14 Caput-ulnae-Syndrom bei rheumatoider Arthritis. Röntgenbild 3 Jahre nach Ulnakopfresektion.
wird die Ulna dargestellt und die distalen Anteile ca. 2 – 2,5 cm reseziert (Darrach 1912). Einige Arbeitsgruppen empfehlen auch nur ca. 1,5 cm zu entfernen, um die Stabilität des ulnokarpalen Handgelenkkompartimentes zu erhöhen (Gschwend 1968). Die Stabilisierung der verbleibenden distalen Ulna ist wesentlich (Bogoch u. Mitarb. 1992). Hemiresektions- und Hemiresektionsinterpositionstechniken sind auch für die Behandlung des DRUG bei Patienten mit rheumatoider Arthritis beschrieben worden. Sie werden aber nur von wenigen Arbeitsgruppen bei diesem Krankheitsbild verwendet (Bogoch u. Mitarb. 1992).
Operation nach Kapandji. Die Operation nach Kapandji (1936) (Synonym: Sauvé-Kapandji), also die radioulnare Arthrodese mit Ulnasegmentresektion wird auch zur operativen Behandlung bei Caput-ulnae-Syndrom meist im Zusammenhang mit der Synovialektomie genannt. Ob der Eingriff, ähnlich wie eine partielle radiokarpale Fusion, auch das rheumatische Handgelenk langfristig stabilisieren kann, da es auch das komplexe periulnäre und distale radioulnare Problem des rheumatischen Handgelenks beeinflusst, wird in der Literatur uneinheitlich bewertet. Auch Kombinationen mit gleichzeitiger radiolunärer Fusion bei ausgeprägter Ulnartranslokation oder palmarer Subluxation des Karpus werden beschrieben. Eine Instabi-
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
Abb. 13.15 a u. b Operation nach Kapandji bei Caput-ulnae-Syndrom bei rheumatoider Arthritis.
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lität der distalen Ulna wird bei diesem Verfahren auch erwähnt. Besonders das kosmetische Ergebnis dieser Operation wird von den Patienten mit rheumatoider Arthritis besser als das der Ulnakopfresektion genannt (Alnot u. Fauroux 1992, Bogoch u. Mitarb. 1992, Simmen u. Huber 1994, Pechlaner u. Mitarb. 1998).
Operationstechnik: Zur Arthrodese des distalen Radioulnargelenks kann eine ulnare oder dorsoulnare Inzision erfolgen. Häufig wird beim Patienten mit rheumatoider Arthritis die Synovialektomie gleichzeitig durchgeführt. Hier sollte dann die dazu bereits genannte gerade Inzision gleichzeitig auch zur Therapie des DRUG genutzt werden. Wir führen nach Resektion eines 1,5 – 2 cm langen Ellensegmentes (möglichst distal, ulnakopfnah) die Arthrodese, unter Interposition des entnommenen Segmentes zwischen distaler Ulna und Radius, mit 2 Schrauben durch (Abb. 13.15 a u. b). Teilarthrodese. Radiolunäre Arthrodese (Synonym: Chamay-Arthrodese): Die Beobachtung durch Chamay u. Mitarb. (1983), dass Handgelenke, die eine spontane Fusion zwischen Radius und Os lunatum gebildet hatten, ein hohes Ausmaß von erhaltener Flexion und Extension ohne Entstehung einer radiokarpalen Instabilität oder Subluxation aufwiesen, führte zur Entwicklung dieser Operationstechnik. Die radiolunäre Arthrodese führt zur Stabilisierung des Handgelenks in der frontalen und sagittalen Ebene bei erhaltener, eingeschränkter Handgelenkbeweglichkeit. Sie ist indiziert in Verbindung mit der Synovialektomie und ggf. der Resektion des Ulnakopfes bei früher progredienter radiokarpaler Instabilität ggf. auch
mit Caput-ulnae-Syndrom. Liegt kein Caput-ulnae-Syndrom vor, kann die Ulnakopfresektion nach Chamay u. Mitarb. (1983) auch unterbleiben (Chamay u. Mitarb. 1983, Della Santa u. Chamay 1995, Linscheid u. Dobyns 1985). Dies trifft meist auf das Röntgenstadium LDE III (seltener IV) zu. Zusätzlich kann sie auch in Stadien geringerer Destruktion erfolgen, wenn Beschwerden durch Knorpeldefekte am Os lunatum oder der Fossa lunata des Radius verursacht werden. Auch bei Patienten mit rheumatoider Arthritis mit dem Verlaufstyp III des Handgelenks nach Simmen u. Huber (1994) kann die radiolunäre Arthrodese erfolgen, selbst wenn die röntgenologisch darstellbaren Destruktionen noch weniger ausgeprägt sind. Voraussetzung ist ein ausreichendes Knochenlager mit erhaltenem skaphoradialen und mediokarpalen Gelenk.
Operationstechnik: Der Zugang erfolgt meist über eine gerade mediane Inzision, wobei die sensiblen Äste des N. radialis und auch die wesentlichen Handrückenvenen im Subkutangewebe geschont werden müssen. Einige Autoren empfehlen auch quere oder geschwungene Inzisionen. Das Retinaculum extensorum wird lateral der Extensorcarpi-ulnaris-Sehne abgelöst und nach radial mobilisiert. Anschließend erfolgt grundsätzlich die Denervierung des Gelenks. Der Knorpel des radiolunären Gelenks wird entfernt, bis spongiöser Knochen sichtbar ist. Das Lunatum wird in die anatomische Position reponiert (neutral bis 10° Flexion nach Della Santa u. Chamay 1995) und temporär (z. B. mit einem Kirschner-Draht) fixiert. Die intraoperative Röntgenkontrolle ist zu empfehlen, um die Position vor der definitiven Fixierung zu kontrollieren. Die Osteo-
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13.3 Handgelenk
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Abb. 13.16 a u. b Röntgenbilder nach einer radiolunären Arthrodese mit Schrauben bei rheumatoider Arthritis.
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synthese kann mit Schrauben (Abb. 13.16 a u. b), Drähten, Staples (Abb. 13.17 a u. b) oder ggf. mit Miniplatten durchgeführt werden (Chamay 1998). Sie erfolgt vom Radius in den palmaren Anteil des Os lunatum und umgekehrt. Ein Resektat aus dem Ulnakopf kann zur Wiederherstellung der karpalen Höhe interponiert werden. Ein solcher Knochenblock kann auch in den Radius und das Lunatum eingebracht werden, um die knöcherne Fusion zu erleichtern.
Radioskapholunäre Arthrodese (RSL-Fusion). Radioskapholunäre Arthrodesen sind bei fortgeschrittenen Fehlformen, meist entsprechend dem Röntgenstadium LDE III (seltener IV) mit Destruktion des radiokarpalen Gelenks (vor allem radioskaphoidales Gelenk), aber mit noch erhaltenem Knorpel des Mediokarpalgelenks indiziert. Zusätzlich kann sie auch in Stadien geringerer Destruktion erfolgen, wenn Beschwerden durch Knorpeldefekte am Os lunatum und Os scaphoideum oder der Fossa lunata und Fossa scaphoidea des Radius verursacht werden oder wenn eine ausgeprägtere radiokarpale Subluxation (ulnare oder palmare Fehlstellung, ggf. palmare Rotation des Skaphoids, die eine senkrechte Achsenfehlstellung zur Radiusachse einnehmen kann und somit eine Stellung des distalen Skaphoidpols im Karpalkanal erreicht) bei erhaltenem lunokapitalem Gelenk reponiert werden muss (Chamay 1998). Auch bei Patienten mit rheumatoider Arthritis mit Verlauftyp III des Handgelenks nach Simmen u. Huber (1994) kann sie zuverlässig zur Stabilisierung führen. Die RSL-Fusion wird in der Regel in Verbindung mit der Synovialektomie des Handgelenks und Resektion des Ulnakopfes durchgeführt. Die palmare Rotation des Skaphoids, die ggf. eine senkrechte Achsenfehlstellung zur
Abb. 13.17 les.
Röntgenbild nach radiolunärer Arthrodese mit Stap-
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
Radiusachse einnehmen kann und somit bei Stellung des distalen Skaphoidpols im Karpalkanal zu einer Gefahr für die Beugesehnen werden kann, sollte bei der radioskapholunären Arthrodese ausgeglichen werden. Die Gelenkflächen zum Os capitatum und zum Os trapezium werden damit ebenfalls wieder kongruent. Ist der proximale Pol des Os capitatums allerdings destruiert, müssen weiterreichende operative Maßnahmen in Erwägung gezogen werden. Eine geringere verbleibende Beweglichkeit als bei der radiolunären Fusion nach Chamay ist zu erwarten (Simmen u. Huber 1994).
Operationstechnik: Der Zugang erfolgt meist über eine gerade mediane Inzision, wobei die sensiblen Äste des N. radialis und auch die wesentlichen Handrückenvenen im Subkutangewebe geschont werden müssen. Einige Autoren empfehlen auch quere oder geschwungene Inzisionen. Das Retinaculum extensorum wird lateral der Extensorcarpi-ulnaris-Sehne abgelöst und wird nach radial mobilisiert. Anschließend erfolgt grundsätzlich die Denervierung des Gelenks. Der Knorpel der radiokarpalen Gelenke wird entfernt, bis spongiöser Knochen sichtbar ist. Das Lunatum und das Skaphoid werden in die anatomische Position reponiert und temporär (z. B. mit Kirschner-Drähten) fixiert. Die intraoperative Röntgenkontrolle ist zu empfehlen, um die Position vor der definitiven Fixierung zu kontrollieren. Die Osteosynthese kann mit Schrauben, Drähten, Staples, ggf. mit Miniplatten durchgeführt werden (Chamay 1998). Ein Resektat aus dem Ulnakopf kann zur Wiederherstellung der karpalen Höhe interponiert werden (Abb. 13.18 a u. b).
Arthrodese. Schwere Handgelenkdestruktionen (LDE IV und V) mit Verlust des Knorpels und/oder Instabilität/ (Sub-)Luxation des Handgelenks, nach ulnar, radial und/ oder palmar erfordern häufig die Arthrodese (Abb. 13.19 a u. b). Eingeschlossen sind auch das Vorliegen von größeren Knochenresorptionen sowie von radiokarpalen und gleichzeitig mediokarpalen Destruktionen. Die Indikation wird meist wegen der zunehmenden Schmerzen bei progredienter Fehlstellung, dem Bewegungsverlust im Handgelenk sowie der Instabilität gestellt. Dies liegt häufig beim Verlaufstyp III nach Simmen u. Huber (1994) vor, besonders wenn eine mutilierende Form (Arthritis mutilans) zur Luxation mit Knochendefekt führt. Aber auch bei den Typen I und II kann sie indiziert sein, wenn aufgrund einer inkompletten Fusion Schmerzen bei einem mobilen Segment bestehen. Die Arthrodese führt in der Regel bei Patienten mit rheumatoider Arthritis zur vollständigen Schmerzfreiheit und beendet im betroffenen Gelenk den rheumatisch-entzündlichen Prozess. Bei doppelseitigen Erkrankungen der Handgelenke kann aber ein Gelenkersatz auf einer Seite in Erwägung gezogen werden. Weitere Indikationen für eine Versteifungsoperation sind: 쐌 mutilierende Rheumaformen, die eine partielle Arthrodese oder einen alloarthroplastischen Gelenkersatz nicht zulassen (z. B. Knochendefekte, nicht zu behebende Rotationsfehlstellungen des Karpus etc.), 쐌 Rupturen der Sehnen des M. extensor carpi radialis longus und brevis, die nicht rekonstruiert werden können, 쐌 keine ausreichende Stabilität des Handgelenks z. B. nach Sehnenrupturen, bei denen die Sehnen des M. ex-
Abb. 13.18 a u. b Radioskapholunäre Arthrodese bei rheumatoider Arthritis.
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13.3 Handgelenk
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Präoperativ kann es sinnvoll sein die optimale Position für den Patienten zu ermitteln, indem Ruhigstellungen (z. B. Schienen) in unterschiedlichen Handgelenkpositionen angelegt werden.
a
b Abb. 13.19 a u. b Klinischer und Röntgenbefund bei palmarer (Sub-)Luxation (sog. „Bajonettfehlstellung“) im Handgelenk bei rheumatoider Arthritis.
tensor carpi radialis longus und brevis als Motoren beim Sehnentransfer genutzt werden mussten, 쐌 Patienten, die die Hände körperlich schwer belasten oder die ständig an Unterarmgehstützen gehen müssen, 쐌 Rückzugsbehandlungen nach fehlgeschlagener Endoprothese. Das Handgelenk ist dabei mit einer Ulnarduktion von 5 – 10° zu fixieren. Eine Radialduktion sollte vermieden werden (Clayton u. Ferlic 1995, Mannerfelt u. Malmsten 1971, Pahle u. Raunio 1969). Viele Autoren bevorzugen die neutrale Position oder eine Flexion von 5 – 10°, weil sie das Sich-Reinigen auf der Toilette ermöglichen und bei vielen weiteren Tätigkeiten günstig sein soll (Arbeiten auf einer glatten Unterlage, z. B. Schreiben, Verschließen von Knöpfen). Die neueren Veröffentlichungen zur Arthrodese des rheumatischen Handgelenks empfehlen hingegen meist bei nur einseitiger Notwendigkeit zur Arthrodese eine Extensionsposition, da die Patienten so nicht nur mit den Fingerspitzen sondern auch der Handfläche z. B. das Gesicht, glatte Oberflächen (z. B. Tisch) erreichen können. Im Einzelfall muss aber das funktionelle Bedürfnis des Patienten auch unter Beachtung des Verlaufs der rheumatischen Erkrankung berücksichtigt werden. Wenn beide Handgelenke fusioniert werden müssen, empfehlen viele Autoren, ein Handgelenk in leichter Flexion und das andere in leichter Extension zu fusionieren. Clayton u. Ferlic (1995) beschreiben auch bei Patienten mit beidseitiger Handgelenksfusion eine Neutralposition beidseits zu wählen.
Operative Technik: Für die Arthrodese des Handgelenks werden verschiedene Zugangswege genannt: gerade mediane Inzisionen, Zugänge über dem 3. Strecksehnenfach, S-fömige und schräge Hautschnitte. Viele Autoren halten das Risiko für Hautnekrosen bei geraden Inzisionen für am geringsten. Es ist zu beachten, dass die subkutanen Venen und die sensiblen Anteile des N. radialis sowie des N. ulnaris nicht verletzt werden. Das Retinaculum extensorum wird auf der ulnaren Seite entlang der Sehne des M. extensor carpi ulnaris inzidiert und radial gestielt bis zum zweiten Strecksehnenfach mobilisiert. Anschließend erfolgt grundsätzlich die Denervierung des Gelenks. Verschiedene Verfahren zur Fusion nach Entknorpelung der verbliebenen Gelenkflächen bis zum spöngiösen Anteil wurden in der Literatur beschrieben. Mitte der 60er Jahre wurden erstmals Steinmann-Nägel oder Kirschner-Drähte zur Stabilisierung verwandt, wobei meist zusätzlich kortikospongiöse Knochenblöcke aus dem Radius oder Beckenkamm entnommen und zwischen Radius und karpaler Handwurzelreihe eingeschlagen wurden. Mannerfelt u. Malmsten (1971) entwickelten die Methode einer Rush-Pin-Fixierung (3,18 mm). Hierbei wird der Pin auf der ulnaren Seite des 3. Mittelhandknochens (Ausnahme bei irreponibler Fehlstellung 2. Mittelhandknochen) eingeführt und durch den Karpus in den Radius eingeleitet. Die Rotationsstabilität und Kompression kann z. B. durch die Verwendung von radiokarpalen Staples hergestellt werden (Abb. 13.20 a – c). Das Verfahren hat den wesentlichen Vorteil, dass keine Osteosynthesematerialien auf dem Knochen und unter den Strecksehnen liegen und somit das Risiko einer Strecksehnenruptur und Wundheilungsstörung reduziert ist. Zusätzlich ist keine Materialentfernung notwendig. Andererseits ist dieses Verfahren weniger stabil, es können sich z. B. Klammern/Staples lockern und die Rotationsstabilität dadurch frühzeitig aufheben. In Fällen mit großen Knochendefekten kann bei der Handgelenkarthrodese auch die Transplantation von Knochen (meist Beckenkamm als Spenderregion) erforderlich sein. Einige Autoren empfehlen bei diesem Verfahren die Entfernung der proximalen Handwurzelreihe in Verbindung mit der Arthrodese. Die Osteosynthese durch Platten (z. B. nach AO), die in den letzten Jahren durch zahlreiche Modifikationen insgesamt schlanker geworden sind, kommt z. B. bei großen Knochendefekten, die überbrückt werden müssen, z. B. nach Prothesenexplantation in Betracht. Eine rigide Fixation kann erreicht werden. Die Schraubenfixation in dem rheumatischen Knochen mit oft schlechter Qualität kann aber problematisch sein. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis können auftragende Materialien unter der z. B.
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
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Abb. 13.20 a – c Handgelenkdestruktion (LDE V) bei rheumatoider Arthritis (a) und Röntgenbefunde nach Mannerfelt-Arthrodese (b u. c).
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durch Corticoide oder eine Vaskulitis geschädigten Haut Wundheilungsstörungen hervorrufen (Clayton 1975, Mannerfelt u. Malmsten 1971, Gschwend 1968).
Resektions-Interpositions-Arthroplastik (RIAP). Die Indikation besteht bei stark fortgeschrittenen Destruktionen mit Bewegungsverlusten und Schmerzen im Handgelenk bei erhaltener Stabilität (LDE IV seltener V). Eine verlorene Stabilität des Gelenks, die nicht rekonstruiert werden kann, wird von vielen Autoren als Kontraindikation gewertet. Verschiedene Techniken sind für das Handgelenk beschrieben. Neben der so genannten „proximalen RIAP“ (partielle Resektion der proximalen Handwurzelreihe und des distalen Radius mit Interposition vom Retinaculum extensorum) wird u. a. eine so genannte „distale RIAP“ (Fusion der proximalen Handwurzelreihe mit dem Radius, Resektion des Mediokarpalgelenkbereichs und Interposition vom Retinaculum extensorum oder lyophylisierter Dura) genannt. Meist erfolgt gleichzeitig die Ulnakopfresektion. Als Vorteil gegenüber der Alloarthroplastik wird der Verzicht auf Fremdmaterial und somit das Fehlen von Lockerungen oder Materialinfektionen beschrieben. Eine Restbeweglichkeit soll nach Angaben einiger Autoren erhalten bleiben, was einen Vorteil gegenüber der Arthrodese darstellt (Thabe u. Tillmann 1983, Tillmann u. Hausens 1992). Häufig soll aber nach Angaben anderer Arbeitsgruppen keine anhaltende Schmerzfreiheit bestehen, Bewegungsverluste zunehmen und eine schmerzhafte Instabilität oder knöcherne Fusion progredient werden kön-
nen. Wir führen diese Operation daher in der Regel nicht durch.
Alloarthroplastik. Die Indikation zum prothetischen Ersatz des Handgelenks soll bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen bei fortgeschrittenen Destruktionen (LDE IV und V) bestehen, die eine beidseitige Handgelenkdestruktion aufweisen oder die einen besonderen Bedarf einer feinmotorisch gebrauchsfähigen Hand haben. Liegt ein Infekt, eine schlechte Knochen- oder Hautqualität oder eine Ruptur der Sehne des M. extensor carpi radialis brevis vor soll eine Kontraindikation zum Gelenkersatz bestehen (Clayton u. Ferlic 1995). Nach Gschwend (1998) besteht generell bei der Handgelenkprothetik eine besondere Belastungssituation mit erhöhtem Risiko der Lockerung, des Materialbruchs sowie aufgrund des meist gestörten muskulären Kräftegleichgewichtes das Problem der Entstehung einer störenden Sekundärfehlstellung. Eher stabile Handgelenke sollen sich durch Implantation eines Silastic-Spacers nach Swanson erreichen lassen, da er keinen fixen Drehpunkt vorgibt und somit eine Anpassung an die gestörten Muskelkräfte erlaubt. Nach Clayton u. Ferlic (1975) soll eine Schmerzfreiheit und eingeschränkte Handgelenksbeweglichkeit erreichbar sein. In der Literatur werden häufige Revisionen aufgrund von Silicon-Synovialitiden, dem Brechen und Einsinken des Spacers etc. bei geringen Bewegungsausmaßen beschrieben. Besonders größere Kräfte und Bewegungsausmaße sollen
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13.3 Handgelenk
das Risiko des Materialbruchs erhöhen (Clayton u. Ferlic 1975, Gschwend 1998). Meuli entwickelte 1973 eine Kugelgelenkprothese. Zwei proximale Metallstifte werden im Radius, zwei distale im Metakarpale II und III zementfrei eingebracht. Meuli (1997) selbst berichtet über gute Ergebnisse der 1986 weiterentwickelten Modellreihe. Viele weitere Prothesentypen (gekoppelt und ungekoppelt) aus verschiedenen Materialien (Metall-Metall, Metall-Polyethylen etc.) sind entwickelt worden (Volz 1975). Häufig sind dabei große Probleme mit Luxationen, nur kurzem Standing und Problemen bei der Revision (große Knochendefekte aufgrund der Resektionen bei der Implantation der Prothesen und Knochenresorptionen) aufgetreten. Nach Gschwend (1998) konnte bisher noch kein Typ eines alloarthroplastischen Handgelenkersatzes wirklich zufriedenstellende Ergebnisse erzielen. Nach Simmen u. Huber (1994) besteht zusätzlich nur ein geringerer Bedarf zum alloarthroplastischen Handgelenkersatz beim Patienten mit rheumatoider Arthritis, da die Problematik hier weniger radiokarpal als ulnokarpal bzw. distal radioulnar beginnt und (Teil-)Arthrodesen sehr gut akzeptiert werden sollen.
rung des Gelenks. Nach Ulnakopfresektion wird die dorsale Handgelenkskapsel subperiostal vom Radius nach distal gelöst und der Karpus dargestellt. In Abhängigkeit vom Prothesentyp der implantiert werden soll, erfolgt die Resektion von Teilen des Radius und des Karpus. Ebenso vom Prothesentyp abhängig ist die Vorbereitung des Prothesenlagers mit Raspeln. In der Regel dient der 3. Mittelhandknochen als Achse und das Kapitatum als Rotationszentrum für die karpale Komponente. Auch der Radius wird entsprechend der Prothese bearbeitet. Nach Implantation der Prothese erfolgt der Verschluss der Handgelenkkapsel mit (partieller) Transposition des Retinaculum extensorum unter die Strecksehnen.
Operationstechnik: Für den Ersatz des Handgelenks werden verschiedene Zugangswege genannt: gerade mediane Inzisionen, Zugänge über dem 3. Strecksehnenfach, S-förmige und schräge Hautschnitte. Viele Autoren halten das Risiko für Hautnekrosen bei geraden Inzisionen für am geringsten. Das Retinaculum extensorum wird auf der ulnaren Seite entlang der Sehne des M. extensor carpi ulnaris inzidiert und radial gestielt bis zum zweiten Strecksehnenfach mobilisiert. Anschließend erfolgt die Denervie-
Arthrodese nach Prothesenexplantation. Indikationen zur Revision nach Handgelenkprothesenimplantation sind Infektionen, Lockerungen, bestehende Luxationen/Instabilitäten die nicht stabilisiert werden können und Materialbrüche/-verschleiß (Abb. 13.21 a u. b). Nach Explantationen von Handgelenkprothesen liegen meist große Knochendefekte vor. Die Weichteilsituation kann sehr schwierig sein. Infekte können zusätzliche Probleme verursachen. Während einige Veröffentlichungen Revisionsprothesen beschreiben, wird von den meisten Arbeitsgruppen die Handgelenkarthrodese nach Prothesenentfernung angestrebt, um ein stabiles und schmerzfreies Handgelenk zu erreichen (Clayton u. Ferlic 1995, Cobb u. Beckenbaugh 1996, Lorei u. Mitarb. 1997, Meuli 1997). Hier ist in der Regel die Knochentransplantation (meist Beckenkamm als Spenderregion) zur Defektüberbrückung nötig. In dem schwachen Wirtslager des durch die rheumatische Grunderkrankung und die Prothese meist stark
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Abb. 13.21 a u. b Lockerung einer Handgelenkprothese 2 Jahre nach Implantation bei rheumatoider Arthritis (Röntgenbefund).
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b
Abb. 13.22 a u. b Röntgenbefund nach Handgelenkarthrodese (Beckenkammblock, LCDC-Platte) nach Explantation der Handgelenkprothese.
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destruierten Knochens kann dies besondere Probleme bereiten. Eine Osteosynthese ist dabei notwendig. Die Nutzung von Rush-Pins, Drähten, Klammern und Platten wird beschrieben (Clayton u. Ferlic 1995). Wir bevorzugen in diesem Fall eine möglichst stabile Fixation mittels Plattenarthrodesen. Bei Bedarf muss primär eine Weichteilsanierung ggf. unter Lappendeckung erreicht werden (Abb. 13.22 a u. b). Nachbehandlung Der Nachbehandlung kommt bei allen Eingriffen im Bereich des Handgelenks besondere Bedeutung zu. Physikalische und medikamentöse Maßnahmen zur Reduktion des Schwellungszustandes müssen direkt postoperativ beginnen. Meist sollte nach dem Entfernen der Redon-Drainagen (24 – 48 Stunden postoperativ) eine frühfunktionelle Nachbehandlung angestrebt werden. Auch nach Synovialektomien sind häufig kurze Ruhigstellungszeiten (1 – 2 Wochen) zur Stabilisierung der Wundheilung notwendig. Eine möglichst frühe, funktionelle Nachbehandlung sollte aber durchgeführt werden (Feldon u. Mitarb. 1993). Arthrodesen erfordern in der Regel Ruhigstellungszeiten zwischen 6 – 8 Wochen. Diese sollten, wenn immer möglich, die Fingergelenkbewegung in allen Gelenken nicht einschränken, damit diese selbständig und durch Therapeuten unterstützt aktiv und passiv mobilisiert werden können. Die Lagerungen auf Schienen unterstützt die Behandlung je nach Eingriff und präoperativem Zustand auch in der weiteren postoperativen Phase. Eine anschließende ergotherapeutische, krankengymnastische und physikalische Nachbehandlung (Elektrotherapie etc.) ist in der Regel nötig.
Komplikationen Durch eine bestehende Vaskulitis und immunsupprimierende Medikationen sowie aufgrund des geringen Weichteilmantels und der häufig schlechten Knochenqualität im Handgelenkbereich beim Patienten mit rheumatischen Erkrankungen besteht ein besonderes Risiko für postoperative Infektionen und Wundheilungsstörungen. Besonders letztere werden für den dorsalen Handgelenkbereich häufiger beschrieben. Gerade dorsale Inzisionen scheinen ein geringeres Risiko zu haben als schräge oder geschwungene (Feldon u. Mitarb. 1993, Mannerfelt 1971). Beschwerdepersistenz, Materiallockerungen und Zunahmen von Beschwerden in benachbarten Gelenken sind möglich. Ein begleitender Diabetes mellitus (auch steroidinduziert) kann dieses Risiko noch erhöhen. Der postoperativen Überwachung unter anfänglich stationären Bedingungen kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Komplikationen wie Läsionen von Nerven, Sehnenrupturen, Infektionen, Wundheilungsstörungen, Instabilitäten werden in Abhängigkeit von der Art des operativen Eingriffs berichtet. Der prothetische Ersatz des Handgelenks wird mit einer besonderen Häufung von Komplikationen
bei allen Typen der Alloarthroplastik in unterschiedlichen Ausmaßen, wie z. B. Infektionen, Entkoppelungen, Luxationen, frühen Lockerungen und periprothetische Frakturen in der Literatur beschrieben.
Ergebnisse Fast alle Verlaufuntersuchungen nach Handgelenksynovialektomien zeigen gute Ergebnisse mit hoher Patientenzufriedenheit und (weitgehender) Schmerzfreiheit bei geringem Bewegungsverlust. Eine Heilung der Erkrankung oder ein Verhindern des Fortschreitens der Destruktion konnte aber nicht erreicht werden (Gschwend 1968, Jensen 1983). Nach Böhler u. Mitarb. (1985) konnte mit Synovialektomien von Handgelenken in den Stadien LDE 0 –II bei 88 % der Patienten gute und sehr gute Ergebnisse auch im Langzeitverlauf erzielt werden. Nach Gschwend (1998) liegt der Wert der Synovialektomie besonders in der zeitlichen Verzögerung der Entstehung von klinischen Symptomen. Die Synovialektomie führt in seiner Patientengruppe zur anhaltenden Reduktion von Schmerzen bei bis zu 85 % der Patienten (eventuell bedingt durch Denervierungseffekt) und Schwellungen bei bis zu 71 % der Patienten, sowie Zunahme der Kraft (63 % der Patienten) bei subjektiv großer Patientenzufriedenheit, obwohl eine radiologisch darstellbare Progression im Verlauf nicht verhindert werden kann. Gründe hierfür sollen in schon manifesten Knorpelschäden, eingeleiteten Vorgängen der Apoptosen von Knorpelzellen oder in einer mangelnden Radikalität des Eingriffs liegen. Eine Bewegungseinschränkung, die mehr die Flexion als Extension betrifft, bei Verbesserung von Pro- und Supination kann erwartet werden (Clayton u. Ferlic 1975, Ferlic 1993, Gschwend 1998, Souter 1995). Jensen (1983) berichtet über eine Rezidivrate nach Handgelenksynovialektomie, Ulnakopfresektion und Retinakulumtransposition von ca. 10%. Die begleitende medikamentöse und lokale Therapie wird dabei aber nicht beschrieben. Auch in dieser Patientengruppe zeigten alle Patienten durchschnittlich 33 Monate postoperativ eine unveränderte lineare Progression der röntgenologisch darstellbaren Destruktion und Translokation des Karpus (wobei diese aber auch postoperativ nicht vermehrt war) bei Schmerzfreiheit/Schmerzreduktion (80 % der Patienten) und Verbesserung der Handgelenkbewegung in allen Ebenen. Im Langzeitverlauf (5 – 14 Jahre postoperativ) konnten diese Ergebnisse von Thirupathi u. Mitarb (1983) betätigt werden, wobei in dieser Patientengruppe keine Rezidive auftraten. Nach Baumann (1979) kann durch die Ulnakopfresektion in der Regel eine Verbesserung der Umwendbewegung erreicht werden. Bei seinen Patienten wiesen 13 % postoperativ eine vermehrte Ulnartranslokation des Karpus auf. Die Wertigkeit der (möglichst gleichzeitigen) Tenosynovialektomie ist als deutlich höher einzuschätzen, da Sehnenrupturen vermieden werden und dauerhafte Funktionsverbesserungen bei niedrigem Rezidivrisiko in der
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13.4 Fingergelenke, Beuge- und Strecksehnen
Regel erreicht werden können (Clayton u. Ferlic 1975, Ferlic 1993, Gschwend 1998, Souter 1995, Stellbrink 1972). Nach Simmen u. Huber (1994) führt die radiolunäre Fusion zu anhaltenden Schmerzbefreiungen und Stabilitäten des Karpus. Linscheid u. Dobyns (1985) fanden bei Patienten nach Chamay-Arthrodese eine Bewegung von jeweils ca. 30° Extension und Flexion sowie 5°-Radial-/ 15°-Ulnarduktion. Die Schmerzfreiheit und Zunahme der Griffkraft war bei fast allen ihrer Patienten feststellbar. Eine rasch progressive Degeneration des Mediokarpalgelenks trat in dieser Gruppe nicht auf. Della Santa u. Chamay (1995) konnten aber zeigen, dass besonders nach größerer Korrektur einer Ulnartranslokation mediokarpale Destruktionen auftreten können. Nach Simmen u. Huber (1994) führt die radioskapholunäre Fusion zuverlässig zu Schmerzbefreiungen und Stabilitäten des Karpus bei bis zu 50% erhaltener Gelenkbeweglichkeit. Die ersten veröffentlichten Ergebnisse bezüglich des Handgelenkspacers nach Swanson waren sehr erfolgversprechend. Seitdem wurden zunehmend Silicon-Synoviali-
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tiden, Brechen und Einsinken des Spacers etc. schon nach 2,5 Jahren beschrieben. Heute hat diese Form des Handgelenkersatzes keine wesentliche Indikation mehr (Feldon u. Mitarb. 1993). Von Meuli (1997) wurde über die Ergebnisse der von ihm entwickelten Prothese und deren Modifikation berichtet. Eine zementfreie knöcherne Integration der Prothese bei guter Funktion und Patientenzufriedenheit soll zu erreichen sein. Bei 26 % der nachuntersuchten Prothesen dieser Patientengruppe war eine Revision (Nachuntersuchung durchschnittlich 5,5 Jahre postoperativ) bei Lockerung, Prothesenbruch, Fehlpositionierung, Ankylose oder Infekt (nach Meuli meist aufgrund technischer Fehler oder Fehler bei der Patientenselektion) notwendig. Clayton u. Ferlic (1995) haben bei der Untersuchung der Ergebnisse von verschiedenen Handgelenkprothesentypen (Volz, Beckenbaugh, Swanson, CFV) festgestellt, dass bei allen Typen meist nach deutlich weniger als 10 Jahren eine Revision erforderlich war. Ein ideales Implantat zum Handgelenkersatz scheint bis heute nicht verfügbar zu sein.
13.4 Fingergelenke, Beuge- und Strecksehnen Definition Im Rahmen einer rheumatischen Systemerkrankung (z. B. rheumatoide Arthritis) kommt es zu regionalen entzündlichen Prozessen im Fingergelenkbereich (z. B. Synovialis, Gefäße, Haut usw.) mit daraus folgenden Destruktionen an Knochen, Knorpel, Kapsel-Band-Apparat, Sehnengeweben, Sehnen usw., die zu Schmerzen, Fehlstellungen, Funktionsverlusten und Sehnenrupturen führen können.
Ulnardeviation. Durch die Synovialitis im Bereich der Fingergrundgelenke, die im Rezessus zwischen dem Ansatz der Kollateralbänder und dem Metakarpalkopf beginnt, kommt es zu einer Lockerung der kapsuloligamentären Strukturen mit der Folge der Destruktion, vor allem der radialen Seitenbänder (Abb. 13.23). Diese ist nach Flatt (1995) sowohl ein wesentlicher Faktor der Destabilisierung des Gelenks als auch ein früher Faktor der progressiven Deformität. Zusammen mit der radialen Inklinationsfehlstellung der Handwurzel (Deformität), der Atrophie
Ätiopathogenese Die Ätiologie und die Pathogenese der rheumatischen Erkrankungen der Fingergelenke und der Sehnen entsprechen den für verschiedene Sehnen und Gelenke des Körpers bestehenden gemeinsamen Ursachen und pathogenetischen Prozessen (s. Kap. 13.1). Die Pathogenese der rheumatischen Fingerdeformität und Sehnenläsionen ist in der Vermehrung des synovialen Gewebes begründet. Dies betrifft nicht nur die Gelenke der Finger, sondern auch die Beugesehnenscheiden und Strecksehnengleitgewebe. Die synoviale Proliferation ruft unterschiedliche Phänome hervor. Knöcherne Erosionen, Destruktionen der Bandsysteme, Kapseldeformierungen und -vergrößerungen sowie Sehnen- und Sehnengleitgewebeläsionen führen zu einer Vielzahl von Deformitäten im Bereich der rheumatischen Finger und deren Funktionsverlust. Die Folgen der Handgelenkdeformität (s. Kap. 13.2) führen auch zur Deformität im Fingerbereich.
Abb. 13.23 Arthritis.
Ulnardeviation der Langfinger bei rheumatoider
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des M. interosseus I sowie der schließlich folgenden Luxation der Strecksehnen (und Beugesehnen) nach ulnar mit Retraktion der ulnaren Mm. interossei und Dysfunktion der radialen intrinsischen Muskulatur (Imbalance der intrinsischen Handmuskulatur) und Destruktion der Metakarpalköpfe entsteht die Ulnardeviation der Langfinger. Diese Fingerfehlstellung muss als komplexes Geschehen betrachtet werden (Feldon u. Mitarb. 1993, Flatt 1995, Nalebuff u. Millender 1975 a und b, Pahle u. Raunio 1969). Sie wird begünstigt durch: 쐌 die anatomische Form der Mittelhandknochenköpfe, 쐌 unterschiedliche Anatomie (Länge) der Kollateralbänder der Fingergrundgelenke, 쐌 ulnare Zugrichtung der Extensoren und Flexoren der Finger, 쐌 kräftige ulnare Zugwirkung der intrinsischen Handmuskulatur, 쐌 Daumendruck beim Greifen oder Schreiben gegen die radiale Seite der Langfinger, vor allem 2. und 3. Finger, 쐌 Schwerkraft. Die palmare Sub-/Luxation der Fingergrundgelenke (Abb. 13.24) bei vorliegender Synovialitis wird begünstigt durch (Feldon u. Mitarb. 1993, Flatt 1995, Nalebuff u. Millender 1975 a und b, Pahle u. Raunio 1969): 쐌 Lockerung und Insuffizienz der Strukturen der Streckerhaube durch die Synovialitis im dorsalen Rezessus, ulnares Abrutschen der Strecksehnen, 쐌 Synovialitis der Beugesehnenscheiden mit Entstehung von stärkerer Zugwirkung der Beugesehnen auf den Bereich der Grundphalanx, da die proximale Stabilisierung insuffizient ist, 쐌 Retraktion der intrinsischen Handmuskulatur führt zu andauernder Flexionskraft, 쐌 schließliche palmare Destruktion der Metakarpalköpfe, 쐌 Handgelenkdestruktion.
Streckung noch verstärkt werden (Abb. 13.25). Bei der rheumatoiden Arthritis ist die Ursache hierfür in einem multifaktoriellen Geschehen mit Störung des Gleichgewichts zwischen Fingerbeugern und -streckern zu sehen (Feldon u. Mitarb. 1993, Flatt 1995, Gschwend 1968, Nalebuff u. Millender 1975 b, Shapiro 1982): 쐌 Sub-/Luxationen der Grundphalanxbasis nach palmar bei Synovialitis des MP-Gelenks, dabei Traktion am Mittelzügel der Strecksehne, was vor allem bei Synovialitis des Fingermittelgelenks mit Lockerung des Kollateralbandapparates und dessen Subluxation nach dorsal sowie Lockerung/Elongation der palmaren Platte, zur Hyperextension des PIP-Gelenks führt. Die gleichzeitige Anspannung der tiefen Beugesehne führt zur Flexion im Endgelenk. 쐌 Funktionsstörung der intrinsischen Handmuskulatur (Mm. interossei und Mm. lumbricales) mit nach dorsal veränderter Zugrichtung bei Fehlstellung im Grundgelenk und ggf. späterer Kontraktur durch entzündliche Veränderung des Muskels oder als sekundäre Folge („Intrinsic-Plus“-Deformity nach Bunnell). 쐌 Palmare Fehlstellung des Karpus führt zu Verlust der optimalen Länge der extrinsischen Handmuskulatur („Extrinsic-minus“-Phänomen nach Shapiro 1982). 쐌 Funktionsstörung der oberflächlichen Beugesehne durch Ruptur oder Elongation. 쐌 Kongenitale Prädisposition?
Schwanenhalsdeformität der Langfinger. Sie ist charakterisiert durch die Überstreckung des Fingers im Mittelgelenk mit Beugung im Endgelenk und kann bei aktiver
Knopflochdeformität der Langfinger (Synonym: Boutonnière Deformity). Sie ist charakterisiert durch die Beugefehlstellung des Fingers im Mittelgelenk mit Überstreckung im Endgelenk (Abb. 13.26). Bei der rheumatoiden Arthritis ist die Ursache hierfür meist die Destruktion der Streckerhaube im Bereich des Fingermittelgelenks. Vor allem die Anteile des Mittelzügels (Tractus intermedius) sind primär betroffen. Durch die fehlende dorsale Stabilisierung bei Zug der Beugesehnen kommt es zur Flexion im Mittelgelenk. Nach Gschwend (1968) verursacht eine alleinige Schädigung des Mittelzügels aber noch keine Knopflochdeformität. Erst zusammen mit der Läsion der aszen-
Abb. 13.24 Palmare Subluxation der Langfinger in den MP-Gelenken bei rheumatoider Arthritis.
Abb. 13.25 Schwanenhalsdeformität der Langfinger bei rheumatoider Arthritis (Typ IV nach Nalebuff und Mitarb. 1975).
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13.4 Fingergelenke, Beuge- und Strecksehnen
Abb. 13.26 Knopflochdeformität der Langfinger bei rheumatoider Arthritis (Typ III nach Nalebuff und Mitarb. 1975).
Abb. 13.27 90 – 90-Deformität des Daumens bei rheumatoider Arthritis (Typ III nach Nalebuff und Mitarb. 1975).
dierenden Fasern der Seitenzügel kommt es zur Fehlstellung. Durch die folgende Retraktion der Seitenzügel und der verbindenden Fasern des Mittelzügels wird das Endgelenk überstreckt. Die Seitenzügel dislozieren nach palmar der Gelenkachse des PIP-Gelenks und wirken als Flexoren. Durch die folgende Verkürzung der Kollateralbänder, der palmaren Platte und der Retraktion der queren LandsmeerBänder wird die Beugefehlstellung fixiert. Die Retraktion der schrägen Landsmeer-Bänder fixiert die Hyperextension des Endgelenks: Retinakular-Plus-Test positiv bei kontraktem schrägen Landsmeer-Band (Feldon u. Mitarb. 1993, Flatt 1995, Gschwend 1968, Nalebuff u. Millender 1975).
langealgelenk (Abb. 13.27). Begünstigt durch die Synovialitis des Grundgelenks kommt es zur Destruktion mit Verlängerung des Ansatzes der Sehne des M. extensor pollicis brevis an der Basis der Grundphalanx und durch Lockerung der Strecksehnenhaube zum Abrutschen der Sehne des M. extensor pollicis longus nach ulnar und palmar. Die resultierende Beugefehlstellung und ggf. Subluxation im Grundgelenk wird durch den Zug der Sehne des M. abductor pollicis brevis verstärkt. Die Überstreckung des Interphalangealgelenks wird primär durch den verstärkten Zug der Extensor-pollicis-longus-Sehne ausgelöst und sekundär durch das Zufassen in der Fehlstellung gegen die Langfinger verstärkt (Gschwend 1968, Nalebuff u. Millender 1975a). Die entzündliche Beteiligung der Sehnen und Sehnengleitgewebe bei der rheumatoiden Arthritis ist häufig und kann schon Monate vor dem Auftreten der intraartikulären Symptomatik bestehen (Feldon u. Mitarb. 1993). Die typischen Lokalisationen der Entzündungen betreffen dabei den dorsalen und palmaren Handgelenkbereich sowie die palmaren Finger (Beugesehnenscheiden). Die mechanische Abhängigkeit der distalen Sehnen und Gelenkstrukturen von den proximalen Veränderungen im Handgelenkbereich ist zu beachten (Gschwend 1968). Nach Pahle u. Raunio (1969) stört die Synovialitis der Gleitgewebe die Sehnenperfusion. Rupturen der Sehnen können durch synoviale Infiltrationen in die Sehnen mit Störungen der Struktur und Nekrosen der Fasern verursacht werden. Auch andauernde mechanische Traumatisierungen, z. B. über knöchernen Vorsprüngen können Rupturen verursachen. Strecksehnen sind häufiger als Beugesehnen betroffen. Hier besonders die Sehnen des M. extensor pollicis longus sowie bei Vorliegen eines Caput-ulnae-Syndroms die Langfingerstrecksehnen, beginnend am Kleinfinger und je nach Dauer des Vorliegens der Pathologie fortschreitend bis zum Zeigefinger. Bei den Beugesehnen sind die Sehne des M. flexor pollicis longus und die tiefen Beugesehnen der Langfinger am häufigsten bei Patienten mit rheumatoider Arthritis rupturiert. Wie auch betroffene Gelenke können Sehnengleitgewebe mit fibrinoiden „Reiskörperchen“ gefüllt sein (Feldon u. Mitarb. 1993, Millender u. Nalebuff 1975, Stirrat 1989).
Schwanenhalsdeformität des Daumens (Typ III nach Nalebuff u. Millender). Sie ist charakterisiert durch die Überstreckung im Daumengrundgelenk und dorsoradiale Sub-/Luxation im Daumensattelgelenk. Die Synovialitis des Daumensattelgelenks führt zu einer Lockerung der Kapsel-Band-Strukturen. Diese führt zur Fehlstellung (Subluxation/Luxation) im Daumensattelgelenk nach radiodorsal und Extensionswirkung vor allem des M. abductor pollicis brevis auf das Daumengrundgelenk, der eigentliche eine Beugefunktion in diesem Gelenk hat, sowie zur Beugestellung im Interphalangealgelenk. Durch die Retraktion des M. adductor pollicis, der darüber liegenden Faszie und des M. interosseus I entsteht eine Adduktion des Os metacarpale I. Die Überstreckfehlstellung im Grundgelenk wird sekundär durch das Zufassen gegen die Langfinger, bei gelockerter palmarer Platte, verstärkt, da aufgrund der Adduktionskontraktur die Überstreckung im Grundgelenk zur Kompensation notwendig ist. Eine ausgeprägte Instabilität und Proximalisierung des ersten Mittelhandknochens kann resultieren, was zur völligen Gebrauchsunfähigkeit des Daumens führen kann (Feldon u. Mitarb. 1993, Flatt 1995, Gschwend 1968, Nalebuff u. Millender 1975, Pahle u. Raunio 1969). 90 – 90-Deformität („Knopflochdeformität“) des Daumens (Typ I nach Nalebuff u. Millender). Sie ist charakterisiert durch die Beugefehlstellung des Fingers im Grundgelenk mit sekundärer Überstreckung im Interpha-
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
Epidemiologie Die Häufigkeit von Hand- und Handgelenkbeteiligungen im Rahmen der rheumatoiden Arthritis werden in der Literatur in Abhängigkeit von der Dauer der Erkrankung zwischen 67,5 und 95 % angegeben. Als Primärmanifestation der rheumatoiden Arthritis werden Fingergelenke mit 30 – 38 % genannt, wobei der Lokalisationsbereich die Grund- und Mittelgelenke sind. Sie stellen somit den Ort der häufigsten Primärmanifestation der Erkrankung dar (Gschwend 1968, 1998). Meist zeigen sich Symptome der rheumatischen Veränderungen schon sehr früh (2 – 3 Jahre) nach Beginn der Erkrankung. Die MP-Gelenke der Langfinger sind nach Gschwend u. Steiger (1986) bei der rheumatoiden Arthritis häufiger (80 %) als die PIP-Gelenke (64 %) und DIP-Gelenke betroffen, vor allem am 2. und 3. Strahl. Die Fingerendgelenke zeigen meist eher Läsionen aufgrund sekundärer Degenerationen (Gschwend u. Steiger 1986, Hämäläinen 1995, Mohing u. Franke 1983). Synovialitiden im Bereich der Sehnen und Sehnenscheiden werden in der Literatur in Abhängigkeit von der Dauer der rheumatischen Erkrankung mit bis zu 70% angegeben. Gschwend (1968) fand bei 38,6 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis nach 10-jähriger Krankheitsdauer eine Ulnardeviation der Langfinger, bei 36 % eine Knopflochdeformität und bei 7 % der Patienten eine Schwanenhalsdeformität der Langfinger. Nalebuff u. Millender (1975 a und b) beschreiben, dass 60% ihrer Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis eine Deformität des Daumens aufwiesen. Die Chirurgie im Bereich der Finger umfasst in Rheumazentren 30 – 40% aller Operationen und hat daher eine besondere Bedeutung.
Klassifikationen Die gebräuchlichste Einteilung der Röntgenveränderungen der rheumatischen Fingergelenke anhand von Standardröntgenbildern (Referenztafeln) erfolgt nach Larsen u. Mitarb. (1977): 쐌 Stadium 0: keine Veränderungen, 쐌 Stadium I: geringe Röntgenveränderungen mit periartikulären Weichteilschwellungen, periartikulärer Osteoporose, Gelenkspaltverschmälerung, 쐌 Stadium II: Frühveränderung des Röntgenbildes mit Erosionen, Gelenkspaltverschmälerung, 쐌 Stadium III: mittelgradige Destruktion mit starken Erosionen/Usuren, ausgeprägten Gelenkspaltverschmälerungen, 쐌 Stadium IV: starke Destruktion und Deformierungen mit starken Erosionen und Gelenkspaltverlust, 쐌 Stadium V: mutilierende Veränderungen mit Verlust der Gelenkflächen, seltener ankylosierende Verläufe.
쐌 Typ I („mild deformity“): passiv ausgleichbares aktives Streckdefizit im Fingermittelgelenk von ca. 10 – 15°, 쐌 Typ II („moderate deformity“): passiv ausgleichbares aktives Streckdefizit im Fingermittelgelenk von < 40°, 쐌 Typ III („severe deformity“): passiv nicht ausgleichbares Streckdefizit im Fingermittelgelenk von > 40°. Schwanenhalsdeformitäten der Langfinger lassen sich nach Nalebuff u. Millender (1975 b) klinisch in 4 Typen unterscheiden: 쐌 Typ I: Freie passive Fingermittelgelenkbeugung, meist liegt nur ein geringes Funktionsdefizit durch die Limitierung der DIP-Gelenkbewegung vor. Der Faustschluss ist erreichbar. Die Ursache kann im Bereich der DIP-Gelenke (Beginn der Fehlstellung durch Insuffizienz des distalen Streckapparates; Hammerfinger = Mallet-Finger) oder der PIP-Gelenke (Synovialitis führt zur Lockerung der palmaren Platte oder zur Ruptur der oberflächlichen Beugesehne mit fehlender Kraft, die gegen die Hyperextension wirkt) liegen. 쐌 Typ II: Die Beugung im Fingermittelgelenk ist nur in bestimmten Positionen limitiert. Die Flexion des PIPGelenks ist beeinflusst von der Position des MP-Gelenks. Die Ursache der Fehlstellung ist daher im Grundgelenk zu suchen. Bei Extension und Radialdeviation des MP-Gelenks ist die passive Beugung im Fingermittelgelenk eingeschränkt. Die Flexionsfähigkeit des PIPGelenks wird bei Beugung und Ulnardeviation im MPGelenk besser (Bunnell-/Littler-Test positiv). 쐌 Typ III: Eingeschränkter Bewegungsumfang des PIP-Gelenks in allen Positionen der Fingergelenke, keine fortgeschrittenen Zeichen der Destruktion im Röntgenbild. 쐌 Typ IV: Bewegungsunfähigkeit des Fingermittelgelenks, in der Regel fortgeschrittene Zeichen der Destruktion im Röntgenbild. Eine rein klinische Einteilung der Schwanenhalsdeformität der Langfinger wurde von Mannerfelt (1973 b) vorgeschlagen. Eine entsprechende Klassifikation wurde auch für die Knopflochdeformität beschrieben: 쐌 Stadium I: Fehlstellung aktiv korrigierbar, 쐌 Stadium II: Fehlstellung passiv korrigierbar, 쐌 Stadium III: kontrakte Fehlstellung. Die 90 – 90-Deformitäten des Daumens (Typ I) lassen sich nach Nalebuff u. Millender (1975 a) klinisch in 3 Typen unterscheiden: 쐌 Stadium I: passiv ausgleichbare Beugefehlstellung (Subluxation) und Streckschwäche im Daumengrundgelenk mit IP-Hyperextension, 쐌 Stadium II: fixiertes Streckdefizit (Subluxation) im Daumengrundgelenk mit oder ohne Destruktion, Fehlstellung des IP-Gelenks passiv ausgleichbar, 쐌 Stadium III: passiv nicht ausgleichbare Fehlstellung von Daumengrundgelenk und Interphalangealgelenk.
Knopflochdeformitäten der Langfinger lassen sich nach Nalebuff u. Millender (1975 a) klinisch in 3 Typen unterscheiden:
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13.4 Fingergelenke, Beuge- und Strecksehnen
Die sog. Schwanenhalsdeformitäten des Daumens (Typ III) lassen sich nach Nalebuff u. Millender klinisch in 3 Typen unterscheiden: 쐌 Stadium I: schmerzhaftes Daumensattelgelenk ohne Deformierung im Daumengrundgelenk, 쐌 Stadium II: schmerzhaftes Daumensattelgelenk, passiv ausgleichbare Fehlstellung im MP-Gelenk, Überstreckung im Daumengrundgelenk, 쐌 Stadium III: Luxation des Daumensattelgelenks und Adduktionskontraktur, fixierte Hyperextension im MPGelenk. Weitere Daumendeformitäten nach Nalebuff u. Millender sind: 쐌 Typ II: Subluxation/Luxation des Daumensattelgelenks, MP-Flexion, IP-Hyperextension, 쐌 Typ IV: Adduktion des Os metacarpale I bei Abduktionsfehlstellung im MP-Gelenk bei synovialitisbedingter Lockerung des ulnaren Kollateralbandes, 쐌 Typ V: MP-Hyperxtension, IP-Flexion ohne Adduktionskontraktur des Os metacarpale I.
Diagnostik Klinische Diagnostik Neben der Erfassung der Anamnese und der allgemeinen körperlichen Untersuchung des Rheumapatienten, sollte bei Beschwerden im Bereich der Hand die gesamte Gliederkette der oberen Extremität inklusive des Schultergürtels den Untersuchungsschwerpunkt bilden. Typisch sind die meist symmetrischen synovialen Schwellungen, die bei der rheumatoiden Arthritis besonders im Bereich der Fingergrund- und Mittelgelenke tastbar sind. Druck-, Beugeschmerzen und ein positives Zeichen nach Gaenslen (Querdruck auf die Mittelhandkopfbereiche) sind charakteristische Befunde an Fingergelenken (Fehr 2000). Die typischen Fingerfehlstellungen sind bei der Inspektion zu beachten. Bei der Ulnardeviation ist der Strecksehnenmittelzügel häufig in Höhe der Grundgelenke nach ulnar disloziert. Das radiale Kollateralband ist elongiert. Hier kommt es zum Phänomen des „Intrinsic snap“ (bei Fixation in Streckung des 2. und 4. Fingers kommt es bei aktiver Beugung des 3. Fingers zum Springen des Kollateralbandes über den Kondylus des Mittelhandkopfes). Bei fortgeschrittener Ulnardeviation kann der Faustschluss erheblich eingeschränkt sein. Spitz- und Schlüsselgriff sind dann meist auch nicht mehr möglich. Die Knopflochdeformität der Langfinger kann nach Nalebuff u. Millender (1975 a) eingeteilt werden. Erst bei fortgeschrittener Fehlstellung (Typ III) sind funktionelle Verluste für den Patienten störend, da ein Faustschluss lange ausgeübt werden kann und die Endgelenküberstreckung einen Spitzgriff ermöglicht. Die Retraktion der schrägen Landsmeer-Bänder kann durch den RetinakularPlus-Test erfolgen. Ist bei passiver, maximaler PIP-Gelenkstreckung das DIP-Gelenk nicht mehr beugbar, ist der Test positiv.
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Die Schwanenhalsdeformität der Langfinger kann nach Nalebuff u. Millender (1975 b) eingeteilt werden. Schon bei geringer ausgeprägten Fehlstellungen (Typ III und IV) sind funktionelle Verluste für den Patienten störend, da ein Faustschlussdefizit und die Unmöglichkeit des Spitzgriffs bestehen. Der Test nach Littler weist auf eine Funktionsstörung hin, die durch den ulnaren M. interosseus verursacht wird: Bei passiver Reposition aus der Ulnardeviation wird die passive Beugung im Fingermittelgelenk verringert. Das „Intrinsic-Phänomen/Test“ (Bunnell) weist auf eine Funktionsstörung verursacht durch die intrinsische Handmuskulatur hin: Fingermittelgelenkbeugung (aktiv und passiv) wird bei Streckung im MP-Gelenk verhindert und bei Beugung im Grundgelenk bei Verkürzung der Mm. interossei bei Schwanenhalsdeformität besser. Die funktionelle Untersuchung der einzelnen Sehnen kann bei dem Patienten mit einer rheumatoiden Systemerkrankung problematisch sein, da durch die langandauernde Entzündung eine Verwachsung der Sehnen häufig vorkommt. Synovialitiden der Strecksehnenfächer und der Strecksehnengleitgewebe im Fingerbereich gehen meist mit tastbaren Verdickungen einher. Synovialitiden im Sehnenbereich können Schmerzen und Funktionsverluste verursachen. Funktionsverluste können aber auch Zeichen von Sehnenrupturen sein. Palmare tastbare Verdickungen, Krepitationen bei Bewegung und Bewegungsverluste der Finger, z. T. mit der Symptomatik einer Tendovaginosis stenosans am Ringband A1 („schnellender Finger“), können Hinweise auf eine Beugesehnenscheidensynovialitis sein. Ursächlich können neben der Beugesehnenscheidenpathologie auch spindelförmige Auftreibungen der Sehnen oder bei Beugeunfähigkeit ggf. Rupturen sein. Beim Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung ist die Ursache der Symptomatik eines Karpaltunnelsyndroms häufig eine Beugesehnenscheidensynovialitis (Feldon u. Mitarb. 1993).
Serologie. Die Laboruntersuchung bei rheumatischen Erkrankungen des Handgelenks sollte wie bei allen Manifestationsorten die allgemeine Serologie und Entzündungsparameter (z. B. Blutsenkungsreaktion, C-reaktives Protein, Hb, Hk, Leukozyten, Serumeisen, Harnsäure, Blutzucker etc.) und ggf. spezielle laborchemische Tests (z. B. ASL-O- und ASTA-Titer, Komplementfaktoren, ANA, AMA, HLA-Assoziationen, Rheumafaktoren, Infektserologie, Immunelektrophorese etc.) umfassen. Zu beachten ist dabei, dass röntgenologisch nachweisbare und ggf. auch klinisch auffällige progrediente Destruktionen des Gelenks nicht immer von Auffälligkeiten dieser Laborwerte begleitet werden („dissoziative Entkoppelung“). Synoviaanalyse. Die Punktion der Fingergelenke kann, wenn eine ausreichende Flüssigkeitsmenge gewonnen werden kann, zum Nachweis von Erregern oder Kristallen führen sowie über die Anzahl von enthaltenen Zellen zur Differenzialdiagnostik beitragen.
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
Bildgebende Diagnostik
Röntgen. Die Röntgenuntersuchung der Hand in 2 Ebenen kann durch Spezialaufnahmen und streng seitliche Aufnahmen des entsprechenden Fingers ergänzt werden. Nach Dihlmann (1985) lassen sich Kriterien beschreiben, die Zusammen das Röntgenbild der Arthritis („Arthritismosaik“) darstellen können (s. Tab. 13.3). Die Klassifikation der Röntgenveränderungen des rheumatischen Fingergelenks anhand von Standardröntgenbildern (Referenztafeln) kann nach Larsen u. Mitarb. (1977) erfolgen. Sonographie. Sonographisch lassen sich am Finger palmare und dorsale longitudinale und transversale (axiale) Ebenen abbilden. Die besondere Wertigkeit der Methode liegt in der Darstellung von intra- bzw. periartikulären Weichteilveränderungen und Flüssigkeiten. Die hypertrophe Synovialis und Gelenkergüsse führen entsprechend einer „Vorlaufstrecke“ zur besseren Abbildung von anatomischen Strukturen. Trotzdem müssen meist im Bereich der Finger Vorlaufstrecken genutzt werden. Unterscheidungen zwischen Synovialitiden des Fingergelenks, der Strecksehnen, der Beugesehnenscheiden und von Ergüssen sowie deren räumliche Zuordnungen sind in der Regel möglich. Knöcherne Läsionen der Fingergelenke sind hingegen nicht vollständig erfassbar. Sonographisch lassen sich aber Oberflächendefekte des Knochens mit Basisreflexionen abbilden. Ergüsse stellen sich echoarm mit sog. dorsaler Schallverstärkung (Artefakt) und ggf. mit aufgespannter Gelenkkapsel dar (Abb. 13.28). Synovialitiden (echoarm) können sonographisch in grob- und feinvillöse Formen unterschieden werden. Die Darstellung von Sehnenrupturen auch bei Nutzung der „Real-Time“-Technik (funktionell) kann schwierig sein. Luxations- und Subluxationsstellungen von Gelenken sind dokumentierbar, aber in ihrem Ausmaß nur eingeschränkt beurteilbar (Harland u. Sattler 1991, Sattler 2002, Sell u. Mitarb. 2002).
Abb. 13.28 Sonographie bei ausgeprägter Synovialitis der Fingergrundgelenke bei rheumatoider Arthritis (dorsaler Querschnitt). 1 Vorlaustreckenartefakt 2 aufgespannte Strecksehnenhauben 3 Metakarpalkopf
CT, MRT, Szintigraphie. Die Indikation zur Durchführung dieser diagnostischen Verfahren bei rheumatischen Erkrankungen im Bereich der Finger ist sehr selten. Sie kann bei speziellen differenzialdiagnostischen Fragen gegenüber anderen Erkrankungen bestehen. Die Szintigraphie kann bei unklaren Arthritiden typische Befallsmuster verschiedener Gelenke des Körpers abbilden und vor der Radiosynoviorthese die entzündliche Aktivität im Handgelenk darstellen.
Differenzialdiagnose Differenzialdiagnostisch zur Fingergelenk- und Sehnenpathologie bei der rheumatoiden Arthritis sollten Synovialitiden bei anderen rheumatischen Erkrankungen unterschieden werden. Häufig zeigen die verschiedenen Erkrankungen dabei charakteristische Muster der befallenen Fingergelenke. Bei einer Psoriasisarthritis betreffen 50 – 84 % der Manifestationen die Fingergelenke. Typisch ist dabei die longitudinale Erkrankung eines Fingerstrahls (sog. „Wurstfinger“) oder die transversale Erkrankung aller Fingerendgelenke und der entsprechenden Fingernägel. Zusätzlich müssen Arthritiden der Fingergelenke der Spondylitis ankylosans, Arthritis urica (15 % Fingergelenkmanifestation), Infektarthritiden und Arthrosen von den chronisch entzündlichen Systemerkrankungen unterschieden werden. Die degenerativen Erkrankungen der Fingergelenke (s. Kap. 16) können auch gleichzeitig mit der Arthritis der Fingergelenke vorkommen (Dihlmann 1985, Mohing u. Franke 1983, Moll u. Wright 1973).
Therapie Konservative Therapie Die interdisziplinäre Therapie des Rheumapatienten ist unter Einbindung von Ärzten, Physio- und Ergotherapeuten, Sozialdiensten sowie der Rheumaliga etc. notwendig. Krankengymnastik und Ergotherapie sollen die Fingergelenkbeweglichkeit erhalten und vor allem nach therapeutischen Maßnahmen wiederherstellen sowie durch das Anpassen von Hilfsmitteln die Alltagstätigkeiten erleichtern. Schienen und Bandagen können notwendig werden, um passiv-protektiv in Ruhe und Bewegung das Gelenk zu stabilisieren. Die Schwanenhalsdeformität, Knopflochdeformität und die Ulnardeviation der Langfinger können bei milden Ausprägungen besonders durch die adäquate Schienenbehandlung profitieren. Auch postoperativ ist häufig das weitere Tragen entsprechender Schienen als Protektion notwendig. Eine regelmäßige Kontrolle des korrekten Schienensitzes und die Beurteilung, ob die Fehlstellung und das Funktionsdefizit progredient sind, ist dabei zu planen, um eine sich entwickelnde Indikation zur Operation nicht zu übersehen. Das Verpassen des optimalen Operationszeitpunktes könnte sonst mit schlechteren Endergebnissen und persistierenden Funktionsdefiziten verbunden sein (Clayton u. Ferlic 1975). Das Erlernen von schonenden Bewegungsabläufen im Alltag im Rahmen
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13.4 Fingergelenke, Beuge- und Strecksehnen
von „Gelenkschutzkursen“ ist für den Rheumapatienten von besonderer Wichtigkeit.
Medikamentöse Therapie. Diese sollte dem in der medikamentösen Therapie rheumatischer Erkrankungen erfahrenen Arzt vorbehalten bleiben. Ein Abwägen von notwendigen Medikamenten, Dosierungen und unerwünschten Wirkungen unter genauer klinischer, laborchemischer und röntgenologischer Kontrolle ist nötig (s. Kap. 13.1). Die intraartikuläre Injektion von Corticoiden ist vor allem indiziert, wenn durch systemische medikamentöse Maßnahmen sowie lokale physikalische Anwendungen kein ausreichender Effekt erzielt wird und die klinischen Beschwerden der Fingergelenke führend sind. Dadurch wird in erster Linie zwar eine Verbesserung der Schmerzsymptomatik erreicht, eine langfristige Besserung der entzündlichen Ursache darf jedoch nicht erwartet werden. Besondere Beachtung müssen aseptische Maßnahmen finden, um iatrogene Infektionen zu vermeiden. Häufige Wiederholungen können Knorpel-und Knochenschäden verursachen. Die lokale Infiltration mit Corticoiden bei der Beugesehnenscheidensynovialitis mit Symptomatik eines Karpaltunnelsyndroms führt oft temporär zu einer Beschwerdebesserung. Wie auch viele andere Autoren sind wir der Meinung, dass eine frühzeitige chirurgische Dekompression des N. medianus zusammen mit der Synovialektomie indiziert ist, um permanente Nervenschäden und Rupturen von Sehnen zu vermeiden (Carvell u. Mitarb. 1983, Clayton u. Ferlic 1975, Feldon u. Mitarb. 1993). Synoviorthese. Das Ziel ist der Rückgang der proliferierten Synovialis durch Instillation einer nekrotisierenden Noxe. Die Indikation zur Synoviorthese besteht somit bei der Synovialitis mit Beschwerden bei erfolgloser medikamentöser Therapie, wenn (noch) keine operative Behandlung erfolgen soll. Mit der Synoviorthese kann nur die intraartikuläre Erkrankung therapiert werden. Sehnenund Sehnengleitgewebspathologien sind so nicht zu therapieren. Die chemische Synoviorthese (z. B. Natriummorrhuat) wird heute seltener angewendet, da eine Schädigung am Gelenkknorpel und Resynovialitiden häufig in der Literatur beschrieben wurden (Mitchell u. Mitarb. 1973). Nur wenige Arbeitsgruppen halten die Effektivität und die Langzeitergebnisse für zufriedenstellend. Die Radiosynoviorthese (RSO) der Fingergelenke wird meist durch Injektion von 169Erbium durchgeführt. Dieser Betastrahler hat eine maximale Gewebsreichweite von 1,0 mm. Die physikalische Halbwertszeit beträgt 9,5 Tage. Initial kommt es zur Nekrose mit Entzündungsreaktion und folgender Fibrosierung der Synovialis, vor allem im Bereich der Oberflächenzellschicht. Eine neue Synovialmembran mit der Fähigkeit zur Bildung von Synovia kann wieder aufgebaut werden. Viele Autoren empfehlen vor der RSO die Durchführung einer Arthrosonographie und einer Szintigraphie, um Injektionen bei geringer entzündlicher Aktivität zu vermeiden und die Größe des Gelenkraumes beurteilen zu können (Mödder 1995 a und b, Müller u. Mitarb. 1974). Als Nebenwirkungen werden die
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Strahlensynovialitis, Gewebenekrosen (vor allem bei nicht kompletter intraartikulärer Injektion), Knorpelschäden, Malignome und chromosomale Schäden beschrieben. Kontraindikationen sind somit Schwangerschaft, Laktation und die Anwendung bei Kindern. Eine Altersgrenze von 5 35 Jahren wird oft genannt. Bei Synovialhernien und Rupturen in der Strecksehnenhaube sollte keine Radiosynoviorthese erfolgen. Die besten Ergebnisse nach RSO finden sich in den Stadien LDE 0 –I (II) und stellt hier die Methode der Wahl dar, da die Gelenkdestruktionen und Instabilitäten an den Fingergelenken meist nur mäßig ausgeprägt sind. Die Vernarbung und Schrumpfung der dorsalen Kapsel an Fingergelenken ist hier ein gewünschter Effekt, obwohl durch diesen spätere operative Maßnahmen deutlich erschwert werden können. Die Effektivität der RSO sollte erst 3 – 6 Monate nach der Injektion beurteilt werden. Vor mehrfachen Wiederholungen (> 2) ist zu warnen, weil dadurch ausgeprägte Vernarbungen des Kapsel-Band-Apparates auftreten können, die eine operative Therapie inklusive des Gelenkersatzes sehr problematisch machen können. Operative Therapie Nach Gschwend (1998) muss ein Therapieplan die Prioritäten und damit Reihenfolge festlegen, in der die Behandlungmaßnahmen an der oberen Extremität, der unteren Extremität und der Wirbelsäule bei dem meist mehrfach betroffenen Patienten mit rheumatischen Erkrankungen erfolgen sollen. Bei persistierenden oder rezidivierenden Gelenkschwellungen besteht nach erfolgloser konservativer Therapie und aufttretenden Sehnenläsionen die Operationsindikation (Clayton u. Ferlic 1975). Diese hat das Ziel der Schmerzreduktion sowie Verbesserung der Funktion und Stabilität. Wesentlich ist dabei die genaue Erfassung des Patientenwunsches und Patientenbedarfs unter Berücksichtigung seiner kosmetischen Vorstellungen, wobei diese nicht das alleinige Kriterium sein sollte. Bei Patienten mit einer guten Handfunktion und Schmerzfreiheit sollte auch bei vorliegenden Fehlstellungen (Subluxation/Ulnardeviation) und im Röntgenbild darstellbaren Destruktionen der MP-Gelenke sowie einer reduzierten Griffkraft die Entscheidung zur Operation erst nach gründlicher Überlegung erfolgen. Es ist zu prüfen, ob eine Funktionsverbesserung ohne Schwächung der Griffkraft erreicht werden kann. Hier kann eine engmaschige mittelfristige Verlaufsbeurteilung (Kontrolle aller 3 – 4 Monate) unter Nutzung von Lagerungsschienen klären, ob eine Deformität und ein Funktionsverlust ohne Operation zunimmt, was dann die Indikation erhärtet (Feldon u. Mitarb. 1993). Zu unterscheiden sind präventive (z. B. Synovialektomie etc.) und rekonstruktive operative Maßnahmen (z. B. Sehnenrekonstruktion, Gelenkersatz etc.) (Feldon u. Mitarb. 1993, Millender u. Nalebuff 1975, Stirrat 1989). Die Indikationen zur Korrektur der Knopfloch- bzw. Schwanenhalsdeformität und die Festlegung des notwendigen operativen Verfahrens werden bei uns anhand der von Nalebuff u. Millender (1975 a und b) vorgeschlagenen Typen gestellt.
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
Metakarpophalangealgelenke der Langfinger Synovialektomie. (s. Kap. 12.3) Die Wertigkeit der Synovialektomie wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Obwohl eine (zumindest zeitweilige) Verbesserung der Schmerzsituation, Bewegungsumfänge und Schwellungen durch diesen Eingriff unbestritten ist, haben viele neuere Studien gezeigt, dass die Synovialektomie den natürlichen Verlauf des Fortschreitens der Gelenkdestruktionen nicht verbessern und auch eine im postoperativen Röntgenbild darstellbare Progression der Gelenkveränderungen resultieren kann (Feldon u. Mitarb. 1993, Simmen u. Huber 1994, Souter 1995). Aufgrund der besseren Wirksamkeit der medikamentösen Therapien berichten die meisten rheumachirurgischen Zentren im deutschsprachigen Raum über deutlich rückläufige Frequenzen dieser Operationen (Abb. 13.29). Die Indikation zur Synovialektomie besteht vor allem in Stadien mit geringer Ausprägung der Gelenkdestruktion (LDE 0 –II/III) bei persistierender Aktivität der lokalen Symptomatik (> 6 Monate bei adäquater Medikation) und erfolglosen lokalen Maßnahmen (inklusive der Synoviorthese). Auch intermittierende Synovialitiden mit Schmerzen können eine Indikation darstellen (Feldon u. Mitarb. 1993, Millender u. Nalebuff 1975, Stirrat 1989). Erfahrungen mit der arthroskopischen Synovialektomie der Fingergelenke sind in der Literatur an den MP- und PIP-Gelenken beschrieben. Ein geringeres Gewebetrauma und aufgrund der deutlich kleineren Zugänge auch eine schnellere Rehabilitation sollen zu erwarten sein (Kerschbaumer u. Mitarb. 1999). Eine Indikation zu diesem Verfahren besteht nur bei noch geringeren Destruktionen (LDE 0 –II) und es können nur die artikulären Synovialitiden behandelt werden. Strecksehneneingriffe können nicht arthroskopisch durchgeführt werden. Zusätzlich sollte in diesen Fällen vor der Arthroskopie eine Radio-
Abb. 13.29 Intraoperativer Befund bei ausgeprägter Synovialitis der Fingergrundgelenke bei rheumatoider Arthritis (derselbe Patient wie in Abb. 13.28).
synoviorthese als Behandlungsversuch erfolgt sein. Aus diesem Grund ist die arthroskopische Synovialektomie der Fingergelenke im Vergleich zu anderen Gelenken des Körpers beim Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung ein selten genannter Eingriff.
Operationstechnik: Sollen mehrere MP-Gelenke synovialektomiert werden, erfolgt die Inzision in der Regel quer über den dorsalen Fingergrundgelenken. Ist nur ein Gelenk betroffen, wird von einigen Autoren auch eine gerade Längsinzision genannt. Unter Schonung der längsverlaufenden Gefäß-Nerven-Bündel erfolgt die Darstellung der Strecksehnenhauben. Diese wird radial inzidiert, die Gelenkkapsel vom Extensormechanismus getrennt (was aufgrund von narbigen Adhäsionen oder synovialitischen Herniationen schwierig sein kann) und inzidiert sowie der Synovialsack resiziert. Andere Autoren empfehlen eine ulnare Inzision. Swanson (1972) beschrieb einen medianen Zugang unter zentraler Spaltung des Strecksehnenapparates zur Verhinderung von Läsionen des radialen oder ulnaren Mechanismus. Die gründliche Synovialektomie des Gelenks erfolgt unter Traktion inklusive der Seitenbandtaschen mit Synovialektomiezangen. Intraossäre Synovialisanteile (Zysten) müssen kürettiert werden. Bei Elongation der radialen Kollateralbänder müssen diese gerafft oder unter Verkürzung am Metakarpalkopf mit transossären Nähten reinseriert werden. Bei dezentrierter Strecksehne wird diese durch radiale Raffnähte reponiert (Feldon u. Mitarb. 1993, Flatt 1995, Gschwend 1968, Swanson 1972). Resektions-Interpositions-Arthroplastik (RIAP). Während früher die RIAP häufiger durchgeführt wurde, wird diese Indikation heute aufgrund besserer Erfahrungen auch im Verlauf mit den Swanson-Prothesen in vielen Kliniken seltener gestellt. Wenn die Indikation doch noch gestellt wird, dann bei stark fortgeschrittenen Destruktionen (LDE IV und V) mit Schmerzen und Bewegungsverlusten im Grundgelenk, z. B. bei Rückzugsmöglichkeiten nach Prothesenversorgungen, Unmöglichkeit einer Prothesenversorgung etc. Verschiedene Techniken sind für das Fingergrundgelenk beschrieben. Deckungen der angefrischten, verkleinerten Gelenkstrukturen mit Strecksehnenanteilen, der palmaren Platte usw. werden genannt. Als Vorteil gegenüber der Alloarthroplastik wird der Verzicht auf Fremdmaterial und somit das Fehlen von Lockerungen oder Materialinfektionen beschrieben. Häufig soll nach Angaben einiger Arbeitsgruppen keine anhaltende Schmerzfreiheit bestehen, Bewegungsverluste zunehmen und eine schmerzhafte Instabilität mit Fingerfehlstellungen progredient werden können. (Ferlic 1993, Gschwend 1968, Rüther u. Mitarb. 1994, Simmen u. Gschwend 1995, Souter 1973, Thabe u. Tillmann 1983, Vainio 1968). Alloarthroplastik. Die Indikation zum Gelenkersatz besteht als rekonstruktive Maßnahme in den fortgeschrittenen Stadien (LDE IV und V) der röntgenologisch darstell-
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13.4 Fingergelenke, Beuge- und Strecksehnen
baren Destruktion. Gerade die knöchernen Substanzen im Bereich der Mittelhandknochen sind bei Patienten mit Rheuma oft schlecht. Die Verankerung von Implantaten wird dadurch häufig erschwert. Meist besteht in diesen Stadien eine palmare und/oder ulnare Fehlstellung. Ungekoppelte Prothesen haben sich bisher beim Ersatz des destruierten rheumatischen Fingergrundgelenks nicht bewährt. Verschiedene Prothesen sind zum Fingergrundgelenkersatz entwickelt worden. Die größten Erfahrungen bestehen weltweit mit dem Silastic-Spacer nach Swanson, der auch heute noch den Gelenkersatz der Wahl im Bereich der Fingergrundgelenke beim Patienten mit rheumatoider Arthritis darstellt (Abb. 13.30). Der dynamische Platzhalter ermöglicht die Gelenkstabilisierung und Wiederherstellung der Länge des Fingerstrahls. Auch ein Einbringen in Knochen schlechter Qualität ist möglich. Wesentlicher als die Funktion als Gelenk ist seine Spaceraufgabe, bis die sich stabilisierenden kapsuloligamentären Anteile des Gelenks die Funktion wieder aufnehmen kön-
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nen. Jede andere Prothese muss sich an diesem dynamischen Platzhalter messen lassen (Flatt 1995, Thabe u. Tillmann 1983). Viele andere Prothesentypen (gekoppelt und ungekoppelt) aus verschiedenen Materialien (MetallMetall, Metall-Polyethylen, Pyrocarbon etc.) sind entwickelt worden (Cook u. Mitarb. 1999). Die in der Literatur veröffentlichten Ergebnisse waren aber bisher meist nicht entscheidend besser als die der Swanson-Alloarthroplastik. Ein ideales Implantat, das zur Gelenkrekonstruktion auch bei den schlechten Voraussetzungen des rheumatischen Knochens führt, ist bisher nicht vorgestellt worden (Cook u. Mitarb. 1999, Gschwend 1998).
Operationstechnik: Inzisionen erfolgen nach Angaben der meisten Autoren quer über den dorsalen Fingergrundgelenken. Andere Autoren nennen auch gerade Längsinzisionen. Unter Schonung der längsverlaufenden Gefäß-Nerven-Bündel erfolgt die Darstellung der Strecksehnenhauben. Diese wird radial inzidiert und der Synovialsack reseziert. Andere Techniken beschreiben auch transtendinöse, radiale und ulnare oder nur ulnare Inzisionen der Strecksehnenhauben in Abhängigkeit vom betroffenen Gelenk. Die gründliche Synovialektomie erfolgt inklusive der Seitenbandtaschen mit Synovialektomiezangen. Die intraligamentäre Resektion des Metakarpalkopfes schließt sich an. Das Os metacarpale und der Grundphalanxknochen werden entsprechend der Form der Swanson-Endoprothese mit Raspeln und Fräsen eröffnet, wobei die größtmögliche Prothese gewählt werden sollte. Bei kontrakten Beugefehlstellungen kann die Arthrolyse mit Inzision der palmaren Platte und bei ausgeprägten Fehlstellungen auch mit Resektion des ulnaren Kollateralbandes notwendig sein. Bei Elongation der radialen Kollateralbänder müssen diese gerafft oder unter Verkürzung am Metakarpalkopf mit transossären Nähten reinseriert werden. Bei Verlust der radialen Seitenbänder kann z. B. eine Plastik mit der palmaren Platte erfolgen. Bei dezentrierter Strecksehne wird diese durch radiale Raffnähte reponiert, ggf. muss die ulnare Seite partiell inzidiert werden. Arthrodese. Die Arthrodese des Fingergrundgelenks führt zur massiven Einschränkung der Fingerfunktion und sollte möglichst vermieden werden. Die Indikation wird daher nur in absoluten Ausnahmefällen gestellt (Gschwend 1968, 1998, Kerschbaumer u. Mitarb. 1999).
Korrektur der Ulnardeviation
Abb. 13.30 Röntgenbefund nach Implantation von SwansonSpacer im Bereich der Fingergrundgelenke II–V bei rheumatoider Arthritis.
Eine vorliegende karpale Pathologie sollte vor der Korrektur der Fehlstellung der Fingergrundgelenke behandelt werden. Einige Autoren beschreiben die Korrektur der Ulnardeviation als eigenständigen Eingriff. Wir führen diese zusammen mit einer Behandlung der Pathologie des MPGelenks in Abhängigkeit vom Destruktionszustand durch. Liegt eine Ulnardeviation der Fingergrundgelenke bei noch geringer röntgenologisch darstellbarer Destruktion (LDE
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
0 –II/III) vor, kommen zusätzlich zur Synovialektomie korrigierende Weichteileingriffe in Betracht. In Stadien fortgeschrittener röntgenologisch darstellbarer Destruktion (LDE IV und V) müssen sie mit dem alloarthroplastischen Gelenkersatz (oder der RIAP) kombiniert werden. Die Art des Eingriffs richtet sich dabei nach dem vorliegenden Zustand der Strecksehnen und Strecksehnenhauben sowie dem Ausmaß der Fehlstellung.
Rezentrierung der Strecksehne. Die Strecksehnenhaube wird radial durch Nähte gerafft, bis der Mittelzügel rezentriert ist. Bei verkürzter ulnarer Seite der Strecksehnenhaube muss diese ggf. inzidiert und offen gelassen werden. Ist die radiale Haube stark elongiert, kann sie zusätzlich inzidiert und unter der Strecksehne fixiert werden. Weitere Techniken, wie z. B. das proximale Ablösen und nach distal Mobilisieren eines ulnaren Strecksehnenstreifens, der distal durch die radiale Strecksehnenhaube gezogen und dann wieder mit der Strecksehne vernäht oder an der knöchernen Grundphalanxbasis fixiert wird, sind beschrieben (Feldon u. Mitarb. 1993, Flatt 1995). Intrinsic-Release. Die ulnaren Ansätze der Mm. interossei und Mm. lumbricales (Lamina intertendinea superficialis (Landsmeer), Pars obliqua, Pars transversa, Lig. sagittale) an der Grundphalanxbasis und des M. abductor digiti minimi werden durchtrennt (Flatt 1995). Intrinsic-Transfer, Crossed-Intrinsic-Transfer (Straub 1959). Die abgetrennten ulnaren Ansätze der intrinsischen Handmuskulatur des 2. – 4. Fingers werden in die radiale Strecksehnenhaube (radialer „Intrinsicmechanismus“) der Nachbarfinger eingeflochten. Nach Flatt (1995) soll hierdurch aber das Risiko der Entstehung einer Schwanenhalsdeformität steigen. Er empfiehlt daher die abgesetzten ulnaren intrinsischen Sehnen an den phalangealen Ansätzen der radialen Kollateralbänder der Nachbarfinger zu fixieren. Die Sehne des M. abductor digiti minimi wird auf der radialen Seite des Kleinfingers fixiert. Extensor-indicis-Transfer. Die radiale Sehne des M. interosseus I wird nach dorsal versetzt. Die ulnare Sehne des M. extensor indicis wird distal abgesetzt und radial fixiert.
Proximale Interphalangealgelenke der Langfinger Synovialektomie. Die Indikation zur Synovialektomie besteht wie am Fingergrundgelenk vor allem in Stadien mit geringer Ausprägung der Gelenkdestruktion (LDE 0 –II/III) bei persistierender Aktivität der lokalen Symptomatik (> 6 Monate bei adäquater Medikation) und erfolglosen lokalen Maßnahmen (inklusive der Synoviorthese). Einige Autoren halten gerade die frühzeitige Synovialektomie der PIP-Gelenke für wesentlich, da die Entstehung einer Knopflochdeformität dadurch verhindert werden soll (Feldon u. Mitarb. 1993, Millender u. Nalebuff 1975, Stirrat
Abb. 13.31 Intraoperativer Befund bei ausgeprägter Synovialitis der Fingermittelgelenke bei rheumatoider Arthritis.
1989). Wesentlich ist dabei die möglichst radikale Entfernung des hypertrophen synovialen Gewebes (Abb. 13.31). Die Problematik und der Verlauf entsprechen denen an den MP-Gelenken, wobei die Morbidität des Eingriffs und das Risiko einer rezidivierenden Deformierung geringer sein sollen (Feldon u. Mitarb. 1993, Gschwend 1968). Erfahrungen mit der arthroskopischen Synovialektomie der Fingermittelgelenke sind in der Literatur beschrieben (Kerschbaumer u. Mitarb. 1999). Es gelten dieselben Vorbehalte wie an den Fingergrundgelenken. Die Indikation wird auch hier in der Literatur als selten angegeben.
Operationstechnik: Bogenförmige, hockeyschlägerförmige oder gerade Inzisionen über den dorsalen PIP-Gelenken werden für die Synovialektomie beschrieben. Nach Darstellung der Strecksehnenhauben erfolgt die Inzision zwischen Mittel- und Seitenzügel. Auch Zugänge durch den zentralen Strecksehnenanteil werden beschrieben. Der Synovialsack wird reseziert. Die gründliche Synovialektomie des Gelenks erfolgt auch unter Traktion inklusive der Seitenbandtaschen mit Synovialektomiezangen. Einige Autoren empfehlen zur radikalen Synovialektomie das ulnare Kollateralband (Digiti II–IV) bzw. am Kleinfingermittelgelenk das radiale Kollateralband zu inzidieren und nach der Synovialektomie zu rekonstruieren (Feldon u. Mitarb. 1993). Resektions-Interpositions-Arthroplastik. Diese Indikation wird heute nur noch selten gestellt. Meist wird der Gelenkersatz oder die Arthrodese durchgeführt. Die Indikation besteht bei stark fortgeschrittenen Destruktionen mit Schmerzen und Bewegungsverlusten (LDE IV und V). Verschiedene Techniken sind für das Fingermittelgelenk beschrieben. Häufig soll keine anhaltende Schmerzfreiheit bestehen, Bewegungsverluste zunehmen und eine schmerzhafte Instabilität mit Fingerfehlstellungen progredient werden können. Wir führen diesen Einriff nicht durch (Ferlic 1993, Gschwend 1968, Rüther u. Mitarb. 1994, Simmen u. Gschwend 1995, Souter 1973, Thabe u. Tillmann 1983, Vainio 1968).
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus C.J.Wirth, L. Zichner, A..-K.Martini: Orthopädie - Ellenbogen (ISBN 3-13-126211-7) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 2003
13.4 Fingergelenke, Beuge- und Strecksehnen
Alloarthroplastik. Die Indikation zum Gelenkersatz besteht als rekonstruktive Maßnahme in den fortgeschrittenen Stadien (LDE IV und V) der röntgenologisch darstellbaren Destruktion. Die knöchernen Substanzen bei Patienten mit Rheuma sind oft schlecht. Die Verankerung von Implantaten wird dadurch häufig erschwert. Oft besteht zusätzlich eine Knopfloch- oder Schwanenhalsdeformität. In diesen Fällen muss die Indikation zum alloarthroplastischen Gelenkersatz besonders kritisch gestellt werden, da eine Gelenkfunktion wesentlich von der Intaktheit des Beuge- und Streckapparates sowie einer Rekonstruierbarkeit der Kollateralbänder abhängig ist. Die Indikationen zum Gelenkersatz im Bereich der PIP-Gelenke beim Patienten mit rheumatoider Arthritis sind daher seltener als im Bereich der Fingergrundgelenke. Trotzdem versuchen wir die Arthrodese des PIP-Gelenks wenn möglich zu vermeiden. Verschiedene Prothesen sind zum Fingermittelgelenkersatz entwickelt worden. Die größten Erfahrungen bestehen weltweit mit dem Silastic-Spacer nach Swanson, der auch heute noch der Gelenkersatz der Wahl im Bereich der Fingermittelgelenke ist (Abb. 13.32). Die Probleme und methodischen Grundlagen sind denen im Bereich des MP-Gelenks ähnlich (Flatt 1995, Thabe u. Tillmann 1983). Viele andere Prothesentypen (gekoppelt und ungekoppelt) aus verschiedenen Materialien (MetallMetall, Metall-Polyethylen, Pyrocarbon etc.) sind entwickelt worden. Die in der Literatur veröffentlichten Ergebnisse waren aber bisher meist nicht entscheidend besser als die der Swanson-Alloarthroplastik. Ein ideales Im-
Abb. 13.32 Röntgenbefund nach Implantation eines Swanson-Spacers im Bereich eines Fingermittelgelenk bei rheumatoider Arthritis.
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plantat, das zur Gelenkrekonstruktion auch bei den schlechten Voraussetzungen des rheumatischen Knochens führt, ist bisher nicht vorgestellt worden.
Operationstechnik: Wir nutzen bei der Rekonstruktion des Fingermittelgelenks mit einer Swanson-Prothese den palmaren Zugang nach Simmen (1993). Nur wenn bei insuffizientem Streckapparat eine Rekonstruktion mit gleichzeitiger Alloarthroplastik erfolgen soll und keine Arthrodese des Gelenks notwendig ist, wird der dorsale Zugang gewählt. Diese Indikation ist in unserem Krankengut selten. Palmarer Zugang: Es erfolgt ein winkelförmiger Hautschnitt von der Endgelenkbeugefalte bis zur Grundgelenkbeugefalte unter Bildung eines dreieckförmigen Hautlappens mit radialer Basis. Nach Darstellung des Beugerkanals wird dieser zwischen Ringband A2 und A3 zirkulär eröffnet. Danach werden die akzessorischen Seitenbänder eröffnet und der ganze Beugerkanal inklusive der palmaren Platte nach radial luxiert. Der Ursprung des ulnaren Kollateralbandes wird subtotal abgelöst, der Grundgliedkopf intraligamentär reseziert und der Markraum des Grund- und Mittelgliedknochens mit Raspeln und Fräsen entsprechend der Form der Swanson-Endoprothese eröffnet. Nach Implantation der Prothese werden die akzessorischen Seitenbänder unter Rezentrierung des Beugerkanals rekonstruiert. Dorsaler Zugang: Bogenförmige, hockeyschlägerförmige oder gerade Inzisionen über den dorsalen PIP-Gelenken werden beschrieben. Nach Darstellung der Strecksehnenhaube erfolgt die Inzision. Beschrieben werden hier zentrale Längszugänge ggf. mit Ablösung und späterer Refixation des Tractus intermedius, Inzisionen zwischen Mittelund Seitenzügeln über dem PIP-Gelenk oder V-förmige Zugänge, die ca. 2 cm proximal des Gelenks beginnen, wobei dadurch ein distal gestielter Sehnenlappen entsteht. Eine partielle Ablösung der Kollateralbänder und spätere Refixation kann nötig sein. Die Resektion des Grundphalanxkopfes schließt sich an. Grund- und Mittelphalanxknochen werden entsprechend der Form der Swanson-Endoprothese mit Raspeln und Fräsen eröffnet. Bei Elongation der radialen Kollateralbänder müssen diese gerafft oder unter Verkürzung an der Mittelphalanxbasis mit transossären Nähten, nach Implantation der Originalprothese, reinseriert werden. Bei Verlust der radialen Seitenbänder kann eine Plastik erfolgen (Feldon u. Mitarb. 1993, Pechlaner u. Mitarb. 1998). Arthrodese. Die Indikation zur Arthrodese des Fingermittelgelenks besteht in den fortgeschrittenen Stadien (LDE IV und V) der röntgenologisch darstellbaren Destruktion oder ausgeprägten Instabilitäten. Oft besteht zusätzlich eine Knopfloch- oder Schwanenhalsdeformität mit kontrakten oder durch Weichteileingriffe nur schwer therapierbaren Fehlstellungen. Da eine Gelenkfunktion wesentlich von der Intaktheit des Beuge- und Streckapparates sowie einer Rekonstruierbarkeit der Kollateralbänder ab-
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
hängig ist, muss ein besonderes Risiko des Fortschreitens oder Wiederauftretens der Fehlstellung nach alleinigen Weichteileingriffen bei diesen Fehlstellungen bedacht werden. Die Arthrodese ist in diesen Fällen ggf. zu bevorzugen. Trotzdem versuchen wir die Arthrodese des PIP-Gelenks wenn möglich zu vermeiden und die Alloarthroplastik durchzuführen.
Operationstechnik: Gerade, bogenförmige oder hockeyschlägerförmige Inzisionen über den dorsalen PIP-Gelenken werden für die Arthrodese beschrieben. Nach Darstellung der Strecksehnenhauben erfolgt die mediane Inzision. Die Kollateralbänder werden reseziert und der Gelenkknorpel kann entfernt werden. Wir führen die Arthrodese mit Draht- und Cerclagekombinationen durch. Auch Arthrodesen alleinig mit Drähten oder Schrauben (inkl. Herbert-Schraube) werden in der Literatur beschrieben. Unter präoperativer Absprache mit dem Patienten sollte die Flexionsstellung unter funktionellen (und kosmetischen/beruflichen) Gesichtspunkten sowie Berücksichtigung der DIP- und MP-Beweglichkeit festgelegt werden. Allgemein gilt ein Beugewinkel von 20 – 30° für Zeige- und Mittelfinger sowie von 30 – 40° für Ring- und Kleinfingermittelgelenk (Feldon u. Mitarb. 1993, Pechlaner u. Mitarb. 1998).
Korrektur der Schwanenhalsund Knopflochdeformität Liegt eine Schwanenhals- oder Knopflochdeformität der Fingergelenke bei noch geringer röntgenologisch darstellbarer Destruktion (LDE 0 –II/III) vor, kommen zusätzlich zur Synovialektomie korrigierende Weichteileingriffe in Betracht. In Stadien fortgeschrittener röntgenologisch darstellbarer Destruktion (LDE IV und V) müssen sie mit dem alloarthroplastischen Gelenkersatz oder der Arthrodese kombiniert werden. Häufig sind aber keine anhaltenden Funktionsverbesserungen in den fortgeschrittenen Stadien zu erreichen und es müssen Arthrodesen erfolgen. Die Art des Eingriffs richtet sich dabei nach dem vorliegenden Zustand der Strecksehnen und Strecksehnenhauben sowie dem Ausmaß der Fehlstellung (Feldon u. Mitarb. 1993, Nalebuff u. Millender 1975 a und b, Gschwend 1968).
Korrektur der Knopflochdeformität (Klassifikation nach Nalebuff u. Millender). Die Verfahren richten sich nach dem Schweregrad der Deformität: 쐌 Typ I: Einige Arbeitsgruppen halten diesen Typ der Fehlstellung noch nicht für korrekturbedürftig und empfehlen eine konservative Therapie und Beobachtung, wenn keine PIP-Synovialitis vorliegt. Feldon u. Mitarb. (1993) empfehlen bei störender Extensionsfehlstellung im Endgelenk die quere Tenotomie des Strecksehnenapparates auf Höhe des Mittelgliedes. Ein Mallet-Finger soll nach Angaben dieser Autoren nicht resultieren. Die Hyperextensionsfehlstellung als Kompensationsmechanismus geht aber verloren. Andere
Autoren führen mit der PIP-Synovialektomie eine Raffung und ggf. bei ausgeprägter Elongation eine transossäre Refixation des Strecksehnenmittelzügels durch. 쐌 Typ II: Verschiedene Verfahren zur Rekonstruktion der Streckerhaube (Tractus intermedius) über den PIP-Gelenken sind in der Literatur beschrieben worden. Die ausgewählte Methode richtet sich dabei vor allem nach dem Zustand der Gelenkflächen, der Strecksehnen und Strecksehnenhauben. Kombinationen der Verfahren werden genannt (Tab. 13.6). 쐌 Typ III: Viele Arbeitsgruppen führen in diesem Stadium der Knopflochdeformität grundsätzlich die Arthrodese des Fingermittelgelenks durch. In Abhängigkeit vom Ausmaß der Beugekontraktur (inklusive Intaktheit des Fingerbeugemechanismus), dem Zustand des Knochens und der Möglichkeit der Rekonstruktion der Strecksehnenhaube sowie der Seitenbandapparate wird von einigen Autoren die Alloarthroplastik mit Strecksehnenhaubenrekonstruktion vorgeschlagen.
Korrektur der Schwanenhalsdeformität (Klassifikation nach Nalebuff u. Millender). Da die Ursache der Fehlstellung vor allem im MP-Gelenkbereich liegt, ist die Therapie einer eventuell vorliegenden Pathologie des Grundgelenks (z. B. Luxation) primär nötig (ggf. zweizeitiges Vorgehen): 쐌 Typ I: – Arthrodese des DIP-Gelenks (oder selten Rekonstruktion des distalen Strecksehnenapparates bei intaktem DIP-Gelenk), besonders wenn primär eine Hammerfingersituation bestand. – Dermodese durch Exzision eines ovalären Hautanteils (maximale Breite 4 – 5 mm) über dem palmaren PIP-Gelenk (meist nur zusammen mit anderen Verfahren, z. B. DIP-Arthrodese langfristig erfolgversprechend).
Tab. 13.6
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Technik der Korrektur der Knopflochdeformität der Langfinger (Auswahl)
쐌 Raffung ggf. bei ausgeprägter Elongation eine transossäre Refixation unter Verkürzung des Strecksehnenmittelzügels mit oder ohne Tenotomie/Verlängerung des Strecksehnenapparates auf Höhe der Mittelphalanx (Nalebuff 1975). 쐌 Zentrale Verlagerung der Seitenzügel nach beidseitiger Durchtrennung des Lig. retinaculare transversum, ggf. obliquum (Landsmeer) unter teilweiser Fixation am Mittelzügel mit oder ohne Tenotomie des Strecksehnenapparates auf Höhe der Mittelphalanx, ggf. Z-förmige Seitenbandverlängerung (Nalebuff 1975). 쐌 Raffung des Mittelzügels, Einflechten des ulnaren in den radialen Seitenzügel (Heywood). 쐌 Einflechten des radialen Seitenzügels in den Mittelzügel und Fixation des distalen radialen Stumpfes am ulnaren Seitenzügel (Matev). 쐌 Umkipplastik eines Sehnenanteils aus dem Mittelzügel von proximal nach distal über das PIP-Gelenk (Snow).
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13.4 Fingergelenke, Beuge- und Strecksehnen
– Tenodese der oberflächlichen Beugesehne. Verschiedene Verfahren sind hierzu beschrieben. Ein Anteil der oberflächlichen Beugesehne wird ca. 1 – 2 cm proximal des PIP-Gelenks abgelöst (distal bleibt er fixiert) und dann bei 20 – 30° Flexion des Gelenks am Knochen der Grundphalanx oder am Ringband A1 (ggf. Durchzug und Naht an selber Sehne, Reverse Lasso) fixiert. – Retinakularrekonstruktion (nach Littler): Über einen ulnaren mediolateralen Zugang wird der ulnare Tractus lateralis der Streckaponeurose proximal abgelöst und unter Schonung des Cleland-Bandes nach distal bis zum DIP-Gelenk mobilisiert. Er wird dann von distal unter dem Cleland-Band und dem Lig. retinaculare transversum (Landsmeer) nach proximal durchgezogen. Anschließend wird der Sehnenanteil durch einen Schlitz im Ringband A2 gezogen und (in 20 – 30° PIP-Beugung) mit sich selbst oder transossär vernäht. Ziel ist die Tenodese durch palmare Verlagerung des Sehnenanteils unter die Drehachse des PIP-Gelenks mit folgender Streckung des DIP-Gelenks und Beugung des PIPGelenks (wird die Einteilung nach Mannerfelt (1973 b) genutzt, wäre diese Maßnahme im Stadium II indiziert). – Tenodese der Seitenzügel (nach Zancolli): Durch eine mediolaterale Inzision wird der Seitenzügel mobilisiert (distal fixiert bleibend) und in dem geöffneten Intervall zwischen akzessorischem Kollateralband – palmaren Platte (A3-Ringband) durchgeführt und dann wieder proximal fixiert. 쐌 Typ II: Da die Ursache der Fehlstellung im MP-Gelenkbereich liegt, ist die Limitierung der Streckung des PIPGelenks nicht erfolgreich. Eine Pathologie des Grundgelenks (z. B. Luxation) muss daher gleichzeitig korrigiert werden: – Intrinsic release (nach Littler): Es erfolgt die (radiale und) ulnare dreieckförmige Exzision der kontrakten Lamina intertendinea superficialis (Landsmeer) zur funktionellen Verlängerung des Tractus lateralis und Korrektur des Zuges der kontrakten intrinsischen Handmuskeln. Eine Kombination mit der DIP-Arthrodese oder Dermodese ist möglich. 쐌 Typ III: – Vorsichtiges Brisement zur Mobilisierung des PIPGelenks, ggf. mit Lösung und querer Inzision der Haut (sekundäre Wundheilung oder Hauttransplantat) distal des PIP-Gelenks. Eine postoperative Lagerung in Flexion, ggf. Einbringen eines Drahtes zur temporären Arthrodese ist nötig (Feldon u. Mitarb. 1993, Nalebuff u. Millender 1975 b). – Seitenzügelmobilisation: Der Tractus intermedius wird jeweils vom Tractus lateralis durch 2 parallele, longitudinale Inzisionen des Extensormechanismus gelöst. Ein palmares Gleiten des Seitenzügels soll somit möglich werden. Gleichzeitig muss ggf. eine Lösung der Kollateralbänder und Z-förmige Verlängerung des Mittelzügels erfolgen. Synovialitiden
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oder Adhäsionen im Bereich der Beugesehnen müssen behandelt werden (Feldon u. Mitarb. 1993, Nalebuff u. Millender 1975 b). 쐌 Typ IV: Bei diesem Typ liegen in der Regel Destruktionen des Stadiums LDE IV und V der PIP-Gelenke vor. Obwohl einige Autoren die Versorgung mittels alloarthroplastischem Gelenkersatz des Fingermittelgelenks (zum Teil auch gleichzeitiger MP- und PIP-Gelenkersatz) auch bei diesem Typ der Schwanenhalsdeformität beschreiben, sind wir hier zurückhaltend. Wir bevorzugen die Arthrodese des PIP-Gelenks und führen am MP-Gelenk rekonstruktive Maßnahmen durch.
Distale Interphalangealgelenke der Langfinger Synovialektomie. Einige Autoren empfehlen auch an den Endgelenken die Durchführung von Synovialektomien in den Stadien geringerer röntgenologisch darstellbarer Destruktionen (LDE 0 –II/III). Die seltene Indikation besteht bei persistierender lokaler Aktivität der Erkrankung (> 6 Monate bei adäquater Medikation) und erfolglosen lokalen Maßnahmen (inklusive der Synoviorthese). Operationstechnik: Y-förmige, mediolaterale oder Z-förmige Inzisionen werden in der Literatur genannt. Über eine Inzision parallel zur Strecksehne kann der Gelenkraum erreicht werden. Raffungen oder Refixationen sind bei Elongationen der Strecksehne durch diese Zugänge möglich. Arthrodese. Liegt ein Stadium fortgeschrittener röntgendarstellbarer Destruktion (LDE IV und V), eine Instabilität oder eine Fehlstellung vor, besteht die Indikation zur Versteifung des Endgelenks. Das entstehende Funktionsdefizit ist in der Regel gering. Operationstechnik: Y-förmige, mediolaterale oder Z-förmige Inzisionen werden in der Literatur genannt. Der Extensormechanismus wird längs gespalten und die Kollateralbänder reseziert. Der Gelenkknorpel kann danach entfernt werden. Wir führen die Arthrodese in der Regel mit Draht- und Cerclagekombinationen durch. Auch Arthrodesen allein mit Drähten oder Schrauben (inkl. HerbertSchraube, ggf. auch ohne offene Gelenkexposition) werden beschrieben. Eine nur geringe Flexionsstellung der Endphalanx (maximal 10°) sollte erreicht werden.
Daumensattelgelenk Bei der rheumatoiden Arthritis ist das Daumensattelgelenk nur seltener schwer betroffen (Gschwend 1998). In den Stadien mit geringen röntgenologisch darstellbaren Destruktionen (LDE 0 –II/III) ist in der Regel die lokale Injektionstherapie (Corticoide und Synoviorthese) erfolgreich. Meist können damit Schmerzen reduziert und Be-
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wegungsverluste des Gelenks durch den Patienten kompensiert werden. Die Patienten stellen sich daher oft erst dann dem Handchirurgen vor, wenn die Destruktionen ausgeprägter sind. Die Synovialektomie des Gelenks, die in den Stadien mit geringen röntgenologisch darstellbaren Destruktionen indiziert wäre, stellt daher eine Seltenheit dar (Kerschbaumer u. Mitarb. 1999). In den Stadien fortgeschrittener Destruktion (LDE IV und V) ist die operative Therapie indiziert. Einige Autoren beschreiben die Verwendung der Swanson-Prothese für das Daumensattelgelenk vor allem bei aktiven, resorptiven Formen der Arthritis und die Arthrodese (Gschwend 1998, Kerschbaumer u. Mitarb. 1999). Wir bevorzugen auch bei Patienten mit arthritischer Destruktion des Daumensattelgelenks soweit möglich die Resektions-Suspensions-Arthroplastik (Resektions-Interpositions-Arthroplastik mit autologem gestieltem Transplantat) in der Technik modifiziert nach Epping (1989). Eine Korrektur der Adduktionsfehlstellung durch gleichzeitiges Weichteilrelease kann notwendig sein.
Operationstechnik: Über einen dorsalen Zugang erfolgt die Trapeziumresektion. Die Stabilisierung des Os metacarpale I wird danach durch transossäre Fixation der halben Sehne des M. flexor carpi radialis und Interposition dieser zwischen Metakarpalbasis und Skaphoid vorgenommen. In der Literatur werden auch die Resektionsarthroplastik ohne Sehneninterposition oder die Interposition von anderen Sehnen als der Flexor-carpi-radialis-Sehne, Interpositionsarthroplastiken von Silastikmaterialien oder der alloarthroplastische Gelenkersatz beschrieben. Dies ist besonders kritisch zu betrachten (s. Ergebnisse). Die Arthrodese des Daumensattelgelenks beim Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung ist aufgrund des meist polyartikulären Befalls auch des Daumenstrahls und der zu erwartenden Funktionsverluste zu vermeiden.
Daumengrundgelenk Synovialektomie. Die Indikation, Problematik und der Verlauf der Synovialektomie besteht wie auch an anderen Fingergelenken in Stadien mit geringer Ausprägung der Gelenkdestruktion (LDE 0 –II/III) bei persistierender Aktivität der lokalen Symptomatik (> 6 Monate bei adäquater Medikation) und erfolglosen lokalen Maßnahmen (inklusive der Synoviorthese). Wesentlich ist dabei die möglichst radikale Entfernung des hypertrophen synovialen Gewebes. Fraglich bleibt, ob mit diesem Eingriff die Entwicklung einer Daumenfehlstellung verhindert werden kann. Operationstechnik: Bogenförmige oder gerade Inzisionen über dem dorsalen Gelenk werden für die Synovialektomie beschrieben. Nach Darstellung der Strecksehnen erfolgt die Inzision zwischen den Sehnen der Mm. extensor pollicis longus und brevis. Der Synovialsack wird reseziert.
Die gründliche Synovialektomie des Gelenks erfolgt inklusive der Seitenbandtaschen mit Synovialektomiezangen auch unter Traktion.
Arthrodese. Liegt ein Stadium fortgeschrittener röntgenologisch darstellbarer Destruktion (LDE IV und V), eine Instabilität oder eine nicht ausgleichbare Fehlstellung vor, besteht die Indikation zur Versteifung des Grundgelenks. Die Arthrodese ist Methode der Wahl bei den genannten Indikationen, da sie zu anhaltender Schmerzfreiheit, Stabilität und guter Kraft bei akzeptabler Funktion des Daumenstrahls führt. Operationstechnik: Die Arthrodese erfolgt in der Regel mit Draht- und Cerclagekombinationen. Auch Schraubenarthrodesen werden in der Literatur beschrieben. Eine Flexionsstellung von ca. 10° und eine leichte Rotationsstellung sollte angestrebt werden, wobei die Funktion der Langfinger und vor allem des Zeigefingers beachtet werden soll. Alloarthroplastik. Einige Autoren beschreiben den alloarthroplastischen Ersatz des Daumengrundgelenks bei fortgeschrittenen Destruktionen des Gelenks und fixierten Knopflochdeformitäten. Wie auch viele andere Arbeitsgruppen führen wir diese Operation nicht durch, da gerade mit der Arthrodese des Daumengrundgelenks langfristig sehr gute Resultate ohne spätere Komplikationsrisiken zu erwarten sind. Korrektur der 90 – 90-Deformität des Daumens (Typ I nach Nalebuff u. Millender). Die operativen Verfahren richten sich nach dem Stadium der Deformität: 쐌 Stadium I: Die Synovialektomie (Gelenkflächen sind bei diesem Typ meist nur gering destruiert) wird mit dorsaler Kapselraffung, ggf. auch Raffung/Reinsertion der Sehne des M. extensor pollicis brevis kombiniert. 쐌 Stadium II: Die Behandlung ist Abhängig vom Zustand der Gelenkflächen. Bei geringen Destruktionen kann die Tenodese nach Nalebuff u. Millender (1975 a) durchgeführt werden: Nach dem distalen Absetzen wird die Sehne des M. extensor pollicis longus durch die dorsale Kapsel des Grundgelenks an der Basis der Grundphalanx unter Raffung gezogen und vernäht, der distale Sehnenstumpf kann unter Festlegung einer Neutralposition des IP-Gelenks fixiert werden. Die extrinsische Fingerstreckung wird somit verstärkt. Bei Destruktion der Gelenkflächen kann der alloarthroplastische Gelenkersatz oder die Arthrodese, welche wir hier bevorzugen, erfolgen. 쐌 Stadium III: Die Therapie ist Abhängig vom Zustand der Gelenkflächen des MP- und IP-Gelenks. Die nicht ausgleichbare Fehlstellung ist meist auch mit einer ausgeprägteren Gelenkdestruktion kombiniert, was die Arthrodese des MP-Gelenks erfordern kann. Muss das IPGelenk fusioniert werden, sollte wenn möglich ein Erhalt des MP-Gelenks angestrebt werden (Synovialekto-
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13.4 Fingergelenke, Beuge- und Strecksehnen
mie, Tenodese, Arthroplastik). Aber auch die Arthrodese beider Gelenke kann notwendig sein.
Korrektur der sog. Schwanenhalsdeformität des Daumens (Typ III nach Nalebuff u. Millender). Die Behandlungsmaßnahmen richten sich nach dem Stadium: 쐌 Stadium I: Meist ist die konservative Therapie erfolgreich. Nur bei persistierenden Schmerzen im Bereich des Daumensattelgelenks erfolgt die Resektions-Interpositions-Arthroplastik. Andere Autoren empfehlen die Alloarthroplastik. Diese führen wir bei dieser Indikation aufgrund der in der Literatur beschriebenen hohen Komplikationsrate bei kurzer Standzeit nicht durch. 쐌 Stadium II: Resektions-Interpositions-Arthroplastik des Daumensattelgelenks mit Therapie des Daumengrundgelenks in Abhängigkeit von der Gelenkdestruktion (palmare Kapsulodese oder Arthrodese, ggf. Arthroplastik). Andere Autoren empfehlen die Alloarthroplastik des CMC-Gelenks. Diese führen wir bei dieser Indikation aufgrund der in der Literatur beschriebenen hohen Komplikationsrate bei kurzer Standzeit nicht durch. 쐌 Stadium III: Wie Stadium II, zusätzlich Korrektur der Adduktionskontraktur. Therapie weiterer Daumendeformitäten nach Nalebuff u. Millender. Das therapeutische Vorgehen richtet sich ebenfalls nach dem Stadium: 쐌 Typ II: Siehe Typ I und III der Schwanenhalsdeformität. 쐌 Typ IV: In Abhängigkeit vom Zustand der Gelenkflächen erfolgt zusätzlich zur Adduktionskorrektur bei geringen Destruktionen die Synovialektomie des MP-Gelenks mit Seitenbandrekonstruktion. Bei fortgeschrittenen Destruktionen ist die Arthrodese (oder Alloarthroplastik) nötig. 쐌 Typ V: Stabilisierung des MP-Gelenks in Abhängigkeit vom Zustand der Gelenkflächen durch palmare Kapsulodese oder häufiger Arthrodese.
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Arthrodese. Liegt ein Stadium fortgeschrittener röntgenologisch darstellbarer Destruktion (LDE IV und V), eine Instabilität oder eine nicht ausgleichbare Fehlstellung vor, besteht die Indikation zur Versteifung des Endgelenks. Die Arthrodese ist die Methode der Wahl bei den genannten Indikationen. Operationstechnik: Y- oder Z-förmige Inzisionen werden in der Literatur genannt. Die Arthrodese kann mit Drahtund Cerclagekombinationen erfolgen. Auch Schraubenarthrodesen werden beschrieben. Eine nur geringe Flexionsstellung der Endphalanx (maximal 10°) sollte erreicht werden.
Rheumaknotenexstirpation Rheumaknoten kommen im Bereich der Finger auf der Dorsalseite vor, wo sie von den Patienten häufig als kosmetisch störend empfunden werden (Abb. 13.33). Auf der palmaren Seite können sie zusätzlich behindernd beim Zugreifen sein. Hier können auch Schmerzen und Kompressionssymptome von Fingernerven verursacht werden. Erosionen der Haut über größeren Knoten und Sekretionen aus entstehenden Fisteln kommen vor. Die Exstirpation symptomatischer Rheumaknoten stellt einen eher kleinen operativen Eingriff dar, der aber wie fast alle Eingriffe im Bereich der Hand unter Blutleere und unter Zuhilfenahme von Vergrößerungsoptiken (Lupenbrille) erfolgen sollte, um alle anatomischen Strukturen sicher darstellen zu können. Ein Rezidivrisiko sollte dabei bedacht werden. Die Entfernung von Rheumaknoten sollte bei Vorliegen einer korrekturbedürftigen Deformität wenn möglich als gleichzeitiger Kombinationseingriff erfolgen (Feldon u. Mitarb. 1993).
Interphalangealgelenk des Daumens Synovialektomie. Auch am Endgelenk des Daumens kann die Synovialektomie in den Stadien geringerer röntgenologisch darstellbarer Destruktionen (LDE 0 –II/III) erfolgen. Die Indikation besteht bei persistierender lokaler Aktivität der Erkrankung (> 6 Monate bei adäquater Medikation) und erfolglosen lokalen Maßnahmen (inklusive der Synoviorthese). Die Operationstechnik entspricht hier weitgehend der an den Langfingern (Flatt 1995). Eine gleichzeitige Therapie des Grundgelenks ist möglich. Liegt im Rahmen einer 90 – 90-Deformität eine Hyperextension des IP-Gelenks vor, kann diese in Abhängigkeit vom Typ der Fehlstellung durch die bereits beschriebene Tenodese nach Nalebuff u. Millender (1975 a) behandelt werden.
Abb. 13.33 Große Rheumaknoten an der palmaren Daumenund Fingerseite mit Störung der Greiffunktion bei rheumatoider Arthritis.
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Eingriffe an Sehnen und Sehnenscheiden Während die Wertigkeit der Synovialektomie von Gelenken heute kontrovers diskutiert wird, ist die Indikation zu dieser operativen Maßnahme bei der Tenosynovialitis zur Prophylaxe der Sehnenruptur unumstritten. Da chemische oder Radioisotopensynovialektomien nicht infrage kommen, stellt die Operation die Therapie der Wahl dar, wenn unter systemischer und lokaler Therapie die Synovialitis persistiert. Neben der Synovialektomie kann auch die Entfernung von intratendinösen Knoten (Rheumaknoten) erfolgen. Diese häufiger im Bereich der Beugesehnen als der Strecksehnen vorkommenden Knoten können die Fingerfunktion durch Behinderung des Sehnengleitvorganges, vor allem im Bereich der Ringbänder, stören (Feldon u. Mitarb. 1993, Kerschbaumer u. Mitarb. 1999, Millender u. Nalebuff 1975, Souter 1995, Stellbrink 1971, Stirrat 1989).
Synovialektomie. Die Beugesehnenscheidensynovialektomie sollte wie auch die Artikulosynovialektomie möglichst radikal unter Exstirpation auch intratendinöser Synovialisteile und ggf. notwendiger Sehnenrekonstruktion erfolgen. Dies gilt auch für die Synovialektomie im Bereich der Strecksehnen (s. Kap. 13.3). Nach Feldon u. Mitarb. (1993) sollte eine Ringbandresektion unterbleiben, um Bogensehnenphänomene sowie das ulnare Driften der Beugesehnen und somit eine verstärkte Ulnardeviation der Langfinger zu vermeiden. Operationstechnik: Die proximale Tenosynovialektomie erfolgt unter Eröffnung des Karpalkanals über einen Zugang in der Palma manus parallel zur Thenarbeugefalte und dessen Erweiterung ca. 5 cm nach proximal unter winkelförmiger, Z- oder S-förmiger Überschreitung der Raszetta. Nach der Neurolyse des N. medianus können die Beugesehnenscheiden nacheinander synovialektomiert werden. Der Karpalkanal sollte danach gründlich inspiziert und palpiert werden, um palmare Knochenvorsprünge (z. B. Skaphoid in den Karpalkanal luxiert, Usuren) zu erfassen und zu behandeln. Von Ertel (1989) wurde ein palmarer Rotationslappen beschrieben, der primär nicht verschließbare Kapseldefekte decken kann. Auch klinisch nicht erfasste Beugesehnenrupturen sind zu diesem Zeitpunkt feststellbar und therapierbar (Feldon u. Mitarb. 1993). Die distale Tenosynovialektomie kann über einen queren Zugang in der distalen Hohlhandbeugefalte erfolgen. Der Synovialsack der Beugesehnenscheiden kann danach jeweils von proximal und distal herausgezogen und reseziert werden. Die Zugänge zur Synovialektomie der Beugesehnen im distalen Fingerbereich erfolgen im Sinne einer BrunerInzision (Abb. 13.34). Ist nur die Synovialektomie eines einzelnen Fingerstrahls notwendig, kann dies ebenfalls durch die Bruner-Inzision erfolgen (Feldon u. Mitarb. 1993). Die Technik der Strecksehnentenosynovialektomie wurde unter Kapitel 13.3 beschrieben.
Abb. 13.34 Intraoperativer Befund bei ausgeprägter Synovialitis der Beugesehnenscheiden bei rheumatoider Arthritis.
Sehnenrupturen Die in die Beuge- oder Strecksehne infiltrierte Synovialis mit Sehnendegeneration und Ausbildung von Nekrosen, Störungen der Sehnenperfusion durch Kompression von proliferativem Synovialisgewebe, z. B. unter dem Retinaculum extensorum und flexorum oder den Ringbändern sowie auch andauernde Traumatisierungen der Sehnen über Knochenkanten, z. B. Beugesehnen bei in den Karpalkanal luxierten usurierten Karpalknochen (meist distaler Skaphoidpol) und der Strecksehnen beim Caput-ulnaeSyndrom sowie Traumatisierungen der Sehnen am Tuberculum dorsale radii (Lister) etc. können zu den bei der rheumatoiden Arthritis häufigen Sehnenrupturen führen. Spontanrupturen der Strecksehnen sind dabei häufiger als der Beugesehnen. Während die radialen (besonders Flexor-pollicis-longus-Sehne) häufiger als die ulnaren Beugesehnen betroffen sind, ist dies bei den Strecksehnen umgekehrt (Feldon u. Mitarb. 1993, Gschwend 1998, Mannerfelt 1973 a). Die Form der Sehnenrekonstruktion, des Sehnentransfers oder notwendige Arthrodesen von Fingergelenken ist dabei abhängig vom Defektausmaß, Zustand der Sehnenstümpfe, Zustand der Beugesehnenscheiden inklusive Ringbänder, dem Alter der Ruptur, Zustand der Gelenke, Zustand der Muskulatur etc.
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13.4 Fingergelenke, Beuge- und Strecksehnen
Beugesehnen. Primäre Sehnennähte (selten bei nichttraumatischer Ursache möglich), primäre Sehnentransplantationen (z. B. Palmaris longus) und zweizeitige Beugesehnenrekonstruktionen kommen zur Anwendung. Die Koppelung der oberflächlichen an die tiefe Beugesehne (z. B. bei Defektruptur der tiefen Beugesehen) ist möglich. Auch die Arthrodese eines Fingerendgelenks kann indiziert sein. Strecksehnen. Primäre Sehnennähte und primäre Sehnentransplantationen (z. B. Palmaris longus) sind bei nichttraumatischer Ursache selten möglich. Häufig sind Koppelungen an Nachbarsehnen oder ein Sehnentranspher notwendig. Ruptur der Sehne des M. extensor pollicis longus. Nur selten ist eine End-zu-End-Naht möglich. Sehnentransplantate sind nur bei noch nicht kontrakten, fibrosierten Motor möglich und beim rheumatischen Gewebe in diesem Bereich häufig mit Adhärenzen verbunden. Meist ist ein Sehnentranspher notwendig, wozu häufig aufgrund der guten Ergebnisse die Sehne des M. extensor indicis genutzt wird. Für diese Indikation ist auch ein Transfer der Sehne des M. extensor carpi radialis longus beschrieben. Rupturen einzelner Strecksehnen. Selten sind End-zuEnd-Sehnennähte möglich. Häufig wird daher eine Naht des distalen Sehnenstumpfes an eine intakte Sehne eines Nachbarfingers nötig. Diese Seit-zu-Seit-Koppelung ist meist bei Rupturen der Sehnen der Finger III–V gut durchführbar. Soll bei der seltenen Ruptur der Sehne des M. extensor carpi ulnaris ein Sehnentransfer erfolgen, kann der M. extensor carpi radialis brevis als Motor genutzt werden. Rupturen mehrerer Strecksehnen. Rupturen von 2 Strecksehnen betreffen häufig den 4. und 5. Finger (Abb. 13.35). Die Sehne des 4. Fingers kann in der Regel an die Sehne des Mittelfingers genäht werden. Ist dies aufgrund eines kurzen distalen Stumpfes mit dem 5. Finger nicht möglich, kommt ein Transfer der Sehne des M. extensor indicis oder eine Koppelung unter Nutzung eines freien Sehnentransplantates in Betracht. Andere Formen von Doppelrupturen erfordern auch entsprechende Sehnenkoppelungen, ggf. unter Nutzung von Transplantaten. Sind mehr als 2 Sehnen rupturiert, sind häufig Sehnentransplantate nötig. Auch eine Nutzung des M. extensor carpi radialis brevis als Motor wird beschrieben (Pechlaner u. Mitarb. 1998). Wenn kein intakter Motor vorhanden ist, müssen Beugesehnen transferiert werden. Nach Gschwend (1968) soll bei der Ruptur von 3 Strecksehnen ein Transfer von einer oberflächlichen Beugesehne (meist des 3. Fingers) und bei Ruptur sämtlicher Langfingerstrecksehnen von 2 oberflächlichen Beugesehnen durchgeführt werden. Diese Beugesehnen können zur Streckseite durch die Membrana interossea oder um den Radius herum geführt werden.
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Ruptur der Sehne des M. flexor pollicis longus. Die gleichzeitige Behebung der Rupturursache (meist Knochenvorsprung des distalen Skaphoidpols und/oder Os trapeziums) ist wesentlich, um Rerupturen und Verletzungen von Nachbarbeugesehnen zu verhindern. Häufig sind keine End-zu-End-Sehnennähte aufgrund größerer Defektzonen möglich. Hier kommen kurzstreckige oder den gesamten Beugesehnenbereich des Daumens überbrückende Transplantate in Betracht. Auch ein Sehnentransfer kann notwendig sein (Gschwend 1998). Kommt keine Sehnenrekonstruktion in Betracht, ist die Arthrodese des IPGelenks möglich (Kerschbaumer u. Mitarb. 1999). Rupturen der Beugesehnen von Langfingern. Rupturen von einzelnen tiefen Beugesehnen bei erhaltenen oberflächlichen Beugesehnen bei der rheumatoiden Arthritis sind häufig. Durch sich entwickelnde Adhärenzen des distalen Sehnenstumpfes kann sich eine ausreichende Stabilität des DIP-Gelenks ergeben, wobei die aktive Flexion verloren bleibt. Ein chirurgischer Eingriff ist oft nicht notwendig. Liegt die Ruptur der Sehne auf Höhe des Handgelenks oder der Palma manus, kommt auch eine Naht an die intakte entsprechende oberflächliche Beugesehne infrage. Zweizeitige Beugesehnenrekonstruktionen sind in diesen Fällen oft nicht mit guten Ergebnissen verbunden. Eher ist eine Arthrodese des Fingerendgelenks bei Bedarf zu erwägen. Rupturierte oberflächliche Beugesehnen bei intakten tiefen Beugesehnen führen zu keinem therapiebedürftigen Funktionsausfall. Bei Ruptur beider Beugesehnen eines Langfingers entsteht ein ausgeprägtes Funktionsdefizit. Die Form der Rekonstruktion ist u. a. auch abhängig von der Lokalisation der Ruptur. Während eine Sehnenrekonstruktion auf Handgelenkhöhe oft gut durchführbar ist, kann dies im Bereich der Finger schwieriger sein. Selten sind End-zu-End-Nähte möglich. Das Einbringen eines Sehnentransplantates kann auch bei makroskopisch intaktem Beugesehnenkanal beim Patienten mit rheumatoider Arthritis öfter zu unbefriedigenden Ergeb-
Abb. 13.35 Rupturen der Strecksehnen der Finger III–V bei rheumatoider Arthritis: Die Sehnen des 3. und 4. Fingers werden an die Sehne des 2. Fingers genäht sowie Transfer der Sehne des M. extensor indicis auf die Sehne des 5. Fingers.
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13 Rheumatische Arthritis des Ellenbogens und der Hand
nissen führen. Ein Sehnentransfer (oberflächliche Beugesehne des Nachbarfingers) kann bei erhaltenem Beugesehnenkanal erfolgreich sein. Auch zweizeitige Beugesehnenrekonstruktionen kommen in Betracht (s. Kap. 15). Hier sind aufgrund der entzündlich-systemischen Erkrankung besondere Probleme zu erwarten. Die letzte Möglichkeit stellt die Arthrodese von PIP- und DIP-Gelenk dar. Bei allen Beugesehnenrupturen sollte bei Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung die Synovialektomie der Beugsehnen als Prophylaxe weiterer Rupturen in Betracht gezogen werden (Feldon u. Mitarb. 1993). Nachbehandlung Der Nachbehandlung kommt bei allen Eingriffen im Bereich der Hand besondere Bedeutung zu. Physikalische und medikamentöse Maßnahmen zur Reduktion des Schwellungszustandes müssen direkt postoperativ beginnen. Eine frühfunktionelle Nachbehandlung ist meist anzustreben. Nach Synovialektomien der Fingergelenke und Eingriffen am intrinsischen Handmuskelsystem sollte die frühfunktionelle Nachbehandlung erfolgen. Diese beginnt in der Regel am 1. oder 2. postoperativem Tag nach dem Entfernen der Drainagen. Wie nach der Implantation eines alloarthroplastischen Gelenkersatzes erfolgt eine Lagerung in dynamischen Schienen für 4 (bis 6) Wochen (Feldon u. Mitarb. 993, Swanson 1972). Nach Implantationen von Silastic-Spacern nach Swanson an den MP- oder PIP-Gelenken erfolgt die frühfunktionelle postoperative – in Abhängigkeit vom Schwellungszustand ca. 2. postoperativer Tag – Nachbehandlung unter Anlage von dynamischen Schienen für ca. 6 Wochen. Eine stationäre Therapie bis zum Fadenzug ist meist zu empfehlen. Arthrodesen erfordern in der Regel Ruhigstellungszeiten von ca. 6 Wochen. Die Ruhigstellung sollte nur die notwendigen Fingergelenke (in der Regel betroffener Finger und Nachbarfinger) einschränken. Alle anderen Fingergelenke sollten selbständig und durch Therapeuten unterstützt aktiv und passiv mobilisiert werden können. Nach Tenosynovialektomien ist eine intensive aktive und passive frühfunktionelle Nachbehandlung notwendig. Die Behandlung von rekonstruierten Sehnen ist abhängig vom gewählten operativen Verfahren. Eine Nachbehandlung nach Kleinert bei Beugesehnenrekonstruktionen bzw. dynamische Schienen etc. können notwendig sein. Die Lagerungen auf Schienen unterstützt die Behandlung je nach Eingriff und präoperativen Zustand auch in der weiteren postoperativen Phase. Eine weitergehende ergotherapeutische, krankengymnastische und physikalische Nachbehandlung (Elektrotherapie etc.) ist meist nötig.
Komplikationen Durch eine bestehende Vaskulitis und immunsupprimierende Medikationen sowie aufgrund des geringen Weichteilmantels und der häufig schlechten Knochenqualität im
Fingerbereich beim Patienten mit rheumatischen Erkrankungen besteht ein besonderes Risiko für postoperative Infektionen und Wundheilungsstörungen. Beschwerdepersistenz, Materiallockerungen und Zunahmen von Beschwerden in benachbarten Gelenken sind möglich. Ein begleitender Diabetes mellitus (auch steroidinduziert) kann dieses Risiko noch erhöhen. Der postoperativen Überwachung unter anfänglich stationären Bedingungen kommt daher eine besondere Bedeutung zu (Kerschbaumer u. Mitarb. 1999). Komplikationen, wie Läsionen von Nerven, Sehnenrupturen, Infektionen, Wundheilungsstörungen und Instabilitäten werden in Abhängigkeit von der Art des operativen Eingriffs berichtet. Der prothetische Ersatz der Fingergelenke birgt Komplikationen wie bei allen Typen der Gelenkprothetik üblich, z. B. Infektionen, Entkopplungen, Luxationen, frühen Lockerungen und Materialbrüche etc.
Ergebnisse Die Synovialektomie der Fingergelenke führt in der Regel zur Reduktion der Schmerzen und Verbesserung der Funktion. Rezidive sind möglich. Nach Thabe u. Tillmann (1983) ist in 20 – 30% der Fälle in Abhängigkeit vom Gesamtverlauf der Erkrankung mit Rezidiven zu rechnen. Nach Gschwend (1998) liegt der Wert der Synovialektomie besonders in der zeitlichen Verzögerung der Entstehung von klinischen Symptomen. Meist ist die subjektive Patientenzufriedenheit groß, obwohl eine radiologisch darstellbare Progression im Verlauf nicht verhindert werden kann und nach Korrekturen von Fehlstellungen Rezidive nicht selten sind. Sehnenrekonstruktionen haben häufig keine optimalen Ergebnisse. Eine protektive Tenosynovialektomie stellt somit einen wesentlichen Eingriff zum langfristigen Funktionserhalt von Hand- und Fingergelenken dar (Feldon u. Mitarb. 1993, Gschwend 1968). Die in der Literatur dargestellten Ergebnisse nach Versorgungen von Fingergelenken mit der Swanson-SilasticProthese zeigen, dass eine Schmerzreduktion bzw. Schmerzbefreiung (> 90 % der Patienten), Korrektur der Fingerfehlstellung und die Verlagerung der eingeschränkten Fingergrundgelenkbewegung (ca. 45° aktive Bewegung erreichbar im MP-Gelenk) in einen funktionell günstigeren Bereich mit Gewinn vor allem der Streckung in aller Regel erreicht werden kann. Ein wesentlicher Funktionsgewinn der Hand ist dadurch zu erreichen, da die bei der rheumatischen Fingergelenkdeformität nach ulnar abgewichenen und luxierten Grundgelenke in den Funktionsbereich des Daumens (Opposition) gebracht werden (Gschwend 1998, Schmidt u. Mitarb. 1996). Der Kraftgewinn ist dabei meist gering, ggf. kann die Faustschlusskraft vermindert sein. Wesentlich für die oft guten klinischen Resultate nach Implantationen von Swanson-Spacern bei im Verlauf z. T. ausgeprägten im Röntgenbild sichtbaren Veränderungen/ Osteolysen des angrenzenden Knochens (89 % nach ca. 10 Jahren) und Implantatbrüchen (27,5% nach ca. 10 Jahren)
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Literatur
sind die gleichzeitigen korrigierenden Wiederherstellungen der Weichteile und die adäquate Nachbehandlung (Gschwend 1998, Schmidt u. Mitarb. 1996). Ursache für Knochenresorptionen und Prothesendefekte sind besonders im Gleitprozess („Pistoning“) und Materialabrieb der Prothese zu sehen. Dabei entstehende scharfe Knochenkanten sollen das Risiko von Materialdefekten erhöhen (Schmidt u. Mitarb. 1996). Obwohl natürlich alleinige ästhetische Überlegungen ohne Schmerzen und/oder Funktionsbehinderungen nicht die Indikation zum Gelenkersatz darstellen sollen, sind viele Patienten gerade auch durch den Gewinn der verbesserten Optik der Hand im Alltag mit sozialen Kontakten wesentlich weniger belastet. Viele andere Implantate sind für den Ersatz von Fingergelenken entwickelt worden. Obwohl einige Arbeitsgruppen über gute Ergebnisse mit verschiedenen Impantattypen berichten, konnte bisher keine Prothese ein deutlich besseres Ergebnis als der Swanson-Spacer erbringen. Die besonderen Probleme der rheumatischen Hand und die lange Erfahrung mit dem Spacer nach Swanson lassen diesen bis heute das Implantat der Wahl beim Ersatz des rheumatischen Fingergrund- und Mittelgelenks darstellen, an dem sich neue Prothesen im Verlauf messen lassen müssen (Cook u. Mitarb. 1999). Aufgrund der limitierten Beugefähigkeit der Fingergelenke nach Implantationen von Swanson-Alloarthroplastiken und der begrenzten Haltbarkeit dieser Silastic-Spacer wird heute die Indikation zur Operation meist spät gestellt. Häufig liegt ein Zustand ausgeprägter Desintegration der Gelenke mit entsprechender Weichteildysfunktion vor. Neben dieser schlechten Ausgangssituation für das einzelne Gelenk müssen häufig auch in einem operativen Eingriff mehrere, oder wie z. B. an den MP-Gelenken typisch, alle 4 Gelenke ersetzt werden. Unter diesen Voraussetzungen sind die erzielten Ergebnisse zu bewerten. Es muss also gefordert werden, dass die Entwicklung neuer Gelenkersatzverfahren im Bereich der Fingergelenke ein längeres Standing bei besserer Funktion zum Ziel hat, denn nur dadurch kann auch der notwendige frühere Operationszeitpunkt zum Gelenkersatz angestrebt werden (Souter 1995). Wesentlich für die Ergebnisse sind die operative Technik und die intensive Nachbehandlung. Eine hohe Rezidivrate nach allen operativen Verfahren der Mittelzügelrekonstruktion bei Knopflochdeformitäten der Langfinger wird in der Literatur beschrieben. Nalebuff u. Millender (1975 a) haben beschrieben, dass bei der Knopflochdeformität des Daumens, auch wenn noch keine Gelenkdestruktionen vorliegen, bei alleinigen Weichteileingriffen mit einer Rezidivquote von bis 60% gerechnet werden muss. Eine Bevorzugung von Arthrodesen, besonders bei schon beginnenden Destruktionen, ist nach ihrer Meinung daher gegeben. Die alleinige Resektionsarthroplastik des Daumensattelgelenks wird bei Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung meist kritisch bewertet, da ein Kraftverlust durch Strahlverkürzung und eine Instabilität resultieren kann. Diese Nachteile werden durch die Suspension und Sehnenfixation, z. B. in der Technik modifiziert nach Ep-
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ping (1989) reduziert oder vermieden (Resektions-Suspensions-Arthroplastik). Einheitlich wird über eine sehr gute Schmerzbefreiung und Funktionsverbesserung nach diesen operativen Verfahren berichtet. In der Literatur werden deutlich größere Patientengruppen mit Rhizarthrosen als mit Arthritiden des Daumensattelgelenks, die mit dieser Methode behandelt wurden, beschrieben. Besonders hier sind die Ergebnisse in der Regel sehr gut. Das Verfahren der Resektions-Suspensions-Arthroplastik muss als Standardverfahren zur Therapie der Arthrose und Arthritis des Daumensattelgelenks angesehen werden. Das Einbringen von Silastik oder anderen Materialien als Gelenkersatz, vor allem von zementiert fixierten Endoprothesen, ist somit besonders kritisch zu sehen. In der Literatur wird sehr häufig über Subluxationen/Luxationen der Materialien, Osteolysen, Lockerungen, Implantatbrüche, Knochenbrüche etc. oft schon im mittelfristigen Verlauf berichtet. Der scheinbare Vorteil von gelegentlich genannter verbesserter Kraft und Funktion kann dadurch ggf. nur von kurzer Dauer sein. Literatur Alnot, J.Y., L. Fauroux (1992): Synovectomy realignment stabilization in the rheumatoid Wrist. In: Simmen, B.R., F.W. Hagena: The wrist in rheumatoid arthritis. Rheumatology. Karger, Basel: 72 – 86 Alnot, J.Y., N. Osman, E. Masmejean, F. Teboul, Guepar (2000): Guepar elbow prostheses. In: Simmen, B.R., Y. Allieu, A. Lluch, J. Stanley: Hand arthroplasties. Martin Dunitz, London: 119 – 128 Bäckdahl, M. (1963): The caput ulnae syndrome in rheumatoid arthritis. Acta Rheum Scand 5: 1 – 3 Bauer, R., F. Kerschbaumer, S. Poisel (1990): Operative Zugangswege in Orthopädie und Traumatologie. Thieme, Stuttgart Baumann, D. (1979): Ergebnisse der Tenosynovektomie des Handgelenks. Z Orthop 117: 522 – 528 Bogoch, E., P. Weiler, R. McCalden, D. Hastings (1992): Periulnar deformity in the rheumatoid wrist. In: Simmen, B.R., F.W. Hagena: The wrist in rheumatoid arthritis. Rheumatology. Karger, Basel: 43 – 51 Böhler, N., N. Lack, W. Schwägerl, C. Sollermann, J. Teigland, H. Thabe (1985): Late results of synovectomy of wrist, MP, PIP joints. Clin Rheumat 4: 23 – 25 Bongartz, T., U. Müller-Ladner (2002): Monoklonale Antikörper in der Therapie rheumatischer Erkrankungen. Arzneimitteltherapie 20: 324 – 342 Böni, A. (1970): Die progredient chronische Polyarthritis. In: Schoen, R., A. Böni, K. Miehlke: Klinik der rheumatischen Erkrankungen. Springer, Berlin Buck-Gramcko, D. (1998): Notes on terminology. In: Buck-Gramcko, D.: Congenital malformations of the hand and forearm. Churchill Livingstone, London Carvell, J.E., A.G. Mowat, D.J. Fuller (1983): Trigger wrist phenomenon in rheumatoid arthritis. Hand 15: 77 – 81 Chamay, A. (1998): Radiolunate and radioscapholunate arthrodesis in rheumatoid wrist. In: Allieu, Y.: The rheumatoid hand and wrist: surgical treatment, medical treatment, physiotherapy and rehabilitation. Expansion Scientifique Publications, Paris: 33 – 47 Chamay, A., D. Della Santa, A. Vilaseca (1983): Radiolunate arthrodesis, factor of stability for the rheumatoid wrist. Ann Chir Main 2: 5 – 17
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14
Erkrankungen der Sehnen und Sehnenscheiden, Insertionstendinosen M. Schiltenwolf 14.1 Insertionstendinosen – Epikondylitis und Styloiditis 14.2 Sehnenscheidenentzündung 14.3 Sehnenscheidenstenosen 14.4 Schnellender Finger
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14 Erkrankungen der Sehnen und Sehnenscheiden, Insertionstendinosen
14.1 Insertionstendinosen – Epikondylitis und Styloiditis Synonyme Epicondylopathia humeri radialis bzw. ulnaris, Tennis-, Golfer- oder Werferellenbogen.
Definition Insertionstendinosen sind durch schmerzhafte Sehnenursprünge und -ansätze im Bereich der knochennahen Insertionszonen gekennzeichnet. Sie können durch faserknorpeligen (reversiblen) Umbau als morphologische Reaktion auf eine lokale mechanische Fehlbelastung begleitet sein.
Ätiologie Insertionstendopathien werden durch ein funktionelles Missverhältnis von Beanspruchung (exogen) und Belastbarkeit (endogen) ausgelöst. Begünstigend wirken eine zum Teil altersbedingte geringere Durchblutung seitens die A. brachialis und die dadurch bedingte Minderung der Regeneration von Sehnen (endogen). Exogene, Insertionstendopathien auslösende, mechanische Beanspruchungen in Beruf oder Freizeit sind z. B. Tastenbrettarbeiten, Schraubarbeiten oder Sport mit den Hebelarm vergrößernden Geräten (Fechten, Tennis, Speerwurf, Golf).
Pathogenese Insertionstendinosen sind die Folge eines über längere Zeit bestehenden Missverhältnisses zwischen Leistungsfähigkeit des Gewebes (Zugfestigkeit) und tatsächlicher Beanspruchung, was zu Mikrotraumen und Ersatzgewebebildungen führt (Putz u. Müller-Gerbl 1995). Dabei ist die Erneuerungsrate der Tropokollagenmoleküle, die die kollagenen und elastinen Fasern bilden, gering und nimmt mit dem Alter weiter ab. Der durch Alterung bedingte Verlust an Wasser, aggraviert durch Lipoidose der inneren Blutgefäße, führt zu ungedämpfter Kraftübertragung über die Knorpelzone der chondroapophysären Sehnenansatzzonen. Nach anfänglich reversiblem faserknorpeligem Umbau (Ploetz 1940) degenerieren die Fibrozyten fettig, splittern auf und werden nekrotisch, die Matrix verkalkt bzw. verknöchert (Mohr 1987). Daraus können degenerative Rupturen resultieren (Regan u. Mitarb. 1992). Die Folge ist ein erhöhter Gewebedruck, der die nozizeptiven Rezeptoren erregt. Neben der lokalen Hyperalgesie im Epikondylusbereich kann sich das schmerzhafte Areal während der Chronifizierung vergrößern (sekundäre Hyperalgesie). Hierbei handelt es sich um zentrale neuroplastische Veränderungen, die von zentralen hyperpathischen Prozessen begleitet sein können, d. h. nach repetitiver Reizung kommt es
verzögert zu überschießender Reizantwort mit verlangsamter Beruhigung. Sehnen im Unterarm- und Handbereich sind wegen der vielfältigen manuellen Beanspruchungen bei häufig ungeeigneter Ergonomie und mangelndem Trainingszustand besonders gefährdet. Die Folge der ungeeigneten Ergonomie ist häufig ein Muskelungleichgewicht der Antagonisten. Unter Ruhigstellung nehmen die Reißfestigkeit und das Dehnungsvermögen von Sehnen deutlich ab, was die lange Dauer der Rehabilitationsphase von Sehnenerkrankungen funktionell erklärt.
Epidemiologie Von Insertionstendopathien sind mehr Nichtsportler betroffen (Becker u. Krahl 1978). Im Bereich von Hand und Unterarm treten die Epikondylitiden häufiger auf als die Ansatztendopathien der Handgelenksehnen: die radialen 5- bis 10-mal häufiger als die ulnaren. Distal ist die Styloiditis radialis, also die Insertionstendopathie des M. brachioradialis am häufigsten zu finden. Die Patienten sind meist im 4. Lebensjahrzehnt.
Diagnostik Klinische Diagnostik Die Patienten beklagen anfangs Belastungsschmerzen, die meist einem auslösenden, repetitiven Bewegungsstereotyp entsprechen. Für die Epikondylitiden sind Unterarmdrehung und Handgelenkfixierung wie bei der Handhabung eines Schraubenziehers oder eines Tennisschlägers gekoppelt (Supination und Handgelenkextension). Später kommt es zur Generalisierung der Schmerzwahrnehmung mit erheblicher Funktionsstörung des benachbarten Gelenks. Die Druckschmerzhaftigkeit bleibt jedoch über Sehnenursprung bzw. -ansatz am stärksten. Epikondylitiden und Insertionstendopathien sind die Domäne der digitalen Untersuchung. Neben Spontanund Druckschmerzhaftigkeit über dem Sehnenursprung, ist eine Schmerzverstärkung durch Anspannung der angekoppelten Muskulatur gegen Widerstand in Bewegungsrichtung ein kausales Symptom. Für die radiale Epikondylitis bedeutet dies Schmerzzunahme bei Dorsalextension und Supination („Mill-Test“) (Abb. 14.1), für die ulnare Epikondylitis bei Flexion und Pronation gegen Widerstand (umgekehrter „Cozen-Test“: Beugung der gestreckten Hand gegen Widerstand in Unterarmsupination). Weitere Provokationstests für die radiale Epikondylopathie sind der „Chair-Test“ (Anheben z. B. eines Stuhles mit proniertem Unterarm), der Mittelfingerstrecktest (Strecken gegen Widerstand) sowie der „Thomsen-Test“, bei dem der Patient das Ellenbogengelenk streckt, die Faust schließt und gegen den Widerstand des Untersuchers versucht, die
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14.1 Insertionstendinosen – Epikondylitis und Styloiditis
a
Abb. 14.1 a u. b Bewegungsstresstest: Beim sitzenden Patienten ist der schmerzhafte Arm leicht proniert, im Ellenbogengelenk und im Handgelenk gebeugt. Der Patient streckt den Ellenbogen: Bei radialer Epikondylopathie verstärken sich die Schmerzen unter dem Untersucherfinger (aus: Buckup, K. [2000]: Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln. 2. Aufl. Thieme).
b
Faust weiter zu extendieren. Für die ulnare Epikondylopathie ist auch der „Golferellenbogentest“ hilfreich: Streckung des Patientenellenbogens aus Beugung von Ellenbogen- und Handgelenk gegen Widerstand. Bei der Schmerzprovokation ist die Lokalisation mehr flächig in der (radialen/ulnaren) Insertionszone und folgt dem Sehnenverlauf. Die radiale Styloiditis ist proximal und palmar des Processus styloideus radii im Insertionsbereich des M. brachioradialis druckschmerzhaft.
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Bandapparates mit sekundärer ulnarer Arthrose (Steinbrück u. Rompe 1980). Das Supinatorsyndrom führt zu Irritationen des N. radialis mit typischen peripheren neurogenen Störungen. Bei der ulnaren Epikondylopathie muss ein Sulcus-nerviulnaris-Syndrom ausgeschlossen werden. Vertebragene Ursachen mit Reizung der Nervenwurzel C5 (radial) oder Th1 (ulnar) müssen ausgeschlossen sein. Die radiale Styloiditis muss gegen die Tendovaginitis stenosans de Quervain abgegrenzt werden (s. Kap. 14.3.1).
Bildgebende Diagnostik Die Röntgendiagnostik erbringt keinen richtungweisenden Befund. Verkalkungen (Fibroostosen) sind im Sehnenansatzbereich nicht zu erkennen. Mit der Röntgendiagnostik müssen jedoch ossär-neoplastische Veränderungen ausgeschlossen werden. Sonographie und Schnittbildverfahren sind nicht hilfreich.
Differenzialdiagnose Die Palpation erlaubt zwischen Schmerzen zu unterscheiden, die sich auf die Epikondylen beziehen und solchen, die von den Gelenkkompartimenten ausgehen, welche distal liegen. Ausschließlich über der proximalen Unterarmmuskulatur zu provozierende Schmerzen sind nicht den Epikondylitiden zuzurechnen. Jegliche degenerative, aber auch mechanisch verursachten Gelenkaffektionen (z. B. bei Sportschützen, Ringern, Tennisspielern) sowie freie Ellenbogengelenkkörper können dort Schmerzen verursachen. Bei Leistungssportlern mit hoher Belastung des Ellenbogens (Speerwerfer) ist der ulnare Ellenbogenschmerz meist nicht als Insertionstendopathie zu bewerten, sondern es handelt sich um Folgen rezidivierender Traumatisierungen durch Überdehnungen des ulnares
Therapie Die Wiederherstellung schmerzfreier Verhältnisse wird angestrebt. Ein schlüssiger Therapiealgorithmus von Insertionstendopathien besteht nicht. Die Behandlung wird meist polypragmatisch durchgeführt und ist bei Erfolglosigkeit durch häufigen Therapeutenwechsel und Orientierungslosigkeit gekennzeichnet. Ein gestaffeltes Vorgehen sollte daher konsequent verfolgt werden und mit Schmerzbeginn einsetzen, um einer Chronifizierung vorzubeugen. Konservative Therapie Bei kurzer Schmerzanamnese wird die Behandlung eingeleitet, indem zunächst das auslösende Beanspruchungsprofil ausgesetzt oder verändert wird. Lokale und orale antiphlogistische Maßnahmen können bei allen Insertionstendinosen erprobt werden. Die 2. Therapiestufe sollte das Ellenbogengelenk zumindest über 2 Wochen in Beugestellung ruhig stellen. Die Ruhigstellung wird mit einer lokalen Infiltration eines Gemisches aus Lokalanästhetikum und einem möglichst nicht kristallinen Corticoid eingeleitet, die wiederholt werden kann.
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14 Erkrankungen der Sehnen und Sehnenscheiden, Insertionstendinosen
Sowohl mit als auch ohne Ruhigstellung sollte danach eine krankengymnastische Behandlung die Sehnenspannung vermindern und später die muskuläre Dysbalance ausgleichen, wobei die Stabilisierung der gesamten oberen Extremität inklusive des Schultergürtels angestrebt werden muss. Zur Effektivität der dargestellten Therapieformen gibt es keine ausreichenden kontrollierten Studien (Labelle u. Mitarb. 1992). Die Wirksamkeit der Epikondylitisspangen sowie der extrakorporalen Stoßwellentherapie ist evidenzbasiert nachgewiesen, jedoch mit eingeschränkter Wirksamkeit. Es handelt sich um überprüfte Therapieoptionen des chronischen Tennis- und Golferellenbogens (Heller u. Niethard 1998, Rompe u. Mitarb. 2001). Operative Therapie Bei Persistenz der Schmerzhaftigkeit, Sicherung der Diagnose sowie Ausschluss differenzialdiagnostisch möglicher anderer Erkrankungen kann operativ vorgegangen werden. Bringt auch diese Maßnahme keinen Erfolg, sollte eine multimodale Schmerztherapie mit psychosozialen und verhaltenstherapeutischen Elementen eingeleitet werden. Das operative Vorgehen kann auf verschiedenen Wegen erfolgen: 쐌 Operationstechnik nach Hohmann (1933): leicht bogenförmige Schnittführung über dem Epikondylus; subperiostal werden die Sehnenfasern vom Epikondylus abgeschoben (Abb. 14.2). 쐌 Denervierung nach Wilhelm (1989): Zusätzlich empfiehlt sich die Denervierung des radialen Epikondylus, wobei der schmerzleitende Nerv im intermuskulären Gefäßbündel läuft und dort durchtrennt wird.
쐌 Beschrieben werden zudem Verlängerungen der Sehne des M. extensor carpi radialis brevis im Unterarmniveau, die Teilresektion der Insertionszone sowie die Gelenktoilette (Nirschl u. Pettrone 1979, Uthoff u. Sarkar 1980, Heyse-Moore 1984, Goldberg u. Mitarb. 1988). Von dem Verfahren der Exzision der Streckeraponeurose mit Eindrehen eines gefäßgestielten Muskellappens des M. anconaeus wurden überlegene Operationsresultate berichtet (Almquist u. Mitarb. 1998) (Abb. 14.3 a – d). Nachbehandlung Nach der operativen Intervention wird das Ellenbogengelenk über einige Tage ruhig gestellt, danach beginnt erneut das physiotherapeutische Konzept.
Komplikationen Neben den typischen Operationskomplikationen müssen am radialen Epikondylus der ventral verlaufende N. radialis und am ulnaren Epikondylus der in unmittelbarer Nähe dorsolateral verlaufende N. ulnaris geschont werden. Es muss auf die Möglichkeit der Schmerzpersistenz oder eines Rezidives hingewiesen werden.
Ergebnisse Die Behandlung von Insertionstendopathien erfordert Geduld, hin und wieder auch gegen die Erwartungshaltung des Patienten. Rund 90% der Epikondylopathien können konservativ geheilt werden (Labelle u. Mitarb. 1992, Nirschl 1995). Bei frühzeitigem Therapiebeginn kann mit schnellerer Heilung gerechnet werden. Dennoch muss eine Rehabilitationsphase von bis zu 4 Monaten eingeplant werden. Chronische Verläufe sind häufig nicht rein somatisch zu erklären und nach Operationen sind diese schwerwiegender.
Abb. 14.2 Schemazeichnung der Operation nach Hohmann mit abgeschobenen Sehnen-Muskel-Ursprüngen unter Zerstörung des Periosts im Sinne der Denervation.
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Literatur
a
Crista supraepicondylaris lateralis
431
b
Exzision der degenerierten Muskeln
Rissläsion im gemeinsamen Sehnenursprung der Strecker
Epicondylus lateralis
Caput radii c
d
M. anconaeus Lig. collaterale radiale
Extensoren
M. anconaeus Gefäß-NervenBündel
Abb. 14.3 a – d Operation nach Almquist (Transfer des M. anconaeus): Bei einer Rissläsion (a) im gemeinsamen Sehnenursprung der Strecker (b) wird der gesamte Ursprungsbereich der Strecker zwischen Knochen und Muskulatur exzidiert; (c) der M. anconaeus
wird an der Ulna gelöst unter Schonung der rekurrenten epikondylären Arterie. (d) Der M. anconaeus wird in den Defekt rotiert und mit resorbierbarem Faden vernäht, so dass die Versorgungsarterie außen liegt.
Literatur
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14 Erkrankungen der Sehnen und Sehnenscheiden, Insertionstendinosen
14.2 Sehnenscheidenentzündung 14.2.1 Paratenonitis crepitans Definition Der landläufig als Sehnenscheidenentzündung bezeichnete akute Schmerz der Strecksehnen am distalen Unterarm resultiert entweder aus einer Überlastung des MuskelSehnen-Überganges, der proximal außerhalb der Sehnenscheiden liegt (Paratenonitis) oder des Sehnenscheidenbereiches (Tendovaginitis) selbst.
Pathogenese Durch repetitive Beanspruchung der Fingerstrecker wird der Verzahnungsbereich von großflächigem Muskelquerschnitt und hochgespannter, jedoch dünner Sehne überfordert. Es kommt zur ödematösen Verquellung des paratendinösen Bindegewebes. Sind die Sehnenscheiden betroffen, handelt es sich um seröse Exsudationen ohne strukturelle Veränderungen. Diese Verquellung impliziert dann als Tendovaginitis crepitans ein funktionelles Engpass-Syndrom.
Epidemiologie Betroffen sind eher Männer. Gefährdet sind Menschen mit beruflichen Tätigkeiten an Tastenfeldern, Friseure sowie Akkordpacker.
Diagnostik Jegliche Bewegung der betroffenen Sehnen – aktiv oder passiv – ist schmerzhaft. Der Sehnenverlauf, insbesondere im distalen Unterarmbereich bis in Höhe des Handgelenks, ist druckempfindlich. Maximale Überdehnung – Flexion des Handgelenkes bei Faustschluss – führt zur Schmerzverstärkung. Bei der klassischen Paratenonitis crepitans lässt sich mit aufgelegter Hand bei Bewegungen ein „Schneeballknirschen“ fühlen.
Differenzialdiagnose Sehnenaffektionen müssen von Krankheiten der benachbarten Gelenke und Knochen abgegrenzt werden. Dazu dienen die funktionellen Sehnenuntersuchungen. Häufig werden Lunatumnekrosen, Kahnbeinpseudarthrosen sowie karpale Instabilitäten als „Sehnenscheidenentzündung“ fehlgedeutet.
Therapie Die Paratenonitis crepitans ist die Domäne der konservativen Therapie. Zur Schmerzbeseitigung ist die Vermeidung der auslösenden Beanspruchung wesentlich. Lokale und/ oder orale Antiphlogistika werden zusätzlich appliziert. Bei ausgeprägter und anhaltender Schmerzhaftigkeit wird der Unterarm auf einer palmaren Schiene in Handgelenkneutralstellung ruhig gestellt. Bei Nachlassen der Schmerzen empfiehlt sich eine detonisierende und dehnende Krankengymnastik mit Antagonistenschulung. Die Arbeitsplatzergonomie sollte überprüft und verbessert werden (Sitzhöhe, Tastenfeldhöhe und -konstruktion). Dehnungsübungen können vom Patienten in Eigenregie durchgeführt werden. Ergebnisse operativer Maßnahmen (Rückkürzung der Muskelbäuche nach proximal) sind nicht reproduzierbar.
Ergebnisse Die Prognose verbessert sich mit frühzeitigem Einsetzen der Therapie, insbesondere wenn es möglich ist, das auslösende Beanspruchungsprofil dauerhaft zu ändern. Rezidive sind häufig.
14.2.2 Repetitive Strain Injury (RSI) Definition Arbeitsbedingte Schmerzen der Muskeln und Sehnen der Unterarme, die seit Beginn der 80er Jahre beschrieben wurden, jedoch den Anforderungen einer nosologischen Einheit wegen ätiologischer Uneinheitlichkeit nicht standhalten (Ireland 1995, Mackinnon u. Novak 1997).
Ätiologie Diskutiert und von den Patienten angegeben werden ständige (arbeitsplatzbedingte) Wiederholungen von Fingerbewegungen mit hoher Frequenz, wie zum Beispiel bei Arbeiten an einem Tastenbrett. Ähnliche Überlegungen wurden zur „Cumulative Trauma Disorder“ (CTD) angestellt. Dabei fehlen allgemein anerkannte Grenzwerte für die mechanische Belastung, die Wiederholungsraten und Arbeitsgeschwindigkeit, die die Muskeln und Sehnen der oberen Extremitäten schädigen können. Die meisten dafür verantwortlich gemachten Tätigkeiten erfordern weder exzentrische Muskelaktivität noch hohe Kräfte. Adaptationen durch die Ausführungen sind zudem trainingsphysiologisch anzunehmen.
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14.3 Sehnenscheidenstenosen
Pathogenese Spezifische histomorphologische Veränderungen fehlen. Es bestehen keine Hinweise auf eine Tendinitis oder eine Tendovaginitis. Iatrogene Fehlleitungen, ausgehend von den Ursachenangaben der Patienten, werden in den Vordergrund pathogenetischer Überlegungen gestellt (Weiland 1996). Wegen der fehlenden organisch hinreichenden Erklärbarkeit der Schmerzen sind Gemeinsamkeiten mit den Erkrankungen somatoformer Störungen denkbar (Dzwierzynski u. Mitarb. 1997).
Epidemiologie Bereits vor über 100 Jahren wurden ähnliche Beschwerden als „Schreibekrampf“ (Runge 1873) beschrieben. Die Zuwachsraten der den Arbeitswiederholungen zugeschriebenen neuroorthopädischen Störungen der oberen Extremitäten sind enorm, seit 1984 die öffentliche Diskussion um RSI begann. Eindeutige Belege für den Zusammenhang von arbeitsbedingten Wiederholungen und den Beschwerden, die an Muskeln und Sehnen der oberen Extremitäten auftreten, konnten jedoch bis heute nicht erbracht werden (Mackinnon u. Novak 1997). Betroffen sind insbesondere jüngere Angestellte der unteren Einkommensklassen in Tätigkeitsfeldern geringer Anerkennung. Auffallend ist, dass Patienten mit beruflich höchsten mechanischen Belastungen, z. B. mit Tastenanschlägen oder Berufsmusiker, nur in einer kleinen Minderheit vertreten sind (Hocking 1987). Eine Anerkennung als Berufskrankheit Nr. 2101 der Berufskrankheitenverordnung ist nicht möglich.
Diagnostik Der Schmerz im Bereich der Unterarme ist das führende Symptom. Einheitliche objektivierbare Befunde (klinischpalpatorisch, neurologisch, pathologisch) werden jedoch nicht beschrieben.
433
RSI sollte als Diagnose vermieden werden. Die Klagen der Patienten sind jedoch ernst zu nehmen (Arons u. Mitarb. 1997).
Differenzialdiagnose Die bekannten Tendinosen und Engpass-Erkrankungen der oberen Extremitäten müssen abgeklärt sein.
Therapie Ausschließlich medizinische somatische Bemühungen führen meist zur Symptomverschlimmerung. Operationen sind nicht indiziert. RSI ist im Rahmen (arbeitsplatzbezogener) somatoformer Schmerzstörungen einzuordnen und entsprechend zu behandeln. Physikalische Therapiemaßnahmen sollten mit psychotherapeutischen Anleitungen zum richtigen Umgang mit Stress und zur Schmerzbewältigung kombiniert werden (Dzwierzynski u. Mitarb. 1997, Mackinnon u. Novak 1997). Literatur Arons, J.A., J.C. Salomon, M.S. Arons (1997): Letter to the editor. J Hand Surg 22-A: 162 – 165 Dzwierzynski, W.W., B.K. Grunert, M.D. Rusch, G. Zader, D. Keller (1997): Psychometric assessment of patients with chronic upper extremity pain attributed to workplace exposure. J Hand Surg 24-A: 46 – 52 Hocking, B. (1987): Epidemiological aspects in repetition strain injury in Telecom Australia. Med J Austr 147: 218 Ireland, D.C.R. (1995): Repetition strain injury: The Australian Experience – 1992 update. J Hand Surg 20-A: S53-S56 Mackinnon, S. E., C.B. Novak (1997): Repetitive strain in the workplace. Hand Surg 22-A: 2 – 18 Runge, F. (1873): Zur Genese und Behandlung des Schreibekrampfes. Berl Klin Wochenschr 10: 245 – 248 Weiland, A.J. (1996): Editorial – repetitive strain injury and cumulative trauma disorders. J Hand Surg 21-A: 337
14.3 Sehnenscheidenstenosen 14.3.1 Tendovaginitis stenosans (de Quervain) Definition Es handelt sich um chronische Engpass-Syndrome von Fingersehnen im Sehnenscheidenbereich struktureller Natur.
Ätiologie Im Handbereich ist die Sehnenscheide des 1. Strecksehnenfaches über dem Processus styloideus radii der Prädilektionsort (Tendovaginitis stenosans de Quervain). Im 1. Strecksehnenfach verlaufen die Sehnen des M. abductor pollicis longus sowie des M. extensor pollicis brevis. Als anatomische Varianten können hier bis zu 5 Sehnen gefunden werden. Seltener sind Sehnenscheidenstenosen der Mm. extensores carpi ulnaris und radialis, des M. extensor digiti proprius sowie des M. flexor carpi radialis.
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14 Erkrankungen der Sehnen und Sehnenscheiden, Insertionstendinosen
Pathogenese
Differenzialdiagnose
Die Krankheitsentstehung betrifft die Sehnenscheide: Die Sehnenscheideninnenschicht ist faserknorpelig verdickt, die angrenzende Schicht ist gefäßreich als Ausdruck chronischer Entzündung. Infiltrate fehlen. Degenerative Ausziehungen des Processus styloideus radii begünstigen die Krankheitsentstehung. Zusätzlich möglich – jedoch selten – sind Vernarbungen und Tumoren der Sehnen oder Muskelbäuche, die weit nach distal in die Sehnenscheiden hineinreichen und den Engpass akzentuieren.
Das Finkelstein-Zeichen ist auch bei der distalen Kompression des R. superficialis n. radialis positiv. Die Tendovaginitis de Quervain muss von der Insertionstendopathie des M. brachioradialis unterschieden werden (Styloiditis radii). Schmerzen im gesamten Verlauf des M. abductor pollicis longus entsprechen einer akuten Paratenonitis. Auch eine Rhizarthrose muss erwogen und gegebenenfalls nach diagnostischer Lokalanästhesie in ihrer Bedeutung beurteilt werden.
Epidemiologie
Therapie
Betroffen sind eher Frauen mittleren Alters.
Konservative Therapie
Diagnostik
Die Behandlung beginnt mit bis zu 3 lokalen Corticoidinfiltrationen. Eine anschließende Ruhigstellung auf einer palmaren Schiene über 14 Tage ist sinnvoll. Bei Persistenz wird operativ vorgegangen.
Klinische Diagnostik Jegliche Bewegungen, insbesondere bei hoher Vorspannung der betroffenen Sehnen, sind schmerzhaft, z. B. Auswringen eines Tuches, Fixieren und Bewegen schwerer Gegenstände. Die primäre Hyperalgesie ist über dem Processus styloideus radii zu finden. Ausstrahlungen nach distal und proximal sind möglich. In seltenen Fällen kommt es bei der Tendovaginitis de Quervain bei der Daumenstreckung zum Schnappen (Alberton u. Mitarb. 1999). Neben der lokalen Druckschmerzhaftigkeit über dem Processus styloideus radii ist der Schmerz durch maximale Dehnung der Sehne gegen ihre Bewegungsrichtung richtungweisend. Bei der Tendovaginitis stenosans de Quervain wird der Daumen maximal in die Hohlhand adduziert und gleichzeitig das Handgelenk ruckartig nach ulnar abduziert (Finkelstein-Zeichen). Bildgebende Diagnostik Die Röntgendiagnostik zeigt eventuell begünstigende Knochenvorsprünge, insbesondere am Processus styloideus radii bei der Tendovaginitis stenosans de Quervain.
Operative Therapie Bei Persistenz der Beschwerden wird das 1. Strecksehnenfach mit allen Septierungen gespalten. Nach einer queren Schnittführung über dem getasteten Processus styloideus radii wird die Sehnenscheide dargestellt, inzidiert und mit der Schere komplett längs gespalten. Die Sehnen werden exploriert, häufig werden mehr als 2 Sehnen gefunden. Mit dem Sehnenhäkchen werden diese zur Seite gehalten und schließlich die hintere Wand der Sehnenscheide samt des äußersten Vorsprungs des Processus styloideus radii mit dem Meißel tangential abgetragen. Endäste des N. radialis müssen beachtet werden (Abb. 14.4). Postoperativ wird das Handgelenk 14 Tage auf einer Unterarmschiene ruhig gestellt.
Komplikationen Verletzungen des radialen Nervs mit Gefühlsstörung sowie Rezidive bei unvollständiger Spaltung werden beschrieben. Die Komplikationsrate beträgt ca. 10% (Ta u. Mitarb. 1999). Abb. 14.4 Operation der Tendovaginitis de Quervain (aus: Hoffmann, R. [1999]: Checkliste Handchirurgie. 2. Aufl. Thieme).
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14.4 Schnellender Finger
Ergebnisse Die konservative Behandlung stellt ca. 70% der Patienten zufrieden, gilt als kosteneffektiv und sicher (Christie 1955, Witt u. Mitarb. 1991). Die Zufriedenheit der operierten Patienten korreliert mit der Beschwerdedauer vor Operation und dem Ausbleiben von Operationskomplikationen. Ohne Komplikationen wird postoperativ die vollständige Funktionsrestitution erreicht.
435
Literatur Alberton, G.M., W.A. High, A.Y. Shin, A.T. Bishop (1999): Extensor triggering in de Quervain’s stenosing tenosynovitis. J Hand Surg 24-A: 1311 – 1314 Christie, G.B. (1955): Local hydrocortisone in de Quervain’s disease. BMJ 1: 1501 – 1503 Ta, K.T., D. Eidelman, J.G. Thomson (1999): Patient satisfaction and outcomes of surgery for de Quervain’s tenosynovitis. J Hand Surg 24-A: 1071 – 1077 Witt, J., G. Pess, R.H. Gelberman (1991): Treatment of de Quervain tenosynovitis: a prospective study of the results of injection of steroids and immobilization in splint. J Bone Joint Surg 73-A: 219 – 221
14.4 Schnellender Finger Synonyme Digitus saltans, Trigger Finger, Pollex flexus congenitus beim Säugling.
Definition Der schnellende Finger des Erwachsenen ist charakterisiert durch eine Streckhemmung aus der entspannten Ruhestellung des Fingers in Höhe des Ringbandes A1. Die Ringbänder der Beugesehnenscheiden sind anuläre Verstärkungen in Höhe der Mittelhandköpfchen, die die Kraftübertragung der Beugesehnen bei zunehmender Beugestellung der Finger aufrecht erhalten. Beim Säugling ist die lange Beugesehne angeboren verdickt, so dass das Daumenendglied beugekontrakt steht (s. Kap. 6.4.4).
Ätiologie Die Streckhemmung resultiert aus einem Volumenmissverhältnis zwischen den Beugesehnen und dem Ringband A1. Die Sehnenverdickung gleitet proximal des Ringbandes. Liegt jedoch eine Streckbehinderung des Mittelgliedes vor, so findet sich die Verdickung in Höhe des proximalen Interphalangealgelenks.
Pathogenese Die Verdickungen sind meist eine Folge von degenerativen Veränderungen, seltener von posttraumatischen Ursachen. Der schnellende Finger tritt häufig im Rahmen der rheumatoiden Arthritis – oft als Frühsymptom – auf. Tumoren der Sehnenscheide sind selten. In den Sehnen finden sich spindelförmige oder rundliche Verdickungen. Es handelt sich meist um vernarbte Faserbündel, die sich nach früheren Mikrotraumen oder als Beanspruchungsfolge gelöst hatten. Hin und wieder
liegt eine Chondrometaplasie der Sehne vor. Durch die mechanische Behinderung kommt es zu wechselnden paratendinösen Ödemen, die die Wechselhaftigkeit der Symptomintensität erklären.
Epidemiologie Frauen jenseits des 50. Lebensjahres sind besonders betroffen. Am häufigsten betrifft es den Mittelfinger vor dem Ringfinger, dem Daumen und dem Zeigefinger. Eine Komorbidität mit anderen Engpass-Erkrankungen, z. B. Karpaltunnelsydrom oder dem Morbus Dupuytren, kann vorliegen.
Diagnostik Anfangs besteht nur eine Streckbehinderung von wechselnder Intensität. Später wird die aktive Streckung der Finger im Grundgelenk, selten im Mittelgelenk, gebremst, da die Beugesehne am Ringband anhängt. Nach Überwinden des Widerstandes kommt es zu jähem, schmerzhaftem Schnellen. Besonders häufig beklagen die Patienten das Anhängen frühmorgens, da die Finger während des Schlafes entspannt leicht gebeugt gehalten werden. Auf der Beugeseite des Mittelhandköpfchens ist ein verschiebbarer Knoten und bei Streckung das typische Schnappen zu tasten (Abb. 14.5).
Differenzialdiagnose Tenosynovialitiden, insbesondere bei der rheumatoiden Arthritis, müssen abgegrenzt werden.
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14 Erkrankungen der Sehnen und Sehnenscheiden, Insertionstendinosen
Hohlhandfalte wird eine ca. 2 cm lange quere Inzision gezogen, die Gefäß-Nerven-Bündel dargestellt und schließlich das Anularband komplett längs gespalten. Die Sehne bleibt intakt. Beim Bewegen des Fingers wird das freie Gleiten der Beugesehnen überprüft. Perkutane Verfahren sind beschrieben worden (Eastwood u. Mitarb. 1992). Eine postoperative Ruhigstellung ist nicht nötig. Sollte die Streckung des Mittelgelenks beeinträchtigt sein, so werden die oberflächliche Beugesehne in Höhe des proximalen Interphalangealgelenks vorsichtig elliptisch verjüngt und die Sehnenreste mikrochirurgisch adaptiert.
Komplikationen Abb. 14.5 Palpation der Beugesehnen bei Verdacht auf Tendovaginitis stenosans (aus: Hoffmann, R. [1999]: Checkliste Handchirurgie. 2. Aufl. Thieme).
Therapie Konservative Therapie Eine einmalige Corticoidinfiltration ist plazebokontrolliert wirksam (Murphy u. Mitarb. 1995). Wiederholte Infiltrationen beeinträchtigen aufgrund der intravaginalen Drucksteigerung die Blutversorung der Sehnen über die Gefäße der Vincula tendinum und können Spontanrupturen begünstigen. Nach der Kosten-Nutzen-Rechnung ist eine 2. Injektion der operativen Behandlung unterlegen (Benson u. Ptaszek 1997). Hilfreich sind Nachtlagerungsschienen, die den betroffenen Finger in Streckung halten, wodurch die morgendliche Beugekontraktur nicht überwunden werden muss. Beim Säugling kann bis zum Ende des 1. Lebensjahres abgewartet werden. Operative Therapie
Die Verletzung der Gefäß-Nerven-Bündel ist die häufigste Operationskomplikation (Lapidus u. Guidotti 1972).
Ergebnisse Bis zu ca. 2/3 der Patienten sind nach der ersten Injektion über mindestens 1 Jahr beschwerdefrei (Newport u. Mitarb. 1990, Benson u. Ptaszek 1997). Mit jeder weiteren Injektion sinkt die Erfolgsrate. Durch die operative Therapie wird die freie Funktion dauerhaft wieder hergestellt. Literatur Benson, L.S. , A.J. Ptaszek (1997): Injection versus surgery in the treatment of trigger finger. J Hand Surg 22-A: 138 – 144 Eastwood, D.M., K.J. Gupta, D.P. Johnson (1992): Percutaneous release of the trigger finger: an office procedure. J Hand Surg 17-A: 114 – 117 Lapidus, P.W., F.P. Guidotti (1972): Stenosing tenovaginitis of the wrist and fingers. Clin Orthop 41: 428 – 432 Murphy, D., J.M. Failla, M.P. Koniuch (1995): Steroid versus placebo injection for trigger finger. Hand Surg 20-A: 628 – 631 Newport, M.L., L.B. Lane, S. A. Stuchin (1990): Treatment of trigger finger by steroid injection. J Hand Surg 15-A: 748 – 750
Definitiv kann der schnellende Finger nur operativ behandelt werden. Über dem Grundgelenk in Höhe der distalen
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15
Verletzungen und Verletzungsfolgen 15.1 Verletzungen und Verletzungsfolgen des Ellenbogens K. Bauwens, A. Eisenschenk und A. Ekkernkamp
15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich M. Strassmair und K. Wilhelm
15.3 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handbereich M. Lautenbach und A. Eisenschenk
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
15.1 Verletzungen und Verletzungsfolgen des Ellenbogens K. Bauwens, A. Eisenschenk und A. Ekkernkamp
15.1.1 Weichteilverletzungen Definition Durch mechanische Kräfte entstandene Läsion der, das Knochengerüst bedeckenden, Organe und Gewebe einschließlich Nerven und Gefäßen.
Ätiopathogenese Kontusionen des Ellenbogens und Distorsionen geringen Grades entstehen meist als Folge direkter Gewalteinwirkung durch Sturz auf den angewinkelten Ellenbogen und sind bei Sport und Spiel häufig. Schwere traumatische Weichteilschäden des Ellenbogens sind hingegen in der Regel Folge einer massiven, auf den Ellenbogen einwirkenden Kraft („high-energy trauma“) und werden typischerweise bei Stürzen aus großer Höhe und bei Verkehrsunfällen beobachtet. Der Bewegungsgrad im Ellenbogengelenk spielt hierbei eine untergeordnete Rolle. In der Mehrzahl dieser Fälle kommt es zusätzlich zu Verletzungen des knöchernen Skeletts, welche die Therapie entscheidend mitbestimmen.
Epidemiologie Weichteilverletzungen der Ellenbogenregion geringer Schwere sind aufgrund der exponierten Stellung und des meist direkten Anpralls des Ellenbogens häufig, bedürfen jedoch nur selten spezieller medizinischer Behandlung. Höher gradige Weichteilschäden sind hingegen vergleichsweise seltene Verletzungen und zumeist mit Frakturen und/oder Luxationen kombiniert. Sie treten in der Regel als offene Verletzungen auf und sind aufgrund der geringen Weichteildeckung der Ellenbogenregion in mehr als 50% mit Begleitverletzungen an Nerven und/oder Gefäßen vergesellschaftet.
Diagnostik Die Hauptgefahr bei der Beurteilung geschlossener Weichteilverletzungen der Ellenbogenregion besteht in der Unterschätzung der Schwere der Läsion, insbesondere des inneren Dekubitus (Tab. 15.1). Wie bei allen Weichteilverletzungen steht auch am Ellenbogen zunächst die systematische klinische Untersuchung mit gezielter Erhebung des neurologischen und vaskulären Status im Vordergrund. Da die Gelenkstellung während des Traumas unterschiedlich zu der Stellung des Gelenks während der klinischen Untersuchung sein kann,
Tab. 15.1
____ 쐌 쐌 쐌 쐌 쐌 쐌
Häufig übersehene Läsionen bei geschlossener Ellenbogenweichteilverletzung
Kollateralbandruptur Gelenkkapselverletzung knöcherner Bandausriss Kronenfortsatzfraktur Kompartmentsyndrom Gefäß- und Nervenverletzungen
müssen das Ellenbogengelenk sowie die Radioulnargelenke möglichst komplett durchbewegt werden, um keine relevanten Verletzungen zu übersehen. Vom Notarzt am Unfallort steril verbundene offene Wunden verbleiben auch in der Notaufnahme in einer Luftkammerschiene und werden erst im Vorbereitungsraum des Operationssaals exploriert. Die exakte Einschätzung des Weichteilschadens sollte immer unter optimalen Lichtverhältnissen im Operationssaal erfolgen. Zum Ausschluss von Frakturen wird das Ellenbogengelenk immer in mindestens 2 Ebenen geröntgt. Eine sonographische Untersuchung kann in Einzelfällen zum Nachweis eines Hämarthros erfolgen. Bei nicht eindeutigem Tastbefund der peripheren Pulse sollte der Nachweis der freien Durchgängigkeit von A. radialis und A. ulnaris mit Hilfe eines Handdopplers erfolgen. Bei Fehlen der typischen dikroten Pulswelle muss eine Gefäßverletzung angiographisch oder mit Hilfe der Farbdopplersonographie ausgeschlossen werden.
Klassifikation Weichteilverletzungen am Ellenbogen werden wie auch sonst üblich in offene und geschlossene Verletzungen unterteilt. Zur genauen Klassifikation des Weichteilschadens hat sich wie bei der Fraktureinteilung die AO-Klassifikation bewährt (Tab. 15.2). Für die Einteilung offener und geschlossener Frakturen mit begleitendem Weichteilschaden wird im deutschsprachigen Raum überwiegend die Klassifikation nach Tscherne und Oestern vorgenommen (Tab. 15.3). International werden offene Frakturen zumeist nach Gustilo u. Mitarbeiter eingeteilt (Tab. 15.4).
Therapie Geschlossene Weichteilverletzungen. Alleinige geschlossene Weichteilverletzungen ohne Luxationsereignis können konservativ behandelt werden. Lediglich im Falle begleitender Gefäß- und Nervenverletzungen besteht die Indikation zur operativen Therapie. Bei starken Schmerzen kann eine kurzzeitige Retention im Gipsverband erfolgen. Beim drohenden Kompartmentsyndrom müssen eng-
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15.1 Verletzungen und Verletzungsfolgen des Ellenbogens
____
Tab. 15.2
Klassifikation der Weichteilschäden nach AO
1. Kodierung der Strukturen I
Haut (Integument)
MT
Muskeln, Sehnen (Tendon)
NV
Nerven, Gefäße (Vasa)
Tab. 15.3
____
439
Klassifikation der Frakturen mit Weichteilschaden (nach Tscherne u. Oestern)
Geschlossene Frakturen (Grad 0 –III)
2. Einteilung nach Art und Ausmaß der Schädigung I
c = geschlossen
o = offen
1
kein Schaden
Durchspießung von innen
2
Kontusion
Eröffnung von außen 5 5 cm
3
umschriebenes Décollement
Eröffnung von außen 4 5 cm
4
ausgedehntes Décollement
umschriebenes Décollement mit Hautverlust
5
Nekrose
ausgedehntes Décollement mit Hautverlust
MT
Grad 0
keine oder unbedeutende Weichteilverletzung, indirekte Gewalteinwirkung, einfache Frakturform (z. B. Drehfraktur des Skifahrers)
Grad I
oberflächliche Schürfung oder Kontusion durch Fragmentdruck von innen, einfache bis mittelschwere Frakturform (z. B. Luxationsfraktur des oberen Sprunggelenks)
Grad II
tiefe kontaminierte Schürfung oder Kontusion durch direkte Gewalteinwirkung, drohendes Kompartmentsyndrom, mittelschwere bis schwere Frakturform (z. B. Stückfraktur durch Stoßstangenanprall)
Grad III
ausgedehnte Hautkontusion, -quetschung oder Zerstörung der Muskulatur, subkutanes Décollement, manifestes Kompartmentsyndrom, Verletzung eines Hauptgefäßes, schwere Frakturform (z. B. Trümmerfraktur durch Überrolltrauma)
Offene Frakturen (Grad I – IV)
1
kein Schaden
2
umschriebener Defekt einer Muskelgruppe
3
großer Defekt mehrerer Muskelgruppen
4
Ablederung oder Verlust ganzer Muskelgruppen, Sehnenlazeration
5
Kompartment- und/oder Crash-Syndrom
Grad I
Durchspießung der Haut, unbedeutende Kontamination, einfache Frakturform
Grad II
Durchtrennung der Haut, umschriebene Hautund Weichteilkontusion, mittelschwere Kontamination, alle Frakturformen
Grad III
ausgedehnte Weichteildestruktion, häufig Gefäßund Nervenverletzung, starke Wundkontamination, ausgedehnte Knochenzertrümmerung (z. B. Schussfrakturen und offene Frakturen mit Verletzung der großen Extremitätenarterien)
Grad IV
subtotale und totale Amputation
NV 1
kein Schaden
2
isolierter Nervenschaden
3
lokalisierter Gefäßschaden
4
Gefäß- und Nervenschaden
5
subtotale oder totale Amputation
maschige klinische Kontrollen erfolgen, die Ruhigstellung im Gipsverband verbietet sich hier. Ein manifestes Kompartmentsyndrom von Ober- oder Unterarm ohne begleitende Frakturen kommt jedoch praktisch nicht vor. Eine spezielle krankengymnastische Nachbehandlung ist in der Regel bei alleinigen geschlossenen Weichteilläsionen nicht erforderlich.
Offene Weichteilverletzungen. Die Indikation zum operativen, notfallmäßigen Vorgehen ist bei schweren offenen Weichteilverletzungen immer gegeben. Eine Antibiose wird möglichst früh eingeleitet. Die Versorgung sollte unter optimalen Bedingungen im Operationssaal nach festgelegtem Konzept erfolgen (Tab. 15.5). Das Anlegen einer eventuell sterilen Blutsperre erfolgt standardmäßig, sie sollte jedoch nur in Ausnahmefällen benutzt werden. Begleitende Frakturen werden nach den üblichen Regeln
versorgt – nur in seltene Fällen kann eine definitive Osteosynthese aufgrund eines ausgedehnten Weichteilschadens nicht realisiert werden. Da zum Zeitpunkt der Erstversorgung das endgültige Verletzungsausmaß noch nicht sicher eingeschätzt werden kann, hat sich das Konzept einer geplanten Revisionsoperation (second-look) nach Ablauf von 24 – 48 Stunden etabliert und bewährt. Nachbehandlung Die Nachbehandlung wird im wesentlichen durch das Ausmaß der Weichteilverletzung bestimmt. Bei ausgedehnten Weichteilverletzungen, insbesondere mit freiliegenden Knochen oder Sehnen, sind aufwendige Rekonstruktionen notwendig. Da Knochen und Sehnen trotz hydroaktiver Wundauflagen rasch austrocknen und sich sekundär infizieren können, ist eine plastische Deckung primär oder früh sekundär innerhalb von 3 – 8 Tagen vorzunehmen. Sind weitere Eingriffe nicht notwendig, kann bei kleineren Defekten nach Abklingen der Weichteilschwellung ein sekundärer Wundverschluss erfolgen. Größere oberflächliche Defekte werden mit autologer Spalthaut gedeckt.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Tab. 15.4
____ Grad I
Grad II
Grad III
Klassifikation offener Frakturen (nach Gustilo u. Mitarb.) punktförmige Hautwunde ≤ 1 cm ohne grobe Verschmutzung; Durchspießung von innen mit nur geringer Muskelkontusion oder geringem Weichteilschaden und fehlender Gewebsquetschung; gewöhnlich einfache Quer- oder kurze Schrägfraktur mit kleiner Trümmerzone Hautwunde ≥ 1 cm ohne ausgedehnten Weichteilschaden, Lappenbildung oder Décollement; geringe bis mittelgradige Gewebsquetschung; gewöhnlich einfache Quer- oder kurze Schrägfraktur mit kleiner Trümmerzone ausgedehnter Weichteilschaden mit Zerstörung von Haut, Muskel und neurovaskulären Strukturen; schwere Gewebsquetschung; Hochrasanztrauma; traumatische Amputationen; offene Frakturen 4 8 h alt, Hochgeschwindigkeitsschussverletzungen
Grad IIIa
ausgedehnte Weichteilwunden mit noch adäquater Knochendeckung
Grad IIIb
ausgedehnte Weichteilwunden mit Deperiostierung und freiliegendem Knochen; massive Kontamination
Grad IIIc
rekonstruktionspflichtige arterielle Gefäßverletzung
Zur Limitierung posttraumatischer Bewegungseinschränkungen wird bei stabilem Ellenbogengelenk die Immobilisierung nur so lange vorgenommen wie es die Situation der Weichteile erfordert. Die Übungsbehandlung erfolgt anfangs unter ärztlicher und krankengymnastischer Anleitung in Form von geführten Bewegungen auf neurophysiologischer Grundlage.
Komplikationen Die sorgfältige klinischen Untersuchung unter optimalen Lichtverhältnissen, adäquater Schmerzausschaltung und Bluttrockenheit sind unabdingbare Voraussetzungen zur Erkennung von Fremdkörpern und möglichen Nerven-, Gefäß- und Sehnenverletzungen. Ein häufiger Fehler bei der Erstversorgung von Weichteilverletzungen im Ellenbogenbereich ist die unterbliebene Exploration des Wundgebietes unter optimalen Bedingungen im Operationssaal. Bei unzureichendem primären Weichteildébridement und unterlassener geplanter Revisionsoperation können verbliebene Weichteilnekrosen zu schwer zu therapierenden Superinfektionen mit nachfolgendem zusätzlichen Gewebsuntergang führen. Eine unterbliebene oder unzureichende Faszienspaltung birgt die Gefahr eines Reboundkompartmentsyndroms.
____
Tab. 15.5
Vorgehensweise beim schweren Weichteilschaden
1. Entnahme von Wundabstrichen und Grobreinigung der Wunde im Operationsvorbereitungsraum. 2. Anlage einer Blutsperre, Desinfektion des Operationsgebietes, steriles Abwaschen im Operationssaal. 3. Festlegung der Operationszugangs. 4. Primäres Debridément und Einschätzung des Verletzungsausmaßes. 5. Ggf. Osteosynthese der begleitenden Frakturen sowie Rekonstruktion von Gefäßen, Sehnen und Nerven bzw. Markierung der Nervenenden. 6. Ggf. Kompartmentspaltung. 7. Definitives Debridément mit Exzision der Wundränder und Entfernung allen avitalen oder kontaminierten Gewebes. 8. Ausgiebige Spülung der Wunde (z. B. mittels Jet-Lavage). 9. Erneuter Wundabstrich.
10. Retention des Ellenbogens mittels gelenküberbrückendem Fixateur externe. 11. Offene Wundbehandlung mit temporärer Hautdeckung mittels hydroaktiven Wundauflagen (z. B. Biogard). 12. Geplante Revisionsoperation nach 24 – 48 Stunden. 13. Plastische Defektdeckung von freiliegenden Knochen und Gelenken mit gestielten oder freien Muskellappen innerhalb von 3 – 8 Tagen.
Bei ausgedehnten Weichteilverletzungen, insbesondere wenn ligamentäre und kapsuläre Strukturen mit betroffen sind, besteht die Gefahr der Ausbildung von periartikulären Verkalkungen. Narbenkontrakturen nach sekundärer Hautdeckung im Ellenbogenbereich können zur Streckhemmung führen. Im Bereich des Sulcus ulnaris können Vernarbungen zur Kompression des N. ulnaris im Sulkus führen.
Ergebnisse Weichteilverletzungen geringer Schwere wie Abschürfungen, Kontusionen und Distorsionen heilen folgenlos aus. Bei den höher gradigen Verletzungen wird das Behandlungsergebnis im Wesentlichen durch vorhandene Begleitverletzungen an Knochen, Nerven und Gefäßen bestimmt. Dauerhafte Folgeschäden mit zum Teil ausgeprägten Funktionseinbußen sind daher oftmals nicht zu vermeiden. Literatur Bauwens, K., A. Ekkernkamp, D. Stengel (1999): Operative Strategie bei schwerer Weichteilverletzung. In: Kremer, K., W. Lierse, W. Platzer, H.W. Schreiber, S. Weller: Chirurgische Operationslehre – Ergänzungs- und Gesamtregisterband. Thieme, Stuttgart: 13 – 16 Gustillo, R.B. (1982): Management of open fractures and complications. American academy of orthopedic surgeons. Instruct Course Lect 31: 64
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15.1 Verletzungen und Verletzungsfolgen des Ellenbogens
Gustillo, R.B., R.M. Mendoza, D.N. Williams (1984): Problems in the management of type III (severe) open fractures: A new classification of type III open fractures. J Trauma 24: 742 Jupiter, J.B. (1994): Complex fractures of the distal part of the humerus and associated complications. J Bone Joint Surg Am 76: 1252 Levin, L.S. , R.D. Goldner, J.R. Urbaniak, J.A. Nunley, W.T. Hardaker (1990): Management of severe muscoloskeletal injuries of the upper extremity. J Orthop Trauma 4: 432 Singer, A.J., J.E. Hollander, J.V. Quinn (1997): Evaluation and management of traumatic Lacerations. New Engl J Med 337: 1142 Tscherne, H., J.H. Oestern (1982): Die Klassifizierung des Weichteilschadens bei offenen und geschlossenen Frakturen. H Unfallheilk 85
441
Luxation frakturiert aufgrund der anatomischen Gegebenheiten immer das Olekranon. Die hintere Verrenkung des Ellenbogens ist gleichzeitig die häufigste Ursache für Nerven- und Gefäßverletzungen im Ellenbogenbereich. In über 5 % aller Ellenbogengelenkluxationen kommt es zu arteriellen Gefäßläsionen, wobei die Quote nicht erkannter Gefäßläsionen nicht unerheblich sein dürfte. Im Kindesalter treten Ellenbogenluxationen zunehmend nach dem 6. Lebensjahr auf. Die Pronatio douloureuse Chassaignac wird typischerweise zwischen dem 1. und 4. Lebensjahr beobachtet.
Diagnostik
15.1.2 Bandverletzungen und Luxationen Definition Die traumatische Ellenbogenluxation ist eine durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung entstandene Verschiebung der am Ellenbogengelenk beteiligten Knochenenden aus ihrer funktionsgerechten Stellung.
Ätiopathogenese Ursächlich für eine Ellenbogenluxation ist zumeist eine Hyperextension des Ellenbogengelenks infolge Sturz auf den gestreckten oder überstreckten Arm. Assoziiert mit der Luxation ist immer ein erheblicher Schaden des Kapsel-Band-Apparates. Die selten vorkommenden isolierten ulnaren und radialen Kapsel-Band-Läsionen entstehen durch Valgusbzw. Varusstress. Bei der im Kleinkindesalter häufig vorkommenden Pronatio douloureuse Chassaignac kommt es durch die ruckartige Streckung des Ellenbogens infolge Hochreißens des Kindes an der Hand zur Subluxation des Radiusköpfchens aus dem Lig. anulare radii heraus.
Epidemiologie Luxationen des Ellenbogengelenks sind beim Erwachsenen nach der Schulterluxation und der Luxation des oberen Sprunggelenks die dritthäufigsten Verrenkungen, wobei über 80% aller Verrenkungen nach dorsoradial erfolgen. In Abhängigkeit vom Unfallmechanismus kommt es je nach Untersuchung in bis zu 50% aller Fälle zusätzlich zu knöchernen Verletzungen. Diese betreffen entsprechend dem Unfallmechanismus zumeist Radiushals, Radiusköpfchen und Processus coronoideus. Durch starken Valgusstress kann es insbesondere bei Kindern und Jugendlichen zusätzlich zu Abscherverletzungen des Epicondylus medialis kommen. Bei der sehr seltenen vorderen
Die Diagnose einer Ellenbogenluxation ist durch die schmerzhafte, federnd fixierte Fehlstellung bereits klinisch einfach zu stellen. Bei alleinigen Bandläsionen kommt es regelhaft zu einer druckschmerzhaften Schwellung im Bereich des betroffenen Kapsel-Band-Apparates und bei vollständigen Zerreißungen zu seitlichen Instabilitäten. Bei der klinischen Prüfung ist hierbei auf Luxationstendenzen zu achten. Die gezielte Untersuchung und Dokumentation des neurovaskulären Status sind ebenso wie Röntgenaufnahmen des Ellenbogens in 2 Ebenen zur Erkennung von Begleitverletzungen obligat. Die klassischen Zeichen des akuten Gefäßverschlusses wie Schmerzen, fehlender oder verlangsamter Puls, Blässe, Parästhesien, und Bewegungsstörung können aufgrund des ausgeprägten Kollateralkreislaufs im Ellenbogenbereich bei umschriebenen Verletzungen der A. cubitalis fehlen. Da getastete Pulse nicht selten falsch beurteilt werden, hat sich die handdopplersonographische Untersuchung von A. radialis und A. ulnaris als einfaches Verfahren bewährt. Anhand des akustischen Signals kann ohne großen Aufwand die normale dikrote Pulswelle von der pathologischen eingipfligen Welle unterschieden werden, im Zweifelsfall sollte eine farbkodierte Dopplersonographie (FKDS) erfolgen. Bestätigt sich das Vorliegen einer Gefäßläsion, besteht die Indikation zur Katheterangiographie oder zur venösen digitalen Subtraktionsangiographie. Ist aus logistischen Gründen eine Angiographie oder FKDS nicht unmittelbar durchführbar, ist die operative Freilegung der A. cubitalis über einen S-förmigen Längsschnitt gerechtfertigt. Da knöcherne Begleitverletzungen zum Teil erst nach Reposition des luxierten Ellenbogens erkennbar sind oder durch das Repositionsmanöver entstanden sein können und zudem häufig eine Reluxationstendenz besteht, ist eine erneute Röntgenkontrolle nach erfolgter Reposition und Retention Pflicht.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Klassifikation Die Einteilung der Ellenbogenluxation erfolgt nach der Stellung des Unterarmes gegenüber dem Oberarm in luxiertem Zustand. In der Regel handelt es sich um dorsale Luxationen, welche je nach Abweichung in rein dorsale, dorsoradiale oder dorsoulnare Luxationen unterteilt werden. Ventrale und isolierte ulnare oder radiale Luxationen kommen selten vor. Wichtig für die Therapie ist die Unterscheidung in reine Luxationen, Luxationen mit Begleitverletzungen von Nerven und/oder Gefäßen und Luxationsfrakturen.
Therapie Erstes Therapieziel ist die schnellstmögliche Wiederherstellung der anatomischen Gelenkstellung durch schonende Reposition. Diese erfolgt durch kontinuierlichen Zug und leichte Supination des in 90° angewinkelten Unterarmes. Wiederholte Repositionsversuche sind hierbei unbedingt zu vermeiden. Lässt sich die Reposition nicht beim ersten Versuch erreichen, sollte das Repositionsmanöver zur Vermeidung von iatrogenen Verletzungen in Narkose und Muskelrelaxation erfolgen. Zur Erkennung klinisch relevanter Instabilitäten wird das Ellenbogengelenk nach Reposition unter manueller Stabilisierung des Ellenbogen vorsichtig durchbewegt. Hierbei geht es weniger um die Frage, ob wichtige Bandanteile rupturiert sind, als vielmehr um die Einschätzung, ob eine ausreichende Stabilität durch Ruhigstellung im Gipsverband erreicht und wann im weiteren Therapieverlauf mit der krankengymnastischen Therapie begonnen werden kann. Gehaltene Aufnahmen sind hingegen nicht erforderlich, da sich hieraus keine therapeutische Konsequenz ergibt. Das weitere therapeutische Vorgehen ist von eventuell vorliegenden knöchernen Verletzungen und der klinischen Stabilitätsprüfung abhängig. Liegen keine begleitenden Frakturen vor oder handelt es sich um nichtdislozierte
stabile Frakturen, erfolgt eine Ruhigstellung im gespaltenen Oberarmgipsverband bei mindestens 90° gebeugtem Unterarm. Kommt es nach Reposition des Ellenbogens jedoch zur sofortigen Reluxation oder hat sich bei der Stabilitätsprüfung gezeigt, dass eine zuverlässige Stabilisierung im Oberarmgipsverband nicht erreicht werden kann, hat sich die Ruhigstellung mittels unilateralem gelenküberbrückenden Fixateur externe bewährt. Eine Neuentwicklung stellt hierbei der Bewegungsfixateur dar, wobei durch die Ausrichtung des Fixateurschaniergelenks auf die Rotationsachse des Ellenbogengelenks eine mechanisch geführte Bewegung unter gleichzeitiger Entlastung der Gelenkflächen möglich ist (Abb. 15.1). Bei knöchernen Begleitverletzungen ist zumeist die Indikation zur operativen Therapie gegeben, insbesondere Radiusköpfchen und Processus coronoideus besitzen für die Stabilität des Ellenbogengelenks eine besondere Bedeutung. Eine Radiusköpfchenresektion sollte wenn möglich vermieden werden, da bei gleichzeitiger Ruptur des ulnaren Kollateralbandes eine ausgeprägte Valgusinstabilität zu erwarten ist. Ist die Resektion unvermeidlich, muss eine Rekonstruktion des ulnaren Kollateralbandes erfolgen. Bei weiter bestehender Instabilität sehen wir die Indikation zur Implantation einer Radiusköpfchenprothese gegeben. Tabelle 15.6 fasst die Vorgehensweise bei einem begleitenden arteriellen Gefäßschaden zusammen. Nachbehandlung Die Dauer der initialen Ruhigstellung richtet sich nach dem Alter des Patienten, möglichen Begleitverletzungen und der klinisch eingeschätzten Stabilität des Ellenbogens. Lag nach Reposition bei der initialen Stabilitätsprüfung keine Reluxationstendenz vor, kann nach einer einwöchigen Immobilisationsphase mit der frühfunktionellen Nachbehandlung in Form von geführten Bewegungen begonnen werden. Der behandelnde Arzt stabilisiert hierbei mit der einen Hand von dorsal das Ellenbogengelenk und führt mit der anderen Hand passive Bewegungen mit Abb. 15.1 Flussdiagramm zur differenzierten Vorgehensweise bei Ellenbogenluxation.
Sofortige schonende Reposition
keine wesentliche Instabilität
instabiles Ellenbogengelenk ohne knöcherne Begleitverletzungen
knöcherne Begleitverletzung Gefäß-/Nervenläsion
gespaltener Oberarmgipsverband
Fixateur externe
offene Revision
limitierte passive Bewegungsübungen aktive Bewegungsübungen/ Beendigung der Retention
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15.1 Verletzungen und Verletzungsfolgen des Ellenbogens
Tab. 15.6
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Vorgehensweise bei arterieller Gefäßläsion im Rahmen einer Ellenbogenluxation
1. Sofortige schonende Reposition des Gelenks. 2. Dopplersonographische Kontrolle von Radialis- und Ulnarispuls. 3. Katheterangiogramm oder venöse DSA bei dopplersonographischer Bestätigung eines arteriellen Gefäßschadens. 4. Sofortige Revision bei Nachweis einer arteriellen Gefäßläsion mit Ersatz des geschädigten Gefäßsegments durch ein V.-saphena-magna-Interponat. 5. Großzügige Indikationsstellung zur vorderen und hinteren Fasziotomie bei Vorliegen von klinischen Ischämiezeichen. Verschluss der Fasziotomiewunden mit temporärem Hautersatz. 6. Retention des Armes in Funktionsstellung mittels Fixateur externe oder gespaltenem Oberarmgips.
einem Bewegungsausmaß von bis zu 45° durch. Nach erfolgter Beübung wird das Ellenbogengelenk bis zur nächsten Bewegungstherapie erneut ruhig gestellt. Diese Therapie wird täglich durchgeführt, wobei das Bewegungsausmaß langsam gesteigert werden kann. Entscheidend ist am Beginn der Behandlung jedoch keinesfalls das Bewegungsausmaß, sondern die Bewegung an sich. Nach 3 Wochen wird mit aktiven Bewegungsübungen begonnen, wobei sich insbesondere die Einbeziehung der speziellen Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage nach dem Vojta-Prinzip bewährt hat. Nach 4 – 6 Wochen kann auf eine Ruhigstellung ganz verzichtet werden.
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Literatur Bopp, F., F.W. Thielemann, U. Holz (1991): Ellenbogenluxationen mit Frakturen am Processus coronoideus und Radiusköpfchentrümmerfraktur. Unfallchirurg 94: 322 – 324 Dürig, M., W. Müller, T.P. Ruedi, E.F. Gauer (1979): The operative treatment of elbow dislocation in the adult. J Bone Joint Surg Am 62: 239 – 244 Endean, E.D., H.C. Veldenz, T.H. Schwarz, G.L. Hyde (1992): Recognition of arterial injury in elbow dislocation. J Vasc Surg 67: 378 – 381 Gausepohl, T., D. Pennig, K. Mader (1997): Der transartikuläre Bewegungsfixateur bei Luxationen und Luxationsfrakturen des Ellenbogengelenkes. Osteosyn Int 5: 102 – 110 Habermeyer, P. (1988): Konservative Behandlung von Ellenbogenluxationen. Orthopäde 17: 313 – 319 Josefsson, P.O., C.F. Gentz, O. Johnell, B. Wendeberg (1987): Surgical versus nonsurgical treatmant of ligamentous injuries in dislocations of the elbow joint. Clin Orthop 214: 165 – 169 Josefsson, P.O., O. Johnell, B. Wendeberg (1987): Ligamentous injuries in dislocations of the elbow. Clin Orthop 221: 221 – 225 Kharrazi, F.D., W.B. Rodgers, P.M. Maters, J. Koris (1995): Dislocation of the elbow complicated by arterial injury. Am J Orthop Suppl 1: 11 – 15 Linscheid, R.L., D.K. Wheeler (1965): Elbow dislocations. JAMA 194: 1171 – 1176 Moneim, M.S., J.R. Garst (1985): Vascular injuries associated with elbow fractures and Dislocations of the elbow. J Bone and Joint Surg 67: 378 Muhr, G., E. Wernet (1989): Bänderverletzung und Luxation des Ellenbogengelenkes. Orthopäde 18: 268 – 272 Pennig, D., T. Gausepohl, K. Mader (2000): Transarticular fixation with the capacity for motion in fracture dislocations of the elbow. Injury 31 Suppl 1: 11 – 20
15.1.3 Distale Bizepssehnenruptur
Komplikationen Auf die besondere Gefahr begleitender Nerven- und Gefäßverletzungen wurde bereits hingewiesen. Bei Luxationsfrakturen treten in 5 – 30% periartikuläre Ossifikationen auf. Bei gleichzeitig bestehendem SchädelHirn-Trauma steigt die Inzidenz auf über 70%. Fast immer sind periartikuläre Ossifikationen mit Bewegungseinschränkungen und oftmals deutlichen Funktionsbeeinträchtigungen der oberen Extremität verbunden. Weitere Komplikationen sind Narbenkontrakturen und das Sulcus-ulnaris-Syndrom.
Ergebnisse Stabile geschlossene Ellenbogenluxationen ohne wesentliche Begleitverletzungen sollten bei sachgerechter Behandlung folgenlos oder mit nur geringer Bewegungseinschränkung ausheilen. Bei Luxationsfrakturen und begleitenden Gefäß- und Nervenverletzungen wird das Behandlungsergebnis im Wesentlichen vom Ausmaß der Begleitverletzungen bestimmt.
Definition Durch indirekte oder direkte Gewalteinwirkung entstandene Zerreißung der distalen Sehne des M. biceps brachii.
Ätiopathogenese Die distale Bizepssehne setzt an der Tuberositas radii an und überträgt bei Flexion und Supination die Kraft beider Bizepsbäuche auf den Unterarm. Die Aponeurose des M. biceps brachii, der sog. Lacertus fibrosus, inseriert an der dorsalen Ulna und unterstützt die Kraftübertragung bei der Flexion. Bei gleichzeitiger Zerreißung des Lacertus fibrosus kommt es daher zu einer verstärkten Minderung der Flexionskraft. Ursächlich ist meist ein abruptes Hebetrauma unter schwerer Last. Bei degenerativ vorgeschädigter distaler Bizepssehne können bereits geringe Traumen zur Ruptur führen. Im Vergleich zur proximalen Bizepssehnenruptur spielen degenerative Veränderungen jedoch eine geringere
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Rolle, was sich auch darin widerspiegelt, dass im Rahmen der Kausalitätsprüfung der gesetzlichen Unfallversicherung ein direkter Unfallzusammenhang häufiger anerkannt wird.
Komplikationen
Nach den Verletzungen der Beuge- und Strecksehnen der Hand und der Achillessehnenruptur sind die Risse der Bizepssehne die am häufigsten beobachteten Sehnenrupturen. Gegenüber der proximalen langen Sehne ist die distale Bizepssehne jedoch weitaus seltener betroffen.
Nach Literaturangaben kommt es nach operativer Versorgung bei ca. 5 % zu passageren und bei ca. 3 % zu persistierenden Nervenläsionen. Heterotope Ossifikationen, insbesondere im Bereich der Reinsertionsstelle und radioulnare Synostosen werden in 10 – 20% beobachtet und können eine Reoperation erforderlich machen. Weitere Komplikationen sind Einschränkungen der Supinationsund Pronationsfähigkeit sowie persistierende belastungsabhängige Schmerzen. Über die Höhe der Rerupturrate gibt es keine verlässlichen Daten.
Diagnostik
Ergebnisse
Die Diagnose ist in der Regel bereits nach Anamneseerhebung und klinischer Untersuchung eindeutig zu stellen. Das Muskelrelief ist nach proximal verschoben und es besteht ein Kraftverlust für Supination und Unterarmbeugung. Sonographisch können die rupturierte Sehne und das begleitende Hämatom dargestellt und dokumentiert werden.
Nach konservativer Therapie beträgt der Kraftverlust für die Ellenbogenbeugung 30 – 40% und für die Unterarm-Supination über 50%. Noch größer ist die Minderung der Ausdauerkraft. Bei der einfach und komplikationsarm durchzuführenden Naht der Bizepssehne auf die Muskelplatte des M. brachialis und des M. brachioradialis kann bei guter Vorspannung des Muskels der Verlust der Beugekraft gemindert und das Muskelrelief wieder hergestellt werden. Durch Reinsertion des M. biceps an die Tuberositas radii soll sowohl der Verlust an Flexions- als auch an Supinationskraft soweit gemindert werden, dass für die Gegebenheiten des täglichen Lebens keine relevanten Einschränkungen verbleiben.
Epidemiologie
Therapie Da es nach konservativer Therapie, insbesondere wenn die Bizepsaponeurose mit betroffen ist, zu einem meist unbefriedigenden Ergebnis mit deutlicher Kraftminderung kommt, ist die operative Reinsertion der gerissenen Bizepssehne bis auf Ausnahmen die Therapie der Wahl. Für das operative Vorgehen sind zahlreiche Verfahren beschrieben worden. Grundsätzlich wird entweder die Sehne auf die tiefer gelegenen Mm. brachialis und brachioradialis genäht oder die Sehne wird an der Tuberositas radii anatomisch reinseriert. Hierzu werden verschiedene Fixationsmethoden benutzt, wobei in letzter Zeit zunehmend Ankerhaken verwendet werden. Bei der Methode nach Wilhelm wird die Sehne des M. palmaris longus durch einen in die Tuberositas radii gelegten Bohrkanal gezogen und die distale Bizepssehne zwischen den beiden Sehnenenden der Palmarissehne fixiert. Hierdurch soll die Rate an Rerupturen gesenkt werden, da vermieden wird, dass das vorgeschädigte Bizepssehnenende an der Abrissstelle refixiert wird. Eine Biopsie aus der Rupturstelle sollte zur histologischen Untersuchung generell entnommen werden. Nachbehandlung Postoperativ erfolgt eine Ruhigstellung im Oberarmgips in Funktionsstellung für 4 – 6 Wochen. Anschließend wird mit der krankengymnastischen Nachbehandlung begonnen.
Literatur Agins, H.J., J.L. Chess, D.V. Hoekstra, R.A. Teitge (1989): Rupture of the distal insertion of the biceps brachii tendon. Clin Orthop 234: 34 – 38 Aldinger, G., J. Wüst (1979): Operative Behandlung der Bicepssehnenrupturen. Aktuelle Traumatol 3: 159 – 164 Baker, B.E., D. Bierwagen (1985): Rupture of the distal tendon of the biceps brachii. J Bone Joint Surg Am 67: 414 – 417 Barnes, S. J., S.G. Coleman, D. Gilpin (1993): Repair of avulsed insertion of biceps. J Bone Joint Surg Br 75: 938 – 939 Davison, B.L., W.D. Engber, L.J. Tigert (1996): Long term evaluation of repaired distal biceps brachii tendon ruptures. Clin Orthop 333: 13 – 19 Hegelmaier, C., W. Schramm, P. Lange (1992): Die distale Bicepssehnenruptur. Unfallchirurg 95: 9 – 16 Jupiter, J.B., D. Ring (1998): Operative treatment of post-traumatic proximal radioulnar synostosis. J Bone Joint Surg Am 80: 248 – 257 Le Huec, D., M. Moinard, F. Linquois, B. Zipoli, D. Chaveaux, A. Le Rebeller (1996): Distal Rupture of the tendon of the biceps brachii. J Bone Joint Surg Br 78: 767 – 770 Lintner, S., T. Fischer (1996): Repair of the distal biceps tendon using suture anchors and an anterior approach. Clin Orthop 322: 116 – 119 Morrey, B.F. (1993): Tendon injuries about the elbow. In: Morrey, B.F.: The elbow and its disorders. 2nd ed. Saunders, Philadelphia: 492 – 504
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15.1 Verletzungen und Verletzungsfolgen des Ellenbogens
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15.1.4 Knöcherne Verletzungen Alle Brüche des körperfernen Oberarmes sowie der gelenkbildenden Anteile von Elle und Speiche. Bei den Frakturen im Kindes- und Jugendalter sind am Ellenbogen neben den allgemeingültigen Richtlinien kindlicher Frakturen, bezüglich Diagnostik und Therapie kindespezifische Besonderheiten zu beachten.
Frakturen beim Erwachsenen Ätiopathogenese Häufigster Grund für isolierte knöcherne Verletzungen des Ellenbogens ist der Sturz auf den gestreckten oder leicht gebeugten Arm. Verkehrsunfälle und Stürze aus großer Höhe führen aufgrund der exponierten Stellung des Ellenbogens häufig zu Mehrfragmentfrakturen, schweren Weichteilschäden und Komplexverletzungen mit Nervenund Gefäßbegleitverletzungen.
Abb. 15.2 Läsion der A. brachialis bei suprakondylärer Humerusfraktur. Durch Dislokation des proximalen Fragments nach ventral kommt es zur Zerreißung oder Kompression der A. brachialis.
Epidemiologie Etwa 5% aller Frakturen betreffen das Ellenbogengelenk, wobei Männer und Frauen annähernd gleich häufig betroffen sind. Die Inzidenz der Ellenbogenfraktur beträgt 1 Fraktur pro Jahr auf 1000 Einwohner. Etwas weniger als die Hälfte der Brüche betreffen den distalen Humerus. Die Radiusköpfchenfraktur ist der häufigste Bruch des proximalen Unterarms und betrifft etwa 1/3 aller Ellenbogenbrüche. Unter den distalen Humerusfrakturen sind die intraartikulären Mehrfragmentfrakturen am häufigsten. Frakturen des Capitulum humeri und des Processus coronoideus sind selten und kommen in weniger als 5 % aller Ellenbogenfrakturen vor.
Diagnostik Klinisch findet sich bei fast allen Ellenbogenbrüchen eine druckdolente Schwellung mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung. Bei der Untersuchung ist besonders darauf zu achten, dass die tastbaren Epikondylen mit der Olekranonspitze bei rechtwinklig gebeugtem Arm ein gleichschenkliges Dreieck (Hueter-Dreieck) und bei Streckstellung eine Gerade bilden. Normabweichungen sprechen für das Vorliegen einer Fraktur oder Luxation. Aufgrund der topographischen Nähe der A. brachialis bzw. A. cubitalis sowie der 3 Hauptnerven des Armes ist eine exakte Erhebung und Dokumentation des neurovaskulären Status unerlässlich. Da diese Strukturen nicht nur unmittelbar bei der Verletzung betroffen sein können, sondern nicht selten auch mit zeitlichem Verzug auftreten, sind im Verlauf der Behandlung weitere Kontrolluntersuchungen notwendig. Insbesondere bei den suprakondylären Humerusfrakturen besteht die Gefahr einer Verletzung der A. brachialis bzw. A. cubitalis (Abb. 15.2).
Nach der klinischen Untersuchung werden Röntgenbilder des Ellenbogens in 2 Ebenen angefertigt. Eine qualitativ hochwertige konventionelle Röntgendiagnostik mit exakt senkrecht zueinander stehenden Ebenen ist dabei unerlässlich, um keine knöchernen Läsionen zu übersehen. Besteht der klinische Verdacht auf eine Radiusköpfchenfraktur, können zudem Schrägaufnahmen hilfreich sein. Bei den Abscherfrakturen, insbesondere am Capitulum humeri, können die Röntgenbilder irreführend sein, da ein kleines sichtbares Knochenstück an ein großes Gelenkknorpelfragment angeheftet sein kann. Da nicht selten zusätzlich Verletzungen im Bereich des distalen Radioulnargelenks bestehen, sollten beim geringsten Verdacht außerdem Röntgenaufnahmen des Handgelenks in 2 Ebenen angefertigt werden. Bei Radiusköpfchenluxationen muss weiterhin der gesamte Unterarm geröntgt werden, um eine Monteggia-Verletzung nicht zu übersehen.
Klassifikation Distaler Humerus Distale Humerusfrakturen werden gemäß AO entsprechend der Gelenkbeteiligung in 3 Typen mit jeweils drei Untergruppen eingeteilt (Abb. 15.3). Die vollständigen Gelenkfrakturen (C1 – C3) werden meist als inter-, bikondyläre oder trans- und suprakondyläre Humerusfrakturen bezeichnet und im angloamerikanischen Raum häufig nach Riseborough und Radin klassifiziert. Hierbei werden unverschobene Brüche (Typ I), dislozierte Brüche ohne und mit Rotationskomponente (Typ II und III) und intraartikuläre Mehrfragmentfrakturen (Typ IV) unterschieden (Abb. 15.4).
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Abb. 15.3
AO-Klassifikation der distalen Humerusfrakturen.
Abb. 15.4
Klassifikation der interkondylären Humerusfrakturen nach Riseborough und Radin.
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15.1 Verletzungen und Verletzungsfolgen des Ellenbogens
Isolierte Frakturen des Capitulum humeri werden in 3 Typen eingeteilt: 쐌 Typ I: vollständige Kapitulumfrakturen, 쐌 Typ II: Abscherfrakturen, 쐌 Typ III: Trümmerbrüche. Proximaler Radius und proximale Ulna Nach AO-Klassifikation werden die Frakturen am proximalen Unterarm wie am distalen Oberarm entsprechend der Gelenkbeteiligung in 3 Typen mit jeweils 3 Untergruppen unterteilt, wobei Speiche und Elle als funktionelle Einheit angesehen werden. Die Einteilung in die entsprechenden Untergruppen richtet sich nach der anteiligen Betroffenheit der beiden Unterarmknochen (Abb. 15.5). Die AO-Klassifikation der proximalen Unterarmfrakturen ist in der Praxis weniger verbreitet, was sich auch in zahlreichen für die Frakturen von Olekranon, Processus coronoideus sowie Radiusköpfchen- und halsfrakturen bestehenden isolierten Frakturklassifikationen widerspiegelt: Die Klassifikation nach Wadsworth unterteilt die Olekranonfrakturen in Abhängigkeit von Frakturlokalisation und Fragmentgröße in 4 Typen. Schatzker hingegen unterscheidet 6 Formen in Abhängigkeit von der erforderlichen Osteosynthesetechnik. Bei den Brüchen des Processus coronoideus wird vielfach die Klassifikation nach Regan und Morrey benutzt. Beim Bruch Typ I ist lediglich die Spitze der Processus coronoideus im Sinne eines Avulsionsbruches betroffen. Beim Bruch Typ II sind weniger als 50% und beim Bruch Typ III über 50% des Kronenfortsatzes betroffen. Radiusköpfchen- und -halsbrüche werden von Mason in 4 Typen klassifiziert: 쐌 Typ I: unverschobener oder nur marginal verschobener Bruch, 쐌 Typ II: dislozierter Bruch, 쐌 Typ III: Radiusköpfchenmehrfragment oder -trümmerbruch, 쐌 Typ IV: Bruch Typ 3 mit gleichzeitiger dorsaler Ellenbogengelenkluxation. Monteggia- und Essex-Lopresti-Verletzungen Monteggia- und Essex-Lopresti-Verletzungen stellen Sonderformen der Frakturen des proximalen Unterarmes dar und bedürfen spezieller Behandlungen. Als Essex-Lopresti-Verletzung bezeichnet man die Kombination von Radiusköpfchen- oder Radiushalsfraktur und Ruptur der Membrana interossea mit Dislokation des distalen Radioulnargelenks (Abb. 15.6). Die Monteggia-Verletzung ist eine Luxationsfraktur mit proximalem Ulnaschaftbruch und Radiusköpfchenluxation. Neben der klassischen Monteggia-Verletzung mit nach ventral luxiertem Radiusköpfchen (Typ I) werden nach Bado noch der dorsale Luxationstyp (Typ II) und der laterale Luxationstyp (Typ III) unterschieden. Beim Typ IV tritt neben dem Ulnaschaftbruch zusätzlich ein proximaler Radiusschaftbruch auf.
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Therapie Frakturen des Ellenbogens erfordern häufig eine operative Therapie, da zur Wiederherstellung der Funktion sowie Vermeidung von Spätfolgen wie Fehlstellungen, Pseudarthrosen und Bewegungseinschränkungen eine anatomisch exakte und übungsstabile Wiederherstellung des Gelenkes notwendig ist. Die gewählte Osteosynthese sollte ausreichend stabil sein, um eine länger dauernde Immobilisation zu vermeiden, darf aber keinesfalls überdimensioniert sein. Insbesondere Komplexverletzungen des Ellenbogen stellen höchste Ansprüche an das behandelnde Team, wobei Kompromisslösungen nicht selten unvermeidbar sind. Operationstechnische Fehler werden hingegen kaum verziehen und sind auch durch spätere Folgeeingriffe oftmals nicht mehr zu kompensieren. Distaler Humerus Aus praktischen Gründen werden die Frakturen des körperfernen Oberarms im Folgenden in suprakondyläre, isoliert transkondyläre und interkondyläre Humerusfrakturen, Kondylenbrüche sowie Kapitulumfrakturen eingeteilt.
Suprakondyläre Humerusfraktur. Isolierte suprakondyläre Frakturen ohne wesentliche Dislokation können konservativ behandelt werden, bedürfen jedoch einer Ruhigstellung im Oberarmgipsverband für 6 Wochen. Absolute Operationsindikation besteht bei schlechtem Repositionsergebnis oder neurovaskulären Begleitläsionen. Unter den operativen Verfahren stellt die Plattenosteosynthese die einzige übungsstabile Osteosyntheseform dar (Abb. 15.7). Bei der seltenen isolierten suprakondylären Mehrfragmentfraktur (A3) kann eine ausreichende Stabilität nur durch eine bilaterale Plattenosteosynthese unter Verwendung von mindestens einer Rekonstruktionsplatte erreicht werden. Isoliert transkondyläre Humerusfraktur. Bei den seltenen isoliert transkondylären Humerusfrakturen verläuft die Frakturlinie im Gegensatz zu den suprakondylären Frakturen quer durch die Kondylen und liegt häufig intraartikulär. Die Therapie sollte immer operativ erfolgen. Nach temporärer Kirschner-Draht-Fixierung können über kleine Hautinzisionen 2 isolierte 3,5-mm-Zugschrauben eingebracht werden (Abb. 15.8). Interkondyläre Humerusfraktur. Die interkondylären Humerusfrakturen entsprechen den intraartikulären Mehrfragmentfrakturen (C1 – C3) und stellen höchste Anforderungen an den Operateur. Ziel der operativen Therapie ist die anatomische Wiederherstellung der Gelenkflächen mit einer übungsstabilen Osteosynthese, um möglichst frühzeitig mit der krankengymnastischen Nachbehandlung beginnen zu können. Insbesondere bei den C3-Frakturen oder bei stark osteoporotischen Knochen, ist eine übungsstabile Osteosynthese jedoch nicht immer zu erreichen, sodass eine längerfristige Ruhigstellung im Oberarmgips
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Abb. 15.5
AO-Klassifikation der proximalen Unterarmfrakturen.
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15.1 Verletzungen und Verletzungsfolgen des Ellenbogens
unter Inkaufnahme einer postoperativen Bewegungseinschränkung erfolgen muss. Nach Konsolidierung der Fraktur sollte dann im Rahmen einer Arthrolyse versucht werden, das Bewegungsausmaß sekundär zu verbessern. Die Wiederherstellung der Gelenkfläche setzt eine übersichtliche Exposition des Operationsgebietes voraus. Die beste Übersicht über die humerale Gelenkfläche bietet die Olekranonosteotomie. Ob eine V-förmige Osteotomie oder eine einfache quere Osteotomie vorgenommen wird, ist unseres Erachtens von untergeordneter Bedeutung. Alternativ kann eine zungenförmige Durchtrennung der Trizepssehne durchgeführt werden – hierbei wird die Gelenkfläche jedoch partiell durch das Olekranon verdeckt. Die Osteosynthese beginnt mit der Rekonstruktion der Kondylenmassive und der Gelenkfläche. Nach primärer Reposition und temporärer Fixation mit Kirschner-Drähten oder Repositionszangen werden kleinere Fragmente mit Kleinfragmentschrauben refixiert. Größere Fragmente werden mit 4- oder 6,5-mm-Spongiosaschrauben fixiert. Bei den C1- und C2-Frakturen gelingt es in der Regel, die Trochlea stufenlos zu rekonstruieren. Bei den C3-Frakturen mit zentralem Defekt muss darauf geachtet werden, dass die Kondylenmassive nicht zu dicht aneinander gebracht werden und daraus eine Verschmälerung der Trochlea mit resultierender Inkongruenz des Humeroulnargelenks entsteht. Bei bestehender Defektzone wird diese daher zunächst mit Spongiosa oder einem Knochenspan aufgefüllt. Anschließend werden die beiden Kondylen mit Hilfe einer Stellschraube in Position gehalten. Nach Rekonstruktion des Kondylenmassivs erfolgt die Wiederherstellung des radialen und ulnaren Pfeilers durch Reposition und Fixation des Gelenkblocks an die Humerusmetaphyse. Bei den C1-Frakturen kann bei guter Kno-
Abb. 15.7 Schematische Darstellung einer mit Plattenosteosynthese (LC-DC-Platte) versorgten suprakondylären Humerusfraktur (A2).
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Dislokation des distalen Radioulnargelenks
Ruptur der Membrana interossea
Radiusköpfchenfraktur
Abb. 15.6 letzung.
Schematische Darstellung einer Essex-Lopresti-Ver-
Abb. 15.8 Schematische Darstellung einer mit zwei 3,5-mmZugschrauben versorgten isoliert transkondylären Humerusfraktur.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
a
b
c
d
e
f
Abb. 15.9 a – f Interkondyläre Mehrfragmentluxationsfraktur (C3) mit kombinierter Olekranonfraktur bei einer Patientin mit begleitendem schweren Schädel-Hirn-Trauma (a u. b). Nach
temporärer Transfixation (c u. d), erfolgte nach Normalisierung des Hirndrucks die übungsstabile osteosynthetische Versorgung (e u. f).
chenqualität eine unikondyläre Plattenosteosynthese vorgenommen werden. Bei allen Frakturen mit Beteiligung beider Pfeiler empfiehlt sich eine Doppelplattenosteosynthese. Der radiale Pfeiler wird von dorsoradial mittels 3,5-mm-Rekonstruktionsplatte, der ulnare mit einer seitlich fixierten Rekonstruktionsplatte oder mittels Drittelrohrplatte stabilisiert (Abb. 15.9 a–f). Anschließend wird das Gelenk gründlich gespült und die freie Beweglichkeit überprüft, um Weichteilinterponate, verbliebene Fragmente oder behindernde Implantate zu erkennen. Ferner muss zur Festlegung der krankengymnastischen Nachbehandlung die Stabilität der Osteosynthese beurteilt werden. Vor der Osteosynthese der Ole-
kranonosteotomie wird eine intraoperative Röntgenkontrolle zur Überprüfung des Operationsergebnisses durchgeführt. Eine Kontrolle mit Hilfe des Bildverstärkers reicht zur sicheren Beurteilung nicht aus. Erst hiernach erfolgt die Zuggurtungsosteosynthese der Olekranonosteotomie unter Verwendung von Kirschner-Drähten oder als vorbereitete Zugschraubenosteosynthese ebenfalls kombiniert mit einer achtertourigen Cerclage. Die Anlage eines Oberarmspaltgipses zur Weichteilprotektion in der frühpostoperativen Phase beendet den Eingriff. Bei offenen Frakturen und nicht übungsstabilen Osteosynthesen sollte das Ellenbogengelenk mit einem gelenküberschreitenden Fixateur externe fixiert werden.
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15.1 Verletzungen und Verletzungsfolgen des Ellenbogens
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Abb. 15.10 a u. b Kondylenfrakturen. Fixierung durch Zugschraubenosteosynthese.
a Fraktur des Condylus lateralis.
b Fraktur des Condylus medialis.
Kondylenfrakturen. Die im Erwachsenenalter seltenen Kondylenfrakturen entsprechen den partiellen Gelenkfrakturen (B1 und B2). Die Therapie ist immer operativ, da durch die an den Kondylen ansetzende Unterarmmuskulatur selbst bei unverschobenen Brüchen oder nach exakter Reposition Rotationsfehlstellungen auftreten. Über einen seitlichen Zugang wird die Gelenkfläche dargestellt, die Kondyle reponiert und mit Zugschrauben fixiert (Abb. 15.10 a u. b).
gesetzt (Abb. 15.12 a – d). Bei intraartikulären Schrägfrakturen, insbesondere wenn sie weiter nach distal reichen, sollte zusätzlich eine Zugschraube eingebracht werden. Die Zuggurtungsfunktion ist hingegen bei den extraartikulären metaphysären Frakturen nicht mehr gewährleistet. Hier muss eine überbrückende Plattenosteosynthese angewewendet werden (Abb. 15.13 a – d). Bei intraartikulären Mehrfragmentfrakturen werden imprimierte gelenktragende Fragmente auf Gelenkniveau angehoben, mit Spongiosa unterfüttert und ebenfalls plattenosteosynthetisch versorgt.
Kapitulumfrakturen. Kapitulumfrakturen sind reine intraartikuläre Brüche. Im Gegensatz zu den lateralen Kondylenfrakturen betreffen sie nur die Gelenkfläche und bewirken keine Instabilität im Humeroulnargelenk. Größere Fragmente werden über einen lateralen Zugang offen reponiert und indirekt mit Zugschrauben befestigt. Kleine Abscherfragmente werden entweder entfernt oder mit Hilfe von versenkten Minischrauben und/oder resorbierbaren Stiften refixiert (Abb. 15.11 a–d). Bei Trümmerfrakturen ist eine Rekonstruktion hingegen nicht möglich und sämtliche Fragmente müssen reseziert werden. Vereinzelte in der Literatur beschriebene Versuche eines prothetischen Ersatzes sind unserer Ansicht nach bislang nicht Erfolg versprechend. Proximaler Unterarm Olekranonfrakturen. Bereits gering dislozierte Olekranonfrakturen müssen operativ versorgt werden, da die aktive Streckfunktion durch die Kontinuitätsunterbrechung der Trizepssehne behindert ist. Hierbei ist auf eine exakte Reposition zu achten, da bereits kleine Stufen zu Bewegungseinschränkungen und verzögerter Knochenbruchheilung führen können. Lediglich nichtdislozierte Frakturen können durch 3 – 4-wöchige Ruhigstellung im Oberarmgips bei 90° gebeugtem Ellenbogengelenk behandelt werden. Zuvor muss die Streckfunktion des Armes unter dem Bildwandler kontrolliert werden. Bei den intraartikulären Querfrakturen hat sich die Zuggurtung mit Kirschner-Drähten und achtertouriger Cerclage als biomechanisch günstigstes Verfahren durch-
Frakturen des Processus coronoideus. Der Kronenfortsatz hat aus biomechanischer Sicht eine große Bedeutung, da er bei gestrecktem Ellenbogen gemeinsam mit dem Radiusköpfchen für die Kraftübertragung verantwortlich ist. Isolierte Frakturen können bereits zu Instabilitäten führen, wenn die Incisura olecrani um mehr als 1/6 zerstört ist. Insbesondere bei gleichzeitiger Verletzung des Radiusköpfchens besteht daher schon bei kleinen Bruchfragmenten die Indikation zur offenen Refixation. Größere Fragmente werden mit isolierten interfragmentären Zugschrauben refixiert (Abb. 15.14 a – d). Bei kombinierter Olekranonfraktur kann die Refixation im Rahmen der Plattenosteosynthese stattfinden. Kleinere Fragmente können mit Draht- oder PDS-Schlingen befestigt werden. Wenn der Processus coronoideus komplett zerstört ist und sich nicht fixieren lässt, besteht die Indikation zur Rekonstruktion mit einem autologen Knochenblock. Falls gleichzeitig eine nicht retinierbare Radiusköpfchenfraktur vorliegt, bietet sich ein Fragment aus dem resezierten Radiusköpfchen an. Radiusköpfchen- und Radiushalsfrakturen. Die Therapie der Radiusköpfchenfraktur ist weiterhin umstritten und wird nicht einheitlich gehandhabt. Wir empfehlen bei allen nicht- oder wenig dislozierten Brüchen (Stufenbildung unter 2 mm und Fragmentgröße unter 1/3 des Radiusköpfchens) eine frühfunktionelle Behandlung. Eine Ruhigstellung im Oberarmgipsverband erfolgt lediglich vorü-
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a Abb. 15.11 a – c Abscherfraktur des Capitulum humeri (B3) (a). Offene Reposition und Fixierung mit zwei versenkten kanülierten Herbert-Martin-Schrauben (b u. c).
b
c
bergehend zur Schmerzprotektion. Stärker verschobene Radiusköpfchenbrüche werden offen reponiert und mit interfragmentären Kleinfragmentschrauben versorgt. Alternativ können Minischrauben und/oder resorbierbare Stifte verwendet werden (s. Abb. 15.14 a–d). Bei Radiusköpfchentrümmerfrakturen und dislozierten, nichtretinierbaren Mehrfragmentfrakturen besteht die Indikation zur primären Radiusköpfchenresektion. Auf keinen Fall sollten „Osteosynthesen“ um jeden Preis erzwungen werden, die sich im Nachhinein als instabil erweisen oder eine länger dauernde zusätzliche Ruhigstellung im Gipsverband erfordern. Einzige Ausnahme sind instabilitäts-
begünstigende Begleitverletzungen wie Ruptur der ulnaren Seitenbänder, Fraktur des Processus coronoideus oder Abriss des Epicondylus ulnaris. Verbleibt nach Bandrekonstruktion bzw. Refixation des Processus coronoideus oder des Epicondylus ulnaris eine relevante axiale oder laterale Instabilität sollte primär eine Radiusköpfchenprothese implantiert werden. Abbildung 15.15 fasst die differenzierte Therapie der dislozierten Radiusköpfchenfraktur bzw. des Radiusköpfchentrümmerbruches zusammen. Bei den im Erwachsenenalter seltenen Radiushalsfrakturen empfiehlt sich wie bei Kindern eine geschlossene
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a
b
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c Abb. 15.12 a – d Intraartikuläre Olekranonquerfraktur (B1) (a u. b). Stabilisierung mit Zuggurtungsosteosynthese (c u. d).
d
Reposition und Retention durch retrograde Marknagelung mit elastischen Federnägeln.
hindernis finden sich nicht selten interponierte Anteile der Kapsel oder des Lig. anulare.
Monteggia-Verletzung Die Therapie der Monteggia-Verletzung ist immer operativ. Zunächst wird die Ulnaschaftfraktur offen anatomisch reponiert und mit einer LC-DCP-Platte stabilisiert (Abb. 15.16 a–d). In den meisten Fällen kommt es durch die Osteosynthese zu einer spontanen Reposition des Radiusköpfchens. Bei fehlender Spontanreposition muss das Radiusköpfchen offen reponiert werden. Als Repositions-
Essex-Lopresti-Verletzung Durch die Zerreißung der Membrana interossea besteht bei der Essex-Lopresti-Verletzung immer eine axiale Instabilität mit der Gefahr einer frühzeitigen Wanderung des Radius nach proximal. Die Resektion des Radiusköpfchens sollte daher, wenn möglich, vermieden werden. Zusätzlich muss das distale Radioulnargelenk reponiert und ggf. mit einer Stellschraube fixiert werden.
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a
b
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d Abb. 15.13 a – d Kombinierte extraartikuläre Olekranonfraktur und Radiusköpfchenfraktur (B3) (a u. b). Stabilisierung der
Komplexverletzungen Als Komplexverletzungen werden hier alle Luxationen, Frakturen und Luxationsfrakturen des Ellenbogens bezeichnet, bei denen aufgrund eines schweren Weichteilschadens, einer Serienverletzung, eines begleitenden Gefäß- und/ oder Nervenschadens oder beim polytraumatisierten Patienten ein individuelles Vorgehen erforderlich ist. Die Wahl der Osteosynthese unterscheidet sich prinzipiell nicht von den dargestellten Verfahren, muss aber der Gesamtsituation angepasst sein. Auch bei offenen Frakturen sollte möglichst eine definitive übungsstabile Versorgung angestrebt werden. Weichteilverletzungen werden wie im Abschnitt „Weichteilverletzungen“ beschrieben versorgt. Nur bei ausgedehnten Weichteildefekten ist in seltenen Fällen eine primäre Osteosynthese nicht möglich. Zur Deckung des offenen Gelenks ist in der Regel eine Lappenplastik notwendig. Zur Stabilisation erfolgt eine
Ulna durch Plattenosteosynthese und des Radiusköpfchens mit zwei Minischrauben (c u. d).
Transfixation des Gelenks mittels Fixateur externe. Bei Gefäßverletzungen ist die Revaskulierung im Anschluss an die Frakturversorgung erforderlich. Bei länger zurückliegendem Trauma und aufwendiger Osteosynthese sollte die Durchblutung des Unterarms während der Frakturversorgung durch einen intraluminären Shunt sichergestellt werden. Arterieller Zu- und Rückfluss müssen zudem beurteilt werden, um Appositionsthromben der A. radialis oder A. ulnaris auszuschließen, welche ggf. vor der Gefäßnaht mittels Fogarty-Manöver geborgen werden können. Durchtrennte oder kontusionierte Arterien können nur in Ausnahmefällen durch direkte Naht versorgt werden, da in der Regel ein längere Strecke des Segments geschädigt ist. Es muss darauf geachtet werden, dass nur gesundes Gewebe anastomosiert wird. Nach Durchtrennung des Lacertus fibrosus und gründlichem Débridement des lädierten Gefäßes erfolgt die Versorgung mit einem autologen V.saphena-magna-Interponat aus der Innenseite des Ober-
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a
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c Abb. 15.14 a – d Kombinierte Kronenfortsatzfraktur und Radiusköpfchenfraktur (C1) (a u. b). Refixation des Kronenfortsat-
zes mit einer isolierten interfragmentären Zugschraube (c) und Stabilisierung des Radiusköpfchens mit 2 Minischrauben (d).
schenkels. Die Anastomosierung wird in typischer Technik mit atraumatischem, nichtresorbierbarem, monofilamentösem Nahtmaterial möglichst unter dem Mikroskop vorgenommen. Bei verzögerter Arterienrekonstruktion oder klinischen Ischämiezeichen wird eine offene Fasziotomie der Beugerund Streckerloge durchgeführt. Die beugseitige Fasziotomie erfolgt dabei als geschwungene Inzision im Bereich der Vorderarmmitte bis auf Handniveau unter Einschluss des Lig. carpi transversum (Abb. 15.17). Nach Rückgang der Weichteilschwellung kann im Intervall üblicherweise ein Hautverschluss durch direkte Naht erfolgen.
Venöse Verletzungen haben im Ellenbogenbereich nur eine geringe Bedeutung, Blutungen werden entweder mittels Diathermie oder durch Ligatur gestillt. Bei Nervenverletzungen erfolgt eine primäre Naht nur bei eindeutig scharfer Durchtrennung ohne segmentalen Schaden. Andernfalls werden die Nervenenden lediglich markiert und im Intervall versorgt. Bei Serienverletzungen müssen alle Läsionen der oberen Extremität in das Therapiekonzept einbezogen und als funktionelle Einheit betrachtet werden. Gegebenenfalls müssen dabei Frakturen, bei denen isoliert ein konservatives Verfahren gewählt worden wäre, operativ versorgt
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Therapie der dislozierten Radiusköpfchenfraktur bzw. Radiusköpfchentrümmerfraktur
übungsstabile Osteosynthese
frühfunktionelle Nachbehandlung
Abb. 15.15 Flussdiagramm zur differenzierten Therapie der dislozierten Radiusköpfchenfraktur bzw. der Radiusköpfchentrümmerfraktur.
übungsstabile Osteosynthese technisch nicht machbar
instabilitätsbegünstigende Begleitverletzungen
keine instabilitätsbegünstigenden Begleitverletzungen
Therapie der Begleitverletzungen
Radiusköpfchenresektion
weiterbestehende Instabilität
stabiles Ellenbogengelenk
Radiusköpfchenprothese
Radiusköpfchenresektion
werden, um nicht durch eine länger dauernde Ruhigstellung das funktionelle Ergebnis einer anderen operativ versorgten Fraktur zu beeinträchtigen. Beim polytraumatisierten Patienten erfolgt die definitive Stabilisierung der Ellenbogenverletzung erst nach der Durchführung lebenserhaltender Maßnahmen im Rahmen der 2. Operationsphase. Beim kreislaufinstabilen Patienten oder bei Vorliegen schwerer pulmonaler oder intrakranieller Verletzungen kann es notwendig werden, die Primärversorgung auf das notwendigste zu verkürzen (Débridement offener Verletzungen, Fasziotomie beim Kompartmentsyndrom, Versorgung eines arteriellen Gefäßschadens) und das Ellenbogengelenk mittels Fixateur externe zu überbrücken. Nachbehandlung Postoperativ wird in Abhängigkeit vom Weichteilbefund und der erreichten Stabilität entweder ein sorgfältig modellierter gespaltener Oberarmgips oder ein Fixateur externe in Funktionsstellung angelegt. Erfolgte eine Gipsanlage lediglich zur Weichteilprotektion, kann auf eine Ruhigstellung nach wenigen Tagen verzichtet werden. Grundsätzlich ist eine Immobilisierung des Gelenks auf das unbedingt notwendige zeitliche Maß zu beschränken. Eine unkontrollierte forcierte Bewegungstherapie ist jedoch gleichermaßen zu vermeiden, da sie das erzielte Operationsergebnis gefährden und die Ausbildung von periartikulären Verkalkungen provozieren kann. Nach begonnener Mobilisierung erfolgen immer Röntgenkontrollaufnahmen. Je schwerer die Verletzung und aufwendiger die Rekonstruktion, desto wichtiger ist die Planung und Überwachung der postoperativen krankengymnastischen Behandlung durch den Operateur. Bei nicht erreichter
Übungsstabilität erfolgen in der frühpostoperativen Phase lediglich geführte limitierte Bewegungsübungen aus dem Gipsverband heraus. Erst im weiteren Verlauf wird mit aktiven Bewegungen begonnen. Durch Bahnung angeborener Reflexmuster bietet hierbei die Krankengymnastik nach dem Vojta-Prinzip eine schonende und effektive krankengymnastische Therapieform. Nach 4 – 6 Wochen kann bei regelrechtem Verlauf auf eine Ruhigstellung verzichtet werden. Die Metallentfernung darf erst nach sicherer Konsolidierung erfolgen. Bei Bewegungseinschränkungen aufgrund störenden Osteosynthesematerials kann eine Teilentfernung jedoch notwendig werden.
Komplikationen Intraoperative Risiken betreffen insbesondere die Läsion des N. ulnaris, in geringerem Ausmaß den N. radialis und das beugeseitige Gefäß-Nerven-Bündel. Bei den intraartikulären Frakturen, insbesondere den Trochleamehrfragmentfrakturen kann die Rekonstruktion der Gelenkfläche erhebliche Probleme bereiten, so dass Gelenkstufen und Knorpeldefekte persistieren. In das Gelenk oder die Fossa olecrani ragende Schrauben können die Gelenkbeweglichkeit ebenso behindern wie zu weit nach distal ragende Platten. Implantatlockerung oder -ausbruch, sekundäre Dislokationen und die verzögerte Bruchheilung sind typische postoperative Komplikationen interkondylärer Humerusfrakturen und können eine Reosteosynthese erforderlich machen. Knöchernen Defekte erfordern dabei eine Spongiosaplastik. Pseudarthrosen sind in der Regel suprakondylär lokalisiert.
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a
b
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c Abb. 15.16 a – d Monteggia-Verletzung. Unfallbilder (a u. b) und Operationsergebnisse (c u. d).
d
Ein nach wie vor ungelöstes und schwer zu therapierendes Problem stellen periartikuläre Ossifikationen dar. Trotz intensiver Forschung ist die Pathogenese weitgehend unbekannt. Die besondere Problematik im Bereich des Ellenbogens besteht darin, dass bereits kleinste Ossifikationen zu beträchtlichen Bewegungseinschränkungen führen können, die auch durch intensive krankengymnastische Beübungen nicht zu beheben sind. Da Bewegungseinschränkungen des Ellenbogens aufgrund von Ossifikationen bereits nach kurzer Zeit zu dauerhaften Muskel- und Kapsel-Band-Kontrakturen mit sekundärem Knorpelschaden führen, sollte die Indikation zur Arthrolyse mit Exzision der Ossifikationen frühzeitig gestellt werden. Die Ansicht, dass zur Vermeidung von Rezidiven die Arthrolyse erst nach Erlöschen der osteogenetischen Aktivität erfolgen sollte, ist
fragwürdig. Unserer Meinung nach ist die Arthrolyse nach ausreichender Konsolidierung der Frakturen möglichst innerhalb der ersten 4 Monate nach Trauma durchzuführen. Ziel ist ein dauerhafter Bewegungsumfang des Ellenbogens von mindestens 0 – 20 – 120° bei möglichst uneingeschränkter Supination. Da während der postoperativen Nachbehandlung auch bei sofortigem Beginn der Mobilisation auf einer Motorschiene, engmaschiger Physiotherapie und kompletter Schmerzausschaltung durch Leitungsanästhesie mit einer erneuten Verschlechterung des Bewegungsumfangs gerechnet werden muss, ist intraoperativ eine freie Beweglichkeit anzustreben. Der Nutzen einer Bestrahlung oder einer medikamentösen Therapie mit Biphosphonaten oder Indometacin während der Nachbehandlung zur Rezidivprophylaxe ist hingegen nicht belegt.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Ellenbogengelenkarthrodesen und Resektionsarthroplastiken sollten Ausnahmesituationen wie dem nicht beherrschbaren Ellenbogengelenksinfekt oder der fortgeschrittenen, meist rheumatischen, Arthritis mit schwersten Schmerzen vorbehalten bleiben.
Ergebnisse
Abb. 15.17 Beugseitige Fasziotomie unter Einschluss des Lig. carpi transversum.
Postoperativ führen ausgeprägte Schwellungen nicht selten zu Wundheilungsstörungen – im Zweifel sollte daher auf einen primären Wundverschluss verzichtet und eine Sekundärnaht nach Rückgang der Schwellung vorgenommen werden. Posttraumatische Ellenbogengelenkinfekte sind verglichen mit der Häufigkeit an den unteren Extremitäten dennoch selten, stellen aber eine besonders schwerwiegende und schlecht zu therapierende Komplikation dar. Die klinischen Symptome können anfangs gering ausgeprägt sein und sich lediglich als schmerzhafte Schwellung äußern. Die Therapie ist immer operativ und muss ohne Zeitverzögerung erfolgen. Über eine bilaterale Arthrotomie wird ein radikales Débridement aller Gelenkkompartimente mit dem Ziel einer vollständigen Synovialektomie vorgenommen. Weitere Voraussetzung für eine Ausheilung des Infektes ist eine stabile Fraktursituation. Instabile Osteosynthesen müssen daher ersetzt werden. Zur weiteren Ruhigstellung erfolgt die Anlage eines gelenküberbrückenden Fixateur externe. Unterstützend wird eine resistenzgerechte Antibiose eingeleitet. In Abhängigkeit vom Ausmaß des Infektes erfolgt nach 24 – 48 Stunden eine geplante Zweitoperation („second-look“). Weitere Revisionen werden vorgenommen bis sich der Infekt klinisch beruhigt hat und die Abstrichuntersuchungen keinen Erregernachweis mehr erbringen. Hiernach wird umgehend mit der vorsichtigen krankengymnastischen Übungsbehandlung begonnen.
Exakte, verlässliche Daten zu den Ergebnissen nach Ellenbogenfrakturen sind in der Literatur nicht vorhanden, da in den verfügbaren zumeist retrospektiven Untersuchungen eine nicht einheitliche Klassifikation des sehr heterogenen Patientenguts verwendet wird. Unterschiedliche Verletzungsschwere, variierende Begleitverletzungen und -erkrankungen, zum Teil kurze Nachbeobachtungszeiträume sowie hohe „Drop-out“-Raten machen eine Interpretation der verschiedenen Therapiekonzepte unmöglich. Übereinstimmend werden begleitende Weichteilläsionen, insbesondere Bandverletzungen und eine länger dauernde vollständige Immobilisation als prognostisch ungünstig eingeschätzt. Endgradige Bewegungseinschränkungen, z. B. die endgradigen Streckhemmung nach Olekranonfrakturen, sind häufig auch nach erfolgreicher Behandlung zu beobachten, können aber durch die gute Beweglichkeit des Schultergelenks ausgeglichen werden. Nach Trümmerfrakturen mit Gelenkbeteiligung kommt es aufgrund des Knorpelschadens zwangsläufig zu einem posttraumatischen Gelenkverschleiß. Arthrosen der oberen Extremitäten sind im Gegensatz zum Gelenkverschleiß der unteren Gliedmaßen jedoch weniger schmerzhaft und können häufig länger kompensiert werden. Während einfache Quer- und Schrägbrüche des Olekranons sowie nicht- oder wenig dislozierte Radiusköpfchenfrakturen eine gute Prognose haben, heilen Frakturen im Bereich des Capitulum humeri und des Processus coronoideus auch nach korrekt durchgeführter Osteosynthese fast immer mit Funktionsbeeinträchtigungen unterschiedlicher Ausprägung aus. Ebenfalls unbefriedigende Resultate werden bislang nach Implantation von Radiusköpfchenprothesen erzielt. Literatur An, K.N., B.F. Morrey, E.Y.S. Chao (1984): Carrying angle of the human elbow joint. Orthop Res 1: 369 – 378 Beals, R.K. (1976): The normal carrying angle of the elbow. A radiographic study of 422 patients. Clin Orthop 119: 194 – 196 Bohle, K. (1992): Klassifikationen der Frakturen – eine Literaturübersicht. Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Breitfuß, H., G. Muhr, C. Neumann, J. Rehn (1991): Die Arthrolyse posttraumatischer Ellenbogensteifen. Unfallchirurg 94: 33 – 39 Garland, D.E., D.A. Hanscom, M.A. Keenan, C. Smith, T. Muhr (1985): Resection of heterotopic ossification in the adult with head trauma. J Bone Joint Surg Am 67: 1261 – 1269 Johansen, A., R.J. Evans, M.D. Stone, P.W. Richmond, S. V. Lo, K.W. Woodhouse (1997): Fracture incidence in England and Wales: a study based on the population of Cardiff. Injury 28: 655 – 660
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Frakturen im Wachstumsalter Kindliche Ellenbogenverletzungen stellen aufgrund der komplizierten Gelenkanatomie und der noch offenen Wachstumsfugen hohe Ansprüche an den behandelnden Arzt. Nicht zu Unrecht bezeichnet von Laer (1981) daher Ellenbogenverletzungen als die Verletzungen des Wachstumsalters, welche diagnostisch und therapeutisch immer wieder am problematischsten empfunden werden.
Ätiopathogenese Frakturen und Luxationen des Ellenbogens im Wachstumsalter entstehen zumeist bei Spiel und Sport durch direkten Sturz auf den Ellenbogen oder beim Sturz auf die Hand bei überstrecktem Ellenbogen. Neben klassischen Sportarten wie Turnen, Schlittschuhlaufen, Fußball und allen Kampfsportarten, sind die in letzter Zeit in Mode gekommenen Trendsportarten In-line-Skaten, Skateboardund Snowboard-Fahren ursächlich. Beim Abrissbruch des Epicondylus medialis handelt es sich um einen knöchernen Bandausriss der Unterarmbeugemuskeln, seltener des ulnaren Kollateralbandes.
Epidemiologie Ellenbogenverletzungen gehören zu den häufigsten Verletzungen im Kindes- und Jugendalter. Der häufigste Bruch ist mit über der Hälfte aller Ellenbogenfrakturen die suprakondyläre Humerusfraktur, gefolgt von den Kondylenfrakturen. Innerhalb der Kondylenfrakturen, sind Brüche des Condylus lateralis gegenüber den Abrissfrakturen des Epicondylus medialis und den Condylus-medialis-Frakturen weitaus häufiger zu beobachten. Ellenbogengelenklu-
Tab. 15.7
____
459
Häufigkeit kindlicher Ellenbogenbrüche (5 12 Jahre) (nach Boyd u. Altenberg)
Lokalisation
Anzahl
Prozent
Suprakondyläre Humerusfraktur
465
64,5
Condylus lateralis
124
17,5
Condylus medialis
23
3,2
Epicondylus medialis
33
4,6
34
4,7
Kondylenbrüche
Radiushalsfrakturen Monteggia-Frakturen
16
2,2
Olekranonfrakturen
12
1,6
6
0,8
713
100
Intertrochantere T-Fraktur Gesamt
xationen und vollständige Gelenkfrakturen wie die intertrochantere T- oder Y-Fraktur sind im Gegensatz zum Erwachsenen selten. Radiushalsfrakturen werden bei etwa 5 % der Fälle beobachtet und kommen im Gegensatz zum Erwachsenenalter häufiger vor als Radiusköpfchenfrakturen. Frakturen der Epikondylen kommen fast ausschließlich medialseitig vor und sind dann häufig mit einer Ellenbogenluxation vergesellschaftet (Tab. 15.7).
Klassifikation Frakturen im Bereich des Ellenbogens im Kindes- und Jugendalter werden wie beim Erwachsenen gemäß AO eingeteilt. Neben den allgemeingültigen Einteilungen der Epiphysenverletzungen nach Aitken bzw. Salter und Harris existieren in Ergänzung zahlreiche weitere Klassifikationen, die versuchen, die speziellen Gegebenheiten der kindlichen Ellenbogenfrakturen zu berücksichtigen. Distaler Humerus Die suprakondylären Humerusfrakturen werden in Abhängigkeit vom Unfallmechanismus in den häufigen Extensionstyp und in den in nur weniger als 5 % vorkommenden Flexionstyp unterschieden. Zusätzlich empfiehlt sich die Klassifikation nach Gartland (1959) in 3 Typen: 쐌 Typ 1: nichtdislozierte Frakturen, 쐌 Typ 2: dislozierte Frakturen mit intakter hinterer Kortikalis, 쐌 Typ 3: dislozierte Frakturen ohne verbliebenen Kortikaliskontakt. Die nichtdislozierten Condylus-radialis-Brüche werden basierend auf dem unterschiedlichen Dislokationsrisiko in komplette und inkomplette Frakturen eingeteilt. Bei den inkompletten Frakturen ist noch eine intakte Verbindung der ulnaren und radialen Knorpelfläche vorhanden
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
und somit das Risiko einer sekundären Dislokation gegenüber den kompletten deutlich geringer. Proximaler Radius und proximale Ulna Die Klassifikation der Radiushalsfrakturen nach Judet (1958) basiert auf dem Ausmaß der Kippung und dem Dislokationsgrad. Wilkins hingegen unterscheidet die Radiushalsfrakturen nach der Frakturlokalisation. Die Brüche des Processus coronoideus werden wie beim Erwachsenen zumeist nach Regan und Morrey (1989) unterteilt.
Diagnostik Neben Anamnese und klinischer Untersuchung beruht die Diagnose von Ellenbogenverletzungen im Kindesalter besonders auf der Beurteilung von Standardröntgenaufnahmen in exakt 2 Ebenen, für deren Interpretation Kenntnisse der Knochenkernentwicklung unerlässlich sind. Da Variationen im Hinblick auf die Entstehung der Knochenkerne vorkommen können, sollten im Zweifelsfall jedoch immer Vergleichsaufnahmen der Gegenseite durchgeführt werden. Bei den Kondylenfrakturen muss besonders darauf geachtet werden, dass die radiologisch sichtbaren Fragmente zum Großteil aus Knorpel bestehen und dadurch die Größe des Fragments und das Ausmaß der Dislokation häufig unterschätzt wird. Aufgrund der sich röntgenologisch überschneidenden Skelettabschnitte und der vorhandenen Epiphysenkerne, sind zur besseren Beurteilung Hilfslinien entwickelt worden: 쐌 Radiuslängsachse – Zentrum Capitulum humeri: Bei normalen Verhältnissen muss die Verlängerung der Längsachse des proximalen Radius in allen Ebenen auf das Capitulum humeri zentriert sein. Abweichungen sprechen für eine Luxation des Radiusköpfchens. 쐌 Diaphysen-Epiphysen-Winkel: Der Winkel zwischen Humeruslängsachse und Epiphysenfugenachse soll im
a
b
seitlichen Strahlengang zwischen 30 und 40° betragen. Winkel unter 30° und über 40° sprechen für Rekurvations- bzw. Antekurvationsfehlstellungen (Abb. 15.18 a). 쐌 Ellenbogenwinkel (Kubitalwinkel): Der physiologische Ellenbogengelenkwinkel beträgt im Durchschnitt zwischen 5 und 7° Valgus mit geringem Geschlechtsunterschied. Er wird gebildet zwischen Längsachse von Humerus und Ulna. Voraussetzung zur exakten Bestimmung ist eine komplette Streckung des Armes bei voller Supination. Mit Hilfe des Ellenbogenwinkels können Valgus- und Varusfehlstellungen beurteilt werden (Abb. 15.18 b). 쐌 Baumann-Winkel: Der Baumann-Winkel wird zur Abschätzung der Achse des Ellenbogengelenks benutzt, insbesondere wenn der Arm nicht vollständig gestreckt und supiniert werden kann. Vorraussetzung sind jedoch Röntgenbilder exakt im a.-p. Strahlengang. Aufgrund von Messungenauigkeiten insbesondere bei Kleinkindern und Jugendlichen, wird von Webb und Shermann (1986) empfohlen, den Baumann-Winkel nur im Vergleich zur gesunden Gegenseite zu benutzen. Der Original Baumann-Winkel beschreibt den Winkel zwischen Epiphysenachse der lateralen Kondyle und einer Senkrechten zur Humeruslängsachse. Zumeist wird der Baumann-Winkel jedoch als Winkel zwischen Humeruslängsachse und Epiphysenachse der lateralen Kondyle beschrieben. Wird dieser Winkel von 90° subtrahiert, ergibt sich die Achse des Ellenbogengelenks (s. Abb. 15.18 b). 쐌 Diaphysen-Metaphysen-Winkel: Dieser Winkel dient wie der Baumann-Winkel zur Beurteilung von Varusund Valgusdeformitäten. Im a.-p. Strahlengang werden Linien entlang der Humeruslängsachse und der breitesten Stelle der distalen Humerusmetaphyse gezogen. Der Winkel zwischen dem lateralen Anteil der Metaphysenlinie und Humeruslängsachse ergibt den DiaphysenMetaphysenwinkel. Winkel über 90° sprechen für eine Varus-, Winkel unter 90° für eine Valgusdeformität.
c
Abb. 15.18 a – c Radiologische Hilfslinien. a Diaphysen-Epiphysen-Winkel. b Kubital- und Baumann-Winkel. c Hilfslinie nach Rogers.
30 – 40°
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15.1 Verletzungen und Verletzungsfolgen des Ellenbogens
쐌 Hilfslinie nach Rogers: Die Hilfslinie nach Rogers beschreibt im seitlichen Strahlengang eine Tangentiale entlang der vorderen Humeruskortikalis, deren Verlängerung im Normalfall das Capitulum humeri am Übergang vom mittleren zum hinteren Drittel schneidet. Bereits bei gering dislozierten suprakondylären Frakturen wird das Capitulum entweder im vorderen Drittel (Extensionsfrakturen) oder im hinteren Drittel (Flexionsfrakturen) getroffen (Abb. 15.18 c).
Therapie Distaler Humerus
Suprakondyläre Humerusfraktur. Lediglich gering dislozierte Frakturen vom Extensionstyp ohne Rotationsfehlstellungen dürfen konservativ behandelt werden. Im Kleinkindalter eignet sich hierfür eine Ruhigstellung für 4 – 5 Wochen im „Cuff-and-Collar“-Verband (sog. BlountSchlinge). Hierbei wird der Bruch durch die angespannte Trizepssehne geschient, die starke Beugung im Ellenbogengelenk und die Supination des Unterarmes verhindern eine sekundäre Dislokation. Ist eine Spitzwinkelstellung des Ellenbogen, z. B. aufgrund starker Schwellung, nicht möglich, erfolgt eine Retention im Oberarmgipsverband. Stärker dislozierte Frakturen werden in Allgemeinnarkose geschlossen reponiert und mit 2 gekreuzten KirschnerDrähten stabilisiert. Bei der Reposition wird zunächst durch Zug und Gegenzug die Fraktur gelöst und durch starke Supination der Rotationsfehler behoben. Anschließend erfolgt die Beugung des supinierten Unterarms. Eine verbliebene Antekurvationsfehlstellung kann durch Druck auf das Olekranon beseitigt werden (Abb. 15.19 a – c). Die Kirschner-Draht-Fixation kann durch über dem Epicondylus radialis und ulnaris eingebrachte Bohrdrähte erfolgen. Auf der Ulnaseite darf hierbei keinesfalls der Sulcus ulnaris perforiert werden, um den N. ulnaris nicht zu gefährden. Aus diesem Grunde favorisieren wir das Einbringen der Drähte von radial (Abb. 15.20 a – c). Die Drähte sollten proximal der Fraktur – keinesfalls in der Fraktur – kreuzen und müssen die Gegenkortikalis sicher fassen. Gelingt geschlossen keine exakte Wiedereinrichtung des Bruches, muss eine offene Reposition über einen dorsalen Zugang mit Darstellung der Fossa olecrani durchgeführt werden, um interponierte Weichteile oder andere Repositionshindernisse zu beseitigen. Die anschließende Fixierung erfolgt wie beim geschlossenen Vorgehen durch perkutan eingebrachte Kirschner-Drähte. Condylus-radialis-Fraktur. Da es sich bei den Brüchen des Condylus radialis um partielle Gelenkfrakturen handelt und auch die nichtdislozierten Condylus-radialis-Frakturen nicht selten sekundär dislozieren, wird von einigen Autoren eine konservative Therapie generell abgelehnt. Beaty und Wood empfehlen bei allen nichtdislozierten Frakturen gehaltene Röntgenaufnahmen unter Varus- und Valgusstress durchzuführen. Nur wenn sich hierbei keine Dislokationstendenz zeigt, wird ein konservatives Vorgehen empfohlen.
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Unserer Ansicht nach eignen sich zur konservativen Therapie nur die nichtdislozierten inkompletten Condylus-radialis-Frakturen, bei denen aufgrund der intakten Knorpelfläche das sekundäre Dislokationsrisiko deutlich geringer ist. Die Ruhigstellung erfolgt in diesen Fällen für 5 – 6 Wochen im Oberarmgipsverband. In den ersten 3 Wochen werden klinische und radiologische Kontrolluntersuchungen ohne Gipsverband im wöchentlichen Abstand vorgenommen. Zeigt sich hierbei eine sekundäre Dislokation, muss eine offene Reposition durchgeführt werden. Dislozierte Frakturen müssen immer offen reponiert werden. Uneinigkeit besteht in der Art der besten Fixierung. Kirschner-Drähte können parallel oder derart eingebracht werden, dass ein Draht parallel zur Gelenkfläche und der zweite oberhalb der Fossa olecrani verläuft. Wir benutzen Kleinfragmentschrauben, da eine größere Kompression erzielt wird und das Risiko einer Pseudarthrosenbildung oder verzögerten Bruchheilung mit der daraus resultierenden Gefahr einer späteren Valgusdeformität geringer ist. Eine höhere Rate eines vorzeitigen Fugenschlusses wie von manchen Autoren berichtet, konnten wir bei unseren Patienten nicht beobachten. Postoperativ wird der Arm für 3 – 4 Wochen im Oberarmgipsverband ruhig gestellt.
Condylus-ulnaris-Fraktur. Bei den seltenen Frakturen des Condylus ulnaris ist die Gefahr einer sekundären Dislokation weitaus geringer als am Condylus radialis. Nichtdislozierte Frakturen können daher durch 4-wöchige Retention im Oberarmgipsverband behandelt werden. Dislozierte Frakturen müssen offen reponiert und mit Zugschrauben fixiert werden. Postoperativ erfolgt wie bei den nicht dislozierten Frakturen eine Ruhigstellung für 4 Wochen. Abrissfrakturen der Epikondylen. Bei den Abrissfrakturen der Epikondylen handelt es sich im Gegensatz zu den Brüchen des Condylus radialis und ulnaris um extraartikuläre Frakturen. Der Bruch des Epicondylus ulnaris ist weitaus häufiger als der des Epicondylus radialis. Durch den Zug der an den Epikondylen ansetzenden Unterarmmuskulatur sind die Abrissfrakturen häufig disloziert und müssen dann offen reponiert und mit Kirschner-Drähten oder Zugschrauben fixiert werden (Abb. 15.21 a – d). Um Verletzungen des N. ulnaris zu vermeiden, sollte dieser bei den Abrissbrüchen des Epicondylus ulnaris immer dargestellt und angeschlungen werden. Nicht- oder nur gering dislozierte Frakturen werden durch 4-wöchige Ruhigstellung im Oberarmgipsverband therapiert. Proximaler Unterarm Radiusköpfchen- und Radiushalsfraktur. Das Radiusköpfchen wird nur über periostale Gefäße des Collum radii versorgt und ist deshalb bei allen Verletzungen stark durchblutungsgefährdet. Folgen können Wachstumsstörungen mit Valgisierung des Ellenbogens und Verplumpungen mit Einschränkung der Pro- und Supinationsbeweglichkeit sein. Mögliche Interventionen sollten
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
a
b
c
Abb. 15.19 a – c Repositionsmanöver bei der kindlichen suprakondylären Humerusfraktur. Lösen des Bruches durch Zug
und Gegenzug (a), starke Supination (b) und Beugung des supinierten Unterarmes (c).
daher so schonend wie möglich erfolgen, um eine weitere Traumatisierung zu vermeiden. Fehlstellungen bei Radiushalsfrakturen können in Abhängigkeit vom Lebensalter bis zu einem Kippungsgrad von 30 – 60° und einer Seitenverschiebung von einer halben Schaftbreite durch alleinige Ruhigstellung im Gipsverband für 3 – 4 Wochen therapiert werden. Als Grundregel gilt, dass bis zum 6. Lebensjahr Abkippungen bis 45° keiner Reposition bedürfen. Höher gradige Fehlstellungen werden in Allgemeinnarkose mit Hilfe von retrograd eingebrachten Federnägeln (Prévot-Nägel) endomedullär reponiert und retiniert (Abb. 15.22 a – d). Bei schwieriger Re-
position kann versucht werden, das Köpfchen mit einem perkutan eingebrachten Kirschner-Draht hervorzuhebeln. Mit dieser Technik kann eine offene Reposition und transartikuläre Spickung fast immer vermieden werden. Abschließend wird die Stabilität durch Pro- und Supinationsbewegungen unter BV-Kontrolle geprüft. Bei stabilen Verhältnissen kann unmittelbar mit der frühfunktionellen Nachbehandlung begonnen werden, andernfalls erfolgt eine Gipsimmobilisation für 3 Wochen.
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15.1 Verletzungen und Verletzungsfolgen des Ellenbogens
a
b
c
d Abb. 15.20 a – d Kindliche dislozierte suprakondyläre Humerusfraktur (a u. b). Fixierung mit drei von radial eingebrachten gekreuzten 2-mm-Kirschner-Drähten (c u. d).
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
a
b
c
d Abb. 15.21 a – d
Abrissfraktur des Epicondylus ulnaris (a u. b). Refixation mit zwei 1,8-mm-Kirschner-Drähten (c u. d).
Olekranonfraktur. Die Therapie der Olekranonfraktur richtet sich nach dem Ausmaß der Dislokation. Geringoder nichtdislozierte intraartikuläre sowie geschlossen reponierbare extraartikuläre Frakturen werden 4 Wochen im Oberarmgipsverband ruhig gestellt. Dislozierte intraartikuläre Querbrüche werden offen reponiert und mittels Zuggurtungsosteosynthese (Querbrüche) oder mit Hilfe von Zugschrauben fixiert.
Nachbehandlung Prinzipiell kann bei kindlichen Frakturen eine Retention im Gipsverband in Neutralstellung bis zu 6 Wochen ohne die Gefahr einer bleibenden Bewegungseinschränkung erfolgen. Da die Wachstumsfugen im Ellenbogenbereich Fehlstellungen aber nur zu einem sehr begrenzten Ausmaß korrigieren können, ist eine Reposition mit exakter Wiederherstellung der Gelenkflächen Voraussetzung. Insbesondere bei den Condylus-radialis-Frakturen besteht zudem die Gefahr einer sekundären Dislokation, des Fehlwachstums und der Pseudarthrose. Engmaschige klinische und radiologische Kontrollen sind daher unerlässlich.
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15.1 Verletzungen und Verletzungsfolgen des Ellenbogens
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Komplikationen
a
b
c
d
Abb. 15.22 a – d Radiushalsfraktur (a u. b). Reposition und Retention mit einem von retrograd eingebrachten PrévotNagel (c u. d).
Die Osteosynthesematerialentfernung wird nach erfolgter Konsolidierung frühzeitig vorgenommen. Eine krankengymnastische Behandlung ist nur sehr selten notwendig, da die volle Beweglichkeit spontan erzielt wird. Bei komplikationslosem Heilverlauf kann bei den meisten Frakturformen nach 6 – 8 Wochen bereits wieder vorsichtig Sport ausgeübt werden.
Ellenbogenfrakturen des Wachstumsalter können aufgrund der häufigen Beteiligung der Fugen Wachstumsstörungen mit Achsenfehlstellungen zur Folge haben. Bei den dislozierten suprakondylären Humerusfrakturen sind Varusfehlstellungen und seltener Valgus- und Antekurvationsfehlstellungen die häufigsten Spätkomplikationen und werden in 10 – 50° aller Fälle angegeben. Von Laer konnte zeigen, dass für die Varusfehlstellungen überwiegend übersehene oder bei der Therapie verbliebene Rotationsfehler verantwortlich sind. Während Antekurvationsfehlstellungen die Funktion weniger beeinflussen und bis zum 10. Lebensjahr im weiteren Wachstum weitgehend korrigiert werden, sind bei Varus- und Valgusfehlstellungen häufig Korrekturosteotomien erforderlich. Diese sollten außer bei extremen Fehlstellungen erst nach Abschluss des Wachstums erfolgen. Bei den Condylus-radialis-Frakturen besteht die größte Gefahr in einer verzögerten Bruchheilung mit Migration der Kondyle nach proximal und resultierender Cubitusvalgus-Fehlstellung. Die betroffenen Kinder leiden unter Ellenbogenschmerzen, Bewegungseinschränkungen, lateralen Instabilitäten und N.-ulnaris-Paresen, so dass frühzeitige Korrekturosteotomien durchgeführt werden müssen. Nach Radiusköpfchen- und Radiushalsfrakturen ist die Verplumpung des Köpfchens mit Einschränkung der Pround Supinationsbeweglichkeit die häufigste Komplikation. Weiterhin werden Kapselverkalkungen, Pseudarthrosen des Speichenhalses, Radioulnare Synostosen sowie die avaskuläre Nekrose des Radiusköpfchens beobachtet. Die folgenreichste Komplikation nach Ellenbogenverletzungen ist die Volkmann-Kontraktur, welche glücklicherweise selten geworden ist. Verspätete Repositionen, mehrfach wiederholte grob durchgeführte Repositionsmanöver und einschnürende Gipsverbände werden für das Auftreten verantwortlich gemacht und müssen unter allen Umständen vermieden werden. Weitere Komplikationen sind insbesondere bei den suprakondylären Humerusfrakturen Gefäß- und Nervenläsionen. Hier treten Nervenverletzungen, insbesondere Verletzungen des N. radialis und des N. interosseus anterior – je nach Autor – in über einem Drittel aller Fälle auf. Nach frühzeitiger Reposition sind diese meistens spontan reversibel. Da die Prognose bei erhaltener Kontinuität des geschädigten Nerves nach erfolgter Neurolyse auch noch Monate nach Unfallgeschehen ausgesprochen gut ist, wird initial ein abwartendes Vorgehen empfohlen. Erst wenn sich nach 3 – 6 Monaten klinisch und neurophysiologisch keine ausreichende Erholung der nervalen Funktion zeigt, besteht die Indikation zur Exploration und Neurolyse des geschädigten Nerves. Zeigt sich hierbei eine Nervendurchtrennung, sollte eine Rekonstruktion mittels Interponat erfolgen.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Nochmals sei auf die besondere Gefahr der iatrogenen N.-ulnaris-Verletzung bei der geschlossenen KirschnerDraht-Fixation der suprakondylären Humerusfraktur hingewiesen.
Ergebnisse Aufgrund des geringen Wachstumsanteils der distalen Humerus- und der proximalen Unterarmfugen können Fehlstellungen im Gegensatz zum proximalen Oberarm nur in sehr begrenzten Ausmaß im weiteren Wachstum spontan korrigiert werden. Übersehene Frakturen oder fehlerhafte Behandlungen haben daher häufig Dauerschäden und Wachstumsstörungen mit schweren Funktionsstörungen zur Folge. Nachuntersuchungen bei Kindern und Jugendlichen nach Sportunfällen mit mittelschweren und schweren Ellenbogenverletzungen (Abbreviated Injury Scale ≥ 2) ergaben, dass bei 43 % permanente Unfallfolgen vorlagen. Vor allem bei schweren Ellenbogenverletzungen sollten die Eltern daher frühzeitig auf notwendige Nachuntersuchungen und eventuell erforderliche Korrekturoperationen infolge von Wachstumsstörungen und Achsenfehlstellungen aufgeklärt werden. Literatur Blount, W.P. (1957): Knochenbrüche bei Kindern. Thieme, Stuttgart Crawford, C., W.C. Campbell, M. Waters, J.B. Emans, J.R. Kasser, M.B. Millis (1995): Neurovascular injury and displacement in type III supracondylar humerus fractures. J Pediatr Orthop 15: 47 – 52 Ekkernkamp, A., G. Muhr (1989): Indikationen zur Korrektur posttraumatischer Fehlstellungen nach kondylären Humerusfrakturen des Kindes. In: Willert/Pieper: Korrektureingriffe am wachsenden Skelett. Springer, Heidelberg: 165 – 172 Ekkernkamp, A., G. Muhr, Ch. Josten, K. Neumann (1986): Fehlstellung nach kondylären Humeusfrakturen des Kindes. In: Brandesky, G., A.M. Holschneider: Kinderchirurgie – Kongreßberichte der Scandinavian Association of Pediatric Surgeons, der Deutschen, der Schweizerischen und der Östereichischen Gesellschaft für Kinderchirurgie. Hippokrates, Stuttgart. 147 – 150 Engert, J., K. Wilhelm, G. Simon (1980): Nervenläsionen nach Verletzungen oberer Extremitäten im Kindesalter. Z Kinderchir 30 (Suppl) 1: 117 – 121 Flynn, J.C., J.G. Matthews, R.L. Benoit (1974): Blind pinning of displaced supracondylar fractures of the humerus in children. J Bone Joint Surg 56: 263 – 272 Fowles, J.V., M.T. Kassab, T. Moula (1984): Untreated intra-articular entrapment of the medial humeral epikondyle. J Bone Joint Surg Br 66: 562 – 565 Franke, C., H. Reilmann, M. Weinreich (1992): Langzeitergebnisse der Behandlung von supracondylären Humerusfrakturen bei Kindern. Unfallchirurgie 95: 401 – 404 Gartland, J.J. (1959): Management of supracondylar fractures of the humerus in children. Surg Gynecol Obstet 109: 145 – 154
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich M. Strassmair und K. Wilhelm
15.2.1 Einleitung
Bei der Betrachtung von Verletzungen und Verletzungsfolgen im Bereich des Handgelenks ist dieses stets als funktionelle sowie komplexe Einheit aus Radius, Ulna und Karpalknochen sowie den dazu gehörigen Kapselbandstrukturen zu sehen. Frakturen, Luxationen und Kapsel-Band-Verletzungen können isoliert oder in Kombination auftreten. Auch wenn die Verletzungsbilder in ihrer Diagnostik und Therapie einzeln aufgeführt werden, ist bei der Festlegung der Behandlung eines traumatisierten Handgelenks immer nach weiteren Verletzungsfolgen zu fahnden. Beim Vorliegen einer Fraktur sollte nach Hinweisen für zusätzliche Verletzungen in der Umgebung gesucht werden. Liegt lediglich eine Fraktur vor, so richtet sich das weitere Vorgehen nach der Art des erkannten Knochenbruchs.
15.2.2 Distale Radiusfraktur Definition Knochenbruch im Bereich des distalen Endes der Speiche.
Ätiopathogenese Die Ursache für eine Radiusfraktur ist in der Regel ein Sturz auf die meist extendierte Hand (Colles-Fraktur) oder auf die flektierte Hand (Smith-Fraktur). Die Kraftübertragung erfolgt durch eine Hebelwirkung über die Langfinger und den Daumen bis zu den Karpalknochen und deren derbe Kapselbandstrukturen am Handgelenk sowie in entgegen gesetzter Richtung. Zu einem Knochenbruch der Speiche kommt es bei einer Krafteinwirkung von 105 – 440 kp. Im Durchschnitt treten Frakturen bei Männern bei einer Belastung von 282 kp und bei Frauen bei einer Belastung von 195 kp auf (Frykman 1967).
Klassifikation Im deutschsprachigen Bereich ist die Klassifikation der AO die gebräuchlichste Einteilung (Tab. 15.8). Nach dem ABCSchema erfolgt die Einteilung in: 쐌 A1: extraartikuläre Fraktur der Ulna, Radius intakt, 쐌 A2: extraartikuläre Fraktur des Radius, einfach und impaktiert, 쐌 A3: extraartikuläre Fraktur des Radius, mehrfragmentär, 쐌 B1: partiell artikuläre Fraktur des Radius sagittal, 쐌 B2: partielle artikuläre Fraktur des Radius und dorsale Kante (Barton), 쐌 B3: partielle artikuläre Fraktur des Radius mit volarer Kante (Reversed Barton), 쐌 C1: vollständige artikuläre Fraktur des Radius intraartikulär einfach, metaphysär einfach, 쐌 C2: vollständige artikuläre Fraktur des Radius, artikulär einfach, metaphysär mehrfragmentär, 쐌 C3: vollständige artikuläre Fraktur des Radius, mehrfragmentär (Abb. 15.23). Zusätzlich wird die Hyperextensionsfraktur als CollesFraktur und die Hyperflexionsfraktur als Smith-Fraktur bezeichnet, für die eine Einteilung nach Thomas zur Verfügung steht (Abb. 15.24). Zur genaueren Beschreibung der intraartikulären Colles-Frakturen hat sich die Klassifikation nach Frykman bewährt: 쐌 Typ I: extraartikuläre Fraktur ohne Ulnafraktur, 쐌 Typ II: extraartikuläre Fraktur mit Ulnafraktur,
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Tab. 15.8
AO-Klassifikation der Radiusfraktur
A1
extraartikuläre Fraktur der Ulna, Radius intakt
A2
extraartikuläre Radiusfraktur, einfach und impaktiert
A3
extraartikuläre Radiusfraktur, mehrfragmentär
B1
partiell artikuläre Radiusfraktur, sagital
B2
partiell artikuläre Radiusfraktur, dorsale Kante
Epidemiologie
B3
partiell artikuläre Radiusfraktur, volare Kante
Da die distale Radiusfraktur mit 25 % an den Frakturen des menschlichen Skeletts beteiligt ist, steht sie an erster Stelle. Der wichtigste Grund ist die postmenopausale osteoporotische Veränderung der Knochenstruktur bei Frauen im 5. – 7. Lebensjahrzehnt.
C1
vollständig artikuläre Radiusfraktur, artikulär einfach, metaphysär einfach
C2
vollständig artikuläre Radiusfraktur, artikulär einfach, metaphysär mehrfragmentär
C3
vollständige mehrfragmentäre artikuläre Radiusfraktur
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Abb. 15.23
AO-Klassifikation der distalen Radiusfraktur nach Müller.
쐌 Typ III: intraartikuläre Fraktur mit Beteiligung der radiokarpalen Gelenkfläche ohne Ulnafraktur, 쐌 Typ IV: intraartikuläre Fraktur mit Beteiligung der radiokarpalen Gelenkfläche mit Ulnafraktur, 쐌 Typ V: intraartikuläre Fraktur mit Beteiligung des distalen Radioulnargelenks ohne Ulnafraktur, 쐌 Typ VI: intraartikuläre Fraktur mit Beteiligung des distalen Radioulnargelenks mit Ulnafraktur,
쐌 Typ VII: intraartikuläre Fraktur mit Beteiligung der Radiokarpalfläche und des distalen Radioulnargelenks ohne Ulnafraktur, 쐌 Typ VIII: intraartikuläre Fraktur mit Beteiligung der Radiokarpalfläche und des distalen Radioulnargelenks mit Ulnafraktur (Abb. 15.25).
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
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Bildgebende Diagnostik Zur Beurteilung der distalen Radiusfraktur ist in der Regel eine konventionelle Röntgenaufnahme in 2 Ebenen ausreichend. Zur Beurteilung der Radiokarpalwinkel sowie der Stellung der Karpalknochen ist jedoch dringend auf Abbildungen im streng anterior-posterioren sowie streng seitlichen Strahlengang zu achten. Zur Beurteilung der Gelenkfläche im Bereich der Fossa lunata ist eine Schrägaufnahme in 22° Außenrotation des Handgelenks hilfreich. Ist das Frakturgeschehen in seinem gesamten Ausmaß nicht voll abzuschätzen, sollte die Computertomographie mit der Möglichkeit einer 3D-Darstellung genutzt werden. (Abb. 15.27 a – c).
Therapie
Abb. 15.24
Einteilung der Smith-Frakturen nach Thomas.
Typ 1: extraartikulär, transversal, Typ 2: extraartikulär, querverlaufend mit palmarer Dislokation des Karpus, Typ 3: intraartikulär mit palmarer Dislokation des Karpus und Dislokation des palmaren Radiusfragments.
Im internationalen Gebrauch findet sich zusätzlich eine Klassifikation nach Melone für intraartikuläre Frakturen und die Mayo-Klassifikation (Abb. 15.26 a u. b).
Diagnostik Klinische Diagnostik Bei der klinischen Untersuchung fällt neben einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung des Handgelenks und einer Schwellung oftmals eine Fehlstellung als Ausdruck einer Dislokation auf. So spricht man bei starker Einstauchung des distalen Radiusfragments von einer Bajonett-Stellung und bei ausgeprägter Dislokation des körperfernen Fragments von einer Fourchette-Stellung. Oftmals ist ein Hämatom vornehmlich palmarseitig im Bereich der Linea rascetae (Rascetta) zu finden. Bei der klinischen Erstuntersuchung müssen die periphere Durchblutungssituation, der neurologische Status der Nn. medianus und ulnaris sowie die Funktion der Beugesehnen und Strecksehnen überprüft und dokumentiert werden (Christophe 1953).
Die Therapie richtet sich vornehmlich nach Art und Ausprägung der knöchernen Veränderungen. Als Entscheidungshilfe stehen so genannte Instabilitätskriterien zur Verfügung. Diese sind eine radioulnare Separation sowie eine Abrissfraktur des Processus styloideus ulnae als Ausdruck einer Ruptur des Lig. radioulnare anterior und posterior, eine metaphysäre Trümmerzone, eine ausgeprägte Abscherung der Fragmente sowie ein Ulnavorschub im Sinne einer deutlichen Radiusverkürzung. Das Vorliegen von mehr als einem Instabilitätskriterium gilt als Indikation zur operativen Intervention (Tab. 15.9) (Abb. 15.28). Konservative Therapie Die Indikation zur konservativen oder operativen Behandlung wird von dem Wissen einer möglichen Sinterung der Frakturzone und Abkippung des distalen Fragments geleitet. Wichtig ist die konkrete Unterscheidung einer stabilen von einer instabilen Fraktur. Bei der konservativen Therapie der distalen Radiusfraktur unterscheidet man anatomisch regelrecht stehende Brüche von solchen mit einer repositionsbedürftigen Dislokation der Fragmente. Bedarf es einer Reposition, so erfolgt diese über so genannte „Mädchenfänger“ im Aushang mit einem Gegengewicht von 3 – 5 kg in Plexusanästhesie oder im Bier-Block. Die Aushängezeit sollte vor den ersten Repositionsmanövern mindesten 15 Minuten betragen. Bei vitaler Kontraindikation kann die Reposition auch in
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Tab. 15.9
Instabilitätskriterien
쐌 radioulnare Separation, Abriss des Lig. radioulnare 쐌 Abrissfraktur des Processus styloideus ulnae 쐌 metaphysäre Trümmerzone 쐌 Abscherung der Fragmente 쐌 relativer Ulnavorschub
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Abb. 15.25 Klassifikation der distalen Radiusfrakur nach Frykman.
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
Bruchspaltanästhesie erfolgen, wenngleich diese Methode ein weitaus höheres Risiko für die Entstehung einer Reflexdystrophie in sich birgt. Das erreichte Repositionsergebnis wird mit einem primär gespaltenen zirkulären Gips retiniert. Bei guter anatomischer Wiederherstellung und ohne Vorliegen eines Abrisses des Processus styloideus ulnae genügt ein Unterarmgips, der bis zu den Metakarpophalangealgelenken II–V reicht und die erste Kommisur einschließt. Diese Art der Versorgung gestattet eine kontinuierliche Beübbarkeit der Langfinger und des Daumens. Bei allen Frakturen mit Abriss des Processus styloideus ulnae sowie nach schwieriger Reposition ist initial das Ellenbogengelenk in 110°-Streckung und leichter Supination in die Immobilisation einzubeziehen. Hierbei wird das Hand-
gelenk in eine mittlere Funktionsstellung oder in speziellen Fällen in eine so genannte Schede-Stellung (palmar flektiertes Handgelenk mit Ulnarduktion) gebracht. Vor allem nicht oder gering dislozierte Frakturen vom AO-Typ A können in dieser Art behandelt werden. Während der konsequenten Ruhigstellungsbehandlung über 6 Wochen sind regelmäßige Röntgenkontrollen angezeigt. Besteht anfänglich ein Oberarmgips, so kann dieser in der Regel nach 3 Wochen in einen Unterarmgips umgewandelt werden. Die erste Röntgenkontrolle erfolgt direkt nach der Reposition, weitere Röntgenkontrollen dann 8 – 14 Tage später zum Gipswechsel oder nach der Gipszirkulierung sowie nach 4 Wochen. Bei Anzeichen einer Dislokation sollte so früh wie möglich ein Verfahrenswechsel durchgeführt werden.
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
Abb. 15.26 a u. b Klassifikationen der intraartikulären distalen Radiusfraktur. a Klassifikation nach Melone. 1 Radiusschaft 2 Region des Processus styloideus radii 3 dorsomediale Facette 4 mediopalmare Facette
a 2 3
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Fortsetzung 䉴
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4 4
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1
III
IV
Operative Therapie Viele wissenschaftlichen Arbeiten haben in der Vergangenheit belegt, dass die anatomische Rekonstruktion der distalen Radiusfraktur die Grundvoraussetzung für ein gutes späteres Therapieergebnis darstellt (Aro u. Koivunen 1991, McQueen u. Caspers 1988). Kommt es zu einer Gelenkstufe von mehr als 2 mm im Bereich der radialen Gelenkfläche, besteht eine Radiusverkürzung von mehr als 5 mm, und ist der seitliche Radiokarpalwinkel mehr als 20° nach dorsal geneigt, sind schwerwiegende Langzeitschäden die Folge. Die Entstehung einer Radiokarpalarthrose ist hier in nahezu allen Fällen zu erwarten, die grobe Kraft der Hand ist dauerhaft um 50% gemindert, und eine mehr oder weniger ausgeprägte karpale Subluxa-
V
tion mit einer Handgelenkinstabilität liegt vor (Amadio u. Botte 1987, McMurtry u. Mitarb. 1989, Taleisnik u. Watson 1984). Die Indikation zur operativen Therapie ergibt sich aus dem Vorliegen der einzelnen Instabilitätskriterien. Liegt mehr als eines dieser Kriterien vor oder ist die Fraktur initial nicht geschlossen reponierbar beziehungsweise retinierbar, so gilt sie als instabil (Cooney 1989). Aus dem radiologischen Bild leiten sich nun verschiedene mögliche Vorgehensweisen ab.
Kirschner-Draht-Osteosynthese. Zur Versorgung mittels Spickdrähten stehen verschiedene Techniken zur Verfügung. Diese Verfahren eignen sich für dislozierte, jedoch gut reponierbare, extraartikuläre Frakturen ohne
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Abb. 15.26 a u. b (Fortsetzung) b Mayo-Klassifikation. L Os lunatum S Os scaphoideum RS Processus styloideus radii
Typ I undislozierte distale Radiusfraktur
b
intraartikulär Typ II Fraktur des Processus styloideus radii
Typ III Impaktion der Fossa lunata (die-punch-Verletzung)
Typ IV intraartikuläre Mehrfragment-Fraktur
dorsal L S
RS
L Radius
intraartikulär
die Punch" "
Radius
Radius ventral
intraartikulär
weitere Instabilitätskriterien (Ring u. Jupiter 2000). Als Kontraindikation werden instabile, intraartikuläre Frakturen sowie alte Patienten mit Osteoporose gesehen (Cooney 1998). Die Spickung erfolgt nach Reposition im Aushang perkutan unter Operationsbedingungen und Bildwandlerkontrolle. Es sollten Drähte der Stärke 2,0 – 2,6 mm verwendet werden. Beim Einbringen der Drähte ist auf die Schonung von Sehnen und Nerven zu achten. Wir bevorzugen zur Infektprophylaxe ein subkutanes Versenken der Pinenden. Am weitesten verbreitet sind die Osteosynthesen nach De Palma und nach Karpandji. Bei der Spickung nach De Palma werden die Kirschner-Drähte von radial durch den Processus styloideus radii eingebracht. Auf eine sichere Verankerung in der Gegenkortikalis ist unbedingt zu achten. Zur Stabilisation der Fraktur sollten 3 – 4 KirschnerDrähte ausreichen. Bei einer unsicheren Fixation sowie einem weichen Knochen können die Drähte zur zusätzlichen Stabilisation weiter in die intakte distale Ulna gebohrt werden (Rayhack-Technik). Hierbei wird eine zusätzliche Stabilisation über die fest stehende Ulna erreicht (Dobins u. Linscheid 1975). Bei der Versorgung nach Karpandji werden die Drähte direkt in die Frakturzone eingebracht. Die Pins können unter Bildwandlekontrolle als Hebel zur Reposition des abgekippten Fragments genutzt werden, bevor sie stabil in der Gegenkortikalis verankert werden. In der Regel wer-
intraartikulär
den 2 Drähte von dorsal und 2 Drähte von radial eingebracht (Karpandji 1987) (Abb. 15.29 a – c). Palmare Fragmente des Radius können perkutan mit einem Kirschner-Draht durch die Sehne des M. flexor carpi radialis fixiert werden. Hierbei wird zusätzlich der, eine Dislokation des Fragments begünstigende, Zug dieser Sehne neutralisiert (Ziran u. Mitarb. 2000). Die Kirschner-Drähte werden 6 Wochen belassen. Eine Gipsimmobilisation ist für die gesamte Zeit erforderlich. Auch hier sind regelmäßige Röntgenkontrollen angezeigt und bei Anzeichen der Redislokation sowie Sinterung der radialen Gelenkfläche ein Verfahrenswechsel anzustreben.
Plattenosteosynthese. Die Plattenosteosynthese stellt beim Vorliegen mehrerer Instabilitätskriterien und größerer Fragmente die Therapie der Wahl dar. Es besteht die Möglichkeit der offenen Reposition der Fraktur sowie einer Entlastung des Frakturhämatoms im Handgelenk und ggf. der Sehnenfächer. Beim Vorliegen eines größeren knöchernen Spongiosadefekts besteht die Möglichkeit der Implantation von Knochenersatzstoffen, wie lyophilisierten Tierknochen oder Blöcken aus Hydroxylapatit. Die beste Wahl ist hierbei ein autologer kortikospongiöser Span. Zur Osteosynthese finden verschiedene Arten von Platten Verwendung. Neben den AO-Platten in T- oder L-Form sind die Pi-Platten zu nennen. Ein neues Konzept stellen die Titan-Matrix-Platten mit gewissen Vorzügen
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
b
a Abb. 15.27 a–c Radiusfraktur: In der konventionellen Röntgenaufnahme (a) wenig dislozierte distale Radiusfraktur AO-Typ C2. In der Computertomographie (b u. c) zeigt sich eine Einstauchung der Radiusmetaphyse in die Epiphyse. Zusätzlich ist eine massive Destruktion in der radialen Gelenkfläche zu erkennen.
Abb. 15.28
c
Rekonstruktionsbedürftige Strukturen im Bereich des Handgelenks bei der distalen Radiusfraktur.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
a
Abb. 15.29 a–c Kirscher-Draht-Osteosynthese nach Karpandji. Anterioposteriore Ansicht (a), seitliche Ansicht (b) und Spickung einer distalen Radiusfraktur nach Karpandji (a.-p. Strahlengang) (c).
b
Trümmerzone. Je nach erreichter Stabilität ist bei dieser Art der Versorgung eine Ruhigstellung von 2 – 3 Wochen auf einer Gipslonguette ausreichend. Hiermit wird eine frühfunktionelle Übungsbehandlung ermöglicht. Bei der Hyperflexionsfraktur (Smith-Fraktur) erfolgt die Plattenosteosynthese palmarseitig. Die zusätzliche Spaltung des Karpalkanals ist obligat. Auf eine Schonung des N. medianus und seines Seitenastes, den R. palmaris, muss geachtet werden (Straßmair u. Wilhelm 2000).
Schraubenosteosynthese. Die alleinige Anwendung von Schrauben eignet sich vor allem bei Frakturen mit großen Fragmenten. Hierzu zählen die Chauffer-Fraktur (AO-Typ B1) und die Barton- bzw. Reversed-Barton-Fraktur (AOTyp B2 und B3). Zum Einsatz kommen AO-Zugschrauben der Größe 2,8 und 3,5 mm. Einige Brüche, vor allem aus der Gruppe der Chauffeurfrakturen, eignen sich für ein minimalinvasives Vorgehen. Nach halbgeschlossener Reposition können hier unter Bildwandlerkontrolle über den Processus styloideus radii Kirschner-Drähte und darüber kanülierte Zugschrauben eingebracht werden. Durch diese Verfahren wird eine sehr stabile Osteosynthese erreicht (Abb. 15.32 a u. b). c
dar. Hierbei stehen im Gegensatz zur T- oder L-Platte zahlreichere Schraublöcher zur Verfügung. Diese Bohrungen sind so angeordnet, dass sie eine gezielte Fixation der Fragmente zulassen und somit eine Schraubenimplantation in Frakturlinien vermieden wird (Abb. 15.30 u. 15.31). Die Indikation zur Plattenosteosynthese stellt sich bei allen Radiusfrakturen bei mehr als einem Instabilitätskriterium, jedoch vor allem bei den stark dislozierten, impaktierten, intraartikulären Frakturen mit metaphysärer
Fixateur externe. Die externe operative Fixation von Frakturen langer Röhrenknochen ist auch bei der distalen Radiusfraktur gängig. Es sind hierfür die verschiedensten Apparaturen kommerziell erhältlich. Das Prinzip besteht in der Traktion zwischen 2 Schanz-Schrauben proximal der Fraktur im Radius sowie 2 Schanz-Schrauben im Os metacarpale II. Hierbei ist auf die Schonung subkutaner Venen zu achten und die bekannten Nervenverlaufsbahnen sind zu respektieren. Über die Schrauben, die durch 2 Längsstangen verbunden sind, kann nun eine Reposition unter Zug mit anschließender Retention durchgeführt werden. Es besteht zusätzlich die Möglichkeit einer perkutanen Fixation von nicht reponierten Fragmenten. Engmaschige
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
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Abb. 15.30 a u. b Dislozierte distale Radiusfraktur im a.-p. (a) und seitlichen (b) Strahlengang.
a
b
Abb. 15.31 a u. b Versorgungsbilder einer distalen Radiusfraktur mit einer Matrix-Titanplatte.
a
b
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Abb. 15.32 a u. b ChauffeurFraktur. Distale Radiusfraktur AO-Typ B1 im a.-p. Strahlengang (a) und Versorgungsbild mit 2 Solitärschrauben (b).
a
b
Röntgenkontrollen sind wegen der Gefahr einer Redislokation wichtig. Nicht selten muss nach 3 – 4 Wochen ein Verfahrenswechsel durchgeführt werden. Die Behandlung mittels Fixateur externe birgt zwei grundsätzliche Probleme. Zum einen ist im Vergleich zur offenen Reposition die anatomische Rekonstruktion nur selten zu erreichen. Zum anderen werden nicht unerhebliche Traktionskräfte auf das Handgelenk ausgeübt. Es kommt zu einer Dehnung der Intrinsic- und Extrinsic-Bänder, die ohnehin durch den Unfall vorgeschädigt sind. Auf Zusatzverletzungen wie karpale Frakturen kann ein Längszug eine fatale Wirkung ausüben. Die Konstruktion selbst wird von den Patienten oftmals als störend und belastend empfunden. Die Domäne des Fixateur externe ist bei der Versorgung offener Radiusfrakturen mit erheblichem Weichteiltrauma zu finden.
Komplikationen Eine Vielzahl von Komplikationen können im Gefolge einer distalen Radiusfraktur auftreten. Sie sollten möglichst frühzeitig erkannt, ihre Ursache beseitigt oder ihre funktionelle Auswirkung behoben werden. Von Frühkomplikationen spricht man bei Veränderungen in den ersten 72 Stunden nach dem Trauma. Hierzu zählen eine Dehnung oder Kontusion des N. medianus und des N. ulnaris sowie das akute Karpaltunnelsyndrom. Alle Arten von Sehnenverletzungen sowie knöchernen Begleitverletzungen des Karpus sind möglich. Verletzungen der Intrinsic- und Extrinsic-Bänder sowie des TFCC (ulnokarpaler Komplex) und des distalen Radioulnargelenks sind nicht selten. Hinzu kommen ausgeprägte Schwellungs-
zustände und Hämatome sowie iatrogene Probleme, wie zu enge Gipsverbände oder inkorrekte Osteosynthese. Zu den intermediären Komplikationen zählen der Verlust des initial erreichten Repositionsergebnisses, das Karpaltunnelsyndrom, eine Instabilität des distalen Radioulnargelenks sowie Dysästhesien im Versorgungsbereich der sensiblen Äste des N. radialis und der Verlust der Kongruenz der Interkarpalgelenke. Langfristige Komplikationen sind die Ausbildung einer Radiokarpalarthrose und einer Arthrose des distalen Radioulnargelenks mit Instabilität sowie alle Arten von Nervenkompressionssyndromen im Bereich des Handgelenks. Zusätzlich kann sich eine Reflexdystrophie (Morbus Sudeck) ausbilden. Außerdem können sowohl Sehnenverklebungen als auch Sehnenrupturen, vor allem der Sehnen des M. extensor pollicis longus sowie einer Schrumpfung des Kapsel-Band-Apparates der kleinen Gelenke auftreten. Bei inadäquater Knochenheilung kann eine Pseudarthrose oder bei der Unterarmfraktur ein Brückenkallus entlang der Membrana interossea entstehen (Tab. 15.10). Als wirksame Präventionsmaßnahme gegen die Ausbildung einer Reflexdystrophie hat sich die Plexusblockade mittels Katheter für 4 – 6 Tage bewährt.
Ergebnisse Ziel der Versorgung einer distalen Radiusfraktur ist das baldige Wiedererlangen einer guten Beweglichkeit des Handgelenks und eines kraftvollen Griffs. Hierfür ist eine möglichst anatomische Rekonstruktion der verletzten Strukturen unerlässlich. Bei dislozierten Frakturen, die einer exakte Reposition bedürfen, ist dies am besten mit
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
____
Tab.15.10
Folgen fehlender Rekonstruktion
Struktur
Folge fehlender Rekonstruktion
Distale Gelenkfläche
Inkongruenz der Gelenkflächen verursacht eine Radiokarpalarthrose. Maximale Gelenkstufe von 2 mm.
Distales Radioulnargelenk
Bei fehlender Wiederherstellung des Radioulnargelenks nach Sinterung der Radiusmetaphyse entstehen Bewegungseinschränkungen bei der Pronation und Supination des Unterarms.
Winkelverhältnisse
Die fehlende Wiederherstellung der korrekten Winkelverhältnisse (Böhler-Winkel) verursacht Bewegungseinschränkungen bei der Flexion und Extension des Handgelenks.
Karpoulnarer Raum
Bei fehlender Wiederherstellung des karpoulnaren Raums nach Sinterung der Radiusmetaphyse entstehen schmerzhafte Bewegungseinschränkungen bei der Pronation und Supination des Unterarms sowie bei der Ulnarduktion der Hand.
einer offenen Reposition und Plattenosteosynthese zu erreichen (Stohr u. Holz 2000). Neben einer Schmerzbehandlung und Sympathikolyse mittels Plexuskatheter für 1 Woche hat sich der Beginn einer Lymphdrainagentherapie bereits am ersten Tag sehr bewährt. Nach Abschwellung kann bereits wenige Tage postoperativ mit einer Bewegungstherapie begonnen werden. Eine stabile Versorgung ermöglicht eine kurze Ruhigstellungszeit von ca. 2 Wochen und damit eine baldige Rückkehr der Funktion. Bei jeder Art der Versorgung bleiben die Langfinger und der Daumen von der Ruhigstellung ausgeschlossen und frei beübbar.
Offene Radiusfraktur Definition Als offene Radiusfraktur wird ein Bruch der Speiche mit einer mehr oder weniger ausgeprägten Schädigung der Weichteildeckung bezeichnet.
Ätiopathogenese Im Zuge einer Hyperextensions- oder Hyperflexionsfraktur kommt es bei ausreichend großer Gewalteinwirkung und spitzen Knochen zur Durchspießung der Haut durch Knochenfragmente (erstgradig offen). Bei größerer direkter Gewalteinwirkung ist aufgrund von ausgedehnten Weichteildefekten mit einem partiellen Freiliegen des Knochens zu rechnen (zweitgradig). Massive äußere Gewalteinwirkungen, z. B. bei Rasanz- oder Überrolltraumen, führen zu Weichteildefekten mit Haut- und Muskelnekrosen sowie Verschmutzungen der tiefer gelegenen Areale. Neben
477
dem Freiliegen von Knochenanteilen können Schädigungen von Gefäßen und Nerven auftreten (drittgradig).
Epidemiologie Bei der offenen distalen Radiusfraktur handelt es sich um eine Sonderform des Unterarmbruchs. Statistisch finden sich in etwa 10% aller Frakturen erstgradig offene Verletzungen. Zweitgradig offene Verletzungen sind in ca. 3 % aller Fälle zu erkennen. Drittgradig offene Verletzungen stellen eine seltene Unfallfolge dar und sind in der Regel mit umfangreicheren Zusatzverletzungen kombiniert.
Diagnostik Klinische Diagnostik Neben den typischen Frakturzeichen ist oftmals nur eine blutende Hautwunde als Ausdruck eines Durchspießens und anschließenden Selbstreponierens der Frakturenden zu erkennen. Bei der Erstuntersuchung sind die periphere Durchblutungssituation sowie ein orientierender neurologischer Status unbedingt zu dokumentieren. Bildgebende Diagnostik In der Regel reicht eine konventionelle Röntgenaufnahme in 2 Ebenen zur sicheren Diagnosestellung aus.
Therapie Operative Therapie Die offene distale Radiusfraktur stellt eine Indikation zur sofortigen operativen Intervention dar. Der Eingriff sollte innerhalb der üblichen Frist von 6 Stunden durchgeführt werden. Bei Weichteilverletzungen von weniger als 2 cm ist ein primärer Wundverschluss nach Débridement möglich. Alle größeren Hautdefekte müssen initial debridiert und nach einem Intervall von 48 – 72 Stunden sekundär verschlossen werden.
Osteosynthese. Offene Radiusfrakturen Grad 1 sind einer Plattenosteosynthese zugängig, Grad 2 und 3 werden aufgrund des Infektrisikos üblicherweise mit einem Fixateur externe behandelt. Hierbei besteht nach Abheilung der Hautwunden die Möglichkeit zum Verfahrenswechsel hin zur Plattenosteosynthese. Eine perioperative Infektprophylaxe mit einem Cephalosporin der 2. Generation intravenös als „Single Shot“ ist obligat. Eine Ausweitung der Antibiose hängt vom Verschmutzungsgrad sowie Lokalbefund ab. Sinnvoll ist die Abnahme eines bakteriologischen Abstrichs vor der ersten Antibiotikagabe. Nachbehandlung In der Phase der Nachsorge ist neben den üblichen abschwellenden Maßnahmen und den routinemäßigen Röntgenkontrollen auf eine ausreichende antibiotische Abdeckung zu achten. Aufgrund der fatalen Folgen einer Osteomyelitis ist die Indikation hier großzügig zu stellen.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Eine regelmäßige Überprüfung der Infektparameter ist obligat.
Komplikationen Die typischen Komplikationen der offenen distalen Radiusfraktur ist die Infektion. Bei oberflächlichen Weichteilinfekten ist eine baldige Revision mit Débridement anzustreben. Erste Erfahrungen mit der Jet-Lavage werden hier als Erfolg versprechend bewertet. Eine Osteomyelitis kann zur Entfernung jeglichen Osteosynthesematerials sowie einer lokalen Antibiotikatherapie zwingen.
Begleitverletzungen bei distalen Radiusfrakturen Definition Zu den Begleitverletzungen bei distalen Radiusfrakturen zählen neben Verletzungen des Kapsel-Band-Apparates die karpalen Frakturen und Luxationen sowie eine Fraktur des distalen Ulnaendes.
Abb. 15.33 Versorgungsbild einer kombinierten Skaphoid- und Radiusfraktur im a.-p. Strahlengang.
Ätiopathogenese Entsprechend der Gewalteinwirkung und des Kraftflusses kann es zu den verschiedensten Zusatzverletzungen kommen. Man findet derartige Veränderungen vorwiegend bei Patienten im 3. und 4. Lebensjahrzehnt, da bei älteren Patienten durch den weniger stabilen Knochen die Hauptkraft einer Verletzung über die Radiusfraktur selbst abgeleitet wird.
Diagnostik Klinische Diagnostik Eine eingehende klinische Untersuchung ist in der Regel bei frisch traumatisierten Patienten nur bedingt möglich. Typische druckschmerzhafte Zonen vor allem im Bereich der Tabatiere oder im Bereich der distalen Ulna können jedoch wertvolle Hinweise zur gezielten Suche nach zusätzlichen Veränderungen auf den Röntgenaufnahmen geben. Bildgebende Diagnostik Als Standarddiagnostik ist das Röntgenbild in 2 Ebenen anzusehen. Ergeben sich hier Anhaltspunkte für zusätzliche Verletzungen, so muss nach diesen eventuell mit einer erweiterten Diagnostik gefahndet werden. Hierbei kommen Verfahren wie die Handgelenkschrägaufnahme und die Karpaltunneltangentialaufnahme zum Einsatz. Hilfreich zur Identifikation okkulter Frakturen sind die Computertomographie und die Kernspintomographie.
Therapie Liegen neben einer distalen Radiusfraktur zusätzliche Verletzungen vor, ist die Versorgung des Speichenbruchs stets mit einer T-Platte indiziert (Wilhelm u. Strassmair 1999) (Abb. 15.33). Hiermit wird der stabile Grundstein zur weiteren Behandlung gesetzt. Die spezielle Behandlung der Zusatzverletzung erfolgt dann entsprechend der jeweiligen pathologischen Veränderung und der Behandlungsprinzipien bei Karpalfrakturen, Luxationen und KapselBand-Verletzungen. Nachbehandlung Neben der üblichen Nachbehandlung einer distalen Radiusfraktur kann eine Zusatzverletzung aufgrund ihrer Therapie die Immobilisationsdauer verlängern.
Folgezustände der distalen Radiusfraktur Definition Als Folgezustände der distalen Radiusfraktur sind alle klinischen und anatomischen Residuen verschiedener Relevanz und Ausprägung zu werten. Eine Nachuntersuchung von 2132 Patienten konnte belegen, dass in 97 % aller Fälle ein wie auch immer geartetes Handicap aufgetreten war (Bacorn u. Kurtzke 1953). Fehlstellungen der physiologischen Winkelverhältnisse sowie ein relativer Ulnavor-
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
schub sind die Hauptursachen für Beschwerden und betreffen die Colles-Fraktur (Campell 1937).
Ätiopathogenese Ziel der Versorgung einer distalen Radiusfraktur ist die Wiederherstellung aller anatomischen Strukturen. Zu einer Fehlstellung kommt es vor allem durch Fehllage der Radiokarpalwinkel und durch eine Störung des distalen Radioulnargelenks bzw. eine Impaktion des karpoulnaren Raums bei relativem Ulnavorschub als Ausdruck einer Sinterung der Frakturzone am Radius. Hierfür verantwortlich ist eine frühzeitige Redislokation bei der konservativen Therapie. Die Sinterung nach Wochen, auch nach der Entfernung von Kirschner-Drähten sowie eine initiale schlechte Reposition werden ebenfalls als Ursachen angegeben (Altissimi u. Mitarb. 1986). Lindström untersuchte bereits 1959 das radiologische Outcome von 515 Patienten nach konservativer Therapie einer distalen Radiusfraktur. In 39 % der Fälle zeigte sich eine leichte Fehlstellung (dorsale Abkippung der radialen Gelenkfläche von 1 – 10° aus der Horizontalebene sowie Radiusverkürzung von 3 – 6 mm). Eine moderate Fehlstellung wurde bei 32 % der Fälle nachgewiesen (dorsale Abkippung der radialen Gelenkfläche von 11 – 25° aus der Horizontalebene sowie Radiusverkürzung von 7 – 11 mm) und 5 % wiesen eine schwerwiegende Fehlstellung auf (dorsale Abkippung der radialen Gelenkfläche über 25° aus der Horizontalebene sowie Radiusverkürzung über 11 mm) (Lindström 1959).
Biomechanik Die häufigste Veränderung bei der in Fehlstellung verheilten Radiusfraktur ist eine dorsale Abkippung der Gelenkfläche. Verantwortlich hierfür ist der über die Frakturzone verlaufende axiale Zug der Handgelenkstabilisatoren (M. flexor und extensor carpi radialis sowie M. flexor und extensor carpi ulnaris). Eine Instabilität der Fraktur, vor allem bei dorsaler Trümmerzone, erhöht das Risiko einer Redislokation erheblich. Ab einer dorsalen Abkippung von 25° ist mit klinischen Beschwerden zu rechnen (Fernandez 1988). Ab einer radiologisch nachgewiesenen Abkippung von 5° muss über eine Korrekturoperation diskutiert werde (De Palma 1952). Durch die physiologische palmare Neigung der proximalen Handwurzelreihe und der daraus kompensatorisch entstehenden dorsalen Neigung der distalen Handwurzelreihe kommt das Handgelenk in eine Neutralposition. Durch eine frakturbedingte Fehlstellung der radialen Gelenkfläche entsteht ein Ungleichgewicht dieses Gefüges. Es resultiert eine mediokarpale Instabilität mit einer dorsalen oder palmaren Subluxation der proximalen Handwurzelreihe je nach Art der Fehlstellung. Hier ist die Ursache für die klinisch auffallende Bewegungseinschränkung des Handgelenks zu suchen (Taleisnik u. Watson 1984). Eine dorsale Abkippung von 45° verursacht zusätzlich eine Umkehr der Kraftverteilung auf
479
Radius und Ulna im Bereich des Handgelenks. Hier wird der Anteil der Ulna bei der Aufnahme der Gesamtlast des Handgelenks von 21 % bis auf 67% gesteigert. Die Folge ist eine Überbelastung des Discus triangularis und des distalen Radioulnargelenks (Short u. Mitarb. 1987). Zusätzlich zu den veränderten Winkelverhältnissen ist meist ein relativer Ulnavorschub aufgrund einer Sinterung der Radius zu finden. Die Ursache hierfür ist der gleiche Mechanismus wie bei der Entstehung pathologischer Winkelverhältnisse. Der Dauerzug der Handgelenksstabilisatoren führt neben einer Dislokation des distalen Fragments zu einer Sinterung der Radiusmetaphyse. Die Folgen sind neben einer schmerzhaften Einschränkung der Handgelenksflexion und Extension eine Einschränkung der Pronation und Supination des Unterarms. Einige Autoren gehen davon aus, dass der relative Ulnavorschub eine größere klinische Relevanz als die meisten Winkelfehlstellungen aufweist (Lindström 1959, Milch 1963). Villar konnte 1987 an einem Kollektiv von 90 Patienten nach konservativ behandelter Radiusfraktur zeigen, dass die Hauptursache aller Beschwerden nach einer derartigen Verletzung die Sinterung des distalen Radius ist (Villar u. Mitarb. 1987). Bereits eine Verkürzung der Speiche um 2 mm verursacht signifikante Veränderungen der Kraftübertragung sowie der Kontaktflächen von Radius und Karpus (Aro u. Koivunen 1991). Eine Höhenminderung von 4 – 6 mm führt unweigerlich zu einem schlechten Therapieergebnis (Jupiter u. Masem 1988). Wie bei allen Gelenkfrakturen muss auch bei der Radiusfraktur auf eine korrekte Rekonstruktion der Gelenkflächen geachtet werden. Dies sowie eine Wiederherstellung der korrekten Winkelverhältnisse verhindert die Entstehung einer posttraumatischen Arthrose. In einer Nachuntersuchung von 512 Patienten konnte Frykman bei 62,6% eine Beteiligung der radiokarpalen und radioulnaren Gelenkfläche finden (Frykman 1967). Bereits eine verbleibende Gelenkstufe von 2 mm erhöht das Risiko der Entstehung einer posttraumatischen Arthrose im Langzeitverlauf auf 91 % (Bradway u. Mitarb. 1989). Hauptursache für die Entstehung eines Niveausprungs in der radialen Gelenkfläche ist das Absinken des ulnaren Frakturfragments. Dieser Anteil der Radiusmetaphyse wird dem Dislokationsmechanismus folgend über den Zug der Flexoren und Extensoren des Handgelenks mit dem Os lunatum wie durch einen Stempel nach proximal getrieben. Diese Situation wird als „Punch Injury“ bezeichnet (Scheck 1962).
Diagnostik Klinische Diagnostik Das Beschwerdebild des Patienten setzt sich aus den einzelnen Faktoren einer Fehlstellung zusammen. Klinisch ist eine aktive Bewegungseinschränkung in allen 3 Ebenen (Flexion/Extension, Radialduktion/Ulnarduktion, Pronation/Supination) möglich. Bei der Inspektion, die stets im Seitenvergleich geschieht, ist oftmals eine dorsale Prominenz des Ulnaköpfchens zu erkennen. Zusätzlich zeigen
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
sich eine schmerzhafte Beweglichkeit und ein deutlicher Kraftverlust. Es kann zu peripheren Nervenkompressionssyndromen vor allem des N. medianus, zur karpalen Instabilität sowie zu Sehnenrupturen und schließlich zur Arthrose kommen.
Tab. 15.11
____ Typ
Radiologisches Bild
I
Fehlstellung der Radiokarpalwinkel
Ia
Abflachung des Radiokarpalwinkels im a.-p. Strahlengang unter 30°
Ib
Fehlstellung des Radiokar- Rekonstruktionsosteopalwinkels im seitlichen tomie mit Interposition Strahlengang eines kortikospongiösen Beckenkammspans unter –10° und über 0°
II
Kombination aus Typ Ia und Typ Ib
dreidimensionale Rekonstruktionsosteotomie mit Interposition eines kortikospongiösen Beckenkammspans
III
Radiusverkürzung mit konsekutivem relativem Ulnavorschub
Verlängerungsosteotomie mit Interposition eines kortikospongiösen Beckenkammspans
IV
Kombination aus Typ I und Typ III
dreidimensionale Rekonstruktionsosteotomie mit Verlängerungsosteotomie durch Interposition eines kortikospongiösen Beckenkammspans
V
fortgeschrittene arthrotische Veränderungen
Va
Radiokarpalarthrose
Denervierung, Handgelenkarthrodese, Handgelenkendoprothese
Vb
Arthrose des distalen Radioulnargelenks
Ulnaköpfchenteilresektion nach Bowers
Bildgebende Diagnostik Zur Erzielung von relevanten Informationen über Art und Ausmaß einer Fehlstellung sind konventionelle Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen meist ausreichend. Der Grad der Veränderungen sollte stets im Vergleich zur unverletzten Seite betrachtet werden. Aus diesem Grund sind Röntgenaufnahmen beider Handgelenke zu fordern. Zur Operationsplanung leistet eine Computertomographie mit anschließender 3D-Rekonstruktion gute Dienste (Bilic u. Mitarb. 1994). Die eindrucksvolle räumliche Darstellung der eingetretenen Abweichungen von der Norm sind für die Beurteilung der Gelenkschäden hilfreich. Auch zusätzliche Begleitverletzungen sowie der Umfang von Knochendefekten können dargestellt werden. Die Folgezustände nach einer distalen Radiusfraktur lassen sich nach ihrem radiologisch-anatomischen Bild unterteilen. Hieraus leitet sich die mögliche operative Therapie ab (Tab. 15.11).
Therapie
Klassifikation der Radiusfehlstellungen nach distaler Radiusfraktur und der sich daraus ergebenden Maßnahmen
Operative Therapie Bei der Wahl der Behandlung von fortbestehenden Beschwerden müssen verschiedene Gesichtspunkte in Betracht gezogen werden. Diese sind die Morphologie der Deformität, die Kongruenz der Gelenkflächen und die Qualität des Knochens. Die funktionellen Ansprüche sowie die Motivation des Patienten fließen in die Therapieplanung ein (Jupiter u. Masem 1988). Es lassen sich 4 große Gruppen von Therapieansätzen unterscheiden: 1. Operationen zur Wiederherstellung der anatomischen Verhältnisse: Dies sind primär Korrekturosteotomien mit dem Ziel der Rekonstruktion der Winkelverhältnisse, der Knochenlänge und Kongruenz des distalen Radioulnargelenks. 2. Weniger invasive Operationen zur Verbesserung der Handgelenkfunktion: Es handelt sich hierbei um Eingriffe am distalen Radioulnargelenk wie die Resektion nach Darrach, die Operation nach Baldwin, die Operation nach Sauve-Karpandji, die Resektionsarthroplastik nach Bowers und die Verkürzungsosteotomie der Ulna. 3. Maßnahmen zur Schmerzausschaltung bei bestehender Arthrose: Hierunter fallen die komplette Handgelenkarthrodese sowie die Denervierung nach A. Wilhelm. 4. Kombinationseingriffe der Punkte 1 – 3: Beispiele hierfür sind die Radiusumstellung plus Arthroplastik nach Bowers oder die Handgelenkarthrodese plus Operation nach Darrach.
Therapie
Rekonstruktionsosteotomie mit Interposition eines kortikospongiösen Beckenkammspans
Radiuskorrekturoperation. Für eine Wiederherstellung der physiologischen Verhältnisse eignen sich besonders aktive, relativ junge Patienten mit anhaltenden Beschwerden nach in Fehlstellung verheilter distaler Radiusfraktur. Hier gilt es, die Gebrauchsfähigkeit der Hand soweit als möglich zu verbessern und die Entstehung einer Früharthrose zu verhindern. Deshalb sollte innerhalb eines Jahres die Korrekturoperation erfolgen. Auffällige arthrotische Veränderungen des Gelenks gelten hier als Kontraindikation. Radiologisch stellt eine Radiusverkürzung von mehr als 5 mm und eine Abkippung von mehr als 25° in einer oder in beiden Ebenen eine eindeutige Operationsindikation dar (Melone 1984). Das Ziel eines Ausgleichs der Winkelverhältnisse mit Wiedererlangung der ursprünglichen Länge des Radius und somit Rekonstruktion des distalen Radioulnargelenks wird durch eine Osteotomie, Interposi-
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
a
trapezförmiger trikortikaler Beckenkammspan
15 mm
Laminaspreizer
481
Abb. 15.34 a u. b Korrekturosteotomie am distalen Radius. a Osteotomie im Bereich der Metaphyse und Ausgleich der Fehlstellung. Einbringen eines trapezförmigen, trikortikalen Beckenkammspans. b Fixation der Osteotomie mittels T-Platte.
45°
45°
b
tion eines angepassten kortikospongiösen Beckenkammspans und einer Plattenosteosynthese erreicht. Die Osteotomiestelle wird in der Linie der stattgehabten Fraktur gewählt und der Beckenkammspan wird so zugerichtet, dass er nach Interposition die pathologischen Winkelverschiebungen ausgleicht. Durch die stabile osteosynthetische Versorgung ist eine frühe Mobilisation möglich (Abb. 15.34 a u. b). Dieses Vorgehen findet seine Anwendung bei einer dorsalen Abkippung über einen dorsalen Handgelenkzugang und bei einer palmaren Abkippung über einen palmaren Handgelenkzugang. Bei dem Vorliegen einer therapiebedürftigen Gelenkstufe besteht zusätzlich die Möglichkeit einer T-förmigen Osteotomie mit Ausgleich dieser Knochendefekte (Abb. 15.35 a – c). Nach einer Ruhigstellung von 3 Wochen wird frühzeitig mit krankengymnastischer Übungsbehandlung begonnen. Eine volle Belastbarkeit ist in der Regel nach 3 Monaten gegeben. Bezüglich des radioanatomischen Befundes, der Beweglichkeit und der Kraftentwicklung werden die Ergebnisse dieser Operation durchwegs als gut beschrieben. Es wird nur wenig über Komplikationen berichtet (Amadio u. Botte 1987, Fernandez 1988, Taleisnik u. Watson 1984) (Abb. 15.36). Ergebnisse von Umstellungsosteotomien aus der Literatur sind in Tabelle 15.12 zusammengefasst.
Verfahren zur Verbesserung der Funktion. Der relative Ulnavorschub stellt eine Hauptkomponente bei der Entstehung von Beschwerden nach einer distalen Radiusfraktur dar (van Schoonhoven u. Mitarb. 1999). Zur Verbesserung der Funktion stehen 5 Operationsverfahren für die Behandlung dieser Problematik zur Verfügung: 쐌 Resektion der distalen Ulna (Operation nach Darrach), 쐌 Teilresektion des Ulnaköpfchens im Sinne einer Resektionsarthroplastik (Operation nach Bowers), 쐌 Segmentresektion der Ulna mit Fusion des distalen Radioulnargelenks (Operation nach Sauve-Karpandji), 쐌 Kürzung der Ulna im mittleren Drittel (Operation nach Baldwin) zur Dekompression des karpoulnaren Raumes, 쐌 Kürzung der Ulna im distalen Bereich zur Dekompression des karpoulnaren Raumes. Ziel ist die Beseitigung eines karpoulnaren Impingements, einer dorsalen Subluxation des Ulnaköpfchens und einer Inkongruenz des distalen Radioulnargelenks. Die Indikation für derartige Eingriffe ist ein ausgeprägter Ulnavorschub oder degenerative Veränderungen des distalen Radioulnargelenks (Fernandez 1988). Als weniger invasive
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482
15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
a
Abb. 15.35 a – c
b
c
Intraartikuläre Korrektur durch T-förmige Osteotomie und Ausgleich mit angepasstem Beckenkammspan.
Tab. 15.12
____
Ergebnisse von Umstellungsosteotomien aus der Literatur
Autor
Abb. 15.36 OP-Situs nach Radiuskorrekturosteotomie und Interposition eines Beckenkammspans und Stabilisation mit TitanPlatte.
Eingriffe eignen sie sich gut für ältere Patienten und Patienten mit einer weniger stabilen Knochenstruktur (Osteoporose).
Operationen zur Schmerzausschaltung. Bei der Entstehung einer posttraumatischen Arthrose kommt es je nach Ausprägung zu einem mehr oder weniger kompletten Funktionsverlust des Handgelenks. Als Restfunktion bleibt oftmals lediglich eine schmerzhafte Wackelbeweglichkeit. In derartigen Fällen ist mit der Durchführung einer kompletten Handgelenkarthrodese eine schmerz-
Anzahl der Patienten
Mittleres Follow Alter UP
Gutes/ exzellentes Ergebnis
Fernandez (1982)
15
34
3,6
10
Coony u. Mitarb. (1983)
17
36
5,7
15
Bora u. Mitarb. (1984)
9
39
3,4
9
Talstein u. Watson
9
36
Ekenstam u. Mitarb. (1985)
28
47
1,5
25
Kerboul u. Mitarb. (1986)
16
42
1,5
12
Amadio u. Botte (1987)
9
49
1,5
9
Roesgen u. Hierholzer (1988)
70
41 – 50
Watson u. Castle (1988)
15
43,4
3,9
11
Chamay u. Rodriguez (1989)
15
37
2,4
12
Pechlander u. Sailer (1989)
33
37
1
33
Sennewald u. Mitarb. (1992)
109
41
9
56
87
freie und kraftvolle Funktion der Hand und der Finger wiederzuerlangen. Dieses Verfahren eignet sich besonders für junge Patienten mit bestehender Radiokarpalarthrose, welche kraftvolle manuelle Tätigkeiten verrichten müssen (s. Kap. 16.3). In einigen Fällen besteht zum zeitlichen He-
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
rausschieben dieser Maßnahme die Möglichkeit einer Handgelenkdenervation nach A. Wilhelm. Diese Operation kann das Fortschreiten einer Radiokarpalarthrose nicht verhindern, aber bei guter Beweglichkeit wertvolle Zeit für den Patienten im Sinne eines schmerzfreien Intervalls gewinnen.
15.2.3 Karpale Frakturen Skaphoidfraktur
Anatomische Besonderheiten Die Blutversorgung des Kahnbeins zeigt eine klinisch relevante Besonderheit. Sie erfolgt ausschließlich vom distalen Pol über den R. palmaris superficialis und den R. carpalis dorsalis der A. radialis. Die Qualität der Durchblutung nimmt folglich nach proximal hin stark ab. Dieser Umstand macht das Kahnbein äußerst empfindlich für die Entstehung einer Pseudarthrose, ganz besonders bei Frakturen im proximalen Drittel. Bei der konservativen Therapie ist in bis zu 60% aller Fällen mit der Entstehung einer Pseudarthrose zu rechnen.
Definition
Epidemiologie
Fraktur des Kahnbeins.
Die Skaphoidfraktur ist die häufigste knöcherne Verletzung des Karpus. Ein auffallend hoher Anteil dieser Knochenbrüche ist bei den so genannten Fun-Sportarten (Inliner, Skatboard, Snowboard) sowie bei Kontaktsportarten zu finden. Aufgrund der Stabilität des Radius handelt es sich vornehmlich um Verletzungen im 2. – 4. Lebensjahrzehnt. Berichte über Skaphoidfrakturen bei Kindern sowie bei Patienten im 8. und 9. Lebensjahrzehnt sind jedoch keine Einzelfälle (Christodoulou u. Colton 1986). Die Inzidenz wird mit 78,8 % aller karpalen Frakturen beschrieben.
Ätiopathogenese Vorwiegend entsteht der Bruch des Kahnbeins bei einer Hyperextension des Handgelenks über 95° bei gleichzeitiger Radialduktion von 10°. Bei einer Krafteinleitung von 209 – 436 kp kommt es zum Knochenbruch. In dieser Position erfolgt die komplette Kraftübertragung der Hand über das Skaphoid (Weber u. Chao 1978). Dabei werden die radiokarpalen Anteile der Handgelenkkapsel entspannt und bieten dem Kahnbein keinen ausreichenden Schutz mehr. Gleichzeitig wird der proximale Pol des Skaphoids über die quer verlaufenden Ligg. radiolunatum und radiocapitatum fest in der Fossa scaphoidei des Radius fixiert. Hierdurch wird bei einer Hyperextension die Biegungsbelastung im Bereich des mittleren Kahnbeindrittels vor allem palmar maximal gesteigert. Die dorsale Radiuskante wirkt bei der Entstehung der Fraktur als Hypomochlion (Abb. 15.37). Je weiter nach radial adduziert sich das Handgelenk im Moment des Traumas befindet, umso weiter proximal ist die Frakturlinie zu erwarten.
483
Klassifikation Zur Einteilung der Kahnbeinfraktur hat sich die Klassifikation nach Herbert und Fischer bewährt. Sie beschreibt als Typ A die stabilen Frakturen. Diese sind unterteilt in A1 als Fraktur des Tuberculums (Abb. 15.38) und A2 als inkomplette Fraktur der Skaphoidtaille mit intakter Gegenkortikalis. Unter Typ B werden instabile Brüche aufgeführt. Dabei sind als B1 die distale Schrägfraktur, als Typ B2 die komplette Fraktur der Taille, als B3 eine Fraktur des Pols und als B4 eine transskaphoidale perilunäre Luxationsfraktur bezeichnet. Typ C beschreibt die verzögerte Abb. 15.37 Frakturmechanismus bei der Skaphoidfraktur (nach: Roselius).
Lig. radiolunatum Lig. radioscaphocapitatum
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
rausschieben dieser Maßnahme die Möglichkeit einer Handgelenkdenervation nach A. Wilhelm. Diese Operation kann das Fortschreiten einer Radiokarpalarthrose nicht verhindern, aber bei guter Beweglichkeit wertvolle Zeit für den Patienten im Sinne eines schmerzfreien Intervalls gewinnen.
15.2.3 Karpale Frakturen Skaphoidfraktur
Anatomische Besonderheiten Die Blutversorgung des Kahnbeins zeigt eine klinisch relevante Besonderheit. Sie erfolgt ausschließlich vom distalen Pol über den R. palmaris superficialis und den R. carpalis dorsalis der A. radialis. Die Qualität der Durchblutung nimmt folglich nach proximal hin stark ab. Dieser Umstand macht das Kahnbein äußerst empfindlich für die Entstehung einer Pseudarthrose, ganz besonders bei Frakturen im proximalen Drittel. Bei der konservativen Therapie ist in bis zu 60% aller Fällen mit der Entstehung einer Pseudarthrose zu rechnen.
Definition
Epidemiologie
Fraktur des Kahnbeins.
Die Skaphoidfraktur ist die häufigste knöcherne Verletzung des Karpus. Ein auffallend hoher Anteil dieser Knochenbrüche ist bei den so genannten Fun-Sportarten (Inliner, Skatboard, Snowboard) sowie bei Kontaktsportarten zu finden. Aufgrund der Stabilität des Radius handelt es sich vornehmlich um Verletzungen im 2. – 4. Lebensjahrzehnt. Berichte über Skaphoidfrakturen bei Kindern sowie bei Patienten im 8. und 9. Lebensjahrzehnt sind jedoch keine Einzelfälle (Christodoulou u. Colton 1986). Die Inzidenz wird mit 78,8 % aller karpalen Frakturen beschrieben.
Ätiopathogenese Vorwiegend entsteht der Bruch des Kahnbeins bei einer Hyperextension des Handgelenks über 95° bei gleichzeitiger Radialduktion von 10°. Bei einer Krafteinleitung von 209 – 436 kp kommt es zum Knochenbruch. In dieser Position erfolgt die komplette Kraftübertragung der Hand über das Skaphoid (Weber u. Chao 1978). Dabei werden die radiokarpalen Anteile der Handgelenkkapsel entspannt und bieten dem Kahnbein keinen ausreichenden Schutz mehr. Gleichzeitig wird der proximale Pol des Skaphoids über die quer verlaufenden Ligg. radiolunatum und radiocapitatum fest in der Fossa scaphoidei des Radius fixiert. Hierdurch wird bei einer Hyperextension die Biegungsbelastung im Bereich des mittleren Kahnbeindrittels vor allem palmar maximal gesteigert. Die dorsale Radiuskante wirkt bei der Entstehung der Fraktur als Hypomochlion (Abb. 15.37). Je weiter nach radial adduziert sich das Handgelenk im Moment des Traumas befindet, umso weiter proximal ist die Frakturlinie zu erwarten.
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Klassifikation Zur Einteilung der Kahnbeinfraktur hat sich die Klassifikation nach Herbert und Fischer bewährt. Sie beschreibt als Typ A die stabilen Frakturen. Diese sind unterteilt in A1 als Fraktur des Tuberculums (Abb. 15.38) und A2 als inkomplette Fraktur der Skaphoidtaille mit intakter Gegenkortikalis. Unter Typ B werden instabile Brüche aufgeführt. Dabei sind als B1 die distale Schrägfraktur, als Typ B2 die komplette Fraktur der Taille, als B3 eine Fraktur des Pols und als B4 eine transskaphoidale perilunäre Luxationsfraktur bezeichnet. Typ C beschreibt die verzögerte Abb. 15.37 Frakturmechanismus bei der Skaphoidfraktur (nach: Roselius).
Lig. radiolunatum Lig. radioscaphocapitatum
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Abb. 15.38
Abrissfraktur des Tuberculum scaphoidei.
Knochenbruchheilung und Typ D die vorliegende Pseudarthrose. Die Pseudarthrosen werden eingeteilt in Typ D1 als stabile, straffe Pseudarthrose und Typ D2 als instabile und dislozierte Pseudarthrose. Typ D3 beschreibt die asklerotische und Typ D4 die avaskuläre Pseudarthrose. Des Weiteren sind die Klassifikation der Mayo-Klinik sowie die Einteilung nach Russe gebräuchlich.
Diagnostik Klinische Diagnostik Der Patient klagt häufig über einen radialen Bewegungsschmerz am Handgelenk, der sich bei Ulnarduktion verstärkt. Das primäre Erscheinungsbild zeigt häufig eine Schwellung und ggf. Hämatombildung und unterscheidet sich rein äußerlich nicht vom klinischen Bild einer Handgelenkdistorsion nach Hyperextensionstrauma. Bei der Palpation ist oftmals ein Druckschmerz im Bereich der Tabatiere auszulösen. Dieser lokalisierte Schmerz ist ein wichtiger Hinweis auf eine mögliche Verletzung des Kahnbeins. Schmerzen im radialen Handgelenk bei Zug und Druck entlang des Daumens und Zeigefingers runden das klinische Bild ab.
Abb. 15.39 Kernspintomographischer Nachweis einer konventionell nicht erkennbaren Skaphoidfraktur.
ringert werden. Zusätzlich sind Schrägaufnahmen schrägradial und schrägulnar möglich (Skaphoidquartett). Es wird hierbei vor allem nach einer Unterbrechung der Kortikalis sowie einer Verwerfung der Spongiosastruktur gefahndet. Es sind stets korrekt durchgeführte Röntgenaufnahmen in allen Ebenen zu fordern, da Aufnahmen mit Überlagerungen anderer Karpalknochen sowie des Radius für die Diagnostik untauglich sind. Ist eine Skaphoidfraktur nach der Erstuntersuchung radiologisch nicht sicher nachzuweisen, obwohl der klinische Verdacht besteht, so muss eine erneute Kontrolluntersuchung nach einer Ruhigstellungsphase von 8 – 10 Tagen durchgeführt werden. Sollte der klinische Verdacht auch dann weiter bestehen, so ist zur weiteren Abklärung eine Computertomographie in Knochenfenstertechnik hilfreich. Bei jeder konventionell nicht nachgewiesenen Fraktur im Bereich des Karpus stellt heute die hoch auflösende Extremitätenkernspintomographie (E-MRI) vor allem in der Frühphase den „Golden Standard“ zum Aufspüren okkulter Frakturen dar (Bretlau u. Mitarb. 1999) (Abb. 15.39). Der Nachweis solcher okkulten Skaphoidfrakturen kann mit ähnlicher Aussagekraft durch eine Skelettszintigraphie erbracht werden (Bayer u. Mitarb. 2000). Die Abbildung 15.40 a zeigt das diagnostische Vorgehen bei Hyperextensionsverletzungen.
Bildgebende Diagnostik Die radiologische Diagnostik umfasst eine Standardaufnahme des Handgelenks in 2 Ebenen. Bei einer Extension des Handgelenks von 30° und einer Ulnarduktion von 20° können Überlagerungen durch den Radius deutlich ver-
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
Differenzialdiagnosen Als Differenzialdiagnosen sind vor allem bei der klinischen Untersuchung die distale Radiusfraktur, eine Handgelenkdistorsion, weitere karpale Frakturen sowie Kapsel-BandVerletzungen der intrinsischen und extrinsischen Bänder des Handgelenks zu nennen.
Therapie Das therapeutische Vorgehen bei Hyperextensionsverletzungen ist übersichtlich in der Abbildung 15.40 b u. c zusammengefasst. Konservative Therapie Heutzutage ist die Versorgung der Skaphoidfraktur eine Domäne der Osteosynthese. Eine reine Immobilisationsbehandlung ist lediglich für die stabilen Frakturen der Klasse A in der Einteilung nach Herbert empfehlenswert. Das gebrochene Kahnbein benötigt aufgrund seiner exzentrischen Lage, seiner Bananenform und seiner speziellen Durchblutungssituation eine längere Immobilisationszeit als die übrigen Karpalknochen. Bei Frakturen im distalen und mittleren Drittel ohne Dislokation und klaffenden Frakturspalt als Ausdruck einer Nichtinterposition von Kapselanteilen ist eine Immobilisationszeit von 8 – 12 Wochen obligat. Über die Dauer der Ruhigstellung entscheidet der radiologische Verlauf. Sie geschieht im Unterarmgips mit Daumeneinschluss (Raudasoja u. Mitarb. 1999). Operative Therapie Die Operationsindikation wird bei der Skaphoidfraktur anhand des Röntgenbildes gestellt. Liegt ein verbreiterter Frakturspalt vor, so spricht dies für eine Interposition von Anteilen der Handgelenkkapsel. Diese müssen entfernt werden, um überhaupt einen Kontakt der Knochenbruchenden zu ermöglichen. Ein ausgebrochener Biegungskeil ist Ausdruck einer instabilen, und damit zu stabilisierender Fraktur. Brüche im Bereich des proximalen Drittels werden als Polfrakturen bezeichnet. Aufgrund der sehr hohen Gefahr einer Pseudarthrosenbildung ist gerade hier die Osteosynthese zwingend erforderlich (Rongers u. Mitarb. 1991). Mehrheitlich wird zur Stabilisierung die HerbertSchraube zur Anwendung gebracht. Dieses Spezialimplantat zeichnet sich durch 2 unterschiedlich breite Gewinde mit unterschiedlicher Steigung aus. Der Vorteil gegenüber der Zugschraube der AO und der kanülierten StrehliSchraube ist die Fähigkeit den – zwar initial geringeren – Kompressionsdruck der Fragmente über lange Zeit nahezu konstant aufrecht erhalten zu können. Ein zusätzlicher positiver Aspekt ist die geringe Größe der Schraube sowie die Möglichkeit, diese vollständig im Knochen zu versenken. Irritationen werden somit minimiert (Herbert u. Fisher 1984). Der Standardzugangsweg bei Frakturen im mittleren und distalen Drittel erfolgt über einen palmaren Haut-
485
schnitt radialseitig der Sehne des M. flexor carpi radialis, der auf Höhe der Linea rascetae in einem Winkel von 45° nach distal-radial abbiegt. Die Gelenkkapsel wird distal und proximal des Tuberculum ossis scaphoidei so eröffnet, dass der palmare Ast der A. radialis erhalten bleibt. Das Skaphoid wird über ein Zielgerät (Jig) reponiert, fixiert, die Schraubenlänge gemessen und die Schraube eingebracht. Vor Abschluss der Operation wird auf einen akkuraten Verschluss der Handgelenkkapsel geachtet. Bei Frakturen im proximalen Drittel wird ein dorsaler Zugang gewählt. Hier wird unter Erhalt des Retinaculum extensorum das 2. – 4. Strecksehnenfach eröffnet. Nach der Kapsulotomie der Handgelenkkapsel unter Beibehaltung eines Kapselsaums an der Radiuskante liegt der Skaphoidpol frei. Die Frakturlinie ist nun einsehbar und kann gegebenenfalls unter Sicht reponiert werden. Zur Stabilisation dieser oftmals kleinen Polfragmente steht eine um ein Drittel geringer dimensionierte Mini-Herbert-Schraube zur Verfügung. Dieses Implantat wird über den Jig oder über die so genannte „Freehand Technique“ eingebracht. Eine Kapselplastik sowie die Rekonstruktion des Retinaculum extensorum müssen nach erfolgter Osteosynthese durchgeführt werden. Abrissfrakturen des Tuberculum ossis skaphoidei werden nach oftmals schlechten Ergebnissen bei konservativer Therapie heute immer häufiger operativ stabilisiert. Die Fixation kann mittels Mini-Titan-Schraube oder Mini-Herbert-Schraube geschehen. Aufgrund der komplexen dreidimensionalen Struktur des Kahnbeins muss bei allen Verfahren die korrekte, komplett intraossäre Schraubenlage während der Operation mittels Röntgenbildverstärker kontrolliert werden. Eine Fehllage mit aus dem Knochen herausragenden Schraubenanteilen kann fatale Folgen für die angrenzenden Gelenkflächen haben.
Perkutane Osteosynthese. Eine Sonderform der Osteosynthese der Skaphoidfraktur mittels Herbert-Schraube stellt die perkutane Verschraubung dar. Sie erfolgt mit einem Spezialinstrumentarium für kanülierte HerbertSchrauben. Geeignet für dieses Verfahren sind ausschließlich quer verlaufende Brüche im mittleren Drittel ohne Dislokation. Durch eine Stichinzision wird der skaphotrapezoidale Übergang palmarseitig dargestellt. Unter Bildwandlerkontrolle erfolgt das genaue Platzieren des Führungsdrahtes. Hierüber geschieht nun das Bohren, Gewindeschneiden und Einbringen der Schraube. Nachteile des Verfahren sind die langen Durchleuchtungszeiten sowie technische Probleme bei einer Lockerung oder einem Verbiegen des Führungsdrahts. Nachbehandlung Gegenüber der langen Ruhigstellungsphase bei der konservativen Therapie ermöglicht die operative Versorgung eine frühfunktionelle Übungsbehandlung. Bei Frakturen im distalen und mittleren Drittel reicht nach Osteosynthese eine Ruhigstellung auf einer palmaren Schiene für 2 Wochen aus. Proximal gelegene Polfrakturen werden in gleicher Weise für 3 – 4 Wochen ruhig gestellt. Anschlie-
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
a
Unfallmechanismus Klinische Untersuchung
Röntgen : Skaphoidquartett + H G in 2 Ebenen
Tabatierendruckschmerz
ja
nein
ja
distale Radiusfraktur + Skaphoidfraktur
distale Radiusfraktur
DruckSchmerz S L-Band
Verdacht auf distale Radiusfraktur
Röntgen : Vergleich Gegenseite + Handgelenk in 2 Ebenen
ja
nein
distale Radiusfraktur + S L-Dissoziation
nur Skaphoidfraktur
Abbildung 15.40 b
Röntgen : Handgelenk in 2 Ebenen
weitere karpale Verletzungen
nur S L-Dissoziation
Abbildung 15.40 c
b
Distale Radiusfraktur
nein
ja
mehr als ein Instabilitätskriterium
stabile Fraktur
instabile Fraktur
A O Typ A 1
A O Typ A 2, A 3
A O Typ B 1
A O Typ B 2, B 3 C 1. C 2. C 3
geschlossene Reposition Radiusgips für 6 Wochen
Kirschner-Drahtosteosynthese
Schraubenosteosynthese
Plattenosteosynthese
Röntgenkontrolle nach 7 und 14 Tagen
Röntgenkontrolle nach 7 und 14 Tagen
Plexuskatheter für eine Woche
Plexuskatheter für eine Woche
Redislokation
ja
nein
Redislokation
sofort Lymphdrainage
ja
nein
geschlossener Gips nach 10 – 14 Tagen
geschlossener Gips nach 10 – 14 Tagen
Ruhigstellung für 6 Wochen
Ruhigstellung für 4 Wochen Metallentfernung nach 6 – 8 Wochen
Ruhigstellung für 2 – 4 Wochen
Ruhigstellung für 2 – 4 Wochen
Metallentfernung nach 9 – 12 Monaten
Metallentfernung nach 9 – 12 Monaten
Krankengymnastik Abb. 15.40 a, b (Legende gegenüber)
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
c
487
Begleitverletzung
obligatorisch Plattenosteosynthese der Radiusfraktur
Skaphoidfraktur
S LDissoziation
Lunatumluxation
Morbus de Quervain
karpale Frakturen
Osteosynthese z. B. Herbert-Schraube
Rekonstruktion z. B. Mitek-Anker
Reposition K-Draht Fixation
Reposition Herbert-Schraube und Fixation des Lunatums
entsprechende Osteosynthese
Plexuskatheter für 1 Woche
Plexuskatheter für 1 Woche
Plexuskatheter für 1 Woche
Plexuskatheter für 1 Woche
Plexuskatheter für 1 Woche
Skaphoidgips für 4 Wochen
Unterarmgips für 6 Wochen
Unterarmgips für 6 Wochen
Unterarmgips für 6 Wochen
Unterarmgips für 4 – 6 Wochen
Pinentfernung nach 8 Wochen
Pinentfernung nach 8 Wochen
Pinentfernung nach 8 Wochen
Bewegung ohne Belastung nach 4 Wochen
Bewegung ohne Belastung nach 8 Wochen
Bewegung ohne Belastung nach 8 Wochen
Bewegung ohne Belastung nach 8 Wochen
Bewegung ohne Belastung nach 4 – 6 Wochen
Belastung nach 8 Wochen
Belastung nach 12 Wochen
Belastung nach 12 Wochen
Belastung nach 12 Wochen
Belastung nach 8 Wochen
䉳 Abb. 15.40 a – c
Hyperextensionsverletzungen des Handgelenks. Algorithmus zur Diagnostik (a), Algorithmus zur
ßend erfolgen Bewegungsübungen ohne Belastungen bis 6 Wochen postoperativ. Ein Sportverbot besteht für 3 Monate. In dieser Zeit sind Röntgenkontrollen anfänglich in 2-wöchigem und nach 6 Wochen in 4-wöchigem Abstand zur Dokumentation des Heilungsergebnisses durchzuführen.
Komplikationen Je nach Behandlungsart können folgende Komplikationen auftreten: 쐌 Konservative Therapie: Die typische Komplikation der Skaphoidfraktur und hier vor allem der proximalen Polfraktur ist bei konservativer Therapie die Ausbildung einer Pseudarthrose. Die überlange Ruhigstellungsphase führt durch eine Schrumpfung der Handgelenkkapsel oftmals zu ausgeprägten Einschränkungen der Handgelenkbeweglichkeit. Zusätzlich kommt
Therapie der distalen Radiusfraktur (b) und Algorithmus zur Therapie der Begleitverletzungen (c).
es zu einer Inaktivitätsosteopenie des Karpus und distalen Radius. Die Vorgehensweise bei diesen Komplikationen wird im Kapitel 15.2.6 Folgezustände erörtert. 쐌 Operative Therapie: Trotz Osteosynthese kann in einzelnen Fällen eine verlangsamte Knochenbruchheilung auftreten. Die Konsequenz besteht in einer an den radiologischen Verlauf angepassten Ruhigstellungszeit. Die Ausbildung einer Pseudarthrose nach Osteosynthese ist ebenso wie die Materiallockerung eine seltene Komplikation. Bei inkorrekter Schraubenlage können hervorstehende Teile Knorpelschäden und Störungen des Bewegungsablaufes verursachen. Ein Schraubenbruch wurde bisher nicht beobachtet.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Lunatumfrakturen Definition Bruch des Mondbeins.
Ätiopathogenese Die Lunatumfraktur ist Folge eines Hyperextensionstraumas des Handgelenks, wobei sich die Fraktur meist im dorsalen Anteil ereignet. Durch die gewaltsame Überstreckung des Handgelenks in Ulnarduktion kommt es zu einer axialen Druckbelastung auf das Mondbein. Daraus kann eine Sprengung der palmaren und dorsalen Anteile resultieren (Abb. 15.41 a u. b). Eine mangelhafte Durchblutungssituation im Sinne einer beginnenden Lunatumnekrose kann bei der Entstehung dieser Verletzung als ein verursachender Aspekt angesehen werden. Sichere Erkenntnisse hierzu fehlen jedoch. Auch eine Überdehnung des Kapsel-Band-Apparats sowie eine Luxation des Lunatums mit Selbstreposition werden diskutiert.
spintomographie indiziert. Dieses Verfahren sollte in der ersten Woche nach dem Trauma durchgeführt werden.
Differenzialdiagnose Zur Differenzialdiagnose der Lunatumfraktur ist in erster Linie die Lunatumnekrose sowie eine dorsale KapselBand-Verletzung des Handgelenks zu nennen.
Therapie Konservative Therapie Kleine Ausrissfrakturen des palmaren und dorsalen Horns können konservativ mit einer palmaren Gipsschiene für 4 Wochen behandelt werden. Hierbei handelt es ich um einen knöchernen Bandausriss des Lig. radiolunotriquetrum oder des Lig. lunotriquetrum. Bei größeren Fragmenten oder einer Fragmentdiastase über 1 mm kann eine operative Refixation mittels Mini-Titan-Schraube oder Fadenanker indiziert sein (Butt 1956). Operative Therapie
Epidemiologie Diese Verletzung der Handwurzel ist selten.
Klassifikation Teisen und Hjarbaek unterteilen die Mondbeinbrüche in 5 Gruppen. Diese Einteilung ermöglicht die Beurteilung der Entstehung einer Lunatumnekrose und erleichtert Aussagen über die Prognose (Abb. 15.41 c) (Teisen u. Hjarbaek 1988).
Diagnostik Die Diagnostik einer Lunatumfraktur gestaltet sich oft schwierig. Klinische Diagnostik Bei der klinischen Untersuchung fällt ein Druckschmerz im Bereich des dorsalen Handgelenks auf, typischerweise über dem mittleren Drittel der Verbindungslinie zwischen der Basis des 3. Os metacarpale und des Tuberculum dorsale radii (Lister). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen vor allem für die Extension und Flexion werden beschrieben. Eine Schwellung und ein lokales Hämatom können weitere Hinweise bieten. Bildgebende Diagnostik Auf den Röntgenübersichtsaufnahmen des Handgelenks in 2 Ebenen ist die Lunatumfraktur aufgrund von Überlagerungseffekten oftmals nicht oder nicht sicher zu erkennen. Bei einem klinischen Verdacht und fehlenden Nachweis durch die Standardaufnahmetechnik ist eine konventionelle Tomographie bzw. eine Computertomographie in Knochenfenstertechnik oder eine hoch auflösende Kern-
Eine Fraktur in Lunatummitte erfordert die osteosynthetische Fixation der Fragmente. Hierzu steht die Schraubenosteosynthese oder in vereinzelten Fällen auch die Kirschner-Draht-Osteosynthese zur Verfügung. Wir selbst bevorzugen bei ausreichend großen Fragmenten die Mini-Herbert-Schraube über einen dorsalen Handgelenkzugang. Ansonsten verwenden wir Minischrauben aus Titan. Der Zugang erfolgt über einen dorsalen, S-förmigen Hautschnitt. Nach Spaltung des Retinaculum extensorum und Eröffnung des 2. – 4. Strecksehnenfachs kann die Handgelenkkapsel über dem Os lunatum dargestellt und inzidiert werden. Man trifft direkt auf die dorsale Ansicht des Mondbeins. Bei der Osteosynthese ist auf die distale Konkavität des Knochens zu achten. Bei Bohrungen zu weit distal kann der proximale Pol des Os capitatums getroffen werden. Die Materiallage wird intraoperativ mittels Bildwandler kontrolliert. Anschließend ist eine Kapselplastik des eröffneten Handgelenks wichtig. Nachbehandlung Nach der operativen Versorgung erfolgt eine Ruhigstellung in palmarer Gipslonguette für 3 Wochen. Bis zur 6. postoperativen Woche werden Bewegungsübungen ohne Belastungen gestattet. Ein Sportverbot besteht für 3 Monate. Regelmäßige Röntgenuntersuchungen im 2-Wochen-Turnus sind zu empfehlen. Hierbei ist nicht zuletzt auch auf Anzeichen einer beginnenden Sklerosierung des Lunatums als Ausdruck einer Durchblutungsstörung zu achten. Bei vorliegendem Verdacht auf eine Durchblutungsstörung muss ein MRT mit Kontrastmittel durchgeführt werden.
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
a
c
489
b
Typ
Röntgenbild I
II
III
IV
V
dorsal Lateral (sagittal)
volar distal
Anterior -posterior
proximal
Abb. 15.41 a – c
Frakturmechanismus und Klassifikation der Lunatumfraktur. a Dislokation der Fragmente durch Kompression zwischen Os b Lunatumfraktur durch das palmare Drittel mit Trabekelimprescapitatum und Radius. sion im subchondralen Bereich. c Klassifikation der Lunatumfraktur nach Teisen und Hjarbaek.
Komplikationen Nach operativer Versorgung ist nur in Ausnahmefällen mit der Ausbildung einer Pseudarthrose zu rechnen, bei konservativer Behandlung ist dies eher der Fall. Gegebenenfalls muss eine Pseudarthrose sekundär stabilisiert werden. Eine weitere Komplikation ist die Lunatumnekrose (s. Kap. 7.1).
Triquetrumfrakturen Definition Bruch des Dreieckbeins.
Ätiopathogenese Triquetrumfrakturen sind Folge eines Hyperextensionsoder Hyperflexionstraumas des Handgelenks sowie eines direkten Traumas der dorsalen Anteile des Knochens. Häufig kommt es zu knöchernen Bandausrissen des Lig. radiotriquetrum oder des Lig. lunotriquetrum.
Epidemiologie Es handelt sich um eine nicht seltene Verletzung der Karpalknochen. Die Inzidenz wird mit 13,8 % aller karpalen
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490
15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Frakturen beschrieben. Ausrissfrakturen der ansetzenden Bänder sind deutlich häufiger als Brüche des Korpus.
Klassifikation Die Verletzung kann in 3 Bereichen auftreten. Am häufigsten sind dorsale knöcherne Bandausrisse. Des Weiteren gibt es Brüche des Korpus als Folge einer Impaktion des Processus styloideus ulnae. An dritter Stelle stehen palmare Bandausrisse, vor allem im Gefolge von perilunären Luxationen des Handgelenks.
Diagnostik Klinische Diagnostik Das klinische Erscheinungsbild ist oftmals unklar. Hinweise sind Druckschmerzen im Bereich des dorsoulnaren Handgelenks sowie Schwellungen und Hämatome in diesem Bereich. Bei der Untersuchung nach der Akutphase können Absprengungen tastbar sein. Bildgebende Diagnostik In der Standardröntgenaufnahme in 2 Ebenen sind Frakturen des Korpus sowie in der streng seitlichen Aufnahme vor allem Ausrissfrakturen der dorsalen Bandansätze nachzuweisen. Diese kleinen knöchernen Auflagerungen auf dem Triquetrum entsprechen dem Ort des größten lokalen Druckschmerzes. Im Zweifelsfall können die konventionelle Tomographie und Computertomographie weitere Klarheit schaffen.
Differenzialdiagnose Zur Differenzialdiagnose des posttraumatischen dorsoulnaren Handgelenkschmerzes gehören vor allem Verletzungen im Bereich der distalen Ulna, des TFCC sowie die Luxation der Sehne des M. extensor carpi ulnaris.
Therapie Konservative Therapie Aufgrund der besonders guten Blutversorgung des Dreieckbeins ist die Versorgung der Triquetrumfraktur eine Domäne der konservativen Therapie. Die meisten Frakturen heilen problemlos durch eine Immobilisation von 3 – 6 Wochen. Operative Therapie Die Indikation zur offenen Reposition und Osteosynthese wird bei Korpusfrakturen mit größerem dislozierten Fragment gestellt.
Komplikationen Pseudarthrosen im Bereich des Triquetrums sind in der Literatur nicht erwähnt. Das Nichteinheilen von dorsalen
Knorpel-Knochen-Flakes im Bereich der Bandansätze verursacht auf Dauer kaum klinisch relevante Probleme.
Fraktur des Os pisiforme Definition Bruch des Erbsenbeins.
Ätiologie Der typische Verletzungsmechanismus ist ein direktes Trauma beim Aufschlagen des Handgelenks palmar-ulnar auf eine feste Unterlage.
Epidemiologie Seltene Verletzung, die Inzidenz wird mit 1,0% aller karpalen Frakturen beschrieben.
Klassifikation Neben einer Querfraktur des Knochens kann es zu Ausrissfrakturen des Lig. pisometacarpale, Lig. pisohamatum und Lig. pisotriquetrum kommen.
Diagnostik Klinisch findet sich ein Druckschmerz über dem Os pisiforme sowie eine Schwellung dieser Region. Zusätzlich kann eine Irritation des N. ulnaris mit Parästhesien des 4. und 5. Fingers auftreten. Bildgebende Diagnostik Bei Verdacht auf eine Fraktur des Os pisiforme erfolgen konventionelle Röntgenaufnahmen a.-p. und seitlich, eine Karpaltunnelspezialaufnahme sowie eine Schrägaufnahme in 35° Supination. Hiermit kann zusätzlich der Gelenkspalt zwischen Os pisiforme und Os triquetrum eingesehen werden.
Differenzialdiagnose Irritation des N. ulnaris im Bereich der Guyon-Loge und Arthrose des pisotriquetralen Gelenks.
Therapie Die Versorgung der Pisiformefraktur geschieht mittels palmarer Gipslonguette für 4 – 6 Wochen. Ist der Knochen gespalten, kommt in Ausnahmefällen eine Osteosynthese mit Mini-Titan-Schrauben in Betracht. Bei kompletter Zerstörung des Erbsenbeins kommt die Pisiformektomie zur Anwendung.
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
Hamatumfraktur Definition
491
Differenzialdiagnose Pisiformefraktur, Irritation des N. ulnaris sowie des N. medianus.
Bruch des Hackenbeins.
Ätiopathogenese
Therapie Konservative Therapie
Der typische Unfallmechanismus ist ein direkter Anprall des palmaren Handgelenks auf eine harte Unterlage oder ein Schlag mit dem ulnopalmaren Handgelenk auf einen festen Gegenstand. Als weitere Ursachen werden bei Ausübung von Schlägersportarten wie Golf, Hockey oder Baseball misslungene Schläge genannt. Hierbei wird die Kraft über den langen Hebelarm des Schlägers direkt auf den fest in der Hohlhand fixierten Griff und damit auf das darunter liegende Os hamatum übertragen (Torisu 1972).
Die konservative Therapie besteht in einer Gipsruhigstellung mittels palmarer Gipslonguette für 6 Wochen. Indikationen zur konservativen Therapie stellen nichtdislozierte Frakturen des Korpus bzw. intraartikuläre Frakturen mit einer maximalen Gelenkstufe von 1 mm dar. Hamulusfrakturen im Bereich der Spitze des Hamulus können ebenfalls in gleicher Weise konservativ therapiert werden, da sie sich aufgrund der geringen Größe des Fragments einer operativen Stabilisation entziehen.
Epidemiologie
Operative Therapie
Neben der Skaphoid- und der Lunatumfraktur verursacht die Hamatumfraktur die meisten Probleme im Bereich des Handgelenks. Die Inzidenz wird mit 1,5% aller karpalen Frakturen beschrieben.
Klassifikation Man unterscheidet zwischen Frakturen des Körpers, intraartikulären Frakturen der Oberfläche sowie Frakturen des Hamulus ossis hamati.
Diagnostik Klinische Diagnostik Bei der klinischen Untersuchung ist neben einer Schwellung und ggf. einem Hämatom ein Druckschmerz im Bereich des ulnaren Handgelenks palmarseitig über dem Hamatum auszulösen. Neben einer schmerzhaften Einschränkung der Handgelenkbeweglichkeit findet sich ein Stauchungsschmerz an der Basis der Ossa metacarpalalia IV und V (Bishop u. Beckenbaugh 1988). Chronische Schmerzen beim Faustgriff, beim Auflegen der Hand sowie in Ruhe werden beschrieben. Bildgebende Diagnostik Die Routinediagnostik umfasst die konventionellen Handgelenkaufnahmen in 2 Ebenen sowie eine Karpaltunnelspezialaufnahme. Bei diagnostischer Unsicherheit kann eine konventionelle Tomographie sowie eine Computertomographie weitere Informationen erbringen. Die Hamatumfraktur ist nicht selten mit einer Fraktur der Basis der Metakarpale IV und V vergesellschaftet. Bei der Beurteilung radiologischer Aufnahmen sollte hierauf ein besonderes Augenmerk gelegt werden.
Stärker dislozierte Frakturen sind offen zu reponieren und osteosynthetisch zu versorgen. Hierbei besteht die Möglichkeit einer Kirschner-Draht-Osteosynthese. Eine Versorgung mittels Mini-Herbert-Schraube ist empfehlenswert. Frakturen des Hamulus im Bereich der Basis und des mittleren Drittels werden ebenfalls offen reponiert und mit Mini-Titan-Schrauben stabilisiert. Hierbei ist bei einem dorsalen Operationszugang zum Os hamatum auf die dorsalen Äste des R. dorsalis nervi ulnaris zu achten (Abb. 15.42 a u. b). Beim palmaren Zugang zum Hamulus müssen die A. ulnaris und der N. ulnaris dargestellt werden, um Schädigungen zu vermeiden. Brüche im Bereich der Spitze des Hamulus haben aufgrund der schlechten Durchblutungssituation eine unsichere Prognose. Bei sportlich aktiven Patienten kann daher die Indikation zur Resektion großzügig gestellt werden (Boulas u. Milek 1990).
Komplikationen Neben arthrotischen Veränderungen bei fortbestehender Gelenkstufe vor allem im Bereich der kapitohamatalen, triquetrohamatalen und hamatometakarpalen Gelenke stellt eine Pseudarthrosenbildung nach Hamulusfraktur eine typische Komplikation dar. Die Therapie besteht in der Entfernung des Hamulus. Als zusätzliche Komplikation kann es zu Irritationen und Schädigungen des N. ulnaris im Bereich der Guyon-Loge kommen. Auch Karpaltunnelsyndrome werden beschrieben.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Abb. 15.42 a u. b Frakturen des Os hamatum. Dorsalfraktur im seitlichen Strahlengang (a). Versorgungsbild einer Korpusfraktur mit Minischraube sowie Transfixation der Ossa metacarpalia im seitlichen Strahlengang (b).
a
b
Trapezium- und Trapezoideumfrakturen Definition Bruch des großen und kleinen Vieleckbeins.
Ätiopathogenese Trapeziumfrakturen sowie Trapezoideumfrakturen treten häufig gemeinsam auf. Es gibt jedoch auch Fälle von isolierten Brüchen. Der Frakturmechanismus ist entweder eine axiale Stauchung entlang der Daumenachse oder eine Hyperextensionsverletzung des Handgelenks in Radialdeviation. Die Trapeziumfraktur ist Folge einer Kompression des Knochens zwischen dem 1. Metakarpale und dem Processus styloideus radii. Bei der Betrachtung der Röntgenbilder ist auf eine Begleitfraktur der Basis des Metakarpale I sowie auf eine komplette axiale Deviation des radialen Handbereichs zu achten (Tolat u. Jones 1990). Bei Trapezium- und Trapezoideumfrakturen ist zusätzlich gezielt nach Stauchungsbrüchen der Speiche im Bereich des Processus styloideus zu fahnden.
Diagnostik Klinische Diagnostik Bei der klinischen Untersuchung fällt ein Stauchungsschmerz entlang des ersten Strahls auf. Zusätzlich ist ein Druckschmerz dorsal und palmar über der MetakarpaleI-Basis zu provozieren. Schwellung sowie Einschränkung der Daumensattelgelenkbeweglichkeit treten regelmäßig auf. Bildgebende Diagnostik Neben den Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen kommen zum Nachweis derartiger Frakturen die Karpaltunnelspezialaufnahme sowie die Roberts-Spezialaufnahme zum Einsatz (Abb. 15.44). Bei diagnostischer Unsicherheit sind eine konventionelle Tomographie sowie eine Computertomographie oder Kernspintomographie zu fordern.
Differenzialdiagnose Differenzialdiagnostisch ist neben einer distalen Radiusfraktur an eine Skaphoidfraktur sowie an Brüche im Bereich der Metakarpale-I-Basis zu denken.
Epidemiologie Es handelt sich um eine der seltenen Handwurzelfrakturen. Die Inzidenz wird für beide Vieleckbeine mit 2,5% aller karpalen Frakturen beschrieben.
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
Abb. 15.43
Längsfraktur des Os trapezium.
Therapie Konservative Therapie Üblicherweise heilen nichtdislozierte Brüche der Vieleckbeine komplikationslos nach einer Ruhigstellung von 4 – 6 Wochen aus. Operative Therapie Die offene Reposition und Osteosynthese ist bei einer Dislokation der Fragmente von mehr als 1 mm vor allem im Gelenkbereich zu fordern. In diesen Fällen ist eine Wiederherstellung des Karpometakarpalgelenks sowie des Interkarpalgelenks zum Skaphoid wichtig. Zur Verfügung stehen die Kirschner-Draht-Osteosynthese bzw. Schraubenosteosynthese (Abb. 15.44). Wir selbst bevorzugen in diesem Bereich die Stabilisierung mit einer Mini-HerbertSchraube oder Mini-Titanschraube. Bei der Darstellung der Fraktur muss auf den dorsalen Ast der A. radialis geachtet werden.
493
Abb. 15.44 Versorgung einer Längsfraktur des Os trapezium. Roberts-Spezialaufnahme.
15.2.4 Luxation von Handwurzelknochen Ein Herauslösen einzelner oder mehrerer Handwurzelknochen aus ihren Gefüge bedarf der Einwirkung sehr hoher kinetischer Energie. Als Ursache werden oftmals Rasanztraumen, wie sie bei Motorradunfällen vorkommen, beschrieben. Derartige Verletzungen werden nicht selten bei Patienten mit Polytraumen vorgefunden. Alle Luxationen von Karpalknochen erfordern eine umgehende Reposition, da die luxierten Karpalknochen weitgehend oder völlig von der Blutversorgung abgeschnitten sind. Mit zunehmendem zeitlichen Abstand zum Unfallereignis schwindet zusätzlich die Möglichkeit einer sicheren Reponierbarkeit. Alle Karpalknochen neigen bei bestehender Luxation über Tage zur Ausbildung einer aseptischen Knochennekrose.
Palmare Lunatumluxation Definition Teilweise oder komplette Luxation des Mondbeins nach palmar. Die Lunatumluxation zeichnet sich durch ein regelrechtes Lageverhältnis der übrigen Karpalknochen zum Radius hin aus. Aus diesem Gefüge hat sich das Mondbein gelöst. Aufgrund der anatomisch-morphologische Struktur
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
Abb. 15.43
Längsfraktur des Os trapezium.
Therapie Konservative Therapie Üblicherweise heilen nichtdislozierte Brüche der Vieleckbeine komplikationslos nach einer Ruhigstellung von 4 – 6 Wochen aus. Operative Therapie Die offene Reposition und Osteosynthese ist bei einer Dislokation der Fragmente von mehr als 1 mm vor allem im Gelenkbereich zu fordern. In diesen Fällen ist eine Wiederherstellung des Karpometakarpalgelenks sowie des Interkarpalgelenks zum Skaphoid wichtig. Zur Verfügung stehen die Kirschner-Draht-Osteosynthese bzw. Schraubenosteosynthese (Abb. 15.44). Wir selbst bevorzugen in diesem Bereich die Stabilisierung mit einer Mini-HerbertSchraube oder Mini-Titanschraube. Bei der Darstellung der Fraktur muss auf den dorsalen Ast der A. radialis geachtet werden.
493
Abb. 15.44 Versorgung einer Längsfraktur des Os trapezium. Roberts-Spezialaufnahme.
15.2.4 Luxation von Handwurzelknochen Ein Herauslösen einzelner oder mehrerer Handwurzelknochen aus ihren Gefüge bedarf der Einwirkung sehr hoher kinetischer Energie. Als Ursache werden oftmals Rasanztraumen, wie sie bei Motorradunfällen vorkommen, beschrieben. Derartige Verletzungen werden nicht selten bei Patienten mit Polytraumen vorgefunden. Alle Luxationen von Karpalknochen erfordern eine umgehende Reposition, da die luxierten Karpalknochen weitgehend oder völlig von der Blutversorgung abgeschnitten sind. Mit zunehmendem zeitlichen Abstand zum Unfallereignis schwindet zusätzlich die Möglichkeit einer sicheren Reponierbarkeit. Alle Karpalknochen neigen bei bestehender Luxation über Tage zur Ausbildung einer aseptischen Knochennekrose.
Palmare Lunatumluxation Definition Teilweise oder komplette Luxation des Mondbeins nach palmar. Die Lunatumluxation zeichnet sich durch ein regelrechtes Lageverhältnis der übrigen Karpalknochen zum Radius hin aus. Aus diesem Gefüge hat sich das Mondbein gelöst. Aufgrund der anatomisch-morphologische Struktur
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
des Os lunatum mit einer Verbreiterung des Knochens nach palmar ist nach Zerreißung der intrinsischen Bänder zum Skaphoid und Triquetrum dieser Luxationsweg vorgegeben.
Ätiopathogenese Eine Luxation des Lunatums nach palmar ist Ausdruck einer maximalen Hyperextension des Handgelenks. Sie wird vor allem bei Stürzen aus größerer Höhe sowie im Rahmen von Hochrasanztraumen bei Verkehrsunfällen beobachtet. Durch eine Zerreißung des dorsalen KapselBand-Apparats bei gleichzeitig erhalten gebliebenem Lig. radiolunatum brevis wird das Mondbein durch eine temporärer Dorsaldislokation des Kapitatums und Triquetrums nach palmar – ähnlich wie ein Kirschkern zwischen zwei Fingerkuppen – herausgedreht.
Diagnostik Klinische Diagnostik Neben der typischen Anamnese eines Hyperextensionstraumas des Handgelenks stellt sich der Patient in der initialen Phase mit einem massiv schmerzhaften und geschwollenen Gelenk dar. Die Beweglichkeit ist durch den Schmerz bedingt nahezu komplett aufgehoben. Irritationserscheinungen des N. medianus sind häufig. Direkt nach dem Trauma kann vor Einsetzen der Schwellung die entstandene Lücke dorsalseitig getastet werden.
Es handelt sich um eine seltene Verletzung bei schweren Hyperextensionstraumen des Handgelenks.
Bildgebende Diagnostik Der Nachweis der Verletzung geschieht durch konventionelle Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen. Hierbei zeigt sich im a.-p. Strahlengang eine deutliche Fehllage des Lunatums zwischen Skaphoid und Triquetrum. Das Handgelenk erscheint in sich verkürzt. In der seitlichen Aufnahme ist das Mondbein in seiner Luxationsstellung nachzuweisen, wobei im Regelfall das dorsale Horn nach distal-palmar verlagert ist (Abb. 15.45 a–c).
Klassifikation
Therapie
Es lassen sich eine Dislokation des Lunatums nach palmar, eine inkomplette Luxation sowie eine komplette Luxation aus dem karpalen Gefüge heraus in den Karpalkanal unterscheiden.
Konservative Therapie
Epidemiologie
a Abb. 15.45 a – c
b
Heutzutage ist die Therapie der Wahl bei derartigen Verletzungen eine operative Versorgung. Zwingende Gründe, z. B. eine Lunatumluxation im Rahmen eines Polytraumas,
c
Palmare Lunatumluxation im seitlichen (a) und a.-p. Strahlengang (b) sowie im CT (c).
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
können jedoch in der Primärphase ein gering invasives und schnell durchzuführendes konservatives Vorgehen erforderlich machen. Hierbei wird das Handgelenk in Plexusanästhesie für ca. eine Viertelstunde mittels Mädchenfänger und einem Gegengewicht von etwa 5 kg ausgehängt. Anschließend geschieht die geschlossene Reposition unter Zug und Dorsalflexion durch direkten Druck auf das Lunatum. Es folgt eine Immobilisationsphase von 6 Wochen im geschlossenen Unterarmgips mit Daumeneinschluss. Operative Therapie Das Prinzip der operativen Therapie umfasst eine offene Reposition sowie Rekonstruktion der zerrissenen Kapselbandstrukturen und zusätzlich temporäre KirschnerDraht-Fixation mit 2 Drähten skapholunär und triquetrolunär. Bei ausgeprägter Instabilität kann ein 3. Pin radiolunär erforderlich sein. Ein dorsaler Zugangsweg ermöglicht zusätzlich die Rekonstruktion der zerrissenen Kapsel-Band-Strukturen. Der Vorteil eines palmaren Zugangs liegt in der Möglichkeit einer Dekompression des Karpalkanals durch eine Spaltung des Retinaculum flexorum und einer Naht der V-Bänder. Die KirschnerDraht-Transfixation wird für 6 – 8 Wochen belassen (Abb. 15.46 a u. b).
Komplikationen a
Neben den üblichen Komplikationen wie Bewegungseinschränkung und Reflexdystrophie wurden Lunatumnekrosen sowie Sehnenrupturen im Bereich der KirschnerDraht-Enden beschrieben. Eine weitere bestehende Instabilität des Handgelenks nach Drahtentfernung ist möglich.
Dorsale Lunatumluxation Definition Bei dieser Lunatumluxation handelt es sich um eine Verlagerung des Mondbeins aus dem Radiokarpalgefüge heraus nach dorsal.
Ätiopathogenese Die dorsale Lunatumluxation ist die Folge eines gewaltsamen Hyperflexionstraumas des Handgelenks. Es kommt hierbei zu einer Zerreißung des palmaren KapselBand-Apparates bei stabilem dorsalen Kapsel-Band-Apparat. Durch die Dislokation des Kapitatums und Triquetrums nach palmar luxiert das Lunatum nach dorsal.
b Abb. 15.46 a u. b Lunatumluxation. Versorgungsbild mit 2 Kirschner-Drähten nach Reposition im seitlichen (a) und a.-p. Strahlengang (b).
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Epidemiologie Es handelt sich um eine äußerst seltene Verletzung. In der vorliegenden internationalen Literatur wurden bisher 4 Fälle publiziert.
Diagnostik Klinische Diagnostik Posttraumatisch kommt es zu einer Schwellung des Handgelenks sowie einer schmerzhaften kompletten Bewegungseinschränkung, starke Schmerzen auch in Ruhe.
und es kommt anschließend zu einer Ruptur der dorsalen Bänder. Diese Verletzung wird häufig bei Stürzen aus größerer Höhe sowie bei Hochrasanztraumen beobachtet.
Epidemiologie Die perilunäre Luxation steht mit 3 – 4 % an 5. Stelle aller Luxationen (Preiß 1952).
Diagnostik Klinische Diagnostik
Bildgebende Diagnostik Der Nachweis wird durch die konventionellen Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen erbracht. Im a.-p. Strahlengang zeigt sich eine Fehllage des Lunatums zwischen Skaphoid und Triquetrum. Im seitlichen Strahlengang ist eine Verlagerung nach dorsal zu erkennen.
Therapie Konservative Therapie Entsprechend der palmaren Lunatumluxation ist eine geschlossene Reposition im Aushang lediglich in Ausnahmefällen sinnvoll. Die Reposition ist sehr viel schwieriger als bei der palmaren Luxation. Der breite palmare Anteil muss durch Zug und Druck durch die Lücke zwischen Skaphoid und Triquetrum gedrängt werden. Dies gelingt geschlossen nur sehr selten. Operative Therapie Die operative Therapie umfasst eine offene Reposition über einen dorsalen Zugang und eine Transfixation mit Kirschner-Drähten skapholunär und triquetrolunär. Es wird zusätzlich eine dorsale Kapsel-Band-Plastik und Rekonstruktion des Kapsel-Band-Apparates durchgeführt. Die Nachbehandlung besteht in einer Immobilisation von 6 – 8 Wochen mittels Unterarmgips.
Perilunäre Luxation Definition Es handelt sich um eine Luxation des kompletten Karpus nach dorsal mit Verbleiben des Os lunatums in regelrechter Position.
Neben einer augenscheinlichen Dislokation der Handgelenkstellung nach dorsal imponieren eine deutliche Schwellung sowie ein schmerzhafter Bewegungsverlust des Handgelenks. Bildgebende Diagnostik Der Beweis der Verletzung wird mittels konventioneller Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen geführt. Hierbei zeigt sich im a.-p. Strahlengang lediglich eine dezente Verkürzung des Handgelenks. Im seitlichen Strahlengang ist die komplette Dislokation beider Karpalreihen bei in situ belassenem Lunatum zu erkennen.
Therapie Konservative Therapie Es besteht die Möglichkeit einer geschlossenen Reposition. Diese geschieht nach kontinuierlicher Traktion im Aushang für ca. 15 Minuten in Plexusanästhesie mit 5 kg Gegengewicht. Anschließend erfolgt unter Extension die Reposition über eine Hyperextension des Handgelenks. Operative Therapie Die operative Therapie erfolgt über einen dorsalen Zugang. Nach einer offenen Reposition wird eine temporäre Kirschner-Draht-Transfixation skapholunär, triquetrolunär und skaphoradial durchgeführt. Anschließend erfolgt eine Rekonstruktion des dorsalen Kapsel-Band-Apparates einschließlich einer Rekonstruktion des skapholunären Bandes. Die Nachbehandlung umfasst die Ruhigstellung für 8 Wochen. Die Kirschner-Draht-Entfernung erfolgt nach 8 Wochen.
Skaphoidluxation
Ätiopathogenese
Definition
Es handelt sich hierbei um die Folge eines Hyperextensionstraumas des Handgelenks mit Zerreißung der palmaren Kapsel-Band-Strukturen. Hierbei sind vor allem das Lig. radioscaphocapitatum sowie das Lig. scapholunatum betroffen. Nach der Ruptur der palmaren Bandstrukturen weicht der Radius mit dem Os lunatum nach palmar ab
Luxation des Kahnbeins bei erhaltenem sonstigem Radiokarpalgefüge.
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
Ätiopathogenese Der Verletzungsmechanismus ist eine abrupte, kraftvolle Dorsalextension beim Halten eines Objekts in Ulnarduktion mit umfangreicher Zerreißung der intrinsischen und extrinsischen Bänder.
Epidemiologie Es handelt sich um eine äußerst seltene Verletzung. In der Literatur wurde bisher lediglich über 13 Fälle berichtet.
Klassifikation Prinzipiell kann das Kahnbein nach dorsal, radial oder palmar luxieren.
Diagnostik
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Weitere Luxationen der Handwurzelknochen Obwohl es sich insgesamt um äußerst seltene Verletzungen handelt, kann prinzipiell jeder Handwurzelknochen luxieren. Als Verletzungsmechanismus kommt stets ein Hyperextensions- oder Hyperflexionstrauma entweder in Ulnarduktion oder Radialduktion infrage. Die Diagnose ist mit konventionellen Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen sicher zu stellen. Als therapeutische Option steht eine geschlossene Reposition und Gipsimmobilisation zur Verfügung. Eine perkutane Kirschner-Draht-Transfixation des luxierten Knochens mit den anliegenden Karpalia für 6 Wochen ist wichtig. Aus biomechanischen Überlegungen ist die Rekonstruktion von Kapsel-Band-Verletzungen – wann immer möglich – für die Funktion des Handgelenks von Vorteil.
Klinische Diagnostik Das klinische Bild zeigt eine Schwellung und stärkste schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Handgelenks. In Extremfällen ist eine Dislokation des Skaphoids perkutan zu tasten. Bildgebende Diagnostik
15.2.5 Luxationsfraktur des Handgelenks Perilunäre Luxationsfrakturen
Die Verletzung ist mittels Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen nachzuweisen. Eine zusätzliche Skaphoidfraktur ist auszuschließen.
Definition
Therapie
Die perilunären Luxationsfrakturen sind Folgen einer globalen Kapsel-Band-Zerreißung und einer daraus resultierenden Luxation des Lunatums in Kombination mit karpalen Frakturen.
Konservative Therapie Bei der konservativen Therapie wird in Plexusanästhesie nach Aushang eine geschlossene Reposition durch Flexion und Ulnarduktion durchgeführt. Anschließend erfolgt eine Ruhigstellung im geschlossenen Unterarmgips mit Daumeneinschluss für 6 Wochen. Operative Therapie Die operative Therapie umfasst eine offene Reposition und anschließend Kirschner-Draht-Transfixation skapholunär, skaphoradial sowie trapezoideoskaphoidal. Die rupturierten dorsalen Kapsel-Band-Anteile werden rekonstruiert. Die Kirschner-Drähte werden nach 6 Wochen entfernt.
Ergebnisse Es liegen in der Literatur keine Langzeitergebnisse vor. Bei den bisher beschriebenen Fällen kam es lediglich bei einem Patienten mit geschlossener Reposition zu einer posttraumatischen Instabilität des Skaphoids. Besteht die Möglichkeit einer operativen Versorgung, so sollte diese der konservativen Behandlung vorgezogen werden.
Ätiopathogenese Der Verletzungsmechanismus wird entweder durch eine Hyperflexion bzw. durch eine Hyperextension des Handgelenks ausgelöst. Die Art der Luxation und Fraktur eines Karpalknochens folgt hierbei der Lage der Hauptachse des Kraftflusses. Durch eine Dislokation des Os-capitatumPols weg vom Os lunatum kommt es zu Scherkräften gegen das Os capitatum, Os scaphoideum, Os triquetrum und den Processus styloideus radii. Folglich kann in diesen knöchernen Strukturen eine begleitende Fraktur entstehen. Die Lokalisation der Fraktur wird nicht zuletzt durch die Stellung des Handgelenks in allen 3 Ebenen im Moment der Gewalteinwirkung beeinflusst (Cooney u. Mitarb. 1987).
Epidemiologie Es handelt sich insgesamt eher um seltene Verletzungen, welche vornehmlich bei Stürzen aus großer Höhe bzw. bei Hochrasanztraumen, z. B. Verkehrsunfällen, vorkommen.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Eine allgemeine Klassifikation der Mayo-Klinik versucht den kompletten Verletzungskomplex zu beschreiben.
Diagnostik Klinische Diagnostik Posttraumatisch zeigt sich in der Regel eine Schwellung des Handgelenks sowie eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung bis hin zum kompletten Funktionsverlust. Offene Frakturen sind äußerst selten. Eine akute Kompression des N. medianus ist häufig. Aus diesem Grund muss bereits bei der Erstuntersuchung ein exakter neurologischer Status der Hand erhoben werden. Gefäßverletzungen werden ebenfalls häufig beobachtet, deshalb ist auf die periphere Durchblutungssituation der Finger zu achten (Herbert u. Fisher 1992). Bildgebende Diagnostik In der Regel sind sowohl eine Luxation als auch Fraktur auf konventionellen Röntgenbildern in 2 Ebenen zu verifizieren. Zur Vermeidung von Überlagerungen ist bei diesen Verletzungen auf eine genaue Einhaltung der radiologischen Strahlenebenen zu achten (Abb. 15.48 a u. b). Bei diagnostischer Unsicherheit kann eine Computertomographie in Knochenfenstertechnik hilfreiche Informationen bieten.
Abb. 15.47 Klassifikation der perilunären Frakturen. Stadium I: transradial (Processus styloideus radii) Stadium II: transskaphoidal Stadium III: transkapital Stadium IV: transtriquetal
Klassifikation Die Einteilung erfolgt in 4 verschiedene (Abb. 15.47): 쐌 Stadium I: transstyloideus radii, 쐌 Stadium II: transskaphoidal, 쐌 Stadium III: transkapital, 쐌 Stadium IV: transtriquetral.
Stadien
Therapie Konservative Therapie Die konservative Therapiemaßnahmen können nur eine Reposition und Immobilisation der Luxation bewirken, jedoch keine intrakarpalen Frakturen stabilisieren. Fehlhei-
Abb. 15.48 a u. b Perilunäre transskaphoidale Luxationsfraktur de Quervain im seitlichen (a) und a.-p. Strahlengang (b).
a
b
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
lung und Pseudarthrosen bzw. Dissoziationen zwischen einzelnen Handwurzelknochen sind häufig. Operative Therapie Bei derartigen Verletzungen bevorzugen wir selbst deshalb eine offene Reposition und gleichzeitig eine definitive Versorgung der Fraktur. Dies betrifft vor allem die transskaphoidalen Luxationsfrakturen. Für die Osteosynthese im Bereich des Karpus hat sich die Herbert-Schraube bewährt. Zusätzlich kann bei diesem Eingriff eine KapselBand-Plastik der verletzten Bandstrukturen durchgeführt werden. Je nach Instabilität werden zusätzlich temporäre Kirschner-Draht-Fixationen einzelner Karpalknochen erforderlich (Abb. 15.49). Nachbehandlung Die Nachbehandlung umfasst eine Ruhigstellung für 6 – 8 Wochen im Unterarmgips und ggf. nach dieser Zeit die Entfernung von Kirschner-Drähten.
Abb. 15.49 Versorgung einer perilunären transskaphoidalen Luxationsfraktur mittels Herbert-Schraube, skapholunärem Pin und Linscheid-Pin.
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15.2.6 Folgezustände von Handgelenkfrakturen Skaphoidpseudarthrose Definition Pseudarthrose des Kahnbeins im Sinne einer mobilen oder straffen Pseudarthrose.
Ätiopathogenese Das Kahnbein neigt bei inadäquater Therapie einer Fraktur zur Ausbildung einer Pseudarthrose. Mehrere Faktoren sind dafür verantwortlich. Bei der frischen Fraktur kann es zu einer Interposition von Kapselgewebe der Handgelenkkapsel in den Frakturspalt kommen. Dies verhindert eine Knochenheilung. Die Form des Kahnbeins und seine zentrale Rolle bei der Handgelenkbewegung mit mehreren Rotationsachsen machen eine sichere Ruhigstellung im Gipsverband sehr schwierig. Die Blutversorgung des Knochens erfolgt von distal über eine A. nutritia, verläuft weiter intraossär und nimmt nach proximal stark ab. Deshalb besteht bei proximalen Skaphoidfrakturen die große Gefahr einer Pseudarthrosenbildung. Bei Nichtbehandlung ist der Weg von der Skaphoidpseudarthrose zur Radiokarpalarthrose vorprogrammiert (Abb. 15.50).
Abb. 15.50 Folgezustand einer unbehandelten Skaphoidpseudarthrose mit ausgeprägter Radiokarpalarthrose.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Epidemiologie Bei 428 Skaphoidpseudarthrosen konnte im eigenen Patientengut die Genese ihrer Entstehung bei 361 Patienten annähernd am Ereignis orientiert evaluiert werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind im Folgenden zusammengefasst: 쐌 21 % aller Patienten haben ihre Verletzung falsch eingeschätzt. Es erfolgte kein Arztbesuch und keine Diagnostik. 쐌 23 % aller Skaphoidfrakturen wurden durch den behandelnden Arzt nicht als solche erkannt. Als Folge der Diagnose „Distorsion“ wurde lediglich mit einer unzureichenden Ruhigstellung von bis zu 3 Wochen therapiert. 쐌 8 % aller Skaphoidfrakturen wurden infolge unzureichender radiologischer Diagnostik nicht adäquat behandelt. Hierunter fallen das Unterlassen einer Kontrolluntersuchung nach einer Woche, das Weglassen gehaltener Aufnahmen sowie unzureichende Röntgentechnik mit überlagerten Bildern. 쐌 12 % aller erkannten Frakturen wurden nur für 4 – 6 Wochen ruhig gestellt. Die Immobilisationszeit war hier zu kurz gewählt. 쐌 36 % aller erkannten Skaphoidfrakturen waren instabile Frakturen. Trotz Vorliegen einer klaffenden Fraktur, eines Biegungskeils oder einer Polfraktur wurde die Operationsindikation nicht gestellt. Es lässt sich eindeutig feststellen, dass bei richtiger Einschätzung des Unfallgeschehen vom Patienten bzw. wenn vom Arzt alles unternommen würde, um eine Skaphoidfraktur auszuschließen, die Skaphoidpseudarthrose sicherlich einen Seltenheitswert hätte. Es wäre also wünschenswert, die Bevölkerung dahingehend aufzuklären, dass bei Verletzungen des Handgelenks auf jeden Fall eine Röntgenaufnahme zu machen ist. Hier sind nicht zuletzt Lehrer und Trainer in Sportvereinen gefordert. Die von ärztlicher Seite verursachten Komplikationen bei einer Skaphoidfraktur stellen die überwiegende Mehrzahl der Ursachen für die Pseudarthrose dar. Es wäre im Rahmen sozioökonomischer Betrachtungen wichtig, die verschiedenen Untersuchungstechniken und diagnostischen Hilfsmittel korrekt und auf den Fall bezogen zur Anwendung zu bringen. Es muss intensiv daran gearbeitet werden, den Blick für die Diagnostik zu schärfen und das Wissen über die Behandlungsmöglichkeiten einer Skaphoidfraktur ausreichend zu vermitteln. Das Ziel ist es, in Zukunft die Skaphoidpseudarthrose als Produkt vermeidbarer Fehler zahlenmäßig wesentlich zu vermindern.
Diagnostik Klinische Diagnostik Die Patienten berichten in der Regel, dass nach einem weitgehend beschwerdefreien Zeitintervall wieder zunehmende Schmerzen im Bereich des radialen Handgelenks
besonders bei Belastung und Unterarmdrehung auftreten. Ein Trauma ist oftmals nur fraglich erinnerlich. Bei der klinischen Untersuchung ist vor allem das Vorliegen eines Druckschmerzes in der Tabatiere sowie ein positiver Watson-Test wegweisend. Zusätzlich kann oftmals ein Stauchungsschmerz entlang des Daumenstrahls ausgelöst werden. Bildgebende Diagnostik Zum Nachweis der Skaphoidpseudarthrose sind in der Regel Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen ausreichend. Bei proximalen Polfrakturen mit Anzeichen einer Sklerosierung ist eine Kernspintomographie mit Kontrastmittel zur Darstellung der Vitalität des proximalen Pols indiziert. Diese Untersuchung ist essentiell für alle weiteren therapeutischen Überlegungen. Lediglich bei vitalem proximalen Pol ist eine operative Revision sinnvoll und vertretbar. Bei Avitalität des Fragments sind alle Versuche zur Rekonstruktion zum Scheitern verurteilt.
Therapie Die Therapie der Skaphoidpseudarthrose beinhaltet ausschließlich ein operatives Vorgehen. Vor der Ära der operativen Versorgung dieser Komplikationen bestand die Therapie ausschließlich in einer langwierigen Ruhigstellung mit ungewissem Ergebnis und allen damit verbundenen Nachteilen. Den größten Fortschritt in der Behandlung der Skaphoidpseudarthrose stellte die von Matti und später von Russe propagierte Methode dar (Russe 1960). Bei dieser Methode werden alle sklerotischen und avitalen Anteile des Knochens entfernt und der entstandene Defekt mit einem kortikospongiösen Span aus dem Beckenkamm verblockt und damit ausgefüllt. Die alleinige Spanbolzung ist jedoch weiterhin mit dem Nachteil einer langen Ruhigstellungsphase von 12 – 16 Wochen verbunden. Seit 1982 findet die Stabilisation der Pseudarthrose mittels Herbert-Schraube ihre Anwendung. Auch hier werden die avitalen Knochenanteile reseziert und der Defekt mittels kortikospongiösem Beckenkammspan aufgefüllt. Ziel ist die Rekonstruktion der anatomischen Form und Länge des Kahnbeins. Dieses knöcherne Arrangement wird mittels Herbert-Schraube wie bei der Versorgung der Skaphoidfraktur unter Kompression stabilisiert (Herbert u. Fisher 1992). Der Vorteil dieser Methode ist eine verkürzte Ruhigstellungszeit von 4 Wochen bei Pseudarthrosen im distalen und mittleren Drittel. Durch die schlechtere Durchblutungssituation und somit verzögerte Knochenheilungstendenz verlängert sich die Immobilisationszeit bei Pseudarthrosen im proximalen Drittel auf 6 Wochen. Die operativen Zugangswege entsprechen denen bei der Versorgung der Skaphoidfraktur. Intraoperative Röntgenkontrollen sind zur Überprüfung des Rekonstruktionsergebnisses und der Schraubenlage von größter Bedeutung (Wilhelm u. Wilhelm 1999).
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
Arthrose des Pisiforme-Triquetrum-Gelenks
Pseudarthrose des Hamulus ossis hamati
Definition
Definition
Posttraumatische Arthrose der karpalen Gelenkfläche des Os pisiforme.
Posttraumatische Pseudarthrose des Hamulus ossis hamati vor allem im Bereich des distalen Drittels bei Zustand nach Hamulusfraktur.
Ätiopathogenese Eine Gelenkstufenbildung des Os pisiforme nach Fraktur verursacht über einen Knorpelschaden eine Arthrose des Pisiforme-Triquetrum-Gelenks.
Diagnostik
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Ätiopathogenese Die Durchblutungssituation des Hamulus ossis hamati nimmt nach distal hin stark ab. Das liegt daran, dass die Blutversorgung lediglich durch ein einziges Zentralgefäß ohne Kollateralen erfolgt. Vor allem kleine Frakturfragmente neigen daher zu einer Pseudarthrosenbildung.
Klinische Diagnostik Bei der klinischen Untersuchung ist ein deutlicher Druckschmerz über dem Os pisiforme zu provozieren. Bildgebende Diagnostik Zum Nachweis einer Arthrose des Pisiforme-TriquetrumGelenks wird neben den üblichen Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen eine Karpaltunnelspezialaufnahme oder eine 35°-Schrägaufnahme durchgeführt. Bei diagnostischer Unsicherheit besteht die Möglichkeit einer Computertomographie.
Differenzialdiagnose Differenzialdiagnostisch ist bei derartigen Veränderungen stets an eine Affektion des distalen Anteils des N. ulnaris durch knöcherne Strukturen oder durch paraossäre Ganglien zu denken.
Therapie
Epidemiologie Es handelt sich um eine relativ häufige Komplikation nach Nichtversorgung einer oft unerkannten Fraktur des Hamulus bzw. bei sehr distal gelegenen Frakturen mit kleinen Fragmenten.
Diagnostik Klinische Diagnostik Der Patient berichtet über einen Druckschmerz im Bereich des ulnaren Handballens. Gelegentlich kann es zusätzlich zu Irritationen im Bereich des N. ulnaris kommen. Bildgebende Diagnostik Der radiologische Nachweis wird durch Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen sowie einer Karpaltunnelspezialaufnahme erbracht. Bei diagnostischer Unsicherheit besteht die Möglichkeit einer Computertomographie mit 3D-Rekonstruktion (Abb. 15.51 a u. b).
Operative Therapie Nach allgemeiner Beurteilung zählt das Pisiforme heute nicht mehr direkt zu den Gelenk tragenden Handwurzelknochen. Ihm wir vielmehr die Rolle eines Sesambeins im Verlauf der Sehne des M. flexor carpi ulnaris zugesprochen. Bei arthrotischen Veränderungen in diesem Bereich wird das Erbsenbein lediglich resiziert und das Lager durch eine straffe Kapselbandplastik verschlossen. Die Nachbehandlung umfasst eine Ruhigstellung auf einer palmaren Gipslonguette für 2 Wochen.
Therapie Operative Therapie Die operative Therapie umfasst eine Resektion des pseudarthrotischen Fragments mit anschließender Kapselbandplastik. Intraoperativ ist vor allem auf die räumliche Nähe zum N. ulnaris zu achten. Nachbehandlung Postoperativ wird das Handgelenk für 2 Wochen in einer palmaren Gipslonguette ruhig gestellt.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
fläche. Zusätzlich wirkt das Kapitatum über seinen Pol als Hebel und presst die beiden Knochen auseinander. Hierbei rupturieren vor allem die dorsalen Anteile des SL-Bandes.
Epidemiologie Die absolute Häufigkeit der SL-Dissoziation ist unklar. Bekannt ist jedoch ein gehäuftes Auftreten in Kombination mit der distalen Radiusfraktur. Vielfach werden erst nach Jahren und Jahrzehnten die Folgeschäden einer nicht erkannten bzw. nicht behandelten SL-Bandinstabilität beobachtet.
Diagnostik a
Klinische Diagnostik
b Abb. 15.51 a u. b Pseudarthrose des Hamulus ossis hamati. Nachweis in der konventionellen Röntgenaufnahme in Karpaltunneltechnik (a) und Darstellung in der CT-3D-Rekonstruktion (b).
15.2.7 Kapsel-Band-Verletzungen des Handgelenks Ruptur des skapholunären Bandes (SL-Band) Definition Riss der hufeisenförmigen Bandstrukturen zwischen dem Os lunatum und Os skaphoideum.
Ätiopathogenese Bei gewaltsamer Hyperextension des Handgelenks kommt es zu Rupturen im Bereich der extrinsischen und intrinsischen Bänder. Durch die schlagartige Belastung des karpalen Gefüges in ungünstiger Position verlieren das Skaphoid und das Lunatum kurzzeitig ihre Führung im Bereich ihrer korrespondierenden Fossa in der Radiusgelenk-
Bei der klinischen Untersuchung der akuten Verletzung fällt eine Schwellung des dorsalen Handgelenks sowie eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung auf. In der postakuten Phase nach Abschwellung ist oftmals eine eingehende beschwerdearme Untersuchung möglich. Verschiedene klinische Tests zum Nachweis einer skapholunären Instabilität wurden in der Vergangenheit beschrieben. Der „Scaphoid-shift-Test“ nach Watson war 1988 einer der ersten und zählt wegen seiner guten Reproduzierbarkeit auch heute noch zu den Standarduntersuchungstechniken. Die biomechanische Voraussetzung für diesen Test ist die physiologische Streckung des Kahnbeins bei der Ulnarduktion bzw. Beugung des Kahnbeins bei der Radialduktion des Handgelenks. Fixiert der Untersucher in Ulnarduktion mit seinem Daumen das Tuberculum ossis scaphoidei und lässt das Handgelenk dann radialduzieren, so kommt es bei einer Instabilität der skapholunären Bandverbindungen zu einer Subluxation des proximalen Skaphoidpols. Dies ist am dorsalen Handgelenk deutlich als Vorwölbung zu tasten. Mitunter ist dabei ein hörbaren Schnappen wahrzunehmen (Blatt 1987) (s. Kap. 2.1). Bildgebende Diagnostik Zum Nachweis der SL-Banddissoziation ist eine sorgfältige radiologische Diagnostik mit Funktionsaufnahmen unerlässlich. Obwohl eine Verbreiterung des SL-Spaltes über 2 mm als pathologisch gilt, muss eine habituelle Instabilität ausgeschlossen werden. Dies wird durch eine Röntgendiagnostik beider Handgelenke im Seitenvergleich erreicht. Die Aufnahmen im a.-p. Strahlengang werden unter maximalem Faustschluss bzw. in maximaler Ulnarduktion durchgeführt. Bei diesen Stress-Aufnahmen werden Scherkräfte, die auf den SL-Spalt einwirken, provoziert (Abb. 15.52). Bei den seitlichen Aufnahmen ist auf eine strenge Einhaltung der Durchleuchtungsebene zu achten. Hierbei wird nach einer Veränderung des skapholunären Winkels sowie nach einer Dorsal- bzw. Palmarabkippung des Lunatums aus seiner Nullstellung heraus gefahndet. Bei vorwiegend dorsalen Verletzungen des Kapsel-BandApparates tritt das Mondbein in eine palmare Subluxati-
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15.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen im Handgelenkbereich
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Abb. 15.52 Nachweis einer S-L-Dissoziation im Seitenvergleich (a.-p. Strahlengang bei maximalem Faustschluss).
onsstellung. Man spricht von der so genannten DISI-Stellung (Dorsal-Intercalated-Segment-Instability). Dementsprechend wird bei Verletzung der palmaren Bänder eine PISI-Stellung (Palmar-Intercalated-SegmentInstability) gefunden. Die Kernspintomographie kann in manchen Fällen eine Bandruptur nachweisen. Bei Unsicherheit ist die Handgelenkarthroskopie angezeigt.
Therapie Ziel der operativen Therapie ist eine Rekonstruktion des skapholunären Bandes und somit eine Wiederherstellung der Stabilität der proximalen Handwurzelreihe. SL-Bandverletzungen im Sinne einer SL-Banddehnung oder Teilruptur, welche durch eine dezente Erweiterung des SL-Spaltes von ca. 1 – 2 mm gekennzeichnet sind, werden arthroskopisch verifiziert. Eine Transfixation des Skaphoids zum Lunatum mittels Kirschner-Draht für 6 Wochen ist hier indiziert. Zeigt sich bei der radiologischen Untersuchung ein größerer klaffender SL-Spalt sowie intraoperativ eine Ruptur des Bandes, so sind rekonstruktive Maßnahmen angezeigt. Bei frischen Verletzungen finden sich in seltenen Fällen die Voraussetzungen für eine transossäre Refixation des ausgerissenen Bandes. Danach ist eine temporäre Transfixation mittels Kirschner-Draht für 8 Wochen erforderlich. Finden sich keine Bandstümpfe die vernäht werden können, so kommen diverse Rekonstruktionstechniken zur Anwendung. Zu den am meisten verbreiteten Verfahren zählen die Ligamentoplastik nach Brunelli und die Kapsulodese nach Blat.
Operation nach Brunelli. Bei der chronischen skapholunären Instabilität befindet sich das Os scaphoideum in einer palmarflektierten Position. Diese pathologische Stel-
lung resultiert aus einer Kombination von Banddefekten. Distal sind die Bänder zwischen Skaphoid und Trapezium sowie Trapezium und Kapitatum betroffen. Proximal findet man Verletzungen der Ligg. radioscaphoideum und scapholunatum. Das Ziel der Operation ist, nach der Reposition der Karpalknochen die Stellung zu halten. Für die Ligamentoplastik eignen sich Anteile der Sehne des M. flexor carpi radialis. Diese setzt an der Basis des Metakarpale II sowie am Os trapezoideum an. Durch Längsspaltung wird das Sehnentransponat gewonnen. Nach der Reposition des Skaphoids und einer Kirschner-Draht-Transfixation zwischen Kahnbein und Mondbein wird die Sehne durch einen Bohrkanal von palmar nach dorsal im distalen Pol des Skaphoids geführt (Abb. 15.53). Anschließend wird sie an der dorsalen Radiuskante festgenäht. Die überstehenden Anteile des Transponats werden im skapholunären Spalt als Ersatz für das SL-Bandes vernäht. Eine Gipsruhigstellung für 6 Wochen schließt sich an. Der Kirschner-Draht wird ebenfalls für 6 Wochen belassen (Brunelli u. Brunelli 1995).
Operation nach Blatt. Bei der dorsalen Kapsulodese wird biomechanisch gesehen das gleiche Ziel wie bei der Ligamentoplastik verfolgt. Durch eine Fesselung des distalen/ dorsalen Anteils des Skaphoids soll einer Palmarabkippung entgegengewirkt werden. Für die Kapsulodese nach Blatt wird ein Lappen von 10 – 15 mm Breite aus der ulnodorsalen Kapsel des radiale Handgelenks gewonnen. Die Ansatzzone wird am Radius belassen. Nach Reposition des Kahnbeins und Transfixation an des Os capitatum wird der freie Teil des Lappens über Bohrlöcher an dem Os scaphoideum fixiert. Die Ansatzzone muss distal der Rotationsachse des Kahnbeins liegen. Auch hier erfolgt die Ruhigstellung für 6 Wochen (Watson u. Mitarb. 1988).
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Abb. 15.53 Brunelli.
SL-Bandplastik nach
zögerte Einheilungstendenz des Transplantats stark prolongiert sein (Bahm u. Mitarb. 2000). Wir selbst bevorzugen die Rekonstruktion des SL-Bandes mittels Fadenanker. Hierbei wird über einen dorsalen Handgelenkzugang nach Eröffnen der Kapsel das Skaphoid und das Lunatum dargestellt. Es erfolgt die offenen Reposition unter Sicht. Das Repositionsergebnis wird durch eine skapholunäre Kirschner-Draht-Transfixation gehalten. Jetzt werden über 2 Bohrlöcher im dorsalen Anteil des Skaphoids und Lunatums 2 mit einer Merselinkordel verbundene Fadenanker eingebracht. Nach Verknüpfen der Fäden wird über die Fadenenden zusätzlich die dorsale Handgelenkkapsel mit auf den Nahtbereich gesteppt (Packer u. Mitarb. 1994). Die postoperative Ruhigstellung erfolgt für 8 Wochen mittels palmarer Gipslonguette. Der skapholunäre Kirschner-Draht wird ebenfalls nach 8 Wochen entfernt. Dieses Verfahren zeichnet sich durch eine wenig traumatisierende Manipulation an den Handwurzelknochen bei sicher zu erreichender Stabilität aus (Abb. 15.54).
Komplikationen Abb. 15.54 Versorgung einer S-L-Dissoziation mittels Fadenanker und temporärer Transfixation.
In der Literatur werden diverse weitere Operationsverfahren beschrieben. Zum einen kann eine transossäre Rekonstruktion des SL-Bandes mit einem freien Sehnentransplantat, z. B. der Palmaris-longus-Sehne durchgeführt werden. Der Nachteil dieser Operation ist das invasive Vorgehen mit relativ großen Bohrlöchern in beiden Handwurzelknochen. Zum anderen ist der Einsatz eines Bone-Tendon-Bone-Grafts, z. B. aus dem Bereich des 1. Strecksehnenfachs möglich. Auch hier ist der Nachteil das invasive Vorgehen mit Osteotomien an beiden Handwurzelknochen. Zusätzlich kann der postoperative Verlauf durch ver-
Bei Nichterkennen einer skapholunären Dissoziation schreitet die Instabilität der proximalen Handwurzelreihe durch den medialen Kraftfluss des Handgelenks vom Kapitatum zum SL-Bandbereich fort. Es kommt bei einem zerstörten SL-Band zum Auseinanderweichen des Kahnund Mondbeins. Endzustand ist der so genannte karpale Kollaps (SLAC-Wrist), bei dem das Os capitatum in die Lücke zwischen Mondbein und Kahnbein eingetreten ist. Zusätzlich wird das Skaphoid aus der Fossa scaphoidei des Radius verdrängt, wobei die begleitende Palmarkippung des Kahnbeins zu einer Fehlbelastung der radialen Gelenkfläche führt. Die Folge ist ein Eingraben des Skaphoids in den Processus styloideus radii und somit die Entstehung einer radial betonten Handgelenkarthrose (Watson u. Mitarb. 1997, Ashmead u. Mitarb. 1994).
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Taleisnik, J., H.K. Watson (1984): Midcarpal instability caused by malunited fractures of the distal radius. J Hand Surg [Am]: 350 – 357 Taleisnik, J., H.K. Watson (1984): Midcarpal instability caused by malunited fractures of the distal Radius. J Hand Surg [Am] 9: 350 – 357 Teisen, H., J. Hjarbaek (1988): Classifikation of fresh fractures of the lunate: J Hand Surg Br 13: 458 – 462 Tolat, A.R., M.W. Jones (1990): Carpometacarpal dislocation of the thumb associated with fracture of the trapezium. Injury 21: 411 – 412 Torisu, T. (1972): Fracture of the hook of the hamate by a golf swing. Clin Orthop 83: 91 – 94 Villar, R.N., D. Marsh, N. Rushton (1987): Three years after Colles’ fracture: a prospective review. J Bone Joint Surg Br 69: 635 – 638
Watson, H.K., D. Ashmead, M.V. Makhlouf (1988): Examination of the Scaphoid. J Hand Surg [Am] 13: 657 – 660 Watson, H.K., J. Weinzweig, J. Zeppieri (1997): The natural progression of scaphoid instability. Hand Clin 13 (1): 39 – 49 Weber, E.R., E.Y.S. Chao (1978): An experimental aproach to the mechanism of scaphoid waist fractures. J Hand Surg 3: 142 – 148 Wilhelm, K., M. Strassmair (1999): Die distale Radiusfraktur und ihre Begleitverletzungen. Trauma Linc: II-1999: 4 – 18 Wilhelm, K., A. Wilhelm (1999): Scaphoid pseudoarthrosis of the proximal third – results of treatment with the Herbert screw. Handchir Mikrochir Plast Chir 31 (3): 178 – 181 Ziran, B.H., M. Scheel, M.W. Keith (2000): Pin reduction and fixation of volar fracture fragments of distal radius fractures via the flexor carpi adialis tendon. J Trauma 49 (3): 433 – 439
15.3 Verletzungen im Bereich der Hand M. Lautenbach, A. Eisenschenk und M. Sparmann
15.3.1 Frakturen der Ossa metacarpalia II–V Definition Brüche der Mittelhandknochen II–V
Ätiopathogenese Die Ursache von Basisfrakturen im Bereich der Mittelhandknochen II–V ist in der Regel eine longitudinal einwirkende Kraft auf die Metakarpalknochen. Besonders am 5. und 4. Mittelhandknochen folgt daraus häufig eine proximale und dorsale Subluxation. Am 5. Mittelhandknochen führt die Zugwirkung der Sehne des M. extensor carpi ulnaris und M. flexor carpi ulnaris durch das pisometakarpale Ligament zur Verstärkung der Frakturdislokation („Reversed-Bennett-Fraktur“) (Stern 1993, Touliatos u. Mitarb. 1999). Die Frakturdislokation am 5. karpometakarpalen Gelenk ist aufgrund der Beweglichkeit des Gelenks von besonderer Bedeutung (Touliatos u. Mitarb. 1999). Die isolierte Basisfraktur oder karpometakarpale Luxation des 2. und 3. Mittelhandknochens ist aufgrund der mangelnden Beweglichkeit in diesen Gelenken selten. Multiple karpometakarpale Luxationsfrakturen können die Folge von Hochenergietraumata sein (Stern 1993). Frakturen des Schaftes der Mittelhandknochen II–V entstehen meist durch Einwirkung von direkter oder indirekter äußerer Gewalt (Eisenschenk u. Mitarb. 1999, Geldmacher 1988, Larkin u. Mitarb. 1997, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993). Eine axiale oder direkte Krafteinwirkung auf den Metakarpalknochen kann zur Querfraktur führen. Die intrinsische Handmuskulatur führt dabei
meist zur verstärkten Angulation des distalen Fragments nach palmar. Bei direkter Krafteinwirkung von dorsal oder lateral auf die geöffnete Hand entstehen meist Schrägoder Querbrüche, z. B. beim Karateschlag (Feldmeier 1988, Geldmacher 1988). Lange Schräg- oder Spiralfrakturen werden oft durch Drehstürze auf die Faust (z. B. beim Skilanglauf) verursacht (Feldmeier 1988, Geldmacher 1988). Bei Einwirkung von großen Kräften oder bei Maschinenverletzungen (z. B. Kreissägen-, Schussverletzung) können Trümmer- und Defektfrakturen des Schaftes der Ossa metacarpalia mit zum Teil erheblichen Weichteilschädigungen verursacht werden (Eisenschenk u. Mitarb. 1999, Partecke 1999). Subkapitale Frakturen entstehen meist durch direkte stumpfe Gewalt, wie z. B. durch Einwirkung einer axialen Kraft beim Schlag auf einen harten Gegenstand oder Sturz auf die geschlossene Faust (Geldmacher 1988, Müller u. Mitarb. 1996, Schmitt u. Mitarb. 1996). Die häufig als sog. „Boxer’s-Fracture“ bezeichnete isolierte, subkapitale Fraktur des Os metacarpale V tritt bei sportlich erfahrenen Boxern seltener auf, sondern kommt dagegen eher im Rahmen von „Schlägereien“ außerhalb des Sports vor. Neben der anderen Schlagtechnik beim Boxen ist der Schutz der Hand durch Handschuhe im Sport als Ursache hierfür zu sehen (Feldmeier 1988, Partecke 1999). Beim Fall eines schweren Gegenstandes oder einer anderen Anprallform auf die distale, dorsale Mittelhand bei gestreckten Fingern kommt es hingegen häufiger zur Fraktur von Metakarpalköpfen, meist als intraartikuläre Fraktur (Freeland u. Mitarb. 1998, Geldmacher 1988, Schmitt u. Mitarb. 1996).
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Taleisnik, J., H.K. Watson (1984): Midcarpal instability caused by malunited fractures of the distal radius. J Hand Surg [Am]: 350 – 357 Taleisnik, J., H.K. Watson (1984): Midcarpal instability caused by malunited fractures of the distal Radius. J Hand Surg [Am] 9: 350 – 357 Teisen, H., J. Hjarbaek (1988): Classifikation of fresh fractures of the lunate: J Hand Surg Br 13: 458 – 462 Tolat, A.R., M.W. Jones (1990): Carpometacarpal dislocation of the thumb associated with fracture of the trapezium. Injury 21: 411 – 412 Torisu, T. (1972): Fracture of the hook of the hamate by a golf swing. Clin Orthop 83: 91 – 94 Villar, R.N., D. Marsh, N. Rushton (1987): Three years after Colles’ fracture: a prospective review. J Bone Joint Surg Br 69: 635 – 638
Watson, H.K., D. Ashmead, M.V. Makhlouf (1988): Examination of the Scaphoid. J Hand Surg [Am] 13: 657 – 660 Watson, H.K., J. Weinzweig, J. Zeppieri (1997): The natural progression of scaphoid instability. Hand Clin 13 (1): 39 – 49 Weber, E.R., E.Y.S. Chao (1978): An experimental aproach to the mechanism of scaphoid waist fractures. J Hand Surg 3: 142 – 148 Wilhelm, K., M. Strassmair (1999): Die distale Radiusfraktur und ihre Begleitverletzungen. Trauma Linc: II-1999: 4 – 18 Wilhelm, K., A. Wilhelm (1999): Scaphoid pseudoarthrosis of the proximal third – results of treatment with the Herbert screw. Handchir Mikrochir Plast Chir 31 (3): 178 – 181 Ziran, B.H., M. Scheel, M.W. Keith (2000): Pin reduction and fixation of volar fracture fragments of distal radius fractures via the flexor carpi adialis tendon. J Trauma 49 (3): 433 – 439
15.3 Verletzungen im Bereich der Hand M. Lautenbach, A. Eisenschenk und M. Sparmann
15.3.1 Frakturen der Ossa metacarpalia II–V Definition Brüche der Mittelhandknochen II–V
Ätiopathogenese Die Ursache von Basisfrakturen im Bereich der Mittelhandknochen II–V ist in der Regel eine longitudinal einwirkende Kraft auf die Metakarpalknochen. Besonders am 5. und 4. Mittelhandknochen folgt daraus häufig eine proximale und dorsale Subluxation. Am 5. Mittelhandknochen führt die Zugwirkung der Sehne des M. extensor carpi ulnaris und M. flexor carpi ulnaris durch das pisometakarpale Ligament zur Verstärkung der Frakturdislokation („Reversed-Bennett-Fraktur“) (Stern 1993, Touliatos u. Mitarb. 1999). Die Frakturdislokation am 5. karpometakarpalen Gelenk ist aufgrund der Beweglichkeit des Gelenks von besonderer Bedeutung (Touliatos u. Mitarb. 1999). Die isolierte Basisfraktur oder karpometakarpale Luxation des 2. und 3. Mittelhandknochens ist aufgrund der mangelnden Beweglichkeit in diesen Gelenken selten. Multiple karpometakarpale Luxationsfrakturen können die Folge von Hochenergietraumata sein (Stern 1993). Frakturen des Schaftes der Mittelhandknochen II–V entstehen meist durch Einwirkung von direkter oder indirekter äußerer Gewalt (Eisenschenk u. Mitarb. 1999, Geldmacher 1988, Larkin u. Mitarb. 1997, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993). Eine axiale oder direkte Krafteinwirkung auf den Metakarpalknochen kann zur Querfraktur führen. Die intrinsische Handmuskulatur führt dabei
meist zur verstärkten Angulation des distalen Fragments nach palmar. Bei direkter Krafteinwirkung von dorsal oder lateral auf die geöffnete Hand entstehen meist Schrägoder Querbrüche, z. B. beim Karateschlag (Feldmeier 1988, Geldmacher 1988). Lange Schräg- oder Spiralfrakturen werden oft durch Drehstürze auf die Faust (z. B. beim Skilanglauf) verursacht (Feldmeier 1988, Geldmacher 1988). Bei Einwirkung von großen Kräften oder bei Maschinenverletzungen (z. B. Kreissägen-, Schussverletzung) können Trümmer- und Defektfrakturen des Schaftes der Ossa metacarpalia mit zum Teil erheblichen Weichteilschädigungen verursacht werden (Eisenschenk u. Mitarb. 1999, Partecke 1999). Subkapitale Frakturen entstehen meist durch direkte stumpfe Gewalt, wie z. B. durch Einwirkung einer axialen Kraft beim Schlag auf einen harten Gegenstand oder Sturz auf die geschlossene Faust (Geldmacher 1988, Müller u. Mitarb. 1996, Schmitt u. Mitarb. 1996). Die häufig als sog. „Boxer’s-Fracture“ bezeichnete isolierte, subkapitale Fraktur des Os metacarpale V tritt bei sportlich erfahrenen Boxern seltener auf, sondern kommt dagegen eher im Rahmen von „Schlägereien“ außerhalb des Sports vor. Neben der anderen Schlagtechnik beim Boxen ist der Schutz der Hand durch Handschuhe im Sport als Ursache hierfür zu sehen (Feldmeier 1988, Partecke 1999). Beim Fall eines schweren Gegenstandes oder einer anderen Anprallform auf die distale, dorsale Mittelhand bei gestreckten Fingern kommt es hingegen häufiger zur Fraktur von Metakarpalköpfen, meist als intraartikuläre Fraktur (Freeland u. Mitarb. 1998, Geldmacher 1988, Schmitt u. Mitarb. 1996).
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus C.J.Wirth, L. Zichner, A..-K.Martini: Orthopädie - Ellenbogen (ISBN 3-13-126211-7) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 2003
15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
Epidemiologie Bei der bekannt hohen Inzidenz von Frakturen der Mittelhandknochen besonders im Schaft- und Kopfbereich bei meist jungen Patienten ist das auslösende Trauma für den Frakturtyp von Bedeutung. Deutlich häufiger als im Bereich der Basis sind Frakturen im Schaft- oder distalen Anteil der Metakarpalknochen feststellbar (Geldmacher 1988, Merle 1997). Bei einer Kontrolle der eigenen im Zeitraum von Dezember 1997 bis August 1999 operativ behandelten Patienten mit Frakturen von Mittelhandknochen wurden 144 Patienten mit 166 Frakturen im Bereich des Schaftes und der distalen Ossa metacarpalia nachuntersucht. Bei 61 Patienten lagen 75 Frakturen des Schaftbereiches vor und 83 Patienten wiesen 91 Frakturen subkapital und im Mittelhandkopfbereich auf (Lautenbach u. Mitarb. 2000).
Schaftfrakturen. Das durchschnittliche Alter der untersuchten Patienten mit operativ behandelten Schaftfrakturen lag bei 28,5 Jahren (15 – 70 Jahre). Bei den meist männlichen Patienten (35 männlich, 26 weiblich) war in 40 Fällen die rechte Hand, in 21 Fällen die linke Hand betroffen. Es wurden 27 Querfrakturen, 20 Schrägfrakturen, 19 Spiralfrakturen, 5 Trümmerfrakturen und 4 Defektfrakturen (Region 1) diagnostiziert. Als Unfallereignis gaben 16 Patienten einen Sportunfall, 13 Patienten einen Verkehrunfall, 11 Patienten einen Arbeitsunfall und 7 Patienten einen Privatunfall an. In 9 Fällen wurde eine Schlägerei und in 5 Fällen eine andere Frakturursache angegeben.
Tab. 15.13
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Frakturtypen im Basis-, Schaft- und Kopfbereich von Mittelhandknochen
1. Basisfrakturen 쐌 Extraartikuläre Frakturen 쐌 Intraartikuläre Frakturen 쐌 Mehrfragment/Trümmerfrakturen
2. Schaftfrakturen 쐌 Querfrakturen 쐌 Schrägfrakturen 쐌 Spiralfrakturen 쐌 Trümmerfrakturen 쐌 Defektfrakturen (Region 1) 3. Subkapitale Frakturen 4. Kopffrakturen (meist intraartikulär ggf. Mehrfragment/Trümmer)
sibilität und geschlossenen Hautverhältnisse ein. Neben der schmerzhaften Bewegungseinschränkung des Grundgelenks des entsprechenden Fingers und gelegentlich auch des Handgelenks ist die Schwellung ggf. mit frakturnaher Hämatombildung bei der klinischen Untersuchung der Hand auffällig. Zusätzlich kann eine Fehlstellung (besonders der Rotation) des Fingers sowie eine palmare Dislokation des sicht- und tastbaren Kopfes des Os metacarpale feststellbar sein. Auch sicht- und tastbare Fehlstellungen im Verlauf des Mittelhandknochens sind zu erfassen. Bildgebende Diagnostik
Subkapitale- und Kopffrakturen. Das Alter der Patienten mit subkapitalen- oder Kopffrakturen von Mittelhandknochen lag zwischen 12 und 69 Jahre (durchschnittlich 23,5 Jahre). In 66 Fällen war die rechte, in 16 die linke Hand und in 1 Fall beide Hände betroffen. 69 Patienten waren männlich und 13 weiblich. Als Trauma lag meist eine Schlägerei (31 Patienten) oder eine Sportverletzung (29 Patienten) vor. In 9 Fällen wurden Berufs-, in 7 Privat-, in 5 Verkehrs- und in 2 Fällen andere Unfälle angegeben.
Die bildgebende Diagnostik bei Frakturen im Bereich der Mittelhand beinhaltet vor allem das Röntgenbild: p.-a. (dorsopalmar), die Schrägaufnahme unter Einschluss der Karpometakarpal- und Metakarpophalangealgelenke, die laterale Aufnahme und ggf. eine axiale Aufnahme nach Brewerton zur Untersuchung des Mittelhandknochenkopfes. Nur bei unklarer Fraktursituation kann in seltenen Fällen die CT (ggf. konventionelle Tomographie) als zusätzliches bildgebendes Verfahren indiziert sein (Merle 1997, Schmitt u. Mitarb. 1996).
Klassifikation
Therapie
Nach Verlauf und Lokalisation der Frakturlinien werden die Frakturtypen der Mittelhandknochen im Basis-, Schaft- und Kopfbereich unterschieden (Tab. 15.13) (Geldmacher 1988, Jupiter u. Mitarb. 1988, Merle 1997, Petracic u. Mitarb. 1987, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993). Frakturen im Kindesalter sollten gesondert betrachtet werden (Laer 1991).
Diagnostik
Für die Entscheidung zwischen konservativer und operativer Therapie von Frakturen der Mittelhandknochen ist vor allem eine vorliegende Flexionsfehlstellung der Frakturfragmente, eine Achsenfehlstellung, eine Rotationsfehlstellung der entsprechenden Finger, eine Verkürzung des Metakarpalknochens, der Frakturtyp und der Patientenwunsch bzw. Patientenbedarf entscheidend (Geldmacher 1988, Larkin u. Mitarb. 1997, Merle 1997, Stern 1993).
Klinische Diagnostik Die Erfassung der Anamnese und die klinische Untersuchung schließt bei der Erstbehandlung der Hand vor allem die Kontrolle der Durchblutung der Finger, die Funktion der Beuge- und Strecksehnen sowie die intakte Sen-
Konservative Therapie Für die konservative Therapie werden Ruhigstellungszeiten zwischen 2 und 6 Wochen in Abhängigkeit vom Frakturtyp genannt (Stern 1993). Die Intrinsic-plus-Stellung ist dabei zu wählen. Die alleinige Reposition und Gipsruhig-
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
stellung von Metakarpalfrakturen ist oft langwierig und endet nicht immer mit einer optimalen Frakturstellung (Cavlak 1982, Geldmacher 1988, Larkin u. Mitarb. 1997). Obwohl die Reposition meist gut gelingt (z. B. Handgriff nach Jahss), ist die Retention oft schwierig (Cavlak 1982, Jahss 1938, Larkin u. Mitarb. 1997). Einige Arbeitsgruppen empfehlen auch direkt eine schmerz- und schwellungsadaptierte frühfunktionelle Nachbehandlung unter Traktion in einer dynamischen Schiene. Auch hier ist der Frakturtyp entscheidend (Stern 1993). Operative Therapie Für die operative Therapie stehen verschiedene Osteosynthesematerialien zur Verfügung (Tab. 15.14) (Förstner 1994, Foucher u. Mitarb. 1976, Geldmacher 1988, Merle 1997, Partecke 1999, Stern 1993). Die Entwicklung von kleinen und stabilen Titanimplantaten zum Einsatz in der Handchirurgie mit guter Bioverträglichkeit (und ggf. ohne Notwendigkeit der sekundären Materialentfernung) hat zu verbesserten operativen Therapiemöglichkeiten von Mittelhandknochenfrakturen geführt (Partecke 1999, Stern 1993). Ziel der operativen Behandlung von geschlossenen Metakarpalfrakturen ist die Erlangung einer möglichst stabilen Osteosynthese bei exakter anatomischer Reposition, damit eine frühe Mobilisation der Fingergelenke zur Vermeidung von persistierenden Bewegungseinschränkungen durchgeführt werden kann (Partecke 1999, Stern 1993). Die suffiziente Weichteildeckung zur Vermeidung von Infektionen ist bei der Behandlung offener Frakturen (neben Tab. 15.14
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Auswahl häufig genutzter Osteosynthesematerialien bei Basis-, Schaft- und Kopffrakturen von Mittelhandknochen
Osteosynthesematerialen
Einsatz bei Mittelhandfrakturen
Kirschner-Drähte 쐌 axial gekreuzt 쐌 intramedullär 쐌 transversal
Basisfrakturen Schaftfrakturen Kopffrakturen
Schrauben
Basisfrakturen Schaftfrakturen Kopffrakturen
Platten
Basisfrakturen Schaftfrakturen Kopffrakturen
Cerclage + Draht („Drahtnaht“)
Schaftfrakturen
Fixateur externe
Basisfrakturen Schaftfrakturen Kopffrakturen
Resorbierbare Materialien
Basisfrakturen Schaftfrakturen Kopffrakturen
Stapler
Basisfrakturen Schaftfrakturen
der Frakturstabilisierung) von besonderer Bedeutung (Partecke 1999, Stern 1993). Indikationen zur operativen Therapie bestehen bei Rotationsfehlern, intraartikulären Frakturen, offenen Frakturen, Frakturen mit Knochendefekt, Polytrauma mit Handfrakturen und Frakturen mit Weichteilverletzungen (Partecke 1999, Stern 1993). Nach Geldmacher (1988) sollten generell geschlossene Frakturen der Metakarpalia II–V operiert werden, wenn eine Dislocatio ad axim, ad longitudinem oder ad peripheriam die Toleranzgrenze überschreitet und sich geschlossen nicht reponieren oder das Repositionsergebnis sich nicht halten lässt sowie beim Vorliegen von Mehrfachfrakturen und beim schweren Quetschtrauma, bei dem die Verhinderung eines Kompartmentsyndroms im Vordergrund steht.
Basisfrakturen. Nach Touliatos u. Mitarb. (1999) können extraartikuläre und nicht oder nur gering dislozierte intraartikuläre Frakturen der Metakarpalbasis konservativ nach Reposition im Gips therapiert werden. Basisfrakturen mit Rotationsfehlern der entsprechenden Finger, mit Beteiligung der karpometakarpalen Gelenkflächen mit Dislokation, mit karpometakarpaler Luxationsfraktur sowie mit Mehrfragment-/Trümmerfraktur erfordern die operative Therapie (Stern 1993, Touliatos u. Mitarb. 1999). Eine perkutane Fixation mit Drähten nach Reposition von karpometakarpalen Luxationen und Luxationsfrakturen besonders im Bereich der Basis des 5. Mittelhandknochens (5. an 4. Mittelhandknochen oder/und transartikulär des Karpometakarpalgelenks) ist beschrieben worden (Stern 1993). Die offene Reposition und Fixation (z. B. bei Mehrfragment-/Trümmerfrakturen) kann vor allem im Bereich des 4. und 5. Mittelhandknochens notwendig sein. Operationstechnik: Die Inzision erfolgt gerade, S- oder bogenförmig über dem dorsalen Mittelhandknochen. Unter Beachtung der Äste des R. superficialis des N. radialis bzw. des R. dorsalis N. ulnaris werden die Strecksehnen und die darunter liegende Fraktur dargestellt. Nach Darstellung der Fragmente und Reposition der Fraktur erfolgt die Osteosynthese in Abhängigkeit vom Frakturtyp mit Schrauben-, Platten- oder Drähten (Abb. 15.55 a u. b). Ist die Trümmerung so umfangreich, dass keine Gelenkflächenrekonstruktion möglich ist, kann die karpometakarpale Arthrodese (ggf. unter Interposition von Knochentransplantaten) notwendig sein. Dies kann mit Drähten oder Platten erfolgen (s. Tab. 15.14). Müssen mehrere karpometakarpale Luxationen reponiert werden, kann auch eine quere Inzision durchgeführt werden (Stern 1993). Schaftfrakturen. Bei einzelnen nicht oder nur gering dislozierten Frakturen ohne Rotationsfehler der entsprechenden Finger ist die konservative Therapie im Gips indiziert. Nach Opgrande u. Mitarb. (1983) müssen Schaftfrakturen mit Angulationen der Fragmente von mehr als 30° des 5., 20° des 4. und 10° des 3. und 2. Metakarpalknochens reponiert werden. Schräg- und Spiralfrakturen neigen zur Verkürzung des entsprechenden Mittelhandknochens.
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
Während Verkürzungen von 3 mm akzeptabel sind, müssen Rotationsfehler bei allen Mittelhandfrakturen beseitigt werden, um ein Überkreuzen der Finger nach Frakturheilung zu verhindern (Holst-Nielsen 1976, Opgrande u. Mitarb. 1983). Auch wenn gleichzeitig mehrerer Metakarpalfrakturen im Schaftbereich (Serienfraktur) und Mehrfragment-/Trümmerfrakturen vorliegen ist die operative Therapie indiziert (Partecke 1999, Stern 1993).
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Abb. 15.55 a u. b Basisfraktur Os metacarpale V. Präoperatives Röntgenbild der Mehrfragmentfraktur (a). Postoperatives Röntgenbild nach Osteosynthese mit einer Mini-T-Platte (b).
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Operationstechnik: Die Inzision erfolgt gerade, S- oder bogenförmig über dem dorsalen Mittelhandknochen. Unter Beachtung der Äste des R. superficialis des N. radialis bzw. des R. dorsalis N. ulnaris werden die Stecksehnen und die darunter liegende Fraktur dargestellt. Dabei ist zu beachten, dass keine Schädigung der intrinsischen Handmuskulatur bzw. deren Nerven und Gefäße verursacht wird, da dies zu Vernarbungen/Kontrakturen mit möglichen Bewegungseinschränkungen der Finger führen kann. Nach Darstellung der Fragmente und Reposition der Fraktur erfolgt die Osteosynthese (Abb. 15.56 a – c) in Abhängigkeit vom Frakturtyp mit Schrauben-, Platten-, Drahtoder Draht-Cerclage-Osteosynthesen (s. Tab. 15.14). Offene Frakturen oder Defekt- und Trümmerfrakturen können ggf. einen Fixateur externe notwendig machen. Eine postoperative Ruhigstellung sollte kurzzeitig unter Einleitung einer frühfunktionellen Nachbehandlung erfolgen. Subkapitale Metakarpalfrakturen. Subkapitale Metakarpalfrakturen zeigen häufig palmare Abkippungen des distalen Fragments. Ab welcher Fehlstellung eine Reposition oder eine Reposition und Fixation erfolgen muss, wird in der Literatur uneinheitlich bewertet (Stern 1993). Während einige Autoren palmare Dislokationen des distalen 4. und 5. Metakarpalknochens ab 20° bzw. 30° reponieren (Amadio u. Mitarb. 1991, Smith u. Mitarb. 1997), tolerieren andere Abkippungen bis 50°oder 70° (Eingelholtz u. Mitarb. 1961, Holst-Nielsen 1976). Rotationsfehler, offene Frakturen, Frakturen mit Knochendefekt, Polytrauma mit Handfrakturen und Frakturen mit Weichteilverletzungen werden aber auch von diesen Arbeitsgruppen operativ behandelt (Partecke 1999, Stern 1993). Eine so genannte „Pseudo-Krallen-/Klauenstellung“ des Fingers (kompensatorische MP-Gelenkhyperextension und PIP-Flexion bei Streckung) aufgrund des nach palmar dislozierten Meta-
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Abb. 15.56 a – c Schaftfrakturen der Ossa metacarpalia IV und V mit Dislokation. a Präoperatives Röntgenbild. c Postoperatives schräges Röntgenbild nach Osteosynthesen. b Postoperatives p.-a. Röntgenbild nach Osteosynthesen.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
karpalkopfes wird zusätzlich als repositionsnotwendiger Befund genannt (Stern 1993). Am zweiten und dritten Mittelhandkopf werden aufgrund der fehlenden Kompensationsmöglichkeit im karpometakarpalen Gelenk im Allgemeinen Angulationen von mehr als 10° reponiert (Eingelholtz u. Mitarb. 1961, Smith u. Mitarb. 1977). Die geschlossene Reposition von subkapitalen Frakturen kann auch bei Anwendung des Jahss-Handgriffs (MP-Gelenk 90° flektiert, proximale Phalanx nach dorsal drücken) schwierig oder unmöglich sein (Foucher u. Mitarb. 1976, Jahss 1938, Schlageter u. Mitarb. 1997).
Operationstechnik: Wir verwenden, wann immer möglich, bei Frakturen im Bereich der distalen Mittelhandknochen mit Dislokationen (Rotationsfehler, palmare Dislokation > 30° am 4. und 5. Mittelhandknochen bzw. > 10° am 2. und 3. Mittelhandknochen, unzureichender Repositionserfolg, Korrekturverlust bei Gipsredression) die intramedulläre Drahtosteosynthese mit herkömmlichen, vorgebogenen Kirschner-Drähten („modellierte“ Kirschner-Drähte). Unser Operationsverfahren entspricht weitgehend der von Larkin u. Mitarb. modifizierten Methode der von Foucher, Förstner und anderen beschriebenen Technik (Abb. 15.57 a – d) (Förstner 1994, Foucher u. Mitarb. 1976, Lautenbach u. Mitarb. 2000, Larkin u. Mitarb. 1997). Eine postoperative Ruhigstellung sollte kurzzeitig unter Einleitung einer frühfunktionellen Nachbehandlung erfolgen. Zu beachten bleibt, dass viele dieser Verletzungen im Rahmen einer Schlägerei entstanden sind. Ein Wiederholungsrisiko bei Patienten mit oft geringer Compliance ist zu bedenken (Abb. 15.58 a – d). Kopffrakturen von Mittelhandknochen. Kopffrakturen der Mittelhandknochen sind meist artikuläre Frakturen, die in der Regel die operative Reposition und Fixation zur exakten Wiederherstellung der Gelenkfläche erfordern, um spätere Arthrosen zu vermeiden (Partecke 1999, Stern 1993). Eine individuelle Betrachtung der Frakturtypen ist dabei notwendig. Kleine Fragmente ohne größere Dislokation (z. B. Bandavulsionsverletzungen) können erfolgreich konservativ behandelt werden. Entsprechende Fragmente mit Dislokationen (z. B. dislozierte Bandausrissverletzungen) können die Fixation mit Schrauben oder Drähten erfordern. Gleiches gilt für intraartikuläre Schräg-, Quer- und Längsfrakturen mit Dislokation. Mehrfragment- und Trümmerfrakturen sind häufig besonders schwierig zu behandeln. Oft sind sie mit Weichteilläsionen und Knochendefekten verbunden. Einige Autoren empfehlen daher für diese Frakturen den alloarthroplastischen Gelenkersatz. Andere Arbeitsgruppen versuchen die Therapie mit dem gelenküberschreitenden Fixateur externe (mit dem Risiko der Bewegungsverluste des MP-Gelenks) oder die Rekonstruktion mit Drähten, was nicht immer erfolgreich ist. Auch ein frühfunktionelles konservatives Vorgehen unter Traktion, selbst wenn keine im Röntgenbild darstellbare optimale Frakturstel-
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Abb. 15.57 a – d Technik der intramedullären Kirschner-Drahtosteosynthese bei distalen Metakarpalfrakturen. a An der ulnaren Seite des Mittelhandknochens wird der Knochen basisnah eröffnet, der Markraum mit dem Pfriem schräg nach distal erweitert und der erste Draht eingeführt. b Drehen des Drahtes bis das distale Ende nach palmar gekrümmt ist und Vorschieben bis zur Fraktur. c Einbringen des Drahtes in das distale Frakturfragment unter Druck von palmar auf den Metakarpalkopf zu. d Drehen des Drahtes (Krümmung nach dorsal) bis zur Reposition der Fraktur. Anschließend gleiches Vorgehen mit dem 2. Draht.
lung erreicht wird, wird von einigen Arbeitsgruppen bei diesen Frakturen genannt (Partecke 1999, Schenck 1994, Stern 1993). Eher größere Fragmente im Bereich des Metakarpalkopfes können auch mit intramedullären Drahtosteosynthesen behandelt werden, ohne dass dabei der Kapsel-Band-Apparat des Gelenks beeinträchtigt wird (Lautenbach u. Mitarb. 2000).
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
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Abb. 15.58 a – d Distale Metakarpalfraktur. Präoperative Röntgenbilder (a u. b) und Röntgenbilder nach intramedullärer Kirschner-Drahtosteosynthese (c u. d).
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Nachbehandlung Eine frühfunktionelle Nachbehandlung wird bei allen Frakturtypen angestrebt. Das Ziel der operativen Behandlung sollte die dafür ausreichend stabile Osteosynthese sein.
Komplikationen Sowohl nach operativer als auch nach konservativer Therapie von Mittelhandknochenbrüchen werden Bewegungsdefizite des entsprechenden metakarpophalangealen Gelenks durch Sehnenadhäsionen oder Kapsel-BandKontrakturen sowie persistierende Kraftminderungen, Verkürzungen, Achsabweichungen (Flexionsfehlstellungen), Rotationsfehler und in sehr seltenen Fällen auch ausbleibende knöcherne Konsolidierungen der Ossa metacarpalia beschrieben. Basisfrakturen, besonders bei Beteiligung der karpometakarpalen Gelenkflächen, und Kopffrakturen können bei Beteiligung der metakarpophalangealen Gelenkfläche als präarthrotische Deformität angesehen werden (Förstner 1994, Foucher u. Mitarb. 1976, Geldmacher 1988, Lautenbach u. Mitarb. 2000, Merle 1997, Partecke 1999, Stern 1993). Lockerungen oder Dislokationen des Osteosynthesematerials (z. B. intramedulläre Drähte nach distal gewandert) und Wundinfektionen werden als Komplikationen nach operativer Therapie genannt. Diese sind aber als selten zu betrachten (Lautenbach u. Mitarb. 2000, Stern 1993).
Ergebnisse Eine knöcherne Konsolidierung von Frakturen der Mittelhandknochen ist in der Regel zu erreichen (Stern 1993). Obwohl prinzipiell die konservative Therapie bei Metakarpalfrakturen in vielen Fällen möglich ist, ist die alleinige Reposition und Gipsruhigstellung oft langwierig und endet nicht immer mit einer optimalen Frakturstellung (Cavlak 1982, Geldmacher 1988, Larkin u. Mitarb. 1997, Lautenbach u. Mitarb. 2000). Mittels Platten- und Schraubenosteosynthesen lassen sich im Bereich des Schaftes von Mittelhandknochen stabile Frakturfixationen erzeugen. Eine frühe Mobilisation der Hand ist somit, bei Gewährleistung der axialen- und Rotationsstabilität, möglich (Partecke 1999, Stern 1993). Einsteifungen der Fingergelenke können durch die frühest mögliche Bewegung verhindert werden (Partecke 1999). Kirschner-Drähte erzielen hingegen nur eine partielle Stabilität. Wir wählen daher möglichst ein stabiles Osteosyntheseverfahren. Offene Frakturen, vor allem bei Vorliegen von Weichteildefekten und Defektfrakturen erlauben aber im Allgemeinen keine primäre Platten- oder Schraubenosteosynthese. Die Bewertung der Ergebnisse nach Schaftfrakturen muss daher die primäre Weichteilsituation im Frakturbereich berücksichtigen. Nach geschlossenen Frakturen des Schaftes von Mittelhandknochen kann in der Regel eine sichere knöcherne Konsolidierung bei guten klinischen Resultaten erzielt werden. Obwohl eine Materi-
allage in der Strecksehnennähe meist nicht zu vermeiden ist und auch bei der Frakturexploration der Streckapparat mobilisiert werden muss, können bei den meisten Patienten gute Bewegungsausmaße der Hand erzielt werden. Neben möglichst schonender Präparation und anatomischer Rekonstruktion, vor allem auch des Strecksehnengleitgewebes, ist die gute Anpassung des Osteosynthesematerials an den Knochen (wenig auftragend) dafür verantwortlich (Lautenbach u. Mitarb. 2000, Stern 1993). Einige Autoren beschreiben störende, schmerzhafte Grobgriffbewegungen bei Dislokation bzw. Abkippung des Metakarpalkopfes nach palmar bei distalen Frakturen (Geldmacher 1988). Verkürzungen von mehr als 5 mm sollen infolge relativer Überlänge der Extensorsehne zum Streckdefizit führen können (Amadio u. Mitarb. 1991, Geldmacher 1988, Stern 1993). Andere Autoren berichten, solche Probleme auch bei größeren Fehlstellungen nicht beobachtet zu haben (Holst-Nielsen 1976, Larkin u. Mitarb. 1997). Die kosmetisch störende Deformierung der Hand durch nach palmar abgekippte Metakarpalköpfe und Konturverlust der Knöchelreihe sowie dorsale knöcherne Prominenz an der Frakturstelle wird hingegen in den meisten Veröffentlichungen beschrieben (Faraj u. Mitarb. 1999, Geldmacher 1988, Larkin u. Mitarb. 1997, Stern 1993). Mit der intramedullären Osteosynthese durch „modellierte“ Kirschner-Drähte (s. o.) können bei den distalen Metakarpalfrakturen in fast allen Fällen klinisch und radiologisch sehr gute Ergebnisse – bei sehr guter Patientenzufriedenheit – erzielt werden. Ein Längenausgleich und eine vollständige Aufhebung der palmaren Abkippung des distalen Metakarpalknochens gelingt in der Regel (Lautenbach u. Mitarb. 2000). Als häufig angewendete alternative Osteosyntheseverfahren werden Drähte (perkutan), die von distal nach proximal eingebracht werden, oder (Kondylen-)Platten benutzt (Cavlak 1982, Larkin u. Mitarb. 1997, Merle 1997, Stern 1993). Die Nachteile der perkutan, gekreuzt eingebrachten Drähte (von distal nach proximal) liegen in der Nähe der Drähte zum Kapsel-Band-Apparat des MP-Gelenkes bzw. der Strecksehne und ggf. der intraartikulären Lage. Bewegungsstörungen im MP-Gelenkbereich sind daher möglich (Müller u. Mitarb. 1996). Platten erfordern die Frakturexploration und meist größere operative Zugänge mit entsprechenden Weichteilläsionen. Zusätzlich kann eine Eröffnung des Gelenks notwendig sein (Larkin u. Mitarb. 1997, Müller u. Mitarb. 1996). Diese Probleme bestehen bei der Nutzung intramedullärer („modellierter“) Drähte nicht. Es kommt zu keiner intraartikulären Implantatlage. Eine Nähe zum Streckapparat besteht durch den lateralen Zugang nicht. Zusätzlich handelt es sich bei dem von uns für diese Frakturen favorisierten Verfahren um eine schnelle (kurze Operationszeit) und preiswerte (kein spezielles Instrumentarium oder Implantat notwendig) Methode. Bei kleinem Zugang und schnell erlernbarer Technik ist eine sichere Reposition und Fixation der Frakturfragmente gut möglich. Die Methode ist zur Anwendung bei subkapitalen Metakarpalfrakturen und Kopffrakturen der Ossa metacarpalia sehr gut geeignet
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
(Lautenbach u. Mitarb. 2000). Kopffrakturen der Mittelhandknochen (bei Gelenkbeteiligung, offenen Frakturen, Dislokationen von Fragmenten etc.), die durch offene Reposition und Fixation behandelt werden müssen, sind häufig mit Bewegungsverlusten des MP-Gelenkes verbunden. Die Nachbehandlung kann langwierig und das Ergebnis nicht immer befriedigend sein (Stern 1993).
15.3.2 Frakturen des Os metacarpale I Definition Brüche des Mittelhandknochens des Daumenstrahls.
Ätiopathogenese Subkapitale- und Kopffrakturen des Os metacarpale I sind seltener, da die zu Ihrer Verursachung notwendige axiale Kraft oft im trapeziometakarpalen Gelenk oder der proximalen Metaphyse aufgefangen wird. Auch Schaftfrakturen des ersten Mittelhandknochens sind seltener als an den Metakarpalia II–V, da die Basis des Knochens nicht entsprechend fest fixiert und die Kortikalis stabiler ist. Basisfrakturen sind hingegen häufigere Ereignisse. Bei Einwirkung einer axialen Kraft auf den flektierten Daumen ist die Entstehung einer Bennett-Luxationsfraktur möglich. Hierbei kommt es zum Abriss eines Knochenfragmentes an der Basis des Os metacarpale I mit Verankerung durch das Lig. trapeziometacarpale und Lig. metacarpale dorsale I. Die Dislokation des Os metacarpale I nach radial und dorsal (proximal) wird durch den Zug des M. abductor pollicis longus verursacht, während das kleinere ulnare Fragment in anatomischer Lage verbleibt (Amadio u. Mitarb. 1991, Green u. Mitarb. 1991, Schmidt u. Mitarb. 1992, Schmitt u. Mitarb. 1996). Traumata mit größeren einwirkenden Kräften können zu Trümmerfrakturen in allen Bereichen des Os metacarpale I führen (Amadio u. Mitarb. 1991, Green u. Mitarb. 1991, Stern 1993).
Klassifikation Nach Verlauf und Lokalisation der Frakturlinien werden die Frakturtypen des ersten Mittelhandknochens im Schaft- und Kopfbereich der Mittelhandknochen unterschieden (s. Tab. 15.13). Zusätzlich werden die Basisfrakturen des Os metacarpale I in die extraartikuläre (sog. „Winterstein-Fraktur“), intraartikuläre Luxationsfraktur (sog. „Bennett-Fraktur“) und intraartikuläre Mehrfragment-/ Trümmerfraktur (sog. „Rolando-Fraktur“ mit T- oder Y-artiger Fraktur, bzw. Trümmerfraktur) unterteilt (Amadio u. Mitarb. 1991, Geldmacher 1988, Jupiter u. Mitarb. 1988, Merle 1997, Petracic u. Mitarb. 1987, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993). Die Frakturen im Kindesalter sollten gesondert betrachtet werden (Laer 1991).
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Diagnostik Klinische Diagnostik Die Erfassung von Anamnese und klinischer Untersuchung schließt bei der Erstbehandlung der Hand vor allem die Kontrolle der Durchblutung der Finger, die Funktion der Beuge- und Strecksehnen sowie die intakte Sensibilität und geschlossenen Hautverhältnisse ein. Neben der schmerzhaften Bewegungseinschränkung des Grund- und Sattelgelenks des Daumens und gelegentlich auch des Handgelenks ist die Schwellung ggf. mit frakturnaher Hämatombildung bei der klinischen Untersuchung der Hand auffällig. Zusätzlich kann eine Fehlstellung des Daumens sowie eine palmare Dislokation des Os metacarpale feststellbar sein. Auch sicht- und tastbare Fehlstellungen im Verlauf des Mittelhandknochens sind zu erfassen. Bildgebende Diagnostik Die Diagnostik bei Frakturen im Bereich des Os metacarpale I beinhaltet vor allem das Röntgenbild (palmodorsal und seitlich unter Einschluss des Karpometakarpal- und des Metakarpophalangealgelenks, ggf. Schrägaufnahme, Trapezium nach Kapandji). Nur bei unklarer Fraktursituation kann die Computertomographie (ggf. konventionelle Tomographie) als zusätzliches bildgebendes Verfahren indiziert sein (Merle 1997, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993).
Therapie Für die Frakturen in der Kopfregion, im subkapitalen Bereich sowie in der Schaftregion des Os metacarpale I gelten weitgehend die therapeutischen Richtlinien, wie sie auch für die Ossa metacarpalia II–V gelten (s. Kap. 15.3.1). Dislozierte intraartikuläre Frakturen des Mittelhandknochenkopfes erfordern in aller Regel die operative Therapie, um eine exakte Gelenkrekonstruktion zu erreichen. Als operativer Zugang wird meist die Spaltung des Streckapparates zwischen den Sehnen der Mm. extensor pollicis longus und brevis angegeben. Avulsionsfrakturen des radialen Metakarpalkopfes erfordern meist auch die operative Refixation zur Wiederherstellung der Gelenkstabilität und der Gelenkfläche. Osteochondrale Frakturen im Rahmen der ulnaren Kollateralbandruptur bzw.- Kollateralbandausrisse („Skidaumen“) sind möglich. Subkapitale Frakturen können auch mit der intramedullären Osteosynthese stabilisiert werden, wenn keine konservative Therapie erfolgen soll (s. Kap. 15.3.1). Die Therapie der Schaftfrakturen hängt vom Frakturtyp und einer ggf. vorliegenden Dislokation ab. Die Wahl des osteosynthetischen Verfahrens entspricht den Überlegungen wie sie bei Schaftfrakturen der Mittelhandknochen II–V bestehen (s. Kap. 15.3.1) (Amadio u. Mitarb. 1991, Green u. Mitarb. 1991, Stern 1993).
Basisfrakturen. Die extraartikulären Basisfrakturen (sog. „Winterstein-Fraktur“) sind meist quere oder nur wenig schräge Brüche. Das distale Fragment ist in der Regel nach palmar flektiert und ggf. adduziert. Die geschlossene
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Reposition ist meist durch Traktion und Extensionszug am Daumen, geringer Pronationsbewegung und Druck von dorsal auf die Fraktur gut möglich. Nach Angaben einiger Autoren ist die erreichte Reposition meist stabil und soll in einem Gips, der das IP-Gelenk frei lässt, zur Ausheilung gebracht werden können. Andere Autoren empfehlen besonders bei Angulationen von mehr als 30° die Osteosynthese (Abb. 15.59 a u. b). Diese soll nach der Reposition perkutan mit Drähten oder offen mit Drähten bzw. übungsstabil mit Plattenosteosynthesen (Mini-T-Platte) erfolgen können (Amadio u. Mitarb. 1991, Jupiter u. Mitarb. 1988, Stern 1993). Die intraartikulären Frakturen mit Sub-/Luxation (sog. „Bennett-Fraktur“) erfordern die Wiederherstellung der Stabilität des Daumensattelgelenks durch Refixation der knöchernen Bandansätze und die Wiederherstellung der Gelenkfläche des Daumensattelgelenks. Die dazu notwendige Therapieform wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Während die Veröffentlichungen früherer Jahre eine konservative Therapie mit geschlossener Reposition und Gipsimmobilisation befürworten (Pollen 1968), beschreiben andere Autoren die geschlossene Reposition und perkutane Fixation mit Kirschner-Drähten (Os metacarpale I an Os metacarpale II, transartikulärer Draht durch das Daumensattelgelenk, Drahtosteosynthese unter Fixation des kleineren Fragments etc.), um einer Verkürzung und Angulation des Metakarpalknochens entgegen zu wirken. Die anatomische Reposition der Gelenkfläche wird mit diesem Vorgehen in der Regel aber nicht erreicht (Amadio u. Mitarb. 1991, van Niekerk u. Mitarb. 1989). Eine anatomische offene Reposition und Osteosynthese (z. B. mit Schrauben, ggf. Drähte) wird in vielen neueren Veröffentlichungen gefordert (Foster 1987, Segmüller 1977, Stern 1993). Die intraartikulären Mehrfragment-/Trümmerfrakturen (heute meist alle als sog. „Rolando-Fraktur“ bezeichnet) können T- oder Y-artige Frakturlinien sowie Trümmerzonen aufweisen. Die Möglichkeiten einer Therapie richten sich nach der Frakturform. Die typischen Zweifragmentfrakturen ermöglichen meist die offene Reposition und Plattenostesynthese (z. B. Mini-T-Platte). Eine genaue präoperative Frakturabklärung ist dabei anzuraten, um intraoperativ nicht durch eine Trümmerzone überrascht zu werden (Abb. 15.60 a u. b). Bei Vorliegen eines Knochendefektes durch Kompression von Spongiosa sollte eine Knochentransplantation erfolgen. Trümmerfrakturen der Basis des ersten Mittelhandknochens erlauben oft keine offene anatomische Reposition und Osteosynthese. Sie können mit begleitenden Weichteilverletzungen verbunden sein. Die notwendige Frakturstabilisierung sollte individuell beurteilt werden. Das Ziel ist, eine Verkürzung und Adduktion zu verhindern, die Daumenachse zu stabilisieren sowie die Fraktur und die Weichteile zur Ausheilung zu bringen. Häufig ist dazu die Anwendung eines Fixateur externe oder die Fixation des ersten Mittelhandknochens am zweiten Mittelhandknochen mit Drähten u. a. notwendig (Amadio u. Mitarb. 1991, Green u. Mitarb. 1991, Stern 1993).
a b Abb. 15.59 a u. b Winterstein-Fraktur. Präoperatives Röntgenbild (a) und Röntgenbild nach Plattenosteosynthese (Mini-T-Platte) wegen progredienter Dislokation (b).
a b Abb. 15.60 a u. b Rolando-Fraktur. Fälschlich präoperativ nach dem Röntgenbild für eine Bennett-Fraktur gehalten. Präoperatives Röntgenbild (a) und postoperatives Röntgenbild nach Plattenosteosynthese mit einer Mini-T-Platte (b).
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
Nachbehandlung Eine frühfunktionelle Nachbehandlung wird bei allen Frakturtypen angestrebt. Das Ziel der operativen Behandlung sollte die dafür ausreichend stabile Osteosynthese sein. Gerade bei den Basisfrakturen ist dies oft nicht möglich.
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15.3.3 Frakturen von Phalanx proximalis und medialis der Digiti II–V Definition
Komplikationen Sowohl nach operativer wie auch nach konservativer Therapie von Brüchen des ersten Mittelhandknochens werden Bewegungsdefizite des metakarpophalangealen Gelenks durch Sehnenadhäsionen oder Kapsel-Band-Kontrakturen, persistierende Kraftminderungen, Fehlstellungen (Verkürzungen, Achsabweichungen, Rotationsfehler) und in seltenen Fällen auch ausbleibende knöcherne Konsolidierungen beschrieben. Basisfrakturen, besonders bei Beteiligung der Gelenkflächen des Sattelgelenkes und Kopffrakturen bei Beteiligung der metakarpophalangealen Gelenkfläche können als präarthrotische Deformität angesehen werden (Förstner 1994, Foucher u. Mitarb. 1976, Geldmacher 1988, Merle 1997, Partecke 1999, Stern 1993). Lockerungen oder Dislokationen des Osteosynthesematerials, z. B. das Wandern der intramedullären Drähte nach distal und Wundinfektionen werden als Komplikationen nach operativer Therapie genannt. Diese sind aber als selten zu betrachten (Stern 1993).
Ergebnisse Viele Autoren betonen, dass auch beim Vorliegen von Gelenkstufen und Röntgenzeichen der Arthrose nach Bennett-Frakturen die Patienten schmerzarm oder schmerzfrei sind. Eine geringe Funktionseinschränkung und Kraftverluste sollen akzeptabel sein. Viele Arbeitsgruppen fordern die exakte anatomische Gelenkflächenrekonstruktion, um einen langfristigen Erhalt des Daumensattelgelenks zu ermöglichen. In der überwiegenden Anzahl der Veröffentlichungen zum Thema der artikulären Basisfrakturen des ersten Mittelhandknochens wird aber immer wieder auf Situationen hingewiesen, in denen der Versuch der anatomischen Gelenkflächenrekonstruktion nach Bennett- und nach Rolando-Frakturen erfolglos endete. Eine präoperative Aufklärung des Patienten sollte auch über dieses Risiko erfolgen.
Brüche der Grundglied- und Mittelgliedknochen der Finger II–V mit oder ohne Beteiligung der Fingergrund- und Fingermittelgelenke.
Ätiopathogenese Frakturen der Phalangen sind häufig intraartikuläre Frakturen. Kondyläre Gelenkfrakturen sind typische Sportverletzungen. Bei nichtdislozierten Frakturen besteht besonders im Bereich der Kondylen der proximalen Phalanx oft das Risiko, die Fraktur primär nicht zu erkennen und eine sekundäre Dislokation zu erlauben, da die Gelenkbewegung intakt sein kann und der Sportler durch Dissimulation (da ein unerwünschter Sportausfall aufgrund der Verletzung drohen kann) die Beschwerden geringer erscheinen lässt. Eine Röntgenuntersuchung auch mit schrägen Aufnahmen ist notwendig (Blair u. Mitarb. 1996, Feldmeier 1988, Leclercq 1999). Die Einwirkung einer axialen Kraft auf den Finger kann zur zentralen Basisimpression führen. Frakturen der Phalangen werden meist durch das Einwirken einer direkten Kraft verursacht (Stern 1993).
Klassifikation Nach Verlauf und Lokalisation der Frakturlinien werden die Frakturtypen der Phalangen im Basis-, Schaft- und Kopfbereich unterschieden (Tab. 15.15) (Blair u. Mitarb. 1996, Hovius u. Mitarb. 1999, Merle 1997, Stern 1993). Zusätzlich sollten Frakturen im Kindesalter gesondert betrachtet werden (Laer 1991). Die Kondylenfrakturen als Teil der artikulären Phalangenfrakturen können nach London (1971) zusätzlich eingeteilt werden in: Tab. 15.15
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Frakturtypen im Bereich der Grund- und Mittelphalangen der Langfinger
Artikuläre Frakturen
Kopffrakturen (Kondylenfrakturen, knöcherne Kollateralbandavulsionen) Basisfrakturen (dorsal, palmar, lateral, zentral) Trümmerfrakturen Luxationsfrakturen Schaftfrakturen mit Gelenkbeteiligung
Extraartikuläre Frakturen
subkapitale Frakturen Schaftfrakturen (quer, schräg, spiral, Trümmer) Basisfrakturen
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
쐌 Typ I: stabile Frakturen der Kondylen ohne Dislokation, 쐌 Typ II: unikondyläre instabile Frakturen, 쐌 Typ III: bikondyläre/Mehrfragment-/Trümmerfrakturen der Kondylen.
Diagnostik Klinische Diagnostik Die Erfassung der Anamnese und die klinischer Untersuchung schließt bei der Erstbehandlung der Hand vor allem die Kontrolle der Durchblutung der Finger, die Funktion der Beuge- und Strecksehnen sowie die intakte Sensibilität und geschlossenen Hautverhältnisse ein. Neben der schmerzhaften Bewegungseinschränkung der Fingergelenke des entsprechenden Fingers ist die Schwellung ggf. mit frakturnaher Hämatombildung bei der klinischen Untersuchung der Hand auffällig. Zusätzlich kann eine Fehlstellung (besonders der Rotation) des Fingers feststellbar sein. Auch sicht- und tastbare Fehlstellungen im Verlauf des Knochens sind zu erfassen. Bildgebende Diagnostik
a, b
Die Diagnostik bei Frakturen im Bereich der Finger beinhaltet vor allem ein p.-a. Röntgenbild (dorsopalmar) und seitlich, ggf. auch eine Schrägaufnahme. Nur bei unklarer Fraktursituation kann die Computertomographie (ggf. konventionelle Tomographie) als zusätzliches bildgebendes Verfahren indiziert sein (Merle 1997, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993).
Therapie Für die Entscheidung zwischen einem konservativen und einem operativen Therapieverfahren sind neben dem Frakturtyp die Weichteilverhältnisse, die Begleitverletzungen (Sehnen, Nerven, Gefäße etc.) und die Patientenbedürfnisse und -wünsche (Alter, Nebendiagnosen, Beruf, Compliance etc.) zu berücksichtigen. Konservative Therapie Nichtdislozierte, stabile Frakturen erlauben in der Regel die konservative Therapie. Eine Ruhigstellung in Intrinsicplus-Position ist meist notwendig. Bei guter Patientencompliance und kontrollierter Nachbehandlung können einige Frakturen die frühfunktionelle Nachbehandlung erlauben. Schenck (1994) berichtet über sehr gute Ergebnisse der Behandlung von intraartikulären Phalangenfrakturen durch eine dynamische Nachbehandlung unter Traktion. Operative Therapie Die operative Therapie ist notwendig, wenn durch die konservative Behandlung kein gutes Resultat erzielt werden kann. Dies ist bei vielen Gelenkfrakturen, dislozierten, mehrfragmentierten und offenen Frakturen sowie bei vorliegenden Begleitverletzungen zu erwarten (Abb. 15.61 a – d).
c, d Abb. 15.61 a – d Grundphalanxmehrfragmentfraktur Digiti III. Präoperative Röntgenbilder p.-a. (a) und schräg (b). Postoperative Röntgenbilder nach Schraubenosteosynthese p.-a. (c) und schräg (d).
Artikuläre Frakturen Kondylenfrakturen. Nichtdislozierte, unikondyläre Frakturen an Grund- und Mittelphalanx (Typ I nach London) können nach Angaben vieler Autoren (London 1971, Schenck 1994, Segmüller 1977, Stern 1993) konservativ behandelt werden. Während meist Immobilisationen im Gips (je nach Autor 4 – 6 Wochen) empfohlen werden, favorisieren einige Arbeitsgruppen dynamische Nachbehandlungen mit Traktion. Eine regelmäßige Röntgenkontrolle ist dabei durchzuführen, da das Risiko einer sekundären Dislokation mit Entstehung einer Gelenkinkongruenz besteht (London 1971, Merle 1997, Segmüller 1977, Stern 1993).
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
Dislozierte Gelenkfrakturen an Grund- und Mittelphalanx (Typ II und III nach London) sollten nach Beschreibung der meisten Veröffentlichungen operativ behandelt werden. Wenige Berichte über Erfahrungen mit der dynamischen Nachbehandlung unter Traktion sind veröffentlicht. Dislozierte unikondyläre Frakturen können gelegentlich geschlossen reponiert und perkutan fixiert werden. Oft ist aber auch eine offene Frakturexploration und Fixation nötig.
Operationstechnik: Bogenförmige oder gerade Inzisionen über den dorsalen PIP-Gelenken. Nach Darstellung der Strecksehnenhaube erfolgt die Inzision in der Regel zwischen Mittel- und Seitenzügeln über dem PIP-Gelenk. Am DIP-Gelenk ist auch ein Y-förmiger Zugang möglich. Die Frakturdarstellung erfolgt unter Zugang neben der Strecksehne. Nach Frakturreposition und ggf. temporärer Stabilisierung mit der Repositionsklemme wird die Osteosynthese durchgeführt. Wir bevorzugen wenn möglich Titanschrauben (1,4 mm bzw. maximal 1,7 mm). Bei kleinen Fragmenten kann auch die Kirschner-Drahtosteosynthese erfolgen. Bikondyläre Frakturen sind meist disloziert und zeigen oft Trümmerzonen, die eine offene Frakturreposition erforderlich machen. Der operative Zugang entspricht der bereits beschriebenen Operationstechnik. Nach primärer Reposition der Kondylen erfolgt die Fixation am Schaft. Häufig sind die Kopffragmente durch den sehr weichen Knochen geprägt. Besondere Vorsicht ist daher bei der Reposition, der Fixation mit der Repositionsklemme und dem Einbringen des Osteosynthesematerials erforderlich. Bei ausgeprägten Trümmerungen des Kopfes an Grundund Mittelphalanx kann auch die offene Reposition unmöglich sein. Einige Autoren empfehlen gerade in diesen Fällen die konservative dynamische Nachbehandlung unter Traktion am PIP- und DIP-Gelenk. Wesentlicher Faktor ist hierbei neben der Ligamentotaxis die Induktion des Gelenkflächenremodelling durch das frühfunktionelle Vorgehen (Schenck 1994). Auch die Nutzung des Fixateur externe, ggf. als dynamischer Fixateur unter Traktion mit funktioneller Nachbehandlung, wird beschrieben. Häufig wird dabei dem Gelenk eine Bewegung vorgegeben, die nicht dem natürlichen anatomischen Ablauf entspricht. Ein Gelenkflächenremodelling mit durchführbarer Gelenkbewegung kann aber oft beobachtet werden (Schenk 1995, Stern 1993). Die gelegentlich genannte primäre Arthrodese führt vor allem am PIP-Gelenk zur Behinderung der Fingerfunktion, ggf. unter deutlicher Fingerverkürzung. Am DIP-Gelenk hat der Funktionsverlust geringere Folgen. Die Fingerverkürzung kann hier aber vom Patienten als sehr störend betrachtet werden. Der primäre alloarthroplastische Gelenkersatz wird bei Trümmerfrakturen des PIP-Gelenks beschrieben. Bei Verletzung des Bandapparates ist dies als problematisch zu betrachten (London 1971, Merle 1997, Segmüller 1977, Stern 1993). Die knöcherne Kollateralbandavulsion im Bereich des Grundphalanxkopfes (PIP-Gelenk) kann bei größerer Dis-
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lokation zur Pseudarthrose des Fragments mit Instabilität, bei Adhäsion an der palmaren Platte/Landsmeer-Bändern zur Knopflochdeformität („Pseudoboutonnière Deformity“) und Beschwerden führen. Eine operative Refixation kann indiziert sein (Merle 1997, Stern 1993). Trümmerungen der Fragmente lassen meist die operative Refixation nicht zu.
Basisfrakturen. Dorsale Basisfrakturen betreffen im Bereich der Grund- und Mittelphalanx die Avulsion des Mittelzügels der Strecksehne meist mit PIP-Gelenkanteil. In der Regel wird bei Fragmenten, die größer als 2 mm bzw. 1/ der Gelenkfläche sind, die operative Refixation zur 3 Wiederherstellung der Gelenkfläche und Verhinderung einer Knopflochdeformität empfohlen (Leclercq 1999, London 1971, Merle 1997, Segmüller 1977, Stern 1993). Laterale und palmare Basisfrakturen der Grund- und Mittelphalanx sind meist Kollateralbandavulsionen (Abb. 15.62). Sind die knöchernen Fragmente nicht weit disloziert und die Gelenkkongruenz erhalten, kann eine konservative Therapie mit Ruhigstellung und funktioneller Nachbehandlung erfolgen. Weit dislozierte oder rotierte Fragmente können die Refixation (Kirschner-Drähte oder Schrauben) erfordern (Leclercq 1999, Merle 1997, Segmüller 1977, Stern 1993). T- (bzw. Y-)Frakturen der Phalangenbasis sind auch Gelenkbrüche. Sie erfordern die operative Therapie. Das Ziel ist dabei die Wiederherstellung der Gelenkflächenkongruenz. Kirschner-Draht- und Schraubenosteosythesen kommen zur Anwendung (Stern 1993). Trümmerfrakturen und zentrale Impressionsfrakturen der Phalangenbasis (sog. „Pilon-Frakturen“ der Phalangenbasis) sind häufiger im Bereich der Mittelphalanx als der Grundphalanx und stellen ein besonderes Problem in der Therapie dar. Das Ziel der Wiederherstellung der Gelenkflächenkongruenz kann bei den Impressionsfrakturen auch die subchondrale Abstützung mit Spongiosa notwendig machen. Eine optimale Gelenkflächenrekonstruktion
Abb. 15.62 Röntgenbild einer ulnaren Basisfraktur der Grundphalanx Digiti II mit ulnarer knöcherner Kollateralbandavulsion.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
nannte primäre Arthrodese des PIP-Gelenks führt zur Behinderung der Fingerfunktion, ggf. unter deutlicher Fingerverkürzung (Leclercq 1999, Merle 1997, Segmüller 1977, Stern 1993). Schaftfrakturen mit Gelenkflächenbeteiligung sind meist lange Spiralbrüche. Durch die offene Reposition, meist in Verbindung mit einer Schraubenosteosynthese, lässt sich in der Regel ein sehr gutes Ergebnis erzielen (Stern 1993).
Extraartikuläre Frakturen Subkapitale Frakturen. Diese im Kindesalter häufigeren Bruchtypen (meist proximale Phalanxfraktur bei Einklemmen des Fingers in einer Tür) kommen auch im Erwachsenenalter vor. Besonders beim jungen Patienten kann die ausgeprägte Dorsalrotation des Kopffragmentes 90° betragen. Nach Segmüller u. Mitarb. (1977) ist dieser Bruch auch nach der erfolgreichen Reposition besonders im Kindesalter als instabil zu werten. Die Osteosynthese wird meist empfohlen. Diese kann mit Kirschner-Drähten (von distal nach proximal eingebracht oder von proximal nach distal intramedullär) perkutan erfolgen. Kann keine optimale Reposition erreicht werden, besteht die Möglichkeit, dass die palmare Platte in den Bruchspalt interponiert ist. Hier sollte dann die offene Darstellung und Reposition erfolgen.
a, b
c Abb. 15.63 a – c Mittelphalanxbasisimpressionsfraktur des Digiti V. a Präoperatives seitliches Röntgenbild. b Postoperatives seitliches Röntgenbild nach Anlage eines dynamischen Fixateur externe. c Postoperativer Zustand 5 Wochen nach Anlage eines dynamischen Fixateur externe in 90° PIP-Flexionsstellung.
bei Trümmerfrakturen wird nicht immer erreicht. Einige Autoren empfehlen gerade in diesen Fällen die konservative dynamische Nachbehandlung unter Traktion. Hierbei ist neben der Ligamentotaxis die Induktion des Gelenkflächenremodelling durch das frühfunktionelle Vorgehen der wesentliche Faktor (Schenck 1994). Auch die Nutzung von Kirschner-Drähten (offen oder perkutan eingebracht), Schrauben, Platten und des Fixateur externe, ggf. als dynamischer Fixateur, am PIP-Gelenk unter Traktion mit funktioneller Nachbehandlung wird beschrieben (Abb. 15.63 a – c). Häufig wird dabei dem Gelenk eine Bewegung vorgegeben, die nicht dem natürlichen anatomischen Ablauf entspricht. Ein Gelenkflächenremodelling mit durchführbarer Gelenkbewegung kann oft beobachtet werden (Schenk 1995, Stern 1993). Die gelegentlich ge-
Schaftfrakturen der Grund- und Mittelphalangen. Nichtdislozierte, stabile Frakturen können konservativ behandelt werden. Eine regelmäßige Stellungskontrolle sollte erfolgen. Während einige Arbeitsgruppen frühfunktionelle Nachbehandlungen empfehlen, bevorzugen wir die Ruhigstellung in der Intrinsic-plus-Position, da sie eine geringere Patientencompliance erfordert und in der Regel damit ein gleich gutes funktionelles Ergebnis zu erzielen ist. Dislozierte Querfrakturen können nach der Reposition, wenn diese ohne größeren Kraftaufwand oder Traktion erfolgen konnte, stabil sein. Eine konservative Therapie ist hier unter engmaschiger Kontrolle möglich. Dislozierte Schräg- und Spiralfrakturen können zwar häufig gut reponiert, aber meist nicht sicher im Gips redressiert werden, da sie zur Redislokation neigen. Wir haben hier nur als Ausnahme die konservative Therapie durchgeführt. In der Regel erfolgt die operative Therapie. Dislozierte Querfrakturen die nach Reposition instabil sind sowie dislozierte Schräg- und Spiralfrakturen sollten operativ behandelt werden. Querfrakturen werden meist mit zwei gekreuzt (perkutan) eingebrachten Kirschner-Drähten fixiert, wobei zu beachten ist, dass die Kreuzung dabei nicht im Frakturbereich liegen darf, um eine Rotationsinstabilität zu vermeiden und dass keine thermische Schädigung des Knochens durch zu häufige Bohrversuche auftritt. Kann die Osteosynthese nicht perkutan erfolgen, muss die offene Reposition und Fixation durchgeführt werden.
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
Operationstechnik: Bogenförmige oder gerade Inzisionen über den dorsalen Phalangen werden beschrieben. Mediolaterale Frakturdarstellungen werden nur als Ausnahme in der Literatur genannt. Nach Darstellung der Strecksehnenhaube erfolgt die Inzision. Während einige Autoren die Spaltung der Strecksehne zentral beschreiben, empfehlen andere zwischen Mittel- und Seitenzügeln bzw. lateral der Seitenzügel zur Fraktur vorzugehen. Nach Frakturreposition und temporärer Stabilisierung mit der Repositionsklemme erfolgt die Osteosynthese. Gekreuzte KirschnerDrahtosteosynthesen oder Draht-Cerclage-Kombinationen werden meist empfohlen. Plattenosteosynthesen im Phalangenbereich haben ein besonderes Risiko Strecksehnenadhäsionen zu verursachen, auch wenn nur kleinste Platten, ggf. lateral angebracht werden. Wir vermeiden dies daher. Dislozierte Schräg- und Spiralfrakturen können, wenn sie früh genug nach dem Trauma zur Therapie gelangen, häufig geschlossen reponiert und perkutan fixiert werden. Dies kann mit Drähten erfolgen. Kann keine optimale Reposition geschlossen erreicht werden oder soll eine stabile Osteosynthese mit Schrauben (meist Zugschrauben, z. B. 1,4 – 1,7 mm), die eine frühe funktionelle Nachbehandlung erlaubt, erzielt werden, muss die offene Reposition und Fixation erfolgen. Trümmerfrakturen können therapeutische Probleme darstellen. Gekreuzt eingebrachte Kirschner-Drähte (perkutan) aber auch die Anwendung des Fixateur externe werden zur Behandlung in der Literatur beschrieben (Leclercq 1999, Merle 1997, Segmüller 1977, Stern 1993). Die extraartikulären Basisfrakturen zeigen häufig, besonders bei Frakturlokalisation im Grundphalanxbereich, eine palmare Angulationsfehlstellung. Eine Beurteilung des Ausmaßes der Fehlstellung kann nur im streng seitlichen Röntgenbild erfolgen. Die Überlagerung durch andere Finger kann dabei störend sein. Während Angulationen in der Sagittalebene von bis zu 30° im Kindesalter eine Spontankorrektur im Wachstum erfahren, müssen Fehlstellungen in der Frontalebene, besonders im Mittelphalanxbereich, und Rotationsfehlstellungen auch im Kindesalter korrigiert werden (Laer 1991). Beim Jugendlichen und Erwachsenen führt auch die sagittale Fehlstellung zur Störung der Fingerfunktion. Eine „Pseudoklauen-/ Pseudokrallenfehlstellung“ des Fingers (Hyperextension im Frakturbereich mit Streckdefizit im PIP-Gelenk) kann resultieren. Die Fehlstellung sollte daher korrigiert werden. Dies geschieht bei MP-Flexion und folgender Reposition des distalen Fragmentes nach palmar. Eine Ruhigstellung ist danach für 4 – 6 Wochen notwendig (Stern 1993). Von Merle wird hingegen nach Reposition die perkutane Kirschner-Drahtfixation in diesen Fällen beschrieben. Nachbehandlung Eine frühfunktionelle Nachbehandlung wird bei allen Frakturtypen angestrebt. Das Ziel der operativen Behandlung sollte die dafür ausreichend stabile Osteosynthese sein. Muss die Ruhigstellung erfolgen, sollte dies in Intrinsic-plus-Stellung erfolgen.
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Komplikationen Sowohl nach operativer als auch konservativer Therapie von Phalangenfrakturen werden knöcherne Heilungen in Fehlstellung als häufigste Komplikation, z. B. Verkürzungen, Achsabweichungen, Flexionsfehlstellungen und Rotationsfehler beschrieben. Außerdem können Bewegungsdefizite der entsprechenden Fingergelenke durch Sehnenadhäsionen oder Kapsel-Band-Kontrakturen auftreten sowie persistierende Kraftminderungen und in sehr seltenen Fällen wurden auch ausbleibende knöcherne Konsolidierungen beobachtet. Frakturen mit Beteiligung der Gelenkflächen, besonders bei Trümmerungen, können als präarthrotische Deformität angesehen werden (Förstner 1994, Foucher u. Mitarb. 1976, Geldmacher 1988, Merle 1997, Stern 1993). Lockerungen oder Dislokationen des Osteosynthesematerials und Wundinfektionen werden als Komplikationen nach operativer Therapie genannt.
Ergebnisse Die Ergebnisse sind wesentlich vom Frakturtyp abhängig. Intraartikuläre Frakturen zeigen schlechtere Resultate.
15.3.4 Frakturen der Phalanges distales Definition Brüche des Endphalanxknochens der Finger mit oder ohne Beteiligung des Endgelenks.
Ätiopathogenese Als Unfallmechanismus wurde in den Untersuchungen von DaCruz u. Mitarb. (1988) und Hove (1993) am häufigsten (77%) eine Quetschverletzung gefunden. Deutlich seltener waren Rissverletzungen und Materialpenetrationen. Bei der Arbeit erfolgen 60 % der Unfälle (Laer 1991, Raine und Mitarb. 1999). Nach Raine u. Mitarb. (1999) und Feldmeier (1988) sollen Verletzungen der Endphalangen beim Sport häufiger aus kraftvollen passiven Bewegungen der Endgelenke resultieren und meist intraartikuläre Frakturen mit Sehnenbeteiligungen sein (z. B. baseball finger). Flexoravulsionen mit und ohne Ausriss eines knöchernen Fragments sind auch typische Sportverletzungen (z. B. rugger jersey finger) (Feldmeier 1988, Raine u. Mitarb. 1999).
Epidemiologie Frakturen der Fingerendphalangen sind häufig und oft mit Verletzungen der umgebenden Weichteile und des Fingernagels/Nagelbetts kombiniert (Browner u. Mitarb. 1992, Green u. Mitarb. 1991, Raine u. Mitarb. 1999). Nach DaCruz u. Mitarb. (1988) kommen Endphalanxfrakturen am häufigsten am Daumen der nichtdominanten Hand, gefolgt
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
vom Daumen der dominanten Hand, den Kleinfingern und den Zeigefingern vor. Nach Hove (1993) treten etwa gleich häufig Endphalanxfrakturen des Daumens und des Mittelfingers auf. Die anderen Finger waren in dieser Studie deutlich seltener betroffen. Insgesamt waren 15 % der 1000 Handfrakturen (Karpus, Metakarpus, Phalangen) in der von Hove 1993 untersuchten norwegischen Patientengruppe im Bereich der Endphalanx lokalisiert. Bei mehr als 50% der Fälle handelt es sich in diesen Untersuchungen um Frakturen der Tuberositas phalangis distalis (DaCruz u. Mitarb. 1988, Hove 1993). Die Literaturübersicht zeigt, dass Endphalanxfrakturen in allen Altersgruppen beschrieben werden und dass in den meisten Untersuchungen mehr Männer als Frauen betroffen sind (Browner u. Mitarb. 1992, DaCruz u. Mitarb. 1988, Green u. Mitarb. 1991, Hoch u. Mitarb. 1999, Hove 1993, Raine u. Mitarb. 1999, Stern 1993). Zur Gruppe der intraartikulären Frakturen gehören die Basisfrakturen, ggf. mit Flexor-, /Extensor-, /Kollateralbandavulsionen und die Luxationsfrakturen (Raine u. Mitarb. 1999) (Tab. 15.16). Basisfrakturen mit Flexoravulsionen oder isolierte Beugesehnenabrisse kommen in besonderer Häufung am Ring- und Mittelfinger vor (Browner u. Mitarb. 1992, Raine u. Mitarb. 1999). Die Verletzung ereignet sich oft beim Sport, z. B. beim Festhalten im Lauf am Trikot des Gegners („tackle injury“ beim Fußball, Rugby, American Football etc.) oder beim Fingerhakeln (Browner u. Mitarb. 1992, Feldmeier 1988, Raine u. Mitarb. 1999). Die so genannten knöchernen Strecksehnenausrisse (Mallet-Finger) sollen ca. 18 % der Extensorverletzungen der Langfinger ausmachen (Laer 1991). Hoch u. Mitarb. (1999) konnten anhand anatomischer Schnittpräparate nachweisen, dass Fasern der Streckaponeurose auch distal des bei dieser Fraktur typischen Fragments inserieren und somit besser der Begriff „Fraktur der dorsalen Endphalanxbasis“ benutzt werden sollte. Als Unfallmechanismus kann ein geringes Trauma (z. B. Sturz), eine forcierte Flexion, eine axiale Stauchung mit Anprall der Endphalanxbasis auf den Mittelphalanxkopf (Kompression) oder eine forcierte Hyperextension mit Anprall der Endphalanxbasis auf den Mittelphalanxkopf vorliegen (Browner u. Mitarb. 1992, Green u. Mitarb. 1991, Hoch u. Mitarb. 1999).
____
Tab. 15.16
Klassifikation der Endphalanxfrakturen
Extraartikuläre Frakturen
Tuberositas (Nagelkranz) Metaphyse Schaft
Intraartikuläre Frakturen
Flexoravulsion/Extensoravulsion Kollateralbandavulsion Luxationsfrakturen
Offene Frakturen
Amputation/Defektfraktur mit Läsion von Nagelbett/-platte
Pathologische Frakturen Frakturen im Kindesalter
Wachstumsfuge Längsfraktur
Offene Frakturen der Endphalanx können nach Quetschverletzungen mit Nagelbett- und Nagelplattenverletzung, im Rahmen von Amputationsverletzungen, bei Fremdkörperpenetration etc. vorkommen und alle Bereiche der Endphalanx betreffen (Browner u. Mitarb. 1992). Knöcherne Defekte sind vor allem bei Amputationsverletzungen nicht selten (Browner u. Mitarb. 1992, Raine u. Mitarb. 1999, Stern 1993). Pathologische Frakturen der Endphalanx sind selten. Sie kommen im Schaftbereich und im Bereich des Nagelkranzes, ggf. auch kombiniert vor. Nach Raine u. Mitarb. (1999) ist der Daumen häufiger betroffen als die Langfinger (Stern 1993). Oft geben die Patienten ein Trauma an. Beschrieben wird das Vorkommen von pathologischen Endphalanxfrakturen meist bei Enchondromen. Aber auch beim Patienten mit kortisoninduzierter Osteoporose treten sie auf. Bei Frakturen im Bereich der Fingerphalangen im Kindesalter finden sich am häufigsten Epiphysenlösungen mit oder ohne metaphysärem Keil. Deutlich seltener sind Schaftfrakturen/Längsfrakturen (Laer 1991, Raine u. Mitarb. 1999). Der Unfallmechanismus ist bei einer Endphalanxfraktur im Kindesalter meist die Quetschverletzung. Diese geschieht am häufigsten in der Wohnung, gefolgt von Autotüren und Fernstern. Andere Unfallmechanismen sind deutlich seltener (Raine u. Mitarb. 1999).
Klassifikation Die Einteilung der Frakturen der Endphalanx nach Kaplan unterscheidet zwischen longitudinalen und transversalen Frakturen sowie Frakturen mit Trümmerungen (Browner u. Mitarb. 1992, Raine u. Mitarb. 1999). Eine genauere Klassifikation der Fraktur unter Berücksichtigung der Frakturlokalisation, der beteiligten umgebenden Weichteile und der Genese der Fraktur erscheint zur Bestimmung der Therapie und Prognose notwendig (Browner u. Mitarb. 1992, Raine u. Mitarb. 1999) (s. Tab. 15.16). Eine Einteilung der intraartikulären Frakturen wurde von Leddy und Packer, modifiziert von Smith, vorgenommen (Raine u. Mitarb. 1999) (Tab. 15.17). Die Klassifikation der Verletzungen auf Höhe des Fingerendgelenks kann die knöcherne Beteiligung berücksichtigen (Tab. 15.18).
Tab. 15.17
____
Klassifikation der Avulsionen der Sehne des M. flexor digitorum profundus (nach Leddy u. Packer [1977] und Smith [1981])
I
Retraktion der Sehne des M. flexor digitorum profundus bis in die Hohlhand (meist nicht knöchern), beide Vincula verletzt
II
Retraktion der Sehne des M. flexor digitorum profundus bis in Höhe des proximalen Interphalangealgelenks (ggf. knöchern), ein Vinculum intakt
III
knöchernes Fragment palmar ohne Retraktion
IV
Wie Typ III, Sehne des M. flexor digitorum profundus ohne Fragment retrahiert
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
Tab. 15.18
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Klassifikation der Verletzungen des Strecksehnenapparates auf Höhe des Fingerendgelenks
1. Inkomplette Läsion des Extensorapparates 2. Komplette Durchtrennung des Extensorapparates 3. Artikuläre Fraktur (dorsales Fragment) 4. Extensorapparat durchtrennt, ggf. mit Weichteildefekt
Diagnostik Klinische Diagnostik Die Erfassung der Anamnese und die klinische Untersuchung schließt bei der Erstbehandlung der Hand vor allem die Kontrolle der Durchblutung der Finger, die Funktion der Beuge- und Strecksehnen sowie die intakte Sensibilität und geschlossenen Hautverhältnisse ein. Neben der schmerzhaften Bewegungseinschränkung der Fingergelenke des entsprechenden Fingers ist die Schwellung ggf. mit frakturnaher Hämatombildung bei der klinischen Untersuchung der Hand auffällig. Zusätzlich kann eine Fehlstellung (besonders der Rotation) des Fingers feststellbar sein. Auch sicht- und tastbare Fehlstellungen im Verlauf des Knochens sind zu erfassen. Bildgebende Diagnostik Die Standardröntgendarstellung der Fingerendglieder erfolgt in 2 Ebenen. Bei besonderen Fragestellungen können schräge Aufnahmen notwendig sein. Extraartikuläre Frakturen: Die Gruppe der extraartikulären Frakturen umfassen Nagelkranzfrakturen, metaphysäre sowie Schaftfrakturen (Raine u. Mitarb. 1999) (s. Tab. 15.16). Nach ihren im Röntgenbild darstellbaren Verläufen lassen sich die Frakturen der Tuberositas phalangis distalis in transversale, longitudinale und schräge Frakturen sowie Trümmerfrakturen einteilen. Bei den Frakturen der Metaphyse und des Schaftes können dementsprechend longitudinale, transversale und schräge Frakturen unterschieden werden.
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Fragment dieses nach palmar dislozieren kann (Raine u. Mitarb. 1999). Longitudinale und schräge Schaftfrakturen mit größeren Dislokationen können auch die Reposition und Osteosynthese erfordern. Die Fixation ist meist mit Drähten (ggf. perkutan) möglich. Nur selten wird in der Literatur die Notwendigkeit einer Schraubenosteosynthese genannt. Eine Trepanation zur Entlastung eines subungualen Hämatoms sollte erfolgen (Browner u. Mitarb. 1992, Green u. Mitarb. 1991).
Intraartikuläre Frakturen. Diese Verletzungen erfordern eine möglichst frühe – meist operative – Therapie (Abb. 15.64 a u. b). Selten kann bei nicht dislozierten Frakturen eine konservative Therapie indiziert sein. Je nach Verletzungstyp und Größe des knöchernen Fragments kommen Osteosynthesen mittels Kirschner-Drähten, Zuggurtungen (auch mit resorbierbaren Materialien), Schrauben oder ggf. Sehnenausziehnähten (z. B. beim Typ I) etc. in Betracht (Browner u. Mitarb. 1992, Raine u. Mitarb. 1999, Stern 1993). Obwohl bestimmte Typen der dorsalseitigen Endphalanxbasisfrakturen konservativ behandelt werden können, gelten nach Beschreibung vieler Autoren Frakturen mit mehr als 30% Gelenkflächenbeteiligung, Frakturen mit stärkerer Dislokation (> 2 mm), Frakturen mit Endgelenk-(sub-)luxation, Impaktionsfrakturen und Daumenfrakturen als Operationsindikation (Browner u. Mitarb. 1992, Green u. Mitarb. 1991, Hoch u. Mitarb. 1999, Raine u. Mitarb. 1999, Stern 1993). Als Osteosynthesematerialien werden Schrauben, Kirschner-Drähte, Zuggurtungen (auch mit resorbierbaren Materialien), Sehnenausziehnähte etc. genutzt (Browner u. Mitarb. 1992, Green u. Mitarb. 1991, Hoch u. Mitarb. 1999, Raine u. Mitarb. 1999, Stern 1993).
Therapie Extraartikuläre Frakturen. Extraartikuläre Frakturen können in der Regel durch schmerzadaptierte Ruhigstellung konservativ behandelt werden, wobei je nach Autor Ruhigstellungszeiten von 2, 3 und 4 Wochen bei Nagelkranzfrakturen und 3 – 6 Wochen bei Schaftfrakturen empfohlen werden (Browner u. Mitarb. 1992, DaCruz u. Mitarb. 1988, Green u. Mitarb. 1991, Laer 1991, Raine u. Mitarb. 1999, Stern 1993). Transversale Schaftfrakturen mit größeren Dislokationen können die Reposition und KirschnerDrahtfixation (meist wird das Einbringen longitudinal, seltener quer empfohlen), ggf. unter temporärer Arthrodese des Endgelenks, erfordern. Dies ist besonders im Bereich der Daumenendphalanx erforderlich, da durch den Zug der Sehne des M. flexor pollicis longus am proximalen
a
b
Abb. 15.64 a u. b Dorsale Endphalanxbasisfraktur mit Dislokation (sog. knöcherner Strecksehnenausriss). Präoperatives seitliches Röntgenbild (a) und postoperatives seitliches Röntgenbild nach Kirschner-Drahtosteosynthese (b).
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Offene Frakturen. Offene Wunden erfordern die Wundreinigung, ggf. Débridement und antibiotische Behandlung. Die Notwendigkeit der Osteosynthese richtet sich nach dem Frakturtyp und den umgebenden Weichteilen (Browner u. Mitarb. 1992, Raine u. Mitarb. 1999). Die Osteosynthese offener Frakturen im Rahmen von Mikroamputationen erfolgt in der Regel nach Knochenkürzung durch Kirschner-Drähte oder als intraossäre Drahtnaht mit quer eingebrachten Kirschner-Drähten. Bei Zerstörung des Endgelenks wird die Arthrodese gleichzeitig durchgeführt (Krimmer 1996). Die Stabilisierung der knöchernen Strukturen stellt bei dieser Verletzung aber nur den Anfang der Versorgung dar. Die Wiederherstellung der weiteren funktionellen, vaskulären und sensiblen Strukturen ist von besonderer Bedeutung (Stern 1993). Pathologische Frakturen. Die Therapie richtet sich in erster Linie nach der Ursache, z. B. der Tumorart der Fraktur. Bei Enchondromen ist z. B. die Kürettage und ggf. eine Spongiosatransplantation erforderlich. Interne Osteosynthesen können dabei zur Frakturstabilisierung notwendig werden (Raine u. Mitarb. 1999, Stern 1993, Wulle 1990). Frakturen im Kindesalter. Achsabweichungen in der Sagittalebene und Seit-zu-Seit-Verschiebungen werden mit dem Wachstum ausgeglichen. Abweichungen in der Frontalebene und Rotationsfehler müssen primär korrigiert werden (Browner u. Mitarb. 1992, Laer 1991). Epiphysenlösungen sowie metaphysäre Stauchungs- und Schaftfrakturen ohne Dislokation können konservativ behandelt werden (10 – 14 Tage Ruhigstellung). Dislokationen müssen in Abhängigkeit von Art und Ausmaß der Achsabweichung korrigiert werden. Der Kontrolle zum Ausschluss eines Rotationsfehlers ist besondere Beachtung zu schenken. Dislozierte Schaftfrakturen können eine KirschnerDrahtosteosynthese erfordern (Browner u. Mitarb. 1992, Laer 1991). Im Bereich der Endphalanx kommen auch im Kindesalter Extensoravulsionen vor, die mit einer Epiphysenlösung (Salter Harris I und II) oder mit einer Epiphysenfugenfraktur (Salter Harris III) einher gehen können. Wenn keine oder eine nur geringe Dislokation vorliegt, kann eine Ruhigstellung in Endgelenküberstreckung für 14 Tage erfolgen. Bei stärkerer Dislokation eines Ausrissfragments und Nichtreponierbarkeit in Überstreckung muss die offene Reposition und Fixation, z. B. mit Kirschner-Drähten erfolgen (Browner u. Mitarb. 1992, Laer 1991). Liegt die Kombination einer Epiphysenverletzung mit einer Nagelbettläsion und Fingernagelluxation vor, besteht somit als offene Fraktur ein besonderes Infektionsrisiko. Dies kann neben einer Nagelbettrekonstruktion und Fingernagelreposition eine Osteosynthese erfordern. (Raine u. Mitarb. 1999). Frakturen der Tuberositas phalangis distalis kommen auch im Kindesalter vor. Instabile Fingerkuppen als Pseudarthrosenfolge sind nach dieser Fraktur im Wachstumsalter in der Literatur nicht beschrieben (Laer 1991).
Komplikationen Verzögerte Knochenheilungen oder Pseudarthrosenbildungen nach Frakturen der Tuberositas phalangis distalis sind häufig. Viele Patienten sind mit diesem Zustand beschwerdefrei. Liegen die Schmerzen oder Empfindlichkeiten direkt lokalisierbar über einem nicht geheilten Fragment, kann durch Exstirpation eine Verbesserung erreicht werden (Botelheiro 1995, Browner u. Mitarb. 1992, Green u. Mitarb. 1991, Raine u. Mitarb. 1999, Stern 1993). Persistierende Schmerzen und Berührungsempfindlichkeiten kommen auch bei Pseudarthrosen nach Schaftfrakturen vor. Eine Instabilität der Fingerkuppe kann klinisch und im Röntgenbild darstellbar sein. Die Möglichkeiten zur Sanierung einer solchen Pseudarthrose werden von den verschiedenen Arbeitsgruppen unterschiedlich bewertet. Beschrieben werden Osteosynthesen mit KirschnerDrähten, Zugschrauben, Herbert-Schrauben etc. Auch ob eine Spongiosaimplantation erfolgen soll, wird unterschiedlich in der Literatur beschrieben. Botelheiro (1995) führte z. B. Osteosynthesen mit Zugschrauben ohne Pseudarthrosenresektion durch. In allen Arbeiten sind gute Konsolidierungsraten genannt (Botelheiro 1995, DaCruz u. Mitarb. 1988, Raine u. Mitarb. 1999, Stern 1993).
Ergebnisse DaCruz u. Mitarb. (1988) fanden bei Ihren 6 Monaten nach dem Trauma durchgeführten Untersuchungen von 98 Patienten nach Frakturen der Endphalanx (ausgeschlossen waren traumatische Amputationen und Mallet-Finger, es handelte sich also vor allem um extraartikuläre Frakturen) in mehr als 70% der Fälle Probleme mit dem verletzten Finger. Subjektiv gehörten dazu: Taubheitsgefühle, Kältesensibilität, Hyperästhesien, Probleme beim Aufheben kleiner Gegenstände, beim Knöpfen sowie beim Schreiben. Diese Symptome waren deutlich häufiger nach Nagelkranz- und Schaftfrakturen als nach basisnahen Frakturen. Eine verminderte 2-Punkte-Diskrimination und Bewegungseinschränkungen der Fingerendgelenke hatten 30% der Patienten. Bei fast 40% der Finger traten Nagelwachstumsstörungen auf, vor allem wenn ein subunguales Hämatom nach der Fraktur vorlag. Auch eine Trepanation der entsprechenden Fingernägel und ggf. eine Nagelbettnaht verbesserte diese Ergebnisse nicht (DaCruz u. Mitarb. 1988, Stern 1993). In vielen anderen Arbeiten wurde festgestellt, dass für die funktionellen Ergebnisse nach Endphalanxfrakturen die begleitenden Weichteilverletzungen und deren Wiederherstellung bestimmend sind (Browner u. Mitarb. 1992, Green u. Mitarb. 1991, Raine u. Mitarb. 1999, Stern 1993). Eine knöcherne Konsolidierung im Röntgenbild 6 Monate nach dem Unfall konnte in der Studie von DaCruz u. Mitarb. (1988) nur bei 31 % der Frakturen der Tuberositas phalangis distalis, 53 % der Schaftfrakturen, 73% der Längsfrakturen und 63 % der basalen Frakturen dargestellt werden. Zu beachten ist, dass es ich hier ausschließlich um
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
Röntgenabbildungen handelte und die Art und Dauer der Ruhigstellungszeit nach dem Unfall nicht angegeben wurde (Browner u. Mitarb. 1992, DaCruz u. Mitarb. 1988, Raine u. Mitarb. 1999). Auch die Ergebnisse anderer Nachuntersuchungen entsprechen diesen Zahlen (Green u. Mitarb. 1991, Raine u. Mitarb. 1999, Stern 1993).
15.3.5 Frakturen der Phalangen des Pollex (Digitus primus) Definition Brüche des Grund- und Endgliedknochens des Daumens mit oder ohne Beteiligung des Grund- oder Endgelenks.
Ätiopathogenese Frakturen im Bereich der proximalen und distalen Phalanx des Daumens sind meist Folgen eines direkten Traumas. Sie sind deutlich seltener als Frakturen des ersten Mittelhandknochens (Stern 1993). Besonders im Bereich des IPGelenks sind Trümmerfrakturen nach direktem Trauma (z. B. Hammerschlag) häufig.
Klassifikation Die Frakturtypen im Bereich der proximalen und distalen Phalanx des Daumens werden nach dem Verlauf und der Lokalisation der Frakturlinien eingeteilt (Stern 1993): 쐌 Extraartikuläre Frakturen: – Grundphalanx, – Endphalanx (s. Tab. 15.16). 쐌 Artikuläre Frakturen: – Grundphalanx, – Endphalanx (s. Tab. 15.16). Zusätzlich werden die Grundphalanxfrakturen des Daumens entsprechend den Grundphalanxbrüchen der Langfinger (s. Tab. 15.15) und die Endphalanxfrakturen des Daumens entsprechend der Tabelle 15.16 eingeteilt.
Diagnostik Klinische Diagnostik Die Erfassung von Anamnese und klinischer Untersuchung schließt bei der Erstuntersuchung der Hand vor allem die Kontrolle der Durchblutung des Daumens, die Funktion der Beuge- und Strecksehnen sowie die intakte Sensibilität und geschlossenen Hautverhältnisse ein. Neben der schmerzhaften Bewegungseinschränkung der Fingergelenke ist die Schwellung, ggf. mit frakturnaher Hämatombildung bei der klinischen Untersuchung der Hand auffällig. Zusätzlich kann eine Fehlstellung des Daumens feststellbar sein. Auch sicht- und tastbare Fehlstellungen im Verlauf des Knochens sind zu erfassen.
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Bildgebende Diagnostik Bei Frakturen im Bereich des Daumens beinhaltet die Diagnostik vor allem das Röntgenbild (palmodorsal und seitlich, ggf. Schrägaufnahme). Nur bei unklarer Fraktursituation kann in seltenen Fällen die CT (ggf. konventionelle Tomographie) als zusätzliches bildgebendes Verfahren indiziert sein (Merle 1997, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993).
Therapie Extraartikuläre Frakturen. Die Therapie der extraartikulären Grundphalanxfrakturen des Daumens entspricht den Grundlagen der Behandlung der entsprechenden Phalangenfrakturen der Langfinger wie unter 15.3.3 beschrieben. Subkapitale Frakturen sowie dislozierte Schräg- und Spiralfrakturen der Daumengrundphalanx erfordern in der Regel die Reposition und Fixation. Die Osteosynthese kann perkutan mit Kirschner-Drähten oder – vor allem wenn keine geschlossene Reposition gelingt – nach offener Reposition mit Drähten bzw. wenn möglich übungsstabil mit Schrauben erfolgen. Querfrakturen der Grundphalanx des Daumens zeigen meist initial palmare Angulationsfehlstellungen aufgrund der Zugwirkung der intrinsischen Handmuskulatur am proximalen Fragment nach palmar und der Extensor-pollicis-longus-Wirkung am distalen Fragment nach dorsal. Gelingt die geschlossene Reposition nicht oder ist der Bruch nach geschlossener Reposition instabil, ist die Osteosynthese notwendig. Diese wird meist mit gekreuzten Kirschner-Drähten in der Literatur beschrieben. Zu beachten ist dabei, dass die Kreuzung der Drähte nicht im Frakturbereich liegen darf, um eine Rotationsinstabilität zu vermeiden und dass eine thermische Schädigung des Knochens durch häufige Bohrversuche vermieden wird. Kann die Osteosynthese nicht perkutan erfolgen, muss die offene Reposition und Fixation durchgeführt werden. Im Kindesalter finden sich im Bereich der Daumengrundphalanx meist Epiphysenlösungen des Typs Aitken I (Salter-Harris II). Nach der ggf. notwendigen Reposition ist die Ruhigstellung meist für 4 – 6 Wochen indiziert (Laer 1991). Die Therapie der extraartikulären Endphalanxfrakturen ist im Kapitel 15.3.4 beschrieben. Artikuläre Frakturen. Die Therapie der Kondylenfrakturen, der Trümmerfrakturen des Kopfes, der knöchernen Kollateralbandavulsionen des Kopfes, der Basisfrakturen (dorsal, palmar, T-, Y-, Trümmerfrakturen, Schaftfrakturen mit Gelenkbeteiligung) der Daumengrundphalanx entspricht den Grundlagen der Behandlung der entsprechenden Phalangenfrakturen der Langfinger (s. Kap. 15.3.3). Die Avulsionsfrakturen der ulnaren Basis der Daumengrundphalanx entsprechen in der Regel dem Ausriss des ulnaren Seitenbandes des Daumengrundgelenks (sog. Skidaumen). Die Reposition und operative Fixation des Fragments ist bei Dislokation notwendig (Abb. 15.65 a – c). Das Ziel ist dabei die Wiederherstellung der Gelenkstabilität und die Rekonstruktion der Gelenkfläche. Als Osteosynthesemate-
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
können als präarthrotische Deformität angesehen werden (Förstner 1994, Foucher u. Mitarb. 1976, Geldmacher 1988, Merle 1997, Stern 1993). Lockerungen oder Dislokationen des Osteosynthesematerials und Wundinfektionen werden als Komplikationen nach operativer Therapie genannt.
Ergebnisse Wird die Schmerzfreiheit nach Frakturen im Bereich der Daumenphalangen erreicht, werden auch größere Bewegungsdefizite im MP- und IP-Gelenk vom Patienten als nur wenig störend angegeben. Die Ergebnisse richten sich nach dem Frakturtyp (Stern 1993). a
b
c
Abb. 15.65 a – c Avulsionsfraktur der ulnaren Basis des Grundgliedes des Daumens mit Dislokation. Präoperatives palmodorsales Röntgenbild (a), postoperatives palmodorsales (b) und seitliches (c) Röntgenbild nach Schraubenosteosynthese.
15.3.6 Frakturen mit Knochendefekt Definition Brüche im Bereich der Mittelhand- oder Fingerknochen mit einem Verlust von Knochensubstanz.
rialien werden in der Literatur Kirschner-Drähte oder bei größeren Fragmenten Schrauben genannt. Ist das Fragment zu klein oder während der Osteosynthese gebrochen, wird in der Literatur auch die Exstirpation des Fragments und Reinsertion des Seitenbandes (Knochenanker, Ausziehnaht etc.) beschrieben (Stern 1993). Die Therapie der artikulären Endphalanxfrakturen ist im Kapitel 15.3.4 beschrieben. Kann keine Wiederherstellung der Gelenkfläche nach einer artikulären Fraktur des MP- oder IP-Gelenks des Daumens erfolgen oder liegt ein Knorpeldefekt vor, kann die Arthrodese in Betracht gezogen werden. Der Funktionsverlust wird dabei von vielen Autoren im Vergleich zum Langfingermittelgelenk als gering bewertet (Merle 1997, Stern 1993). Nachbehandlung Eine frühfunktionelle Nachbehandlung wird bei allen Frakturtypen angestrebt. Das Ziel der operativen Behandlung sollte die dafür ausreichend stabile Osteosynthese sein. Häufig sind aber postoperative Ruhigstellungszeiten in Abhängigkeit von der Fraktur und Osteosyntheseform zwischen 4 – 6 Wochen nicht zu vermeiden.
Komplikationen Sowohl nach operativer wie auch nach konservativer Therapie von Phalangenfrakturen des Daumens werden knöcherne Heilungen in Fehlstellung als häufigste Komplikation (Verkürzungen, Achsabweichungen (Flexionsfehlstellungen), Rotationsfehler) beschrieben. Außerdem treten Bewegungsdefizite der Fingergelenke durch Sehnenadhäsionen oder Kapsel-Band-Kontrakturen, persistierende Kraftminderungen und in sehr seltenen Fällen auch ausbleibende knöcherne Konsolidierungen auf. Frakturen mit Beteiligung der Gelenkflächen, besonders bei Trümmerungen
Ätiopathogenese Verschiedene Mechanismen können im Bereich der Hand zu Frakturen mit Knochendefekten führen. Das auslösende Trauma ist dabei meistens durch Maschinen verursacht (z. B. Kreissäge, Walzen etc.). Aber auch Materialperforationen (z. B. bei Schussverletzungen, Schnittverletzungen) können größere Knochendefekte zur Folge haben. Häufig sind diese Verletzungen mit Weichteildefekten verbunden (Cziffer u. Mitarb. 1991, Gonzales u. Mitarb. 1993, Hudjetz 1986, Kleinert u. Mitarb. 1982, Peimer u. Mitarb. 1981). Pathologische Frakturen, Frakturen mit oder nach Infektionen und Trümmerfrakturen können zur Wiederherstellung der Knochenkontinuität Spenderknochen erfordern.
Epidemiologie Bei der Nachuntersuchung der eigenen Patienten konnten 32 Defektfrakturen im Bereich der Hand kontrolliert werden. Die meist jungen Patienten (Durchschnittsalter 38 Jahre, Verhältnis männlich zu weiblich 2 : 1) wiesen Knochendefekte im Mittelhand- und Fingerbereich auf. Die meisten Ursachen waren Verletzung (23 Frakturen), seltener pathologische Frakturen. Kreissägenverletzungen waren dabei deutlich häufiger als Walzen- oder Schussverletzungen. Die Defektfrakturen betrafen häufiger die Ossa metacarpalia als die Phalangen, wobei Defektstrecken in der Region 1 von 0,7 – 4,5 cm und in der Region 2 von 0,4 – 2,6 cm feststellbar waren (Eisenschenk u. Mitarb. 1999). Andere Arbeitsgruppen, die Defektfrakturen in diesen Regionen nachuntersucht haben, beschrieben ähnliche Verhältnisse (Cziffer u. Mitarb. 1991, Gonzales u. Mitarb. 1993, Hudjetz 1986, Kleinert u. Mitarb. 1982, Peimer u. Mitarb. 1981).
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
können als präarthrotische Deformität angesehen werden (Förstner 1994, Foucher u. Mitarb. 1976, Geldmacher 1988, Merle 1997, Stern 1993). Lockerungen oder Dislokationen des Osteosynthesematerials und Wundinfektionen werden als Komplikationen nach operativer Therapie genannt.
Ergebnisse Wird die Schmerzfreiheit nach Frakturen im Bereich der Daumenphalangen erreicht, werden auch größere Bewegungsdefizite im MP- und IP-Gelenk vom Patienten als nur wenig störend angegeben. Die Ergebnisse richten sich nach dem Frakturtyp (Stern 1993). a
b
c
Abb. 15.65 a – c Avulsionsfraktur der ulnaren Basis des Grundgliedes des Daumens mit Dislokation. Präoperatives palmodorsales Röntgenbild (a), postoperatives palmodorsales (b) und seitliches (c) Röntgenbild nach Schraubenosteosynthese.
15.3.6 Frakturen mit Knochendefekt Definition Brüche im Bereich der Mittelhand- oder Fingerknochen mit einem Verlust von Knochensubstanz.
rialien werden in der Literatur Kirschner-Drähte oder bei größeren Fragmenten Schrauben genannt. Ist das Fragment zu klein oder während der Osteosynthese gebrochen, wird in der Literatur auch die Exstirpation des Fragments und Reinsertion des Seitenbandes (Knochenanker, Ausziehnaht etc.) beschrieben (Stern 1993). Die Therapie der artikulären Endphalanxfrakturen ist im Kapitel 15.3.4 beschrieben. Kann keine Wiederherstellung der Gelenkfläche nach einer artikulären Fraktur des MP- oder IP-Gelenks des Daumens erfolgen oder liegt ein Knorpeldefekt vor, kann die Arthrodese in Betracht gezogen werden. Der Funktionsverlust wird dabei von vielen Autoren im Vergleich zum Langfingermittelgelenk als gering bewertet (Merle 1997, Stern 1993). Nachbehandlung Eine frühfunktionelle Nachbehandlung wird bei allen Frakturtypen angestrebt. Das Ziel der operativen Behandlung sollte die dafür ausreichend stabile Osteosynthese sein. Häufig sind aber postoperative Ruhigstellungszeiten in Abhängigkeit von der Fraktur und Osteosyntheseform zwischen 4 – 6 Wochen nicht zu vermeiden.
Komplikationen Sowohl nach operativer wie auch nach konservativer Therapie von Phalangenfrakturen des Daumens werden knöcherne Heilungen in Fehlstellung als häufigste Komplikation (Verkürzungen, Achsabweichungen (Flexionsfehlstellungen), Rotationsfehler) beschrieben. Außerdem treten Bewegungsdefizite der Fingergelenke durch Sehnenadhäsionen oder Kapsel-Band-Kontrakturen, persistierende Kraftminderungen und in sehr seltenen Fällen auch ausbleibende knöcherne Konsolidierungen auf. Frakturen mit Beteiligung der Gelenkflächen, besonders bei Trümmerungen
Ätiopathogenese Verschiedene Mechanismen können im Bereich der Hand zu Frakturen mit Knochendefekten führen. Das auslösende Trauma ist dabei meistens durch Maschinen verursacht (z. B. Kreissäge, Walzen etc.). Aber auch Materialperforationen (z. B. bei Schussverletzungen, Schnittverletzungen) können größere Knochendefekte zur Folge haben. Häufig sind diese Verletzungen mit Weichteildefekten verbunden (Cziffer u. Mitarb. 1991, Gonzales u. Mitarb. 1993, Hudjetz 1986, Kleinert u. Mitarb. 1982, Peimer u. Mitarb. 1981). Pathologische Frakturen, Frakturen mit oder nach Infektionen und Trümmerfrakturen können zur Wiederherstellung der Knochenkontinuität Spenderknochen erfordern.
Epidemiologie Bei der Nachuntersuchung der eigenen Patienten konnten 32 Defektfrakturen im Bereich der Hand kontrolliert werden. Die meist jungen Patienten (Durchschnittsalter 38 Jahre, Verhältnis männlich zu weiblich 2 : 1) wiesen Knochendefekte im Mittelhand- und Fingerbereich auf. Die meisten Ursachen waren Verletzung (23 Frakturen), seltener pathologische Frakturen. Kreissägenverletzungen waren dabei deutlich häufiger als Walzen- oder Schussverletzungen. Die Defektfrakturen betrafen häufiger die Ossa metacarpalia als die Phalangen, wobei Defektstrecken in der Region 1 von 0,7 – 4,5 cm und in der Region 2 von 0,4 – 2,6 cm feststellbar waren (Eisenschenk u. Mitarb. 1999). Andere Arbeitsgruppen, die Defektfrakturen in diesen Regionen nachuntersucht haben, beschrieben ähnliche Verhältnisse (Cziffer u. Mitarb. 1991, Gonzales u. Mitarb. 1993, Hudjetz 1986, Kleinert u. Mitarb. 1982, Peimer u. Mitarb. 1981).
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
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unklarer Fraktursituation kann die CT als zusätzliches bildgebendes Verfahren indiziert sein (Peimer u. Mitarb. 1981, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993). Region 3
Therapie
Region 2
A
B Region 1
Die Form der Therapie ist neben dem Ort und Typ der Defektfraktur abhängig von der Wundsituation (Infektion, Weichteildefekt etc.), dem Patientenalter (Besonderheiten der Defektfrakturen im Kindesalter) und Patientenbedarf (z. B. berufliche Bedürfnisse wie bei Hochleistungssportlern, Musikern etc.). Konservative Therapie Knochendefekte erfordern in der Regel die operative Therapie (Peimer u. Mitarb. 1981). Operative Therapie
Abb. 15.66 Klassifikation der Defektfrakturen in 3 Regionen und 2 Umfangstypen (A = partielle, B = segmentale Knochendefekte).
Klassifikationen Frakturen mit Knochendefekten können nach einer Gelenkbeteiligung, nach der Region des Defekts (Metakarpalknochen, proximale/mittlere Phalanx, distale Phalanx, Daumenstrahl, 2. und 5. Strahl als „äußere Palisade“, 3. und 4. Strahl als „innere Palisade“), nach der Defektlänge, dem segmentalen (vollständige Knochenzirkumferenz) oder partiellen Defekt (unvollständige Unterbrechung der Knochenzirkumferenz) eingeteilt werden (Peimer u. Mitarb. 1981). Nach Eisenschenk u. Mitarb. (1999) werden 3 Regionen der Lokalisationen der Knochendefekte und 2 Formen des Umfanges (A und B) unterschieden (Abb. 15.66).
Diagnostik
In der Literatur werden 2 generelle Vorgehensmaßnahmen unterschieden: 쐌 Einige Arbeitsgruppen streben nach dem initialen Débridement eine adäquate Weichteildeckung der Fraktur an. Die Knochendefekte werden dabei nur temporär fixiert (Kirschner-Drähte, Fixateur externe), um die Stabilität und Achsenstellung zu sichern sowie die Länge des Knochens zu erhalten und zur Infektprophylaxe. Gleichzeitig soll eine Prophylaxe der Gelenkkontraktur erreicht werden. Die eigentliche Wiederherstellung der Knochenkontinuität erfolgt dann nach Wundheilung, vollständigem Abschwellen der Weichteile und Erreichen der freien Gelenkbeweglichkeit, was auch erst nach mehreren Monaten sein kann. Den Therapieabschluss bildet ggf. die Sehnen- und Nervenwiederherstellung (Peimer u. Mitarb. 1981). 쐌 Andere Arbeitsgruppen führen nach dem frühesten möglichen initialen Débridement eine Second-LookOperation 3 – 7 Tage später durch. Hierbei erfolgt in Abhängigkeit von der Wundsituation ein erneutes Débridement oder auch die definitive Knochenrekonstruktion, die ggf. auch die Knochentransplantation beinhalten kann („delayed primary bone grafting“) (Calkins u. Mitarb. 1987, Cziffer u. Mitarb. 1991, Freeland u. Mitarb. 1984, Gonzales u. Mitarb. 1993, Littler 1947).
Klinische Diagnostik Die Erfassung von Anamnese und klinischer Untersuchung schließt bei der Erstuntersuchung nach Verletzung der Hand vor allem die Kontrolle der Durchblutung der Finger, die Funktion der Beuge- und Strecksehnen sowie die intakte Sensibilität und geschlossenen Hautverhältnisse ein, da es sich häufig um Frakturen mit Weichteildefekten handelt. Bewegungseinschränkungen der Gelenke und Fehlstellungen sind zu beachten. Bildgebende Diagnostik Die Diagnostik bei Defektfrakturen im Bereich der Mittelhand und Finger beinhaltet vor allem das p.-a. Röntgenbild (dorsopalmar) sowie schräge und laterale Aufnahmen. Bei
Die Planung der Knochenrekonstruktion erfolgt unter Beachtung der Qualität der Empfängerregion, der Weichteildeckung und der ggf. notwendigen Rekonstruktion von funktionellen (Sehnen, Muskeln, Nerven) oder vaskulären Strukturen. Eine Wiederherstellung des Knochens mittels eines avaskulären Knochentransplantates kann bei guter Qualität der Empfängerregion erfolgen. Kann nicht Gelenk erhaltend rekonstruiert werden (artikuläre Defektfrakturen), muss zwischen einer Resektionsarthroplastik, primären Arthrodese oder einer vaskularisierten Gelenktransplantation (Zehen als Spenderregion) in Abhängigkeit vom betroffenen Gelenk entschieden werden. Der alloarthroplastische Gelenkersatz beim traumatisierten Pa-
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
tienten mit Knochendefekt ohne chronisch-entzündliche Systemerkrankung ist kritisch zu betrachten. Während die Arthrodese des Fingergrundgelenks aufgrund der erheblichen funktionellen Beeinträchtigung des Fingers eine absolute Ausnahme darstellt, ist dieses Vorgehen bei Defektfrakturen unter Einschluss des PIP- oder DIP-Gelenks häufiger nötig (Eisenschenk u. Mitarb. 1999). Die Wiederherstellung der Knochenkontinuität kann unter primärer Knochenkürzung und ggf. sekundärer Verlängerung durch Kallusdistraktion oder Knochentransplantation erfolgen. Die häufigste Spenderregion für Knochentransplantate ist der Beckenkamm. Das Transplantat kann dabei in Abhängigkeit vom Defekt spongiös (partielle Knochendefekte) oder kortikospongiös (segmentale Knochendefekte, mono-, bi-, trikortikal möglich) sein (Eisenschenk u. Mitarb. 1999, Kleinert u. Mitarb. 1982, Wolfe u. Mitarb. 1995). Zur möglichen Osteosynthese werden in der Literatur Platten, Schrauben, Draht-Cerclage-Kombinationen, alleinige Drähte und Fixateur externe genannt (Cziffer u. Mitarb. 1991, Peimer u. Mitarb. 1981). Wir bevorzugen bei Defektfrakturen ein zweizeitiges Vorgehen. Den ersten Schritt bildet dabei das Wunddébridement, die Weichteilwiederherstellung und die temporäre Knochenstabilisierung (meist Fixateur externe). Wenn keine primäre Weichteildeckung zu erreichen ist, kann eine vorübergehende Wunddeckung mit synthetischem Ersatz (z. B. Vacuseal) erfolgen. Erst nach Weichteilrekonstruktion (ggf. mit Transplantation oder Transfer von Lappen) und Infektausschluss erfolgt die Knochenrekonstruktion. Segmentale und instabile partielle Defektfrakturen in der Region 1 werden dabei in der Regel mittels einer Transplantation von trikortikalem Beckenkammknochen
a
b
Abb. 15.67 a – c Fraktur mit Knochendefekt in der Region 2 (distale Grundphalanx Digiti IV). Präoperatives Röntgenbild (a) sowie postoperatives p.-a. (b) und seitliches (c) Röntgenbild nach
und Plattenosteosynthesen therapiert. Segmentale und instabile partielle Defektfrakturen in der Region 2 werden in der Regel mittels einer Transplantation von Beckenkammknochen und Osteosynthesen durch Draht-Cerclage-Kombinationen behandelt (Abb. 15.67 a – c). Defektfrakturen der Region 3 sind meist kleiner und bedürfen beim symptomfreien Patienten nicht immer der Rekonstruktion (s. Kap. 15.3.4). Ist die Knochenwiederherstellung erwünscht, kommen eher spongiöse als kortikospongiöse Transplantate in Betracht. Die Osteosynthese erfolgt dann meist alleinig mit Drähten oder Draht-Cerclage-Kombinationen (Eisenschenk u. Mitarb. 1999). Nachbehandlung Nach Rekonstruktion von Defektfrakturen ist in der Regel eine postoperative Ruhigstellung notwendig. Diese erfolgt in Intrinsic-plus-Stellung. Schon während der stationären Phase ist eine intensive funktionelle Nachbehandlung einschließlich der angrenzenden Gelenke notwendig.
Komplikationen Beugedefizite der entsprechenden Gelenke, persistierende Kraftminderungen, Verkürzungen, Achsabweichungen (Flexionsfehlstellungen), Rotationsfehler und ausbleibende knöcherne Konsolidierungen werden beschrieben. Lockerungen oder Dislokationen des Osteosynthesematerials und Wundinfektionen sind möglich. Das Ausmaß der möglichen Komplikationen ist dabei wesentlich von der Verletzung und der begleitenden Weichteilsituation abhängig.
c Defektrekonstruktion mit Transplantation eines Beckenkammblockes und Osteosynthese.
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
Ergebnisse Die zu erreichenden Behandlungsergebnisse nach Defektfrakturen der Mittelhand- und Fingerknochen sind wesentlich von der Verletzung und der begleitenden Weichteilsituation abhängig. Ein Vergleich von verschiedenen Patienten ist daher schwierig. Meist müssen die Einzelfälle betrachtet werden. Sind die Grund- oder Mittelgelenke der Finger betroffen, ist das Ergebnis naturgemäß schlechter. Die knöcherne Konsolidierung nach Knochentransplantation kann häufig erst nach 8 – 16 Wochen im Röntgenbild dargestellt werden, wobei eine Abhängigkeit von der Defektlänge und der Empfängerregion besteht. Die Literaturübersicht und die eigenen Ergebnisse zeigen, dass in der Regel eine gute Knochendefektrekonstruktion mit einem avaskulären Knochentransplantat erreicht werden kann, wenn eine geeignete Empfängerregion, suffiziente Weichteildeckung und eine stabile Osteosynthese vorliegt (Cziffer u. Mitarb. 1991, Eisenschenk u. Mitarb. 1999, Gonzales u. Mitarb. 1993, Hudjetz 1986, Kleinert u. Mitarb. 1982, Peimer u. Mitarb. 1981).
15.3.7 Fehlstellungen und Pseudarthrosen nach Frakturen Definition Nach Brüchen im Bereich der Mittelhand- oder Fingerknochen ist die knöcherne Fusion in Dislokation der Fragmente erfolgt oder die knöcherne Fusion ist nicht erfolgt.
Ätiopathogenese Ossa metacarpalia. Die knöcherne Fusion von Mittelhandknochenbrüchen kann in Abhängigkeit vom ursächlichen Frakturtyp zu einer Fehlstellung führen, die die Handfunktion behindert und den Patienten kosmetisch stört. Dorsale Angulationsfehlstellungen, Fehlrotationen und Verkürzungen sind möglich (Basis-, Schaft– und distale Metakarpalfrakturen). Intraartikuläre Frakturen (Basis oder Kopf) können in bleibenden Stufen von Gelenkflächen münden. Eine so genannte Pseudokrallen-/Pseudoklauenstellung des Fingers (kompensatorische MP-Gelenkhyperextension und PIP-Flexion bei Streckung) aufgrund des nach palmar dislozierten distalen Metakarpalfragments bei Angulationsfehlstellungen wird vom betroffenen Patienten häufig sowohl als kosmetisch problematisch als auch schmerzhaft (prominenter Metakarpalkopf in der Handfläche tastbar) beschrieben. Rotationsfehlstellungen führen zum Überkreuzen der entsprechenden Finger. Dies ist beim Greifen funktionell behindernd und kosmetisch störend. Persistierende Fehlstellungen nach Frakturen von Gelenkflächen sind oft schwierig zu korrigieren. Die Knorpelsituation ist dabei zu beachten.
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Pseudarthrosen nach geschlossenen Metakarpalfrakturen sind sehr selten. Meist sind das atrophe Formen mit schlechten Perfusionsverhältnissen. Sie sind in der Regel die Folge von Knochendefekten nach Frakturen, Infekten, inadäquater Immobilisation oder unzureichender Fixation einer instabilen Fraktur. Bei offenen Metakarpalfrakturen ist, besonders wenn Weichteildefekte vorliegen, das Risiko der ausbleibenden Knochenheilung als größer einzuschätzen (Duncan u. Mitarb. 1989, Jupiter u. Mitarb. 1985, Thurston 1992).
Ossa digitorum (Phalanges). Nach Frakturen im Bereich der Phalangen ist die knöcherne Fusion in Fehlstellung die in der Literatur am häufigsten genannte Komplikation (Jupiter u. Mitarb. 1985, Menon 1990, Pichora u. Mitarb. 1991, Sanders u. Mitarb. 1991, Seitz 1988). Die Störung der Fingerfunktion und die „kosmetische Behinderung des Patienten“ führen meist zum Wunsch der Korrektur der Fehlstellung. Angulationsfehlstellungen (palmar oder lateral), Fehlrotationen und Verkürzungen sind möglich. Intraartikuläre Frakturen (Basis oder Kopf) können in bleibenden Stufen von Gelenkflächen münden. Eine so genannte Pseudokrallen-/Pseudoklauenstellung des Fingers aufgrund des nach palmar dislozierten distalen Fragmentes wird vom betroffenen Patienten häufig als kosmetisch problematisch und funktionell als störend beschrieben. Rotationsfehlstellungen führen zum Überkreuzen der entsprechenden Finger, das sowohl beim Greifen funktionell behindernd als auch kosmetisch störend ist. Persistierende Fehlstellungen nach Frakturen von Gelenkflächen sind häufig schwierig zu korrigieren. Die Knorpelsituation ist dabei zu beachten. Pseudarthrosen nach Frakturen der Tuberositas phalangis distalis sind häufig. Viele Patienten sind mit diesem Zustand beschwerdefrei. Auch nach Schaftfrakturen der Endphalanxknochen kommen Pseudarthrosen vor (Botelheiro 1995, DaCruz u. Mitarb. 1988, Raine u. Mitarb. 1999, Stern 1993).
Diagnostik Klinische Diagnostik Die Erfassung von Anamnese und klinischer Untersuchung schließt bei der Erstuntersuchung der Hand vor allem die Kontrolle der Durchblutung der Finger, die Funktion der Beuge- und Strecksehnen sowie die intakte Sensibilität und geschlossenen Hautverhältnisse ein. Neben der ggf. schmerzhaften Bewegungseinschränkung von Gelenken und der Überstreckstellung des entsprechenden Fingers ist gelegentlich auch eine Schwellung auffällig. Sichtbzw. tastbare Fehlstellungen im Verlauf des frakturierten Mittelhand- bzw. Phalangenknochens und das Überkreuzen der Finger bei Rotationsfehlstellung sind zu erfassen. Die Fehlrotation lässt sich am sichersten bei Faustschluss beurteilen, da hier das Überkreuzen der Finger sichtbar ist. Bei Metakarpalfrakturen kann eine palmare Dislokation des sicht- und tastbaren Kopfes des Os metacarpale feststellbar sein.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Bildgebende Diagnostik Die Diagnostik bei Fehlstellungen nach Frakturen im Bereich der Mittelhand beinhaltet vor allem das p.-a. Röntgenbild (dorsopalmar) sowie die Schrägaufnahme unter Einschluss der Karpometakarpal- und Metakarpophalangealgelenke, die laterale und ggf. axiale Aufnahme nach Brewerton bei unklarer Situation im Bereich des Mittelhandknochenkopfes. Bei Fehlstellungen nach Frakturen im Fingerbereich ist das p.-a. Röntgenbild (dorsopalmar und lateral) und ggf. die Schrägaufnahme unverzichtbar. Bei unklarer Fraktursituation kann die CT (ggf. konventionelle Tomographie) als zusätzliches bildgebendes Verfahren indiziert sein (Merle 1997, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993).
Therapie Wird die Korrektur einer Fehlstellung oder Sanierung einer Pseudarthrose angestrebt, ist die operative Therapie indiziert.
Ossa metacarpalia. Eine Angulationsfehlstellung im Bereich der Metakarpalknochen kann durch die „ClosingWedge-Osteotomie“ behoben werden. Liegt eine Verkürzung vor, kann auch die „Opening-Wedge-Osteotmie“ unter Einfügen eines Knochenblocks (in der Regel Beckenkamm als Spenderregion) erfolgen. Operationstechnik der „Closing-Wedge-Osteotomie“: Die Inzision erfolgt gerade, S- oder bogenförmig über dem dorsalen Mittelhandknochen. Unter Beachtung der Äste des R. superficialis des N. radialis bzw. des R. dorsalis N. ulnaris werden die Strecksehnen und die darunter liegende Fraktur dargestellt. Dabei ist zu beachten, dass keine Schädigung der intrinsischen Handmuskulatur bzw. deren Nerven und Gefäße verursacht wird, da dies zu Vernarbungen/Kontrakturen mit möglichen Bewegungseinschränkungen der Finger führen kann. Nach Darstellung der ehemaligen Frakturregion wird ein Knochenkeil (Basis dorsal) in vorher nach dem Röntgenbild bestimmter Größe und Form aus dem Metakarpalknochen entnommen (bei der „Opening-Wedge-Osteotmie“ einfügen eines Knochenkeils mit Basis palmar). Nach Reposition der Fraktur erfolgt die Osteosynthese meist mit Schrauben und Platten, ggf. können Draht-Cerclage-Osteosynthesen zur Anwendung kommen (s. Tab. 15.14). Eine postoperative Ruhigstellung sollte kurzzeitig unter Einleitung einer frühfunktionellen Nachbehandlung erfolgen. Eine Rotationsfehlstellung im Bereich der Mittelhandknochen kann durch eine in der Regel basisnahe Osteotomie behoben werden. Das Ausmaß der notwendigen Rotationskorrektur ist dabei präoperativ zu bestimmen. Die Osteosynthese erfolgt dann mit Platten und Schrauben oder Drähten (Stern 1993). Mehrdimensionale Fehlstellungen erfordern entsprechende Korrekturen. Die Therapie der Pseudarthrose im Bereich der Metakarpalknochen umfasst die Resektion der Pseudarthrosen-
region, die Knochendefektrekonstruktion mit einem Transplantat (in der Regel Beckenkamm als Spenderregion) und die Fixation mit einer möglichst stabilen Osteosynthese, meist Platten und Schrauben im Bereich der Ossa metacarpalia (s. Kap. 15.3.6). Bei einer infizierten Pseudarthrose ist vor der Rekonstruktion die Infektsanierung erforderlich (Jupiter u. Mitarb. 1985, Stern 1993).
Ossa digitorum (Phalanges). Liegt eine Rotationsfehlstellung vor, kommt die Korrektur im Bereich der betroffenen Phalanx oder des Metakarpalknochens in Betracht. Eine Osteotomie auf Niveau der Phalanx ermöglicht dabei die Korrektur der Fehlstellung am Entstehungsort (ehemalige Frakturzone) und auch die gleichzeitige Aufhebung einer Angulationsfehlstellung sowie falls notwendig gleichzeitige Weichteileingriffe (Sehnen, Gelenkkapsel). Es besteht aber ein besonderes Risiko postoperativer Sehnenadhäsionen (Strecksehnen) mit resultierenden Funktionsverlusten, vor allem wenn Osteosynthesematerial, wie z. B. Platten auf dem Knochen platziert werden muss. Wenn möglich sollte daher neben der schonenden Operationsmethode versucht werden, das eingebrachte Material möglichst wenig über das Knochenniveau auftragend anzubringen. Die Osteotomie kann treppenförmig oder quer erfolgen. Die Osteosynthese wird mit Kirschner-Drähten, Draht-Cerclage-Kombinationen, Schrauben (bei treppenförmiger Osteotomie) oder Platten mit Schrauben (Querosteotomie) durchgeführt (Merle 1997). Die wesentlichen Vorteile einer Rotationskorrektur eines Fingers im Bereich der Metakarpalknochen bestehen in der Lage der Osteotomie (meist basisnah) auf Höhe des spongiösen Knochens mit guter Heilungstendenz, der Möglichkeit einer Erlangung einer übungstabilen Osteosynthese (meist werden Plattenosteosynthesen empfohlen) und den seltenen Sehnenadhäsionen, da eine weichteilige Bedeckung des Osteosynthesematerials mit Strecksehnengleitgewebe in der Regel möglich ist (Merle 1997, Stern 1993). Angulationsfehlstellungen im Bereich der Phalangen nach palmar (sagittal) und lateral (frontal) sind vor allem wenn sie mehr als 25° betragen sowohl funktionell (Pseudokrallen-/Pseudoklauenstellung des Fingers mit ggf. resultierender PIP-Gelenkbeugekontraktur) als auch ästhetisch behindernd. Eine „Closing-Wedge-Osteotomie“ oder besonders beim Vorliegen einer Verkürzung eine „Opening-Wedge-Osteotomie“ unter Einfügen eines Knochenblocks (in der Regel Beckenkamm als Spenderregion) kann zur Korrektur erfolgen. Wir bevorzugen dabei wenn möglich die „Closing-Wedge-Osteotomie“ (Merle 1997, Stern 19 939. Operationstechnik „Closing-Wedge-Osteotomie“: Bogenförmige oder gerade Inzisionen über der dorsalen Phalanx werden beschrieben. Nach Darstellung der Strecksehnenhaube erfolgt die Inzision. Während einige Autoren die Spaltung der Strecksehne zentral beschreiben, wird meist empfohlen zwischen Mittel- und Seitenzügeln bzw. lateral der Seitenzügel zum ehemaligen Frakturbereich vorzuge-
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
hen. Die Osteotomie erfolgt mit der oszillierenden Säge unter Resektion eines Knochenkeils (Basis palmar bei sagittaler Fehlstellung, Basis kontralateral bei frontaler Fehlstellung). Nach Reposition erfolgt die Osteosynthese. Kirschner-Drahtosteosynthesen oder Draht-Cerclage-Kombinationen werden meist empfohlen. Plattenosteosynthesen im Phalangenbereich, auch kleinste Platten, die ggf. lateral angebracht werden, haben ein besonderes Risiko Strecksehnenadhäsionen zu verursachen. Wir vermeiden deshalb Plattenosteosynthesen in diesem Bereich. Eine Frakturheilung in Verkürzung der Phalanx allein bedarf, wenn keine weitere Fehlstellung vorliegt, meist keiner Korrektur. Ist die Verkürzung Folge einer Spiralfraktur, kann die Konsolidierung mit der Entstehung eines störenden Knochensporns des proximalen Fragmentes einhergehen. Dies kann die Gelenkflexion behindern und auch druckschmerzhaft sein. In diesen Fällen kann die alleinige Resektion des Spornes erfolgen. Wurde die Verkürzung durch eine Trümmerfraktur verursacht, kann die Wiederherstellung der Knochenlänge unter Interposition eines Knochenblocks erfolgen. Die Knochenheilung in Fehlstellung bei intraartikulären Frakturen stellt ein besonderes Problem dar. Von Light (1987) wurde die Osteotomie im Verlauf des ehemaligen Frakturspaltes und Kirschner-Drahtfixation bzw. Draht-Cerclage-Osteosynthese beschrieben. Voraussetzung für dieses Vorgehen ist, dass der Zustand des Gelenkknorpels eine Stellungskorrektur sinnvoll erscheinen lässt. Bei Knorpeldegeneration und Knorpeldefekten sowie nach Trümmerfrakturen des Gelenks ist die Stellungskorrektur nicht Erfolg versprechend. Die Entwicklung einer Arthrose mit Beschwerden ist hier schnell zu erwarten. Die Arthrodese oder der alloarthroplastische Gelenkersatz muss erwogen werden. Häufig liegen Kombinationen von verschiedenen Fehlstellungen – sog. mehrdimensionale Fehlstellungen – vor, insbesondere von Rotations- und Verkürzungsfehlern. Hier muss präoperativ klinisch und unter Röntgenbeurteilung die erforderliche mehrdimensionale Korrektur im Einzelfall geplant werden. Während verzögerte Knochenheilungen nach Frakturen im Schaftbereich der Grund- und Mittelphalangen häufiger zu beobachten sind, kommen Pseudarthrosen nur selten vor. Meist sind sie Folge von größeren Knochendefekten oder Infekten (s. Kap. 15.3.6). Die Therapie umfasst die Resektion der Pseudarthrosenregion, die Defektüberbrückung durch Knochentransplantation und die Osteosynthese. Kann aufgrund schlechter Weichteilverhältnisse keine Knocheninterposition erfolgen, ist ggf. die Osteosynthese in Verkürzung des Knochens möglich. Liegt eine gelenknahe Pseudarthrose vor, sollte auch die Arthrodese bedacht werden. Liegen die Schmerzen oder Empfindlichkeiten direkt lokalisierbar über einer Pseudarthrose der Tuberositas phalangis distalis, kann durch seine Exstirpation eine Verbesserung erreicht werden (Botelheiro 1995, Browner u. Mitarb. 1992, Green u. Mitarb. 1991, Raine u. Mitarb. 1999, Stern 1993). Schmerzen, Berührungsemp-
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findlichkeiten und eine Instabilität der Fingerkuppe bei Pseudarthrosen nach Schaftfrakturen der Endphalanx können möglich sein. Die Sanierung einer solchen Pseudarthrose wird von den verschiedenen Arbeitsgruppen unterschiedlich bewertet. Beschrieben werden Osteosynthesen mit Kirschner-Drähten, Zugschrauben, Herbert-Schrauben etc. Auch ob eine Spongiosaimplantation erfolgen soll wird unterschiedlich in der Literatur beschrieben. Botelheiro 1995 führte z. B. Osteosynthesen mit Zugschrauben ohne Pseudarthrosenresektion durch. Gemeinsam sind allen Arbeiten die guten Konsolidierungsraten (Botelheiro 1995, DaCruz u. Mitarb. 1988, Raine u. Mitarb. 1999, Stern 1993). Nachbehandlung Eine frühfunktionelle Nachbehandlung wird angestrebt. Das Ziel der operativen Behandlung sollte die dafür ausreichend stabile Osteosynthese sein. Ist das Einfügen von Knochentransplantaten notwendig, kommen längere Ruhigstellungszeiten in Betracht.
Komplikationen Nach Korrekturosteotomien im Bereich der Ossa metacarpalia werden Bewegungsdefizite des entsprechenden metakarpophalangealen Gelenks durch Sehnenadhäsionen oder Kapsel-Band-Kontrakturen, persistierende Kraftminderungen, Verkürzungen, Achsabweichungen, Rotationsfehler und in seltenen Fällen auch ausbleibende knöcherne Konsolidierungen beschrieben. Auch bei erfolgreicher Korrektur einer Fehlstellung von intraartikulären Frakturen muss die präarthrotische Deformität bedacht werden. Lockerungen oder Dislokationen des Osteosynthesematerials und Wundinfektionen werden genannt (Förstner 1994, Foucher u. Mitarb. 1976, Geldmacher 1988, Lautenbach u. Mitarb. 2000, Merle 1997, Partecke 1999, Stern 1993).
Ergebnisse Die Ergebnisse nach Pseudarthrosen sind wesentlich von der Region und der notwendigen Rekonstruktionsform abhängig. Rotationskorrekturen im Bereich der Metakarpalknochen führen zu guten Ergebnissen. Muss aufgrund einer mehrdimensionalen Fehlstellung die Korrektur im Fingerbereich erfolgen, bestehen häufig Probleme mit Adhäsionen von Sehnen und daraus resultierenden Funktionsverlusten (Stern 1993).
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
15.3.8 Luxationen Definition Separation der artikulierenden Gelenkflächen der Karpometakarpalgelenke und der Fingergrund-, Mittel- oder Endgelenke voneinander.
Ätiopathogenese Die Folgen der Luxation eines Gelenks sind abhängig von Art und Ausmaß der einwirkenden Kraft. Die Kombination von Luxationen der Fingergelenke mit Frakturen und Bandverletzungen ist häufig (s. Kap. 15.3.3 und 15.3.9). Luxationen des DIP-Gelenks der Langfinger oder des IP-Gelenks des Daumens werden meist durch eine axial einwirkende Kraft bei mäßiger Flexion des Gelenks verursacht. Häufig handelt es sich um offene Luxationen. Die Luxation des PIP-Gelenks kann nach dorsal, palmar und lateral erfolgen. Die Ursache der dorsalen Luxation liegt meist in einer forcierten Hyperextension mit einer axial einwirkenden Kraft auf den Finger (z. B. Anprall eines Balls). In Abhängigkeit von der einwirkenden Kraft kann es zur Verletzung der Ligamenta, der palmaren Platte und zur Luxationsfraktur kommen. Laterale Luxationen sind meist durch das Einwirken einer lateralen Kraft verursacht. Palmare Dislokationen resultieren in der Regel aus einer bei flektiertem PIP-Gelenk longitudinal einwirkenden Kraft, die auch eine Rotation ausübt und so zur Verletzung des Kollateralbandapparates und der palmaren Platte führt. Die Mittelphalanx luxiert dabei nach palmar. Der Grundphalanxkopf kann die Streckerhaube perforieren (durch den Mittelzügel oder zwischen Mittel- und Seitenzügel), was zur Interposition des Streckapparates als Repositionshindernis führen kann. Die Entstehung einer Knopflochdeformität der Fingers ist möglich. Luxationen der Grundgelenke des 2. – 5. Fingers resultieren meist aus einer forcierten Hyperextension des Gelenks, wie sie z. B. beim Sturz auf die gestreckte Hand vorkommt. Aus diesem Grund entsteht bei den MP-Luxationen meist die dorsale Fehlstellung der Grundphalanx mit palmarer Stellung des Kopfes des Mittelhandknochens. Karpometakarpale Luxationen der Ossa metacarpalia II–V betreffen meist den 5. Strahl. Häufig handelt es sich um dorsale Luxationsfrakturen. Die einwirkende Kraft ist dabei longitudinal mit gleichzeitiger Flexionswirkung auf den Mittelhandknochen. Palmare Luxationen sind selten. Größere einwirkende Kräfte (z. B. Hochgeschwindigkeitsunfall) können zur Luxationen mehrerer Karpometakarpalgelenke führen. Luxationen des Daumengrundgelenks erfolgen in der Regel nach dorsal. Die Separation der Gelenkflächen wird durch eine Hyperextension verursacht, die zur Ruptur der palmaren Platte, der Gelenkkapsel und zumindest von Teilen der Kollateralbänder führt. Palmare Luxationen dieses Gelenks werden nur selten beschrieben.
Luxationen des Daumensattelgelenks erfolgen in der Regel nach dorsal und sind oft mit Verletzungen des Lig. trapeziometacarpale und des Lig. metacarpale dorsale I verbunden.
Epidemiologie Luxationen der PIP-Gelenke sind meist nach dorsal. Palmare Luxationen sind seltene Ereignisse. Die Luxationen der DIP-Gelenke werden in der Literatur seltener beschrieben als die der PIP-Gelenke. Luxationen der MP-Gelenke treten ebenfalls selten auf und sind meist im Bereich des Grundgelenks des 2. Fingers, gefolgt vom 5. Finger als randständige Finger lokalisiert. Palmare Luxationen des MP-Gelenks werden als absolute Seltenheit beschrieben. Luxationen des Daumensattelgelenks ohne knöcherne Läsionen sind in der Literatur vereinzelt genannt. Meist handelt es sich um Subluxationen.
Klassifikation Bei allen Formen von Gelenkluxationen sollte zwischen offenen und geschlossenen Luxationen unterschieden werden. Zusätzlich kann in Abhängigkeit von der Dauer der vorliegenden Luxation eine Einteilung in akute und chronische Luxationen vorgenommen werden. Luxationen der DIP-Gelenke der Langfinger und des IPGelenks des Daumens können nach der Richtung in dorsale und laterale Luxationen eingeteilt werden. Palmare Luxationen werden in der Literatur selten genannt. Luxationen der PIP-Gelenke können nach der Richtung in dorsale, palmare und laterale Luxationen eingeteilt werden. Zusätzlich können die dorsalen Luxationen nach Dray und Eaton (1993) in 3 Typen klassifiziert werden: 쐌 Typ I (Hyperextension): Die Mittelphalanx steht fixiert in Hyperextension auf der dorsalen Grundphalanxkondyle. Die Ruptur der palmaren Platte und eine geringere Kollateralbandläsion ist die Folge. 쐌 Typ II (dorsale Dislokation): Die Mittelphalanx steht parallel zur Grundphalanx. Es liegt eine komplette Separation der Gelenkflächen vor. Die Ruptur der palmaren Platte und eine ausgeprägte Kollateralbandläsion ist die Folge. 쐌 Typ III (Luxationsfraktur): Eine Fraktur ggf. mit Impression der palmaren Mittelphalanx ist die Folge der Luxation. Bei Luxationen der MP-Gelenke unterscheiden sich die dorsalen von den seltenen palmaren Formen.
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
Diagnostik
Therapie
Klinische Diagnostik
Offene Luxationen im Bereich aller Gelenke stellen eine potentielle infizierte Situation des Gelenks dar (Abb. 15.68 a u. b). Das adäquate Débridement mit gründlicher Gelenkspülung sollte unter optimalen Bedingungen, in der Regel im Operationssaal erfolgen. Eine antibiotische Therapie nach Reposition und Wundverschluss wird in den meisten Veröffentlichungen gefordert. Luxationen der DIP-Gelenke der Langfinger oder des IP-Gelenks des Daumens können in der Regel geschlossen reponiert und durch eine 2 bis 4-wöchige Ruhigstellung zur stabilen Ausheilung gebracht werden. Kann keine geschlossene Reposition aufgrund der interponierten palmaren Platte, der Beugesehne, eines Frakturfragments oder von Sesambeinen erfolgen, ist die operative Therapie indiziert. Das Ziel ist dabei die Reposition nach Dislokation des Interponates (Dray u. Mitarb. 1993). Akute dorsale Luxationen des PIP-Gelenks des Typ I und II nach Dray u. Eaton (1993) können in der Regel nach Reposition mit einer 2 bis 4-wöchigen Ruhigstellung ausgeheilt werden. Einige Autoren nutzen dafür Flexionspositionen von 20 – 30° des PIP-Gelenks. Andere geben die Intrinsic-plus-Stellung an. Dorsale Luxationsfrakturen mit kleinen palmaren Fragmenten können ebenso behandelt werden. Liegen größere Frakturfragmente oder Impaktionszonen der Mittelphalanxbasis vor (je nach Autor > 30/40% der Gelenkfläche), ist das Gelenk instabil (Dray u. Mitarb. 1993). Die Behandlung sollte in diesem Fall operativ erfolgen. Während einzelne größere Fragmente osteosynthetisch durch einen palmaren Zugang zum Gelenk fixiert werden können (meist Kirschner-Drähte), gelingt dies bei den häufiger vorkommenden kleinen Trümmerfragmenten nicht. Während einige Autoren funktionelle Behandlungen unter Traktion empfehlen (Schenk 1994), beschreiben andere die Exzision der Fragmente und die transossäre Reinsertion der palmaren Platte (Dray u. Mitarb. 1993). Die chronische Sub-/Luxation des PIP-Gelenks kann zu einer Schwanenhalsfehlstellung des Fingers führen. Die Therapie durch Reinsertion der palmaren Platte ist bei der länger bestehenden Fehlstellung oft nicht möglich.
Die Erfassung der Anamnese und die klinische Untersuchung schließt bei der Erstbehandlung der Hand vor allem die Kontrolle der Durchblutung der Finger, die Funktion der Beuge- und Strecksehnen sowie die intakte Sensibilität und geschlossenen Hautverhältnisse ein. Neben der schmerzhaften Bewegungseinschränkung der Fingergelenke des entsprechenden Fingers ist die typische Schwellung ggf. mit Hämatombildung bei der klinischen Untersuchung der Hand auffällig. Zusätzlich kann die Fehlstellung des Fingers bei Fingergelenkluxation sichtbar sein. Bei der MPGelenkluxation kann der palmar stehende Metakarpalkopf tastbar sein. Die aktive und passive Testung der Gelenkstabilität nach der Reposition ist notwendig. Bildgebende Diagnostik Die Diagnostik bei Luxationen im Bereich der Karpometakarpalgelenke beinhaltet vor allem das p.-a. Röntgenbild (dorsopalmar) und die Schrägaufnahme unter Einschluss der Karpometakarpal- und Metakarpophalangealgelenke, ggf. auch eine laterale Aufnahme. Subluxationen im Bereich der karpometakarpalen Gelenke können dabei häufig übersehen werden. Ein Hinweis besteht, wenn die Metakarpalschäfte nicht parallel zur Darstellung kommen. Eine Untersuchung unter Durchleuchtung kann die Diagnose sichern. Bei Luxationen im Bereich der Gelenke der Langfinger erfolgen auch Röntgenbilder in 2 Ebenen: p.-a. (dorsopalmar) und seitlich, ggf. Schrägaufnahme. Luxationen im Bereich des Daumenstrahls sollten durch 2 Röntgenbilder (palmodorsal und seitlich, ggf. Schrägaufnahme) dargestellt werden. Subluxationen des Daumensattelgelenks können auf den Standardröntgenbildern schwierig zu beurteilen sein. Eine Röntgenuntersuchung unter Stress im Seitenvergleich kann hilfreich sein. Die erfolgreiche Reposition wird mit dem Röntgenbild dokumentiert. Knöcherne Läsionen können dadurch zusätzlich oder ggf. erneut abgebildet werden. Nur in seltenen Fällen kann nach der Reposition die CT (ggf. konventionelle Tomographie) als zusätzliches bildgebendes Verfahren indiziert sein (Merle 1997, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993).
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Abb. 15.68 a u. b Offene Luxation des PIP-Gelenks des Digiti V. Klinisches Bild (a) und p.-a. Röntgenbild vor Reposition (b).
a
b
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Die Tenodese der oberflächlichen Beugesehne kann zur Korrektur erfolgen. Laterale PIP-Gelenkluxationen können in der Regel durch die konservative Therapie (2 – 4-wöchige Ruhigstellung) zur stabilen Ausheilung gebracht werden. Einzelfallbeschreibungen zum Nähen der bei der Luxation verletzten Kollateralbänder bestehen in der Literatur. Das dabei bestehende Risiko einer postoperativen Gelenkkontraktur ist allerdings problematisch (Dray u. Mitarb. 1993). Die geschlossene Reposition einer palmaren PIP-Gelenkluxation kann schwierig sein. Eine leichte Rotationsbewegung sollte unter Traktion bei gleichzeitiger Flexion im MP- und PIP-Gelenk (Entspannung der Strecksehnenseitenzügel) erfolgen. Kann dadurch keine Reposition erzielt werden, sollte diese offen erfolgen. Gelingt die geschlossene Reposition des luxierten MPGelenks durch axialen Zug und Druck auf die Basis des Grundgliedes bei Handgelenksflexion (Entspannung der Beugesehnen) nicht, muss von einer Interposition der palmaren Platte und/oder der Beugesehne mit dem M. lumbricalis ausgegangen werden. Die operative Reposition des Gelenks durch einen palmaren Zugang ist in diesem Fall notwendig. Die interponierten Weichteile können dabei verlagert werden. Eine postoperative Ruhigstellung von 2 Wochen ist meist nötig. Diese sollte in Intrinsic-plus-Stellung erfolgen (Dray u. Mitarb. 1993). Die geschlossene Reposition von luxierten Karpometakarpalgelenken II–V gelingt meist unter axialem Zug und Druck auf die Basen der Ossa metacarpalia. Zur Retention werden oft perkutan eingebrachte transartikuläre Kirschner-Drähte in der Literatur empfohlen. Die alleinige Gipsruhigstellung wird wegen des Risikos der möglichen verbleibenden Subluxation meist abgelehnt (Dray u. Mitarb. 1993, Pechlaner u. Mitarb. 1998). Die Reposition nach Daumengrundgelenkluxation gelingt meist geschlossen unter leichtem Zug und dorsalem Druck auf die Basis der Grundphalanx. Das Os metacarpale I sollte dabei flektiert und adduziert sein, um die Thenarmuskulatur zu entspannen. Zusätzlich kann eine Flexion im IP-Gelenk und Handgelenk zur Entspannung der Sehne des M. flexor pollicis longus erfolgen. Nach der Reposition wird die klinische und röntgenologisch dokumentierbare Stabilität des Gelenks kontrolliert. Eine Ruhigstellung für 4 Wochen schließt sich an. Kann keine geschlossene Reposition erfolgen, besteht die Möglichkeit, dass die palmare Platte, die Sesambeine (Abb. 15.69) oder die Sehne des M. flexor pollicis longus interponiert sind. In diesem Fall ist die offene Reposition notwendig. Die interponierten Weichteile werden dabei entfernt. Liegt eine persistierende Instabilität vor, kann ggf. die temporäre Arthrodese des Gelenkes mit einem Kirschner-Draht notwendig sein (Dray u. Mitarb. 1993). Luxationen des Daumensattelgelenks ohne knöcherne Läsionen sind selten. Meist handelt es sich um Subluxationen. Zur Behandlung dieser Fehlstellungen ist in der Literatur wenig veröffentlicht. Die Therapie der Subluxationen wird meist konservativ durchgeführt (Immobilisa-
Abb. 15.69 Daumengrundgelenkluxation nach dorsal mit Interposition der frakturierten Sesambeine als Repositionshindernis.
tion für 4 Wochen). Gelingt die geschlossene Reposition nach Luxation, erfolgt die Kontrolle der Gelenkstabilität klinisch und im Röntgenbild. Die temporäre Stabilisierung mit einem transartikulären Draht kann ggf. notwendig sein. Bei notwendiger offener Reposition ist die gleichzeitige Naht des rupturierten Bandapparates möglich (Pechlaner 1998). Nachbehandlung Luxationen erfordern nach der Ruhigstellungszeit in der Regel eine intensive mobilisierende Nachbehandlung. Eine auch über einen längeren Zeitraum persistierende Schwellung ist häufig feststellbar.
Komplikationen Die Verletzung von Fingernerven, die Entstehung einer Arthrose und ein eingeschränktes Bewegungsausmaß des Gelenks werden nach einer Luxation in der Literatur beschrieben. Als Spätfolge unbehandelter oder inadäquat behandelter karpometakarpaler Luxationen wird die Entstehung von erheblichen Schmerzen und Schwäche mit Gelenkdegeneration beschrieben. Eine Arthrodese kann in diesem Fall notwendig sein.
Ergebnisse Die Ergebnisse nach Fingergelenkluxationen sind vom betroffenen Gelenk und der Dauer der vorliegenden Luxationsstellung abhängig. Ausgeprägte Knorpelschäden bei länger bestehenden Luxationen können die Arthrodese erfordern (Dray u. Mitarb. 1993).
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
15.3.9 Bandverletzungen im Bereich der Fingergelenke
Definition Läsionen der Ligamenta der Karpometakarpalgelenke und der Fingergrund-, Mittel- oder Endgelenke.
Ätiopathogenese Die Kombinationen von Luxationen der Fingergelenke mit Frakturen und Bandverletzungen sind häufig (s. Kap. 15.3.3 und 15.3.9). Die isolierte Kollateralbandruptur der MP-Gelenke der Langfinger ist selten und kommt meist an den Grundgelenken des 2. bzw. 5. Fingers vor. Sie ist häufig die Folge einer größeren Kraft, die bei Gelenkflexion in die Richtung einer Seite einwirkt (z. B. Hängen bleiben des Fingers bei Bewegung etc.). Verletzungen des ulnaren Kollateralbandes des Daumengrundgelenks (Lig. collaterale ulnare, Lig. collaterale ulnare accessorium) sind die häufigsten Ligamentläsionen. Sie sind typische Verletzungen bei Sportunfällen („Skidaumen“, Ballsportverletzungen). Der Unfallmechanismus beinhaltet meist eine forciert nach radial auf das Gelenk einwirkende Kraft. Neben der Verletzung des ulnaren Kollateralbandes bestehen oft gleichzeitige Läsionen der dorsalen Kapsel und der palmaren Platte. Auch Verletzungen der Adduktoraponeurose sind möglich. Bei kompletter distaler Avulsion des ulnaren Seitenbandes kann es zur Interposition der Adduktoraponeurose zwischen Ligament und seiner Insertion an der Grundphalanxbasis kommen (sog. Stener-Läsion). Aufgrund des fehlenden Kontaktes zu seiner Avulsionszone ist eine Bandheilung durch Ruhigstellung nicht möglich. Es kann die Gelenkinstabilität resultieren. Die chronische ulnare Instabilität des Daumengrundgelenks kann zu erheblichen Beschwerden mit Beeinträchtigung des Fein- und Grobgriffs der Hand und zur Entstehung einer Arthrose führen (Dray u. Mitarb. 1993, Pechlaner u. Mitarb. 1998). Der knöcherne Ausriss des Seitenbandes an der Grundphalanxbasis ist häufig (s. Kap.15.3.5). Deutlich seltener sind Läsionen des radialen Kollateralbandes des Daumengrundgelenks. Der Unfallmechanismus beinhaltet meist eine forciert nach ulnar auf das Gelenk einwirkende Kraft.
Diagnostik Klinische Diagnostik Die Erfassung der Anamnese und die klinische Untersuchung schließt bei der Erstbehandlung der Hand vor allem die Kontrolle der Durchblutung der Finger, die Funktion der Beuge- und Strecksehnen sowie die intakte Sensibilität und geschlossenen Hautverhältnisse ein. Neben
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der schmerzhaften Bewegungseinschränkung der Fingergelenke des entsprechenden Fingers sind die typische Schwellung und der Druckschmerz über dem betroffenen Band ggf. mit Hämatombildung bei der klinischen Untersuchung der Hand auffällig. Die aktive und passive Testung der Gelenkstabilität bei Gelenkflexion ist notwendig. Bei Verdacht auf eine Ruptur des ulnaren Kollateralbandes des Daumengrundgelenks erfolgt die wesentliche klinische Testung der Stabilität des Gelenks (Ausübung eines radialen Stresses) bei Extension und bei 30° Flexion im Seitenvergleich. Bei kompletter Bandruptur ist eine deutliche Instabilität (30°) zu erfassen. Ist eine geringere Instabilität feststellbar, aber ein Schmerz und ein fehlender „Anschlag“ deutlich, ist eine Bandläsion trotzdem möglich. Die Testung kann ggf. unter Lokalanästhesie erneut erfolgen. Die klinische Untersuchung bei Verdacht auf das Vorliegen einer radialen Läsion des Kollateralbandes des Daumengrundgelenks ist entsprechend mit gegenläufigem Stress. Bildgebende Diagnostik Bei Bandverletzungen im Bereich der Gelenke der Langfinger erfolgen Röntgenbilder in 2 Ebenen: p.-a. (dorsopalmar) und seitlich, ggf. Schrägaufnahme. Bei Vorliegen von ligamentären Läsionen des MP-Gelenks der Finger II–V wird neben den 2 Ebenen (p.-a. [dorsopalmar] und Schrägaufnahme unter Einschluss der Karpometakarpalund Metakarpophalangealgelenke, ggf. auch eine laterale Aufnahme) die axiale Aufnahme nach Brewerton zur Beurteilung der knöchernen Situation des Mittelhandknochenkopfes empfohlen. Begleitende knöcherne Läsionen sollten bei Bandverletzungen im Bereich des Daumenstrahls durch 2 Röntgenbilder (palmodorsal und seitlich, ggf. Schrägaufnahme) dargestellt werden. Die Notwendigkeit der Abbildung der Bandinstabilität mit vermehrter Aufklappbarkeit des Gelenks durch gehaltene Aufnahmen, ggf. im Seitenvergleich, wird in der Literatur uneinheitlich beschrieben, da die Wertigkeit der klinischen Untersuchung als deutlich höher anzusehen ist (Abb. 15.70). Ein Seitenunterschied der Aufklappbarkeit von > 30° im Stressröntgenbild spricht für eine komplette Bandruptur (Downey u. Mitarb. 1986, Dray u. Mitarb. 1993). Die Sonographie kann nicht sicher eine Unterscheidung zwischen Einblutung mit oder ohne Ruptur ermöglichen. Die Differenzierung zwischen einem nicht dislozierten und einem hinter die Dorsalaponeurose des M. adductor pollicis umgeschlagenen Ligament (Stener-Läsion) gelingt sonographisch hingegen meist gut. Die MRT erlaubt meist sehr gut die Darstellung des Bandes und ggf. seiner Verletzung. Eine notwendige Routinediagnostik stellt sie aber bei der Seitenbandverletzung des Daumens nicht dar (Schmitt u. Mitarb. 1996). Nur in seltenen Fällen kann nach der Reposition die CT (ggf. konventionelle Tomographie) als zusätzliches bildgebendes Verfahren indiziert sein (Merle 1997, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993).
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Abb. 15.70 Präoperatives Stressröntgenbild einer Ruptur des radialen Kollateralbandapparates des Digiti IV.
Therapie Die Therapie der isolierten Ruptur des Kollateralbandes im Bereich des MP-Gelenks der Langfinger ist in der Regel konservativ, wenn die Gelenkführung durch die intakte Handbinnenmuskulatur möglich ist. Nach einer initialen Ruhigstellung von 2 – 3 Wochen ist nach anschließender funktioneller Therapie die Ausheilung meist zu erreichen. Eine bis zu einem Jahr nach dem Trauma bestehende Schmerzsymptomatik wird in der Literatur beschrieben. Liegt eine ausgeprägte Gelenkinstabilität vor, wird auch eine primäre Bandnaht in der Literatur beschrieben (Dray u. Mitarb. 1993). Die Therapie der partiellen Ruptur des ulnaren Kollateralbandes des Daumengrundgelenks erfolgt konservativ durch Ruhigstellung über 4(– 6) Wochen. Die überwiegende Anzahl der Veröffentlichungen zur Therapie der akuten kompletten Rupturen des ulnaren Kollateralbandes des Daumengrundgelenks beschreibt die operative Therapie, um eine anatomische Positionierung des Bandes zu gewährleisten. Eine konservative Therapie bei der Stener-Läsion wird als kontraindiziert beschrieben, da kein Kontakt des Ligamentums zu seiner Avulsionszone besteht. Das Risiko der Entstehung einer bleibenden Gelenkinstabilität ist sehr hoch. Als operative Maßnahmen werden direkte Bandnähte, Ausziehnähte, Knochenankernutzungen etc. beschrieben (Coonrad u. Mitarb. 1968, Dray u. Mitarb. 1993, Pechlaner u. Mitarb. 1998).
sehne (Sehne des M extensor pollicis longus) gespalten. Nach Gelenkspülung und Inspektion sowie Glättung des rupturierten Bandes erfolgt die Naht. Diese schließt auch ggf. die palmare Platte und die Gelenkkapsel ein. Anschließend erfolgt die Rekonstruktion der Adduktoraponeurose. Die chronischen ulnaren Instabilitäten des Daumengrundgelenks bei nicht oder insuffizient verhheiltem Kollateralband können mit erheblichen Beschwerden und der Entstehung einer Arthrose des Gelenks einhergehen. Bei wesentlicher Arthrose und chronischer Subluxation des Gelenks sollte die Arthrodese erfolgen. Ist das Bandende nur wenig von seiner Insertion entfernt narbig fixiert, kann ggf. durch Narbenraffung eine Gelenkstabilität erzielt werden (Pechlaner u. Mitarb. 1998). Die selten beschriebene Lösung der Bandstrukturen aus dem Narbengewebe und Refixation ist meist nicht erfolgreich. Verschiedene Bandplastiken zum Ersatz der Funktion des Kollateralbandes sind beschrieben. Hierbei wird in der Regel ein Sehnentransplantat (z. B. Sehne des M. palmaris longus) durch Bohrkanäle im Bereich des Metakarpal- und Phalangenknochens geführt (Pechlaner u. Mitarb. 1998). Die Therapie von akuten Rupturen und chronischen Instabilitäten bei der radialen Kollateralbandläsion des Daumengrundgelenks entspricht den Überlegungen, wie sie für die ulnaren Bandverletzungen gelten.
Komplikationen Verbleibende Instabilitäten mit Schmerzen und Degenerationen des Gelenkknorpels stellen die wesentlichen Komplikationen nach Bandverletzungen der Fingergelenke dar. Wesentlich ist die Information des Patienten, dass auch nach erfolgreicher Bandheilung eine Verdickung im Verletzungsbereich persistieren kann und Schmerzen trotz intakter Stabilität über einen längeren Zeitraum möglich sind.
Ergebnisse Die Ergebnisse nach operativer Therapie der frischen ulnaren Seitenbandruptur des Daumens werden in der Literatur meist als sehr gut beschrieben. Sekundäre Seitenbandplastiken sind hingegen häufig mit Problemen verbunden. Ist das genutzte Sehnentransplantat zu straff resultiert ein Bewegungsverlust. Wurde es zu wenig angespannt, entsteht eine Gelenkinstabilität. Die wenigen in der Literatur dargestellten Langzeitergebnisse nach den verschiedenen Bandplastiken zeigen sehr unterschiedliche Resultate. Unsere Erfahrungen mit Bandplastiken waren nicht immer zufrieden stellend.
Operationstechnik: Ulnodorsale bogen- und S-förmige Inzisionen werden beschrieben. Die Schonung des dorsalen Daumennervs (Ast des R. superficialis N. radialis) ist zu beachten. Die Adduktoraponeurose wir parallel zur Streck-
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
15.3.10 Strecksehnenverletzungen im Bereich der Hand
Definition Traumatische Unterbrechungen der Kontinuität der Sehnen der Fingerextensoren.
Ätiopathogenese Strecksehnenläsionen können mit und ohne Verletzung des Hautmantels erfolgen. In Abhängigkeit von der Verletzungsregion kommen verschiedene Unfallmechanismen in Betracht.
Langfinger. Über dem End- und Mittelgelenk des Fingers können offene Durchtrennungen, z. B. bei Schnittverletzung oder geschlossene Läsionen zur Verletzung der Strecksehne führen. Ursachen für geschlossene Läsionen können subkutane Rupturen, eine kraftvolle Flexion des DIP-Gelenks beim Sport, ein Anpralltraumata, ein Sturz, aber auch Unfälle mit geringer Kraft wie Bettenmachen, Strümpfe anziehen oder eine Luxation des PIP-Gelenks mit Verletzung des Mittelzügels der Strecksehne durch den Grundphalanxkopf sein. Über dem Grundglied, Grundgelenk und Handrücken sind offene Verletzungen häufig. Verletzungen der Strecksehne über dem Grundgelenk können auch durch Einwirken einer Kraft auf den Mittelhandknochenkopf subkutan verletzt werden. Häufig liegen dann größere Weichteilkontusionen vor. Daumen. Verletzungen der Strecksehnen des Daumens in den Zonen 1 – 5 können offen oder seltener im Rahmen von Anpralltraumata mit ggf. Knochenverletzungen geschlossen erfolgen. Subkutane Sehnenrupturen der Daumenstrecksehne, vor allem der Sehne des M. extensor pollicis longus kommen in der Regel im Bereich des Unterarmes vor (Zone 7 und 8). Aber auch nach Anpralltraumata über dem Daumensattelgelenk sind sie beschrieben (Doyle 1993).
Klassifikation Aufgrund der im Verlauf der Strecksehnen unterschiedlichen anatomischen Verhältnisse und ihrer Konsequenzen für die Therapie erfolgt die Einteilung in verschiedene Zonen (Doyle 1993, Pechlaner 1998, Wilhelm 1983): 쐌 2. – 5. Finger: – Zone 1: Endgelenk, – Zone 2: Mittelglied, – Zone 3: Mittelgelenk, – Zone 4: Grundglied, – Zone 5: Grundgelenk, – Zone 6: Handrücken – Mittelhand,
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– Zone 7: Sehnenfächer, – Zone 8: Unterarm, 쐌 Daumen: – Zone 1: – Zone 2: – Zone 3: – Zone 4: – Zone 5:
IP-Gelenk, Grundglied, MP-Gelenk, Metakarpalknochen, Sattelgelenk.
Verschiedene Modifikationen dieser Einteilung sind in der Literatur angegeben. Eine Einteilung der Verletzungen des Strecksehnenapparates in Höhe des Fingerendgelenks kann modifiziert nach Watson-Jones vorgenommen werden (s. Tab. 15.18).
Diagnostik Klinische Diagnostik Die Erfassung der Anamnese und die klinische Untersuchung schließt bei der Erstbehandlung der Hand vor allem die Kontrolle der Durchblutung der Finger, die Funktion der Beuge- und Strecksehnen sowie die intakte Sensibilität und geschlossenen Hautverhältnisse ein. Neben der schmerzhaften Bewegungseinschränkung der Fingergelenke des entsprechenden Fingers ist die Schwellung ggf. mit Hämatombildung bei der klinischen Untersuchung der Hand auffällig. Zusätzlich kann eine Fehlstellung des Fingers feststellbar sein.
Langfinger. Bei kompletter Durchtrennung des Streckapparates im Endgliedbereich kann der Finger nicht aktiv aus der spontan eingenommenen Beugestellung (ca. 60° Flexion) gestreckt werden. Bei noch erhaltenen lateralen Anteilen ist das Streckdefizit geringer. Ein Druckschmerz und ggf. Schwellung mit Hämatom sind typisch. Verletzungen des Mittelzügels in der Zone 3 können zur Knopflochdeformität führen. Dies kann auch erst einige Zeit nach der Verletzung sichtbar werden, da erst im Verlauf die Seitenzügel auseinander weichen und der sich Grundphalanxkopf nach dorsal einstellt, wodurch die Beugefehlstellung im Mittelgelenk ggf. mit Hyperextensionsstellung im Endgelenk resultiert. Ist auf Höhe des Mittelgelenks der komplette Streckapparat durchtrennt, z. B. Schnittverletzung kann der Finger im Mittelgelenk nicht gestreckt werden und steht flektiert. Strecksehnenverletzungen über dem Grundglied haben oft primär nur wenige funktionelle Defizite zur Folge. Erst bei Durchtrennung größerer Anteile des Streckapparates auf dieser Höhe wird die Kraftminderung deutlich. Strecksehnenverletzungen über dem Grundgelenk können bei kompletter Durchtrennung zur Streckunfähigkeit im Grundgelenk führen. Aufgrund der intakten Handbinnenmuskulatur können dabei Mittel- und Endgelenk weiterhin gestreckt werden. Ist im Rahmen der Verletzung die Strecksehnenhaube verletzt worden, kann ein luxieren der Sehne über den Metakarpalkopf resultieren.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
Wegen der Verbindungen der Strecksehnen untereinander kann bei einer Verletzung im Handrückenbereich, die proximal von diesen liegt, die Funktionseinschränkung der Sehne gering sein.
Daumen. Verletzungen des Strecksehnenapparates im Grundglied bis Endgelenkbereich sind selten komplett. Der Funktionsausfall kann daher nur gering sein. Bei größeren Läsionen in diesem Bereich kann ein Streckdefizit im Endgelenkbereich die Folge sein. Die Symptomatik bei Sehnenverletzungen im Grundgelenk und Mittelhandbereich ist abhängig von der betroffenen Struktur. Das Streckdefizit kann daher das Grund- und Endgelenk (Sehnen der Mm. extensor pollicis longus und extensor pollicis brevis) in unterschiedlichem Ausmaß betreffen. Bildgebende Diagnostik Die Diagnostik bei Sehnenverletzungen im Bereich der Finger beinhaltet zum Ausschluss von begleitenden knöchernen Läsionen das Röntgenbild: p.-a. (dorsopalmar) und seitlich, ggf. Schrägaufnahme. Die Sonographie kann die Einblutung und Ruptur ggf. unter funktioneller Abbildung (Real-Time-Technik) darstellen. Die MRT erlaubt meist sehr gut die Darstellung der Sehne und ggf. ihrer Verletzung. Eine notwendige Routinediagnostik stellt sie aber bei der Sehnenverletzung nicht dar (Merle 1997, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993).
Therapie Die überwiegende Zahl der Strecksehnenverletzungen wird operativ behandelt. Nur einzelne geschlossene Verletzungen erlauben die konservative Therapie. Gewebeschonende Operationstechniken, atraumatisches Nahtmaterial – Nahttechnik und Materialstärke sind abhängig von der Verletzungsregion (s. Kapitel 4) – und handchirurgisches Instrumentarium sowie optische Vergrößerungshilfen (Lupenbrille) sind zur Vermeidung von Narbenadhäsionen notwendig (Pechlaner 1998). Die früher für verschiedene Verletzungsregionen beschriebene LengemannNaht nutzen wir nicht. In Abhängigkeit vom einwirkenden Trauma und Verletzungsmechanismus können größere Sehnendefekte resultieren. Die Rekonstruktion erfordert meist Sehnentransplantationen (ein oder zweizeitig in Abhängigkeit von Art und Lage der Verletzung) oder ggf. einen Sehnentransfer (s. Kap. 4).
Langfinger Verletzungen im Endgliedbereich (Zone 1 und 2). Offene Sehnenverletzungen sollten sofort mit der primären Sehnennaht (meist U-Nähte empfohlen) ggf. unter temporärer Ruhigstellung des DIP-Gelenkes mit einem transartikulären Kirschner-Draht versorgt werden. Die Ruhigstellung des Gelenkes beträgt (5-)6 Wochen.
Die Therapie der geschlossenen Sehnenverletzung (subkutane Strecksehnenläsion) ist in der Regel konservativ unter Ruhigstellung des Fingerendgelenks, wobei frische Verletzungen je nach Autor 6 – 8 Wochen fixiert werden sollten. Dies kann mittels Schiene nach Stack (1969) unter alleiniger Ruhigstellung des Endgelenks oder durch Schienenfixierung des DIP-Gelenks in Streckung und des PIP-Gelenks in Beugung (gute Annäherung der Sehnenenden mit dem Problem der Folgen der Gelenkruhigstellung) erfolgen. Die Notwendigkeit zur Ruhigstellung des Fingerendgelenks mittels eines transartikulären Kirschner-Drahtes ist selten. Auch ältere Läsionen sollen unter konservativer Therapie (je nach Autor für 8 – 12 Wochen) gute Ergebnisse erreichen lassen. Operativ sind bei Flexionsfehlstellungen im Endgelenk aufgrund älterer Strecksehnenverletzungen Sehnenraffungen und Dermatotenodesen unter Resektion des Narbengewebes möglich (Browner u. Mitarb. 1992, Doyle 1993, Green u. Mitarb. 1991, Pechlaner u. Mitarb. 1998, Stern 1993). Zur Therapie der sog. „knöchernen Strecksehnenausrisse“ siehe Kapitel 15.3.4.
Verletzungen im Mittelgelenkbereich (Zone 3). Offene Sehnenverletzungen sollten sofort mit der primären Sehnennaht (meist U-Nähte empfohlen) ggf. unter temporärer Ruhigstellung des PIP-Gelenks mit einem transartikulären Kirschner-Draht versorgt werden. Die Ruhigstellung des Gelenks beträgt (5 –)6 Wochen. Bei guter Patientencompliance und engmaschiger Kontrolle kann eine frühfunktionelle Nachbehandlung mit einer dynamischen Schiene (dorsaler Zügel führt passiv die Extension aus, es wird nur aktiv gebeugt) erfolgen. Geschlossene Sehnenverletzungen können konservativ mit einer Schiene unter dem PIP-Gelenk, das in Überstreckung gehalten wird, für 6 – 8 Wochen therapiert werden. Das Risiko der Entstehung eines Streckdefizits oder einer Knopflochdeformität, besonders bei schlechter Patientencompliance ist zu beachten. Wir bevorzugen daher häufig die operative Therapie. Sie ist dem Vorgehen bei offenen Verletzungen entsprechend. Bei älteren Verletzungen mit Knopflochdeformität des Fingers ist das Ziel der Therapie die Wiederherstellung der Strecksehnenhaube bzw. des Mittelzügels (Tab. 15.19). Ein intakter Gelenkknorpel und die passiv freie Beweglichkeit des PIP-Gelenks ist hierzu Voraussetzung (Doyle 1993, Pechlaner u. Mitarb. 1998). Verletzungen im Grundgliedbereich (Zone 4). Hier liegen in der Regel offene Verletzungen vor, die sofort mit der primären Sehnennaht (meist U-Nähte empfohlen) versorgt werden sollten. Kleine Defekte können in Abhängigkeit von der Wundsituation frühfunktionell nachbehandelt werden. Sind größere Anteile der Sehne durchtrennt, erfolgt die postoperative Ruhigstellung für 4 – 6 Wochen. Bei guter Patientencompliance und engmaschiger Kontrolle kann eine frühfunktionelle Nachbehandlung mit einer
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
Tab. 15.19
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Technik der Korrektur der Knopflochdeformität der Langfinger (Auswahl)
쐌 Raffung, ggf. bei ausgeprägter Elongation transossäre Refixation unter Verkürzung des Strecksehnenmittelzügels mit oder ohne Tenotomie/Verlängerung des Strecksehnenapparates auf Höhe der Mittelphalanx (Nalebuff). 쐌 Zentrale Verlagerung der Seitenzügel nach Durchtrennung bds. des Lig. retinaculare transversum, ggf. obliquum (Landsmeer) unter teilweiser Fixation am Mittelzügel mit oder ohne Tenotomie des Strecksehnenapparates auf Höhe der Mittelphalanx, ggf. Z-förmige Seitenbandverlängerung (Nalebuff). 쐌 Raffung des Mittelzügels, Einflechten des ulnaren in den radialen Seitenzügel (Heywood). 쐌 Einflechten des radialen Seitenzügels in den Mittelzügel und Fixation des distalen radialen Stumpfes am ulnaren Seitenzügel (Matev). 쐌 Umkipplastik eines Sehnenanteils aus dem Mittelzügel von proximal nach distal über das PIP-Gelenk (Snow).
dynamischen Schiene (dorsaler Zügel führt passiv die Extension aus, es wird nur aktiv gebeugt) erfolgen.
Verletzungen im Grundgelenkbereich (Zone 5) und Handrücken-Mittelhand-Bereich (Zone 6). Auch hier erfolgt in der Regel die sofortige operative Therapie mit der primären Sehnennaht (Technik s. Kap. 4). Auch die Rekonstruktion des Strecksehnengleitgewebes ist anzustreben, um postoperative Adhäsionen zu vermeiden. Aufgrund der Connexi intertendinei werden die Nachbarfinger zusammen mit dem Verletzten Finger für 4 – 6 Wochen postoperativ ruhig gestellt. Bei guter Patientencompliance und engmaschiger Kontrolle sollte eine frühfunktionelle Nachbehandlung mit einer dynamischen Schiene (dorsaler Zügel führt passiv die Extension aus, es wird nur aktiv gebeugt) erfolgen (Doyle 1993, Pechlaner u. Mitarb. 1998).
Daumen Verletzungen vom Endgelenk- bis Grundgliedbereich (Zone 1 und 2). Die sofortige operative Therapie mit primärer Sehnennaht wird in der Regel empfohlen (Technik s. Kap. 4). Eine Ruhigstellung für 4 – 6 Wochen erfolg postoperativ in leichter Streckstellung des Daumens. Bei guter Patientencompliance und engmaschiger Kontrolle ist eine frühfunktionelle Nachbehandlung mit einer dynamischen Schiene (dorsaler Zügel führt passiv die Extension aus, es wird nur aktiv gebeugt) möglich. Im Gegensatz zu den Langfingern ist aufgrund der mehrdimensionalen Beweglichkeit des Daumensattelgelenks die Anlage und Handhabung dieser Schienen anspruchsvoller.
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Verletzungen im Grundgelenk-, Mittelhand- und Daumensattelgelenkbereich (Zone 3, 4 und 5). Häufig sind die Sehnen, besonders die des M. extensor pollicis longus weit nach proximal retrahiert. Die sofortige operative Therapie bei offenen und geschlossenen Verletzungen mit der primären Sehnennaht ist nötig (Technik s. Kap. 4). Eine Ruhigstellung für 4 – 6 Wochen erfolg postoperativ in leichter Streckstellung des Daumens. Bei guter Patientencompliance und engmaschiger Kontrolle ist auch hier eine frühfunktionelle Nachbehandlung mit einer dynamischen Schiene (dorsaler Zügel führt passiv die Extension aus, es wird nur aktiv gebeugt) möglich. Im Gegensatz zu den Langfingern ist aufgrund der mehrdimensionalen Beweglichkeit des Daumensattelgelenks die Anlage und Handhabung dieser Schienen anspruchsvoller. Häufig handelt es sich bei subkutanen Sehnenrupturen um degenerative Verletzungen, die eine primäre Sehnennaht nicht erlauben. Hier kann die Transposition der Sehne des M. extensor indicis zum Ersatz der Sehne des M. extensor pollicis longus erfolgen. Die Naht der Sehne wird in der Technik nach Pulvertaft ausgeführt (s. Kap. 4). Eine frühfunktionelle Nachbehandlung mit einer dynamischen Schiene wird von uns bevorzugt (Doyle 1993, Pechlaner u. Mitarb. 1998). Verletzungen der Zone 6, 7 und 8. Diese Verletzungen werden im Kapitel 15.2 beschrieben. Nachbehandlung Besteht nach einer konservativen oder operativen Sehnenrekonstruktion ein Funktionsdefizit, ist die intensive funktionelle Nachbehandlung notwendig.
Komplikationen Nach konservativen Behandlungen von geschlossenen Strecksehnenverletzungen im Bereich des Endgliedes mit der Schiene nach Stack kann durch insuffiziente Hautpflege eine Mazeration entstehen und durch eine nicht optimale Annäherung der Sehnenenden ein Streckdefizit verbleiben.
Ergebnisse Die Ergebnisse bei frischen Strecksehnendurchtrennungen ohne Defekt (z. B. Messerschnitt) sind nach Durchführung einer frühfunktionellen Nachbehandlung meist sehr gut. Ältere Durchtrennungen, Sehnendefekte und langfristige Ruhigstellungen können zu starken Adhäsionen führen.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
15.3.11 Beugesehnenverletzungen im Bereich der Hand
Definition Traumatische Unterbrechungen der Kontinuität der Sehnen der Fingerflexoren.
Ätiopathogenese Offene Beugesehnendurchtrennungen sind im Rahmen von Schnittverletzungen deutlich häufiger als geschlossene Beugesehnenverletzungen. Diese kommen vor allem im Bereich des Ansatzes der tiefen Beugesehne vor (s. Tab. 15.17). Quetschverletzungen mit ausgeprägten Weichteilkontusionen können auch zu einer Beugesehnenruptur führen (Geldmacher u. Mitarb. 1991, Leddy 1993).
Klassifikation Eine Klassifikation der Beugesehnenverletzungen in Zonen kann nach Verdan (1979) erfolgen: 쐌 Zone I: distal des Ansatzes der oberflächlichen Beugesehne, 쐌 Zone II: Bereich des Beugesehnenkanals bis zum Ansatz der oberflächlichen Beugesehne an der Mittelphalanx, 쐌 Zone III: distale Hohlhand bis zum proximalen Beugesehnenkanal, 쐌 Zone IV: proximale Hohlhand (Karpalkanal), 쐌 Zone V: distaler Unteram. Am Daumen erfolgt die Einteilung der Beugesehnenverletzungen in Zone I und II modifiziert (Geldmacher u. Mitarb. 1991): 쐌 Zone I: distal des distalen Ringbandes, 쐌 Zone II: proximales Daumenringband bis distales Ringband (Beugesehnenkanal). Verschiedene Modifikationen zu dieser Einteilung und andere Formen sind in der Literatur beschrieben (Geldmacher u. Mitarb. 1991).
Diagnostik Klinische Diagnostik Die Erfassung von Anamnese und klinischer Untersuchung schließt bei der Erstuntersuchung der Hand vor allem die Kontrolle der Durchblutung der Finger, die Funktion der Beuge- und Strecksehnen sowie die intakte Sensibilität und geschlossenen Hautverhältnisse ein. Neben der schmerzhaften Bewegungseinschränkung der Fingergelenke des entsprechenden Fingers ist die Schwellung ggf. mit Hämatombildung bei der klinischen Untersuchung der Hand auffällig. Zusätzlich kann eine Fehlstellung des Fingers feststellbar sein. Bei Durchtrennung beider Beugeseh-
nen kann der Finger nicht aktiv im Mittel- und Endgelenk gebeugt werden. Bei Durchtrennung ausschließlich der tiefen Beugesehne ist keine Beugung im Endgelenk möglich und bei alleiniger Durchtrennung der oberflächlichen Beugesehne kann das Mittelgelenk bei Fixierung der übrigen Finger in Streckung nicht gebeugt werden, da dies durch den gemeinsamen Muskelbauch und Sehnenverlauf der tiefen Beugesehnen verhindert wird (Ausnahmen durch anatomische Varianten sind möglich) (Geldmacher u. Mitarb. 1991, Schmidt u. Mitarb. 1992). Bildgebende Diagnostik Die Diagnostik bei Sehnenverletzungen im Bereich der Finger beinhaltet zum Ausschluss von begleitenden knöchernen Läsionen das Röntgenbild: p.-a. (dorsopalmar) und seitlich, ggf. Schrägaufnahme. Die Sonographie kann die Einblutung und Ruptur ggf. unter funktioneller Abbildung (Real-Time-Technik) darstellen. In der MRT wird die Sehne und ggf. ihrer Verletzung meist sehr gut dargestellt. Eine notwendige Routinediagnostik stellt sie aber bei der Sehnenverletzung nicht dar (Merle 1997, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993).
Therapie Primäre Beugesehnenrekonstruktion. Die Therapie der Beugesehnenverletzung ist operativ. In der Regel erfolgt die palmare Schnittführung zickzackförmig im Sinne der Brunner-Inzision unter Einbeziehung einer ggf. schon vorliegenden Hautverletzung. Auch mediolaterale Zugänge, z. B. am Daumen hilfreich, sind möglich. Häufig muss die Beugesehnenscheide seitlich inzidiert werden, um ausreichend Platz für die Sehnennaht zu haben. Besonders das proximale Sehnenende ist oft retrahiert. Erfolgte die Sehnenverletzung bei gebeugtem Finger, muss der distale Sehnenstumpf entsprechend distal aufgesucht werden. Nach schonendem Vorziehen der Sehnenenden in den Nahtbereich (Quetschungen durch Klemmen oder Pinzetten sollen vermieden werden) kann die Fixation mit einer quer durch die Sehne eingebrachten Kanüle erfolgen. Die Sehnennaht erfolgt mit der inneren Kernnaht (z. B. modifiziert nach Kessler/Kirchmayr) und der äußeren Feinnaht (s. Kap. 4). Wir versorgen dabei wenn möglich stets beide Sehnen. Im Bereich des Endgliedes verwenden wir zusätzlich eine Weichteilausziehnaht (Mantero 1976). Die Nachbehandlung erfolgt durch die so genannte dynamische Fixierung nach Kleinert u. Mitarb. (1982) für die ersten 5 Wochen. Hierbei wird über dem Verband eine dorsale Schiene am Unterarm und an der Hand angelegt, die eine Beugung des Handgelenks (50 – 60°, volle passive Beugung minus 20°) und der Langfingergrundgelenke (30°) vorgibt. Die Interphalangealgelenke sollen in der Schiene frei streckbar sein. Die Beugung der Finger wird durch einen Zügel passiv ohne das Einsetzen der eigenen Muskulatur durchgeführt. Die Streckung erfolgt hingegen bis zum Anschlag an die Schiene aktiv gegen den Widerstand der Zügel. Die Fixierung des Zügels am Finger erfolgt
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
bei uns mit einer am Nagel aufgeklebten Öse. Der Zügel kann durch Spiralfedern oder Gummibänder gezogen werden. Die richtige Durchführung der Nachbehandlung muss dem Patienten beigebracht und diese regelmäßig kontrolliert werden. Bis zur 8. Woche postoperativ bewegt der Patient ohne Widerstand. Bis zur 12. Woche postoperativ ist ggf. die therapeutische Nachbehandlung zum Training der Kraft und der Bewegung notwendig. Nach Versorgung der Sehne des M. flexor pollicis longus muss der Zug des Zügels rechtwinklig zur Langfingerebene ziehen. Alternativ zur Nachbehandlung in der genannten Schienenanordnung ist die kontrollierte aktive und passive Therapie möglich. Dafür ist allerdings eine gute Patientencompliance und eine tägliche therapeutische Begleitung des Patienten erforderlich (Geldmacher u. Mitarb. 1991, Leddy 1993, Mantero 1976, Pechlaner u. Mitarb. 1998).
Sekundäre Beugesehnenrekonstruktion. Die verzögerte primäre Beugesehnennaht ist oft in den ersten 14 Tagen nach dem Unfall noch möglich und erfolgt wie bei der primären Naht. Ist die primäre Beugesehnennaht nicht möglich oder eine Reruptur aufgetreten, kommt die Beugesehnentransplantation in Betracht. Die Therapie erfolgt in der Regel zweizeitig. Dabei wird bei der ersten Operation ein Silastic-Platzhalter eingelegt, der zur Bildung eines geeigneten Sehnengleitlagers führen soll. Die Sehnentransplantation erfolgt dann ca. (8 –)12 Wochen später. Operationstechnik: Über die meist durchgeführte Brunner-Inzision erfolgt die Darstellung des Sehnenlagers nach Sicherung der Gefäß-Nerven-Bündel. Verbliebene Sehnenreste und Narbenzonen im Beugesehnenverlauf werden reseziert. Ringbänder und erhaltene Beugesehnenscheidenanteile sollten geschont werden. Sind die Ringbänder zerstört, sollten sie nach dem Einlegen des SilasticSpacers über diesem rekonstruiert werden. Hierfür können Teile der resezierten Sehnen genutzt werden. Der Platzhalter kann bis zur Mittelhand (sekundär kommt der Ersatz durch ein kurzes Sehnentransplantat in Betracht) oder bis zum handgelenknahen Unterarm reichen. Das distale Spacerende wird mit einer nicht resorbierbaren Naht am Sehnenstumpf fixiert. Bei der zweiten Operation werden nur noch die Enden des Spacers dargestellt. An einem Ende des Silastic-Stabes kann dann das Sehnentransplantat – möglich als Transplantat sind die Sehnen de Mm. palmaris longus, plantaris bzw. die Strecksehnen der 3. oder 4. Zehe etc. – angenäht und durch das neue Gleitlager gezogen werden. Am Endglied erfolgt die Transplantatfixation in der Regel mit einer zu den Nähten zwischen Transplantat und Stumpf zusätzlichen Ausziehnaht (Mantero 1976). Das proximale Transplantatende sollte aufgrund der erforderlichen hohen primären Reißfestigkeit (s. Kapitel 4) wenn möglich mit einer Durchflechtungsnaht nach Pulvertaft am distalen Sehnenbereich des gewählten „Motors“ (oberflächlicher oder tie-
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fer Beugesehnenstumpf) angenäht werden. Mit der zweiten Naht wird auch die Transplantatlänge vorgegeben. Ausgegangen wird dabei von der Spontanhaltung der Nachbarfinger. Nach einer primären Naht kann das Handgelenk gebeugt und gestreckt und dadurch die Fingerbewegung beurteilt werden (Geldmacher u. Mitarb. 1991, Leddy 1993, Pechlaner u. Mitarb. 1998).
Nachbehandlung. Nach der ersten Operation erfolgt in Abhängigkeit von der Wundheilung die passive Mobilisationen aller Fingergelenke. Nach der Sehnentransplantation behandeln wir in der Technik nach Kleinert (s. o.) nach. Ist nur die tiefe Beugesehne eines Langfingers durchtrennt, ist die Arthrodese oder Tenodese (distaler Sehnenstumpf wird mit der Sehnenscheide am Mittelglied vernäht) eine Alternative zur Beugesehnentransplantation. Bei Ruptur der Sehne des M. flexor pollicis longus kommt neben der Arthrodese des IP-Gelenks und der Sehnentransplantation die Z-förmige Verlängerung des proximalen Sehnenanteils auf Handgelenkhöhe in Betracht. Der Transfer der oberflächlichen Beugesehne des Ringfingers zum Kleinfinger oder Daumen (ggf. als zweizeitiger Sehnenersatz) ist möglich (Geldmacher u. Mitarb. 1991, Leddy 1993, Pechlaner u. Mitarb. 1998).
Komplikationen Rerupturen der Beugesehnen und Adhäsionen sind auch nach korrekter operativer Versorgung und Nachbehandlung möglich. Sowohl nach primärer Sehnennaht als auch nach zweizeitiger Beugesehnentransplantation wird dies beschrieben. Ein zu langes Sehnentransplantat kann zur verminderten Beugefähigkeit führen. Insuffizient rekonstruierte Ringbänder verhindern die Beugefunktion mit der möglichen Entstehung eines „Bogensehneneffektes“ (bogenartiges Anspannen der Sehne ohne Führung am Knochen, oft unter der Haut sichtbar). Bestehen Adhäsionen der Sehne mit Funktionsdefiziten kommt 3(– 6) Monate nach der Sehnenrekonstruktion die Tenolyse in Betracht. Hierbei wird die Sehne unter Schutz des Kanals von allen Verwachsungen gelöst. Eine intensive Nachbehandlung sowohl aktiv als auch passiv ist anschließend notwendig. Stärkere Belastungen der Sehne in der Nachbehandlung sollten dabei vermieden werden, da aufgrund der schwierigen Perfusionsverhältnisse der Sehne nach der Operation das Risiko einer Reruptur besteht.
Ergebnisse In der Literatur werden nach der primären Beugesehnenrekonstruktion bis zu 85 % und nach der zweizeitigen Beugesehnentransplantation bis zu 70% gute und sehr gute Ergebnisse beschrieben (Geldmacher u. Mitarb. 1991, Leddy 1993, Pechlaner u. Mitarb. 1998).
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
15.3.12 Verletzungen der Nerven im Bereich der Hand
ventransplantationen (Wilgis u. Mitarb. 1993). Das Ziel ist die spannungsfreie Nervenkoaptation (s. Kap. 4).
Definition
Primäre Nervenrekonstruktion. Nach Erweiterung der Verletzungswunde werden die Nervenstümpfe dargestellt. Nach schonendem Anfrischen der Enden erfolgt die Koaptation. Wir nutzen in jedem Fall das Operationsmikroskop (s. Kap. 4).
Läsionen der sensiblen oder motorischen Nerven der Hand.
Ätiopathogenese Verschiedene Unfallmechanismen können Nervenverletzungen im Bereich der Hand verursachen. Durchtrennungen mit oder ohne Längenverluste der Nerven sind dabei wesentlich vom einwirkenden Trauma abhängig. Eine individuelle Betrachtung der Verletzungen ist notwendig (Wilgis u. Mitarb. 1993).
Diagnostik Klinische Diagnostik Der klinischen Untersuchung der Hand bei Vorliegen einer Nervenverletzung kommt die wesentliche Bedeutung zu. Die Erfassung von Anamnese und klinischer Untersuchung schließt bei der Erstuntersuchung der Hand vor allem die Kontrolle der Durchblutung der Finger sowie die Funktion der Beuge- bzw. Strecksehnen und geschlossenen Hautverhältnisse ein. Bei der Sensibilitätsprüfung ist die Mitarbeit des Patienten erforderlich. Aufgrund von Kombinationsverletzungen oder medikamentöser Behandlung des Patienten bzw. mangelnder Möglichkeit des Patienten zur Mitarbeit (z. B. Schock) kann dies schwierig sein. Neben der Prüfung der Berührungssensibilität und der motorischen Funktion kann ggf. die Schweißsekretion geprüft werden (Wilgis u. Mitarb. 1993). Bildgebende Diagnostik Die Diagnostik bei Nervenverletzungen im Bereich der Hand beinhaltet zum Darstellen von begleitenden knöchernen Läsionen und eingedrungenen Fremdkörpern das Röntgenbild in 2 Ebenen. Weitere bildgebende diagnostische Maßnahmen kommen bei der Erstuntersuchung nicht zu Anwendung (Merle 1997, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993).
Therapie Während die vollständige Durchtrennung eines Nervs (Neurotmesis) in der Regel eine Operationsindikation darstellt, ist bei der nicht makroskopisch sichtbaren Nervenläsion (Neurapraxie bzw. Axonotmesis) auch die spontane Reinnervation zu bedenken. Neben der Primärversorgung (direkt nach der Verletzung) werden auch Sekundärversorgungen (nach Abheilen der Wunde, ca. 1 – 3 Wochen) durchgeführt. Die späte sekundäre Nervenrekonstruktion erfordert in der Regel Ner-
Nerventransplantation. Als Nerventransplantate zur Rekonstruktion im Bereich der Hand kommen in der Regel der N. suralis oder proximale Unterarmhautnerven (N. cutaneus antebrachii medialis/lateralis) in Betracht (s. Kap. 4). Nachbehandlung Eine Ruhigstellung ist in der Regel postoperativ notwendig.
Ergebnisse Für das Ergebnis ist neben der Verletzungshöhe und der Operationstechnik entscheidend, welcher Nerv verletzt wurde.
15.3.13 Verletzungen mit Weichteildefekt im Bereich der Hand Definition Läsionen der Haut mit ggf. Verletzungen von tieferen Strukturen der Hand.
Ätiopathogenese Verschiedene Unfallmechanismen können Weichteildefekte im Bereich der Hand verursachen. Die Größe des Defektes (Ausdehnung und Tiefe) hängt dabei wesentlich vom einwirkenden Trauma ab. Eine individuelle Betrachtung der Verletzungen ist notwendig. Thermische und chemische Hautverletzungen können in ihrer Tiefe und Ausdehnung primär schwierig zu beurteilen sein. Sägen-, Walzen- und Quetschverletzungen können zu erheblichen Defekten in allen anatomischen Bereich der Hand führen.
Diagnostik Klinische Diagnostik Der klinischen Untersuchung der Hand bei Vorliegen eines Weichteildefektes kommt die wesentliche Bedeutung zu. Es muss neben dem eigentlichen Defekt beurteilt werden, welche Strukturen frei liegen und ggf. verletzt sind. Die Erfassung der Durchblutung, der Funktion der Beuge- und Strecksehnen sowie der Sensibilität sind notwen-
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15.3 Verletzungen im Bereich der Hand
dig. Fehlstellungen und Instabilitäten von Knochen und Gelenken sind zu beurteilen. Auch die Beurteilung des Verschmutzungsgrades einer Wunde ist wesentlich. Häufig können erst intraoperativ die Befunde vollständig erhoben und das therapeutische Prozedere festgelegt werden. 쐌 Bildgebende Diagnostik Zur Diagnostik von Weichteilverletzungen im Bereich der sind zum Darstellen von knöchernen Läsionen und eingedrungenen Fremdkörpern Röntgenbilder in 2 Ebenen erforderlich (Buck-Gramcko u. Mitarb. 1983, Schmitt u. Mitarb. 1996, Stern 1993).
Therapie Primär erfolgt die chirurgische Wundreinigung mit Entfernung von Fremdkörpern. Dies geschieht inklusive der Wundspülung. Prinzipiell wird versucht alle offenen Wunden bei akuten Handverletzungen wenn möglich zu verschließen. Infektionen, starke Verschmutzungen etc. können Second-look-Operationen notwendig machen. Der endgültige Wundverschluss kann im Anschluss daran durchgeführt werden. Sekundäre Wundheilungen sind im Bereich der Hand zu vermeiden, da das Risiko der Entstehung von Funktionsbeeinträchtigungen besteht (BuckGramcko u. Mitarb. 1983). Prinzipiell kommen im Bereich der Hand folgende Therapiemaßnahmen zu Anwendung (Buck-Gramcko u. Mitarb. 1983): 쐌 Freie Hauttransplantate: Eine gut durchblutete Empfängerregion mit einem sauberen Wundgrund kann durch Vollhaut- oder Spalthauttransplantate gedeckt werden. Diese freien Hauttransplantate sind nicht über eröffneten Gelenken, freiliegenden Knochen oder Sehnen, deren Gleitgewebe zerstört ist, indiziert. Die Problematik einer späteren Funktionsbehinderung von funktionellen Strukturen ist zu bedenken. 쐌 Lokale Hautlappen: Dehnungslappen, Rotationslappen, Transpositionslappen. 쐌 Gestielte Hautlappen: Lappen mit einem zufälligen Gefäßversorgungsmuster (random pattern flaps) und Lappen mit einem längs verlaufenden Gefäßsystem (axial pattern flaps). 쐌 Freie Hautlappen: Ein mikrovaskulärer Gefäßanschluss ist venös und arteriell notwendig.
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쐌 Die jeweilige Durchführung und Indikation ist individuell zu planen. Eine auch nur annähernd vollständige Übersicht über die möglichen Defektverschlusstechniken im Bereich der Hand ist im Rahmen dieses Kapitels nicht möglich. Kurze Übersicht über ausgewählte Lappen (Wilhelm u. Mitarb. 1997): 쐌 Rotations- oder Verschiebelappen: Sie lassen den Verschluss bei Hautdefekten über freiliegenden Knochen, Gelenken oder Sehnen zu. Auch Defekte im Bereich der Gefäß-Nerven-Bündel können gedeckt werden. Neben dem Defekt wird dabei der geplante Lappen eingezeichnet. Ist ein Random-Pattern-Flap geplant, sollte
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die Länge des Lappens nicht mehr als die 2 – 3fache Breite der Basis betragen, um die Durchblutung zu gewährleisten. Nach dem Heben und Transponieren des Lappen kann der Hebedefekt mit einem freien Hauttransplantat verschlossen werden. Cross-Finger-Lappen: Beugeseitige Defekten im Bereich der Finger können durch die Haut des Nachbarfingers gedeckt werden. Die dorsale Haut des Nachbarfingers wird unter Schonung des paratendinösen Gleitgewebes mit einem lateralen Stiel gehoben. Diese dorsale Haut wird auf dem palmaren Defekt eingenäht und somit die Finger miteinander verbunden. Die Spenderregion kann mit einem freien Hauttransplantat verschlossen werden. Nach 14 Tagen wird der Lappenstiel durchtrennt und der Lappen vollständig eingenäht. Als Reverse-Cross-Finger-Flap (desepidermialisierte Variante) können auch dorsale Defekte des Nachbarfingers gedeckt werden. Distal gestielter A.-metacarpalis-dorsalis-Lappen (DMCA-Flap): Dorsale Defekte im Bereich der Fingergrundphalangen (bis zum PIP-Gelenk), palmare Defekte im Grundphalanxbereich und Interdigitalfaltendefekte können mit diesem Lappen verschlossen werden (Abb. 15.71 a – c). Die im Intermetakarpalraum verlaufenden dorsalen Metakarpalarterien stellen die Lappenperfusion sicher. Es erfolgt die Hebung eines am proximalen Handrücken gelegenen Hautlappens mit dem Gefäß bis zu dessen Anastomose zum palmaren arteriellen System. Gefäßgestielter Unterarmlappen: Zum Beispiel ein A.radialis- oder A.-interossea-posterior-Lappen. Bei diesen axial durchbluteten Lappen wird Haut mit allen Schichten vom proximalen Unterarm und der Unterarmfaszie sowie dem axialen Gefäß und seinen Begleitvenen gehoben. Zirka auf Höhe des Handgelenks kann der Gefäßstiel rotiert werden, nachdem die Gefäße proximal des Lappens abgesetzt wurden. Der Hebedefekt kann primär oder bei größerer Breite des gehobenen Lappens mit einem freien Hauttransplantat verschlossen werden. Leistenlappen: Aufgrund der axialen Durchblutung des Lappens durch die A. circumflexa iliaca superficialis können große, gut perfundierte Hautlappen gehoben werden. Ein primärer Verschluss der Heberegion ist die Regel. Freie mikrovaskuläre Lappenplastiken: Die Hebung von Hautlappen (z. B. Paraskapularlappen, lateraler Oberarmlappen, A.-dorsalis-pedis-Lappen), Faszienlappen (z. B. Paraskapularfaszienlappen) und Muskellappen (z. B. M.-serratus-anterior-Lappen) etc. als freie Transplantate mit mikrovaskulärem Gefäßanschluss können zur Defektrekonstruktion auch im Bereich der Hand notwendig sein.
Komplikationen Die möglichen Probleme und Ergebnisse nach Verschluss von Weichteildefekten sind individuell zu betrachten.
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
b
a Abb. 15.71 a – c Weichteildefekt über dem ulnaren PIP-Gelenk des Digiti III nach Kreissägenverletzung. a Präoperatives klinisches Bild mit freiliegendem Gelenk. b Intraoperatives Bild: Hebung des DMCA-Lappens. c Zustand nach Defektverschluss über dem ulnaren PIP-Gelenk des Digiti III.
c
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15 Verletzungen und Verletzungsfolgen
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Arthrosen A.-K. Martini 16.1 Ellenbogengelenkarthrose 16.2 Arthrose des distalen Radioulnargelenks (DRUG) 16.3 Arthrose des Radiokarpalgelenks 16.4 Arthrose des Skaphotrapezialgelenks 16.5 Arthrose des Karpometakarpalgelenks I 16.6 Arthrose der Karpometakarpalgelenke II und III 16.7 Bouchard-Arthrose 16.8 Heberden-Arthrose
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16 Arthrosen
16.1 Ellenbogengelenkarthrose Die Arthrose des Ellenbogengelenks tritt oft bei Männern mittleren Alters auf und betrifft überwiegend die dominante Seite. Nicht selten sind weitere begleitende Arthrosen an anderen Gelenken vorhanden (Doherty u. Preston 1989).
Ätiologie Grundsätzlich ist die Ursache für das lokalisierte Versagen des Knorpels das Missverhältnis zwischen der Beanspruchung des Gelenks und der Qualität des Knorpels. Ellenbogenverletzungen im Kindesalter, z. B. Distorsionen, Luxationen und Frakturen, die möglicherweise in Fehlstellung verheilt sind, führen später zur Arthrose. Eine länger bestehende Ulnarpseudarthrose hat eine Ellenbogengelenkarthrose zur Folge (Weil 1959, Fernandez 1986). Bei keinem der Patienten von Doherty u. Preston (1989) konnte ein Trauma in der Anamnese gefunden werden. Gelenkveränderungen wie Osteochondrosis dissecans und Gelenkchondromatosen sind als präarthrotische Deformitäten zu betrachten (Smillie 1960, Roberts u. Hughes 1960). Ebenso sind schwere Formveränderungen für die Entstehung einer Arthrose bedeutungsvoll (Campell 1968, Schinz u. Mitarb. 1979). Übermäßige Beanspruchung des Gelenks im Beruf, insbesondere Arbeiten mit dem Presslufthammer sind zu erwähnen. Die starken Erschütterungen werden zum Radiuskopf übertragen und vom Capitulum humeri abgefangen (Laarmann 1958, Boitzy 1973, Fam u. Kolin 1986). Extreme sportliche Belastungen, z. B. beim Speerwerfen sowie beim Baseball- und Handballspiel verursachen kleinere Abrissfrakturen, vor allem am Processus coronoideus und an der Olekranonspitze, die sich später als Arthrose manifestieren (Ellman 1961). Bei der Hämophilie wird das Ellenbogengelenk nach dem Sprunggelenk am zweitstärksten beschädigt. Je früher und häufiger die Gelenkblutung auftritt, desto schwerer ist auch bei Jugendlichen die Arthrose (Erlemann u. Mitarb. 1990, Erlemann u. Wortler 1999).
Pathogenese An erster Stelle ist der humeroradiale Anteil betroffen (100%), danach folgen das Humeroulnargelenk (96 %) und das proximale Radioulnargelenk (85 %) (Doherty u. Preston 1989). Im Anfangsstadium sind Knorpelschäden am posteromedialen Rand des Radiuskopfes, später in der gesamten Zirkumferenz und an der konkaven Gelenkfläche zu finden. Ähnliche Veränderungen treten auch am Capitulum humeri auf und im Endergebnis berühren sich subchondrale Knochen (Tsunge u. Mizuseki 1994). Im Humeroulnargelenk treten erst im Spätstadium in der Bewegungsrichtung Abschlifflinien und Rillen auf. Dieses Veränderungsmuster hängt in erster Linie mit der
Biomechanik des Ellenbogengelenks zusammen (Tillmann u. Mitarb. 1988, Gschwend 1986). Osteophyten finden sich insbesondere im Bereich der Olekranonspitze, des Processus coronoideus und des distalen Randes des Radiuskopfes. Häufig sind freie Gelenkkörper sowohl beugeseitig als auch in der Fossa olecrani zu beobachten. Durch Osteophytenbildung oder Gelenkerguss und Kapselverdickung kommt es in etwa 42 % der Fälle im Sulcus nervi ulnaris zur Kompression des N. ulnaris (Oka u. Mitarb. 1998).
Epidemiologie Die Arthrose des Ellenbogengelenks rangiert in der Häufigkeitsliste direkt nach der Arthrose des Kniegelenks und noch vor der Arthrose des Hüftgelenks. Viele Fälle bleiben jedoch unberücksichtigt, da sie kaum Beschwerden verursachen (Demmer u. Rettig 1982). Im Patientengut von Gschwend (1986) rangiert die Arthrose des Ellenbogengelenks an 4. Stelle nach der Rhizarthrose sowie den Arthrosen der Fingergelenke und der Schulter.
Diagnostik Klinische Diagnostik Die Patienten klagen über Bewegungs- und Belastungsschmerzen sowie zunehmende Bewegungseinschränkungen und Einklemmungen. Nicht selten stehen die neurologischen Symptome im Vordergrund und geben Anlass zum Arztbesuch. Parästhesien im Versorgungsgebiet des N. ulnaris treten zuerst auf, später kommt es zur Störung der Feinmotorik und Streckhemmung der Mittelgelenke des Ring- und Kleinfingers. Klinisch zeigt sich eine Beugekontraktur. Pronationsund Supinationseinschränkungen werden weniger störend empfunden, sind jedoch endgradig vorhanden. Ergussbildung und/oder Kapselverdickung sind am stärksten dorsoradialseitig tastbar, Reiben und Knirschen beim Bewegen hör- und tastbar. Bildgebende Diagnostik Die Röntgenstandardaufnahmen in 2 Ebenen zeigen die typischen arthrotischen Zeichen: Gelenkspaltverschmälerung, subchondrale Sklerosierung und Osteophytenbildung, vor allem im Bereich der Olekranonspitze, des Prozessus coronoideus und des Radiuskopfes. Außerdem können freie Gelenkkörper beobachtet werden (Abb. 16.1). Die Standardaufnahmen geben Auskunft über mögliche Ursache der Arthrose wie Achsfehlstellung nach Fraktur, Osteochondrose oder Abrissbrüche bzw. Bandverkalkungen als Folgeerscheinungen alter Luxationen oder Distorsionen. Die MRT kann die Frühveränderungen wie Synovialishypertrophie und fokale Knorpeldestruktionen sicher nachweisen. Sie ist auch hilfreich bei der Lokalisation von freien Gelenkkörpern.
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16.1 Ellenbogengelenkarthrose
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Abb. 16.1 a u. b Das typische Röntgenbild (a.-p. und seitlich) einer Ellenbogenarthrose.
a
b
Differenzialdiagnose Schmerz, Schwellung und Bewegungseinschränkung können durch die Synovialitis auch bei der Polyarthritis auftreten. Die radiologischen Zeichen der Arthrose manifestieren sich jedoch häufig erst im Spätstadium der Polyarthritis, die spezifischen Zeichen sind die generalisierte Erkrankung, Serologie, Anamnese und vermehrte Destruktion des Gelenks. Eine Gelenkreizung bei Osteochondrosis dissecans weist mit Blockierung, Ergussbildung und Bewegungseinschränkung ähnliche Symptome auf, jedoch fehlen am Anfang die Arthrosezeichen im Röntgenbild.
Therapie Die Therapiewahl ist vom Krankheitsstadium und der Ausdehnung der pathologischen Veränderungen abhängig. Konservative Behandlung Im Anfangsstadium ist eine konservative Therapie angezeigt und dient der Schmerzlinderung sowie der Erhaltung oder Verbesserung der Beweglichkeit. Sie beinhaltet neben der Krankengymnastik lokale und symptomatische antiphlogistische Maßnahmen sowie balneologische und physikalische Anwendungen. Operative Therapie
Resektion des Radiuskopfes. Da die meisten und frühesten Arthrosezeichen im radialen Anteil des Ellenbogens vorkommen, gehört die Radiuskopfresektion allein oder in Kombination mit weiteren Eingriffen zu den häufigsten Maßnahmen. Nach der Operation wird vor allem die Umwendbewegung des Unterarmes verbessert. Der Eingriff ist einfach und bedarf keiner besonderen Nachbehandlung. Die Langzeitbeobachtungen haben jedoch gezeigt, dass es bei Jugendlichen zur Regeneratbildung mit erneu-
ten Beschwerden kommt und bei Erwachsenen eine Proximalverschiebung des Radius entsteht, die mit Handgelenksbeschwerden verbunden ist (Kaps 1985) (Abb. 16.2 a – c). Deshalb stellt sich hier die Frage des alloplastischen Ersatzes. Auf dem Markt sind Implantate aus Silikon (Swanson 1973), Metall-Keramik (Judet u. Mitarb. 1996) oder Polyacetylharz (Wick u. Mitarb. 1998) vorhanden. Die Silikonprothese existiert seit 1969 und wird insbesondere bei Rheumatikern eingesetzt. Sowohl unsere Langzeitergebnisse der Silikonprothese als auch die in der Literatur sind gut. Nur wenige Komplikationen im Sinne der Abriebsynovialitis sind bekannt. Von den anderen Prothesen liegen nur vereinzelte Berichte vor (Popovic u. Mitarb. 2000, Harrington u. Mitarb. 2001, Pomianowski u. Mitarb. 2001).
Gelenkdébridement (Arthrolyse oder Gelenktoilette). Sie beinhaltet das Abtragen der Osteophyten und Randausziehungen, Entfernung von freien Gelenkkörpern, die Glättung der Knorpeloberflächen und die partielle Synovialektomie mit oder ohne Resektion des Radiuskopfes. Der Eingriff ist bei ausgedehnter Arthose im fortgeschrittenen Stadium angezeigt. Nach Abtragung der Osteophyten eventuell mit der Olekranonspitze und der beugeseitigen Kapsulotomie ist eine deutliche Besserung der Beweglichkeit zu erwarten und der Denervationseffekt hilft der Schmerzlinderung. Wir führen den Eingriff offen durch und gehen vom radialen und ulnaren Zugang aus. Nach Teilablösung der Gelenkkapsel und des Muskelansatzes gelingt die volle Übersicht sowohl ventral als auch dorsal (s. Kap. 4.1.5). In letzter Zeit wird die Operation jedoch zunehmend arthroskopisch durchgeführt (O`Driscoll 1995, Jerosch u. Mitarb. 1997). Der Vorteil bei der Arthroskopie ist die begrenzte Traumatisierung. Eine lange Operationsdauer und
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16 Arthrosen
Abb. 16.2 a – c Zustand nach Resektion des Radiuskopfes mit Regenerat (a) und mit Proximalverschiebung des Radius (b) und Impingement zwischen Ellenkopf und Lunatum (c).
b
a
Die Ergebnisse werden in der Literatur als gut bezeichnet. Deutliche Schmerzreduzierung bei 95 % der Fälle und Besserung der Beweglichkeit um etwa 30° werden erreicht (Tsuge u. Mizuseki 1994, Morrey 1992). Es besteht allerdings die Gefahr der Neubildung von Osteophyten mit erneuten Beschwerden nach durchschnittlich 6 – 8 Jahren (Oka u. Mitarb. 1998). Der Eingriff kann wiederholt werden und gilt als temporäre Lösung bei den meist relativ jungen Patienten.
Resektionsarthroplastik. Sie ist mehr bei Rheumatikern indiziert, die weniger Ansprüche an das Gelenk stellen. Das Hauptproblem ist die Instabilität. In einer Patientengruppe von 13 Fällen konnte eine Besserung sowohl bei den Rheumatikern als auch bei den Arthrotikern gleichermaßen von 67% erreicht werden (Cheng u. Morrey, 2000). Die Komplikationsrate war jedoch bei der Arthrose höher.
c
das hohe Risiko der Nervenverletzung, insbesondere des N. ulnaris sind nachteilig. Nach der Operation ist eine gute Wunddrainage unerlässlich. Wir fertigen 2 Gipsschienen an: eine in extremer Beuge-, die andere in extremer Streckstellung. Die Lagerung wird aller 6 Stunden gewechselt. Nach Entfernung der Drainagen beginnen wir mit intensiver Krankengymnastik (2-mal täglich) und nach einer Woche werden automatische Bewegungsschienen eingesetzt.
Alloarthroplastik. Diese ist nach Fehlschlagen der übrigen Behandlungsmaßnahmen als Ultima Ratio zu betrachten. Hier überwiegt die Polyarthritis der Arthrose als Indikation bei weitem (Gschwend 1986). Die Ellenbogenendoprothetik gehört zu den schwierigen und komplikationsreichen Eingriffen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass einerseits die funktionelle Beeinträchtigung bei der Ellenbogenarthrose gering ist und anderseits eine deutliche Besserung durch einfache Behandlungsmethoden erreichbar ist. Grundsätzlich stehen 2 Prothesentypen zur Verfügung: Oberflächenersatz und halb- bzw. vollgekoppelte Modelle (Abb. 16.3 a – c). Gschwend u. Mitarb. (1999) berichten über 59 Patienten mit Ellenbogenprothesen (nur 8 wegen Arthrose). Bei
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Literatur
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Abb. 16.3 a – c Verschiedene Modelle der Ellenbogenendoprothesen. a Gekoppelte GSB-Prothese. b Mayo-Prothese. c Ungekoppelte KUDO-Prothese.
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2 Patienten wurde die Prothese nach 10-jährigem Verlauf entfernt. In der Mayo-Klinik wurde die halbgekoppelte Endoprothese bei 41 Patienten mit posttraumatischer Arthrose eingesetzt. Bei einem Beobachtungszeitraum von durchschnittlich 5 Jahren und 8 Monaten waren 95 % der Patienten mit dem Ergebnis zufrieden. Komplikationen traten bei 27 % auf (Schneeberger u. Mitarb. 1997). Kozak u. Mitarb. berichten 1998 über 5 Patienten mit Ellenbogenendoprothesen. Die Ergebnisse waren enttäuschend, bei 4 Patienten traten schwere Komplikationen auf. Die häufigste Komplikation ist durch die Prothesenzusammensetzung bedingt. Es kommt zu Subluxation und Bruch der Gelenkverbindung. Weitere Komplikationen sind Infektion, Irritation des N. ulnaris, prothesennaher Bruch und Prothesenlockerung.
Arthrodese. Kaum als primäre Behandlungsmethode angezeigt, da die Operationstechnik kompliziert und das funktionelle und ästhetische Ergebnis unbefriedigend ist. Dekompression des N. ulnaris. Das Sulcus-ulnaris-Syndrom kommt bei der Ellenbogenarthrose oft vor. Die Neurolyse wird entweder allein oder als Begleitmaßnahme zum Débridement oder zur Alloarthroplastik durchgeführt. Einige Autoren belassen den Nerv nach der Neurolyse im Sulkus, tragen die Osteophyten ab und/oder vertiefen das Nervenlager (Tsujinou u. Mitarb. 1997, Kurosawa u. Mitarb.1995). Wir bevorzugen wie Mumenthaler u. Schliack (1993) wegen der Rezidivgefahr die Verlagerung des Nervs in die Ellenbeuge (s. Kap. 9).
Literatur Boitzy, A. (1973): Ellenbogensteifen und Rekonstruktionen. Z Unfallmed Berufskr 66: 14 Campbell, C.J. (1968): Melorheostosis. J Bone Joint Surg 50-A: 1281 Cheng, S. L., B.F. Morrey (2000): Treatment of the mobile, painful arthritic elbow by distraction interposition arthroplasty. J Bone Joint Surg 82-B: 233 – 238 Demmer, P.J., H. Rettig (1982): Degenerative Erkrankungen und Osteonekrosen. In: Witt, A.N., H. Rettig, K.F. Schlegel: Orthopädie in Praxis und Klinik. Bd. VI, Teil 2. Thieme, Stuttgart: 6.1 – 6.30 Doherty, M., B. Preston (1989): Primary osteoarthritis of the elbow. Ann Rheum Dis 48 (9): 743 – 747 Ellman, H. (1961): Unusual affections of the radial head. J Bone Joint Surg 49-A: 203 Erlemann, R., H. Pollman, J. Adolph, P.E. Peters (1990): Die hämophile Osteoarthropathie unter besonderer Berücksichtigung des Ellenbogengelenkes. Radiologe 30: 116 – 123 Erlemann, R., K. Wortler (1999): Bildgebende Diagnostik der hämophilen Osteoarthropathie. Orthopäde 28: 329 – 340 Fam, A.G., A. Kolin (1986): Unusual metacarpophalangeal osteoarthritis in a jackhammer operator. Arthritis Rheum 29: 1284 – 1288 Fernandez, G.N. (1986): Pseudoarthrosis of the ulna and osteoarthritis of the elbow. A case report. J Bone Joint Surg 68-B: 574 – 576 Gschwend, N. (1986): Degenerative Erkrankungen der oberen Extremität. Z Orthop 124: 408 – 417 Gschwend, N., N.H. Scheier, A.R. Bachler (1999): Long-term of the GSB III elbow arthroplasty. J Bone Joint Surg 81-B: 1005 – 1012 Hahn, M.P., P.A.W. Ostermann, D. Richter, G. Muhr (1996): Ellenbogengelenkarthrodesen und ihre Alternativen. Orthopäde 25: 112 – 120 Harrington, I.J., A. Sekyi-Otu, T.W. Barrington, D.C. Evans, V. Tuli (2001): The functional outcome with metallic radial head implants in the treatment of unstable elbow fractures: a longterm review. J Trauma 50: 46 – 52 Jerosch, J., M. Schröder, Th. Schneider (1997): Langfristige Erfahrungen mit der Ellenbogenarthroskopie. Z Orthop 135: 458 – 462
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16 Arthrosen
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Popovic, N., P. Gillet, A. Rodriguez, R. Lemaire (2000): Fracture of the radial head with associated elbow dislocation: results of treatment using a floating radial head prosthesis. J Orthop Trauma 14: 171 – 177 Roberts, N., R. Hughes (1960): Osteochondritis dissecans of the elbow joint. J Bone Joint Surg 32-B: 348 Schinz, H.R., W.E. Baensch, E. Friedl, E. Uehlinger (1979): Lehrbuch der Röntgendiagnostik. Bd. II, 6. Aufl. Thieme, Stuttgart Schneeberger, A.G., R. Adams, B.F. Morrey (1997): Semiconstrained total elbow replacement for the treatment of posttraumatic osteoarthrosis. J Bone Joint Surg 79-A: 1211 – 1222 Smillie, J.S. (1960): Osteochondritis dissecans. Livingstone, Edinburgh Swanson, A.B. (1973): Flexible implant resection arthroplasty in the hand and extremities. Mosby, St. Louis Tillmann, B., B. Bartz, A. Schleicher (1988): Biomechanische Untersuchungen am menschlichen Ellenbogengelenk. Unfallchirurg 91: 57 – 63 Tsuge, K., T. Mizuseki (1994): Debridement arthroplasty for advanced primary osteoarthritis of the elbow. Results of a new technique used for 29 elbows. J Bone Joint Surg 76-B: 641 – 646 Tsujino, A., Y. Itah, K. Hayashi, M. Uzawa (1997): Cubital tunnel reconstruction for ulnar neuropathy in osteoarthritic elbows. J Bone Joint Surg 79-B: 390 – 393 Weil, S. (1959): Die Osteochondrosis dissecans und die degenerativen Erkrankungen des Ellenbogengelenkes. In: Hohmann, G., M. Hackenbroch, K. Lindemann: Handbuch der Orthopädie. Bd. III. Thieme, Stuttgart: 360 Wick, M., A. Lies, E.J. Müller, M.P. Hahn, G. Muhr (1998): Speichenköpfchenprothesen, welche Ergebnisse sind zu erwarten? Unfallchirurg 101: 817 – 821
16.2 Arthrose des distalen Radioulnargelenks (DRUG) Die Umwendbewegung des Unterarmes ist für jegliche Tätigkeit enorm wichtig, dabei dreht sich der Radius um die Elle im distalen Radioulnargelenk. Jede Störung dieses Mechanismus verursacht Beschwerden und Funktionseinschränkungen.
Ätiologie Die Hauptursache ist die Inkongruenz der Gelenkflächen. Diese Inkongruenz kann angeboren sein, d. h. es treten Formvarianten des Caput ulnae oder eine Längendifferenz der Unterarmknochen (Förstner 1987) auf. Inkongruenz kann auch durch die konstitutionelle Laxizität der knorpelig-ligamentären Zügelung des Ulnakopfes im Sinne einer federnden Elle entstehen (Schmidt u. Mitarb. 1998) oder durch Formvarianten des DRUG wie bei der Madelung-Deformität oder bei kartilaginären Exostosen. Im Vordergrund stehen die posttraumatischen Veränderungen. Jede Unterarmfraktur, die mit einer Achsenoder Rotationsfehlstellung verheilt, wird die Ausgewogenheit dieses Gelenks stören. Ein intraartikulärer Frakturverlauf mit Stufenbildung in der Incisura ulnaris oder mit massiven Knorpelschäden führt zwangsläufig zur Arthro-
se. Die traumatisch bedingte Instabilität des DRUG kommt häufiger als die angeborene vor und kann ossär oder ligamentär bedingt sein (Bowers 1991). Eine chronische Entzündung zerstört im Laufe der Zeit sowohl den Gelenkknorpel als auch die Ligamente und führt ebenso zur Arthrose.
Pathogenese Die Stabilität des DRUG wird einerseits durch den Formschluss der knöchernen Anteile gewährleistet, andererseits durch zahlreiche knorpelig-ligamentäre Elemente: horizontale Anteile des TFCC („triangulärer fibrokartilaginärer Komplex“ = ulnokarpaler Komplex) mit den palmaren und dorsalen radioulnaren Bändern, der Gelenkkapsel, des Retinaculum extensorum, der Membrana interossa und des M. pronator quadratus (Nagy 1998). Bandrisse oder Abriss des Processus styloideus ulnae führen zur Instabilität und Subluxation des Ellenkopfes gegenüber der Radiusbasis. Nach Kihara u. Mitarb. (1995) reicht die Kontinuitätsunterbrechung des ulnokarpalen Bandkomplexes nicht aus, um das DRUG vollständig zu destabilisieren. Es müssen Verletzungen der Membrana interosea, des Reti-
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16.2 Arthrose des distalen Radioulnargelenks (DRUG)
Die CT gibt zuverlässige und anschauliche Auskunft über die Gelenkstellung und die MRT ist für die Beurteilung des Knorpelzustandes und des ulnokarpalen Komplexes hilfreich.
naculum extensorum und des M. pronator quadratus vorliegen. Die Translationsbewegung wird auch bei der Instabilität gestört, so dass das ulnokarpale Gelenkkompartiment auf Dauer geschädigt wird. Bei fehlverheilten distalen Radiusfrakturen ist auch die Incisura ulnaris verkippt oder verschoben mit Inkongruenz der Gelenkflächen.
Therapie Im Sinne der Prophylaxe sind die Frakturen der Unterarmknochen exakt zu reponieren oder frühzeitig zu korrigieren. Ebenso soll die Stabilität des DRUG wiederhergestellt werden.
Epidemiologie Weder die Prävalenz der traumatisch bedingten akuten, noch diejenige der bleibenden, geschweige denn der konstitutionellen Instabilität des DRUG ist bekannt. Bei der distalen Radiusfraktur kommt es zum Abriss des Processus styloideus ulnae in 50 – 70% der Fälle (Villar u. Mitarb. 1987), davon entwickeln 26 – 68 % eine Pseudoarthrose (Knirk u. Jupiter 1986). Der Anteil, der mit einer Instabilität des DRUG assoziierten Pseudarthrosen ist unbekannt (Hauk u. Mitarb. 1996).
Konservative Therapie Die konservative Therapie besteht in einer äußeren Stabilisierung mittels Handgelenkmanschette, lokaler und systemischer Verabreichung von Antiphlogistika sowie physikalischen Anwendungen. Diese Maßnahmen haben nur einen begrenzten Therapieerfolg und vor allem verbessern sie die Beweglichkeit nicht.
Diagnostik
Operative Therapie
Klinische Diagnostik
Bei der Arthrose des distalen Radioulnargelenks stehen wie bei den Arthrosen an anderen Gelenken 3 operative Prinzipien zur Verfügung: Arthrodese, Resektions- oder Alloarthroplastik.
Die Patienten klagen über Bewegungs- und Belastungsschmerzen im ulnaren Anteil des Handgelenks. Bei der Inspektion fällt eine Verbreiterung des Handgelenks mit einer ulnarseitigen Schwellung auf. Der Ellenkopf kann prominent sein. Bei der Palpation zeigen sich ein lokaler Druckschmerz (eventuell mit Klaviertastenphänomen) und ein Verschiebe- und Kompressionsschmerz des Ellenkopfes gegenüber dem distalen Radiusende verbunden mit Knirschen oder Schnappen. Die Unterarmdrehbewegung ist schmerzhaft eingeschränkt.
Arthrodese des DRUG mit Segmentresektion (OP nach Kapandji-Sauvé). Die alleinige Arthrodese des DRUG hebt die Unterarmumwendbewegung auf. Durch die Resektion eines Segmentes aus der Ellenmetaphyse wird das Zentrum der Drehbewegung nach proximal verlagert (Abb. 16.4 a). Durch die Erhaltung des Ellenkopfes und der ulnokarpalen Bandverbindung wird die Abstützung des Karpus weiter gewährleistet. Gleichzeitig kann ein Ellenvorschub oder eine Luxationsfehlstellung beseitigt werden. Die Arthrodese wird mit 1 oder 2 Zugschrauben durchgeführt. Das zu resezierende Segment ist etwa 2 cm lang, der M. pronator quadratus wird als Interponat in den Defekt ein-
Bildgebende Diagnostik Im Röntgenbild kann man die Stellung des Ellenkopfes feststellen. Im fortgeschrittenen Stadium sind alle Zeichen der Arthrose vorhanden: Gelenkspaltverschmälerung, subchondrale Sklerosierung und Randausziehungen, insbesondere im proximalen Anteil der Gelenkflächen.
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551
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Abb. 16.4 a – c Operationsskizzen der Arthrodese des distalen Radioulnargelenks: Operation nach Sauvè-Kapandji (a), nach Darrach (b), nach Bowers (c).
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16 Arthrosen
gelegt und als Stabilisator am Ulnastumpf fixiert. Die Ergebnisse sind im Hinblick auf die Schmerzlinderung und die Verbesserung der Unterarmdrehung ausgezeichnet (Preisser u. Mitarb. 1991, Nakamura u. Mitarb. 1992, Taleisnik 1992, Pechlaner u. Sailer 1993, Welk u. Martini 1998, Borish u. Haussmann 1998). Die grobe Kraft nimmt im Vergleich zu vorher zu (Mikkelsen u. Mitarb. 1997), bleibt aber schwächer als die gesunde Seite. Als Komplikationen sind bekannt: 쐌 Kallusüberbrückung (tritt selten auf): Die Resektion des Periostes und das Muskelinterponat sind wichtige prophylaktische Maßnahmen. 쐌 Das Problem des instabilen proximalen Ellenstumpfes haben wir nicht beobachtet, wird aber von anderen Autoren beschrieben (Millory u. Mitarb. 1992, Gordon u. Mitarb. 1991, Sanders u. Mitarb. 1991).
Wir haben diese Operationsmethode zugunsten der Kapandji-Operation verlassen.
Ersatz des Ellenkopfes. Die Alloarthroplastik des DRUG unter Verwendung einer Ulnakopfprothese kommt als Sekundäreingriff in Betracht, wenn infolge einer Resektionsoperation eine schmerzhafte Instabilität der Ulna zurückgeblieben ist. Swanson entwickelte 1973 einen Silikonplatzhalter. Dieser hat sich nicht bewährt, es kam eher zur Luxation des Platzhalters als zur Stabilisierung der Ulna und des Karpus. Eine neue Prothese mit Titanschaft und einem Keramikkopf soll mehr Halt und weniger Abrieb geben (van Schoonhoven u. Mitarb 1998). Zur Stabilisierung der Prothese wird ein Weichteillappen aus Narbe, Gelenkkapsel und Retinaculum extensorum gebildet. Die Erfahrungen mit der Prothese sind noch begrenzt. Literatur
Um diese Komplikationen zu verhindern, sind mehrere technische Details wichtig: Die Segmentresektion soll möglichst distal erfolgen und nicht zu lang sein. Die Membrana interossea darf nicht beschädigt werden und der M. pronator quadratus soll am Knochenende fixiert werden. Außerdem wird die Gleitschicht der ECU-Sehne als Dach auf die Resektionsstelle fixiert (Kapandji 1998, Salter jr. u. Szabo 1998).
Resektion des Ellenkopfes (Darrach-Operation). Diese Operation war früher die gängige Maßnahme bei Problemen um den Ellenkopf wie Luxation, Arthrose oder Fehlform (Abb. 16.4 b). Nachteilig sind der Kraftverlust, die Instabilität des proximalen Ellenstumpfes und die Instabilität des Karpus (Ekenstam u. Mitarb. 1982, Field u. Mitarb. 1993). Die Hauptindikation dieses Eingriffes bleibt die Destruktion des Ellenkopfes bei der rheumatischen Arthritis bei Caput-ulnae-Syndrom (Schiltenwolf u. Mitarb. 1992). Hemiresektionsarthroseplastik nach Bowers. Es erfolgt die Resektion des Ellenkopfes mit Erhaltung des Processus styloideus ulnae samt des ulnokarpalen Komplexes (Abb. 16.4 c). Ein Kapsellappen wird zur Deckung der Osteotomiefläche und als Interponat verwendet. Es kann dabei häufig zum Kontakt beider distaler Enden der Unterarmknochen kommen und die Drehbewegung bleibt dadurch schmerzhaft eingeschränkt. Watson u. Mitarb. (1986) erweiterten die Resektion in die Länge (5 – 6 cm) und in die Breite konkavförmig, der Radiuskante entsprechend. Watson u. Gabuzada (1992) berichten über gute Ergebnisse nicht nur bei Rheumatikern, sondern auch bei posttraumatischen Fällen. Ebenso berichten Krimmer u. Mitarb. (1998) über eine Erfolgsquote von 75 %. Hinsichtlich der Kraft scheinen die Ergebnisse besser als die nach der Ellenkopfresektion, die aber bei der Schmerzlinderung überlegen ist (Minami u. Mitarb. 1987). Experimentell ist der Verlust der Kraftübertragung durch die Ulna bei beiden Methoden gleich (Trumble u. Mitarb. 1986).
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16.3 Arthrose des Radiokarpalgelenks
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16.3 Arthrose des Radiokarpalgelenks Das Radiokarpalgelenk bildet das Zentrum und den Hauptanteil des Handgelenks. Pathologische Veränderungen in diesem Bereich beeinflussen die anderen Anteile des Handgelenks sehr stark und beeinträchtigen deutlich die gesamte Handfunktion.
Trauma
Pathogenese Intraartikuläre Frakturen mit Stufenbildung oder Knorpelschaden führen zwangsläufig zur Arthrose. Die proximale Reihe der Ossa carpi bilden eine funktionelle Einheit, die durch interossäre Ligamente unter sich und mit den Un-
Arthritis
Karpusinstabilität Inkongruenz
Ätiologie Die Handgelenkarthrose ist überwiegend posttraumatischer Natur. Die häufigsten Ursachen sind: distale Radiusfraktur mit Gelenkbeteiligung oder eine in Fehlstellung verheilte, Kahnbeinpseudarthrose, perilunäre Luxationsfraktur, Verletzung der karpalen Bänder mit nachfolgender Fehlstellung der Handwurzelknochen im Sinne der Disi(dorsal intercalated segment instability)- oder Pisi(palmar intercalated segment instability)-Deformität (nach Linscheid u. Mitarb. 1983, Sennwald u. Mitarb. 1993), aseptische Osteonekrose des Kahnbeines (Morbus Preiser) oder des Mondbeines (Morbus Kienböck) sowie Spätfolge unspezifischer und spezifischer Entzündungen (Abb. 16.5).
Osteonekrose
Karpuskollaps Arthrose
Abb. 16.5
Pathogenese der Handgelenkarthrose.
terarmknochen verbunden ist. Wird diese Verbindung durch Knochen- oder/und Bandverletzung unterbrochen, so bewegen sich die Handwurzelknochen disharmonisch (dynamische Instabilität). Im Laufe der Zeit und unter dem normalen Druck der Unterarmmuskulatur verkippt sich das Mondbein nach dorsal und das Kahnbein nach palmar. Eine Lücke entsteht zwischen beiden Knochen und das Os capitatum schiebt sich nach proximal, der Karpus kollabiert. Dieser Zustand wird als Slac-Wrist (Scapholunate advanced collapse) bezeichnet (Watson u. Ballet 1984). Das Kahnbein stellt eine Verbindung zwischen der proximalen und der distalen Reihe der Ossa carpi dar. Bricht dieser Handwurzelknochen und bleiben beide Fragmente mobil, so führt dieser Zustand später zum Karpuskollaps (Martini u. Schiltenwolf 1995). In diesem Falle spricht man
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16 Arthrosen
a
Abb. 16.6 a u. b Die Entwicklung der Arthrose bei einem SLAC-Wrist (a) und bei einem SNAC-Wrist (b).
b
II III II
II
I
I
III II
von Snac-Wrist (Scaphoid nonunion advanced collaps). Die abnorme Bewegung der Handwurzel gegen den Radius mit der Fehlstellung verändert die Kraftübertragung und führt zum Knorpelabrieb. Von Watson u. Ruy (1986) wurde die Arthroseentwicklung in 3 Stadien eingeteilt: 쐌 Stadium I: Arthrose zwischen Skaphoid u. Processus styloideus radii, 쐌 Stadium II: Arthrose des Radioskaphoidalgelenks, 쐌 Stadium III: Mediokarpalarthrose. Krimmer u. Mitarb. (1997) stimmen dieser Einteilung beim Snac-Wrist zu und meinen, dass beim Slac-Wrist die Arthrose von Anfang an das Radioskaphoidalgelenk befällt. Nach unseren Beobachtungen entwickelt sich im Stadium II die Arthrose im Skaphotrapezialgelenk bevor das Lunokapitalgelenk verändert wird (Abb. 16.6 a u. b).
Diagnostik Klinische Diagnostik Patienten klagen über Belastungs- und Bewegungsschmerzen sowie Schwellungsneigung, Bewegungseinschränkung und Kraftminderung. Bei der Untersuchung sind Schwellungen und Druckschmerzen in der Tabatière, aber auch im dorsoradialen Anteil des Handgelenks auffällig.
Differenzialdiagnose Zur Abgrenzung gegenüber der Polyarthritis sind Anamnese, Laborbefund und der Befall anderer Gelenke, insbesondere der Fingergelenke, wichtige Merkmale. Im Röntgenbild ist an den akzessorischen Os triangulare am Processus styloideus ulnae zu denken (Schneider-Sickert u. Meves 1975).
Therapie Als prophylaktische Maßnahme ist das Gelenk rechtzeitig zu sanieren, z. B. durch eine Korrekturosteotomie zur Beseitigung einer Gelenkstufe oder einer Achsfehlstellung sowie durch die Stabilisierung der Handwurzelknochen. Konservative Therapie Die konservative Therapie beinhaltet die Anwendung von lokalen und allgemeinen Antiphlogistika sowie physikalische Maßnahmen wie Ultraschall, Magnetfeldtherapie, Salicylationtophorese, und Wärmeanwendungen. Außerdem wird das Handgelenk bandagiert. Bei Bedarf können intraartikuläre Kortisoninjektionen sowie Krankengymnastik verordnet werden. Diese Behandlungsmaßnahmen helfen jedoch nur die Symptome im Anfangsstadium zu lindern. Bei fortgeschrittener Arthrose ist die Operation angezeigt.
Bildgebende Diagnostik Die Standardaufnahmen zeigen die arthrotischen Veränderungen je nach Stadium, außerdem geben sie Auskunft über die Pathologie, die die Arthrosen verursachen, z. B. Kahnbeinpseudarthrose oder Mondbeinnekrose, kleinere, knöcherne Bandausrisse oder SL-Dissoziation als Zeichen einer abgelaufenen Bandverletzung. Im Frühstadium ist die MRT hilfreich. Mit ihr werden Gelenkerguss, Knochenödem und freie Gelenkkörper nachgewiesen, außerdem zeigt sie den Knorpelzustand.
Operative Therapie Bei der Auswahl des Operationsverfahrens sind Beweglichkeit, Beruf und Bedürfnisse des Patienten sowie Zustand des Handgelenks maßgeblich (Abb. 16.7).
Denervation. Wilhelm veröffentlichte 1966 eine Operationsmethode zur Schmerzbeseitigung durch Neurotomie bestimmter Nervenäste, die den Schmerz vom Handgelenk ableiten. Kraft, Motorik, Oberflächen- und Tiefensensibili-
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16.3 Arthrose des Radiokarpalgelenks
Arthrose im Radiokarpalgelenk
Arthrose im Skaphoradialgelenk
Mediokarpalgelenk frei (SLAC-, SNACWrist Stadium II)
Abb. 16.7 Operative Behandlungswege der Handgelenkarthrose.
MediokarpalgelenkArthrose (SLAC-, SNACWrist Stadium III)
gute Beweglichkeit Entfernung der proximalen Handwurzelreihe
Panarthose
555
partielle Arthrodese mit Exstirpation
schlechte Beweglichkeit
Denervation Arthrodese des Handgelenks
tät bleiben erhalten. Zur Abgrenzung der Indikation und zur Festlegung des auszuschaltenden Innervationsgebietes sind Leitungsblockaden der Nervenäste unerlässlich. Bringt der Blockadetest keine Beschwerdebesserung, so ist die Operation kontraindiziert. Bei der Radiokarpalarthrose reichen in der Regel die Punkte 1 – 4 und der Punkt 6 (Abb. 16.8): 쐌 Punkt 1: Durchtrennung und Teilexstirpation des N. interosseus posterior. 쐌 Punkt 2: Durchtrennung und Exhairese des peripheren Gelenkastes des N. digitalis dorsalis proprius radialis I im ersten interossalen Spatium. 쐌 Punkt 3 u. 4: Die Neurotomie der R. articulares n. cutanei antebrachii radialis und R. superficialis n. radialis erfolgt blind durch epifasziale Ablösung der Haut, beuge- und streckseitig des radialen Handgelenkanteiles. 쐌 Punkt 6: Zerstörung der Endäste des N. interosseus anterior durch Elektrokoagulation der Fettmasse am dis-
Alloarthroplastik
talen Rand des M. pronator quadratus. Oft führen wir ein Débridement als Begleitmaßnahme mit Abtragung von Osteophyten, Styloidektomie und partielle Synovialektomie durch. In der Regel wird eine deutliche Schmerzlinderung erreicht, aber keine Schmerzbeseitigung, da die Denervation des Gelenks nicht komplett ist (Ferreres u. Mitarb. 1995). Die Denervation ist oft nur eine temporäre Lösung, Beschwerden treten erneut nach durchschnittlich 5 – 6 Jahren auf. Nach unseren Erfahrungen versagt die Operation bei chronischer Arthritis und bei Mediokarpalarthrose (Martini u. Mitarb. 1983). Eine Sammelstudie mit Nachuntersuchung von 195 Patienten über eine Beobachtungszeit von 4 Jahren ergab bei 69 % ein gutes Ergebnis und die Hälfte des Restes gaben eine Beschwerdebesserung an. Es trat keine zerstörerische Wirkung im Sinne des CharcotGelenks auf. Schlechte Ergebnisse wurden bei Gelenkstu-
Abb. 16.8 Schematische Darstellung der Schnittführung bei Handgelenkdenervation.
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16 Arthrosen
fen, Gelenkinstabilität und schweren Knorpelschäden beobachtet. Ebenfalls wurden bei Handwerkern mit extremen Belastungen schlechte Ergebnisse verzeichnet (BuckGramcko 1977).
Entfernung der proximalen Reihe der Ossa carpi (Proximal row carpectomy = PRC). Stamm hat 1944 diese Operationsmethode beschrieben, nachdem er sie 1939 zum ersten Mal durchgeführt hat. Bei dieser Methode wird das relativ kompliziert aufgebaute Handgelenk in ein einfaches umgewandelt, bei dem das Kapitatum mit der Fossa lunata artikuliert. Stack (1948) resezierte das Os lunatum und das Os scaphoideum. Steinhäuser (1974) propagierte in Deutschland die Resektion des Mondbeines und der proximalen Hälfte des Kahnbeines. Die Entfernung der gesamten proximalen Handwurzelreihe ist der partiellen Resektion überlegen und bringt nach den jüngsten Angaben in der Literatur bessere Ergebnisse als die partielle Arthrodese des Karpus (Tomaino u. Mitarb. 1994, Wyrick u. Mitarb. 1995). Die Operation ist besonders bei Snac- und Slac-Wrist Stadium II angezeigt. Voraussetzung ist eine gute Erhaltung des Knorpelbelages im Bereich der Fossa lunata und des proximalen Pols des Kapitatums (Clup u. Mitarb. 1993, Tomaino u. Mitarb. 1994, Jebson u. Engber 1999). Imbriglia u. Mitarb. (1990) legen die Grenze des Knorpeldefektes des Kapitatums auf die Größe von 3 mm fest. Die PRC hat sich bei rheumatischen Gelenken nicht bewährt (Ferlic u. Mitarb. 1991). Zur Operationstechnik sind folgende Details zu beachten: Die beugeseitige Gelenkkapsel darf nicht beschädigt werden, ansonsten bedarf sie einer straffen Naht (Rettig u. Raskin 1999) und es ist darauf zu achten, dass bei der Manipulation der Knorpel im Bereich des Radius und des Kapitatums geschont wird. Postoperativ erfolgt eine Ruhigstellung des Handgelenks für 3 Wochen bis zur Stabilisierung der Weichteile. Mit der PRC können gute Ergebnisse erzielt werden. Die Beweglichkeit wird in der Literatur mit 40 – 60% der gesunden Seite beziffert, die Kraft zwischen 22 – 67 %. Deutliche Verbesserung der subjektiven Beschwerden wird bei 80 – 100% der Patienten erreicht (Jorgensen 1969, Inglis u. Jones 1977, Neviaser 1986, Fitzgerald u. Mitarb. 1989, Imbriglia u. Mitarb. 1990, Clup u. Mitarb. 1993, Rettig u. Raskin 1999). Partielle Arthrodese des Karpus mit Resektion des Kahnbeines (Mediokarpale Teilarthrodese = Four-corner Arthrodesis). Die Hauptindikation ist das Snac- oder SlacWrist Stadium III mit Mediokarpalarthrose. Schmerzreduzierung bei Erhaltung einer Restbeweglichkeit ist das Ziel. Voraussetzung ist ein arthrosefreies Lunoradialgelenk. Hier findet nach der Stabilisierung des Karpus die Bewegung statt. Die Operation wurde von Watson und Mitarb. 1981 publiziert. Das verkippte Mondbein wird in die richtige Position reponiert. Die Fixation erfolgt mit K-Drähten, Schrauben oder Platte. Wir beziehen bei guter Erhaltung das proximale Fragment des Kahnbeines in die Arthrodese mit ein und ver-
breitern dadurch die Gelenkfläche (Abb. 16.9 a-c). Wir haben keinen Nachteil bei Schonung des Gelenks zwischen Kapitatum und Hamatum gesehen. Als Komplikation kann bei schlechter Reposition des Mondbeines eine Karpusluxation nach ulnar auftreten und wenn das Lunoradialgelenk beschädigt ist, entwickelt sich rasch eine Arthrose. Siegel u. Ruby (1996) bringen eine Übersicht über 138 Patienten aus der Literatur, bei denen die Komplikationsrate bei 26,5% lag und über die Hälfte der operierten Handgelenke schmerzhaft blieben. Bei 90 Patienten wurde für das Kahnbein ein Ersatz aus Silikon implantiert, der zum größten Teil für die Komplikationen verantwortlich war. Alle Autoren empfehlen keinen Ersatz für das Skaphoid (Trumble u. Mitarb. 1988, McAuliffe u. Mitarb. 1993, Ashmead u. Mitarb. 1994). Lanz u. Mitarb. berichteten 1996 über 59 Patienten (45 mit Snac- und 14 mit Slac-Wrist). Die Restbeweglichkeit der Extension/Flexion lag bei 40 – 49 %, die Radial-/Ulnarabduktion bei 43 % und die Kraft bei 20 – 34 % der gesunden Seite, die Schmerzlinderung zwischen 69 und 75 %.
Arthrodese des Radiokarpalgelenks (Radioskapholunäre Arthrodese = Proximal row Fusion). Diese Arthrodeseart ist bei Zerstörung des Radiokarpalgelenks und guter Erhaltung des Mediokarpalgelenks indiziert. Sie wird selten vorgenommen, da die Gefahr einer Pseudarthrosenbildung und des Bewegungsverlustes zu groß ist. Bach u. Mitarb. (1991) berichten über 36 Patienten mit einer Beobachtungszeit von 2,4 Jahren: 7 Handgelenke mussten vollarthrodesiert werden, weil sie eine Mediokarpalarthrose entwickelt hatten. Arthrodese des Handgelenks. Die Arthrodese umfasst das Radiokarpal-, Mediokarpal- und Karpometakarpalgelenk II und III. Sie ist indiziert beim Vorliegen einer Panarthrose des Handgelenks mit oder ohne Fehlstellung der Handwurzeln und wenn keine weiteren rekonstruktiven Maßnahmen in Betracht kommen. Die Handgelenkarthrodese dient auch als Rückzugmöglichkeit beim Fehlschlagen anderer Eingriffe, z. B. der Alloarthroplastik oder der partiellen Arthrodese. Für die Patienten ist der Beweglichkeitsverlust der Stabilität und Schmerzfreiheit untergeordnet. Angestrebt wird eine achsengerechte Stellung ohne Verkürzung und eine stabile Fixation, die eine frühzeitige Mobilisation zulässt. Wird das Karpometakarpalgelenk ausgespart, bleibt eine Flexion-Extension-Bewegung von etwa 20 – 30° erhalten, aber es entwickelt sich rasch eine sekundäre Arthrose. Wir bevorzugen die Fixation mit der konturierten AO-Arthrodesenplatte (Sauerbier u. Mitarb. 1999). Bei dieser Technik entfällt, wenn kein Defekt vorliegt, die Spongiosaplastik. Die Platte ist entsprechend der Handgelenkform konturiert und in verschiedenen Biegewinkeln verfügbar. Mögliche Komplikationen sind Verletzung der Hautnerven, Pseudarthrosenbildung durch mangelhafte Resektion der Gelenkflächen und schlechte Osteosynthese sowie Sehnenruptur durch Osteosynthesematerial. Der knöcher-
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16.3 Arthrose des Radiokarpalgelenks
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Abb. 16.9 a – c Partielle Arthrodese des Handgelenks und Resektion des Kahnbeines beim SNAC-Wrist Stadium III (a). Die CT verdeutlicht die Verkippung des Mondbeines und die Interkarpalarthrose (b). Zustand nach Resektion des Kahnbeines und Arthrodese des CL-Gelenks mit dem proximalen Kahnbeinfragment (c).
a
b
c
ne Durchbau ist in einem Zeitraum von 9 – 12 Wochen zu erwarten. In der Literatur sind überwiegend gute Ergebnisse dokumentiert. Hastings (1994) berichtet über völlige Schmerzfreiheit bei 85 % der Patienten. In dem Krankengut von Kalb u. Mitarb. (1999) wurde keine Schmerzfreiheit aber deutliche Schmerzlinderung bei fast allen Patienten erreicht. Bei
Nagy u. Büchler (1998) waren nur 56 % der Patienten schmerzfrei. 96 % würden sich nochmals operieren lassen (Graham u. Care 1998, Hastings u. Mitarb. 1996). In der Zeit von 1977 – 1997 haben wir 67 Handgelenkarthrodesen durchgeführt. Folgende Komplikationen traten auf: viermal Schraubenlockerung im Bereich des MHK, einmal sympathische Reflexdystrophie. Bei der Nachunter-
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16 Arthrosen
suchung von 52 Patienten gaben 2 Restbeschwerden an. Nur 5 Patienten wechselten ihren Beruf oder wurden aufgrund der Funktionseinschränkung berentet (Martini 1999). Die grobe Kraft nimmt im Vergleich zu vorher zu, bleibt aber um etwa 1/3 gegenüber der gesunden Seite reduziert.
Alloarthroplastik. Sie steht bei der Arthrosebehandlung aufgrund der hohen Komplikationsrate im Hintergrund und weil die Arthrodese keine große Beeinträchtigung der Handfunktion mit sich bringt. Die Voraussetzungen für das Einsetzen einer Endoprothese sind stabile und solide Knochen sowie funktionstüchtige Muskeln und Sehnen. Die meisten Langzeiterfahrungen bestehen mit dem Silikonplatzhalter von Swanson. Hauptproblem dieser Implantate ist vor allem das Einsinken der Prothese mit Reduktion des Hebelarmes der handgelenkseigenen Muskeln, Kraftverlust, Prothesenbruch und progredienter Knochenresorption. Die erreichte Beweglichkeit ist bescheiden, Bewegungsumfang von 30 – 0 – 30 gilt als zufrieden stellend. Zementierbare und zementfreie, gekoppelte und nicht gekoppelte Endoprothesen stehen zur Verfügung. Die bekannten Endoprothesen sind Volz, Meuli, Biaxial und Tabe. Bei der Operation ist die achsengerechte Platzierung der Prothese und die Gelenkstabilisierung wichtig. Luxation, Lockerung und Knochenperforation geben Anlass zur Zurückhaltung (Meuli u. Fernendez 1995, Beckenbough 1998). Literatur Ashmead, D., H.K. Watson, C. Damon, S. Herbert, W. Play (1994): Scapholunate advanced collapse-wrist salvage. J Hand Surg 19-A: 741 – 750 Bach, A.W., E.E. Almquist, D.M. Newman (1991): Proximal row fusion as a solution for radiocarpal arthritis. J Hand Surg 16-A: 424 – 431 Beckenbough, R.D. (1998): Total wrist arthroplasty. In: Coony, W.P., R.L. Linscheid, J.H. Dobyns: The wrist-diagnosis and operative treatment. Mosby, St. Louis: 924 – 944 Buck-Gramcko, D. (1977): Denervation of the wrist joint. J Hand Surg 2: 54 – 61 Clup, R.W., F.X. McGuigan, M.A. Turner, D.M. Lichtman, A.L. Osterman, H.R. McCarroll (1993): Proximal row carpectomy: a multicenter study. J Hand Surg 18-A: 19 – 25 Ferlic, D.C., M.C. Clayton, M.F. Mills (1991): Proximal row carpectomy: Review of rheumatoid and nonrheumatoid wrists. J Hand Surg 16-A: 420 – 424 Ferreres, A., S. Suso, J. Ordi, M. Llusa, D. Bruno (1995): Wrist denervation, anatomical considerations. J Hand Surg 20-B: 761 – 768 Fitzgerald, J.P., C.A. Peimer, R.J. Smith (1989): Distraction resection arthroplasty of the wrist. J Hand Surg 14-A: 774 – 781 Graham, T.J., B.C. Care (1998): Total wrist arthrodesis with plate and screw fixation. In: Stern, P.J.: Atlas of the hand clinics – Arthrodesis of the hand and wrist. Saunders, Philadelphia: 79 – 114 Hastings, H. (1994): Arthrodesis of the osteoarthritic wrist. In: Gelberman, R.: Master techniques in orthopaedic surgery: the wrist. Raven Press, New York: 345 – 360
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16.4 Arthrose des Skaphotrapezialgelenks
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16.4 Arthrose des Skaphotrapezialgelenks Ätiologie
Diagnostik
Die Arthrose des Skaphotrapezialgelenks (ST-Arthrose) tritt oft in Begleitung der Daumensattelgelenkarthrose (DSG-Arthrose) auf. Swanson (1972, 1980) fand diese Kombination in 48 % der Fälle und bezeichnete solche disseminierten arthrotischen Prozesse als „Pantrapezialarthrose“. Diese Tatsache spricht für die Möglichkeit genereller Ursachen wie Überlastung des radialen Strahles, Traumata, hormonelle Einflüsse oder eine Manifestation im Rahmen einer Polyarthrose. Andererseits kann die STArthrose eine Folge der DSG-Arthrose aufgrund der Mobilitätszunahme und Überbeanspruchung sein, je geringer die Beweglichkeit des DSG wird. Hinzu kommen Formvarianten des Os scaphoideums (Bade u. Mitarb.1994).
Klinische Diagnostik
Pathogenese Bei Bandlaxität tendiert das Kahnbein nach palmar zu kippen, damit verringert sich die Gelenkkontaktfläche und der Druck wird größer. Als Ausdruck der Degeneration der beugeseitigen Gelenkkapsel entsteht oft ein Ganglion. Carstam u. Mitarb. (1968) fanden bei 48 Patienten mit radiopalmaren Ganglien 12 isolierte ST- und 3 Pantrapezialarthrosen.
Epidemiologie Anatomische Studien von North u. Eaton (1983) sowie von Bade u. Mitarb. (1994) zeigen, dass jede 10. Hand bei Menschen über 50 Jahren eine isolierte ST-Arthrose zeigt. Armstrong u. Mitarb. (1994) fanden bei 2 % der Frauen nach der Menopause ST-Arthrosen. Die anatomischen Untersuchungen ergaben keine eindeutige Bevorzugung des weiblichen Geschlechts und keinen Unterschied der Häufigkeit zwischen rechts und links.
Patienten klagen oft über Bewegungs- und Belastungsschmerzen im Zusammenhang mit dem Daumensattelgelenk. Begleitsymptome, die zum Arztbesuch führen, können ein beugeseitiges Ganglion oder eine Tendovaginitis der FCR-Sehne sein. Häufig liegen ein Karpaltunnelsyndrom oder Restbeschwerden nach Karpaltunnelspaltung vor. Bildgebende Diagnostik Zur besseren Darstellung des ST-Gelenks erfolgt die Röntgenuntersuchung in Pronationsstellung der Hand von 25° (Schlegel 1965). Die a.-p. Aufnahme kann eine skapholunäre Dissoziation zeigen. Die seitliche Aufnahme zeigt die Verkippung des Kahnbeines, die nach Crosby u. Mitarb. (1978) immer vorhanden ist.
Differenzialdiagnose Bei beugeseitigem Ganglion, Tendovaginitis oder einer Insertionstendopathie der FCR-Sehne ist auf das Vorhandensein einer ST-Arthrose zu achten. Sowohl klinisch als auch radiologisch ist zwischen einer isolierten ST- und einer Pantrapezialarthrose zu unterscheiden.
Therapie Konservative Therapie Bei einer geringen Arthrose erfolgt die Behandlung konservativ mit Handgelenkmanschette, physikalischen Maßnahmen und gelegentlich mit Kortisoninjektion. Operative Therapie Die Operation ist angezeigt bei fortgeschrittenem Stadium und beim Versagen der konservativen Therapie.
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16 Arthrosen
Arthrodese. Die Arthrodese Ist besonders bei Männern mit einem handwerklichem Beruf zur Krafterhaltung indiziert. Die Operation ist sowohl für den Arzt als auch für den Patienten anspruchsvoll, die außerdem eine lange Ruhigstellung erfordert. Die Pseudarthrosenrate ist sehr hoch (Srinivasan u. Matthews 1996, Oberlin u. Mitarb. 1990). Im späteren Verlauf kann es zum Impingement und zur Arthrose des Skaphoradialgelenks kommen (Rogers u. Watson 1989). Die grobe Kraft liegt nach der Arthrodese bei 80% der gesunden Seite und die Kraft des Spitzgriffes bei 70%. Trapezektomie. Sie ist die Methode der Wahl bei der Pantrapezialarthrose, auch wenn die Rhizarthrose noch gering ist. Die Nachbehandlung ist einfacher und der Erfolg sicherer als bei der Arthrodese (s. Kap. 16.5). Interpositionsarthroplastik. Eine dünne Scheibe wird vom distalen Skaphoidpol reseziert mit Interposition eines Teils der FCR-Sehne (Linscheid u. Mitarb. 1990) oder der dorsalen Gelenkkapsel (Gracia-Elias u. Mitarb. 1997) oder einer Silikonscheibe (Kessler u. Mitarb. 1976). Außer dem Silikonabrieb und der Silikonsynovialitis kann es später zur vermehrten Verkippung des Kahnbeines oder zum Karpuskollaps mit erneutem Kontakt zwischen Skaphoid, Trapezium und Trapezoid kommen. Aus diesen Gründen wird das distale Viertel des Kahnbeines entfernt und gleichzeitig eine Kapsulodese zur Verhinderung der palmaren Verkippung vorgenommen (Gracia-Elias u. Mitarb. 1999). Spätergebnisse fehlen (Malerich u. Mitarb. 1999). Literatur Armstrong, A.L., J.B. Hunter, T.R.C. Davis (1994): The prevalence of degenerative arthritis of the base of the thumb in post-menopausal women. J Hand Surg 19-B: 340 – 341 Bade, H., J. Koebke, M.M. Baumann (1994): Kombiniert auftretende Arthrosen der radialen Handwurzel. Handchir Mikrochir Plast Chir 26: 15 – 21
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16.5 Arthrose des Karpometakarpalgelenks I Von allen Fingergelenken ist das Daumensattelgelenk am häufigsten von arthrotischen Veränderungen betroffen. Für die Funktion der Hand haben diese Veränderungen insofern Bedeutung, da es sich um das wohl wichtigste und am meisten beanspruchte Gelenk der Hand handelt.
Synonyme Rhizarthrose, Daumensattelgelenkarthrose, Pantrapezialarthrose, Thumb basal joint arthritis, Trapeziometacarpal degenerative arthritis.
Ätiologie Grundsätzlich sind aus ätiologischer Sicht 3 verschiedene Formen der Arthrose zu unterscheiden: 쐌 posttraumatische Arthrose infolge einer Benett- bzw. Rolando-Fraktur oder einer Kapsel-Band-Schädigung, 쐌 Spätstadium der Arthritis mit charakteristischer schwerer Zerstörung und Instabilität des Gelenks, 쐌 idiopatische Form, überwiegend bei Frauen nach der Menopause, oft doppelseitig.
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16.5 Arthrose des Karpometakarpalgelenks I
Tab. 16.1
____
Überlegungen zur Ätiologie der idiopathischen Daumensattelgelenkarthrose
Hypothese
Autoren
1. Zunehmende Bandlaxität
Eaton u. Littler 1973, Pellegrini 1991
2. Fehlform des Trapezium
Aune 1955, Cotta u. Mittelmeier 1959, North u. Rutledge 1983
3. Inkongruente Gelenkflächen und unpassende Bewegungen
Eaton u. Littler 1973, Thomas 1978, Koebke u. Thomas 1979
4. Abnorme Funktion des M. abductor pollicis longus
Brunelli u. Brunelli 1991
5. Muskelimbalance zwischen Adduktioren- und Abduktorenmuskeln
Brunelli u. Mitarb. 1989
6. Generelle Bereitschaft zur Arthrosenentwicklung (Konstitution, Hormone, Gendefekte)
alle Autoren
Die Ätiologie der idiopathischen Rhizarthrose ist ungeklärt. Eine Vielzahl von möglichen Entstehungsursachen werden diskutiert (Martini 1985, Schmitt u. Heisel 1985, Baumann 1987). Genetische, hormonelle und biomechanische Faktoren werden genannt (s. Tab. 16.1). Am Daumensattelgelenk scheint nicht nur die besondere Beanspruchung dieses in der Gesamtfunktion der Hand so wichtigen Gelenks eine große Rolle zu spielen, sondern wohl auch der anatomische Bau der Gelenkflächen und des Bandapparates. Konstitutionelle Eigenschaften des Gelenkknorpels mit der Neigung zur Arthrosebildung an anderen Gelenken werden beobachtet.
Pathogenese Das Daumensattelgelenk unterliegt funktionell der Beanspruchung eines Kugelgelenks, wobei der Gelenkdruck in Rotationsstellung über reduzierte Flächenteile übertragen wird (Koebke 1994). Momose u. Mitarb. (1999) fanden geringe Kontaktflächen eher bei der Ab- und Adduktion. Beim Spitzgriff entsteht im Sattelgelenk eine Druckkraft von 12 kp (Cooney u. Chao 1977). Das Daumensattelgelenk wird durch zahlreiche Bänder und zirkulär zugeordnete Muskeln und Sehnen stabilisiert. Die größte Krafteinwirkung üben die Beuger aus, gefolgt von den Adduktoren. Eine dorsoradiale Scherkraft entsteht beim Spitzgriff und führt die MHK-Basis bereits in die Subluxation. Diese Kraft wird durch die Gelenkbänder abgefangen. Über Anzahl und Rollenverteilung der Gelenkbänder gehen die Meinungen auseinander. Koebke (1994) beschreibt 5 Ligamente und gibt das Lig. metacarpale dorsale I als Hauptstabilisator an. Najima u. Mitarb. (1997) nennen 5 Ligamente und stellen eine erhöhte Bandlaxität
561
im Alter fest. Sie geben den Ligg. carpometacarpale obliquum anterius, posterius und carpometacarpalia dorsalia eine wichtige, stabilisierende Rolle. Für Bettinger u. Mitarb. (1999) sowie Doerschuk u. Mitarb. (1999) ist das Lig. carpometacarpale obliquum anterius der Hauptstabilisator des Daumensattelgelenks. Sie beschreiben insgesamt 16 Ligamente. Lockerung der ulnaren Bänder und erhöhte Spannung der Beuge- und Adduktionsmuskulatur führen bei der Rhizarthrose zur zunehmenden Subluxationsstellung der MHK-Basis nach lateral mit einer Adduktionskontraktur. Aus kompensatorischer Wirkung der Abduktoren und der Strecker resultiert eine Überstreckung des MP-Gelenks, häufig resultiert dann eine Schwanenhalsdeformität des Daumens. Da sich alle Gelenke um das Trapezium herum an der Daumenfunktion beteiligen, werden die benachbarten Gelenke des Daumensattelgelenks mit zunehmender Einsteifung mehr beansprucht. Aus diesen Gründen wird oft eine Pantrapezialarthrose beobachtet.
Epidemiologie Wagenhäuser (1969) nimmt die Häufigkeit der Daumensattelgelenkarthrose (DSGA) bei 10,5% der Bevölkerung an. Sie kommt bei mindestens 30% aller Frauen über 50 Jahre und zehnmal häufiger als bei Männern vor (Geldmacher u. Woppmann, 1994). Bade u. Mitarb. (1994) fanden bei 100 Leichenhänden beiderlei Geschlechts im Alters von 59 – 91 Jahren ca. 50% DSGA. Bopp (1966) fand bei 25 Leichen im Alter von 55 – 88 Jahren bei 80% der Hände arthrotische Veränderungen des Daumemsattelgelenks. Swanson (1980) fand bei 100% Befall des Karpometakarpal-I-Gelenks das Karpometakarpalgelenk II (KM II) zu 86 %, das Trapezioskaphoidalgelenk (TS) zu 48 % und das Trapeziotrapeziodalgelenk (TT) zu 35 % mitbetroffen. Oberlin u. Mitarb. (1990) geben in einer multizentrischen Studie von 336 Patienten mit DSGA diese Prozentsätze mit 55 % für das TS-Gelenk und 56 % für das KM-II-Gelenk an.
Diagnostik Klinische Diagnostik Patienten klagen vor allem beim kräftigen Spitzgriff über Bewegungs- und Belastungsschmerzen, z. B. beim Schreiben, Schlüsseldrehen oder Flaschen öffnen. Das Daumensattelgelenk fällt durch Schwellung und Subluxation der MHKBasis auf. Im extremen Fall zeigt der Daumen eine Schwanenhalsdeformität (Abb. 16.10). Druck- und Bewegungsschmerz sowie Knirschen und Reiben sind typisch. Oft sind auch die anderen Fingergelenke arthrotisch verändert. Bildgebende Diagnostik Die Röntgenaufnahme zeigt die typischen arthrotischen Zeichen und die Fehlstellung des 1. MHK. Um die arthrotischen Veränderungen der benachbarten Gelenke besser darzustellen, empfiehlt es sich, die Aufnahme in 25° Pronation (Schlegel 1965) durchzuführen.
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16 Arthrosen
Abb. 16.10 a u. b Klinisches Bild (a) und Röntgenbefund (b) einer Daumensattelgelenkarthrose mit Schwanenhalsdeformität.
a
b
Klassifikation
Operative Therapie
Dell u. Mitarb. (1978) sowie Eaton und Gickel (1987) beschreiben 4 röntgendiagnostische Stadien: 쐌 Stadium I: keine oder geringe radiologische Veränderungen (subchondrale Sklerosierung) und leichte Gelenkspaltverschmälerung im ulnaren Bereich, 쐌 Stadium II: Verschmälerung des Gelenkspaltes, Subluxation der Basis, leichte Osteophytenbildung, insbesondere ulnarseitig, 쐌 Stadium III: weitgehende Zerstörung des DSG, größere Osteophyten und Zysten, 쐌 Stadium IV: zusätzliche Arthrose der Peritrapezialgelenke.
Die operative Behandlung ist beim Versagen der konservativen Maßnahmen sowie in fortgeschrittenem Stadium mit Fehlstellung des Daumens indiziert, möglichst bevor eine Überstreckung des Grundgelenks entsteht. In Abhängigkeit vom Patienten, Stadium und Ausbreitung der Arthrose kommen folgende Eingriffe in Betracht.
Differenzialdiagnose An erster Stelle steht in der Differenzialdiagnose die Arthrose des ST-Gelenks. Die Beschwerden und die Schwellung sind ähnlich, der Druckschmerzpunkt liegt proximal und die Bewegungen des DSG sind frei. Insertionstendopathien der FCR- und/oder ECRL-Sehnen können durch Lokalisation der Druckschmerzstelle und Schmerzangabe beim Bewegen des Handgelenks gegen Widerstand leicht differenziert werden. Beim Vorliegen einer Polyarthritis sind in der Regel die Fingergrundgelenke befallen, während bei der Polyarthrose eher die Fingermittel- und Fingerendgelenke verändert sind.
Therapie Konservative Therapie Behandlung mit Wärme, Antiphlogistika und Analgetika sowie die Versorgung mit Daumenhülse bringt vorübergehende Linderung und sind am Anfang immer angezeigt. Auch Traktionsübungen und intraartikuläre Injektionen können hilfreich sein (Talke 1994).
Umstellungsosteotomie. Die Indikation für eine Umstellungsosteotomie besteht bei der Erkrankung im Stadium I–II. Das Ziel ist, der Subluxation und der Muskelkräfte entgegen zu wirken. Die Osteotomie erfolgt basisnah des 1. MHK mit Entnahme eines Keiles von 30° mit lateraler Basis. Die Korrektur erfolgt im Sinne von Abduktion und Opposition. Die Operation wurde 1973 von Wilson beschrieben. Futami u. Mitarb. (1998) berichten über 12 Fälle mit 2 Fehlschlägen. Die durchschnittliche Dauer der Behandlung betrug 6 Monate. Arthrodese. Nur bei jüngeren Patienten mit handwerklichem Beruf – vorwiegend bei posttraumatischer Arthrose – indiziert und nur, wenn die Arthrose auf das Karpometakarpalgelenk beschränkt ist. Die Idealstellung ist bei 20° Radialabduktion und 40° Palmarabduktion. Die Fixation erfolgt mit Zuggurtung (Segmüller 1978, Paradini u. Mitarb. 1982), Platte und Schrauben (Narakas 1978, Wright u. McMurtry 1983) oder mit Klammern (Listani u. Mitarb. 1997). Die Bewegungseinbuße ist relativ gering und wird zum Teil durch Zunahme der Beweglichkeit zwischen Trapezium und Skaphoid sowie Überstreckung des Grundgelenks kompensiert. Die Komplikationsrate wird in der Literatur mit bis zu 50% angegeben, vor allem Pseudarthrosenbildung (Alberts u. Engkvist 1989, Mattson 1969). Bei der Auswertung der Literatur fanden Bamberger u. Mitarb. (1992) das Auftreten von Pseudarthrosen in 8 – 47% der beschriebenen Fälle mit einem Durchschnitt von 13 % (Abb. 16.11).
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16.5 Arthrose des Karpometakarpalgelenks I
geringe Arthrose
Rhizarthrose
Arthrodese
konservative Therapie
Endoprothese
Resektionsarthroplastik
mit Ersatz
mit Aufhängung
Endoprothese. Die bekannteste Totalendoprothese wurde 1973 von De la Caffinière entwickelt. Sie besteht aus einem Metallschaft mit Kugelkopf und einer Polyäthylenpfanne, gekoppelt mit einem Schnappmechanismus und wird im Knochen zementiert (Abb. 16.12). Nach der Wundheilung kann mit Bewegungsübungen und voller Belastung begonnen werden. Die isolierte Rhizarthrose stellt die häufigste Indikation dar. De la Caffinière u. Aucouturier (1979) bewerteten 28 Fälle, davon waren 4 Misserfolge, die Verankerungsprobleme der Pfanne zeigten. Meyer u. Helbig berichten 1994 über 50 Patienten mit 60 Endoprothesen und einer Beobachtungszeit von durchschnittlich 8,7 Jahren mit überwiegend guten Ergebnissen. Die Revisionsrate betrug nur 3% im Vergleich zu August u. Mitarb. (1984) mit 24%.
Abb. 16.11 Therapie der Daumensattelgelenkarthrose.
Trapezektomie
osteochondrotisches Transplantat
Osteotomie MHK I
einfache Trapezektomie
Pantrapezialarthrose
563
mit Interposition
Van Cappelle u. Mitarb. berichten 1999 über 77 Prothesen mit einer Beobachtungszeit von durchschnittlich 8,5 Jahren. Die Überlebensrate liegt bei 72 %, die Lockerungsrate bei 44 %, wobei die Hälfte davon eine Revision erforderte. Andere Prothesenmodelle stehen zur Verfügung, auch zementfreie: Ledoux, Linscheid u. Dobyns, Braun sowie Ferrari u. Steffee. Wachtl u. Mitarb. (1997) vergleichen in eigenem Krankengut zementierte (De la Caffinière) mit zementfreien (Ladoux) Prothesen. Die Überlebensrate war bei LadouxModellen nach 16 Monaten bei 58,9%, während sie bei De la Caffinière nach 68 Monaten bei 66,4 % lag.
Resektionsarthroplastik. Diese Methode kommt nur bei einer reinen Arthrose des Daumensattelgelenks infrage. Sparsame Resektion des distalen Drittels des Trapeziums, Abb. 16.12 TEP des Daumensattelgelenks Modell „De la Caffinière“.
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16 Arthrosen
Entfernung der Osteophyten und Implantation eines Sehnenzügels aus der FCR-Sehne (Menon 1995) oder Silikonimplantates (Kessler-Spacer, Kondylar-Spacer von Swanson). Abrieb, Einsenken und Luxation der Prothese und Bildung einer schmerzhaften Pseudarthrose drängen diese Operationstechnik in den Hintergrund. Trumble u. Mitarb. (2000) verwenden ein Alloknorpeltransplantat aus dem Rippenbogen. Sie berichten über 41 Patienten mit 46 operierten Daumen und einer Beobachtungszeit von 2 – 4 Jahren. Eine gute Funktion zeigten 90% der Fälle. Eine Abnahme des Gelenkspaltes um 21 % und leichte Subluxation wurden beobachtet.
Trapezektomie. Diese Operationsmethode wird am häufigsten verwendet. Sie ist besonders bei der Pantrapezialarthrose indiziert. Durch die Exstirpation des Trapeziums werden die Beschwerden und die Beweglichkeit verbessert (Gervis 1973, Reill 1977, Haimovici 1982). Zunehmende Verkürzung des Daumens mit Instabilität und Kraftverlust wurden beobachtet (Goldner u. Clippinger 1959, Murley 1960, Buck-Gramcko 1980). Zur Verhinderung der Pro-
a
ximalverschiebung des 1. MHK wurden zahlreiche Maßnahmen entwickelt: 쐌 Interposition von Sehnengewebe, z. B. PL- und/oder FCR-Sehne (Froimson 1970, Carroll 1977, Buck-Gramcko 1972). 쐌 Interposition von körperfremdem Material, am bekanntesten ist der Swanson-Spacer. Es handelt sich um einen Zylinder mit einem Stiel aus Silikon, der in den 1. MHK eingeführt wird. Der Platzhalter hat sich nicht bewährt. Die oft aufgetretene Luxation konnte trotz verschiedener Band- und Sehnenplastiken nicht verhindert werden. Dazu kommt der Abrieb und die dadurch bedingte Synovialitis (Büchler u. Sturzenegger 1994, Helbig u. Blauth 1994). 쐌 Bandplastik/Aufhängeplastik zur Stabilisierung des 1. an den 2. MHK. Zahlreiche Modifikationen sind bekannt geworden, je nachdem welche Sehne verwendet und wie sie fixiert wird (Abb. 16.13 a – d): – Eaton (1971) sowie Gschwend u. Razavi (1977) verwenden die Hälfte der FCR-Sehne, der Sehnenzügel wird an der Basis des 1. MHK am Kapselansatz vernäht. Abb. 16.13 a-d Schematische Darstellung der Trapezektomie mit den verschiedenen Interpositions- und Bandplastiken: Eaton-Gschwend (a), Epping (b), Martini (c) und Weilby (d).
b II
II I
I
SK
FCR
c
FCR
d
FCR
ECRL
APL
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Literatur
– Epping u. Noack (1983) führen und fixieren den Sehnenzügel in die Basis des 1. MHK und erreichen damit mehr Stabilität. – Martini (1985) verwendet einen Teil der ECRL-Sehne und verankert diese an der dorsoulnaren Seite der MHK-Basis (Bamford u. Page 1990, Livesey u. Mitarb. 1996). – Weilby (1988) wickelt die Hälfte der FCR-Sehne um die APL-Sehne und benutzt den Rest der FCR-Sehne als Interponat (Kreisköther u. Lanz, 1994). – Ähnliche Suspensionsplastiken wurden von Necking u. Eiken (1986), Sigfusson u. Lundborg (1991), Thompson (1989), Kaarela u. Raatikainen (1999) beschrieben, wobei die ECRL- oder die APLSehne verwendet wird. – Brunelli u. Mitarb. (1989) verwenden eine akzessorische APL-Sehne und fixieren diese intraossär in der Basis des 1. und 2. MHK. Postoperativ wird der Daumen für 3 – 4 Wochen ruhig gestellt, anschließend erfolgt die Bewegungstherapie. Die Rehabilitationsperiode kann mehrere Wochen beanspruchen. Eine gewisse Kraftminderung bleibt noch für längere Zeit bestehen. Die Versagensquote liegt bei etwa 10%. Mögliche Komplikationen sind: Reflexdystrophie, Proximalverschiebung des 1. MHK mit Bildung einer Pseudarthrose zwischen Skaphoid und MHK-Basis sowie Adduktionskontraktur. Die Ursache für postoperativ fortbestehende Beschwerden kann eine Arthrose des Gelenks zwischen Trapezoid und Skaphoid sein (Irwin u. Mitarb. 1995). Die Skaphotrapezoidalarthrose kommt häufig vor (62 % nach Tomaino u. Mitarb. 1999). Sie wird oft übersehen, vor allem am Anfangsstadium. Literatur Alberts, K.A., O. Engkvist (1989): Arthrodesis of the first carpometacarpal joint: 33 cases of arthrosis. Acta Orthop Scand 60: 258 – 260 August, A.C., R.M. Coupland, J.P. Sandifer (1984): Short term review of the de la Caffinière trapeziometacarpal arthroplasty. J Hand Surg 9-B: 185 – 188 Aune, S. (1955): Osteoarthritis in the first carpometacarpal joint. Acta Chir Scand 109: 449 – 456 Bade, H., J. Koebke, M.M. Baumann (1994): Kombiniert auftretende Arthrosen der radialen Handwurzel. Handchir Mikrochir Plastik Chir 26: 15 – 21 Bamberger, H.B., P.J. Stern, T.R. Kiefhaber, J.J. McDonough, R.M. Cantor (1992): Trapeziometacarpal joint arthrodesis: a functional evaluation. J Hand Surg 17-A: 605 – 611 Bamford, D., R.E. Page (1990): Ligament reconstruction in tendon interposition arthroplasty of the trapezium. J Hand Surg 15-B: 387 – 388 Baumann, M.M. (1987): Makromorphologische Untersuchungen zur Arthrose im radialen Handwurzelbereich. Inaug Diss Köln Bettinger, P.C., R.L. Linscheid, R.A. Berger, W.P. Coony, K.N. An (1999): An anatomic study of the stabilizing ligaments of the trapezium and trapeziometacarpal joint. J Hand Surg 24-A: 786 – 798 Bopp, H.M. (1966): Anatomische Untersuchungen der Daumensattelgelenksarthrose. Inaug Diss Köln
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16.6 Arthrose der Karpometakarpalgelenke II und III
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16.6 Arthrose der Karpometakarpalgelenke II und III Synonyme Carpe bossu, Handrückenhöcker, carpal bossing, carpal boss, humback wrist.
Definition Knöcherne Auftreibung auf der Streckseite des 2. und/oder 3. Karpometakarpalgelenks, die sowohl symptomfrei als auch schmerzhaft sein kann, eventuell mit einer Bursa.
Ätiologie Der Arthrose der Karpometakarpalgelenke II und III können folgende Ursachen zugrunde liegen: 쐌 wiederholte Traumatisierung eines fehlgebildeten Gelenks (Bassöe u. Bassöe 1955, Cuono u. Watson 1979, Hultgren u. Lugnegard 1986), 쐌 ein akzessorisches Os styloideum zwischen Os capitatum, Os trapezium und der Basis der MHK II und III (Apple u. Mitarb. 1984, Conway u. Mitarb. 1985, Köhler u. Zimmer 1982), 쐌 unvollständige Koalition eines Knochenkerns mit der Basis des MHK und die Bildung einer Pseudarthrose mit reaktiver Randwulstbildung (Köhler u. Zimmer 1982).
Pathogenese Das Vorliegen eines akzessorischen Knochens im Karpometakarpalgelenk macht dieses Gelenk empfindlicher für Mikrotraumata. Da beim Greifen die Mittelhandknochen im Sinne der dorsalen Extension minimale Bewegung erfahren, entsteht ein erhöhter Druck im dorsalen Anteil des Gelenks, der später zur Degeneration führt.
Epidemiologie Nach Einschätzung von Herrmann u. von Torklus (1991) liegt ein Handrückenhöcker bei 8 % der Bevölkerung vor,
von diesen haben aber nur 0,3% Beschwerden. Die dominante Hand ist in 80% der Fälle betroffen
Diagnostik Klinische Diagnostik Bei der Inspektion fällt eine Vorwölbung am Handrücken auf. Die knochenharte Erhebung befindet sich in der Höhe des 2. und 3. Karpometakarpalgelenks. Bei der Palpation kann ein Druckschmerz auftreten. Auch eine Bursa kann vorhanden sein. Die Strecksehne des Zeigefingers kann über dem Höcker hin und her schnappen. Bildgebende Diagnostik Die a.-p. Röntgenaufnahme zeigt eine Sklerosierung und Verdichtung der Knochenstruktur im Bereich der Vorwölbung. Die knöcherne Prominenz kommt in einer seitlichen Spezialaufnahme bei 30° Supination und 30° Ulnarabduktion der Hand klar zur Darstellung (Abb. 16.14). Eine Tomographie kann die Exostose und das Gelenk genau darstellen. Eine Knochenszintigraphie gibt Hinweise auf die Affektion des Gelenks (Clarke u. Mitarb. 1999).
Differenzialdiagnose Ein Handgelenksganglion ist weich, prall elastisch und gibt keinen Röntgenschatten. Bei einer Insertionstendopathie der ECRL-Sehne ist die betroffene Stelle weniger prominent und der Hauptschmerz entsteht bei Extension des Handgelenks gegen Widerstand. Knochentumore sind an dieser Stelle selten. Zur Prüfung der Gelenkaffektion werden Zeige- und Mittelfinger im Grundgelenk gebeugt und auseinandergespreizt, bei Schmerzangabe ist der Test positiv.
Therapie Am Anfang konservativ mit vorübergehender Ruhigstellung, Antiphlogistika und physikalische Maßnahmen. Beim Versagen kommt die operative Therapie in Be-
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16 Arthrosen
sind postoperativ beschwerdefrei geworden. Als Ursache des Misserfolges wird eine resultierende Instabilität angesehen (Citteur u. Mitarb. 1998). Die Arthrodese des Karpometakarpalgelenks kommt als Zweiteingriff beim Versagen der einfachen Resektion oder bei massiver Degeneration der Gelenke zur Anwendung (Clarke u. Mitarb. 1999). Literatur
Abb. 16.14
Röntgenbefund eines Carpe bossu.
tracht: Es erfolgt die tiefe und ausmuldende Abtragung der Knochenprominenz und des akzessorischen Knochens bis normale Spongiosa und Gelenkknorpel erscheinen. Die Angaben über Ergebnisse sind in der Literatur überwiegend positiv (Artz u. Posh 1973, Cuono u. Watson 1979, Lenoble u. Foucher 1992). Fusi u. Mitarb. (1995) berichten über 116 Patienten mit einer Beobachtungszeit von 42 Monaten. Bei 94 % der Fälle konnte eine komplette Symptomfreiheit erreicht werden. Weniger erfolgreich waren Clarke u. Mitarb. (1999), nur die Hälfte ihrer Patienten
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16.7 Bouchard-Arthrose Definition
Pathogenese
Idiopathische Arthrose des proximalen Interphalangealgelenks (PIP).
Die Gelenkveränderungen sind zunächst gering und betreffen Knorpelschäden mit Reizung der Gelenkkapsel. Im Laufe der Zeit und mit Zunahme der Gelenkabnutzung kommt es zu Knochenanbauten an der Knorpel-KnochenGrenze, besonders seitlich und dorsal zwischen den Strecksehnenzügeln und den Seitenbändern (Alexander 1999).
Ätiologie Die Ätiologie ist seit der Erstbeschreibung (Bouchard 1887) immer noch nicht bekannt. Die Bouchard-Arthrose tritt oft im Rahmen einer Polyarthrose auf.
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16.8 Heberden-Arthrose
Die Bouchard-Arthrose kommt seltener als die HeberdenArthrose vor und gleichermaßen bei Frauen und Männern. Die Bouchard-Arthrose tritt doppelseitig und symmetrisch auf, Zeige- und Ringfinger werden am häufigsten betroffen.
Handgelenk. In der Röntgenaufnahme sind eine größere Zerstörung des Gelenks sowie eine Osteoporose zu sehen. Die Laborwerte geben Hinweise auf die entzündliche Genese. Die Psoriasisarthritis zeigt in der Regel einen Strahlenbefall und die Haut- bzw. Nagelveränderungen sind charakteristisch.
Diagnostik
Therapie
Klinische Diagnostik
Konservative Therapie
Das PIP-Gelenk ist spindelförmig aufgetrieben, zeigt oft eine Beugekontraktur und Beugehemmung, seltener eine seitliche Deviation sowie Druck- und Bewegungsschmerzen. Begleitend sind oft Daumensattelgelenk- und Heberden-Arthrosen zu finden.
Am Anfangsstadium erfolgt die Behandlung konservativ mit Salbenverbänden, Wärme und intraartikuläre Injektionen von Kortikosteroiden.
Epidemiologie
Bildgebende Diagnostik Das Röntgenbild zeigt die typischen arthrotischen Veränderungen: Gelenkspaltverschmälerung, subchondrale Sklerosierung, Osteophyten- und Zystenbildung.
Differenzialdiagnose Eine posttraumatische Arthrose betrifft in der Regel nur ein Gelenk und die Anamnese weist auf eine zurückliegende Gelenkverletzung hin. Die rheumatische Polyarthritis befällt in erster Linie die Fingergrundgelenke und das
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Operative Therapie Operativ kommt die Arthrodese oder die Endoprothese in Betracht. Die Arthrodese gibt mehr Stabilität und ist für Handwerker die bessere Lösung. Die Winkelstellung wird mit dem Patienten vorher bestimmt. Geeignet ist die leichte Beugestellung von 20 – 30°. Die Fixation erfolgt mit Zugschraube, Platte oder Zuggurtung. Die Alloarthroplastik ist besonders bei Befall mehrerer Gelenke angezeigt. Verschiedene Endoprothesen stehen zur Verfügung (s. Kap. 13). Die Knorpeltransplantation ist noch im Experimentierstadium (Takayama u. Mitarb. 1998).
16.8 Heberden-Arthrose Die Heberden-Arthrose ist die häufigste Arthroseform im Handbereich.
Definition Idiopathische Arthrose der Daumen- und Fingerendgelenke mit Deformierung, Fehlstellung und Bewegungseinschränkung.
Ätiologie Seit der Erstbeschreibung (Heberden 1802) ist die Ätiologie immer noch nicht ganz geklärt. Folgende Thesen stehen fest: 쐌 Erbgang: Es liegt ein einzelnes, geschlechtsgebundenes, autosomales Gen vor (Stecher 1941,1957, Spector u. Mitarb. 1996). 쐌 Hormonhaushalt: Die Krankheit tritt überwiegend bei Frauen nach der Menopause auf. 쐌 Rasse: Dunkelhäutige werden weniger betroffen als Weißhäutige (Solomon u. Mitarb. 1976).
쐌 Belastung: Acheson u. Mitarb. (1970) beobachteten einen häufigeren Befall der dominanten Hand. Bergenudd u. Mitarb. (1989) fanden mehr Herberden-Arthrosen bei manuell tätigen Frauen, insbesondere bei Frauen die überwiegend Präzisionsarbeit leisten, als bei einer Kontrollgruppe (Radin 1971). Nakamura u. Mitarb. (1993) stellten fest, dass mehr Leistung bei gleicher Tätigkeit zum häufigeren Befall der Fingerendgelenke führt.
Pathogenese Die Krankheit verläuft schubweise mit entzündlicher Symptomatik. Zu Beginn bilden sich kleine prallelastische, ganglienähnliche Knoten streckseitig des Endgelenks in der Lücke zwischen Strecksehne und Seitenbändern, darunter findet sich eine kleine Randzacke oder ein Osteophyt (Alexander 1999). Später entwickeln sich Geröllzysten, die oft zusammenbrechen und zur Deformierung und Fehlstellung des Endgelenks führen. Durch die Kapselschwellung und das Abheben der Strecksehne entsteht ein Streckdefizit. Schon im Frühstadium kann es zur Bil-
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16 Arthrosen
dung einer Mukoidzyste auf der Streckseite des Endgliedes kommen, die auf die Nagelwurzel drückt und zur längsrinnenförmigen Deformierung des Fingernagels führt.
Epidemiologie Die Heberden-Arthrose kommt nach Wagenhäuser (1969) bei 13 % der Bevölkerung vor. Das Verhältnis Frauen zu Männer liegt bei 10 : 1. Die Heberden-Arthrose kommt häufig symmetrisch vor und betrifft alle Endgelenke, jedoch mit unterschiedlicher Stärke und unterschiedlichem Zeitpunkt.
Diagnostik Klinische Diagnostik Schmerzen treten am Anfang schubweise und bei Belastung auf. Mit Zunahme der Deformierung und der Bewegungseinschränkung gehen die Schmerzen zurück. Typisch sind die Knoten auf der Streckseite und später die Deviation. Auch die Ruptur der Strecksehnen kommt vor. Bildgebende Diagnostik Das Röntgenbild zeigt am Anfang die Gelenkspaltverschmälerung und später die Osteophyten und die Fehlstellung. Oft sind auch Fingermittelgelenke und das Daumensattelgelenk betroffen (Abb. 16.15 a, b).
Differenzialdiagnose Die Heberden-Knoten werden oft für Gichttophies gehalten. Diese Lokalisation ist für die Gichtarthropathie sehr selten und die Kontrolle der Harnsäure zeigt keine Auffälligkeiten. Ebenso ist der Befall der Endgelenke bei der chronischen Polyarthritis selten, eher zeigen die Fingergrundgelenke eine Deformierung und ulnare Deviation, die Rheumafaktoren und die Entzündungsserologie sind positiv.
Therapie Bei entzündlichem Reizzustand erfolgt eine antiphlogistische Lokalbehandlung und eventuell intraartikuläre Kortikoidinjektionen. Bei vielen Patienten wirkt das Erscheinungsbild eher störend als der Schmerz oder der Funktionsausfall. Ist die Gelenkfunktion noch gut, so können die Osteophyten abgetragen werden. Die Rezidivquote ist groß. Bei Fehlstellung und Bewegungseinschränkung empfiehlt sich die Arthrodese. Die Winkelstellung soll vorher mit dem Patienten festgelegt werden, wir bevorzugen die Streckstellung. Diese entspricht funktionell der Beugestellung, ist aber ästhetisch besser. Wir führen eine stabile Arthrodese mit einer axialen Schraube durch, danach entfällt die Ruhigstellung. Bei einer Mukoidzyste sind die Punktion und die einfache Resektion nur temporäre Lösungen, das Rezidiv ist sicher. Die Zyste sollte mit Gewebesockel, Gelenkkapsel und Osteophyt reseziert werden (Eaton u. Mitarb. 1973). Bei ausgedünnter Haut oder einem Rezidiv erfolgt Hautexzision und plastische Deckung. Abb. 16.15 a, b Bouchard- und Heberden- sowie Daumensattelgelenk-Arthrose an einer Hand.
a
b
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Literatur
Literatur Acheson, R.M., Y.K. Chan, A.R. Clement (1970): New Haven survey of joint diseases XII: Distribution and symptoms of Osteoarthrosis in the hand with reference to handedness. Ann Rheum Dis 29: 275 – 286 Alexander, C.J. (1999): Heberden`s and Bouchard`s nodes. Ann Rheum Dis 58: 675 – 678 Bergenudd, H., F. Lindgärde, B. Nilson (1989): Prevalence and coincidence of degenerative changes of the hands and feet in middle age and their relationship to occupational work load, intelligence and social background. Clin Orthop and Reha Research 239: 306 – 310 Bouchard, C. (1887): Lecon sur les auto. A intoxications dans les maladies. Libairie F Savy, Paris : 178 – 181 Eaton, R.G., A.I. Dobranski, J.W. Littler (1973): Marginal osteophyte excision in treatment of mucous cysts. J Bone Jt Surg 55-A: 570 – 574 Heberden, W. (1802): Commentaries on the history and cure of diseases. Payne, London: 148 – 149 Nakamura, R., Y. Ono, E. Horri, K. Tsunoda, Y. Takenchi (1993): The aetiological significance of work-load in the development of osteoarthritis of the distal interphalangeal joint. J Hand Surg 18-B: 540 – 542
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Radin, E.L., H.G. Parker, I.L. Paul (1971): Pattern of degenerative arthritis, preferential involvment of distal finger-joints. Lancet 1: 377 – 379 Solomon, L., P. Beighton, J.S. Lawrende (1976): Osteoarthrosis in a rural South African negro pupulation. Ann Rheum Dis 35: 274 – 278 Spector, T.D., F. Cicuttini, J. Baker, J. Loughlin, D. Hart (1996): Genetic influences on osteoarthritis in women: a twin study. BMJ 312: 940 – 943 Stecher, R.M. (1941): Heberden`s nodes: heredity in hypertrophic arthritis of the finger joints. Amer J Med Sci 201: 801 Stecher, R.M. (1957): Das Problem der Vererbung bei Gelenkerkrankungen. Documenta Geigy, Acta rheumatol 12. Basel Takayama, S. , Y. Nakao, Y. Horiuchi, Y. Itoh (1998). Arthroplasty of MP and PIP joints using a chondroperichondrial graft. Tech Hand up Extre Surg 2: 115 – 118 Wagenhäuser, F.J. (1969): Die Rheumamorbidität. Eine klinischepidemiologische Untersuchung. Huber, Bern
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Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen L. Bernd 17.1 Einleitung 17.2 Benigne Weichteiltumoren 17.3 Maligne Weichteiltumoren 17.4 Benigne Knochentumoren 17.5 Maligne Knochentumoren
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
17.1 Einleitung Eine Vielzahl von verschiedenen Knochen- und Weichteiltumoren bzw. tumorähnlichen Erkrankungen kommt im Bereich des Ellenbogens, des Unterarmes und der Hand vor. Der überwiegende Anteil dieser Veränderungen hat einen gutartigen Charakter. Diese Tumoren unterscheiden sich in der Regel nicht von denen im restlichen Körper und bedürfen im Grundsatz der gleichen Diagnostik und Therapie. Ganz wesentlich für die durchzuführende Therapie ist die histologische Klassifikation.
17.1.1 Klassifikation In den letzten Jahren hat sich zur Typisierung von Knochentumoren die WHO-Klassifikation (Schajowicz 1972) in den meisten Institutionen etabliert. Dabei findet neben der histogenetischen Beurteilung auch die vom Tumor gebildete Interzellularsubstanz Beachtung. Neben der wesentlichen Unterscheidung in benigne und maligne Tumoren werden zudem geschwulstähnliche Läsionen (Tumor-like-Lesions) aufgeführt. Hierbei handelt es sich nicht um echte Knochentumoren, sondern um tumorähnliche Knochenläsionen, die im klinischen und röntgenologischen Verlauf den Knochentumoren ähneln. Daneben ist beachtenswert, dass einige wenige Tumoren nicht eindeutig als benigne oder maligne eingeordnet werden können. Diese Tumoren werden als semimaligne, intermediär oder ungewiss (indeterminate) bezeichnet. Sie zeichen sich durch ein sehr hohes Lokalrezidivrisiko aus und in Einzelfällen besteht die Möglichkeit der Metastasenbildung (Tab. 17.1). Die Klassifikation von Weichteiltumoren gestaltet sich vor allem durch die Vielzahl der möglichen gutartigen tumorähnlichen Veränderungen schwieriger. Tumorartige Veränderungen infolge traumatischer Ereignisse oder als Folge von Stoffwechselstörungen oder im Rahmen rheumatischer Erkrankungen sind hier ebenso wenig Gegenstand der Betrachtung wie Tumoren der Haut und der Hautanhangsgebilde. Die genannten Veränderungen müssen jedoch immer in die differenzialdiagnostischen Überlegungen und Abwägungen einbezogen werden. Uns erscheint die Einteilung der Weichteiltumoren an Hand und Unterarm in Anlehnung an Glicenstein u. Mitarb. (1988) für den klinischen Gebrauch geeignet (Tab. 17.2).
Tab. 17.1
____
Histologische Klassifikation der Knochentumoren (nach Schajowicz 1972)
I Knochenbildende Tumoren A Benigne 1. Osteom 2. Osteoidosteom und Osteoblastom B Maligne 1. Osteosarkom a) Zentral (medullär) b) Oberflächlich (peripher) 1. Parossal 2. Periostal 3. Hochmalignes Oberflächenosteosarkom II Knorpelbildende Tumoren A Benigne 1. Chondrom a) Enchondrom b) Periostal (juxtakortikal) 2. Osteochondrom (kartilaginäre Exostose) a) Solitär b) Multipel hereditär 3. Chondroblastom 4. Chondromyxoidfibrom B Maligne 1. Chondrosarkom (konventionelles, primär, sekundär) 2. Dedifferenziertes Chondrosarkom 3. Juxtakortikales (periostales Chondrosarkom) 4. Mesenchymales Chondrosarkom 5. Klarzellchondrosarkom 6. Malignes Chondroblastom III Riesenzelltumor (Osteoklastom) IV 1. 2. 3. 4.
Knochenmarktumoren (Rundzelltumoren) Ewing-Sarkom Primitiver neuroektodermaler Tumor Malignes Lymphom (primär, sekundär) Myelom
V Vaskuläre Tumoren A Benigne 1. Hämangiom 2. Lymphangiom 3. Glomustumor (Glomangiom) B Maligne 1. Angiosarkom (malignes Hämangioendotheliom, Hämangiosarkom, Hämangioendothelsarkom) 2. Malignes Hämangioperizytom VI Tumorähnliche Läsionen 1. Fibröser metaphysärer Defekt (nicht ossifizierendes Fibrom, fibröser Kortikalisdefekt) 2. Kortikale Irregularität oder sog. periostales Desmoid 3. Fibröse Dysplasie und osteofibröse Dysplasie 4. Solitäre/einfache oder einkammrige Knochenzyste 5. Aneurysmatische Knochenzyste 6. Intra- und juxtaossäres Ganglion 7. Eosinophiles Granulom (solitär) 8. „Brauner Tumor“ bei Hyperparathyreoidismus 9. Reparatives Riesenzellgranulom der Hände und Füße 10. „Myositis ossificans“ (heterotope Ossifikation) 11. Villonoduläre Synovitis 12 Tumorähnliche Knochenveränderungen bei pustulöser Arthroosteitis 13. Pseudotumoren
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17.1 Einleitung
Tab. 17.2 Weichteiltumoren an Hand und Unterarm (nach Glicenstein u. Mitarb. 1988)
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1. Benigne Weichteiltumoren 쐌 Epidermale Zyste 쐌 Synoviale Zyste (Ganglion) 쐌 Muköse Zyste 쐌 Riesenzelltumor 쐌 Lipom 쐌 Myxom 쐌 Fibrom 쐌 Histiozytom 쐌 Leiomyom 쐌 Schwannom 쐌 Neurofibrom 쐌 Fibrolipom 쐌 Glomustumor 2. Maligne Weichteiltumoren 쐌 Synoviales Sarkom 쐌 Epitheliales Sarkom 쐌 Liposarkom 쐌 Fibrosarkom 쐌 Malignes fibröses Histiozytom 쐌 Rhabdomyosarkom 쐌 Malignes Schwannom
17.1.2 Stadieneinteilung Enneking hat ein Stagingsystem für Knochen- und Weichteiltumoren vorgeschlagen, welches sich weitestgehend durchgesetzt hat. Dieses System ist sowohl für gutartige als auch für bösartige Tumoren verwendbar. Eingang finden anatomische und histopathologische Kriterien. Zudem wird der Metastasierungsgrad des Tumors berücksichtigt. Für das Stagingsystem von Enneking ist der histologische Befund anhand einer repräsentativen Tumorgewebebiopsie maßgeblich. Hierbei gelten G0-Tumoren als eindeutig gutartige Tumoren. Bei G1-Tumoren besteht eine niedriggradige Malignität. Diese Tumoren haben neben einer lokal destruierenden Wachstumstendenz auch die Fähigkeit zur Metastasierung. Die G2-Tumoren gelten als hochmaligne. Histologisch findet man hier eine große Anzahl von unreifen Zellen, viele Nekrosen und mehr als 10 Mitosen pro Gesichtsfeld. Das Metastasierungspotential ist hier als hoch einzuschätzen. Für das biologische Verhalten der Tumoren spielt neben den genannten histologischen Kriterien die Tumorgröße und -ausdehnung eine wichtige Rolle. Eine intrakompartimentale Ausdehnung (T1) besteht, sofern der Tumor in einem anatomischen Kompartiment allein vorzufinden ist. Hat er das Ursprungskompartiment verlassen und wächst in ein benachbartes Kompartiment hinein bzw. wächst darüber hinaus, so liegt ein extrakompartimentales Wachstum vor (T2). Als intrakompartimental (T1) bezeichnet man z. B. einen Tumor, der sich allein im
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____
Tab. 17.3 Staging-System nach Enneking (1980) Histologischer Grad
G0
gutartig
G1
niedriggradig maligne: gut differenzierte Tumoren, wenig Mitosen mäßige zytologische Atypien, geringe Metastasierungsrate
G2
hochgradig maligne: wenig differenziert, zellreich, hohe Mitoseraten Gefäßinvasion, hohe Metastasierungsrate
Anatomische Lokalisation
T1
intrakompartimental
T2
extrakompartimental
Stadieneinteilung bei einer Tumorerkrankung
IA
G1, T1, M0
IB
G1, T2, M0
IIA
G2, T1, M0
IIB
G2, T2, M0
III
Tumor mit regionalen Metastasen oder Fernmetastasen, M1
Knochen ausbreitet und nicht über das Periost hinausgewachsen ist. Beim Überschreiten des Periosts liegt extrakompartimentales Wachstum (T2) vor. Zur Beurteilung der Tumorausdehnung eignen sich am besten Schnittbildverfahren, wie die Computertomographie und Magnetresonanztomographie. Ein weiterer wesentlicher Gesichtspunkt für die Behandlung und für die Prognose bei einem malignen Tumor ist der Nachweis regionaler oder Fernmetastasen, letzte vornehmlich in der Lunge, weniger häufig im Intestinum und im Gehirn. Sind Metastasen vorhanden, ist von einer generalisierten Tumorerkrankung auszugehen mit einer in der Regel schlechteren Prognose. Alle genannten Faktoren gehen in das Stagingsystem ein und sollten bei der Therapieplanung Berücksichtigung finden (Tab. 17.3). Gutartige Tumoren werden in 3 Klassen unterschieden: 쐌 Stadium I (latent): Tumoren dieser Art bedürfen keiner weiteren Behandlung. Sie heilen spontan oder verbleiben in Form und Größe über einen langen Zeitraum unverändert. 쐌 Stadium II (aktiv): Limitiertes Wachstum unter Beachtung natürlicher Gewebeschranken. Sofern eine operative Behandlung notwendig ist, genügt in der Regel eine intraläsionale oder marginale Exzision. 쐌 Stadium III (lokal aggressiv): Unlimitiertes Wachstum und Überwindung natürlicher Gewebeschranken. Bei diesen Tumoren ist eine weite oder eine En-bloc-Resektion zur lokalen Heilung notwendig.
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
17.1.3 Epidemiologie Die Inzidenz von benignen und malignen Knochen- und Weichteiltumoren an Hand und Unterarm ist nur schwierig zu ermitteln, nicht zuletzt, weil unterschiedliche Fachgruppen wie Handchirurgen, plastische Chirurgen, Dermatologen, Rheumatologen und Orthopäden bei Diagnostik und Behandlung involviert sein können. Der weitaus überwiegende Anteil von tumorösen Veränderungen an Hand und Unterarm wird von den benignen Weichteiltumoren gestellt. Hierbei spielen die synovialen Zysten (Ganglien) mit etwas über 50 % die quantitativ größte Rolle. Maligne Knochen- und Weichteiltumoren sind insgesamt sehr selten und stellen nur etwa 1 % aller Malignome. Prädilektionsorte für diese malignen Tumoren sind in der Regel die unteren Extremitäten. Das Vorkommen dieser Veränderungen am distalen Ende der oberen Extremitäten bleibt die Ausnahme.
17.1.4 Allgemeine Diagnostik bei Tumoren Klinische Diagnostik Das klinische Bild bei allen Tumoren ist in der Regel wenig richtungweisend und gleicht sich. Man findet eine lokale oder eher diffuse Schwellung ohne oder nur mit geringer Schmerzhaftigkeit. Üblicherweise führt eine Vergrößerung des Schwellungszustandes erst spät zu Kompressionssymptomen an Gefäß- und Nervenbahnen. Bei der klinischen Untersuchung wird bei der Inspektion des Befundes das Ausmaß der Schwellung, die Verfärbung des Gewebes, Muskelatrophien und eine vermehrte Gefäßzeichnung beurteilt. Palpatorisch lässt sich die Konsistenz der Schwellung und ggf. ein lokaler Druckschmerz feststellen. Daneben fallen Temperaturdifferenzen, Ergussbildung und pathologische Krepitationen auf. Mithilfe der klinischen Untersuchung kann eine Störung der Durchblutungsverhältnisse oder der Motorik und Sensibilität festgestellt werden. Daneben wird die Beweglichkeit der angrenzenden Gelenke geprüft. Anamnestische Daten zur Vorgeschichte, speziell im Hinblick auf andere Erkrankungen, müssen erhoben werden. Daneben spielt die Familienanamnese unter der Berücksichtigung von Erbkrankheiten eine besondere Rolle.
Laboruntersuchungen Die Labordiagnostik ist bei Knochen- und Weichteiltumoren meist wenig hilfreich. Die klassischen Tumormarker (z. B. CEA oder Ca 19 - 9 u. a.) sind nicht spezifisch für Knochen- oder Weichteiltumore. Die Immunelektrophorese ist
bei der Differenzialdiagnose zum multiplen Myelom von Bedeutung. Antinukleäre Antikörper und der Rheumafaktor dienen der Abgrenzung zu Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis. Die Entzündungswerte (CRP, BKS u. a.) spielen bei Infektionen eine wesentliche Rolle.
Bildgebende Diagnostik Die bildgebende Diagnostik ermöglicht bei einem ungeklärten Tumor eine Aussage über die wahrscheinliche Diagnose und Differenzialdiagnose sowie über die genaue Lokalisation und Größe des Tumors. Bezüglich der dezidierten Darstellung der Bildgebung wird auf Kapitel 2.2.1 verwiesen.
Röntgen. Die Röntgenübersichtsaufnahme in 2 senkrecht aufeinander stehenden Ebenen ist die erste und wichtigste bildgebende Untersuchung. Sie bietet wesentliche Informationen über Tumorausdehnung, Lokalisation, Morphologie und Knochendestruktion. Darüber hinaus werden Veränderungen bezüglich der Periostreaktion, der Ossifikation und der Mineralisation sichtbar gemacht. Insbesondere Knochentumoren bieten nicht selten röntgenspezifische Veränderungen, die schon in der Übersichtsaufnahme gezielte Hinweise auf die Diagnose liefern können. Die Darstellung von Weichteiltumoren ist im Röntgenbild wenig spezifisch. Jedoch lässt sich eine knöcherne Beteiligung nachweisen oder ausschließen. Szintigraphie. Die Radionukliduntersuchung des Skelettsystems ist besonders hilfreich für den Nachweis ossärer Veränderungen. Sie gibt Auskunft darüber, ob es sich um ein einzelnes, lokal begrenztes Phänomen oder möglicherweise um einen polytopen Prozess handelt. Die Höhe und Schnelligkeit der Radionuklidaufnahme kann Auskunft über den Malignitätsgrad des Tumors geben. Computertomographie. Die multiplanare Bildgebung in der Computertomographie (CT) bietet besondere Vorteile zur Beurteilung der Tumorgröße, -lokalisation und -konfiguration. Im CT können vor allem ossäre Veränderungen sehr genau beurteilt werden. Die Struktur und Form von Kortikalis und Spongiosa lässt sich damit sehr genau darstellen. Darüber hinaus spielt das CT der Lunge im Rahmen des Tumorstagings eine wesentliche Rolle. Hiermit kann frühzeitig eine Lungenmetastasierung festgestellt werden. Magnetresonanztomographie. Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist unübertroffen in der Darstellung von Weichteilkontrasten in allen 3 Ebenen – axial, koronar und sagittal. In Abhängigkeit von den verwendeten Sequenzen lassen sich bestimmte Gewebe besonders deutlich darstellen. Hierbei haben sich die Echosequenzen zum Nachweis von Skelettneoplasien als besonders geeignet erwiesen. In den T1-gewichteten Bildern sind Fett und
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17.1 Einleitung
Knochenmark hell, d. h. in hoher Signalintensität dargestellt. Die meisten Knochentumoren haben eine verlängerte T1- und T2-Relaxationszeit und stellen sich somit in den T1-Spinechosequenzen nur schwach bis mittelstark signalgebend dar. Die Tumoren erscheinen jedoch signalreich in den T2-Sequenzen. Durch Kontrastmittelgabe (z. B. GD-DTPA) ist die Tumordarstellung noch zu verbessern. Besonders die stark vaskularisierten Tumoranteile stellen sich hierbei kontrastreich dar. Dabei kann auch die Abgrenzung zwischen der reaktiven Zone um den Tumor herum und dem benachbarten Weichteilgewebe (z. B. Muskel) oft besser sichtbar sein.
Sonographie. Die Sonographie ist eine strahlenbelastungsfreie Methode zur Darstellung unklarer Raumforderungen. Insbesondere der Flüssigkeitsnachweis und die Lokalisation sind die Stärken dieses schnellen und gering aufwendigen Untersuchungsverfahrens.
Biopsie Die Biopsie ist der letzte und entscheidende diagnostische Schritt bei malignen Tumoren vor der therapeutischen Entscheidungsfindung. Die bildgebenden Untersuchungen müssen vor der Biopsie abgeschlossen sein, da durch die Biopsie die Darstellung des Tumors und dessen Umgebung verändert werden können. Die Gewebeentnahme muss genau geplant werden, um spätere, möglicherweise not-
wendige operative Maßnahmen zur Tumorentfernung nicht zu kompromittieren. Fehler bei der Biopsie können das onkologische Ergebnis für den Patienten entscheidend verschlechtern. Es kann passieren, dass durch eine falsche Wahl des Zugangsweges zum Tumor ein im Prinzip möglicher Extremitätenerhalt unmöglich gemacht wird. Es ist immer so vorzugehen, dass es bei der späteren endgültigen Operation möglich sein wird, den Biopsieweg vollständig mit dem Tumorpräparat zusammen auszuschneiden und zu entfernen. Der Biopsieweg gilt als potentiell tumorzellkontaminiert. Bei dem Verdacht auf eine maligne Läsion wird in der Regel ein Schnitt in Längsrichtung gewählt, wobei die neuromuskulären Strukturen genügend Abstand vom Zugangsweg haben sollen. Die Anlage einer Blutsperre ist möglich; die Blutleere ist jedoch bei Verdacht auf Malignom kontraindiziert. Vor Wundverschluss ist auf penible Blutstillung zu achten, um eventuell tumorzellkontaminierte Hämatome zu vermeiden. Deswegen wird gefordert, dass Biopsie und endgültige operative Versorgung vom gleichen Operateur oder Zentrum vorgenommen werden sollten. Bei der Biopsie ist auf eine ausreichende und repräsentative Gewebemenge zu achten, da die gewonnenen Präparate immer durch einen Referenzpathologen (mit) begutachtet werden sollten, der mit den insgesamt selten vorkommenden Tumoren des Skelettsystems vertraut ist, um differenzialdiagnostische Probleme und Fehlinterpretationen zu vermeiden. Gegebenenfalls sind immunhistologische und molekulargenetische Analysen durch-
Abb. 17.1 Diagnostische Kaskade bei Tumorerkrankungen des Unterarmes bzw. der Hand.
Verdacht auf eine Tumorerkrankung
- Anamnese - klinische Untersuchung - Röntgen - ggf. Sonographie - ggf. Labor
gutartiger Tumor Exzision
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Turmordiagnostik bei Verdacht auf Malignität errweiterte Diagnostik lokal
Diagnostik systemisch
MRT
Skelettszintigraphie
CT
PET
Angiographie
bei Verdacht auf Metastasen
Röntgenaufnahme oder CT vom Thorax
Tumor wahrscheinlich (Entität und Dignität unklar)
Sonographie des Oberbauches
Biopsie
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
zuführen. Bei bestimmten Knochentumoren ist dieses standardgemäß von den Behandlungsprotokollen vorgesehen. Meistens werden die offenen Biopsien im Sinne von Inzisionsbiopsien durchgeführt. Zusammenfassend lassen sich in Anlehnung an Mankin u. Mitarb. (1996) folgende Leitlinien zur Biopsie bei Tumoren formulieren: 1. Repräsentatives Tumorgewebe muss durch eine kleinstmögliche Inzision gewonnen werden. Nadelund Exzisionsbiopsien bleiben speziellen Fragestellungen vorbehalten. 2. Eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Operateur und dem Pathologen sollte schon im Vorfeld, d. h. vor der Biopsieentnahme, gewährleistet sein. 3. Im Idealfall kann bei der Biopsie ein Schnellschnitt Auskunft darüber geben, ob das gewonnene Gewebe repräsentativ ist und eine vorläufige Diagnose während des operativen Eingriffes gestellt werden kann. 4. Die Biopsie sollte in einem Zentrum durchgeführt werden, in dem bei gegebener Indikation später die definitive Operation vorgenommen wird. Im Interesse des Patienten und in Kenntnis der möglichen Komplikationen ist ein ausgewiesenes Tumorzentrum auszuwählen. Bei Exzisionsbiopsien wird der tumoröse Prozess im Sinne einer marginalen Resektion komplett entfernt. Bei kleinen Läsionen und gutartigen Veränderung kommen üblicherweise Exzisionsbiopsien zur Anwendung. Die Nadelbiopsie spielt in der Primärdiagnostik von Knochen- und Weichteiltumoren nur eine untergeordnete Rolle. Ursache hierfür ist eine Fehlerquote von bis zu 40%, die vor allem darauf gründet, dass im Rahmen von Nadelbiopsien nur eine sehr limitierte Menge von Gewebe gewonnen werden kann. Sie haben jedoch ihren Stellenwert zur Beurteilung von Metastasen bei bekanntem Primärtumor und zum Nachweis von Lokalrezidiven (Abb. 17.1).
17.1.5 Therapie bei Tumoren und tumorähnlichen Erkrankungen Nicht alle gutartigen Tumoren bedürfen einer Therapie. Die zum Teil als Zufallsbefund gefundenen Veränderungen können beobachtet und kontrolliert werden. Schmerz und Wachstumstendenz sind jedoch Symptome, die eine – in der Regel operative – Therapie erforderlich machen. Bei tumorösen Veränderungen, die in einem Zusammenhang mit generalisierten Erkrankungen (z. B. Hyperparathyreoidismus, Niereninsuffizienz, chronische Polyarthritis u. a.) stehen, ist die Therapie des Grundleidens vorrangig. Bei bösartigen Weich- und Knochentumoren müssen in Absprache mit Pädiatern, Strahlentherapeuten, Onkologen und Pathologen die Möglichkeiten einer neoadjuvanten oder adjuvanten Chemo- und/oder Strahlentherapie abgestimmt werden. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist, ob ein
disseminiertes Tumorleiden vorliegt oder nicht. Adjuvante Therapien werden in besonderen Einzelfällen auch bei gutartigen Tumoren durchgeführt.
Operative Therapie Ziel der operativen Therapie ist die Entfernung des Tumors. Bei benignen Veränderungen ist eine intraläsionale bzw. marginale Vorgehensweise in der Regel ausreichend. Bei bösartigen Tumoren muss eine weite oder radikale Resektion angestrebt werden. Die Definition dieser Begriffe gründet sich auf Enneking (Enneking u. Mitarb. 1980, Enneking 1986). Bei intraläsionalem Vorgehen wird der Tumor selbst eröffnet und durch Kürettage bzw. Auschneiden entfernt. Mikroskopische Reste können verbleiben und sind gelegentlich verantwortlich für auftretende Tumorrezidive. Bei der marginalen Resektion wird die reaktive Zone um den Tumor herum mitentfernt, so dass davon ausgegangen werden kann, dass keine makroskopischen Tumorreste in situ verbleiben. Theoretisch können jedoch mikroskopische Reste des Tumors verbleiben und Rezidive verursachen. Bei der weiten Resektion muss der Tumor allseits von einer eindeutig gesunden Gewebeschicht umgeben sein. Lokalrezidive sind danach nicht zu erwarten. Bei der radikalen Vorgehensweise wird in der Regel die betroffene Extremität entfernt. Diese sehr weitreichende Maßnahme ist nur in Ausnahmefällen indiziert. Nicht aggressive benigne Tumoren werden normalerweise intraläsional oder marginal entfernt. Sofern Zweifel bestehen, kann das Vorgehen intraoperativ durch eine Schnellschnittuntersuchung überprüft werden. In Abhängigkeit von der gutartigen Tumorentität können adjuvante Maßnahmen (z. B. Phenol bei Riesenzelltumoren des Knochens) Anwendung finden. Bei der Therapie der bösartigen Tumoren hat die vollständige Tumorentfernung Vorrang vor dem Funktionserhalt der Extremität. Beachtenswert hierbei ist, dass durch neoadjuvante Therapiemaßnahmen, wie beispielsweise die Chemotherapie oder die Radiotherapie, unter Umständen die operative Vorgehensweise erleichtert wird bzw. einen weniger großen Eingriff erlaubt. Dies muss jedoch in Abhängigkeit von der einzelnen Tumorentität gesehen werden. Bei der neoadjuvanten Applikation der Chemo- bzw. Radiotherapie muss zudem genau festgehalten werden, ob und inwieweit sich der Tumor unter dieser Therapie bezüglich der Größe verändert. Nach der Diagnose eines bösartigen Tumors muss ggf. in Absprache mit den beteiligten Nachbardisziplinen (Pathologie, Onkologie, Pädiatrie, Radiologie, plastische Chirurgie) ein Behandlungsplan erstellt werden, bei dem die operative Therapie in der Regel nur ein – oft jedoch ein wesentlicher – Schritt im Behandlungsplan ist. Bei Weichteil- und Knochentumoren im Bereich des Unterarmes und der Hand ist zu beachten, dass die anatomische Einteilung in Kompartimente, insbesondere in den distalen Abschnit-
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17.2 Benigne Weichteiltumoren
ten, problematisch und schwierig ist. Sofern dann die ablative operative Maßnahme notwendig ist, verweisen wir auf das entsprechende Spezialkapitel. Erst wenn das operative Vorgehen zur Entfernung des Tumors eindeutig festgelegt ist, sollte in einem zweiten Schritt überlegt werden, ob und in welcher Form die verloren gegangene Funktion bei dem betreffenden Patienten ersetzt werden kann. Der Zeitpunkt zur Rekonstruktion kann unter Umständen variabel gewählt werden und sowohl direkt im Anschluss nach der Tumorentfernung vorgenommen werden als auch in einem zweiten operativen Schritt. Das zweizeitige Vorgehen bietet den Vorteil, dass das Resektat hinsichtlich seiner Resektatgrenzen bei dem Rekonstruktionseingriff schon untersucht worden ist und somit Auskunft über die erfolgreiche Tumorentfernung besteht. Hierbei muss auch berücksichtigt werden, dass nach der Tumorentfernung möglicherweise die Strahlenbzw. Chemotherapie in einem adäquaten zeitlichen Rahmen fortgesetzt werden muss. Literatur Bernd, L., V. Ewerbeck (2000): Die operative Therapie von primär malignen Knochentumoren. Onkologe 6: 730 – 737 Capelastegui, A., E. Astigarraga, G. Fernandez-Canton, I. Saralegui, J.A. Larena, A. Merino (1999): Masses and pseudomasses of the hand and wrist: MR findings in 134 cases. Skeletal Radiol 28: 498 – 507 Enneking, F. (1986): A system of staging musculoskeletal neoplasms. Clin Orthop 209: 9 – 24 Enneking, W., S. S. Spanier, M.A. Goodman (1980): A system for the surgical staging of musculoskeletal sarcoma. Clin Orthop 153: 106 – 120 Frassica, F.J., P.C. Amadio, L.E. Wold, J.H. Dobyns, R.L. Linscheid (1989): Primary malignant bone tumors of the hand. J Hand Surg 14-A (6): 1022 – 1028
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Garcia-Solano, J., B. Garcia-Rojo, C. Sanchez-Sanchez, S. Montalban-Romero, D. Martinez-Parra, M. Perez-Guillermo (2000): On the utility and limitations of fine-needle aspiration of palpable lesions located in the hand. Diagn Cytopathol 23: 284 – 291 Glicenstein, J., J. Ohama, C. Leclercq (1988): Tumors of the hand. Springer, Berlin Hoglund, M., C. Muren, O. Engkvist (1997): Ultrasound characteristics of five common soft-tissue tumours in the hand and forearm. Acta Radiol 38: 348 – 354 Hoglund, M., P. Tordai, O. Engkvist (1991): Ultrasonography for the diagnosis of soft tissue conditions in the hand. Scand J Plast Reconstr Surg Hand Surg 25: 225 – 231 Hoogeboom, W.R., H.J. Hoekstra, E.L. Mooyaart, N.J. Freling, R.P. Veth, A. Postma, H. Schraffordt Kopps (1992): MRI or CT in the preoperative diagnosis of bone tumours. Eur J Surg Oncol 18: 67 – 72 Mankin, H.J., C.J. Mankin, M.A. Simon (1996): The hazards of the biopsy, revisited. J Bone Joint Surg 78-A: 656 – 662 Marini, M., V. Fazio, A. Cremona, M. Galluzo, A. Cortese (1995): The role of magnetic resonance imaging with a low-intensity field (0.2 T) in assessing expansive lesions of the hand and wrist. Radiol Med 90: 202 – 207 Miller, T.T., H. Potter, R.R. McCormack jr. (1994): Benign soft tissue masses of the wrist and hand: MRI appearances. Skeletal Radiol 23: 327 – 332 Peh, W.C., N.P. Truong, W.G. Totty, L.A. Gilula (1995): Pictorial review: Magnetic resonance imaging of soft tissue masses of the hand and wrist. Clin Radiol 50: 519 – 525 Schajowicz, F., L.V. Ackermann, H.A. Sissons (1972): Histological typing of bone tumors. International histological classification of tumors. World Health Organisation (WHO), Genf (6) Schmitt, R., M. Warmuth-Metz, U. Lanz, D. Lucas, T. Feyerabend, G. Schindler (1990): Computed tomography of soft tissue tumors of the hand and the forearm. Radiologe 30: 185 – 192
17.2 Benigne Weichteiltumoren Benigne Weichteiltumore sind die mit Abstand größte Gruppe von Tumoren, die an der Hand und dem Unterarm vorkommen. Ein Teil dieser Veränderungen wird aufgrund ihrer Beschwerdefreiheit von den Patienten ohne weitere Diagnostik und Therapie belassen. Dieser Tatbestand erschwert eine sichere Häufigkeitsangabe benigner Weichteiltumoren. Im Folgenden werden die wesentlichen benignen Weichteiltumoren im Einzelnen vorgestellt.
17.2.1 Synoviale Zyste (Ganglion) Definition Die Ganglien an Hand und Unterarm sind mit einem Anteil von 50 – 70% die weitaus größte Gruppe der tumoröser Veränderungen.
Ätiologie Die Entstehungsursache der synovialen Zysten ist bisher nicht eindeutig geklärt. Möglicherweise handelt es sich um eine mukoide Degeneration von Bindegewebe. Bei den gelenknahen Zysten liegt nicht selten eine Ausstülpung der Gelenkinnenhaut vor. Auch werden traumatische Ursachen diskutiert, die die Muzin produzierenden Stellen stimulieren.
Pathogenese Die mit Mucopolysacchariden gefüllten, klar und durchsichtig erscheinenden Zysten kommen ein- oder mehrkammerig vor. Sie treten meist in der Nachbarschaft von Gelenken oder Sehnen auf. Die häufigste Lokalisation ist das dorsale Handgelenk, an dem 60 – 70% aller Ganglien vorkommen. Sehr verbreitet ist auch das palmare Hand-
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
brevis-manus-Muskel und dem Carpe bossu, welches als akzessorische Ossifikation an der Basis des Metatarsale II und III vorkommt. Die Unterscheidung zu einer Synovialitis bzw. Tenosynovialitis der Extensoren gelingt durch die klinische Palpation. Die Synovialitiden haben einen eher weichen und weniger gut abgrenzbaren Charakter bei ihren Schwellungen. Zudem bewegen sie sich nicht selten bei der Fingerbeugung und Streckung.
Therapie
Abb. 17.2 Klinisches Bild eines beugeseitigen Handgelenkganglions.
gelenkganglion (Abb. 17.2), welches meist zwischen dem Flexor carpi radialis und der Radialarterie lokalisiert ist. Am dritthäufigsten mit 10 – 12 % aller Ganglien ist das volare Retinakulumganglion, welches sich aus dem annularen Band der Flexorensehne entwickelt.
Epidemiologie Frauen sind dreimal häufiger von Ganglien betroffen als Männer, ca. 70% der synovialen Zysten treten zwischen dem 20. und 45. Lebensjahr auf. Grundsätzlich können jsie edoch bei allen Altersgruppen vorkommen.
Bei der Behandlung von Ganglien bestehen konservative Therapiemöglichkeiten. Durch Druck oder Schlag auf das Ganglion kann versucht werden, dessen Inhalt aus der umhüllenden Kollagenschicht herauszupressen. Dieses Ziel kann auch durch die Punktion und das Ablassen der Zystenflüssigkeit erreicht werden. Gleichzeitig können verklebende Substanzen, wie Lokalanästhetika oder kortisonhaltige Medikamente in die Zyste appliziert werden. Damit soll das Wiederauftreten eines solchen Ganglions verhindert werden. Die geschlossene Ruptur bei dorsalen Handgelenkganglien hat eine Rezidivquote von etwa 30 – 40%. Die Punktion mit Aspiration des Zysteninhaltes erhöht die Erfolgsquote, wobei der Erfolg der Instillation von unterschiedlichen Wirkstoffen nicht einheitlich beurteilt wird. Sofern die konservative Therapie nicht zum Erfolg führt, ist die operative Entfernung des Ganglions die Therapie der Wahl. Hierbei wird die komplette Zyste einschließlich eines Zystenstiels – sofern vorhanden – entfernt. Auch bei der operativen Zystenentfernung sind Rezidive in bis zu 20% möglich.
Diagnostik Wesentliches klinisches Symptom ist die gut abgrenzbare Schwellung, die sich sowohl sehr schnell als auch langsam über Wochen entwickeln kann. Der prall elastische Charakter dieser Schwellung ist oft nachweisbar, was das Erscheinungsbild der Hand kosmetisch beeinträchtigt. Je nach Größe und Lokalisation des Ganglions können Schmerzen und Funktionsstörungen auftreten, welche durch die Kompression nahe liegender Nerven und Gefäßstrukturen verursacht sein kann. Neben der klinischen Untersuchung mit der typischen Lokalisation und dem prall elastischen Charakter der Schwellung lässt sich sonographisch häufig ein flüssigkeitsgefüllter ein- oder mehrkammeriger Hohlraum nachweisen. Auch im MRT lässt sich ein solcher flüssigkeitsgefüllter Hohlraum nachweisen, wobei die apparative Diagnostik meist verzichtbar ist und nur in Zweifelsfällen hinzugezogen werden muss.
Differenzialdiagnose Grundsätzlich muss eine Unterscheidung zu malignen Weichteiltumoren vorgenommen werden. Eine wichtige Differenzialdiagnose besteht in der Abgrenzung gegenüber dem angeborenen rudimentären Extensor-digitorum-
17.2.2 Muköse Zysten Definition Muköse Zysten sind Ganglien der distalen Interphalangealgelenke.
Ätiologie In vielen Fällen sind die mukösen Zysten mit einer Heberden-Arthrose vergesellschaftet.
Pathogenese Die Zyste ist neben der Extensorensehne medial oder lateral lokalisiert und oft zwischen dem distalen Interphalangealgelenk und dem Nagel gelegen.
Epidemiologie Betroffen sind überwiegend Frauen zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr.
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17.2 Benigne Weichteiltumoren
Diagnostik
Therapie
Klinisch imponiert oft als erstes Zeichen eine Längsrille des Nagels, verursacht durch den Druck auf die Nagelmatrix. Bei weiterem Wachstum ist die zystoide Struktur dann unter der Haut sichtbar und palpabel.
Patienten mit einer Osteolyse mit Verdacht auf eine epidermale Einschlusszyste der distalen Phalanx sollten zunächst durch marginale Exzisionsbiopsie mit Ausräumung und gegebenenfalls einer Spongiosaauffüllung behandelt werden. Bei sehr fortgeschrittenem Befall kann eine Amputation erwogen werden. Rezidive sind sehr selten und maligne Entartungen sind nicht bekannt.
Therapie Über einen schrägen oder S-förmigen Hautschnitt wird die Zyste freigelegt und nach Mobilisation entfernt. Die Gelenkkapsel kann partiell mit entfernt werden, ohne die Nagelmatrix oder die Extensorensehne zu beschädigen. Degenerative Veränderungen, wie Osteophyten im Rahmen der Heberden-Arthrose werden in gleicher Sitzung mit abgetragen.
17.2.3 Epidermale Einschlusszyste Definition
581
Ergebnisse Ein Teil der Patienten wurden durch Amputation behandelt, obwohl die Dignität präoperativ nicht bekannt war.
17.2.4 Infantiles digitales Fibrom Synonyme Reye-Tumor.
In der Epidermis gelegene Zyste.
Ätiologie Epidermale Einschlusszysten entstehen höchstwahrscheinlich durch traumatische oder iatrogene (operative) Verschleppung von epithelialen Zellen in das Nachbargewebe.
Pathogenese Meistens sind die Fingerspitzen betroffen, welche über einen Zeitraum von Monaten bis sogar Jahren durch eine schmerzlose Schwellung auffallen. Die Mittelhand ist selten betroffen. Patienten bemerken meistens eine stetige und langsame Größenzunahme einer Finger- oder Daumenspitze. An ein Trauma kann sich der Patient meist nicht erinnern. Im Weichteilgewebe ist die Zyste gut abgrenzbar und etwas verschiebbar. Gelegentlich wird die Kortikalis der Endphalanx betroffen, so dass ein malignes oder infektiöses Geschehen differenzialdiagnostisch vermutet werden kann.
Diagnostik Der Befund ist klinisch oft schon recht eindeutig. Ein Röntgenbild sollte immer erstellt werden. Das MRT bleibt für schwierig zu beurteilende Fälle als weiteres Diagnostikum.
Definition Das infantile digitale Fibrom ist ein gutartiger, aber manchmal lokal sehr aggressiv wachsender fibröser Tumor, welcher fast ausschließlich im Bereich der interphalangealen Gelenke der Finger oder den Zehen vorkommt.
Pathogenese Der Tumor ist meist klein, hautfarben und häufig schmerzlos. Eosinophile Einschlusskörper in der Nähe der Tumorzellkerne sind pathognomonisch. Im weiteren Krankheitsverlauf kann es in schweren Fällen zu interphalangealen Kontrakturen, Achsabweichungen oder Knochendeformitäten kommen. Es sind Spontanheilungen mit verbleibenden Deformitäten beschrieben worden. Histologisch fallen intrazytoplasmatische Einschlusskörper auf, welche eine virale oder myofibroblastische Genese vermuten lassen. Eine Metastasierung ist nicht bekannt, jedoch ist die Rezidivrate nach Exzision mit 60% sehr hoch. Die benachbarten Seiten des digitalen Strahles können ebenfalls befallen werden.
Epidemiologie Über 80% der Fälle treten vor Vollendung des 1. Lebensjahres auf. Insgesamt sind nur ca. 100 Fälle in der Literatur beschrieben.
Differenzialdiagnose
Therapie
Fremdkörpergranulom, andere Weichteiltumore.
Es ist ratsam, den Verlauf zunächst zu beobachten und eine Spontanheilung oder beginnende Kontraktur- oder
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
Deformitätsanzeichen abzuwarten. Eine weiträumige Exzision mit plastischer Deckung scheint lokal die besten Ergebnisse zu bringen.
17.2.5 Juveniles aponeurotisches Fibrom
Diagnostik Zum Nachweis von Fremdkörpern kann entweder eine Röntgenaufnahme gemacht oder eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden.
Differenzialdiagnose Epidermale Einschlusszyste, andere Weichteiltumore.
Synonyme Kalzifizierendes aponeurotisches Fibrom, Keasby-Tumor.
Definition Das juvenile aponeurotische Fibrom ist ein benigner, aggressiver fibröser Tumor im Kindheits- und Adoleszentenalter mit Hauptmanifestierung an der Handinnenfläche.
Pathogenese Patienten klagen über eine kleine schmerzlose Schwellung meist im Handinnenflächenbereich, welche mit Sehnen oder Nervenstrukturen verwachsen sein kann.
Diagnostik Klinik und Bildgebung sind nicht charakteristisch. Bei einem Abgrenzungsproblem zu malignen Prozessen sollte eine Biopsie durchgeführt werden. Histologisch kann eine Unterscheidung von einem Fibrosarkom schwierig sein.
Therapie Die weiträumige Exzision wird im Falle einer Operationsindikation empfohlen. Da eine hohe postoperative Rezidivrate von bis zu über 50% beschrieben wurde, ist zunächst eine zurückhaltende Einstellung und Beobachtung angezeigt. Adjuvante Therapien sind bisher nicht etabliert. In seltenen Fällen ist eine Amputation notwendig.
17.2.6 Fremdkörpergranulome Ätiologie Fremdkörpergranulome entstehen posttraumatisch nach Fremdkörpereinbringung durch reaktive Gewebeneubildung und sind keine Neoplasien im klassischen Sinne.
Pathogenese Die Reaktion auf Fremdkörper zur Isolierung ist abhängig von dessen Art und Zusammensetzung, der Lokalisation, Verweildauer und allergischer Potenz. Metall-, Glas- und Holzsplitter sind am häufigsten und meistens sehr oberflächlich gelegen.
Therapie Sofern der Fremdkörper identifiziert werden kann, muss er mit dem Granulationsgewebe entfernt werden. Falls der Fremdkörper als solcher nicht sicher gefunden werden kann, erfolgt die Exzision des gesamten Granuloms.
17.2.7 Granularzelltumor Synonyme Granularzelliges Myoblastom.
Definition Granularzelltmoren sind sehr seltene Tumoren, die von unterschiedlichen Weichgeweben ausgehen können.
Ätiologie Die Ursache der Gewebewucherung ist unklar. Der Granularzelltumor scheint wegen des nervennahen Vorkommens eher aus neuralen Bestandteilen, z. B. Schwann-Zellen zu entstehen als aus Myoblasten, wie ursprünglich angenommen.
Pathogenese Die Patienten bemerken eine zumeist schmerzlose Schwellung. Multiples Vorkommen wird in 10 – 15 % der Fälle berichtet.
Epidemiologie Der Granularzelltumor kommt nur selten im Unterarmund Handbereich vor. Am häufigsten ist diese Tumorentität in der Kopf-Hals-Region anzutrefen.
Diagnostik Es findet sich eine schmerzlose Schwellung, die, sofern sie nervennah liegt, sensible Irritationsstörungen auslösen kann.
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17.2 Benigne Weichteiltumoren
Therapie
Nervenanteil geopfert. Die histologische Auswertung zeigt von Fettgewebe umhülltes Nervengewebe mit geringen Bindegewebsanteilen.
Exzisionsbiospie, wenn möglich. Die Resektion des Tumors ist kurativ; Erkenntnisse über ausreichende Resektionsabstände gibt es nicht. Im Ausnahmefall kann es eine maligne Form sein, die sehr aggressiv ist. Die Unterscheidung von der benignen Form ist nur histologisch möglich. In einem solchen Fall ist ein weiter Sicherheitsabstand anzustreben.
17.2.9 Lipom
17.2.8 Lipofibromatöses Hämartom
Lipome sind häufige gutartige Neubildungen des Fettgewebes und kommen überall am Körper vor. Vorwiegend entwickeln sie sich im subkutanen Fettgewebe oder im Muskelgewebe (Abb. 17.3).
Definition Lipofibromatöse Hämartome sind Tumoren der peripheren Nerven.
Ätiologie Es wird eine anlagebedingte oder wachstumsbedingte Ursache vermutet.
Pathogenese Die Patienten klagen meistens über eine langsame Schwellungszunahme im Bereich des distalen Unterarmes mit zunehmenden neurologischen Symptomen. An der oberen Extremität ist überwiegend der N. medianus betroffen. N. radialis und N. ulnaris sind nur selten befallen.
Epidemiologie Im Kindes- und Adoleszentenalter ist das häufigste Vorkommen zu verzeichnen.
Diagnostik Die klinische Untersuchung ist nicht charakteristisch, wobei der nervale Befall richtungweisend sein kann. Schnittbildverfahren sind nur wenig hilfreich. Die sichere Diagnose erfolgt durch die histopathologische Untersuchung.
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Definition
Epidemiologie Frauen sind dreimal häufiger betroffen als Männer. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwischen 40 und 50 Jahren.
Pathogenese Meistens treten Lipome subkutan oder intramuskulär auf, beschrieben wurde jedoch auch das Vorkommen in Sehnenscheiden, im Karpaltunnel und Gyon-Kanal sowie im tiefen palmaren Gewebe. Nur selten findet man sie in den Fingern.
Diagnostik Sie erscheinen als weiche prallelastische und nicht durchscheinende Strukturen. Nervenkompressionssymptome können bei Wachstum in Nervennähe auftreten. Bei ungünstiger Lage und Größe kann die Beweglichkeit eingeschränkt sein. Das Wachstum ist sehr langsam und kann über mehrere Jahre beobachtet werden. Im Röntgenbild ist ein Weichteilschatten erkennbar und in der Kernspintomographie sind glatte, lappenförmige Tumorgrenzen zu sehen. Der Tumor ist durch innere Septierungen aufgeteilt,
Therapie Angestrebt wird die Dekompression befallener Nerven. Bei stärkerem Befall wird die komplette Exzision mit Nervenbzw. Sehnentransplantation empfohlen. Intraoperativ fallen eine spindelförmige Nervenform und ein eng abgegrenzter Wuchs ohne Befall des Nachbarschaftsgewebes auf. Eine Trennung vom Nervengewebe ist durch die Durchdringung schwierig und führt beim Versuch der Teilentfernung oder der interfaszikulären Resektion oft zu motorischen und sensorischen Ausfällen. Zur Diagnosesicherung wird deshalb manchmal ein befallener peripherer
Abb. 17.3 Lipom im Bereich des Thenars. Intraoperativ zeigt sich das lappenförmig aufgebaute, prall elastische, gelbfarbene Lipom.
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
welche eine geringe Signalintensität besitzen. In der T1-gewichteten Aufnahme stellt sich die Tumormasse mit hoher, in der T2-Wichtung nur mit mäßiger Signalintensität dar.
17.2.11 Noduläre Fasziitis Synonyme
Differenzialdiagnose Ein Liposarkom muss bei schnellem Wachstum bioptisch ausgeschlossen werden.
Therapie Die Exzisionsbiopsie wird bei allen Lipomen angestrebt. Ein intraläsionales Vorgehen kann ausreichend sein. Rezidive sind selten, der Befall in Nervennähe kann die Entfernung erschweren.
17.2.10 Neurofibrome Definition
Pseudosarkomatöse Fasziitis, subkutane pseudosarkomatöse Fibromatose, infiltrative Fasziitis.
Definition Seltene, reaktive fibroblastische Weichteilerkrankung, welche mit einem Sarkom verwechselt werden kann.
Pathogenese Meistens ist die beugeseitige Fläche des Unterarms befallen, selten die Hand. Das histologische Bild wird manchmal mit einem Fibrosarkom oder myxoiden Liposarkom verwechselt, was zu einer Übertherapie führt. Das Wachstum schreitet trotz unvollständiger Resektion nicht fort, Rezidive sind selten.
Neurofibrome sind benigne Nerventumore, welche aus den Nervenfaszikuli erwachsen.
Diagnostik
Pathogenese
Die Patienten bemerken einen schnell wachsenden Knoten, welcher oft nur weniger als einen Monat zuvor registriert worden war. Ein Trauma kann in diesem Zusammenhang erinnerlich sein.
Neurofibrome kommen im Allgemeinen nur vereinzelt vor. Eine Ausnahme bildet die Neurofibromatose (Morbus Recklinghausen). Die Krankheitssymptome sind vergleichbar mit denen des Schwannoms. Intraoperativ kann man unter optischer Vergrösserung hypertrophe Nervenfaszikel durch den Tumor ziehen sehen. Diese müssen bei der Tumorentfernung ebenfalls reseziert werden, da eine Trennung – wie bei einem Schwannom – nicht so leicht möglich ist. Aus diesem Grund sind postoperative neurologische Schäden häufiger, besonders im Falle der Neurofibromatose.
Diagnostik Klinisch gelingt die Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Nerven- bzw. Nervenscheidentumoren kaum. Auch die Bildgebung zeigt keine für die einzelnen Entitäten unterscheidbare Charakteristika.
Differenzialdiagnose Ganglion, Schwannom, bösartige Tumoren der Nervenscheiden.
Therapie Eine Resektion sollte nur bei symptomatischen Herden erfolgen. Besonders bei Patienten mit Neurofibromatose besteht ein malignes Entartungsrisiko. Neurologische Ausfälle durch Tumorwachstum oder postoperativ nach Resektion.
Differenzialdiagnose Die Abgrenzung zu Weichteilsarkomen ist wichtig. Gegebenenfalls geschieht dies durch eine Biopsie.
Therapie Die marginale Exzision des Befundes ist ausreichend.
17.2.12 Riesenzelltumor der Sehnenscheide Synonyme Pigmentierte villonoduläre Tenosynovitis, fibröses Xanthom, brauner Tumor.
Definition Der selten größer als 3 cm werdende Tumor ist inkomplett eingekapselt und besteht aus lobulierten Bindegewebeknoten. Der braun-rosa farbene Tumor mit dunkleren eingeschlossenen Streifen ist meist eng an einer synovialen Gelenkkapsel oder einer Sehnenscheide anhaftend (Abb. 17.4 a u. b). Der Name des Riesenzelltumors der Weichteile wird begründet durch die 4- bis 6-kernigen Riesenzellen.
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17.2 Benigne Weichteiltumoren
b
a Abb. 17.4 a u. b Riesenzelltumor der Sehnenscheide der Beugesehne D II.
a Klinisch findet sich beugeseitig ein prall elastischer Tumor, der bei Bewegung der Sehnen mitbewegt wird.
b Intraoperativ erkennt man einen gelappten braun-rötlichen Tumor, der mit der Beugesehne verbunden ist.
Ätiologie
Differenzialdiagnose
Die Ursache dieser Veränderungen ist unklar. Verschiedene Entstehungsmechanismen werden diskutiert, wobei traumatische und entzündiche Ursachen favorisiert werden.
Die differenzialdiagnostische Abgrenzung zu anderen Weichteiltumoren, z. B. dem Sehnenscheidenganglion, Schwannom und Hämangiom ist im Einzelfall schwierig. Endgültige Sicherheit kann nur die histopathologische Untersuchung geben.
Pathogenese Der Tumor tritt meistens auf der Beugeseite der Finger oder der Hand auf. Bevorzugt hierbei sind die ersten 3 Finger sowie das distale Interphalangealgelenk. Er ist von fester Konsistenz, knotig und wächst langsam. Im Unterschied zu einem Ganglion ist er nicht durchscheinend. Ein Sensibilitätsausfall tritt bei Befall in Nervennähe auf. Ossäre Strukturen sind in der Regel nicht betroffen.
Therapie Die marginale Exzision wird empfohlen. Innerhalb der ersten 2 postoperativen Jahre tritt in fast 30% ein Rezidiv auf. Insgesamt wurde eine Rezidivrate von bis zu 50% beschrieben. Die hohe Rezidivrate kann durch inkomplette Entfernung oder durch versprengte nicht entdeckte Herde bedingt sein. Eine maligne Transformation ist nicht bekannt.
Epidemiologie Der Altersgipfel ist die 2. – 6. Lebensdekade. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Nach dem Ganglion ist es der zweithäufigste benigne Weichteiltumor an der Hand.
17.2.13 Schwannom
Diagnostik
Schwannome sind die häufigsten Tumoren von peripheren Nerven. Ausgangspunkt der Entstehung sind extraaxonale Zellen des Nervengewebes (Schwann-Zellen).
Röntgenaufnahmen zeigen einen Weichteilschatten und nicht selten sind Druckerosionen der darunterliegenden Knochen erkennbar. Angrenzende Gelenke können oft degenerative Veränderungen aufweisen. Im Kernspintomogramm stellt sich der Tumor in der T1-Wichtung hypointens dar, ähnlich der Skelettmuskulatur. Das Vorkommen von extraartikulären in T1- und T2-Wichtung hypointensen Weichteilmassen ist ungewöhnlich und kann richtungweisend für die Diagnosefindung des Riesenzelltumors der Sehnenscheiden sein.
Definition
Pathogenese Langsam wachsend verursacht das Schwannom eine klar umgrenzte exzentrische Läsion am peripheren Nerven. Die häufigste Lokalisation ist die Unterarm- oder Handbeugeseite. Intraoperativ lässt sich das Schwannom von anliegenden Nervenfasern trennen und „herausschälen“ und unterscheidet sich dadurch von anderen Nerventumoren (Abb. 17.5 a u. b). In seltenen Fällen wird auch ein intraos-
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
b
a Abb. 17.5 a u. b Das Schwannom zeigt sich im präoperativen MRT als gut abgrenzbarer homogener Tumor (a). Intraoperativ ist die enge Verbindung zu den Nervenfaszikeln zu sehen, wobei
säres Auftreten eines Schwannoms, das sog. Neurilemmom beschrieben.
Epidemiologie Häufiger benigner Nerventumor der oberen Extremität. Äußerst selten intraossär und nur gelegentlich an der Hand vorkommend, eher am Unterarm. Betroffen sind vor allem Patienten zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr.
Diagnostik Die Patienten klagen über eine schmerzlose Schwellung, die zwar quer aber nicht längsverschieblich ist. Schmerzen können dem Nervenverlauf folgen, jedoch selten zeigen sich neurologische Ausfälle. MRT kann hilfreich sein, obwohl eine genaue Differenzierung oder Dignitätsbeurteilung oft nicht möglich ist.
einige Fasern direkt in den Tumor übergehen. Die überwiegende Zahl der Nervenfasern ist jedoch gesund (b).
17.2.14 Glomustumor Definition Der Glomustumor ist als seltener Weichteiltumor eine Form der Hypertrophie des neuromyoarteriellen Glomus.
Epidemiologie Der Glomustumor kommt meist nur an der Hand vor und ist in der Regel subungual gelegen (Abb. 17.6).
Diagnostik Oft lässt sich eine lokale Rötung in der Haut erkennen und es besteht eine lokale Druckschmerzhaftigkeit. Darüber hinaus ist das örtliche Temperaturempfinden gestört. Der
Differenzialdiagnose Ganglion, Neurofibrom, bösartige Tumoren der Nervenscheiden. Die häufigste Fehleinschätzung besteht darin, dass ein Schwannom als Ganglion angesehen wird.
Therapie In meisten Fällen lässt sich das exzentrisch wachsende Schwannom durch eine Enukleation vollständig entfernen. Die anliegenden Weichteile und nervalen Strukturen lassen sich in der Regel schonen. Neurologische Symptome, sofern vorhanden, werden gebessert. Das Risiko eines postoperativen Nervenschadens beträgt 4 % mit einer etwas höheren Rate bei Rezidivoperationen oder nach erfolgten offenen Biopsien. Rezidive sind selten, ebenso wie maligne Entartungen.
Abb. 17.6 Glomustumor. Der Tumor ist gut durchblutet, rötlich und befindet sich direkt unter dem Nagel, der entfernt ist.
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Literatur
Tumor lässt sich als kreisrunde Verhärtung tasten. Neben einem Herd sind auch multiple Glomustumore an einem Finger, einer Hand oder am Körper verteilt bekannt. Bei vielfachem Vorkommen fehlt oft der typische Spontanschmerz. Röntgenologisch kann in einigen Fällen eine lokale Knochenarrosion, in der Regel am Endglied, nachgewiesen werden. Zur Lokalisationsbestimmung kann die Angiographie hilfreich sein.
Therapie Die einzig erfolgversprechende Therapie ist die chirurgische Entfernung des Glomustumors. Bei subungualer Lage wird hierbei der Nagel lokal trepaniert und der darunterliegende Glomus wird exzidiert. Bei unvollständiger Entfernung sind Rezidive möglich. Literatur Abimelec, P., S. Cambiaghi, D. Thioly, I. Moulonguet, C. Dumontier (1996): Subungual giant cell tumor of the tendon sheath. Cutis 58 (4): 273 – 275 Al-Qattan, M.M., H.M. Clarke (1994): An isolated granular cell tumour of the thumb pulp clinically mimicking a glomus tumour. Br J Hand Surg 19 (4): 420 – 421 Azam, S. H., J.L. Nicholas (1995): Recurring infantile digital fibromatosis. J Pediatr Surg 30 (1): 89 – 90 Bahm, J., S. von Saldern, N. Pallua (1999): Neurofibrom der Hohlhand bei Recklinghausen-Krankheit. Handchir Mikrochir Plast Chir 31 (4): 282 – 284 Benichou, M., P. Balmes, C.H. Marty-Double, Y. Allieu (1990): Juvenile aponeurotic fibroma (Keasbey tumor) with metastatic course. Ann Pediatr 37 (3): 181 – 184 Breuning, M.H., A.P. Oranje, R.A. Langemeijer, S. E. Hovius, A.F. Diepstraten, J.C. den Hollander, N. Baumgartner, J.R. Dwek, A. Sommer, H. Toriello (2000): Recurrent digital fibroma, focal dermal hypoplasia and limb malformations. Am J Med Genet 11 94 (2): 91 – 101 Burgert, S. , D.H. Jones (1996): Recurring digital fibroma in childhood. Br J Hand Surg 21 (3): 400 – 402 Chinyama, C.N., P. Roblin, S. J. Watson, D.M. Evans (2000): Fibromatoses and related tumors of the hand in children. Hand Clin 16 (4): 625 – 635 Cuesta, T., B. Estupinan, S. Salazar, E. Carballosa (1999): Neurofibroma with mucus-producing glands. Rev Neurol 28 (3): 245 – 247 de Nuntiis, M., M. D’Ambrosio, F. de Nuntiis, V. Pantano (1996): Benign schwannoma of the hand. Minerva Chir 51 (6): 489 – 491 Elkousy, H., J. Harrelson, L. Dodd, S. Martinez, S. Scully (2000): Granular cell tumors of the extremities. Clin Orthop 380: 191 – 198 Enghardt, M.H., S. E. Jordan (1991): Granular cell tumor of a digital nerve. Cancer 68 (8): 1764 – 1769 Falco, N.A., J. Upton (1995): Infantile digital fibromas. Am J Hand Surg 20 (6): 1014 – 1020 Fetch, J.F., M. Miettinen, W.B. Laskin, M. Michal, F.M. Enzinger (2000): A clinicopathologic study of 45 pediatric soft tissue tumors with an admixture of adipose tissue and fibroblastic elements, and a proposal for classification as lipofibromatosis. Am J Surg Pathol 24 (11): 1491 – 1500 Fetch, J.F., M. Miettinnen (1997): Sclerosing perineurioma: a clinicopathologic study of 19 cases of a distinctive soft tissue lesion with a predilection for the fingers and palms of young adults. Am J Surg Pathol 21 (12): 1433 – 1442
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
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17.3 Maligne Weichteiltumoren Maligne Geschwülste der Weichteile haben eine unterschiedliche Histiogenese. Die meisten Weichteilsarkome sind mesodermalen Ursprungs. Eine Ausnahme bilden die neuralen Sarkome, die einen neuroektodermalen Ursprung haben. Die Ursache der Malignisierung ist überwiegend unklar, obwohl einige begünstigende genetische und umweltbedingte Risikofaktoren beschrieben wurden. Insbesondere die Bestrahlungsexposition, sowie der Umgang mit aggressiven chemischen Mitteln in der Landwirtschaft und Industrie, können das Risiko eines Weichteilsarkoms erhöhen. Eine genetische Prädisposition wurde bei der Neurofibromatose v. Recklinghausen und dem LiFraumeni-Syndrom gefunden. Weichteilsarkome an der Hand und am Unterarm sind relativ selten. Am häufigsten ist mit ca. 50% das Handgelenk betroffen. Das klinische Bild der verschiedenen Weichteilsarkome an Unterarm und Hand ähnelt sich am Krankheitsbeginn oft sehr. Die Patienten klagen über eine schmerzlose, größer werdende Schwellung. Eine Abgrenzung zu anderen Schwellungszuständen, wie Infektionen und gutartigen Weichteiltumoren sollte so schnell als möglich erfolgen. Anderenfalls kommt es zu einer inadäquaten oder verzögerten Behandlung. Dies kann für den betroffenen Patienten schwerwiegende Folgen haben. In den USA werden jährlich ca. 5000 neue Fälle diagnostiziert, wobei die obere Extremität nur in 15 %, die Hand zu 4 % betroffen ist. Alle Altersgruppen können erkranken. Eine Geschlechtsdisposition fehlt. Die klinische Untersuchung des Patienten beinhaltet die Beurteilung der Tumorlokalisation, -größe, -verschieblichkeit, -konsistenz sowie Nachbarschaft zu Nerven, Gefäßen, Sehnen und Knochen. Die regionalen Lymphknoten werden geprüft. Native Röntgenaufnahmen können Weichteilverkalkungen, Knochenbeteiligung und auffällige
Weichteilverschattungen zeigen. Das MRT wird zur Beurteilung und präoperativen Planung genutzt. Bei symptomatischen Weichteilschwellungen oder wenn sie an Größe zunehmen sollte eine Biopsie erwogen werden. Kleinere Geschwülste lassen sich durch eine Exzisionsbiospie entfernen, größere hingegen mit Bezug zu wichtigen anatomischen Strukturen werden offen biopsiert. Offene Biopsien bergen das Risiko der Kontamination von benachbartem Gewebe. Die unbedachte Biopsieentnahme kann einen Extremitätenerhalt verhindern, so dass die endgültige operative Versorgung bereits bei der Probeentnahme berücksichtigt werden muss. Bei Verdacht oder Nachweis eines Weichteilsarkoms muss ein Staging des Patienten durch Skelettszintigraphie, PET und CT erfolgen. Der regionale Lymphknotenbefall tritt in nur 5 % der Weichteilsarkome der oberen Extremität auf, wobei das Epitheloidsarkom mit bis zu 42 % Lymphknotenbefall eine Ausnahme darstellt. Der häufigste Metastasierungsort bei Weichteilsarkomen ist die Lunge. Das Staging von Weichteilsarkomen geschieht anhand des histologischen Grades, der Größe und dem Vorkommen von Metastasen (s. Tab. 17.3). Die operative Versorgung steht im Vordergrund bei der Behandlung der Weichteilsarkome. Der Operateur muss hierbei sowohl die Resektion, als auch die Rekonstruktion planen, wobei der Resektion die wichtigere Rolle bezüglich der Gesamtprognose zukommt. Zu starke Rücksicht auf rekonstruktive Verfahren können daher bei unzureichender Resektion mit Lokalrezidiv negative Folgen für den Patienten haben. Tumorfreie Exzisionsränder haben absolute Priorität. Die weite Exzision mit einem Sicherheitsabstand von 2 – 3 cm im gesunden Gewebe wird empfohlen. Kann dieser Resektionsabstand nicht eingehalten werden, so ist eine Amputation zu erwägen. Gefäß- und
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17.3 Maligne Weichteiltumoren
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Abb. 17.7 a u. b Zustand nach Amputation des 2. Strahles (a). Hierbei ergeben sich kaum funktionelle Einbußen (b).
a
b
Nervenstrukturen können bei genauer Präparation und Beachtung der Tumorgrenzen oft verschont werden. Bei der Therapieplanung müssen die Möglichkeiten der Strahlentherapie einbezogen werden. Diese kann präoperativ, intraoperativ und/oder postoperativ oder in Kombination zur Anwendung kommen. Die Wirksamkeit, insbesondere als adjuvante Therapie, ist bei der überwiegenden Zahl der unterschiedlichen Weichteilsarkomentitäten nachgewiesen. Bei Weichteilsarkombefall der Finger und Handfläche ist die Einzel- oder Mehrstrahlresektion häufig die beste Lösung (Abb. 17.7 a u. b). Ein extensiver Tumorbefall in der Nähe des Karpaltunnels kann oft nur noch durch eine Amputation distal des Ellbogengelenks kontrolliert werden. Die Wertigkeit der Chemotherapie bei Weichteilsarkomen in den Extremitäten wird unterschiedlich beurteilt. Diese kommt besonders bei metastasierenden Tumoren in Betracht und besteht häufig aus der Kombination einiger der folgenden Medikamente: Doxorubicin, Ifosfamid, Dacarbacin, Cisplatin, Etoposid, Adriamycin, Cyclophosphamid, Actinomycin-D, Vincristin und DTIC. Die Rezidivfreudigkeit und Aggressivität machen eine engmaschige lokale und systemische (CT Thorax) Nachkontrolle unerlässlich. Die 5- und 10-Jahresüberlebensraten betragen 50 – 80%.
17.3.1 Epitheloidsarkom Definition Das Epitheloidsarkom ist ein maligner Weichteiltumor, welcher vor allem bei jungen Erwachsenen an der Hand und dem Unterarm vorkommt.
Pathogenese Der Tumor ist bekannt für ein relativ unauffälliges Erscheinungsbild, eine hohe Rezidivrate und regionale Lymphknotenmetastasierung. Er breitet sich langsam entlang von Sehnen, Lymphbahnen und Faszien nach proximal aus. Ein regionaler Lymphknotenbefall wird bei über 40% der Fälle beobachtet. Mikroskopisch sind fibrinöse Hyalinknoten mit zentraler Nekrose zu sehen. Mittelgroße bis große Epitheloid- und plumpe Spindelzellen bilden weitere histologische Kennzeichen. Bei später Metastasierung ist die Mortalität beträchtlich, da der Tumor zunächst entweder als benigner oder entzündlicher Prozess gewertet wird. Als Metastasierungsorte sind neben regionalen Lymphknoten, die Lunge, die Nieren und das Gehirn bekannt. Maßgeblich für die Prognose quoad vitam ist die Tumorgröße. Bei einer Tumorgröße über 5 cm sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit deutlich.
Epidemiologie Das Epitheloidsarkom ist das häufigste Weichteilsarkom des Unterarmes und der Hand. Es tritt vor allem bei Männern im jungen Erwachsenenalter auf. In der Altersgruppe der 16- bis 25-Jährigen beträgt der Anteil des Epitheloidsarkoms 25 – 29 % gemessen an der Gesamtzahl der malignen Weichteiltumore an der Hand und dem Handgelenk.
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
Diagnostik
Therapie
Es zeigt sich meist ein schmerzloser, manchmal ulzerierender derber Knoten palmar oder an den Fingerbeugeseiten. Klinisch und radiologisch bleibt das Epitheloidsarkom oft lange unauffällig. Eine Biopsie ist zur Sicherung der Diagnose notwendig.
Die weite Resektion ist anzustreben. Eine neoadjuvante und adjuvante Chemo- und/oder Strahlentherapie sollte durchgeführt werden.
Differenzialdiagnose
17.3.3 Dermatofibrosarcoma protuberans
Weichteiltumoren, Infektion, Dupuytren-Knoten.
Therapie Die operative Behandlung sollte, wegen des fächerförmigen Wachstums des Tumors, aggressiv und radikal sein. Auch ohne klinischen Lymphknotenbefall sollten Biopsien der regionalen Lymphknoten durchgeführt werden. Das kann evtl. für den Patienten lebensrettend sein. Postoperativ sollte eine externe oder lokale Bestrahlung erwogen werden. Die systemische Chemotherapie kommt bei Metastasierung oder Rezidiven infrage. Zur Defektdeckung bei Entfernung von größeren Tumoren müssen oft plastisch-chirurgische Maßnahmen eingesetzt werden.
17.3.2 Malignes Weichteilmelanom
Definition Das Dermatofibrosarcoma protuberans (DFSP) ist ein seltener, langsam wachsender und niedriggradig maligner Weichteiltumor mit bevorzugter Lokalisation im Unterarm, seltener in der Hand. Es nimmt seinen Ausgang von Haut und Subkutangewebe.
Pathogenese Der Tumor entsteht in der Dermis und zeigt meistens über mehrere Jahre eine rötlich-violette Hautverfärbung oder einen rötlich-violetten Knoten. Eventuell kann eine tiefe Ulzeration über die Subkutis hinaus entstehen. Der Tumor besitzt eine ausgeprägte horizontale Ausbreitungstendenz in der Haut mit hoher Rezidivrate (50%).
Definition
Epidemiologie
Das maligne Weichteilmelanom ist ein seltener Weichteiltumor mit bevorzugtem Befall der Sehnen und Aponeurosen.
Das DFSP kommt sehr selten vor, insbesondere an der Hand.
Pathogenese Das maligne Weichteilmelanom wurde oft mit dem metastasierenden akralen lentiginösem Melanom verwechselt. Es besitzt eine hohe Rezidivfreudigkeit mit einer Wahrscheinlichkeit von 53 % für den regionalen Lymphknotenbefall. Die 3- bzw. 5-Jahresüberlebensrate liegt bei 72 bzw. 62 %.
Diagnostik Klinisch findet sich eine meist schmerzlose Weichteilschwellung. Bei Malignitätsverdacht muss eine Biopsie erfolgen.
Differenzialdiagnose Die histologische Differenzialdiagnose ist wegen der auftretenden Klarzellen schwierig. Andere Tumoren mit Klarzellen, z. B. Metastasen von Nierenkarzinomen, Lungensarkomen etc. sowie das Fibrosarkom oder ein Riesenzelltumor der Sehnenscheiden müssen abgegrenzt werden.
Diagnostik Neben der klinischen Untersuchung ist das MRT zur Bestimmung der Ausbreitung des Tumors unverzichtbar.
Therapie Ein sorgfältiges lokales Staging erfolgt vor einer geplanten Exzision. Ein Sicherheitsabstand von 3 cm mit Resektion der tiefen Faszie wird empfohlen. Bei einem Sicherheitsabstand von nur 1 cm sind 75 % der Resektionsränder tumorfrei, 80% bei 1,5 cm, 85 % bei 2 cm und 100% bei 2,5 cm. Eine plastische Hautdefektdeckung ist bei ausreichendem Sicherheitsabstand oft notwendig. Bei ausreichendem Sicherheitsabstand kann die Rezidivrate von 50% auf 12% gesenkt werden. Primär und sekundär wird die operative Entfernung empfohlen, obwohl eine lokale Bestrahlungsbehandlung ebenfalls angewendet werden kann. Das Metastasierungsrisiko liegt bei weniger als 5%.
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17.3 Maligne Weichteiltumoren
17.3.4 Fibrosarkom Definition Das Fibrosarkom ist ein seltener maligner Weichteiltumor mesodermalen Ursprungs.
Pathogenese Man unterscheidet die kongenitale infantile Form des Fibrosarkoms von der adulten Form. Die infantile Form tritt meistens bei Kindern unter 5 Jahren auf. Etwa 30% der Weichteilfibrosarkome treten in der oberen Extremität auf, wobei der Handbefall extrem selten ist.
Epidemiologie Die Häufigkeit der adulten Form gemessen an der Anzahl aller Handtumoren beträgt 2,7 – 5,3 %. Bei der infantilen Form beträgt das Vorkommen bei Kindern bis zu 5 Jahren bei Einbeziehung aller malignen Weichteiltumore für diese Gruppe fast 50%. Von der seltenen infantilen Form wurden bislang nur etwas mehr als 300 Fälle in der Literatur beschrieben.
Diagnostik Klinisch findet sich eine schmerzlose Schwellung. Die Unterscheidung von benignen fibrösen Tumoren kann sehr schwierig sein, besonders bei Patienten unter 5 Jahren. Die Kernspintomographie zeigt keine charakteristischen Signalerhöhungen. Zur Differenzierung ist neben der Biopsie ein ausführliches Staging mit Metastasensuche erforderlich. Histologisch finden sich Veränderungen, die einem reaktiven Prozess ähneln.
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Pathogenese Das maligne fibröse Histiozytom wächst in der Muskulatur und in Bindegewebestrukturen. An der Hand ist ein multifokaler Befall in Einzelfällen beschrieben. Der Knochen kann ebenfalls betroffen sein.
Epidemiologie Es sind nur wenige Fälle von malignen fibrösen Histiozytomen an der Hand bekannt. In 19 % der Fälle wird die obere Extremität befallen, wobei bevorzugt der Unterarm betroffen ist.
Diagnostik Klinisch findet sich meist eine schmerzlose Schwellung. Bei Knochenbefall sind lytische Knochenläsionen auf den Röntgenbildern sichtbar. Das MRT zeigt einen destruierend wachsenden Tumor. Bei unklarer Diagnose ist die Biopsie indiziert.
Therapie Das Verfahren der Wahl stellt die weite Exzision oder Amputation dar. Die adjuvante Bestrahlungstherapie wird intraoperativ und/oder postoperativ empfohlen. Eine Chemotherapie ist neoadjuvant und adjuvant anzuwenden.
17.3.6 Maligner peripherer Nervenscheidentumor Synonyme Neurofibrosarkom, malignes Schwannom, Neurosarkom.
Differenzialdiagnose Benigne fibröse Tumoren, malignes fibröses Histiozytom.
Therapie Weite Exzision ggf. Amputation, Bestrahlung und Chemotherapie. Die Rezidivrate liegt trotz Amputation bei 12 %.
17.3.5 Malignes fibröses Histiozytom
Definition Der maligne periphere Nervenscheidentumor ist ein bösartiger Tumor des Nervenscheidegewebes.
Pathogenese Das Wachstum dieses Tumors erfolgt bevorzugt entlang großer Nerven und er zeigt eine hohe Rezidivfreudigkeit. Der Tumor tritt gehäuft im Rahmen einer Neurofibromatose (Morbus v. Recklinghausen) auf.
Definition
Epidemiologie
Das maligne fibröse Histiozytom (MFH) gehört neben den Liposarkomen zu den häufigsten Weichteilsarkomen.
Etwa 30% aller Fälle entstehen an der oberen Extremität und 50% davon im Rahmen der Neurofibromatose v. Recklinghausen.
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
Diagnostik
17.3.8 Synovialsarkom
Es findet sich eine lokalisierte Weichteilschwellung, bei deren Berührung nervale Irritationen entlang des betroffenen Nervs ausgelöst werden können.
Definition
Therapie
Das Synovialsarkom ist ein hochgradig maligner Tumor, welcher bevorzugt in der Nähe von Gelenken, Sehnen oder Bursae auftritt.
Die weite Exzision oder Amputation wird empfohlen. Der Tumor spricht kaum auf Bestrahlung oder Chemotherapie an. Proximaler Primärbefall, Größe und gleichzeitige Erkrankung an einer Neurofibromatose v. Recklinghausen verschlechtern die Prognose. Die 5-Jahresüberlebensrate beträgt ca. 40% und ist bei Neurofibromatosepatienten noch geringer.
17.3.7 Rhabdomyosarkom Definition Das Rhabdomyosarkom ist ein hochgradig maligner rundzelliger Tumor der Skelettmuskulatur im Kindesalter, der normalerweise nicht im Hand- oder Unterarmbereich auftritt.
Pathogenese Rhabdomyosarkome an Extremitäten haben eine schlechte Prognose, wobei Tumoren der oberen Extremität sowie eine distale Lokalisation in der Regel in der Prognose günstiger sind als die der unteren Extremität sowie eine proximale Lokalisation. Das alveolare Rhabdomyosarkom stellt die häufigste histologische Variante an der Hand dar.
Epidemiologie Das Rhabdomyosarkom repräsentiert ca. 5 % aller Neoplasien im Kindesalter.
Diagnostik Klinisch ist eine schmerzlose Schwellung in der Muskulatur zu finden.
Therapie Eine weiträumige die Extremität erhaltende Exzision wird mit adjuvanter Bestrahlungs- und Chemotherapie empfohlen. Bei vormals schlechter Prognose hat die intensive Chemo- und Bestrahlungstherapie die Prognose in den letzten 25 Jahren deutlich verbessert.
Ätiologie Die Ursache der Erkrankung ist unklar. Bei einigen Synovialsarkomen lassen sich Chromosomentranslokationen nachweisen.
Pathogenese Der Tumor befällt hauptsächlich die Handwurzel und nur selten die Finger. Das Wachstum kann anfangs sehr langsam und konstant sein, so dass eine Biopsie bei allen unklaren Geschwulsten indiziert ist. Bei der Erstdiagnostizierung an der Hand korreliert die Größe nicht unbedingt mit der Prognose. Die 5-Jahresüberlebensrate liegt um 50%. Metastasen treten vor allem in der Lunge, in Lymphknoten und selten am Knochen auf.
Epidemiologie Das bevorzugte Erkrankungsalter ist das junge Erwachsenenalter. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Obwohl das Epitheloidsarkom das häufigste Weichteilsarkom im Bereich des Unterarmes und der Hand insgesamt ist, stellt das Synovialsarkom an der Hand die häufigste Entität dar. In der Altersgruppe der 16- bis 25-Jährigen beträgt der Anteil des Synovialsarkoms 8 % gemessen an der Gesamtzahl der malignen Weichteiltumore an der Hand und dem Handgelenk.
Diagnostik Die Patienten klagen über eine seit langem bestehende schmerzlose Schwellung am Handrücken oder der Handinnenfläche. Das native Röntgenbild kann bis zu 20 – 30% Weichteilkalzifikationen zeigen. Experimentell konnten chromosomale Translokationen in Weichteiltumoren (z. B. dem Synovialsarkom) durch die Methode der in situ Dualfluoreszenzhybridisationsanalyse nachgewiesen werden.
Differenzialdiagnose Besonders im Frühstadium kann das Synovialsarkom als benigne Läsion, z. B. als Ganglion oder eine aggressive Fibromatose fehlinterpretiert werden.
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Literatur
Therapie Die neoadjuvante Chemotherapie scheint die Prognose zu verbessern. Lokal muss eine weite oder radikale Resektion angestrebt werden. Zur Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle ist die Radiotherapie hilfreich.
Komplikationen Bei ca. 25 % der betroffenen Patienten sind bei einer Metastasierung die regionalen Lymphknoten befallen. In diesen Fällen ist eine Lymphknotenentfernung anzustreben. Literatur Atiyeh, B.S. , A.M. Zaatari (1996): Fibrohistiocytic sarcoma of the thumb treated by wide resection and immediate free flap reconstruction. Scand J Plast Reconstr Surg Hand Surg 30 (1): 75 – 78 Bach, A.D., K.J. Walgenbach, R.E. Horch (2000): Hemangiosarcoma of the left hand in a patient with the rare combination of Maffucci’s and Stewart Treves syndrome. Vasa 29 (1): 71 – 73 Bianchi, L., A. Orlandi, S. Iraci, L.G. Spagnoli, G. Nini (1995): Solid alveolar rhabdomyosarcoma of the hand in adolescence: a clinical, histologic, immunologic and ultrastructural study. Pediatr Dermatol 12 (4): 343 – 347 Bouziani, A., A. Khlil, H. Zarrouk, N. Kammoun, A. Debbiche, N. Doss, R. Cheikh, M. Ben Ayed (1991): Correlation between epitheloid sarcoma and poorly differentiated fibroblastic synovialsarcoma. Arch Anat Cytol Pathol 39 (1 – 2): 34 – 37 Brien, E.W., R.M. Terek, R.J. Geer, G. Caldwell, M.F. Brennan, J.H. Healey (1995): Treatment of soft-tissue sarcomas of the hand. Am J Bone Joint Surg 77 (4): 564 – 571 Chiang, W., C.C. Wang, W.D. Ho, D.C. Keh, M.T. Chung (1993): Dermatofibrosarcoma protuberans of the hand. Chung Hua I Shue Tsa Chih 51 (2): 148 – 150 Demitsu, T., S. Murata, T. Kiyosawa, T. Yamada, H. Sato, T. Hiraga, Y. Yamane, H. Yaoita (1995): Malignant schwannoma arising in patients with von Recklinghausen’s disease. J Dermatol 22 (10): 747 – 754 Dumortier, R., P. Laffargue, E. Leteurtre, E. Farez, J.C. Bouretz (1998): Rhabdomyosarcoma of the hand. Ann Chir Plast Esthet 43 (5): 563 – 566 Erdmann, M.W., A.A. Quaba, B.C. Sommerlad (1995): Epitheloid sarcoma masquerading as Dupuytren’s disease. Br J Plast Surg 48 (1): 39 – 42 Evans, H.L., S. C. Baer (1993): Epitheloid sarcoma: a clinicopathologic and prognostic study of 26 cases. Semin Diagn Pathol 10 (4): 286 – 291 Fleegler, E.J. (1994): An approach to soft-tissue sarcomas of the hand and upper limb. Br J Hand Surg 19 (4): 411 – 419 Gelli, R., C. Urso, U.M. Reali (1990): An unusual case of dermatofibrosarcoma protuberans. G Ital Dermatol Venereol 125 (6): 263 – 265 Giannakopoulos, P.N., D.G. Sotereanos, M.M. Tomaino, M.A. Goodman, J.H. Herndon (1995): Benign and malignant muscle tumors of the hand and forearm. Hand Clin 11 (2): 191 – 201 Glicenstein, J. (1998): Non-melanomatous malignant skin tumors of the hand. Ann Chir Plast Esthet 43 (4): 401 – 409 Gorson, K.C., S. Musaphir, E.S. Lathi, G. Wolfe (1995): Radiation-induced malignant fibrous histiocytoma of the brachial plexus. J Neurooncol 26 (1): 73 – 77 Goswitz, J.J., T. Kappel, K. Klingaman (1993): Fine-needle aspiration of epitheloid sarcoma. Diagn Cytopathol 9 (6): 677 – 681
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Benigne Knochentumoren
17.4.1 Enchondrom
Epidemiologie
Ätiologie
Das Enchondrom ist mit 90% der häufigste benigne Knochentumor im Bereich der Hand. Annähernd 35 % aller Enchondrome entstehen an der Hand. Einzelherde bilden sich gewöhnlich in der 4. Lebensdekade, die Mehrzahl der Fälle wird zwischen dem 10. und 40. Lebensalter entdeckt.
Die Ursache der Erkrankung ist unklar.
Diagnostik
Pathogenese
Patienten mit einem Einzelherd klagen über eine lokale Schwellung oder zu 15 – 38 % über eine pathologische Fraktur. Auch eine neurologische Symptomatik kann bei Wachstum in Nervennähe auftreten. Oft wird das Enchondrom als Zufallsbefund im Röntgenbild auffällig. Man erkennt eine scharf begrenzte Osteolyse, welche ein lobuläres Aussehen mit einer Matrixkalzifizierung aufzeigen kann (Abb. 17.8 a u. b). Der Weichteilbefall ist untypisch
Definition Das Enchondrom ist ein gutartiger knorpeliger Tumor.
Der Tumor besteht aus hyalinem Knorpelgewebe. Die Lokalisation ist in der Spongiosa. Die proximale Phalanx, gefolgt von der metakarpalen und mittleren Phalanx sind am häufigsten betroffen. Selten sind Endphalanx sowie Handwurzelknochen betroffen, über einen Befall von Skaphoid, Lunatum und Kapitatum wurde berichtet.
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17.4 Benigne Knochentumoren
Abb. 17.8 a u. b Ein typisches Enchondrom. Röntgenologisch imponiert der typische läppchenförmige Aufbau mit Kortikalisverdünnungen und „Kalkspritzern“.
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oder ein Allograftpräparat verwendet werden. Bei der Verwendung eines Allograft besteht die geringe Gefahr der Krankheitsübertragung, wohingegen die Entnahme autologer Spongiosa die Gefahr der Kontamination des Spendergebietes birgt. Weiterhin werden der Einsatz von Hydroxidapatitzement und Gips, sowie die Nutzung eines CO2-Lasers zur Ergänzung der Kürettage beschrieben. In der neueren Literatur werden ebenfalls sehr gute Ergebnisse ohne Defektauffüllung beschrieben.
Komplikationen Die Rezidivrate wird in der Literatur mit 4,5 % angegeben. Die maligne Entartung zu einem Chondrosarkom ist selten.
17.4.2 Multiple Enchondromatose Synonyme Ollier-Krankheit.
Definition und spricht für einen aggressiveren Prozess. Auf ein CT oder MRT kann verzichtet werden. Die Biopsie kann oft unterbleiben, weil der röntgenologische Befund in vielen Fällen für ein Enchondrom charakteristisch ist.
Differenzialdiagnose Die Unterscheidung zu einem Chondrosarkom ist nur histologisch möglich. Des Weiteren wurde in der Literatur eine Pilzinfektion mit Coccidioides beschrieben, welche radiologisch einem metakarpalen Enchondrom ähnelte. Selten kommen Enchondrome auch in den Weichteilen vor.
Therapie Bei kleineren asymptomatischen Enchondromen genügt die regelmäßige Verlaufskontrolle. Große und symptomatische Enchondrome mit auffälliger Röntgenstruktur sollten im Sinne einer Exzisionsbiopsie ausgeräumt und histologisch untersucht werden. Einer pathologischen Fraktur und verspäteten Diagnose eines malignen Geschehens kann dadurch vorgebeugt werden. Die Kürettage muss hierbei sehr gründlich erfolgen, da ansonsten Rezidive möglich sind. Intraoperativ sollte aus diesem Grunde eine Kontrolle unter Durchleuchtung erfolgen. Pathologische Frakturen müssen umgehend versorgt werden. Hierbei wird der Tumor entfernt und das Präparat histologisch ausgewertet. Der chirurgische Zugang sollte zur Phalanx möglichst klein und von dorsal oder lateral erfolgen. Für die Defektauffüllung kann entweder autologe Spongiosa
Die Ollier-Krankheit ist eine nichtvererbliche Krankheit, die durch einseitige multiple Enchondrome in den Metaund Diaphysen der langen und kurzen Röhrenknochen gekennzeichnet ist. Beim zusätzlichen Auftreten von Weichteilhämangiomen handelt es sich um das Maffucci-Syndrom (s. Kap. 17.4.3).
Pathogenese Die Hand ist die häufigste Lokalisation der multiplen Enchondromatose. Die Veränderungen beginnen in der Metaphyse und können dann auf die Diaphyse und Epiphyse der Röhrenknochen übergreifen. Schmerzen sowie Größenzunahme einzelner Herde besonders nach Ausreifung des Skelettsystems sprechen für eine maligne Entartung.
Diagnostik Patienten klagen allgemein nicht über Schmerzen, jedoch können abhängig von der Größe der Herde kosmetische und funktionale Einschränkungen der Hand resultieren. Die Krankheit ist überwiegend einseitig oder auf einer Körperseite verstärkt ausgeprägt. Es empfiehlt sich, ausführlich mittels Kernspintomographie nach Hämangiomen zu suchen, da sich im Falle eines vorliegenden MaffucciSyndroms die Prognose für den Patienten verschlechtert. Nach Wachstumabschluss sollte wegen wachsender Malignitätsgefahr eine engmaschige Kontrolle der bestehenden oder neuen Herde erfolgen.
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
Therapie Bei der gutartigen Läsion erfolgt die intraläsionale Ausräumung und Spongiosaauffüllung (siehe unter Enchondrom). Die extraläsionale chirurgische Resektion bei einem Chondrosarkom ist das Mittel der Wahl, trotz Rezidivraten von 25 – 50 %. Eine adjuvante Chemo- oder Bestrahlungstherapie hat sich bisher nicht als erfolgreich erwiesen. Maligne Entartung zu einem Chondrosarkom oder Osteosarkom tritt in bis zu 30% der Fälle auf. Das durchschnittliche Alter bei sekundär entstandenen Chondrosarkomen liegt zwischen 30 und 40 Jahren. Bei Entwicklung eines sekundären Chondrosarkoms handelt es sich zumeist um niedriggradig maligne Tumore (Grad 1 oder 2). Eine fortlaufende klinische und bildgebende Kontrolle der befallenen Skelettabschnitte ist notwendig, um maligne Entartungen frühzeitig zu erfassen.
17.4.3 Maffucci-Syndrom Definition Das Maffuci-Syndrom ist durch das Auftreten von multiplen Enchondromen und Weichteilhämangiomen mit hoher Neigung zu sekundären Knochen- und Weichteiltumoren gekennzeichnet.
Pathogenese Das Maffucci-Syndrom ist eine sehr seltene Erkrankung, die bevorzugt die Hände befällt.
Diagnostik Die Patienten sind zum Zeitpunkt der Geburt allgemein unauffällig. Die Krankheit beginnt meistens vor Ende der Pubertät. Zunächst wird oft nur über eine diffuse Schwellung über dem Handrücken geklagt. Das radiologische Bild ähnelt dem der Ollier-Krankheit, die Patienten haben jedoch zusätzlich noch multiple Hämangiome, radiologisch oft auffällig durch Phlebolithen. Neben der radiologischen Darstellung bietet das MRT eine hohe Aussagekraft bezüglich der Weichteile und Hämangiome.
Komplikationen Es besteht ein erhöhtes Risiko zu Knochen- und Weichteiltumoren.
17.4.4 Periostales Chondrom Synonyme Juxtakortikales Chondrom.
Definition Das periostale Chondrom ist ein seltener gutartiger Knorpeltumor, der in den Phalangen vorkommt und radiologisch mit einem Enchondrom sowie histologisch mit einem Chondrosarkom verwechselt werden kann.
Pathogenese Die häufigste Lokalisation an der Hand ist der Übergang von Metaphyse zur Diaphyse der Fingerglieder. Außerhalb der Hand sind die langen Röhrenknochen der bevorzugte Lokalisationsort. Der Tumor wächst langsam inner- oder unterhalb des Periostes und erzeugt mit fortschreitendem Wachstum eine Periostreaktion und eventuell eine Kortikalisarrosion, welches die Unterscheidung von einem periostalen Osteosarkom erschwert. Das periostale Chondrom zeigt einen benignen Verlauf, neigt jedoch zu Rezidiven, wenn das darüberliegende Periost nicht komplett mit entfernt wird.
Epidemiologie Das periostale Chondrom befällt bevorzugt Männer in der 2. oder 3. Lebensdekade.
Diagnostik Das Röntgenbild zeigt eine subperiostale unilobuläre Osteolyse mit Erosion des darunterliegenden Kortex und eventuell einen Sklerosesaum. Oftmals ist eine kalzifizierte Tumormatrix zu erkennen. Das Kernspintomogramm zeigt einen hypointensen Rand und oftmals eine lobulierte Konfiguration. Ein Ödem des Knochenmarks oder der Weichteile ist nicht erkennbar. In der T1-Wichtung ist der Tumor typischerweise hypo- oder isointens im Vergleich zu Muskelgewebe, dagegen ist er in der T2-Wichtung hyperintens in bezug auf das Fettgewebe. Die Histologie bestätigt einen aggressiv erscheinenden kartilaginären Tumor, welcher mit einem Chondrosarkom verwechselt werden kann.
Differenzialdiagnose Enchondrom, juxtakortikales Chondrosarkom, periostales Osteosarkom, subperiostale aneurysmatische Knochenzyste, Osteochondrom, bizarre parossale osteochondromatöse Proliferation (BPOP).
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17.4 Benigne Knochentumoren
Therapie Die marginale Exzision ist in der Regel ausreichend. Die Rezidivrate wird mit weniger als 4 % angegeben. Um eine Übertherapie zu vermeiden, ist eventuell ein zweizeitiges Vorgehen mit vorheriger histologischer Diagnosesicherung angezeigt.
seltene autosomal vererbbare Erkrankung mit Beteiligung der Chromosomen 8, 11 und 19. Der Anteil bezogen auf die Gesamtzahl benigner Knochentumore beträgt ca. 4,5%. Ein asymptomatischer Verlauf und Entdeckung als Zufallsbefund ist bei etwa 10% der Patienten anzutreffen.
Diagnostik
Osteokartilaginäre Exostose, sessiles Osteochondrom.
Oberflächennah ist der Tumor gut palpabel. Auf Röntgenaufnahmen ist die manchmal stielförmige Formation gut erkennbar. Der knorpelige Anteil hingegen kann oft besser durch eingelagerte Mikrokalzifikationen registriert werden. Die Knochendichte ist vergleichbar mit umliegendem Knochengewebe, kann aber Striae als Ausdruck verstärkter Kalzifikation zeigen.
Definition
Differenzialdiagnose
Das Osteochondrom ist ein gutartiger, pilzförmiger, knorpelbedeckter Knochentumor im Metaphysenbereich.
Periostales Chondrom, Chondrosarkom, Osteosarkom, subunguale Exostose, bizarre parossale osteochondromatöse Proliferation (BPOP, Nora-Läsion). Die subunguale Exostose hat eine Knorpelkappe, die mit Faserknorpel bedeckt ist und nicht mit hyalinem Knorpel. Meistens kommt sie im Großzehenbereich vor. Die Nagel- und Exostosenentfernung ist hierbei die kurative Behandlungsmethode.
17.4.5 Osteochondrom Synonyme
Ätiologie Dieser gutartige Tumor entsteht wahrscheinlich aus Zellen der Wachstumsfuge oder der Sehnenansätze und ist nach seinen knöchernen und knorpeligen Bestandteilen benannt.
Pathogenese Ulna und Radius sind etwa gleich häufig betroffen. Beim Vorkommen an der Hand ist meistens der distale Anteil der proximalen Phalanx befallen. Die Knorpelkappe neigt gegen Ende des Wachstums zur Verkleinerung oder gar zum vollständigen Verschwinden. Eine maligne Entartung in ein Chondro- bzw. Osteosarkom ist bei ca. 1 % zu beobachten, wobei bei stammnahen Läsionen dieses Entartungsrisiko größer ist. Faktoren, die für eine mögliche Malignität sprechen, sind das Vorkommen im Erwachsenenalter, Schmerzhaftigkeit, schnelles Wachstum und/oder abnorme Größe. An der Hand wurde jedoch noch nicht über eine maligne Entartung berichtet. Die histopathologische Auswertung zeigt makroskopisch einen weißlichen unregelmäßig runden Tumor, welcher durch die Knorpelkappe meistens größer ist als das Röntgenbild vermuten lässt. Mikroskopisch kann man das Knorpelgewebe leicht vom unregelmäßig geformten spongiösen Knochenanteil der Basis unterscheiden.
Epidemiologie Osteochondrome betreffen meist junge Patienten beider Geschlechter im 2. und 3. Lebensjahrzehnt. Das Osteochondrom ist einer der häufigsten benignen Knochentumore des Skeletts, jedoch nur selten an der Hand vorzufinden. Eine Ausnahme stellen Patienten mit einer multiplen hereditären Exostose dar. Dies ist eine
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Therapie Die marginale Entfernung wird nur bei einer Beschwerdesymptomatik empfohlen. Besonders im Bereich der Hand kommt es aufgrund der Raumlimitierung sehr schnell zu Funktionseinschränkungen. Zur Vermeidung von Rezidiven wird mit einer operativen Entfernung gewartet bis eine volle Ausbildung und Wachstumsstillstand des Tumors eingetreten ist. Bei Kindern wird eine frühzeitige Intervention angestrebt, um größeren Deformationen am wachsenden Skelett vorzubeugen. Die Exzision sollte den gesamten Tumor mit Basis und angrenzendem Periost umfassen. Auf eine weite oder radikale Resektion kann verzichtet werden. Die Rezidivrate liegt bei ca. 1 %.
17.4.6 Chondromyxoides Fibrom Definition Das chondromyxoide Fibrom ist ein gutartiger Tumor kartilaginären Ursprungs, welcher gleichzeitig fibröses, chondroides und myxoides Gewebe produziert.
Pathogenese Die häufigste Lokalisation stellt der Kniebereich dar. Vorkommen im metaphysären Handröhrenknochenbereich sind extrem selten.
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
Abb. 17.9 Osteoidosteom im Os triquetrum. Der Nidus im Osteoidosteom lässt sich oft erst mit Hilfe von Schnittbildverfahren (hier im MRT) deutlich darstellen.
Epidemiologie Der Tumor ist sehr selten und betrifft meistens Patienten vor dem 30. Lebensjahr. Männer sind doppelt so häufig betroffen als Frauen. Der Anteil beträgt ca. 0,4% von allen gutartigen Knochentumoren. An der Hand sind weniger als 20 Fälle bekannt.
Diagnostik Auffällig wird der Tumor als zumeist schmerzlose knöcherne Schwellung. Das Nativröntgenbild zeigt den gesamten Knochendurchmesser der metaphysären Region durchdrängt von lakunären und pseudotrabekulären Hohlräumen, die vom Knocheninneren, von einem Sklerosesaum umgeben die Kortikalis erodieren können. Im Gegensatz zum Enchondrom ist eine Matrixverkalkung („Kalkspritzer“) selten. In langen Röhrenknochen liegt der Tumor normalerweise exzentrisch, an der Hand jedoch meistens zentral.
Differenzialdiagnose Enchondrom, aneurysmatische oder solitäre Knochenzyste, Chondroblastom, Chondrosarkom.
Diagnostik
Gutartige osteoblastische Tumoren mit röntgenologisch erkennbarer zentraler Aufhellungszone (Nidus), vorwiegend in der Kortikalis lokalisiert mit einer Grösse bis zu 2 cm (Abb. 17.9).
Der in etwa 50% der Fälle in der Kortikalis von Femur und Tibia vorkommende Nidus verursacht einen heftigen, oft nachts auftretenden Schmerz, welcher typischerweise durch Acetylsalicylsäure gelindert wird. Schmerzloser Befall an der Hand kann auftreten, eine Schwellung stellt hierbei das Leitsymptom dar. Wenn das Kapitatum betroffen ist, können sich Symptome wie bei einem Karpaltunnelsyndrom entwickeln. Eine Symptomatik entsprechend einer Tenosynovitis de Quervain kommt bei Befall des radialen Styloids vor. Klinisch zeigt sich eine scharf begrenzte derbe Schwellung. Das Röntgenbild zeigt eine Auftreibung der Kortikalis und eine etwa 1 – 2 cm runde Sklerose, in der sich meist erst tomographisch ein rundlicher Aufhellungsherd (Nidus) nachweisen lässt. An der Hand ist häufig nur eine Osteolyse zu erkennen, wobei szintigraphisch immer eine erhebliche Speicherung gesehen werden kann. Kernspintomographisch zeigt der Nidus eine hohe Signalintensität umgeben von einem hypodensen Bereich. Das Dünnschicht-CT bietet oftmals die Möglichkeit einer guten Nidus-Darstellung.
Pathogenese
Differenzialdiagnose
Etwa 5 – 15 % der Osteoidosteome befallen die Hand (proximale Phalanx) und das Handgelenk (Carpus). Der Befall der Mittelphalanx ist selten, der der distalen Phalanx ebenfalls atypisch mit Deformierung des Nagels und Nagelbettes.
Brodie-Abszess, Osteomyelitis; Ermüdungsfraktur.
Therapie Die Kürettage mit Spongiosaauffüllung ist die Therapie der Wahl. Wegen Rezidivgefahr besonders bei jungen Patienten wird oft die En-bloc-Resektion mit kortikospongiöser Spanrekonstruktion bevorzugt; an der Hand ist nach Kürettierung und Spongiosaauffüllung noch nicht über Rezidive berichtet worden.
17.4.7 Osteoidosteom Definition
Epidemiologie Vorkommen meist bei jungen Patienten in der 2. bis 3. Lebensdekade.
Therapie Entfernung des Nidus durch Kürettage oder En-bloc-Exzision. In schwierigen Fällen kann eine präoperative radioaktive Markierung mit intraoperativer Sonde aufgespürt werden. Die Rezidivgefahr ist bei unkompletter Nidusentfernung gegeben.
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17.4 Benigne Knochentumoren
17.4.8 Osteoblastom
17.4.9 Solitäre Knochenzyste
Definition
Definition
Gutartiger osteoblastischer Tumor mit röntgenologisch erkennbarer zentraler Aufhellungszone (Nidus, oft nicht erkennbar), der mit einer Größe von über 2 cm vorwiegend in der Spongiosa lokalisiert ist.
Solitäre Knochenzysten sind gutartige, flüssigkeitsgefüllte Tumoren unklaren Ursprungs, die extrem selten im Handund Unterarmbereich vorkommen.
Pathogenese In etwa 40% der Fälle werden die Wirbelbogenstrukturen der Wirbelsäule befallen. Die Hand ist nur selten Erkrankungsort. Das histologische Bild ähnelt dem des Osteoidosteoms. Die Unterscheidung dazu erfolgt anhand der Größe und Lokalisation. Osteoblastome sind bevorzugt zentral im Markraum loalisiert, wohingegen das Osteoidosteom kortikal, medullär oder subperiostal auftritt.
Epidemiologie
Pathogenese Meistens kommen die solitären Knochenzysten im Femur oder proximalen Humerus vor. Sie sind meistens asymptomatisch bis zum Auftreten einer pathologischen Fraktur. Eine maligne Entartung ist nicht bekannt.
Diagnostik Das Nativröntgenbild zeigt eine gut abgegrenzte Osteolyse im metaphysären Bereich mit Septen oder geringfügiger Trabekelstruktur.
Vorkommen meist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Differenzialdiagnose
Diagnostik
Enchondrom, aneurysmatische Knochenzyste, teleangiektatisches Osteosarkom, intraossäres Ganglion im Handwurzelbereich, z. B. Lunatum, Skaphoideum etc.
Beim Osteoblastom ist im Röntgenbild eine Auftreibung der Kortikalis und ein etwa 2 – 10 cm großer rundlicher Aufhellungsherd (Nidus) ohne Perifokalsklerose zu sehen. Szintigraphisch wird immer eine erhebliche Speicherung gesehen.
Differenzialdiagnose Brodie-Abszess, Osteomyelitis, Osteosarkom, Osteoidosteom.
Therapie Kürettage und Spongiosaauffüllung.
Komplikationen Lokale Rezidive nach Kürettage und Spongiosaauffüllung kommen zu 20 – 30% vor. In diesen Fällen wird eine marginale oder weite Exzision mit anschließender Rekonstruktion empfohlen.
599
Therapie Da eine maligne Entartung nicht bekannt ist, kann eine Verlaufsbeobachtung erfolgen. Zunehmende Deformität und Gefahr einer pathologischen Fraktur gelten als Operationsindikation. Aufgrund der Seltenheit im Handbereich kann jedoch eine Exzisionsbiopsie mit Spongiosaauffüllung durchgeführt werden. Die Behandlungsmöglichkeiten hierbei sind Kürettage mit Spongiosaplastik, Anbohrungen mit Zystenaspiration, Kortikoidinjektionen und En-blocResektion. Aufgrund geringerer Komplikationsraten werden in jüngerer Zeit Injektionen und Zystenaspirationen bevorzugt. Diese müssen eventuell mehrmals wiederholt werden, um einen Erfolg beoabachten zu können.
Komplikationen Besonders am proximalen Humerusbereich kann ein Wachstumsstillstand bei Kinder und Jugendlichen verursacht werden.
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600
17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
17.4.10 Aneurysmatische Knochenzyste Definition Die aneurysmatische Knochenzyste ist eine gutartige Knochenveränderung, die selten an der Hand und dem Unterarm auftreten (Abb. 17.10 a – c).
Pathogenese Die Unterarmknochen sind häufiger betroffen als die Hand. Bei Befall der Hand ist die aneurysmatische Knochenzyste häufiger am Metakarpale als den Phalangen zu finden. Ein lokal aggressives Knochenwachstum kann vorliegen, wobei auch pathologische Frakturen möglich sind.
a
c Abb. 17.10 a – c Aneurysmatische Knochenzyste im Bereich des distalen Radius bei einem 5-jährigen Patienten. a Das präoperative Röntgenbild in 2 Ebenen zeigt die Ballonierung des Radius bis über die distale Epiphysenfuge hinaus. b Im MRT ist die flüssigkeitsgefüllte Läsion ohne Weichteilbeteiligung zu erkennen. c Der distale Radius wurde entfernt und durch eine gefäßgestielte Fibula, die wegen des zu erwartenden Wachstumsdefizits in Überlänge eingebracht wurde, ersetzt.
b
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17.4 Benigne Knochentumoren
Epidemiologie
Pathogenese
Die aneurysmatische Knochenzyste macht 5% von allen benignen Knochentumoren aus, jedoch treten nur 3 – 5% davon an der Hand auf. Männer und Frauen sind zu gleichen Anteilen vor allem in der 2. Lebensdekade betroffen.
Die Unterarmknochen sind häufiger betroffen als die Hand. An der Hand befällt der Riesenzelltumor meist die Metakarpalia und die Phalangen. Außer dem Trapezoid ist der Befall aller Handwurzelknochen bekannt. Bei gutartiger histologischer Dignität wächst der Riesenzelltumor des Knochens aggressiv. In seltenen Fällen kommt es zum Auftreten von Lungenmetastasen (beachte CT/Röntgendiagnostik). Bei Lokalisation in den Handknochen und intraläsionalem Vorgehen besteht ein erhöhtes Rezidivund Metastasierungsrisiko als bei Befall anderer Körperregionen.
Diagnostik Das radiologische Aussehen ähnelt dem des Riesenzelltumors, jedoch sind bei der aneurysmatischen Knochenzyste ein dünner Knochensaum um die Osteolyse herum sowie eine stärkere Deformität zu erkennen. Im MRT ist eine Spiegelbildung aufgrund der innenliegenden Flüssigkeit erkennbar.
Epidemiologie
Solitäre Knochenzyste, Riesenzelltumor.
Der Riesenzelltumor des Knochens macht ca. 5 % aller benignen Knochentumoren aus, davon treten nur 2 – 5 % an der Hand auf. Die Altersspitze liegt in der 4. Lebensdekade.
Therapie
Diagnostik
Für den metakarpalen Befall wird die intraläsionale Exzision empfohlen. Sofern die knöcherne Stabilität gefährdet ist, muss eine Stabilisierung mit Eigen- oder Fremdknochen und/oder einer Osteosynthese erfolgen.
Die Patienten stellen sich mit einer schmerzhaften Schwellung oder pathologischen Fraktur im betroffenen Bereich vor. Radiologisch erkennt man im Gegensatz zur aneurysmatischen Knochenzyste eine Osteolyse ohne Matrix und mit unscharfer Grenze. Die radiologischen Zeichen sind jedoch nicht spezifisch und können nur histologisch gesichert werden. Wegen der Möglichkeit von Lungenmetastasen muss eine CT-Untersuchung der Lunge vorgenommen werden.
Differenzialdiagnose
Komplikationen Die Rezidivrate nach Kürettage und Spongiosaplastik im Bereich der langen Röhrenknochen beträgt bis zu 30 %. Diese Zahl wird auch für den Handbereich angenommen.
Therapie
17.4.11 Riesenzelltumor des Knochens Definition
Aufgrund der Neigung zu Rezidiven ist eine aggressive Kürettage oder Resektion indiziert. Adjuvante Therapeutika, lokal angewendet (z. B. Phenol), können möglicherweise das Rezidivrisiko senken.
Ein gutartiger Knochentumor, welcher lokal aggressiv wächst und eine hohe Rezidivrate besitzt (Abb. 17.11 a u. b).
a
b Abb. 17.11 a u. b Riesenzelltumor des Knochens. Das Weichteilrezidiv eines Riesenzelltumors des distalen Radius zeigt im MRT
einen homogenen Aufbau und eine gute Abgrenzung zur Umgebung (a). Intraoperativ bestätigt sich dieser Befund (b).
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
Komplikationen Die lokale Rezidivrate nach Kürettage kann trotz adjuvanter Phenolapplikation bis zu 80% betragen. Es wurde über Lungenmetastasierung nach Risenzelltumorbefall von Handknochen berichtet. Literatur Ablove, R.H., O.J. Moy, C.A. Peimer, D.R. Wheeler (2000): Early versus delayed treatment of enchondroma. Am J Orthop 29 (10): 771 – 772 Ahmed, S. K., W.C. Lee, R.M. Irving, A.R. Walsh (1999): Is Ollier’s disease an understaging of Maffucci’s syndrome? J Laryngol Otol 113 (9): 861 – 864 Anderson, W.J., W.H. Bowers (1986): Chondromyxoid fibroma of the proximal phalanx. A tumour that may be confused with chondrosarcoma. Br J Hand Surg 11 (1): 144 – 146 Arazi, M., R. Memik, M. Yel, T.C. Ogun (2001): Osteoid osteoma of the carpal bones. Arch Orthop Trauma Surg 121 (1 – 2): 119 – 120 Athanasian, E.A., L.E. Wold, P.C. Amadio (1997): Giant cell tumors of the bones of the hand. Am J Hand Surg 22 (1): 91 – 98 Athanasian, E.A., R.R. McCormack (1999): Recurrent aneurysmal bone cyst of the proximal phalanx treated with cryosurgery. Am J Hand Surg 24 (2): 405 – 412 Bednar, M.S. , A.J. Weiland, T.R. Light (1995): Osteoid osteoma of the upper extremity. Hand Clin 11 (2): 211 – 221 Biscaglia, R., P. Bacchini, F. Bertoni (2000): Giant cell tumor of the bones of the hand and foot. Cancer 1 (9): 2022 – 2032 Blanton, S. H., D. Hogue, M. Wagner, D. Wells, I.D. Young, J.T. Hecht (1996): Hereditary multiple exostoses: confirmation of linkage to chromosomes 8 and 11. Am J Med Genet 15 (2): 150 – 159 Brien, E.W., J.M. Mirra, R. Kerr (1997): Benign and malignant cartilage tumors of bone and joint: their anatomic and theoretical basis with an emphasis on radiology, pathology and clinical biology. The intramedullary cartilage tumors. Skeletal Radiol 26 (6): 325 – 353 Brown, R.E., J.B. Russell, E.G. Zook (1992): Osteoid osteoma of the distal phalanx of the finger: a diagnostic challenge. Plast Reconstr Surg 90 (6): 1016 – 1021 Chamberlain, B.C., J.F. Mosher, E.M. Levinsohn, J.A. Greenberg (1992): Subperiostal osteoid osteoma of the hamate. Am J Hand Surg 17 (3): 462 – 465 Chee, B.P., A. Lim, J.C. Chia, M. Teh (1999): Soft tissue chondroma in the finger. Ann Acad Med Singapore 28 (4): 590 – 592 Declerck, G.M., I.D. Rawlings, A.C. Hunt (1992): Chondromyxoid fibroma in the metacarpal bone of the thumb. Acta Orthop Belg 58 (2): 216 – 220 van Dijk, M., H.A. Winters, P.I. Wuisman (1999): Recurrent osteoblastoma of the hamate bone. A two-stage reconstruction with a free vascularized iliac crest flap. Br J Hand Surg 24 (4): 501 – 505. Comment in: Br J Hand Surg 24 (6): 757 – 758 Dossing, K.V. (1990): Aneurysmal bone cyst of the hand. An unusual location in the first phalanges of the first finger. Scand J Plast Reconstr Surg Hand Surg 24 (2):173 – 175 Dujardin, F., F. Salmeron, C. Cambon-Michot, J.M. Thomine (1997): Malignant transformation of multiple chondroma. Rev Chir Orthop Reparatrice Appar Mot 83 (2): 160 – 163 Dumontier, C.A., P. Abimelec (2001): Nail unit enchondromas and osteochondromas: a surgical approach. Dermatol Surg 27 (3): 274 – 279 Elierzri, Y.D., S. C. Taylor (1992): Subungual osteochondroma. Diagnosis and management. J Dermatol Surg Oncol 18 (8): 753 – 758
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
17.5 Maligne Knochentumoren 17.5.1 Chondrosarkom Definition Das Chondrosarkom ist der häufigste primär maligne Tumor im Handbereich. Er kann primär oder sekundär bei einem vorbestehendem Enchondrom oder Osteochondrom entstehen.
Pathogenese Die Hauptmanifestationsorte sind die proximalen Phalangen und Metakarpalia, nur selten ist der Karpusbereich oder sind die distalen Phalangen betroffen. Im phalangealen Bereich wächst das Chondrosarkom lokal destruierend mit geringer Metastasierungsneigung.
Epidemiologie
Therapie Das Chondrosarkom an der Hand wird am besten chirurgisch im Sinne einer Segmentresektion oder durch eine komplette Strahlresektion entfernt. Ein zurückhaltendes chirurgisches Vorgehen ist aufgrund der engen Kompartimentnachbarschaft an der Hand nur schwierig durchzuführen. Im Falle der phalangealen Tumorlokalisation und bei niedrigem Malignitätsgrad wird auch eine zurückhaltende chirurgische Behandlung durch Kürettage und regelmäßige Nachkontrollen empfohlen, da Tumoren in diesem Bereich keine erhöhte Metastasierungstendenz besitzen. Eine Prognoseverbesserung durch Chemotherapie ist nicht bewiesen, jedoch denkbar für das dedifferenzierte und mesenchymale Chondrosarkom. Diese beiden Entitäten sind jedoch an der Hand nur sehr selten nachgewiesen worden. Eine Strahlentherapie hat sich nicht bewährt. Bei möglicher lokaler und systemischer Metastasenbildung sind auch Jahre nach Entfernung des Primärherdes regelmäßige Nachuntersuchungen erforderlich.
Meistens sind Patienten über dem 60. Lebensjahr betroffen.
Diagnostik Klinisch imponiert eine langsam wachsende, schmerzhafte Schwellung von fester Konsistenz. Radiologisch erkennt man eine Tumormatrix mit „Kalkspritzern“ und Osteolysen mit unscharfer Begrenzung. Das sichtbare aggressive Wachstum in Knochen und Weichteilen unterscheidet es von einem Enchondrom. Eine Metastasierung in die Peripherie und Lunge sind bekannt, jedoch bei einer Häufigkeit mit 10% (besonders bei Rezidiven durch intraläsionale Eingriffe) eher selten. Meistens metastasieren diese langsam wachsenden Tumore zunächst nicht. Die Prognose für den Patienten hängt vom Malignitätsgrad ab, der durch eine Inzisionsbiopsie histologisch bestimmt wird. Zur besseren Beurteilung sind dem Pathologen Kopien der Röntgen- und Schnittbildaufnahmen beizufügen, da die richtige Diagnosestellung an der Hand vor allem bei Low-Grade-Läsionen sehr schwierig sein kann. Histologisch kann man neben dem konventionellen Chondrosarkom noch den klarzelligen und den myxoiden Tumortyp unterscheiden. Zumeist weisen Chondrosarkome der Hand eine niedrige Malignität (Grad 1 und 2) auf. Die Gefahr der Metastasierung steigt erst bei Entdifferenzierung (Grad 3) an. Periphere Läsionen zeigen histologisch oft eine stärkere Veränderung bei unspektakulärem klinischem Befund. Der gesicherten histologischen Auswertung folgt ein lokales und systemisches Staging. Aufgrund der häufigsten Metastasierung in die Lunge ist das CT des Thorax besonders zu erwähnen.
Differenzialdiagnose Klarzelliges Chondrosarkom, hochmalignes Osteosarkom.
17.5.2 Ewing-Sarkom Definition Das Ewing-Sarkom ist ein häufiger primär maligner Knochentumor, der seinen Ausgang von undifferenzierten Mesenchymzellen des Knochenmarks nimmt und nur selten an der Hand auftritt.
Pathogenese Die Unteramknochen sind häufiger befallen als die Hand. Hier sind die Hauptmanifestationsorte die Metakarpalia oder Phalangen mit oft massiver Weichteilbeteiligung (Abb. 17.12 a – e).
Epidemiologie Der Altersgipfel liegt in der 1. und 2. Lebensdekade.
Diagnostik Das klinische Bild ähnelt dem einer Infektion mit Weichteilschwellung, Rötung, Schmerzen und Überwärmung. Auch die Erhöhung laborchemischer Werte wie Leukozyten und Blutsenkungsgeschwindigkeit können bei begleitendem Fieber auftreten. Radiologisch erkennt man eine große expandierende osteolytische Läsion mit starker Weichteilbeteiligung. Sowohl osteolytische als auch sklerosierende Areale können vorkommen. Das MRT dient der Bestimmung der Weichteilausdehnung und der Erfolgskontrolle nach Chemotherapie. Eine Inzisionsbiospie ist bei der häufigsten Fehldiagnose und Verwechselung mit
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17.5 Maligne Knochentumoren
b
c
a Abb. 17.12 a – e Ewing-Sarkom am Metakarpale II. Röntgenologisch imponiert die Verplumpung des proximalen Knochenanteiles und die inhomogene Knochenstruktur (a). Das MRT zeigt den Weichteilbefall (b). Auf dem intraoperativen Bild ist die Rekonstruktion des Defektes zu erkennen (c). Der Defekt wurde durch einen Beckenkammspan ersetzt (d u. e).
d
e
einem infektiösen Geschehen als weiterer wichtiger diagnostischer Schritt indiziert. Die Biopsieentnahme muss mit der größtmöglichen Vermeidung der Weichteilkon-
tamination mit Tumorzellen erfolgen, da ein Extremitätenerhalt gefährdet werden kann.
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
Therapie Die Überlebensrate konnte durch eine prä- und postoperative Chemotherapie (Euro-Ewing-Protokoll) erheblich gesteigert werden. Die lokale chirurgische Behandlung bleibt jedoch ein wesentlicher Schritt der Behandlung und muss deshalb in ein Gesamtkonzept integriert werden, welches terminlich den Rahmen für die prä- und postoperative Chemotherapie festlegt. Die externe Bestrahlung als alleinige kurative Methode oder in Anwendung nach operativer Versorgung ist eine zusätzliche Therapiemöglichkeit. Eine primär erfolgreiche Behandlung ist
äußerst wichtig, da Rezidive oft einen letalen Ausgang zu Folge haben.
17.5.3 Osteosarkom Definition Häufigster knochenbildender primär maligner Knochentumor mit oft frühzeitiger Metastasierung.
b
a
d
c
Abb. 17.13 a – d Niedrigmalignes Osteosarkom am distalen Radius ohne wesentlichen Weichteilbefall (a u. b). Nach der Resektion des Tumors erfolgte die Rekonstruktion mit einer gefäßgestielten Fibula (c). Damit ließ sich ein gutes funktionelles Ergebnis erreichen (d).
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17.5 Maligne Knochentumoren
Pathogenese
Diagnostik
Die Häufigkeit des Vorkommens ist eng mit dem Wachstumspotential des Knochens verbunden. Aus diesem Grund stellt der distale Radius eine bevorzugte Lokalisation dar, gefolgt von der Ulna und dem eigentlichen Handbefall. Topographisch unterscheidet man zwischen dem ossären, juxtakortikalen und extraossären Typ. Daneben werden verschiedene histologische Subtypen unterschieden.
Neben einer lokalen Schwellung zeigt sich röntgenologisch eine ungeordnete Knochenneubildung. MRT und Nativröntgenaufnahmen geben Aufschluss über das Ausmaß des knöchernen und weichteiligen Befalls (Abb. 17.13 a – d und 17.14 a-c). Erst eine Biopsie kann die endgültige histologische Diagnose sichern.
Epidemiologie Die Inzidenz eines Osteosarkomes an der Hand ist äußerst gering und liegt gemessen an der Gesamtheit der Osteosarkome bei 0,18%. Bislang wurden in der Literatur etwa 40 Patienten mit Osteosarkombefall an der Hand beschrieben.
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Therapie Die Chemotherapie stellt einen wichtigen Bestandteil in der multimodalen Osteosarkombehandlung dar. Sie verbesserte die allgemeine 3- bis 4-Jahresüberlebensrate von 5 – 23 % auf 70 – 80%. Die chirurgische Behandlung hat sich ebenfalls stark verändert. Die hohe Anzahl von Amputationen konnte aufgrund von Fortschritten in der Diagnostik und mikrochi-
a
b
c Abb. 17.14 a – c Hochmalignes osteoblastisches Osteosarkom am distalen Radius bei einem 20-jährigen Patienten. Klinisch zeigt sich ein großer harter Tumor und röntgenologisch sind alle Zeichen der Malignität vorhanden (a u. b). Nach Amputation ist im
Makropräparat und in der Kontaktradiographie der ausgedehnte knochenbildende Tumor mit Okkupation der Weichteile um das Handgelenk zu erkennen (c).
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17 Tumoren und tumorähnliche Erkrankungen
rurgischer Operationstechnik deutlich reduziert werden. In unserer Nachuntersuchung wurden 80% aller Amputationen vor 1993 durchgeführt. Alle gefäßgestielten Knochentransplantationen sind nach 1992 durchgeführt worden. Diese stellt aktuell die bevorzugte Technik für größere Knochendefekte dar. Die lokale Resektion muss gewährleisten, dass der Tumor komplett entfernt wird. Bei Bedarf ist ein ablatives Operationsverfahren zu wählen (s. Abb. 17.14 a – c).
17.5.4 Knochenmetastasen Definition Absiedlung von Tochtergeschwülsten eines ortsfernen Primärtumors im Knochen.
Ätiologie Die häufigste Ursache sind Bronchialkarzinome, gefolgt von Nieren- und Mammakarzinomen.
Pathogenese Meistens sind die distalen Phalangen betroffen. Am seltensten ist der Karpus befallen.
Epidemiologie Metastasen an der Hand und den Füßen sind selten und stehen etwa im Verhältnis 2 : 1. Die Inzidenz an der Hand liegt in Bezug auf die Gesamtheit aller Metastasen bei 0,1 %. Auf ein Bronchialkarzinom sind 47 % der Handmetastasen zurückzuführen, 12,5 % auf ein Mammakarzinom; Nierenkarzinommetastasen machen 11 % der sekundären malignen Handtumoren aus.
Diagnostik Lokale Entzündungszeichen wie schmerzhafte Schwellungen ohne Überwärmung, Nervenkompressionssyndrome und pathologische Frakturen sind mögliche Symptome. Schmerzen gehen jedoch oft einem erkennbaren radiologischen Substrat voraus. In der Regel findet sich eine Osteolyse. Neben Röntgen und MRT kann die Skelettszintigraphie mögliche weitere Metastasen aufzeigen. Die Biopsie ist bei weiterbestehender Ungewissheit indiziert.
Differenzialdiagnose Primäre benigne und maligne Handtumoren, Osteomyelitis, rheumatoide Arthritis, Tenosynovitis, Gicht.
Therapie Die Therapie des zugrunde liegenden Tumors sollte erfolgen. Lokal kann die Strahlentherapie eingesetzt werden. Chirurgische Maßnahmen bleiben die Ausnahme bei fortgeschrittenem Tumorleiden. Bei singulären Metastasen ist die vollständige Resektion anzustreben. Literatur Abramovici, L.C., G.C. Steiner, F. Bonar (1995): Myxoid chondrosarcoma of soft tissue and bone: a retrospective study of 11 cases. Hum Pathol 26 (11): 1215 – 1220 Bibi, C., P. Benmeir, E. Maor, A. Sagi (1993): Hand metastasis from renal cell carcinoma with no bone involvement. Ann Plast Surg 31 (4): 377 – 378 Bickerstaff, D.R., S. C. Harris, N.R.M. May (1988): Osteosarcoma of the carpus. Brit J Hand Surg 13 (3): 303 – 305 Bielack, S. u. Mitarb. (1999): Neoadjuvante Therapie des lokalisierten Osteosarkoms der Extremitäten. Klin Pädiatr 211: 260 – 270 Bovee, J.V., R.O. van der Heul, A.H. Taminiau, P.C. Hogendoorn (1999): Chondrosarcoma of the phalanx: a locally aggressive lesion with minimal metastatic potential: a report of 35 cases and a review of the litereature. Cancer 86 (9): 1724 – 1732 Carroll, R.E. (1957): Osteogenic sarcoma of the hand. J Bone Joint Surg 39-A: 325 – 331 Cawte, T.G., G.C. Steiner, J. Beltran, H.D. Dorfman (1998): Chondrosarcoma of the short tubular bones of the hands and feet. Skeletal Radiol 27 (11): 625 – 632 Clark, C.E. (1952): Osteogenic sarcoma of the finger. Am J Surg 83: 112 – 114 Cook, M.A., O.L. Manfredi (1996): Ewing’s sarcoma of the hand – a case report. Bull Hosp Jt Dis 55 (2): 75 – 77 Cook, P.A., S. Murphy, P.C. Innis, J.S. Yu (1998): Extraskeletal osteosarkoma of the hand. J Bone Joint Surg 80-A: 725 – 729 Coombs, R.J., J. Zeiss, K.J. Paley, J. Kini (1993): Case report 802: Ewing’s tumor of the proximal phalanx of the third finger with radiographic progression documented over a 6-year period. Skeletal Radiol 22 (6): 460 – 463 Dick, H.-M., A.C. Angelides (1989): Malignant bone tumors of the hand. Hand Clin 5 (3): 373 – 381 Durbin, M., R.L. Randall, M. James, D. Sudilovsky, S. Zoger (1998): Ewing’s sarcoma masquerading as osteomyelitis. Clin Orthop 357: 176 – 185 Ebelin, M., G. Missenard, J.Y. Nordin (2000): Iatrogenic tumor metastasis to the pelvis after treatment for hand osteosarcoma – a case report. Chir Main 19 (5): 272 – 275 Engels, C., M. Werner, G. Delling (2000): Clear-cell chondrosarkoma. Pathologe 21 (6): 449 – 455 Essadki, B., B. Belabidia, T. Fikry, M. Moujtahid, A. Lamine, O. Essadki, B. Zyrouil (2001): Chondrosarcoma of the hand. Diagnostic and therapeutic discussion (three case reports). Chir Main 20 (2): 164 – 171 Euler, E., K. Wilhelm, W. Permanetter, T. Kreusser (1990): Ewing’s sarcoma of the hand – localiation and treatment. Am J Hand Surg 15 (4): 659 – 662 Finci, R., N. Gultekin, O. Gunhan, M. Demiriz, I. Somuncu (1991): Primary osteosarcoma of a phalanx. Br J Hand Surg 16 (2): 204 – 207 Fleegler, E.J., K.E. Marks, B.A. Sebek, C.W. Groppe, G. Belhobek (1980): Osteosarcoma of the hand. Hand 12 (3): 316 – 322 Frassica, F.J., P.C. Amadio, L.E. Wold, J.H. Dobyns, R.L. Linscheid (1989): Primary malignant bone tumors of the hand. Am J Hand Surg 14 (6): 1022 – 1028 Freyschmidt, J., H. Osterhag, G. Jundt (1998): Knochentumoren. 2. Aufl. Springer, Berlin
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Reflexdystrophie (Complex regional Pain Syndrome I) M. Schiltenwolf
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18 Reflexdystrophie (Complex regional Pain Syndrome I)
Einleitung
Tab. 18.1
Entstehung und Entwicklung von Reflexdystrophien sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Favorisiert wird ein multifaktorielles Ursachenmodell: exogene Noxe, endogene sympathische Reaktionsbereitschaft, psychogene Begünstigung.
____
Synonyme Traditionell wird im deutschen Sprachgebrauch der Begriff Morbus Sudeck verwendet. Sudeck beschrieb erstmals 1902 die im Röntgenbild sichtbaren, parallel zu den Weichteilstörungen verlaufenden Veränderungen der Knochen. Bis heute sind eine Vielzahl von Bezeichnungen gebräuchlich: Schulter-Hand-Finger-Syndrom, posttraumatische Reflexdystrophie, posttraumatische sympathische Dystrophie, posttraumatische sympathische Atrophie, sympathische Reflexdystrophie, Atrophia maculata.
Definition
Diagnosekriterien für die Reflexdystrophie (Complex regional Pain Syndrom I) nach der „Konsensuskonferenz von 1993“ (Stanton-Hicks u. Mitarb. 1995)
1. Ein Syndrom nach auslösendem lokalen Reiz. 2. Diffuser Spontanschmerz oder Allodynie/Hyperalgesie treten auf und sind zum auslösenden Reiz überproportional stark. 3. Schwellung, Temperaturänderung/Hauttemperaturänderung oder Schweißsekretionsstörung im schmerzhaften Bereich bestehen oder bestanden nach dem auslösenden Reiz. 4. Es handelt sich um eine Ausschlussdiagnose.
Der ursächliche Zusammenhang mit Abflussstörungen der V. subclavia wird von Wilhelm (1997) angeführt, ist jedoch von anderen Autoren nicht belegt.
Pathogenese
Die Erkrankung zählt zu den reizassoziierten Erkrankungen mit sympathisch unterhaltenem Schmerz sowie autonomen Störungen. Der Schmerz ist diffus und zum auslösenden Reiz überproportional (Tab. 18.1). Von der „International Association for the Study of Pain“ wurde die Reflexdystrophie der nosologischen Einheit Complex regional Pain Syndrome I zugeordnet, da es keine Belege für ein reflexhaftes Geschehen gibt (Merskey u. Bogduk 1994, Stanton-Hicks u. Mitarb. 1995). Der gefundene Konsensus deutet auf große diagnostische und somit definitorische Unsicherheiten hin, da weitere Symptome vielgestaltig auftreten können aber nicht müssen. Davon abgegrenzt wird das Complex regional Pain Syndrome II (früher Kausalgie), welches als Folge einer definierten, elektrophysiologisch messbaren Nervenläsion auftritt.
Verschiedene Mechanismen werden diskutiert, was das unvollkommene Verständnis der pathophysiologischen Abläufe charakterisiert (Dzwierzynski u. Sanger 1994): 쐌 Kopplung über Neurotransportmittel (Epinephrin) zwischen freien sensorischen Nervenendigungen und sympathischen Fasern, wodurch sowohl eine Sensibilisierung der Afferenzen als auch eine Weiterleitung über den Tractus spinothalamicus zum Neokortex (Scadding 1981) erfolgt, 쐌 Synapsenbildung zwischen afferenten sensorischen und efferenten Fasern des Sympathikus (Jänig 1985), 쐌 neuropathische Schädigung mit pathologischen Entladungen, exzessiver Neurotransmitterfreisetzung und Stimulierung von Nozizeptoren (Sunderland 1978), 쐌 Deafferenzierung und Verlust peripherer Suppression präganglionärer Sympathikusaktivität (Wall u. Devor 1981).
Ätiologie
Epidemiologie
Ein lokaler Reiz von Noxen bzw. Verletzungen, aber auch Operationen an Knochen, Nerven oder Weichteilen der Extremitäten führt zu einer anfangs exzessiven efferent sympathischen Reizantwort (Backonja 1994, Inhofe u. GarciaMoral 1994, Lindenfeld u. Mitarb. 1996). Die auslösende Noxe kann gering sein oder fehlen bzw. nicht erinnerlich sein. Auch viszerale Noxen (Herzinfarkt) können auslösend wirken. Es wird eingeschätzt, dass psychosomatische Faktoren (Neigung zur Somatisierung, Depressivität) wesentlich im Sinne einer Krankheitsdiathese beteiligt sind. Noxe und Diathese wirken gemeinsam – wahrscheinlich über zentrale neuroendokrinologische Störungen des noradrenergen und das Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Systems – auf das vegetative Nervensystem.
Verlässliche epidemiologische Daten liegen nicht vor, da methodische Schwierigkeiten in der Diagnosestellung angenommen werden können. Am häufigsten tritt die Reflexdystrophie wohl nach distalen Radiusfrakturen auf.
Diagnostik Klinische Diagnostik Betroffen sind besonders die distalen Teile der Extremitäten. Der Rumpf und das Gesicht können in seltenen Fällen mit betroffen sein (Bentley u. Hameroff 1980). Die Erkrankung wird in 3 Stadien unterteilt, die modellhaft einer Veränderung der sympathischen Aktivität folgen. Die Stadien können zum Teil abortiv verlaufen, übermäßiger Schmerz und Zeichen der sympathischen Fehlaktivität müssen jedoch vorliegen (Gragnani 1994):
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Reflexdystrophie (Complex regional Pain Syndrome I)
쐌 Stadium I (akut entzündlich, sympathische Überaktivität): Schmerzen müssen sich zu Beginn noch nicht einstellen, nehmen jedoch während des ersten Stadiums kontinuierlich zu. Es handelt sich um tiefe neuropathisch-brennende Spontanschmerzen mit Berührungsempfindlichkeit (Allodynie). Hyperthermie, Kälteintoleranz und Schwellung sind typische Initialsymptome. Die Bereiche der Grund- und Mittelgelenke können diffus gerötet sein. Hyperhidrosis ist häufig (Baron u. Jänig 1998). Das Stadium I dauert ca. bis 3 Monate (Abb. 18.1 a u. b). 쐌 Stadium II (chronisch-dystroph, Verlust der sympathischen Aktivität): Im Übergang vom Stadium I zum Stadium II erreicht der Schmerz seine maximale Ausprägung, danach lassen die Spontanschmerzen nach. Die Schwellung induriert, im Bereich der Palmarfaszie können Verdickungen auftreten. Die Gelenke werden bewegungsempfindlich und es stellen sich Gelenkkontrakturen ein. Diffuse motorische und sensible Störungen werden beklagt. Die Haut ist trocken, kühl und
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zyanotisch mit trophischen Störungen. Die Schweißneigung lässt deutlich nach. Das Stadium II hält ca. 6 – 9 Monate an. 쐌 Stadium III (atroph): Zwar lassen Schmerzen und Schwellungen weiter nach, der Funktionsverlust mit atrophen Störungen der Haut, Muskulatur, Nerven, Knochen und Gelenke besteht jedoch fort. Die Gelenke können infolge von Kapselfibrosen verdickt sein. Nagelund Haarwachstum können gestört sein. Der Stadium III kann über Monate und Jahre bestehen (Abb. 18.2 a u. b). Zur Früherkennung sind Sympathikusblockaden hilfreich, aber ein positives Ergebnis ist zur Diagnosestellung nicht obligat. Der sympathisch unterhaltene Schmerz kann hierunter weitgehend verschwinden. Gebräuchlich ist die Gabe von Guanethidin (Hemmung der Noradrenalin-Freisetzung: Bier-Blockade) oder Phentolamin (α-Blocker: 5 mg i. v.). Nach der intravenösen Verabreichung tritt zunächst eine Schmerzverstärkung auf, danach setzt Schmerzfreiheit ein. Weitere diagnostische Maßnahmen sind: Temperaturmessung: Im Frühstadium ist eine Erhöhung um 1 – 2 Grad festzustellen (geringe Spezifität). Ischämietest: In Blutleere tritt zunächst eine Schmerzverstärkung auf, nach 1 – 2 Minuten folgt eine deutliche Schmerzlinderung (Blumberg u. Hoffmann 1992). Bildgebende Diagnostik Im Röntgenbild treten knöcherne Veränderungen nur fakultativ auf (Abb. 18.3). Im Krankheitsverlauf können folgende Prozesse sichtbar werden: 쐌 Nach ca. 4 Wochen fallen Demineralisation im Bereich der Karpalknochen sowie der Pole der Röhrenknochen auf (Stadium I). 쐌 Nach 3 Monaten kommt es zur fleckigen Entkalkung (Stadium II). 쐌 Eine diffuse Dystrophie persistiert, bis die funktionellen Verhältnisse sich bessern (Stadium III).
a
Die 3-Phasen-Szintigraphie ist sensitiv, jedoch wenig spezifisch.
Differenzialdiagnose
b Abb. 18.1 a u. b Klinisches Bild einer Reflexdystrophie im Stadium I.
Wenn die Stadien abortiv verlaufen und typische Symptomkonstellationen nicht vorliegen, sind sowohl die Diagnosestellung als auch die differenzialdiagnostischen Überlegungen erschwert. Lymphödeme oder Inaktivitätsosteoporosen ohne übermäßige Schmerzen und Zeichen der sympathischen Fehlaktivität zählen nicht zur Reflexdystrophie als Erkrankung sympathisch unterhaltener Schmerzen. Je nach Ausprägung und Stadium der sympathischen Fehlaktivität ist das Nichtansprechen auf Sympathikusblockaden kein Beweis gegen eine Reflexdystrophie.
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18 Reflexdystrophie (Complex regional Pain Syndrome I)
Abb. 18.2 a u. b Klinisches Bild der Reflexdystrophie im Stadium III (Atrophie und Bewegungseinschränkung).
a
b
Therapie Konservative Therapie Die Therapie richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung: 쐌 Stadium I: Sympathikus-Blockaden (GuanethidinSympathikolyse, Stellatum- oder Grenzstrang-Blockaden); NSAR und evtl. Opioide der Stufe II, Antidepressiva, Calcitonin (100 – 200 IE tgl. über maximal 4 Wochen wegen zu erwartender Antikörperbildung); vorsichtige physiotherapeutische Mobilisierung unter Kühlung ohne Schmerzverstärkung; Ergotherapie mit milder Hautstimulation; Lymphdrainage, Diadynamik. Neben schmerzfreier physikalischer Therapie können Lagerungen additiv hilfreich sein. 쐌 Stadium II: keine Sympathikus-Blockaden, sondern niedrig konzentrierte Plexus- oder Periduralanalgesie evtl. unter Zugabe eines Opioids; Antidepressiva sowie Antikonvulsiva, zunehmend aktives Üben zur
Vorbeugung von Versteifungen (Physiotherapie und Ergotherapie); Kohlesäurebäder. 쐌 Stadium III: wie Stadium II; zusätzlich evtl. Quengelbehandlungen sowie Hilfsmittelversorgung. Wenn Sympathikusblockaden nur kurzfristig helfen, kann eine Sympathektomie (thorakal oder lumbal) diskutiert werden. Sie erbringt jedoch nur gute Kurzzeiteffekte und eignet sich somit nur als palliative Maßnahme bei Patienten mit reduzierter Lebenserwartung. Fallberichte liegen zur operativen Dekompression von A. und V. subclavia und gleichzeitiger Sympathektomie durch transaxilläre Resektion der ersten Rippe vor (Wilhelm 1997). Psychotherapie Die nichtsomatische Begleitbehandlung ist bei der Reflexdystrophie zum wesentlichen Therapiebestandteil geworden. Einerseits fallen Patienten mit Reflexdystrophie durch psychovegetative Labilität auf, andererseits sind aktuelle emotionale Krisen innerhalb konflikthafter Beziehungen
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Literatur
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3. Patienten beklagt. Die Prognose korreliert mit frühzeitigem Therapiebeginn und ausreichender Dosierung der genannten Elemente. Bei Therapiebeginn im Stadium III ist mit einer Heilung nur in Ausnahmefällen zu rechnen. Literatur
Abb. 18.3 Knöcherne Dystrophie im Stadium III nach Handgelenkfraktur: Zustand nach Entfernung des kombinierten Fixateur externe, der K-Draht-Osteosynthese und des Metalls.
Therapiegegenstand. Wegen der eher eingeschränkten Compliance darf die Psychotherapie in der Behandlungsstrategie nicht dominieren. Die Psychotherapie kann jedoch helfen, Ängste sowohl vor der Erkrankung als auch vor der Behandlung zu überwinden.
Prognose Es ist nicht davon auszugehen, dass die Reflexdystrophie eine selbst limitierende Erkrankung sei (Zyluk 2001). Wetterfühligkeit und Belastungsschmerzen, aber auch trophische und sensomotorische Störungen sowie Steifheit der Gelenke werden auch nach Monaten von mehr als jedem
Backonja, M.M. (1994): Reflex sympathetic dystrophy/sympathetically maintained pain/causalgia: the syndrom of neuropathic pain with dysautonomia. Sem Neurol 14: 263 – 271 Baron, R., W.Jänig (1998): Schmerzsyndrome mit kausaler Bedeutung des Sympathikus. Anästhesist 47: 4 – 23 Bentley, J.B., S. R. Hameroff (1980): Diffuse reflex sympathetic dystrophy. Anaesthesiol 53: 256 – 257 Blumberg, H., U. Hoffmann (1992): Der Ischämietest – ein neues Verfahren in der klinischen Diagnostik der sympathischen Reflexdystrophie (Kausalgie, Morbus Sudeck): Schmerz 6: 196 – 198 Dzwierzynski, W.W., J.R. Sanger (1994): Reflex sympathetic dystroph. Hand Clin 10: 883 – 886 Gragnani, J. (1994): A review of reflex sympathetic dystrophy and related syndromes. Missouri Med 91: 680 – 683 Inhofe, P.D., C.A. Garcia-Moral (1994): Reflex sympathetic dystrophy. A review of the literature and a long term outcome study. Orthop Rev 23: 655 – 661 Jänig, W. (1985): Causalgia and reflex sympathetic dystrophy: in what way is the sympathetic nervous system involved? Trends Neurosci 8: 471 – 477 Lindenfeld, T.N., B.R. Bach, E.M. Wojtys (1996) Reflex sympathetic dystrophy and pain dysfunction in the lower extremity. J Bone Joint Surg 78-A: 1936 – 1944 Merskey, H., N. Bogduk (1994): Classification of chronic pain syndromes and definition of terms. International Association for the Study of Pain. 2. Aufl. IASP Press, Seattle: 40 – 43 Scadding, J.W. (1981): Development of ongoing activity, mechanosensitivity, and adrenaline sensitivity in servered peripheral nerve axons. Exper Neurol 73: 345 – 36 Stanton-Hicks, M., W. Jänig, S. Hassenbusch, J.D. Haddox, R. Boas, P. Wilson (1995): Reflex sympathetic dystrophy: changing concepts and taxonomy. Pain 63: 127 – 133 Sudeck, P. (1902): Über die akute trophoneurotische Knochenatrophie nach Entzündungen und Traumen der Extremitäten. Dtsch Med Wochenschr 28: 336 – 338 Sunderland, S. (1978): Nerves and nerve injury. 2. Aufl. Churchill Livingston, New York: 377 – 472 Wall, P.D., M. Devor (1981): The effect of peripheral nerve injury on dorsal root potentials and on transmission of afferent signals into the spinal cord. Brain Res 209: 95 – 111 Wilhelm, A. (1997): Operative Behandlung der therapieresistenten Sudeckschen Dystrophie durch transaxilläre Dekompression des Nervengefäßstranges und Sympathektomie. Zur Pathogenese des Morbus Sudeck. Handchir Mikrochir Plast Chir 29: 60 – 72 Zyluk, A. (2001): The sequelae of reflex sympathetic dystrophy. Hand Surg 26-B: 151 – 154
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617
19
Begutachtung von Ellenbogen und Hand G. Rompe 19.1 Einleitung 19.2 Begutachtung von Verlusten und Funktionseinschränkungen 19.3 Begutachtung von Sehnenverletzungen und -schäden
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19 Begutachtung von Ellenbogen und Hand
19.1 Einleitung Die rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für die verschiedenen Versicherungszweige sind unterschiedlich. Gesetze und Vertragstexte werden stetig weiter entwickelt. Selbst in dem Bereich des Sozialrechts bestehen deutliche (historisch gewachsene) Unterschiede bei der Bewertung des gleichen medizinischen Befundes für verschiedene Sparten. Vom Arzt wird trotzdem immer die rechtlich einschlägige Beurteilung der Funktionsstörung und nicht die klare Beschreibung des Funktionsdefizits (und der Diagnose) gefordert. Die medizinische Bewertung richtet sich stets nach dem Funktionsausfall (Ausnahme: Gliedertaxe in der privaten Unfallversicherung als vertraglich vereinbarte feste Invaliditätsgrade bei Verlusten an Gliedmaßen oder Sinnesorganen). Der Funktionsausfall muss objektivierbar sein. Mangelnde Übereinstimmung zwischen objektiven Befunden und subjektivem Leidensdruck gibt es einerseits
bei der Dissimulation (Unterbewertung von Verletzungsfolgen), andererseits bei der Aggravation (Verdeutlichung von Körperschäden) und Simulation (Vortäuschung von Funktionsstörungen). Die Erfassung der Funktionsstörung richtet sich nach allgemeinen orthopädischen und handchirurgischen Gesichtspunkten. Zu berücksichtigen sind Beweglichkeit, Sensibilität, Durchblutung, Umfangsmaße und Gebrauchsspuren (Kap. 2). Dabei ist unter den Bedingungen der Begutachtung darauf hinzuweisen, dass sich – schon wegen der Gleichbehandlung vergleichbarer Störungen – eine typisierende Bewertung durchgesetzt hat (s. Kap. 19.2, Tab. 19.1 bis 19.3). Dies hat aber den Nachteil, dass auf individuelle Besonderheiten besonders hinzuweisen ist. Der Vorteil dabei ist, wenig abhängig von der Mitarbeit des zu Begutachtenden zu sein.
19.2 Begutachtung von Verlusten, Teilverlusten und Funktionseinschränkungen Die Tabellen 19.1– 19.3 enthalten die Eckdaten für 3 wichtige Versicherungsgebiete in Deutschland: 쐌 Soziales Entschädigungsrecht (SER)/Schwerbehindertengesetz (SchwbG), 쐌 gesetzliche Unfallversicherung (GUV), 쐌 private Unfallversicherung (PUV). Diese Eckdaten entsprechen der gängigen Rentenliteratur, insbesondere den Vorstellungen des Arbeitskreises Begutachtungsfragen der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie. Dabei handelt es sich stets um Mindestsätze bei der erstmaligen Feststellung der dauernden Funktionsstörung (PUV/GUV am Ende des 3. Unfalljahres), die sich nur auf die angegebene Funk-
tionseinschränkung bei günstiger Gebrauchsstellung beziehen und nur die zwangsläufig damit verbundenen kompensatorischen Einschränkungen bzw. Mehrbelastungen berücksichtigen. In der Abbildung 19.1 sind die Hand- und Fingerteilverluste nach vergleichbaren Berentungen in der gesetzlichen Unfallversicherung gruppiert, um dem Leser dieses Beitrages gewissermaßen auf einen Blick eine Übersicht in die Einteilungen zwischen 60 % Minderung der Erwerbstätigkeit (MdE) bei Verlust einer Hand und unter 10 v.H. (bei Verlust des Zeigefingerendgliedes) zu geben. Weiterreichende Einteilungen und Tabellen finden sich z. B. bei Schürmann (2001), aber auch bei Spohr u. Rompe (1996).
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19.2 Begutachtung von Verlusten, Teilverlusten und Funktionseinschränkungen
Tab. 19.1
____
619
Bewertung von Leistungsbeeinträchtigungen bei Verlusten an der Hand und am Arm im Sozialen Entschädigungsrecht, im Schwerbehindertenrecht und in der gesetzlichen und privaten Unfallversicherung
Verluste an Hand und Arm
SER/SchwbG MdE/GdB
GUV MdE
PUV AUB %
70
60
60 50
65
Ellenbogenexartikulation Unterarmamputation, Kurzstumpf – sonstige Amputationshöhe Handgelenkexartikulation
60
PUV Gliedertaxe
55
Handamputation bei erhaltenem Handgelenk Verlust aller 5 Finger einer Hand – von 4 Fingern einschließlich Daumen – von 4 Fingern (Daumen erhalten) Daumen Verlust im Sattelgelenk – Grundgelenk – Endgelenk Zeigefinger Verlust im Karpometakarpalgelenk – Grundgelenk – Mittelgelenk – Endgelenk Finger 3 – 4 Verlust 1 Finger im Grundgelenk – Mittelgelenk – Endgelenk
40
55 50 45
30
25
25 y
20 10
10 10 y y
15 10 y y
10
10
9/20 H 20
10
5
10/10 D 6/10 D 1/4 H 1 Zf 7/10 Zf 4/10 Zf 1 Fi 7/10 Fi 4/10 Fi
Kleinfingerverlust im Grundgelenk
10
y
1 Fi
Verlust von 2 Fingern im Grundgelenk I II III IV V x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x
30 30 30 30 30 30 25 25 25 25
30 30 30 30 30 25 25 25 25 20
1 D + 1 Zf 1 D + 1 Fi 1 D + 1 Fi 1 D + 1 Fi 1 Zf + 1 Fi 1 Zf + 1 Fi 1 Zf + 1 Fi 2 Fi 2 Fi 2 Fi
Verlust von 3 Fingern einer I II III IV x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x
40 40 40 40 40 40 30 30
40 45 45 45 40 35 30 25
1 D + 1 Zf + 1 Fi 1 D + 1 Zf + 1 Fi 1 D + 1 Zf + 1 Fi 1 D + 2 Fi 1 D + 2 Fi 1 Zf + 2 Fi 1 Zf + 2 Fi 3 Fi
Hand im Grundgelenk V
x x x x
Verlust aller 10 Finger
100
90
2 D + 2 Zf + 6 Fi
Verlust beider Hände
100
100
2H
SER Soziales Entschädigungsrecht (z. B. KOV, SVG, BVG) SchwbG Schwerbehindertengesetz GUV Gesetzliche Unfallversicherung (z. B. BG) PUV Private Unfallversicherung AUB Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen der PUV MdE Minderung der Erwerbsfähigkeit (abstrakt auf dem allg. Arbeitsmarkt) GdB Grad der Behinderung nach dem SchwbG (entspricht der MdE) Gliedertaxe In der AUB vereinbarte Entschädigungssätze für bestimmte Schäden an Gliedmaßen, Augen, Ohren usw. A = Arm, H = Hand, I = Innen, Zf = Zeigefinger, Fi = Finger Angegeben sind Bewertungen für durchschnittliche Beeinträchtigungen als Dauerschaden (am Ende des 3. Unfalljahres) nach Anpassung und Gewöhnung
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620
19 Begutachtung von Ellenbogen und Hand
Tab. 19.2
____
Bewertung von Leistungsbeeinträchtigungen bei Funktionsstörungen an der Hand und am Arm im Sozialen Entschädigungsrecht, im Schwerbehindertenrecht und in der gesetzlichen und privaten Unfallversicherung
Funktionsstörungen an Hand und Arm
SER/SchwbG MdE/GdB
GUV MdE
Ellenbogengelenk – Versteifung 0 – 90 – 90 u. Verlust der Unterarmdrehung – Versteifung 0 – 90 – 90 – Bewegungseinschränkung 0 – 30 – 90 – Bewegungseinschränkung 0 – 30 – 120
30 20 20 10
35 20 20 10
1/2 A 1/4 A 1/7 A 1/20 A
Unterarmdrehfähigkeitsversteifung bei freier Ellenbogenstreckung/-beugung
10
20
1/4 A
Handgelenk Versteifung S/B Unterarmdrehung frei 10 – 10 – 0
20
20
3/10 H
Bewegungseinschränkung Handhebung/-senkung 40 – 0-40
10
10
1/10 H
0 – 10
10
5/10 H
0 – 10 0 – 10
20
y y 15 10 20
2/10 2/10 3/10 4/10 8/10
0 – 10
y y y 10
3/10 Fi/Zf 4/10 Fi/Zf 2/10 Fi/Zf 1/2 Fi/Zf
y
1/10 Fi/Zf
Daumen Versteifung – im Daumensattelgelenk – Daumengrundgelenk – Daumenendgelenk – Daumensattel- u. -grundgelenk – Daumengrund- u. -endgelenk – Daumensattel-, -grund u. -endgelenk Finger Versteifung im Grundgelenk – Mittelgelenk – Endgelenk – aller 3 Gelenke Strecksehnenabriss Fingerendgelenk
PUV AUB %
PUV Gliedertaxe
D D D D H
SER Soziales Entschädigungsrecht (z. B. KOV, SVG, BVG) SchwbG Schwerbehindertengesetz GUV Gesetzliche Unfallversicherung (z. B. BG) PUV Private Unfallversicherung AUB Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen der PUV MdE Minderung der Erwerbsfähigkeit (abstrakt auf dem allg. Arbeitsmarkt) GdB Grad der Behinderung nach dem SchwbG (entspricht der MdE) Gliedertaxe In der AUB vereinbarte Entschädigungssätze für bestimmte Schäden an Gliedmaßen, Augen, Ohren usw. Angegeben sind Bewertungen für durchschnittliche Beeinträchtigungen als Dauerschaden (am Ende des 3. Unfalljahres) nach Anpassung und Gewöhnung
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19.2 Begutachtung von Verlusten, Teilverlusten und Funktionseinschränkungen
Tab. 19.3
____
621
Bewertung von Leistungsbeeinträchtigungen bei vollständiger Lähmung ohne trophische Störungen im Sozialen Entschädigungsrecht, im Schwerbehindertenrecht und in der gesetzlichen und privaten Unfallversicherung
Vollständige Lähmung ohne trophische Störungen Ausfall – beider volarer Fingerbeeren und -nerven eines Fingers – beider volarer Nerven eines Fingers oder Daumens – des ellenseitigen volaren Daumennervs – des speichenseitigen volaren Daumennervs – eines volaren Fingernervs – Nn. medianus u. ulnaris – Nn. medianus u. radialis – Nn. ulnaris u. radialis – N. radialis – N. medianus – N. ulnaris
SER/SchwbG MdE/GdB
50 50 50 30 40 30
GUV – MdE rechts
10 y y 60 60 50 25 35 25
GUV – MdE links
PUV Gliedertaxe
50 50 40 20 30 20
4/10 6/10 3/10 2/10 2/10 6/10 6/10 6/10 4/10 4/10 4/10
Zf/Fi D/Zf/Fi D D Zf/Fi A A A A A A
SER Soziales Entschädigungsrecht (z. B. KOV, SVG, BVG) SchwbG Schwerbehindertengesetz GUV Gesetzliche Unfallversicherung (z. B. BG) PUV Private Unfallversicherung AUB Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen der PUV MdE Minderung der Erwerbsfähigkeit (abstrakt auf dem allg. Arbeitsmarkt) GdB Grad der Behinderung nach dem SchwbG (entspricht der MdE) Gliedertaxe In der AUB vereinbarte Entschädigungssätze für bestimmte Schäden an Gliedmaßen, Augen, Ohren usw. Angegeben sind Bewertungen für durchschnittliche Beeinträchtigungen als Dauerschaden (am Ende des 3. Unfalljahres) nach Anpassung und Gewöhnung
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622
19 Begutachtung von Ellenbogen und Hand
a
60 %
60 %
55 %
Abb. 19.1
50 %
50 %
50 %
45 %
45 %
45 %
45 %
40 %
35 %
35 %
35 %
30 %
30 %
30 %
50 %
30 %
Übersicht der Hand- und Fingerverluste in Prozentangaben zur Ermittlung der MdE (GUV).
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19.2 Begutachtung von Verlusten, Teilverlusten und Funktionseinschränkungen
623
b
25 %
25 %
25 %
25 %
20 %
20 %
20 %
20 %
15 %
15 %
15 %
15 %
15 %
15 %
10 %
10 %
10 %
10 %
10 %
unter 10 %
Abb. 19.1
(Fortsetzung)
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624
19 Begutachtung von Ellenbogen und Hand
19.3 Begutachtung von Sehnenverletzungen und -schäden Gemessen werden selbstverständlich auch hier bleibende Schäden an der Funktionsbehinderung von Ellenbogen, Unterarmdrehung, Hand und Fingern. Eine „durchschnittliche“ Beeinträchtigung von Sehnen an Hand und Arm ist offensichtlich so selten, dass sich bisher in der Begutachtungsliteratur keine durchschnittliche Bewertung herausgebildet hat, außer für: 쐌 Bizepssehne, distale Ruptur: 10% GUV; AUB 1/10 – 1/4 A, 쐌 Strecksehnenabriss am Daumenendglied: AUB 1/10 D, 쐌 Strecksehnenabriss am Fingerendglied: AUB 1/10 Fi.
19.3.1 Zusammenhangstrennende Sehnenschäden Offene Verletzungen a
Neben den häufigen Schnitt- und Rissverletzungen gibt es auch Stichverletzungen von Sehnen. Ist die Sehne partiell unterbrochen, spielt die Verletzung funktionell häufig keine Rolle (Witt u. Wirth 1983). Ausnahmen sind partielle Verletzungen der Dorsalaponeurosen der Finger, bei denen sich das Bild der sog. Knopflochdeformität durch das seitliche Abgleiten der Strecksehnenschenkel entwickeln kann. Eine vollständige Sehnendurchtrennung führt zu einem entsprechenden Ausfall der Muskel-/Sehnenfunktion, z. B. der aktiven Fingerbewegung (sofern keine Synergisten existieren) sowie zu einem Kraftverlust (wenn ein Synergist vorhanden ist) und zu einer Änderung der Fingerruhehaltung. So ergeben sich typische Funktionsverluste der Finger (Abb. 19.2 u. 19.3). Bei einem eindeutigen Trauma ist der Zusammenhang in der Regel nicht umstritten. Die Gebrauchswertbeeinträchtigung lässt sich bei sorgfältiger klinischer Untersuchung, spätestens aber beim ergotherapeutischen Funktionstest darstellen und bewerten.
Gedeckte zusammenhangstrennende Sehnenschäden Allgemein bekannt ist das Vorkommen stummer spontaner Sehnenrupturen nicht nur bei typischen Grunderkrankungen (rheumatische Tenosynovitis), sondern auch ohne erkennbare Begründung. Häufigstes Beispiel ist die Zufallsdiagnose eines alten Risses der langen Armbizepssehne. Andererseits gibt es zweifellos auch indirekte traumatische Sehnenzerreißungen.
b
Abb. 19.2 a u. b a Prüfung der oberflächlichen und tiefen Beugesehne. Trotz Ausschaltung der tiefen Beugesehne durch passives Strecken der übrigen Langfinger gelingt eine Beugung im Mittelgelenk auf 90°, der oberflächliche Beuger ist intakt. b Aktive Beugung im Endgelenk ist möglich, der tiefe Beuger ist intakt.
Zwischen diesen beiden Endpunkten der Kausalkette gibt es vielfältigen Anlass, die Fragen nach der Kausalität einer gedeckten Sehnenruptur mit einem bestimmten Ereignis zu prüfen. In der Vergangenheit wurde die Auffassung vertreten, dass eine gesunde Sehne nicht reißt, sondern, dass zunächst der weniger belastbare Muskel reißt. Diese Ansicht ist längst widerlegt. Auch eine gesunde Sehne reißt bei gewaltsamer passiver Dehnung (exzentrische Belastung), insbesondere bei überfallartig hoher Belastungsgeschwindigkeit, auf die sich die Sehne nicht durch Parallelausrichtung der Sehnenfasern und damit elastische Deformation als Energieabsorber vorbereiten konnte. Eine gesunde Sehne kann aus sportmedizinischer Sicht auch bei Übermüdung (Koordinationsfehler) und Übertraining reißen – der anabolikatrainierte Muskel reagiert schneller auf Trainingsreize als die Sehne – wenn also die Sehne nicht auf Spitzenbelastung des Muskels trainiert ist. Ohnehin ist sowohl in der GUV als auch in der PUV nicht die gesunde Sehne des Versicherten von Bedeutung, sondern versichert ist er mit all seinen Schwächen und Gesundheitsschäden, die er vor dem jetzt zur diskutierenden Ereignis hatte.
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19.3 Begutachtung von Sehnenverletzungen und -schäden
a
b
c
d
e
Abb. 19.3 a – e
Lokalisation und Folge der Strecksehnenrisse: a Ruptur proximal der Juncturea tendineae, die Streckkraft im Grundgelenk ist geschwächt. b Ruptur in Höhe des Grundgelenks, Streckausfall im Grundgelenk. c Streckverlust bei Ruptur in Höhe des Mittelgelenks (Knopflochdeformität) bei erhaltenen seitlichen Streckanteilen. d Ruptur wie unter c bei mitrupturierten seitlichen Streckanteilen. e Ruptur am Endgelenk, Streckausfall im Endgelenk.
625
Stehen unfallabhängige und unfallunabhängige Befunde als Ursache zur Diskussion, so müssen beide erwiesen sein. Die bloße Vermutung einer körpereigenen Vorschädigung reicht zum Ausschluss des Versicherungsschutzes auch in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht (BSG 2 RU 7/89). Vielmehr sind die verschiedenen Faktoren gegeneinander abzuwägen. Ein Unfall sollte beispielsweise zur Ruptur ohne Zeitverzögerung führen. Eine intraoperativ gewonnene Histologie verliert ihre Bedeutung ca. 4 Wochen nach dem Ereignis (Schönberger u. Mitarb. 1995), sofern sie überhaupt aus dem Rissbereich stammen sollte. Aussagekräftiger werden zunehmend Kernspintomographien, vor allem auch im Vergleich mit der Gegenseite. Ursachen einer gedeckten geschlossenen Sehnenruptur: 쐌 Degenerative Veränderungen: Zum Beispiel die zufällige Diagnose eines bislang unbekannten Strecksehnenaus- oder -abrisses eines Fingerendgelenks, der zu keiner Zeit besondere Beschwerden bereitet hat. Am Beispiel der langen Armbizepssehne werden als Ursachen das Scheuern im Bizepssehnenkanal (wie beim Schnürsenkel an Ösen und Haken eines Schuhs) und eine Minderdurchblutung (Durchblutungsnot im Sinne der letzte Wiese) diskutiert. Für Letzteres fanden Sowa u. Refior 1995 bei Leichenuntersuchungen keinen Hinweis. Eine Gefäßminderversorgung ist also bisher nur für die Ruptur/Prädilektionsstellen der Achillessehnenund Supraspintussehne belegt. Ansonsten wird eine Degeneration aus innerer Ursache angenommen, vor allem eine Stoffwechselnot auf der Basis einer vergrößerten Transitstrecke zwischen Kapillare und Sehnenzelle. Eine geringere Rolle spielen vermutlich atrophische Prozesse, die sich mit zunehmendem Alter einstellen. 쐌 Stumpfe Gewalteinwirkung: Quetschung oder Kurbelrückschlag führt zwar in der Regel zur spontanen Regeneration, in selteneren Fällen kann es aber durch Vernarbungen und Verwachsungen im paratendinösen Gewebe zu deutlichen Auftreibungen und Gleitstörungen als Vorläufer einer späteren Ruptur kommen. 쐌 Außergewöhnliche Kraftanstrengung: Die geplante koordinierte Kraftanstrengung (Schieben, Heben) gilt als physiologische Bewegung, bei der über die unwillkürliche Steuerung durch die entsprechenden Rezeptoren nicht mehr Kraft im Muskel freigesetzt wird als die Muskelsehneneinheit zur Verfügung stellen kann, ohne sich selbst zu verletzen. Die planmäßige, besonders kräftige Muskelkontraktion führt also nicht zu einer Sehnenzerreißung. Reicht die Kraft des Muskels nicht aus, wird der Gegenstand nicht geschoben oder gehoben. In der GUV gelten solche Belastungen nicht als Unfall (d. h. nicht als rechtlich wesentliche Mitursache). In der PUV sind dagegen auch Zerrungen und Zerreißungen an Sehnen durch erhöhte Kraftanstrengung (Deckungserweiterung) bedingungsgemäß versichert (AUB 88), z. B. der Handeinsatz des Volleyballspielers
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19 Begutachtung von Ellenbogen und Hand
am Netz. Der Ursachenanteil der erhöhten Kraftanstrengung bei einer solchen Sehnenruptur wäre einerseits in der GUV versichert und andererseits eine Mitwirkung von 0 – 25 % zu veranschlagen. Eine geplante koordinierte physiologische Kraftanstrengung kann durch äußere Einflüsse gestört werden, z. B. durch passive Bewegung, insbesondere Dehnung der Sehne bei muskulär festgestelltem Gelenk. Damit ist meist zwangsläufig eine reflektorische maximale Muskelanspannung verbunden, wobei (wie beim Elektrounfall) die autonom geschützte Innervationsreserve ausgeschöpft wird. Dies trifft vor allem am Fuß zu (Stolpern über eine Bordsteinkante, besonders in einer Gefahrensituation, z. B. beim herankommen eines LKW). Am Arm sind solche Situationen am ehesten beim Nachfassen einer schweren Last zu erwarten, die zu fallen droht, gegebenenfalls verbunden mit dem erheblichen Risiko, die handelnde Person an Kopf, Rumpf oder Beinen ernsthaft zu verletzen. 쐌 Abzugrenzen sind schließlich Sehnenerkrankungen (Entzündungen, Geschwülste etc.) und Mikrotraumen. Sind Mikrotraumen nicht als Berufskrankheit anerkannt, so gilt jedes einzelne Ereignis nicht als Unfall im Sinne der GUV und PUV.
Häufige Sehnenrupturen an Ellenbogen und Hand: 쐌 Körpernahe Bizepssehne: Zwar gibt es auch im körpernahen Bereich degenerative Veränderungen der Sehne. Wegen der ungünstigen Hebelarmverhältnisse bei der Insertion am körpernahen Radius sind die Sehnenrupturen im distalen Bereich häufiger traumatisch bedingt. Die Diagnose wird oft durch den stehen gebliebenen Lacertus fibrosus (Sehnenausstrahlung in die Unterarmfaszie) überdeckt. 쐌 Fingerstrecksehnen am Endgelenk: Rupturen (und gegebenenfalls Ausrissverletzungen) kommen vielfach beim Schlag auf den gestreckten Finger vor (Basketball, Volleyball, Handball, Bettenbeziehen ohne Spannbetttuch). 쐌 Fingerstrecksehnen im Mittelgelenkbereich: Rupturen durch gewaltsame Beugung des gestreckten Fingers (Knopflochdeformität).
쐌 Daumenstrecksehne : Ruptur nach traumatisch bedingter Gleitstörung (Radiusfraktur) oder Dauerbeanspruchung (Trommlerlähmung) des M. extensor pollicis longus.
19.3.2 Sehnenschäden durch Dauerbeanspruchung Siehe Kapitel 5. Literatur Fitzek, J.M., F. Schröter (1998): Begutachtung in der privaten Unfallversicherung. In: Rompe, G., A. Erlenkämper: Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane. 3. Aufl. Thieme, Stuttgart: 403 – 420 Reichelt, A. (2000): Orthopädie. Steinkopff, Darmstadt Reichenbach, M. (1985): Fragen der Begutachtung bei Sehnenrupturen der oberen Extremität aus der Sicht der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung. Prakt Orthop 15: 111 – 118 Reichenbach, M., E. Ludolph (2001): Einschätzungsempfehlungen für die private Unfallversicherung. In: Ludolph, E., R. Lehmann, J. Schürmann: Kursbuch der ärztlichen Begutachtung. Ecomed, Landsberg: IV-1.2.4, 1 – 8 Schönberger, A., G. Mehrtens, H. Valentin (1998): Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Aufl. Schmidt, Berlin Schürmann, J. (2001): MdE nach Fingerverletzungen – Bildtafeln (in der gesetzlichen Unfallversicherung). In: Ludolph, E., R. Lehmann, J. Schürmann: Kursbuch der ärztlichen Begutachtung. Loseblattsammlung. Ecomed, Landsberg: III-1.11.1, 1 – 14 Sowa, D., H.J. Refior, S. Branner, A. Nerlich (1995): Prädilektionsstellen für Rupturen der langen Bizepssehne. Z Orthop 133: 568 – 572 Spohr, H., G. Rompe (1996): Vorschläge zur MdE-Bewertung nach Aufhebung der Unterscheidung zwischen Arbeits- und Beihand. In: Hierholzer, H., G. Kunze, D. Peters: Gutachtenkolloquium 11. Springer, Heidelberg: 153 – 162 Witt, A.N., C.J. Wirth (1983): Hand- und Unterarmverletzungen. In: Witt, A.N., H. Rettig, K.F. Schlegel: Orthopädie in Praxis und Klinik. Band VI, Teil 1, 2. Aufl. Thieme, Stuttgart: 12.100 – 12.116
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Sachverzeichnis
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Sachverzeichnis A Abflussstörung, venöse 32 Abrasionsarthroplastik 95 f Abszess – subkutaner 367 – subperiostaler 376 Aceland-Test 88 Acheirie 155 f Achondroplasie 123, 158 Achsabweichung 29 Active Movements Score nach Michelow 284 Adaktylie 155 f Addison-Krankheit 29 Adduktorenaponeurose 533 f Affenfurche 174 Aggravation 618 Agonist/Antagonist-Koaktivierung 301 f Akromegalie 28 Akroosteolyse 115 Akrosyndaktylie 167 f, 184 f – Therapie 170 Akrosynostose 196 Akrozephalosyndaktylie 167, 170 Algodystrophie (s. auch Reflexdystrophie) – Lymphdrainage 64 – Wärmetherapie 64 Alkoholblockade 296 Allen-Test 32 Allergie 81 Allgemeinnarkose 80 Alloarthroplastik 386 f, 402 f – Ellenbogengelenk 547 ff – PIP-Gelenk 415 Allodynie 612 f Amelie 155 Amphiarthrose 18 Amputation 103 ff, 338, 589 – Begutachtung 619 – doppelseitige 76 – Eingriff, funktionsverbessernder 106 ff – intrauterine 182 – beim Kind 105 – Prothesenversorgung 73 ff – subtotale 338 Amputationshöhe 103 Amputationsneurom 104 f Analgesie 80 Anämie 29 Anamnese 28 Anästhesie 80 ff Anastomose – T-förmige 88 – venöse 88 Aneurysma, falsches 349 Angiodysplasie F.P. Weber 330 f, 350 ff Angiographie 351 Angioplastie 334 f Ankylose 376 Ansa pectoralis 251, 266 Antagonistenmuskulatur, Stimulationsbehandlung 296 Antirheumatika, nichtsteroidale 384
Antispastik 307 Antivibrationshandschuh 114 Antley-Bixler-Syndrom 126 Anularband 436 Apert-Syndrom 123, 128, 131 – Humeroradialsynostose 126 – Klinodaktylie 211 – Koalition, karpale 160 – Löffelhand 170 f – Symphalangie 210 – Syndaktylie 167 Aphalangie 155 Aponeurektomie 358 f – partielle 359 ff Aponeurosis – dorsalis 23 – musculi bicipitis brachii 13 f, 314 f Apoplexie 301 f Approximation 90 f Approximator 88 Arcus palmaris – – profundus 22 f – – superficialis 21 ff Arm – Fehlhaltung 288 – Stützfunktion 303 – Verkürzung, funktionelle 7 – Verlust 619 Armanlage 4 Armarterienthrombose 337 Armaußenwinkel 8 Armnervenläsion 56 ff Armplexus s. Plexus brachialis Armprothese 72 f – aktive 75 – passive 75 Armstreckung 12 Armvenenthrombose 341 Arsenvergiftung 29 Arteria – brachialis 6 – – Läsion 49, 338 f, 445 – – Verschluss 335, 342 – collateralis 11 – – ulnaris – – – inferior 13 – – – superior 13 – cubitalis – – Läsion 441, 445 – digitalis – – dorsalis 21, 23 – – palmaris – – – communis 22 f – – – propria 22 f, 26 – – propria 25 f – interossea – – communis 10 – – posterior 7 – – recurrens 12 – mediana antebrachii 22 – metacarpalis – – dorsalis 21 – – palmaris 21 ff – princeps pollicis 22 f – radialis 10, 12 ff, 18, 21 ff – – Fehlen 143, 149 – – Läsion 54, 344 – – Palpation 32 – – radialis 11 f, 14
– – – – – – – – – –
– ulnaris 13 subclavia – Aneurysma 336 – Fistel, arteriovenöse 350 – Stenose 342 – Verletzung 339 f – Verschluss 335, 341 ulnaris 10, 13, 15, 17 f – Aneurysma 345 – Arcus palmaris superficalis 21 – – Fehlen 149 – – Fingerversorgung 22 f – – Palpation 32 – recurrens 11 – – Ramus carpalis dorsalis 23 – – Schädigung, traumatische 344 – – Verschluss 116, 344 Arteria-brachialis-Kompressionssyndrom 341 f Arteria-interossea-posteriorLappen 133 f, 541 Arteria-metacarpalis-dorsalisLappen, distal gestielter 541 Arteria-radialis-Lappen 133, 541 Arteriitis temporalis 380 Arteriographie 337 Arteriosklerose 333 ff Arthritis – eitrige 375 f – mutilans 400 – rheumatoide 380 ff – – Caput-ulnae-Syndrom 390 f – – Diagnostik 392 f – – Differenzialdiagnose 384, 410, 547 – – Finger, schnellender 435 – – Handgelenk 389 ff – – juvenile 382, 392 – – Orthesenversorgung 69 – – Röntgenmorphologie 383 – – Therapie 384 ff, 394 ff, 410 ff – urica 384, 410 Arthritismosaik 382, 393 Arthrodese 254 – Chamay-Arthrodese 398, 405 – Daumengelenk 310, 418 f, 562 – Ellenbogengelenk 387, 458, 549 – Fingergelenk 413, 415 ff, 422, 517 f, 526, 569 – Handgelenk 274, 308, 400 ff, 480, 482, 556 ff – Karpometakarpalgelenk 556, 568 – Karpus 239, 243, 556 – Mannerfelt-Arthrodese 402 – Nachbehandlung 422 – radiolunäre 398 f – radioskapholunäre 399 f, 556 – radioulnare 397 ff, 551 f – Skaphoid-Kapitatum-Gelenk 239, 243 – Skaphoid-Trapezium-Trapezoideum 239, 243 – Skaphotrapezialgelenk 560 Arthrofibrose 95 f
Arthrographie 40 f Arthrogrypose 29, 128, 131, 135, 224 – Differenzialdiagnose 226 – myopathische 228 Arthrolyse 547 – arthroskopische 95 f Arthropathie 114 Arthroplastik 84 Arthrose 29 – Entstehung 546 – Zeichen, radiologisches 546 f, 551 Arthroskop 49 Arthroskopie 48 ff, 93 ff – Komplikation 49 f, 52 ff Articulatio – cubiti s. Ellenbogengelenk – intermetacarpalis 18 Arus (angeborene radioulnare Synostose) 130 ff Assimilationshypophalangie 210 f Atrophie 613 f Aufklärung, präoperative 80 Auflesetest nach Moberg 31 Augen-Hand-Kontrolle 293 f Autakoide 330 Autoimmunerkrankung, T-Zellvermittelte 354 Axonotmesis 256, 540 Axonspender 268 Axoplasma 90
B Baby-Plexus-EvaluationsSchema 278 Bajonett-Stellung 469 Band (s. auch Ligamentum), prätendinöses 354 Bandapparat, intrinsischer 16 Bandkomplex, ulnokarpaler 52, 390, 550 Bandläsion 99, 533 f – Chirurgie, arthroskopische 94 – Computertomographie 43 Bandscheibenvorfall, zervikaler 30 Bardet-Biedl-Syndrom 191 Barton-Fraktur 467, 474 Basaliom 29 Baseball finger 519 Basistherapeutika 385 Baumann-Winkel 460 Begutachtung 618 ff Behaarung, verstärkte 22 f, 29 Behinderung, mentale 301 Bennett-Fraktur 513 ff Berufskrankheit 112 ff – durch chemische Einwirkung 115 – durch Erschütterung 113 f – Lunatumnekrose 234 Beryllium 115 Beschleunigungstrauma 293 Beugekontraktur 68 Beugequengelorthese 69 f Beugergruppe, ventrale 15
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Sachverzeichnis
Beugesehne 15 f – Aplasie 223 f – Fehlinsertion 223 – Funktionsprüfung 30 f, 624 – Hypoplasie 224 – Palpation 436 Beugesehnennaht 63 Beugesehnenrekonstruktion – primäre 538 f – sekundäre 539 Beugesehnenruptur 420 ff Beugesehnenscheide 21, 24 f – Erkrankung, rheumatische 407 – Synovialektomie 395, 420 – Synovialitis 393, 406, 409, 411, 420 – Verdickung 435 Beugesehnenstumpf 104 Beugesehnentransfer 421 Beugesehnentransplantation 539 Beugesehnenverletzung 538 f Beugespastik 70 Bewegung, ausfahrende, unwillkürliche 302 Bewegungsstresstest 429 Bewegungsstudie 40 Bewegungstherapie 62 Bilhaut-Cloquet-Operation 192 f Biopsie 577 f, 588 Bizepskopf, akzessorischer 341 Bizeps-pro-Trizeps-Transfer 297 Bizepssehne – Verlagerung 308 – Verlängerung, Z-förmige 296 Bizepssehnenruptur 443 f, 624 ff Bizeps-Trizeps-Kokontraktion 289 Blässe 338 Blastem 4 Blei 115 Blount-Schlinge 461 Blutleere 80, 84 Blutsperre 84 Blutstillung 86 BMP (Bone morphogenic protein) 123 Bogen, metakarpaler 18 Bogensehneneffekt 539 Böhler-Winkel 477 Bone-Tendon-bone-Graft 504 Botulinustoxin 254, 259, 287 ff, 296, 307 Bouchard-Arthrose 29, 568 ff Boutonnière Deformity 406 Boxer’s-Fracture 506 Brachialisaponeurose, Verlängerung 296 Brachybasophalangie 208 Brachydaktylie 172, 206, 208 f – Differenzialdiagnose 207 Brachymesophalangie 172, 204 ff, 208 f, 211 Brachymetakarpie 208 f Brachytelophalangie 208 Brückensyndaktylie 167 Bruner-Zickzackschnitt 372 Bucky-Aufnahmetisch 35 Bulla infecta 367 f Bunnell-Lappen 360 Bunnell-Test 408 f Bursa – bicipitoradialis 8 f – subcutanea olecrani 114
Bursitis olecrani 30, 382, 388 – – Sonographie 384 Bypass, distaler 338
C C4 259 C5 – Neurotisation 264 – Zerrung 277 C5-C6-Läsion 263 ff C5-C6-C7-Läsion, supraklavikuläre, partielle 274 C5-Th1-Ausriss 263 f, 275 C5-Th1-Spinalnerv 248 f C6 – Neurotisation 264 – Zerrung 277 C6-Th1-Ausriss 263 f C7-Ausriss 277 C7-Läsion, partielle 275 C7-Th1-Ausriss 263 C7-Transfer 260, 284 C8-Ausriss 277 C8-Th1-Läsion 274 f Caisson-Krankheit 115 Canalis – carpi s. Karpaltunnel – supracondylicus 135 Capitulum humeri 6 f – – Abscherfraktur 452 – – Fehlen 127 – – Fraktur 445, 447 – – – Prognose 458 – – – Therapie 451 f – – Hypoplasie 129 – – Nekrose 245 f – – Osteochondrosis dissecans 48, 96 – – Zugang 84 Caput – radii s. Radiusköpfchen – ulnae s. Ulnakopf Caput-ulnae-Syndrom 390 ff – Therapie 396 ff, 552 Carpal – Bossing 32 – Height Ratio 392 Carpe bossu 567 f, 580 Carpenter-Syndrom 128, 131 – Klinodaktylie 211 – Polydaktylie 191, 194 – Syndaktylie 167 Catel-Manske-Syndrom 206 f, 211 Chair-Test 428 Chamay-Arthrodese 398, 405 Chassaignac-Syndrom 33 Chauffeur-Fraktur 474, 476 Chemotherapie 578, 589 Chondrom, periostales 596 f Chondromalazie 48 – Abtragung 95 f – Chirurgie, arthroskopische 99 Chondrosarkom 595 f, 604 Chopsticks-Prinzip 107 Chorda obliqua 7 Chotzen-Syndrom 170 Chromosenaberration 131 Circumferentia articularis 6 f Claude-Bernhard-Horner-Syndrom 248 Cleland-Ligament 356 Climescu-Krankheit 245
Closing-Wedge-Osteotomie 528 f CL-Winkel 36 f Colles-Fraktur 467 f, 479 Collum radii 6 Complex regional Pain Syndrome 612 ff Computertomographie 42 ff, 576 Condylus humeri 6 Condylus-radialis-Fraktur 451, 459, 464 – Komplikation 465 – Therapie 461 Condylus-ulnaris-Fraktur 451, 459, 461 Connexus intertendineus 17, 19 Cornelia-de-Lange-Syndrom 128, 135, 148 – Kirner-Deformität 229 – Koalition, karpale 160 Corticoide, Injektion, intraartikuläre 385, 394, 411 Cozen-Test, umgekehrter 428 CPM-Schiene 388 Crossed-Intrinsic-Transfer 414 Cross-Finger-Lappen 541 Cross-over-Nerventransplantation 260 Crouzon-Syndrom 126 Cubitus – valgus 132, 170, 465 – varus 132 Cuff-and-Collar-Verband 461 Cumulative Trauma Disorder (CTD) 432
D Daumen – Abduktion 19, 273 – Abwinklung 211 f – Adduktion 19, 273 – Adduktionskontraktur 227 ff, 293, 356 f – Avulsionsfraktur 523 f – Beugesehnenverletzung 538 – 90-90-Deformität 407 f, 418 f – eingeschlagener 223, 304 f – – Korrektur 308 f – – Rezidiv 310 – Flexion/Extension 19 – Interphalangealgelenk – – Arthrodese 419 – – Luxation 530 – – Synovialektomie 419 – Knopflochdeformität 423 – Metakarpalfraktur 513 ff – Phalangenfraktur 519 ff, 523 f – Rekonstruktion 197 – Replantation 87 – Röntgenaufnahme 39 – Rückbildung 195 ff – Ruhigstellung 86 – Schwanenhalsdeformität 407, 409, 561 f – – Korrektur 419 – Triphalangie 180, 203 ff, 213 – Zirkumduktion 19 Daumenabduktion, aktive 273 Daumenabduktionsorthese, funktionelle 71 Daumenamputation 104 Daumenaplasie 131, 143 ff, 195 f Daumenballen s. Thenar
Daumenbeuger – Kontraktur 347 – langer 16 Daumenbeugung 251 – Rekonstruktion 275 Daumenbildung 187 Daumendeformität – rheumatische 409 – Therapie 419 Daumenendgelenk 34, 620 – Arthrose, idiopathische 569 f – Beugekontraktur 222 Daumenfunktion, intrinsische 276 Daumengelenk – Bewegungsumfang 33 f – Instabilität 32 Daumengrundgelenk 23, 34 – Alloarthroplastik 418 – Arthrodese 310, 418 – Kollateralbandruptur 523, 533 f – Luxation 530, 532 – Subluxation 309 – Synovialektomie 418 Daumenhülse 70 f Daumenhypoplasie 142 f, 195 f – mit Dreigliedrigkeit 204 ff – Klassifikation 196, 198 – Vererbungsmodus 122 Daumenmuskel 20 Daumennerv, Ausfall 621 Daumenopposition 251 – fehlende 295, 299 – Rekonstruktion 275 Daumenorthese 70 f Daumenretropulsion 274 f – Rekonstruktion 276 Daumensattelgelenk 19 – Abduktionshemmung 32 – Arthrodese 562 – Bewegungseinschränkung 492 – Endoprothese 563 – Luxation 530, 532 – Resektionsarthroplastik 418 f, 423, 563 f – Schmerz 32, 559 – Stabilisierung 561 – Subluxationsstellung 29 – Synoviorthese 417 f – Versteifung 620 Daumensattelgelenkarthrose 29, 117, 559 ff, 570 – Differenzialdiagnose 434 – Röntgenbefund 562 – Therapie 562 ff – Ursache 116 Daumensehnenscheide 366 Daumenstrecker – Anomalie 224 – Aplasie 223 Daumenstrecksehne – lange 30 – Verletzung 535 ff, 626 Daumenstreckung 295, 434 Daumenverdoppelung 191 f Daumenverlust 619 Deadventitialisierung 337 Defektfraktur 524 ff Defizit, myoneurales 346 Dekompressionsoperation 52 Dekompressionsunfall 115 De-la-Caffiniére-Prothese 563 Dellon-Test 31
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Sachverzeichnis
Deltaknochen 207 f Deltaphalanx 204, 209, 211 f – Korrekturosteotomie 213 Deltoideopektorale Passage 341 Denervationsstörung 56 Denervierung 239, 243 – nach A. Wilhelm 430, 480, 483, 554 f – – Ergebnis 555 f Dermatofasziektomie 361 Dermatofibrosarcoma protuberans 590 Detenbach-Abrams-Syndrom 128 Detritus-Synovialitis 95 Diagnostik, bildgebende 35 ff Dialyse-Shunt 349, 351 Diaphysen-Epiphysen-Winkel 460 Diaphysen-Metaphysen-Winkel 460 Dietrich-Krankheit 245 Digitalarterie 32 Digitus – mortuus 332 – saltans 435 DIP-Gelenk 23 f, 417 – Arthrodese 416 f – Immobilisierung 70 – Kontraktur 356 – Luxation 530 f Discus – triangularis, Verletzung 33 – ulnocarpalis 7, 14 ff – – Verletzung 52 f, 97 DISI (Dorsal-Intercalated-Segment-Instability) 392, 503 f, 553, 559 Diskusriss 97 ff Dissimulation 618 DMARD (Disease Modifying AntiRheumatic Drug) 385 DMCA-flap 541 Dolichophalangie 203 ff Doppelbildung 123 f Dorsalaponeurose 23 f Dorsalflexionstest 317 Double-Crush-Phänomen 314 Down-Syndrom 29 – Brachydaktylie 208 – Daumenverdoppelung 191 – Klinodaktylie 211 Drehosteotomie 134 Dreikompartmentarthrographie 41 Drei-Punkte-Griff 33 Drei-Punkte-Orthese 70 Druckluftwerkzeug 113 Druckschmerzpunkt 32 DRUG s. Radioulnargelenk, distales Duchenne-Lähmung 278 Dupuytren-Diathese 357 Dupuytren-Kontraktur 29, 115, 354 ff – Differenzialdiagnose 226 – Klassifikation 357 – Rezidiv 361 – Therapie 358 ff Durchblutung 32 Durchblutungsstörung 330 ff – akute 336 – arterielle 343 – traumatisch bedingte 338, 346 ff
– vibrationsbedingte 114 Durchblutungsverbesserung 332 Durchflechtungsklemme 80 Dysostose – akrofaziale 131 – enchondrale 128 – kleidokraniale 128 – mandibulofaziale 131 Dysplasie, fibröse 139 Dystonie, vegetative 29 Dystrophie 615
E Eaton-Gschwend-Bandplastik 564 ECRB-Sehne, Transposition 274 f ECRL-Sehne – Insertionstendopathie 567 – Transposition 274 f, 298, 396 Ehlers-Danlos-Syndrom 128 Einkompartmentarthrographie 41 Einschlusskörper, eosinophile 581 Einschlusszyste, epidermale 581 Eiterblase 364 f Ektrodaktylie 176 Elektromyographie 56, 304, 384 Elektroneurographie 55 f – Fehlermöglichkeit 54 Elektrotherapie 65 Elle s. Ulna Ellenbogen – Hilfslinie 460 f – Komplexverletzung 454 ff – Muskel-Sehnen-Umsetzplastik, sekundäre 264 ff – Muskulatur 10 ff – Verletzung – – kindliche 459 ff – – Komplikation 456 ff, 466, 546 – – Nachbehandlung 456 – – übersehene 438 – Weichteilverletzung 438 ff, 454 Ellenbogenbeugemuskulatur – Kraftverlust 444 – Paralyse 265 – Regeneration, fehlende 270, 272 Ellenbogenbeugespastik 307 Ellenbogenbeugung 251, 265, 280 f, 293, 295 – Ausfall 263, 382 – Keks-Test 284 – Musculus-latissimus-dorsiTransfer 270 – Rekonstruktion 266 ff, 285, 308 – unkontrollierte 287 Ellenbogenführungshülse 69 Ellenbogenganglion 326 Ellenbogengelenk 6 ff, 36 – Achse 460 – Alloarthroplastik 386 f, 547 ff – Aplasie 125 ff, 149 – Arthritis, rheumatoide 380 ff – Arthrodese 387, 458, 549 – Arthrofibrose 95 f – Arthrographie 40
– – – – – – –
Arthrolyse 457 Arthrose 117, 546 ff Arthroskopie 48 ff, 93 ff Bandverletzung 441 ff Beugedeformität 302 Beugehemmung 144 Beugekontraktur 293, 296, 546 – Bewegungseinschränkung 445, 458, 620 – Computertomographie 42 – Destruktion 383, 385 f – Dislokation, angeborene 134 f – Dysplasie 126 ff – Einklemmungserscheinung 32 – Exartikulation 76 f, 103, 619 – Fehlbildung 122 ff, 125 ff – Fraktur 445 ff – – Komplikation 465 f – – geschlossene 438 f – – offene 438 ff – – Wachstumsalter 459 ff, 464 ff – Funktionsanalyse nach Gilbert 280 – Gelenkkörper, freier 95 – Gelenkspaltverschmälerung 546 f – Instabilität 382, 68 f – Kapselverdickung 546 – Kapsulotomie 308 – Knochennekrose 245 f – Luxationsfraktur 443 – Magnetresonanztomographie 44 f – Ossifikation, periartikuläre 457 – Osteochondrosis dissecans 245 f – Plica anterolateralis 94 f – Resektionsarthroplastik 388, 548 – Resektions-InterpositionsArthroplastik (RIAP) 386 – Rheumaknoten 382 – Röntgendiagnostik 35 f – Ruhigstellung 86 – Schmerz 32 f, 429 – Schwellung 30, 48 – Stabilitätsprüfung 33 – Sonographie 384 – Streckdefizit 36 – Streckkontraktur 29, 144 – Synovialektomie 386 – Synovialitis 94, 381 f – Valgus-Varusdeformität 460 – Verletzung, knöcherne 445 ff – Versteifung 95 f, 620 – Zugang 49, 84 f Ellenbogengelenkinfekt, posttraumatischer 458 Ellenbogengelenkkontraktur 68 Ellenbogengelenkorthese 68 f Ellenbogengelenkprothese 386 f – Komplikation 388, 549 – Lockerungsrate 389 Ellenbogen-Hand-Finger-Orthese 69 Ellenbogen-Hand-Orthese 69 Ellenbogenluxation 447 – Gefäßläsion 441, 443 – habituelle 134 – Komplikation 443 – Therapie 442 f
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– traumatische 441 ff – Wachstumsalter 459 Ellenbogenstreckung 251 – Rekonstruktion 284, 297 Ellenbogenstreifen 48 Ellenbogenwinkel 460 Ellenfaszie 12 Ellengrube 10 Ellenzangengelenk, Chondromalazie 48 Ellis-van-Creveld-Syndrom 128, 160 – Polydaktylie 191, 194 Embolektomie 337 Embolie, arterielle 336 ff Emboliequelle 336 Eminentia ulnaris carpi 20 Enchondrom 217, 520, 594 f Enchondromatose 217, 595 f Endobon-Implantat 215 Endokarditis 29 Endoprothese 558 Endphalanxfraktur 519 ff – des Daumens 523 f – im Kindesalter 522 – Konsolidierung, knöcherne 522 – offene 520, 522 – pathologische 520, 522 – Therapie 521 f End-zu-End-Anastomose 88 f End-zu-End-Naht 90 f Enophthalmus 248 Entschädigungsrecht, soziales 618 ff Epicondylitis humeri – – radialis 30, 325 f, 328, 428 f – – – berufsbedingte 113 – – – Chirurgie, arthroskopische 97 – – ulnaris 30, 113, 428 f Epicondylus – lateralis humeri 6 – medialis humeri 6 – – Abrissbruch 459 – – Abscherverletzung 441 – – Palpation 32 Epikondylitis 113, 428 ff – Therapie 430 Epikondylitisspange 430 Epikondylusfraktur 461, 464 Epineurium 105 Epiphysenfuge, Verödung 217 Epiphysenfugenfraktur 522 Epiphysenkern, akzessorischer 5 Epiphysenlinie – Ossifikation 4 – Synostose 5 Epiphysenlösung 522 f Epiphysennekrose 245 f Epitheloidsarkom 589 f Epithelzyste 30, 358 Epithese 75 f Eponychium 25 f Epping-Bandplastik 564 f Erb-Lähmung 256, 278 – Rekonstruktionsplan 263 f Ergotherapie 62 ff, 295 Ergotismus 332 Erkrankung, rheumatische 380 ff, 405 Ermüdbarkeit 302 Erweiterungsschnitt 85 Erysipel 366
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Sachverzeichnis
Erysipeloid 366 Erythema migrans 29 Essex-Lopresti-Verletzung 447, 449 – Therapie 453 Evoziertes Potential, somatosensibles (SEP) 56 f, 59 Ewing-Sarkom 604 ff Exartikulation 103 Exostose 32, 217 – osteokartilaginäre 597 – subunguale 597 Exostosen, multiple 128, 597 Exostosenkrankheit 158 Extensor-digitorum-brevis-manus-Muskel, rudimentärer 580 Extensormuskulatur 34 Extremität, obere – – Basisfunktion 256, 260, 276 – – Durchblutungsstörung 330 ff – – Paralyse 270 Extremitätenanlage 4 Extremitätenkernspintomographie 484 Extrinsic-plus-Deformität 309 Exzisionsbiopsie 578
F Fallhand 274 Fallschirmspringer-Reaktion 303 Fanconi-Syndrom 142 Fascia – antebrachii 14, 16, 21 – brachii 14 – dorsalis manus 21 – olecrani 12 Fasciculus – infraclavicularis 249 – lateralis 248, 263, 276 – – Reinnervation 286 – medialis 248, 263, 276 – posterior 248, 263, 276 – – Reinnervation 286 – supraclavicularis 249 Faser, sympathische 248 Fasziektomie 359 f, 361 – Krankengymnastik 63 Faszien-Fett-Lappen 133 Faszienlappen 541 Fasziitis, noduläre 584 Fasziotomie 358 f – beugeseitige 455, 458 – Indikationshilfe 347 Faustschluss 33 – Orthese 261 Fehlbildung 29, 105 f, 121 ff – Klassifikation 123 f – nummerische 190 ff – Prothesenversorgung 75 – Therapie 124 – transversale 155 ff Fehlstellung 302 f Feinmotorik 302 Feinstfokusvergrößerungsaufnahme 39 Felderhaut 22 Femur-Fibula-Ulna-(FFU)-Syndrom 148 Fettgaze 86
FGF (fibroblastic growth factor) 123 FGFR (fibroblastic growth factor receptor) 123 Fibroblastenproliferation 354 Fibrom – aponeurotisches, juveniles 582 – chondromyxoides 597 f – digitales, infantiles 581 f Fibrosarkom 591 Fibulatransplantation, gefäßgestielte 141, 606 Finger 22 ff – Angulationsfehlstellung 527 f – Beugefehlstellung 302 f, 305, 356 f, 406 f – Blasswerden 29, 330 – Closing-Wedge-Osteotomie 528 f – Deviation – – radiale 211 – – ulnare 69, 207, 227, 229, 405 f, 409 – – – Korrektur 413 f – – – Schienenbehandlung 410 – Extrinsic-plus-Deformität 309 – Fehlen 155 – Fehlstellung 516, 527 ff – Funktionsverlust 624 – Hyperphalangie 206 ff – Hypoplasie 148, 167, 186 – Intrinsic-plus-Deformität 309 – Längenwachstum, vermehrtes 352 – Minderdurchblutung 330 – Pseudarthrose 522 – Pseudokrallen-/Pseudoklauenstellung 509, 519, 527 – Querosteotomie, mehrfache 230 – Replantation 338 – Röntgenaufnahme 38 f – Rotationsfehlstellung 521 f, 527 f – Rotationskorrektur 528 – Ruhigstellung 86 – schnellender 113, 222, 409, 435 f – Sehnenscheideninfektion 366 – Streckschwäche 32 – Überstreckstellung 302 ff – Weichteildefekt 541 f Fingeramputation 103 f, 589 – Prothese 76 Fingeraplasie 149 Fingerarterie 22 f Fingerarterienverschluss 337, 341 Fingerbandsystem 356 Fingerbeere, Abflachung 331 Fingerbeereneiterung 364 f Fingerbeugeseite 366 Fingerbeugung 251, 264 f, 273, 293, 295 – Rekonstruktion 275 f, 308 f Fingerdeformität, rheumatische 405 Fingereiterung, subkutane 374 Fingerendgelenk – Achsabweichung 29 – Arthrose 29, 569 f Fingerersatz 75 Fingerfraktur
– mit Knochendefekt 524 ff – Pseudarthrose 527 ff Fingerfunktion, intrinsische 273, 276 Fingergelenk – Alloarthroplastik 412 f, 415 – Arthrodese 413, 415 f, 422, 526 – Bandverletzung 533 f – Bewegungseinschränkung 538 – Bewegungsumfang 33 f – Luxation 530 ff – Resektions-Interpositions-Arthroplastik 414 – rheumatisches 405 ff, 414 – – Diagnostik 409 f – – Differenzialdiagnose 410 – – Klassifikation 408 f – – Therapie 410 ff – Seitenband 86 – Sonographie 410 – Swanson-Spacer 413, 422 f – Synovialektomie 412, 414, 422 – Versteifung 620 Fingergelenkerguss 410 Fingergelenkkapselschwellung 117 Fingergelenkkontraktur 297 Fingergrundgelenk 22 – Arthrose 117 – Beugespastik 309 – Streckkontraktur 293, 309 – Ulnarabweichung 29 Fingerinfektion – nichtpyogene 366 – pyogene 367 ff – streckseitige 377 – Therapie 366 Fingerknochen, Ossifikation 5 Fingerkuppe 169 f – Atrophie 29 – instabile 522 Fingermittelgelenk – Beugekontraktur 225 – Verdickung 29 Fingermuskel, extrinsischer 7 Fingernagel s. Nagel Fingernerv 26 – Ausfall 621 – Hypertrophie 216 Fingerorthese 70 Fingerprothese, kosmetische 76 Fingerquengel 70 Fingersehne, Engpass-Syndrom 433 Fingerspitze, Einschlusszyste, epidermale 581 Fingerspitzennekrose 330, 333, 344 – Dialyse-Shunt 349 Fingerstreckschiene, dynamische 63 Fingerstrecksehnenruptur 390 Fingerstreckung 20, 293 – Orthese 261 – Rekonstruktion 274 ff, 285 Fingerteilverlust, Begutachtung 618 f Fingertrennung 169 ff Fingervene, dorsale 26 Fingerverkürzung 517, 529 Fingerverlust, Minderung der Erwerbsfähigkeit 622 f
Fingerverschmelzung 167 Finkelstein-Zeichen 30, 113, 434 Fistel, arteriovenöse 331, 349 ff – – angeborene 350 – – Angiographie 351 – – Therapie 351 Fixierung, dynamische nach Kleinert 538 Flexor/Pronatormuskelmasse – Proximalisierung 268, 270, 272 – Schwächung temporäre 287 Flexoravulsion 520 Flügelfell 128, 135 Fluorose 115 Fossa – coronoidea 6 – cubiti 10 – lunata, Impaktion 472 – olecrani 6 – radialis 6 – sternoclavicularis 259 Fourage 239 Fourchette-Stellung 469 Four-corner-Arthrodesis 556 Fovea radialis 7, 16 Fraktur 32 – Gefäßbeteiligung 338 ff – karpale 478, 483 ff – Knochenszintigraphie 46 – okkulte 484 – Orthesenversorgung 67 – pathologische 594, 601 – perilunäre 498 – Wachstumsalter 459 ff Frakturnachweis 42 Freehand-Operation 299 Freehand-System 297 f Freeman-Sheldon-Syndrom 223, 228 – Daumenstreckeranomalie 224 – Kamptodaktylie 225 Fremdkörpergranulom 582 Frohse-Arkade 325 f Froment-Zeichen 34, 323 Frotteeknorpel 95 Fünffingerhand 203 f Funktion, intrinsische, radiale 251 Funktionseinschränkung, Begutachtung 618 ff Funktionsorthese 69 f – Anpassung 71 Funktionsprüfung 28, 33 f Funktionsstörung 618, 620 Fun-Sportart 483 Furunkel 366, 377 Fusion 161
G Gabelung 196 Ganglion 30, 323, 559, 579 f – Differenzialdiagnose 586 – Epidemiologie 576 – intraossäres 44 f – sympathisches 248 – zervikales 248 – zervikothorakales 248 Ganzkörperszintigraphie 46 Geburtshelferhand 170 Geburtstrauma 277 Gefäßdilatation 337
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Sachverzeichnis
Gefäßkompression 331, 341 ff Gefäßläsion 338 ff, 344 f, 443 – Therapie 454 Gefäßnaht, mikrochirurgische 88 ff Gefäß-Nerven-Strang 10 Gefäß-Nerven-Straße, digitale 25 f Gefäßruptur 339 Gefäßspasmus 88, 330 f Gefäßveränderung, arteriosklerotische 335 Gefäßverschluss 331, 334 f – akuter 336 ff, 441 Gefäßwand, Entzündung, akute 334 Gefühlsstörung 346 Gegenhalteorthese 76 Gelenk, Bewegungsumfang 33 f Gelenkbeanspruchung 117 Gelenkblutung 546 Gelenkchondromatose 45, 546 Gelenkdébridement 547 f Gelenkdislokation 32 Gelenkerguss 65 Gelenkflächendarstellung 40 Gelenkfraktur 48 Gelenkhypoplasie 210 Gelenkkontraktur 288 – Ultraschall 64 – Wärmetherapie 64 Gelenkkörper, freier – – Arthroskopie 48 – – Diagnostik 40 ff, 45 – – Entfernung, arthroskopische 95 Gelenkschiene, dynamische 62 Gelenkschlottern 376 Gelenksonographie 47 Gelenkspalterweiterung 383 Gelenkspaltverschmälerung 381, 383 Gelenktransplantation 525 Geröllzyste 569 Gewebekleber 105 Gewebeschaden 85 Gewebetransplantation 88 Gichtarthritis 384, 410 Gichttophus 570 Gigantismus 124 Gilula-Bogen 36 f Glanzhaut 29 Gleitgewebe, dorsales 19 Glenohumeralgelenk – Arthrodese 272 – Innenrotationskontraktur 287 – Stabilisierung 264 ff, 272 Gliedertaxe 619 f Glomustumor 30, 586 f Golferellenbogen 113 Golferellenbogentest 429 Grad der Behinderung 619 ff Granularzelltumor 582 f Granulom, pyogenes 29 Grayson-Ligament 354, 356 Greber-Syndrom 194 Greifform 33 Greiffunktion 104, 273 – Wiederherstellung 297 f Greifkonstruktion 73 f Greiforthese 68 Greifzange 107 f Greig-Syndrom 123 Grobgriff 33, 273 Grundphalanxfraktur 523 f
GSB-Prothese 549 Guanethidin-Sympathikolyse 613 f Guyon-Loge 18
H Hackengriff 273 Hakenbein s. Os hamatum Haken-Funktion 265 Halsrippe 341 f Halswirbelsäule 30 Halswirbelsäulenverletzung 293 Halteband 24 f Hämangiom 595 Hämarthros 48 Hamartom, fibrolipomatöses 217, 583 Hämatom 86 Hämatothorax 81 Hammerfinger 408 Hämochromatose 29 Hämophilie 546 Hamulus ossis hamati 16, 25 – – – Fraktur 32, 501 – – – Pseudarthrose 501 f Hand – Anatomie, funktionelle 14 ff – Durchblutungsstörung 331, 343 – Fehlbildung 122 ff, 167 ff – Fehlhaltung 288 – feingliedrige 28 – feuchtkalte 29 – Funktionsanalyse nach Raimondi 280 – Gefäßversorgung 23 – große 28 – Innervation 18, 23 – kalte 29 – Lymphgefäß 22 – Muskel-Sehnen-Umsetzplastik, sekundäre 273 f – Nervenverletzung 540 – paretische 275, 305 f – Rekonstruktion 287 – Röntgenaufnahme 36 ff – Schnittführung 85 – Sensibilität, protektive 264 f – Sensibilitätsprüfung 31 f, 280 – spastische – – Klassifikation 304 f – – Prognose 310 f – – Therapie, operative 307 ff – trockene 29 – Untersuchung, klinische 28 ff – Verletzung 506 ff – warme 29 Handamputation 619 Hand-Arm-Vibrationssyndrom 345 Handchirurgie 80, 295 ff Handdeformität – rheumatische 390 – spastische 306 Handfunktion 284 – Rekonstruktion 273 f Handgelenk – Alloarthroplastik 402 f, 558 – Arthrographie 40 f – Bajonettfehlstellung 401, 469 – Bewegungseinschränkung 477, 479, 620
– – schmerzhafte 469, 497 f, 502 – Bewegungsumfang 34, 40 – Chirurgie, arthroskopische 94, 97 ff – Chondromalazie 99 – Computertomographie 42 f – Denervierung 239, 243, 483, 554 f – Destruktion 400, 402 – Deviation – – radiale 29, 141, 143 – – ulnare 69, 151, 302, 308 – distales 16 – Exartikulation 76, 103, 619 – Flexion-Pronation-Deformität 304 – Fourchette-Stellung 469 – Hyperextensionstrauma 483, 485 ff, 488 f, 494, 496 – Hyperflexionstrauma 489, 495 – Kapsel-Band-Verletzung 99, 494 ff, 502 ff – Luxation, perilunäre 490 – Luxationsfraktur 497 ff – Magnetresonanztomographie 44 f – Nervenblockade 82 f – proximales 16 – Resektions-InterpositionsArthroplastik 402 – rheumatisches 389 ff – – Diagnostik 392 ff – – Klassifizierung 392 – – Therapie 394 ff – – Wrightington-Klassifikation 391 – Röntgenaufnahme 36 f – Ruhigstellung 86 – Rush-Pin-Fixierung 401 – Schede-Stellung 470 – Schmerz 33, 97, 237, 484, 490 f, 551 – Sonographie 393 – Subluxation 157 f – Synovialektomie 395 f, 404 – Synovialitis 99, 392 – Verletzung 467 ff – Versteifung 620 – Wundheilungsstörung 404 – Zugang 51 Handgelenkarthrodese 274, 308, 400 ff, 480, 482, 556 ff – Komplikation 557 f – Nachbehandlung 404 Handgelenkarthrodesenhülse 70 Handgelenkarthrose 553 ff – Chirurgie, arthroskopische 99 f – Lunatumnekrose 236 – posttraumatische 479 – Schmerzausschaltung 480, 482 f – SL-Dissoziation 504 Handgelenkarthroskopie 50 ff – Komplikation 52 ff Handgelenkband – extrinsisches 18 – intrinsisches 18 Handgelenkbeugung 20, 264 f, 295, 302, 304 – Korrektur 275, 308 – Schwäche 320
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– radiale 251 – ulnare 251 Handgelenkerguss 393 Handgelenkexartikulationsprothese 75 f Handgelenkextensor, Schwäche 32 Handgelenkflexion, Rekonstruktion 275 Handgelenkfraktur 615 – Folgezustand 499 ff Handgelenkganglion 567, 579 f Handgelenkinstabilität 471 Handgelenkkollaps 392 Handgelenkkontraktur 297 Handgelenkmanschette 297 Handgelenkprothese 403, 558 – Ergebnis 405 – Explantation 403 f Handgelenkschrägaufnahme 478 Handgelenkspacer nach Swanson 402, 405 Handgelenkstabilisierung, dorsale 396 Handgelenkstreckung 16, 273, 293, 295, 305 – radiale 251 – Rekonstruktion 274 ff – Schwächung 274 Handinfektion 364 ff – tiefe 371 ff Handinnenfläche – Hyperkeratose 29 – Schwellung, schmerzlose 582, 592 Handlagerungsorthese 70 Handlinie, Pigmentierung, vermehrte 29 Handlinienmuster 29 Handmanschette 296 Handmetastase 608 Handmuskel – extrinsischer 7 – intrinsischer, Imbalance 406 – kurzer 19 f, 23 – Lähmung 71 Handprothese 73 Handrücken 19, 22 – Blutversorgung 21 – Schwellung, schmerzlose 592 – Vorwölbung 567 Handrückenfaszie 19, 21 Handrückenödem 370 f, 373 f Handrückenphlegmone 377 Handschuhbandage nach Moberg 70 Handskoliose 390 Handteilamputation 76 Handteller 19, 22 Handverletzung 364 – mit Weichteildefekt 540 ff Handverlust – Begutachtung 618 f – Minderung der Erwerbsfähigkeit 622 Handverschmälerung nach Adelmann 104 Handwurzel s. Karpus Hanhart-Syndrom 172 Harms-Krankheit 245 Haut – Störung, trophische 613 – trockene 613 Hautatrophie 29, 613 f
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Sachverzeichnis
Hautlappen – gestielter 541 – lokaler 541 Hautnaht 86 Hauttransplantat 541 Hauttumor 29 Hautverfärbung, rötlich-violette 590 Hautverletzung 540 Hautverschiebeplastik 63 Heberden-Arthrose 569 f Heberden-Knoten 29 Hebetrauma 443 Hegemann-Krankheit 245 Hemihypertrophie 217 Hemimelie 128, 155 Hemiparese, spastische 301 f Hemiresektionsarthroplastik nach Bowers 552 Hemmungsfehlbildung 131, 148 Herbert-Schraube 485, 499 f Hermann-Opitz-Syndrom 170 Herzinsuffizienz 29 Hexadaktylie 195 Hiatus nervi radialis 32 Hilfslinie nach Rogers 460 f Hirnnerv, Neurotisation 264 Histiozytom, fibröses, malignes 591 Hoffmann-Tinel-Zeichen 30, 32 Hohlhand 366 – Gefäß-Nervenbahn 21 – Innervation, sensible 22 – Knoten 357 – Schnittführung 358 f Hohlhandbeugefurche 373 Hohlhandbogen 21 – Durchgängigkeit 32 – oberflächlicher 22 f – tiefer 22 f Hohlhandfaszie – oberflächliche 19 – tiefe 19 f Hohlhandhämatom 360 Hohlhandinfektion 366 – oberflächliche 374 Hohlhandphlegmone – oberflächliche 365 – tiefe 365 Holt-Oram-Syndrom 122 f, 128 – Brachydaktylie 208 – Klinodaktylie 211 – Koalition, karpale 160 – Radialdefekt 142 – Syndaktylie 167 – Synostose, radioulnare 131 Horner-Syndrom 259, 282 Hospital for sick children grading system 279 Hot ulcer 330 HOX-Gen 123 Hueter-Dreieck 33, 445 Humeroradialgelenk 7, 36 – Arthrose 546 – Synovialitis 383 Humeroradialsynostose 125 ff Humeroulnargelenk 7, 35 – Arthrose 546 – Inkongruenz 449 Humeroulnarsynostose 126 Humerus – distaler 4 ff, 84 – Epiphysenkern 4 f – Verknöcherung, perichondrale
Humerusdysplasie 142 Humerusfraktur – distale 320, 445 ff – interkondyläre 449 f – – Klassifikation 446 – – Therapie 447 – Kapitulumfraktur 451 f – suprakondyläre 338 f, 445, 449 – – Arthroskopie 48 – – dislozierte 461, 465 – – kindliche 459, 462 f – – Klassifikation 459 – – Komplikation 347, 465 – – Therapie 447, 461 – transkondyläre 447, 449 – Varusfehlstellung 465 Humerusgelenkfläche 36 Humeruskopf (s. auch Caput humeri) Rezentrierung 268 Humerussporn 135 Hummerschere 176 Hüter-Sondentest 367, 369 Hybridprothese 74 Hydrotherapie 62 Hyperalgesie 612 Hyperhidrosis 613 Hyperphalangie 206 ff Hyperthermie 613 Hyperthyreose 29 Hypertonie, arterielle 29 Hyponychium 25 Hypoplasie, distale 174 Hypothenar 18, 20 – Infektion 375 – Schmerz 32 Hypothenar-Hammer-Syndrom 116, 331 f, 344 f Hypothenarmuskel 294 – Atrophie 214 – Innervation 22 Hypothenarphlegmone 365 Hypothenar-Snowboard-Syndrom 344 Hypotonie 29
I Ilisarov-Technik 141 Impingementsyndrom – radiales 94 – ulnares 94, 99 ff Impingementtest 33 Inching-Technik 57 f Incisura – olecrani 451 – radialis ulnae 7 f – trochlearis 7, 48 – ulnaris radii 7, 14 – – Stufenbildung 550 Infektion – pyogene 364 – subkutane 369 f Infektionskrankheit, berufsbedingte 115 Innervation, sensible – – Regio cubitalis 12 – – Unterarm, distaler 15 Insertionstendinose 428 ff – berufsbedingte 113 – Differenzialdiagnose 429 Inspektion 28 f Instabilität 32 – skapholunäre 502 f
Instrument 80, 87 Interdigitalblock 83 Interdigitalfaltendefekt 541 Interdigitalphlegmone 365, 370 f, 374 Interkarpalgelenk 16 – Arthrose 557 – Destruktion 391 – Kongruenzverlust 476 Interkostalistransfer 271 Intermetakarpalgelenk 18 Interphalangealgelenk – Aplasie 210 f – Bewegung 23 – distales s. DIP-Gelenk – Luxation 531 – proximales s. PIP-Gelenk Interponat 88 Interthenarraum 374 Intimaeinriss 339 Intimahyperplasie 344 Intrinsic – release 417 – snap 409 Intrinsic-minus-Deformität 299 Intrinsic-minus-Stellung 374 Intrinsic-Phänomen-Test 409 Intrinsic-plus-Deformität 309 Intrinsic-plus-Stellung 71, 86 Intrinsic-Release 414 Intrinsic-Transfer 414 Inzision, hockeyschlägerförmige 369 Iontophorese 65 Ischämie 346 – paroxysmale 331 Ischämietest 613 Ischämiezeit 84, 339 – warme 337
J Jahss-Handgriff 510 Jet-Lavage 478 Jonsson-Krankheit 245
K Kabeltransplantation 92 Kahnbein s. Skaphoid Kallusdistraktion 147 f Kälteexposition 330 f Kälteintoleranz 613 Kältetest 331 Kältetherapie 65 Kalzifikation 597 Kamptodaktylie 143, 180, 225 ff – Differenzialdiagnose 186, 358 Kanavel-Linie 366 Kapitatum-Hamatum-Koalition 160 Kapitulumfraktur 451 f Kappenplastik nach Marquardt 106 Kapselfibrose 613 Kapsulodese 254, 286, 308 – nach Blatt 503 f Kapsulorrhaphie 276 Kapsulotomie 307 Karpale Höhe, Verlust 392 Karpalfraktur 478, 483 ff, 497 Karpalknochen 15 ff, 392 – Aplasie 149
– Entfernung 556 – Hypoplasie 142 f, 172 – Pyramidenform 159 – Ossifikation 5 – Synostose 149, 160 f, 196 Karpalstumpf 76, 157 Karpaltunnel 15 ff – Dekompression 495 Karpaltunnelaufnahme 38, 501 f Karpaltunnelsyndrom 316 ff – akutes 476 – berufsbedingtes 115 – Diagnostik 54, 56 ff – Differenzialdiagnose 58, 314 – Erkrankung, rheumatische 409 – Makrodaktylie 217 – Neurographie, sensible 55 – bei Rollstuhlgebrauch 299 – Therapie 317 ff – Ursache 116 Karpaltunneltangentialaufnahme 478 Karpometakarpalgelenk 18 f – Arthrodese 556, 568 – Arthrose 560 ff, 567 f – Bandverletzung 533 f – Darstellung 39 – Luxation 530 ff – Luxationsfraktur 506, 508 – Subluxation 531 Karpoulnarer Raum 473, 477 – – Dekompression 481 – – Impaktion 479 Karpus 15 ff – Arthrodese 239, 243, 556 – Arthrose 70, 99, 554, 556 – Bajonettstellung 158 – Computertomographie 42 ff – Dislokation 390 – Fehlstellung 390 – Gefäßversorgung 16, 18 – Kontrastmitteldarstellung 41 – Luxation 493 ff, 496 f, 556 – Magnetresonanztomographie 44 f – Resektion 556 – Röntgenaufnahme 36 ff – Schmerz 32 – Stabilisierung 396 f – Subluxation 391, 471 – Ulnatranslokation 404 Karpuskollaps 239, 504, 553 – Kapitatumnekrose 245 Kausalgie 612 Keasby-Tumor 582 Kennmuskel 59, 251 Kernspintomographie 484 Kienböck-Krankheit 234 Kindesalter – Amputation 105 – Diagnostik, bildgebende 35 – Fraktur 459 ff, 462 f, 522 Kindesmisshandlung 46 Kinematographie 40 Kirner-Deformität 229 f Klassifikation – nach Frykman 467, 470 – nach Palmer 52 f – nach Riseborough und Radin 445 f Klaviertastenphänomen 551 Klavikulafraktur 339 f Kleinfinger – Abduktion 34
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Sachverzeichnis
– Aufbau 175 – Deviation, radiale 211 – hypoplastischer 214 Kleinfingerballen s. Hypothenar Kleinfingerendglied, Deformität 229 f Klemmgriff 144 Klickphänomen 32 Klinefelter-Syndrom 128, 131 Klinodaktylie 172, 208 f, 211 ff – Therapie 212 f Klippel-Feil-Syndrom 128, 167 Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom 217 Klumphand – radiale 123, 131, 141 ff, 205 – – Differenzialdiagnose 144, 151 – – Epidemiologie 144 – – Kamptodaktylie 225 – – Therapie 144 ff – ulnare 123, 148 ff – – Differenzialdiagnose 151 – – Therapie 151 f Knochen – Riesenzelltumor 601 f – Verdickung 32 Knochendefekt 524 ff – Rekonstruktion 527 Knochenfenster 42 Knochenglatze 95 Knochenkern 4 f Knochen-Knorpel-Transplantat 106 Knochenläsion, tumorähnliche 574 Knochenmarködem 44 f Knochenmetastase 608 Knochenmanschette, perichondrale 4 Knochennekrose 245 f – aseptische 493 Knochenrekonstruktion 525 ff Knochenschwellung 598 Knochenszintigraphie 45 f Knochentransplantat 526 f – gefäßgestieltes 606, 608 Knochentumor – benigner 594 ff – Diagnostik 576 ff – Klassifikation, histologische 574 – maligner 604 ff – Malignitätszeichen 607 – Stadieneinteilung 575 – Therapie 578 f Knochenzyste – aneurysmatische 600 f – solitäre 599 Knopflochdeformität 29 f, 356, 406 f – Einteilung 408 – Korrektur 416, 537 – Rezidivrate 423 – Schienenbehandlung 410 – traumatische 517, 530, 535 Knorpelkappe 597 Knorpelläsion 45 Knorpelschaden, iatrogener 54 Knorpeltumor 596 Knoten – rötlich-violetter 590 – ulzerierender 590 Knuckle pads 357 Koaleszenz 161
Koalition, karpale 160 f Koaptation 90 f Kokontraktion 254, 259, 288 ff Kollagenose 331 f Kollateralbandavulsion 517 Kollateralbandruptur – radiale 533 f – ulnare 39, 533 f Kommissurbildung 169 Kommissurdeckung 170 Kompartmentsyndrom 50, 346 f, 438 f – Arthroskopie 54 – belastungsbedingtes 347 Komplex, ulnokarpaler 52, 390, 550 Kondylendarstellung 36 Kondylenfraktur 451, 461, 464 f – kindliche 459 – phalangeale 515 ff, 523 Kondylenrekonstruktion 449 Konsolenradius 158 f Kontraktur – angeborene 123, 222 ff – Parese, spastische 305 ff – Therapie 307 f Kopf, karpaler 16 Kopfbein s. Os capitatum Kortikalis 42 – Auftreibung 598 f Kortikalisunregelmäßigkeit 40 Kortikalisusur, marginale 115 Kostoklavikuläre Enge 341 Kraft – Einschränkung 301 – grobe 33 Kraftanstrengung, außergewöhnliche 625 f Kragenknopfabszess 365, 367 Krallenhand 34, 275, 320 Krallenzehe 347 Krankengymnastik 62 f, 295 Krankenversicherung, private 112 Kronenfortsatz s. Processus coronoideus Krukenberg-Plastik 107 f Kubitaltunnelsyndrom 59 Kubitalwinkel 460 Kubitalzyste 382, 384 KUDO-Prothese 549
L Lacertus fibrosus 12, 314, 443 Ladoux-Endoprothese 563 Lagerung, postoperative 86 Lagerungsorthese 68, 71 Lagerungsschiene 62, 306 Lähmung 293 ff – ataktische 302 f – Begutachtung 621 – dystone 302 f – Ellenbogen 247 ff – extrapyramidale 302 f – Orthesenversorgung 67, 71 – schlaffe 298 Lähmungshöhe 293 f Lamina intertendinea superficialis 417 Landsmeer-Band 407 Langfinger – Beugesehnenruptur 421 f – Fraktur 515 ff
– – – – –
Knopflochdeformität 406 f Kontraktur 347 Schwanenhalsdeformität 406 Spreizhemmung 356 Strecksehnenverletzung 535 ff – Ulnardeviation 390, 405 f – Vasospasmus 330 f Langfingerstreckung 295 Lappenplastik, mikrovaskuläre, freie 541 Larsen-Syndrom 128 Lasso-Operation 297 ff Latissimus-dorsi-Transfer 266 ff Laurence-Moon-Bardet-BiedlSyndrom 194 Leberzirrhose 29 Ledderhose-Krankheit 357 Leistenlappen 541 Leistungsbeeinträchtigung 620 f Leitungsanästhesie 83 Léri-Weill-Syndrom 158 Li-Fraumeni-Syndrom 588 Ligamentoplastik nach Brunelli 503 f Ligamentum – anulare radii 8 f, 24 f – – verdicktes 222 – capitatohamatotriquetrum (CHT-Band) 52 – carpi transversum s. Retinaculum flexorum – carpometacarpale 18, 561 – collaterale 22 – – radiale 6, 8 f – – ulnare, Verletzung 533 – cruciforme 24 f – intercarpale 16, 18, 51 – – Läsion 99 – intermetacarpale 18 – lunotriquetrum 32, 51 f – – Läsion 41, 99, 488 f – metacarpale – – dorsale 561 – – interosseum 19 – – transversum superficiale 21, 354 – natatorium 21, 354, 356 – palmare 22 f, 52 – pisohamatum 490 – pisometacarpale 490 – pisotriquetrum 490 – quadratum – radiocarpale 18 – radiolunatum 483 – radiolunotriquetrum 52 – – Ausriss 488 – radioscaphocapitatum 52, 483, 496 – radioscaphoideum 503 – radioscapholunatum 52 – – Entzündung 390 – radioulnare, Ruptur 469 – scapholunatum 51, 496 – – Läsion 32 f, 99, 502 ff – trapeziometacarpale 530 – ulnocarpale 18, 52 – ulnolunatum 52 Linburg-Comstock-Deformität 223 Linked-Prothese 386 Linscheid-Pin 499 Lipom 30, 583 f Liposarkom 584 Littler-Test 408 f
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Löffelhand 167, 170 f Loge de Guyon 323 f Lokalanästhesie 80 Lokalanästhetikum 81 Love-Test 30 LT-Spalt 99 Lumbrikalissymptom 374 Lunatotriquetrumsynostose 160 Lunatum 4, 15 – Arthroskopie 53 – Blutversorgung 235 – Chondromalazie 100, 102 – Darstellung 36 ff – Fehlen 143 – Strahlendichtezunahme 237 – Subluxation 502 – Verkippung 553, 557 Lunatumflexion 391 Lunatumfraktur 488 f Lunatumkollaps 236, 238 Lunatumluxation 497 – dorsale 495 f – palmare 493 ff Lunatummalazie 53 Lunatumnekrose 234 ff, 488, 495 – berufsbedingte 115 – Prognose 243 – Stadienverlauf 236, 238 – Therapie 237, 239 f – Vibrationsosteonekrose 114 Lunatumresektion 556 Lunula 25 f Lunulastreifen 29 Lupenbrille 80, 87 Lupus erythematodes 29, 332, 380 Luxation 32 – perilunäre 496 Luxationsfraktur – perilunäre 497 ff – – transskaphoidale 483, 498 f Lymphangitis 366 Lymphdrainage 64 Lymphe 25 Lymphgefäß 12 Lymphödem 613
M Mädchenfänger 469 Madelung-Deformität 131, 157 ff Maffucci-Syndrom 217, 595 f Magnetfeldtherapie 66 Magnetresonanztomographie 44 f, 576 f Magnetstimulation 56 Makrodaktylie 216 ff Makrodystrophia lipomatosa progressiva 217 Makroreplantation 338 f Mallet-Finger 408, 520, 522 Mannerfelt-Arthrodese 402 Manus – valga 148 – vara 141, 151 Marcainblock 80 Marfan-Syndrom 28 Martini-Bandplastik 564 f Martin-Syndrom 154 Massage 64 Matrix unguis 25 Matrixkalzifizierung 594 ff, 604 Matrix-Titan-Platte 475
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Sachverzeichnis
Mayo-Klassifikation 472 Mayo-Prothese 549 Mc-Dowell-Klassifikation 296 f MCP-Gelenk s. Metakarpophalangealgelenk Meckel-Syndrom 191 Medianusblock 81 f Medianuskompressionssyndrom – distales 316 – proximales 314 Mediokarpalarthrodese 556 Mediokarpalarthrose 554, 556 Mediokarpalgelenk 16 – Arthroskopie 52 Melanom, malignes 29, 590 Membrana interossea 6 f, 15 – – Brückenkallus 476 – – Ruptur 447, 449, 453 Mesenchymverdichtung 123 Mesotendinea 24 Metakarpalfraktur 491, 506 ff – distale 510 f – Fehlstellung 527 ff – mit Knochendefekt 524 ff – Komplikation 512 – Konsolidierung, knöcherne 512 – offene 508, 512, 527 – Osteosynthese, intramedulläre 510 ff – Pseudarthrose 527 ff – Röntgenaufnahme 38 – Rotationsfehler 509 – subkapitale 506 f, 509 f – Verkürzung 512 Metakarpalgelenk, Luxation 530 ff Metakarpalknochen 18 ff, 506 ff – Angulationsfehlstellung 528 – Aplasie 213 – Darstellung 36 – Epiphysenkern, akzessorischer 5 – Fraktur 506 ff, 513 ff – Hypoplasie 172 – Ossifikation 5 Metakarpalköpfchen – Nekrose 245 – palmar abgekippter 512 Metakarpophalangealgelenk 22 f – Arthritis, rheumatoide 408 – Beugekontraktur 227, 356 f, 360 – instabiles 309 – Kollateralbandruptur 533 f – Kontraktur 354 – Luxation 530 ff – Resektions-InterpositionsArthroplastik 412 – Rheumatherapie 412 f – Subluxation, palmare 406 – Synovialektomie 412 Metakarpus 19 Metaphyse, Verdichtungslinie 115 Methotrexat 385 Mikrochirurgie 80, 87 ff Mikroreplantation 338 Mikrotrauma 626 Millesi-Schnitt 359 Mill-Test 428 f Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) 112, 618 ff, 622 f
Miosis 248 Mirror hand 152, 154 f Mittelfinger 19 Mittelfingertest 32, 326, 428 Mittelhand – Amputation 103 f – Anatomie 18 ff – Infektion 374 – Knochennekrose 245 – Röntgenaufnahme 39 Mittelhandknochen s. Metakarpalknochen Mittelhohlhandraum 374 Mittelphalanx, Aplasie 209 M-Linie 37 Moberg-Tenodese 297 Mobilisationsorthese 68 Mohr-Syndrom 194 Mondbein s. Lunatum Monteggia-Verletzung 447 – kindliche 459 – Therapie 453, 457 Morbus s. Eigenname Morvan-Hand 28 MP-Gelenk s. Metakarpophalangealgelenk MR-Arthrographie 44 Mukoidzyste 570, 580 f Müllerscher Muskel 248 Multiple Sklerose 301 f Musculotendinous-overuseSyndrom 116 Musculus – abductor – – digiti minimi 17, 19 f, 34 – – pollicis – – – brevis 17, 19 f, 34 – – – longus 10 f, 15 ff, 34 – adductor pollicis 19 f, 34 – – – Ausfall 323 – – – Sesambein 23 – anconeus 11 – – Interposition 133 f, 430 f – biceps brachii 8 ff, 12, 14, 294 – – Reinsertion 444 – brachialis 10 – brachioradialis 11, 14, 294 ff – – Insertionstendopathie 428 – – Sehnentransfer 275, 298 f – deltoideus 294, 297 – dilatator pupillae 248 – extensor – – carpi – – – radialis – – – – brevis 11 f, 15 ff, 34, 294 f – – – – – Sehnenruptur 401 – – – – longus 10 f, 15 ff, 34, 294 f – – – – – Sehnenruptur 401 – – – – – Sehnentransfer 274 f, 298, 396 – – – ulnaris 11, 15 ff, 34 – – – – Sehnendislokation 390 – – – – Sehnenruptur 421 – – – – Sehnenscheide 97 f – – digitorum 11 f, 15 ff, 19, 24, 26 – – – communis 294 f – – – Funktionsprüfung 34 – – indicis 11, 15 ff, 19 – – – Transfer 414 – – pollicis – – – brevis 11, 16 f, 19, 34
– – – longus 11, 15, 17, 19, 294 f – – – – Funktionsprüfung 34 – – – – Sehnenentzündung 407 – – – – Sehnenruptur 421, 626 – – – – Sehnenverletzung 535 ff – flexor – – antebrachii 13 – – carpi – – – radialis 10, 14 ff, 294 f – – – – Funktionsprüfung 33 – – – – Insertionstendopathie 559 – – – – Verlagerung 274 – – – ulnaris 10 f, 13, 15 – – – – Funktionsprüfung 33 – – – – Sehnentransposition 272 ff – – – – Sesambein 15 – – digiti minimi 19 f, 34 – – digitorum – – – communis 294 f – – – – Augmentation 299 – – – profundus 10 f, 13, 15 ff, 19 f, 24, 26 – – – – Sehnenavulsion 520 – – – superficialis 10, 15 f, 19, 24 – – – – Verlagerung 274, 308, 310 – – pollicis – – – brevis 19 f, 23, 25, 34 – – – longus 10, 15 f, 19, 24 f – – – – Sehnenruptur 407, 421, 539 – interosseus 19 f, 34, 294 – – Atrophie 29 – – Sehnenplatte 24 – latissimus dorsi 266 ff, 270 ff, 273 – lumbricalis 19 f, 23 f, 294 – – Fehlinsertion 226 f – opponens – – digiti minimi 19 ff – – pollicis 19 f – palmaris – – brevis 19 – – longus 10, 15, 17, 21 – – – Verlagerung 274, 444 – pectoralis minor 268 – pronator – – quadratus 10, 15, 33 – – – Verletzung 550 f – – teres 10 f, 13 f, 294 f, 342 – – – Funktionsprüfung 33 – – – Sehnentransfer 298 – subscapularis 288 – supinator 10 ff, 33 – tarsalis superior 248 – triceps – – brachii 14, 294 – – – Kokontraktion 269, 227, 272 – – – Transposition 268 f – – radii 10 f Musiker, Überlastungsschaden 116 Muskelanspannung, maximale 626 Muskelaplasie 143, 149 Muskeldegeneration 252 Muskelersatzoperation, sekundäre 253
Muskelfunktion 33 f Muskelgrading nach dem Medical Research Council 280 Muskelinfarkt 346 Muskelinnervation 251 Muskelkanalbildung nach Sauerbruch und Lebsche 74 Muskelkrampf 116 Muskelödem 339 Muskel-Sehnen-Transposition 253 – sekundäre 264 ff, 272 ff Muskelspasmus 64 Muskelspastizität 302 Muskeltestung 279 Muskeltonus 303 – Beeinflussung 64 f Muskeltransfer 253 – funktioneller, freier 266 – Kraftverlust 253 Muskeltransplantation, mikrovaskuläre 252 Myelomeningozele 302 Myoblastom, granularzelliges 582 Myodese 103 f Myofibroblastenproliferation 354 Myoplastik 103 f Myositis ossificans 46 Myotomie 307 Myxödem 29
N Nadelbiopsie 578 Nadelelektrode 55 Naevus flammeus 352 Nagel – brechender 29 – doppelt angelegter 193 – fehlender 209 – Glomustumor 30, 586 f – Inspektion 29 – Längsrille 581 – Rillenbildung, quere 29 – Verfärbung 29 – Wachstumsstörung 331 Nagelapparat 25 Nagelbett 25 f Nagelbettläsion 522 Nagelentzündung 366 Nagelfalz 25 Nagelhalfter s. Nagelmatrix Nagelkranzfraktur 521 Nagelluxation 522 Nagelmatrix 24 ff Nagelmykose 29 Nagelplatte 25 f Nagelplattenverletzung 520 Nageltasche 25 f Nagelwachstumsstörung 522 Nagelwall 25 f Nagelwallinfektion 364 Nager-Syndrom 142 Naht – epineurale 90 – epi-perineurale 91 – interfaszikuläre 91 Nahtmaterial 87 Nahttechnik, mikrovaskuläre 87 Narbe, hypertrophe 85 Narbenkontraktur 85 Nävus 29
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Sachverzeichnis
Neglekt 287 Nekrose, akrale 330 Nerv 248 – Drucklähmung 114 f – Rekonstruktion 252 Nervenaktionspotential 54 f, 59 Nervenblockade, periphere 81 ff Nervendekompression 63 Nervenhypoplasie 216 Nervenkompressionssymptom 382 Nervenkompressionssyndrom 314 ff – Differenzialdiagnose 28 – Provokationstest 32 Nervenläsion 31, 540 – Regeneration 64 – Schweregrad 255 f, 277 f – Therapiekonzept, integratives 252 ff – Untersuchung 56 ff Nervenleitgeschwindigkeit 54 Nervennaht 87 – interfaszikuläre 80 – Krankengymnastik 63 – mikrochirurgische 90 ff – primäre, spannungsfreie 252 – Ruhigstellung, postoperative 252 – Übungsstabilität 252 Nervenregeneration 64, 252, 254 Nervenrekonstruktion 253 f – primäre 540 Nervenscheidentumor, maligner 591 f Nervenstimulation, transepidermale 65 Nervenstumpf, Versiegelung 105 Nerventransplantat 268 ff – AcetylcholinesteraseReaktion 269, 271 Nerventransplantation 91 f, 252 f, 285 f, 540 Nerventumor 583, 585 Nervenwurzel, Transplantation 263 Nervus – accessorius (XI) 251, 284 – auricularis magnus 262 – axillaris 59, 248 f, 251 – brachialis, Ausriss 263 – cutaneus – – antebrachii – – – lateralis 15, 23, 31 – – – medialis 14, 23, 31, 92 – – – posterior 15, 18, 23, 31 – – – ulnaris 249 – – brachii ulnaris 249 – – femoris lateralis 92 – – lateralis 15 – digitalis 23 – – Durchtrennung 555 – – palmaris – – – communis 22 f – – – proprius 22 f, 25 f – dorsalis scapulae 249, 251 – hypoglossus (XII) 284 – intercostalis 249, 264, 284 – intercostobrachialis 81, 249 – interosseus – – anterior – – – Elektrokoagulation 555 – – – Verletzung 465
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– posterior 15, 325 – – Durchtrennung 555 – – Transplantat 92 medianus 33, 55 f – Hypoplasie 172 – Innervationsgebiet 22 f, 31, 251 – – Kompression 32, 314 f, 498 – – Lähmung 71, 114 f, 621 – – Läsion 29, 33, 53, 56 ff – – Neurotisation 284 – – Ramus palmaris 15, 23 – – Verlauf 11 f, 17 – musculocutaneus 15, 59, 251 – – Anatomie 248 f, 263 – – Neurotisation 263, 286 – – Reinnervation 284 – occipitalis major 262 – palmaris 82 – pectoralis 251 – phrenicus 249, 251, 264 – – Transfer 284 – – Zugang 259 – radialis 33 f – – Anatomie 11 f, 14, 248 f, 263 – – Innervationsgebiet 22 f, 31, 251 – – Kompression 32, 325 ff – – Lähmung 71, 274, 621 – – Läsion 34, 53, 276, 465 – – Latenz 56, 59 – – Neurotisation 263, 284 – – Ramus – – – profundus 12 ff – – – superficialis 10, 12 ff, 23 – subclavius 249, 251 – subscapularis 248 f, 251 – suprascapularis 249, 251, 284 – suralis 92 – thoracicus – – longus 249, 251 – – ventralis 249 – thoracodorsalis 248 f, 251, 266 f – transversus colli 262 – ulnaris 33 f, 55 f, 59 – – Anatomie 248 f, 263 – – Dekompression 321, 387, 549 – – Innervationsgebiet 22 f, 31, 251 – – Kompression 59, 323 f, 546 – – Lähmung 114, 621 – – Läsion 34, 49, 53, 276, 320 – – – Diagnostik 59 – – – iatrogene 466 – – Neurotisation 264, 284 – – Ramus – – – dorsalis 15, 23 – – – palmaris 15, 23 – – – profundus 22 f – – – superficialis 18, 22 – – Verlagerung 270, 321 f, 387 – – Verlauf 11, 13 f, 17 f Nervus-interosseus-anteriorSyndrom 57 Neurapraxie 540 Neurilemmom 586 Neurinom 30 Neurofibrom 584 Neurofibromatose 584, 588, 591 f – Makrodaktylie 216 f – Pseudarthrose 139
Neurofibrosarkom 591 Neurographie – motorische 55 f – sensible (SNAP) 55 Neurolyse 253 Neurom 104 f Neuron, motorisches, erstes 301 Neuropathie 28 Neuropraxie 256 Neurorhaphie 90 ff Neurotisation 92 – extraplexuelle 263 f, 284 – intraplexuelle 263 f Neurotmesis 256, 540 Neurotomie 239, 307 Neutral-Null-Methode 33 f Nidus 598 f Nievergelt-Syndrom 128, 160 Nikoladoni-Branham-Zeichen 349, 351 Nikotinabusus 333 Ninety-Ninety-Deformität 29 Ninhydrintest 31 Nivergelt-Pearlman-Syndrom 131 Noak-Syndrom 170 Nodus lymphaticus – – axillaris lateralis 12 – – cubitalis 12 Noggin-Protein 210 Non-linked-Prothese 386
O Oberarm, distaler 6 f Oberarmamputation 103 Oberarmkondylenbettung 76 Oberarmsporn 135 Oberarmstumpf 106 f Ödem 346 – Kältetherapie 65 – Vorbeugen 86 Offenendprothese 74, 76 Ogden-Klassifikation 149 f Olekranon 11, 36 – Hypoplasie 134 – Osteophyten 96, 546 – Osteotomie 84, 449 f – Zugang 84 Olekranonfraktur 450 – Arthroskopie 48 – extraartikuläre 454 – kindliche 459 – Klassifikation 447 – Prognose 458 – Therapie 451, 453, 464 Olekranonquerfraktur, intraartikuläre 453 Oligodaktylie 126 f, 168, 195 ff Oligosyndaktylie 195 Ollier-Krankheit 158, 217, 595 f – Brachydaktylie 208 One-bone-forearm-Operation 141, 151 Onycho-Osteodysplasie-Syndrom 158 Opening-Wedge-Osteotomie 528 Open-Palm-Technik 358 Operation – nach Almquist 430 f – nach Baldwin 481 – nach Beck 239 – nach Blatt 503 f
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nach Bowers 481, 552 nach Brunelli 503 f nach Darrach 481, 552 nach Erlacher-Scaglietti 308 nach Graner 239, 242 nach Hohmann 430 nach Jobe 135 nach Kapandji 397 f nach Kapandji-Sauvé 481, 551 nach Kapel 135 nach Matev 307 nach Milch 135 nach Osborne und Cotterill 135 – nach Reichenheim 135 – nach Saffar 239, 242 f – nach Tubby 308 Operationsmikroskop 87 Operationstechnik, atraumatische 85 f Opponensplastik 197 Oppositionsorthese, funktionelle 71 Orthese 67 ff, 261 – Anpassung 71 f – funktionelle 297 – Überprüfungskriterium 72 Os(-sa) – capitatum 16 f, 36 ff – – Blutversorgung 235 – – Fehlen 149 – – Gelenkbeziehung 39 – – Nekrose 245 – carpi s. Karpalknochen – digitorum manus 22 ff – hamatum 16 f – – Fehlen 149 – – Fraktur 491 f – – Gelenkbeziehung 39 – – Nekrose 245 – – Röntgenaufnahme 37 f – – Zugang 491 – lunatotriquetrum 4 – lunatum s. Lunatum – metacarpale s. Metakarpalknochen – metatarsale, Transplantation 146 – pisiforme 15, 17, 25 – – Fehlen 149 – – Fraktur 32, 490 – – Nekrose 245 – – Röntgenaufnahme 37 f – – Transplantation 239, 241 f – scaphoideum s. Skaphoideum – styloideum, akzessorisches 567 – trapezium s. Trapezium – trapezoideum 15 – – Fehlen 143 – – Fraktur 492 f – – Gelenkbeziehung 39 – – Röntgenaufnahme 37 f – triangulare, akzessorisches 554 – triquetrum 15, 17 – – Fehlen 149 – – Fraktur 32, 489 f – – Ganglion 45 – – Nekrose 245 – – Röntgenaufnahme 37 f Osler-Krankheit 29 Ossifikation – chondrale 4 f
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Sachverzeichnis
Ossifikation, periartikuläre 440, 443 – – Therapie 457 – perichondrale 4 f Osteitis 376 f Osteoblastom 599 Osteochondrodysplasie, hereditäre 128 Osteochondrom 597 Osteochondrosis dissecans 32, 245 f, 546 f – – Arthroskopie 48 – – Chirurgie, arthroskopische 96 Osteoidosteom 598 Osteolyse 581 – Chondrosarkom 604 – Enchondrom 594 f – Ewing-Sarkom 604 – Knochenzyste, aneurysmatische 601 – Osteoidosteom 598 Osteomyelitis 40 Osteonekrose 32, 233 ff – berufsbedingte 115 – Knochenszintigraphie 46 – Magnetresonanztomographie 44 – Vibrationseinwirkung 114 Osteoonychondrodysplasie 158 Osteophytenabtragung 95 f, 100, 547 Osteophytenbildung 546, 548 Osteoporose – kortisoninduzierte 520 – periartikuläre 380 f Osteosarkom 596, 606 ff Osteosynthese – nach De Palma 472 – nach Karpandji 472, 474 – übungsstabile 63
P 5 P’s 338 Paget-van-Schroetter-Syndrom 341 Palma manus 19 Palmaraponeurose 19, 21, 366 – Entfernung 359 – verdickte 355, 613 Palmarerythem 29 Palmarfibromatose 354 Palmarflexionstest 317 Palmar-Intercalated-SegmentInstability 503, 553 Palpation 28 ff Panaritium 29, 364 f – parunguale 368 – perforiertes 370 – periunguale 368 – subcutaneum 369 f – subunguale 368 f – Therapie 366 f Pandaktylitis 372, 376 Panner-Krankheit 96, 245 f Pannusgewebe 380 Pantrapezialarthrose 559 ff – Therapie 564 Papierpresse-Hand 273 Parästhesie 317, 320 – nächtliche 56 Paratenonitis – akute 434
– crepitans 113, 432 Parathormon 123 Parese, spastische 301 ff – – Botulinustoxin-Therapie 307 – – Elektromyographie, dynamische 304 – – Kontrakturprophylaxe 306 f – – Sensibilitätsuntersuchung 303, 306 – – Therapie 305 ff – – – Evaluation 310 Paronaraum 371 – Infektion 375 Paronychie 29, 364 f, 368 Paronychium 25 Patella-Nail-Syndrom 128 Patschhandversorgung 75 PAX-Gen 123 Pearlman-Syndrom 160 Pectoralis-major-Transfer 266 Pectoralis-minor-Transfer 266, 268, 272 Pendeldaumen 196 Peptidwachstumsfaktor 354 Periostverdickung 115 Peritendinitis 113 Peromelie 155 ff Peyronie-Krankheit 357 Pfeiffer-Syndrom 123 – Humeroradialsynostose 126 – Syndaktylie 170 Phalangenfraktur 515 ff – Angulationsfehlstellung 519 – des Daumens 523 f – dislozierte 517 – extraartikuläre 518 f – mit Knochendefekt 524 ff – Kollateralbandavuslion 517 – Komplikation 519 – Luxationsfraktur 530 – Pseudarthrose 527 ff Phalangensequestrierung 376 Phalangentransfer 175 f Phalanx 22 – distalis 26, 519 ff – dreieckige 211 – Enchondrom 594 f – Metastase 608 – trapezförmige 208 – Verkürzung 209 Phalen-Test 32 Phantomschmerz 77 Phlebolith 596 Phokomelie 123 Phonophorese 65 Physiotherapie 62 ff Pierre-Robin-Syndrom 167, 225 Pigmentierung, vermehrte 29 Pillay-Syndrom 148 Pilon-Fraktur 517 Pilzinfektion 595 PINCS (posterior interosseous nerve compression syndrome) 325 f Pinning 96 PIP-Gelenk 23 f, 414 ff – Arthritis, rheumatoide 408, 414 ff – Arthrodese 415 f, 517 f, 569 – Arthrose, idiopathische 568 f – Hyperextension 406 – Kontraktur 354, 356 ff, 360 f, 569 – Luxation 530 ff
– Subluxation 531 – Trümmerfraktur 517 – Verhärtung 357 – Weichteildefekt 542 – Zugang 415 Pisiforme-Triquetrum-Gelenk, Arthrose 32, 501 PISI-Stellung 503, 553 Plexus – brachialis 12 – – Anatomie 248 ff – – Ausriss, kompletter 264, 284 f, 340 – – Elongation 255 – – Exploration, chirurgische 259 ff, 284 – – Fibrose 255 – – Funktion 248, 251 – – Kaudalverschiebung 248 – – Kompression 255 – – Kranialverschiebung 248 – – Revision, operative 255 f, 284 – – Traktion, longitudinale 254 f – – Zugang, infraklavikulärer 261, 263 – cervicalis, Neurotisation 264 Plexusblock – subaxillärer 81 f – supraklavikulärer 81 Plexus-brachialis-Evaluationssystem (PES) 255 Plexus-brachialis-Lähmung – Klassifikation 256 – obere 256, 278 – untere 278 Plexus-brachialis-Läsion – Differenzialdiagnose 59 – Ellenbogenbeugung 264 ff – foramennahe 282 – Funktionsprognose 282 – geburtstraumatische 277 ff – – Operationszeitpunkt 277, 282 – – Spontanverlauf 280, 288, 290 – – Therapie, operative 279 ff, 284 ff, 290 f – Handfunktion 273 f, 284 – infraklavikuläre 276, 284 – inkomplette 259 – komplette 259, 281, 285, 291 – obere 282, 291 – offene 257 – Pathogenese 254 f – posttraumatische 254 ff, 258 – retroklavikuläre 276 – Schulterfunktion 272 f – Spontanregeneration 259 – supraklavikuläre, komplette 275 – Therapie 252 ff, 259 ff, 263 f – Zugang 259 ff Plexus-Dokumentationsschema nach Narakas 281 Plexus-Evaluationsschema 257 Plexuskompressionssyndrom 341 Plica anterolateralis 94 f Plusvariante 152, 203 f, 206 – Vererbungsmodus 122 Pneumothorax 81 Poland-Syndrom 172, 210 f – Syndaktylie 167
Pollex – abductus 196, 223 f – adductus s. Daumen, eingeschlagener – flexus 222 ff Pollizisation 155, 198 ff Polydaktylie 124, 131, 177 f, 191 ff – Differenzialdiagnose 154 – radiale 191 ff – ulnare 194 f – zentrale 193 f Polymyalgia rheumatica 380 Polyneuropathie 59 Präzisionsgreifform 273 Preiser-Krankheit 245 Prévot-Nagel 462, 465 Processus – coronoideus 36 – – Fraktur 445, 451, 455 – – – Klassifikation 447 – – – Prognose 458 – – Hypoplasie 134 – – Osteophyt 546 – – Zugang 84 f – styloideus – – radii 32 – – – Ausziehung, degenerative 434 – – – Druckschmerzhaftigkeit 434 – – – Fraktur 472, 498 – – – Osteophyt 100 – – ulnae 4, 7 – – – Abrissfraktur 98, 469 f, 550 – – – Impaktion 490 – supraepicondylaris 6 Pronatio douloureuse Chassaignac 441 Pronation 14, 251 Pronationsfehlstellung 287 Pronatorsyndrom 57, 114 Pronator-teres-Syndrom 32, 314 ff Propriozeption 303 – Einschränkung 301 Proteus-Syndrom 217, 228 Prothese 72 ff – funktionelle 76 – Steuerung, myoelektrische 74 ff – Überprüfungskriterium 77 – Zweitversorgung 78 Prothesenanpassung 75 ff Prothesenaufhängung 107 Prothesenhand 74 Prothesenschaft 73 Prothesentraining 63, 76 Prothesentyp 75 Provokationstest 32 Proximal row – – carpectomy (PRC) 239, 556 – – Fusion 556 Pseudarthrose 527 ff – angeborene 139 ff Pseudokrallen-/Pseudoklauenstellung 509, 519, 527 Pseudomakrodaktylie 217 Pseudoneurom 321 f Psoriasis 29 Psoriasisarthritis 380, 410 – Differenzialdiagnose 569 Psychotherapie 66 Pterygium cubitale 135 f
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Sachverzeichnis
Ptosis 248 Pulslosigkeit 334, 338 Pulsverlangsamung 349 Pulvertaft-Naht 80 Punch Injury 472, 479 Punctum nervosum 262 Purisole 51, 94, 97 Pyramidenbahn, Schädigung 301
Q Quadriga-Phänomen nach Verdan 104 Quengelorthese 68, 306 – Kontraindikation 296 Querschnittlähmung 293 Quetschverletzung 28
R Radgelenk 6 f Radial Tunnel Syndrome 326 Radialabduktion 16 Radialdefekt, Vererbungsmodus 122 Radialextensor 15 Radialisblock 82 Radialisersatzoperation 274 Radiohumeralgelenk – Arthrose 96 – Stauchung 113 Radiokarpalgelenk 16 – Arthrodese 556 – Arthrose 471, 476 f, 499, 553 ff – – Therapie 480, 482, 555 – Arthroskopie 50 ff Radiokarpalwinkel 469, 471 – Abflachung 480 – Fehlstellung 479 f Radionuklidangiographie 45 Radioskaphoidalgelenk – Arthrodese 399 f – Arthrose 554 – Destruktion 391 Radioskapholunäre Fusion 405 Radiosynoviorthese 385, 394 f, 411 Radiotherapie 578 Radioulnare – Fusion 405 – Separation 469 Radioulnargelenk – distales 6, 14, 473 – – Alloarthroplastik 552 – – Arthritis, rheumatoide 397 ff – – Arthrodese 397 ff, 551 f – – Arthrose 476, 480, 550 ff – – Arthroskopie 52 – – Bewegungseinschränkung 477 – – Darstellung 41, 43 – – Destruktion 391 – – Dislokation 447, 449 – – Fraktur 468 – – Fusion 481 – – Inkongruenz 480 f, 550 – – Instabilität 476, 550 – – Rekonstruktion 480 – – Synovialektomie 396 – – Synovialitis 390 – proximales 6 ff
– – Arthrose 546 – – Erosion 382 Radius – distaler – – Röntgenaufnahme 37 – – Sinterung 4791 – – Subluxation, palmare 390 – Epiphysenkern 4 ff – Facies articularis carpalis 16 – Knochenmanschette, perichondrale 4 – Knochenzyste, aneurysmatische 600 – proximaler 6 f – – Verdickung 159 – Proximalverschiebung 547 f Radiusaplasie 136, 142 ff, 145 – Therapie 146 Radiusdefekt 141 ff – Klassifikation 144 Radiusdiaphyse, Krümmung 158 Radiusepiphyse – distale, Dreiecksform 158 – Wachstumsstörung 157 Radiusfehlstellung 480 Radiusfraktur – Chirurgie, arthroskopische 100, 102 – distale 37, 467 ff – – Begleitverletzung 478 – – Differenzialdiagnose 492 – – dislozierte 473, 475 – – Fehlstellung 36, 43 f, 47, 479 – – Fixateur externe 474, 476 – – Folgezustand 478 ff – – Gelenkstufe 471, 479 – – Hyperextensionsfraktur s. Colles-Fraktur – – Hyperflexionsfraktur s. Smith-Fraktur – – Instabilität 469, 479 – – intraartikuläre 471 f – – Klassifikation 470 ff – – Komplikation 476 f, 551 – – offene 476 ff – – SL-Dissoziation 502 – – Therapie 469 ff, 486 f – proximale 447 f Radiusgelenkflächenwinkel 37 Radiushalsfraktur – kindliche 459 – Klassifikation 447, 460 – Komplikation 465 – Therapie 452 f, 461 f, 465 Radiushypoplasie 142, 144 ff Radius-Kapitulum-Linie 36 Radiuskopf Radiusköpfchen 6 f – Darstellung 35 f – dysplastisches 131 – Entfernung, arthroskopische 96 – Hypoplasie 129 – Impingement 548 – Luxation, angeborene 126 ff – Nekrose 245 – Osteophyt 546 – Reposition 453 – Resektion 129 f, 152, 386, 388, 442, 452, 547 f – Schwellung 382 – Sonographie 383 f – Subluxation 33, 159, 441
– Zugang 84 Radiusköpfchenfraktur 445, 449 – Arthroskopie 48 – dislozierte 456 – Klassifikation 447 – Komplikation 465 – Therapie 451 f, 454 f, 461 f – Trümmerfraktur 42, 456 Radiusköpfchenluxation 445, 447 – Diagnostik 460 Radiusköpfchenprothese 452, 458 Radiuskorrekturoperation 480 ff Radiuskrypte 390 Radiuslängsachse 460 Radiusmetaphyse, Einstauchung 473 Radius-pro-Ulna-Fusion 151 f Radiuspseudarthrose 140 Radiusverkürzung 144, 158 f, 469, 471, 479 – Lunatumnekrose 239 f – Therapie 480 Ramus – articularis nervi cutanei antebrachii radialis 555 – carpalis dorsalis 18, 23 – communicans – – albus 248 – – griseus 248 – palmaris – – profundus 22 – – superficialis 15, 18, 21 – profundus nervi radialis 11 f, 325, 327 – superficialis nervi radialis 11, 434, 555 Rayhack-Technik 472 Raynaud-Krankheit 29, 330 ff Raynaud-Symptom 330 ff, 344 Reboundkompartmentsyndrom 440 Recessus sacciformis 8 f, 41 Reflex, gesteigerter 302 Reflexdystrophie 29, 44, 116, 612 ff – Knochenszintigraphie 46 – Präventionsmaßnahme 476 – Tetraplegie 299 – Therapie 614 f Reflexmuster, primitivmotorisches 301 Regio cubiti posterior 12 Regionalanästhesie 80 – intravenöse 83 – Komplikation 81 Reinnervation 56 Reiskörperchen, fibrinoides 407 Reperfusion 339 Repetitive – Strain Injury (RSI) 115, 432 f – Stress Injury 115 Replantation 87, 338 – Krankengymnastik 63 Resektionsarthroplastik 548 Resektions-Interpositions-Arthroplastik (RIAP) 386, 388, 402 – Metakarpophalangealgelenk 412 – PIP-Gelenk 414 Resektions-Suspensions-Arthroplastik 418, 423 Restinnervation 56
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Rete – articulare cubiti 11 – carpi dorsale 15, 23 – olecrani 11 – venosum – – cubiti 12 – – dorsale manus 22 Retinaculum – cutis 22 – extensorum 11, 16 f, 19 – – Verlagerung 396 – flexorum 16 f, 21 – – Durchtrennung 317 ff Retinakularekonstruktion nach Littler 417 Retinakular-Plus-Test 407, 409 Retinakulumganglion 580 Revaskularisation 87 Reverse-Cross-Finger-Flap 541 Reversed-Barton-Fraktur 467, 474 Reversed-Bennett-Fraktur 506 Reye-Tumor 581 Rhabdomyosarkom 592 Rheumafaktor 380 Rheumaknoten 30, 382 Rheumaknotenexstirpation 419 f Rheumatismus 29 f, 380 ff, 405 Rhizarthrose s. Daumensattelgelenkarthrose RIAP s. Resektions-Interpositions-Arthroplastik Riesenwuchs 216 ff Riesenzellen, mehrkernige 335 Riesenzelltumor 30, 584 f, 601 f Rigidität 302 Ringband 435 Ringfinger, Verdoppelung 193 f Ringfixateur nach Ilisarov 107 Riordan-Klassifikation 150 RL-Winkel 36 f Roberts-Spezialaufnahme 492 f Rolando-Fraktur 513 ff Rollstuhlbenutzung 296 Röntgenaufnahme – nach Brewerton 507 – nach Mumenthaler 36 Röntgendiagnostik 35 ff Röntgenübersichtsaufnahme 576 Rotationslappen 541 Rötung 29, 586 – stecknadelkopfgroße 29 RSL-Fusion 399 f Rubinstein-Taybi-Syndrom 128, 208 Rückenmarksegment 294 Ruhigstellung, postoperative 86
S Salter-Harris-Fraktur 522 f Sandrow-Syndrom 154 Scaphoid nonunion advanced collaps 554 Scaphoid-shift-Test 502 Scapholunate advanced collapse 553 f Schädel-Hirn-Verletzung 301 f, 309 Scharniergelenk Schede-Stellung 470 Schiene nach Stack 70, 536 f
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus C.J.Wirth, L. Zichner, A..-K.Martini: Orthopädie - Ellenbogen (ISBN 3-13-126211-7) © Georg Thieme Verlag Stuttgart 2003
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Sachverzeichnis
Schienenhülsenkonstruktion 68 f Schinzelsyndrom 148 Schlaganfall 302 Schleimbeutelreizung 114 Schlottergelenk 382 Schlüsselgriff 33, 273 Schmerz 30, 336, 604 – brennender 613 – chronischer 30, 66 – myofaszialer 64 f – nächtlicher 598 – postoperativer 80 – sympathisch unterhaltener 612 f Schmerzempfindlichkeit 31 Schmerzstörung, somatoforme 433 Schmier-Meyers-Krankheit 245 Schmuckprothese 75 Schneeballknirschen 432 Schnittführung 84 f Schnürfurchenkomplex 131, 167 Schnürfurchensyndrom 182, 184 ff – Differenzialdiagnose 186 – Klassifikation 185, 187 – Therapie 187 f Schreibkrampf 433 Schreibgriff 33 Schubkarrentest 303 Schulter – Außenrotationsdefizit 287 – Funktionsanalyse nach Gilbert 279 – Innenrotationsadduktionsdeformität 302 – Muskel-Sehnen-Umsetzplastik 272 f – Rekonstruktion 284 f Schulterabduktion 251, 285 Schulteradduktion 251, 308 Schulteraußenrotation 251 Schulterextension 251 Schulterflexion 251, 280 Schulterfunktion, Ausfall 263 Schulterpositionssensor 298 Schulterstabilisation 264 f Schwanenhalsdeformität 29, 228, 309, 406 – Daumen 409 – Einteilung 408 – Korrektur 416 f, 419 – Luxationsbedingte 531 – Schienenbehandlung 410 Schwannom 585 f – malignes 591 Schweißdrüsenstimulation 248 Schweißsekretion 31 Schweißsekretionsstörung 612 Schwellung 612 f – schmerzhafte 601, 604 – schmerzlose 588, 591 Schwerbehindertengesetz 618 ff Schwielenabszess 371, 374 Schwimmhaut 21, 228 Schwitzen, seitendifferentes 29 Schwurhand 34 Sehne – Insertionsanomalie 225 – Kraftanstrengung, außergewöhnliche 625 f – Sequestrierung 372 – Sonographie 47
– Veränderung, degenerative 625 Sehnenerkrankung 626 Sehnenfach 16 f Sehnenfehlbildung 223 ff Sehnennaht 63, 538 Sehnenruptur 407 – Behandlung 420 f – degenerative 428 – gedeckte 624 ff – spontane, stumme 624 – traumatische, indirekte 624 Sehnensackphlegmone 375 Sehnenscheide 16, 24 – Riesenzelltumor 584 f – Schwellung 30 Sehnenscheidenempyem 364 Sehnenscheidenentzündung 30, 432 f Sehnenscheidenerkrankung, berufsbedingte 112 f Sehnenscheidenganglion 30 Sehnenscheideninfektion 366, 369, 371 ff Sehnenscheidenpanaritium 364 f Sehnenscheidenphlegmone 29 f, 373 f Sehnenscheidenstenose 433 ff Sehnenstripper 80 Sehnentransferoperation – Komplikation 299 – Tetraplegie 298 f Sehnentransplantation 539 Sehnenumsetzplastik 252 f, 308 Sehnenverlängerung 310 – Z-förmige 307 Sehnenverletzung – Begutachtung 624 ff – iatrogene 54 – offene 624 – partielle 624 Seit-zu-End-Anastomose 88, 90 Sensibilitätsprüfung 31 f, 306, 540 Sensibilitätsstörung 30, 301 Sensibilitätstest 303 – nach Gilbert 280 Sensometrie, objektive 56 Septum intermusculare brachii – – – laterale 11 – – – mediale 10, 13 Sesambein 15 – Ossifikation – radiales 23, 25 – ulnares 23, 25 Sesambeinfraktur 532 Shaver-Blatt 95 Shear-Test 33 SHFM (Split-Hand-/Split-FootMalformation) 176 Shrinkage 98 f Shunt-Volumen 349 Silastic-Spacer nach Swanson 402, 413, 415, 422, 558, 564 Silicon-Synovialitis 402, 405 Silikonkappe 105 Silikonprothese 547 Silver-Russel-Syndrom 225 Silver-Syndrom 128, 229 Simulation 618 Sjögren-Syndrom 332 Skalenuslücke 341 Skaphoid 15, 17, 556 – Blutversorgung 483, 499
– Fehlen 143, 154 – Knochenkern 4 – Palmarkippung 399 f, 503 f, 553, 559 f – Resektion 556 f – Röntgenaufnahme 37 – Zugang 485 Skaphoidflexion 391 Skaphoidfraktur 478, 483 ff – Arthroskopie 100 – Diagnostik 37 f, 43 – Komplikation 487, 499 f – okkulte 484 – Schmerz 32 Skaphoid-Kapitatum-(SK)-Arthrodese 239, 243 Skaphoid-Lunatum-Koalition 160 Skaphoidluxation 496 f Skaphoidnekrose 114, 245 Skaphoidpol, Subluxation 502 Skaphoidpseudarthrose 483 f, 487, 499 f – Computertomographie 43 – Magnetresonanztomographie 45 Skaphoidquartett 484 Skaphoid-Stress-Test 32 Skaphoid-Trapezium-Trapezoideum-(STT)-Gelenk 52 – Arthrodese 239 Skapholunäre Dissoziation (DISI) 392, 503 f, 553, 559 Skaphoradialgelenk, Arthrose 560 Skaphotrapezialgelenk 559 – Arthrodese 560 – Arthrose 559 f – Interpositionsarthroplastik 560 Skapula, Fixierung 272 Skelettentwicklung 4 f Skelettgabel 190 Skelettierungsoperation 351 Skelettreifung 4 f Skidaumen 513, 523, 533 Sklerodermie 28, 332 Sklerose 598 – systemische, progressive 245 SLAC-Wrist 99, 504, 553 f, 556 SL-Spalt 99 – klaffender 503 SL-Winkel 36 f Small vessel disease 331 Smith-Fraktur 467 – Einteilung 469 – Plattenosteosynthese 474 SNAC-Wrist 554, 556 f Snow-Littler-Methode 182 f Soft-Spot-Zugang 49 Somatomedin 216 Sonographie 47, 384, 577 – Handgelenk 393 Spaltfuß 178, 180 Spalthand 176 ff – Differenzialdiagnose 174, 182 – Klassifikation 178, 180 f – Therapie 182 ff Spastik 293, 296 – Neurotomie 307 – Therapie 65, 306 f Spatium interosseum 19, 21 Speiche s. Radius Spidernävus 29 Spiegeleiphänomen 393
Spinalnerv 248 f – Zerrung 277 Spinner-Test 32 Spitzgriff 33, 104, 197, 561 Spondylitis ankylosans 380 Spongiosaläsion 40 Sportschaden 116 f Sprengel-Deformität 128 Stack-Fingerschiene 70, 536 f Staging-System nach Enneking 575 Stähelin-Karpus-Höhen-Index 236 Stáhl-Index 236 Stamm-zu-Stamm-Koaptation 90 f Stecher-Position 37 Steifigkeit 64 Steindler-Transfer 266, 268, 270 – Kontraindikation 272 – modifizierter 266, 270 Stellungsorthese 68 Stener-Läsion 533 f Stereognosie 306 Stichverletzung 28 Stoßwellentherapie, extrakorporale 430 Strahlenschutz 35 Streckergruppe, dorsale 15 Streckkontraktur 69 Streckquengel 70 – dynamischer 68, 70 Streckreaktion 302 Strecksehne 15 f – Anomalie 224 f – Aplasie 227 – Durchtrennung 30 – Erkrankung, rheumatische 407 – Funktionsprüfung 31 – Luxation 405 – Rezentrierung 414 – Stabilisierung, radioulnare 19 Strecksehnenausriss – Begutachtung 620, 624 – knöcherner 520 f Strecksehnenavulsion 522 Strecksehnenfach 51, 433 – Synovialektomie 395 f – Synovialitis 393, 395, 409 – Tenosynovialitis 392 Strecksehnenfach-Spaltung 63 Strecksehnenhaube 410 – Destruktion 406 – Rekonstruktion 416 – Verletzung 535 Strecksehnenmittelzügel, Verletzung 30 Strecksehnennaht 63 Strecksehnenruptur 420 f, 626 – Funktionsausfall 625 – Heberden-Arthrose 570 – Lokalisation 625 Strecksehnenscheide 17, 19 Strecksehnenstumpf 104 Strecksehnenverletzung 535 ff – Klassifikation 521 – subkutane 536 Stressaufnahme 36 f, 40 Stressreaktion 117 Stresstest, seitlicher 32 Struthers-Ligament 135 STT-Arthrodese 243 Stumpf 77
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Sachverzeichnis
Stumpfkappenplastik 106 Stumpflänge 103 Stumpfschmerz 77 Styloid-Impingement, radiales 99 Styloiditis 32 – radii 113, 428 f – – Differenzialdiagnose 429, 434 Subluxation, glenohumerale 272 Subskapularisrelease 288 Sudeck-Dystrophie s. Reflexdystrophie Sulcus – bicipitalis medialis 10 f – capitulotrochlearis 7 – nervi ulnaris 11, 36 Sulcus-ulnaris-Syndrom 32, 320 ff, 429, 443 – Therapie 549 Sulkuszeichen 272 Summitt-Syndrom 170 Supination 14, 251 – Kraftverlust 444 Supinationsfehlstellung 287 Supinatorlogensyndrom 32, 59, 325, 429 Swanson-Klassifikation 149 f Swanson-Spacer 402, 413, 415, 558, 564 – Ergebnis 422 f Symbrachydaktylie 172 ff, 210 – Differenzialdiagnose 182 – Therapie 174 ff – Typ – – monodaktyler 173 f, 177 – – peromeler 173 f Sympathektomie 614 – periphere 333, 337 – thorakale 332 f Sympathikolytika 332 Sympathikusaktivität 612 f Sympathikus-Blockade 613 f Symphalangie 123, 131, 195, 210 f Symphalangie-BrachydaktylieSyndrom 211 Syndaktylie 29, 123, 131, 149, 177 f – Differenzialdiagnose 174 – Klassifikation 167 f – komplexe 167 f – kutane 167 f – ossäre 167 ff – sekundäre 169 – Therapie 169 ff, 182 Syndesmose 6 f Synostose 123, 161 – karpale 131 – metakarpale 128, 213 ff – radiohumerale 149 f – radiohumeroulnare 149 – radioulnare 128, 130 ff, 184, 444 – – posttraumatische 132 – – Therapie 132 ff Synovia, Proliferation 389, 392, 405 Synoviaanalyse 382, 393, 409 Synovialektomie 94, 385 f – arthroskopische 386, 395, 412 – Daumengrundgelenk 418 – Ergebnis 388, 422 – Fingergelenk 412
– Handgelenk 395 f – Interphalangealgelenk, distales 417 – mediokarpale 396 – Nachbehandlung 404, 422 – PIP-Gelenk 414 – radiokarpale 396 Synovialishypertrophie 546 Synovialitis 94, 380 – Arthroskopie 53 – Diagnostik 48 – Differenzialdiagnose 580 – Handdeformität 390 – hypertrophe 410 – interkarpale 390 – Lokalisation 382 – Sonographie 383, 410 – Therapie 94, 385 Synovialsarkom 592 f Synoviorthese 385, 411 – Erfolgsrate 388 – Handgelenk 394 Synpolydaktylie 123, 193 Syringomyelie 28 Szintigraphie 576
T Tabatiere 18 – Druckschmerz 32, 484, 500 Table-top-Test 358 Tablett-Funktion 265 Tackle injury 520 TAR-Syndrom 136, 142 Tastsinn 31 Taybi-Syndrom 208 Temperatur 29 f Temperaturänderung 612 Temperaturempfindlichkeit 31 Tendo – perforans 24 f – perforatus 24 f Tendovaginitis 432 – stenosans 30, 113, 409, 433 ff – – angeborene 222 – – Differenzialdiagnose 226, 429 Tennisellenbogen 113, 428 Tenodese 254, 261, 299, 307, 417, 539 Tenolyse 539 Tenosynovialektomie 395 f, 420 – Ergebnis 404 f – Nachbehandlung 422 Tenosynovitis 392, 598 – berufsbedingte 113 – villonoduläre, pigmentierte 584 Tenotomie 307 TENS (transepidermale Nervenstimulation) 65 Teres-major/deltoideus-Kokontraktion 290 Tetraplegie 293 ff – Ziel, funktionelles 300 TFCC (triangulärer fibrokartilaginärer Komplex) 390, 550 T-Fraktur, intertrochantäre 459 Th1-Wurzel 259 f – Ausriss 263 f, 275 Th1-Zerrung 277 Thalidomid-Embryopathie 122 – Daumendreigliedrigkeit 203 – Klumphand, radiale 141
Thalidomid-Intoxikation 131 Thenar 18, 20, 371 – Infektion 374 f – Innervation 22 Thenarfunktion 251 Thenar-Hammer-Syndrom 344 Thenarmuskel 294 – Atrophie 29, 204 f – Hypoplasie 223 Thenarphlegmone 365 Therapie – konservative 61 ff – operative 79 ff Thiemann-Krankheit 245 Thomsen-Test 428 Thoracic-inlet-Syndrom 32 Thoracic-outlet-Syndrom 331, 341 f Thorakalsegment 293 Thrombangiitis obliterans 334 ff – – Sympathektomie 332 Thrombektomie 337 Thrombolyse 337 Thrombose, arterielle 336 Thromboseprophylaxe 87 Tinel-Hoffmann-Zeichen 317, 323 Titan-Matrix-Platte 472 Tomographie, konventionelle 40 Tractus lateralis, Verlängerung 417 Traktionsgerät nach Martini 360 Traktion-Tower 54 Trapezektomie 560, 564 Trapeziometakarpalarthrose s. Daumensattelgelenkarthrose Trapezioskaphoidalgelenk, Arthrose 561 Trapezium 15, 17, 19 – Fehlen 143, 154 – Fehlform 561 – Gelenkbeziehung 39 – Röntgenaufnahme 37 f Trapeziumfraktur 492 f Trapeziumnekrose 245 Trapezium-Trapezoid-Arthrose 561 Trapezium-Trapezoid-Synostose 160 Trapeziustransfer 272, 285 f Triphalangial-Daumen-Polysyndaktylie-Syndrom 191 Trisomie 18 211 Trisomie-8-Syndrom 128 Trisomie-13-Syndrom 191, 194 Trizeps-auf-Bizeps-Transfer 272 Trizeps-Transfer 266, 287 – Kontraindikation 272 Trochlea 6 f, 48 – Aplasie 134 – Darstellung 36 – Hypoplasie 128 – Nekrose 245 Trochleamehrfragmentfraktur 456 Trommelschlegelfinger 29, 115 Trommlerlähmung 626 Truncus – inferior 248 – – Neurotisation 286 – intermedius 286 f – medius 248, 259 – superior 248 Trunkusblock 82 Tuberculum
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– dorsale 7, 15 – scaphoidei, Abrissfraktur 483 ff – supratrochleare 135 Tuberositas – phalangis distalis 22 – – – Fraktur 520, 522 – – – Pseudarthrose 527, 529 – radii 6 f Tumor 574 ff – brauner 584 – Diagnostik 576 ff – knorpeliger 594 – livider 30 – subungualer 30 – Therapie 578 f Tumorausdehnung 575 Tumor-like-Lesion 574 Tumormarker 576 Tumormatrix, kalzifizierte 594 ff, 604 Tumorresektion – marginale 578 – radikale 578 Turner-Syndrom 158 – Brachydaktylie 208 – Kirner-Deformität 229 – Klinodaktylie 211 – Koalition, karpale 160
U Überaktivität, sympathische 613 Überlastungsschaden 116 Überlastungssyndrom 67 Uhrglasnagel 29 Ulna 6 f – distale 14 ff – – Instabilität 397 – – Resektion nach Darrach 480 f – – Röntgenaufnahme 37 – – Subluxation 159 – Dysplasie 142 – Epiphysenkern 4 f – federnde 158 – Kallusdistraktion 147 f – Knochenmanschette, perichondrale 4 – Plusvariante 97 – Radialisation 146 f – Segmentresektion 551 f – Überlänge 100 – Verlängerung 147 f – Zentralisation 146 Ulnaanlage, fibrokartilaginäre 151 Ulnaaplasie 126 f, 149 f Ulnadefekt 128, 148 ff Ulnafraktur – distale 478 – extraartikuläre 467 f – proximale 447 f Ulnahypoplasie 126 f, 149 – Therapie 152 f Ulnakopf 7 – Arthroskopie 53 – Auftreibung 159 – Chondromalazie 100 f – Destruktion 552 – prominenter 479, 551 – Resektion 552 – Subluxation 550
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Sachverzeichnis
Ulnakopf, unregelmäßig konturierter 43 Ulnakopfprothese 552 Ulnakopfresektion 397, 404 – Teilresektion nach Bowers 480 f Ulnapseudarthrose 139 f, 546 Ulnardeviationsschiene 64 Ulnarisblock 82 Ulnariskompressionssyndrom, distales 323 f Ulnarisparese 29, 71 Ulnaris-Rinnen-Syndrom 116, 320 Ulnatranslokation 391 Ulnaverdoppelung 152, 154 f Ulnaverlängerungsosteotomie 152 f Ulnavorschub 469, 479 – Behandlung 480 f – Lunatumnekrose 239 Ulnokarpaler Komplex (TFCC) 52, 390, 550 Ultraschall, Anwendung, therapeutische 64 f Unfallversicherung – gesetzliche 112, 618 ff – private 618 ff Universal-Optik 50 Unterarm 6 ff – distaler 14 f – Fehlbildung, angeborene 122 ff, 139 ff – Flexor, oberflächlicher 10 – Krukenberg-Plastik 107 f – Myotomie 307 – Pronation 33, 295 – Pronationsdeformität 302, 308 – Pseudarthrose, angeborene 139 ff – Ruhigstellung 86 – Sensibilitätsprüfung 31 f – Strecksehnenschmerz 432 – Verbiegung 140 – Verkürzung 141 Unterarmamputation 103, 619 – Prothesenversorgung 76 Unterarmdrehung 34 – Aufhebung 130, 620 – eingeschränkte 128, 144 – schmerzhafte 551 – Wiederherstellung 133 f Unterarmfaszie 16 Unterarmfraktur, proximale 447 f – – Therapie 461 f
Unterarmganzaufnahme 36 Unterarm-Hand-Finger-Orthese 69 ff Unterarmknochen, Längenunterschied 128 f Unterarmlappen, gefäßgestielter 541 Unterarmmuskel – Lähmung 71 – Volkmann-Kontraktur 348 Unterarmperomelie 156 Unterarmprothese 73, 75 – Mindestanforderung, funktionelle 77 Unterarmschmerz 314 Unterarmsupination 295 Unterarmsupinationskontraktur 293, 308 Unterschenkelfraktur, distale 347 Untersuchung – elektrophysiologische 54 ff – klinische 28 ff
V Vagina synovialis tendinum 15 Vasokonstriktion 248 Vasospasmus 88, 330 f VATER-Assoziation 142 Vena – basilica 12, 14 f – brachialis 12 – – Verschluss 343 – cephalica 12, 14 f – commitans 10 – interossea posterior 10 – mediana cubiti 14 – subclavia 12 Vene, thrombosierte 30 Venen-Bypass 350 Veneninterponat 88, 339 Venensystem, Arterialisation 338 Verband 86 Verbandswechsel 86 Verbrennung 54 Verschiebelappen 541 Verschlusskrankheit, arterielle 333 ff Versorgung, postoperative 86 f Verstümmelung 28 Vibrationsangiopathie 114 Vibrationsarthropathie 114 Vibrationsexposition 245 Vibrationsosteonekrose 114 Vibrationsschaden 345
Vieleckbein, großes s. Trapezium Vierer-Ligatur 350 f Vierfingerfurche 29 Vincula tendinum 24 Vinylchlorid 115 Vogel-Krankheit 245 Volkmann-Kontraktur 338, 347 f – Ellenbogenverletzung 465 V-Phlegmone 365, 374
W Waardenburg-Syndrom 123, 170, 223 Wachstumsfuge 103 Wachstumszone 4 Wafer Procedure 52 Waller-Degeneration 90 Wärmetherapie 64 Wartenberg-Syndrom 32, 325 Warze 29 Watson-Test 32 f, 500 F.P. Weber-Syndrom 330 f, 350 – Therapie 351 f Weichteilanomalie 149 Weichteildeckung 87 Weichteildefekt 540 ff – Vererbungsmodus 122 Weichteilhämangiom 595 f Weichteilmelanom, malignes 590 Weichteilpolster 184 Weichteilsarkom 584, 588 f Weichteilschwellung 604 Weichteiltumor 30 – benigner 575, 579 ff – Diagnostik 576 ff – Klassifikation 574 f – maligner 575, 588 ff – Sonographie 47 – Stadieneinteilung 575 – Therapie 578 f Weichteilverletzung 438 ff Weilby-Bandplastik 564 f Weyers-Oligodaktylie-Syndrom 148 Whistling-face 228 Williams-Syndrom 131 Willküraktivität, Einschränkung 301 Willkürkontrolle 303 Windmühlenflügel-Deformität 227 ff Winiwater-Buerger-Syndrom 334 Winkel
– kapitolunärer 36 f – radioulnärer 36 f – skapholunärer 36 f – skaphoradialer 236 Winkelosteotomie 106 f Winterstein-Fraktur 513 f Wrightington-Klassifikation 391 Writer’s cramp 314 Wundheilungsstörung 85, 334 f, 404 Wurstfinger 410 Wurzelausriss 255, 277, 282
X Xanthom, fibröses 584
Y Youm-Karpus-Höhen-Bestimmung 236
Z Zange, thorakohumerale 264 f, 272 Zehentransplantation 157, 175 f Zeichen nach Gaenslen 409 Zeigefinger 19 – Pollizisation 198 ff Zeigefingerverlust 619 Zerebralparese – infantile 301 – spastische 128 Zervikalsegment 293 f Zervikalwurzelläsion 59 Zickzackschnitt 85 Zickzackschnittführung nach Bruner 358 f Zimmer-Krankheit 245 Zittern 29 Z-Plastik nach Iselin 358 f Zugangsweg 84 f Zugbandage 74 Zwei-Kanülen-Test 51 Zweikompartmentarthrographie 41 Zwei-Punkte-Diskrimination 31, 294, 303 Zwischenfingerfalte 170 Zwischenknochenmuskel 19 Zyste 382, 384 – muköse 580 f – synoviale 576, 579 f
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