Nicole Pötter · Gerhard Segel (Hrsg.) Profession Schulsozialarbeit
Nicole Pötter Gerhard Segel (Hrsg.)
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Nicole Pötter · Gerhard Segel (Hrsg.) Profession Schulsozialarbeit
Nicole Pötter Gerhard Segel (Hrsg.)
Profession Schulsozialarbeit Beiträge zu Qualifikation und Praxis der sozialpädagogischen Arbeit an Schulen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Stefanie Laux VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Satz: Format·Absatz·Zeichen, Niedernhausen Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-16554-7
Inhalt
Gerhard Segel und Nicole Pötter Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Kooperationsverbund Schulsozialarbeit Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Hermann Rademacker Schulsozialarbeit – Begriff und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Kooperationsverbund Schulsozialarbeit Berufsbild und Anforderungsprofil der Schulsozialarbeit . . . . . . . . . . . . 33 Björn Köhler Sozialpädagogische Professionalität für die Schule – Ergebnisse zweier Befragungen zur Professionsbildung und Einschätzung der politischen Landschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (Hrsg.) Qualifikationsrahmen für das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Ulrich Bartosch | Anita Maile | Christine Speth Jugendsozialarbeit an Schulen/Schulsozialarbeit – ein spezifisches Qualifikationsprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Bernhard Eibeck Strukturen für ein Studium der Schulsozialarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Christian Vogel Ein Modell zur Akademisierung der Ausbildung von Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern . . . . . . . . . . . . . . . . 105
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Inhalt
Anke Spies Verantwortung für gelingende Bildungsprozesse – Ausbildung im universitären Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Susanne Hartmann-Hanff Der Master of Arts (MA) Schulsozialarbeit – Überlegungen zur notwendigen Professionalisierung für ein zukunftsweisendes Tätigkeitsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Autorenhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
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Gerhard Segel und Nicole Pötter
Vorwort Dieses Buch des Kooperationsverbundes Schulsozialarbeit fasst seine wichtigsten Grundsatzpapiere der letzten Jahre sowie den begleitenden Diskussionsprozess zusammen. Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit ist ein Zusammenschluss von Vertreterinnen und Vertretern bundeszentraler Verbände, die sich als Träger der Thematik Schulsozialarbeit angenommen haben, sowie von Expertinnen und Experten aus dem Handlungsfeld. Seine Zusammensetzung hat sich im Laufe der Jahre immer wieder verändert. Dank der meist stark durch persönliches Engagement gekennzeichneten Mitwirkung ist die Veränderung jedoch weitaus geringer, als dies aufgrund der Wechselfälle des Lebens zu erwarten wäre. Das persönliche Engagement mit dem auch wir uns in diesen Kreis einbringen, wird immer wieder durch die konstruktive Zusammenarbeit, die humorvollen Begegnungen und die erfolgreich umgesetzten Projekte belohnt. Als aus dem Kreis des Kooperationsverbundes ein verantwortlicher Ansprechpartner bzw. eine verantwortliche Ansprechpartnerin für das Buchprojekt gesucht wurde, haben wir uns deshalb gerne und trotz des zu erwartenden Arbeitspensums dieser Aufgabe gestellt. Die Umsetzung hat vom ersten Beschluss bis zur Veröffentlichung des Buches zirka ein einhalb Jahre gedauert, was – wie wir inzwischen wissen – kein übermäßig langer Zeitraum für ein solches Projekt ist. Aber die Wechselfälle, von denen vorher schon mal die Rede war, brauchen meist keinen ganzen Tag – geschweige denn ein einhalb Jahre –, um das eigene Leben komplett auf den Kopf zu stellen. So ist es in diesem Fall auch geschehen. Aus sehr unterschiedlichen Gründen haben wir gerade im letzten halben Jahr sowohl unser berufliches wie auch unser persönliches Engagement in verschiedenen Projekten zurücknehmen oder einstellen müssen. Dieses Buch und was wir mit seinem Inhalt verbinden ist uns jedoch so wichtig gewesen, dass wir es trotz der zum Teil widrigsten Umstände weiter verfolgt und nun zu einem guten Abschluss gebracht haben. Den Autorinnen und Autoren aus Wissenschaft und Praxis möchten wir für ihre Beiträge herzlich danken. Für die Unterstützung bei der Umsetzung dieses Projekts möchten wir insbesondere den anderen Mitgliedern des Kooperationsverbundes Schulsozialarbeit selbst danken, namentlich: Dieter Eckert, Bernhard Eibeck, Björn Köhler, Jürgen Ludewig, Regine Rosner, Claudia Seibold und Petra Tabakovic. Darüber hinaus möchten wir Stefanie Laux und ihren Kolle-
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Vorwort
ginnen und Kollegen vom VS Verlag danken, die mit viel Geduld und Verständnis das Projekt begleitet haben. Brühl und Körle im Mai 2009
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Kooperationsverbund Schulsozialarbeit
Einleitung Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit wurde im Jahr 2001 zum Zweck des fachlichen Austauschs von Wissenschaft, Praxis und Trägern gegründet. Ihm gehören Expertinnen und Experten aus dem Handlungsfeld sowie Vertreterinnen und Vertreter aus folgenden bundesweit in der Schulsozialarbeit aktiven Verbänden an: Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V., Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit (BAG EJSA), Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hauptvorstand, Internationaler Bund (IB) und IN VIA Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit – Deutschland e.V. Seit 2001 hat der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit kontinuierlich Tagungen, Konferenzen und Expertenworkshops veranstaltet oder an ihnen mitgewirkt, in denen der fachliche Austausch zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern sowie Vertreterinnen und Vertreter der Verbände gefördert und die Ergebnisse dieser Diskussionsprozesse veröffentlicht wurden. Parallel hierzu hat der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit sich dafür engagiert, das Arbeitsfeld Schulsozialarbeit in seinem beruflichen Profil zu schärfen und die Voraussetzungen für eine professionelle Tätigkeit von Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern zu verbessern. Die Professionalisierung der Schulsozialarbeit braucht eine wissenschaftliche Fundierung in Forschung und Lehre. Nur durch den Ausbau und die fachliche Stärkung des Studiums kann einer Dequalifizierung dieses zukunftweisenden Arbeitsfeldes entgegengewirkt werden. Im Jahr 2004 wurde eine Umfrage bei den Hochschulen in Deutschland durchgeführt, um festzustellen, ob und in welchem Umfang spezifische Lehrund Praxisangebote für das Handlungsfeld Schulsozialarbeit bestehen bzw. geplant sind. Diese Umfrage wurde von der GEW im Auftrag des Kooperationsverbundes Schulsozialarbeit umgesetzt und im Jahr 2008 wiederholt1. Das Ergebnis dieser Abfragen bestätigt, dass es bereits Angebote an den Hochschulen gibt und dass diese in den letzten Jahren ausgeweitet wurden. Bereits die erste Befragung verdeutlichte, dass die Hochschulen ihre Angebote so vielfältig und breit ausrichten wie das Arbeitsfeld selbst sich heterogen präsentiert – inklusive der unterschiedlichen Bezeichnungen und Abgrenzungen für die Tätigkeit 1
Siehe den Beitrag von Björn Köhler in diesem Buch. 9
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit
bzw. das Arbeitsfeld2. Zumeist sind es singuläre, dem persönlichen Engagement der Hochschullehrerinnen und –lehrer geschuldete Projekte oder Lehrangebote. Den Studienangeboten fehlte bislang ein klares Berufsprofil sowie ein verbindlicher Qualifizierungsrahmen. Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit erarbeitete das Grundlagenpapier „Berufsbild und Anforderungsprofil der Schulsozialarbeit“, mit dem eine Handlungsfeld spezifische Orientierung sowohl für die Praktikerinnen und Praktiker als auch für die ausbildenden Hochschulen angeboten wird. Dieses Berufsbild wurde 2006 erstmals veröffentlicht3. Durch Fachveranstaltungen mit Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern, politischen Akteuren und Vertreterinnen und Vertretern der Hochschulen wurde der Diskussionsprozess weiter vorangetrieben. Die Veränderungen, die durch den Bologna-Prozess in der Hochschullandschaft angestoßen wurden, boten aus Sicht des Kooperationsverbundes die Gelegenheit die Ausbildung zum Schulsozialarbeiter bzw. zur Schulsozialarbeiterin auf der Grundlage des vorliegenden Berufsprofils konsequenter zu etablieren. Deshalb wurden Ulrich Bartosch, Christine Speth und Anita Maile vom Kooperationsverbund Schulsozialarbeit gebeten, einen Qualifikationsrahmen für das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit zu erarbeiten4. Dabei wurde zunächst die Zielsetzung des Qualifikationsrahmens kritisch diskutiert. Der Qualifikationsrahmen ist kein curriculares oder modulares Studienmodell, sondern ein Referenzrahmen, auf dessen Grundlage die Hochschulen konkrete Studienangebote entwickeln können. Damit verbunden ist die Absicht, zukünftige Absolventinnen und Absolventen der Studiengänge der Sozialen Arbeit und der Bildung die Möglichkeit zu bieten, sich im Studium gezielter mit dem Arbeits- und Berufsfeld Schulsozialarbeit zu befassen. Darüber hinaus wurde und wird die Frage nach dem geeigneten strukturellen Rahmen für ein solches Studiums aufgeworfen5. Von Beginn an war für den Kooperationsverbund Schulsozialarbeit jedoch unstrittig, dass sich das Berufsbild und Anforderungsprofil der Schulsozialarbeit an den Ansprüchen der Sozialen Arbeit und im Speziellen an den Vorgaben der Kinder- und Jugendhilfe orientieren muss und damit auch der Qualifikationsrahmen Schulsozialarbeit auf dem Qualifikationsrahmen der Sozialen Arbeit aufbauen sollte.
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Siehe hierzu den Beitrag von Hermann Rademacker in diesem Buch. Siehe Kapitel 5 in diesem Buch. Siehe sowohl den Qualifikationsrahmen selbst (Kapitel 7) als auch den Beitrag hierzu von Ulrich Bartosch, Anita Maile und Christine Speth in diesem Buch. Siehe den Beitrag von Bernhard Eibeck in diesem Buch.
Einleitung
Von Seiten der Hochschulen wurde ein weiterer Diskurs in die Bewertung des Qualifikationsrahmens Schulsozialarbeit eingebracht, der mit der Entwicklung der Disziplin der Sozialen Arbeit verknüpft ist. So hatte sich der Fachbereichstag Soziale Arbeit dafür stark gemacht und dies auch im Qualifikationsrahmen der Sozialen Arbeit schriftlich dokumentiert, dass Soziale Arbeit ein Breitbandstudium bleiben und der hohe Ausbildungsanspruch der mit dem Diplom Sozialarbeit/Sozialpädagogik verbunden war, für den Bachelor Soziale Arbeit gewahrt bleiben sollte. Dennoch wurden mit der Einführung von Bachelor und Master Abschlüssen an den Hochschulen zunehmend spezialisierte Studiengänge eingeführt, die – wie Kritikerinnen und Kritiker befürchten – zu einer Zersplitterung des Arbeitsfelds und verschiedenen Schmalspurstudiengängen führen, die die mühsam errungene Einheit der Disziplin6 wieder in Frage stellen könnten. Die Vertreterinnen und Vertreter der Träger und Verbände der Schulsozialarbeit betrachteten die Ausbildungsmodi jedoch zunächst nicht aus der Perspektive der Disziplin der Sozialen Arbeit, sondern zu aller erst aus der Perspektive eines Arbeitsfeldes, das in den letzten Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewonnen hat und von dem die Träger und Verbände annehmen, dass es auch in den nächsten Jahren aufgrund der zunehmenden Bedeutung des Themas Bildung wachsen wird. Aus der Bildungspolitik verdichten sich die Signale, dass man bereit ist, den Ausbau der Sozialarbeit an Schulen deutlich zu verstärken (vgl. NRW Runderlass zur Beschäftigung von Fachkräften der Schulsozialarbeit vom 23.01.2008); in dem die Träger und Verbände ihr Know How aus der Kinder- und Jugendhilfe verstärkt einbringen wollen. Über viele Jahre hinweg haben sie jedoch immer wieder die Erfahrung gemacht, dass dies aufgrund unterschiedlicher institutioneller Strukturen von Jugendhilfe und Schule insbesondere auch einer besonderen Qualifikation des Personals bedarf (vgl. u.a. Olk et al. 2000; Prüß et al. 2001; GEW 2003). Diese Diskussionsstränge werden die Arbeit des Kooperationsverbundes Schulsozialarbeit wohl noch in den nächsten Jahren begleiten. Aus seiner Sicht ist es erfreulich, dass sich einige Hochschulen bereits auf den Weg gemacht haben und Studiengänge mit dem Schwerpunkt Schulsozialarbeit anbieten bzw. in 6
Die Zusammenführung der beiden Studiengänge Sozialarbeit und Sozialpädagogik in den Studiengang Soziale Arbeit war an den Fachhochschulen erst kurz vor der Hochschulreform, die durch den Bologna-Prozess angestoßen wurde, erreicht worden. 11
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit
den nächsten Jahren anbieten wollen7. Der intensive Austausch mit den Vertreterinnen und Vertretern der Hochschulen zeigt hier Erfolge, denn bei der Entwicklung ihrer Studienangebote greifen einige Hochschulen auf das Berufsbild und Anforderungsprofil der Schulsozialarbeit zurück und verstehen den Qualifikationsrahmen für das Berufs- und Arbeitsfeld als wichtige Anregung für ihre Arbeit. Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit hofft, dass es im Laufe der nächsten Jahre noch mehr Hochschulen werden, die diesen Beispielen folgen. Das Buch stellt die Arbeitsschritte des Kooperationsverbundes Schulsozialarbeit zum Thema Professionalisierung und Qualifizierung der Schulsozialarbeit dar. Er hofft, über diese Publikation ein breiteres Publikum zu erreichen und in die Aktivitäten und Bemühungen zur Profilschärfung der Schulsozialarbeit mit einzubeziehen. Die Mitglieder des Kooperationsverbundes Schulsozialarbeit danken den beteiligten Autorinnen und Autoren für ihren Mut und ihr Engagement beim Beschreiten neuer Wege und wünschen eine intensive Diskussion zur Verbesserung der Studienmöglichkeiten für angehende Jugendhilfefachkräfte in Schulen und dadurch langfristig eine nachhaltige Qualitätsverbesserung.
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Siehe die Beiträge von Christian Vogel, Anke Spies und Susanne Hartmann-Hanf in diesem Buch.
Hermann Rademacker
Schulsozialarbeit – Begriff und Entwicklung 1
Zum Begriff
Schulsozialarbeit umfasst alle Formen kontinuierlicher Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule, die eine Tätigkeit von sozialpädagogischen Fachkräften am Ort Schule und die Zusammenarbeit mit Lehrkräften dort zur Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe für die Schülerinnen und Schüler zum Ziel haben. Die Trägerschaft von Schulsozialarbeit – Schule oder Jugendhilfe – wird hier bewusst nicht als Definitionsmerkmal einbezogen. Zwar erscheint es nahe liegend und zweckmäßig, dass angesichts der Tatsache, dass es um Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe geht, auch fachlich entsprechend ausgewiesene Träger der Jugendhilfe diese Leistungen erbringen. Tatsache ist aber auch, dass bis heute die Bezeichnung „Schulsozialarbeit“ amtlich oder auch in der Fachdiskussion auf eine Reihe von Maßnahmen und Programmen angewendet wird, für die sozialpädagogische Fachkräfte im Schuldienst beschäftigt sind. Das gilt etwa für die vom Land getragene Schulsozialarbeit in Niedersachsen (die dort neben kommunalen Angeboten der Schulsozialarbeit in Trägerschaft der Jugendhilfe besteht), den Außerunterrichtlichen Bereich (AUB) an Berliner Gesamtschulen, die Beschäftigung von sozialpädagogischen Fachkräften an Gesamtschulen und Hauptschulen in Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Die Tatsache, dass hier die Schulverwaltungen Arbeitgeber, die Schule also Träger der Maßnahmen ist, schließt nicht aus, dass hier Leistungen der Jugendhilfe erbracht werden, es sich also um Schulsozialarbeit im hier definierten Sinne handelt. Denn denkbar ist selbstverständlich, dass sozialpädagogische Fachkräfte auch als Beschäftigte im Schuldienst Jugendhilfeleistungen erbringen – so wie Ärzte auch im Schuldienst medizinische Leistungen erbringen können. Voraussetzung dafür ist aber, dass die sozialpädagogischen Fachkräfte mit ihrer spezifischen Professionalität und die Jugendhilfe mit ihrem eigenständigen gesetzlichen Auftrag in der Schule in ähnlicher Weise anerkannt sind, wie dies für Ärzte beziehungsweise das Gesundheitswesen vorausgesetzt werden kann. Genau diese Voraussetzung aber ist nicht allgemein erfüllt. Deshalb ist denkbar, ja sogar zu befürchten, dass sozialpädagogische Fachkräfte auch als Beschäftigte eines Jugendhilfeträgers in der Schule in die Rolle
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Hermann Rademacker
von Leiharbeitern geraten, deren Tätigkeit dann letztlich vom Kooperationspartner Schule bestimmt wird und deren Arbeitsergebnisse nach schulischen Maßstäben bewertet werden. Ihre konkrete Tätigkeit muss sich dann nicht von der im Schuldienst beschäftigter sozialpädagogischer Fachkräfte unterscheiden. Wenn aber die Trägerschaft der Jugendhilfe nicht sicherstellt, dass auch Leistungen der Jugendhilfe erbracht werden, dann erscheint dieses Merkmal als Definitionsmerkmal unzweckmäßig. Letztlich bedarf die Trägerfrage einer bildungs- und jugendhilfepolitischen Entscheidung. Die Befürwortung einer Jugendhilfeträgerschaft für Schulsozialarbeit findet ihre Argumente in erster Linie in der institutionellen Logik der Verteilung der Zuständigkeiten auf Schule und Jugendhilfe, wie sie sich in Deutschland herausgebildet hat. Weder garantiert jedoch die Trägerschaft der Jugendhilfe, dass diese auch die Definitionsmacht für den Arbeitsauftrag und die Kontrolle seiner Erfüllung hat, noch ist ausgeschlossen, dass in schulischer Trägerschaft Leistungen der Jugendhilfe erbracht werden. Definitionsmerkmale sind also die Qualität der Schulsozialarbeit als Leistung im Rahmen des Auftrags der Jugendhilfe und die sozialpädagogische Fachlichkeit des Personals, das sie erbringt. Ob das erste dieser Merkmale erfüllt wird, hängt zum einen davon ab, welche Aufträge den sozialpädagogischen Fachkräften von ihrem jeweiligen Arbeitgeber übertragen werden, und wie weit es ihnen gelingt, diese Aufträge zu erfüllen. Wesentliche Bedingungen dafür sind neben den individuellen fachlichen Kompetenzen die Rahmenbedingungen des Arbeitsplatzes in der Schule. Von Bedeutung ist insbesondere, wie weit es unter den dort gegebenen Bedingungen für die Zusammenarbeit mit Schulleitungen, Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern und deren Familien gelingt, die fachlichen Standards der Jugendhilfe zur Geltung zu bringen. Wo Schulsozialarbeit in Trägerschaft der Jugendhilfe erfolgt, sind in den entsprechenden Förderprogrammen in der Regel Kooperationsverträge zwischen Jugendhilfeträger und Schule gefordert, in denen Vereinbarungen zum Zweck der Zusammenarbeit zu treffen sind. Die Aufgabenstellung dieser Zusammenarbeit sollte in die kommunale Jugendhilfeplanung eingebunden sein. Wo sozialpädagogische Fachkräfte im Rahmen von Landesprogrammen oder auch von Schulentwicklungsprojekten als Beschäftigte im Schuldienst tätig werden, enthalten die entsprechenden Programme und Projektplanungen in der Regel Vorgaben für den Auftrag der Schulsozialarbeit, die dann möglicherweise einzelschulspezifisch konkretisiert sind. Wie weit solche Arbeitsaufträge auch umgesetzt werden, ist letztlich eine empirische Fragestellung. Zur Unterstützung der Umsetzung der Arbeitsaufträge sollte sowohl die Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule wie auch die Verteilung von Aufgaben im Rahmen öffentlicher Bildung und Erziehung dringend zum Ge14
Schulsozialarbeit – Begriff und Entwicklung
genstand bildungs- wie auch jugendhilfepolitischer Gestaltung werden. In dem Maße, wie die Funktion des formalen Lernens und damit die Rolle der Schule im Bildungsgeschehen relativiert und die Bedeutung des informellen Lernens in den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen mit ihren unterschiedlichen Ressourcen, Herausforderungen und Erfahrungsmöglichkeiten ins Blickfeld rücken, wird die Jugendhilfe mit ihrem sozialpädagogischen Prinzip des Lebensweltbezugs zu einem neben der Schule unverzichtbaren Akteur der Gestaltung von Bildungsangeboten und der Begleitung von Bildungsprozessen. Die Verknüpfung der Beiträge beider Akteure öffentlicher Bildung und Erziehung zu einem Gesamtkonzept wird damit unabweisbar. Schulsozialarbeit ist ein erster Schritt auf dem Weg dorthin. Die Ausweitung von Ganztagsschulen und insbesondere die Planung und Gestaltung von Bildungsangeboten in regionalen Kontexten erscheinen als zentrale Herausforderungen für die künftige Entwicklung (vgl. Held 2008; Stolz 2008). Es erscheint dringend wünschenswert, dass im Zuge dieser Entwicklungen die politische Randständigkeit der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule (vgl. Olk 2008, S. 11) überwunden wird, und es gelingt, Schulsozialarbeit in einen solchen übergreifenden Kontext einzubetten und damit auch im Hinblick auf ihre Funktion im Kontext öffentlicher Bildung und Erziehung allgemein zu etablieren und zu stabilisieren.
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Zur Entwicklung der Schulsozialarbeit
Für die Entwicklung von Schulsozialarbeit als einer Form schulbezogener oder auch schulintegrierter sozialer Dienste für Schülerinnen und Schüler ist in Deutschland die institutionelle Trennung von Jugendhilfe und Schule, wie sie mit dem Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (RJWG) von 1922 geregelt wurde, eine wesentliche Rahmenbedingung. Diese Entwicklung war mit der Einrichtung eigenständiger Jugendämter in einer Reihe von Großstädten (u.a. Mainz und Hamburg) bereits vor dem Ersten Weltkrieg vorbereitet worden, die Reichsschulkonferenz brachte mit der Abwehr der Initiativen der Schulreformer zur Einbeziehung des Kindergartens in ein Einheitsschulsystem vom Kindergarten bis zur Hochschule die entscheidende Weichenstellung, die dann mit dem RJWG Gesetzeskraft erhielt. Der 1880 gegründete Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge (DV) hat diese Entwicklung seit seiner Gründung wesentlich unterstützt und gefördert. Diese Trennung ist im internationalen Vergleich keineswegs selbstverständlich. Besonders die angelsächsischen und die skandinavischen Länder bieten Beispiele für ein Aufgabenverständnis von Schule, das sehr weitgehend Leistun15
Hermann Rademacker
gen einbezieht, die in Deutschland der Jugendhilfe zugeordnet sind. Das gilt etwa für die schwedische Schule, in der sozialpädagogische Fachkräfte (Kuratoren) und die Schulkrankenschwester selbstverständliche Mitglieder des Schulpersonals sind. Hinzu kommen – meist für mehrere Schulen zuständige – Schulärzte und Schulpsychologen sowie anderes nicht unterrichtendes Personal, welche es der Schule ermöglichen, sowohl sozialpädagogische Beratungsleistungen für Kinder und Jugendliche und ihre Familien zu erbringen als auch soziale Leistungen (z.B. ein kostenloses Mittagessen) für ihre Schülerinnen und Schüler entweder selber zu erbringen oder kompetent zu vermitteln (vgl. Serviceagentur 2006). In ähnlicher Weise stellt sich auch die finnische Schule als ein „miniature welfare state“ dar (OECD 1998, S. 17; Schümer 2009), die sich auch für soziale Leistungen, die gesundheitliche Grundversorgung und die Verpflegung ihrer Schülerinnen und Schüler zuständig sieht. Auch der educational welfare service in Großbritannien, dessen Vorläufer als Reaktion auf die sozialen Notlagen vieler Kinder und Jugendlicher zur Zeit der Einführung der Schulpflicht in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts in Großbritannien entstanden (vgl. Williams u.a. 2001), erbringt Leistungen, die in Deutschland weitgehend unter den Begriff der Jugendsozialarbeit fallen. In den USA, von wo die Bezeichnung „Schulsozialarbeit“ Anfang der 1970er Jahre übernommen wurde (vgl. Abels 1971), ist Schulsozialarbeit dort, wo es sie gibt, eine Leistung der Schule. Schulsozialarbeiter werden ebenso wie Lehrer an Universitäten ausgebildet und in der Regel besser als diese bezahlt. 2.1
Anfänge der Schulsozialarbeit in Deutschland
Die Übernahme der Bezeichnung, nicht unbedingt des Inhalts von „Schulsozialarbeit“ aus den Vereinigten Staaten, fällt in eine Zeit, als die Umsetzung der Bildungsreformkonzepte der 1960er Jahre (vgl. Deutscher Bildungsrat 1970) im Schulbereich gerade begonnen hatte: die erste Gesamtschule wurde 1968 in Berlin eröffnet, ab 1971/72 begann dann die Welle der Modellversuche mit Gesamtschulen. An vielen dieser Schulen wurden – mit großen Unterschieden zwischen den Ländern – auch Sozialpädagogen beschäftigt. Auf ihre Tätigkeit wurde schnell und nahezu selbstverständlich die Bezeichnung „Schulsozialarbeit“ angewandt, ohne dass es eine übergreifende Verständigung über ihren Arbeitsauftrag gab (vgl. Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule 1980). Dafür sprach, dass das Reformkonzept des Deutschen Bildungsrates die sozialpolitische Dimension von Bildung durchaus im Blick hatte und herkunftsbedingte Benachteiligung und die darüber vorliegenden bildungssoziologischen Erkenntnisse sowohl einer der Anlässe, ihre Überwindung im Sinne der Förderung von Chancengleichheit eines der Ziele der Reform waren. Allerdings, und darauf hat 16
Schulsozialarbeit – Begriff und Entwicklung
Walter Hornstein mit Nachdruck hingewiesen, thematisierte der Strukturplan für das Bildungswesen (vgl. Deutscher Bildungsrat 1970) die sozialisatorischen Bedingungen seiner Realisierung, also die soziale Realität sozialer Ungleichheit mit ihren Folgen für den Zugang zu Bildung und die Auseinandersetzung mit den Anforderungen eines immer noch mittelschichtorientierten Bildungssystems für die in ihren Bildungschancen Benachteiligten nicht oder nur höchst unzureichend (vgl. Hornstein 1971). So wurde weder die Beschäftigung von sozialpädagogischen Fachkräften im Schuldienst noch die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule thematisiert. Nur für die Eingangsstufe der Grundschule, die eine Vorverlegung des Einschulungsalters auf fünf Jahre vorsah, war die Beschäftigung von sozialpädagogischen Fachkräften vorgesehen (vgl. Ramseger u.a. 2004, S. 37). Außerdem wurde für die empfohlenen Modellversuche mit Ganztagsschulen – und dies war eher ein Zugeständnis denn eine Anerkennung der Notwendigkeit sozialpädagogischer Leistungen für die Umsetzung des Reformkonzepts – die Möglichkeit der Beschäftigung von Handwerkern, Müttern und anderem nicht pädagogisch qualifizierten Personal sowie auch von Sozialpädagogen eingeräumt. Die Begründung dafür waren die hohen Personalkosten für die Beschäftigung von Lehrern und die angesichts des damaligen Lehrermangels bestehende Befürchtung, der Lehrerberuf könne durch die Ausweitung des Auftrags über den Fachunterricht hinaus an Attraktivität einbüßen (vgl. Deutscher Bildungsrat 1968, S. 26-28). Was aber im Strukturplan nach Hornsteins Kritik aus sozialpädagogischer Perspektive fehlte, war das Konzept eines eigenständigen Beratungssystems (vgl. Hornstein 1971, S. 301), das in der Lage gewesen wäre, Schülerinnen und Schüler und ihre Familien aus unterschiedlichen sozialen Herkunftsverhältnissen mit ihren unterschiedlichen Wertorientierungen insbesondere auch im Hinblick auf Bildung für die intendierte „,Bildungsmobilisierung‘ erheblichen Ausmaßes“ (ebenda, S. 288) zu gewinnen und sie bei der Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen zu unterstützen. Der oben genannte Aufsatz von Abels (Abels 1971) kann durchaus als der Versuch gelesen werden, das Reformkonzept des Bildungsrates um die fehlende sozialpädagogische Dimension zu ergänzen. Zur Erklärung der Marginalität der Sozialpädagogik im Reformkonzept ist auf ihre damalige Bedeutung innerhalb der erziehungswissenschaftlichen Disziplin wie auch im Gesamtsystem öffentlicher Bildung und Erziehung hinzuweisen. Sie konnte in ihren Positionen auf weit weniger Übereinstimmung und Klärung verweisen, als es für andere Bereiche der Erziehungswissenschaft der Fall zu sein schien (vgl. Hornstein 1971, S. 286). Die ersten Diplomstudiengänge für Sozialpädagogik waren erst Anfang der 1960er Jahre an einigen Universitäten eingerichtet worden, das Deutsche Jugendinstitut als eine der wichtigsten sozialpädagogischen Forschungseinrichtungen hatte erst 1963 seine 17
Hermann Rademacker
Arbeit aufgenommen. Auch die Fachhochschulen, an denen fortan Sozialpädagogen überwiegend ausgebildet wurden, waren selbst ein Ergebnis der Reform und entstanden in großer Zahl mit Beginn der 1970er Jahre, also parallel zur Welle der ersten Gesamtschulgründungen. Es gab also weder eine etablierte Berufsgruppe noch eine hinreichend breit aufgestellte akademische Bezugswissenschaft, die sich in der Reformdiskussion hätte zu Wort melden können. So scheint es nicht verwunderlich, dass es die Sozialpädagogik schwer hatte, sich mit ihrem Anspruch zur Geltung zu bringen, die intendierte Umgestaltung des Bildungssystems mit den zu erwartenden Konflikten im Heranwachsen von Kindern und Jugendlichen zu begleiten. Insbesondere die Überwindung des traditionellen, weitgehend als statisch verstandenen Begabungsbegriffs, wie sie mit dem von Heinrich Roth herausgegebenen Gutachtenband „Begabung und Lernen“ (Roth 1968) unabweisbar wurde, schien den auf eine Änderung der Schulstruktur (Ablösung der vertikalen durch eine horizontale Gliederung) und eine Modernisierung der Bildungsinhalte (Curriculumreform) angelegten Strukturplan hinreichend erziehungswissenschaftlich zu begründen. Auch wenn Klaus Mollenhauer (Mollenhauer 1968) und Ulrich Oevermann (Oevermann 1968) in ihren Beiträgen eindringlich auf die sozialen und sozialisatorischen Voraussetzungen für den Ausgleich unterschiedlicher Bildungschancen hinwiesen, wurde die sozialpädagogische Begleitung von Schullaufbahnen im Kontext der Konzeptionsentwicklung des Bildungsrates nicht zum Thema. Die Frage nach der Einlösbarkeit der gesetzten Ansprüche unter sozialisatorischen Gesichtspunkten kam kaum in den Blick. Auch die Internationalisierung der bildungspolitischen Debatte und der Bildungsforschung – die schwedische Gesamtschulreform schien zeitweise zum Modell für die deutsche Schulentwicklung zu werden und insbesondere die amerikanische Lern- und Bildungsforschung wurde umfassend rezipiert – führte nicht dazu, dass die soziale Dimension im Aufgabenverständnis der Schulen anderer Länder ernsthaft in den Blick genommen wurde. Der Beitrag von Abels (Abels 1971) blieb eine im Hinblick auf die Reformentwicklung folgenlose Ausnahme. So entwickelten sich die Anfänge der Schulsozialarbeit in Deutschland eher wildwüchsig und kaum konzeptionell begründet. 2.2
Schulsozialarbeit als Beitrag zur Umsetzung der Reform
Angesichts der beschriebenen Voraussetzungen muss es geradezu verwundern, wenn in der Umsetzung des Reformkonzepts dennoch Sozialpädagogen in bemerkenswertem Umfang tätig wurden. Es ist allerdings nicht überraschend, dass ihre Arbeitsaufträge und ihre Funktion in den Modellgesamtschulen in Abhän-
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Schulsozialarbeit – Begriff und Entwicklung
gigkeit von den länderspezifischen Bildungsreformstrategien von Bundesland zu Bundesland höchst unterschiedlich ausfielen. Die größten Unterschiede in den Bildungsreformstrategien der so genannten A-Länder, also der Länder, in denen es in der Reformphase eine SPD-Mehrheit und ein entsprechend großes Engagement für die Reform gab, zeigten sich zwischen Nordrhein-Westfalen und Hessen. Das Reformkonzept in NordrheinWestfalen sah vor, die Gesamtschulen als Ganztagsschulen zunächst einmal als Modelle zu entwickeln, und dann im Falle des Gelingens die übrigen Schulen nach diesen Modellen zu gestalten. Deshalb wurden zunächst nur relativ wenige Schulen mit guter Ausstattung und einer um 30% erhöhten Lehrerzuweisung eingerichtet. In Hessen dagegen wurde eine sehr große Zahl von Gesamtschulen eingerichtet, weil der damalige hessische Kultusminister Ludwig von Friedeburg die historische Gelegenheit zur Strukturreform für die Einrichtung möglichst vieler Gesamtschulen nutzen wollte. Die pädagogische Qualität der Schulen sollte – ähnlich wie bei der Entwicklung der Grundschule in der Weimarer Republik und in den Nachkriegsjahren – anschließend gefördert und entwickelt werden. Hessische Gesamtschulen waren deshalb durchwegs Halbtagsschulen und ihre Ausstattung war kaum besser als die der übrigen Schulen. Für die Entwicklung von Schulsozialarbeit ergaben sich dadurch in beiden Ländern völlig unterschiedliche Voraussetzungen. Während in Nordrhein-Westfalen angesichts des Anfang der 1970er Jahre noch bestehenden Lehrermangels den Schulen erlaubt wurde, bis zu vier Lehrer(!)-Stellen mit Sozialpädagogen zu besetzen, wurde Hessen zum Schwerpunkt der ersten Modellversuche zur Schulsozialarbeit, in Trägerschaft der Jugendhilfe dort, wo die von Walter Hornstein erwarteten Konflikte offensichtlich wurden, beispielsweise in der Frankfurter Nordweststadt, in Wiesbaden-Klarenthal oder auch in Kassel-Waldau. 2.3
Schulsozialarbeit im Schuldienst
a) Nordrhein-Westfalen: Sozialpädagogen sind erlaubt, aber sind sie auch nötig? Da in Nordrhein-Westfalen die sozialpädagogischen Fachkräfte auf Lehrerstellen beschäftigt wurden, gab es keinerlei Anlass, sie in den Ganztagsgesamtschulen deutlich anders als Lehrer einzusetzen, mit der einzigen Einschränkung, dass sie in der Regel keinen Fachunterricht erteilten. Aber da im Konzept der nordrheinwestfälischen Ganztagsgesamtschulen alle pädagogische Arbeit in den Schulen als Lehrerarbeit gedacht war, gab es für die Definition eines eigenständigen sozialpädagogischen Auftrags in der Schule zunächst keinen Anlass. Es war deshalb Sache der Schulen, ob und wie sie Sozialpädagogen einsetzten. Sie kamen selbstverständlich für Vertretungsstunden, Pausenaufsichten, Übungsstunden, Arbeitsgemeinschaften und Freizeitangebote ebenso infrage wie Lehrer. 19
Hermann Rademacker
Ein expliziter sozialpädagogischer Beratungsauftrag war mit ihrer Beschäftigung im Schuldienst nicht verbunden. Wenn er dennoch wahrgenommen wurde, dann war er das Ergebnis des Engagements der sozialpädagogischen Fachkräfte und der Verständigung über ihren Arbeitsauftrag mit der Schulleitung. Die Beschäftigung eines Schulpsychologen in der ersten Generation der Gesamtschulen bot dafür günstige Voraussetzungen. So wurden in einigen Schulen Beratungsteams aus Sozialpädagogen, Schulpsychologen und Beratungslehrern gebildet. Ein Erlass von 1977 schreibt den Sozialpädagogen dann auch neben der Betreuung und Anleitung von Schülergruppen im außerschulischen Bereich und der Mitarbeit bei der Organisation und Verwaltung des Freizeitbereichs explizit einen sozialen Beratungsauftrag zu. Eine Erweiterung des Aufgabenverständnisses von Schule um sozialpädagogische Leistungen für ihre Schülerinnen und Schüler war damit aber allenfalls halbherzig verbunden, denn die Arbeitsplätze der Sozialpädagogen an den Schulen waren damit keineswegs gesichert. Der Auftrag der sozialen Beratung erscheint eher als ein Zugeständnis an die bereits in den Schulen beschäftigten Sozialpädagogen, denen damit die Gelegenheit gegeben wurde, ihre Fachlichkeit verstärkt einzubringen. Denn es gab Sozialpädagogen ohnehin nicht an allen Gesamtschulen und die Zahl der Lehrerstellen, die mit Sozialpädagogen besetzt werden durften, wurde 1981 von vier auf drei reduziert. 1984 war dann nach dem Auslaufen der die Beschäftigung von Sozialpädagogen regelnden Erlasse zu befürchten, dass sie in den Gesamtschulen nicht weiter beschäftigt werden würden und es bedurfte einiger Anstrengungen, dies – angesichts einer deutlich angewachsen Lehrerarbeitslosigkeit – zu verhindern. Weiterhin aber blieb es der Entscheidung der Schule überlassen, ob sie von der Möglichkeit der Beschäftigung von Sozialpädagogen Gebrauch machten (vgl. Raab u.a. 1987, S. 86-93). Damit blieb in Nordrhein-Westfalen Schulsozialarbeit auf der Landesebene bis auf weiteres eher eine Frage der Beschäftigungsmöglichkeiten für Sozialpädagogen, denn eine Frage der Schulentwicklung. Die geradezu unübersichtliche Vielfalt, die sich auf der Ebene der Einzelschulen zeigte, hat nie dazu geführt, dass die Beziehung zwischen Jugendhilfe und Schule in Nordrhein-Westfalen einen bildungspolitischen Stellenwert erhielt. Das zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass in der Denkschrift „Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft“ Jugendhilfe keine Erwähnung findet. Die „regional gestalteten Bildungslandschaften“, deren Entwicklung empfohlen wird, bestehen ausschließlich aus Schulen und Angeboten der beruflichen Bildung und der Weiterbildung; von Jugendhilfe ist nicht die Rede (vgl. Bildungskommission NRW 1995, S. 289-299).
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Schulsozialarbeit – Begriff und Entwicklung
b) Berlin: Pädagogische Mitarbeiter füllen die unterrichtsfreie Zeit Die sozialpädagogischen Fachkräfte an den Berliner Mittelstufenzentren1 waren für den so genannten Außerunterrichtlichen Bereich (AUB) zuständig. Hier waren sie in der Tat konzeptioneller Bestandteil der Schulentwicklung – allerdings unter Bedingungen, die die Respektierung einer eigenständigen sozialpädagogischen Fachlichkeit und deren Nutzung in der Schule nicht erkennen ließen. Sie waren mit Pausenaufsichten und Vertretungsstunden so weitgehend ausgelastet, dass für die Wahrnehmung sozialpädagogischer Aufgaben, die der Erlass ihnen ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen zugestand, kaum Zeit blieb. Die Intention, die in Berlin mit der Beschäftigung von Sozialpädagogen im Schuldienst verknüpft war, Lehrer so weit wie möglich von allen Aufgaben zu entlasten, die über den Fachunterricht hinausgehen, war eingestandenermaßen vorrangig (vgl. Seiring 1981, S. 53). Dementsprechend wurden als sozialpädagogische Fachkräfte auch überwiegend Erzieher beschäftigt. Mit 240 Stellen waren die Berliner Mittelstufenzentren jedoch mit Abstand das größte Arbeitsfeld der Schulsozialarbeit in Deutschland. Im Unterschied zu den meisten anderen Einrichtungen der Schulsozialarbeit wurden sie hier in der Regel mit unbefristeten Arbeitsverträgen eingestellt und konnten sich aus dieser relativ sicheren Beschäftigungsposition heraus eine kritische Auseinandersetzung mit ihrem Arbeitgeber um die Anerkennung ihrer sozialpädagogischen Fachlichkeit leisten2. Ihr Arbeitsauftrag bezieht heute auch die Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Jugendhilfe außerhalb der Schule ein. Die nach wie vor überwiegende Beschäftigung von Erzieherinnen wirft allerdings die Frage auf, wie ernst dieser Auftrag gemeint ist und ob die sozialpädagogischen Kräfte in der Lage sind, ihn wahrzunehmen. c) Niedersachsen: Nicht Betreuung, nicht Sozialarbeit, sondern anspruchsvolle Freizeitgestaltung Auch in Niedersachsen war die Gesamtschulentwicklung ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen darauf angelegt, zunächst einmal das Modell der Gesamtschule an wenigen durchaus aufwändig ausgestatteten Beispielen zu entwickeln und dann später nach diesem Modell das gesamte Schulwesen umzugestalten. Wie in Nordrhein-Westfalen und Berlin war auch die niedersächsische Gesamtschule als Ganztagsschule konzipiert. Im Unterschied zu Nordrhein-Westfalen war in Nie1
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Ganztagsgesamtschulen, deren Bezeichnung das seinerzeitige Ziel der Berliner Schulentwicklung, das vertikal gegliederte Schulsystem durch ein horizontal nach Stufen gegliedertes abzulösen, zum Ausdruck bringt. Diese Auseinandersetzung wurde unter anderem auf der Fachtagung des Deutschen Jugendinstituts 1980 (vgl. die Beiträge von Wilfried Seiring und Monika Seliger in Raab/Rademacker 1981) geführt. 21
Hermann Rademacker
dersachsen allerdings ein entwickeltes Freizeitkonzept wesentlicher Bestandteil der Gesamtschulplanung, für dessen Umsetzung sozialpädagogische Fachkräfte von Anfang an vorgesehen waren. Im Unterschied zum Außerunterrichtlichen Bereich (AUB) in den Berliner Mittelstufenzentren war das Leitbild der niedersächsischen Entwicklung „die Integration von Unterricht und Freizeit (und deren völlige Gleichwertigkeit)“ im Gesamtkonzept „einer humanen Schule mit mehr Selbst- und Mitbestimmung im Lernprozess“ (Binsteiner/Hoyer 1982, S. 124). Um die Gleichwertigkeit des Freizeitangebots mit dem Unterrichtsangebot der Schule auch institutionell zu sichern, wurde an den niedersächsischen Gesamtschulen ein eigener Fachbereich „Freizeit“ eingerichtet. Neben Eltern wurden hier insbesondere auch Lehrer tätig, die dafür eine Unterrichtsentlastung erhielten und durch ihre Mitwirkung die Verzahnung von Unterricht und Freizeitaktivitäten in der Schule sichern helfen sollten. Die Sozialpädagogen standen zwar in einer besonderen Verantwortung für die Entwicklung des Konzepts und seine Umsetzung, der Anspruch aber war, ein Ganztagskonzept in Zusammenarbeit mit Eltern, Lehrern und Schülern zu entwickeln, „das den Schülern die Möglichkeit gibt, die Schule als Lebensraum zu erfahren, in dem Freizeitelemente in den reglementierten Schultag integriert sind“ (ebenda, S. 136). Die Schulsozialarbeit in Niedersachsen setzte damit eindeutig einen Schwerpunkt im Bereich der Jugendarbeit, wie sie heute in § 11 SGB VIII beschrieben ist. Die Begrenzung des sozialpädagogischen Auftrags auf das Freizeitangebot bedeutet jedoch nicht, dass im niedersächsischen Konzept der Ganztagsgesamtschule die soziale Verantwortung der Schule für ihre Schülerinnen und Schüler nicht gesehen wurde. Für die Bewertung des Schwerpunkts der Freizeitarbeit im Kontext des Gesamtkonzepts der niedersächsischen Ganztagsgesamtschulen ist zu beachten, dass daneben in jeder Schule ein Schulpsychologe tätig war und darüber hinaus in Niedersachsen nicht nur für die Gesamtschulen erhebliche Anstrengungen unternommen wurden, Beratungslehrer für anspruchsvolle Aufgaben auch sozialer Beratung zu qualifizieren. Das Konzept für die berufsbegleitende Weiterbildung zum Beratungslehrer war das bei weitem anspruchsvollste aller Bundesländer. Die Ausbildung war allerdings so umfangreich und zeitaufwändig, dass es in Niedersachsen außer in den Hauptschulen nie gelang, die im Rahmen der Kultusministerkonferenz (KMK) vereinbarte Quote von Beratungslehrern zu erreichen. d) Hamburg: Soziale Beratung in der Halbtagsgesamtschule Hamburg war das einzige Bundesland, das auch in seinen Halbtagsgesamtschulen – und das waren bis auf zwei Ausnahmen alle – jeweils zwei sozialpädagogische Fachkräfte beschäftigte. Sie waren dem Fachbereich Beratung der Schule zugeordnet, dem außer den Schulpsychologen auch die Beratungslehrer ange22
Schulsozialarbeit – Begriff und Entwicklung
hörten. Daneben waren sie in die „Dienststelle Schülerhilfe“ eingebunden, eine im deutschen Bildungswesen einmalige Einrichtung mit dem Auftrag sozialer und schulpsychologischer Beratung und Unterstützung für Schülerinnen und Schüler, einem Auftrag, wie er heute zu wesentlichen Anteilen unter Jugendsozialarbeit in § 13 SGB VIII zu subsumieren wäre. Als Einrichtung der Schulverwaltung war sie dem educational welfare service vergleichbar, wie er in Großbritannien selbstverständlicher Bestandteil der lokalen Schulverwaltungen (Local Education Authorities (LEA)) ist. Der damalige Leiter dieser schulischen Einrichtung, Walter Bärsch3 brachte den Auftrag sozialer Beratung mit ganz ähnlichen Argumenten, wie sie Walter Hornstein in seiner Kritik am Konzept der Bildungsreform formulierte, in die Hamburger Konzeption der Gesamtschule ein und legte damit auch den Auftrag für die dort beschäftigten sozialpädagogischen Fachkräfte fest. Auch wenn die Regelungen es zunächst zuließen, dass Schulleitungen und Lehrer der Gesamtschulen diese sozialpädagogischen Fachkräfte auch für untergeordnete Hilfstätigkeiten wie die Betreuung von Auffanggruppen für vom Unterricht ausgeschlossene Schüler, Aufsichten und Ähnliches einsetzten, so wurde dies bald untersagt. Man darf annehmen, dass die Fachlichkeit und die institutionelle Macht der Dienststelle Schülerhilfe innerhalb der Schulverwaltung für diese Klärung des Auftrags der sozialpädagogischen Fachkräfte eine entscheidende Rolle spielten. Damit waren für die sozialpädagogischen Fachkräfte auch die Voraussetzungen gegeben, sich eine kritische Auseinandersetzung mit Lehrkräften und Schulleitungen in Wahrnehmung der Interessen von Schülerinnen und Schüler zu leisten. Aus Arbeitsberichten geht hervor, dass dies auch tatsächlich geschah (vgl. Tillmann 1982, S. 36). Die Fachbereiche Beratung bestehen in den Gesamtschulen – allerdings ohne die Schulpsychologen – bis heute und wurden darüber hinaus auch an einigen Haupt- und Realschulen eingerichtet. Nach der Auflösung der Dienststelle Schülerhilfe und deren Integration in die Regionalen Beratungs- und Unterstützungsstellen (REBUS) ist ihre Zukunft allerdings ungewiss. e) Bremen: Soziale Beratung und Freizeitangebote in unterschiedlicher Trägerschaft Ähnlich wie in Hamburg gab es auch in Bremen bei der Planung der beiden Gesamtschulen, die als Ganztagsschulen eingerichtet wurden, die Einsicht, dass die zu erwartenden sozialen Probleme von Schülerinnen und Schülern eine entsprechende professionelle Ausstattung der Schulen erfordern. Da in Bremen innerhalb der Schulbehörde eine Dienststelle Schülerhilfe nicht zur Verfügung stand, wurde in der Zuständigkeit des „Amtes für Familienhilfe und Sozial3
Später von 1981-1993 Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes. 23
Hermann Rademacker
dienst“ ein Sozialdienst in Schulen eingerichtet, der nach der Etablierung in den Gesamtschulen später auch auf Sonderschulen ausgeweitet wurde. Dieser Sozialdienst arbeitete sehr eng mit dem Schulpsychologen der jeweiligen Schule und den Schullaufbahnberatern zusammen. Als eine Einrichtung der kommunalen Jugendhilfe nahm dieser Sozialdienst deren Aufgaben für die Schülerinnen und Schüler der Schule so weit wie möglich wahr. Die über den Unterricht hinausgehenden Angebote der Ganztagsgesamtschulen sollten in Bremen zunächst von Lehr- und Honorarkräften wahrgenommen werden. Erst im Laufe des Aufbaus der Gesamtschulen wurde für dieses Ganztagsangebot eine Konzeption entwickelt, für deren Umsetzung dann sozialpädagogische Fachkräfte im Schuldienst beschäftigt wurden. Dieser Freizeitbereich wurde in den Schulen als eigener Fachbereich institutionalisiert. In der alltäglichen Arbeit wurden die unterschiedlichen Zuständigkeiten der sozialpädagogischen Fachkräfte im Schuldienst nicht scharf gegenüber denen des Sozialdienstes in Schulen abgegrenzt. Der Sozialdienst in Schulen wurde dann Anfang der 1980er Jahre im Rahmen der Neuordnung der Sozialen Dienste – hier spielte Bremen eine Vorreiterrolle – aufgelöst und in die regionalen sozialen Dienste integriert. Das bedeutete, dass in Bremen die sozialpädagogischen Fachkräfte im Schuldienst als einzige in den Gesamtschulen übrig blieben. Das Konzept der Neuordnung der sozialen Dienste sah vor, dass die jugendhilfespezifischen Unterstützungsleistungen für Schülerinnen und Schüler von den regionalisierten sozialen Diensten im Stadtteil erbracht wurden. 2.4
Schulsozialarbeit im Rahmen von Modellversuchen
Schulsozialarbeit im Rahmen von Modellversuchen der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) war im Kontext der Bildungsreform vor allem in Hessen von Bedeutung, weil hier einerseits eine große Zahl von Gesamtschulen bestand, andererseits aber weder die Beschäftigung von Sozialpädagogen in Schulen noch die Verlegung von sozialpädagogischen Arbeitsplätzen der Jugendhilfe in die Schule vorgesehen war. Es gab ähnliche Projekte in anderen Ländern, die mit unterschiedlicher Finanzierung (z.B. durch Stiftungen) realisiert werden konnten (vgl. Frommann u.a. 1987). Die hessischen Modellversuche zeichneten sich trotz ihrer Zusammenarbeit im „Arbeitskreis Hessische Schulsozialarbeit“ durch eine erhebliche Vielfalt aus. Auch hier wurde die Arbeitsweise und Konzeption der Schulsozialarbeit jeweils vor Ort zwischen Beschäftigten, Trägern und Schule ausgehandelt und teilweise auch in schulübergreifende kommunale Konzepte eingebunden (z.B. in Wiesbaden, Kassel). Bemerkenswert war hier insbesondere die Tatsache, dass es für einige der Modellversuche eine wissenschaftliche Begleitung gab. Deren 24
Schulsozialarbeit – Begriff und Entwicklung
Arbeit und ihre Ergebnisse haben wesentlich dazu beigetragen, die Diskussion um Schulsozialarbeit bundesweit zu befördern (z.B. Faulstich-Wieland/Tillmann 1984; Großmann 1987; Staufer/Stickelmann 1984). In der Arbeit dieser Projekte und der durch sie ausgelösten Diskussion um Schulsozialarbeit dokumentiert sich ein neues Verständnis in den Beziehungen zwischen Jugendhilfe und Schule. Dieses Verhältnis war bis in die 1950er Jahre dadurch gekennzeichnet, dass Jugendhilfe als Fürsorge die Stellung einer der Schule „nachgeordneten Behörde für schwierige soziale Problemfälle“ übernahm, sich dabei zwar oft überlastet oder überfordert fühlte, sich aber eine kritische Position gegenüber der Schule und ihrem pädagogischen Handeln nicht leistete (Tillmann 1982, S. 10-11). Die auf die Überwindung sozialer Benachteiligung in der Schule zielenden Konzepte der Bildungsreform und die Entwicklung einer kritischen Sozialarbeit erwuchsen aus ähnlichen sozialkritischen Positionen. Die Maßstäbe einer kritischen Sozialarbeit für die Bewertung des Handelns und der Ergebnisse von Schule fanden ihre Entsprechung in den anspruchsvollen sozialpolitischen Zielen der Reform. Allerdings waren die Ziele der Bildungsreform nicht ganz so einheitlich wie die Wertmaßstäbe kritischer Sozialarbeit. Neben den sozialpolitischen Zielen, wie sie insbesondere im Strukturplan und in den Gutachten des Bildungsrates zum Tragen kamen, waren wesentliche Ursachen für den gesellschaftlichen Konsens zum Reformvorhaben in der Phase seiner Konzipierung in den 1960er Jahren bildungsökonomischer Natur: Sputnikschock, Kalter Krieg und der Wettlauf zwischen Ost und West um technologischen und ökonomischen Vorsprung hatten dazu geführt, dass Bildung als Wirtschaftsfaktor wahrgenommen wurde. Unter diesem Gesichtspunkt ging es nicht vorrangig um Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit, sondern um die Ausschöpfung der Begabungsreserven für den steigenden Bedarf der Wirtschaft an höher Qualifizierten. Solchen Zwecken zu dienen, konnte sehr wohl der Schule, nicht aber der kritischen sozialen Arbeit unterstellt werden. Eine darauf bezogene kritische Position der Sozialarbeit gegenüber Schule und Bildungspolitik war Anfang der 1980er Jahre insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil sich inzwischen gezeigt hatte, dass der gesellschaftliche Konsens und damit die politische Unterstützung für die Reform verloren gegangen waren. Der Widerstand gegen eine Strukturreform im Bildungswesen hatte längst alle Aussichten, das gegliederte Schulsystem durch eine gemeinsame Schule für alle, die Gesamtschule, zu ersetzen, zerstört. Durch das Ende des Wirtschaftswunders und eine Bildungsexpansion, die vor allem durch den Ausbau des Gymnasiums im Rahmen des gegliederten Schulwesens erreicht worden war, war der Bedarf der Wirtschaft an höher Qualifizierten nicht nur gedeckt, sondern es zeigte sich bereits eine verschärfte Konkurrenz um den Zugang zu attraktiven
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Hermann Rademacker
beruflichen Positionen4. Unter diesen Bedingungen hatten sich – wenn auch auf einem insgesamt höheren Niveau der Bildungsbeteiligung – die alten sozialen Unterschiede in der Verteilung der Bildungschancen erhalten (vgl. Eigler u.a. 1980, S. 59-68; Hansen/Rolff 1990). Insbesondere der Hessische Arbeitskreis engagierte sich in dieser Diskussion und wies dabei auch auf die Benachteiligung der Beschäftigten in den Projekten der Schulsozialarbeit hin, die nicht nur schlechter als Lehrer bezahlt wurden, sondern auch auf befristeten Stellen einem unvertretbaren Beschäftigungsrisiko ausgesetzt waren. Auch aus bildungstheoretischer Sicht wurde die Entwicklung der Beziehungen zwischen Jugendhilfe und Schule, die sich in vielen der Modellversuche gezeigt hatte, kritisiert. So stellt Eckart Liebau fest, dass durch die Etablierung eines Freizeitbereichs neben dem Leistungsbereich, oder auch durch die „friedlich-schiedliche Koexistenz“ der „Spezialisten für das ‚Soziale‘“ neben den „Spezialisten für das ‚Fachliche‘“ die soziale Bildung auf der Strecke geblieben sei. Er diagnostiziert den Sieg der Leistungsschule, die neben Siegern auch Verlierer produziert (vgl. Liebau 1987, S. 204). Diese Entwicklung war in der westdeutschen Bundesrepublik eingebettet in eine Vielzahl von überwiegend vereinzelten Initiativen und Projekten der praktischen Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule, die im Rahmen eines von 1979 bis 1985 vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft geförderten Projekts am Deutschen Jugendinstitut unter einem weiten Begriff von Schulsozialarbeit gesammelt, begleitet und beschrieben worden sind (vgl. Raab/Rademacker/Winzen 1987). Dazu zählten Projekte der Gemeinwesenarbeit in so genannten sozialen Brennpunkten westdeutscher Großstädte, die einen ihrer Schwerpunkte ähnlich dem damals in den USA etablierten head start Programm in schulvorbereitenden und schulbegleitenden, an Konzepten kompensatorischer Erziehung orientierten Angeboten hatten. Ihr Ziel war, die soziale Vererbung von Sonderschulkarrieren in den Familien der betroffenen Kinder zu unterbrechen. Seit Anfang der 1970er Jahre kamen eine Reihe von Projekten unter Bezeichnungen wie sozialpädagogische Schülerhilfen/Hausaufgabenhilfen hinzu, die insbesondere auch die Kinder der Migranten aus südeuropäischen Ländern, später auch aus der Türkei bei der Bewältigung schulischer Anforderungen unterstützten.
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Besonders sichtbar wurde dies in einer Zunahme des Numerus Clausus insbesondere in den berufsbezogenen akademischen Studiengängen (Medizin, Rechtswissenschaft).
Schulsozialarbeit – Begriff und Entwicklung
2.5
Deutsche Vereinigung und SGB VIII. Ein historischer Einschnitt für die Bezüge zwischen Jugendhilfe und Schule
Die Entwicklung der Schulsozialarbeit, wie sie im DJI-Projekt erfasst und beschrieben worden war, kann bis 1990 ganz überwiegend wenn nicht ausschließlich als eine grass root Entwicklung gekennzeichnet werden. Es waren die vor Ort wahrgenommenen Bedarfslagen, für die hie und da, aber keineswegs systematisch Ansätze und Initiativen für eine Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule oder auch für die Einbeziehung sozialpädagogischer Angebote in das schulische Leistungsspektrum ausgelöst hatten. Auf der rechtlichen Ebene leitete das Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII), das in den neuen Bundesländern mit dem Tag der deutschen Vereinigung am 3. Oktober 1990, in der alten Bundesrepublik am 1. Januar 1991 in Kraft trat, eine neue Entwicklung der Annäherung zwischen Jugendhilfe und Schule ein. Es enthält in § 81 für die Jugendhilfe das Gebot zur Zusammenarbeit mit der Schule und erweitert zusätzlich in § 13 die sozialpädagogischen Hilfen im Rahmen der Jugendsozialarbeit über die berufsbezogene Jugendhilfe (§ 5 JWG) hinaus auf die Förderung auch der schulischen Ausbildung. In vielen Schulgesetzen der Länder – zuerst in Bayern und Niedersachsen – wurden seit etwa Mitte der 1990er Jahre auch für die Schule entsprechende Kooperationsgebote mit der Jugendhilfe formuliert. Völlig unabhängig davon entstanden mit der deutschen Vereinigung und der ihr folgenden Umgestaltung des Bildungswesens in den neuen Bundesländern neue Herausforderungen auch für die Gestaltung der Beziehungen zwischen Jugendhilfe und Schule dort. Denn mit dem Ende der Polytechnischen Oberschule (POS) und ihrer Ablösung durch ein gegliedertes Schulsystem ging eine deutliche Veränderung des schulischen Auftrags und des Berufsverständnisses von Lehrerinnen und Lehrern einher. Die sehr weitgehende soziale Verantwortung der Schule der DDR für ihre Schülerinnen und Schüler erschien durch den Vorwurf der damit verbundenen Indoktrination diskreditiert. Dies betraf insbesondere die Nachmittagsangebote – Arbeitskreise und Zirkel – die ganz überwiegend in Trägerschaft der Pionierorganisation bzw. der FDJ und unter maßgeblicher Mitwirkung von Lehrerinnen und Lehrern bestanden hatten. Damit und mit dem zusätzlich überall angebotenen Mittagessen hatte die POS ein anspruchsvolles Ganztagsangebot für ihre Schülerinnen und Schüler (vgl. Speck 2006) realisiert, das – angesichts der hohen Erwerbsbeteiligung von Frauen in der DDR – auch die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit sicherte.
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Hermann Rademacker
Der Wegfall dieser mit der Schule verbundenen Angebote und Leistungen und die krisenhaften Begleiterscheinungen des sozialen Wandels, der die neuen Bundesländer nach der Vereinigung traf, führten sehr schnell dazu, dass nach geeigneten Kompensationsmöglichkeiten gesucht wurde. So entstanden in allen neuen Bundesländern Programme zur Ergänzung des schulischen Angebots durch sozialpädagogische Leistungen. Sie betonten entweder, wie in Brandenburg mit „Sozialarbeit an Schulen“, Leistungen nach § 13 SGB VIII oder, wie in Thüringen mit „Jugendarbeit an Schulen“, Leistungen nach § 11 SGB VIII, ohne dass es allerdings Hinweise darauf gibt, dass daraus unterschiedliche Schwerpunkte in der pädagogischen Arbeit an den Schulen folgten. Wichtig jedoch war, dass mit diesen Programmen erste größere Begleit- und Evaluationsuntersuchungen zur Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule (z.B. Elsner 1996; Elsner/Rademacker 1997; Seithe 1998; Prüß u.a. 2000; Olk/Bathke/Hartnuß 2000; Bauer u.a. 2005) verknüpft waren. Auch in den westdeutschen Bundesländern gab es in den 1990er Jahren eine Reihe von Entwicklungen zur Förderung der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule auf der Landesebene. So richtete Rheinland-Pfalz bereits 1994 ein Landesprogramm zum Ausbau der Schulsozialarbeit ein, das die Kommunen bei der Finanzierung neuer Stellen in diesem Bereich unterstützte. In BadenWürttemberg legten die beiden Landeswohlfahrtsverbände für Baden und Württemberg-Hohenzollern 1997 einen Bericht über Projekte und Programme der Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule in diesem Bundesland vor. In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wurde die zunächst in den Ganztagsgesamtschulen begonnene Beschäftigung von Sozialpädagogen im Schuldienst insbesondere im Bereich der Hauptschulen ausgeweitet. Im Saarland wurde 2002 ein Programm „Schoolworker“ aufgelegt, im gleichen Jahr richtete Bayern das Programm „Jugendsozialarbeit an Schulen“ ein. Berlin stattete im Jahr 2006 alle Hauptschulen mit einer Stelle für Schulsozialarbeit aus5. Bildungspolitisch gestützt wurde diese Entwicklung durch eine Reihe von Aktivitäten auf der Bundesebene. So legte die Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (AGJ) bereits 1999 einen „Bericht über gemeinsame Beratungen von ständiger Konferenz der Kultusminister der Länder und Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe“ zur „Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe“ vor, der von einigen Bundesländern in die Amtsblätter der zuständigen Ministerien übernommen wurde. 2002 legten – nicht zuletzt als Reaktion auf die beunruhigenden Ergebnisse der ersten PISA Studie – Jugendministerkonferenz (JMK) und Kultusministerkonferenz (KMK) den Bericht einer gemeinsamen Arbeitsgruppe 5
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Eine umfassende Übersicht über Programme und Regelungen in den Ländern findet sich unter http://www.agj.de/index.php?id1=3&id2=5&id3=1 (31.12.2008)
Schulsozialarbeit – Begriff und Entwicklung
zum Thema Jugendhilfe und Schule vor. Jüngst wurde erneut über Beratungen der AGJ und der KMK berichtet, die insbesondere die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule im Kontext aktueller Reformen wie der Entwicklung lokaler Bildungslandschaften und dem Ausbau der Ganztagsschule betreffen (vgl. Held/Struck 2008; Stolz 2008). Wesentlicher Hintergrund dieser Entwicklungen ist, dass auch die Jugendhilfe selbst sich des Themas Bildung und ihrer Rolle für deren Gelingen für alle Kinder und Jugendlichen zunehmend bewusst wird. Ein Ausdruck dieses veränderten Bewusstseins sind insbesondere die Leipziger Thesen, die 2002 gemeinsam vom Bundesjugendkuratorium, der Sachverständigenkommission für den 11. Kinder- und Jugendbericht und von der AGJ vorgelegt wurden. Sie fordern ein Gesamtkonzept für Bildung, Erziehung und Betreuung unter Einbeziehung von Familie, Schule und Jugendhilfe ein. Ganz im Sinne dieser Thesen entwickelte dann der 12. Kinder- und Jugendbericht ein Bildungsverständnis, das informelle und formale Bildung, Bildung in Institutionen und Bildung in unterschiedlichen Lebenswelten miteinander verknüpft. Damit ist ein Bildungsbegriff in die bildungspolitische Debatte eingeführt, unter dem Jugendhilfe und Schule ihre Beiträge zum Bildungsgeschehen aufeinander beziehen und verknüpfen können.
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Bilanz
Die soziale Qualität von Schule und damit auch die Beziehungen zwischen Jugendhilfe und Schule wie auch Schulsozialarbeit gewannen in der bildungspolitischen und der jugendhilfepolitischen Diskussion aus unterschiedlichen Motiven an Gewicht – auch wenn sie bis heute nicht den ihnen angemessenen Stellenwert in dieser Diskussion erreicht haben: Die ungleiche Verteilung der Bildungschancen, die seit dem Ende der Bildungsreform zunächst kaum außerhalb der bildungssoziologischen Fachdebatte zur Sprache kam, hatte in der alten Bundesrepublik insbesondere angesichts der Probleme im Übergang von der Schule in Ausbildung und Arbeit bereits in der 1980er Jahren wieder an Bedeutung gewonnen. Die vielfältigen, aber insgesamt bescheidenen Ansätze der Entwicklung von Beziehungen zwischen Jugendhilfe und Schule in dieser Zeit und vor allem die Einsicht, dass jungen Menschen beim Zugang zu Ausbildung und Beschäftigung kaum wirksam zu helfen ist, wenn diese Hilfe erst nach Verlassen der Schule einsetzt, hatten dazu geführt, dass die Jugendhilfe im neuen Jugendhilferecht zur Zusammenarbeit mit der Schule aufgefordert (§ 81 SGB VIII) und – für die Entwicklung der Schulsozialarbeit wesentlich wichtiger – der Auftrag 29
Hermann Rademacker
der Jugendsozialarbeit auf schulbezogene Unterstützungsleistungen (§ 13 SGB VIII) ausgeweitet wurde. Durch die Ergebnisse der PISA-Studien hat die Frage der sozialen Qualität von Schule in der bildungspolitischen Debatte im vereinigten Deutschland erheblich an Gewicht gewonnen. Das Thema Ganztagsschule gewann damit – auch wenn die Ergebnisse der PISA-Studien keine unmittelbaren Hinweise auf ihre Wirksamkeit im Hinblick auf die Steigerung der schulischen Leistungsentwicklung lieferten – erheblich an Bedeutung. Gestützt wurde diese Entwicklung durch die Probleme der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die zunehmend als Benachteiligung von Frauen im Hinblick auf ihre Beteiligung an Erwerbsarbeit erkannt und anerkannt wurden. Auch die besonderen Herausforderungen im Kontext der Umgestaltung des Schulwesens in den neuen Bundesländern betrafen die soziale Qualität von Schule: Während die neue Form der Auslese im Schulwesen anscheinend weitgehend akzeptiert wurde, wurde der Wegfall außerunterrichtlicher Angebote insbesondere in der Sekundarstufe I sowohl unter Gesichtspunkten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf wie auch als Einschränkung öffentlicher Leistungen für die Bildung und Erziehung junger Menschen bald als schmerzlich empfunden. Schulsozialarbeit kam hier sehr schnell als Instrument der Kompensation dieser Mängel in den Blick. Der durch das SGB VIII geschaffene rechtliche Rahmen trug wesentlich zur Legitimation entsprechender Angebote bei, auch wenn diese ähnlich wie entsprechende Entwicklungen in den alten Bundesländern nur auf niedrigstem Niveau institutionell abgesichert wurden: Befristete Programme, die besonders in den neuen Bundesländern zunächst weitgehend aus Mitteln der Arbeitsförderung finanziert wurden, gefährdeten die Sicherung von Professionalität in der Umsetzung der Programme. Die dadurch bedingten Befristungen von Beschäftigungsverhältnissen führten zu erheblicher Unzufriedenheit bei den Beschäftigten. Die seit Mitte der 1990er Jahre in den neuen Bundesländern besonders deutliche, aber auch in den alten Bundesländern unübersehbare Ausweitung der Schulsozialarbeit generierte Anlässe für Entwicklungen zu ihrer Absicherung. Es waren zunächst die Evaluationen und wissenschaftlichen Begleitprojekte, die zuerst in den neuen, dann aber auch in den alten Bundesländern (vgl. Boley u.a. 2004) wichtige Beiträge zur Etablierung von Schulsozialarbeit lieferten. Weitere Schritte in diese Richtung leistete der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit insbesondere mit der Formulierung eines „Berufsbildes und Anforderungsprofils der Schulsozialarbeit“ (Kooperationsverbund 2006) sowie mit der Vorlage eines „Qualifikationsrahmens für das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit“ (Kooperationsverbund 2008). Wie wichtig derartige Initiativen zur Unterstützung und Weiterentwicklung der Professionalität für Schulsozialarbeit sind, zeigen die Ergebnisse einer Befragung der Gewerkschaft Erziehung und 30
Schulsozialarbeit – Begriff und Entwicklung
Wissenschaft (GEW), die belegen, dass Schulsozialarbeit im Ausbildungsangebot der Hochschulen in Deutschland an Bedeutung gewinnt (GEW 2008b)6. Die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule mit dem Ziel, die Beiträge beider Akteure in einem Gesamtkonzept öffentlicher Bildung und Erziehung zusammenzuführen, bedarf notwendig der Stärkung der sozialpädagogischen Professionalität insbesondere im Arbeitsfeld Schule. Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit leistet mit dieser Schwerpunktsetzung eine wichtige Ergänzung zu den aktuellen Entwicklungen in den Beziehungen zwischen Jugendhilfe und Schule, die durch eine Ausweitung der Zusammenarbeit im Rahmen des Ausbaus von Ganztagsangeboten und der Gestaltung regionaler Bildungslandschaften gekennzeichnet sind.
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Siehe auch den Beitrag von Björn Köhler in diesem Buch. 31
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit1
Berufsbild und Anforderungsprofil der Schulsozialarbeit 1
Leitsätze
1. Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit hält es für erforderlich, den Beruf „Schulsozialarbeiter/Schulsozialarbeiterin“ professionell zu etablieren. 2. Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit spricht sich dafür aus, Schulsozialarbeit als originäres Arbeitsfeld der Jugendhilfe in allen Schulen zu verankern. Jugendhilfe ist gegenüber der Schule kein nachrangiges Angebot, sondern kooperiert mit der Schule als gleichberechtigte Partnerin. 3. Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit hält es für notwendig, die Tätigkeit des/der „Schulsozialarbeiters/Schulsozialarbeiterin“ konzeptionell im Sozialraum zu verankern. Die Beteiligung an der kommunalen Jugendhilfe- und Bildungsplanung sowie die Vernetzung der Schule mit anderen Angeboten der Jugendhilfe und Partnern gehören zum Arbeitsauftrag der Schulsozialarbeit. 4. Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit setzt sich dafür ein, in das reformierte Fachhochschulstudium für die Sozialarbeit/Sozialpädagogik auf der Ebene des Bachelor of Arts (BA) ein verpflichtendes Modul für den Bereich der Kooperation von Jugendhilfe und Schule und der Schulsozialarbeit aufzunehmen und auf der Ebene des Master of Arts (MA) eine Spezialisierung für den Beruf „Schulsozialarbeiter/Schulsozialarbeiterin“ anzubieten.
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Vorbemerkung
Schulsozialarbeit existiert seit über 30 Jahren und hat durch die Landesprogramme in Ostdeutschland eine deutliche Ausweitung erfahren. Sie hat sich als eine besonders intensive und wirksame Form der Kooperation von Jugendhilfe und Schule in der Praxis bewährt und ist von zentraler Bedeutung bei der Weiterentwicklung des Bildungswesens zu einem Gesamtsystem von Bildung, 1
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit 2006: Dieter Eckert, Bernhard Eibeck, Jürgen Ludewig, Nicole Pötter, Regine Rosner, Gerhard Segel, Claudia Seibold, Petra Tabakovic. 2. korrigierte Fassung vom 13. November 2007 33
Kooperationsverband Schulsozialarbeit
Erziehung und Betreuung. Für benachteiligte Kinder und Jugendliche, die an den Anforderungen der Schule scheitern oder zu scheitern drohen, sind die Angebote der Schulsozialarbeit entscheidende Hilfestellungen. Darüber hinaus gilt unter den derzeitigen Bedingungen der Arbeits- und Lebenswelt, dass viele junge Menschen im Übergang von der Schule in den Beruf auf professionelle Unterstützung angewiesen sind. Die seit dem Jahr 2004 bundesweit eingeleitete Ausweitung von Ganztagsschulen kann die Entwicklung eines Gesamtsystems von Bildung, Erziehung und Betreuung zwar positiv unterstützen, ein solches Gesamtsystem erfordert aber gleichzeitig die systematische Kooperation mit der Jugendhilfe und eine qualitative Absicherung der Schulsozialarbeit. Die Grundlagen für eine qualitative Absicherung werden bereits in der Ausbildung der Schulsozialarbeiter gelegt. Aufgrund des Ergebnisses einer vom Kooperationsverbund Schulsozialarbeit in Auftrag gegebenen Umfrage (vgl. GEW 2004) muss man jedoch davon ausgehen, dass schulbezogene Angebote an den Hochschulen und eine gezielte Ausbildung von Schulsozialarbeitern eher die Ausnahme als die Regel sind. Deshalb wendet sich der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit mit dem vorliegenden „Berufsbild und Anforderungsprofil der Schulsozialarbeit“ gezielt an die Lehrenden an den Hochschulen und an die Verantwortlichen für Bildung in Politik und Verwaltung. Hiermit wird zum ersten Mal eine umfassende Beschreibung des Arbeitsfelds Schulsozialarbeit und der damit verbundenen Kompetenzanforderungen an Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter vorgelegt. Sie soll den Hochschulen in ihren Reformprozessen und den Lehrenden bei der Umsetzung ihres Lehrauftrags als Orientierung dienen.
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Konzeptionelle Grundlagen
Schulsozialarbeit ist ein professionelles sozialpädagogisches Angebot, das eigenständig und dauerhaft im Schulalltag verankert ist. Grundlage ist die verbindlich vereinbarte, partnerschaftliche Kooperation von Jugendhilfe und Schule. Sie verbindet verschiedene Leistungen der Jugendhilfe miteinander, ist mit diesem Angebot im Alltag von Kindern und Jugendlichen präsent und ohne Umstände erreichbar. Sie bringt jugendhilfespezifische Ziele, Tätigkeitsformen, Methoden und Herangehensweisen in die Schule ein, die auch bei einer Erweiterung des beruflichen Auftrages der Lehrkräfte nicht durch diese allein realisiert werden können. Für Kinder, Jugendliche und ihre Eltern öffnet die Schulso-
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Berufsbild und Anforderungsprofil der Sozialarbeit
zialarbeit Zugänge zum Leistungsangebot der Jugendhilfe und erweitert deren präventive und integrative Handlungsmöglichkeiten. Unter systematischen Gesichtspunkten ist Schulsozialarbeit ein Aufgabengebiet der Jugendhilfe. Rechtliche Grundlagen sind das Sozialgesetzbuch VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz), seine Ausführungsgesetze und, soweit vorhanden, entsprechende Gesetze, Richtlinien, Erlasse und andere Regelungen der Länder für die Tätigkeit sozialpädagogischer Fachkräfte an Schulen. Schulsozialarbeit ist grundsätzlich an allen Schulformen sinnvoll und gewinnt auch an beruflichen Schulen zunehmend an Bedeutung. Schulsozialarbeit dient den allgemeinen Zielen und Aufgaben der Jugendhilfe nach §1 SGB VIII und setzt sie unter den spezifischen Bedingungen und Anforderungen des schulischen Lebensraumes um: Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter fördern gemeinsam mit den Akteuren in der Schule die individuelle und soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, indem sie an der Schule Aktivitäten anbieten, durch die Schülerinnen und Schüler über das schulische Angebot hinaus ihre Fähigkeiten entfalten, Anerkennung erfahren und soziale Prozesse gestalten können. Dabei berücksichtigen sie die unterschiedlichen Lebenslagen der Schüler. Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter tragen dazu bei, Benachteiligungen zu vermeiden und abzubauen, indem sie schulisch weniger Erfolgreiche darin unterstützen, ihre Stärken zu entfalten, ihre Ressourcen zu erschließen und ihre Lebensperspektiven zu entwickeln. Ausgrenzungen und dem Risiko des Scheiterns in der Schule wird damit entgegen gewirkt. Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter beraten Lehrkräfte und Eltern in Erziehungsfragen. Sie bringen dabei sozialpädagogische Sicht- und Handlungsweisen in die Schule ein und nehmen eine Brückenfunktion zwischen den einzelnen Sozialisationsinstanzen wahr. Sie schützen Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl, indem sie Unterstützung bei der Bewältigung alltäglicher Lebensprobleme und Risiken leisten, zur Selbsthilfe befähigen und spezielle Hilfen vermitteln. Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter tragen dazu bei, positive Lern- und Lebensbedingungen zu erhalten bzw. zu schaffen, indem sie daran mitwirken, Schule als Lebensraum so zu gestalten, dass alle Kinder und Jugendlichen darin ihren Platz finden und sich an der Gestaltung des Lebensraumes Schule beteiligen sowie vielfältige Beziehungen zum sozialen Umfeld entwickeln können.
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Kooperationsverband Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeit kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie gleichberechtigte Partnerin der Schule ist. Sie entfaltet ihre spezifische Wirksamkeit, wenn schulund sozialpädagogische Kompetenzen ineinander greifen. Dies setzt auf Seiten der Schulsozialarbeiter die Fähigkeit voraus, gegenüber den Kooperationspartnern in Schule und im Umfeld von Schule fachlich versiert und selbstbewusst aufzutreten. Die hierzu nötigen Qualifikationen müssen in Studium und Berufsalltag erworben werden.
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Leistungen
Schulsozialarbeit ist ein integrativer Ansatz, der Elemente der Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes beinhaltet und diese mit Angeboten anderer Träger aus diesen Bereichen vernetzt. Sie rückt die Lebenslagen der Schüler und Schülerinnen in den Fokus ihrer Arbeit. Im Sinne des § 11 SGB VIII leisten Schulsozialarbeiter Jugendarbeit. Sie richtet sich an alle Kinder und Jugendlichen und soll „sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen.“ Im Sinne des § 13 SGB VIII leisten Schulsozialarbeiter Jugendsozialarbeit. Jugendsozialarbeit richtet sich an solche Kinder und Jugendliche, „die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind. (Ihnen) sollen im Rahmen der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfen angeboten werden, die ihre schulische und berufliche Ausbildung (...) und ihre soziale Integration fördern.“ Im Sinne des § 14 SGB VIII leisten Schulsozialarbeiter erzieherischen Kinder- und Jugendschutz. Entsprechende Maßnahmen „sollen junge Menschen befähigen, sich vor gefährdenden Einflüssen zu schützen und sie zur Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit sowie zur Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen führen.“ Im Sinne des § 16 SGB VIII bieten Schulsozialarbeiter Beratung in Fragen der Erziehung in der Familie an. Sie machen präventive Angebote für Kinder, Jugendliche und Eltern zur Vermeidung von Erziehungsschwierigkeiten und zur Verbesserung der erzieherischen Kompetenz. Im Sinne des § 81 SGB VIII arbeiten Schulsozialarbeiter mit öffentlichen Einrichtungen und Institutionen im Umfeld von Schule zusammen. Sie vernetzen den schulischen Lebensraum mit anderen Jugendhilfeleistungen. Sie
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Berufsbild und Anforderungsprofil der Sozialarbeit
übernehmen eine Vermittlungsfunktion, damit Hilfebedürftige Leistungen nach SGB VIII und anderen Sozialgesetzen einfordern können.
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Arbeitsbereiche
Bei der Realisierung ihrer Aufgaben werden Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter in vielen verschiedenen Arbeitsfeldern tätig. Ihre spezifischen Schwerpunkte werden abhängig von der jeweiligen Situation in der Schule und ihrem Umfeld, den vorhandenen Bedingungen und Ressourcen sowie den Zielen und Erwartungen der jeweiligen Kooperationspartner mit der Schule vereinbart. Entsprechend den im SGB VIII festgelegten Zielen und Aufgaben der Jugendhilfe und den praktischen Erfahrungen haben sich die folgenden Angebote herausgebildet: 5.1
Beratung
Durch die ständige Präsenz der Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter haben Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, ein Vertrauensverhältnis zu ihnen aufzubauen und sich Rat zu holen. Schulsozialarbeiter bieten sowohl informellen Rat als auch formelle Beratungsprozesse zu fest vereinbarten Terminen an. Vertraulichkeit und Freiwilligkeit sind Grundprinzipien, die für die Beratung entscheidend sind. Aus der Beratung kann sich eine längerfristige sozialpädagogische Begleitung im Schulalltag, gegebenenfalls in Kooperation mit externen Beratungsstellen, entwickeln. 5.2
Individuelle Förderung
Für Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter ist die Einzelfallhilfe eine zentrale pädagogische Aufgabe im Bemühen, Benachteiligungen abzubauen, Stigmatisierungen entgegenzuwirken und präventive individuelle Hilfestellungen zu leisten. Sie entwickeln in einem individuellen Förderprozess mit Schülerinnen und Schülern differenzierte Unterstützungsinstrumentarien, um passgenaue, zielgerichtete Hilfen anbieten zu können. Sie beziehen sozialpädagogische Ansätze wie Familienarbeit, soziale Gruppenarbeit oder Sozialraumorientierung ein. Die Zusammenarbeit mit den Lehrkräften ist wegen des häufigen Zusammenhangs der Einzelfallhilfen mit schulbezogenen Leistungen, Problemsituationen oder Konflikten unerlässlich.
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Kooperationsverband Schulsozialarbeit
5.3
Offene Jugendarbeit
Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter machen vielfältige Angebote, die allen Kindern und Jugendlichen – vorrangig der Schule, aber auch des Stadtteils – zugänglich sind. Die Angebote können als „Offene Treffs“, zielgruppenorientiert oder themenorientiert gestaltet sein. Gemeinsam ist diesen Angeboten, dass sie niedrigschwellig angelegt sind und allen Kindern und Jugendlichen offen stehen. Angebote der offenen Jugendarbeit bieten den Schulsozialarbeitern ebenso wie den Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten, miteinander in Kontakt zu kommen, Vertrauen aufzubauen und Anknüpfungspunkte, z.B. für individuelle Beratungen, zu finden. 5.4
Sozialpädagogische Gruppenarbeit
Sozialpädagogische Gruppenarbeit umfasst in der Schulsozialarbeit ein breites Spektrum möglicher Angebote mit unterschiedlichen Zielen und Organisationsformen. Dazu zählen zielgruppen- oder themenorientierte Angebote mit spezifischen Interessen und Fragestellungen als Ausgangspunkt für gemeinsame Aktivitäten und Erfahrungen; Gruppenarbeit mit Schülerninnen und Schülern, die Verantwortung für bestimmte Aufgaben bei der Gestaltung des Schullebens übernehmen wollen; Gruppenangebote zur Verbesserung persönlicher und sozialer Kompetenzen, z.B. zur Überwindung von Entwicklungsschwierigkeiten und/oder Verhaltensauffälligkeiten; Angebote für ganze Schulklassen, z.B. soziales Kompetenztraining, sozialpädagogische Begleitung von Klassenfahrten, Krisenintervention oder Projektarbeit. 5.5
Konfliktbewältigung
Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter unterstützen bei der Bewältigung von Konflikten im Schulalltag: Sie bieten sozialpädagogische Gruppenarbeit an, bei der Kinder und Jugendliche Kompetenzen zur Bewältigung von Konflikten erwerben können; sie bauen Peer-Mediationsgruppen auf und koordinieren deren Tätigkeit; sie unterstützen Lehrkräfte dabei, Klassenkonflikte oder akute Krisensituationen in Schulklassen zu bearbeiten; sie vermitteln bei Konflikten unter Schülerinnen und Schülern, zwischen Schülern und Lehrkräften oder zwischen Eltern und Lehrkräften; 38
Berufsbild und Anforderungsprofil der Sozialarbeit
sie initiieren Projekte zur Gewaltprävention; sie organisieren Ausbildungen für Streitschlichterinnen und Streitschlichter und Trainings für Mediatorinnen und Mediatoren. 5.6
Schulbezogene Hilfen
Schulbezogene Hilfen sind individuelle Angebote, Gruppenangebote und offene Förderangebote, die gezielt Kinder und Jugendliche darin unterstützen, die Schule und ihre Anforderungen zu bewältigen. Die Aufgabe der Schulsozialarbeiter besteht darin, Kindern und Jugendlichen in enger Kooperation mit den Lehrerinnen und Lehrern bei der Bewältigung ihrer Lernprobleme und/oder ihrer Lebensprobleme zu helfen, ihre Persönlichkeit zu stärken und im sozialen Umfeld Ressourcen zu erschließen. Die schulbezogenen Hilfen sollen Schulverweigerung und Schulabsentismus vorbeugen. Darüber hinaus können Schulsozialarbeiter dazu beitragen, dass Schüler im schulischen Kontext gezielte Förderung erhalten, insbesondere solche mit besonderem Förderbedarf, wie z.B. Schüler mit Migrationshintergrund. 5.7
Berufsorientierung und Übergang von der Schule in die Berufswelt
Für viele Jugendliche werden die Übergänge an der „ersten“ und „zweiten Schwelle“ zunehmend schwieriger. Ein Arbeitsschwerpunkt der Schulsozialarbeit liegt deshalb in der Vorbereitung der Kinder und Jugendlichen auf den Wechsel von der Schule in eine Ausbildung und in das Berufsleben. Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter unterstützen Schülerinnen und Schüler in der Gestaltung des Übergangs von der Schule in Ausbildung oder weiterführendes Lernen und von der (Berufs-)Schule in Beruf und Arbeit. Sie helfen ihnen dabei, Berufswahl und Lebensplanung zu verbinden, rechtzeitig die relevanten Informationen zu bekommen, die richtigen Schritte zur Qualifizierung zu gehen (z.B. durch Berufspraktika, Bewerbungstrainings) und geben emotionalen Rückhalt. 5.8
Arbeit mit Eltern und Personensorgeberechtigten
Schulsozialarbeiter unterstützen Eltern durch Beratung, thematische Elterngesprächsrunden, Hausbesuche, Teilnahme an Elternversammlungen und Vermittlungshilfen. Solche Angebote dienen der Förderung der Erziehungskompetenz sowie der Unterstützung bei Problem- und Krisensituationen im Elternhaus. Die 39
Kooperationsverband Schulsozialarbeit
Unterstützungsleistung der Schulsozialarbeit beinhaltet in der Regel keinen längeren Beratungskontakt, sondern zielt auf eine Vermittlung und Inanspruchnahme von Leistungen der Jugendhilfe und anderer Unterstützungsangebote. 5.9
Mitwirkung an Schulprogrammen und an der Schulentwicklung
Schulsozialarbeiter arbeiten in schulischen Gremien am Schulprogramm mit und beteiligen sich aktiv an der Schulentwicklung. Sie tragen dazu bei, ein gemeinsames, ganzheitliches Bildungsverständnis zu entwickeln, die speziellen Beiträge der Schulsozialarbeit zur Schulentwicklung im Schulprogramm zu verankern und in der praktischen Schulentwicklung umzusetzen. Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter bringen ihre Kompetenzen bei der Entwicklung der Umsetzungsstrategien ein und beteiligen sich aktiv bei der Realisierung neuer Lern- und Arbeitsformen. Darüber hinaus beraten sie Gremien von Schule und Jugendhilfe und einzelne Lehrkräfte in sozialpädagogischen Fragen.
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Anforderungsprofil
Das Anforderungsprofil für Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter umfasst Basiswissen, Orientierungswissen, Handlungsfähigkeit und Reflexionsfähigkeit. Diese sind Voraussetzungen zur Analyse von Arbeitsabläufen, Konflikten, Prozessen und zur erfolgreichen Gestaltung des Arbeitsalltags. Das im Folgenden beschriebene Profil bezieht sich auf die spezifischen Anforderungen für die Arbeit von Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern. Allgemeine, arbeitsfeldübergreifende Anforderungen und Kompetenzen von Sozialarbeitern werden hier nur dann aufgegriffen, wenn sie für das Arbeitsfeld Schulsozialarbeit von besonderer Bedeutung sind. 6.1
Notwendige Kenntnisse
Neben grundlegenden Kenntnissen über die unterschiedlichen und vielfältigen Lebenswelten und -kulturen der Kinder und Jugendlichen setzen sich Schulsozialarbeiter und Schulsozialarbeiterinnen mit dem spezifischen Bedarf der Schülern, dem schulischen Lern- und Lebensraum und dem Sozialraum der jeweiligen Schule auseinander.
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Berufsbild und Anforderungsprofil der Sozialarbeit
Schulsozialarbeiter wissen um die Komplexität und die Schwierigkeiten, die Jugendliche beim Übergang von der Schule ins Berufsleben bewältigen müssen. Schulsozialarbeiter haben ein Grundverständnis von informeller, nichtformeller und formeller Bildung. Sie rezipieren die aktuellen und relevanten Forschungsergebnisse. Schulsozialarbeiter haben Grundkenntnisse in Schul- und Sonderpädagogik. Aufbauend auf den grundlegenden Kenntnissen in Verhaltens- und Entwicklungspsychologie haben Schulsozialarbeiter spezifische Kenntnisse in Lernpsychologie. Schulsozialarbeiter kennen die rechtlichen Grundlagen der Sozialen Arbeit, insbesondere das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) und die jeweiligen Landesgesetze (Schulgesetze und Landesausführungsgesetze). Schulsozialarbeiter kennen das System Schule, sowohl bezüglich seiner inneren Struktur, seiner Verwaltung und Steuerung als auch bezüglich der Einbettung in das Bildungssystem. Schulsozialarbeiter sind über aktuelle Entwicklungen des Bildungswesens und der Jugend- und Bildungspolitik informiert. 6.2
Kommunikation und Kooperation
Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter arbeiten mit unterschiedlichen Personenkreisen zusammen. Dazu gehören Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern, Schulleitung, Vertreter verschiedener Verwaltungen, Institutionen, Betriebe und weitere Fachkräfte im Sozialraum. Ihre Aufgabe ist es, die Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen und Akteure zu koordinieren, sofern der Wirkungskreis von Schule und Jugendhilfe betroffen ist (Kooperationsmanagement). Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter regen Kommunikationsprozesse an, gestalten sie und vermitteln zwischen den unterschiedlichen Personenkreisen. Diese Aufgabe stellt spezifische Anforderungen an die kommunikative Kompetenz der Schulsozialarbeiter. Kooperation und Kommunikation zielen auf Integration. Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter ermöglichen durch ihre integrativen Kompetenzen allen Kindern und Jugendlichen gleichberechtigte Teilhabe an den Angeboten der Schulsozialarbeit und treten Ausgrenzung und Stigmatisierung entgegen. Mit Blick auf eine individuell notwendige längerfristige Begleitung von Kindern und Jugendlichen haben Schulsozialarbeiter die Aufgabe des Übergangsmanagements. 41
Kooperationsverband Schulsozialarbeit
Teamfähigkeit ist eine Grundvoraussetzung jeglicher Sozialen Arbeit und stellt in der Schulsozialarbeit durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit in erhöhtem Maße Anforderungen an die sozialen Kompetenzen von Schulsozialarbeitern. Sicherheit im Auftreten, auch im öffentlichen Raum, gehört zu den besonderen Anforderungen an Schulsozialarbeiter (z.B. bei Vorträgen, in Gremien, bei Tagungen, Konferenzen). 6.3
Handlungsansätze
Sozialräumliche Handlungsansätze sind für Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter grundlegend. Der Sozialraum wird im Rahmen eines ganzheitlichen Bildungsverständnisses in die Arbeit einbezogen (Stadtteil, Infrastruktur, Betriebe, Freizeitangebote, Familien, Sozialstruktur u.a.m.). Schulsozialarbeiter unterstützen die Schule in deren Bestreben, sich dem Sozialraum zu öffnen. Zur sozialräumlichen Arbeit gehört auch die Vernetzung mit sozialen Diensten und Einrichtungen und die Kooperation mit dem Jugendamt, freien Trägern, Initiativen, Stadtteilarbeitskreisen, Vereinen und Betrieben. Schulsozialarbeiter arbeiten in bestehenden Kooperationsstrukturen mit. Schulsozialarbeiter verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, der die Gesamtpersönlichkeit der Kinder und Jugendlichen in all ihren Facetten, Lebensäußerungen und bedingungen berücksichtigt. Schulsozialarbeiter arbeiten präventiv. Sie sind dazu befähigt, frühzeitig potenzielle Benachteiligungen und Fehlentwicklungen von Kindern und Jugendlichen zu erkennen und mit geeigneten Methoden entgegenzusteuern (z.B. durch Tests, Einbeziehung anderer Professionen, Elternarbeit, Beobachtung und Evaluierung der Persönlichkeitsentwicklung). Der Auftrag, junge Menschen zu sozialem, friedlichen Verhalten zu befähigen, verlangt von Schulsozialarbeiter, sich Methoden der Gewaltprävention, Mediation und Streitschlichtung anzueignen. Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter fördern die Partizipation der Schüler mit den Zielen der Emanzipation und des eigenverantwortlichen Handelns. Sie beteiligen Schülerinnen und Schüler an Entscheidungsprozessen, ermöglichen ihnen Mitbestimmung in Lernvorgängen, Strukturen und Projekten und übertragen ihnen verantwortungsvolle Funktionen. Schulsozialarbeiter verfolgen einen interkulturellen Ansatz. Sie gestalten das Zusammenleben junger Menschen aus verschiedenen Kulturen und Lebensmilieus mit. Sie sind sensibilisiert für Jugendliche mit unterschiedlichen Lebenshintergründen. Sie initiieren interkulturelles Lernen, schaffen ein Klima 42
Berufsbild und Anforderungsprofil der Sozialarbeit
von Rücksicht, Toleranz und Akzeptanz und üben mit den Kindern und Jugendlichen entsprechende Verhaltensweisen ein. Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter arbeiten nach dem Gender-Ansatz. Sie verfügen über fundierte und reflektierte Kenntnisse der geschlechtsspezifischen Sozialisation und über entsprechende methodische Vorgehensweisen. Sie legen Wert auf eine geschlechtssensible Sprache, ein geschlechtsreflexives Verhalten und auf die Umsetzung von Chancengerechtigkeit. 6.4
Methodische Kompetenzen
In der Einzelfallhilfe entwickeln Schulsozialarbeiter differenzierte Unterstützungsinstrumentarien, um Schülerninnen und Schüler passgenaue, zielgerichtete Hilfen anbieten zu können (z.B. Case Management, Förderplan, Lern-Coaching). Die Anwendung gruppenpädagogischer Methoden erlaubt es Schulsozialarbeiter, in unterschiedlichen Settings (Klassenverbände, Lerngruppen, Freizeitgruppen, Arbeitsgemeinschaften u.a.m.) jeweils angemessene Angebote zu machen und gruppendynamische Prozesse anzuregen und zu begleiten. Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter stellen einen Bezug zwischen dem Lernort Schule und der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen her. Damit wird das Erfahrungs-, Handlungs- und Lernpotential des Umfeldes genutzt. Schulsozialarbeiter unterstützen die Schule bei deren Öffnung in den Sozialraum (Gemeinwesenorientierung) und deren Einbindung in die regionalen Netzwerkstrukturen. Eine höhere Wirksamkeit der Schulsozialarbeit wird durch die Anwendung von Methoden der Qualitätsentwicklung erreicht. Schulsozialarbeiter reflektieren ihre Arbeit, z.B. mit Hilfe von Techniken der Selbstevaluation, werden regelmäßig extern beraten (z.B. in der Supervision) und entwickeln für ihre Arbeit ein Qualitätsmanagementkonzept. 6.5
Administration und Organisation
Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter kennen die Organisationsstrukturen und Verwaltungsabläufe nicht nur der Jugendhilfe (Träger, Jugendamt, Jugendhilfeausschuss), sondern auch der Schule (kommunales Schulamt, Behörden des Kultusministeriums). Sie wissen, an wen sie sich in Fragen der Projektfinanzierung wenden können und in welchen Angelegenheiten (Berichtswesen, Verwendungsnachweise, Statistik, Evaluation) sie wem gegenüber rechenschaftspflichtig sind. 43
Kooperationsverband Schulsozialarbeit
Sie entwickeln in partizipativen Verfahren ihre Arbeit kontinuierlich weiter, akquirieren und steuern die Ressourcen und sichern eine hohe Ergebnisqualität. Schulsozialarbeiter betreiben Öffentlichkeitsarbeit sowohl im Rahmen der kommunalen Öffentlichkeit als auch in der Vertretung ihres Arbeitsfeldes in örtlichen und überörtlichen Gremien der Jugendhilfe und des Schulwesens.
7
Folgerungen für Träger und Ausbildung
Die Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit sind von den unterschiedlichsten Träger- und damit Anstellungskonstellationen abhängig. Einige wenige Schulsozialarbeiter sind Landesbeamte im Schuldienst, andere mit einem festen, unbefristeten Arbeitsvertrag beim Schulträger angestellt. Die weitaus überwiegende Zahl der Schulsozialarbeiter übt ihre Tätigkeit in einem Anstellungsverhältnis mit einem Träger der öffentlichen oder freien Jugendhilfe aus. Da die freien Träger selbst wiederum auf eine Finanzierung durch öffentliche Mittel angewiesen sind, führt dies meist dazu, dass Stellen nur befristet und projektbezogen eingerichtet werden. Diese Situation ist äußerst unbefriedigend und behindert die Erfüllung des pädagogischen Auftrages ebenso wie die kontinuierliche Entwicklung der Schulsozialarbeit und der Schule. Grundsätzlich sollte sich Schulsozialarbeit an den folgenden Standards orientieren: Schulsozialarbeit erfordert abgesicherte Arbeitsverhältnisse; dazu gehören u.a. unbefristete Vollzeitstellen auf der Grundlage einschlägiger Tarifverträge. Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter müssen über ein Hochschulstudium verfügen, in der Regel der Diplom-Sozialpädagogik, der Diplom-Sozialarbeit oder der Diplom-Pädagogik2. Derzeit in der Schulsozialarbeit tätige Erzieherinnen und Erzieher müssen die Möglichkeit der Nachqualifizierung erhalten, die zu entsprechenden Abschlüssen führen. Die Anzahl der sozialpädagogischen Fachkräfte ist abhängig von der spezifischen Situation der Schule. In der Regel sollten für 150 Schüler mindestens ein Schulsozialarbeiter vorgesehen werden. Dabei ist ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern anzustreben. Eine kontinuierliche fachliche Beratung und die Fachaufsicht durch qualifizierte Ansprechpartner beim jeweiligen Träger müssen gesichert sein. 2
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Zukünftig werden dies Sozialarbeiter/innen, Sozialpädagogen/innen und Pädagogen/innen mit einem Bachelor of Arts oder einem Master of Arts sein. Es sollten Masterstudiengänge entwickelt werden, die sich des Berufsbildes der Schulsozialarbeit annehmen (s. auch Abschnitt 8).
Berufsbild und Anforderungsprofil der Sozialarbeit
Berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung, regelmäßiger trägerübergreifender Austausch mit anderen Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter der Region sowie Supervision müssen gewährleistet sein. Bei der Strukturierung der Arbeitszeit ist zu berücksichtigen, dass nicht die gesamte Zeit für die direkte Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern verplant wird. Etwa ein Drittel der wöchentlichen Arbeitszeit muss als Vor- und Nachbereitungszeit, für Teamsitzungen, Besprechungen und Arbeit im Sozialraum zur Verfügung stehen. Schulsozialarbeit braucht geeignete Räumlichkeiten: Möglichkeiten für Beratungen, sozialpädagogische Gruppenarbeit, offene Angebote, Büroräume (mit zeitgemäßer IT-Ausstattung), Nutzungsrecht für weitere schulische Räume sowie jederzeitigen Zugang zur Schule, unabhängig von Schulbetrieb und Ferienzeiten. Schulsozialarbeit erfordert eine angemessene materielle Ausstattung und einen eigenständigen Etat für Arbeits- und Verbrauchsmaterial. Schulsozialarbeit liegt eine jeweils auf die Schule abgestimmte Konzeption zugrunde, in der Bedarfe, Angebote, Rahmenbedingungen und Qualitätsentwicklung (z.B. Projektevaluationen) beschrieben sind. Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Schulsozialarbeit ist in einem Kooperationsvertrag zu regeln, möglichst unter Einbeziehung von Schulverwaltung, öffentlicher Jugendhilfe und freien Trägern.
8
Ausblick
Schulsozialarbeit kann derzeit nicht grundständig studiert werden. Die Qualifizierung erfolgt im Rahmen des Studiums der Sozialarbeit/Sozialpädagogik. Nur an einem Viertel der Hochschulen gibt es spezielle Angebote für Schulsozialarbeit (vgl. GEW 2004). Bei Studierenden trifft das Berufsfeld jedoch auf großes Interesse. Das zeigt sich u.a. an der relativ hohen Zahl von Studierenden, die Schulsozialarbeit als Thema für ihre Diplomarbeit wählen. Im Zuge der Umstellung des Studiums auf das europäische System mit den Abschlüssen Bachelor of Arts (BA) bzw. Master of Arts (MA) bietet sich die Chance, angehenden Schulsozialarbeiterninnen und Schulsozialarbeiter in Zukunft stärker auch Inhalte anzubieten, die sie für das Berufsfeld Schulsozialarbeit vorbereiten. So sollten in allen Studiengängen verpflichtende Module angeboten werden, in denen Grundkenntnisse des Arbeitsfeldes vermittelt werden. Darüber hinaus sollte es möglich sein, an möglichst vielen Hochschulen den Studienschwerpunkt „Schulsozialarbeit“ zu wählen. 45
Björn Köhler
Sozialpädagogische Professionalität für die Schule – Ergebnisse zweier Befragungen zur Professionsbildung und Einschätzung der politischen Landschaft Um zu erforschen, ob und in welchem Umfang Schulsozialarbeit an den Hochschulen angeboten wird und Teil der verschiedenen Studiengänge geworden ist und auf welche Weise sich Studierende auf das Tätigkeitsfeld im Studium vorbereiten können, startete die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) 2004 im Auftrag des Kooperationsverbundes Schulsozialarbeit erstmalig eine Befragung an den Fachbereichen für Soziale Arbeit der entsprechenden Hochschulen. Ausgehend von der Frage, welche Angebote an den Hochschulen im Bereich Schulsozialarbeit gemacht werden und wie diese von den Studierenden angenommen werden, entwickelten Bernhard Eibeck und Sarah Holze einen Fragebogen, welcher an die Dekanate der Fachbereiche verschickt wurde. 2008 wiederholte die GEW ihre Befragung. Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse sowie Veränderungen zwischen den beiden Erhebungszeitpunkten dargestellt und eine Einschätzung der weiteren Entwicklung in diesem Feld gegeben.
1
Veränderte Voraussetzungen für die Befragung 2008
Von 2004 bis 2008 veränderte sich die Hochschullandschaft stark: Der Bolognaprozess erforderte die Modularisierung der Studiengänge, neue Abschlüsse (Bachelor und Master) wurden eingeführt und die Inhalte der Studiengänge wurden überarbeitet, angepasst und in workloads eingeteilt. Neue Studiengänge entstanden, die sich spezifischen Berufsfeldern innerhalb der Sozialen Arbeit zuwandten. Auch politisch hat sich einiges getan: Aufgeschreckt von den Ergebnissen der Pisa- und IGLU-Studien überboten sich Politiker mit Vorschlägen und Handlungskonzepten, in denen Schulsozialarbeit immer wieder eine große Rolle spielten.
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Björn Köhler
Diese Entwicklungen machten es notwendig, den Fragebogen von 2004 anzupassen, wodurch bei einigen Fragen leider keine direkte Vergleichbarkeit der Ergebnisse gegeben ist. Auch wurde der Fragebogen deutlich erweitert: So fügten wir1 2008 ein Kapitel mit Fragen zur Wahrnehmung der Aktivitäten des Kooperationsverbunds Schulsozialarbeit und einige Fragen zur Kooperation der Hochschulen mit externen Partnern bei einzelnen Modulen an. An der Anzahl der teilnehmenden Hochschulen wird deutlich, dass das Thema Schulsozialarbeit für diese seit 2004 an Gewicht gewonnen hat: Waren es 2004 noch 35 Fachbereiche, die unseren Fragebogen beantwortet hatten, erreichten uns im Jahr 2008 45 Antwortbögen. Zusätzlich wurden die Kultusministerinnen und Kultusminister der Länder angeschrieben, um zu erfahren, wie sie die zukünftige Entwicklung des Personalbedarfs in der Schulsozialarbeit einschätzen.
2
Schulsozialarbeit: Fest verankert in den Studiengängen
Bereits die Ergebnisse der ersten Befragung im Jahr 20042 zeigten, dass die Ausgangsthese von Holze und Eibeck, es sei kaum möglich, sich im Studium der Sozialen Arbeit (Sozialarbeit oder Sozialpädagogik) gezielt auf das Aufgabenfeld der Schulsozialarbeit vorzubereiten, nicht durch die Ergebnisse der Befragung bestätigt werden konnte. Schon im Jahr 2004 gab es ein breites Angebot an Studienmöglichkeiten, die Schulsozialarbeit zum Inhalt hatten. Bei der Befragung 20083 konnten wir feststellen, dass sich diese positive Entwicklung fortsetzt. Dies lässt sich am besten mit einem Durchschnittswert4 darstellen: Gab es im Wintersemester 2002/03 durchschnittlich 2,1 Veranstaltungen zu Schulsozialarbeit je Hochschule, stieg dieser Wert 2007/08 auf 3,3. Den größten Anteil an diesen Veranstaltungen hatten dabei zahlenmäßig sowohl 2004 als auch 2008 die Seminare, gefolgt von Projekten. Die Seminare lagen auch bei der Anzahl der teilnehmenden Studierenden weit vorne. Stark zugenommen haben auch Angebote, die mit externen Partnern verknüpft sind, wie Exkursionen und Gastvorträge.
1 2 3 4 48
Die Überarbeitung des Fragebogens erfolgte durch Bernhard Eibeck und Björn Köhler. Bei der Befragung 2004 wurden die Daten des Wintersemester 2002/2003 und des Sommersemesters 2003 erhoben. Bei der Befragung 2008 wurden die Daten des Sommersemesters 2007 und des Wintersemesters 2007/2008 erhoben. Siehe auch Tabellen 1 und 2.
Sozialpädagogische Professionalität für die Schule
Angebote zur Schulsozialarbeit sind an vielen Hochschulen mittlerweile fester Bestandteil des Studiums: Von 45 Hochschulen gaben 30 an, dass sie Veranstaltungen im Wahlbereich anbieten, sechs Hochschulen hatten Schulsozialarbeit im Pflichtbereich verankert. An fünf Hochschulen ist es möglich, Veranstaltungen zur Schulsozialarbeit sowohl im Wahl- als auch im Pflichtbereich zu belegen. An 5 Hochschulen ist es jedoch gar nicht möglich, sich mit Schulsozialarbeit zu befassen. 2004 boten lediglich 24 von 35 Hochschulen die Möglichkeit, sich im Wahlbereich mit Schulsozialarbeit zu befassen. Die Zahl der Hochschulen, wo die Thematik im Pflichtbereich verankert ist ging jedoch leicht zurück. Hier waren es 2004 noch 13 Studiengänge. An acht Hochschulen gibt es 2008 sogar ein eigenständiges Modul für Schulsozialarbeit. 26 Hochschulen gaben an, Schulsozialarbeit im Rahmen anderer Module zu lehren. Hier waren die meisten in den Bereichen Kinder-, Jugend-, und Familienhilfe sowie bei Praxis- oder Projektmodulen angesiedelt. Auch die Zahl der Hochschulen, an denen es möglich ist, eine Studienleistung im Bereich Schulsozialarbeit zu erbringen, ist von 31 auf 41 gestiegen. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass in modularisierten Studiengängen (anders als bei den alten Diplom-Studiengängen) in der Regel jedes Modul mit einem Leistungsnachweis abschließt und dass die Zahl der Hochschulen, die an der Befragung teilgenommen haben, gestiegen ist. Als weiteren Indikator für die Verankerung in den Studiengängen hatten Eibeck und Holze 2004 die Anzahl der Expertinnen und Experten für Schulsozialarbeit an Hochschulen ausgewählt. Zwar hat die Zahl der Hochschulen mit mindestens einem Dozenten mit Schwerpunkt Schulsozialarbeit in absoluten Zahlen leicht zugenommen (2004: 31, 2008: 32) jedoch stieg die Zahl der Hochschulen, die über keinen Dozenten mit entsprechendem Schwerpunkt verfügen überproportional an. Da sonst alle Werte auf einen deutlichen Ausbau der Angebote hinweisen, ist dieses Ergebnis nicht nach vollziehbar. Möglicherweise gleichen die Hochschulen diesen Mangel über externe Partner aus.
3
Kooperationen mit externen Partnern
Die Anzahl der Hochschulen, die mit externen Partnern bei Lehrveranstaltungen kooperieren, hat zugenommen. Hierbei kam es bei den Kooperationspartnern zu einer deutlichen Verschiebung: Während 2004 die meisten Hochschulen (71,4%) mit Schulträgern (also Land oder Kommune) kooperierten, ging dieser Wert auf 55,8% zurück. Deutlich zulegen konnten die Kooperationen mit den 49
Björn Köhler
Öffentlichen Trägern (von 48,6% auf 60,5%) und den Freien Trägern der Jugendhilfe (von 54,3% auf 62,8%). Auch hat die Intensität der Kooperationen deutlich zugenommen. Der Trend geht von sporadischen Kooperationen hin zu einer kontinuierlichen Zusammenarbeit. Am häufigsten wurden hier die Mitwirkung von Studierenden im Nachmittagsbereich sowie Exkursionen und Hospitationen genannt. Lediglich bei den gemeinsamen Projekten gab es einen leichten Rückgang. Dies lässt sich mit den Auswirkungen des Bolognaprozess erklären, da gemeinsame Projekte an oder mit Schulen meist arbeitsintensiv und auf einen längeren Zeitraum ausgelegt sind und so schwerer in die verkürzten Regelstudienzeiten zu integrieren sind. Deutlich zugenommen haben auch die Kooperationen mit oder an Ganztagsschulen: Dieser Wert stieg von 56,5% (2004) auf 85,3% (2008). Von der neu geschaffenen Möglichkeit, creditpoints für Leistungen zu vergeben, die bei geeigneten externen Kooperationspartnern (z.B. durch den Besuch geeigneter Fortbildungen) erbracht wurden, machen die Hochschulen bisher kaum Gebrauch. Dies ist bedauerlich, da sich so eine engere Verknüpfung mit der Praxis erreichen ließe, was den Absolventinnen und Absolventen später sicher zugute kommen würde, insbesondere da das Berufspraktikum als begleiteter Berufseinstieg in den meisten Bundesländern wegfällt. An einigen Hochschulen ist es möglich, Schulsozialarbeit als Schwerpunkt im Studium zu wählen. Hier stagnieren jedoch die Zahlen: Bei beiden Befragungen gaben jeweils 11 Hochschulen an, dass es bei ihnen möglich sei, einen solchen Schwerpunkt zu belegen. Allerdings gaben 2008 32 Studiengänge an, dass dies nicht möglich sei. 2004 waren es 23 Hochschulen, die keinen solchen Schwerpunkt anboten. Dieses Ergebnis lässt sich mit den Auswirkungen des Bologna-Prozess erklären: Während 2004 ausschließlich Diplomstudiengänge bestanden, die eine Schwerpunktbildung in der Regel ermöglichten, ist dies im Bachelor eigentlich nicht vorgesehen und auf Grund der Regelstudienzeit von meist 6 Semestern nur schwer möglich. Daher halten wir es für ein positives Signal, dass im Zuge der Bologna-Reformen nach wie vor viele Hochschulen die Möglichkeit zum exemplarischen Lernen in Schwerpunkten, auch in der Schulsozialarbeit, bieten.
4
Praktika in der Schulsozialarbeit
Eine Verbesserung für Studierende hat sich bei der Praktikumssituation ergeben. Zwar konnten bereits 2004 alle Studierenden an den teilnehmenden Hoch50
Sozialpädagogische Professionalität für die Schule
schulen ein Praktikum im Bereich Schulsozialarbeit machen (2008 war dies an 97,7% der Hochschulen möglich), jedoch boten 2008 deutlich mehr Hochschulen Praktikumsmöglichkeiten an Ganztagsschulen an. Viele Studierende haben so die Möglichkeit, dieses Schulmodell, welches in Zukunft immer stärker das Arbeitsfeld Schulsozialarbeit prägen wird, kennenzulernen. Bei den Einsatzstellen für Zwischenpraktika lagen 2008 die Hauptschulen (83,8%) vor den Sonder- und Förderschulen (78,4%) und den Grundschulen (73,0%). Die Gesamtschulen lagen mit 67,6% auf dem vierten Platz. In der Reihenfolge ähnlich, bei weit weniger positiven Nennungen, zeigt sich das Ergebnis aus 2004: Hauptschulen (67,6%), gefolgt von Sonder- und Förderschulen (47,1%) und Gesamtschulen (44,1%). Hier lagen die Grundschulen mit 41,1% auf dem vierten Platz. Es zeigt sich also deutlich, dass Studierende heute wesentlich mehr Wahlmöglichkeiten haben, was Praktika in der Schulsozialarbeit betrifft. In der Regel können sie zwischen verschiedenen Schulformen und Trägern wählen. Verschiebungen gab es auch bei den Anbietern der Praktika. Hier wurden die Öffentlichen (von 68,6% in 2004 auf 74,4% in 2008) und die Freien Träger der Jugendhilfe (von 74,3% auf 90,7%) häufiger genannt, während die Wichtigkeit der Schulträger als direkte Anbieter von Praktika von 80,0% auf 76,7% zurückging. Die Zahl der Hochschulen, bei denen ein Praktikum im Ganztagsbereich möglich ist stieg von 76,7% in 2004 auf 92,1% in 2008, während die Zahl der Hochschulen, die ein solches Praktikum ausdrücklich nicht ermöglichen konnten, von 23,3% auf 7,9% sank.
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Großes Interesse bei Studierenden
Auf Seiten der Studierenden scheint das Berufsfeld auf Interesse zu stoßen. Eine bemerkenswert große Zahl wählte entsprechende Themen und Fragestellungen für ihre Abschlussarbeiten. Im direkten Vergleich der Jahre 2004 und 2008 kann man bei der absoluten Anzahl der Abschlussarbeiten (sowohl Diplom- als auch Bachelorarbeiten) eine deutliche Steigerung ablesen. Eine Einordnung der Zahlen ist jedoch nicht direkt möglich, da die zugrundeliegenden Studierendenzahlen nicht bekannt sind. Ein deutlicher Trend wird jedoch sichtbar, wenn man die Anzahl der Studierenden betrachtet, die im Bereich Schulsozialarbeit entweder ihr Berufspraktikum (Anerkennungsjahr) oder ihr berufspraktisches Semester ableisteten: 2008 wurden uns fast drei mal so viele Studierende gemeldet wie noch 2004. Aber 51
Björn Köhler
auch hier sind die Angaben oft ungenau. Trotz allem lässt sich sagen, dass das Interesse bei den Studierenden an der Schulsozialarbeit stark ist und weiter zu steigen scheint.
6
Weniger Probleme beim Berufseinstieg
Deutlich weniger Probleme als noch 2004 sahen die Hochschulen beim Berufseinstieg in dieses Arbeitsfeld. Gaben 2004 noch 76,5% der befragten Hochschulen an, es gäbe deutliche Probleme beim Berufseinstieg, sank dieser Wert im Jahr 2008 auf 45%. Die Probleme, die von Seiten der Hochschulen beim Berufseinstieg gesehen wurden, lassen sich in drei Bereiche aufteilen: Am häufigsten wurde das Verhältnis der Schulsozialarbeit zur Schule bzw. zu den Lehrerinnen und Lehrern benannt. Diese hätten oftmals zu wenig Kenntnis über das Aufgaben- und Tätigkeitsprofil der Schulsozialarbeit und würden die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter als „Feuerwehr“ missbrauchen. Am zweithäufigsten wurden konzeptionelle Probleme genannt. Schulsozialarbeit werde viel zu oft von relativ unerfahrenen Berufsanfängern oder ohne ausreichende Konzeption betrieben. In diesem Zusammenhang ist wohl auch der Problembereich mit der dritthäufigsten Nennung zu sehen: Stellenmängel. Viele Stellen seien keine Vollzeitstellen oder befristete Projektstellen. Dies deckt sich mit den Ergebnissen einer Studie im Auftrag der Max-Traeger-Stiftung aus dem Jahr 2007 (vgl. FuchsRechlin in GEW 2007). Dadurch sind diese Stellen oftmals für erfahrene Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagogen unattraktiv. Hier besteht seitens der Politik Handlungsbedarf: Schulsozialarbeit darf nicht länger nur befristet und halbherzig betrieben werden. Um eine qualitativ hochwertige Arbeit zu leisten, brauchen die Praktiker neben einer guten Ausstattung auch die Sicherheit, dass ihr Arbeitsplatz dauerhaft gesichert ist und es sich lohnt, sich im Bereich Schulsozialarbeit zu etablieren und z. B. Weiterbildungen zu besuchen. Anzumerken ist jedoch, dass hier lediglich die Meinung der Hochschulen (bzw. der Ausfüllenden) abgefragt wurde und es sich nicht um eine Erhebung aus der Praxis handelt.
52
Sozialpädagogische Professionalität für die Schule
7
Forschung und Fortbildung
Zwei Bereiche, in denen weiterhin großer Handlungsbedarf besteht, sind die Forschung und das Fort- und Weiterbildungsangebot im Bereich Schulsozialarbeit an den Hochschulen. So gaben 2004 lediglich 14,3% an, Fortbildungen auf akademischen Niveau anzubieten. Hieran hat sich 2008 nicht viel verändert (14,0%). Hinzu kommt, dass viele dieser Fortbildungen gar nicht geeignet sind, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, die in dieses Berufsfeld einsteigen wollen, die notwendigen Kenntnisse zu vermitteln. Oftmals handelte es sich um eintägige Tagungen oder einzelne, wenige Veranstaltungen. Positiv ist jedoch zu vermerken, dass viele Hochschulen über die Einrichtung eines entsprechenden Masterstudiengangs nachdenken. Den Abschnitt zur Forschung an den Hochschulen haben wir 2008 neu in den Fragebogen aufgenommen, da eine Profession sich immer auch auf arbeitsfeldorientierte Forschung stützt. 51,2% der Hochschulen gaben an, Forschung auf dem Gebiet der Schulsozialarbeit zu betreiben. Die hohe Anzahl der Hochschulen, die angeben, im Bereich Schulsozialarbeit zu forschen, wirkt auf den ersten Blick sehr erfreulich. Schaut man jedoch genauer hin, stellt man fest, dass professionsbildende Forschung noch recht selten ist. Viele Hochschulen machten auf die Frage, in welchem Rahmen und mit welchem Schwerpunkt sie Forschung betreiben, nur sehr vage Angaben. Meist wurden Evaluationen von lokalen (Praxis-)Projekten genannt, gefolgt von studentischen Abschlussarbeiten. Nur wenige Hochschulen betreiben zur Zeit aktive Forschung, z.B. zum Thema Schulverweigerung oder zur Ganztagsschulentwicklung. Dieser Eindruck wurde auf der Tagung des Kooperationsverbundes Schulsozialarbeit gemeinsam mit der Universität Potsdam im Dezember 2008 bestätigt: Es gibt viele kleine Forschungs- und Evaluationsprojekte, Grundlagenforschung wird zur Zeit jedoch nicht geleistet. Erste Ansätze, diese Lücke zu schließen, wurden auf der genannten Tagung erreicht. Hier fand eine Diskussion über inhaltlich und methodisch geeignete Ansätze statt und es wurde angeregt, gemeinsam an diesem Thema weiterzuarbeiten und Forschungsvorhaben zu koordinieren. Zur Professionsentwicklung ist die gemeinsame Forschung unerlässlich. Daher sind die aufgezeigten Entwicklungen zu begrüßen. Es bleibt zu hoffen, dass der in Potsdam eingeschlagene Weg seitens der Hochschulen weiterverfolgt und die Forschung intensiviert wird.
53
Björn Köhler
8
Hochschulen planen für die Zukunft: Ausbau erwartet
Wie schon 2004 (84,8%) halten es die Hochschulen auch im Jahr 2008 (90,0%) insgesamt für sinnvoll, den Bereich Schulsozialarbeit im Studium weiter auszubauen. Konkret sprachen sich die meisten dafür aus, die bestehenden Angebote auszubauen und ein eigenständiges Modul zur Schulsozialarbeit einzuführen, gefolgt von der Idee, einen entsprechenden Masterstudiengang einzurichten. Uns sind einige Masterstudiengänge bekannt, die zur Zeit in Planung sind (z.B. in Hildesheim und in Frankfurt a.M.). In Regensburg startete vor kurzem ein Bachelor-Studiengang mit dem Schwerpunkt Schule und schulnahe Dienste5. Insgesamt ist mit einem weiteren Ausbau des Studienangebots zu rechnen. Die GEW wird diese Entwicklung weiter begleiten und fördern. Im Sommer 2009 wird eine Broschüre herausgegeben, in der die aktuellen Möglichkeiten, sich im Studium auf die Tätigkeiten im Feld Schulsozialarbeit vorzubereiten, vorgestellt werden. Dieser Studienführer soll regelmäßig aktualisiert werden.
9
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit auf dem richtigen Weg
Da die Experten aus der GEW regelmäßig im Kooperationsverbund Schulsozialarbeit und dieser durch das „Berufsbild und Anforderungsprofil“ sowie dem „Qualifikationsrahmen für das Studium der Schulsozialarbeit“ einen wichtigen Beitrag zum weiteren Ausbau der Ausbildung in der Schulsozialarbeit geleistet hat, lag es nahe zu schauen, wie die Aktivitäten des Kooperationsverbundes an den Hochschulen aufgenommen werden6. In der Fachwelt wurde das Berufsbild überwiegend positiv aufgenommen und hat sich zu einem Standardwerk entwickelt. Viele Träger und Behörden zitieren daraus oder wenden es an. Uns interessierte jedoch, wie es an den Hochschulen wahr- und aufgenommen wird. Die Ergebnisse bestätigen die Mitglieder des Kooperationsverbundes in ihrer Arbeit: Immerhin 50,0% der Antwortenden kannte das Berufsbild bereits vor dieser Befragung inhaltlich. Weitere 17,5% hatten zumindest schon mal davon gehört. Bei der inhaltlichen Bewertung gaben dann immerhin 85,2% der Antwortenden an, dass es umfassend und zutreffend sei7. 5 6 7
54
Soziale Arbeit – Soziale Dienste an Schulen (Bachelor) Beide Veröffentlichungen sind auch in diesem Sammelband zu finden. Da wir dem Fragebogen je ein Exemplar beigefügt hatten, konnte diese Frage auch von allen beantwortet werden.
Sozialpädagogische Professionalität für die Schule
Außerdem wollten wir wissen, wie weit der „Qualifikatonsrahmen für das Studium der Sozialen Arbeit im Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit“ bereits bekannt ist, da er einem breiten Publikum erst im Rahmen dieses Sammelbandes zugänglich gemacht wird. Der Qualifikationsrahmen war bei 34,9% der Antwortenden bereits bekannt und 87,5% gaben an, dass sie die Entwicklung eines solchen Qualifikationsrahmens für sinnvoll halten! Dies zeigt, dass der Kooperationsverbund trotz einiger Kritik, die an dem Instrument geäußert wurde, auf dem richtigen Weg ist und offenbar ein Bedarf an den Hochschulen für eine solche Matrix besteht.
10
Politik: Ausbau möglich
Immer wieder wird in der Politik der Ruf nach Schulsozialarbeit laut, insbesondere dann, wenn negative Ergebnisse einer Studie (wie z.B. die IGLU- oder PISA-Studien) veröffentlicht oder Gewalttaten an Schulen bekannt werden. Um zu erfahren, wie denn die aktuelle politische Wahrnehmung zum Thema Schulsozialarbeit ist, haben wir gleichzeitig zur Befragung der Hochschulen einen sehr offen formulierten Fragebogen an die Kultusministerinnen und Kultusminister der Länder geschickt. Auch hier gab es einen erstaunlich guten Rücklauf. Immerhin neun von 16 Ministerien haben geantwortet, oftmals sogar von höchster Ebene. Fast alle Ministerien äußerten sich positiv zur Schulsozialarbeit und sehen die sozialpädagogische Betreuung und Begleitung von Schülerinnen und Schülern durch nicht-lehrendes Personal als wichtige und wertvolle Aufgabe. Grundsätzlich sei mit einem Ausbau der Schulsozialarbeit zu rechnen. Konkrete quantitative Aussagen konnte man den Antworten der Ministerinnen und Minister jedoch meist nicht entnehmen. Hier beschränkte man sich in der Regel auf allgemeine Aussagen zu Rahmenbedingungen, wie z.B. der wirtschaftlichen Lage eines Landes oder der allgemein wachsenden Zahl von Ganztagsschulen. Vereinzelt werden jedoch konkrete Forderungen laut. So forderte Doris Ahnen, Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz im Rahmen des so genannten Bildungsgipfels in Dresden wiederholt, Bundesregierung und Länder müssten jeweils eine Milliarde Euro zum Ausbau der Schulsozialarbeit zur Verfügung stellen. Mit diesen zwei Milliarden Euro könnten nach Berechnungen der GEW rund 40.000 neue Stellen geschaffen werden. Damit könnte jede Schule in Deutschland mit je einer Stelle Schulsozialarbeit versorgt werden. Auch Ahnen wünscht sich dies, wie sie in
55
Björn Köhler
einem Film der GEW kund tat8. Leider wurde die Forderung Ahnens durch die Bundesregierung vorerst abgelehnt. Aus fachlicher Sicht ist sogar ein Verhältnis von einer Stelle Schulsozialarbeit je 150 Schülerinnen und Schüler notwendig (vgl. Kooperationsverbund Schulsozialarbeit 2007, S. 14).
11
Fazit
Waren Holze und Eibeck bereits im Jahr 2004 erstaunt über die Vielzahl an Möglichkeiten, sich auf den Beruf des Schulsozialarbeiters im Studium vorzubereiten, so hat sich diese Situation in den letzten Jahren noch einmal verbessert. Das Studienangebot ist vielfältig und wird immer gezielter: Neben ersten Bachelorstudiengängen entstehen immer mehr Master zum Berufsfeld. Viele Hochschulen sind für diese Entwicklung zumindest offen. Betrachtet man die Struktur der Lehrangebote, insbesondere den Ausbau bei den Kooperationen mit den Trägern der Jugendhilfe und die damit verbundene Möglichkeit für Studierende praktische Erfahrungen im Arbeitsfeld bereits während des Studiums zu sammeln, bestätigt sich unsere These, die wir als Ausgangspunkt unserer Befragung an den Hochschulen aufgestellt hatten: Schulsozialarbeit entwickelt sich aus der Kinder- und Jugendhilfe kommend immer weiter zu einer eigenständigen Profession innerhalb der Sozialen Arbeit. Ein Problem bleibt nach wie vor die akademische Weiterbildung. Fachkräfte, die sich nach dem Studium im Bereich Schulsozialarbeit auf Hochschulniveau weiterbilden wollen, haben dazu nur sehr begrenzte Möglichkeiten. Hier besteht erheblicher Handlungsbedarf. In Zukunft wird sich im Bereich Schulsozialarbeit eine neue Forschungslandschaft bilden. Ein deutliches Zeichen hierfür war die Expertentagung des Kooperationsverbunds Schulsozialarbeit und der Universität Potsdam im Jahr 2008 und die anschließenden Reaktionen der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Problematik der – nach Meinung der Hochschulen – oft unzureichenden konzeptionellen Absicherung von Schulsozialarbeit wird sich in Zukunft abmildern. Mit dem Aufbau neuer Studiengänge stehen dem Arbeitsfeld künftig mehr qualifizierte Fachleute zur Verfügung. Dies wird einen Qualitätsschub in der Sozialen Arbeit an Schulen mit sich bringen.
8 56
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (2009): Traumberuf Schulsozialarbeit (Film).
Sozialpädagogische Professionalität für die Schule
Auch die Beiträge des Kooperationsverbunds zur Professionsentwicklung werden in der Fachöffentlichkeit weitgehend wohlwollend aufgenommen und regen inhaltliche Auseinandersetzungen an. Inhaltlich scheint der eingeschlagene Weg richtig zu sein. Quantitative Aussagen zur weiteren Entwicklung der Stellensituation in der Schulsozialarbeit gestalten sich schwierig. Leider ist Schulsozialarbeit viel zu oft Spielball der Parteipolitik einzelner Landespolitiker. Nur so ist zu erklären, warum einige Bundesländer verhinderten, dass im Zuge des Ausbaus von Ganztagsschulen (Investitionsprogramms „Zukunft, Bildung und Betreuung“ – IZBB) Stellen geschaffen wurden oder warum Aktionen wie „1000 Schulsozialarbeiter“ des Landes Mecklenburg Vorpommern oder andere Programme in Bayern und Baden-Württemberg nicht fortgeführt werden, sondern lediglich als Strohfeuer kurz Aufmerksamkeit erregten. Trotzdem ist auf lange Sicht mit einem deutlichen Ausbau zu rechnen, insbesondere da der Ausbau der Ganztagsschulen nach Ansicht führender Wissenschaftler (so z.B. Prof. Dr. Rauschenbach auf der Abschlusstagung des Verbundprojekts „Lernen für den GanzTag“ in Köln im Mai 2008) nicht mehr aufzuhalten ist.
12
Ausgewählte Tabellen
Tabelle 1: Wie viele Seminarangebote/Lehrveranstaltungen zum Thema Schulsozialarbeit gab es im SS 07 und WS 07/08?
Vorlesung Seminar Blockseminar
SS 07
Teilnehmerzahl
WS 07/08
Teilnehmerzahl
8
165
1
92
47
826
69
886
3
91
5
109
20
247
20
213
Workshop
0
0
0
0
Exkursion
Projekt
16
183
14
161
Gastvortrag
9
496
14
256
Sonstiges
1
10
1
10
104
2.018
124
1.727
n=
40
Durchschnitt
2,6
38 3,3 57
Björn Köhler Tabelle 2: Zum Vergleich Befragung 2004 zu Tabelle 1 WS 02/03
SS 03
3
3
26
24
Vorlesungen Seminare Blockseminare
2
4
22
21
4
2
Exkursionen
8
5
Gastvorträge
5
8
70
67
34
34
Projekte Workshops
n= Durchschnitt
2,1
2,0
Tabelle 3: Gibt es Lehrveranstaltungen in Kooperation mit örtlichen Praxisstellen? 2004 Ja
2008
32
36
Nein
2
5
k.A.
1
2
Tabelle 4: Wenn ja, in welcher Trägerschaft? Mehrfachnennungen möglich. 2004 (n=35)
2008 (n=43)
Freier Träger
19 (54,3%)
27 (62,8%)
Öffentlicher Träger
17 (48,6%)
26 (60,5%)
Schulträger
25 (71,4%)
24 (55,8%)
58
Sozialpädagogische Professionalität für die Schule Tabelle 5: Wenn ja, um welche Schulformen handelt es sich beim Einsatzort? Mehrfachnennungen möglich. 2004 (n = 27)
2008 (n = 35)
Grundschule
13 (48,1%)
23 (65,7%)
Hauptschule
24 (88,8%)
32 (91,4%)
Realschule
5 (18,5%)
12 (34,3%)
Regelschule
4 (11,4%)
6 (17,1%)
Gesamtschule
12 (44,4%)
16 (45,7%)
Gymnasium
5 (18,5%)
10 (28,6%)
Sonderschule/Förderschule
11 (40,7%)
19 (54,3%)
Berufliche Schule
8 (29,6%)
19 (54,3%)
Reformschule*
1
*Nennung durch Hochschule
Tabelle 6: Gibt es örtliche Praxisstellen, die Studierenden Praktika ermöglichen? Ja
Nein
k.A.
Pflicht-/Praktikum
42 (97,7%)
1 (2,3%)
0
BPS/Berufspraktikum
20 (62,5%)
12 (37,5%)
11
Tabelle 7: Zum Vergleich 2004 zu Tabelle 6 Ja
35 (100%)
Nein
0
k.A.
0
Tabelle 8: Wenn ja, in welcher Trägerschaft? 2008 (n=43)
2004 (n= 35)
Freier Träger
39 (90,7%)
26 (74,3%)
Öffentlicher Träger
32 (74,4%)
24 (68,6%)
Schulträger
33 (76,7%)
28 (80,0%)
59
Björn Köhler Tabelle 9: Wenn ja, um welche Schulform handelt es sich beim Einsatzort? Mehrfachnennungen möglich. Zwischenpraktikum
BPS/Berufspraktikum
Grundschule
27 (73,0%)
14 (37,8%)
Hauptschule
31 (83,8%)
15 (40,5%)
Realschule
17 (45,9%)
9 (24,3%)
Regelschule
10 (27,0%)
4 (10,8%)
Gesamtschule
25 (67,6%)
10 (27,0%)
Gymnasium
11 (29,7%)
7 (18,9%)
Sonderschule / Förderschule
29 (78,4%)
15 (40,5%)
Berufliche Schule
17 (29,7%)
12 (32,4%)
6
6
k.A.
Tabelle 10: Zum Vergleich 2004 zu Tabelle 9 Zwischenpraktika
Anerkennungsjahr
Grundschulen
14 (41,1%)
6 (17,6%)
Hauptschulen
23 (67,6%)
11 (32,4%)
Realschulen
8 (23,5%)
4 (11,8%)
Regelschulen
6 (17,6%)
2 (5,9%)
Gesamtschulen
15 (44,1%)
13 (38,2%)
Gymnasien
7 (20,6%)
4 (11,8%)
Sonderschulen/ Förderschulen
16 (47,1%)
8 (23,5%)
Berufliche Schulen
11 (32,4%)
5 (14,7%)
1
1
k. A.
60
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit1 (Hrsg.)
Qualifikationsrahmen für das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit 1
Präambel
Mit dem hier vorgelegten „Qualifikationsrahmen“ will der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit einen Beitrag leisten zur Professionalisierung eines der wichtigsten und perspektivisch expansivsten Arbeits- und Berufsfelder der Jugendhilfe. Die Gestaltung einer neuen Lehr- und Lernkultur, die immer stärker werdende Vernetzung von Schule und Jugendhilfe in der Kommune und sich ständig und immer schneller wandelnde soziokulturelle Rahmenbedingungen des Aufwachsens junger Menschen sind Herausforderungen, die eine verlässliche Professionalität der Schulsozialarbeit verlangen. Eine verbesserte Transparenz der Kompetenzen erleichtert politischen Entscheidungsträgern die Argumentation für den zielgerichteten Ausbau von Schulsozialarbeit. Die durch ein Studium abgesicherte Profession wird Gewähr dafür bieten, dass die in der Praxis erforderlichen Qualifikationen durch die Träger der Einrichtungen abgerufen werden können. Studierenden der Sozialen Arbeit bzw. der Sozialpädagogik und des Lehramtes soll die Möglichkeit eröffnet werden, sich auf unterschiedlichen Niveaustufen und Vertiefungsgraden das Wissen zu erarbeiten, das für den Arbeitsplatz Schulsozialarbeit erforderlich ist. Zugleich werden spezifische Handlungskompetenzen vermittelt, die professionelle Autonomie gestärkt und berufsethische Fragen reflektiert. Die Herleitung der für das Studium vorgeschlagenen Inhalte folgt konsequent den Grundsätzen und Zielen der Jugendhilfe: Junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen, Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen, 1
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit im November 2007: Dieter Eckert, Bernhard Eibeck, Jürgen Ludewig, Nicole Pötter, Regine Rosner, Alexandra Schwarz, Gerhard Segel, Claudia Seibold, Petra Tabakovic. Qualifikationsrahmen für das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit erstmals veröffentlicht im Oktober 2008. 61
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (Hrsg.)
Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen, dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen (§ 1 SGB VIII). Der „Qualifikationsrahmen“ spiegelt die in der Praxis geforderte Breite der pädagogischen Ansätze, Leistungen und Zielgruppen wider. Das Bezugsfeld ist nicht nur die Schule, in der Schulsozialarbeiter und Schulsozialarbeiterinnen vorrangig agieren, sondern auch der Sozialraum, wobei dem Bereich des Übergangs von der Schule in die Arbeitswelt eine besondere Bedeutung zukommt. Der „Qualifikationsrahmen“ unterstützt eine „Pädagogik der Vielfalt“, die sich an alle Kinder- und Jugendlichen richtet, sie als Akteure einbezieht und niemanden zurücklässt.
62
Qualifikationsrahmen für das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit
Ulrich Bartosch | Anita Maile | Christine Speth in Verbindung mit dem Kooperationsverbund Schulsozialarbeit unter Mitwirkung von Herbert Bassarak und Uwe Hirschfeld
2
Qualifikationsrahmen Schulsozialarbeit
2.1
Selbstverständnis und Geltungsanspruch
Mit Schulsozialarbeit2 wird in diesem QR ein anspruchsvolles Berufs- und Arbeitsfeld in seinen professionellen Handlungsvollzügen und in seiner komplexen Anbindung an disziplinäre Entwicklungs-, Forschungs- und Ausbildungsbedingungen beschrieben. Dieser QR beruht auf dem Arbeitsprozess des Kooperationsverbundes Schulsozialarbeit und korrespondiert mit den vorgelegten Papieren dieser Arbeitsgruppe. Der Entwurf wurde durch eine Arbeitsgruppe an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt erarbeitet und in einem stufenweißen Diskussionsprozess mit dem Kooperationsverbund und weiteren Experten weiterentwickelt. Der Kooperationsverbund vertritt die Überzeugung, dass es angesichts der besonderen, einheitlichen und unterscheidbaren Bedingungen im Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit angebracht ist, die Tätigkeit der Schulsozialarbeiterin/des Schulsozialarbeiters als eine eigenständige Profession zu fassen. Mit der Vorlage des Papiers „Berufsbild und Anforderungsprofil der Schulsozialarbeit“ (Februar 2006) wurde dieser Anspruch gefestigt und begründet. Hierauf und auf dem Arbeitspapier „Studienschwerpunkt Schulsozialarbeit. Qualifizierungsbausteine für die Vorbereitung auf ein anspruchsvolles Berufs- und Arbeitsfeld“ gründet der QR vorrangig. Der QR SchulSArb verfolgt dabei eine Darstellungsweise, durch die in allgemeiner Weise die prüfbaren (und geprüften) Elemente eines Qualifikationsprofils beschrieben werden, die als Ergebnis eines akademischen Studiums (learning outcome) zur Vorbereitung auf dieses Berufs- und Arbeitsfeld (employability) angenommen werden oder eingefordert werden müssen. Dieser QR formuliert seine Standards auf der Basis eines Professionsverständnisses, das für die Schulsozialarbeit eine gleichberechtigte mitbestimmende Verantwortung in der Schule und ihren sozialen sowie sozialräumlichen 2
Im folgenden wird Schulsozialarbeit als Oberbegriff für die verschiedenen Bezeichnungen des Berufs- und Arbeitsfeldes verwandt, ohne damit eine Präferenz für ein bestimmtes konzeptionelles Verständnis zu meinen. 63
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (Hrsg.)
Kontexten reklamiert. Dabei verortet sich dieser QR nicht in einer einzigen Disziplin. Vielmehr will er jene Elemente eines spezifischen Qualifikationsprofils für die/Schulsozialarbeiterin/den Schulsozialarbeiter präzisieren, die für eine erfolgreiche professionelle Tätigkeit zwingend erforderlich sind. Sie dürfen in keinem akademischen Ausbildungsweg fehlen. Damit wird angeregt, disziplinäre QRs auf ihre Kompatibilität für die Anforderungen der Schulsozialarbeit hin zu überprüfen. Es erscheint denkbar, dass ein entsprechendes Qualifikationsprofil im Rahmen verschiedener Studiengänge (z.B. Soziale Arbeit, Pädagogik, Lehramt) erreicht werden könnte. Der QR kann als Instrument dienen, um die Entwicklung spezifischer Curricula, Hochschuldidaktik und Prüfungsformen neuer Studienprogramme an den Anforderungen des Berufs- und Arbeitsfeldes Schulsozialarbeit auszurichten. Eigenständige Studiengangsangebote (auf BA- und MA-Niveau) zur Schulsozialarbeit werden damit nicht ausgeschlossen. Sie sind vielmehr zu begrüßen. Ihre spezifische Profilierung wird durch den vorliegenden Rahmen allerdings nicht festgelegt. Der QR SchulSArb 5.0. beansprucht für sich ein vorläufiges Instrument zu sein, das in einem stetigen Diskussionsprozesses reflektiert und weiterentwickelt wird. Im Jahr 2009 wird die Arbeitsgruppe eine Version 6.0. erarbeiten. 2.2
BA und MA
Der QR SchulSArb unterscheidet zwischen den Qualifikationsniveaus BA und MA. Gegenüber dem BA-Level zeichnet sich das MA-Level durch erweiterte und vertiefte Befähigung zur wissenschaftlichen Arbeit im Berufsfeld Schulsozialarbeit aus. Zugleich ist damit ein erweiterter Verantwortungsbereich für die Absolventinnen und Absolventen reklamiert, der dem anderer, gleichwertiger akademischer Abschlüsse im Berufsfeld Schule und Jugendhilfe entspricht. 2.3
Funktionen
Der QR SchulSArb kennzeichnet in allgemeiner Sprache jene Qualifikationselemente, die bei Absolventinnen und Absolventen hochschulischer Studiengänge vorausgesetzt werden müssen, um erfolgreiche, professionelle Schulsozialarbeit leisten zu können. Konkrete, curriculare Studienangebote sollten durch Verweis auf die formulierten learning-outcomes offenlegen, mit welchen Studieninhalten und didaktischen Methoden die Qualifikationen gesichert sowie durch welche Prüfungsformen sie nachgewiesen werden.
64
Qualifikationsrahmen für das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit
Für die Anerkennung von Qualifikationen, die außerhalb der Hochschule erworben worden sind, kann der QR SchulSArb dann als Übersetzungswerkzeug dienen. Auch für spezifische Nachqualifizierungen (z.B. von Erzieherinnen und Erziehern) werden somit konkrete Anhaltspunkte gegeben. Der QR-SchulSArb zeichnet durch seine Unterscheidung des BA- und MALevels auch Entwicklungsperspektiven des Berufs- und Arbeitsfeldes in Richtung einer erweiterten Verantwortung für die Schul- und Sozialraumentwicklung (Schul-Quartiersmanagement). 2.4
Konstruktionsaspekte
Der QR SchulSArb folgt der Konstruktionslogik des QR SArb. Allerdings werden im vorliegenden QR SchulSArb keine vollständigen Qualifikationsprofile von speziellen Studiengängen zur Schulsozialarbeit abgebildet. Hier wird der Versuch gemacht, ergänzende bzw. spezifizierende Qualifikationselemente in der Sprache der Lernergebnisse als zusammenhängendes, konsistentes Qualifikationsprofil zu beschreiben. Dieses Profil ergibt sich aus den Anforderungen des Handlungsfeldes und bildet die qualifikatorischen Eckpunkte der Profession. Die disziplinäre Entwicklung, der auch wesentlich die Forschungsfragen und -methoden zugeordnet werden müssen, wird nicht festgelegt. Der QR SchulSArb folgt damit streng der „Bologna-Logik“, indem das nötige Qualifikationsprofil für eine erfolgreiche professionelle Tätigkeit aus der Perspektive des Handlungsfeldes beschrieben wird. Es bleibt den Konstrukteuren von Studiengängen – folgerichtig und konsequent – überlassen, in welchem disziplinären bzw. interdisziplinären Kontext das hochschulische Studium in Forschung und Lehre realisiert werden soll. Wenn im folgenden Text von Absolventinnen und Absolventen gesprochen wird, dann sind damit also grundsätzlich erfolgreiche Absolventinnen und Absolventen von solchen Studiengängen gemeint, die für das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit vorbereiten. Die Anschlussfähigkeit an ein Sozialarbeitsstudium wird dabei wegen der übernommenen Systematik besonders leicht überprüfbar. Für andere Studiengänge, z.B. Lehramt oder Pädagogik, sollte dies ebenfalls möglich sein.
65
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (Hrsg.)
2.5
Konkretisierung
A Wissen und Verstehen/Verständnis Allgemein soll für Absolventinnen/en mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in gelten: A-0 Das Wissen und Verstehen der Absolventinnen/en baut auf unterschiedlichen praktischen, fachlichen Vorerfahrungen unterschiedlicher Tiefe auf. Die vorausgehenden Qualifikationsprofile sind vielfältig: sowohl jene Kenntnisse, die auf praktischer Erfahrung beruhen, als auch jene wissenschaftlichen Befähigungen und Wissensbestände, die durch ein disziplinäres Studium gewonnen wurden, bilden spezifische Voraussetzungen. Der QR SchulSArb nimmt als disziplinären Studienrahmen – in dem er berücksichtigt wird – vorrangig Studiengänge der Sozialen Arbeit, der Pädagogik und des Lehramtes an. Spezifizierend und ergänzend verfügen Schulsozialarbeiterinnen/er über grundlegendes, sicheres Wissen und Verständnis des Kultur- und Bildungssystems der Gesellschaft, sowie der Funktionssysteme des Sozialstaates. Sie sind insbesondere vertraut mit den spezifischen Anforderungen und Bedingungen von Schule und Sozialer Arbeit. Entsprechend der Verortung des je eigenen Studienganges sind mindestens die relevanten Wissensbestände der anderen korrespondierenden wissenschaftlichen Disziplinen, also der Soziale Arbeit, eines Lehramtsstudiums, der Erziehungswissenschaft ferner der Heilpädagogik zu ergänzen. Weiterhin treten fundierte Kenntnisse ausgewählter Bereiche der Rechtswissenschaft, Psychologie, Politikwissenschaft, Soziologie, Sozialwirtschaft und Medizin hinzu. Ein breites Erziehungs-, Sozialisations- und Bildungsverständnis bildet die Ergänzung, um die Qualifikationsziele für professionelle Schulsozialarbeit erreichen und sichern zu können. Absolventinnen/ en können dann fachliches Wissen und Verstehen in einem spezifischen Studium und in jedem Fall gemäß den Anforderungen des Berufsfeldes Schulsozialarbeit nachweisen. Absolventinnen/en auf BA-Level mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in besitzen neben dem Wissen und Verständnis der wissenschaftlichen Grundlagen ihrer Disziplin A-BA-1 Wissen um die wissenschaftlichen Grundlagen der und Verständnis für die professionelle Praxis, die Arbeitsformen und Methoden der Schulpädagogik und der Jugendhilfe.
66
Qualifikationsrahmen für das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit
A-BA-2
systematische Kenntnisse wichtiger Theorien von Kindheit und Jugendalter, sozialer Problemlagen und von gesellschaftlicher Reproduktion, insbesondere Erziehung, Bildung, Sozialisation. A-BA-3 fundiertes, sicheres Wissen und systemisches Verständnis der Geschichte sowie der aktuellen relevanten Modelle, Methoden, Verfahren und ethischen Standards der Schulsozialarbeit. A-BA-4 Kenntnisse der rechtlichen Rahmenbedingungen/-bestimmungen von Schule, Berufsausbildung und Jugendhilfe sowie relevanter Rechtsgebiete. A-BA-5 Kenntnisse spezifischer gesetzlicher Rahmen und finanzieller Förderung von Schulsozialarbeit auf ausgewählter landesbezogener, regionaler und kommunaler Ebene. A-BA-6 fundierte Kenntnisse des Erziehungs- und Bildungswesens in Deutschland, seiner Geschichte, seiner Bildungspolitik, seiner Durchlässigkeiten und der Faktoren, die den Bildungserfolg beeinflussen. A-BA-7 fundierte Kenntnisse der unterschiedlichen Konzepte von Bildung, insbesondere des Zusammenwirkens von formaler, non-formaler und informeller Bildung. A-BA-8 vertieftes Verständnis der Arbeit mit Einzelnen und Familien, in und mit Gruppen sowie der Gemeinwesenarbeit. A-BA-9 exemplarischer Einblick und ausgewählte vertiefte, aktuelle Kenntnisse in Forschungs- und Entwicklungsfragen der Schulsozialarbeit. A-BA-10 kritisches Bewusstsein für den umfassenden multidisziplinären und -professionellen Kontext der Schulsozialarbeit. Absolventinnen/en auf MA-Level mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in besitzen A-MA-1 umfassendes Wissen und Verständnis der wissenschaftlichen Grundlagen ihrer Disziplin und der wissenschaftlichen Forschung zu Praxis, Arbeitsformen und Methoden der Schulpädagogik und der Jugendhilfe. A-MA-2 erprobte Kenntnis der relevanten Methoden qualitativer und quantitativer Sozialforschung, insbesondere im Bereich der Aktions- und Praxisforschung. A-MA-3 besondere Kenntnis über Gesamtleitung (Führung, Planung, Organisation, Steuerung), Qualitätsentwicklung und Bewirtschaftung von Ressourcen in Schule und Sozialraum. A-MA-4 vertieftes Wissen und Verständnis über Theorien, Modelle und Methoden der Schulsozialarbeit im nationalen sowie internationalen Rahmen entsprechend der aktuellen fachwissenschaftlichen Diskussion. 67
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (Hrsg.)
A-MA-5 erweitertes Wissen und vertiefte Kenntnisse über die wissenschaftliche Forschung zu Kindes- und Jugendalter, Schule und Sozialer Arbeit im nationalen und internationalen Rahmen. A-MA-6 Überblick zur aktuellen nationalen und internationalen Forschung und Entwicklung in einem Spezialgebiet. (z.B. Lernen, Sozialraum, Konfliktbewältigung etc.)
B Beschreibung, Analyse und Bewertung in der Schulsozialarbeit Allgemein soll für Absolventinnen/en mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in gelten: B-0 Absolventinnen/en sind in der Lage, die professionellen Anforderungen an das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit analytisch zu untersuchen. Dazu gehören insbesondere: die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen, ihre Rolle, Potentiale und Perspektiven als Schülerinnen und Schüler, die Beschreibung des spezifischen Handlungsfeldes im Spannungsverhältnis von Schule und Jugendhilfe. Dies ordnen sie definierten Zielen, Aufgaben und Maßnahmen zu. Sie können die Interessenlagen und fachlichen Blickwinkel anderer beteiligter Professionen und Disziplinen berücksichtigen. Analyse und Bewertung können einschließen: die systemische Identifikation des Problems, die Abklärung der spezifischen Problemstellung, die Abwägung möglicher Lösungsstrategien, Arbeitsformen, Methoden und Hilfearten. Die Absolventinnen/en erkennen die Zusammenhänge zwischen fachlichen Ansätzen der Schulsozialarbeit, den politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sowie den aktuellen erziehungs- und bildungspolitischen Entwicklungen. Absolventinnen/en auf BA-Level mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in besitzen B-BA-1 die erprobte Fähigkeit, Ressourcen und Potentiale von Schülerinnen und Schülern zu ermitteln und zu fördern. B-BA-2 die erprobte Fähigkeit, ihr Wissen und Verständnis anzuwenden, um Problemstellungen mit bewährten Strategien, Arbeitsformen und Methoden der Schulsozialarbeit systemisch zu identifizieren und zu formulieren. B-BA-3 die erprobte Fähigkeit, ihr Wissen und Verständnis zu nutzen für die kritische Analyse von Beratungs- und Hilfebedarf von Einzelnen oder Gruppen sowie der Rahmenbedingungen des Schultyps und des Sozialraumes. 68
Qualifikationsrahmen für das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit
B-BA-4
B-BA-5 B-BA-6
die Fähigkeit. die unterschiedlichen Rollenzuschreibungen und Zuständigkeiten (Kompetenzen) der unterschiedlichen Akteure im Lernund Arbeitsraum Schule zu analysieren und zu bewerten. die Fähigkeit zur sicheren Auswahl und Umsetzung der Arbeitsformen sowie analytischer Methoden und Instrumente. die Fähigkeit, Entwicklungen im Arbeitsfeld zu beobachten und systematisch zu dokumentieren.
Absolventinnen/en auf MA-Level mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in besitzen B-MA-1 die erprobte Fähigkeit, mit wissenschaftlichen Methoden auch neue Problemstellungen der Schulsozialarbeit zu identifizieren, zu analysieren und zu bewerten. B-MA-2 die Fähigkeit, in ihrem Spezialgebiet Befunde, Diagnosen und weiterführende Analysen auf der Höhe der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion zu formulieren. B-MA-3 die Fähigkeit zur umfassenden systemischen Analyse von internen und externen sich gegenseitig beeinflussenden Faktoren im Kontext von Schulsozialarbeit und zur verantwortlichen Einbindung anderer Fachdisziplinen und Professionen in die eigene fachliche analytische Arbeit.
C Planung und Konzeption von Schulsozialarbeit Allgemein soll für Absolventinnen/en mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in gelten: C-0 Absolventinnen/en sind vor dem Hintergrund ihres professionellen Wissens und Verstehens in der Lage, Schulsozialarbeit als spezifisches professionelles Geschehen im Kontext der Systeme ‚Schule‘ und ‚Jugendhilfe‘ und ihrer Interdependenzen zu identifizieren und zu konzipieren. Sie berücksichtigen im Kontext der Gesamtverantwortung, Planungsverantwortung und Gewährleistungsverpflichtung für die Auswahl und Gestaltung der Ziele, Aufgaben, Strukturen, Prozesse und Hilfesysteme der Schulsozialarbeit die spezifischen Bedingungen der Jugendhilfe, der Schule und ihres Sozialraumes. Sie entwickeln – ggf. federführend unter Einbeziehung der weiteren Akteure des Lern- und Lebensraumes Schule – Konzeptionen für interdisziplinäre und -professionelle Kooperationen und Netzwerke. Die Planungen und Konzeptionen weisen über den engeren Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der Schulsozialarbeit hinaus. Sie be69
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (Hrsg.)
rücksichtigen die individuellen, kulturellen, sozialen und finanziellen Bedarfslagen, Rahmenbedingungen, Folgen und die Nachhaltigkeit der Schulsozialarbeit zielführend.3 Absolventinnen/en auf BA-Level mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in besitzen C-BA-1 die Fähigkeit, Planung und Organisation sowie Konzepte zur Umsetzung von Schulsozialarbeit unter spezifischen und definierten Anforderungen (z.B. Sozial- und Jugendhilfeplanung sowie kommunaler und überregionaler Entwicklungsplanung) zu entwickeln, die den fachlichen Standards entsprechen und die Bedürfnisse, Interessen und Wünsche der potentiellen Nutzer berücksichtigen. C-BA-2 fundierte Kenntnisse und erprobtes Verständnis von rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen zur Planung und Organisation sowie Konzeption zur Steuerung von Schulsozialarbeit, z.B. durch Projektmanagement. C-BA-3 die Fähigkeit, die relevanten Akteure zu identifizieren und ihre Interessenlagen in der Konzeption durch intensive Netzwerkarbeit zu berücksichtigen. C-BA-4 die Fähigkeit, Vereinbarungen mit potentiellen Kooperationspartnern des Sozialraumes zu formulieren. C-BA-5 die Fähigkeit, die interne und externe Kommunikation konzeptionell zu planen und zu gestalten. C-BA-6 die Fähigkeit, präventive Strategien für den Sozial- und Lebensraum Schule zu entwickeln. C-BA-7 die Fähigkeit, fallbezogene und fallübergreifende Beratung und Hilfe zu entwickeln sowie Förderpläne zu konzipieren. Absolventinnen/en auf MA-Level mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in besitzen C-MA-1 die Fähigkeit, die Anforderungen an gesamt- und planungsverantwortliche Steuerung, Führung und Leitung komplexer Prozesse im Arbeitsfeld Schulsozialarbeit innerhalb von Konzeptionen zu bestimmen. C-MA-2 die vertiefte Kenntnis relevanter Disziplinen und deren Möglichkeiten zur Problembearbeitung und Entwicklung problemlösender Maßnahmen beizutragen. 3
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Zielführend hier auch im Sinne von pragmatisch, unter den gegebenen Voraussetzungen, realistisch, praktikabel.
Qualifikationsrahmen für das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit
C-MA-3 die Fähigkeit, interprofessionelle/-disziplinäre Forschungs- und Entwicklungsprozesse eigenständig zu initiieren, verantwortlich zu betreiben und in Konzeptionen systemisch zu integrieren. C-MA-4 die Fähigkeit, kreative Lösungsstrategien für neue Problemstellungen auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und Ergebnisse zu entwickeln.
D Recherche und Forschung in der Schulsozialarbeit Allgemein soll für Absolventinnen/en mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in gelten: D-0 Absolventinnen/en sind befähigt, die Bedingungen für Schulsozialarbeit wissenschaftlich zu eruieren, zu analysieren und – gemeinsam mit anderen – zu reflektieren (z.B. soziale Disparitäten, Prekariat, Migration, Gender). Sie sind in der Lage, vor dem Hintergrund ihres professionellen Wissens und Verstehens – unter Anwendung geeigneter Methoden und Instrumente – Forschungsfragen im und zum Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit zu bearbeiten. Dazu dienen auch die Beschaffung und Auswahl spezifischer Informationen und Daten, z.B. als Literaturauswertung, als Praxisforschung mit quantitativen und/oder qualitativen Methoden, als Interpretation empirischer Daten oder als Recherche mit elektronischen Medien. Sie tragen Sorge, dass die erhobene Datenlage sowie die gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse unter Wahrung fachlicher und ethischer Standards berücksichtigt werden. Absolventinnen/en auf BA-Level mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in besitzen D-BA-1 die Kenntnis von fachlichen Kompendien, Periodika, Datenbanken und Fachforen. D-BA-2 die Fähigkeit, über Recherche Sachinformationen, wissenschaftliche Literatur und Datenbestände zu erfassen, zu interpretieren und zu integrieren. D-BA-3 die Fähigkeit mit qualitativen und quantitativen Methoden Daten zu erfassen, zu dokumentieren, zu analysieren und zu interpretieren. D-BA-4 die Fähigkeit, Testverfahren anzuwenden und die Ergebnisse von Tests und Schulleistungsmessungen sowie medizinischen Diagnosen im Rahmen der eigenen Hilfeplanverfahren zu integrieren. D-BA-5 die Fähigkeit, angeleitete Praxisforschung zu betreiben.
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Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (Hrsg.)
Absolventinnen/en auf MA-Level mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in besitzen D-MA-1 die vertiefte Fähigkeit, relevante Informationen und Daten aus der Sozial- und Jugendhilfeplanung, der Schulentwicklungsplanung sowie der integrierten Gemeindeentwicklungsplanung zu gewinnen und für Forschungs- und Entwicklungsaufgaben im Kontext von Schule und Jugendhilfe heranzuziehen. D-MA-2 die Fähigkeit, Forschungsdesigns für Schulsozialarbeit zu entwickeln und Praxisforschung verantwortlich zu betreiben. D-MA-3 die Fähigkeit zur kritischen Analyse und Bewertung eigener und fremder Forschungsergebnisse. D-MA-4 die Fähigkeit, innovative Arbeitsformen, Methoden und Strategien für Schulsozialarbeit (z.B. für Prävention, individuelle Förderung, Sozialraum- oder Schulentwicklung) zu entwickeln. D-MA-5 die Fähigkeit, durch kritische Reflexion der komplexen Voraussetzungen und Auswirkungen von Schulsozialarbeit an deren praktischer und wissenschaftlicher Entwicklung mitzuwirken. E-MA-6 die Fähigkeit, die gesellschaftliche, insbesondere erziehungs- und bildungspolitische Relevanz von Forschung und Forschungsergebnissen zu analysieren, einzuschätzen und sich an der öffentlichen Rezeption aktiv zu beteiligen.
E Organisation, Durchführung und Evaluation der Schulsozialarbeit Allgemein soll für Absolventinnen/en mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in gelten: E-0 Absolventinnen/en können auf der Grundlage ihres Wissens und Verständnisses soziale Probleme und Problemlagen identifizieren, soziale Disparitäten sozialräumlich verorten und problemlösende Maßnahmen entwickeln und fortschreiben. Auf der Basis fundierter Recherchearbeit und notwendiger Forschung werden Planung, Organisation und Konzeption für ein kooperatives professionelles Geschehen erarbeitet. Sie sind befähigt, insbesondere die finanziellen, zeitlichen, räumlichen und personellen Ressourcen im „Arbeitsfeld: Schulsozialarbeit“ realistisch zu bewerten und verantwortlich zu steuern. Sie sind in der Lage, die individuellen wie gruppenspezifischen kulturellen, sozialen, personellen und finanziellen Bedarfslagen, die spezifischen Schulprofile und Rahmenbedingungen des Sozialraumes kritisch zu reflektieren. Sie besitzen wissensbasierte Erkenntnisse und reflektierte Erfahrungen in der Planung, Organisation, Gestaltung, Durch72
Qualifikationsrahmen für das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit
führung und Evaluation von Schulsozialarbeit in unterschiedlichen Schulformen, Kooperationsverhältnissen, Trägerschaften und Sozialräumen. Absolventinnen/en auf BA-Level mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in besitzen E-BA-1 die Fähigkeit, die Ressourcen im Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit in fachlich angemessenem Rahmen und unter Einsatz geeigneter Instrumente, Techniken und Methoden einzubringen. E-BA-2 die Fähigkeit, soziale Probleme und Problemlagen zu identifizieren und geeignete problemlösende Maßnahmen einzuleiten. E-BA-3 reflektierte Praxiserfahrung einer mindestens 100tägigen Tätigkeit in der Planung, Organisation, Durchführung und/oder Evaluation von praktischer Schulsozialarbeit. E-BA-4 Erfahrung durch erprobte Anwendung von Instrumenten, Techniken und/oder Methoden in der Schulsozialarbeit. E-BA-5 die Fähigkeit, individuelle, gruppenbezogene, kulturelle, soziale, fachliche und sozialwirtschaftliche Bedürfnisse, Interessen und Erfordernisse der Schulsozialarbeit zu identifizieren und zu berücksichtigen. E-BA-6 die Fähigkeit, Schulsozialarbeit unter Berücksichtigung der jeweiligen vor Ort vorfindbaren spezifischen Verhältnisse mit unterschiedlichen Instrumenten, Methoden und Techniken zu entwickeln, zu gestalten, zu evaluieren sowie fortzuschreiben. E-BA-7 die Fähigkeit zur aktiven Kommunikation mit den relevanten Akteuren und der jeweiligen Öffentlichkeit sowie zur aktiven politischen Vertretung ihrer Aufgaben. E-BA-8 die Fähigkeit, neue, unklare, ungewöhnliche Problemstellungen bzw. Krisensituationen auch im Team – ggf. mit Einbindung externer Hilfestellung – zielführend zu bearbeiten und zu dokumentieren. Absolventinnen/en auf MA-Level mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in besitzen E-MA-1 die Fähigkeit, Wissensbestände unterschiedlicher Fachdisziplinen in die Schulsozialarbeit zu integrieren und die komplexen Strukturen und Arbeitsprozesse im Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit zu gestalten und sozialwirtschaftlich zu steuern (Sozialmanagement). E-MA-2 vertiefte Kenntnisse der Instrumente, Techniken und Methoden der Sozialen Arbeit, der Allgemeinen Pädagogik und Schulpädagogik sowie der wissenschaftlichen Überprüfung ihrer Wirksamkeit und Reichweite. 73
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (Hrsg.)
E-MA-3 Fähigkeit zur Einrichtung, Betreuung und Weiterentwicklung umfassender Qualitätsmanagementsysteme für Schulsozialarbeit. E-MA-4 umfassende Kenntnisse und Fähigkeiten zur verantwortlichen Gestaltung und Umsetzung von Kommunikation mit den Akteuren des Arbeitsfeldes und der Öffentlichkeit sowie zur Mitwirkung in der kommunalen Entwicklungsplanung. E-MA-5 die Fähigkeit zur verantwortlichen Mitwirkung in der Schulentwicklung und der Gestaltung des Schullebens, in der Personalführung und federführenden Gesamtleitung des Arbeitsfeldes Schulsozialarbeit.
F Allgemeine professionelle Fähigkeiten und Eigenschaften des/der Schulsozialarbeiters/in Allgemein soll für Absolventinnen/en mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in gelten: F-0 Absolventinnen/en sollten über weitere, fachunabhängige Schlüsselqualifikationen und Fähigkeiten verfügen, die für eine erfolgreiche und professionell geführte Schulsozialarbeit als Grundvoraussetzung und Vorbedingung gelten müssen. Sie verfügen über Kompetenzen, die durch das Formulieren und Untermauern von Argumenten und das Entwickeln problemlösender Maßnahmen demonstriert werden. Absolventinnen/en auf BA-Level mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in besitzen F-BA-1 die eingeübte und erprobte Fähigkeit, selbständig, alleinverantwortlich und im Team zu arbeiten. F-BA-2 die ausgeprägte Fähigkeit zur Kommunikation und Interaktion mit allen fachlichen und sonstigen Akteuren des Arbeitsfeldes – auch unter Nutzung unterschiedlicher Ressourcen und Medien. F-BA-3 hohe Verantwortung und ausgeprägtes Bewusstsein für die Risiken und Wirkungen ihres Handelns für sich und andere. F-BA-4 die ausgeprägte Fähigkeit, die Bedürfnisse, Interessen und Wünsche anderer sowie die eigenen Bedürfnisse und Interessenlagen zu erkennen und daraus resultierende Widersprüche auszuhalten. F-BA-5 die ausgeprägte Fähigkeit, die eigene Persönlichkeitsentwicklung auch mit fachlicher Begleitung kontinuierlich zu reflektieren. F-BA-6 die Einsicht in die Notwendigkeit von und Bereitschaft zu ständiger Fort- und Weiterbildung sowie Aktualisierung des eigenen fachlichen Wissens.
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Qualifikationsrahmen für das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit
Absolventinnen/en auf MA-Level mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in besitzen F-MA-1 vertiefte Kenntnisse und Fähigkeiten des BA-Levels. F-MA-2 die Fähigkeit zur effektiven Führung und Leitung von Teams mit Mitgliedern aus unterschiedlichen Disziplinen und mit verschiedenen Ausbildungsniveaus. F-MA-3 die eingeübte Fähigkeit zur verantwortlichen Führung und Leitung von Personen und Projekten. F-MA-4 die Fähigkeit, in nationalen und internationalen Kontexten zu arbeiten und fachwissenschaftlich zu kommunizieren. F-MA-5 die Fähigkeit mit empirisch gegebenen Widersprüchen (sozialräumlichen, sozialen, kulturellen, politischen sowie in Erziehungs- und Bildungsprozessen) bewusst und produktiv umzugehen.
G Persönlichkeitsmerkmale und Haltungen Allgemein soll für Absolventinnen/en mit Befähigung als Schulsozialarbeiter/in gelten: G-0 Sie verfügen über eine stabile, belastungsfähige und ausgeglichene Persönlichkeit mit ausgeprägter Empathie für Kinder und Jugendliche und deren soziale Problemstellungen. Ihre selbstkritische und reflektierte Haltung ermöglicht ihnen die Ausübung einer professionellen, distanzierten Berufsrolle unter Einbeziehung ihrer Persönlichkeitsmerkmale und auf der Basis eines reflektierten Welt- und Menschenbildes. Sie sind in der Lage, ihre Fachlichkeit mit Autonomie umzusetzen und an der Gestaltung des demokratischen Gemeinwesens – auch anwaltschaftlich für die Jugendlichen – aktiv mitzuwirken. Sie verfügen über eine reflektierte Motivationslage ihrer Berufswahl. Hierzu zählt auch die Sensibilisierung für die eigenen Erfahrungen mit Schule und deren mögliche Auswirkungen für die professionelle Tätigkeit im Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit.
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Ulrich Bartosch | Anita Maile | Christine Speth
Jugendsozialarbeit an Schulen/Schulsozialarbeit – ein spezifisches Qualifikationsprofil Die Autoren schildern, welche Ziele der Kooperationsverbund bei der Erstellung des Qualifikationsrahmens Schulsozialarbeit verfolgt, und reflektieren vor dem Hintergrund des „Bologna Prozesses“ das künftige/oder wünschenswerte Profil derjenigen, die als akademisch gebildete Schulsozialarbeiter in diesem Arbeitsfeld tätig werden. Dazu werden zuerst die Grundstrukturen von Bachelor- und Masterstudiengänge erklärt und darauf folgend das Instrument des Qualifikationsrahmens beschrieben. Schließlich wird die Fragestellung verfolgt, inwieweit der Qualifikationsrahmen Schulsozialarbeit zur Schwerpunktbildung in der akademischen Ausbildung beitragen könnte.
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Der Ausgangspunkt: Professionelle Autonomie und reflektierte Berufsethik
Das Anliegen des Kooperationsverbundes als eines Zusammenschlusses von Trägern der Sozialarbeit an Schulen/Schulsozialarbeit, ein besonderes Berufsund Arbeitsfeld Schulsozialarbeit ausreichend zu begründen, ist nicht vollständig erreichbar. Die affirmative Festlegung, dass ein bestehendes Aufgabenfeld bereits eine eigene Profession nach sich ziehen müsste, ist so wenig überzeugend wie sie unzureichend bleiben muss (vgl. Bartosch 2006). Es ist auch sehr zweifelhaft, ob Träger – mithin Praxisvertreter- und -vertreterinnen – die erlebten Anforderungen an die Praxis, in eine curriculare Ausbildungsordnung ‚übersetzen‘ können. Zumindest für eine Qualifizierung innerhalb eines hochschulischen Studiums ist dieser Weg nicht gangbar, da hier die Verbindung von Forschung und Lehre eine unabhängige Formulierung von Studienprogrammen erforderlich macht. Andernfalls würde eine schulische, am Lehrplan orientierte Ausbildungsform entstehen (vgl. Bartosch 2009). Was bleibt also? Es ist selbstverständlich das Recht und die Aufgabe der Anbieter von sozialen und pädagogischen Dienstleistungen, die nachgefragten Qualifikationsprofile der künftigen Fachkräfte zu beschreiben und deren Ausbildung einzufordern. Innerhalb dieser Logik von ‚Aufgabenverteilung‘ wurde der Qualifikationsrahmen 77
Ulrich Bartosch | Anita Maile | Christine Speth
Schulsozialarbeit (QR SchulSArb) vom Kooperationsverbund in Zusammenarbeit mit Ulrich Bartosch, Anita Maile und Christine Speth erstellt. Letztere hatten bereits am Qualifikationsrahmen Soziale Arbeit maßgeblich mitgewirkt (Hochschulrektorenkonferenz 2007, S. 280-295). Als weitere Experten wurden Herbert Bassarak und Uwe Hirschfeld hinzugezogen. Über die Beschreibung von Qualifikationselementen durch definierte Lernergebnissen (learning outcomes) wurde ein umfassendes Qualifikationsprofil für Schulsozialarbeiter und Schulsozialarbeiterinnen für verschiedene hochschulische Abschlussniveaustufen entwickelt. Handlungsleitend bei der Konstruktion des QR SchulSArb waren die Zielsetzungen, die der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit selbst formuliert hat (vgl. Kooperationsverbund Schulsozialarbeit 2006). Als grundlegendes Ziel gilt die weitere Professionalisierung des Arbeits- und Berufsfelds Schulsozialarbeit innerhalb der Jugendhilfe. Durch eine verbesserte Sichtbarkeit der nötigen Kompetenzen für Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter sollten politische Entscheidungsträger bei einer Argumentation für den zielgerichteten Ausbau von Schulsozialarbeit unterstützt werden. Die Herleitung der Qualifikationselemente folgt konsequent den Grundsätzen und Zielen der Jugendhilfe: a) Junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beizutragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen. b) Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung zu beraten und zu unterstützen. c) Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen. d) Dazu beizutragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen (vgl. § 1 SGB VIII). Der Qualifikationsrahmen spiegelt die – in der Praxis geforderte – Breite der pädagogischen Ansätze, Leistungen und Zielgruppen wider. Er beschreibt Schulsozialarbeit als anspruchsvolles Berufs- und Arbeitsfeld in seinen professionellen Handlungsvollzügen und in seiner komplexen Anbindung an disziplinäre Entwicklungs-, Forschungs- und Ausbildungsbedingungen.
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Jugendsozialarbeit an Schulen/Schulsozialarbeit
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Die Wegmarke „Bologna“ und die Folgen für die Qualifizierung von Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern
Im Jahr 1999 unterzeichneten einige europäische Bildungsminister in Bologna eine Erklärung („Bologna-Erklärung“), mit der Zielsetzung einen gemeinsamen europäischen Hochschulraum zu erschaffen. Mittlerweile haben sich 46 Länder bereit erklärt, an dessen Aufbau mitzuwirken. Für sämtliche Studienrichtungen, auch Disziplinen mit Relevanz zur Schulsozialarbeit wie zunächst die Soziale Arbeit und weiterhin die Pädagogik usw. hat dies weitreichende Konsequenzen. Die wesentlichen Veränderungen der Studienstruktur „post bologna“ lassen sich wie folgt zusammenfassen: Gestufte Studienstruktur: Das bisherige einstufige Studiensystem (Abschlüsse: Diplom, Magister usw.) ist und wird durch ein mehrstufiges Studiensystem abgelöst. Die Titel Diplomsozialpädagogin (FH), Diplomsozialarbeiter (FH) werden künftig nicht mehr durch die Hochschulen vergeben. Ein erster berufsqualifizierender akademischer Abschluss „Bachelor“ kann ergänzt werden durch einen weiteren, zweiten Hochschulabschluss „Master“. Für den Bereich der akademischen Qualifizierung von Sozialarbeitern bedeutet dies beispielsweise einen ersten akademischen Titel „Bachelor of Arts“ nach sechs bis acht Semester, je nach Studienprogramm und Studienlänge. Der zweite akademische Titel „Master“ kann dann sowohl generalisiert (Master of Arts) oder spezifiziert (z.B. auf Schulsozialarbeit) ergänzend erworben werden. Dazu sind zwei bis vier Semester weiterqualifizierendes Studium nötig. Der akademische Titel „Master“ eröffnet dabei die Besetzung von neuen Führungspositionen u.a. den Zugang zum Höheren Dienst für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Der QR SchulSArb unterscheidet deshalb zwischen den Qualifikationsniveaus Bachelor und Master. Gegenüber dem BA-Level zeichnet sich das MA-Level durch erweiterte und vertiefte Befähigungen zur wissenschaftlichen Arbeit im Berufsfeld Schulsozialarbeit aus. Zugleich ist damit ein erweiterter Verantwortungsbereich für die Absolventinnen und Absolventen reklamiert. Modularisierung: Die Lehrinhalte werden in den neukonzipierten Bachelorund Masterstudiengängen in Module zusammengefasst. Ein Modul entspricht einer inhaltlich logischen Zusammenfassung von Lehrinhalten.
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Ulrich Bartosch | Anita Maile | Christine Speth
Abbildung 1: Bildungs- und Berufswege nach Bologna
Kompetenzorientierung: Entscheidende Änderung im Rahmen der Bologna Reform ist die Definition von angestrebten Kompetenzen durch ein Studium. Dieser Wandel wird auch notwendig, um die erwünschte Employability („Beschäftigungsbefähigung“) der Absolventinnen und Absolventen zu erreichen. Der QR SchulSArb kennzeichnet deshalb in allgemeiner Sprache jene Qualifikationselemente, die bei Absolventinnen und Absolventen hochschulischer Studiengänge vorausgesetzt werden müssen, um erfolgreiche, professionelle Schulsozialarbeit leisten zu können. Konkrete, curriculare Studienangebote sollten durch Verweis auf die formulierten learning-outcomes offen legen, mit welchen Studieninhalten und didaktischen Methoden die Qualifikationen gesichert, sowie durch welche Prüfungsformen sie nachgewiesen werden. Arbeitsbelastung: Nicht mehr der Lehrende steht im Fokus, sondern die Studierenden mit ihrem zeitlichen Aufwand, der in Kreditpunkten gemessen wird. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass ein Kreditpunkt 30 Zeitstunden eines Studenten entsprechen. Dabei berücksichtigt werden Präsenzphasen, Vorund Nachbereitung, sowie Prüfungszeiten. Auf das gesamte Studium reflektiert, bedeutet dies eine durchschnittliche Arbeitsbelastung für einen Bachelorabschluss von 180 bis 240 Kreditpunkten (vgl. Rathjen 2008, S. 85ff). D.h. 5.400 studentische Arbeitsstunden bei einem sechssemestrigen Bachelorstudiengang, bis 7.200 studentische Arbeitsstunden für einen achtsemestrigen Bachelorstudiengang. Bei einem Masterstudiengang entspricht dies bei 60 Kreditpunkten 1.800 Arbeitsstunden, bis 120 Kreditpunkten bei 3.600 Stunden.
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Jugendsozialarbeit an Schulen/Schulsozialarbeit
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Qualifikationsrahmenwerke: vom Sinn und Nutzen
Um diese Neuerungen positiv nutzen zu können, ist die Entwicklung eines Qualifikationsrahmens hilfreich. Er ist ein Rahmenwerk, in dem angestrebte Qualifikationselemente für verschiedene Kompetenzniveaus definiert und transparent gemacht werden. Qualifikationsrahmenwerke gibt es auf europäischer, nationaler und fachlicher Ebene. Auf europäischer Ebene gibt es den European Qualifications Framework (EQF) (Generaldirektion Bildung und Kultur der Europäischen Gemeinschaft 2008), in dem über alle Bildungsebenen Niveaustufen formuliert werden. Vertieft wird der Bereich der hochschulischen Bildung im Framework for Qualifications of the European Higher Education Area (Ministry of Science, Technology and Innovation 2005) dargestellt. Dieselbe Struktur existiert auf nationaler Ebene. Der „Nationale Deutsche Qualifikationsrahmen für lebensbegleitendes Lernen“ (NQF) (URL: www.deutscherqualifikationsrahmen.de Stand: 13.03.2009) beschreibt neben der Hochschulischen Ausbildung auch die Berufsaus- und Schulbildung. Im „nationalen Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse“ (BMBF, KMK, HRK 2005) hingegen werden die akademischen Bachelor-, Master- und Promotionsebenen definiert. Da es sich auf europäischer und nationaler Ebene nur um Metarahmen handeln kann, besteht die Möglichkeit, dass sich einzelne Fächer und Disziplinen in fachlichen, sektoralen Qualifikationsrahmen auf spezifische Anforderungen festlegen. Der Fachbereichstag Soziale Arbeit war ein Vorreiter in diesem Bereich und hat den zunächst einzigen fachlichen Qualifikationsrahmen, der innerhalb Deutschlands verabschiedet wurde, vorgelegt. Er wird bereits zur Studiengangsentwicklung angewandt.
Europäische Ebene
Nationale Ebene
Fachliche Ebene
European Qualifications Framework (EQF)
Framework for Qualifications of the European Higher Education Area
Nationaler Qualifikationsrahmen (NQF)
Nationaler Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse
Qualifikationsrahmen Soziale Arbeit
Qualifikationsrahmen Frühpädagogik
Qualifikationsrahmen Schulsozialarbeit
Abbildung 2: Ebenen von Qualifikationsrahmenwerken
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Ulrich Bartosch | Anita Maile | Christine Speth
4
Qualifikationsrahmen Schulsozialarbeit: die Intention
Der Qualifikationsrahmen Schulsozialarbeit formuliert seine Standards auf der Basis eines Professionsverständnisses, das für die Schulsozialarbeit eine gleichberechtigte, verantwortliche Mitwirkung in der Schule und ihren sozialen sowie sozialräumlichen Kontexten reklamiert. Dabei verortet sich dieser Qualifikationsrahmen bewusst nicht in einer einzigen Disziplin. Vielmehr werden Elemente eines spezifischen Qualifikationsprofils für den Schulsozialarbeiter/ die Schulsozialarbeiterin präzisiert, die für eine erfolgreiche professionelle Tätigkeit zwingend erforderlich sind. Dadurch besteht weiter die Möglichkeit disziplinäre Qualifikationsrahmen auf ihre Kompatibilität für die Anforderungen der Schulsozialarbeit hin zu überprüfen. Funktionsaspekte: Neben den oben genannten Aufgaben ist der QR SchulSArb ein adäquates Instrument um eine Anerkennung von Qualifikationen, die außerhalb der Hochschule erworben worden sind, zu ermöglichen. Auch für spezifische Nachqualifizierungen (z.B. von Erzieherinnen und Erziehern) werden somit konkrete Anhaltspunkte gegeben. Der QR SchulSArb zeigt durch seine Unterscheidung des BA- und MA-Levels auch Entwicklungsperspektiven des Berufs- und Arbeitsfeldes in Richtung einer erweiterten Verantwortung für die Schul- und Sozialraumentwicklung. Die Konstruktion: Der QR SchulSArb unterscheidet zwischen den Qualifikationsniveaus Bachelor (BA) und Master (MA): BA-Level: erster berufsbefähigender Abschluss MA-Level: erweiterte und vertiefte Befähigung zur wissenschaftlichen Arbeit im Berufsfeld Schulsozialarbeit, sowie erweiterter Verantwortungsbereich für die Absolventen. Konstruktionsaspekte: Der QR SchulSArb folgt der Konstruktionslogik des QR SArb. Er bildet keine vollständigen Qualifikationsprofile von speziellen Studiengängen zur Schulsozialarbeit ab. Vielmehr versucht er ergänzende bzw. spezifizierende Qualifikationselemente in Form von Lernergebnissen als zusammenhängendes Qualifikationsprofil zu beschreiben.
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Jugendsozialarbeit an Schulen/Schulsozialarbeit
Wisseenschaftliche Qualifikation und Verantwortung (Budget, Personal, Fach)
Fall
Professionelles Handeln
Fallverständnis
Analysierter Fall
Konzept
C) B) Beschreibung Planung Analyse Konzeption Bewertung
A) Wissen Verstehen
Forschung
Durchführung
C) E) Planung Organisation Konzeption Durchfürung
E) Evaluation
O-Level
BA-Level
Erfahrung Allgemeinwissen Fachwissen Spezialwissen
MA-Level
erweitertes vertieites Fachwissen und Spezialwissen
DR-Level
F) Professionelle allgemeine Fähigkeiten und Haltugen in der Sozialen Arbeit G) Persönlichkeitsmerkmale und Haltungen
Abbildung 3: Konstruktionslogik
Das Profil ergibt sich aus den Anforderungen des Handlungsfeldes und bildet die qualifikatorischen Eckpunkte der Profession. Die disziplinäre Entwicklung, der auch wesentlich die Forschungsfragen und Forschungsmethoden zugeordnet werden müssen, wird nicht festgelegt. Der QR SchulSArb folgt damit streng der „Bologna-Logik“, indem das nötige Qualifikationsprofil für eine erfolgreiche professionelle Tätigkeit aus der Perspektive des Handlungsfeldes beschrieben wird. Es bleibt den Konstrukteuren von Studiengängen überlassen, in welchem disziplinären bzw. interdisziplinären Kontext das hochschulische Studium in Forschung und Lehre realisiert werden soll. Spezialisierte BA-/MA-Studiengänge zur Schulsozialarbeit werden nicht intendiert, jedoch auch nicht ausgeschlossen. Mit „Absolventinnen“ sind grundsätzlich erfolgreiche Absolventinnen und Absolventen von solchen Studiengängen gemeint, die den Anspruch erheben, für das Berufs- und Arbeitsfeld Schulsozialarbeit vorzubereiten. Die Anschlussfähigkeit an ein Sozialarbeitsstudium wird dabei wegen der übernommenen Systematik besonders leicht überprüfbar. Für andere Studiengänge, z.B. Lehramt oder Pädagogik, sollte dies zukünftig ebenfalls möglich sein.
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Ulrich Bartosch | Anita Maile | Christine Speth
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Fazit: Keine politische Entscheidung, sondern fachliche Diskussionsbasis
In seinem Lüneburger Plenum im Dezember 2008 hat der deutsche Fachbereichstag Soziale Arbeit den Entwurf zum QR SchulSArb sehr kontrovers diskutiert. Im dort gefassten Beschluss drückt sich auch die Skepsis gegenüber dem Instrument aus: „Der FBTS nimmt den Qualifikationsrahmen Schulsozialarbeit nach eingehender kritischer Diskussion zur Kenntnis. Er lehnt die Absicht, Schulsozialarbeit als eigenständige Profession zu fassen, ab. Der FBTS bekräftigt seine Grundposition einer generalistischen BA-Ausbildung mit exemplarischen Vertiefungen, unter der Bezugnahme auf den Qualifikations-Rahmen Soziale Arbeit und sieht im Qualifikationsprofil des QR Schulsozialarbeit eine Möglichkeit zur Orientierung von Schwerpunktsetzungen in BA- und MA–Studiengängen, sowie gegebenenfalls in Weiterbildungsangeboten.“ (Beschluss FBTS in Lüneburg, 3. Dezember 2008) An dieser Stelle soll deshalb festgehalten werden: Der QR SchulSArb spricht sich nicht zwingend für eine grundständige spezialisierte Studienrichtung „Schulsozialarbeit“ aus. Er repräsentiert vielmehr ein nachgefragtes Qualifikationsprofil, welches von der Praxis in jener Sprache, jenem ‚Bologna-Code‘ formuliert wurde, die in der Konstruktion von Studiengängen künftig Anwendung finden muss. Damit ist der QR SchulSArb eine ‚Steilvorlage‘ für die Hochschulen als Studiengangsanbietern, die das vorliegende Profil in ein angemessenes, passendes hochschulisches Studienangebot einbinden wollen. Gleichzeitig befähigt das Profil zum Abgleich mit den vorhandenen bzw. entstehenden Qualifikationsrahmenwerken auf nationaler und europäischer Ebene. Es erscheint zweifelhaft, dass die Befähigung für das hier beschriebene Arbeitsfeld in anderen als Studiengängen der Sozialen Arbeit erreichbar sein wird. Völlig zu Recht belehnt der QR SchulSArb den QR SArb und ist in diesem Sinne eine mögliche Spezialisierung des Studiums der Sozialen Arbeit. Ein Beispiel gibt die HS Regensburg mit dem Bachelorstudiengang „Soziale Dienste an Schulen“ (URL: http://www.fh-regensburg.de/index.php-id=2632.html Stand: 19.03.2009). Andere Positionen in der Diskussion sehen eine vertretbare Spezialisierung aus fachlichen und disziplinären Erwägungen erst ab der Master-Ebene für angebracht an. Dies alles wird durch den QR SchulSArb nicht entschieden. Ebenso bleibt offen, ob es andere Studiengänge geben kann, die alle vorgegebenen Qualifikationsziele erreichen. Man könnte an eine Spezialisierung im 84
Jugendsozialarbeit an Schulen/Schulsozialarbeit
Lehramtsstudium denken. Allerdings wären solche Versuche gezwungen ihre Gültigkeit durch entsprechende curriculare, didaktische und prüfungstechnische Umsetzungen nachzuweisen. Die bloße Reklamation der Zuständigkeit für das Arbeitsfeld Schule ist damit unmöglich gemacht. Aus Sicht der Sozialen Arbeit könnten solche Versuche daher gelassen beobachtet werden, solange fachliche Standards noch eine Relevanz in der bildungspolitischen Diskussion beanspruchen dürfen.
Abb. 4: Potentielle Einbindungsmöglichkeiten des QR SchulSArb (Quelle: Prof. Dr. Ulrich Bartosch, KU, Fakultät Soziale Arbeit)
Eines erscheint darüber hinaus besonders wichtig: Der QR SchulSArb weist in beiden Leveln nach, dass eine wissenschaftliche Befähigung und Expertise für das Arbeitsfeld unabdingbar ist. Ob sich daraus auch dereinst eine eigenständige Profession formieren kann, wird die Zukunft zeigen müssen. Bereits heute lässt sich aber mittels des QR SchulSArb zeigen, dass das Studium der Sozialen Arbeit der Königsweg zur Vorbereitung auf das Arbeitsfeld „Jugendsozialarbeit in der Schule/Schulsozialarbeit“ ist.
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Bernhard Eibeck
Strukturen für ein Studium der Schulsozialarbeit Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit hat mit dem „Qualifikationsrahmen Schulsozialarbeit“ (Kooperationsverbund Schulsozialarbeit 2008) ein fachliches Konzept zur Kompetenzentwicklung und – daraus folgend – zu Studieninhalten in die Diskussion gegeben. Es basiert auf dem „Berufsbild und Anforderungsprofil der Schulsozialarbeit“ (Kooperationsverbund Schulsozialarbeit 2007) und folgt der Systematik des „Qualifikationsrahmens Soziale Arbeit“, den Bartosch/ Maile/Speth für den Fachbereichstag Soziale Arbeit ausgearbeitet haben und der vom Fachbereichstag im Mai 2006 förmlich beschlossen wurde (vgl. Bartosch/ Maile/Speth 2006). Dabei werden Konkretisierungen für die beiden Ebenen Bachelor (BA) und Master (MA) in folgenden Bereichen vorgeschlagen:
Wissen und Verstehen/Verständnis, Beschreibung, Analyse und Bewertung, Planung und Konzeption von Sozialer Arbeit, Recherche und Forschung in der Sozialen Arbeit, Organisation, Durchführung und Evaluation in der Sozialen Arbeit, Professionelle allgemeine Fähigkeiten und Haltungen in der Sozialen Arbeit, Persönlichkeitsmerkmale und Haltungen. Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit hat bislang darauf verzichtet, eine Empfehlung dazu abzugeben, in welcher Studienstruktur der Qualifikationsrahmen realisiert werden sollte. Es ist Aufgabe der einzelnen Hochschulen, dies für den jeweiligen Standort zu entscheiden. Als Entscheidungshilfe will der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit einige Hinweise geben, die hier kurz zusammengefasst sind.
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Bernhard Eibeck
1
Drei Varianten möglicher Studienstrukturen
1. Schulsozialarbeit als Studienschwerpunkt im Studium der Sozialen Arbeit In dieser Variante bleibt das Studium der Sozialen Arbeit als „generalistischer Studiengang“ erhalten. Die Studierenden beginnen mit einer breiten Orientierung und spezialisieren sich ca. nach dem 4. Semester. Die Spezialisierung im Studium ist exemplarisch und keine Festlegung auf ein Arbeitsfeld. Das Ziel des Kooperationsverbundes, Schulsozialarbeit durch das Studium zu professionalisieren, wird in diesem Modell nicht erreicht. Zudem bleibt wenig Zeit – zwei bis drei Semester - , sich mit den notwendigen Inhalten auseinanderzusetzen und die entsprechenden Kompetenzen zu erwerben. 2. Schulsozialarbeit als eigenständiges BA-Studium Mit dieser Konzeption verlässt man die Tradition des sog. „generalistischen Studienganges“. Die Ausrichtung des BA-Studienganges ist berufs- und arbeitsfeldspezifisch. Die Studierenden haben ausreichend Zeit für das spezialisierte Studium. Die Professionalisierung der Schulsozialarbeit als eigenständiges Berufsprofil wird durch das Studium entscheidend gefördert. Allerdings gehen die Studierenden das Risiko ein, für einen eng umrissenen Arbeitsmarkt ausgebildet zu sein und dort ggf. keine adäquate Stelle zu finden. Außerdem geht den anderen Studierenden durch Ausgliederung der Schulsozialarbeit aus dem Studium der Sozialen Arbeit der Einblick in ein wichtiges Arbeitsfeld verloren. 3. Schulsozialarbeit als (berufsbegleitender) MA nach erfolgreichem Abschluss des BA Soziale Arbeit oder vergleichbarer Studiengänge Das Studium der Sozialen Arbeit bliebe in seiner heutigen Konstitution als „generalistischer Studiengang“ erhalten. Allenfalls würden Teilbereiche der Schulsozialarbeit exemplarisch integriert. Nach dem BA-Abschluss müssten sich interessierte Absolventinnen und Absolventen erneut für ein Studium entscheiden, das entweder direkt an das BA-Studium anschließen könnte oder berufsbegleitend angelegt sein kann. Es wird erwartet, dass MA-Absolventen durch die spätere Berufseinmündung für das schwierige Arbeitsfeld Schule besser gerüstet sind. Mit einem „MA Schulsozialarbeit“ hätte man berufspolitisch eine Gleichstellung mit dem Lehramt erreicht. Ob das auch bedeutet, dass solche Absolventen wie Lehrer eingruppiert werden, ist zurzeit nicht einschätzbar. Wer sich als Lehrer oder Lehrerin für ein berufsbegleitendes MA-Studium der Schulsozialarbeit entscheidet, wird dies sicher nicht tun, wenn anschließend die tarifliche Eingruppierung schlechter ist als im Lehramt. 88
Strukturen für ein Studium der Schulsozialarbeit
Finanziell würde ein berufsbegleitendes MA-Studium zu einer Belastung für die Studentinnen und Studenten werden. Die Studiengebühren, die von den Hochschulen derzeit verlangt werden, sind nur dann tragbar, wenn man sich sicher sein kann, anschließend auch eine angemessen dotierte Stelle zu finden. Um Kriterien dafür zu entwickeln und bevor eine Entscheidung darüber getroffen werden kann, in welchem strukturellen Rahmen – der hier nur kurz angerissen wurde – ein Studienangebot für die Schulsozialarbeit am besten verortet werden sollte, ist es sinnvoll, einen Überblick über grundlegende Positionen und Beschlüsse der wichtigsten Organisationen zu geben, die das Arbeitsfeld der Schulsozialarbeit prägen. Im folgenden wird die Meinungsbildung von Kultusministerkonferenz (KMK), Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ), Deutschem Verein für öffentliche und private Fürsorge (DV), Bildungsgewerkschaften und Lehrerverbänden kurz skizziert. Dabei geht es auf der einen Seite um das Studium der Sozialen Arbeit. Auf der anderen Seite ist es wichtig – weil es um Schulsozialarbeit, also um pädagogische Arbeit an Schulen geht – sich die einschlägigen Papiere und Beschlüsse zum Lehrerbild und zur Lehrerbildung anzusehen. Immerhin gibt es prinzipiell auch die Option, die Schule aus eigener Kraft sozialpädagogisch zu reformieren. Fangen wir also mit dem hergebrachten Stammpersonal der Schule, den Lehrerinnen und Lehrern an und der Frage, ob es in den letzten Jahren Hinweise darauf gibt, dass das Berufsbild und das Studium der Lehrerinnen und Lehrer in Richtung sozialpädagogischer Aufgaben und Kompetenzen reformiert wird.
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Perspektiven der Lehrerbildung
Im Oktober 2000 haben die Kultusminister gemeinsam mit den Vorsitzenden der Bildungs- und Lehrergewerkschaften und ihrer Spitzenorganisationen (DGB und Beamtenbund) Eckpunkte für ein neues Verständnis des Berufsbildes der Lehrerinnen und Lehrer festgehalten. In der so genannten „Bremer Erklärung“ mit dem Titel „Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern heute – Fachleute für das Lernen“ heißt es:
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„Die Zukunftsaufgaben von Bildung und Erziehung werden vor allem geprägt sein durch den Wandel zur Wissensgesellschaft und die neuen Medien den sich beschleunigenden Fortschritt in Wissenschaft und Forschung, die Entwicklung einer europäischen Dimension, die Dynamik der Globalisierung und der Interkulturalität, die Weiterentwicklung der demokratischen Kultur, die Bedeutung einer sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit, die Gestaltung gleichwertiger Lebens- und Bildungschancen, die Stärkung von individueller Identität und gesellschaftlicher Integration, die Sicherung von Frieden und Gewaltfreiheit.“ (KMK 2000) Das gemeinsame Papier befasst sich auf den folgenden Seiten kurz gefasst mit eher thesenhaft vorgetragenen Aufgaben und Kompetenzen: „Lehrerinnen und Lehrer sind Fachleute für das Lernen. Lehrerinnen und Lehrer sind sich bewusst, dass die Erziehungsaufgabe in der Schule eng mit dem Unterricht und dem Schulleben verknüpft ist. Lehrerinnen und Lehrer üben ihre Beurteilungsaufgabe im Unterricht und bei der Vergabe von Berechtigungen für Ausbildungs- und Berufswege kompetent, gerecht und verantwortungsbewusst aus. Lehrerinnen und Lehrer entwickeln ihre Kompetenzen ständig weiter. Lehrerinnen und Lehrer beteiligen sich an der Schulentwicklung. Lehrerinnen und Lehrer unterstützen die interne und externe Evaluation“ (ebenda).
An diese Überlegungen anschließend folgte im Dezember 2004 ein Beschluss der Kultusministerkonferenz zu „Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften“. Im Studium seien danach vier Kompetenzbereiche zu entwickeln: Unterrichten, Erziehen, Beurteilen, Innovieren.
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Strukturen für ein Studium der Schulsozialarbeit
„Kompetenzbereich: Unterrichten – Lehrerinnen und Lehrer sind Fachleute für das Lehren und Lernen. Kompetenz 1: Lehrerinnen und Lehrer planen Unterricht fach- und sachgerecht und führen ihn sachlich und fachlich korrekt durch. Kompetenz 2: Lehrerinnen und Lehrer unterstützen durch die Gestaltung von Lernsituationen das Lernen von Schülerinnen und Schülern. Sie motivieren Schülerinnen und Schüler und befähigen sie, Zusammenhänge herzustellen und Gelerntes zu nutzen. Kompetenz 3: Lehrerinnen und Lehrer fördern die Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern zum selbstbestimmten Lernen und Arbeiten. Kompetenzbereich: Erziehen – Lehrerinnen und Lehrer üben ihre Erziehungsaufgabe aus. Kompetenz 4: Lehrerinnen und Lehrer kennen die sozialen und kulturellen Lebensbedingungen von Schülerinnen und Schülern und nehmen im Rahmen der Schule Einfluss auf deren individuelle Entwicklung. Kompetenz 5: Lehrerinnen und Lehrer vermitteln Werte und Normen und unterstützen selbstbestimmtes Urteilen und Handeln von Schülerinnen und Schülern. Kompetenz 6: Lehrerinnen und Lehrer finden Lösungsansätze für Schwierigkeiten und Konflikte in Schule und Unterricht. Kompetenzbereich: Beurteilen – Lehrerinnen und Lehrer üben ihre Beurteilungsaufgabe gerecht und verantwortungsbewusst aus. Kompetenz 7: Lehrerinnen und Lehrer diagnostizieren Lernvoraussetzungen und Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern; sie fördern Schülerinnen und Schüler gezielt und beraten Lernende und deren Eltern. Kompetenz 8: Lehrerinnen und Lehrer erfassen Leistungen von Schülerinnen und Schülern auf der Grundlage transparenter Beurteilungsmaßstäbe.
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Kompetenzbereich: Innovieren – Lehrerinnen und Lehrer entwickeln ihre Kompetenzen ständig weiter. Kompetenz 9: Lehrerinnen und Lehrer sind sich der besonderen Anforderungen des Lehrerberufs bewusst. Sie verstehen ihren Beruf als ein öffentliches Amt mit besonderer Verantwortung und Verpflichtung. Kompetenz 10: Lehrerinnen und Lehrer verstehen ihren Beruf als ständige Lernaufgabe. Kompetenz 11: Lehrerinnen und Lehrer beteiligen sich an der Planung und Umsetzung schulischer Projekte und Vorhaben.“ (KMK 2004)
Eine weitere Entwicklung in der Diskussion über den Lehrerberuf markiert wiederum eine gemeinsame Erklärung der Bildungs- und Lehrergewerkschaften mit der Kultusministerkonferenz vom Oktober 2006: „Fördern und Fordern – eine Herausforderung für Bildungspolitik, Eltern, Schule und Lehrkräfte“. Darin heißt es: „Elemente eines sich ändernden Bildes vom Lehrerberuf Lehrerinnen und Lehrer sind Experten für Unterricht und Erziehung. Angesichts veränderter gesellschaftlicher Bedingungen und des heute weiter gefassten schulischen Auftrags verstehen sie sich zunehmend auch als Teil eines personalen Netzwerkes, das immer häufiger getragen wird durch Kommunikation und Kooperation von Lehrerinnen und Lehrern z.B. mit Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Psychologinnen und Psychologen sowie mit Eltern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Vor diesem Hintergrund ist die Einbeziehung neuer Elemente in das bestehende Berufsbild und eine Anpassung der Arbeitszusammenhänge und Arbeitsbedingungen unverzichtbar. Ein zeitgemäßes Bild vom Lehrerberuf muss die neuen Aufgaben widerspiegeln, vor die Lehrerinnen und Lehrer sich gestellt sehen. Das veränderte Berufsbild ist gekennzeichnet durch das frühzeitige Erkennen individueller Stärken und Schwächen der Schülerinnen und Schüler, die Entwicklung individueller Förderpläne und die Unterstützung der Selbststeuerung von Lernbiografien,
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Strukturen für ein Studium der Schulsozialarbeit
den professionellen Umgang mit der zunehmenden Heterogenität der Lerngruppen, die eine neue Form der Unterstützung beim Kompetenz erwerb und eine veränderte Form der Überprüfung erfordern, den konstruktiven Umgang mit den Ergebnissen interner und externer Evaluation, die Hinweise auf Fördernotwendigkeiten und -möglichkeiten geben, den Aufbau und die Pflege von Strukturen, die den Austausch mit vorangehenden, parallel laufenden und nachfolgenden Bildungseinrichtungen sowie die kontinuierliche Einbeziehung der Eltern, der Ausbildungsbetriebe und der Schulgemeinde in den Bildungs- und Erziehungsprozess der Schule erleichtern, die Arbeit innerhalb eines Netzwerkes in der Schule und ihres Umfeldes, um unterschiedliches Expertenwissen für Unterricht und Erziehung zusammenzuführen, die Orientierung der Arbeit an länderübergreifenden Bildungsstandards und ihrer Überprüfung, die Ableitung qualitätsfördernder und Bildungschancen sichernder Maßnahmen für Unterricht und Erziehung aus diesen Evaluationen, ein verändertes Zeitmanagement, die kollegiale Kooperation und die Teilhabe an der schulischen Gesamtentwicklung, die Bereitschaft, sich den Anforderungen eines lebenslangen Lernprozesses zu stellen.“ (KMK 2006)
Aus der Lektüre dieser grundlegenden und hochrangig vereinbarten Papiere kann man erkennen, dass man zwar gewillt ist, das Selbstverständnis des Lehrerberufs stärker in Richtung der Förderung des individuellen Bildungsprozesses zu entwickeln, und man sich den Veränderungen in der Gesellschaft stellt. Insgesamt bleibt es aber bei der prinzipiellen Ausrichtung des Berufs an der Vermittlung von Kompetenzen und Qualifikationen in fachspezifisch gegliedertem Unterricht und stärkt damit den institutionellen Kern der Schule. So ist es folgerichtig, dass sich das neueste Reformpapier der KMK zur Lehrerbildung auf die Fachdidaktik bezieht (KMK 2008). Niemand will Lehrerinnen und Lehrern absprechen, dass sie stets darum bemüht sind, Bildung und Erziehung der Kinder und Jugendlichen in ganzheitlichem, situationsangemessenem und gesellschaftskritischem Sinne zu fördern. Dies stößt aber immer dann an Grenzen, wenn es darum geht, Kinder und Jugendliche als Schülerinnen und Schüler sehen und behandeln zu müssen. Für Schulsozialarbeit bleibt also nicht nur genügend Raum für die eigene Betäti-
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gung, es bleiben wichtige Aufgaben, die „Schule als Lebensraum“ heute lösen muss, aber mit schulpädagogischem Fachpersonal allein nicht bewältigen kann. Dies mag auch der Grund sein, warum die rheinland-pfälzische Kultusministerin Doris Ahnen nach dem von Bundeskanzlerin Angela Merkel einberufenen „Bildungsgipfel“, auf einer Konferenz der Ministerpräsidenten am 22. Oktober 2008 in Berlin, als einzig greifbares Signal dieses Gipfels verkündete, dass das nächste große Projekt des Schulwesens die Finanzierung und Schaffung von Stellen für die Schulsozialarbeit sein müsse und zwar in einem Umfang von 40.000 Stellen. Rechnerisch entspräche dies je einer Stelle Schulsozialarbeit für jede Schule. Nach einer Umfrage der GEW unter den Kultusministern der Länder1 lässt sich diese Zahl derzeit nicht durch entsprechende konkrete Planungen verifizieren. Das Signal wird aber überwiegend geteilt: Schulsozialarbeit soll in verstärktem Maße kommen.
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Das Studium der Sozialen Arbeit
Damit kommen wir zum zweiten Teil der Positionen und Beschlüsse der Fachorganisationen, zur Entwicklung des Studiums der Sozialen Arbeit. Zum einen gilt es, die Umsetzung und die Auswirkungen des Bologna-Prozesses zu betrachten. Zum anderen gibt es eine erhebliche Dynamik in der Professionsentwicklung. Neue Berufe entstehen, althergebrachte werden auf dem Arbeitsmarkt destabilisiert. Sozialarbeit vermischt sich mit Management, die Jugendhilfe rückt mit dem Bildungswesen zusammen. Auf diese, letztgenannte Herausforderung hatten Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und Kultusministerkonferenz (KMK) mit der im Juli bzw. Oktober 2001 beschlossenen „Rahmenordnung für die Diplomprüfung im Studiengang Soziale Arbeit – Fachhochschulen“ reagiert. Hier wird als Aufgabe der Hochschulen und des Staates beschrieben, „Veränderungen in der Gesellschaft und der Berufswelt ebenso wie die Weiterentwicklung in wissenschaftlicher Lehre und Forschung“ (KMK 2001, S. 31) zu berücksichtigen und Studium und Lehre kontinuierlich weiterzuentwickeln. Die Neuregelung im Jahr 2001 hatte vor allem die Zusammenführung von Sozialarbeit und Sozialpädagogik zu einem gemeinsamen Studiengang Soziale Arbeit zur Folge. Außerdem wurde der Studiengang Heilpädagogik zu einer eigenständigen Fachrichtung. Der Studiengang Soziale Arbeit ist so konzipiert, dass „die Vielfalt der beruflichen Aufgaben und deren Veränderungen, der ursächlich damit verbundene Wandel 1 94
Siehe dazu auch den Beitrag von Köhler in diesem Band.
Strukturen für ein Studium der Schulsozialarbeit
der Problemlagen und der Erwartungen der Adressaten sowie die eigenständige Berufsentwicklung berücksichtigt werden können“ (ebenda). Zugleich sollte „einer zu starken Anpassung der Ausbildung an aktuelle berufliche Entwicklungstendenzen und einer Spezialisierung“ (ebenda) entgegengewirkt werden. Auf der Ebene der Fachwissenschaft wird konstatiert, dass sich ein „eigenständiges, spezifisch-fachwissenschaftliches Wissen der Sozialen Arbeit entwickelt“ (ebenda, S. 34) habe. Die Erziehungswissenschaft sei als Beitrag zum Studium „integrativer Teil der fachwissenschaftlichen Grundlagen und der Fachwissenschaft Soziale Arbeit“ (ebenda, S. 35). Ob HRK und KMK mit ihrer entschiedenen Festlegung auf eine eigenständige „Fachwissenschaft Soziale Arbeit“ auf sicherem Boden argumentieren, ist nicht unumstritten. Thomas Rauschenbach und Ivo Züchner sind da weitaus zurückhaltender: Sie schreiben in ihrem Beitrag für das Fachlexikon der sozialen Arbeit des Deutschen Vereins zum Stichwort Sozialarbeit/Sozialpädagogik: „Ansätze zur Theoriebildung in der sozialen Arbeit speisen sich vielfach in ihren theoretischen Referenzbezügen aus pädagogischen Überlegungen, soziologischen und psychologischen Beschreibungen und Erkenntnissen sowie aus rechtlichen und ökonomischen Wissensbeständen. Die konzeptionell theoretische Entwicklung von Ansätzen in der sozialen Arbeit findet vielfach in Form eines Theorieimports aus anderen Wissenschaften statt. Von einer eigenständigen Theorie und Konzeptentwicklung kann vorerst allenfalls in Ansätzen die Rede sein, zumal sich die soziale Arbeit innerhalb des Wissenschaftssystems noch nicht als eigenständige, anerkannte wissenschaftliche Disziplin etabliert hat“ (Deutscher Verein 2007, S. 836f).
3.1
Studieren in neuen Strukturen – der Bologna Prozess
Fast zeitgleich wurde mit dem Bologna Prozess eine umfassende Neuordnung der europäischen Hochschulen verabredet. Bis zum Jahr 2010 soll ein „europäischer Hochschulraum“ geschaffen werden. Damit verbindet sich die Erwartung, so das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), „durch die größte Hochschulreform seit Jahrzehnten die Qualität von Studienangeboten zu verbessern, mehr Beschäftigungsfähigkeit zu vermitteln und die Studiendauer zu verkürzen“.
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Die Bildungsminister der europäischen Staaten haben sich verabredet, ein System leicht verständlicher und vergleichbarer Abschlüsse auf zwei Stufen mit europaweit einheitlicher Nomenklatur (Bachelor und Master) einzuführen. Mit einem Qualifikationsrahmen sollen vergleichbare und kompatible Hochschulabschlüsse auf nationaler und europäischer Ebene eingeführt werden. Der jeweilige Abschluss wird nach einem System von Leistungspunkten (European Credit Transfer and Accumulation System - ECTS) erreicht. Das Hochschulstudium soll eingebettet sein in ein Konzept des lebenslangen Lernens. Hierzu sollen von den Hochschulen flexible Lernangebote geschaffen werden. Außerdem sollen Verfahren für die Anerkennung früherer, auch außerhalb der Hochschule erworbener Kenntnisse und Kompetenzen entwickelt und vereinbart werden. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Berufsqualifizierung und Beschäftigungsfähigkeit der Absolventinnen und Absolventen. Die Hochschulen sollen für eine breite Wissensgrundlage sorgen, aber auch auf den Arbeitsmarkt vorbereiten. Seitdem befindet sich die Hochschullandschaft in einem Prozess grundlegender Veränderung. Die europäische Dynamik der Umstellung auf Bachelorund Masterstudiengänge hat in vielen Bereichen zu strukturellen, aber auch zu inhaltlichen Reformen geführt. Das geschieht meist auf der operationalen Ebene, hat aber tiefgreifende, grundsätzliche und inhaltliche Bedeutung: Was bedeutet es in Zukunft, auf wissenschaftlichem, akademischen Niveau zu studieren? Welche Inhalte sind grundlegend von Bedeutung? Welche Methoden des Studiums drängen in den Vordergrund? Was bedeutet empoyability, einerseits für die Relevanz des Studierten auf dem Arbeitsmarkt, für die Chancen, mit dem Studienabschluss eine adäquate Arbeit zu finden, andererseits für die Berufsfähigkeit, die Tauglichkeit des Studiums für die Ausübung des Berufs? Wie kann man die Freiheit der Wissenschaft, nicht nur der Forschung und Lehre, sondern auch des Studierens erhalten? So grundsätzlich die Fragen sind und so intensiv die Diskussion in den Verbänden und Lobbygruppen der Hochschulen und der an Wissenschaft interessierten Öffentlichkeit ist, die Entscheidungen über das tatsächliche Studienangebot fallen an den einzelnen Hochschulen. Die Akkreditierungsagenturen, die über die Zulassung der einzelnen Studiengänge entscheiden, sollen nur deren Funktionsfähigkeit beurteilen. Der Akkreditierungsrat, der als „Dachstelle“ die einzelnen Akkreditierungsagenturen zertifiziert, beschreibt seinen Auftrag, wie es im mission statement vom 18. Juni 2007 heißt, damit, das „System der Qualitätssicherung in Studium und Lehre durch Akkreditierung von Studiengängen zu organisieren“ (Akkreditierungsrat 2007).
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Strukturen für ein Studium der Schulsozialarbeit
Dazu hat der Akkreditierungsrat am 17. Juli 2007, zuletzt geändert am 29. Februar 2008, Verfahrensregeln und Kriterien für die Akkreditierung festlegt. Zu überprüfen sind:
Systemsteuerung der Hochschule Qualifikationsziele Konzeptionelle Einordnung des Studiengangs in das Studiensystem das Studiengangskonzept Durchführung des Studiengangs Prüfungssystem Transparenz und Dokumentation Qualitätssicherung
Darüber hinausgehende Aspekte der wissenschaftlichen Disziplinen oder grundsätzliche Auswirkungen von Studiengängen auf die gesellschaftlichen Systeme, in die sie eingebettet sind, bleiben – an dieser Stelle zurecht – außen vor. 3.2
Qualifikationsrahmen
In Ausführung der Reformziele des Bologna-Prozesses haben HRK, KMK und BMBF einen „Qualifikationsrahmen für Deutsche Hochschulabschlüsse“ erarbeitet und im April 2005 beschlossen. Während Studienprogramme bisher „vor allem durch ihre Studieninhalte, Zulassungskriterien, Studienlänge beschrieben“ (HRK 2005, S. 3) wurden, ermöglicht ein Qualifikationsrahmen dagegen „die Beschreibung an Hand der Qualifikationen, die der Absolvent nach einem erfolgreich absolvierten Abschluss erworben haben soll. Dies spiegelt die Umorientierung von Input- zu Outputorientierung wieder und soll die Transparenz des Bildungssystems fördern.“ (ebenda) Der Qualifikationsrahmen ist fachunspezifisch. Die fachspezifische Ausgestaltung liege bei „den Fächern und den Hochschulen“. Der Qualifikationsrahmen sei als „Referenzrahmen“ zu verstehen. Vor diesem Hintergrund hat der Fachbereichstag Soziale Arbeit einen „Qualifikationsrahmen Soziale Arbeit“ erarbeitet und im Mai 2006 beschlossen:
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„Der QR SArb folgt einer Prozesslogik für die Aus- bzw. Durchführung professioneller Sozialer Arbeit. Ausgangspunkt ist eine Aufgabenstellung deren Bearbeitung/Lösung durch Fachkräfte der Sozialen Arbeit erfolgen kann/soll/muss. Dabei wird unterstellt, dass Fachkräfte der Sozialen Arbeit nicht nur individuell, sondern in professioneller und gesellschaftlicher Verantwortung tätig werden. Sie reagieren nicht nur auf bestehende, allgemein erkannte Aufgabenstellungen, sondern agieren auch durch die Bearbeitung‚ von gesellschaftlich und/oder professionell als relevant angesehenen Problemlagen. Die für die Bearbeitung von solchen Aufgabenstellungen notwendigen allgemeinen Fähigkeiten und professionellen Eigenschaften sind einerseits individuell verortet. Andererseits sind sie auch Teil des kollektiven Wissens- und Fähigkeitskanons sowie eines grundlegend geteilten Selbstverständnisses der Mitglieder der Profession.“ (Bartosch/Maile/Speth 2006, S. 5)
Der QR folge, „ausgehend von einer grundsätzlichen Entscheidung für ein grundständiges generalistisches Studium, der gedanklichen Linie von Erweiterung und Vertiefung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kompetenzen und Haltungen mit der Möglichkeit zur Spezialisierung im Arbeits- und Forschungsgebiet der Sozialen Arbeit“ (ebenda). 3.3
Entwicklung der Profession – Fachpolitische Stellungnahmen
Im Juni 2005 brachte der Deutsche Verein ein Positionspapier zur „Einführung gestufter Studiengänge an den deutschen Hochschulen“ in die Diskussion. Dem Deutschen Verein gehe es darum, dass im Prozess der Neustrukturierung der Studiengänge die „nationalstaatlichen Bedingungen der Aus-, Fort- und Weiterbildung im System der sozialen Berufe bedacht werden“ (Deutscher Verein 2005, S. 5). Von besonderer Bedeutung sei dabei der Praxisbezug und die Berufsqualifizierung. Die Frage der Praxisintegration (Ziele und Inhalte der berufspraktischen Ausbildung) werde daher „auf einer inhaltlichen Ebene grundsätzlich zu stellen sein, wenn das Ziel einer berufsqualifizierenden Ausbildung im Rahmen eines Bachelorstudiengangs auch erreicht werden soll. Der Deutsche Verein hält es für notwendig, dass der Praxisbegriff geklärt, das Theorie-Praxis-Verhältnis inhaltlich bestimmt und unterschiedliche Formen der Praxis unterschieden und in einen curricularen Zusammenhang zum Studium gebracht werden.“ (ebenda, S. 6) Außerdem verweist er auf die Konkurrenzsituation von Fachhochschulen und Universitäten, die abgebaut werden müsse. Gleiches gelte für das Verhält-
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Strukturen für ein Studium der Schulsozialarbeit
nis von Studium und Weiterbildung. „Auch außerhalb des Hochschulsektors erbrachte Leistungen“ seien „in Kooperation mit dem Weiterbildungssektor“ in das ECTS-System zu integrieren (ebenda, S. 10). Ein Jahr später, im Juni 2006, formulierte die Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (AGJ) ihre „Anforderungen an die hochschulische Qualifizierung von Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe“. Zwar sei das Profil der gegenwärtig entstehenden Studiengangsstruktur noch weitgehend undeutlich, allerdings scheinen „modularisierte Bachelor- und Master-Studiengänge einerseits innovative Formen der fach- und hochschulübergreifenden Kooperation zu ermöglichen sowie die Herausbildung von neuen Studienformen nahe zu legen. Andererseits scheinen die neuen Möglichkeiten jedoch auch einen Prozess zu unterstützen, der neue Studiengänge entstehen lässt, deren Profilbildung aktuellen und häufig vermeintlichen Markterfordernissen folgt. Fachliche, disziplinäre und gesellschaftspolitische Erfordernisse für die Soziale Arbeit drohen dabei in den Hintergrund zu geraten. Der sich dabei zeigende zunehmende Diversifizierungs- und Segregationsprozess der hochschulischen Fachkultur birgt für die Soziale Arbeit und insbesondere für die Kinder- und Jugendhilfe die Gefahr, dass sie ihre Kontur als ein im Kern einheitliches professionelles Handlungsfeld sukzessive verliert“ (AGJ 2006). Die AGJ plädiert in ihrer Stellungnahme nachdrücklich an die Universitäten und Fachhochschulen, das bisherige, für die Handlungsfelder der Kinder- und Jugendhilfe qualifizierende Studiengangsprofil fachlich nicht zu verengen: „Die Kinder- und Jugendhilfe erfordert Fachkräfte, die auf ein breit angelegtes, fachlich einschlägiges Studium verweisen können. Nur so kann den Anforderungen, die sich durch ständig veränderte gesellschaftliche und professionelle Herausforderungen ergeben, fachlich entsprochen werden. Formen der grundständigen hochschulischen Qualifizierung sollten, wie auch die Angebote der Fort- und Weiterbildung, der Idee des lebenslangen Lernens folgen. Eine Verzahnung von grundständigen und aufbauenden Qualifizierungen muss konzeptioneller Bestandteil der verschiedenen Studien- und Bildungsangebote sein. Auf ein Themenfeld oder besondere methodische Zugangsformen eng geschnittene Spezialisierungen und Profilbildungen sollten hochschulischen Weiterbildungs- und Spezialstudiengängen sowie der außerhochschulischen Fort- und Weiterbildung vorbehalten bleiben.“ (AGJ 2006, S. 2)
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Im März 2009 hat sich die AGJ erneut mit den BA- und MA-Studiengängen der Sozialen Arbeit beschäftigt, diesmal unter der Fragestellung, welche Kompetenzen Fachkräfte aus Sicht der Anstellungsträger haben sollten. Sie bilanzieren die Entwicklung neuer Studiengänge aus heutiger Sicht höchst kritisch. Verschiedenste modularisierte Inhalte und Abschlussbezeichnungen seien ein „kaum zu durchdringendes Dickicht“ (AGJ 2009, S. 10). Dies sei zum einen auf standortspezifische Traditionen und Profile zurückzuführen, hänge zum anderen aber auch damit zusammen, dass der Aufbau sozialpädagogischer Inhalte in modularisierter Form teilweise unkoordiniert und nur auf den jeweiligen Standort bezogen sowie unter dem Druck mangelhafter Kapazitäten stattfinde. Es sei die Forderung zu stellen, „dass die Entwicklung von spezialisierten Studienangeboten der Sozialen Arbeit nicht so weit voranschreitet, dass die Soziale Arbeit ihren Anspruch eines generalistischen Studiengangs aufgibt“ (ebenda, S. 12). Ob diese Forderung auf Hochschulseite nachkommen wird, muss man eher skeptisch beurteilen. So schrieb Peter Buttner, Mitglied des Vorstands des Fachbereichstages Soziale Arbeit im Juni 2008 in einem Beitrag für den Nachrichtendienst des Deutschen Vereins: „Die weitere Entwicklung der sozialen Berufe bleibt aber immer unübersichtlich und ist von vielen Einzelentscheidungen getragen. Die Frage, ob die Studiengänge halten, was die Hochschulen versprechen, kann also niemand so recht beantworten und schon gar nicht, ob sie inhaltlich leisten werden, was die Gesellschaft in Zukunft braucht.“ (Buttner 2008)
An dieser Stelle erscheint es notwendig, noch einmal auf den Begriff der employability zurück zu kommen. Employability umfasst zwei Dimensionen: Einerseits soll der Studierende berufsrelevante Handlungskompetenz erwerben. Andererseits wird von der Hochschule erwartet, dass sie Studiengänge anbietet, die selbst berufsrelevant sind, die also auf dem Arbeitsmarkt insoweit Bedeutung haben, als man nach erfolgreichem Studienabschluss einen entsprechenden Arbeitsplatz finden kann. Employability meint also, wie es Ulrich Teichler auf der Jahrestagung des HRK Bologna-Zentrums im Januar 2009 formulierte „die Beziehungen von Studienangeboten, Kompetenzen und beruflichen Tätigkeiten“ (HRK 2009, S. 51). Dabei sei allerdings bisher kein Konsens über angemessene begriffliche Bestimmungen der potenziell berufsrelevanten Kompetenzen gelungen. Was Teichler hier beklagt, werde, so Ulrich Bartosch auf der gleichen Tagung, durch das Instrument des „Qualifikationsrahmens“ angegangen. Bartosch
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sprach – sein Vortrag hatte den Titel: „Die Erhöhung von Freiheitsgraden für Forschung und Lehre“ – von der „Qualifikation in der Wissensgesellschaft“ als einer „vordringliche[n] Aufgabe der Hochschulen“ (HRK 2009, S. 84). Hochschule und Forschung müssten sich den wandelnden Erfordernissen, den gesellschaftlichen Anforderungen und den Fortschritten in der Wissenschaft laufend anpassen. „Qualifikationsrahmen könnten künftig ein angemessenes, wichtiges Instrument für moderne Hochschulorganisation darstellen. Sie erlauben es, die Lernergebnisse von hochschulischer Forschung und Lehre so abzubilden, dass sie mit den Anforderungen des Arbeitsmarktes abgeglichen werden können und darüber hinaus die Qualifikationsprozesse außerhalb der Hochschule mit dem Studium konstruktiv verbunden werden können.“ (HRK 2009, S. 105)
Was hier für Hochschule und Forschung im Allgemeinen debattiert wurde, reflektiert Elke Kruse in einem Sammelband des Deutschen Vereins (Buttner 2007) vor dem Hintergrund des Studiums der Sozialen Arbeit: Mit der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen bestehe historisch erstmalig die Chance, eine berufsfeldbezogene und wissenschaftsbasierte Grundausbildung zu garantieren. Unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Arbeitsmarktes könne ein System von Ausbildungs- und Studiengängen entstehen, das einen flexiblen Ein- und Ausstieg auf den verschiedenen Ebenen, die Besetzung verantwortlicher Positionen in der Praxis sowie Tätigkeiten in Forschung und Lehre für den eigenen wissenschaftlichen Nachwuchs ermögliche (vgl. Kruse 2007, S. 166). Seit über 90 Jahren bereits werde die Frage diskutiert, „ob die Ausbildung eher universell, generalistisch auf alle Handlungsfelder Sozialen Arbeit oder aber spezialisierend auf ein Berufsfeld oder sogar einen Zweig des Berufsfeldes hin ausgerichtet sein soll“ (ebenda, S. 167). Nach der Zusammenführung von Sozialarbeit und Soziapädagogik zu einem Studiengang „Soziale Arbeit“ sei es, so Kruse, jetzt möglich, über berufsfeldspezifische Weiterungen nachzudenken:
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„Je klarer sich die Binnenstruktur der Sozialen Arbeit durch die Vereinheitlichung der Ausbildung gestalten lässt, desto offener kann sich die Profession gegenüber angrenzenden Arbeitsfeldern geben. Dies ist derzeit umso wichtiger, als sich durch aktuelle Entwicklungen, wie die Verhäuslichung der Pflege oder die Forderung nach der ‚Sozialpädagogisierung‘ der Schule, neue berufsfeldübergreifende Tätigkeiten nicht nur anbieten, sondern als dringend erforderlich erweisen“ (ebenda, S. 170).
In ihrem Beitrag über die neuen Studiengänge „Erziehung und Bildung im Kindesalter“, mit denen man die Akademisierung des Elementarbereichs vorantreiben will, plädiert Raingard Knauer dafür, im Zusammenhang mit employability auch gesellschaftliche, in diesem Fall bildungspolitische Veränderungen wahrzunehmen. Auch über das Feld der Kindertagesstätten hinaus brauche es „Fachkräfte, die hierfür spezifisch ausgebildet sind. Die in Bewegung geratene Kooperation von Jugendhilfe und Schule stellt die Fachkräfte beider Einrichtungen vor neue Aufgaben. Dabei handelt es sich um eine Kooperation zwischen Institutionen, die ihrerseits unter Druck geraten sind“ (Knauer 2007, S. 364). Den Bezug zwischen Wissenschaft und Praxis stellen in besonderer Weise auch Karl-Heinz Boeßenecker und Andreas Markert in einer Studie für die Hans-Böckler-Stiftung zum Sozialmanagement her: „Professionalisierung und Verwissenschaftlichung in der Sozialen Arbeit sind (...) nicht nur das Ergebnis einer akademischen Debatte, sondern ebenfalls induziert und befördert durch eine Verfachlichung der Praxis selbst.“ (Boeßenecker/Markert 2007, S. 15)
Am Beispiel des Sozialmanagements erläutern die Autoren, wie auf Initiative von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Trägerverbänden seit dem Jahr 1997 aus veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen und strategischen Neuausrichtungen sozialer Dienste (Einführung von Leistungsverträgen und Entgeltvereinbarungen, Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Gewährleistung von Qualitätssicherungsmaßnahmen, etc.) „neue und erweiterte Berufsrollenanforderungen an die Profession Soziale Arbeit“ erwachsen sind. Im Jahr 1999 wurde eine Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Sozialmanagement gegründet mit dem Ziel „die Entwicklung der Studiengänge Sozialmanagement und Sozialwirtschaft an Universitäten und Fachhochschulen zu fördern“ (s. www.bag-
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sozialmanagement.de). Sieben Jahre später listen Boeßenecker/Markert zum 1. Oktober 2006 insgesamt 67 Studiengänge in Deutschland auf, davon 15 BA-, 42 MA-, 4 Zertifikats- und 6 Diplomstudiengänge. Eine Erfolgsgeschichte? Oder eine Bedrohung der Einheit der Sozialen Arbeit? Und schließlich: ein Ansporn für die Schulsozialarbeit, ein eigenes Studienprofil zu entwickeln und sich auf den Weg der eigenständigen Professionalisierung zu machen?
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Zwischenstand auf einem langen Weg
Das Berufsbild und Anforderungsprofil der Schulsozialarbeit ist markiert. Es wird nicht das letzte Wort sein, was man zur Entwicklung des Berufs- und Arbeitsfeldes sagen muss, aber ein gewichtiger Anstoß ist gegeben. Die Schule ist nicht nur unter dem Gesichtspunkt ihrer Leistungsfähigkeit reformbedürftig. Ob sie dabei einen guten Weg mit der Strategie geht, PISA, TIMMS, IGLU und andere als Messinstrument für gute Bildung immer weiter zu perfektionieren und mit andauernden Tests und Vergleichsarbeiten ad absurdum zu führen, ist zumindest fragwürdig. Der unüberhörbare Hilferuf nach sozialpädagogischer Unterstützung sollte hingegen nicht ignoriert werden. Kinder und Jugendliche brauchen mehr als Unterricht. Lehrerinnen und Lehrer können ihnen aber dieses Mehr nicht bieten. Ihr Eingebundensein in die Zweckrationalität des Unterrichts lässt keine Freiräume. Und die Lehrerbildung bleibt mit ihrer fachlichen Ausrichtung hinter den sozialpädagogischen Anforderungen der schulischen Arbeit zurück. Schulsozialarbeit wird zunehmend gebraucht und gewinnt an Bedeutung. Will sie die Herausforderung annehmen, sich aus der Jugendhilfe auf die Schule einzulassen, muss sie sich professionalisieren. Man kann nicht erwarten, dass auf mittlere Sicht an jeder Schule eine Stelle eingerichtet wird, wenn man nicht weiß, ob und wie die Fachlichkeit des Personals abgesichert ist. Die Träger der Jugendhilfe, die Schule und die Arbeitgeber müssen sich darauf verlassen können, dass der Schulsozialarbeiter, dass die Schulsozialarbeiterin professionell agieren kann. Ein spezifischer Studienabschluss – sei es BA, sei es MA – mit der Qualifikationsbezeichnung „Schulsozialarbeit“ ist Ausweis dieser Kompetenz. Ein weiter so wie bisher kann es nicht geben. Die Hochschulen müssen mehr in den systematischen Ausbau der Studienangebote für die Schulsozialarbeit investieren, nicht nur Stellen und Geld, sondern vor allem auch Forschung und Vernetzung. Das schließt auch die Universitäten ein. Insellösungen an einzelnen
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Hochschulstandorten führen nicht zu dem, was nötig ist, zu einem wissenschaftlich fundiertem, berufspolitisch abgesicherten Aufbruch der Sozialen Arbeit in das Arbeitsfeld Schule. Der Weg dahin wird noch lang sein, aber man muss gemeinsam verabreden, dass man das Ziel erreichen will und wird.
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Ein Modell zur Akademisierung der Ausbildung von Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern Eine erste Orientierung bei der Konzeption der Ausbildung von Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern lässt sich gewinnen, indem man das Ausbildungsproblem allgemein als ein Integrationsproblem begreift: Es beinhaltet die Fragen nach der Abgrenzung gegen außen und der Ordnung gegen innen. Dabei lässt sich ein struktureller und ein symbolischer Aspekt unterscheiden: Ausbildung meint die Etablierung einer ausdifferenzierten Ordnung auf der Ebene von Wahrnehmung und Denken wie auch auf der Ebene der sozialen Struktur von einzelnen Interaktionen, Gruppen und Institutionen. Das Lernen auf der individuellen Ebene umfasst deshalb weit mehr als die Aneignung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten und lässt sich nur analytisch trennen von der Herausbildung eines Habitus. Mit Ausbildung ist im Folgenden derjenige Aspekt bezeichnet, der beansprucht, auf diese Lernprozesse Einfluss zu nehmen und dem damit eine Verantwortung dafür zukommt. Ausbildungen stehen deshalb grundsätzlich unter einer Legitimationsanforderung.
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Institutioneller Rahmen des Studiums und Studierende
Im Folgenden wird ein Modell skizziert, das die Ausbildung für die Schulsozialarbeit als eine gezielte Einflussnahme auf Lernprozesse konzeptualisiert. Das Modell ist unabhängig von der Institutionalisierungsform und der organisatorischen Rahmung des Studienganges, auf den es angewendet wird. Inwieweit einzelne Elemente der Institutionalisierung dazu zu rechnen sind, ist nicht Gegenstand des Modells. In einer konkreten Praxis ist die Interpunktionslinie zwischen dem als Konzept zu verantwortenden und den anderweitig gesellschaftlich bestimmten Einflüssen und Determinanten variabel, während das theoretische Modell selber unverändert bleibt. In Bezug auf den institutionellen Rahmen stellt sich entsprechend die Frage, inwiefern diese als moderierende, intervenierende Größen zu behandeln sind, oder inwiefern sie selber als Mittel zur Strukturierung zur Verfügung stehen und damit zum Ausbildungskonzept zählen können. Wo im konkreten Fall diese Interpunktionslinie zu liegen kommt, ist 105
Christian Vogel
letztlich eine politische Frage, die durch das theoretische Modell nicht direkt beantwortet werden kann. Dieses ist darauf angelegt, die zentralen Dimensionen zu bezeichnen, so dass diese beidseits der genannten Interpunktionslinie analysiert werden können.
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Beschreibung und Begründung des Ausbildungskonzepts
Das folgende Konzept ist das Ergebnis einer langjährigen Zusammenarbeit mit Martin Graf wie auch zugleich eine Anwendung der Erkenntnisse daraus.1 Klaus Eder unterscheidet auf der abstraktesten Ebene gesellschaftlicher Ordnung drei Typen der Integration, die über eine Evolutionslogik miteinander verknüpft sind (vgl. Eder 1977): Die verwandtschaftliche Integration regelt das Problem der Zugehörigkeit über einen binären Code und verfügt nur über eine geringe interne Differenzierung. Die Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe wird über Verwandtschaftsbeziehungen2 geregelt. Die herrschaftliche Integration basiert auf einer eindimensionalen Skala, auf der für jedes Element die Nähe zum Zentrum bzw. zur Spitze eindeutig bestimmt werden kann. Bei der gesellschaftlichen Integration löst sich die Eindeutigkeit des integrierenden Schemas auf zugunsten einer Mehrdimensionalität, so dass je nach Bezugsproblem die Positionen anders bestimmt werden. Damit erhält die Frage nach der Legitimation der Organisation und der darin enthaltenen Macht eine zentrale Bedeutung. Diese allgemeine Typologie einer langfristigen, von den realen historischen Prozessen abstrahierten Tendenz gesellschaftlicher Entwicklung lässt sich auf konkrete gesellschaftliche Prozesse anwenden, indem die evolutionär hergeleiteten Integrationsmodi als rezente Erscheinungen nebeneinander auftreten. Die Integration einer Gesellschaft oder eines Ausschnitts erscheint so als ein heterogener Prozess mit variierenden Anteilen der verschiedenen Modi. Aus der Perspektive der am weitesten fortgeschrittenen Entwicklung stellt sich dann die Frage nach der Angemessenheit bzw. der Legitimität eines konkreten Modus.3. 1
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Diese basieren auf den Arbeiten zur Theorie der Schule (Graf 1988), zur Theorie der Sozialen Arbeit (Graf 1996), der Untersuchung von Schulsozialarbeit (Vogel 2006) sowie auf unserer z.T. gemeinsamen Lehrtätigkeit an der Universität Zürich und an der Berner Fachhochschule, die sich thematisch über Bildungssoziologie, Theorie und Methoden der Sozialen Arbeit, Forschungsmethoden sowie Schulsozialarbeit im engeren Sinn erstreckte. Hierzu gehören nicht nur die Blutsverwandtschaft, sondern auch soziale Formen wie Heirat, Adoption etc. Grundsätzlich muss der Modus der Integration dem Umfang der zu integrierenden Struktur entsprechen. So sind bspw. verwandtschaftliche Integrationsprozesse nicht legitimierbar für Strukturen, die den Umfang der Verwandtschaft übergreifen.
Ein Modell zur Akademisierung der Ausbildung von SchulsozialarbeiterInnen
Das Problem der Ausbildung zur Schulsozialarbeit lässt differenzieren nach den verschiedenen Modi der Integrationsprozesse. Entsprechend können drei Typen von Ausbildung unterschieden werden: a) Der Typus der handwerklichen Ausbildung Sennett beschreibt das Verhältnis des Meisters zum Lernenden als das eines Ersatzvaters: Der mittelalterliche Meister befand sich „in loco parentis gegenüber den ihm unterstellten Gesellen und Lehrlingen, auch wenn diese nicht mit ihm verwandt waren“ (Sennett 2008, S. 89). Ein wichtiger Bestandteil dieser Art von Ausbildung ist, dass der Lernende gewissermaßen von der Familie adoptiert wird, so dass die elterlichen Rechte auf den Lehrmeister übergehen. Die Grundlage für die Aneignung der Fähigkeiten und Fertigkeiten bildet die Identifikation mit dem Meister. Die Akkumulation von Erfahrung vollzieht sich durch Imitation und Habitualisierung, weitgehend in der Einheit von Hand- und Kopfarbeit. Der zentrale Mechanismus der kulturellen Tradierung ist ritualistisch: Lehrender und Lernender müssen physisch anwesend sein und die Vermittlung vollzieht sich primär über die Tätigkeit, über das Erleben am eigenen Leib. Erzählungen oder gar Diskursen kommt eine untergeordnete Bedeutung zu. Geistige und körperliche Arbeit fallen weitgehend zusammen, so dass ein von der praktischen Tätigkeit abgekoppeltes Bewusstsein von untergeordneter Bedeutung ist. Doch bereits das handwerkliche Modell unterlag historisch der Anforderung, dass die zu integrierende Struktur über die gemeinschaftliche Struktur der Familie hinausging: Sennett weist darauf hin, dass der Meister einen religiösen Eid schwören musste, in dem er versprach, das Können des ihm Anvertrauten zu mehren. Dieser Vertrag schützte den Lehrling vor der Willkür des Meisters und vor der Ausbeutung als billige Arbeitskraft. Umgekehrt verpflichtete sich der Lehrling durch einen Eid, die Geheimnisse seines Meisters für sich zu behalten. In diesem Aspekt zeigen sich herrschaftliche Elemente, die den Integrationsumfang des Handwerks sichern, der über die direkt auf die Ausbildung bezogenen verwandtschaftlichen Bande hinaus reichte. In der Schulsozialarbeit lassen sich dort handwerkliche Elemente identifizieren, wo die Lernprozesse über Zugehörigkeit strukturiert werden. Die Lernenden werden in eine Art verwandtschaftliche Struktur aufgenommen, was oft über ein mehr oder weniger ritualisiertes Verfahren geschieht. Die Lernprozesse basieren auf Idealisierung, Identifikation und Nachahmung. Die Integrationsleistung verwandtschaftlicher Mechanismen stößt insofern an Grenzen, als die Anforderungen sich nicht auf eine konkrete Institution beziehen. Das Lernen hat dann einen abstrakteren Gegenstand: Die Ausbildung für Schulsozialarbeit kann nicht darin bestehen, die Studierenden über Praktika in konkrete Stellen einzuführen, sondern sie sollen in der Lage sein, in unterschiedlich strukturierten Feldern zu 107
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arbeiten. Es stellt sich also die Aufgabe, an einer konkreten Stelle Erfahrungen zu machen, die über diese hinaus Gültigkeit beanspruchen können. Bloßes Erleben und Habitualisierung reichen deshalb keineswegs aus. Die unterschiedlichen Formen der Institutionalisierung von Schulsozialarbeit führen dazu, dass die Defizite einer Ausbildung nach dem handwerklichen Modell leicht als ungenügend erkannt werden können. Im Hinblick auf die Legitimationsproblematik ist es für eine Ausbildung zur Schulsozialarbeit entscheidend, dass die handwerklichen Elemente nicht durch die Institutionen der Schulsozialarbeit konstituiert werden, da diese nicht über die nötige Allgemeinheit verfügen. b) Der Typus der verwissenschaftlichten Ausbildung Alfred Sohn-Rethel schildert den Übergang von handwerklicher Kunst zu theoretisch geplanter Produktion am Beispiel des Dombaus zu Florenz. Die Kuppelhöhe überstieg die baumeisterliche Erfahrung, so dass der Baumeister einen Mathematiker beiziehen musste, welcher den Kuppelbau berechnen sollte. Auf diese Weise drangen theoretische Überlegungen in die handwerkliche Welt ein und es kam zu einem Nebeneinander von am konkreten Problem gewonnener Erfahrung und abstraktem Denken. Da es nicht gelang, die beiden Aspekte in eine gesellschaftliche Synthese zu bringen, kam es zu einer sozialen Differenzierung: Der angesehene Stand der Baumeister spaltete sich auf in Architekten und Bauhandwerker. Planung und Ausführung traten auseinander. „Durch dieses (...) Verfahren wurde exakte Naturerkenntnis in reine Geistesarbeit verwandelt und von jener Abhängigkeit von der handwerklichen Einheit von Hand und Kopf, daher auch von aller Mitwirkung der im kapitalistischen Produktionsprozess beschäftigten manuellen Lohnkräfte emanzipiert. Das Erstaunliche war möglich geworden, Naturvorgänge aus völlig anderen Quellen als der praktischen Handarbeit zu bestimmen“ (Sohn-Rethel 1970 zit. nach Graf 1988, S. 121f.). Mit der Abspaltung des Intellekts von der eigentlichen Produktion und damit auch der Abspaltung des Körpers von der jetzt nur noch theoretischen Erkenntnis, wurden beide Bereiche in ihrer Ausdifferenzierung besser disziplinierbar. Dem Modell der Verwissenschaftlichung liegt eine solche Abspaltung der geistigen Arbeit zugrunde.4 Es beinhaltet eine innere Differenzierung zwischen den Funktionen der Konzeption und Planung einerseits und der Ausführung andererseits. Entsprechend entstehen Spaltungen zwischen dem Bereich einer am Erkenntnisproblem orientierten Wissenschaft und dem Bereich einer professi4
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Mit der Vorsilbe ver- kommt der Bezeichnung die spezifische Leistung der deutschen Sprache zu, auf die Goldschmitt hingewiesen hat: Die Vorsilbe ermöglicht es, eine Doppeldeutigkeit, eine Unentschiedenheit in der Sprache gültig auszudrücken, so dass eine Bedeutung immer auch das unbewusst mitlaufende Gegenteil davon beinhaltet. Vgl. dazu etwa die Doppelbedeutung von „Versprechen“ (Goldschmitt 1999).
Ein Modell zur Akademisierung der Ausbildung von SchulsozialarbeiterInnen
onellen Praxis, die das Handlungsproblem im Zentrum hat.5 Darin drückt sich eine unbewältigte Grundspannung aus, die über entsprechende soziale Differenzierungen sowie zeitliche und räumliche Distanzierungen latent gehalten wird oder sich als Herrschafts- bzw. Unterwerfungsproblematik manifestiert. Ausbildungen nach dem Modell der Verwissenschaftlichung zeichnen sich durch eine Dominanz von ordinalen Skalen aus, die unabhängig von ihrer Angemessenheit und ihrer Eignung zur Bearbeitung einer bestimmten Aufgabe angewendet werden. Außerdem wird zumeist implizit davon ausgegangen, dass die Skalen auf ein und derselben Dimension liegen, so dass immanente Widersprüche latent gehalten werden.6 Dies führt zunächst zu einer Bedrohung der handwerklich strukturierten Bereiche. Herrschaftliche Integrationsmechanismen hebeln die handwerkliche Sicherung von Qualität systematisch aus, die auf der persönlichen Verantwortung und der Sinnstiftung beruht. Es kommt zur Formalisierung von Kriterien, die ihrerseits das Lernen strukturieren, unabhängig davon, ob die Formalisierung der Aufgabe im vorliegenden Fall tatsächlich angemessen ist. Die zentralen Mechanismen, über die herrschaftliche Integrationsprozesse bei den Individuen sozialisationswirksam werden, sind auf der psychischen Seite Prozesse der gesellschaftlichen Unbewusstmachungen und in der biographischen Dimension Enteignungen von Erfahrungen. Angeeignete Kenntnisse und Fertigkeiten werden entwertet und unwirksam gemacht unter dem Vorwand, dass sie nicht den geforderten Standards entsprechen. Verwissenschaftlichte Ausbildungen zeichnen sich durch eine soziale Differenzierung zwischen geistiger und körperlicher Arbeit aus, die durch eine unbearbeitete Spannung geprägt ist. Diese wird im Rahmen einer Machtbalance latent gehalten oder aber sie manifestiert sich in Machtproben, deren Ergebnis wiederum Dominanz und Unterwerfung sind. Dadurch wird vermieden, dass die Erfahrung aus der körperlichen Arbeit mit dem kulturell tradierten Wissensvorrat vermittelt werden kann. Die intellektuelle Auseinandersetzung mit den sinnlichen Erfahrungen aus der konkreten Praxis wird dadurch verhindert und die Praxen, die über Intuition strukturiert werden, werden desavouiert. Es kommt zu einer Desymbolisierung der theoretischen Konzepte und zu einer Clichierung des Verhaltens im Rahmen dessen, was Alfred Lorenzer als Aufspaltung des Sprachspiels bezeichnet hat (vgl. Lorenzer 1977; Vogel 2006). 5 6
Vgl. dazu auch die Verbreitung der Dichotomisierung von „Disziplin“ und „Profession“ in Diskursen der Sozialen Arbeit. Richard Münch hat nachgewiesen, wie über die Bewertungssysteme, die in den vergangenen Jahren an den Universitäten in Deutschland (u.a. über die sog. „Exzellenz-Initiative“) eingeführt wurden, die eigentliche wissenschaftliche Produktivität reduziert wurde zu Gunsten eines gigantischen Leerlaufs, indem immer größere Teile der wissenschaftlichen Intelligenz zur Einwerbung von Drittmitteln abgezogen werden (Münch 2007). 109
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Die Wissenschaft selber ist mit ihrer disziplinären Struktur in bestimmter Hinsicht potentiell herrschaftlich integriert. Ludwik Fleck hat die wissenschaftliche Sozialisation als eine Einführung in einen Denkstil bezeichnet, der zugleich immer die Einführung in ein Denkkollektiv entspricht (vgl. Fleck 1980 (1935); Graf 2008). Die Disziplinierung des Denkens und Handelns bezieht ihre Legitimation aus den Erkenntnismöglichkeiten, die sie eröffnet. Zugleich aber bedeutet dieselbe Disziplinierung immer auch eine Beschränkung des Erkenntnisfortschritts. Die Prämissen und die damit gekoppelten disziplinär verankerten methodischen Verfahren erhalten insofern einen herrschaftlichen Aspekt, als durch sie neue Erkenntnisse verhindert werden. Das, was Fleck als „Handbuchwissen“, also als die gesicherten Bestände einer Disziplin bezeichnet hat, bildet eine unabdingbare Grundlage für die Ausbildung.7 Sie erhält aber insofern einen herrschaftlichen Charakter, als die darin enthaltenen Denkzwänge, sowie die damit gekoppelten sozialen Strukturen, in welche die Novizen eingeführt werden, im Dienst der Unbewusstmachung und der Enteignung gesellschaftlicher Erfahrung stehen. Tendenzen einer Ausdifferenzierung von Schulsozialarbeit mit einem eigenen Handbuchwissen und als ein eigenes Denkkollektiv lassen sich in diesem Sinn analysieren. Die Ausbildung für die Schulsozialarbeit ist dann die Einführung in einen bestimmten Denkstil und in das entsprechende Denkkollektiv. Die Illegitimität eines solchen Konzeptes manifestiert sich in der Regel in der Form von Widerständen. Sie ist darin begründet, dass der Umfang der sozialen Struktur, die auf diese Weise integriert werden kann, auf die Schulsozialarbeit selber begrenzt ist, während die relevanten Beziehungen selbstredend darüber hinaus gehen. Dennoch scheint die Schulsozialarbeit gegenwärtig eine besondere Anfälligkeit auf herrschaftliche Elemente aufzuweisen. Dies folgt zunächst einer allgemeinen aktuellen Tendenz in der Sozialen Arbeit, die sich im Rahmen der zyklischen Prozesse gesellschaftlichen Wandels analysieren lässt (vgl. Bornschier 1998; Graf 1996)8. Der wirtschaftliche Aufschwung, dessen jähes 7
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Dies gilt auch für die Soziale Arbeit, wenn auch der Rückgriff auf „Klassiker“, wie dies einst vorgeschlagen wurde, aufgrund der gesellschaftlichen Konstituiertheit der Sozialen Arbeit wie auch ihrer Theoriebildung nicht haltbar ist (vgl. Graf 2000). Der Frage der Ausbildungen kommt in der Geschichte der Sozialen Arbeit seit jeher eine wichtige Bedeutung zu, da es sich dabei um ein wesentliches politisches und damit strategisches Moment handelt, welches nicht unabhängig von der sozialarbeiterischen bzw. sozialpädagogischen Problemstellung selber ist. Ausbildungen der Sozialen Arbeit waren immer auch und vor allem Vehikel zur Entlegitimierung bestimmter gesellschaftlicher Praxen. Der Aspekt der Legitimation eines beruflichen Handelns ist prinzipiell nachgeordnet. Den eigentlichen Institutionalisierungsprozessen der Sozialen Arbeit gehen Ansätze zu genuin akademischen Ausbildungskonzepten voraus (zu nennen wären hier u.a. die University Settlements oder die Anfänge empirischer Sozialforschung, die untrennbar mit einem sozialen Engagement verbunden waren). Dass es in der Folge zu methodischen Engführungen in der Sozialen Arbeit gekommen ist, hat
Ein Modell zur Akademisierung der Ausbildung von SchulsozialarbeiterInnen
Ende wir im vergangenen Herbst miterlebt haben, entlastete die Institutionalisierungsformen weitgehend von substantiellen Legitimationsanforderungen. Die letzten Ausläufer der neoliberalen Reformen, die zur Zersetzung des wohlfahrtsstaatlichen Gesellschaftsmodells der Nachkriegszeit beitrugen, erfahren erst jetzt eine Institutionalisierung auf breiter Front. In der Schweiz fielen diese Prozesse mit einer formalen Anhebung der Ausbildungen in der Sozialen Arbeit auf die Tertiärstufe zusammen, so dass ein Legitimationsbedarf entstand, der sich in der Notwendigkeit einer Verwissenschaftlichung der Ausbildung bis in die gesetzlichen Vorgaben des Fachhochschulgesetzes ausdrückte. Dies führte zu einer Dominanz von Integrationsprozessen des herrschaftlichen Typus, über die handwerklich strukturierte Elemente abgespalten oder eliminiert wurden. Zu eigentlichen Entlegitimationen und der Forderung nach Rationalisierung der handwerklichen Erfahrungen ist es bisher auf breiter Front nicht gekommen. Die Legitimität, die daraus resultierte, ist jedoch bloß eine scheinbare. Sie stiftet eine faktische Akzeptanz, die auf einen Legitimitätsglauben (Max Weber) beruht. Eine wichtige Rolle spielt dabei eine Phantasmagorie von Wissenschaftlichkeit, die geprägt ist von einem geringen Grad an Diskursivität und von einem hohen Grad an Formalisierung der Wissensbestände wie auch ihrer Vermittlung. Ausbildungen tendieren dazu, Übersichten vermitteln zu wollen und es entstehen Vorstellungen über die Vollständigkeit eines geschlossenen Ganzen, die sich in curricularen Entwürfen, didaktischen Konzepten, Qualitätssicherungssystemen und Ähnlichem niederschlagen. Das Ausbildungsproblem präsentiert sich als das Problem der Auswahl der „relevanten Wissensbestände“, und es entsteht die Anforderung, dass diese Kriterien zu genügen haben, die selber gesellschaftlichen Konjunkturen unterworfen sind.9 Die Rationalität der zugrunde liegen-
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mit einer innerwissenschaftlichen Spannung (bzw. Spaltung) zu tun zwischen einem formalen Konzept wissenschaftlicher Erkenntnis und ihrer Anwendung einerseits und dem Konzept einer kritischen, an Selbstaufklärung orientierten Wissenschaft andererseits. Historisch spiegelt sich diese Spannung auf der Ebene der Sozialen Arbeit etwa bei der methodischen Rezeption des Social Work in Europa wider, die zwar auch, aber nicht primär eine Methodisierung war. Vielmehr war diese zunächst ein Mittel, um die überkommenen Fürsorgepraxen zu entlegitimieren. Dass dieses Mittel langfristig äußerst ungeeignet war, zeigte sich in der tiefen Legitimationskrise der Sozialen Arbeit ab Mitte der 1960er Jahre. Der Grund für diese anomische Situation war das Projekt einer Demokratisierung und damit einer allgemeinen Zugänglichkeit von wissenschaftlichem Wissen und Bildung, auf deren Dringlichkeit erst die Reformen in den 1970er Jahren reagierten. Die theoretischen Gehalte der Methoden blieben so weitgehend implizit und wurden einer systematischen Reflexion entzogen. (Eine systematische Aufarbeitung der Methodengeschichte unter dem legitimationstheoretischen Gesichtspunkt steht noch aus, die hier geäußerten Thesen stammen aus Vorarbeiten, die ich im Zusammenhang mit meiner Lehrtätigkeit in der sozialarbeiterischen Methodenausbildung gemacht habe). Hierzu zählen Forderungen nach Aktualität oder Internationalität ebenso wie inhaltliche Vorgaben wie z.B. die „Gender“-Thematik. 111
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den Dimensionen in Bezug auf das zu bearbeitende Problem steht dabei ebenso wenig zur Debatte wie der Versuch unternommen wird, mögliche Divergenzen zwischen den Dimensionen als systematische zur Kenntnis zu nehmen. Für die Studierenden erscheint das Studium tendenziell als sinnentleert, da die primären Motive und Intentionen, mit denen sie die Ausbildung angetreten haben, kaum eine Chance erhalten, mit den formalisierten Wissensbeständen vermittelt zu werden. Mit Merton lässt sich ihre Situation als eine anomische beschreiben, in der die konforme Anpassung, das Anstreben eines substantiellen Erfolgs, mit den legitimen Mitteln ausgeschlossen ist. Innovation zeigt sich etwa in der Form einer sekundären Motivbildung des Statusgewinns über den formalen Bildungsstatus. An die Stelle der legitimen Mittel einer inhaltlichen Auseinandersetzung tritt dann eine Aneignung von Wissensbeständen, ohne dass diese zu den eigenen Erfahrungen in Bezug gesetzt würden. Die Bemühungen werden auf das prüfungsrelevante Wissen fokussiert, da von diesem der formale Statuserwerb in formalisierten Bewertungssystemen unmittelbar abhängig gemacht wird. Eine Alternative zu diesen Tendenzen der Forcierung von Halbbildung bildet der Rückzug auf die praktische Tätigkeit als ein Ort, an dem weder die theoretischen Erkenntnisse noch die Methoden zur Anwendung kommen. Erfolgt die Anpassung an die anomische Situation als Ritualismus, so erhalten die Methoden einen besonderen Stellenwert. Bei stärker wissenschaftlich orientierten Ausbildungen sind dies die Forschungsmethoden, bei den mehr berufspraktischen Ausbildungen die Handlungs- und Interventionsmethoden. Die Ausbildung tendiert dann dazu, auf eine methodische Ausbildung reduziert zu werden. Widerstände gegen das Modell einer verwissenschaftlichten Ausbildung müssen unter dem Gesichtpunkt der Rebellion analysiert werden, wobei den Zielen und den Mitteln die Legitimation entzogen wird. Die Chancen dafür sind solange als eher gering einzuschätzen, als die Möglichkeiten für innovative und ritualistische Reaktionsweisen gegeben sind. Reduzieren sich diese Möglichkeiten, etwa durch eine Verschärfung auf dem Arbeitsmarkt, so ist auch vermehrt mit dem Typus der Rebellion zu rechnen. Für die Ausbildung zur Schulsozialarbeit gilt dies in besonderem Maße, zieht doch dieses Feld aufgrund seiner Bildungsbezogenheit und der relativ jungen Institutionsgeschichte gerade jene Studierenden mit einem Interesse an Innovation und kreativer Gestaltung an. Schulsozialarbeit eignet sich besonders als Projektionsfläche für das kritische und dynamische Moment, das der Sozialen Arbeit insgesamt innewohnt.10 Verwissenschaftlichte Ausbildungen beinhalten Risiken auf zwei Seiten hin: Sie können an der Machtakkumulation scheitern, 10 Vgl. dazu die Aussage von Mollenhauer, die Gesellschaft produziere im Sozialpädagogen einen ihrer heftigsten Kritiker (Mollenhauer 1976 (1964)). 112
Ein Modell zur Akademisierung der Ausbildung von SchulsozialarbeiterInnen
die als Voraussetzung für eine entsprechende Institutionalisierung nötig ist und sie können, auch wenn die Institutionalisierung gelungen ist, an den Legitimationsanforderungen scheitern. Diese Risiken lassen sich verringern über Lernprozesse, über welche die Zweideutigkeit der Verwissenschaftlichung nach der progressive Seite hin aufgelöst werden. c) Der Typus der akademischen Ausbildung Martin Graf hat darauf hingewiesen11, dass die Akademie ein Ausdruck der gesellschaftlichen Entwicklung ist. Über längere Zeiträume betrachtet ist diese geprägt durch eine Zunahme dessen, was Parsons als „kognitive Rationalität“ bezeichnet hat: Wissenschaft, Technik und Forschung erhalten eine zunehmende Bedeutung über das Subsystem der Wissenschaft hinaus. Wissenschaftliche Begründungen werden im Alltag wichtig, Ethik und Moral lösen sich von der Tradition zugunsten von diskursiven Verfahren. Die Legitimationsanforderungen an Macht und Herrschaft und damit auch an die Organisationen und Institutionen erhöhen sich, so dass nicht nur charismatische und traditionelle, sondern auch auf Legalität beruhende Legitimationsmuster unter Druck geraten. Die gesellschaftlich bedeutsamen Sozialisationsprozesse verlagern sich von der Tradierung konkreten Wissens zur eigentlichen Wissensproduktion. In modernen Gesellschaften entscheidet der Anschluss an den Komplex der kognitiven Rationalität über den gesellschaftlichen Stellenwert eines Bereichs. Entsprechend müssen die Ausbildungen diesen Anschluss sichern und ihn für die Lernenden ermöglichen und fördern. Das Medium, über welches dies geschieht, ist die Intelligenz. Intelligenz als Medium meint keine individuelle Eigenschaft, sondern ein Mittel, das sich durch Zirkulation in sozialen Beziehungen vermehrt. Es braucht sich durch seinen Gebrauch nicht auf, sondern vermehrt sich gerade und nur dadurch. Die Leistung einer entsprechenden Ausbildung besteht darin, dass Lernende sich in die Zirkulation des Mediums Intelligenz einklinken (vgl. Parsons/Platt 1990). Dies erfordert auf der sozialen Seite einen hohen Grad an Integration, die über konkrete Beziehungen mit Primärcharakter gesichert sein muss. In diesem Sinn ist im akademischen Modell ein Moment des Handwerklichen aufgehoben. Der Aspekt der verwandtschaftlichen Integration spielt auch bei der Integration von Denkkollektiven eine zentrale Rolle: Die Beteiligten müssen physisch anwesend sein, damit als Korrelat zur Herausbildung kognitiver Strukturen die Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe und zur Institution ermöglicht wird.12 11 Referat auf einer Tagung der Schweizerischen Konferenz der Pädagogischen Hochschulen zur Einführung von Master-Studiengängen (Graf 2005). 12 Im Unterricht, in Lerngruppen oder auch in den Praktika kommt der sozialen Zugehörigkeit nach dem binären Prinzip eine wichtige Bedeutung zu, da sie Beziehungen mit Primärcharak113
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Dennoch unterscheidet sich das akademische grundlegend vom handwerklichen Ausbildungsmodell, indem der Prozess nicht bei der Idealisierung und Identifikation stehen bleibt. An die Stelle einer weitgehenden Ungeschiedenheit von Denken und Handeln treten Bildungsprozesse. Diese beinhalten in ihrem Kern das projektive Moment der Mimesis: Mimetische Prozesse zeichnen sich durch eine Radikalisierung der Identifikation und Idealisierung aus, die gerade durch das Gewahr-Werden der Differenz als Bildung wirksam werden (vgl. Benjamin 1983; Graf 1996). Die Situationsgebundenheit des Erlebens wird in eine situationsunabhängig verfügbare Erfahrung transformiert. Die Gegenstände der Auseinandersetzung werden dadurch abstrakter, während die Auseinandersetzungen selber als konkrete soziale Situationen gestaltet werden müssen und erst unter der Bedingung der körperlichen Anwesenheit der Beteiligten einen bildenden Effekt entfalten können. Gegenüber dem Modell der Verwissenschaftlichung wird die Anforderung strukturierend, konkrete praktische Handlungen und allgemeine Überlegungen direkt aufeinander zu beziehen. Die soziale Differenzierung entlang der Spaltung von geistiger und körperlicher Arbeit bleibt als Herrschaftsverhältnis zwar oft bestehen, ist jedoch unter dem Gesichtspunkt der Legitimation nicht mehr haltbar. Die Anforderung an Begründungen und Legitimationen wird enger an wissenschaftlich definierte Rationalitätskriterien gebunden. Die Prozesse, mit denen das entsprechende Wissen produziert wird, können nicht mehr einer abgespaltenen wissenschaftlichen Autorität überantwortet werden. Es wird erwartet, dass die Erkenntnisprozesse selber verstanden werden. Die Frage nach der „Wissenschaftlichkeit“ einer Erkenntnis wird durch die Frage nach der Wissenschaftlichkeit des Umgangs mit ihr abgelöst: Geltungsreichweite und Anwendungsvoraussetzungen gelernter Wissensbestände werden problematisierbar. Die tradierten, disziplinären Wissensbestände können deshalb nicht als direkte Referenz für die Rationalität dienen. Als Maßstab dafür werden die Regeln der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung selber in Anspruch genommen, die auf einer abstrakteren Ebene angesiedelt sind. Eine Ausbildung nach dem akademischen Modell ist aus diesem Grund nicht primär disziplinär orientiert, auch wenn die disziplinären Bestände eine unabdingbare Voraussetzung bilden. Unter den Bedingungen einer gesellschaftlichen Integration weist der Anspruch auf individuelles Lernen wie auch auf die Generierung von Erkenntnis über die Ebene bloßer disziplinärer bzw. methodischer Korrektheit hinaus. ter ermöglicht. So kann die Aufnahme in einen Studiengang oder auch die Aufnahme in eine Seminargruppe ein handwerkliches Element darstellen. Bedingung dafür ist, dass die Zugehörigkeit nach der Aufnahme nicht mehr bestätigt werden muss, etwa durch die Erbringung einer bestimmten Leistung. Die Entsprechung dazu bildet der Abschluss, der etwa durch ritualistische Elemente wie sie in Schlussprüfungen, Diplomfeiern etc. zu beobachten sind. 114
Ein Modell zur Akademisierung der Ausbildung von SchulsozialarbeiterInnen
Das akademische Ausbildungsmodell entspricht dem gesellschaftlichen Modus der Integration. Der Begriff der Ausbildung erfährt unter diesen Bedingungen eine veränderte Bedeutung, die auf der individuellen Seite durch Bildungsprozesse und auf der sozialen durch direkte Kommunikation gekennzeichnet ist. Die Stilgebundenheit des Denkens ebenso wie die soziale Bedingtheit des symbolisch verfügbaren Wissens wird mit in den Horizont der bewussten Handhabung gerückt. Dass die individuellen Sozialisationsprozesse mitsamt den darin verwurzelten Denkstilen die Prämissen für die Erkenntnis bilden und zugleich als deren Beschränkung wirken und dass die institutionellen, die gruppalen und die situativ auf die Interaktion bezogenen Bedingungen des Lernens dazu in eine Relation treten, sind soziale Tatsachen, die es im Konkreten zu analysieren gilt. Der Ausbildungsinstitution wie auch den individuellen biographischen Voraussetzungen der Studierenden kommt im akademischen Typus deshalb ein völlig anderer Status zu als bei den anderen. Zwar ist die soziale Zugehörigkeit binär codiert, wie beim handwerklichen Typus, doch ist dies nur eine notwendige Bedingung.13 Ebenso sind die Dimensionen, auf denen rangiert wird, bestimmt, wie im verwissenschaftlichten Typus, doch fehlt die Bereitschaft zur Unterwerfung darunter. Jedoch werden die strukturierenden Dimensionen grundsätzlich von der Aufgaben- bzw. Problemstellung abhängig gemacht. Dadurch werden die Ordnungsschemata der Denkstile wie auch der Denkkollektive mehrdimensional und die Frage nach der relevanten Dimension erhält die Form einer Legitimationsproblematik, die sich letztlich nur über die Verschränkung von diskursiven Prozessen und individueller Bildung auflösen lässt. Die institutionellen, methodischen und didaktischen Implikationen dieser Art von Ausbildung lassen sich mit dem Modell des gesättigten Diskurses beschreiben (vgl. Graf 1996). Dem Geltungsanspruch der Wahrhaftigkeit wird in der Kommunikation prinzipiell der Vorrang eingeräumt: Damit steht zunächst nicht die Frage nach der Wahrheit einer Äußerung im Zentrum, sondern diejenige nach dem rationalen Kern der Motive, deren Ausdruck oft noch nicht den Anforderungen der Institution der Akademie entspricht.14 Der Ausbildung kommt die Aufgabe zu, die rationalisierbaren Anteile dieser Motive herauszuarbeiten und analytisch nutzbar zu machen, die sich oft hinter einer generellen Kritik an 13 Jede Gefährdung des Status der Zugehörigkeit bedeutet eine Störung des Akademischen. Selektive Prozesse haben deshalb im Studiengang selber keinen Platz. Auch gibt es gegen Innen keine aufgabenunabhängige Differenzierung nach dem herrschaftlichen Prinzip. Daraus ergibt sich eine Solidarität von Lernenden und Lehrenden und auch eine bestimmte Durchlässigkeit zwischen den Rollen. 14 Dies zeichnet alle Lernprozesse aus, sowohl die Aneignung wie auch die Gewinnung von wissenschaftlicher Erkenntnis. Der wissenschaftliche Diskurs selber ist selbstverständlich ein theoretischer und die Akademie hebt sich gerade dadurch vom Handwerk ab, dass der Geltungsanspruch von wissenschaftlichem Wissen über bloße Bewährung gerade nicht eingelöst ist. 115
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der Schule einerseits und einer Idealisierung der Schulsozialarbeit andererseits verbergen. Eine institutionspositivistische15 Konzeption von Schulsozialarbeit kann dafür nicht als Referenz dienen, da sie zu Mythenbildungen führen, über die Auswahl und Bewertung empirischer Befunde gesteuert werden.16
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Umrisse eines Bildungsprogramms für die Schulsozialarbeit
Die jeweils institutionalisierten Formen der Ausbildungen lassen sich nicht einfach einem der beschriebenen Typen zuordnen, sondern es handelt sich immer um spezifische, empirisch zu bestimmende Kombinationen und Gewichtungen von Integration. Das Modell der Akademisierung zielt auf eine Maximierung der individuellen Bildungsprozesse und setzt im Sozialen auf eine Maximierung der kommunikativen Anteile innerhalb der ausbildungsrelevanten Interaktionen. Damit ist es in einem gewissen Sinn eine praktische Anwendung der allgemeinen gesellschafts- und bildungstheoretischen Begründung, die auch auf die Schulsozialarbeit angewendet wird. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Institutionalisierung der Schulsozialarbeit und diejenige ihrer Ausbildung in demselben instituierenden Moment gesellschaftlicher Entwicklung und in den ihr inhärenten Modernisierungs- und Rationalisierungsprozesse gründen. Eine akademische Ausbildung orientiert sich an Bildungsprozessen. An die Stelle eines über ein Anforderungsprofil steuerbaren Curriculums tritt ein Bildungsprogramm, welchem die Funktion zukommt, ausgewählte theoretische Bestände mit den Erfahrungen der Betroffenen zu vermitteln. Die Ausbildung lässt sich nur in sehr begrenztem Maß als eine Ausdifferenzierung innerhalb des Studiums der Sozialen Arbeit führen. Ein wichtiger Teil der relevanten Gehalte haben einen allgemeinen Charakter. Die Auseinandersetzung mit Schulsozialarbeit erlaubt so exemplarisch die Erarbeitung eines gesellschafts- und bildungs15 Mit Institutionspositivismus ist der Modus der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Sozialer Arbeit bezeichnet, der den Begriff vom empirischen Gegenstand abzuleiten versucht im Gegensatz zu einem kritischen Verständnis, welches den Begriff, in unserem Fall also Schulsozialarbeit, theoretisch so begründet, dass er als Maßstab dienen kann (vgl. Graf 2000). 16 Ein Beispiel dafür ist der Mythos der Kooperation, der in der Schulsozialarbeit weit verbreitet ist: Die Zusammenarbeit von Schulsozialarbeitern und Lehrkräften gilt weitherum prinzipiell als erstrebenswert, wenn nicht gar als Indikator einer gelungenen schulsozialarbeiterischen Praxis. Die Effekte der Zusammenarbeit tendieren dazu, aus dem Blick zu geraten, während die Kooperation zum Selbstzweck wird und empirisch gemessene Effekte unter der Hand einer gelungenen Kooperation zugeschrieben werden. Mögliche Chancen einer teilautonom agierenden Schulsozialarbeit bleiben außerhalb des analytischen Horizontes (vgl. Vogel 2008). 116
Ein Modell zur Akademisierung der Ausbildung von SchulsozialarbeiterInnen
theoretischen Verständnisses der Sozialen Arbeit. Natürlich können umgekehrt Teile des Bildungsprogramms auch andernorts institutionalisiert sein, etwa in einem allgemeinen Teil des Studiums oder mit Bezug zu einem anderen Praxisfeld. Das Programm wird dadurch auch unabhängig von dessen Institutionalisierung in Form von Kursen, Studiengängen etc., d.h. es ist universell anwendbar. Das Bildungsprogramm für die Schulsozialarbeit ist darauf ausgerichtet, dass die Beteiligten sich mit der ganzen Breite der für das Feld relevanten Fragen von einer strukturellen Perspektive auf die Schule bis hin zu konkreten Kommunikationsprozessen auseinandersetzen und sich dabei die kulturell tradierten Wissensbestände ebenso wie ihre eigenen Erfahrungen kritisch aneignen können. Gegenüber der verwissenschaftlichten Ausbildung verschiebt sich das Ziel um eine logische Stufe: Der Fokus liegt auf der Erarbeitung von theoretischen Modellen und Konzepten, auf deren Reflexion und der Rekonstruktion der gesellschaftlichen Genese des phänomenologischen Materials. Die institutionalisierten Formen, die für die Ausbildung herkömmlicherweise als Referenz dienen, werden selber zum Gegenstand. Als zentrale Elemente des Bildungsprogramms sind folgende zu nennen: 1. Schule als gesellschaftliche Institution Gegenstand ist hier das für die Schulsozialarbeit grundlegende Verhältnis zwischen Schule und Gesellschaft. Es soll eine Auseinandersetzung mit den Zusammenhängen zwischen der schulischen Binnenwelt und den externen Prozessen der Gesellschaft ermöglicht werden, welche ein Verständnis der gesellschaftlichen Bedingtheit der Problemstellungen, wie auch der theoretischen Reflexion der Sozialen Arbeit und ihrer Institutionalisierungsformen erlaubt. 2. Institutionalisierungsprozesse der Schule und der Schulsozialarbeit Die gesellschaftlichen und politischen Kräfte, die bei Veränderungen des institutionellen Gefüges der Schule und insbesondere bei der Einrichtung von Schulsozialarbeit zu beobachten sind, sowie die Mechanismen, über die dies geschieht, gilt es zu analysieren. Insgesamt resultiert die legitimierende Kraft der Schule aus einer Bearbeitung der Spannungen, die zu Vermittlungsleistungen zwischen den Funktionen führt: Die Legitimation von Ungleichheiten vollzieht sich in der Schule dadurch, dass die zugeschriebenen zu Gunsten von erwerbbaren Status zurückgedrängt werden. Die relativ egalitäre Verteilung des Bildungsstatus ist mit einer hohen Legitimität ausgestattet, die mit der Legitimation anderer Status, die weit ungleicher verteilt sind (Beruf, Einkommen, Vermögen) normativ verknüpft ist (vgl. Graf/Graf 1997).
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3. Schule als Ort der Strukturierung von Sozialisationsprozessen In der Schule wird nicht nur ge-lernt, sondern auch ver-lernt. Die Gleichbehandlung von Schülerinnen und Schülern von der „Stunde Null“ der Einschulung an, trifft auf große Ungleichheiten in den Voraussetzungen, mit denen sie in die Schule eingetreten sind. So kommt es verstärkt bei Schülerinnen und Schülern mit weniger privilegierter familiärer Herkunft zu Enteignungen der Erfahrungen, deren Sinngehalte an jene sozialen Kontexte gebunden sind, die sich in ihrer Struktur von den schulischen unterscheiden (vgl. Graf 1988). Zugleich lässt die Schule jedoch regelmäßig auch Bildungsprozesse zu, wenn auch diese traditionellerweise einer privilegierten Schicht und den höheren Stufen des Bildungssystems vorbehalten sind. 4. Konsolidierung und Innovation Schulsozialarbeit operiert unter den Bedingungen unterschiedlicher Verfestigungsgrade von Interpretations- und Deutungsmustern und von der Organisation. Die Frage nach Veränderungspotentialen und Veränderungswiderständen verweist auf Mechanismen der gesellschaftlichen Unbewusstmachung (vgl. Erdheim 1982). Diese führen dazu, dass die gesellschaftliche Dynamik je nach sozialem Ort in unterschiedlichem Maße abgebremst wird, was sich als „Abkühlung“ bzw. als „Erhitzung“ der Kultur (Lévy-Stauss) manifestiert. Der Anteil der gesellschaftlichen Erfahrungen, die bewusst vorhanden sind und argumentativ zur Verfügung stehen, bestimmt das Potential zur Innovation. Demgegenüber begrenzen Herrschaftsstrukturen eine ständige Infragestellung des Tradierten und damit die entsprechende Dynamisierung. 5. Die Rationalität von Schulsozialarbeit Das Problem der Handlungsorientierung erhält in der Schulsozialarbeit eine besondere Brisanz, da diese sich regelmäßig jenseits von institutionellen und methodischen Standards bewähren muss. Es gilt deshalb, die Spannungen in der Struktur zu identifizieren und – soweit dies aus der eigenen, gegebenen Position möglich ist – zu „bearbeiten“. Das legitime Kriterium für eine erfolgreiche Bearbeitung ergibt sich aus der allgemeinen Anforderung einer Verbesserung der Lebenssituation der Kinder bzw. der Jugendlichen in der Schule, wobei sowohl die Bestimmung der konkreten Problematik wie auch deren Lösung erst als Ergebnis einer entsprechenden Analyse greifbar werden. Die Rationalität des Handelns und Intervenierens der Schulsozialarbeit erschließt sich deshalb nur über die Rationalität der Analyse.17 17 Dies bedeutet nicht, dass ohne Analyse keine Rationalität möglich ist, aber der Nachweis kann letztlich nur über eine argumentativ durchgeführte Rekonstruktion erbracht werden. Vgl. dazu 118
Ein Modell zur Akademisierung der Ausbildung von SchulsozialarbeiterInnen
6. Strukturbezogene Implikationen Schulsozialarbeit ist zur Einlösung der in ihr angelegten Rationalität und damit des Legitimationspotentials auf eine präzise Verortung in der Struktur angewiesen. Die Analyse der Kommunikation muss deshalb mit derjenigen der Struktur verknüpft werden. Es wird ein Instrumentarium benötigt, um Spannungen als solche wahrzunehmen und deren Verschiebung durch die Institution zu beobachten. Die einzelnen theoretischen Elemente lassen sich im Rahmen einer doppelten Hermeneutik des Sozialen (vgl. Vogel 2007) sowohl auf den eigenen wie auf den fremden Kontext sowie auf die Kontextunterscheidung selber anwenden. Die erste Aufgabe der Schulsozialarbeit besteht darin, die strukturellen und anomischen Spannungspotentiale in der Schule und insbesondere auch in der Schulsozialarbeit selber, sowie zwischen ihr und anderen Subsystemen der Schule zu identifizieren (vgl. Merton 1968; Heintz 1968). 7. Kommunikationsbezogene Implikationen Handeln und Intervenieren in der Schulsozialarbeit bedeutet, kommunikatives und strategisches Handeln in spezifischer Weise aufeinander zu beziehen. Dazu müssen die Formen verdeckt strategischen Handelns analysiert werden.18 In konkreten Situationen ist die Schulsozialarbeit immer damit konfrontiert, dass sie selber den Spannungen ausgesetzt ist, die sie zu bearbeiten hat. Dies zeigt sich allgemein daran, dass die erreichte diskursive Sättigung unter dem Niveau bleibt, welches logisch möglich wäre. Eine fortlaufende Analyse der Kommunikation, der Symbolisierungs-, Desymbolisierungs- und Resymbolisierungsprozesse und der Verzerrungen in der Kommunikation erlaubt es, die strukturellen und situativen Bedingungen zu rekonstruieren und so generell die eigenen Handlungsoptionen zu erweitern (vgl. Vogel 2006).
4
Zur Qualitätsfrage
Die Forderungen und Bemühungen Qualität von Studiengängen zu messen, sind Ausdruck eines herrschaftlichen Integrationsmodus und stehen entsprechend für Tendenzen der Verwissenschaftlichung. Sie richten sich generell gegen das Handwerkliche und sind gleichgültig gegenüber der darin enthaltenen Rationadie oben dargelegten Überlegungen zum Handwerk, dem der Fall einer Rationalität ohne entsprechende Analyse entspricht. 18 Barbara Lerch und Verena Kast, Absolventinnen des Schulsozialarbeit-Seminars in Bern, haben im Rahmen ihrer Diplomarbeit eine Methode für die Schulsozialarbeit entwickelt, welche die theoretischen Überlegungen in eine praktische Anwendung bringt (Lerch/Kast Schmidt 2007). 119
Christian Vogel
lität bzw. Irrationalität. Der Qualitätsbegriff greift auf eine Eigenschaftslogik zurück (qualitas (lat.): Beschaffenheit) und neigt damit dazu, gerade jene Relationen zu negieren, auf welche es im Interesse der Förderung von Bildungsprozessen ankommt: Das Verhältnis von Geschichte und Zukunft, von individuellen und sozialen Strukturen, von Latentem und Manifestem etc. Entscheidend ist letztlich, inwieweit es nicht nur gelingt, die Chancen auf Bildungsprozesse zu erhöhen, sondern sie auch tatsächlich zu realisieren. Die Frage lautet also, inwiefern es bei den Studierenden zu Bildungsprozessen kommt, die in den Feldern der Schulsozialarbeit wirksam werden. Dies lässt sich daran ablesen, inwieweit es gelingt, die Strukturen zu analysieren, ausgeschlossene Erfahrungen zu symbolisieren, sie in die Kommunikation einzubringen, so dass die Probleme analysiert und Handlungsoptionen entwickelt werden können. Diese gilt es, in einer konkreten Praxis zu vermitteln, die letztlich wiederum eine politische ist. Damit schließt sich gewissermaßen ein Zyklus: Die Praxis der Ausbildung und ihrer Institutionalisierung setzt sich, wenn sie erfolgreich ist, fort als eine Praxis in den Feldern der Schulsozialarbeit, die ihrerseits wieder Bildungsprozesse bei den ihr anvertrauten Kindern und Jugendlichen ermöglicht.
120
Anke Spies
Verantwortung für gelingende Bildungsprozesse – Ausbildung im universitären Kontext Universitäre Bachelor- und Masterstudiengänge mit Bezug zur Sozialen Arbeit sind ausgesprochen variantenreich. Meine folgenden Überlegungen rund um die universitären Möglichkeiten für das Handlungsfeld der Schulsozialarbeit können daher nur exemplarisch gelten, denn sie müssen zwangsläufig ebenso viel offen lassen, wie Varianten denkbar sind. Insofern sind sie als Anregungen und Diskussionsvorschläge für künftige Entwicklungen zu verstehen. Meine Ideen beziehen sich auf Erfahrungen mit Tandemlerngruppen und Qualifikationsmöglichkeiten im Fachbachelor Pädagogik (1) an der Universität Oldenburg sowie Überlegungen für die Gestaltung der Lehre im Kontext von Benachteiligtenförderung und deren Entwicklungsoptionen an der Universität Magdeburg (2) und schließen mit einem kurzen Blick auf die übergeordneten Ziele (3). Bevor ich auf Möglichkeiten und denkbare bzw. praktikable Varianten einer systematischen Ausbildung zur Schulsozialarbeit an der Universität eingehe, möchte ich zunächst auf ein Ausschlusskriterium hinweisen: Nur sofern die Struktur eines nicht-lehramtsbezogenen pädagogischen/erziehungswissenschaftlichen Studiengangs eine durchgängige, auch auf das Handlungsfeld konzentrierbare, intensive Auseinandersetzung mit Anforderungen der Schulsozialarbeit zulässt, scheint die weitere Entwicklung überhaupt sinnvoll – im Konkreten: als Grundvoraussetzung muss die gebotene strukturelle Offenheit gegeben sein, die einzig die im „Berufsbild“ beschriebene (vgl. dazu die entsprechenden Ausführungen in diesem Band) typische Breite der Aufgabengebiete und Arbeitszusammenhänge zu vermitteln erlaubt. Die adäquate Abbildung der komplexen Belange der Schulsozialarbeit selbst müssten also als Maßstab für die Einschätzung der Eignung dienen.
121
Anke Spies
1
Tandemlerngruppen und Qualifikationsmöglichkeiten im BA-Pädagogik
Wenn eine solche ‚Offenheitsprüfung‘ eines Studiengangs positiv ausfällt, ist es dort, wo neben einem pädagogischen/erziehungswissenschaftlichen BAStudiengang auch Studiengänge für Studierende mit dem Berufsziel Lehramt angeboten werden, sinnvoll, die vorhandene BA-Struktur zunächst auf Möglichkeiten von Tandemlerngruppen zu prüfen. Angesichts deren fachbezogener Studienanteile sowie schulformabhängiger Besonderheiten, kann zwangsläufig nur ein Teil der Ausbildung als gemeinsame Lehrveranstaltungen konzipiert sein. Hier bietet sich die Gelegenheit zur Umsetzung der Tandemidee, der zufolge die künftige Kooperationspraxis zwischen Schulsozialarbeit und Lehrkräften vor allem von einem gemeinsamen Konsens des Grundverständnisses der Aufgaben, Spezifika, Möglichkeiten und Grenzen der jeweiligen Tätigkeiten profitiert. Eine entsprechende Überblicksveranstaltung zur Einführung in das Handlungsfeld müsste also in ihrer Konzeption den jeweiligen Modulbeschreibungen von mindestens zwei Studiengängen entsprechen und auch für die Studiengänge mit sonderpädagogischem oder berufspädagogischem Berufsziel kompatibel sein. Neben diesem inhaltlichen Grundlagenangebot bedarf es jedoch in wenigstens einem Parallel- oder Anschlussmodul einer weiteren Lehrveranstaltung, die Gelegenheit bietet, gemeinsam einen vertiefenden Themenkomplex zu bearbeiten. Auch wenn dies das Minimum an wünschenswerten gemeinsamen Grundlagen für künftige Kooperationen (in unterschiedlichen Schulformen) sein sollte, kann es die Praxis der universitären Lehre – selbst wenn die gebotene thematische Flexibilität auf Modul- und Seminarebene gegeben ist – mit organisatorischen Schwierigkeiten konfrontieren und erfordert durchaus Überzeugungsarbeit, wenn die Verwaltungsvorgaben z.B. großen Wert auf die Trennschärfe der Studiengänge legen und solche gewollten Überschneidungen stets der gesonderten Begründung bedürfen. Auch sind unter Umständen zeitliche und räumliche Ressourcen abzustimmen bzw. Vorgaben zu durchbrechen. So bieten zwar die Modulbeschreibung und -gestaltungspraxis an der Universität Oldenburg1 ebenso wie die jeweiligen Prüfungsvorgaben alle wünschenswerten Voraussetzungen für bis zu zwei gemeinsame Veranstaltungen in zwei Basismodulen – deren Umsetzung ist aber immer wieder mit verwaltungsstrukturellen Auseinandersetzungen verbunden. An der Universität Oldenburg ist eine Tandemausbildung für Studierende in den Basismodulen des BA-Professionalisierungsbereichs (Berufsziel Lehrer/ Lehrerin) möglich, wenn sie in einer von insgesamt zwanzig Seminarveranstal1 122
http://www.uni-oldenburg.de/fk1/341.html [16.01.2009]
Verantwortung für gelingende Bildungsprozesse
tungen, die die Vorlesungen im Basismodul „Pädagogik und ihre Berufs- und Handlungsfelder“ mit unterschiedlichen Schwerpunkten ergänzen, gemeinsam mit Studierenden im Studiengang BA-Pädagogik einen einführenden Überblick über das Handlungsfeld erhalten2. Damit wird die Schulsozialarbeit überblicksartig in ihrer bildenden Funktion für die künftigen Lehrerinnen und Lehrer in den Kontext der (laut Modulbeschreibung zu erwerbenden) Kenntnisse über pädagogische Grundkategorien ebenso wie jene der strukturellen Anforderungen an professionelles Handeln in verschiedenen Berufs- und Handlungsfeldern unter besonderer Berücksichtigung von Unterrichten und Erziehen in verschiedenen Schulstufen und Schulformen in den Themenkanon eingebunden. Ob eine solche Grundlegung tatsächlich zu einer nachhaltig verbesserten Kooperationsgestaltung und zu einer Erweiterung der fachlichen Akzeptanz führt oder ob sie lediglich die fachliche Toleranz verändert, wäre in einer Verbleibs- und Erfahrungsstudie zu untersuchen. Die „Einführung in die Schulsozialarbeit“ ist aufgrund der schulformübergreifenden Verbreitung des Handlungsfeldes und seines Einflusses auf bzw. seines Anteils an Schulentwicklungsprozessen ebenso wie der durch Schulsozialarbeit repräsentierten Schnittstelle zwischen Jugendhilfe und Schule als Möglichkeit der Hilfevermittlung und sozialpädagogisch geleiteten Freizeitgestaltung in diesem Modul platziert. Da die Studierenden über zwanzig Seminare zur Auswahl haben, ist davon auszugehen, dass in erster Linie jene angehenden Lehrkräfte erreicht werden, die bereits ein Interesse bzw. Problembewusstsein für die vertiefende Beschäftigung mit dem Handlungsfeld entwickelt haben oder durch die Veranstaltung dazu angeregt werden können. Sofern sie ihre Kenntnisse vertiefen wollen, haben diese Studierenden im sich anschließenden Semester in einem weiteren Basismodul der pädagogischen Pflichtveranstaltungen die erneute Gelegenheit, in einer Tandemkonstellation eine vertiefende Seminarveranstaltung im Modul „Lehren und Lernen“ zu besuchen und sich dort z.B. mit ganztägigen Bildungsformaten, methodischen und konzeptionellen Fragen oder Befunden aus der Wirkungsforschung zu beschäftigen. Hier muss das Angebot der Tandemlerngruppen aufgrund der Studienstruktur allerdings enden, denn diejenigen mit dem Berufziel Lehrer/Lehrerin haben erst ab dem dritten Semester pädagogische Module im Studienplan und schreiben nach den Oldenburger Studienordnungen anschließend ihre BA-Abschlussarbeit in einem der angestrebten Unterrichtsfächer. Bis hierhin können Sie also Basiskenntnisse und ein grundlegendes Problemverständnis zur Einschätzung von praktischen Gegebenheiten erwerben – es bleibt abzuwarten, wie sich nach 2
Die gleiche Veranstaltung kann/sollte auch für Studierende im polyvalenten Bachelor „Wissenstransfer Sonderpädagogik“ geöffnet sein. 123
Anke Spies
solch kurzem, wenn auch systematischen Einblick in die Komplexität der Schulsozialarbeit und ihre fachliche Anforderungsbandbreite, die schulpädagogische Anerkennungspraxis dieser Tätigkeit gestalten wird. Wenngleich die zu erwerbenden Kreditpunkte (KP) der Tandempartner variieren und in der Gestaltung der Leistungsnachweise berücksichtigt werden müssen, so erlaubt die Modulgestaltung der pädagogischen Grundlagenvermittlung an der Universität Oldenburg, dass Schulsozialarbeit dort als zentrales Thema von je einer Seminarveranstaltung in zwei von vier vorgeschriebenen Basismodulen Studierende im BA-Pädagogik bereits im ersten Semester als interessante und vielfältige berufliche Perspektive nahe gebracht werden kann und bei einem entsprechenden Lehrangebot auch bis zum Abschluss weiterverfolgt werden könnte: Im BA-Pädagogik bieten die Oldenburger Aufbaumodule die Gestaltungsmöglichkeit, dass in den 90 und 120 KP-Varianten3 – sofern das Lehrangebot vorhanden ist – in jedem Semester mindestens ein Teilbereich bzw. ein spezieller Aspekt der Schulsozialarbeit vertiefend studiert und durch Praktikumserfahrungen ergänzt werden sowie eine Grundqualifizierung mit einer thematisch einschlägigen BA-Arbeit abgeschlossen werden könnte. Bis dahin können in einem zweisemestrigen Aufbaumodul die sozialisatorischen und entwicklungsrelevanten Aspekte des Handlungsfeldes vertieft werden sowie in einem weiteren Aufbaumodul im sechsten Semester eine intensive Auseinandersetzung mit bildungspolitischen, bildungsrechtlichen und bildungsmanagementbezogenen Fragen stattfinden. Parallel dazu können in der Studienrichtung „Begleiten/Unterstützen/Rehabilitieren“ – dies wäre allerdings grundsätzlich auch für die Studienrichtung „Interkulturell Bilden/Beraten“ denkbar – in einem dreisemestrigen Studienprojekt Grundkenntnisse zu Evaluationsverfahren in der Schulsozialarbeit erworben werden. Auch in der 60-KP Variante können die Grundkenntnisse erweitert – nicht aber durch Studienrichtung (90 und 120 KP) und Akzentsetzung (120 KP, vgl. Abbildung 1) systematisch vertieft werden. Wer also vom ersten bis zum letzten Semester jede Möglichkeiten der Lehrveranstaltungen mit einem (auszuweisenden) Bezug zur Schulsozialarbeit wahrnimmt, ein einschlägiges Praktikum absolviert und die Abschlussarbeit mit thematischem Bezug zur Schulsozialarbeit anlegt, müsste – auch in Anbetracht der in den übrigen Modulen erworbenen erziehungs- und bezugswissenschaftlichen Grundlagenkenntnisse und Reflexionskompetenzen – ein z.B. über ein entsprechendes Portfolio zu erwerbendes Grundlagenzertifikat Qualifikation Schulsozialarbeit erhalten können, dessen differenzierte Eckpunkteentwicklung bzw. -begründung (entlang des Anforderungsprofils; vgl. dazu die entsprechenden Ausführungen in diesem Band) bislang noch aussteht. 3 124
Vgl. Abbildung 1.
BM 2 Methoden I (6 KP)
Aufbaumodule
BM 1 Grundlagen der Pädagogik (9 KP)
Basismodule
Akzentsetzungsmodule
AS 1 Methoden II (6 KP)
3 KP im 3. Semester
Akzentsetzungsmodule
AS 6 Grundlagen der Pädagogischen Psychologie (6KP)
AS 7 Kognitive und sozial-emotionale Entwicklung (9 KP)
AS 8 Vorurteile, Stereotype und Gruppenprozesse (6 KP)
3 KP im 5. Semester
AS 10 Vertiefung Studienrichtung II (9 KP) ODER AS 9 Vertiefung Studienrichtung I (9 KP)
6 KP im 6. Semester
Professionalisierungsbereich
Module nach Wahl (15 KP)
7,5KP im 2. Semester
Praktikumsnachbereitung Praktikum Praktikumsvorbereitung
7,5 KP im 3. Semester
Praxismodul (15 KP):
Modul nach Wahl (6 KP)
Module nach Wahl (9 KP)
Abschlussmodul: BA-Arbeit (12 KP) und begleitende Lehrveranstaltung (3KP)
Es ist zu wählen zwischen der Studienrichtung I – Begleiten/Unterstützen/Rehabilitieren oder der Studienrichtung II – Interkulturell Bilden/Beraten
BM 4 Umgang mit Heterogenität ( 9KP)
BM 3 Geschichte und Theorien der Pädagogik (6KP)
6 KP im 3. Semester
AS 3 Projekt zu Interkulturell Bilden/Beraten ODER AS 2 Projekt zu Begleiten/Unterstützen/Rehabili-tieren
9 KP im 4. Semester
AS 5 Projektauswertung zu Interkulturell Bilden/Beraten (12 KP) ODER AS 4 Projektauswertung zu Begleiten/Unterstützen/Rehabili-tieren (12 KP)
Abbildung 1: Studienverlaufsplan Fach-Bachelor Pädagogik – 120 KP
1. Sem.
2. Sem.
3. Sem.
6 KP im 4. Semester
4. Sem.
AM 1 Sozialisationsinstanzen und Lebensphasen in erziehungswissenschaftlicher Perspektive (12 KP)
AM 3 Studienrichtung II (9 KP) ODER AM 2 Studienrichtung I (9 KP)
AM 4 Bildungspolitik, Bildungsrecht und Bildungsmanagement (9 KP)
5. Sem.
6. Sem.
KP=Kreditpunkte
30 KP
28,5 KP
28,5 KP
33 KP
30 KP
30 KP
Verantwortung für gelingende Bildungsprozesse
125
Anke Spies
Die exemplarische Skizze entlang der Oldenburger Studienstruktur zeigt, dass sich ein intensives Grundlagenstudium zur Vorbereitung auf eine Tätigkeit im Handlungsfeld der Schulsozialarbeit auch ohne Studienschwerpunkt oder Studienrichtung in eine bestehende Modulstruktur einflechten lässt bzw. ließe, wenn diese die dafür nötige Offenheit und Flexibilität bereit hält. Eine Offenheit, die in diesem Sinne zugleich auch der Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit in ihren vielfältigen Facetten zugute kommen wird, denn so lassen sich über variierende Seminarschwerpunkte und Projektanteile auch aktuelle Fragestellungen in Settings des forschenden Lernens ins Studium einbauen, Rückmeldestrategien und -dialoge in Gang setzen und erfahrungsgemäß neue Forschungsdesiderata aufdecken bzw. an disziplinäre wie auch interdisziplinäre ‚Nachbarschaften‘ anknüpfen. Insofern könnte sich also auch in der Ausbildung die (inter)disziplinäre Schnittstellenfunktion von Schulsozialarbeit spiegeln und etablieren.
2
Schulsozialarbeit in den Bildungswissenschaften
Nicht nur Studienstrukturen, die an eine sozialpädagogische Ausbildungstradition anschließen und den Tandemgedanken aufgreifen können, bieten Entwicklungsperspektiven im Handlungsfeld der Schulsozialarbeit. Auch universitäre Studiengänge, die sich – jenseits der Lehrerbildung – explizit auf den Bildungsgedanken beziehen und interdisziplinäre Wege einschlagen, scheinen aufgrund ihrer strukturellen Gegebenheiten ähnliche Möglichkeiten des Qualifikationserwerbs und der Professionalisierung zu bieten. Während sich die oben skizzierte Struktur des Oldenburger BA-Pädagogik für die Vermittlung von breitem ‚Basiswissen‘ im Handlungsfeld anbietet, könnte sich z.B. die Modulstruktur des BA-Studiengangs „Bildungswissenschaft“ der Universität Magdeburg4 ebenso eignen, um über die Denomination der Professur „Soziale Integration und Berufliche Rehabilitation – Benachteiligtenförderung“ einen Schwerpunkt auf die Möglichkeiten und Aufgabenbereiche der Schulsozialarbeit im Kontext der berufsorientierenden und beraterischen Aufgaben sowie jene zur Verringerung von biografischen Risiken und strukturellen Ausgrenzungsmechanismen benachteiligter junger Menschen zu verfolgen. Sowohl als Bestandteil des Moduls „Differenzielle Lern- und Bildungssettings“ als auch in den zwei Modulen des Schwerpunktes „Rehabilitationspädagogische Interventions- und Förderkonzepte“ können die Belange von Schulsozialarbeit im Überblick abgebildet, 4 126
Vgl. http://www.iew.ovgu.de/iniew_media/Bilder/MO_Bildungswissenschaft_BA.pdf
Verantwortung für gelingende Bildungsprozesse
aber auch Vertiefungen konzipiert werden, in denen z.B. die Handlungsspektren und pädagogischen Möglichkeiten zur Umsetzung der ab 2009 für Deutschland verbindlichen UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen und die Umsetzung des Inklusionsauftrags im Zentrum der Vermittlung stehen. Außerdem bietet es sich an, im (2009 noch in der Entwicklungsphase befindlichen) Magdeburger Masterstudiengang „Bildungswissenschaften“ einen Schwerpunkt zur Qualifikation im Handlungsfeld Schulsozialarbeit zu setzen oder aber, deren Aufgabenbereiche und Entwicklungsoptionen in der „beruflichen Rehabilitation und Benachteiligtenförderung“ nochmals zu betonen und/oder Rolle und Funktion von Jugendhilfe in diesem Kontext in den Mittelpunkt zu stellen. Wenn in solchen Studienstrukturen im BA-Schwerpunkt ein überblicksartiges Grundwissen über Schulsozialarbeit als inklusionswirksames5 Handlungsfeld in der gesamten Vielfalt seiner Aufgaben der Benachteiligtenförderung angeboten würde, könnten die Lehrinhalte auch von dem Bestreben geleitet sein, dass Studierende lernen, tragfähige und inklusionsförderliche „Netze“ für die Adressaten ihrer pädagogischen Arbeit zu „spinnen“, nachhaltige Partizipationsformen zu entwickeln sowie das Aufgabenspektrum verschiedener Handlungsfelder und beteiligter Institutionen sinnvoll abzuschätzen, um es praktisch zu koordinieren. Außerdem wäre hier auch das für die Schulsozialarbeit unerlässliche Grundlagenwissen der Kinder- und Jugendhilfe und ihrer Teilbereiche, wie z.B. Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und Erziehungshilfe, als Basis für eine integrations- und rehabilitationspädagogische schulsozialarbeiterische Praxis zu etablieren. Für den Erwerb von Methodenkompetenzen im Umgang mit der Komplexität der neun vom Kooperationsverbund im Anforderungsprofil gelisteten Arbeitsbereiche (vgl. Kooperationsverbund Schulsozialarbeit 2007) bietet sich deren thematische Aufbereitung sowohl in Überblicksveranstaltungen wie auch in thematisch eng geführten Seminaren zu aktuellen Fragestellungen an. So könnten auch hier im Sinne der Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit in ihren vielfältigen Facetten über variierende Seminarschwerpunkte und Projektanteile aktuelle Fragestellungen in Lernsettings des forschenden Lernens ins Studium eingebaut, Rückmeldestrategien und -dialoge in Gang gesetzt und ebenfalls neue Forschungsdesiderata aufgedeckt werden. Auch für eine solche Ausbildungsvariante ist ein studienbegleitender Zertifikatserwerb nicht nur denkbar, sondern für Studierende sicher ebenso ein interessanter Anreiz, sich mit diesem Handlungsfeld auseinanderzusetzen. Gleichwohl müssten auch hier Eckpunkte abgestimmt werden, die sowohl dem grundsätzlichen Anforderungsprofil, aber auch den bestehenden Studiengangsvorgaben 5
Eine strukturelle Überlegung, die an die sonderpädagogische Tradition, auf die sich der Studiengang auch bezieht, anknüpft. 127
Anke Spies
entsprächen. Ein Prozess, der sich daran orientieren muss, allen Beteiligten die nötige Unabhängigkeit und Entwicklungsfreiheit zu gewährleisteten und zugleich die Einhaltung von Mindeststandards absichert.
3
Übergeordnete Ziele
So wie die flexible Studienstruktur, die sowohl die pädagogische Breite als auch die nötige Flexibilität für eine längerfristige Auseinandersetzung mit den spezifischen Themenkomplexen der Schulsozialarbeit bieten muss, müssen die Anforderungen an ein denkbares Qualifizierungszertifikat insgesamt flexibel und der Studiensituation angepasst werden. Damit sei aber nicht der Beliebigkeit der Weg bereitet, sondern vielmehr die Frage nach dem Maßstab aufgeworfen. Für einen solchen eignet sich neben dem Anforderungsprofil des Kooperationsverbunds Schulsozialarbeit (Kooperationsverbund Schulsozialarbeit 2007) auch die Orientierung an der Verantwortung für gelingende Bildungsprozesse und den dafür zu verändernden Bildungsbedingungen. Was im Einzelnen an Inhalten dafür vermittelt wird, ist in der BA/MA-Struktur in den jeweiligen Modulbeschreibungen enthalten, die ihrerseits auch Anhaltspunkte für die langfristige Weiterentwicklung des Handlungsfeldes bieten, wenn z.B. ein Mastermodul eine Schwerpunktsetzung im Bereich Beratung anbietet und diese mit dem Kontext präventiver Hilfen kombiniert (vgl. Master „Bildung und Soziale Arbeit“, Universität Siegen) oder ein Schwerpunkt wie „Interkulturell Bilden/Beraten“ im Fachbachelor Pädagogik bzw. der „Diversitätsbewußten Sozialpädagogik“ im MA Erziehungs- und Bildungswissenschaften (beide Universität Oldenburg) vorgesehen ist. Wenn die Professionalisierung schulsozialarbeiterischer Praxis, die Weiterentwicklung und Etablierung des Handlungsfeldes sowie die pädagogisch gemeinsam verantwortete Sicherung von Bildungsbiografien auch unter erschwerten individuellen und sozialen Bedingungen als übergeordnete Ausbildungsziele gelten sollen, dann müssen Ausbildungskontexte auch daran gemessen werden, inwiefern sie die Grundlagen der Protektionssettings (s.u.) und der Managementbelange dieses hochkomplexen und vielschichtigen Praxiskontextes zu vermitteln verstehen, ohne dass jener auf eine „Problembehandlung“ reduziert wird. Die Eckpunkte wären vielmehr die Prüfmarken des Zusammenspiels von auch „disziplinverzahnend“ zu denkenden Präventions- und Kriseninterventionsthemen und Orientierungshilfen. Beide sind über intersektional passgenaue Struktur- und Beratungskonzepte institutionell und niedrigschwellig abzusichern und bilden mit den Grundlagen und Techniken von (bildungspo128
Verantwortung für gelingende Bildungsprozesse
litisch umsichtigen) Kooperationsstrategien eine gemeinsame Aufgabentrias (vgl. Abbildung 2).
Protektion
Management
ÆManagementaufgabe Prävention und Krisenintervention
ÆProtektionsauftrag Orientierungshilfen und Krisenintervention
Intersektionalität
+ Kooperationsstrategien
+ Kooperationsstrategien
Professionalisierung ÆDisziplinverzahnung Struktur- und Beratungskonzepte + Kooperationsstrategien
Abbildung 2: Aufgabentrias
Dafür sind Studiengänge und -strukturen nötig, die von der nötigen Anschlussfähigkeit marginalisierter junger Menschen an die Wissensgesellschaft ausgehen, die selbst – auch über ihre didaktischen Strukturen und inhaltlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten – bei den Studierenden kreativitätsförderlich wirken, damit neben der formalen Schulung auch die besonders im Handlungsfeld der Schulsozialarbeit erforderlichen Fähigkeiten des stets sowohl originär sozialpädagogisch denkenden, aber interdisziplinär kompatiblen Handlungsspektrums gefördert und weiterentwickelt werden, damit schließlich jede Fachkraft (unabhängig von Schulform, Schulformat, Trägerschaft oder der Situation im jeweiligen Bundesland) auch in der Lage ist, die unterschiedlichen Handlungslogiken und Deutungshoheiten im Praxisfeld der Schulsozialarbeit zugunsten des gemeinsamen Anliegens zur sinnvollen und ertragreichen Gestaltung von Bildungsangeboten beizutragen bzw. blockierenden und behindernden Wirkungen entgegen zu wirken. Gleiches könnte auch der Kerngedanke einer universitären Weiterbildung in der Schulsozialarbeit sein, die aber deutlicher auf die Belange der schon im Handlungsfeld praktisch Tätigen zugeschnitten sein müsste.
129
Anke Spies
Die hier skizzierten Überlegungen beruhen auf meinen Lehrveranstaltungen zu einführenden Überblicken oder expliziten Kooperationsthemen (z.B. Ganztagsschule) an der Universität Oldenburg, in denen neben Studierenden des Fachs Pädagogik auch jene der Lehrämter aller Schulformen von der Primarstufe, über die Sekundarstufe in Regel- wie auch in Förderschulen bis hin zu den berufsbildenden Schulen vertreten waren. Neben diesen heterogenen Tandemgruppen habe ich auch Angebote zu vertiefenden Aspekten für Fachstudierende in homogenen Gruppen angeboten, über die Vergabe von Lehraufträgen erweitert, aber jeweils ebenso für interessierte Lehrämter geöffnet, dort aber stets die sozialpädagogische Expertise fokussiert. Nach über zehn Semestern solcher Praxis ist das Interesse der Studierenden ungebrochen, ihre Rückmeldungen sind durchweg sehr positiv und die zunehmende Zahl der Praktika und Abschlussarbeitsthemen zum Handlungsfeld inhaltlich ausgesprochen ertragreich. Es zeichnet sich ab, dass eine strukturell verankerte ‚Schulsozialarbeitsschiene‘ im Studienverlauf zu einem Zugewinn an gemeinsamer Verantwortung unterschiedlicher Professionsperspektiven sowie zu weiterführenden Forschungsfragen im Kontext bildungswissenschaftlicher Entwicklungsoptionen führen kann – mit anderen Worten: dem Professionalisierungsanliegen zu entsprechen scheint!
130
Susanne Hartmann-Hanff
Der Master of Arts (MA) Schulsozialarbeit – Überlegungen zur notwendigen Professionalisierung für ein zukunftsweisendes Tätigkeitsfeld 1
Vorbemerkungen
Die folgenden Überlegungen beruhen auf dem Konsens in der Fachdebatte, dass die Schule eine sozialpädagogische Verantwortung hat. Neben ihren traditionellen Aufgaben der Bildung, Ausbildung, Wissensvermittlung und Erziehung, also ihren ursprünglichen Herausforderungen, besteht die Notwendigkeit, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Als Ganztagsschule in Kooperation mit der Jugendhilfe kann dies gelingen. Dieser Begriff der Kooperation signalisiert gleichzeitig, dass es erforderlich ist, mit einem erweiterten Verständnis von Bildung und Ausbildung in den fachinternen und öffentlich–politischen Diskurs um die „Wissensgesellschaft“ einzutreten. Immerhin sind mittlerweile Weichen gestellt (s. KMK Investitionsprogramm IZBB, nationaler Bildungsgipfel), die erwarten lassen, dass die Ganztagsschule die Schulform der Zukunft wird. Durch die Kooperation der Ganztagsschule mit der Jugendhilfe in Form von Schulsozialarbeit können diese angestrebten Ziele nachhaltig erreicht werden. Schulsozialarbeit wird verstanden als Containerbegriff, der unterschiedliche Auffassungen zu theoretischen, methodischen und organisatorischen Schwerpunktorientierungen erlaubt. In der Benennung des Master-Titels bedarf es keiner weiteren Ausdifferenzierung, da der Begriff wegen seines historischen Bekanntheitsgrades und seiner Tradition auch im internationalen Diskurs identitätsstiftend ist. Dass Schulsozialarbeit in unterschiedlichen Schulformen Erfolge zeigt, Anerkennung und Wertschätzung bei Lehrerkollegien, Schülern und Eltern genießt, ist mittlerweile in der Fachöffentlichkeit unumstritten. Es existiert ein hoher Praxisbedarf, dem der gegenwärtige Ausbildungsstand an den Fachhochschulen in den BA Studiengängen nicht gerecht werden kann. Die zentrale Begründung der Kooperation von Jugendhilfe und Schule liegt darin, Bildungsbenachteiligungen von Kindern und Jugendlichen in der Schule zu vermeiden oder zumindest zu minimieren, die schulische Sozialisation zu optimieren und Brüchen in den Schulkarrieren vorzubeugen. Notwendig ist eine verlässliche, sozialpädagogische Betreuung begleitend zum Unterricht und am Nachmittag. 131
Susanne Hartmann-Hanff
Berufspolitisch ist es von entscheidender Bedeutung, Sozialarbeiterinnen1 in diesem perspektivisch expandierende Arbeitsfeld zu etablieren. Die hier geforderte Professionalisierung durch einen Master-Studiengang hat durch die neue Studienstruktur eine historische Chance erhalten. Perspektivisch wird sich dadurch die Bildungslandschaft entscheidend verändern. Dies eröffnet aktuell die Möglichkeit, Sozialarbeiterinnen für ein Handlungsfeld im Schnittpunkt zwischen Erziehung und Bildung im Berufsfeld Schule optimal zu qualifizieren, zumal die Ausbildung zum Bachelor Soziale Arbeit überwiegend generalistisch bleibt. Grundsätzliche Zweifel auch von Seiten der Praxis an dieser Form der gestuften Abschlüsse werden an dieser Stelle gesehen, ebenso Vorbehalte gegenüber dem Bachelor, der eine abwertende Hierarchisierung innerhalb der Berufsgruppe bedeuten kann, können an dieser Stelle aber nicht eingehender diskutiert werden. Notwendig ist die Qualifizierung mit einem Abschluss „Master of Arts“, da dieses Praxisfeld der Sozialen Arbeit mit den dazugehörigen Disziplinen einer Profilschärfung bedarf. Die beruflichen Handlungsansätze, die im Interaktionsfeld zwischen Schule, Familie und Jugendhilfe benötigt werden, erfordern erweiterte Kenntnisse und Kompetenzen. Darüber hinaus geschieht eine Aufwertung dieses professionellen Handlungsfeldes, wodurch die Voraussetzung geschaffen wird, Schulsozialarbeiterinnen als gleichberechtigte akademische Partner in Schulteams zu integrieren, wie es etwa in Großbritannien und den USA der Fall ist. Der geplante, deutschlandweit bisher einmalige Master-Studiengang Schulsozialarbeit an der Fachhochschule Frankfurt a.M. soll dieser Herausforderung Rechnung tragen.
2
Vorgeschichte
Durch die Verschärfung der Schulstrukturdebatte, ausgelöst nach PISA 2001, wurde seit 2004 die Einführung der Ganztagsschule zum Schlüsselthema des politischen Zukunftsprojektes „Bildung“. Das Investitionsprogramm der Bundesregierung „Zukunft Bildung und Betreuung“ dient dem bundesweiten Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen, die in ihrer konzeptionellen Gesamtausrichtung auf lokale Bildungseinrichtungen die Kinder- und Jugendhilfe als Kooperationspartner sehen. Die Jugendhilfe wird so zum Garanten für Bildungskategorien wie etwa Informalität, Alltagsnähe, Betreuung, Partizipation und advokatische Ethik für ihre Zielgruppen im schulischen Bildungssystem. Sie wird zum we1 132
Es wird im Folgenden die weibliche Form verwendet, gemeint sind aber beide Geschlechter.
Der Master of Arts (MA) Schulsozialarbeit
sentlichen Akteur für eine gelingende schulische Sozialisation und gesellschaftliche Integration. Dies entspricht ihrem im 12. Kinder- und Jugendhilfebericht grundgelegten Bildungsverständnis. Die Forderung, die unterschiedlichen Formen der schulischen Kooperation mit der Jugendhilfe als Schulsozialarbeit auszubauen bzw. flächendeckend zu implementieren, kommen sowohl von politischer Ebene (s. auch Hessen), der GEW, der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit, den Wohlfahrtsverbänden und auch vom Berufsverband DBSH. Zuletzt wurde dieser Forderung anlässlich des Bildungsgipfels am 22.10.2008 dahingehend Nachdruck verliehen, dass konsensual als Ergebnis festgehalten wurde, den Bereich der Schulsozialarbeit künftig auszubauen. Darüber hinaus existiert in der Fachöffentlichkeit eine breite Zustimmung zugunsten eines erweiterten Bildungsverständnisses im Horizont einer Ganztagsbildung (vgl. Coelen/Otto 2008), die konsequenterweise die gesamte Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen ins Blickfeld rückt. Insofern bestehen hohe Kompetenzerwartungen an Schulsozialarbeiterinnen, die durch ein Bachelor Studium nicht erfüllt werden können, da hier die generalistische Ausrichtung weitgehend beibehalten wurde. Die notwendige Professionalisierung des Berufsfeldes wird dadurch vernachlässigt und Zustände der Vergangenheit dahingehend perpetuiert, dass Praktiker den besonderen Herausforderungen des jeweiligen Berufsfeldes durch learning by doing oder durch oft selbstfinanzierte Fort- und Weiterbildungen standzuhalten versuchen. Eine Master-Qualifizierung behebt diesen Ausbildungsmangel, fördert die Verwissenschaftlichung und eröffnet einhergehend mit dieser Höherqualifizierung die Promotionsmöglichkeit an der Fachhochschule.
3
Vorhaben
Das Ausbildungsprofil des an der Fachhochschule Frankfurt am Main geplanten Masterstudiengangs „Schulsozialarbeit“ bezieht sich u.a. auf den Entwurf eines einschlägigen Studienschwerpunktes von Seiten des interdisziplinären Kooperationsverbundes Schulsozialarbeit. Es hat ein ausführlicher Dialog mit den Vertretern dieser zukünftigen „Arbeitgeber“ stattgefunden und zu einem anwendungsorientierten Profil des tätigkeitsbegleitenden Fortbildungsmasters geführt. Dieses Profil assoziiert sowohl den Qualifikationsrahmen Soziale Arbeit (QRSArb), verabschiedet vom Fachbereichstag Soziale Arbeit (Berlin 31.05.2006), als auch den Qualifikationsrahmen des Kooperationsverbundes Schulsozialarbeit. 133
Susanne Hartmann-Hanff
Das Anforderungsprofil umfasst für das Arbeitsfeld Schulsozialarbeit eine Vertiefung und Differenzierung von Basiswissen, Orientierungswissen, Handlungsfähigkeit und Reflexionsfähigkeit. Basiswissen beinhaltet u.a. grundlegende Kenntnisse des Bildungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungssystems in der BRD, welche unter Gesichtspunkten der fachlichen und berufspolitischen Standards der Sozialen Arbeit zu bewerten und projektorientiert zu gestalten sind. Weiterhin die dafür notwendigen Grundlagen der Praxisforschung, um auf der Basis der vor Ort gegebenen kommunalen und institutionellen Rahmenbedingungen Handlungskonzepte für Schulsozialarbeit zu entwickeln und die Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Sozialen Diensten (z.B. ASD, Gesundheitswesen) nutzen zu lernen. Die Arbeit in den Systemen Jugendhilfe und Schule verlangt Orientierungswissen für das Verständnis der Bedürfnisse von Schülern, Eltern und Lehrern, speziell, wenn es um die Risikoeinschätzung gefährdeter und stigmatisierter Einzelner und/oder Gruppen, um differente soziokulturelle Milieus, Genderaspekte etc. geht. Es geht um Erklärungs- und Beschreibungswissen (z.B. Jugendtheorie, Devianztheorie) für die Zielorientierung und Zielbestimmung der Arbeit. Handlungsfähigkeit beinhaltet u.a. die Kompetenz der Interessenvertretung (Anwalt sein) für die Zielgruppe, Rechtssicherheit im eigenen Tun, Teamfähigkeit und Qualitätsmanagement. Ebenso die Befähigung, methodische Kenntnisse praktisch umzusetzen und die Arbeit nach wissenschaftlichen Standards zu gestalten. Dies beinhaltet, berufliches Handeln zu dokumentieren und mit der Schulentwicklungsplanung zu verzahnen. Reflexionsfähigkeit lässt fachliches Handeln und persönliche Motivation transparent werden und ermöglicht die Orientierung der beruflichen Rolle an gesellschaftlichen Normen, dem ethischen Selbstverständnis der Profession sowie dem Auftrag, das Wohlergehen der Zielgruppe zu verantworten. Reflektiertes Berufshandeln gewährleistet die Transparenz der normativen und theoretischen Handlungsnorm im Spannungsfeld zwischen Überidentifikation und burn-out, zwischen Dienstleistungsmentalität und empathischer Hilflosigkeit. Weiterhin die verfügbare Kompetenz der Ambiguitätstoleranz i.S. der Fähigkeit, uneindeutige, ambivalente Situationen aushalten und gestalten zu können. Die methodische Profilierung dieses Master-Studienganges an der FH Frankfurt soll mit den Schwerpunkten Erlebnispädagogik (verstanden als alltagsorientiertes, konstruktives Lernen), Theaterpädagogik (verstanden als aktivierendes Theater) und Ästhetik/Kommunikation (z.B. Filmarbeit, Musikarbeit) geschehen. Geplant sind Praxistage an Schulen, die Kooperationsprojekte mit der Jugendhilfe durchführen. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit mit Schülern und Lehrern (etwa im Tandemunterricht) lassen sich mit den genannten Methoden neue Lernformen und Lernsituationen gestalten, die „Soziales Lernen“ 134
Der Master of Arts (MA) Schulsozialarbeit
initiieren und fördern. Damit gemeint sind u.a. emotionale und personale Kompetenzen, wie Empathiefähigkeit und Toleranz, die den Schulalltag bereichern und befrieden.
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Vorstellung
Dieser tätigkeitsbegleitende Masterstudiengang stellt i.S. des § 19 Hochschulrahmengesetzes (HRG) ein zweites berufsqualifizierendes Studium dar, so dass die Möglichkeit besteht, Studiengebühren sowie andere einschlägige Kosten steuerlich geltend zu machen. Tätigkeitsbegleitend im Unterschied zu berufsbegleitend meint, dass Studierende nicht aktuell in einem für diesen Master qualifizierenden Beruf arbeiten müssen, sondern einer beliebigen Tätigkeit nachgehen können, wenn sie über die notwendigen Zulassungsvoraussetzungen verfügen. Diese sind sozialwissenschaftliche Diplom- und Bachelor-Abschlüsse (Sozialpädagogik, Sozialarbeit, Pädagogik, Psychologie, Soziologie) oder der Abschluss eines Lehramtsstudiums. Praxiserfahrungen sind kein Erfordernis, da Praxisanteile in Form von eigener Handlungsforschung und Evaluation im Studium enthalten sind. Geplant ist eine Aufnahmekapazität von 28 Studierenden jeweils zum Wintersemester. Einen Numerus Clausus gibt es nicht. Sofern mehr Bewerber als Studienplätze vorhanden sind, werden Auswahlgespräche geführt. Das Studium in Teilzeit dauert 6 Semester und umfasst 14 Module mit insgesamt 120 Credit Points aufgeteilt in 20 Credit Points pro Semester. Module sind abgeschlossene Lern- und Prüfungseinheiten, die die jeweiligen Lernziele/ Kompetenzen beschreiben. Module wiederum lassen sich in Units untergliedern, die eine Operationalisierung in Teillernziele ermöglichen. Jedes Semester behandelt in Seminaren oder Übungen spezielle Themen im Fokus der Paradigmen der Sozialen Arbeit. Praxiseinheiten und Präsenzzeiten an der Hochschule werden in Vereinbarkeit mit den Erwerbsarbeitszeiten gestaltet. Unterstützt durch blended-learning können die Studierenden den notwendigen Zeitaufwand ihren Alltagserfordernissen entsprechend gestalten. Die geplante Master-Ausbildung setzt sich unter einem spezifischen Lernverständnis (PraxisOrientiertesLernen: POL) mit den Herausforderungen des beruflichen Alltages an Schulen auseinander, welches eine systematische Verknüpfung von Theorie und Praxis anstrebt. Da Theorie und Praxis nicht unabhängig voneinander oder in Wertekonkurrenz existieren, bedeutet professionelle Kompetenz eine permanente situationsabhängige, theoretische, ethische und berufspolitische Reflexion des Han135
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delns. Vermittelte Theorien und Methoden, die der Kompetenzerweiterung dienen, werden in der Praxis im Hinblick auf ihre Plausibilität und Praktikabilität geprüft, was zu Widersprüchen und Konflikten führen kann. Professionalisierung bedeutet dann, diese Konflikte mit Praxisforschung zu erschließen und über Evaluation konstruktiv zu bearbeiten. Grenzen der Konfliktlösung können im Handlungsauftrag (etwa doppeltes Mandat), der Institution (Hierarchie, Bürokratie) im Team (Kommunikation, Kooperation) oder in der eigenen Person (Vorurteile, Haltungen) liegen. Durch die Erarbeitung adäquater Konfliktlösungsstrategien entstehen neue Optionen. Verstanden als kontinuierlicher Prozess entsteht so die Voraussetzung für eine gelingende berufliche Alltagspraxis. Der Begriff des Professionellen Selbst meint die über Praxiserfahrung entstehende Selbstsicherheit, haltgebende Routine und notwendige Anerkennung eigener Stärken und Schwächen. Aus der burn-out Forschung (vgl. Fengler 2008) ist der Umstand bekannt, dass unrealistische Selbsteinschätzungen und die damit verbundene selektive Wahrnehmung und self-fullfilling-prophecy zu erhöhten psychosomatischen Krankheitsrisiken führen. Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse ist der Studienverlauf so angelegt, dass durch eine angeleitete Hospitation in Kooperationsschulen vom ersten Semester an, die Möglichkeit zur Überprüfung der Berufsmotivation und Berufseignung besteht.
Abb. 1: Praxisorientiertes Lernen 136
Der Master of Arts (MA) Schulsozialarbeit
Als Lernergebnisse angestrebt sind Fähigkeiten in Wissen, Handlungskompetenz und reflektierter Werteorientierung. Weiterhin sollen Schulsozialarbeiterinnen befähigt sein, sowohl Anstellungsträgern als auch der Öffentlichkeit gegenüber eine klare Vorstellung von dem zu vermitteln, was sie tun bzw. was von ihnen erwartet werden kann, d.h. sie verfügen über die Befähigung zur Dokumentation einer überprüfbaren beruflichen Praxis. Schulsozialarbeiterinnen müssen in der Lage sein, ihre Aufgaben zu vereinbaren mit den spezifischen Schwerpunkten der jeweiligen Schule und ihrem Umfeld, den vorhandenen Bedingungen und Ressourcen, den Zielen und Erwartungen der Kooperationspartner. Dieses Ausbildungsziel verfolgt der eher anwendungsorientierte Master in folgenden Bereichen: Theorie- und Wissenskompetenz
Basiswissen
Methodenkompetenz
Handlungsfähigkeit
Kompetenz für Konzeptentwicklung und Projektmanagement
Orientierungswissen
Persönlichkeitskompetenz Forschungskompetenz
Reflexionsfähigkeit
Abb. 2: Vermitteltes Wissen und Fähigkeiten
Abgeschlossen wird das Studium mit dem „Master of Arts Schulsozialarbeit“. Mit der Akkreditierung des Studienganges bei der AHPGS ist in Hessen gleichzeitig der Zugang zum Höheren Dienst für Verwaltungsangestellte und Beamte verbunden2. Dies ermöglicht grundsätzlich auch eine dementsprechende Bezahlung. Das dargestellte Strukturmodell (Abb. 3) ist Ergebnis langjähriger Erfahrungen mit einschlägigen Seminaren und Praxisprojekten an der Fachhochschule Frankfurt a.M. Die optische Gestaltung verdeutlicht die inhaltliche Logik im Zusammenhang und Aufbau der Module. Deren zeitliche Abfolge ermöglicht den Studierenden die Entwicklung eines eigenen Projekt- und Forschungsplanes, der zur Grundlage für die Masterarbeit wird. Diese Studienstruktur kann
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S. Beschluss des hessischen Ministeriums des Inneren und Sports vom 09.02.09 Geschäftszeichen 421 I P 2105 A 167. 137
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durchaus als Modellversuch verstanden werden, der im Rahmen einer Reakkreditierung Möglichkeiten zu Veränderungen eröffnet. In den Prüfungen müssen die beschriebenen Fähigkeiten zu wissenschaftlich fundiertem und berufsethisch reflektiertem Handeln nachgewiesen werden. In der Abschlussarbeit soll exemplarisch die Fähigkeit zur Projektplanung, Evaluation und Qualitätssicherung von Schulsozialarbeit unter Berücksichtigung der spezifischen Schulformbedingungen dokumentiert werden. In der mündlichen Prüfung muss nachgewiesen werden, dass die Kandidaten gut organisiertes, berufsfeldspezifisches Wissen zur Verfügung haben, über eine adäquate Analysefähigkeit für die Herausforderungen des Handlungsfeldes verfügen und dazu methodisch flexible Arbeitskonzepte entwerfen können. Studienverlauf Die einzelnen Module sind entweder als Seminare oder als Übungen organisiert. Übungen bieten die Möglichkeit, die Gruppen zu teilen, um Praxisforschungen und Selbsterfahrungsaufgaben effizient zu gestalten. Weiterhin sind einige Module mit überwiegend theoretischem Studiengegenstand (z.B. die Module 8, 9, 10, 11) in Units, d.h. Arbeitsschwerpunkte untergliedert. Die Organisation eines tätigkeitsbegleitenden Studienganges berücksichtigt die Zeitplanung der Studierenden dahingehend, dass durch Anteile von e-learning, die Präsenzzeiten an der Hochschule verringert werden. Im ersten und zweiten Semester (Modul 1/2/3/4) wird in erster Linie Basiswissen vermittelt, um die Arbeitsfähigkeit in der Organisation Schule zu begründen. Im Bemühen darum, Aspekte real existierender Praxis abzubilden und für die Ausbildung zugänglich zu machen, sollen beginnend mit dem ersten Semester, i.S. einer angeleiteten Hospitation, Praxiskontakte und Praxisforschung an Kooperationsschulen organisiert werden. Der Begriff der Praxisforschung, verstanden als wissenschaftliche Untersuchung der Praxis Sozialer Arbeit, ist im Hinblick auf inhaltlich verwandte Forschungsansätze, z.B. dem der Evaluation, nicht eindeutig und trennscharf definiert (weswegen hier beide Begriffe Verwendung finden), da unterschiedliche Vorstellungen über die methodische Vorgehensweise existieren, z.B. inwieweit Fachkräfte aus der Praxis am Forschungsverlauf (etwa an der Entwicklung der Untersuchungsinstrumente) beteiligt sein sollen. Ebenso gibt es Unterschiede in der Anwendung der Methoden quantitativer und qualitativer empirischer Sozialforschung. Beide Forschungsansätze sind Bestandteile von Modul 2 und Modul 3. Im Ergebnis soll über die Gewinnung neuer Erkenntnisse auf die Weiterentwicklung von beruflichem Handeln hingewirkt und die notwendige Praxisorientierung in der Ausbildung gesichert werden. Diese Praxisanteile erstrecken 138
5 cp (blending-learning)
5 cp ( blending-learning)
5 cp (Seminar)
1) Schule, Ausbildung und Beruf
10 cp (Seminar, Übung)
2) Grundlagen der Praxisforschung
15 cp (Übung)
10 cp (Seminar, Übung)
3) Konzeptentwicklung und Projektmanagement
5 cp (Seminar)
5 cp (Seminar)
5 cp (blending-learning)
11) Berufsethik und Berufsrolle
7) Modelle von Schulsozialarbeit
5 cp (blending-learning)
10) Gesetze für Jugendhilfe und Schule
5 cp (Seminar)
13) Projektorientiertes wissenschaftliches Arbeiten
6) Kooperation Jugendhilfe und Schule
4) Handlungskonzepte für die Schulsozialarbeit
10 cp (Seminar)
5) System Jugendhilfe und System Schule
9) Theorie der Devianz und Deliquenz
8) Theorie der Kindheit und Jugend
15 cp (Seminar, Übung)
12) Forschungs-und Evauationsprojekt
14) Master Thesis mit Kolloquium 20 cp
Abb. 3: Strukturmodell Master of Arts Schulsozialarbeit
1. Sem. 20 cp
2. Sem. 20 cp
3. Sem. 20 cp
4. Sem. 20 cp
5. Sem. 20 cp
6. Sem. 20 cp
Strukturmodell Master Schulsozialarbeit
Der Master of Arts (MA) Schulsozialarbeit
Studienverlauf
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sich über die gesamte Ausbildung im Rahmen der Module 2, 3, 4, 6 und 12, um Schulsozialarbeiterinnen zu befähigen, mit den Instrumentarien von Forschung und Evaluation, eigene Handlungskonzepte entwerfen und durchführen zu können. Nur über die Entwicklung eines derartigen, wissenschaftstheoretisch fundierten Handlungs- und Problemverständnisses kann den Herauforderungen am Lern- und Lebensort Schule professionell begegnet werden. Je nach den schulischen Gegebenheiten und Schwerpunkten der Schulentwicklungsplanung, z.B. Gewaltprävention, Jungenarbeit, Schule und Gesundheit, ergeben sich unterschiedliche handlungsleitende Überlegungen für die forscherische, diagnostische und planerische Gestaltung der Handlungskonzepte für Schulsozialarbeit. Das im 1. Semester grundgelegte, theoriegeleitete Projektmanagement wird im weiteren Studium zu einem individuellen Forschungsdesign ausdifferenziert, als Evaluationsprojekt durchgeführt und im Ergebnis in den Master-Thesis qualifiziert. Die begleitende Reflexion berufsethischer und fachlicher Standards (im 3 und 4 Semester) ermöglicht Rollensicherheit und Handlungskompetenz in der Gestaltung kooperativer Interventionskonzepte zwischen den Systemen ,Schule‘ und ,Jugendhilfe‘. Die Inhalte und Standards aller Module werden im Modulhandbuch des Studienganges näher beschrieben. Exemplarisch sei hier Modul 1 dargestellt, mit dem Hinweis, dass die thematische Ausrichtung die verstärkte Kooperation der Jugendhilfe mit berufsbildenden Schulen berücksichtigt. Modul 1 Name
Schule, Ausbildung und Beruf
Studiengang
Master Schulsozialarbeit
Dauer
1 Semester
Credits
5 cp
Modulprüfung
Schriftliche Prüfung: Referat mit schriftlicher Ausarbeitung (4 Wochen Bearbeitungszeit)
Lernergebnis/ Kompetenzen
Absolventinnen und Absolventen besitzen grundlegende Kenntnisse des Bildungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungssystems der BRD die Fähigkeit, Programme, Maßnahmen und Instrumente der Ausbildungs- und Beschäftigungsförderung unter Gesichtspunkten der fachlichen und professionellen Standards der Schulsozialarbeit zu bewerten und zu gestalten.
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Der Master of Arts (MA) Schulsozialarbeit
Inhalte
Strukturen und Entwicklungen des Bildungs-, Ausbildungsund Beschäftigungssystems, Träger, Finanzierung von Maßnahmen der Berufsförderung, Beratungs- und Interventionsmethoden
Literatur
BMBF (Hrsg.): Berufsbildungsbericht (laufende Jahrgänge) Abraham, M. , Hinz, T. (Hrsg.): Arbeitsmarktsoziologie, Probleme, Theorien, Befunde, Wiesbaden 2008 Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (laufende Hefte)
Lehrformen
Dozenteninput, Textbearbeitung in Gruppen, Impulsreferate
Gesamtworkload
150 h
Sprache
deutsch
Häufigkeit des Angebots
jedes Wintersemester
Abb. 4: Modul 1
Im Modul 2 und 3 erfolgt die Entwicklung von Qualitätsstandards für die Bedarfsplanung im Rahmen der angestrebten Handlungskonzepte. Diese setzt sich im 2. Semester fort und spezifiziert Interventionsformen der Jugendhilfe (Modul 4). Entsprechend den Zielen der Jugendhilfe bedarf es der Qualifizierung zu:
Beratung (hier systemisch ausgerichtet) Individueller Förderung Offener Jugendarbeit Sozialpädagogischer Gruppenarbeit Konfliktbewältigung Schulbezogener Hilfen Arbeit mit Eltern und Personensorgeberechtigten Unterstützung beim Übergang von der Schule in die Berufswelt Mitwirkung an Schulprogrammen und an der Schulentwicklung.
Im dritten und vierten Semester vermitteln die Module 5/8 und 9 schwerpunktmäßig Orientierungswissen zum Verständnis der Systeme Jugendhilfe und Schule sowie den Entwicklungsphasen von Kindheit und Jugend. Die professionellen Leitideen von gelingender Erziehung und Bildung als Voraussetzung für Integration und Partizipation haben für Schule und Jugendhilfe seit ihrer Verselbstständigung voneinander zwar unterschiedliche Entwicklungen genommen und je eigene Wissenschaftstheorien gebildet, sie lassen sich aber im Rahmen von Kooperationsprojekten der Schulsozialarbeit konstruktiv verbin-
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den. Die fachlichen Grundlagen der Sozialarbeitswissenschaft und Lebensweltorientierung aus Seiten der Jugendhilfe und der Schulpädagogik und Didaktik auf Seiten der Schule sind ein weiterer Schwerpunkt. Zu den Schwerpunkten gehören ebenso theoretische Annahmen zur Erklärung von Konflikten und Problemlagen, die zu Risikofaktoren werden können und die Bildungslaufbahn davon betroffener Schülerinnen und Schüler gefährden. Hierzu bietet sich eine Untergliederung des Moduls 9 in Units an. Beispiel: Unit 1: Soziologische Theorien zu Devianz und Delinquenz Unit 2: Psychologische Theorien zu Devianz und Delinquenz Unit 3: Kriminologische Theorien zu Devianz und Delinquenz Die Module 6/7 und 10 sollen die Handlungsfähigkeit sowohl auf individueller als auch struktureller Ebene thematisieren und einüben. Dazu sind Praxisanteile im Modul 6 vorgesehen. Es werden existierende Kooperationsprojekte verschiedener Bundesländer sowie im europäischen Raum vorgestellt und dahingehend überprüft, inwieweit sie dem Handlungsanspruch gerecht werden, i.S. der zentralen Maxime der Prävention, einer frühzeitigen Stigmatisierung und Selektierung von Schülern entgegenzuwirken. Eine weitere Analyse der Handlungskonzepte geschieht im Hinblick auf deren Finanzierungs- und Trägermodelle sowie deren Methodik, theoretische, methodische und normative Grundlagen. Es werden methodische Bezüge hergestellt zu den gegenwärtigen Techniken, der Krisenintervention, des Sozialen Lernens und des Konfliktmanagements, Networkings und Social–Managements. Handlungssicherheit ergibt sich weiterhin aus Rechtssicherheit. Notwendig sind ausreichende Kenntnisse schulrelevanter Gesetze und Verordnungen, z.B. Landesschulgesetz, Beamtenrechtsrahmengesetz, Gesetze zu Schulträgerschaft, Schulaufsicht, Schulpflicht, Schulverwaltungsgesetz (SchVG) und der relevanten Gesetze für die Jugendhilfe, z.B. KJHG, Jugendschutzgesetz, Jugendgerichtsgesetz. Diese Rechtskenntnisse ermöglichen die realistische Einschätzung der eigenen Abhängigkeiten und Handlungsspielräume. Das Modul 11 dient der Reflexionsfähigkeit dem Beobachten, Verstehen und Deuten von eigenen und fremden Verhaltensweisen und Einstellungen. Bezogen auf den Ethikkodex der Sozialen Arbeit und die Verhaltensvorgaben für Lehrer im Beamtenrechtsrahmengesetz muss die Berufsrolle definiert werden. Kompetente Schulsozialarbeit erfordert das Verständnis und die Integration der beruflichen Wertevorstellungen in das eigene Professionelle Selbst. Dies gelingt nur auf dem Wege der Introspektion (Selbstbeobachtung geht vor Fremdbeobachtung). Eigene Haltungen müssen thematisiert und problematisiert werden (u.a. 142
Der Master of Arts (MA) Schulsozialarbeit
die Berufsmotivation). Hierzu werden Selbsterfahrungsübungen angeboten, um analytische Fähigkeiten zu entwickeln im Hinblick auf die Reflexion und Beurteilung sowohl der eigenen als auch der Erfahrungen der Klienten. Damit einhergehen soll der Aufbau interpersonaler Kompetenzen, wie etwa die Befähigung Autorität auszuüben ohne autoritär zu sein. Ebenso sollen die Wahrnehmung eigener Aggressionen, Feindseligkeiten und Wut und die Einschätzung der damit verbundenen Risiken für die eigene Person und andere eingeübt werden. Die Fähigkeit zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung von Arbeitsbeziehungen unter Berücksichtigung der Auswirkung von Gefühlen auf die eigene Person, wie auch auf die Klienten soll entwickelt werden. Die verbale und non-verbale kommunikative Kompetenz muss geschult werden, ebenso die Fähigkeit, nachhaltige Entscheidungen treffen zu können. Die Semester 5 und 6 mit den Modulen 12, 13, 14 dienen im Besonderen der Vorbereitung und Erstellung der Master-Thesis. Im Modul 12 wird ein interdisziplinäres Forschungsprojekt entworfen und aufbauend auf den bisher erworbenen Fähigkeiten zu wissenschaftlich fundiertem und berufsethisch reflektiertem Handeln an einer Kooperationsschule durchgeführt. Überlegungen zur Resilienzforschung werden hierbei berücksichtigt. Zur Begleitung dieses Arbeitsprozesses dient Modul 13, welches von der Idee her einem Doktorandenkolloquium ähnelt und die Möglichkeit eröffnet, in der Gruppe den eigenen Forschungsplan zu erörtern und fachlich abzusichern. In der Abschlussarbeit im Modul 14 soll exemplarisch die Fähigkeit zu selbstständiger Projektplanung, Qualitätssicherung und Evaluation für Schulsozialarbeit unter Berücksichtigung der spezifischen Schulformbedingungen dokumentiert werden.
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Veränderungen
Die durch den Bologna Prozess geschaffene gegenwärtige Umstrukturierung der Hochschulabschlüsse wird die Konjunktur wahrscheinlich nicht ankurbeln, aber die Struktur des Arbeitsmarktes möglicherweise nachhaltig verändern. Auch den für Schulsozialarbeiterinnen. Eine sozial und ethisch verantwortungsvolle Bildungspolitik des Bundes und der Länder im Rahmen des Gebotes der Chancengleichheit und der Bildungsgerechtigkeit übernimmt Verantwortung für gelingende Schulkarrieren durch eine flächendeckende Implementierung von Schulsozialarbeit und honoriert dienst- und tarifrechtlich eine Höherqualifizierung der dafür zuständigen Profession. Politisches Handeln wird verstärkt orientiert an Sozialer Gerechtigkeit und gelingenden Bildungsprozessen und nicht 143
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weiterhin an einer neoliberalen Globalisierung, die offenbar alternativlos dem Effizienz- und Effektivitätsstreben huldigt, Lehr- und Lernprozesse ökonomisieren will und damit emotionale und soziale Lebenskompetenzen denunziert. Im Vordergrund steht eine Orientierung am Wohlergehen von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrern zur Optimierung der Lern- und Lebensqualität am Sozialisationsort Schule. Schulsozialarbeit wird hierfür zur mentalen und faktischen Ressource. Dies umso mehr, da es bekanntermaßen um die emotionale Befindlichkeit und psychische Gesundheit von Schülern nicht erfreulich steht. So meldete etwa der Bundesverband der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Frankfurter Rundschau vom 25.02.09) eine explosionsartige Zunahme der Fallzahlen. Danach sind gegenwärtig 12 % der Mädchen und 18 % der Jungen in ihrem Verhalten auffällig bzw. behandlungsbedürftig. Zufriedenheit, Begeisterung oder gar Glücklichsein von Kindern und Jugendlichen in ihrer Lebensphase Schule sollte zu entscheidenden Parametern jeder bildungspolitischen Debatte werden. Hier sei die wegweisende Idee des Heidelberger Pädagogen Fritz Schubert erwähnt, der das Unterrichtsfach „Glück“ einführte, verstanden als Unterstützung des Einzelnen und der Gemeinschaft im Erreichen dieser gesunderhaltenden Lebenskompetenz. Schulsozialarbeiterinnen besinnen sich konsequent auf ihre sozialpolitische und berufsethische Verpflichtung der Partizipation und Integration ihrer Klientel, eine an den Interessen der Zielgruppen orientierte Handlungsverantwortung und ihr berufspolitisches Selbstverständnis als Vertreterinnen der „Menschenrechtsprofession“ Soziale Arbeit. Das hier vorgestellte Weiterbildungsstudium ist ein Schritt zur Verwirklichung dieser notwendigen Veränderungen. Denn, in den Hörsälen der Hochschulen entscheidet sich, welche Lehre auf die Praxis vorbereitet. Wird das Thema Schulsozialarbeit eher an einer paradigmatisch ökonomisch bestimmten Wirklichkeit und deren Ausbildungszielen orientiert oder gehen die Bemühungen dahin, die Bildungs- und Handlungsziele von Schulsozialarbeit mit Eigenständigkeit in Theorie und Praxis analog zu ihrer „lebensweltlichen“ Verantwortung zu gestalten.
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Autorenhinweise
Prof. Dr. Ulrich Bartosch lehrt an der Fakultät für Soziale Arbeit der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt das Fach Pädagogik. Zusammen mit Guido Pollack von der Universität Passau und unter Mitwirkung von Anita Maile, Christine Speth, Rudolf Kammerl u.a. hat er ein virtuelles Seminar „Jugendsozialarbeit in der Schule“ entwickelt. Dieter Eckert ist Diplom-Pädagoge und langjähriger verantwortlicher Mitarbeiter in verschiedenen Arbeitsfeldern sozialer Arbeit in Bundesgeschäftsstellen von Wohlfahrtsverbänden. Zurzeit ist er Referent für Jugendsozialarbeit und Schulsozialarbeit im Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt. Er ist Mitglied des Kooperationsverbunds Schulsozialarbeit. Bernhard Eibeck ist Diplompädagoge und arbeitet als Referent für Jugendhilfe und Sozialarbeit beim Hauptvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Er ist Mitglied des Kooperationsverbunds Schulsozialarbeit. Prof. Dr. Susanne Hartmann-Hanf lehrt seit 1998 an der Fachhochschule Frankfurt a.M. am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit. Sie hat hier die Professur für Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit mit dem Schwerpunkt Hilfen zur Erziehung inne und vertritt das Thema Schulsozialarbeit seit 10 Jahren in der Hochschullehre. Sie war davor lange Jahre als Studienrätin im Schuldienst und als Sozialarbeiterin im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) tätig. Björn Köhler hat an der Fachhochschule Frankfurt a.M. Soziale Arbeit studiert und war bis zum 30. April 2009 als Berufspraktikant zur Erlangung der staatlichen Anerkennung beim Hauptvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) beschäftigt. Er ist Mitglied des Kooperationsverbundes Schulsozialarbeit. Jürgen Ludewig ist Mitglied des Kooperationsverbundes Schulsozialarbeit und seit den achtziger Jahren mit der Thematik Jungendhilfe und Schule befasst. Er war Referent für Jugendsozialarbeit und Schulsozialarbeit in verschiedenen Wohlfahrtsverbänden auf Bundesebene und ist zur Zeit Leiter der Freiwilligen Sozialen Dienste bei der Arbeiterwohlfahrt Landesverband Berlin e.V.
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Autorenhinweise
Anita Maile ist als Geschäftsführerin der Hochschule Bayern e.V., dem Interessensverband der bayerischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften tätig. Sie arbeitete als Bologna Beraterin der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz (HRK) an der Fachhochschule Frankfurt a.M.. Zusammen mit Prof. Dr. Guido Pollak und Prof. Dr. Ulrich Bartosch entwickelte sie ein virtuelles Seminar zur Schulsozialarbeit für die virtuellen Hochschule Bayern (vhb). Dr. Nicole Pötter ist Diplom-Sozialarbeiterin und beschäftigt sich mit den Themen Jugendsozialarbeit und Jugendberufshilfe, Schulsozialarbeit, Kooperation von Schule und Jugendhilfe sowie Berufsorientierung an Schulen. Zurzeit ist sie als Koordinatorin der Berufsbildungsforschungsinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) tätig. Sie ist Mitglied des Kooperationsverbunds Schulsozialarbeit. Hermann Rademacker hat Mathematik, Physik, Philosophie und Pädagogik studiert und war von 1974 bis 2001 am Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Jugendhilfe und Schule, Übergang Schule-Beruf und Schule und Lebenswelt. Regine Rosner ist Diplom-Sozialpädagogin und Diplompädagogin und bei IN VIA Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit – Deutschland e.V. als Referentin tätig. Sie ist zuständig für die schulbezogene Jugendsozialarbeit sowie den Bereich Migration und Integration. Sie ist Mitglied im Kooperationsverbund Schulsozialarbeit. Gerhard Segel ist Diplom-Sozialarbeiter und Dipom-Supervisor. Von 1975 bis 1992 war er Koordinator der Schulsozialarbeit in Kassel, 1995 bis 1998 wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) in Frankfurt a.M.. Seit 1997 ist er als Supervisor, Coacher und Organisationsmanager selbstständig tätig. Er ist Mitglied im Kooperationsverbund Schulsozialarbeit. Claudia Seibold ist Referentin bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit (BAG EJSA) und zuständig für die Themen „Bildung in der Jugendsozialarbeit“ und „Kooperation Schule-Jugendsozialarbeit“. Sie ist Mitglied im Kooperationsverbund Schulsozialarbeit.
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Autorenhinweise
Dr. Christine Speth ist Diplom-Sozialpädagogin und hat an der Entwicklung eines virtuellen Seminars „Jugendsozialarbeit an Schulen“ für die virtuelle Hochschule Bayern (vhb) in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Ulrich Bartosch und Prof. Dr. Guido Pollak u.a. mitgewirkt. Sie war Referentin im Kompetenzzentrum Bologna für die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und ist zurzeit für die AUDI AG in Ingolstadt tätig. Prof. Dr. Anke Spies hat zurzeit eine Vertretungsprofessur „Soziale und berufliche Rehabilitation – Benachteiligtenförderung“ an der Universität Magdeburg inne. Sie ist Juniorprofessorin „Schulsozialarbeit“ am Institut für Pädagogik der Universität Oldenburg. Ihre aktuellen Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte sind die Schulsozialarbeit, die Jugendsozialarbeit, die Benachteiligtenförderung sowie biografische Risiken. Petra Tabakovic studierte in Münster/Westfalen im Rahmen eines Lehramtsstudiums Sozialwissenschaften. Nach ihrem Referendariat arbeitete sie in Osnabrück in der Erwachsenenbildung und der universitären Forschung und Lehre bis sie 1990 beim Internationalen Bund (IB) in Frankfurt a.M. tätig wurde. Seit 2002 ist sie dort als Referentin für Jugendsozialarbeit und Politische Bildung zuständig. Sie ist Mitglied des Kooperationsverbunds Schulsozialarbeit. Prof. Dr. Christian Vogel ist Dozent im Fachbereich Soziale Arbeit der Berner Fachhochschule, sowie Lehrbeauftragter im Master in Sozialer Arbeit in BernLuzern-St. Gallen-Zürich und am Soziologischen Institut der Universität Zürich. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Struktur- und Kommunikationsanalyse, die kritische Rekonstruktion von Institutions- und Organisationsformen der Sozialen Arbeit sowie die Schulsozialarbeit.
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