Präsentieren in Wissenschaft und Forschung
Barbara Hey
Präsentieren in Wissenschaft und Forschung
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Barbara Hey Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH (ZEW) Mannheim Wissenstransfer & Weiterbildung Postfach 10 34 43 68034 Mannheim Deutschland
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ISBN 978-3-642-14586-5 e-ISBN 978-3-642-14587-2 DOI 10.1007/978-3-642-14587-2 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Geleitwort
Ratgeber für erfolgreiche Vorträge gibt es viele, aber nur wenige für den Bereich der Wissenschaft. Dabei hängt auch in der Wissenschaft sehr viel davon ab, wie die Forschungsergebnisse „rübergebracht“ werden, wie so mancher Fehlversuch auf Tagungen oder bei Berufungen belegt. Dieses Buch zeigt Ihnen, wie man es richtig macht und wie Fehler vermieden werden. Natürlich ist der Inhalt des Vortrags das Entscheidende, keine Frage. Aber eine unzureichende Präsentation kann Zweifel an der Professionalität aufkommen lassen. Das Auditorium darf nicht mit möglichst viel Inhalt und PowerPoint-Folien „erschlagen“ werden. Der Vortragende sollte kein Langweiler sein, sonst kämpft das Publikum (erfolglos) gegen den Schlaf. Dieses Buch baut auf Beispielen aus der wissenschaftlichen Praxis und auf den Erfahrungen von mehr als 50 befragten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterschiedlicher Forschungsrichtungen auf. Zudem findet sich darin das Wissen der Autorin aus hunderten von Präsentationsund Vortragstrainings – sowohl für Forscher als auch für Fach- und Führungskräfte aus der Wirtschaft. Neben diesen praktischen Ratschlägen sind in das Buch auch zahlreiche Erkenntnisse aus der Wahrnehmungs- und Kommunikationspsychologie eingeflossen. Hinweise renommierter wissenschaftlicher Einrichtungen runden das Bild ab. Davon können die Leserinnen und Leser bei der Gestaltung ihrer Vorträge profitieren. Wenn wir uns an dieser Stelle vor Augen führen, wie viel Zeit, Motivation und Sorgfalt Wissenschaftler in ihre Forschungstätigkeit investieren und wie viel von dieser Arbeit für den Einzelnen abhängt, dann sollte der Vortrag das auch widerspiegeln! Mannheim, im Herbst 2010
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Wolfgang Franz Thomas Kohl
Vorwort
Der Vortrag ist die Visitenkarte jedes Forschers und jeder Forscherin. Er bietet eine einzigartige Möglichkeit, Forschungsergebnisse, Arbeitsweise und sich selbst einem größeren Publikum näherzubringen. Im Wettbewerb um Noten, Stellen, Forschungsgelder und Drittmittel reicht inhaltliche Exzellenz allein nicht mehr aus. Professionalität und Glaubwürdigkeit drücken sich nämlich nicht allein im Inhalt aus. Auch die Form muss stimmen. Wenn ein gutes Ergebnis schlecht „verpackt“ ist und die wesentlichen Botschaften nicht richtig kommuniziert werden, dann wird es nicht verstanden und kann kaum überzeugen. Auch die besten Ergebnisse müssen so vermittelt werden, dass sie das Publikum erreichen. Aus diesem Grund sind präsentationstechnische Fähigkeiten und Kenntnisse Grundvoraussetzungen für einen guten wissenschaftlichen Vortrag. Gleichzeitig wird Vortragstechnik in der Ausbildung von Studierenden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nur am Rande gestreift. Umso verständlicher ist es, dass Forscherinnen und Forscher bei dem Versuch ihr umfangreiches Paper in einen ansprechenden Vortrag zu übertragen, vor einer großen Herausforderung stehen. Sachlich und unterhaltsam, wissenschaftlich korrekt und verständlich zu präsentieren ist keine leichte Aufgabe. Genau hier setzt dieses Buch an. Es geht ausführlich auf die speziellen Fragestellungen und Bedürfnisse von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bei Präsentationen ein und vermittelt anschaulich, worauf diese in den einzelnen Phasen eines Vortrags und in der anschließenden Diskussion achten sollten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Forschungsdisziplinen verraten hier ihre Tipps und Tricks. Studierende, junge wie auch erfahrene Forscherinnen und Forscher finden darin neue, klassische sowie ungewöhnliche Anregungen und Beispiele für einen strukturierten und publikumsorientierten Vortrag. Damit unterscheidet das Buch sich von anderen. Ein erfolgreicher Vortrag wirkt motivierend und zwar auf die Vortragenden wie auch auf das Publikum. Dies steigert die persönliche Sicherheit
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Vorwort
und Souveränität bei der Präsentation und hilft, den eigenen Präsentationsstil und den Spaß am Vortragen zu entwickeln. Das wünsche ich Ihnen. Mannheim, im Herbst 2010
Barbara Hey
Inhaltsverzeichnis
1
Der wissenschaftliche Vortrag – warum die Mühe lohnt 1.1
„Gute“ alte Annahmen – eine nicht ganz ernst gemeinte Übersicht Warum tragen Wissenschaftler überhaupt vor? Unterschied zwischen geschriebenem und gesprochenem Wort – Papier und Vortrag Wissenschaftlicher Vortrag und Businesspräsentation – Unterschiede und Besonderheiten
11
Konferenz, Kongress und Co. – Anlässe für wissenschaftliche Präsentationen und Vorträge
13
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6
13 17 18 18 19 20
1.2 1.3 1.4
2
3
1
Wissenschaftliche Konferenzen und Tagungen Wissenschaftliche Workshops Brown-Bag-Veranstaltungen Seminare und Kolloquien Summer Schools Besondere Anlässe für Vorträge von Wissenschaftlern
Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation – Vorbereitung und Planung 3.1
3.2 3.3 3.4
Forschungsergebnisse, Paper, Artikel und zusätzliche Informationen – Grundlagen der wissenschaftlichen Präsentation Klassische Struktur wissenschaftlicher Vorträge Rahmenbedingungen des Vortrags – Zuhörer, Ziel und Zeitvorgabe Dramaturgie des Vortrags gestalten – Inhalte und den roten Faden festlegen
2 4 6
23
23 28 34 51
X
Inhaltsverzeichnis
3.5 3.6 3.7
4
Visualisierung im Vortrag – Folien professionell gestalten 4.1 4.2
5
Was eine „attraktive“ Folie ausmacht – wahrnehmungspsychologische Prinzipien Klassische und illustrative Elemente für die Gestaltung von Vortragsfolien
Methoden, Resultate und Erkenntnisgewinn vermitteln – Vortrag und Präsentation 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8
6
Visualisierung im Vortrag – Medien auswählen und gestalten Medieneinsatz und Kombination von Medien – Was passt und wo ist die Grenze? Begleitende Materialien
Abschließende Vorbereitungen und Technikcheck Die letzten Minuten vor dem Startschuss Einstieg – zum Thema hinführen und Aufmerksamkeit erhöhen „Starter“– die Einleitung individueller gestalten Hauptteil – die eigentliche Präsentation Schluss – Kernthesen und Erkenntnisgewinn verankern Fragerunde und Diskussion – wissenschaftlicher Austausch oder „heißer Stuhl“ Nachbereitung des Vortrags
Bemerkenswertes und Nützliches – „Werkzeugkasten“ für wissenschaftliche Vorträge 6.1 6.2
6.3
Kommunikation und ihre Wirkung bei Vorträgen Lampenfieber – ein altes menschliches Überlebensprogramm zwischen Glanzleistung und Blockade Den freien Vortrag meistern – Souveränität statt Vortragsautismus
53 71 72
77 77 104
179 179 187 190 201 212 222 229 234
239 240
260 278
Inhaltsverzeichnis
6.4 6.5 6.6 6.7 6.8
Blick des Publikums führen – mit Laserpointern, Zeigestäben, Animationen und den Händen Akzente durch Animationen setzen Hyperlinks – Abkürzung und Zusatzinformationen bei Bedarf sichtbar machen Folienerstellung mit LaTeX Vortrag, Diskussion und Zuhörer steuern
XI
285 292 312 317 319
Literaturverzeichnis
333
Sachverzeichnis
337
1
Der wissenschaftliche Vortrag1 – warum die Mühe lohnt
„Wissenschaftliche Vorträge sind häufig öde. Sie langweilen oder verwirren, und ich frage mich immer, liegt es an mir oder ist das Standard.“ Dieses Zitat einer Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre beschreibt, was viele Wissenschaftler kennen. Sie besuchen Fachvorträge nicht selten mit der Gewissheit, dass ein langweiliger, unstrukturierter und in (großen) Teilen unverständlicher Datenstrom auf sie zukommt. Eine Erfahrung, die die meisten Forscher schon gemacht haben. Und nahezu jeder kennt Beispiele für schlechte wissenschaftliche Vorträge von fachlich und methodisch gut ausgebildeten Kollegen. Dabei drängt sich die folgende Frage auf: Wie kommt es, dass viele Wissenschaftler unter diesem Phänomen leiden und gleichzeitig nur wenige die Gestaltung des eigenen Vortrags entsprechend professionell planen? Das erste Kapitel zeigt deshalb, warum es sich lohnt, in die Vorbereitung und Durchführung eines wissenschaftlichen Vortrags zu investieren. Dafür werden zunächst einige in der Wissenschaft verbreitete „Glaubenssätze“ durchleuchtet und es wird abgeleitet, warum Textpassagen aus Papieren oder Artikeln nicht eins zu eins in Vorträge übernommen werden können. Am Schluss des Kapitels finden sich die Hauptunterschiede zwischen einer wissenschaftlichen und einer allgemeinen Präsentation hinsichtlich Inhalt, Methoden und Struktur.
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Die Begriffe „Vortrag“, „Präsentation“, „Referat“ und „Rede“ werden in diesem Buch synonym verwandt.
B. Hey, Präsentieren in Wissenschaft und Forschung, DOI 10.1007/978-3-642-14587-2_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
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1 Der wissenschaftliche Vortrag – warum die Mühe lohnt
1.1
„Gute“ alte Annahmen – eine nicht ganz ernst gemeinte Übersicht
Im Prinzip ist es doch ganz einfach. Für einen wissenschaftlichen Vortrag muss der Forscher nur ein paar Aspekte berücksichtigen. Schon kann es losgehen. Die folgenden Aussagen fassen alles Notwendige zusammen, was jeder Forscher für seinen Vortrag wissen muss: • Ein wissenschaftlicher Vortrag darf nicht einfach sein Es liegt auf der Hand: Ein Vortrag darf nicht einfach sein, weil Wissenschaft nicht einfach ist. Deswegen müssen engagierte Wissenschaftler ihre Präsentation denkbar komplex aufbauen. Sonst kommt der Verdacht auf, man habe sich mit einer anspruchslosen Untersuchung beschäftigt. Ein solches Vorgehen kann zulasten der Verständlichkeit gehen. Falls dieser Fall eintritt, ist das nicht so dramatisch: Das Publikum muss den Vortrag gar nicht ganz verstehen. Im Gegenteil: Es ist ein Zeichen von hoher Wissenschaftlichkeit, wenn Zuhörer der Präsentation nicht folgen können. Wissenschaft ist nun mal schwierig und trocken. Außerdem richtet sie sich an Menschen mit entsprechendem Fachwissen. Wer das nicht hat, muss entsprechend nachlesen. • Guter wissenschaftlicher Inhalt braucht keine Verpackung Wissenschaftliche Vorträge müssen nicht zeitaufwendig bearbeitet werden, denn Inhalt geht vor Form. Wer sich hinter Bildchen und Animationen versteckt, will in der Regel über seinen „schwachen“ Inhalt hinwegtäuschen. Wissenschaftliche Vorträge benötigen keine Farben, Bilder oder Animationen, die lenken nur ab und sind Effekthascherei. Wo immer es geht, sollte auf visuellen Schnickschnack verzichtet werden, um noch mehr Platz für weiteren schriftlichen Input zu schaffen. Sollte die Schrift auf den Folien nach dem „Copy and Paste“ zu klein und damit nicht mehr zu entziffern sein, liest der hilfsbereite Forscher sie notfalls zur Unterstützung seinem Publikum vor oder verweist auf das Papier, in dem alles nachgelesen werden kann. Damit kein falscher Eindruck bei den Zuhörern entsteht, sollte kein Wissenschaftler seine Zeit mit den eben erwähnten „Verschönerungsaktivitäten“ vertun. Auch unterhaltsame Aspekte, wie Anekdoten mit Bezug zum Präsentationsthema, haben bei Vorträgen nichts verloren. Es geht um Erkenntnisgewinn und nicht um Entertainment.
1.1 „Gute“ alte Annahmen – eine nicht ganz ernst gemeinte Übersicht
3
• Wenn ein wissenschaftlicher Vortrag einmal „steht“, dann kann er immer wieder und überall noch einmal verwendet werden Warum sollte sich eine Forscherin2 bei unveränderten Ergebnissen zweimal die Mühe der Vorbereitung machen? Es hat sich nichts verändert. Folglich gibt es keinen erkennbaren Grund, erneut Arbeit in die Vortragsvorbereitung zu stecken. Niemand hat Zeit zu verschenken. Es ist die Wissenschaftlerin, die ihre Untersuchung am besten kennt. Daher weiß sie auch besser als jeder andere, welches die besonders interessanten Informationen und Ergebnisse sind. Vor allem, wenn der Vortrag einmal erfolgreich war, liegt es doch auf der Hand, ihn bei nächster Gelegenheit wieder so zu zeigen, auch wenn dann ein anderes Publikum vor ihr sitzt. In den seltenen Fällen, in denen eine Anpassung der Präsentation unumgänglich sein sollte, reicht es, ein paar Folien hinzuzufügen. Denn, wer den Input erhöht, erhöht damit auch gleichzeitig den Output. • Vortragen kann jeder Für einen guten Vortrag benötigt der Wissenschaftler nur ein gutes Papier. Mehr braucht er dafür nicht. Da bei einer wissenschaftlichen Präsentation nur der Inhalt zählt, muss Vortragen auch nicht extra gelernt werden. Hauptsache, die Ergebnisse sind gut. Probevorträge sind also reine Verschwendung von Ressourcen. Forscher können davon ausgehen, dass ihr Vortragsstil in Ordnung ist, wenn niemand etwas Gegenteiliges sagt oder während des Vortrags einschläft. • Für einen wissenschaftlichen Vortrag gilt: je mehr Information, desto besser! Dem Zuhörer sollte so viel Input wie möglich zuteil werden. Zweimal so viel, ist bekanntlich auch doppelt so gut. Deswegen ist es außerordentlich wichtig, auf jeder Folie so viele Informationen wie möglich unterzubringen. Nur so kann dem Publikum der größtmögliche Nutzen geboten werden. Wenn dadurch im Vortrag die Zeit knapp wird, dann muss der Forscher eben schneller sprechen und ggf. Folien überspringen. Weiter oben wurde gezeigt, dass das Publikum nicht alles verstehen muss, wenn die Inhalte gut sind. Unver2
Da sich das Buch an Frauen und Männer gleichermaßen richtet, werden die männliche und weibliche Schreibweise abwechselnd verwandt.
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1 Der wissenschaftliche Vortrag – warum die Mühe lohnt
ständliches, Unzusammenhängendes sowie Unübersichtlichkeit und Unlesbarkeit werden im wissenschaftlichen Kontext akzeptiert. Das sind Opfer, die gern zugunsten von noch mehr Details gebracht werden. Diese „guten“ alten Meinungen sind nicht ganz ernst gemeint. Sie sind in Zeiten entstanden, in denen Wandtafeln oder Tageslichtprojektoren einen Vortrag dominierten. Die Vorbereitung beschränkte sich darauf, ein paar Seiten aus der Dissertation auf Folie zu ziehen. Die Form des wissenschaftlichen Vortrags hat sich seitdem gewandelt und entwickelt sich weiter. Heute haben in den meisten Fällen und Forschungsdisziplinen Laptop und Beamer Einzug gehalten. Bis vor Kurzem galten Präsentationsprogramme, Animationen und Farbfolien noch als Zeichen von fehlender Wissenschaftlichkeit. Heute entdecken auch konservativere Forscher die Vorzüge softwareunterstützter Präsentationen. Auch die Erwartungshaltung und die Einstellung der Zuhörer haben sich geändert. Schlecht lesbare Folien, ein unstrukturierter Vortrag oder ein schwer verständlicher Vortagsstil werden heute nicht so einfach hingenommen. Im wissenschaftlichen Kontext zählen die Ergebnisse, aber blutleeres und unprofessionelles Vortragsverhalten wird immer seltener akzeptiert. Aus diesem Grund sind präsentationstechnische Fähigkeiten eine Grundvoraussetzung für einen guten wissenschaftlichen Vortrag.
1.2
Warum tragen Wissenschaftler überhaupt vor?
Von wissenschaftlichen Arbeiten wird erwartet, dass sie einen Erkenntnisgewinn für das jeweilige Forschungsgebiet liefern. Der Wissenschaftler hat die Aufgabe, dieses neue Wissen adäquat zu vermitteln. Dafür stehen ihm zwei Möglichkeiten der Veröffentlichung zur Verfügung: der Vortrag und das Papier. Vorträge haben im Vergleich zur schriftlichen Veröffentlichung einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: die Interaktion mit dem Publikum. Sie bieten Raum, Fragen zu beantworten und damit individuell auf das Publikum einzugehen und vertiefende Informationen zu liefern. Umgekehrt erhält der Forscher direkt ein Feedback und dadurch Hinweise oder Impulse für seine zukünftige Arbeit. Eine Präsentation bietet durch den persönlichen Auftritt der Forscherin oder durch mediale Unterstützung mehr Möglichkeiten, Ausgewähltes und (besonders) Wichtiges hervorzuheben als ein Artikel oder Papier. Der Vor-
1.2 Warum tragen Wissenschaftler überhaupt vor?
5
trag ist für eine Wissenschaftlerin eine wichtige Kommunikationsform, bei der nicht nur Erkenntnisse vermittelt werden, sondern auch andere Gesichtspunkte eine wichtige Rolle spielen: • Der Vortrag ist die Visitenkarte Jeder Vortrag bietet dem Forscher eine Möglichkeit, seine Forschungsergebnisse, Arbeitsweise und sich selbst einem (größeren) Publikum näherzubringen. Die Fähigkeit, die eigenen Erkenntnisse verständlich und überzeugend zu präsentieren, ist lebensnotwendig. Sonst gerät er bei wachsender Konkurrenz um Noten, Stellen, Forschungsgelder und Drittmittel ins Hintertreffen. • Der Vortrag unterstützt die Profil- und Renommeebildung Mit jedem Auftritt feilt ein Forscher an seiner Reputation in der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Vorträge sind eine Form der Veröffentlichung, die dem Wissenschaftler die Gelegenheit bietet, sich in der „Scientific Community“ zu etablieren und ein eigenes Profil zu entwickeln, und zwar in jede Richtung. Gute Vorträge beeinflussen den eigenen Ruf positiv, schlechte Präsentationen können eine negative Wirkung haben. • Der Vortrag hilft, das eigene Netzwerk auf- und auszubauen Die Teilnahme an wissenschaftlichen Veranstaltungen ist ein unentbehrliches Instrument, um Kontakte mit Kollegen aufbauen und pflegen zu können. „Networking“ hält die Wissenschaftlerin auf dem aktuellen Stand der Forschung und macht bei Bedarf kollegiale Unterstützung möglich. Ohne ein funktionierendes Netzwerk ist eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere kaum möglich. • Publikationen sind die Grundlage für weitere Forschung Wissenschaft lebt davon, dass Ergebnisse veröffentlich werden. Publikationen – also auch Vorträge – stellen sicher, dass alle Fachkollegen und die Öffentlichkeit über neue Forschungsergebnisse schnell und aktuell informiert werden. Dadurch ist die wissenschaftliche Gemeinschaft auf dem gleichen Wissensstand. Publikationen sichern durch Kritik und Fehlerkorrektur die Forschungsqualität und die weitere Forschungsarbeit. Einige der für dieses Buch befragten Forscher erwähnten in diesem Zusammenhang die Tendenz, dass in der Regel nur signifikante oder theoriekonforme Ergebnisse veröffentlicht werden – ein wiederkehrendes Muster,
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1 Der wissenschaftliche Vortrag – warum die Mühe lohnt
das ähnlich wie die Neigung von Wissenschaftlern, in minimale Ergebnisse maximal hineinzuinterpretieren, häufiger anzutreffen ist. Dieses auch als „Publikationsbias“3 bezeichnete Phänomen liegt in der Hauptsache darin begründet, dass kaum ein Forscher zugibt bzw. zugeben kann, dass trotz interessanter Fragestellung, gutem Modell und sauberer wissenschaftlicher Arbeit nichts bei der Untersuchung herausgekommen ist. Für viele Wissenschaftler zählt: „Kein Ergebnis ist kein Ergebnis“, auch wenn jedes Resultat einen Erkenntnisgewinn darstellt. In der Konsequenz werden Vorträge weniger nach dem Erkenntnisgewinn einer wissenschaftlichen Forschung bewertet, sondern eher nach den erwarteten Reaktionen.
1.3
Unterschied zwischen geschriebenem und gesprochenem Wort – Papier und Vortrag
Jeder wissenschaftliche Vortrag basiert auf einem Artikel, einem Papier oder einer anderen Form der schriftlichen Veröffentlichung. Sowohl die geschriebene als auch die gesprochene Sprache stellen wichtige Werkzeuge des Vortragenden dar. Auf den ersten Blick kann der Eindruck entstehen, dass zwischen den beiden Kommunikationsformen kein nennenswerter Unterschied besteht. Wer allerdings Präsentationen erlebt hat, bei denen die Referentin wortwörtlich aus ihrem Papier „vortrug“, der weiß, dass sich Schriftsprache wenig für einen Vortrag eignet. Welche Unterschiede, Strukturen und Empfehlungen es hierbei gibt, wird im folgenden Abschnitt vorgestellt. Der erste Teil beschäftigt sich mit den klassischen Parametern der wissenschaftlichen Schriftsprache. Danach werden die Bedingungen von Lesern eines Artikels und von Zuhörern eines Vortrags verglichen. Der letzte Teil zeigt, welche grammatikalischen Möglichkeiten Wissenschaftler haben, um ihren Vortrag leichter verständlich zu machen. Wissenschaftliche Schriftsprache Wissenschaftssprache ist der Transparenz und Sachlichkeit verpflichtet. Der Inhalt und nicht der Autor steht im Mittelpunkt des Textes. Ziel ist es, einen Sachverhalt objektiv zu beschreiben. Die Aufmerksamkeit des Lesers soll sich unmittelbar und ohne Ablenkung auf den vorgestellten Sachver3
J. Bortz & N. Döring, „Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler“, 2006, S. 697.
1.3 Unterschied zwischen geschriebenem und gesprochenem Wort
7
halt konzentrieren. Um das zu erreichen, werden in der Wissenschaftssprache häufig die folgenden grammatikalischen Strukturen verwendet: • Nominalstil: Wissenschaftssprache ist geprägt von substantivierten Verben, die auf -ung, -heit und -keit enden. Wer beispielsweise statt des Wortes „messen“ den Begriff „Messung“ verwendet, dessen Text klingt abstrakter und nicht an die Person des Autors gebunden. • 3. Person Singular: In der Wissenschaftssprache wird häufig die 3. Person verwendet. Damit unterstreicht eine Forscherin, dass die von ihr gefundenen Erkenntnisse unabhängig von ihrer Person oder anderer Menschen bestehen. • Passivsätze: In Passivsätzen, wie sie in wissenschaftlichen Texten oft vorkommen, steht die Handlung oder ein Sachverhalt im Vordergrund. Personen spielen hier ebenso wenig eine Rolle. Alle drei Muster unterstreichen Neutralität und Objektivität von Wissenschaftssprache, lassen sie allerdings gleichzeitig umständlich und schwerfällig wirken. Aus diesem Grund eignet sich Schriftsprache wenig für eine Präsentation. Der Text einer wissenschaftlichen Veröffentlichung sollte folglich nicht eins zu eins für einen Vortrag übernommen werden. Bedingungen für Leser und Zuhörer Leser und Zuhörer einer wissenschaftlichen Veröffentlichung nehmen die Erkenntnisse unter unterschiedlichen Bedingungen auf. Leser haben mehrere Möglichkeiten, schwer verständliche Passagen zu entschärfen. So kann ein Leser selbst festlegen, wo und wann er das Papier liest. Außerdem bestimmt er die Lesegeschwindigkeit und die Reihenfolge der einzelnen Textabschnitte. Ein weiterer wichtiger Unterschied zum Vortrag liegt darin, dass der Leser bei Bedarf schwierige Stellen mehrfach lesen kann. All diese Möglichkeiten hat der Hörer eines Vortrags nicht. Er muss zu einem festgelegten Zeitpunkt und an einem vorgegebenen Ort die vom Referenten bestimmten Inhalte verstehen. Folglich ist er auf das Vortragstempo des Präsentators und seine rhetorischen Fähigkeiten angewiesen. Daneben bleibt ihm nur die Möglichkeit, durch Fragen während der Diskussion offene Aspekte zu klären. Dies zeigt die Abhängigkeit des Zuhörers eines Vortrags vom Referenten. Daher ist es wichtig, nicht nur die Inhalte eines Vortrags für die jeweilige Zielgruppe auszuwählen, sondern auch eine leicht verständliche Sprache zu verwenden. Die wichtigsten Bedingungen für Leser und Zuhörer sind in Tabelle 1 noch einmal zusammengestellt.
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1 Der wissenschaftliche Vortrag – warum die Mühe lohnt
Tabelle 1. Bedingungen für Leser und Zuhörer Bedingungen für den Leser
Bedingungen für den Vortragszuhörer
Rein visuelle Darstellung
Akustische und teilweise visuelle Darstellung
Text ist überarbeitet und redigiert
Text zwar meistens überarbeitet, Vortrag kann jedoch von Ursprungsformulierung abweichen
Lesezeitpunkt, -dauer und -geschwindigkeit frei wählbar
Vortragszeit und Sprechgeschwindigkeit durch Vortragenden vorgeben
Möglichkeit, im Text zu springen
Reihenfolge der Informationen durch Vortragenden vorgegeben
Text durch Interpunktion, Absätze und Vortrag durch Medienauswahl, ModuBilder strukturiert lation und Sprechtempo strukturiert Möglichkeit, nicht verstandene Passagen selbstständig nachzulesen
Wiederholungsmöglichkeiten durch Präsentator vorgegeben
Verständliche Sprache im Vortrag Grundsätzlich sollten Schrift- und gesprochene Sprache so formuliert sein, dass sie beim ersten Lesen bzw. Hören verstanden werden. Erfahrungsgemäß wird dieser Idealzustand nicht immer erreicht. Viele Forscher unterliegen dem Irrtum, dass kompliziert und komplex Formuliertes ein Zeichen für erhöhte Wissenschaftlichkeit ist. Dieser Abschnitt zeigt, was Wissenschaftler sprachlich beachten sollten, um einen für das Publikum leicht verständlichen Vortrag zu halten, der gleichzeitig den Ansprüchen einer neutralen und objektiven Wissensvermittlung gerecht wird. Die im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen drei Grammatikkonstruktionen sind klassische Verständnisblockaden. In der gesprochenen Sprache eingesetzt, lassen sie einen Vortrag kompliziert, sperrig und schwer verständlich klingen. Redner können dies dadurch umschiffen, indem sie möglichst viele Substantive durch Verben ersetzen, in der Ichoder Wir-Form sprechen und Aktivsätze verwenden. Neben diesen Konstruktionen prägen zahlreiche Relativ- und Schachtelsätze schriftliche Arbeiten. Solche „Bandwurmsätze“ sind manchmal schon in geschriebenen Texten schwer zu entwirren. Bei einem mündlichen Vortrag sind sie für die Zuhörer eine Zumutung. Bandwurmsätze sind
1.3 Unterschied zwischen geschriebenem und gesprochenem Wort
9
gerade im Deutschen äußerst mühevoll zu verstehen, weil das Verb erst am Ende des Satzes folgt. Das zwingt das Publikum, sich bei einer Präsentation viele Informationen bis zum Schluss des Satzes zu merken, um diese dann einordnen zu können. Überladene und verschachtelte Sätze sollten in mehrere kurze Sätze aufgeteilt werden. Abhilfe schaffen hier knappe und relativsatzarme Formulierungen. Im günstigsten Fall wird pro Satz möglichst nur eine Information transportiert. Visualisierungen, wie Aufzählungen oder Grafiken, helfen, das Gesagte leichter zu verstehen und zu behalten. Im Gegensatz zum Lesen eines Textes entfällt bei einem Vortrag die Möglichkeit, Nichtverstandenes oder Kompliziertes erneut zu lesen oder nachzuschlagen. Der Vortragende bestimmt das Tempo und die Reihenfolge der Inhalte. Deshalb hilft es dem Auditorium, wenn der Präsentator seine Aussagen wiederholt, paraphrasiert und zusammenfasst. Das verbessert Merkbarkeit und Verständlichkeit. Zusätzlich können konkrete Beispiele und eine bildhafte Sprache das Gesagte vertiefen und verankern.
Verständliche Sprache im Vortrag
Mehr
Weniger
Verben
Nominalstil
„Ich“ oder „Wir-Form“
3. Person Singular
Aktivsätze
Passivsätze
Kurze Hauptsätze
Schachtelsätze
Beispiele und bildhafte Sprache
Abstrakte Sprache
Wiederholungen und Zusammenfassungen
Einmalige Erwähnung von Fakten
Abb. 1. Übersicht über verständliche Sprache im Vortrag
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1 Der wissenschaftliche Vortrag – warum die Mühe lohnt
Abbildung 1 stellt die Charakteristika von gesprochener Sprache (in der Spalte „Mehr“) und Schriftsprache (in der Spalte „Weniger“) in der Wissenschaft gegenüber. Die linke Spalte hebt Aspekte hervor, die es dem Publikum erleichtern, einen Vortrag zu verstehen. In der Wissenschaft wächst die Notwendigkeit der Kommunikation nach innen (Vorträge innerhalb der Scientific Community) und nach außen (Präsentationen für die sogenannte „Interessierte Öffentlichkeit“). Die einzelnen Disziplinen der Wissenschaft und ihre Teilgebiete sind hoch spezialisiert. Sie haben deshalb eine besondere Fachterminologie und in Teilen sogar eine eigene Sprache entwickelt. Dies hilft den Angehörigen eines Teilgebiets, sich sehr spezifisch mit Detailfragen zu beschäftigen, sorgt allerdings gleichzeitig dafür, dass die Inhalte für Forscher anderer Gebiete und für Nichtwissenschaftler schwer(er) durchschaubar sind. Gerade bei Vorträgen für Nichtwissenschaftler sind die Anforderungen an Vortragsgestaltung und -vorbereitung umfangreicher. Forscher müssen lernen, ihre Ergebnisse auch in einer für Laien und Nichtspezialisten verständlichen Sprache zu präsentieren. „Verständliche Wissenschaft“ ist das Schlagwort, das die allgemein verständliche Darstellung von herausragenden Ergebnissen naturwissenschaftlicher Forschung beschreibt und zum Ziel hat. Die großen deutschen Wissenschaftsorganisationen haben bereits vor Jahren ein Defizit in der Kommunikation mit der nicht wissenschaftlichen Öffentlichkeit ausgemacht und zahlreiche Projekte zur Förderung dieses Dialogs initiiert, die unter dem (bezeichnenderweise englischen) Begriff „Public Understanding of Sciences and Humanities” zusammengefasst werden. Danach müssen Wissenschaftler in der Lage sein, ihre Resultate unterschiedlichen und heterogenen Publika darzustellen. Jeder Zuhörerkreis erwartet eine informative, relevante und verständliche Präsentation. Galt früher die Faustregel, dass ein Drittel des Vortrags vom Publikum nicht verstanden werden muss, so erwarten heutige Zuhörer eine für sie individuell zusammengestellte und nachvollziehbare Präsentation. Jeder Vortrag ist demnach ein Unikat, das vom Präsentator an die jeweilige Zielgruppe angepasst werden muss.
1.4 Wissenschaftlicher Vortrag und Businesspräsentation
1.4
11
Wissenschaftlicher Vortrag und Businesspräsentation – Unterschiede und Besonderheiten
Ungezählte Bücher befassen sich mit Themen wie Präsentation, Rhetorik, Reden oder Moderation. Dieser Abschnitt stellt die Besonderheiten wissenschaftlicher Vorträge vor und zeigt auf, was sie von Präsentationen im Unternehmenskontext unterscheidet. Im Gegensatz zu einer Businesspräsentation sind die Kennzeichen wissenschaftlicher Vorträge von Objektivität und Neutralität geprägt. Alle Aussagen und Ergebnisse müssen auf eigenen oder fremden wissenschaftlichen Studien basieren und wertneutral dargestellt werden. Anders als bei Präsentationen in der Wirtschaft sind Forscher in der Regel nur selten von den Ergebnissen und Implikationen ihrer Untersuchung betroffen. Sie müssen auf dieser Basis keine Entscheidungen fällen. Diese Gründe führen automatisch zu einer gewissen Distanz und geringeren emotionalen Bindung an die Vortragsresultate, als das bei Businesspräsentationen der Fall ist. Forscher müssen bei ihrer Arbeit, und deshalb auch bei Vorträgen, die allgemeinen wissenschaftlichen Prinzipien beachten. Sie müssen, anders als ihre Kollegen in der Wirtschaft, bei der Auswahl von Daten oder dem methodischen Vorgehen objektiv sein. Unterschiedliche (theoretische) Richtungen sind erwünscht und werden diskutiert. Während Vortragende einer Businesspräsentation in der Regel eine eigene Position vertreten, ergreifen Wissenschaftler nur in seltenen Fällen Partei. Sie bieten vielmehr Argumente für beide Seiten und liefern deutlich weniger konkrete Beispiele, was den Vortrag formal abstrakter wirken lässt als eine klassische Businesspräsentation. Letztere dient den Verantwortlichen häufig als Entscheidungshilfe. Das Image, große Summen und in Einzelfällen auch die Existenz eines Unternehmens können auf dem Spiel stehen. Dies erklärt, warum die Vorgehensweise oder Annahmen, die zu den präsentierten Zahlen, Daten und Fakten geführt haben, nicht immer vollständig offengelegt werden. Manche Schwachstelle wird mitunter auch kaschiert. Bei Präsentationen in der Wirtschaft gilt das Hauptaugenmerk meist den Möglichkeiten und Vorteilen der vorgestellten Inhalte. Das Gegenteil sollte bei wissenschaftlichen Vorträgen der Fall sein: Hier werden alle Daten offen und transparent vorgestellt, so dass die Zuhörer die Vorgehensweise nachvollziehen können. Wissenschaftler zeigen außerdem die Grenzen der Aussagefähigkeit ihrer Ergebnisse auf und betrachten die eigene Arbeit kritisch.
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1 Der wissenschaftliche Vortrag – warum die Mühe lohnt
… sind objektiv und neutral. … beruhen auf wissenschaftlichen Studien.
… werden nach wissenschaftlichen Prinzipien erstellt.
Wissenschaftliche Vorträge …
… stellen Methodik und Resultate nachvollziehbar vor.
… zeigen Grenzen der Gültigkeit der vorgestellten Ergebnisse auf.
… ergreifen keine Partei.
… werden selbstkritisch gehalten.
Abb. 2. Eigenschaften eines wissenschaftlichen Vortrags
In Abbildung 2 sind die Besonderheiten wissenschaftlicher Vorträge und die Anforderungen an Forscher noch einmal zusammengestellt.
2
Konferenz, Kongress und Co. – Anlässe für wissenschaftliche Präsentationen und Vorträge
Es gibt unterschiedliche Anlässe und Gelegenheiten, zu denen Wissenschaftler einen Vortrag halten können. Die Veranstaltungen können vor einem großen oder eher kleinen Auditorium stattfinden, einen formalen oder weniger formalen Charakter haben, sich an Spezialisten oder Wissenschaftler unterschiedlicher Forschungsrichtungen wenden. Diese Bespiele zeigen, dass es zahlreiche Gelegenheiten für wissenschaftliche Vorträge gibt, die sich in ihrer Struktur und ihrem Ablauf unterscheiden. Es ist naheliegend, dass je nach Vortragsanlass die Anforderungen an den Vortragenden unterschiedlich sind. Die meistverbreiteten Formen, ihr Ablauf und die Aufgaben der Referenten werden in diesem Kapital näher beschrieben.
2.1
Wissenschaftliche Konferenzen und Tagungen
Konferenzen und Tagungen haben einen großen Stellenwert in der Wissenschaft. Sie bieten Forschern ein Forum, um Kollegen derselben oder anderer Disziplinen Ergebnisse und Arbeiten vorzustellen. Beides wird gemeinsam diskutiert. Die Zuhörer erhalten neue Erkenntnisse zu einem Thema und der Vortragende Hinweise für seine weitere Forschungstätigkeit. Gerade für jüngere Wissenschaftler mit wenig Erfahrung sind Konferenzen hilfreich, um Kontakte zur Fachwelt, insbesondere zu bekannten und renommierten Professoren zu knüpfen. Für alle gilt das Motto: „Sehen und gesehen werden!“ Beide Veranstaltungsarten haben eine ähnliche Struktur und die Begriffe werden häufig synonym verwandt. Wissenschaftliche Konferenz Eine wissenschaftliche Konferenz gibt meist Einblicke in die Arbeiten unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen und zieht deshalb vorwiegend
B. Hey, Präsentieren in Wissenschaft und Forschung, DOI 10.1007/978-3-642-14587-2_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
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2 Konferenz, Kongress und Co.
einen großen Teilnehmerkreis an. Neben den großen internationalen Konferenzen, bei denen mehrere hundert Personen teilnehmen können, gibt es auch kleinere Zusammenkünfte von etwa 50 Personen. Letztere richten sich an ein eher homogenes Publikum. Dagegen sprechen Großveranstaltungen meist Wissenschaftler verschiedener Fachgebiete an. Zu Beginn einer Konferenz, die in der Regel einige Tage dauert, stehen häufig längere Plenumsvorträge renommierter Wissenschaftler, die in die einzelnen Fachthemen einführen. Eine hohe Reputation dieser Experten erhöht die Anziehungskraft einer Konferenz. Diese Hinführung zum Thema wird auch „Keynote Speech“ genannt. Dabei stellt der Redner in einem Vortrag – meist ohne Folien – das Thema in einem größeren Gesamtzusammenhang dar. Er erwähnt, wie er in das Thema involviert ist und was ihn daran besonders interessiert. Eine Keynote Speech bei Konferenzen ist in der Regel kein wissenschaftlicher Vortrag. Nach der Einführungsrede folgen die Vorträge der Wissenschaftler. Diese Beiträge wurden im Vorfeld eingereicht und vom Veranstalter genehmigt. Die Konferenzteilnehmer erhalten die Abstracts (Kurzfassungen) der Vorträge vor Beginn der Veranstaltung zugesandt. Eine größere Konferenz umfasst häufig mehrere parallel stattfindende Veranstaltungsabschnitte. Diese sogenannten Sessions bestehen jeweils aus Vorträgen mehrerer Referenten. Jede Session umfasst einen speziellen Schwerpunkt, der sich aus dem allgemeinen Thema der Konferenz ableitet. Das Publikum einer Session besteht aus einem kleinen Zuhörerkreis von etwa 20 Personen, der über ein gutes Grundwissen zum Thema verfügt. Den Referenten stehen für ihren Vortrag zwischen 10 und 30 Minuten zur Verfügung, um ihr fertiges Arbeitspapier vorzustellen. Daran schließt sich ein ca. 15-minütiger Frage- bzw. Diskussionsteil an. Je nach Struktur der Konferenz kommt es vor, dass der Diskussionsteil ans Ende der gesamten Session rückt und dann vortragsübergreifend gestaltet wird. Koreferat Immer häufiger wird nach dem (Haupt-)Vortrag ein sogenanntes Koreferat gehalten. Dabei handelt es sich um eine Art institutionalisierte Kritik von einem im Vorfeld festgelegten Referenten, der sich ausführlich mit dem (Haupt-)Vortrag beschäftigt hat und diesen aus einer anderen Perspektive betrachtet. Schon wegen der starken Zeitbegrenzung sollte sich der Vortrag innerhalb einer Session auf das Neue beschränken, beispielsweise eine Ergänzung bei der Methode oder neue (unerwartete) Ergebnisse.
2.1 Wissenschaftliche Konferenzen und Tagungen
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Postersessions Auf Konferenzen zeigen Forscher ihre Ergebnisse auch gern in einer Kombination aus einem kurzen einführenden Vortrag und anschließender Posterpräsentation. Auch wenn ein Poster dieselbe inhaltliche Struktur wie eine wissenschaftliche Arbeit hat, stellen die sogenannten Postersessions eine aufgelockerte Vortragsform dar, die dem Publikum einen schnellen Überblick über die einzelnen Vorträge verschafft. Dazu werden die Kernaussagen auf einem Poster visualisiert. Diese besondere und immer populärer werdende Variante der klassischen wissenschaftlichen Konferenz erinnert an einen Marktplatz. Die Teilnehmer einer Konferenz suchen nach den Einführungsvorträgen die Wissenschaftler auf, deren Themen sie am meisten interessieren. Den Vortragenden bieten Postersessions die Möglichkeit, den kleinen Gruppen von interessierten Besuchern ihre Arbeit zielgruppenorientiert vorzustellen und Fragen detaillierter beantworten zu können. Postersessions bieten außerdem die Gelegenheit, zusätzliches Material wie Unterlagen, DIN-A4-Kopien des Posters und Literaturangaben an Interessierte zu verteilen. Informelle Veranstaltungsteile Auch Kaffeepausen und „Get-together-Veranstaltungen“ vor oder nach der eigentlichen Konferenz werden von vielen Teilnehmern wegen der Möglichkeit des ungezwungenen Gesprächs mit Kollegen geschätzt. Gerade hier bieten sich Forschern informelle Möglichkeiten, um sich mit anderen Teilnehmern über spezifische Fragestellungen auseinanderzusetzen, Verbesserungsvorschläge zu erhalten und neue Anregungen für die eigene Forschung zu sammeln. Jenseits des eigentlichen Konferenzgeschehens lässt sich der Grundstein für den möglichen Nachkontakt zu Kollegen und das eigene wissenschaftliche Netzwerk legen. Neben den Pausen und der „Get-together-Veranstaltung“ gelten das abschließende Conference Dinner oder die Abschlussparty am Vorabend des letzten Konferenztages als bedeutende informelle Elemente einer Konferenz. Viele Konferenzteilnehmer berichten, dass die informellen Zusammenkünfte in kleinen Gesprächsrunden und Kleinstgruppen jenseits des Vortragsalltags für die eigene Arbeit als besonders wertvoll eingestuft werden.
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2 Konferenz, Kongress und Co.
„World Café“ Die positiven Erfahrungen mit informellen Veranstaltungsteilen haben in der Wirtschaft zu neuen Formen von Konferenzmethoden geführt. Spezielle Großgruppenveranstaltungen bieten den Teilnehmern die Vorteile der informellen Konferenzelemente nicht nur am Rande der Veranstaltung, sondern über den gesamten Tagungszeitraum. Im wissenschaftlichen Bereich hat bisher das sogenannte „World Café“ Einzug gehalten. Die USA sind Vorreiter dieser Entwicklung, wo das World Café als Methode bei wissenschaftlichen Konferenzen eingesetzt wird. In den USA sind Konferenzen in der Regel anders gestaltet als in anderen Teilen der Welt. Im Gegensatz zum eher legeren Dresscode bei Konferenzen anderer Länder tragen in den USA alle Teilnehmer Businesskleidung. Die Konferenzleiter sind ausgebildete, professionelle Moderatoren. Es wird mit abwechslungsreichen, unterschiedlichen Methoden gearbeitet. So kann beispielsweise einem kurzen Vortrag eine Großgruppenarbeitsmethode wie das World Café folgen, beim dem bis zu 1.000 Menschen auf einmal zusammenarbeiten können. Die Ergebnisse werden zusammengetragen und noch am selben Abend jedem Teilnehmer per CD-ROM mitgegeben. Diese Konferenzform ermöglicht es den Teilnehmern, sich auch in großen Gruppen auszutauschen, Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen und zu „netzwerken“. Das World Café4 ist eine von Juanita Brown und David Isaacs 1995 in dem USA entwickelte Methode, um vor allem im Bereich der Unternehmenskommunikation Mitarbeiter und Kollegen zusammenzubringen und damit Beziehungen zu pflegen oder sogar zu verbessern. Anhand einer Zielsetzung und von Arbeitsfragen soll in einer entspannten Atmosphäre die Kreativität der Teilnehmer gefördert werden. Meist handelt es sich um Mitarbeiter, die im Tagesgeschäft miteinander zu tun haben, aber sich noch nie aufgrund geografischer Entfernungen persönlich begegnet sind. Dabei wird die entspannte Atmosphäre eines Straßencafés nachempfunden. Vier bis fünf Personen können sich an kleinen Tischen zwanglos unterhalten. Um dies zu erreichen, sollte der Raum im Stil eines Kaffeehauses, jedoch trotzdem professionell und arbeitstauglich, d. h. mit Flipcharts etc., ausgestattet sein. An jedem Tisch sitzt ein Gastgeber, der das Gespräch moderiert und während der Veranstaltung an „seinem“ Tisch sitzen bleibt. Dagegen wechseln die anderen Teilnehmer. So entstehen immer wieder unterschiedliche Kleingruppen, was den Austausch untereinander fördert. 4
http://www.theworldcafe.com/history.htm.
2.2 Wissenschaftliche Workshops
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Wissenschaftliche Tagung Die wissenschaftliche Tagung stellt eine besondere Form der Konferenz dar. Als Hauptunterschied zur Konferenz ist eine Tagung für einen eher homogenen Teilnehmerkreis ausgerichtet. Die Begriffe „Tagung“ und „Symposium“ werden häufig synonym verwandt. Beides sind auf ein Thema fokussierte Veranstaltungen, die wie eine Konferenz organisiert sind. Während eine Tagung meist wirklich nur einen Tag dauert, finden Symposien oder auch Kongresse in der Regel mehrtägig statt. Die Teilnehmer und Referenten besuchen ein Symposium oder eine Tagung meistens, um hinsichtlich des Veranstaltungsthemas auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu bleiben und die Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen desselben Fachgebiets aufzubauen bzw. zu vertiefen.
2.2
Wissenschaftliche Workshops
Im Vergleich zur Konferenz handelt es sich hierbei um eine wesentlich kleinere, informellere Veranstaltung. Das Publikum ist auf 10 bis 20 Experten beschränkt, die meist im selben Fachgebiet forschen. Bei wissenschaftlichen Workshops hat der Referent mehr Zeit für seinen Vortrag, in der Regel zwischen 45 bis 60 Minuten. Bei dieser Veranstaltungsform steht der Werkstattcharakter im Vordergrund. Es geht in erster Linie darum, am eigenen Papier zu arbeiten, also offene Fragen anzusprechen oder Empfehlungen für den weiteren Fortgang der persönlichen Forschungstätigkeit zu erhalten. Um eine intensive Aussprache zu ermöglichen, wird gerade dem Diskussionsteil deutlich mehr Zeit eingeräumt als bei klassischen Konferenzen. Aufgrund der Gruppengröße und dem größeren Zeitfenster eignen sich wissenschaftliche Workshops ideal für den gemeinsamen Austausch und interaktives Arbeiten von Präsentierendem und Publikum. Im Rahmen von wissenschaftlichen Workshops – vor allem bei internen Veranstaltungen – werden häufig noch unvollständige Arbeitspapiere vorgestellt. Dann kann es vorkommen, dass ein Vortrag auch „halbwissenschaftlich“ ausfällt: Er umfasst in der Folge beispielsweise weniger technische Details, wenn diese noch nicht feststehen. Gerade wenn das methodische Vorgehen noch nicht endgültig festgelegt wurde, sind Hinweise und Kritik von Kollegen besonders wertvoll.
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2 Konferenz, Kongress und Co.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch externe Workshops, an denen renommierte Professoren – meist ausgewiesene Experten im Workshopthema – teilnehmen. Die meisten (jüngeren) Wissenschaftler sind bei solchen Veranstaltung verständlicherweise bestrebt, ein fertiges Papier vorstellen.
2.3
Brown-Bag-Veranstaltungen
Eine Brown-Bag-Veranstaltung ist ein informelles und in der Regel zwangloses Treffen unter Kollegen in einem frühen Stadium des Forschungsprozesses. Dabei präsentieren und diskutieren die Wissenschaftler die ersten Ergebnisse ihrer Untersuchung und erhoffen sich von den Kollegen neue Ideen für das weitere Forschungsvorhaben. Dafür ist bei Brown-BagTreffen – im Vergleich zum eigentlichen Vortrag – ein großer Teil der Zeit für die Frage- und Diskussionsrunde reserviert. Die Themengebiete des Treffens sind bekannt, jedoch nicht der genaue Inhalt des Vortrags. Gerade für jüngere und unerfahrene Forscher bietet diese Form des wissenschaftlichen Austauschs eine gute Gelegenheit, einerseits Feedback zur eigenen Untersuchung zu erhalten und andererseits das Vortragen selbst in einem lockeren Rahmen zu üben. Erleichternd wirkt, dass der Referent sein Publikum in den meisten Fällen persönlich kennt. Der Begriff „Brown Bag“ stammt aus der US-amerikanischen Wissenschaftsszene. Er hat sich mittlerweile auch in der deutschen Forschungslandschaft etabliert. Seine Wurzeln liegen im Treffen amerikanischer Wissenschaftler, die um die Mittagszeit zusammenkamen, um sich gegenseitig ihre neuen Forschungsarbeiten vorzustellen. Um möglichst wenig Zeit zu verlieren, nutzten sie die Mittagspause zum Austausch. Dabei war und ist es üblich, die Mahlzeit in einer braunen Tüte mitzubringen.
2.4
Seminare und Kolloquien
Diese zwei Formen finden sich fast ausschließlich im universitären Alltag. Deshalb treffen junge Wissenschaftler schon als Studierende auf diese Veranstaltungsarten. Seminare Seminare an Hochschulen können zu allen Themen der jeweiligen Forschungsdisziplin angeboten werden. Sie dienen als Einführung der Studie-
2.5 Summer Schools
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renden in das selbstständige wissenschaftliche Arbeiten. Im Gegensatz zur Vorlesung tragen die Teilnehmer ihre Arbeiten vor und diskutieren diese mit den Kommilitonen. Dadurch wird das erworbene Wissen vertieft und angewendet. Aus diesem Grund bestehen Hochschulseminare im Vergleich zur Vorlesung aus deutlich kleineren Teilnehmergruppen. Sie sind durch eine viel größere Interaktivität zwischen Dozent und Studierenden geprägt. Am Ende eines Seminars kann die Präsentation einer selbst angefertigten Hausarbeit stehen. Kolloquium Unter einem Kolloquium wird meistens eine wissenschaftliche Veranstaltung verstanden, die Diplomanden und Doktoranden die Möglichkeit bietet, ihre laufenden Forschungsarbeiten vorzustellen und mit einem Fachpublikum zu diskutieren.
2.5
Summer Schools
Bei Summer Schools handelt es sich um akademische Veranstaltungen, die über einen längeren Zeitraum (bis zu einem Monat) im Sommer stattfinden und sich an Nachwuchswissenschaftler wenden. Eine intensive Blockveranstaltung in der vorlesungsfreien Zeit kommt den Bedürfnissen vieler Studierender entgegen. Diese Sommerkurse bestehen häufig aus Veranstaltungen, bei denen vormittags Vorträge renommierter Forscher auf dem Programm stehen. Nachmittags haben die Teilnehmer in der Regel die Gelegenheit, ihre Forschungspapiere vorzustellen. Ziel von Summer Schools ist außerdem der Aufbau eines Netzwerkes zwischen den Teilnehmern. Veranstalter von Summer Schools legen häufig Wert auf eine international zusammengesetzte Teilnehmergruppe. Um für ausländische Studierende möglichst attraktiv zu sein, umfasst das Programm vieler Sommerkurse neben dem fachlichen auch einen umfangreichen kulturellen Teil. Darin sind Angebote wie Sprachkurse oder der Besuch berühmter Sehenswürdigkeiten enthalten.
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2 Konferenz, Kongress und Co.
2.6
Besondere Anlässe für Vorträge von Wissenschaftlern
Wissenschaftliche Projektpräsentation Eine wissenschaftliche Projektpräsentation ist ein sehr praxisorientiertes Treffen. Sie bildet eine Mischung aus einem wissenschaftlichen und einem allgemeinen Vortrag. Ziel ist es, die bisherigen Forschungsergebnisse zusammenzufassen und den Auftraggebern oder Projektpartnern kurz und prägnant zu präsentieren. Oftmals hängt die Arbeit des einen Partners von den Ergebnissen oder der Meinung des anderen ab. Das Publikum einer wissenschaftlichen Projektpräsentation ist auf die Mitarbeiter und die Auftraggeber des Projektes beschränkt. Alle beteiligten Personen verfügen über gewisse Fachkenntnisse im Themengebiet. Projektpräsentationen für Unternehmen oder Verbände Es gibt Projekte, bei denen wissenschaftliche und nicht wissenschaftliche Institutionen wie Unternehmen, Verbände oder Ministerien zusammenarbeiten. Auch in diesem Umfeld arbeiten Forscher mit demselben Anspruch wie bei rein wissenschaftlichen Projekten. Allerdings müssen bei der Präsentation die Sachkenntnis und das besondere Interesse der Zuhörer, die meist die Auftraggeber sind, beachtet werden. Eine Projektpräsentation für ein überwiegend nicht wissenschaftliches Publikum hat einen stärkeren Übersichtscharakter. Der Wissenschaftler sollte sich nicht zu lange an für ihn interessanten Details aufhalten oder sie gleich aussparen. Dazu zählt etwa, dass der Vortragende auf die Einordnung in die Literatur völlig verzichtet und den Methodenteil möglichst kurz und allgemein verständlich präsentiert. Auch den theoretischen Teil sollte der Referent weglassen oder bestenfalls grob anreißen. Oft liegen der Zeitpunkt der Auftragserteilung und der Vortragstermin zeitlich weit auseinander. Dann empfiehlt es sich, zusätzlich die Fragestellungen, Zusammenhänge und Gründe für das Projekt noch einmal zu verdeutlichen. So stellt der Referent sicher, dass alle Anwesenden auf dem gleichen Wissensstand sind. Bei Vorträgen vor einem „Laien-Publikum“ sollten Forscher damit rechnen, dass Vorgehensweisen, die im rein wissenschaftlichen Umfeld als selbstverständlich gelten, vor Vertretern von Unternehmen oder Ministerien intensiver erläutert und verteidigt werden müssen. Es kann vorkommen, dass der Auftraggeber die Ergebnisse nicht im Rahmen der vom Wissen-
2.6 Besondere Anlässe für Vorträge von Wissenschaftlern
21
schaftler zugrunde gelegten Annahmen interpretiert. Der Referent hat daher die Aufgabe, auch die Grenzen der Aussagekraft seiner Ergebnisse zu verdeutlichen. Vortrag im politischen Umfeld Als Gutachter vor einem Ausschuss haben beauftragte Wissenschaftler die Aufgabe, die Untersuchungsergebnisse an Politiker weiterzugeben und damit deren politische Entscheidungsfindung zu unterstützen. Diese Form der Politikberatung ist vor allem in den USA populär. Bei Vorträgen im politischen Umfeld geht es nur selten um die methodische Herangehensweise. Vielmehr stehen die Ergebnisse und deren Implikationen im Fokus. Da die Ergebnisse und deren Auswirkungen später an realen Begebenheiten und Entwicklungen gemessen werden, muss der Forscher bei seinem methodischen Vorgehen die „Praxistauglichkeit“ möglichst im Auge behalten. Bei Vorträgen vor Politikern kommt es häufig vor, dass aufgrund unterschiedlicher politischer Einstellungen die anschließende Diskussion über das eigentliche Thema hinausgeht. Round Table Round Tables sind eine besondere Form der Podiumsdiskussion. Dabei diskutieren einige Teilnehmer – meist prominente Experten ihres Forschungsgebiets – über ein bestimmtes Thema. Ein Round Table kann mit einer kurzen thematischen Einführung des Moderators beginnen. Danach bittet er die Forscher, jeweils eine kontroverse These zum Thema aufzustellen und diese zu diskutieren. Danach folgen die Statements der einzelnen Experten auf dem Podium, die ohne Folien vorgetragen werden. Im Anschluss daran wird die Fragestellung zusammen mit dem Publikum diskutiert. Bei einem großen Auditorium oder wenn der Wunsch besteht, die Meinung möglichst vieler Zuhörer sichtbar zu machen, kann der Veranstalter dem Publikum beim Einlass rote und gelbe Täfelchen geben. Damit kann jeder Teilnehmer anzeigen, ob er der These zustimmt oder sie ablehnt. Dies macht transparent, wer welche These unterstützt, und belebt die Diskussion auf dem Podium. Ein Round Table kann aber auch am Ende einer wissenschaftlichen Konferenz als inhaltlicher Abschluss der Veranstaltung durchgeführt werden. Dafür bittet der Konferenzvorsitzende alle Leiterinnen und Leiter der Sessions sowie alle anderen Vortragenden zu einer abschließenden Diskussion auf das Podium.
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2 Konferenz, Kongress und Co.
Anlässe für wissenschaftliche Vorträge Konferenzen und Tagungen
Groß angelegte, breit gefächerte Veranstaltungen, bei denen neue Arbeiten zu verschiedenen Themen ausgetauscht werden
Workshops
Veranstaltungen mit Werkstattcharakter, um Ideen und Anregungen für die eigene Forschungsarbeit zu gewinnen
Brown-Bags
Treffen unter Kollegen mit ausgeprägter Diskussionsrunde in einem frühen Stadiums des Forschungsprozesses
Seminare
Veranstaltungen, die junge Wissenschaftler zum selbstständigen wissenschaftlichen Arbeiten hinführen sollen
Kolloquien
Veranstaltung insbesondere für Diplomanden und Doktoranden, um ihre Arbeiten vorzustellen
Summer Schools Projektpräsentationen Vorträge im politischen Umfeld Round Tables
Längere Blockveranstaltungen für Studierende mit kulturellem Rahmenprogramm Treffen, um Auftraggebern und Projektpartnern Forschungsergebnisse mitzuteilen Anlässe, um Gutachten zur politische Entscheidungsfindung vorzustellen
Besondere Form der Podiumsdiskussion
Abb. 3. Anlässe für wissenschaftliche Vorträge
In Abbildung 3 sind die wichtigsten Anlässe für wissenschaftliche Vorträge zusammengestellt.
3
Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation – Vorbereitung und Planung
Es scheint ein Gesetz zu sein: Unabhängig davon, ob eine Wissenschaftlerin in zehn Monaten auf der Jahreskonferenz ihres Forschungsgebiets vortragen soll, in zwei Wochen vor einem nicht wissenschaftlichen Drittmittelgeber über den Stand des laufenden Projekts Auskunft geben möchte oder übermorgen bei einer Festveranstaltung der benachbarten Universität zu einer Rede über ihr Thema eingeladen ist – in der Regel gerät sie unter Zeitdruck. Hilflosigkeit kommt auf, was die Gestaltung der jeweiligen Präsentation angeht. Vermutlich greift sie auf ihren Standardvortrag zurück. Sie verwendet die Folien, die sie schon seit geraumer Zeit begleiten, oder sie kopiert schnell etwas aus dem aktuellen Papier zusammen. In einigen wenigen Fällen mag dies als Vorbereitung für einen Vortrag reichen. In den meisten Situationen wird sie mehr Zeit und Arbeit in die Erstellung eines wissenschaftlichen Vortrags investieren müssen, um einen professionellen Eindruck zu hinterlassen. Das folgende Kapitel zeigt den Weg von der Stoffsammlung über die Foliengestaltung bis hin zur fertigen wissenschaftlichen Präsentation. Praxistipp: Denken Sie daran: Jeder Vortrag erhöht Ihren Bekanntheitsgrad – im positiven wie im negativen Sinne.
3.1
Forschungsergebnisse, Paper, Artikel und zusätzliche Informationen – Grundlagen der wissenschaftlichen Präsentation
Die (vorläufigen) Ergebnisse der Forschungstätigkeit, aktuelle Diskussionspapiere sowie Artikel in Fachzeitschriften sind die Basis für einen wissenschaftlichen Vortrag. Zusammen mit ergänzendem Informationsmaterial, B. Hey, Präsentieren in Wissenschaft und Forschung, DOI 10.1007/978-3-642-14587-2_3, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
das durch die Recherche in den unterschiedlichsten Quellen zusammengetragen wird, bildet dieses Material das Gerüst für die Gestaltung des Vortrags. Derartige Zusatzinformationen können Artikel, Zitate oder Ergebnisse anderer Wissenschaftler sein, aber auch weiterführende Links oder Demonstrationsobjekte. Wissenschaftlerinnen, die im Laufe ihrer Arbeit, ihres Studiums oder ihres Forschungsprojektes eine dauerhafte Stoffsammlung angelegt und gepflegt (!) haben, sparen an dieser Stelle Zeit. Sie können einfach auf ihr vorliegendes Material zurückgreifen. Dank ihres geordneten Informationsfundus können sie ohne größere Verzögerungen mit der Manuskripterstellung und der Vortragsgestaltung beginnen. Dauerhafte Stoffsammlung Die meisten Wissenschaftlerinnen, die sich an der Vorbereitung eines Vortrags versucht haben, kennen das Gefühl aufkommender Ohnmacht angesichts der Aufgabe, ohne allzu großen Aufwand eine individuelle, interessante und überzeugende Präsentation zu erstellen. In der wissenschaftlichen Praxis hat sich deshalb das Anlegen und Pflegen einer dauerhaften Stoffsammlung zum eigenen Thema bewährt. In diesem Ideenfundus erfasst die Wissenschaftlerin alle Informationen zu ihrem Fachgebiet, auch wenn sie nicht unmittelbar benötigt werden. Je früher mit der Erstellung dieses „Ideen- und Unterlagenpools“ begonnen wird, desto geringer ist der Aufwand für die Zusammenstellung und die Materialauswahl für den Vortrag. Stoffsammlungen für wissenschaftliche Vorträge lassen sich in drei Kategorien einteilen. In die erste Kategorie gehört alles, was an eigenen Ergebnissen und Erfahrungen zum Thema vorliegt. Material aus Literaturquellen und dem Internet findet sich im zweiten Block, während in der dritten Kategorie unterschiedliche Visualisierungselemente und Demonstrationsobjekte gesammelt werden. Der Inhalt einer Stoffsammlung kann vielfältig und je nach Studienrichtung auch völlig unterschiedlich sein. Während eine Naturwissenschaftlerin in einer Präsentation durchaus ein Experiment mit einem Film oder live vorführen kann, gibt es diese Möglichkeiten in einem ökonomischen Vortrag eher selten. Was gehört in eine wissenschaftliche Stoffsammelung? Hier finden sich in der ersten Kategorie neben den eigenen Forschungsergebnissen auch bereits existierende Folien von vorangegangenen Vorträgen und Notizen zu Publikumsreaktionen aus diesen Präsentationen. Artikel, Ergebnisse anderer Forscher, Übersichts- und Thesenpapiere sowie Literaturzitate zum eigenen Fachgebiet bilden den zweiten Schwerpunkt von Materialsammlungen
3.1 Forschungsergebnisse, Paper, Artikel und zusätzliche Informationen
25
für die Vorbereitung eines Vortrags. Unerlässlich ist es, dass Quellen und Referenzen direkt vollständig erfasst werden, um später ein mühevolles Nachschlagen zu vermeiden und Zitate sowie sinngemäße Übernahmen im Vortrag kennzeichnen und nachweisen zu können. Das Material der dritten Kategorie hilft, abstrakte wissenschaftliche Themen übersichtlicher und leichter verständlich zu machen. Visualisierungselemente wie Bilder, Grafiken, Diagramme und Filme erhöhen außerdem die Aufmerksamkeit des Publikums deutlich. Den gleichen Effekt erzielen Demonstrationsobjekte, die das Publikum „be-greifen“ kann. Sprüche, Anekdoten und sogar Karikaturen – natürlich nur, wenn sie in Bezug zum Thema stehen – werden zunehmend in wissenschaftlichen Präsentationen eingesetzt, um „trockene“ Themen für das Publikum attraktiver zu machen. Deshalb haben erfahrene Wissenschaftler auch solch unwissenschaftlich erscheinendes Material in ihrem Fundus. In seiner einfachsten Ausprägung kann diese Sammlung ein Zettelkasten sein, der auch virtuell angelegt sein kann. Diese sogenannte E-Slip-Box wird von professionellen Anbietern mit der entsprechenden Software ausgestattet, um bei Bedarf das für den geplanten Vortrag passende Material ohne viel Aufwand zu finden. Die Vorteile einer kontinuierlich gepflegten Stoffsammlung liegen auf der Hand. Wissenschaftler verfügen damit über unterschiedliche Informationen und Materialien zum eigenen Forschungsthema und können so die Vorbereitungszeit für einen Vortrag reduzieren. Der zusätzliche Aufwand, der hierfür betrieben werden muss, ist im Verhältnis zum Nutzen eher gering. Im Zuge seiner „normalen“ Forschungsarbeit lesen und recherchieren Wissenschaftler viel und tauschen sich mit Kollegen aus. Das Material, die Informationen und Ergebnisse, die dabei erarbeitet und gefunden werden, eignen sich für die Einrichtung einer dauerhaften Stoffsammlung. Wird das Material zeitnah und vorsortiert erfasst, hält sich der Arbeitsaufwand in überschaubaren Grenzen. Durch regelmäßiges Aussortieren bleibt die Stoffsammlung übersichtlich und auf dem aktuellen Stand. Praxistipp: • Notieren Sie Ideen zu Ihrem Forschungsthema oder Feedback zu Ihren Vorträgen immer gleich. Ein kleines Notizbuch, das Sie problemlos mit sich führen können, leistet für schnelle handschriftliche Aufzeichnungen gute Dienste.
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
• Erweitern Sie Ihre Sammlung durch systematische Recherchen. • Sammeln Sie in einem Ordner alle für Ihr Fachgebiet und Ihre Forschungsfrage relevanten Materialen, auf die Sie im Laufe Ihrer Arbeit oder Ihres Studiums stoßen. • Gliedern Sie, wenn das Material sich häuft, Ihre Stoffsammlung nach bestimmten Kriterien, wie beispielsweise „interessante Links“, „Simulationsergebnisse anderer Länder“ oder „Humorvolles“. So können Sie Neues direkt archivieren, ohne später lange danach suchen zu müssen. • Legen Sie ein Inhaltsverzeichnis oder eine tabellarische Übersicht an. Darin können Sie auch Ihre Favoriten markieren.
Spontane Stoffsammlung Forscherinnen, die sich die Mühe einer permanenten Stoffsammlung bisher nicht machen wollten oder konnten, erstellen ihre Ad-hoc-Stoffsammlung gezwungenermaßen kurz vor der Präsentation. Während die eigenen Forschungsergebnisse und Diskussionspapiere vorliegen, müssen potenzielle zusätzliche Informationen für den Vortrag zusammengestellt werden. Mithilfe eines Brainstorming kann dies schnell und umfassend gelingen. Praxistipp: • Schreiben Sie zu Beginn alle Dinge, Ideen, Aspekte und Punkte, die irgendwie mit Ihrem Hauptthema zu tun haben, ungeordnet, unzensiert und ohne Wertung auf. • Formulieren Sie Ihre Forschungsfrage und gliedern, von dieser ausgehend, Ihre Sammlung in einer Mindmap nach Relevanz, Zusammenhängen, Möglichkeiten, offenen Fragen oder Ähnlichem. • Identifizieren Sie jetzt, welche Aspekte Sie mit vorhandenem Material bereits abdecken können und welche eine Recherche notwendig machen. • Recherchieren Sie vom Allgemeinen (Darstellungen des Gesamtüberblicks) zum Speziellen (Aufsätze, Diskussionspapiere) und notieren Sie Quellen, Adressen und Fundstellen.
3.1 Forschungsergebnisse, Paper, Artikel und zusätzliche Informationen
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• Bitten Sie Kollegen um Ergänzungen. • Streichen Sie die Aspekte, von denen Sie sicher sind, dass sie nicht für den Vortrag eingesetzt werden können. Diese spontan angelegte Stoffsammlung dient der Forscherin als Grundlage für die Vorbereitungsarbeiten. Abbildung 45 zeigt beispielhaft eine Mindmap für die Ideensammlung zum Thema „Gesundheitssoziologie“.
Abb. 4. Beispiel für eine Mindmap zum Thema „Gesundheitssoziologie“
Regeln guter wissenschaftlicher Praxis6 In diesem Zusammenhang ist nochmals der Hinweis wichtig, dass auch der Vortrag den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis unterliegt. Eine Forscherin kann sich schnell um die Früchte ihrer Arbeit bringen oder ihre 5
6
Die Schaubilder aus den unterschiedlichen Themenbereichen, sofern sie nicht ausdrücklich mit einer Quelle gekennzeichnet sind, basieren auf fiktiven Daten und sind keine Darstellung von Ergebnissen. http://www.dfg.de.
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
Reputation nachhaltig schädigen, wenn sie diese Grundsätze nicht beachtet. Auch wenn es zunächst aufwendig und zeitraubend erscheint, sollten bereits bei der Erstellung der Stoffsammlung fremde Gedanken und Ergebnisse gekennzeichnet und Urheber, Quellen und Referenzen korrekt erfasst werden. Diese Vorgehensweise vermeidet wissenschaftliches Fehlverhalten (Plagiatismus). Die vom Präsidium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingesetzte international besetzte Kommission „Selbstkontrolle in der Wissenschaft“ hat im Januar 1998 Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis veröffentlicht. Damit wird der national, aber auch international anerkannte Orientierungsrahmen für eine ethisch vertretbare Wissenschaft abgesteckt. Praxistipp: Zitieren Sie richtig und kennzeichnen Sie immer Gedanken anderer Wissenschaftler. Zeigen Sie stets auf, wie die Daten erhoben wurden. Nehmen Sie niemals eine Datenkorrektur vor.
3.2
Klassische Struktur wissenschaftlicher Vorträge
Thema, Zuhörer, Zeitvorgaben und Zielsetzung variieren in der Regel bei jedem Vortrag. Insofern leuchtet es ein, dass es kein Patentrezept für die „richtige“ Vorbereitung eines wissenschaftlichen Vortrags im Allgemeinen und die Auswahl der Inhalte im Speziellen geben kann, auf das ein Forscher bei jeder Präsentation zurückgreifen kann. Woran orientiert er sich also bei der Planung seines Vortrags? In der Wissenschaft hat sich die in Abbildung 5 gezeigte klassische Grundstruktur für Vorträge etabliert. In den unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen finden sich kaum Unterschiede im Aufbau dieses inzwischen anerkannten Orientierungsrahmens. Aus zweierlei Gründen empfiehlt es sich, bei der Planung einer wissenschaftlichen Präsentation diese klassische Struktur einzubeziehen. Sie beinhaltet zum einen die Elemente, die sicherstellen, dass der Vortrag – wie jede andere wissenschaftliche Arbeit – objektiv, nachvollziehbar und nachprüfbar ist. Das verringert die Wahrscheinlichkeit, dass die Präsentation im wissenschaftlichen Sinne unvollständig ist. Zum anderen wird gerade bei Konferenzen häufig ein überwiegend einheitlicher Vortragsaufbau erwartet. Es hängt natürlich vom Vortragsziel, dem Publikum, der Zeitvorgabe und
3.2 Klassische Struktur wissenschaftlicher Vorträge
29
Klassische Struktur wissenschaftlicher Vorträge
Einleitung Motivation
Aktuelle Situation
Theorie/Literatur Methode Ergebnisse Schlussfolgerung Forschungsbedarf
Zusammenfassung
Ausblick
Diskussion
Abb. 5. Darstellung der klassischen Struktur wissenschaftlicher Vorträge
dem Anlass ab, ob und wie ausführlich die oben beschriebenen Elemente in die Struktur des eigenen Vortrags aufgenommen werden. So geht es beispielsweise nicht, in einer 15-minütigen Projektpräsentation dem Drittmittelgeber theoretische und methodische Grundlagen ausführlich darzulegen oder bei einem Brown-Bag-Treffen den Vortragsschwerpunkt auf die (meist vorläufigen) Ergebnisse zu legen. Das wird auch nicht erwartet. Vorweggenommen sei an dieser Stelle, dass es durchaus Gründe gibt, die Reihenfolge der Elemente zu variieren. Was die einzelnen Bestandteile eines Vortrags beinhalten, wann eine Änderung des klassischen Ablaufs hilfreich ist und wie ein Wissenschaftler diese Variabilität für die eigene Präsentation nutzen kann, wird in den folgenden Abschnitten erläutert. Praxistipp: Bei vielen Konferenzen wird eine klassische Struktur erwartet. Wenn Sie keine anderen Informationen haben, halten Sie die standardisierte Struktur eines wissenschaftlichen Vortrags ein.
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
Einleitung Zu Beginn eines wissenschaftlichen Vortrags steht die Einleitung. Sie hilft dem Wissenschaftler, einen ersten Kontakt zum Publikum herzustellen. Die Zuhörer werden auf das Kommende eingestimmt. Neben der Begrüßung des Publikums beinhaltet sie die Vorstellung der eigenen Person, der Mitautoren und des Vortragsthemas, sofern dies nicht durch Dritte, etwa einem Chairman, gemacht wurde. Es ist offensichtlich, dass keine Präsentation ohne eine Einleitung auskommt. Es liegt ebenso auf der Hand, dass dieses Element nicht an einer anderen Stelle im Vortrag platziert werden kann. Motivation und aktuelle Situation Die beiden nächsten Elemente in der klassischen Vortragsstruktur sind die „Motivation“ und die Beschreibung der aktuellen Situation zum Vortragsthema. Damit soll – einfach gesprochen – das Interesse des Publikums für Thema und Vortrag geweckt werden. Der Forscher zeigt den Zuhörern die Gründe für seine Untersuchung auf. Er erläutert die aktuelle (Forschungs-) Situation sowie den Stand der Technik in einem größeren Zusammenhang und grenzt die eigene Fragestellung von anderen Themen ab. Es gilt, folgende Fragen zu beantworten: • Warum ist meine Forschungsarbeit für das Publikum von Interesse? • Wie lässt sich meine Untersuchung in den größeren Gesamtzusammenhang und in bereits existierende Arbeiten einordnen? • Was ist mein Beitrag/das Neue für die Forschung zu diesem speziellen Thema? • Was mache ich anders als meine Vorgänger und Kollegen auf diesem Gebiet? Wissenschaftler verdeutlichen ihre „Motivation“ nicht selten mithilfe eines konkreten Aufhängers. Sie nutzen etwa ein anschauliches Beispiel, ein Phänomen in den verwendeten Daten oder ein Zitat, um die Notwendigkeit und das Besondere der vorliegenden Untersuchung zu unterstreichen. Die folgenden Sätze aus einem fiktiven ökonomischen Vortrag sind ein Beispiel hierfür: „Trotz ihrer großen Bedeutung ist die berufliche Weiterbildung bisher wenig erforscht. Dieses Zitat aus einer Veröffentlichung der OECD von 2002 erklärt sehr schön die Bedeu-
3.2 Klassische Struktur wissenschaftlicher Vorträge
31
tung von beruflicher Weiterbildung und begründet außerdem den weiteren Forschungsbedarf. Lassen Sie mich zitieren: … Mit meiner empirischen Arbeit zur Weiterbildung in Deutschland möchte ich helfen, diese Forschungslücke zu füllen.“ Diese Verknüpfung von theoretischer und praktischer Perspektive hilft dem Wissenschaftler an dieser Stelle, nicht nur das Thema, sondern auch das Publikum zu motivieren. In der klassischen Vortragsstruktur folgt nun die Formulierung der konkreten Forschungsfrage(n). Der Wissenschaftler stellt dazu heraus, zu welchem Zweck er geforscht hat. Er zeigt auf, wie der mögliche Erkenntnisgewinn für die Wissenschaft im Allgemeinen und für das anwesende Auditorium im Besonderen aussieht. (Nebenbei bemerkt: Beides sollte er zur Motivation des Publikums auch während der Präsentation häufiger tun.) Für den oben bereits vorgestellten Vortrag könnte die Formulierung der Forschungsfragen so aussehen: „Ich möchte jetzt auf die spezifischen Forschungsfragen eingehen, die ich in meinem Vortrag beantworten möchte: 1. Wer nimmt an beruflicher Weiterbildung teil? 2. Welche Rolle spielen die Unterschiede der Weiterbildungsteilnehmer und der Weiterbildungsart bei Lohneffekten von Weiterbildung? 3. Sind Weiterbildungsinhalte außerhalb der Firma, die Training anbietet, verwertbar? 4. Wer profitiert von Weiterbildung – Arbeitgeber oder Arbeitnehmer? Meine wichtigsten Ergebnisse füge ich zusammen, um die Hauptfrage zu beantworten, ob Weiterbildung staatlich gefördert werden sollte und ob staatliche Eingriffe gerechtfertigt oder sogar notwendig sind, um ein soziales Optimum an Weiterbildung in Deutschland zu erreichen.“ Abschließend sei erwähnt, dass in vielen Forschungsdisziplinen Motivation und die Beschreibung der aktuellen Situation als Teil der Einleitung gesehen werden.
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
Theorie/Literatur Vor allem bei empirischen Vorträgen wird anschließend das theoretische Gerüst mit seinen Annahmen, Grundlagen und deren Auswirkungen vorgestellt. Wichtig ist, das Neue am vorgestellten theoretischen Ansatz zu erläutern und wie sich dieser von den bisherigen Ansätzen unterscheidet. Dies dient der Modellherleitung, die im nächsten Schritt erfolgt. In einem klassischen Vortrag erfolgt an diesem Punkt auch die Einordnung der Arbeit in die Literatur. Dabei stellt der Forscher heraus, wie andere Wissenschaftler sich mit dem Thema beschäftigt haben. Er unterstreicht die Bedeutung seiner Untersuchung in diesem Zusammenhang. Dies sollte nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen – es sei denn, ein Literaturabgleich ist Vortragsziel. Wissenschaftler können in vielen Fällen davon ausgehen, dass das Publikum die relevante Literatur bereits kennt, sich nicht im Detail dafür interessiert oder in der Kürze der Zeit diese Informationen gar nicht ganz aufnehmen kann. „Theorie“ und „Literatur“ sind Elemente des klassischen Vortrags. Wissenschaftler streichen diese Bestandteile trotzdem häufig aus Zeitgründen, da die Ergebnisse auch ohne diese Informationen verstanden werden. In nahezu allen Fällen reicht es, die entsprechenden Hinweise in den Vortragsunterlagen (Handouts und Folien) zu vermerken. Methode/Modell/Experiment Je nach Vortragsziel und Interesse des Publikums stellt der Wissenschaftler die ausgewählte Methode, das Modell oder das Experiment vor. Der Forscher sollte die Länge dieses Teils je nach Zielgruppe, Zeitvorgaben und Vortragsziel planen. Wichtig für das Auditorium ist, dass es die Ergebnisse versteht und nachvollziehen kann, wie diese zustande kamen. Von besonderem Interesse ist immer das Neue, das Besondere an einem Verfahren, einer Methode oder einem Experiment. Genau das sollte präsentiert werden. Bei Zuhörern, die beispielsweise in erster Linie an den Ergebnissen und den Implikationen interessiert sind, sollte der Referent nicht zu sehr ins methodische Detail gehen. Dies gilt auch und vor allem für Untersuchungen, bei denen eine allgemein bekannte Standardmethode verwandt wurde. Etwas vorzustellen, das alle kennen, langweilt im höchsten Maße. Es raubt dem Wissenschaftler außerdem wertvolle Vortragszeit. Das Gegenteil ist der Fall, wenn die Rückmeldungen, Fragen und Anregungen der Zuhörer zum methodischen Vorgehen für den Vortragenden und seine Forschungs-
3.2 Klassische Struktur wissenschaftlicher Vorträge
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arbeit von Bedeutung sind. Dann ist eine detaillierte Beschreibung unverzichtbar. Eine Möglichkeit, das methodische Vorgehen knapp zu skizzieren, zeigt das nachstehende Beispiel: „Zunächst habe ich mir anhand verschiedener Datensätze angesehen, wer an beruflicher Weiterbildung teilnimmt. Hier zeige ich Ihnen die Ergebnisse einer deskriptiven Analyse mit dem Mikrozensus. Das gleiche Muster zeigt sich außerdem in allen von mir benutzten Datensätzen, auch mit multivariaten Ansätzen, und steht im Einklang mit der Literatur.“ Ergebnisse Nach der Beschreibung des methodischen Vorgehens folgen Präsentation und Interpretation der Untersuchungsergebnisse. Dieser Teil ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil hier das Neue, der Erkenntnisgewinn vorgestellt wird. Aus diesen Gründen sollten Vortragende für die Vorstellung der Ergebnisse und den daraus resultierenden Schlussfolgerungen einen großen Teil der Vortragszeit reservieren (einige der für dieses Buch befragten Wissenschaftler gaben an, bis zu 50 Prozent der zur Verfügung stehenden Zeit für die Ergebnispräsentation und -interpretation zu verwenden). In den USA und auch zunehmend bei Konferenzen in Europa weichen Forscher deshalb immer häufiger von der klassischen Struktur ab. Sie präsentieren ihre Ergebnisse relativ früh, meist kurz nach der Einleitung. In Kauf genommen wird, dass andere Elemente des Vortrags zeitlichen Restriktionen zum Opfer fallen. Diese Strategie stellt sicher, dass der betreffenden Wissenschaftler seine Resultate auch bei größter Zeitknappheit noch vorstellen kann. Ein weiterer positiver Effekt dieses Vorgehens liegt in der Tatsache, dass der Forscher sich von den klassischen Vortragsmustern seiner Kollegen abhebt und damit dem Publikum leichter in Erinnerung bleibt. Neben den Ergebnissen werden an dieser Stelle auch die daraus abgeleiteten Implikationen vorgestellt. Diese Schlussfolgerungen sollten über den eigentlichen Vortrag hinausgehen und den größeren Zusammenhang darstellen. Seltener werden in wissenschaftlichen Vorträgen neben den Schlussfolgerungen und Implikationen der Ergebnisse auch Handlungsempfehlungen ausgesprochen. Es empfiehlt sich, an dieser Stelle die Forschungsfrage wieder aufzunehmen und zu prüfen, ob sie beantwortet wurde. Bei dieser Gelegenheit werden auch Fragen nach möglichen Konsequenzen, wie Modifikationen einer
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
experimentellen Anordnung, beantwortet. Gleichzeitig rundet der Redner seinen Vortrag ab, weil er noch einmal die Verbindung zu seiner Zielsetzung herstellt und den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn verdeutlicht. Zusammenfassung und Überleitung zur Diskussion Am Ende eines jeden Vortrags steht die Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen – also Ergebnisse und Schlussfolgerungen. Der Forscher erwähnt an diesem Punkt etwaige Forschungslücken oder Schwachstellen der eigenen Untersuchung. Er gibt einen Ausblick auf die mögliche weitere Entwicklung des Forschungsfeldes und auf den zukünftigen Forschungsbedarf. Nach dem Dank an das Auditorium ist der eigentliche Vortrag beendet. Der Wissenschaftler oder der Chairman leiten in die Diskussionsrunde über. Praxistipp: Nutzen Sie die Zusammenfassung Ihres Vortrages für eine Verbesserung Ihres wissenschaftlichen Standings. Weisen Sie auf Ihre weiteren Papiere (es sollten mehr als eines sein) und Veröffentlichungen hin.
3.3
Rahmenbedingungen des Vortrags – Zuhörer, Ziel und Zeitvorgabe
Die Rahmenbedingungen eines Vortrags beeinflussen die Auswahl der Vortragsinhalte und deren Reihenfolge. Neben den individuellen Voraussetzungen wie der inhaltlichen Sattelfestigkeit prägen drei weitere Parameter die Struktur und Dramaturgie eines wissenschaftlichen Vortrags. Für die Selektion der Inhalte spielt zum einen der Zuhörerkreis eine bedeutende Rolle. Zum anderen hat die Zielsetzung der Wissenschaftlerin, also das, was sie mit ihrem Vortrag erreichen will, Einfluss auf die Zusammenstellung der Themen. Darüber hinaus bestimmt das vorgegebene Zeitfenster die Festlegung der Vortragsinformationen in nicht geringem Maße. Diese drei Aspekte prägen nicht nur die Auswahl und Reihenfolge der Präsentationsinhalte, sondern auch alle anderen Schritte von der Vorbereitung bis zur Durchführung eines Vortrags. Das folgende Kapitel beleuchtet deshalb die Einflussfaktoren „Zuhörer“, „Ziel“ und „Zeitvorgabe“ näher.
3.3 Rahmenbedingungen des Vortrags – Zuhörer, Ziel und Zeitvorgabe
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Praxistipp: Informieren Sie sich vorher, wer im Publikum sitzt, wo Sie auftreten (Raum, Licht, Bestuhlung, Atmosphäre) und wie viel Zeit Sie haben. Überlegen Sie, was Sie erreichen wollen. Die Zuhörer – die entscheidenden Personen für einen Vortrag Vortragen ist kein Selbstzweck. Die wenigsten Zuhörer nehmen an der Präsentation teil, weil der Wissenschaftler so nett ist oder eine angenehme Stimme hat. Alle Beteiligten kommen mit einer bestimmten Erwartungshaltung zu diesem Vortrag. Diese möchten sie – zumindest in Teilen – erfüllt wissen, um einen Nutzen für sich aus dem Vortrag ziehen zu können. Geschieht dies nicht, so ist die Präsentation für den Zuhörer im wahrsten Sinne des Wortes „nutz-los“. Ein Vortrag ist im übertragenen Sinne ein Handel, bei dem die Zuhörer einen Teil ihrer Lebens- und Arbeitzeit investieren. Dafür erwarten sie eine Gegenleistung. Jeder Wissenschaftler, der einen Vortrag plant, sollte sich daher zu Beginn der Vorbereitung unbedingt vergegenwärtigen, was das Publikum davon hat, dass es ihm zuhört. Die entscheidende Frage, die sich Vortragende stellen müssen, lautet: Welchen Erkenntnisgewinn oder Nutzen bringt mein Vortrag dem Publikum? Wissenschaftler, die diese Frage nicht beantworten können, sollten sich ernsthaft fragen, ob und warum sie diesen Vortrag halten möchten. Die Antwort auf die Frage nach dem Nutzen des Vortrags sorgt dafür, dass Forscher nicht an den Erwartungen des Publikums „vorbeipräsentieren“. Aus diesem Grund ist es ein absolutes Muss für jeden Forscher, sein Auditorium als Teil der Vortragsvorbereitung zu analysieren. Nur dann kann er die potenziellen Erwartungen der Zuhörer herauskristallisieren. Dass er dabei gleichzeitig einen Teil für den Einstieg in die Präsentation erarbeitet, ist ein angenehmer Nebeneffekt. Praxistipp: Stellen Sie sich auf Ihr Publikum ein. Passen Sie sich dessen Vorwissen und Interessen an (Erkundigungen können beim Veranstalter eingeholt werden). Vermeiden Sie Aussagen bzw. Formulierungen, die Ihr Publikum eventuell beleidigen können.
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
Analyse der Zuhörer Welches sind nun die wichtigsten Schritte, mit deren Hilfe sich ein Vortragender ein erstes Bild von seinem (potenziellen) Publikum machen kann? Zunächst sollte überlegt werden, welchen fachlichen Hintergrund bzw. Wissensstand die Zuhörer haben. Dabei sollte der Wissenschaftler besonders beachten, welche Fachbegriffe, Abkürzungen, Variablen oder Methoden vorausgesetzt werden können bzw. erläutert werden müssen, damit das Auditorium den Vortrag versteht. Im zweiten Schritt gilt es zu überlegen, welche wissenschaftlichen, also fachlichen Interessen die Gruppe hat. Danach hilft es, sich Gedanken darüber zu machen, welche Einstellung die Zuhörer zum Vortragenden einerseits und zum Thema bzw. den Ergebnissen andererseits haben. Hieraus ergeben sich schon früh Hinweise auf mögliche Vorbehalte, Kritik, Widerstand und vielleicht sogar Angriffe, mit denen der Forscher im Vortrag oder während der Diskussion rechnen muss. Diese Hinweise können im Laufe der weiteren Vorbereitung für die Formulierung von Argumenten oder vertiefenden Erläuterungen berücksichtigt werden. Der Vortragende sollte bei der Zuhöreranalyse auch (mögliche) Tabus wie die Kritik an Fachkollegen oder heikle Themen wie das Äußern der politischen Meinung bedenken und seine ausgewählten Inhalte entsprechend überprüfen. Hieran schließen sich die Überlegungen an, ob es eine oder mehrere Personen im Publikum gibt, die für den Vortragenden und seine Arbeit von besonderer Bedeutung sind – etwa Professoren oder Geldgeber für ein Forschungsprojekt. Hat der Wissenschaftler „seine“ VIPs identifiziert, kann er Teile oder je nach Anlass auch die gesamte Präsentation auf die spezifischen Erwartungen und Interessen dieser Gruppe zuschneiden. Gerade Letzteres sollte allerdings wohl überlegt sein, weil der Forscher Gefahr läuft, den Rest der Zuhörer zu „verlieren“. An diesem Punkt sei noch einmal die Eingangsfrage in Erinnerung gerufen. Es ist durchaus sinnvoll, dass sich der Wissenschaftler auch während der Analyse immer wieder vergegenwärtigt, was das Publikum davon hat, dass es diesen Vortrag hört. So kann er die Aspekte seiner Untersuchung für das Vortragsmanuskript herausfiltern, die für das Publikum (besonders) interessant sind. Praxistipp: Halten Sie keinen Standardvortrag für verschiedene Anlässe. Bereiten Sie sich individuell auf die Veranstaltung vor.
3.3 Rahmenbedingungen des Vortrags – Zuhörer, Ziel und Zeitvorgabe
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Informationen über die Zuhörer beschaffen Viele Vortragende wissen um die Wichtigkeit der Zuhöreranalyse. Häufig gestaltet sie sich allerdings schwierig, weil die Wissenschaftlerin über keinerlei Informationen zu ihrem Auditorium verfügt. Neben Zeitnot ist das nicht selten der Grund dafür, dass dieser entscheidende Punkt der Vorbereitung unter den Tisch fällt. Es gibt mehrere Möglichkeiten, um einen präsentatorischen Blindflug zu vermeiden. Die Forscherin kann den Veranstalter kontaktieren, Kollegen fragen oder Teilnehmerlisten gleicher oder ähnlicher Events studieren. Über Zeitungsartikel oder Veröffentlichungen im Internet können weitere Informationen zusammengetragen werden. Oft liefern auch Programme von Konferenzen und Kongressen sowie die Namen der weiteren Vortragenden Hinweise auf mögliche Interessen der Teilnehmer. Zielgruppengerechte Vorbereitung bei eher heterogener Zuhörerschaft Bei einem eher homogenen Publikum, wenn also beispielsweise ausschließlich Zahnmediziner mit einem kieferchirurgischen Schwerpunkt im Plenum sitzen, ist es verhältnismäßig einfach, nach der Analyse des Auditoriums die Inhalte für den Vortrag zusammenzustellen. Komplizierter wird die Sache, wenn die Zuhörerschaft heterogen strukturiert ist. Ein Vortrag zur „Arbeitszufriedenheit und Fluktuation im PostMerger-Integrationsprozess“ diene als Beispiel. An einem derartigen Thema könnten neben Arbeitspsychologen und Soziologen auch Juristen sowie Volks- und Betriebswirte interessiert sein. Es besteht also die Möglichkeit, dass sich das Publikum für den Vortrag einerseits aus Experten zusammensetzt, die die Forschungsarbeit der Wissenschaftlerin im Detail kennen. Andererseits können auch Wissenschaftler anwesend sein, die sich nicht in dieser Tiefe mit dem Thema beschäftigt haben. Welche Möglichkeiten hat die vortragende Forscherin nun, wenn sie die Erwartungen möglichst vieler Zuhörer erfüllen möchte? Eine Möglichkeit ist, zunächst allgemein verständlich und nicht zu detailliert den Vortrag zu beginnen. Bildlich gesprochen hält sie sich am Anfang im flachen Wasser auf, d. h. in einer Wassertiefe, in die auch Nichtschwimmer und unsichere Schwimmer ohne Probleme folgen können. Danach erst bewegt sie sich in größere Tiefen und präsentiert Detailinformationen für die Experten. Am Ende jedes Kapitels und des gesamten Vortrags folgt, um im Bild zu bleiben, eine Rückkehr ins flache Wasser. Die Forscherin fasst die jeweiligen Kernaussagen zusammen und leitet zum nächsten Abschnitt bzw. in die Diskussionsrunde über. Auf diese Art und Weise schafft sie den Spagat
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
zwischen den unterschiedlichen Wissensständen der Zuhörer. Sie stellt sicher, dass auch die Nichtexperten die Resultate der Untersuchung verstehen, ohne dass sich die Fachleute langweilen. Das Ergebnis ist ein motivierender und interessanter Vortrag. Eine andere Möglichkeit besteht darin, vertiefende Zusatzinformationen (Vertiefung von Grundlagen oder weitergehendes Expertenwissen) bei Bedarf für einzelne Zuhörer am Ende der Veranstaltung oder in einer Kaffeepause in einem Gespräch anzubieten. Bei einem kleineren Auditorium hat der Wissenschaftler auch die Möglichkeit, an einer Tafel oder einer Pinnwand Basisinformationen – beispielsweise die detaillierte Erläuterung von Variablen einer Formel, die nicht allen Anwesenden bekannt sind – zu visualisieren. Wer den Input benötigt, nutzt das zusätzliche Medium. Wer über die notwendigen Kenntnisse zum Verständnis des Vortrags verfügt, ignoriert es. Diese Handlungsalternative hat den Vorteil, dass der Vortragende ohne größeren Zeitverlust ergänzende Informationen präsentiert. Nicht zu unterschätzen sind auch die Vorzüge dieses Vorgehens für die Zuhörer. Ihnen stehen potenziell die thematischen Ergänzungen während der gesamten Präsentation zur Verfügung. Gleichzeitig wird ein Gesichtsverlust einzelner Zuhörer vermieden, weil niemand Wissenslücken vor anderen zugeben muss. Praxistipp: Je größer und heterogener Ihr Auditorium ist, desto ergebnisorientierter sollte Ihr Vortrag gestaltet sein. Grundsätzlich sollten möglichst alle Ihre Motivation, die Ergebnisse und die Schlussfolgerungen daraus verstehen. Praxistipp: Gehen Sie lieber noch einmal zwei Schritte in Ihrem Denkprozess zurück. Überlegen Sie sich, ob jemand Ihrem Vortrag folgen kann, der sich nicht die letzten Monate mit dem Thema beschäftigt hat. Sie sind nämlich im Gegensatz zu Ihrem Publikum noch mitten in der Materie, weil Sie erst vor Kurzem damit abgeschlossen haben. Deshalb können Sie dazu tendieren, sehr fachspezifisch oder zu detailverliebt zu sprechen, so dass Ihre Zuhörer nicht mehr folgen können. Finden Sie eine Balance zwischen inhaltlicher Notwendigkeit und Interesse der Zuhörer (Was ist inhaltlich notwendig? Was langweilt meine Zuhörer?). Wenn Sie theoretisch gearbeitet haben, sollten Sie es vermeiden, auf einen spezifischen Diskurs Bezug zu nehmen.
3.3 Rahmenbedingungen des Vortrags – Zuhörer, Ziel und Zeitvorgabe
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Mögliche Fragen des Publikums zusammenstellen Erkundigt man sich bei Wissenschaftlern, was ihnen in einem Vortrag die meisten Sorgen bereitet, antworten viele: die Fragen des Publikums. Einzelne Forscher fürchten sich förmlich vor Unterbrechungen durch die Zuhörer. Gerade wegen dieser Unsicherheit im Umgang mit Fragen ist es angebracht, sich während der Vorbereitung auf den Vortrag mit potenziellen Fragestellungen zu beschäftigen. Was sind die Gründe, warum manchem Forscher die Fragen des Publikums so unangenehm sind? Die meisten Sorgen bereitet die Tatsache, dass Fragen eine Unterbrechung des geplanten Ablaufs darstellen. Die Gefahr besteht, den „roten Faden“ und/oder Zeit zu verlieren. Daneben spielt die Angst vor einem Gesichtsverlust eine Rolle, wenn die Frage nicht oder nicht ausreichend beantwortet werden kann. Beides erhöht den Druck auf den Referenten. Im Rahmen der Zuhöreranalyse empfiehlt es sich, im Vorfeld herauszuarbeiten, welche Fragen das Publikum stellen könnte. Die folgenden Fragestellungen können hierbei helfen: • Was würde ich selbst fragen, wenn ich Zuhörer wäre? • Was würden andere fragen? (hierfür Kollegen um Hilfe bitten) • Welche Fragen wurden mir bisher zu diesem Thema gestellt? • Welche abweichenden Meinungen und Hypothesen gibt es zu diesem Thema? • Wo sind Schwachstellen in meiner Untersuchung? Für alle identifizierten Fragen sollte der Forscher nun Antworten formulieren. Für besonders kritische Vorträge können die Antworten geprobt, im Notfall sogar auswendig gelernt werden. Die Zusammenstellung möglicher Publikumsfragen bringt einen weiteren Vorteil mit sich. Sie liefert dem Wissenschaftler Hinweise darauf, wo im Vortrag Informationen fehlen oder welche Stellen zu unfangreich dargestellt werden. Das erleichtert eine zielgruppenspezifische Anpassung der Präsentation. Beide Fälle – zu viel oder zu wenig Information – erschweren es dem Auditorium, dem Vortrag zu folgen und können dazu animieren, Fragen zu stellen, deren Beantwortung dem Vortragenden die sowieso knapp bemessene Zeit „stiehlt“.
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
Praxistipp: Arbeiten Sie Ihren Vortrag immer mit Distanz aus. Erstellen Sie Ihre Folien und legen Sie den Vortrag dann in die Schublade. Nach ein paar Tagen schauen Sie wieder drauf und analysieren bzw. reflektieren Ihre Arbeit. Hinterfragen Sie: • Stimmt alles mit dem Ziel/ der Motivation überein? • Wie fände ich das, wenn ich im Zuschauerraum säße? • Würde ich die Kernaussage verstehen? Falls Sie nicht sicher sind, werfen Sie Folien raus! Experte im Publikum Gewöhnlich ist es so, dass das Publikum über weniger Kenntnisse zum Thema verfügt als die vortragende Expertin. Es gibt allerdings auch die umgekehrte Konstellation. Ein Spezialist (oder auch mehrere) sitzt im Publikum, der mehr über die aktuelle Fragestellung weiß als die Referentin selbst. Ein solches Szenario kann durchaus einschüchtern. Das ungute Gefühl der Unsicherheit ist in diesen Fällen ein ständiger Begleiter der Vortragenden. Weiß oder vermutet die Wissenschaftlerin, dass beim geplanten Vortrag ein hochrangiger Experte anwesend sein wird, sollte sie dies in ihrer Vorbereitung berücksichtigen. Dafür bieten sich mehrere Möglichkeiten an. So ist es zum Beispiel hilfreich, sich mit den Veröffentlichungen des Experten zum Thema vertraut zu machen. Auf dieser Basis kann die Forscherin mögliche Kritikpunkte an ihrer eigenen Arbeit identifizieren und ihre „Verteidigung“ entsprechend aufbauen. Außerdem fällt es der Vortragenden mit diesem Wissen leichter, mögliche Fragen des Experten herauszuarbeiten und sich Antworten darauf zurechtzulegen. Eine Forscherin kann die unbekannte Situation mit einem Experten im Publikum entschärfen, indem sie den Experten in der Einleitung explizit nennt, begrüßt und als Fachmann für die aktuelle Fragestellung „outet“. Mit dieser Ankündigung bekundet die Präsentatorin Respekt vor einer erfahrenen Koryphäe. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass auch der Experte sich respektvoller verhalten wird. Doch Vorsicht: Allzu devotes und anbiederndes Auftreten zahlt sich in den wenigsten Fällen aus, wie das folgende fiktive Beispiel verdeutlicht:
3.3 Rahmenbedingungen des Vortrags – Zuhörer, Ziel und Zeitvorgabe
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„Ich freue mich, heute einen wirklichen Experten auf dem Gebiet der Quantenmechanik im Publikum begrüßen zu können. Herr Professor Dr. Dr. h. c. mult. Daniel Bentrup ist ein international anerkannter Fachmann, der sicherlich das Thema besser erläutern könnte als ich. Ich werde trotzdem versuchen, es Ihnen so gut wie möglich darzustellen.“ Nach dieser vernichtenden Selbstkundgabe werden sich die meisten Anwesenden fragen, ob es überhaupt Sinn macht, den Vortrag anzuhören. Alle werden gespannt darauf sein, was der international anerkannte Fachmann zum Thema zu sagen hat und ob er die Vortragende „leben“ lässt. Praxistipp: Bewahren Sie die Ruhe und bleiben Sie locker. Machen Sie sich nicht mehr Sorgen als nötig. Das Publikum – auch Professoren – ist oft wohlwollend. Außerdem treten Sie mit einem angemessenen Selbstbewusstsein auf, immerhin haben Sie das Thema erarbeitet. Vermeiden Sie jedoch übertriebene „Coolness“. Seien Sie nicht zu salopp, nervös und hektisch („Man wird nicht gefressen.“). Zeigen Sie Respekt gegenüber anderen. Halten Sie sich an zwei grundlegende Elemente: Höflichkeit und Diplomatie! Ziel – Was soll mit dem Vortrag erreicht werden Bisher war ausschließlich von den Erwartungen und Wünschen des Publikums die Rede. Nun ist es nicht so, dass nur die Bedürfnisse und das Interesse der Zuhörer eine Rolle spielen. Auch Wissenschaftler verfolgen mit ihrem Vortrag ein Ziel. Warum eine klare Zielsetzung für den Erfolg eines Vortrags unentbehrlich ist, zeigt dieses Kapitel. „Klare Zielsetzung“ kling zunächst einfach. Fragt man Referenten nach ihrer Präsentation, was sie mit dem Vortrag erreichen wollten, lauten die meistgenannten Antworten: „informieren“ und „überzeugen“. Abstrakt und allgemein formulierte Zielsetzungen wie „Ich möchte das Publikum über meine Forschungsergebnisse informieren“ sind bei der professionellen Vorbereitung eines Vortrags jedoch wenig hilfreich, weil wenig überprüfbar. Der Forscher kann so nach dem Vortrag nicht oder nur schlecht kontrollieren, ob er sein gestecktes Ziel erreicht hat. Aus diesem Grund sollten Wissenschaftler, bevor sie sich in die Vorbereitung ihres Vortrags stürzen und schnell Ergebnisse zusammenstellen, Argumente sammeln und Folien
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kreieren, ihr Vortragsziel konkret und möglichst überprüfbar formulieren. Jeder Referent sollte sich folgende Fragen beantworten: • Was will ich mit meinem Vortrag erreichen? • Woran werde ich merken, dass ich meine Ziele erreicht habe? Die Definition der Ziele eines Vortrags ist die unerlässliche Grundlage für die Strukturierung des Vortrags. Die Zielsetzung dient als Kompass für die Präsentation. Weiß der Vortragende, was er erreichen will, kann er festlegen, mit welchen Ideen, Informationen und Argumenten und in welcher Reihenfolge dieses Ziel erreicht werden soll. Legt ein Wissenschaftler zu Beginn der Vortragsvorbereitung fest, was der konkrete Zweck seiner Präsentation ist, so bestimmt er den „roten Faden“. Er hilft sich einerseits selbst dabei, sich auf das zu beschränken, was für dieses Ziel und diesen Zuhörerkreis wichtig ist. Andererseits erleichtert eine klare Struktur dem Publikum das Verstehen. Hidden Agenda – die unausgesprochenen Ziele Neben dem hier besprochenen offiziellen Vortragszweck existieren häufig zusätzliche unausgesprochene Erwartungen, die Wissenschaftler mit der Präsentation erreichen wollen. Diese sogenannte „Hidden Agenda“ umfasst meist Ziele, die nichts mit Erkenntnisgewinn oder wissenschaftlichem Austausch, sondern mit Anerkennung und Profilierung der Vortragenden zu tun haben. So kann es sein, dass sich die Präsentatorin, neben der Vorstellung ihrer Ergebnisse, als würdiges Mitglied der wissenschaftlichen Gemeinschaft zeigen will. „Gute“ und „schlechte“ Ziele Im folgenden Abschnitt finden sich einige Beispiele für eher „gute“ und für eher „schlechte“ Ziele. Beispiele für „gute“ Ziele Bei „guten“ Zielformulierungen kann der Wissenschaftler prüfen, ob er dieses Ziel tatsächlich erreicht hat. Darüber liefern klar verfasste Intentionen dem Forscher Hinweise, was er seinem Publikum in welcher Reihenfolge und in welcher Ausführlichkeit zeigen sollte.
3.3 Rahmenbedingungen des Vortrags – Zuhörer, Ziel und Zeitvorgabe
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• „Ich will mit meinem Vortrag erreichen, dass die Zuhörer die drei Hauptunterschiede der neuen Erhebungsmethode im Vergleich zu den bisher bekannten Methoden kennenlernen und verstehen.“ Der Wissenschaftler kann anhand der Reaktionen des Publikums (Fragen nach Vertiefung oder konkreten Beispielen) prüfen, ob er sein Ziel erreicht hat. Des Weiteren könnte er in direkter Interaktion mit seinem Auditorium fragen, wo seine Zuhörer Einsatzmöglichkeiten in ihrem Arbeitsfeld sehen. • „Ich will mit meinem Vortrag auf der Basis meiner Ergebnisse mit einer Kosten-Nutzen-Analyse aufzeigen, ob und wo sich der Einsatz der vorgestellten Maßnahmen aus fiskalischer Sicht lohnt.“ Das Feedback und der weitere Informationsbedarf der Zuhörer zeigen, ob das Ziel erreicht wurde. • „Ich will mit meinem Vortrag Beispiele für eine effiziente und gerechte Grundsicherung ohne Absenkung des ALG-II-Niveaus aufzeigen. Die Zuhörer sollen von den Vorteilen und der Nutzung des hierfür neu entwickelten Modells überzeugt werden.“ Die Frage- und Antwortrunde kann der Forscherin Aufschluss darüber geben, ob der Vortragszweck erfüllt wurde. Außerdem wäre der Einsatz einzelner Maßnahmen ein deutlicher Hinweis für die gute Forschungsarbeit einerseits und für die Erreichung des Vortragsziels andererseits. • „Ich will mit meinem Vortrag eine starke Diskussion anregen und neue Impulse für meine Forschung mitnehmen.“ Anhand der Diskussion und der darin besprochenen Aspekte kann die Präsentatorin für sich feststellen, ob sie ihr Ziel erreicht hat. • „Ich will die Zeit einhalten.“ Ein solches Ziel allein würde eher zu den „schlechten“ Beispielen passen. Als „Hidden Agenda“, also als Teil eines größeren Ziels, ist es jedoch denkbar. Die Wissenschaftlerin kann die Erreichung sofort und objektiv überprüfen. Beispiele für „schlechte“ Ziele „Schlechte“ Ziele sind dadurch gekennzeichnet, dass ihre Erreichung schwer oder gar nicht überprüfbar ist. Darüber hinaus liefern sie keine Orientierung und Hilfe für den inhaltlichen Aufbau des Vortrags. Oft handelt
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es sich eher um Aufgaben als um Ziele. Die folgenden Beispiele sind um Reflektionsfragen ergänzt. Es wird gezeigt, wo die Schwächen dieser Zielformulierungen liegen. • „Ich will die Zuhörer motivieren, mir zuhören.“ Ist das alles, was Sie mit Ihrem Vortrag erreichen wollen? Reicht es tatsächlich, wenn die Zuhörer nur zuhören? • „Ich will die wichtigsten Punkte ‚rüberbringen‘.“ Was sind denn die wichtigsten Punkte Ihres Vortrags? Warum möchten Sie genau diese Punkte „rüberbringen“? • „Die Leute sollen hinterher einen Erkenntnisgewinn haben.“ Worin soll dieser bestehen? Was ist für Ihr Publikum nach dem Vortrag anders als vorher? • „Meine Zuhörer sollen wissen, was die Inhalte meiner Forschung sind.“ Was genau sollen die Zuhörer nach dem Vortrag wissen? Reicht es aus, wenn die Zuhörer die Inhalte kennen oder müssen sie auch verstanden werden? Diskrepanz zwischen Absicht und Wirkung – Abstimmung von Ziel und Zuhörererwartungen Aus kommunikationspsychologischer Sicht muss hinsichtlich der Zielsetzung ein weiteres Phänomen bedacht werden. Es kann vorkommen, dass Absicht und Wirkung einer wissenschaftlichen Präsentation unterschiedlich sein können. Einfach gesprochen: Das, was der Vortragende erreichen will, entspricht nicht dem, was bei den Zuhörern ankommt. Das hat zwei Hauptgründe. Zum einen ist menschliche Kommunikation „störungsanfällig“. Zum anderen liegt dieses Auseinanderdriften auch in der fehlenden Abstimmung und Anpassung von Vortragsziel und Erwartungen des Publikums. Die folgenden Beispiele zeigen Situationen mit einer Diskrepanz zwischen dem, was die Referenten beabsichtigen, und dem Effekt, den sie bei den Zuhörern erzielen. Die Referentin geht in ihrem Vortrag bei einer wissenschaftlichen Konferenz sehr detailliert auf allgemein Bekanntes zur wissenschaftlichen Forschung und die unterschiedlichen Theorien zu ihrem Gebiet ein.
3.3 Rahmenbedingungen des Vortrags – Zuhörer, Ziel und Zeitvorgabe
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Absicht: Sie will mit dieser Ausführlichkeit sicherstellen, dass alle Zuhörer umfassend informiert sind, und belegen, dass sie selbst auf dem aktuellen Forschungsstand ist. Wirkung: Das Publikum langweilt sich, weil es mit dem Thema vertraut ist und eigentlich an Neuem, etwa den Modifikationen einer bekannten Methode oder aktuellen Ergebnissen, interessiert ist. Bei einer wissenschaftlichen Tagung zeigt der Wissenschaftler die Ergebnisse seiner Forschung, ohne genauer auf den Aufbau seines Experiments einzugehen. Absicht: Er will möglichst schnell auf den Punkt kommen und neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorstellen. Wirkung: Das Publikum ist unzufrieden, in Teilen sogar enttäuscht. Die Ergebnisse sind für die Zuhörer wichtig. Allerdings hat es zusätzlich die nachvollziehbare Darstellung des Experiments (der Methode) erwartet, um die Ergebnisse besser einordnen zu können. Die Wissenschaftlerin spricht schnell und zeigt viele Folien. Absicht: Sie möchte die Zuhörer nicht langweilen oder unterfordern. Deshalb präsentiert sie möglichst viel in kurzer Zeit. Wirkung: Das Publikum kann aufgrund der Dichte der Information kaum folgen. Es versteht nur Teile des Vortrags. Zeit – Limit und Puffer einplanen Eine Schwierigkeit, auf die ein Wissenschaftler bei der Ausarbeitung einer Präsentation unweigerlich stößt, ist die Problematik, sein 80-Seiten-Papier in 20 Minuten möglichst zuhörerorientiert vorzutragen. Dabei ist das Vortragsziel zu erreichen und die vorgegebene Zeitbeschränkung einzuhalten. Nicht wenige Forscher empfinden das Damoklesschwert „Zeit“ als den schwierigsten Aspekt bei der Planung ihres Vortrags. Aussagen wie „In der Kürze der Zeit ist nicht mehr möglich“ oder „Auf diesen interessanten Aspekt können wir leider aus Zeitgründen nicht mehr eingehen“ gehören zum wissenschaftlichen Präsentationsalltag. Bei vielen Vorträgen ist Zeit tatsächlich der kritische Faktor. Dies bestätigen auch die Aussagen der für dieses Buch befragten Forscher. Viele äußerten sich diesbezüglich zwiespältig. Das Nichteinhalten der zeitlichen
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
Vorgaben gilt einerseits bei Vorträgen als Bruch wissenschaftlicher Regeln, kommt aber andererseits immer wieder vor. Viele der Befragten gaben an, dass Zeitüberziehung das Schlimmste sei, was einem Vortragenden passieren kann. Gleichzeitig betonten sie, dass es sich nicht um ein grundsätzliches Tabu handelt. Je nach Reputation des Referenten, dem Durchsetzungsvermögen des Sitzungsleiters oder der Güte der Ergebnisse wird das Überschreiten der Vortragszeit toleriert und in Kauf genommen. Gerade im wissenschaftlichen Kontext ist der Drang nach Vollständigkeit besonders ausgeprägt. Die Vortragende möchte ihre Arbeit möglichst in allen Facetten darstellen. Das ist ein nachvollziehbarer Wunsch, bedenkt man, wie viel Zeit in Forschungsprojekte investiert wird und wie wichtig die bereits beschriebene Darstellung der eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit ist. Dieser präsentatorische Idealzustand bleibt allerdings eine Illusion und birgt außerdem Gefahren. Ein „vollständiger“ Vortrag – sofern man bei einem wissenschaftlichen Thema überhaupt „vollständig“ vortragen kann – macht eine entsprechende Konzentrations- und Merkfähigkeit des Publikums notwendig. Beide Eigenschaften unterliegen natürlichen Grenzen. Der Versuch, „vollständige“ Informationen zu liefern, geht meist auf Kosten der Verständlichkeit und der Zielerreichung. Gleichzeitig gibt es kaum ein sichereres Mittel mit einer Präsentation zu langweilen, als das Publikum mit Unmengen von Details und Feinheiten zu überziehen und dabei noch den Zeitrahmen zu sprengen. Interessanterweise fällt es vielen Forschern trotzdem leichter, sich ausführlich über ein Thema auszulassen, als die Kernaussagen in kurzer Zeit zu präsentieren. Und das, obwohl das ausführliche Vermitteln von komplexen Details mehr Vortragszeit beansprucht als eine kurze Darstellung der wichtigsten Aspekte. Das liegt daran, dass Wissenschaftler nicht selten der Versuchung erliegen, Zeit bei der Vortragsvorbereitung zu sparen. Dieses Ansinnen „rächt“ sich meist im Vortrag in der Form, dass der Chair den Redner früher als geplant unterbricht oder der Referierende die vorgegebene Zeit überschreitet. Was den Faktor Zeit angeht, zeigen Forscher im Allgemeinen die Tendenz, • die Aufnahmebereitschaft und das Interesse des Publikums zu überschätzen, • eher zu viele als zu wenige Informationen für einen Vortrag vorbereitet zu haben • und vor allem den eigenen Zeitbedarf zu unterschätzen.
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Praxistipp: Lassen Sie keine Ihrer Folien unkommentiert. Egal zu welchen Zweck sie bestimmt ist: Klicken Sie Folien nicht einfach weg. Unterschiedliches Zeitempfinden berücksichtigen Das Zeitempfinden von Publikum und Referierendem ist in den meisten Fällen unterschiedlich. Wissenschaftler unterliegen häufig dem Druck, die knappe Zeit so effizient wie möglich zu nutzen. Das bedeutet: möglichst viel Input pro Minute. Sie gehen außerdem davon aus, dass Sprechpausen als Schwäche ausgelegt werden. Schon drei Sekunden, in denen nicht gesprochen wird, kommen dem Vortragenden nicht selten wie eine Ewigkeit vor. Viele Wissenschaftler meinen deshalb, die ihnen endlos erscheinende Pause füllen zu müssen. Die Konsequenz ist ein zu hohes Sprechtempo, das es dem Zuhörer schwerer macht, dem Vortrag zu folgen. Aus Sicht der Zuhörer wirken ein schnelles Sprechtempo und ein Vortragen „pausen-loses“ ermüdend. Langsameres Sprechen und Sprechpausen sind eine willkommene Möglichkeit, das Gesagte nachzuvollziehen und zu verstehen. Pausen, auch über mehrere Sekunden, werden vom Auditorium als angenehm erlebt und erscheinen nie so lang, wie es der Referent empfindet. Praxistipp: Unterschätzen niemals Ihren Zeitbedarf. Informieren Sie sich vorher, wie viel Zeit Sie haben. Machen Sie sich bewusst, wie kurz 15 Minuten (oder 20 bis 30 Minuten) sind. Halten Sie sich an die Zeitbeschränkungen, d. h., gehen Sie nicht zu sehr ins Detail. Beschränken Sie sich auf thematische Teilaspekte und packen Sie nicht zu viel in Ihren Vortrag (Vortrag nicht überladen). Zeitüberschreitung (eventuell sogar trotz Aufforderung) führt schnell zu Antipathie beim Publikum. Wiederholen Sie wichtige Aspekte, sprechen Sie langsam und planen Sie für beides Zeit ein. Vortragszeit planen Die Auswahl und die Festlegung der Reihenfolge der wichtigsten Informationen für einen kurzen Vortrag sind zeitaufwendig. Die Wissenschaftlerin muss bestimmen, was wichtig ist und was nicht. Damit geht meist die Sorge einher, etwas für das Verständnis Essenzielles weglassen zu müssen.
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
An dieser Stelle werden Ideen und Vorgehensweisen vorgestellt, die bei der Auswahl von Vortragsinhalten helfen: • Zwingend notwendige Informationen für das Manuskript auswählen Wissenschaftler, die sich bis hierher an die Empfehlung in diesem Buch gehalten haben, sehen sich nun mit folgender Situation konfrontiert: Sie haben sich Gedanken über die Erwartungen der Zuhörer gemacht, ein konkretes Vortragsziel formuliert und wissen nicht, was sie vor diesem Hintergrund in der vorgegebenen Zeit präsentieren sollen und können. Um nun die Ergebnisse aus der Publikumsanalyse, die eigene Zielsetzung und die Zeitvorgaben unter einen Hut zu bringen, sollte der Forscher mit dem nächsten Schritt die Informationen seiner Untersuchung identifizieren, die für den Vortag zwingend (!) notwendig sind. Hierfür sind nur die Kernaussagen des Forschungspapiers von Bedeutung, ohne die das Publikum den Vortrag nicht verstehen würde und das eigene Präsentationsziel nicht erreicht werden könnte. Bei der Auswahl der essenziellen Inputs hilft folgende Überlegung: Was müsste ich unbedingt sagen, wenn ich nur eine Minute Zeit hätte? Alle anderen Inhalte bleiben zunächst unberücksichtigt. Diese strenge Vorgabe sorgt dafür, dass nur die für das Publikum und die Zielerreichung entscheidenden Aussagen herausgefiltert wurden. Dieses grobe Informationsgerüst fungiert als Basis für die Manuskripterstellung. Darauf kann der Wissenschaftler immer wieder zurückgreifen, wenn er merkt, dass der Vortrag den gesetzten zeitlichen Rahmen sprengen würde. Praxistipp: Erstellen Sie sich eine Art wissenschaftliches „Executive Summary“. Das ermöglicht Ihnen, die wichtigsten Aussagen und Argumentationslinien der Arbeit grob nachvollziehen zu können. Darauf kann die Feinplanung aufgebaut werden. • Puffer einplanen Kein Vortrag läuft wie geplant. Es gibt immer Unterbrechungen oder Elemente, die mehr Zeit in Anspruch nehmen als geplant – da reicht es schon, wenn die Wissenschaftlerin bei einem zeitlich eng kalkulierten Kurzvortrag zu einer Folie mehr Input gibt als vorgesehen. Erfahrene Rednerinnen berücksichtigen Unvorhersehbares und planen einen Zeitpuffer von 10 bis zu 20 Prozent ein. Damit stellen sie si-
3.3 Rahmenbedingungen des Vortrags – Zuhörer, Ziel und Zeitvorgabe
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cher, dass sie trotz Fragen oder unerwarteten Unterbrechungen ohne krampfhaftes schnelleres Sprechen die Kerninformationen vermitteln können. Unabhängig davon, ob beispielsweise der Vorredner sein Zeitfenster sprengt oder die Lampe des Beamers in der eigenen Präsentation ersetzt werden muss, beruhigt ein Puffer die Nerven der Forscherin. Außerdem: Niemand ist böse, wenn der Vortrag ein paar Minuten früher endet, am allerwenigsten Kollegen, die keinen Puffer eingeplant haben. • Potenzielle Zeitprobleme in der Vorbereitung lösen Wissenschaftler geraten im Laufe ihres Vortrags aus den unterschiedlichsten Gründen in Zeitnot oder sind deutlich vor der festgelegten Zeit fertig. Für beide Fälle gibt es hilfreiche Tricks, die Forscher bereits in der Vorbereitung berücksichtigen und einplanen können. Damit kann man derartige Situationen bestehen, ohne hektisches Überklicken einzelner Folien („Das ist nicht uninteressant, aber für Sie auch nicht so wichtig.“) oder dem ungewollten Beenden der Präsentation („Meine Ergebnisse konnte ich Ihnen jetzt nicht ganz zeigen. Aus Zeitgründen muss ich hier aufhören.“). Was können Vortragende schon bei der Planung tun? Praxistipp: • Zeigen Sie Ihre Resultate relativ früh am Anfang Ihres Vortrags. Falls Sie aus Zeitgründen Ihre Präsentation kürzen müssen oder vom Chair unterbrochen werden, haben Sie auf jeden Fall Ihre wichtigen Punkte präsentiert. • Bitten Sie den Chair, Ihnen fünf Minuten vor Ende der Redezeit ein Zeichen zu geben. • Nutzen Sie eine Präsentationsmaus – einen sogenannten Presenter –, die Sie mit einem leichten (!) Vibrationsalarm auf das bevorstehende Ende der Redezeit hinweist. • Bauen Sie Hyperlinks ein, um Folien überspringen zu können, ohne dass sie eingeblendet werden oder um an unterschiedlichen Stellen Ihren Vortrag beenden zu können oder um Zusatzinformationen bei Bedarf liefern zu können. Kürzungen sollten Wissenschaftler möglichst nur im Hauptteil einplanen und vornehmen. Einstieg und Abschluss eines Vortrags eignen sich hierfür
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schlecht. Die Wichtigkeit und Wirkung dieser beiden Präsentationselemente werden im nächsten Kapitel beschrieben. Praxistipp: Achten Sie auf die angemessene Aufteilung der Zeit für einzelne Vortragselemente. Überlegen Sie sich vorher, welche Teile Ihres Vortrags Sie bei Zeitnot auslassen können. Das Publikum darf nicht das Gefühl haben, etwas Entscheidendes verpasst zu haben oder dass Sie unzureichend gearbeitet haben. Abbildung 6 zeigt die drei Einflussfaktoren mit den wichtigsten Aspekten für die Planung von Vorträgen in der Übersicht:
3 Einflussfaktoren für die Planung wissenschaftlicher Vorträge
Zielgruppe
Eigene Ziele
Zeitrahmen
Fachlicher Hintergrund und Interessen
Offizielle Ziele und Zweck des Vortrags
“Muss-Informationen” als Vortragsgerüst
Identifikation wichtiger Personen
Informationen für die Zielerreichung
Zeitpuffer für Fragen und Zusatzinformationen
Einstellung zu Thema und Vortragendem
Reihenfolge der Informationen
Hyperlinks und multiple Ausstiegsmöglichkeiten
Tabus und schwierige Themen
Medienauswahl für die Zielerreichung
Zeitkontrolle durch Chair oder Medien
Erkenntnisgewinn und Nutzen des Vortrags
Unausgesprochene Erwartungen (Hidden Agenda)
Probevortrag ggf. vor Kollegen
Abb. 6. Einflussfaktoren für die Planung wissenschaftlicher Vorträge
3.4 Dramaturgie des Vortrags gestalten
3.4
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Dramaturgie des Vortrags gestalten – Inhalte und den roten Faden festlegen
Aus eigener Erfahrung wissen Forscher, wie langweilig und nutzlos wissenschaftliche Vorträge sein können. In der Mehrzahl der Fälle liegt das an einer unzureichenden Vorbereitung, nämlich an der Tatsache, dass mindestens einer der im vorangegangenen Kapitel beschriebenen Faktoren – Zuhörer analysieren, konkretes Ziel formulieren und Zeitbeschränkungen einkalkulieren – nicht berücksichtigt wurde. Erfahrene Präsentatoren wissen, dass Zuhörer schnell merken, ob die Struktur einer Präsentation auf ihre Bedürfnisse hin vorbereitet wurde, und dass sich die Planung der Vortragsdramaturgie auszahlt. Die folgenden Schritte zeigen, wie Wissenschaftler die Inhalte und den roten Faden ihrer Präsentation festlegen können. Informationen für den Vortrag auswählen und festlegen „Das Geheimnis zu langweilen besteht darin, alles zu sagen.“ Dieses Zitat Voltaires verdeutlicht, dass Vortragende nur einen geringen Teil ihres Papiers im Vortrag erläutern sollten. Forscher verfügen über deutlich mehr Wissen zum Thema, als sie tatsächlich zeigen können. Daher ist es die Kunst des Vortragens, die Informationen zu finden, die dem Publikum einen Erkenntnisgewinn ermöglichen, gleichzeitig der eigenen Zielerreichung dienen und in den vorgegebenen Zeitrahmen passen. Die Auswahl der Vortragsinhalte und die Festlegung der Reihenfolge sind die nächsten Schritte der Vorbereitung. Grundlage für diese Feinplanung bildet die bereits festgelegte Grobstruktur von zwingend notwendigen Informationen. Diese Kerninformationen werden durch Vertiefungs- und Detailinformationen ergänzt. Dafür betrachtet die Forscherin alle infrage kommenden Inhalte und teilt diese in die folgenden Kategorien ein: • Kerninformationen sind zwingend notwendig für das Verständnis des Vortrags. Darunter fallen die Forschungsfrage, erforderlicher Input zum methodischen Vorgehen sowie die wichtigsten Resultate und Schlussfolgerungen der Untersuchung. • Vertiefungsinformationen liefern vertiefendes Know-how und zusätzlichen Input, wie Details zum methodischen Vorgehen oder konkrete Beispiele. Bei akuter Zeitnot könnte die Wissenschaftlerin diese Inhalte weglassen. Sie sollten, wo immer möglich, mit den Kerninformationen vermittelt werden.
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
Praxistipp: Füllen Sie Ihre Inhalte mit Beispielen. Rechnen Sie auch gern ein spezielles Beispiel kurz vor. Geben Sie außerdem konkrete Anknüpfungspunkte oder Assoziationen mit dem täglichen Leben. • Detailinformationen sind spezifische oder besondere „Nice to have“-Hinweise, die die Referentin nennt, wenn Zeit übrig ist oder speziell danach gefragt wird. Ein Beispiel hierfür: In einem Vortrag stellt eine Wissenschaftlerin neue Funktionsweisen moderner Raumfahrtanzüge vor und erwähnt, wenn die Zeitvorgabe noch nicht ausgeschöpft wurde, wie diese Technik auch für die Entwicklung eines speziellen Anzugs genutzt werden soll, um den plötzlichen Kindstod zu verhindern. Die Festlegung der Dramaturgie des Vortrags dient in erster Linie dazu, einen logischen und zuhörerorientierten Aufbau zu gewährleisten. Das Publikum soll das Vorgehen des Vortragenden nachvollziehen und seine Ergebnisse verstehen können. Deshalb sollten alle Informationen aufeinander aufbauen. Brüche in der Argumentation machen das Nachvollziehen des Gesagten nahezu unmöglich. Zuhörer können eine wissenschaftliche Präsentation und deren Ergebnisse leichter verstehen, wenn Wissenschaftler bei der Festlegung der Inhalte und deren Reihenfolge sicherstellen, dass ein Gedanke möglichst zu Ende gedacht wurde, bevor ein neuer aufgezeigt wird. Dieses Vorgehen ist für das Verständnis der Präsentation von besonderer Wichtigkeit. Man halte sich vor Augen, wie stark der Zuhörer eines Vortrags von der ausgewählten Informationsstruktur abhängig ist. Er ist der gewählten Reihenfolge der Präsentatorin ohne eigene Einflussnahme „ausgeliefert“. Dies zeigt deutlich, dass neben der Auswahl auch die Reihenfolge der Inhalte in einer wissenschaftlichen Präsentation von großer Bedeutung für das Verständnis des Publikums ist. Abschließend bleiben zwei Aspekte, die Forscher bei der inhaltlichen Gestaltung ihres Vortrags nicht vergessen dürfen. Das sind zum einen geeignete Überleitungen zwischen den einzelnen Informationsblöcken. Ohne passende Überleitung „hängen“ die Inhalte einer wissenschaftlichen Präsentation förmlich in der Luft. Logische Zusammenhänge bleiben unter Unterständen unverständlich und nicht nachvollziehbar. Zum anderen sind es Wiederholungen wichtiger Aussagen. Auch dieses rhetorische Mittel gehört bei der Ausarbeitung der inhaltlichen Struktur berücksichtigt.
3.5 Visualisierung im Vortrag – Medien auswählen und gestalten
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Praxistipp: Wiederholen Sie wichtige Aspekte Ihres Vortrags und planen Sie diese von vornherein ein. Vermeiden Sie es, erst eine Argumentationskette voranzutreiben, sie nicht abzuschließen und dann eine neue Kette zu beginnen. Bei derart starken Brüchen kann das Publikum nämlich nicht mehr folgen. Vermeiden Sie Sprünge zwischen unterschiedlichen theoretischen Konzepten ohne eine Verbindung. Überlegen Sie sich unbedingt geeignete Überleitungen, testen Sie diese vorher und setzen Sie diese auch wirklich ein. Praxistipp: Schließen Sie rechtzeitig während der Vorbereitungsphase für Ihren Vortrag das Inhaltliche ab. Dann streichen Sie erst einmal die Hälfte des Vorbereiteten, die meist sowieso zu viel ist. Danach bereiten Sie Ihre Folien vor.
3.5
Visualisierung im Vortrag – Medien auswählen und gestalten
Nur wenige wissenschaftliche Vorträge kommen heute ohne Folien, Dias oder Poster, sprich ohne Visualisierungselemente aus. Die mediale Unterstützung des gesprochenen Wortes hat sich im Laufe der Zeit immer stärker durchgesetzt. War eine PowerPoint-gestützte Präsentation noch vor wenigen Jahren in vielen wissenschaftlichen Disziplinen verpönt, so kündigen Forscher heute nicht selten an, wenn sie nicht (!) mit der visuellen Hilfe des MS-Office-Programms vortragen. Der Einsatz von Medien in einem Vortrag bringt viele Vorteile, aber auch Tücken mit sich. Dieses Kapitel beleuchtet zunächst wahrnehmungspsychologische Aspekte und dann einzelne Medien hinsichtlich ihrer Stärken und Schwächen in einem wissenschaftlichen Vortrag. Praxistipp: Da sich PowerPoint (Beamerpräsentationen) immer mehr durchgesetzt hat, weisen Sie darauf hin, wenn Sie nicht mit PowerPoint bzw. Beamer arbeiten.
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
Visualisierung und menschliche Wahrnehmung Viele Präsentatoren gehen davon aus, dass ihre Zuhörer die Inhalte besser behalten, wenn sie mehrere Wahrnehmungskanäle ansprechen. Diese Überzeugung wird durch vermeintlich wissenschaftlich fundierte Studien gestützt. In der Literatur finden sich mitunter genaue Prozentangaben über die Leistung der einzelnen menschlichen Sinne. In diesem Zusammenhang wird genau beschrieben, welcher Rezeptor welchen Anteil bei der Wahrnehmung, dem Lernen und dem Behalten hat. Unseren Augen wird dabei der Löwenanteil zugeschrieben. Die Annahme, dass durch die Addition der Sinne das Behalten leichter wird, erscheint schlüssig, wird jedoch in der Medienpsychologie heftig kritisiert. Der Psychologe Peter Weidenmann spricht in diesem Zusammenhang von der „naiven Summierungstheorie der Sinneskanäle“7. Ein wissenschaftlich verlässlicher Beleg für die Allgemeingültigkeit dieser Aussage konnte bei der Recherche für dieses Buch nicht gefunden werden. Als sicher gilt jedoch, dass der Mensch seine Umwelt in erster Linie optisch wahrnimmt, weil ein beträchtlicher Teil der menschlichen Großhirnrinde mit der Verarbeitung von Sehreizen beschäftigt ist.8 Auch der Volksmund betont dies („Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“) und unterstreicht damit die Wichtigkeit von Visualisierungselementen wie Fotos, Grafiken und Diagrammen für die menschliche Wahrnehmung. Das gilt auch bei wissenschaftlichen Vorträgen. In diesem Zusammenhang wird gern vom Mensch als „Augentier“ gesprochen. Unabhängig davon, ob die oben genannten prozentualen Angaben in Teilen zutreffend sind oder nicht, liegt es auf der Hand, dass die meisten Forscher – besonders in den Natur- und Ingenieurswissenschaften – mit Bildern, Skizzen, Grafiken und andere Darstellungen Komplexes prägnanter präsentieren können als mit Worten allein. So kann das Publikum beispielsweise den Effekt eines chemischen Experiments leichter einordnen, wenn zur verbalen Beschreibung auch ein Film den Versuch zeigt. Visualisierung liefert bildliche Assoziationspunkte und damit die Grundlage für ein leichteres Behalten des Vortragsinhalts. Aus diesen Gründen widmet sich dieser Abschnitt ausführlich der visuellen Darstellung in einem wissenschaftlichen Vortrag.
7 8
Bernd Weidenmann, „Information und Lernen mit Multimedia“, (1995). BBC Dokumentation „Wunder Mensch“ im Stern Nr. 11.01.2007.
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Medien auswählen und einsetzen Für die Visualisierung im Vortrag stehen Forschern zahlreiche Medien zur Verfügung – Projektoren, Laptops, Flipcharts, Pinnwände, Whiteboards, Tafeln, Poster, Folien, um einige zu nennen. Der Einsatz von Medien bei wissenschaftlichen Präsentationen hat sich im Laufe der Zeit verändert. Wo bis vor wenigen Jahren noch Kreide, Tafel, Schwarz-Weiß-Folien und Tageslichtprojektoren das Bild bestimmten, finden sich heute Laptops und Beamer. Trotz dieser Entwicklung werden auch „altmodische“ Medien immer noch eingesetzt und erleben mittlerweile eine Renaissance. Für den Medieneinsatz in Vorträgen gilt: Die Information eines Vortragsmediums muss von jedem Platz aus lesbar sein! So trivial dieser Satz klingen mag, er wird in vielen wissenschaftlichen Vorträgen vernachlässigt oder ignoriert. Sätze wie „Wahrscheinlich kann man das in den hinteren Reihen nicht mehr lesen, deswegen trage ich es Ihnen kurz vor“ oder „Ich habe alle Daten in dieser Tabellen zusammengefasst. Das ist jetzt ziemlich schlecht zu lesen, aber ich wollte es Ihnen trotzdem mal zeigen!“ gehören zum präsentatorischen Alltag von Wissenschaftlern. Medien, die nur schlecht dechiffriert werden können, sogenannte „Optikerfolien oder -tafeln“, frustrieren auf Dauer das Publikum. Sie kosten darüber hinaus Zeit, weil sie ausführlicher erklärt werden müssen. Es gibt bei Vorträgen nur wenige absolute Anforderungen und Tabus. Dazu zählt, dass jede Form der Visualisierung gut lesbar sein muss. Die Gründe hierfür sind: • Fehlender Nutzen: Eine nicht lesbare Folie unterstützt die Präsentation nicht. Im günstigsten Falle hat sie keinen Effekt (Wofür wird sie dann gebraucht?). Im weniger günstigen Falle versuchen die Zuschauer zu entschlüsseln, was an die Wand geworfen wird. Die Konzentration gilt nicht mehr dem Vortrag, sondern dem Entziffern. • Erschwerte Zielerreichung: Die Visualisierungselemente eines Vortrags unterstützen das gesprochene Wort. Sie helfen, die wichtigsten Aussagen besser behalten zu können und erleichtern das Verstehen des Gesagten. Das Erreichen des Vortragsziels wird durch unleserliche Folien erschwert. • Schlechte Reputation: Schlecht lesbare Medien tragen nicht zur Steigerung der wissenschaftlichen Reputation bei. Sie sind eher ein Beleg für unprofessionelle oder mangelnde Vorbereitung, ja Gleichgültigkeit gegenüber dem Publikum.
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
Haupt-, Spontan- und Dauermedien Hilfsmittel für die Visualisierung in einem Vortrag lassen sich in Haupt-, Spontan- und Dauermedien einteilen. Das Hauptmedium stellt das Medium dar, mit dem die Forscherin den größten Teil oder ihren ganzen Vortrag bestreitet. In vielen Fällen sind das Laptop und Beamer9. Ein Spontanmedium setzen Vortragende bei eher kleineren Gruppen ein. Vom geplanten Ablauf losgelöst wird ein Detail oder eine Besonderheit „spontan“ skizziert (später wird zu sehen sein, dass erfahrene Referentinnen derartige spontane Aktionen proben und gezielt einsetzen). Diese ungeplanten Ergänzungen können auf einer Tafel oder einem Flipchart aufgezeigt werden. Im Gegensatz dazu steht das sogenannte Dauermedium. Es ist von Beginn an sichtbar und bietet dem Auditorium die Möglichkeit, auf Informationen zuzugreifen, die für den gesamten Vortrag hilfreich sind, wie die Agenda, wichtige Formeln oder Definitionen und Variablen. Als Dauermedien können Tafeln, Pinnwände oder Flipcharts eingesetzt werden. Der Beamer Der Datenprojektor oder auch Beamer gilt in Kombination mit einem Computer in den meisten wissenschaftlichen Disziplinen inzwischen als Standardmedium. In den letzten Jahren hat der Einsatz von physischen, greifbaren Folien und dem Tageslichtprojektor deutlich abgenommen. Der Einzug von Präsentationsprogrammen wie PowerPoint forcierte diese Entwicklung. Diese Programme bieten der Wissenschaftlerin die Möglichkeit, schnell professionell aussehende Folien zu produzieren, die bei Bedarf individuell angepasst werden können. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass Forschende dem Publikum ohne großen Aufwand Zusatzinformationen präsentieren können, indem sie beispielsweise ausblendete Folien einblenden oder sogenannte Hyperlinks zu Informationsquellen, wie anderen Dateien oder dem Internet, verwenden. Vorträge mit Computer und Beamer bringen zudem über Animationen oder Videos Bewegung und Farbe in die Präsentation. Das hilft, wichtige Aspekte hervorzuheben. Eine Arbeitserleichterung stellen auch die leicht festzulegenden Formatvorlagen von Präsentationsprogrammen dar. Mit ihrer Hilfe kann die Wissenschaftlerin dem gesamten Foliensatz ein einheit9
Bei dem Wort „Beamer“ handelt es sich um einen sogenannten Scheinanglizismus. Im anglo-amerikanischen Raum wird stattdessen der Begriff „Data Projector“ oder „Video Projector“ verwandt.
3.5 Visualisierung im Vortrag – Medien auswählen und gestalten
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liches Layout zuweisen. Änderungen brauchen nicht manuell auf jeder Seite durchgeführt zu werden. So paradox es klingen mag: Die gerade beschriebenen Vorteile stellen gleichzeitig die Nachteile bzw. die Schwächen dieses Mediums dar. Mit dem verstärkten Gebrauch von Beamer und Laptop ist es auch zu präsentatorischen Auswüchsen gekommen: zu viele, zu volle und zu stark aufgepeppte Folien. Die Gründe hierfür sind naheliegend: Je einfacher es ist, Folien zu erstellen, desto eher erliegen Vortragende auch der Versuchung, dies zu tun. Schnell noch diesen Aspekt ergänzt und jenes Detail hinzugefügt – man weiß ja nie, ob es im Vortrag nicht doch noch nützlich werden könnte. Es ist verständlich, dass Wissenschaftlerinnen möglichst viele Informationen in ihrem Vortrag zeigen wollen. Die Problematik, viel Inhalt in zu wenig Zeit präsentieren zu müssen, wird dadurch jedoch verschärft. Das Mitführen eines großen virtuellen Foliensatzes bietet auf den ersten Blick Vorteile, denn es gibt nicht nur die Sicherheit, auf alle denkbaren Fragen und Situationen reagieren zu können. Es befreit die Forscherin (zunächst) auch von der unangenehmen Aufgabe, aus der großen Menge an Informationen die für den Vortrag passenden auszuwählen. Das ist nachvollziehbar, aber birgt das Risiko, im Vortrag mit Aufgaben konfrontiert zu werden, die tatsächlich zur Vorbereitung gehört hätten. Endlose Folienschlachten, die die Zuhörer erschlagen und Forscherinnen, die aus Zeitdruck Seiten „überklicken“ oder einfach weglassen, sind meist das Resultat. Damit noch nicht genug. Präsentationsprogramme locken mit weiteren Verführungselementen. Wissenschaftlerinnen sehen sich einer Vielzahl von Animationsmöglichkeiten, Cliparts, Bildern und Farbpaletten gegenüber, die das kreative Element in der Forscherin wecken. Die medialen Verlockungen bieten nahezu unendlich viele Varianten, den Foliensatz zu „verschönern“, und verleiten förmlich dazu, diese Menübefehle einzusetzen. Jeder kann sich wahrscheinlich an Vorträge erinnern, bei denen der Text buchstabenweise erscheint, ein Vögelchen zur Auflockerung durchs Bild fliegt oder auf jeder Folie ein PowerPoint „Screenbean“ (die schwarzen Männchen, die mit einem Fragezeichen oder einer Glühbirne über dem Kopf in Denkerpose dastehen) die Aussagekraft verstärken soll. Praxistipp: Bei ökonomischen und naturwissenschaftlichen Vorträgen ist der Beamer Standard, d. h., ein Overheadprojektor ist nicht immer vorhanden. Wenn kein Beamer zur Verfügung steht, wird das in den meisten Fällen vorher bekannt gegeben.
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
Der Tageslichtprojektor Der Tageslichtprojektor, auch Overheadprojektor oder kurz OHP genannt, wird bei wissenschaftlichen Präsentationen zunehmend weniger eingesetzt. Das liegt zum einen daran, dass viele Forscher die oben beschriebenen Vorzüge von Computer und Beamer schätzen gelernt haben. Zum anderen wird bei den meisten Vortragsanlässen diese Kombination auch als Präsentationsstandard erwartet. Auch wenn der Tageslichtprojektor etwas unmoderner wirkt, so gibt es doch Situationen, in denen er nach wie vor zum Einsatz kommt. Meist ist das der Fall, wenn kein Beamer zur Verfügung steht oder der Wissenschaftler während des Vortrags auf die Folie schreiben oder etwas hervorheben möchte, beispielsweise bei Vorlesungen. Tageslichtprojektoren sind einfach zu bedienen. Anders als bei Computerpräsentationen besteht keine Gefahr, dass Formeln oder Formatierungen „zerschlagen“ werden. Die Konzentration auf die Vortragsinhalte, sowohl für den Referenten wie auch für das Auditorium, ist einfacher, weil es keine ablenkenden technischen Einflüsse und Abhängigkeiten gibt. Gerade wegen dieser unkomplizierten und schlichten Nutzungsmöglichkeit bevorzugen einige Forscher den OHP und schließen sich dem „Medienrummel“ um den Beamer nicht an. Folien auf einem Tageslichtprojektor bieten dem Vortragenden auch die Gelegenheit, geplant oder spontan auf die Folien zu schreiben. Auf diese Weise kann er Ergänzungen hinzufügen oder Wichtiges hervorheben. Der Folienwechsel bringt dazu noch eine gewisse Dynamik und lässt, wenn schweigend vollzogen, dem Zuhörer Zeit, das Gesagte „sacken zu lassen“ und zu verstehen. Neben dem etwas altbacken anmutenden Image bergen Vorträge mit dem OHP zusätzliche Risiken. Die Geschichte eines jungen Wissenschaftlers, der vor Kollegen sowie einigen Professoren Teile aus seiner Diplomarbeit vorstellen wollte, ist ein Beispiel dafür, welche Fallstricke Folienpräsentationen mit dem Tageslichtprojektor bereithalten können. Der Forscher ging mit einem umfangreichen Folienstapel zum OHP und legte seine Materialien daneben ab. Er sprach ein paar Worte zur Einleitung, legte die erste Folie auf und schaltete das Gerät ein. Im selben Moment flatterten die restlichen Folien durch den Luftstrom des OHP-Gebläses durch den Raum. Erschreckt stellte der Referent das Medium ab und sammelte hektisch seine Unterlagen wieder ein. Nachdem auf den Folien keine Seitenzahlen vermerkt waren, begann der Vortrag mit einer fünfminütigen Pause, in der der Wissenschaftler seinen Puls beruhigte und die Folien in die richtige Reihenfolge brachte.
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Das Beispiel zeigt, dass große Folienstapel oder -ordner schwierig zu handhaben sind. Abgesehen davon, dass derartige Folienmengen das Publikum erschrecken können, weil alle sich fragen, wie diese Sammlung in der vorgegebenen Zeit geschafft werden soll, steht der Redner auch noch vor einem anderen Problem: Wohin mit einer Folie, wenn sie gezeigt worden ist? Entweder heftet der Wissenschaftler jede Folie gleich wieder ab oder er sammelt sie lose an einer anderen Stelle. Ersteres hat den Vorteil, dass keine Folie verloren geht und die festgelegte Reihenfolge eingehalten wird. Das ist bei der folgenden Diskussion oder späteren Vorträgen hilfreich. Das Einordnen der Folien braucht allerdings mehr Zeit und erfordert ein ständiges Öffnen und Schließen der Heftvorrichtung. Wenn diese noch ein leicht quietschendes Geräusch macht, gibt es kaum etwas, das die Aufmerksamkeit der Zuhörer mehr auf sich zieht. Vortragende umschiffen diese Schwierigkeit, wenn sie die Folien lose stapeln, nachdem sie gezeigt wurden. Dafür müssen sie mit anderen Problemen zurechtkommen: Bei Fragen gestaltet es sich zeitaufwendig, die entsprechende Folie wiederzufinden. Es besteht die Gefahr, wie das Beispiel gezeigt hat, dass einzelne oder alle Folien auf den Boden fallen. Flipchart, Pinnwand, Whiteboard und Tafel – Medien für spontane und dauerhafte Darstellungen Flipcharts, Pinnwände und alle Formen von Tafeln werden mit Ausnahme von Vorlesungen nur in wenigen Fällen als Hauptmedium eingesetzt. Dagegen sind sie ideal als Permanent- und Spontanmedium nutzbar. Sie bieten zahlreiche Einsatzfelder als Ergänzung zu Computer und Beamer. Solche Medien hinterlassen beim Publikum einen besonderen Effekt, weil sie eine Unterbrechung des normalen Vortragsablaufs darstellen und spezifisch für die Zuhörergruppe erstellt wurden. Die handgemachten Abbildungen vermitteln dem Publikum den Eindruck, etwas Besonderes beziehungsweise etwas, das über die normalen Vortragsinhalte hinausgeht, geboten zu bekommen. Das schätzen alle Menschen. Gerade weil die Visualisierung bei Permanentmedien von Hand erstellt wird, bei Spontanmedien sogar vor den Augen aller Zuhörer, wirken sie weniger steril als computergenerierte Folien. Damit sind sie ideale Hilfsmittel, um die Aufmerksamkeit zu erregen und Höhepunkte herauszustellen. Sie unterstützen zudem einen interaktiveren Vortragsstil. Wissenschaftlerinnen, die Flipcharts, Pinnwände oder Tafel nutzen, sollten unbedingt Folgendes bedenken:
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
• Räumliche Gegebenheiten Je nach Länge und Breite des Vortragsraumes kann es vorkommen, dass nur Menschen in den vorderen Reihen das Medium ganz sehen können. Weiter hinten sitzende Zuhörer sehen wegen der vor ihnen sitzenden Personen nur die obere Hälfte der Visualisierung. Ein Podium kann hier Abhilfe schaffen. Wichtig ist es zu wissen, ob das gewünschte Medium überhaupt vorhanden ist und ob alle Teilnehmer es gut sehen können. Referentinnen sollten sich vorher über den Vortragsraum, ihren Vortragsplatz und die Bestuhlung erkundigen. • Gruppengröße Tafeln oder Flipcharts lassen sich nicht bei jeder beliebig großen Teilnehmerzahl verwenden, weil die Visualisierungsfläche kleiner ist als die der meisten Leinwände. Abhängig von den räumlichen Gegebenheiten und der Schriftgröße dürfte spätestens bei Auditorien mit mehr als 30 Personen die Grenze erreicht sein. Grundsätzlich gilt: Je größer die Gruppe, desto größer müssen auch Schrift oder die Skizze sein und umso weniger kann auf einem Medium gezeigt werden. • Leserliche Schrift Wer Spontan- oder Dauerhilfsmittel nutzen möchte, muss über eine gut lesbare Handschrift verfügen. Alle Vorteile und positiven Effekte dieser Medien gehen in der Sekunde verloren, in der Teilnehmer das Visualisierte nicht entziffern können. Forscher, die zu kryptischer Schrift neigen, sollten üben, auf Spontanmedien verzichten oder sie von jemand anderen vorbereiten lassen. Zeichnerische Fähigkeiten sind von Vorteil, aber nicht zwingend notwendig. Vieles kann mit einfachen Symbolen dargestellt oder mit Worten zusätzlich erklärt werden. Die Zuschauer sind bei der Erstellung von Spontanmedien von Anfang an dabei und können so jeden Schritt – auch wenn er visuell nicht perfekt dargestellt wurde – nachvollziehen. Wer eine gesonderte Darstellung am Flipchart plant, sollte vorher üben. In diesem Zusammenhang ist der Hinweis wichtig, dass sich breite Moderationsstifte für diese Art der Visualisierung am besten eignen. Ein breiter Strich ist besser erkennbar als ein schmaler, eine dünne Linie wirkt obendrein zittriger. Forscherinnen, die regelmäßig Spontanmedien einsetzen, verwenden ihre eigenen Stifte, um nicht am Vortragsort von mehr oder weniger ausgetrockneten Exemplaren abhängig zu sein.
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• Erwarteter Präsentationsstandard Neben den räumlichen Gegebenheiten und der Gruppengröße hängt der Einsatz von Spontan- bzw. Permanentmedien auch vom Vortragsanlass sowie dem erwarteten Präsentationsstandard ab. Bei hoch offiziellen oder festlichen Veranstaltungen sind solche Hilfsmittel eher unpassend. Ausnahmen bilden hoch angesehene und reputierte Wissenschaftler, die mit den Konventionen brechen dürfen und denen das Publikum solche Tabubrüche nachsieht. Wie sehr auch kulturelle Unterschiede beim Einsatz dieser Medien eine Rolle spielen, belegt das folgende Beispiel: Eine Ökonomin nutzte bei einer wissenschaftlichen Projektsitzung in Deutschland eine Pinnwand, um Argumente gegenüberzustellen. Dabei klebte sie zwei farbige Pappkarten mit der Aufschrift Pro und Contra auf die Tafel. Nach der Veranstaltung sagten einige asiatische Teilnehmer zum Einsatz dieses Spontanmedium: „That was really interesting. My daughter does that in Kindergarden, too.“ Permanenter Einsatz von Flipcharts, Pinnwänden und Tafeln Mit Permanentmedien können komplexe Formeln, ein Bild vom Vortragsobjekt oder die Zusammenfassung am Ende des Vortrags dauerhaft dargestellt werden. Diese permanente Visualisierung versorgt das Publikum mit Detailinformationen, die es zum besseren Verständnis und zur leichteren Orientierung immer wieder nachlesen kann. Unterbrechungen zur Klärung von Verständnisfragen können so reduziert werden. Gerade bei eher heterogenen Zuhörergruppen helfen Dauermedien, vorhandene Wissensunterschiede oder Kenntnislücken zu überbrücken. Auch bei homogenen Auditorien bieten sich Permanentmedien an. Die eben genannten Vorteile treffen hier ebenfalls zu. Außerdem können sie sehr gut als auflockerndes oder dramaturgisches Element in der Präsentation und der Diskussion verwendet werden. So hat eine Referentin beispielsweise die Möglichkeit, ihre Vortragsstruktur dadurch aufzulockern, dass sie auf die Inhalte des Permanentmediums hinweist und darauf Bezug nimmt. Spontaner Einsatz von Flipcharts, Pinnwänden und Tafeln Spontan eingesetzte Medien machen einen Vortrag interessanter. Sie weichen von der normalen Vortragsstruktur mit Beamer und Laptop ab, weil eine individuelle Illustration nur für diesen Zuhörerkreis erstellt wird.
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
Spontanmedien ziehen Teilnehmer in ihren Bann, weil die Visualisierung vor deren Augen entsteht, was sie einzigartig macht. Unterstützt wird dieser Effekt durch die Tatsache, dass die vortragende Forscherin ohne Sicherung und doppelten Boden arbeitet, es also keine Möglichkeit gibt, Fehler ungeschehen zu machen. Neben diesen eher psychologischen Aspekten gibt es einen anderen Grund, Spontanmedien in einem wissenschaftlichen Vortrag einzusetzen. Sie sind ein hervorragendes Hilfsmittel, um komplexe Zusammenhänge Schritt für Schritt zu erläutern und so das Verständnis zu erleichtern. Die Wissenschaftlerin hat etwa die Möglichkeit, eine schwierige Formel „häppchenweise“ einzuführen oder ein Experiment sukzessive vorzustellen. Poster Das Poster ist ein Vortragsmedium, das vor allem bei großen wissenschaftlichen Veranstaltungen zu finden ist. Mit dessen Hilfe wird wissenschaftlicher Inhalt in einer besonderen Form aufbereitet und Forschungsergebnisse einem Fachpublikum präsentiert. Die Referentin stellt die wichtigsten Aspekte, also den Extrakt ihrer Forschung, in visualisierter Form auf einen Blick dar. Ein Poster für wissenschaftliche Veranstaltungen enthält in der Regel mehr konkrete Inhalte als ein Poster für ein nicht wissenschaftliches Umfeld. Letzteres kommt mit weniger Text aus und ist plakativer gestaltet. Obwohl ein wissenschaftliches Poster deutlich mehr Informationen umfasst als beispielsweise sein Pendant aus der Werbung, liegt der Vorteil dieses Mediums darin, dass ein komplexer wissenschaftlicher Zusammenhang übersichtlich verdichtet dargestellt wird. Dies ist wahrscheinlich ein Grund dafür, warum sich Poster in der Wissenschaft in den letzten Jahren immer größerer Beliebtheit erfreuen. Eine andere Erklärung für den verstärkten Poster-Einsatz liefert die klassische Struktur vieler wissenschaftlicher Veranstaltungen. So besteht gerade bei Konferenzen mit vielen Teilnehmern die Gefahr, dass diese zu einem gleichförmigen Vortragsmarathon mutieren. Mithilfe von Postern kann ein abwechslungsreicherer und zuhörerorientierter Ablauf erreicht werden. Poster kommen bei Konferenzen in den sogenannten Postersessions zum Einsatz. Die Zuhörer können nach den Einführungsvorträgen die Themen auswählen, über die sie vom jeweiligen Referenten mehr erfahren möchten. Die Vortragenden begeben sich nach der dem Einführungsvortrag zu ihrem Poster, um Interessenten vertiefende Informationen zu geben und Fragen beantworten zu können.
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Elemente des wissenschaftlichen Posters Wissenschaftliche Poster folgen derselben Struktur, wie sie für alle wissenschaftlichen Arbeiten gilt. Forschungsfrage bzw. Problemstellung und das methodische Vorgehen müssen genau beschrieben werden. Das Medium umfasst außerdem – häufig an exponierter Stelle – die Resultate der Untersuchung sowie die wichtigsten Implikationen und Schlussfolgerungen. Der Bezug zur Literatur und zu Arbeiten anderer Forscher wird ebenfalls hergestellt. Das gilt auch für Hinweise zu hilfreichen Links oder zu anderen vertiefenden Materialien. Auf einem Poster werden außerdem die Namen und Kontaktdaten der Präsentatoren angegeben. Informationen, die nicht direkt mit der Fragestellung der Präsentation zu tun haben, gehören nicht auf ein Poster. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, Handouts, Flyer, Demonstrationsobjekte oder die eigentliche wissenschaftliche Arbeit für Interessierte bereitzuhalten. Poster sollten – genau wie der Vortrag – möglichst individuell auf das jeweilige Publikum zugeschnitten sein. Wissenschaftliche Poster gestalten Poster sind Medien mit einer hohen Informationsdichte. Alle inhaltlichen und gestalterischen Elemente sollten deshalb daraufhin überdacht werden, ob sie der Vermittlung der Kernbotschaft dienen. Zunächst ist es wichtig, sich beim Veranstalter zu informieren, welche Vorgaben hinsichtlich des Formats und der Größe existieren. Die Wissenschaftlerin sollte auch erfragen, wie die räumlichen und organisatorischen Bedingungen vor Ort sein werden. Wird im Stehen oder Sitzen präsentiert, wo und wie werden die Plakate befestigt. Neben diesen Vorgaben hängt die Gestaltung des Posters von den Inhalten und den technischen Möglichkeiten ab. Klassischerweise umfasst das Design die Überschriften, den beschreibenden Text und Visualisierungen. Grafische Elemente wie Pfeile oder Rahmen dienen der Gliederung und Orientierung. Die Kombination dieser Elemente macht die Attraktivität eines Plakats aus. Außerdem muss die Leserichtung von links nach rechts und von oben nach unten beachtet werden. Abweichungen sollten Forscherinnen unbedingt mit Pfeilen oder mit Nummerierungen markieren. Als Medium der wissenschaftlichen Informationsvermittlung unterliegt das Poster einerseits den Regeln der wissenschaftlichen Schriftsprache (keine „Ich“- und „Wir“-Form, passive Satzkonstruktionen oder die Verwendung der 3. Person Singular). Andererseits bedarf es einer einfachen
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
und prägnanten Sprache, um das Poster möglichst leicht verständlich zu gestalten. Abkürzungen, Fremd- und Fachwörter sollten nur verwendet werden, wenn sie als allgemein bekannt vorausgesetzt werden können. • Titel und Überschriften Der Titel gibt häufig in Form einer originellen Überschrift, einem Wortspiel oder einer interessanten Fragestellung den Kern des Posters wieder. So lautete beispielsweise der Titel für ein englischsprachiges Poster einer Ökonomin: „Dress for the Dance with the Devil – Internationalizing R&D Co-opetition“ Die Hauptüberschrift – in der Regel die Forschungsfrage – und ggf. Schlüsselwörter sollten aus einigem Abstand für vorbeigehende Teilnehmer lesbar sein. Sie heben die Botschaft des Posters hervor und motivieren Zuhörer, stehen zu bleiben und Fragen zu stellen. Dafür empfiehlt sich eine große, serifenlose Schrift und eine gemischte Groß- und Kleinschreibung. Texte oder einzelne Überschriften, die ausschließlich aus Großbuchstaben bestehen, sind schwerer lesbar. Der Titel muss an exponierter Stelle auf dem Plakat positioniert werden, das kann durchaus auch im Zentrum des Posters sein. Der Titel wie auch alle anderen Überschriften sollten sich in Größe, ggf. Farbe und Abstand deutlich vom restlichen Text abheben. Um das Poster interessanter zu gestalten, verwenden manche Vortragende statt generischen Überschriften (wie Einleitung, Motivation, Methode, Schlussfolgerung) inhaltliche Titel wie „Erklärung der Brownschen Molekularbewegung“. Auch provokante Thesen auf dem Poster können einen ähnlichen Effekt erzielen und Teilnehmer zu einem Austausch oder einer Diskussion mit dem Referenten anregen. • Schriftart und Schriftgröße Auch für den Text eines Posters ist die Verwendung einer serifenlosen Schrift sinnvoll. In den meisten Fällen reicht für die Postergestaltung eine Schriftart aus. Unterschiedliche Schriftgrößen helfen, wenn ein Wort oder eine Passage hervorgehoben werden soll. Mehr als drei verschiedene Schriftgrößen verwirren mehr, als sie nützen. Idealerweise sollte der Text auch mit etwas Abstand vom Poster (ein bis zwei Meter) noch lesbar sein. Zusatzinformationen, wie beispielsweise Literaturangaben, können kleiner geschrieben werden. Längere Passagen sollten bei einem Poster in schmalen Spalten angeordnet werden. Das verbessert die Lesbarkeit, weil der Betrachter den Text besser fokussieren kann und sich nicht in langen Zeilen verliert.
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Grundsätzlich darf der Text nicht zu dicht geschrieben sein. Es ist wichtig, auf einen ausreichend großen Zeilenabstand zu achten. • Farbeinsatz Es existiert eine Vielzahl von – zum Teil widersprüchlichen – Tipps und Ratschlägen für die Farbwahl bei der Postergestaltung. Vieles davon ist Geschmacks- und Ermessenssache. Entscheidendes Kriterium ist die Lesbarkeit des Plakats. Hintergrund und Schrift müssen mit starkem Kontrast gewählt werden, damit sie sich deutlich voneinander abheben. Gerade weil wissenschaftliche Poster viele Informationen enthalten, nutzen Forscherinnen Farben, um die Textdichte zu „entschärfen“. Doch Vorsicht: Zu viele Farben (mehr als vier) sind meist kontraproduktiv. Sie verwirren den Betrachter und lenken ab. Eine ähnliche Wirkung erzielen Hintergründe mit Mustern, Streifen oder Verläufen. Sie machen die Schrift schwerer entzifferbar und lenken die Aufmerksamkeit der Betrachter vom eigentlichen Inhalt ab. Farben dienen der Orientierung und Strukturierung eines Posters und sollten deshalb einheitlich eingesetzt werden. Wer sich beispielsweise entschieden hat, die Titel in blau zu schreiben, sollte dies konsequent für das ganze Poster machen. • Visualisierungselemente Wissenschaftliche Poster sind eher textlastig. Visualisierungselemente wie Diagramme, Schaubilder oder Fotos lockern lange Passagen auf. Für alle Darstellungen gilt dasselbe wie für den Text: Sie müssen ausreichend groß abgebildet sein. Grafiken und Diagramme sollten möglichst selbsterklärend und mit entsprechenden Legenden und Erläuterungen versehen sein. Bilder und Fotos sind exzellente Mittel um – als sogenannte Eyecatcher – das Interesse für das Poster zu wecken und sich von anderen Plakaten abzuheben. Um Fotos in hoher Qualität drucken zu können, müssen Forscher auf eine druckfähige Auflösung achten (mindestens 300 dpi). Problematisch sind Bilder, die aus dem Internet heruntergeladen wurden. Sie verfügen in der Regel über eine geringere Auflösung. Außerdem birgt ein solches Vorgehen die Gefahr, dass Urheberrechte verletzt werden. Je nach Forschungsdisziplin haben Wissenschaftler die Möglichkeit, Proben und Muster an Postern zu befestigen. Damit sprechen sie ihr Publikum nicht nur über den optischen und akustischen Kanal an. Sie bieten auch etwas zum Anfassen und können so die Überzeugungskraft ihres Vortrags erhöhen.
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3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
Ausführliche Formeln mit zahlreichen (unbekannten) Variablen sollten Forscher nur dann zeigen, wenn sie für die Zielgruppe nachvollziehbar und für das Verständnis unabdingbar sind. Bei Zuhörergruppen, die weniger am methodischen Vorgehen interessiert sind, empfiehlt es sich, auf die Darstellung von Formeln weitestgehend zu verzichten. Bei der Gestaltung eines Posters berücksichtigen erfahrene Wissenschaftler außerdem, ob sie das Plakat später einem sitzenden oder stehenden Publikum präsentieren werden. So ist es für ein Auditorium, das vor dem Poster Platz nimmt, angenehmer, wenn das Plakat im Querformat gestaltet wurde. Ein hochformatiges Medium ist aus einer sitzenden Position entweder im oberen oder unteren Teil schwer zu lesen. Es ist selbstverständlich, dass Forscher ihr Poster in einer lesefreundlichen Höhe aufhängen. Das Beispiel in Abbildung 7 zeigt ein typisches Poster für eine wirtschaftswissenschaftliche Konferenz.
Research Question
Estimation Approach
Do employees with a work time account earn more or less?
Data
Idea: Compare wages of employees with and without work time accounts to approximate the average treatment-on-the-treated effect (ATT) of having a work time account.
The theory of compensating wage differentials tells us that
The ATT is defined as: E (Y1 | D = 1) – E (Y0 | D = 1)
... employees with flexible work hours earn higher wages if:
1st step:
■
they loose time sovereignty
■
they have to work at abnormal hours (weekend, evening)
■
the timing of their working time is subject to high uncertainty
■
they loose overtime compensation
■
German Socio-Economic Panel (GSOEP), wave 2002 (first year with information on work time accounts)
■
Sample: 8331 respondents (4448 men, 3883 women), aged 20-60, in dependent employment (no unemployed, students, national service, workers on old-age part-time schemes and persons with disabilities)
■
Dep. Variable: log of hourly wage = log
As the counterfactual situation is not observable, we apply the CMIA and estimate:
➲ Treatment group: workers with potential overtime hours and work time accounts
E (Y0 | D = 1, X ) = E (Y0 | D = 0, X ) The matching is conditioned on employment in the public respectively private sector to account for unobserved sector specific heterogeneity.
... employees with flexible work hours earn lower wages if:
2nd step: Examines heterogeneous treatment effects across pairs (of accountees and control persons) in a regression analysis.
■
they gain time sovereignty
■
flextime serves as a mutual employment insurance between employer and employee
(Yi1 | D = 1, X ) – (Yi0 | D = 1, X ) = f (Zi )
hours =
{
Contract weekly hours Contract weekly hours Actual weekly hours
➲ Control group: workers with and without overtime hours and no work time accounts
{
current monthly gross earnings 4.3 * hours
}
if person D {treatment group} if person D {control group} and overtime hours are compensated with time-off if person D {control group} and overtime hours are not compensated with time off
Abstract
Who Gains From Work Time Flexibility ?
Flexible work time arrangements have become more and more popular over the past decades. While they allow firms to adjust quickly to demand fluctuations, employees may also benefit from flextime in terms of more time sovereignty. The corresponding wage effects are ambiguous and not analyzed in detail, yet. According to the theory of compensating wage differentials workers with more time sovereignty might be willing to forego earnings whereas employers with flextime who are supposed to adjust their working time by order of the employer have to be compensated by higher earnings. The empirical analysis is based on the GSOEP 2002. To control for selection on observable characteristics, we choose propensity score matching and compare wages of employees with and without work time accounts. Our results indicate that work time accountees receive higher wages on average than other employees. That is, the average treatment-on-the-treated effects (ATT) are positive. However, remarkable differences exist between sectors and qualification levels.
– A matching approach to assess the compensating wage differential of work time accounts – Miriam Beblo,
[email protected] Centre for European Economic Research (ZEW Mannheim) and Berlin School of Economics (FHW Berlin) Anja Heinze,
[email protected] Centre for European Economic Research (ZEW Mannheim) Elke Wolf,
[email protected] Centre for European Economic Research (ZEW Mannheim)
Propensity score estimation: likelihood of having a work time account Variable
Personal characteristics
Human capital
Job characteristics
Work hour status
age children < 3 years East Germany partner with a full-time job partner with a part-time job partner with a marginal job vocational training not completed vocational college degree university diploma work experience in full-time job (work experience in full-time job)2
Males (#5207) Coef. St.Error
Kernel density functions of the estimated propensity scores Females (#4713) Coef. St.Error
-0.0296 —0.2051
0.0090 —0.0450
work experience in part-time job (work experience in part-time job)2
——-0.2604 0.0667 -0.1377 0.0224 -0.0005 0.0578 -0.0061
——0.0742 0.0499 0.0597 0.0055 0.0002 0.0381 0.0045
trained and untrained workers skilled blue collar workers foreman and master craftsman white collar w. with low qualification white collar w. with high qualification lower and middle level civil servants upper and executive level civil servants public sector Interaction: public*age Interaction: public*partnership
-0.0422 0.0734 0.2438 0.0653 0.1503 0.1157 0.1998 0.0620 reference group 0.2002 0.1210 0.0881 0.0910 0.2084 0.0682 ————-
firm with 20-199 employees firm with 200-1999 employees firm with > 2000 employees
0.1203 0.3521 0.4385
0.0559 0.0603 0.0609
0.1949 0.4760 0.2932
0.0533 0.0604 0.0623
——-
——-
-0.4009 -0.8420
0.1976 0.4808
part-time job marginal job
Note: Further control variables include industry dummies and interaction terms between age and work experience.
-0.0071 -0.8453 0.1086 -0.1010 0.3164 -0.9311 -0.0880 0.1638 -0.0430 -0.0027 0.0000 0.0193 -0.0009
0.0115 0.2609 0.0488 0.0466 0.1653 0.3210 0.0769 0.0513 0.0640 0.0065 0.0002 0.0102 0.0005
-0.4546 0.0605 -0.1615 0.0953 -0.6345 0.3571 reference group -0.0756 0.0668 -0.0913 0.1434 -0.4667 0.1002 0.0629 0.0595 -0.0103 0.0043 0.1926 0.0911
Men
3
Results 1st step: Wage effects of work time accounts
Log wage ATT ATE
Males (#4448) Accountees Controls 6 2.783 2.743 0.041 2.783 2.681 0.103 0.083
Females (#3883) Accountees Controls 2.568 2.435 2.568 2.505
6 0.134 0.063 0.048
2nd step: OLS estimation of the wage gap between accountees and their matched control persons (heterogeneous treatment effects)
settling period > 1 year settling period < 1 year public sector firm with 20-199 employees firm with 200-1999 employees firm with > 2000 employees vocational training not completed vocational college degree university diploma East Germany firm tenure
Males (#1926) Coef. Stand. Error 0.031 0.029 0.029 0.041 0.042 0.041 0.055 0.031 0.032 0.029 0.001
-0.028 0.001 -0.175 0.189 0.319 0.351 0.006 0.151 0.353 -0.287 0.008
Females (#1545) Coef. Stand. Error 0.034 0.034 0.030 0.041 0.042 0.044 0.059 0.035 0.038 0.032 0.002
-0.025 -0.018 -0.100 0.132 0.149 0.166 -0.190 -0.013 0.257 -0.212 0.013
Note: Bold coefficients are statistically significant at the 5%-level at minimum.
Wo m e n
k density p
2.5
k density p
Main Findings 2
■
2
■
1.5
■
1 1 .5 accountees control group
Conclusion
accountees control group
0
0 0
.2
.4 x
.6
.8
0
.2
.4 x
Matching reveals a wage premium for work time accounts, 10 % for men and 6% for women. For men the ATT is larger than the raw wage gap (10% vs. 4 %). For women the ATT is smaller than the raw wage gap (6 % vs. 13%). The wage premium ... is particularly high in the private sector ... increases with firm size ... increases with qualification
.6
■
Based on the theory of compensating wage differentials our results indicate that having a work time account may be interpreted as a negative job attribute.
■
The lower ATT for men and the higher ATT for women (in comparison with the raw wage gaps) indicate that male accountees have lower paying characteristics and female accountees have better paying characteristics on average.
.8
Abb. 7. Beispielposter10 einer Ökonomin für eine wissenschaftliche Konferenz
10
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH, Mannheim (ZEW).
3.5 Visualisierung im Vortrag – Medien auswählen und gestalten
67
Poster selber erstellen Forscher können Poster selbst erstellen. Gerade Studenten wählen diese Vorgehensweise aus Kosten- und Zeitgründen. Wer sich entscheidet, das Plakat für eine wissenschaftliche Konferenz selbst zu machen, kann dies mit Präsentations- oder besser mit den gängigen Grafikprogrammen erledigen. Er sollte allerdings bedenken, dass diese eine oft verwirrende und verführerische Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten bieten. Empfehlenswert ist es, das Poster im DIN-A4-Format am Computer zu generieren. Erst beim Drucken sollte das Poster in das gewünschte Format übertragen werden. Am einfachsten ist es, wenn der Referent den Entwurf seines Posters als PDF-Datei an einen geeigneten Copyshop oder an eine Druckerei mit digitalen Druckmaschinen schickt. Wenig geeignet und eher unprofessionell sind Poster, die aus vielen einzelnen DIN-A4-Blättern zu einem großen Plakat zusammengesetzt werden. Diese hemdsärmlige Form der Postererstellung sollten Forscher nur für informelle Vortragsanlässe verwenden. Grundsätzlich sind solche Loseblattsammlungen nicht sehr funktional. Sie wirken wenig überzeugend. In den meisten Situationen lohnt sich die Investition in ein professionelles Poster. Eine besondere Form des wissenschaftlichen Plakats ist das handschriftliche Poster. Die ausgewählten Inhalte werden auf einem Flipchart-Bogen präsentiert. Solche Poster haben einen besonderen Reiz, weil sie tatsächlich handgemacht sind, wirken teilweise aber auch wenig professionell. Ein Vorteil ist, dass sich der Referent damit von anderen Postern abheben kann. Diese Form der Postererstellung bietet außerdem die Möglichkeit, leicht und kostengünstig Fehler zu korrigieren oder Modifikationen vorzunehmen. Allerdings entsprechen handgemachte Poster nicht überall dem Präsentationsstandard, d. h., sie passen nicht zu jeder Zuhörergruppe oder jedem Vortragsanlass. Wer ein handschriftliches Poster für seine Präsentation einsetzen möchte, braucht eine saubere und sichere Blockschrift. Auch ein gewisses zeichnerisches Talent kann von Nutzen sein. Praxistipp: Falls Sie Ihr Poster selber erstellen, • halten Sie sich möglichst an die klassische wissenschaftliche Struktur, • fertigen Sie eine Skizze mit allen Elementen des Posters an, • finden Sie griffige Überschriften,
68
3 Von der Stoffsammlung zur wissenschaftlichen Präsentation
• heben Sie Ihre Forschungsfrage und die Resultate hervor, • verwenden Sie so wenig Text wie möglich, • vergessen Sie nicht, Ergebnisse und Aussagen anderer Forscher zu kennzeichnen. Professionelle Erstellung von wissenschaftlichen Postern Manche Wissenschaftler entscheiden sich für die professionelle Anfertigung ihres Plakats. Sie wissen, wie aufwendig diese Arbeit ist und wie negativ ein schlecht gestaltetes Medium wirken kann. Welche Faktoren machen die Erstellung eines Posters so arbeitsintensiv? Schrift, Farbe und grafische Elemente werden häufig durch das Corporate Design der Hochschule oder des Forschungsinstituts vorgegeben. Unabhängig von den externen Vorgaben haben gute Lesbarkeit und klare Struktur die höchste Priorität bei der Gestaltung eines wissenschaftlichen Posters. Diesen beiden Aspekten sollten alle eingesetzten Elemente untergeordnet werden. Keine einfache Aufgabe! Daher lassen sich größere Institute oder Hochschulen, aber auch einzelne Wissenschaftler bei der Gestaltung und der Druckvorbereitung eines Posters von Grafikdesignern beraten. Das unterstreicht, welche Bedeutung das Poster in der wissenschaftlichen Vortragswelt inzwischen erlangt hat. Wie wichtig und populär Poster in der Wissenschaft geworden sind, lässt sich auch daran erkennen, dass zahlreiche Grafiker ihre Dienste für die Erstellung dieser Medien anbieten. Das Plakat eines Historikers (Abbildung 8) belegt, welchen Aufwand Wissenschaftler betreiben, um die eben beschriebenen Ziele zu erreichen. Dieses Poster wurde von einem Medienprofi speziell für ein Doktorandenforum entworfen und hat dort den ersten Preis gewonnen. Zahlreiche Internetseiten von Geschichtslehrstühlen zeigen dieses Poster ihren Studenten als positives Beispiel. Andere einschlägige Websites bilden das Poster wegen der Auszeichnung ab und nehmen dann Bezug auf den Inhalt. In diesem Fall ist es dem Historiker gelungen, mithilfe des professionell und einprägsam gestalteten Plakats seinen Forschungsinhalt über den eigentlichen Vortrag hinaus zu präsentieren und seine Reputation zu vergrößern.11
11
http://www.erinnerungsort.de, Jochen Voit.
3.5 Visualisierung im Vortrag – Medien auswählen und gestalten
69
+UNST UND 0ROPAGANDA BEI %RNST "USCH %INE POLITIK UND KULTURHISTORISCHE "IOGRAlE
,EITGEDANKE %RNST "USCH WAR 0RODUZENT LINKER 7IR 'EFàHLE IN UNTERSCHIEDLICHEN POLITISCHEN 3YSTEMEN IN $EUTSCHLAND )N DER !RBEIT WIRD ANHAND SEINER "IOGRAlE DIE +ONSTRUKTION EINER SOZIALISTISCHEN 3YMBOLlGUR UNTERSUCHT
4HESEN UND %RKENNTNISSE "USCH MACHTE )DEOLOGIE SINNLICH ERFAHRBAR !LS 3ËNGER UND 3CHAUSPIELER VERBREITETE ER ,IEDER UND 4EXTE DIE ZWISCHEN +UNST UND 0ROPAGANDA OSZILLIERTEN
$URCH SEINE )NTERPRETATION FANDEN POLITISCHE 3LOGANS %INGANG INS KOLLEKTIVE 'EDËCHTNIS u6ORWËRTS UND NICHT VERGESSENh u$IE 0ARTEI HAT IMMER 2ECHTh u!MI GO HOMEh .ICHT NUR ALS )NTERPRET SONDERN AUCH ALS (ERAUS GEBER EINES ,IEDERKANONS IN "àCHERN SOWIE ALS "EGRàNDER DER $$2 3CHALLPLATTENPRODUKTION BE TRIEB "USCH LINKE )DENTITËTSSTIFTUNG
7EIMARER 2EPUBLIK 30$
)DEOLOGISCHE UND ËSTHETISCHE %INmàSSE "OTSCHAFTEN
530$
+0$
-àHSAM "RECHT
+LASSENBEWUSSTSEIN
0UBLIKUMSRESONANZ "EDEUTUNGEN
3": $$2 3%$
4UCHOLSKY 7EINERT +ËSTNER "RECHT 7EDEKIND 7EBER -EHRING 3CHNEERSON 7EILL %ISLER $ESSAU (OLLAENDER
$EHMEL
"USCH WURDE ALS 3YMBOLlGUR INSZENIERT %RSCHEINUNGSBILD UND ,EBENSGESCHICHTE PRËDESTINIERTEN IHN ZUR PROLETARISCHEN )KONE $ASS ER GLEICHZEITIG DEM 0UBLIKUM ALS 0ROJEK TIONSmËCHE FàR REBELLISCHE (OFFNUNGEN DIENTE MACHT DIE !MBIVALENZ DER "USCH ,EGENDE AUS
.3 :EIT %XIL (AFT
$IE 'ENERATIONEN àBERGREIFENDE &ASZINATION DIE VON SEINER +UNST AUSGING LËSST SICH ALS 0OP ËHNLICHES 0HËNOMEN BESCHREIBEN
"ECHER
-AJAKOWSKI +ËSTNER "RECHT "RECHT 7EDEKIND (ERMLIN 4UCHOLSKY &REILIGRATH 3CHOSTAKOWITSCH %ISLER "EETHOVEN
&àRNBERG
2EBELLENTUM
+ERNIGKEIT
!FlRMATION
7IDERSTAND
%NTERTAINMENT
%IGENSINN 4RADITION
'LAUBWàRDIGKEIT
-ILITANZ -ËRTYRERTUM
,EBENDE ,EGENDE
3OZIALISTISCHER !UFBAUHELFER
&OKUS